Als Rest! Zur Beachtung. Dieser Bogen enthält: Titel und Inhalt zu D" H. G. BRONN’S Klassen und Ordnungen FIER-REICHN. Dritter Band. Supplement. I. Abteilung. D". H. G. BRONN’S Klassen und Ordnungen des TIER-REICHS, . wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Dritter Band. Supplement. Tunicata (Manteltiere). I. Abteilung. Die Appendiecularien und Aseidien. Begonnen von Prof. Dr. Osw. Seeliger. Fortgesetzt von Dr. R. Hartmeyer in Berlin, Mit 41 Tafeln sowie 241 Figuren und 43 Karten im Text. Leipzig. Ü. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1893— 1911. Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. I Vorwort. Die Bearbeitung der T7unicata wurde als Supplement zum dritten Bande (Mollusca) von O. Seeliger im Jahre 1893 begonnen. Sie umfaßt die Geschichte der ganzen Gruppe, die Appendicularien und die Ascidien (1893 — 1907, S. 1— 1280), deren Beendigung aber durch den Tod Seeligers im Jahre 1908 unterbrochen wurde. Die Bearbeitung der Ascidien wurde dann von R. Hartmeyer zu Ende geführt (1909—1911, S. 1281—1773), während die noch im Erscheinen begriffenen pelagischen 'Tunicaten von G. Neumann übernommen worden sind und die zweite Abteilung des Supplementbandes bilden. El RER MERN NET ! SURFEN ZRT a we 2 um Inhaltsverzeichnis I. Geschichtlicher Überblick Eee 1. Die Kenntnisse über Tunicaten im Altertum. und Mittelalter 2. Die Tunicaten in den en Darstellungen der Zoologen der Renaissance . 3. Die Tunicaten bei den Sy slematikern es schtzchnien Tahrhanderts und deren Vorläufern . ar : 4. Die Begründung des Tonichlenirnun Cuvier, atnasch nz 5. Die Entdeckung des Generationswechsels der Tunicaten Ä 6. Die Erweiterung des Tunicatenkreises durch die Entdeckung neuer Formen . 7. Einige neuere Klazsifikationen “er Taniealen Literaturverzeichnis e II. Die Appendicularien, Gopolate, 1: Ye Allgemeine Kornerberehuffenkeit, 1. Der Bau 2. Die Farbe 3. Die Größe . Das Gehäuse . . Das Hautepithel 1. Drüsenzellen . 2. Das flache Epithel er Hautsehieht . Das Nervensystem Die Sinnesorgane . 1. Das Gehörorgan 2. Die Flimmergrube . 3. Die Hautsinnesorgane Der Darmtractus 1. Der Kiemendarm 2. Der Verdauungstraktus . Die Chorda . Die Muskulatur. 1. Die Muskulatur des Rüderschwanzes 2. Die Muskulatur im Rumpfe . Herz und Pericardium . . Die Geschlechtsorgane 1. Der Hoden 2. Das Ovarium . Das Mesenchym . Primäre Leibeshöhle Kg BIbarden Seite 100 102 108 108 108 109 110 111 115 118 120 120 126 127 128 129 130 131 133 VI Inhaltsverzeichnis. XII. Das System - Klasse Copelata, Appentienlari Ordn. Archipneusta 1. Fam. dead 2. Fam. Kowaleyskidae XIV. Cherologie 1. Die horizontale Verbreitung 2. Die vertikale Verbreitung 3. Die quantitative Veıteilung 4. Das zeitliche Auftreten XV. EN . Verhalten in der Gefangencchalt, Telonsdaner 9. Schutzeinrichtungen und Feinde . 3. Parasiten der Appendicularien Literaturverzeichnis III. Die Ascidien, Tethyodea, Ascidiacea i I. Allgemeine Körperbeschaffenheit 1. Der Bau ED 2. Die Körperform . 3. Der Ascidienstock . h : a) Cormaseidienstöcke und Aereiktionen b) Bau des Stockes c) Form des Stockes . 4. Die Größe . 5. Die Farbe 6. Die chemische Beschaffenhei? II. Der äußere Cellulosemantel £ 1. Allgemeine und äußere Beschaffenheit des Cellaleschnakel : 2. Der histologische Bau des Cellulosemantels a) Die Mantelzellen b) Die cellulosehaltige Grundanbstandg c) Mikroskopische Einlagerungen d) Mantelfortsätze und Stacheln . ©) Mantelgefäße . 5 3. Die chemische Besch: affenheil a Bene ; a) Die Cellulose im Ascidienmantel b) Andere chemische Bestandteile des Mantels 4. Bedeutung und Nutzen des Cellulosemantels III. Das Ektoderm 1. Das Er öderaepiel bs: Teibesr and 2. Das Ektodermepithel in der Region der Ben Köiperöltinngeh n a) Das Epithel der Mundhöhle und des Egestionskanals . b) Die Lobi 3. Die Tentakel . a) Die Mundtentakel . b) Die Cloakaltentakel IV. Das Nervensystem 1. Das Gehirnganglion 2. Die Nervenstränge . 3, Der Ganglienzellstrang VIN. Der . Der Oesophagus . Der Magen . Der Mitteldarm . . Der Enddarm = Die, Leber. 3 . Die darmumspinnende Dita 5 . Einige physiologische Bemerkungen über m ae isn | SoE (19 a mw N Be er SU Eg \o} X. Der Ile Inhaltsverzeichnis. Flimmergrube und Neuraldrüse . . Die Flimmergrube . . Der Flimmergrubenkanal . Die Neuraldrüse Sinnesorgane . . Die Ocelli . . Die Tastorgane . » Kiemendarm . Die Präbranchialzone des Knete . Der Flimmerbogen . Der Endostyl . Die Dorsalfalte . ; . Die Hinterwand des Keedhrmnes Die Region des Oesophaguseingangs . Die Kiemen a) Die Kiemenspalten ® b) Das primäre Gitterwerk der Kiöme, c) Die Faltungen des Innenepithels der Kieme, Ki ledere Gitterwerk d) Die Faltungen des Außenepiihels der Kieme e) Die Faltungen der gesamten Kiemenwand f) Aberrante Kiemenformen Verdauungstractus den Asceidien . i * Peribranchialraum ad 16 ee . Die Septen a) Die Primärsepten b) Die Sekundärsepten . Die Trabekel . Die Endocarpen oder Parierälblaschen. . Die Cloakal- und Pharyngealdrüsen A . Die morphologische Bedeutung der Peribran ötalrtume nd der Cloakenhöhle 2 Cireulationsapparat, Eipierr A und Der; iviscer SIRöRe Das Herz und Pericard . a) Das Heız . b) Das Pericardium ce) Physiologie des Herzens . Die Blutgefäße a) Der Bau b) Der Verlauf der Beanneh .. Das Blut a) Die Blutzellen b) Die Blutflüssigkeit vIl XI. Das 2. XII. Die Inhaltsverzeiehnis. ce) Der Kreislauf des Blutes . Das Epicard . . Die Perivisceralhöhle Bindegewebe und die Munkaulasıe i . Das Bindegewebe a) Die Bindegewebszellen b) Die Zwischensubstanz c) Die Spieula Die Muskulatur . Niere XII. Die Gonehlechtsorzeng ie [80 4. >. Die Zwitterdrüsen . a) Der Bau der een nd or Anflösunes in Polycarps . ; 2 b) Die Reifung der GeSchlechtsdrazen: Dickneamie . Die Ovarien a) Der Bau b) Die Gestalt ce) Die Größe d) Die Farbe e) Die Zahl . Die Hoden a) Der Bau b) Die Gestalt c) Die Größe d) Die Farbe e) Die Zahl Die Bruträume und der Brutkack er Die systematische Bedeutung der Geschlectsongane XIV. Die Embryonalentwicklung l, 180) Die Geschlechtszellen und ihre Bilde a) Das entwickelte Ei nach seinem Austritt aus dam Oyariai b) Die Eibildung 2 } c) Die Spermatozoen und ihre Balktahane . Die Reifung und Befruchtung des Eies a) Die Eireifung b) Die Befruchtung . Die ersten Stadien der Einbryonalentwicklang a) Die Furchung - b) Die Bildung der Basluls ; c) Die Bildung des Mesoderms . Die Umbildung der Gastrula zum jungen Beschwänsien Embryo 0 a) Der Verschluß des Blastoporus und die Entstehung des Nervenrohres . 2 er b) Die Bildung der Darmanlage ern nn Schwanzentodenas c) Die Bildung der Chorda > - d) Die Entwicklung des Mesenohrins ad db Schwanz: muskulatur . Die Entwicklung zur Ben chwanzen Keisckwinmendeh a a) Das ektodermale Hautepithel . . - b) Der äußere Cellulosemantel Seite 563 564 569 576 576 576 579 580 585 603 613 614 614 623 628 628 635 642 648 649 656 656 663 671 674 675 679 687 692 693 693 700 716 7121 721 724 132 135 740 745 750 751 758 163 769 713 779 185 Inhaltsverzeichnis, IX Seite ce) Das Nervenrohr und die Sinnesorgane . » 2.2.2... 79 d) Die Peribranchialräume und die Cloake . . . ...2..2....805 e) Der Darmtractus . . . U EN 82 f) Herz, Perieardium und | ELLE N Sr ee BT 8)’ Die Chordarı ar es. RENT ne 828 b) Die’Schwanzmuskulatugen anna ua. den 0 0 806 i) Das Mesenchym . . 828 6. Die Festsetzung der Lira und Rückbildung des Bar schwanzes . . . 829 a) Die Rackbildungserscheinungen im Bampfabsehnitt” 2 0894 b) Die regressive Metamorphose des Schwanzabschnitts . . 837 7. Die Entwicklung der festgehefteten Larve zur ausgebildeten Ascidiesn.. 2. 844 a) Die intwicklung‘ der Karperform Ben des Eautepithele 844 b)- Das-Nervensystem 2... ande war 2848 G)aDersKücmendarmr uw re een. eat er d) Der Verdauungstractus . . . ER ee 9 e) Das Herz, Pericard und Hipieard BE N ee PEDienNieren. 0: I ee ee ee 925 g) Die Bedeechisorgnne Wie ....930 8. Die abgekürzte Entwicklung ohne Eöinchwirnmende aan form. beizeinigen Molgulidenwl en ss ae XV. Die Knospung . . See re el (range Tr Se 50 1. Die stoloniale Kaapüng sa DEI RI ee a) Die Bildung des Stolo Drolfer ee Te) b) Die Bildung der Knospen an und aus dern Stolo, ee Bu 298 c) Die Entstehung der Organe in der Knospe . . . . . 987 2: Die, palleale Knospung... a. u er ee enter 908 3. Die epieardiale Knospung . . ehe 1018 a) Die postabdominale Teilung der Bolgelinidge rn OLE b) Die Knospung der Distomidae . . . 1018 4. Die pylorische Knospung der Didemniden und Diploserhiden 1027 a) Die Knospenbildung an den Blastozooiden . . .. . . . 1028 b) Die Knospenbildung an Oozooid . . . .... 1033 ce) Die Stockbildung . . . Be ee cal 0AO 5. Embryonalentwicklung und Kuospine A dere ae 1 04H XVl. Be System..e.. ee 201055 . Die Systematik de Aseidien bei. früheren Autoren Sa 1055 2. Spezielle Darstellung des u bis auf die Gattungen Horab 1069 Tıteraturis ee el Das System (bearbeieet von R. ermepen ee ee‘ Übersiehtiüber:das: System (cas ousitlene at. 1812 Orden. Btychöhtanthiast nr et Sun zone ir. 1816 Fam. Caesiridae (Molgulidae) . . . ee rel Fam. Pyuridae (Cynthiidae s. Halocymihiidae) % Be. 1829 Fam. Tethyidae (Styelidae + Polyzoidae) . . . . . . . 1348 Bubfam Belopaiimaey; wu. rt al ke su... 1856 Subfame-Defhyinaen; m sea ee et 43T. „= 1857 Subfam,..Bolyzoinae®, 2... u eo. meukhnei » ia 1869 BammBotryAhdaen see u, ya nie er EN Orange Aspiraenlata zen u erregen le Da a Inhaltsverzeichnis. Fam. Hexacrobylidae Ordn. Diktyobranchia . AN Fam. Rhodosomidae (Corellidae) Subfam. Rhodosominae . Subfam. Chelyosominae Fam. Pterygaseidiidae Fam. Hypobythiidae . . Fam. Phallusiidae (Ascidiidae) . Fam. Perophoridae . Fam. Cionidae Fam. Diazonidae . Ordn. Krikobranchia Fam. Clavelinidae Fam. Polyeitoridae (Distomidae) Fam. Didemnidae Aa Subfam. Didemninae Subfam. Coelocorminae Fam. Synoicidae (Polyclinidae) Subfam. Synoicinae . Subfam. Pharyagodietyoninae Nachträge zum System Eee Nachtrag und Berichtigungen zum Thteraln yelzeichnis Druckfehler-Berichtigungen XVII. Die geographische Verbreitung Einleitung . Die heiigontale Verbreitung de Aketdien I. Die horizontale Verbreitung der Aseidien auf systematische Grundlage A. Die Verbreitung ne Familien! B. Die Verbreitung der Gattungen . C. Die Verbreitung der Arten ; II. Die horizontale Verbreitung der Ascidien zur geographischen Grundlage . EC Sans ; A. Die Zonen a) Die Arktis b) Die Subarktis ce) Die Tropen : d) Die Subantarktis e) Die Antarktis Bipolarität B. Die Ozeane $ Die Vorkikale Verbreitung denäneidien I. Die vertikale Verbreitung der Ascidien auf syalematischer Grundlage . A. Die Merbreitueg der Familien B. Die Verbreitung der Gattungen . C. Die Verbreitung der Arten ; II. Die vertikale Verbreitung der Ascidien aut "geographischen Grundlage . ne s De A. Das Litoral B. Das Continental Seite 1381 1381 1385 1388 1391 1396 1398 1399 1409 1412 1414 1419 1423 1428 1442 1445 1456 1457 1459 1477 1480 1496 1497 1498 1498 1501 1502 1507 1522 1564 1570 1570 1573 1600 1628 1656 1673 1677 1680 1682 1683 1683 1687 1698 1721 1721 1721 Inhaltsverzeichnis. C. Das Abyssal . Nachträge und Beriehtigungen zum pie xvu Inhaltsverzeichnis zum Kapitel XVII. XVII. Biologie Sr Vorkommen ac Lebensweise Variabilität 5 Feinde und Shntzeinrichiuneen Parasitismus und Symbiose Paläontologie Nachträge und Berichtisungen zum em, Zweiter Nachtrag zum Literaturverzeichnis Druckfehler-Berichtigungen Index : De: | Re PER er E SH DEE A A LE ee ® N Beer Ha RT Bam El) Sa # MIA = + . - I, Age de EP ne a BEE: EREeN He N 12:3 FRE BER a nanähin iS Bar 2 Tunicata: Mantelthiere. Erster Abschnitt. &eschiehtlicher Ueberblick. 1. Die Kenntnisse über Tunicaten im Alterthum und Mittelalter. Einzelne Vertreter des Tunicatenstammes waren bereits Aristoteles bekannt. Er bezeichnet”sie als z79ve, und die Beschreibung, die er von diesen Formen giebt, lässt darüber keinen Zweifel bestehen, dass es sich um Ascidien handelt. In der historia naturalis (lib. IV, cap. I) werden bekanntlich die blutlosen oder weissblütigen Thiere (raue) in vier Classen getheilt: in Kopffüssler (ueAaxıe), Krustenthiere (u«Aaxoorgaze), Schalthiere (ooro«- »odsonue) und Insekten (Evzoue). Die Tethya sind als eine besondere Gruppe der Schalthiere angeführt. Von den übrigen Formen dieser letztern zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie „ganz und gar von der Schale um- geben sind und aussen nichts vom Fleische blosslegen“ (hist. nat. IV, 4, 2) und sieh in ihrer Natur den Pflanzen nähern. Ich will diese berühmte Stelle, in welcher eine Auffassung der organischen Natur niedergelegt ist, die namentlich die Zoologen der Renaissance bis zu einer wörtlichen Anlehnung beherrscht hat, in der Uebersetzung hersetzen: „Die Ascidien aber unterscheiden sieh ihrer Natur nach wenig von den Pflanzen, gleich- wohl sind sie thierartiger als die Spongien, denn diese haben durchaus die Beschaffenheit der Pflanzen. Die Natur schreitet nämlich allmählig von dem Unbeseelten zu den Thieren fort durch solche Wesen hindurch, welche zwar leben, dennoch aber keine Thiere sind, dergestalt, dass es scheint, als ob das eine sich vom anderen wegen der gegenseitigen Ver- wandtschaft überaus wenig unterscheide. Die Spongie verhält sich nun aber, wie gesagt wurde, da sie zwar angewachsen lebt, abgelöst aber nicht lebt, durchaus gerade so, wie die Pflanzen...... Es findet sich aber auch zuweilen bei den Ascidien und anderen derartigen Geschlechtern, dass sie, indem sie zwar nur angeheftet leben, einer Pflanze gleichen, dennoch aber, da sie etwas Fleischiges besitzen, eine Art Empfindung zu haben scheinen; es bleibt aber ungewiss, wie man es nehmen soll. Es hat aber dieses Thier zwei Gänge und eine Sonderung, einen, wodurch 3ronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 1! > Tunicata. es die Flüssigkeit aufnimmt, und einen, durch welchen es die zurück- bleibende Flüssigkeit wieder herauslässt; denn es hat keineswegs deutliche Exeremente, wie die übrigen Schalthiere. Darum ist es auch viel richtiger, dieses, wie jedes andere derartige Thier als pflanzlich zu bezeichnen; denn keine Pflanze hat Exeremente. Durch die Mitte aber zieht eine dünne Scheidewand, in welcher sich wahrscheinlich das Princip des Lebens befindet‘‘ (part. animal. IV. 5). Auch hist. anim. VIII. 1, 3 behandelt Aristoteles die Pflanzenähnlichkeit der Schalthiere, ohne aber daselbst etwas wesentlich Neues hinzuzufügen. Die Hauptstelle bezüglich der Darstellung des anatomischen Baues der Tethyen findet sieh hist. anim. IV. 6, 1—3 und lautet folgender- maassen: „Die sogenannten Ascidien haben vor allen diesen eine ganz absonderliche Beschaffenheit, bei ihnen allein wird nämlieh der Körper ganz und gar von einer Schale verhüllt; die Schale ist aber ein Mittel- ding zwischen Fell und Schale, daher schneidet sie sich auch wie dürres Leder. Der schalenartige Theil nun ist am Felsen festgeheftet und zeigt zwei von einander entfernte, äusserst kleine und nicht leicht zu sehende Oeffnungen, durch welche sie das Wasser ausstossen und aufnehmen; sie haben nämlich keinerlei deutlichen Abgang, wie einige andere Schalthiere, . B. der Seeigel, und andere den sogenannten Mohnsaft. Geöffnet haben sie nach innen zunächst eine sehnige Haut um das Fleischige, in ihr befindet sich das Fleischige der Ascidie selbst, das keinem der übrigen eleieht; das Fleisch selbst ist in der That durchaus gleichförmig. Dasselbe ist indess an zwei Stellen dem Häutchen und dem Felle von der Seite her angewachsen, und wo es angewachsen ist, da ist es enger nach beiden Enden, mit denen es sich zu den die Schale durchziehenden Ausgängen hinzieht, durch welche sie Nahrung und Wasser aufnehmen und ausstossen; als ob das eine der Mund, das andere aber der Ausgang für den Auswurf wäre: auch ist das eine von ihnen dicker, das andere dünner. Inwendig findet sich an jedem Ende eine Höhlung und mitten trennt sie etwas /usammenhängendes. In einer von beiden Höhlungen befindet sich die Feuchtigkeit. Ein anderer Theil findet sieh indess in ihnen keineswegs, weder ein verrichtender, noch ein empfindender, noch, wie es früher bei den übrigen erwähnt wurde, ein Auswurfsstoff. Die Farbe der Ascidien ist aber bald gelb, bald roth.“ Dieser ausführlichen Darstellung werden an anderen zerstreuten Stellen nur noch einige Einzelheiten hinzugefügt. So erwähnt Aristoteles, dass die Tethyen der Geschlechtsorgane entbehren (Von der Zeugung und Entwicklung der Thiere III. 123) und von selbst im Schlamm entstünden um die Spalten der Felsen herum (histor. anim. V. 13, 5). Unter allen festsitzenden Schalthieren haben die Aseidien und Pa4avaı den am wenigsten ausgeprägten Geruchssinn (hist. anim. IV. 5, 19). Ob ausser den Tethyen noch andere Tunicaten dem Aristoteles bekannt waren, lässt sich nicht sicher entscheiden. Auffallend wäre es aber, wenn ihm alle pelagischen Mantelthiere, die gerade im Mittelmeere einen sehr Geschichte. Aristoteles. > beträchtlichen Theil des Planktons bilden und theilweise eine recht an- sehnliche Grösse erlangen, vollkommen entgangen wären. So ist denn schon mehrfach versucht worden, die eine und andere unbestimmbare Thier- form der Aristotelischen Naturgeschichte auf Salpen oder Pyrosomen zu beziehen. Es sind nicht gerade viele Formen, die hier in Frage kommen können. Die drei Co« sreoıre (IV. 7, 8) können Tunicaten nicht sein; sie werden vielmehr als eine Pennatula und Holothurie ziemlich all- gemein angesehen, während das dritte Thier, welches „Schilden ähnlich, aber roth von Farbe und mit dicken Flossen“ beschrieben wird, bald als Eimassen von Loligo (Joh. Müller), bald als Velella oder Porpita (Leuckart), bald als eine Nacktschnecke, Aeolis, Doris oder Idalia (Grube), oder endlich als Tethys fimbriata (Grube, Chun) gedeutet wird. Danach bliebe nur zu untersuchen, ob nicht die Holothuria oder Pneumones gewisse Tunicaten bedeuten. Von vornherein wird freilich die Möglichkeit zugestanden werden müssen, dass unter jenen Bezeich- nungen ganz heterogene Formen vereinigt waren, wie dies mehr als 2000 Jahre später für eine gleichbenannte Gattung im Linn&’schen Systeme der Fall war. Die Beschreibung, die Aristoteles von jenen Wesen giebt, ist nicht gerade ausführlich. In part. animal. heisst es wie folgt: „Die sogenannten Holothurien und Pneumonen, sowie sonstige derartige im Meere unterscheiden sich von diesen (den Spongien) nur wenig durch das Freisein; sie haben nämlich keine Empfindung und leben, als wären sie losgetrennte Pflanzen“ (IV. 5). Von den Holothurien wird in der Naturgeschichte der Thiere gesagt: „Viele aber sind zwar abgelöst, aber dennoch- unbeweglich, z. B. Austern und die sogenannten Holothurien“ (I. 1, 8). Und endlich lautet eine andere Stelle (hist. nat. V. 13, 10): „Auch die sogenannten Pneumones entstehen von selbst.“ Im Hinblick auf diese wenig präcisen Beschreibungen können alle Deutungen nur un- sicher ausfallen. Wohl ziemlich isolirt mit seiner Auffassung steht A. Karsch, der in der Uebersetzung „der Theile der Thiere“ (p. 155) meint, es sei am wahrscheinlichsten, dass die Holothurien und Pneumones nicht Thiere bezeichnen, sondern dass „beide Wesen unter den Pflanzen zu suchen“ seien. Sehr unbestimmt äussert sich Joh. Müller (No. 130)*), indem er ganz unentschieden lässt, ob Pyrosomen, Aleyonium domuneulum, die leeren Eihülsenmassen von Buceinum undatum, todte Holothurien oder abgerissene Algen Aristoteles vorgelegen haben. Linne und Pallas halten die Pneumones für Salpen, was Uuvier zu widerlegen versucht; Strack bestimmt sie im Index seiner Uebersetzung des Aristoteles als eine Aplysia, während er in den Aristotelischen Holothurien eine wirkliche Holothurie zu erkennen glaubt. Grube denkt an zusammengesetzte Ascidien, an Didemnum oder Botrylloides.. Gyllius, Belon und *) Die den Autornamen beigefügten Zahlen beziehen sich auf das Literaturverzeiehniss am Schlusse des ersten Abschnittes. 15: 4 Tunieata. Leuckart halten die Pneumones für Medusen, Chun bezieht sie auf Medusen oder Siphonophoren. In den „Holothuria* endlich glauben Leuekart und Chun Rippenquallen erkennen zu können. Mir scheint es nun am angezeigtesten zu sein, zur alten Linneschen Auffassung zurückzukehren, wobei ich freilich nicht entscheiden kann, ob unter den Pneumones oder Holothuria Salpen zu verstehen seien, denn beide Ansichten lassen sich mit gleich guten Gründen vertheidigen. Offenbar stimmt es für die Salpen ebensogut wie für die Quallen, wenn man die Bezeichnung Pneumones den Pumpbewegungen entlehnt glaubt, welche die fraglichen Thiere ausgeübt hätten, um ihre Ortsveränderung auszuführen. Auch die oben angezogene Stelle (part. anim. IV. 5) kann meines Erachtens mit nicht grösserem Rechte auf Medusen als auf Salpen bezogen werden. Was andererseits die Bezeichnung Holothuria anbelangt, so hat man aus der Wortbildung geschlossen, es müsse das Thier in irgend einem Theile zur Vergleichung mit einer Vulva herausfordern. Das war namentlich für Chun Veranlassung, Aristoteles’ Holothurien auf Ütenophoren und im besonderen auf Bero& zu beziehen. Bei dem vollständigen Mangel bestimmter anatomischer Merkmale in den Aristotelischen Schriften, wird der Etymologie jener Benennung ein besonderer Werth gewiss nicht abzusprechen sein. Aber ich meine, dass der Vergleich mit einer Vulva für die Ingestionsöffnung der grossen Salpenformen nicht minder nahe liegt wie für die Rippenquallen. Wie sehr dieses Verhalten hervor- tritt, kann man vielleicht am besten aus Forskäl (No. 57) entnehmen, der auf Tafel 35 und 36 zuerst gut erkennbare Salpen abgebildet hat und ausdrücklich von Lippen des Mundes spricht. Bemerkenswerth ist in dieser Beziehung besonders Fig. A auf Taf. 35. Mag nun auch die Deutung der Holothurien oder Pneumones als Salpen zutreffend sein, so bleibt doch als eine bemerkenswerthe Thatsache zu verzeichnen, dass die Zoologen der Renaissance, die sich eng an Aristoteles anschliessen, von (@esner’s problematischem Pudendum ab- gesehen, die Salpen nicht kennen und unter Holothurien und Pulmones canz andere Formen verstehen. Die oben mitgetheilten Stellen beweisen, dass Aristoteles eine. ganze Reihe Einzelheiten über den Bau und die Lebensgeschichte der Tethyen bekannt waren. Erwägt man, mit welcher Langsamkeit erst fast zwei- tausend Jahre später von den Zoologen der Renaissance einzelne neue und zum Theil unrichtige Beobachtungen den Angaben des Aristoteles hinzugefügt werden, und dass erst in einer langen Reihe Arbeiten ver- schiedener Forscher so viel neue Thatsachen vorgebracht erscheinen, um in ihrer Bedeutung mit jenen ersten Mittheilungen verglichen werden zu können: so wird man auch dem Aristoteles nicht die Entdeckung aller Thatsachen, die er über seine Tethya mittheilt, zuschreiben dürfen. Auf wen aber die einzelnen Angaben zurückzuführen sein mögen, das entzieht sich vollständig unserer Kenntniss. Nur so viel lässt sich feststellen. dass in mehreren älteren Schriften die Bezeichnung z79e« oder 7797 für (reschichte,. Homer, Epieharmus, Aristophanes. 5 eine bestimmte im Meere lebende Thierform, welche den späteren Schal- thieren der hist. anim. nahe stehen müsste, vorkommt. Die älteste Quelle ist Homer’s Hias (16. 747), wo Patroklos die ın$ea als essbare Seethiere nennt: si dn nov zer ovıw 2v IyYvosvrı yEvoıto, roAlovs dv x008081Ev avyo 0ds ındea dıywr. Auf diese Homerische Stelle wird auch später im Athenaeus 1. 13. D. mit fast denselben Worten angespielt. Gewöhnlich wird hier 279e« mit Austern übersetzt oder doch wenigstens diese Form als eine den Austern ganz nah verwandte angesehen. Da nirgend ‘in den späteren voraristotelischen Schriften eine genauere Beschreibung der z79e« gegeben ist, lässt sich natürlich nicht mit Sicherheit erweisen, dass diese mit den z79v«@ des Aristoteles identisch sind. Es wäre ja möglich, dass die gleiche Bezeichnung auf eine andere- Thierform allmählig übergegangen wäre und dass mit diesem Worte ursprünglich Austern, von Aristoteles aber Aseidien benannt worden seien. Doch ist das nur sehr wenige wahrscheinlich, und es widerspricht auch nichts der Annahme, dass die Homerischen 779e« und die der Späteren Aseidien gewesen seien. Wenn jene als essbar genannt werden, so wissen wir, dass auch heutzutage manche Ascidien regelmässig auf die Fisch- märkte der Städte am Mittelmeer kommen und von der ärmeren Bevölkerung gegessen werden. Wenn die z7Js«@ ferner als den Muscheln ähnlich bezeichnet werden, so darf man wohl darauf hinweisen, dass auch Aristoteles, dessen Blick für Verwandtschaftsbeziehungen zwischen ver- schiedenen Thierformen ausserordentlich viel schärfer war als bei seinen Vorgängern, die Tethya für Schalthiere hält, obwohl er die mannigfachen Unterschiede nicht übersieht. In einer ähnlichen systematischen Stellung, das heisst mit anderen niederen Seethieren und namentlich Testaceen werden die znJvvaxı@ von Epicharmus genannt. Die betreffende Stelle aus diesem altgriechischen Schriftsteller aus dem Anfange des fünften Jahrhunderts v. Christ. ist nur im Athenaeus (Ill. 85. ©) erhalten. Eine Beschreibung jener Form wird nicht gegeben, aber es handelt sich wohl sicher um dasselbe Thier, das Homer erwähnt hat, und das etwas verschieden lautende Wort wird lediglich als ein Diminutiv von @7Jdva@ angesehen. Es möge an diesem Orte gleich noch eine dritte Stelle Erwähnung finden, an welcher im Athenaeus (200 n. Christ.), die 2797 genannt er- scheinen. Im Anschlusse an die Besprechung anderer niederer Seethiere und Schalthiere heisst es (III. 88. A): z« d& 7797 nraoerincıe vois 7roosı- omusvors, Kal TTOAVTOOPWTEoR. Vor Aristoteles nennt ferner noch Aristophanes (455 — 387 v. Christ.) in seiner Komödie Lysistrate die Tethen, in einer Weise, dass man an- nehmen muss, es seien diese Thiere allgemein bekannt. Ihr Name scheint ein Schmähwort zu bedeuten: © ındav avdgsiorcen zei umıerdiov axainpar. (1. 549.) 6 Tunicata. Von den naturbistorischen Werken des Alterthums nach Aristoteles kommt hier nur die Naturgeschichte des Plinius in Betracht, in welcher an mehreren Stellen die Aseidien unter dem Namen Tethea erwähnt sind. Eine Beschreibung ihres anatomischen Baues wird aber nirgend gegeben, so dass die Identität mit den Aristotelischen Tethyen eigentlich nur aus der Uebereinstimmung des Namens erschlossen werden kann. Plinius behandelt fast ausschliesslich die therapeutische Bedeutung der Tethea, über welche sich bei Aristoteles keinerlei Mittheilungen finden. In dieser Beziehung heisst es 32 cap. 10. 117: „Für Kachektische, deren Körper abmagert, sind Tetheen mit Raute und Honig wohlthuend.“ Wohl nur im Hinblick auf die Vergleiehung der Tethyen mit Spongien in Aristoteles’ part. anim. nennt Plinius die Tethea mehr eine Art Schwämme als Fische: „Die Tetheen helfen gegen Leibschmerzen und Aufblähungen. Sie finden sich an den Blättern der Seekräuter, saugend, und sind in der That mehr eine Art Schwämme als Fische. Sie lösen auch den Stuhlzwang und heilen Nierenleiden‘‘ (32. cap. 9. 99). An einer anderen Stelle dagegen wird die Tethea, so wie sie auch Aristoteles zu den Schalthieren rechnet, als similis ostreo bezeichnet: „Seitenschmerzen lindern geröstet ein- genommene Hippocampen oder die den Austern ähnliche Tethea, als Speise genossen“ (52. cap. 9. 95). Die Aristotelischen Pneumones werden im Plinius als Pulmones mehr- fach genannt; und obwohl eine Anzahl neuer Merkmale für diese Formen angegeben sind, bleibt doch immer noch ihre Zurückführung auf Salpen in hohem Grade unsicher. Die wichtigsten Angaben über die Pulmones sind folgende: „Seelungen auf offenem Meere verkünden einen mehr- tägigen Sturm“ (18. cap. 35). „heibt man Holz mit einer Seelunge, so scheint dieses zu brennen, so dass ein Stock, auf diese Art bestrichen, vorleuchtet“ (32. cap. 10). Diese letztere Angabe hat Strack dazu veranlasst, die Pulmones auf Aplysien zu beziehen, doch wird man freilich die Gründe für nicht überzeugungskräftig halten dürfen. In Wasser gekochte Seelungen sollen (32. cap. 9) Blasenleidenden wohlthuend sein, und an einer anderen Stelle (32. cap. 10) werden die Seelungen als ein Heilmittel für gewisse Frauenleiden genannt und dann wieder als ein Haarvertilgungsmittel angeführt. Daher rührt wohl die Erzählung in Aelian’s Thiergeschichten (13. 27): „Dasselbe (ein glattes Kinn) bewirkt der Krampffisch und die Seelunge. Denn wenn man das Fleisch dieser Thiere in Essig auflösen lässt, und das Kinn damit bestreicht, so werden die Haare dadurch vertrieben.“ Endlich muss ich noch zwei Formen erwähnen, welche bei Plinius genannt werden und als Tunicaten gedeutet wurden: die Uva marina und den Cucumis marinus. Unter den gleichen Namen wurden 1555 von Rondelet zwei Thiere beschrieben, von denen das eine, wie weiter unten auseinandergesetzt werden soll, sicher eine Synascidie, das andere wahr- scheinlich ein Pyrosoma ist. Rondelet hält die von ihm untersuchten Formen für identisch mit denen des Plinius. Für den Cucumis marinus Geschichte. Plinius, Avicenna, Albertus. 7 mag das vielleicht nicht unwahrscheinlich sein, dass aber ein Botryllus für eine „Meertraube‘‘ angesehen worden sein sollte, halte ich für kaum denkbar. Die Beschreibung im Plinius ist freilich nur sehr kurz gehalten und bezieht sich in nichts auf den inneren Bau der fraglichen Formen, vielmehr geht aus der unten angeführten Stelle bervor, dass es sich lediglich um eine ganz äussere Formähnlichkeit mit einer Traube, be- ziehungsweise Gurke handelt. „Dass sich aber wirklich dort (im Meere) Ebenbilder von allen Dingen und nicht allein von Thieren finden, ergiebt sich daraus, dass man auch Trauben, Schwerter, Sägen, ja eine Gurke hier zu sehen bekommen kann, die an Farbe und Geruch einer gewöhnlichen gleicht, so dass wir uns umsoweniger wundern dürfen, wenn wir aus kleinen Schneckenschalen Pferdeköpfe hervorgehen sehen‘ (9. cap. 2). Auch eine zweite Stelle (32. cap. 10), an welcher die Uva marina genannt wird, ist nicht geeignet, eine sichere Deutung zu ermöglichen. Denn es heisst dort nur: „Ein in Wein getödteter Mullus oder der Fisch Rubellio, zwei Aale und die in Wein geweichte Uva marina sollen denen, die davon trinken, den Wein zuwider machen.“ Während der Zeit des vollständigen Stillstandes zoologischer For- schungen im ganzen Mittelalter ist natürlich ein Fortschritt in den Kenntnissen über Tunieaten nicht zu erwarten. Ich habe nirgends auch nur eine einzige, wichtigere, neue Angabe über die Anatomie oder die Lebensgeschichte der Tunicaten auffinden können und Mühe genug gehabt, in einigen Stellen überhaupt eine verschwommene und abgekürzte Wieder- holung der alten Aristotelischen Mittheilungen über die Tethya wieder- zuerkennen. /u erwähnen ist zunächst an dieser Stelle Avicenna’s Werk „De animalibus“, welches nur einen freien Commentar zu den Werken des Aristoteles darstellt. Ein grosses naturhistorisches Werk Ibn Sina’s *) (Avicenna ist die hebraisirte Form dieses Namens), welches die gesammten Schriften des Aristoteles behandelt, ist verloren gegangen. Jener kleinere Commentar ist von Michael Scotus aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt und 1508 gedruckt worden. Die Eintheilung in die einzelnen Bücher entspricht genau der Aristotelischen. Zuerst stehen die zehn Bücher der Naturgeschiehte der Thiere, dann folgt De part. anim., und den Schluss bilden die fünf Bücher von der Zeugune. Die Aseidien müssten dementsprechend im 4. und 14. Buche besprochen sein. In der That finden sich im 4. Buche und zwar in dem „De anatomia animalium aquaticorum et de membris anulosorum‘ überschriebenen Capitel einige Bemerkungen, welche sich auf Ascidien beziehen: „et quaedam sunt (testacea), quae habent testam totam unius naturae ....... habent foramen in testa sua: per quod eiciunt suam superfluitatem“ (p. 7.). Die *) Abu Ali el-Hosein ben Abdallah el Scheich el Reis Ibn Sina geb. 950 gest. 1037. 5 Tunicata. oben angeführte Hauptstelle über Ascidien bei Aristoteles führt aber Avicenna nicht an. Sie scheint ihm nicht wichtig genug, und auch die Be- schreibung der übrigen Testaceen giebt er nur in abgekürzter Weise: „Et Aristoteles dixit in prima doctrina anatomiam et similitudines harum specierum, et nos desideravimus abreviationem eius“* (p. 7.). Weit ausführlicher als Avicenna behandelt die Tunicaten Albertus Magnus (De animalibus libri vigintisex. 1495 gedruckt in Venedig). Der Inhalt der 19 ersten Bücher entspricht genau — so wie es bei Avicenna der Fall ist — den einzelnen Abschnitten der Aristotelischen Schriften, und die Tethyen sind daher im 4. und 14. Buche behandelt. Die wichtigste Stelle findet sich im 4. Buche, wo die Tethyen im An- schlusse an die Seeigel besprochen sind. Die Beschreibung des ana- tomischen Baues ist lediglich eine Wiederholung aus Aristoteles; nur die Egestions- und Ingestionsöffnung sind schärfer bestimmt, und ferner weicht Albertus darin von seinem Vorgänger ab, dass er nur einen inneren Hohlraum kennt, wo dieser zwei beschreibt. Aus der Vergleichung des nachfolgenden Citates mit dem oben (p. 2) angeführten Schlussabschnitte aus der hist. anim. IV. 6 ist das ohne Weiteres zu entnehmen. Unsicher scheint nur, ob von Seiten Albertus’ ein einfaches Missverständniss vorliegt, oder ob der Gegensatz auf eine Textverschiedenheit der arabisch- lateinischen Uebersetzung des Aristoteles, welche Albertus benutzt hat, zurückzuführen ist: „Per unam enim illarum (viarum) reeipit eibum et per aliam ejieit ipsum: et una earum est spissa et alia subtilis per quam ejieit. Interius est profundum: et in illo profundo est humidum nutrimentale ipsius“ (p. 59). In getreuer Uebersetzung -— einige unbedeutende Abweichungen abgerechnet — trifft man im 14. Buche die bekannte Stelle aus part. anim. IV. 5, die ich oben (p. 1) in wörtlicher Uebertragung angeführt habe und die von der Planzenähnlichkeit der Aseidien handelt. Albertus beginnt seine Erörterung mit folgenden Worten: „Animal marinum quod grece tytos vocatur non diversificat ab arboribus nisi parum“ (p. 147). Das betreffende Capitel hat er „de interioribus eorum, quae sunt media inter animal et arbore‘‘ überschrieben. Ausser diesen beiden Hauptstellen wird noch an einigen anderen Orten auf die Ascidien angespielt, ohne dass aber irgend eine neue That- sache vorgebracht würde. Schon Aldrovandi (No. 23) hat 1606 bei der Beschreibung der Rondelet’schen Mentulae marinae, von denen die eine Form eine Monascidie darstellt, behauptet: „Mentulae marinae meminit Albertus.“ Die eine Stelle, die er aus Albertus anführt, bezieht sich jedoch zuverlässig nicht auf eine Ascidie, sondern auf eine Pennatula, die bereits Aristoteles unter den {oa sreoırr« nennt; die andere bleibt in ihrer Deutung unsicher. Geschichte. Gyllius. ) 2. Die Tunicaten in den encyklopädischen Darstellungen der Zoologen der Renaissance. Zu Beginn der neueren Zeit, als Vorläufer der bedeutsamen Werke Rondelet’s, Belon’s, Gesner’s und Aldrovandi’s erschienen einige zoologische Arbeiten, in welchen auch der Tethyen gedacht wird. Sie sind fast aus- schliesslich compilatorischen Inhalts, und namentlich Plinius ist es, welcher mit Vorliebe herangezogen wird. Aber auch die Uebersetzung des Ari- stoteles durch Theodorus Gaza wird bereits vielfach benützt, wenn freilich auch noch nicht in der ausgiebigen Weise, wie es durch die späteren zoologischen Encyklopädisten geschieht. Als ersten nenne ich hier Nie. Marescaleus Thurius (Historia aquatilium latine ac grece cum figuris 1520). Die Holzschnitte, die auf besonderen Tafeln beigefügt sind, sind durchwegs sehr ungenügend aus- geführt und zeigen zum Theil ganz phantastische Formen, so dass das harte Urtheil, das Gesner in der Einleitung zum vierten Buche seiner historia animalium darüber ausspricht, vollständig gerechtfertigt ist. Von Tethyen wird keine Abbildung gegeben, und die Darstellung beschränkt sich auf folgende Worte: „Thetya, Jsrve, similia sunt ostreae ut seribit idem (Plinius) lihro eodem (32), quae torminibus et inflamationibus suc- eurrunt, inveniunturque in foliis marinis sugentes, fungorum verius generis quam piscium. Et cacheticis quorum corpus macie confieitur utilia esse Thetya cum ruta ac melle idem libro eodem annotavit“ (p. MIII). Etwas später behandelt @yllius, freilich nur sehr wenig eingehend, die Tethyen. Sehr fühlbar macht sich der Mangel jeglicher Abbildungen bemerklich, besonders bei den Formen, bei welchen die von den Schrift- stellern des Alterthums gegebene Beschreibung zu einer Bestimmung nicht ausreicht. In seinem Hauptwerke (Ex Aeliani historia latini facta 1933), in dessen Index die Thiere in Terrestria, Aquatilia und Volucres getheilt werden, finde ich nirgend Tunicaten erwähnt, dagegen sind die Tethyen in dem gleichzeitig erschienenen „Liber summarius de gallieis et latinis nominibus piscium Massiliensium“ aufgeführt. (Cap. 96. p. 584.) Sie werden Tubera oder Calli genannt, und bemerkenswerth ist eigentlich nur, was über die Synonymie der Namen gesagt wird: „Holothuria, quae et Tethia vocantur, Theodorus vertit Tubera, et Callos, et Vertibula: et Tubera quidem, quod sic nullis fibris, quemadmodum tubera terrena nitantur: ac Callos, quod callosa materia tegantur.“ Neue Angaben über den Bau oder die Lebensgeschichte dieser Formen werden keine gemacht. Obwohl es nicht ausdrücklich erwähnt wird, lässt sich doch aus dem Orte des Werkes, an welchem die Tethyen genannt sind, mit einiger Wahrscheinlich- keit schliessen, dass Gyllius sie für Zoophtyen hält. Bei den Schwämmen wenigstens, welche kurz vorher behandelt worden sind, heisst es: „Plinius Urticam et Spongiam numerat inter Coogvre, hoc est, si quid Theodoro dienum conari audet, Plantanimalia, quae nec animalium, nec fruticum, 10 Tunicata. sed temperatam ex utroque naturam habent.‘“ Es ist diese Stelle wegen des Vorkommens des Wortes Coopvrae nicht ohne Bedeutung. Wohl all- eemein und, wie man nunmehr sieht, mit Unrecht wird Wotton als der- jenige genannt, welcher fast zwanzig Jahre später (1552) die Bezeichnung /oophyten in die zoologische Wissenschaft eingeführt hat, obwohl, wie namentlich Blainville (Zoophytes. Dietionnaire des Sciences naturelles. Bd. 60, p. 4 u. fg.) und später besonders überzeugend Leuckart (No. 155) nachgewiesen haben, der Name nicht von ihm herrührt, sondern zu jener Zeit allgemein gebräuchlich war. Wer allerdings diese Bezeichnung zuerst angewendet hat, das ist bisher nicht sicher gestellt. f Uebrigens ist Gyllius nicht der einzige Zoologe vor Wotton, bei welchem ich die Benennung „Zoophyten‘ angetroffen habe. Adam Lonicer (Naturalis historiae opus novum 1551), in dessen Werk aller- dings der zoologische Theil gegenüber dem botanischen sehr zurücktritt, hat ebenfalls die Zoophyten bereits gekannt und charakterisirt sie mit den gleichen Worten wie Gyllius und die späteren zoologischen Eney- klopädisten: „[oogvre, hoc est, quae nec animalium nec fruticum naturam, sed ex utroque temperatam habent“ (p. 507); die Tethyen erwähnt er nicht. Um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts erschienen in rascher Folge eine Anzahl systematischer Werke, welche sämmtlich fast alle damals bekannten Thierformen behandelten. Das erste derselben ist jd. Wotton’s: De differentiis animalium libri decem, das 1552 in Paris herausgegeben wurde. Die Aristotelischen blutlosen 'Thiere erscheinen hier in schärferer systematischer Anordnung eingetheilt in Insecta, Mollia, Crustata, Testata und Zoophyta. Als den letzteren zugehörig nennt Wotton an erster Stelle die Tethya. Bei ihrer. Beschreibung schliesst er sich so vollständig an Aristoteles und Plinius an, dass ich den Zweifel nicht unterdrücken kann, ob er eine hierher gehörende Form überhaupt selbständig untersucht habe. Wichtig auch für die Charakterisirung der ganzen Zoophytengruppe ist namentlich folgende Stelle, die zugleich die völlive Abhängigkeit Wotton’s von Aristoteles’ Anschauungsweise in deutlichster Weise zeigt: „Sunt animalia quaedam excelusa omnino lis quae in genera divisimus: quae scilicet ancipiti natura sunt: neque enim in iis perfectum animal est, neque planta. @uae enim holothuria vocantur atque pulmones et plura eiusmodi, alia in mari, parum a plantis differunt sua ipsa absolutione: vivunt enim sine ullo manifesto sensu perinde ac plantae absolutae. In his tethya parum sua natura a plantis differunt, ut videantur plantae quaepiam marinae, aut fungi. Propius tamen ad animalium naturam accedunt quam spongia. In hoc certe cum plantis convenit: quia non nisi adhaerendo vivit. Sed cum aliquid habeat carnis, sensum aliquem habere videri potest: sed olfactum tamen minime habere cernitur“ (p. 218). Geschichte. Wotton, Belon. 11 Er füot hinzu, dass sich die Tethven häufige bei Smyrna finden, in oO ’ D o g Egypten dagegen fehlen, eine Angabe, die — wie ich Gesner’s Historiae animalium liber IV. p. 1146 entnehme — von Xenocrates herrühren soll. Als weitere Zoophytenformen werden die Holothurien, Stellae marinae, Pulmones, Urticae = Akalephen des Aristoteles) und Spongien angeführt, Thiere also, die Aristoteles als Uebergangsformen von den Pflanzen zu den Ostrakodermen betrachtet, ohne allerdings für sie eine besondere Classe und einen gemeinsamen Namen geschaffen zu haben. Ein Unter- schied besteht nur in der Stellung der Tethya, welche Aristoteles den Schalthieren, Wotton den Zoophyten zurechnet. Auch die Gruppe der Coa zegirra der Naturgeschichte der Thiere (IV. 7) erscheint in Wotton’s System, allerdings mit völlig verändertem Inhalte. Am Schlusse des Werkes heisst es im 252. Capitel: „Praeter haee quae diximus animalia, sunt purgamenta aliqua relatu indiena, et aleis potius annumerenda quam animalibus“ (p. 220). Die Diagnosen der unter den „Purgamenta“ auf- geführten Formen sind jedoch so kurz gehalten, dass ihre sichere Be- stimmung nicht möglich erscheint. Einige derselben gehören sicher dem Pflanzenreiche zu. Ein Jahr später als Wotton hat Belon die „Vertibula sive Tethya“ in einem kleinen Capitel seines Werkes: „De aquatilibus libri duo cum eiconibus ad vivam ipsorum effigiem, quoad eius fieri potuit‘ behandelt. Mir scheint der betreffende Abschnitt einer der schwächsten des ganzen Buches zu sein. Die beiden Abbildungen, die von einer Vertibula integra und V. aperta gegeben werden, sind so unfertig ausgeführt und stimmen so wenig mit dem beschreibenden Texte überein, dass Zweifel darüber entstehen konnten, ob Belon wirklich Aseidien vor sich gehabt habe. Cuvier (No. 86) und nach ihm Chun (No. 144, p. 15) halten wohl nur auf Grund der Abbildungen Belon’s Tethyen für Aleyonien, und auch Leuckart (No. 155, p. 93) meint, dass unter dem Namen Tethya „mehr Aleyonidien als einfache Ascidien beschrieben werden“. Ich glaube aber auf Grund des beschreibenden Textes, dass Joh. Müller (Geschichtl. und krit. Bemerk. über Zoophyten und Strahlthiere, p. 91) im Rechte ist, wenn er gegenüber Guvier die Tethyen Belon’s für echte einfache Ascidien erklärt. Ob er mit der Artbestimmung als Ascidia microcosmus das Richtige getroffen habe, möchte freilich zweifelhaft erscheinen. Aus der Beschreibung, die Belon giebt, möchte ich nur auf folgende Stelle hinweisen: „Forti callo saxis affıguntur, atque inter testam et corium duritiem habent, praeduri bubuli tergoris persimilem. Hine propria appelatione calli a tergoris callosa duritie nominantur.“ Erwähnt wird weiter das Wasserspritzen und der Verkauf der Thiere auf dem Fischmarkte in Venedig. Wiederholt werden ferner mehrere Angaben des Aristoteles aus der „Naturgesch. der Thiere® und den „Theile der Thiere“, und ebenso finden sich Beziehungen auf Mittheilungen des Plinius über die Bedeutung der Tethea als Heilmittel. 1% Tunicata. Im System fügt Belon, wie vor ihm Wotton, die Tethya den Zoophyten „hoc est, aneipitis naturae exanguibus, ab animalibus et plantis differen- tibus“ ein. Diesen rechnet er weiter noch zu die Pollieipedes, Holothurien und Spongien. Die beiden letzten Gruppen beschreibt er in vollständiger Anlehnung an die alte Aristotelische Darstellung, ohne irgend etwas Wesentliches hinzuzufügen. Belon’s Zoophyten umfassen also ganz andere Thierformen als die Zoophyten der Autoren unseres Jahrhunderts. Die ihm bereits bekannten Cölenteraten bringt er grösstentheils in ganz anderen Ulassen und Gruppen unter. Die Aktinien, deren Identität mit den Akalephen des Aristoteles von Belon mit Recht behauptet wird, zählt er als „Urticae marinae“ der Ölasse der „Mollia® zu. Andere frei- schwimmende Cölenteraten finden sich mit einer Anzahl abenteuerlicher, gar nicht mehr bestimmbarer Formen, mit einigen Fischen und Asseln als „dejectamenta marina“ vereinigt. Offenbar wusste Belon nicht, die betreffenden Formen in den schärfer definirten Classen der Mollia, Crustata, Testacea oder Zoophyta unterzubringen. Doch fällt die Gruppe der Dejeetamenta marina durchaus nicht vollkommen mit den sresoımr« des Aristoteles oder Wotton’s „Purgamenta‘ zusammen, obwohl ihre Auf- stellung vielleicht durch seine Vorgänger veranlasst sein mochte. Einen wesentlichen Fortschritt in der Kenntniss der Tunicaten bilden die Arbeiten Rondelet’s. Nicht nur, dass er eine neue solitäre Ascidie beschreibt (Mentula marina) und von ihr die beste Abbildung liefert, die wir aus dieser ganzen Periode überhaupt besitzen, so erweitert er auch die Formenkenntniss durch die Beschreibung der zusammengesetzten Ascidien (Botryllus, als Uva marina bezeichnet). Doch ist ihm die Ueber- einstimmung sowohl der Mentula als der Uva mit den übrigen Tethyen ebenso entgangen wie später Gesner und Aldrovandi. Endlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass ihm bereits die Pyrosomen bekannt waren, eine Annahme, die freilich nicht unbestritten ist, wie weiter unten aus- einandergesetzt werden wird. Die zwei ersten Classen der wirbellosen Thiere, die Mollia und Urustacea. behandelt er mit den Fischen in seinem 1554 erschienenen Werke „De piscibus marinis“. Nur beiläufig will ich erwähnen, dass er, so wie vor ihm bereits Belon, die Aktinien und Medusen als Urticae den Mollia zurechnet, während sie Wotton und später Aldrovandi in riehtigerer Erkenntniss den Zoophyten einordnen. Ein Jahr später bespricht er in seiner „Universae aquatilium historiae pars altera'‘ die Testacea und in einem Abschnitte die Insekten und Zoophyten, „‚quae dieuntur Zvzoue et Coogvre“. Unter diesen nun erscheinen neben verschiedenen Würmern, Seesternen, Hippocampus, Oniscus, Spongien, Bryozoen (Ketepora als Eschara beschrieben), neben einer Holothuria, einer schalenlosen Carinaria (als Holothuria altera erwähnt) auch die Ascidien. Bei der Beschreibung der Tethyen schliesst er sich eng an Aristoteles an und erwähnt auch die Angaben des Plinius. Eigene Beobachtungen werden nur wenige vorgebracht; so berichtet er, dass die Thiere nicht nur Geschichte. Rondelet. 13 auf Felsen, sondern auch auf Muschelschalen festsitzen und dass sie das Wasser ausspritzen, wenn man sie mit den Fingern drückt. Weiter heisst es: „Testa extra fusca inaequalis et rigida, intus argentea, laevis. Tethyorum caro membrana alba involuta ventrieuli formam refert, rotundam seilicet et oblongam, meatus crassior et amplior gulae proportione respondet, alter minor podiei“ (p. 127, 128). Die beiden Abbildungen, welche im Holzschnitt beigefügt sind, sind nun leider nicht geeignet, eine nähere Diagnose zu ermöglichen; ja es scheint sogar fraglich, ob sie überhaupt nach Ascidien entworfen wurden oder, wie Leuckart (No. 155, p. 96) meint, nicht vielleicht Aleyonidien darstellen *). Als altera Mentula marina ist die Phallusia mammillata beschrieben und in einem sehr deutlichen Holzschnitt, welcher das Ausspritzen des Wassers aus beiden Oeffnungen zeigt, dargestellt (p. 129). Die Ab- bildung der ersten Art Mentula dagegen ist nicht sicher zu deuten, am wahrscheinlichsten ist es wohl, dass, wie schon von anderer Seite hervor- gehoben wurde, eine Holothurie vorliegt. Der beschreibende Text be- seitigt nicht allen Zweifel: „Corio enim duro constat, ut Tethya. Quum vivit intumeseit ac distenditur, post mortem flaccessit. Foramina duo habet, quibus aquam trahit et reiicit. Partes internae indiseretae sunt“* (p- 128). Entscheidend wäre die Lage der Oeffnungen, über welche jedoch weder aus der Abbildung noch aus der Beschreibung etwas Sicheres zu entnehmen ist. Als Uva marina wird weiterhin zum ersten Male eine zusammen- gesetzte Ascidie beschrieben, die wohl sicher ein Botryllus ist. Die um je eine Kloakenöffnung des Mantels gruppirten Individuen sind in der Abbildung ausserordentlich deutlich zu erkennen: „sed eam Uvam intelligi opinor, quae hic depingitur, quae externa in parte uvae flores optime expressos refert“ (p. 130). Rondelet bezieht sich auch auf die Uva marina des Plinius, welche jedoch, wie ich oben bereits erwähnt habe, mit zusammengesetzten Ascidien kaum etwas Gemeinsames haben dürfte. Auch das Malum insanum marinum, welches Rondelet im Anschlusse an die Uva marina beschreibt, wäre ich sehr geneigt auf eine Synascidie zu beziehen. Die Darstellung wenigstens legt eine solche Deutung nahe, denn es heisst p. 131: „Uvae marinae species quibusdam videri posset, sed quia flores uvae nullos refert, verum foliorum potius, vel plumarum forma, quia etiam pediculo differt, dilueidioris distinctionis gratia ab uva marina secrevimus, et a similitutine mali eius terrestris, quod oblongius est (nam est et alterum rotundius) malum insanum appelavimus. Facultate ab uva marina non differt.‘“ Im Gegensatze zu dieser Darstellung zeigt aber die Abbildung, ganz ähnlich wie für die Uva marina, zahlreiche ovale Figuren, welche sehr wohl auf Systeme, in welchen die Einzel- individuen angeordnet sind, bezogen werden könnten. Die Gestalt des *) Salpen aber, wie Spix (Geschichte und Beurtheilung aller Systeme in der Zoologie. 1S11, p. 654) annimmt, kann ich in ihnen keinesfalls erkennen. 14 Tunieata. gesammten Stockes ist aber freilich etwas eigenthümlich infolge des „Pedieulus“, der aber vielleicht nur einen Fremdkörper darstellt, dem die Colonie aufsitzt. Sieht man von diesem Stiele ab, so besteht eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit mit Botrylloideen und auch anderen Synaseidien, deren Systeme länglich runde Formen aufweisen. Doch darf ich nieht unerwähnt lassen, dass ältere Deutungen des Malum insanum Rondelet’s sich in einer ganz anderen Riehtung bewegen. Blainville vermuthet ein Alcyonium mit unvollständig zurückgezogenen Polypen, Leuckart ein aufgeblähtes Veretillum. Die Deutung des Rondelet’schen Cucumis marinus als ein Pyrosoma, die Leuckart (No. 155. p. 97) zu geben versucht, scheint mir namentlich auf Grund des beigefügten Holzschnittes zutreffend zu sein. Chun’s (No. 144. p. 16) Auffassung dagegen, dass hier die erste Abbildung einer Rippenqualle und zwar einer Beroö vorliege, halte ich nieht für genügend begründet; wahrscheinlicher ist dann vielleicht noch Ludwig’s Ansicht (Eehinodermen, in Bronn p. 14), dass unsere Cucumaria Planei gemeint sei. Der beschreibende Text trägt nicht viel dazu bei, die Unsicherheit in der Deutung zu beseitigen. Wenn sieh Rondelet auch auf Plinius bezieht, so ist damit nichts gewonnen, da wir über dessen Cucumis marinus gar nichts wissen. Es wird erwähnt, dass die fragliche Form in Geruch und Farbe dem „cucumeri terrestri similis est“, und dann heisst es „Dieiti est erassitudine et longitudine, tubereulis aliquot aspersis, veluti in eucumere terrestri parvo. Partes internas indiscretas habet‘ (p. 131). Die tubereuli würden, wenn die Deutung als Pyrosoma richtig ist, den grössten besonders hervorragenden Einzelindividuen des Stockes entsprechen. Dass ohne die Zuhilfenahme eines Vergrösserungsglases die Zusammensetzung der betreffenden Form aus zahlreichen, gleich ge- stalteten Individuen nieht erkannt wurde, kann hier ebenso wenig auf- fallen wie bei der Uva marina; galten doch noch in den ersten Jahren unseres Jahrhunderts Synaseidien und Pyrosomen fast allgemein als ein- fache Thiere. Bald nach Rondelet hat Conrad &esner die damals bekannten Tuni- caten behandelt. In seinem Hauptwerke (Historiae animalium liber IV. 1558) wird die speciellere systematische Uebersicht durch die lexiko- graphische Anordnung ausserordentlich erschwert. So wird denn auch der einfachen Ascidien an zwei ganz verschiedenen Stellen Erwähnung eethan; einmal im Abschnitte „De Tethyis“ p. 1143 u. fg. und dann im Capitel „De Pudendo marino sive Mentula marina“ p. 892. Die nahe Verwandtschaft und Zusammengehörigkeit der Rondelet’schen Mentula altera und der Aristotelischen Tethyen ist ihm sowie später noch Aldrovandi und Jonstonus vollständig entgangen. Viele oder besonders bemerkens- werthe neue Thatsachen werden nicht vorgebracht, dagegen die Angaben seiner Vorgänger mit philologischer Grelehrsamkeit und umfassender Kenntniss der Literatur kritisch erörtert. Aeussert sich doch Gesner über seine Arbeitsweise selbst, wie V. Carus in seiner „Geschichte. der Geschichte. Gesner. 15 Zoologie“ übersetzt, mit folgenden Worten: „Ich habe gesucht, es so sorg- fältig zu machen, dass man auf andre Schriftsteller über dieselben Dinge nicht mehr zurückzugehen nöthig haben wird, sondern überzeugt sein kann, in einem Bande alles darüber Geschriebene, gleichsam in einem Buche eine ganze Bibliothek zu besitzen.“ Im Artikel Tethya finde ich eigentlich nur die Einführung deutscher Benennungen neu: „Tethyorum germanicum nomen facio; Sprützling, quod eis compressis aqua, tamquam per syringem aut siphonem, exilat, vel Mägling, quod caro eorum ventrieuli figuram prae se ferat, vel Schwämmling, quoniam et Veneti Spongias aut Spongiolas appellant“ (p. 1146). Bezüglich des Nutzens für den Menschen heisst es: „Tethya rubea eibo idonea sunt: pallida vero seu lutea, amarulenta: Massarius tamquam ex Aristotele, apıd quem nihil tale legisse memini. “ Als Pudendum marinum sive Mentula marina (p. 892) sind eine Reihe ganz verschiedener Formen zusammengefasst. Nicht nur, dass Gesner den ganz verschiedenen Bau der beiden Mentulaarten des Rondelet nicht erkennt, so fügt er diesen als eine dritte Form noch Belon’s „Genitale marinum“ hinzu, welches die älteste Holothurie ist, von der wir in der zoologischen Literatur überhaupt eine zutreifende Darstellung besitzen. Weiterhin beschreibt er ein neues Pudendum: „Misit ad me aliquando Cornelius Sittardus, cum aliis quae Romae nactus erat picturis, pudendum aliqua ex parte simile illi quod seeundo loco Rondeletius dedit, colore luteo subviridi. Massa quaedam informis videtur, retrorsum ubi crassior altiorque est, veluti cornu parvum, rugosum, extenditur: opposita pars humilior ceu in glande foramen ostendit, idque rubicundi coloris, si pietor non fallit. Hoc in Italia prope Romam raro capi, nee esui esse alunt“ (p- 594). Eine Abbildung dieser fraglichen Form wird erst später gegeben (Fisehbuch. p. 154. b. 1598); sie ist aber so wenig naturgetreu, dass die Deutung unsicher bleibt. Leuckart (No. 155. p. 96) hält dieses Pudendum für eine Salpa maxima, eine Auffassung, die in der That sehr bestechend erscheint. Endlich rechnet Gesner hierher eine neue Form, das Epipetrum, von welchem ihm ebenfalls Corn. Sittardus, der auch Aldrovandi vielfach Abbildungen geliefert hat, Zeichnungen zugesendet hatte. Er beschreibt es s0: „Massa quaedam est informis, spongiosae et cavernosae substantiae. sex digitos longa sesquidigitum lata: inaequalis et tuberosa, multis ceu acetabulis compacta: colore partim niericans, partim rubescens, et albicans alicubi. Hanc apud me pieturam Bellonius videret, pudendum marinum sibi videri dicebat. Nasei puto circa petras maris eisque haerere: ut inde aliqui epipetron nominare voluerint. Sed Zoophytum hoc est“ (p. 894). Auf p- 1287 wird in den Paralipomena eine Abbildung gegeben, die später auch Aldrovandi reprodueirt. Wahrscheinlich ist damit eine Holothurie gemeint, wie das auch Leuckart für das Epipetron Aldrovandi’s annimmt, welches sich von dem Gesner’s, nach der Abbildung zu schliessen, nur sehr wenig durch eine schlankere Form unterscheidet. 16 Tunicata. Von den übrigen Formen der älteren Autoren werden der Oucumis marinus und die Uva marina vollkommen im Anschlusse an Rondelet besprochen. Bei dieser letzteren heisst es „Haffguffein Oceano Germanice dietum“ (p. 1248). In der deutschen Ausgabe des Fischbuches (1598) sind alle Tunicaten im 15. Abschnitte des ersten Buches behandelt, der die Ueberschrift trägt: von allerlei Muscheln und Schneckfischen. Diese Thiergruppe erscheint hier weit umfangreicher als die Testacea bei Aristoteles, denn sie umfasst ausser den 'Tunicaten Muscheln, Schnecken, Cirrhipedien zahlreiche Anneliden, Echiniden, Asteriden, Ophiuren, Holothurien, Bryozoen und Pennatuliden. Zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts haben die Tethyen des Aristoteles eine ausführlichere Behandlung durch Ulysses Aldrovandi (De reliquis animalibus exanguibus libri quatuor 1606) erfahren *). Im ersten Buche seines Werkes bespricht er die „Mollia“, denen er unsere Gephalopoden — mit Ausnahme der Argonauta — und die schalen- losen Schnecken zurechnet; im zweiten die Urustaceen; im dritten die Testacea, unter denen er beschalte Schnecken, Argonauta, Nautilus, Muscheln (Bivalva), Echiniden, Cirrhipedien und Röhrenwürmer zusammen- fasst. Das vierte Buch endlich ist betitelt: „De Zoophytis* und enthält so wie das vorhergehende die heterogensten Formen. Neben Hutpilzen und einer Anzahl nicht mehr sicher zu bestimmenden Formen werden zahlreiche Vertreter des gegenwärtigen Cölenteratentypus beschrieben. Die Ascidien behandelt er im fünften Capitel „De Tethyis“ und im siebenten „De Mentula marina“ unter weitgehender Berücksichtigung seiner Vorgänger. Offenbar hatte Aldrovandi nur flüchtige Gelegenheit zu einer selbständigen Untersuchung dieser Thiere und kommt daher in der Kenntniss ihres anatomischen Baues über Belon und Rondelet kaum hinaus. Im fünften Capitel werden die alten Aristotelischen Angaben abermals vorgetragen, und ebenso tauchen die Mittheilungen des Plinius über die pharmaceutische Bedeutung der Tethea wieder auf. Die Ab- bildungen sind zum grössten Theile Reproductionen aus älteren Werken, und ich kann hier darauf verweisen, was ich über die Holzschnitte in Belon, Rondelet und Gesner oben bereits erwähnt habe. Aldrovandi führt auch sechs neue Arten zum Theil in Abbildungen vor; die einen davon sind kaum sicher zu deuten, die anderen beziehen sich offenbar auf Spongien. #) Obwohl Aldrovandi nur sechs Jahre jünger war als Gesner, so liegt doch zwischen dem Erscheinen ihrer hier in Betracht kommenden Werke ein Zeitraum von fast einem halben Jahrhundert. Es ist daher nur selbstverständlich, dass er seinem Vorgänger gegen- über in manchen Beziehungen Fortschritte bekundet, die sich äusserlich in einer strengeren systematischen Anordnung des Stoffes offenbaren. Bezüglich der Tunicaten besteht eine Erweiterung der Kenntnisse lediglich in der Hinzufügung einiger neuer Formen, die aber nur ganz unsicher zu bestimmen sind. Geschichte. Aldrovandi, Jonstonus. 17 Das siebente Capitel „De Mentula marina‘“ bringt zunächst lediglich eine Wiederholung der Rondelet’schen Angaben über die beiden Arten, deren zweite, wie oben auseinandergesetzt wurde, eine wirkliche solitäre Ascidie (Phallusia mammillata) darstellt. Hinzugefügt werden noch zwei Arten Epipetrum, die Leuckart (No. 135, p. 96) für Holothurien hält. Das eine Epipetrum ist das bereits von Gesner (No. 21, p. 894 und p. 1287) beschriebene und gezeichnete, das andere gleicht dem vorher- gehenden durchaus und zeiehnet sich nur durch eine etwas schlankere Körperform aus. Ascidien können damit kaum gemeint sein; die Deutung bleibt unsicher wie bei Gesner. Auch die Rondelet’sche Darstellung über die zusammengesetzten Ascidien nimmt Aldrovandi auf und behandelt die „Uva marina‘“ im neunten Capitel, ohne neue Beobachtungen hinzuzufügen. Das unsichere „Malum insanum marinum‘“ bespricht er in einem folgenden Abschnitte ganz in Anlehnung an Rondelet; ebenso in einem weiteren Öapitel den Cucumis marinus. In dem naturhistorischen Werke von Ja. Euseb. Nieremberg (Historia naturae. 1635) werden die Tethyen nur an einer Stelle (lib. VI, cap. 19, p. 101) unter dem Namen „Carunculae“ erwähnt und den Zoo- phyten zugerechnet. ,„Sunt autem zoophyta, spongia, urticae marinae, quae edules sunt, et carunculae illae molles et rubentes, quas quidam cum Plinio eruorem dieunt: tum etiam quas glandulas Athenaeus appe- lavit“. Eine weitere Beschreibung wird nicht gegeben. Als den letzten Zoologen dieser Periode, dessen Arbeiten jedoch, soweit sie die Tunicaten betreffen, ausschliesslich compilatorisch sind, habe ich hier Johannes Jonstonus zu nennen. Die Anordnung in seinem Werke „Historiae naturalis de exanguibus aquatieis“* (1650) ist eine streng systematische, und wie bei seinen Vorgängern sind die Tethyen und die Mentulae den „Zoophytis sive Plantanimalibus“ zugerechnet. Unter Men- tulen fasst er genau so wie (Gesner verschiedenartige Formen zusammen, und die Tethyen dieses letzteren erscheinen durch die Aldrovandi’schen Arten bereichert. Unter diesen unterscheidet er vier „Species“, die er durch kurze und prägnante Speciesdiagnosen charakterisirt (p. 76). Ge- wöhnlich wird die Einführung des naturhistorischen Begrifis der Art John Ray zugeschrieben, und namentlich V. Carus hat in seiner ausge- zeichneten „Geschichte der Zoologie“ die Auffassung vertreten, „dass der Ausdruck Speeies bis zu Ray’s Zeit ausschliesslich nur im logisch formalen Sinne gebraucht wurde und dass er daher je nach der Reihenfolge der ge- schilderten und zu ordnenden Gegenstände ebenso gut eine niedere wie eine höhere, natürliche Gruppe umfasste“ (p. 432). Ich kann jedoch gerade darin, wie hier Jonston die Species der Tethyen auffasst und definirt, keinen prineipiellen Unterschied gegenüber der Anschauung Ray’s oder Linne’s erkennen. Dass hier Spongien und Ascidien zusammengeworfen sind, rührt einmal von der mangelhaften Kenntniss des anatomischen Baues der betreffenden Formen und zweitens davon her, dass ganz wesentliche Unter- Bronn, Klassen des Thier-Reiehs. III. Spplt. % 15 Tunieata. schiede als nebensächliche angesehen wurden. Es darf dies durchaus nicht anders beurtheilt werden, als wenn z. B. Linne in der zehnten Ausgabe seines Systema Naturae Salpen und eine Physalia als Genus Holothuria zusammenfasst. Jonston erwähnt, dass auf dem Pariser Fischmarkt häufig den Austern- schalen aufsitzende Tethyen angetroffen werden. Bezüglich ihrer Be- wegung wiederholt er die eigenthümliche Ansicht: „Motus et sensum qui illis inest ab interno provenire, eum multo Conchylia et Crustacea intus habeant, a quibus motus provenit, Plinius author est‘ (p. 76). In einem späteren Werke (Historiae naturalis de Insectis libri. 1653.) wird auch der Uva marina (p. 199) Erwähnung gethan. Wie aber die Abbildung (Taf. 26) beweist, handelt es sich um schwimmende Eimassen und nicht um die von Rondelet benannte Form, die eine Synascidie darstellt. 3. Die Tunicaten bei den Systematikern des achtzehnten Jahrhunderts und deren Vorläufern. Als der erste hervorragende Forscher, welcher sich nach Jonston mit den Ascidien beschäftigt hat, sei hier Fr. Redi genannt. Er beschreibt hauptsächlich zwei Arten (Osservazioni intorno agli animali viventi. 1684), deren eine, die Mentula marina, von Savieny mit der Phallusia intestinalis identificirt, deren andere, der von den Livorneser Fischern „Carnumi“ genannte Mierocosmus marinus, von Linne in den ersten Auflagen des Systema Naturae als ein besonderes (Genus anfänglich den Zoophyten, dann den Testaceen zugerechnet, später aber nicht mehr aufgeführt wird. Doch muss ich freilich betonen, dass die Identität von Redi’s Mierocosmus, den später Savigny Cynthia mierocosmus genannt hat, mit der gleich- benannten Form Linne’s nicht ausser allem Zweifel steht”). Redi stellt so wie seine Vorgänger diese Formen zu den Zoophyten. In sehr bemerkenswerther Weise erhebt sich aber seine Methode der Untersuchung über die seiner Vorläufer. Er beschränkt sich nicht auf die äusseren Formverhältnisse, wie es in so manchen Abhandlungen über die Tunicaten noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts geschah, sondern zergliedert seine Objecte und versucht, den inneren Bau zu er- forschen. So entdeckt er den Nahrungscanal, Leber, Herz und canali *, Die Unsicherheit ist lediglich dadurch veranlasst, dass Linne zuerst dem Miero- cosmus keine genügende Diagnose beigefügt hat. Cuvier (No. 86, p. 2) äussert sich mit folgenden Worten: „Linnaeus adopta aussi le genre mierocosmus, et je ne sais par quelle inconcevable ceonfusion d’idees il donna ce petit mollusque pour identique avec le miero- cosmus de Bartholin, prötendu animal de la mer du Nord assez grand pour paroitre comme une ile, et pour tromper les navigateurs.‘“ Zuletzt erwähnt Linne den Miero- cosmus i. J. 1754 (No. 35, p. 96), und da erinnert die kurze Beschreibung in nichts mehr an das Bartholinische Fabelthier: ‚„Mierocosmus gelatinosus, pellueidus. Habitat in Oceano. Massa eylindrica, erassitie brachii, pedalis, gelatinosa, subdiaphana, eui undique adhaerent et operiunt Testae eoncharum parvae, sabulum et varia; intus nil reperi“. Geschichte. Redi, Lister, Klein. 19 de’ fluidi oder vasi sanguieni, Organe, über die man von vielen seiner Nachfolger nichts mehr erfährt, so dass seine Mittheilungen fast ganz in Vergessenheit gerathen zu sein schienen. Er stellt die wichtige Thatsache fest, dass der Verlauf und die Beschaffenheit der Eingeweide bei den verschiedenen Arten verschieden sind, und versucht eine vergleichend anatomische Betrachtung der Formen, die freilich erst mehr als hundert Jahre später von einer Reihe glänzender Forscher fast genau auf dem Punkte, wo Redi sie abgebrochen, wieder aufgenommen und dann sehr schnell weiter geführt wurde. Redi hat seine Studien über Ascidien nur nebenbei angestellt; und es bleibt in Rücksicht auf den historischen Gang der Entwieklung unserer Kenntnisse über Tunicaten zu bedauern, dass dieser scharfsinnige Beobachter nicht die Neigung verspürt habe, sich eingehender mit diesen Thierformen zu beschäftigen. Fortschritte in der Kenntniss des Tunicatenorganismus sind daher zunächst nicht zu verzeichnen. Man ersieht dies z. B. aus der Darstellung von Rumph (d’ Amboin’sche Rariteitkamer. 1705, p. 46), der den Tethyen allerdings nur eine kurze Beschreibung widmet. Ich verdanke dieser lediglich den Hinweis auf Nieremberg (vergl. oben p. 17). Nicht unerwähnt möchte ich an dieser Stelle die eigenthümliche Auffassung Martin Lister’s lassen, die dieser (Conehyliorum Bivalvium utriusque aquae exercitatio tertia. 1696.) über die Tethyen des Aristoteles und der anderen alten Schriftsteller geäussert hat. Er hält nämlich die Tethyen für Bohrmuscheln und setzt unter die Abbildung einer Pholasart (Taf. 7, Fig. 3) die Bezeichnung: 70 77905 Veterum. Seine Begründung dieser Anschauung (p. 95) kann freilich nicht für überzeugend erachtet werden. Bezüglich ihrer systematischen Stellung gelten die Tethyen für Zoophyten. In der kurzen systematischen Uebersicht, die Klein (Naturalis dispositio Echinodermatum. 1734, p. 65 u. fe.) giebt, sind die Tunicaten zwar nicht besonders erwähnt, aber es geht doch ziemlich deutlich hervor, dass er sie zu seinen Anomala stellt, welche den alten Zoophyten ent- sprechen. B 1. Pedata. II. Apoda. 1. Reptilia. 2. Pinnata : Pisces. 3. Radiata. 4. Anomala. Quibus animalis character vix ac nec vix quidem assignari potest (p- 73). I. Holothuria. II. Pennae marinae. III. Urticae marinae, pulmones et similia. Dass dieses System ein ganz äusserliches, künstliches ist, lehrt der erste Blick. Ein Fortschritt gegenüber den Anschauungen der Zoologen x 24 I) Tunicata. der Renaissance ist hier in nichts zu erkennen, und Leuckart's Urtheil: „Wir könnten die Worte von Klein dreist ein Jahrhundert und noch mehr zurückdatiren, ohne mit der damaligen Auffassung in Widerspruch zu gerathen“, erscheint auch hierfür vollauf gerechtfertigt. Obwohl Linne die Kenntnisse über Tunicaten weder durch die Be- schreibung neuer Formen noch durch eine Richtigstellung ihrer syste- matischen Beziehungen wesentlich bereichert hat, darf ich es dennoch nicht unterlassen, die Auffassungen dieses elänzendsten Systematikers des vorigen ‚Jahrhundertes über unsere 'T'hiergruppe hier auseinander- zusetzen. In der ersten Ausgabe des Systema Naturae (1735) theilt er bereits so wie in allen folgenden das Thierreich in sechs Classen, und der letzten, den Vermes, werden die ihm bekannten Tunicaten zugezählt. Sie sind sämmtlich in der dritten Ordnung, unter den Zoophyten angeführt. Sein System der Würmer ist folgendes: Reptilia. GFordius, Taenia, Lumbriceus, Hirudo, Limax. Testacea. Cochlea, Nautilus, OUypraea, Halotis, Patella, Dentalium, Concha, Lepas. Zoophyta. Artubus donata. Tethys. Corpus forma variabile, molle, nudum. Tethya. lchinus. Holothurium. Asterias. - Penna marina. Medusa. Sepia. Mierocosmus. Corpus variis heterogeneis Mierocosmus tectum. marinus. Aus dieser Uebersicht entnimmt man leicht, wie weit Linne davon entfernt war, die von seinen Vorgängern bereits beschriebenen Tunicaten- formen vollständig in seinem Systeme der Thiere unterbringen zu können. Es fehlen sowohl die zusammengesetzten Aseidien (Uva marina hondelet's) und die Rondelet’sche Mentula, als auch die bezüglich ihrer Deutung unsicheren Formen, der Cucumis marinus, das Malum insanum und Epi- petrum. Die bereits von Aldrovandi und namentlich Jonstonus in ver- schiedene Species gesonderten Tethyen erscheinen hier wiederum in eine zusammengezogen, und neben ihr ist als einer besonderen Gattung an- gehörend nur noch der Microcosmus marinus genannt. Durch die Stellung der Tethyen und des Mierocosmus in der Ordnung der Zoophyten soll durchaus nicht eine Pflanzenähnlichkeit jener Formen ausgedrückt werden. Denn dadurch, dass Echinus und Sepia, welche bereits Wotton, beziehungsweise Aristoteles zu den Testaceen und Mollien oerechnet haben, hier unter die Zoophyten aufgenommen sind, erscheint (reschiehte. Linne. 21 der alte specifische Begriff dieser letzteren, wie Leuckart zutreffend be- merkt, aufgegeben. „Die Zoophyten repräsentiren nicht mehr gewisse Uebergangsformen zu den Pflanzen, sondern 'Thiere, die ganz nach Art der übrigen sich durch gewisse zoologische Merkmale als Glieder einer bestimmten Gruppe ergeben“ (No. 135, p. 102). In der sechsten Ausgabe des Systema Naturae finden sich dreizehn Jahre später (1748) die Tunieaten noch in dem nämlichen beschränkten Umfange. Eine Veränderung besteht lediglich darin, dass die beiden Genera Tethys und Microcosmus in verschiedenen Ordnungen der Würmer untergebracht sind. Diese letzteren sind um die Ordnung der Lithophyten bereichert, welche früher in etwas weiterem Umfange dem Pflanzenreiche und zwar den Cryptogamen zugerechnet worden war. Das System der Würmer stellt sich demnach in folgender Weise dar, wenn nur die beiden Tunicatengenera bis in die Species hinein verfolgt werden: Ordo I. Reptilia. Gordius, Ascaris, Liumbricus, Taenia, Fasciola, Herudo. Ordo 11. Zoophyta. Amphitrite. 217. Tethys. Corpus bilabiatum: corpusculo medio cartilaginoso oblongo. Aurieulae IV euneiformes. Foramina 2, spirantia. 1. Tethya (Sprützling). 2. Holothurium (Meerschaam). 218. Nereis, Limax, Lernaea, Hydra, Sepca, Triton, Salacıa, Aphrodita, Medusa, Asterias, Eehinus. Ordolil. Testacea. Patella, Cochlea, Uypraea, Haliotis, Dentalvum, Nautilus, Concha, Lepas. 237. Microcosmus. Tegmen ex heterogeneis compilatis. 1. Mierocosmus marinus. Ordo IV. Lithophyta. Tubipora, Madrepora, Millepora, Sertularca. Die systematische Stellung, die hier dem Microcosmus ertheilt wird, entspricht den Anschauungen des Aristoteles über die Tethyen, gründet sich aber bei Linne lediglich auf die rein äusserliche Bedeckung des Mantels mit Fremdkörpern. Die wahren Beziehungen zwischen Micro- cosmus und den Tethyen sind hier also in noch stärkerem Maasse ver- kannt wie in der ersten Ausgabe des Werkes, und bei der führenden Stellung, die Linne unter den Systematikern des vorigen Jahrhunderts einnahm, darf es nicht Wunder nehmen, dass erst in weit späterer Zeit die Verwandtschaft richtig beurtheilt wurde. DD Tunieata. Was im besonderen das Genus Tethys anbelangt, in welchem Tethya und Holothurium vereinigt werden, so berechtigt die beigefügte Genus- diagnose wohl zu einigem Zweifel, ob hier wirklich noch Ascidien gemeint seien. Der Herausgeber der Leipziger Ausgabe fügt zwar die deutsche Gesner’sche Bezeichnung „Sprützling“ bei, welche sich auch auf die alten Aristotelischen Tethyen und demnach auf Ascidien bezogen hatte, doch lässt sich leicht der Nachweis führen, dass Linne’s Gattung Tethys all- mählig ihren Inhalt vollkommen verändert und keine Tunicaten mehr umfasst. In der sechsten Ausgabe mag dies vielleicht noch der Fall sein, nicht mehr aber in der zehnten (1758), obwohl auch hier noch Linne selbst der Ansicht gewesen sein mag, die Tethya seiner Vorgänger ein- geordnet zu haben. Die wesentlichste Veränderung in der zehnten Ausgabe besteht darin, dass fast sämmtliche Genera, die früher als Zoophyten betrachtet wurden, nunmehr in der neuen, zweiten Ordnung der Würmer als „Mollusca“ angeführt werden, während unter Zoophyten die am meisten den Pflanzen ähnlichen Polypen und Bryozoen mit noch einigen anderen Formen ver- einigt sind. Die wenigen Tunicaten, die Linne bekannt waren, sind in der zweiten Ordnung angeführt. Hier finden wir auch die erst zwei Jahre vorher entdeckten Salpen. Dagegen fehlt der Microcosmus, der noch 1754 im Mus. Adolphi Frideriei, p. 96 aufgezählt ist, sowohl hier wie in der 12ten Ausgabe, um erst in der letzten, von Gmelin besorgten, als Ascidia conchilega aus OÖ. F. Müller’s Zoologia Danica in das Genus der Ascidien aufgenommen zu werden. Ordo II. Mollusea. Animalia simplicia, nuda, artubus instrueta, libera. Limax, Doris. 254. Tethys. Corpus oblongum, bilabiatum: corpusceulo medio cartilagineo oblongo. Tentacula duo, cuneiformia. Foramina duo, spirantia. 1. limacina. T. auriculis quatuor. Habitat in Oceano Aus- trali. Corpus oblongum, antice quasi 4 auriculis in- structum. 2. leporina (= Lepus marinus Rondelet’s u. a.). 255. Nereis, Aphrodita, Lernaca, Priapus, Sceyllaea. 260. Holothuria. Corpus gibbum, nudum, ovale, natans. Ten- tacula saepius ad alteram extremitatem, inaequalia numero et figura. 1. Physalis (= Physalia). 2 halıa 3. caudata ? (= Salpa). 4 end 261. Triton, Sepia, Medusa, Astercas, Echinus. Geschichte. Linne, Browne, Planeus. 353 Ich habe die Gattungs- und Artdiagnosen für 'Tethys wörtlich an- geführt, weil daraus deutlich hervorgeht, dass Linne hiermit keine Ascidien beschrieben hat. Der Lepus marinus Rondelet’s, mit welchem Linne selbst die Tethys leporina identifieirt, ist, wie aus der ursprünglichen Darstellung in „Libri de Piseibus marinis“ 1554, p. 520 hervorgeht, sicher keine Tunicate. Die andere Speeies, die T. limaeina, findet sich aber in der späteren 12. Ausgabe weder unter dem alten Genus „Tethys“ noch unter dem neu aufgenommenen „Aseidia“, sondern als Laplysia depilans in einer neuen Gattung und wird mit Bohadsch’s Lernea graphice oder einer der beiden ersten Formen des Rondelet’schen Lepus marinus identifieirt. Sie ist also ebenfalls keine Aseidie. Dagegen ist es möglich, dass eine solche mit der einen der beiden Species des unklar definirten Genus Priapus (258) ge- meint sei. Unter dem Genusnamen Holothuria erscheinen eine Physalia und drei Salpen zusammengefasst, ganz heterogene Formen also, die in ihrem Baue nichts Gemeinsames haben. Diese drei Salpen wurden zuerst von Patr. Browne (The civil and natural history of Jamaica. 1756.) unter dem Namen Thalia beschrieben und abgebildet. Die Abbildungen sind so ungenügend ausgeführt, dass sich die Species mit Sicherheit nicht mehr bestimmen lassen, doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass mit den beiden ersten Formen Salpa pinnata gemeint sei. Die kurzgefassten Species- diagnosen sind bei Browne folgende: Thalia 1. Oblonga, crista perpendieulari compressa quadrata, lineis lateralibus integris. (=Linne’s Holoth. Thalia.) Thalia 2. Oblonga eaudata, crista depressa rotunda, lineis la- teralibus interruptis. (= Linne’s H. caudata.) Thalia 3. Oblonga, lineis interruptis cauda et cerista destituta. (— H. denudata Linne’s.) Wie weiter unten ersichtlich werden wird, erweitert Linne später sogar noch den Umfang seiner Gattung Holothuria, so dass Vertreter von vier ganz verschiedenen Typen in ihr vereinigt sind. Bei dieser Fassung eines Gattungsbegriffes von Seiten eines der scharfblickendsten Systematikers des vorigen Jahrhunderts wird es wohl berechtigt erscheinen müssen, zu bezweifeln. ob mehr als 2000 Jahre früher Aristoteles unter seinen Pneu- mones und Holothuria, die offenbar zwei Thiergruppen bezeichnen sollten, nur nahe verwandte Formen im Sinne unserer Gattungen oder Familien zusammengefasst hatte. — In der 12. Ausgabe des Systema Naturae (1767), der letzten von Linne selbst besorgten, sind eine ganze Anzahl 'Tunicatenformen, welche zum Theil bereits vor dem Erscheinen der 10. Ausgabe entdeckt waren, aber in dieser nicht mehr Berücksichtigung fanden, aufgeführt. Bereits 1739 hatte Jan. Planeus (De Conchis minus notis. Tat. Fig. 5. p. 45) eine Aseidie als „Tethyum seu Mentula marina penem caninum referens“ beschrieben, welche der Mentula marina Redi’s und dem 24 Tunicata. später von Bohadsch dargestellten Tethyum membranaceum fasciculatum nach Savieny’s Auffassung entsprechen würde. In dem Systema Naturae ist die letztere als Ascidia intestinalis angeführt. Die Abbildung, die Plancus giebt, ist allerdings ziemlich unfertig ausgeführt, und eine ausführlichere Beschreibung zu geben, hält er für überflüssig, da der Namen genügend besage; es dürfte sich aber wohl um unsere Ciona intestinalis handeln. In systematischer Beziehung ist bemerkenswerth, dass Plancus die grosse Verschiedenheit von Holothurien und Tethyen mit Recht hervorhebt, während es andererseits gegenüber der ersten Ausgabe des Systema Naturae als ein entschiedener Rückschritt zu bezeichnen ist, wenn er die Penna marina (= Pennatula) als Mentula alata den Tethyen zurechnet. Später hat dann Planeus (De incessu marinorum Echinorum Epistola. 1760) Redi’s Microcosmus als „Mentula marina informis“ oder „genus Mentularum seu Echinorum cartilagineum “ beschrieben und auf seiner Tafel II, Fig. 4—7 bei äusserer Ansicht und nach Entfernung des Mantels recht gut abgebildet. Er erwähnt, dass diese Formen von seinen Fischern „Spongiae esculentae cum cortice“ genannt würden (p. 15). In einer dritten Untersuchung (De duplici Tethyi genere. 1763.) beschäftigt sich Plancus nochmals mit den Ascidien, ohne aber auch hier zu einem tieferen Verständniss ihres Baues zu gelangen. Wie oberflächlich noch die ge- sammte Kenntniss ihres Organismus war, kann man daraus ermessen, dass Plancus einen durchgreifenden Unterschied gegenüber den Holothurien einzig darin zu erkennen glaubt, dass diese letzteren frei, die Ascidien aber festsitzend seien. Bezüglich einer bestimmten Form erklärt er geradezu, sie müsste, wenn sich Donati’s Angabe, dass sie in der Jugend frei lebe, bestätigte, zu den Holothurien und nicht zu den Tethyen gezählt werden. Nun besteht freilich in der Lebensweise ein wesentlicher Gegen- satz, doch ist es nicht diese, sondern der grundverschiedene anatomische Bau, welcher Holothurien und Aseidien trennt. Was übrigens die beiden vermeintlichen Tethyen anhalan gie welche Donati (Della storia naturale marina dell’ Adriatico. 1750.) beschrieben hat, so geht schon aus den Abbildungen (Taf. 9, Fig. A—E) mit voller Sicherheit hervor, dass dieselben in keiner Weise auf Ascidien bezogen werden können. Baster hatte im Jahre 1760 (Opuseula subseciva. Lib. II.) das Genus „Ascidium“* aufgestellt. Es war ihm entgangen, dass die von ihm be- obachteten Formen zu den Aristotelischen Tethyen gehörten und den Zoologen des 16. und 17. Jahrhunderts nicht unbekannt geblieben waren. Er hielt sie vielmehr für durchaus neu, rechnet sie der Linne’schen Würmerelasse und zwar der Ordnung der Mollusken zu und führt den neuen Namen ein: „liceat ergo mihi Aseidii nomine hoc insignire anımal- culum, quod 40x» sive Utriculo haud absimile est" (p. 85). in Jahr später hat Bohadseh (De quibusdam animalibus marinis. 1761), ohne noch von Baster’s Arbeit Kenntniss zu haben, die Aseidien unter dem alten Namen Tethya behandelt. Er schwankte zwar, ob er (reschichte. Bohadsch, Schlosser. 25 nicht auf sie die Bezeichnung Holothuria anwenden solle in Kücksicht auf die allgemeine Fassung dieses Genus bei Linne, entschliesst sich aber doch zur Beibehaltung des alten Namens. Da aber Linne in der 10. Aus- gabe unter den Holothurien von Tunicaten nur Salpen und nicht Ascidien anführt, scheint Bohadsch der erste gewesen zu sein, welchem die hohe Uebereinstimmung im Bau dieser beiden Tuniecatengruppen aufgefallen ist. Trotzdem zählt er im Gegensatze zu Linne die Tethyen den Zoo- phyten zu: „Tethyum est Zoophytorum genus corpore plus minus oblongo, organis duobus protensis altero breviore praeditum et tentaculis carens‘ (p. 129). Er beschreibt vier Formen, die zum Theil unter den gleichen Namen in Linnes Systema Naturae XII später aufgenommen erscheinen, als T. vulgare, T. coriaceum, T. gelatinosum, T. faseiculatum vel membra- naceum*). Eine eigenthümliche Ascidienform, deren systematische Einordnung Schwierigkeiten bereitete, hat Alex. Russell (An account of a remarkable Marine - Produetion. Philos. Trans. 1762) unter dem Namen „Priapus peduneulo filiformi ecorpore ovato“ beschrieben und auf einer wohlgelungenen Tafel abgebildet. Offenbar steht diese Art sehr nahe oder ist vielleicht identisch mit den Formen, welche Bigot de Morogues (Memoire sur un animal aquatique d’une forme singuliere) bereits 1755 und später George Edwards (Gleanings of natural history, containing figures of Quadrupeds, Birds, Insects, Plants. 1764, Taf. 356, p. 305) dargestellt haben. Edwards nennt sie Animal-Planta, aber es handelt sich zweifellos um eine Boltenia. Linn& führt diese Form in der 12. Ausgabe des Systema Naturae unter dem Genus „Vorticella“ als V. ovifera an. Endlich muss ich der zusammengesetzten Ascidien gedenken. Im Jahre 1756 beschrieb A. Schlosser (An account of a curious, fleshy, corallike Substance. Phil. Trans. Vol. 49) ein eigenthümliches Aleyonium, das sich aus zahlreichen, sternförmigen Thieren zusammensetze. Ein jeder Stern bestände wiederum aus 5—12 und mehr birnförmigen Strahlen, an deren breiteren Enden je eine Oefinung sich befände. Diese Oeffnungen könnten sich schliessen und erweitern und seien die Mäuler des Thieres. In der Mitte eines jeden Sternes befände sich noch eine geräumigere Oeffnung, die allen Einzelstrahlen gemeinsam sei. Ellis fügt diesen Angaben hinzu, dass er unter dem Mikroskope zwischen den Sternen und Strahlen Eier verschiedener Grösse und Entwicklungsstadien angetroffen habe. Die beigefügte Tafel macht es zweifellos, dass es sich um einen Botryllus handelt, dessen Bau allerdings nicht richtig verstanden wurde. Das, was Schlosser als vielmäuliges Thier betrachtet, ist ein System von Einzelthieren, und seine Strahlen sind in Wirklichkeit die einzelnen Individuen des Stockes. *) Alle diese Formen sind zweifellos Monaseidien, und Bronn (dieses Werk I. Aufl. Bd. III; Abth. I; p. 103, 1862) ist daher im Irrthume, wenn er Bohadsceh die Entdeekung der Knospung der Aseidien zuschreibt. 26 Tunieata. Nach Schlosser hat sich W. Borlase (The natural history of Cornwall. 1758.) mit diesem seltsamen Aleyonium beschäftigt und drei Arten des- selben unterschieden. Er rechnet sie zu den „Zoophyta marina“ und führt sie unter den Polypen auf, fügt aber hinzu: „whether polypes or not, perhaps may be questioned“ (p. 255). Dass seine Aleyonien gegen- über den Polypen mancherlei Besonderheiten darbieten, ist ihm nicht entgangen, er versucht aber, seine und Schlossers Befunde mit den Angaben von Ellis über die anderen Polypenformen in Einklang zu bringen. Pallas führt in seinem Elenchus Zoophytorum (1766) diese Formen als Aleyonium Schlosseri unter den Aleyonien, dem 13. Genus der Zoo- phyten, auf und weist darauf hin, dass sie identisch sind mit Rondelet’s und Gesners „Uva marina“. In der gleichen systematischen Stellung erscheinen diese Botryllen dann bei Linne. Etwas weniger klar ist die Bedeutung von Linne’s Aleyonium Fieus, das dieser dem Elenchus Zoo- phytorum von Pallas entnommen hat. Nach Savigny (No. 90, p. 185) wäre es ebenfalls eine Synascidie und zwar sein Aplidium fieus. Es ist bereits 1755 von Ellis (An essay towards a natural history of the Corallines) als Aleyonium pulmonis instar lobatum und später von dem- selben Forscher nochmals als Alcyonium pulmonaria (The natural history of Zoophytes. 1786) beschrieben worden. Ist diese Zurückführung richtig, so wären, auch abgesehen von der alten Uva marina, bereits vor Schlosser Synascidien unter den Zoophyten behandelt worden. Nach Savigny’s Deutung wäre noch eine andere Synascidie, sein Distomum rubrum, bereits 1760 als ein Aleyonium beschrieben worden. Er identifieirt nämlich jene Form mit dem von Plancus in der zweiten Auflage des Buches „De conchis minus notis“ dargestellten Aleyonium rubrum, pulposum, conieum plerumque. Ich gebe im Folgenden eine gedrängte Uebersicht über das System der Würmer in der 12. Ausgabe des Systema Naturae, wobei ich besonders die Formen berücksichtige, welche Tunicaten sind: I. Ord. Intestina. 11. Ord. Mollusea. Limax, Laplysea, Doris, Aphrodita, Nerees. 287. Ascidia. Corpus fixum, teretiuseulum, vaginans, aperturae binae, ad sumitatem: altera humiliore. A. papillosum, A. gelatinosum, A. intestinalis, A. quadri- dentata, A. rustica, A. echinata. Actinia, Tethys. 290. Holothuria. Corpus liberum, nudum, gibbum, ano terminali. Tentacula plura in altera extremitate. Os inter tentacula. H. frondosa \ H. Phantapus | H. tremula —= Holothuria tubulosa. H. Physalis = Physalia. — (ucumarla. ET (Geschichte. Linne, Pallas. DT Thalia | caudata } = Salpa. denudata | pentactes —= Uucumaria. . priapus == Priapulus? Terebella, Triton, Lernaca, Scyllaca, Clio, Sepia, Medusa, Asterias, Echinus. Ill. Ord. Testacea. IV. Ord. Lithophyta. V. Ord. Zoophyta. Isis, Gorgonva. 342. Alcyonium. Flores Hydrae, sparsi intra corticem, Epider- mide vesiculari poris pertusa. Stirps radicata, stuposa, tunicato - corticata. Im ganzen sind hier 12 Species angeführt, darunter: A. Epipetrum —= Gesner’s und Jonston’s Epipetrum. A. Schlosseri = Botryllus. A. Ficus — Aplidium fieus (Savigny). Spongia, Flustra, Tubularia, Corallina, Sertularia. 348. Vorticella. Flos calyce vasculoso, ore contractili ciliato, terminali. Stirps fixa, in vorticem vibrans florem. Unter diesem Genus sind 14 Species aufgeführt, darunter: V. ovifera = Boltenia ovifera (Savigny). Hydra, Pennatula, Taenia, Volvox, Furca, Chaos. Aus dieser Tabelle ersieht man leicht, wie weit zerstreut die ver- hältnissmässig noch sehr wenig zahlreichen Tunicaten im Systeme stehen. Sie erscheinen zwar auf die Classe der Würmer beschränkt, vertheilen sich aber in dieser auf zwei Ordnungen und vier Gattungen. Sowohl die Synaseidien als Boltenia, die von den übrigen Monaseidien abgetrennt wird, sind den Zoophyten zugerechnet, die anderen Formen gelten als Mollusken. Ei Ei Es ist ein wichtiges Verdienst von P. 8. Pallas, die Bedeutung der Vorticella ovifera erkannt und diese Form den Ascidien zugewiesen zu haben, so dass nur noch die Synascidien als Aleyonien bei den Zoophyten stehen bleiben. Bereits 1766 in den „Miscellanea zoologica“, p. 74 hatte er sich über den Russell’schen Priapus und die Animal-Planta Edwards in dieser Weise geäussert, doch war das von Linne nicht mehr berücksichtigt worden. Er kommt daher später (Spieilegia zoologiea. Fasc. X. 1774) auf die Stellung dieser Vorticella nochmals zurück und nennt sie Ascidia clavata. Offenbar stimmt diese Form in hohem Maasse überein mit dem von Fr. Bolten (Nachricht von einer neuen Thierpflanze 1770) be- schriebenen Zoophytorum genus novum. Bezüglich der Stellung des Genus „Ascidia‘ im System schliesst sich Pallas nicht ganz an Linne an, wenn er 28 Tunicata. sagt, dass es „testaceorum bivalvium nudum, decortieatum, branchiisque lamellaceis destitutum quasi ecetypon esse et peculiare genus constituere‘ (p- 24). In bemerkenswerther Weise erweitert Pallas die Kenntnisse über die „usammengesetzten Ascidien, indem er zahlreiche Mittheilungen @ärtner’s verwerthet, die dieser ihm brieflich gemacht hatte. Besonders ausführlich wird das Alecyonium Schlosseri beschrieben, das Gärtner Botryllus stellatus nennt. Als neue Species folgen weiterhin Botryllus conglomeratus und Distomus variolosus, für welch letztere Form Pallas dem Namen Al- cyonium ascidioides den Vorzug giebt. Wird so schon durch die besondere (renusbezeichnung Botryllus ausgedrückt, dass die betreffenden Formen sich von den Aleyonien unterscheiden, so geht das noch mehr aus der Darstellung des Baues der Stöcke hervor. Während Schlosser die zahl- reichen Einzelindividuen, die zu einem System angeordnet sind, zusammen- genommen als ein Individuum betrachtete, hat hier bereits die richtige Erkenntniss Platz gegriffen, dass jedes System im Stocke aus einzelnen Individuen zusammengesetzt sei. Bemerkenswerth ist in dieser Beziehung auch, was er über die Reaction auf äussere Reize mittheilt: „Imitato osculo externo dactyli, illud unice contrahitur, immotis persistentibus reliquis; sed irritata parte centrali stellae, omnia oscula simul elauduntur“ (p. 38). Doch ist der Bau des Einzelthieres noch ganz unvollkommen verstanden worden, da man in ihm immer noch einen Polypen ähnlichen Organismus zu erkennen glaubte. Daher werden denn auch die Botryllen von Pallas (Spieilegia Zoologieca, p. 34 u. fe.) als Zoophyta quaedam minuta auf- geführt. Wie wenig klar ihm übrigens der Gegensatz zu den Alcyonien geworden ist, ersieht man am besten daraus, dass er Gärtner’s Distomus variolosus (= Distoma variolosum Savigny), der sich doch in den wesent- lichsten Verhältnissen den Botryllen ähnlich erwies, dem Genus Aleyonium unterordnete. Die Trennung der Synaseidien von den Aleyonien ist hier also erst angebahnt, aber’ nicht durchgeführt. Weiterhin wird aber zunächst nicht der richtige Weg weiter verfolgt, sondern es tritt ein Kücksehritt ein, indem in der 13. Ausgabe des Systema Naturae 1783 alle diese Formen wieder dem Genus Aleyonium untergeordnet werden. Endlich hat Pallas auch eine neue Salpe als Holothurium zonarium (Spie. zool. Fasce. X, Taf. I, Fig. 17 A, B, C) beschrieben und zwar genauer und eingehender als vor ihm Patr. Browne seine Thalia. Wie schon die Gattungsbezeichnung ausdrückt, rechnet Pallas diese Salpe zu den Holothurien Linne’s, obwohl er mit Nachdruck darauf hinweist, dass in der 12. Ausgabe des Syst. Nat. ganz heterogene Formen unter diesem (Genus vereinigt worden seien. Die weitgehenden Uebereinstimmungen im Bau seines Holothurium und der Ascidien sind ihm noch nicht auf- gefallen. Auf seinen weiten orientalischen Reisen hat Petr. Forskal zahlreiche neue Tunicaten gesammelt. Erst nach seinem Tode wurden seine Be- obachtungen von Niebuhr herausgegeben (Descriptiones animalium. 1775. Geschichte. Forskäal, ©. F. Müller. 20 Icones rerum naturalium. 1776), und das erklärt einige kleine Widersprüche, die zwischen den Abbildungen und dem beschreibenden Texte bestehen. Von besonderer Bedeutung sind die 11 neuen Salpenspecies. Forskäl übersieht, dass vor ihm bereits Browne Salpen als Thalia beschrieben hat, und hält sein Genus „Salpa“ für ein neues, den Mollusken zugehörendes. Ueber die Herkunft des von ihm gewählten Gattungsnamens sagt er: „Nomen mutuatum a YaArr« pisce, Graecis cognito; et huie Vermi additum, ob similitudinem formae cum tubo canoro.“ Die Genusdiagnose lautet: „Corpore libego; gelatinoso, oblongo, utroque apice aperto; intus vacuo: intestino obliquo. Variet: a) nucleo globoso, opaco juxta anum. b) nucleo nullo; sed linea dorsali opaca“ (p. 112). Den inneren Bau der Salpen hat aber Forskäl vielfach verkannt. Das, was er als Intestinum bezeichnet, ist mehrfach gar nicht der Ver- dauungstraetus, sondern entweder der Stolo prolifer einer Solitärform oder das Kiemenband. Für Salpa democratica beschreibt er aber den Stolo besonders als „Cireulus multi-radiatus, pallide-caeruleus“, der bei einigen Thieren den Nucleus umgürte. Sehr zutreffend sind ferner seine Angaben über die Bewegungsweise der Salpen durch das Ausstossen des Wassers: „Motus vivae in jactatione appendieum, inque corporis systole et diastole. aquam forte transcolente, observatur.“ „Motus peragitur contrahendo ventrieulum et aquam expellendo“ (p. 113). Zahlreich sind die neuen Ascidienformen, welche ©. F. Müller in seiner Zoologia Danica beschreibt. Es sind fast ausschliesslich einfache Aseidien; aber besonders bemerkenswerth scheint mir die Aseidia lepadiformis (Bd. II, p. 54, Taf. 79, Fig. 5) zu sein, welche die erste sociale Ascidie ist. die beschrieben wurde, und unserer Clavelina ent- spricht. Obwohl in der Abbildung die Stolonen und die an diesen sich bildenden Knospen zu erkennen sind, scheint doch Müller den wesentlichen Unterschied, der sich in dieser ungeschlechtlichen Vermehrungsart gegen- über den Simplices ausprägt, nicht weiter beachtet zu haben. Auch in der Kenntniss des inneren Baues der Ascidien bietet die Zoologia Danica einen wesentlichen Fortschritt, obwohl freilich die Beschreibung der ver- schiedenen Formen sehr ungleichmässig ausgefallen ist. Der Kiemendarm und Verdauungscanal sind überall präeise dargestellt; bei einigen Formen erkennt er den Eierstock, das Herz und sogar die darmumspinnende Drüse. Ausser diesen wichtigen Untersuchungen von Pallas, Forskäl und Müller habe ich noch einer Anzahl kleinerer Abhandlungen über Ascidien und einiger Angaben über Tunicaten, die in grösseren Werken eingestreut sind, zu gedenken, die nach Linne’s 12. Ausgabe des Systema Naturae erschienen sind. Joh. Ernst Gunner beschrieb 1767 (Der Seebeutel — Tethyum Sociabile — vollständig beschrieben) eine einfache Ascidie, die übrigens einer bereits von Bohadsch dargestellten Form entsprechen dürfte, als Tethyum Sociabile. Einen Fortschritt bezüglich der Darlegung des ana- tomischen Baues der Ascidien kann ich in dieser Abhandlung in keinem 30 Tunieata. einzigen Punkte entdecken, ja in mancher Beziehung scheint sie mir hinter Baster’s und Bohadsch’s Untersuchungen zurückzubleiben. So ziemlich auf derselben Stufe stehen vier Abhandlungen des Abbe Diequemare, die derselbe 1777—82 in den Observations sur la Physique veröffentlichte (No. 59, 60, 62, 63). Er nennt die von ihm beobachteten Formen ‚„Sac animal, Reclus marin, Coeurs-unis, Informe‘; alle vier sind einfache Ascidien, die zum Theil schon früher unter besseren Namen beschrieben worden waren. In der Fauna Groenlandiae führt ©. Fabrieius 175@ neben einer Anzahl bekannter Aseidien zwei anscheinend neue Formen (Asc. tuber- culum und Ase. villosa) auf. Neue Angaben über die Organisation finden sich dagegen nicht. Eine zusammengesetzte Aseidie ist unter dem noch heutigen Tags üblichen Namen Synoicum turgens in vorzüglicher Weise von John Phipps (Voyage towards the Northpole. 1774) dargestellt worden. Er rechnet die Form, deren Einzelindividuen er sehr wohl unterscheidet, zu den Zoophyten, betont aber scharf den Unterschied von Aleyonium, um die Auf- stellung einer besonderen Gattung zu rechtfertigen. Die Einzelthiere seien im Gegensatze zu andern Polypen nicht ausstreckbar; je 6—9 ver- einigen sich zu einem Stamm, an dessen Spitze die gesonderten Oefinungen lägen: „Animalia nonnulla, ex apice singuli stirpis sese aperientia. Stirpes plures, radieatae, carnoso -stuposae, e basi communi erectae, eylindraceae, apice regulariter pro animalibus pertusae“ (p. 199). Auch bezüglich des Baues der Einzelthiere kommt er weit über seine Vorgänger hinaus. Er unterscheidet an dem allerdings sehr günstigen Objecte ver- schiedene Abschnitte eines Darmsystemes und liefert dadurch eigentlich die Grundlage für die späteren glänzenden Untersuchungen Savigny’s. Ueber die Eingeweide berichtet er: „intestinum (= Kiemendarm) instar stomachi dilatum, oblongo-ovatum, inferne foraminibus duobus pertusum; inter illa foramina aliud descendit intestinum (= Verdauungstractus) valde angustum, filiforme, arcum brevem formans“ (p. 200). Er hat also den Peribranchialraum mit der Cloake übersehen und lässt den Enddarm irrthümlich wiederum in den vorderen Abschnitt seines Intestinums münden. Als eine neue, einem besonderen Genus zugehörende Form beschreibt Banks in dem Reisewerke von Hawkesworth (Relation des voyages enterpr. pour faire des decouverts. Paris. 1774, Bd. II, p. 212) eine Dagysa. Gmelin führt später diese Gattung unter den Mollusken an und giebt folgende Diagnose: ,„ÜCorpus angulatum cavum, utroque fine apertum. Dagysanotata: altero fine macula fusca notato. Habitat in mari Hispanico, 3 pollices longa, at 1 crassa, lateribus altera alteri adhaerente.“ Ergiebt es sich schon aus dieser Beschreibung mit grosser Wahrschein- lichkeit, dass diese fragliche Dagysa eine Salpe ist, so ist das mit Sicherheit aus der Darstellung von Everard Home (Lectures on comparative anatomy. (eschichte, Linne - Gmelin, 1 Vol. T, p. 369; Vol. II, Taf. 71) zu entnehmen, der eine recht gute Abbildung der Banks’schen Form giebt. — Fast alle diese neuen Formen von Pallas, Forskal, Müller und den anderen sind in der 13. Ausgabe des Systema Naturae angeführt, ohne dass aber die näheren verwandtschaftlichen Beziehungen der mit ver- schiedenen Genusnamen belegten Tunicaten irgendwie ersichtlich würden. Dass die Salpen Forskäl’s, Bank’s Dagysa, Browne’s Thaliae und das Holothurium zonarıum von Pallas zusammengehören, ist Linne und (@melin nicht aufgefallen. Das Genus „Aseidia* erscheint so erweitert, dass 34 Arten aufgeführt werden, die wir jetzt allerdings nicht nur auf verschiedene Genera, sondern auch auf verschiedene Familien und vielleicht auch auf zwei Ordnungen vertheilen müssen. Doch folgt dieser Mangel zum Theil daraus, dass das Linne’sche System den Begriff der Familie überhaupt nicht kennt und die Gattungen direct den Ordnungen unterstellt werden. Wie oben bereits erwähnt wurde, werden hier die Gattungsnamen Botryllus, Synoicum und Distomus wieder ein- gezogen, und sämmtliche Synaseidien erscheinen als Alcyonien. So ist man denn gegen Ende des vorigen Jahrhundertes noch sehr weit davon entfernt, die verschiedenen bekannten Tunicaten (einfache Ascidien, Salpen und Synascidien) zu einer höheren Gruppe zusammenzufassen. Ich gebe im Folgenden eine kleine Tabelle, aus welcher die in der letzten Ausgabe des Systema Naturae vertretene Auffassung, welche die Grundlage für die weiteren Fortschritte darstellt, klar ersichtlich ist. Doch führe ich nur die Genera an, welche Tunicaten enthalten. Ordo 11. Mollusca. Ascidia (34 Arten). Salpa (11 Arten). Holothuria (neben Physalia u. s. w. die 3 Salpen Browne’s und Holoth. zonaria, Pallas). Dagysa (enthält nur die von Banks beschriebene Salpe, Dagysa notata). Ordo IV. Zoophyta. Aleyonium (neben echten Aleyonien «die Synascidien). Vielleicht noch weniger kritisch als bei Linne und Gmelin und lediglich compilatorisch ist die Behandlung der Tunieaten bei Bruguiere (Histoire naturelle des Vers. 1789 — 91.) und Shaw (Vivarium naturae. 1789 — 1813, T. 5 und 7). Bemerkenswerth ist eigentlich nur, dass Bruguiere die Salpen Forskäl’s „Biphores“ nennt, eine Bezeichnung, welche später namentlich von den französischen Zoologen fast ausschliesslich geführt wurde. Eine weitere Aenderung des letzten Systems von Linne- smelin besteht darin, dass das ganz unnatürliche Genus der Holothurien aufgelöst wird, indem die Browne’schen Thalia und die Physalia als (Genus Thalia aufgeführt sind. Die Thalia Bruguiere’s entsprechen also 32 Tunieata, vollständig den Holothurien in der 10. Ausgabe des Systema Naturae; der Inhalt ist der nämliche, und nur der Namen hat gewechselt. Die /usammengehörigkeit der Thalia Browne’s und der Salpen ist also auch hier noch nicht erkannt. In zutreffender Weise sind dagegen die Botryllus wiederum von den Aleyonien getrennt und als besonderes Genus angeführt. 4. Die Begründung des Tunicatentypus. Cuvier, Lamarck, Savigny. Einen ersten und wichtigen Schritt zur Vereinigung der im Linn@’schen System in verschiedenen Ordnungen der Würmerelasse untergebrachten Ascidien that 1793 Renier (Lettera sopra il Botrillo). Seine Untersuchung eipfelt in dem Ergebnisse, dass die Botryllen und Ascidien den gleichen Bau zeigen und demnach verwandt seien. Sein Resultat beruht aber auf falschen Vorstellungen über die Organisation beider Gruppen, indem er die Eingeweide in höchst einfacher Weise nur als ein eigenthümlich gekrümmtes Rohr, das sich zwischen den beiden äusseren Oefinungen des Körpers ausdehne, auffasste. Ferner werden noch andere rein äusser- liche Merkmale im Sinne jener Schlussfolgerungen verwerthet. Renier’s Auffassung hat aber keinen Anklang gefunden, und sowohl Cuvier als auch Lamarck belassen zunächst die zusammengesetzten Ascidien bei den Zoophyten resp. bei den Polypen, ohne ihre Zusammengehörigkeit mit den Monascidien anzuerkennen. So wie sich im vorigen Jahrhunderte die systematischen Anschauungen der Zoologen in ihren verschiedenen Wandlungen aus den verschiedenen Ausgaben des Linne'schen Systema Naturae getreu erkennen lassen, so waren zu Anfange des unserigen die Systeme Cuvier’s und Lamarck’s, die allerdings gegenüber Linne viel grössere Selbständigkeit und Ori- ginalität zeigen, für die Auffassungen der meisten zoologischen Zeit- genossen durchaus bestimmend. In Cuvier’s erstem umfangreichen System (Tableau elementaire de Vhistoire naturelle des animaux. 1798.) sind Ascidien und Salpen unter den Mollusken angeführt und die Thalia, sowie bei Bruguiere und wie in Linne’s 10. Ausgabe des Systema Naturae die Holothurien, als ein besonderes Genus betrachtet. Wie weit Cuvier davon entfernt war, die Uebereinstimmung der Thalia und Salpen zu erkennen, geht daraus hervor, dass er sie in verschiedenen Ordnungen der Mollusken unterbringt und zwar die ersteren unter den Gasteropoden, die Salpen unter den Acephalen. Die Aleyonien, denen er, obwohl es nicht ausdrücklich erwähnt wird, auch die Synascidien zuzurechnen scheint, sind zu den Zoophyten gestellt. Es vertheilen sich also die verschiedenen Tunicatenformen in folgender Weise im Systeme Cuvier’s: N ER Qv (8) Geschichte. Cuvier, Lamarck. Mollusques. Oephalopodes. Gasteropodes. VII. Thalides (Thalia Bruguiere, Holothuria Linne, neben den 3 Thalia Browne’s noch immer die Physalia als eine tentakel- tragende Form angeführt). Testaces. Acephales. A. Aceph. nuds ou sans coquille. I. Ascidies (Aseidia). II. Biphores (Salpa). B. Aceph. testaces, sans pied. C. Aceph. testaces, munis d’un pied. Zoophytes. (Hierunter auch die Synaseidien.) Wenige Jahre nach Cuvier hat Lamarck sein erstes ausführliches System der Wirbellosen (Systeme des animaux sans vertebres. 1301) ver- öffentlicht, in welchem eine Eintheilung in sieben Classen durchgeführt erscheint: 1. Mollusques, 2. Crustaces, 3. Arachnides, 4. Insectes, 5. Vers, 6. Radiaires, 7. Polypes. Die Tunicaten sind auf drei dieser Classen ver- theilt. Die Identität der Salpen und Thalia ist zwar noch immer nicht erkannt, aber ein bemerkenswerther Fortschritt ist doch wenigstens dadurch geschaffen, dass diesem letzteren Genus die Physalia abgestrichen wird, um ebenfalls eine besondere Gattung zu bilden. Auch die Botryllen er- scheinen wiederum als eine eigene Gattung; andere zusammengesetzte Aseidien sind jedoch unter den Aleyonien untergebracht: 1. Classe. Mollusques. I. Ord. Mollusques cephales. II. Ord. Mollusques accphales. 1. Section. Moll. aceph. nus. 96. Genus. Ascidie (Ascidia). 97. Genus. Biphore (Salpa). 98. Genus. Mammaire (Mammaria). 2. Section. Moll. ac&ph. conchyliferes. Vl. Classe. Radiaires. I. Ord. Radiaires Echinodermes. II. Ord. Radiaires Molasses. 19. Genus. Physalia. 20. Genus. Thalide (Thalis). Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 5) 34 Tunieata. Vll. Classe. Polypes. I. Ord. Polypes a rayons. 36. Genus. Botryllus. 37. Genus. Aleyonium. II. Ord. Polypes Rotrferes. III. Ord. Polypes amorphes. Die Identität der von Cuvier und Lamarck in verschiedenen Ord- nungen und Ülassen untergebrachten Thalia und Salpen hat zuerst Bose (Histoire naturelle des Vers, T. II, pag. 176) behauptet und damit einen wichtigen Schritt zur Begründung einer einheitlichen Tuniecatengruppe ausgeführt. Freilich ist nicht zu verkennen, dass die Kenntniss des anatomischen Baues dieser Formen noch überaus mangelhaft war und daher auch die Gründe, die Bose für die Zusammengehörigkeit vorbringt, mehr auf äusserlicher Aehnlichkeit beruhen als die wesentlichen Züge des Bauplanes betreffen. Immerhin erschienen sie seinen Zeitgenossen überzeugend genug, so dass sich Cuvier zwei ‚Jahre später Bose’s Aus- führungen voll anschliessen konnte. Noch einer anderen Arbeit muss ich gedenken, die zwar die systema- tische Stellung der verschiedenen Tunicatenformen nicht fördert, doch aber die Formenkenntnisse über Salpen erweitert. Tilesius (Abbildung und Beschreibung eines neuen Seebeutels. 1802) beschreibt nämlich recht gut eine neue Salpe unter dem Namen Thetys vagina. Wie der Name sagt, rechnet er sie dem Linn@’schen Genus Tethys zu, auf das er irrthümlicher Weise die Bezeichnung ‚„Seebeutel‘ überträgt, obwohl diese Tethys mit den alten Tethyen, welche von früheren Autoren als Seebeutel bezeichnet wurden, nichts Gemeinsames mehr haben. Beschreibung und Abbildung, «die Tilesius giebt, lassen nicht den mindesten Zweifel darüber bestehen, dass eine Salpe gemeint ist, und so hat denn sehr bald Cuvier (1804) jener Form die richtige systematische Stellung angewiesen und sie Salpa Tilesii genannt. Cuvier’s Abhandlung über die Salpen (Memoire sur les Thalides et sur les Biphores. 1804) bezeichnet einen überaus wichtigen Fortschritt in der Kenntniss des anatomischen Baues dieser Tunieatengruppe und bleibt Jahrzehnte lang unübertroffen die Grundlage für alle vergleichend - ana- tomischen Erörterungen. Die Art und Weise, in welcher Cuvier den Salpenkörper orientirt, ist unseren gegenwärtigen Anschauungen genau entgegengesetzt. Die Ingestionsöffnung bezeichnet er als hintere, die Egestionsöffnung als vordere: „L’ouverture posterieure du corps est fort large, coupee en travers, et on l’a comparee a la gueule d’un animal“ (p. 367). Ganz zutreffend aber hat er beobachtet, dass das Athemwasser durch diese hintere Oefinung eintrete. Ferner betrachtet Cuvier die Seite (des Endostyls als die Rückenseite und nennt den wirklichen Rücken der Salpe (Geschichte: Salpen. Cuvier, Savigny. 35 den Bauch. Er beschreibt eingehend den Bau und Verlauf des Kiemen- bandes, des Darmeanales, beobachtet Herz und Pericardium und die Muskelzüge. Nach dem Nervensystem hat er vergebens gesucht (Salpa cristata), glaubt aber doch an dessen Vorhandensein. In mehrfacher Beziehung irrt freilich Cuvier bei der Deutung der Organe. Die Hoden der Kettenformen hält er für die Leber, seitliche Mesodermzellhaufen für die Ovarien. Bei einer ungeschlechtlichen Solitärform (Salpa seutigera) hält er den Stolo prolifer für den Eierstock und erwähnt die Beobachtung Peron’s, dass die jungen Salpen, welche sich aus diesem Eierstrang ent- wickeln, lange Zeit miteinander verbunden bleiben und die längst bekannten Ketten bilden. Diese lösten sich später allerdings wieder auf, denn die alten und grossen Individuen seien stets solitär. Bei der ver- eleichend anatomischen Methode, welche Cuvier stets übt, ist er darauf bedacht, die den Salpen angewiesene systematische Stellung unter den Mollusken durch die Uebereinstimmung in der Organisation zu erweisen. Im Wesentlichen sind seine neuen Gesichtspunkte hier bereits angedeutet, erfahren später aber noch im Einzelnen eine tiefere Begründung. Den Ausgangspunkt für die Vergleichung bilden die KRespirationsorgane. Cuvier homologisirt das Kiemenband der Salpen mit dem gesammten Kiemendarme der Ascidien und setzt diese Gebilde vollständig gleich den vier Kiemenblättern gewisser Mollusken. Diese Art der Homologi- sirung widerspricht nun allerdings in allen Stücken unseren gegenwärtigen Anschauungen, und es scheint uns vollauf begreiflich, dass Lamarck sich beharrlich sträubte, auf Grund solcher Vergleichungen, die Mollusken- verwandtschaft der Tunicaten anzuerkennen. Cuvier hat in dieser Untersuchung das Salpenmaterial verarbeitet, welches Peron auf der französischen Entdeckungsreise 1500— 1804 ge- sammelt hatte. Peron selbst bietet daher in seinem späteren Reisewerk (Voyage de decouvertes aux terres Australes. 1807 — 1810) nur noch einige Bemerkungen über Salpen, die nichts wesentlich Neues enthalten. Beträchtlich später, 1816, hat Savigny (No. 90, p. 124 u. fe.) zwei bereits von Cuvier beschriebene Salpen nochmals behandelt; die Salpa oetofora unter dem Genusnamen Pegea, die Salpa eylindrica als Jasis. Obwohl. er im Wesentlichen Cuvier’s Befunde bestätigt, unterscheidet sich doch seine Darstellung und Auffassung des Salpenkörpers in einigen Punkten. Den gesammten Hohlraum, welcher durch Kiemendarmhöhle und Cloake gebildet und vom Kiemenbande durchsetzt wird, bezeichnet er als Kiemenhöhle und deren Wandungen als Kiemensack. Das Kiemen- band ist nach ihm complieirter gebaut, als es Cuvier darstellt, denn er unterscheidet eine untere Kieme, die allein Cuvier’s Kiemenband entspricht, und eine obere, kleinere, welche von der Mundöffnung aus gegen das Hinterende des Endostyls sich erstrecken und von Uuvier übersehen worden sein sollte. In zutreffender Weise schildert er ferner das Herz, welches wie bei Ascidien gelagert sei und in einem Pericardium ruhe. Nach dem Nervensystem hat Savigny ebenso erfolglos gesucht wie vor ihm Cuvier; 3* 56 Tunicata. er beschreibt aber einen Tuberkel (d. i. die Flimmergrube), welcher auch bei Ascidien vorhanden sei und da stets in der engsten Nachbarschaft des Ganglions liege. In dasselbe Jahr wie die bedeutsame Untersuchung Cuvier’s über die Salpen fällt die genauere Mittheilung Peron’s über eine eigenthümliche, neue Form, die er Pyrosoma atlanticum nennt (Memoire sur le nouveau eenre Pyrosoma. 1304). Wohl noch etwas vor Peron hat auf einer von der französischen Regierung ausgesendeten Expedition Bory de St. Vincent (Voyage dans les quatre prineipales iles des Mers d’Afrique. 1804) ein neues Thier unter dem Namen Monophora noctiluca (Bd. I, p. 107, Taf. VI, Fig. 2) beschrieben, welches zweifellos ein Pyrosoma ist. Ueber die systematische Stellung dieser Form, die seiner Meinung nach kaum noch ein Thier zu nennen sei, spricht er sich nur unsicher aus, glaubt aber, dass ihr von allen bekannten Formen Holothuria elegans aus der Zoologia Danica am nächsten stehen dürfte. Die Bezeichnung Monophora hat keinen Eingang gefunden und wurde 1824 von Quoy und Gaimard für andere Formen verwerthet. Die Pyrosomen wurden von Peron auf der französischen Entdeckungs- reise nur an einer bestimmten Stelle in der äquatorialen Zone des Atlantischen Oceans, dort aber in ungeheuren Mengen beobachtet und fielen den Reisenden durch das prächtige Leuchtvermögen auf. Die ana- tomische Beschreibung, die Peron giebt, ist in allen Stücken ungenügend. Der ganze Stock wird als ein einziges Thier aufgefasst, da die Einzel- thiere als solche nicht erkannt, sondern nur die grössten derselben als „Tuberkel“ beobachtet worden waren. Augenscheinlich bereitete das Ver- ständniss der Organisation der Pyrosomen Peron selbst nicht geringe Schwierigkeiten, und er greift zu allerlei Hypothesen, um den Organismus nur einigermaassen zu verstehen. So stellt er sich z. B. vor, dass die Ernährung in der Weise erfolge, dass kleinere, fremde Thiere in den erossen Hohlraum des Pyrosoma (d. i. der sog. gemeinsame Cloakenraum des Stockes) eintreten und durch den bewirkten Reiz die „Randtuberkel‘ der Oeffnung zum Verschlusse derselben anregen. Dann stürben und zersetzten sich die gefangenen Thierchen und lieferten das Ernährungs- material für das Pyrosoma. Bei so ungenügender Kenntniss des ana- tomischen Baues ist natürlich auch die systematische Stellung, die der neuen Form angewiesen wird, keine richtige. Pöron hält die Pyrosomen für Zoophyten. Lamarck versetzt sie später (vgl. besonders die Philo- sophie zoologique. 1309) zu den Strahlthieren, deren erste Ordnung, die Weichstrahlthiere, sie mit Siphonophoren, Bero& und Medusen bilden. Eine zweite Pyrosomaart hat später Lesueur (Memoire sur quelques nouvelles especes d’animaux mollusques et radiaires. 1813) als Pyrosoma elegans kurz beschrieben, ohne aber die Organisation richtig erkannt zu haben. Eine dritte Species, das Pyrosoma eiganteum, behandelt derselbe Geschichte: Pyrosomen. Peron, Lesueur, Savigny. 37 Autor zwei Jahre später (M&moire sur l’organisation des Pyrosomes, et sur la place qu’ils semblent devoir oeeuper dans une classification naturelle). In dieser Untersuchung wird klar auseinandergesetzt, dass das Pyrosoma nicht ein einziges Thier sei, sondern sich aus einer sehr grossen Zahl Einzelindividuen zusammensetze. Auch der Bau dieser letzteren wird in vielen Punkten richtig dargestellt; so wird z. B. das Vorhandensein der beiden seitlichen Kiemendarmwände festgestellt, der Verdauungscanal und das Ganglion beobachtetund die beiden an den entgegengesetzten Körperenden liegenden Oeffnungen erkannt. Auf Grund dieser Entdeckungen wird in sehr richtiger Weise das Einzelthier des Pyrosoma mit einer Aseidie verglichen. Im Einzelnen irrt Lesueur vielfach bei der Deutung der Organe. Aus dem Umstande, dass das Wasser, welches in die allgemeine Cloakenhöhle des Stockes gegossen wird, aus den äusseren Oeffnungen der Einzelthiere aus- strömt, schliesst er, dass die innere Oeffnung der Mund, die freie am äusseren Ende gelegene der Anus sein müsse. Den Hoden hält er für die Leber, und auch in der Deutung des Darmtractus täuscht er sich, indem er den dorsalen Theil der Leibeshöhle mit dem länglichen Körnerhaufen : Intes- tinum, den Oesophagus: Pylorus und den Mittel- und Enddarm: Oesophagus nennt. Den Endostyl hält er für ein Gefäss, das in gleicher Lage und Beschaffenheit auch bei Aseidien vorkomme. Er bemerkt auch die jungen, noch im Mutterthiere ruhenden Stöckchen, die aus dem Cyathozooid und den vier ersten Aseidiozooiden bestehen, und vergleicht sie mit der Kettenbrut der Salpen. In vielen Beziehungen hat bereits im folgenden Jahre Savigny (Memoires sur les animaux sans vertebres. 1816, p. 51 u. fg.) Lesueur's Irrthümer beriehtigt. Savigny’s Mittheilungen sind im zweiten Memoire enthalten, welcher bereits am 1. Mai 1815 im Institut gelesen, aber erst ein Jahr später im Drucke vorgelegt wurde. Jedenfalls geht daraus hervor, dass Savigny ganz selbständig zu seinen Ergebnissen gelangt ist und von Lesueur nicht beeinflusst gewesen sein kann. Viel früher wäre an die entgegengesetzte Möglichkeit zu denken. Im Gegensatze zu Lesueur orientirt er das Einzelthier in der Weise, dass er die Ingestionsöffnung als orifice branchial oder oseulum, die Egestionsöffnung als orifice anal bezeichnet. Nach dem Vorgange Cuvier’s bei den Salpen betrachtet er die Seite des Endostyls, den er sillon dorsal oder cordons interieurs nennt, als dorsale, die Rückenseite als ventrale. In zutreffiender Weise erkennt er die einzelnen Theile des Verdauungstraetus, nur dass auch er wieder den Hoden für den Leberanhang des Darmes hält. Den Kiemendarm stellt er sich lediglich als zwei seitlich gelagerte Kiemenblätter vor, welche ein eitterförmig angeordnetes Gefässnetz führen. Die Peribranchialräume kennt er noch nicht und glaubt die ganze hintere Wand des Kiemen- darmes frei, so dass dort das durch das Oseulum eintretende Athmungs- wasser in den hinteren, die Eingeweide umgebenden Theil der Körper-' höhle (d. i. Cloakenhöhle) gelangen könne, um, so wie bei den Salpen, durch die hintere Oeffnung zugleich mit den Exerementen wieder nach 38 Tunicata. aussen befördert zu werden. Das wirkliche Ganglion sammt Flimmer- orube und Subneuraldrüse bezeichnet er als tubercule anterieur ou superieur und unterscheidet einen zweiten, an dem Vorderende des Endostyls liegenden tubercule posterieur ou inferieur, welch letzterer allerdings bei den meisten Individuen nicht wahrnehmbar sei. Es kann sich hierbei nur um eine zufällige Ansammlung von Mesenchymzellen oder Erweiterung des vorderen Endostylendes handeln. Für die Ovarien hält er die beiden seitlichen linsenförmigen Zellhaufen, und als Oviduct bezeichnet er das Vorderende des länglichen, dorsalen Zellhaufens resp. den Theil der primären Leibeshöhle, in welchem derselbe liegt, während der Hinter- abschnitt für zwei canaux en siphon angesehen wird. Die Bedeutung dieser canaux en siphon ist ihm nieht ganz klar, doch glaubt er, sie seien „en me&me temps l’oviduetus et l’organe fecondant‘‘ (p. 57). So wie Lesueur bemerkt auch Savigny in dem Cloakenraume die jungen Colonien, die sich aus dem Ei entwickelt haben; er nennt sie „„germes composes, non destines A l’accroissement des systemes, mais a leur multiplieation‘“. Die Knospen, deren grundverschiedene Entstehung ihm nicht auffallen konnte, bezeichnet er als „germes simples“, welche „etaient done tous contenus dans le germe compose et primitif* (p. 59). Gleichzeitig mit der Erweiterung der Kenntnisse über Salpen und Pyrosomen ist die Anatomie der einfachen Ascidien in vielfacher Be- ziehung klar gelegt worden. Es waren auch hier in erster Linie wieder die Arbeiten Cuvier’s, welche fördernd gewirkt haben. Seine Unter- suchungen beginnen im Jahre 1797 (Note sur l’anatomie des Ascidies), ohne zunächst wesentlich Neues zu bringen. In demselben Jahre hatte auch Coquebert (M&moire sur deux especes d’Aseidies) zwei vermeintlich neue Formen kurz dargestellt, deren eine aber wahrscheinlich die unter anderem Namen längst bekannt gewordene Cynthia microcosmus sein dürfte. Eine Bereicherung der Kenntnisse über die Organisation der Ascidien bietet aber diese Untersuchung nicht. Weitere Mittheilungen macht später Cuvier 1805 in seinen Lecons d’anatomie comparee (Vol. II, p. 312; Vol. IV, p. 125, 428). Von diesen will ich nur die Beobachtung des Ganglions mit vier ausstrahlenden Nerven hervorheben. Cuvier hält diesen nervösen Apparat jedoch nicht für das Gehirn, sondern bezeichnet ihn als unteres Ganglion und vermuthet noch das Vorhandensein eines eigentlichen Gehirnes, welches „über“ dem Munde liegen müsse, sich aber seiner Beobachtung entzogen habe. Ein solches fehlt aber in Wirklichkeit. Cuvier’s ausführliche Arbeit erschien erst 1815 (Me&moire sur les Aseidies et sur leur Anatomie. Mem. d. Mus. T. II) und bildet, wie er «selbst hervorhebt, das Ergebniss langjähriger Studien. Die Organisation der Ascidien wird auf den Bauplan der Mollusken zurückgeführt, und von diesem Gesichtspunkte aus erfährt der gesammte Ascidienkörper eine (eschichte: Monascidien. Uuvier. 39 Orientirung und die einzelnen Organe eine Deutung, die wir gegenwärtige als durchaus verfehlt erkannt haben. Doch war bis in die neueste Zeit hinein Cuvier’s Auffassung die herrschende, und die Begründung des Tunieatentypus geht darauf zurück, dass bei Pyrosomen und Synascidien die wesentlich gleichen Bauverhältnisse nachgewiesen wurden, die Cuvier für die Monaseidien und Salpen auseinandergesetzt hatte. Der Cellulosemantel wird als äusserer Sack von dem eigentlichen Körper des Thieres unterschieden; beide seien durch einen allseitig ab- geschlossenen, mit Flüssigkeit erfüllten Raum getrennt. Die äussere Haut des Körpers öflne sich an zwei Stellen nach aussen: an der Spitze des Thieres und dann in einiger Entfernung von ihr seitlich. Durch die erste Vefinung ströme das Wasser zu den Kiemen ein und dann wieder aus; durch die zweite verliessen die Excremente und Geschlechtsproduete das Thier, nicht aber das Athemwasser, wie die älteren Autoren an- genommen hätten, da die Kiemenhöhle allseitig abgeschlossen sei und nur durch die obere Oeffnung mit der Aussenwelt in Verbindung stehe. Die Kiemenhöhle sei eine Bildung der äusseren Haut, und es müsse daher als der den übrigen Mollusken gleichwerthige Mund nicht die Ingestions- öffnung, sondern die Vefinung des Verdauungstractus in die Kiemenhöhle angesehen werden. In der sackförmigen Kiemenhöhle träten manchmal tief nach innen gerichtete Längsfalten auf; diese seien „premiers indices des quatre feuillets branchiaux des bivalves‘ (p. 11). Eine zweite besondere Körperhöhle sei die Peritonealhöhle, welche einer directen Oeflnung nach aussen entbehre, aber vom Darmecanal durchsetzt würde, dessen Rectum (das Peritoneum verlasse, „pour faire flatter son extremite dans la deuxieme production de la tunique propre du corps, en sorte que les excremens tombent dans cette production qui leur donne issue au travers de la deuxieme ouverture (d. i. Egestionsöffnung) de l’enveloppe exterieure“ (p. 14). Eine andere allseitig abgeschlossene Höhlunge im Körper bilde das Pericardium, das Cuvier nur bei wenigen Formen nicht sicher nach- weisen konnte. Hinzugefügt werden Angaben über den Verlauf der grösseren Blutgefässe, über den Bau der Kiemendarmwand, über die Geschlechtsorgane, die ich hier im Einzelnen nicht anführen kann. Er beschreibt richtig die Lage des Ganglions, das er jedoch dem Visceral- ganglion der Mollusken vergleicht, hält aber den Flimmerbogen für einen Nervenring. Es ist aus dieser Darstellung leicht zu ersehen, dass Cuvier’s Grund- irrthum in der unrichtigen Auffassung der Ascidienkieme besteht. Er erkennt nicht, dass es der vordere Theil des Darmtractus ist, welcher durch das Auftreten besonderer Perforationen zum respiratorischen Organe umgebildet ist, und übersieht auch das Vorhandensein eines Peribranchial- raumes. Wären ihm diese Verhältnisse nicht entgangen, so hätte er niemals die Vergleichungen mit den Mollusken in der Weise durchführen können, wie er es gethan hat, und auch das Kiemenband der Salpen 40 Tunicata. würde er im Vergleich zur Kieme der Aseidien anders beurtheilt haben, als es geschehen ist. Auch Savigny (No. 90, Mem. IH, p. 83 u. fg.) hat bald nach Cuvier die Anatomie der einfachen Ascidien behandelt und in allen wesentlichen Punkten die Angaben seines Vorgängers bestätigt. Ein- gehendere Mittheilungen macht er über die Structur der Kiemendarm- wandung verschiedener Formen und über den Darmeanal. Die Region des letzteren bezeichnet er hier sowie auch bei den zusammengesetzten Ascidien als Abdomen, den vorderen Körperabschnitt als 'Thorax. Endlich habe ieh noch zweier Untersuchungen von €. 6. Carus über die einfachen Ascidien Erwähnung zu thun. Die erste erschien im deutschen Archiv für Physiologie, Bd. 2, 1316; die zweite enthält eigentlich nur die Abbildungen und deren ausführliche Erklärung und wurde 1821 veröffentlicht (Beitrag zur Kenntniss des inneren Baues und der Ent- wicklungsgeschichte der Aseidien). Er beschreibt und bildet ab eine Anzahl noch sehr kleiner festsitzender Formen, welche aber bereits im wesentlichen den Bau der ausgebildeten Thiere aufweisen müssen, so dass ihre Bezeichnung als „Ei“ in keiner Weise mehr gerechtfertigt erscheint. Seine anatomischen Darlegungen bieten nichts wesentlich Neues, was sich als bleibend richtig erwiesen hätte. Das Verdienst, die Anatomie der zusammengesetzten Ascidien so weit klargelegt zu haben, dass die Zusammengehörigkeit der früher zu den Alcyoniden und Polypen gerechneten Formen und der Monaseidien und Salpen sich mit Nothwendigkeit ergab, gebührt in erster Linie Savigny (Me&moires sur les animaux sans vertebres. 1816). Zwar hatte schon Renier, wie ich oben ausgeführt habe, solche Beziehungen behauptet, aber sie oründeten sich auf ungenügende anatomische Befunde, und seine Reflexionen erwiesen sich daher wenig fruchtbar. Auch Desmarest und Lesueur (vergl. weiter unten) haben ganz ähnliche Ergebnisse wie Savigny noch vor diesem veröffentlicht. Aber es ist zweifellos, dass ihnen die Resultate Savieny’s bekannt gewesen sein mussten. Savigny’s erster Mem. ist am 6. Februar 1815 im Institut gelesen worden, und über die weiteren Vor- eänge schreibt er (p. 28): „„M. Cuvier, en examinant avec moi les dessins relatifs a mon premier M&moire, a cru y voir une organisation rapprochee de celle des Ascidies de sa quatrieme division. La comparaison que nous avons faite aussitöt de ces dessins et de ceux qu’il avait lui meme executes pour l’anatomie des Ascidies, a confirme ce soupcon. Le 17 feyrier 1815. Ce resultat, que sa parfaite evidence rendait interessant, etait connu huit jours apres de tous les zoologistes de la capitale.“ Noch zu Anfang des Jahres 1815 hat Lamarck (Suite des Polypiers empates) die Botrylliden als Polypen betrachtet. Er theilt die betreffende Familie in zwei Genera, in Botryllus und Polyeyclus, und erwähnt aus- (reschichte: Synaseilien Savigny. 41 drücklich, dass diese gegenüber den anderen Polypen mancherlei Besonder- heiten darböten. Aber die verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Ascidien hat er nicht geahnt, da er bei den Botrylliden die Verhältnisse des Darmes und im besonderen des Kiemendarmes nicht aufzudecken vermocht hatte. Diesen Untersuchungen Lamarck’s gegenüber bezeichnen die Be- obachtungen von Desmarest und Lesueur (Note sur le Botrylle etoile. 1815) einen entschiedenen Fortschritt, obwohl sie in einiger Hast angestellt zu sein scheinen und an Gründlichkeit mit der ganz gleichzeitig ver- öffentlichten Studie Lesueur’s über Pyrosoma giganteum (vgl. oben p. 37) sich nicht vergleichen lassen. Die Organisation des einzelnen Botryllus- thieres ist nur mangelhaft erkannt worden, aber doch wird mit Nachdruck auf dessen grosse Aehnlichkeit mit Pyrosoma hingewiesen, eine Ansicht, die sich bis auf den heutigen Tag einer sehr verbreiteten Anerkennung erfreut. Bezüglich des Synoicum turgens sind sie kaum weiter gekommen als 40 Jahre früher Phipps in seiner allerdings mustergültigen Darstellung. Ihr Ergebniss ist, dass diese Formen nicht länger als Polypen betrachtet werden dürften, sondern zu den Salpen, Pyrosomen und Aseidien ge- hörten: „Tous ont pour caracteres communs des branchies en forme de membranes, tapissant, en tout ou en partie, la cavite interne oü s’ouvre la bouche. Point de parties solides ou de test“ (p. 77). Ein weitaus umfangreicheres Material als seine Vorgänger behandelt Savigeny. Trotzdem zeigt er tiefere Gründlichkeit bei der Untersuchung des einzelnen Objectes, dessen Organisation er nach allen Richtungen hin klarzulegen versucht. So gelingt es ihm denn auch alle Organe in genau den gleichen Lagebeziehungen bei den Synaseidien nachzuweisen, wie sie namentlich durch Cuvier und früher schon in der Zoologia Danica durch Müller bei den Monascidien dargestellt worden waren. Wollte ich das im Einzelnen hier ausführen, so müsste ich lediglich das wiederholen, was ich in einem früheren Abschnitte über die Monaseidien erwähnt habe. Es genüge daher die Mittheilung, dass er die Kieme, den Darmcanal, Ganglion, Herz mit Pericardium, die darmumspinnende Drüse (Diazona), die Geschiechtsorgane bei Synaseidien nachweist und zeigt, wie bei den verschiedenen Genera die einzelnen Organe bestimmte Veränderungen erfahren. Er orientirt den Körper des Einzelthieres ganz in Ueber- einstimmung mit Cuvier und Bosc in der Weise, dass er die Endostylseite als den Rücken, die entgegengesetzte als Bauch bezeichnet, bemerkt aber zutreffend, dass diese Regionen bei der Vergleichung mit Mollusken umgekehrt werden müssten: „Mais si nous voulions comparer et les Biphores et les animaux des Alecyons en question aux Mollusques bivalves, ces regions seraient obligeces d’echanger leur denomination: le ventre et la poitrine deviendraient le dos; la gauche, la droite, etc.“ (p. 6). Seine Systematik der Aseidien, die später natürlich mannigfache Veränderungen hat erfahren müssen, versucht er auf vergleichend anatomischer Grundlage aufzubauen. Ein wichtiges Eintheilungsprineip ist ihm die Beschaffenheit 42 Tunicata. der beiden äusseren Oeffnungen. Er ist wohl der erste, der die ge- schwänzten Ascidienlarven (bei Botryllus, Taf. 21), freilich noch innerhalb des Follikels, gesehen hat, und bezeichnet sie als oeuf arrive a son degre de maturite, wusste aber allerdings die einzelnen Theile nicht zu deuten. So wie Desmarest und Lesueur (No. 88, p. 74) bestätigt auch Savigny die alte Mittheilung von Pallas-Gärtner über die Contraction der Einzel- thiere des Stockes bei bestimmten Reizen (vergl. oben p. 23). Anderer- seits hält er aber auch Renier’s Beobachtung für zutreffend, dass bei einem starken Reiz auf eine bestimmte Stelle eines Botryllusstockes nicht nur das benachbarte System, sondern nach und nach auch die entfernteren sich eontrahirten (p. 123). Es besteht jedoch zwischen den Einzelthieren keine nervöse Verbindung. So wie er das Einzelthier des Synaseidienstockes richtig mit dem Einzelthier des Pyrosomastockes, mit einer Monascidie oder einer Salpe vergleicht, versucht er einen schärferen Vergleich des ganzen Pyrosoma mit Synaseidien durchzuführen. Doch ist dieser letztere nicht richtig ausgefallen, denn er erachtet ein Pyrosoma nicht etwa einem ganzen Botryllusstocke, sondern nur einem Systeme eines solchen für vollkommen gleichwerthig (p. 123). So war also bereits zu Anfang des Jahres 1816 die Uebereinstimmung im Bau der Salpen, Pyrosomen und sämmtlicher Ascidien fest begründet, und nothwendiger Weise musste man diese verschiedenen Formen unter einer höheren Gruppe zusammenfassen, deren systematische Stellung es zu bestimmen galt. Denn wie oben ausgeführt wurde, waren früher die verschiedenen, z. Th. ganz nahe verwandten Formen in weit entfernten Gruppen untergebracht worden, und es musste nunmehr untersucht werden, welcher derselben die vereinigten Tunicatenformen einzufügen seien. Diese Frage ist in verschiedener Weise beantwortet worden, ebenso wie auch die Lösung der zweiten Aufgabe, eine systematische Gruppirung der Formen innerhalb der Tunicatengruppe selbst vorzunehmen, auf mannig- fachem Wege versucht worden ist. Als den ersten, der noch vor dem Erscheinen von Savigny’s Werk die systematischen Verhältnisse der später als Tunicaten bezeichneten Formen auseinandergesetzt hat, habe ich hier Blainville (Prodrome d’une nouvelle distribution systematique du regne animal. 1516) zu nennen. Er bezeichnet die fragliche Gruppe als Salpyngobranches und rechnet sie dem Typus der Mollusken zu und zwar der Classe der Acephalen, wohin früher bereits Cuvier und Lamarck die Monaseidien und Salpen gestellt hatten (vergl. oben p. 35). Die Eintheilung der Salpyngobranchia trifft er nach der freien oder festsitzenden Lebensweise und innerhalb dieser Geschichte. Blainville, Lamarck, Savigny. 43 beiden Gruppen darnach, ob die Thiere einfach oder stockbildend seien. Sein System der Mollusken ist also folgendes: Classe 1. Cephalophores. Classe II. Acephalophores. I. Palliobranches. II. Lamellibranches. III. Salpyngobranches. ‚ $ Simples. E - 1 Agreges. ee 5 Simples. | Agreges. Unter vollkommener Berücksichtigung der Untersuchungen Cuvier’s, Lesueur’s und Savigny’s hat Lamarck (Histoire naturelle des animaux sans vertebres. Bd. III, p. 50. 1516) die Classe der Tunieiers oder Tunicata aufgestellt. Bei der Abfassung des ersten Bandes (1815), die zeitlich vor jene Untersuchungen fällt, hat Lamarck noch nicht an eine besondere Tunicatenelasse gedacht, denn er theilt dort (p. 351) das gesammte Thier- reich in 14, die Wirbellosen in 10 Classen, unter welchen die Tunicaten fehlen. Erst später hat er diese als eine vierte, besondere Classe zwischen die hadiaten und Würmer eingeschoben, da er mit Recht erkannte, dass die Tunicaten von den Mollusken zu verschieden seien, um mit diesen in einer Gruppe vereinigt zu werden. Er theilt die Classe in zwei Ord- nungen und unterstellt diesen direct die einzelnen Gattungen, ohne besondere Familienbezeichnungen einzuführen, obwohl er mehrfach darauf hinweist, dass manche Gattungen durch gewisse ähnliche Organisations- eigenthümlichkeiten mit einander näher verbunden erscheinen. In der nachfolgenden Tabelle habe ich das durch seitliche Klammern, welche die betreffenden Genera vereinigen, angedeutet. IV. Classe. Tunieiers (Tunieata). I. Ord. Tuniciers reunis ou Botryllaires. (lands (Aplidium). Eucele (Eucoelium). Soins (Synoicum). f Sigilline (Sigillina). | Distome (Distomus). Diazome (Diazoma). u (Polyelinum). Polyceycle (Polyeyelus). ocryiie (Botryllus). Pyrosome (Pyrosoma). 44 Tunieata. II. Ord. Tuniciers lbres ou Ascidiens. Biphore (Salpa). Ascidie (Ascidia). Hierunter 22 Arten angeführt, die in drei Gruppen gebracht sind. Bipapillaire (Bipapillaria). Mammaire (Mammaria). Das Genus Bipapillaria enthält nur eine Species, deren Kenntniss er einem Manuseript Peron’s verdankt. Die Mammaria entnimmt er der /oologia Danica OÖ. F. Müller's. Beide Gattungen sind seither wieder eingezogen worden. Savigny betrachtet die Tunicaten, die er Classe der Ascidiae be- zeichnet, im Anschlusse an Cuvier als „Mollusques hermaphrodites et acephales“. Auch er theilt, wie Lamarck, die Classe in zwei Ordnungen, die aber wesentlich anderen Umfanges sind als bei diesem. Nur für die erste Ordnung hat er eine genauere systematische Eintheilung gegeben: I. Ord. Aseidiae tethydes. 1. Fam. Tethyae. I. Tethyes simples. 1. Sect. Orifices a quatre rayons. 1. Boltenia (Corps pedieule). 2. Cynthia (Corps sessile). 2. Sect. Orifices ä plus de quatre rayons, ou sans rayons distincts. 3. Phallusia (Corps sessile). 4. Clavelina (Corps pedieule). ll. Tethyes compose&es. 3. Sect. Orifices ayant tous deux six rayons reguliers. 5. Diazona. 6. Distoma. 7. Sigillina. 4. Dect. Orifice branchial ayant seul six rayons reguliers. 8. Synoicum. 9. Aplidium. 10. Polyelinum. I1. Didemnum. 5. DSect. Orifices depourvus tous deux de rayons. 12. Eucoelium. 13. Botryllus. 2. Fam. Luciae. 14. Pyrosoma. II. Ord. Aseidiae Thalides. In seiner berühmten Abhandlung aus dem Jahre 1812 (Sur un rap- prochement a etablir entre les classes qui composent le regene animal), in welcher das T'hierreich in vier embranchements oder Kreise und jeder Kreis in vier Klassen getheilt werden, führt Cuvier noch keine Vertreter Geschiehte. ÜCuvier. 45 der Tunicaten besonders auf, da er sich diese auf niedere Gruppen ver- theilt dachte. In der Ausgabe des Regne animal vom Jahre 1517 sind die Tunicaten als Ac6phales sans coquilles unter den Mollusken angeführt, in derselben systematischen Stellung also und unter dem gleichen Namen, unter welchem er bereits 1798 Biphores und Ascidies zusammengefasst hatte. Die Beziehungen, welche er damals zwischen Browne’s Thalia und den Gasteropoden zu erkennen glaubte, haben sich ihm demnach durch die inzwischen veröffentlichten eingehenderen Untersuchungen als nicht bestehend erwiesen. Den vier Classen der Mollusken, welche er im Jahre 1812 aufgestellt hatte, sind nunmehr zwei neue hinzugefügt worden: die Brachiopoden und Cirrhopoden, deren systematische Stellung gegen- wärtig allerdings ganz anders beurtheilt wird. Innerhalb der Mollusken, Cuvier’s deuxieme grande divison du regne animal, nehmen demnach die Tunicaten mit ihren einzelnen Gruppen folgende Stellung ein: 1. Classe. Cephalopodes. Il. Classe. Pteropodes. III. Classe. Gasteropodes. IV. Classe. Acephales. I. Ord. Acephales testaces. II. Ord. Acephales sans coquelles. 1. Fam. Simples. Biphores. Bruguiere (Thalia Brow., Salpa et Dagysa Gm.). Thalia. Biphores propres. Ascidies (Ascidia Lin., Thethyon des anciens). 2. Fam. Compose&s. Botrylles (Botryllus Gärtn.). Pyrosomes (Pyrosoma Peron). Polyelinum Savigny. V. Classe. Brachiopodes. VI. Classe. Cirrhopodes. Das Eintheilungsprineip Cuvier’s ist dasselbe wie bei Lamarck, und die beiden Familien der nackten Acephalen entsprechen genau den beiden Ordnungen der Tunicaten. Bei Cuvier fällt gegenüber Lamarck und Savieny die grosse Armuth an Gattungen bei den zusammengesetzten Formen auf. Cuvier glaubt nämlich, dass es richtiger sei, Savigny’s Genera Aplidium, Didemnum u. s. w. einzuziehen und unter einem Gattungs- namen zusammenzufassen. Die Folgezeit hat ihm hierin nicht Recht ge- geben, und ebensowenig erwies sich die Zusammenfassung aller Monas- cidien und der Clavelina unter dem Gattungnamen Aseidia, was lediglich ein Zurückgehen auf Linne bedeutete, weiterhin als zweckmässig. Diesen anatomischen und systematischen Darstellungen der Tunieaten gegenüber bezeichnet es einen geradezu unbegreiflichen Rückschritt, wenn Lamouroux (Exposition methodique des genres de l’ordre des Polypiers. 1821) die zusammengesetzten Ascidien von den übrigen Tunicaten ab- 46 Tunieata. trennt und als Polyelinees zu den Polypen stellt. Diese tiefgreifende systematische Veränderung beruht nicht etwa auf neuen Untersuchungen, denn Lamouroux bemerkt selbst (p. 72), dass er diese Formen lediglich aus der Darstellung Savigny’s kenne. Aus dieser will er aberventnommen haben, dass die Synascidien mehr Aehnlichkeit mit den Polypen als mit den einfachen Ascidien und Salpen besässen. Wie er freilich zu einer solchen Auffassung gelangen kann, bleibt geradezu räthselhaft. Die acht Gattungen, die er in der Ordnung der Polyelinees anführt, sind die nämlichen, die Savigny aufgestellt hat. 5. Die Entdeckung des Generationswechsels der Tunicaten. Das Verdienst, den @enerationswechsel der Salpen entdeekt zu haben, gebührt Ad. Chamisso (De Animalibus quibusdam e elasse vermium. I. Fasc. De Salpa. 1819). Es besteht nicht etwa in der Feststellung der Thatsache, dass die solitär lebenden Formen eine Salpenkette hervorgehen lassen, denn diese Beobachtung war längst gemacht worden und allgemein bekannt. Wie ich oben erwähnt habe, theilte Cuvier bereits im Jahre 1504 Peron’s Entdeckung mit, dass die aus dem Eierstrang (d. i. dem Stolo) hervorgehende Brut lange Zeit miteinander in Verbindung bleibe und die bekannten Salpenketten bilde, die bereits Forskäl aufgefallen waren. Andererseits hat bereits Cuvier in seiner Salpa cristata, die die Kettenform der Salpa pinnata darstellt, nur einen einzigen Embryo ge- funden (No. 76, p. 374, Fie. 11). Was aber vor Chamisso niemand geahnt hat, ist die Erscheinung, dass einmal bei den aufeinanderfolgenden (renerationen ein regelmässiger Wechsel von der Erzeugung eines Embryos und einer Kettenbrut besteht und dass zweitens die Thiere beider (renerationen von einander verschieden sind. Gerade dieser letztere Umstand war es, welcher die allgemeinste Aufmerksamkeit erregte, aber freilich zum grossen Theil ungläubig aufgenommen wurde, denn zu sehr war man an den Gedanken gewöhnt, dass der Organismus des Kindes in allen Theilen eine getreue Wiederholung der Eltern bilden müsse. Die Erscheinung, dass bei den Salpen regelmässig eine Generation von Kettenformen und eine Solitärform abwechseln, bezeichnet bereits Chamisso als Generationswechsel „alternatio generationum“. Er beschreibt die regelmässige Anordnung der Fötus der Solitärsalpe in zwei Reihen zu einer Salpenkette und findet in jedem Individuum dieser letzteren nur einen einzigen Embryo, der wiederum der Solitärform gleicht. Es ist ihm auch die Kettenform der Salpa zonaria bekannt, die sich dureh den Besitz mehrerer einzelner Embryonen vor den übrigen Arten auszeichnet. Er erwähnt ferner einzelne Unterschiede in der Organi- sation beider Generationen, die in der Musculatur, dem Verlaufe des Darmeanales, den Fortpflanzungsorganen und in besonderen Haftgebilden der Kettenformen bestehen. So seien also die aufeinanderfolgenden Gene- rationen stets verschieden, aber immer das Enkelkind seiner Grossmutter, Geschichte: Generationswechsel. Chamisso. 47 die Mutter dagegen der Urgrossmutter oder Urenkelin gleich: „Species Salparum sub dupliei conspieiuntur forma, prole per totum vitae cursum parenti dissimili, stirpem autem huie similem generante, ita ut quaelibet Salpa matri aeque ac filiabus dispar, aviae, nepotibus et sororibus par sit. Utraque, more molluscorum acephalorum, androgyna vel more foeminea, utraque vivipara, sed altera animal solitarium, multiparum, altera stirpem compositam animalibus necessario nexu congregatis, uni- paris, demonstrans“ (p. 2). Ein wichtiges Moment des (renerationswechsels ist aber Chamisso unbekannt geblieben, nämlich der Wechsel von geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Zeugung bei den aufeinanderfolgenden Generationen. So wie die Solitärform im Kettenthier, lässt er auch die Salpenkette im Einzelthier aus Eiern hervorgehen, indem er, der Autorität Cuvier’s folgend, den Stolo prolifer für einen Eierstrang ansieht: „Animalia multa ex eadem classe ova pariunt concatenata et animal prorsus simile parenti, singulum e quoque ovo, prodit. Salparum autem proles solitaria, vice ovorum, animantia eoncatenata parit, et Salpa solitaria primae similis parenti, ex illis tandem, ut ex ovo, e singulo singula exeluditur. Ita ut quodammodo dicere possis, prolem solitariam esse animal, et prolem gregatam ova solum- modo congregata et viva“ (p. 2—3). Bei einer solchen Auffassung der Entstehung der Kettengeneration versucht er, die Erscheinungen des (zenerationswechsels dadurch verständlicher zu machen, dass er auf die Metamorphose der Insekten und Frösche hinweist, in welcher er ähnliche Verhältnisse zu erkennen glaubt. Gefördert wird aber das Verständniss des Generationswechsels durch diesen Hinweis in keiner Weise, denn die Erscheinungen sind da und dort so erundverschieden, dass ein jeder Versuch, die eyklische Entwicklung der Salpen aus der Metamorphose abzuleiten, von vornherein aussichtslos ist. Chamisso’s Anschauungen haben in der ersten Zeit vielfachen Wider- spruch erfahren. Einestheils gründete sich dieser darauf, dass neue, jedoch auf ungenügenden Beobachtungen beruhende Angaben vorgetragen wurden, mit welchen sich die Lehre vom Generationswechsel nicht ver- trag, andererseits darauf, dass die richtigen Beobachtungen eine falsche Deutung erfuhren. In seinem mehr referirenden Artikel „Salpa‘ (Dietionnaire des science. natur. 1827) äusserst sich Blainville über die Zuverlässigkeit von Uhamisso’s Mittheilungen nicht ohne einige Zurückhaltung. Da ihm selbst ausgedehntere eigene Erfahrungen zu fehlen scheinen, ist er genöthigt, sich an die Angaben anderer zu halten, und diese widersprachen alle den Befunden Chamisso’s. Er bemerkt, dass P&ron auf seinen weiten eisen immer die alten Salpen solitär angetroffen habe, und erklärt offen, die Lehre vom Generationswechsel überhaupt nicht verstehen zu können (p- 106). Mangelhafte Beobachtungen waren es, welche Lesson (Dupeırey, Voyage autour du monde. T. II, Pars. I. 1830) dazu veranlassten, die 48 Tunicata. Salpenketten dadurch zu erklären, dass die Einzelthiere sieh zum Zwecke der Begattung aneinanderlegen. Nach vollzogener Befruchtung sollte ihr Zusammenhang sich wieder lösen (p. 265). Ganz eigenthümlich und jedenfalls auf sehr ungenauen Beobachtungen aufgebaut ist «die Ansicht, die Tilesius (Beiträge zur Naturgeschichte der Medusen. 1831) über den (Generationswechsel der Salpen geäussert hat: „Ich betrachte daher die Medusen und Salpen als die Haupt- repräsentanten unter den animalibus siphonizantibus, wozu mich besonders das Fortpflanzungsgeschäft der letzteren und die öftere Beobachtung der vereinigten stark leuchtenden und in beständiger isochronischer Re- spirationsbewegung begriffenen Brut der Salpen, die unter dem Namen Pyrosoma, Monophora, Noetiluca und Telephorus bekannt geworden, und noch heut zu Tage, dem äusseren Scheine nach, für eine Ordnung von höheren schon ausgebildeten Pflanzenthieren gehalten wird, bestimmt haben. Was bei den Ascidien und Salpen aber blos im Fortpflanzungs- geschäft und bei den vereinigten Embryonen derselben geschieht, in welchem Zustande sie nämlich den Uebergang zu den Zoophyten (Aleyonien) bilden, das geschieht unter den Medusen schon bei- den ausgewachsenen T'hieren, und zwar nur bei einigen wenigen Familien derselben, bei den Cassiopeen, Rhizostomen und Öepheen durch die Nutritionsform‘ (p. 252). Besondere Klarheit wird man diesen Ausführungen nicht gerade nachrühmen können. Es ist nämlich gar nicht zu entnehmen, ob sich Tilesius die weitere Umwandlung der „Alcyonien-ähnlichen Brut der Salpen“ zur ausgebildeten Salpe nach Art einer einfachen Metamorphose erfolgend denkt, oder ob er — wie Chamisso für die Salpenketten an- genommen hat — einen neuen Zeugungsact bei der Brut voraussetzt. Da durch ältere Autoren, die Tilesius wohl bekannt gewesen sein müssen, in den Pyrosomastöcken eine neue Brut und die vermeintlichen Eierstöcke bereits nachgewiesen worden waren, dürfte das letztere wahrscheinlicher sein, und es läge dann seiner Ansicht nach Generationswechsel vor. Stiessen schon Chamisso’s Auffassungen, welche doch nur verschiedene Salpenformen durch einen gemeinsamen Entwicklungseyklus verbunden darstellten, auf allseitigen Widerspruch, so ist es begreiflich, dass ein Alterniren so verschiedener Formen wie Salpen und Pyrosomen gar keine Gläubigen fand und die Erörterungen von Tilesius kaum discutirt wurden. Nicht besser ist es mit der Genauigkeit der Beobachtungen Meyen’s (Nova Acta Acad. Leopold. Carol. Bd. 16. 1832) bestellt. Da dieser auf seinen weiten Reisen keine Solitärform mit wohl entwickelter Kettenbrut fand, obwohl stets zahlreiche freischwimmende Salpenketten anzutreffen waren, glaubte er, dass diese letzteren in anderer Weise entstehen müssten, als Chamisso angiebt. Die von diesem Forscher in den Solitärformen beobachteten Kettenfötus seien durchaus nicht die jugendlichen Salpen- ketten, sondern ganz verschiedene Bildungen. Die Zusammenkettung der Salpen betrachtet er als einen willkürlichen Vorgang und beschreibt 7. B. die Trennung und Wiedervereinigung der Salpa demoeratica, einer Geschichte: Generationswechsel. Eschricht. 49 Form, die aber beständig solitär lebt und niemals Ketten bildet. Beiläufig will ich nur bemerken, dass bereits Forskäl irrthümlicher Weise eine Vereinigung der Salpa democratica behauptet hat und Meyen’s Irrthum vielleicht dadurch mit veranlasst sein möchte. _ Quoy und Gaimard (Voyage de I’ Astrolabe, Bd. III. 1834) bestätigen Chamisso’s Beobachtungen, dass es bei den Salpen zweierlei Formen gebe; erstlich Individuen mit nur ein oder zwei (?) Embryonen und zweitens „individus multipares“. Die Brut dieser letzteren sei rosenkranzförmig angeordnet, und die einzelnen Kettenthiere erwiesen sich von dem Mutter- thiere oft recht verschieden. Obwohl sie erwähnen, dass Mertens ihnen gegenüber mündlich Chamisso’s Angaben über den Generationswechsel auf Grund eigener Untersuchungen bestätigt habe*), geben sie doch ihren eigenen Beobachtungen, die sie eigentlich zu demselben Ergebnisse hätten führen müssen, eine ganz andere Deutung. So wie ihre Vorgänger betrachten sie die Erzeugung der Kettenbrut nur als eine Modification des geschlechtlichen Zeugungsactes eines einzigen Embryos, lassen diese beiden Formen der Fortpflanzung aber nicht mit Chamisso bei den auf- einanderfolgenden Generationen regelmässig abwechseln, sondern glauben, dass dieselben Thiere je nach Umständen die eine oder die andere Zeugungsart darböten: „selon certaines eirconstances, ils doivent e£tre unipares ou multipares“ (p. 569). Eine besondere Berücksichtigung verdienen die Ausführungen Esch- richt’s (Anatomisk-physiologiske Undersögelser over Salperne. 1841), der durch seine ausgezeichnete Untersuchung zuerst das Vorkommen der ungeschlechtlichen Fortpflanzung bei den Salpen erwiesen und dadurch der Theorie des Generationswechsels eine wesentliche Stütze geschaffen hat, dennoch aber Chamisso’s Ansicht bekämpft. Sein Widerspruch gegen die Lehre vom Grenerationswechsel beruht also auf einer irrthümlichen Deutung seiner richtigen Beobachtungen. Obwohl Eschricht nur eine Anzahl Spiritusexemplare zur Verfügung gestanden haben, berichtet er doch eine Reihe anatomischer und histo- logischer neuer Thatsachen namentlich über das Nerven- und Muskel- system. Am bedeutsamsten sind aber seine Angaben über den Stolo, dessen Anatomie er besser verstanden hat als mancher seiner Nachfolger. So konnte es ihm denn auch nicht entgehen, dass die Kettenbrut nicht etwa aus einer Serie zusammengeklebter Eier entstehe, sondern aus einem Stolo prolifer, der eine besondere, vom Eierstock verschiedene Bildung darstelle. „Die Bedeutung dieser Kette ist weder die einer Kette von Eierkapseln, noch die eines Eierstockes, einer Gebärmutter, eines Keim- sackes oder eines Keimstockes. Sie ist eine eigene Form, die wohl am zweckmässigsten Keimröhre genannt werden kann.“ ”) „Et M. Mertens nous a assure qw'elles se perpetuaient diversement dans les generations successives“ (p. 568). Bronn, Klassen des Thierreichs. III. Spplt. 4 ae 50 Tunieata. Im Gegensatze zuLesson und Meyen bestätigt er also Chamisso in dem wichtigen Punkte, dass alle Salpenketten bereits von Fötusketten herstammen und dass eine Kettenbildung durch nachträgliche Vereinigung ursprünglich solitärer Formen ausgeschlossen sei. Bezüglich der Art und Weise der Bildung der Fötusketten kommt er sogar weit. über Chamisso hinaus; aber es gelingt ihm nicht, sich davon zu überzeugen, dass die beiden Fortpflanzungsarten streng auf die verschiedenen Generationen vertheilt seien. Sein Zweifel berührt seltsam genug, denn er ist durch seine Beobachtungen nicht gerechtfertigt. Er findet nämlich in einer Solitärform (Salpa cordiformis) eine noch ganz im mütterlichen Körper eingeschlossene, wohl ausgebildete kleine Salpenkette. Die einzelnen Individuen dieser letzteren, die jungen Salpa zonarca ähnlich waren, zeigten in ihrem Inneren bereits die Anlage der folgenden Generation und zwar in Form vereinzelter Embryonen und nicht etwa einer Fötuskette. Bigenthümlicher Weise zweifelt er aber daran, dass die Individuen der Salpenkette auch weiterhin während ihres ganzen Lebens nur vereinzelte Embryonen*) gebären, und hält es für wahrscheinlicher, dass sie sich in ihrem Alter aus der Kettenverbindung loslösen, unter Verlust der Haftapparate zu bleibenden Solitärformen ausbilden und als solche mit der zweiten Fortpflanzungsart, der Bildung der Fötusketten, be- einnen. Er glaubt also, „dass überhaupt alle jungen Salpen einfache, die alten Salpen zusammengesetzte Brut gebären“, dass also geschlecht- liche und ungeschlechtliche Fortpflanzung in verschiedene Lebenszeiten ein und desselben Individuums fallen. Würde er nur einen einzigen Embryo eines Kettenthieres auf einem etwas vorgerückteren Entwicklungs- stadium angetroffen haben, so hätte er sich leicht überzeugen müssen, dass dieser nicht etwa wieder einen Einzelembryo, sondern bereits einen Stolo prolifer produeirt, und er würde die Lehre vom Generationswechsel in vollem Umfang anerkannt haben, statt sich zu ihr in Gegensatz zu stellen. Was die Art der vermeintlichen Umbildung der jungen, Einzel- embryonen tragenden Kettenthiere zu den alten und ausgebildeten, die Ketten producirenden Solitärformen anbelangt, dieEschrichtnatürlich nicht gesehen haben konnte, sondern nur als wahrscheinlich stattfindend voraus- setzte, so hält er sie nicht einmal einer Metamorphose für gleichwerthig, wenigstens nicht überall. Nur manche junge Kettenthiere hätten eine ziem- lich abweichende Gestalt, die aber durch die Kettenverbindung selbst ver- ursacht sei, und diese Formen gingen erst spät in die bleibenden über. Eine Reihe Widernatürlichkeiten, zu welchen Eschricht’s Auffassung des Entwicklungseyklus der Salpen führt, hat bald darauf Steenstrup (Ueber den Generationswechsel. 1842) zu einer scharfen Kritik Veranlassung eegeben, in welcher er nachweist, dass die von Eschricht selbst ge- #) Bekanntlich findet eine Erneuerung des Eierstockes überhaupt nicht statt, sondern dieser erschöpft seinen Inhalt bei der Produetion der ersten und einzigen Embryonalbrut. - Geschiehte: Generationswechsel. Steenstrup, Krohn. 51 schaffene empirische Grundlage zu der alten, von Chamisso bereits auf- gestellten Theorie eines Wechsels der Generationen bei den Salpen zurückführe. Wie sehr sich übrigens seit den Tagen, da Steenstrup seine Bedenken niederschrieb, unsere Ansichten darüber, was naturwidrig sei, eeändert haben, ist nicht ohne Interesse. Wie oben ausgeführt, glaubt Escehricht, dass die jugendlichen Salpen (als Kettenformen) Einzel- embryonen, im ausgebildeten Zustande aber Stolonen bilden. Dazu be- merkt nun Steenstrup: „Dagegen muss ich jedoch viertens einwenden, dass es jedem natürlichen Gedanken, allen bekannten Naturerscheinungen und allen physiologischen Grundsätzen widerspricht, dass ein Thier sich fortpflanzen sollte, bevor es seine vollkommene Form und Entwicklung erreicht hat. Wenn auch der Prof. Eschrieht annimmt, dass die drei ersten Behauptungen seiner Hypothese der Natur nieht widerstreiten, die letzte wenigstens wird man doch naturwidrig nennen müssen“ (p. 42). Ganz abgesehen von den Erscheinungen der Pädogenese haben wir be- kanntlich in neuester Zeit durch Chun in der Dissogonie der Rippen- quallen Zeugungsvorgänge kennen gelernt, welche den von Eschricht irrthümlicher Weise für Salpen behaupteten in gewissem Sinne ähnlich sind. Neue Thatsachen aus dem Entwicklungsleben der Salpen theilt Steenstrup nicht mit, und die grundlegenden Ansichten, welche er über den Generationswechsel darlegt, sind zu bekannt, als dass ich sie hier weiter ausführen müsste. Eschricht’s Beobachtungen an Salpen über die Fortpflanzungsart durch die „Keimröhre“, welche von der geschlechtlichen Zeugung durch Eier als verschieden sich erwiesen hatte, weiss Steenstrup mit Chamisso’'s Entdeckung zu verbinden. Er gelangt so dazu, nicht nur eine Formverschiedenheit der Individuen in den aufeinander folgenden Gene- rationen, sondern aucli deren verschiedene Fortpflanzungsarten zu be- haupten. Obwohl unter einigem Vorbehalt, entschliesst er sich doch dazu, den Vergleich mit den anderen durch eyklische Entwicklung aus- gezeichneten Formen der Cölenteraten und Würmer in der Weise zu ziehen, dass er die Solitärsalpe als „Amme“ und ihre Vermehrungsweise als „Aufammen‘“ betrachtet. Eine eingehende Behandlung des Generationswechsels der Salpen hat Krohn (Observations sur la generation des Biphores. 1846) gegeben. Er bestätigt sowohl Chamisso’s Mittheilungen über die regelmässige Auf- einanderfolge heteromorpher Generationen als auch Eschricht’s Angabe über eine von der Eibildung vollständig verschiedene Vermehrungsart der Solitärformen. In ersterer Beziehung hat er die Zusammengehörigkeit einer ganzen Reihe bisher als verschiedene Arten betrachteter Formen überzeugend nachgewiesen und den Generationswechsel bei sieben Species (und nur bei einer unvollständig) verfolgt. Ich lasse eine kleine Tabelle folgen, aus welcher ersichtlich wird, wie wichtig auch in systematischer Beziehung Krohn’s Untersuchung ist, da sie zeigt, dass fünf verschiedene Arten in den Listen seiner Vorgänger unter 20 verschiedenen Namen angeführt worden sind. 4 52 Tunicata. Proles solitaria. Proles gregata. 1. Salpa democratica. Forskäl. S. mucronata. Forskäl. S. spinosa. Otto. S. pyramidalis. Quoy et Gaimard. 2. Salpa africana. Forskäl. S. maxima. Forskäl. S. Forskalii. Lesson. 3. Salpa runeinata. Chamisso. S. fusiformis. Cuvier. S. maxima. (Variet. prim. Forskäl.) S. runeinata gregata. Chamisso. 4. Salpa seutigera. Cuvier. 5. bieaudata. Quoy et Gaimard. S. vivipara. Peron et Lesueur. S. nephodea. Lesson. S. eibba. Bose. S. dolium. Quoy et Gaimard. 5. Salpa cordiformis. Quoyet Gaimard. 8. zonarla. Chamisso. S. polyeratica. Forskäl. Freilich war es schon für manche dieser Bezeichnungen bekannt, dass sie lediglich ein und dieselbe Art bedeuten; aber die Zusammengehöriekeit der verschiedenen Generationsformen ist doch erst hier zum ersten Male in dieser Vollständigkeit mit überzeugender Zuverlässigkeit der Beobachtung nachgewiesen worden. In der anderen Beziehung ist der Nachweis von grosser Bedeutung, dass, wie bereits aus Eschricht’s Untersuchungen hervorging, die Ent- wicklung durch einen Stolo prolifer von der Eientwicklung grundverschieden sei, dass aber beide Vermehrungsarten, wie Steenstrup vermuthet hatte, auf die verschiedenen Generationen vertheilt seien. Was seine Mit- theilungen über den morphologischen Vorgang der Knospenbildung und die Entwicklung der Organe aus dem Keimstock anbelangt, so sind die- selben nicht gerade besonders ausführlich. In fast allen diesen Fragen beruft er sich hauptsächlich auf Eschricht, dessen Angaben unseren gegenwärtigen Ansprüchen freilich nicht mehr genügen, fügt auch selbst mancherlei Einzelheiten hinzu, aus denen er auf eine hohe Ueberein- stimmung in der Organogenie der Embryonen und Knospen schliesst. Er fand die junge Stoloanlage bereits im Embryo und erkannte in dem Auftreten der Querfurchen am Stolo den Beginn der Sonderung in einzelne Individuen. In allen Fällen sei die erste Anlage der Individuen am Stolo eine biseriale, und zwar stünden die jungen Thiere der beiden gegen- überliegenden Reihen links und rechts abwechselnd, stets senkrecht zur Längsrichtung des Stolos. Später erfolgten dann meist noch Lagever- änderungen, die bei verschiedenen Species verschieden verliefen. Denn nur selten stünden in den ausgebildeten Ketten die Individuen senk- recht zur Axe der Kette, sondern meistens mehr oder minder geneigt oder in einigen Fällen auch parallel zu dieser. Schon vor Krohn und noch vor Steenstrup hat M. Sars (Ueber die Entwicklung der Medusa aurita und der Cyanea capillata. 1541) in einer gelegentlichen Bemerkung Chamisso’s Angaben über die cyklische Ent- u Geschichte: Generationswechsel. Sars. 53 wicklung der Salpen vollkommen bestätigt: „Meine Beobachtungen über die Salpen haben mir nämlich den Beweis geliefert, dass Chamisso (welcher von mehreren Naturforschern so üble Worte über seine redlichen Beobachtungen hören musste, weil diese nicht in ihre Systeme passten) doch im Wesentlichen ihre Entwicklung richtig beobachtet hat. Die Salpen kommen darin mit den Acalephen überein, dass bei ihnen nicht die Larve, sondern deren Brut sich zu dem vollkommenen Thiere ent- wickelt; es ist nicht das Individuum, sondern es ist die Generation, welche sich metamorphosirt‘ (p. 29). Seine eingehenden Untersuchungen hat aber Sars erst fünf Jahre später gleichzeitig mit Krohn veröffentlicht (Fauna littoralis Norvegiae. I. Heft. 1846). An zwei Formen, der Salpa runcinata und Salpa spinosa, hat er den gesammten Entwieklungscyklus verfolet und die heteromorphen Generationen und die verschiedenen Zeugungsarten überzeugend nach- gewiesen. Seine Ergebnisse fasst er (p. 77) in folgenden vier Haupt- sätzen zusammen: 1. Die Salpen erscheinen unter zwei einander unähnlichen Formen, deren eine vereinzelt und die andere zusammengekettet ist. 2. Die vereinzelten Salpen bleiben ihr Leben lang einzeln und Ketten sich nie zusammen. 3. Die vereinzelten Salpen gebären immer nur Salpenketten, deren Individuen ihrer Mutter unähnlich sind und bleiben, ihrer Gross- mutter aber völlig gleichen. 4. Die Individuen der Salpenkette, welche wahrscheinlich ihr ganzes Leben hindurch, wenn äussere Hindernisse die Verbindung nicht stören, zusammengekettet bleiben, gebären immer nur einzelne Junge, die wieder zu der Form ihrer Grossmutter zurückkehren und vereinzelt bleiben. Die Fortpflanzungsweise der Solitärsalpen durch die „Keimröhre *, die schon Esehricht als eine besondere Vermehrungsart angesehen hatte, vergleicht Sars in zutreffender Weise mit der Knospenbildung bei Polypen, durch welche ebenfalls der Mutter unähnliche Formen erzeugt werden könnten, oder mit der Strobila, „den eine senkrechte Kette bildenden jungen Acalephen“. So wie bei den Cölenteraten hält er auch bei den Salpen die die Geschlechtsorgane tragende Form für die vollkommenere. Bezüglich der Salpen wird man aber dagegen leicht begründeten Einspruch erheben können, dass die Solitärform gewissermaassen nur eine vorbereitende Ammengeneration darstelle. Bemerkenswerth scheint es mir zu sein, dass Sars sich über die Entstehungsart der Solitärformen in den Kettensalpen nur mit Reserve ausspricht: „sie entstehen wahrscheinlich als Folge geschlechtlicher Function“. Vor ihm hat daran niemand gezweifelt, und auch die zahlreichen entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen über Salpen, die später in den fünfziger Jahren erschienen, lassen den Embryo aus einem befruchteten Ei entstehen. Erst in neuerer Zeit (Salensky) sind abermals Bedenken dagegen erhoben worden, dass die Bildung der 54 Tunieata. Solitärform durch eine echte Embryonalentwicklung erfolge, und auch gegenwärtig gehört immer noch die Entwicklung des Embryos in der Kettensalpe zu den am wenigsten aufgeklärten Vorgängen in der ganzen Lebensgeschichte der Tunicaten. Durch diese ausgezeichneten Arbeiten von Sars und Krohn war der Entwicklungseyklus der Salpen in seinen wesentlichen Zügen festgestellt, und das Bedenken beseitigt, das noch im Jahre 1846 Van Beneden (No. 113 a. p. 53) gegen die Lehre vom Generationswechsel der Salpen erhoben hatte. Ihren nächsten Nachfolgern blieb es nur vorbehalten, Einzel- heiten hinzuzufügen und diese oder jene Phase in der Entwicklung klar zu legen. Die Frage nach dem (enerationswechsel wird dadurch nur in- sofern berührt, als es sich um die Feststellung des Gegensatzes der beiden Zeugungsarten bei den abwechselnden Generationen handelt. Zunächst ist hier der Untersuchungen Th. Huxley’s (OÖbservations upon the anatomy and physiology of Salpa and Pyrosoma. 1851) zu ge- denken. Die Frage, die Sars noch nicht überzeugend beantworten konnte, ob nämlich die Kettensalpen durch befruchtete Eier sich fortpflanzen, bejaht er auf das Entschiedenste, obwohl er — wie er selbst hervorhebt — den Vorgang der Befruchtung nicht hat verfolgen können: „fecundation takes place in a manner not yet clearly ascertained“ (p. 578). Ein- oehender untersuchte er den Knospungsvorgang. Die erste Anlage des Stolos erkennt er als ein zweischichtiges Gebilde; durch die innere Schicht würde der grosse Hohlraum, der eine Fortsetzung des mütterlichen, dorsalen Blutsinus darstelle, in zwei Theile getheilt, in welchen das Blut in entgegengesetzten Richtungen sich bewege. Durch seitliche, biserial angeordnete Erhebungen entstünden an dem Stolo die einzelnen Ketten- salpen. Die Einzelheiten dieses Vorganges werden nun freilich in nur unvollkommener Weise auseinandergesetzt, und Huxley bietet bezüglich dieser Frage wenig mehr als die älteren Untersuchungen Eschricht’s. Für die Auffassung des Generationswechsels ist es nicht ohne Be- deutung, dass Huxley mehr Gewicht auf den Wechsel der Zeugungsart als auf den Heteromorphismus der aufeinanderfolgenden Generationen legt. Er spricht sich darüber in folgender Weise aus: „True it is, that the Salpa solitaria always produces the Salpa gregata, and the Salpa gregata the Salpa solitaria; but it is most important to remember that the word „produce“ here means something very different in the one case, from what it means in the other. In the Salpa solitaria the thing produced isabud; in the Salpa gregata a trueembryo. There is no „alternation of generations“, if by generation sexual generation be meant; but there is an alternation of true sexual generation with the altogether distinet processofgemmation..... but that wherever the so-called „alternation of generations“ occurs it isan alternation of generation with gemmation“ (p. 578). Die Beobachtungen von H. Müller (Verhandlungen d. Würzburg. (Gesellschaft 1852, Zeit. f. wiss. Zoolog. Bd. 4. 1853) haben neben mehr- Geschichte: Generationswechsel. Leuckart. 55 fachen neuen anatomischen Thatsachen auch bezüglich der geschlechtlichen Fortpflanzung der Salpen nicht unwichtige Ergebnisse gebracht, welche den Gegensatz dieser zur Knospung bestätigten. Den Follikel lässt er zwar irrthümlich aus einer Ausstülpung der Kiemenhöhlenwandung hervor- sehen, doch bestreitet er, was neuerdings wieder behauptet wurde, eine Umwandlung der inneren Schicht des Mutterthieres in die äussere Haut- schicht des Embryos. Auch €. Vogt hat durch seine entwieklungsgeschichtlichen Unter- suchungen (zuerst in „Bilder aus dem Thierleben‘“, 1552, dann 1854 in seiner umfangreicheren Abhandlung ‚Sur les Tuniciers nageants de la mer de Nice“) über die Salpen in erfolgreichster Weise dazu beigetragen, der Lehre vom Generationswechsel allgemeine Anerkennung zu verschaffen. Besonders eingehend sind seine Mittheilungen über die Embryonalent- wicklung und Knospung der Salpa pinnata, durch welche Krohn’s und Huxley’s Angaben im wesentlichen bestätigt und erweitert werden. In hervorragender Weise nicht nur speciell um die Kenntniss der eyklischen Entwicklung der Salpen, sondern um das Verständniss des Generationswechsels überhaupt hat sich R. Leuekart verdient gemacht. In seiner allgemeinen Schrift „Ueber den Polymorphismus der Individuen“, 1851, gelangt er zu dem Ergebniss: „Der (Generationswechsel ist ein Polymorphismus, der durch eine Arbeitstheilung auf dem Gebiete des Ent- wicklungslebens bedingt ist“ (p. 34). Später (Zeugung, 1853) unterscheidet er je nach dem Entwicklungsgrad und den Organisationsverhältnissen der Ammen zwei verschiedene Formen des Generationswechsels. Die eine Form ist dadurch charakterisirt, dass die sog. Ammen „sich durch den Besitz von provisorischen Organen und Zuständen als Larven zu erkennen geben“, die andere dadurch, dass die ungeschlechtliche Generation im wesentlichen den Bau und die Lebensweise der Geschlechtsthiere zeigt und somit als ausgebildete Thierform zu betrachten ist. Der Entwicklungs- eyklus der Salpen ist ein Generationswechsel dieser zweiten Form. Im zweiten Hefte seiner Zoologischen Untersuchungen (1854) behandelt dann Leuckart sowohl die Knospung als die Embryonalentwicklung verschiedener Salpenformen besonders eingehend und fügt den Angaben der früheren Autoren mancherlei Einzelheiten hinzu. Damit hatte die Kenntniss über den Generationswechsel der Salpen einen vorläufigen Abschluss erfahren. Neue Fragen und Schwierigkeiten erhoben sich erst mehr als zwanzig Jahre später, als man daran ging, an der Hand vollkommenerer Untersuchungsmethoden die älteren Angaben einer Revision zu unterziehen. Es lassen sich diese verschiedenen neueren Wandlungen in der Auffassung des Generationswechsels nicht auseinander- setzen, ohne eine Fülle entwicklungsgeschichtlicher Details vorgebracht zu haben, und ich werde daher diese Besprechung erst nach der speciellen Abhandlung der Salpenentwicklung am Ende dieses Werkes geben können. 56 Tunicata. Verschieden von dem (renerationswechsel der Salpen verläuft die eyklische Entwicklung der Dolioliden, die 1854 von Quoy und Gaimard zuerst beschrieben wurden. Es war Krohn (Ueber die Gattung Doliolum und ihre Arten. 1852), der den G@enerationswechsel dieser Formen entdeckte. Er hat denselben aber nur unvollkommen verstanden und als vollständig mit dem der Salpen übereinstimmend aufgefasst. Aus einer geschwänzten Larve, die den Larvenformen der Ascidien in hohem Maasse ähnlich erschien, sollte eine geschlechtslose Ammenform, die sich ausschliesslich durch Knospung vermehre, hervorgehen. Aus diesen Knospen sollte direet die Geschlechtsform sich bilden, die bald getrennt geschlechtlich, bald hermaphroditisch wäre und wiederum die geschwänzten Larven produceire. Dagegen hat Gegenbaur (Zeitsch. f. wiss. Zoologie, Bd. 5, 1854; 3d. 7, 1856) den Nachweis geliefert, dass der Entwicklungscyklus viel complieirter sei, dass er sich mindestens über drei Generationen erstrecke, deren eine polymorph gestaltet sei. So wies er nach, dass Dokolum Troschelii Krohn, nur die erste Ammengeneration sei, während deren Mediansprossen, die sich von den lateralen auffallend unterschieden, von Quoy und Gaimard als Dololum dentieulatum (= D. Ehrenbergei Krohn) beschrieben worden wären. Gegenbaur’s Auffassung ergiebt sich leicht aus der folgenden tabellarischen Uebersicht (p. 310): A. Erste, ungeschlechtliche Generation, hervorgegangen aus einer ge- schwänzten Larve. Dorsaler Keimstock mit dimorpher Brut. B. Zweite, ungeschlechtliche Gene- PB’. Zweite, ungeschlechtliche (?) ration, Sprossen der Median- (Generation, Sprossen der reihe des Keimstockes mit Seitenreihen. ventralem Stolo. \ » C. Dritte, geschlechtliche Genera- tion, aus deren Producten ge- schwänzte Larven hervorgehen. Ganz unaufgeklärt blieb. die Bedeutung und das weitere Schicksal der Lateralsprossen am Stolo prolifer der ersten ungeschlechtlichen Generation während der folgenden zwanzig Jahre. In mehrfacher Hinsicht ist zwar sowohl die Kenntniss des anatomischen Baues als die Ent- wicklungsgeschichte der Dolioliden durch Keferstein und Ehlers (Zoo- logische Beiträge. 1561) bereichert worden, aber erst Fol (Ueber die Schleimdrüse oder den Endostyl der Tunicaten. 1876) hat die Bedeutung der Lateralsprossen als Nährthiere des Stockes erkannt. Von weitgehender Wichtigkeit für die Auffassung des Generations- wechsels war die Entdeckung @robben’s (Doliolum und sein Generations- wechsel. 1882), dass die erste, aus der Larve hervorgegangene Amme in u ee Geschichte: Generationswechsel der Dolioliden. 57 ihrem „rosettenförmigen Organe“ einen ventralen Stolo prolifer besitze, dessen Bedeutung für das Entwicklungsleben der Art zunächst allerdings noch dunkel erschien. Einen wesentlich veränderten Standpunkt in der Beurtheilung des (renerationswechsels der Dolioliden hat Uljanin (No. 142) eingenommen, und dieser scheint sich in der That immer mehr als der richtige zu er- weisen. Darnach würde sich der Entwicklungscyklus nicht über drei, sondern nur über zwei Generationen ausdehnen, denn die Geschlechts- generation (C in der vorstehenden Tabelle) soll ebenso wie B und B’ direct aus der ersten, ungeschlechtlichen Generation durch Knospung hervorgehen. Auch dieser letztere Vorgang scheint in wesentlich anderer Weise vor sich zu gehen, als die älteren Autoren angenommen haben, denn die Knospen der Amme sollen nicht am Rückenstolo, sondern sämmtlich ventral aus dem rosettenförmigen Organe entstehen und auf den sterilen Rückenfortsatz selbständig hinaufwandern, um sich da fest- zusetzen und je nach der eingenommenen Lage zu Mediansprossen, Lateralsprossen oder auch zu Geschlechtsthieren auszubilden. Während die beiden ersteren Formen vollständig steril bleiben und als Lateral- sprossen zur Ernährung des Stockes, als Mediansprossen zur Anheftung für die letzten, zu Geschlechtsthieren sich entwickelnden Knospen dienen sollen, würde in den Abkömmlingen dieser letzteren die Art zur Bildung der Larven zurückkehren. Nach Uljanin stellt sich also der Ent- wicklungskreis in folgender Weise dar: A. Ungeschlechtliche Generation, hervorgegangen aus einer geschwänzten Larve, mit ventralem Stolo und dorsalem Fortsatz versehen. B. Mediansprossen steril, B.Lateralsprossen, B.“Geschlechtsgeneration, mit ventralem Fortsatz. steril. geschwänzte Larven aus befruchteten Eiern pro- dueirend. x Es lässt sich nicht übersehen, dass hiermit eine grosse Aehnlichkeit mit dem Entwicklungsverlauf der Salpen erwiesen ist, in welchem ebenfalls nur zwei Generationen auftreten und die Ammenform durch einen ventralen, dem rosettenförmigen Organ der Dolioliden vollkommen homologen Stolo prolifer ausgezeichnet ist. Doch fehlt dort der Polymorphismus der durch Knospung entstandenen Generation, der bei den Dolioliden deshalb auf- fallend erscheint, weil die Knospen nicht an verschiedenen Stellen des Mutterthieres gebildet werden — wie es z. B. bei den polymorphen Knospengenerationen der Siphonophoren und Bryozoen der Fall ist — sondern alle an demselben Orte entstehen und von diesem aus sich verbreiten, um weiterhin erst auf dem dorsalen Fortsatze polymorph sich zu ge- stalten. 58 Tunieata. 6. Die Erweiterung des Tunicatenkreises durch die Entdeckung neuer Formen. Haben schon in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts die von der französischen Regierung ausgerüsteten Expeditionen Peron, Cuvier, Bory St. Vincent (vergl. oben p. 35 und 36) Gelegenheit zu namhaften Bereicherungen der Kenntnisse über Tunicaten geboten, so war das auf den folgenden durch staatliche Mittel ausgerüsteten Weltreisen, an welchen ebenfalls Naturforscher theilnahmen, in noch höherem Maasse der Fall. In ganz hervorragender Weise ergebnissreich war die russische Welt- umsegelung unter Kotzebue, die während der Jahre 1815 —18 aus- geführt wurde. Chamisso und Eschseholtz begleiteten die Fahrt als Zoologen. Ersterem wurde so Gelegenheit zu der bedeutungsvollen Entdeckung des Generationswechsels der Salpen, die im vorhergehenden Abschnitte gewürdigt ist. Zahlreiche neue Thierformen wurden gesammelt, unter welchen die Tunieaten vielfach vertreten sind. Die neuen Salpen behandelt Chamisso (No. 94) in dem oben bereits erwähnten Werke; von besonderer Wichtigkeit ist aber eine als Appendicularia Flagellum beschriebene Form, die Chamisso und Eysenhardt (No. 96) den Medusen zuzählen, die aber in Wirklichkeit der erste Vertreter einer neuen Tunieatenelasse ist. Die Medusen theilen sie in fünf Gruppen, und der dritten, den Vibrantes, rechnen sie nicht ohne allen Vorbehalt die Appendieularia zu: Medusae. 1. Vesiculares. (Physalia, Physsophora, Rhizophysa.) 2. Medusae proprie sie dietae. (Rhizostoma, Cephea, Pelagia, Cyanaea, Aurellia, Aequorea etc.) 3. Vibrantes. (Bero@, Callianira, Cestum; Appendieularia ?) 4. Chondrophora. (Velella, Porpita.) 5. Anomalae vel incertae sedio. (Diphyes, Stephanomia.) Die Abbildung, die von der neuen Form gegeben wird (Taf. 31, Fig. 4), ist sehr ungenau, und ebenso beweist die Beschreibung, die ich im Wortlaute anführe, dass die wesentlichen Verhältnisse im Bau voll- ständig verkannt wurden: „Corpus gelatinosum, subovoideum, vix quartam pollieis partem aequans, punctis rubescentibus (interaneis) transparentibus. Appendix gelatinosa, cestoidea, rubro marginata, corpore duplo vel triplo longior, motu flexuoso natationi inserviens. Motus animalis vividus. (renus ultra recognoscendum, generi Cestum Les. forsitan affıne. In sinu Sancti Laurentii circa fretum Beeringii“ (p. 363). Auf Grund dieser Angaben von Chamisso und Eysenhardt war eine Feststellung der wirklichen verwandtschaftlichen Beziehungen der Appendicularia nicht recht möglich, und diese erfolgte denn auch erst viele Jahre später, Geschiehte: Forschungsreisen. 59 nachdem andere, derselben Familie zugehörende Formen eingehender untersucht worden waren. Fast in dieselbe Zeit wie diese russische Expedition fällt die französische, unter dem Commando von Freycinet unternommene Weltumsegelung (1817— 20), an der Quoy und G@aimard als Zoologen theilnahmen. Die Ergebnisse wurden 1824 (No. 99) veröffentlicht. Zahlreiche, zum Theil neue Salpen werden in guten Abbildungen dargestellt, und auch ein an- scheinend neues Pyrosoma (Pyrosoma rufum) wird beschrieben (p. 514) und abgebildet (Taf. 75, Fig. 1). Dasselbe wurde am Cap der guten Hoffnung in grosser Zahl beobachtet, jedoch bemerkte man niemals ein Phosphoresziren der grossen, oft einen Fuss langen Stöcke. Quoy und Gaimard sind übrigens selbst zweifelhaft, ob diese Species nicht vielleicht nur eine Varietät des Pyros. giganteum darstelle. In den Systemen der Tunicaten, welche unmittelbar nach diesen Reisewerken erschienen sind, finden sich, da die Verwandtschaftsbeziehungen der Appendicularien noch nicht erkannt worden waren, nur die alten, bereits von Lamarck und Cuvier angeführten orösseren Gruppen aufgezählt. Die Art und Weise der Anordnung dieser letzteren zeigt aber bei einigen Systematikern mancherlei Besonderheiten. Allgemeinere Anerkennung haben Latreille und Blainville gefunden, und ihre Systeme, die aus dem Jahre 1525 stammen, können daher hier nicht übergangen werden. Latreille (No. 102) theilt das Thierreich in drei Gruppen (Series): in Vertebrata, Cephalidia und Acephala. Den zweiten Ast (Branche) dieser letzteren bilden die Aetinozoa, zu welchen er neben Holothurien und Echinodermen die Tunicaten rechnet: Aetinozoa. Classe, Tunicata. I. Ord. Tethydes. 1. Fam. Ascidites (alle Monascidien). 2. Fam. Polyclinites (alle Synascidien). 3. Fam. Luciae (Pyrosomen). IT. Ord. Thalides. (Salpen.) Classe. Holothurida. Classe. Echinoderma. Classe. Helianthoida. Was im besonderen die Eintheilung der Tunieatenclasse anbelangt, so lehnt sich Latreille in nicht zu verkennender Weise an das System Savigny’s an (vergl. oben p. 44). Der Unterschied besteht lediglich darin, dass er die einfachen und zusammengesetzten Aseidien als zwei besondere Familien betrachtet und diesen als eine dritte die Luciae coordinirt, während Savigny alle Aseidien als Familie der Tethyae zu- sammengefasst hatte. 60 Tunieata, Wohl etwas selbständiger in seinem System ist Blainville (No. 101), obwohl er bezüglich der grösseren Gruppen der Tunicaten auf seinen älteren Entwurf aus dem Jahre 1816 (vergl. oben p. 45) zurückgeht. Die Mollusken erscheinen jetzt aber um die Classe der Paracephalo- phora und die Glasse der Acephalophoren um die Ordnung der Rudisten bereichert. Seinen früheren Namen für die Tunicaten „Salpyngobranchia“ hat er aufgegeben und bezeichnet sie nunmehr als „Heterobranchiata“. Es stellt sich demnach sein neues Mollusken- System in folgender Weise dar: I. Classe. Cephalophora. ll. Classe. Paracephalophora. I1I. Classe. Acephalophora. I. Ord. Pallkiobranchiata. II. Ord. Rudista. III. Ord. Lamellibranchiata. IV. Ord. Heterobranchiata. 1. Fam. Ascidiacea. I. Trib. Ascidiens simples. (Aseidia, Bipapillaria, Fodia.) II. Trib. Aseidiens agreges. (Pyura, Distoma, Botryllus, Synoieum.) 2. Fam. Salpacea. I. Trib. Salpiens simples. (Biphore.) II. Trib. Salpiens agrege (Pyrosoma.) Am bemerkenswerthesten ist in diesem System der Tunicaten die Stellung der Pyrosomen. Während diese fast ganz allgemein nach dem Vorgange von Demarest und Lesueur (vergl. oben p. 41) in nahe Beziehungen zu gewissen zusammengesetzten Ascidien gebracht wurden, vereinigte sie Blainville mit den Salpen zu einer Familie. Der Gedanke, dass die Pyrosomen demselben Stamme wie die Salpen angehören und nicht den Ascidien zuzurechnen sind. wird auch in diesem Werke seinen Ausdruck finden; unzweifelhaft aber muss der gemeinsamen Gruppe für Salpen und Pyrosomen ein höherer Werth als der einer Familie zu- erkannt werden. Ds je} . In die Jahre 1522—25 fällt die Weltumsegelung durch die französische Corvette „La Coquille‘“ unter Duperrey’s Führung. Das gesammelte Tunieatenmaterial hat Lesson 1830 (No. 105) bearbeitet. Seine theo- retischen Anschauungen über den @Generationswechsel sind in hohem Maasse unklar und beruhen auf der irrthümlichen Auffassung über die Salpenketten, die ich oben (p. 47) erwähnt habe. Wichtiger sind seine Beschreibungen einiger neuen Salpenformen, von denen er (Taf. 4-— 6) Geschiehte: Forschungsreisen. 61 recht gute Abbildungen liefert. Er begnügt sich aber nicht damit, für die wirklich neuen Species neue Namen einzuführen, sondern belegt auch die längst bekannten mit neuen Bezeichnungen. Die gleiche Eigenthüm- lichkeit zeigen Quoy und Gaimard, und die ohnehin schon verwickelte Nomenclatur der Salpen wird dadurch vollends unübersichtlich. Lesson’s Genus Pterolyra musste wieder eingezogen werden. Kotzebue’s zweite Reise um die Welt (1823—26) begleitete eben- falls Esehscholtz als Zoologe. In seinem Hauptwerke über die wissen- schaftlichen Ergebnisse dieser Fahrt (Zoologischer Atlas, enthaltend Ab- bildungen und Beschreibungen neuer Thierarten während Kotzebue’s zweiter Reise um die Welt, Berlin 1829 —33) sind die Tunicaten nicht behandelt. Dagegen finden sich wichtige Angaben über einzelne Mantel- thiere in Oken’s Isis aus dem Jahre 1825 (No. 100); doch sind diese Mittheilungen, welche während der Reise niedergeschrieben wurden, durchaus nur als vorläufige gedacht gewesen. Eschscholtz fand die von Chamisso beschriebene Appendieularia wieder auf, weicht aber von seinem Vorgänger mehrfach in der Deutung ihrer Organe und in der Beurtheilung ihrer systematischen Stellung ab. Den Ruderschwanz bezeichnet er als Respirationsflosse, und über die Lagerung der wichtigsten Organe sagt er „Augen oben, Rüssel vorn, Haupt- eingeweide hinten“ (p. 736). Augen fehlen aber bekanntlich den Appendi- eularien. Die dieser Form von Chamisso angewiesene systematische Stellung bei den „Medusen“ hält er für unzutreffend, und er versetzt die Appendicularia zu den Schnecken und zwar zu den Heteropoden. — Be- merkenswerth sind weiterhin seine Beobachtungen über den Wechsel in der Richtung des Blutlaufes bei Salpa caudata (p. 738), durch welche die Angaben Van Hasselt’s, die ihm übrigens unbekannt gewesen zu sein scheinen, vollauf bestätigt werden. Auch das Pyrosoma atlanticum hat er beobachtet, ohne aber neue Ergebnisse erlangt zu haben. An der letzten russischen Weltumsegelung (1826—29) nahm Mertens als Zoologe theil. Von den Tunieatenfunden ist die Oikopleura von Bedeutung, die Mertens (No. 106) an derselben Stelle entdeckte, an welcher Ohamisso die Appendicularia beobachtet hatte. Beide Formen sollten identisch oder doch wenigstens ganz nah verwandt sein. In der Erforschung des anatomischen Baues der Orkopleura kommt Mertens weit über seine Vorgänger hinaus. Er beobachtet genau die Bildungsweise des „Gehäuses“, welches vom Thiere willkürlich verlassen werden könne. Den Bau des Rudersehwanzes hat er nur ungenügend erkannt; er be- schreibt eine starke, mit Querfasern versehene Mittelrippe (wohl Mus- kulatur und Chorda entsprechend) und links von derselben einen mit Luft gefüllten Canal (— Blutbahn?). Im Vorderabschnitte unterscheidet er den Darmcanal, das Herz und Blutbahnen, die Geschlechtsorgane und die Drüsenpackete, welche bei der Gehäusebildung thätig sein sollten. Sein Grundirrthum, welcher ihn auch die systematischen Beziehungen der Oikopleura vollständig verkennen liess, liegt darin, dass er den Kiemen- 62 Tunieata. darm mit seinen beiden Spiraculen und der wahren Mundöffnung nicht aufgefunden hat. Er stellt das Thier zu den Mollusken und zwar zu den Pteropoden und vergleicht den Ruderschwanz mit den flügelförmigen Anhängen des Fusses dieser letzteren. Im besonderen sei die Gattung Clio der Oikopleura am nächsten verwandt, obwohl mancherlei Verschieden- heiten, so z. B. in der Lage des Herzens, vorhanden seien. Gleichzeitig mit dieser russischen Expedition fand die Weltfahrt der französischen Corvette „„Astrolabe* unter Führung von Dumont d’Urville statt (1826— 29). Die Ausbeute an neuen Thierformen war geradezu staunenswerth reich und wurde von Quoy und Gaimard, die bereits an der vorhergehenden Reise so erfolgreichen Antheil genommen hatten, bearbeitet. Die Tunieaten sind im vierten und dritten Bande des Werkes (1833—34) behandelt (No. 109), und ein Auszug findet sich in der Isis von Oken aus dem Jahre 1836. Als Oikopleura bifurcata beschreiben sie nochmals die bereits von Mertens unter demselben Genusnamen behandelte Form, ohne ihre Anatomie auch nur annähernd so klar zu legen, wie es ihr Vorgänger gethan hatte. Auch die Abbildungen (Taf. 26, Fig. 4—7) sind durchaus ungenügend, so dass aus ihnen allein kaum. eine Gattungsbestimmung möglich sein würde. Sie fanden an der südafrikanischen Küste, nahe der Algoa-Bai, die Thiere in so ungeheuren Mengen, dass das Meer roth und braun gefärbt erschien, und glauben, dass das massenhafte Auftreten der Oikopleuren undkleinern Biphoren den alten Schiffern Veranlassung gegeben habe, von blutfarbenem Meerwasser zu berichten. Sie hielten anfangs die Form für eine neue und nannten sie Fretillaire, überzeugten sich aber bald von der Identität mit Mertens’ Oikopleura und der Ueber- einstimmung mit Chamisso’s Appendieularia und zogen ihren Namen darauf hin wieder ein (Bd. IV, p. 306). Ueber die systematische Stellung der Oikopleura äussern sie sich nur unbestimmt. Sie führen zwar das Thier unter den Zoophyten auf, glauben aber doch auch an die Möglichkeit, dass es nur eine Larvenform darstelle. Der Auffassung von Quoy und Gaimard über die Chamisso’sche Lehre vom Generationswechsel habe ich oben bereits (p. 49) gedacht. Wichtiger als ihre theoretischen Erörterungen sind die Beschreibungen und vortrefflichen Abbildungen (Taf. 86—90) zahlreicher, zum Theil neuer Salpenformen. Auch neue Arten einfacher und zusammengesetzter Ascidien werden bekannt gegeben (Bd. IH, p. 603 fg., Taf. 91, 92). Am wichtigsten aber unter den neuen Tunieatenformen ist das Genus Doliolum, welches Quoy und Gaimard als eine besondere „Division des Biphores‘“ betrachten. Sie unterscheiden zwei Species dieses „Barillet*: Doliolum dentieulatum und D. caudatum (Taf. 89, Fig. 25—80). Wenn nun auch die Organisation dieser Formen im einzelnen mehrfach verkannt wurde, so ist doch zu beachten, dass im Gegensatze zu den Appendi- cularien gleich von allem Anfange an die systematische Stellung der Dolioliden im wesentlichen richtig beurtheilt wurde. Geschichte: Forschungsreisen. Doliolum, Anchinia. 63 Es muss aber erwähnt werden, dass die Bezeichnung Doliolum keines- wegs von Quoy und Gaimard herrührt, sondern bereits zehn Jahre früher (1823) von A. W. Otto (No. 98) eingeführt worden ist. Neben der Ascidia clavigera und Salpa spinosa beschreibt dieser Forscher als eine neue Form das Dolkolum mediterraneum (p. 313, Taf. 42, Fig. 4). Er rechnet es zu den Zoophyten und bemerkt, er würde es, wenn er es nicht lebend beobachtet hätte, im conservirten Zustande oder todt nicht für ein ganzes Thier, sondern nur für ein Stück einer Bero& oder Salpe gehalten haben. Aber weder die Beschreibung noch die Abbildung, die Otto giebt, lassen das fragliche Thier mit Sicherheit als ein Doliolum erscheinen, denn von inneren Organen, von Kieme, Darm, Herz u. s. w. hat er nichts bemerkt. Es ist daher am wahrscheinlichsten, dass, wie bereits Quoy und Gaimard angenommen haben, Otto’s Dokolum nur eine von Phronimiden ausgefressene Biphore gewesen sei. Huxley (No. 119, p- 600) erwähnt dagegen eine Mittheilung von E. Forbes, der zufolge jenes Doliolum „to be nothing more than the detached siphonie tubes of Solenocurtis strigillatus“. Durch diese französischen und russischen Entdeckungsreisen waren demnach Vertreter aus fast allen grösseren Tunicatengruppen bekannt geworden, obwohl freilich manche (Appendieulariden) noch nicht in diesem Kreise untergebracht wurden. Nur noch wenige Formen sind seither hinzu gekommen, die in neue höhere Gruppen dieses Typus haben gestellt werden müssen. Die wichtigsten derselben sollen hier noch besprochen werden. Obwohl meistens nur als eine besondere Gattung den bekannten Dolioliden zugerechnet, ist doch die Anchinia eine genug eigenartige Form, um hier erwähnt werden zu müssen. Nach den hinterlassenen Auf- zeichnungen von Eschscholtz beschrieb im Jahre 1833 Rathke (Memoires presentes par divers savans. T. II. Pötersbourg. Vergl. auch den Bericht Wiegmann’s im Arch. f. Naturg. 1835, p. 85) die aus dem atlantischen Ocean stammende Anchinia Savigniana. Die grosse Aehn- lichkeit mit Doliolum ergiebt sich trotz der ganz ungenügenden Ab- bildungen unverkennbar aus der Beschreibung, denn die wichtigsten Organe, Kiemendarm mit Endostyl und Flimmerbogen, .‚Verdauungscanal, Herz, Ganglion, werden in den gleichen Lagebeziehungen und in ganz ähnlicher Beschaffenheit nachgewiesen. Die Kiemen selbst und die Museulatur erscheinen in einfacherer Form als bei dem Doliolum. Später (1851) wurde eine Anchinia von ©. Vogt in der Bucht von Villafranca auf- gefunden und zuerst als Dokopsis beschrieben. Auf die Uebereinstimmung mit der Eschscholtz’schen Form aufmerksam geworden, änderte er später den Namen in Anchinia rubra um (No. 127, p. 62) und liefert eine ein- gehende Schilderung des Baues dieses Thieres, durch welche die Anchinien als Uebergangsformen von den Pyrosomen zu den Dolioliden unzweideutig erwiesen werden. Ganz neuerdings entdeckte Korotneff (No. 147) das 64 Tunieata. Genus Dolehinia (Dolchinia mirabilis), welches auf Grund seiner Organisation zwischen Anchinia und Doliolum einzureihen ist, so dass gegenwärtig bereits eine ganz continuirliche Reihe Zwischenformen die Pyrosomen und die am eigenartigsten gebaute Species unter den Dolio- liden verbindet. Wurde Fe die systematische Stellung der Anchinia von allem Anfange an richtig erkannt, so hat es andererseits bei den zu den Appendi- culariden gehörenden Formen recht lange gewährt, bis ihre Einordnung unter die Tunieaten gelungen war. Noch im Jahre 1846 beschrieb Joh. Müller (No. 115) eine Appendieularide aus der Nordsee unter dem Namen Vexillaria flabellum, ohne die systematische Stellung dieser Form bestimmen zu können. Nicht einmal die Thierclasse, in welche sie ein- zureihen sei, konnte er angeben. Diese Unsicherheit beruhte nicht etwa darauf, dass die Besonderheiten, welche der Appendicularienorganismus in Wirklichkeit darbietet, nicht hätten auf einen bereits bekannten Typus zurückgeführt werden können, sondern darauf, dass die wesentlichsten Eigenthümliehkeiten in der Organisation nicht erkannt worden waren. Noch in demselben Jahre gelangte aber Müller zu einer bestimmteren Auffassung über die systematische Stellung _ seiner Vexillaria, indem er dieselbe für eine Ascidienlarve (wahrscheinlich von Amaroecium proliferum) erklärte. Krohn hat sich noch 1852 dieser Ansicht insofern angeschlossen, als auch er die Vexillaria für ein Larvenstadium einer Tunieate hält: „Das Thier ist, nach meinen Untersuchungen, eine noch in der Entwicklung begriffene Aseidie, deren Schwänzehen, wie bei Doliolum, bis kurz vor völlig erlangter Reife zu persistiren scheint. Das vollständige, noch unbekannte Thier dürfte demnach in der Lebensweise mit Doliolum übereinstimmen“ (No. 121, p. 62). Eine andere Appendicularide hat W. Busch bei Cadix und Malaga gefischt und als Burycereus pellueidus beschrieben (No. 118a, p. 118, Taf. 16, Fig. 9—11). Auch er erkannte die Organisation und namentlich die Beschaffenheit des Kiemendarmes nur ungenügend und ist daher nicht im Stande, seiner Form die richtige Stellung im System anzuweisen. Wahrscheinlich sei das der Müller’schen Vexillaria ähnliche 'Thier die Larve eines höheren Thieres, „unter den Aseidienlarven (fügt er hinzu), mit denen es in Bezug auf seine Körpersubstanz am meisten überein- stimmen würde, findet sich aber, wenigstens unter den bis jetzt bekannten, keine einzige, welche ihm gliche‘“ (p. 120). Eine zutreffende Beurtheilung der systematischen Stellung der Appendieulariden findet man zuerst bei Huxley (No. 119). Da er in seinen Thieren reife Spermatozoen auffand, betrachtet er sie im Gegen- satze zu Joh. Müller als ein besonderes Genus der Tunicaten, als ausgebildete Stadien und nieht als in Entwicklung begriffene Larven- formen. Er hält die von ihm beobachtete Form für identisch mit Chamisso’s Appendieularia flagellum und glaubt, dass auch die Orkopleura Chamissonis von Mertens und Oikopleura bifurcata Quoy et Gaimard nur Geschichte. Appendieularien. 65 als synonyme Bezeichnungen derselben Species aufzufassen seien. Im Bau der Appendieularia findet er die typischen Verhältnisse der Tuniecaten wieder, allerdings in mehrfacher Beziehung modifieirt: „For my own part, I think there can be no doubt that the animal is one of the Tunicata. The whole organisation of the creature, its wide respiratory sac, its nervous system, its endostyle, all lead to this view. In two eircumstances, howewer, it differs widely from all Tunicata hitherto known. The first of them is, that there is only one aperture, the respiratory, the anus opening on the dorsum; and secondly, that there is a long caudal appendage.... Appendi- cularia, then, may be considered to be the lowest form of the Tunicata; connected, on the one hand, with the Salpae, and on the other with Pelonaia, it forms another member of the hypothetical group so remarkably and prophetically indicated by Mr. Mac Leay, and serves to complete the eirele of the Tunicata“ (p. 599). Sein Hauptirrthum besteht darin, dass er die beiden Spiracula des Kiemendarmes als zwei sich nach aussen öffnende Ganäle nicht erkennt, sondern den Kiemendarm nur durch die Ingestionsöffnung (respiratory or anterior aperture) mit der Aussenwelt in Verbindung stehen lässt. Im folgenden Jahre kommt Huxley (Annal. and Magaz. of Nat. Hist. Vol. 10. 1852, p. 127) im Nachworte zur Ueber- setzung von Krohn’s Doliolumarbeit abermals auf die Bedeutung der Appendicularien zu sprechen und betont, dass er sie nicht, wie es seine Vorgänger gethan, fürLarven ansehen könne. Abgesehen von den reifen Ge- schlechtsprodueten unterschieden sie sich von den Ascidienlarven durch gewisse histologische Besonderheiten der Schwanzmuskulatur. Ihre selb- ständige Stellung im System der Tunicaten bekunde sich aber haupt- sächlich durch zwei Merkmale: einmal durch das Gehäuse und zweitens dureh die direete Oefinung des Afters nach aussen. Beide Eigenthüm- liehkeiten fehlten allen bekannten Tunicatenlarven. In seiner ausführlichen Untersuchung über die Anatomie der Appendi- cularia albicans befindet sich Leuckart (No. 125) bezüglich des Mangels von Kiemenspalten in dem nämlichen Irrthum wie vor ihm Huxley und später noch ©. Vogt. Dagegen beobachtete er am Kiemendarme auffallende Verdiekungen und deutet sie als „die ersten Spuren der späteren Spalt- öffnungen in der Wand des Kiemensackes“ (p. 84). In der Regel be- merkte er zwei solcher Aufwulstungen; er fügt aber freilich hinzu, dass manchmal auch mehrere (bis 4) vorhanden gewesen seien. Ob damit die wirklichen Spiracula gemeint sind, bleibt allerdings zweifelhaft. Im Gegen- satze zu Huxley hält Leuckart die Appendicularien für Larven, obgleich er nicht anzugeben vermag, in welche Formen sie sich verwandeln; nur so viel ist ihm sicher, dass es nicht eine Phallusia oder eine Synascidie ist. Vielleicht sei auch das ausgebildete Stadium der Appendicularien noch gar nicht bekannt, möglicherweise sei es, wie Krohn vermuthete, eine Form, die ihrer Lebensweise nach mit dem Genus Doliolum über- einstimme. Uebrigens denkt er auch an die Möglichkeit, dass die Appendi- cularien keine weitere Metamorphose durchlaufen und als geschwänzte Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 1) 66 Tunicata. Formen sich fortpflanzen. Seine Auseinandersetzung dieser Frage scheint mir genug bemerkenswerth zu sein, um sie im Wortlaute herzusetzen, denn eine von manchen Seiten in neuester Zeit geäusserte Auffassung nähert sich der bereits von Leuckart angedeuteten: „Ich glaube übrigens nicht, dass dieser Umstand (das Vorhandensein reifer Geschlechtsproducte), selbst wenn er sich wirklich bestätigt, allein schon hinreicht, die Appendicularia zu einem ausgebildeten Thier zu stempeln. Wir wissen ja, dass auch die Raupen und andere Insektenlarven schon ausgebildete Samenfäden und Eier erkennen lassen. Die Entscheidung dieser Frage wird davon ab- hängen, ob unsere Appendieularia noch einen spätern abweichenden (vielleicht sessilen) Zustand hat, oder nicht. Es ist allerdings nicht un- möglich, dass ein solcher Zustand fehlt — Appendieularia würde sich dann zu den übrigen Ascidien verhalten, wie etwa der Proteus anguinus zu den Fröschen und Kröten — aber einstweilen scheint es mir doch kaum das Wahrscheinlichere‘ (p. 90). Noch in demselben Jahre (1854) hat C. Vogt zwei neue Appendi- cularidenformen als Appendicularia furcata und A. longicauda beschrieben. In der Erforschung ihres anatomischen Baues kommt er über Leuckart und Huxley in bemerkenswerther Weise kaum hinaus. Im Gegensatze zu diesem letzteren hält auch er die Appendieularien für Larven und glaubt mit Krohn, dass vielleicht die ausgebildete Form noch gar nicht bekannt sei, wohl aber eine freischwimmende, Doliolum ähnliche und nicht eine festsitzende Tunicate sein müsse. Durch die unmittelbar folgenden Untersuchungen von Gegenbaur und die erneuten Studien Huxley’s wurde sehr rasch die Kenntniss über die Appendicularien so weit gefördert, dass diese Formen als eine besondere, an der Wurzel des Tunicatenstammes stehende Gruppe fast allgemein angesehen wurden. Ich werde diese Ergebnisse im nächsten Abschnitte eingehender zu behandeln haben. Nur auf ein Appendicularidengenus möge hier noch hingewiesen werden, welches sich von den anderen in so bemerkenswerther Weise unterscheidet, dass es vielleicht am zweckmässigsten in einer besonderen Familie untergebracht wird. Fol hat diese Form 1571 im Hafen von Messina entdeckt und als Kowalevskaia tenuis (No. 135) beschrieben. Ihre Eigenthümlichkeit besteht hauptsächlich in bestimmten Complieationen des Kiemendarmes bei gleichzeitigem Mangel des Endostyls und Herzens. Man wird W. Garstang (Trans. Biol. Soc. Liverpool, Vol. VI, p. 57, 1892) wohl Recht geben müssen, wenn er demselben Genus eine 1871 von Moss (Trans. Linn. Societ. London, Vol. 27) beschriebene Form zurechnet, die Herdman später Mossia dolioides genannt hat. Infolge einiger irrthümlichen Deutungen, die gewisse Gebilde des Kiemendarmes durch Moss erfahren haben, wurde diesem Genus von verschiedener Seite eine überaus grosse Bedeutung für die Beurtheilung der Verwandtschafts- beziehungen innerhalb des Tunicatenstammes beigemessen, eine Bedeutung, die ihm aber in Wirklichkeit nicht zukommt. 2 u re Geschichte. Tiefseeformen. Classification. 67 Ausser den Appendieularien habe ich nur noch einige wenige Formen zu erwähnen, die erst in neuester Zeit aufgefunden wurden und die Auf- stellung neuer höherer Gruppen im Tunieatensysteme nothwendig machten. Sie wurden auf der Challenger-Expedition zum Theil in beträchtlicheren Meerestiefen gefischt und später durch Moseley (No. 137) und namentlich durch Herdman (No. 140) eingehend beschrieben. Von ganz besonderem Interesse sind zwei Formen der Hypobythius und der Octacnemus. Das erstere Genus, in zwei Arten aus 600 und 2900 Faden Tiefe bekannt, entfernt sich von den übrigen Monascidien in der Organisation so weit, dass Herdman für dasselbe die besondere Subfamilie „Hypobythiinae‘ aufgestellt hat. Der Octacnemus bildet eine besondere Familie; Herdman betrachtet wenigstens die Octacnemidae als eine solche, den Dolioliden und Salpiden gleichwerthige Gruppe nnd stellt sie wie diese zu den Thaliaceen. Ganz neuerdings ist noch eine zweite Octacnemusspecies (Johns Hopkins University Cireulars. Juni, 1893) bekannt geworden, die von der patagonischen Küste aus einer Tiefe von 1050 Faden stammt. Der Organismus dieser festsitzenden und durch Knospung oder geschlecht- lich sich fortpflanzenden Formen ist aber bisher noch so wenig erforscht, dass die systematische Stellung immer noch unsicher erscheint. — Andere neue Genera der Monascidien, wie z. B. Bathyoncus und Abyssascidra, die aus 1600 und 2600 Faden Tiefe stammen, konnten mit schon länger be- kannten Formen in alten Unterfamilien vereinigt werden. Ueberaus zahlreich sind die in letzter Zeit entdeckten Synascidien- oenera, und manche derselben haben zur Aufstellung von neuen Familien Veranlassung gegeben. Von diesen seien an dieser Stelle nur die Diploso- miden und Coelocormiden genannt. Bei der grossen Schwierigkeit, die sich der Beurtheilung der verwandtschaftlichen Beziehungen der Synaseiden entgegenstellt, sind wir von einem natürlichen System dieser Formen noch weit entfernt, und der Umfang und die Anzahl der Familien werden noch vielfache Veränderungen erfahren müssen. 7. Einige neuere Qlassificationen der Tunicaten. Die an früherer Stelle (vergl. oben p. 43) auseinandergesetzte Auf- fassung Lamarck’s, dass die Tunicaten eine selbständige, den Mollusken gleichwerthige Thierclasse repräsentiren, ist erst in neuester Zeit wieder allgemein aufgenommen worden. Zwar hat schon vor mehr als fünfzig Jahren Milne-Edwards (No. 112a, p. 264) betont, man müsse zur alten Lamarck’schen Ansicht zurückkehren; aber viel Anklang hat er damit nicht gefunden. Wir brauchen kaum zwanzig Jahre zurückzugehen, um, entsprechend der von Cuvier und eigentlich schon von Linn& vertretenen Ansicht, die Tunicaten fast allgemein den Mollusken untergeordnet zu finden. Bereits in dem Systeme Blainville’s (vergl. oben p. 60) macht sich der Einfluss der Cuvier’schen Anschauungsweise bemerklich. De 65 Tunicata. Zu Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre hat in Deutsch- land namentlich Leuckart (No. 117, 125) die Molluskennatur der Tunieaten vertreten. Im Gegensatze zu Cuvier ordnet er sie aber nicht den Ace- phalen unter, sondern betrachtet sie als eine selbständige, diesen gleich- werthige Molluskenclasse, wie dies freilich auch früher schon mehrfach geschehen ist. In seiner bekannten Untersuchung „Ueber die Morphologie und die Verwandtschaftsverhältnisse der wirbellosen Thiere‘“ (1848) theilt er die Mollusken in vier Classen, deren erste die Tunicaten sind. Brachio- poden und Lamellibranchiaten bilden die Classe der Acephala, in der dritten Classe vereinigt er Gasteropoden, Heteropoden und Pteropoden, die vierte endlich stellen die Cephalopoden dar. Die Tunicaten bringt er nach Savigny’s Vorgang in die zwei Ordnungen der Ascidiae (Tethydes) und Salpae (Thalides) (p. 176). Uebrigens erwägt Leuckart auch die Frage, ob nicht vielleicht den Tunicaten eine selbständige Stellung ausser- halb des Molluskenstammes anzuweisen sei: „Dass sie indessen gänzlich von den Mollusken abzusondern seien, scheint mir zweifelhaft, obwohl man nicht verkennen kann, dass sie vor den übrigen Gruppen dieser Thiere in mehrfacher Beziehung sehr auffallend sich auszeichnen. Will man sie übrigens wirklich von den Mollusken entfernen, so müssen sie, nach meiner Meinung, eine eigene Abtheilung in dem Thierreiche bilden, der dann auch vielleicht die Bryozoen einzuverleiben sind. Am natürlichsten möchte dann solche zwischen den Echinodermen und Würmern ihren Platz finden“ (p. 125). Die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Tunicaten und Bryozoen, auf die Leuckart hinweist, sind schon früher von mehreren Forschern behauptet worden. Ohne die verschiedenen Modifieationen, die diese Auf- fassung im Laufe der Jahre erlitten hat, im einzelnen auseinandersetzen zu wollen — denn es wird dies in einem späteren Abschnitte, in welchem auch der vermeintlichen Beziehungen zu den Brachiopoden gedacht werden soll, am Schlusse dieses Buches geschehen — möchte ich doch schon an dieser Stelle das wesentliche Moment, auf welches sich die Annahme einer solchen Verwandtschaftsbeziehung stützt, hervorheben. Zu erwähnen sind zwei verschiedene Auffassungen über die Homologien der Organe in den beiden Thierstämmen. Die eine vertrat Milne-Edwards, der davon ausging, dass der Kiemensack der Ascidien aus einer weiteren Entwicklung des Pharynx der Bryozoen hervorgegangen sei. P. J. Van Beneden (No. 113, T. 18, p. 32, No. 113a, p. 54 fe) dagegen führt den Kiemen- darm der Tunicaten auf den Tentakelkranz der Bryozoen zurück, dessen einzelne Glieder eingezogen worden und mit einander verwachsen seien. Nothwendigerweise vergleicht er dann den Bryozoenmund mit der Oeffnung des Darmcanals in den Kiemendarm bei den Aseidien. Trotzdem ist hier Van Beneden weit davon entfernt, Tunicaten und Bryozoen zu einer Classe der Molluscoidea, die später so grossen Anklang gefunden hat, zusammenzufassen, vielmehr stellt er die ersteren zu den Mollusken, die letzteren zu den Polypen. Die einzelnen Gruppen aber, welche die Geschichte: Classifieation. Van Beneden, Bronn. 69 beiden „Divisions“ der Mollusken und Polypen bilden, glaubt er sämmtlich in eine aufsteigende Entwicklungsreihe bringen zu können, und die Tuni- caten sind es, welche nach unten hin sich den Bryozoen, nach oben den Acephalen verbinden. Sein System stellt sich demnach in folgender Weise dar (No. 113a, p. 58): Cephalopodes. Gasteropodes. [ Salpiens. Mollusques. ; D ; Acephales. Pyrosomiens. Tuniciers. Ascidiens. B ry0z0a ires. Polyascidiens. | Me&dusaires. Perophoriens. Polypes. Anthozoaires. Aleyonaires. Mit dieser systematischen Tabelle deckt es sich eigentlich nicht ganz, wenn Van Beneden die Aehnlichkeit der Ascidien mit den Bryozoen für grösser erklärt als mit den Acephalen: „Si nous avons vu une si grande ressemblence entre les Acephales et les Ascidies, nous allons en voir une plus grande encore en comparant ces derniers avec les Bryozoaires; une Ascidies ne nous parait en effet qu’un Bryozoaire ä seconde puis- sance, si ont peut s’ exprimer ainsi“ (p. 55). Man würde dementsprechend erwarten, dass er entweder die Bryozoen sowie die Tunicaten zu den Mollusken stellt, oder beide in einer besonderen Gruppe vereinigt, die zwischen Polypen und Mollusken stehen müsste. Was Van Beneden’s Classification der verschiedenen Tunicatenformen anbelangt, so hat dieselbe kaum weiteren Eingang gefunden. Auffallend kann es erscheinen, dass die drei Gruppen der Ascidien, die er anführt, nicht zu einer höheren zusammengefasst sind und sich mit den von Milne-Edwards (No. 112a) aufgestellten der Ascidies simples, compos&es und sociales in- sofern nicht ganz decken, als die letzteren auf die Perophoriden beschränkt sind. Die längst bekannten Dolioliden rechnet er wohl den Salpen zu, die Appendicularien aber sind als Tunieaten noch nicht erkannt. Die Stellung, die VanBeneden den Tunicaten unter den Mollusken einräumt, und die Eintheilung dieser letzteren in die vier Classen sind also die nämlichen, die später Leuckart (vergl. oben p. 68) neu und umfassender begründet hat. Auch Vietor Carus hat 1853 (No. 123, p- 445) die Tunieaten unter den Mollusken angeführt und zu den Ace- phalen in die nächste Beziehung gebracht. So wie bei Van Beneden und Leuekart bilden auch hier die Tunicaten eine besondere Mollusken- classe, der die Acephala, Cephalophora und Cephalopoda als gleichwerthig nebengestellt sind. In der ersten Auflage dieses Werkes (Bd. Ill. I. 1862) kehrt Bronn in mehrfacher Beziehung zu Cuvier’s Anschauungen zurück. Den ersten Unterkreis der Weichthiere (Malacozoa) bilden die Acephala und die zweite Ülasse dieser letzteren die Tunicaten. Zwischen diesen und den Bryozoen, 0 Tunieata. die die erste Classe darstellen, bestehen nach Bronn's Auffassung so vielfache Beziehungen, dass ihre Zusammenfassung zu einer höheren Gruppe nothwendig erscheint. Damit finden die bereits von Milne- Edwards und Van Beneden geäusserten Ansichten neue Anerkennung. Die dritte Classe wird von den Brachiopoden, die vierte von den Lamelli- branchiaten gebildet. Durch die Nebeneinanderstellung der Bryozoen, Tunicaten und Brachiopoden wird in gewisser Weise auch der Auffassung derjenigen Rechnung getragen, welche die Uebereinstimmung im Bau dieser Formen dureh ihre Vereinigung als Molluscoidea zum Ausdruck bringen. Das System der Malacozoa Acephala giebt Bronn demnach in folgender Tabelle: 4. Elatacephala (Lamellibranchia). 3. Brachionacephala (Brachiopoda). 2. Ascidiacephala (Tunicata s. Saccophora). 1. Bryacephala (Bryozoa s. Polyzoa). Conchacephala. u mn u un Saccacephala. Was im besonderen das System der Tunicaten anbelangt, so gilt Bronn als das oberste Eintheilungsprincip die festsitzende oder frei- schwimmende Lebensweise, und er stimmt darin mit Blainville überein, wie aus dessen bereits im Jahre 1816 veröffentlichter Mittheilung (vergl. oben p. 43) leicht ersichtlich ist. Aus dieser Eintheilung ergiebt sich mit Nothwendigkeit die Abtrennung der Pyrosomen von den festsitzenden Ascidien und ihre Einordnung unter die Schwimmaseidier. I. Nectascidia Schwimmascidier. 1. Fam. Appendicnlariadae. 2..Fam. Salpidae. 3. Fam. Doliolidae (Üyclomyaria). 4. Fam. Pyrosomatidae. II. Chthonascidia. Sitzaseidier. 1. Fam. Pelonaeidae. Ascidiae s. Tethyae. 2. Fam. Ascidiae compositae (Botryllidae). 3. Fam. Aseidiae sociales (Clavellinidae). 4. Fam. Aseidiae simplices (Ascidiadae). Die vier Familien der Nectascidia sind natürliche und wohlabgegrenzte Gruppen; gegen die Art der Eintheilung der Chthonaseidia lassen sich dagegen leicht begründete Bedenken erheben, die namentlich die Auf- zählung der Pelonaeiden als eine selbständige, den Aseidiae simplices eleiehwerthige Gruppe betreffen. In dieser Beziehung bedeutet die Eintheilung der Tunicaten, die Haeckel wenige Jahre später in seiner „Generellen Morphologie“ giebt, einen entschiedenen Fortschritt. Haeckel behält die Eintheilung in die beiden Bronn’schen Gruppen bei, nur erhebt er sie zu Subelassen. Seine vier Ordnungen der Nectaseidia (Copelata, Thaliada, Cyelomyaria, Luciae) entsprechen, mit Ausnahme der Namen, vollkommen den vier Familien Geschichte: Classifieation. Haeckel, Claus, 71 » im Bronn’schen System. Die zweite Subelasse, die Chthonascidiae, gliedert sich ihm aber in folgender Weise: I. Ord. Monascidiae. 1. Fam. Pelonaeida. 2. Fam. Phallusida. II. Ord. Synascidiae. 1. Fam. Ascidiae sociales. 2. Fam. Ascidiae compositae. Auch Haeckel rechnet die Tunicaten zu den Mollusken und zwar zum ersten Subphylum derselben, den Himatega. Die erste Classe dieser bilden die Bryozoen, die zweite die Mantelthiere. Seiner Ansicht nach bestehen „nahe Verwandtschaftsbeziehungen der Tunicaten sowohl zu den Bryozoen, als zu den Brachiopoden und Lamellibranchien“, und „alles deutet darauf hin, dass die Tunicaten schon sehr frühzeitig von der gemeinsamen Molluskenwurzel sich abgezweigt und als selbständige isolirte Gruppe entwickelt haben“. Die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den einzelnen Gruppen der Tunicaten selbst stellt er sich in der Weise vor, dass die gemeinsame Stammform den gegenwärtig lebenden Appendieularien sehr - ähnlich gewesen sei und dass sich von dieser aus zwei divergente Aeste entwickelt hätten: einerseits die schwimmenden, andererseits die fest- sitzenden Tunicaten. „Diese beiden Subelassen, Nectascidiae und Chthon- ascidiae, scheinen zwei unabhängig von einander entwickelte Hauptzweige der Classe darzustellen“. An dieser letzteren Auffassung hält Haeckel im wesentlichen noch jetzt fest, wenn er auch die beiden Unterclassen in etwas verschiedenem Umfange versteht als früher. In der letzten Auflage der „Anthropogenie“ (1891) versinnlicht er die Stellung und das System der Tunicaten in folgender Weise: Tunicata. Aseidia. a | Copelata. Protochordonia. Aus dem Kreise der Mollusken sind hier also die Mantelthiere weit entfernt. Sie erscheinen vielmehr zu den Vertebraten in Beziehung gebracht auf Grund bestimmter entwicklungsgeschichtlicher Thatsachen, die zuerst Kowalevsky aufgedeckt hat. Kowalevsky’s erste Mittheilung stammt aus dem Jahre 1866 (No. 132 b.), seine zweite glänzende Untersuchung (No. 132 ec.) wurde fünf Jahre später veröffentlieht und bewirkte eine vollständige Aenderung der Ansichten über die Verwandtschaftsbeziehungen. Zwar versucht noch Claus im Jahre 1872 (No. 134) an der Mollusken- natur der Tunicaten festzuhalten, indem er sie als die erste Classe des Molluskentypus aufführt, hat aber später sehr bald den bedeutsamen entwicklungsgeschichtlichen Thatsachen Rechnung getragen und die Mantelthiere als einen besonderen Typus betrachtet. Die Eintheilung des 12 Tunicata. Tunicaten typus ist in den späteren Auflagen der „Grundzüge der Zoologie“ (1882) im wesentlichen die gleiche wie in den früheren die der Tunicaten- classe und unterscheidet sich in mehrfacher Beziehung von der, die Bronn und Haeckel gegeben haben. I. Classe. Tethyodea. Aseidien. 1. Ord. Copelatae. 2. Ord. Aseidiae simplices. 3. Ord. Ascidiae compositae. 4. Ord. Ascidiae salpaeformes (Pyrosomen). II. Classe. Thaliacea. Salpen. 1. Ord. Desmomyaria. (Salpidae.) 2. Ord. Cyelomyaria. (Doliolidae.) Die freischwimmende oder festsitzende Lebensweise ist hier als oberstes Eintheilungsprineip nicht mehr verwerthet, und die Pyrosomen sind, wie bereits bei Savigny (vergl. oben p. 44) und Latreille (p. 59) zu den Tethyen gestellt. Die Ordnung der Tethydes des zuletzt genannten Forschers erscheint hier um die Copelaten bereichert und zu einer Classe . erhoben. Bei den Thaliaceen bleiben demnach nur die Salpen und Dolio- liden, die als Desmomyaria und Öyclomyaria die Bedeutung von Ordnungen erhalten haben. Doch ist die letztere Benennung früher schon von Troschel und Bronn angewendet worden. In die von Ludwig besorgte Ausgabe der Leunis’schen Synopsis (No. 141) ist dieses System der Tunicaten in vollem Umfange aufgenommen worden. Das System der Tunicaten, das Gegenbaur (No. 138) gegeben hat, unterscheidet sich von den vorhergehenden hauptsächlich dadurch, dass den Copelaten gegenüber sämmtliche anderen Formen als Acopa zu- sammengefasst sind: I. Classe. Copelata. 1. Appendiculariae. II. Classe. Acopa. 1. Ascediae. Simplices. Sociales. Compositae. 2. Luciae. 3. Uyclomyaria. 4. Thaliadae. Die beiden Classen haben also ganz anderen Umfang und verschiedene Bedeutung als bei Bronn, Haeckel und Claus. Wie die Bezeichnungen lehren, ist ihre Aufstellung auf das Vorkommen oder den Mangel eines Ruderschwanzes bei den verschiedenen Tunicatenformen zurückzuführen. Doch erklärt Gegenbaur, jene Benennungen beibehalten zu haben, „ohne jedoch auf jenes Merkmal einen Werth zu legen, der ihm nicht zukommt; denn auch bei den Acopen besitzen die Larven mancher jenes Geschiehte: Classification. Balfour. 713 [2 Ruderorgan“. Ob aber diese letztere Thatsache wirklich, wie Gegenbaur meint, das Vorhandensein oder den Mangel des Ruderschwanzes bei der ausgebildeten Form für die systematische Eintheilung der Tunicaten werthlos macht, möchte doch bestreitbar sein. Unzweifelhaft aber ist er im Rechte, wenn er die hohe Wichtigkeit des Gegensatzes im Baue des Kiemenkorbes betont, der darin besteht, dass bei den Copelaten zwei Spiracula nach aussen sich öffnen, während die Kiemenspalten bei den Acopen in einen Raum geöffnet sind, „der aus einem Theile der Anlage der Copelaten - Spiracula hervorgeht“. Die nämlichen beiden Tunicatenelassen treffen wir unter veränderten Namen bei Balfour (No. 135a). Wenn die eine als Caducichordata, die andere als Perennichordata bezeichnet wird, so ist im Gegensatze zu Gegenbaur nicht nur auf das Vorkommen oder den Mangel des ganzen KRuderschwanzes, sondern sogar eines Theiles desselben ein grosses Gewicht gelegt. Die hohe Bedeutung des sog. Chordaorganes kommt in noch schärferer Weise dadurch zum Ausdruck, dass, wie ich meine, ganz überflüssiger Weise die Bezeichnung Tunicata durch Urochorda ersetzt wird. Balfour hält sich an folgendes Tunicatensystem: I. Cadueichordata. STE | Solitaria (Ascidia). A BımpAHle | Socialia (Clavellina). En Sedentaria (Botryllus). B. Composita. j Ä 5 j \ Natantia (Pyrosoma). EN Salpidae. C. Conserta. IE Be \ Doliolidae. 1. Perennichordata. (Appendicularia). Was im besonderen die Classification der sog. Caducichordata anbe- langt, so wird dieselbe kaum als eine glückliche zu bezeichnen sein. Die Lostrennung der zusammengesetzten Ascidien und Pyrosomen von den übrigen Aseidien resp. den Thaliaceen und ihre Zusammenfügung zu einer besonderen Gruppe geht noch über Lesueur und Savigny hinaus, welche zuerst auf die Aehnlichkeit dieser Formen hingewiesen haben. Die Pyrosomen sind durch eine so continuirliche Reihe Zwischenformen mit den Dolioliden verbunden und andererseits weisen die Botrylliden und übrigen Synaseidien so innige Beziehungen zu den socialen und Mon- - ascidien auf, dass jene Vereinigung unnatürlich erscheint. Es hat daher Seeliger (No. 143) wie bereits Blainville die Pyro- somen bei den Thaliaceen belassen und diesen gegenüber alle Ascidien in einem zweiten Stamme vereinigt. Beide Aeste leiten sich von Appendi- eularien ähnlichen Vorfahren ab. In dem einen Stamme (Ascidien) erfolgte Festsetzung; die Formen des anderen erhielten sieh trotz der Rückbildung des Ruderschwanzes infolge weitgehender Umbildungen im Vorderabschnitte freischwimmend. Die Haupteruppen der Tunicaten ordnen sich ihm also zu folgendem Bilde: 74 Tunicata, IN. Synasecidien. 5 Ascid. social. KR 3 r Ss Sl Monascid. a AN Pyrosomen. Anchinia. Dolioliden. N Salpen. Appendieularien. Aupen N Salpenstamm. Seither sind namentlich durch Herdman, wie ich oben ausgeführt habe, Formen bekannt geworden, welche die Aufstellung neuer höherer Gruppen (Octacnemus) nothwendig gemacht haben. Im neuester Zeit sind ferner eine Reihe Untersuchungen über die ungeschlechtliche Vermehrung der Tunieaten veröffentlicht worden, welche uns zu einer eingehenden Prüfung der Frage veranlassen müssen, ob nicht vielleicht die Knospung mehrere Male selbständig innerhalb der Ascidienelasse entstanden sei und ob dann die Eintheilung in sociale, einfache und Synascidien natürlichen Gruppen noch entspricht. Endlich wird zu untersuchen sein, ob die neuer- dings bekannt gewordenen Thatsachen aus der Entwicklungsgeschichte der Salpen die Stellung dieser Familie am äussersten Ende des Stammes gerechtfertigt erscheinen lassen. In einigen in neuester Zeit erschienenen systematischen Arbeiten über Tunicaten sind manche dieser Fragen in einem verschiedenen Sinne, als es in dem oben wiedergegebenen Stammbaume ausgedrückt ist, beantwortet worden. Zwei dieser Tunicatensysteme, die zu den wichtigsten gehören, sollen hier noch behandelt werden; das eine hat Lahille, das andere Herdman aufgestellt. Das System Lahille’s (No. 145) stellt sich in folgender Tabelle dar: Classes. Ördres. Sous-Ordres. Familles. Au er f Kowalevskiadae. Kowalevskidae. u ( npnene \ Appendiculariadae. Appendicularidae. l Hemitremata. \ Syringobranchiata. $ Salpidae. “ 1 Octacnemidae. Geschiehte: Classifieation. Lahille. 75 Classes. Ördres. Sous- Ordres. Familles. Doliolidae. Pyrosomidae. Didemnidae. Didemniadae. | Distomidae. I | Polyelinidae. Polyeliniadae. | Aplididae. Uioniadae. Cionidae. Ascididae. Corellidae. Corynaseididae. Phlebobranchiata. Aplusobranchiata. | Eutremata. | Ascidiadae. Botryllidae. Cynthiadae. Styelidae. Uynthidae. Stolidobranchiata. 5 Eugyridae. | Moleuliadae. Moleulidae. Als Eintheilungsprineip verwerthet Lahille die Beschaffenheit des Kiemendarmes, und nach ihr bringt er die Tunicaten in drei Classen. Die erste bildet eine natürliche und scharf abgegrenzte Gruppe und um- fasst die Copelaten oder Perennichordata der früheren Autoren. Der Kiemendarm öffnet sich durch zwei Spalten direet nach aussen, und eine Peribranchialhöhle fehlt. Die beiden Spiracula hält er aber für grund- verschieden von den Kiemenspalten der Aseidien und nennt deshalb die Gopelaten: Atremata; „ils ne possedent pas non plus de tremas, en desi- gnant par ce mot les stigmates branchiaux des Aseidies. Les Appendi- culaires constituent done une premiere classe, caracterisee par l’absence de ces fentes, et que pour ce motif je nommerai: elasse des Atremata‘“ PN). In der zweiten Classe, der Hemitremata, vereinigt er die Salpen und den Octacnemus. Eine Peribranchialhöhle ist bei diesen bereits vor- handen, aber es bestehen, wie er annimmt, gleichzeitig die beiden ur- sprünglichen Spalten der Appendieularien. Dazu kämen noch die Rudi- mente von echten Spalten: „Toutefois, les Salpes possedent en outre des trömas rudimentaires representes par des culs-de-sac ou m&me par de simples bandes vibratiles. On peut done designer sous le nom d’ Hemi- tremata la celasse qu’ils forment“. In wie weit die hier gegebene De- finition auf Octacnemus zutrifft, lässt sich bei der noch ungenügenden Kenntniss von seinem Bau augenblicklich kaum sicher feststellen. Aber auch der Organismus der Salpen kann in mehrfacher Beziehung anders gedeutet werden, als es Lahille thut. Wie schon von verschiedenen Seiten hervorgehoben worden ist, lassen sich die beiden Spalten zu den Seiten des Kiemenbandes auch so erklären, dass sie aus der Verschmelzung 76 Tunicata. einer grösseren Zahl echter Kiemenspalten einer Dolioliden ähnlichen Vor- fahrenform hervorgegangen seien und also nieht mehr die stets unverändert gebliebenen beiden Spiracula der Copelaten repräsentiren würden. Ebenso wird man sehr begründeten Einspruch dagegen erheben können, dass gewisse Complieationen, die den Bau des Kiemenbandes der Salpen be- treffen, mit Bildungen von echten Kiemenspalten homologisirt werden. Es wird sich das später noch bei der Schilderung des Baues der Salpen deutlicher ergeben. Die dritte Classe, die Eutremata, ist die weitaus umfangreichste und begreift alle die Formen, deren Kiemendarm- und Peribranchialhöhlen durch echte Kiemenspalten, ‚‚veritables tremas‘‘ mit einander communiciren. Ob diese letzteren durchwegs Neubildungen darstellen oder nicht vielleicht zum Theil aus den beiden ursprünglichen Spiraculen hervorgegangen sind, ist Lahille nicht ganz sicher. Die weitere Eintheilung dieser gattungs- und familienreichen Classe trifit er nach der besonderen Beschaffenheit der seitlichen Kiemendarmwände und stellt drei Ordnungen auf. Die erste der- selben, dieAplusobranchiata,zeigt die Wandung des Kiemendarmes „sans cötes longitudinales et sans sinus anastomotiques longitudinaux“. Hierher rechnet er neben einer Anzahl socialer und Syn-Ascidien die Pyrosomen und Dolioliden. Die Ordnung der Phlebobranchiata besitzt Kiemen- darmwandungen „a sinus anastomotiques longitudinaux* und wird von einer Anzahl socialer und Mon-Ascidien gebildet. Die Stolidobranchiata endlich haben Kiemendarmwandungen mit Längsrippen (a cötes longi- tudinales) und umfassen wiederum einfache und zusammengesetzte Ascidien. Wird schon bei der Aufstellung der Ordnungen das Vorkommen oder der Mangel von Knospung und Stockbildung als ein Eintheilungsprineip fallen gelassen, so geht Lahille mehrfach sogar so weit, Synascidien- und Monaseidien-Genera in einer Familie zu vereinigen. Man sieht, es wird hier in der ausgiebigsten Weise der Auffassung Giard’s, Lacaze- Duthiers’, Drasche’s und Anderer Rechnung getragen, dass in einem natürlichen Systeme der Ascidien die einfachen und zusammengesetzten Formen unmöglich getrennt werden dürften. Ob aber in dem Bestreben, lediglich auf Grund von Verschiedenheiten des Kiemendarmes ein natür- liches System zu schaffen, nieht neue künstliche Gruppirungen entstanden sind, wird weiterhin noch zu untersuchen sein. Jedenfalls ist es bemerkenswerth, dass ein so erfahrener Tunicaten- kenner wie Herdman auch in seinem neuesten System (No. 146) einen ganz anderen Weg einschlägt als Lahille, allerdings aber auch zu ° weniger überraschenden Ergebnissen kommt. Diese fügen sich jedoch, wie ich glaube, besser in die Reihe der im Laufe der Zeit nur allmählig sich vervollkommnenden Systeme. Herdman’s Ansichten ergeben sich aus folgender Tabelle: uf 2 Kl re ee ee Zu eeee Geschichte: Classification. Herdman. | | Order 1. Ascidiacea. Suborder I. Ascidiae simplices. Fam. 1. Molgulidae. Fam. 2. Oynthiidae. Subfam. 1. Bolteniinae. Subfam. 2. Cynthiinae. Subfam. 3. Styelinae. Fam. 3. Ascidiidae. Subfam. 1. Corellinae. Subfam. 2. Hypobythiinae. Subfam. 3. Ascidiinae. Subfam. 4. Cioninae. Fam. 4. Clavelinidae. Suborder II. Ascidiae compositae. Fam. 1. Botryllidae. Fam. 2. Distomidae. Fam. 3. Polyclinidae. Fam. 4. Didemnidae. Fam. 5. Diplosomidae. Fam. 6. Coelocormidae. Fam. 7. Polystyelidae. Suborder III. Ascidiae Luciae. f Fam. Pyrosomidae. N Order II. Thaliacea. Suborder I. Cycelomyaria. Fam. Doliolidae. Suborder II. Hemimyaria. Fam. 1. Salpidae. Fam. 2. Octacnemidae. Order III. Larvacea. Fam. Appendiculariidae. Auch Herdman bringt hier die Tunieaten in drei Gruppen, aber diese entsprechen nur zum Theil den drei Classen im Systeme Lahille’s Identisch sind nur des letzteren Atremata mit den Larvacea, während die Hemitremata nur der zweiten Unterordnung der Thaliacea, den Hemi- myaria entsprechen. Offenbar verfährt Herdman, wie es ja bereits vielfach geübt wurde, viel naturgemässer, wenn er die Dolioliden derselben Ordnung wie die Salpen zuzählt und nicht mit den Aseidien vereinigt. Ob er aber darin im Rechte ist, dass er nach Savigny’s Vorgang die Pyrosomen der Ordnung der Ascidiacea, wenn auch als eine besondere Unterordnung einfügt, lässt sich bestreiten. Bemerkenswerth ist es, dass Herdman an der Unterscheidung in einfache und zusammengesetzte Ascidien festhält und dieselben als zwei Unterordnungen betrachtet. Dagegen giebt er die von Milne-Edwards geschaffene Gruppe der Ascidiae sociales als eine jenen gleichwerthige auf und stellt die fraglichen Formen als Familie der 2 Tuniecata. Clavelinidae zu den Aseidiae simplices. Dadurch erhalten das Vorkommen oder der Mangel von ungeschlechtlicher Vermehrung nur eine unter- geordnetere Bedeutung für die Beurtheilung der Verwandtschaftsbe- ziehungen innerhalb des Ascidienstammes. Literaturverzeichniss zum ersten Abschnitte. (1) Homer, Ilias. 16. 747. eonf. Athenaeus I. 13. D. (2) Epicharmus, vidi apud Athenaeum. III. s5. C. (3) Aristophanes, Lysistrate. 549. (4) Aristoteles, Naturgeschiehte der Thiere. Uebersetzt von A. Karsch. 1866 u. fg. lib. IV..eap. 1; IV. A. 2,40! & 41 3; TV. 8.219; W792. 18; VI ASS 1. 1985 NV. 18.0052 1V.77218 (5) —— Ueber die Theile der Thiere. Uebersetzt von A. Karsch. 1855. lib. IV. cap. 5. Fünf Bücher von der Zeugung und Entwicklung der Thiere. Uebersetzt von Aubert und Wimmer. 1860. lib. III. 123. (7) Cajus Plinius, Naturgeschichte. Uebersetzt von Strack 1853 —55. (8) Aelianus, Thiergeschichten. Uebersetzt von Fr. Jacobs. Stuttgart 1839—1842. XII. 27. (9) Athenaeus, Deipnosophistae. I. 13. D; II. 85. C; II. 88. A. (10) Avicenna, De animalibus per magistrum Michaelem Scotum de arabico in latinum translatus. Opera omnia Vol. I. Venetiis 1508. 1) Albertus Magnus, De Animalibus libri vigintisex. Venetia 1495. (12) Nie. Marescaleus Thurius, Historia aquatilium latine ac grece cum figuris. Rostock 1520. (15) Gyllius, Ex Aeliani historia latini facta. Lugduni 1533. (14) —— Liber summarius de gallieis et latinis nominibus piscium Massiliensium. Lugduni 1593. (15) Adam Lonicer, Naturalis historiae opus novum in quo traetatur de natura et viribus arborum, fruticum, herbarum animantiumque terrestrium volatilium et aquatilium. Frankfurt 1551. (16) Belon, L’histoire naturelle des etranges poissons marins. Paris 1551. (17) Ed. Wotton, De differentiis animalium libri decem. Paris 1552. (18) Belon, De aquatilibus libri duo cum siconibus ad vivam ipsorum effigiem, quoad eius fieri potuit, expressis. Paris 1559. '(19) Rondelet, Libri de piscibus marinis in quibus verae piscium effigies expressae sunt. Lugduni 1554. (20) — — Universae aquatilium historiae pars altera, cum veris ipsorum imaginibus. Lugduni 1555. (21) Conrad Gesner, Historiae animalium liber IV. qui est de pisecium et aquatilium animantium natura. Tiguri 1558. Fischbuch, das ist ausführliche Beschreibung und lebendige Conterfactur aller und jeden Fischen. Frankfurt 1598. (23) Aldrovandi, De reliquis animalibus exanguibus libri quatuor. De Mollibus, Crus- taceis, Testaceis et Zoophytis. Bononia 1642. Erste Ausgabe 1606. (24) Jo. Euseb. Nieremberg, Historia naturae, maxime peregrinae, libris XVI distineta. Antverpiae 1635. (25) Johannes Jonstonus, Historiae naturalis de exanguibus aquatieis libri IV. cum figuris aeneis. Frankfurt 1650. (26) — — Historiae naturalis de Inseetis libri IV. Frankfurt 1659. (22) Geschichte: Literatur. 79 (27) Fr. Redi, Osservationi intorno agli animali viventi che si trovano negli animali viventi. Firenze 1684. (Ich kenne dieses Werk nur aus dem späteren Abdruck in „Opere di Fr. Redi“. Seconda Edizione Neapolitana. T. I. 1778, p. 34 und folg. p. 106 fi. Tat- XI. XIT) (28) Martin Lister, Conchyliorum Bivalvium utriusque aquae exereitatio anatomica tertia. London 1696, Taf. 7, p. 93. Die betreffende Tafel findet sich auch als 19te mit Erklärung im Appendix zu Historiae Conchyliorum libri IV. London 1685—1692. (29) Geo. Rumphius, D’Amboinsche Rariteitkamer. Amsterdam 1705. (30) J. Th. Klein, Naturalis dispositio Echinodermatum. Accessit lueubratiuneula de aculeis Echinorum marinorum cum spieilegio de Belemnitis. 1734. (31) Linnaeus, Systema Naturae sive regna tria naturae systemace proposita per classes, ordines, genera et species, Lugduni 1735. 32) Jan. Planeus, De Conchis minus notis liber eui accessit speeimen aestus reciproci maris superi ad littus portumque Arimini. Venetiis 1739. (33) Linnaeus, Systema Naturae. Seeundum sextam Stoekholmiensem emendatam et auctam editionem. Lipsiae 1748. (34) Vit. Donati, Della storia naturale marina dell’Adriatico. Venezia 1750. (35) Linnaeus, Museum Adolphi Frideriei regis, in quo animalia rariora imprimis, et exotiea: Quadrupedia, Aves, Amphibia, Pisces, Insecta, Vermes deseribuntur et suetice cum iconibus. Holmiae 1754. (36) John Ellis, An essay towards a natural history of the Corallines, and other marine produetions of the like kind, commonly found on the coasts of Great- Britain and Ireland. London 1755. (37) Bigot de Morogues, Memoire sur un animal aquatique d’une forme singuliere. M&m. de Math. et de Phys. present. a l’ Acad. Paris 1755. T. II. (38) Browne, The civil and natural history of Jamaica. 2. Ausgabe. London 1789. 1. Ausgabe 1756. (39) A. Schlosser, An account of a eurious, fleshy, corallike substance; in a letter to Mr. Peter Collinson, with some observations on it communicated to Mr. Collinson by Mr. John Ellis. Philosoph. Transact. Vol. 49. Part. II. 1756. (40) Linnaeus, Systema Naturae. 10. Ausgabe. T. I. 1758. (41) W. Borlase, The natural history of Cornwall. 1758. (42) Baster, Opuseula subseeiva, observationes miscellaneas de animaleulis et plantis quibus- dam marinis, eorumque ovariis et seminibus eontinentia. Harlem 1759/1765. Liber I, p. 34. 1760. (43) Jan. Planeus, De incessu marinorum Eehinorum ac de rebus quibusdam aliis marinis ad Ferdinandum Bassium Epistola. 1760. Taf. II, Fig. 4—7. Abgedruckt auch in der 2. Ausgabe von De Conchis minus notis. 1760. (44) Bohadsch, De quibusdam animalibus marinis, eorumque proprietatibus. Dresdae 1761. (45) Alex. Russell, An account of a remarkable marine produetion: in a letter of the Reverend Thomas Birch. Philos Trans. Vol. 52. Part. II. 1762. (46) Janus Plancus, De dupliei Tethyi genere, et de Manu marina ad pium Jannellium Senensem academicum pbysioeriticum. Atti dell’ Acad. delle Seienze d, Siena d. Fisio- Gritiei. T. II. Siena.1763, p. 217, Taf. VII. (47) George Edwards, Gleanings of natural history, eontaining figures of Quadrupeds, Birds, Inseets, Plants. Part. III. 1764. Taf. 356, p. 303. (48) Pallas, Elenchus Zoophytorum sistens generum adumbrationes generaliores et specierum cognitarum suceinetas descriptiones cum selectis auetorum Synonymis. 1766. Miscellanca zoologiea quibus novae imprimis atque obscurae animalium species deseribuntur et observationibus iconibusque illustrantur. 1766 (50) Linnaeus, Systema Naturae. 12. Ausgabe. T. I. pars 2. 1767. (51) Joh. Ernst Gunner, Der See-Beutel (Tethyum Sociabile) vollständig beschrieben. Der Drontheimischen Gesellschaft Schriften aus dem Dänischen übersetzt. Bd. III, p. 69, Taf. II, Fig. 3. Kopenhagen 1767. (49) 80 Tunicata. (52) Hawkesworth, Relation des voyages enterpr. pour faire des decouverts. Bd 2, p. 212. Paris 1774. Die erste englische Ausgabe erschien 1770. (53) Joach. Friedr. Bolten, Nachricht von einer neuen Thierpflanze. Hamburg 1770. De novo quodam Zoophytorum genere epistola. 1771. (54) P. 8. Pallas, Spieilegia Zoologica quibus novae imprimis et obscurae animalium species iconibus, deseriptionibus atque eommentarüs illustrantur. Fasc. X. Berlin 1774. (55) John Phipps, A voyage towards the Northpole undertaken by his Maj. command. p. 199, Taf. XIII, Fig. 3. London 1774. (56) Petr. Forskäl, Deseriptiones animalium avium, amphibiorum, piscium , insectorum, vermium; quae in itinere orientali observavit. 1775. Icones rerum naturalium, quas in itinere orientali depingi euravit. 1776. Taf. 27, Fig. D, E; Taf. 35, Taf. 36,@Big.A Zr (58) ©. F. Müller, Zoologia Danica seu animalium Daniae et Norvegiae rariorum ae minus notorum deseriptiones et historia. Hafniae 1788—1806. — Die erste Ausgabe der Icones begann bereits 1777. — Zoologiae Daniecae prodromus erschien 1776. (59) Diequemare, Sacanimal. Observations sur la Physique, sur P’histoire naturelle et sur les Arts. Bd. 9, p. 137, Taf. I, Fig. i—7. Paris, Februar 1777. (60) Le Reclus marin. ibid., p. 356, Taf. II, Mai 1777. (61) Otho Fabrieius, Fauna Groenlandiae. Hafniae 1780. (62) Diequemare, Les Coeurs-unis. Observat s. la Phys. Bd. 16, p. 304, Taf. IM Paris, October 1780. L’Informe. Observat. s. la Physique. Bd. 20, p. 349, Taf. II. Paris, November 1782. (64) John Ellis, The natural history of many curious and uncommon Zoophytes, collected from various parts of the globe. London 1786. (65) Linnaeus, Systema Naturae. 13. Ausgabe, T. I. Pars VI, 1788. Cura Joa. Frid. Gmelin. (66) Bruguiere, Histoire naturelle des Vers, Coquilles, Mollusques et Zoophytes. Paris 1789, 92. Tableau encyelopedique et methodique cont. ’helminthologie. 1791. Aus Eneyclopedie methodique. Paris 1759—1832. T. 1. (67) Geo. Shaw, Vivarium naturae, or the naturalist’s miscellany. London 1789—1813. a (68) Renier, Lettera al Sign. Olivi sopra il Botrillo, piantanimale marino. Chiozza 1793. (Auch in Opuseoli di Milano T. 16.) (69) Ant. Coquebert, Memoire sur deux especes d’Aseidies. Bulletin des Sciences par la Socist6 Philomatigüe. Bd. I. Pars II, p. 1, Taf. I. Awil 1797. (57) (63) 0 1) —— Tableau dlömentaire de l’'histoire naturelle des animaux. Paris 1798. 2) Lamarck, Systeme des animaux sans vertebres ou tableau general des classes, des ordres et des geures de ces animaux. Paris 1801. (73) Bose, Histoire naturelle des Vers. Suite a l’hist. natur. de Buffon. T. II, p. 163 u. folg. Paris 1802. (74) Tilesius, Abbildung und Beschreibung eines neuen Seebeutels aus dem Atlantischen Ocean (Thetys vagina). Jahrbuch der Naturgeschichte. Leipzig 1802, p. 150, Taf. 5 und 6. (15) Bory de St. Vincent, Voyage dans les quatre prineipales iles des Mers d’Afrique fait par ordre du gouvernement pendant les anndes 1501 et 1802. Bd. I, p. 107, Taf. VI, Fig. 2. Paris 1804. (76) G. Cuvier, Memoire sur les Thalides (Thalia Brown) et sur les Biphores (Salpa Forskäl). Ann d. Mus. d’hist. natur. T. 4. 1804, p. 360. Später nochmals abgedruckt in M&m. pour servir ä l’'hist. et & l’anatom. des Mollusques. Mem. No. 19. Paris 1817. (17) Peron, Memoire sur le nouveau genre Pyrosoma. Annales du Museum nat. d’hist. natur. T. 4. 1804, p. 437. (Abgedruckt in No. 79, p. 485.) (78) Cuvier, Legons d’anatomie comparee Vol. II, p. 312; Vol. IV;;.»p.:125, 428% Paris 1805. (7 (7 (7 (79) (80) (81) (91) (92) (93) (94) (95) (96) (97) (96) (99) Geschichte: Literatur, sl Peron, Voyage de decouvertes aux terres Australes, pendant les annees 1800— 1804. Paris 1807—10. T. I. Atlas, Taf. 30, Fig. 1, 4; Taf. 31, Fig. 3. Lamarck, Philosophie zoologique, ou exposition des considerations relatives ä l’histoire naturelle des animaux. Paris 1809. Deutsche Uebersetzung von A. Lang, p- 155. Spix, Geschichte und Beurtheilung aller Systeme in der Zoologie nach ihrer Ent- wieklungsfolge von Aristoteles bis auf die gegenwärtige Zeit. Nürnberg 1811. G. Cuvier, Sur un rapprochement a etablir entre les classes qui composent le rögne animal. Annales du Museum nat. d’hist. natur. T. 19, p. 73. 1812. Lesueur, Memoire sur quelques nouvelles especes d’animaux mollusques et radiaires recueillis dans la Mediterranee pres de Nice. Nouv. Bull. d. Sciene. p. 1. Soeiete Ehilom: T.'3, p.'281, Taf. 5, Fig..2. Paris, Jumn1813: Everard Home, Lectures on ceomparative anatomy. Vol. I, p. 369, Vol. II, Taf. 71—73. London 1814. Lamarck, Suite des Polypiers empates. Mem. d. Mus. d’hist. natur. T. I, p. 334 u. folg. Paris 1815. Cuvier, Memoire sur. les Aseidies et sur leur Anatomie. Mem. d. Mus. d’hist. natur. T. II. 1815. Später nochmals abgedruckt in Me&m. pour servir & l’hist. d. Mollusques 1817. — Ein Auszug dieser Arbeit von Desmarest findet sich unter gleichem Titel in Bull. d. Sciene. p. 1. Societe Philom. d. Paris 1815, p. 10. Leesueur, Memoire sur l’organisation des Pyrosomes, et sur la place qu’ils semblent devoir occuper dans une classification naturelle. Bull. d. Seiene. de la Societe Philom. Paris 1815, p. 70, Taf. I, Fig. 1—15. Desmarest et Lesueur, Note sur le Botrylle etoile. Bull. d. Se. d. 1. Soc. Philom. 1815, p. 74, Taf 1. Lamarck, Histoire naturelle des animaux sans vertebres. Paris 1815—18. Vol. I, p- 381. Vol. III, 1816, p. 80 u. fg. Savigny, Memoires sur les animaux sans vertebres. II. Part. I. Fase. Paris 1816. I. Mem. Observations sur les Aleyons gelatineux & six tentacules simples. Lues ä Y Institut, le 6 fevrier 1815. II. Mem. Observations sur les Aleyons a deux oscules apparens, sur les Botrylles et sur les Pyrosomes. Lues le 1° mai 1815. III. Mem. Observations sur les Ascidies proprement .dites. 1816. Blainville, Prodrome d’une nouvelle distribution systematique du regne animal. Bull. d. Seiene. d. 1, Soc. Philom. 1816, p. 113. C. G. Carus, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Seescheiden (Ascidiae). Deutsches Archiv f. Physiologie, Bd. II, 1816, p. 569. Cuvier, Le regne animal distribue d’apres son organisation, pour servir de base a Thistoire naturelle des animaux et d’introduetion a l’anatomie comparee. T. II. Paris 1817. 3. Ausgabe. 1836 — 1846. Ad. Chamisso, De animalibus quibusdam e classe vermium Linneana in eircum- navigatione terrae auspicante comite N. Romanzoff duce Ottone de Kotzebue annis 1815— 1818 peracta observatis. Fascie. I. De Salpa. Berlin 1819. Lamouroux, Exposition methodique des genres de l’ordre des Polypiers. Paris 1821. Ad. Chamisso et Car. Eysenhardt, De animalibus quibusdam e classe vermium. Fasc. II. reliquos vermes continens. Verhandlungen d. Kais. Leopold-Carol. Acad. d. Naturf. Bd. II (Nova Acta, Bd. 10), Pars II, p. 362, Taf. 31, Fig. 4. Bonn 1821. C. G. Carus, Beiträge zur Kenntniss des inneren Baues und der Entwickelungs- geschichte der Ascidien. Ibid., p. 425, Taf. 36, 37. A. W. Otto, Beschreibung einiger neuen Mollusken und Zoophyten. Nova Acta Acad. Leopold-Carol. Bd. XI, Pars I. 1823, p. 249. Quoy et Gaimard in Freycinet, Voyage autour du monde, fait par ordre du roi sur les corvettes I’ Uranie et la Physieienne, pendant les anndes 1517— 1820, Zoologie. Paris 1824. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 6 I) 'Tunieata. (100) Eschscholtz, Bericht über die zoologische Ausbeute während der Reise von Kron- stadt bis St. Peter und Paul. Isis von Oken 1825, p. 736 und 738. (101) Blainville, Manuel de Malacologie et de Conchyliologie. Paris 1825. (102) Latreille, Familles naturelles du regne animal. Paris 1825. (103) Blainville, Artikel „Salpa“ in Dietionnaire des Seiences naturelles. T. 47, p. 94. 1827. (104) Zoophytes. Dietionnaire des Sciences naturelles. Bd. 60. 1830. (105) Lesson in Duperrey, Voyage autour du monde sur la corvette La Coquille pendant 1822—25. Zoologie. T. I. Pars I. Paris 1830. Atlas, Taf. 4—6. (106) Mertens, Beschreibung der Oikopleura, einer neuen Molluskengattung. Mem. de l’ Acad. imp. d. Sciences de St. Petersbourg. 6. Ser. T. I. 1831, p. 205. Hiervon Aus- zug in Oken’s Isis 1836, p. 300. (107) Tilesius, Beiträge zur Naturgeschiehte der Medusen. Nova Acta Acad. Leopold. Carol. Bd: 15, Pars II,'px252. 1831. (108) Meyen, Beiträge zur Zoologie, gesammelt auf einer Reise um die Erde. I. Abhdl. Ueber die Salpen. Nova Acta Acad. Leopold. Carol. T. 16. Pars I, p. 363. 1832. (109) Quoy et Gaimard in Dumont d’Urville, Voyage de la corvette l’Astrolabe pendant les annees 1826--1829. Zoologie. Bd. III, 1834; Bd. IV, 1833. Atlas Taf. 26, Fig. 4—7. Taf. s6 — 92. (110) M. Sars, Ueber die Entwickelung der Medusa aurita und der Cyanea capillata. Arch. f. Naturgesch. Vol. 7, Bd. I 1841. (111) Steenstrup, Ueber den Generationswechsel, oder die Fortpflanzung und Entwickelung durch abweichende Generationen, eine eigenthümliche Form der Brutpflege in den niederen Thierclassen. Deutsch von Lorenzen. 1842. (112) Eschricht, Anatomisk-physiologiske Undersögelser over Salperne. Schriften der Königl. Dänisch. Gesellsch. d. Wissensch. naturh. u. math. Abtheil. VII. 1841, p- 299. Deutscher Auszug in Isis von Oken. 1842, p. 467. (112a) Milne Edwards, Observations sur les Ascidies composees des cötes de la Manche. Mem. de l’Acad. d. Sciences de l’institut de France. Bd. 18. 1842. (1135) P. J. Van Beneden, Recherches sur les Bryozoaires. Nouv. Mem. de l’Acad. Bruxelles. T. 18-und 19. 1845. (113a) — — Recherches sur l’embryogenie, lanatomie et la physiologie des Ascidies simples. Bruxelles 1846. Mem. Acad. roy. de Belgique. T. 20. (114) M. Sars, Fauna littoralis Norvegiae. 1. Heft. VII. Beobachtungen über die Organisation und Entwickelung der Salpen, p. 63. 1846. (115) Joh. Müller, Bericht über einige neue Thierformen der Nordsee. Müller’s Arch. f. Anat. Physiologie u. wissensch. Mediein. 1846, p. 101; 1847, p. 158. (116) Krohn, Observations sur la generation et le developpement des Biphores (Salpa). Annales d. Sciene. naturell. II. Ser. Zoolog. T. VI. 1846. (117) Leuckart, Ueber die Morphologie und die Verwandtschaftsverhältnisse der wirbel- losen Thiere. Ein Beitrag zur Charakteristik und Classifieation der thierischen Formen. 1848. Ueber den Polymorphismus der Individuen oder die Erscheinungen der Arbeits- theilung in der Natur. Ein Beitrag zur Lehre vom Generationswechsel. 1851. (118a) W. Busch, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklung einiger wirbellosen Seethiere. Berlin 1851. (119) Th. Huxley, XXIV. Observations upon the anatomy and physiology of Salpa and Pyrosoma. XXV. Remarks upon Appendicularia and Doliolum, two genera of the Tunicata. Philosoph. Transact. 1851, p. 567. (120) ©. Vogt, Bilder aus dem Thierleben. 1852, p. 26. (121) Krohn, Ueber die Gattung Doliolum und ihre Arten. Archiv f. .Naturgesch. 1852, p. 53. (122) H. Müller, Bericht über einige im Herbste 1852 in Messina angestellte vergleichend- anatomische Untersuchungen. IV. Mollusken. Zeitsch. f. wiss. Zoolog. Bd. 4, p. 329. 1853, u. in Verhandl. d. Würzburg. Gesellsch. für Natur- u. Heilkunde. 1852. T. III, p.57. (115) wet, ee u ee Geschichte: Literatur. 83 (123) V. Carus, System der thierisehen Morphologie. Leipzig 18593. (124) R. Leuckart, Zeugung, in Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. Bd. 4, p. 978. 1853. (125) Zoologische Untersuchungen. 2. Heft. Salpen und Verwandte. 1554. (126) Gegenbaur, Ueber die Entwicklung von Doliolum , der Scheibenquallen und von Sagitta. Briefliche Mittheilung an A. Kölliker. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. 5, p. 13. 1854. (127) ©. Vogt, Recherches sur les animaux inferieurs de la Meliterrande. Second Mem. Sur les Tunieiers nageants de la mer de Nice. Mem. de I’Institut Genevois T. II. 1854. (128) J. B. Meyer, Aristoteles Thierkunde. Ein Beitrag zur Geschichte der Zoologie, Physiologie und alten Philosophie. Berlin 1855. (129) Gegenbaur, Ueber den Entwieklungseyelus von Doliolum , nebst Bemerkungen über die Larven dieser Thiere. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. 7, p. 283. 1856. (130) J. Müller, Geschiehtliche und kritische Bemerkungen über Zoophyten und Strahl- thiere. Arch. f. Anat. Physiol. u. wissensch. Medie. 1858. (1321) Keferstein und Ehlers, Zoologische Beiträge. Leipzig 1561. (132) Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. IH. I. 1562. (132a) Haeckel, (ienerelle Morphologie der Organismen. Bd. II. 1866. (132b) Kowalevsky, Entwicklungsgeschichte der einfachen Ascidien. Mem. Acad. St. Petersbourg (7) T. X. 1866. (132c) — — Weitere Studien über die Entwieklung der einfachen Ascidien. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. VII. 1871. (133) H. Fol, Etudes sur les Appendieulaires du detroit de Messine. Mem. de la Societ de Phys. et d’hist. nat. de Geneve. T. XXI, 2. 1872. (133a) V. Carus, Geschichte der Zoologie bis auf Joh. Müller und Charl. Darwin. München 1872. (134) €. Claus, Grundzüge der Zoologie. 2. Aufl. 1872. 4. Aufl. Bd. II. 1532. (134a) Heller, Untersuchungen über die Tunicaten des adriatischen Meeres. Denkschrft. d. k. Acad. d. Wissensch. Wien. 1874, 15, 77. (135) R. Leuckart, Die Zoophyten. Ein Beitrag zur Geschichte der Zoologie. Arch. f. Naturgesch. 1875. Bd. I. (136) Fol, Ueber die Schleimdrüse oder den Endostyl der Tunieaten. Morpholog. Jahrbuch. Bd. I. 1876. (137) Moseley, On two new Forms Deep-Sea Ascidians. Transaetions of Linnean Society. Ser. I. Vol. I. London 1876. (135) Gegenbaur, (Grundriss der vergleichenden Anatomie. 1578. (138a) Balfour, Handbuch der vergleichenden Embryologie. Bd. II. 1831. (139) Grobben, Doliolum und sein Generationswechsel. Arbeiten aus dem zooloeg. Institut der Universität Wien. T. IV. 1882. (140) Report on the scientifie resultats of the voyage of Challenger. Herdman, Report on the Tunicata. Part I. Ascidiae simplices. Vol. 6. 1582. Part. II. Ascidiae compositae. Vol. 14. 1886. Part. 11I. Vol. 27. 1888. (141) Leunis-Ludwig, Synopsis der Thierkunde. Bd. I. 1883. (142) Uljanin, Die Arten der Gattung Doliolum im Golfe von Neapel. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. X. Monographie. 1884. (143) Seeliger, Die Entwicklungsgeschichte der socialen Aseidien. Jenaische Zeitsch. f. Naturwiss. Bd. 18. 1884/85. (144) C. Chun, Coelenterata, in Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. 1889—1992. (145) Lahille, Recherches sur les Tuniciers des eötes de France. Toulouse 1890. (146) Herdman, A revised classification of the Tunieata, with definitions of the orders, suborders, families, subfamilies, and genera, and analytical keys to the species, Journal of the Linnean Society. Vol. 23. 1891. (147) Korotneff, La Dolehiniamirabilis. Mittheilungen der zoolog. Station Neapel. Bd.X. 1891. (148) E. Haeckel, Anthropogenie oder Entwicklungsgeschichte des Menschen. 1891. 6” Zweiter Abschnitt. Erste Klasse: Die Appendicularien, Copelata. 1. Allgemeine Körperbeschaffenheit. 1. Der Bau: Der Körper der Appendicularien besteht aus zwei scharf gesonderten Abschnitten. Der vordere, der als Rumpf zu bezeichnen ist, enthält die wichtigsten Organe und entspricht dem Gesammtleib aller übrigen aus- gebildeten Tunicaten. Der hintere Abschnitt ist der Ruderschwanz, dessen Homologon in den anderen Klassen nur bei bestimmten Larvenformen auftritt, im ausgebildeten Zustande aber fehlt. Namentlich sind es die Ascidienlarven, welche eine so hohe Uebereinstimmung mit den Appen- diecularien bekunden, dass diese letzteren früher allgemein als jugendliche Ascidien betrachtet wurden. (Vgl. oben p. 64—66.) Im Hinblick auf diese Aehnlichkeiten hat Herdman bereits im Jahre 1882 (Nr. 25) die Gruppe der Appendieularien als „Larvacea“ bezeichnet und führt sie noch in seinem neuesten System (vgl. oben p. 77) unter diesem Namen als die dritte Ordnung der Tunicaten auf. Auf das Vorhandensein des Ruderschwanzes, dessen Axe von der Chorda gebildet wird, bei den aus- gebildeten Appendieularien deutete auch die von Balfour (Handbuch der vergleichenden Embryologie, Bd. II, 1881) eingeführte Bezeichnung „Perennichordata“ hin und ebenso der Name „Copelata‘, welchen, soviel ich sehe, zuerst Haeckel in seiner „Generellen Morphologie“ gebraucht hat (vgl. oben p. 70). Sowohl Rumpf als auch Schwanz sind bilateral symmetrisch gebaut. Im Rumpfe sind Bauch- und Rückenseite sehr verschieden, nicht blos bezüglich der Lagerung der inneren Organe, sondern auch in der äusseren Form. Stets erscheint die Bauchseite mehr oder minder stark abgeflacht, der Rücken dagegen stärker convex gekrümmt. Bei den Oikopleuren zeigt der Durchschnitt die Gestalt eines Dreiecks (vgl. Holzschnitt Fig. 1), dessen Basis die Bauchfläche, dessen Spitze die Mitte des Rückens bildet. Im Rudersehwanz dagegen sind Bauch und Rücken äusserlich ganz gleich, und es bedarf erst der näheren mikroskopischen Untersuchung, um vor- nehmlich durch die Lage des Nervenstranges die Rückenseite bestimmen zu können. Appendieularien. Ueberbliek über die Organisation. 35 Der Ruderschwanz inserirt sich bei allen Appendicularien an der Bauchseite des hinteren Rumpfabschnittes. Manchmal liegt die Anheftungs- stelle der Mitte ziemlich nahe, bei den meisten Formen befindet sie sich aber im hintersten Drittel des Rumpfes. Charakteristisch ist eine Drehung um 90°, die der Schwanz erfährt. Ueberall erfolgt sie in dem Sinne, dass die Rückenseite nach links (in Bezug auf den Rumpf), die ventrale nach rechts gerichtet erscheint: (Vgl. Fig. 1, Taf. IV.) Die durch den Rumpf gelegte Me- dianebene scheidet also im Schwanze Bauch und Rücken. Aeusserlich macht sich allerdings infolge der oben angedeuteten Beschaffenheit des Ruderorgans diese Störung des bilateralen Baues gar nicht be- merklich. Die Hauptaxen der beiden Querschnitt durch den vorderen Rumpftheil Körperabschnitte bilden mit ein- einer Oikopleura cophocerca, ®2/,. b Blut- ander während der Bewegungen bahnen: ec Ektoderm; fb Flimmerbogen; des Thieres sehr verschieden grosse fl Flimmerband ; gh Anlage des Gehäuses; eslenfejstlastsichdenVorder- gt Gallerte; Ad Kiemendarm ‚n Nervenstamm. = D. dorsal; L. links; R. rechts; V. ventral. körper dem Schwanze dicht an, und die Axen laufen parallel oder bilden einen äusserst spitzen, nur wenige Grade messenden Winkel. Das Hinterende des Rumpfes ragt dann frei über das Vorderende des Schwanzes hervor und ist, wenn in dieser Lage das Thier sich vorwärts bewegt, nach vorn gerichtet. Die linke Seite des vorderen Ruderschwanzes liegt also der Bauchseite des humpfes an. Diese Stellung der beiden Körperabschnitte ist bei Oikopleuren in der Ruhe und im Tode die gewöhnliche und lässt sich auch beobachten, wenn nach intensiver Bewegung des Ruderorganes der Körper noch weiter fortgleitet. Während der Aktion des Schwanzes wird dagegen der Winkel grösser und erreicht 90° und darüber. Bei seitlicher Ansicht hat dann, wie schon den ersten Beobachtern aufgefallen ist, das Thier eine hammer- förmige Gestalt; der Schwanz stellt den Stiel dar. In dieser Form trifit man aber auch häufig todte Fritillarien, und gar nicht selten erscheint der Rumpf vollständige umgeklappt mit frei hervorragendem Vorderende, während die Bauchseite seines Hinterendes der. rechten Seite des Schwanzes aufliegt. Das umfangreichste Organ des Rumpfes ist das Darmsystem, das sieh in Kiemendarm und Verdauungstraetus gliedert. Die Umwandlung des vorderen Darmabsehnittes zu einem Respirationsorgan ist es vornehm- lieh, welehe die Appendieularien als Tunicaten erweist. Sie erfolgt in 36 Appendieularien. höchts einfacher Weise dadurch, dass zwei besondere Ausführungsgänge (Spiraeulargänge) auftreten, welche den Kiemendarm direct mit der Aussen- welt in Verbindung setzen und den Ein- oder Abfluss des durch den Mund aus- oder eingetretenen Athemwassers ermöglichen. (Vgl. Holz- schnitt Fig. 2.) Es lässt sich unschwer der Nachweis führen, dass von diesen oder doch sehr ähnlichen Verhältnissen der complieirtere Bau des Kiemendarmes der übrigen Tunicaten abgeleitet werden muss. Nament- lich Fol und Seeliger haben diesen Standpunkt vertreten, und es ist gewiss zu billigen, wenn La- hille die Appendicularien als Ordnung der „Archi- pneusta“bezeichnet. Weniger glücklich scheint freilich der von ihm als Klassenbezeich- nung gewählte Name „Atre- mata“ zu sein, der eine fun- damentale Verschiedenheit der inneren Spiracularöffnungen und der Kiemenspalten der übrigen Tunicaten voraussetzt (vgl. oben p. 75). An den Kiemendarm schliesst sich der Verdauungs- tractus, der sich wieder aus mehreren Abschnitten zusam- Querschnitt dureh den Rumpf einer Orkopleur« SZ un yonbml a cophocerca, °/,. sp Spiraculum; r Reetum. den After direet nach aussen Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 1. mündet. Dieses letztere Ver- halten findet sich bei den anderen Tunicaten nicht mehr vor und beweist ebenfalls die ursprünglichere Stellung der Appendicularien nahe der Stammform des ganzen Stammes. Auf der Dorsalseite des Rumpfes, über dem Kiemendarm liegt das Nervensystem, in Gehirnganglion und Nervenstrang gesondert. Die Flimmergrube und das Otolithenbläschen werden ontogenetisch vermuthlich aus derselben Embryonalanlage wie das Nervensystem hervorgehen. Da die Entwickelung der Appendicularien bisher noch vollständig unbekannt ist, lässt sich das nur aus den 'Thatsachen der Ascidien- und Salpen- embryologie als wahrscheinlich erschliessen, ohne durch die directe Be- obachtung festgestellt zu sein. Ventral vom Darm befindet sich das Cireulationsorgan, welches nur in wenigen Fällen (Koswalevskia) fehlt. Ein muskulöses inneres Herz und eine äussere, flache Pericardiallamelle sind zu unterscheiden. Der Hinterabschnitt des Rumpfes wird durch die Geschlechtsorgane eingenommen. Die Appendicularien sind hermaphroditisch; nur vereinzelte Formen (Orkopleura dioica) sollen getrenntgeschlechtlich sein. — Ilas, 9% Ueberblick über die Organisation. 87 Der Ruderschwanz ist seitlich ausserordentlich stark comprimirt und übertrifft den Rumpf stets beträchtlich an Länge. Verhältnissmässig am kürzesten ist er bei den Fritillarien, etwa 1!/;mal so lang als der Rumpf; bei Appendicularia sicula übertrifft er diesen etwa 2'/, mal, bei den Oikopleuren um das 3—4!/;- und 5!/, fache, bei Aowalevskia ist er fast Smal so lang. Infolge der seitlichen Zusammendrückung gilt die dorso -ventrale Axe als die „Breite“ des Schwanzes, die laterale als die „Dicke“. Diese letztere ist im Verhältniss zu den anderen Ausdehnungen ausnahmslos eine verschwindend Fig. 3. kleine Grösse, über welche meist gar keine A Angaben gemacht werden. Stets ist der Schwanz breiter als der Rumpf, nur an seinen Enden, und namentlich am hinteren, kann er bei manchen Formen so stark verjüngt sein, dass er schmäler wird als dieser. Die breiteste Stelle überragt nur ausnahmsweise die Lateral- axe des Rumpfes um mehr als das Doppelte. Bei allen Formen übertrifft die Länge des Schwanzes um ein Mehrfaches seine Breite; bei den Fritillarien um das 2'/,—8!/,fache, bei den Oikopleuren um das 4!/,—6 fache. Die zuletzt genannte Zahl gilt auch für die Kowalevskiaden. Der Schwanz besitzt also überall ruderförmige Gestalt und erscheint daher zur Erfüllung seiner Aufgabe als Loco- motionsorgan besonders geeignet. A Optischer Durchschnitt durch den Schwanz von Fri- tillaria megachile. (Nach An der Aussenseite befindet sich das ein- eo schichtige flache Ektodermepithel, das in B “uerschnitt durch den die äussere Hautschicht des Rumpfes übergeht Schwanz von Oikopiauna : = ; cophocerca. ®*/ b Blut- und den Zusammenhang beider Körperabschnitte > En { SE bahnen; ch Chorda; ec Ekto- bedingt. Ausserdem erstreckt sich nur noch der derm; gt Gallerte; mu Mus- Nervenfaserstrang vom Rumpfe aus in den kulatur; n Nervenstrang. Schwanz hinein, um dorsal von der Chorda (infolge der oben erwähnten Drehung also auf der linken Seite des Rumpfes) seine ganze Länge zu durchziehen. Nur das hinterste Ende bleibt von ihm frei. Ein continuirlicher zelliger Belag fehlt dem Nervenfaserstrang; nur an verschiedenen Stellen finden sich grössere oder kleinere Gruppen von Ganglienzellen vor. Sehr häufig liegen einzelne Ganglienzellen voll- ständig isolirt, meist aber zu 2—6 dicht nebeneinander, und im vorderen Schwanzabschnitt findet man überall ein umfangreicheres Ganglion, das sich aus sehr zahlreichen Zellen zusammensetzt. Die Zahl der Ganglien und ihre Vertheilung ist bei verschiedenen Arten sehr verschieden und unterliegt selbst bei verschiedenen Individuen einer Species ausser- ordentlich grossen Modificationen, 88 Appendieularıen. Auf den Ruderschwanz beschränkt sind die Chorda und die Mus- kulatur. Die erstere stellt ein homogenes stabförmiges Gebilde dar, das die Axe einnimmt und von einer zähen, membranartigen Scheide um- schlossen wird. Ueber die Beschaffenheit des Inhalts sind die Angaben controvers. Die Muskulaturbesteht aus zwei Bändern, die sich fast durch die ganze Länge des Schwanzes hindurch erstrecken und zwischen sich die Chorda und das Nervensystem ein- schliessen. Nach Behandlung mit bestimmten Reagentien zerfällt ein jedes Muskelband in eine Reihe aufeinander folgender Theile. Meist lassen sich 10 solcher Abschnitte nachweisen (Fig. 4, Taf. IV). Ziemlich allgemein hat man dieselben als echte Muskelsegmente aufgefasst und mit den Myomeren oder Myocommatis des Amphioxus und der Vertebraten vollkommen homologisirt. Die Auffassung, dass die Appendieularien sowie die Vertebraten segmentirte Thiere seien, wurde namentlich dadurch wesentlich gestützt, dass Ray Lankester (Nr. 39) in der Fri- tillarca furcata eine Form beschrieb, bei welcher die Zahl der Ganglien im Schwanze genau der der Muskelabschnitte entsprechen sollte. Ziemlich in der Mitte eines jeden „Muskel- segmentes“ sollte das entsprechende Ganglion gelegen sein, welches mit einem Paar motorischer Nerven das Myomer versorge (vgl. Holzschnitt Fig. 4). Ganz neuerdings sind diese Angaben Ray Lankester’s durch Seeliger (Nr. 52) Fritillaria furcata. (NachRay 4]s iwrthümlich erwiesen worden. Die Muskel- Lankester.) ch Chorda; bänder bestehen bei Fritillaria furcata nicht /g Flimmergrube; g Gehim- aus 7, sondern aus 10 Abschnitten, und es ganglion; 9, —g,die7Schwan- ind nicht 7, sondern mindestens 8 Schwanz- ganglien; hz Herz; mu Mus- : : : kulatur des Schwanzes in z gauglien vorhanden, welche sich auf jene un- „Segmente“ zerfallen: n Ner- regelmässig vertheilen. Bei den grossenViko- venstrang; ov Ovarium; pleuren steigt die Zahl der Ganglien bis t Hoden. weit über 380. Das vermeintliche Muskelsegment ist durch Seeliger auf jeder Seite als eine einzige riesige Muskelzelle erkannt worden, und das ganze Muskelband jeder Seite setzt sich also aus 10 hintereinander gelegenen, einzelnen Zellen zusammen. Die „Segmentgrenzen“ sind lediglich die Grenzen zwischen zwei Zellen. 59 9. Die Eärbe. Vollkommen farblos und glashell durchsichtig sind nur wenige von den bisher lebend beobachteten Formen (z. B. Oikopleura fuszformis, Fritillaria megachile). Obwohl diese Fritillaria im Rumpf und Schwanz eine Länge von 2'/, und 4 mm erreicht, soll sie doch, wie Fol berichtet, infolge ihrer Durchsichtigkeit dem unbewaffneten Auge kaum erkennbar sein. Weitaus die meisten bisher beschriebenen Färbungen haben ihren Grund in Pigmentkörperehen, die sich fast ausnahmslos in Alkohol und in den sonst- gebräuchlichen Conservirungsflüssigkeiten auflösen oder doch so verändern, dass der ursprüngliche Farbenton verschwindet. Diese Pigmente sind vorwiegend in den Zellen verschiedener innerer Organe abgelagert, fehlen aber auch im Ektoderm nicht ganz. Wo die Appen- dicularien in ungeheuren Schwärmen erscheinen, erwecken sie den Eindruck, als ob das Meerwasser selbst gefärbt wäre. So berichten Quoy und Gaimard (Nr. 46, p. 306), dass ihre Orkopleura bifurcata, die sie in der Algoabucht fanden, das Meer rothbraun erglänzen liess, und sie glauben, dass die alten Berichte von blutfarbenem Meerwasser zum Theil durch das massenhafte Vorkommen von Appendicularien veranlasst worden seien. Orange gefärbt erscheinen die ektodermalen Tastzellen und die Haut- zellen an verschiedenen Stellen bei Fritillarien und Oikopleuren. Hauptsächlich aber ruhen die Pigmente im Darm und in den Geschlechts- organen. Besonders gross sind die Pigmentkörper im Reetum von Oxrko- pleura rufescens, wo jede Zelle einen violett-rothen Fleck zeigt (Fol). Sehr häufig erscheint der Darmkanal in blauen Farbentönen (Orkopleur« coerulescens, Oik. dioica) oder gelb (Oikopleura Chamissonis Mertens). Besonders prächtig roth und gelb gefärbt ist er bei Megalocercus abyssorum, dessen Endostyl ebenfalls in orange leuchtet (Chun). Siennafarben ist der Magen der Orkopleura rufescens, während die Wandzellen der Ge- schlechtsorgane orangeroth erscheinen. Bemerkenswerth ist, dass die letztere Färbung jungen Individuen noch fehlt und erst dann auftritt, wenn die Zeit der Geschleehtsreife sich nähert. Purpurrothe Pigmente beschreibt Hartmann (Nr. 22, p. 100) im Schwanze seiner Orkopleura Malmii. Es ist allerdings nieht sicher zu entnehmen, an welche Zellen dieselben gebunden sind, und ebenso scheint es mir sehr fraglich, ob dieselben in der That ein zartröthliches Gesammt- aussehen hervorrufen können. Hartmann berichtet nämlich: „Die regel- mässigen, vor und hinter den inneren Schwanzgebilden sich erstreckenden Längsanhäufungen eines diffusen purpurnen Pigments bedingen wohl das zartröthliche Gesammteolorit des sich noch lebhaft bewegenden Thieres, wogegen das absterbende nur jene distineten Pigmentanhäufungen er- kennen lässt.“ Nicht immer betrifft die Färbung die Zellen selbst, sondern zuweilen deren Secrete und die Blutflüssigkeit. Bestimmte Pigmentkörperchen sind in diesen Fällen nicht nachgewiesen worden, vielmehr sollen die Farben 9) Appendieularien. oleichartig homogen erscheinen und auf einer optischen Eigenschaft auch der kleinsten Theilchen der betreffenden Massen beruhen. Dies gilt von der purpurrothen Blutflüssigkeit, welche allerdings nicht alle, sondern nur einzelne Individuen der Orkopleura dioica nach Fol besitzen. Ebenso secerniren die beiden grossen Drüsen, die sich bei Orkopleura cophocerca im Vorderkörper, seitlich vom Munde befinden, eine klebrige Substanz, welche im auffallenden Lichte gleichmässig orangeroth gefärbt, im durch- fallenden dagegen smaragdgrün erscheint (Fol). Die chemische Be- schaffenheit des Secrets ist noch nicht geprüft; es erinnern aber diese auffallenden Erscheinungen der Fluorescenz, äusserlich wenigstens, an das bekannte Verhalten von Chlorophylllösungen. Die schleimigen Massen setzen sich an der Schale des Thieres in Form von Streifen ab; ist ein Gehäuse noch nicht gebildet, so bezeichnen farbige Flecke an den Wänden der Aquarien die Stellen, an welchen die Secrete abgestreift wurden. Eine bestimmte Art Färbung wird durch Parasiten hervorgerufen. Es sind schon längst Individuen von Ozkopleura cophocerca beschrieben worden, welche vor den anderen durch eine citronengelbe Farbe auffallen. Diese ist bedingt durch ungeheure Mengen gelblich-grüner, meist runder Körperchen, welche ungefähr 0,05 mm im Durchmesser messen und vor- wieeend die Leibeshöhle erfüllen. Sie eireuliren mit dem Blute und er- leichtern die Beobachtung des Kreislaufs der sonst farblosen und zellen- leeren Blutflüssigkeit. Neuerdings sind durch Chun auch bei Megalocereus parasitäre Zellen beobachtet worden. Die Natur dieser Fremdkörper ist bisher nicht festgestellt, doch dürfte es sich wohl um pflanzliche Para- siten handeln. — Individuelle Variabilität der Färbung. Naturgemäss ist die durch Parasiten hervorgerufene Färbung nur auf bestimmte Individuen beschränkt, aber auch die an bestimmten Körpertheilen der Appendieularie selbst haftende Farbe zeigt so beträchtliche Verschiedenheiten, dass sie vielfach nicht mehr als ein constantes Artenmerkmal gelten kann. Es ist oben bereits angedeutet worden, dass bei Orkopleura dioica die Blut- flüssigkeit hell oder roth sein kann und dass bei Orkopleura rufescens die Geschlechtsorgane der jungen Thiere farblos, der alten orangeroth sind. Besonders der „Magen“ variirt in seiner Färbung; bei Oxkopleura spissa ist er meist wasserhell, seltener blau, bei Ozk. diorca bald tiefblau, bald violett. Bei Fretillaria megachile sind die ektodermalen Tastzellen bald vollkommen farblos, bald orange. Interferenzerscheinungen. Eine besondere Art von Farben- erscheinungen ist nicht auf bestimmte Pigmente oder constante Färbungen zurückzuführen, sondern tritt an an und für sich farblosen Körpertheilen auf. Bereits Mertens schreibt, dass er sich an dem „in Regenbogen- farben spielenden Schwanze nicht satt sehen“ konnte, und man kann sich leicht überzeugen, wie das sonst farblose Ruderorgan im Sonnenlicht in bunten Farben leuchtet. Die bestimmte optische Ursache dieses Verhaltens ist bisher nicht festgestellt, und vermuthlich wird eine genauere Unter- Farbe. (rrösse. 9] suchung auf sehr verwickelte Verhältnisse stossen. Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass nur eine einfache Brechung des Lichtes nach den Gesetzen der prismatischen Farbenzerstreuung erfolgt, sondern glaube, dass Interferenzerscheinungen vorliegen. Freilich ist es noch unbekannt, welches Organ des Schwanzes das Farbenbild hervorruft. Sollte es das Ektoderm sein, so wird sich wohl der Vorgang nach den Prinzipien er- klären lassen, welche die Farben dünner Plättchen bestimmen; sind es aber die Muskelplatten, die sich aus quergestreiften Fibrillen mit doppelt und einfach liehtbrechenden Theilchen zusammensetzen, so werden wahr- scheinlich die verwickelteren Processe der chromatischen Polarisation die Farbenerscheinungen bedingen. 3. Die Grösse. Die Appendiecularien sind durchweg sehr kleine Formen. Unter den übrigen Tunicaten bleiben im allgemeinen nur die Einzelthiere mancher Synascidien an Grösse hinter jenen zurück. Die grösste, bisher in nur wenigen Exemplaren bekannt gewordene Appendieularie ist der Megalo- cercus abyssorum, der eine Gesammtlänge von 30 mm erreicht, wovon S mm auf den Rumpf entfallen. (Vgl. Taf. I, Fig. 3.) Auch die von Mertens unter dem Namen Oxrkopleura Ohamissonis beschriebene Form erreicht eine bedeutendere Grösse. Sind die Zeichnungen in getreuer Grösse wiedergegeben, so misst der Rumpf 5 mm, der Schwanz über 15mm. Eine skandinavische Orkopleura, die Hartmann (Nr. 22) als Oik. Malmit bezeichnet hat, ohne allerdings sicher zu sein, ob sie eine neue Art dar- stelle, erreicht eine Gesammtlänge von 12—16 mm. Ihnen am nächsten kommen Stegosoma, Oikopleura magna und Ork. cophocerca, für deren Rumpf- und Schwanzlängen folgende Zahlen angegeben werden: 3 mm und 12 mm; 4mm und 8-10 mm; 53mm und Smm. Auch die Kowalevskia tenuis erreicht über 8 mm Länge, wovon allerdings nur 1,1 mm auf den Rumpf entfallen. Die meisten Formen sind 4—5 mm lang; einige bleiben freilich noch beträchtlich darunter, wie z. B. die Appendeicularia sicula, deren Rumpf nur 0,42 mm, deren Schwanz 1,1 mm misst. Bemerkenswerth ist das Vorkommen besonders grosser Individuen bei Orkopleura cophocerca. Fol fand solche „pathologisch veränderte“ Formen, deren Ruderorgan zwar normal gestaltet, deren Rumpf aber auf- gebläht und 5,5 mm lang war. Der Endostyl und das Gehirn hatten ihre normalen Dimensionen bewahrt; besondere Durchsichtigkeit zeichnete diese Thiere aus. Auch bei Megalocercus scheinen bedeutende Grössen- schwankungen vorzukommen. Chun giebt nämlich für die drei von ihm aufgefundenen Exemplare die Längen von 13 mm, 22 mm und 30 mm an. Allerdings liess sich nicht feststellen, ob die kleineren Thiere voll- ständige Geschlechtsreife erlangt hatten. 92 Appendieularien. II. Das Gehäuse. Die erste und ausführliche Beschreibung des Baues und der Bildung des Gehäuses hat Mertens (Nr. 45) gegeben. Mehrfach hat er allerdings in der Deutung der einzelnen Theile geirrt, und es ist seine Auffassung, dass das Gebilde, welches er als „Haus“ bezeichnete, das Respirations- organ der Appendicularie darstelle und von zahlreichen Blutgefässen durchsetzt sei, freilich nicht mehr zutreffend; trotzdem aber bietet seine Darstellung viele treffliche Bemerkungen, die bis auf den heutigen Tag volle Giltigkeit bewahrt haben. Die späteren Beobachter Joh. Müller, Huxley, Leuckart und Gegenbaur haben das Gehäuse nicht wieder- gefunden, und so schien es fast, als ob Mertens, trotz der reichen Details, die er anführt, irrthümlicherweise einen Fremdkörper für ein Organ der Appendieularie gehalten hätte, bis endlich im Jahre 1858 Allman (Nr. 1) das „Haus‘‘ bei einer anderen Form an der schottischen Küste nachwies und die wesentlichsten Irrthümer seines Vorgängers be- richtigte (Nr. 2). Später hat namentlich Fol durch imustergiltige Be- obachtungen unsere Kenntniss über das Appendicularienhaus bereichert. Bau und Grösse. Am einfachsten ist das Gehäuse, wenn diese 3/ Kowalevskia tenuis in der Schale. (Nach Fol) °/.. Bezeichnung hierfür überhaupt noch angewendet werden darf, bei den Fritillarien. Um den vorderen Körper wird hier eine zarte Schleim- schicht abgesondert, welche niemals so umfangreich wird, dass sie das a a a a nn a Bau und Grösse des Gehäuses. 93 ganze Thier umhüllt. Nur wenn der Sehwanz in Bewegung geräth, wird die Masse zu einer Blase aufgebläht, die an zwei gegenüber liegenden Stellen weite Oeffnungen zeigt. Der einen derselben liegt die Mund- öffnung nahe, durch die andere fliesst das ausgetretene Athemwasser ab. Hört die Bewegung des Ruderorgans auf, so fällt die Blase wiederum zu einer dünnen Schleimmasse zusammen. Das Gehäuse der Kowalevskia tenuis ist zwar ebenfalls äusserst wenig resistent, besitzt aber doch bereits eine ganz bestimmte Gestalt, die einem Rotationsellipsoid mit sehr verschieden langen Axen gleicht. Aussen ist es glatt; an einem Pole der kurzen Axe befindet sich eine weite Oeffnung, die in einen geräumigen inneren Hohlraum führt. In denselben springen 24—28 meridional verlaufende, rippenförmige Vorsprünge ein. Der Oeflnung gegenüber ruht am Grunde der Schale die Appendieularie. Ihr Rumpf ist mit dem Gehäuse leicht verwachsen, der Schwanz bleibt frei beweglich. Wie die Carminfütterungen lehren, tritt das Wasser in die Gehäusehöhle ein, wird in dieser durch die Schläge des Ruderschwanzes umhergetrieben und fliesst an einem Rande der Oeffnung wieder nach aussen ab. Das Gehäuse erreicht eine ausserordentliche Grösse; die beiden Axen messen bis 35 mm und 20 mm und übertreffen daher die Rumpflängen fast um das 35 fache. Sehr ähnlich geformt ist das Ge- häuse der Appendicularia sicula, obwohl es bedeutend kleiner ist und seine Axen nur 2,6 mm und 1,5 mm messen. (Vgl. Fig. 2, Taf. I.) Die meridionalen Rippen der vorher beschriebenen Form fehlen zwar, dafür aber finden sich im inneren Hohlraum einige andere Falten. Etwas complieirter ist das Gehäuse bei den meisten Oikopleuren gestaltet. Vielfach bleibt es allerdings so weich und schleimig, dass die geringste Be- rührung hinreicht, um es zu zerstören und dass Infusorien eindringen, in ihm lebendig bleiben und sich, wenn freilich auch nurlangsam, umherbewegen können. Bei einigen grösseren Formen scheint es aber etwas resistenter zu sein. Die Aussenseite ist meist ziemlich klebrig, so dass Fremdkörper leicht festgeheftet bleiben. Die äussere Form variirt bei verschiedenen Arten reeht auffallend, und auch individuelle Verschieden- heiten lassen sich feststellen. Der innere Hohlraum, der sehr verschieden gestaltet sein kann, steht meist durch drei Oefinungen mit der Aussenwelt Fig. 6. Oikopleura cophocerca in der Schale von links gesehen. (Nach Fol.) °],. 94 Appendieularien. in Verbindung. Zwei befinden sich seitlich im vorderen Schalentheile und sind an der Aussenseite trichterförmig erweitert (in dem vorstehenden Holzschnitt Fig. 6 ist nur die linke Oeffnung zu sehen). Bei Orkopleura cophocerca liegen die beiden Oeffnungen mehr ventral, bei ©. döoica dorsal. An ihrem Eingang befindet sich ein System rechtwinklig sich kreuzender Fibrillen, die wohl nur Verdiekungen der sonst homogenen Gehäusemasse darstellen. Bereits Claparede (Nr. 9) hatte parallel verlaufende, wellen- förmige Linien an der Innenseite des (Gehäuses beschrieben, welche in regelmässigen Abständen Verdiekungen zeigten. Da diese letzteren bei allen Linien in gleicher Höhe nebeneinander liegen, so „entstehen durch die Gesammtzahl derselben diekere Linien, die der Quere nach verlaufen“. Fol’s Darstellung, der ich oben gefolgt bin, weicht davon etwas ab. Es scheint mir nicht unwahrscheinlich, dass diese eigenthümliche Structur bestimmter (Gehäusetheile von gewisser Seite verkannt wurde und zur Annahme besonderer Muskel Veranlassung gegeben hat. (Vgl. unten Kapitel VIII.) Die dritte Oefinung liegt am Hinterende der Schale; während durch die beiden ersteren das Wasser einströmt, verlässt es durch die letztere das Gehäuse, nachdem es der Athmung des Thieres gedient und ihm Nahrung zugeführt hat. Das Gehäuse der Orkopleura cophocerca misst in seinen beiden grössten Axen 17,5 mm und 8,5 mm. DBeträchtlich grösser ist das von Mertens im Behringsmeer beobachtete der ©. Chamissonis, das eine Länge von über 50 mm zu erreichen scheint. Eine etwas abweichend geformte Schale hat neuerdings Swainson (Nr. 55) für eine nicht genau bestimmte Appendieularie beschrieben. Die äussere Gestalt des Gehäuses ähnelt einer Bischofsmütze. Moss (Nr. 44) bildet ein schmetterlingsähnliches, etwa 6 mm breites Gehäuse ab, das ganz besonders geeignet erscheint, mit seinen flügelförmigen Fortsätzen im Wasser in der Schwebe erhalten zu werden. Für die beiden grössten Mittelmeerarten (Megalocercus und Stegosoma) ist das „Haus‘‘ bisher noch nicht bekannt geworden, doch vermuthet Chun (Nr. 8, p. 42) in eigenthümlich geformten, diekwandigen Gehäusen der Phronima sedentaria die Schale der ersteren Form. Chemische Beschaffenheit. Die chemische Beschaffenheit des Ge- häuses wurde bei den Oikopleuren von Fol untersucht, ohne dass allerdings die Zusammensetzung der Masse klar erkannt worden wäre. Cellulose enthält sie nicht, und Jodtinetur und Jod-Jodkaliumlösung auch nach Schwefelsäurezusatz bleiben auf sie ohne Einwirkung. Ueberosmium- säure, Goldchlorid und Silbernitrat färben sie gar nicht, Carminlösungen nur sehr schwach. Im Alkohol, in vegetabilischen und animalischen Säuren behält das Gehäuse seine Durchsichtiekeit. Moss fügt hinzu, dass beim Verbrennen kein salpetriger Geruch bemerkbar sei. Die leeren, im Meere umhertreibenden Schalen zersetzen sich erst nach mehreren Tagen, obwohl die Form des Gehäuses sehr bald durch die leichtesten mechanischen Einwirkungen verändert wird. Bildung des (rehäuses. or oO Jo) Bildung des @ehäuses. Das Gehäuse wird von Ektodermzellen des Rumpfes ausgeschieden, und zwar sind es besonders umfangreiche Drüsen- zellen, welche an bestimmten, für die verschiedenen Formen charakteris- tischen Stellen zu mehr oder minder umfangreichen Gruppen und Zonen angeordnet sind. Bei Appendicularia sicula ist diese verdickte Zone hufeisenförmig, und die beiden Schenkel erstrecken sich zu den Seiten des Kiemendarmes von hinten und vom Rücken aus ventral nach vorn zu. (Vgl. Fig. 1, Taf. I, ec.) Auch bei den Fritillarien ist die Drüsenregion hufeisenförmig, auf dem Rücken breiter, an den Seiten ventral zu immer schmäler, aber auf die nächste Umgebung der Mundöffnung beschränkt. Bei Kowalevskia beginnt die Bildung der Schale am Rücken, und die letztere dehnt sich dann in einer nicht näher untersuchten Weise über den Rumpf aus. Bei den Oikopleuren erstreckt sich die Drüsenzone über den ganzen Vordertheil des Rumpfes und reicht auch an den Seiten dorsal ziemlich weit nach hinten. Zunächst wird eine homogene, durchsichtige Schleimschicht ausgeschieden, welche dem Ektoderm noch dicht und ziemlich fest anliegt. Sehr frühzeitig treten, wie es ja auch sonst bei Drüsensecretionen vorkommt, Zellen und Zellentheile in die abgesonderte Schleimschicht ein (Fig. 6, Taf. II), wo sie allmählich sich auflösen (Fig. 5, Taf. II), ohne, wie es bei den mesodermalen Mantelzellen der übrigen Tunicaten der Fall ist, sich lebensfähig erhalten zu können. (Seeliger, Nr. 51.) Ein complicirtes System von Streifungen und Falten zeichnet die junge Gehäuseanlage aus. Allmählich verdickt sich das Secret und übertrifft die Längen der Queraxen des Thieres selbst. Dann lockert sich der Zusammenhang zwischen der jungen Schale und dem Thiere infolge bestimmter Bewegungen des Schwanzes, und nach 1—2 weiteren Minuten (Fol) erlangt die erstere ihre bleibende Gestalt. Die Bildung des Gehäuses vollzieht sich überaus schnell. Schon aus den Angaben von Mertens ging hervor, dass das grosse Gehäuse seiner Orkopleura in weniger als einer Stunde fertig gebildet war; so schnell vollzieht sich der Vorgang, dass er schreiben konnte: „und mit meinen Augen sehe ich dieselben (die Gehäuse) wachsen und alle die künstliche Ausbildung erhalten“ (Nr. 43, p. 209). Bei der leisesten Berührung und wohl auch freiwillig verlassen die Thiere ihre Gehäuse. Das ist bereits Mertens aufgefallen, denn er berichtet: „Allein, so vorsichtig ich auch war, einige dieser merkwürdigen Thierchen in ihrer Hülle zu fangen, musste ich doch sehen, dass sie nach einigen starken Schlägen mit dem oben benannten schwanzartigen Organ ihr Haus verliessen, sobald sie in’s Glas geschlüpft waren.“ Fol sah Vikopleuren nie länger als 3 Stunden in demselben Gehäuse aus- harren, Moss sogar selten nur über 1 Stunde. Das nackte Thier beginnt, wenn es lebenskräftig genug ist, sofort mit der Bildung eines neuen Gehäuses. Häufig ist damit sogar schon innerhalb des alten begonnen worden, und die Entfaltung des neuen Hauses 96 Appendieularien. erfolgt dann bereits !/, oder !/, Stunde nach dem Verlassen des alten. Mertens sah ein jedes seiner Thiere im Laufe eines Tages 5—6 mal ein Gehäuse bauen, und Fol berichtet, dass eine lebenskräftige Kowa- levskia alle zwei Stunden eine neue Schale bilden könne. Niemals wurde bisher beobachtet, dass eine Appendicularie ein verlassenes Gehäuse wieder bezogen hätte. Wie Mertens erwähnt, collabiren dieselben sehr bald zu einer formlosen schleimigen Masse. Eine vollständige Zersetzung tritt erst nach mehreren Tagen ein. (Vgl. oben p. 94.) Doch ist es sehr wohl möglich, dass die Gehäuse anderer Formen widerstandsfähiger sind und, wie oben erwähnt wurde, von Phronimiden eingenommen werden. Function und Nutzen des Gehäuses. Wenn das Thier sich im (rehäuse bewegt und Wasser ein- und ausströmt, geräth auch das Haus selbst in deutliche Bewegungen, die, wie bereits Mertens erkannt hat, „in Contraetionen und Dilatationen bestehen“. Diese Erscheinungen er- klären sich, solange wenigstens das Thier an einer kleinen Stelle noch mit der Innenseite des Gehäuses verbunden bleibt, bei der zarten Be- schaffenheit der Schale in befriedigender Weise aus den Bewegungen des Ruderorgans und aus dem wechselnden Druck, den das eirculirende, ein- und ausströmende Wasser während der Action des Schwanzes ausübt. Es ist gar nicht nothwendig, dass besondere Muskeln vorhanden sein müssen, welche das Thier dem Gehäuse verbinden und die Bewegungen des letzteren reguliren. Zwar ist ein solches Muskelpaar von Eisen für seine Vexillarca speciosa beschrieben worden (vgl. unten Kapitel VIII), doch scheint mir ein Irrthum nicht ausgeschlossen zu sein. Das durch die Schwanzbewegungen aus dem Gehäuse hinausgetriebene Wasser bewirkt dureh Rückstoss eine langsame Bewegung des Organismus in entgegengesetzter Richtung. Es ist selbstverständlich, dass bei dem gleichen Kraftaufwand des Ruderorganes die Vorwärtsbewegung des nackten Thieres eine viel behendere und raschere ist. Besonders auffallend macht sich der Unterschied bei Fritillarda bemerklich, die in ihrem Ge- häuse selbst bei intensiver Thätigkeit des Schwanzes kaum merklich ihren Ort verändert, während sie ohne dasselbe sich mit grosser Geschwindig- keit umhertummelt (Fol). Das geringe specifische Gewicht und die ver- hältnissmässig grosse Oberfläche erhalten freilich die Schale mit dem Thiere im Wasser schwebend, die Ortsveränderung aber wird dureh das Gehäuse erschwert. Daher wird auch dieses dann freiwillig vom T'hiere verlassen, wenn es eine andere Stelle aufsucht. Der Nutzen der Schale für das Thier kann also in dieser Beziehung nur darin liegen, dass es diesem erleichtert wird, auch ohne Thätigkeit seines Bewegungsorganes in Ruhe im Wasser schwebend zu bleiben. Von viel grösserer Bedeutung ist aber das Gehäuse als Schutzorgan. Da es überaus leicht bei der geringsten Störung von dem T'hiere verlassen werden kann, geschieht dies auch dann, wenn es von einem Feinde angegriffen wird. Diesem bleibt aber nur die Schale als Beute, und die Appendi- cularie schwimmt meist unverletzt davon. Natürlich sichert das Gehäuse Tafelerkläarung. Für alle Abbildungen, die sich auf Appendiecularien beziehen, gelten folgende Buch- staben und Bezeichnungen: a After. b Blutbahnen. e Cutieula. ch Chorda. chl: Chordakern, e Endostyl. ee Ektodermale Leibeswand. ec, Verdicktes Ektoderm, von welchem die (ehäusebildung ausgeht. fd Flimmerbogen. fg Flimmergrube (Geruchsgrube, Hypo- physis). fl Ventrale Flimmerbänder. 9 Gehirnganglion. 91:93 -... Die Schwanzganglien. gh (zehäuse oder Schale. gh, Höhlung des Gehäuses. gl Drüsen. gt Gallerte, die primäre Leibeshöhle er- füllend. gz Ganglienzellen. h Leber. (Nach Chun’s Bezeichnung, von älteren Autoren Magen genannt.) hz Herz und Pericardium. t Intestinum. kd. Kiemendarm. ! Mundlippen. Ih Primäre Leibeshöhle. m Magen. mk Muskelzellkerne. mw Muskulatur. mz Mesenchymzellen. n Hauptnervenstamm. n, Kiemennerv. n, Nerv des Mundrandes. o Mund. oe Oesophagus. ot Ötolithenbläschen. ov Ovarium. p Pylorus. r Rectum. sp Spiraeulum spg Spiraeulargang oder Spiracularhöhle Atrialkanal Huxley’s. s Sinneszellen. t Hoden. Bezeichnungen, die bei einzelnen Figuren besonders angeführt sind, gelten »ur für diese. Neben mehreren Abbildungen, die unter Vergrösserungen gezeichnet wurden, sind die natürlichen Grössenverhältnisse des Rumpfes und Schwanzes schematisch eingetragen. Die Abbildungen, bei welehen kein Autorname angegeben ist, sind Originale. TIL. Spplt. Ar Saar A Be Sea 2:9 24 BER e " „IrE) tif h a Ber 5,0 Fr ER RN RL Erklärung von Tafel I. l Br Appendicularien. . Appendicularia sieula, Thier mit seinem Gehäuse. (Nach Fol.) 2. . Megalocercus abyssorum in natürlicher Grösse vn non aus geschen. (Nacl . Rumpf des Thieres von rechts gesehen. (Chun.) ®° . Der vordere Rumpfabschnitt desselben Thieres ke vergrössert. 2*. ; Oikopleura cophocerca, Thier mit Gehäuse. m vn Ungefähr 3. . Rumpf von Stegosoma pellweidum von links Bann ac an 28. . Vorderes Körperende stärker vergrössert. (Öhun.) $ . Rumpf von Appendieularia sicula von links gesehen. (Nach Fol.) 200, etwas kleinert. weibliches Thier. 28, > ® Tunicata. Taf.l. mu Tsth.Anst. Julns Kimkhardt,Leipzig Erklärung von Tafel Il. Appendicularien. Fig. 1 2 SL) . Fritillaria fwreata vom Rücken gesehen. (Nach Fol.) 2%. A. Rumpf von Kowalevskia temuis (noch nicht ganz ausgewachsenes Thier) von rechts gesehen. (Nach Fol.) &*. B. Stück aus dem Kiemendarm desselben Thieres stärker vergrössert. +32. . Kowalevskia tenwis ventral gesehen. (Nach Fol.) -2. 4. Region des Ganglions und der Flimmergrube von Fritillaria fwrcata. (Nach Fol.) %. or 6. oo h) . Schnitt durch die Leibeswand einer ausgebildeten Oxkopleura cophocerea. In der äusseren Schleimschicht des in Bildung begriffenen Gehäuses sind einige ausgewanderte, in Auflösung begriffene Ektodermzellen zu sehen. (Nach Seeliger.) 238, (uerschnitt durch das Hautepithel eimer ganz jungen .Oikopleura cophocerca. In die dünne Schicht des Gehäuses tritt eine Ektodermzelle ein. (Nach Seeliger.) 333, . Ektodermzellen aus der hinteren Schwanzregion (über dem Ende des Muskelbandes gelegen) von Orkopleura cophocerca. 232. A. Ektodermzellen aus dem Schwanze eines jungen Thieres (Oikopleura cophocerca?) 23°. Darunter B. Zwei Kerne derselben bei stärkerer Vergrösserung. 342, , Strahlförmiges Muskelfaserbüschel von Vexillaria speciosa. (Nach Eisen.) * Befestigungsstelle am Mantel; ** Enden in der Leibeshöhle nahe dem Oesophagus. N U IV Erklärung von Tafel IM. Appendicularien. - = > v = nu a & E “ en E . er n Fie. SI [0 +} . Ektoderm aus der vorderen Randpartie des Ruderschwanzes von Fritillaria urbicans. (Nach Fol.) 222. nz — Ektodermale Nesselzellen. st — Ektodermale sternförmige Zellen. Ektodermzelle aus der Mitte des Schwanzes von Otkopleura cophocerca. *2%. . Längsschnitt durch eine ähnliche Ektodermzelle. #22, k—= Kern der Zelle pl= Plasma der Zelle. . Vorderster Abschnitt des caudalen Nervenstrangs mit dem grossen ersten Schwanzganglion von Oikopleura velifera. (Aus einem lateralen Längsschnitt.) #2°, . Vorderster Abschnitt des caudalen Nervenstrangs und erstes Schwanzganglion von Orko- pleura cophocerca. 143. . Caudalnerv mit 4 (2 Paar) motorischen Nerven und deren Endigungen am Muskel von Oikopleura cophocerca. (Nach Fol.) . Zweizelliges Ganglion des Schwanznervenstranges mit motorischen Nerven von Otko- pleura cophocerca. 23°, . Das zweite Caudalganglion von Fritillaria furcata im lateralen Längsschnitt getroffen. 1500 1! Das siebente Caudalganglion desselben Thieres. 15,09, . Ektodermzelle des Schwanzes mit hinzutretendem Nervenästehen von Oikopleura ik, velifera. >29. n — Nervenästchen. Ektodermales Hautsinnesorgan im Schwanze von Oikopleura velifera. (Nach Langer- hans). - Tunicata. mu Fig.1. Up ELLE u ee \ S ATITATTTTEETET 11 GR MAIL 1 Ferien N Lith Anst, Julius Klinkhardt, Leipzig x ” i > g> al 3 a \ 3 2) a iR} " > u gi I) [j Be. r h 1 j £ - Y ot x Erklärung von Tafel IV. 2 Appendicularien. BE TR He) SA Fig. . Querschnitt durch Rumpf und Schwanz einer Oikopleura cophocerca. 32. n, = Nervenästchen, die zur Haut führen. . Sehnitt durch die Flimmergrube und den Vordertheil des Rumpfganglions von Oxko- pleura cophocerca. 242. nv — Nervenästchen vom Gehirn ausgehend. . Spiraculum und Spiraculargang einer jungen Oikopleura cophocerca 14°. 4. Mittelzone des Ruderschwanzes von Fritillaria furcata. °. d — Hautdrüsen. 9. = Vorderstes, inconstantes Cu da- I— X bezeichnen die 10 Muskelzellen ganglion, vor dem ersten grossen des Muskelbandes. gelegen. or . Querschnitt durch den Schwanz von Fritillaria furcata. 34°. f = Muskelfibrillenblatt. s = Sarkoplasma der Muskelzellen. . Lateral geführter Längsschnitt durch das vordere Schwanzende von Oikopleura velifera. 322, s —= Sarkoplasma der Muskelzellen. . Querschnitt durch das ventrale Ende des linken Muskelbandes von Orkopleura cophocerca. 1000 We f = Muskelfibrillenblatt. . Stück aus einem Querschnitt durch die Mitte des Schwanzes von Oikopleura cophocerca. 1000 Te 8A. Aus demselben Schnitte ein am äusseren Ende gespaltenes Fibrillenblatt, welches die Zusammensetzung aus zwei gleichen Lamellen erweist. ’5,09. 8B. Zwei Fibrillenblätter (gewöhnlich kurzweg Fibrillen bezeichnet) im Längsschnitt. Oikopleura cophocerca. 159, Tunicalta. Ru) | u VE en — weis IE ur ME _ Lith.Anst. Julius Klinkharät, Leipzig Bedeutung des Gehäuses. 97 nur in bestimmten Fällen seinen Einwohner. Ist der Feind gross genug, so verschlingt er beide so rasch, dass die Flucht unmöglich wird. Den Fangarmen einer Meduse und selbst kleineren Fischen sollen aber die Appendicularien auf diese Weise regelmässig entgehen (Fo). Noch in anderen Beziehungen sollte, wie man annahm, den Appen- dieularien durch die Bildung des Gehäuses Vortheil erwachsen. Nach Allman (Nr. 2), der die alte Auffassung von Mertens, dass das Ge- häuse zur Respiration in Beziehung stehe, in überzeugender Weise wider- legt hat, würde es weniger für das Wohnthier selbst, als vielmehr für dessen Brut von Bedeutung sein, denn die Eier sollten in die Schale abgelegt und in ihr sicher geborgen werden. Kürzlich hat auch Swainson (Nr. 55) im Gehäuse ein Ei bemerkt, doch ist es mir sehr zweifelhaft, ob dieses wirklich von der Appendicularie, welche das Haus bewohnte, herstammt. Lohmann (Nr. 42, p. 141) hat neuerdings die wichtigste Aufgabe des Gehäuses darin zu erkennen geglaubt, dass der Schwanz von der 5 R Fortbewegung des Körpers entlastet, dagegen zur Besorgung des Athmungs- und Nahrungswassers verwendet würde. Dass die Bewegung des Schwanzes innerhalb der Schale diese letzteren Effeete mit erzielt, hat bereits Fol klar auseinandergesetzt. Es fragt sich aber, ob damit gegenüber dem gehäuselosen Zustande ein so grosser Vortheil für das Thier erwachsen ist, dass das phylogenetische Auftreten der Gehäusebildung erklärt werden könne. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn sich nachweisen liesse, dass die Athmung und Ernährung leiehter innerhalb der Schale als vom nackten Thiere bewerkstelligt werden. Dieser Nachweis wird sich aber, wie ich meine, kaum führen lassen. Bezüglich. der Athmung wachsen die Bedürfnisse mit der Steigerung der Leistung für die Bewegung, und der Aufwand für die Locomotion des nackten, schnell im Wasser sich tummelnden Thieres ist sicher nicht geringer — Lohmann selbst hält ihn für bedeutender — als beim Thiere innerhalb des Gehäuses. Es hat also auch das nackte Thier die Fähigkeit, selbst gesteigerten Athem- bedürfnissen zu genügen, olne dass die Thätigkeit des Schwanzes eine wesentlich andere wäre als innerhalb der Schale. Die Athmung kann also im Gehäuse nicht leichter ausgeführt werden wie ausserhalb desselben, und ich glaube sogar, dass sie sich dort nur so schwer vollzieht, dass die Befriedigung der Athmungsbedürfnisse zu freiwilligem Verlassen der Schale Veranlassung sein könnte. Ob die Ernährung leichter in der Schale oder im Freien möglich wird, lässt sich kaum feststellen. Sicher ist es, dass in das Gehäuse zur Ernährung geeignete Organismen mit dem Wasser eintreten; aber denselben Formen begegnet auch das nackt schwimmende Thier, und es ist nicht einzusehen, weshalb es nicht im Stande sein sollte, sie zu erhaschen und festzuhalten. (Vgl. über die Nahrungsaufnahme unten Kapitel VI.) Schon das häufige Vorkommen lebenskräftiger, während längerer Zeit nackter Appendieularien beweist, dass auch in diesem Zustande Bronn, Klassen des Thier- Reichs. III. Spplt. 7 98 Appendieularien. Athmung und Ernährung erfolgen können, und man darf demnach wohl annehmen, dass die Thätigkeit des Ruderschwanzes auch im Freien ge- eignet ist, das Thier mit Athmungs- und Nahrungswasser zu versorgen. Der Unterschied im Verhalten des nackten und gehäusetragenden Thieres besteht lediglich darin, dass dieses durch die Schläge seines Schwanzes das Wasser durch die Schale gleiten lässt, während es selbst, infolge des grossen Widerstandes des Gehäuses, nur wenig seinen Ort verändert, dass jenes da- gegen seinen Körper mit stets frischem Athmungs- und Nahrungswasser in Berührung bringt, indem es sich selbst vorwärts bewegt. In beiden Fällen kommt der Aufwand für Bewegungszwecke gleichzeitig auch der Athmung und Ernährung zu Gute, und es findet auch beim gehäusetragenden Thiere keine Kraftzerlegung in der Weise statt, dass ein bestimmter, erösserer Theil der Arbeit des Schwanzes ausschliesslich der Athmung und Ernährung nutzbar wäre, ohne für die Bewegung gleichzeitig mit von Bedeutung zu sein. In morphologischer Beziehung entspricht das Gehäuse der Appen- dieularien dem äusseren Mantel der übrigen Tunicaten. Das hat bereits Leuckart (Nr. 41, p. 82) erkannt, der bei seiner Appendieularia albicans das Gehäuse allerdings nur auf dem frühen Bildungsstadium beobachtete, wenn es aus einer olashellen Masse besteht, dem Ektoderm noch dicht anliegt und nur im vorderen Körpertheile eine ansehnliche Dicke besitzt. Die Verschiedenheiten zwischen beiden Gebilden sind aber auffallend genug. Der Mantel, der ebenfalls vom Ektodermepithel ausgeschieden wird, enthält Cellulose; es wandern in ihn Mesodermzellen ein, und er bleibt zeitlebens mit dem Thier innig verbunden. Das Gehäuse entbehrt der Cellulose und enthält keine eingewanderten Elemente des mittleren Blattes; es löst sich leicht vom Thiere ab und wird häufig erneuert. III. Das Hautepithel. Nicht bei allen Appendicularien bildet das ektodermale Hautepithel eine durchaus straff ausgespannte Schicht, sondern bei mehreren Formen zeigt es eigenthümliche Falten und Fortsätze. Bei den Fritillarien wird die die Schale secernirende Drüsenregion am Rücken und seitlich von der Kapuze überdeckt. Diese stellt eine hinter der Drüsenregion quer verlaufende und nach vorn gerichtete Hautdupplieatur dar, die dorsal am höchsten ist, an den Seiten immer niedriger wird und ventral vollständig fehlt. Da über und hinter ihr keine Absonderung von Substanz für das Gehäuse erfolgt, bildet die Schale nur eine zarte Schicht um den Vorder- körper (vgl. oben p. 92 und 95). Bei Oikopleura velrfera erhebt sich am hinteren Rumpfende dorsal das nach vorn gerichtete Velum, das selbst wieder gefaltet sein kann und von der mächtigen Schale überdeckt wird. Dazu kommt noch ein ventraler, hinter dem Endostyl entspringender Fortsatz der Leibeswand. An der Uebergangsstelle von Rumpf und Schwanz bildet die Haut des ersteren häufig eine grubenförmige Vertiefung, in welche das ver- Hautepithel: Drüsenzellen. 99 jüngte Vorderende des letzteren sich einsenkt (Fig. 6, Taf. IV), wie ein Gelenkkopf in eine Pfanne. Der Boden der Grube ist natürlich durch- brochen, weil hier die Hautepithelien der beiden Körperabschnitte inein- ander übergehen. Am Mund, After und an den beiden äusseren Spiracularöffnungen schlägt sich das Ektoderm nach innen zu ein und verbindet sich dem Entodermepithel. Die Grenzen beider Blätter lassen sich ganz sicher nicht feststellen, doch dürfte nur in den beiden Spiraculargängen der ektodermale Antheil umfangreicher sein. An allen Stellen des Körpers bildet die äussere Hautschicht ein durchaus einschichtiges Epithel. In histologischer Beziehung ist dasselbe nicht gerade besonders mannigfaltig differenzirt. Von der grössten Be- deutung für das Thier sind die Drüsenzellen, welche das Gehäuse se- cerniren. Ausserdem trifit man an den verschiedensten Stellen besondere einzellige oder mehrzellige Hautdrüsen, welche zur Schalenbildung keine 3eziehung haben. Der grösste Theil der Oberfläche wird von stark ab- geflachten Zellen eingenommen, welche lediglich das Innere zu um- hüllen und zu schützen haben. Bei einer Form (Fritillaria wrticans) erfahren diese Zellen zum Theil eine ganz eigenartige Differenzirung, indem sie zu Nesselzellen werden. Auch ektodermale Flimmerzellen fehlen nieht ganz, und sie leiten hinüber zu den mit starren oder beweg- lichen Haarfortsätzen versehenen, als Sinneszellen funetionirenden Elementen. Doch sollen diese letzteren erst in einem späteren Kapitel besprochen werden. 1. Drüsenzellen. Die das Gehäuse absondernden Drüsenzellen sind auf den vorderen humpfabschnitt beschränkt. Wie oben (p. 95) bereits erwähnt wurde, liegen sie bei verschiedenen Gattungen an verschiedenen, aber ganz bestimmten Stellen. Bei Oikopleuren sind sie häufig in Querreihen angeordnet; wenigstens lässt sich das oft für eine Anzahl besonders grosser Drüsenzellen erkennen. Das Ektoderm dieser Region zeigt dann ein be- stimmtes mosaikartiges Aussehen. Lohmann (No. 42, p. 148) zeichnet ein ähnliches Verhalten bei seiner Fola aethiopica, welche dem Genus Oikopleura ausserordent®&ch nahe zu stehen scheint. Auch bei Kowalevskia sind die auf die Rückenseite beschränkten secretorischen Zellen in regel- mässigen concentrischen Kreisen angeordnet (Fo)). Meistens sind die Drüsenzellen prismatisch geformt und ansehnlich hoch; häufig erscheinen sie auch kubisch oder pflastersteinförmig. Bei der Flächenansicht zeigen sie sich vorherrschend fünf- oder sechseckig. Ihre Kerne sind stets gross, häufig unregelmässig geformt, zuweilen ein wenig gelappt; ihr Körper ist leicht und stark färbbar. Bei alten Thieren von Otkopleura cophocerca habe ich häufig säbelförmig gekrümmte oder stäbehenförmige Kerne angetroffen. — Die in die schleimige Masse des - 7* 100 Appendicularien. sieh bildenden Gehäuses austretenden Zellen zersetzen sich ziemlich rasch (Fig. 5 und 6, Taf. 11). Bei Folia und Stegosoma und häufig bei den Oikopleuren sind zwei grosse, rechts und links vom Endostyl auf der Ventralseite gelegene mehrzellige Hautdrüsen anzutreffen. Sie springen in die Leibeshöhle weit vor, und die einzelnen Drüsenzellen reichen durch die ganze Dieke hindurch bis an die äussere Oberfläche. Ein besonderer ausführender Canal fehlt also (vgl. Fig. 7—9, Taf. I). Das Secret zeigt bei Oikopleura cophocerca die eigenthümlichen Fluoreseenzerscheinungen, die bereits oben (p. 90) erwähnt wurden, indem es bei auffallendem Lichte orange- roth, bei durchfallendem smaragdgrün erscheint. Bereits Mertens hat diese Drüsen beobachtet und angenommen, dass von ihnen die Gehäuse- bildung ausgehe. Kleine einzellige und meist etwas grössere mehrzellige Haut- drüsen sind bei den Fritillarien über den ganzen Körper verbreitet und fehlen auch nicht im Schwanze. Jede Drüsenzelle ist von einer ziemlich consistenten, feinen Membran umgeben, die flaschenförmige Ge- stalt besitzt. Der Flaschenmund ist nach aussen gekehrt und zwischen den indifferenten Ektodermzellen eingeschlossen. Am Grunde liegt der protoplasmatische Zellkörper mit seinem Kern und zeigt ein sehr wechseln- des Volumen. Oft nur füllt er einen geringen Theil des Raumes und enthält dann höchstens eine sehr kleine Vacuole (Fol), die wohl nur den zu secernirenden hellen Stoff darstellt. Diese Flüssigkeit nimmt dann rasch zu, so dass die Zellmembran ganz ausgefüllt erscheint, entleert sich nach aussen und der Zellkörper schrumpft wieder zusammen. Characte- vistisch sind bei Fritillaria furcata vier grosse einzellige Drüsen, welche, im hinteren Schwanzabschnitte gelegen (zwei ventral, zwei dorsal von der Chorda), auf der linken Seite nach aussen münden (Fig. 1, Taf. Dan der hinteren Gabelstelle des Schwanzes liegt bei derselben Form eine mehrzellige Hautdrüse, die innervirt zu sein scheint. Eine andere findet sich links vom Hoden und besitzt einen besonderen, langen Aus- führungsgang (Fol). Das Seeret der Hautdrüsen hat eine ziemlich flüssige, schleimige Beschaffenheit. 9. Das flache Epithel der Hautschicht. Die Hautschieht ausserhalb der Drüsenregion stellt ein flaches Epithel dar. Nur in Jugendstadien besteht es aus plasmareichen Zellen, während später meist der eutieulare Theil überwiegt und der protoplasmatische zuweilen vollständig schwinden kann. Dazu kommt, dass sich das Ekto- dermepithel bei alten Thieren namentlich im Schwanze sehr leicht ab- scheuert, so dass das Sarcoplasma der Schwanzmuskeln frei zu Tage treten kann. Bei den Oikopleuren findet sich das Plattenepithel nur im hinteren Rumpfabschnitt und an der Oberfläche des ganzen Ruderschwanzes.. Hier erscheint es bei Flächenansicht aus sehr zahlreichen polygonalen Zellen Hautepithel: Flimmer- und Nesselzellen. 101 zusammengesetzt (Fig. 7 und 8, Taf. II). An der Aussenseite bildet sich die anfänglich zarte, später sehr mächtige Cuticula, die querverlaufende Verdickungsstreifen entwickeln kann (Oxkopleura cophocerca, Fig. 2 und 3, Taf. III) und zuweilen gelblich gefärbt ist. An der Innenseite, der pri- mären Leibeshöhle zugekehrt, liegt der protoplasmatische Zelltheil. Oft erscheint er als eine netz- oder siebförmige Platte (Fig. 7, Taf. II), oft ist er bis auf einen linsen- oder sternförmigen Körper redueirt, der ziemlich der Mitte der inneren Qutieulaseite ansitzt. In ihm liegt der Kern eingeschlossen. Schon in jugendlichen Thieren kann man diesen häufig in direeter Theilung sehen. Er ist nicht immer kugelähnlich und rund, sondern häufig sternförmig und unregelmässig geformt (Fig. 8, Taf. II). Durch geeignete Reagentien lässt sich das Epithel (sammt der Cuticula) stets in die einzelnen, polygonal erscheinenden Elemente zerlegen. In ähnlicher. Weise wird wohl das Plattenepithel der meisten anderen Genera beschaffen sein. Bei Kowalevskia soll das Epithel des Schwanzes aus kleinen, stern- förmigen Zellen bestehen, welche über einer homogenen, inneren Guticula liegen (Fol). Ebensowenig scheint mir die Struetur bei den Fritillarien klar- gelegt zu sein, wo die Epithelzellen viel weniger zahlreich sind als bei den Oikopleuren. Im Schwanzabschnitt liegen wie bei Kowalevskia kleine, sternförmige Zellen über einer homogenen Membran; der Rumpf alter Thiere ist nur von einer dünnen, structurlosen Cuticula bedeckt. In der Jugend liegen auswärts von dieser grosse, transparente Zellen, welche später zum grossen Theil schwinden und nur an manchen Stellen bestehen bleiben. Zwischen den Zellen findet sich häufig eine gekörnte, orange gefärbte Substanz (Fol). Im Gegensatze zu den Oikopleuren würde also bei diesen Formen im Ektoderm keine äussere Cuticula, sondern eine Art Basalmembran gebildet werden. Doch sind vielleicht hier die thatsächlichen Verhältnisse noch nicht richtig erkannt worden. Bemerkenswerth ist das Vorkommen von Flimmerzellen im flachen Epithel der Hautschicht. Bei Fritillaria megachile und Fr. urticans (Fig. 1, Taf. III) ist der Rand des Ruderschwanzes von einer Wimper- schnur umsäumt. Ganz ähnlich verläuft ein Strang stärkerer Cilienzellen bei Kowalevskia tenuis (vgl. Holzschnitt 9, p. 109). Doch hält Fol diesen letzteren und den den Mund umsäumenden Cilienkranz (Fig. 2, Taf. II) für Tastapparate. Auffallend erscheint das Vorkommen von Nesselzellen bei Fritillaria urticans im flachen Epithel des Rumpfes und Schwanzes; nur die Unter- seite der Kapuze führt solche Elemente nicht. Jede Zelle besitzt eine länglichrunde Kapsel (0,012 mm lang, 0,008 mm breit), in welcher der Faden im ruhenden Zustand zu einem stark liehtbrechenden, 0,004 mm messenden, kugelähnlichen Körper zusammengerollt daliegt. Nach erfolgter Reizung (z. B. Zusatz von Süsswasser) entrollt sich der Faden und tritt mit seiner Länge von 0,1 mm aus der Nesselkapsel hervor (Fig. 1, Taf. III) (Fo]). 102 Appendieularien. IV. Das Nervensystem. Das Nervensystem besteht aus dem im vorderen Rumpfabschnitte median und dorsal über dem Kiemendarmeingang gelegenen Gentral- eanglion, dem sich daran schliessenden dorsalen Nervenstrang, einer wechselnden Anzahl diesem auf- und eingelagerter Caudalganglien und endlich aus zahlreichen, in verschiedener Weise entspringenden Nervenästehen sensibler oder motorischer Natur. Das 6ehirnganglion bildet einen länglichrunden oder spindel- förmigen Körper (Fig. 4, Taf. II), der durch seichte Querfurchen in mehrere hintereinander liegende Partien ganz unvollkommen gesondert sein kann. Diese Erscheinung deuten Ussow bei Orkopleura flagellum Huxl. und Lahille [I.*) No. 145, p. 53] bei Okxkopleura spissa Fol in der Weise, dass sie nicht ein, sondern drei gesonderte Gehirnganglien annehmen. Im besonderen unterscheidet Ussow (No. 54, 55) 1. einen vorderen kegelförmigen Theil, von welchem drei Nervenpaare ausgehen, 2. einen mittleren kugelförmigen, dem die Otolithenblase aufsitzt, und 3. einen hinteren keilförmigen Theil mit zwei Nervenpaaren und einem hinteren unpaaren Nerven. Bei Megalocereus lassen sich ein kleinerer vorderer und ein grösserer hinterer Gehirnabschnitt unterscheiden (Chun). Nach Fol soll das ganze Ganglion von einem centralen Längscanal durchbohrt sein; es scheint aber, dass in manchen Fällen die centrale Punctsubstanz theilweise übersehen und für ein Lumen gehalten worden ist. Peripher liegen die Ganglienzellen, die bei den kleineren Formen wohl durchweg nur in einer Schicht angeordnet und mit grossen, bläschen- förmigen Kernen von typischem Aussehen versehen sind; central befindet sich die Fasersubstanz. Der feinere Bau des Organes ist noch un- genügend erforscht. Der dorsale Hauptnervenstamm entspringt am hinteren Ende des Ganglions und verläuft zunächst dorsal vom Kiemendarm nach hinten zu, indem er gleichzeitig aus der Medianebene heraus ein wenig nach rechts abgelenkt wird (Fig. 1, Taf. IV). Dann begleitet er rechts den Oesophagus (Fig. 1, Taf. VI) und biegt in einem scharfen Winkel nach der Ventralseite und gleichzeitig ein wenig nach links und nach vorn zu um. Auf der Ventralseite wendet er sich dann noch mehr nach links, um an der Insertionsstelle des Schwanzes dessen Dorsalseite (die nach links gekehrt ist) über der Chorda zu erreichen. Wie dieser. hintere Bogen des Hauptnerven zwischen den verschiedenen Abschnitten des Ver- dauungseanales sich hindurehwindet, ist bei den verschiedenen Arten im einzelnen nicht ganz gleich. Bei Stegosoma (Fig. 8, Taf. I) geht der Bogen vom rechten Hinterende des Oesophagus aus über den Cardialtheil des Magens an der rechten Seite der Leber vorbei; bei Megalocercus (Fig. 4, Taf. I) folgt er mit seinem absteigenden Ast der linken Seite des *) Bezieht sich auf das Literaturverzeichniss am Schlusse des ersten Abschnittes, p. 83. Nervensystem: Hauptnerv, Caudalganglien. 103 Magens. Bei den Oikopleuren tritt der Nerv zwischen Oesophagus, Magen und Leber einerseits und dem Intestinum andererseits hindurch und legt sich mit seinem ventralen, nach vorn gerichteten Ast dem Pericardium an: (Bi, I, Taf: VJ). Etwas directer ist der Verlauf des Hauptnerven im Rumpf von Koiwa- levskia, indem der Strang dorsal in der Medianebene bleibt, bis er sich dem Magen genähert hat; dann biegt er gleich nach links und gelangt an der linken Seite des hier ventral gelegenen Oesophagus vorbei in den Schwanz. Noch kürzer verläuft der Nerv bei Fritillaria formica, denn gleich hinter dem Ganglion wendet er sich nach links und zieht an der linken Seite des Oesophagus und Magens hin, um nach einer ventral zu gerichteten Krümmung in den Schwanz einzutreten. Im Schwanze verläuft der Hauptstamm gerade gestreckt, dorsal von der Chorda in einem Blutsinus (Fig. 1 und 5, Taf. IV). Gewöhnlich reicht er nur bis zum hintersten Chordaende, wo er dann mit einem Terminalganglion abschliesst, nachdem er sich ein wenig verjüngt hat. Doch kann aus dem letzten Ganglion noch ein dünnerer medianer Nerv austreten, der dann als Fortsetzung des Caudalnerven über das Chordaende hinaus in die Schwanzgallerte zu deuten ist. Bei Kowalevskia (Holz- schnitt 9, p. 109) erstreckt sich der Hauptstamm als ansehnlicher Strang bis in das äusserste Schwanzende, um in dem eigenthümlichen Terminal- organ zu endigen. Fol fand bei allen Formen den Hauptnervenstamm von einem Längs- canal durchbohrt, dessen Lumen !/, des ganzen Durchmessers betrug und häufig mit kleinen Körnchen erfüllt war. Auch Chun beschreibt den Hauptnerv bei Megalocereus als eine Röhre mit deutlich nachweisbarem Hohlraum. Neuerdings stellt Rankin im Gegensatze zu Fol das Vor- handensein eines Lumens bei Orkopleura dioica und Fretillaria furcata in Abrede. Nach Leuckart (No. 41, p. 85) wird die „streifige Masse‘ des Nervenstammes von einer ziemlich dieken, doppelt conturirten Scheide umhüllt; eigentliche Nervenfasern sollen fehlen. — Der feinere Bau be- darf also noch sehr der eingehenden Untersuchung. Die Caudalganglien sind zuerst von Huxley (No. 27) als „ganglion- ähnliche Anschwellungen‘“ des Nervenstranges beschrieben worden, deren vorderste die grösste sei. Später veröffentlichte Kowalewsky (No. 31) die Beobachtungen Nogine’s, denen zufolge im Schwanze eine Reihe paariger Ganglien vorhanden sein sollte. Auch Ussow fand 10—18 dem Caudalstrang aufliegende Ganglien. Fol dagegen erkennt nur in dem vordersten ein echtes Ganglion, das aus Ganglienzellen zusammen- gesetzt sei; die hinteren, 20—40 an Zahl, sind ihm einfache Anschwellungen des Faserstranges selbst, die nicht den Werth von Zellen hätten. Kowa- levskia sollte nur ein vorderes grösseres Caudalganglion besitzen, denn weiter hinten liessen sich keine „Anschwellungen“ nachweisen. Die von den Anschwellungen entspringenden Nervenästchen begäben sich 104 entweder zur Haut oder zu den Muskeln. Appendieularien. Langerhans (No. 35) end- lich fand bei Okrkopleura velifera 12—16 Ganglien, die sich aus 1—6 Zellen zusammensetzten und von einer Bindegewebshülle umgeben wären. Drei Caudalganglien (im Längsschnitt) aus der Mitte des Ruderschwan- zes von Otikopleura veli- era. 1200). ge. Srosse, 92, kleine Ganglienzellen. nf dorsaler Hauptner- venstrang. den andern weit ab und gelangen mehr nach vorn oder hinten. hält dann nicht immer leicht, Die Zahl und Grösse der Caudalganglien unter- liegen bei verschiedenen Arten und auch bei ver- schiedenen Individuen derselben Species weit- gehenden Modificationen. Bei den Fritillarien sinkt die Zahl bis auf acht und neun, bei Appen- dieularia sicula nach Fol auf sieben bis acht, bei den grossen Appendicularien (manchen Oikopleuren, Stegosoma) erreicht sie über 40. Ueberall liest im vordersten Abschnitt ein be- deutend umfangreicheres Ganglion, welches als das erste bezeichnet wird, obwohl das streng ge- nommen fast nirgend zutrifft. Es besteht aus einer sehr grossen Zahl Ganglienzellen, die grösser sind als in den hinteren Caudalganglien und den Nerven- strang meist allseitig umgeben. Häufig fehlen die Zellen aber auf der Ventralseite, so dass die Nerven- fasern direet der Chorda aufliegen, wie es ausserhalb der Gangliem überall der Fall ist. Auch weiter vorn liegen dem Nervenstrang bei vielen Formen kleinere Ganglienzellen in sehr wechselnder Zahl und Verthei- lung auf (Fig. 4 und 5, Taf. III). Bei Fritillaria furcata kann ein solches kleines vorderstes Ganglion (9, Fig. 4, Taf. IV) zuweilen in den Rumpfabschnitt hineinrücken. Alle hinteren Caudalganglien bestehen stets aus nur wenigen Zellen, zuweilen nur aus einer ein- zigen. Bei manchen Formen (Orkopleura velifera) lassen sich grosse und kleine Ganglienzellen unter- scheiden, die in gewissen Ganglien in ganz regel- mässiger Weise bilateral symmetrisch angeordnet sind (vgl. nebenstehenden Holzschnitt Fig. 7). Doch fehlt es nicht an individuellen Verschiedenheiten, in welchen die Bilateralität gestört erscheint. Meist sind aber die Zellen eines Ganglions gleichartig (Fig. 8 und 9, Taf. III); doch bleiben sie nicht immer dicht nebeneinander liegen, sondern erscheinen bei manchen Individuen beträchtlich gegeneinander verschoben. So rücken einzelne Ganglienzellen von Es man nur ein oder zu entscheiden, ob mehrere Ganglien zu zählen habe. = Nervensystem: periphere Nerven. 105 Die Ganglienzellen zeigen die bekannten typischen Verhältnisse. Die kleinsten erscheinen meist bipolar, bei den grösseren lassen sich häufig die Fortsätze bis zur Endigung am Muskel verfolgen. Die Kerne sind bläschenförmig und in den kleinen Zellen natürlich ebenfalls sehr klein, aber stets structurirt und nie homogen. Wenn neuerdings Rankin das letztere im Gegensatze zu meinen früheren Angaben behauptet (Frr- tillaria furcata), so hat er entweder schlecht conservirtes Material unter- sucht oder nicht genügend entfärbt. Offenbar müssen sämmtliche Ganglienzellen entwicklungsgeschichtlich aus dem zelligen primären Nervenrohre hervorgegangen sein, auf dessen Vorhandensein die Ontogenie der Ascidien zu schliessen erlaubt, obwohl es durch direete Beobachtung bisher nicht nachgewiesen worden ist. So wie bei den Ascidien werden wohl auch bei den Appendieularien im kumpfe die Zellen bei der Bildung des Hauptnervenstranges zum Theil schwinden (ausser natürlich im Bereiche des Gehirnganglions selbst), denn der letztere führt auf der weiten Streeke zwischen Gehirn und 1. Caudal- ganglion im ausgebildeten Zustand keine Zellen mehr. Im Schwanz- abschnitt scheint eine vollständige Rüekbildung von Zellen des primären Rohres kaum wahrscheinlich. Vielmehr dürften wohl sämmtliche Elemente bei der Entwicklung des Caudalstrangs zu Ganglienzellen werden, die sich während des Längenwachsthums des Schwanzes in der oben be- schriebenen Art zu Ganglien gruppiren oder in unregelmässiger Weise über die Fasern vertheilen. Vielleicht sind aber” die „kleinen Ganglienzellen“ solche Elemente, die nicht mehr volle Functionsfähigkeit bewahrt haben und bereits in den Process der Rückbildung eingetreten sind. Im Larven- schwanze der Ascidien werden bekanntlich alle Zellen des primären Nerven- rohres während der Metamorphose resorbirt. Die peripheren Nerven lassen sich in solche unterscheiden, die a) aus dem Gehirn, b) aus den Caudalganglienzellen selbst und c) aus dem Hauptnervenstrang entspringen. a) Das Vorderende des Ganglions zieht sich mit seinem Fasertheil ein wenig in die Länge, gabelt sich dann in zwei dieke, rechts und links gerichtete Stämme, die allmählich feiner werden und den Pharynxeingang umgeben (Fig. 4, Taf. II; n, Fig. 5 und 9, Taf. Ih): Ventral lösen sie sich in feine Aestchen auf, welche die Tastzellen inner- viren. Ein Ast tritt auf jeder Seite in die Unterlippe (Oikopleuren) ein. Auch dorsal entspringen von den beiden vorderen Nerven Nebenäste, welche die dorsale Mundregion versehen. Im hinteren Theil des Gehirns entspringen zwei symmetrisch gelegene, stärkere Nervenäste, welche sich zu den Kiemenspalten begeben und als Kiemennerven oder Spiracularnerven bezeichnet werden (n, Fig. 7, Daf. L; Fie.)2rund Ar War, II). Bei Stegosoma sollen die Wurzeln dieser Nerven nicht im Gehirn liegen, sondern auf den Hauptnervenstamm hin- überrücken (Fig. 9, Taf. 1). 106 Appendieularien. Ausserdem entspringen dem Gehirn noch eine Anzahl kleinerer Nerven, welche namentlich die Haut und die Tastzellen versorgen. Sie scheinen inconstant in der Zahl und im Verlaufe zu sein; nur bei Ussow (No. 54) finde ich sie auf drei Paar bestimmt (Oxkopleura flagellum), von denen zwei aus dem vorderen, eines aus dem hintersten Gehirnabschnitt heraustritt. Im ganzen würden dann hier fünf Nervenpaare und der Hauptnervenstamm dem Gehirn entstammen. b) Die den Caudalganglienzellen direet entspringenden Nerven wurden zuerst von Langerhans beschrieben und ohne Ausnahme als sensibel gedeutet. Entsprechend der variablen Zahl und Lage der Ganglien fand er die Vertheilung der „sensiblen Nerven‘ im Verhältniss zu den „Muskel- seementen“* ganz unregelmässig. Auch Fol hatte Nervenfasern direet den „Anschwellungen“ (renflements) entspringen, aber bald die Muskeln, bald die Haut innerviren sehen. Nach Retzius sind es bei Appendkcularia flagellum gerade die motorischen Nervenfasern, welche aus den Ganglien kommen; und da die Zahl der letzteren beträchtlich grösser ist als die der sog. Muskelsegmente, und zudem die Vertheilung eine ganz ungleich- mässige ist, könnte die von Langerhans behauptete Gesetzmässigkeit in dem Verhalten der motorischen Nerven (vgl. unten p. 107) nicht bestehen. Mit Unrecht leugnet neuerdings Rankin, dass Nervenfasern aus Ganglien- zellen überhaupt hervortreten können. Bei Fritillaria furcata kann man sich davon leicht am zweiten Caudalganglion überzeugen. ec) Die aus dem Hauptnervenstamm entspringenden und mit Ganglien- zellen anscheinend nicht direct verbundenen Nervenästchen sind überaus zahlreich und begeben sich entweder zur Haut oder zu den Muskelzellen. Bei Kowalerskia können sie mehrfach untereinander anastomosiren und netzähnliche Bilder erzeugen (Fol). Sie entspringen oft paarweise, je eins rechts und links; oft sind sie unsymmetrisch gegeneinander ver- schoben oder auf der einen Seite etwas zahlreicher als auf der anderen. Im Bereich des ersten grossen Caudalganglions können sie — ähnlich wie die Gehirnnerven — zwischen den Ganglienzellen aus dem Faser- strang heraustreten, und auch unter den hinteren Ganglien kommen sie hervor. Meist entspringen sie aber zwischen den Ganglien und vor dem ersten, wo namentlich bei Oxkopleura cophocerca sehr zahlreiche Stämmehen vorhanden sind. Bemerkenswerth sind zwei beim ersten Caudalganglion austretende Nerven, die sich schräg nach vorn zu bis zum Schwanzrande erstrecken, der eine dorsal, der andere — nachdem er sich auf der linken Seite zwischen Chorda und Muskelplatte durchgedrängt hat — ventral verlaufend (n, Fig. 1, Taf. IV). Auch unpaarige mediane Stämme finden sich vor, die aber z. Th. vielleicht auch direct aus den Ganglienzellen hervorkommen (Kowalevskia). Als Ramus recurrens bezeichnet Langerhans einen starken, vom ersten Caudalganglion bei Oikopleura velifera ausgehenden Ast, der ein Hautsinnesorgan versieht. Er ist vielleicht identisch mit dem dorsalen, schräg zur Haut verlaufenden Nerven, der eben erwähnt wurde. — Nervensystem: Muskelnerven. 107 Die in die Muskulatur eintretenden Nerven, sei es, dass sie dem Hauptstamm, sei es, dass sie einem Ganglion entspringen, zeigen nach Fol zwei verschiedene Arten Endigungen. Die eine findet sich bei nur wenigen stets paarig auftretenden Nervenstämmchen (7 bei Oikopleura cophocerca, 3 bei Oik. diorca), die in gleichen Entfernungen voneinander liegen sollen. Vor dem Eintritt in den Muskel theilt sich der Nerv in eine Anzahl feinster Aestchen (3 bei Oik. dioica, vgl. Holzschnitt Fig. 8; 6, 10 und mehr bei Ork. cophocerca, vgl. Fig. 6, Taf. III), von denen jedes mit einem stark lichtbrechenden, ovalen oder flaschenförmigen Endkörperchen in den Muskel eindringt. Die andere Endigungsweise findet sich bei viel zahlreicheren und zum Theil ganz unregelmässig vertheilten Nerven und eines Nerven kennzeichnet sich durch den Mangel der Endkörperchen. uneael Vor dem Eintritt in den Muskel kann sich der Nerv in zwei He E Er Aeste spalten, dann eine längere Strecke nach hinten zu die Nach Fol. Muskelfibrillen begleiten; häufig sind in ihm Nodositäten m Muskel- zu bemerken (Fig. 6 und 7, Taf. III). band. » Ner- Langerhans fand im ganzen nur acht motorische Yanlasern. Nervenpaare (Oikopleura velrfera und Fritillaria formica), die acht verschiedenen „Muskelsegmenten“ zugehörten. Jedes Paar ent- springt am Vorderende des „Segments‘‘ direct aus dem Hauptstamm und steht niemals mit einem Ganglion in Verbindung. Jeder Nerv tritt in die Muskelplatte ein, läuft bis zur Hälfte von deren Länge nach hinten und endigt ohne Kerne, Knospen u. dergl. Ray Lankester (Nö. 39) beschreibt bei Fritillaria furcata 7 Paar motorische Nerven, welche von den in der Mitte eines jeden Muskelsegments gelegenen Ganglien aus- gehen sollen (vgl. Holzschnitt Fig. 4 auf p. 88). Auch Retzius lässt die motorischen Nerven stets den Ganglien entspringen. Diese controversen Angaben lassen sich durchaus nicht miteinander in Einklang bringen. Am zuverlässigsten scheinen mir Fol’s Mittheilungen zu sein, obwohl sie die ältesten sind. Offenbar hat Langerhans über- sehen, dass auch solche Nerven, die aus Ganglien kommen, in die Mus- kulatur eintreten können, dass demnach die Nerven durchaus nicht voll- kommen gleichmässig vertheilt sind und dass sie zu den „Segmenten“ keine ganz bestimmten Beziehungen haben. Das unregelmässige und variable Verhalten der Muskelnerven bei den verschiedenen Formen scheint mir nicht zweifelhaft zu sein. Jedenfalls ging aber schon aus Langer- hans’ eigenen Angaben mit Sicherheit hervor, dass 1. die Anzahl der Caudal- ganglien und sensiblen Nerven sehr weitgehende individuelle Schwankungen zeigt, dass 2. die Zahl der Ganglien von der der „motorischen Nerven“ ganz verschieden ist und keinerlei constante Beziehungen zu den „Muskel- segmenten“ erkennen lässt, dass 3. die „motorischen Nervenpaare“ ganz unabhängig von den Caudalganglien aus dem Nervenstamm entspringen und manchen hinteren „Segmenten‘ überhaupt fehlen. Dass trotzdem 108 Appendieularien. dieses Verhalten des caudalen Nervensystems als ein „Beweis“ für eine echte, auf die Vertebraten zu beziehende Segmentation der Appendicularien angesehen werden konnte, wird vielleicht manchem nüchternen Beurtheiler auffällig erscheinen müssen. V. Die Sinnesorgane. 1. Das Gehörorgan. Die Otolithenblase, deren Bedeutung schon von Huxley (No. 25) klar erkannt wurde, liegt stets dem Gehirnganglion dicht an, fast immer zu dessen linken Seite, der Mitte nahe, doch auch mehr nach vorn oder auch nach hinten zu verschoben, sehr selten (Kowalevskia) ventral vom vorderen Gehirntheil. Sie bildet ein fast kugelähnliches Gebilde, dessen Wandung ein einschichtiges, sehr feines Plattenepithel darstellt. Dasselbe ist an einer Stelle mit dem Ganglion so innig verwachsen, dass letzteres auf einer kurzen Strecke das Lumen der Gehörblase begrenzt und eine besondere Blasenwand zu fehlen scheint. Die Plattenzellen der Blase tragen feine Hörhaare, welche den sphärischen Otolithen, der durch saure Reagentien leicht aufgelöst wird, in der Schwebe erhalten. Hartmann (No. 22) fand den Otolithen linsenförmig und concentrisch geschichtet. Das Blasenlumen ist mit Flüssigkeit erfüllt (Fig. 4, Taf. II). Es besteht somit eine hohe Uebereinstimmung zwischen der Gehör- blase der Appendicularien und der Sinnesblase der Ascidienlarven. Während in jener aber alle Zellen zu Hörzellen sich gestalten und eine vielleicht aus dem Epithelverbande tritt, um den Otolithen selbst zu bilden, erfolgt in dieser eine weitgehendere Diflerenzirung, indem neben dem sehörorgan ein Auge sich entwickelt. Nothwendigerweise ist damit eine Aenderung im Baue des Ohres verbunden, das bei den Aseidienlarven auf eine bestimmte Stelle der Sinnesblase beschränkt erscheint. Das kann natürlich die Auffassung nicht widerlegen, dass Sinnes- und Otolithenblase in morphologischem Sinne homologe Gebilde darstellen. 2. Die Flimmergrube. Obwohl sowohl über die morphologische als physiologische Deutung der Flimmergrube noch immer Controversen herrschen, stehe ich doch nicht an, dieses Organ an dieser Stelle zu behandeln. Nach Analogie mit der Embryonalentwicklung der übrigen Tunicaten wird man wohl schliessen dürfen, dass auch bei den Appendicularien die Flimmer- grube aus dem primären Nervenrohr hervorgeht. Das Organ liegt stets rechts vom Ganglion; sein vorderes Ende ist ventral zu gekrümmt und erweitert sich zu einem Trichter, der sich in den Kiemendarm öffnet. Die Wandung besteht aus einer ziemlich dieken Schicht prismatischer Zellen, die gegen das Lumen zu starke Wimpern tragen (Fig. 2, Taf. IV). Das nach hinten und dorsal zu gerichtete Endstück verjüngt sich rasch und zieht sich in einen soliden Sinnesorgane: Flimmergrube, Hautsinnesorgane. 109 Strang aus, der (Orkopleura cophocerca) dorsal vom Ganglion, dem Haut- epithel dicht anliegend, endigt. Bei manchen Formen scheint eine Ver- bindung mit dem Ganglion zu bestehen, wenn Fol’s Abbildungen so weit zu schliessen erlauben. Bei Stegosoma ist das Hinterende gelegentlich zu einer Spiraltour eingerollt (Chun). Die Innervirung der Flimmergrube ist nicht sicher erkannt worden. Im Anschluss an die älteren Auffassungen wird man das Organ wohl nur als ein Geruchs- oder Geschmacksorgan deuten können. Fol be- obachtete, dass die dem Wasser zugesetzten Farbstoffpartikelchen, die durch den Mund in den Pharynx eintraten, durch die Flimmerbewegung in die Flimmergrube hineingeführt wurden. Darauf hin sei eine Umkehr des Wasserstromes erfolgt, und das Athmungswasser aus dem Munde heraus- durch die beiden Spiracula aber eingetreten. 2 8. Die Hautsinnesorgane. Namentlich im Bereiche des vorderen Rumpfabschnittes, aber auch im Schwanze sind einzelne oder auch zu Gruppen vereinigte Sinneszellen beobachtet worden, die aus umgebildeten Zellen des ektodermalen Haut- epithels hervorgegangen sind. Nach den bisher vorliegenden Mittheilungen lassen sich vier verschiedene Formen unterscheiden: a) Zellen mit zahl- reichen Wimpern, b) solche mit einer beweg- h 5 Bio 9. lichen Wimperplatte, ce) mit einem starren _\ ' Borstenbündel, d) mit einem starken, starren — | Sinnesfortsatz. — IN) > a) Die erste Form führt ohne scharfe Grenze I) SS, zu gewöhnlichen epithelialen Flimmerzellen hin- — | S G II SI über. Als solche sind vielleicht auch bei Fri- tillarien (Fritillaria urticans, Fig. 1, Taf. II, und Fritillaria megachele) die den Schwanz- saum bildenden Zellen zu deuten. Bei Kowa- levskia umgiebt ebenfalls den ganzen Rand des Ruderorgans eine Wimperschnur (vgl. Holz- schnitt Fig. 9); doch sollen die Wimpern un- beweglich sein, sowie auch die Haare derjenigen Hinterende des Schwanzes von Zellreihe, welehe den Schlundeingang umkreist Howalevskia temws. ®°,. (Fig. 2, Taf. ID). Fol betrachtet daher alle diese SuSE) Zellen als Tastzellen. Auch die Zellen am Schwanzende von Appendicularda sicula sind mit starren Geisselfortsätzen versehen. Histologisch noch weniger aufgeklärt ist das Terminalorgan im Schwanze der Korwalerskia, in welchem der caudale Hauptnervenstrang endigt. Es ist unsicher, ob das Organ durch eine einzige Zelle oder von einem Zellhaufen gebildet wird. Am äusseren Rande stehen fächerförmig starre, etwas flach gedrückte Fortsätze, von denen die mittelsten die grössten, die seitlichen die kleinsten sind. b) Am allgemein verbreitetsten sind die meist durch ihre Grösse so- fort auffallenden Zellen, welche einen beweglichen, flachen Fortsatz tragen, nn 110 Appendieularien, der aus einer keihe miteinander verklebter Wimpern hervorgegangen ist. Die Zellen finden sich vorwiegend im vorderen Rumpfabschnitt in der Nähe des Mundes in regelmässiger, symmetrischer, für die verschiedenen Arten characteristischer Vertheilung. Meist stehen sie einzeln, seltener zahlreicher nebeneinander zu einer Reihe angeordnet (z. B. Fritillaria formica im Schlundeingang). Die Wimperplättechen schlagen gegen das Wasser in ähnlicher Weise, wie es in den Längsrippen der Ötenophoren geschieht, und könnten wohl, wo sie sich in grösserer Zahl in der Mund- nähe befinden, für die Herbeistrudelung kleiner Theilehen einige Bedeu- tung haben. Fol deutet sie aber ausschliesslich als Tastorgane und findet jede isolirt stehende Zelle von einem Nervenästehen versehen. Er beobachtete, dass nach erfolgter Berührung einer Tastzelle durch einen grösseren, mit dem in den Pharynx eintretenden Wasserstrom schwimmen- den Fremdkörper sofort ein Wechsel in der Bewegungsrichtung des Ath- mungswassers erfolge. In diese Gruppe der Sinneszellen dürften wohl auch die Organe gehören, die nach Chun in der Zweizahl im inneren Theil eines jeden Atrialganges bei Stegosoma sich finden und die „die Qualität des Athmungs- wassers prüfen“ sollen. c) Isolirt stehende Sinneszellen mit einem Büschel starrer, borsten- förmiger Fortsätze scheinen selten vorzukommen. Sie sind von Fol bei Fritillaria formica beschrieben worden, wo sie in der Zweizahl auf der Unterseite des mittleren dorsalen Mundlappens angetroffen wurden. d) Bei Oikopleura velifera beschrieb Langerhans (No. 36) ein eutanes Sinnesorgan, das mit einem starren, ziemlich dicken Fortsatz über die Cutieula emporragt (Fig. 11, Taf. III). Es liest am Vorderrande des Schwanzes und wird vom Ramus recurrens innervirt. Auch an gewöhnlichen Zellen der Haut, die durch keine besonderen Sinnesfortsätze ausgezeichnet sind, können Nervenästehen endigen (Fig. 10, dar. TI). VI. Der Darmtraetus. Bei allen Appendieularien liegt die Mundöffnung am vorderen Körper- ende. Sie ist unbeweglich und starr, meist weit klaffend geöffnet; nur bei Megalocercus könnten vielleicht die vordersten der von Chun be- schriebenen Rumpfmuskeln eine Bewegung hervorrufen (Fig. 5, Taf. I). 3ei Kowalerskia ist der Mund einfach rund, mit einem glatten Rand ver- sehen; sonst ist er wohl überall durch verschieden gestaltete lippenähnliche Vorsprünge ausgezeichnet. Häufig lassen sich eine Oberlippe und Unter- lippe unterscheiden, die durchaus vom Ektoderm gebildet werden und in einer für die Arten charaeteristischen Weise mit den oben erwähnten Sinneszellen bewafinet sind (Fig. 9, Taf. V). In dem Darmtraetus lassen sich zwei verschiedene Abschnitte er- kennen: der respiratorische Kiemendarm und der Verdauungstraetus. Kiemendarm. 1941 Häufig ist der Darmcanal oder auch nur einzelne Theile desselben durch besondere Färbung ausgezeichnet, wie das bereits oben (p. 89 und 90) ausgeführt worden ist. Beachtenswerth sind besonders die Fälle, wo die verschiedenen Darmabschnitte verschieden gezeichnet sind. So bei Megalocercus, dessen Oesophagus, wie der Endostyl, orangeroth, dessen Magen, Leber, Intestinum und Reetum gelb erscheinen. Otkopleura rufescens hat einen sienafarbenen Magen, während das Rectum durch erosse violette Pigmente ausgezeichnet ist. Bei Kowalevsiva ist das Rec- tum, das zu gleicher Zeit auch dem Intestinum der anderen Appendicularien entspricht, gleichmässig gelblich gefärbt; dagegen erscheint das Rectum bei Appendieularia sicula durch braune Granula braun gezeichnet, während das Intestinum und der Magen farblos oder hellgelb sind. Bei manchen Formen tritt zur Zeit der Eireife eine mehr oder minder weitgehende Rückbildung des Darmsystemes ein. Chun fand bei Stegosoma den vorderen Rumpftheil mit dem Kiemendarm gelegentlich hochgradig atrophirt, während der Verdauungseanal unverändert blieb. Fol bemerkte bei Orkopleura rufescens zuweilen eine vollständige Rückbildung des ge- sammten Darmtractus. 1. Der Kiemendarm. Der Kiemendarm bildet ein umfangreiches, sackartiges Organ, das im Querschnitt häufig (Oikopleuren) dreikantig erscheint (Textfiguren 1 und 2, p. 85 und 86); die Spitzen sind dorsal zu und auf der Ventral- seite nach rechts und links gerichtet. Vorn öffnet er sich durch den Mund nach aussen, hinten geht er in den Oesophagus über, und ausser- dem findet sich stets auf der Ventralseite rechts und links je eine meist erosse Oeffnung, die Kiemenspalte, die durch den Spiraeulargang nach aussen führt und die respiratorische Function ermöglicht. Die Kiemen- darmwand besteht im wesentlichen aus einem Plattenepithel, in welchem vielfach bei alten Thieren die zellige Structur nicht mehr nachweisbar bleibt, so dass nur eine homogene Membran vorhanden zu sein scheint. An bestimmten Stellen erfolgt eine ganz eigenthümliche histologische Umbildung der Wand, die bei einer Gruppe zur Entwicklung von Endo- styl, Flimmerbogen und Flimmerbändern führt, während in einem zweiten Typus (Kowalevskidae) eigenartige Wimperzapfen entstehen. Die Spiracula. Vielleicht kaum eine andere Eigenthümlichkeit in der Organisation der Appendieularien hat der Forschung solche Schwierig- keiten bereitet wie die Kiemenspalten und Spiraculargänge, obwohl gerade hauptsächlich auf diesen Gebilden die Zugehörigkeit zum Tunicatentypus beruht. Die älteren Beobachter hatten diese Organe nicht sicher erkannt. Erst Busch (No. 6) beschrieb die beiden inneren Spiracularöffnungen in den Kiemendarm als zwei grosse Räderorgane, welche wahrscheinlich Oeffnungen eines Canalsystems darstellten. Gegenbaur war nahe daran, (No. 21), die wahren Verhältnisse aufzudecken. Er erkannte die Organe 112 Appendieularien. als Athemspalten, Spiracula, die er zutreffend innen in den Kiemendarm geöffnet sein lässt. Die äusseren Oeflnungen hat er aber nicht bemerkt und angenommen, dass das Organ jederseits nach aussen zu sich in eine Röhre ausziehe, die entweder das Wasser aus dem Kiemendarm direct in die Leibeshöhle und ins Blut führe, oder durch eine zarte Membran blind geschlossen sei und daher nur endosmotischen Austausch möglich mache. Erst Huxley (No. 27) hat die äusseren Spiracularöffnungen durch Fütterung der T'hiere mit Indigo nachgewiesen. An jedem Spiracularapparat sind demnach zu unterscheiden: die innere und die äussere Oeflnung und der Verbindungsgang selbst, der Spiracular- cang oder die Spiracularhöhle. Die innere Oeffnung, Huxley’s (No. 28) Stigma, ist meist kreisähnlich oder länglichrund und sehr verschieden weit; bei Kowalevskia stellt sie einen ausserordentlich langen, über ?/, der Kiemen- darmlänge sich erstreckenden Schlitz dar. Sie wird von mächtigen Wimper- zellen umgrenzt (Fig. 1 und 3, Taf. IV). Die Cilien schlagen kreisförmig, bei der Betrachtung vom Rücken aus von links nach rechts, so dass das Bild eines rotirenden Rades erscheint (Fol). Es unterliegt der Willkür des Thieres, den Wasserstrom durch die Spiracula ein- oder austreten zu lassen. Bei Megalocercus fehlen die Wimperzellen an der inneren Oelf- nung (Chun). Die äussere Oeffnung variirt ebenfalls in Form und Grösse und wird von flachen, häufig etwas verdickten Zellen umgeben. Bei Megalo- cercus ist sie von einem Flimmerbogen umsäumt. Der Spiraculargang, Huxley’s Atrialcanal, bildet eine Röhre von ausserordentlich variabler Gestalt und Länge. Meist nur kurz, eylin- drisch oder trichterförmig, erweitert er sich zuweilen bei den grossen Oikopleuren und Megalocercus zu einem sackartigen Gebilde, der Spiracularhöhle (Fie. 3, Taf. IV). Diese ist von einem flachen Epithel ausgekleidet, in welchem aber mehrfach Differenzirungen auftreten können. Bei Stegosoma liegen im Spiraculargang die beiden oben bereits erwähnten Gruppen Sinneszellen; bei Orkopleura cophocerca finden sich zwei Streifen verdickter Zellen, die vielleicht secretorische Bedeutung haben mögen. Entwicklungsgeschichtlich entsteht der Spiraeulargang aus dem Ekto- derm. Die Wimperzellen der inneren Oeffnung dürften aber wohl bereits dem Entoderm angehören, da Fol beobachtet hat, dass in der Larve den beiden ektodermalen Einstülpungen der Spiraculargänge zwei entodermale Ausstülpungen des Kiemendarmes entgegenwachsen. Der Endostyl. In der Medianebene des Kiemendarmes verläuft im vorderen ventralen Theil der Endostyl. Er fehlt nur der Kowalevskia zeitlebens und schwindet auch zuweilen in alten Thieren während der Zeit der Geschlechtsreife vollkommen (Oikopleura rufescens). Am ein- fachsten gebaut ist er bei den Fritillarien, bei denen er aber nicht gerade gestreckt, sondern meist sehr stark gekrümmt *) verläuft. Er besteht *) Bei Fritillaria haplostoma sind die beiden Enden so weit gekrümmt und spiralig aufgerollt, dass sie einander berühren. Kiemendarm. 113 hier lediglich aus zwei Längsreihen Drüsenzellen (Fig. 6, Taf. VI); bei Fritillaria urticans sind jederseits nur vier, bei Fritillaria furcata acht Zellen vorhanden. Aus vier Zellreihen setzt sich der Endostyl bei den meisten anderen Formen zusammen, jederseits begrenzen zwei Reihen die tiefe Rinne. Bei Megalocercus (Fig. 5, Taf. I) nehmen die Zellen von vorn nach hinten an Grösse allmählich ab; bei den Oikopleuren sind die Zellen der beiden dorsalen und der beiden ventral-medianen Reihen verschieden gestaltet (Fig. 7 und 8, Taf. VI). Dazu können im vorderen Theil des Endostyls sich lange Flimmereilien entwickeln, welche in die Endostylrinne hineinragen (Oikopleura, Appendicularia, Stegosoma, Fig. 9, Taf. I). Bei einigen Oikopleuren soll nach Fol (No. 16, p. 232) ein noch höherer Grad der Differenzirung erreicht sein, indem jederseits fünf bis sechs Reihen zapfenförmiger Zellen und eine mediane Reihe mar tragender Elemente sich ausbilden. Die physiologische Bedeutung des Endostyls ist die eines schleim- absondernden Drüsenorgans. Der Flimmerbogen scheint nur dem Genus Kowalevskia zu fehlen. Er beginnt jederseits am vorderen Endostylende, wendet sich dorsal und nach hinten zu, um sich in der Medianebene ein Stück vor dem Oesophagus mit dem Bogen der anderen Seite zu vereinigen und in den Verdauungs- canal fortzusetzen. Nach Fol soll der Flimmerbogen jederseits meistens nur aus einer Zellreihe bestehen. Ich finde ihn bei Fritillaria furcata meist zwei, bei den grösseren Oikopleuren aber mehrere Zellen breit (Fig. 3 und 5, Taf. VI); ebenso ist er bei Stegosoma (Fig. 8, Taf. V) ansehnlich breit und springt mit convexer Fläche in das Kiemendarmlumen vor. Die Zellen stehen stets in einer Schicht angeordnet und sind meist ziemlich lang prismatisch, am freien Ende dicht mit Wimpern besetzt. Das ventrale Flimmerband. Vom Hinterende des Endostyls aus verläuft bei den meisten Formen median über die dorsal zu aufsteigende Hinterwand des Kiemendarmes ein Flimmerband bis zum Oesophagus. Oft (Fritillarien) ist es nur 1—3 Zellen breit, bei den grossen Oiko- pleuren dagegen umfangreicher. Zuweilen (Megalocercus) liegt dieses Flimmerband auf der Höhe eines kammförmigen, gegen das Kiemendarm- lumen vorspringenden Wulstes, den man, wie mir scheint, nicht sehr passend als Gallertsegel bezeichnet hat. Den Kowalevskiden und Fritillaria formica und Fr. urticans fehlt das ventrale Flimmerband. Bei Appendicularia sicula sind drei Wimperstreifen, ein medianer und zwei laterale, vorhanden. Manchmal sind auch die beiden Endostylränder von je einem Flimmer- saum begrenzt, der die grossen Drüsenzellen seitlich überdacht. Vorn setzt sich diese Bewimperung in die der Flimmerbogen fort, hinten scheint sie in die des ventralen Flimmerbandes überzugehen. Die Funetion des Kiemendarmes. Die Bedeutung des Kiemendarmes ist eine zweifache; erstens besorgt das Organ die Athmung und zweitens Bronn, Klassen des Thierreichs. III. Spplt. 8 114 Appendieularien. die Nahrungsaufnahme. Wenn wohl auch die gesammte Körperoberfläche des Rumpfes und Schwanzes für die Respiration Wichtigkeit haben dürfte, so erfolgt doch der Gasaustausch hauptsächlich durch die Kiemendarm- wandung. In unmittelbarer Nähe derselben strömt in den Lückenräumen der primären Leibeshöhle das Blut, während die Kiemendarmhöhle von einem stets erneuerten Wasserstrom durchsetzt wird. Meist tritt derselbe durch die Mundöffnung ein und durch die beiden Spiracula wieder aus. Häufig aber ist die Richtung eine umgekehrte, und es scheint ein solcher Wechsel der Willkür des Thieres zu unterliegen (vgl. oben p. 110). Die Bedeutung der verschiedenen Theile des Kiemendarmes für die Nahrungsaufnahme ist durch Fol klargelegt worden. Nach Fütterung sp 2 Vorderer Rumpfabschnitt von Oikopleura spissa. Nahrungs- aufnahme bei Karminfütterung. °°/,. Nach Fol. der Thiere mit Karminkörnchen erkannte er, dass die vom Endostyl ab- gesonderten Schleimmassen hauptsächlich vorn austreten und durch die Flimmerbewegung des Wimperbogens dorsal und nach hinten zu gegen den Oesophagus geführt werden. Der Schleim bildet dabei einzelne lang ausgezogene Fransen, die mit breiteren Enden dem Wimperbogen aufsitzen, mit den anderen freien Enden in den Oesophagus hineingeführt werden, wo sie durch dessen Wimperbewegung zu einem Spiralstrang zusammen- gerollt werden. In diesen Schleimfransen werden die kleinen, mit dem Athmungswasser eingeführten Nahrungstheilchen gefangen und dem Ver- dauungstraetus zugeführt (vgl. Holzschnitt Fig. 10). Der spärliche, am hinteren Endostylende austretende Schleim wird durch das ventrale Flimmerband erfasst. Hauptsächlich erfolgt die Nahrungsaufnahme, wenn das Wasser durch den Mund einfliesst, sie hört aber auch dann nicht Kiemendarm; Verdauungstractus. 115 vollkommen auf, wenn die Riehtung sich umkehrt und die Spiracula das Wasser einströmen lassen. Der Kiemendarm der Kowalevskiden entbehrt des Endostyls und des Flimmerbogens, entwickelt aber dafür besondere Wimperzapfen. Die beiden Spiracula bestehen wie bei allen anderen Appendicularien. Es finden sich vier Längsreihen Wimperzapfen, zwei rechts und zwei links ge- legene, jederseits eine ventrale und eine lateral-dorsale Reihe. Ventral und hinter der Mundöffnung sind je zwei rechts und links gegenüber liegende Reihen miteinander verbunden, so dass eigentlich die Wimperzapfen in zwei parallel liegenden, hufeisenförmigen Figuren angeordnet sind. Vorn und hinten sind die Zapfen am kürzesten, in der Mitte des Kiemendarmes weitaus am längsten. Die dorsalen und ventralen Zapfen derselben Seite sind gegeneinander gekehrt, so dass jederseits nach innen zu von der Kiemenspalte eine Art Doppelrechen oder Sieb gebildet erscheint, welches das Athmungswasser passiren muss (Fig. 2, Taf. II). Die Zapfen sind solid, und jeder scheint nur von einer einzigen langgestreckten, am ge- sammten freien Theil bewimperten Zelle gebildet zu werden (Fig. 2B, Taf. II). Auch die ventrale Partie des Kiemendarmes zwischen den beiden ventralen Reihen ist bewimpert. Bei flüchtiger Betrachtung scheint eine auffallende Aehnlichkeit des Kiemendarmes der Kowalevskia mit dem der Dolioliden und Pyrosomen zu bestehen. In der That hat auch Moss (No. 44), der eine andere Art Kowalevskia auffand, den Bau des Kiemendarmes völlig verkannt und jederseits eine Kiemenspaltenreihe beschrieben (vgl. Garstang No. 19). Die weitgehenden phylogenetischen Speculationen, die von verschiedenen Seiten auf diese Befunde gegründet wurden, entbehren natürlich jeder 3edeutung. Die Eigenthümlichkeiten im Pharynx der Kowalevskiden finden bei Dolioliden keine Homologa. Dureh Karminfütterung hat Fol den Nachweis erbracht, dass bei den Kowalevskiden die Nahrungsaufnahme in der Weise erfolgt, dass die Nahrungspartikel, die mit dem Athmungswasser durch den Mund eintreten, von den Wimperzapfen zurückbehalten werden, während die leere Flüssig- keit durch die Spiracula abfliesst. Durch die Flimmerbewegung wird dann die Nahrung in den hinteren Pharynxabschnitt geführt und gelangt weiterhin in den Verdauungstractus. Für die Respiration können die soliden Zapfen keine Bedeutung haben, sondern es erfolgt die Athmung in genau derselben Weise wie bei allen anderen Appendicularien. 2. Der Verdauungstractus. Der Verdauungscanal weist im einzelnen bei den verschiedenen Gattungen recht beträchtliche Unterschiede auf, lässt sich aber überall im wesentlichen auf den Typus einer Vförmigen Schleife zurückführen, deren ventraler Ast nach vorn zu gerichtet ist und ventral in der Median- ebene durch den After direet nach aussen mündet. Die beiden Subfamilien, dieAppendieularinaeund Fritillarinae, unterscheiden sich scharf dureh Sn: 116 Appendienlarien. den Bau des Verdauungscanales. Bei ersteren ist der Darm sehr umfang- reich und reicht in den hintersten Rumpfabschnitt hinein; bei letzteren ist er klein und auf die Rumpfmitte beschränkt. Einzelne Abschnitte sind als Oesophagus, Magen, Intestinum und Rectum beschrieben worden, und meist findet sich ausserdem noch ein besonders differenzirter, als Leber zu bezeichnender Theil. Eine darmumspinnende Drüse, die allen anderen Tunicaten zukommt, ist bisher bei den Appendieularien nicht beobachtet worden. Ueberall wird die Darmwand von einem ein- schiehtigen Epithel gebildet, das weder von einem besonderen Bindegewebe noch von eigenen Muskeln umgeben wird. Die Fortbewegung der Nahrung und verdauten Reste erfolgt ausschliesslich durch das innere Flimmer- kleid der Darmwandungen. Der Oesophagus. Bei fast allen Appendicularien zieht sich das Hinterende des Kiemendarmes in einen medianen und dorsal gelegenen Zipfel aus, der ohne scharfe Grenze in den Oesophagus führt. Dieser ist stets kurz, vorn trichterförmig erweitert (Fig. 4, Taf. VI), hinten ein wenig verjüngt und meist ventralwärts gekrümmt. Bei manchen Oiko- pleuren und bei Megalocereus ist er bis zu einem Halbkreis gebogen, bei den Fritillarien dagegen bleibt er ziemlich gerade gestreckt. Die Form des Lumens erweist sich im Querschnitt recht variabel; bei den Vikopleuren erscheint sie vorwiegend in lateraler, bei Fritillarien in dorso-ventraler Richtung comprimirt. Die Wandung besteht aus einer Schicht Wimperzellen, die denen der Flimmerbogen sehr ähnlich sind. Bei Vikopleuren sind die Elemente sehr kleine, diehtgedrängte Prismen- zellen mit kleinen, länglichen Kernen; bei Fritillarien dagegen sind sie grösser, oft pflastersteinförmig oder kubisch, mit ansehnlichen, bläschen- förmigen Kernen versehen. Nur bei Aowalevskia liegt die hinterste Pharynxausstülpung ventral und geht ohne deutliche Grenze in den Oeso- phagus über, der hier als ein breiter, in dorso-ventraler Richtung stark zusammengedrückter, allseitig bewimperter Sack erscheint. Auch die Wimperzapfen setzen sich in ihn fort, bilden aber nur ganz kleine, warzenförmige Erhebungen, die nach hinten zu füglich ganz verschwinden. Das Hinterende krümmt sich im rechten Winkel dorsal zu und mündet in den Magen. Die Wimpern erlangen eine sehr mächtige Ausbildung und werden bis 0,2 mm lang. Der Magen zeigt überaus variable Gestalt, besteht aber überall aus einem einschichtigen Epithel, fast ausschliesslich aus Wimperzellen. Bei den Fritillarien ist er klein, fast kugelförmig und setzt sich aus nur wenigen sehr grossen Drüsenzellen zusammen, die innen bewimpert zu sein scheinen und je einen grossen, bläschenförmigen Kern führen. Bei Appendiceularia sicula ist er deutlich bewimpert, oval und recht klein. Auffallend ist hier, dass die grossen Magenzellen feine Fortsätze durch die primäre Leibeshöhle hindurch senden, um sich mit diesen am Ekto- derm zu befestigen (Fol). Ganz ähnliche, aber verzweigte Fortsätze der Entodermzellen finden sich nach Fol auch bei Korvalevskia, deren fimmern- Verdauungstraetus. 117 loser Magen je nach dem Grade der Füllung in seiner Gestalt variirt, wie auch der mit langen Cilien versehene Pylorustheil bald zu einer Röhre ausgezogen, bald als einfache runde Oeffnung erscheinen kann. Unter den Oikopleuren leitet sich eine Sonderung des Magens in zwei ver- schiedene Abschnitte ein. Der Oesophagus mündet dorsal in den hinteren Magenabschnitt ein (Fig. 2, Taf. VI). Rechts von diesem Cardialtheil findet sich eine tiefe, ringförmige Einkerbung (hier verläuft der ventral gerichtete Bogen des Hauptnervenstammes), durch welche der die ganze Breite des Thieres einnehmende Magen in eine rechte und linke Partie unvollkommen zerlegt wird. Der linke Theil entbehrt auf gewissen Strecken der Bewimperung und besitzt eine ventrale Reihe sehr grosser Drüsenzellen, welche firstförmig hervorspringt (Fig. 1, Taf. VI). Bei manchen Arten scheinen die Drüsenzellen über die ganze Seiten- und Vorderwand verbreitet zu sein (Fol). Chun homologisirt diesen Abschnitt mit der Leber von Stegosoma und Megalocereus. Der rechte Theil variirt in Form und Grösse und bildet mit seinem hinteren, ventralen Ende den Pylorus. Bei Stegosoma (Fig. 8, Taf. I) erscheint der Magen durch eine Ein- kerbung vom Oesophagus scharf abgesetzt und bildet einen mässig um- fangreichen Schlauch, der, allmählich sich erweiternd, gerade nach hinten verläuft. Sein Pylorusabschnitt ist ventralwärts gerichtet. Bei Megalo- cercus ist der voluminöse, mehrfach ausgebuchtete Magen nach vorn und ventral zu gekehrt. Die Leber findet sich als ein scharf gesonderter Darmabschnitt nur bei den zwei letztgenannten Formen. Bei Stegosoma stellt sie ein seitlich stark zusammengedrücktes, im Profil dagegen. ziemlich umfangreiches, fast dreikantig erscheinendes Gebilde dar, das vermittelst eines engen Leberganges in den linken Anfangstheil des Magens einmündet. Ueber den vorderen und ventralen Randsaum zieht sich eine Reihe sehr grosser Drüsenzellen, die von den anderen Elementen des einschichtigen Epithels sich scharf abheben. Megalocereus endlich ist durch einen sackförmigen, langen Leberschlauch ausgezeichnet, der links vom Magen liegt und sich ventral nach vorn zu erstreckt. An der ventralen Wand liegt eine Reihe ausserordentlich grosser Drüsenzellen (Chun). Ganz übereinstimmend mit Stegosoma scheint sich nach Langerhans (No. 36) Orkopleura magna zu verhalten, bei der der sog. Magen nur einen dem sonst einfachen Darmbogen aufsitzenden Blindsack darstellt. Das Intestinum stellt stets eine mehr oder minder langgestreckte köhre dar, die bei den verschiedenen Formen in mannigfacher Weise gekrümmt oder auch fast gerade gestreckt sein kann. Sehr ausgeprägt und Sförmig ist die Krümmung bei den Oikopleuren, bei welchen die dieke Wandung aus langen prismatischen Wimperzellen besteht. Auch bei den Fritillarien und Appendicularia bildet das Intestinum einen fast halbkreisförmigen, jedoch transversal gestellten Bogen, der in beiden Gattungen im einzelnen verschieden verläuft. Bei Fritillarien sind 118 Appendieularien. die bewimperten Wandungen äusserst dünn und je nach der Menge der enthaltenen Nahrung collabirt oder, wenn das Intestinum zu einem um- fangreichen Gebilde angeschwollen erscheint, straf! ausgespannt. Bei Megalocercus und Stegosoma ist das Intestinum nur schwach gekrümmt und verläuft ventralwärts nach vorn zu. Gegen den Pylorustheil des Magens ist das Intestinum meist ziem- lich deutlich abgegrenzt, und auch gegen das hectum zu setzt es sich häufig (Oikopleuren, Megalocereus, Stegosoma, Appendkcularia) scharf ab. Dagegen scheint bei Kowalevskia eine solche hintere Grenze nicht zu bestehen, und Fol bezeichnet den gesammten, dem Magen folgenden Darmabschnitt als Rectum. Dieser ganze Abschnitt besteht aus einer Schicht Flimmerzellen, die eingebettete Fettkügelchen enthalten und, so- wie die Magenzellen, durch verzweigte Fortsätze mit dem Ektoderm ver- bunden sind. Das Reetum bildet den ventralen, nach vorn gerichteten Endtheil des Darmtractus. Es mündet bei allen Appendiceularien meist nahe vor der Schwanzwurzel in der Medianebene oder ein wenig rechts von dieser (Kowalevskia, Appendicularia, Fritillarien) durch den After direct nach aussen. Häufig (Oikopleuren) liegt der After auf einer papillenförmigen Erhebung der Haut. In der Ruhe ist die Oeflinung sehr klein, beim Aus- tritt der Fäces kann sie sich beträchtlich erweitern, doch fehlt jede be- sondere Muskulatur. Im histologischen Bau stimmt häufig das Reetum mit dem Intestinum ganz überein (Kowalevskia, Fritillarien). Beträchtlichere Unterschiede scheinen besonders da zu bestehen, wo beide Darmabschnitte auch äusser- lich scharf gesondert sind und namentlich das Hinterende des Rectums über die Einmündungsstelle des Intestinums mit einem blindsackförmigen Zipfel herausragt (Megalocereus, Vikopleuren, Fig. 1, Taf. VI). Das kectum wird dann durch ein beträchtlich dünneres Wimperepithel gebildet. Bei Appendicularia sicula sollen nach Fol in der Wandung Leberzellen liegen, und auch dem Rectum der Kowalevskia ist dieser Forscher geneigt, die Funetion einer Leber zuzusprechen. VII. Die Chorda. Das Axialorgan des Schwanzes fällt schon bei schwacher Vergrösserung auf und wurde daher bereits von den ersten Untersuchern beobachtet. Mertens®) zeichnet die Chorda vollständig richtig, unterscheidet sie aber bei der Deutung nicht sicher von den seitlichen Muskelbändern. Auch die Angabe von Busch, dass der Schwanz seines Eurycereus ®) Mertens beschreibt eine starke, durch Querfasern ausgezeichnete „Mittelrippe“ im Schwanze, die man gewöhnlich auf die Chorda bezieht. Aus der Beschreibung und den Abbildungen geht aber deutlich hervor, dass die Chorda nur der centrale Theil der „Mittelrippe“ ist und dass unter diesem Namen Muskulatur und Chorda zusammen- gefasst wurden. Chorda. 119 pellueidus von einem Rohre durchsetzt werde, das sich bis zum Darm erstrecke, kann wohl nur auf die Chorda bezogen werden. Dass es sich nicht um eine Röhre, sondern um ein solides Gebilde handle, haben Müller, Huxley und Leuckart dargethan, und schon der erste Forscher hat darauf hingewiesen, dass eine hohe Aehnlichkeit mit der Chorda der Cyelostomen bestehe. Auch Leuckart ist es aufgefallen, dass die Cyclostomen-Chorda, obwohl sie „in morphologischer Beziehung allerdings von dem Achseneylinder im Ruderschwanze unserer Ascidien- larven sehr weit verschieden ist, nichtsdestoweniger aber in Gestalt und Beschaffenheit und funetioneller Bedeutung an denselben sich anschliesst“ (No. 41, p. 335). Während diese Untersucher die Appendieularienchorda als einen festen, elastischen Stab aus homogener, durchsichtiger Masse auffassen, betrachtet sie Gegenbaur (No. 21) als eine mit Flüssigkeit prall gefüllte Röhre. Am genauesten sind die Angaben Fol’s, der eine Chordamembran mit Kernen und die homogene Gentralsubstanz richtig unterschieden hat. Die Chorda nimmt stets die Axe des Schwanzes ein. Vorn reicht sie bis zum äussersten Ende desselben und füllt mit ihrem abgerundeten Ende die oben erwähnte grubenförmige Vertiefung des Hautepithels aus (Fig. 6, Taf. IV). Hinten endigt sie ein wenig zugespitzt, ohne das Schwanzende zu erreichen, meist noch vor den seitlichen Muskelplatten (Fig. 4, Taf. IV). Bei Fritillaria formica reicht sie hinten über die Muskeln hinaus. In der Mitte ihrer Länge ist sie meist am dicksten; besonders auffallend scheint das bei Kowalevsiia zu sein. Nirgend habe ich die Chorda vollkommen kreiseylindrisch angetroffen, sondern stets sah ich — im Zusammenhange mit den in lateraler Richtung erfolgenden Schwanzkrümmungen — den Querschnitt elliptisch, die längere Axe dorso-ventral, die kürzere transversal gerichtet (Fig. 1 und 5, Taf. IV; Fig. 5, Taf. V). ! Die Centralsubstanz ist glashell, durchsichtig, äusserst elastisch und von knorpelartiger Gonsistenz. Bei Zusatz von Essigsäure wird sie dunkel und undurchsichtig (Fol). Sie ist fast stets durchaus homogen, doch habe ich bei Oikopleura cophocerca in ihrem Vordertheil eine strang- förmige Differenzirung verdichteter Substanz angetroffen, die vorn und hinten sich der Chordamembran verband. Die Chordamembran, welche die Gentralsubstanz allseitig um- schliesst, ist meist zwar nur sehr dünn, doch stets sehr zäh und resistent. An der inneren Seite findet sich bei jüngeren Thieren noch ein con- tinuirlicher Protoplasmabelag mit buckelförmigen, in die elastische Sub- stanz vorspringenden Verdickungen, in denen je ein abgeflachter, linsen- förmiger Kern liegt (Fig. 6, Taf. IV). Später liegen diese die Kerne führenden Plasmagruppen ganz isolirt, durch weitere, nur von der Membran gebildete Strecken voneinander getrennt. Es ist das eine Folge der Schrumpfung des Plasmas bei der Bildung der Membran und elastischen Substanz. Häufig sieht man bei diesem Process die linsenförmig ab- 120 Appendieularien. ud eeflachten Plasmakörper mit radiären, sternförmigen Fortsätzen versehen, so dass die Zellen amöbenähnliches Aussehen zeigen (Fig. 10, Taf. V). Ob, wie Rankin für Pritillaria furcata angiebt, um die linsenförmigen Kerne das Plasma vollkommen schwinden kann, so dass jene frei der Membran anhaften, scheint mir zweifelhaft zu sein. Umgekehrt behauptet Fol, dass häufig der Kern vollkommen schwinde, während das Plasma stern- förmig: werde, was aber bei den Oikopleuren und Fritillarien bestimmt nicht zutrifft. Zu prüfen wären nur die Verhältnisse bei Fritzillaria urticans (Fig. 7, Taf. V), wo Fol an der Chordamembran sternförmige und verzweigte, rhizopodenähnliche Plasmakörper beschreibt, die in der That keinen centralen Kern zu besitzen scheinen. Doch ist es vielleicht auch möglich, dass es sich um ähnlich verzweigte Kerne handelt, wie sie von mir in den Muskelzellen nachgewiesen worden sind. Die Zahl der der Membran anliegenden Chordakerne und Zellreste beträgt bei den Fritillarien nur etwa ein Dutzend. Bei den kleinen Oikopleuren schon ist sie bedeutend grösser, und bei den grossen Formen überschreitet sie wohl stark hundert. Entwieklungsgeschichtlieh wird die Chorda wahrscheinlich aus einer Zellreihe hervorgegangen sein. Das Aussehen des hinteren Chorda- endes in jungen Fritillarien gestattet mit hoher Wahrscheinlichkeit eine solche Annahme. Am hintersten Ende besteht hier, sowie bei vielen Formen auch am vordersten, noch eine grössere terminale Chordazelle mit deutlichem, bläschenförmigem Kern. Weiter vorn liegen ein bis drei scheibenförmige Zellen, die die elastische Substanz quer durchsetzen und mit dem Randplasma verbunden sind (Fig. 6, Taf. V). Manchmal reicht die Zellscheibe nicht mehr durch die ganze Chordadicke, sondern erscheint nur auf einer Seite der Randschicht durch einen breiteren Basaltheil ver- schmolzen, während der andere Theil frei in der elastischen Substanz endigt. Es handelt sich hierbei fraglos um eine Einbeziehung der Chordazellen in die periphere Schicht, die überall im vorderen Schwanztheil bereits erfolgt ist und nur im hintersten Abschnitt beträchtlich später eintritt. Man wird demnach annehmen müssen, dass, ganz ähnlich wie bei den Ascidienlarven, die Absonderung der elastischen Chordasubstanz anfänglich zwischen den Zellen erfolge, so dass die Plasmakörper auf dünne Scheiben reducirt werden. Diese werden füglich in die periphere kindenschicht, welche inzwischen die Chordamembran zur Entwicklung gebracht hat, einbezogen. Auch die protoplasmatische Rindenzone erfährt weiterhin noch einen verschiedenen Grad der Rückbildung. VII. Die Muskulatur. 1. Die Muskulatur des huderschwanzes. Die Muskeln des Schwanzes bestehen aus zwei flachen Bändern, von denen das eine rechts, das andere links zwischen Chorda und ekto- dermalem Epithel an jeder Breitseite gelegen ist. Sie erstrecken sich fast durch die ganze Schwanzlänge. Vorn erreichen sie mit ihren ein Muskulatur des Ruderschwanzes. 121 wenig verschmälerten Enden wohl nie das Chordaende; gewöhnlich endigt hier das rechte Band etwas hinter dem linken. Nach hinten zu werden sie sehr schmal und überragen stets (Fritillaria formeica ausgenommen) die Chorda. Die Länge eines jeden Muskels bleibt also nur ganz un- beträchtlich hinter der des ganzen Schwanzes zurück. Dagegen ist die Breite stets eine sehr erheblich geringere, variirt aber bei den ver- schiedenen Arten nieht nur bezüglich der absoluten Grösse, sondern auch im Verhältniss zum Durchmesser der Chorda und der Breite des Schwanzes selbst. Bei fast allen Oikopleuren, auch bei Megalocercus beträgt die Breite der Muskelbänder mehr als !/,, bei den Fritillarien oft kaum !/,, bei Kowalevsiia tenuis nur !/, der Schwanzbreite. Bei Stegosoma er- reicht sie 1,2 mm, bei Megalocercus sogar bis 3 mm. Die Dicke ist aus- nahmslos gegenüber den anderen Dimensionen eine ganz unbedeutende Grösse. Während die älteren Untersucher ein jedes Muskelband als ein durchaus einheitliches Gebilde auffassten, welches sich aus parallel ver- laufenden und durch die ganze Länge continuirlich sich erstreckenden, quergestreiften Fibrillen zusammensetze, glaubte Langerhans jederseits zehn verschiedene Segmente annehmen zu müssen. Er fand nämlich, dass nach Behandlung mit 30—33 procentiger Kalilauge jedes Band in zehn Stücke zerfiele, deren Beziehungen zum Nervensystem bereits oben (p. 107) erörtert wurden. Van Beneden und Julin (No. 5, p. 395) haben später diese Angaben bestätigt und noch andere heagentien (z. B. 20 procentige Salpetersäure) genannt, welche die gleiche Erscheinung hervorrufen sollten; auch beim Tode des Thieres könne eine Auflösung in die einzelnen Segmente eintreten. Ray Lankester (No. 39) beschrieb bei Fritillaria furcata sieben Muskelsegmente, die genau sieben Ganglien und ebensovielen Paaren motorischer Spinalnerven entsprechen sollten. Damit schien die Segmentation des Ruderschwanzes der Appendicularien fest begründet zu sein. Wie es sich aber mit der Zusammensetzung eines jeden Muskelbandes aus einzelnen Zellen verhalte, blieb unerörtert; stillschweigend wurde wohl stets vorausgesetzt, dass jedes „Segment“ aus einer grösseren oder geringeren Anzahl Elementen bestehe. Hierüber sowie über den Bau der Muskelbänder haben die Untersuchungen Seeliger's Aufklärung gebracht, nachdem vorher schon Retzius (No. 47) einige wichtige Angaben über den feineren Bau der Muskelfasern gemacht hatte. In jedem Muskelband lassen sich zwei Theile unterscheiden, ein äusserer (Sarcoplasma) und ein innerer (contractile Schicht). Die eontraetile Schicht wird durch die Elemente gebildet, die man früher kurzweg als quergestreifte Längsfibrillen beschrieben hat. Jede ver- meintliche Fibrille ist ein sehr feines Doppelblatt, dessen Breite der transversalen Axe des Schwanzes parallel, also senkrecht zur Oberfläche steht (Fig. 5—8, Taf. IV) und dessen Länge sich durch das ganze Muskelband hindurch erstreckt. Retzius nennt jedes Doppelblatt „Muskelfäserchen“. Jedes derselben besteht aus zwei dicht miteinander 99 Appenldlieularien. 22 Pl verklebten Einzelblättern oder Lamellen, die sich gelegentlich, namentlich am äusseren Ende, voneinander ablösen (Fig. SA). Bei der Betrachtung des Muskels von der Fläche aus erscheint die Verwachsungsstelle der beiden Einzelblätter als eine helle Längslinie (Fig. SB), die bereits Retzius bemerkt hat und die ihm Veranlassung war, eine Zusammen- setzung einer jeden Faser aus zwei nebeneinander liegenden Längsfibrillen zu vermuthen. Jede Lamelle setzt sich aus einer Schicht stark färbbarer Einzelkörperchen zusammen, die in regelmässigen Längs- und Querreihen angeordnet sind, also gewissermaassen aus parallel und regelmässig verlaufenden, quergestreiften Längsfibrillen. Da, wo die Lamellen nur sehr schmal sind (z. B. Fritillarien, Fig. 5, Taf. IV), besteht jede (Juerreihe aus sehr wenigen, vielleicht nur zwei Elementen, bei den grossen Oikopleuren dagegen aus zahlreichen (Fig. 8). Doch muss ich bekennen, dass ich auf den @Querschnitten die feinsten Structur- verhältnisse nicht in vollster Klarheit sah. In den Längsreihen sieht man bei der Betrachtung der Muskellamelle von der Kante aus je zwei Körperchen dicht hintereinander liegen, nur durch eine feine helle Quer- linie getrennt, die Retzius der Hensen’schen Mittelscheibe vergleicht. Die Zwischensubstanz, die die Einzelkörperchen, resp. deren Gruppen zu einer Lamelle verbindet, ist hell und nur sehr schwach färbbar. Bisher sind in ihr weitere Zwischen- oder Nebenscheiben nicht beobachtet worden. Da die Elemente der zu einem Doppelblatt verbundenen Einzel- blätter genau nebeneinander liegen, erscheinen bei Flächenansicht des Muskelbandes je vier Einzelkörperchen, nur durch ein feines helles Kreuz voneinander geschieden, zu einer Gruppe vereinigt (Fig. SB, Taf. IV), die man früher als das Elementarkörperchen der quergestreiften Muskel- fibrille der Appendicularien betrachtet hat und die Retzius den Quer- scheiben der Arthropoden für gleichwerthig hält. Die Doppelblätter sind voneinander durch eine helle, homogene Zwischensubstanz geschieden, die mir von dem oberflächlichen Sarcoplasma verschieden zu sein schien (Fig. 7 und 8, Taf. IV). Der äussere Theil des Muskelbandes ist das Sarcoplasma, das sich als eine flächenhafte, an den Rändern stark verdünnte Schicht continuir- lich über die contraetile Substanz hinzieht. Es besteht aus „glänzenden, ovalen oder etwas unregelmässig geformten Körnchen, Sarcosomen, welche durch eine fast homogene oder fein gekörnte Substanz zusammen- gehalten werden“ (Retzius). Muskelkern und Muskelzelle. Im Sarcoplasma liegen die Muskel- zellkerne. Auch bei den ausgebildeten Fritillarien lassen sich leicht in jedem Muskelband zehn hintereinander liegende, zu einer Reihe an- geordnete Kerne nachweisen (Fig. 4, Taf. IV). Der hinterste bildet in der Regel noch eine etwas unregelmässige Platte, die erst durch wenige Perforationen siebförmig durchbrochen und als Zellkern unschwer zu er- kennen ist (Fig. 3, Taf. V). Weiter vorn sind die Kerne zu einem com- plicirten Retieulum umgestaltet, ohne jedoch jemals miteinander zu ver- Muskulatur des Ruderschwanzes. 123 schmelzen (Fig. 2, Taf. V). Ziemlich häufig zeigt sich das Retieulum schmetterlingsförmig, aus zwei nur durch wenige Verbindungsfäden ver- einigten Hälften zusammengesetzt. Ganz ohne Grund hat Rankin diese Erscheinung auf Verschmelzung zweier ursprünglich getrennten Muskelzellkerne zurückgeführt. Jüngere Stadien (Fig. 1, Taf. V) würden ihn gelehrt haben, dass eine weiter vorgeschrittene Umbildung und Auf- lösung eines Kernes in ein flaches Gerüstwerk vorliegt. Die Kerne der rechten und linken Seite liegen meist nicht genau einander gegenüber. In alten Thieren trifft man sie mehrfach in seniler Degeneration und Resorption begriffen (Fig. 4, Taf. V). Beweist schon die einreihige Anordnung der Kerne die Zusammen- setzung jedes Muskelbandes aus zehn hintereinander liegenden Zellen, so lassen sich in jungen Thieren unschwer auch die Zellgrenzen noch nach- weisen. Sie liegen an den beiden Seiten nicht genau einander gegenüber (Fig. 4, Taf. IV). In alten Thieren treten sie allerdings kaum noch sämmtlich gleichzeitig in ein und demselben Muskelband auf. Die „Fibrillen“ erstrecken sich continuirlich durch alle Zellen hindurch und erst nach längerer Einwirkung von bestimmten Reagentien erfolgen Rupturen. Die Lagebeziehungen der Caudalganglien zu den zehn Muskelzellen ersieht man aus Fig. 4, Taf. IV. Doch herrschen namentlich im hinteren Abschnitt nieht unbedeutende individuelle Verschiedenheiten. Sieht man von dem vordersten kleinen Ganglion (g,) ab, so liegt im Bereiche der vier vordersten Muskelzellenpaare bei Fritillaria furcata je ein Ganglion. Untersucht man, wie es leider geschehen zu sein scheint, nur den vorderen Schwanztheil und deutet man die Muskelzelle, die Zellnatur verkennend, als „Segment“, so kann man wohl dazu geführt werden, eine echte Segmentation des Fritillarienschwanzes anzunehmen (vgl. Fig. 1, Taf. V). Bei den Oikopleuren erfahren die Muskelzellkerne eine noch weit- gehendere Differenzirung, indem die flachen und netzförmigen Gerüst- werke, zu welchen sie umgebildet sind, sich ausdehnen und miteinander vereinigen, so dass füglich ein sich eontinuirlich durch das ganze Sarco- plasma einer Seite erstreckendes Reticulum gebildet wird, in welchem die ursprüngliche Kernzahl nicht mehr festzustellen ist. Retzius hat diese „baumförmige Zeiehnung“ im Sarcoplasma bereits gesehen und hielt es für möglich, dass sie mit Nervenendigungen im Zusammenhange stehe. Erst Seeliger hat in ihnen die umgebildeten Kerne erkannt, was Rankin kürzlich bestätigte. So wie bei den Fritillarien treten nun aber auch bei den Viko- pleuren in conservirten Exemplaren regelmässig gelagerte, quer ver- laufende Linien auf, die ich — so wie es dort zweifellos ist — auch hier als Zellgrenzen deute. Die Muskellamellen können, wenn es auch nicht immer der Fall sein muss, an diesen Stellen unterbrochen sein, ziehen aber im lebenden Gewebe continuirlich durch die ganze Länge hindurch. Es geht doch nicht an, diese Trennungslinien einfach als 124 Appendieularien. Kunstproduete zu betrachten, denn offenbar sind diese Stellen von vorn- herein gekennzeichnet. Wenn Lefevre und Rankin dies dennoch thun, so vermisst man, auch wenn der erstere in irgend einer Weise die Nerven dafür verantwortlich machen will, eine Erklärung für das gesetzmässige Auftreten der Querlinien und bestimmten Rupturstellen. Diese Erklärung ist aber dadurch gegeben, dass es sich um einfache Zellgrenzen handelt. Von besonderen trennenden Septis wird man, wie schon Ray Lankester mit Recht betont, nicht sprechen dürfen. Ausser an den Zellerenzen treten auch an verschiedenen anderen Stellen gelegentlich Rupturen auf, und es scheint, dass diese und jene von Lefevre und Rankin nicht auseinander gehalten worden sind. Ob diese Kunstproducte ausschliesslich durch die Wirkung der Reagentien hervorgerufen werden, ist mehr als zweifelhaft. In manchen Fällen scheint es sich um Knickungen und Zerrungen oder ähnliche Verletzungen zu handeln, die vielleicht beim Fange oder früher schon eingetreten sind. /u Täuschungen können weiter auch die in seniler Degeneration be- eriffenen Muskelbänder Veranlassung geben. An verschiedenen, ganz unregelmässig vertheilten Stellen erscheint dann die Continuität der Fibrillen unterbrochen. Solche Stellen liegen manchmal nahe neben- einander; sie erscheinen wie Querspalten des Muskelgewebes, die sich durch die ganze Breite oder auch nur über eine kurze Strecke des Muskel- bandes ausdehnen. In keiner Weise auf die Zellgrenzen zu beziehen sind auch die sog. Inselbildungen, das sind kreisähnliche oder längliche, allseitig isolirte Scheiben der contraetilen Substanz. Die Ruptur verlief also nicht gerad- linig und quer, sondern kreisförmig. Bei den alten, grossen Oikopleuren findet man sehr häufig solche Inselbildungen, und ich bin geneigt, sie weniger auf mechanische Läsion als auf senile Degeneration zurück- zuführen. — Bedeutung der Segmentation. Hält man die in diesem Abschnitt mitgetheilten 'Thatsachen mit dem zusammen, was im vierten Kapitel über das Nervensystem des Ruderschwanzes berichtet wurde, so wird man wohl kaum länger die Appendicularien als Organismen betrachten dürfen, die sich in einer genau den Vertebraten entsprechenden Weise aus einzelnen Segmenten zusammensetzen. Die vermeintliche Myomerie erweist sich in Wirklichkeit hervorgerufen durch die Anordnung einer geringen Anzahl Muskelzellen in einer Reihe. Jedes Myomer ist nur eine einzige riesige Muskelzelle, und es liegst nothwendig im Begriffe „Reihe“, dass dann jedes Element „segmental‘“ erscheinen muss. Ein Hinweis etwa darauf, dass auch beim Amphioxus eine jede Muskelzelle sich durch die ganze Länge eines wirklichen Segments hindurch erstrecke, wäre hier nichts weniger als auf dem Platze. Denn erstlich liegen hier zahlreiche Muskelzellen in jedem Segmente nebeneinander und zweitens entsteht entwicklungsgeschichtlich ein jedes Mesoderm-Segment jederseits als eine besondere Ausstülpung des Urdarms unter gleichzeitigem Auf- ey Muskulatur des Ruderschwanzes. 125 treten einer enterocölen Leibeshöhle. Von all dem kann bei den Appen- dieularien keine Rede sein. Das Schwanzmesoderm stellt nur eine Zellreihe dar, zeigt niemals eine Sonderung in ein äusseres (Hautfaser- blatt) und inneres Blatt, und niemals kommt es zur Bildung einer entero- cölen Leibeshöhle. Das Nervensystem des Schwanzes erweist sich durch eine Ganglien- reihe ausgezeichnet. Die Zahl der Ganglien zeigt aber einmal beträcht- liche individuelle Verschiedenheiten und steht zweitens in gar keiner Beziehung zu der der Muskelzellen. Ebensowenig erweist sich die Ver- theilung der Ganglien auf die einzelnen Elemente der Muskelbänder als constant und regelmässig. Es hat daher schon Langerhans, der die Auffassung vom segmentalen Bau der Appendicularien begründete, die Ganglien zur Bestimmung der Segmentzahl nicht verwerthet, sondern auf gewisse „Spinalnerven‘“ hingewiesen. Dass von dem mächtigen Haupt- nervenstamm Nervenfaserstränge abgehen müssen, ist wohl selbstverständ- lich, denn es wäre sonst nicht einzusehen, weshalb er dann überhaupt vorhanden sein sollte. Zu untersuchen bleibt aber, inwieweit diese „Spinalnerven“ auf eine Segmentation zu beziehen seien. Langerhans selbst schliesst alle von den Ganglien entspringenden und unregelmässig vertheilten Nerven aus und beschränkt sich auf acht motorische Paare. Es ist aber oben ausgeführt worden, dass diese letztere Angabe von keinem der späteren Beobachter bestätigt werden konnte, dass nicht einmal über den Ursprung und die Zahl der motorischen Nerven eine annähernde Uebereinstimmung herrscht und dass diese Nerven wahrschein- lich ebenfalls ziemlich unregelmässig vertheilt sein dürften. Funetion der Schwanzmuskulatur. Die seitlichen Muskelbänder ertheilen dem ruderförmig flachgedrückten, durch den axialen, elastischen Chordastab gestützten Schwanze eine lebhafte, von vorn nach hinten zu w@llenförmig vorschreitende Bewegung. Der Effect dieser Schwanz- contraetionen ist ein sehr verschiedener, je nachdem das Thier nackt ist oder im Gehäuse ruht. Das nackte Thier wird durch die Schläge des Ruderschwanzes ziemlich rasch fortbewegt und zwar in der Weise, dass in der Regel das Hinterende des Rumpfes beim Schwimmen nach vorn gerichtet ist (Vogt). Die Geschwindigkeit der Bewegung ist von der Stärke der Muskulatur abhängig; wo diese besonders zart ist (Iritillarda megachile), ist die Schwimmbewegung träg und langsam. Die zurück- gelegte Bahn ist nach Lohmann keine Gerade, sondern eine Spirallinie. Während der Zeit der Muskelruhe sinkt der Körper, der specifisch schwerer ist als Wasser, nach abwärts; das hintere Rumpfende ist senk- recht nach unten, der gestreckte Schwanz nach oben gerichtet. Durch die Contractionen des Schwanzes wird der Rumpf zunächst in ganz enger Spirale nach oben und dann in weiteren Spiralen nach vorwärts geführt. Perioden ruhigen Niedersinkens und aufwärts gerichteter Bewegungen folgen einander in regelmässigem Wechsel (Lohmann). Neben der geraden Vorwärtsbewegung hat Fol bei Aorralerskia tenuis eine besondere 126 Appendieularien. Bewegungsweise beschrieben. Alle drei bis vier Secunden erfolgt ein Schwanzschlag, der das Thier um 90° dreht, so dass nach vier Schlägen die ursprüngliche Lage gewonnen ist, ohne dass schliesslich eine Orts- veränderung eingetreten wäre. Innerhalb des Gehäuses bewirkt die Schwanzthätigkeit nur eine ganz unbedeutende Vorwärtsbewegung des gesammten Thieres, während durch die Oeffnungen der Schale das zur Athmung und Ernährung erforderliche Wasser zum Ein- und Ausströmen gebracht wird. (Vg]. hierüber das oben p. 96 Mitgetheilte.) Die locomotorische Bedeutung der Muskulatur scheint daher beim ersten Anblick hier in den Hintergrund getreten zu sein, ob- wohl die Art und Weise der Muskelthätigkeit die gleichen geblieben sind. 2. Die Muskulatur im Rumpfe. Bei Megalocercus abyssorum ist von Chun ein complieirtes Muskel- fasersystem im Rumpfe beschrieben worden. Taf. I, Fig. 4 und 5, zeigt den Verlauf der hauptsächlichsten Bänder. Im Umkreise des Pharynx erscheinen die Muskeln besonders mächtig und zahlreich, auch unmittel- bar beim Mundeingang finden sich eireulär verlaufende Stränge. Es soll schwer fallen, im econservirten Zustande die einzelnen Faserzüge deutlich zu erkennen. Ueber den Ursprung dieses Systems ist nichts bekannt. Es dürfte aber wohl sehr zweifelhaft sein, ob hier ein besonderes, meso- dermales Gebilde vorliegt, da bei den anderen Appendieularien freie Mesodermzellen im Rumpfabschnitt fehlen. Am wahrscheinlichsten ist es, dass die Muskeln besonders differenzirte Zellen des ektodermalen Haut- epithels darstellen. Eine eigenthümliche Muskulatur hat Eisen an seiner Vexillaria speciosa beschrieben. Hier sollen sich im vorderen Körperabschnitte strahlenförmige Muskelfaserbüschel finden (Fig. 9, Taf. II), die von der Innenseite des ektodermalen Hautepithels ausgehen. Auf einem kelch- förmigen Basalstück sitzen eine Anzahl die Leibeshöhle durchsetzende contractile Fasern in fächerförmiger Anordnung und reichen mit ihren freien, zugespitzten Enden bis zu den Eingeweiden. Es könnte sich dabei vielleicht um ähnliche Gebilde handeln, die Fol bei Kowalevskia und Appendieularia als Fortsätze der Darmzellen gedeutet hat und die oben (p. 116) erwähnt wurden. Allerdings ist bei diesen eine Contraetilität nicht wahrgenommen worden. Möglicherweise sind aber Eisen’s Muskel- faserbüschel auch identisch mit den radiären Fasern der Leibeshöhlen- eallerte, die weiter unten behandelt werden sollen. Im vorderen Körperabschnitt hat ferner Eisen ein Paar grosse, conische Muskeln aufgefunden, welche die Vexillaria mit dem Gehäuse verbinden sollen. Es könnten diese Muskeln, allerdings ist die Beschrei- bung nicht genügend klar, nur besonders differenzirte Ektodermzellen sein. Doch halte ich es für nieht unmöglich, dass bestimmte Strueturen der inneren (ehäusefläche (vgl. oben p. 94) verkannt worden sind und zur Annahme besonderer Gehäusemuskeln Veranlassung gegeben haben. Herz und Pericardium. 127 Aehnlich dürften sich auch die von Sanders (No. 49) beschriebenen, längs gerichteten Muskelfibrillen des Rumpfes erklären. Die zitternden Bewegungen des Gehäuses lassen sich auch ohne Action besonderer Ge- häusemuskeln befriedigend erklären (vgl. oben p. 96). IX. Herz und Periecardium. Das Herz und Pericardium der Appendieularien wurden schon von Mertens beobachtet und sind seither bei allen Formen, bei welchen gründ- lich darnach gesucht wurde, nachgewiesen worden. Nur Korwalevskia scheint sie nicht zu besitzen. Das Organ liegt stets in der Nähe des Darmeanals der ventralen Körperwand mehr oder minder nahe, bei den Fritillarien ventral vom Oesophagus und vorderen Magentheil, bei den Oikopleuren, Appendicularia und Stegosoma zwischen den Schlingen des Verdauungs- tractus suspendirt und zum Theil in die Region der Geschlechtsorgane hineinragend. Im wesentlichen stellt das Gebilde einen Schlauch dar, dessen dorsale Seite mehr oder minder stark abgeflacht und ventralwärts eingestülpt ist. So erscheint gewissermaassen eine doppelwandige Schale gebildet. Die ventrale, convex gekrümmte Wand bildet das Pericardium, die innere und dorsale das eigentliche Herz; das Lumen, das beide ein- schliessen, ist die Pericardialhöhle, während die Herzwand die Herz- höhle umeiebt. Die Pericardialhöhle bildet einen allseitig wohl abge- schlossenen Raum, die Herzhöhle dagegen ist nur ein Theil der primären Leibeshöhle. Bei den Fritillarien stellt die Herzwand eine sehr seichte rinnenförmige Einstülpung dar, die vom Oesophagus und Magen nur ganz unvollständig verschlossen wird und namentlich vorn und hinten mit der Leibeshöhle in weiter Communication steht (Fig. 10 und 11, Taf. VI). Bei den grösseren Oikopleuren ist die Einstülpung beträchtlich tiefer (Fig. 1, Taf. VI), doch bleiben auch hier die seitlich-dorsalen Ränder stets weit voneinander entfernt, und die weit offene Rinne wird nur durch den Verdauungstractus bedeckt. Ein besonderes, den dorsalen Verschluss besorgendes Epieardium fehlt also vollkommen, und es beweist das, dass dieses bei manchen Ascidien nachgewiesene (Gebilde durchaus nicht als ein ursprünglicher Theil des Herzens angesehen werden darf. Die Herzwand besteht aus einem sehr feinen Plattenepithel, das an der der Herzhöhle zugekehrten Seite quergestreifte, parallel verlaufende Fihbrillen ausbildet. Bei Fritillarien erstrecken sich die letzteren quer von rechts nach links, bei den Oikopleuren, bei denen die beiden Ostien mehr seitlich liegen, in der Längsriehtung von vorn nach hinten. Bei den Fritillarien liegen die Kerne (Fig. 11, Taf. VI) rechts und links, fast alle zu je einer Längsreihe angeordnet. Sie wurden von Ray Lan- kester als secondary corpuscles bezeichnet und sollten keine echten Zell- kerne sein, sondern erst spät auftretende secundäre Bildungen von unbe- kannter Bedeutung. Das Perieardium ist ebenfalls ein sehr feines Plattenepithel und entbehrt der Fibrillen. Es wird. von der Gallertschicht der Leibeshöhle 128 Appendieularien. dicht umschlossen. Bei Fritillaria liegt rechts und links je eine ausser- ordentlich grosse Terminalzelle, deren Plasma sehr intensiv färbbar, deren Kern gross und bläschenförmig ist (Fig. 11, Taf. VI. Ray Lan- kester hat nur diese beiden Elemente im Fritillaria-Herzen erkannt und lässt dieses daher irrthümlicherweise von zwei Zellen gebildet sein. Offenbar sind die beiden Terminalzellen Drüsenzellen, und auch im Peri- cardium von Oikopleura cophocerca scheinen secretorische Elemente ein- gestreut zu sein. Die Drüsenzellen liegen der ventralen Körperhaut ausserordentlich nahe, doch konnte ich nicht nachweisen, dass sie sich dieser verbinden und nach aussen münden; immerhin aber scheint mir ihr Vorkommen im Pericardium sehr bemerkenswerth. Die Contraetionen des Herzens erfolgen überaus rasch, so schnell, dass man das Bild einer lebhaft undulirenden Membran gewinnt. Moss (No. 44, p. 299) zählte bei Fritellaria furcata ungefähr 250 Pulsschläge des Herzens in der Minute. Während die meisten Beobachter einen in ungleichmässigen Intervallen eintretenden Wechsel der Contraetions- und Circulationsrichtung bemerkten, wie er bei allen anderen Tunicaten fest- gestellt ist, fand Hartmann (No. 22), dass die Contractionen des Herzens immer nur von hinten nach vorn vorschreiten und dass keine Umkehr des Blutstroms erfolge. Auch Joh. Müller (No. 45, p. 106) liess in den beiden Blutbahnen im Schwanze seiner Vexellaria flabellum stets in der gleichen Richtung das Blut kreisen: im „Bauchgefäss‘‘ nach hinten, im „Rückengefäss‘ nach vorn zu, in den Rumpf zurück. X. Die @eschlechtsorgane. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane finden sich fast immer in ein und demselben Thiere im hintersten Theile des Rumpfabschnittes gelegen. Sie wurden bereits von Mertens richtig erkannt. Die Zahl der nicht hermaphroditischen Formen, die früher nieht ganz unbedeutend zu sein schien, hat allmählich eine Einschränkung erfahren, so dass gegen- wärtig nur Ozkopleura dioica für gonochoristisch eilt. Ein sexueller Di- morphismus besteht hier insofern, als die männlichen Thiere etwas kleiner sind als die weiblichen. Schon dann, wenn die Thiere erst die halbe (Grösse des geschlechtsreifen Zustandes besitzen, lassen sich die Geschlechter an den Keimdrüsen unterscheiden. Ovarium und Hoden können in jedem Thiere paarig, aus zwei sym- metrischen Hälften zusammengesetzt (Oikopleura rufescens, Fritillaria urticans), oder auch unpaar sein (die meisten Fritillarien, Kowalevskia). Häufig ist der Hoden paarig, das Ovarium aber unpaar (viele Oikopleuren, Stegosoma, Appendiceularia siceula). Die Zwitterorgane entwickeln sich aus einer gemeinsamen Anlage. Diese ist vielzellig und erscheint wie eine Art Syneytium ohne deutliche Zellgrenzen (Lee). Nach Fol entwickeln sich peripherische, zahnförmige Fortsätze, welche sich zu feinen, fadenförmigen Ausläufern verlängern Hoden. 129 und die Keimdrüsenanlage an der Leibeswand befestigen. Später erfolgt eine Sonderung des Zellhaufens in Hoden und Ovarium (Fig. 9, Taf. VI). 1. Der Hoden: Ueber die feineren Vorgänge bei der Umbildung des indifferenten Zellhaufens zum Hoden ist nur wenig bekannt. Das reife Organ bildet ein oder zwei sehr umfangreiche, meist schlauchförmig gestreckte Gebilde, deren Lagerung im Verhältniss zum Darmeanal für die verschiedenen Arten characteristisch ist. An der Aussenseite findet sich ein dünnes, doch ziem- lich resistentes Plattenepithel, in welchem häufig die Zellgrenzen nicht mehr nachweisbar sind, so dass es membranartig erscheint. Durch faden- förmige Fortsätze ist es häufig am Ektoderm und auch am Darmeanal be- festigt. Zuweilen kann der Hodenschlauch durch ein oder zwei besondere, aus Zellen bestehende Filamente mit der Leibeswand verbunden sein, die möglicherweise die Austrittsstellen der reifen Spermatozoen bestimmen (Fri- tillarien). Auch bei verschiedenen anderen Formen (Stegosoma, manchen Oikopleuren) verwächst die Hodenwand an einer bestimmten Stelle mit der Leibeswand zur Bildung eines nach aussen führenden Ganges, der als eine Art Samenleiter bezeichnet werden kann. Doch scheint die Per- foration nur zur Zeit der Spermareife zu bestehen. Es entleeren sich aber die Spermatozoen nicht nur direet nach aussen, sondern nach mehrfacher Dehiscenz der Hodenmembran gelangen sie zum grossen Theil auch in die Leibeshöhle, werden in den Blutstrom einbezogen und an die verschieden- sten Körperstellen bis in die hinterste Schwanzspitze geführt. Sie gelangen dann erst durch später auftretende Rupturen der Leibeswand nach aussen. Der gesammte Hodeninhalt scheint bei den meisten Formen ziem- lich gleichzeitig seine Umbildung zu reifen, befruchtungsfähigen Sper- matozoen vollendet zu haben und dann mit einem Male sich zu entleeren. Da weiter kein keimfähiges Material vorhanden ist, schwindet der Hoden dann oft vollständig und stellt also kein perennirendes Organ dar. Die reifen Spermatozoen zeigen die bekannte Form von Geisselzellen und ähneln denen des Menschen nicht unbeträchtlich (Fig. 12, Taf. VI). Bei Oikopleura dioica beträgt die ganze Zelllänge 0,015 mm. In den Jugendformen farblos, erhalten die Hoden manchmal im ge- schlechtsreifen Zustand lebhaftere Färbungen. So erscheint bei Oxko- pleura dioica der unpaare, grosse Hoden in dunklem ockergelb. Bei allen Zwitterformen tritt die männliche Geschlechtsreife vor der weiblichen ein. Bei Kowalevskia soll dieser Zeitunterschied nur wenige Minuten betragen, und da Spermatozoen und Eier hier in die Leibeshöhle entleert werden, könnte die Selbstbefruchtung kaum sicher vermieden werden. Auch bei Fritillaria furcata habe ich reife Eier und entleerte Spermatozoen gleichzeitig in der Leibeshöhle des Elternthieres angetroffen. Meistens sind aber die Spermatozoen bereits sämmtlich ent- fernt, wenn die Eier reif geworden sind, so dass dann ausserhalb des mütterlichen Körpers eine fremde Befruchtung eintreten wird. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. N) 150 Appendicularien. 3. Das Ovarium. Die Entwicklung des gleichartigen Zellhaufens zum Ovarium ist durch Lee (No. 40) und Davidoff (No. 10) in übereinstimmender Weise für Fritillaria furcata beschrieben worden. Zunächst sondert sich ein kubisches äusseres Epithel und eine nur aus wenigen Zellen (Ooblasten) bestehende Innenmasse (Fig. 9, Taf. VI). Während das erstere allmählich zu einem ganz zarten und dünnen Follikel wird, schwinden die Grenzen der Ooblasten und die grossen Kerne (Karyoblasten) liegen in einer feingekörnten, gleichartigen Plasma- masse. Jeder Kern schnürt eine An- zahl mitein biszweihromatinkörnern versehene Knospen (Nucleo- gemmen) ab, die peripher zu wan- dern und dort das äussere, voll- kommen abgeflachte Follikelepithel hervorwölben. Jede periphere Nu- cleogemme umgiebt sich mit Plasma und wird zur Eizelle, während der vorgewölbte Theil des Epithels sie vollständig umhüllt und den Ei- ae an E Ya follikel darstellt, nachdem sich VW rıta "2a rca fi e). le . . .. . Poripher eine en BB das Ei vom ‚Syneytium vollständig umhüllter Eier. Central das Syneytium mit abgelöst hat. Nach und nach ver- Karyoblasten. wandeln sich in der gleichen Weise die übrigen Kerne und das Plasma zu Eiern; nur ein kleiner Theil scheint diese Entwicklung nicht ein- zugehen und der Resorption zu verfallen. — -Davidoff vergleicht auf Grund dieser Vorgänge das Ascidienei nicht mit dem Ei der Appendi- eularien, sondern mit den Ooblasten der letzteren (?). Testazellen fehlen dem Appendicularienei, und auch das Follikelepithel, das sich allerdings nur aus sehr wenigen, kaum fünf, Zellen bildete, scheint bald nach der Ablösung der Eier zu schwinden oder sich wenigstens in eine homogene, structurlose Membran zu verwandeln. Die reifen Eier sind überall sehr klein. Bei Fritillaria furcata messen sie 0,046 mm, besitzen ein sehr grosses Keimbläschen und einen radiär gestreiften Plasmakörper (Fig. 13, Taf. VI); nach ihrer Ablage sollen sie nackt erscheinen. Das reife Ovarium varürt bei den verschiedenen Gattungen beträcht- lich in seiner Form und Lage. Stets bildet es ein verhältnissmässig sehr umfangreiches Organ, das häufig schon mit blossem Auge sichtbar ist und zuweilen die Körperwand bruchsackartig nach aussen hervorwölbt. Da, wo die männliche Geschlechtsreife längere Zeit vorher stattgefunden hat, kann zur Zeit der Eireife der Hoden bereits vollkommen rückgebildet sein, und das Thier erscheint als Weibchen (Megalocercus). — Ovarium; Mesenchym. 131 Die Eier werden in die mütterliche Leibeshöhle entleert, wo sie dann in der Regel noch etwas wachsen und die vollständige Reife erlangen. Nach Dehiscenz der Leibeswand gelangen sie nach aussen, wo wohl fast immer erst die Befruchtung erfolgt. Während die Ejaculation des reifen Spermas das Leben des Thieres nicht gefährdete, scheint der Austritt der reifen Eier überall den Tod des Mutterthieres herbeizuführen, und die Rupturen der Leibeswand schliessen sich nicht mehr. Bei manchen Formen scheint schon während des Beginns der Ge- schlechtsreife, noch bevor der Hoden seine volle Reife gewonnen hat, eine Atrophie des Elternthieres sich einzuleiten. Bei Stegosoma betrifft sie die gesammte vordere Rumpfhälfte, die als ein unansehnlicher Anhang dem durch verdiekte Wandungen ausgezeichneten Hinterabschnitt anhaften kann. Doch bleibt dort noch der Endostyl erhalten, wie auch der gesammte Verdauungstractus sich wohl entwickelt erweist. Gewöhnlich aber beginnt erst nach dem Ausstossen der Spermatozoen die Rückbildung, die sich auf alle Organe, mit Ausnahme der Schwanzmuskulatur und natürlich des Ovariums, erstrecken kann, bei den verschiedenen Formen aber einen sehr verschiedenen Grad erreicht. Bei Orkopleura rufescens schreitet während der kurzen Reifungszeit des Ovariums die Atrophie des Mutterthieres so weit vor, dass häufig erst nach dem Tode des letzteren der Austritt der Eier erfolgt (Fol). — Die Zeit der Geschlechtsreife scheint für die meisten Arten in die Wintermonate zu fallen. In Neapel ist Orkopleura cophocerca und Fritillaria sp. (2?) im Januar reif (Lo Bianco). Chun fand die erstere Form dagegen im ganzen Sommer in der Tiefe „in allen Stadien der Ge- schlechtsreife“. Kowalevskia tenuis wurde in Messina Mitte April bis Juni in jungen Stadien und auch geschlechtsreif beobachtet (F ol); Megalocercus abyssorum im October (Chun), doch fanden sich neben einem geschlechts- reifen auch jüngere, noch unreife Thiere. XI. Das Mesenchym. Freie, als Blutzellen flottirende oder zu einem Bindegewebe vereinigte Mesenchymzellen fehlen weitaus den meisten Appendieularien. Blut- kügelchen sind zwar bereits von Mertens und Joh. Müller beschrieben worden, aber eine Reihe vortrefflicher Beobachter hat das Vorhandensein von Blutzellen in Abrede gestellt. Es scheinen sich die positiven Angaben daraus zu erklären, dass gelegentlich im Blute einzellige Parasiten in grösserer Zahl auftreten, die mit echten Blutkörperchen verwechselt worden sind. Sicher festgestellt ist das Vorkommen von Mesenchymzellen nur im Schwanze von Orkopleura cophocerca. Hier liegt im mittleren und hinteren Abschnitt auf der Ventralseite ein sehr langgestreckter Zellhaufen in die Gallerte der Leibeshöhle eingebettet. Häufig erscheint der Haufen in zwei hintereinander liegende aufgelöst, von denen der hintere in der 9 * 132 Appendiecularien. vorderen Hälfte des letzten Schwanzviertels sich ausbreitet, der vordere, durch einen ziemlich weiten Zwischenraum von jenem getrennt, bis zur Schwanzmitte reicht. Auch vereinzelte Zellen können daneben vorkommen. Die Zellen liegen meist in zwei einfachen oder Doppelreihen über- einander, einer dorsalen und einer ventralen (Fig. 5, Taf. V). Zwischen ihnen selbst und auch dorsal und ventral von ihnen strömt das Blut in weiten Lacunen. Sie werden durch die Gallerte in fester Lage gehalten und bilden allerdings nur unvollständige Scheidewände der verschiedenen ventralen Bluträume. Im hintersten Schwanztheil und auch an anderen Stellen weiter vorn findet sich aber häufig nur eine Reihe Mesenchymzellen. Die Zellen besitzen variable Formen. Häufig sind sie in dorso- ventraler Richtung abgeflacht und zeigen auch manchmal pseudopodien- artige Fortsätze, welche bis an die contractile Schicht der seitlichen Muskelbänder, wohl aber nie, wie Fol angiebt, bis zur ektodermalen Schwanzwandung reichen. Der Zellkörper enthält eine sehr grosse oder auch mehrere kleine, helle Vacuolen, und das Plasma zeigt in letzterem Falle ein grob-schaumiges Aussehen. Der grosse bläschenförmige Kern liegt excentrisch innerhalb einer verdickten Stelle des wandständigen Plasmas. In etwas jüngeren Thieren sind die Zellen stärker abgerundet und noch plasmareicher, da die Vacuolisirung erst weniger weit vorgeschritten ist. In den jüngsten Oikopleuren sollen nach Fol diese Zellen noch vollständig fehlen und erst später, zunächst in sehr kleiner Anzahl, auftreten. Offenbar aber müssen stets an diesen Stellen Mesodermzellen vorhanden sein, aus welchen jene Elemente hervorgehen. In der That sieht man denn auch später noch zwischen den grossen, vacuolisirten Zellen kleine runde, zum Theil in Vermehrung begriffene, die wohl als die Mutterzellen jener zu deuten sind. Die Bedeutung des Zellhaufens ist unbekannt. Vielleicht ent- steht er aus dem ursprünglichen, ventralen, im Schwanzabschnitte gelegenen Streifen des Urdarms, der weder bei der Chorda- noch Muskelbänder- bildung Verwendung findet. Wenn auch Fol ausdrücklich erwähnt, dass die Zellen erst nach Vollendung der Larvenentwicklung auftreten, wird doch an einen Parasitismus hier nicht gedacht werden können, da die Lage stets eine ganz constante ist. Erst durch die Kenntniss der onto- genetischen Entwicklung wird man vollständige Aufklärung zu erhalten erwarten dürfen. Bei Oikopleura Chamessonis hat Mertens an der linken Schwanz- seite einen „zellig-blasenförmigen Canal“ beschrieben, der wahr- scheinlich mit Luft gefüllt und für die Schwimmbewegung von Bedeutung sei. Spätere Beobachter haben diesen luftführenden Canal nicht wieder- gefunden. Fol ist der Meinung, dass es sich hierbei um ein ganz ähn- liches Mesenchymgebilde handele wie bei Oxkopleura cophocerca. Mertens’ Abbildungen lassen es aber vielleicht wahrscheinlicher erscheinen, dass jener Canal nur eine der grossen Längsblutbahnen des Schwanzes bedeute. Leibeshöhle und Blutbahnen. 133 Vielleicht liegen auch die rothen Pigmente, die Hartmann im Schwanze seiner Orkopleura Malmii beschreibt (vgl. oben p. 89), in be- sonderen Pigmentzellen, die als Mesenchym zu betrachten wären. Leider ist die Darstellung zu ungenügend, um darüber Klarheit gewinnen zu lassen. Ferner sollen auch im Schwanzende der Althoffia zwei Reihen Mesen- chymzellen (eine dorsale und eine ventrale) vorhanden sein (Lohmann). XIH. Primäre Leibeshöhle und Blutbahnen. Der weite Abschnitt der primären Leibeshöhle, der im hinteren Rumpftheil zwischen der ektodermalen Leibeswand und dem Darmcanal besteht, wird zum allergrössten Theil von den Geschlechtsorganen aus- gefüllt. Fol bezeichnet ihn, vielleicht nicht sehr passend, als Geschlechts- höhle, cavite genitale. Weiter vorn bestehen namentlich ventral und dorsal vom Darmtraetus etwas umfangreichere Theile der primären Leibeshöhle (Fig. 1, Taf. VI), während ganz vorn der Kiemendarm allseitig von dieser letzteren umgeben ist (Fig. 1, Taf. IV; Textfigur 1, p. 85). Im Ruder- schwanz ist die Leibeshöhle in einen dorsalen und ventralen, durch die Chorda getrennten Theil gesondert. Am hintersten Schwanzende gehen beide ineinander über, vorn münden sie in die ventrale Rumpfhöhle. Die Leibeshöhle ist zum grössten Theil von Gallerte erfüllt, über deren chemische Beschaffenheit gar nichts, über deren Structur nur wenig bekannt ist. Bei dem Mangel von besonderen Mesenchymzellen kann die Gallerte nur von einem der beiden primären Keimblätter ausgeschieden worden sein. Ich finde sie, wie Fol, bei den grösseren Formen niemals homogen, sondern von überaus zahlreichen, meist senkrecht zur Oberfläche gestellten Radiärfasern *) «durchsetzt (Fig. 1, Taf. IV). Diese spannen sich wie Trabekel zwischen den verschiedenen Organen aus. Ob ihnen eine gewisse Uontractilität zukommt, kann ich nicht angeben, möchte aber doch glauben, dass sie bei Vexzllaria speciosa zur Annahme einer be- sonderen Art Rumpfmuskeln möglicherweise Veranlassung gegeben haben (vgl. oben p. 126). Sehr resistent und besonders zäh dürfte die Gallerte wohl kaum sein, denn die reifen, in die Leibeshöhle entleerten Sperma- tozoen können in sie eintreten und sich in ihr bewegen (Fritillaria furcata, Stegosoma). An bestimmten Stellen fehlt die Gallerte, und es findet sich dort nur die helle, farblose, in sehr seltenen Fällen gefärbte Butflüssigkeit. So besitzen z. B. einige Exemplare von Oikopleura dioica purpurfarbenes Blut (vel. oben p. 90), und es soll die Färbung nicht von einzelnen sichtbaren, suspendirten Pigmentkörperchen herrühren, sondern die Flüssig- keit erscheint homogenfarben. Auch Mertens erwähnt roth gefärbte *) Die Möglichkeit, dass diese nur in conservirten Exemplaren nachgewiesenen Fasern Kunstproducte seien, die bei der Gerinnung der Gallertsubstanz entstehen, ist allerdings, wie schon Fol erwähnt, nicht vollkommen ausgeschlossen, wenn freilich auch nicht sehr wahrscheinlich, 154 Appendieularien. Venen, doch ist nicht ersichtlich, ob damit eine Färbung der Blutflüssig- keit gemeint sei. Der Mangel von Blutkörperchen und die farblose Be- schaffenheit der Flüssigkeit erschweren ausserordentlich die Beobachtung des Kreislaufes, die eigentlich nur dann möglich wird, wenn kleine para- sitische Organismen oder Geschlechtszellen suspendirt sind. Dann lässt sich feststellen, dass besondere Blutbahnen vorhanden sind, in welchen die Strömung besonders lebhaft vor sich geht, obwohl auch an allen möglichen anderen Stellen das Blut zwischen den Trabekeln der Gallerte hindurchsickern kann. Die Hauptblutbahnen sind einfache Lückenräume der primären Leibeshöhle und entbehren eigener endothelialer Wandungen. Fol unter- schied folgende Bahnen: 1. ventrale, mediane Längsbahn um den Endostyl; 2. zwei bogenförmige, den Pharynxeingang umgreifende Bahnen, die auswärts vom Flimmerbogen hinziehen; 3. dorsaler, in der Medianebene verlaufender Längssinus, der sich vom Ganglion bis zu den Geschlechtsorganen erstreckt; 4. bogenförmig um den Darmtractus und die Geschlechtsorgane ver- “laufender Sinus; 5. zwei Blutbahnen im Schwanze, die eine ventral, die andere dorsal von der Chorda verlaufend, am Hinterende miteinander verbunden. Strömt das Blut vorn aus dem Herzen aus, so verfolgt es der Reihe nach die Bahnen 1, 2, 3 und 4, tritt dann in den ventralen Schwanzsinus ein, den es bis zum Hinterende durchsetzt, um auf der Rückenseite des Schwanzes nach vorn zu fliessen und wieder zum Herzen zu gelangen. Contrahirt sich die Herzmuskulatur in der umgekehrten Richtung, so kehrt auch der Blutstrom sich um, fliesst hinten aus der Herzhöhle heraus und gelangt zuerst in den dorsalen Blutsinus des Schwanzes. Bei Kowalevskia, der das pulsirende Centralgefäss fehlt, wird nach Fol das Blut in Bewegung versetzt, wenn die Schwanzmuskulatur sich contrahirt. Der Blutstrom steht still, so oft die Thätigkeit des Ruder- schwanzes erlahmt. Die ontogenetische Entwieklung der Appendicularien ist so gut wie völliv unbekannt. Das Wenige, was bisher darüber veröffentlicht worden ist, habe ich bei den betreffenden Organen vorgebracht. Die bis- herigen Beobachtungen erstrecken sich auf die Bildung des Gehäuses (vgl. oben p. 95), die Entstehung der beiden Spiracula am Kiemen- darm (oben p. 112) und die Entwicklung der Geschleechtsorgane, im besonderen des Ovariums, aus einer bereits vielzelligen Anlage (vgl. oben p. 125 und 130). Fol, der noch weitere Einzelheiten beobachtet zu haben scheint, be- merkt, dass die Appendicularien-Entwicklung in nichts von der der Aseidien abweiche. Die ausserordentlich kleinen und schwer zu beschaffenden Eier Uebersicht der Gattungen. 135 seien aber für die Untersuchung sehr ungünstige Objecte. So wünschens- werth es an sich auch wäre, über die Entwicklung dieser Thiergruppe Aufschluss zu erhalten, so darf man doch, wie ich meine, nicht erwarten, dadurch wesentlich neue Gesichtspuncte für die Beurtheilung der Organi- sation und Stellung der Appendieularien zu gewinnen. Gestattet einmal schon die wohl durchgearbeitete Embryonalentwicklung der Ascidien Rückschlüsse auf die der Appendicularien, so ist andererseits auch die Organisation dieser letzteren in vieler Beziehung so ausserordentlich ein- fach, dass der Verlauf der ontogenetischen Entwicklung in den wesent- lichen Zügen sich ziemlich sicher voraussagen lässt. So erlaubt der Bau des Ruderschwanzes den sicheren Schluss, dass weder Mesoblastfalten noch eine enterocöle Leibeshöhle auf irgend einem Entwicklungsstadium auftreten können. XII. Das System. I. Klasse der Tunicata. Copelata, Appendieularia. Atremata Lahille 1887. Körper in Rumpf und Schwanz scharf gegliedert; beide Abschnitte bilateral symmetrisch, doch der Schwanz um 90° so gedreht, dass seine Rückenseite links, die Ventralseite rechts liegt. Dorsaler, medianer Hauptnervenstamm, durch gesammten Körper sich erstreckend, vorn im grossen Gehirnganglion endigend, im Schwanz mit einer wechselnden Zahl Caudalganglien versehen. Neben dem Gehirn eine Otolithenblase und eine in den vorderen Kiemendarm geöffnete Flimmergrube vorhanden. Darmtractus auf den Rumpf beschränkt, in Kiemendarm und Verdauungs- canal gesondert. Kiemendarm mit zwei seitlich - ventralen, direct nach aussen führenden Spiraculis. After median-ventral gelegen, direet nach aussen mündend. Schwanzaxe von der Chorda durchsetzt, seitlich von ihr je ein breites Längsmuskelband. Muskulatur im Rumpf meist fehlend. Herz mit Pericardium ventral beim Verdauungstractus gelegen; das Blut strömt in Lacunenräumen der primären Leibeshöhle, die endothelialer Wandungen vollkommen entbehren. Geschlechtsorgane im hinteren Rumpf- abschnitt gelegen, fast ausnahmslos Zwitterorgane. Männliche Geschlechts- reife geht der weiblichen voraus. I. Ordnung. Archipneusta Lahille 1888. Copelata Haeckel 1866; Perennichordata Balfour 1881; Larvacea Herdman 1882. Diese einzige Ordnung der Appendicularien besitzt alle Merkmale, die oben für die ganze Klasse angeführt wurden. Die Gliederung in zwei Unterordnungen, die Lahille 1887 eingeführt hat, scheint mir überflüssig zu sein, da sieh dieselben genau mit den beiden einzigen Familien decken und die Theilung einer Ordnung direet in Familien, ohne Vermittelung von Unterordnungen, sehr wohl angeht. Die beiden 136 Appendieularien. Familien der Archipneusten bilden scharf und deutlich voneinander ab- gegrenzte Gruppen und besitzen keine verbindenden Zwischenformen. Die Ordnung umfasst neun Gattungen und 34 Arten, von welch’ letzteren allerdings fünf unsicher sind. 1. Familie. Appendicularidae Bronn 1862, Lahille 1887. Die Eigenthümlichkeit dieser Familie besteht in dem wohlentwickelten Kiemendarm, in welchem ein Endostyl, Flimmerbogen und fast stets ein ventrales Flimmerband zur Ausbildung gelangen: Ferner sind Pericardium und Herz überall entwickelt. Es gehören hierher weitaus die meisten aller bekannten Formen. Schon Fol hat die hier erwähnten Verhältnisse der Organisation hervorgehoben und daraufhin im Jahre 1872 den Tribus der „Endostyles“ gegründet, der damals allerdings nur zwei Genera umfassen konnte. Seither sind zahlreiche Gattungen hinzugekommen, die, wie mir scheinen will, in dem nicht immer ganz gerechtfertigten Bestreben, womöglich neue Genera zu schaffen und nicht mit neuen Species sich zu begnügen, aufgestellt worden sind. Vielleicht wäre es manchmal besser gewesen, die neue Form einem bereits bekannten Genus einzuordnen, als ein neues zu schaffen. Jedenfalls zeigen gewisse Genera eine Anzahl gemeinsamer Merkmale und zu einander innigere Beziehungen, so dass es mir gerechtfertigt erscheint, zwei Unterfamilien aufzustellen, von denen die eine allerdings nur eine Gattung enthält. 1. Subfamilie. Appendieularinae Seeliger 189. Schwanzabschnitt mindestens doppelt so lang als der Rumpf und viermal so lang als breit. Ektodermale Leibeswand ohne Kapuze, nur bei Oikopleura velifera mit dorsaler Hautduplicatur (Velum) versehen, die jedoch vom Gehäuse überdeckt wird. Wahrscheinlich überall ein wirkliches Gehäuse vorhanden, obwohl bisher zahlreiche Formen nur nackt beobachtet worden sind. Endostyl mehr oder minder umfangreich und gerade gestreckt, besteht aus mindestens vier Zellreihen. Verdauungs- traetus stets sehr umfangreich, weit in den hinteren Rumpfabschnitt hinein- reichend. Muskelbänder des Schwänzes verhältnissmässig breit, meist über !/,, selten nur !/,, kaum noch weniger der gesammten Schwanz- breite betragend. Die Subfamilie enthält sieben Gattungen. 1. Gattung*). Orkopleura Mertens 1831, Fol 1872. (Vel. Pat. TEie. 56 000075) Rumpf eiförmig, ohne Falten; nur bei Oxkopleura velifera dorsales Velum und kleine, ventrale Hautduplicatur hinter dem Endostyl. Schwanz *) Ich acceptire hier die Gattungsbezeichnungen Oikopleura, Appendiceularia und Fritillaria genau in dem von Fol gebrauchten Sinne, ohne Rücksicht auf ältere Prioritäts- ansprüche. Fol hat zuerst eine scharfe Abgrenzung der Genera gegeben, und es scheint mir nur recht und billig, dass dies durch Annahme seiner Benennungen anerkannt werde. ee ee Uebersicht der Gattungen. 137 21/,—4'/, mal so lang als der Rumpf, 41/,—6 mal so lang als breit. Die grössten Formen (Oikopleura cophocerca, Oik. magna und Ork. Malmii) erreichen eine Gesammtlänge von 11—16 mm. Gehäuse wohl entwickelt, den Körper um ein mehrfaches an Grösse übertreffend, meist weich und schleimig. Mundöfinung mit ventraler Lippe. Kiemendarm mit zwei geräumigen Spiraculargängen; Endostyl gerade gestreckt, mindestens aus vier Zellreihen bestehend. Verdauungstractus sehr mächtig entwickelt. Oesophagus bogenförmig, mündet in dorsales Hinterende des Magens. Dieser erstreckt sich durch die ganze Rumpfbreite, unvollständig getheilt in linken Leberabschnitt und rechten Magen- und Pylorustheil. Intestinum und Rectum langgestreckt. Schwanzmuskulatur über !/, der Schwanz- breite, bei Oxkopleura dioica nur etwa '/,. Herz ventral zwischen den Schlingen des Darmeanals; Herzwand mit Längsfibrillen. Geschlechts- organe sehr umfangreich im hintersten Rumpfabschnitt; nur Oxkopleura diorca getrennt geschlechtlich. Ovarium unpaar (bei Oikopleura rufescens paarig), in der Medianebene gelegen; seitlich davon die paarigen Hoden. Die Männchen von Ork. deoica besitzen einen mächtigen, unpaaren Hoden. Von diesem Genus wurden 14 Species beschrieben, ausserdem noch drei weitere, unsicher bestimmte. 2. Gattung. Appendicularia Fol 1874. (Vel. Taf. I, Fig. 1 und 2.) Rumpf kurz, im vorderen Theile comprimirt, im hinteren angeschwollen. Schwanz zwei- bis dreimal so lang als der Rumpf. Gehäuse wohl- entwickelt, länglichrund, mehr als zweimal so lang wie das Thier. Leibes- wand ohne kapuzenförmige Faltung. Die das Gehäuse secernirenden Drüsenzellen bilden eine hufeisenförmige, vom Rücken über die Seiten des Pharynx sich erstreckende Querzone. Endostyl ziemlich gerade gestreckt, mit vorderen Wimperbüscheln. Drei ventrale Wimperstreifen (zwei laterale, ein medianer) führen von den Kiemenspalten zum Oesophagus. Oesophagus horizontal gelagert, nach links gebogen; Magen oval, durch spitze Fort- sätze der grossen Entodermzellen am Ektoderm befestigt. Intestinum nach rechts gerichtet, bogenförmig das Rectum umgebend und in dessen rechte Seite mündend. hectum birnförmig; Anus ein wenig rechts vor der Schwanzwurzel. Herz zwischen Magen, Rectum und Geschlechts- organen suspendirt. Ovarium rund, dorsal in der Medianebene gelegen. Hoden hufeisenförmig von hinten her das Ovarium umgebend, den Gipfel des Rectums bedeckend. Nur eine Species (Appendkcularia sicula) im Hafen von Messina im Mai in ungefähr zehn Exemplaren gefangen; Atlantischer Ocean (Lohmann). 3. Gattung. Vexzllaria (Joh. Müller 1846) Eisen 1874. Müller’s Darstellung ist so ungenügend, dass sich die Form nicht wieder bestimmen lässt. Die Organisation wurde so wenig erkannt, dass es anfänglich unmöglich war, das Thier in irgend eine bekannte Klasse einzuordnen. Doch sehr bald darauf bestimmte Müller seine Vexillaria 155 Appendieularien. als eine Ascidienlarve und zwar wahrscheinlich von Amaroecium proliferum. Das ist aber nicht zutreffend, denn es handelt sich zuversichtlich um eine Appendieularie. Vexillaria Eisen schliesst sich eng an das Genus Oikopleura an, bietet aber mehrfache Besonderheiten. Gehäuse sehr um- fangreich entwickelt, angeblich durch zwei besondere Muskeln der Leibes- wand verbunden. Pharynxeingang von einem starken Ringnerven umgeben. Spiraeulargänge sehr lang, eylindrisch; Endostyl lang und gerade gestreckt. Der Verdauungstractus stellt einen einfachen Bogen dar, der hinter dem Oesophagus zum sackartigen, gelblichbraunen Magen (von Eisen als Leber bezeichnet) erweitert ist. Besondere Muskelfaserbündel im Rumpfe durchsetzen die primäre Leibeshöhle und inseriren sich an den Ein- geweiden (Fig. 9, Taf. II). Muskelbänder im Schwanze nur ungefähr !/, der gesammten Schwanzbreite. Geschlechtsorgane hinter dem Darm- canal gelegen. Eine Species (Vexillaria speccosa) und Müller’s unsichere Art. 4. Gattung. Stegosoma Chun 1888. (Vgl. Taf. I, Fig. 8 und 9.) Rumpf bis 3 mm, Schwanz bis 12mm lang. Gehäuse im ausgebildeten Zustande nicht beobachtet. Leibeswand ohne kapuzenförmige Faltungen ; vorn seitlich vom Endostyl zwei grosse, mehrzellige Hautdrüsen. Kiemen- darm eng, in dorso-ventraler Richtung comprimirt. Endostyl ziemlich kurz, vorn verbreitert; Flimmerbogen ziemlich breit. Verdauungscanal schlauch- förmig, bildet einen einfachen, vertikal gestellten Bogen. Oesophagus und Magen durch eine enge Einschnürung scharf gesondert. Intestinum und Rectum deutlich voneinander abgesetzt. In den Anfangstheil des Magens mündet links durch einen verhältnissmässig engen Gang die sehr umfangreiche Leber. Breite der Muskelbänder über !/, der Schwanzbreite. Herz und Pericardium der rechten Seite der Leber dicht angeschmiegt. (Geschlechtsorgane dachförmig geknickt, von hinten dorsal und ventral den Verdauungscanal überdeckend. Median das unpaare Ovarium, seit- lich je ein Hodenschlauch. Eine Species (Stegosoma pellucidum) seltener an der Oberfläche, con- stant in grösseren Tiefen bei Neapel gefischt. Von der Plankton-Expedition im Atlantischen Ocean dagegen regelmässig an der Oberfläche, nirgend in der Tiefe gefunden. Die Art stimmt mit Oikopleura magna Langer- hans in hohem Maasse bezüglich des Baues des Darmtraetus und der allgemeinen Grössenverhältnisse überein. 5. Gattung. Megalocercus Chun 1888. (Vgl. Taf. I, Fig. 3—5.) Die grösste aller bekannten Appendieularien; Gesammtlänge bis 30 mm, Rumpf 8 mm. Sehr auffallende Färbungen in roth, orange und gelb. Gehäuse nicht beobachtet. Leibeswand ohne kapuzenförmige Faltungen; keine Drüsenpackete seitlich vom Endostyl. Gehirn verhält- nissmässig klein, in zwei hintereinander gelegene Partieen gesondert. Mund mit Ventrallippe. Kiemendarm sehr weit. Spiraculargänge sehr & Uebersicht der Gattungen. 139 umfangreich; Innenöffnungen ohne Flimmerzellen, dagegen am Aussen- rande Flimmerbogen. Endostyl lang, aus vier Zellreihen bestehend, seitlich von zwei überragenden Falten der ventralen Kiemendarmwand be- gleitet, die sich hinten in das ventrale, in den Oesophagus führende Flimmerband fortsetzen, vorn in die breiten Flimmerbogen übergehen. Oesophagus halbkreisförmig; Magen sehr weit, mehrfach ausgebuchtet, mit anhängendem, langem, sackförmigem Leberschlauch. Intestinum und Rectum scharf voneinander abgesetzt, ziemlich weit und schlauchförmig. After weit vor der Schwanzwurzel gelegen. Besondere, sehr umfangreich entwickelte Rumpfmuskulatur; Schwanzmuskeln bis 3 mm breit, über !/, der ganzen Schwanzbreite. Herz bisher nicht beobachtet, doch sicher vorhanden. Geschlechtsorgane im hintersten Rumpftheile. Hoden und Ovarium unpaar (?). Männliche Geschlechtsreife scheint beträchtlich früher als die weibliche einzutreten. Eine Species (Megalocercus abyssorum) nur in drei Exemplaren aus 600 und 900 m Tiefe bei Ischia und Capri bekannt. 6. Gattung. Foka*) Lohmann 1892. Rumpf langgestreckt, etwa !/, der Schwanzlänge. Gehäuse im aus- gebildeten Zustande nicht bekannt. Ektodermale Leibeswand ohne Kapuze oder Velum; beim Hinterende des Endostyls zwei seitliche Drüsenpackete. Die die Schale secernirenden Drüsenzellen z. Th. in regelmässigen Quer- reihen. Spiracula klein und rund; Endostyl gerad. Oesophagus sehr lang, schlauchförmig; sein Hinterende in spitzem Winkel ventralwärts nach vorn gekrümmt, in das Hinterende des Magens mündend. Magen weit, ganz links gelagert. Intestinum und Reetum nicht gesondert, sehr kurz, aus dem Vorderende des Magens rechts ventral entspringend. Schwanz- muskulatur breit. Keimdrüse an der Hinterwand des Rumpfes ein dorso- ventral gestelltes Band mit schaufelförmig verbreiterten Enden. Sonderung in Hoden und Ovarium bisher nicht beobachtet. Nur eine Species (Folia aethiopica) aus dem östlichen Theil des warmen (Gebietes der Atlantis. 7. Gattung. Altkoffia Lohmann 1892. Rumpf YY,—!/, der Schwanzlänge. Gehäuse im ausgebildeten Zu- stande nicht beobachtet. Kapuze oder Velum scheinen zu fehlen, ebenso die seitlichen Drüsenpackete beim Endostyl. Spiracula rund und klein; Endostyl vorhanden. Oesophagus mündet rechts dorsal in den Magen. Magen einfach sackartig, bei jungen Thieren nahezu vertical, bei alten fast horizontal gelagert. Intestinum dünn und schlank, entspringt links dem Magen und verläuft an der linken Seite. Rectum kurz, spindelförmig. Im Schwanzende dorsal und ventral je eine dichte Reihe grosser Mesenchym- *) Die bereits veröffentliehten Diagnosen dieser und der folgenden Gattung sind hier durch eine Anzahl Merkmale erweitert, die ich der freundlichen brieflichen Mittheilung Dr. Lohmann’s verdanke. 140 Appendieularien. zellen. Geschlechtsorgane werden ventral vor dem Magen angelegt, breiten sich, während dieser aus der verticalen in die horizontale Lage übergeht, schalenförmig an den ventralen, seitlichen und hinteren Flächen des Rumpfes aus. Am dorsalen, freien Rand entwickelt sich das band- förmige, breite Ovarlum. Nur eine Art (Althoffia tumida) im warmen Gebiete des Atlantischen Oceans. 2. Subfamilie. Fritillarinae Seeliger 1895. Rumpf sehr langgestreckt, in der Mitte oft beträchtlich eingeschnürt; Schwanz meist nur 1!/, mal so lang als der Rumpf, 21/,—5 mal so lang als breit. Ektodermale Leibeswand mit dorsaler, nach den Seiten all- mählich sich abflachender Kapuze, die eine wahre Gehäusebildung ver- hindert. Endostyl bogenförmig gekrümmt, besteht nur aus zwei Zell- reihen. Verdauungstraetus im Verhältniss zur Grösse des Rumpfes stets klein, auf die Mitte des Körpers beschränkt, niemals das Hinterende durchsetzend. Muskelbänder des Schwanzes verhältnissmässig schmal, erreichen nur ausnahmsweise !/, der gesammten Schwanzbreite, bleiben meist beträchtlich dahinter zurück, den Durchmesser der Chorda nur wenig überragend. Diese Subfamilie enthält nur eine Gattung. 1. Gattung. Frötsllaria Fol 1872. (Vgl. Taf. II, Fig. 1.) tumpf sehr langgestreckt, in der Mitte, nahe der Schwanzwurzel, meist beträchtlich verengt. Schwanz kurz und breit, meist nur 1!/, mal so lang als der Rumpf und 21/,—3 mal so lang als breit. Gesammtlänge wohl kaum jemals 6 mm übertreffend. Ektodermale Leibeswand mit zahlreichen einzelligen und mehrzelligen Hautdrüsen. Die das Gehäuse bildenden Zellen auf den vordersten Rumpftheil beschränkt, wo sie eine auf dem Rücken breitere, nach den Seiten ventral zu sich verschmälernde, hufeisenförmige Zone einnehmen. Von hinten her wird diese von einer weiten Kapuze (nach vorn gerichtete Hautduplicatur) überdeckt, welche die Ausbreitung der zur Schale erhärtenden Schleimmassen nach hinten hin verhindert. Daher kein echtes Gehäuse vorhanden. Mund in variabler Weise von Sinneszellen tragenden Lappen umstellt. Kiemendarm lang- gestreckt, in dorso-ventraler Richtung meist comprimirt. Spiraculargänge stets kurz, doch sehr verschieden weit. Endostyl nur aus zwei Zellreihen gebildet, stark gekrümmt, manchmal bis zur Berührung der beiden Enden. Oesophagus kurz und breit, in dorso-ventraler Richtung häufig comprimirt. Magen sphärisch, nur wenig hinter der Mitte des Rumpfes gelegen. Intestinum sehr kurz, rechts vom Magen entspringend, halbkreisförmig gekrümmt. NRectum länglichrund und dünnwandig, rechts gelegen. Schwanzmuskelbänder sehr schmal, oft kaum breiter als die Chorda, er- reichen nur in einem Falle (Fritillaria furcata) etwa '/, der Schwanz- Uebersicht der Gattungen. 141 breite. Herz ventral vom Oesophagus und Magen gelegen, querge- stellt. Geschlechtsorgane im hinteren Rumpfabschnitt gelegen. Ovarium sphärisch und unpaar (paarig bei Fritillaria urticans); Hoden gross und schlauchförmig, meist unpaar (paarig bei Fretillaria urticans). Acht Species, davon eine unsicher. 2. Familie. Kowalevskidae Lahille 1887. Die Aufstellung dieser Familie gründet sich in erster Linie auf Be- sonderheiten des Kiemendarms. Diese bestehen zum Theil in dem Fehlen gewisser Gebilde, die sonst allen anderen Appendicularien zukommen, zum Theil aber auch in der Ausbildung eines complieirteren Baues. Es fehlen sowohl Endostyl als auch Flimmerbogen, und daraufhin hat bereits Fol den Tribus der „Anendostyles“ aufgestellt. Im Zusammenhang mit dieser wahrscheinlich auf eine Rückbildung hindeutenden Eigenthümlich- keit entwickelten sich dagegen im Kiemendarm bestimmt orientirte Reihen Wimperzapfen, welche die Functionen jener nunmehr geschwundenen Organe übernahmen. Der Kiemendarm erhält dadurch ein von den anderen Appendicularien durchaus verschiedenes Aussehen und ähnelt äusser- lich dem der Dolioliden oder auch Pyrosomen, obwohl die beiden Spiraculargänge vollkommen getrennt bestehen bleiben. Die wahren Ver- hältnisse wurden denn auch lange Zeit bei einer von Moss aufgefundenen Species vollkommen verkannt. Eine zweite Besonderheit besteht in dem Mangel eines Herzens. Obwohl Fol ausdrücklich betont, dass er gründ- lich nach diesem Organe gesucht habe und es wohl hätte finden müssen, wenn es vorhanden gewesen wäre, halte ich es doch für gar nicht so un- wahrscheinlich, dass es in der That vorhanden und, weil dem Verdauungs- tractus dicht angeschmiegt, nur übersehen worden ist. Bisher sind nur zwei Formen aus dieser Familie bekannt geworden. Die Beschreibung, die Moss geliefert hat, ist so wenig vollkommen, dass sich nicht sicher entscheiden lässt, ob das betreffende 'T'hier nicht vielleicht einer neuen Gattung zugehört. Ich schliesse mich vorläufig Garstang an und betrachte es nur als besondere Species der einzigen Gattung. 1. Gattung. Kowalevskia Fol 1872. (Vgl. Taf. II, Fig. 2 und 3.) kumpf länglichrund, vorn abgestutzt; Schwanz ca. siebenmal so lang als jener, lanzettförmig, hinten stark zugespitzt. Gesammtlänge ungefähr 9 mm. Gehäuse sehr zart und dünn, aber sehr gross. Leibeswand glatt, ohne kapuzenförmige Duplicaturen; die das Gehäuse secernirenden Drüsen- zellen hauptsächlich auf dem Rücken verbreitet, in regelmässigen con- centrischen Kreisen angeordnet. Otolithenblase liegt ventral vom Gehirn, nicht links. Mund einfach rund, ohne Lippen, von zahlreichen Tastzellen umstellt, die in characteristischer Weise angeordnet sind. Kiemendarm ohne Endostyl und Flimmerbogen. Zwei länglichrunde, sehr grosse, über mehr als die Hälfte der Kiemendarmlänge sich erstreckende Spiracula vorhanden. Jederseits im Kiemendarm zwei Längsreihen solider Wimper- 142 Appendienlarien. zapfen, die nach innen zu von den Kiemenspalten auf jeder Seite einen Doppelrechen bilden. In diesem werden die mit dem Athmungswasser eingeführten, zur Nahrung geeigneten Organismen festgehalten. Kiemen- darm ventral-median bewimpert; Hinterende ventral zum bewimperten Oesophagus ausgezogen. Oesophagus sehr breit, in dorso-ventraler Rich- tung stark comprimirt und im rechten Winkel dorsalwärts gekrümmt. Magen je nach dem Füllungszustand verschieden geformt, ohne Cilien- auskleidung, mit der Leibeswand durch konische, oft verästelte Fortsätze verbunden. Pylorus rechts und dorsal gelegen, durch lange Cilien aus- eezeichnet. Intestinum und Reetum nicht deutlich gesondert, innen mit Cilien versehen,. aussen durch meist verästelte Fortsätze dem Ektoderm verbunden. Anus nach rechts verschoben, sehr klein und schwer nach- weisbar. Schwanzmuskelbänder an der breitesten Stelle etwa das Doppelte der Chordadicke, !/, der gesammten Schwanzbreite. Herz und Pericardium fehlen; die Blutbewegung durch die Action des Schwanzes geregelt. Ovarium unpaar, sphärisch, links ein wenig ventral hinter dem Magen gelesen. Hoden nierenförmig, rechts im hintersten Rumpfende liegend. Eireife tritt wenige Minuten nach der Ejaeculation des Spermas ein, worauf das Thier rasch abstirbt. Zwei Species. Hafen von Messina; östlicher Atlantischer Ocean nahe dem Aequator, vereinzelt weiter nördlich bis zur portugiesischen Küste. XIV. Chorologie. 1. Die horizontale Verbreitung. Die Appendicularien sind echte kosmopolitische, über alle Meere verbreitete Formen. Von Chamisso im kalten Wasser des nördlichen Beringsmeeres entdeckt, wurden sie einige Jahre später an derselben Stelle von Mertens beobachtet. Quoy und Gaimard fanden sie an der Südspitze Afrikas ausserhalb der Algoa-Bai in offenbar kaltem Wasser. Joh. Müller traf sie in der Nordsee, Busch im Mittelmeer, wo seither an den verschiedensten Orten zahlreiche Arten wiedergefunden wurden. Forbes und Allman beobachteten sie an den schottischen Küsten, Hartmann im Sund, und auch in der Ostsee wurden sie vielfach in grossen Massen gefangen. Bei Madeira, den Capverdischen und den Canarischen Inseln wurde wiederholt eine sehr reiche Appendicularienfauna constatirt. Der Challenger fand sie auf hoher See in der Atlantis, im grossen Ocean und an der antarktischen Eisbarriere 65° 42‘ S. Br., 79% 49' E.L. An letzterem Ort betrug die Wassertemperatur — 1,4° C. Von grosser Wichtigkeit sind die Ergebnisse der überaus zahlreichen Funde der deutschen Plankton-Expedition, die allerdings leider erst in einer vorläufigen Mittheilung (No. 42) bekannt geworden sind. Beziehen sie sich zwar nur auf den Atlantischen Ocean, so steht doch zu erwarten, dass sie sich auch in den anderen Meeren bestätigen werden. Die Appen- Horizontale Verbreitung. 143 dieularien erwiesen sich da als ausgesprochene Hochseethiere®). Während in der Nähe der Continente die Fänge verhältnissmässig arm waren (einige abweichende Fälle ausgenommen), fanden sich die Maxima auf hoher See; nur das Sargassomeer scheint spärlicher be- wohnt zu sein. Wie sich schon aus den älteren Fundstellen entnehmen lässt, nähern sich oft die Appendicularien vollständig den Küsten und dringen in grossen Schwärmen in tief eingeschnittene und fast ganz ab- geschlossene Meeresarme und Buchten ein. Das allgemeine Vorkommen der Appendicularien von den Tropen an bis in die arktischen und antarktischen Meere erweist die ausserordentliche Unabhängigkeit dieser Formen von den Einflüssen der Temperatur. Unter den Tropen finden sich Copelaten im 28° warmen Wasser, in den Polar- gegenden leben sie weit verbreitet bei einer Wassertemperatur, die dem Nullpunet nahe kommt und sogar unter denselben gesunken ist. Wie weit verschiedene Arten und Gattungen bestimmten Temperaturen angepasst sind, lässt sich im einzelnen noch nicht genau übersehen, denn über die horizontale Verbreitung der einzelnen Species sind unsere Kenntnisse noch sehr lückenhaft. Zudem ist wohl die Meeres- temperatur ein überaus wichtiger, aber nicht der einzige Factor, welcher die geographische Verbreitung bestimmt. Der auffallend verschiedene Bau des Darmcanals in den beiden Subfamilien der Appendieularidae, den Appendicularinae und Fritillarinae, sowie die Besonderheiten des Kiemendarmes der Kowalevskiden machen es von vorn herein sehr wahrscheinlich, dass diese drei Gruppen der Appendicularien auf recht verschiedene Nahrung angewiesen sind, die sie leicht und in genügend reicher Menge wohl meistens nur an verschiedenen Orten oder an ein und demselben Orte vielleicht nur zu verschiedenen Zeiten antreffen können. Doch ist gegenwärtig über eine Beziehung der Appendicularienverbreitung zu Wohnorten bestimmter Nahrungsthiere noch gar nichts ermittelt. Die beiden Gattungen Oikopleura und Fritillaria sind über alle ‚Zonen verbreitet, meist freilich in recht ungleicher Vertheilung, so dass in verschiedenen Stromgebieten die eine oder andere sehr beträchtlich überwiegen kann. Manche Arten dieser Genera scheinen allerdings ein beschränkteres Verbreitungsgebiet zu haben; so sind z. B. Oxrkopleura Chamissonis und labradoriensis echte nordische Formen. Okrkopleura dioica fand die Plankton-Expedition nur spärlich auf hoher See, in reichen Mengen dagegen an den Küsten und in Buchten. *) Es steht dieses Ergebniss der Plankton-Expedition in direetem Gegensatz zu den Befunden auf der Fahrt der Gazelle. Studer (Forschungsreise der Gazelle, Bd. II, p- 294, 1889) berichtet wörtlich: ‚„„Copelaten fand ich nur nahe der Küste, so an West- Afrika in grösserer Zahl, nichts dagegen in der pelagischen Fauna.“ Die positiven Funde der Plankton-Expedition ergeben sich aus einer vollkommeneren Methode des pelagischen Fischens. Nur Oikopleura dioica wurde vorwiegend an den Küsten und in Buchten an- getroffen. 144 Appendieularien. Gegenüber diesen beiden Gattungen tritt die quantitative Bedeutung der anderen weit zurück. Spärlicher, aber über alle Theile der mittleren Atlantis und auch im Mittelmeer sind Stegosoma und Appendicularia ver- breitet. Auf das warme Gebiet des Oceans scheinen Foka und Althoffia beschränkt zu sein; erstere findet sich vorwiegend im Osten, letztere im Westen. Megalocercus wurde bisher nur bei Neapel beobachtet. 2. Die verticale Verbreitung. Die älteren Angaben über das Vorkommen der Appendicularien beziehen sich sämmtlich nur auf die Oberfläche oder eine Tiefe von wenigen Metern. Mertens berichtet, dass die Thiere die „tieferen Stellen‘ des Meeres bevorzugen. Bei ruhiger See schwömmen sie einen oder mehrere Faden tief, bei bewegtem Wasser bedeckten sie die Ober- fläche. Unter Anwendung des Schliessnetzes hat erst Chun Appen- dicularien in beträchtlicheren Tiefen des Mittelmeeres nachgewiesen. Sind zwar auch infolge der geübten Methode, das Netz horizontal zu ziehen, die Tiefenangaben zu gross ausgefallen, so ist immerhin doch der Beweis erbracht, dass im Mittelmeere die Appendicu- larien recht tief hinabsteigen und jedenfalls nicht an die oberflächlichen, von der Sonne durchwärmten und erleuchteten Schichten ausschliesslich gebunden sind. Okkopleura cophocerca, spissa und fuseformis fanden sich constant bis zu einer Tiefe von 1000 m; Stegosoma pellucidum fand sich stets noch in den grössten untersuchten Tiefen von 1300 m und fehlte auch nicht in den darüber liegenden Schichten bis unterhalb 100 m. Im Ocean wurde allerdings die letztere Form gerade umgekehrt regelmässig an der Oberfläche, aber niemals in der Tiefe gefischt. Die einzige bisher bekannt gewordene Form, welche in der That nur den tieferen Schichten eigenthümlich zu sein scheint, ist Megalocereus abyssorum. Die drei auf- gefundenen Exemplare stammen aus 600 und 900 m Tiefe. Im Gegensatz zum Mittelmeer sind nach den Befunden der Plankton- Expedition die Tiefen des Oceans ganz leer oder mindestens äusserst arm an Appendicularien. Eine hinreichende Erklärung dieser Verschiedenheit lässt sich augenblicklich noch nicht geben. Die bekannte Ungleichmässigkeit der Wärmevertheilung in den Tiefen beider Meere allein kann jene Gegensätze kaum direct veranlassen. Denn wenn auch der Ocean in 1000—1300 m ungefähr nur 4—6° warm ist, während das Mittelmeer in den tiefsten Schichten eine eonstante Temperatur von etwas über 13° besitzt, so wissen wir, dass die Appendicularien sehr weite Temperaturschwankungen vertragen und in ganz kaltem Wasser vorkommen. Man wird daher nur daran denken können, dass in den oceanischen Tiefen die zur Ernährung dienenden Organismen fehlen, während sie sich in den entsprechenden wärmeren Schichten des Mittelmeeres genügend reichlich noch vorfinden. Erklärung von Tafel V. | 9% Appendicularien. Mi: A Be» - E BEN pi x ; - u be x RL | . Viertes sog. Muskelsegment des Ruderschwanzes von Fritillaria fwrcata. Die Grenzen der vierten Muskelzelle der rechten Seite sind durch schwächere Linien angedeutet. 3%2, . Muskelzellkern eines alten Thieres (Fritillaria furcata). 3°. . Kern der letzten (zehnten) Muskelzelle des Schwanzes von Fritillaria furcata. >22. . Degenerirter Kern einer Schwanz-Muskelzelle von Fritillaria furcata. 522. . Querschnitt durch den Ruderschwanz einer Orkopleura cophocerca. Nur die ventrale Hälfte ist gezeichnet. 122, mu —= Fibrillenschicht der Muskelzelle. s — Sarkoplasmaschicht mit eingebettetem Kernretikulum. . Das Hinterende der Chorda, der Muskulatur und des Nervenstrangs von Fritillaria furcata. Von der Neutralseite aus gesehen. 342, . Die Region des ersten Caudalganglions von Fritillaria urticans. Verzweigte Chorda- zelle.. (Nach Fol.) 122. . Querschnitt durch die Dorsalregion des Kiemendarmes mit den beiden Flimmerbogen von Stegosoma pellueidum. 23°. . Medianer Längsschnitt durch die Mundregion einer jungen Oikopleura dioica (?). 332. . Chordazelle einer jungen Oikopleura cophocerca. Sternförmiges Aussehen des scheiben- förmig abgeflachten Protoplasmarestes bei Flächenansicht. 332. hr Aue IE Taf.V. „nun. ousabesnnunuenn Gosapamannum apaesmameuf aa a u a WE FE un ouunsusunngnau® "ooausananunm EEPFETCIELT CT ih EFTTTLPTTEI IE er} Duz ig nn T uluus Klinkhardt, Lempz Tunicata. sehen h sche sn Erklärung von Tafel VI. Appendicularien. 11 A er x - ‚ch D48 r } 4 ın (don er) de . Querschnitt durch die Endostylregion von Fritillaria furcata. . Querschnitt durch den Endostyl von Orkopleura cophocerca. 22°. . Schräg geführter Längsschnitt durch einen Theil des Endostyls einer jungen Orkopleura . Querschnitt durch den Rumpf von Oikopleura cophocerca dicht hinter der Wurzel des Ruderschwanzes. 7. hz = muskulöses Herzblatt. p = Perikardium. . Etwas weiter nach hinten zu geführter Querschnitt aus derselben Serie. 3%, nb — halbverdaute Nahrungsballen im Intestinum. . Schnitt durch die Vereinigungsstelle der beiden Flimmerbogen am dorsalen Hinterende des Kiemendarmes von Oxkopleura cophocerca. 352. . Etwas weiter hinten geführter Querschnitt aus omalben Serie. Ursprung des Oenophas am dorsalen Hinterende des Kiemendarmes. 232, . Querschnitt durch die Flimmerbogen im dorsalen, hinteren Ende des Kiemendarmes von. Fritillaria furcata. #02, gt — Gallertfäden in der primären Leibeshöhle zwischen ektodermaler Leibeswand und Kiemendarm. 10. 2 0 dioica. 33°, b= basale Zellen. != seitliche Zellen des Endostyls. . Querschnitt durch die Anlage des Zwitterapparates einer jungen Fritillaria furcata. (Nach Lee.) 232, 10 u. 11. Die Region des Herzens aus zwei Sagittalschnitten durch eine Fritillaria furcata. +9%. 12 hz —= Herzblatt p= Perikardium resp. Terminalzelle desselben. 2. Spermatozoen von Fritillaria formica (Nach Fol.) Hartnack Imm. No. 12. 15. Reifes Ei von Fritillaria furcata. (Nach Lee.) +08, Tunicata. Sir. Taf.Vl. En FR “ Ai us a a Fe ü Ä ins Klınkhardt Leipzig N Vertieale und quantitative Verbreitung. 145 Das häufige Vorkommen mediterraner Tiefenformen (Stegosoma) an der Oberfläche der Atlantis hat zuerst Chun (Sa) vor Teneriffa festgestellt, und er ist geneigt, diese Erscheinung nur auf die Temperaturverschieden- heiten in beiden Meeren zurückzuführen. Wenn auch im Ocean die Appendicularien in der weitaus über- wiegenden Zahl nur in den oberflächlichen Regionen *) bis 400. m vorkommen, so fehlen sie doch auch tiefer unten nicht vollständig. So kamen z. B. im Florida-Strom auf 1000 Individuen der Oberflächenschicht zwischen 0 und 200 m nur acht Individuen in der Tiefe von 400—600 m. An anderen Orten stellte sich das Ergebniss der Tiefenfänge wieder etwas günstiger. Im Durchschnitt fing das Netz in den obersten 200 m etwa 3000 Individuen, zwischen 300 und 500 m dagegen nur ungefähr 20. Das Maximum, das bei einer Durchfischung einer Wassersäule von 200 m mit dem Schliessnetz in grösseren Tiefen als 200 m gefangen wurde, ‚betrug SO Exemplare und unterhalb 1000 m sogar- nur 5 (Lohmann). Das Gesammtergebniss war etwa das, „dass schon bei S00m das Schliessnetznurnocheinbissieben Individuen in derselben Wassermenge findet, welche weiter oben durchschnittlich über 2000 Individuen birgt“ (No. 42, p. 144). Unter solchen Umständen ist es begreiflich, dass in der Tiefe des Oceans keine neuen Arten aufgefunden wurden. Nur Frrtillaria aberrans Lohmann fand sich ausschliesslich zwischen 350 und 900 m Tiefe im Guinea- und Florida- strom. Von den Vertretern der Oberflächenfauna steigen am tiefsten hinab Oikopleura parva 730—930 m und Oikopleura velifera 1100 — 1300 m (Lohmann). 3. Die quantitative Vertheilung. Von jeher sind die Appendicularien besonders dann aufgefallen, wenn sie in grossen Schwärmen vorkamen. In ungeheuren Massen beobachtete sie im August 1823 Mertens im Beringsmeer; Quoy und Gaimard fanden sie an einem Decembertage an der südafrikanischen Küste (Algoa- Bucht) so zahlreich, dass das Meer braun und roth gefärbt erschien, und seither sind zahlreiche ähnlich lautende Angaben gemacht worden. 0 erscheinen z. B. im Winter gelegentlich im Golf von Neapel Fritillarien so massenhaft, dass in jedem Glase Tausende gefangen werden können (Lo Bianco). Genauere Angaben über das quantitative Vorkommen der Appendicularien ermöglichte erst die exacte Methode Hensen’s. Das Planktonnetz hatte eine Oeffnung von 0,1 qm und wurde von 200 m Tiefe an senkrecht emporgezogen, durchfischte also eine Wassersäule von 20 cbm. Bisher sind für den Ocean folgende Fangstellen bekannt geworden (Lohmann): *) Unmittelbar an der Oberfläche scheinen sie anf der deutschen Plankton-Expeldition nnr seltener angetroffen worden zu sein. Broun, Klassen des 'Thier-Reichs. III. Spplt. 10 146 Appendieularien. 1. Die hohe See des Nordens, des Florida- und Golfstroms und des Sargassomeers. Durchschnitt aus 35 Fängen: 2261 Individuen. Minimum im Labradorstrom 123; Sargassomeer 563. Maximum in der Irminger-See 6849. 2. Die See in der Nähe der Öontinente. Durchschnitt aus sechs Fängen: 144 Individuen. Minima westlich von den Hebriden 15; an der grönländischen Küste 18; im Canal 21. Maximum auf der Neufundlandbank 397. 3. Abgeschlossene Buchten und Meeresarme. Hafen von Bermuda: 4329; Nordsee: 888 Thiere. Eine noch viel dichtere Ansammlung von Appendicularien (nament- lich Oikopleura dioica) fand Hensen in der Ostsee. Bei der Durchfischung von nur 10 cbm wurden am 15. November 1884 36 865, am 23. August 1883 sogar 50 118 Individuen gefangen. Das sind Zahlen, welche das Maximum auf hoher See in der Atlantis noch um das 10—15fache übertreffen, und die Appendicularien erweisen sich damit als die der Zahl nach nächst den Copepoden wichtigsten pelagischen Metazoen. 4. Das zeitliche Auftreten. An den Küsten, in Häfen und Buchten erscheinen die Appendieu- larien nur periodisch an der Meeresoberfläche. In den Mittelmeerhäfen können sie besonders während der Winter- und Frühlingsmonate zahl- reicher angetroffen werden. Jedoch finden sie sich auch während dieser Zeit keineswegs alltäglich an der Oberfläche, sondern erscheinen und ver- schwinden ziemlich unregelmässig in nicht näher ergründeter Abhängig- keit von Strömungen, Wind und Wetter. Bezüglich des Auftretens der verschiedenen Arten herrscht selbst an ein und demselben Orte in den aufeinander folgenden Jahren keine Gleich- mässigkeit. Für den Hafen von Messina ergiebt sich das aus den Mit- theilungen Fol’s. So fand sich z. B. Orkopleura fusiformes Mitte April bis Mai 1870, fehlte aber im folgenden Jahre vollständig; Fritillaria furcata war 1570 sehr häufig, im folgenden Jahre nur sehr selten; im Mai 1874 erschien, allerdings nur selten, Appendicularia sicula, die in den früheren Jahren stets gefehlt hatte. Im Sommer ziehen sieh die Appendicularien des Mittelmeers bis in grössere Tiefen zurück, in denen die Existenzbedingungen in Bezug . auf Licht und Wärme stets unveränderlich die gleichen bleiben. Hier wurden sie zuerst von Chun bis in 1300 m Tiefe nachgewiesen, während sie an der Oberfläche, wenigstens tagsüber, fehlten. Erst unterhalb 100 m konnten sie angetroffen werden. Bei nächtlichen Fängen wurden sie dagegen auch unmittelbar an der Oberfläche gefunden, und es lässt sich daraus schliessen, dass viele Appendicularien im Sommer tägliche periodische Wanderungen unternehmen, indem sie bei Einbruch der Nacht emporsteigen, bei Tagesbeginn dagegen bis über 100 m tief sich zurück- ziehen, um den eindringenden Licht- und Wärmestrahlen möglichst aus- FE N Verbreitung. 147 zuweichen (Chun). Zweifellos können so weite Strecken nur im nackten Zustand und nicht innerhalb des Gehäuses in der verhältnissmässig kurzen Zeit zurückgelegt werden. Die Abwärtsbewegung wird den Thieren kaum irgend welche Anstrengung bereiten, sondern bei dem das Wasser über- treffenden speeifischen Gewichte wohl hauptsächlich passiv durch Einwirkung der Schwere erfolgen. — Auch Fol fand die grossen Oikopleuren vor- wiegend nur in den allerfrühesten Morgenstunden unmittelbar an der Oberfläche. Ueber das zeitliche Auftreten der Appendicularien im Ocean, namentlich auf hoher See, lassen sich bisher sichere Schlüsse noch nicht ziehen, da fast alle unsere Kenntnisse auf den Befunden der deutschen Plankton-Expedition beruhen. Es fehlt also das Vergleichsmaterial ver- schiedener Jahreszeiten. Aufgefallen ist der Plankton -Expedition das verhältnissmässig seltene Erscheinen der Appendicularien unmittelbar an der Oberfläche, aber in nur wenig tiefen Schichten von 100 m scheinen die Thiere zum perennirenden Plankton der Hochsee zu gehören und un- abhängig von allen Jahreszeiten über weitere Meeresstrecken in ziemlich gleichartiger Zusammensetzung bestehen zu bleiben. Vielleicht werden auch in der Hochsee zu anderen Jahreszeiten die Appendieularien häufiger bis unmittelbar an die Oberfläche emporsteigen, als es bisher beobachtet worden ist. Nachtrag. Erst nach vollendetem Druck des vorstehenden Kapitels erschienen zwei Mittheilungen Lohmann’s (No. 60 u. 61), die einige bemerkenswerthe Angaben über die Verbreitung der Appendieularien ent- halten. Die Untersuchung des reichen Materials der deutschen Plankton- Expedition und der Sammlungen Vanhöffen’s aufDrygalski’s Grönland- Expedition führt dazu, im Ocean zwei völlig getrennte Verbreitungsgebiete der Appendicularien zu unterscheiden, die keine einzige Species mit- einander gemeinsam haben: die Gebiete der kalten und der warmen Ströme. Im kalten - Gebiet sind nur 3 Species heimisch: Oxkopleura labradoriensis, Fritillaria borealis und Oxck. Vanhöffene. Die letzte Form ist bisher nur im Grönlandstrom gefunden worden, trat dort zu- weilen aber so zahlreich auf, dass sie die erste fast ganz verdrängte. Fritillaria borealis kommt auch in den antarktischen Strömen am Cap Horn vor, fehlt aber in den ganzen weiten Zwischengebieten der tropischen, subtropischen und gemässigten Zonen. Dagegen findet sich in diesen Warmwasserregionen weit verbreitet Fritillaria sargassi. Diese unter- scheidet sich nur in der Ausbildung der Geschlechtsorgane von der Fritill. boreais und stimmt in allem anderen so vollkommen mit ihr überein, dass es fast scheinen möchte, es seien beide Formen nur Varietäten einer kosmopolitischen Species. Als eine vierte hochnordische Form kommt die von Chamisso im Beringsmeer entdeckte und von Mertens genau be- schriebene Oikopleura Chamissonis hinzu, die im Atlantischen Ocean noch nicht aufgefunden worden zu sein scheint. Viel reicher ist die Appendicularienfauna des Warmwassers. 105 1485 Appendieularien. ’ Zahlreich und weit verbreitet finden sich 20 Species (8 Orkopleura, 10 Fritillaria, 1 Stegosoma, 1 Appendicularia). Dazu treten ferner je | eine Fritillaria, Folia, Kowalevskia und Althoffia, die nur so spärlich auf- gefunden worden waren, dass ihr Verbreitungsgebiet im Ocean sich gegen- | wärtie noch nicht übersehen lässt. Ausser diesen beiden völlig getrennten Gebieten sind 3) die Grenz- | regionen, in welchen sich kalte und warme Ströme begegnen, und 4) | -die Küstengebiete zu unterscheiden. Je mehr der warme Golfstrom auf seinem Lauf nach Norden sich abkühlt, desto geringer wird der Reich- thum an Warmwasserformen, und zuletzt finden sich in ihm nur noch 4 Arten (Oikopleura velifera, dioica, fusiformis, parva) in verhältnissmässig geringer Zahl, während bereits die Kaltwasser-Appendieularien aufzutreten beginnen. Im Bereiche der nordatlantischen Ströme dringen im Sommer infolge der geringeren Abkühlung der warmen nordwärts gerichteten Strömungen die südlichen Arten weiter nach Norden, die hochnordischen dagegen weniger weit nach Süden vor als im Winter. Im Mai fehlen daher die südlichen Formen noch an den Stellen des Hochnordens, an welehen sie im September angetroffen werden; und umgekehrt finden sich in der kalten Jahreszeit die Formen, die im Juli erst in der Irminger-See vorkommen, bereits in der Nordsee. Die hochnordische Küstenfauna führt dieselben wenigen Formen, die überall im offenen Kaltwassergebiet vorkommen. Die Küsten des warmen Gebiets sollen im Ocean weitaus artenärmer sein als die Hoch- see. Sehr auffallend machte sich die Abnahme der Artenzahl bei der Annäherung an den Amazonenstrom bemerklich. Nach und nach ver- schwanden aus dem Plankton alle Formen bis auf Oxkopleura dioica, die als die einzige typische Küstenform unter den Appendicularien zu gelten hat. In der Mündung des Stromes selbst, wo der Salzgehalt bei Ebbe und Fluth zwischen 11,4°/,, und 22,3°/,, schwankt, brachte ein Netzzug über 7000 Individuen; und noch 50 Seemeilen einwärts der Mündung bei 4,5°/,, Salzgehalt fanden sich, allerdings spärlicher, diese Oikopleuren. Die Küstenfauna der Grenzgebiete, in denen nordische und südliche Formen vorkommen, gestaltet sich am complicirtesten und wechselt so wie in den Strömen des offenen Meeres je nach den Jahreszeiten. In der Nordsee kommen noch 4 Arten vor: Oikopleura labradoriensis, deoica, fuseformes und Fritillaria borealis. In die westliche Ostsee dringen nur die nordische Fritill. borealis und die Warmwasserform Oxkopleura dioica, und in der östlichen Ostsee scheinen überhaupt keine Appendicularien mehr vorzu- kommen. Die nordische Frrtillaria tritt nur in den kältesten Monaten (Februar bis April) auf, die Orkopleura dagegen fehlt gerade vom Januar bis zum April und erreicht ihr Maximum der Verbreitung im September. 149 XV. Vecologie. 1. Verhalten in der Gefangenschaft; Lebensdauer. In der Gefangenschaft halten sämmtliche Appendicularien nur sehr schlecht aus. Die mit dem Schwebnetz gefangenen und gleichzeitig mit dem übrigen Plankton in die Auftriebgläser gebrachten Thiere sterben in diesen fast regelmässig schon nach wenigen Stunden. Etwas länger lassen sie sich erhalten, wenn sie sofort nach dem Fange in geräumigere Gefässe frischen Wassers übergeführt werden. Mehrere Tage halten sie aber in der Gefangenschaft nur dann aus, wenn ihr Fang mit grösster Vorsicht, am besten so geschehen war, dass die an der Oberfläche meist in ihren Gehäusen schwebenden Thiere direet mit Glasgefässen und nicht erst mit dem Netze geschöpft wurden. Jedenfalls muss beim Fange ver- mieden werden, was bei der Umkehr des Netzes nicht leicht fällt, dass die Appendicularien mit der Luft in direete Berührung kommen. Trotz aller Vorsicht verlassen die gefangenen Thiere sofort ihre Gehäuse, beginnen aber sehr bald mit der Bildung neuer, was sie im Laufe eines Tages mehrmals wiederholen. Ganz besonders schlecht halten die Fritillarien (Fretillarea furcata) in der Gefangenschaft aus. Nach Fol sterben sie gewöhnlich schon nach wenigen Stunden. Nachdem sie an die Oberfläche gestiegen sind, trocknet durch die Berührung mit der Luft ihr Körper so ein, dass er sich nur schwer wieder benetzen lässt. Fol empfiehlt daher, unter dem Wasser- spiegel eine Glastafel oder ein horizontal ausgespanntes Stofistück anzu- bringen, um das Aufsteigen bis zur Oberfläche zu verhindern. Dann hielten die Thiere zwei bis drei Tage aus. Die Eiablage und die Entwicklung der befruchteten Eier sind unter solehen Umständen nicht leicht zu beobachten. Wohl nur Fol scheint diese Vorgänge einigermaassen vollständig beobachtet zu haben, hat aber leider eine Darstellung der Entwicklung nicht veröffentlicht. Aus seinen Angaben kann man nur entnehmen, dass sowohl Oikopleuren als Fritillarien und Kowalevskia sich in der Gefangenschaft, wenn in ge- schlechtsreifem Zustand eingefangen, fortpflanzen, und dass die Eier wenigstens bis zur Bildung eines schon geschwänzten Larvenstadiums sich entwickeln. Die Lebensdauer der Appendicularien lässt sich nach den bisher vorliegenden Angaben nur mit einiger Wahrscheinlichkeit erschliessen. Da, wo eine alljährlich zu einer bestimmten Zeit eintretende Geschlechts- reife vorkommt (vgl. oben p. 131), wird man die Lebensdauer mit ziem- licher Genauigkeit auf ein Jahr bestimmen können. Wo aber Angaben über eine bestimmte Reifezeit nicht vorliegen, lässt sich auf die Lebens- dauer kein Schluss ziehen. Für viele der kleinen Formen, welche den ganzen Winter hindurch, vom Herbste bis weit in den Frühling hinein, mit entwickelten Geschlechtsorganen an der Meeresoberfläche beobachtet 150 Appendieularien. wurden, scheint mir aber eine einjährige Lebensdauer etwas zu lang, und ich möchte eher glauben, dass vielleicht zwei Generationen im Laufe eines Jahres einander folgen. Umgekehrt könnten die riesigen Megalocercus abyssorum bei den für ein schnelleres Wachsthum nur wenig günstigen Bedingungen in den tieferen Wasserschichten sehr wohl zwei- oder mehr- jährige Formen sein. 2. Schutzeinrichtungen und Feinde. Die unter den pelagischen Thieren so weit verbreitete Schutzein- richtung eines völlig farblosen, glasartig durchsichtigen Körpers fehlt auch den Appendicularien nicht ganz. Ganz farblos sind Oikopleura fusiformis und Fretillarea megachile, und namentlich die letztere Form ist so vollkommen durchsichtig, dass sie trotz ihrer Gesammtlänge von 6 mm mit blossem Auge kaum wahrgenommen werden kann (Fol). In- wieweit bestimmte andere Farbenzeichnungen auf Schutzfärbungen zurück- zuführen seien, ist bisher nicht festgestellt. Man könnte daran denken, dass z. B. die blauen Farben der Oikopleura coerulescens Gegenb. als solche zu deuten seien. Auch der an der Oberfläche so lebhaft roth und orange erscheinende Darmcanal von Megalocercus könnte im grünlich- blauen Lichte der Tiefe, in welcher diese Thiere leben, dunkel und un- sichtbar sein. Doch setzt das freilich eine bestimmte Entstehungsart jener Farbenzeichnung voraus, die bisher noch nicht nachgewiesen ist. Die wichtigste und allgemein verbreitete Schutzeinrichtung bei den Appendicularien besteht im Gehäuse. Bereits oben (p. 96) ist diese Bedeutung des Gehäuses erörtert worden; es wurde dort auch der Beob- achtungen Fol’s gedacht, dass die Appendicularie kleineren Fischen und Medusen leicht entgeht, indem sie das bereits vom Feinde ergriffene Haus rasch zu verlassen vermag. Ausser von Medusen und Fischen werden wohl die Appendieularien von den meisten anderen pelagischen Thieren, die grösser und stärker sind als sie, gelegentlich angegriffen und verzehrt. Ich fand, wenn allerdings auch nur selten, Appendieularien im Kiemendarm von ver- schiedenen Salpen und auffallender Weise zweimal in Pyrosomen. Viel gefährlichere Feinde sind aber die grossen Thiere, welche sie gleich- zeitig mit dem Wasser in grösseren Mengen schlucken, ohne eine Flucht aus dem Gehäuse zu gestatten. In erster Linie kommen hier die Wale in Betracht, die, wie schon Mertens beobachtete, zum guten Theil von Appendicularien sich nähren. Durch das dichte Sieb der Barten werden wohl die meisten einmal in den Rachen eingeführten Thiere zurück- behalten werden, ohne dem wieder abfliessenden Wasser zu folgen. Be- zeichnend scheint es immerhin, dass Mertens, der anfangs den Bau der Appendicularien nicht zu erkennen vermochte, sich äussern konnte: „so hielt ich, es für zerstörte Theile eines anderen Thieres, welches seinen Weg durch die Spritzorgane der Üetaceen, mit denen ‘diese Meere an- BT u PR EEE U Parasiten. 151 gefüllt sind, genommen hatte“ (No. 43, p. 207). An eine solche Mög- lichkeit würde man nunmehr allerdings nicht denken dürfen. 3. Parasiten der Appendicularien. Parasitär lebende Appendicularien sind bisher nicht bekannt geworden; dagegen werden die Copelaten nicht gar zu selten von Schmarotzern befallen, die, soweit die bisherigen Angaben reichen, den Protozoen angehören, insofern sie nicht als einzellige Pflanzen zu be- trachten sind. Zuerst beschrieb Fol bei Oxkopleura cophocerca winzige parasitäre Körperchen von kugelähnlicher Gestalt und ca. 0,05 mm Durch- messer. Der ziemlich flüssige Inhalt wird von einer Membran umhüllt und enthält zwei bis drei grüne Körnchen, welche der ganzen Zelle ein grünliches Aussehen verleihen. Zuweilen erscheinen die Zellen ein- geschnürt, was auf eine Vermehrung durch Zweitheilung hindeutet. Sie liegen in der primären Leibeshöhle, besonders im hinteren Rumpfabschnitt, wo sie die Rückbildung der Geschlechtsorgane bedingen können, finden sich auch in den Blutbahnen, in welchen sie mit der hellen Blutflüssig- keit eireuliren. Oft treten sie so massenhaft auf, dass die Appendicularie dadurch ganz undurehsichtig und eitronfarben erscheint (vgl. oben p. 90). Auch Chun hat gelbliche parasitäre Zellen bei Orkopleura cophocerca beobachtet, und ebenso fand er bei einem Exemplare von Megalocercus die ganze Leibeshöhle bis zur Spitze des Ruderschwanzes mit zahlreichen kleinen runden Zellen erfüllt. Ob es sich dabei um sog. „gelbe Zellen“, d.h. um parasitäre Algenzellen handelte, blieb unentschieden. In vielen Fällen sind die einzelligen Blutparasiten aber vollkommen farblos, und sie sind dann als wirkliche Blutkörperchen angesehen worden. Sie erscheinen meist stark abgerundet, häufig etwas länglich und zeigen sehr langsame, nur wenig hervortretende Formveränderungen. Ihre Grösse ist sehr variabel; die grössten zerfallen unter Längsstreckung in zwei Theilstücke. Die systematische Stellung dieser Parasiten ist nicht fest- gestellt; vermuthlich handelt es sich dabei um Amöben oder amöboide Jugendzustände. Bei Oikopleuren (Otkopleura cophocerca) finden sich parasitäre Gregarinen (und Amöben?) zuweilen im Darmtractus. Am häufigsten scheinen sie in dem hinteren Blindsack des Rectums (vel. p. 115) zu sitzen. Meist liegen sie frei im Darmlumen, doch dringen sie auch in die Wandungen ein, ohne sie aber, wie es scheint, vollständig durchsetzen und in die Leibeshöhle gelangen zu können. Diese parasitären Protozoen sind bisher nicht näher untersucht und bestimmt worden. Viel weniger innig gestaltet sich der Parasitismus dann, wenn In- fusorien in das Gehäuse eindringen. Dasselbe ist so weich und wenig resistent, dass die Parasiten sich leicht in demselben ganz ungehindert bewegen können (Fol). Der Appendieularie selbst scheint daraus nicht der geringste Nachtheil zu erwachsen, da sie ja ohnehin nach einiger Zeit ihr Haus verlässt, um ein neues zu bilden. Ob die Infusorien in 152 Appendicularien. dem Gehäuse blos Wohnung finden oder ob sie sich von der Substanz desselben ernähren, ist nicht mitgetheilt. Nicht mehr in den Bereich des eigentlichen Erlen gehört es, wenn die verlassenen Gehäuse der Appendieularien von anderen Thieren in Besitz genommen werden. Bei der ausserordentlich leichten Zerstör- barkeit der Schalen kann dies nur ganz vorübergehend der Fall sein. Resistenter ist vielleicht das gewiss ziemlich umfangreiche Gehäuse des Megalocercus abyssorum, und es könnte sehr wohl sein, dass es, wie Chun vermuthet, später von Phronimiden bewohnt würde (vgl. oben p. 94). In den verlassenen Gehäusen von Oikopleuren, die an einigen Tagen im Mai 1895 in ungeheuren Mengen im Hafen von Triest vorhanden waren, fand ich verschiedene Wurmlarven, Copepoden und pelagische Eier unbekannter Herkunft, die aber bestimmt keine Appendicularieneier waren. Die Larven und Gopepoden verliessen bald freiwillig die Gehäuse, um frei umherzuschwimmen oder andere Schalen aufzusuchen und eine Zeitlang in ihnen zu ruhen. Auch an der Aussenseite des schwebenden und von der Appendieularie noch bewohnten Gehäuses bemerkte ich zuweilen kleinere pelagische Thiere, namentlich Copepoden, angeheftet. Doch handelt es sich dabei stets um einen ganz vorübergehenden Zustand. Literaturverzeichniss zum zweiten Abschnitte, Die mit * bezeichneten Abhandlungen waren mir nicht zugänglich. (1) Allman, On the peculiar Appendage of Appendicularia named „Haus“ by Mertens. Proceedings of the Royal Societ. of Edinburgh. Vol. 4, p. 123. 1857 --62 (6. Dec. 1858). (2) — — On the peeuliar Appendage u Appendieularia, styled „Haus“ by Mertens. Quart. Journ. Mierose. Sciene. Vol. 7, p. 86. 1859. *(5) Barrois, Une Appendiculaire des er de la Manche. Bullet. scientifique, histor. et litteraire du departement du Nord. Tom. 8. Lille 1876. (4) Van Beneden et Julin, Le systeme nerveux central des Ascidies adultes et ses rapports avec celui des larves urodeles. Arch. d. Biolog. Vol. V, 1884, p. 354—356. (5) —— Recherches sur la Morphologie des Tunieiers. Archiv. de Biologie. Vol. VI, 1886. (6) W. Busch, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklung einiger wirbellosen See- thiere. Berlin 1851, p. 118, Taf. 16, Fig. 9-11. (7) Ad. Chamisso et Car. Eysenhardt, De animalibus quibusdam e elasse vermium. Fase. II. reliquos vermes continens. Nova Acta Acad. Leopold-Carol. Vol. 10, Pars I, p: 362, Taf. 31, Fig. 4. Bonn 1821. (5) Chun, Die pelagische Thierwelt in grösseren Meerestiefen und ihre Beziehungen zu der Oberflächenfauna. Bibliotheca zoologica, Heft I. 1888. (3a) —— Bericht über eine nach den Canarischen Inseln im Winter 1887/88 ausgeführte Reise. Sitzb. K. preuss. Akad. d. Wiss. Bd. 30, p. 547. 1889. (9) Claparede, Beiträge zur Fauna der schottischen Küste. 2. Ueber das Haus der Appendieularien. Zeitsch. f. wiss. Zool. Bd. 10, 1860, p. 405, Taf. 32, Fig. 4 und 5. (10) Davidoff, Untersuchungen zur Entwicklungsgeschichte der Distaplia magnilarva Della Valle, einer zusammengesetzten Ascidie. I. Die Reifung des Eies. Mitth. d. zoolog. Station Neapel. Bd. 9, p. 140—146. 1889—91. (11) Eisen, Vexillaria speciosa n. sp. Ett Bidrag till Appendieulariornas Anatomi. Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Bd. XI, N. 9. Stockholm 1874. | & Literatur. 153 (12) Eschscholtz, Bericht über die zoologische Ausbeute während der Reise von Kron- stadt bis St. Peter und Paul. Isis von Oken 1825, p. 736. *(13) Fewkes, Zoologieal Exeursions. 1. New Invertebrata from the eoast of California, Bulletin of the Essex Institute. Vol. 21. 1889. (14) Fol, Etudes sur les Appendieulaires du dötroit de Messine. Mem. de la Societe de ‚Phys. et d’hist. natur. de Geneve. T. XXI, 2. 1872. (15) Fol, Note sur un nouveau genre d’Appendieulaires. Arch. Zoolog. experim. T. II, 1874, p: XLIX, Taf. 18, Fig. 1—5. x (16) — — Ueber die Schleimdrüse oder den Endostyl der Tunicaten. Morpholog. Jahrbuch. Bd. 1. 1876. 17) — — Sur l’oeuf et ses enveloppes chez les Tuniciers. Rec. Zoolog. Suisse. Tom. I. 1884. (17 (18) In orbes and Syl. Hanley, A History of British Mollusca an their Shells. Vol. 4, p. 245. 1853. ' (19) Garstang, An attempt to elueidate the real structure and relations of Moss’s poly- stigmatie Appendieularian. Trans. Biolog. Soeiety Liverpool. Vol. VI. 1892. (20) Gegenbaur, Bemerkungen über Pilidium a Actinotrocha branchialis und Appen- dieularia Zeitschr. f. wiss. Zoolog. Bd. 5, 1854, p. 350. (21) — — Bemerkungen über die Organisation a Appendicularien. Zeitschr. f. wıss. Zool. Bd. 6, 1855, p- 406. (22) Hartmann, Mittheilungen über Appendieularien. Sitzungsber. d. Gesellschaft Naturf. Freunde zu Berlin. 1878, p 97. (23) Herdman, Report upon the Tunieata eolleeted during the Voyage of Challenger during the Years 1873 — 76. Part I. Rep. on the scientif. result. of Challenger. Vol. 6. (Part 17.) 1882. (23a) —— Part. III, ibid. Vol. 27. 1888. (24) — —- Notes on the structure of Oikopleura. Transact. Biolog. Soeiety Liverpool. Vol. VI... 1892. (25) Th. Huxley, Remarks upon Appendieularia and Doliolum , two genera of the Tuni- cata. Philosoph. Transact. 1851, p. 595. (26) — —- Krohn, upon the genus Doliolum and its species. Note by the Translator. Annals and Magaz. of Natur. Histor. Vol. X, 1852, p. 127. (27) — — Further Observations on the Structure of Appendicularia flabellum (Chamisso). Qunart. Journ. Mierose. Sciene. Vol. 4, p. 181. 1856 (28) —— Grundzüge der Anatomie der wirbellosen Thiere (Uebersetzt von Spengel). 1878. (29) Me. Intosh, Notes from the St. Andrews Marine Laboratory (under the Fishery Board for Seotland). 4. On the Presence of Swarms of Appendieularians. Annals and Magaz. Natur. Histor. V. Ser Bd. 20, p. 102. 1887. (30) Kent, Notes on Appendieularia and the Larval Condition of an Acanthocephaloid from the Coasts ot Portugal. Quart. Journ. Mierose. Seiene. Vol. 11, 1871, p. 267. (31) A. Kowalevsky, Entwicklungsgeschichte der einfachen Aseidien. Mem. de l’Academ. imper. d. Sciences de St. Pötersbourg. VII. Ser. T.X. N. 15, p. 13. 1866. (32) Krohn, Ueber die Gattung Doliolum und ihre Arten. Arch. f. Naturgesch. 1852, p. 62. (33) Lahille, Ovogensse des Tunieiers. Proc. Verb. de la Soeiete d’histoire natur. de Toulouse. Seance du 20 avril 1887. (34) — — Etude systematique des Tunieiers. Association frangaise pour l’avancement des Sciences. Congres de Toulouse. 1887. (34a) —— Contributions ä l’ötude anatomique des Salpes. Proc. Verb. Societe d’hist. nat. de Toulouse. 7 mars 1888. (35) Langerhans, Zur Anatomie der Appendieularien. Monatsber. der kgl. preuss. Akad. d. Wissensch. zu Berlin. 1877, p. 561. (36) — — Ueber Madeiras Appendieularien. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 34, 1880. p. 144. (37) Ray Lankester, Summary of Zoological Observations made at Naples in the winter of 1871-72. Young Appendienlaria fureata. Annal. a. Magaz. of Nat. Hist. IV. Ser. Nor 1,1872 0pr 8 154 Appendieularien. (38) Ray Lankester, On the Heart of Appendieularia fureata and the Development of its Museular Fibres. Quart. Journ. Mierose. Seiene. Vol. 14, 1874, p. 274. The Vertebration of the Tail of Appendiculariae. Quart. Journ. Microse. Seiene. Vol. 22, 1882, p. 387. (40) Bolles Lee, Recherches sur l’ovogencse et Ja spermatogenese chez les Appendiculaires. Rec. Zoolog. Suisse. T. I. 1884 (41) R. Leuckart, Zoologische Untersuchungen. 2. Heft. Salpen und Verwandte. 1854. (42) Lohmann, Vorbericht über die Appendieularien der Plankton-Expedition. Ergebnisse der Plankton-Expedition der Humboldt-Stiftung. Bd. I. A. 1892. (43) Mertens, Beschreibung der Oikopleura, einer neuen Molluskengattung. Mem. de l’Acad. imp. d. Seiences de St. Petersbourg. 6. Ser. T. I. 1831, p. 205. Auszug in Oken’s Isis. 1836, p. 300. (44) Moss, On the Anatomy of the genus Appendicularia, with deseription of a new Form. Transact. of Linnean Society of London. Vol. 27, 1871, p. 299. (45) Joh. Müller, Bericht über einige neue Thierformen der Nordsee. Müller’s Archiv f. Anat., Physiologie u. wissensch. Mediein. 1846, p. 106; 1847, p. 158. (46) Quoy et Gaimard in Dumont d’Urville, Voyage de la corvette l’Astrolabe pendant les annees 1826—1829. Zoologie. Bd. IV, 1833. Atlas, Taf. 26, Fig, 4—7. Auszug in Isis von Oken. 1836, p. 157. (47) Retzius, Biologische Untersuchungen. Neue Folge. I 1890. Die Muskelfasern von Appendieularia. p. 81, Taf. 17, Fig. 13 u. 14. (485) Salvatore Lo Bianco, Notizie biologiche riguardanti specialmente il periodo di maturitä sessuale degli animali del golfo di Napoli. Mittheilung. der Zoolog. Station Neapel. Bd. 8, p. 426. 1888. (49) Sanders, Contributions towards a Knowledge of the Appendicularia. Monthly Mieroscop. Journal. Vol. 11, p. 141. 1874. (50) —— Supplementary Remarks on Appendieularia. Ibid. Vol. 12, p. 209. 1874. (51) Seeliger, Einige Beobachtungen über die Bildung des äusseren Mantels der Tunicaten. Zeitsch. f. wiss. Zoolog. Bd. 56. 1893. Die Bedeutung der „Segmentation“ des Ruderschwanzes der Appendicularien. Zoologischer Anzeiger No. 446, 1894, p. 162. Zool. Centralblatt. Bd. 2, 1895, p. 609. (53) Swainson, New Form of Appendieularian „Haus“. Report of Brit. Association for the Advancement of Science held at Cardiff 1891. London 1892, p 701. Auszug in Journ. Royal Mierosc. Society 1892. II. Ser. 12. I, p. 197. (54) Ussow, Zoologisch-embryologische Untersuchungen. Die Mantelthiere. Arch. f. Naturgesch. 41. Jahrg. 1875. Beiträge zur Kenntniss der Organisation der Tunicaten. Mem. Soeiete imp. des Scienc. natur. de Moscou. Tom. 18. 1876 (russisch !). (56) ©. Vogt, Recherches sur les animaux inferieurs de la Mediterranee. Sec. Mem. Sur les Tuniciers nageants de la mer de Niee. Mem. de l’Institut Genevois. T. I, 1854. Während der Drucklegung sind ferner hinzugekommen: (57) Lefevre, The Vertebration of the tail of Appendiculariae. Johns Hopkins Univers. Cireulars Vol. 13. 1894. (58) Rankin, On the supposed Vertebration of the tail in Appendicularia. Zool. Jahrb. Abth. f. Anatomie. Bd. 8, p. 289. 1894/95. (59) Klaatsch, Ueber Kernveränderungen im Ektoderm der Appendicularien bei der Gehäusebildurg. Morph. Jahrb. Bd. 23, p. 142. 1895. (60) Lohmann, Ueber die Verbreitung der Appendicularien im Atlantischen Oceane. Verhdlg. d. Gesell. deut. Naturf. u. Aerzte. Lübeck 1895, II. I. p. 113. (61) — — Zoologische Ergebnisse der Grönland-Expedition nach Dr. Vanhöffen’s Samm- lungen bearbeitet. III. Die Appendikularien der Expedition. Biblioth. Zoolog. Heft 20, Lief. 2. 1896. (89) (82) (55) ar ET irre. Dritter Abschnitt. q Zweite Klasse: Die Ascidien, Tethyodea, Ascidiacea. I. Allgemeine Körperbeschaffenheit. 1. Der Bau. Der Körper der ausgebildeten Aseidie entspricht nur dem Rumpf- abschnitt der Appendiceularien. Das Homologon des Appendicularien- schwanzes erscheint dagegen als ein provisorisches Larvenorgan in der Embryonalentwieklung der meisten Formen und ermöglicht auf einem bestimmten Stadium eine selbständige freischwimmende Bewegung. Sobald die Larven geeignete Stellen gefunden haben, erfolgt unter Rück- bildung des Larvenschwanzes der Uebergang zu einer dauernd festsitzenden Lebensweise. Nur bei wenigen Embryonen (Molgulidae) unterbleibt, so wie bei allen Ascidienknospen, die Ausbildung des Schwanzabschnittes vollständig. Das Fehlen des Schwanztheiles im ausgebildeten Aseidienleib und das häufige Vorkommen bei Larven haben dazu Veranlassung ge- geben, die Ascidien mit den Pyrosomen, Dolioliden und Salpen, bei denen die Verhältnisse im allgemeinen ähnlich liegen, als Acopa (Gegenbaur) oder Cadueichordata (Balfour) zusammenzufassen und den Appen- dieularien gegenüberzustellen. (Vgl. darüber oben p. 72 u. fe.). Um die Organisation der Ascidien zu verstehen, wird man vom Appendieularienrumpf auszugehen haben. Da dieser einer freien pelagischen Lebensweise durchaus angepasst ist, erscheinen weitgehende Umwandlungen bei der festsitzenden Form als unabweisbare Nothwendigkeiten. In allen Punkten erweisen sich die Veränderungen als zum Theil wesentliche und sehr weitgehende Complicationen der einfachen Organisation des Rumpfes der Appendieularien. Diese phylogenetische Weiterbildung des Rumpfes ist um so bemerkenswerther, als sie von einer völligen Rückbildung des Schwanzabschnittes begleitet wird. Diese letztere ist freilich eine noth- wendige Folge der Festheftung, denn es ist nicht einzusehen, wie ein ausschliesslich der Locomotion dienendes und so eigenartig differenzirtes Gebilde wie der Appendicularienschwanz sich phylogenetisch hätte um- wandeln können, um noch der festsitzenden Form von Nutzen zu sein. 156 x Aseidien. Wenn die Thatsachen der ontogenetischen Entwicklung der Aseidien auf den ursprünglichen Vorgang der Festheftung der freilebenden Vor- fahrenform zu schliessen gestatten, so müsste die Fixirung mit dem vorderen Körperende erfolgt sein (Fig. 12). Mehrere Formen (Fungulus, Boltenia, Ouleolus Fig. 13 und 14) lassen noch jetzt diese Befestigungs- weise erkennen. Allmählich aber verschob sich die Festheftungsstelle auf der Ventralseite immer mehr nach hinten (Fig. 15), bis sie an das 2 | SE h | Olavelina-Larve in Festsetzung begriffen. Schematische Darstellung von Fungu- Nur der Vordertheil des Schwanzes ist lus einereus. (Nach Herdman.) eingezeichnet. Cirea 120/.. hinterste Körperende rückte (Fig. 16). Uebrigens verhalten sich zuweilen ganz nahe verwandte Formen bezüglich der Festheftungsstelle verschieden. So ist z. B. Ciona intestinalis durch Mantelfortsätze des hintersten Körper- . endes befestigt, während (rona Savignyö viel weiter vorn, der Mitte des Körpers nahe, sich inserirt. Noch auffallender erscheinen weitgehende individuelle Variationen in der Befestigungsweise. Eine allerdings schon äusserlich recht polymorph gestaltete Cynthiadee (Polycarpa tenera) fanden Lacaze-Duthiers und Delage bald mit dem Hinterende, bald ventral, bald wieder vollkommen seitlich festsitzend. Im Zusammenhange mit der höheren Organisation erweisen sich die Aseidien viel mannigfaltiger gestaltet als der Appendicularienrumpf und gliedern sich zuweilen in mehrere ziemlich scharf voneinander abgesetzte Br Ueberbliek über die Organisation. 157 Theile. Da, wo der Kiemendarm — wie es besonders häufig bei den solitären Asceidien der Fall ist — so umfangreich entwickelt ist, dass er sich nahezu durch die ganze Länge des Thieres erstreckt, erscheinen auch die gesammten Eingeweide in seinem Bereich gelagert, und eine Gliederung in hintereinander gelegene Abschnitte fehlt daher (Textfig. 15). Bei anderen Formen liegen der Verdauungstraetus, Herz und Geschlechts- organe in dem mehr oder minder scharf abgegrenzten Hinterkörper, während der Vorderabschnitt vom Kiemendarm und den Peribranchialräumen resp. Fie. 15. Fig. 16. A | Fi ve Schematische Darstellung Schematische Darstellung einer Corynascidia. Schemat. Darstellung einer Ciona. einer Boltenia. (Nach Herdman.) In Fig. 13—15 bedeuten die Ausseneonturen die Aussengrenzen des Cellulosemantels; das ektodermale Hautepithel ist nicht besonders eingezeichnet. a —= After; e—= äusserer Cellulosemantel; ec! — Cloake; e = Egestionsöffnung; es — Endo- styl; 9= Ganglion; gl = Eileiter und Samenleiter; gt = Geschlechtsorgane; @ — Ingestions- öffnung; A — Haftpapillen; Ahz —= Herz; oe = Oesophagus; pv — Perivisceralhöhle; rz = Rückenzapfen; st = Stiel; # = Tentakel. der Cloake ganz ausgefüllt ist (Textfig. 19). Man pflegt den vorderen Leibesabschnitt als Thorax, den hinteren als Abdomen zu bezeichnen. Bei vielen Synascidien geht die Sonderung noch weiter, indem die Geschlechtsorgane und das Herz weiter nach hinten rücken und hinter die Region der Darmschlinge gelangen (Textfig. 17). So entwickelt sich ein dritter Postabdomen benannter Körperabschnitt, während das Abdomen, das durch die Lage des Verdauungstractus bestimmt ist, zum 158 Aseidien. Mittelstücke wird. Doch stellen die ein-, zwei- und dreigliederigen Ascidien keineswegs scharf voneinander getrennte Typen dar, sondern sind durch eine continuirliche Reihe Uebergangsformen miteinander ver- bunden. Einmal die ein- und zweigliederigen Formen, indem der Ver- in I\ I V a a = gandany) »z md h Perophora Listeri von der linken Seite aus gesehen. Circa ®/,. cl — Cloake; d —= darmumspinnende Drüse; e = Egestions- öffnung; ee= ektodermale Leibeswand; el= Eileiter; ep = Epi- cardium; fb = Flimmerbogen; A = Hoden; hz = Herz; ti = Ingestionsöffnung; zt = Intestinum; !b = Lobi; Im = Längsmuskel; m = Magen; md = Mitteldarm; mi, me = Muskel der In- und Egestionsöffnung; 0 = Ovariun; pe—=Peri- cardium; sz = Seitenzapfen des Kiemendarms; t = Tentakel In beiden Abbildungen ist der äussere Cellulosemantel weg- gelassen. Schema einer in Thorax, Abdomen und Postabdomen gegliederten Synascidie. dauungstractus und die Geschlechtsorgane zum grösseren oder kleineren Theil noch im Bereich des Kiemendarmes oder frei hinter demselben gelagert sein können; und zweitens die zwei- und dreigliederigen, indem das Postabdomen, wenn es in dem einfachsten Fall diesen Namen verdient, bald auf einen strangförmigen Fortsatz des äusseren Cellulosemantels, in welchen eine Ausstülpung der ektodermalen Leibeswand eintreten kann, be- schränkt erscheint (Distomidae), bald einen dreiblätterigen Bau zeigt, Ueberbliek über die Organisation. 159 “aber weder Herz noch Hoden, sondern nur das Ovarium enthält (Srgellina), oder endlich in der entwickeltsten Form die gesammten Eingeweide ausser dem Darmcanal führt (Polyelinidae). Gegen die Anwendung der Bezeichnungen Thorax, Abdomen und Postabdomen bei Aseidien hat Giard (Recherehes sur les Aseidies composees ou Synascidies. 1872 p. 507) nachdrücklieh Widerspruch erhoben, weil diese Benennungen zum Theil bereits bei gewissen seg- mentirten Thieren in einer ganz anderen Bedeutung gebraucht würden. Ich glaube aber nicht, dass dadurch ein Missverständniss hervorgerufen werden könne. Wenn es auch gewiss ist, dass sich auch ohne diese Bezeichnungen bei der Beschreibung des Aseidienbaues auskommen lässt, so werde ich doch jene Namen hier verwenden, da ich meine, dass damit die Darstellung nur an Deutlichkeit gewinnen kann. In einer dem Appendicularienrumpf entsprechenden Weise ist auch der Aseidienleib bilateral symmetrisch gebaut. Aeusserlich erscheint allerdings zuweilen die Symmetrie recht beträchtlich gestört, besonders infolge umfangreicher einseitiger Wucherungen und Verdiekungen des äusseren Cellulosemantels; immerhin aber lässt sich die Medianebene auch am uneröffneten Thiere aus der Lage der beiden Körperöffnungen (Ingestions- und Egestionsöffnung) stets mehr oder minder genau be- stimmen. Im Innern prägt sich die Bilateralität vornehmlich im Bau des Kiemendarmes und in der Lage des Ganglions und der Peribranchial- räume aus. Der Endostyl kennzeichnet die Bauch-, das Ganglion die Rückenseite; rechts und links vom Kiemendarm breiten sich die Peri- branchialräume aus, um sich dorsal zum unpaaren Cloakenabschnitt zu vereinigen (Fig. 5 und 6, Taf. VII). Die in den Kiemendarm führende Ingestionsöffnung bestimmt stets das Vorderende; die Egestionsöffnung der Cloake liegt immer dorsal, mehr oder minder weit nach hinten ver- schoben oder der ersteren genähert. So wie in der äusseren Form treten auch im inneren Bau häufig sehr weit gehende Störungen der bilateralen Symmetrie auf; sie betreffen vor- wiegend den Verdauungstractus und den Geschlechtsapparat und berühren nur wenig den Kiemendarm. Der ganze Verdauungstraetus und die ge- sammten Geschlechtsorgane können bei manchen Formen vollständig in die eine Körperhälfte hinüberrücken (Textfig. 15; Fig. 4, Taf. VIII). Auch die Lage des Herzens ist oft eine ganz unsymmetrische. Die zahlreichen regulär bilateralen Ascidien beweisen aber, dass die festsitzende Lebens- weise eine Bewahrung der ursprünglichen Bilateralität der freischwimmenden Vorfahrenform gestattete und weder zur Ausbildung eines radiären noch irregulären Formtypus nothwendiger Weise führen musste. Von den vier äusseren Körperöffnungen des Appendicularien- rumpfes bleibt bei den Ascidien nur eine ziemlich unverändert bestehen: die Mund- oder Ingestionsöffnung. Die beiden Spiracularöffnungen vereinigen sich dagegen auf der Rückenseite zur unpaaren Egestions- öffnung der Aseidien, und das Rectum mündet nicht mehr frei an der 160 Asceidien. ventralen Oberfläche, sondern in den neugebildeten Cloakenraum. Beide Oeffnungen der Ascidien können in regelmässiger Weise von einer be- stimmten Anzahl kleiner lappenförmiger Erhebungen (Lo bi) umstellt sein, und dazu tritt noch an der Innenseite, etwas weiter in der Tiefe des Mundes ein Kranz kleiner Tentakel. An der Oberfläche des Aseidienkörpers liegt der äussere Öellu- losemantel. Er ist dem Gehäuse der Appendieularien homolog, weicht aber in mehrfacher Beziehung von ihm ab. Das Gehäuse ne | ; GE f / s/ el en m hä Der a) 2 h d md Schematischer Durchschnitt durch einen Synaseidienstock. Zwei einander gegenüber liegende, zu einem System gehörende Einzelthiere sind im Längsschnitt dargestellt. e — äusserer gemeinsamer Cellulosemantel; % —= gemeinsame Cloake eines Systems; ! = primäre Leibeshöhle; sl! —= Samenleiter. Alle anderen Bezeichnungen ersieht man aus Fig. 17 und 18. erscheint als ein für die pelagische Lebensweise so eigenartig angepasstes Organ (vgl. oben p. 96), dass es bei den festgesetzten Formen nothwendiger Weise tiefgehende Umformungen erfahren musste. Der Cellulosemantel wird zwar ebenfalls vom ektodermalen Hautepithel der Hauptmasse nach abgesondert, gleichzeitig aber treten in ihn Mesodermzellen nach Durch- wanderung des Ektoderms ein und geben ihm den Werth und die Be- deutung eines Bindegewebes. Das Gehäuse kann von der Appendieularie stets freiwillig verlassen werden, bildet sich rasch immer wieder neu und erscheint auf den ersten Anbliek nicht viel anders als ein im Meere frei- schwebender Fremdkörper, den sich das Thier zum Wohnort ausgewählt Be Ueberbliek über die Organisation. 161 hätte. Der Mantel dagegen bleibt zeitlebens innig mit der Ascidie ver- bunden und gibt dem Weichkörper Schutz und eine feste Stütze. Bei den dureh Knospung Stöcke bildenden Cormascidien fliessen meist die von den Einzelthieren abgesonderten Mantelsubstanzen zu einer einheitlichen Masse zusammen, in der dann die einzelnen Zooide eingebettet sind (Syn- ascidien, Textfig. 19). Die Ingestionsöffnungen liegen sämmtlich gesondert an der freien Manteloberfläche; die Egestionsöffnungen aber verhalten sich verschieden. Sie münden entweder vollkommen unabhängig voneinander frei an der Oberfläche (Polystyelidae, Sigzillina, einige Distoma), oder sie führen direet oder indireet in einen gemeinsamen Cloakenraum, der nach aussen sich öffnet. Diese gemeinsamen Cloaken (k, Textfig. 19) sind lediglich mehr oder minder umfangreiche grubenförmige Vertiefungen des gemeinsamen Öellulosemantels und besitzen keine besondere ektodermale Epithelauskleidung. Bei zahlreichen Synascidien erscheinen die Einzel- thiere des Stockes in mehr oder minder regelmässiger Weise um die gemeinsamen Cloakenräume zu „Systemen“ angeordnet. Unter dem Öellulosemantel liegt das stets einschiehtige ektodermale Hautepithel, dessen wichtigste Aufgabe die Secretion der Grundsubstanz des Mantels ist. Bei einigen Formen sollen einzelne Ektodermzellen aus dem epithelialen Verbande sich lösen und in den Mantel übertreten können. Das centrale Nervensystem liest als ein rundliches mehr oder minder längs gestrecktes Ganglion auf der Rückenseite des Vorderendes zwischen der In- und Egestions- öffnung. Nach hinten erstreckt sich oft ein stärkerer Nervenstrang, der, in der Medianebene verlaufend, bis in die Region der Eingeweide reicht, wo er zu einem Intestinalgang- lion anschwellen kann. In unmittelbarer Nachbarschaft des Ganglions liegt die entwick- lungsgeschichtlich aus der gemein- samen nervösen Anlage hervorge- gangene Flimmergrube (sog. Hypophysis). Ihr vorderes Ende öffnet sich in den Kiemendarm; das hintere ist canalartig gestreckt, liegt fast immer ventral vom Ganglion und ist mit diesem oft innig ver- wachsen. Sehematischer Längsschnitt durch die Gang- o- lionregion einer Olavelina, ec — ektodermale Leibeswand; en — Ento- dermepithel; fb — Flimmerbogen; fg — Flimmergrube; g — Ganglion; n — Rücken- nerv; p — Peribranchialraum; sd — Sub- neuraldrüse. Als Neural- oder Subneuraldrüse (Hypophysisdrüse) bezeichnet man eine eigenartige drüsige Bildung, die gewöhnlich aus der Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Sppit. 11 162 Aseidien. ventralen mittleren oder hinteren Wand der Flimmergrube hervorgeht. (Vgl. Textfig. 20.) Die weitgehendsten Veränderungen gegenüber den primitiven Ver- hältnissen der Appendieularien zeigt der Bau des Kiemendarmes und der mit ihm im Zusammenhang stehenden Räume. Die beiden Spiraeular- höhlen der Appendieularien (Fig. 1, Taf. VII) werden bei den Aseidien zu den Peribranchialräumen und zur Cloake. Nur auf jugendlichen Entwieklungsstadien bestehen bei Aseidien zwei getrennte ektodermale Einstülpungen (Fig. 2 und 3, Taf. VII), die gewöhnlich schon beim ersten Auftreten ziemlich weit nach der Rückenseite zu verschoben sind. Während bei den Appendicularien eine jede Einstülpung mit dem Kiemendarm nur dureh eine Spalte in Verbindung tritt, bilden sich schon bei Aseidien- larven jederseits gleich mindestens zwei Perforationen (Fig. 4, Taf. VII), häufig eine beträchtlich grössere Anzahl (Fig. 3, Taf. VII), da die Peribranchialräume sich viel umfangreicher gestalten als die Spiracular- höhlen. Im Zusammenhange mit dieser Vergrösserung gelangen die beiden Einstülpungsöffnungen immer mehr nach dem Rücken zu, bis sie sich in der Medianebene zur Bildung der unpaaren Egestionsöffnung vereinigen (Fie.5, Taf. VII). Auf diese Weise erscheinen auch die beiden ursprünglich eetrennten Peribranchialräume miteinander verbunden; der dorsale, mediane Absehnitt, der durch Verschmelzung der beiden Theile entstanden ist, wird als Cloake bezeichnet (Fig. 6, Taf. VII). Der Kiemensack wird so zu einem zweischichtigen Gebilde, das innen vom Kiemendarmepithel, aussen von der inneren Peribranchial- und Cloakalwand bekleidet ist. Bei den Didemniden sollen dagegen die embryonalen Einstülpungs- ränder der beiden Peribranchialräume (e, Fig. 5, Taf. VII) sich voll- kommen schliessen und die Cloake und Egestionsöflnung als eine un- paarige Neubildung auf der Dorsalseite sich entwickeln. Auch der Endostyl erfährt bei den Ascidien eine beträchtliche Complication des Baues, und ebenso treten an der Dorsalwand und an den seitlichen Wänden des Kiemendarmes neue zum Theil recht verwickelte Faltungen und Zapfenbildungen auf, die bei Appendicularien noch vollkommen fehlten. Der Verdauungstractus der Ascidien erweist sich den Appen- dieularien gegenüber durch das Auftreten der darmumspinnenden Drüse als höher entwickelt. Dieses vielfach verästelte, mit seinen Zweigen besonders das Intestinum umrankende Organ entsteht durch Aus- stülpung der hinteren Magenwand oder auch vom Mitteldarm aus. Das Rectum wendet sich dorsalwärts und mündet nicht mehr an der Körper- oberfläche, sondern in die Cloake. Als Leber functionirt meist ein Theil der Magenwandung. Zuweilen (Öynthinae) findet sich ein besonderer, scharf abgegrenzter Drüsencomplex, der durch feine Oeffinungen mit dem Magen im Zusammenhange steht. Als Niere sind bläschenförmige mesodermale Gebilde zu deuten, die allseitig geschlossen erscheinen und Harn -Coneretionen enthalten. Die Bläschen sind entweder zahlreich über weite Strecken der primären Ueberbliek über die Organisation. 163 Leibeshöhle vertheilt (Phallusien), oder sie vereinigen sich zu einem umfangreichen Harnsack (Molgulidae), der gewöhnlich dem Herzen nahe liest. Die von Van Beneden versuchte Deutung der Flimmergrube und Neuraldrüse als eine Niere entbehrt vorläufig der Begründung. Herz und Pericardium stehen im wesentlichen auf derselben Aus- bildungsstufe wie bei den Appendieularien und bilden ein recht verschieden gelagertes doppelwandiges Rohr, das vorn und hinten in die primäre Leibes- höhle sich öffnet. Als Epicardium bezeichnet man eine meist paarig an- gelegte Ausstülpung der Kiemendarm- wand. Das Epicardium legt sich häufig dem Pericardium dorsal ziemlich dicht an und kann dann einen Dorsal- spalt der Herzhöhle, der zuweilen be- stehen bleibt, verschliessen, sodass nur zwei Ostien offen bleiben. Bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung der Ascidien spielt dieser den Appen- dieularien noch fehlende Entodermfort- satz fast überall eine wichtige Rolle. Schematischer Durchschnitt a. ‚das > - - = Abdomen einer zweigliederigen Synascidie. Ein durchaus mit eigenen Wan- 7, _ ar, dungen versehenes, von der Leibes- zellen; d = darmumspinnende Drüse; höhle unabhängiges Gefässsystem cc = ektodermale Leibeswand; el = Ei- fehlt stets, und das Blut kreist wie leiter; ep —= Epicardium; Az — Herz; bei Appendicularien in wechselnder ?— Intestinum; im — Längsmuskel; m — : : - Magen; pe = Pericardium; sl = Samen- Richtung in den von der Bindegewebs- Dar er gallerte nicht erfüllten Lückenräumen der primären Leibeshöhle. Nur hin und wieder sind, namentlich bei den grossen Formen, die Blutbahnen über weitere Strecken hin von einem feinen Endothel ausgekleidet und verlaufen an bestimmten, besonders durch den Bau des Kiemendarmes und den Verlauf der grossen Muskel- züge fixirten Stellen. Fast alle Aseidien sind Hermaphroditen. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane sind paarig (Fig. 5 und 6, Taf. VIII) oder unpaar und in letzterem Falle häufig vollkommen asymmetrisch gelagert (Textfig. 18). Zuweilen ist die Zahl der gesonderten Geschlechtsdrüsen recht bedeutend. Hoden und Ovarium reifen öfters zu verschiedenen Zeiten; in vielen Fällen ist aber Selbstbefruchtung sehr wahrscheinlich und experimentell leicht aus- führbar. Das reife Sperma gelangt meist durch einen Samenleiter in die Cloake und durch die Egestionsöffnung nach aussen. Die Eier werden entweder durch den Eileiter in der gleichen Weise entleert und ent- wickeln sich frei im Wasser, oder sie machen die Ausbildung bis zur geschwänzten Larve im Innern des Mutterkörpers durch. Dies geschieht meist in den Peribranchialräumen oder in der Cloake (Fig. 1 und 5, Taf. VIII); 11* 164 Aseidien. zuweilen gelangen bei Synascidien die in Entwicklung begriffenen Eier direet in eine hernienartige Ausstülpung der Leibeshöhle und finden sich dann nach Perforation oder Abschnürung eines Theiles der ektodermalen Leibeswand im äusseren Cellulosemantel eingebettet. Das Mesenchym, das bei den meisten Appendieularien noch voll- ständig: fehlt, erweist sich bei allen Ascidien wohl entwickelt. Neben sehr verschieden geformten fixirten Bindegewebszellen, die die primäre Leibeshöhle mit einer homogenen oder faserigen Gallertmasse erfüllen, finden sich stets sehr zahlreiche Muskelzellen. Sie sind zu Faser- zügen angeordnet, die meist in der Längsriehtung oder in den Trans- versalebenen ringförmig verlaufen. Auch an den beiden Körperöffnungen finden sieh vollkommen geschlossene Ringmuskelzüge. Die Thätigkeit der Muskeln bedingt den Verschluss der Oeffnungen und die Contractionen des ganzen Leibes, während die gestreekte Stellung und die Erweiterung des Mundes und der Egestionsöffnung vornehmlich durch die Elastieität (des äusseren Cellulosemantels hervorgerufen werden. Bei manchen grossen Formen treten die Muskelzellen so zahlreich auf, dass unter dem ekto- dermalen Hautepithel eine besondere aus Längs- und Ringfasern zusammen- gesetzte Muskelschicht zu Stande kommt, die vielfach von Bindegewebs- zellen durchsetzt ist. Ausser diesen fixirten Mesenchymzellen sind überall frei im Blutstrom kreisende Blutzellen vorhanden. Ein durchgreifender histologischer Unterschied zwischen Blut- und Bindegewebszellen scheint nicht zu bestehen, und so wandern denn beide Arten Elemente durch das feine kEktodermepithel hindurch und werden zu verschieden geformten Mantel- zellen. Sieht man von den Darmhöhlen ab, so lassen sich stets folgende Körperhöhlen im Aseidienleib unterscheiden : 1. Die primäre Leibeshöhle stellt den zwischen ektodermaler Leibeswand und Darm gelegenen Raum dar und lässt sich ent- wicklungsgeschichtlich auf die Furchungshöhle zurückführen. Sie wird von einem Bindegewebe mit gallertartiger Zwischensubstanz ausgefüllt, sodass nur bestimmte Lückenräume als Blutbahnen bestehen bleiben. . Die Herzhöhle ist nur ein durch die muskulöse Herzwand unvollkommen von den Blutbahnen abgetrennter Raum und muss der primären Leibeshöhle aus entwieklungsgeschichtlichen Gründen zugerechnet werden. 3. Die Pericardialhöhle, der von Herz- und Pericardialwand um- schlossene Raum, steht dagegen zu keiner Zeit mit der Leibes- höhle im Zusammenhang, sondern stellt ursprünglich eine Aus- stulpung des embryonalen Kiemendarms dar. Sie schnürt sich später vollkommen ab, sodass sie ganz selbständig und ab- geschlossen erscheint. Herz und Pericardium entstehen also durchaus entodermal. [83 hi Ueberbliek über «die Organisation. 165 4. Die Epicardialhöhle bildet sich als Divertikel des Kiemen- darmes; sie legt sich paarig an und bleibt entweder mit der Kiemen- darmhöhle in Communication oder schnürt sich zu einem selb- ständigen Raume ab. . Der Peribranchialraum umgibt seitlich und dorsal den Kiemen- darm und steht mit diesem durch die Kiemenspalten in Verbindung. Er bildet sich aus zwei seitlichen Ektodermeinstülpungen, die sich dorsal vereinigen, sodass ein einheitlicher Kaum entsteht. Der mediane dorsale Theil wird als Cloake bezeichnet und öffnet sich durch die Egestionsöffnung nach aussen. 6. Die Höhlungen der Nierenbläschen und des Nieren- sackes sind allseitig abgeschlossene Räume, die auf frühen embryonalen Stadien der primären Leibeshöhle zugehörten. 7. Die Höhlungen der Geschleehtsdrüsen und deren Leitungs- apparate entstehen entwicklungsgeschichtlich ebenfalls in der Weise, dass Mesenchymzellen zu Bläschen zusammentreten, die anfänglich geschlossen sind und später erst durch Ei- und Samen- leiter in die Cloake sich öffnen. Die Sexualzellen differenziren sich aus den Wandzellen der primären Bläschen. Daraus erhellt der völlige Mangel einer den Vertebraten zu homo- logisirenden enterocölen Leibeshöhle bei den Aseidien. Die Höhlungen der Geschlechtsapparate der letzteren, wie Van Beneden will, als enterocöl zu deuten, entbehrt jeder entwicklungsgeschichtlichen Grundlage. Nur in der Schwanzmuskulatur der Ascidienlarven lässt sich, so wie im Appen- dicularienschwanze, eine ursprüngliche epitheliale Anordnung der Zellen des mittleren Keimblattes nachweisen. Doch handelt es sich stets um ein einschichtiges Muskelblatt, das niemals einen besonderen von der primären Leibeshöhle verschiedenen Cölomraum begrenzt. In älteren zoologischen Werken findet man den Schiehtenbau des Ascidienleibes in einer wesentlich anderen Weise aufgefasst, als es hier geschehen ist, und da die ältere Terminologie auch noch in zahlreichen neuesten Schriften wiederkehrt, dürfte eine Klarstellung des Gegensatzes auch an dieser Stelle nicht überflüssig erscheinen. Schon Cuvier (1815) und Savigny (1816) hatten den Nachweis geliefert, dass der Körper der grossen Monascidien im wesentlichen aus drei einander umschliessen- den Schichten bestehe. Die innerste, in den Darmecanal sich fortsetzende wird durch den Kiemensack dargestellt, dessen Bedeutung als umge- bildeter vorderster Darmabschnitt von den älteren Autoren allerdings nicht erkannt worden war (vgl. oben p. 39). Dieser Kiemensack ist nunmehr als zweischichtig erwiesen worden: seine Wandungen werden innen vom entodermalen Kiemendarm, aussen vom ektodermalen inneren Peribranchial- resp. Cloakalepithel gebildet. Die beiden äusseren Schichten stellen zusammen die Leibeswandungen dar (Textfig. 22). Namentlich bei den mit Alkohol eonservirten 'Thieren ou 166 Aseidien. Fig. 22. 7 Halbschematischer Querschnitt durch die Leibeswand einer Ciona. Circa %%%,. Nur die tieferen Lagen des äusseren Cellulosemantels sind eingezeichnet. ad = äussere Peribranchialwand; db = Blutbahnen; bz —= Blutzellen; e = äusserer Cellu- losemantel; ec = Ektodermepithel; g-Gallerte, die primäre Leibeshöhle erfüllend; Im = Längsmuskelzüge; m = Mesenchymzellen; p = Peribranchialraum; rm = Ring- muskel; tr — Trabekel; 7 = Tunica exterma; II = Tunica interna; III = Tuniea tertia Milne Edwards”. Ueberbliek über die Organisation. Schiehtenbau. 2467, trennt sich sehr leicht der äussere Gellulosemantel von dem feinen ekto- dermalen Hautepithel ab, während das letztere mit der die Leibeshöhle erfüllenden Gallertmasse und den in dieser lagernden Muskeln verbunden bleibt. Als die äusserste Schicht, Tunica externa oder Testa, hat man daher zumeist lediglich den Cellulosemantel bezeichnet, während man als zweite Schicht oder Tunica interna, Tunica muscularis, Muskelsack, Mantel, die vom ektodermalen Hautepithel und von der äusseren Peribranchialwand begrenzten Gewebe zusammenfasste. (Herd- man und Andere.) Milne Edwards hatte in verhältnissmässig nur wenigen Fällen (z. B. Olavelina) die äussere Peribranchialwand als eine besondere Mem- bran nachweisen können; er rechnete sie aber dann nicht der Tunica muscularis zu, sondern betrachtete sie als eine selbständige Schicht und nannte sie Tunica tertia. Milne Edwards’ Auffassung, die von ihm vielleicht nicht vollständig klar dargelegt wurde, ist später mehrfach missverstanden worden, und man hat seine Tuniea tertia irrthümlich mit dem Kiemensack identifieirt (Roule), obwohl sie dasselbe Gebilde dar- stellt, das Huxley (1857) als „Arterienhaut“ und Bronn in der ersten Auflage dieses Werkes als „dritte Schicht oder Brustsack“ bezeichnet haben. R. Hertwig, der die wahre Bedeutung der ver- schiedenen Leibesschichten richtig erkannte (1872), wollte am liebsten die verschiedenen Tunica-Bezeichnungen gänzlich eliminirt wissen, unter- schied aber doch eine Tunica tertia parietalis (äussere Peribranchial- wand) von einer Tunica tertia visceralis (innerer Peribranchialwand). Jedenfalls sind alle diese alten Bezeichnungen jetzt überflüssig ge- worden, und es lässt sich ohne sie vollständig auskommen. Im besonderen scheint mir die namentlich von englischen Forschern noch jetzt übliche Anwendung der Benennung „Mantel“ im alten Savigny’schen Sinne, die sich mit Milne Edwards’ Tunica interna oder secunda deckt, unzweck- mässig zu sein. Ganz abgesehen davon, dass Verwechselungen mit dem äusseren Cellulosemantel, der von vielen Autoren meist abgekürzt einfach als Mantel bezeichnet wird, unvermeidlich sind, lässt sich jene Bezeich- nung darauf zurückführen, dass die betreffenden Schichten des Ascidien- körpers irrthümlicherweise mit dem Mantel der Mollusken homologisirt wurden, während man den Gellulosemantel mit der Molluskenschale ver- glich und daher auch Testa nannte. Es ist nicht ohne Interesse, zu sehen, wie die oben erwähnte Eigen- thümlichkeit, dass die sog. Tunica externa und interna der Ascidien im conservirten Thier scharf voneinander getrennt erscheinen, als ein wich- tiges oberstes Eintheilungsprineip der gesammten Tunieaten verwerthet werden konnte. Im Gegensatze zu den Ascidien erscheinen nämlich bei den meisten Salpen die beiden Schichten der Leibeswandung fester und inniger miteinander verbunden, so dass sie sich nicht so leicht vonein- ander lösen wie dort. Fleming (1820) glaubte darin einen durch- greifenden Gegensatz zweier Hauptgeruppen gefunden zu haben und unter- 168 Ascidien, schied einmantelige (Monochitonida) und doppelmantelige Tunicaten (Dichitonida). Zu den letzteren zählte er ausser allen Ascidien die Pyrosomen, zu den ersteren nur die Salpen. In Wirklichkeit ist aber diese Verschiedenheit eine nur ganz unwesentliche, und der Schichtenbau der Leibeswandungen ist — von Verschiedenheiten der Muskulatur ab- gesehen — überall der gleiche. Ueberdies kommen sowohl bei Ascidien als auch bei Salpen alle Uebergänge zwischen einer sehr innigen Ver- wachsung und einer nur losen Nebeneinanderlagerung der beiden Schichten vor und zwar mitunter bei ganz nahe verwandten Formen. Unter den Ascidien verhalten sich Polycarpa tenera Lac. und Delage, Styela, Perophora und Chelyosoma wie typische „Monochitoniden‘, während andererseits nach Bronn Salpa vaginata Chamisso ebenso getrennte Schichten wie die „Diehitoniden‘“ besitzt. Die oben (p. 159) angedeutete Orientirung und Bezeichnung der Körperregionen des Aseidienleibes charakterisirt sich in folgender Weise: Die Mund- oder Ingestionsöffnung bestimmt das Vorderende, während mit dem entgegengesetzten hinteren sehr häufig die Festheftung ver- mittelt wird. Der Endostyl kennzeichnet die Ventralseite, das Ganglion und die Egestionsöffnung liegen dorsal; und damit sind auch rechts und links definirt. Diese Axenbezeichnung ist durch die entwicklungs- geschichtlichen Thatsachen wohl begründet und findet sich fast aus- nahmslos in der neuesten Literatur angewendet. Sie steht im scharfen und sehr bemerkenswerthen Gegensatz zu den Auffassungen der älteren Tunieatenforscher. Die Versuche, die systematische Stellung und die Verwandtschafts- beziehungen der Aseidien durch eine vergleichend anatomische Betrachtung wissenschaftlich zu begründen, führen auf Cuvier zurück. Cuvier glaubte, im Aseidienbau den Molluskentypus nachweisen zu können und stellte die Ascidien im System unmittelbar neben die Lamellibranchiata (vgl. oben p. 33 und 45). Dabei gab er den Tunicaten eine derartige Orientirung, dass er die wahre Ventralseite (Endostylseite) als Rücken, die wahre Dorsalseite als Bauch bezeichnete. Hierin sind ihm Savigny und später auch Hancock gefolgt, und schon der erstere hält bei der Vergleichung mit Mollusken auf eine bestimmte und feste Bezeichnung auch der übrigen Körperaxen. Stets erscheint bei ihm die Ascidie so orientirt, dass ihr Vorderende nach oben, das Hinterende nach unten gerichtet ist. Dabei ist zu beachten, dass bei Savigny, sowie bei den meisten späteren franzö- sischen Autoren „haut“ und „bas“ genau mit den jetzt üblichen und von mir hier angewendeten Bezeichnungen „vorn“ und „hinten“ überein- stimmen, während statt „ventral“ sehr häufig „avant“ (vorn), statt „dorsal* „arriere“ (hinten) gebraucht wird. Bei der Vergleichung der Ascidie mit der Muschel mussten die In- und Egestionsöffnungen der ersteren mit den Siphonen der letzteren zusammengehalten werden. Es ist Savigny nicht entgangen, dass die von ihm und Cuvier als Rücken m Orientirung des Ascidienkörpers. Körperform. 169 der Ascidie bezeichnete Region dann nothgedrungen dem Bauch und nicht dem kücken der Bivalve, die rechte Seite der ersteren dagegen der linken der letzteren entsprechen (vgl. oben p. 41). Von hervorragenderen Tunicatenforschern hält gegenwärtig wohl nur noch Lacaze-Duthiers an Cuvier’s Auffassung fest, dass Ascidien und Lamellibranchiata in den nächsten verwandtschaftlichen Beziehungen zu einander stehen. Um den oben erwähnten verwirrenden Consequenzen, zu welchen die Orientirung des Ascidienkörpers durch Cuvier und Savigny geführt hat, auszuweichen, hat Lacaze die Ascidien in einer genau entgegengesetzten Weise orientirt. Er hat seine Auffassung, die im einzelnen von den älteren Anschauungen mehrfach abweicht, bereits 1874 ausführlich dargelegt und hält auch in seinem letzten grossen Ascidienwerk, das er in Gemeinschaft mit Y. Delage (1892) publicirte, an seiner alten Bezeichnung der verschiedenen Körperregionen der Ascidie im wesentlichen fest, obwohl sein Mitarbeiter sich dieser Ansicht nicht an- schliessen konnte. Das eigentliche Vorderende der Ascidie erscheint bei Lacaze nach unten gekehrt, das entgegengesetzte wird als „oberes“ (haut) bezeichnet; die Endostylseite bestimmt ihm „avant“ (— ventral), die Ganglionseite „arriere“ (= dorsal). Rechts und links decken sich also mit der Savigny’schen Bezeichnung. Die richtige Orientirung des Ascidienkörpers findet sich bereits bei Milne Edwards, nur dass die jetzt übliche Terminologie nicht immer consequent durchgeführt erscheint. Die Entwicklungsgeschichte der Aseidien gibt darüber sicheren Aufschluss, wie die verschiedenen Körper- regionen zu bezeichnen und mit denen anderer Thiertypen zu vergleichen sind. Darnach kann nicht der leiseste Zweifel bestehen, dass das durch die Ingestionsöffnung bestimmte Körperende das vordere und nicht das hintere ist, und dass das centrale Nervensystem die Rückenseite kenn- zeichnet und nicht den Bauch. Die nachfolgende kleine Tabelle gibt einen deutlichen Ueberblick über die eben auseinandergesetzten verschiedenen Orientirungsweisen und Bezeichnungen der Ascidien bei den Autoren. ee A: Orientirung nach | Orientirune nach Richtige Orientirung .__. = Zen Savigny (Hancock) Lacaze-Duthiers Vorn Oben — vorm (haut) | Unten = hinten (bas) Hinten | Unten = hinten (bas) | Oben = vorn (haut) Ventral ı Dorsal ' Ventral (avant) Dorsal | Ventral ı Dorsal (arriere) Rechts Links Links Links Rechts ‚ Rechts 2. Die Körperform. Die Form des Ascidienkörpers ist stets recht einfach und zeigt niemals eine reichere äussere Gliederung. Das hat bereits Savigny (1816) richtig hervorgehoben, indem er sagt: „Les Ascidies ont l’aspect uniforme.“ 170 Ascidien. Seither sind wir zwar mit einer sehr grossen Zahl neuer Species bekannt geworden, die die Aufstellung nicht nur neuer Gattungen, sondern auch neuer Subfamilien und Familien nothwendig machten, immerhin aber besteht der Ausspruch noch jetzt zu echte. Innerhalb der durch das Fehlen complieirt gestalteter Formen bestimmten Grenzen erweist sich aber die äussere Gestalt der Ascidien recht mannigfach. Verschiedene Formtypen. 1) Als die Grundform wird die cylin- drische oder schlauehförmige anzusehen sein (z. B. Ciona), und sie ist es, welche Baster (1760) dazu veranlasst hat, den Genusnamen „Ascidium“ aufzustellen (vgl. hierüber oben p. 24). Im einzelnen kann die Schlauchform sehr verschiedene, durch alle möglichen Zwischenformen verbundene Modificationen darbieten, indem die Längen der verschiedenen Axen erheblich variiren. Sie erscheint mehr oder minder langgestreckt (2. B. Pelonaia) und wird zuweilen, namentlich unter den Synaseidien, spindelförmig fein und selbst nadelähnlich (z. B. manche Aplidium). 2) Bei Verkürzung der Längsaxe erscheint die Sackform immer ge- drungener, mehr oder minder unregelmässig gestaltet. Gewöhnlich ist die Hauptaxe die längste, die Lateralaxe die kürzeste; zuweilen aber sind die Grössenunterschiede der verschiedenen Axen nur sehr gering, und der Körper gewinnt dann entweder eine würfelähnliche (Polycarpa aspera Herd.) oder bei gleichzeitiger allseitiger Abrundung eine eiförmige, ellipsoide und selbst kugelähnliche Gestalt (z. B. Molgula Forbes Herd., Eugyra Kerquelenensis Herd.). 3) Bei Verjüngung des einen und gleichzeitiger Verdickung des andern Körperendes geht die Schlauchform in eine ausgeprägte Keulenform über. Es lässt sich unschwer der Nachweis führen, dass diese letztere in verschiedenen Gattungen selbständig und unabhängig entstanden ist. Sehr häufig erscheint das frei emporragende Ende, das die Mundöffnung trägt, zugespitzt und das festgeheftete Hinterende erweitert (Pelonacda, Abyss- ascidia, Polycarpa sulcata Herd. und viele andere), aber viel ausgeprägter findet sich die Keulenform gerade in umgekehrter Stellung bei mächtig entwickelten freien und stark verjüngten festsitzenden Körperenden (z. B. Olavelina, Rhopalaea, Styela clava Herd., Polycarpa pedata Herd.). 4) Als eine weiter vorgeschrittene, von der Keulenform ableitbare Gliederung des Ascidienkörpers finden wir die Sonderung in einen Rumpf- und Stielabschnitt. Am ausgeprägtesten zeigt sich diese Differen- zirung besonders bei einigen Boltenia, bei Fungulus, Culeolus, Coryn- ascidia, Hypobythrus calycodes. Durch eine lückenlose Reihe aller möglichen Uebergangsstadien sind diese extremen Formen mit den zuletzt be- schriebenen verknüpft. So wie schon die Keulen- oder Pyramidengestalt innerhalb verschiedener Gattungen mehrmals selbständig sich hervorbilden konnte, ist das auch für die gestielten Formen der Fall, was sich schon daraus erschliessen lässt, dass der Stiel von verschiedenen Körperregionen ausgeht. Meist sitzt er am Vorderkörper nahe der Mundöffnung (Boltenca, Ouleolus, Fungulus); am Hinterende inserirt er sich bei Hypobythius, an Si ke Verschiedene Körperformen. 171 der hinteren Ventralseite bei Corynascidia. (Vgl. hierüber auch Text- figuren 13—15, p. 156 und 157.) Bei allen in die Subfamilie der Bolteninae gehörenden Formen wird man die Sonderung in Rumpf und Stiel auf eine gemeinsame Stammform zurückführen dürfen, die, noch keulenförmig gestaltet, am Vorderende einen stielartigen, die Festheftung vermittelnden Fortsatz entwickelt zeigte. Die jugendliche Doltenea pachydermatin« Herd. besitzt noch eine solche weniger scharf hervortretende Sonderung der beiden Leibesabschnitte. Dass der umfangreiche, wohl abgegrenzte Stiel von Hypobythius calycodes Moseley erst innerhalb der Gattung eine so hohe Entwicklung erfahren hat, beweist die einzige andere bisher be- kannt gewordene Species Hypobythius Moseleyi Herd., die keulen- ähnlich gestaltet ist und nur einen weniger vollkommenen Stiel besitzt. Wenn auch nicht bis zu einem so vollendeten Stadium wie bei Hypo- bythius, entwickelt sich ein stielartiger Leibesabschnitt in den Gattungen Ascopera und Polycarpa, bei Ascopera peduneulata und Polycarpa viridis Herd., und in dem allerdings sehr artenreichen Genus Cynthia dürften stielartige Bildungen bei mehreren Species unabhängig voneinander zur Ausbildung gelangt sein (z. B. Cynthia Roretzii und C. castaneiformes - Drasche, Ü. cerebriformis Herd.). Auch die oben bereits erwähnten Stielfortsätze am Hinterende von gewissen Styela- und Polycarpa-Species sind selbständige in diesen Gattungen aufgetretene Bildungen. 5) Die Mannigfaltigkeit der Ascidiengestalt erfährt dadurch eine erhebliche Steigerung, dass alle die verschiedenen Formtypen sich mehr oder minder weitgehend asymmetrisch entwickeln können. Häufig lässt sich die Asymmetrie als eine direete Folge der festsitzenden Lebens- weise mit Sicherheit noch nachweisen. Das ist besonders da der Fall, wo die Festheftung seitlich erfolgt und einen beträchtlicheren Theil der Seitenwand des Thieres betrifft. Es erscheint selbstverständlich, dass unter solchen Umständen die Form der freien Seite sich recht verschieden von der festgehefteten entwickeln kann. Aber auch da, wo nur ein kleiner Basaltheil festsitzt oder gar ein Stiel die Befestigung vermittelt, können die frei emporragenden Seitentheile unsymmetrisch ausgebildet sein. Meistens wird man auch diese Erscheinungen darauf zurückführen dürfen, dass beide Körperseiten, durch die Nachbarschaft in verschiedener Weise beeinflusst, nicht unter genau den gleichen äusseren Existenz- bedingungen sich entwickelt hätten. Des Unterschiedes der ein-, zwei- und dreigliederigen Aseidien und der Sonderung des Leibes in Thorax, Abdomen und Postabdomen ist bereits im vorhergehenden Abschnitt (p. 157) gedacht worden, so dass ich hier nicht mehr darauf zurückzukommen brauche. Individuelle Variationen der Körperform. Ebenfalls als eine Folge der festsitzenden Lebensweise muss es angesehen werden, dass die Aseidien eine unverkennbare Tendenz zu individuellen Variationen der äusseren Körpergestalt zeigen. Solange die Formverschiedenheiten sich in engen Grenzen bewegen und als individuelle Variationen einer Art LT2 Aseidien. unschwer zu erkennen sind, bieten sie nichts Auffallendes und Eigenthüm- liches; ein besonderes Interesse aber beanspruchen sie dann, wenn sie so beträchtlich sind, dass erst eine genauere Untersuchung des inneren Baues die Identität der Species erweist, während der äussere Habitus auf zwei verschiedene Arten oder sogar Gattungen hinzudeuten scheint. Gewöhnlich sind die individuellen Formverschiedenheiten nur Varia- tionen innerhalb eines Typus der oben erwähnten Formen. Aber auch sie könnten in vielen Fällen zur Aufstellung besonderer Arten ausreichend erachtet werden, zumal dann, wenn gleichzeitig auch Unterschiede in der Färbung, dem Verhalten der Manteloberläche und in der Grösse auf- treten. Fig. 1 und 2, Taf. IX zeigen zwei derartig verschiedene Formen von Oynthia morus Forbes. Auch Cynthia sigillata Lacaze und Delage besitzt eine solche Variabilität, dass ohne Kenntniss der Zwischenformen mehrere Species aufgestellt werden würden. Zuweilen gestalten sich jedoch die Formvariabilitäten noch auffallender, so dass sie verschiedenen Typen nahe stehen oder auch schon zugehören. Eines der auffallendsten Beispiele hierfür ist Styelopsis grossularea P. Van Bened. (Fig. 5 und 6, Taf. IX). Die Art erscheint, wie schon Alder und auch Forbes und Hanley wussten, in zwei verschiedenen Formen: als solitäre und aggregirte. Die letztere besitzt die typische längsgestreckte Schlauchform mit terminalem Mundsipho am freien Ende und festgeheftetem Hinterleib; sie findet sich stets mit anderen Individuen zu grösseren oder kleineren Aggregationen verwachsen und ist mit jugendlichen Formen besetzt. Die Solitärform ist beträchtlich kleiner, oft nur ein Drittel der anderen lang, mit breiter scheibenförmiger, membranartiger Erweiterung der hinteren Ventralseite festgeheftet, so dass die längste Axe horizontal, die Körperöffnungen auf die freie Dorsalseite zu liegen kommen. Die entwickelten Solitärformen gleichen in hohem Maasse den jugendlichen aggregirten. Lacaze-Duthiers und Delage, die sich zuletzt (1892) eingehend mit dieser Art beschäftigt haben, neigen der Ansicht zu, dass die beiden Formen nicht bereits scharf gesonderte Varietäten darstellen, sondern dass die Nachkommen beider je nach den Umständen zu dieser oder jener Form sich entwickeln können. Doch ist allerdings darüber nichts Sicheres bekannt. Ein zweites Beispiel eines recht bemerkenswerthen Polymorphismus einer Monascidienspecies bietet Polycarpa tenera Lacaze u. Delage. Die Formenunterschiede sind hier so bedeutend, dass die Entdecker der Art zuerst auf Grund der äusseren Verschiedenheiten fünf provisorische Species aufgestellt hatten, die sie später nach eingehenderer Untersuchung des anatomischen Baues wieder in eine zusammenziehen mussten. Die vier nebenstehenden Textfiguren (Fig. 23 A—D) zeigen die bemerkens- werthesten Formvariationen und sind ohne weiteres verständlich. Be- sonders in B erweist sich überzeugend, wie die Körpergestalt, infolge der festsitzenden Lebensweise der Ascidie, von der Umgebung beeinflusst wird. Das betreffende 'Thier entwickelte sich zwischen zwei anderen 7 1 Bin. 00 . Körperform und Systematik. 173 Ascidien, und, eingeengt durch diese, bildete sich der hinterste Leibes- abschnitt zu einem langen stielartigen Organ aus, um dem eigentlichen Körper eine volle Entfaltung zu ermöglichen. Unabhängigkeit der Körperform von der systematischen Stellung. Schon aus den bisher gegebenen Beispielen lässt sich entnehmen, dass einmal sehr entfernt voneinander stehende Arten ähnliche Körperformen haben und dass zweitens bei ein und derselben Gattung, manchmal sogar Fie. 23. N INN Halbschematische Darstellung der wichtigsten Formverschiedenheiten von Polycarpa tenera. (Nach Lacaze-Duthiers und Delage.) A. Häufigste, mit der Ventralseite festgeheftete Form. Mit Steinen und anderen Fremd- körpern bedeckt, die nieht eingezeichnet worden sind. ®/,. B. Individuum mit stiel- artivem Fortsatz des Hinterkörpers, der sich zwischen zwei fremden Aseidien hindurch- klemmt und die Festheftung vermittelt. €. Individuum mit verbreitertem Hinterende befestist. (Die die Oberfläche bedeekenden feinen Fremdkörper sind nieht eingezeichnet.) D. Abeceflachtes, seitlich festgeheftetes Thier. '/,. (Die wenigen auflagernden Sandtheilchen sind nieht eingezeichnet.) bei einer Art sehr verschiedene und zu verschiedenen Typen gehörende Formen auftreten können. Das Vorkommen überaus ähnlieher Körperformen bei entfernter ver- wandten Ascidien beweist, dass selbst weitgehende innere Organisations- verschiedenheiten sieh äusserlieh nicht ausprägen. In der Regel wird 74 Aseidien. allerdings die Aehnlichkeit der Körperform bei im System sehr weit aus- einander stehenden Arten nicht zu Verwechselungen und Irrthümern führen können. Die Beschaffenheit der Oberfläche des Cellulosemantels und vor allem der Regionen der beiden Körperöffnungen wird in den meisten Fällen schon bei äusserer Untersuchung Aufklärung geben — voraus- gesetzt, dass es sich um Formen handelt, die dem Beobachter bereits bekannt waren. Ist das letztere nicht der Fall, so kann erst der innere Bau volle Entscheidung bringen. So wäre es z. B. kaum möglich ge- wesen, die systematische Stellung der auf der Challenger- Expedition erbeuteten gestielten Tiefseeformen Hypobythius oder Corynascidia aus dem äusseren Habitus auch nur mit einiger Sicherheit zu erschliessen. Dass verschiedene Species einer Gattung oder ‘einander sehr nahe stehende Gattungen zuweilen sehr schwer oder überhaupt gar nicht bei nur äusserer Untersuchung zu unterscheiden sind, wird daher weniger auffallend erscheinen. So berichtet Herdman, dass er bei der ersten Siehtung das ganze Genus Culeolus infolge der ausserordentlichen äusseren Aehnliehkeit mit Bolten’a zusammengeworfen und später noch das Genus Fungulus von Culeolus nicht unterschieden hätte. Mehrfach hat sich daher bei einer genaueren Untersuchung des inneren Baues die Noth- wendigkeit herausgestellt, Formen, die auf Grund ihrer äusseren Merk- male als eine Species zusammengefasst worden waren, in zwei aufzulösen (z. B. Rhabdocynthia pallida Heller und Rh. papietensis Herd.). Von besonderem Interesse ist, was Lacaze-Duthiers und Delage von Poly- carpa tuberosa M. Gillivray berichten, die sie stets mit Polycarpa vrians Heller identificirten. Erst bei Untersuchung der inneren Organi- sation erkannten sie die beiden Arten; und sie erwähnen, dass sie auch später noch, obwohl sie auf gewisse Unterschiede aufmerksam geworden waren, dennoch nicht bei nur äusserer Betrachtung beide Species sicher zu unterscheiden vermochten. Die ausserordentlichen Formvariabilitäten einer Species oder Gattung beweisen andererseits einen hohen Grad von Unabhängigkeit der Aseidien- gestalt vom innern Bau. Manche Gattungen, ja auch grössere Gruppen zeichnen sich zwar durch eine grössere Einförmigkeit und Gleichmässig- keit der Gestalt aus, wie es namentlich unter den Bolteninae bei boltenia und Ouleolus der Fall ist, im allgemeinen aber herrscht und zwar naturgemäss besonders bei den artenreichen Gattungen eine recht merkliche Tendenz zu äusseren Formverschiedenheiten. Ausser den oben schon genannten Fällen sei hier noch im besonderen auf das Genus Cynthia hingewiesen, von dessen äusserem Formenreichthum selbst die wenigen hier abgebildeten Arten schon eine annähernde Vorstellung geben (dürften. Betrachtet man so auffallende individuelle Variationen, wie wir sie für Cynthia, Styelopsis oder Polycarpa näher kennen gelernt haben, so wird man Lacaze-Duthiers und Delage vollkommen beistimmen müssen, dass selbst ein genauer Tunicatenkenner unter Umständen eine ihm fremde Varietät einer bekannten Art beim äusseren Anblick nicht E Aseidienstock. 175 zu bestimmen im Stande sein dürfte und sogar darüber im unsicheren sein könnte, ob das Thier eine Cynthia oder ein Mecrocosmus, eine Styela oder Polycarpa ist. Aehnliche Unsicherheiten sind, wenigstens in dem Umfang, wohl kaum in irgend einem anderen Thierkreise möglich, bestimmt nicht bei freilebenden Formen, deren Körpergestalt eine so weitgehende Variabilität niemals zeigt. Aus den oben gegebenen Auseinandersetzungen über die Variabilität der Körperform ergibt sich aber auch als ein wichtiger Grundsatz, dass die Aufstellung einer neuen Aseidienspecies niemals aus- schliesslich auf rein äusserlichen Merkmalen, auf einer bestimmten Modi- fieation der Form, Farbe u. dgl. beruhen dürfe. Hält man namentlich unter den älteren Speeiesdiagnosen Umschau, so stösst man auf genug Beispiele, in welchen das geschehen ist, und die betreffenden Arten sollten als gut gekennzeichnete eigentlich nieht mehr angesehen werden, obwohl sie allerdings in Wirklichkeit immerhin gute Species sein könnten, wenn nämlich gleichzeitig bestimmte constante Organisationsverschiedenheiten vorhanden wären. Jedenfalls darf man erwarten, dass bei einer strengen Durcharbeitung der Ascidiensystematik, wenn sie derartigen Gesichts- . punkten voll Rechnung trägt, so manche angeblieh gute Species wird aus- scheiden müssen. [2] 3. Der Asecidiensto ck. a. Cormascidienstöcke und Aggregationen. Im Gegensatz zu den Monaseidien leben die Cormaseidien ausschliess- lich als Thierstöcke. Der Aseidienstoek (Cormus) ist die Summe aller Einzelindividuen (Personen), die dureh Knospung in letzter Instanz aus einem Oozooit, d. ı. das aus dem befruchteten Ei entstandene Einzel- thier, hervorgegangen sind und in dauernder Verbindung miteinander bleiben. Die in den Zooiden sich entwickelnden geschwänzten Larven schwärmen aus und gründen, nachdem sie sich an näheren oder ent- fernteren Gegenständen festgeheftet haben, jede eine neue Colonie. Zu- weilen aber unterbleibt das Ausschwärmen, und einige Larven meta- morphosiren sich innerhalb des Stockes zu Zooiden, die sich zwischen die alten einfügen und so wie diese geschlechtlich und durch Knospung vermehren (Diplosomidae). In anderen Fällen schwärmen zwar alle Larven aus, setzen sich aber gelegentlich auch an dem mütterlichen Stock fest, mit dem sie innig verwachsen, während sie selbst, indem sie Knospen treiben, zur Stockbildung schreiten (Clavelinidae). So entstehen ganz einheitlich erscheinende Stöcke durch Concrescenz aus zwei oder zahlreichen Oozooiten, Stöcke, die sich in nichts, wenn nicht vielleicht durch eine bedeutendere Grösse, von den übrigen unterscheiden. Der Antheil, der von diesem oder jenem Oozooit herrührt, lässt sieh nicht mehr feststellen, denn alle Zooide des ganzen Stockes sind ganz gleich- artig. Nach den Angaben Giard’s scheint es, dass auch zwei ursprüng- 176 Aseidien. lich getrennt sich entwickelnde junge Stöcke derselben Species durch Uonerescenz zu einem sich vereinigen können, wenn sie bei ihrem Wachs- thum aneinander stossen. Stöcke verschiedener Arten findet man zwar häufig vergesellschaftet dieht neben- oder übereinander, jedoch niemals innig verwachsen. Selbst bei ganz nahe Verwandten, die vielleicht nur verschiedene Varietäten derselben Species sind, tritt niemals völlige Verwachsung ein. Von Interesse ist die Beobachtung Giard’s (1872, p. 591), dass die Colonien von botryllus Schlosser‘ und Dotr. smaragdus auch da, wo sie sich innig berühren, scharf voneinander getrennt bleiben. Die erstere Form zeichnet sich durch eine gelbe oder orange Farbe aus, die letztere ist grün in variablen Schattirungen. Es ist nun besonders bemerkenswerth, dass der Berührungsrand von Botryllus Schlosseri nicht orange-gelb, sondern grün verfärbt erscheint. Giard denkt an einen endosmotischen Austausch der Farbstoffe, doch dürfte es sich wahrschein- lich um ein direetes Hinüberwandern der grünen Mantelzellen, die vielleicht parasitärer Natur sind, aus der einen Form in die andere handeln. Da die amöboide Bewegungsfähigkeit der Mantelzellen längst nachgewiesen ist, bietet diese Erklärung nicht die geringste Schwierigkeit. Von den echten Ascidienstöcken sind die Aggregationen der Mon- aseidien scharf zu unterscheiden. Während die ersteren durch Knospung entstehen, kommen die letzteren dadurch zu Stande, dass an besonders günstigen Stellen zahlreiche Larven dicht nebeneinander sich festsetzen und die definitive Ausbildung erreichen, während gleichzeitig ihre Gellu- losemäntel mehr oder minder innig miteinander verwachsen. Solche Aggregationen sind mehrfach irrthümlicherweise für echte Stöcke ange- sehen worden. In buschförmigen Aggregationen zu sieben bis acht Stück fand Bohadsch 1761 Ciona üntestinalis resp. C. canina,; im Triester Hafen begegnet man Büschen von mehr als zwei Dutzend Einzelthieren. echt verschieden erscheinen die Aggregationen der oben schon be- schriebenen Varietät von Styelopsis grossularica Bened. (Vel. Taf. IX, Fig. 5.) Auch Styela gyrosa Heller bildet häufig Pseudocolonien. Herdman (1582) fand sechs und mehr Einzelthiere mit ihren Cellu- losemänteln zu einem Klumpen verwachsen, der einem unregelmässig verzweigten 9—10 cm langen Stiel aufsass. Heterocarpa glomerata Alder lebt selten solitär (Fig. 7, Taf. IX); meist verwachsen die dicht neben- einander auf Felsen sitzenden Thierehen mit ihren breiteren Hinterenden so vollständig, dass nur die die Siphonen tragenden Vorderkörper über die einheitlich erscheinende hintere Cellulosemantelschicht emporragen. Eine solche Aggregation erinnert an Diazona unter den Social-Aseidien und würde ohne Kenntniss ihrer Genese für einen Synascidienstock ge- halten werden, dessen Zooide in einer Schicht nebeneinander angeordnet sind und, ohne Systeme zu bilden, selbständig nach aussen mündende In- und Egestionsöffnungen besitzen. 177 b. Bau des Stockes. Die Zooide des Synascidienstockes sind so vollständig im gemein- samen Cellulosemantel eingeschlossen, dass als charakteristische äussere Form lediglich die Gestalt des Stockes in Betracht kommt. Anders ist es bei den sogen. socialen Ascidien (im Milne Edwards’schen Sinne). Hier bleiben die Zooide fast vollkommen frei und sind nur an den Basaltheilen miteinander verbunden, so dass neben der Stockform auch die Gestalt der Einzelthiere für den äusseren Anblick von Wichtig- keit ist. Trotzdem ist aber häufig die organische Verbindung zwischen den Zooiden der socialen Aseidien viel inniger als bei den Synaseidien, Bei den letzteren sind die Einzelthiere, insoweit sie vom ektodermalen Hautepithel umgrenzt werden, in der Regel vollständig voneinander ge- sondert, und nur zuweilen kommen secundäre Anastomosen zwischen ihren Mantelgefässen vor. Die Socialen sind zwar oftmals nur durch stolo- artige Fortsätze des Cellulosemantels miteinander verbunden (häufig Clavelina), meist aber bleibt die embryonale Verbindung durch den ursprünglichen Stolo prolifer in nur wenig modificirter Weise erhalten, so dass auch die primären Leibeshöhlen resp. die Blutbahnen der Zooide miteinander communieciren (Olavelina, Perophora, Chondrostachys). Ich stelle mir vor, dass ursprünglich überall bei Synaseidien die durch Knospung: entstandenen Zooide nur mit ihren hinteren festsitzenden Leibesabschnitten durch einen gemeinsamen Öellulosemantel verbunden waren, während die Vorderkörper mit selbständigen gesonderten Mund- und Egestionsöffnungen frei emporragten, in ganz ähnlicher Weise, wie es bei gewissen socialen Ascidienstöcken und Monaseidienaggregationen der Fall ist. Allmählich verdiekte sich der gemeinsame Mantel und um- schloss die Zooide immer vollkommener, während zunächst noch die beiden Körperöffnungen eines jeden Einzelthieres an der Oberfläche ge- sondert bestehen blieben. Das letztere Verhalten ist bekanntlich ein wichtiges Merkmal der ganzen Familie der Polystyelidae und findet sich gelegentlich auch bei anderen Gruppen der Synaseidien, so bei Oxy- corynia, Sigillina, Colella und einigen Distoma. Bei Distoma und bei Heterotrema scheinen sieh übrigens nicht immer alle Individuen eines Stockes ganz gleichartig zu verhalten, indem die Egestionsöffnungen der einen direct nach aussen, die der anderen in gemeinsame Cloakenhöhlen münden. Damit zeigt sich bereits eine weitere Vervollkommnung des Stock- baues angebahnt, die füglich zur Entwicklung vollkommener Systeme führt. Die Bildung von Systemen leitet sich dadurch ein, dass die ursprünglich im Stock ziemlich gleichmässig vertheilten Zooide sich in bestimmter Weise zu gruppiren beginnen. Dabei werden, obwohl das durchaus nicht immer der Fall ist, namentlich die von denselben Mutter- thieren durch Knospung entstandenen Zooide in nächster Nachbarschaft beieinander verbleiben und zu einem System sich vereinigen. Unter „System“ versteht man eine Gruppe Einzelthiere im Stock, Bronn, Klassen des Thier-Reiehs. III. Spplt. 12 175 Aseidien, deren Egestionsöffnungen direet oder indirect in einen ge- meinsamen nach aussen sich öffnenden Cloakenraum führen. Bereits Savigny hat die Bezeichnung „systeme“ angewendet, und es scheint mir ganz überflüssig, diesen wohl eingebürgerten Namen durch „Coenobium“ (Giard) oder „Cormidium“ (Gottschaldt) zu ersetzen. Allerdings nannte Savigny auch eine solche Zooid-Gruppe im Stock „systeme“, die mehr oder minder scharf abgegrenzt erschien, jedoch, wie er meinte, einer gemeinsamen Cloakenhöhle entbehren sollte. Gewöhnlich bestehen im Stock mehrere, oft sehr zahlreiche Systeme. Zuweilen aber scheinen, besonders in kleinen Stöcken, sämmtliche Eges- tionsöffnungen nur in einen einzigen gemeinsamen Cloakenraum zu führen. Damit verschwindet der Gegensatz zwischen Stock und System: der Stock besteht nur aus einem System, aber es ist, wie ich meine, nicht zulässig zu behaupten, dass Systeme fehlen. Dass Stöcke mit nur einem System nicht nur als jugendliche Entwicklungsstadien, sondern auch bei ge- schlechtsreifen Zooiden vorkommen können, scheint mir sehr wohl möglich zu sein. Nichtsdestoweniger wird man aber derartige Angaben mit einiger Vorsicht aufnehmen müssen, wenn sie nur auf der Untersuchung conser- virten Materials beruhen. Denn auch solche gemeinsame Öloakenöffnungen und zu ihnen führende Canäle, die im lebenden Stock deutlich wahr- zunehmen sind, können bei sonst vortrefflicher Conservirung der Gewebe in den Reagentien bis zur Unkenntlichkeit schwinden. So hat Savigny das Genus Apkdium durch den Mangel von gemeinsamen Cloaken charak- terisirt*). Als später Milne Edwards (1842) einige lebende Stöcke untersuchte, fand er die Cloakenräume und trennte darauf hin das neue Genus Amaroucium von jenem ab. Giard (1872) hat dann den Nach- weis eeliefert, dass es Aplidium im Sinne Savigny’s überhaupt nicht gäbe und dass überall gemeinsame Cloakenöfinungen vorhanden seien. Die oben mitgetheilte Thatsache, dass in verschiedenen, weit von- einander entfernten Gruppen die Zooide der Stöcke noch mehr oder minder selbständig mit frei an der Oberfläche mündenden Egestionsöffnungen bestehen bleiben können, lässt schon darauf schliessen, dass die Bildung von Systemen mehrmals unabhängig bei verschiedenen Synaseidiengruppen erfolet sein müsse. Es wird daher auch die Aehnlichkeit der Systeme bei verschiedenen Synascidien nicht ohne weiteres &estatten, auf einen gemeinsamen phyletischen Ursprung zu schliessen, vielmehr wird sich mehrfach der Nachweis führen lassen, dass ähnliche Systeme vollkommen unabhängig voneinander entstanden sind (z. B. Synoicum und Botryllus oder Polyeyclus). Eine Eintheilung der Systeme ist von verschiedenen Gesichts- punkten aus versucht worden. I i : A *) Uebrigens hält Savigny diese Gattungsdiagnose nicht consequent fest, denn bei [o} oO „ o > , seinem Aplidium caliculatum (1816. Taf. XVII, Fig. 2, 7) ist ein gemeinsamer Cloakenraum im Centrum eines Systems zu sehen. Eintheilung der Systeme. 179 A. Erstlich auf Grund der äusseren Form, unter welcher die Systeme bei der Betrachtung von der Oberfläche aus erscheinen. Darnach hat man als die wichtigsten Arten die folgenden unterschieden: a. Kreisförmige oder sternförmige Systeme, in welchen die Zooide um die central gelegene gemeinsame Cloake kreisförmig oder doch wenigstens kreisähnlich angeordnet erscheinen. Die Egestionsöffnungen der Einzelthiere münden meist direct in den gemeinsamen Üloaken- raum und sind daher gegen das Centrum gerichtet, während die Mund- öffnungen peripher liegen. Diese Art System gilt als ein charakteristisches Merkmal der Gattungen Botryllus und Polyceyclus (vel. Taf. X, Fig. 2—5, Fig. 5), findet sich aber auch in anderen Gruppen (Synoscum, Oircinakum). Während bei den letzteren Formen, wie fast überall bei den Synaseidien, die Zooide senkrecht oder nahezu senkrecht zur Oberfläche stehen, sind bei Botryllus die Längsaxen in der Weise geneigt, dass die Ventralseiten der Thiere der Stockbasis zugekehrt erscheinen. Die Länge der Einzel- thiere kann dann die Dicke des ganzen Stockes übertreffen. b. Elliptische Systeme, in welchen die Zooide in mehr oder - minder längsgestreckten elliptischen Linien um die Cloaken stehen. Sie vermitteln den continuirlichen Uebergang von den kreisförmigen Systemen zu der folgenden Gruppe und finden sich unter anderen bei Botryllordes und Sarcobotrylloides. Die Egestionsöffnungen der Einzelthiere führen, namentlich bei grossen Systemen, meist nieht mehr direct, sondern ver- mittelst canalartiger Lückenräume im gemeinsamen Mantel in die Stock- eloaken. ec. Mäandrische Systeme. Sie kennzeichnen sich dadurch, dass die Zooide in mehr oder minder complieirt verlaufenden, gewundenen Linien um die gemeinsamen Cloaken, welchen die Egestionsöffnungen nur indirect verbunden sind, angeordnet erscheinen. Die einzelnen Systeme des Stockes sind häufig nicht scharf voneinander abzugrenzen (Botryl- loides, Sarcobotrylloides, Amaroucium conicum Olivi). d. Bieyelische Systeme. Die Zooide eines Systems sind in zwei eoncentrischen, kreisähnlichen oder längselliptischen Linien angeordnet. Die gemeinsame Cloake liegt nicht in der Mitte des Innenkreises, sondern zwischen diesem und dem äusseren. Die Zooide des Aussenkreises haben die normale Stellung: peripher die Ingestionsöffnungen, central die Dorsal- seiten mit den Egestionsöffnungen. Die Thiere des Innenkreises stehen gerade umgekehrt mit centralwärts gerichteten Mundöffnungen und peri- pheren Egestionsöffnungen. Die Zooide sind der gemeinsamen Cloaken- höhle indireet durch Canäle des Cellulosemantels verbunden. (Text- figur 24B.) Wohl niemals besteht ein ganzer Stock ausschliesslich aus bieyelischen Systemen, sondern diese finden sich immer nur neben ellip- tischen oder mäandrischen (Botrylloides). Das erklärt sich daraus, dass entwicklungsgeschichtlich das bieyelische System aus einem der letzteren entsteht. Textfigur 24A versinnlicht diesen Process; die vollständige 12 * Aseidien. 180 Abschnürung der sich einwärts krümmenden Zooidgruppe führt sofort zur Bildung des hier behandelten Systems. e. Rautenförmige Systeme, in welchen die Zooide in rosetten- förmigen Figuren um die gemeinsamen Cloakenhöhlen angeordnet sind. In kleineren und jüngeren, meist noch kreisförmig oder elliptisch erscheinen- den Systemen dürften die Egestions- öffnungen der Einzelthiere noch durch- weg direct in den gemeinsamen Cloakenraum münden. In den grösseren wird allmählich die Zahl der Zooide so bedeutend, dass immer complieirtere Figuren entstehen und die entfern- testen Egestionsöffnungen nicht mehr direct bis zur centralen Cloake reichen können (vgl. Textfig. 25), sondern in canalartige Lückenräume des Mantels münden müssen. Am complieirtesten gestalten sich die rautenförmigen Sy- steme bei aurantium Schematische Darstellung der Entstehung eines bieyclischen Systems aus einem elli- Polyelinum M. Edw., eine Form, die Giard als ein besonderes Genus Aurantium be- ptischen oder mäandrischen. A. Zooid- ea in EHEN begriffen. #». Bi- trachtet hat. Die Rosette setzt sich a ne uhenl. eine eanz geschlossenen Cloake. e = Egestionsöffnung. © = In- de a: jer gestionsöffnung. % — Canalsystem des vn sn ZUSONSDEN: En etz Mantels, Centren jedoch keine gemeinsamen Cloakenöflinungen gelegen sind. Sollten hier in der That nicht zahlreichere Stockcloaken vorhanden sein, als Milne Edwards angegeben hat, so müssten die äussersten Zooide des Systems durch ein verhältnissmässig so langes und complieirtes Canalsystem der centralen Oeffnung verbunden sein, wie es sich sonst im Genus Polyelinum kaum wiederfindet. (vgl. Textfig. 26). f. Gehäufte Systeme nennt Drasche die, in welchen die Zooide regellos in Gruppen um die gemeinsamen Cloaken stehen. Die einzelnen Gruppen erscheinen ziemlich isolirt, oft durch grössere individuenfreie Zwischenzonen voneinander getrennt (einige Distoma). Wohl nur als eine besondere Modification dieser Systeme möchten diejenigen anzusehen sein, in welchen die Zooide nicht mehr regellos, sondern in zwei oder mehreren concentrischen Kreisen um die centralen Gloaken sich anordnen. (Vgl. Distaplia lubrica Drasche, Taf. X, Fig. 10; Distoma mucosum Dr.) Die Stellung der Zooide im Innenkreis und die Lage der gemeinsamen Üloake sind ganz verschieden von den oben beschriebenen bieyelischen Systemen. Die gehäuften Systeme fallen dadurch sofort auf, dass sie innerhalb des Gesammtstockes eine grössere Selbständigkeit zeigen, als es sonst N a 1 y j ® Eintheilung der Systeme. 181 meist der Fall ist. Bei Distaplia lubrica sind zwar die trennenden zooidfreien Zwischenzonen verhältnissmässig schmal, aber die Selbständig- keit der Systeme erscheint gerade hier deshalb besonders augenfällig, weil jedes System als ein scharf abgegrenzter Höcker hervorragt. Bei —— Eine Gruppe von fünf Systemen von Poly- Gruppirung der Zooide im Stock von Poly- clinum constellatum Sav. bei Betrachtung clinum aurantium M. Edw. (Nach Milne von der Oberfläche unter schwacher Ver- Edwards.) Nur die Ingestionsöffnungen und grösserung. (Nach Savigny.) die gemeinsame Cloake sind eingezeichnet. °®/, Für beide Figuren gelten folgende Bezeichnungen: e = gemeinsame Cloake. © = Ingestions- öffnungen der Zooide. Synoicum und Circinalium werden wir weiter unten eine noch viel weit- gehendere Sonderung der einzelnen Systeme nachgewiesen finden. g. Unregelmässige Systeme. Die Zooide sind ganz regellos an- geordnet und öffnen ihre Egestionsöffnungen in ein complieirtes Canal- system des Gellulosemantels, das an den verschiedensten Stellen durch die gemeinsamen Cloakenöfinungen an der Oberfläche mündet. (Sehr häufig bei Didemmum, Leptoclinum.) Die einzelnen Systeme sind von- einander niemals scharf abgegrenzt, und für zahlreiche Zooide ist es nur nach eingehender Untersuchung möglich, zu entscheiden, welcher der Stockeloaken sie zugehören. Dazu kommt noch, dass die zu den ver- schiedenen Cloaken führenden Canäle miteinander in Verbindung treten können, und es bleibt in diesen Fällen fraglich, ob man überhaupt noch von „Systemen“ im Stock sprechen dürfe. Es ist vielleieht richtiger, anzunehmen, wie es ja auch vielfach geschieht, dass hier die Zooide des Stockes sich zwar indireet in gemeinsame Cloakenräume öffnen, aber wirkliche Systeme nicht bilden. — 182 Aseidien. Die hier angeführten verschiedenen Systemformen kommen durchaus nicht immer nur bei verschiedenen Species vor, sondern finden sich, wie oben schon für das bieyelische System als stets gültig bemerkt wurde, häufig nebeneinander in ein und demselben Stock. Bei manchen Botryl- loides-Stöcken kann man z. B. kreisförmige, elliptische, mäandrische und bieyelische Systeme dicht benachbart nachweisen; allerdings erscheint dann die erste und manchmal auch die zweite Systemform lediglich als Jugendstadium der beiden letzteren. B. Wichtiger als die eben auseinandergesetzten Formunterschiede der Systeme sind andere Gegensätze, auf die oben schon mehrfach hinge- deutet werden musste, nämlich die, ob die einzelnen Egestionsöffnungen direct oder indireet durch die Mantelcanäle in die gemein- samen Cloakenräume sich öffnen. Darnach lassen sich einfache oder directe und zusammengesetzte oder indirecte Systeme unterscheiden. Es besteht jedoch zwischen beiden extremen Systemformen eine eontinuir- liche Reihe Zwischenglieder. a. Einfache oder direete Systeme. Sie sind dadurch gekenn- zeichnet, dass die Zooide selbst die gemeinsamen Cloakenräume um- grenzen und ihre Egestionsöffnungen direct in die letzteren münden lassen. Hierher gehören die kreisförmigen und zum Theil auch die elliptischen und rosettenförmigen Systeme. Herdman (Challenger- Report II und III) lässt die gemeinsame Cloake direet durch Verschmel- zung der Egestionsöffnungen der Zooide entstehen und somit ganz vom ektodermalen Hautepithel ausgekleidet sein. Ob das jemals vorkommt, weiss ich nicht anzugeben, ich habe aber solche Stockeloaken niemals an- getroffen, sondern stets ihre Basis ausschliesslich vom Cellulosemantel gebildet gefunden. (Vgl. Textfig. 19, p. 160; Fig. 1, Taf. XT.) Das directe System trifft man vielleicht in der vollkommensten Form bei Botrylliden an. Die gemeinsame Cloake eines jeden Systems erweist sich lediglich als eine grubenförmige Vertiefung des Cellulosemantels, um welche die Zooide sternförmig angeordnet sind. Der Vorderrand der Egestionsöffnung eines jeden Zooids ist in einen längeren oder kürzeren zungenförmigen Lappen ausgezogen, die sog. Analzunge, so dass da- durch ein Dach für den gemeinsamen Cloakenraum gebildet wird. Alle Analzungen, sowie die gesammten Ränder der Egestionsöffnungen werden von einer nur dünnen Schicht des gemeinsamen Cellulosemantels über- zogen und führen zwischen den beiden Epithelschichten in der primären Leibeshöhle eine sehr reiche mesodermale Muskulatur. (Vgl. Fig.3, Taf. X.) Zahlreiche feine, stellenweise in zwei Schichten übereinanderliegende Ring- fasern und Quermuskeln ermöglichen eine lebhafte Beweglichkeit der Anal- zungen und Egestionsränder. Da aber alle Zungen durch den sie um- schliessenden gemeinsamen Öellulosemantel so innig: miteinander verbunden sind, dass höchstens die äussersten Spitzen frei bleiben können (vgl. Taf. XI, Fig. 4), ist die Bewegung eines jeden einzelnen Randlappens keine voll- ständig freie und unabhängige. Contraction oder Streckung einer Anal- ; Einfache und zusammengesetzte Systeme. 183 zunge wirkt auf das ganze Dach der gemeinsamen Cloake, auf die ent- fernteren Randtheile natürlich immer schwächer. So lässt es sich aber auch verstehen, wie die Reizung nur eines Thieres sich auf die anderen desselben Systems besonders leicht übertragen und alle Analzungen zu gleichzeitigen Contractionen veranlassen kann, eine Thatsache, die schon Renier im vorigen Jahrhundert bekannt war (vgl. oben p. 42). Aehnlich verhalten sich Synoieum und Orreinalium. Bei der ersteren Form ist der Rand der Egestionsöffnung jedes Zooids in sechs Lappen ausgezogen, von denen die drei vorderen beträchtlich grösser sind und an der Bildung des Dachs der gemeinsamen Cloake sich betheiligen. Bei Circinalium concrescens Giard ist nur in jugendlichen oder noch solitären Thieren die Egestionsöffnung so wie bei Synodcum beschaffen ; bei der Bildung des Systems und der gemeinsamen Üloake gehen die kleineren hinteren Lobi und manchmal auch die vorderen verloren, so dass nach Giard (1872, p. 588) die Cloakenränder ganz glattrandig erscheinen können. b. Zusammengesetzte oder indireete Systeme. Sie kenn- zeichnen sich dadurch, dass die Egestionsöffnungen nicht direct in den Fig. 27. m /700000W fi 000 000009 € Schematische Darstellung eines Durchschnitts durch einen Synascidienstock mit indireeten Systemen. c —= Gemeinsamer Cellulosemantel. cl = Gemeinsame Cloake. e — Egestionsöffnungen der Zooide. i — Mundöffnungen. k — Canalräume im Cellulosemantel, die Verbindungs- wege zwischen den Egestionsöffnungen und gemeinsamen Cloakenräumen. Spieula und Mantelzellen sind nieht eingezeichnet. unmittelbar unter der gemeinsamen Cloakenöffnung gelegenen Raum führen, sondern sich in weitere oder engere, längere oder kürzere canalartige Lückenräume des gemeinsamen Cellulosemantels öffnen. Erst diese Canäle ‚stellen die Verbindungen mit dem gemeinsamen Üloakenraum her. (Vgl. Textfig. 27.) Die Egestionsöffnungen der Zooide verhalten sich bei den verschiedenen Formen recht verschieden. Sie sind durchaus nicht immer wie in der obenstehenden Textfigur glattrandig oder trichterförmig, 184 Ascidien. sondern häufig in bestimmter Weise gelappt oder mit langen Analzungen versehen, die in manchen Fällen zur Stütze der oberen Canalwände zu dienen scheinen. (Maurice.) Sind die gemeinsamen Cloakenöffnungen nur spärlich vorhanden und weit voneinander entfernt, so sind die zuführenden Manteleanäle lang und oft vielfach verzweigt, um auch die entferntesten Zooide einbeziehen zu können. Da,-wo sehr zahlreiche gemeinsame Cloaken vorkommen und die Zooide in der nächsten Nähe um sie herumliegen, werden die Canäle sehr kurz und sind zum Theil vom gemeinsamen Cloakenraum selbst kaum scharf zu unterscheiden: das zusammengesetzte System nähert sich dann im Bau und Aussehen einem einfachen, direeten. Systeme mit solchen Verschiedenheiten können gelegentlich in ein und demselben Stocke nebeneinander vorkommen. So berichtet Herdman (1886, p. 226), dass bei seinem Amaroueium irregulare Var. concinuum auf der einen Seite des Stockes zahlreiche Systeme ganz Botryllus-ähnlich gestaltet seien, während auf der anderen die Zooide vollkommen regellos stehen. Bedenkt man ferner, dass, worauf oben p. 182 bereits hingewiesen wurde, auch kreisförmige, elliptische, mäandrische und bieyclische Systeme in einem Stock vergesellschaftet vorkommen können, so ergibt sich der unabweisbare Schluss, dass die Form und der Bau der Systeme als Art- oder Gattungs - Diagnosen im allgemeinen nur eine untergeordnetere Be- deutung beanspruchen dürfen. Fig. 28. Schematischer Durchschnitt durch eine Diplosoma-Colonie bei schwacher Vergrösserung. c — Üellulosemantel. cl! = Gemeinsame Cloakenöffnung. © = Ingestionsöffnung. Als eine besondere Modification der eben beschriebenen zusammen- gesetzten Systeme betrachte ich die eigenthümliche Art und Weise, wie die Zooide im Diplosomidenstock angeordnet sind. Die Stöcke bilden meist ausserordentlich dünne Krusten und bestehen aus einer Schicht senkrecht oder schräg zur Oberfläche gestellter und ziemlich regellos an- geordneter Zooide. Jedes Zooid besitzt seinen eigenen besonderen Cellu- u Diplosomastock. Gemeinsame Cloaken. 185 losemantel, der sich am Hinterende in einen strangförmigen Fortsatz auszieht und muskulöse Mantelgefässe führen kann. Nur an der freien Oberfläche und an der festgehefteten Basis vereinigen sich die Cellulosemäntel der Zooide zur Bildung einer dünnen Celluloselamelle, während sie in ihren ganzen mittleren Theilen getrennt bleiben. Die Mundöffnungen der Einzelthiere durchbrechen die obere Lamelle und liegen frei an der Oberfläche, die Egestionsöffnungen münden in den grossen gemeinsamen Raum, der die Zooide umgibt und von beiden Cellulosemembranen oben und unten begrenzt wird. Dieser Raum wird als die gemeinsame Cloaken- höhle des ganzen Stockes bezeichnet und steht durch grössere Cloaken- öffnungen in der oberen Membran mit der Aussenwelt in Verbindung. (Vgl. Textfig. 28.) Giard ist der Ansicht, dass die Diplosoma -Colonie den ursprüng- licehsten Typus des Ascidienstockes, das Prosynascum, repräsentire. Dadurch, dass die weiten Räume, die die Einzelthiere umgeben, sich immer mehr verengten und zu einem feinen Canalsystem wurden, hätten sich die zusammengesetzten Systeme der Didemniden und der anderen Synascidien entwickelt und aus diesen seien endlich die geschlosseneren ‚und einfacheren Systeme der Polyeliniden und füglich auch die der Botryllen hervorgegangen. Auch die Stockform der socialen Ascidien leitet Giard vom Diplosoma-Prosynascum ab und lässt sie dadurch entstehen, dass die Einzelthiere eine immer grössere Selbständigkeit und freiere Sonderung erlangt hätten. Ich kann dem Diplosoma-Stock eine solche Bedeutung nieht bei- messen und halte ihn namentlich nicht für eine ursprüngliche, alte palin- genetische Form. So wie Herdman betrachte ich ihn nur als eine besondere Art solcher Stöcke, die sich in der normalen Weise aus unregel- mässigen, zusammengesetzten Systemen aufbauen. Es lässt sich unge- zwungen vorstellen, wie in diesen letzteren das Canalsystem und die gemeinsamen Cloakenhöhlen sich immer umfangreicher eestalten und zu gemeinsamen Räumen ineinander fliessen konnten. Uebrigens steht auch die oben geschilderte Stockform von Diplosoma nicht vollkommen isolirt und unvermittelt da, sondern bildet nur das extreme Glied einer ganzen Reihe, die sich an die Stöcke mit zusammengesetzten Systemen eng anschliesst. Die gemeinsamen Cloaken. Zeigen schon die Cloaken der directen Systeme mancherlei Verschiedenheiten und auch individuelle Variationen, obwohl hier das Cloakendach von den vorderen Rändern der Egestions- öffnungen der Zooide selbst gebildet wird, so ist das bei den indiresten Systemen, bei denen die Cloaken von den Zooiden entfernt und unab- hängig liegen, in noch erhöhterem Maasse der Fall. Sehr wechselnd erweist sich die Grösse der gemeinsamen Üloaken. Häufig sind die Oeffnungen mikroskopisch klein und messen nur Bruch- theile eines Millimeters im Durchmesser. Im conservirten Material sind sie dann oft überhaupt nicht mehr oder höchstens in Sehnittserien nach- 156 Aseidien. weisbar. Befinden sich neben den kleinen Cloakenöflnungen grössere Vertiefungen, so mögen häufig genug nur diese bemerkt, die anderen aber übersehen worden sein. Grössere gemeinsame Cloakenöfinungen von 1—2 mm im Durchmesser finden sich bei vielen Formen in den ver- schiedensten Familien, und gelegentlich (Leptockinum) mag die Oefinung bis 3 mm lang werden. Ob aber die mehr als '/;, cm langen Cloaken- öffnungen, die in manchen älteren Abbildungen zu sehen sind, wirklich so zu deuten sind und nicht vielleicht nur zufällige Spalträume im Cellulose- mantel darstellen, scheint mir ungewiss zu sein. Die Form der gemeinsamen Cloaken ist ebenfalls variabel. Meist ist die Oefinung kreisähnlich, mehr oder minder langgestreckt oder schlitzförmig. Zuweilen erhebt sich der Cloakenrand kegelförmig oder cylindrisch (Didemnum fallax Lahille, einige Deplosoma, Leptochinum), meist liegt er allerdings in der Höhe der Manteloberfläche. In seltenen Fällen ist die Oeffnung in regelmässiger Weise von sechs Mantellappen umstellt (Leptochnum speciosum Herdman, Lept. asteropum Sluiter), so dass sie sternförmig erscheint und gewissen Cloaken directer Systeme ähnlich sieht. Doch besteht zwischen beiden ein wesentlicher Unter- schied. Die Cloakenlappen der directen Systeme sind durch die Anal- zungen der Egestionsöfinungen der einzelnen Zooide bedingt, die der zusammengesetzten unregelmässigen Systeme bei Leptochinum könnten nur vollständig frei und unabhängig entstandene Bildungen ausschliesslich des gemeinsamen Cellulosemantels sein. ee oe 2 72 2 Die Contractilität und Beweglichkeit der Ränder der“ gemeinsamen Cloaken ergibt sich bei den einfachen Systemen als nothwendige Folge des Baues. Bei den zusammengesetzten Systemen dagegen erscheint sie einigermaassen problematisch, obwohl bei der Unter- suchung lebender Stöcke mehrfach (Giard) Contractionen beobachtet worden sind. Da die Cloaken zusammengesetzter Systeme ausschliesslich vom gemeinsamen Öellulosemantel gebildet werden, in welchem besondere Muskelzüge fehlen, kann die Beweglichkeit der Cloakenränder nur eine Begleiterscheinung von Contractionen der Zooide selbst oder der von ihnen ausgehenden muskulösen Gefässfortsätze sein. Eine andere Mög- lichkeit ist die, dass das Athemwasser, das durch die Egestionsöffnungen der Zooide abgeflossen ist und in den gemeinsamen Cloaken sich ge- sammelt hat, Bewegungen der Cloakenränder hervorrufen könnte, wenn es aus dem Stocke ausströmt. Doch wird das nur dann eintreten können, wenn die Ränder besonders zart und biegsam sind. Dass das von den Zooiden aufgenommene Wasser in der That gewisse Veränderungen und Bewegungen bewirken kann, beweisen am besten die Diplosoma- Stöcke. Im Leben erscheinen oft die krustenförmigen Colonien nach reicher Wasseraufnahme wie aufgebläht. Eine leise Berührung des Stockes oder auch nur die Erschütterung des Wassers genügen, um das Ausstossen des aufgenommenen Wassers und eine Contraction der gesammten Colonie zu veranlassen (Salensky, 1894, p. 375). Verschiedene Stockformen. 187 Die Beschaffenheit der gemeinsamen Cloaken, ihre Grösse und Con- tractionsfähigkeit, ist für das Vorkommen oder Fehlen von Parasiten und Commensalen von Wichtigkeit. In den durch ein bewegliches Dach ge- schützten Cloakenhöhlen der direeten Systeme von .Botryllus fehlen alle grösseren Parasiten ebenso wie in den Canalräumen der zusammen- gesetzten Systeme mit engen und diekwandigen Cloakenrändern (Giard, 1872, p. 647). Da, wo aber die gemeinsamen Cloaken durch mehrere Millimeter weite Oeffnungen zugänglich sind und nicht verschlossen werden können, sind sie überaus häufig von Commensalen bewohnt. In Stöcken, die sich zur Ueberwinterung anschieken oder aus anderen Gründen nieht mehr volle Lebensfähigkeit zeigen, schwinden sehr leicht die Manteleanäle, und auch die gemeinsamen Cloaken sind bald nicht mehr erkennbar, weil sie sich entweder schliessen oder vollkommen ab- flachen. Unter dem von verschiedenen Expeditionen erbeuteten Ascidien- material haben sich offenbar mehrfach derartige Stöcke befunden, und es darf daher nicht als ein charakteristisches Art- oder Gattungsmerkmal der betreffenden Formen betrachtet werden, wenn berichtet wird, dass weder Systeme noch gemeinsame Cloaken vorhanden seien. Derartige Angaben dürfen um so weniger allgemeine Gültigkeit für die ganze Species oder Gattung beanspruchen, als schon ungünstige Conservirung vollkommen normaler Stöcke vielfach hinreicht, um den Bau der zusammengesetzten Systeme unerkennbar zu machen. ec. Form des Stockes. Verschiedene Stoekformen. Die oben (p. 177) erwähnte Ver- schiedenheit in der Art der Verbindung der Einzelthiere zu Stöcken bei den sog. Soeialen und Synaseidien bedingt einen recht auffallenden Unter- schied der Stockformen. A. Der Stock der socialen Ascidien erscheint am häufigsten buschförmig, und die Zooide sind dann entweder ganz frei, nur an den äussersten Hinterenden durch Stolonen miteinander verbunden (Olave- lina, Ecteinascidia) oder mit umfangreicheren Theilen ihrer Hinterkörper verwachsen (Diazona). Zuweilen zeigt die Colonie ein traubenförmiges Aussehen (Ohondrostachys), oft gleicht sie einem kriechenden Wurzel- seflecht, dem die Zooide wie knollenförmige Verdiekungen anhaften (Perophora). Ich habe bei Perophora Listeri die Zooide nie anders als in beträchtlicher Entfernung voneinander angetroffen, durch Zwischen- räume getrennt, die stets die Dieke und oft auch die Länge der Einzel- thiere übertrafen. Nach Giard (1872, p. 549 und 590) sollen dagegen die Zooide gelegentlich, wenn die Colonie beengt unter Steinen sich ent- wickelt, mit ihren Cellulosemänteln so innig verwachsen können, dass Synaseidien-ähnliche Bildungen mit Andeutungen von Systemen entstehen. Bei der von Ritter (1893) beschriebenen Perophora annectens aus dem paeifischen Ocean sind sogar meistens sehr zahlreiche, wenn auch nicht 158 Ascidien. alle Zooide des Stockes bis auf die vordere Kegion der beiden Körper- öffnungen in einen gemeinsamen Cellulosemantel eingehüllt. Mit diesen Thatsachen würde sich die oben (p. 177) geäusserte Auffassung über den Ursprung der Synascidienstöcke sehr wohl in Einklang bringen lassen. Eine scharfe systematische Trennung der socialen Ascidien von den Syn- ascidien nur auf Grund der Stockform erscheint gegenwärtig nicht mehr durchführbar, und das Genus Perophora beweist, dass hier vollkommen selbständig ein nach Art der Synascidien gebildeter Stock sich ent- wickeln kann. B. Der Stock der Synascidien erscheint infolge des alle Zooide und Systeme gleichmässig umhüllenden Cellulosemantels wie ein einheit- licher Körper, dessen Gestalt ähnliche Mannigfaltigkeiten zeigt wie die der einzelnen Zooide. Jedoch ist diese extreme Stockform durch eine ganz continuirliche Reihe von Zwischenformen mit solchen soeialen Colonien verbunden, die, wie Diazona, nur unvollkommen gesonderte Einzelthiere besitzt, und es könnte dann überhaupt fraglich erscheinen, ob man die letztere Stockform noch als sociale bezeichnen dürfe oder nicht. Bezüg- lich der Verbindung der einzelnen Zooide zum Cormus unterscheidet sich von Diazona das Genus Oxycorynia nur durch eine etwas weiter vor- geschrittene Verdiekung des gemeinsamen Üellulosemantels, so dass hier nur die vordersten «Körpertheile mit den beiden Oeffnungen frei bleiben. Nicht viel anders verhält es sich in der ganzen Familie der Polystyelidae, in der stets die Egestionsöffnungen frei nach aussen münden und keine gemeinsamen Gloaken sich finden. Endlich können auch bei Synaseidien mit wohl entwickelten Systemen die vordersten Körperenden der Zooide, welche die Ingestionsöffnungen führen, wenigstens im lebenden und uncontrahirten Zustande, sich ziemlich hoch über die Oberfläche des Stockes erhoben zeigen und so eine gewisse Selbständigkeit bewahren, wie es besonders anschaulich für Morchellium argus von Milne Edwards (1542) dargestellt wurde. a. Hat sich die Stockform der Synascidien in der That aus ähn- lichen colonialen Verbänden, wie sie die sog. socialen Ascidien aufweisen, entwickelt, so wird man als die ursprünglichste wohl die tafel- oder krustenförmige anzusehen haben, die dadurch gekennzeichnet ist, dass alle Zooide in einer Schicht nebeneinander lagern. Da der Synascidien- stock mehrmals selbständig entstanden ist, findet sich auch diese Stock- form in weit voneinander entfernten Gruppen wieder, die durch ganz verschiedene Knospungsarten sich fortpflanzen. Charakteristisch ist sie für Botryllus und Botrylloides in der durch palleale Knospung ausge- zeichneten Familie der Botryllidae, für viele Didemnidae (Lepto- chinum) und Diplosomidae (Diplosoma), die die ösophageale oder pylo- rische Knospung aufweisen, und sie fehlt auch nicht bei den durch Theilung des Postabdomens sich vermehrenden Polyelinidae (Psammaplidium). Auch bei Distomidae (einige Uystodites) scheinen zuweilen einschichtige krustenförmige Colonien vorzukommen. Mehrfach fehlt in diesen Stöcken, Stockformen der Synascidien. 159 sowie es ursprünglich überall der Fall gewesen sein muss, noch jetzt eine Gruppirung der Zooide zu scharf und deutlich umgrenzten Systemen, ja zuweilen (Distomidae) münden die einzelnen Egestionsöffnungen noch selbständig frei nach aussen. Auf zwei eigenartige Stockformen, die fast immer nur als Modifica- tionen der krustenförmigen Colonien auftreten, hat besonders Drasche 1883) aufmerksam gemacht. Die eine nennt er „Cormus mit blatt- ähnlicher Zeichnung“. Durch aderähnlich verzweigte schmale Ver- tiefungen erscheint die Oberfläche in Felder getheilt; in diesen liegen die Zooide, während die Adern von Einzelthieren frei sind und den von den einzelnen Egestionsöffnungen zur gemeinsamen Cloake führenden Sammel- canälen entsprechen. Zuweilen ähnelt ein solcher Cormus täuschend der Form eines welken dicotyledonen Blattes (Drasche). Man begegnet solchen Stöcken besonders beim Genus Leptochnum (L. coccineum Dr.; L. granulosum Dr.). Ein „Cormus mit polygonaler Zeichnung‘ ent- steht, wenn die Vertiefungen einen geradlinigen Verlauf nehmen und die Oberfläche in polygonale Felder zerlegen. (Vgl. z. B. Leptochinum ewaratum Grube, Fig. 11, Taf. X). b. Bei vorschreitender Verdickung des gemeinsamen Cellulosemantels auf der basalen festgehefteten Seite geht die krustenförmige Stockform allmählich in eine polsterförmige und knollenförmige über. Die LE e e Schematischer Durchschnitt durch eine Synaseidiencolonie mit zweischiehtiger Zooidanordnung. e — gemeinsamer Cellulosemantel. e = Egestionsöffnungen der Zooide. © — Ingestionsöffnungen. k — Canäle und gemeinsame Cloakenöffnungen der Systeme. Zooide finden sieh auch in diesen meist nur in einer Schicht auf der oberen, ganz frei daliegenden Seite des Stockes. Zuweilen aber dehnen sie sieh über die ganze Oberfläche aus und sind dann auch an der Unter- seite anzutreffen. Ich nenne diese Stöcke zweischiehtig (vgl. Text- 190 Aseidien. figur 29). Natürlich finden die Zooide nur dort die nothwendigen Exi- stenzbedingungen auf der Unterseite, wo keine innige Verwachsung mit einem Fremdkörper erfolgt ist und wo die Colonie lose dem Sand oder Schlamm aufliest. Doch lässt sich wohl stets die untere Fläche an der viel spärlicheren Anzahl und häufig auch an der geringeren Grösse der Zooide sofort erkennen. Derartige Stöcke treten in den verschiedensten Gruppen auf und finden sich bei bestimmten Species, während andere derselben Gattung nur einschichtig gebaut sind (Distoma, Didemnum). Wahrscheinlich kommt die zweischichtige Stockform gelegentlich auch nur als eine individuelle Variation vor. Es gibt aber auch zweischichtige zum Theil sehr abweichend geformte, stab- und bandähnliche oder scheiben- förmige Synascidienstöcke, die nicht mit einer der breiten Flächen fest- sitzen, sondern mit einem spitzen Ende oder auch mit einem besonderen Stiel (z. B. Goodsiria placenta Herd., Julinia?). Da hier die beiden /ooidschichten unter den wesentlich gleichen Bedingungen sich ent- wickeln, erscheinen sie auch ziemlich gleichartig. c. Von dem knollenförmigen Stock lassen sich der keulenförmige und gestielte ungezwungen ableiten unter der Annahme einer in gleichem Sinne immer weiter vorschreitenden Verdickung des basalen Gellulose- mantels. Man trifft derartige Stöcke in den meisten Synaseidienfamilien an, und verschiedene Species einer Gattung zeigen oft sehr erhebliche Modifieationen des gestielten Cormus (vel. z. B. Oolella Quoye, C. pulchra, CO. ramulosa). Zuweilen ähnelt bei flüchtiger Betrachtung die gestielte Colonie einer gestielten Monaseidie. Uebrigens kann die gestielte Stock- form nicht einmal als allgemein verwerthbares Gattungsmerkmal gelten, denn häufig findet sie sich nur bei einzelnen Species, während die anderen derselben Gattung eine ganz abweichende Form besitzen (Goodsirza, Morchellium, Amaroucium, Distaplia, Distoma). d. Häufig zeigen die keulenförmigen und gestielten Stöcke eine sehr ausgeprägte Tendenz, sich an ihren freien Enden zu spalten und gewissermaassen mehrköpfig zu werden; so entstehen vollkommen blumenkohlähnliche oder buschförmige Colonien (vgl. Amarouceium proli- ferum M. Edw.). Bei Synorcum erfolgt eine Spaltung des Stockes in die einzelnen Systeme. Die Systeme, die sich aus vier bis neun Zooiden zusammensetzen, bleiben selbständig und fast vollkommen isolirt bis auf die äussersten Hinterenden, mit denen sie untereinander zum Cormus ver- wachsen sind. Es verhält sich also hier jedes System im Stock in ge- wisser Beziehung ähnlich wie die Einzelthiere bei den sog. socialen Aseidien. Und da überdies jedes Synoöcum-System in der Gestalt einer Einzelaseidie ausserordentlich ähnlich sieht, gleicht der ganze Synaseidien- stock bei flüchtiger Betrachtung einer socialen Ascidiencolonie oder einer Monaseidien - Aggregation. Auch bei Chorizocormus unter den Poly- styelidae, bei denen Systeme fehlen und die Egestionsöffnungen direct nach aussen münden, ist der Gesammtcormus in einzelne durch kriechende und verzweigte Stolonen verbundene Theile gespalten und erscheint äusser- E Stockformen der Synaseidien. 191 lich auffallend der Clavelina ähnlich. Die Uebereinstimmung mit socialen Aseidien wird hier dadurch noch grösser, dass einzelne Zooide nicht mit ihren Cellulosemänteln zu Gruppen inniger verschmelzen, sondern voll- kommen frei auf dem Stolo stehen bleiben. Eine so weit gehende Spaltung: des Stockes bis auf die Einzelthiere kommt auch bei Cireinalium vor, wo neben scharf abgesetzten, fast ganz isolirten einfachen und nach Lahille auch zusammengesetzten Systemen auch alleinstehende Zooide im Cormus sich finden. Mehrköpfige oder in einzelne Zooidgruppen und Systeme gesonderte Stöcke finden sich ferner bei Symplegma, Sigillina und einigen Arten der Gattung Colella. In allen diesen Fällen ist aber auch an die Möglichkeit zu denken, dass die besonders scharf abge- grenzten Zooidgruppen oder isolirten Einzelthiere in den gespaltenen Stöcken nicht Theile eines ursprünglichen Cormus seien, sondern dass sie sich selbständig aus Larven entwickelt hätten, die auf einem alten Stock sich festgesetzt hatten und mit ihm verwuchsen. e. Die oben (p. 190) bereits erwähnten stab- und bandförmigen Stöcke, die als zweischichtige im ganzen Umkreise ihrer Oberfläche Zooide tragen, sind im allgemeinen in typisch ausgeprägter Form nur selten anzutreffen. Bei Julinia erreichen die Stöcke eine Länge von 78'!/), em, und bei einer unbestimmbaren Form aus dem antarctischen Ocean, die Herdman (1886, p. 252) — (?) ögnotus nannte, werden die Colonien über 90 cm lang. Da über die Entwicklung dieser Stockformen bisher nichts bekannt geworden ist, kann es nur vermuthungsweise aus- gesprochen werden, dass es sich hierbei um ein ausserordentliches Längen- wachsthum des frei emporragenden Stockendes handelt, also um eine Weiterbildung etwa der keulenförmigen Colonien. Andererseits aber liesse sich ebensogut von solchen polsterförmigen zweischichtigen Stöcken aus- gehen (vgl. oben p. 189), die mit einer Breitseite der Unterlage aufliegen und in einer durch die Beschaffenheit dieser letzteren bestimmten horizon- talen Riehtung ausschliesslich fortwachsen. Ein Analogon dafür würden unter den Bryozoen die allerdings einschichtigen Cristatella-Stöcke dar- bieten, und unter den anderen Synaseidien könnte z. B. auf gewisse Colonien von Didemnum cereum Giard verwiesen werden, die sich entsprechend der Form der Pflanze, der sie festgeheftet sind, bandförmig strecken. evel. Fie. 1, Taf. X.) f. Nur als eine ganz eigenartige Modification der gestielten Stöcke, . die mit einem kopfförmigen, die eigentlichen Zooide tragenden Ende ver- sehen sind, betrachte ich die flachgedrückten scheibenförmigen Colonien 2. B. der Goodsiria placenta, die in gleichförmiger Weise auf der ganzen Oberfläche die Einzelthiere führen. &. Einer besonderen Erwähnung bedarf die Stockform des Coelocormus Husxleyi Herd., weil sie Herdman mit Veranlassung gegeben hat, die Pyrosomen von dieser Synascidienform, für die eine besondere Familie auf- gestellt wurde, abzuleiten. Der etwas unregelmässig länglichrunde, ungefähr 31/, em lange, 1!/,—2 em in den Queraxen messende Stock 192 Aseidien. besitzt eine grosse nach aussen mündende centrale Höhle, auf deren Grunde die einzige gemeinsame Cloakenöffnung des ganzen Stockes liegen soll. Hier münden alle die langen, den Stock durchsetzenden Mantelcanäle, mit welchen die Egestionsöffnungen der Zooide sich verbinden. Die Einzelthiere zeigen keine Gruppirung in verschiedene Systeme, vielmehr entspricht der ganze Stock nur einem System. So wie an der äusseren Oberfläche findet sich auch um die axiale Höhle eine Schicht Zooide, deren Ingestionsöffnungen frei in diesen Hohlraum führen. Darnach muss man die Centralhöhle durch eine Art Einstülpung eines Theils der oberflächlichen Zooidschicht entstanden auffassen und kann sie jedenfalls nicht, wie Herdman zutreffend bemerkt, mit der grossen Centralhöhle des Pyrosomastockes identifieiren (vgl. Textfig. 30). Allerdings bleibt dann für die Vergleichung mit der sell meines Erachtens überhaupt nichts Gemeinsames mehr übrig, was nicht auch für die anderen ; Synascidien Gültigkeit hätte. 7 Fig. 30. a 2 Fig. 31. Kk, \ , Schematischer Durchschnitt durch Coelo- Durchschnitt durch einen Stock von cormus Huxleyi. (Nach Herdman.) Didemnum (lobatum? Grube). Fast ?/.. ce —= Gemeinsamer Cellulosemantel. % — Gemeinsame Cloakenöffnungen und die zu- führenden Manteleanäle. 2 — Zooide. Ueberdies kann ich noch andere Bedenken nicht unterdrücken. Da nur ein einziges Exemplar Herdman zur Verfügung stand, scheint es mir einigermaassen fraglich, ob die Stockform desselben ohne weiteres gene- ralisirt und als wichtige Eigenthümlichkeit der Gattung und sogar der Familie betrachtet werden dürfe. Seichtere grubenförmige Vertiefungen - der freien, die Zooide führenden Stockseite kommen bei grösseren polster- und knollenförmigen Cormen gar nicht selten vor, und eine ist auch in Textfig. 31 zu sehen. Ich habe aber diese Abbildung vorzüglich deshalb hergesetzt, um auf eine tiefe centrale Höhlung zu verweisen, welche sieh an der Unterseite entwickelt hat und zum Theil mit Schlamm und vege- tabilischen Resten erfüllt war. Da auf der ganzen Unterseite die Zooide überhaupt nur spärlicher vorkommen, ist es begreiflich, dass sie in die Centralhöhle, wo die Existenzbedingungen am ungünstigsten sind, nur Individuelle Variationen der Stockformen. 193 vereinzelt und in kleineren Exemplaren sich finden. Zweifellos stellt dieser Didemnum-Stock nur eine individuelle Variation eines normaler Weise polsterförmigen dar, eine Variation, die vielleicht durch eine besondere Beschaffenheit der Unterlage verursacht worden sein mochte. Ein anderes Bedenken geht dahin, ob in der That für den ganzen Coelocormus- Stock nur die einzige gemeinsame Cloakenöffnung auf dem Grunde der centralen Höhlung vorhanden war. Der Umstand, dass das einzige Exemplar, das aus der beträchtlichen Tiefe von 600 Faden ge- hoben wurde, in offenbar nicht besonders günstigem Conservirungszustand sich befand, wird einen Zweifel nicht unberechtigt erscheinen lassen, zumal wenn man bedenkt, dass kleinere gemeinsame Cloaken sehr häufig im conservirten Material überhaupt nicht mehr nachweisbar sind (vel. oben p. 187). Individuelle Variationen der Stockform. Ueber das Vorkommen von individuellen Variationen der Stockformen liegen nur spärliche Be- obachtungen vor. So wie bei Monascidien eine Verschiedenheit der äusseren Gestalt des Thieres hält man bei Synaseidien häufig Unter- schiede in der Form der Stöcke für ausreichend, um darauf eine neue Species zu gründen. Sicher oft mit Unrecht, wie eine spätere sorgsame Durch- arbeitung der Synascidiensystematik an lebendem Material lehren wird. Einer kleinen Variabilität bei Didemnum-Stöcken habe ich oben bereits Erwähnung gethan (p. 192), als ich das gelegentliche Vorkommen von axialen Höhlungen besprach. Ich möchte hinzufügen, dass vielleicht auch die von mir als zweischichtig bezeichnete Stockform (oben p. 189) bei manchen Didemnum neben der einschichtigen vorkommen könnte als eine individuelle Variation, die durch günstigere Existenzbedingungen veranlasst ist, und nicht nur als Anzeichen eines höheren Alters der Colonie. Ueber eine durch die Verschiedenheit des Wohnorts bedingte Varia- bilität bei Perophora Listeri Wieg. berichtet Giard (1872, p. 519). Bei beengter Entwicklung unter Steinen sitzen die Zooide dicht gedrängt dem kriechenden Stolo auf und können sogar miteinander verwachsen und sys- temähnliche Bildungen hervorrufen (vgl. oben p. 187). Bei vollständig freiem Wachsthum entwickeln sich oft traubenähnliche Cormen. Interessant ist das Vorkommen von Distaplia rosea Della Valle als sessile und als keulenförmige oder gestielte Form. Caullery (1895, p- 8) fand in Wimereux (Boulonnais) ausschliesslich ungestielte sessile Stöcke, während Della Valle und Lahille im Mittelmeer beide Arten nebeneinander antrafen: Auch Morchellium argus M. Edw. und Parascidia Giardi Caullery kommen entweder als gestielte oder flache polsterähnliche Stöcke vor, und nach Caullery (1895, p. 11) würde sich der Gegensatz in unge- zwungener Weise aus der Verschiedenheit der Standörter erklären lassen. Wo die Stöcke unter Steinen oder in anderer Weise beengt vorkommen, bleiben sie flach, sitzen sie an der Unterseite überragender Felsen über tiefem Wasser, so dass ihr Wachsthum ungehemmt stattfinden kann, so Bronn, Klassen des Thier - Reichs. III. Spplt. 15 194 Aseidien. werden sie lang gestielt. In einer ähnlichen Weise hatte bereits Milne Edwards die Variabilität des Morchellium zu erklären versucht, während Giard diese Argumente nicht als zutreffend gelten lassen wollte. Nach Lahille (1890, p. 242) würden noch andere Ursachen die individuelle Variabilität der Morchellöum-Colonien beeinflussen: Innerhalb der Ge- zeitenzonen werden die Stöcke während der Ebbe durch die nieder- sinkenden Seepflanzen zu Boden gedrückt, comprimirt und auf diese Weise im Wachsthum behindert. Durch diese täglich sich wiederholenden Einwirkungen werden die Stöcke von allem Anfang an in ihrer Entwicklung modifieirt. Nur im tiefen Wasser, wo die Seegräser nicht bis zum Boden gelangen und wohin die Ebbe nicht reicht, entwickelt sich die gestielte Stockform. Unabhängigkeit der Stockform von der systematischen Stellung. Schon bei der Beschreibung der verschiedenen Systeme und Stockformen (p. 179 u. f., p. 187 u. f.) ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass bei nahe verwandten sehr verschiedene, bei im System weit voneinander entfernten Synascidien ganz ähnliche Colonieformen auftreten können, so dass an dieser Stelle nur noch Weniges zu bemerken bleibt. Nur in wenigen grösseren Gruppen werden der Bau und die Form der Stöcke als durchgreifendes Eintheilungsprineip verwerthet (Botryllidae). So bequem auch dieses Verfahren im allgemeinen für die systematische Be- stimmung sein mag, ist es andererseits vielleicht doch nicht ganz zweifellos, dass z. B. Botryllus und Polyeyclus oder BDotrylloödes und Sarcobotryl- loides wohl abgegrenzte und den thatsächlichen Verwandtschaftsverhält- nissen entsprechende echte Gattungen sind. In anderen Gruppen ist man denn auch in neuester Zeit mehrfach davon abgegangen, die Eintheilung in Gattungen auf Grund der verschiedenen Stockformen vorzunehmen. Während Drasche (1383), der zuerst die Nothwendigkeit der Auflösung des Milne Edwards’schen Genus Leptocknum erkannte, die Formen darnach sondert, ob sie krustenförmige (Leptoclinum) oder fleischige Cormen in Knollen und Polstern (Didemnozides) bilden, will Lahille (1590) dieses Eintheilungsprineip überhaupt nicht gelten lassen und definirt das letztere Genus, worin ihm Herdman allerdings nicht folgt, lediglich durch das Vorhandensein von drei Kiemenspaltenreihen und das Fehlen von Kalkspieulis im Cellulosemantel. Allerdings wird dadurch der Gattungsbegriff ein ganz anderer; darin aber, dass Formverschieden- heiten des Stockes zur Aufstellung einer neuen Gattung im allgemeinen nicht ausreichen, kann ich Lahille nur beistimmen. Wohin würde es auch führen, wenn dieses Verfahren consequent durchgeführt werden sollte. Namentlich die Gattungen, in welchen man bisher gestielte, keulen- förmige und flachere Formen vereinigt, müssten zum Theil in mehrere aufgelöst werden (Distoma, Distaplia, Amaroucium ete.), und selbst manche Species mit variablen Stockformen könnten dann nicht mehr nur als Arten gelten, sondern müssten zu höheren Gruppen erhoben werden. Andererseits gibt es natürlich auch Gattungen, die sich durch eine recht ET Grösse der Monascidien. 195 gleichförmige Beschaffenheit der Cormen auszeichnen. Die Art der Knospung und die Form der Einzelthiere sind zwar wichtige Momente, welche die Stockform bestimmen, gleichzeitig aber wirken so viele andere Factoren mit, dass in verschiedenen selbst eng begrenzten Gruppen eine grosse Variabilität der Form der Stöcke ermöglicht wird. So ent- wickeln sich bei verschiedenen Gattungen ganz unabhängig voneinander ähnliche und bei nahe verwandten Arten zum Theil sehr verschiedene Stockformen. Im grossen und ganzen wird man daher wohl zu der An- nahme berechtigt sein, dass die Stockform der Synaseidien von der syste- matischen Stellung, wenn auch nicht völlig, so doch in hohem Maasse unabhängig sei. 4. Die Grösse, Bei der Untersuchung der Grösse sind die Monascidien und Corm- aseidien auseinander zu halten. Bei den letzteren fällt zuerst der Ge- sammtstock ins Auge, und die einzelnen Zooide können in der Regel erst nach Eröffnung des Cormus gemessen werden. Fast durchweg überragen die Monascidien die Zooide der Synaseidien um ein sehr beträchtliches an Grösse und stimmen im allgemeinen viel mehr mit den Dimensionen der ganzen Stöcke als mit deren Einzelthieren überein. A. Monaseidien. Die Körpergrösse der Monaseidien erweist sich als überaus variabel. Am verbreitetsten ist vielleicht eine Länge von 3—10 cm; sie kommt bei zahlreichen Species verschiedener Gattungen und Familien vor. Die kleinsten Monascidien, die bisher bekannt geworden sind, messen im geschlechtsreifen Zustand nur wenige Millimeter. Dathyoncus minutus Herd. und Styela pusilla Herd., die von der Challenger-Expedition nur in je einem Exemplare in 3125 und 2050 Faden Tiefe gefischt worden waren, haben Axenlängen zwischen 4 und 6 mm. Da beide Thiere nur weibliche Geschlechtsproducte besassen, waren sie aber vielleicht noch nicht vollkommen erwachsen. Eine ähnliche Grösse von ca. 6 mm zeigt Polycarpa pilella Herd. Nur wenig grösser, 5—8 mm lang, werden Hetero- carpa glomerata Alder, Polycarpa minuta Herd. und die Solitärform von Styelopsis grossularda V. Bened. Viel häufiger findet man schon Formen zwischen 1 und 3 cm Länge, obwohl sie immerhin noch zu den kleinen Monascidien gezählt werden müssen. Besonders unter den Molguliden und Cynthideen sind kleine Thiere zahlreich vorhanden. Die Gattungen Molgula, Cynthia, Styela, Bathyoncus, Polycarpa sind reich an solchen Species geringer Körpergrösse. Grossen über 10 cm in der Länge messenden Monascidien begegnet man in den meisten artenreicheren Gattungen (Molgula, Boltenia, Culeolus, Microcosmus, Cynthia, Ascidia). Zu den grössten bisher bekannt gewordenen Exemplaren zählen einige von der Challenger-Expedition auf- gefundene Formen. Ascopera gigantea Herd. wird 30 cm lang und 15 cm 13* 196 Aseidien. breit, Molgula gigantea Cunningham erreicht eine Länge von 33 em, eine Breite von 17,5 cm. In Folge der ausserordentlichen Streckung des Stieles erlangen einige Boltenia eine noch beträchtlichere Länge, ohne aber ein so bedeutendes Gesammtvolumen zu besitzen als die beiden ebengenannten Formen. Boltenia elegans Herd. wird über 40 em lang, davon entfallen allerdings 36 cm auf den nur 2 mm dicken Stiel. Eine ungefähr gleiche Länge erreicht der in 2900 Faden Tiefe aufgefundene Hypobythius calycodes Moseley. Irrthümlicher Weise findet sich in populären zoologischen Schriften die Angabe verbreitet, dass der Challenger einen Hypobythius von der enormen Grösse von 1?/, m gedretscht hätte. Individuelle Grössenverschiedenheiten kommen bei allen Monascidien vor und sind zuweilen sehr auffallend. Bei den meisten Formen verhalten sich die Extreme wie 2:3; aber auch um das Doppelte der Länge können die grossen Individuen die kleinsten übertreffen (Oynthia momus Sav., Microcosmus claudicans Sav., Polycarpa tenera Lacaze und Delage, Styela mytiligera Sav., Styela variabiis Hancock, Phallusia mammillata Cuv. und manche andere). Noch beträchtlichere individuelle Grössendifferenzen finden sich bei Oynthia sigellata Lacaze und Delage (1—3 cm lang) und bei Styelopsis grossularia, deren Socialform bis gegen 30 mm lang wird, während die Solitärform oft nur 5 mm misst. So wie die äussere Körperform (vgl. oben p. 175) zeigt auch die Körpergrösse der Monasecidien eine weitgehende Unabhängig- keit von der systematischen Stellung. Das ergiebt sich am deut- lichsten bei der Betrachtung der artenreichen Gattungen, in welchen Formen von ausserordentlich verschiedenen Grössen vereinigt sind. Im Genus Molgula finden sich neben einer der grössten aller Monaseidien (M. gigantea) sehr kleine Formen, die nicht einmal 2 cm Länge erreichen (M. Forbes’ und M. pyriformis Herd.). Ebenso zeigen die Genera Cynthia und Ascidia sowohl sehr grosse (Oynthia Roretzii Drasche, Ascidia Chal- lengeri Herd., Asc. meridionalis Herd.) als auch kleine, kaum 1,5 cm lange Formen (Cynthia arenosa Herd., C. sigellata Lacaze und Delage, Ascidia despecta Herd.). In manchen anderen Gattungen lässt sich wiederum eine mehr eleichartige Körpergrösse der verschiedenen Arten beobachten. Alle bisher bekannten Bathyoncus sind recht kleine Formen, die gestielten Boltenia und Culeolus sind dagegen fast sämmtlich ansehnlich lang. B. Cormaseidien. Bei den stockbildenden Ascidien müssen die Grösse der einzelnen Zooide und die der ganzen Colonie unterschieden werden. a. Die Körpergrösse der Einzelthiere ist namentlich bei den Synascidien im engeren Sinne eine nur sehr geringe und beträgt wohl am häufigsten nur 2 oder 3mm. Auch kleinere Zooide von 1 mm und sogar 0,5 mm Länge (Leptochnum Edwardsi Herd.) kommen öfters vor. Grössere Zooide trifft man unter den Synascidien besonders bei den Formen, deren Körper mit Abdomen und Postabdomen versehen ist; aber auch hier bleibt das Gesammtvolumen ein recht kleines, und die Grössenzunahme 0 De Wen Een EEE Grösse der Cormaseidien. 197 erscheint vornehmlich auf eine Längsstreckung des oft nadelförmig feinen Leibes beschränkt. Zooide zwischen 1 und 2 cm Länge gelten bei den Synaseidien als gross. Sie finden sich in den Gattungen Aplidiopsis (A. pyriformis Herd.), Aplidium (A. fumigatum Herd., A. caliculatum Sav.), Amarouecium (A. conicum Olivi), Tylobranchion, Pharyngodictyon, Atopo- gaster (A. informis Herd.). Zooide über 2 cm Länge finden sich nur bei wenigen Arten, und zwischen 3 und 3,5 cm scheint für fast alle Synas- eidien *) die äusserste Grössengrenze zu liegen. Hierher gehören Segellına australis Sav., Synoicum turgens Phipps, Atopogaster gigantea Herd., At. aurantiaca Herd. Eine noch bedeutendere Grösse können dagegen die Zooide der sogen. Socialen Aseidien erlangen. Bei Olavelina lepadiformis OÖ. F.M., Olave- lina (Stereoclavella) enormis Herd., Eecteinascidia turbinata Herd. werden die Zooide 3em und noch etwas darüber lang; bei KRhopalopsis fusca Herd. erreichen sie 4,7 cm, bei Diazona violacea etwas über 5 cm, und bei Clavelina (Podoclavella) borealis Sav. sollen sie sogar 15 cm lang werden, eine Grösse, die selbst für Monaseidien eine beträchtlichere genannt wer- den müsste. In ganz ähnlicher Weise wie bei den Monaseidien erweist sich auch bei den Cormaseidien die Grösse der Zooide in hohem Maasse un- abhängig von dersystematischen Stellung. Im (Genus Atopogaster finden sich neben Species mit sehr grossen Zooiden (vgl. oben) solche, deren Einzelthiere nur 3—4 mm messen (At. elongata Herd.). Ebenso trifft man bei Aplidium, Amaroucium, Polyclinum Arten mit den ver- schiedensten Zooidgrössen von 2cm Länge bis herab zu kaum 2 mm (Aplidium despectum Herd. = 1,5 mm lang). Die individuellen Grössenverschiedenheiten der Zooide der Cormaseidien bewegen sich im allgemeinen innerhalb ähnlicher Grenzen wie bei den Monaseidien. Doch lauten hierüber die Angaben der Autoren weniger zuverlässig und weniger eingehend. Wenn für einige Polystyelidae (Symstyela inerustans Herd., Chorizocormus reticulatus Herd.) angegeben wird (Herdman), dass die (Grösse der Zooide zwischen 1 und Smm schwankt, so können sich die ersteren Maasse wohl nur auf noch nicht völlig entwickelte Einzelthiere beziehen. b. Die Grösse des Cormus unterliegt sehr grossen Schwankungen. Da die Zahl der auf einander folgenden Knospengenerationen oder der aus den Stolonen nach und nach sich bildenden Knospen, rein theoretisch betrachtet, eine fast unbeschränkte sein kann, scheint auch dem Wachs- thum des Stockes aus inneren Gründen kaum eine Grenze gesetzt zu sein. Die weit verbreitete Auffassung, dass eine durch viele Generationen hin- *), Lahille (Recherches sur les Tunieiers, p. 245) berichtet, dass bei Morchellium argus M. Edw. das Postabdomen sich stoloartig bis zu einer Länge von 5 cm ausdehnen könne, wodurch eine Gesammtlänge von gegen 6 em erreicht wird. Aehnliche gefässartige Verlängerungen des Hinterleibes kommen auch noch bei anderen Formen vor. 198 Ascidien. durch ausschliesslie yungeschlechtlich erfolgende Fortpflanzung zu allmäh- licher Degeneration der Form führen und füglich vollkommen erlöschen müsse, könnte, selbst wenn sie sich bei den Synaseidien bewahrheiten sollte, lediglich das Fehlen von Stöcken so enorm grosser Dimensionen, wie sie in Wirklichkeit auch nicht annähernd vorkommen, erklären, nicht aber die Thatsache, dass bei verschiedenen Species die Stockgrössen in verschiedener Weise begrenzt erscheinen. Dass der Ascidienstock nicht ins Unbegrenzte wächst, scheint mir durch mehrere Ursachen bedingt zu werden. Einmal durch die meist nur sehr kurze Lebensdauer der Zooide. Denn diese sterben in der Regel bald nach vollendeter Geschlechtsreife ab und geben, indem sie sich zersetzen und vollständig zerfallen, den an ihre Stelle tretenden Knospen Raum. So bleiben also die Stöcke meist kleiner, als wenn alle im Laufe der Zeit producirten Zooide gleich- zeitig nebeneinander vorkämen. Ein zweites das Wachsthum des Stockes beeinträchtigendes Moment bilden ungünstige Existenzbedingungen. Dies lässt sich nur in wenigen Fällen mit Sicherheit nachweisen, namentlich da, wo zu bestimmten Zeiten auftretende Kälteperioden oder periodischer Nahrungsmangel alle entwickelten Zooide des Stockes vernichten, so dass die jugendlichen Knospengenerationen später an den Stellen, die die alten Zooide einnahmen, sich entwickeln können, ohne dass die Grösse des Stockes sich merklich zu verändern braucht. (Vgl. darüber auch weiter unten den Abschnitt über die Vorgänge in überwinternden Stöcken.) Auch da, wo solche schädliche äussere Einflüsse nicht auftreten oder wo, wie in den grösseren Meerestiefen, stets mehr gleichartige Lebensbedingungen herrschen, wird die Ausdehnung des Ascidienstockes schon dadurch ge- hemmt werden müssen, dass in gleichem Maasse auch die Schwierigkeit, ausreichende Nahrung zu beschaffen, wächst. Doch wirken hier noch andere äussere Factoren mit, um die Stockgrösse zu bestimmen. Dass der Cormus der Aseidien niemals eine so bedeutende Grösse erreichen kann wie z. B. gewisse Korallenstöcke, ergiebt sich schon daraus, dass den ersteren das feste Skelet fehlt, welches die Lebenszeit der Weich- theile überdauert und an das die späteren (Generationen sich ansetzen. Bei den Synaseidien bleibt zwar auch der äussere gemeinsame Öellulose- mantel meist zunächst bestehen, wenn die alten Zooide absterben, aber er ist doch stets so weich und nachgiebig, dass die neugebildeten Knospen sich in ihm verschieben und die Plätze der alten Thiere einnehmen können. Unter normalen Existenzbedingungen, bei genügendem Raum zur Ausbreitung dürften wohl alle Ascidienstöcke mindestens in einer Rich- tung eine Länge von mehreren Centimetern erlangen können. Allerdings sind zahlreiche Species beschrieben worden, deren Colonien in der längsten Axe nur wenig über l cm, ja sogar noch weniger maassen, aber es dürfte sich in allen diesen Fällen um noch nicht vollkommen erwachsene Colo- nien handeln. Synascidienstöcke, die zwischen 10 und 20 cm Länge erreichen, # Stockgrösse. Farbe. 199 gelten als gross. Hierher gehören die polster- oder krustenförmigen 4-20 mm dicken Colonien von Oystodites durus Drasche und Zepto- clinum Lacazet Giard, die Lahille 15—20 cm gross fand, während sie sonst meist erheblich kleiner beobachtet wurden. Auch Distoma rubrum Sav., Didemnum tortuosum Drasche erreichen eine Länge von 15 cm. Voluminöser noch sind die kegelförmigen Stöcke von Amaroueium conicum Olivi, die bei einer Höhe von 20 cm an der Basis einen Durchmesser bis zu 15 cm besitzen können. Die Form eilt als die grösste Synascidie des Mittelmeeres. Die bedeutende Länge von 21 cm erreichen Sigellina australis Sav. und das polsterförmige Apkdium effusum Sav.; und Didem- num cereum Giard sah Lahille bandförmig bei 5 cm Breite bis zu einer Länge von 25 cm heranwachsen. Atopogaster gegantea Herd., die grösste, wenn auch nicht die längste Synaseidie der Challenger- Expedition maass in den drei Richtungen 26 cm, 7,5 cm, 4 cm. Goodsiria coccinea Gunning- ham, die so wie die letztgenannte Art in der Magellanstrasse vorkommt, wird gegen 50 cm lang, und die bandförmige, im antarktischen Ocean lebende Julinia erreicht sogar, wenn Herdman’s — (?) ögnotus dieser Gattung zugehört, eine Länge von über 90 cm, ohne allerdings ein so grosses Volumen zu besitzen wie manche kürzere Golonien anderer Arten. Auch die Stöcke der sog. Socialen Ascidien können gelegentlich sehr umfangreich werden, obwohl es gerade dann recht unsicher ist, ob sich nicht zahlreichere Larven ursprünglich an ihrer Bildung betheiligt haben. Die Colonien von Olavelina und Deiazona bestehen zuweilen aus Hunderten von Zooiden und stellen dann mächtige Büsche von mehr als 15 cm Durchmesser dar. 52 DierRarbe. Vollständig farblose und durchsichtige Ascidien kommen nicht vor, wenn auch zuweilen gewisse, besonders in verdunkelten Räumen auf- gezogene Formen ((iona intestinalis) nur eine sehr wenig ausgeprägte Färbung erkennen lassen. Es soll in diesem Abschnitte nur die bei äusserer Betrachtung auffallende Färbung der Thiere behandelt und von einer Besprechung der mannigfachen Farben der verschiedenen inneren Organe abgesehen werden. Diese äusseren Färbungen sind häufig sehr lebhaft und namentlich bei den Synascidien besonders bunt und prächtig (Vgl. Taf. IX und X). Sie haben fast immer ihren Sitz im äusseren Cellulosemantel oder im ektodermalen Hautepithel. Zuweilen ist aber auch die Farbe der inneren Organe für den äusseren Anblick von Wich- tigkeit und zwar da, wo der Cellulosemantel eine besonders starke Durch- sichtigkeit besitzt. So schimmern bei Ciona die gelben oder röthlich- braunen Eingeweide deutlich hindurch und verleihen dem ganzen Thier ein farbiges Aussehen. In manchen Fällen wird durch die Farbe des Körperinneren die des äusseren Mantels verändert. Bei Ascidiella scabra 0. F. Müll. ist der Cellulosemantel zart blau gefärbt, die hindurchschei- 200 Aseidien. nenden gelblichen Eingeweide verleihen aber dem ganzen Thiere im Wasser ein grünliches Aussehen (Roule). Verschiedene Ursachen der Färbung. a. In weitaus den meisten Fällen wird die Färbung durch besondere Pigmentkörner hervor- gerufen, die in den Zellen der ektodermalen Leibeswand oder des Gellulosemantels aufgespeichert sind, manchmal so dicht und zahlreich, dass sie den Zellkern vollständig verdecken. Bei Fragaroides aurantiacum Maurice liegen die röthlichen, sphärischen Pig- mentkörperchen im Ektodermepithel; ebenso an die Ektodermzellen ge- bunden ist die graugrüne Farbe von Didemnum bicolor Drasche, die stahlblaue von Didemnum lobatum Grube, die schwarzgrüne von Diplo- soma chamaeleon Drasche und das schwarzbraune Pigment von Diplo- soma gelatinosum M. Edw. Weit häufiger sind es die Zellen des Cellulosemantels, welche die meist sphärischen Pigmentkörner führen. Pigmentirte Mantelzellen können gleichzeitig neben pigmentirten Ektodermzellen vorkommen (Diplosoma chamaeleon: neben schwarzgrünen Ektodermzellen lichtgelbe Mantelzellen; Diplosoma Listeri Koehlerianum Lahille). Da die Mantelzellen entwick- lungsgeschichtlich Mesodermzellen sind, welche nach aussen zu durch das Ektodermepithel hindurch gewandert sind, finden sich gleichzeitig sehr häufig auch in den Geweben des mittleren Blattes, namentlich unter den Blutzellen, in einer ähnlichen Weise pigmentirte Elemente. Zuweilen unterscheiden sich allerdings beide Elemente durch ihre Färbung. So sind z. B. bei Ascidia fumigata die Blutzellen gelb, die Mantelpigmente schwärzlich.. Wo der Cellulosemantel durchsichtig ist oder zahlreichere Blut führende Mantelgefässe besitzt, ist die Färbung der Blut- und Mesen- chymzellen direct für die Gesammtfärbung des Thieres von Wichtigkeit (Ascidia mentula O. F. Müller mit rosarothen Blutkörperchen). Die pigmentirten Zellen des Cellulosemantels zeigen alle möglichen Farbentöne; die nächstverwandten Species einer Gattung weisen oft die schroffsten Farbenunterschiede auf. Am seltensten tritt vielleicht die schwarze oder tief schwarzblaue Farbe auf (Ascidia fumigata Grube, A. nigra Sav.), viel häufiger findet sich ein helleres Blau, Grün oder Roth, und besonders die rothen Färbungen sind in manchen Gruppen der Mon- ascidien (Öynthideae) ausserordentlich weit verbreitet. (Vgl. hier die beiden colorirten Tafeln IX und X.) Zuweilen kommen im Cellulosemantel eines Thieres verschiedenartig gefärbte Zellen nebeneinander vor. Sind sie regellos durcheinander ge- mischt, so combiniren sie sich zu einer neuen Mischfarbe (Distaplia rosea Della Valle erdbeerfarben bei rosa und braunen Mantelzellen), sind sie getrennt angeordnet, so entstehen verschiedenfarbige Felder oder Zeich- nungen. Ob die blattförmigen und polygonalen Linien mancher Zepto- chinum->Stöcke (vgl. Fig. 11, Taf. X) durch besonders gefärbte Pigment- zellen bestimmt werden, ist nicht festgestellt; bei Leptochinum granulosum Drasche möchte es fast so scheinen. } vu Ursachen der Färbung. 301 b. Zuweilen lassen sich in den gefärbten Mantelzellen keine Pig- mentkörner nachweisen, sondern das ganze Zellinnere erscheint homogenfarben. Die Färbung müsste hier also auf einer optischen Eigenschaft der kleinsten Theilchen des ganzen Zellkörpers resp. auf einer vollständigen Lösung des Pigments beruhen. Die oben bereits erwähnten braunen Mantelzellen bei Distaplia rosea sind solche Elemente, in welchen sich selbst bei starken Vergrösserungen keine Pigmentkörner mehr erkennen lassen. c. Nicht immer ist der Farbstoff an die Zellkörper selbst gebunden, sondern mehrfach liegt er ausserhalb der Zellen in der Inter- cellularsubstanz des Gellulosemantels. In der Regel lassen sich dann besondere Pigmentkörner nicht nachweisen, und die Zwischensubstanz erscheint ganz oder nur an gewissen Stellen gleichmässig homogen ge- färbt. Botryllus Schlosser Pallas ist zuweilen lebhaft carminroth, meist aber gelb oder mehr oder minder röthlich. Nach Giard (1373) würde hier die Farbe vornehmlich in den die Zooide umgebenden Theilen des gemein- samen Öellulosemantels ihren Sitz haben und gleichmässig homogen und nicht an Pigmentkörner gebunden erscheinen. — Bei Didemnum auran- tiacum Herd. ist die äussere 1 mm dicke Schicht des Cellulosemantels homogen orangegelb gefärbt, die tieferen Lagen sind dagegen hellgrau. Bei manchen Synascidien kommen Pigmentkörner ausserhalb der Mantelzellen frei in der cellulosehaltigen Zwischensubstanz vor. (Giard, 1872, p. 509.) d. Obwohl auch rein weisse Pigmente, die im durchfallenden Lichte ganz dunkel erscheinen, gelegentlich in den Zellen vorkommen (z. B. die weissen Linien bei Clavelina), scheint doch häufig die weisse Farbe der Synaseidien auf dem massenhaften Vorkommen dicht sedrängter Kalkspieula im Gellulosemantel zu beruhen. Nur selten sind die Spieula gelb (Leptockinum rubicundum Herd.). Eine gleichmässig milchweisse, über den ganzen Stock verbreitete Färbung scheinen die Kalkspieula bei Leptochnum candidum Sav. hervorrufen zu können. Wo sie sonst neben pigmentirten Mantelzellen vorkommen, können sie bei gleichmässiger Vertheilung in der Regel nur den Farbenton, der durch die letzteren hervorgerufen wird, für den Beschauer mehr oder minder heller gestalten. Sind sie zu zahlreichen, aber kleinen Gruppen vereinigt, so erscheint die Grundfarbe des ganzen Stockes weiss punktirt (manche Didemnum und Leptoclinum); bilden sie grössere Gruppen, so entstehen weisse Flecken. Das letztere tritt häufig zur Herbstzeit ein, wenn die Stöcke sich zur Ueberwinterung vorbereiten (vgl. Didemnum cereum, Fig. 1, Taf. X), und wird weiter unten in einem besonderen Abschnitt noch eine eingehendere Darstellung finden. e. Zuweilen wird die Farbe durch in den Cellulosemantel ein- gelagerte Fremdkörper oder einzellige Parasiten bestimmt. Es sollen hier aber nicht die Fälle behandelt werden, in welchen Sand, kleine Steinchen, pflanzliche und thierische Organismen, wie es namentlich bei 202 Aseidien. Molguliden und Cynthideen besonders oft vorkommt, nur so äusser- lich den Aseidienkörper bedecken, dass Reinigung mit einer Bürste genügt, um die natürliche bis dahin verdeckte Farbe zum Vorschein treten zu lassen. Nur auf das Auftreten von fremden Körpern im Inneren des Mantels der Ascidie und auf die dadurch bedingte Färbung sei hier hin- gewiesen. Giard (1872, p. 508) erwähnt, dass bei G@lossophorum sabulosum Giard und in den Stielen der Colonien anderer Polyclinidae den amöboiden Mantelzellen sehr feine Fremdkörper anhaften, wodurch eine schwarzbraune Färbung der betreffenden Mantelpartien hervorgerufen werde. Noch auffallender sind die Erscheinungen beim Genus Psamma- plidium, bei dem Sand, verschiedene Spongiennadeln, Bruchstücke fremder Skelettheile u. s. w. den Cellulosemantel erfüllen und dessen Färbung wesentlich bestimmen. (Vgl. den Durchschnitt durch ein Stück des Mantel- gewebes von Psammaplidium subviride Herd. Fig. 2, Taf. XIV.) Durch einzellige parasitäre Organismen bedingte Färbungen sind erst in wenigen Fällen mit Sicherheit festgestellt worden, denn es bestehen mehrfach darüber Zweifel, ob die betreffenden pigmentirten Zellen Parasiten oder eigenartig modifieirte Mesenchymelemente sind. Mit Nachdruck hat besonders Maurice (1888) die gelben Zellen bei Fragaroides aurantiacum (vgl. Fig. 8, Taf. XII), die neben den röthlichen Pigmentzellen des Ektodermepithels die Farbe des Stockes erzeugen, für parasitäre Algen (Protococcus) erklärt. Bei Perophora Lister‘ und ganz jungen Stadien von Ciona intestinalis habe ich häufig namentlich in den Blutbahnen grüngelbe einzellige Algen in solchen Mengen angetroffen, dass die ganzen Thiere ein ihnen sonst fremdes grünliches Aussehen zeigten. Lahille (1890, p. 276) berichtet dagegen, dass die im tieferen Wasser lebenden Perophora Listeri durch eine die Blutzellen betreffende Veränderung (par une modification des globules du sang) eine gelbgrüne Färbung gewinnen. f. Inwieweit bei den Ascidien Farbenerscheinungen nicht durch bestimmte, in gekörntem oder gelöstem Zustande vorhandene Pigmente, sondern durch gewisse physikalische Eigenschaften hervorgerufen werden, ist bisher so gut wie gar nicht untersucht worden, wenn man von dem Doppellichtbreehungsvermögen der cellulosehaltigen Mantelsubstanz und deren Verhalten im polarisirten Lichte absieht. Die opalisirenden Mantel- farben mancher Ascidia, Olavelina, Ciona, Phallusia und das Irisiren der inneren Fläche des Cellulosemantels dürften einer näheren Prüfung werth sein. Individuelle Variabilität der Färbung. Die individuellen Farben- variationen der Ascidien sind ausserordentlich weit verbreitet und zum Theil sehr bemerkenswerth. Da, wo sie gleichzeitig mit auffallenderen Variationen der Körperform auftreten (mehrere Öynthideae), würde man geneigt sein, eine Species in mehrere Arten oder sogar Gattungen auf- zulösen, wenn sich nicht Zwischenformen und die Identität des inneren Baues nachweisen liessen. Cynthia morus Forb. (Fig. 1 und 2, Taf. IX) ü ' u | nn Papa Individuelle Variabilität der Färbung. 203 ist roth, gelb oder grau, Uynthia sigellata Lac.-Del. roth, gelb oder violett, Stolonica aggregata Forb. und Hanl. gelb oder roth, Ascidia fumigata aschgrau oder tief schwarz, und durch alle möglichen Zwischenfarben sind jene Extreme verbunden. Auch die beiden von Lahille als scharf getrennte Varietäten unterschiedene Formen Diplosoma Listeri Kochle- rianum und Dipl. Listeri gelatinosum sind nach Gaullery durch eine lückenlose Reihe Uebergangsformen miteinander verbunden und stellen demnach nur individuelle Verschiedenheiten in der Färbung dar. In vielen Fällen erscheint eine Art in mehreren Farbenzeichnungen, ohne dass sie alle sich durch Zwischenformen eontinuirlich verbunden erweisen, und man hat daraufhin mehrere Varietäten unterschieden. Nament- lich die Botrylliden zeigen einen ganz auffallenden Farbenreichthum und eine sehr ausgeprägte Neigung zu individuellen Farbenvarlationen. So hat Giard beim Botryllus Schlosser und BD. smaragdus je fünf, beim B. violaceus nicht weniger als sechs Varietäten lediglich auf Grund der verschiedenen Färbung unterschieden. Einige derselben zeigen Fig. 2—5 auf Taf. X. Es ist ohne weiteres einleuchtend, dass auch das Fehlen von Zwischenstadien zwischen verschieden gefärbten Formen nicht dazu berechtigen kann, diese als bereits phylogenetisch scharf geschiedene Varietäten oder gar Arten zu betrachten, denn es liegt häufig im Wesen des Pigmentes, dass bei den kleinsten seinen Chemismus betreffenden Unterschieden eine sprungweise Veränderung des farbigen Aussehens auf- treten muss. Darnach möchte ich glauben, dass ein guter Theil der beschriebenen Varietäten unter den Begriff der individuellen Variationen der Färbung fällt. Die Zahl der Beispiele liesse sich beliebig vermehren, nur auf einige recht bemerkenswerthe Fälle sei noch hingewiesen. (Glossophorum luteum Giard ist entweder fast ganz weiss oder ambrafarben, Morchellium argus M. Edw. rosa oder dunkler roth, Leptochinum coriaceum Drasche einfarbig, hell gelblichbraun oder dunkelbraun mit lichteren, ins Violette spielenden Flecken, Didemnoides resinaceum Dryasche gelb, bräunlichgelb oder rothgelb, Diplosoma spongiforme Giard lila, grau, veilchenfarben oder schwärzlich. — Die sociale Form von Styelopsis grossularia ist stets blutroth gefärbt, die solitäre schmutzigweiss, rosa bis orangefarben (Fig. 5 und 6, Taf. IX). Polycarpa tuberosa M. Gillivr. ist rosa oder fahl erdgelb (Lacaze und Delage). Bei so weitgehenden äusseren Farbendifferenzen des Gesammtkörpers kann es nur als selbstverständlich erscheinen, dass auch individuelle Variabilitäten in den feineren Farbenzeiehnungen der Siphonenregionen vorkommen, obwohl die Beschaffenheit dieser letzteren — Lacaze hat sie als „Livree‘“ bezeichnet — im allgemeinen eine sehr hohe systematische Bedeutung besitzt. So varliren die farbigen Säume und Flecke an den Siphonen bei Polycarpa comata Alder (Lacaze und Delage) und Kugyra arenosa Ald. und Hanc. (Lacaze) in recht auffallender Weise. Bei Crona intestinalis sind die sog. Augenflecke an den beiden Siphonen mehr oder 204 Ascidien. minder deutlich entwickelt, und bei einigen in allerdings recht dunklen Kelleraquarien aufgezogenen Exemplaren konnte ich sie überhaupt nicht nachweisen. Im Hinblick auf solche individuelle Variationen wird man daher Lacaze-Duthiers und Delage vollkommen zustimmen müssen, dass es nicht angeht, Arten lediglich daraufhin zu gründen, dass einmal ein rother Saum an den Siphonen vorhanden ist, ein andermal aber nicht. (Vgl. auch weiter unten den Farbenwechsel des Mundsiphos bei Crrei- nalium concrescens.) Ueber die Ursachen, welche die verschiedenen Pigmentfärbungen bei den verschiedenen Individuen einer Art bedingen, liegen nur sehr spärliche, überdies noch unsicher lautende Angaben vor. Namentlich auf einen Zusammenhang der Farbenvariation mit dem Wohnort des betreffen- den Thieres wird mehrfach hingewiesen. So sollen nach Roule (1884) die hellen Thiere von Ascrdia mentula besonders auf Kiesboden, die dunklen auf Seepflanzen festsitzen. Von Cynthia morus leben nach Lacaze und Delage die rothen und grösseren Formen in tieferem Wasser als die gelben, und im Challenger-Material fanden sich, was viel- leicht nur ein Zufall sein mochte, die kleineren milchweissen Individuen von Rhabdocynthia papietensis Herd. in tieferem Wasser als die grösseren gelbbraunen. Wie oben bereits erwähnt wurde (p. 202), fing Lahille die grünlichgelben Individuen von Perophora Lister‘ nur in tieferem Wasser. Im allgemeinen wird man aber im Gegentheil in den tieferen und dunkleren Wasserschichten eine Abnahme des grünlichen Pigmentes constatiren können. Farbenwechsel. Veränderungen in der Färbung kommen bei Aseidien nicht selten vor und beruhen auf verschiedenen Ursachen. Häufig tritt ziemlich regelmässig bei zunehmendem Alter eine Verfärbung auf; meist sind die jugendlichen Thiere heller gefärbt und viel weniger in- tensiv pigmentirt als die alten. So sind z. B. die jungen Thiere von Molgula gigantea glatt, hell schieferfarben oder bläulichgrau, die alten rauh, beträchtlich dunkler, schmutzig blaubraun. Interessant ist die Er- scheinung, dass bei den älteren Thieren von Cireinalium conerescens Giard um die Mundöffnung herum ein Kranz weisser Pigmentzellen sich bildet. Caullery (1895) erklärt die Ansammlung von Pigmentzellen, ich weiss freilich nicht ob mit Recht, lediglich durch Störungen der Bluteirculation und berichtet, dass die gleiche Eigenthümlichkeit der Färbung auch dann aufträte, wenn die Thiere, wie es bei grosser Ebbe vorkommt, eine Zeit lang trocken lägen. Recht mannigfaltig sind die Erscheinungen des Farbenwechsels, die durch gewisse Veränderungen in den äusseren Existenzbedin- sungen hervorgerufen werden. Die scharlachrothe Farbe des Lepto- clinum coccineum Drasche (= Lept. Lacazei Giard?) verwandelt sich bei den in Aquarien gehaltenen Thieren schon nach wenigen Stunden in ein fahleres Gelb, und der grüngelbe Botrylloödes cyanescens Giard verfärbt sich blau, wenn er in der Gefangenschaft gehalten wird. Nach Farbenwechsel. 205 Caullery soll bei Botryllordes der Farbenwechsel dadurch entstehen, dass die stahlgrauen Pigmentkörner der Blasenzellen, die im ganzen Körper vertheilt sind, plötzlich blau werden. Diese Verfärbung dürfte auf die bei Ascidien weit verbreitete Eigenthümlichkeit des Blutes zurück- zuführen sein, durch Kohlensäure sehr rasch selbst aus einer ganz farb- losen und hellen Flüssigkeit in ein tiefes Dunkelblau übergeführt zu werden. Wie weiter unten in dem das Blut behandelnden Kapitel aus- einander gesetzt werden wird, ruht das Chromogen des Blutes in den Zellen und nicht im Plasma, und die Blutzellen bläuen sich bei Einwir- kung von Kohlensäure. Dass im lebenden Thiere die Blaufärbung ge- wöhnlich nicht eintritt, wird wohl dadurch bedingt, dass beim Athmungs- process die Kohlensäure immer wieder sofort abgegeben wird. Es lässt sich wohl verstehen, dass bei den ungünstigeren Bedingungen in den Aquarien leicht Störungen im Stoffwechsel des Organismus vorkommen können, die Verfärbungen herbeiführen. Die Angabe von Harless, dass das Blut von .Dotryllus (violaceus?) nach dem Tode tief blau werde, so dass die Mantelgefässe wie mit Indigo injieirt erscheinen, verträgt sich damit sehr wohl. Und wenn Giard berichtet, dass das Blut von Botryllus violaceus schwarzblau sei, während es andere Beobachter hellfarben fanden, möchte es sich vielleicht ebenfalls um eine durch Kohlensäure hervor- gerufene Verfärbung handeln. Sehr auffallend gestalten sich zuweilen die Herbstfärbungen in den zur Ueberwinterung sich vorbereitenden Stöcken. Giard betrachtet diese Verfärbungen direct durch die Einwirkung der Kälte hervorgerufen. Am häufigsten (Didemnum, Leptochnum) treten grössere oder kleinere weisse, durch die Kalkspieula bedingte Flecke auf, die der Colonie ein eigenthümliches Aussehen geben (vgl. Didemnum cereum, Fig. 1, Taf. X). Manchmal werden die Stöcke ganz weiss und farblos (Leptochinum maculatum M. Edw.); zuweilen wird aber auch der Farbenton ein dunklerer. Das gelbliche Didemnum sargassicola Giard, das durch- sichtige, weiss punktirte Diplosoma erystallinum Giard werden im Herbste dunkelblau, das helllila- oder malvenfarbene Diplosoma spongiforme Giard wird dunkelgrau (Giard). Sehr eigenthümlich zeigt sich nach Caullery die Herbstfärbung bei einer Parascidia, die er als P. Giardi bezeichnet, die aber, wenn sich seine Ansichten bestätigten, P. punctum genannt werden müsste. Hier treten nämlich jederseits an der Egestionsöffnung zwei röthliche, an die sog. Ocellen von Morchellium argus erinnernde Pigmentflecke auf, und Caullery ist der Ansicht, dass diese Herbstform bereits von Giard (1873) unter dem Namen Amarouecium punetum be- schrieben worden sei. Im Gegensatze zu diesem nur zu bestimmten Jahresperioden auf- tretenden Farbenwechsel finden andere durch äussere Ursachen bedingte Verfärbungen nicht periodisch statt. Hierher gehören die durch die Ein- wirkung des Lichtes hervorgerufenen Veränderungen in der Färbung, auf die zuerst Giard (1872, p. 550) hingewiesen hat. Starke Belichtung 206 Aseidien. wirkt auf .Botryllus schädigend ein; die betroffenen Zooide erzeugen ein gelblichweisses Pigment, das nicht in bestimmten Linien sich anordnet, sondern die ganze Oberfläche bedeckt, gleichsam um die Thiere zu be- schatten. Die belichteten Zooide unterscheiden sich daher in ihrer Färbung recht merklich von den normalen. (vgl. Fig. 5, Taf. X.) An dieser Stelle muss auch an die oben (p. 202) bereits beschriebenen durch Parasiten bedingten Färbungen erinnert werden. In den meisten Fällen werden allerdings die Parasiten schon in ganz jugendlichen Stadien die Ascidie befallen, namentlich da, wo sie als fast beständige Genossen nachgewiesen sind (Fragaroides), so dass von einem Farben- wechsel nicht eigentlich die Rede sein kann. Immerhin aber liest die Möglichkeit vor, dass auch noch ältere Thiere durch Invasion einzelliger Algen in ihrer Färbung beeinflusst werden (Perophora?). Chemismus der Pigmente. Die Systematiker haben die chemische Beschaffenheit der die allgemeine Körperfärbung bestimmenden Pigmente nur insofern berücksichtigt, als sie über deren Verhalten in den gebräuch- lichsten Conservirungsflüssigkeiten einige Mittheilungen machen. Darnach ist die scharlachrothe Farbe, die bei Leptoclhinum coccineum schon bei den in Aquarien lebenden Thieren schwindet, überall ausserordentlich wenig resistent, und Lept. coceineum und Lacazei werden im Alkohol ganz hell. Auch das Weinroth von Didemnoides macroophorum geht im Alkohol verloren und wird zu einem opaken Weiss (Drasche). Ebenso ist das oben (p. 201) erwähnte braune Pigment der homogen gefärbten Zellen von Distaplia rosea in Alkohol löslich, während die kleinen festen Granula der rosa Zellen ungelöst bleiben (Caullery). Unlöslich in Alkohol und Essigsäure sind auch die schwarzbraunen Pigmente im Ek- toderm von Diplosoma gelatinosum. In anderen Fällen erfolgt im Alkohol ein oft auffallender Farben- wechsel. So wird das Scharlachroth der Goodsiöria coccinea Cunn. blau- grau, der Good. borealis Gottschaldt dunkelblau ins Rothe schimmernd. Bei Dotryllordes eyanescens Giard verwandeln sich so wie in der Gefangen- schaft auch bei den in Alkohol conservirten Thieren die grünen Pigment- zellen zu den Seiten des Endostyls und zwischen den Kiemenspaltenreihen in Blau. Ueber den rothen Farbstoff der Öynthien und Didemniden be- richtet eingehender Krukenberg (1880, p. 104). Der Farbstoff ist ein wenig lichtempfindlich, löst sich in Aether, Alkohol und Natronlauge mit mehr oder weniger gelbrother Farbe und wird durch kalte Schwefelsäure langsam entfärbt. Seine alkoholische Lösung zeigt keinen Farbenwechsel beim Einleiten von Kohlensäure, Sauerstoff und Kohlenoxydgas und besitzt im Spectrum kein Absorptionsband. Bei einigen Formen (Cynthia micro- cosmus Cuv.) kommt, wie schon die Orangefärbung vermuthen lässt, der rhodophanartige Farbstoff mit einem gelben, vielleicht an Fettstoffe ge- bundenen Lipochrom vergesellschaftet vor. Der alkoholische Auszug ist hier orangeroth, und seine Verdampfungsrückstände sind, in Schwefel- Chemismus der Pigmente. 207 kohlenstoff gelöst, purpurroth (Krukenberg). Auch die verschiedenen Farbstoffe zahlreicher Synascidien kommen mit gelben, rothen oder gelb- grünen Lipochromen vermischt vor. Die letzteren verhalten sich überall sehr übereinstimmend, die ersteren sind dagegen noch recht ungenügend bekannt und stellen der Untersuchung erheblichere Schwierigkeiten be- sonders deshalb entgegen, weil sie sich nicht unzersetzt in Lösungen bringen oder, da sie einer Verseifung nicht widerstehen, von den Lipo- chromen nicht hinreichend reinigen lassen (Krukenberg). Das violette, im ganzen Stock vertheilte Pigment von Botryllus violaceus verwandelt sich in alkalischen Flüssigkeiten und Süsswasser, die auch Lösungsmittel für alle Lipochrome sind, in einen gelbbraunen Farbstoff. Wird die Ascidie mit Kalilauge betupft, so entstehen gelb- braune Flecke, die durch Essigsäure wieder violett werden. Es scheint also, dass der violette Farbstoff nur in festem Zustand bestehen könne und an eine saure Beschaffenheit der Gewebe gebunden sei. Der Ver- dampfungsrückstand der gelbbraunen alkoholischen Pigmentlösung löst sich weiterhin noch in Schwefelkohlenstoff mit oranger Farbe (Krukenberg). Ueber die Herkunft und Bildungsweise der Pigmente scheint nichts Sicheres ermittelt zu sein. Nach Giard (1375) sollen die in der Intercellularsubstanz des Cellulosemantels liegenden Farbstoffe bei Bo- tryllus Schlosser‘ Pall. den Pflanzen (Algen, besonders Florideen) ent- nommen sein, welchen die Botryllen aufsitzen, und es scheint, dass Giard sich den Uebertritt als einen einfachen endosmotischen Vorgang vorstellte. Auch Krukenberg (1882, p. 49) dachte anfänglich daran, dass der gelbe Farbstoff, allerdings der Blutzellen, von Ascidia fumigata einer Spongie, Aplysina aerophoba, entstamme, auf der jene Ascidie sehr häufig fest- geheftet ist, hat aber später seine Ansicht nieht bestätigt gefunden, da er nachweisen konnte, dass das gelbe Blutpigment jener Aseidie nicht echtes „Aplysinofulvin“ sei. Wie die vornehmlich die allgemeine Körperfarbe bestimmenden Pig- mente des Ektoderms oder des Cellulosemantels aus solchen Farbstoffen des Blutes, von denen sie sich im Aussehen auffallend unterscheiden, gebildet werden, ist im einzelnen nicht aufgeklärt. Erörtert wurde be- sonders die Herkunft des schwarzen Mantelpigmentes der Ascdia fumigata aus dem gelben Farbstoff der Blutzellen, und es scheint in der That eine derartige Beziehung hier zu bestehen und auf der Fähigkeit des gelben Blutes zu beruhen, durch Kohlensäure oder andere Agentien und nach dem Tode des Thieres eine tiefschwarze Farbe anzunehmen. Ob es aber genau die gleichen melanotischen Processe sind, die, wie die zuletzt an- geführten nach dem Tode, auch im lebendigen Organismus das schwarze Mantelpigment erzeugen, ist zweifelhaft. Fast möchte es scheinen, dass sie es nicht sind, denn der schwarze Farbstoff im Mantel wird durch Kochen mit Salzsäure nicht in einer ähnlichen Weise aufgehellt wie das Blut, wenn es durch Alkalien, Siedehitze oder auch spontan schwarz geworden ist. Vielleicht stellt das schwarze Mantelpigment nur ein 208 Ascidien. resistenter gewordenes Umwandlungsproduct des melanotisch verfärbten gelben Blutfarbstoffes dar (Krukenberg 1882, p. 50). 6. Die chemische Beschaffenheit. Die auffallendste Eigenthümlichkeit im ehemischen Verhalten der Ascidien ist das Vorhandensein von Cellulose. Als C. Schmidt im Jahre 1845 zum ersten Male diese stickstofffreie Substanz, die man bisher aus- schliesslich im Pflanzenreich angetroffen hatte, in thierischen Geweben bei Ascidien nachwies, erschien diese Entdeckung so wenig mit den herrschenden theoretischen Auffassungen im Einklang, dass sofort von inehreren Seiten Nachuntersuchungen vorgenommen wurden (Loewig und Kölliker, 1846) und die Pariser Academie eine eigene Commission einsetzte, um den Sachverhalt prüfen zu lassen (Payen, 1846). Alle diese und die späteren Untersuchungen haben Schmidt’s Angaben im wesentlichen bestätigt, und so galten die Tunicaten als die einzigen thierischen Organismen, welche Cellulose produeiren. In neuerer Zeit hat H. Ambronn (Cellulose-Reaction bei Arthropoden und Mollusken. Mitth. Zoolog. Station Neapel. Bd. 9, 1890) in verschiedenen Geweben zahlreicher Mollusken und Arthropoden Cellulose zwar nicht isolirt, aber. ihr Vorhandensein durch qualitative Reactionen nachweisen oder doch wenigstens im höchsten Maasse wahrscheinlich machen können. Bei den chemisch weitaus am besten untersuchten grösseren Monascidien findet sich diese stickstofffreie Substanz fast ausschliesslich im äusseren Mantel. Nur gewisse Bindegewebsfasern der Cynthien bestehen auch aus Cellulose, während bei den Salpen diese Substanz in der sog. Tunica interna weiter verbreitet sein soll. Es wird daher das Vorkommen von Cellulose erst im folgenden Kapitel besprochen werden. An dieser Stelle möchte ich nur das vorbringen, was sich auf die chemische Beschaffenheit des ge- sammten Ascidienleibes bezieht. Es liegen hierüber, soviel mir bekannt geworden ist, nur wenige zuverlässigere Angaben vor. Schäfer (1871) hat ausser Phallusca mammillata auch Pyrosoma und Salpen untersucht; es lässt sich aber aus seinen Mittheilungen nicht genau entnehmen, ob die nachfolgenden Zahlen sich nur auf eine dieser Formen beziehen oder allgemein gültige Mittelwerthe darstellen. Der Gehalt an stickstofffreier Substanz betrug 23,73°/, der bei 100° C. ge- trockneten Thiere. Ueber die chemische Zusammensetzung der leben- den Thiere betrachtet Schäfer selbst seine Angaben als nicht vollständig genau, da ihm nur conservirtes Material zur Verfügung stand. Immerhin aber dürften sich die Grössen in der nachfolgenden Tabelle nur unwesent- lich ändern: Wasser — 94,8575 {u Cellulose — 1,2200%, 17009, Stickstoffhaltige Substanzen — 3.2200 %/, bi Asche — 5 Was Kun, Tafelerklärung. Für die Abbildungen aller nachfolgenden Tafeln gelten die gleichen Buchstaben- bezeichnungen : A Vorn. D Dorsal. H Hinten. L Links. R Rechts. V Ventral. a Aeussere Wand des Peribranchialraums. af After. b Innere Wand des Peribranchialraums. bb Blutbahnen. bg Bindegewebszellen. bz Blutzellen. e Cellulosemantel. ch Chorda. el Cloake. d Darmumspinnende Drüse. df Dorsalfalte des Kiemendarms. e Egestionsöffnung. e, Die Oeffnungen der beiden primären Peribranchialeinstülpungen. eb Elaeoblast. ec Ektodermale Leibeswand. el Eileiter. en Entoderm. ep Endostylfortsatz oder Epicardium. es Endostyl. f Follikel des Eies und Embryos. fd Flimmerbogen. fg Flimmergrube, sog. Hypophysis. fk Flimmerkamm, medianer Flimmer- streifen auf der hinteren Kiemen- darmwand. fl Längsflimmerbänder an den Seiten des Endostyls. fr Flimmerreifen des Kiemendarms, quer verlaufend. g9 Ganglion. gl Gallerte, die primäre Leibeshöhle er- füllend, resp. innerer Cellulosemantel. h Hoden. hf Follikuläre Wand der Hodenlappen. hp Haftpapillen. hz Herz. i Ingestionsöffnung. it Intestinum. kd. Kiemendarm. ks Kiemenspalten. ! Primäre Leibeshöhle. Bezeichnungen, die in der Erklärung gelten nur für diese. !b Lobi um die Ingestions- und Egestions- öffnungen. If Längsfalten des Kiemendarms. Im Längsmuskel. m Magen. mb Muskelbänder. md. Mitteldarm. me Muskel (Sphincter) der Egestionsöffnung. mg Mantelgefässe. mi Muskel (Sphineter) der Ingestions- öffnung. ms Mesenchymzellen. mt Mantelzellen, ausgewanderte Mesen- chymzellen. mz Muskelzellen. n Dorsaler Nervenstrang. nr Primäres Nervenrohr des Embryos resp. der Knospe. o Ovarium resp. Eizelle. oc Auge. oe Oesophagus. ot Otolith. p Peribranchialraum, resp. die beiden primären Peribranchialeinstülpungen. pc Pericardium. pl Placenta. pz Pigmentzellen und Pigment. qb Quer zwischen den Kiemenspaltenreihen verlaufende Blutbahnen. r Rectum. rm Ringmuskel. sb Sinnesblase. sd Subneuraldrüse, sog. Hypophysisdrüse. sl Samenleiter. sm Schwanzmuskel. st Stolo prolifer. t Tentakel der Ingestionsöffnung. tr Trabekel im Peribranchialraum, tz Testazellen. zr Rückenzapfen des Kiemendarms. zs Seitenzapfen des Kiemendarms. einzelner Figuren besonders angeführt sind, Die Abbildungen, bei welchen kein Autorname angegeben ist, sind Originale. III. Spplt. 7a u a au a if Keira > eu j j - Eu 24 nl: . TR sl A Te } y (TR 4 ke " A R Be a uxe ii : 2 ur ; E ERIIRN lade T ee ER Date una BERN 075 1%. a ng er Via a 1 er Karel f E . } j j la JALH 4 AN # ER HH t Gau SON NEN rt a PEREER a I i Dr A en EN Pa D s r % ni 2 BALTIPIT. til. zisy ua \ F la ö u ar v h x N : tn MIA Z 358 » ‚ ze ‘ A Hill Feier eı Ban.“ e vn ‘ } nn 4 1 TANTE | N it ER De | = i Bra ra, ‘ an Yu m, } I}; ’ j i t | | we # | . % i ’ ı - 2 ’ ' E \ = # j) Pr I Wn | =» A > f x ı& ir DERTEN 2. r « naar zn 1 r a ir Erklärung von Tafel VII. Ascidien. Fig. ir 6. Schematischer Durchschnitt durch den Rumpfabschnitt einer Appendicularie. gh —= Gehäuseanlage. sp — Spiracularhöhle, homolog dem Peribranchialraum der Ascidien. S . Schematischer Durchschnitt durch einen Aseidienembryo beim Beginn der Peribranchial- raumbildung. . Schematischer Durchschnitt durch den Rumpfabschnitt einer mit drei Kiemenspalten- reihen versehenen Didemnum-Larve. Z. Th. nach der Darstellung Lahille’s. . Frontaler Längsschnitt durch eine junge, eben festgesetzte Oiona intestinalis, die jederseits erst zwei breite Kiemenspalten entwickelt hat. 230, . Schematischer Querschnitt durch eine junge Olavelina nach Ausbildung der Egestions- ölfnung. Halbschematischer Querschnitt durch den Thorax einer jungen Olavelina hinter der Egestionsöffnung. Auf der linken Seite der Abbildung ist der Schnitt durch eine Kiemenspaltenreihe, rechts zwischen zwei Reihen geführt. In allen Abbildungen bedeuten: gelb, das Ektoderm und seine Derivate; blau, das Entoderm; roth, das Mesoderm. Lith.Anst Julius KlinkkardtLeipzig. Erklärung von Tafel VIn. 58 Ascidien. Fig. . Querschnitt durch den Thorax einer geschlechtsreifen Olavelina. Der rechte Peri- Sb) branchialraum ist mit Embryonen erfüllt. Cire. 25, em — Embryonen im Peribranchialraum. . Querschnitt durch das Abdomen einer geschlechtsreifen Clavelina in der Höhe des Magens, Circ. 38, . Querschnitt durch das Abdomen einer geschlechtsreifen Clavelöina hinter dem Magen. Cire. “u, . Halbschematischer frontaler Längsschnitt durch eine Perophora,. Auf der linken Seite der Zeichnung (rechte Seite des Thieres) hat der Schnitt vier hintereinander liegende Spalten der vier Kiemenspaltenreihen getroffen; rechts ist der Schnitt in jeder Reihe zwischen zwei Kiemenspalten geführt gedacht. . Halbschematischer Querschnitt durch einen geschlechtsreifen Botryllus. Embryonen auf verschiedenen Stadien der Entwicklung liegen z. Th. noch in der primären Leibes- höhle, z. Th. bereits in den Peribranchialräumen. em —= Embryonen innerhalb des Follikels. ;. Querschnitt durch eine junge Knospe von Botryllus polyeyclus Sav. 148, Tunicata. Tat \dll. Lith.Anst. Julius Klinkhardt,Leipzig. ir; sie ” zu KW Kat; ie Ze v N " de. | 4 e Bikc rung vo von Tafel 2: et ae lrenrern: aPpoamHmg [er -—] Cynthia morus Forbes. Gelbe Varietät. a . Cynthia morus. Junges Thier der rothen Varietät 2. . Forbesella tessellata Forbes auf Fucus. Sehr schwach vergrössert. . Stolonica aggregata Forb. u. Hanl. auf einer Gorgonide. 4, . Styelopsis grossularia P. V. Bened. Aggregirte Form. 4, . Styelopsis grossularia. Solitäre Form, auf einem Steine sitzend. 5, . Heterocarpa glomerata Lac. u. Del. 3, 1 Alle Abbildungen nach Lacaze-Duthiers und Delage. Seeliger, Tunicaten. Taf. X. % P e Erklärung von Tafel X, Ascidien. . Botryllus violaceus var. violaceus. circ. 1» . Botryllus violaccus var. nigricans. eire. 10 Zwei Oolonien von Didemmum cereum Giard; die obere zur Ueberwinterung vorbereitet, mit weissen, durch Spieulahaufen hervorgerufenen Flecken. 4, Botryllus violaceus var. eyaneus. eirc. 10 1 Botryllus violaceus. Zwei Zooide verfärbt durch den Einfluss des Lichtes, die übrigen normal. eire. 10, . Amaroucium densum Giard, durch Kälte beeinflusst. Ganz schwach vergrössert. Fig. 1—6 nach Giard. . Botrylloides luteum Drasche. Polycyclus Renieri Lamarck. e Amaroucium torquatum Drasche. . Distaplia lubriea Drasche. Leptoclinum exaratum Grube. Leptoclinum fulgens M. Edwards. Diplosoma chamaeleon Drasche. Didemnum lobatum Grube. Aplidium asperum Drasche. Didemnoides macroophorum Drasche. Auf Steinalgen sitzend. Fig. 7—16 nach Drasche. Natürliche Grösse. Fig. 2. TE nein an m o- Fig. 14. d . “ser® 7 . . Erklärung von Tafel X1. Ascidien. Fig. . Optischer Durehschnitt durch ein System von Botryllus violaceus M. Eds. Nur ein IN Zooid ist vollständig abgebildet. eire. 35, em = Embryonen im Peribranchialraum; % = Gemeinsame Cloake des Systems. Oozooit mit einer älteren Knospe (kn), die ebenfalls bereits eine zweite Knospe (kn,) bildet; von der Dorsalseite gesehen. Das flache scheibenförmige Thier sitzt mit der Ventralseite einer Ciona auf. Botryllus spec.? 75, Längsschnitt durch die Egestionsöffnung von Botryllus (violaceus?). A a — äussere, b = innere Ringmuskelfasern; % = Krause der Egestionsöffnung. Stück aus dem Rand der gemeinsamen Cloake eines Systems von Botryllus violaceus ; Egestionsöffnungen und Analzungen von zwei Zooiden. 120, 2 = Längsfaltungen des Cellulosemantels. Uebrige Bezeichnungen wie in Fig. 3. Schnitt durch ein Mantelgefäss mit benachbarten Mantelzellen. Botryllus violaceus. 27°, |: ler . Schnitt durch ein diekwandigeres Gefäss aus derselben Serie. 270, . Mantelgefässwand in Flächenansicht. 1000, Seeliger, Tunicaten. Taf. A. Chemische Beschaffenheit der Aseidien. 209 Genauer scheinen die Untersuchungen Krukenberg’s zu sein (vgl. Phys. Stud: I., II. Abth. p. 96, 1880), die sich auf Botryllus (violaceus?) beziehen und mit lebenden Thieren begonnen wurden. Das Mittel aus 4 Beobachtungsreihen lässt sich durch folgende Zahlen darstellen: 100 Theile der lebenden Ascidie enthalten: Wasser — 393.61 : ; e Ne "sa $ Organische Materie — ale) Feste Stoffe = 6,39: : 5 Bas: | Anorganische Materie — 3,255 100 Theile des Troekenrückstandes enthalten: Organische Substanzen = 49,087 Anorganische Substanzen — 50,965. _ Als bemerkenswerthes Ergebniss zeigt sich, dass im Mittel, sowie auch stets in den vier Einzelfällen, der Wassergehalt von Botryllus über 90 %/, betrug, während von den Trockenrückständen durchschnittlich mehr als die Hälfte aus anorganischen Substanzen gebildet wurde. So wie bei Rhizostoma und bei Actinien verwandelt sich bei anhaltendem Glühen der Trockenrückstand von Botryllus in eine eisenhaltige Schmelze. Die festen organischen und anorganischen Substanzen im Ascidien- körper sind vorwiegend nur insoweit untersucht worden, als sie sich im äusseren Mantel abgelagert finden, und sollen daher erst weiter unten besprochen werden. Ohne eine genauere quantitative Analyse zu geben, erwähnt A. Hilger folgende Mineralbestandtheile, die zwar hauptsächlich im Cellulosemantel von Phallusia und Ascidia ruhen, aber auch dem inneren Weichkörper nieht ganz fehlen dürften. Es fanden sich Chlor- natrium in Spuren, Kieselsäure in kleinen Mengen, schwefelsaurer Kalk, phosphorsaurer Kalk und Spuren von Eisen. Die Carbonate der alkalischen Erden fehlten vollständig. Hilger hat seine Ergebnisse durch directe Untersuchung der Thiere in wässeriger und verdünnt-salz- saurer Lösung gewonnen, nicht durch Analyse der Asche, was er besonders hervorheht, weil der Schwefelgehalt vieler Albuminate stets beim Ver- brennen Schwefelsäure liefern muss und die Tunieaten neben Cellulose im Mantel auch chondrigene Substanz führen. Ueber das Vorkommen chondrigener Substanz bei Ascidien hat zuerst Schäfer (1871) berichtet, ohne jedoch festzustellen, ob diese Materie lediglich auf den Cellulosemantel beschränkt ist. Die wässerige Lösung, in der die Thiere gekocht worden waren, zeigte nach Concen- trirung durch Eindampfen schwache Opalescenz, konnte aber nicht bis zum Gelatiniren gebracht werden. Durch ein complicirtes Verfahren gelang es jedoch, Chondrin bei Pyrosomen direct nachzuweisen, obwohl die Menge so gering war, dass sie quantitativ nicht bestimmt werden konnte. Mac Munn (1889) hat auf spectroskopischem Wege den Chemismus der im ganzen Körper vertheilten Pigmentstoffe einer Anzahl einfacher und zusammengesetzter Aseidien festzustellen versucht. Er operirte vor- wiegend mit alkoholischen Pigmentlösungen, gelangte aber bei Tunieaten zu keinen wesentlich neuen Ergebnissen. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 14 210 Aseidien. II. Der äussere Cellulosemantel. Der Cellulosemantel bildet die äusserste Leibesschicht aller Aseidien. Sowohl in der älteren als neueren und neuesten Literatur finden wir für dieses Organ überaus zahlreiche synonyme Bezeichnungen. Milne Edwards, der in der gesammten Leibeswandung der Ascidien drei Schichten unterschieden hatte (vgl. oben p. 167), nannte den Cellulose- mantel entsprechend seiner oberflächlichen Lage Tunica externa, eine Bezeichnung, die auch Huxley, Hancock und andere anwendeten. Spätere Autoren (Lacaze-Duthiers, Kupffer, Roule) gebrauchten dann dafür einfach den abgekürzten Ausdruck Tunica; da sie Milne Edwards’ zweite Tunicaschicht mit anderen Namen (Mantel, Leibeswandung, Haut) belegten, war eine Verwechselung mit dieser ausgeschlossen. Sehr ver- breitet hat sich die alte Savigny’sche Benennung des Cellulosemantels als Testa, die namentlich von englischen und auch deutschen Autoren vielfach gebraucht wird (Herdman, Drasche). Diese Bezeichnung schien besonders so lange berechtigt zu sein, als man eine nahe verwandt- schaftliche Beziehung zwischen den Aseidien und Lamellibranchiaten an- nahm und die Schalen der letzteren mit dem Cellulosemantel der ersteren homologisirte.e Doch wird der Name Testa auch von solchen Forschern festgehalten, die, wie die zuletzt genannten, eine derartige Homologie durchaus nicht anerkennen, während andererseits wieder Autoren, die auch gegenwärtig noch für jene Homologisirung eintreten, den Gellu- losemantel nicht Testa, sondern Tunica nennen (Lacaze-Duthiers). Andere Benennungen Savigny’s, wie z. B. enveloppe exterieure oder sac cartilagineux exterieur haben allgemeinere Verbreitung nicht finden können, obwohl sie nicht unzutreffend sind. Dagegen muss die mehrfach angewendete Bezeichnung des Cellulosemantels als Cuticula als durchaus verfehlt zurückgewiesen werden, da der Mantel ein wohl entwickeltes zellenhaltiges Gewebe von bestimmtem histologischem Bau und keine Cuticula ist. Die namentlich von deutschen Forschern (Hertwig, Semper*) gebrauchte Benennung Cellulosemantel, Ascidienmantel ist auch in diesem Werke verwerthet, und häufig ist auch einfach nur Mantel gesetzt. Es bedarf hier wohl keiner besonderen Ausführung, dass dabei an eine Homologisirung mit dem Mantel der Mollusken nieht im ent- ferntesten gedacht ist. Wie oben schon (p. 167) erwähnt wurde, erscheint die Bezeichnung Mantel nach dem Vorgange Savigny’s auch gegenwärtig noch von zahlreichen Forschern (Lacaze-Duthiers, Herdman, Drasche) in einem ganz anderen Sinne angewendet, als es hier geschieht. Es werden nämlich unter diesem Namen die zwischen dem ektodermalen Hautepithel und der äusseren Peribranchial- resp. Cloakalwand sich aus- *) Semper hat zwar die Bezeichnung Cellulosemantel angewendet, aber doch die Ansicht vertreten, dass das Organ am passendsten „geschichtete Cellulose-Epidermis“ zu benennen sei. Er ging dabei von Vorstellungen über die Entstehung des Mantels aus, die nunmehr als irrthümlich erkannt worden sind. Der Cellulosemantel an den beiden Körperöffnungen. 211 breitenden mesodermalen Gewebe (Muskulatur, Bindegewebe, Blutbahnen) zusammengefasst. Ein Missverständniss wird dadurch hier nicht entstehen können, da der Ausdruck Mantel im Sinne Savigny’s von mir nicht ver- wendet wird. Ich halte es überhaupt für überflüssig, einen besonderen zusammenfassenden Namen für jene verschiedenen Gewebe einzuführen, und erachte die Bezeichnung Mantel für ganz besonders unzweckmässig, weil sie auf falsche Vorstellungen über Homologien mit Mollusken zurück- zuführen ist. 1. Allgemeine und äussere Beschaffenheit des Cellulosemantels. Der Gellulosemantel umgiebt den vom ektodermalen Hautepithel um- erenzten Ascidienkörper als schützende Hülle und erscheint, namentlich in conservirten 'Thieren, sehr häufig als eine allseitig scharf abgetrennte Schicht. Es ist oben (p. 167) bereits ausgeführt worden, wie diese Eigen- thümlichkeit zur Bezeichnung der Ascidien als Diehitonida Veranlassung gegeben hat. Verhalten des Mantels an den beiden Körperöffnungen. Nur an den beiden Körperöffnungen ist stets der Mantel mit den inneren Leibesschichten fest und innig verwachsen. Die älteren Autoren stellten sich vor, dass hier der Mantel (die sog. Tunica externa) sich nach innen umschlagen und direct in die sog. Tunica interna oder muscularis De- ziehungsweise in den Kiemensack übergehen sollte. Das wahre Verhalten der Mantelränder an der Mund- und Egestionsöffnung ist erst durch O0. und R. Hertwig (1872) klar erkannt worden. Wie jeder Längs- schnitt durch die betreffenden Körperregionen deutlich lehrt (vgl. die nebenstehende Textfigur 32), setzt sich der Cellulosemantel in keine andere Leibesschicht direct fort, sondern er besteht überall als eine wohl abgegrenzte besondere Lage über dem einschichtigen Ektodermepithel. Nur dieses letztere geht hinter der Mundhöhle in das Entoderm des Kiemendarmes, an der Egestionsöffnung in das Epithel der Cloakenhöhle und der Peribranchialräume über. Der Gellulosemantel schlägt sich an beiden Körperöffnungen zwar ebenfalls nach innen ein, um die Mundhöhle und die Egestionsöffnung innen auszukleiden, endigt aber mit trichter- förmigen Rändern an den Mundtentakeln beziehungsweise in der Tiefe des Egestionscanals. Der an beiden Körperöffnungen eingestülpte Theil des Gellulosemantels (tunique reflechie Lacaze-Duthiers’) ist mit dem Ektodermepithel in der Regel fester verwachsen als der an der Aussen- seite des Thieres gelegene. (Vgl. hier auch Fig. 3, Taf. XI.) Gegen diese Darstellung ist in neuerer Zeit von Maurice (1888) Widerspruch erhoben worden, und auch Lacaze-Duthiers und Delage (1892, p. 25 fe.) sind geneigt, dessen Anschauung zu theilen. Der Gegensatz gründet sich darauf, dass an der Aussenseite des Cellulose- mantels bei Fragarordes aurantiacum ein äusseres Ektodermepithel vor- handen sein soll, das zwar bei älteren Thieren an vielen Stellen obliteriren könne, gerade aber über dem in die Mund- und Egestionsöffnung sich 14* 912 Aseidien. einschlagenden Mantelgewebe deutlich erhalten bleibe. Dort setze es sich nach innen zu in die Epithelauskleidung der Mundhöhle resp. in (das Tentakelepithel und in das Epithel der Cloakenhöhle fort, und es bestände daher durchaus nicht die von OÖ. und R. Hertwig betonte scharfe Fig. 32. Medianer Längsschnitt durch die vordere Körperregion von Clavelina lepadiformis. Aus mehreren Schnitten combinirt. Circa '°/,. Etwas schematisirt. a — äussere Wand der Cloakenhöhle; e — Cellulosemantel; e = Egestionsöffnung; ee — Ektodermepithel; en — Entoderm; fb —= Flimmerbogen; fg = Flimmergrube; 4 — Ganglion; © —= Ingestionsöffnung; Im — Längsmuskeln; nd — Neuraldrüse; p = weisse Pigmentzellen; rm —= Ringmuskeln; t = Tentakel. Trennung des äusseren Cellulosemantels von der sog. Tuniea interna. Ein solches eontinuirliches äusseres Mantelepithel besteht aber in Wirklichkeit nicht, und es kann sich hierbei entweder nur um oberflächlich gelagerte Mantelzellen handeln (vgl. unten p. 227) oder um eine nachträgliche Wucherung des Epithels der Mund- oder Cloakenhöhle über den innersten Rand des eingestülpten Gellulosemantels hinweg. Das letztere findet in der That bei Cynthia statt. Lacaze-Duthiers und Delage haben bei Cynthia morus Forb. am hinteren Ende des in die Mundhöhle eingestülpten Cellulosemantels einen continuirlichen Zell- belag feststellen können und diesen, so wie es Maurice bei Fragaroides gethan hatte, auf ein ursprüngliches änsseres Ektodermepithel zurück- Der Cellulosemantel an den beiden Körperöffnungen. 213 zuführen versucht. Aus diesen Zellen sollten, wie sie anzunehmen geneigt waren, die Stacheln der Mundhöhle hervorgehen. Ich habe diese Zell- schicht bei Cynthia papillosa ebenfalls gesehen (ec, Textfigur 33), mich aber davon überzeugen können, dass sie sich dadurch bildet, dass das Ektodermepithel der Mundhöhle (eec,), da wo es sich in die vordere Epithel- wand der Tentakel umschlägt, eine Falte entwickelt und über den hier Fig. 33. {I | II) N ini | Min N) INN) ır 1119] | IN! | YA ll Längsschnitt durch Jie Tentakelregion von Cynthia papillosa. °’/;. A die Ursprungsstelle der Ektodermfalte aus demselben Schnitt bei stärkerer Ver- grösserung 1#/,. bb = Blutbahnen z. Th. mit Blutzellen; e = innerstes Ende des die Mundhöhle aus- kleidenden Cellulosemantels, dessen Structur nicht eingezeichnet ist; ee = ektodermale Leibeswand; ec, = Ektodermepithel der Mundhöhle und der Tentakelbekleidung; ec, = Ekto- dermfalte, das Hinterende des eingestülpten Cellulosemantels bedeckend; gt = Gallerte (Intercellularsubstanz) die primäre Leibeshöhle erfüllend; Im —= Längsmuskeln ; mz = Mesen- chymzellen ; #» = Nervenstamm; rm = Ringmuskelzüge; # = Tentakelwurzel. sehr dieken hinteren hand des eingestülpten Gellulosemantels hinweg wächst. In mehreren Schnitten ist an der Wurzel der Falte dieser Ursprung klar zu erkennen (Textfigur 33 A ec,), während der weiter vorwachsende vordere Theil des Zellbelags weniger regelmässig gestaltet ist. Jene trichterförmigen Einstülpungen des Cellulosemantels in die beiden Körperöffnungen sind von hoher Bedeutung für die Bewegung der beiden Siphonen. Die Längsmuskeln und besonders die zahlreichen Ringmuskeln der Siphonen können bei Öontraction nur den Verschluss der Oefinungen bei gleichzeitiger Einziehung der äusseren Ränder herbeiführen. Der Verschluss 214 Ascidien. geschieht, indem infolge der Muskelthätigkeit die Ränder des eingestülpten Cellulosemantels aneinander gepresst werden. Bei Nachlass der Contraction wird natürlich auch die Muskulatur selbst zur früheren vollen Länge sich zu strecken bestrebt sein, aber wesentlich wird doch die Oeflinung durch die Elastieität des comprimirten Mantelgewebes unterstützt, die den Sphincteren entgegenwirkt. Die Befestigung des Randes des eingestülpten Cellulosemantels an den Mundtentakeln hat noch die weitere Bedeutung, dass diese durch die Bewegungen des ganzen Siphos direct betroffen werden. Beim Verschluss des Mundes werden sie durch den sich weiter einwärts vorschiebenden Mantelrand in die Kiemendarmhöhle hineingedrängt, bei sich erweiternder Oeffnung nach aussen zu hervorgezogen. Eigene Muskeln in den Tentakeln erhöhen zuweilen deren Beweglichkeit. Beschaffenheit der Manteloberfläche. Die Oberfläche des Cellu- losemantels erscheint auf jugendlichen Entwicklungsstadien dem blossen Auge oder bei ganz schwachen Vergrösserungen in der Regel glatt. Nur an der Festheftungsstelle erheben sich meistens einige Mantelfortsätze, die an Umfang und Zahl später gewöhnlich noch beträchtlich zunehmen. Bei völlig entwickelten Thieren ist dagegen der Mantel nur seltener ganz glatt (z. B. einige Ciona). Fast immer finden sich dagegen mehr oder minder tiefe Furchen, buckel- und warzenförmige Erhebungen, Quer- oder Längsrunzelungen, tentakelartige oder lappenförmige Mantelfortsätze und dergl. Gewöhnlich sind diese Unebenheiten ganz regellos über die Oberfläche vertheilt, zuweilen aber ziehen die Furchen in ganz bestimmten Richtungen, sodass regelmässige Zeichnungen entstehen. Es ist bereits oben (p. 189) erwähnt worden, dass bei einigen Synascidien aderähnlich verzweigte Furchen eine blattähnliche Zeichnung des Cormus hervorrufen (Leptoclinum coccineum und L. granulosum Drasche), bei anderen wieder regelmässig verlaufende gerade Furchen die Oberfläche in polygonale Felder zerlegen (Leptochinum exaratum Grub... Auch bei Monascidien werden solche Täfelungen der sonst gleichartigen Mantelsubstanz durch in bestimmten Richtungen verlaufende Linien und Rinnen hervorgerufen. Sehr stark ausgeprägt ist das bei Forbesella tessellata Forb. der Fall, bei der ziemlich regelmässige hexagonale Felder auftreten; jedes von diesen zeigt in der Mitte einen farbigen Fleck (Textfigur 34). Häufig ist eine bestimmte Beschaffenheit der Manteloberfläche für eine Art constant und charakteristisch (z. B. die blattähnliche oder poly- eonale Zeichnung für die betreffenden Leptochknum, die buckelförmigen Erhebungen und tiefen Rinnen für Phallusia mammellata). Sehr oft aber ist das Verhalten der Manteloberfläche so variabel, dass die individuellen Variationen beträchtlicher erscheinen, als in vielen anderen Fällen die Species- oder Gattungsunterschiede So fehlen zuweilen bei Cynthia morus Forb. die Höcker und Buckel, die in der Regel ziemlich scharf umgrenzt sich über die Oberfläche erheben (vgl. Fig. 1 und 2, Taf. IX). Ebenso kann Polycarpa varians Hell., die in der Kegel mit grossen Beschaffenheit der Manteloberfläche. 215 Tuberkeln besetzt ist und nach Heller stets sehr mächtige Runzeln be- sitzen sollte, zuweilen fast ganz glatt sein. Auch bei Cynthia sigillata Lae. und Del. und Styela variabilis Hanc. kommen ziemlich auffallende Verschiedenheiten in der Beschaffenheit der Manteloberfläche vor (Lacaze- Duthiers und Delage). Am merkwürdigsten ist aber vielleicht in dieser Beziehung Forbesella tessellata, deren eben beschrie- bene Eigenthümlichkeit des Mantels die Species- bezeichnung tessellata veranlasst hat. Lacaze und Delage beschreiben ein Individuum, das keine Spur der Täfelung erkennen liess und eine ganz glatte Oberfläche besass. Da überdies auch die äussere Färbung verschieden war, konnte nur an der vollkommenen Uebereinstimmung des inneren Baues die Identität der Art festgestellt werden. (Vgl. Fig. 3, Taf. IX mit Textfigur 34.) Soweit es sich aus den Angaben der Autoren entnehmen lässt, scheint in allen diesen Fällen die Zur am ie san ? von der Dorsalseite aus Substanz des Mantels an allen Stellen die wesent- sesehen. (Nach Lacaze- lich gleiche zu sein. Häufig aber finden sich ober- Duthiers.) ?/,. flächliche, schon mit freiem Auge wahrnehmbare e = Egestionsöffnung; Differenzirungen der Mantelsubstanz, die der Ascidie al ein höchst eigenartiges Aussehen verleihen können. Von besonderem Interesse sind die Fälle, in welchen mehr oder minder grosse und regelmässige hornartige”*) Platten an der Mantel- oberfläche auftreten. Bei Cynthien sind häufig zahlreiche meist nur kleine Höcker vorhanden, die mit sehr verschieden gestalteten stachel- artigen Fortsätzen besetzt sein können. Auf den feineren Bau der letzteren wird weiter unten (p. 239) noch zurückgekommen werden müssen. Grössere und regelmässig angeordnete linsen- oder schildförmige Ver- diekungen, die mit convex gekrümmter Fläche sich über die Gellulose- substanz des Mantels erheben, hat Moseley bei Hypobythöus beschrieben. Der Mantel ist hier im Kelch ziemlich dünn, hyalin und ausserordentlich durchsichtig. Die verdickten Stellen sind knorpelartig, viel härter, diehter und stärker lichtbreehend; gewisse Körperchen, die von Moseley nicht genügend gekennzeichnet wurden, um in ihrer Bedeutung verstanden werden zu können, finden sich im Mantel zerstreut in grosser Anzahl, in den verdickten Platten dagegen spärlicher. Die Platten sind besonders auf der Dorsalseite des Kelches (Textfigur 35) zahlreich und erscheinen in regelmässiger Gruppirung. Noch auffallender und eigenthümlicher ist die Ausbildung horniger Platten beim Genus Chelyosoma. Bei Chelyosoma productum Stimps. *) Die chemische Beschaffenheit dieser Platten ist mit Sicherheit nicht festgestellt. Schacht, Loewig und Kölliker haben einige Angaben darüber veröffentlicht, aus denen hervorzugehen scheint, dass die Substanz bei Oynthia zwar stickstoffhaltig, aber kein Keratin sei. Andere bezeichnen sie hier als Chitin (vgl. unten p. 230 und 260). 216 Ascidien. finden sich die Platten nur in einem beschränkteren Umkreis um die beiden Siphonen herum, während die übrige freie, nicht festgeheftete Oberfläche von der dicken, knorpeligen und von zahlreichen Gefässen durchsetzten Cellulosesubstanz des Mantels gebildet wird. Bei Ch. Mac- leayanıum Brod. und Sow. wird fast die ganze freie Oberfläche des Thieres von den Hornplatten bedeckt (vgl. die Abbildungen 1 und 2 auf Tafel XXXIV), und nach N. Wagner soll auch die ganze festgeheftete Fig. 36. Kelch von Hypobythius calycodes Mos. von Die Region der beiden Siphonen von (ler Dorsalseite gesehen. (Nach Moseley.) Chelyosoma produetum Stimps. in Ober- Cirea Ur, flächenansicht. (Nach Drasche.) ?;,. e —= Egestionsöffnung; p — Platten des e — Egestionsöffnung; © = Ingestions- Cellulosemantels; st — Stiel. öffnung; mp — die beiden Mittelplatten zwischen den Siphonen; rp = die 12 Rand- platten; sp = Siphonalplatten, je sechs an einem Sipho. Seite ein allerdings nicht in Felder getheiltes, sondern glattes und homogenes Hornintegument tragen. Bei beiden Formen wird jeder Sipho von sechs Platten bedeckt, die bei der einen Art dreikantig, bei der anderen (Oh. productum) viereckig sind. Diese letztere Species besitzt ferner noch 14 Schilder, von denen zwei fünfseitig sind und zwischen den Siphonen liegen, während die 12 übrigen in Grösse und Form sehr ungleich sind und den Rand einnehmen (Textfigur 36). Ch. Macleayanum zeigt ausser den Siphonalplatten nur acht Schilder, von denen eines sechseckig geformt ist und central zwischen den beiden Siphonen steht. Sehr eigenthümlich ist hier auch das Verhalten gewisser Muskel der Leibeswandung. Unter den Hornplatten und dem von ihnen bedeckten Ektodermepithel finden sich nämlieh sehr zahlreiche kurze und feine Muskelfaserzüge, welche parallel zur Oberfläche verlaufen und die Trennungslinien zwischen den Platten senkrecht kreuzen, sodass die Platten selbst dadurch wie durch Zwirnnähte zusammengehalten er- scheinen (Textfigur 37). Die regelmässige Lagerung der schildförmigen Platten verleiht diesen Ascidien bei der Betrachtung von der freien Seite Beschaffenheit der Manteloberfläche. 317 aus ein an Schildkröten erinnerndes Aussehen und hat zu dem Genus- namen Chelyosoma Veranlassung gegeben. | Am merkwürdigsten vielleicht ist die Differenzirung, die der Gellu- losemantel von Khodosoma erfährt. Die erste genauere Beschreibung hat Lacaze-Duthiers (1865) gegeben, und er hat, da es ihm entgangen war, dass das Genus bereits früher unter anderen Namen kurz angeführt worden war, seine Form Chevreulius callensis genannt. Auf den ersten Anblick erinnert diese Ascidie an eine mit zwei Schalenklappen versehene Muschel. Der äussere Cellulosemantel bildet nämlich zwei Schalen ähnliche, ziemlich harte horn- oder knorpelartige, starre Verdickungen (vgl. Text- figur 88). Die hintere, weitaus grössere umhüllt den grössten Theil des Fig. 37. Fig. 38. RU” > Chelyosoma Macleayanım nach Ent- Rhodosoma callense von links gesehen. Der Deckel fernung der Hornplatten. (Nach ist aufgeklappt und die linksseitige Leibeswand N. Wagner.) Schwach vergrössert. entfernt. (Nach Lacaze-Duthiers.) !%.. e = Egestionsöffnung; 9 = Ganglion; el = Cloake; e = Egestionsöffnung; 9 —= Ge- i = Ingestionsöffnung; m —= Muskel- schlechtsorgane; ® = Ingestionsöffnung; ıt = In- fasern, an der Unterseite der Horn- testinum ; A: = Kiemenkorb; m = Schliessmuskeln ; platten gelegen. n = Granglion; « = Üellulosemantel. Körpers und ist festgewachsen. Die kleinere liegt ihr wie ein Deckel auf und ist beweglich, in der Weise, dass sie vorn rechts durch ein horizontal verlaufendes Gelenk mit der hinteren Schale sieh verbindet und bei Contraction des Vorderkörpers des Thieres von rechts nach links zuklappt. Im weiten Umkreis um die beiden Siphonen bleibt im vordersten Leibesabschnitt der Cellulosemantel dünn, weich und biegsam, sodass diese ganze Region durch die Leibesmuskeln weit zurückgezogen werden kann, während der Deckel über ihr sich schliesst. Dieser Verschluss des Deckels erfolgt durch besonders differenzirte Muskeln der Leibeswandung, die sich in der Nähe des Charnieres ansetzen. Die Oeflnung der Schalen 218 Ascidien. geschieht nach Aufhören der Muskelcontraetion durch die Längsstreckung des Thieres infolge der Elastieität der Leibeswandungen. Dass, wie Heller angiebt, ein besonderer mittlerer Muskel, der an der Innenseite des Deckels sich inserirt, durch seine Contractionen das Heben der oberen Schale veranlassen sollte, ist nicht recht wahrscheinlich. Die beiden Schalenhälften variiren übrigens bei den verschiedenen Individuen sehr beträchtlich in Bezug auf Form und Grösse. Zuweilen stellt die untere ein ansehnlich langes cylindrisches Rohr dar, dem die obere nur wie eine kleine Klappe aufliegt, bestimmt, die vordere Oeffnung zu verschliessen. Die hohe Bedeutung der Ausbildung einer solchen zweiklappigen beweglichen Schale an dem Cellulosemantel für den Schutz und die Sicherheit des Thieres liegt auf der Hand. Als Schutzeinrichtungen, die gleichzeitig dem Mantel grössere Festig- keit verleihen, sind auch die anderen oben beschriebenen hornartigen Platten und Höcker aufzufassen, obwohl der Vortheil nicht immer so deutlich hervortritt wie bei Rhodosoma. Die stachelartigen Mantel- erhebungen der Cynthien, die besonders die beiden Körperöffnungen um- geben, wirken direct als Waffen. Sie sowohl wie die feineren Erhebungen über die Oberfläche des Mantels werden erst im nächsten Abschnitte behandelt werden, da sie histologisch geprüft werden müssen. Fremdkörper in und auf dem Mantel. Es muss an dieser Stelle noch einer anderen äusseren Eigenthümlichkeit vieler Ascidienmäntel ge- dacht werden, die als Schutzeinrichtung, aber zum Theil in einem anderen als dem eben behandelten Sinne, zu deuten ist. Bei zahlreichen Species fast aller Gattungen der Molguliden, bei vielen Cynthideen, bei einigen Ascidiiden (Aserdia), dann unter den Synascidien besonders bei Heterotrema, Glossophorum , Psammaplidium, Chorizocormus, Oculinaria, bei einigen Polyelinum und Aplidium ist der Mantel mit Sand- und Fremdkörpern aller Art bedeckt. In mehreren Fällen durchsetzen die Fremdkörper fast die ganze Manteldicke und sind mit dem Gellulosegewebe so innig verbunden und verwachsen, dass sie wie seine eigenen Theile erscheinen und seine Farbe und Consistenz in bemerkenswerther Weise beeinflussen (z. B. G@lossophorum, Psammaplidium, vgl. oben p. 202). Durch die eingebetteten Sandtheilchen, Kiesel- und Kalknadeln von Spongien, Schalenpartikel von Muscheln und Schnecken ete. gewinnt der Mantel unzweifelhaft eine viel bedeutendere Festigkeit und Stärke und verleiht den inneren Weichtheilen einen er- höhteren Schutz (Fig. 2, Taf. XIV). Die Fremdkörper wirken hier in einer ganz ähnlichen Weise wie die in reicher Menge gebildeten Spieula im Mantel von Didemnum oder Leptoclinum. Meistens liegen aber die fremden Theile dem Mantel nur äusserlich auf, sei es, dass sie durch besondere Mantelfortsätze festgehalten werden, sei es, dass sie direct an der mehr oder minder rauhen Oberfläche fest- kleben. Mit einer Bürste lassen sie sich gewöhnlich leicht und vollständig entfernen, und die Mantelfläche tritt dann in ihrer natürlichen Beschaffenheit D \ H hi Consistenz und Masse des Cellulosemantels. 319 wieder hervor. Besonders in den Gattungen Mecrocosmus, Polycarpa und anderen findet man zuweilen Individuen, die zum Theil von verhältniss- mässig sehr grossen Fremdkörpern so vollständig bedeckt sind, dass nur die Spitzen der Siphonen frei bleiben und die Ascidie auf den ersten Anblick innerhalb dieser Schutt- und Sandmasse kaum sichtbar wird. Es verhalten sich aber häufig verschiedene Individuen einer Art in dieser Beziehung recht verschieden. CUynthia sigillata Lac. u. Del., Microcosmus spinosus Lac. u. Del., Polycarpa varians Hell., P. rustica Lin., P. tenera Lac. u. Del. und andere erscheinen meist mehr oder minder stark in- erustirt, zuweilen aber auch ganz nackt, ohne jeden Belag. Auch diese nur oberflächlich dem Mantel anhaftenden Fremdkörper sind geeignet, zum Schutze des Thieres zu dienen, indem sie die Widerstandsfähigkeit gegen gröbere mechanische Insulte erhöhen. Doch wird man ihre vor- nehmliche Bedeutung, wie es ja in der That auch bereits geschehen ist, in einer anderen Richtung suchen müssen. Bei einigermaassen vollständiger Sandbedeckung verliert die Ascidie jede äussere Thierähnlichkeit und gleicht auf den ersten Blick einem regellos zusammengetragenen Haufen lebloser Körper. Diese Aehnlichkeit wird die Aseidie sicher in vielen Fällen vor Nachstellungen schützen, weil das Thier nicht erkannt wird. Doch darf man auf der anderen Seite die Bedeutung dieser Art Mimetismus, die schützende Kraft der Aehnlichkeit mit leblosen Gegenständen, nicht überschätzen. Der gewohnte Feind weiss die Ascidie auch in dieser Verkleidung zu finden und zur Beute zu machen. Es ist in dieser Be- ziehung bemerkenswerth, wenn Lacaze-Duthiers (1574, p. 155) berichtet, dass die mit einer vollständigen Sandkruste bedeckten und kugligen Sandballen täuschend ähnlichen Molguliden (Molgula (Anurella) roscovita) in den von ihm errichteten Pares sofort von Krabben (Cancer maenas) angegriffen und vollständig ausgefressen wurden. Consistenz des Mantels. Die Mantelmasse ist von ausserordentlich verschiedener Consistenz, doch im allgemeinen bei sehr nahe verwandten Formen ziemlich übereinstimmend. Auch individuelle Verschiedenheiten fehlen nicht ganz, obwohl sie sich fast immer nur in sehr engen Grenzen bewegen; weicher und weniger fest sind in der Regel die Mäntel jugend- licher Thiere. Zuweilen sind die Cellulosemäntel äusserst weich, schleimartig beschaffen, und zwar besonders an der Oberfläche, wo sich der Schleim in Fäden auszieht, rasch abgescheuert, aber immer wieder ersetzt wird. Das ist besonders bei einigen Synaseidien der Fall (Distoma mucosum Drasche, Distaplia lubrica Dr.). Gewöhnlich geben die Autoren an, dass bei diesen Ascidien „der Mantel Schleim absondere“. Da aber besondere Schleimdrüsenzellen im Cellulosemantel bisher nicht nachgewiesen worden sind, dürfte es sich wohl nur um eine rasch ein- tretende schleimige Zersetzung der ohnehin weichen Mantelsubstanz handeln. Doch wäre es immerhin noch werth, den Sachverhalt näher zu prüfen. Etwas consistenter, mehr oder minder weich gelatinös ist der Mantel bei fast allen jugendlichen Ascidien, wenn er noch eine feine 220 Ascidien. durchsichtige Hülle darstellt, die zunächst zellenfrei ist. Auch bei alten Thieren finden sich gelatinöse Mäntel, so z. B. häufig bei Diplosomiden, einigen Distomiden und auch Polyeliniden; unter den Monaseidien bei einigen Ascidiiden und Cioniden. Meist besitzt aber der Mantel eine etwas grössere Härte und Festigkeit und erscheint etwa fleischartig, ziemlich resistent und elastisch. Oft wird er knorpelartig mehr oder minder hart und gewinnt zuweilen gleichzeitig eine sehr be- deutende Dicke, wie es in hervorragender Weise bei der Gattung Pachy- chloena der Fall ist. Häufig (bei sehr vielen Cynthideen) ist der Mantel vollkommen lederartig gestaltet. Er kann dann oft eine verhältniss- mässig nur geringe Dicke besitzen, fast membranartig erscheinen, aber doch eine so ausserordentlich zähe und feste Beschaffenheit zeigen, dass er nur mit ganz scharfen Scheeren oder Messern in beliebiger Weise sich zerschneiden lässt. Volumen und Masse des Mantels. Auf embryonalen Stadien er- scheint stets der Mantel als ein feines membranartiges Gebilde, das an Masse gegenüber dem eigentlichen Ascidienkörper verschwindend klein ist. Sobald aber die Mantelzellen aufzutreten beginnen, leitet sich ein so intensives Wachsthum ein, dass das Mantelvolumen in den meisten Fällen das Gewicht des übrigen Körpers nahezu erreicht. Bei den Synaseidien dürfte es, insoweit sich dies mit einiger Sicherheit abschätzen lässt, vielleicht die Regel sein, dass die Masse des Cellulosemantels die der gesammten Einzelthiere noch übertrifft, und auch bei Monascidien findet sich zuweilen ein derartiges Verhältniss.. Namentlich bei alten Thieren scheint das Mantelgewicht sich im Verhältniss zum inneren Weichkörper immer grösser zu gestalten, was darauf hindeutet, dass auch im Alter noch das eellulosehaltige Gewebe mit grösserer Intensität zunimmt. Die weiter unten noch zu erörternde Thatsache, dass bei den Synascidien das Mantelgewebe die Lebensdauer der eigentlichen Zooide um ein Er- hebliches überdauern kann, lässt das starke Wachsthum des Mantels bei alten Thieren nicht unverständlich erscheinen. In alten diekmanteligen Monascidien (Phallusia mammillata) übertrifft nun die Mantelmasse sehr häufig das Gewicht des inneren Weichkörpers um fast das Doppelte, und nach Loewig und Kölliker soll bei dieser Ascidie der Gellulosemantel zuweilen ®/, des gesammten Körpergewichtes*), also dreimal soviel als die inneren Weichtheile betragen. 2. Der histologische Bau des Gellulosemantels. a. Die Mantelzellen. Alle Eigenthümlichkeiten der Mantelzellen erklären sich aus deren (renese. Solange man diese Elemente vom ektodermalen Hautepithel herleitete, schien der Bau des Mantelgewebes schwer verständlich, und *) Diese Angabe ist später meist so missverstanden worden, dass Kölliker und Loewig behauptet hätten, es betrage die reine Cellulose ?/, des Gesammtgewichtes. Verschiedene Arten Mantelzellen. 391 man konnte selbst darüber streiten, ob die Auffassung als Bindegewebe berechtigt sei oder nicht. Seitdem zuerst Kowalevsky (1892) den Nachweis geführt hat, dass die Mantelzellen ausgewanderte Mesenchym- zellen sind, welche das ektodermale Hautepithel durchwandert haben, kann es nicht mehr auffallend erscheinen, dass die Zellen innerhalb der cellulosehaltigen Grundsubstanz ähnliche Formen annehmen und zu ähnlichen Geweben sich vereinigen wie in der primären Leibeshöhle. Während Kowalevsky’s an Phallusia mammillata gewonnene Er- gebnisse auf der einen Seite bei zahlreichen anderen Tunicaten vollauf bestätigt werden konnten (Salensky bei Pyrosoma, Seeliger bei Olavelina und Salpa), hielt auf der anderen Julin (1892) an der ekto- dermalen Herkunft wenigstens gewisser Mantelzellen fest. Bei Styelopszs grossularia V. Ben. unterscheidet er nämlich bezüglich ihrer Genese die farblosen hellen und die pigmentirten Zellen. Nur die letzteren sollen aus Mesenchymzellen hervorgehen und als Phagocyten thätig sein können. Die farblosen Mantelzellen dagegen sollen ausgewanderte Ektodermzellen sein und dazu dienen, die Gellulosesubstanz für den in der postembryonalen Entwicklungszeit sich vergrössernden Mantel zu liefern. Doch ist der ektodermale Ursprung der farblosen Zellen durch Julin nicht in über- zeugender Weise dargethan, sondern mehr aus dem Mangel des Pigmentes und der darauf sich gründenden Aehnlichkeit mit den Elementen des Hautepithels erschlossen worden. Neuerdings hat auch Salensky (1895) für Didemnum niveum einen doppelten Ursprung der Mantelzellen be- hauptet. Die Elemente in der äusseren Mantelschicht, die vorwiegend Hohl- oder Blasenzellen sind, sollen umgebildete Kalymmocyten (Testa- zellen) sein“), die amöboiden Zellen der tieferen Faserschicht dagegen sollen aus dem ektodermalen Hautepithel stammen. Bei Distaplia magni- larva wieder sind nach Salensky die Mantelzellen zum Theil Testa- zellen, zum Theil ausgewanderte Mesenchymelemente. Amöboide Wanderzellen. Als die ursprünglichste Form der Mantelzellen wird daher die anzusehen sein, in welcher die Mesen- chymzellen das Ektoderm durchwandert haben. Es zeigt sich aber, dass der feinere Bau dieser eben in die cellulosehaltige Mantelgrundsubstanz übertretenden Elemente selbst bei ein und derselben Art verschieden sein kann. Bei ÜOlavelina z. B. (Textfigur 39) haben die amöboiden Wander- zellen meist einen in allen Theilen gleichmässig gekörnten Plasmakörper, oft aber besitzen sie bereits eine grosse Vacuole, zuweilen auch sehr kleine zahlreiche, sodass das Plasma wie schaumig erscheint. In anderen Fällen sind die jugendlichen Mantelzellen bereits pigmentirt; zuweilen erscheinen sie mit Dotterkörperchen beladen (Fie. 5, Taf. XIV). Auch ältere Mantelzellen sollen, wie weiter unten (p. 226 u. 265) ausgeführt werden wird, Fremdkörper aller Art aufnehmen und verdauen können, oft aber *) Die ausführlichere Darstellung von Salensky’s Befunden, die im wesentlichen zu der alten Deutung der Testazellen als den Cellulosemantel bildende Elemente zurückführen, ist weiter unten in dem die Embryonalentwieklung behandelnden Kapitel nachzusehen. 222 Aseidien. treten, wie in dem abgebildeten Fall, schon die Mesenchymzellen mit Dottersehnllen erfülltem Plasma in die © Ener. ein. Stets kommt den jungen Mantelzellen eine mehr oder minder deutlich ausgeprägte amöboide Beweglichkeit zu. Die Mantelzellen können sich durch Theilung vermehren, und in der Regel weichen die Tochterzellen bald auseinander, um sich, so wie es die immer neu einwandernden Mesenchymzellen thun, mehr oder minder gleich- mässig innerhalb der Mantelgrundsubstanz zu vertheilen. Zuwele finden sich aber ganze Zellnester, in welchen die Zellen dicehtgedrängt neben- einander liegen, ohne nen Zwischensubstanz getrennt zu sein. Loewig und Kölliker haben sie bei Cynthia papillosa beobachtet und als Ener ähnliche Elemente mit „endogener Zellvermehrung“ „edeutet. Recht Fig. 39. Wanderung von Mesenchymzellen aus der primären Leibeshöhle durch das ektodermale Hautepithel in den äusseren Oellulosemantel bei eben festgesetzten Larven von Clavelina lepadiformis. 5%) . © = äusserer Cellulosemantel (nieht conturirt); ee = Ektodermepithel; I — primäre Leibes- höhle; mz = Mesenchym- resp. Mantelzellen; sf = Secretfäden der Ektodermzellen. A Mesenchymzelle ganz im Epithel zes. B Mesenchymzelle, im Begriff zur Mantelzelle zu werden. C und D dieselben Stadien bei einer vacuolisirten Mesenchymzelle. typisch erscheint ihr Vorkommen bei Styela armata, bei der die Mantel- zellhaufen von einer gelappten verdichteten Schicht der Cellulosegrund- substanz perlenähnlich umschlossen werden (Lacaze und Delag e). Ob die Zellnester nur durch rasch aufeinander folgende Theilungen einer oder weniger Mantelzellen entstanden sind oder ob gleichzeitig auch noch andere Wanderzellen hinzugetreten sind, ist nicht festgestellt. Bei Cysto- dites durus Drasche sammeln sich sehr zahlreiche Mantelzellen zwischen Thorax und Abdomen der Thiere an und bilden hier einen horizontalen das Zooid umgebenden Ring (Lahille). Spindelförmige und verzweigte Zellen. Von jenen amöboiden Zellen sind alle anderen Elemente des Mantels abzuleiten. Erstlich die spindelförmigen und die sternförmigen oder verästelten Binde- gewebszellen. Man findet leicht in demselben Mantelgewebe alle möglichen Uebergangsformen von einer noch stark abgerundeten, nur mit wenigen pseudopodienartigen Fortsätzen versehenen oder einer birnförmigen Verschiedene Arten Mantelzellen. 223 oder spindelförmigen Zelle bis zur complieirt verzweigten nebeneinander (Fig. 2 und 4, Taf. XIII). Die Zellen können vollkommen isolirt in der Grundsubstanz des Mantels stecken, oder sich mit ihren feinen Fortsätzen verbinden. Das letztere mag häufiger der Fall sein, als es sich in den Präparaten mit Sicherheit nachweisen lässt. Die spindelförmigen Mantel- zellen ordnen sich zuweilen reihenförmig an und bilden dann mehr oder minder umfangreiche Faserzüge, die in bestimmten Richtungen verlaufen. Das ist z.B. nach Salensky’s Beobachtungen in den hinteren Mantel- strängen der Zooide bei Diplosoma der Fall. Hohl- oder Blasenzellen. Von besonderer Wichtigkeit ist ferner die Ausbildung der sog. Hohl- oder Blasenzellen. Sie beginnt mit der Entwicklung einer Vacuole, wie sie häufig schon in den das Ektoderm durchwandernden Mesenchymzellen auftritt. Beim Vorschreiten der Vacuolenbildung wird das Zellplasma peripher zu gedrängt; füglich bildet es nur eine feine periphere Schicht, die an einer verdickten Stelle den Kern führt. Häufig ist die Vacuolensubstanz längere Zeit von Proto- plasmasträngen durchsetzt (Fig. 5C, Taf. XIII). Zwischen vaecuolisirten Zellen und den Blasenzellen besteht kein scharfer Gegensatz; die ersteren gehen allmählich in die letzteren, die im allgemeinen eine bedeutendere Grösse besitzen, über. Blasenzellen mittlerer und geringerer Grösse (ungefähr 0,01—0,05 mm) kommen neben anderen Elementen im Mantel sehr vieler einfachen und zusammengesetzten Ascidien vor. Zuweilen aber erreichen die kugeligen Blasenzellen, wie es besonders bei Phallusien der Fall ist, eine sehr beträchtliche”) Grösse und finden sich in so enormer Zahl, dass unter ganz schwachen Vergrösserungen, von den Ge- fässen abgesehen, fast der gesammte Mantel aus ihnen allein zu bestehen scheint (Fig. 1, Taf. XIII). Bei näherer Untersuchung zeigen sich aber zwischen ihnen in der Grundsubstanz des Mantels alle jüngeren Ueber- gangsstadien zu den kleinen amöboiden Wanderzellen (Fig. 2, Taf. XIII). Die alten grossen Blasenzellen besitzen nur äusserst spärliches Rand- plasma und verhältnissmässig sehr kleine Kerne. Es scheint sogar, dass die letzteren füglich vollkommen schwinden können. Auch die plasmatische Randschicht atrophirt stellenweise in ganz alten Hohlzellen. Häufig und zwar besonders in den grossen Blasenzellen lassen sich, wie schon OÖ. Hertwig bemerkt hat, im Randplasma zwei und auch mehrere Kerne mit vollster Deutlichkeit nachweisen. Es haben sich hier also mehrere Mantelzellen zur Bildung einer „Blasenzelle“* vereinigt, und diese stellt eine echte Zellblase dar (Fig. 2 und 55, Taf. XII). R. Wagner, der diese Elemente des Ascidienmantels zuerst be- obachtet hat, deutete sie als Knorpelzellen. Loewig und Kölliker wiesen mit Recht auf die Aehnlichkeit mit Chordazellen hin, und es *) Die grössten Hohlzellen, die ich bei Phallusia mammillata antraf, hatten Durch- messer von 0,16—0,17 mm. Loewig und Kölliker sowie Schulze fanden sie bis zu 0,11 mm (0,05) gross, und das ist auch das normale Maass der grossen Zellen, wenn ınan von jenen Extremen absieht. 224 Aseidien. fällt in der That die hohe Uebereinstimmung der Querscehnitte durch eine Appendieularien-Chorda und durch die Hohlzellen des Phallusva- Mantels sofort auf. So wie die protoplasmatischen Zellenreste und Chorda- kerne peripher die homogene elastische Chordasubstanz umschliessen (vel. Fig. 5, Taf. V), so verhalten sich Kern und Plasmaleib der Blasen- zellen zum wasserklaren homogenen Inhalt, und wo mehrere Zellen die Blase bilden, wird die Uebereinstimmung noch grösser. Ein Unterschied soll darin bestehen, dass der Inhalt der Blasenzellen nicht fest, sondern flüssig ist, während die centrale Chordamasse einen festen elastischen Stab darstellt. Ich glaube aber, dass der Inhalt der Hohlzellen noch nicht genügend geprüft ist, und es möchte mir scheinen, dass er zu resistent sei, um als Flüssigkeit gelten zu können, dass er dagegen in der That mit der Chordasubstanz eine Aehnlichkeit besitze. Es kann an dieser Stelle daran erinnert werden, dass seinerzeit auch Gegenbaur die elastische feste Chordamasse der Appendieularien für eine Flüssigkeit gehalten hat (vel. oben p. 119). Die protoplasmatische Randschicht fassten Loewig und Kölliker als Zellmembran auf und liessen sie aus Cellulose bestehen. Damit schien eine wichtige Uebereinstimmung der Mantelzellen mit pflanzlichen Zellen erwiesen zu sein. Aber schon wenige Jahre später hat Schacht dargethan, dass jene „Zellmembranen“ keine Cellulose führen und sich in Jod, Schwefelsäure und Aetzkali wie stickstoffhaltige thierische Substanzen verhalten. Die richtige Deutung der angeblichen Membran der Blasenzellen als protoplasmatische Rindenschicht hat zuerst F. E. Schulze gegeben; auch den von Kölliker übersehenen Zellkern gelang es ihm nachzuweisen. Die Entstehung der Blasenzellen aus den kleinen amöboiden Wander- zellen des Mantels hat zuerst O0. Hertwig festgestellt im Gegensatz zu Schulze, der die grossen Hohlzellen als die ursprünglichsten und die sternförmigen Bindegewebszellen als die am meisten umgeformten Elemente des Mantels betrachtet hatte. Die jugendlichen Formen der Mantelzellen waren übrigens schon von Loewig und Kölliker gesehen, aber irrthümlicher Weise für sternförmige freie Mantelkerne oder für runde kernlose Zellen gehalten worden. Schulze erkannte in ihnen echte Zellen mit Kern und protoplasmatischem Körper. Zuweilen (Phallusca) erscheinen die Hohlzellen dadurch etwas modi- fieirt, dass sie sich mit einem körnigen Belag von Kalksalzen bedeeken (0. Hertwig). Eine sehr merkwürdige Form von Mantelzellen haben ferner Loewig und Kölliker bei Polycarpa pomaria Sav. beschrieben. Die kernlosen, anfänglich den Mantelpigmentzellen ähnlichen Elemente wachsen bis zu einer Grösse von 0,02“ (= 0,045 mm) heran unter gleichzeitiger sehr bedeutender Verdieckung ihrer Wandung. Füglich zerfällt die Wand. in spiralig oder ringförmig aufgewundene Fibrillen, die in Kalilauge und Salzsäure unlöslich sind und die Eigenschaften der Cellulose zeigen. Verschiedene Arten Mantelzellen. 2335 Das sind Eigenthümlichkeiten, die, wie die Autoren mit Recht hervor- heben, sonst nirgends im Thierreich sich wiederfinden. Es ist mir nicht bekannt geworden, dass diese Angaben seither bestätigt worden wären, und so glaube ich, dass eine andere Deutung wohl statthaft ist. Ein Kern wird in diesen Mantelzellen sicher vorhanden sein, nur dass er zwischen den Pissmentkörperchen sich leicht der Beobachtung entziehen kann. Die cellulosehaltigen Fibrillen dürften nicht durch Zerfall einer cellulose- haltigen Zellmembran, sondern in gewöhnlicher Weise entstanden sein, wie die anderen gewellten oder spiraligen Cellulosefasern in der Intercellular- substanz des Gynthien-Mantels. Pigmentzellen. Ueberaus häufig finden sich im Ascidienmantel Pigmentzellen. Sie scheinen in den meisten Fällen bereits in der primären Leibeshöhle als solche vorhanden gewesen zu sein und nicht erst im Mantel die Farbstoffe zu bilden. Zuweilen verändert sich die Farbe der Pigmentkörner nach der Durchwanderung des Ektoderms nachträglich noch im Mantel. Bei Asci/dia fumigata hat es wenigstens den Anschein, dass die schwarzen Mantelzellen aus den gelben Blutzellen hervorgehen (ve. oben p. 207). Da alle jugendlichen Mantelzellen sich durch Theilung vermehren können, lässt sich selbst bei spärlichem Vorkommen gefärbter Mesenchymzellen in der Leibeshöhle und in den Blutbahnen eine sehr grosse Zahl pigmentirter Mantelzellen wohl verstehen. Die Pigmentzellen des Mantels sind von verschiedener Form und Grösse, im allgemeinen aber vorwiegend stark abgerundet, kugelähnlich oder ellipsoid. Der Kern ist stets vorhanden (Fig. 3, Taf. XII), häufig allerdings durch die Pigmentkörner so vollständig verdeckt, dass er erst nach deren Auflösung sichtbar wird. Die im Plasma aufgespeicherten Farbkörnern sind meist sphärisch, doch auch unregelmässig geformt und von sehr verschiedener Grösse. Ihre Farbe zeigt alle möglichen Töne, wie dies schon oben (p. 200) bei der Besprechung der äusseren Färbung der Ascidien betont worden ist. Die Vertheilung der Pigmentzellen im Mantel weist grosse Ver- schiedenheiten auf. Bald ist sie in allen Schichten ziemlich gleichmässig; bald sind die Pigmentzellen vorwiegeud im äusseren, bald wieder im inneren Theil zu finden. Bei Oynthra papillosa z. B. ist das letztere der Fall (Fig. 1, Taf. XII); in den äusseren Mantelschichten werden die grossen schwefelgelben Pigmentzellen immer spärlicher, und es scheint, dass sie dort allmählich zerfallen und sich auflösen (0. Hertwieg). Ausser diesen Mantelzellen, deren farbiges Aussehen auf wohl ab- gegrenzten Pigmentkörnern beruht, finden sich zuweilen solche, deren hellkörper gleichmässig homogenfarben erscheinen, ohne besondere Farb- körner erkennen zu lassen. Wahrscheinlich beruht diese Eigenthümlichkeit auf einer vollständigen Lösung des Farbstoffes im Zellplasma. Nach Caullery sollen die braunen Mantelzellen der Distaplia rosea derartige Elemente sein. Es ist gewiss, dass nicht alle Pigmentzellen, die im Mantel sich. Bronn, Klassen des T'hier-Reichs. III. Spplt. 15 226 Aseidien. finden, als echte dem Aseidienkörper angehörende (sewebszellen betrachtet werden dürfen. Schon oben (p. 202) ist bei der Besprechung der ver- schiedenen Ursachen der äusseren Färbung darauf hingewiesen worden, dass zuweilen parasitäre, gefärbte einzellige Algen sich im Mantel an- siedeln, die nicht immer von echten Mantelzellen sich deutlich unter- scheiden liessen. Für den Protococcus bei Fragaroides aurantiacum (Fig. 9, Taf. XII) und gewisse grünlichgelbe Zellen bei Perophora, Ciona und anderen scheint mir die parasitäre Natur festzustehen. Diese pflanzlichen Parasiten können gleichzeitig auch im Blute vorkommen, und es scheint mir nicht ausgeschlossen, dass sie sowie die wandernden Mesenchym- zellen aus diesem in den Cellulosemantel gelegentlich übertreten. Mehr- fach scheinen allerdings die Parasiten nur im Blute und nicht auch im Mantel sich zu finden. Wenn man aber neuerdings (Lubarsch) dazu neigt, alle gelben Zellen im Asceidienblut und die aus ihnen stammenden Zellen des Mantels als parasitäre Algen anzusehen, so ist das zweifellos zu weit gegangen. Bei Oynthia papillosa finden sich auch in der primären Leibeshöhle die gleichen gelben Zellen wie im Mantel (Fig. 1—5, Taf. XII), aber ich sehe keinen Grund, weshalb sie pflanzliche Parasiten sein sollten, und dasselbe eilt für die gelben Blutzellen der Ascidea fumigata, die wahr- scheinlich zu den dunklen und schwarzen Pigmentzellen des Mantels werden. Bei Phallusca mammillata, Ciona intestinalis (Fig. 5 und 6, Taf. XII) begegnet man den gieichen gelben Pigmentzellen, die stets in den sog. Ocellen sich vorfinden, an verschiedenen anderen Stellen der primären Leibeshöhle und gelegentlich auch im Mantel. Es ist also an- zunehmen, dass auch sie echte Gewebszellen und nicht Parasiten der Ascidien darstellen. Immerhin wäre eine Untersuchung wünschenswerth, durch die klar festgestellt würde, welche gelben Zellen der Aseidien parasitäre Algen sind, welche dagegen pigmentirte Gewebselemente. Zellen mit Reservestoffen. Die mit organischen Nähr- und Reserve- körperchen aller Art beladenen Mantelzellen scheinen wohl stets amöboide Beweglichkeit zu besitzen. Zum grössten Theil nehmen sie die Ein- lagerungen schon in früheren Stadien als Mesenchymzellen auf und durch- wandern mit ihnen das Ektodermepithel. Nach und nach werden dann die Stoffe verändert und füglich verbraucht. Diese Reservestoffe der Mantel- zellen haben einen sehr verschiedenen Ursprung. Zum Theil rühren sie noch von dem embryonalen Dottermaterial des Eies her, zum Theil auch von den im Verlauf der ontogenetischen Entwicklung rückgebildeten Geweben des larvalen Ruderschwanzes und der anderen larvalen Organe von nur transitorischer Bedeutung. Bei vielen Synascidien liefert die kückbildung des aus dem Ei entstandenen Thieres und zuweilen auch die der ersten Knospengeneration den späteren Knospen Nährmaterial, das in deren Mesodermzellen und Mantelzellen sich aufspeichert. Eine weitere stetige Quelle der Reserve- und Nährkörperchen in den Mantel- zellen scheint dadurch gegeben zu sein, dass die Nährstoffe fast gar nicht Grundsubstanz des Cellulosemantels. 9937 in der Blutflüssigkeit, sondern in den Blutzellen abgelagert werden und dass solche Blutzellen in den Mantel eintreten können. Dass auch ältere Mantelzellen erst innerhalb der Gellulosesubstanz mit Nähr- und Reservestoffen sich erfüllen können, ist durch Kowalevsky und Metschnikoff festgestellt worden. Die phagocytäre Thätigkeit der Mantelzellen scheint sich nicht nur auf eingedrungene Parasiten (Bacterien), sondern auch auf rückgebildete alte Zooide des Stockes zu erstrecken. Häufig sind die in den Mantelzellen aufgespeicherten Stoffe Fette, und zuweilen erfüllen mehrere kleinere oder ein grösseres Fettkörperchen fast den ganzen Zellkörper. Ob diese Fettzellen ihren Inhalt in allen Fällen erst selbst als Resultat ihres Stoffwechsels ausgeschieden oder ob sie die Fettkügelchen zum Theil vielleicht direet gleich in dieser Form von aussen aufgenommen haben nach Art phagocytärer Zellen, lässt sich nicht immer entscheiden. Beides mag vorkommen. Es schien mir, dass Fettzellen mit besonders reichem Inhalt einer raschen Desorganisation entgegen gehen. Wenigstens findet man ziemlich oft Fettzellen in Auf- lösung und Zerfall begriffen. Vermeintliches äusseres Mantelepithel. In manchen Fällen wandern die Mantelzellen, nachdem sie das Ektodermepithel durchsetzt haben, durch die ganze Dicke der Cellulose-Grundsubstanz hindurch und gelangen bis zur äusseren Oberfläche des Mantels. Sie können sich hier zuweilen abflachen und täuschen, wenn sie zahlreicher sich finden, ein äusseres Mantelepithel vor. Auch bei Pyrosomen begegnet man solchen ober- flächlichen Mantelzellen. So erklärt sich die mehrfach schon früher und auch in neuerer Zeit wieder (Maurice, Lahille) geäusserte Ansicht, dass der Cellulosemantel auf beiden Seiten (aussen und innen) von einem Epithel begrenzt werde. Das innere stellt das ektodermale Hautepithel dar, und auch das angeblich äussere wurde von jenen Forschern für ektodermal erklärt. Solange man die mesodermale Herkunft der Mantel- zellen noch nicht kannte, war diese Annahme die gegebene, aber von wesentlicher Bedeutung ist es, dass sowohl Lahille als Maurice das vermeintliche äussere Epithel nicht durch Zusammentreten einzelner Mantelzellen an der Oberfläche erklären, sondern, was namentlich Lahille (1890) für Pyrosoma sowohl wie für Polyeyelus scharf betont, durch frühzeitige Spaltung des embryonalen einschichtigen Ektoderms. Wären diese Vorstellungen richtig, dann müsste man allerdings den An- sichten folgen, die Maurice über die morphologische Bedeutung des Aseidienmantels geäussert hat und die weiter unten (p. 262) noch berührt werden müssen. b. Die celluloschaltige Grundsubstanz. Die Ausscheidung der Grundsubstanz des Mantels beginnt ziemlich früh, bevor noch Mesenchymzellen das Hautepithel durehsetzt haben oder in dieses eingetreten sind. Es kann demnach kaum ein Zweifel bestehen, dass die zunächst vollkommen homogen glasartige und durchsichtige 15* 228 Aseidien. Mantelsubstanz, deren Cellulosegehalt auf diesen frühen Stadien allerdings noch nicht erwiesen und von Salensky für Didemnum niveum sogar bestritten ist, anfänglich ausschliesslich vom Ektodermepithel aus gebildet wird *). Wenn später Mesenchymelemente zu Mantelzellen geworden sind, lässt sich die Herkunft der Grundsubstanz nicht mehr so sicher fest- stellen. Dass auch weiterhin das Hautepithel sich an ihrer Ausscheidung betheiligt, beweisen die von den Ektodermzellen ausgehenden Secretfäden, die sich tief in den Mantel hinein erstrecken. Andererseits aber legt schon die Bedeutung der Grundsubstanz als Intercellularsubstanz eines Bindegewebes die Annahme nahe, dass auch die Mantelzellen die Zwischen- substanz ausscheiden. Das war denn auch schon früher die Ansicht der meisten Beobachter, und ©. Hertwig erwähnt ausdrücklich, wie die jugendlichen sternförmigen Mantelzellen zunächst die cellulosehaltige Zwischensubstanz absondern und dann (bei Phallusia) sich allmählich zu den grossen Hohlzellen umwandeln. Als man aber neuerdings erkannte, dass die Mantelzellen mesodermalen Ursprungs sind, schien diese doppelte Herkunft der oft ganz homogen und einheitlich erscheinenden Mantel- substanz aus Elementen zweier verschiedenen Keimblätter den herrschenden theoretischen Ansichten nicht recht angemessen, und man neigte mehr dazu, die cellulosehaltige Grundsubstanz ganz vom äusseren Blatte ab- stammen zu lassen. Ich sehe nicht, wie aus theoretischen Gründen die Unwahrscheinlichkeit oder gar Unmöglichkeit abgeleitet werden könne, dass die Grundsubstanz des Mantels nicht von beiden Elementen, den Mantelzellen und dem Ektodermepithel, ausgeschieden werde, und möchte glauben, dass in der That beide Keimblätter an der Bildung sich be- theiligen. Da wo die Grundsubstanz complieirt strueturirt ist, liesse sich daran denken, dass die verschiedenen Theile vielleicht von ver- schiedenen Elementen abgesondert werden. Das hat auch Salensky für Didemnum niveum angegeben, bei dem die innere faserige Mantel- grundsubstanz ektodermalen Ursprungs sein, die äussere zwischen den Hohlzellen gelegene dagegen von Kalymmocyten gebildet werden soll. Die Grundsubstanz des Mantels ist in allen Fällen cellulosehaltig. So wie fast stets in embryonalen Stadien ist sie auch im ausgebildeten Thier häufig gleichartig homogen, structurlos, mehr oder minder durehsichtig und farblos (Phallusia). Die Grundsubstanz lässt sich in der Regel mit Hämatoxylinfärbung recht deutlich machen, wenngleich sie den Farbstoff gewöhnlich nicht einmal so gut aufnimmt wie das Zellplasma. Nicht immer verhält sie sich an allen Stellen gleich- artig, sondern zuweilen ist sie nur in den äusseren (Polycyelus Renieri Lam., Didemnum niveum) oder inneren (Rhodosoma callense?) Theilen des Mantels homogen, in den anderen Partien dagegen faserig. *) Wie in dem die Embryonalentwicklung behandeinden Kapitel ausgeführt werden wird, lässt Salensky, im theilweiser Uebereinstimmung mit der alten Lehre von der Bedeutung der Testazellen, diese homogene Mantelsubstanz des Embryos bei Distaplia, Diplosoma und Didemnum aus den sog. Kalymmoeyten (Testazellen) hervorgehen. Fasern und Fibrillen der Mantelgrundsubstanz. 229 Am vollkommensten ist die Fibrillärstructur der Grundsubstanz bei den Cynthien entwickelt, wo die Fasern den grössten Theil der Mantelmasse bilden. Von dem Auftreten nur weniger Fasern in der homogenen Grundsubstanz wie es selbst bei Phallusia mammeıllata vor- kommt, bis zu dem Verhalten des Cynthienmantels finden sich alle möglichen Zwischenformen. Die Fasern sind von sehr verschiedener Länge und Dicke. Zu- weilen reichen sie durch einen ziemlich ansehnlichen Theil der gesammten Körperlänge, oft aber sind sie nur sehr kurz (0,02— 0,07 mm) und dann auch gewöhnlich dicker als die anderen. Die Dicke der Fasern ist stets eine geringe; Loewig und Kölliker berechnen sie für Oynthia papillosa auf 0,0004—0,0009 mm. Häufig kommen in dem Mantel desselben Thieres Fibrillen sehr verschiedener Länge und Dicke nebeneinander vor. Be- sonders auffallend scheint das bei Polyeyclus Renieri zu sein (Loewig und Kölliker). Die Fasern dürften in allen Fällen unverzweigt sein *), sie verlaufen selten ganz gerade, meistens mehr oder minder stark gewellt und geschlängelt, zuweilen (Polycarpa pomarca) in vollkommenen Spiralen. Da die Fasern cellulosehaltig sind, zeigen sie die bekannten Er- scheinungen der Doppelbrechung des Lichtes (vgl. unten p. 255). Während in der homogenen Grundsubstanz des Cellulosemantels die Lage der optischen Axe kaum festzustellen ist, erscheint sie in den Fibrillen durch deren Längsrichtung fest bestimmt. Nur wo verhältnissmässig wenige Fasern im Mantel sich finden, ist ihr Verlauf ein ziemlich unregelmässiger, sonst ziehen sie meist in ganz bestimmten Richtungen. Oft verlaufen alle annähernd in einer Richtung und durchflechten sich dabei lose zu einem lockeren filzartigen Gewebe. /uweilen kreuzen sich die Fasern senkrecht, indem sie in parallel über- einander liegenden Ebenen verlaufen. Treten dann noch Fasern hinzu, welche ziemlich senkrecht in der dritten Dimension ziehen und die beiden ersteren durchsetzen, so erhält das Flechtwerk eine besondere Zähigkeit (einige Stellen im Cynthia-Mantel). Besonders regelmässig ist der Faser- verlauf im grössten Theil des Mantels bei Oynthia papillosa. Hier wechseln Schichten, die sich aus Längsfibrillen und Ringfibrillen zusammensetzen, in ganz regelmässiger Weise miteinander ab (Loewig und Kölliker). Am dünnsten sind die Schichten nahe der Aussen- und Innenseite des Mantels, und hier liegen sie dieht gedrängt übereinander; am dicksten sind sie in der Mitte (Fig. 1, Taf. XII). Da, wo die Pigmentzellen ein- gebettet sind, sieht man die Fibrillen auseinanderweichen und die Zellen umschlingen (Fig. 2, Taf. XII). Finden sich in der Grundsubstanz des Mantels nur verhältnissmässig wenige Fibrillen, so kann man sich leicht überzeugen, dass zwischen ihnen und den Mantelzellen eine homogene, wohl ebenfalls cellulosehaltige *) Ob die von Heller (1875) in der Aussenschicht des Mantels des Rhodosoma callense beschriebenen „verästelten Stränge“ Intereellularfasern der Grundsubstanz dar- stellen, vermag ich aus dessen Angaben nicht mit Sicherheit zu entnehmen. 250 Aseidien. /wischensubstanz vorhanden ist. Wo, wie so häufig im Mantel der Cynthien, die Fibrillen dicht aneinander gepresst sind und ein filziges (ewebe bilden, ist die sie verbindende homogene Grundsubstanz kaum zu bemerken. Bei Cynthia papillosa haben daher auch Loewig und Kölliker ausdrücklich betont, dass zwischen den Fibrillen keine homogene Substanz vorhanden ist. Ich glaube aber doch, dass sie hier und überall, wenn auch nur in geringen Mengen anwesend sein muss, weiss aber allerdings nicht anzugeben, ob sie Cellulose enthält. Die Cellulose-Grundsubstanz des Mantels kann bei vielen Formen eigenartige, mit einer Veränderung der chemischen Beschaffenheit ver- bundene Differenzirungen erfahren. Es bilden sich nämlich häufig schon mit dem blossen Auge erkennbare, oberflächlich gelegene, mehr oder minder dieke Platten aus, die als hornartig bezeichnet werden, obwohl deren Chemismus nicht sicher festgestellt ist. Aus Keratin scheinen sie aber nicht zu bestehen. Ich habe oben bereits (p. 215 u. fg.) dieser Bildungen bei Uynthia, Chelyosoma und Rhodosoma gedacht und kann hier über ihren feineren histologischen Bau nichts weiter hinzufügen, da präcise Angaben darüber fehlen. Bei Rhodosoma scheint übrigens gerade die „hornartige Schicht“ durch eine fibrilläre Structur der Grundsubstanz sich auszuzeichnen, während diese in den tieferen Lagen hyalin sein soll. Wenigstens liesse sich das aus Heller’s (1875) Darstellung entnehmen. Nachdem Heller erwähnt hat, dass der Bau des Mantels an allen Stellen der wesentlich gleiche sei, fährt er fort: „Die äussere Hautschicht ist immer fester und dichter, an ihrer Oberfläche gewahrt man zahlreiche gewundene, verästelte Stränge und dazwischen zerstreut runde blasen- artige Körper mit einem oder mehreren rundlichen Kernen im Innern [!].“ c. Mekroskopische Einlagerungen. Die mikroskopischen Einlagerungen des Ascidienmantels sind zweierlei Art: erstlich sind es verschiedene anorganische Substanzen, die sich in den mannigfachsten Formen im Cellulosemantel abgelagert finden, und zweitens begegnet man in der homogenen Grundsubstanz gewissen orT- ganischen Einschlüssen. Die ersteren sind entweder kalkiger oder kieseliger Natur, doch ist ihre chemische Beschaffenheit bisher nur sehr ungenügend erforscht, und wahrscheinlich wird sie sich bei eingehender Untersuchung als recht mannigfaltig herausstellen. In der Asche des Ascidienmantels (Phallusia mammillata) sind durch Schütze (vgl. unten p. 260) ziemlich zahlreiche verschiedene anorganische Verbindungen nachgewiesen worden, und es ist vielleicht nicht unwahrscheinlich, dass mehrere von ihnen, und nicht nur zwei, in Form von wohl differenzirten mikroskopisch nach- weisbaren krystallinischen Körperchen vorkommen dürften. Noch weniger out bekannt sind die organischen Ablagerungen. Es kommen hier in Betracht Fett- und Pigmentkörner. Kalkeinlagerungen. Die wichtigsten und verbreitetsten mikro- skopischen Einlagerungen des Aseidienmantels sind die kalkigen. Fast Kalkeinlagerungen des Cellulosemantels. 331 immer erscheinen sie als krystallinische Körper in bestimmten Fermen und werden dann Kalkspicula genannt. Nur selten bestehen die Ab- lagerungen aus feineren Körnchen kugelähnlicher oder unregelmässiger Gestalt in oder auf den Mantelzellen. In der ganzen Familie der Didemnidae gibt es nur zwei oder drei Formen, welchen die Spieula fehlen; in der der Diplosomidae ist eigentlich nur der Mangel (Drplosoma) oder das Vorhandensein (Diplosomoides) der Spicula das einzige sichere Merkmal, das die beiden Gattungen scharf trennt. Bei Distomiden kommen zuweilen (Uystodites) eigenthümlich geformte Spicula vor und bei Botrylliden finden sich nach Loewig und Kölliker Kalk- concretionen in den Mantelzellen. Wenn freilich auch nicht so verbreitet wie bei den Synaseidien, so führen doch auch manche Monaseidien und sociale Ascidien Mantelspieula zum Theil von höchst eigenthümlicher Form. Charakteristisch ist ihr Vorkommen für die Gattung Rhabdocynthra ; ferner finden sich Kalkeinlagerungen bei einigen Boltenia , Meerocosmus, Phallusia, Pachychloena, nach Loewig und Kölliker auch bei Olavelina und einigen anderen "). 1) In der einfachsten Form, als eine Ansammlung von kleinen Körnchen, sind die Kalkeinlagerungen bei Phallusia mammillata zu beobachten. Sie bedecken hier als ein körniger Belag manche Hohlzellen. Ob die Körner aus kohlensaurem Kalk bestehen, ist nicht festgestellt; 0. Hertwig erwähnt nur, dass es „Kalksalze‘ seien. Bei botryllus violaceus kommen nach der Darstellung von Loewig und Kölliker runde, birnförmige, spindelförmige und sternförmige Mantel- zellen vor, die in ihrem Inneren Kalk- concretionen führen sollen. Diese letzteren scheinen sich aus einzelnen amorphen Kalk- körperchen zusammenzusetzen und sind meines Wissens seither nicht wieder unter- sucht worden. 2)a. Die einfachste Form krystallinischer Kalkablagerungen stellen die einfachen stäb- chenförmigen oder nadelförmigen Spi- cula dar, die gewöhnlich spitz zulaufende Enden besitzen. Herdman fand sie bei Pachychloena gigantea, gibt allerdings nicht Mantelgefässendigung mit anhaf- an, ob sie kalkiger Natur seien. Die Kry- tenden Spieulis von Pachychloena stalle sind von verschiedener Grösse und 9igantea Herd. en Leni sitzen den Mantelgefässwandungen auf. Die en grösseren sind deutlich gelb gefärbt; die j kleineren sind farblos und stehen in radiären Bündeln (Textfig. 40). Herdman ist zweifelhaft, ob diese Bildungen nicht Kunstproducte seien, die durch die Conservirungen mit Alkohol hervorgerufen wurden. ®) Bei Ouleolus scheinen die Spieula nur auf bestimmte blutführende Räume der primären Leibeshöhle beschränkt zu sein und im Cellulosemantel vollkommen zu fehlen. 232 Aseidien. b. Am verbreitetsten sind die sternförmigen Spieula. Sie durch- setzen zuweilen fast den ganzen Mantel und sind so zahlreich, dass sie dem ganzen Stock ein weisses kalkartiges Aussehen verleihen (Lepto- clinum candidum). In anderen Fällen finden sie sich nur in der tieferen Mantelschicht, während in der oberflächlichen Blasenzellen liegen (Zepto- clinum Thomson? Herd., vgl. auch Didemnum lobatum in Fig. 1, Taf. XIV). /uweilen liegen wiederum die Spicula mehr oberflächlich (Zeptoclinum Jeffreys@ Herdman). Die Gestalt dieser Spicula zeigt im einzelnen sehr orosse Verschiedenheiten. Die in einem Punkte zusammentreffenden Kalk- strahlen sind oft einfach nadelförmig oder stäbchenförmig; das ist meist in jugendlichen Spieulis (Fig. 15A und Fig. 16—-18, Taf. XIV), zuweilen aber auch in bereits vollkommen entwickelten der Fall. Die Kalknadeln oder Stäbe sind meist je nach ihrer Länge in bestimmter Weise angeordnet, sodass ziemlich regelmässige Formen entstehen. Als eine besondere Modification der sternförmigen Spicula betrachte ich die, welche Giard bei Didemnum sargassicola beschrieben hat. Die stäbehenförmigen Strahlen gehen hier von einem ziemlich umfangreichen centralen kugeligen und concentrisch geschichteten Kalkkörper aus (Hier 10A, Tat XV): Ein dritter Typus der sternförmigen Spicula besteht darin, dass die Sternstrahlen eine gedrungenere, pyramidenähnliche, lanzett- förmige oder selbst blattähnliche Gestalt annehmen. Der Formen- reichthum dieser Art Spieula ist ausserordentlich gross. Fig. 15 B, C, D, Taf. XIV zeigen drei verschiedene Spiecula aus dem Mantel von Didemnum lobatum, und ähnliche Kalkeinlagerungen sind auch bei anderen Didemnum und Leptocknum sehr häufig. (Vgl. Leptochknum candidum Della Vall®in Fig. 11, Tat. XIV.) c. Von den sternförmigen Spieulis mit breiteren blattähnlichen Strahlen lassen sich die blüthenähnlichen oder kelchförmigen Spicula ableiten. Sie entstehen aus jenen dadurch, dass die Strahlen nicht mehr nach allen Richtungen ausgehen, sondern vornehmlich in einer Ebene entspringen und blüthenblattähnlich werden. Ausser einem Hauptkranz grösserer Blätter können noch ein oder mehrere kleinere innere Blatt- kränze vorkommen. Auch dieser Typus der Mantelspieula zeigt sehr mannigfache Formen. Einige von ihnen habe ich auf Taf. XIV abgebildet. Fig. 9 stellt ein Spieulum von Leptoclinum perforatum dar, Fig. 10 B von Didemnum sargasstcola. In dem letzteren sind die einzelnen Strahlen so breit, dass sie miteinander zu einem flachen Kelch vollständig ver- wachsen erscheinen. In Fig. 12 sieht man zwei verschiedene Spieula von Diplosomordes pseudoleptoclinum; gerade bei dieser Form ist die Varia- bilität ganz besonders ausgeprägt. d. Einen sehr abweichenden Typus repräsentiren die hantelförmigen Spieula, die Drasche im Mantel der Boltenia pachydermatina Herd. beschrieben hat. Der ziemlich dieke und kurze Kalkstab spaltet sich an Kalkspieula des Cellulosemantels. 235 beiden Enden in je vier ziemlich regelmässig gestellte, warzenförmige Theile (vgl. Fig. 8, Taf. XIV). e. Sehr eigenthümlich sind die borstenwurmähnlichen, kratzborsten- förmigen Spicula, die ziemlich allgemein verbreitet im Genus Rhabdo- cynthia sich finden; auch bei Mecrocosmus kommen sie vor. An einem verhältnissmässig starken Hauptstabe sitzen zahlreiche hintereinander gelegene feine Borstenkränze. Der kalkige Hauptstab ist gerade oder säbelförmig gekrümmt, gleichmässig eylindrisch oder an einem oder an beiden Enden verjüngt. Zuweilen ist ein Ende kolbenförmig angeschwollen oder auch mit einem knopfartigen Aufsatz versehen (Fig. 13, Taf. XIV). f. Bemerkenswerth sind endlich auch die scheibenförmigen Spicula, die für die Gattung Oystodites charakteristisch sind. Sie um- lagern hier die Zooide und bilden namentlich um jüngere Thiere ein vollständiges Kalkgehäuse. Die einzelnen Spieula sind in der Regel diskusförmig, von mehr oder minder kreisähnlichem Umriss. Ihre Grösse ist ausserordentlich verschieden und kann im Durchmesser bis 0,54 mm betragen (Uystodites inflatus Heiden). Zuweilen erscheint die Kalk- substanz in concentrischen Schichten und radiären Streifungen (Fig. 14, Taf. XIV). — Bei mehreren Ascidien, deren Gellulosemäntel Spieula führten, finden sich gleichzeitig kalkige Ablagerungen an den verschiedensten Stellen in der primären Leibeshöhle resp. in den Blutbahnen. Sie werden in dem das Bindegewebe und Mesenchym behandelnden Kapitel besprochen werden, und es wird sich dann zeigen, dass die Spieula im Mantel und in der Leibeshöhle zuweilen recht verschieden sein können. In der Regel variiren die Spicula im Mantel eines Thieres oder auch bei verschiedenen Individuen einer Species nur so unerheblich, dass sie sich innerhalb eines der oben angeführten Formtypen halten. Dies zeigen recht überzeugend die auf Taf. XIV, Fig. 15—18 abgebildeten Spieula von Didemnum lobatum. Die kleineren mit nadelförmigen Radien mögen wohl sämmtlich noch unentwickelte Stadien sein. In den aus- gebildeten fällt vor allem die Inconstanz der Strahlenzahl auf, die in dem einen Fall ein Multiplum von fünf, im anderen von sechs darstellt. Aehnliche Variationen finden sich nach Drasche und Giard bei den sternförmigen Spieulis zahlreicher Synascidien (Drdemnum cereum, D. niveum, Leptoclinum Lacazei, L. gelatinosum, L. fulgidum, Eucoehum parasiticum und vielen anderen). Ebenso variiren die blumenkelchförmigen Spieula recht erheblich, sowohl in der Form wie in der Zahl der Strahlen des Kelches (Leptoclinum perforatum , Diplosomoides pseudoleptoclinum) , und auch die kratzborstenförmigen der Rhabdocynthia zeigen individuelle Verschiedenheiten. Zuweilen aber finden sich in einem Thiere Spieula verschiedener Typen nebeneinander. Bei Didemnum sargassicola zeigen nicht nur die oben erwähnten eigenthümlichen sternförmigen Spieula ziemlich auffallende 254 Asecidien. Variationen, sondern es treten daneben auch, wie es scheint ziemlich un- vermittelt, blumenkelehförmige auf (Fig. 10, Taf. XIV). Ganz ähnlich ver- hält es sich bei Didemnum cereum (Giard). Dagegen scheinen, soweit sich das aus Giard’s Abbildungen erschliessen lässt, bei einer Varietät des Didemnum sargassicola Var. greseum zwischen sternförmigen und blumen- kelehähnlichen Spieulis Uebergangsstadien vorzukommen. Die Entstehung der Kalkspieula ist bisher nur unvollkommen bekannt geworden. Giard und Drasche fanden ein und zuweilen mehrere Spicula innerhalb einer Zelle, und daraus ergibt sich der Schluss, dass die Kalkbildungen im Zellinnern erfolgen müssen. Ich habe zahl- reichere Spieula niemals von einer Zelle umschlossen angetroffen und glaube daher, ohne allerdings das gleiche Object untersucht zu haben, dass die Membran, die Giard einen Haufen von 1—2 Dutzend Spieulis um- schliessen lässt, die Wand einer von mehreren Zellen begrenzten Blase ist. Im conservirten Material habe ich die jüngsten Spiceulastadien schon als kleine Sterne gesehen, die in Blasenräumen an der Aussenseite der protoplasmatischen Körper der Mantelzellen gelegen waren. In zahlreichen Fällen habe ich mit Sicherheit feststellen können, dass die mit einer wasserklaren Flüssigkeit erfüllten Blasenräume von mehreren Mantelzellen und häufig zum Theil auch von der cellulosehaltigen Grundsubstanz be- grenzt wurden (Fig. 16 und 18, Taf. XIV). Auf den jüngsten von mir aufgefundenen Stadien erstreckten sich protoplasmatische Fortsätze der Zellen in das Blaseninnere manchmal bis zur Spieulaanlage. Zuweilen aber habe ich auch nur einen Zellkörper am Blasenraum aufgefunden (Fig. 17, Taf. XIV), während ein grosser Theil der Blasenwand von der homogenen Mantelgrundsubstanz gebildet wurde. Darnach gelange ich zu folgender Vorstellung über die Entstehung der Mantelspieula. Auf sehr frühen Stadien bereits liegen die Spicula ausserhalb der protoplasmatischen Zellkörper in blasigen Räumen, die mit einer hellen, wahrscheinlich gelöste Kalksubstanzen enthaltenden Flüssigkeit erfüllt sind. Ob in noch jüngeren Stadien die erste Spieulum- anlage im Inneren des Zellplasmas zur Absonderung gelangt und dann erst nach aussen rückt, konnte nicht festgestellt werden. Jedenfalls wächst die junge Anlage dadurch, dass eine oder mehrere Mantelzellen die zur Vergrösserung nothwendigen kalkhaltigen Substanzen nach aussen zu zwischen ihren Plasmakörper absondern und dem jungen Spiculum auflagern. ! Die chemische Beschaffenheit der Spicula ist nicht näher untersucht. Aus der leichten Lösbarkeit in Säuren (Salzsäure) haben schon Loewig und Kölliker auf die Anwesenheit von kohlensaurem Kalk geschlossen. Dieser dürfte wahrscheinlich an eine organische Grund- substanz gebunden sein, die der Masse nach nur ausserordentlich gering sein kann. Ob in der That alle als Kalkspicula bezeichneten Gebilde im Ascidienmantel aus kohlensaurem Kalk bestehen, ist vielleicht als fraglich zu betrachten. Kieselige und organische Einlagerungen des Mantels. 235 Bemerkenswerth ist, dass Giard nach Behandlung sternförmiger Didemnum-Spieula mit Essigsäure Krystalle erhielt, die einfache oder /willingsrhomboeder bildeten. Die Farbe der Kalkspieula ist, wie ihr Chemismus erwarten lässt, weiss. Nur wenige Ausnahmen sind bekannt. Bei Leptochnum rubicandum und Z. Jeffreysi sind die sternförmigen Spieula gelb (Herdman); und die eigenthümlichen Spieula an den Mantelgefässen der Pachychloena gigantea sind nach Herdman zum Theil farblos, zum Theil und zwar be- sonders die grossen ebenfalls deutlich gelb gefärbt (vgl. oben p. 231). Kieseleinlagerungen. Einlagerungen kieseliger Natur scheinen sich im Mantel der Ascidien seltener zu finden als bei Salpen. Von Loewig und Kölliker sind für Polycyelus IRenier? Lam. weisse mit blossem Auge sichtbare „Coneretionen“ beschrieben und als kieselig gedeutet worden, weil sie sich in Salzsäure und Kalilauge als unlöslich erwiesen. Die Anwesenheit von „Kıystallen“ im Ascidienmantel wird von mehreren Autoren bei sehr verschiedenen Formen erwähnt. Meist scheinen in älteren Schriften darunter Kalkspiceula verstanden zu sein, zuweilen aber lässt sich eine solche Deutung nicht geben, und es bleibt ungewiss, welche chemische Beschaffenheit die betreffenden Ablagerungen haben. Das eilt z. B. für die von Loewig und Kölliker erwähnten Krystalle im Mantel der Cynthia papillosa. Organische Ablagerungen. Es handelt sich an dieser Stelle um den Nachweis solcher organischen Ablagerungen, die sich direct in der homogenen cellulosehaltigen Grundsubstanz des Mantels und nicht in den noch thätigen und lebenden Mantelzellen selbst finden. Die Nähr- und Reservekörperchen dieser letzteren sind oben bereits (p. 226) be- sprochen worden. Ueber die chemische Beschaffenheit der organischen Ablagerungen ist nur sehr wenig bekannt geworden; es wurden Fett- körner und Pigmentkörperchen beschrieben. Freie Fettkörnchen haben zuerst Loewig und Kölliker erwähnt. Sie fanden die mehr oder minder kugelähnlichen Körperchen in sehr wechselnden Grössen (0,001 —0,01 mm) in der homogenen Substanz mehrerer Ascidienmäntel (Drazona, Olavelina). Die Art des Fettkörpers ist nicht näher bestimmt worden. Mit Rücksicht darauf, dass in neuerer Zeit bei der chemischen Analyse ganzer Mäntel verschiedene Fette nach- gewiesen werden konnten (vgl. unten p. 260), liegt wohl die Annahme nahe, dass auch die freien Fettkörperchen bezüglich ihres feineren chemischen Verhaltens recht verschieden sein werden. Was die Herkunft der freien Fettkörpercehen anbelangt, so bin ich geneigt anzunehmen, dass diese niemals ein Ausscheidungsproduct der cellulosehaltigen Grundsubstanz selbst darstellen, sondern stets in den Mantelzellen zunächst vorhanden waren. Es scheint mir auch ziemlich gewiss, dass von den älteren Autoren, die häufig genug die kleinen Jugendlichen Mantelzellen für Kerne oder Granulationen angesehen haben, mehrfach die oben (p. 227) schon erwähnten Fettzellen des Mantels 236 Ascidien. für Fettkörner gehalten worden sind. Sicher sind die freien Fettkörnchen zum grössten Theil abgestorbene und in Auflösung begriffene Fettzellen oder mit Reservestoffen beladene todte Mantelzellen (Olavelina, Ciona). In manchen Fällen mögen aber vielleicht Fettkörperchen aus den Mantel- zellen in die homogene Grundsubstanz abgestossen werden und sich daselbst eine Zeit lang erhalten können. Frei in der Cellulosegrundsubstanz des Mantels liegende Pigment- körner und Granula sind wiederholt beschrieben worden (Giard, Loewig und Kölliker). Ich glaube, dass es sich hiermit so verhalten werde wie mit den freien Fettkörperchen, d. h. dass sie zum allergrössten Theil, vielleicht auch sämmtlich, echte Pigmentzellen, sei es im lebenden, sei es im desorganisirten Zustand, darstellen werden. Doch ist es auch hier nicht ausgeschlossen, dass Pigmentkörner in der That auch aus den Zellen ausgeschieden werden und in der cellulosehaltigen Grundsubstanz sich ansammeln können. In den Fällen, in welchen das Pigment sich in vollständig gelöstem Zustand in der homogenen Grundsubstanz findet, sodass diese homogenfarben erscheint (einige Beispiele dieses Verhaltens sind oben p. 201 angeführt worden), dürfte in der That eine Ausscheidung von Farbstoffen aus den Mantelzellen stattgefunden haben. d. Mantelfortsätze und Stacheln. Ausser den die Befestigung der Aseidie an den verschiedensten Fremd- körpern vermittelnden Haftfortsätzen finden sich weit verbreitet auch an der freien Oberfläche sehr verschieden gestaltete Erhebungen des Cellu- losemantels. Mantelfortsätze. Im einfachsten Fall sind die Mantelfortsätze nur Erhebungen der Cellulosegrundsubstanz mit den in ihr ruhenden Mantelzellen; sie sind solid und enthalten keine Gefässe. In der Regel sind sie papillen- und fingerförmig oder tentakelartig gestaltet, oft nur ziemlich kurz, zuweilen aber von so ansehnlicher Länge, dass sie mit blossem Auge sofort auffallen. Bei Styela mytiligera Sav. werden die Mantelfortsätze zu mächtigen rankenförmigen Gebilden, die eine Länge von 1—2 Zoll erreichen können (O0. Hertwig) und mit Trümmern von Mollusken- und Echinodermenschalen bedeckt sind. Ein sehr eigen- thümliches, etwa an den Rüssel eines Acanthocephalen erinnerndes Aus- sehen zeigt der Mundsipho von Molgula echinosiphonica Lae.-Duth., denn hier finden sich sechs den Lobis entsprechende Längsreihen von je 5—6 hakenförmigen Mantelfortsätzen. Enthalten die oberflächlichen Mantelschichten Spieula, so finden sich diese auch in den Fortsätzen. Das ist bei Synaseidien mehrfach zu beobachten und in Fig. 6, Taf. XIV für Leptoclinum tonga dargestellt worden. Complieirter gestalten sich die Mantelfortsätze, wenn sie Gefässe führen. Nur selten (Culeolus Moseleyi, Ouleolus Wyville- Thomson? Herd.) sind sie dann einfache fingerförmige Erhebungen mit axialen Hohlräumen; in den meisten Fällen erscheinen sie mehr oder minder reich verzweigt Gefässhaltige Mantelfortsätze. 237 (vel. Textfig. 41 und 42). Die Gefässe können auf den Hauptstamm des Anhanges beschränkt sein oder sieh auch in die Verzweigungen des Mantelfortsatzes erstrecken (Textfig. 42). Nach Herdman sollen die Manteltentakel von Chuleolus nur einen continuirlichen grossen centralen Blutraum führen, während Lacaze-Duthiers bei Molguliden ein capillares Doppelgefäss vorfand, dessen beide Hälften am äussersten Ende in- einander übergingen. Die Wandungen der gefässhaltigen Mantelfortsätze Fig. 41. Verzweigter hohler Mantelfortsatz von Ouleolus Murrayi Herd. (Nach Herd- man.) 207: pz — Blutzellenansammlung; t.k! — Tentakelfortsätze zweiter Ordnung. Bündel von drei verzweigten Mantel- fortsätzen von Molgula (Anurella) vos- eovita mitanhaftenden kleineren Steinen. (Nach Lacaze-Duthiers.) °/.. a — Wurzelförmige Verzweigungen der Mantelfortsätze; b — Anhaftende Fremdkörper. zeigen über dem die Blutbahnen umschliessenden Ectodermepithel den- selben Bau wie das Mantelgewebe selbst. Kleinere Unterschiede können vorkommen; so sind z. B. bei Culeolus Murray: die Manteltentakel bräunlich, der Mantel selbst grau gefärbt (Herdman). Die verzweigten Mantelfortsätze erlangen zuweilen eine verhältniss- mässig sehr bedeutende Grösse bei äusserst reicher dendritischer Ver- 238 Aseidien. zweigung. Besonders auffallend ist das bei Polycarpa comata, deren baumförmige mit Fremdkörpern behaftete Mantelfortsätze *) mehrere Millimeter lang sein und gegen '/, der ganzen Körperhreite betragen können (Textfig. 43). Hier erscheint dann im lebenden Thier der ganze Körper mit Ausnahme der Siphonen von einer dieken Sandkruste voll- kommen eingeschlossen. Die Bedeutung der Mantelfortsätze liest einmal darin, dass die ver- schiedensten Fremdkörper sich sehr leicht an der Ascidie festheften und diese mit einem schützenden Panzer umgeben. Wie oben schon ausgeführt worden ist (p. 219), wird dadurch der Aseidie nieht nur Schutz gegen mecha- nische Insulte gegeben, sondern vor allem die Mög- lichkeit geboten, ihr Aeusseres verschiedenen an- organischen Gebilden vollkommen ähnlich zu gestalten und auf diese Weise sich vor gewissen Feinden zu verbergen und zu schützen. Den eefässführenden Mantelfortsätzen kommt überdies noch respiratorische Bedeutung zu. Die Wandungen vieler Fortsätze sind A er so ausserordentlich dünn (Uulcolus), dass ein endos- Verästelter Mantelfort- a er i 5 er ana sn Pikrtiigen motischer Gasaustausch dureh die dünne Mantellage comata Ald.miteinign hindurch sehr wohl erfolgen kann. anhaftenden Sandkör- Mantelstacheln. Im Gegensatz zu diesen eben nern. (Nach Lacaze- beschriebenen Mantelfortsätzen scheinen die Stacheln Du zu (Spinulae) der Öynthien vorwiegend, wenn nicht Delage.) °J.. i : » Der x, ausschliesslich, die Bedeutung von Schutzwaffen zu haben. Sie finden sich vornehmlich im Umkreis der beiden Körper- öffnungen, besonders zahlreich und gross sind sie in der Regel in der Umgebung des Mundes. Hier trifft man sie auch auf dem vorderen Theil des eingestülpten, die Mundhöhle auskleidenden Cellulosemantels, oft so dieht gestellt, dass die Wandung wie ein grobes Reibeisen oder eine Kratz- bürste erscheint. Die einzelnen Stacheln haben ihre Spitzen nach aussen gerichtet, sind in der Tiefe der Mundhöhle am kleinsten, nehmen nach aussen an Grösse zu und erreichen meist auf der Höhe des Siphos ihre grösste Länge, die mehrere Millimeter betragen kann (Oynthia papillosa). Auch auf der Aussenseite der Siphonen und vielfach auch über der ganzen Körperoberfläche zerstreut kommen die Stacheln vor, und ihr Bau kann dann an den verschiedenen Körperstellen ein verschiedener sein (vel. Fig. 1, Taf. XII mit Fig. 3 und 4, Taf. XIV). Trotzdem bieten, worauf Lacaze-Duthiers (1884) zuerst hingewiesen hat, die Stacheln ein wichtiges Merkmal für die Bestimmung der Formen. Doch haben die Verschiedenheiten der Stacheln für die Diagnose nur den Werth von Speciesmerkmalen, während Gattungen sich darauf hin nicht gründen lassen. Zu bemerken ist aber, dass in der Familie der Öynthiidae nicht 5 Ich habe allerdings aus der vorliegenden Literatur nicht feststellen können, ob diese Mantelfortsätze Gefässe enthalten. Stacheln des Cellulosemantels. 239 alle Formen Spinulae tragen. Bei den Gattungen Mecrocosmus und Uynthra scheinen sie allgemein, bei Siyela weit verbreitet vorzukommen; bei Styelopsis fehlen sie und ebenso bei den meisten Polycarpa (Polycarpa tenera Lac. u. Del. besitzt Stacheln, während Pol. comata an der Aussen- seite des Körpers verzweigte Mantelfortsätze trägt). Die Stacheln der Cynthien unterscheiden sieh von den oben be- schriebenen Mantelfortsätzen dadurch, dass ihre oberflächliche Schicht nicht aus der eellulosehaltigen Grundsubstanz des Mantels besteht, sondern durch eine mehr oder minder dieke homogene Substanz gebildet wird, die der cellulosehaltigen wie eine Öuticula aufliegt. Die chemische Beschaffenheit dieser Substanz ist verschieden beurtheilt worden. Während sie die einen (Loewig und Kölliker) als hornartig bezeichnen, nennen sie die anderen (Lacaze-Duthiers und Delage) chitinös (vgl. unten p. 260). Unter dieser homogenen Schicht liegt, die Axe der Stacheln erfüllend, die fibrilläre Mantelgrundsubstanz. Nach Behandlung mit Kalilauge (nach Loewig’s und Kölliker’s Angaben auch mit Salzsäure) löst sich die cutieulare Lage auf und die Cellulosefibrillen treten frei hervor. Ich glaube, dass nach diesem Typus alle Cynthienstacheln im wesentlichen gebaut sein werden, nur kommt es vor, dass bei verhältniss- mässig beträchtlicher Dicke der Oberflächenschicht ein grosser Theil der Stachelspitze nur von dieser gebildet wird und die fibrilläre Grundsubstanz mehr auf den basalen Theil beschränkt erscheint. Die Gestalt der Stacheln zeigt recht bedeutende Verschieden- heiten. Im einfachsten Fall stellt der Stachel eine conische mehr oder minder langgestreekte und spitz zulaufende Erhebung über die Mantel- oberfläche dar. Sein eutieularer Mantel ist ganz glatt, seine Axe ist entweder gerade (Cynthia papillosa; Fig. 1, Taf. XII) oder, wie es häufig bei den Stacheln in der Mundhöhle vorkommt, gekrümmt, sodass das ganze Gebilde rosendornförmig erscheint (Textfig. 44 E.). Zuweilen sind die Stacheln an der Spitze gabelig gespalten, und zwischen den beiden Zacken können sich dann noch ein oder zwei kleinere erheben (Styela variabilis Hanc., Textfigur 44. D). Solche Verschiedenheiten finden sich zwischen den Stacheln eines Thieres. Manchmal ist die Stacheloberfläche nicht glatt, sondern mit Längsrinnen versehen. Diese sind entweder zahlreich vor- handen und dann schmal und seieht wie z. B. bei Cynthia nodulosa (Drasche), oder es findet sich nur eine breite und tiefe Rinne wie bei den 0,2 mm langen fförmigen Stacheln der Mundhöhle von Mocrocosmus spinosus (Lacaze und Delage; vgl. Textfigur 44 A). Diese Stacheln zeichnen sieh auch dadurch aus, dass ihre vorderen Theile von axialen Höhlungen durchbohrt werden, die Oefinungen nach aussen besitzen. Solche eentrale Hohlräume sollen sich auch in den Stacheln anderer Formen vorfinden, doch bin ich im allgemeinen geneigt, anzunehmen, dass derartige Angaben oft darauf zurückzuführen sind, dass die fibrilläre Grundsubstanz, die in der Regel den Axialraum erfüllt, übersehen worden ist. 240 Aseidien. Die Stacheln können entweder der Mantelgrundsubstanz einfach aufsitzen und sogar auf besonderen warzenförmigen Erhebungen stehen, oder sie sind mehr oder weniger tief mit ihren basalen Theilen in sie eingesenkt. Bei Styela armata 7. B. (Textfigur 44 C) ruht nur ein verhältnissmässig kleiner Theil des Stachels in der Grundsubstanz des Mantels, bei Möerocosmus spinosus (Textfigur 44 A) erhebt sich zu- Fig. 44. ’% Verschiedene Mantelstacheln von Cynthien. A Drei Stacheln des Mundeingangs von Microcosmus spinosus. (Nach Lacaze und Delage.) 2. B. Kleiner äusserer Mundstachel von Oynthia papillosa. "7; C. Stacheln der Mundhöhle von Styela armata. (Nach Lacaze und Delage.) *%.. D. Drei Stacheln von Styela variabilis. (Nach Lacaze und Delage.) ®/.. E. Drei junge Stacheln der Mundhöhle von Cynthia morus. (Nach Lacaze und Delage.) #00/. ce = die Mundhöhle auskleidender Cellulosemantel. weilen nur die eine Hälfte der Gesammtlänge über die Oberfläche, während die andere im Mantel steckt. Complieirter gestalten sich die Stacheln, wenn sie mit Widerhaken besetzt sind (Textfigur 44 B). Diese bestehen zum grössten Theil aus der homogenen äusseren Stachelschicht, und nur in die Basis dringt die faserige Cellulosesubstanz ein. In sehr entwickelter Form trifft man diese Stacheln an der Mundöffnung bei Cynthia papillosa (Fig. 5 und 4, Taf. XIV). wo sie eine Länge von 3mm erreichen und sehr reich mit aufwärts gerichteten Widerhaken versehen sind. In der Mundhöhle werden sie rasch beträchtlich kleiner, und die Zahl der Widerhaken nimmt ab; Stacheln des Cellulosemantels. 24] füglich finden sich in der Tiefe der Mundhöhle nur noch winzige glatte, dornenförmige Stacheln, die einigermaassen an die von Cynthia morus (Textfigur 44 E) erinnern. Da überdies bei Cynthia papellosa an der Aussenseite des Körpers die oben schon erwähnten geraden kegelförmigen Stacheln vorkommen, die durch alle möglichen Zwischenformen zu den mit Widerhaken versehenen des Mundes hinüberführen, so ist diese Ascidie ein Beweis dafür, dass die verschiedenen Stachelformen keine grundverschiedene Typen, sondern nur Modificationen einer Grundform darstellen, die alle ineinander übergehen können. Am complicirtesten ist der Bau der sternförmigen Stacheln von Cynthia echinata. Auf einer soliden zapfenartigen Basis steht ein mittlerer längerer und stärkerer Stachel und um diesen herum 8—12 horizontal gestellte. Die Stacheln können an ihren Spitzen gabelig gespalten und selbst wieder mit kleineren Spinulis besetzt erscheinen (Fig. 7, Taf. XIV). Diese sternförmigen Gebilde sind über die ganze Körperoberfläche ver- theilt und stehen in ziemlichen Entfernungen voneinander. In den Zwischenräumen finden sich kleinere einfache und verzweigte Stacheln, sodass auch hier die complieirteste Form nicht ganz unvermittelt dasteht. Die sternförmigen Mantelstacheln sind so gross, dass sie bei der Be- trachtung mit freiem Auge sofort auffallen und der Ascidie ein cactus- ähnliches (Melocactus) Aussehen verleihen. Die Bedeutung der Stacheln als Schutzwaffen für die Ascidie liest auf der Hand, wenigstens insoweit es sich um die grossen und kräftigen Dornen der Aussenseite handelt. Bezüglich der mikroskopisch kleinen Spinulae der Mundhöhle lässt sich die Antwort nicht ohne Vor- behalt geben. Da die Stachelspitzen nach aussen gekehrt sind, scheinen auch sie zur Vertheidigung zu dienen und namentlich grösseren Thieren, die nicht rein passiv mit dem Athmungswasser eingeführt werden, den Eingang in den Kiemendarm wehren zu sollen. Bei Mecrocosmus spinosus sind die Mundspinulae so gross und stark, dass hier in der That wohl nur recht kleine Thiere passiren können. Wo aber, wie in den meisten Fällen, die Mundstacheln nur ausserordentlich klein sind, werden sie dem Ein- dringen eines Feindes in der Regel nur unerhebliehen Widerstand leisten. Man möchte hier vielleicht eher mit Lacaze-Duthiers und Delage daran denken, dass das Austreten kleinerer mit dem Wasserstrom eingeführter Beutethiere verhindert werden soll. Wie wenig das Stachelkleid der Mundregion im Stande ist, fremde Organismen vom Eindringen in die Ascidie abzuhalten, bewies mir das einzige Exemplar einer Uynthia papellosa, das ich darauf hin zu untersuchen Gelegenheit hatte. Obwohl bei dieser Form am Mundrande die grossen 3 mm langen Stacheln sitzen, fand sich doch im vorderen Kiemendarm dicht hinter dem Tentakelkranz eine Krabbe befestigt, deren Breite, die einwärts gekrümmten Extremitäten mit- gerechnet, ungefähr 1 cm betrug. Ueber die Entwicklung der Stacheln ist wenig bekannt. Lacaze- Duthiers und Delage sind der Meinung, dass die Spinulae von den Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 16 242 Aseidien. Ektodermzellen gebildet werden möchten, welche. den hintersten Theil des eingestülpten, die Mundhöhle auskleidenden Cellulosemantels bedecken. Ich habe diese Zellen als eine faltenartige Wucherung des Epithels der Tentakelregion aufgefasst, während sie die beiden französischen Forscher im Anschlusse an Maurice als Theile eines allgemeinen äusseren Ekto- dermepithels betrachten (vgl. oben p. 215). Ein jeder Stachel soll in der Regel durch Umbildung einer Ektodermzelle entstehen, wie der an der Basis häufig noch nachweisbare Kern erweise (Textfigur 44 C, D, E). e. Mantelgefässe. Bei überaus zahlreichen Aseidien wird der Öellulosemantel von Ge- fässen durchsetzt. Die Mantelgefässe sind im wesentlichen röhrenförmige Ausstülpungen des ektodermalen Hautepithels, umschliessen also Fort- setzungen der primären Leibeshöhle und führen Blut. Savigny hat bereits 1816 bei mehreren Cormascidien (Diazona, Botryllus) die primi- tivsten Mantelgefässe als solche richtig erkannt, und Loewig und Kölliker (1546) waren im Unrecht, wenn sie gegen diese Deutung Widerspruch erhoben und jene Gebilde im Gegensatze zu denen des Phallusia-Mantels nicht als Gefässe, sondern nur als „Fortsetzungen der Fleischtheile der Zooide“ gelten lassen wollten. Es muss allerdings auf den ersten Blick dem, der von den verwickelten Verhältnissen der Verte- braten auszugehen gewohnt ist, befremdlich erscheinen, dass das Blut der Ascidien zum Theil in solchen Gefässen ceirculiren könne, deren Innenwandungen direct und ausschliesslich vom Ektodermepithel gebildet werden. Mantelgefässe finden sich in allen grösseren Gruppen der Ascidien bei fast allen Gattungen und zahlreichen Arten. In den Diagnosen dieser letzteren fehlen allerdings sehr häufig Angaben über das Vorkommen oder den Mangel von diesen Organen, wie man denn überhaupt, meines Erachtens mit Unrecht, den Bau des Mantels als systematisches Merkmal zu wenig berücksichtigt hat. Immerhin sind doch einige Fälle bekannt geworden, in denen sich verschiedene Species einer Gattung und sogar verschiedene Individuen derselben Art bezüglich der Gefässe verschieden verhalten sollen. So haben Lacaze-Duthiers und Delage, wie sie ausdrücklich betonen, bei Polycarpa varians keine Mantelgefässe aufzufinden vermocht, während Heller für dieselbe Form berichtet, dass der Mantel von aller- dings „nur wenigen Gefässramificationen“ durchsetzt werde. Der Bau der Mantelgefässe zeigt bei verschiedenen Formen recht bedeutende Unterschiede. Im einfachsten Falle sind, wie oben schon angedeutet worden ist, die Gefässe lediglich schlauchförmige oft mehrfach verzweigte Ausstülpungen des Ektodermepithels und wie dieses durchaus einschichtig. Die Form und Weite des Lumens wechseln oft im Verlaufe eines Gefässes; vor- herrschend ist aber der Querschnitt kreisähnlich. Die Weite des Gefässes ist in der Regel nahe an der Wurzel am bedeutendsten, und die ent- Bau der Mantelgefässe. 343 7 fernteren Aeste werden gewöhnlich immer feiner; nur die blinden Enden der letzten Verzweigungen sind meist ein wenig kolbenförmig an- geschwollen. Bei Dotryllus sind diese terminalen Enden zu ausser- ordentlich grossen Blasen erweitert, deren Lumen die weitesten Gefässe des Mantels um ein Vielfaches übertrifft (vgl. 1 und 2, Taf. XI). Diese blasigen Gefässendigungen sind oft mit Blutzellen dicht angefüllt, und von hier aus erfolgt vornehmlich die Ernährung des Mantelgewebes und die Auswanderung der Mesenchymzellen. Die einschichtige ektodermale Gefässwandung zeigt verschiedene Dicke. Zuweilen sind die Zellen eylindrisch, und dann steht die Wanddicke dem Durchmesser des Gefäss- lumens nur wenig nach. Meist sind die Zellen mehr oder minder abgeflacht (Fig. 5 u. 6, Taf. XI) und erscheinen bei Flächenansicht in polygonalen Umrissen (Fig. 7), sodass die Gefässwand endothelartig aussieht. Complieirter gestaltet sich der Bau der Mantelgefässe bei zahlreichen Synascidien, wenn innerhalb der ektodermalen Gefässwand Mesenchym- zellen sich fixiren. Diese sammeln sich nach und nach an und werden zu Muskelzellen, deren Fibrillen in der Richtung des Gefässes ziehen. So entsteht also im ursprünglichen Mantelgefäss eine Art Hohl-Längs- muskel, in dessen Axe sich der Blutstrom bewegt. Die Fibrillen bilden wohl, zunächst wenigstens, keine vollständige Schicht, durch welche das Blut an allen Stellen von der direeten Bespülung der äusseren Ekto- dermwand gehindert würde, sondern die Muskelschicht scheint verschiedene Lückenräume zu besitzen, durch welche die Blutzellen hindurchtreten können. Mehrfach verjüngt sich das distale Ende des Hohlmuskels so beträchtlich, dass in seinem Inneren für Blutzellen kein Raum mehr bleibt, und auch im proximalen Abschnitt nimmt die Zahl und Dicke der Fibrillen im Alter oft so stark zu, dass der centrale Hohlraum fast vollkommen schwindet und die ursprüngliche Bedeutung als Mantel- gefäss verloren geht (Didemnum, Diplosoma). Ueber den Bau und die Bedeutung dieser Muskeln werden in einem folgenden Kapitel nähere Angaben gemacht werden; hier soll nur erwähnt werden, dass sie wahr- scheinlich als Retractoren dienen, die die Tendenz haben, das Thier in die Tiefe des gemeinsamen Cellulosemantels zurückzuziehen (vgl. auch weiter unten p. 250). Noch mehr ausgebildet als bei den Synaseidien zeigen sich derartige Mantelgefässe unter den Nectaseidien bei den Pyrosomen. Uebrigens sind die muskulösen Mantelgefässe der Synascidien in ihrem Vorkommen durchaus nicht constant. Bei verschiedenen Indi- viduen eines Stockes können sie vorkommen oder fehlen, und auf diese Weise erklären sich manche controverse Angaben. Bei Didemnum lobatum habe ich mich selbst davon überzeugt, und ich glaube, dass es bei Diplosoma Listeri ebenso sein werde, bei dem Lahille eine muskulöse vom Ekto- dermepithel umschlossene Ausstülpung beobachtete, während Salensky nur strangförmige Fortsätze der Mantelsubstanz feststellen konnte (vgl. oben p. 1855). Bei Diplosoma scheinen aber diese Muskelstränge stets nur so zart und dünn zu sein, dass sie überhaupt kein Blut mehr führen. 16* D4A Aseidien. Im Gegensatze zu diesen einfachen Gefässen stehen die Doppel- gefässe des Mantels, die bei den Monascidien ganz allgemein verbreitet sind. In den beiden Theilen des Doppelgefässes bewegt sich das Blut stets in entgegengesetzter Richtung; funetionirt die eine Gefässröhre, in- dem sie das Blut in den Körper zurückführt, gerade als Vene, so ist die andere Arterie. Beim Wechsel des Herzschlages kehrt sich auch dieses Verhältniss um. Dass im Ascidienmantel meist zwei dicht nebeneinander verlaufende Gefässe vorkommen, ergab sich schon aus der Darstellung Loewig’s und Kölliker’s, wurde später aber von Schacht mit Unrecht bezweifelt. O. Hertwig hat dann 18372 eine eingehende Beschreibung des Cireulationsapparates im Mantel namentlich der Phallusia mammillata gegeben und das Vorkommen von Doppelgefässen bestätigt. Nach seinen Untersuchungen entstehen diese dadurch, dass mesodermales Bindegewebe in das einheitliche vom Ektodermepithel gebildete Gefässrohr einwuchert und, indem es eine Scheidewand bildet, das Lumen in zwei Theile zer- lest. Während nach Kölliker die feinen Gefässendigungen in der äussersten Mantelschicht unter Bildung kolbenförmiger Erweiterungen schlingenförmig ineinander übergehen sollten, hört nach O. Hertwig die mesodermale Scheidewand vor den kolbigen Enden auf, sodass in diesen der Blutstrom umkehren kann. Ich finde die Verhältnisse bei Phallusia mammillata etwas anders. Die Gefässe zeigen hier an verschiedenen Stellen ihres Verlaufes be- trächtliche Unterschiede des Baues. Die kleineren Gefässäste, die nament- lich reich in den oberflächlichen Mantelschichten sich finden, doch auch in den tieferen nicht ganz fehlen, sind viel einfacher gebaut als die grossen Hauptstämme, die vorwiegend in der Tiefe verlaufen. Diese kleineren und jüngeren Gefässäste geben gleichzeitig eine klare Vorstellung über die Entstehung der Doppelgefässe selbst. Im Querschnitt erscheinen sie Sförmig (Fig. 6, Taf. XIII), und es zeigt sich, dass die Wandung lediglich aus etwas abgeflachten Ektodermzellen besteht. Im Gefässlumen finden sich neben frei beweglichen Blutzellen einige an der Ektoderm- wand fixirte Mesenchymzellen; doch sind beide Arten Mesodermelemente in den Präparaten nicht scharf zu unterscheiden, da die letzteren aus den ersteren hervorgehen und Blutzellen sich auch nur vorübergehend fixiren können, bis sie nach einiger Zeit wieder vom Blutstrom weiter geführt werden. Eine continuirliche innere Mesenchymschicht fehlt hier in den feineren Doppelgefässen stets. Die Querschnitte lassen darüber keinen Zweifel bestehen, dass das Doppelgefäss sich aus einem einfachen ent- wickelte, indem die Wandung zwei einander gegenüberliegende, der Länge nach verlaufende rinnenförmige Einstülpungen bildete. Die Einstülpungen schreiten so weit vor, bis sie sich in der Mitte begegnen und das Gefäss- lumen in zwei getrennte Theile zerlegen; zuweilen erfolgt in der Mittel- linie eine vollkommene Verwachsung der eingestülpten Theile. Bei Phal- lusia sah ich nur an wenigen Stellen die rinnenförmigen Einschnürungen sich weiter entwickeln und zu einer vollständigen Trennung der beiden Bau der Doppelgefässe des Mantels. 245 Hälften führen, sodass im Durchschnitt zwei völlig gesonderte dicht nebeneinander liegende Gefässe erscheinen. In den etwas grösseren Gefässstämmen wird die Zahl der an der Ektodermwand fixirten Mesenchymzellen allmählich eine grössere, doch scheint eine continuirliche Mesodermschicht über weitere Strecken zunächst noch nirgend zu bestehen. Während hier noch die Mesenchymzellen gegenüber den Blutzellen keinen bestimmten eigenartigen histologischen Charakter zeigen, erscheinen sie in den Hauptstämmen specifisch differen- zirt, indem sie die sog. Spiralfasern entwickeln. Ich sah die Fasern nur in Form von unregelmässigen schräg verlaufenden Bogen sich etwa über die Hälfte eines jeden Theils des Doppelgefässes erstrecken (Fig. 7 und 8, Taf. XII). Sie finden sich, ausgenommen die Regionen der Gabelungs- stellen, fast nur an den einander abgewendeten Seiten der Doppelgefässe. OÖ. Hertwig hat diese Fasern als muskulös gedeutet, und ihre Contrac- tionen könnten wohl, wenn sie in bestimmter Gesetzmässigkeit erfolgten, für die Fortbewegung des Blutstromes von grosser Bedeutung sein. Es ist mir nicht bekannt geworden, dass derartige Contractionen thatsächlich beobachtet worden wären, und es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Fasern nur die Bedeutung eines Stützgewebes für die dünnen Epithel- wände der grossen Gefässe haben. Schon Schacht hat diese Gefässfasern der Ascidien den Spiralfasern in den Tracheen der Inseeten verglichen. Zahlreichen Ascidien fehlen solche Fasern durchaus (z. B. Cynthia microcosmus Cuv.), und die Mantelgefässe weisen dann also nur ein solches Stadium der Ausbildung auf, wie es die kleineren und mittelgrossen Stämme im Phallusia-Mantel repräsentiren. Eine besondere Besprechung erfordern noch die Art und Weise der Gabelung der Doppelgefässe und die feinsten nahe der Mantelober- fläche gelegenen terminalen Endigungen. Nach der Darstellung ©. Hertwig’s würde sich an den Gabelungs- stellen das Bindegewebsseptum, welches das ursprünglich einheitliche Blutgefäss in ein Doppelgefäss zerlegen soll, spalten und in jeden der beiden Gabelstämme fortsetzen, um auch diese in Doppelgefässe zu ver- wandeln. Die Ebene, in welcher die dichotomische Theilung erfolgt und die Ebene, in welcher die Trennungslamelle des Hauptstammes liegt, haben, wie Hertwig betont, keine willkürliche Lage, sondern halten beide dieselbe Richtung ein. Es wäre aber schwer verständlich, wie bei einer derartigen einfachen Spaltung und Gabelung des Septums in jeden Gabel- ast beide Blutströme des Doppelgefässes eindringen könnten. Ueberdies erweist sich Hertwig’s Beschreibung schon deshalb als unzutreffend, weil bei Phallusia, wie oben bereits auseinander gesetzt wurde, das Doppel- gefäss in einer anderen Weise gebaut ist, als Hertwig angenommen hatte. Aus der umstehenden Textfigur 45 lässt sich leicht das wahre Verhalten der Gabelungsstellen der Mantelgefässe bei Phallusia erkennen. Im einzelnen zeigen sich allerdings an verschiedenen Stellen ziemlich beträchtliche Unterschiede, im wesentlichen ist aber doch das Verhalten 246 Ascidien. überall das gleiche. Es findet nicht etwa eine Spaltung eines trennenden Septums, das in der von Hertwig angenommenen Form überhaupt nicht vorkommt, statt, sondern jede Hälfte des Doppelgefässes gabelt sich selbständig, und je zwei Gabeläste mit entgegengesetzten Blut- strömen vereinigen sich wieder zu einem Doppelgefäss (vgl. die Schnitt- serie I—VI in Textfigur 45 D). Die Gabelungsstelle eines Hauptstammes des Mantelgefässsystems von Phallusia mammillata. A Die Gabelungsregien in Flächenansicht ce. ®/,.. B Eine Serie von 6 Schnitten durch eine ähnliche Gefässverzweigung, etwas stärker vergrössert. Die Pfeile zeigen die Richtung des Blutstromes in den Hälften der Doppelgefässe an; die arteriellen Bahnen sind schraffirt, Die Stellen, welchen die 6 Querschnitte I—VI Fig. B entnommen sind, sind in Fig. A durch die gleichen Zahlen bezeichnet. Die terminalen der Manteloberfläche nahe liegenden Gefässendigungen sind bei Phallusca nicht immer einfach kolbenförmig erweitert, sondern häufig mehr oder minder unregelmässig &gelappt und mit theilweise pigmentirten Blutzellen oft dieht erfüllt. Kölliker sah in diesen kolben- förmigen Erweiterungen die schlingenförmigen Uebergänge je zwei be- nachbarter zu einem Doppelgefäss verbundener Blutbahnen, in denen die Flüssigkeit in entgegengesetzten Richtungen strömt. Nach Hertwig stellt dagegen die kolbenförmige Erweiterung immer nur das Ende eines Endigungen der Doppelgefässe des Mantels. 347 Gefässes dar, und der Uebergang des zuführenden Blutstroms in den abführenden „erfolgt schon etwas früher, derart, dass die Zwischenwand des Doppelgefässes plötzlich verschwindet und so aus dem doppelten ein einfaches Gefäss entsteht, welches an seinem Ende kolbig anschwillt‘“. Beide Darstellungen enthalten manches richtige, denn die terminalen Aeste des Mantelgefässsystems vermitteln in der That den Uebergang des Blutstromes aus dem einen Theile des Doppelgefässes in den anderen, stellen aber auch gleichzeitig in ihren Endkolben einfache Gefässe dar, die direete Fortsetzungen von Doppelgefässen sind. Im einzelnen aber erweist sich das wahre Verhalten der Endkolben etwas anders, als es die früheren Autoren dargestellt haben. Fig. 46. A A B br Me S5 / EZEN - N / ) 4 N Kal / MH \ .\ / a I KNU\ | A, Se MH \ AN f// N RZ 2 JI De bbi + 63 a a u N | G 5 \ | \ F RR N | Y Y IV N) Terminale Gefässverzweigung im Mantel von Phallusia mammillata. °°°/,. A Gefässendigung bei Flächenansicht. B Serie von 4 (I—IV) Schnitten durch ein terminales Gefässästehen. In Fig. A sind die betreffenden Stellen, durch welehe die Schnitte geführt wurden, mit den gleichen Zahlen bezeichnet. Die Pfeile zeigen die Richtungen des Blut- stromes an. bb — Blutbahn; dz = Blutzellen; ee — ektodermale Gefässwandung; g — Gallertseptum zwischen den Blutbahnen. Da, wo die äussersten Endzweige des Gefässsystems eine gewisse Länge erreicht haben (Textfigur 46 A), zeigen sie an ihrer Basis, dicht über der letzten Gabelungsstelle, bereits den typischen Bau der kleinen Doppelgefässe (Textfigur 46 B IV). Die Art der Gabelung ist hier im wesentlichen die gleiche wie die oben für die grossen Stämme beschriebene, d.h. es treten in jeden Endzweig Fortsetzungen aus beiden Hälften des Doppelgefässes ein. Im Endkolben verwandelt sich das Doppelgefäss dadurch in ein einfaches, dass die tiefen rinnenförmigen Einkerbungen der ektodermalen Gefässwandung sich allmählich vollkommen abflachen (B II—I). Auch da, wo bereits die Abflachung erfolgt ist, bestehen zuweilen noch beide Blutbahnen gesondert, indem ein weiches Gallert- septum (g Textfigur 46 B, II und III) den ein- und ausfliessenden Strom trennt. 248 Aseidien. Bei weiterem Längenwachsthum der Endzweige schreitet auch die Umbildung des einfachen Endgefässes zu einem Doppelgefäss von der Basis aus nach dem distalen Ende immer weiter vor. Hat der Endzweig eine gewisse Länge erreicht, so beginnt auch er an seiner Spitze sich zu gabeln. Oft zeigen sich die Andeutungen dieser Gabelung schon sehr früh in noch kleinen Terminalkolben. Wenn auch dies eben beschriebene Verhalten der terminalen Gefäss- ramificationen als typisches gelten kann, so fehlt es doch andrerseits nicht an recht auffallenden Abweichungen. Hin und wieder gabelt sich ein Doppelgefäss in der Weise, dass jeder Endspross nur eine der beiden Hälften, also ein einfaches Gefäss, das aber ebenfalls kolbenförmig endigen kann, erhält. Recht häufig unterscheiden sich die beiden Ter- minaläste durch sehr verschiedene Länge und Weite. Zuweilen erfolgt nicht nur eine Bifurcation, sondern eine Spaltung in 3 oder auch 4 Endzweige. Der Verlauf der Doppelgefässe im Mantel bietet bei den ver- schiedenen Formen recht erhebliche Unterschiede und kann hier nicht in seinen Einzelheiten verfolgt werden. Am häufigsten entspringen, wie es scheint, alle Gefässe des Mantels aus einem mächtigen Doppelgefäss, das an der Ventralseite des Thieres hinter dem Endostylende seinen Ur- sprung nimmt (gs Textfigur 47). Bald nach seinem Eintritt in den Cellulosemantel spaltet sich dieser Hauptstamm in zwei mächtige Doppel- gefässe, von denen das eine nach vorn, das andere nach hinten verläuft. Das hintere umwächst das Hinterende und begibt sich auf der Rücken- seite wieder nach vorn zu. Beide Doppelgefässe lösen sich unter den- dritischen Verzweigungen allmählich in immer feinere Aeste auf. Diese steigen vorwiegend in die oberflächlichen Mantelschiehten empor, um hier nach neuen Verzweigungen mit kolbenförmigen Erweiterungen zu endigen (Bra ar xl). Bei den Molguliden tritt nach Lacaze-Duthiers’ Beobachtungen (1574) nicht nur ein Hauptstamm in den Mantel ein, sondern es ent- springt auf jeder Seite ein Doppelgefäss, um sich unter vielfachen Ver- zweigungen rechts und links im Mantel zu vertheilen. Auffallend ist hier auch, dass die Mantelgefässe der rechten Seite viel stärker entwickelt sind und viel reichere Verzweigungen aufweisen als die der linken. Die linksseitigen Mantelgefässe lassen sich daher auch nicht so leicht inji- ciren wie die der rechten Seite. Dass einzelne oder zahlreichere feinere Gefässstämmchen sich nach- träglich miteinander verbinden und so stellenweise ein wirkliches Netz- werk bilden, kommt bei reicher Gefässverzweigung wohl überall vor. /Zuweilen aber sind die Anastomosen zwischen den feinen capillaren Blutgefässen so überaus reich vorhanden, dass Bildungen entstehen, die lebhaft an die Capillarnetze der Vertebraten erinnern, obwohl es sich im Ascidienmantel lediglich um Anastomosen des vom ektodermalen Haut- epithel ausgestülpten Röhrensystems handelt. Fig. 3, Taf. XIII zeigt a RD > Ne) Verlauf der Gefässe des Mantels. A IN ui C Gefässverlauf (im besonderen der Mantelgefässe) von Ascidia reptans Hell. bei Ansicht des Thieres von rechts. (Nach Heller.) Circa °/.. dg = Dorsalgefäss; e — Egestionsöffnung; g Ganglion; gs Gabelungsstelle in das Haupt- gefäss des Mantels und das Ventralgefäss; x — Herzschlauch; © — Ingestionsöffnung ; ! = Kolbenförmige Endigungen der Mantelgefässe; mg — Hauptstamm der Mantelgefässe; mgh —= Hinterer Stamm; mgv — Vordererstamm der Mantelgefässe; og — Ventral- oder Hypobranchialgefäss. 250 Aseidien. eine solehe Wundernetz ähnliche Gefässverzweigung im Mantel der Poly- carpa viridis Herd. Aehnliche, wenn auch vielleicht nicht so reiche und dichte Gefässnetze finden sich bei Polycarpa pmeumon (Sluiter) und zu- weilen auch im Stielfortsatz mancher gestielten Formen (Uuleolus Mur- rayi Herd.). Die Bedeutung der Mantelgefässe liegt zunächst darin, dass sie die Ernährung des Mantelgewebes vermitteln. Wenn es richtig ist, dass die Nahrungsstoffe nicht in der Blutflüssigkeit, sondern vor- wiegend in den Blutzellen abgelagert sind, so wird gerade diesen durch die alle Theile des Mantels durchsetzenden Blutbahnen Gelegenheit geboten, auf den kürzesten Wegen auszuwandern und zu Mantelzellen za werden oder die in ihnen suspendirten Nährstoffe an den verschiedensten Stellen des Mantels zunächst an die Ektodermelemente der Gefäss- wandungen abzugeben. In jedem Falle wird durch die Mantelgefässe eine raschere Vertheilung der ernährenden Substanzen an das Cellulose- gewebe ermöglicht. Den weitverzweigten und an der Manteloberfläche mit feinwandigen Kolben endigenden Gefässen kommt aber, woraufbesonders Herdman (1884) Nachdruck gelegt hat, gleichzeitig auch respiratorische Bedeutung zu. Wenn auch die Gewebsschicht, die in den Kiemen der Ascidien die Blutflüssigkeit und das Athmungswasser trennt, meist beträchtlich dünner und zarter ist als die Mantelschicht, die noch über den terminalen Blut- räumen liegt, so darf doch, wie ich mit Herdman annehme, die Be- deutung der „Hautathmung‘“ bei diesen Aseidien nicht unterschätzt werden. Da, wo die Mantelgefässe, wie z.B. bei Molguliden, in feine, weit über die Oberfläche erhobene faden- oder rankenförmige Fortsetzungen sich hinein erstrecken, oder in das Innere von Manteltentakeln eindringen (Culeolus), wird die Hautrespiration besonders leicht vor sich gehen können. Die beschriebenen muskulösen Mantelgefässe der Synaseidien nehmen gewöhnlich nahe dem hinteren Körperende oder am Hinterende des Thorax ihren Ursprung und erstrecken sich stets gegen die Stockbasis zu in die Tiefe des gemeinsamen Gellulosemantels hinein. Dort sind natürlich die Bedingungen für eine respiratorische Thätigkeit äusserst ungünstig, denn die Mantelgefässe sind nach allen Seiten hin durch eine dicke Cellulose- schicht vom umgebenden Medium getrennt. So sehen wir denn auch (vgl. oben p. 243), wie selbst das Gefässlumen in diesen Gebilden all- mählich immer mehr schwindet und nur so weit erhalten bleibt, als es zur Ernährung des Muskels nothwendig zu sein scheint. Die Bedeutung als Mantelgefäss tritt endlich ganz in den Hintergrund, und nur der Hohlmuskel scheint als Retractor des Körpers zu functioniren. Chemische Beschaflenheit des Tunieins. 251 62] 3. Die chemische Beschaffenheit des Cellulosemantels, a. Die Cellulose im Ascidienmantel. Chemische Beschaffenheit der Cellulose des Mantels. Das wichtigste Moment im Chemismus des Ascidienmantels bildet das Vor- kommen von Cellulose. C. Schmidt hatte zuerst 1845 diesen Nachweis bei der Untersuchung der Mäntel von Phallusia mammellata erbracht. Nach successiver Behandlung der Mäntel mit Wasser, Alkohol, Aether, verdünnten Säuren und Alkalien fand er alle protoplasmatischen Theile, die Bindegewebszellen, Mantelgefässe u. s. w. aufgelöst und nur das farblose Mantelgewebe der grossen kugelrunden Zellen unverändert. Dieses veränderte sich auch nicht weiter in schwacher Salpeter-, Salz-, Essigsäure oder Kalilösung; nach mehrstündigem Sieden in schwacher Salpetersäure war es vollständig klar und durchsichtig. In concentrirter Schwefelsäure oder rauchender Salpetersäure zerfloss es langsam zu einer farblosen Flüssigkeit, die nicht weiter untersucht wurde. Das bei jener Behandlung durchsichtig gewordene Mantelgewebe erwies sich stickstofl- frei, blieb im Wasser von 200° C. unverändert, verkohlte, in der Glasröhre erhitzt, mit vollständiger Beibehaltung der Form unter Geruch des ver- kohlenden Pflanzenzellgewebes, verglomm aber an der Luft rasch und vollständig. Die quantitative Analyse ergab für diese stickstofffreie Sub- stanz (in 100 Theilen des aschenfreien Gewebes): Kohlenstoff —= 45,38 "| Wasserstoff = 6,47%, 100 °/,. Sauerstoff = 48,15 o,| Das ist auch die chemische Zusammensetzung der Cellulose in den Zellmembranen der Pflanzen. Eine Anzahl späterer Untersuchungen beschäftigte sich im besonderen mit der genaueren quantitativen Analyse der thierischen Cellulose im Aseidienmantel und deren Uebereinstimmung oder Verschiedenheit mit der pflanzlichen Cellulose. Schon das folgende Jahr brachte die im wesentlichen Schmidt’s Angaben bestätigenden Befunde von Loewig- Kölliker und Payen. Loewig und Kölliker untersuchten besonders eingehend die Mäntel von Phallusia mammellata und Cynthia papellosa. In einer etwas modificirten Weise versuchten sie die Reingewinnung der stickstofffreien Grundsubstanz. Nach dem Kochen in verschiedenen Agentien fanden sie, sowie Schmidt, alle Farbstoffe vollständig geschwunden und die Mäntel glasartig durchsichtig; nur der Oynthien-Mantel, der seine gelbe Farbe ebenfalls verloren hatte, wurde ziemlich opak und kreideweiss. Für die Zusammensetzung der reinen Cellulose erhielten sie die folgenden Zahlen: Phallusia mammillat« | Cynthia papillosa Kohlenstoff 43,40%), 43,20 °/, Wasserstoff 5,68%, 6,16 ° Sauerstoff | 91,32 °/, | 50,64 °/, Aseidien. Ciona intestinalis und fand nach Ent- Massen die folgende Zusammensetzung Payen prüfte die Mäntel von fernung aller stickstoffhaltigen der Cellulose: Kohlenstoff —= 44,5 0] Wasserstoff — 6,4 %/,g 200 %o. Sauerstoff == 49,1 o,.| Diese Zahlen ergaben also eine noch weitgehendere Uebereinstimmung mit der pflanzlichen Cellulose als die früheren, und schienen die Identität der stickstofffreien Verbindung in den beiden organischen Reichen zu erweisen. Dafür sprach auch noch das folgende Verhalten. Die ge- trockneten Mäntel blieben in concentrirter Salpetersäure unversehrt, färbten sich in alkoholischer Jodlösung schwach gelb und erhielten, mit Schwefel- säure betupft, violette Flecke. In concentrirter Schwefelsäure lösten sie sich zu einer schleimigen, dextrinartigen Masse. Die chemische Zusammensetzung der thierischen Cellulose wurde noch zu wiederholten Malen nachuntersucht. Berthelot (1858) ex- perimentirte mit Oynthia papellosa, Schäfer (1371) mit Phallusia mam- millata und gleichzeitig mit Salpen und Pyrosomen, Schütze (1339) ebenfalls mit Phallusia mammillata. Sie alle finden Zahlen, die mit den früher gewonnenen durchaus übereinstimmen, wie aus der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen ist. 100 Theile der Ascidien-Üellulose bestehen aus: Kohlenstoff | Wasserstoff Sauerstoff Paola Bl Schäfer 44,09 6,30 49,61 u De | sa | 68 7 Darnach hat man wohl mit Recht für die Cellulose im Ascidienmantel die Formel gebraucht C,H,,O,, die rein theoretisch betrachtet eine Zu- sammensetzung in folgendem Procentsatz verlangt: C = 44,4; H = 622. Obwohl Berthelot bei der Analyse Zahlen gefunden hatte, die — wie aus der eben mitgetheilten Tabelle zu entnehmen ist — den theo- retischen Forderungen sich in bester Weise nähern, stellt er doch, im Gegensatze zu allen anderen Forschern, die sich bis dahin mit dem Chemismus der Ascidienmäntel beschäftigt hatten, die Ansicht auf, dass die Ascidien-Cellulose von der pflanzlichen in Bezug auf physikalische Eigenschaften, Struetur und chemischen Charakter wesentlich verschieden sei. Er nennt sie deshalb auch nicht Cellulose, sondern erfindet den Namen Tuniein, der in den neuesten thierchemischen Schriften mit Vorliebe verwendet erscheint, auch da, wo an der Identität beider Sub- stanzen nicht gezweifelt wird. Chemische Beschaffenheit des Tunieins. 353 Berthelot hat zur Reingewinnung des Tunieins ein besonderes Ver- fahren eingeschlagen. Die Mäntel wurden einige Stunden in concentrirter Salzsäure gekocht, dann mit 32°/, kochender Kalilauge behandelt. Letztere wurde durch Decantiren entfernt und die unlösliche Substanz so lange mit destillirtem Wasser gewaschen, bis sich keine alkalische Reaction mehr zeigte, und endlich getrocknet. Es scheint aber, dass diese Agen- tien zu stark wirken und zum Theil das Tunicin selbst zerstören , denn Winterstein (1893) erhielt auf diesem Wege aus 100 Gramm ge- trockneter Mantelsubstanz nur 4 Gramm Tuniein, während in Wirklichkeit die Menge weit grösser sein müsste (vgl. weiter unten p. 259). Daher scheint es angezeigter, bei der Reindarstellung des Tunieins die ge- troekneten Mäntel zu pulverisiren und mit schwächeren Lösungen zu be- handeln. So gewinnt man das Tuniein gleich als eine weisse, fast aschenfreie Substanz, erhält aber freilich nicht das schöne Stadium, in welchem nach Behandlung der ganzen Mäntel mit kochenden Agentien Gestalt und Form fast unverändert erhalten bleiben und die ganze Sub- stanz durehsichtig wie Glas erscheint. Das reine Tuniein*) ist im getrockneten Zustande eine farblose, weiss durchscheinende, aber nicht, wie Berthelot angab, hornartige Masse. Seine Eigenschaften sind in neuerer Zeit von zahlreichen Thierchemikern geprüft und — im Gegensatze zu Berth elot’s Auffassung — mit denen der Pflanzencellulose vollständig übereinstimmend befunden worden. Diese Uebereinstimmung bezieht sich ausser auf die oben bereits erörterte chemische Zusammensetzung noch auf folgende Momente. Die Thiercellulose gibt mit Jod und Schwefelsäure oder Chlorzinkjod die charakteristische Blau- oder Violettfärbung. Sie ist unlöslich in ver- dünnten Säuren und Alkalien und wird in einem Gemisch von Kalium- chlorat und Salzsäure bei darauffolgender Behandlung mit warmem verdünntem Ammoniak nicht aufgelöst. Sie löst sich dagegen in einem Gemisch von Zinkchlorid und Salzsäure (Winterstein). Sie ist löslich in Kupferoxydammoniak und kann aus dieser Lösung durch Säuren wieder als flockiger Niederschlag, der dem Thonerdehydrat ähnlich sieht, gefällt werden. Dieser Niederschlag ist in seinem physikalischen Verhalten der ursprünglichen Substanz ganz wnähnlich, löst sich, nachdem er aus- gewaschen und getrocknet worden ist, beim Kochen mit sehr verdünnter Salzsäure und zeigt mit Jod und Chlorzink behandelt noch die Reaction der Pflanzencellulose (Schäfer). So wie bei der pflanzlichen Cellulose gelingt mit Tuniein die Um- wandlung in Pyroxylin dureh den Nitrirungsprocess. Die Mäntel, die in kalt rauchender Salpetersäure behandelt, in Wasser ausgewaschen und über Schwefelsäure vollständig getrocknet wurden, bewahren zwar ihre = Gestalt, sind aber sehr leicht zu zerbröckeln. Die nitrirte Substanz ver- #*) Es ist besonders bemerkenswerth, dass Berthelot das Tuniein bei verschiedenen Arten und sogar bei verschiedenen Individuen und auf verschiedenen Lebensaltern derselben Speeies etwas variabel findet. 354 Aseidien. pufft beim Erhitzen auf dem Platinblech wie Schiessbaumwolle, und es scheint das Nitroproduet der Nitrocellulose vollkommen zu gleichen (Schäfer, Winterstein). Die nitrirten Ascidienmäntel lösen sich in Aetherweingeist klar auf. Diese Lösung hinterlässt, wenn sie auf dem Uhrglas verdunstet, dem Collodion ähnlich eine dünne, durchsichtige und leicht ablösbare Haut (Schäfer). Bei Behandlung mit Aetzkali von 150° C. verhält sich das Tuniein eanz übereinstimmend mit pflanzlicher Cellulose (Hoppe-Seyler). In kochender Natronlauge bleibt Tuniein ebenso unverändert wie in siedendem Wasser; in Pepsin und Trypsin ist esunverdaulich (Krukenbereg). Nicht unwesentliche Gegensätze zwischen dem Tuniein und der pflanzlichen Cellulose schienen in zweifacher Beziehung zu bestehen. Erstlich in einer allgemein grösseren kesistenzfähigkeit des Tunieins gegenüber den Agentien. Das hatte bereits Berthelot behauptet und darauf mit die Einführung der neuen Bezeichnung gegründet. Auch Schäfer, der im übrigen für eine vollkommene Uebereinstimmung der thierischen und pflanzlichen Cellulose mit Nachdruck eingetreten ist, an- erkennt einen solchen Gegensatz. Neuerdings (1895) hataber Winterstein die grössere Widerstandskraft der Thiercellulose gegen Säuren bestimmt bestritten und ausdrücklich hervorgehoben, dass in 1!/,°/, und in 5°, Schwefelsäure beide Cellulosen sich vollkommen gleichartig verhielten. Besonderen Nachdruck hat aber Berthelot zweitens darauf gelegt, dass die Umwandlung des Tunieins in gährungsfähigen Zucker, die ihm zum ersten Male bei Oynthia papillosa gelungen war, nicht so leicht und nicht durch die gleichen Methoden zu erzielen ist wie bei der pflanzlichen Cellulose. Man wird jedoch F. E. Schulze (1863) beistimmen müssen, dass dieser Unterschied doch nicht ausreichend sei, um einen wesentlichen Gegensatz der beiden Substanzen anzunehmen. Anders läge freilich die Frage, wenn aus dem Tuniein sich kein Traubenzucker gewinnen liesse, und in dieser Beziehung haben erst die neuesten Untersuchungen völlige Klarheit gebracht. Berthelot hatte durch sein complieirtes Verfahren aus dem Tuniein eine syrupartige Flüssigkeit gewonnen, welche Zueker mit einer un- bestimmbaren Substanz vermischt enthielt. Den Zucker fand er trauben- zuckerähnlich „analog au glucose“. Auch die folgenden Versuche, durch Hydrolyse des Tunieins sowie aus Cellulose Traubenzucker überzeugend darzustellen, gelangen zunächst nicht befriedigend. Franchimont (1879) oelangte zwar schon zu einem günstigeren, wenn auch nieht abschliessenden Ergebniss, und auch Schütze (1889) hat den strieten Beweis nicht er- bracht, dass der entstandene Zucker Traubenzucker war. Dies wies erst Winterstein (1895) nach, indem er zeigte, dass die physikalischen und chemischen Eigenschaften des schliesslich bei der Hydrolyse des Tunieins gewonnenen Zuckers die des Traubenzuckers seien. Anfangs enthielten die entstandenen Krystalle noch eine geringe Menge eines anderen Zuckers eingeschlossen, der weder Gelactose, noch Mannose, noch Beschaffenheit des Tunieins. 355 eine Pentose war. Somit erscheint sicher bewiesen, was Krukenberg bereits 1881, allerdings nicht auf Grund wohlbegründeter Beobachtungen, sondern, wie es scheint, mehr auf speeulative Betrachtungen hin, ziemlich kategorisch behauptet hatte, dass die bei Behandlung des Tunieins mit kalter concentrirter oder heisser verdünnter Schwefelsäure gebildeten krystallisirten organischen Zersetzungsproducte Glycose enthalten. Damit ist ein weiteres wichtiges Argument gewonnen, welches für die Identität des Tunieins und der pflanzlichen Cellulose spricht, und dazu kommt endlich noch als ein anderes Moment von hervorragender Bedeutung das physikalische Verhalten. Optisches Verhalten des Tunieins. Schacht (1856) hat zuerst die Doppellichtbreehung der Mantelfasern von Phallusia und Cynthia nach- gewiesen. Später hat dann F. E. Schulze (1863) das Verhalten der Mantelsubstanz im polarisirten Licht eingehender untersucht. Der Mantel der Cynthia besteht, wo er nicht homogene Substanz zeigt, aus abwechselnden Lagen senkrecht sich kreuzender Fibrillen. Diese Fasern erwiesen sich als positiv doppellichtbrechend, und zwar um so deutlicher, je dichter und stärker die Cellulosesubstanz des Mantels war. Ihre optische Axe liegt in der Längsrichtung der Fibrillen, daher erscheinen ihre Quer- sehnitte zwischen den Nieolschen Prismen stets dunkel. Die Feststellung der optischen Axe in der homogenen Mantelsubstanz erwies sich als äusserst schwierig und konnte nicht sicher ausgeführt werden. In neuerer Zeit hät sich Ambronn eingehender mit dem optischen Verhalten der Thiercellulose beschäftigt und die Haarfortsätze der Molgula und den Stiel von Boltenia zur Untersuchung besonders geeignet gefunden. Die Haare und Längsschnitte durch den Stiel zeigen nach Behandlung mit Chloroform nach Zusatz frischer Chlorzinkjodlösung an bestimmten Stellen bei normaler Beleuchtung des Mikroskops eine blaugraue Färbung. Im polarisirten Licht hängt die Art der Färbung von der Stellung der optischen Elastieitätsaxe des Objeets zur Polarisationsebene ab. Liegt die Längsaxe des Haares parallel zur letzteren, so erscheint das Object fast farblos, dreht man es um 90°, so sieht man die Cellulosetheile tief dunkelblau, fast schwarz. Das ist also genau der gleiche Pleochroismus wie der der Cellulosemembranen der Pflanzen, der Turmalin- und Herpathitplatten oder des Nicol’schen Prismas. „Es stimmt dieses Ver- halten ganz mit demjenigen des festen Jods in sehr dünnen Krystallen überein, sodass man auch hier wohl den Schluss ziehen darf, der Pleo- chroismus werde durch Einlagerung kleinster gleiehsinnig orientirter Kryställchen von Jod oder einer optisch ähnlich wirkenden Jodverbindung hervorgerufen.“ (Ambronn 1889, p. 303.) Sitz der Cellulose im Mantel. Schmidt glaubte die Cellulose oanz an die sog. Blasenzellen der Phallusia gebunden, da diese seiner Meinung nach die einzigen Manteltheile waren, die der Behandlung mit Säuren und Alkalien widerstanden. Genauer haben Loewig und Kölliker festzustellen versucht, in welchen histologischen Elementen oder Zell- 256 Aseidien. theilen das Tunicin vorkommt. Sie wiesen nach, dass es besonders die fibrilläre Zwischensubstanz sei, und waren weiter der Ansicht, dass genau so wie in den Pflanzenzellen auch die Membranen der grossen Blasen- zellen, d. h. in Wirklichkeit die protoplasmatischen Randschichten, Cellulose enthielten. Gelegentlich könnten sich bei Polycarpa pomaria Sav. die Cellulosemembranen der Zellen in Fibrillen auflösen. Zu einem wesentlich anderen Ergebniss gelangte Schacht (1851). Seine Methode bestand darin, dünne Mantelschnitte von Phallusica unter dem Mikroskop mit Jod und Schwefelsäure zu behandeln und festzustellen, welche Theile dadurch verändert werden. Im Gegensatze zu seinen Vorgängern fand er, dass die vermeintlichen Membranen der Mantelzellen nicht aus Cellu- lose bestehen und sich gegen ‚Jod, Schwefelsäure und Aetzkali genau so wie thierische stickstoffhaltige Substanzen verhalten. Nurin der homogenen oder faserigen Zwischensubstanz ist die Cellulose enthalten. Es besteht somit nicht die vollständige Uebereinstimmung der Mantelzellen der Ascidien und der pflanzlichen Elemente, die Kölliker angenommen hatte. Herkunft der Cellulose im Aseidienmantel. Das Vorhandensein einer dem thierischen Organismus im allgemeinen fremden stickstofffreien Verbindung im Mantel der Ascidien hat zu verschiedenen Erklärungs- versuchen geführt. Auf eine sehr eigenthümliche Vorstellung verfiel Schmidt. Seine Entdeckung schien für den damaligen Stand der Thier- chemie so völlig neu und überraschend, dass er die Frage aufwerfen konnte, ob der Ascidienmantel überhaupt ein thierisches Gewebe darstelle. „Man könnte glauben“, sagt er, „dass hier eine Wucherung einfachen Pflanzenzellgewebes, man mag es nun Alge oder sonstwie nennen, das Thier in Schlauchform umgäbe und so innig mit ihm zum Pflanzenthier im wahren Sinne des Wortes verschmölze, sähe man in diesem Sacke nicht einerseits das erwähnte vollständig verzweigte Gefässsystem, also organischen Zusammenhang mit den rein animalen Organsystemen des Thieres und sprächen andererseits nicht Sars’ und Milne Edwards’ Be- obachtungen über die Entwicklung der zusammengesetzten Ascidien da- gegen.“ (1845, p. 64.) Loewig und Kölliker erklären sich das Vorkommen von Cellulose daraus, dass die Aseidien, sowie die Tunieaten überhaupt, sehr reichlich pflanzliche Nahrung geniessen und mit dieser also direet Cellulose auf- nehmen. Cellulose bei einem ausschliesslich animale Kost geniessenden Thier würde kaum zu verstehen sein. Die mit der Nahrung aufgenommene Cellulose verwandle sich wahrscheinlich in Zucker oder Gummi, eirculire so im Blute, um aus diesem im Mantel wiederum als Cellulose aus- geschieden zu werden. Vielleicht sei auch schon im Dotter des Aseidien- eies Gummi oder Zucker gelöst enthalten. Schacht, der diese Vorstellungen theilt, bemerkt dazu sehr richtig, dass es sehr wichtig wäre, genaue Blut- analysen vorzunehmen, um diese Auffassung bestätigt oder widerlegt zu sehen. Krukenberg’s Untersuchungen haben nun das überraschende Ergebniss gehabt, dass bei den Tunicaten die Verdauung vorwiegend Erklärung von Tafel X1. Ascidien. III. Suppl. str w -] . Querschnitt durch den Cellulosemantel von Oynthia papillosa L. 22. h = „Verhornte“ Aussenschicht; st = Stachel. . Ein Stück des Cellulosemantels aus derselben Schnittserie bei stärkerer Vergrösse- rung. 24°. 1f = Längsfibrillen, »f = Ringfibrillen des Mantels. . Zwei Pigmentzellen aus dem Cellulosemantel von Cynthia papillosa L. *989. . Sog. Ocellus an der Egestionsöffnung von Ciona intestinalis L. 2. . Längsschnitt durch einen Ocellus der Ingestionsöffnung von Ciona intestinalis L. e. 420, ec, — Ektodermepithel der Mundhöhle. . Aus derselben Schnittserie der Ocellus bei stärkerer Vergrösserung. #03, ec, — Ektodermepithel der Mundhöhle. . Pigmentzellen des ektodermalen Hautepithels von Fragaroides aurantiacum Manr. (Nach Maurice.) ı900, p — Pigmentkörner; n = Zellkerne. . Zelle des Cellulosemantels von Fragaroides aurantiacum mit aufgenommenen Fremd- körpern; intracelluläre Verdauung. (Nach Maurice.) 900, g — Aufgenommene Fremdkörper. . Parasitäre Alge (Protococeus) aus dem Cellulosemantel von Fragaroides aurantiacum, (Nach Maurice.) 900, Erklärung von Tafel XIH. u Ascidien. da ZI ae a tn [ 5 R ? $ L Br 2 J b» | ): F u E } \ Dy j a [0'0) . Schnitt durch den äusseren Cellulosemantel von Phallusia mammillata Cuv. 22 5 I= tiefere Schicht, ohne oder mit nur spärlichen Blasenzellen. II = Schicht der Blasenzellen. . Schnitt durch den Cellulosemantel von Phallusca mammillata stärker vergrössert. 120, bl —= sog. Blasenzellen; ez = Cellulosehaltige Zwischensubstanz. . Netzförmige Verzweigungen der Mantelgefässe von Polycarpa viridis Herd. (Nach Herdman.) =. F = Fibrillenzüge im Cellulosemantel; mt = Ektodermales Plattenepithel mit Kernen. . Eine Gruppe von vier sterhförmigen und verzweigten Mantelzellen von Phallusia mammillata. 43, . Mantelzellen in Umwandlung zu sog. Blasenzellen begriffen. Phallusia mam- millata. +. . Querschnitt durch ein feines Manteldoppelgefäss von Phallusia mammillata. 39°, . Querschnitt durch einen Hauptstamm eines Mantelgefässes von Phallusia mammillata ; nur eine Hälfte des Doppelgefässes ist gezeichnet worden. 232. 2, = Blutzellen, die im Begriffe sind die Gefässwand zu durchwandern, um zu Mantelzellen zu werden resp. Bindegewebszellen,; s/ = spiralähnliche Fasern im Innern der Gefässe. . Flächenansicht eines Theiles eines grossen Mantelgefässes von Phallusia mammillata. eirc. 150, s/ — spiralähnliche Fasern. Tafel 15. calen. T uni iger, Seeli Erklärung von Tafel XIV. Ascidien. Fig. . Schnitt durch die äusseren Schichten des gemeinsamen Cellulosemantels von Didemnum . Schnitt durch den mit Fremdkörpern aller Art durchsetzten Cellulosemantel von lobatum Grube. +22, bl = sog. Blasenzellen; sp = Kalkspieula. Psammaplidium subviride Herd. (Nach Herdman.) . Stachel am Mundeingang von Cynthia papillosa L. %*. i . Spitze eines benachbarten Stachels bei stärkerer Vergrösserung. +23. . Vier mit Dotterkörperchen beladene Mantelzellen von Ciona intestinalis L. . Tentakelförmige Fortsätze des Cellulosemantels von Zeptochknum tonga Herd. (Nach Herdman.) 2%. . Baumförmiger oder sternförmiger Mantelstachel von Cynthia echinata L. (Nach O0. Hertwig.) . Spieulum aus dem Üellulosemantel von Boltenia pachydermatina Herd. (Nach Drasche) 3%. . Spieulum aus dem Cellulosemantel von Zeptochnum perforatum Giard. (Nach Giard.) . Zwei Spicula von Didemnum sargassicola Giard. (Nach Giard.) . Mantelspiculum von Zeptochnum candidum Della Valle. (Nach Drasche.) 322, . Zwei Mantelspicula von Diplosomoides pseudoleptoclinum Dr. (Nach Drasche.) 12°, . Mantelspiculum von Alicrocosmus Julinü Dr. (Nach Drasche.) %. . Mantelspieula von Cystodites philippinensis Herd. in Flächen- und Seitenansicht. (Nach Herdman.) 232, . Vier Mantelspicula von Didemnum lobatum Grube. 432. (B bei !9%°,) . Junges Mantelspieulum (sp) innerhalb eines von mehreren Zellen gebildeten Blasen- raums. 1509, . Junges Spiculum (sp) in einer sog. Blasenzelle. 139°, . Spieulumbildung zwischen den Mantelzellen. 1599. sp = Spieulum. Tafel 14. ER AE >n * Fr “ xr Era * " 1% Herkunft und Bedeutung des Tuniecins. 357 intracellular erfolet und dass auch das Aseidienblut, das an gelöstem Eiweiss ausnehmend arm ist, das organische Nährmaterial in seinen Zellen und nieht in der Flüssigkeit führt. So scheint das Nährmaterial von Zelle zu Zelle übergeführt zu werden. Auch bei dieser Verschiedenheit der vegetativen Processe gegenüber den höheren Thieren wäre es wohl möglich, dass die in der pflanzlichen Nahrung enthaltene Cellulose auf- genommen werden und in veränderter Form, vielleicht in Zucker verwandelt, in die Blutzellen gelangen könnte. Da die Mantelzellen ausgewanderte Blutzellen oder Mesenchymelemente sind, wäre es leicht verständlich, wenn im Mantel wieder Cellulose ausgeschieden würde. Dass die Mantel- zellen sich an der Bildung der cellulosehaltigen Zwischensubstanz be- theiligen, ist nicht unwahrscheinlich; es ist das mehrfach behauptet, häufig aber auch sehr bestimmt bestritten worden. Festgestellt scheint allerdings, dass in jugendlichen Stadien die Ausscheidung der homogenen cellulosehaltigen Grundsubstanz ausschliesslich von den Ektodermzellen ausgeht, die die eigenthümlichen Secretfäden entwickeln, während Zellen innerhalb der dünnen embryonalen Mantelschicht noch vollständig fehlen (vgl. hier auch die oben p. 2283 mitgetheilten Bemerkungen). Ebenso fehlen bekanntlich Zellen im Mantel der Dolioliden*. Es müssten also den Ektodermzellen durch die im Blutstrom bewegten Blutzellen die nöthigen Stoffe zugeführt werden, damit sie die Celluloseausscheidung besorgen können. Theoretische Bedeutung des Vorkommens der Cellulose im Aseidienmantel, Die Entdeckung Schmidt’s schien auf den ersten Anblick geeignet, den scharfen Gegensatz zwischen Thier und Pflanzen- reich, der in den vierziger Jahren ziemlich allgemein anerkannt war, zu überbrücken. Das Vorkommen der stiekstoflfreien Cellulose im ganzen Pflanzenreich und ihr völliges Fehlen bei allen Thieren wurde bis dahin als ein durchgreifender fundamentaler Unterschied im Chemismus beider organischen Reiche angesehen. Durch den Nachweis der Cellulose im Ascidienmantel war dieser Gegensatz, wenigstens in der bisher an- genommenen Form, widerlegt worden. Dazu trat als eine weitere Ueber- einstimmung die, dass nach den nunmehr allerdings als irrthümlich erkannten Angaben Loewig’s und Kölliker’s auch im Thierreich pflanzen- ähnliche Zellen mit Gellulosemembranen vorkommen sollten, nämlich die sog. Blasen- oder Hohlzellen im Mantel der Phallusia mammillata und anderer Aseidien. Trotzdem haben sich gerade die letztgenannten Autoren entschieden dagegen erklärt, dass durch den Cellulosenachweis bei Tunicaten und die von ihnen im Mantel aufgefundenen Zellformen die bis dahin scharf umschriebenen Grenzen zwischen Thier und Pflanze irgend wie verwischt werden könnten. Zum Beweise führen sie eine Reihe Unter- *) Wie an einer späteren Stelle ausgeführt werden wird, soll allerdings der Mantel von Doliolum nach Uljanin keine Cellulose enthalten. Loewig und Kölliker haben jedoch das Vorhandensein dieser Substanz festgestellt, ohne allerdings entscheiden zu können, ob sie in der äusseren Hülle oder in den inneren Geweben ruht. Bronn, Klassen des Thier- Reichs. III. Spplt. 17 258 Ascidien. schiede an, die im Auftreten der Cellulose in den Pflanzen und im Ascidien- mantel bestehen, Unterschiede, die jetzt allerdings zum Theil nicht mehr als zutreffend gelten können. Darin aber, dass die Tunicaten trotz des Vorkommens von Cellulose nach wie vor in der ganzen Art des Stoff- wechsels unzweifelhafte Thiere bleiben und durchaus nicht den Pflanzen genähert erscheinen, wird man ihnen nur beistimmen können. Schacht war natürlich noch weniger als seine Vorgänger geneigt, dem Vorkommen von Cellulose bei Ascidien eine grössere theoretische Bedeutung beizumessen, nachdem ihm der Nachweis gelungen war, dass die „Membranen“ der Mantelzellen nicht aus Tuniein, sondern aus einer stickstoffhaltigen Substanz bestehen. Er findet darin einen wichtigen Unterschied zwischen allen thierischen und pflanzlichen Zellen und lest auch darauf Gewicht, dass die Thiercellulose in intercellularen Fasern oder als homogene amorphe Zwischensubstanz vorkomme, was bei Pflanzen niemals der Fall sei. Diese Verschiedenheiten führen ihn dazu, an der Identität der thierischen und pflanzlichen Cellulose überhaupt zu zweifeln. Die procentische Zusammensetzung scheine allerdings die gleiche zu sein, aber es handle sich vielleicht um isomere Körper, denn die wenigen gemeinsamen chemischen Eigenschaften genügten nicht, um die Identität zu erweisen. Auch jetzt noch wird vielleicht manchem durch die zahlreichen chemischen und physikalischen Uebereinstimmungen beider Substanzen nicht eine vollkommene Identität des Tuniecins und der pflanzlichen Cellulose, sondern nur eine allerdings sehr nahe Verwandtschaft erwiesen erscheinen. Aber auch bei der Annahme ihrer Identität darf die theo- retische Bedeutung des Vorkommens von Cellulose im Thierreieh nicht überschätzt werden. Die Wichtigkeit der so lange unbekannt gebliebenen Thatsache an und für sich zugegeben, erscheint doch andererseits die Gegenwart von Cellulose im Ascidienmantel für die Abgrenzung von Thier- und Pflanzenreich fast ohne jede Bedeutung, nur wird man freilich nicht mehr das Fehlen jener stickstofffreien Substanz als ein allgemein giltiges Merkmal aller Thierformen betrachten dürfen. Es gilt also im wesentlichen der Standpunkt von Loewig und Kölliker in dieser Frage noch jetzt, und auch in den zahlreichen Fällen, in welchen Ambronn (vgl. oben p. 205) Cellulose nachgewiesen hat, haben wir keine einzige Form kennen gelernt, deren Stellung zum Thier- reich dadurch irgendwie in Frage gestellt sein könnte. Da die syste- matische Stellung einer Thierform ausschliesslich durch morphologische und morphogenetische Eigenthümlichkeiten bestimmt zu werden pflegt, hat der Nachweis von Cellulose bei Tunicaten auf die Auffassungen über deren verwandtschaftliche Beziehungen nicht den geringsten Einfluss ausgeübt. Erst lange Zeit nachdem der ausserordentliche Gegensatz im Chemismus der Tunicaten und Vertebraten klar erkannt worden war, wurden auf bestimmte Thatsachen der ontogenetischen Entwiecklungs- geschichte der Aseidien hin die bekannten Auffassungen über die engen Chemische Zusammensetzung des Cellulosemantels. 359 phyletischen Beziehungen beider Thierstämme verkündet. Nur @. Jäger hat darauf hingewiesen, dass die Eigenthümlichkeiten im chemischen Verhalten der Tunicaten die modernen Ansichten über deren Stammes- verwandtschaft nieht zu stützen geeignet sind. Man muss sich jedoch wohl mit der Erkenntniss begnügen, dass eine mit der pflanzlichen Cellulose durchaus übereinstimmende Substanz bei verschiedenen Thierformen vorkommt und zwar besonders reich im Tunicatenmantel, dass aber diese Besonderheiten im Chemismus eine weitgehendere Bedeutung für die Beurtheilung phylogenetischer, systematischer oder morphologischer Fragen überhaupt nicht haben. Wenn auch innerhalb der Ascidienklasse im Cellulosemantel einiger systematischen Gruppen bestimmte durchgreifende Unterschiede sich erkennen lassen, die zum Theil auf der verschiedenen Art und Weise beruhen, wie die Cellulose zur Ablagerung gelangt ist, so sind das Verschiedenheiten, die in letzter Instanz nicht auf Gegen- sätze im Tuniein selbst zurückzuführen sind, sondern auf Besonderheiten des protoplasmatischen Zellmateriales, das den Aufbau des Mantels aus- führt und regelt. b. Andere chemische Bestandtheile des Mantels. Die genaueren Untersuchungen der chemischen Beschaffenheit des Ascidienmantels beziehen sich fast ausschliesslich auf die Cellulose, und die übrigen den Mantel bildenden Substanzen werden nur von wenigen Forschern und meistens nur nebenbei behandelt. Ich habe oben (p. 208 und fe.) bereits einige Angaben erwähnt, welche sich, es ist das aus den Darstellungen der betreffenden Autoren nicht mit Sicherheit zu ent- nehmen, vielleicht nicht auf den Gesammtkörper, sondern nur speciell auf den Mantel beziehen könnten. Der Wassergehalt des Üellulosemantels scheint im lebenden Thiere ein sehr bedeutender zu sein. Es dürfte sich aber wohl als ein Be- obachtungsfehler erweisen, wenn Schmidt für Phallusia mammillata an- gibt, dass im Mantel nur 1,07 °/, feste Bestandtheile und 98,93 °/, Wasser sich finden sollen. Darnach müsste gerade der so überaus resistente Mantel das wasserreichste Organ darstellen. Jedenfalls stimmen die oben mitgetheilten Angaben über den Wassergehalt der ganzen Thiere damit schlecht überein. Ueber die Beschaffenheit und die Menge der festen Mantel- substanzen gibt zuerst Payen zuverlässigeren Aufschluss. Er findet bei Ciona intestinalis folgende Zusammensetzung des entwässerten Mantel- gewebes: Cellulöse —= 60,34 ol Stickstoffhaltige Substanzen — 27,00 %/, , 100°, Anorganische Materien — 212.66 oJ (Phosphate, Silicate und andere mineralische Se stanzen) 260 Aseidien. Die pflanzlichen Gewebe unterscheiden sich nach Payen dadurch vom Ascidienmantel, dass sie bei Anwendung der gleichen Untersuchungs- methode nur etwa die Hälfte der stickstoffhaltigen Substanzen und an- organischen Materien ergeben, während der Gehalt an Cellulose dem entsprechend grösser ist; doch legt Payen selbst auf diesen Gegensatz kein besonderes Gewicht. Ueber die Natur der im Mantel vorkommenden stickstoffhaltigen Substanzen ist wenig bekannt. Sie scheinen zum Theil sehr resistent zu sein, denn Winterstein fand bei Ascedia mentula und Phallusia mammillata nach Kochen der Mäntel in Wasser und Behandlung mit Salzsäure neben 1,30 °/, Asche noch 4,02 °/, Stickstoff. Schon Schacht hatte auf einen eigenthümlichen Stoff hingewiesen, den er bei Cynthia microcosmus Cuv. in der faserigen Mantelschicht neben den Cellulose- fasern abgelagert fand. Diese Substanz löst sich in Aetzkali auf, wider- steht selbst der eoncentrirten Schwefelsäure und färbt sich in Jod und Schwefelsäure nicht blau. Bei Phallusia soll sie nur sehr spärlich vor- handen sein, reichlich dagegen bei den Cynthien, bei denen sie auch die oberflächlichen als hornartig bezeichneten Gebilde entstehen lässt. Nach Loewig und Kölliker löst sich die „hornartige Substanz“ bei Oynthra papillosa in Kalilauge und Salzsäure auf, sodass nur die Cellulosefibrillen bestehen bleiben. Um Keratin kann es sich aber hierbei nicht handeln, da concentrirte Schwefelsäure nicht einwirkt. Lacaze-Duthiers be- zeichnet diese Substanz bei Cynthien als chitinös. Neben gewissen nicht näher bestimmten stickstofthaltigen Substanzen und Cellulose fand Schütze im Mantel der Phallusca mammillata Cuv.noch Cholesterin, Fett, freie Oel-, Valerian-, Palmitin-, Stearin- säuren. Am genauesten aber ist seine Analyse der Asche der Mäntel, für die er die folgende Zusammensetzung angibt: Kieselsäure = 2,76), Phosphorsäure = 12,72 °|, (an Eisenoxyd und Thonerde gebunden) Eisenoxyd = 15,81), T'honerde = 9352375 Caleiumphosphat — 3,94 °/, Caleciumcarbonat — 49,22 °/, Maegnesiumcarbonat — 6,05%, Summa 0 Theile. Es ist selbstverständlich, dass diese Bestandtheile bei verschiedenen Arten in sehr wechselnden Mengen sich finden. Am auffallendsten viel- leicht wird das Schwanken des Gehalts an kohlensaurem Kalk sein, der vornehmlich in den Spieulis abgelagert ist. Vielfach fehlen die Spicula eanz, bei manchen Synascidien (Didemmum und Leptochnum) dagegen sind sie überaus zahlreich, und zuweilen ist der ganze Mantel so voll- un. a A eu il ME rei TEE 1 Mn Geier w- Bedeutung des Cellulosemantels. 261 ständig von den Kalkgebilden durchsetzt, dass der Stock in reiner weisser Farbe erscheint (Zeptochnum candidum Sav.). Oflenbar wird in diesen Fällen der Aschengehalt der Mäntel ein bedeutenderer sein als bei Phallusia oder Ascidea. 4. Bedeutung und Nutzen des Öellulosemantels. Die morphologische Bedeutung des Cellulosemantels der Ascidien und seine Homologie mit dem Gehäuse der Appendieularien sind bereits oben (p. 98 und 160) erörtert worden. Dass man, um den complieirten Bau des Ascidienmantels zu verstehen, von einem phylogenetischen Stadium auszugehen habe, auf welchem, ähnlich wie gegenwärtig bei Appendieularien, über dem Ektodermepithel nur eine hyaline von Binde- gewebszellen noch nicht erfüllte cuticulaähnliche Schicht lagerte, wird jetzt wohl ziemlich allgemein anerkannt. In der Embryonalentwicklung aller Ascidien wiederholt sich dieses Stadium der Mantelbildung, und in der Klasse der Thaliacea oder Nectascidia werden wir bei Dolcolum den Mantel als ein zeitlebens zellenloses cuticulares Gebilde antreffen, das zuweilen abgestossen und wieder erneuert wird. Wenn es in diesem letzteren Falle vielleicht auch nicht unwahrscheinlich ist, dass eine secundäre Rückbildung vorliegt, so geben doch immerhin die Dolioliden eine Vorstellung, wie etwa der Mantel bei den Vorfahrenformen der Aseidien ursprünglich beschaffen sein mochte. In der Form des Appen- dieularien-Gehäuses konnte der Mantel bei Ascidien unmöglich bestehen bleiben. Denn jenes ist für eine pelagische Lebensweise so eigenartig angepasst, dass es festsitzenden Formen wenig zweckdienlich wäre. Beim Uebergang zu einer festsitzenden Lebensweise musste daher das Organ tiefgreifende Veränderungen erfahren. Diese bestanden zunächst darin, dass das Gehäuse, das willkührlich vom Thiere verlassen und periodisch immer wieder erneuert werden konnte, zum fest und bald auch dauernd mit der Ascidie verbundenen Mantel sich umformte. Die Eigenschaften, die das Gehäuse haben musste, um die Schwebefähigkeit der Appendicularien zu erhöhen, konnten in Wegfall kommen, da der Mantel nunmehr aus- schliesslich als Schutzorgan und als Stütze für die inneren Weichtheile sich zu entwickeln berufen war und vornehmlich eine gewisse Stärke und Festigkeit zu erlangen hatte. Das konnte natürlich auch auf einem ganz anderen Wege geschehen, als es in Wirklichkeit erfolgt ist. Beispiels- weise hätten ähnliche Schalenbildungen, wie sie bei Lamellibranchiaten vorkommen, oder feste kalkige Röhren und Gehäuse auch Organismen, die im übrigen nach dem Aseidientypus gebaut sind, zweekdienliche Einriehtungen werden können. Der Ascidienmantel aber erlangte seine ganz eigenartige Beschaffenheit durch zwei seine phylogenetische Ent- wicklung bestimmende Momente: erstlich durch das Auftreten von Meso- dermzellen im cuticularen Secret und zweitens durch die Absonderung von Cellulose. Der Ascidienmantel wurde so zu einem cellulosehaltigen Bindegewebe. Dieses Bindegewebe war im Stande, die nothwendige 262 Aseidien. Widerstandsfähigkeit, Stärke und Festigkeit zu erlangen, um gegen mechanische Insulte genügenden Schutz zu verleihen. Ueberdies ver- mochte es Erhebungen aller Art zu entwickeln (Stacheln u. s. w.), die als Waffen dem Thiere von Wichtigkeit wurden, und ferner war es ge- eignet, in vielen Fällen besonders dadurch, dass es sich mit Fremdkörpern bedeekte, sympathische Schutzfärbungen und schützende Aehnlichkeit mit leblosen Gegenständen anzunehmen. Durch die Entwicklung von Mantel- oefässen erhält endlich der Ascidienmantel auch respiratorische Bedeutung. Die Deutung des Mantelgewebes als Bindegewebe ergab sich übrigens nicht erst aus der Erkenntniss, dass die Zellen dem mittleren Keimblatt entstammen. Schon früher, als man noch alle Mantelelemente vom ekto- dermalen Hautepithel ableitete, war jene Auffassung die verbreitetste. Nur derjenige, der den Begriff Bindegewebe nicht nur durch eine bestimmte Gewebsform, sondern auch durch eine mesodermale Entstehung definirt wissen wollte, konnte diese Ansicht nicht theilen. Die vermeintliche ektodermale Herkunft der Mantelzellen war denn auch für Semper Ver- anlassung, die Benennung Bindegewebe für den Ascidienmantel zurück- zuweisen und die oben schon erwähnte Auffassung zu vertreten, dass dieses Organ eine „geschichtete Gellulose-Epidermis‘ darstelle. Diese Ansicht erhielt durch die Darstellungen, die Lahille und Maurice über den Bau und die Entwicklung des Ascidienmantels gaben, eine neue Stütze. Beide Forscher glaubten gefunden zu haben (vel. oben p. 227), dass der Mantel auch auf seiner äusseren Seite von einem ektodermalen Epithel, das auf frühen Stadien durch Spaltung des späteren inneren sich gebildet hätte, begrenzt werde. Die cellulosehaltige Grund- substanz entsteht dann auf den frühesten Entwicklungsstadien nicht ähnlich wie eine euticulare Ausscheidung vom ektodermalen Epithel nach aussen zu, sondern es erfolgt die Ausscheidung stets zwischen beiden Epithelien und zwischen den einzelnen Zellen. Ferner gelten dann die Mantelzellen nicht mehr als solche Elemente, die sich aus dem ekto- dermalen Epithelverbande gelöst haben und centrifugal nach aussen zu gewandert sind, sondern sie sind die mittleren zwischen zwei epitheliale Lagen eingeschlossenen Partien eines mehrschichtigen Ektoderms. Im consequenter Durchführung dieser Anschauung müsste man dann allerdings, wie es früher schon Julin (1881) im Anschluss an Semper gethan hat, den Cellulosemantel und das darunter liegende ektodermale Hautepithel unter dem gemeinsamen Namen „Epidermis“ zusammenfassen. Doch sind durch alle neueren Untersuchungen die Voraussetzungen, auf welchen diese Auffassungen beruhen, als irrthümlich erkannt worden, und die thatsächlichen Vorgänge bei der Bildung des Mantels lehren, dass auch aus entwicklungsgeschichtlichen Gründen gegen die Deutung des Mantels als Bindegewebe kein Widerspruch mehr sich herleiten lässt. Das Auf- fallende der Thatsache bleibt aber bestehen, dass ein Bindegewebe die äusserste Schicht im Thierkörper bilden kann. | | | F Bedeutung des Cellulosemantels. 2065 Dadurch, dass Mesenchymzellen in den Cellulosemantel einwanderten, erlangte dieser noch in einer anderen Beziehung eine wichtige schützende Bedeutung. Die amöboiden Mantelzellen können nämlich so wie die Mesenchymzellen in der primären Leibeshöhle resp. in den Blutbahnen als Phagocyten thätig sein. In der Embryonalentwicklung spielen phago- cytäre Mesenchymzellen bei der Rückbildung des larvalen Ruderschwanzes eine wichtige Rolle; ebenso bei der Rückbildung des ganzen aus dem befruchteten Ei entstandenen Oozooits während der Entstehung vieler Synascidienstöcke (Dotryllus, Distaplia). Bekanntlich geht nämlich, wie schon Krohn nachgewiesen hat, häufig das erste aus dem Ei stammende Individuum, bald nachdem sich seine Metamorphose aus der geschwänzten Larve zur festsitzenden Ascidie vollzogen hat, zu Grunde, um den früh- zeitig von ihm aus entstandenen Knospen Raum zur Entwicklung zu bieten. Es scheint, dass bei dieser Resorption des Oozooits neben Mesenchymzellen auch Zellen des Gellulosemantels”) als Phagocyten wirksam sind und sich mit Zellen und Zelltrümmern der in Auflösung begrifienen Gewebe beladen, um sie allmählich zu verdauen. Der Cellu- losemantel des Oozooits stellt ja das perennirende Organ dar, das die in Ausbildung begriffenen Knospen umschliesst und zum gemeinsamen Mantel des Stockes wird. In alten Synaseidienstöcken erfolgt häufig eine periodische Rückbildung der alten Zooide, nachdem die Geschlechtsproducte entleert worden sind. Auch hierbei sollen nach Maurice (1888) die Mantelzellen von Fragaroides als Phagocyten functioniren (vgl. Fig. 8, Taf. XII). Ich habe ebenfalls oben (p. 226) bereits Mantelzellen be- schrieben, die mit Dotterkörperehen erfüllt waren (Fig. 5, Taf. XIV). Es schien aber, dass die Dottertheilchen nicht erst im Cellulosemantel von den Zellen aufgenommen worden seien, sondern bereits in der primären Leibeshöhle vor der Durchwanderung des Ektodermepithels. Es gleichen nämlich diese Mantelzellen durchaus gewissen Mesenchym- zellen, und vielleicht sind es gerade diese Elemente, welche dem Mantel die Nährstoffe zuführen. Es ist hier auf diese Thatsachen hingedeutet worden, um zu er- weisen, dass sich die Mantelzellen nach Art echter Phagocyten mit Nahrungstheilchen aller Art beladen und diese intracellular verdauen können. Eine direct schützende Bedeutung für die ganze Ascidie kann aus dieser Fähigkeit dann erwachsen, wenn von den Mantelzellen solche Fremdkörper aufgenommen und verdaut werden, die im unverletzten Zustande auf den Gesammtorganismus schädigend einwirken müssten. Das scheint in der That der Fall sein zu können. Metschnikoff hat zuerst (1383) darauf hingewiesen, dass die Mantel- zellen der Ascidien ein wirksames Mittel gegen eindringende Bacterien *) Eine derartige Bedeutung der Mantelzellen bei der Rückbildung des Oozooits hat Kowalewsky (1892) für Botryllus behauptet. Sie wurde aber von Salensky (1893, p- 501 fg.) sowohl für Botryllus als auch für Distaplia mit allem Nachdruck in Abrede gestellt. 264 Ascidien. sind, dass diese von jenen angegriffen und verdaut werden. Er sagt über diese Vorgänge folgendes: „Als ein gutes Objeet für die Beobachtung dieser Verhältnisse kann ich Dotryllus anführen, dessen ganz frische, eben aus dem Meere hergeholten Colonien constant eine Menge ver- schiedenartiger Bacterien in der Tunica enthalten. Unter ihnen fand ich eine kleine Spirochaete-Art, welche auffallend an die Sperochaete Obermeyeri des hückfalltyphus erinnert, und auch einen kleinen Bacillus, welcher an beiden Enden je eine Spore trägt und überhaupt eine Aehnlich- keit mit dem Leprabacillus aufweist. Alle diese Bacterien werden von den zahlreichen Wanderzellen der Tunica eifrig verfolgt, und man findet sie in ihrem Innern in verschiedenen Entwicklungs- und Verdauungsstadien eingeschlossen. Der Kampf wird aber gegenseitig geführt, und man findet augenscheinlich todte Wanderzellen, aus welchen nach allen Seiten die langgezogenen Bacterien ausstrahlen“ (1883, p. 21). Das Eindringen auch eines verhältnissmässig grösseren (Gegenstandes in den Mantel veranlasst eine Ansammlung der Mantelzellen um den Fremdkörper. Metschnikoff beobachtete das an (Oiona intestinalis beim Einführen einer feinen Glasröhre, eines Seeigelstachels oder Rosendornes. Die Mantelzellen umgaben den eingedrungenen Gegenstand in solcher Menge, dass ihre Ansammlung mit blossem Auge zu bemerken war. Die einzelnen Zellen aber blieben getrennt und vereinigten sich nicht zu Plasmodien. Später hat Lubarsch (1891) unter anderen auch diesen letzteren Versuch wiederholt und die in den Mantel eingesteckten Glascapillaren von Zellen dieht umgeben gefunden. Im Gegensatze zu Metschnikoff berichtet er aber, dass die angesammelten Mantelzellen zwar nicht „deutliche Riesenzellbildung“ eingehen, doch aber häufig „zu Plasmodien verkleben‘“. Die Untersuchungen von Lubarsch sind noch in mehrfacher anderer Beziehung von Wichtigkeit. Das Vorkommen von Bacterien im Ascidien- mantel wird bestätigt, jedoch mit der Einschränkung, dass die Parasiten nur bei Thieren sich finden, die in der Nähe der Küste und der Meeres- oberfläche gefangen werden, denn in der Tiefe und auf hoher See, wo Verunreinigungen ausgeschlossen seien, sollten Bacterien überhaupt”) durchaus fehlen. Lubarsch versucht darüber eine prineipielle Ent- scheidung zu erlangen, ob, wie Metschnikoff angenommen hatte, die Wanderzellen des Ascidienmantels in der That durch Vernichtung der Baeterien Immunität hervorrufen können. Seine Versuche erstrecken sich *) Diese Annahme eines solchen beschränkten Verbreitungsgebietes der Baeterien im Meere hat sich bekanntlich als irrthümlich herausgestellt. Schon 1886 hatte B. Fischer feststellen können, dass im Ocean auf hoher See regelmässig Bacterien sich finden, manchmal nur in geringer Zahl, zuweilen aber in ähnlich grossen Mengen wie in der Nähe des Landes. Auf der Plankton-Expedition wurde dieses Ergebniss bestätigt, und überdies gelang der Nachweis, dass auch in recht beträchtlichen Tiefen im freien Wasser die Bacterien noch vorkommen, während sie allerdings unmittelbar am Meeresgrunde mit Sicherheit nicht auf- gefunden werden konnten. Phagocytäre Bedeutung der Mantelzellen. 265 auf Milzbrand, und er fand die Aseidien (Ascidia mentula, Phallusia mammullata, Ciona intestinals) gegen diese Seuche immun. Thiere, denen Milzbrandbouilloneulturen oder in Kochsalz suspendirte Bacillen in den Mantel injieirt oder denen mehrere Oesen Agarculturen in Mantel- einschnitte eingefügt wurden*), zeigten niemals (unter 28 Versuchen) Erkrankungen an Milzbrand. Gelangten bei der Injection die Bacterien direct in ein Mantelgefäss, so blieben sie im Blute längere Zeit lebend; noch nach 9 Tagen konnte die Anwesenheit virulenter Bacillen fest- gestellt werden. Sowohl die Mantel- als auch die Blutzellen zeigten bei Lubarsch’s Versuchen meist nur eine sehr geringe phagoeytäre Thätigkeit. In den ersten Tagen nach der Injection der Bacillen in das Blut fanden sich nur wenige Parasiten in der Blutflüssigkeit selbst, fast alle lagen dagegen in mehr oder minder vorgeschrittenen Stadien der Desorganisation intracellulär in den Blutzellen. Später zeigten sich wieder mehr freie Bacterien im Plasma des Blutes. Im festen Mantelgewebe war die Phagocytose der Mantelzellen, die niemals gänzlich vermisst wurde, eigenthümlicher Weise gerade dann am unbedeutendsten, wenn grosse Mengen Bacillen eingeführt worden waren, die ohne sich zu zerstreuen an einer Stelle liegen blieben. Wenn feinste Capillarröhren mit Bacterien und Garmin in den Mantel gesteckt wurden, so wanderten die Mantel- zellen in die Röhrchen ein, um sich dort mit den Bacillen und den Farbstoffen zu beladen. Ebenso trat Phagocytose ein, wenn Leber- oder Milzstücke an Milzbrand zu Grunde gegangener Kaninchen in den Mantel gebracht wurden. Unzweifelhaft ergibt sich aus diesen Versuchen, dass die Ascidien eine angeborene Immunität gegen Milzbrand besitzen. Daraus, dass die Thiere auch dann, wenn virulente Bacterien frei in ihrem Blute leben, bestehen bleiben ohne, wie es den Anschein hat, Schaden zu nehmen, scheint in der That hervorzugehen, dass die Phagoeytose der Mantel- und Mesenchymzellen, die sich unzweifelhaft auf die Bacterien erstreckt, für die Immunität nur von untergeordneter Bedeutung ist. Natürlich bezieht sich diese Schlussfolgerung, die Lubarsch gezogen hat, nur auf die Immunität der Ascidien gegen Milzbrand, und es ist nicht ausgeschlossen, dass anderen Krankheitserregern gegenüber die Mantelzellen von einer grösseren Wichtigkeit sein könnten. Doch sind Bacterien als Krankheitserreger oder Todesursache bei Ascidien bisher überhaupt nicht bekannt geworden. Ill. Das Ektoderm. 1. Das Ektodermepithel der Leibeswand. Die ektodermale Leibeswand der Ascidien stellt überall ein ein- schichtiges Epithel dar, dem sich der äussere Cellulosemantel im lebenden Thier dieht anschmiegt. Anm den meisten Stellen ist das Epithel ein *) Den Injeetionen und Culturen wurde etwas Carmin beigemischt, um leichter die Stellen, an welchen die Baeillen liegen, auffinden zu können. Die Wunden im Mantel wurden durch eine Mischung von Gummi und Gelatine geschlossen. 266 Ascidien. Plattenepithel. In der Flächenansicht erscheinen die Zellen in poly- eonalen Umrissen und besitzen einen meist central gelegenen Kern. Der Zellleib ist dann gewöhnlich plasmaarm, zeigt häufig reticuläre Structur (Fig. 5, Taf. XV) und enthält zuweilen auch Vacuolen, die mit einer hellen Flüssigkeit erfüllt sind. Bei manchen Formen (Phallusia mammillata) besteht das Hautepithel über mehr oder minder weiten Strecken aus etwas diekeren, würfelähnlichen und selbst prismatischen Zellen, sodass die Schicht, die sonst gewöhnlich ausserordentlich fein membranartig und oft schwer nachweisbar ist, recht ansehnlich erscheinen kann. Da das ektodermale Hautepithel der Aseidien nicht die oberflächlichste, den Thierkörper gegen die Aussenwelt abgrenzende Leibesschicht ist, hat es auch keine unmittelbare Bedeutung als Schutzorgan. Als solches functionirt vielmehr der Cellulosemantel, und die vornehmlichste Aufgabe des Hautepithels ist es, diesen seiner Hauptmasse nach zu secerniren *). Auf diese Thätigkeit ist das Auftreten der Secretfäden an den Ektoderm- zellen zurückzuführen. An den Ektodermzellen der Mantelgefässe von Distaplia hat zuerst Della Valle (1881) lange fadenförmige, in die Cellulosesubstanz hinein- ragende protoplasmatische Fortsätze beschrieben, die er dadurch zu erklären suchte, dass die betreffenden Zellen im Begriffe seien aus dem Epithel- verbande sich zu lösen, um zu amöboiden Mantelzellen zu werden. Später wurden diese Fortsätze von Maurice (1888) bei Fragaroides, von Salensky bei jungen Pyrosomen, von Seeliger (1895) bei Clavelina und Salpen nachgewiesen und von dem letzteren als „Seeretfäden* bezeichnet. Auch Salensky hat darauf hingewiesen, dass diese Fäden für die Ausscheidung der cellulosebaltigen Grundsubstanz von Bedeutung sind. Die Secretfäden finden sich weit verbreitet an der Oberfläche der Ektodermzellen (Fig. 2, Taf. XV); an allen Körperstellen können sie vor- kommen, besonders reich sind sie in den Mantelgefässen, wo sie fast immer leicht aufzufinden sind (Fig. 4, Taf. XV). Auch in noch jugendlichen Entwiecklungsstadien, bei Larven, kommen sie bereits vor (Fig. 1, Taf. XV). Sie scheinen leichtvergängliche Gebilde zu sein, die bald da, bald dort auftreten und dann wieder rückgebildet werden. Durch die Reagentien werden diese protoplasmatischen Fäden bei der CGonservirung oft zerstört. Neben den den Cellulosemantel abscheidenden Ektodermzellen finden sich an bestimmten Stellen besondere Drüsenzellen. Sie scheinen ein von der cellulosehaltigen Grundsubstanz verschiedenes klebriges Secret abzusondern, das die Befestigung des Thieres an den verschiedensten (regenständen vermittelt. Bei den sich festsetzenden Larven finden sich solche Drüsenzellen in den Haftpapillen, wo über dem Ektoderm nur eine äusserst dünne homogene Celluloseschicht liegt (Fig. 6, Taf. XV). Bei alten Ascidien sind meines Wissens besondere Drüsenzellen an den fest- gehefteten Stellen nicht nachgewiesen worden, obwohl sie sich vielleicht ®) Die controversen Angaben über die Betheiligung der ausgewanderten Mesodermzellen (Mantelzellen) an der Ausscheidung der cellulosehaltigen Grundsubstanz vgl. oben p. 228. de le Se ie ec ee er IE ee u Ektodermales Hautepithel. 2367 bei dieser oder jener Form finden möchten; meistens dürfte allerdings die frisch gebildete Grundsubstanz des Gellulosemantels selbst eine genügend klebrige Beschaffenheit besitzen, um die Fixirung zu bedingen. Es ist bekannt, dass manche alte Ascidien ‚in Aquarien verpflanzt, sich selbst an glatten Glasböden neu befestigen können. Meist erfolgt dann freilich die Befestigung mittelst der alten oder vielleicht auch neu sich bildenden wurzelförmigen Mantelfortsätze, indem diese kleine auf dem Boden liegende Fremdkörper umspinnen (Kugyra arenosa). Zuweilen aber (Zerophora, Ciona) haften die Mantelfortsätze direct an den Glaswänden. Ueberaus häufig finden sich im Ektodermepithel Pigmentzellen. Oft sind sie so zahlreich, dass sie durch den äusseren Cellulosemantel hindurehscheinen und den äusseren Gesammtfarbenton der Ascidie be- stimmen (vgl. oben p. 200). Die Farbe wird, wie es scheint überall, durch Pigmentkörner bedingt, die im Zellplasma eingebettet sind (vgl. Fig. 7, Taf. XII). Zuweilen sind die Pigmentkörner so reichlich angehäuft, dass sie den Zellkern fast ganz verdecken. Dass in einer Ektodermzelle verschieden gefärbte Pigmente vorkommen, ist mir nicht bekannt, dagegen können sich die verschiedenen Zellen eines Thieres zuweilen in ihrer Färbung recht beträchtlich unterscheiden. Meist sind die Pigment- körperchen kugelähnlich gestaltet, doch kommen auch scharfkantige unregelmässige Formen vor; ihre Grösse variirt öfters in ein und derselben Zelle recht beträchtlich. Eine besondere Bedeutung besitzen nach Caullery (1895) die Ekto- dermzellen der beiden stoloartigen Fortsätze des hinteren Leibesendes bei Distaplia: sie functioniren als Nährzellen, indem sie das in Auflösung begriffene Zellmaterial der rückgebildeten Zooide des Stockes aufnehmen und verdauen. Die stoloartigen Leibesfortsätze erhalten dadurch die Bedeutung von Nährstolonen. Gerade bei Distaplia finden sehr häufig Rückbildungen der alten Zooide statt, und sie sind zuweilen so vollständig, dass sich im gemeinsamen Cellulosemantel des Stockes nur noch Knospen- anlagen und jugendliche Thiere finden. Auf den ersten Anblick zeigen dann solche Cormen ein spongienähnliches Aussehen, und in der That sind sie auch von O0. Schmidt für Schwämme (Cellulophana pelleata) gehalten worden. Der grösste Theil der rückgebildeten Zooide scheint allmählich aus dem Stocke ausgestossen zu werden, ein anderer wird von phagocytären Zellen im Mantel aufgezehrt und nur ein kleiner Rest wird wie todtes Nährmaterial von den Ektodermzellen der Nährstolonen auf- genommen. Die Zellen bilden bei diesem Process protoplasmatische, an die Secretfäden erinnernde Fortsätze, mit welchen sie die aufgelösten Gewebstheile umfassen (Fig. 3 A, Taf. XV) und in ihr Inneres allmählich einbeziehen. Die völlige Verdauung erfolgt dann intracellulär (Fig. 3 D, Taf. XV). Ausser den bisher beschriebenen Zellen finden sich im Ektodermepithel noch andere eigenartig differenzirte Elemente in den Ocellen und ferner Sinneszellen. Sie werden im 6. Kapitel besprochen werden. 268 Aseidien. 2. Das Ektodermepithel in der Region der beiden Körperöffnungen. a. Das Epithel der Mundhöhle und des Egestionscanals. In der kegion der beiden Körperöffnungen erscheint häufig das flache Hautepithel etwas verdickt. An den Siphonalenden stülpt es sich nach innen ein, um sich am Grunde der Mundhöhle mit dem entodermalen Kiemendarm zu verbinden und an der Basis des Egestionskraters in das Cloakenepithel fortzusetzen (vgl. Textfig. 32, p. 212). Wieweit das Ekto- derm der Mundhöhle reicht, lässt sich mit Sicherheit entwicklungs- geschichtlich nicht immer bestimmen, und auch das histologische Verhalten des Epithels gibt kein Mittel an die Hand, um eine scharfe Abgrenzung gegen das Entoderm des Kiemendarmes zu ermöglichen. Sicher gehört das Epithel, soweit es vom Üellulosemantel noch überdeckt wird, dem Ektoderm an (vgl. oben p. 211), und man wird daher, wie es auch die anatomischen Gründe nahe legen, am besten thun, die Tentakel als die hintere Grenze der Mundhöhie zu bezeichnen. Da das Cloakenepithel sowie die Peribranchialwände im Embryo aus zwei ektodermalen Ein- stülpungen entstehen, deren Ränder sich dorsal in der Medianebene zur unpaaren Egestionsöffnung vereinigen”), lässt sich eine scharfe Abgrenzung des Epithels der Cloake und des Egestionscanals in der Regel nicht durchführen ; sie erscheint aber auch weniger wichtig, weil das Epithel in allen Theilen ektodermal ist. Bei den durch Knospung entstandenen Thieren sind dagegen allerdings die Peribranchialräume entodermalen Ursprungs. Auch die Cloake scheint dann überall zum allergrössten Theil vom entodermalen Epithel ausgekleidet zu sein, und nur der Egestions- krater in der nächsten Nachbarschaft der Oeffnung dürfte aus einer ektodermalen Einstülpung herstammen und deshalb vom cellulosehaltigen Mantelgewebe überdeckt erscheinen. Der histologische Gharakter des in die beiden Oeffnungen ein- gestülpten Ektoderms gleicht in hohem Maasse dem des äusseren Haut- epithels, nur dass dieses in der Regel etwas dünner erscheint als jenes. Das Epithel des Egestionscanals und der Mundhöhle ist einschichtig, besteht aus flachen oder kleinen eubischen, oft auch prismatischen Zellen und scheidet zum Theil, wie an der Aussenseite des Körpers, über sich die cellulosehaltige Grundsubstanz für das Mantelgewebe aus. Die Zellen senden daher häufig Seeretfäden aus. Sowohl im Epithel der Mundhöhle als des Egestionscanals treten sehr häufig bestimmte Faltungen auf. Ausser den die ganzen Siphonen betreffenden, durch die Zahl der Lobi bestimmten Längsfaltungen, die im folgenden Abschnitt erwähnt werden sollen (vel. Fig. 7, Taf. XV), finden sich bei vielen Formen andere mehr oder minder regelmässig *) Auf den gegen diese Auffassung der ontogenetischen Vorgänge erhobenen Wider- spruch wird in dem die Embryonalentwicklung behandelnden Kapitel hingewiesen werden. Ektodermepithel der Mundhöhle und des Egestionscanals. 269 verlaufende Längsfalten, die von dem allgemeinen strahligen Bauplan der Siphonenenden unabhängig zu sein scheinen. Unter den Öynthiiden sind solche Längsfalten besonders stark entwickelt, obwohl sich nicht alle Individuen einer Art in dieser Beziehung völlig gleichartig verhalten und der Verlauf und die Tiefe der Furchen auch zu verschiedenen Lebens- altern variiren können. Bei einigen Mecrocosmus (besonders M. vulgaris Heller) verläuft in der Medianebene dorsal eine namentlich bei alten Thieren tiefe Rinne, die seitlich von Längsfalten begrenzt wird, sich durch die ganze Länge des Mundeanals erstreckt und nach hinten bis zur Flimmer- erube fortsetzt (Heller; vgl. hier auch Fig. 12, Taf. XIX). Von grösserer Wichtigkeit sind bestimmte horizontal verlaufende Rinefaltungen des Innenepithels beider Siphonen. In der Mundhöhle findet sich, abgesehen von vereinzelt da und dort auftretenden, im Verlaufe und Vorkommen ziemlich unbeständigen Falten, constant im hinteren Theile eine mehr oder minder mächtige Ringfalte, an welcher sich die Tentakel inseriren und an der der eingestülpte Cellulosemantel gewöhnlich endigt. Unter dem Namen Tentakelträger ist weiter unten (p. 275) dieses Gebilde näher beschrieben worden; sein Innenrand faltet sich nament- lich bei Cynthien zu dem eigenthümlichen Zellbelag ein, der das Hinterende des die Mundhöhle auskleidenden Cellulosemantels von hinten her über- wächst. Dieser epithelialen Faltung ist bereits oben (p. 212) gedacht worden. (Vgl. für Oynthia papillosa Textfig. 35, p. 213.) So wie in der Mundhöhle der Tentakelträger findet sich auch an der Basis des Egestionscanals sehr weit verbreitet eine Ringfalte der epithelialen Wandung. An ihrem vorderen Rand befestigt sich fast immer das hinterste Ende des den Egestionscanal auskleidenden cellu- losehaltigen Mantelgewebes (vgl. Fig. 3, Taf. XI). Das Epithel dieser Ringfalte unterscheidet sich stets von dem der Cloakenhöhle und der Peribranchialräume und zuweilen auch von dem des vorderen Egestions- canals durch beträchtlich diekere und höhere prismatische Zellen. Der innere Rand ist namentlich im contrahirten Zustande meist nicht glatt, sondern wellenförmig und so gestaltet, dass die Bezeichnung als Krause gerechtfertigt erscheint. Bei einigen Formen erfährt die Krause des Egestionscanals eine weitere Entwicklung und bildet sich zu einem ziemlich umfangreichen, den Canal unvollständig abschliessenden Dia- phragma aus. Das ist besonders bei der Gattung Otenzcella der Fall, wo die Ringfalte gelegentlich (Otenic. appendiculata) ein mächtiges zwei- lappiges Gebilde darstellt (Lacaze-Duthiers), an dessen Bildung allerdings auch das Hinterende des eingestülpten Cellulosemantels sich zu betheiligen scheint. b. Die Lobr. Die Ränder der beiden Körperöffnungen erscheinen bei vielen Formen elatt, in geöffnetem Zustande kreisförmig klaffend (Ulavelina, Corynascidia, Hypobythius). In den meisten Fällen aber erheben sie sich in Zacken 270 Aseidien. und Lappen, die als Zähne oder besser als Lobi bezeichnet werden (dents, rayons ou festons buccaux et anaux der französischen Autoren) *). Die Lobi sind sowohl an der äusseren wie an der in die Mundhöhle führenden Seite vom Cellulosemantel bedeckt (vgl. Fig. 4 und 5, Taf. XII). Unter dem Mantel liegt jederseits das einschiehtige Hautepithel, und der von diesem umschlossene Divertikel der primären Leibeshöhle führt neben Bindegewebszellen reichliche Längs- und Ringmuskelfaserzüge, welche dem ganzen Gebilde eine hohe Beweglichkeit verleihen und den Verschluss der Oeffnungen ermöglichen. Die in regelmässiger Anordnung die Körperöffnungen umstellenden Lobi verleihen den Siphonen einen radiären Typus. Dieser betrifft häufig nicht nur die äussersten Enden, sondern erstreckt sich weiter nach hinten über einen mehr oder minder grossen Theil oder selbst über die ganze Länge der Siphonen. Der strahlige Bau tritt hier besonders im contrahirten Zustande der Siphonen deutlich hervor und äussert sich darin, dass deren eesammte Wandung in einer durch die Zahl und die Stellung der Lobi genau bestimmten Weise regelmässig gefaltet erscheint und zwar so, dass in der Regel jeder Lobus über einer an der Aussenseite des Siphos verlaufenden Furche sitzt. Während die Ringmuskeln als continuirliche, aber gefaltete Bänder die ganze Mundhöhle umkreisen, stehen die Längs- muskeln, oft in eine äussere und innere Lage gesondert, in radialen, beziehungsweise interradialen Gruppen angeordnet (Fig. 7, Taf. XV). Die Form der Lobi ist meist dreikantig und spitz- bogenähnlich; häufig erfolgt auch eine mehr oder minder starke Abflachung zu einem Rundbogen. Die Ränder der Lobi sind fast immer ziemlich glatt oder höchstens mikro- skopisch fein und unregelmässig Se gewellt. Bei.Fragaroides auran- A Mundsipho von Cienicella appendiculiata Heller. 7 IT a B Egestionssipho von Otenicella Lanceplaini Lac.- bacum Maurice spaltet: sich Duth. (Nach Laeaze-Duthiers.) B stärker das verbreiterte Ende jedes vergrössert. Lobus wieder in drei Läppchen. Zuweilen erscheinen die Lappen an beiden Oeflnungen in gröbere, schon dem blossen Auge sichtbare Fransen gespalten, wie das bei der Gattung Ütenzcella und bei Savigny’s Cynthia dione, die Herdman (1832, p. 6 u. 60) für eine Molgula””) hält, der Fall ist (vgl. Textfig. 48). *, Savigny’s Bezeichnung „tentacules de l’orifice branchial ou anal“ ist neuerdings ziemlich allgemein verlassen worden; sie ist auch in der That leicht geeignet, Verwechselungen mit den Mundtentakeln hervorzurufen. **) Schon Lacaze-Duthiers (1877) hat darauf aufmerksam gemacht, dass der innere Bau der Uynthia dione eine ganz auffallende Uebereinstimmung mit dem Molguliden-Typus Form und Zahl der Lobi. 971 Wo an beiden Körperöffnungen Lobi vorhanden sind, gleichen sie sich in der Regel in mehr oder minder hohem Maasse. Zuweilen aber weichen ein oder mehrere Atriallobi in bemerkenswerther Weise ab. Diese sind nämlich nicht immer alle gleich gestaltet, sondern einige erweisen sich zuweilen recht eigenartig differenzirt. Das ist bei mehreren Synaseidien der Fall und erklärt sich daraus, dass die vorderen Lobi bei der Bildung der gemeinsamen Cloakenräume des Stockes sich betheiligen können. So sind z. B. die drei vorderen Lappen bei Synoicum beträchtlich grösser als die drei hinteren, weil sie wesentlich an der Herstellung des gemein- samen Cloakendaches partieipiren; bei Crreinalium conerescens verhält es sich ganz ähnlich, und es können hier die kleineren hinteren Lobi ganz ver- loren gehen. Sehr häufig erscheint bei Synaseidien der vordere mediane Atriallobus zu einem umfangreichen zungenförmigen und selbst tentakel- ähnlichen, zuweilen (Amaroucium sömplex Sluit.) in drei Zipfel auslaufen- den Gebilde umgestaltet, das als Analzunge (languette anale ou cloacale) bezeichnet wird und das in einfachen oder direeten Systemen das Dach der gemeinsamen Cloake bildet, in den indirecten zuweilen als Stütze für die Canalwände des Cellulosemantels dient (vgl. oben p. 182 u. fe.). Neben der Analzunge können entweder kleinere Lobi erhalten bleiben, oder es ist der übrige Randtheil der Egestionsöffnung glatt. In manchen Fällen dürfte wohl die Analzunge nicht nur einem Lobus entsprechen, sondern aus der Verschmelzung mehrerer hervorgegangen sein. Die Zahl der Lobi ist im allgemeinen zuweilen selbst innerhalb grösserer Gruppen für beide Körperöffnungen ziemlich fest bestimmt und eilt als ein wichtiges systematisches Merkmal. So charakterisiren sich die Cynthiidae durch vier Lobi um jede der beiden Oefinungen, die Molgulidae durch sechs Mund- und vier Atriallobi, während die Ascidiidae im allgemeinen acht Mund- und sechs Atriallobi besitzen. Doch kommen zahlreiche Ausnahmen vor, wie z. B. Chelyosoma so wie an der Egestions- öffnung auch am Munde nur sechs Lappen trägt, während Corynascidia und Hypobythöus der Lobi ganz entbehren. Culeolus und Fungulus haben eine dreikantige Mund- und eine zweilappige Egestionsöffnung. Weniger constant als bei den einfachen Ascidien ist die Lappenzahl in den grösseren Gruppen der Cormascidien. Aus dem die Systematik behandelnden Kapitel wird sich das später leicht entnehmen lassen, sodass hier auf speciellere Fälle nieht weiter eingegangen zu werden braucht. Innerhalb einer Gattung gilt die Zahl der Lobi als constant. Nur vereinzelt findet sich zuweilen in manchen Gattungen ein oder die andere zeigt, und dass die gefransten Lobi auf die Gattung COtenicella hinweisen. Doch steht dieser Identifieirung im Wege, dass Savigny für seine C. dione ausdrücklich vier Mund- lobi beschreibt, was auf eine Cynthiide und nicht auf eine Molgulide deutet, wenn nicht ein Beobachtungsfehler vorliegt. Bei der Untersuchung eines stark contrahirten eonservirten Thieres könnte ein solcher selbst einem so erfahrenen Beobachter wie Savigny wohl begegnen, doch spricht dagegen, dass Savigny seine Cynthia mit Forskal's Ascidia quadridentata identifieirt. Diese zeigt aber (Icones rerum naturalium, Taf. 27, Fig. E) am uneontrahirten ausgestreckten Mundsipho deutlich vier gefranste Lobi. 212 Ascidien. Speeies, die eine Ausnahme macht. Von den wenigen zum Genus Pachy- chlaena gehörenden Formen zeigt eine (P. oblonga Herd.) statt der normaler Weise sonst vorhandenen sechs Egestionslappen nur vier. Aller- dings könnte hier auch nur eine individuelle Variation vorliegen, da die betreffende Art nur in einem einzigen Exemplare durch die Challenger- Expedition bekannt geworden ist. Die zwei Arten der Gattung Abyssaseidia unterscheiden sich an beiden Oeffnungen durch die Zahl der Lobi. Die eine (A. Wyrilliö) trägt um den Mund zwölf, um die Egestionsöffnung acht Lappen, die andere (A. vasculosa) nur acht, beziehungsweise sechs (Herdman). Aehnliche Verschiedenheiten finden sich auch bei ver- schiedenen Species der Gattung Rhopalaea, wo sechs oder acht Mundlappen und zwölf oder acht Lobi um die Egestionsöffnung vorkommen, und bei Rhodo- soma, wo sieben oder acht Mundlobi angetroffen werden *). Auch im Genus Asecidia gibt es Formen (A.compta Sluit.) mit sieben statt acht Mundlappen. Besonders erwähnenswerth sind individuelle Verschiedenheiten in der Form und Zahl der Lobi, die bei mehreren Formen nach- gewiesen worden sind. Wie oben (p. 133) schon erwähnt wurde, finden sich bei Cireinalium nur bei gewissen Individuen drei vordere grössere und drei kleinere hintere Atriallobi vor. Die hinteren Lobi werden in der Regel wieder nach und nach rückgebildet, wenn die Einzelthiere zur Bildung von Systemen zusammentreten, und selbst die vorderen Lappen können allmählich alle schwinden, sodass der Rand der Egestionsöffnung elatt erscheint (Giard). Mehrere individuelle Abweichungen von der normalen Zahl der Lobi erwähnt Herdman. Bei Ascidia meridionalis Herd. trägt der Mundsipho nicht immer acht, sondern gelegentlich auch sieben oder neun Lappen; bei Styela convexa Herd. zeigen beide Oeffnungen statt der dem Genus normaler Weise zukommenden vier Lobi eine grössere Zahl, weil ein resp. zwei accessorische hinzukommen **). Die wirkliche Zahl der vorhandenen Lobi lässt sich zuweilen bei nur äusserer Betrachtung des Thieres nicht richtig bestimmen. Es können nämlich regelmässig verlaufende secundäre Längsfurchen oder wulst- förmige Verdiekungen an der Aussenseite des Uellulosemantels im Bereiche der Lappen auftreten, sodass diese sich nicht mehr sicher abgrenzen lassen. #®) Es ist zweifelhaft, ob die verschiedene Zahl der Mundlappen bei Rhodosoma nicht auch als individuelle Variation zu deuten ist. #*) Wenn ich hier die grössere Zahl der Lobi von Styela convexa als eine ind ividuelle Variation anführe, darf ich das nur als wahrscheinlich hinstellen. Von der Challenger- Expedition wurde nur ein Exemplar dieser Species erbeutet, sodass diese Eigenthümlichkeiten auch Artmerkmale sein könnten. — Nach der Beschreibung Herdman’s (1882) besitzt Abyss- aseidia Wyvillii um den Mund 12—14, an der Egestionsöffnung acht bis neun Lobi. Ich möchte aber daraufhin doch nicht diese Art als ein Beispiel für die Inconstanz der Lobi- zahl hier anführen, weil auch von dieser Species nur ein Thier im Challenger - Material aufgefunden wurde und daher Herdman’'s Darstellung nur so gedeutet werden kann, dass die Lobi an beiden Oeffnungen sich nicht genau zählen liessen. Später (1891) gibt dann Herdman selbst zwölf und acht als die Zahl der Lobi an. Bau der einfachen Mundtentakel. 273 So berichtet Sluiter (1895), dass die Siphonen zweier malayischen Polycarpa (P. capitosa und P. palinorsa) statt der in Wirklichkeit vor- handenen vier Lobi scheinbar acht beziehungsweise sechs zeigen. Ein ganz Aehnliches gilt nach Herdman für Styela grandis, die äusserlich so wie eine Ascidia acht Mund- und sechs Atriallobi erkennen lässt, während doch stets nur vier Principallobi vorhanden sind und die übrigen durch accessorische Faltungen hervorgerufen werden. 3. Die Tentakel. a. Die Mundtentakel. Im hinteren Theile der Mundhöhle erheben sich die Tentakel (tenta- eules coronaux, filets, filaments tentaculaires; branchial filaments). Sie bilden sich da, wo die ektodermale Mundbucht des Embryos in das Ento- derm des Kiemendarmes übergeht, sodass sich der Antheil, den beide Keimblätter nehmen, nur schwer scharf abgrenzen lässt. Dass auch das innere Keimblatt, in gewissen Fällen wenigstens, sich an der Tentakel- bildung betheiligt, geht schon daraus hervor, dass diese abnormer Weise früh im Entodermepithel beginnen kann, bevor noch die Mundbucht zum Durchbruch gelangt ist. Für eine entodermale Betheiligung spricht auch die vom normalen Verhalten allerdings stark abweichende Lage des Tentakelkranzes bei Abyssaseidia Wyvillii. Hier erscheinen die ventralen Tentakel so weit nach hinten verschoben, dass sich direet am Vorderende des Endostyls jederseits ein Tentakelpaar inserirt. Bei manchen Formen scheint dagegen das ganze Tentakelepithel dem Ektoderm anzugehören. Wenn ich die Tentakel an dieser Stelle hier behandle, so geschieht es vornehmlich aus dem Gesichtspunkte, dass diese Gebilde jedenfalls ur- sprünglich phylogenetisch aus dem äusseren Keimblatt hervorgegangen sind. Der Bau der Tentakel.e Dem Bau nach werden zwei Typen der Tentakel unterschieden: die einfachen und die zusammengesetzten Tentakel. a. Die einfachen Tentakel sind finger- oder schlauchförmige, in die Mundhöhle ragende Ausstülpungen des einschichtigen Epithels. Sie umschliessen Divertikel der primären Leibeshöhle und sind wie diese mit einer Gallerte erfüllt, deren Lückenräume die Blutbahnen darstellen. In jedem Tentakel findet sich mindestens eine Blutbahn, häufig sind zwei oder mehrere vorhanden, in denen die Flüssigkeit in entgegengesetzten Richtungen strömt. In der Gallerte ruhen neben ausgewanderten Blutzellen fixirte Bindegewebs- und Muskelzellen. Die Muskulatur ist immer nur sehr spärlich entwickelt und bisher meist überhaupt nicht bemerkt worden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie in vielen Fällen ganz fehlen möchte, und dass die Bewegung der Tentakel ausschliesslich in der oben (p. 214) an- gedeuteten Weise durch die Leibesmuskel und den Cellulosemantel bewirkt wird. In den einfachen Tentakeln dürften wohl stets nur feine Längs- muskelfasern vorkommen. Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 18 274 Aseidien. Die epitheliale Wand des einfachen Tentakels kann ganz glatt oder längs gefaltet, resp. mit Längsrinnen versehen sein. Wenn auch in der Regel eine bestimmte Species immer nur eine ganz bestimmte Tentakelform zeigt, so können doch auch glatte und cannelirte Tentakel nebeneinander vorkommen, ja derselbe Tentakel kann sich an den ver- schiedenen Stellen abweichend verhalten. (Vgl. die beiden Querschnitte durch zwei Mundtentakel von Olavelina lepadiformis, Fig. 9, Taf. XV.) Wo die Wand elatt ist, erscheint das Epithel im Querschnitt kreisähnlich oder elliptisch und besteht aus einer Schicht ziemlich gleichartiger Zellen. Diese sind im basalen Tentakelabschnitt häufig beträchtlich flacher als in der Nähe des freien Endes, wo sie prismatische Form annehmen können. Die längsgefalteten Tentakel zeigen in den Querschnitten sehr verschiedene Bilder, und das Epithel setzt sich auf der gleichen Höhe in der Regel aus ansehnlich verschieden geformten Zellen zusammen (Fig. 9 BD, Taf. XV). In allen Tentakeln besitzen weitaus die meisten Zellen der Wandung den indifferenten Charakter von Epithelzellen, deren vornehmlichste Aufgabe es ist, eine schützende äussere Grenzschicht für ein Organ darzustellen. Daneben finden sich aber noch im Tentakelepithel Flimmerzellen (Fig. 9 B, Taf. XV) und endlich auch Sinneszellen, auf die in einem späteren Kapitel noch hingewiesen werden wird. b. Die zusammengesetzten oder verzweigten Tentakel sind wesentlich ecomplieirter gestaltet, wenngleich die einfachsten unter ihnen zu der einfachen Tentakelform mit eannelirten Wandungen hinüberführen. Sie zeichnen sich, wie schon der Name besagt, dadurch aus, dass sie nicht einen einfachen Schlauch darstellen, sondern dass von einem Haupt- stamm Seitenzweige ausgehen, die selbst wieder verästelt sein können. Die Reichhaltigkeit der Verzweigungen wechselt zwar bei den verschiedenen Tentakeln eines Thieres mehr oder minder beträchtlich, im allgemeinen aber zeigen doch viele Gattungen und Arten bestimmte charakteristische Tentakelformen. Bei Oynthia sigillata Lac. u. Del. bilden z. B. die Seiten- zweige jederseits nur eine Reihe kleiner Papillen. Relativ arm an Seiten- ästen sind die Mundtentakel von Cynthia papillosa (Fig. 11, Taf. XV zeigt einen schlanken Tentakel mittlerer Grösse abgebildet), reich verzweigt die von Molgula echinosiphonica Lac. (Fig. 1, Taf. XVI), und es gibt noch üppigere, buschähnlich gestaltete Formen (Molgula | Gymnocystis] ampullocdes). Der complieirten äusseren Form entspricht auch ein verwickelterer Bau der Innentheile. Die Blutbahnen sind ausserordentlich viel reicher als in den einfachen Tentakeln und bilden, wie zuerst Lacaze-Duthiers durch Carmin-Injeetionen für Molgula (Anurella) roscovita und M. (Gymno- cystis) ampulloides nachgewiesen hat, ein complieirt verästeltes capillares Laeunensystem (vgl. hier auch die Querschnitte Fig. 2 und 3, Taf. XVN. Auch die Mesenchymzellen, die sich in der Regel ähnlich wie in den einfachen Tentakeln verhalten, sind zuweilen mannigfaltiger differenzirt, indem sie Kalkspieula bilden können, die die Tentakelhöhle erfüllen Zusammengesetzte Tentakel; Tentakelträger. 375 und dem ganzen Gebilde eine grössere Festigkeit, aber geringere Biegsamkeit verleihen (Uuleolus Murrayi Herd., Oynthia sacciformis Drasche). Die epitheliale Wand des zusammengesetzten Tentakels scheint im Querschnitt nirgend einfach kreisförmig zu sein, sondern stets ein complieirteres Bild darzubieten. Das kommt daher, dass der Tentakel fast auf seiner ganzen Länge sich in zwei nebeneinander verlaufende Theile sondert: in einen vorderen und einen hinteren”®). Bei allen mir bekannten Molgula- und Cynthia- Arten stellt der hintere einen umfang- reichen Schlauch dar, dessen Wandungen eine Anzahl gröbere lappenförmige Ausstülpungen treiben können, während der vordere einen beträchtlich engeren Canal umschliesst und die selbst wieder verästelten Seitenzweige entspringen lässt (Fig. 11, Taf. XV; Fig. 1, Taf. XVI). Die Verbindung zwischen den beiden Abschnitten ist stets eine sehr innige, doch an den verschiedenen Stellen selbst ein und desselben Tentakels auffallend ver- schieden gestaltet (vgl. die Durchschnitte in Fig. 2 u. 3, Taf. XV]). Bei Eugyra kerguelenensis Herd. scheint im hinteren Tentakeltheil das Lumen seitlich sehr stark comprimirt zu sein, sodass die Wände aneinander- gepresst sind und membranartig herabhängen (Textfigur 49 Db). In histologischer Beziehung stimmt das Epithel der zusammen- gesetzten Tentakel mit dem der einfachen völlig überein, und es fehlt oft eine grössere Mannigfaltigkeit der Differenzirung, auf die man aus den reichen dendritischen Verzweigungen vielleicht zu schliessen geneigt sein möchte. Häufig zeigen sich in den Querschnitten die Zellen fast durchaus gleichartig (Fig. 2 u. 5, Taf. XVI); in anderen Fällen besteht ein auffallenderer, schon durch die Färbung bemerkbarer Unterschied zwischen beiden Tentakeltheilen (Molgula roscovita, nach Lacaze-Duthiers). Tentakelträger. Fast immer stehen alle Tentakel eines Thieres in einem Kreise angeordnet, sodass man von einem Tentakelkranz (couronne tentaculaire) spricht. Die einzelnen Tentakel sitzen dann einer ringförmigen, nach innen vorspringenden Falte des Mundepithels auf, die am besten als Tentakelfalte oder Tentakelträger (cerele coronal von Lacaze-Duthiers) bezeichnet werden kann. Dieser Tentakelträger zeigt bei verschiedenen Formen einen sehr verschiedenen Grad der Aus- bildung und ist bei kleinen Thieren von den eigentlichen Basaltheilen der Tentakel oft kaum scharf abzugrenzen. Bei grossen Formen erweist er sich zumeist recht deutlich ausgeprägt, führt eine wohl ausgebildete Ringmuskulatur und eireuläre Blutbahnen, und in der die primäre Leibes- höhle erfüllenden Gallerte liegen Bindegewebszellen (Fig. 10, Taf. XV). An seiner vorderen Wand setzt sich der hintere hand des eingestülpten *) Bei dieser Orientirung sind die Tentakel in horizontaler Richtung ausgespannt gedacht, sodass sie den Eingang in den Kiemendarm wie Reusen unvollkommen abschliessen. Die vordere Tentakelwand ist dann nach aussen gegen die Mundöffnung, die hintere gegen den Kiemendarm gerichtet. Doch erfolgt häufig eine mehr oder minder ausgeprägte Drehung des Tentakels um seine Axe, und die Lage der Tentakelwände erscheint dann an der Spitze anders als an der Basis, wo sie ungestört bleibt. ) 3 15 * 276 Aseidien. Cellulosemantels fest, und bei einigen Formen scheint das Cellulosegewebe sich zwischen den Tentakelbasen hindurch über den inneren Rand des Tentakelträgers bis auf dessen Hinterwand vorschieben zu können. Seine grösste Entfaltung dürfte der Tentakelträger in den Gattungen Cynthia und Meicrocosmus erfahren. Der Innenrand wächst hier, wie es bereits bei Ciona intestinalis angedeutet ist (vgl. Fig. 10, Taf. XV), in horizontaler Richtung mächtig gegen die Hauptaxe des Körpers zu, überdeckt die Tentakelbasen vollständig und entwickelt sich zu einem Diaphragma ähnlichen Gebilde, das sich vor den Tentakeln horizontal ausbreitet und als „Ringmembran“ von früheren Autoren beschrieben wurde. Bei Oynthia papillosa bleibt das Diaphragma verhältnissmässig klein und wird durch die bereits im vorigen Kapitel (p. 213) erwähnte Epithelialfalte gebildet, die man mit Unrecht als den Rest eines ursprünglichen an der Aussenseite des Cellulosemantels vorhandenen Ektodermepithels gedeutet hat. Als ein zweiter Theil des Diaphragmas tritt hinzu der wulstförmig verdickte oder zu einer horizontalen Membran ausgebreitete Hinterrand des die Mundhöhle auskleidenden Cellulosemantels, der die Epithelialfalte von vorn bedeckt (vgl. hier die Textfigur 33 auf p. 215). Bei anderen Cynthideen (besonders Microcosmus vulgaris Heller) erscheint die sog. Ringmembran umfangreicher und namentlich breiter entwickelt, sodass ein freilich nur unvollständiges Septum zwischen Mund- und Kiemenhöhle entsteht. Der innere Rand des Diaphragmas kann wellenförmig aus- gebuchtet und mit vorspringenden Zipfeln versehen sein, und diese erreichen zuweilen eine so bedeutende Ausdehnung, dass sie sich schon bei mässiger Contraction des Mundsiphos in der Mitte berühren (Fig. 12, Taf. XIX). So verschliessen sie den Eingang in die Kiemenhöhle in der Weise, dass nur zwischen den Zipfeln und Einbuchtungen schmale Spalten bestehen bleiben. Die oben erwähnte mächtige Ringmuskulatur an der Basis des Tentakelträgers ermöglicht jeden beliebigen Grad der Contraction und eine willkührliche Regulirung der Weite des einführenden Canals und daher auch der Stärke des Wasserstroms. Anordnung der Tentakel. Nur ganz ausnahmsweise ist die Tentakel- zahl eine verhältnissmässig so bedeutende, dass die Weite der Mundhöhle nicht ausreicht, um alle in einem Kranze sich anordnen zu lassen. Bei Deistoma adriaticum Drasche sind ungefähr 50 dichtgedrängte Tentakel vorhanden, die, an Grösse von hinten nach vorn abnehmend, drei Reihen bilden (Drasche). In ähnlicher Weise stehen auch die 32 Tentakel von Glossophorum sabulosum in drei Cyelen. Bei Olavelina lepadiformes sind die Tentakel in zwei Kränze angeordnet. Ungefähr acht grössere bilden einen weiteren Kreis und entspringen tiefer im Inneren der Mundhöhle; doch ist ihre Entfernung vom Mundeingang nicht überall die gleiche*). Bei UL. boreals sind ebenfalls zwei Kränze von je eirca 12 *) In den Beschreibungen der früheren Autoren finde ich das nieht erwähnt, doch zeigen alle meine mediterranen Formen dieses Verhalten. Grösse der Mundtentakel. 977 Tentakeln vorhanden, und auch bei Perophora banyulens’s bilden nach Lahille die Mundtentakel mehrere Cyelen. Die Grösse der Tentakel ist selbst in ein und demselben Thiere meist ausserordentlich verschieden. Es fehlen zwar auch nicht solche Formen, bei denen alle Tentakel gleich oder doch nahezu gleich lang sind, wie das besonders häufig dann der Fall ist, wenn die Tentakelzahl eine geringe ist und etwa 8—16 beträgt; doch auch bei grösserer Anzahl können alle Tentakel gleiche Länge besitzen (Polycarpa pedata mit 25 eleichlangen Tentakeln — Herdman). Wo sehr verschieden lange Tentakel auf einem Kranze nebeneinander- stehen, ist die Stellung der grossen sehr häufig eine ganz bestimmte. Zuweilen steht ein grösster Tentakel in der Medianebene dorsal (Ouleolus Murrayi und CO. Wyville-Thomson Herd.), manchmal noch ein zweiter ventral (Fragaroides aurantiacum Maurice); übrigens sind in diesen Fällen auch noch die übrigen seitlichen Tentakel von verschiedener Länge. Bei Polyceyclus violaceus Drasche stehen die zwei grössten Tentakel seitlich, je einer rechts und links. Am häufigsten aber findet sich bei Fig. 49. Mundtentakel von Bugyra kerguelenensis Herd. (Nach Herdman.) A Ein Theil des Tentakelkranzes. ®/,.. B Spitze eines grossen Tentakels erster Ordnung stärker ver- grössert. 18%/,. I—V die fünf Ordnungen der Tentakel. regelmässiger Tentakelstellung ein gesetzmässiges Alterniren der grösseren und kleineren Tentakel (vgl. Fig. 8, Taf. XV). Je nach der Länge unterscheidet man Tentakel erster, zweiter, dritter und folgender Ordnung. Bei typisch regelmässiger Anordnung ist die Anzahl der Tentakel erster und zweiter Ordnung gleich, die der dritten Ordnung doppelt so gross als jede der früheren u. s..w. Doch können zwischen zwei grösseren Tentakeln auch zwei oder mehrere kleinere gleicher Ordnung eingeordnet sein. Häufig aber erscheint diese Regelmässigkeit an verschiedenen Stellen des Tentakelkranzes mehr oder minder auffallend gestört. 278 Aseidien. Als ein Beispiel für eine besonders regelmässige Tentakelanordnung habe ich eine Zeichnung von Eugyra kerguelenensis Herd. als Textfigur 49 hergesetzt. Es lassen sich fünf verschiedene Tentakelgrössen unterscheiden ; ihre Anordnung zwischen je zwei der zwölf Tentakel erster Grösse ist durch folgendes Schema gekennzeichnet: I— V—IV—V—II—V—IV—V— I—V—IV — V—II—V— IV —V— 1. Das Auffallende ist hier bei Kugyra, wie auch in manchen anderen Fällen, dass nur die Tentakel erster und zweiter Ordnung den zusammen- gesetzten Typus repräsentiren, die kleinen aber einfach sind. Unter diesen zeigen wieder die grössten der dritten Ordnung die Tendenz, sich an den Spitzen zu gabeln. Da stets die zusammengesetzten Tentakel entwicklungs- geschichtlich sich als einfache zapfenförmige Ausstülpungen der epithelialen Wand anlegen, liegt die Deutung auf der Hand, überall da, wo neben grossen verzweigten Tentakeln kleine einfache vorkommen, diese als später aufgetretene jugendliche Entwicklungsstadien aufzufassen, deren Weiterbildung einen Stillstand erfahren hat). In den meisten Fällen ist die Länge auch der grössten Tentakel verhältnissmässig nur so gering, dass die Gebilde stets in der Mundhöhle verborgen bleiben. Das ist natürlich auch dadurch mit bedingt, dass der Tentakelträger tief unten am Grunde eines langen Mundcanals ent- springt. Zuweilen aber werden die grössten Mundtentakel so lang, dass sie aus der Ingestionsöffnung herausragen (Drplosoma erystallinum Giard nach Drasche; Eucoekum nach Savigny). Die winzig kleinen zapfenförmigen Tentakel, die in den Zwischen- räumen zwischen den grossen vorkommen, messen nur Bruchtheile eines Millimeters und sind ohne Vergrösserungen nicht zu entdecken. Auch die zumeist nur eine gesammte Leibeslänge von wenigen Millimetern erreichenden Zooide der Synascidien besitzen fast immer Tentakel, die weit hinter 1 mm Länge zurückbleiben. Bei den grösseren Monaseidien sind Tentakel von 1—3 mm sehr häufig zu finden, und auch 5 mm lange gelten zwar schon als besonders gross, sind aber keine aussergewöhnliche Erscheinung. Zu den grössten bekannten Tentakeln gehören die von Oynthia praeputialis Heller (7 mm), COuleolus recumbens Herd. (9 mm), Ouleolus Murray? Herd. (12 mm), Microcosmus Herdmani Drasche (13 mm). Die Zahl der Tentakel erweist sich bei den verschiedenen Species überaus verschieden. Sie ist im allgemeinen bei den Synaseidien be- trächtlich geringer als bei den Monascidien, denn bei jenen überschreitet sie nur selten 16 (G@oodsirva placenta circa 50 Tentakel; vgl. Textfigur 50), während sie bei diesen nicht häufig so tief herabsinkt (Molgula (Anurella) roscovita und solenota mit 12—14 Tentakeln, ebenso einige Cynthia und Microcosmus mit 12 oder noch weniger, Molgula (An.) Bleizi mit nur 10). *, Für diese Auffassung spricht auch die Beobachtung Lacaze-Duthiers’ (1877), dass bei gewissen Molguliden nur in grossen alten Thieren die einfachen intermediären Zapfen zwischen den zusammengesetzten Tentakeln vorkommen. Zahl der Mundtentakel. 2379 Die geringste Tentakelzahl ist zwei (Polyeyclus eyaneus mit zwei grossen, zahnartigen, seitlich gestellten Tentakeln — nach Drasche). Vier Tentakel finden sich gelegentlich bei Botrylloides perspicuum Herd., S—12 oder 16 sind bei den meisten Synascidiengattungen zu zählen. Für die grösseren Monascidien darf man im allgemeinen als die verbreitetste Tentakelzahl 24—48 nennen; höhere Zahlen bis zu 100 fallen immerhin schon als ungewöhnlich auf (Polycarpa rugosa Drasche über 60, Polycarpa viridis Herd. ce. 70), und mehr als e. 100 Tentakel finden sich nur selten (Chelyo- soma productum Stimpson, Corella Novarae Drasche, Eugyra kergue- lenensis Herd.). Bei Oynthia formosa Herd. steigt die Tentakelzahl, die kleinen zapfenförmigen Gebilde mitgerechnet, über 200. Um einen leiehten Ueberblick darüber zu gewinnen, wie die Gesammt- zahl sich auf die Tentakel der verschiedenen Ordnungen vertheilt, möchte es sich empfehlen, nicht nur die Gesammtsumme, sondern auch, als einzelne Glieder der Reihe, die Tentakelzahl jeder Ordnung anzuführen. Für Eugyra kerguelenensis, deren Tentakelstellung oben schon (p. 278) charak- terisirt wurde, liessen sich demnach, da 12 Tentakel erster Ordnung vorhanden sind, folgende Zahlen geben: 12 (I) 4 12 (I) + 24 (ID) + 48 (IV) + 96 (V) = 192 Tentakel. Die in Klammern gesetzten, die Ordnungen der Tentakel bezeichnenden Zahlen können, ohne dass ein Missverständniss zu befürchten ist, weg- gelassen werden, wenn die aufeinanderfolgenden Zahlen stets für einen Tentakeleyklus von geringerer Länge gelten. Die Tentakelzahl, sowohl in ihrer Gesammtheit als auch die der einzelnen Ordnungen, stellt sehr oft ein Multiplum von vier dar, und die Vertheilung ist dann in der Regel eine so gleichmässige, dass sie sich in jedem Quadranten des Tentakelkranzes wiederholt. Nicht selten beträgt aber auch die Gesammtzahl eins mehr oder weniger als ein Multiplum von vier (Polycarpa pedata Herd. mit 25 gleichlangen Tentakeln). Zuweilen ist zwar die Gesammtzahl durch vier theilbar, aber nicht die Tentakelzahl in den einzelnen Ordnungen, sodass die Quadranten des Kranzes sich nicht mehr vollständig gleichen. So ergeben sich z. B. nach Herdman’s Beschreibung die folgenden Tentakelformeln: für Rhabdocynthia papietensis und Styela flava 15 + 15 + 30 = 60, für Rhabdocynthia complanata I+9 +18 = 56, für Amaroueium pallidulum 10 + 10 = 20. Molgula (Anurella) simplex hat Tentakel zweierlei Grösse; in jeder Ordnung wird das Multiplum von vier nicht mehr genau erreicht, denn die Formel lautet: 11 + 11 = 22. In den hier angeführten Formeln zeigen die Tentakelzahlen der ver- schiedenen Ordnungen eine ganz bestimmte Gesetzmässigkeit. Sehr häufig ist das aber für die kleineren und kleinsten Tentakel nicht mehr der Fall (Mierocosmus propinguus Herd. 6 +6 + 5 = 20), und auch da, wo nur Tentakel von zwei Ordnungen vorkommen, kann für jede die Zahl ganz verschieden und die Anordnung ganz unregelmässig sein (Mierocosmus Julini Drasche). 280 Ascidien. Schon aus den hier angeführten Zahlen lässt sich entnehmen, dass „wischen der Anzahl der Tentakel einer Ascidie und der systematischen Stellung häufig keinerlei Zusammenhang besteht. Bei den verschiedenen Species einer Gattung kann die Tentakelzahl innerhalb sehr weiter Grenzen schwanken. Auch für eine Species ist die Zahl durchaus nicht immer constant. Am häufigsten ist das noch der Fall bei den Synascidien, unter denen sogar zuweilen alle Species einer Gattung eine bestimmte, freilich immer nur geringe, Tentakelzahl aufweisen (z. B. Didemnum mit acht (4 + 4) Tentakeln). Aber auch hier, bei Synaseidienarten mit wenigen Mundtentakeln, kommen recht auffallende individuelle Verschieden- heiten vor, zum Theil bei den verschiedenen Zooiden eines Stockes. So finden sich bei Botrylloides perspicuum Herd. Individuen mit vier oder acht Tentakeln; in letzterem Falle sind alle gleich, oder es gilt die Formel 4 + 4==8. Bei Colella Thomsoni ist die Normalzahl der Tentakel acht, doch kommen zuweilen auch sieben oder neun vor; bei Chorizocormus retieulatus schwankt die Anzahl zwischen 24 und 36 (Herdman). Auch bei denjenigen Monascidien, die nur mit verhältnissmässig wenigen Tentakeln versehen sind, kommen individuelle Verschiedenheiten vor, wie Lacaze- Duthiers ausdrücklich für die von ihm beschriebenen Molguliden erwähnt. Häufig schwankt hier die Zahl zwischen 12 und 14 (Molgula (Anurella) roscovita, Molg. echinosiphonica). Bedeutung. Wenn auch nicht gerade die Zahl, so sind doch der Bau und die Form der Tentakel für die Systematik der Ascidien von wichtiger Bedeutung. Da nur bei den Monascidien zusammen- gesetzte Tentakel neben einfachen vorkommen, wird hier zu untersuchen sein, welchen systematischen Werth jene Merkmale haben. In der Familie der Molgulidae kommen nur zusammengesetzte Tentakel vor, und bei manchen Species sind diese von einer so charakteristischen Form, dass ihre Untersuchung zur Bestimmung der Art ausreicht (Molgula socialks, Ald., Molg. (Anurella) oculata Forb.). Bei den Ascidiiden sind die Tentakel einfach, bei den Cynthiiden kommen beide Arten vor. Von den drei Unterfamilien der letzteren haben die Bolteniinae und Cynthiinae zusammengesetzte, die Styelinae einfache Tentakel. Bei der oft ausserordentlich weit gehenden äusseren Aehnlichkeit der Körper- beschaffenheit, den vierlappigen Mund- und Egestionsöffnungen bietet die Tentakelform ein äusserst bequemes und sicheres Merkmal, um sofort z. B. eine Styela oder Polycarpa von einer Oynthia oder einem Microcosmus zu unterscheiden. Die physiologische Bedeutung der Tentakel scheint eine mehrfache zu sein. Eine wichtige Rolle spielen diese Organe bei der Athmung. Namentlich die reich verzweigten Tentakel der Molguliden und Öynthiiden sind dazu besonders geeignet, und sie wurden schon von P. Van Beneden (1346) als „arbres respiratoires“ bezeichnet. Die Lage unmittelbar an der Eintrittsstelle des Wasserstroms und die reichen capillarenähnlichen Verzweigungen der Blutbahnen charakterisiren diese Physiologische Bedeutung der Tentakel. 281 Tentakel als echte Kiemenbäumchen. Bei den einfachen Tentakeln hat allerdings die respiratorische Oberfläche eine sehr wesentliche Ein- schränkung erfahren und erscheint gegenüber dem eigentlichen Kiemendarm von nur ganz untergeordneter Wichtigkeit zu sein, wenn sie auch immer- hin diesen in seinen Funetionen unterstützt. In einer anderen Beziehung sind die Tentakel als Schutz- und Fangapparate von Bedeutung. In horizontaler Stellung ausgebreitet bilden die Tentakel vor dem Eingang in den Kiemendarm eine dichte Reuse, die sowohl die mit dem Wasser- strom eingedrungenen, zur Nahrung geeigneten Organismen zurückhält, als auch grösseren Feinden des Thieres den Eingang wehrt, wenn der Egestionscanal und dorsaler Theil der Region der Mundtentakel von Goodsiria placenta. (Nach Herdman.) °/.. cl = Cloakaltentakel; e — Egestionsöffnung; fb — Flimmer- bogen; g = Ganglion; mt = Mundtentakel. Mundsipho weitklaffend geöffnet ist. Drittens endlich kommen die Mund- tentakel als Träger von gewissen Sinnesorganen in Betracht. Es wird im sechsten Kapitel darauf hingewiesen werden, dass sich im Tentakel- epithel Sinneszellen finden, die wahrscheinlich als Tastapparate functioniren, vielleicht aber auch geeignet sind, das eintretende Athmungswasser auf seine chemische Qualität zu prüfen. b. Die Oloakaltentakel. In nur wenigen Fällen bilden sich im Egestionscanal oder in der Cloake Tentakel, die im Gegensatz zu den stets vorhandenen Mund- 282 Aseidien. tentakeln als Cloakal- oder Atrialtentakel bezeichnet werden. Sie entstehen so wie in der Mundhöhle durch Ausstülpungen der einschichtigen Epithelwand und sind stets einfach. Unter den Synascidien finden sich Cloakaltentakel bei Goodsiria placenta Herd., @. dura Ritter. Sie sitzen hier in einem Kranze von 12 resp. 20 Stück angeordnet an der Basis des Egestionscanals, da wo dieser in die Cloake beziehungsweise in die Peribranchialräume übergeht, und sind beträchtlich kürzer und dünner als die c. 50 resp. 40 Tentakel in der Mundhöhle (Textfigur 50). Verbreiteter sind die Cloakaltentakel bei den Monaseidien. Die eigenthümliche durch die Challenger-Expedition bekannt gewordene Tief- seeform Dathyoncus mirabilis Herd. zeigt in der Cloake zwei Kränze kleiner Atrialtentakel, die gleichsam zwei unvollkommene Diaphragmen im Cloakenraum herstellen (Herdman). Bei Oynthia sacciformis Drasche und Styela gyrosa Hell. fand Drasche (1884) an der Basis des Egestions- canals je einen Kranz kleiner dreieckiger, lappenförmiger Tentakel. Das vereinzelte Vorkommen von Atrialtentakeln bei einigen wenigen im System weit voneinander entfernten Formen beweist, dass diese Organe mehrmals selbständig und unabhängig voneinander entstanden sein müssen. Wenn trotzdem zum Theil eine hohe Uebereinstimmung in ihrem Bau und Aussehen besteht, so ist das durch convergente Züchtung zu erklären. Wenn nun auch den meisten Ascidien Cloakaltentakel fehlen, so findet sich doch fast überall im Egestionscanal das dem Tentakelträger der Mundhöhle entsprechende Gebilde vor, sei es in der Form einer ein- fachen Ringfalte, sei es als Krause oder umfangreiches Diaphragma (vgl. oben die Ausführungen auf p. 269). Die namentlich bei der Gontraetion des Egestionssiphos an der Krause auftretenden in das Canallumen ge- richteten Ausbuchtungen und Papillen, die, soviel ich bemerkt habe, bei weit klaffender Egestionsöffnung freilich fast alle verschwinden, könnten vielleicht immerhin als Andeutungen einer Tendenz zur Tentakelbildung aufgefasst werden. IV. Das Nervensystem. Das Nervensystem wurde zuerst von Cuvier (1805) und später von Savieny (1816) bei einer Anzahl einfacher und zusammengesetzter Ascidien mit Bestimmtheit nachgewiesen. Beide Forscher erkannten das centrale Gehirnganglion und mehrere von diesem entspringende Nerven- stränge. Allerdings entspricht das von ihnen als Ganglion beschriebene Organ nicht nur dem centralen Nervensystem, sondern umfasst auch die Neuraldrüse, und zuweilen erscheint es selbst von der Flimmergrube nicht scharf gesondert; ebenso werden nicht nur die wirklichen Nervenstämme, sondern auch ganz fremde Gebilde, wie z. B. Flimmerbogen oder Blut- bahnen, dem peripheren Nervensystem zugezählt. Die späteren Unter- suchungen haben diese Irrthümer aufgeklärt und namentlich das allgemeine Vorkommen der Flimmergrube und der Neuraldrüse und das Verhältniss Nervensystem. 285 dieser Organe zum Ganglion festgestellt. Bei einigen Formen ist in neuerer Zeit neben den Nervenstämmen noch ein besonderer dorsaler Ganglien- zellenstrang nachgewiesen worden; dagegen haben sich die älteren An- gaben über das Vorkommen gewisser anderer neben dem Gehirn bestehenden nervösen Centren nicht bestätigen lassen. So hatte Schalck (1814) ausser dem wahren Gehirn ein splanchnisches Nervensystem beschrieben, das einen recht complieirten Bau zeigen und etwa da, wo das Intestinum in das Rectum übergeht, liegen sollte. Es wird ein vorderes Doppelganglion und ein grosses hinteres Ganglion beschrieben, die durch zwei Nerven- stränge miteinander verbunden sind. Jeder Theil des vorderen Ganglions sendet ausserdem drei Nerven nach vorn und seitlich aus, während vom hinteren zwei Stämme nach hinten ausstrahlen. Meines Erachtens ist dieses vermeintliche Nervensystem lediglich ein Theil der darmum- spinnenden Drüse. Auch Delle Chiaje (1829) erwähnte ein besonderes ventrales Ganglion, das unmittelbar vor dem Endostyl gelegen und mit dem Gehirn durch eine den Schlund umgreifende Commissur verbunden sein sollte, und Giard (1872) glaubte, vorübergehend wenigstens, dass von einem ventralen Ganglion complieirt verästelte, den Endostyl und den Kiemendarm versorgende Nervenstämme entsprängen. In Wirklichkeit stellt sich der gesammte nervöse Apparat der Aseidien in verhältnissmässig einfacher Form dar. Er besteht aus dem Gehirn- ganglion, den von ihm entspringenden Nerven und aus dem Ganglien- zellstrang, der zuweilen zu einem besonderen Eingeweideganglion anschwillt. Entwicklungsgeschichtlich bilden sich, sowohl in Embryonen als in Knospen, nicht nur diese Theile des Nervensystems, sondern ferner noch die Flimmergrube und Neuraldrüse aus einer einheitlichen gemeinsamen Anlage. Doch sollen diese letzteren Organe, da ihre funetionelle Bedeutung jedenfalls eine ganz andere ist als die des centralen Nervensystems und seiner peripher ausstrahlenden Stämme, erst im folgenden Kapitel eine besondere Besprechung erfahren. Die primitivsten Formen des Nervensystems der Ascidien schliessen sich an das Stadium an, das die Appendicularien darbieten. Das einfachste Asecidiengehirn erhebt sich nur unwesentlich durch mannigfachere Gestaltung der Ganglienzellen und schärfere Sonderung der reicheren centralen Punkt- substanz über den Appendieularientypus*). Die einfachsten noch zellenlosen peripheren Nerven der Aseidien gleichen den seitlichen Gehirnnerven der Copelaten. In continuirlicher Reihe schreitet aber bei den Aseidien von *) Die rein vergleichend anatomische Betrachtung der ausgebildeten Tunicaten wird darüber kaum einen Zweifel aufkommen lassen, dass das Gehirn der entwickelten Aseidien dem Gehirn der Appendieularien durchaus homolog sei. Vergleicht man aber die ge- schwänzte Aseidienlarve mit der Appendieularie, so steigen doch einige Bedenken auf. Der Larve fehlt das Gehirn der ausgebildeten Form, sie besitzt aber ein nervöses Central- organ in ihrem „Rumpfganglion“. Dieses lässt sich mit dem ersten grossen Caudalganglion der Appendicularien jedenfalls nicht ohne weiteres homologisiren, sondern legt vielmehr zunächst die Auffassung nahe, dass es dem Gehirn der Copelaten entspräche. 284 Aseidien. diesen niedersten Formzuständen die phylogenetische Entwicklung des Gehirnes und der peripheren Nerven zu weit complieirteren Endstadien vor. Anders gestalten sich die Verhältnisse bezüglich des Ganglienzellstranges; er ist dem dorsalen Hauptnervenstamm der Appendicularien zu homologi- siren, der den Rumpf in bogenförmigem Verlaufe durchsetzt und in den Schwanz eintritt, wo er eine wechselnde Zahl in Gruppen angeordneter Ganglienzellen trägt und zahlreiche Nervenästchen entsendet. Der Ganglienzellstrang der Aseidien scheint nur ganz ausnahmsweise noch Nerven aus sich entspringen zu lassen und macht den Eindruck eines in Rückbildung begriffenen Organes. 1. Das Gehirnganglion. Das Centralganglion liest in der Medianebene auf der Dorsalseite des Thieres, dem vorderen Körperende mehr oder minder nahe gerückt in der sog. Interoscularzone, d. i. der zwischen den beiden Körperöffnungen gelegene Raum. Da, wo der Vorderleib sich in zwei Siphonen auszieht, findet sich das Ganglion nahe der Gabelungsstelle an der Basis des Mundsiphos. Das Organ liegt stets in der primären Leibeshöhle, entweder dicht am dorsalen Vorderende des Kiemendarmes oder (z. B. Phallusia) von diesem durch die weit nach vorn sich erstreckende Cloakenhöhle getrennt. Dorsalwärts scheiden in der Regel nur sehr spärliche Bindegewebs- oder Pigmentzellen und wenige Muskelfaserzüge das @anglion vom ektodermalen Hautepithel. Aeussere Beschaffenheit. Die Form des Gehirnganglions ist meist kugelähnlich oder sphäroidisch mehr oder weniger stark längsgestreckt oder auch eiähnlich; zuweilen ist sie ziemlich unregelmässig und selbst xförmig (Ascrdea sabulosa, Polycarpa anguinea Sluiter). Bei vielen grossen Monascidien übertrifft die Längsaxe des Ganglions die Queraxen sehr erheblich, zuweilen um das Drei- bis Vierfache, so dass die Form eylinderähnlich und selbst strangförmig (Oynthia papillosa) wird. Der Querschnitt des Gehirns erscheint dann gewöhnlich elliptisch; die kürzere Axe steht dorso-ventral, die längere lateral. Die Grösse des Gehirns ist sehr variabel, aber stets im Verhältniss zur gesammten Körpergrösse sehr gering. Im allgemeinen haben die kleinen Thiere, namentlich unter den Synascidien, ein relativ grösseres Gehirnganglion als die grossen Monaseidien; davon aber, dass die Gehirn- und Körpergrössen in gar keinem Verhältniss zu einander stünden*), kann keine Rede sein, wie sich aus den folgenden Zahlen leicht entnehmen lässt. Bei den nur wenige Millimeter langen Didemnum, Leptochinum ete. schwankt der Durchmesser des Gehirns zwischen 0,04 und 0,05 mm; bei den grösseren 5, 10 und 15 cm langen Phallusia, Ascidia, Ciona erreicht *) Ueber die Beziehungen der Gehirn- zur Körpergrösse erwähnt Julin (1892, p. 69): „Ses dimensions (du ganglion) ne eroissent pas en raison de l’augmentation de la taille des differentes especes; c'est A peine s’il est plus volumineux chez les especes de grande taille que chez celles dont la taille est beaucoup plus reduite.“ Histologischer Bau des Ganglions. 385 die Gehirnhauptaxe eine Länge von 2—3 mm, bei allerdings beträchtlich kürzeren Queraxen. Zwischen diesen Extremen finden sich alle Zwischen- grössen. Der histologische Bau des Ascidiengehirns ist in allen wesentlichen Zügen durch Ussow (1876) festgestellt worden, und die späteren Unter- suchungen haben nur einige Details hinzuzufügen vermocht. Leider schrieb Ussow seine Abhandlung in russischer Sprache, und das war der Verbreitung seiner Ansichten so hinderlich, dass mehrere seiner Ent- deckungen, die sich nicht nur auf dass Ganglion, sondern namentlich auf gewisse benachbarte Organe beziehen, nunmehr späteren Forschern zu- geschrieben werden. Stets lassen sich im Ganglion zwei Partien unterscheiden: eine periphere und eine centrale. Die periphere stellt die Zone der Ganglien- zellen dar, die centrale bildet die Nervenfaserschicht, die Punktsubstanz. An der Aussenseite ist das ganze Organ von einer feinen Membran um- schlossen. a. Die Ganglienzellenschicht zeigt bei verschiedenen Formen eine verschiedene Dicke und fällt häufig namentlich in den besonders kleinen Gehirnen gewisser kleiner Synascidienzooide durch ihre verhältnissmässig ansehnliche Stärke auf. Aber auch im Gehirn der grossen Monascidien kann die Ganglienzellschicht !/, und sogar !/, der gesammten Gehirn- dieke betragen. Uebrigens zeigt die periphere Schicht durchaus nicht an allen Stellen die gleiche Stärke; häufig ist sie im vordersten Abschnitt beträchtlich, manchmal um fast das Doppelte stärker als seitlich oder dorsal. Die grössere oder geringere Dicke wird durch zwei Momente bedingt: durch die Grösse der Ganglienzellen und durch die Zahl der übereinanderliegenden Schichten, in welchen die Zellen angeordnet sind. Nur stellenweise und bei kleinen Synascidien findet man eine einzige Lage peripherer Ganglienzellen; fast immer sind mindestens zwei Schichten vorhanden, in welchen die Zellen, wenn auch nicht sämmtlich, so doch zum grössten Theil, alternirend angeordnet erscheinen (Fig. 10, Taf. XVII). Wo die Schicht besonders umfangreich ist, liegen die Zellen in drei, vier und zahlreicheren Lagen übereinander (Ascidia mentula, Crona in- testinalis — vergl. Fig. 10, Taf. XVI; vorderer Gehirnabschnitt von Fraga- roides aurantiacum U. 8. W.). Sehr auffallend erscheint das Vorkommen von Ganglienzellen ausser- halb der eigentlichen Ganglienzellschicht in dem das Gehirn umgebenden Bindegewebe. Julin (1881) hat zuerst diese isolirten Ganglienzellen bei Ascidia mentula, Ascidiella scabra und As. venosa nachgewiesen, und er glaubt, dass feine fibrilläre Fortsätze von den Zellen ausgehen, in die Ganglienschicht eintreten, um sich, nachdem sie diese durchsetzt haben, mit der centralen Faserschicht des Ganglions zu verbinden. Die Grösse der Ganglienzellen ist oft bei ein und demselben Thier eine überaus variable. Im allgemeinen finden sich in den kleinen Ganglien kleiner Thiere vorwiegend gleichartige Zellen von sehr geringen 286 Ascidien. Dimensionen. So erreichen z. B. bei Botryllus violaceus die grössten Elemente nicht einmal 0,005 mm *), die meisten messen nur 0,005—004 mm oder noch weniger (Fig. 10, Taf. XVII). In den grossen Ganglien der Monascidien begegnet man viel bedeutenderen Grössenunterschieden, doch erscheinen die grössten und kleinsten Zellen durch eine continuirliche Reihe mittelgrosser Elemente miteinander verbunden. So habe ich bei Ciona intestinalis neben kleinen Ganglienzellen von 0,005 mm und noch ge- ringerem Durchmesser andere angetroffen, die mehr als 0,025 mm maassen, das ist also mehr als die Hälfte der Gesammtdicke der kleinsten Syn- ascidiengehirne. Wenn auch nicht immer vollkommen genau, so lässt sich doch im allgemeinen eine bestimmte Beziehung der Grösse der Ganglien- zellen zu deren Lage feststellen. Die grossen Zellen finden sich fast stets an der Aussenseite, die kleinen dagegen meist in den inneren Schichten, wo sie zuweilen selbst wieder in der Weise angeordnet erscheinen, dass sie in centripetaler Richtung an Grösse abnehmen (Ascidia mentula, Molgula (Gymnocystis) ampulloides). Vereinzelte Ganglienzellen ruhen auch mitten in der Punktsubstanz des Gehirnes, doch sind das fast immer nur die kleinen und kleinsten Elemente. Die Form der Ganglienzellen bietet ähnliche Mannigfaltigkeiten, wie sie bereits mehrfach bei anderen Thiergruppen bekannt geworden sind. Die Zellen erscheinen uni-, bi- und multipolar, viele auch allseitig ab- gerundet ohne erkennbare Fortsätze. Doch werden im Leben solche Fortsätze wohl stets vorhanden sein; bei der Präparation können sie aber leicht vom Zellkörper abgetrennt werden. In den Querschnitten sieht man die meisten Ganglienzellen birnförmig; der Stiel ist vorwiegend, wenn freilich auch durchaus nicht immer, centralwärts gerichtet und zieht sich in einen feinen, nicht immer leicht nachweisbaren Fadenfortsatz aus, der sich allmählich in der Punktsubstanz verliert. Nach Van Beneden und Julin (1884) sollen bestimmte bipolare Ganglienzellen bei Molgula (Gymmocystis) ampulloides den einen Fortsatz in die Fasersubstanz des Gehirns entsenden, den anderen dagegen aus dem Organ heraustreten lassen, um damit die Neuraldrüse zu innerviren. Bei mehreren anderen Ascidien habe ich aber erfolglos nach einer derartigen Innervirung ge- sucht und nur Bindegewebsfasern angetroffen, die sich an die Neuraldrüse ansetzten (vergl. Fig. 11, Taf. XVI; Fig. 3, Taf. XVII). Die innerhalb der Punktsubstanz vereinzelt ruhenden Ganglienzellen sind multipolar, zum Theil auch bipolar und häufig in der Richtung der Gehirnhauptaxe sehr beträchtlich in die Länge gestreckt, so dass diese spindelförmigen Ele- mente im Querschnitt nur als kleine Körperchen erscheinen, deren Zell- natur dann oft recht schwer erkennbar ist. Der Bau der Ganglienzellen zeigt keine wesentlichen Besonder- heiten. Das Zellplasma ist mehr oder minder fein granulirt, führt ver- schiedene accessorische Einschlüsse und lässt sich durch Hämatoxylin *) Diese Maasse beziehen sich auf die längsten Axen der Ganglienzellen, jedoch ohne Berücksichtigung der feinsten Fadenfortsätze. Histologischer Bau des Ganglions; Nervenstämme. 2837 leicht und intensiv färben. Der bläschenförmige helle Kern enthält einen grossen chromatophilen Nucleolus und in einem zarten Liningerüst feine chromatische Körner. Nicht immer ist die Ganglienzellschicht an allen Stellen völlig gleich- artig beschaffen, sondern hin und wieder erheben sich knopfförmige Ver- diekungen, in welchen die Zellen eine besondere Beschaffenheit zeigen können. Recht auffallend scheint bei Molgula (Gymnocystis) ampulloides eine Gruppe grosser Ganglienzellen zu sein, die am vorderen Gehirnende links an der Wurzel des vorderen Hauptnervenstammes gelegen ist. Van Beneden und Julin betrachten sie als ein besonderes, dem Gehirn dicht anliegendes Ganglion und glauben, was sich aller- dings durch die mikroskopische Untersuchung nicht feststellen liess, dass dieses die Flimmergrube innervire. b. Die Punktsubstanz. Das Innere des Ganglions ist von der Nervenfasersubstanz erfüllt. Die ausserordentlich feinen Fäserchen bilden ein dichtes verfilztes Flechtwerk, so dass der Querschnitt das bekannte granulirte Aussehen zeigt; da aber die Fasern in verschiedenen und zum Theil auch in rechtwinklig sich kreuzenden Richtungen ziehen, bemerkt man in den Querschnitten häufig gleichzeitig auch einzelne Fäden in der Längsansicht. In der Hauptaxe des Ganglions ist der Faserverlauf zumeist durch die Axenrichtung bestimmt, und ebenso sieht man an den Ursprungsstellen der Nervenstämme die Fasern sich parallel nebeneinander lagern und die peripheren Ganglienzellschichten, die an den betreffenden Stellen unterbrochen sind, durchsetzen. Ueber die feinste Beschaffenheit der Nervenfasern ist wenig Sicheres bekannt geworden. c. Die periphere, das Ganglion umhüllende Membran ist bereits von Ussow und Lacaze-Duthiers richtig erkannt worden und scheint sich bei allen Formen vorzufinden. Bei den von mir unter- suchten Ascidien ist sie, wie bereits Roule für Ciona hervorgehoben hat, mesodermalen Ursprungs. Bindegewebszellen aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Ganglions flachen sich zu feinen Plattenzellen ab und vereinigen sich zu einem äusserst zarten Endothel, das als Hüllmembran das Gehirn umschliesst. Im entwickelten Stadium lassen sich in dieser nur noch ganz vereinzelte Kerne nachweisen, und in manchen Fällen scheinen die Kerne auch vollständig schwinden zu können. 2. Die Nervenstränge. Die Zahl und die Vertheilung der aus dem Gehirn entspringenden Nervenstämme zeigen sehr beträchtliche Verschiedenheiten. Die Nerven lassen sich nach dem Orte ihres Ursprungs im Gehirn unterscheiden in vordere, hintere, seitliche und ventrale; oder in Bezug auf ihr Verhalten zu den beiden Hälften des bilateralen Ascidienkörpers in paarige und unpaarige. Die paarigen entspringen entweder seitlich aus dem Gehirn oder vorn und hinten; die unpaarigen können zuweilen lateral 283 Aseidien. oder ventral auftreten, zumeist aber liegen sie median vorn oder hinten und werden dann als vorderer oder hinterer Dorsalnerv bezeichnet. Die Nervenwurzeln. a. Vordere und hintere Nerven. Aus dem Gehirn vieler Monaseidien (Corella parallelogramma, Oiona intestinalıs, Ascidiella venosa und scabra, Phallusia mammillata u. a. m.) entspringen, wie von den Autoren übereinstimmend berichtet wird, nur zwei Nervenpaare, ein vorderes und ein hinteres. Jeder der vier Stämme verzweigt sich Fig. 51 und 52. Fig. 51. Gehirn, Flimmergrube und Neuraldrüse von Ciona intestinalis. ”/,. Fig. 52. Gehirn von Ascidia mentula. ?°/,. Beide Figuren nach Ussow. dr — Neuraldrüse; fg = Flimmergrube; 9 — Gehirnganglion ; ne —= Herznerv; «= — Magen- und Geschlechtsnerv; 9 = hinterer Nerv für die Epidermis. schon nahe seiner Wurzel in eine Anzahl feinerer Aeste, doch besteht keine bestimmte Gesetzmässigkeit in der Art und Weise der Verzweigung. Auch da, wo aus jeder vorderen Wurzel nach zweimaliger Spaltung der Stämme vier Nerven hervorgehen, sind diese rechts und links sehr ver- schieden stark und auf ihrem weiteren Verlaufe in verschiedener Weise verzweigt (vel. Textfigur 51). Zuweilen können die individuellen Varia- tionen und Asymmetrien so weit gehen, dass vorn auf der einen oder Ursprung der Nervenstämme aus dem Gehirn. 289 anderen Seite nicht nur ein, sondern zwei Nervenstämme aus dem Gehirn hervortreten (vergl. Fig. 7 u. 8, Taf. XVI). Noch unregelmässiger und variabler als die vorderen Aeste scheinen sich die hinteren zu verhalten. In mehreren Fällen (nach Van Beneden und Julin bei Molgula ampulloides, Perophora Lister‘, Clavelina Rissoana, Polycarpa comata, Mierocosmus claudicans, Uynthia polycarpordes) erfolgt eine Reduction der Zahl der Nervenwurzeln, indem vorn und hinten nur je ein einziger Stamm, der vordere und hintere Dorsalnerv, entspringt; beide gabeln sich aber bald nach ihrem Austritt in zwei Aeste. Mit Recht betrachtet man diese Form des Nervensystems nur als eine Modification der vorher beschriebenen. Die Uebereinstimmung wäre eine vollkommene, wenn man die einheitlichen mächtigen vorderen und hinteren Dorsalnerven bei Molgula, Clavelina u. a. einfach dem Gehirn zurechnen könnte, denn dann würden aus diesem, ebenso wie im ersten Fall, vorn und hinten je zwei Nerven hervortreten. Der unpaare vordere Dorsalnerv besitzt einen ventralen Belag von Ganglienzellen (Van Beneden und Julin), und das wäre der Deutung, dass er einen umgebildeten Theil des ursprünglichen Gehirns darstellt, nicht ungünstig. Es liegt aber vielleicht näher an- zunehmen, wie schon von anderer Seite geschehen ist, dass der vordere und hintere Dorsalnerv nur die miteinander verschmolzenen Wurzeln von je zwei ursprünglich direct dem Gehirn entspringenden Nerven darstellen. Zuweilen (Fragaroides aurantiacum) findet nur hinten eine derartige Verschmelzung zu einem hinteren Dorsalnerv statt, während vorn in der typischen Weise zwei getrennte Wurzeln bestehen bleiben (Maurice). Im Gegensatze zu dieser nach einer Verringerung der Zahl der gesonderten Nervenwurzeln strebenden Tendenz zeigt sich bei manchen Ascidien gerade das Bestreben, die Nervenspaltungen bis auf die Wurzeln weiter zu führen, sodass aus dem Gehirn vorn und hinten gleich eine grössere Anzahl Stämme direct heraustreten. Doch lauten in dieser Beziehung die vorliegenden Angaben der Autoren sehr controvers. Bei Ascidia mentula treten nach Ussow namentlich vorn eine grössere Zahl selbständig entspringende Nerven auf (vgl. Textfigur 52), während Julin stets nur zwei Wurzeln von der typischen Form nachweisen konnte, die sich hinten sofort nach ihrem Austritt gabelten. Auch bei Oynthra microcosmus (Ussow) und Phallusia mammillata finden sich an beiden Enden mehrere Nervenwurzeln, während ich bei Uynthia papellosa vorn nur zwei sehe. Es verhalten sich also in dieser Beziehung die ver- schiedenen Species einer Gattung zuweilen sehr verschieden. b. Seitennerven. Bei vielen Ascidien sind die in der Ein-, Zwei- oder Vielzahl vorn und hinten auftretenden Nerven die einzigen, die das -Gehirn entsendet; wenigstens hat man bei zahlreichen Formen namentlich unter den Monascidien vergeblich nach lateralen Stämmen gesucht (Van Beneden, Julin). Einenunpaaren lateralen Nervenstamm fand U sso w bei Phallusia mam- millata und bei Ascidia mentula (vel. Textfigur 52). Es ist bemerkenswerth, Bronn, Klassen des Thier-Reiehs. III. Spplt. 19 390 Ascidien. dass dagegen Julin bei der letzten Form ein Paar Seitennerven beobachtete, die er bei keiner anderen von ihm untersuchten Art wieder- finden konnte. Bei den Synaseidien scheinen dagegen paarige seitliche Nerven sehr häufig aufzutreten. Die Zahl der Nervenpaare beträgt häufig zwei bis drei, selten mehr (Didemnum cereum, Leptoclinum gelatinosum — vgl. Text- figcur 53 —, Distaplia magnilarva, Glossophorum sabulosum u. a. m. nach Lahille; Fragarocdes aurantiacum nach Maurice). Das vorderste und hinterste Nervenpaar wird man hier überall, wo nicht ein unpaarer hinterer oder vielleicht auch vorderer Dorsalnerv gleichzeitig vorkommt, mit den beiden ursprünglichsten vorn und hinten auftretenden Nervenpaaren des Gehirns der anderen Ascidien vergleichen können. c. Ventralnerven. Ein ziemlich starker Ventralstamm findet sich bei Ascidia mentula. Er entspringt aus zwei Nervenwurzeln, die den median verlaufenden Canal der Neural- drüse umfassen und sich ventralwärts von ihm zu einem unpaaren Nerv vereinigen (Julin). Die von Julin gegebene Abbildung lässt aber auch die Deutung zu, dass nur Die Ganglionregion von Lepto- elinum gelatinosum Giard. (Nach Lahille) 20/,. eine Nervenwurzel vorhanden ist, die aller- dr — Neuraldrüse; {b—Flimmer- dings vom Drüsencanal durehbohrt wird. bogen; fy — Flimmergrube; Es ist oben bereits angedeutet worden, 9 == Ganglion mit fünf Nerven- dass es zum mindesten zweifelhaft ist, ob paaren; gz — hinterer Ganglien- je feinen Fasern, die zwischen dem Ganglion zellenstrang; is — Kiemenspalten ; a n a < ne Muskeln und der Neuraldrüse verlaufen, nervöser Natur tentakel. sind. Sollte das der Fall sein, so müssten sie als besondere feine Ventralnerven und da, wo die Drüse dorsal über dem Ganglion liegt und wo die Fasern daher an der kückseite des Gehirns entspringen, als Dorsalnerven betrachtet werden. Verlauf der Nerven. Erweisen sich schon die Angaben der Autoren über die Zahl und die Stellung der Nervenwurzeln mehrfach als contro- vers und unsicher, so ist das in noch viel erhöhterem Maasse der Fall, sobald es sich um den weiteren Verlauf der Nerven, um deren Ver- zweigungen und Endigungen in den verschiedenen Organen handelt, Die Beobachtung dieser Verhältnisse nach den älteren Untersuchungs- methoden bietet solche Schwierigkeiten, dass sich auf diesem Wege zu einwandsfreien Ergebnissen kaum gelangen lässt. Nach wenigen Ver- zweigungen werden die Nervenäste so fein, dass sie sich zwischen dem Gewirre der Muskel- und Bindegewebsfasern im conservirten Thier meist nicht mehr sicher herausfinden lassen und dass selbst bei der Deutung Verlauf der Nerven ; Nervenendigungen. 291 Ad der Schnitte völlige Unsicherheit bestehen kann. Alle bislang in der Literatur vorliegenden Angaben beruhen auf unvollkommenen älteren Untersuchungen, und es bietet sich daher das Nervensystem nicht nur der Asceidien, sondern der Tunieaten überhaupt als ein verheissungsvolles Object dar, an dem mit den neuen vervollkommneten Methoden wichtige Ergebnisse zu gewinnen sind. Noch viel weitgehendere Unterschiede als die Nervenwurzeln scheinen die Faserstränge selbst aufzuweisen. Ihr Verlauf zeigt nicht nur bei den Species einer Gattung, sondern auch bei verschiedenen Individuen derselben Art sehr beträchtliche Verschiedenheiten, sodass sich über die Homologien der kleineren und häufig auch der grossen Stämme allgemein giltige Auffassungen nicht gewinnen lassen. Bei der oft recht auffallenden un- symmetrischen Ausbildung des Nervensystems fehlen überdies häufig auf der einen Seite ein oder mehrere homotype Nerven. Wie weit die Ver- schiedenheiten gehen, lässt sich leicht aus der Darstellung Ussow’s entnehmen. Bei Ascdia mentula und: Phallusia mammillata entspringt z. B. der Herznerv als unpaarer Stamm direct aus dem Gehirn, bei (dona intestinalis dagegen stellt er einen Seitenzweig eines der beiden hinteren Hauptstämme dar (vgl. Textfigur 51 und 52, p. 283). Wohl überall wird die vordere Körperregion im Umkreis des Mundes durch die aus dem vorderen Gehirnabschnitt stammenden Nerven versorgt, und diese scheinen auch den Endostyl und den grössten Theil des Kiemen- darms zu innerviren. Die hinteren Nervenstämme versehen stets den Egestionssipho und, was allerdings erst in wenigen Fällen erkannt ist, die Eingeweide. So ist bei Okona der starke mit x bezeichnete Ast in Textfigur 51 der Nerv für den Magen und die Geschlechtsorgane. Ueber die Nervenendigungen ist so gut wie nichts Sicheres bekannt. Feinste Nervenäste, die als sensible aufgefasst wurden, sind in unmittelbarer Nähe des Hautepithels mehrfach gesehen worden, aber ein Eintritt in das Epithel ist nieht constatirt worden. In einem der nächsten Kapitel wird darauf hingedeutet werden, dass Nervenästehen an die im Ektoderm ge- legenen Sinnesorgane herantreten; doch ist auch da die Art der Nerven- endigung nicht aufgehellt. Ebensowenig ist ein direster Zusammenhang zwischen den Zellen der Flimmergrube und den Nervenfasern nachgewiesen worden, auch da nicht, wo — wie bei Boltenda Bolten! — ein mächtiger dem Ganglion entspringender Nerv den Hintertheil der Flimmergrube umhüllt (Metealf). Endigungen motorischer Nerven an den Muskeln hat Roule (1834) bei Ciona intestinalis beschrieben. Die Nervenästchen treten, senkrecht zur Längsriehtung der Muskelbündel stehend, zwischen die Muskelfibrillen ein und umhüllen diese fast auf ihrer ganzen Länge (et l’on peut presque dire que dans tous les faisceaux museulaires les fibres sont comme plongees au sein d’une gangue nerveuse). Eine derartige vollkommene Versenkung der Muskelfasern in die nervöse Substanz besteht aber nieht, und Roule hat das die Muskeln umgebende Bindegewebe und die Nervensubstanz 192 9299 Aseidien. nieht scharf auseinanderhalten können. Wohl finden sich zuweilen an bestimmten Stellen Muskelzüge allseitig von Nervenfasern umschlossen (vgl. hierüber das die Muskulatur behandelnde Kapitel), doch sind es dann die grossen Nervenstämme in der Nähe des Ganglions, in die dünnere Muskelstränge eingebettet erscheinen, und ich glaube nicht, dass dieses Vorkommen mit der peripheren Endigung der motorischen Nerven identifieirt werden darf (vgl. hier Fig. 8, Taf. XV). Auch verschiedene andere Organe und selbst Bindegewebszellen sah Roule durch eentrifugale Nervenfasern innervirt. Den Abbildungen nach zu urtheilen, scheint im letzteren Fall eine pinselförmige Ausbreitung der einzelnen Fasern des endigenden Nervenästchens stattzufinden. Doch bedürfen meines Erachtens diese Angaben einer erneuerten Prüfung. Der histologische Bau der Nerven bietet mancherlei Besonderheiten; Nervenfasern, Zellen und eine äussere Hüllschicht lassen sich unter- scheiden. Die Nervenfasern bilden stets die Hauptmasse und sind häufig die einzigen Bestandtheile namentlich der kleinen Aestehen. Die Fasern entspringen aus der Punktsubstanz des Gehirns und verlaufen in der Längsrichtung der Nerven. Sie sind zumeist schwach wellenförmig gebogen und liegen parallel mehr oder minder dicht gedrängt neben- einander (vel. Fig. 7, Taf. XVII). Es scheint, dass zuweilen die Fasern in einer bestimmten Weise nebeneinander angeordnet sind, derartig, dass sie schmale Längsbänder bilden, die unter verschiedenen Winkeln an- einander stossen und sich kreuzen. Im Querschnitt zeigt dann der Nerv, wie es auch bei mangelhafter Conservirung zu beobachten ist, eine proto- plasmaähnliche netzförmige Struetur (vgl. Fig. 8 und 9, Taf. XVID. Die Stärke der einzelnen Nervenfibrillen erscheint selbst in einem Nerven- quersehnitt zuweilen recht ansehnlich verschieden. Bezüglich der zelligen Elemente im Nerven herrschen sehr grosse Unterschiede. An der Wurzel, unmittelbar über der Austrittsstelle aus dem Gehirn scheinen überall alle Hauptstämme Ganglienzellen zu führen (Fig. 7 und 8, Taf. XVI). Diese zeigen hier zum Theil noch eine ähnliche Vielgestaltigkeit wie im Gehirn selbst, und es fehlen auch nicht ganz die grösseren Elemente (vel. Fig. 2, Taf. XVII). Auf ihrem weiteren Verlauf verhalten sich die Nerven verschieden. Namentlich bei den kleinen Synascidien (Fragaroides aurantiacum), aber auch bei zahlreichen Monaseidien mit starken Nervenstämmen (Molgula ampulloides) sollen alle Nerven lediglich aus Fasern bestehen und der zelligen Einlagerungen vollkommen entbehren. Bei anderen Formen wieder finden sich Zellen nur sehr spärlich und meist ausschliesslich in den grossen Stämmen (Cynthia papillosa, Phallusia mammillata, vgl. Fig. 1,2 und 8, Taf. XVII). Endlich gibt es Arten, deren sämmtliche Nerven zum Theil bis in die feinsten Verzweigungen hinein mehr oder minder zahlreiche Zellen führen (Ciona intestinalis; vgl. Fig. 7 und 9, Taf. XVII). Die Zellen in den Nerven sind stets von geringer Grösse und wechselnder Form. Neben allseitig mehr oder minder stark abgerundeten da A Histologischer Bau der Nerven; Ganglienzellstrang. 293 Elementen finden sich birnförmige, spindelförmige oder unregelmässig amöboid gestaltete. Der Kern ist meist verhältnissmässig gross und leicht erkennbar, der Zellkörper aber zuweilen nur sehr klein und nament- lich auf den Querschnitten durch die feinen Spindelzellen oft schwer nachzuweisen. Das mag dazu Veranlassung gegeben haben, freie Kerne zwischen den Nervenfasern anzunehmen; vielleicht kommen solche auch in Wirklichkeit vor, wenngleich ich sie nie beobachtet, sondern stets die Kerne von einer wenn auch nur dünnen Plasmaschicht umhüllt angetroffen habe. Ueber die Herkunft und Bedeutung der Zellen ist nichts Sicheres ermittelt. Am wahrscheinlichsten ist es, dass sie Ganglienzellen sind und ebenso wie die Fasern von der embryonalen Gehirnanlage herstammen. Die Nerven müssten sich dann da, wo sie im ausgebildeten Zustande noch Zellen enthalten, von Anfang an als zellige Stränge vom Gehirn aus entwickeln. Es ist aber auch nicht ganz unmöglich, dass die Zellen zum Theil mesodermale Bindegewebselemente sind, die entweder in die Faserstränge hineinwuchsen oder von diesen umhüllt wurden. Eine besondere Hülle scheint sich nur ausnahmsweise und zwar wohl immer nur um die grösseren Hauptstämme zu entwickeln. Sie ist bindegewebiger Natur und besteht aus einem membranartigen äusserst feinen Plattenendothel, in dem nur wenige weit zerstreute abgeflachte Kerne nachweisbar bleiben (Fig. 8, Taf. XVII). Zuweilen erscheint diese Hülle nur unvollständig geschlossen und nur um den einen Theil eines Nervs ausgebildet, während der andere frei in der Gallertsubstanz und im Bindegewebe der primären Leibeshöhle liest. 3. Der Ganglienzellstrang. Von den im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Nervensträngen unterscheidet sich der dorsale Ganglienzellstrang (cordon ganglionnaire visceral ou dorsal Van Beneden’s und Julin’s) in wesentlichen Punkten. Während jene vom definitiven Ganglion aus erst spät in der Postembryonal- entwicklung entstehen, lässt sich der Ganglienzellstrang auf das bereits in den allerersten Embryonalstadien vor dem definitiven Gehirn angelegte Rückenmarksrohr, das sich in den Larvenschwanz fortsetzt, zurückführen, und in den Knospen, denen das dem Ruderschwanz homologe Organ fehlt, bildet er sich aus dem Hintertheil des primären entodermalen Neuralrohres. Der Strang stellt also ein von allem Anfang an ursprünglich schon un- paares medianes Organ dar, während die oben behandelten Gehirnnerven — vereinzelte asymmetrische Stämme ausgenommen — ursprünglich paarige und daher mehr oder minder seitlich am Gehirn entspringende Gebilde sind, die freilich gelegentlich vorn und hinten zu einem medianen Dorsalnerv secundär verschmelzen können. In den Embryonen und Knospen ist es nur der im hinteren Rumpf- theil gelegene Abschnitt des primären Nervenrohres, der zum Ganglien- zellstrang wird; der vordere bildet sich zur Flimmergrube und dem Flimmergrubencanal um und entwickelt weiterhin auch das definitive 294 Aseidien. (anglion und die Neuraldrüse. Daraus ergibt sich, dass der Ganglienzell- strang ursprünglich eine directe Fortsetzung des die Flimmergrube mit der Neuraldrüse verbindenden Canals ist, ein Verhalten, das sich thatsächlich noch bei zahlreichen Formen auch im vollkommen entwickelten Zustande nachweisen lässt. Zuweilen aber scheint der Strang an seiner Wurzel vom hinteren Canalende sich völlig abzutrennen und mit dem Gehirn zu verwachsen, sodass er, wie alle anderen Nerven, als eine spätere Bildung des definitiven Ganglions aufgefasst werden konnte (Fragaroides auran- kacum, Molgula ampullordes). a. Kowalevsky hat zuerst (1874) diesen Ganglienzellstrang bei seinem Didemnum styliferum (= Distaplia magnilarva) beschrieben als einen aus dem Gehirn entspringenden feinen Strang, „welcher sich nach unten zieht, Nerven an den Kiemensack absendet und abwärts schliesslich mit einem Eingeweideganglion endet. Von dem letzteren gehen Nerven zu dem Magen, Herz und Eierstock*. Lahille konnte später (1890) diese Angaben allerdings nicht bestätigen und fand nur eine hintere stummel- förmige Fortsetzung des Flimmergrubencanals, die er als den rudimentären Rest des gesammten larvalen Nervenrohres deutete. Die Befunde Kowa- levsky’s lassen nur auf eine Rückbildung des hinteren im Ruderschwanz verlaufenden Abschnittes des larvalen Nervenrohres schliessen, während der vordere im Larvenrumpf gelegene Theil und das diesem gleichwerthige Neuralrohr der Knospen gerade umgekehrt eine weiter vorschreitende Entwicklung in der Postembryonalzeit erfahren haben müssten. Auch bei jungen Exemplaren von Phallusia mammillata und Ciona canina fand Kowalevsky einen ähnlichen Ganglienzellstrang und ein terminales Eingeweideganglion; doch hat er allerdings über den feineren Bau dieser Organe weder bei diesen Formen noch bei Distaplia eingehendere Angaben gemacht. Später haben dann Van Beneden und Julin (1884) den Ganglienzellstrang bei einer Anzahl anderer Formen (Molgula ampullordes, Microcosmus claudicans, Polycarpa comata und bei ganz jugendlichen, erst kurze Zeit festsitzenden Stadien von Olavelina Rissoana) nachgewiesen. b. An das hoch entwickelte Stadium, das der Ganglienzellstrang bei Distaplia darbietet, lassen sich in einer continuirlichen Reihe eine Anzahl niederer Entwicklungsstufen dieses Organes bei anderen Formen an- schliessen, bei denen nirgends mehr peripher ausstrahlende Nerven mit Sicherheit erkannt sind. Bei Molgula ampulloides ist der Strang recht ansehnlich entwickelt, besitzt wenige centrale Nervenfasern und einen verhältnissmässig dieken Belag verschieden grosser Ganglienzellen, die auf allen Querschnitten in grösserer Anzahl erscheinen. Er ist überall gleich dick, nur sein Hinterende ist ein wenig zugespitzt; besondere Ganglienanschwellungen fehlen also auf seinem Verlauf. Bei Möcrocosmus claudicans sind die Ganglienzellen weit spärlicher, vertheilen sich aber nicht gleichmässig über den ganzen Fibrillenstrang, sondern bilden an oO) mehreren Stellen etwas stärker hervorspringende Ansammlungen. Bei Bau und Verlauf des Ganglienzellstrangs. 295 Polycarpa comata finden sich nur noch sehr wenige Zellen, dagegen ist die Nervenfasermasse verhältnissmässig mächtig entwickelt (Van Beneden und Julin). c. Während in diesen Fällen der Ganglienzellstrang direct vom Gehirn selbst entspringen soll, sah ich ihn in anderen in der ursprünglicheren Weise als deutliche Fortsetzung des Flimmergrubencanals bestehen. Bei Oiona intestinalis zieht sich das Hinterende des Canals in ein strang- ähnliches Gebilde aus, das die rechte Seite des Ganglions umwächst und auf dessen Dorsalseite gelangt, dort, wo dieses sich in die beiden hinteren Nervenstämme spaltet. Von hier aus läuft der Strang nach hinten, bleibt der Medianebene nahe gelegen oder schmiegt sich auch zunächst den linksseitigen hinteren Hauptnervenstämmen an (vel. Fig. 11, Taf. XVII), von denen er sich aber weiter hinten wieder entfernt, um sich der ventralen Cloakenwand direct anzulegen. In seinem Vordertheil zeigt der Ganglienzellstrang an manchen Stellen noch sehr deutlich den primären röhrenförmigen Bau (vgl. Fig. 13, Taf. XVII), weiter hinten wird er solid und scheint in seiner Dicke variiren zu können (Fig. 12, Taf. XVII). Bei Olavelina lepadiformis erweist sich der Ganglienzellstrang noch weiter vereinfacht. Das Lumen schwindet im ausgebildeten Zustande vollständig, und es besteht nur ein kurzer solider Strang, dessen Quer- schnitt sehr wenige, meist zwei bis vier, Zellen aufweist (Fig. 14, Taf. XVII). Dorsal vom Ganglienzellstrang entspringt aus dem Gehirn der hintere aus Fasern bestehende Dorsalnerv, und die Wurzeln beider legen sich, obwohl genetisch ganz verschieden, zu einem scheinbar ein- heitlichen Nervenstamm zusammen (Fig. 3, Taf. XVII). Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei Molgula ampulloides und Fragarordes auran- tiacum, bei denen sowohl Van Beneden und Julin als auch Maurice eine ventrale Ganglienzellbekleidung des hinteren faserigen Dorsalnervs beschrieben haben. Nur diese ventrale Ganglienzellschicht ist aus dem embryonalen primären Nervenrohr hervorgegangen, der dorsale Faserstrang ist eine spätere Neubildung vom definitiven Gehirnganglion aus. Bei den zuletztgenannten Formen sind im ausgebildeten Zustande diese wichtigen Unterschiede zwischen den beiden Theilen deshalb schwerer festzustellen, weil der Ganglienzellstrang sich vom Flimmergrubencanal völlige abtrennen und dem Gehirn verbinden soll. Das Letztere scheint auch bei Olavelöna gelegentlich als eine individuelle Variation des normalen Verhaltens vorzukommen. Ueberall aber trennen sich der hintere Dorsal- nerv und der Ganglienzellstrang, auch wo sie scheinbar aus einer ge- meinsamen Wurzel entspringen, nach kurzem gemeinsamen Verlauf voneinander ab. d. Bei einer Reihe zusammengesetzter Ascidien tritt der rudimentäre Charakter des Ganglienzellstranges noch deutlicher hervor, besonders dort, wo nur unverschmolzene, paarige Gehirnnerven aus dem Gehirn hervortreten, die zu jenem Strang keine innigeren Beziehungen gewinnen, sondern völlig getrennt verlaufen. Man findet dann den Ganglienstrang 296 Aseidien. als einen mehr oder minder kurzen, oft nur stummelförmigen Anhang des Flimmergrubencanals resp. der Neuraldrüse. Lahille hat mehrere solche Fälle beschrieben (Didemnum cereum , Leptochnmum gelatinosum , (Glosso- phorum sabulosum). — Darnach ergibt sich ein befriedigendes Verständniss für die morpho- logische Bedeutung des Ganglienzellstranges. Das Organ entspricht einem Theil des primären Nervenrohres der Larven und zwar dem Abschnitt, der den hinteren Rumpf durchzieht und das vordere in Flimmergrube und Canal sich umbildende Stück mit dem Caudalrohr verbindet. Es ist also homolog dem unpaaren Dorsalnerv der Appendieularien, doch unter- scheidet sich dieser dadurch, dass er im Rumpf keine Zellen führt, sondern in der Regel erst nachdem er in den Ruderschwanz übergetreten ist, von Ganglienzellen stellenweise bedeckt wird. In der Ascidienlarve liegt ventral von diesem Abschnitt des Nervenrohres das sog. Rumpfganglion, das aber überall bei der Metamorphose eine vollkommene Rückbildung zu erfahren und in den Ganglienzellstrang nicht einbezogen zu werden scheint. Die Auflösung des als nervöses Öentralorgan der Larven functio- nirenden Rumpfganglions und die völlige Rückbildung des Ruderschwanzes einerseits, sowie andrerseits die Neubildung des definitiven Ascidien- gehirns vom vorderen Theil des Neuralrohrs aus bedingen nothwendiger Weise eine veränderte Bedeutung des zum Ganglienzellstrang gewordenen Abschnittes des Nervenrohres. Nur bei Distapkia sind bislang vom Ganglienzellstrang ausstrahlende Nerven mit einiger Bestimmtheit beobachtet worden, Faserstränge, die den Kiemensack, Herz, Magen und Eierstock innerviren (Kowalevsky). Nach den oben mitgetheilten Angaben Ussow’s versorgen dagegen bei allen anderen Ascidien die neu auftretenden Gehirnnerven auch alle Eingeweide, sodass der Ganglienzellstrang fast alle seine Bedeutung verloren hat und zu einem rudimentären Organe geworden ist. V. Die Flimmergrube und Neuraldrüse. So wie das gesammte Nervensystem entwickeln sich auch die Flimmer- erube und Neuraldrüse aus dem primären Nervenrohr des Embryos oder der Knospe. Der vorderste Abschnitt des Neuralrohrs bricht frühzeitig in den Kiemendarm dureh und bildet sich zur Flimmergrube um; diese bleibt durch einen langen Canal mit dem hinteren zum Ganglienzell- strang gewordenen Theil verbunden. Aus den Wandungen des Canals ent- wickelt sich die Neuraldrüse, deren Lumen sich direet oder indirect in den Canal und dureh diesen in die Flimmergrube öffnet, sodass alle drei (rebilde miteinander in innigstem Zusammenhang stehen. Bei den ver- schiedenen Aseidien zeigen diese Organe eine sehr wechselnde Ausbildungs- stufe. Die einfachsten Fälle schliessen unmittelbar an das Appendicularien- stadium an, während die complicirtesten Formen der Flimmergrube und Neuraldrüse sich weit über dieses erheben. 1. Die Flimmergrube. Das allgemein verbreitete Vorkommen der Flimmergrube bei einfachen und zusammengesetzten Ascidien wurde zuerst durch Savigny festgestellt, der das Organ als „tubercule anterieur ou voisin du ganglion“ bezeichnete. Spätere Untersucher haben demselben Gebilde eine ganze Reihe ver- schiedener Namen gegeben, die sich zum Theil auf die Lage oder den Bau, zum Theil auf die vermeintliche Funetion oder morphologische Bedeutung bezogen (branchial tuberele: Hancock; dorsal tubercle: Herdman; Flimmergrube, organe vibratile, eiliated organ: die meisten älteren Autoren; Geruchsgrube: Ganin, Fol, Ussow; tubercule hypo- physaire oder Hypophysis: Julin, Van Beneden; tubereule hypo- ganglionnaire: Maurice). Gestalt. Im einfachsten Fall erscheint die Flimmergrube, ähnlich wie bei den Appendicularien, als ein kleines dorsal gelegenes Wimper- säckchen, das vorn mit weiter trichter- förmiger Oefinung median in die dor- sale Praebranchialzone des Kiemen- darmes dicht vor dem Flimmerbogen, mehr oder minder weit hinter dem Tentakelkranz mündet und hinten zum Flimmergrubencanal allmählich sich verjüngt. Gewöhnlich ist die Flimmergrube in seitlicher Richtung mehr oder minder stark comprimirt, sodass ihr Querschnitt elliptisch (Fig. 6, Taf. XVII) und selbst schlitz- förmig erscheint. Manchmal bilden sich auch symmetrische seitliche Aus- buchtungen, und das Organ zeigt sich Schnitt dureh die Flimmergrube von Clave- -dann im optischen Durchschnitt etwa lina lepadiformis. °°%,. kreuzförmig (Polycarpa pilella ; Text- bg —= Bindegewebsstränge; en = Entodern; figur 55 A). Zuweilen aber macht 9 — Ganglion; mz = Mesenchymzellen. sich schon auf diesem einfachen grubenförmigen Stadium eine Asymmetrie bemerklich, indem eine bogen- förmige Krümmung eintritt, in der Weise, dass die rechte und linke Aussenwand nieht mehr spiegelbildlich gleich bleiben, sondern die eine convex, die andere concav werden (Olavelina lepadiformis; Vextfigur 54). Die Grösse dieser noch einfach gestalteten Flimmergrube kann bei ver- *) Strenggenommen bezeichnet Maurice als tubereule hypoganglionnaire nur den Mündungstheil der Flimmergrube und nennt deren Haupttheil organe vibratile. Zu einer derartigen Scheidung und verschiedenen Benennung der histologisch ganz gleichartig sich verhaltenden Theile eines Organs liegt meines Erachtens keine Veranlassung vor. 18) 298 Asecidien. schiedenen Formen sehr beträchtlich verschieden sein. So ist z. B. die Oeffnung bei Olavelina reichlich viermal so lang als bei .botryllus (vel. Fig. 3 und 6, Taf. XVII). Da, wo die Flimmergrube eine bedeutendere Grösse erreicht, wird auch ihre Gestalt in der Regel eomplieirter. Die Oeffnung erhält all-, mählich ein horn- und hufeisenförmiges Aussehen (Ascidia meridiona ls Fig. 55. Verschiedene Formen der Flimmergrube. (Nach Herdman.) A = Polycarpa pilella Herd. °/,. B —= Ascidia meridionalis Herd. °°/.. CO = Asecidia falcigera Herd. ®/,. D = Cynthia cerebriformis Herd. °.. E = Ascopera gigantea Herd. !/,. F= Rhabdocynthia complanata Herd. schwach vergr. @ = Üuleolus Moseleyi Herd. °/,. H = Cynthia fissa Herd. 5%,. I== Polycarpa tinetor Q. u. G. schwach vergr. K = Molgula Forbesi Herd. °%/,. L — Ascidia translucida Herd. ®/,. M-— Ascidia pyriformis Herd. °°/,. In E und F ist das Lumen der Flimmergrube durch einen Contur angedeutet. fb = Flimmerbogen. Textfigur 55 D) und wird füglich kreisähnlich oder mehr oder minder stark elliptisch längsgestreckt (Crona intestinalis, Fig. 7, Taf. XVI; Ascidia faleigera Textfigur 55 C). Indem die beiden Schenkelspitzen miteinander verwachsen, erscheint endlich die Flimmergrubenmündung wie ein Wall- graben geschlossen. Das ganze Organ bildet nunmehr einen doppelwandigen Sack oder einen Doppeltrichter, und das Flimmergrubenlumen entspricht dem von den beiden Wänden umschlossenen Raum (Styela böcolor Sluiter; vgl. hier auch Fig. 9, Taf. XVI.. Weitere Complicationen kommen dadurch zu Stande, dass die beiden Schenkeläste sich spiralig einrollen. Dies kann nach innen zu (Oynthia cerebriformis, Textfigur 55 D, Ascopera gigantea, Textfigur 55 #), oder auch nach aussen zu und dann gewöhnlich 2 Verschiedene Formen der Flimmergrube. 299 in etwas unregelmässiger Weise erfolgen (Culeolus Moseleyi, Textfigur 55 G). Nicht selten rollt sich der eine Ast nach innen, der andere nach aussen zu ein (Oynthia fissa, Textfigur 55 FT), und die Flimmergrubenöffnung bildet dann eine mehr oder minder unregelmässige Schleife. Die Stellungen des Hufeisens und der Schleife können, wie aus den stets in gleicher Örientirung gezeichneten Abbildungen der nebenstehenden Holzschnitte sofort ersichtlich ist, verschieden sein: der Schleifenbogen ist bald nach vorn, bald nach hinten, bald endlich nach rechts oder links gerichtet. Manchmal sind die Schenkeläste nicht nur eingerollt, sondern gleichzeitig auch ziekzackförmig ein- und ausgebuchtet (Rhabdocynthia complanata, Text- fieur 55 F'). Häufig ist das Organ S- förmig gekrümmt (Polycarpa tinctor, Molgula Forbesi, Textfigur 55 Z, X), und zuweilen gleicht es einem ein- fach schlangenförmigen (Aseidia translucida. Textfigur 55 L) oder einem vielfach schleifenförmig sich durcheinander windenden Bande (Ascidia pyriformes, Textfigur 55 M). Diese letzteren Formen leiten hinüber zu den Fällen, in denen die Flimmergrube nicht mehr einheitlich, sondern in eine mehr oder minder grosse Zahl selbständiger Theile aufgelöst erscheint. Ein sehr interessantes Beispiel hat Herdman (1882) bei Cynthia irregularis beobachtet. Hier finden sich in einem grossen Hufeisen angeordnet mehr als !/, Dutzend isolirter Flimmergruben von sehr verschiedenem Bau und wechselnder Grösse nebeneinander. Einzelne sind oval und ringförmig ziemlich ein- fach gestaltet, die complieirtesten stellen vielfach gewundene krausenartige Bänder dar (vgl. Textfigur 67 DB). Bei Phallusia mammillata steigt, wie zuerst Ussow nachgewiesen hat, die Zahl der isolirten von gelben Pigmentzellen umgebenen Flimmer- gruben bis auf ungefähr 200, nach Julin und Roule bis auf mehr als 500; alle Gruben stehen untereinander durch ein wohl entwickeltes, nur im Alter zuweilen im vorderen Abschnitt etwas reducirtes Canalsystem in Ver- bindung. Vorn findet sich median die als „Primärtrichter“ bezeichnete Grube, die in den Kiemendarm mündet und ein kleines einfaches Wimpersäck- chen darstellt. Weiter hinten folgen sich, zuerst in weiteren Abständen, dann immer dichtgedrängter, die übrigen „secundären Flimmergruben oder Säckchen“ (vgl. Textfiguren 58 und 55 A, D). Diese stellen ebenfalls einfache Wimpersäckchen dar, variiren aber nicht unerheblich in der Form und Grösse und münden rechts und links der Medianebene nahe in die Peribranchialräume und nicht mehr direct in den Kiemen- darm (Fig. 1 und 2, Taf. XVII. Roule (1834) behauptet allerdings, dass weitaus die grösste Zahl der Flimmergruben in die Kiemenhöhle münde und dass nur ganz vereinzelte Flimmersäckchen, die in abnormaler Weise verlagert seien, in die Peribranchialräume durchbrächen. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass diese Angabe auf einem Irrthum beruht. Denn wenn Roule die vermeintlich abnormalen Oeffnungen in den Peri- branchialraum dadurch erklärt, dass die betreffenden Flimmergruben an ganz besonders langen Secundärcanälchen sitzen und daher weiter vor- 300 Ascidien. geschoben werden, so ist dem entgegenzuhalten, dass gerade umgekehrt die Entfernung bis zum Kiemendarm eine grössere ist als bis zu den Peri- branchialräumen. Bei der grossen Zahl der Flimmergruben ist es erklärlich, dass diese sich über eine ziemlich ansehnliche Strecke vertheilen. So erstreckt sich z. B. bei einem 11,5 em langen Thier die Flimmergruben- region über 53cm Länge (Julin). — Auch bei Ascidia Marion? fand Roule zahlreiche Flimmergruben; doch sind es hier gewöhnlich nur 12—15, höchstens 20 kleine hintereinander gelegene Wimpersäckchen, die sämmtlich rechts und links von der Dorsalfalte in den Kiemendarm sieh öffnen sollen. Der vorderste „Primärtrichter‘‘ unterscheidet sich von den hinteren nur durch eine geringere Grösse. Die Flimmergrubenzone erreicht auch hier ungefähr '/; der gesammten Körperlänge. Neuerdings hat Metcalf (1897) bei Ascrdeia atra ganz ähnliche Verhältnisse im Flimmergrubenbau aufgefunden, wie sie eben für Phallusia mammillata beschrieben worden sind. Die Zahl der durch Nebencanälchen dem Hauptcanal verbundenen seeundären Flimmergruben beträgt über 100. Während diese einfache kleine Flimmertrichter darstellen, die in den Peribranchialraum sich öffnen, mündet das vorderste Ende des Haupteanals durch eine etwas grössere hufeisenförmige Flimmergrube (Primärgrube) in den Kiemendarm. Histologische Beschaffenheit. Stets werden die Wandungen der Flimmergrube von einem durchaus einschichtigen Epithel gebildet. Die Zellen sind vorherrschend prismatisch gestaltet; am hintersten Ende, an der Uebergangsstelle in den Canal, und vorn, wo das Flimmergruben- epithel in den Kiemendarm übergeht, werden die Zellen niedriger, mehr cubisch (Fig. 1, 2, 3, Taf. XVII). Die etwas längsgestreckten Kerne liegen vorwiegend in den äusseren, der Leibeshöhle zugekehrten Zellenden, während an der das Lumen begrenzenden Seite überall Cilien sich ent- wickeln. Es scheint, dass jede Zelle immer nur eine Geissel bildet, die den Zellkörper gewöhnlich um ein Mehrfaches an Länge übertrifft, sodass in der Mitte der Grube die an den gegenüberliegenden Wänden ent- springenden Geisseln einander berühren oder ineinander greifen. In conservirten Thieren sind in der Regel die Cilien gegen das Hinterende der Flimmergrube gekrümmt (Fig. 1—3, Taf. XVII; Textfigur 54). (Gewöhnlich sitzen sie mit etwas verbreiterter Basis einem in Hämatoxylin sehr intensiv färbbaren Endstück des Zellkörpers auf (Fig. 4, Taf. XVII). Zuweilen finden sich auch an den gegenüberliegenden Zellenden winzige stark färbbare Verdiekungen, die knopfförmig in die Leibeshöhle vor- springen. Ihre Bedeutung ist mir nicht klar geworden; vielleicht handelt es sich um Nervenendigungen (vgl. Textfigur 54). Die Geisselbekleidung beschränkt sich nicht auf die Grube selbst, sondern erstreckt sich auch auf die allernächste Nachbarschaft des Kiemen- darmepithels an der Grubenmündung. Es scheint aber, dass fast nirgends ein directer Zusammenhang mit der Bewimperung des Flimmerbogens besteht und dass stets eine, wenn auch häufig nur äusserst schmale, wimper- lose Zwischenzone vorhanden ist. In einzelnen Fällen (z. B. Dotryllordes Individuelle Formverschiedenheiten der Flimmergrube. 301 fulgurale Herd.) scheint eine solche Zone zu fehlen, und beide Organe sind durch ein Flimmerband verbunden. Bei Corella parallelogramma sollen nach Julin ausschliesslich im Bereiche des Lumens der Flimmergrube Geisseln vorkommen, und der äussere Grubenrand soll flimmerlos sein. An der von der Leibeshöhle umschlossenen Wand der Flimmergrube findet sich weit verbreitet eine feine membranartige Endothelschicht (membrane anhyste). Bei den grösseren Monaseidien ist sie in der Regel durch eine homogene structurlose Schicht (substance anhyste) von der Flimmergrubenwand geschieden (Julin), während sie bei den kleinen Synascidien (Fragaroides, Maurice) dieser dicht anliegt. Das platte Endothel ist aus Bindegewebszellen hervorgegangen und führt noch einzelne weit zerstreute flache Kerne. An seiner Aussenseite inseriren sich andere verschieden geformte Bindegewebszellen, die in der die Leibes- höhle erfüllenden Gallerte stecken und zum Theil zu stärkeren faserigen Strängen zusammentreten können (Fig. 3, Taf. XVII, Textfigur 54). Individuelle Verschiedenheiten. Da, wo bei den Monascidien die Flimmergrube eine complieirtere Gestalt erlangt, erweist sie sich häufig bei den verschiedenen Individuen einer Species recht variabel geformt. Bei Asceidiella aspera traf Lahille neben der typischen Spiral- schleife (Textfigur 56 A) mehr oder minder unregelmässige hufeisen- oder V-förmige Schleifengebilde (B, C), und ähnlich erscheint zuweilen bei Ascidiella eristata Risso an einem Ast die gewöhnlich nach innen ein- D gerollte Spirale nach aussen gekehrt und daher die Symmetrie gestört (Heller). Bei Ciona intestinalis findet sich sogar zuweilen statt derty- Halbschematische Darstellung von indivi- pischen Hufeisenform eine S-förmige duellen a eg Gestalt der „ehleife (Losuigur D0ED, 2 8 ABC BE alla. F. M. (Nach Diese individuellen Variationen Tahille) D, E = Ciona intestinalis. sowie die oben (p. 297 fe.) an- geführten Beispiele für die verschiedenen Formstufen der Flimmergruben bezeugen bereits, dass die Gestalt des Flimmerorgans für die Beurtheilung der systematischen Stellung einer Aseidie von nur untergeordneter Bedeutung ist oder doch mindestens nicht die Wichtigkeit beanspruchen darf, die ihr namentlich Traustedt zuerkennt. Das haben bereits Kupffer und Herdman betont. Im allgemeinen finden sich zwar die einfachen grubenförmigen Organe nur bei den Corm- ascidien, die complieirteren hufeisen- und schleifenförmigen nur bei den Monascidien, doch fehlt es nicht an zahlreichen Ausnahmen. Unter den Monaseidien haben z. B. Molgula pyriformis, Eugyra kerguelenensis, Poly- carpa prlella und P. natalensis einfache säckchenförmige Flimmergruben. e N r KR Fig. 56. dA BD (6% 302 Aseidien. Das einfache grubenförmige Flimmerorgan der Cormaseidien bietet natürlich nur wenig Modificationen und erscheint daher in den verschiedenen Familien immer in den gleichen Formen. Aber bei den Monascidien, bei denen die Gestalt des Organs beträchtliche Mannigfaltiekeiten zeigt, finden sich alle Verschiedenheiten in den einzelnen Familien oder auch in den artenreicheren Subfamilien nebeneinander vor. Ja auch innerhalb einer Gattung begegnet man den verschiedensten Formen der Flimmer- eruben. Dies ergibt sich z. B. deutlich für das Genus Ascidia aus den vier Abbildungen BD, C, L, M in Textfigur 55 (p. 298); doch sind damit noch lange nicht alle Verschiedenheiten des Organs bei dieser Gattung gekennzeichnet. Bei Ascidia tenera ist das Organ noch nicht so stark hornförmig gekrümmt wie bei Ascidia meridionalis, und sein Lumen gleicht noch mehr einem quergestellten Schlitz. Bei anderen Species dieser Gattung tritt wieder die Spiralschleife oder die V-förmige Schleife auf. Die Gestalt der Flimmergrube hat hier also als Gattungsmerkmal keinen Werth, und die oben mitgetheilten Beispiele der individuellen Variation lehren, dass sie häufig nicht einmal für die Speciesdiagnose von Bedeutung ist. Meines Erachtens erscheint daher auch die Schlussfolgerung, die Metcalf gezogen hat, nicht haltbar. Der oben beschriebene eigen- thümliche Bau des Flimmergrubenapparates bei gewissen Formen der Gattungen Ascidia und Phallusia scheint ihm ein so wichtiges Moment zu sein, dass er die Vertheilung jener drei Arten auf zwei verschiedenen Gattungen trotz der vorhandenen anderen Organisationsverschiedenheiten für nicht gerechtfertigt hält, sondern sie in einer Gattung zusammen- gefasst wissen will. Physiologische Bedeutung. Die physiologische Bedeutung der Flimmergrube hat eine verschiedene Beurtheilung erfahren und ist bis auf den heutigen Tag nicht in völlig befriedigender Weise festgestellt. Die ältere Auffassung, die auch gegenwärtig noch von zahlreichen Forschern getheilt wird, sah in der Flimmergrube ein Sinnesorgan, das dazu bestimmt sein sollte, die chemischen Qualitäten des eintretenden Athmungs- wassers zu prüfen, sei es als Geruchs-, sei es als Geschmacksorgan (Hancock, Ganin, Fol, Lacaze-Duthiers, Ussow u.A.). In der That ist auch die Lage des Organs in der nächsten Nähe der Mundöffnung: für eine derartige Function überaus geeignet, und das einzige oben bereits (p- 109) erwähnte Experiment Fol’s an Appendicularien ist mit einer derartigen Deutung sehr wohl vereinbar, wenn es auch allerdings kein stricter Beweis für sie ist. Die gegenwärtig vorliegenden histologischen Befunde aber, die ich oben mitgetheilt habe, scheinen mit der Bedeutung der Flimmergrube als Sinnesorgan nicht recht übereinzustimmen, da eine direete Innervirung der Wandzellen sich nicht hat nachweisen lassen (vgl. oben p. 291). Doch muss an dieser Stelle daran erinnert werden, dass das Studium der feinsten Nervenverzweigungen und Endigungen bei Tunicaten mit Hilfe der neuen Untersuchungsmethoden überhaupt noch nicht in Angriff genommen worden ist, sodass die bisherigen negativen 3 Physiologische Bedeutung der Flimmergrube; Flimmergrubencanal. 303 Befunde durchaus nicht als beweiskräftig gelten können. Daher halte ich noch immer die Deutung der Flimmergrube als ein chemisches Sinnes- organ für die wahrscheinlichste. Wie aus den beiden folgenden Abschnitten zu entnehmen sein wird, steht die Flimmergrube durch einen Canal mit der Neuraldrüse in direetem Zusammenhang. Bald nachdem diese Beziehung erkannt worden war, schien man geneigt, der Flimmergrube jede selbständige physiologische Bedeutung abzusprechen und dieses Gebilde lediglich als das verbreiterte Ende des Ausführungsganges zu betrachten, das die Ausscheidungsproducte der Drüse in den Kiemendarm zu befördern hätte (Julin). Es mag sein, dass das eine wichtige Aufgabe der Flimmergrube ist, aber ich glaube mit Herdman und Maurice, dass damit ihre physiologische Bedeutung durchaus nicht erschöpft zu sein braucht, sondern dass sie gleichzeitig sehr wohl auch als Sinnesorgan functioniren könne. Eine eigenthümliche Auffassung hat Sheldon (1883) vertreten. Die ursprüngliche Bedeutung der Flimmergrube sei die, dem Gehirn Luft zuzuführen (aerates the brain). Diese Function gehe allerdings bei den meisten ausgebildeten Ascidien (Amaroucium, Ascidia, Ciona) verloren im Zusammenhange mit der erst secundär sich entwickelnden drüsigen Beschaffenheit des hinteren Abschnittes, und die vordere Flimmergrube sei daher nur noch als Ausführungsgang für die Drüsensecrete thätig. 2. Der Flimmergrubencanal. Das Hinterende der Flimmergrube zieht sich in einen Canal aus, der sich mehr oder minder weit nach hinten erstreckt und in die Neuraldrüse führt. Auf jugendlichen Entwicklungsstadien lassen sich Canal und Flimmergrube nicht scharf voneinander abgrenzen, denn beide entstehen aus dem vorderen neben der larvalen Sinnesblase verlaufenden Abschnitt des Neuralrohres des Embryos. Erst später differenzirt sich der vorderste in den Kiemendarm geöffnete Theil in einer selbständigen Weise zur Flimmergrube, während der hintere canalartig bleibt und an ganz be- stimmten Stellen durch Proliferiren seiner Wandung das definitive Ganglion und die Neuraldrüse entstehen lässt. Das Gehirnganglion schnürt sich weiterhin zu einem selbständigen Gebilde ab, die Neuraldrüse bleibt dagegen zeitlebens mit dem Canal innig verbunden, sodass dieser als ihr Ausführungsgang erscheint. In der Regel sind auch im entwickelten Thier Ganglion und Canal dicht aneinandergepresst. Zuweilen aber schiebt sich, entgegen den Behauptungen früherer Autoren, zwischen beide Gebilde eine dünne Bindegewebsschicht ein (vgl. Textfigur 57 D). a. Das primitivste an die larvalen Stadien erinnernde Verhalten des Flimmergrubencanals hat Calman bei der von ihm aufgestellten Gattung Julinia (J. australis) nachgewiesen. Hier lässt sich der Canal weder vorn von der Flimmergrube noch hinten und ventral von der Drüse scharf aberenzen; alle drei Gebilde erscheinen wie ein einheitliches röhren- 304 Ascidien. förmiges Organ, in welchem die vorderen Zellen Geisseln tragen, während hinten Drüsenzellen auftreten (vgl. Textfigur 60 auf p. 311). b. In allen anderen Fällen erscheint der Canal schärfer gesondert und selbständiger. Vorn erweitert er sieh zwar häufig ganz allmählich zur Flimmergrube, doch lässt sich diese in der Regel durch ihre Geissel- N E er EHRT is es RE =: Querschnitt dureh die Mitte der (Ganglionregion von Ciona wntestinalis eire. ®/,. A = Schnitt durch das strangförmige hintere Ende des Flimmer- grubencanals *%%/,. B, C, D — Schnitte durch die mittlere mit der Drüse verbundene Canalregion *%/,. E = Schnitt durch das vordere Canalende *”"°/,. «a = äussere Peribranchialwand; 5b = Blutbahnen; bg — Bindegewebszellen; ce —= Flimmergrubencanal; dr = Neuraldrüse; ec = ektodermales Hautepithel; en — Entodermepithel des Kiemendarmes; 9 = Ganglion; g2 — Ganglien- zellen; ks = Kiemenspalten; p = Peribranchialraum. auskleidung deutlich und scharf umgrenzen. Hinten scheint der Canal bei fast allen Aseidien sich in den oben (p. 295) beschriebenen Ganglien- zellstrang fortzusetzen, ohne dass sich zwischen beiden Gebilden eine bestimmte Grenze feststellen liesse. Das erklärt sich zur Genüge aus der gleichen Entstehung dieser Organe aus dem embryonalen Nervenrohr. Doch wird man im allgemeinen das Canalende nicht hinter den Bereich des Ganglions verlegen dürfen. Verschiedene Ausbildungsstufen des Flimmergrubencanals, 305 Nicht nur bei den Synaseidien, sondern wahrscheinlich auch bei allen Monascidien lassen sich auf dieser höheren Ausbildungsstufe des Organs drei Abschnitte im Canal unterscheiden. Der vorderste in die Flimmer- grube mündende stellt eine Röhre dar, deren Querschnitt in der Regel mehr oder minder kreisähnlich gestaltet ist, zuweilen allerdings in einer Richtung sehr stark comprimirt, fast schlitzförmig erscheint (Textfigur 57 E). Die Weite des Lumens ist sehr variabel; zuweilen ist sie so gering, dass sie nicht einmal die Wanddicke erreicht, in anderen Fällen (Ciona intes- tinalis) ist sie recht ansehnlich, besonders im vordersten Theil. Die Länge dieses Canalabschnittes zeigt ebenfalls erhebliche Verschiedenheiten. Da, wo die Neuraldrüse unmittelbar hinter der Flimmergrube mündet, ist der vorderste Canaltheil auf ein winziges Stück redueirt (Fragaroides aurantiacum). Sehr häufig ist er von ungefähr der gleichen Länge wie die Flimmergrube selbst (vgl. Fig. 9, Taf. XVI; Fig. 3, Taf. XVII), zu- weilen wird er noch länger (z. B. bei Ascidiella venosa eirec. 2 mm), und bei den Formen, bei welchen Ganglion und Neuraldrüse weit hinten in beträchtlicher Entfernung von der Flimmergrube liegen, erreicht der Canal eine sehr bedeutende Grösse (z. B. bei Ascidia mentula ceire. 2 cm). Der Mittelabschnitt des Flimmergrubencanals umfasst die Region der Neuraldrüsenmündung. Er bildet eine längere oder kürzere Rinne, deren offene Seite der Drüse direct aufliegt und deren Wand in das Drüsenepithel übergeht (Textfigur 57 B—D). Die Drüse stellt also hier gewissermaassen einen erweiterten Theil der Canalwand dar, und das erklärt sich zur Genüge daraus, dass ontogenetisch jene dureh Wucherung von dieser letzteren entsteht. Nach hinten zu verjüngt sich häufig die Rinne recht beträchtlich, krümmt sich allmählich immer stärker und hebt sich endlich als vollständiges Rohr von der Neuraldrüse ab, um als Hinter- abschnitt des Flimmergrubencanals selbständiger zu werden. Dieser Hinterabschnitt bildet stets ein sehr enges Rohr, dessen Lumenweite zumeist nicht einmal die Dicke der Wandung erreicht. Im Endtheil schwindet häufig das Lumen vollständig, und der Canal wird zu einem soliden Strang, der sich ohne scharfe Grenze in den Ganglienzell- strang fortsetzt (Olavelina in Fig. 5, Taf. XVII; Ciona in Textfigur 57 A). c. Wohl nur als eine Modification dieses Stadiums der Canalent- wicklung möchte die Form des Flimmergrubencanals aufzufassen sein, die Van Beneden und Julin (1884) für Molgula (Gymnocystis) am- pulloides beschrieben haben. Nachdem der Canal von der Flimmergrube aus seitlich beim Ganglion vorbei gewachsen und auf dessen Dorsalseite gelangt ist, erweitert er sich zu einer ziemlich geräumigen Blase. Diese gabelt sich in zwei hinten blind endigende Aeste, die ganz im Bereiche des Ganglions liegen und nach hinten sich nicht über dieses hinaus erstrecken und auch nicht in einen Ganglienzellstrang fortsetzen sollen. In die beiden Aeste münden die Canäle der Neuraldrüse ein. d. Am complieirtesten gestaltet sich das Canalsystem bei Phallusia mammellata (Ussow, Julin, Herdman), Asc/dia Marioni (houle) und 3ronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Sppl. I) 306 Aseidien. Ascidia atra (M etealf) im Zusammenhang mit dem Auftreten zahlreicherer selbständigen Flimmergruben. Ueberall findet sich ein langer median Fig. 58. > Schematische Darstellung des Flimmergruben- und Canalsystems von Phallusia mammillata. Circa °/.. A (Nach Julin.) Drüsencanalverästelungen im Mittelabschnitt des Flimmer- grubencanals bei einem halb erwachsenen Thier ”°/,. B Schematische Dar- stellung des weiter vorn gelegenen Canalsystems in einem erwachsenen Thier. c = Prineipaleanal oder Flimmergrubencanal; ec, = secundäre und tertiäre Canälchen , dr — accessorische Neuraldrüse; fb — Flimmerbogen ; fy = pri- märe Flimmergrube; fg, = secundäre Flimmersäckehen; t — Tentakel. verlaufender Haupteanal, der die Drüse mit dem vordersten Primär- trichter in Verbindung setzt. Bei Phallusia mammillata verläuft er nicht ganz gerade gestreckt, sondern in einer schwach gewellten mehr als 3 cm Bau des Flimmergrubencanals. 307 langen Schlangenlinie, und überdies varlirt die Weite seines Lumens nicht unerheblich an den verschiedenen Stellen. In alten Thieren scheint zuweilen eine Rückbildung des vordersten Theiles einzutreten, sodass der Gang nicht mehr bis zur vordersten Grube reicht. An den Haupteanal setzen sich die zu den accessorischen Flimmergruben oder Säckchen führenden secundären Canälchen an. Bei Ascidia Marioni sind deren nur wenige, kaum ein Dutzend, vorhanden ; bei den anderen Formen sind sie ausserordentlich zahlreich und selbst wieder mit tertiären Canälchen besetzt (Textfigur 58 A und B). Nieht alle dieser feineren Gänge führen zu Flimmergruben, sondern zahlreiche endigen blind mit kolbenförmigen Erweiterungen. Diese letzteren können wohl als jugendliche Anlagen noch nicht fertig gebildeter Flimmergruben betrachtet werden. — In histologischer Beziehung verhalten sich in allen Fällen die Flimmergrubencanäle sehr einfach. Die Wandungen sind stets durchaus einschichtig und bestehen aus pflastersteinähnlichen mehr oder minder stark abgeflachten oder auch etwas höheren prismatischen Zellen, die sich in der Regel stärker als die Elemente der Drüsenwand färben. Die Zellformen können an verschiedenen Stellen des Canals verschieden sein. Im allgemeinen erscheinen sie aber im Bereiche eines durch das kohr geführten Querschnittes gleichartig; nur zuweilen (Fragaroides, Goodsiria dura) unterscheidet sich im Hinterabschnitt die dem Ganglion zugekehrte Dorsal- resp. Ventralwand durch beträchtlich stärkere Zellen von den anderen Wänden. In vereinzelten Fällen (Cona intestinalis nach Roule) wurde im vorderen Canaltheil eine Bewimperung im lebenden Thier deutlich erkannt, und auch ich sehe im conservirten Material die Zellen in feine Fortsätze auslaufen (Textfigur 57 E). In sehr zahlreichen Fällen, namentlich bei den kleineren Synascidien, sind im Canallumen bislang keine zelligen Elemente, sondern höchstens eine leicht geronnene farblose Flüssigkeit nachgewiesen worden. Bei Monaseidien sind dagegen Zellen recht häufig im Canal zu beobachten (Ciona intestinalis, Ascidia mentula, Ascidiella venosa, Corella parallelo- gramma). Sie finden sich da vorzugsweise im mittleren Canalabschnitt (Text- figur 57 C und D), doch erstreckt sieh ein Zellpfropf zuweilen auch mehr oder minder weit in den Vorderabschnitt hinein (Textfigur 57 E), und Roule fand selbst in der Flimmergrube noch abgestossene Zellen vor, was ich allerdings niemals beobachtet habe. Die Zellen sind identisch mit den das Lumen der Neuraldrüse erfüllenden Elementen, die im folgenden Abschnitt behandelt werden sollen. 3. Die Neuraldrüse. Die Neuraldrüse wurde zuerst von Hancock (1568) als ein besonderes neben dem Ganglion bestehendes Gebilde beschrieben. Savigny und die älteren Autoren wandten zu schwache Vergrösserungen an, um die Drüse vom Gehirnganglion oder auch von der Flimmergrube scharf unterscheiden zu können. Lacaze-Duthiers (1374) fand das Organ bei seiner Anurella 20* 308 Ascidien. roscovita und erkannte dessen drüsige Natur; er nannte es „glande prönervienne“. Bald darauf haben Nassonoff (1577) und besonders Ussow (1876) die Drüse eingehender untersucht; der letztere nennt sie Drüse des Geruchsorgans und weist auf gewisse Aehnlichkeiten mit dem Bau der Hypophysis cerebri der Vertebraten hin. Aber erst Julin (1851) vermochte es mit Unterstützung Van Beneden’s, dem Gegenstande die allgemeinere Aufmerksamkeit zuzuwenden, weniger vielleicht durch die Aufdeekung überraschender neuer Thatsachen, da diese Ja im wesentlichen durch seine Vorgänger bereits festgestellt waren, als vielmehr durch die bestimmte Weise, in der er die Drüse und die Flimmergrube der Tunicaten mit gewissen Organen der Wirbelthiere homologisirte. Durch eine neue Benennung jener Tunicatenorgane und durch irrthümliche Angaben über deren Bildungsweise im Embryo haben die Hypothesen der belgischen Forscher leichter allgemeinere Verbreitung gefunden. So wie die Flimmer- orube einfach den Namen „Hypophysis“ oder „tubereule hypophysaire“ erhält, wird die Neuraldrüse zur „glande hypophysaire‘“. Spätere Forscher haben aber doch bald wieder umsichtiger geurtheilt und diese sich lediglich auf hypothetische Speculationen gründenden Bezeichnungen wieder fallen lassen. Herdman nennt die Drüse: Neuraldrüse (neural land); andere bezeichnen sie als Subneuraldrüse, was aber vielleicht wegen der wechselnden Lage bald dorsal, bald ventral vom Ganglion nicht sehr zweckmässig ist. Roule (1884) und Maurice (1888) endlich gebrauchen die Benennung: glande hypoganglionnaire. Lage. Bei den meisten Ascidien liegt die Neuraldrüse auf der Ventralseite des Ganglions, und zwischen beiden Organen verläuft der Flimmergrubencanal. Wie aber schon Lacaze-Duthiers (1874) für Molgula (Anurella) roscovita und Ussow (1876) für Oynihia microcosmus Cuv. nachgewiesen haben, findet sie sich häufig auch an anderen Stellen. Oft liegt sie dorsal vom Gehirn, und auch der Canal verläuft dann auf der Rückenseite des Ganglions, diesem mehr oder minder innig an- geschmiegt. Eine gleiche dorsale Lage der Drüse ist bereits für eine oder mehrere Arten der Gattungen Cynthia, Polycarpa, Molgula, boltenia, Botryllus (Textfigur 59), Goodsiria nachgewiesen worden, und es scheint, dass damit ein für alle Species gültiges Gattungsmerkmal gegeben ist”). Uebrigens stellen die rein dorsale und ventrale Lage der Neuraldrüse nur die beiden Extreme recht variabler Lagebeziehungen dar. So fand ich, dass bei Phallusia mammillata das Hinterende der allerdings im Alter stark reducirten Neuraldrüse von der Ventralseite des Ganglions auf dessen rechte Seite weit dorsal zu rückt; und umgekehrt sah ich bei Cynthia papillosa den canalartigen Hinterabschnitt von der Dorsalseite *) In einer soeben erschienenen Untersuchung über südafrikanische Tunieaten geht Sluiter sogar so weit, die dorsale oder ventrale Lage der Neuraldrüse als ein charakte- ristisches Merkmal zweier Tribus der von ihm aufgestellten Unterordnung der Ascidiacea holosomata zu betrachten. Bei den Stolidobranchiaten liegt die Drüse dorsal, bei den Phlebobranchiaten ventral. Lage und Grösse der Neuraldrüse. 309 auf die rechte Ventralseite übertreten. Bei Olona intestinalkis kann sich ebenfalls, wie oben p. 295 schon hervorgehoben wurde, das hinterste Canalende resp. der Ganglienzellstrang um das Ganglion oder um die hinteren Nervenwurzeln herumschlingen und von der ventralen auf die dorsale Seite gelangen. Bei Molgula roscoveta liegt nach Lacaze die ganze Drüse rechts vom Ganglion, während sie bei anderen Species derselben Gattung nach Metcalf dorsal verläuft. 7t A Die Ganglionregion eines entwickelten Botryllus Goulditi Verrill vom Rücken aus gesehen. B Medianer Längsschnitt durch das «dorsale Vorderende eines noch unvollständig ent- wickelten Knospenthiers derselben Form. (Nach Metcalf.) Cireas2y > dr, = vordere, dr, — hintere Neuraldrüse; en = Entoderm des Kiemendarms; fy = Flimmergrube; 9 = Ganglion; © —= In- gestionsöffnung; 7 —= Leibeshöhle; ms = Mesenchymzellen; n = vier vom Ganglion ausgehende Nervenstämme. Die Grösse der Neuraldrüse ist bei den verschiedenen Formen ausser- ordentlich verschieden; am häufigsten aber entspricht sie so ziemlich der des Ganglions. Wesentlich kleiner ist die Drüse da, wo sie noch nicht als ein selbständiges und schärfer vom Canal abgegrenztes Gebilde er- scheint (Julinia). Auch bei anderen Arten (Botryllus) kann sie um ein Mehrfaches von den Dimensionen des Gehirns übertroffen werden. Bei den Monascidien erreicht sie zuweilen eine recht bedeutende Ausdehnung und überragt das Ganglion (Clona intestinalis, Molgula ampulloides, Ascidia mentula). Ganz besonders umfangreich entwickelt ist sie bei Aseidia atra. Die ventral vom Ganglion liegende Hauptdrüse — es finden sich ausser ihr noch accessorische Drüsen — ist fast doppelt so lane (5—6 mm) und ungefähr 2—5 mal so breit und dick als jenes. fo) fe) 910 Ascidien. Sowohl die relativen Grössenverhältnisse als auch die absoluten Grössenmaasse der Neuraldrüse zeigen recht beträchtliche individuelle Schwankungen ((lona intestinalis, Phallusia mammillata, Oynthia papillosa, Molgula ampulloödes, COlavelina lepadiformis). Zum Theil scheinen diese darauf zurückzuführen zu sein, dass in alternden Thieren eine Reduction der Drüse eintritt (Phallusia); zumeist aber bestehen auch auf dem Stadium der höchsten Entfaltung der Drüse individuelle Grössenverschiedenheiten, die mehr als das Doppelte erreichen können. Zu- weilen variirt gleichzeitig mit der Grösse auch die Farbe der Drüse. So berichten Van Beneden und Julin (1884), dass bei Molgula (Gymmo- cystis) ampulloides die kleinen Drüsen mattweiss, die grösseren braungelb und die grössten noch tiefer dunkel gefärbt seien. Der Bau der Neuraldrüse zeigt so wie der der Flimmergrube und des Flimmergrubencanals in den verschiedenen Gruppen verschiedene Stufen einer vorschreitenden Entwicklung. Während die primitivsten Fälle bei den Aseidien unmittelbar an die bei den Appendicularien vor- kommenden Verhältnisse anknüpfen, erheben sich die complicirteren so erheblich über dieses Stadium, dass in ihnen eine Uebereinstimmung mit gewissen Erscheinungen bei den Vertebraten gefunden werden konnte. a. Bei den Appendicularien fehlt noch die Neuraldrüse, und die Flimmergrube zieht sich hinten lediglich in ein canalartiges weiterhin solides Endstück aus, das spiralig eingerollt sein kann (vgl. oben p. 109). Unter den Aseidien scheint nur bei G@oodsiria dura Ritter jede Andeutung der Drüse zu fehlen. Der Flimmergrubencanal verläuft hier dorsal vom Ganglion und besitzt eine ansehnliche Weite. Seine Dorsalwand besteht aus sehr stark abgeflachten Zellen; die ventrale dagegen ist verdickt, doch haben sich Drüsenzellen in ihr nicht nachweisen lassen (Ritter). Gegen einen Vergleich der verdickten ventralen Canalwand mit der Neuraldrüse würde auch die Lage sprechen, da die Drüse in den anderen Fällen nicht zwischen dem Ganglion und Canal gelegen ist, sondern immer der Canal selbst das mittlere der drei Organe ist. Ritter hat sehr eingehend die gesammte Knospenentwieklung dieser Aseidie unter- sucht, und es ist daher nicht anzunehmen, dass etwa die Drüse auf einem früheren Stadium vorhanden sei und nur in älteren Thieren wieder rück- gebildet würde. Einen solchen Vorgang hat Julin für die beim Ganglion liegende Hauptdrüse der Phallusica mammellata nachgewiesen, und auch ich habe in dem einzigen besonders grossen Exemplar einer Cynthia papillosa, das mir zur Verfügung stand, gar keine drüsigen Lappen, sondern nur einen ziemlich weiten Canal angetroffen und glaube, dass auch hier nur eine secundäre Reduction der eigentlichen ursprünglich vorhandenen Drüsenpartie vorliegt. b. Das niederste Stadium der Ausbildung der Neuraldrüse zeigt Julinia austrakis. Nach Calman (1394) stellt die Drüse hier noch kein besonderes, sich scharf abhebendes Organ dar, sondern sie wird nur vom hinteren ventralen Theil der Canalwand selbst gebildet, deren histologische Verschiedene Ausbildungsstufen «der Neuraldrüse. 311 Beschaffenheit an diesen Stellen sich verändert. Das Epithel erscheint verdickt, zum Theil mehrschichtig, und besteht vorwiegend aus abgerundeten Zellen, die oft sehr grosse Vacuolen enthalten und als Drüsenzellen zu deuten sind (Textfigur 60). c. Auf einer nächst höheren Ausbildungsstufe steht die Drüse bei fast allen anderen Synascidien. Als Typus dieses Stadiums kann nach Maurice’s Beschreibung Fragaroides aurantiacum gelten. In allen hier- her gehörenden Fällen erscheint das Organ als eine mehr oder minder umfangreiche, selbst die Grösse des Ganglions erreichende sphärische Ausstülpung der Canalwand. Die äussere in den Canal sich fortsetzende Wand der Drüse zeigt zumeist noch ziemlich deutlich ihren epithelialen Medianer Längsschnitt durch die Ganglion- und Flimmergrubenregion von Julinia australis Cal. (Nach Calman.) Cire. 2%). ce = Flimmergrubencanal; cin = Cloakalnerv; fg = Flimmergrube; g = Ganglion; gl = Neuraldrüse. Charakter und umschliesst eine Zellmasse, die das Drüsenlumen manchmal fast vollständig erfüllt. Diese Innenzellen entstehen durch Wucherung der Drüsenwand; sie lassen meist nur hin und wieder noch deutliche Zell- grenzen erkennen, führen aber fast immer ziemlich grosse Kerne. Ihr Plasma enthält eine grosse oder zahlreichere kleinere Vacuolen, sodass das ge- sammte Drüseninnere auf den Durehsehnitten ähnlich wie ein diekes Retieulum erscheint, in welchem die Kerne suspendirt sind. Die Innenzellen sind wohl überall so wie die Wandzellen als echte Drüsenzellen zu betrachten. d. Eine Complieation im Bau tritt dadurch ein, dass die mehr oder minder kugelähnliche Drüse durch an der Peripherie auftretende radiäre Falten in eine Anzahl Lappen zerfällt. Diese erscheinen zunächst nur recht unvollkommen gesondert und communieiren sämmtlich miteinander durch eine verhältnissmässig weite centrale Drüsenhöhle. Die einzelnen Lappen liegen in der Regel ziemlich dicht nebeneinander und sind durch gar kein oder nur sehr spärliches Bindegewebe voneinander geschieden (Olavelina lepadiformis; Fig. 3, Taf. XVII). Ein wichtiges Merkmal für dieses Stadium des Drüsenbaues ist die Differenzirung der Lappen- wandungen in zwei Abschnitte. Der dem Flimmergrubencanal benachbarte 312 Aseidien. Theil stellt ein einschichtiges mit der Canalwand im wesentlichen über- einstimmendes Epithel dar. Die blinden Lappenenden dagegen haben erösstentheils mehrschichtige Wandungen, deren Zellen vacuolisirt sind und den Drüsenzellen ausserordentlich gleichen, aus denen sich die Neu- raldrüse auf der niederen Ausbildungsstufe (Fragarordes) ausschliesslich zusammensetzte (Textfigur 61). Ueberdies sind die Blindenden wenn auch nicht aller, so doch der meisten’ Lappen kolbenförmig erweitert, sodass die Drüse mit vollem Rechte als traubenförmig oder acinös (glande en grappe) bezeichnet werden kann. Ich glaube nämlich, dass in der That nur die blinden Endkolben secernirend functioniren. Von früheren Autoren (Sheldon) ist der Bau der Olavelina-Drüse völlig mit dem der tubulösen Organe der grossen Mon- ascidien übereinstimmend beschrieben worden, und es möchte demnach fast so scheinen, als ob so weitgehende individuelle Variationen bei dieser Form vorkämen. Einzelne Aeste der Drüse sah auch ich als weitere oder engere Fig. 61. Medianer Längsschnitt durch einen Röhren, deren Querschnitte mit den Abbil- hinteren Lappen der Neuraldrüse dungen Sheldon’s durchaus übereinstimmten von Olavelina lepadiformis. ®®°/,. (Fig.5, A und B, Taf. XVII). Diese Schläuche e — Einschichtiges in die Canal- schienen typische Tubuli zu sein, doch darfich wand sich fortsetzendes Epithel E 5 : : B Re: nicht unterlassen, zu bemerken, dass ich ihre der Drüse; dr = Mehrschichtige Drüsenwand) Blindenden nicht besonders untersucht habe und daher auch nicht ganz sicher behaupten kann, dass tubulöse und acinöse Aeste nebeneinander vorkommen. e. Die meist grösseren Neuraldrüsen der Monasceidien werden gegen- wärtig ziemlich allgemein im Anschluss an Julin und Maurice als rein tubulös betrachtet, obwohl sie sowohl Lacaze-Duthiers bei Molguliden als auch Roule bei (Ckona intestinalis ausdrücklich als traubenförmig elande en grappe) bezeichnet hatten. Definirt man die acinöse Drüse lediglich durch die kolbenförmigen Erweiterungen der Schlauchenden, dann muss man zweifellos die Neuraldrüsen zahlreicher Formen hierher rechnen, und auch bei (dona ntestinalis sind dann die meisten, wenn auch nicht alle, Schläuche eines Organs als acinös zu bezeichnen. Engt man aber besser den Begriff dadurch ein, dass eine histologische Diffe- renzirung der Schlauchwandung in einen drüsigen Abschnitt (der erweiterte Endkolben) und einen aus indifferenten Zellen bestehenden leitenden Ausführungsgang als wesentlich für den Acinus angenommen wird, so lassen sich die Neuraldrüsen der meisten Monascidien, ob aller, vermag ich nicht zu entscheiden, und auch die kolbenförmigen Schläuche der Ciona darunter nicht subsumiren. Denn so wie in den tubulösen Drüsen erweist sich die Schlauchwand histologisch überall gleichartig. In den Flimmergrubeneanal münden gewöhnlich nur wenige grössere Drüsencanäle ein. Diese verzweigen sich aber weiterhin mehr oder minder Bau der Neuraldrüse. 319 reichlich zu feineren blind endigenden Canälchen. Die Zahl dieser Drüsencanälchen ist überaus verschieden, nicht nur bei verschiedenen Arten und Gattungen, sondern auch bei verschiedenen Individuen und hängt im allgemeinen mit der absoluten Grösse der Neuraldrüse zu- sammen. Doch sind die Canälchen zuweilen selbst bei einem Thiere recht verschieden gross, sodass aus der Grösse eines Drüsentheils auf die Zahl der Canälchen mit Sicherheit nicht zu schliessen ist (vel. Fig. 9, Taf. XVI; Textfigur 57). Zuweilen setzen sich auch unverzweigte, kurze feine Canälehen neben den grösseren direct an den Flimmergrubeneanal an (Corella parallelogramma, Ascidia mentula). Auch die Form und Grösse sowohl der stärkeren Hauptstämme als auch der kleinen Canälchen der Drüse sind sehr verschieden, selbst in ein und demselben Thier. Besonders unregelmässig erscheint die ganze Art der Verzweigung bei Olona intestinalis (vgl. Textfigur 57 und die Abbildungen 9 und 11, auf Taf. XVI). Wie oben schon erwähnt wurde, finden sich hier kolbenförmige und einfache cylindrische Endeanälchen nebeneinander vor, und ein Gleiches scheint auch bei anderen Species vorzukommen. In anderen Fällen sind alle Drüseneanäle mehr gleich- artig eylindrisch geformt, einzelne erscheinen besonders lang und können in complieirteren Schlangenwindungen verlaufen. Das Organ zeigt dann den typischen Bau einer tubulösen Drüse (Ascidia mentula). Die Drüsencanäle können mehr oder minder dichtnebeneinander liegen. Da, wo sie durch weitere Zwischenräume getrennt sind, wuchert das die Drüse umgebende Bindegewebe in diese hinein und bildet zwischen den Canälchen ein ziemlich umfangreiches Balkenwerk, in dessen Lückenräumen das Blut eirculirt (Fig. 11, Taf. XVI). Diese Bluträume stehen mit der grossen dorsalen Blutbahn im Zusammenhang, welche ‚überall in der nächsten Nachbarschaft der Drüse vorbeiführt (Textfigur 57; Fig. 1 und 2, Taf. XVII). Bei Ascidia mentula und Ascidiella venosa scheint das Bindegewebe zwischen den Canälen besonders reich entwickelt zu sein, spärlicher ist es bei Ascideella scabra und besonders arm bei Corella parallelogramma, bei der die Canälchen ziemlich dicht aneinander- gepresst liegen, sodass sie nur schwer zu entwirren sind (Julin). Doch in allen diesen Beziehungen zeigen sich sehr weitgehende individuelle Verschiedenheiten, auf die bereits Roule (1384) für Ciona intestinalis hingewiesen hat. Bei dieser Ascidie erscheint zuweilen die gesammte Canalverästelung ausserordentlich reducirt, und die Neural- drüse stellt ein geräumiges blasenartiges Gebilde dar, an welchem eine wechselnde Zahl kleiner Ausstülpungen aufgetreten ist. Der histologische Bau des Organs ist auf dieser Stufe der Aus- bildung nicht leicht klar zu erkennen. Die Wand der gesammten Drüse ist durchaus einschichtig, und die Zellen des Epithels erweisen sich in der Regel annähernd cubisch geformt, zuweilen etwas mehr abgeflacht, öfters auch etwas höher prismatisch gestaltet. In der Mehrzahl der genauer untersuchten Fälle (Ciona intestinalis, Ascidia mentula, Corella 314 Aseidien. parallelogramma, Ascidiella venosa) sind die Zellkörper ganz gleichartig oranulirt und enthalten keine Vacuolen oder Secrettropfen ; doch unter- scheiden sie sich von den Elementen des Flimmergrubencanals in der Regel durch eine ziemlich auffallende geringere Färbbarkeit. Die kugeligen Zellkerne dagegen färben sich namentlich in Hämatoxylin sehr intensiv und sind daher sehr leicht nachweisbar. Zuweilen aber (Aseideella scabra ; Molgula roscovita (?)) sind die Zellen des Drüsenepithels vacuolisirt. Sie enthalten eine grosse oder zahlreichere kleinere Vacuolen, die mit einem hellen farblosen und flüssigen Exeret erfüllt sind. Von Bedeutung für diese Art Neuraldrüsen ist das Vorkommen von Zellen im Drüsenlumen. Die Zellen stammen aus der epithelialen Wandung, und es lässt sich unschwer feststellen, dass überall, an allen Stellen und nicht blos an den blinden oft kolbenförmig erweiterten Enden, einzelne Elemente aus dem Epithelverbande sich lösen und in das Lumen hineingelangen können, wenngleich freilich an den Endkolben dieser Process besonders intensiv vor sich zu gehen scheint (Olona intestinalis). In alten Thieren erscheint, infolge unausgesetzt stattfindender Zellenaus- wanderung aus dem Epithel und vielleicht auch infolge von Theilungen der ausgetretenen Zellen, oft das ganze Drüsenlumen mit dicht aneinander- gepressten gleichmässig vertheilten oder in kleineren und grösseren Gruppen angesammelten Zellen erfüllt, und auch in den Flimmergruben- canal schieben sich, wie bereits im vorhergehenden Abschnitt erwähnt wurde, die Zellen vor. Anfänglich gleichen die Zellen im Lumen den Elementen des Wandepithels, nur dass sie — wie es ja eine nothwendige Folge der Loslösung aus dem Epithelverbande ist — ihre Form verändern oO fen) und gewöhnlich stärker abgerundet erscheinen, wenigstens solange sie sich noch isolirt finden. Wenn sie später das Lumen in grosser Zahl erfüllen, sind sie durch den gegenseitigen Druck polyedrisch umgestaltet. In den meisten Fällen ist das Plasma der Lumenzellen gleichartig mehr oder minder fein granulirt und umschliesst einen kugeligen in der Regel ziemlich kleinen Kerm. Da, wo die Zellen im Drüsenepithel vacuolisirt sind und Secrettropfen enthalten (Aseidrella scabra), ist das Gleiche auch bei den Zellen im Lumen zu bemerken, und wo die ersteren Plattenzellen darstellen (Molgula (Gymmocystis) ampulloides), thun dies auch die letzteren. Später können sich die Zellen im Lumen recht beträchtlich verändern; doch sind die extremen Formen durch alle Zwischenstadien mit den ur- sprünglichen verbunden, und alle Stadien der Umbildung finden sich in der Regel in einer Drüse nebeneinander vor, sodass die Deutung keine Schwierigkeit bietet. Am auffallendsten vielleicht sind die Veränderungen bei Molgula ampulloides. Hier werden die Zellen im Lumen der Drüsen- canälchen zu runden stark liehtbrechenden immer intensiver gelb sich verfärbenden Elementen, die entweder einzeln bleiben oder sich zu Gruppen zusammenballen und dann von Plattenzellen umhüllt werden. Mehrere solcher Gruppen können zusammenfliessen und grössere Haufen bilden; diese findet man namentlich im Blasentheil des Flimmergrubencanals. Accessorische Neuraldrüsen. 315 Die Zellen und Zellgruppen desorganisiren füglich; sie zerfallen in gelbe oder braune Haufen von wechselnder Grösse, in welchen sich die ur- sprünglichen Zellen nicht mehr nachweisen lassen und in denen auch die Zellkerne vollkommen geschwunden sind. Van Beneden und Julin bezeichnen sie dann als „ÜUoncretionen“. Die aus dem Epithelyerbande in das Lumen gewanderten Zellen unterscheiden sich wesentlich von den oben (p. 311) beschriebenen Innen- zellen der einfacher gebauten Neuraldrüsen der Synascidien. Während diese ein lebendiges und thätiges Gewebe bilden und wahrscheinlich als Drüsenzellen funetioniren, scheinen jene Zellen im Lumen nirgends mehr eine active Bedeutung für den Organismus zu haben und lediglich zur Degeneration bestimmt zu sein. Allerdings ist aber eine solche Auflösung der Lumenzellen bisher in nur vereinzelten Fällen sicher nachgewiesen worden, und auch da, wo dies gelungen ist, erscheint die physiologische Bedeutung dieses Vorgangs wenig aufgeklärt. Nebendrüsen. Bei mehreren Ascidien finden sich ausser der dem Ganglion benachbarten Neuraldrüse noch accessorische Drüsen, die eben- falls in den Flimmergrubencanal einmünden. Bereits Julin (1831) hat be- obachtet, dass in alten Thieren der Phallusia mammillata eine immer weiter vorschreitende Rückbildung der Neuraldrüse eintritt, während im vorderen Theil aus dem Flimmergrubencanal eine neue tubulöse Drüse sich ent- wickelt, die die Function jener übernimmt. Diese secundäre Drüse zeichnet sich durch sehr feine, dicht aneinandergepresste Canälchen aus (Text- figur 55 D auf p. 306) und erstreckt sich, wenigstens in dem von mir untersuchten Exemplar, fast continuirlich *) über den grössten Theil des Flimmergrubencanals bis nahe zur vordersten Flimmergrube. Ihre Bildung scheint am hinteren Canalende zu beginnen und nach vorn zu rasch vor- zuschreiten. Bei Ascidea atra bleibt die hintere Neuraldrüse nach Metcalf als ein sehr umfangreiches Organ bestehen, trotzdem aber entwickeln sich weiter vorn an dem langen Flimmergrubencanal noch drei weitere kleinere accessorische Drüsen. Stellt man sich vor, dass diese sich weiter aus- dehnen und aneinanderstossen, so erhält man die continuirliche, ausser- ordentlich langgestreckte Nebendrüse der Phallusia. Auch bei Bbotryllus Gouldii beobachtete Metcalf zwei hintereinander- gelegene Neuraldrüsen (vgl. Textfigur 59 auf p. 309). Es scheint mir, dass hier die vordere als die primäre und die hintere kleinere als die acces- sorische zu deuten sein möchte, da bei anderen Botrylliden nur eine der vorderen vergleichbare Neuraldrüse bekannt ist, während sich hinten höchstens ein solider strangartiger Fortsatz am Ganglion entwickelt zeigt. Der Bau beider Neuraldrüsen ist bei Botryllus wesentlich einfacher als in den zuletzt beschriebenen Fällen. Eine genauere Darstellung fehlt noch zur Zeit, aber es scheinen die Drüsen lediglich sackförmige Erweiterungen des Flimmer- grubencanals darzustellen, deren Wandungen Drüsenzellen enthalten. *) Ich vermochte wenigstens nicht in diesem Drüsenstreif mehrere voneinander scharf getrennte vereinzelte Nebendrüsen zu unterscheiden. 316 Ascidien, Die physiologische Bedeutung der Neuraldrüse ist ebenso controvers wie die der Flimmergrube, und bei der innigen anatomischen Beziehung, die zwischen beiden Organen besteht, ist zu erwarten, dass die Erforschung der funetionellen Bedeutung des einen Gebildes auch die des anderen aufklären helfen werde. Dass das Organ eine secretorische Thätigkeit ausüben müsse, erkannte schon Lacaze-Duthiers (1374) bei Molgula roscovita. Die nähere Bedeutung der Drüse konnte er aber schon deshalb nicht völlig klar legen, weil es ihm nicht gelungen war, einen Ausführungs- gang des Organs aufzufinden. Auch Ussow, der die anatomischen und histologischen Verhältnisse im wesentlichen bereits richtig dargestellt hat, kommt in dieser Frage nicht weiter. Eine bestimmte Antwort gibt erst Van Beneden (1881), indem er die Neuraldrüse als Niere deutet. Es sind aber nicht physiologische Untersuchungen, die ihn zu dieser Auffassung führen, sondern lediglich theoretische Erörterungen. Als Ausgangspunkt für diese wählt Van Beneden die complicirten Verhältnisse, welche die Neuraldrüse bei Phallusca mammellata darbietet. Da hier die zahlreichen secundären Flimmertrichter in die Peribranchialräume sich öffnen und die vorderste Primärgrube bei alten Thieren häufig infolge der Reduction des Uanals jeden Zusammenhang mit der Drüse verliere, könne das Drüsen- secret nicht dazu bestimmt sein, in den Kiemendarm zu gelangen, um bei der Verdauung oder Ergreifung und Festhaltung der Nahrung irgend eine Rolle zu spielen, sondern es müsse vorwiegend aus Substanzen bestehen, die aus dem Ascidienkörper gleichzeitig mit dem abströmenden Athmungs- wasser entfernt werden sollen. Die Drüse könne daher bei Phallusia nur eine Niere sein, und es sei höchst wahrscheinlich, dass sie auch bei allen anderen Tunicaten, bei denen sich das Secret in den vordersten Darm- abschnitt ergiesse, in der gleichen Weise functionire. Dass diese Art zu argumentiren sehr wenig beweiskräftig ist, liegt auf der Hand, und es hat daher nicht an Stimmen gefehlt, die darauf eingehend hingewiesen haben, dass Van Beneden’s Auffassung durchaus unerwiesen sei. Die Deutung der Neuraldrüse als Niere ist nur dann berechtigt, wenn gezeigt werden kann, dass das Drüsensecret die bekannten chemischen Eigenschaften des Harns wenigstens zum Theil besitzt. Dieser Nachweis hat sich aber bisher nicht erbringen lassen. Roule hat schon 1884 die Murexidprobe vorgenommen; sie führte ihn zu dem Ergebniss, dass die Exerete der Neuraldrüse keinen Harn darstellen, und dass das Organ daher keine Niere sein könne. Schon a priori aus rein theoretischen Gründen hatte er dieses Resultat erwartet, denn da die Ascidien an anderen Körper- stellen wohl entwickelte Nieren besitzen, müsste die Anwesenheit eines „weiten höchst eigenthümlich gebauten Exeretionsorgans überflüssig er- scheinen. Auch Kowalevsky, der sich später (1889) mit der Untersuchung der physiologischen Bedeutung der Neuraldrüse beschäftigt hat, kommt zu keinen positiven Ergebnissen, obwohl er nach weit vervollkommneten Methoden verfuhr. Dass die bekannten Nierenbläschen der Ascidia mentula Physiologische Bedeutung der Neuraldrüse. 317 und der grosse Harnsack der Molgula ganz ähnlich functioniren wie die Harneanälchen der Vertebratenniere, liess sich durch Injeetionen von Indigo- carmin unschwer feststellen. Kowalevsky vermuthet aber weiter, dass auch ein den Malpighi’schen Körperchen analoges Organ bei Ascidien vorhanden sein müsse und durch die Neuraldrüse dargestellt werde. Während aber carminsaurer Ammoniak in den Malpighi’schen Körperchen und in den ihnen analogen Organen in der Regel ziemlich leicht zur Ausscheidung gebracht werden kann, ist dies in der Neuraldrüse bislang nicht gelungen, sodass, wie übrigens Kowalevsky selbst anerkennt, deren Deutung auch jetzt noch problematisch geblieben ist und die Bezeichnung: als „Kopfniere“, vorläufig wenigstens, ungerechtfertigt erscheint. Als ziemlich sicher gestellt dürfte man aber das Ergebniss betrachten, dass die Neuraldrüse der Aseidien nirgends in einer den Harncanälchen ver- gleichbaren Art und Weise seeretorisch functionirt. Im Gegensatz zu Van Beneden und Julin hat Roule (1834) die Neuraldrüse als eine Schleimdrüse betrachtet, deren Secret in den Kiemen- darm gelange. Nur zum kleinsten Theile fliesse der Schleim direct an der Dorsalseite nach hinten, um in den Oesophagus einzutreten; zum grössten Theil würde er von der Flimmerbewegung des Flimmerbogens erfasst und ventralwärts in die Endostylrinne geführt, in der er sich von vorn nach hinten zu bewege. Aus dem Endostyl trete er an verschiedenen Stellen seitlich wieder aus, gelange auf die Kiemenwandungen, an denen er sich wieder dorsal zu bis zur Dorsalfalte begebe. Die Schleimmassen dienen hauptsächlich dazu, kleine mit dem Wasserstrom in den Kiemen- darm eingetretene Organismen festzuhalten und dem Verdauungstraetus zuzuführen, gleichzeitig haben sie aber auch, wie Koule anzunehmen geneigt ist, eine verdauende Kraft, und in dieser Beziehung ähnele die Neuraldrüse den Mundspeicheldrüsen anderer Thiere. Da Roule den Endostyl der Ascidien als einen secretorischen Apparat überhaupt nicht gelten und die ganze Schleimmenge aus der Neuraldrüse abgesondert werden lässt, müsste dieses letztere Organ die gleiche physiologische Bedeutung haben wie der Endostyl bei den Appendicularien, da ja bei diesen eine Neuraldrüse überhaupt fehlt und der ganze Schleim, der im Kiemendarm sich findet, vom Endostyl geliefert wird. Die Gründe, die Roule gegen die Bedeutung des Endostyls als Schleimdrüse anführt, sind aber offenbar nicht ausreichend, und wenn die Neuraldrüse in der That Schleim secernirt, kann sie nur einen Theil der Schleimmenge, die für die Nahrungsaufnahme von Wichtigkeit ist, liefern und den Endostyl nur in seiner Thätigkeit unterstützen, wie das auch bei einigen Formen der Flimmerbogen thut. Auch gegen diese Auffassung der Bedeutung der Neuraldrüse als Schleimdrüse ist mehrfach und nachdrücklich Widerspruch erhoben worden (Maurice). Der wichtigste Einwand beruht darauf, dass bisher in dem Drüsenlumen abgesonderte Schleimmassen mit Sicherheit überhaupt nicht nachgewiesen worden seien und dass auch das Drüsenepithel nicht 318 Aseidien. typisch geformte Schleimzellen zu enthalten pflege”). Gegen die Deutung als „Speicheldrüsen“ wurde noch im besonderen geltend gemacht, dass bei einigen Aseidien (Phallusia mammillata, Ascidia Marioni und As. atra) die allenfalls secernirte Flüssigkeit überhaupt nicht in den Darmeanal, sondern nur in die Peribranchialräume und Cloake gelangen könne. — Dass die Neuraldrüse in der That als eine Drüse functioniren müsse, dürfte sich aus der oben gegebenen Darstellung ihres Baues als im höchsten Maasse wahrscheinlich ergeben haben, eine bestimmtere Vorstellung über die Qualität ihrer Absonderungen aber liess sich nicht gewinnen, und sie kann erst durch erneuerte physiologische Untersuchungen erlangt werden. Mag die ontogenetische Entwicklung eines Organs auch nur von sehr eeringer Bedeutung für die Beurtheilung seiner physiologischen Leistungs- fähigkeit sein, so wird man doch zugeben müssen, dass die Entstehung der Neuraldrüse von dem primären Nervenrohr des Embryos aus die Deutung als „Kopfniere“, auch in der durch Kowalevsky gezogenen Beschränkung als lediglich ein den Malpighi’schen Körperchen analoges Organ, ziemlich unwahrscheinlich erscheinen lässt. Diese eigenthümliche Genese der Neuraldrüse ist aber andrerseits auch kaum geeignet, die Function des Organs aufklären zu helfen. Die Darstellung des Baues der Neuraldrüse hat uns gezeigt, dass das Organ bei verschiedenen Ascidien auf sehr verschiedenen Ausbildungs- stufen steht, und dass diese im allgemeinen eine ziemlich continuirliche, mit sehr einfachen Verhältnissen beginnende, zu immer complicirteren vorschreitende Entwicklungsreihe bilden. Wenn man überdies bedenkt, dass den ursprünglichsten Tunicaten, den Appendicularien, jenes Organ überhaupt noch fehlt, so liegt meines Erachtens nur der Schluss als einzig naturgemäss auf der Hand, dass die Neuraldrüse phylogenetisch sich erst innerhalb des Tunicatenstammes entwickelt habe und vielleicht auch noch immer in einer aufsteigenden phylogenetischen Weiterbildung begriffen sei. Nicht das Canalsystem, die Drüse und die zahlreichen Flimmergruben bei Phallusia mammillata und Ascidia Marion? und atra zeigen die ursprünglichen Verhältnisse, aus welchen heraus sich die einfacheren der übrigen Ascidien, sei es morphologisch oder physiologisch, erklären und ableiten liessen, sondern umgekehrt aus diesen letzteren nur sind jene zu verstehen. Dass gleichzeitig mit dem morphologischen Bau der Neural- drüse auch die physiologische Bedeutung gewissen Veränderungen unter- liegen möchte, wird nicht bestritten werden können, wenngleich über die Weite dieser Schwankungen zur Stunde sich nichts Bestimmtes aussagen lässt. Es scheint mir aber, dass solche Unterschiede im physiologischen Verhalten der Neuraldrüsen schon daraus sich erschliessen lassen möchten, *) Ein weiterer Einwand, der sich darauf stützt, dass die Bewimperung der Flimmer- srube von der des Flimmerbogens durch eine wimperlose Zwischenzone getrennt sei, und dass daher das aus der Grube austretende verdauende Secret nur schwer in den hinteren Kiemendarmabschnitt und im den Verdauungstractus gelangen könne, um seine Aufgabe zu erfüllen, trifft nicht überall zu, wie im zweiten Abschnitt dessiebenten Kapitels ausgeführt ist. Sinnesorgane; Ocelli. 819 dass das Drüsenepithel bei den einen Formen nur Zellen in das Lumen sprosst und abstösst, bei den andern dagegen, wie es wenigstens den Anschein hat, nur flüssige Secrete absondert. VI. Die Sinnesorgane. Ueber die Sinnesorgane der Ascidien ist bisher fast gar nichts Sicheres bekannt geworden, obwohl das Verhalten der lebenden 'Thiere beweist, dass diese durch sehr verschiedenartige Vorgänge in der Aussenwelt erregt werden können. Nur Augen (Ocelli) sind von mehreren Autoren beschrieben worden; doch ist gerade für diese Gebilde, wie weiter unten ausgeführt werden soll, die Deutung als Licht pereipirende Sinnesorgane noch sehr zweifelhaft. Geschmacks- resp. Geruchsorgane müssen bei Ascidien ziemlich weit verbreitet vorkommen, denn häufig reagiren die Thiere auf oft nur minimale chemische Veränderungen im Wasser — z.B. nach Zusatz einiger Tropfen gewisser nur sehr schwach einwirkender Conservirungsflüssigkeiten — mit den lebhaftesten Contraetionen des ganzen Körpers oder mit Schliessung der beiden Oeffnungen. Die nervösen End- apparate, die “die Beschaffenheit des Athmungswassers zu prüfen haben, wird man wohl in der Nähe der Ingestionsöffnung suchen müssen, doch sind sie bisher nicht nachgewiesen worden. Dass allen Ascidien ein mehr oder minder entwickeltes Tastvermögen zukommt, erkennt man aus der Empfindlichkeit der Thiere gegen mechanische Berührungen aller Art. Es soll weiter unten der Versuch gemacht werden, dies aus dem Vor- kommen gewisser Zellen im ektodermalen Epithel der Region des Mundes und der Egestionsöffnung sowie der Tentakel zu erklären. 1. Die Ocelli. Sehr viele Ascidien tragen an ihrem vorderen Leibesende, in der Nähe der Körperöffnungen, eine Anzahl Pigmentflecke, welche bereits von älteren Autoren (P. J. Van Beneden) als Augen gedeutet worden sind. Die Farbe dieser Ocellen ist meist gelblichroth, bald heller, bald dunkler; sie ist nicht immer an allen Stellen die gleiche, und besonders in grösseren Augenflecken wechselt der Farbenton. Zuweilen erscheint der periphere Theil beträchtlich heller gefärbt als der centrale (vgl. für Ciona intestinalis Fig. 4, Taf. XIT), doch besteht in dieser Beziehung nicht einmal zwischen den verschiedenen Ocellen eines Thieres vollständige Uebereinstimmung. Die Lage. Bei den Monascidien finden sieh die Ocelli gewöhnlich an beiden Siphonen, bei den Cormascidien, bei denen sie sehr häufig gänzlich fehlen, dagegen in der Regel nur in der näheren oder ferneren Umgebung des Mundes. Doch gibt es auch einfache Ascidien, die nur am Mundsipho Augenflecke tragen; ob vereinzelt auch solche Formen vorkommen, bei denen die Ocellen nur im Umkreise der Egestionsöffnung auftreten, ist mir nicht bekannt. Da, wo die Siphonenränder sich in einzelne Lobi spalten, liegen die Ocelli zumeist an der Basis der Lappen hinter dem Grunde der Einschnitte (Fig. 4, Taf. XII) und stimmen dann 320 Aseidien. in der Zahl mit diesen überein. Zuweilen aber rücken sie weiter nach hinten, und dann bestehen nicht immer diese Uebereinstimmungen in der Lage und Zahl der Lobi und Ocellen. So besitzen z. B. Morchellium argus M.-Ed., Parascidia fMavum M.-Ed., Circinalium conerescens Giard bei acht Lobis nur vier, abnormaler Weise sogar nur zwei Pigmentflecke. Immerhin ist auch hier die Lage der Ocellen eine ziemlich genau fixirte. Bei mehreren Monascidien (Molgula, Cynthia) kommen neben den an den Basen der Lobi stehenden Ocellen noch kleinere oder grössere unregelmässig vertheilte Pigmentflecke in wechselnder Zahl vor; bei Molgula echinosiphonica finden sich nach Lacaze-Duthiers überhaupt nur diese accessorischen Flecke, während die bei den verwandten Species auftretenden Ocelli hier fehlen. Die Autoren, welche sich mit diesen Formen beschäftigt haben, deuten nur die constant und an ganz bestimmten Stellen sich entwickelnden Pigmentflecke als Augen, während sie die accessorischen nicht als Sinnesorgane betrachten (Lacaze-Duthiers). Ich habe aber nicht finden können, dass diese Auffassung durch den Nachweis von Unterschieden im histologischen Bau der beiden Gebilde begründet worden wäre. Die Zahl der Ocelli ist fast immer genau bestimmt und entspricht zumeist der der Lobi; bei zahlreichen Arten variirt sie in genau der gleichen Weise wie diese. Wie oben schon bemerkt wurde, finden sich aber bei mehreren Synaseidien die Augenflecke nur in geringerer Anzahl als die Lobi, und überdies kann die Augenzahl in manchen Fällen ganz selbständig auftretende individuelle Variationen aufweisen. So trägt 2. B. Cireinalium concrescens normaler Weise vier orangerothe Flecke, zwei liegen dorsal, nahe beim Ganglion, zwei kleinere ventral beim vorderen Endostylende; die letzteren können vollständig fehlen. Bei Parascidia flavum persistiren wiederum zuweilen nur die beiden ventralen von den vier orangefarbenen Ocellen, und bei Amaroucium (Morchelliopsis) punctum Giard kommen überhaupt nur zwei ventrale Pigmentflecke vor, die zuweilen vollständig schwinden können (Lahille). Jedenfalls beweisen diese individuellen Verschiedenheiten, dass die Ocellenzahl als systematisch ver- werthbares Merkmal nur eine untergeordnetere Bedeutung besitzt. Die Form der Augenflecke erscheint bei Flächenansicht zumeist kreisähnlich oder mehr oder minder stark längsgestreckt elliptisch. Doch ist sie keineswegs immer constant, selbst nicht bei den verschiedenen Ocellen eines Thieres. Recht erhebliche Verschiedenheiten und zum Theil ganz unregelmässige Formen neben elliptischen habe ich beispielsweise bei Cdona intestinalis angetroffen, und es schien mir, dass durch die Gontractionen der Siphonen sehr weitgehende Gestaltsveränderungen der Ocelli veranlasst werden können. Den histologischen Bau habe ich bei Ciona intestinalis untersucht, soweit es mein conservirtes Material, das zu wesentlich anderen Zwecken gesammelt worden war, gestattete. Im Bereiche eines jeden Ocellus bildet das äussere ektodermale Hautepithel des Siphos eine grubenförmige Erklärung von Tafel XV. Ascidien. III. Suppl. 9. Ik . Aus dem Mundtentakelkranz einer jungen Ciona intestinalis L. Circa 2% . Querschnitt durch das ektodermale Hautepithel einer eben festgesetzten Larve von Olavelina lepadiformis OÖ. F. Müll. +3°°%, . Sehnitt durch das Ektodermepithel von Botryllus violaceus M. Edw. +99°, ‚ Zwei Schnitte durch die Ektodermwand des sog. Nährstolos von Distaplia rosea D. Valle. (Nach Caullery.) 2. f= Von den Zellen aufgenommene Fremdkörper; n — Ektodermale Zellkerne. . Querschnitte durch die Ektodermwand von zwei Mantelgefässen einer Phallusia mam- millata Cuv. 32. . Flächenschnitt durch das Ektodermepithel einer Phallusia mammillata. 13#, . Schnitt durch einen Haftfortsatz einer in Festheftung begriffenen Larve von Clavelina lepadiformis. Circa 335, . Querschnitt durch den contrahirten Mundsipho einer jungen Oiona intestinalis L. Circa +. ec, = Ektodermepithel der Mundhöhle; la = äussere; li = innere Längsmuskel- züge. Der äussere Cellulosemantel ist nicht eingezeichnet worden. tt = Tentakelträger. Zwei Querschnitte durch zwei Mundtentakel von Olavelina lepadiformis. >32. A = Schnitt nahe dem freien Ende; B = Schnitt unfern der Basis. . Schnitt durch den Tentakelträger einer Ciona intestinalis. 24, c, — die Mundhöhle auskleidender Cellulosemantel; * Ansatzstelle der Tentakel. Mittelgrosser Mundtentakel einer Cynthia papillosa L. Circa **. Tafel 15. Luh. Giesecke & Devrienz Erklärung von Tafel XVl. Ascidien. Or Ne) 10. 1 12. . Verzweigter Mundtentakel von Molgula echinosiphonica Laec.-Duth. (Nach Lacaze- Duthiers). Schwach vergrössert. . Querschnitt durch den Basaltheil eines Mundtentakels von Cynthia papillosa L. 2. . Querschnitt durch die Mitte eines Mundtentakels von Cynthia papillosa L. Circa &2 . Schnitt durch das Tentakelepithel von Ciona intestinalis L. #32, s2 = Sinneszellen. . Aus einem Längsschnitt durch das Tentakelopithel einer Crona intestinalis. Drei Sinneszellen sind getroffen. 734, . Schnitt durch den Anallappen der Egestionsöffnung von Botrı eulbde violaceus M. Edw. 1000, i n —= feiner Nervenast; sz = Sinneszellen. . Die Ganglionregion einer jungen Oiona intestinalis vom Rücken aus gesehen. Circa 2? gs = Ganglienzellstrang; n, = vordere Nervenstämme. . Die Ganglionregion einer noch jüngeren Ciona intestinalis. Circa 8. gs = Ganglienzellstrang; n, = vordere Nervenstämme. . Medianer Längsschnitt durch die Ganglionregion einer jungen ÜOiona intestinalis. (Aus zwei Schnitten combinirt.) >. Schnitt durch den peripheren Theil des Gehirnganglions einer Ciona intestinalis. 33°. g2 — Ganglienzellen. Schnitt durch einen peripheren Theil der Neuraldrüse von Oiona intestinalis. *9°, Frontaler Längsschnitt durch den Vordertheil des Ganglions einer Clavelina lepadi- formis. O.F. Müll. #22, n —= Vorderer medianer Nervenstamm. me. en -_ EDMERZ N / 2,8 GWSENE &.L Erklärung von Tafel XV. Ascidien. Fig. 1. 2. = > 7 Querschnitt durch die Mitte des Flimmergrubensystems von Phallusia mammillata Cuv. 22. Aus derselben Serie, Schnitt weiter hinten durch das Vorderende des Ganglions ge- führt. 22. Medianer Längsschnitt durch die Ganglionregion von COlavelina lepadiformis O. F. Müll. (Aus zwei Schnitten combinirtes Bild.) +23. . Stück aus der Wand der Flimmergrube einer Clavelina lepadiformis. +22, 12. 13. 14. de Schnitte durch zwei Canalläppchen der Neuraldrüse von Clavelina lepadiformis. 332. Schnitt durch die Flimmergrube von Botryllus violaceus M. Edw. >32, Längsschnitt durch einen Theil eines vorderen Nervenstammes von Otiona intestinalis L. 320 . 320, . Querschnitt durch ein Muskel führendes Nervenstämmchen von Phallusia mammillata. >92. . Stück aus einem Querschnitt durch einen Nervenstamm von Ciona intestinalis. 929, . Querschnitt dureh das Ganglion von Botryllus violaceus. >32. . Querschnitt durch den Ganglienzellstrang und benachbarte Nervenstämmehen von Ciona intestinalis. 2%. (ranglienzellstrang aus einem folgenden Schnitt bei stärkerer Vergrösserung. +30. Querschnitt durch die vordere Partie des Ganglienzellstrangs desselben Thieres. >52, Querschnitt durch den Ganglienzellstrang von Clavelina lepadiformis. 258°, Für alle Abbildungen dieser Tafel gelten folgende besondere Buchstabenbezeichnungen: — Flimmergrubencanal; de, = secundäre und tertiäre Flimmergrubeneanälchen bei Phallusia, fg, = seeundäre Flimmergruben der Phallusia; gs = Ganglienzellstrang; 92 = (ranglienzellen; n, = vordere Nervenstämme; n, — hintere Nervenäste; sd, — acces- sorische Neuraldrüse der Phallusia. ee ET are, en esereatärern Tafel. 17. Seeliger, Iunicaten 5 y 2 E: | E | Erklärung von Tafel xXVIl. Ascidien. s III. Suppl. 4: Du ke FE k er 2 5 . u £ Fig. . Quersehnitt durch den Flimmerbogen von Botryllus violaceus. >2#. 2. In der Nähe des Endostyls geführter Querschnitt durch den Flimmerbogen von Olavelina 7} fb, lepadiformis. >32, Querschnitt durch den dorsalen Theil des Flimmerbogens von Clavelina lepadi- formis. 328. Medianer Längsschnitt durch die hinter der Flimmergrube gelegene Region (Vereinigung der beiden Hälften des Flimmerbogens) von Olavelina lepadiformis. 32%, 5. Medianer Längsschnitt durch dieselbe Region einer kleinen Ciona intestinalis. 287. . Querschnitt durch den Flimmerbogen einer Cynthia papillosa. 287, . Stück aus einem Querschnitt durch den Flimmerbogen von Phallusia mammillata. 33°, . Querschnitt durch den Endostyl von Botryllus violaceus. 284. . Querschnitt durch den Endostyl einer Knospe von Botryllus violaceus. 338. . Querschnitt durch eine Endostylhälfte von Ciona intestinalis. +25. . Zwei Zellen aus der Drüsenregion des Endostyls einer Ciona intestinalis. 32%. Für die Abbildungen dieser Tafel gelten folgende besondere Buchstabenbezeichnungen: — vordere Ringfalte des Flimmerbogens; dfl = dorsale, mfl = mittlere, vfl = ventrale Flimmerstreifen des Endostyls; dz = dorsale, mz = mittlere, v2 = ventrale drüsige Seiten- zonen oder Seitenstreifen des Endostyls; mdz = medianer Geisselzellstreifen des Endostyls; mu —= Muskelzellen, Tafel. 18. s era = 0 Mal) I STETS Ye _ = N Reg SE en | r er nanohrlE 2 ge Ya Ele Ti. Gieseche & Devrient a ER Bau und Bedeutung der Ocelli. 321 Vertiefung, die vom Cellulosemantel vollständig ausgefüllt wird. Es ist mir aufgefallen, dass diese Cellulosemantelregion zumeist nur sehr wenig Zellen enthält und vorwiegend aus homogener Grundsubstanz besteht (Fig. 5, Taf. XII). Die die Grube bildenden Zellen sind hoch prismatisch und verbinden sich durch eine Zone immer flacher werdender Elemente mit dem Plattenepithel der Haut. Die Kerne liegen an den inneren, der Leibeshöhle zugekehrten Zellenden und sind stark färbbar. Das fein eranulirte Zellplasma zeigt nach Färbung mit Carmin- oder Hämatoxylin- lösungen am äusseren Ende eine hellere Randzone, über welcher sich, ich weiss allerdings nicht, ob von jeder Zelle aus, feine haarförmige Fortsätze erheben. Ich vermochte nicht zu entscheiden, ob diese Erhebungen als Sinneszellenhaare oder als einfache protoplasmatische Fortsätze, wie sie überall an Ektodermzellen bei der Gelluloseausscheidung auftreten können (vgl. oben p. 266), zu deuten seien. Im lebenden Thier sollen die Ekto- dermzellen der Ocellen nach Roule rothe Pigmentkörner führen. Die ektodermale Einstülpung wird dicht umschlossen von einer becherförmigen mesodermalen Zellmasse. Diese Zellen sind meist so intensiv gelbroth pigmentirt, dass die Zellkerne zwischen den Farbkörnern fast vollständig verschwinden. Sie sind vorwiegend stark abgerundet, kugelähnlich ge- staltet, zum Theil durch den gegenseitigen Druck polyedrisch geformt und liegen in mehreren Schichten über einander (Fig. 6, Taf. XII). In ihrer unmittelbarsten Nachbarschaft liegen unpigmentirte Bindegewebs- zellen aller Art. Auch ausserhalb des Pigmentbechers finden sich in der Nähe des Ocellus einzelne oder zu kleineren Gruppen vereinigte, ganz ähnlich beschaffene Pigmentzellen in der Leibeshöhle vor (Fig. 4, Taf. XII). In der Nähe der Ocellen bemerkt man zwischen den Muskeln und Bindegewebszellen feine Nervenästehen, doch vermochte ich ihren Zu- sammenhang mit den Epithelzellen des Organs und ihre Endigungsweise nicht zu erkennen. Nach Ussow tritt an jeden Augenfleck ein ziemlich starkes Nervenstämmchen wie ein Nervus opticus heran, um sich im Epithel aufzulösen. Die physiologische Bedeutung der Ocellen scheint mir noch durchaus nicht aufgeklärt zu sein, da nicht einmal die Vorfrage, ob die Ascidien überhaupt Lichtstrahlen wahrnehmen können, sicher entschieden ist. Ich habe wiederholt Ciona intestinalis, deren Ocellen einen verhältniss- mässig complieirteren Bau zeigen, in verschiedensten Weisen beschattet, ohne irgend eine Reaction des Thieres bemerken zu können. Andrerseits erwähnt neuerdings Castle (1896), dass die von ihm in Aquarien ge- haltenen geschlechtsreifen Cionen 1—-1'/, Stunden vor Tagesanbruch, zur Zeit, in der sie ihre Geschlechtsproducte auszuwerfen pflegen, in lebhafte Unruhe gerathen, wenn sie vom Lichte einer Lampe getroffen werden. Er schreibt der Czona Liehtempfindlichkeit zu und glaubt, daraus erklären zu können, dass das Laichgeschäft immer nur zur ganz bestimmten Tages- stunde eintrete, nieht nur bei Czona, sondern auch bei mehreren anderen Aseidien. Bronn, Klassen des Thierreichs. III. Spplt. 21 322 Ascidien. Der geschilderte Bau der Ocellen lässt diese in der That zur Percep- tion von Licht- oder Wärmestrahlen nicht ungeeignet erscheinen. Wenn auch das zur Grube eingestülpte Ektodermepithel in Wirklichkeit eine Retina wäre, so darf man doch mit Sicherheit behaupten, dass dieses Auge kein bildersehendes sein kann. Nur hell und dunkel, verschiedene Lichtintensitäten und höchstens verschiedene Farbenqualitäten, obwohl dieses nicht gerade sehr wahrscheinlich ist, können mit einem so primitiv gebauten Sehorgan wahrgenommen werden. Beachtet man das Vorkommen oder Fehlen der Ocellen bei den verschiedenen Ascidienarten, so möchte es fast so scheinen, als ob diesen Organen eine wichtigere physiologische Bedeutung überhaupt nicht zu- kommen könnte. Nach Heller sollen allen Species der Gattungen Mierocosmus, Cynthia, Styela und Polycarpa die Augenflecke fehlen, während sie bei einigen Molgula vorhanden sind, bei anderen dagegen nicht. Nirgend findet sich eine Andeutung darüber, dass die augenlosen Formen in ihrem Verhalten in irgend einer Weise von den Ocellen tragenden sich unterscheiden möchten. Andrerseits scheinen sich ver- schiedene Species einer Gattung und vielleicht auch die Individuen einer Art bezüglich der Ocellen verschieden zu verhalten. Unter den Cionen dürften die Augenflecken nur bei Ciona longissima*) Hartmeyer stets fehlen, während sie sonst immer sich finden. Ganz ausnahmsweise mögen sie vielleicht auch bei Ciona intestinalis vermisst werden; ich glaube mich nämlich bestimmt erinnern zu können, dass ich sie bei einigen Individuen, die in einem verdunkelten Kelleraquarium der Triester Station aufgewachsen waren, nicht aufzufinden vermochte. 2. Die Tastorgane. Während bei den freischwimmenden Tunicaten, namentlich bei den Salpen, ziemlich hoch entwickelte Hautsinnesorgane bereits mehrfach nachgewiesen worden sind, stehen die Tastapparate der festsitzenden Ascidien, in £9weit ich sie wenigstens habe nachweisen können, auf einer sehr primitiven Ausbildungsstufe. Alle Ascidien sind gegen Berührung von aussen her mehr oder minder fein empfindlich. Von den grossen Monascidien wussten das bereits die ältesten Zoologen, die sich mit diesen Thieren beschäftigt hatten, und an Synascidien (Botryllus) hat Gärtner schon im vorigen Jahrhundert nachgewiesen, dass bei leichter Berührung der Mundöffnung nur das betreffende Zooid, bei Reizung der gemeinsamen Cloakenöfinung das ganze System sich zusammenzieht und seine Körper- öffnungen schliesst (vgl. oben p. 28). Es liegt daher nahe, in der Region der Mund- und Egestionsöffnung nach Nervenendigungen oder Sinnes- zellen zu suchen, welche als Tastapparate funetioniren könnten. Als eine besonders geeignete Stelle für derartige Gebilde möchten von vornherein *) Es scheint mir allerdings nicht durchaus festzustehen, dass diese Form, die Hart- meyer hauptsächlich auf Grund eines stielartigen Fortsatzes des Hinterleibes als neu betrachtet, eine gute Species sei. Tastorgane. 323 die Mundtentakel erscheinen, nicht nur in Folge ihrer günstigen Lage im Mundeingang, sondern auch wegen der selbständigen Beweglichkeit, die ihnen zuweilen zukommt und die es ermöglicht, die Tastorgane zu den in den Mund eintretenden Fremdkörpern in jede beliebige Beziehung zu bringen. Doch muss dem gegenüber hier darauf hingewiesen werden, dass die Beobachtung der lebenden Thiere gelehrt hat, dass nicht die Tentakel, sondern der Mundeingang die tastempfindlichsten Stellen besitzen. Bei völlig ausgestreckten Thieren kann man, wie Roule an Phallusien und Lacaze-Duthiers und Delage an Cynthien beobachtet haben, die Tentakel mit einem durch die Mundöffnung eingeführten Stabe berühren, ohne bemerkenswerthe Störungen hervorzurufen. Dagegen erfolgen sofort lebhafte Contractionen, wenn der Mundrand unsanft berührt wird. Ich glaube nun bei Botryllus violaceus und Ciona intestinalis Sinneszellen aufgefunden zu haben, die als Tastorgane zu deuten sind. Bei Botryllus sitzen diese Apparate an der Spitze der die Egestions- öffnungen von vorn überdeckenden und das Dach für den gemeinsamen Cloakenraum bildenden Anallappen. Sie werden gebildet von Gruppen eigenthümlich differenzirter Zellen des ektodermalen Hautepithels; Zell- grenzen vermochte ich zwischen den einzelnen Elementen in meinem conservirten Material nicht sicher wahrzunehmen. Die Zellgruppe erhebt sich als ein langer stabförmiger Fortsatz über die Oberfläche des Epithels und erstreckt sich tief in den äusseren Cellulosemantel hinein, fast durch seine ganze Dicke hindurch (Fig. 6, Taf. XVI). In mehreren Fällen sah ich ein Nervenästchen an diese Zellen herantreten, vermag aber über seine Endigungsweise nichts auszusagen. Bei Ciona intestinalis fand ich Zellen mit starren Haarfortsätzen im Tentakelepithel (Fig. 4 und 5, Taf. XVI), konnte aber hier keine Nerven- fasern nachweisen, die sich diesen Elementen verbunden hätten. Wenn ich sie trotzdem für Sinneszellen halte, so geschieht dies, weil der Conservirungszustand meines Materials nicht ausreichend war, um alle im lebenden Thier vorhandenen feinsten Nervenverzweigungen erkennen zu lassen, und ich daher die Anwesenheit feiner Nervenästchen neben den fraglichen Zellen wohl annehmen darf. Ueberdies unterscheiden sich diese mit Haarfortsätzen versehenen Zellen von den benachbarten indifferenten des Tentakelepithels ziemlich auffallend. Ich möchte jedoch nicht unterlassen, hier darauf hinzuweisen, dass die Deutung der eben beschriebenen Gebilde als Tastapparate nicht jeden Zweifel vollständig ausschliesst. In ganz ähnlicher Weise wie die Sinnes- haare bei Ciona erstrecken sich die Secretfäden der indifferenten und die Cellulosesubstanz secernirenden ektodermalen Epithelzellen in den Cellulosemantel hinein, so dass ein Irrthum bei der Untersuchung des lediglich in Alkohol oder Formol eonservirten Materials leicht unterlaufen kann. Ferner findet man öfters, wie es mir schien besonders bei ganz alten nieht mehr voll lebenskräftigen Thieren, im Spätsommer und Herbst und auch nach mangelhafter Conservirung den Epithelverband der 21% 324 Aseidien. Ektodermzellen in der Mundhöhle und an den Tentakeln etwas auf- gelockert und die einzelnen Elemente mit frei erhobenen Zacken und Spitzen endigend, die verstümmelten Sinneshaaren nicht unähnlich erscheinen, obwohl sie nervöse Endapparate zweifellos nicht sein können. VII. Der Kiemendarm. Am Kiemendarm lassen sich zwei hinter einander gelegene Abschnitte unterscheiden. Der vordere schliesst sich unmittelbar an die Mundhöhle an und wird nicht von Kiemenspalten durchbrochen; man bezeichnet ihn als Präbranchialzone. Bei allen Ascidien tritt in dieser ein histologisch eigenartig differenzirtes reifenförmiges Gebilde auf: der Flimmerbogen. Der hintere Abschnitt ist stets weit umfangreicher als der vordere und stellt einen geräumigen Sack dar, an dem sich fünf Wände unterscheiden lassen. Eine besondere Vorderwand fehlt, da hier eine weite Verbindung mit der Präbranchialhöhle und Mundhöhle besteht. Die beiden seit- lichen Wände werden von Spalten durchsetzt und functioniren als Kiemen. Auf der ventralen Seite breitet sich der Endostyl aus, auf der dorsalen differenzirt sich die Dorsalfalte (Dorsallamina), und die Hinterwand, die den Kiemendarm vom Verdauungstractus scharf abgrenzt, ist nur von dem gewöhnlich verhältnissmässig engen Oesophagus- eingang durchbohrt. Die Form und der Bau des Kiemendarmes zählen zu den wichtigsten für die Systematik der Ascidien verwerthbaren Merkmalen. Doch scheint es mir freilich nicht richtig zu sein, die gesammte Tunicatensystematik lediglich auf die Beschaffenheit des Kiemendarmes zu gründen, wie das Lahille versucht hat (vgl. oben p. 74 u. fg.). Die einseitige Verwerthung dieses Gesichtspunktes führt meines Erachtens zu keinem natürlichen System der Tunicaten, sondern schafft vielfach neue künstliche Gruppen und trennt andrerseits näher verwandte Formen weiter von einander ab. Als die ursprünglichste Form des Kiemendarmes möchte wohl die regelmässig schlauchförmige zu gelten haben, wie sie sich etwa bei Olavelina oder Ciona und den meisten Synascidien vorfindet. Die Längsaxe des Kiemendarmes und die Princeipalaxe des ganzen Körpers fallen hier zusammen; Endostyl und Dorsalfalte verlaufen parallel zu einander und erstrecken sich von vorn nach hinten über die ganze Länge der Kieme. Die Lateralaxe und die dorso-ventrale stehen auf der Längsaxe senkrecht und sind beträchtlich kürzer als diese. Störungen dieses primären Ver- haltens treten in der Regel nur da auf, wo die äussere Körperform sich verändert zeigt. Doch gestatten ähnliche Körperformen verschiedener Gattungen nicht, auf Formähnlichkeiten der Kiemendärme zu schliessen. So erscheint z. B. unter den gestielten Monaseidien bei Fungulus und Boltenia das normale Verhalten des Kiemendarmes nur wenig verändert, bei Corynascidia dagegen hat nur der Endostyl seine typische Lagebeziehung behalten, während alle anderen Theile wesentlich verrückt und modifieirt Präbranchiale Kiemendarmregion. 325 worden sind (vgl. die Textfig. 13—15 auf p. 156 u. 157). Bei Ühelyosoma Macleayanum ist wieder der Körper in der Richtung der Hauptaxe stark verkürzt und schildähnlich flach gedrückt, hinten mit breiter Basis fest- gewachsen, und in Folge davon gewinnt nach N. Wagner der gesammte Kiemendarm eine mehr horizontale Ausbreitung. Auf die mannigfachen Verschiedenheiten, die die Form des Kiemen- darmes bei den verschiedenen Gattungen darbieten kann, näher ein- zugehen liegt mir hier fern. Die wichtigsten Eigenthümlichkeiten werden in dem die Systematik behandelnden Kapitel Erwähnung finden. 1. Die Präbranchialzone des Kiemendarmes. Die Praebranchialzone beginnt dicht hinter dem Tentakelkranz, den ich noch der Mundhöhle zugerechnet habe (vgl. oben p. 275), und erstreckt sich nach hinten bis zu dem vorderen Verwachsungssaum zwischen dem inneren Peribranchial- und dem Kiemendarm-Epithel, d. h. also bis unmittelbar zum Vorderrand der vordersten Kiemenspaltenreihe. Durch den Flimmerbogen wird sie in zwei Theile zerlegt: einen vorderen und einen hinteren, die bei den verschiedenen Formen eine sehr verschiedene Ausdehnung haben. Fast immer ist der vordere sehr beträchtlich länger als der hintere, und nur selten sind beide ziemlich gleich lang. Bei Phallusia mammillata und anderen rückt der Flimmerbogen so weit nach hinten, dass von einer hinteren Präbranchialzone kaum noch die Rede sein kann (Textfigur 62). Einige Forscher (Herdman, Maurice) nennen daher überall nur die vor dem Flimmerbogen gelegene Region Prä- branchialzone und unterscheiden den dahinter gelegenen undurchbrochenen Theil der Kiemendarmwand nicht besonders von dem eigentlichen per- forirten Kiemenabschnitt. Im Gegensatz zu der hier vertretenen Auffassung lassen auch manche Autoren (Julin) den Kiemendarm erst beim Flimmerbogen beginnen und rechnen die vordere Präbranchialzone der Mundhöhle (region buccale ou coronale) zu. Aus histologischen und entwicklungsgeschichtlichen Gründen scheint mir aber das nicht gerechtfertigt zu sein. Denn das vom Cellulosemantel bedeckte Mundepithel reicht normaler Weise nur bis zu den Tentakeln, und in den Embryonen und Knospen erstreckt sich das innere Keimblatt bis vor den Flimmerbogen, ohne sich allerdings von der ektodermalen Mundbucht später scharf abgrenzen zu lassen. Die Wandung des präbranchialen Kiemendarmes ist ein durchaus einschichtiges, meist ziemlich stark abgeflachtes Epithel. Zuweilen (Phallusia) sind die Zellen kubisch oder pflastersteinähnlich geformt, bleiben aber immer nur recht klein. Hin und wieder begegnet man kleinen Drüsenzellen. Das Epithel erscheint, wenigstens bei geöflnetem Sipho, in der Regel ganz glatt und straff ausgespannt, faltet sich aber bei starken Contractionen des Thieres in verschiedener Weise. Auch 326 Aseidien. kleinere persistirende Furchen und Falten scheinen nicht selten vorzukommen; ihr Verlauf ist mehr oder minder unregelmässig, horizontal oder vertical. Der regelmässig auftretenden Dorsalfurche bei Microcosmus ist bereits oben (p. 269) Erwähnung gethan worden. Fig. 62. iS Ss 5 ss” Se ». Pr 5 DL x and, AZ "a 1 RS I Längsschnitt durch die Präbranchialregion von Phallusia mammillata */,. Nur die dem Kiemendarm und den 'Ventakeln benachbarten Gewebe des mittleren Blattes sind eingezeichnet worden. bb = Blutbahnen; ee = Ektodermepithel der Mundhöhle; ec, — Ektodermepithel des Peribranchialraumes; en—= Entoderm des Kiemendarmes; fd — Flimmer- bogen; fb, = vordere Ringfalte am Flimmerbogen; gt = Gallerte der primären Leibeshöhle; ms — Mesenchymzellen; n — Nervenast; p Peribranchialraum; pp = Papillen der Präbranchialzone; pz —= gelbe Pigmentzellen (parasitäre Algen); rm = Ringmuskeln; t = Mundtentakel. Flimmerbogen. 827 Bei einigen Formen (Phallusia mammillata, nach Julin auch bei Aseidia mentula, Aseidiella venosa und anderen) ist die ganze Prä- branchialzone mit kleinen papillenförmigen Erhebungen besetzt, die zumeist senkrecht, zuweilen auch etwas schräg der Oberfläche aufsitzen. Das Papillenepithel zeigt die wesentlich gleiche Beschaffenheit wie das Entoderm an den anderen Stellen dieser Zone; es umschliesst immer nur sehr wenige Bindegewebszellen, die in die Leibeshöhlengallerte ein- gebettet sind. In grösseren Papillen treten zuweilen winzige Blutbahnen auf, dagegen habe ich unter den Mesenchymzellen keine Muskelelemente wahrgenommen und glaube daher, dass die Zapfen starr und unbeweglich sind (vgl. Textfigur 62). Bei Ascidia kumeides Sluiter sind in den Papillen dunkle Pigmente angehäuft. Auch bei einzelnen Synascidien findet man im Präbranchialraum einige kleine Papillen (Distoma deerratum Sluiter). Die Bedeutung der Papillen dürfte wohl darin bestehen, dass zwischen ihnen kleinere, mit dem Athmungswasser eingetretene, zur Ernährung geeignete Organismen leichter sich verfangen, besser fest- gehalten und füglich in den Bereich der vom Flimmerbogen bewegten Schleimmassen gebracht werden können, als es bei glatten Präbranchial- wänden der Fall ist. In die Präbranchialzone mündet dorsal und median die Flimmer- grube. Die Oeffnung liegt gewöhnlich auf einer höckerförmig in das Kiemendarmlumen vorspringenden Erhebung, in deren Bereich die grossen aus dem ektodermalen primären Nervenrohr stammenden Geisselzellen der Flimmergrubenwand allmählich in das flachere Epithel des Entoderms übergehen. Die Grenze zwischen beiden Theilen lässt sich im ent- wickelten Thier in der Regel nicht mehr sicher bestimmen. 2. Der Flimmerbogen. Den Flimmerbogen kannte schon Savieny als ein allen Aseidien constant zukommendes Gebilde, und er beschrieb ihn als „sillon eircon- serivant l’entree de la cavite branchiale. Cuvier und Delle Chiaje haben das Organ gelegentlich ebenfalls gesehen, aber als „Nervenring“ gedeutet. Huxley und Hancock bezeichnen den Flimmerbogen als peripharyngealorciliated band, pericoronal ridge. Lacaze- Duthiers nennt ihn gouttiere pericoronale, sillon pericoronal oder, wie auch Ed. Van Beneden, cercle pericoronal; Julin und andere unterscheiden an ihm einen bourrelet und sillon p&ericoronal. Die deutschen Autoren gebrauchen ausser Flimmerbogen auch die Ausdrücke Flimmerreifen und Flimmerrinne. Der Bau des Flimmerbogens zeigt in den verschiedenen Gruppen der Ascidien verschiedene Ausbildungsstufen einer phylogenetischen Ent- wieklungsreihe. Dadurch, dass man nicht die einfachste und primärste Form des Organs, sondern die am eigenartigsten modifieirte Endform zum Ausgang für vergleichende Speculationen über die morphologische 3238 Ascidien. Bedeutung des Flimmerbogens machte, gelangte man mehrfach zu meines Erachtens verfehlten Schlussfolgerungen. Bei den Appendicularien fanden wir den Flimmerbogen ausserordentlich einfach gebaut. Der auf jeder Seite verlaufende Halbbogen stellte im einfachsten Fall nur eine Wimper- zellreihe dar; bei den höher entwickelten Formen erwies sich der Bogen mehrere Zellen breit (vgl. oben p. 115). An dieses letztere Verhalten schliesst sich die einfachste Form des Flimmerbogens der Ascidien unmittelbar an. a) Den einfachsten und ursprünglichsten Bau des Flimmerbogens habe ich bei manchen Synascidien angetroffen und an Dotryllus violaceus speciell untersucht. In ähnlicher Weise wie bei den Appendicularien stellt sich das Organ hier als ein nur wenige Zellen breiter, in den Kiemendarm mehr oder minder tief bogenförmig vorspringender Reifen dar (Fig. 1, Taf. XVII). Die kleinen prismatisch oder kubisch geformten Zellen tragen an der das Kiemendarmlumen begrenzenden Seite ziemlich starke Wimpern und besitzen deutliche Kerne. Von dem Platten- epithel der Präbranchialzone hebt sich der Flimmerbogen meist scharf ab, doch finden sich stellenweise sowohl vorn als hinten Zellen, welche einen allmählichen Uebergang zwischen beiden Zellformen vermitteln. Von der primären Leibeshöhle her wuchert Mesenchymgewebe mit der gallertartigen Zwischensubstanz in die Axe des Reifens hinein, um diesen vollständig auszufüllen. Stets bleiben aber ein oder auch mehrere cireulär verlaufende Lückenräume als Blutbahnen im Flimmerbogen bestehen. Dieses Einwuchern des Mesenchyms findet sich in constanter Weise bei allen Ascidien wieder, nur dass es bei den höher entwickelten Formen des Flimmerbogens in reichlicherer Menge erfolgt und dass auch die Blutbahnen an Ausdehnung und zum Theil auch an Zahl zunehmen. Diese den Flimmerbogen erfüllenden mesodermalen Gewebe werden in diesem Kapitel keine weitere Berücksichtigung finden, sondern an späterer Stelle besprochen werden. Ventral geht der Flimmerbogen jederseits in das dorsale, den Endostyl auf seiner ganzen Länge begleitende Flimmerband direct über; auf der Dorsalseite vereinigen sich die beiden Bogenhälften in der Medianebene hinter der Mündung der Flimmergrube zur Bildung eines etwas breiteren Flimmerfeldes, das den wesentlich gleichen histologischen Bau zeigt wie die seitlichen und ventralen Partien des Flimmerbogens. Diese dorsale Medianpartie ist von dem bewimperten Rande der Flimmer- grube nur durch eine äusserst schmale, wenige Zellen breite Zwischen- zone getrennt, die keine Wimpern trägt. In anderen Fällen hängt die Bewimperung der Flimmergrube, wie aus den Abbildungen Herdman’s für Botrylloides fulgurale und Metcalf’s für Botryllus Gouldii (vgl. Text- figur 59 B auf p. 309) ersichtlich ist, direet mit der des Flimmerbogens zusammen. Doch bedingt das keinen wesentlichen Gegensatz, denn die Zwischenzone ist bei Botryllus violaceus so eng, dass sie die Länge der Cilien kaum übertrifft und jedenfalls eine Berührung der Wimperspitzenbeider Organe Bau des Flimmerbogens. 329 in der Medianebene nicht völlig verhindern kann. Die Erörterung dieser Verhältnisse schien mir deshalb nicht unwichtig zu sein, weil Maurice (vgl. die Anmerkung auf p. 318) aus dem Vorkommen einer wimper- losen Zwischenzone geschlossen hatte, dass das aus der Flimmergrube eventuell austretende Secret nicht zur Förderung der Verdauung bestimmt sein könne, da es jene wimperlose Zone nur schwer zu passiren und weiter hinten mit den aufgenommenen Speisen kaum in Berührung zu treten vermöchte. Wie man sieht, verhalten sich in dieser Beziehung die hier genannten Formen ganz anders. b) Eine etwas weiter vorgeschrittene Ausbildungsstufe des Flimmer- bogens bietet Olavelina lepadiformis dar. Das Organ ist beträchtlich breiter, der in das Kiemendarmlumen vorspringende Bogen höher und daher auch die Gesammtzahl der mit langen Wimpern versehenen Zellen wesentlich höher als bei Botryllus (Fig. 2, Taf. XVIII). Bei stärkeren Contractionen der Leibesmuskulatur erfährt oft auch der Flimmerbogen nicht unbeträchtliche Formveränderungen; diese können rechts und links in recht verschiedenen Weisen zum Ausdruck kommen, so dass zuweilen die Querschnitte eines Organs sich recht auffallend unterscheiden (Seeliger, 1893). Aehnliche und noch stärkere Verschiedenheiten im Verlaufe eines Flimmerbogens desselben Thieres finden sich auch häufig bei den grossen Monascidien, deren Organ einen complieirteren Bau aufweist; am beträchtlichsten fand ich sie bei Cynthia papillosa, worauf weiter unten (p. 331) noch hingedeutet ist. Ziemlich constant liegt auf jeder Seite dicht vor dem Flimmerbogen eine diesem parallel verlaufende, längere oder kürzere, mehr oder minder tief in das Kiemendarmlumen vorspringende Ringfalte des präbranchialen Entodermepithels. In diesen vorderen Ringfalten sind die Zellen ungefähr kubisch geformt, dicker als im entodermalen Plattenepithel, aber niedriger als im Flimmerbogen selbst; eine Wimperbekleidung war nicht nachweisbar (Fig. 3, Taf. XVIII). Dorsalwärts flachen sich diese Falten immer mehr ab und verschwinden gänzlich, und in der Medianebene erscheint, ähnlich wie bei Botryllus, der Flimmerbogen verbreitert und von dem hinteren Rande der Flimmergrube durch eine schmale wimperlose Zwischenzone ge- schieden (Fig. 4, Taf. XVII). c) Wohl bei allen Monaseidien und auch bei einigen Synascidien (Fragaroides) zeigt der Flimmerbogen einen etwas höheren Grad der Aus- bildung bei meist recht beträchtlicher Grössenzunahme. Die auf dem zuletzt beschriebenen Stadium noch unvollkommen entwickelte vordere Ringfalte schliesst sich dorsal und ventral zu einem vollständigen Reifen, so dass vor dem ursprünglichen Flimmerbogen, zwischen diesem und der vorderen ihm vollkommen parallel verlaufenden Ringfalte, eine continuirliche eireculäre, mehr oder minder tiefe Rinne (sillon pericoronal oder gouttiere pericoronale der französischen Autoren) entsteht. Da die vordere Ringfalte auf diesem Stadium zu einem vollständigen Reifen ge- schlossen ist, erhebt sie sich auch in der Medianebene dorsal kammförmig 3530 Aseidien. in der wimperlosen Zwischenzone zwischen der Flimmergrube und dem eigentlichen Flimmerbogen (Fig. 5, Taf. XVII). Bei den meisten Ascidien besteht die Ringfalte aus wimperlosen Zellen, und daher ist die Rinne nur hinten von den Flimmerzellen des Flimmerbogens begrenzt. In diesen Fällen unterscheiden sich der eigentliche Flimmerbogen und die vordere Ringfalte meist recht auf- fallend nicht blos durch Vorhandensein oder Fehlen der Bewimperung, sondern auch durch die übrige histologische Beschaffenheit und die Art der Faltung des Epithels.. So ist z. B. bei Ciona die vordere Falte von vorn nach hinten stark comprimirt, kammförmig gestaltet, während Fig. 63. A Längsschnitt durch die Präbranchialregion einer Ciona intestinalis, circa *°%, b Der Flimmerbogen aus einem benachbarten Schnitt stärker vergrössert 1#/, bb = Blutbahnen; bz —= Blutzellen; ee = Ektodermale Leibeswand; en = Entoderm- epithel; fb = Flimmerbogen; fd, = vordere Ringfalte; gt = Gallerte der primären Leibes- höhle; %s = Kiemenspalte; im = Längsmuskeln; p = Peribranchialraum; pz = Prä- branchialzone des Kiemendarmes; rm = Ringmuskeln; # = Mundtentakel. der hintere Bogen ansehnlich breit erscheint, hinten allmählich die Be- wimperung verliert und dort ein Plattenepithel bildet, das unregelmässig ausgebuchtet ist (vgl. Textfigur 63 A, D, sowie Fig. 5, Taf. XVIII). Be- sonders wichtig werden diese Unterschiede, wenn im Flimmerbogenepithel Drüsenzellen auftreten, die im vorderen Reifen stets zu fehlen scheinen (vgl. hier die Textfigur 62 auf p. 326). Verhältnissmässig zahlreich finden sich, wie zuerst Julin nachgewiesen hat, solche Drüsenzellen bei Phallusia mammillata (Fig. 7, Taf. XVIII, Textfigur 74 A). Ganz vereinzelt Bau des Flimmerbogens. 331 und nicht einmal constant bei allen Individuen traf ich aber auch bei Olavelina lepadiformis und Ciona intestinalis solche Elemente im Flimmer- bogen an. Bei ihrer stets nur sehr geringen Anzahl kann hier aber die produeirte Schleimmenge nur eine äusserst geringe sein und daher für die Nahrungsaufnahme eine wesentliche selbständige Bedeutung nicht besitzen. Zuweilen (Cynthien) erfährt die vordere Ringfalte eine höhere Ausbildung, gewinnt Bewimperung und gleicht dann spiegelbildlich durchaus dem hinteren Flimmerbogen, so dass beide Gebilde zusammen wie ein einheitliches Organ erscheinen, an dem eine vordere und hintere, eine Rinne umschliessende Partie unterschieden werden können. Sehr schart ausgeprägt zeigt sich dieses Verhalten bei Cynthia papillosa (Fig. 6, Taf. XVIII). Die von den Wimperwänden vorn und hinten begrenzte Rinne erweist sich hier an den verschiedenen Stellen in Form und Tiefe überaus variabel. Zuweilen ist sie nur ganz flach, so dass Flimmerbogen und vordere Ringfalte in den Durchschnitten tellerförmig, fast flach aus- gebreitet daliegen, zuweilen wieder ist sie sehr tief, und ihre Wandungen weisen dann verschieden geformte hufeisenähnliche oder trichterförmige Querschnittsbilder auf. Von den früheren Autoren wird überall die vordere Ringfalte nur als ein besonderer Theil des Flimmerbogens selbst aufgefasst. Julin nennt sie in höchst unpassender Weise levre interne du bourrelet pericoronal, obwohl sie doch näher der Mundöffnung, also mehr nach aussen zu, liegt als der hintere Bogen, den er als levre externe be- zeichnet. Viel richtiger hatte man schon früher (Lacaze-Duthiers und andere) am Flimmerbogen eine Vorderlippe (levre anterieure = vordere Ringfalte*) und Hinterlippe (levre posterieure — eigent- licher Flimmerbogen) unterschieden. Wenn ich hier diese beiden Gebilde nicht als verschieden differenzirte Abschnitte eines ursprünglich einheit- lichen Bogens, sondern als zwei, zwar dicht neben einander, aber doch selbständig aufgetretene Faltenbildungen des Präbranchialepithels be- trachtet habe, so waren mir für diese Auffassung solche Verhältnisse ausschlaggebend, wie sie oben als Stadium b) für Olavelina beschrieben wurden. Doch verhehle ich mir nicht, dass eine endgültige Klärung dieser Frage erst durch die Untersuchung der ontogenetischen Entwicklung des auf der höheren Ausbildungsstufe (c) stehenden, durch eine vordere Ringfalte ausgezeichneten Flimmerbogens zu erwarten ist. Die Quer- schnitte durch die ausgebildeten Organe bei Ciona (Textfigur 63) und Cynthia (Fig. 6, Taf. XVIII) scheinen sogar auf den ersten Anblick eher darauf hinzudeuten, dass eine ursprünglich einheitliche, in das Kiemen- darmlumen bogenförmig sich vorwölbende Ringfalte erst nachträglich *) Da Lacaze-Duthiers das Vorderende der Aseidie als hinteres oder unteres bezeichnet, ist es selbstverständlich, dass seine „lame inferieure“ des „cerele pericoronal“ die vordere Ringfalte bedeutet. 332 Ascidien. durch eine tiefere Ringfurehe in zwei später zum Theil verschieden sich weiter bildende Abschnitte zerlegt worden wäre. d) Bei mehreren Monaseidien (Corella parallelogramma, Aseidiella scabra, Ascidiella venosa, Ascidia mentula, Ascidia compressa) beobachtete Julin (1881) Verhältnisse, die von den eben beschriebenen nicht unwesent- lich abweichen sollten. Auch hier setzt sich zwar der Flimmerbogen aus wei Falten zusammen, aber nur die vordere Ringfalte soll zu einem vollständigen Kreise geschlossen sein, die hintere dagegen, der eigent- liche Flimmerbogen, aus zwei vollständig getrennten, rechts und links gelegenen Hälften bestehen. Jede dieser beiden Hälften verschmilzt ventral mit der vorderen Falte und endet dorsal, ohne die Medianebene zu erreichen, entweder mit freiem sich verflachendem Rande oder indem sie, sowie es ventral der Fall ist, mit der vorderen Ringfalte verwächst. Die zwischen der Ringfalte und dem Flimmerbogen gelegene Flimmerrinne besteht also hier ebenfalls aus zwei völlig getrennten Theilen, aus zwei halbkreisförmigen Rinnen, von denen jede sowohl ventral wie dorsal allmählich sich abflacht und selbständig endigt. In gewisser Weise würde der Flimmerbogen der Molgula ampulloides nach den Angaben von Van Beneden und Julin (1884) ein Zwischen- stadium zwischen diesem und dem vorher beschriebenen Verhalten darbieten. Denn während die vordere wimperlose Ringfalte sich so wie überall kreisförmig schliesst, zeigt der Flimmerbogen dorsal in der Median- ebene ein bei den verschiedenen Individuen wechselndes Aussehen. Häufig verbinden sich hier der rechte und linke Halbbogen so wie die Vorderfalte zu einem vollständigen Ringe, zuweilen aber bleiben die beiden Hälften auch getrennt und unverbunden bestehen. Jene von Julin untersuchten Formen bieten auch in sofern eine Besonderheit, als die zwischen beiden Falten gelegene Flimmerrinne zwar allseitig von einem gleichartigen Cylinderepithel umgrenzt wird, aber doch nur an ihrem Grunde und nicht auch vorn und hinten Wimpern trägt. Ebenso sind beide Falten des Flimmerbogens auf der in das Kiemendarmlumen vorspringenden Höhe mit je einem Flimmerband aus- gestattet. Die Flimmern senken sich mit verdiekten Enden in das Plasma der Cylinderzellen ein, so dass diese einen von Poren durch- setzten Randsaum zu besitzen scheinen. Es darf aber nieht unerwähnt bleiben, dass gegen diese Darstellung Julin’s später Roule (1854) nach- drücklich Widerspruch erhoben hat. Bei Ascidia mentula und Aseidia scabra hat er den Flimmerbogen untersucht und hier im Wesentlichen die gleichen Verhältnisse angetroffen wie bei Ciona intestinalis. Darnach möchte es fast so scheinen, als ob das von Julin beschriebene Verhalten, dass nämlich rechts und links zwei isolirte und völlig getrennte Flimmer- rinnen bestehen, bei den Aseidien überhaupt nicht vorkomme. Epibranchialrinne. Eine besondere Besprechung erfordert die mediane dorsale Region, in der die rechten und linken Bogenhälften . Epibranchialrinne. 333 sich vereinigen, denn hier finden sich bei verschiedenen Formen recht beträchtliche und wichtige Unterschiede. Sehr häufig (Ciona) erweitert sich hier die zwischen der vorderen und hinteren Ringfalte des Flimmer- bogens gelegene Rinne zu einer mehr oder minder umfangreichen, ver- schieden geformten Vertiefung. Gewöhnlich buchtet sich nur die hintere Ringfalte schnabelförmig nach hinten aus, und indem sie sich gleichzeitig verbreitert, entsteht ein kleines medianes Wimperfeld (diverticule coronale von Lacaze und Delage), das in der Regel nur wenig vertieft erscheint (Textfigur 64). Von der Dorsalfalte des Kiemendarmes ist hier der Flimmerbogen scharf und deutlich abgegrenzt, denn unmittelbar Fig. 64. Fig. 65. Fig. 64. Die Region der Flimmergrube und das Vorderende der Dorsalfalte einer jungen Oiona intestinalis von innen aus gesehen °°/.. Fig. 65. Schematische Darstellung der Epibranchialrinne einer Ascerdia. df = Dorsalfalte; fb — hintere Ringfalte des Flimmerbogens; fb, —= vordere Ringfalte; fg = Flimmergrube; fr = Rinne des Flimmerbogens, von beiden Ringfalten begrenzt; fr, = Mediane Erweiterung der Rinne, sog. Epibranchialrinne; %s — Kiemenspalten, nur einige sind eingezeichnet; nd — Neuraldrüse; r2 —= Rückenzapfen. nach hinten zu folgt zunächst eine breite Zone unregelmässig und sehr flach gewellten Plattenepithels (Fig. 9, Taf. XVI, zeigt sie im Längsschnitt, Textfigur 57, p. 304 im Querschnitt getroffen), während die eigentliche, Rückenzapfen tragende Dorsalfalte erst in einiger Entfernung merklicher hervortritt und sich kammförmig erhebt. Aehnlich wie bei Ciona verhält sich diese dorsale Medianpartie des Organs bei zahlreichen anderen Formen, bei Rhodosoma, Rhopalaca und anderen Monascidien und, wie es scheint, bei allen den Synascidien, deren Flimmerbogen aus zwei Ringfalten 354 Aseidien. lich zusammensetzt. Die Unterschiede beschränken sich im Wesent- lichen darauf, dass das mediane Wimperfeld bald mehr bald weniger schmal und längsgestreckt sein kann. r Bei den meisten Cynthideen und Molguliden, ferner bei allen () Species der Gattungen Corella, Ascidia, Phallusia, Ascidiella etc. scheinen Fig. 66. : Acht Querschnitte durch die Dorsalregion des Flimmerbogens und das Vorderende der Dorsalfalte von Uynthia papillosa ®/,. Für E = '%/,; für H = %),.. df — Dorsak falte; ep = Epibranchialrinne; g = Ganglion; fb = hintere, fb, —= vordere Ringfalte des Flimmerbogens; ks = Kiemenspalte; r2 = Rückenzapfen. auf den ersten Anblick recht verschiedene und eigenartige Verhältnisse in der Ausbildung der dorsalen Medianzone des Flimmerbogens zu herrschen; ich stimme aber mit Roule darin überein, dass die von Julin gegebene Deutung und Auffassung unzutreffend ist und dass auch hier derselbe Typus wie bei Ciona vorliegt, wenngleich er in recht erheblicher Weise modifieirt sein kann. Nachdem die rechte und linke Hälfte des Flimmerbogens sich dorsal der Medianebene genähert haben (Textfigur 66), vereinigen sich zunächst nur die beiden Hälften der Verschiedene Formen der Epibranchialrinne. 335 vorderen Ringfalte (B, C), während die der hinteren parallel zu einander weiter nach hinten verlaufen und einen Längsecanal zwischen sich ein- schliessen (D). Erst am Hinterende dieses Canals verschmelzen die beiden Flimmerbogenhälften mit einander (E), und dahinter beginnt die die Rückenzapfen tragende Region der Dorsalfalte (F. @.). Während hier bei Cynthia der vom hinteren Dorsaltheil des Flimmer- bogens umschlossene Canal nur kurz und seicht ist, erscheint er in anderen Fällen verhältnissmässig sehr tief und langgestreckt (vgl. Fig. 20, Taf. XIX). Man hat diesen Canal als Epibranchialrinne bezeichnet (gouttiere &epibranchiale nach Julin, gouttiere dorsale nach Roule) und als den Vordertheil der Dorsalfalte aufgefasst, der in einer dem Endostyl vergleichbaren Weise sich umgebildet hätte (Julin). Wie hier aber gezeigt wurde, kommt die Epibranchialrinne dadurch zu Stande, dass die Dorsalregion des Flimmerbogens sich weit nach hinten ausdehnt und auf die Dorsalfalte, die sich ganz im Bereich der Kiemenspaltenregion erhebt, hinübergreift. (Vgl. hier die beiden Textfiguren 64 und 65, p. 333.) Im Bereiche der Epibranchialrinne erscheint daher das Vorderende der Dorsalfalte wie durch einen Längsspalt in zwei Lamellen getheilt. Bei Phallusia mammillata ist dieser Längsspalt von ansehnlicher Länge und Tiefe; er reicht weit nach hinten und spaltet die Dorsalfalte fast bis zu ihrer dorsalen Basis in zwei annähernd gleiche rechts und links gelegene Hälften (Textfigur 67, A). Nach vorn zu flacht sich die Rinne ab und setzt sich dann nach rechts und links in die von den beiden Ringfalten des Flimmerbogens gebildete Ringfurche fort (vgl. Textfigur 67, C und D); hinten vereinigen sich die beiden Wandungen der Epibranchial- rinne, und das Dorsalband erscheint einheitlich. Die Form der Epibranchialrinne ist nicht überall die gleiche. Bei Phallusia mammillata stellt sie im Allgemeinen einen in der Median- ebene verlaufenden Spalt dar, dessen Weite an den verschiedenen Stellen allerdings nicht unerhebliche Verschiedenheiten aufweisen kann. Bei Ascidia mentula ist nach Julin der basale Theil der Rinne so beträchtlich aus der Medianebene herausgerückt, dass das Organ im Querschnitt fast halbkreisförmig erscheint (Fig. 20, Taf. XIX). Ich sah dagegen die Epibranchialrinne bei der gleichen Art in nicht unerheblicher Weise ver- schieden. Namentlich im hinteren Abschnitt rückt sie völlig auf die rechte Seite des Dorsalbandes und mündet, im Gegensatze zu Julin’s Angaben, mit mächtig verbreiterten Rändern in den Kiemendarm. Vorn und hinten ist sie etwas verschieden geformt, was übrigens auch bei fast allen anderen durch eine Epibranchialrinne ausgezeichneten Arten vor- kommt. Demnach scheinen bei Aseidia mentula ziemlich auffallende individuelle Verschiedenheiten zu bestehen, und das Gleiche gilt vielleicht für die meisten Ascidien, bei denen die Verschiedenheiten sich namentlich in mehr oder minder weitgehenden Faltungen einer oder auch beider Wandungen der Epibranchialrinne äussern. Es können entweder nur einfache oder gegabelte und sogar krausenartige Aussackungen 336 Aseidien. auftreten und eine sehr erhebliche Vergrösserung der Epithelfläche herbei- führen (Textfigur 67, D). Fig. 67. f Hu N 5 THUN TB) o o 999 Nr © 2209 8” ef f © o:.909 nn =} BD Querschnitte durch die Epibranchialrinne einer Phallusia mammillata. A = Schnitt dureh den vorderen Theil ®/,; B — Sehnitt durch die Mitte ®/,; C = Schnitt durch das vorderste Ende ®/,,; D — Schnitt dureh die vordere Mündung der Rinne ®/,; E = Stück aus dem Epithel bei stärkerer Vergrösserung ?%/,.. Nur die gelben Zellen sind im Mesenchym eingezeichnet. db — Blutbahn; bg = Bindegewebe; df — Dorsalfalte; en = Entoderm; ep —= Epibranchialrinne; g2 = gelbe Zellen; ks — Kiemenspalten; pz Protozoen; sch = Schleim; schz = Schleimzellen. Begrenzt wird die Epibranchialrinne von einem durchaus ein- schichtigen Flimmerepithel, das mir überall dem Epithel des Flimmerbogens im Wesentlichen zu gleichen schien. Ich fand daher bei Physiologische Bedeutung und Verlauf der Epibranchialrinne. 337 Phallusia mammillata auch sofort neben den indifferenten Flimmerzellen typische Drüsenzellen. Im hinteren Abschnitt dürften diese etwas spärlicher vorkommen wie im vorderen, aber auch hier wird man zumeist länger suchen müssen, um sie so dicht neben einander anzutreffen, wie es in Textfigur 67 E gezeichnet ist. Diese histologische Beschaffenheit gestattet ohne Weiteres, einen Schluss auf die physiologische Bedeutung der Epibranchialrinne zu ziehen. Die Drüsenzellen sind Schleimzellen, deren Secret in die Rinne gelangt. Im hinteren Abschnitt lassen sich bei Phallusia mammillata zumeist nur sehr spärliche, selten grössere Secretmengen in der Rinne nachweisen, weiter vorn fand ich stets beträchtlichere Schleimmassen, die einzellige Algen und andere Nahrungskörper enthielten (Textfigur 67 0). Die von den Epibranchialwandungen abgeschiedenen Secrete fliessen daher in Folge der Thätigkeit der Flimmerzellen nach vorn zu, um dort, wo die Rinne sich ganz abflacht (Textfigur 67 D), mit den vom Endostyl und den seitlichen Theilen des Flimmerbogens stammenden Schleimmassen sich zu vereinigen und seitlich von der Dorsalfalte nach hinten zu strömen (vgl. hier auch Textfigur 75 auf p. 358). Da ich Algenzellen und andere einzellige Organismen, die im vorderen Epibranchialtheil im Schleim eingeschlossen waren, zum Theil bereits verändert sah, scheint es mir nahe zu liegen, anzunehmen, dass die Seerete auch für die Verdauung nicht ohne Bedeutung sind. Die Epibranchialrinne hätte demnach die Aufgabe, die secretorische Fläche zu vergrössern, sie stellt ein drüsiges Organ dar, in dem allerdings die Drüsenzellen selbst verhältnissmässig recht spärlich vertheilt sind. Es ist daher durchaus nicht auffallend, dass Julin (1881) zwar den Schleim im Lumen der Epibranchialrinne, nicht aber die Drüsenzellen in den Wandungen bemerkte. Sowie Julin habe auch ich niemals die Epibranchialrinne über die gesammte Dorsalseite des Kiemendarms sich ausdehnen sehen, sondern stets war sie auf den vorderen Theil der Dorsalfalte beschränkt. Nach Kupffer (1872) soll dagegen bei Molgula ampulloides V. Ben. und Eugyra arenosa Ald. und Hanc. eine durch die ganze Länge sich erstreckende, von zwei „Leitfalten“ begrenzte „Leitfurche* vorkommen; bei beiden Arten soll die rechte Leitfalte stärker entwickelt sein als die linke. Es liegt die Annahme nahe, dass diese Leitfurche lediglich eine besonders stark verlängerte Epibranchialrinne darstellt, obwohl sich das aus den vorliegenden Darstellungen mit Bestimmtheit nicht entnehmen lässt und es ebenso gut der Fall sein könnte, dass es sich hierbei um eine ganz verschiedene Bildung handelt. Den Angaben Kupffer’s wider- sprechen übrigens spätere Darstellungen; es fehlte mir aber das Material, um eine Untersuchung dieser Verhältnisse vorzunehmen und die Frage zu entscheiden. Der Verlauf des Flimmerbogens, sowohl des einfachen als auch des aus zwei Ringfalten sich zusammensetzenden Organs, kann normaler Weise als kreisförmig oder kreisähnlich bezeichnet werden, und zwar Bronn, Klassen des Thier-Reichs. IIT. Spplt. 22 338 Aseidien. steht die Ebene dieses Kreises mehr oder minder genau senkrecht auf der Längsaxe des Thieres. Sehr häufig aber krümmen sich die beiden Bogenschenkel auf der dorsalen Seite mehr oder minder stark nach hinten zu, bevor sie sich mit einander in der Medianebene vereinigen, und bilden auf diese Weise ein dreieckiges‘ Dorsalfeld, in welchem die Flimmer- grube liegt. Eine solche, oft sehr spitzwinklige Vereinigung*) der beiden rechts und links gelegenen Flimmer- bogenhälften begegnet man bei sehr zahl- reichen Arten einfacher und zusammen gesetzter Ascidien (Textfig. 69). Doch erscheint die Winkelgrösse keineswegs als ein constantes Speciesmerkmal, son- dern schwankt, wie besonders Van Beneden und Julin (1884) für Mol- gula ampulloides betont haben, bei ver- schiedenen Individuen oft sehr erheblich. In zahlreicheren Fällen, bei Mon ascidien (Molgula Forbesi, Ascopera gigantea, Quleolus perlucidus und anderen) und Synascidien (Coelocormus Huzleyi bilden die Schenkel des Flimmerbogens nicht einfache glatte Bogen, sondern erweisen sich in mehr oder minde complicirter Weise schlangenförmig gewunden (Textfigur 68). Dabei ist aber zu beachten, dass, wie ich bei Dorsaltheil des Flimmerbogens, Ganglion, ee Bogen D2 derartige Fig Neuraldrüse und Flimmergrubenfeld von dungen auch lediglich dureh starke Coelocormus Huzxleyi Herd. (NachHerd- Üontractionen des gesammten Körpers man.) %%,. fb — Flimmerbogen; {7 = an solchen Flimmerbogen hervorgerufen Flimmergrube; g= Ganglion ; nd—Neu- werden können, die im lebenden und Paz ausgestreckten Zustand glatt verlaufen Wo also nur conservirte Thiere mit fest geschlossenen Siphonen zur Untersuchung vorlagen, wie es in den oben angeführten Beispielen zumeist der Fall gewesen zu sein scheint, können die Angaben über einen schlangenförmig gewundenen Flimmerbogenverlauf noch nicht überall für sicher erwiesen angesehen werden. Die Windungen können in allen Theilen des Flimmerbogens vor- kommen, oder nur auf einen bestimmten Abschnitt beschränkt sein. In =) Bei Ascidia sabulosa Sluit. verlaufen die Flimmerbogenschenkel dorsal sehr weit nach hinten und vereinigen sich erst weit hinter der Flimmergrube; ihre Annäherung erfolgt nur so allmählich, dass, wie sich aus Sluiter’s Abbildung entnehmen lässt, der hintere Winkel des von ihnen begrenzten dreieckigen Feldes weniger als 10° beträgt. Physiologische Bedeutung des Flimmerbogens. 339 der Regel ist dann der dorsale Abschnitt geschlängelt, der ventrale gerade gestreckt (Ascrdia compta Sluiter). Die physiologische Bedeutung des Flimmerbogens ist im Wesent- lichen überall, auf welcher Ausbildungsstufe das Organ auch stehen mag, die gleiche wie bei den Appendieularien. Seine wichtigste Aufgabe besteht darin, die aus dem Vorderende des Endostyls austretenden Schleimmassen aufzufangen und durch die Thätigkeit seiner Wimpern nach der Dorsal- seite des Thieres zu befördern, so dass im Vordertheil des Kiemendarms Fig. 69. Dorsaltheil des Flimmerbogens und Flimmergrube von Cynthia irregularis Herd. (Nach Herdman) °®/,.. fd = Flimmerbogen; fg = Flimmergrube. stets ein Schleimkranz sich bewegt, in welchem die mit dem Athmungs- wasser eingeführten, zur Ernährung der Ascidie geeigneten kleinen Organismen festgehalten werden. Die Ausbildung einer vorderen Ring- falte schafft eine Rinne, die eine bessere Bahn für die fortzubewegenden Schleimmengen darstellt und gleichzeitig eine stärkere Ansammlung des Secrets gestattet. In den erwähnten Fällen, in denen auch Drüsenzellen im Flimmerbogen vorkommen, hat das Organ überdies noch die Fähigkeit, Schleim abzusondern. Dieser dürfte von dem Secret des Endostyls kaum verschieden sein und also auch die nämliche Bedeutung beim Fang der Nahrung haben. Von Wichtigkeit scheint aber diese secretorische Thätig- keit des Flimmerbogens nur bei Phallusia mammillata zu sein, wo die Drüsenzellen zahlreich genug auftreten, um beträchtlichere Schleimmassen absondern zu können. Die wenigen Drüsenzellen, die bei anderen Formen 22* 340 Ascidien. im Flimmerbogen sich finden, vermögen nur so wenig Schleim zu secerniren, dass diese Menge gegenüber den vom Endostyl gelieferten Massen kaum in Betracht kommt. 8. Der Endostyl. Der an der Bauchseite des Kiemendarmes verlaufende Endostyl ist schon Cuvier und Savigny bekannt gewesen, doch wird seine Lage, im Zusammenhang mit der umgekehrten Orientirung des Aseidienkörpers, als dorsale bezeichnet und das Organ sillon dorsal genannt. Als es sich später zeigte, dass die Region, an welcher der Endostyl verläuft, nicht die Rückenseite ist, musste der Name nothwendiger Weise geändert werden. Lacaze-Duthiers, der die Bauchseite nach vorn (avant) kehrt (vgl. oben p. 169), nennt den Endostyl raph& anterieur, andere Forscher bezeichnen ihn richtiger als raph& oder sillon ventral, wie auch von deutschen Forschern schon längst die Ausdrücke Bauch- furche, Bauchrinne, Bauchfalten*) und ähnliche mehr gebraucht wurden. Mehr eingebürgert haben sich noch die Namen Hypo- branchialrinne, Hypobranchialfurche oder Hypobranchial- falten (gouttiere hypobranchiale, hypobranchial groove). Die Bezeichnung Endostyl hat Huxley (1851) zunächst für Salpen und Pyrosomen eingeführt, allerdings auf Grund einer irrthümlichen Auffassung über den Bau des Organs. Der Bäu. Der Endostyl stellt im Wesentlichen eine rinnenförmige Ausstülpung des ventralen Medianstreifens des Kiemendarmes dar und zeichnet sich durch eine höchst eigenartige histologische Differenzirung seiner Wandungen aus. Ohne auf den feineren Bau einzugehen hatten ihn schon Savigny und Cuvier als einfache Längsspalte oder hohle Falte des inneren Mantels beschrieben, und die Darstellung Siebold’s (1548) ist im Wesentlichen ganz zutreffend, wenn sie den Endostyl als einen Halbcanal oder eine Rinne bezeichnet. „Dieser Halbcanal‘“, heisst es weiter, „besteht nämlich aus zwei schmalen Falten, welche unterhalb des an der inneren Wand der Mundröhre angebrachten Tentakelkranzes ihren Ursprung nehmen, längs der äusseren grossen Curvatur der Athem- höhle herablaufen und sich vom Grunde derselben bogenförmig nach der entgegengesetzen Seite hinaufbegeben, um hier nach kürzerem Verlaufe dicht unter der Mundöffnung zu endigen.“ Der Irrthum, der in dieser Schilderung steckt, besteht nur darin, dass das Flimmerband der Hinter- wand des Kiemendarmes, das Retropharyngealband, ohne Weiteres als das Hinterende des Endostyls angesehen wird. Siebold glaubt, dass — wenigstens bei Salpen — die Rinne „vielleicht durch das Aneinanderlegen ihrer freien Ränder sich beliebig in eine Röhre verwandeln“ könne und *) Allerdings wurden diese Namen früher vielfach nur für den Dorsaltheil des Endostyls verwendet, den man von dem ventralen irrthümlicher Weise vollständig abge- trennt sein liess. Bau des Endostyls. 341 dass die Falten der Rinne mit einem Flimmerepithelium versehen seien. Dieser Schilderung gegenüber bezeichnet die spätere Darstellung Huxley’s einen entschiedenen Rückschritt. Est ist gewiss kein gewöhnliches Vor- kommen, wenn eine Reihe ausgezeichneter Forscher bei Anwendung vollkommenerer Untersuchungsmethoden und besserer optischer Hilfsmittel die richtigen Befunde der älteren Beobachter nicht nur nicht zu bestä- tigen vermag, sondern sogar die bereits zur allgemeineren Anerkennung gelangte richtige Erkenntniss durch einen Irrthum verdrängt. Das, was sieh im Kiemendarm der Tunicaten den älteren Beobachtern als einfache "Faltung darstellte, glaubte Huxley (1851) als ein complicirter gebautes Organ in Anspruch nehmen zu müssen, und Leuekart und andere sind ihm hierin gefolgt. Die Bauchfalten, die Huxley als Epipharyngeal- falte bezeichnet, sollten darnach nur den vollkommen abgetrennten dorsalen Theil des Organs darstellen, während ventral ein besonderes stab- förmiges Gebilde, das Endostyl genannt wurde, verlaufen sollte. Dieser Endostyl Huxley’s ist aber kein isolirtes Röhrenorgan, sondern nur der ventrale Boden der offenen Rinne. Es vergingen mehr als 20 Jahre, bevor der durch Huxley eingeführte Irrthum beseitigt wurde. Besonders haben sich R. Hertwig, Fol und Lacaze-Duthiers um die Er- forschung des Endostylbaues verdient gemacht. a) Der einfachste Bau, den der Endostyl bei den Aseidien aufweist, erhebt sich recht erheblich über das höchste Stadium, bis zu welchem sich dasselbe Organ bei den Appendieularien entwickelt (vgl. oben p. 115). Zwar findet man bei der Durchmusterung der Abbildungen bei älteren und neueren Autoren Querschnitte durch Endostyle besonders von Syn- ascidien in einer solchen Weise gezeichnet, dass die betreffenden Organe einen sehr einfachen, nur sehr wenig über das Appendicularien-Stadium sich erhebenden Bau aufweisen müssten. Obwohl das Vorkommen solcher einfacher Endostylformen bei den Aseidien a priori durchaus nicht unwahr- scheinlich ist und dieser Nachweis nur höchst willkommen sein könnte, habe ich doch Bedenken getragen, jene Angaben hier zu verwerthen und solche primitive Stadien besonders anzuführen. Denn es schien mir, und in ein und dem anderen Fall habe ich mich durch Nachunter- suchung direct davon überzeugen können, dass alle jene Darstellungen einfach gebauter Endostyle auf die Untersuchung mangelhaft conservirten Materials oder noch jugendlicher unentwickelter Formen zurückzu- führen sind. Wenn auch augenblicklich die vergleichend anatomische Betrachtung der vollständig entwickelten Formen unmittelbar an das Appendicularien- stadium anschliessende Aushildungsstufen des Endostyls uns nicht kennen lehrt, so thut dies doch die ontogenetische Entwicklung. Sowohl in jüngeren Knospen als in Larven findet man die Endostylanlage als eine einfache aus zwei Hälften zusammengesetzte rinnenförmige Ver- diekung des medianen ventralen Kiemendarmepithels. Die Cylinderzellen sind ansehnlich hoch und gehen jederseits dorsalwärts allmählich in das 342 Aseidien. Plattenepithel des Kiemendarmes über (Fig. 9, Taf. XVII). Auf einem älteren Stadium erscheint jede Endostylhälfte in zwei Partien ge- sondert: in eine dorsale und eine ventrale. Die letztere vereinigt die drei sich erst später differenzirenden Theile: die beiden Drüsenzellstreifen der mittleren und ventralen Zone sowie den zwischen diesen beiden sich ausbreitenden seitlichen ventralen Flimmerstreifen. In der Medianebene werden beide Hälften des Endostyls durch den schmalen noch in Ausbildung begriffenen Medianstrei- fen verbunden, und an den Dorsalrändern der Falte, wo diese in das Kiemendarmepithel sich umschlägt, beginnt sich jederseits der dorsale Flimmerstreifen zu diffe- renziren. Ich möchte glauben, dass auf dieser Ausbildungsstufe der Endostyl der Molgula gigantea Cunn. verharrt, ohne sich weiter zu ent- wickeln, wenn nämlich die Abbildung, die Herdman von einem Querschnitte durch das Organ giebt, in allen Theilen correct ist. Eine Copie habe ich als Text- figur 70 hergesetzt. Man bemerkt im basalen Theil des Endostyls jederseits nur zwei stärker vor- springende Lippen, von denen ich die obere (dl) Fig. 70. (uerschnitt durch den Endostyl von Molgula gigantea Cunn. (Nach Herdman.) Mittelstarke Vergrösserung. en — Entoderm des Kiemendarmes; dl! = Dorsallippe; i B vl = Ventrallippe des Endostyls; v, — verdickte Epithl- dem Dorsalstreifen, die region; mdz = Medianzone. untere (vl) der noch nicht aufgelösten Anlage für die drüsigen mittleren und ventralen Seitenstreifen homologisiren möchte. Die dorsalen Verdiekungen des Epithels (v,), die Herdman ebenfalls als Endostyllippen bezeichnet, scheinen mir in der Form und im histologi- schen Bau von den dorsalen Seitenstreifen aller anderen Ascidien 80 wesentlich verschieden, dass ich sie mit diesen nicht vergleichen kann. b) Im Endostyl aller anderen bisher eingehender untersuchten Ascidien lassen sich jederseits drei Drüsenzonen und ebenso viele Flimmer- streifen und endlich ein unpaarer medianer Streifen von Geisselzellen a Bau des Endostyls. 3453 unterscheiden (vgl. Textfigur 71). Die dorsalen Flimmerstreifen liegen rechts und links vom Eingang in die Endostylrinne, dort, wo das Kiemendarmepithel sich zum Endostyl ausstülpt. Vorn setzen sie sich jederseits in den Flimmerbogen fort, hinten gehen sie in das Flimmer- band (Retropharyngealband) der hinteren Kiemendarmwand über. Die Streifen zeigen eine sehr verschiedene Breite und bestehen aus einer Schicht ziemlich lange Flimmern tragender Cylinderzellen, die, unter Ver- lust der Bewimperung sich abflachend, allmählich in das Plattenepithel des Kiemendarmes übergehen. Medianwärts folgt auf die Flimmerstreifen Fig. 71. Halbschematischer Querschnitt durch den Endostyl von Clavelina lepadiformis ?°],. ds —= dorsaler, ms = mittlerer, vs — ventraler drüsiger Seitenstreifen; dfl —= dorsaler, mfl = mittlerer, vfl = ventraler seitlicher Flimmerstreifen,; en — Entodermepithel des Kiemendarmes; mds — Medianstreifen. eine längere oder kürzere Zone wimperloses Epithel. Dieses ist in der Regel feiner als in den Flimmerstreifen, zuweilen nur ein Platten- epithel, manchmal aber auch von der gleichen Dicke wie in den dorsalen Streifen und dann zumeist aus Cylinderzellen gebildet. Uebrigens ist die histologische Beschaffenheit nicht an allen Stellen die gleiche, sie wechselt besonders da, wo die Ausdehnung dieser Zone eine verhältniss- mässig grosse ist (Uynthia papillosa), und fast überall findet man die ventralen Theile dieses Epithels mehr oder minder stark verdickt. Ziemlich unvermittelt schliessen sich an diese Zone die dorsalen Seitenstreifen an, die überall (?) secretorische Function auszuüben scheinen. Auch hier ist das Epithel einschichtig, doch ausserordentlich stark verdiekt; am häufigsten erscheint es im Durchschnitt wurst- oder bohnenförmig oder in ähnlicher Weise gestaltet, immer mit der stärker 344 Aseidien. convex gekrümmten Fläche gegen die primäre Leibeshöhle gekehrt, gegen das Endostyllumen zu häufig concav gebogen. In Folge dieser Krüm- mung sind die einzelnen Zellen vorwiegend pyramidenähnlich gestaltet; die Kerne liegen in den verbreiterten, der Leibeshöhle zugekehrten Enden, doch da, wo die Zellen dicht an einander gepresst und stabähnlich dünn sind, nicht überall in den gleichen Höhen (Fig. 10, Taf. XVII). Eine Wimperbekleidung dürfte überall fehlen; meines Wissens ist sie in neuerer Zeit nur von Roule (1884) für Ciona intestinalis beschrieben worden, doch konnte ich sie bei der nämlichen Form nicht nachweisen. Form, Grösse und feinerer Bau der einzelnen Elemente zeigen bei den verschiedenen Arten nicht unerhebliche Unterschiede, und auch die Be- deutung als Drüsenzellen ist noch durchaus nicht überall festgestellt. Von diesen dorsalen Drüsenstreifen durch eine meist nur wenige Zellen breite, aus cubischen oder cylindrischen Elementen gebildete Flimmerzone, den mittleren Flimmerstreifen, geschieden, breitet sich auf jeder Seite des Rinnenbodens eine umfangreiche, erst in späteren ontogenetischen Stadien in einzelne Partien sich sondernde Drüsenzellen- region aus. Stets kann man im vollständig entwickelten Endostyl jeder- seits einen mittleren und einen ventralen drüsigen Streifen unterscheiden, die durch eine Flimmern tragende Zwischenzone, den ventralen seitlichen Flimmerstreifen, verbunden werden. Die Sonderung in diese beiden Drüsenstreifen und den ventralen Flimmer- streifen erweist sich bei den verschiedenen Formen verschieden weit vor- geschritten, so dass auf Grund dieser Verschiedenheiten der hier unter b) besprochene Bautypus des Endostyls in mehrere eine phylogenetische Entwicklungsreihe bildende Untertypen sich auflösen lässt. Im einfachsten Fall, der unter den Synaseidien (Fragaroides aurantiacum nach Maurice) vorkommt, sind der ventrale und mittlere seitliche Drüsenstreifen einander fast völlig gleich und auch vom dorsalen kaum merklich verschieden. Sie bestehen alle aus einer Schicht ziemlich grosser keilförmiger Zellen, die auf den Durchschnitten durch das Organ in fächerförmiger Anordnung erscheinen, die Spitzen sind gegen das Endostyllumen gerichtet. Die ventralen seitlichen Flimmerstreifen setzen sich aus zahlreichen stäbchenförmigen Zellen zusammen, die fast die gleiche Länge haben wie die benachbarten Zellen der drüsigen Streifen; sie führen ihre Kerne in wechselnden Höhen. Gegen das Lumen des Endostyls zu sind sie bewimpert, und vielleicht trägt jede Zelle nur eine Wimper. Ein weiter vorgeschrittenes Stadium der Differenzirung bezeichnet es, wenn die ventralen und mittleren Drüsenstreifen zwar einander noch gleichen, aber von den dorsalen sowohl in der Gestalt wie im feineren histologischen Verhalten sich mehr oder minder auffallend unterscheiden (vgl. für Dotryllus violaceus Fig. 8, Taf. XVII). Weiterhin endlich sehen wir Mittel- und Ventralstreifen in ver- schiedener Weise sich ausbilden. Beide bestehen zwar aus sehr ähnlichen meist Br Bau des Endostyls. 3545 keulenförmigen Zellen, deren Plasma in der Regel mehrere durch verschiedene Färbbarkeit ausgezeichnete Querzonen erkennen lässt (Fig. 11, Taf. XVII), unterscheiden sich aber durch die Zahl und Grösse ihrer Elemente und zuweilen auch durch ihre Gesammtform nicht unerheblich von einander. Wie mir scheint, wird diese Verschiedenheit der beiden Drüsenstreifen immer begleitet von einer Umformung des sie verbindenden ventralen seitlichen Flimmerstreifens, denn ich fand ihn nicht mehr aus langen Stäbehen- zellen, sondern aus erheblich kürzeren eylindrischen Flimmerzellen ge- bildet (vgl. Fig. 10, Taf. XVIID). Ich traf diesen complieirten Endostyl- bau bei grossen, völlig erwachsenen Individuen der Ciona intestinalis an, während ich in kleineren, wenngleich schon geschlechtsreifen Thieren immer nur das vorhergehende Stadium sah, in welchem die beiden benachbarten noch gleichartigeren Drüsenzellenregionen durch die stäbchen- förmigen Zellen der ventralen Flimmerstreifen inniger verbunden sind. In dieser letzteren Form zeichnen auch Roule (1884) und Dohrn (1885) die Querschnitte durch den Endostyl der Ciona, und es möchte demnach fast scheinen, als ob hier die am höchsten differenzirte Endform nicht überall im Alter erreicht würde, sondern nur gelegentlich als eine individuelle Variation aufträte. Als ein letzter niemals fehlender Theil des Endostyls ist schliesslich der mediane Geisselzellstreifen zu nennen, jene am Grunde der Rinne gelegene und beide Hälften verbindende Zone. Sie ist immer nur sehr schmal, zwei oder wenig mehr Zellen breit. Diese sind meist ziemlich klein, prismatisch oder selbst stäbchenähnlich geformt und tragen Je eine mächtige Geissel, die den Zellkörper um ein Vielfaches an Länge übertrifft und zuweilen, die ganze Höhe des Endostyls überschreitend, in das eigentliche Kiemendarmlumen hineinragt. Bei Ciona intestinalis zeigt der Medianstreifen in sofern eine complieirtere Ausbildung, als seine lateralen Zellen sich unter Veränderung ihrer Gestalt theilweise über die benachbarten ventralen Drüsenstreifen hinwegschieben und diese von innen überdecken (Fig. 10, Taf. XVII). Die Geisseln erreichen nach Roule zuweilen eine Länge von reichlich 2 mm. — Der hier geschilderte Bau des Endostyls erfährt nur an dessen beiden äussersten Enden eine Veränderung. Sowohl vorn wie hinten schliesst sich nämlich die Rinne, und der Endostyl zieht sich in je einen zipfel- förmigen Blindsack aus. In diese Blindsäcke setzen sich die dorsalen Flimmerstreifen nicht fort, denn vorn weichen sie, wo die Rinne sich schliesst, aus einander, um in den Flimmerbogen überzugehen, und hinten vereinigen sie sich oft dorsalwärts vom Blindsack zu einem hinteren Flimmerband*). Beide Blindsäcke bestehen also fast ausschliesslich aus den Drüsenstreifen der Endostylwand, doch kann deren histologische Be- schaffenheit in diesen Endtheilen eine recht auffallende Veränderung *) Dieses Flimmerband wird als „Retropharyngealband“ im fünften Abschnitte dieses Kapitels eingehend beschrieben werden. Lacaze-Duthiers anerkennt es nicht als eine besondere Bildung, sondern fasst es lediglich als den Hintertheil des Endostyls auf. 346 Aseidien. erfahren. Der hintere Blindsack ist oft nur ausserordentlich kurz, bei mässigen Vergrösserungen an Totalpräparaten zuweilen gar nicht wahr- nehmbar. In vielen Fällen aber zieht er sich in eine Röhre von ziemlich ansehnlicher Länge aus und ragt zapfenförmig weit in die hintere Leibes- höhle hinein (Ciona intestinalis, Cynthia aretica und viele andere). Der vordere Sack wurde schon von Savigny bei zahlreichen Ascidien beobachtet und als „tubercule post&erieur“ beschrieben; seine wahre Bedeutung aber blieb zunächst unaufgeklärt. Delle Chiaje und weit später noch Giard hatten ihn als ein nervöses Organ in Anspruch genommen. Ein sehr eigenthümliches Verhalten des vorderen Endostylabschnitts findet sich bei Aseidia bifissa Sluiter. Es hat zur Speciesbezeichnung Veranlassung gegeben, weil hier das Organ nicht als ein einfacher kurzer Blindsack, sondern gabelig gespalten erscheint. Der Verlauf des Endostyls ist im Allgemeinen dadurch fest bestimmt, dass das Organ sich aus der ventralen Medianzone des Kiemendarm- epithels entwickelt. Fast immer ist der Endostyl innerhalb der Median- ebene mehr oder minder stark bogenförmig gekrümmt und zwar stets in der Weise, dass die convexe Seite ventral, die concave dorsal liegt. Zuweilen findet sich auch statt einer regelmässigen Bogenkrümmung eine knieförmige Knickung, die in vereinzelten Fällen (Chondrostachys Macdonaldi, Polyelinum insulum Sluiter) so beträchtlich ist, dass ein spitzer Winkel gebildet wird. Doch erscheint es hier, sowie bei anderen Formen, welche mit gekniektem Endostyl abgebildet worden sind, zweifel- haft, ob nicht diese Krümmungen lediglich eine Folge ungenügender Conservirung und starker Leibescontraetion sind und ob sie im lebenden ausgestreckten Thier überhaupt vorkommen. Derartige Bedenken gelten mit Recht auch gegenüber einigen von den Angaben, die den Endostyl einen geschlängelten, rechts und links in Bogen hervortretenden Verlauf nehmen lassen. Bei kleineren durchsichtigen Ascidien (Olavelina) kann man sich davon leicht überzeugen, wie der Endostyl bei starken Contrae- tionen der Leibesmusculatur sich in derartige Falten legt, während er im ausgestreckten Zustand genau in der Medianebene verläuft, ohne Windungen aufzuweisen. Doch giebt es unter einfachen und zusammen- gesetzten Ascidien zahlreiche Arten, deren Endostyl auch im völlig aus- gestreckten Thier einen mehr oder minder stark geschlängelten Verlauf zeigt (mehrere Distoma, Psammaplidium, Aplidium, Leptocliinum und viele andere). Zuweilen erstreckt sich die Schlängelung nicht gleichmässig über den ganzen Endostyl, sondern tritt nur an einem Theile auf, sei es im vorderen (Styela rustica L., St. aggregata Rathke, Amaroucium astrae- oides Sluit.) oder im hinteren (Amaroucium simplex Sluit.). Bei zahl- reichen anderen Arten der hier genannten Gattungen verläuft der Endostyl gerade gestreckt, so dass die Form des Endostyls höchstens als Artmerkmal in Betracht kommt. Auch in anderen Beziehungen verhält sich der Endostyl nicht überall Verlauf des Endostyls. 347 auf seinem ganzen Verlauf gleichartig. So kommt es z. B. häufiger vor, dass der hintere Abschnitt sich allmählich verjüngt und beträchtlich zarter und dünner wird als der vordere. Besonders auffallend ist dieser Unter- schied im hinteren, im spitzen Winkel umgeknickten Endostyltheil von Polyelinum insulum. Querschnitt durch die mediane Ventralregion von Cynthia papillosa ®/,. (Der äussere Cellulosemantel ist weggelassen.) a = äusseres Epithel des Peribranchialraumes; db — Blutbahnen; dfl = dorsale”Flimmer- streifen des Endostyls; ee = ektodermales Hautepithel; en = Entodermepithel des Kiemen- darmes; es = Endostyl; f = Faltungen der Peribranchialwand, sog.;Endocarps; gl = Gallerte der Leibeshöhle; kd — Kiemendarmhöhle; ks —= Kiemenspalten; "Im = Längs- muskeln; p = Peribranchialraum ; rm = Ringmusculatur; sep = ventrales Bindegewebs- septum mit Blutbahnen. Bei Dendrodoa Kükenthali Hartmeyer ist der vordere Endostyl- abschnitt nicht nur gefaltet, sondern die freien Ränder verkleben hier so fest mit einander, dass ein geschlossener Canal gebildet wird, während hinten eine breite niedrige Rinne bestehen bleibt. Da der Endostyl als eine rinnenförmige Ausstülpung des medianen ventralen Kiemendarmepithels sich bildet, ist er von aussen her von der die Leibeshöhle erfüllenden Gallerte und von dem in ihr enthaltenen Mesenchymgewebe umschlossen. Vom ektodermalen Hautepithel ist sein 348 Aseidien. ventraler Boden überall durch eine weite und ausserdem zumeist noch durch eine Anzahl kleinerer Blutbahnen getrennt; bei den kleinen Syn- ascidien liegt nur wenig, bei den grösseren Monascidien häufig sehr reichliches Binde- und Muskelgewebe zwischen Endostyl und Ektoderm- epithel. In vielen Fällen (Uynthia) erscheint der Endostyl innerhalb der Medianebene nach dem Rücken zu verschoben und von der Leibeswand beträchtlich weit abgerückt. Bedingt wird diese Verschiebung durch die Ausbildung eines ventralen gallertigen, zahlreiche Blutbahnen führenden Bindegewebsseptums, das median zwischen dem rechten und linken Peri- branchialraum hindurch wächst, dorsalwärts sich ausbreitet und den Endostyl umgiebt und vor sich herschiebt. So wird durch das Septum eine grosse dorsalwärts gerichtete und tief in das Lumen vorspringende Faltung der ventralen Kiemendarmwand hervorgerufen, und der Endostyl erscheint in diese Falte hineingehängt, von dem umgebenden Kiemen- darmepithel auf jeder Seite durch die Dorsaltheile des Bindegewebs- septums getrennt. Durch diese Faltung ist die ventrale Kiemendarmwand beträchtlich vergrössert; das ansehnliche Stück Entodermepithel, das auf jeder Seite das Septum bekleidet, ist natürlich nieht von Kiemenspalten durchbrochen, und die Dorsalränder des Endostyls sind daher von der eigentlichen Kiemenregion durch breite Zwischenzonen getrennt (vgl. hier Textfigur 72). Die physiologische Bedeutung des Endostyls ist erst in neuerer Zeit klar erkannt worden, nachdem früher eine Reihe der wider- sprechendsten Auffassungen verbreitet war. Auf dem richtigen Wege, dass der Endostyl für die Nahrungsaufnahme von Wichtigkeit sei, war schon Siebold (1848), der ja auch den anatomischen Bau des Organs in seinen Hauptzügen bereits richtig erkannt hatte; er glaubte, dass durch die Flimmerbewegung der Endostylzellen „die bei den Athembewegungen mit dem Wasser in die Leibeshöhle gerathenen festen Nahrungsstoffe auf der Rinne nach der Mundöffnung”*) geleitet werden“, und fügt hinzu, „es entspricht diese Rinne wohl weniger einem offenen Oesophagus, als viel- mehr einer Tentakelrinne, wie eine solche bei den Lamellibranchien auf beiden Seiten des Maules vorkommt.“ Nachdem aber Huxley den Endostyl als einen hyalinen isolirten Stab beschrieben hatte, der ventral und ausserhalb des Kiemendarmes verlaufen sollte, konnte diesem Gebilde eine solche Function nicht mehr zukommen, sondern höchstens nur dem Dorsaltheil des wirklichen Endo- styls, den man als selbständiges Organ betrachtete und früher Epipharyngeal- oder Bauchfalten nannte. Der stabförmige Endostyl wird denn daher auch bald ziemlich allgemein als ein Stützapparat für den Kiemen- darm aufgefasst. Nur Leuckart (1854) vertrat, wenigstens für den Endostyl der Salpen, eine wesentlich verschiedene Auffassung, obwohl u. Pe *) Unter „Mundöffnung“ ist hier der Eingang in den Oesophagus, unter „Leibes- höhle“ die Kiemendarmhöhle zu verstehen. Physiologische Bedeutung des Endostyls. 349 er den anatomischen Bau des Organs in genau der gleichen Weise be- schrieb wie Huxley. Den Bauchfalten ist er geneigt die von Siebold festgestellte Bedeutung zuzuerkennen, und er betrachtet diese Furchen als „die Analoga der sog. Labialpalpen oder Mundlappen bei den zwei- schaligen Muscheln“. In dem röhrenförmigen Endostyl dagegen ver- muthet er einen secretorischen Apparat, fügt aber selbst hinzu, dass er vergebens nach einem Absonderungsproducte in dessen Innenraume gesucht habe und dass andrerseits der Endostyl eine gewisse Aehnlich- keit mit der als Sinnesorgan zu deutenden Flimmergrube besitze, eine Aehnlichkeit, die aber doch vielleicht nicht ausreichend sei, um „beiderlei Gebilde derselben Organengruppe zuzurechnen‘. Diese letztere von Leuckart nur angedeutete Möglichkeit, dass der Endostyl ein Sinnesorgan sein könne, hat später Richard Hertwig (1871) durch eine eingehendere Darstellung des anatomischen und histologischen Baues zu erweisen versucht, ohne allerdings im Stande zu sein, die Qualität des Sinnesorgans näher bestimmen zu können. Als damit verwandt darf auch die Ansicht Giard’s, die übrigens vom Autor selbst bald aufgegeben wurde, bezeichnet werden, dass der Endostyl ein nervöses Organ sei, von welchem Nervenstränge ausgehen. Die Erkenntniss der wahren Bedeutung des Endostyls verdanken wir Fol, der durch Fütterungsversuche lebender Appendiecularien, Doliolum und anderer Tunicaten mit Carmin den Nachweis führen konnte, dass — wie schon Leuckart richtig vermuthet hatte — der Endostyl in der That ein secretorischer Apparat und zwar eine Schleimdrüse sei. Für die Nahrungsaufnahme hat das Organ bei Aseidien und allen anderen Tunicaten die gleiche Bedeutung, die oben (p. 114) bereits für die Appendicularien aus einander gesetzt wurde. Die vom Endostyl secernirten Schleimmassen werden durch die Geissel- und Flimmerbewegungen hauptsächlich nach vorn geführt, gelangen in den Bereich der Flimmer- bogen, durch die sie zumeist nach dem Rücken zu getrieben werden; dort bewegen sie sich dann wieder nach hinten zu bis in den Oesophagus hinein. Eine verdauende Kraft scheint dieser Schleim sehr oft überhaupt nicht, in manchen Fällen aber wohl nur in schwächerem Maasse zu besitzen; seine Aufgabe ist also hauptsächlich die, die kleinen mit dem Athmungs- wasser eingetretenen Organismen festzuhalten und in den Verdauungs- traetus überzuführen. Gegen diese Auffassung ist seither meines Wissens nur durch Roule (18834) Widerspruch erhoben worden. Der Endostyl soll kein secretorischer Apparat sein, sondern lediglich eine flimmernde Rinne darstellen, in welcher der von der Neuraldrüse abgesonderte durch die Bewimperung des Flimmerbogens weiter beförderte Schleim sich von vorn nach hinten zu bewegt. An den verschiedensten Stellen soll der Schleim wieder aus der Rinne austreten, auf die Seitenwandungen des Kiemen- korbes und füglich wieder auf dessen Rücken gelangen, um dort in den Oesophagus übergeführt zu werden (vgl. oben p. 317). Die oben 350 Aseidien. mitgetheilten Befunde des histologischen Baues des Endostyls sprechen aber durchaus nicht für eine derartige Anschauung. Eine völlig einwand- freie Widerlegung liesse sich wohl durch das Experiment gewinnen, da die grösseren Ascidien (Ciona) nach Exstirpation des Ganglions und der benachbarten Organe längere Zeit lebensfähig bleiben. Ist die Neural- drüse wirklich das einzige Schleim bildende Organ, so würde sich das wohl unschwer feststellen lassen, und auch die Nahrungsaufnahme müsste, wenigstens bis zur eventuellen Regeneration der Drüse, in einer ver- änderten Weise erfolgen, wenn sie in dieser Periode überhaupt stattfindet. 4. Die Dorsalfalte. So wie auf der ventralen Seite der Endostyl findet sich auf der dorsalen die Dorsalfalte als eine median verlaufende bandförmige Zone des Kiemendarmepithels, die von Kiemenspalten nicht durchbrochen wird und daher für die Athmung weniger grosse Bedeutung hat. Schon Savigny hat die Dorsalfalte beobachtet, er hat sie als einen Längssinus gedeutet und vaisseau anterieur genannt. Huxley nennt das Gebilde hypopharyngealband und führt, ebenso wie Leuckart, ganz richtig aus, dass nur dieser dorsale Theil und nicht der ganze Kiemenkorb der Ascidien dem Kiemenband der Salpen zu homologisiren sei. Seither ist dieses Organ vielfach und eingehender nachuntersucht worden und hat eine Menge neuer Namen erhalten, die alle noch in Gebrauch sind. Die deutschen Autoren verwenden ausser Dorsalfalte noch die Bezeichnungen Leitfalte, Dorsalband, die englischen ausser Huxley’s Namen oral lamina oder oral band (Hancock), dorsal lamina (Herdman), die französischen gebrauchen raph& posterieur ou sillon vibratile posterieur (Lacaze-Duthiers, Fol), raph&@ dorsal (Julin). Der Bau. Den Appendicularien fehlt noch eine besondere Dorsal- falte im Kiemendarm; sie wird vertreten einestheils von den Dorsaltheilen der rechten und linken Hälfte des Flimmerbogens, die der Medianebene nahe nach hinten zu verlaufen, füglich sich vereinigen und bis zum Oesophaguseingang erstrecken, anderentheils von dem zwischen diesen Abschnitten des Flimmerbogens liegenden Medianstreifen des Kiemendarm- epithels. Die Dorsalfalte der Ascidien hat sich also aus dem Theil des Kiemendarmes entwickelt, der in der Classe der Appendicularien von dem dorsalen medianen Hinterende des Flimmerbogens*) gebildet und begrenzt wird, oder, anders ausgedrückt: der ursprüngliche Flimmerbogen der Appendicularien ähnlichen Vorfahrenform erscheint bei den Ascidien in die beiden zwar eng verbundenen, aber doch zumeist sehr verschieden *) Die hinteren Theile der beiden Bogenhälften verhalten sich bei Appendicularien auch nach ihrer Vereinigung bis zum Eintritt in den Oesophagus fast stets so übereinstimmend mit den vorderen seitlichen und ventralen Abschnitten, dass es ungerechtfertigt wäre, das einheitliche Organ vorn und hinten mit verschiedenen Namen zu belegen. De Bau der Dorsalfalte. 351 gestalteten Theile, in Dorsalfalte und Flimmerbogen, aufgelöst. Die Herkunft dieser beiden Gebilde aus einem ursprünglich einheitlichen Organ erklärt es, dass über ihre Abgrenzung Unsicherheit bestehen kann. Dazu kommt noch, dass bei vielen Ascidien der dorsale Mediantheil des Flimmerbogens sich nach hinten zu in eine Rinne (Epibranchialrinne) auszieht, die der Lage im Bereiche der Kiemenspaltenregion zufolge durchaus dem Vorderabschnitt der Dorsalfalte anderer Species entspricht. Wie oben (p. 335) schon ausgeführt worden ist, wird diese Rinne ge- wöhnlich auch ganz der Dorsalfalte zugerechnet, obwohl sie vollständig vom Flimmerbogen umgrenzt wird, dessen rechter und linker Schenkel sich erst hinter ihr verbinden. Ich glaube nicht, dass diese Verhältnisse, wo sie gegenwärtig bei Ascidien vorkommen, direet aus einem Appendi- eularien ähnlichen Stadium sich hervorgebildet haben, sondern meine, dass es sich überall um eine secundär aufgetretene, allerdings in einer dem ursprünglichsten Verhalten ähnlichen Weise sich gestaltende Aus- breitung der Medianpartie des Flimmerbogens handeln möchte. Ich habe daher auch oben (p. 334) die Epibranchialrinne der verschiedenen Mon- ascidien von einer ähnlichen schnabelförmigen Ausbuchtung des hinteren Flimmerbogens abgeleitet, wie sie bei Ciona vorkommt. a) Im einfachsten Fall stellt sich die Dorsalfalte als eine durchaus glatte, mehr oder minder tief in die Kiemendarmhöhle vorspringende faltenartige Erhebung des medianen Entodermepithels dar. Sie kann etwas breiter, balkenartig oder seitlich stark comprimirt, leisten- artig und selbst membranähnlich erscheinen und umschliesst dem ent- sprechend einen weiteren oder engeren Divertikel der primären Leibes- höhle, mehr oder minder reichliches Bindegewebe und weitere oder engere Blutbahnen. Ihre Wandungen sind überall ein einschichtiges Epithel, und die Zellen unterscheiden sich zumeist durch bedeutendere Grösse und besonders durch eine höhere prismatische Gestalt von den flacheren Elementen der benachbarten Kiemendarmregion. Wenn auch vielleicht nicht in seiner ganzen Ausdehnung, so scheint doch über weitere Strecken das Epithel der Dorsalfalte eine Flimmerbekleidung zu besitzen. Diese einfache Form der Dorsalfalte scheint für alle Gattungen der Botrylliden (Botryllus, Polycyclus, Botrylloides, Sarcobotrylloides, Sym- plegma) und auch für Polystyeliden (Goodsiria, Synstyela, Chorizo- cormus) charakteristisch zu sein. Bei den letzteren erreicht sie zuweilen (Goodsiria dura) eine recht ansehnliche Höhe und beginnt an ihrem freien Ende sich spiralig einzurollen. — An das Stadium der Goodsiria schliesst unmittelbar. an die Stufe der Ausbildung, die die Dorsalfalte bei zahlreichen oder auch allen Species der Gattungen Microcosmus, Styela, Pelonaca, Styelopsis, Polycarpa, Stolonica, Heterocarpa, Bathyonceus; Hypobythius; Ascopera, Eugyra und manchen Molgula aufweist. Auch hier ist das Organ membranartig ge- staltet in Folge der starken seitlichen Compression, die die Faltung erfährt. Die Wandungen sind zunächst überall gleichartig beschaffen und glatt, 352 Aseidien. entweder straff ausgespannt oder mehr oder minder stark wellenförmig nach rechts und links hin ausgebogen, so dass eine undulirende Membran entsteht. Der freie ventrale Rand ist in der Regel ganz glatt und höchstens mit sanft an- und absteigenden, sehr flachen bogen- förmigen Erhebungen besetzt, die von den eigentlichen Rückenzapfen des folgenden Stadiums in der Gestalt sich sehr auffallend unterscheiden. Sehr häufig verläuft die Dorsalfalte nicht genau in der Median- oder in einer Paramedianebene, sondern sie krümmt sich in ihrem ventralen Theil nach der einen oder anderen (zumeist nach der rechten) Seite, so dass sie eine Rinne bildet und einen Theil der Kiemendarmhöhle unvollkommen aberenzt (Fig. 16, Taf. XIX). Zuweilen tritt im dorsalen Kiemendarm neben der eigentlichen Dorsal- falte und von ihr überdacht eine besondere rinnenförmige Vertiefung, die Dorsalrinne oder Dorsalfurche (gouttiere dorsale Lacaze- Duthiers’) auf, die von der oben (p. 332) beschriebenen Epibranchial- rinne ganz verschieden ist, obgleich beide Gebilde zumeist von den Autoren”) nicht scharf aus einander gehalten werden. Die Epibranchial- rinne verläuft, wo sie überhaupt vorkommt, nur im vorderen Theil der Dorsalfalte ziemlich genau in der Mittellinie und ist als eine Ausbuch- tung der Flimmerrinne vom Flimmerbogen umgrenzt; die Dorsalfurche liegt stets ganz ausserhalb des Flimmerbogens, ist durch diesen auch immer von der Flimmerrinne getrennt, verläuft seitlich von der eigent- lichen Dorsalfalte und erreicht zuweilen die gleiche Länge wie diese, indem sie sich über die ganze Rückenseite des Kiemendarmes erstreckt. Die Dorsalrinne zeigt bei den verschiedenen Arten verschiedene Grade der Ausbildung. Unter den Cynthideen findet sie sich bei der socialen Form der Styelopsis grossularia bereits wohl angedeutet, besser entwickelt ist sie bei Styela variabilis und besonders bei Polycarpa rustica, wo sie links, und bei Polycarpa comata, wo sie rechts von der Dorsalfalte gelegen ist. Im histologischen Bau verhält sich die Dorsalfalte auf diesem Stadium im Wesentlichen ebenso wie auf dem vorher beschriebenen. Die Wandung stellt ein einschichtiges Epithel dar, das sich vorwiegend aus prismatischen bewimperten Zellen zusammensetzt. Im ventralen Theil ist die von ihr umschlossene primäre Leibeshöhle spaltförmig und von einem Bindegewebe fast vollkommen ausgefüllt, im dorsalen Basaltheil, wo die Faite sich erweitert zeigt, treten umfangreichere Blutbahnen auf (Fig. 16 und 17, Taf. XIX). *) Kupffer’s „Leitrinne“ entspricht zumeist dieser Dorsalfurche, doch wird auch die Epibranchialrinne, als ob sie dasselbe Gebilde wäre, unter jener Bezeichnung be- schrieben. Roule’s „gouttiere dorsale“ entspricht der Epibranchialrinne und bedeutet somit etwas anderes als die gleiche Benennung bei Lacaze-Duthiers und Delage, die — wenigstens bei Cynthien — genau mit dem von mir Dorsalrinne genannten Organ übereinstimmt. Verschiedene Formen der Dorsalfalte. 353 b) Ein anderer Typus ist durch das Auftreten von Rückenzapfen oder Dorsalzungen (languettes m&edio-dorsales ou dorsales der französischen, languets der englischen Autoren) ausgezeichnet. Die Zapfen sind zumeist tentakelartige Ausstülpungen der medianen dorsalen Kiemendarmwand (Dorsalfalte). Sehr häufig entspringen sie nicht in der Mitte des dorsalen von Kiemenspalten nicht durchbrochenen Median- streifens, sondern mehr oder minder weit dessen seitlichen Rändern genähert, bei manchen Formen (F’ragaroides) schon im Bereich der Kiemenspalten, zwischen den einzelnen Spaltenreihen. Wahrscheinlich erheben sie sich niemals senkrecht über der Dorsalfalte, sondern sind stets, wenigstens da, wo sie eine etwas bedeutendere Länge erreichen, nach hinten zu und gleichzeitig nach rechts oder links geneigt, so dass sie — ähnlich wie auf dem vorher beschriebenen Stadium die membran- artige Dorsalfalte selbst, aber nur viel unvollkommener — eine Art Längscanal ganz unvollständig umgrenzen (Fig. 1, Taf. XIX). Ihre Wandung besteht aus einem durchaus einschichtigen Epithel, das zum grossen Theil bewimpert ist und selbst in einem Zapfen in recht ver- schiedener Weise differenzirt sein kann; man trifft daher zuweilen auf einem Querschnitt ganz verschiedene Zellformen neben einander an (Fig. 2, Taf. XIX). Die Zapfen umschliessen Divertikel der primären Leibes- höhle, enthalten ein mehr oder minder zellenreiches Bindegewebe und Blutbahnen und bewirken dadurch eine Vergrösserung der athmenden Oberfläche. Bei manchen Rhabdocynthia führen sie stäbchenförmige Kalkspieula. Muskelfaserzüge sind in diesem Bindegewebe meines Wissens bisher nicht nachgewiesen worden, und es dürften daher, wie schon Milne-Edwards angab, die Rückenzapfen eine selbständige Beweglichkeit nicht besitzen. Deshalb verharren sie aber doch nicht starr und unabänderlich in der gleichen Lage, denn die an der Basis der Dorsalfalte hinziehenden Muskeln (vgl. Fig. 9 und 10, Taf. XIX) können bei bestimmten Faltungen der dorsalen Kiemendarmwand gleichzeitig auch Verschiebungen der Rückenzapfen hervorrufen. Die Gestalt der Rückenzapfen bietet sehr mannigfache Verschieden- heiten. Zumeist ist sie zapfen- oder fingerförmig mehr oder minder langgestreckt, oft schlauchförmig weit ausgezogen. Zuweilen sind die Rückenzapfen von vorn nach hinten zu beträchtlich comprimirt und gleichzeitig an der Basis erweitert, so dass sie zungenförmig werden und eine ausgeprägt dreikantige Gestalt erhalten (Rhopalaca, HBhopalopsis). Sehr häufig sind besonders die grossen Zapfen durch Längsfurchen in mehrere zum Theil auch histologisch recht verschiedene Streifen gesondert und bieten dann auf den Durchschnitten manchmal complieirtere Bilder (Fig. 2, Taf. XIX). Zumeist lässt sich dann noch ein bilateraler oder auch zweistrahliger Bau des Rückenzapfens deutlich erkennen, wenngleich oft in Folge einer Krümmung und gleichzeitigen Drehung des Zapfens um seine Axe die beiden spiegelbildlich gleichen Hälften nicht mehr rechts und links, sondern ventral und dorsal zu liegen kommen, Bronn, Klassen des Thier - Reichs. III. Spplt. 23 354 Aseidien. So wie die einzelnen Rückenzapfen bei verschiedenen Ascidien einen verschieden hohen Grad der Ausbildung aufweisen können, lassen sich auch bezüglich ihrer Anordnung und Stellung auf der Dorsalfalte ver- schiedene Stufen unterscheiden. Im einfachsten Fall (die meisten Syn- ascidien) entspringen die Zapfen meist mehr oder minder seitlich an der Falte, immer genau in der Verlängerung der je zwei Kiemenspalten- reihen trennenden Quergefässe. Da auch vor der ersten und hinter der letzten Kiemenspaltenreihe ein Kückenzapfen auftreten kann, ist die Anzahl der Zapfen und Reihen entweder gleich oder um eins verschieden. Ganz ähnlich ist auch die Anordnung bei den meisten socialen Aseidien (Clavelina, Fig. 1, Taf. XIX) und Monascidien, wo die Zapfen grösser, complieirter geformt und zumeist zahlreicher werden. Zuweilen erscheint allerdings an manchen Stellen diese Uebereinstimmung mehr oder minder auffallend gestört. Bei den Formen, bei denen die Kiemenspalten keine regelmässigen Querreihen bilden (Chelyosoma, einige Corella), besteht natürlich jene Zahlenübereinstimmung nicht, obwohl auch hier wenigstens die Blutbahnen der Rückenzapfen sich in die Quergefässe der Kieme fortsetzen. Eine weitere Mannigfaltigkeit im Aussehen der Dorsalfalte wird dadurch hervorgerufen, dass die Rückenzapfen eines Thieres nicht alle von gleicher Länge zu sein brauchen, obwohl das allerdings zumeist ziemlich genau der Fall ist. Manchmal folgen einander genau alter- nirend längere und kürzere Zapfen (zuweilen bei Corynaseidia Suhmt). Complieirter erscheint die Dorsalfalte, wenn die Rückenzapfen in zwei Längsreihen angeordnet sind. Dabei können die Zapfen entweder alle von gleicher Länge sein und auf der rechten und linken Reihe einander ziemlich genau gegenüber stehen (gewisse Individuen von Coryn- ascidia Suhmi), oder die Zapfen der einen Seite sind beträchtlich kleiner und zahlreicher als auf der anderen (Uynthia hispida, CO. papillosa; vgl. Fig. 7 und 8, Taf. XIX). Bei Corella parallelogramma sind nach Kupffer (1874) die Rückenzapfen zwar auch in zwei Reihen angeordnet, in diesen aber unregelmässig vertheilt. c) Die beiden beschriebenen Typen der Dorsalfaltenausbildung stehen nicht unvermittelt neben einander. So sind z. B. bei Forbesella tessellata die in einer Reihe angeordneten Rückenzapfen durch eine Längsmembran verbunden, und diese Ascidie erweist sich somit bezüglich des Verhaltens der Dorsalfalte als eine Zwischenform zwischen der Rückenzapfen tragenden Gattung Cynthia und dem Genus Microcosmus, dessen Dorsal- falte in der Regel eine glattrandige Membran darstellt. d) Alsein Verbindungsglied zwischen den glatten membranartigen und den durch Rückenzapfen ausgezeichneten Dorsalfalten können in gewissem Sinn auch die zahnförmigen oder gezackten betrachtet werden. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass an ihrem freien Rande sich breite zahnförmige oder quer verlaufende wallartige Fortsätze ent- wickeln. Es lässt sich aber oft gar nicht entscheiden, ob man gewisse Fortsätze als Rückenzapfen (languets) oder Zähne und Zacken (teeth) En Verschiedene Formen der Dorsalfalte. 355 bezeichnen soll. So nennt z. B. Herdman selbst solche Zapfen, wie sie bei Pachychlaena oblonga (Fig. 18, Taf. XIX) vorkommen, nur Zacken und bezeichnet die Dorsalfalte als „a membran strongly pectinated at the margin“, während andrerseits Laeaze-Duthiers und Delage (1392, p- 35) schon die Zacken der Siyela flava (Textfigur 73 A) als „petites languettes“ anführen. Zumeist sind die gezackten Dorsalfalten gleich- zeitig auch gerippt und werden daher, da sie einem folgenden Typus zugehören, noch weiter unten besprochen werden müssen. Doch giebt es auch ungerippte membranartige Dorsalfalten mit gezackten Rändern, die als Zwischenformen in dem oben erwähnten Sinne sehr wohl gelten können (Molgula macrosiphonica, M. gigantea, M. occulta). e) Einen letzten Typus bezeichnen die gerippten Dorsalfalten. Unter diesem Namen fasst man am besten eine überaus grosse Zahl mannigfach geformter Dorsalfalten zusammen, die sich unschwer wieder in eine Anzahl Unterabtheilungen einordnen lassen; sie alle verbindet aber das gemeinsame Merkmal, dass an den Faltenwandungen rippen- artige Wülste auftreten, die quer, mehr oder minder genau senkrecht oder auch ziemlich schräg zur Längsrichtung der Dorsalfalte verlaufen. Die Rippen sind zuweilen nur kurz und auf den Basalabschnitt der Falte beschränkt; sie finden sich oft nur auf der einen oder der anderen Seite, häufig auch auf beiden und können von der einen Seite auf die andere über den freien Rand der Falte hinüber wachsen und so vollkommene Bügel darstellen. Die Rippen und Bügel besitzen entweder eine glatte Oberfläche oder können selbst wieder durch in der Regel nur seichte in der Längsrichtung der Dorsalfalte verlaufende Querfurchen oder durch einen geschlängelten fast krausenartigen Rand (Ascidia ceylindracea und Asc. faleigera) ausgezeichnet sein. Die Rippen können auf jedem der beschriebenen Stadien a—d der Dorsalfaltenausbildung auftreten. Es giebt balkenartig oder stabähnlich und auch mehr membranartig gestaltete Dorsalfalten, deren freier ven- traler Rand glatt ist und weder Zähne noch Zapfen entwickelt, und die dennoch durch wohl ausgebildete (Querrippen ausgezeichnet sind (Pachychlaena gigantea, vgl. Fig. 13, Taf. XIX; Aseidia translucida). Zuweilen finden sich auch auf den Rückenzapfen tragenden Dorsalfalten deutliche Querrippen. Diese erstrecken sich meistens mehr oder minder weit in die Zapfen hinein (Cynthia haustor), und zwischen diesen längeren Rippen können kürzere intermediäre vorkommen, deren Verlauf auf den Basaltheil der Falte beschränkt erscheint (Styela bythia). Am häufigsten treten aber die Rippen an den gezähnten Dorsal- falten auf, und das speciellere Verhalten der Zähne und Rippen gestaltet sich bei den verschiedenen Species recht variabel. Häufig stimmt die Anzahl beider genau überein, indem jeder Zahn von einer Rippe durch- setzt wird (Aseidia pyriformis, Fig. 19, Taf. XIX). In diesem Fall können die Zähne ansehnlich hoch (Ascidia meridionalis), fast wie typische Rückenzapfen erscheinen (Pachychlaena oblonga, Fig. 13, Taf. XIX). 3*+ DD 356 Aseidien. Manchmal treten neben den die Zähne durchsetzenden Rippen kürzere accessorische in wechselnder Zahl und Grösse auf (Styela flava, Text- fisur 73 A). Als gerippt im engeren Sinn des Wortes bezeichnet man die Dorsalfalten, bei denen die Unebenheiten der Ränder nicht durch besondere zahn- oder wallartige Erhebungen, auf welche sich die Rippen fortsetzen, sondern nur durch die Rippen allein hervorgerufen werden (Pachychlaena obesa, Textfigur 73 B; Ascidia despecta). Solche Rippen verlaufen fast immer mehr oder minder gerade oder in schwach ge- krümmten Bogen, seltener geschlängelt. Die Rippen werden durch spangenförmige Ausbuchtungen des Dorsalfaltenepithels gebildet, in denen die Zellen durch bedeutendere Grösse, prismatische Gestalt und Flimmerbekleidung zumeist sehr deutlich sich von den Elementen der benachbarten Zwischenzonen unterscheiden. In diesen letzteren finden sich gewöhnlich nur flachere und meistens auch flimmerlose Epithelzellen vor. nen f) Die eerippten Dorsalfalten Dorsalfalte von Styela flava Herd. (Nach erlangen in manchen Fällen dadurch Herdman) ®).. eine besonders complieirte Be- B Stück aus der gerippten Dorsalfalte von schaffenheit, dass sie auf mehr oder Pachychlaena obesa Herd. minder weiten Strecken, auf einer c 50 a 5 . 5 (Nach Herdman) ®°/,. oder auch auf beiden Seiten mit kleinen meist conischen Papillen bedeckt erscheinen (Phallusia mammillata, Fig. 11, Taf. XIX; vgl. auch Textfigur 75, p. 358; Ascidia conchilega). Bei Phallusia gleichen diese Papillen in hohem Maasse den Zäpfchen, die ziemlich dicht gedrängt in der Präbranchialzone sich finden und die oben (p. 327) bereits beschrieben wurden. Die histologische Beschaffenheit des Epithels der Dorsalfalte kann, ähnlich wie es auch im Flimmerbogen gelegentlich der Fall war, dadurch eine reichere Differenzirung erfahren, dass einzelne Epithelzellen sich zu Drüsenzellen umwandeln und einen hellen Schleim secerniren. Bei Phallusia mammillata erscheinen diese Schleimzellen besonders reichlich (Textfigur 74 B), und ihr Seeret mischt sich dem vom Endostyl aus durch den Flimmerbogen nach dem Rücken zu transportirten Schleim bei, um sich in bemerkenswerther Weise an der Bildung des dorsalen „Nahrungsfadens“ zu betheiligen (vgl. hier auch Textfigur 75). Da, wie oben (p. 337) bereits ausgeführt worden ist, auch im Epithel der Epibranchialrinne Drüsenzellen vorkommen, kann in gewissen Fällen der Bau der Dorsalfalte. 357 Reichthum der gesammten Dorsalfalte an Schleim producirenden Elementen ein sehr ansehnlicher sein. Der Bau der Dorsalfalte ist nicht immer an allen Stellen des Organs der gleiche, sondern sehr oft zeigen sich ganz erhebliche Verschieden- heiten besonders im vorderen und hinteren Abschnitt. Das ist beispiels- weise überall da der Fall, wo eine Epibranchialrinne im vorderen Theil der Dorsalfalte zur Entwicklung gelangt. Vergleicht man etwa für Phallusia mammillata die im Bereich der Epibranchialrinne geführten Durchschnitte (Textfigur 67 auf p. 336) mit einem weiter hinten geführten Querschnitt (siehe die um- stehende Textfigur 75), so findet man so bedeutende \\\\\\\\\\\\ - IHN I\\\ Unterschiede, dass es auf 1 7 an den ersten Anblick kaum : glaubhaft erscheinen h möchte, dass es sich um en“ Vorn und Hinten ein und desselben Organs handeln kann. Aehnlich wie hier verhält es sich bei zahl- reichen anderen Monasci- dien. Aber auch in vielen anderen Fällen, wenn eine Epibranchialrinne fehlt, kann die Dorsalfalte an ver- schiedenen Stellen recht Fig. 74. KA A Stück aus der Flimmerbogenwand, B Stück aus der verschieden beschaffen sein. Dorsalfalte einer Phallusia mammillata 199],. Zuweilen findet sich das en — Entodermepithel; mz = Mesenchymzellen; s2 — Vorkommen, dass die Schleimzellen. Dorsalfalte nur in ihrem hinteren Abschnitt glatt, im vorderen gerippt ist (Polycarpa captiosa Sluit.), zumeist aber das Umgekehrte, dass der hintere Abschnitt gerippt, aber ohne tentakelartige Fortsätze ist, während der vordere ganz glattwandig erscheint (Ascidia canaliculata Heller, Ascidia sabulosa Sluiter — nach Sluiter (1898)). Bei Ascidia placenta Herd. ist das Dorsalband grössten- theils ungerippt, am freien Rande mit längeren und kürzeren finger- förmigen Erhebungen versehen. Nur an vereinzelten Stellen erscheint das Aussehen durch Auftreten von Querrippen verändert. Die Dorsal- falten der Gattung Cynthia sind fast immer durch Rückenzapfen aus- gezeichnet. Oefter finden sich die vordersten Dorsalzungen nicht gleich am vordersten Ende der Dorsalfalte, sondern erst in einiger Entfernung hinter dem Flimmerbogen, so dass das Organ im vordersten Theil einen einfachen glatten Rand zeigt, im weiteren Verlaufe dagegen erst das typische Oynthia-Aussehen gewinnt (Uynthia dura Heller und, besonders 358 Ascidien. auffallend, Oynthia Roretzü Drasche). Ueberdies kann man mehrfach bei Cynthien beobachten, wie die hückenzapfen in Form, Grösse und Anordnung an verschiedenen Stellen ein und derselben Dorsalfalte variiren. Auch bei Molgula kommen vorn und hinten an der Dorsalfalte Bauverschieden- heiten vor. Molgula conchata Sluiter hat eine verhältnissmässig schmale, grösstentheils glattrandige Falte, nur am hinteren Ende finden sich unregelmässige Einschnitte im freien Randtheil vor. To . N. bh Stück aus einem Querschnitt durch die Mitte einer Phallusia mammillata. Nur die dorsale Medianpartie ist eingezeichnet, der äussere Cellulosemantel weggelassen worden */,. a = äusseres Epithel der Peribranchialräume; d = inneres Epithel der Peribranchial- räume; bb — Blutbahnen; bg —= Bindegewebe; de = Flimmergrubencanal; de, — secundäre und tertiäre Flimmergrubencanälchen; df = Dorsalfalte; dr — Dorsalrinne oder Dorsal- furche; ee = ektodermales Hautepithel; /y, = secundäre Flimmergruben; lg = innere Längsgefässe; As — Kiemenspalten,; Ig = Längsgefässe; mz = Muskelzüge; n — Nerven- stämme; p = Papillen,; pb = Peribranchialräume; sch = Schleimfäden, sd, = accessorische Neuraldrüsen; t/ — papillenförmige Erhebungen der Dorsalfalte; zr = rippenartige Er- hebungen der Dorsalfalte. L = links; R = rechts. Noch auffallender vielleicht erweisen sich die Unterschiede bei Ascidia Challengeri Herd. Die Dorsalfalte ist zwar überall gerippt, aber die Rippen sind an den verschiedenen Stellen von verschiedener Dicke und Länge, gerade oder mehr oder minder stark gekrümmt. Das hintere Ende der Falte ist beträchtlich breiter als die anderen Theile; der freie Rand ist grösstentheils glatt, stellenweise aber mit grösseren und kleineren Zacken und Zähnen besetzt (vgl. Textfigur 76 A, B, (). x Individuelle Verschiedenheiten der Dorsalfalte. 359 Individuelle Variationen des Baues der Dorsalfalte finden sich recht zahlreich. Aus den abweichenden Beschreibungen verschiedener Autoren lässt sich allerdings nicht immer ohne Weiteres der Schluss ziehen, dass in der That auch individuelle Verschiedenheiten vorhanden seien, denn, wie oben (p. 355) bereits bemerkt wurde, sind in der Fig. 76. Drei Stellen aus der Dorsalfalte einer Ascidia Challengeri Herdm. (Nach Herdman.) Cire. 5%/,. AundB von links gesehen. C hinteres Ende der Falte von rechts gesehen. Litteratur zuweilen genau die gleichen Formen der Dorsalfalten mit ver- schiedenen Namen belegt worden, aus denen leicht auf ein verschiedenes Aussehen geschlossen werden könnte. Man muss sich daher, in sofern die Autoren nieht ausdrücklich individuelle Variationen hervorheben, in erster Linie an die Abbildungen halten, um solche Verschiedenheiten festzustellen. Individuelle Variationen bestehen überall da, wo das Dorsalband vorn und hinten verschieden sich gestaltet zeigt. Sie kommen dadurch zu Stande, dass bald die vordere, bald die hintere, eventuell auch eine mittlere Region sich über eine längere oder kürzere Strecke ausbreiten. Wo an der Dorsalfalte mehr als zwei Regionen unterscheidbar sind, kann hin und wieder eine ganz in Wegfall kommen, oder es treten die Be- sonderheiten dieser oder jener Zone bei den einen und den anderen Individuen mehr oder weniger scharf hervor (Ascidia Challengeri Herd.). Bei Molgula occulta Kupffer ist der freie Rand der Dorsalfalte unregelmässig gezackt (Kupffer) oder glattrandig (Heller). Viel beträchtlicher sind die Verschiedenheiten bei Corynasecidia Suhmi Herd. Hier finden sich nämlich entweder zwei Reihen gleich langer triangulärer 360 Ascidien. Rückenzapfen vor (Textfigur 77 A), oder es stehen alle Zapfen in einer Reihe angeordnet (Textfigur 77 BD) derart, dass ansehnlich lange tentakel- artige Erhebungen mit viel kleineren regelmässig abwechseln.*) Auch bei den beiden schon oben (p. 172) beschriebenen Formen der Styelopsis grossularia bestehen Unterschiede im Verhalten der Dorsalfalte, auf dis besonders Lacaze-Duthiers und Delage (1892) hingewiesen haben. Individuelle Variationen der Dorsalfalte bei Corynascidia Suhmi Herd. (Nach Herdman.) Circ. ?°/,. A zweireihige, B einreihige Anordnung der Rückenzapfen. l = die gleichlangen Dorsalzapfen der ersten Form; !, = die längeren, !, = die kürzeren Zapfen der zweiten Varietät; ir = Quergefässe des Kiemenkorbes. Bei der aggregirten Form ist die Falte lang und straff gespannt, springt aber verhältnissmässig nur wenig weit vor und überdeckt, wenigstens in ihrem mittleren Abschnitt, eine Dorsalrinne; bei der solitären Form ist die Membran kurz, nicht straff gespannt, sondern ein wenig gewellt und schwach gefaltet, sie springt tief in den Kiemendarm vor, überdacht aber keine besondere Dorsalrinne. Dieser in den voll entwickelten Thieren recht scharf hervortretende Gegensatz wird aber dadurch ein wenig aus- geglichen, dass die Jugendstadien der aggregirten Form im Bau der Dorsalfalte mit den solitären ganz übereinstimmen. Verlauf. In der Regel erstreckt sich die Dorsalfalte hinten bis in die nächste Nähe des Oesophaguseingangs, indem sie, allmählich sich abflachend, seitlich und zwar zumeist links von diesem endigt beziehungs- weise in bestimmte bewimperte Gebilde der hinteren Kiemendarmwand *) Herdman hebt ausdrücklich hervor, dass bei der vollen Uebereinstimmung im Bau aller anderen Organe, diese Gegensätze nicht ausreichend seien, um die Aufstellung von zwei besonderen Arten zu rechtfertigen. Verlauf der Dorsalfalte. 361 sich fortsetzt. Wenn bei gleichzeitiger Verschiebung des Oesophagus- eingangs nach vorn die Dorsalseite des Kiemendarmes sich verkürzt, kann die Länge des gesammten Dorsalbandes so gering werden, dass sie nur ein Viertel oder noch weniger der Endostyllänge beträgt. Lacaze- Duthiers und Delage (1892) haben das bereits für einige Cynthien hervorgehoben. Die hintere Grenze der Dorsalfalte ist nicht immer mit Sicherheit festzustellen, zumal da, wo ihr Bau wenig Besonderheiten zeigt und die einfache bewimperte Erhebung in histologisch ähnlich gestaltete Theile der Kieme übergeht. Bei dem in Textfigur 81 (p. 369) für Ctenicella (Molgula) appendiculata Heller abgebildeten Verhalten lässt sich vielleicht die Dorsalfalte in Folge ihres gezähnten Randes noch ziemlich scharf gegen den die unteren Köpfe der Kiemenfalten verbindenden Flimmer- saum abgrenzen; schwieriger erscheint das aber bei Lacaze-Duthiers’ Anurella roscovita (Textfigur 80), bei der ähnliche Unterschiede nicht bestehen dürften. Während in diesen beiden Fällen, wie bei vielen anderen Mon- ascidien, vielleicht allen (?) Molguliden, das Hinterende der Dorsalfalte mit bestimmten Wimperwülsten des Kiemendarmes sich vereinigt, hört es in anderen als allmählich sich immer mehr abflachender Streifen mit freier Spitze entweder in der Nähe des Oesophaguseingangs auf (z. B. Ciona intestinalis), oder in grösserer Entfernung von diesem, zumeist ein wenig nach links verschoben (Ascidiella eristata). Zuweilen scheint die Dorsalfalte ganz links beim Oesophaguseingang vorbeizuziehen und sich direct in das Retropharyngealband beziehungs- weise in den Endostyl fortzusetzen (Styela variabilis, St. camnopoides, Styelopsis grossularia). Bei der Beschreibung des Verhaltens der Oesophagus- öffnung wird weiter unten noch darauf hingewiesen werden. — Wenn der Oesophagus auf der Rückenseite weiter nach vorn zu sich verschiebt, während der Kiemendarm selbst noch bis ins Hinterende des Thieres hineinreicht, läuft die Dorsalfalte in der Regel neben dem Ein- gang in den Verdauungstractus vorbei, um erst in einiger Entfernung dahinter aufzuhören. Es scheint, dass sie dabei immer, oder doch wenigstens zumeist links vom Oesophaguseingang verstreicht. Im ein- fachsten Fall ist dieses postösophageale Stück der Dorsalfalte ganz gleich oder doch ähnlich beschaffen wie das vordere (vgl. für Microcosmus vulgaris Heller, Fig. 12, Taf. XIX, Styela armata, Styela variabilis, Styelopsis grossularia ete.). Oft aber, wie namentlich bei Phallusia und Ascidia häufig zu beobachten ist, unterscheiden sich beide Abschnitte mehr oder minder auffallend in ihrem Bau. Während bei den genannten Gattungen die vordere Dorsalfalte in der oben geschilderten Weise aus einer nach rechts gekrümmten kammartigen, mit tentakelähnlichen Fortsetzungen und Rippen versehenen Erhebung gebildet wird, erscheint die hintere gewöhnlich beträchtlich einfacher geformt, oft nur als eine einfache bewimperte Falte. Neben dieser hinteren Dorsalfalte, und zwar 362 Ascidien. rechts von ihr gelegen, findet sich bei Aseidia und Phallusia eine zweite in das Kiemendarmlumen vorspringende, wie es scheint überall nur schwächer entwickelte bewimperte Längsfalte. Roule fasst diese beiden hinteren nahezu parallel verlaufenden Wimperfalten als „raph& dorsal postbuccal“ zusammen und bringt sie zur vorderen, von ihm als „raph& dorsal praebuceal‘“ bezeichneten Dorsalfalte in Gegensatz. Nach hinten und ventral zu gehen beide Falten der raph& dorsal post- buccal in die Flimmerstreifen der Fig. 78. hinteren Kiemendarmwand über*), vorn weichen sie beim Oesophagus- eingang nach rechts und links aus einander, um diesen im Bogen zu umgeben. Während sich die linke hintere Falte vor dem Oeso- phagealmund direet in die vordere Dorsalfalte fortsetzt, legt sich die rechte dieser letzteren an, ohne weiter vorn noch als ein ge- sondertes Organ nachweisbar zu bleiben. Die beiden hinteren Falten be- grenzen eine mediane, von Kiemen- spalten nicht durchbrochene, im Umkreise des Oesophagus- eingangs sich verbreiternde Längs- ji rinne (vgl. die nebenstehende dr dfh afl Textfigur 78). Heller (1874) hat Die Region des Oesophaguseingangs einer diese Rinne bei Ascidia mentula Ascidia mentula ©.F. Müll. (Nach Roule) /,. zuerst genauer beschrieben und dfa = vordere Dorsalfalte; dfl = linke, dfr = als „Mundrinne“ oder „E pi- 'echte hi alte; dfh = die zwischen B : ee : a a Dorsalfurche branchialriune (Mundrinne); kd = Kiemendarm; oe = Ein- gang in den Oesophagus. um sowohl ihre Beziehungen zum Oesophagealmund als auch ihren Gegensatz zur Hypobranchialrinne zu kennzeichnen. Den Namen Epibranchialrinne hat man später, wie es auch hier geschehen ist (vgl- oben p. 355), für ein anderes Gebilde angewendet, das von der hier be- schriebenen „Mundrinne“ durchaus verschieden ist. Diese Mundrinne setzt sich nämlich nach vorn zu in die von der Dorsalfalte überdeckte Dorsalfurche fort, die oben (p. 352, Textfigur 75 auf p. 358) ausführlich behandelt worden ist, und steht mit der wahren Epibranchialfalte in keinem Zusammenhang. *) Nach Roule (1884) soll die rechte Postbuecal-Falte nach hinten zu sich allmählich abflachen und gänzlich verlieren. Systematische und physiologische Bedeutung der Dorsalfalte. 363 Systematische Bedeutung. In früherer Zeit hat man der Dorsal- falte kaum eine Bedeutung für die Bestimmung und systematische Ein- ordnung der Formen zuerkannt. In den Vordergrund trat dieses Organ, als Heller (1377) fast ausschliesslich auf Formverschiedenheiten der Dorsal- falte hin die grosse, artenreiche Gattung Cynthia in zwei Gattungen beziehungsweise Untergattungen zerlegte: in Microcosmus und Cynthia. Bei Microcosmus ist die Rückenfalte einfach glatt, bei Cynthia mit Rücken- zapfen versehen. Nicht ohne anfängliches Widerstreben haben diese beiden Gattungen später allgemeine Anerkennung gefunden, obwohl es sich gezeigt hat, dass die Beschaffenheit der Dorsalfalte allein als Gattungsmerkmal nicht ausreicht. Cynthia echinata, Oynthia spinifera Herd. haben eine glattrandige Dorsalfalte, die ganz nahe verwandte Ü. arctica Hartmeyer eine gezähnte. Bei Cynthia Roretzii ist die Dorsalfalte vorn glatt, hinten mit Zähnen versehen (vgl. oben p. 357). Auch bei den meisten anderen artenreicheren Gattungen der Mon- ascidien lässt sich eine recht weitgehende Verschiedenheit im Bau der Dorsalfalten der verschiedenen Arten feststellen. Die Gattung Styela hat im Allgemeinen eine glattrandige, oft gerippte Dorsalfalte; bei Styela bythia Herdm. trägt diese Rückenzapfen, bei Styela flava ist sie gezähnt und stellt gleichsam eine Uebergangsform dar zwischen dem normalen Ver- halten und dem der St. bythia. Noch mannigfacher ist die Dorsalfalte im Genus Ascidia, wo sie eine einfache ganz glatte, ungerippte (Asceidia prostrata Heller, Ascidia caudata Heller) oder mehr oder minder stark gerippte aber glattrandige Membran (Ascidia translucida Herd., Asc. eylindracew Herd. u. s. w.) darstellt, wo der Rand feiner (Ase. inerassata Heller) oder geröber gezähnt und dabei die Faltenwandungen selbst fast ganz glatt, nur stellenweise schwach gerippt (Asc. placenta Herd.) oder auch mit ansehnlich starken Querrippen (Asc. depressiuscula Heller) versehen sind, wo endlich die Zähne zu ansehnlich grossen, fast tentakelförmigen Rücken- zapfen werden können (Asc. meridionalis Herd.). Selbst bei sehr artenarmen Gattungen zeigt die Dorsalfalte recht erhebliche Verschiedenheiten. So ist sie z. B. bei Pachychlaena gigantea (Fig. 13, Taf. XIX) zwar mit Rippen versehen, wie bei allen Arten dieser Gattung, aber glattrandig, bei P. oblonga (Fig. 18, Taf. XIX) mit sehr langen freien Zähnen besetzt. Pachychlaena obesa (vgl. Textfigur 73 b p- 356) zeigt ungefähr ein Zwischenstadium, indem es die breiten Quer- rippen sind, die sich mit ihren Enden als kleine zahnartige Gebilde erheben. Andrerseits zeigen selbst grössere Gruppen der Ascidien oft eine auffallende Uebereinstimmung im Aussehen der Dorsalfalte. Das gilt im Besonderen für die meisten Synaseidien und auch viele Sociale. Bei Claveliniden z. B. finden sich fast stets Rückenzapfen tragende Dorsal- falten; vielleicht nur bei Keteinascidia diligens Sluiter ist das Dorsalband eine glattrandige gerippte Falte. 364 Aseidien. Darnach darf man wohl annehmen, dass Verschiedenheiten im Bau der Dorsalfalte kein ausreichender Grund zur Aufstellung einer Gattung seien, sondern nur die Bedeutung von Artmerkmalen haben. Dem steht durchaus nicht entgegen, dass, wie oben gezeigt wurde, einerseits bei nahe verwandten Formen sehr verschiedene, andrerseits bei weit entfernten sehr ähnlich gebaute Dorsalfalten vorkommen. Physiologische Bedeutung. Die histologische Beschaffenheit erweist, dass die physiologische Bedeutung der Dorsalfalte in den meisten Fällen eine doppelte ist. Die zuweilen sehr zahlreich auftretenden Drüsenzellen kennzeichnen das Organ, wie übrigens auch andere Abschnitte des Kiemendarmes, als ein secretorisches. Doch ist diese Bedeutung keine allgemein verbreitete, da in den meisten Fällen Drüsenzellen bisher über- haupt nicht nachgewiesen werden konnten. Ganz allgemein, und zwar in der Regel über den grössten Theil des Dorsalbandes verbreitet, finden sich die Flimmerzellen; sie ermöglichen es, dass das Gebilde bei der Nahrungsaufnahme eine wichtige Rolle spielt. Die Vorgänge bei der Nahrungsaufnahme vollziehen sich bei den Ascidien im Wesentlichen in der gleichen Weise, wie sie zuerst Fol für die Appendieularien und andere pelagische Tunicaten in überzeugender Weise dargelegt hat (vgl. oben p. 114). Die schleimigen Secretmassen, die vom Endostyl und den übrigen mit Drüsenzellen besetzten Theilen des Kiemendarmes stammen, werden, wenn auch nicht sämmtlich, so doch zum Theil durch die Flimmerbewegungen besonders der Zellen im Flimmer- bogen dem vorderen Ende der Dorsalfalte zugeführt. Die Flimmerzellen des Dorsalbandes haben nun die Aufgabe, diese mit Nahrungskörpern aller Art beladenen Schleimmengen (vgl. hier auch die oben p. 329 angeführten Bemerkungen) nach hinten zum Oesophaguseingang zu führen. Da, wo eine besondere Dorsalrinne neben der Dorsalfalte vor- handen ist, kann man sich leicht davon überzeugen, dass der schleimige Nahrungsfaden in dieser Rinne nach hinten gleitet (vgl. Textfigur 75, p- 355), um in die „Mundrinne“ zu gelangen und in den Oesophagus eingeführt zu werden. In der Mundrinne sah bereits Heller (1874) die durch den Ingestionscanal aufgenommenen „Nahrungsmittel in Form eines langen Bandes angehäuft“. Uebrigens sind die Dorsalfalte oder die Dorsalrinne nicht der einzige Weg, den die Nahrung im Kiemendarm nimmt, um in den Verdauungstractus zu gelangen, sondern auch seitlich am Kiemendarm kann man, besonders bei den grossen Monascidien, grössere und kleinere mit Fremdkörpern beladene Schleimfetzen beobachten, die in Bewegung nach hinten zu sein scheinen, worauf bereits Lacaze- Duthiers (1574) hingewiesen hat. 5. Die Hinterwand des Kiemendarmes. So wie auf der Dorsalseite im Bereiche der Dorsalfalte, auf der ventralen im Endostyl eine von Kiemenspalten nicht durchbrochene Region des Kiemendarmes vorhanden ist, findet sich auch in der Hinterwand eine Verschiedene Formen des Retropharyngealbandes. 365 spaltenfreie Zone. Begrenzt wird sie seitlich von den als Kiemen im engeren Sinne zu bezeichnenden Wandungen des Kiemendarmes, ventral vom Endostyl, dorsal von der Dorsalfalte. Zumeist liegt in ihr, und zwar in der Regel nahe am dorsalen Rande, der Eingang in den Oesophagus. Gewöhnlich ist diese Hinterwand des Kiemendarmes bandartig gestaltet und stellt einen Streifen dar, dessen Längsaxe in dorso-ventraler Big. 42% Durehschnitte durch die Hinterwand des Kiemendarms von verschiedenen Ascidien. Aus lateralen Längsschnitten durch ganze Thiere. A Schnitt durch Botryllus violaceus ?°°/,. B das Retropharyngealband bei stärkerer Vergrösserung °°%,. € Aus einem Schnitt durch Perophora Listeri ?”®/,. D Schnitt durch Olavelina lepadiformis ®?/;. bb —= Blutbahn im Kiemenkorb; bg = Bindegewebe und Gallerte in der primären Leibes- höhle; bz = Blutzellen; en = plattes, en, = verdicktes Entodermepithel; fk — medianes Flimmerband (Retropharyngealband); gz —= gelbe Zellen, parasitäre Algen; hz — Herz- wandung; hzh —= Herzhöhle; kd = Kiemendarmhöhle; %s —= Kiemenspalten; m — Magen- wandung; pb —= Peribranchialraum; pe = Perieardialwand; peh — Perieardialhöhle; rr = Retropharyngealrinne. Richtung verläuft (die meisten grossen Monaseidien); bei Olavelina und den meisten kleinen Synaseidien mit kreiscylindrischem Kiemendarm bildet sie eine kreisähnliche oder elliptische oft gefaltete Scheibe. a) Am einfachsten gestaltet erweist sich die Hinterwand bei den meisten Synaseidien. Sie wird bei diesen durch ein in der Regel ungleich- mässig gefaltetes, seltener vielleicht straff ausgespanntes Plattenepithel gebildet, das im einfachsten Fall ausser einer zumeist nur wenig 366 Ascidien. umfangreichen Verdickung im nahen Umkreise des Mundeingangs (vgl. Textfigur 82) nur ein schmales median oder paramedian verlaufendes Flimmerband entwickelt. Dieses erhebt sich kammförmig in die Kiemen- darmhöhle hinein, trägt aber gewöhnlich nur auf einer Seite über beträchtlich verdickten, fast eylindrischen Zellen Bewimperung (vgl. für Botryllus Textfigur 79 A und B; für Perophora, Fig. 4, Taf. VIII und Textfigur 79 C). Dieses hintere Flimmerband oder der Flimmerkamm erstreckt sich ventral vom Endostyl bis dorsal zum Oesophaguseingang. Es ist durchaus homolog dem Flimmerband, das Huxley bei Pyrosomen als „posterior epipharyngeal ridge“ bezeichnet hat, und ist phylogene- tisch aus dem oben (p. 113) für Appendicularien beschriebenen „ven- tralen Flimmerband‘“ hervorgegangen. Bei den Monascidien kennt man schon lange das gleichwerthige Organ als Retropharyngeal- rinne oder Band (Raph& posterieur der meisten französischen Autoren*), Sillon rötropharyngien Van Beneden’s), und es erscheint durchaus gerechtfertigt, wie es auch bereits geschehen ist, die gleichen Bezeichnungen für das einfachere Verhalten der Synaseidien anzuwenden. Doch wird man sich dabei gegenwärtig zu halten haben, dass hier zunächst die Retropharyngealrinne nur auf einer Seite von einem Flimmerkamm begrenzt und überdeckt wird und daher nur unvollkommen gesondert erscheint. Auf die Endigungsweise der Retropharyngealrinne resp. des Flimmer- kammes beim ÖOesophaguseingang wird im fölgenden Abschnitt noch hingewiesen werden müssen. Ventralwärts lässt sich das Flimmerband bis zum Hinterende des Endostyls verfolgen und zwar bis an die Stelle, an welcher der hintere Blindsack entspringt. Hier setzt es sich direct in einen der beiden dorsalen Flimmerstreifen des Endostyls fort; bei Fragaroides aurantiacum z. B. in den rechtsseitigen. Die Retropharyngeal- rinne führt demnach an ihrem ventralen Ende in die Hypobranchialrinne hinein. b) Etwas complicirter ist der Bau des Retropharyngealbandes bei Ciona intestinalis und wahrscheinlich noch vielen anderen Monaseidien. Hier treten zwei parallel verlaufende Flimmerkämme auf, die zwischen sich eine tiefe Rinne entstehen lassen. Diese Retropharyngealrinne ist von sehr ansehnlicher Länge und stellt, wie auf dem vorher beschriebenen Stadium, einen Verbindungsweg zwischen Oesophagus und Endostylrinne dar. Was bei Oiona sofort auffällt, ist der sehr verschiedene Ausbildungs- grad der beiden Flimmerkämme (Fig. 14, Taf. XIX). Der rechte, den wir oben bei Fragaroides nur allein entwickelt fanden, ist von ansehn- licher Breite und von hohen eylindrischen Flimmerzellen gebildet (Fig. 15.A, Taf. XIX). Der linke ist viel schmäler und unansehnlieher; nach Roule sollen ihm Wimpern durchaus fehlen, in besonders gut ausgefallenen Schnitten habe ich aber Andeutungen einer Bewimperung zu erkennen *) Lacaze-Duthiers bezeichnete allerdings, wie bereits oben (p. 350) bemerkt wurde, mit Raph& posterieur die Dorsalfalte, Verschiedene Formen des Retropharyngealbandes. 367 gemeint (Fig. 15 D, Taf. XIX). Jeder Flimmerkamm geht in eines der beiden dorsalen Flimmerbänder des Endostyls über. c) Bei vielen Monascidien, den meisten Cynthien, bei Clavelina etc. sind die beiden Flimmerkämme des KRetropharyngealbandes ganz oder doch wenigstens nahezu gleichartig ausgebildet. Bei Clavelina ist die Rinne nur äusserst kurz, aber von sehr bedeutender Tiefe (Text- figur 79 D). Es ergiebt sich das daraus, dass die beiden mächtigen Flimmerkämme nicht nur Fortsetzungen der dorsalen Flimmerbänder des Endostyls sind, sondern auch der dorsalen Drüsenstreifen und, wie ich glaube, der mittleren Flimmerbänder, welche alle im Bereiche der Retro- pharyngealrinne ihren histologischen Charakter etwas verändern. Bei Olavelina tritt noch hinzu eine recht umfangreiche Verdickung des Epithels im ganzen Umkreis des Oesophaguseingangs bei gleichzeitiger Ringfalten- bildung (Periösophagealband) in der Hinterwand (vgl. hier Textfigur 79 D mit Textfigur 71 auf p. 345). Im Gegensatz zu Clavelina sehen wir sonst in der Regel (z. B. Cynthia morus, Microcosmus vulgaris) das Retropharyngealband von ziemlich ansehnlicher Länge; es lässt sich aber aus den Angaben der Autoren fast niemals entnehmen, wie der feinere Bau des Gebildes sich verhält, insbesondere nicht erkennen, welche Theile des Endostyls sich direct in das Band fortsetzen. In den älteren Arbeiten erklärt sich dieser Mangel zur Genüge aus den unvollkommeneren Untersuchungsmethoden, die es nicht gestatteten, durch das Organ vollständige Schnittserien zu legen. So beschrieb denn auch Lacaze-Duthiers (1574) zuerst das Retro- pharyngealband bei seiner Anurella roscovita und später (1877) bei mehreren Molgula- und Otenicella-Arten lediglich als ein „filet descendant du meridien anterieur“ (du raph& anterieur d. h. des Endostyls). Bei Anurella (vel. Textfigur 80) und anderen sollte dieser Strang dadurch entstehen, dass die beiden Lippen des Endostyls (= dorsale Flimmer- bänder?) hinten zu einer einheitlichen unpaaren Falte sich vereinigen, die bis zum Oesophagealmund sich erstreckt. Da aber Schnitte durch die Hinterwand des Kiemendarmes nicht geführt werden konnten, ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch hier überall zwei dicht neben einander verlaufende Flimmerkämme vorkommen möchten, die eine Retropharyngeal- rinne zwischen sich einschliessen. Sollte es sich aber herausstellen, dass hier in der That nur ein einziger Flimmerkamm auf der Hinterwand verläuft, so würden diese Formen denen ähnlich sein, die den oben (p. 365) beschriebenen Typus a) der Synascidien darstellen. Nur würde immerhin der wichtige Unterschied bestehen, dass das Retropharyngeal- band bei den Synaseidien als eine einseitige asymmetrische Bildung ent- steht, indem es die Fortsetzung nur eines dorsalen Flimmerbandes des Endostyls ist, während es bei den Molguliden nach der oben mitgetheilten Darstellung Lacaze-Duthiers’ aus beiden Flimmerbänden hervorgeht, die sich zu einem medianen unpaaren Organ vereinigen. Aus einer ähnlichen Vereinigung der seitlichen dorsalen Endostyltheile zu einem 368 Ascidien. unpaarigen medianen Strang scheint auch bei Stolonica aggregata und Heterocarpa glomerata das an der hinteren Kiemendarmwand verlaufende Gebilde hervorzugehen, das Lacaze-Duthiers und Delage dem Endostyl zurechnen. In einer solchen Verschmelzung müssten wir die Fort- setzung eines phylogenetischen Processes erblicken, dessen frühere Stadien durch Ciona- und Clavelina- ähnliche Stufen repräsentirt würden. d) Lacaze-Duthiers hat sowohl in den eben beschriebenen Fällen bei Molguliden wie auch in seinem letzten mit Delage gemeinsam verfassten Werk über die Cynthien (1892) das Retropharyngealband als ein besonderes Organ nicht anerkannt, sondern hat es ohne Weiteres dem Endostyl zugerechnet. Dieser letztere würde demnach bis in die nächste Nähe des Oesophaguseingangs heranreichen. Wenn nun auch eine solche Auffassung für die bisher von mir hier behandelten Formen nieht zutreffend ist, bleibt doch zu untersuchen, ob sie nicht für andere Ascidien Gültigkeit hat. Bereits bei Clavelina sahen wir das Retropharyngealband sehr stark verkürzt und überdies als eine direete Fortsetzung nicht nur der dorsalen Flimmerbänder, sondern eines grösseren Theiles des Endostyls auftreten, und es liegt daher durchaus im Bereich der Möglichkeit, dass gelegentlich der Endostyl mit allen seinen Theilen über die Hinterwand des Kiemendarmes sich ausbreitet. Das Retropharyngealband würde dann von dem Endostyl nicht abzu- grenzen sein. Auf ein solches Vorkommen weisen sowohl die Beschreibungen als auch die augenscheinlich mit grosser Naturtreue ausgeführten Abbildungen hin, die Lacaze-Duthiers und Delage für mehrere Cynthien ver- öffentlicht haben. Bei Mierocosmus spinosus, Styela variabilis, Styelopsis grossularia, Polycarpa varians, Pol. tuberosa, P. rustica, P. comata und vielen anderen scheint ein Retropharyngealband ganz zu fehlen, und der Endostyl tritt von der Ventralseite her oft bis unmittelbar zum Oesophageal- mund heran. Ebenso ist es nach Kupffer’s Angaben bei Pelonaea, und ähnlich verhält es sich auch bei Cynthia sigillata, nur dass hier das hinterste Endostylende nicht von der ventralen Seite, sondern von links her in den Oesophagus einmündet. Bei allen jenen Öynthien aber würde es sich ebenso wie bei den oben erwähnten Molguliden wohl der Mühe lohnen, an Schnittserien fest- zustellen, ob nicht das von Laeaze-Duthiers und Delage als Hinter- ende des Endostyls aufgefasste Gebilde von dem vorderen Abschnitt sich wesentlich unterscheidet und die Deutung als Retropharyngealband gerechtfertigt wäre. Der Verlauf des Retropharyngealbandes ist durch die Beschaffenheit der Hinterwand des Kiemendarmes bestimmt. Gewöhnlich erstreckt sich das Band in derMedianebene vom Endostyl bis zur Oesophagealregion; häufig liegt es nur der Mittelebene nahe, seltener von ihr weiter entfernt, auffallend asymmetrisch. Ueber die Beziehungen des Dorsalendes zum Oesophageal- mund wird im folgenden Abschnitt berichtet werden, und es genügt Verlauf des Retropharyngealbandes. 369 daher, an dieser Stelle nur auf einen wichtigen Unterschied hinzuweisen, den der Verlauf des Organs bei einigen verschiedenen Arten und Gattungen der Molguliden erkennen lässt. Die Verschiedenheit bezieht sich auf das Verhalten des Retropharyngealbandes zu den hinteren Enden der Kiemendarmfalten. Als das ursprünglichere Verhalten möchte ich das betrachten, bei welchem das Retropharyngealband einen höheren Grad der Selbständig- Fig. 80 und 81. Fig. 80. Dorsale und hintere Wand des Kiemendarmes und die benachbarten Regionen einer Anurella roscovita Lac. von innen gesehen. (Nach Lacaze-Duthiers.) Fig. 81. Dieselben Regionen einer Ctenicella (Molgula) appendiculata Hell. von innen betrachtet. (Nach Lacaze-Duthiers.) df = Dorsalfalte; es — Endostyl; f = Falten des Kiemendarms; fb — Flimmerbogen; fg = Flimmergrube; g = Ganglion; n — Nervenstamm; oe = Oesophaguseingang; r — Retropharyngealband; ti = Mundtentakel. keit und Unabhängigkeit von den hinteren Seitentheilen des Kiemen- darmes bewahrt. Wie Textfigur 80 für Anurella roscovita zeigt, verläuft das Band fast auf seiner gesammten Länge ziemlich in der Mitte der kiemenspaltenfreien Hinterwand; links scheint es vollkommen unabhängig Bronn, Klassen des Thier-Reichs, III, Spplt. 94 f 370 Aseidien. von anderen bewimperten Theilen des Kiemendarmes zu sein, rechts ist jedenfalls höchstens im Bereiche der beiden dorsalen Kiemenfalten ein innigerer Zusammenhang vorhanden, während die ventralen Falten entweder gar nicht oder mit sehr fein zugespitzten Enden bis zu ihm heranreichen. Bei anderen Formen (COtenicella appendieulata, Ct. morgatae, Molgula socialis, M. ampulloides und andere) bleiben links die gleichen Erscheinungen bestehen, während rechts der Zusammenhang des Retro- pharyngealbandes mit den Kiemenfaltenenden sich immer inniger gestaltet, indem das Band sich continuirlich, ohne jede schärfere Grenze, in den die Faltenenden verbindenden horizontalen Flimmerwulst fortsetzt, be- ziehungsweise die Faltenköpfe in sich aufnimmt (vgl. Textfigur 81). Physiologische Bedeutung. Die physiologische Bedeutung des Retropharyngealbandes ergiebt sich aus dem, was oben bereits über die Functionen des Endostyls und der Dorsalfalte berichtet worden ist. Da nicht alle von den Kiemendarmwandungen secernirten Schleimmassen die Dorsalfalte entlang hinabgleiten, sondern Schleimfäden auch an den Seiten der Kiemendarmwand nach hinten zu sich begeben und selbst am hinteren Endostylende austreten, sammeln sich die zur Ueberführung in den ÖOesophagus bestimmten Drüsensecrete im ganzen Bereiche der Hinterwand an. Die Hauptmasse findet sich allerdings am Ende der Dorsalfalte, dorsal vom Oesophagealeingang, aber auch die ventral zur Ablagerung gelangten Secrete sind erheblich genug, um die Ent- wicklung einer bewimperten Rinne oder eines Flimmerkammes zu erklären, denen die Aufgabe zufällt, den Schleim dorsalwärts zu bewegen und in den Verdauungstractus gelangen zu lassen. 6. Die Region des Oesophaguseingangs. Die hintere Kiemendarmwand wird, wie oben bereits erwähnt wurde, vom Oesophaguseingang durchbohrt. Im unmittelbaren Umkreise des- selben bieten das Epithel der Wand und das Retropharyngealband einige Besonderheiten, die im vorhergehenden Abschnitte nicht ausdrücklich hervorgehoben werden konnten und daher hier noch eine zusammenfassende Besprechung finden müssen. Eine scharfe Abgrenzung dieser Region gegen den umgebenden Theil der hinteren Kiemendarmwand lässt sich allerdings nicht feststellen, und so nennen denn Lacaze-Duthiers und Delage bei Cynthideen meist die gesammte Hinterwand der Kieme „aire oesophagienne“. Da, wo die Gesammtausdehnung der Hinterwand nur sehr wenig umfangreich ist, wird in der That die Unterscheidung einer besonderen, den Oesophagus- eingang umschliessenden Zone zumeist kaum von Vortheil erscheinen; wo sie dagegen beträchtlicher ist und die Perforationsstelle nur eine ver- hältnissmässig kleine Lücke im Epithel bildet, tritt die Eigenart dieser Region schärfer hervor. In der Regel erhebt sich im Umkreise des Oesophaguseingangs das verdickte Kiemendarmepithel zu einem sehr verschieden „estalteten, oft Periösophagealband. 371 ziemlich unregelmässig geformten Wall, dessen Innenseite kraterartig und zumeist steil abfallend in den Oesophagus sich fortsetzt. Der Krater- rand wird wohl in allen Fällen von einem verschieden breiten, glatten oder gefalteten Flimmerband gebildet, das, wenn auch nicht immer in seinem ganzen Umfang, so doch meist zum grössten Theil, als eine direete Fortsetzung des Retropharyngealbandes sich erweist und hier als Periösophagealband bezeichnet werden soll. Im einfachsten Fall, den zuerst Maurice für Fra- garoides beschrieb, den ich Fig. 82. bei mehreren anderen Synas- eidien (Dotryllus, Botrylloi- des) wiederfand und der vielleicht sehr weit ver- breitet vorkommen dürfte, erscheint das periösopha- geale Flimmerband etwa in der Form eines länglichen Hufeisens, dessen offene, einander stark genäherte Schenkelenden gegen die Ventralseite zu gerichtet sind, während dorsal und lateral der Oesophagusein- gang vollständig von ihnen umfasst wird. Da bei nen dass Tele: Hinterwand des Kiemendarmes und die benachbarten pharyngealband EEETIE Regionen von Fragaroides aurantiacum Maur. (Nach einem Flimmerkamm be- Maurice) steht, kann nur einSchenkel .s — Endostyl; esb — Blindende des Endostyls; des periösophagealen Ban- /l= linksseitiges Flimmerband am Oesophaguseingang; desin diesen sich fortsetzen, fr = rechtsseitiges Periösophagealband; is — Kiemen- während der andere mit spalten ; oe = Oesophaguseingang; oer — Oesophagus- . . Ir rinne des Retropharyngealbandes; rr — Retropharyn- freiem sich verjüngendem gealband, aus der rechten Endostylhälfte entspringend; Ende aufhört. Bei Fraga- vep — verdiektes Entodermepithel im Umkreise des roides liegt.die freiendigende Oesophaguseingangs. Spitze links, während rechts die Verbindung mit dem Retropharyngealband besteht (Textfig. 82). Die neben diesem Flimmerband verlaufende Rinne, die mit ihrem ventralen Ende aus der Endostylfurche entspringt, führt dorsalwärts in den Oeso- phagus hinein. Im Gegensatze zum ventralen Abschnitt der Rinne wird der dorsale auf beiden Seiten, rechts und links, von einem Flimmerkamm begrenzt, da hier bereits das Periösophagealband sich ausbreitet. Ob dieses einfachste Verhalten der Periösophagealregion der hinteren Kiemendarmwand auch das phylogenetisch ursprünglichste bedeutet, scheint mir nicht über jeden Zweifel erhaben zu sein. Die asymmetrische, 24 * 312 Aseidien. einseitige Ausbildung des Retropharyngealbandes, die eine freie Endigung: des einen Schenkels des Periösophagealbandes bedingt, legt vielleicht auch die Auffassung nahe, dass ursprünglich ein symmetrisches Verhalten bestanden habe, dass dieses aber durch die Rückbildung eines der beiden Flimmerkämme des Retropharyngealbandes so gestört wurde, wie es das Fragaroides- Stadium zeigt. Unter den Aseidien, deren Retropharyngealband aus zwei Flimmer- Fig. 83. Lam N il ni pam Tph | A. Die Region des Oesophaguseingangs von Styela variabilis. 1%). B. Dieselbe Region von Microcosmus spinosus. °,. (Nach Lacaze-Duthiers und Delage.) df — Dorsalfalte; f — Faltungen des Kiemendarms; oe = Üesophaguseingang; pb = Periösophagealband; rph — Retropharyngealband, beziehungsweise Endostyl. kämmen sich zusammensetzt, besteht häufig das Verhalten, dass jeder Schenkel des Periösophagealbandes sich ventral in einen der beiden Flimmer- kämme fortsetzt, so dass eine tiefe, rechts und links scharf begrenzte Rinne vom Endostyl bis zum Oesophagus verläuft. Zahlreiche Modifieationen dieses Typus kommen dadurch zu Stande, dass die Schenkel des Periösophageal- bandes sich sehr verschieden verhalten und zu anderen Gebilden des Kiemendarmes in Beziehung treten können. Zuweilen sind sie beide ganz gleichartig beschaffen oder doch wenigstens nahezu gleich; aber dadurch, dass die Dorsalfalte sich in dieser oder jener Weise mit dem Periösophagealbande verbindet oder auf dieses fortsetzt, zeigt diese Region einen etwas verwickelten Bau. Bei Styela variabilis z. B. erstreckt sich die Dorsalfalte als eine allmählich sich verflachende undulirende Membran auf den linken Schenkel, der dorsal, der Medianebene nahe, durch eine Verschiedenes Verhalten des Periösophagealbandes. 373 sattelförmige Einkerbung vom rechten Theil des Periösophagealbandes getrennt*) erscheint (vgl. Textfig. S3A). Häufig sind die beiden Schenkel recht ungleich ausgebildet, und zwar ist es wohl öfters der rechte, der durch bedeutendere Dicke und geschweifte Form gegenüber dem linken auffällt (Microcosmus spinosus, Polycarpa varians, Cynthia morus, sociale Form der Styelopsis grossularıa und ganz besonders For- besella tesselata) als umgekehrt (Polycarpa comata). Auch in diesen Fällen zeigt sich das Verhalten des Periösophagealbandes zum hinteren Ende der Dorsalfalte variabel, indem diese letztere entweder auf jenes Band sich fortsetzt oder seitlich von ihm verläuft (vgl. Textfig. 83 B), oder endlich noch vor ihm aufhört. Zuweilen lässt sich feststellen, dass trotz des Vorhandenseins von zwei Flimmerkämmen im Retropharyngealband dennoch nur einer davon sich direct in das Periösophagealband fortsetzt. So ist es z. B. bei der Solitärform der Styelopsis grossularia der Fall, bei der nur der rechte Schenkel des Periösophagealbandes in den rechten Flimmerkamm des Retropharyngealbandes beziehungsweise den Endostyl übergeht, während der linke frei endigt, da auf dieser Seite das Ende der Dorsalfalte sich mit dem Retropharyngealband verbindet (Lacaze-Duthiers und Delage). Auch das Verhalten bei Polycarpa tenera wäre ich geneigt, in einer ähn- lichen Weise zu deuten, indem ich lediglich auf die Abbildungen mich stütze, die die letztgenannten Autoren geben, allerdings aber in einer anderen Weise auffassen. Ein abweichendes Verhalten der Region des Oesophaguseingangs wird dadurch bedingt, dass Retropharyngealband und Periösophagealband zwar beide wohl entwickelt sind, sich aber in hohem Maasse selbständig und unabhängig von einander erhalten. So zeigt z. B. bei Cynthia sigillata das Periösophagealband die oben bereits beschriebene eigen- thümliche Form und Lagerung, während das Retropharyngealband zunächst links von ihm bis ungefähr zu dessen Mitte hinzieht, um hier im Bogen nach innen sich zu wenden und, über das Periösophagealband hinweg- setzend, in den Oesophagus einzutreten. — Obwohl die ösophageale Region des hinteren Kiemendarms auch bei den verschiedenen Individuen einer Art mancherlei kleinere oder grössere Verschiedenheiten aufweisen kann, darf man sie doch im Allgemeinen als ein wichtiges Merkmal der Species betrachten. Allerdings fehlt zu allermeist in den Artdiagnosen jeder Hinweis auf die Beschaffenheit dieser Region. Die Feststellung individueller Variationen gestaltet sich deshalb überall ziemlich schwierig, weil das Aussehen dieser ganzen *) Während hier die Trennung des Periösophagealbandes in eine rechte und linke Lippe nur schwach angedeutet ist, erscheint sie in anderen Fällen durch einen tiefen Spalt vollkommen erreicht. Bei Cynthia sigillata besteht eigenthümlicher Weise nur dieser dorsale Spalt, während ventral das Periösophagealband in einem breiten Bogen ge- schlossen ist; es ist also auch hier das Organ hufeisenförmig, nur dass, umgekehrt als gewöhnlich, die offenen Schenkel dorsalwärts und nach vorn gerichtet sind, 374 Asecidien. hegion bei verschiedenen Contractionszuständen des Thieres recht erheb- lich wechselt. Am conservirten Material lässt ‘es sich dann zuweilen überhaupt nicht entscheiden, welcher Fall vorliegt, ob die abweichende Gestalt nur durch Contraction des Thieres bedingt ist oder eine Ver- schiedenheit des Baues bedeutet. 7. Die Kiemen. Weitaus die umfangreichsten Theile des Kiemendarmes sind die Seitenwände; sie sind zu einem respiratorischen Organ umgebildet, und diese physiologische Bedeutung ist es, die dem gesammten vorderen Darmabschnitt den Namen verliehen hat. Während alle anderen bisher behandelten Abschnitte des Kiemendarmes durchaus selbständig die ihnen eigenthümlichen Funetionen erlangt haben, indem lediglich ihre ento- dermalen Wandungen in bestimmten Weisen histologisch sich differen- zirten, konnten die Seitenwände nur dadurch zu so vollkommenen Kiemen sich gestalten, dass sie mit den inneren ektodermalen Wänden der Peri- branchialräume in innigste Verbindung traten. Wie bereits oben (p. 162) kurz angedeutet worden ist, legen sich die medialen Wände beider Peri- branchialräume jederseits dem entodermalen Kiemendarm an, um ihn bis auf einen medianen Ventralstreifen im Bereiche des Endostyls, der frei bleibt, vollständig zu umwachsen (vgl. hier die Abbildungen auf Taf. VII). So wird die Kiemenwand zu einem zweischichtigen Gebilde, das aussen vom ektodermalen Peribranchialepithel, innen vom entodermalen Kiemen- darmepithel bekleidet ist, während zwischen beiden Schichten in dem auf die primäre Leibeshöhle zurückbeziehbaren Raum Bindegewebe und Blut- räume sich finden. Die vergleichend anatomische Betrachtung der völlig entwickelten Ascidien lehrt uns eine lange Reihe verschiedener Ausbildungsstufen des Respirationsorganes kennen, die mit sehr einfachen Formzuständen an- hebt und, dureh lückenlose Zwischenformen hindurch, bis zu höchst ver- wickelten Endstadien führt. So einfach sich aber auch der Bau der niedersten Kiemenformen bei den Ascidien erweist, so besteht doch eine recht weite Lücke zwischen diesen und den Appendicularien. Bei den Copelaten bleiben die Kiemendarmwandungen noch frei, da die den Peri- branchialräumen vergleichbaren Spiracularhöhlen verhältnissmässig viel weniger umfangreich erscheinen und daher nicht im Stande sind, den vorderen Darmabschnitt zu umwachsen und sich zu vereinigen. Aus diesem Grunde tritt denn auch jederseits nur eine einzige Kiemenspalte (Spiraculum) auf, welche das Kiemendarmlumen mit der Spiracularhöhle in Verbindung setzt; jede der beiden Spiracularhöhlen mündet selbständig durch eine besondere Oeffnung ventral und seitlich an der ektodermalen Leibeswand nach aussen. Die einfachste Ascidienkieme besitzt dagegen im völlig erwachsenen Thier bereits stets eine grössere Zahl in mindestens drei Reihen angeordneter Kiemenspalten, die in wohl entwickelte Peri- Embryonale Form der Aseitdienkieme. 375 branchialräume führen. Diese letzteren münden nicht mehr getrennt rechts und links nach aussen, sondern vereinigen sich stets dorsal zum unpaaren Cloakenraum, den die Egestionsöffnung mit der Aussenwelt in Verbindung setzt. Fig. 84. Junge festsitzende Larve von Ciona intestinalis von links gesehen. 19/,. c — äusserer ‘Cellulosemantel; dd = darmumspinnende Drüse; ee — ektodermales Hautepithel; ed = Enddarm; es — Endostyl; f = Flimmerbogen ; fg = Flimmer- erube; hf — Haftfortsatz; hp — Haftpapillen; hz — Herz; ks — Kiemenspalten; Im — Längsmuskeln; /2 = Lippenzapfen; m —= Magen; mz = mesodermale Zellgruppe, aus dem eingezogenen Ruderschwanz entstanden; n — Nervenstrang; oc — rückgebildetes Auge der freischwimmenden Larve; oe — Oesophagus; p = Peribranchialeinstülpung; pe —= Pericardium. Ursprünglichere, unmittelbar an das Verhalten bei den Appendicu- larien sich anschliessende Formen der Kieme weist dagegen die onto- genetische Entwicklung der Aseidien auf. In jungen Embryonen finden sich zwei rechts und zwei links selbständig auftretende Peribranchial- einstülpungen des Ektoderms, die durchaus den beiden Spiracularhöhlen 376 Ascidien, der Appendieularien entsprechen (Fig. 2, Taf. VII). Wie diese münden auch die beiden Peribranchialbläschen jedes gesondert nach aussen, während nach innen zu zunächst nur eine Kiemenspalte jederseits in den vorderen Darmabschnitt durchbricht. Es scheint aber, dass dieses Stadium überall nur sehr kurze Zeit währt und sofort auf die Bildung der ersten Spalte die der zweiten und späteren nachfolet. Dagegen hat man bei vielen Embryonen Fig. 85. und Larven beobachtet (Ola- ETS velina lepadiformis, Ciona in- testinalis, Molgula ampulloi- des, MM. macrosiphonica), dass jederseits zwei hinter einander gelegene primäre Spalten etwas längere Zeit bestehen können (Textfigur 54 zeigt ein solches Stadium von Ciona intestinalis bei seitlicher Betrachtung der Larve, Fig. 4, Taf. VII stellt einen frontalen Längs- schnitt durch eine gleich alte Larve dar). Auch ein folgendes Stadium der phylogene- tischen Kiemenentwicklung ist bei den voll entwickelten Ascidien nicht mehr nach- weisbar, zeigt sich aber in Vorderleib einer festsitzenden Larve von Olavelina der Ontogenie bei Larven- lepadiformis. 145). formen noch deutlich er- e —= äusserer Üellulosemantel; dd — Cloakenhöhle; halten. Statt der beiden ec — ektodermales Hautepithel; f = Flimmerbogen ; Spalten finden wir nämlich fg = Flimmergrube; g — Ganglion; gd = Neuraldrüse; auf einer höheren Entwick- ks = Kiemenspalten; Im = Längsmuskeln; m — Magen; lungsstufe jederseits zwei mz — mesodermale, aus dem rückgebildeten Ruder- öhen Kiemenspalten, eine schwanz hervorgegangene Zellmasse; n = dorsaler i Nervenstrang; oe — ÖOesophagus; rm = Ringmuskeln vordere und eine hintere. an den beiden Körperöffnungen; rz = Rückenzapfen. Genauer beschrieben ist dieses Verhalten bei jungen festsitzenden Larven der Clavelina. Die ältesten Kiemenspalten finden sich da in jeder Reihe dorsal, während ventral zu die jüngeren in bestimmter Altersfolge angeordnet sind und dementsprechend an Grösse abnehmen. Nahe beim Endostyl sieht man die Kiemenspaltenbildung: sich vorbereiten (vgl. Textfig. 85). Da aber sehr bald neue Spalten auch zwischen den älteren entstehen, wird diese hegelmässigkeit rasch gestört. Soviel mir bekannt ist, werden bei allen Ascidien, die ihre volle Grösse Zusammensetzung der Ascidienkieme. 377 erreicht und ihre Entwicklung vollendet haben, stets mehr als zwei Kiemen- spaltenreihen angetroffen. Bemerkenswerth ist, das Milne Edwards (1842) eine kleine Clavellinide als Ulavelina pumilio beschrieben hatte, die durch zwei Kiemenspaltenreihen ausgezeichnet sein sollte; sie wurde aber später von Seeliger (1884) als die Jugendform einer anderen Olavelina erkannt. An dieses Embryonalstadium schliessen sich unmittelbar die ein- fachsten Kiemenformen der Synaseidien, die nur durch drei Spaltenreihen aus- gezeichnet sind und, wie eben erwähnt wurde, durch Reihen continuirlicher Zwischenstadien zu den complieirtesten Endformen der grossen Monas- cidien hinüberführen. Ausser den Kiemenspalten, deren Zahl, Form und Grösse in der mannigfachsten Weise sich veränderlich zeigen, treten eine ganze Reihe neuer, durch sehr verschiedenartige Faltungen der Kiemen- wandungen entstehende Gebilde auf. Es wird weiter unten der Nachweis geführt werden, dass manche dieser Gebilde, obwohl sie doch morpho- logisch durchaus gleichwerthig zu sein scheinen, an denselben Stellen im Kiemendarm auftreten und in ganz übereinstimmender Weise sich bilden, in verschiedenen Gruppen der Aseidien selbständig und unab- hängig von einander sich entwickelt haben. Die phylogenetische Ent- wicklung der Aseidienkieme lässt sich daher nicht dadurch reconstruiren, dass man verschiedene Ausbildungsstufen des Organs, wie sie die ver- gleichend anatomische Betrachtung uns zeigt, zu einer Reihe neben einander ordnet. Der Entwicklungsgang war vielmehr ein complicirterer und nicht immer ein auf Vervollkommnung des Organs gerichteter. Während in der einen Gruppe ein bestimmter Abschnitt der Kieme immer vollkommener sich gestaltete, ein benachbarter aber in seiner phylogenetischen Entwicklung stehen blieb oder sogar eine Rückbildung erfuhr, hat sich in einer anderen Aseidienabtheilung der Vorgang gerade in einer entgegengesetzten Weise vollzogen. Darnach erscheint es mir am zweckmässigsten zu sein, bei der Be- handlung des Baues der Kieme in der Weise zu verfahren, dass ich die verschiedenen an der Kiemenwand auftretenden Gebilde der Reihe nach in besonderen Abschnitten bespreche und nachweise, wie sie sich in den verschiedenen Aseidiengruppen entwickelt haben und verhalten. Dabei werden zu unterscheiden sein die von den Spalten durch- brochene zweischichtige Kiemenwand selbst und die erst später auftreten- den Faltungen und Fortsätze aller Art, die lediglich das innere ento- dermale Epithel der Kieme betreffen. Die erstere wird von französischen Autoren als „trame fondamentale“ bezeichnet und soll hier „primäres Gitterwerk der Kieme“ oder „primäre Kiemenwand“ genannt werden; sie erscheint bei fast allen Synaseidien und zahlreichen Mon- ascidien glatt ausgespannt und stellt im einfachsten Fall das gesammte respiratorische Organ dar. In mehreren Ascidiengruppen erhebt sich aber die primäre Kiemenwand, und zumeist auch gleichzeitig die von ihr aus entstandenen secundären Gebilde, zu ganz bestimmt angeordneten Falten, 375 Aseidien. die für die Systematik von grosser Wichtigkeit sind. In erster Linie wird das Aussehen der primären Kiemenwand durch die Kiemenspalten bestimmt, und zwar sind sowohl Grösse und Form wie Zahl und Ver- theilung der Spalten von Bedeutung. Durch das Auftreten der Kiemen- spalten wird die primäre Kiemenwand zu einem Gitterwerk verwandelt, in dessen Quer- und Längsstäben Blutbahnen verlaufen. Die secundären am Entodermepithel der primären Wand auf- tretenden Bildungen lassen sich im Wesentlichen unterscheiden als quer oder längs verlaufende Faltungen, die als innere Längsgefässe und innere Quergefässe resp. Flimmerreifen bekannt sind, und als papillenförmige Erhebungen, die Kiemenpapillen oder Kiemen- zapfen, die in sehr verschiedener Gestalt allenthalben an den Seiten- wänden des Kiemendarms sich erheben können, so wie im Bereiche der Dorsalfalte es die Rückenzapfen thun. a. Die Kiemenspalten. Die Kiemenspalten (boutonnieres ou stigmates branchiaux H. Milne Edwards’ und P. J. Van Beneden’s, tremas Lacaze-Duthiers’, stomates, fentes branchiales der französischen, „stigmata‘“ der englischen Autoren) finden sich zumeist an allen Stellen der seitlichen Kiemendarm- wandungen, so dass das primäre Gitterwerk der Kieme, das durch sie hervorgerufen wird, sehr umfangreich erscheint. Seitlich vom Endostyl bleibt stets rechts und links eine schmale kiemenspaltenfreie Zone be- stehen, die man zumeist mit gutem Grund der Ventralwand des Kiemen- darms zurechnen kann. Zuweilen, z. B. Cynthia, sieht man in Folge der oben (p. 348) bereits erörterten Lage der Hypobranchialrinne in einem Bindegewebsseptum diese Zone ziemlich ansehnlich ausgedehnt. Doch muss man, um sich von diesem Verhalten zu überzeugen, Querschnitte zu Hilfe nehmen (vgl. Textfig. 72 auf p. 347), denn bei seitlicher Be- trachtung der ganzen Thiere hat es den Anschein, als ob die Spalten- region sich unmittelbar bis zum Endostyl erstrecken möchte. Eine ver- hältnissmässig sehr ansehnliche 1!/,—2 mm breite spaltenlose Zone findet sich neben dem Endostyl bei Eugyra arenosa, deren Gesammtegrösse zwischen 10 und 15 mm schwankt (Kupffer), und ähnlich verhält sich auch Amaroucium astraeoides Sluit. Hier wird man die undurchbrochene Region nicht mehr ganz zur Ventralwand, sondern theilweise wenigstens zu den Seitenwänden zu rechnen haben. Bei Leptochnum Fdwardsi fehlen im gesammten hintersten Drittel des Kiemendarms die Spalten; wären sie hier in der gleichen Weise zum Durchbruch gelangt wie vorn, so würden statt der vier Kiemenspaltenreihen sechs vorhanden sein (vgl. umstehende Textfig. 86). Auch bei Didemnum graphicum Lahille ist der hinterste Abschnitt des Kiemendarms spaltenlos; es wäre hier zur Entwieklung einer vierten Spaltenreihe vollständig ausreichender Raum vorhanden. Bei Colella soll nach Caullery ein dreieckiges spalten- ne Verschiedene Formen der Kiemenspalten. 979 freies Feld dadurch entstehen, dass die beiden letzten Spaltenreihen, die dritte und vierte, jederseits ventral in der Nähe des Endostyls weit nach vorn und hinten zu auseinander weichen. Form und Grösse der Kiemenspalten. Weitaus die verbreitetste Form der Kiemenspalten ist die länglich schlitzförmige; zahlreiche Ab- bildungen der Tafel XX zeigen sie, und in dem die Systematik der Fig. 86. Ascidien behandelnden Abschnitt £ werden Darstellung und Textfiguren lehren, wie vorherrschend diese Spaltenform namentlich bei Syna- scidien vorkommt. Fast immer ver- laufen die Schlitze genau oder doch nahezu parallel zur Längsaxe des Thieres resp. des Kiemendarmes, zu- weilen sind sie mehr oder minder auffallend schräg gestellt, und sehr selten stehen sie senkrecht zur Längs- a en (Koch Here Seal transversal gerichtet es — Endostyl; fr = horizontale innere (z.B. Boltenia elegans, Cynthia villosa Längsgefässe resp. Flimmerreifen; ks — Kie- Stimp., Cynthia echinata). Fast aus- menspalten. nahmslos sind die beiden Schmal- seiten der schlitzförmigen Kiemenspalte stark bogenförmig ausgebuchtet. Selten erscheinen sie gradlinig und die gesammte Spaltenform daher rechteckig, mehr oder minder langgestreckt (Corellascidia). Auch bei einer Anzahl anderer Gattungen finden sich rechteckige Perforationen, die indessen von Herdman nicht den echten Kiemenspalten homolog erachtet werden (vgl. unten p. 380). Ontogenetisch entstehen die schlitz- förmigen Kiemenspalten fast immer aus winzigen kreisförmigen Perfo- rationen, die unter Veränderung ihrer Form und Zunahme an Grösse erst später ihr definitives Aussehen gewinnen. Zeitlebens bleiben solche em- bryonale kreisförmige Oeffnungen bestehen bei Psammaplidium obesum, Goodsiria placenta, Distoma deeratum Sluit., Aplidium despectum Herd. und anderen. Bei Hypobythius finden sich neben den winzigen kreisförmigen Spalten zahlreiche unregelmässig gestaltete Perforationen, die ihrer sehr geringen Grösse wegen ebenfalls den Eindruck embryonaler Bildungen machen. Oft erscheinen die Spalten nicht als typisch ausgeprägte Längs- schlitze, sondern sie behalten trotz ihrer bedeutenderen Grösse eine mehr kreisähnliche oder ovale Form. Zuweilen ist die elliptische Form mehr oder minder auffallend gestört und durch eine nierenähnliche vertreten. Bei Pelonaea corrugata treffen wir ovale und nierenförmige Spalten in einer Reihe neben einander an. Sehr häufig und in der Familie der Molguliden fast ausnahmslos verbreitet finden sich gekrümmte Kiemenspalten, entweder einfach horn- und sichelförmige oder halbkreis- und spiralförmige (Fig. 14 und 15, Kiemenkorb von Leptoclinum Edwardsi von 350 Aseidien. Taf. XX). Die Spiralspalten können zuweilen mehr als eine volle Windung bilden, und hin und wieder sieht man Abbildungen, in denen sich die Spalten so ansehnlich verlängert zeigen, dass sie mehrere Spiral- touren darstellen (Fig. 3, Taf. XX). Doch mögen dann zuweilen trennende (uerbrücken übersehen worden sein. In der Regel beobachtet man neben spiral- oder sichelförmigen Spalten mehr oder minder unregelmässig ge- staltete und auch in sehr verschiedenen Richtungen verlaufende schlitz- förmige kleinere Perforationen, so dass recht verschiedene Spaltenformen in einer Kieme dicht benachbart neben einander vorkommen können (Ascopera, Fig. 13, Taf. XX, Molgula gigantea Fig. 15, Taf. XX). Sehr eigenthümlich erscheinen die Kiemenspalten bei Corynaseidia Suhmi (Fig. 9, Taf. XX). Sie sind zwar zumeist ebenfalls schlitzförmig oder auch unregelmässig geformt, besitzen aber allenthalben geradlinig verlaufende Wandungen, während diese sonst an den Schmalseiten voll- kommen abgerundet sind. Die Längswände verlaufen in der Regel parallel zu einander, die Schmalseiten sind aber gegen einander geneigt. Die Spalten erscheinen daher zumeist trapezähnlich gestaltet. Ihre sehr charakteristische Anordnung wird im folgenden Abschnitt (p. 385) erwähnt werden, und es wird sich da auch zeigen, dass die eigenartige Form der Kiemenspalten der Corynaseidia nur als eine Modification der gekrümmten Spalten und Schlitze zu betrachten ist, wie sie bei den nahe verwandten Gattungen Corella und Chelyosoma vorkommen. Bei den Gattungen Culeolus, Fungulus, Bathyoncus unter den Mon- ascidien, bei Pharyngodictyon unter den Synascidien finden sich verhältniss- mässig grosse fast immer rechteckig, zuweilen ziemlich genau quadratisch geformte Perforationen (vgl. Culeolus Murrayi, Fig. 10, Taf. XX). Da sie die einzigen Oeffnungen sind, die zwischen dem Kiemendarmlumen und den Peribranchialräumen bestehen, möchte es mir scheinen, dass sie durchaus den bisher besprochenen Kiemenspalten der anderen entsprechen müssten. Dagegen hat aber Herdman, und zahlreiche der hierher ge- hörenden Arten sind bisher überhaupt nur von ihm untersucht worden, ausdrücklich hervorgehoben, dass, wie weiter unten noch erwähnt werden wird, ein solcher Vergleich nicht zutreffend ist, da die gesammte primäre Kiemenwand bei diesen Ascidien vollkommen rückgebildet sein und nur das innere Maschenwerk bestehen soll. — Stets sind die Kiemenspalten von geringer mikroskopischer Grösse und messen selbst in der Richtung ihrer längsten Axe nur kleine Bruch- theile eines Millimeters. Aus den Textfiguren und den Abbildungen auf Taf. XX lassen sich unter Berücksichtigung der angewendeten Ver- grösserungen sofort die wahren Grössen der Spalten bestimmen. Die grössten Perforationen finden sich bei Culeolus, wo sie zuweilen eine Länge von eirca 1 mm (Ouleolus perlucidus) erreichen. Die Grösse der Spalten ist nicht immer an allen Stellen des Kiemenkorbes die gleiche. Abgesehen davon, dass auch im erwachsenen Thier besonders an der Peripherie der Kieme und auch zwischen den alten Spalten immer noch Grösse der Kiemenspalten. 381 neue sich bilden, die erst nach und nach die volle Grösse erlangen, scheinen viele Perforationen zeitlebens auf einem mehr embryonalen Stadium zu verharren und klein zu bleiben. Spalten verschiedener Grösse können dann entweder regellos neben einander liegen (Fig. 13—15, Taf. XX und Textfig. 88 zeigen dieses Verhalten für mehrere zu verschie- denen Gruppen gehörende Aseidien), oder die grossen Fig. 87. und kleinen Spalten zeigen eine ganz bestimmte Anord- nung und Vertheilung. Ge- wöhnlich liegen dann die hs“ kleinen Spalten an der Peri- pherie jedes Kiemenblattes. Bei Distomum deeratum Sluiter besteht die hinterste der vier me Kiemenspaltenreihen aus kleinen Perforationen, bei Amaroueium Ritteri Sluiter sind die Spalten hinten grösser als vorn. Eigenthümlich er- scheint der Kiemenkorb der Distaplia Vallii Herd., indem hier (vgl. Textfig. 87) die Spalten in jeder Reihe ventral Mt IERAMEINT INNERES S 2 N == = \er= = SER Isar Hr 4 = 2008 once EIRRRFEITIGHTELRSTEITEONTLTERTTEEGSEITE GG 1.82 Sa Stück aus der Kiemenwand von Distaplia Valli und dorsal zu ganz allmähli SE Ya . ganz allmäh ich Herd. (Nach Herdman.) °°°/.. an Grösse abnehmen. Bei ks = Kiemenspalten; lg = Längsgefässe; Distoma caeruleum Sluiter sind mf= Muskelfibrillen in den Quergefässen ; tr = Quer- in der vordersten Reihe die gefässe zwischen den Spaltenreihen; tr, = secundäre lie Spalte :chsetzende Quergefässe. Spalten so angeordnet, dass die Spalten durchsetzende Quergefässe dorsal die grössten, ventral die kleinsten stehen, während in der zweiten Reihe umgekehrt die Grösse nach der Dorsalseite zu allmählich abnimmt. In der dritten Reihe sind alle Spalten annähernd von der gleichen Länge. Auch bei Goodsiria placenta findet man sehr verschieden grosse Spalten neben einander vor. Zwischen den oben erwähnten winzig kleinen Perforationen liegen andere, die um ein Mehrfaches grösser sind. Diese letzteren entstehen hier, wie Herdman (1886) angiebt, durch Verschmelzung mehrerer kleiner, und es ist meines Erachtens sehr wohl möglich, dass ein ähn- licher Vorgang auch bei der Bildung der grossen Kiemendurchbrechungen von Ouleolus, Fungulus, Bathyoncus und Pharyngodictyon stattfindet. Anordnung und Zahl der Kiemenspalten. a. Als die ursprünglichste Art und Weise der Anordnung der Kiemenspalten möchte ich die be- trachten, bei welcher die Spalten in quer verlaufenden Reihen stehen. Bei Larven fanden wir oben (p. 376) häufig zwei Kiemenspaltenreihen entwickelt, und daran schliesst sich direet an das Stadium, das zahlreiche 382 Aseidien. Synaseidien im völlig entwickelten Zustand darstellen und das durch drei Reihen länglich runder Spalten gekennzeiehnet ist. Bei mehreren Ascidien (z. B. Oystodites durus Dr., Distaplia magnilarva, Perophora) be- obachten wir, dass in dieser Beziehung selbst schon die freischwimmenden geschwänzten Larven ein höheres Ausbildungsstadium erkennen lassen, da die Zahl der in Bildung begriffenen Kiemenspaltenreihen eine grössere ist. Drei Spaltenreihen finden sich gewöhnlich bei den Arten der Gattung Didemnum, bei Sigillina, bei vielen Distoma (D. mucosum Drasche, D. Panceri D. Valle, D. parvum, D. rhodopyge, D. eaeruleum, D. illotum, D. fuscum, D. circumvallatum, D. Laysani Sluiter und andere), zuweilen bei Colella (©. plicata Herd.), Amaroucium (A. distomoides Herd.), Leptoclinum (L. Thomsoni, L. Carpenteri Herd.). Häufiger sind vier Kiemenspalten- reihen auf jeder Seite ausgebildet: die meisten Leptochinum, Julinia, Didemnoides, Diplosoma, Perophora, mehrere Colella (C. ramulosa, C. tenwi- caulis Herd.) und Distoma, Distaplia, Cystodites und andere. Auch für alle höheren Zahlen von Kiemenspaltenreihen lassen sich Beispiele an- führen. Fünf Reihen zeigen Colella pedunculata Herd., CO. tenwicaulis, zuweilen einige Leptoelinum (L. fimbriatum Herd.) und Distoma. Sechs Reihen scheinen ziemlich constant bei EBucoclium und zuweilen bei einigen Colella (©. eyanea, C. claviformis), Aplidium (A. griseum Lahille) vorzukommen; sieben finden sich bei Oircinalium, Chorizocormus leuco- phaeus Herd., acht zählt man bei mehreren Psammaplidium (Ps. lobatum Herd., Ps. ambiguum, Ps. stelliferum Sluiter), Amaroueium, Polyclinoides und anderen, neun bei Psammaplidium foliaceum Sluiter, Polyelinum meri- dianum Sluiter und anderen Arten der zuletzt erwähnten Gattungen, zehn bis zwölf bei mehreren Amaroucium (A. proliferum M. Edw.), Polyelinum (P. aurantium Drasche), Aplidium (Apl. asperum Drasche) und vielen anderen. Schon bei manchen Synaseidien steigt die Zahl der Spaltenreihen auf ungefähr 16 (Polyclinum saturmium, P. cythereum Sav.), auf 15 bis 20 (Polyclinum hesperium Sav., Amaroueium torquatum Drasche) und sogar zwei Dutzend (Distoma adriaticum Drasche), um bei den grossen Monascidien diese letztere Zahl noch um ein Mehrfaches zu übertreffen. Bei grösseren Thieren der Ciona intestinalis können über 200 und 250 Spaltenreihen entwickelt sein, und bei Phallusia mammillata zählt man zuweilen mehr als 500. Die Zahl der Einzelspalten in jeder Reihe zeigt bei den ver- schiedenen Arten ähnliche Verschiedenheiten wie die der Reihen. Drei Spalten finden sich nur ausnahmsweise in einer Reihe, so z. B. in der hintersten bei Distoma deeratum Siuit., vier sind dagegen viel häufiger anzutreffen (in den drei vorderen Reihen bei Distoma deeratum, überall bei Diplosoma pseudoleptoclinum Drasche; öfters in der hintersten oder vordersten kürzesten Reihe, wenn in den anderen fünf oder auch mehr Spalten vorkommen, wie z. B. bei Cystodites cretaceus Drasche, Didemnoides macroophorum Dr.). Fünf Spalten zählt man bei Diplosoma carnosum Dr., Reihenförmige Anordnung der Kiemenspalten. 383 Distoma mucosum Dr., Oystodites eretaceus Dr.; sechs bei Distoma fuscum und zumeist auch bei D. parvum Sluiter und Didemnoides macroophorum, bei Diplosoma erystallinum, Distaplia lubrica, Cystodites durus u. 8. W.; sieben bis acht bei Aplidium asperum Dr., Polyclinum aurantiacum Dr.., Leptochnum fimbriatum, Psammaplidium ceircumvallatum Sluiter, zehn bei Amaroueium constrietum Sluit., Colella plicata Herd., zwölf bei Oolella tenwicaulis Herd., vierzehn bis sechszehn bei Polyclinum meridianum Sluit., Fragaroides, und eine ähnliche oder noch etwas beträchtlichere Anzahl findet sich bei manchen anderen Polyclinum und Amaroucium. So wie die Zahl der Spaltenreihen sehen wir auch die der Einzel- spalten in jeder Reihe bei den grossen Monascidien zu sehr bedeutender Höhe sich erheben. Bei Ciona intestinalis können in einer Reihe gegen 200 Spalten zum Durchbruch gelangen, und bei Phallusia mammillata zählte ich in grösseren Thieren über 500. — Schon aus den eben mitgetheilten Zahlen ergiebt sich, dass die Zahl der Spaltenreihen und der in einer Reihe liegenden Perforationen weitgehende Verschiedenheiten zeigen nicht nur bei nahe verwandten, derselben Gattung zugehörenden Arten, sondern auch bei verschiedenen Individuen derselben Species. Nicht immer finden wir diese Thatsachen anerkannt. So theilte z.B. DellaValle(1881) die Familie derDidemniden lediglich nach der Anzahl der Spaltenreihen ein in die beiden Gattungen Trididemnum und Tetra- didemnum, von denen die erstere ausnahmslos durch drei, die letztere durch vier Reihen gekennzeichnet sein sollte. Es hat sich aber sehr bald gezeigt, dass dieses Eintheilungsprineip in einseitiger Weise sich nicht anwenden lässt, und es mussten daher die beiden letztgenannten Gattungen wieder eingezogen werden. Ihnen entsprechen nur zum Theil die älteren Genera Leptoclinum und Didemnum, die zumeist durch vier beziehungsweise drei Kiemenspaltenreihen ausgezeichnet sind. Doch giebt es, wie wir oben sahen, Leptochinum mit drei und fünf Spaltenreihen, und auch für Didemnum scheint es mir durchaus noch nicht gewiss zu sein, dass die Dreizahl der Spaltenreihen ein allgemein gültiges Merkmal sei. Immerhin sehen wir, dass innerhalb der Gattungen Didemmum, Leptoclinum, Didemmoides, Cystodites und manchen anderen die Spalten- reihenzahl bei den verschiedenen Arten nur geringe Abweichungen zeigt und stets eine niedrige bleibt. Im Gegensatze dazu stehen andere Gattungen, bei denen die Reihen- zahl sehr weit gehende Schwankungen zeigt. Das lassen schon die wenigen oben mitgetheilten Zahlen für Amaroucium, Polyclinum, Colella u. s. w. erkennen. Innerhalb der Gattung Distoma variirt die Zahl zwischen 3 und 24, bei Olavelina zwischen drei oder vier (Ol. products M. Edw.) und etwa 1!/, Dutzend (Ol. lepadiformis). Auch in vielen Gattungen der Monascidien finden sich neben solchen Arten, deren Kiemen ver- hältnissmässig wenige Spaltenreihen besitzen, andere mit überaus zahl- reichen Reihen. Gewöhnlich sind diese Verschiedenheiten durch die Grössenunterschiede der Thiere bedingt, da die Grössen der einzelnen 384 Aseidien. Spalten durchaus nicht zu den Körpergrössen in Beziehung stehen. Da- her haben die grossen Cynthia, Styela, Molgula u. s. w. eine um ein Viel- faches beträchtlichere Zahl Kiemenspalten als die kleinen Formen derselben Gattungen (vgl. hier die Angaben über die Körpergrössen der Ascidien auf p. 196). Die Bedeutung der Zahl und Anordnung der Kiemenspalten für die Systematik der Ascidien wird auch dadurch noch etwas beeinträchtigt, dass nicht unerhebliche individuelle Variationen auftreten, sowohl bezüglich der Zahl der Reihen als auch der Einzelspalten in jeder Reihe. Bei manchen Leptoclinum (L. Carpenteri, L. Thomsoni) finden sich in den- selben Stöcken neben Individuen mit vier Spaltenreihen solche mit nur drei, und ähnlich ist es bei Colella plicata Herd. und Amaroueium disto- moides Herd. Vier oder fünf Spaltenreihen haben die verschiedenen In- dividuen von Leptochnum fimbriatum Herd., fünf oder sechs die von Colella cyanea, sechs oder sieben die von Üolella claviformis Herd., acht bis neun die von Amaroucium constrietum Sluit. Bei den Arten, bei denen die Zahl der Spaltenreihen grösser ist, sehen wir auch die individuellen Variationen innerhalb weiterer Grenzen sich bewegen und die Reihenzahl um zwei, drei nnd noch mehr ver- schieden. So zählt man z.B. bei Amaroueium Ritter: Sluiter 12—14, bei Fragaroides aurantiacum 13—16 Reihen. Bei den grossen Monaseidien variirt die Zahl der Spaltenreihen im Zusammenhang mit der verschiedenen Körpergrösse der Individuen um mehrere Dutzende (Ütiona intestinalis, Phallusia mammillata). Allerdings ist es oft recht schwer zu entscheiden, ob es sich um individuelle Variationen oder um Verschiedenheiten handelt, die nur verschiedene Entwicklungsstadien bedeuten. Noch erheblicher vielleicht als die Zahl der Kiemenspaltenreihen varlirt die der Perforationen in einer Reihe. Selbst da, wo nur sehr wenige, drei oder vier, Spalten rechts und links in jeder Reihe auftreten, zeigen sich bereits individuelle Unterschiede (Distoma deeratum), und sie finden sich fast regelmässig, wo die Spaltenzahl eine grössere geworden ist. Sind jederseits in den Reihen etwa 6—12 Spalten vorhanden, so betreffen die individuellen Unterschiede in der Regel nur das Vorhandensein oder Fehlen von einer oder zwei Perforationen, finden sich 12— 24 Spalten, so steigt die Variationsbreite auf drei, ausnahmsweise auf vier. (Distoma parvum 5—6, Amaroucium Ritteri 6— 7, Leptoclinum fimbriatum 7 — 8, Psammaplidium eireumvallatum 6— 8, Distoma longissimum 15 — 15, Poly- clinum meridianum 14—16). Wo, wie es bei manchen Monascidien der Fall ist, in jeder Reihenhälfte Hunderte von Perforationen auftreten, ist die individuelle Variationsbreite viel beträchtlicher und beträgt mehrere Dutzende. b. Bei vielen Molguliden und Asceidiiden, bei denen die Kiemen- spalten sichel- oder spiralförmig gestaltet sind, ist die Anordnung der Perforationen eine complieirtere. Es stehen nämlich die Einzelspalten nicht in einfachen Querreihen, sondern sie bilden grössere oder kleinere, Erklärung von Tafel XIX. Ascidien. III. Suppl. Fig. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. . Querschnitte durch zwei Rückenzapfen von Ciona intestinalis. 13%. . Längsschnitt durch die Kiemendarmregion von Clavelina lepadiformis. Der Schnitt . Ein durch die Kiemenspalten geführter Längsschnitt aus derselben Serie, &*. . Geisselzellen aus dem medianen Streifen des Endostyls von COlavelina lepadiformis. . Schnitt durch einen Theil eines der beiden paarigen ventralen Flimmerstreifen des . Querschnitt durch den vorderen Theil der Dorsalfalte von Cynthia papillosa. (Aus . Querschnitt durch die Region der Dorsalfalte von Clavelina lepadiformis. ®2. . Ein anderer Schnitt aus derselben Serie. Der Schnitt ist zwischen den Basaltheilen . Stück aus der Dorsalfalte von Phallusia mammillata in seitlicher Ansicht. 22 . Jüngeres Thier eines Micerocosmus vulgaris Kell., der Länge nach aufgeschnitten. . Stück aus der Dorsalfalte von Pachychlaena gigantea Herd. (Nach Herdman.) Sehr Ein Theil der Dorsalfalte mit benachbarter Kiemenregion von Clavelina lepadiformis. Die Rückenzapfen sind besonders umfangreich entwickelt. $?. ist in jeder der beiden Kiemenspaltenreihen zwischen je 2 Kiemenspalten geführt worden. 3%. 2 A = Schnitt durch einen querverlaufenden Flimmerreifen stärker vergrössert. 262, B = Schnitt durch einen anderen Flimmerreifen. 32%, Nur ein Theil der Geisseln ist eingezeichnet. +220, Endostyls von Olavelina lepadiformis. A922, 2 Schnitten combinirtes Bild.) +93, zr = grösserer linksseitiger, zr, = kleinerer rechtsseitiger Rückenzapfen der Dorsalfalte. Mittlerer Theil der Dorsalfalte einer Cynthia papillosa von der Ventralseite gesehen. %?, Buchstabenbezeichnung wie in Fig. 7. zweier aufeinander folgenden Rückenzapfen geführt worden. $°, TE . tk = Tentakelartige Erhebungen des Entodermepithels. zr = Rippen und zapfenförmige Erhebungen der Dorsalfalte. (Nach Heller.) !f = Längsfurche in der Mundhöhle, rm = wellenförmig ausgebuchtete Ring- membran am Grunde der Mundhöhle. schwach vergrössert. Frontaler Längsschnitt durch den hinteren Kiemendarm von Ciona intestinalis. S&, fk — rechtsseitiger, fk, — linker Flimmerstreiften (Retropharyngealband) der hinteren Kiemendarmwand. A. Durchschnitt durch den rechten Flimmerkamm, aus derselben Schnittserie. 267. B. Durchschnitt durch den linken Flimmerkamm desselben Thieres. 32#, Querschnitt durch die Dorsalfalte von Microcosmus (vulgaris?). 52. Quersehnitt durch das freie Ende der Dorsalfalte, aus derselben Serie. *2®. Stück aus der Dorsalfalte von Pachychlaena oblonga Herd. (Nach Herdman.) 3%. Stück aus der Dorsalfalte von Ascidia pyriformis Herd. (Nach Herdman.) 5%. Quersehnitt durch die Epibranchialrinne (ep) einer Ascidia mentula. (Nach Julin.) Hartn. Obj. 4. 4 4 Tafel 19. & Seeliger, Tunicaten . 15. NNNn N 7 j Ba | IR Erklärung von Tafel XX. Ascidien. Bere er, (ine # ; 1. Kiemenkorb der Ciona intestinalis von innen gesehen. 2. 2. Theil des Kiemenkorbes von Polycarpa glomerata (?) von innen gesehen. 3. Stück aus dem Kiemenkorb von Corella japonica von innen gesehen. (Nach Herdman.) 5%, 4. Theil aus einem in Rückbildung begriffenen Kiemenkorb der Ascidiella scabra von innen gesehen. (Nach Roule.) 2. 5. Kiemenkorb des Botryllus violaceus von innen gesehen; nur drei der mittleren Kiemen- spaltenreihen der rechten Seite sind eingezeichnet worden. ?. 6. Querschnitt durch ein inneres Längsgefäss und zwei benachbarte Kiemenspalten von Botrylloides rubrum M. Edw. 287, 7. Schnitt durch ein Quergefäss des Kiemenkorbes von Botrylloides rubrum. ?3*. Kiemenkorb einer Ascidiella lutaria von innen gesehen. (Nach Roule). $%. Ein Theil aus dem Kiemenkorb einer Corynascidia Suhmi von innen gesehen. (Nach Herdman.) 2. 10. Stück aus dem Kiemenkorb von Ouleolus Murrayi von innen gesehen. (Nach Herdman.) Circa 22. 11. Stück aus dem Kiemenkorb von Perophora Lister‘ von innen gesehen. 493, 12. Theil des Kiemenkorbes einer Phallusi« mammillata von aussen gesehen. 38. 13. Stück des Kiemenkorbes einer Ascopera gigantea. (Nach Herdman.) >32. 14. Stück aus dem Kiemenkorb einer Molgula gigantes von innen gesehen. (Nach Herdman.) *%. 15. Stück aus dem Kiemenkorb einer Molgula pyriformis von innen gesehen. (Nach Herdman.) 5%. Für alle Abbildungen dieser Tafel gelten folgende besondere Buchstabenbezeichnungen: ilg = innere Längsgefässe; tg, “tg,, ig, — innere Transversalgefässe, erster, zweiter Ordnung; %ks = Kiemenspalten; /f—= Längsfaltungen des Entodermepithels des Kiemendarms, die inneren Längsgefässe umschliessend; /g = äussere Längsgefässe, zwischen den Kiemen- spalten gelegen; p = Papillen oder Seitenzapfen des Kiemendarms; sp = Kalkspieula; 9, t9,, tg. = Transversalgefässe erster und zweiter Ordnung, in der Ebene der Kiemen- spalten gelegen. so @ f A = u > } DS 2 Tafel. 20. Seeliger,lunicaten. A Be J e DE az | Rd “,@) ng 5; Za0jpN | NR Wi) A 4 «ig | AEN) Anordnung der gebogenen Spiracula. 385 Gruppen, die ihrerseits in mehr oder minder deutlich ausgeprägten Reihen angeordnet sind. Diese Reihen werden durch quer verlaufende Blutbahnen von einander geschieden, während die in jeder Reihe neben einander liegenden Spaltengruppen durch weitere oder engere interspiraculare Längsgefässe getrennt sind. Die Art und Weise, in der die Einzelspalten zu Gruppen sich zusam- menfinden, ist bei den verschiedenen Formen erheblich verschieden. Neben ziemlich unregel- mässigen Gruppen findet man die gebogenen und spiralförmigen, oft an- sehnlich langen Einzel- spalten so angeordnet, dass mehr oder minder deutlich ausgeprägte Spi- raltouren entstehen. Sehr häufig liegen die Spiral- spalten und Spalten- u ı nicht oe in en en st ppeL een) = Stück aus dem Kiemenkorb von Corella parallelogramma. einer Ebene, sondern sie (Nach Kupffer.) erheben sich im Spiral- 75 — Kiemenspalten; /g — Längsgefässe ; tr — Trans- centrum zu einem coni- versalgefässe. schen Zapfen, der nach aussen oder nach innen gerichtet sein kann, um ein sog. Infundibulum bilden zu helfen. aa) Im einfachsten Fall erscheinen alle Spalten einer Gruppe in einer einzigen vielfach gewundenen Spirale angeordnet. Das Centrum der Gruppe nimmt dann zumeist eine ansehnlich lange, häufig durch eine Anzahl Querbrücken mehrfach getheilte Spiralspalte ein, um welche sich kleinere secundäre, bogenförmige Spiracula regelmässig gruppiren. Doch wird man in alten Thieren wohl stets neben diesen spiralig angeordneten Spalten andere zu derselben Gruppe gehörende finden, die mehr oder minder unregelmässig gestellt sind und den Spiral- verlauf stören. | Bei Corella soll nach Selys Longchamps (1901) eine jede Spalten- gruppe durch Theilung aus einer einzigen primären Spiralspalte hervor- gehen. Auch bei anderen Gattungen kommt Zerlegung von spiraligen und gekrümmten Spalten in gesonderte Spiracula vor, während gleich- zeitig andere Spiracula als selbständige Perforationen auftreten, obwohl sie sich an der Bildung der Spiralgruppen betheiligen. Es bleibt daher bei der Untersuchung des vollständig entwickelten Kiemenkorbes zumeist unsicher, wie die Spiralen zu deuten und welche Kiemenspalten auf ursprüngliche, selbständig auftretende Durchbrechungen zurückzuführen seien (vgl. hier Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 25 Fig. 88. 356 Ascidien. die Abbildungen für Corella japonica, Molgula gigantea, M. pyriformis in Fig. 3, 14, 15, Taf. XX). Die wahre Zahl der ursprünglichen Kiemen- spalten ist für diese Formen also nicht ohne Weiteres zu bestimmen. Dass aber eine Querreihe von derartigen Spaltengruppen nicht nur einer, sondern mehreren Querspaltenreihen des vorher beschriebenen Typus entspricht, kann man meines Erachtens in über- zeugender Weise aus einem solchen Verhalten erschliessen, wie es Text- figur 88 für Corella parallelogramma zeigt. Zuweilen lässt es sich an gewissen Stellen des Kiemenkorbes mancher Formen noch nachweisen, dass die Einzelspalten in der That noch mehr in einfachen, wenngleich auch wenig deutlich hervortretenden Querreihen angeordnet sind, während an anderen Orten eine mehr unregelmässige oder spiralige Gruppirung vorhanden ist. Diese vergleichend anatomischen Befunde rechtfertigen also die eben erwähnte Auffassung, dass jede Querreihe — insoweit sich solche noch nachweisen lassen — von Spaltengruppen mehreren einfachen Querreihen von Kiemenspalten gleichwerthig ist, und auch die soeben von Selys Longchamps mitgetheilten entwicklungsgeschichtlichen That- sachen sind meiner Ansicht nach damit wohl vereinbar. Zu dem hier behandelten Typus der einfachen Spiralgruppen von Kiemenspalten gehört auch das Verhalten, das die Kieme von Corynas- cidia Suhmi (Fig. 9, Taf. XX) aufweist, obwohl es auf den ersten Anblick recht eigenartig erscheint, weil die Einzelspalten trapezähnlich geformt und so ausserordentlich erweitert sind, dass die sie trennenden Theile der Kiemenwandungen, die die interspiracularen Kiemengefässe enthalten, äusserst zart und fein bleiben und ein an ein Spinnengewebe erinnerndes Aussehen zeigen. Sieht man von diesen Eigenthümlichkeiten ab, so erkennt man bei Corynascidia im Wesentlichen die gleichen Spiralgruppen wie bei Corella. In Folge der bedeutenden Ausdehnung und abweichenden Gestalt der Einzelspalten wird die Anordnung zur Spirale nicht auf den ersten Anblick klar. Verfolgt man aber die zarten Kiemengefässe, die zwischen den Spalten liegen und durch radiär verlaufende Brücken mit einander verbunden sind, so lässt sich unschwer feststellen, dass sie mehr oder minder regelmässige Spiraltouren beschreiben, und zwar zählt man, vom Mittelpunete ausgehend, in jedem System 3—4 Umdrehungen. Neben diesen in einer Spirale angeordneten Kiemenspalten, die wahr- scheinlich alle durch Theilung einer primären Spiralspalte sich gebildet haben, liegen peripher noch besondere Einzelspalten mehr oder minder unregelmässig vertheilt, so dass nicht an allen Stellen des Kiemenkorbes die regelmässige Zeichnung angetroffen werden kann, die die Abbildung (Fig. 9, Taf. XX) wiedergiebt. Die einzelnen Gruppen von Spalten liegen zwar dicht neben einander, scheinen aber doch scharf von einander ab- gegrenzt und in besonders regelmässigen Querreihen angeordnet zu sein. Wie ich bereits oben (p. 350) angedeutet habe, erblicken wir dem- nach in dem Verhalten bei Corynascidia nur eine Modification des bei Bildung von Spaltengruppen. 387 den übrigen Corellinen herrschenden Typus. Bei den nächstverwandten Gattungen Corella und Chelyosoma finden sich ausser spiraligen zumeist gekrümmte, oft sehr unregelmässig gestaltete Kiemenspalten. Ihre An- ordnung ist bei den verschiedenen Arten recht verschieden. Wenn auch die Vertheilung der Spalten zuweilen ganz regellos erscheint, so ist doch zumeist schon die Tendenz zu der oben erwähnten Gruppenstellung an- gedeutet, oft auch zur vollen Entwicklung gelangt, in einer ähnlichen Weise, wie es bei Corynascidia eingetreten ist. Während Corynascidia von dem normalen Typus vornehmlich durch die beträchtliche Weite der Spaltenöffinungen abweicht, zeigt sich in anderen Fällen das Gegentheil, nämlich eine auffallende Verengung der Perforationen. Bei Corella japonica sind die Kiemenspalten auch in nor- malen Thieren an gewissen Stellen nur sehr schmal; in alten Individuen können, wie Sluiter (1900) berichtet, zuweilen alle Spiracula einer Spaltengruppe sich so vollständig schliessen, dass gar keine Durch- brechungen mehr bestehen bleiben. An Stelle einer Spiraculagruppe findet sich dann immer nur ein flacher Blindsack. Diese Art des Ver- schlusses der Kiemenspalten ist durchaus verschieden von der eigenthüm- lichen Einrichtung, die bei Molgula ampulloides gelegentlich die Spiracula für einen Wasserstrom unpassirbar macht (s. unten p. 402). bb) Complieirter gestalten sich die Spaltengruppen, wenn sie ganz oder zum Theil aus zwei einander parallel laufenden und einander um- schliessenden Spiralen sich zusammensetzen. Oft nehmen die Doppel- spiralen nur die Mitte der Gruppe ein, während peripher verschieden ge- formte Kiemenspalten in wechselnder Gruppirung angetroffen werden. Für jede dieser Doppelspiralen gilt im Wesentlichen das, was oben über die Einzelspiralen berichtet wurde. Sehr typisch zeigen ein solches Verhalten die Kiemen der Gattung Eugyra und im Besonderen der Eugyra kerguelenensis und Eug. arenosa. Eine Copie der Herdman’schen Abbildung zeigt Textfigur 89. Die beiden parallel laufenden Spiralspalten sind durch ein langes Spiralgefäss getrennt, radiär verlaufende Gefässe durchsetzen und theilen die Spalten. Wahrscheinlich dürfte, wie Pizon annimmt, jede der beiden riesigen Spiralspalten oder Spaltengruppen auf eine ursprüngliche Kiemenspalte zurückzuführen sein. Derartige Gruppen von Doppelspiralen kommen auch bei anderen Molgulidengattungen vor. Wenn auch nicht in gleich hoher Ausbildung wie bei Eugyra, so trifft man doch immerhin schon an einigen Stellen der Kieme bei Paramolgula guttula (vgl. weiter unten Textfigur 90, p. 390) und bei mancher Molgula (M. Filholi Pizon) deutliche Doppelspiralen. Voll- kommener entwickelt, zuweilen ganz nach Art der Eugyra, finden sich die Doppelspiralgruppen neben einfachen Spiralen in der Kieme von Gamaster dakarensis Pizon (s. Textfigur 102). ce) Während in allen diesen Fällen, auch da, wo Doppelspiralen vorkommen, die spiraligen Spaltengruppen immer nur um ein Centrum 25 * 388 Ascidien. sich gruppiren, finden sich bei anderen Arten Spaltengruppen mit 2 Centren, indem um 2 neben einander liegende, aber verkehrt gewundene Einzel- Fig. 89. Stück aus dem Kiemenkorb einer Bugyra kerguelenens’s Herd. von innen gesehen °°/,. (Nach Herdman.) il == inneres Längsgefäss; rg = Radiärgefäss, 'an den Maschenwinkeln ent- springend; rg, — Radiärgefäss, seitlich entspringend; sg = Spiralgefäss; ss u. ss; — die beiden neben einander verlaufenden Spiralspalten ; tm — Transversalmembran; tr — Transversalgefäss. spiralen neue Spiracula sich anlegen, so dass eine einheitliche Gruppe entsteht. Bei Molgula Filholi und, weniger vollkommen, auch bei Paramolgula guttula sieht man solche Doppelspiralgruppen neben einfachen Spiralen und parallel laufenden Doppelspiralen des ersten und zweiten Typus (s. weiter unten Textfiguren 90 und 105). Sehr oft sind alle diese Spaltengruppen aller drei Typen nach N echter Infundibula nieht ganz in einer Ebene gelegen, sondern ihre Centra erheben sich, so dass kleine conische Zapfen oder wellenförmige Aus- stülpungen gebildet werden. Dass die Anordnung der Einzelspalten zu Gruppen in den beiden Abtheilungen der Aseidien, bei Moleuliden und Aseidiiden, selbständig und von einander unabhängig sich herausgebildet hat, wird wohl kaum bezweifelt werden können. Ich halte es aber auch für gar nicht unwahr- scheinlich, dass selbst innerhalb der beiden Familien die Gruppenstellung sich nicht nur je einmal, sondern mehrmals entwickelt hat. Spaltengruppen der Molguliden. 389 Unter den Molguliden begegnen wir bei mehreren Gattungen eine typische Gruppenstellung. Die zahlreichen Species des Genus Molgula lassen sich leicht in continuirliche Reihen zusammenstellen. Diese be- einnen entweder mit schlitzförmigen oder nur wenig gebogenen, über weite Regionen des Kiemendarmes in fast regelmässigen Querreihen an- geordneten Spiraculis (z. B. bei manchen Individuen der Molgula oceulta, besonders aber M. Carpenteri Herdman) und schliessen mit regelmässigen Spiralgruppen, die in mehr oder minder deutlichen Querreihen stehen, ab (Molgula mollis, M. sydneyensis, M. echinosiphonica), oder sie heben mit sehr unregelmässig vertheilten gestreckten oder gebogenen Einzelspalten an (z. B. gewisse Individuen der Molgula oceult«, M. pedunculata) und führen füglich zu scharf gesonderten Spiralgruppen, die aber sehr un- regelmässig angeordnet sind, hin (Molgula horrida, M. gigantea). In beiden Reihen werden die Zwischenglieder durch solche Kiemenformen dargestellt, in denen Spaltengruppen und Einzelspalten in wechselnder Zahl und Anordnung neben einander vorkommen. Wenn man das über- aus wechselnde Verhalten der Kiemenspalten bei der Gattung Molgula überblickt, so möchte es fast so scheinen, als ob die Kiemen nicht nur einer, sondern mehrerer Arten in einer phylogenetischen Umbildung und Weiterentwicklung begriffen wären, die dahin zielt, regelmässig gestellte Spaltengruppen zu schaffen. In einer ähnlichen Weise lassen sich auch die wenigen Species der Gattung Otenicella anordnen. Bei Otenicella appendiculata ”) und Ct. morgatae finden sich vorwiegend schlitzförmige in Querreihen gestellte Kiemen- spalten, bei Ot. Lebruni Pizon sind die zahlreichen Spiracula zu ganz unregelmässigen kleinen Gruppen angeordnet, bei Of. Lanceplaini beob- achtete Lacaze-Duthiers sehr weitgehende individuelle Verschieden- heiten (vgl. weiter unten p. 396) und unter diesen auch regelmässige Spiralgruppen, wie sie sonst bei manchen Molgula-Arten vorkommen. Ebenso finden sich weitgehende Unterschiede in der Anordnung der Kiemenspalten bei den verschiedenen Species der Gattung era. Auch hier können die Spiracula längs gestreckt, schlitzförmige (P. Carpenteri Herdman), oder gekrümmt (P. Hancocki) sein, in Querreihen oder in mehr oder minder regelmässigen Spiralgruppen stehen (P. erystallina). Auch in der Gattung Eugyra bestehen durchaus nicht überall solche regelmässige Spaltengruppen, wie sie Textfig. 89 für Hugyra kerguelenensis zeist. Wenngleich die Doppelspiralen im Allgemeinen als Gattungs- merkmal gelten können, so sind doch an vielen Stellen der Kieme die beiden Einzelspalten jeder Gruppe in nicht gleich vollkommener Weise ausgebildet. Das Gleiche gilt für die Gattung Gamaster Pizon, bei der *) Beschreibung und Abbildung, die Heller (1877) vom Kiemenkorb der Ctenzcella appendiculata giebt, decken sich nicht. Während die Zeichnung regelmässige Querreihen schlitzförmiger Spalten zeigt, heisst es im Text: „Die Kiemenspalten sind nur wenig ge- krümmt und zeigen eine ziemlich regelmässige Anordnung“. Auch Lacaze -Duthiers (1877) fand stellenweise eine sehr regelmässige Reihenstellung der schlitzförmigen Spalten. 390 Aseidien. neben Doppelspiralgruppen ausserordentlich lange, vielfach gewundene Einzelspiralen in demselben Kiemendarm vorkommen. Innerhalb der Gattung Paramolgula lässt sich ebenfalls die Entwick- lung von Spaltengruppen feststellen. Bei der neuerdings von Michaelsen beschriebenen Paramolgula guttula bilden sich die Gruppen aus 2 oder 3 spiraligen oder stark gekrümmten Einzelspalten in einer Weise, die sich vom oben beschriebenen normalen Molgula-Typus nicht unerheblich entfernt und lebhaft an die Doppelspiralen der Eugyra erinnert. Namentlich die aus zwei parallel verlaufenden, ineinander greifenden Einzelspiralen sich zusammen- setzenden Gruppen machen durchaus den Eindruck, als ob sie Jugendstadien des oben geschilderten Kugyra-Typus wären (vgl. Textfigur 90). Ob aber zwischen diesen beiden Formen in der That eine na : f Rt: 4 N di I Ann = so innige verwandtschaftliche Beziehung A An herrscht, dass die Eugyra-Kieme sich nike direct aus einer Paramolgula entwickelt Paramolgula guttula Michaelsen. haben könnte, oder ob in beiden Gattungen (Nach Michaelsen.) selbständig die ähnliche Gruppirung der ig — innere Längsgefässe; 99 — Spalten aufgetreten ist, möchte ich vor- Juergefässe. = : Querg läufig noch unentschieden lassen. Wenn wir somit mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen dürfen, dass bei den Molguliden eine Gruppenstellung der Einzelspalten mehrmals selbständig aufgetreten ist, so ist das bei den Aseidiiden, unter denen die Corellinen Spiralgruppen entwickelt zeigen, vielleicht nicht in oleicher Weise der Fall. Dass die eigenartigen Spaltengruppen bei Corynascidia von Corella ähnlichen Vorstufen abzuleiten sind, ist oben (p. 386) bereits ausgeführt worden, und ebenso lassen sich ungezwungen die in 6—9 Spiraltouren angeordneten Spiracula der neuerdings von Michaelsen (1898) beschriebenen Gattung Agnesia auf eine gleiche Vorfahrenform zurückführen. Innerhalb der Gattung Corella begegnen wir die Spaltengruppen mehr oder minder vollkommen entwickelt und in mehr oder minder regelmässiger Stellung; am vollkommensten und regel- mässigsten vielleicht bei Corella japonica (Fig. 3, Taf. XX), recht unvoll- ständig bei Corella novarae Drasche. Da aber auch in der Gattung Ohelyosoma die Spaltengruppen in verschieden vollkommener Ausbildung uns entgegentreten, an manchen Stellen der Kieme überhaupt noch nicht Gruppenbildungen erfolgt sind, so ist immerhin die Annahme möglich, dass diese Gattung unabhängig von Corella selbständig eine ähnlich gerichtete phylogenetische Weiterentwicklung des Respirationsorgans eingeschlagen hat. @. Mehrfach scheinen die Kiemenspalten ganz regellos vertheilt zu sein, ohne jede Andeutung von Querreihen oder bestimmten Gruppen. a ee Zn + ih Regellose Anordnung der Kiemenspalten. . 391 Ich glaube, dass diese Anordnung nirgends, wo sie vorkommt, ein ur- sprüngliches Verhalten bedeutet, sondern stets als ein secundäres, von einem der beiden ersten Typen abgeleitetes zu betrachten ist. Die Un- regelmässigkeiten in der Spaltenstellung erstrecken sich häufig nur auf eine oder mehrere beschränkte Regionen des Kiemendarmes, und es fällt dann zumeist nicht schwer, festzustellen, ob sie durch Störungen einer ursprünglich regelmässigen Reihenstellung oder Gruppenstellung ent- standen sind. Wo die Kiemenspalten im ganzen Bereich des Respirations- organs anscheinend regellos durcheinander liegen, wird die Beschaffenheit des Kiemendarmes der nächst .verwandten Formen fast stets einen sicheren Schluss auf den ursprünglichen Modus gestatten. Freilich lauten die Angaben der Autoren oft nicht ausführlich genug, um vollkommene Ge- wissheit über die Anordnung der Spalten an allen Stellen der Kieme zu erhalten. Zieht man dann die Abbildungen zu Rathe, so bleibt häufig genug der Zweifel bestehen, denn sehr oft sucht der Autor lange umher, bis er im Kiemendarm eine winzige Stelle findet, die ein möglichst regel- mässiges Aussehen zeigt und ihm geeignet erscheint, gezeichnet zu werden. Ueber die Unregelmässigkeiten, die vielleicht im weitaus grössten Theil der Kieme vorberrschen, erfährt man dann in der Regel nichts. Ich werde mich an dieser Stelle darauf beschränken, nur auf die Fälle hinzuweisen, in denen mir die Regellosigkeit der Spaltenanordnung für den ganzen oder doch wenigstens einen umfangreichen Abschnitt des Kiemendarmes nachgewiesen zu sein scheint, während die kleineren, namentlich an der Peripherie jeder Kiemenhälfte auftretenden Störungen, die überdies zumeist erhebliche individuelle Verschiedenheiten zeigen, erst weiter unten (p. 395) näher erwähnt werden sollen. Weitaus am häufigsten ergiebt sich eine regellose Anordnung der Spalten aus weitgehenden Störungen des Verlaufs ursprünglich regel- mässiger Querreihen, und zwar sind derartige Störungen in den ver- schiedenen Familien der Monascidien mehrmals selbständig aufgetreten, so dass gewisse Aehnlichkeiten im Bau der Kieme bei verschiedenen Gruppen zweifellos auf polyphyletischem Wege entstanden sind. Nicht immer stellt sich die regellose Anordnung der Spalten als das phylo- genetische Endstadium der Auflösung der Querreihen dar, sondern häufig ist sie nur ein Uebergangsstadium, das zur Bildung von Kiemenspalten- gruppen hinüberführt. Das letztere scheint mir namentlich bei manchen Molguliden, im Besonderen bei einigen Arten der Gattung Molgula der Fall zu sein, bei denen, wie z. B. bei Molgula occulta, oft über sehr weite Strecken des Kiemendarmes nicht regelmässige concentrische Spaltensysteme, sondern fast ganz unregelmässig angeordnete gekrümmte Einzelspalten vorkommen. Im Hinblick auf die grosse Verbreitung regelmässiger Spaltengruppen bei Molgula dürfte die Auffassung nahe liegen, dass an den betreffenden Stellen die concentrischen Systeme erst im Werden begriffen und die Entwicklung noch nicht zum Abschluss gelangt seien. Nicht ausser dem 392 Aseidien. Bereich der Möglichkeit liegt es freilich auch, dass concentrische Spalten- gruppen an allen Stellen bereits vorhanden waren, theilweise aber bereits wieder eine Rückbildung und Auflösung erfahren haben möchten, wie das gelegentlich als eine individuelle Variation bei gewissen Kiemen sich findet, wenn namentlich an der Peripherie statt der normaler Weise vor- handenen Spaltengruppen ganz unregelmässig gestellte Einzelspalten sich finden (vgl. unten p. 395). Bei zwei der grössten aller bekannten Molguliden, bei Ascopera gigantea und As. pedunculata Herd., sind die Spalten fast im ganzen Be- reich des Kiemendarmes äusserst unregelmässig gestellt. Bei der ersteren Form sind sie häufig noch gekrümmt und gebogen, wie bei den typischen Molguliden, zum Theil aller- dings auch gerade gestreckt, wie es gewöhnlich bei den Cynthien der Fall ist (Fig. 13, Taf. XX); bei der letz- teren dagegen sind sie fast ausnahmslos gestreckt, noch erheblich unregelmässiger angeordnet und überdies von sehr verschiedener Grösse. In welcher Weise hier diese Unregelmässig- keit entstanden ist, bleibt unsicher, solange über die ontogenetische Entwicklung Stück aus dem Kiemenkorb von Hypobythius calycodes Moseley. (Nach Herdman.) °%.. der Kieme der Gattung if = unregelmässige innere Faltungen des Entoderms; Ascopera nichts bekannt ist. ks = Kiemenspalten; kw —= Kiemendarmwand. Auch hier wäre die Möglich- keit zu erwägen, dass in Jüngeren und kleineren Thieren die Spalten in regelmässigeren Gruppen gestanden, später aber sich unregelmässig vertheilt hätten. Vollkommen regellos scheinen bei beiden auf der Challenger-Expe- dition aufgefundenen Arten der Gattung Hypobythius (H. calycodes und H. Moseleyi) die Kiemenspalten im ganzen Bereich des Organs zu liegen. Die kleinen rundlichen Perforationen (vgl. Textfigur 91), die durch ver- hältnissmässig weite Zwischenräume getrennt sind, machen fast einen embryonalen Eindruck, obwohl es sich zweifellos um völlig erwachsene Individuen handelt. Die systematische Stellung des Aypobythius, seine verwandtschaftlichen Beziehungen sind meines Erachtens nicht so weit klar gestellt, um volle Gewissheit darüber zu erlangen, in welcher Weise der Kiemenbau entstanden ist. Ich möchte aber glauben, dass kein Grund vorliegt, eine Auflösung ursprünglich regelmässiger, spiralähnlicher Spaltengruppen in einzelne unregelmässig vertheilte Spiracula anzunehmen und von solchen Kiemenformen auszugehen, wie sie bei einigen Corellinen Unregelmässigkeiten in der Spiracularanordnung. 393 vorkommen. Viel wahrscheinlicher ist es wohl, dass eine so erhebliche Störung einer ursprünglichen regelmässigen Querreihenstellung eingetreten ist, dass diese vollkommen. verwischt wurde. Wer, wie Herdman im zweiten Theil seiner Bearbeitung der Challenger- Tunicaten (1886), den Hypobythius mit Clavelina nahe verwandt erachtet, wird nothwendiger Weise zu dieser Annahme geführt. Aber selbst wenn so innige Be- ziehungen zwischen diesen beiden Formen nicht bestehen, bleibt doch die letztere Auffassung naturgemässer. Bei dem zu den Corellinen gehörenden Chelyosoma productum dürfte dagegen in der That eine weitgehende Auflösung der Spaltengruppen eingetreten sein. Allerdings lauten die Angaben der Autoren, auf die ich allein mich stützen kann, nicht vollkommen übereinstimmend. In ganz jungen Thieren scheinen die spiraligen Spalten und Spaltengruppen, so wie es bei Chelyosoma macleyanum der Fall ist, fast im ganzen Bereich der Kieme ziemlich regelmässig angeordnet zu sein. Je älter und grösser die Individuen werden, um so auffallender treten die Abweichungen und Störungen hervor, besonders an den dorsalen und ventralen Seiten jeder Kiemenhälfte (Bancroft, 1898). In ganz alten, voll entwickelten Thieren finden sich dann, wie aus den Abbildungen Drasche’s (1884) zu ent- nehmen ist, über weite Bezirke des Kiemendarmes nicht mehr Spalten- gruppen,. sondern neben spiralförmigen Einzelporen kleine kreisförmige, unregelmässig rundlich oder bohnenförmig gestaltete in regelloser Ver- theilung. Eine ähnliche, wenn auch nicht so weit vorschreitende Auf- lösung der regelmässigen Spaltengruppen jüngerer Thiere während des späteren Lebensalters tritt auch bei mehreren anderen Arten (Corella parallelogramma) auf. Regelloses Verhalten der Spiracula an einzelnen Stellen der Kieme. Während bei dem oben erwähnten Chelyosoma productum die Auflösung der regelmässigen Gruppen bei zunehmendem Alter immer weiter vorschreitet, so dass füglich in den meisten Theilen der Kieme die Spalten wirr neben einander liegen, herrscht häufig, worauf bereits oben (p. 391) hingewiesen wurde, nur in beschränkten Gebieten Regel- losigkeit, im weitaus grössten Bereich dagegen eine durchaus gesetz- mässige Anordnung der Kiemenspalten. Solche Störungen im Verhalten der Kiemenspalten kommen überaus häufig vor, sowohl dort, wo die ein- zelnen Spalten in Querreihen stehen, als auch da, wo sich Spaltengruppen finden. ‚Ja, man darf vielleicht behaupten, dass es kaum eine alte, völlig ausgewachsene grosse Monascidie geben möchte, bei der nicht einzelne Unregelmässigkeiten vorkommen. Finden sich solche überhaupt vor, so fehlen sie sicher nicht an den peripheren Theilen jeder Kiemendarmhälfte. Bald sind sie vorn, nahe beim Flimmerbogen, bald am Hinterrande be- sonders ausgebildet; zumeist aber sind sie am auffallendsten ventral, beim Endostyl. a. Im einfachsten Fall zeigt sich die Störung lediglich darin, dass inmitten oder auch mehr an den Enden der regelmässigen Kiemenspalten- 394 Aseidien. reihen plötzlich aberrant geformte und auch unregelmässiger angeordnete Spiracula auftreten. Bei Cynthia formosa finden sich an den betreffenden Stellen statt der schlitzförmigen Spalten rundliche oder unregelmässig gestaltete, wie das aus der von Herdman gegebenen Abbildung zu ent- nehmen ist. b. Zuweilen besteht die Unregelmässigkeit in mehr oder minder auf- fallenden Ein- und Ausbiegungen des geradlinigen Verlaufs der Spalten- reihen. Dabei kommt es in der Regel, besonders in der Nähe der Kiemen- ränder, zu Vereinigungen oder Auflösungen der Spaltenreihen, derart, dass entweder 2 Reihen zu einer, 5 zu zweien zusammenfliessen, oder umgekehrt eine Reihe sich in 2, zwei in 3 auflösen. Bei alten grossen Individuen der Oiona intestinalis, Ascidiella scabra und Phallusia mammillata kann man das, sowie bei vielen anderen Monascidien aus verschiedenen Familien, häufiger beobachten. c. Noch weitgehendere Störungen entstehen dadurch, dass an gewissen Stellen die reihenförmige Anordnung vollkommen schwindet, um durch eine ganz regellose Spaltenstellung vertreten zu werden. Gewöhnlich erfolgt das nur auf einem wenig umfangreichen Bezirk der Dorsal- oder Ventralseite der Kieme, oft aber auch in der Mitte; das Bild ist dann immer das gleiche: ein oder mehrere Querreihen brechen plötzlich ab und laufen in ein unregelmässiges Spaltenfeld aus, jenseits dessen wieder die regelmässigen Reihen beginnen können. Während die Spiracula in den Reihen lang und schlitzförmig sind, erweisen sie sich an den anderen Stellen abweichend geformt, rundlich, bohnenförmig, schwach spiralig oder ganz unregelmässig. Unter den Cynthien bieten hierfür auffallende Beispiele Cynthia molguloides (Herdman, 1899), Cynthia irregularis (Herdman, 1882). Bei Cynthia discrepans soll dagegen nach Sluiter (15898) eine Verschiedenheit im vorderen und hinteren Kiemendarm- abschnitt vorkommen, indem nur in jenem die kleinen rundlichen Spalten in regelmässigen Querreihen stehen, hinten dagegen in hohem Maasse ungeordnet durcheinander liegen. Am verbreitetsten sind derartige Unregelmässigkeiten bei den As- cidiiden. Bei ganz grossen Exemplaren der Ascidia mentula, Ciona in- testinalis und Phallusia mammillata wird man sie jederzeit nachweisen können, bei Phallusia besonders im hinteren, den Darmtractus über- deckenden Kiemenabschnitt. Schon früher sind zu wiederholten Malen solche Unregelmässigkeiten im Verhalten der Kiemenspalten beobachtet worden. Eingehender erwähnten sie Herdman (1881) und Roule (1884) bei Aseidiella scabra, As. virginea, Ciona intestinalis und einigen anderen. Vielleicht am auffallendsten unter allen Aseidien sind die Störungen des hier behandelten Typus bei manchen Molguliden. Den oben er- wähnten Cynthien und Aseidiiden am ähnlichsten verhält sich noch ‚Ascopera nana, bei der die Spalten in weiten Regionen des Kiemendarmes längs gestreckt und in regelmässigen Querreihen angeordnet, an zahl- reichen anderen Stellen dagegen klein und rundlich geformt sind und ganz unregelmässig stehen (Herdman, 1899). Diese Kiemenformen führen zu Ascopera gigantea und As. pedunculata hinüber, bei denen fast im ganzen Kiemenbereich unregelmässige Spaltenvertheilung herrscht (vgl. oben p. 392). Sehr eigenartig erweist sich die Kieme von Molgula recumbens, weil hier Querreihen langgestreckter Spiracula, Gruppen spiraliger und ge- krümmter Spalten und ganz regellos vertheilte, verschie- den geformte Perfo- rationen neben ein- ander vorkommen (Herdman, 1899). Um von den Ver- schiedenheiten des Verhaltens der Kie- menspalten einer Molgulide, bei der stellenweise noch eine reihenförmige Anordnung geradge- streckter, schlitzför- miger Spalten be- steht, eine deutliche Vorstellungzugeben, habe ich einen Theil der Kieme von Mol- gula occulta gezeich- net und als Text- figur 92 hersetzen lassen. Einer näheren Erläuterung bedarf die Abbildung nach den vorstehenden Stück aus dem Kiemenkorb einer Molgula oceulta. eire. °°/,. Ausführungen nicht Üg, u. 2, = innere Längsgefässe erster und zweiter Ordnung, letztere zum Theil nur kurz; ?qgg9 = innere Quergefässe, sog. 19 8 Unregelmässigkeiten in der Molguliden-Kieme. ‚395 Fig. 92. mehr. Nur die Be- 3 Horizontalmembranen; ks — Kiemenspalten; /f — Längsfal- merkung finde hier tungen der gesammten Kiemenwandung, sog. Leitfalten; gg, u. Platz, dass die neben- 49: — Quergefässe erster und zweiter Ordnung. stehende Figur durchaus nicht alle Verschiedenheiten, die im Bau der Kieme eines Thieres sich finden können, erschöpfend illustrirt, wenngleich sie wenigstens die wichtigsten zur Genüge kennzeichnet. d. Da, wo die Kiemenspalten in regelmässigen Gruppen angeordnet sind, bleiben wohl in allen Fällen zwischen diesen letzteren mehr oder minder zahlreiche Spiracula in regelloser Vertheilung bestehen. Fast 596 Asejdien. überall sind diese Zwischenzonen nur sehr klein und beeinflussen nur wenig die Configuration der Gesammtkieme. In manchen Fällen aber erscheinen sie doch stark ausgebreitet, sind überdies durch verschieden- artig geformte Spiracula ausgezeichnet, so dass die Kieme an den ver- schiedenen Stellen thatsächlich ein verschiedenes Aussehen zeigt (Molgula Forbesi, Molgula pugetiensis, Corella Wilmeriana u. a. m.). Zuweilen lässt sich die Grenze zwischen den regelmässigen Spaltengruppen und den un- regelmässigen Zwischenzonen nicht mehr scharf auseinander halten, indem die irregulären Spiracula in die Gruppen hineinwachsen. Dann gewinnt die Kieme immer mehr das Aussehen, als ob die Spaltenvertheilung in ihr überhaupt eine ganz regellose wäre, wie sie oben (p. 392) beschrieben worden ist. (Vgl. Molgula pyriformis in Fig. 15, Taf. XX.) Individuelle Variationen im Verhalten der Kiemenspalten. Nicht unbeträchtliche individuelle Variationen in Bezug auf die Zahl der Kiemenspalten, sowohl der Einzelspalten als auch der Querreihen selbst, sind bereits oben (p. 384) erwähnt worden, auffallender sind aber noch die Unterschiede, die sich auf die Form und Vertheilung oder Anordnung der Spiracula beziehen. Ueberall, wo die im letzten Abschnitt beschriebenen Unregelmässig- keiten vorkommen, kann man von individuellen Variationen des Verhaltens der Kiemenspalten sprechen, da stets die unregelmässig durchbrochenen Regionen bei den verschiedenen Individuen recht erheblich von einander sich unterscheiden, einmal in Bezug auf ihre Grösse, Lage und Zahl, sodann auch in Rücksicht auf die Beschaffenheit der einzelnen Spiracula selbst. Recht bemerklich werden solche individuelle Verschiedenheiten, wenn, wie es bei Ascidiella scabra und As. vörginea der Fall ist, bei einigen Exemplaren die unregelmässigen Stellen sehr ausgebreitet sind, bei anderen dagegen fast ganz fehlen (Herdman). Ausser diesen sich immer nur auf beschränktere Theile des Kiemen- darmes erstreckenden Verschiedenheiten giebt es aber auch individuelle Variationen im Verhalten der Spiracula, die das ganze Respirationsorgan, oder doch wenigstens sehr umfangreiche Regionen desselben betreffen. Zuerst hat Lacaze-Duthiers solche Verschiedenheiten bei seiner Otenicella Lanceplaini beobachtet. In der normalen Kieme sind die spiraligen Spalten gross und liegen nahe bei einander; sie sind zu regel- mässigen Spiralsystemen gruppirt, die ungefähr doppelt so hoch sind als die Einzelspalten lang. In anderen Fällen sind die Spiracula sehr klein und relativ weit von einander entfernt, sie sind nur in unvollkommener Weise zu spiralig-kreisförmigen Gruppen angeordnet, deren Centra unter den Längsgefässen liegen. Ein dritter Typus kennzeichnet sich dadurch, dass ziemlich unvollkommene Systeme aus nur wenigen, aber ansehnlich grossen spiraligen Einzelspalten sich zusammensetzen. Ausdrücklich er- wähnt Lacaze-Duthiers, dass diese Verschiedenheiten sich nicht auf Altersunterschiede der Thiere zurückführen liessen; aber er scheint ihnen nicht die Bedeutung schwankender individueller Variationen, sondern Individuelle Verschiedenheiten des Verhaltens der Spiraeula. 397 bereits festgelegter Varietäten zuzusprechen, denn er unterscheidet jene drei Typen der Otenicella Lanceplaini als intersecta, microtema und eugy- randa. Allerdings reichen die Beobachtungen bisher nicht so weit, um entscheiden zu können, ob sich nicht vielleicht die Nachkommen eines Thieres oder eines Elternpaares im Bau der Kieme in der eben erwähnten Weise von einander unterscheiden könnten. Dass die Kieme bei zunehmendem Alter sich verändert und füglich weit- gehende senile Degenerationserscheinungen zeigt, wird weiter unten (p. 413, 445) noch ausgeführt werden, und gewiss sind manche der beschriebenen individuellen Verschiedenheiten darauf zurückzuführen. Es ist auch oben (p. 393) bereits darauf hingewiesen worden, dass bei alten Thieren sehr häufig gewisse Unregelmässigkeiten in der Anordnung und Vertheilung der Kiemenspalten auftreten. Bei bestimmten von Roule an Ascidiella scabra beschriebenen Variationen, die neben den am Eingang dieses Ab- schnittes erwähnten Unregelmässigkeiten auftreten, scheint es sich aber um senile Degeneration der Kieme nicht zu handeln, denn ausdrücklich bemerkt der Autor nur, dass die Variationen sich bei den verschiedenen Individuen derselben Brut vorfinden. Abgesehen von gewissen Verschieden- heiten der Längs- und Quergefässe sind es hier die Kiemenspalten, die indi- viduelle Variationen zeigen, indem sie entweder längsgestreckt schlitzförmig, oder ansehnlich gross, nahezu rechteckig, oder endlich ausserordentlich erweitert und ganz unregelmässig gestaltet sind. In der gleichen Weise sind die Verschiedenheiten zu beurtheilen, die Herdman (1836) bei den verschiedenen Individuen eines Stockes von Aplidiopsis pyrıformis nach- gewiesen hat. Die Spalten sind durchweg in regelmässigen Querreihen angeordnet .und im ganzen Kiemenkorb gleichartig gestaltet; bei den einen Individuen aber dicht an einander gereiht und sehr langgestreckt, so dass nur schmale Quergefässe bestehen bleiben, bei den anderen ver- hältnissmässig weit von einander entfernt, rundlich und kurz, so dass die Kiemenspaltenreihen durch breite spaltenfreie Querzonen getrennt sind. b. Das primäre Gitterwerk der Kieme. Wie oben (p. 374) bereits ausgeführt worden ist, besteht die von den Kiemenspalten durchbrochene primäre Kiemenwand (trame fondamen- tale) aus zwei epithelialen Blättern und dazwischen gelegenem Mesenchym. Das äussere Epithel wird von der inneren ektodermalen Peribranchialwand, das innere vom entodermalen Kiemendarm gebildet. Beide Blätter sind äusserst zart und fein, und die Dicke und Festigkeit der Kieme werden daher hauptsächlich durch das Mesenchym, beziehungsweise die die Zwischenräume erfüllende Gallerte bedingt. Bei den kleineren Molguliden ist das Mesenchym zwischen beiden Epithelien in der Regel nur sehr spärlich entwickelt und daher die Kieme sehr zart und leicht zerreissbar. Viel mächtiger findet sich das Bindegewebe bei Cioma intestinalis, und deshalb ist diese Form zur makroskopischen Präparation des Respirations- 398 Ascidien. organes für einen wenig geübten Untersucher besonders geeignet. Das Mesenchym in der primären Kiemenwand bildet nicht immer ausschliess- lich ein Bindegewebe, sondern bei vielen Arten, sowohl der einfachen wie der zusammengesetzten Ascidien, finden sich zwischen den beiden Epithelien mehr oder minder regelmässig verlaufende Muskelfaserstränge. Im XI. Kapitel sollen diese Verhältnisse eingehender erörtert werden. Das Mesenchym erfüllt nur zum Theil den von den beiden Epithelien der Kieme begrenzten Raum der primären Leibeshöhle, denn es bleiben zwischen den Kiemenspalten in regelmässiger Weise längs und quer ver- laufende Lückenräume frei, die die Blutbahnen darstellen und ebenfalls erst weiter unten eingehender besprochen sind. Wir werden diese im primären Gitterwerk der Kieme verlaufenden Blutbahnen transversale und longitudinale Interspiraculargefässe (interstigmatic vessels) nennen; man hat sie auch als äussere Längs- und Quergefässe bezeichnet, im Gegensatze zu den inneren Gefässen, die ganz und gar von den secundären Falten der inneren Kiemenwand umgrenzt werden. Doch dürfte es sich empfehlen, die Bezeichnung der Gefässe als äussere nicht auf die innerhalb des primären Gitterwerkes der Kieme verlaufenden Blutbahnen anzuwenden, sondern lediglich auf diejenigen, die von ge- wissen in den Peribranchialraum vorspringenden Erhebungen der äusseren ektodermalen Kiemenwand umschlossen werden. Zumeist versteht man unter „Quer- und Längsgefässen“ nicht nur die Blutbahnen, sondern die ganzen zwischen den Kiemenspalten gelegenen Zonen der primären Kiemenwand: die Interspiracularzonen. Da die Spalten einer Quer- reihe gewöhnlich ziemlich dicht neben einander liegen, sind die sie trennenden Längszonen zumeist sehr schmal. Viel ansehnlicher sind immer die Querzonen zwischen den Spaltenreihen ausgebildet. Bei den Synascidien sind sie sämmtlich gleich oder nahezu gleich breit, und dasselbe ist auch oft bei den Monascidien zu beobachten. Häufig aber lassen sich in den verwickelter gebauten Kiemen der grossen Monas- cidien Querzonen von verschiedenen Breiten unterscheiden, die man je nach ihrer Ausdehnung als erster, zweiter und dritter Ordnung bezeichnet. In den besonders regelmässig gestalteten Kiemen wechseln die breiteren und schmäleren Querzonen in gesetzmässiger Weise ab, doch wird man wohl kaum im ganzen Bereich einer grossen vollentwickelten Kieme völlige Uebereinstimmung finden. Kommen nur Querzonen erster (I) und „weiter Ordnung (II) vor, so erfolgt im einfachsten Fall ein regelmässiges Alterniren, das sich durch das folgende Schema ausdrücken lässt: L.ILLILI. Mehrere Arten der Gattungen Microcosmus (M. Helleri), Cynthia (C. fissa), Styela (St. oblonga, St. exigua) und andere mehr lassen ein solches Ver- halten erkennen. Häufig liegen zwischen zwei Querzonen erster Ordnung mehrere zweiter Ordnung; bei Ascidia meridionalis und Ouleolus ‚Wyville- Thomsoni z. B. immer drei, so dass hier die folgende Formel gegeben ist: LIMIT Bau der primären Kiemenwand. 899 Sind drei Arten Querzonen vorhanden, so bieten sich naturgemäss noch mehr Modificationsmöglichkeiten dar. Als der einfachste Fall ist vielleicht der zu betrachten, wenn zwischen den breiteren Zonen erster und zweiter Ordnung regelmässig eine schmale dritter steht: 1.III.IIL.IILI. Verschwinden die Unterschiede zwischen den Zonen erster und zweiter Ordnung an gewissen Stellen der Kieme, so entsteht die oben erwähnte Anordnung, die die Formel I.IL.I.ILI. ausdrückt. Auch da, wo die Unter- schiede nur sehr geringe sind, wird man im Zweifel darüber sein können, welche der beiden zuletzt angeführten Formeln zutrifft (Pachychlaen« obesa). | Häufig sind aber die schmäleren Zonen dritter Ordnung zahlreicher als die breiteren und stehen immer zu 2 oder 3 zwischen diesen letzteren. So verwirklicht sich z. B. die Formel: I.III.IILIIL.ILIILIILIILI. bei Polycarpa viridis und zuweilen bei Phallusia mammillata; oder die Regel- mässigkeit erscheint etwas gestört, wie es bei Polycarpa irregularıs der Fall ist: I.IIL.IEL.IIL.IL,IIL.IIL.I. Auch in diesen letzteren Fällen können, wenn die Unterschiede zwischen den Zonen erster und zweiter Ordnung unmerklich werden, diese Formeln in die einfachere I.IL.II.ILIILILILI., oder, wenn die Gegensätze zwischen den Zonen zweiter und dritter Ord- nung schwinden, in 1.I1.ILIL.ILIL.ILILI. übergehen (Phallusia mammillata ; Fig. 12, Taf. XX). Die Aussenwand stellt, soweit ich gefunden habe, überall ein flaches einschichtiges Epithel dar, dessen Elemente im ganzen Bereich einer Kieme sehr gleichartig gestaltet sind. Zumeist lassen sich sehr kleine cubische oder stärker abgeflachte Zellen wahrnehmen, häufig finden sich aber auch äusserst dünne, in Flächenansicht polygonal erscheinende Plattenzellen, so dass das gesammte Epithel membranartig aussieht und die stark abgeflachten Kerne in weiten Abständen stehen. Am besten erkennt man natürlich diese Verhältnisse auf Schnitten, die zwischen den Kiemenspalten durch grosse Strecken der Quer- oder Längsgefässe geführt worden sind (vgl. für Olavelina: Fig. 3, Taf. XIX; für Oiona: Fig. 14, Taf. XIX). Aber auch die Querschnitte durch die Kiemenreihen zeigen die schmale Aussenwand der Längsgefässe deutlich als ein flaches Epithel (vgl. für Botrylloides: Fig. 6, Taf. XX). Die entodermale Innenwand zeigt fast überall durchaus das gleiche Verhalten wie die Aussenwand. Sie bildet stets ein einschichtiges flaches, oft membranartig feines Epithel (Fig. 3 u. 14, Taf. XIX, 6 u. 7, Taf. XX). Nur im Bereiche der zwischen den Spaitenreihen gelegenen Quergefässe ist zuweilen das Epithel ein wenig verdickt und aus cubischen Zellen zusammengesetzt, doch ist das durchaus nicht überall der Fall, und selbst da,.wo längs der Quergefässe reifenförmige, in das Kiemen- darmlumen vorspringende Ringfalten sich zu erheben beginnen, können diese durchaus oder zum grössten Theil von einem Plattenepithel begrenzt sein (vgl. für Botrylloides: Fig. 7, Taf. XX). 400 Asceidien. Die Wandungen der Kiemenspalten selbst, die wie ein Rahmen ein jedes Spiraculum umgeben, sind stets in eigenartiger Weise differenzirt, denn in ihnen wird das platte Epithel der Aussen- und Innenwand zu einem ansehnlich hohen Wimper- oder Geisselepithel, in dem die Ein- schichtigkeit allerdings gewahrt bleibt (epithelium stigmatique der fran- zösischen Autoren — Spiraeularepithel). Die Breite dieses Spiracular- epithels entspricht also den Tiefen der Kiemenspalten. Wenn auch nicht Fig. 9. A Halbschematische Darstellung einer Kiemenspalte von Clavelina bei Flächenansicht der Kieme 55%. B Durchschnitt durch ein interspiraculares Längsgefäss von Clavelina °®},. C Schematische Flächenansicht des Spiracularepithels. bb = Blutbahn; dbz = Blutzelle; ee — ektodermale Aussenwand der Kieme; en —= Ento- dermepithel der Kiemenwand; g = Bindegewebsgallerte; ks — Kiemenspalte. überall, so zeigen doch häufig hier die Zellen eine sehr regelmässige Anordnung. Sie können in Längsreihen stehen, und zwar zählt man am häufigsten 5—7 Reihen in der Breite des Spiracularepithels. Oft liegen die einzelnen Zellen genau neben einander, so dass ihre Kerne in regel- mässigen Querreihen angeordnet sind (Textfig. 93, B u. C). Doch lässt sich das in der Regel nur auf kleineren Strecken feststellen, während an anderen Stellen an derselben Spalte erhebliche Störungen dieser Anord- nung vorkommen können. Aus Textfigur A, B und C kann man ent- nehmen, dass die Zellen rechteckige, langgestreckte Platten darstellen, die mit der einen Längskante den Längs- und Quergefässen der Kieme, mit der anderen zumeist etwas vorgewölbten der Spaltenöffnung zugekehrt sind. Mit ihren grossen Seitenflächen stossen die Zellen einer jeden (uerreihe an einander. Die Breiten der Zellplatten entsprechen also der Dicke des Epithels. In Uebereinstimmung mit diesen Zellformen sind auch die Kerne längsgestreckt, zuweilen sogar fast stäbchenförmig ge- staltet. Doch zeigen Zell- und Kernformen nicht nur bei den verschie- Bau des primären Gitterwerks der Kieme. 401 denen Arten, sondern auch an den verschiedenen Spalten eines Thieres erhebliche Unterschiede. An den jungen, erst in Bildung begriffenen. Spiraculis z. B. treten die langen Plattenzellen noch nicht auf, und ebenso findet man häufig an den Enden der alten Spalten ganz ab- weichend gestaltete Zellen, die sich nach Carmin- oder Hämatoxylin- behandlung oft schon durch eine dunklere Färbung verrathen (Text- figeur 93, A). Die Zellen der Kiemenspaltenwandungen werden dadurch physio- logisch sehr bedeutungsvoll, dass sie am freien Rande Cilien zur Ent- wicklung bringen. Mehrfach liess sich*feststellen, dass die Cilien jeder Zelle in einer Längsreihe angeordnet sind, die genau in der Mitte ver- läuft. Bei Fragaroides aurantiacum zählte Maurice 15—17 Cilien in jeder Zelle. Die langen Geisseln, die zuweilen fast durch die ganze Breite der Kiemenspalten, wohl stets aber mindestens bis zur Mitte der Spaltenöffnung reichen, sind entweder mit verdickten Enden in den euticularen Randsaum der Zellen eingesenkt, oder sie sitzen wie mit petschaftähnlich verbreiterten Basaltheilen der Zelloberfläche auf. Die Cilien sind in lebhaft schwingender Bewegung und treiben das Athmungs- wasser aus dem Kiemendarmlumen in den Peribranchialraum und in die Cloake. Möglicherweise erfolgt aber gelegentlich auch eine Umkehr in der Richtung des Wasserstromes. Im Hinblick auf diese grosse Bedeutung der Cilienbekleidung des Spiracularepithels ist es besonders bemerkenswerth, dass Herdman bei einer heihe einfacher (CUuleolus, Frungulus, Bathyoncus) und zusammen- gesetzter (Pharyngodictyon) Aseidien, die zum Theil in nur wenigen, zum Theil nur in einem einzigen Exemplar bekannt geworden sind, überhaupt keine Geisseln oder Wimpern an den Spalten auffinden konnte. Da die Cilien sehr resistent und in der Regel auch an weniger gut conservirten Exemplaren ziemlich deutlich unterscheidbar sind, lassen sich die nega- tiven Befunde auf Beobachtungsfehler kaum zurückführen *), und wir müssen das Fehlen gröberer Cilien als thatsächlich erwiesen ansehen. Dagegen glaube ich, dass im lebenden Thier ein feines Wimperkleid das _ Spiracularepithel bedecken muss, wenn der Kiemendarm seine respira- torische Bedeutung erfüllen soll. Solche feine Wimpern, wie sie sich auch an manchen anderen Stellen des Kiemendarmes finden, gehen bei der Conservirung leicht verloren. Das Spiracularepithel geht in manchen Fällen (Fragarordes) ganz plötzlich und unvermittelt in das äussere und innere Plattenepithel der Kieme über; häufig aber ist der Uebergang ein allmählicher, indem nach aussen und innen zu die Zellen nach und nach niedriger und flacher werden. Dass das Spiracularepithel zu einem der beiden anderen Epithe- lien der Kieme, sei es zum äusseren ektodermalen oder zum inneren *) Dafür spricht auch der Umstand, dass Herdman an den inneren Längsgefässen der Kieme von Fungulus cinereus Cilien nachzuweisen vermochte, Bronun, Klassen des Thier-Reichs. 11, Spplt. 26 402 Aseidien. entodermalen, innigere Beziehungen erkennen liesse, als zum anderen, habe ich bei den vielen von mir darauf hin untersuchten Formen niemals erkennen können, und deshalb lässt sich im völlig entwickelten Thier weder auf eine ektodermale noch entodermale Herkunft der Kiemenspalten- wandungen schliessen. Aber auch die Untersuchung der Embryonalstadien hat bisher nicht völlig einwandsfreie Ergebnisse gebracht, weil auf den Querschnitten dureh die in Bildung begriffenen Kiemenspalten sehr oft die Grenzen zwischen beiden Blättern mit Sicherheit nicht festzustellen waren. Immerhin haben die Beobachtungen von Seeliger (1893) er- geben, dass das Spiracularepithel bei Clavelina mindestens zum grössten Theil, bei anderen Formen vielleicht auch ganz, aus dem Entoderm des Kiemendarmes stammt. c. Die Faltungen des Innenepithels der Kieme, das secundäre Gitterwerk. An dem entodermalen Innenepithel der Kiemenwand treten in ganz bestimmten Richtungen verlaufende regelmässige Faltungen auf, die für die Systematik der Aseidien von der weitgehendsten Bedeutung sind. Nächst den Kiemenspalten sind es diese Faltungen und Fortsätze, die den Kiemen der verschiedenen Arten und Gattungen das charakteristische Aussehen verleihen. Die in das Kiemendarmlumen vorspringenden Er- hebungen sind entweder lang ausgezogene Falten, die sich auch zu röhren- förmigen Gebilden abgliedern können, oder sie sind papillenförmige Fort- sätze. Die Faltungen sind zweierlei Art; man kann sie nach der Rich- tung: ihres Verlaufes als Quer- oder Ringfalten und als Längsfalten unter- scheiden. Es giebt verhältnissmässig nur sehr wenige Ascidien, bei denen die Faltungen des Innenepithels des Kiemendarmes so unregelmässig verlaufen, dass sie sich nicht mit Sicherheit auf eine der beiden Arten zurückführen lassen. Alle diese Faltungen stellen in ihrer Gesammtheit das secundäre innere Gitterwerk der Kieme dar. Sowohl die Längs- und Querfalten, als auch die Papillen umschliessen Blutgefässe, und damit erweisen sich jene Gebilde als ausserordentlich wichtige Mittel zur Vergrösserung der respiratorischen Oberfläche. Ueber- dies tragen sie Bewimperung und unterstützen daher die Fortbewegung des“ Athmungswassers durch die Spaltöffnungen der Kiemenwand. Im Gegen- satz zu den Interspiraculargefässen bezeichnet man diese Blutbahnen als innere Längs- und Quergefässe. Mit der hier erwähnten physiologischen Bedeutung des secundären Gitterwerkes scheinen die Vorgänge nur wenig übereinzustimmen, die bei Molgula ampnulloides zuerst von P. J. Van Beneden beobachtet und neuerdings von Selys-Longchamps und Damas (1900) bestätigt worden sind. Gelegentlich sollen sich nämlich in der lebenden Molgula die verschiedenartigen Faltungen, die das Innenepithel der Kieme ent- wickelt, so innig an einander und gegen die primäre Kiemenwand legen, dass die Spiraeula vollständig verschlossen werden und das Athmungs- Querfaltungen des entodermalen Kiemenepithels. 405 wasser durch die Kiemenwand nicht hindurchtreten kann (vgl. oben p- 387), ausgenommen durch eine einzige besondere Perforation, die Van Beneden beobachtet zu haben glaubte, die aber in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Ein vollständiger Verschluss der Kiemenspalten in der angedeuteten Weise kann aber, wenn er überhaupt eintritt, im leben- den Thier nicht von steter Dauer, sondern nur eine vorübergehende Er- scheinung sein. Es wäre denkbar, dass sie den Zweck hätte, das reine Athmungswasser möglichst lange in den Kiemen fest verschlossen zurück- zubehalten, wenn durch irgend welche Umstände das umgebende Medium vorübergehend getrübt und zur Athmung untauglich wird. 1. Querfaltungen. Das erste und ursprüngliehste Mittel zur Ver- grösserung der respiratorischen Oberfläche der Aseidienkieme waren Quer- faltungen des entodermalen Kiemenwandepithels, die sich zwischen den Kiemenspaltenreihen erhoben. Bei den meisten Synascidien sind diese (Querfalten die einzigen Bildungen geblieben, die sich an der primären Kiemenwand entwickelten; nur wenigen Formen scheinen sie sowie auch alle anderen auf eine Oberflächenvergrösserung hinzielenden Faltungen voll- kommen zu fehlen. Wenn freilich auch öfters bei der Beschreibung neuer Arten Faltungen des Kiemendarmepithels nicht erwähnt und auch nicht abgebildet wurden, so lässt sich daraus doch nicht immer mit Sicherheit auf ihren völligen Mangel schliessen, denn nur wenig weit in das Kiemen- darmlumen vorspringende Erhebungen sind sehr leicht zu übersehen, mit Bestimmtheit zuweilen überhaupt nur in Schnittserien zu erkennen. Naturgemäss muss jede Falte eine Fortsetzung der zwischen den beiden Epithelien der Kiemenwandung gelegenen primären Leibeshöhle enthalten. Je nach der Form und Grösse der Erhebungen wuchern Binde- gewebe und Gallerte mit den die Blutbahnen darstellenden Lückenräumen in verschiedener Ausdehnung in sie hinein, und so entstehen die Gebilde, die man zumeist als innere Quer- oder Transversalgefässe bezeichnet hat. Sehr häufig sind aber diese Theile des Kiemendarmes von den zwischen den Ko erallen liegenden Interspiracularzonen und Interspiraculargefässen nicht scharf unterschieden worden, obwohl sie doch zweifellos als eine besondere, allerdings von diesen letzteren aus sich entwickelnde Bildung betrachtet werden müssen. Ich habe sie daher schon längst (1882) als querverlaufende Flimmerreifen oder auch Flimmerbogen bezeichnet, habe aber den letzteren der beiden Namen wieder aufgegeben, um Verwechselungen mit dem in der Präbranchial- zone des Kiemendarmes verlaufenden wahren Flimmerbogen zu vermeiden. Herdman nennt sie „horizontal membranes‘“, ohne sie allerdings immer scharf von den anderen Quergefässen auseinander zu halten. a. Die Flimmerreifen bilden sich auf jeder Seite des Kiemen- darmes selbstständig als halbbogenförmige Hervorwölbungen der zwischen den Spaltenreihen gelegenen entodermalen Querzonen (vgl. Fig. 3, 4, 6, Taf. VID). So wie diese bestehen sie durchaus aus einem einschichtigen Epithel zumeist sehr kleiner Zellen. Fast überall sind die Zellen 26* 404 . Aseidien. sehr flach und dünn, nur auf der Höhe der Falte finden sich grössere und höhere prismatische Elemente, die auf der dem Darmlumen zugekehrten Seite feine Flimmern oder gröbere Cilien tragen und eine wulstförmige Verdieckung des freien Randes bedingen. Diese Randpartie kann selbst bei den verschiedenen Flimmerreifen eines Thieres recht erheblich ver- schieden sein, wie sich aus der Vergleichung der Figuren 3 und 4 auf Taf. XIX für Olavelina lepadiformis ergiebt. In vielen Fällen ist aller- dings von den Autoren ein Flimmersaum weder erwähnt noch gezeichnet, und es mag vielleicht auch vorkommen, dass Flimmern hier gänzlich fehlen, zumeist aber bin ich geneigt anzunehmen, dass eine Bewimperung vorhanden sein möchte, infolge ihrer spärlichen Entwicklung aber bei mangelhafter Conservirung übersehen worden sei. Ventral zu nehmen die Flimmerreifen stets an Höhe ab und verlieren sich allmählich, ohne in der Regel den Endostyl zu erreichen. Dorsal- wärts treten sie zumeist auf die Dorsalfalte und oft auch auf die an ihr sich entwickelnden Rückenzapfen über, und es können sich hier die Reifen der rechten und linken Seite mit einander vereinigen (vgl. für Olavelina Fig. 1, Taf. XIX). In sehr vollkommener Ausbildung kommen die Flimmerreifen bei den Clavelinen vor. Mehr oder minder ansehnlich entwickelt sind sie bei den meisten Synascidiengattungen zu finden. Sie fallen hier besonders auf, weil die inneren Längsgefässe fast immer fehlen. Aber auch bei Monaseidien mit wohl entwickelten Längsgefässen können die Quergefässe ansehnliche membranartige Falten darstellen (z. B. Ascidia Challenger, Asc. falcigera in Texfigur 98 u. 100; Polycarpa tinetor (Textfigur 104); Corella in Fig. 3, Taf. XX und viele andere), die durchaus denen der Clavelinen ähnlich sind, obwohl es nicht immer feststeht, dass sie auch stets so wie diese immer nur aus einer continuirlichen Querfalte ent- standen sind. Häufig trifft man sie bei allen Species einer Gattung, zu- weilen aber scheinen sie bei einigen Arten zu fehlen, bei anderen vor- zukommen. So sind sie z. B. bei botrylloides perspicuum sehr deutlich ausgebildet; bei Botr. rubrum dagegen sind sie nur äusserst fein, durch- aus aus einem zarten Plattenepithel gebildet, ohne Flimmerwulst (Fig. 7, Taf. XX), bei anderen Species dieser Gattung endlich hat man sie bis- her überhaupt noch nicht beschrieben. Aehnliche Verschiedenheiten finden sich auch bei den verschiedenen Species der Gattung Goodsiria. Fast immer ist der freie, in das Kiemendarmlumen vorspringende Rand der Flimmerreifen ganz glatt oder doch nahezu glatt. Zuweilen aber (Glossophorum) ist er mehr oder minder stark gewellt und gezähnt, in einzelne Lappen oder Zungen auslaufend. Auch bei Rhodosoma callense kommen nach Lacaze-Duthiers transversal verlaufende, bogen- förmig ein- und ausgebuchtete, am freien Rande flimmernde Falten vor (vel. Textfigur 97B). Heller hat sie allerdings in der gleichen Form nicht angetroffen, sondern fand nur an den Winkeln der Maschen zwischen den Quer- und Längsgefässen kurze, wimpernde Verbindungsmembranen. Parastigmatische und intrastigmatische Quergefässe. 405 Ebenso sind bei Polycarpa molguloides die Ränder der inneren Quer- gefässe an verschiedenen Stellen der Kieme mehr oder minder auffallend gewellt, fast krausenartig gefaltet. Diese letzteren Erscheinungen führen dann allmählich zu echten Papillenbildungen hinüber, die weiter unten (p. 416) besprochen sind. Unter den Synascidien scheinen sich echte Papillen an den inneren Quergefässen allerdings nur in der Gattung Tylobranchion und nach Sluiter (1895) bei Polyelinum glabrum zu ent- wickeln. Ich habe diese zwischen den Kiemenspaltenreihen sich bildenden Flimmerreifen stets als wahre Horizontalfalten in vollem Zusammenhang mit dem Entodermepithel der primären Kiemenwand gesehen. Es mag aber wohl der Fall eintreten, dass hin und wieder an gewissen Stellen die Flimmerreifen oder vielleicht auch nur deren bewimperte Randsäume sich abtrennen und dann quer verlaufende Röhren entstehen, die die inneren Quergefässe umschliessen. b. So wie diese Flimmerreifen zwischen den Kiemenspaltenreihen entstehen, entwickeln sich auch im Bereich der Spalten selbst innere, quer verlaufende parastigmatische Faltungen. Die Bildung dieser muss in etwas anderer Weise vor sich gehen als die der Reifen, denn innerhalb der Spaltenreihen fehlt natürlich ein econtinuirliches Entoderm- epithel; nur in den interspiracularen Längszonen zwischen den Kiemen- spalten ist es zu finden, und nur von diesen Stellen aus können die über die Spalten quer hinwegziehenden Gefässe gebildet werden. Es entstehen also nicht lange, durch die ganze Breite der Kieme sich erstreckende einheitliche Querfalten, sondern jedes innere Quergefäss entwickelt sich gewissermaassen aus einer Reihe kleinerer Querfältchen, die ventral und dorsal zu über die benachbarten Kiemenspalten hinweg röhrenförmig weiter wachsen, um erst später mit einander zu confluiren und ein ein- heitliches parastigmatisches Quergefäss darzustellen. Diese kleinen ursprünglichen Querfältehen vermitteln die Befestigung des zum grossen Theil freiliegenden Quergefässes am Entoderm der primären Kiemenwand. Sie können sehr zahlreich, fast immer zwischen je zwei Kiemenspalten auftreten, oft aber liegen sie auch beträchtlich weiter aus- einander, so dass ein ganz freiliegendes Stück des Quergefässes zwei, drei und noch zahlreichere Spalten kreuzt (fg, in Fig. 1 u. 2, Taf. XX). Diese parastigmatischen Gefässe sind wohl zu unterscheiden von den intrastigmatischen Querbrücken, die mitten in den Kiemenspalten in der Ebene der primären Kiemenwand selbst auftreten und ein Spiraculum durch Quertheilung in zwei zerlegen. Neben dem Auf- treten von neuen, selbstständigen Perforationen ist die Theilung der bereits vorhandenen das wichtigste Mittel zur Vergrösserung der Spalten- zahl. Die Unterscheidung der parastigmatischen und intrastigmatischen Quergefässe wird nur dann schwierig und selbst undurehführbar, wenn die ersteren sich in die Spalten einsenken und sie zerlegen, oder wenn 406 Aseidien. die letzteren in das Kiemendarmlumen zu vorwachsen und typische innere Querfalten hervorgehen lassen. | Darnach möchte es so scheinen, als ob es stets leicht sein müsste, diese parastigmatischen Quergefässe von den wahren Flimmerreifen zu unterscheiden. Das ist aber durchaus nicht immer der Fall. Da neue Kiemenspaltenreihen nicht immer durch neue und selbstständig auftretende Perforationen gebildet werden, sondern sehr oft dadurch entstehen, dass’ alle Spalten einer Querreihe nach und nach durch Quertheilung in zwei zerfallen (vgl. hier Fig. 1, en Taf. XX), erhalten die ur- ee sprünglichen parastigma- N l AN IN tischen Gefässe die gleiche N mr NN Pr Sr je un JOD vv 000 Lage und Stellung zwischen den Kiemenspaltenreihen wie die Flimmerreifen. Die Uebereinstimmung kann eine vollständige werden, wenn dann die Gefässe nicht mehr durch zahlreiche klei- nere Fältehen, sondern durch eine continuirliche, durch Verschmelzung von die- sen aus entstandene Quer- falte mit der primären Kie- menwand verbunden sind. So kann der Fall eintreten, dass eine Querfalte auf einer bestimmten Strecke > wie ein parastigmatisches 3 (Juergefäss, auf einer an- deren wie ein echter Flim- pg“ pg“ Sehematische Darstellung der Vermehrung der Kiemen- spaltenreihen durch Quertheilung der Spiracula. merreifen erscheint (vgl. il = inneres Längsgefäss; iq, u. iq, —= innere (uer- die nebenstehende Text- gefässe 1‘ und 2' Ordnung; As = Kiemenspalten; figur 94). Andererseits dürf- pgq = parastigmatische Quergefässe, die Spalten halbirend tan vielleicht auch. worauf und nach deren Theilung sich in innere Quergefässe } zweiter Ordnung, beziehungsweise in Flimmerreifen verwandelnd. schon oben hingewiesen wurde, die nach Art der Flimmerreifen entstandenen Querfaltungen dadurch einfachen Quergefässen ähnlicher werden können, dass ihre basalen Verbindungslamellen mit dem primären Kiemengitter- werk durch auftretende Perforationen in mehrere Stücke zerlegt werden, Jedenfalls lässt sich in den alten voll entwickelten Kiemen grosser Thiere sehr oft nicht feststellen, ob ein bestimmtes Gefäss auf diese oder jene Art der Querfaltenbildung zurückzuführen ist (Oiona intestinalis, Phallusia mammillata). | u! Individuelle Verschiedenheiten der Quergefässe, 407 Neben einer Kiemenspaltenreihe treten häufig mehrere parastig- matische Quergefässe auf, so dass die Spiracula von zahlreichen Quer- stäben wie überbrückt erscheinen. Diese Quergefässe sind dann in der Regel alle von annähernd der gleichen Stärke und ziemlich dünn. Er- strecken sie sich geradlinig über zahlreiche Spalten hinweg, so sind sie als Quergefässe leicht erkennbar (Textfigur 95). Sind sie aber noch so kurz, dass sie nur eine Spalte überbrücken, so ist es oft unmöglich zu Fig. 95. Stück aus der Kieme von Cynthia formosa Herd. (Nach Herdman.) 5%. ü = innere Längsgefässe; %ks — Kiemenspalten ; P4,, 99; = parastigmatische Quergefässe erster und zweiter Ordnung; tr — Interspiraculare Querzonen. entscheiden, ob es sich um ein sich bildendes parastigmatisches Quer- gefäss oder um die Theilung eines Spiraculums in zwei handelt. ce. So wie wir oben (p. 398) die im primären Kiemengitterwerk ver- laufenden transversalen Interspiraculargefässe resp. die Interspiraeularzonen als erster, zweiter und dritter Ordnung unterscheiden konnten, lässt sich das auch bei den inneren Quergefässen, den Flimmerreifen und parastig- matischen Quergefässen, thun. Im Allgemeinen wird die Art und Weise der Anordnung und Vertheilung beider Gebilde die gleiche sein, da ge- wöhnlich, wenn überhaupt Querfalten sich bilden, über allen interspiracu- laren Querzonen die Faltungen entstehen. Da aber quer verlaufende Gefässe auch zwischen den transversalen Interspiraculargefässen vor- kommen, ist ihre Zahl in der Regel grösser als die der letzteren, und man wird dann auch eine höhere Ordnungszahl innerer Quergefässe als transversaler Interspiraculargefässe zu unterscheiden haben. So sieht man 2. B. in Fig. 1 u. 2 Taf. XX bei Ckona und Polycarpa nur eine Art interspiracularer Querzonen, während innere Quergefässe erster und zweiter Ordnung vorhanden sind. Die Unregelmässigkeiten und individuellen Verschiedenheiten in der Anordnung der inneren Quergefässe sind zumeist erheblicher als die im primären Gitterwerk selbst. Im Besonderen erweisen sich die kleineren Gefässe zweiter und dritter Ordnung in Zahl und Vertheilung 408 Aseidien. recht variabel. Bei Ascidiella aspersa z. B. können die feinen, die Spalten überbrückenden inneren Quergefässe gänzlich fehlen, oder sie treten an verschiedenen Stellen unregelmässig auf, niemals überall gleichzeitig. Individuelle Variationen zeigen sich namentlich in der Dicke und Stärke der inneren Quergefässe, indem man bei den einen Individuen diekere und dünnere, also Gefässe erster und zweiter Ordnung unter- scheiden kann, während bei den anderen die Unterschiede wegfallen und alle (Gefässe gleicher Ordnung zu sein scheinen. So sind z. B. bei Ascidia plebeia nach Herdman zumeist alle Gefässe gleich weit, zuweilen aber ist jedes vierte beträchtlich weiter als die drei dazwischen liegenden. Die Quer- gefässe stehen also hier entweder nach der Formel: LILI.II. oder L.ILILILI. Auch die meisten der oben (p. 399) für die Variabilität der transversalen Interspiraculargefässe angeführten Beispiele liessen sich an dieser Stelle nochmals vorbringen. Individuelle Verschiedenheiten anderer Art kommen bei Ascidia produeta vor. Hier können nämlich gewisse innere Quergefässe zweiter Ordnung. die als parastigmatische die Kiemenspalten überbrücken, mehr oder minder weit atrophiren, und gleichzeitig können auch die Papillen, die an den inneren Längsgefässen sitzen, an ihren Ursprungsstellen Rück- bildungserscheinungen aufweisen. Zuweilen können innere Quergefässe gänzlich fehlen, wie aus der Beschreibung Sluiter’s für Ciona abdominalis ersichtlich ist. Doch scheint es sich in diesem Fall wie bei Ciona Flemingt nicht nur um eine nur bei gewissen Individuen auftretende individuelle Varietät zu handeln, sondern um ein bereits festgelegtes Artmerkmal. Fast alle anderen Oiona entwickeln normaler Weise innere Quergefässe, und bei der hohen systematischen Bedeutung, die diesen zukommt, möchte man fast versucht sein, eine Auflösung der Gattung Ciona in zwei vorzunehmen. 2. Längsfaltungen. a. So wie die quer verlaufenden Gefässe ent- stehen auch die inneren Längsgefässe auf zwei verschiedene Weisen. Einmal bilden sie sich als einfache, die ganze Kiemenlänge durchziehende Längsfaltungen der longitudinalen Interspiracularzonen (siehe Text- figur 96B) in einer ganz ähnlichen Weise wie aus den transversalen Zonen die Flimmerreifen. So wie bei diesen besteht auch hier die Wand aus einem einschichtigen flachen und selbst platten Epithel, das zumeist nur am freien Rande mehr oder minder merklich verdickt und mit Flimmern besetzt ist (vgl. für Botrylloides Fig. 6, Taf. XX). Die Flimmern sind wohl stets viel feiner als die die Kiemenspalten umgebenden Wimpern. Sehr häufig wurden sie übersehen, es mag aber auch sein, dass sie manchen Formen gänzlich fehlen. Bei den meisten Botrylliden sind diese die inneren Längsgefässe umschliessenden Längsfaltungen die einzigen Gebilde, die eine Ver- grösserung der respiratorischen Fläche bewirken (vel. Fig. 5, Taf. XX), da in dieser Familie die inneren Quergefässe fast immer gänzlich fehlen oder wenigstens nur sehr schwach entwickelt sind. Ebenso ist es wohl Verschiedene Arten innerer Längsgefässe. 409 bei allen Jugendstadien der Polystyeliden der Fall, während bei alten, ganz entwickelten Thieren fast immer Quergefässe hinzutreten, die - keiner Art gänzlich zu fehlen scheinen, wenn sie freilich zuweilen auch nur sehr wenig ausgeprägt und an manchen Stellen gar nicht nachweis- bar sind (Goodsiria placenta var. fusca Herd. @. peduneulata Herd.). Unter den Monaseidien sind diese Längsfaltungen der inneren Kiemenwand sehr allgemein verbreitet. Aber es ist im ausgebildeten Thier zumeist gar nicht mehr möglich, sie von den inneren Längsgefässen zu unterscheiden, die nach dem zweiten Typus sich entwickelt haben, da beide füglich A. Halbschematische Darstellung des Kiemenkorbes einer Perophora von innen gesehen. B. Halbschematische Darstellung der Kieme eines Botryllus von innen gesehen. il = innere Längsgefässe; ig — innere Quergefässe; is — Kiemenspalten; p = Papillen. einen vollkommen übereinstimmenden Bau und gleiche Lagebeziehungen aufweisen können. Lahille, und manche Forscher sind ihm darin gefolgt, bezeichnet die als Längsfalten auftretenden Gefässe als Längsrippen „cötes longitudinales‘“ und nimmt irrthümlicher Weise an, dass sie nur bei einer bestimmten Anzahl Familien (Botryllidae, Polystyelidae, Molgulidae, Cynthiidae) vorkommen, die er als Stolido- branchiata zusammenfasst. Andere französische Autoren (Pizon) haben die inneren Längsgefässe auch als „lames m&ridiennes“ bezeichnet, ohne sie allerdings, wie mir scheint, immer scharf von den Längsfaltungen der gesammten Kiemenwand auseinander zu halten. Selys-Longchamps und Damas (1900) nennen die inneren Längsgefäse „barres longitudinales“ und unterscheiden sie von den „eötes“, die nach ihnen immer nur ganze Gruppen von Längsgefässen bedeuten. 410 Aseidien. Der zweite Bildungsmodus der inneren Längsgefässe ist dadurch bestimmt (siehe Textfigur 96A), dass nicht eine continuirliche Falte sieh erhebt, sondern dass einzelne getrennte Fältchen oder Zapfen auftreten, die nach vorn und hinten zu schlauch- oder röhrenförmig weiter wachsen, um zu inneren Gefässen sich zu vereinigen. Diese laufen demnach frei über die Kiemenspalten hinweg, um zunächst nur in den interspiracularen Querzonen zwischen den Spaltenreihen sich mit der primären Kiemen- wand zu verbinden. Die basalen Theile der Ausstülpungen, aus denen die nach dem zweiten Typus gebildeten inneren Längsgefässe hervor- gehen, stellen die Verbindungsstücke der letzteren mit der primären Kiemenwand dar. In der hegel sind sie klein und unansehnlich, trabekel- artig gestaltet, oder sie erscheinen als kürzere oder längere Fältchen. In einigen Fällen erlangen diese Stücke eine ganz auffallende Grösse, so dass sie zu wichtigen Theilen der Kieme werden. In der Gattung Rhopalopsis und bei Ecteimascidia Garstangi finden sie sich als grosse dreieckige Lappen, deren Basaltheile in den Querzonen zwischen den Kiemenspaltenreihen ruhen und sich mit einander verbinden können, während die Spitzen die inneren Längsgefässe tragen. Auch bei Coryn- ascidia Suhmi (Fig. 9, Taf. XX) bemerkt man als Träger der feinen Längs- gefässe mächtige dreikantige Zungen, die auf den ersten Anblick wie echte Papillen erscheinen. Die oben erwähnte Uebereinstimmung mit den auf die erste Weise entstandenen Längsgefässen wird vornehmlich dadurch herbeigeführt, dass einerseits die zahlreichen Verbindungsstücke mit dem primären Kiemen- gitterwerk zu einer Falte zusammenfliessen, andererseits die ursprüng- lich einheitliche Falte an ihrer Basis in mehrere getrennte Stücke sich auflöst, so dass nur am freien Rande ein zusammenhängender Röhrentheil bestehen bleibt. Es lässt sich zuweilen beobachten (Molgula oceulta, As- copera nana, Ciona intestinalis), wie dicht neben einander in einer Kieme die morphologisch ganz gleiehwerthigen inneren Längsgefässe nach dem einen oder dem anderen Modus sich bilden können. Lahille hält die nach dem zweiten Modus entstandenen Längsgefässe für grundverschieden von den ersteren. Er nennt sie „sinus anastomotiques longitu- dinaux‘“ und glaubt, dass sie nur bei wenigen Familien zur Entwicklung gelangen, die er als Phlebobranchiata vereinigt. Bei manchen Formen würden diese Längsgefässe durch gegabelte Papillen vertreten, und aus diesen könnten sich weiterhin noch wahre Gefässe entwickeln. Die beiden hier unterschiedenen Arten von inneren Längsgefässen kämen aber niemals in einer Kieme neben einander vor und ebenso wenig bei nahe verwandten Formen. Daher ergebe sich die grosse systematische Bedeutung dieser Gebilde. Wie aber oben gezeigt wurde, finden sich zuweilen beide Gefässarten in nächster Nachbarschaft in einem Thiere vor. b. Die Länge der inneren Längsgefässe kann verschieden sein. Da, wo typische Längsfaltungen der inneren Kiemenwand auf frühen Ent- wicklungsstadien auftreten, reichen sie wohl immer von vorn nach hinten F Länge, Form und Verlauf der Längsgefässe. 411 _ über die ganze Kieme (Botrylliden). Aber auch die nach dem zweiten 5 Modus entstandenen Längsgefässe erstrecken sich zumeist durch die ganze Länge des Kiemendarms hindurch, wenn ihre Entwicklung zum Abschluss gekommen ist; auf jüngeren Stadien, bevor alle einzelnen Abschnitte mit einander verwachsen sind, erscheinen sie natürlich kürzer. Indessen findet man auch in alten Thieren neben den langen Gefässen beträchtlich kürzere und dünnere, die ihr Wachsthum beendigt zu haben scheinen und nur über wenige Kiemenspalten sich ausdehnen (vgl. hier Textfigur 92, p. 395). Ganz besonders zahlreich sind die kurzen Gefässe selbst bei alten Thieren von Corella japonica, Aseidia longitudinalis, und bei der Gattung Perophora - scheinen lange, durch die ganze Kieme reichende innere Längsgefässe überhaupt nicht vorzukommen, sondern nur kürzere, über ein oder zwei Spaltenreihen sich erstreckende. Auch bei vielen Monascidien finden sich solche kurze, dünne Längsgefässe zuweilen nur als Verbindungsstücke zwischen zwei inneren Quergefässen. Eine bestimmte Gesetzmässigkeit in der Anordnungsweise der längeren und kürzeren Gefässe dürfte wohl nirgend bestehen. c. So wie die Länge zeigen auch die Dicke und Form der inneren Längsgefässe erhebliche Verschiedenheiten, und im Zusammenhange da- mit erscheinen die Querschnitte durch die Organe recht verschieden ge- staltet und die Lumina weiter oder enger. Bei den Ascidiiden sieht man sie im Durchschnitt sehr häufig stark gerundet, fast kreisähnlich (siehe Textfigur 106), während sie bei Molguliden und auch bei Cynthien oft seitlich stark zusammengedrückt, fast lamellenartig erscheinen (vgl. Text- fisur 107, Fig. 1 u. 2, Taf. XXII)). Da, wo nur sehr wenige Längs- gefässe auftreten, sind sie in der Regel alle annähernd gleich weit und gleich geformt (Botrylliden). Wo aber zahlreiche Gefässe vorkommen und besonders da, wo diese verschieden lang sind, schwanken auch die Dicke und Weite sehr erheblich. Die kürzeren Längsgefässe sind zu- meist beträchtlich dünner als die langen, die durch den ganzen Kiemen- darm .hindurchziehen. Jedoch sind auch diese letzteren durchaus nicht immer ganz gleichartig beschaffen, und häufig kann man sie je nach ihrer Stärke in zwei oder- auch drei Gruppen einordnen. So wie die Quergefässe liessen sie sich dann als erster, zweiter und dritter Ordnung unterscheiden, doch wäre damit nur wenig gewonnen, da eine gesetz- mässige Anordnung der feineren und gröberen Gefässe gewöhnlich nicht zu beobachten ist (vgl. Textfigur 92). Treten neben dünnen Längs- gefässen besonders starke auf, so sind diese letzteren wohl immer nach dem ersten Bildungsmodus als typische Falten entstanden, während um- gekehrt die ganz feinen in der Regel nach dem zweiten Typus sich ent- wickelt haben. Wenn auch die inneren Längsgefässe sehr oft nicht geradlinig ver- laufen, so sind doch ihre Wandungen namentlich im freien, schlauch- föürmigen Randtheil in der Regel glatt. Nur bei verhältnissmässig wenigen Formen erscheint der Rand unregelmässig ein- und ausgebuchtet, an 412 " Aseidien. manchen Stellen fast krausenartig gefaltet (Styela bythia, St. oblonga). Man wird diese Erscheinungen wohl als eine Vorstufe zur Papillenbildung auffassen dürfen. Allerdings muss man sich hüten, solche im normalen ausgestreckten Zustande vorkommende persistirende Faltungen mit denen zu verwechseln, die bei jeder stärkeren Contraetion des Thieres auftreten und nach der Streckung wieder verschwinden. d. Die Zahl der inneren Längsgefässe ist bei den verschiedenen Arten und Gattungen äusserst verschieden. Bei den kleinen Botrylliden (z. B. Botryllus, Fig. 5, Taf. XX) finden sich jederseits nur 3 Gefässe, bei den grossen Monaseidien steigt die Anzahl auf mehrere Dutzende. Sind nur sehr wenige Gefässe vorhanden, so ist die Zahl in der Regel bei einer Art und zuweilen auch bei einer Gattung constant, und es scheint, dass fast in der ganzen Familie der Botrylliden (Botryllus, Polycyclus, Botrylloides, Sarcobotrylloides, Symplegma) immer oder fast stets nur 3 Gefässe vorkommen. Die jungen Thiere von Symplegma viride weisen die gleiche Zahl auf, in alten Individuen wird zuweilen jederseits“ ein Gefäss rückgebildet, so dass nur noch zwei bestehen bleiben. Anderer- seits steigt bei einigen Botrylloides (B. gregalis, D. maeandrium) die Zahl auf 5 (Sluiter). Ist die Zahl der Längsgefässe gross, so sind auch die individuellen Schwankungen erheblich und stehen im Grossen und Ganzen in einem gewissen Zusammenhang mit den oben erwähnten (p. 384) individuellen Variationen in der Zahl der Kiemenspalten. e. Die Vertheilung und Anordnung der inneren Längsgefässe bieten manche charakteristische Besonderheiten. In vielen Fällen sind die Gefässe ziemlich regelmässig vertheilt und stehen daher in annähernd gleichen Abständen von einander. Doch gilt auch hier, was schon für andere Theile des Kiemendarmes erwähnt werden musste, dass-an ver- schiedenen Stellen die Gleichmässigkeit mehr oder minder erheblich gestört sein kann. Von Bedeutung ist das Verhalten der Gefässe zu den Spiraculis. Sehr selten sind die Längsgefässe so zahlreich und so regel- mässig gestellt, dass sie immer nur eine Spalte zwischen sich einschliessen. Bei Eeteinascidia euphues scheint das nach Sluiter fast an allen Stellen des Kiemendarms der Fall zu sein, so dass die Anzahl der Gefässe und der Spiracula in jeder Reihe ziemlich genau übereinstimmt. Bei Eeteinaseidia psammodes, Ciona abdominalis rücken die inneren Längsgefässe etwas weiter von einander ab, und zwischen ihnen liegen in der Regel 2 Spalten; 2—3 Spiracula in jedem Zwischenfeld zählt man auch bei Ecteinaseidia turbinata, Pet. Garstangi, Ciona Flemingi, Cynthia torpida, Styela glans, 3—4 bei Rhopalopsis fusca, Rh. erassa, Ascidia eylindracea, 4—5 bei Ascidia despecta, Oiona Savignyi u. s. w. Für die nächst höheren Zahlen lassen sieh leieht viele Beispiele anführen, und endlich erscheinen die Gefässe nur in so weiten Entfernungen von ein- ander, dass sich 1—2 Dutzend Kiemenspalten zwischen ihnen entwickeln können (z. B. Microcosmus polymorphus, Styela grandıs). Anordnung und individuelle Verschiedenheiten der Längsgefässe. 415 Bezüglich der Zahl der Kiemenspalten zwischen je zwei Längs- gefässen kommen zahlreiche individuelle Verschiedenheiten vor, und sehr häufig verhalten sich auch in ganz regelmässig gebauten Kiemen verschiedene Stellen verschieden. Bei Ciona intestinalis z. B. lässt sich ein ziemlich regelloses Variiren feststellen. Zumeist finden sich 4 bis 5 Spalten in jedem durch die Quer- und Längsgefässe gebildeten Recht- eck (Fig. 1, Taf. XX), oft auch 6—7, selten noch mehr bis zu 10. Bei den meisten Aseidien ist die Vertheilung der inneren Längs- gefässe eine noch unregelmässigere, und so entstehen in der Kieme - Längszonen von sehr verschiedener Breite. Während an den einen Stellen die Gefässe so nahe aneinander rücken, dass zwischen ihnen kaum noch eine Kiemenspalte (Polycarpa glomerata) Platz findet, stehen sie an anderen so weit von einander ab, dass ungefähr ein Dutzend und noch mehr Perforationen die Zwischenzone durchbrechen können. Zu dieser unregelmässigen Anordnung tritt noch hinzu, dass die Längsgefässe durchaus nicht immer ganz parallel verlaufen, sondern vorn oder hinten sich bald einander nähern, bald von einander entfernen, so dass die zwischen ihnen verlaufenden Längszonen an den verschiedenen Stellen verschiedene Breiten besitzen und dem entsprechend auch von einer wechselnden Zahl Spalten vorn, hinten und in der Mitte durchsetzt werden. Die eben erwähnte Annäherung der inneren Längsgefässe an be- stimmten Stellen der Kieme führt zur Bildung von Gefässgruppen. Selys- Longchamps und Damas (1900) haben neuerdings die Bezeichnung „cötes longitudinales“ Tediglich auf diese Längsgefässgruppen beschränkt. Wohl nur sehr selten (Molgula ampulloides) sind sämmtliche Längsgefässe einer Kieme zu Gruppen angeordnet; zumeist bleiben zwischen diesen Rippen in mehr oder minder unregelmässiger Vertheilung vereinzelte Gefässe bestehen. Im einfachsten Fall rücken immer nur 2 innere Längs- gefässe dicht aneinander; meist sind es aber 3—6 oder noch mehr, die eine Gruppe bilden (vel. Fig. 15, Taf. XX). Uebrigens ist die Zahl der in eine sog. Rippe einbezogenen Längsgefässe nicht einmal bei den ver- schiedenen Gruppen einer Kieme fest bestimmt, denn zumeist kommen recht erhebliche Verschiedenheiten vor. Dagegen ist die Zahl der Gefäss- gruppen, obwohl auch sie individuelle Schwankungen aufweisen kann, bei einer Art und selbst bei manchen Gattungen ziemlich constant. Es hat daher Herdman diesen Längsgefässgruppen eine hohe Bedeutung zuerkennt, indem er sie mit den weiter unten (p. 436) behandelten Längs- faltungen des gesammten Kiemendarmes homologisirte resp. als deren rudimentäre Andeutungen betrachtete. f. Auf gewisse individuelle Variationen in der Zahl, Grösse und Anordnung der inneren Längsgefässe habe ich oben bereits aufmerk- sam gemacht. Zuweilen gehen aber die Unterschiede so weit, dass bei manchen Individuen die Gefässe eine sehr weitreichende Reduction er- fahren, ja auch vollständig schwinden können. Das scheint bei Symplegma viride im Alter ziemlich regelmässig mit einem der drei sich entwickelnden 414 Ascidien. Längsgefässpaare der Fall zu sein (vgl. oben p. 412), und auch bei Rhodosoma pyxis können hin und wieder Längsgefässe fehlen (Traustedt). Sehr beträchtliche individuelle Verschiedenheiten müssten bei Rhodosoma 3 callense vorkommen, wenn die Darstellungen, die Heller (1875) und” Lacaze-Duthiers (1865) gaben, zutreffend sind. Ich habe die Ab- ‚ bildungen, die diese beiden Autoren veröffentlichten, als Textfigur 97° hergesetzt. Abgesehen von der Form der Kiemenspalten fällt der Mangel stärker hervortretender innerer Längsgefässe inLacaze’s Zeichnung auf. Papillen sind zwar nicht abgebildet, werden aber im Text erwähnt. Ausserdem be- stehen nicht unwichtige Gegen- sätze in den Angaben der beiden Autoren über bewimperte Quer- membranen (vgl. oben p. 404), so dass wohl der Zweifel berechtigt a ist, ob beide Forscher überhaupt ) dieselbe Art untersucht haben. A. Kiemenkorb von Rhodosoma_ callense Sehr auffallende individuelle nach Heller. Verschiedenheiten weisen, wie die ..0,,B: Nach Lacaze-Duthiers, Untersuchungen Roule’s darge- il = innere Längsgefässe; 7 — interspiraculare IE = Ei Längszonen ; p = Papillen ; s = Kiemenspalten ; than haben, die, inneren Längs- E ir — Quergefässe, gefässe in der Gattung Aseidiella auf. Als typisches Verhalten haben zahlreiche mit Papillen besetzte innere Längsgefässe zu gelten, wie sie in ähnlicher Weise auch bei den Gattungen Ascidia und Phallusia vorkommen. Bei Ascidiella scabra und Ase. eristata finden sich neben diesen normalen Kiemenformen sehr abweichend gestaltete, und zwar treten die Verschieden- heiten bei den Nachkommen desselben Mutterthieres auf. Es können nicht nur die inneren Längsgefässe, sondern auch die Papillen vollkommen fehlen und dann gleichzeitig noch die Kiemenspalten besonders gross erscheinen (vgl. Fig. 4, Taf. XX). Bei Ascidiella lutaria scheinen sogar regelmässig die inneren Längsgefässe zu fehlen, und auf den inneren Quergefässen sitzen nur kurze Papillen, die die Stellen andeuten, auf denen jene entspringen müssten (Fig. 8, Taf. XX). g. Bei so weit gehenden individuellen Verschiedenheiten sollte es fast scheinen, als ob die inneren Längsgefässe für die Systematik der Ascidien nur eine untergeordnete Bedeutung besitzen könnten. Eigenthümlicher Weise sind aber gerade in neuester Zeit, nachdem diese Variationen bekannt geworden waren, diese Organe als Merkmale von ganz besonderer Wichtigkeit in den Vordergrund gestellt worden. Das Bestreben, die Systematik der Ascidien auf Verschiedenheiten der inneren Längsgefässe, auf ihr Vorkommen oder Fehlen, zu gründen, geht auf Systematische Bedeutung der inneren Längsgefässe. 415 _Lahille zurück. Wie schon im ersten Abschnitt dieses Werkes (p. 74) bemerkt wurde, hat dieser Forscher sämmtliche Aseidien, Dolioliden und Pyrosomen als Eutremata zusammengefasst und lediglich nach dem Verhalten der Längsfaltungen im Kiemendarm in 3 Ordnungen eingetheilt. Den Aplusobranchiata fehlen innere Längsgefässe (hierhin rechnet unser Autor aber irrthümlicher Weise auch die Pyrosomen, die doch - sehr wohl entwickelte innere Längsgefässe haben); die Phlebobranchiata und Stolidobranchiata haben innere Längsgefässe, doch sollen sie sich bei den ersteren nur nach dem zweiten oben beschriebenen Bildungs- modus entwickeln, während sie bei den letzteren allein als typische Längsfalten nach dem ersten Modus entstehen und als wahre Längsrippen „eötes longitudinales“ bezeichnet werden. Bei den meisten Stolido- branchiaten treten überdies Längsfaltungen der gesammten Kiemen- wandungen hinzu, die als „vrais plis meridiens“ bezeichnet werden und weiter unten (p. 436) eingehender besprochen sind. Ich habe aber bereits oben (p. 410) dargethan, dass ein so scharfer Unterschied zwischen beiden Arten von Längsgefässen nicht besteht, dass beide vielmehr in der Kieme eines Thieres neben einander vorkommen können und durchaus nicht die eine und die andere auf zwei ganz verschiedene Ascidiengruppen be- schränkt sind. Darnach kann ich die beiden Gruppen der Stolido- branchiata und Phlebobranchiata als natürliche, den verwandt- schaftlichen Beziehungen der Ascidien entsprechende nicht anerkennen, obwohl von mehreren Seiten noch jetzt an Lahille’s Auffassung im Wesentlichen festgehalten wird. So anerkennt z. B. Garstang (1395) diese drei Ordnungen der Eutremata, von denen er in richtiger Würdigung der Unterschiede Pyro- somen und Dolioliden abgetrennt hat. Auch das System Sluiter’s, das man seltsamer Weise als das „einzige natürliche“ &gepriesen hat, unterscheidet sich nicht viel von dem Garstang’s oder Lahille’s, wenngleich auch neue Gruppenbezeichnungen eingeführt werden; jeden- falls finden wir in ihm das gleiche Merkmal der Beschaffenheit der Kieme als oberstes Eintheilungsprineip verwerthet. Nur auf die socialen Ascidien will Sluiter diesen Gesichtspunet nicht anwenden. Er hält diese Gruppe als eine „natürliche“ Ordnung aufrecht, während Lahille ihre einzelnen Gattungen bei verschiedenen Familien der Aplusobranchia- ten und Phlebobranchiaten untergebracht hatte. Die so durch Ab- zweigung aller socialen Ascidien wesentlich eingeengte Ordnung der Aplusobranchiata bezeichnet Sluiter als Asceidiacea merosomata, während er die Phlebobranchiata und Stolidobranchiata nur als Unter- ordnungen bewerthet und als Aseidiacea holosomata zusammenfasst. Natürlich kann die verschiedene Entstehungsweise der inneren Längs- gefässe nach meinen oben mitgetheilten Darlegungen auch nicht den systematischen Werth besitzen, der ihr im Systeme Sluiter’s eingeräumt wird, und ich bin daher ausser Stande, Phlebobranchiata und Stolido- branchiata auch nur im Sinne Sluiter’s anzuerkennen. 416 Aseidien. Ebenso erscheint es mir zweifelhaft, ob die merosomen und holo- somen Ascidien Sluiter’s in der That zwei natürliche, auf Bluts- verwandtschaft der betreffenden Gattungen begründete Ordnungen sind. Zwar hat auch Herdman (1399) noch ganz neuerdings die Bezeich- nungen Merosomata (Chalarosomata) und Holosomata (resp. Pectosomata) angewendet. Aber es geschah das doch in einer ganz anderen Bedeutung, denn es werden darunter nur zwei Gruppen der Synascidien verstanden, bei denen entweder eine Gliederung des Körpers in Thorax und Abdomen vorhanden ist oder fehlt, während Sluiter auf das Vorkommen und Fehlen von Längsgefässen den Nachdruck *) legt und daher zu den Holo- somen nicht nur Monascidien, sondern von den Synascidien auch die Botrylliden und Polystyeliden rechnet. Dass eine strenge Durchführung dieses letzteren (Gesichtspunctes nicht immer möglich ist, beweisen die oben angeführten Fälle indivi- dueller Variationen, in denen die inneren Längsgefässe sammt Papillen vollständig schwinden können (Ascidiella scabra, As. eristata), und vor Allem die Ascidiella lutaria, bei der die Gefässe normaler Weise zu fehlen scheinen, obwohl meines Erachtens darüber kein Zweifel bestehen kann, dass diese Form eine Ascidiella ist. Hätten die inneren Längsgefässe wirklich die Bedeutung, die ihnen von gewisser Seite zugesprochen wird, so müsste die Ase. lutaria nicht nur aus der Gattung Aseidiella und aus der Familie der Ascidiidae entfernt werden, sondern sie wäre auch aus der Ordnung der Phlebobranchiaten zu streichen und zu den Apluso- branchiaten (Merosomata) zu stellen. Das Widersinnige eines solchen Verfahrens liegt auf der Hand. Uebrigens giebt es noch eine Anzahl anderer Gattungen, die der inneren Längsgefässe entbehren, die aber trotzdem von Sluiter und den Anhängern seines Systems inconsequenter Weise zu den Holosomen und nicht zu den Merosomen gezählt werden. Es sind das gewisse Ascidiiden. Die Gattung Hypobythius hat ganz unregelmässig gestellte rundliche Kiemenspalten, die Innenwand der Kieme aber springt, wenn sie auch nicht vollkommen glatt erscheint, nirgends zur Bildung von Längsgefässen und typischen inneren Quergefässen vor. Bei der zu den Corellinen gehörenden Gattung Agnesia sind zwar zwischen den Reihen der mächtigen Spiralspalten innere Quergefässe, auf denen Papillen sitzen, vorhanden, aber innere Längsgefässe fehlen ebenfalls. Das Gleiche ist bei der Gattung Corellaseidia der Fall, nur dass hier die Spiracula die Gestalt von etwas unregelmässigen länglichen Rechtecken haben. 3. Papillen. Die in das Kiemendarmlumen vorspringenden zapfen- förmigen Erhebungen entstehen entweder im innigsten Zusammenhang gleichzeitig mit den inneren Längsgefässen oder später als diese als selbstständige Ausstülpungen. Im ersteren Fall (primäre Papillen) *) Auf ein anderes unterscheidendes Merkmal kann an dieser Stelle nicht ein- gegangen werden. Zu Bau und Anordnung der Papillen. 417 erhebt sich das Entodermepithel der primären Kiemenwand an bestimmten Stellen in den die Kiemenspaltenreihen trennenden Querzonen zu unregel- mässig geformten Zapfen, die entweder durch einfache Gabelung des freien Endes oder durch besondere selbstständig auftretende Ausstülpungen je einen nach vorn und hinten gerichteten schlauchförmigen Fortsatz ent- senden, aus dem das innere Längsgefäss sich entwickelt (vgl. Textfigur 96 A). Das freie Innenende des Zapfens kann dann noch beträchtlich weiter wachsen und sich ansehnlich über die Längsgefässe erheben (z.B. Perophora). Im zweiten Fall sind die inneren Gefässe bereits vorhanden oder mindestens angelest, wenn die Zapfen auftreten, und zwar erfolgt deren Bildung zu- meist durch Ausstülpungen des Epithels der inneren Längsgefässe, seltener der Quergefässe. Lahille hat sie secundäre Papillen genannt. Die Papillen oder Seitenzapfen werden von einem durchaus einschich- tigen Entodermepithel umschlossen. Aehnlich wie in den Rückenzapfen (vgl. oben p. 353) wechseln auch hier Plattenepithel, ceubisches und be- wimpertes eylindrisches Epithel in sehr mannigfacher Weise mit einander ab. Im Inneren finden sich stets lacunäre Blutbahnen, die entweder direct an das Epithel grenzen oder zunächst noch von einer sehr dünnen Schicht _ der die primäre Leibeshöhle erfüllenden Gallerte umschlossen werden. Die Papillen haben daher in erster Linie die Aufgabe, die athmende Kiemenfläche zu vergrössern. Nebenbei mögen sie auch dadurch von einiger Bedeutung sein, dass sie in den Kiemendarm eingetretene Nahrungs- thiere zurückhalten oder wenigstens deren Wiederaustritt erschweren. Besonders scheinen dazu geeignet die löffelförmigen Seitenzapfen der Ascidia faleigera (Textfigur 100). An der Basis der Papillen kann man daher häufig in den nach hinten zu sich bewegenden Schleimfäden Nahrungstheile antreffien. Muskeln habe ich im Mesenchym der Zapfen nie beobachtet, ich nehme daher an, dass die Gebilde starr und unbe- weglich verharren. Es darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass Heller (1877) eine ganz andere Ansicht über die physiologische Bedeutung der Papillen geäussert hat. Ihre Function soll die gleiche sein wie die, die er den Endocarps der Cynthien zuschreibt; diese Organe sollen nämlich eine Stauung des Blutes in den Gefässen verhindern und ein Ausweichen der Blutströme in diesen seitlichen Divertikeln ermöglichen. Gewöhnlich steht eine jede Papille an der Kreuzungsstelle der inneren Längs- und Quergefässe (Fig. 1, Taf. XX), und damit ist die Zahl der ersteren durch die der letzteren fest bestimmt. Stets finden sie sich, wo sie überhaupt vorkommen, an den Gefässen erster und auch zweiter Ordnung, wenn diese zwischen den Kiemenspaltenreihen verlaufen, so dass die Papillen die vier Eckpunkte eines Rechtecks bezeichnen, dessen Höhe der einer Kiemenspalte und dessen Länge der Entfernung zweier inneren Längsgefässe entspricht (vgl. Textfigur 98). Zuweilen ent- springen die Papillen nicht genau an den Kreuzungspuncten, sondern auf den inneren Längsgefässen bald ein wenig mehr nach vorn, bald nach Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. IT 418 Aseidien. hinten zu verschoben (Pachychlaena oblonga). Diese Papillen, die an den Eeken der durch die inneren Quer- und Längsgefässe Fig. 98. | (@ Kieme der Ascidia Challenger‘ Herd. von innen gesehen. (Nach Herdman.) °%.. Fig. 99. ) ei a Se 7 NIE je ii MN” N 1 Kieme der Phallusia« mammillat« von innen gesehen. Circa SR, il = innere Längsgefässe; iq, u. iq, —= innere Quergefässe erster und zweiter Ordnung resp. parastigmatische Quergefässe; is — Kie- menspalten ; 9 = Längsgefässe der primären Kiemenwand; p = Pa- pillen; 9, = intermediäre Papillen; tr, u. ir, = Transversalgefässe erster und zweiter Ordnung der primären Kiemenwand, gebildeten Haupt- maschen liegen, werden alsHaup papillen oder Papillen erster Ordnung be- zeichnet. Oft sind sie die einzigen | Seitenzapfen der Kieme, häufig aber | finden sich zwi schen ihnen an den Längsgefässen kleinere und ab weichend geform- te, die man zwei ter Ordnung oder intermedi- äre Papillen nennt. Zumeist entspringen die In- termediärpapillen | an den Stellen, an welchen die pa- rastigmatischen — Quergefässe sich den inneren Längs- sefässen verbin- den (Fig. 1, Taf. XX). Wenn nach TheilungeinerKie- menspaltenreihe in zwei in deroben (p. 406) geschil- derten Weise die ursprünglich eine Spaltenreihe kreu- zenden parastig- matischen Quer: gefässe zu Flim- ınerreifen werden und zwischen die zwei neu gebil- deten Reihen zu (Gestalt der Papillen. 419 liegen kommen, haben auch die intermediären Papillen die gleiche Lage gewonnen und können nach weiterem Wachsthum sich noch zu Hauptpapillen entwickeln. Es scheint, dass zumeist die Intermediär- papillen an den Längsgefässen früher auftreten als die parastigmatischen Quergefässe sich bilden, so dass sie zunächst ganz isolirt und frei sich erheben. Textfigur 98 zeigt für Ascidia Challengeri alle diese Entwick- lungsstadien dicht neben einander in einer Kieme: 1) freie Intermediär- papillen, 2) Papillen im Zusammenhang mit parastigmatischen Quer- gefässen, 3) die Intermediärpapillen nach vollzogener Zweitheilung einer Spaltenreihe. Es ist durchaus nicht immer der Fall, dass die freien in der Mitte einer Kiemenspaltenreihe auftretenden Intermediärpapillen weiterhin noch mit parastigmatischen Quergefässen sich verbinden müssen, sondern die Bildung dieser kann ganz unterbleiben. In Textfigur 99 habe ich ein Stück der Kieme einer ganz alten ausgewachsenen Phallusia mammillata gezeichnet, und man sieht in ganz regelmässigen Stellungen die freien Intermediärpapillen ohne jede Spur von sie verbindenden parastigmatischen Quergefässen. Das Gleiche findet sich bei Ascidia fusiformis Herd., A. lata, A. depressa und manchen anderen. Während diese Quergefässe hier von allem Anfang an fehlten und bestimmt nicht auf einem jüngeren Stadium etwa vorhanden waren und dann erst rückgebildet wurden, kann das letztere nach Roule an verschiedenen Stellen der Kieme bei Ascidia producta eintreten. Indem die parastigmatischen Quergefässe und gleich- zeitig auch die basalen Theile der Papillen atrophiren, bleiben nur deren Spitzen als kleine freie Intermediärzapfen bestehen. Die Gestalt der Papillen ist recht verschieden und variirt ein wenig nicht nur bei verschiedenen Individuen einer Art, sondern auch an verschiedenen Stellen derselben Kieme. Da, wo Papillen erster und zweiter Ordnung vorkommen, sind sie in regelmässiger Weise zumeist genau alternierend angeordnet und unterscheiden sich recht auffallend durch ihre Form und Grösse. Bei nahe Verwandten erscheinen die Papillen oft sehr verschieden gestaltet, bei im System weiter von einander Ent- fernten oft sehr ähnlich, so dass ihrer Form eine erheblichere systematische Bedeutung nicht zukommt. Eine constante, an allen Stellen der Kieme auftretende Verschiedenheit der Papillen wird höchstens zur Aufstellung einer besonderen Species, vielleicht aber nur Varietät Veranlassung geben können. Ganz glatte zapfenförmige Papillen kommen wohl nur sehr selten vor, dagegen trifft man häufig fingerförmige oder schlauchförmige an, die an ihrer Basis verdiekt sind und mehr oder minder unregelmässige Aus- stülpungen und lappenförmige Fortsätze tragen (Fig. 1, Taf. XX). Seltener sind auch abgeflachte, platte oder gar löffelförmige (Ascidia faleigera, Textfigur 100) Papillen. Bei Ascidia longitubis Traust. sind die Papillen birnförmig gestielt und alle ziemlich gleich gross, bei Ascidia compta Sluiter kommen neben ganz ähnlich geformten Hauptpapillen kleinere 20% 420 Aseidien. ud schlauchförmige intermediäre vor, die durch parastigmatische Quergefässe nur unvollkommen verbunden erscheinen. Unter den Molguliden fand Heller (1877) bei Molgula impura Kiemenpapillen auf. Im Gegensatz zu den Aseidiiden sind sie hier ganz unregelmässig vertheilt; besonders sitzen sie an den Quergefässen, fehlen Kieme der Ascidia faleigera Herd. (Nach Herdman.) °%/. il = innere Längsgefässe; ’q — innere Quergefässe, membranartige Faltungen; ks — Kiemenspalten; /g —= Längsgefässe der primären Kiemenwand; p — Papillen; ir = Transversalgefässe der primären Kiemenwand. aber auch nicht an den Längsgefässen. Sie treten als hohle rundliche oder zapfenförmige Fortsätze des Kiemenentoderms auf und sind am zahl- reichsten und grössten auf der Dorsalseite in der Nähe der Dorsalfalte. Hier finden sie sich sowohl am vorderen als hinteren Rande der stärkeren Quergefässe und erlangen öfters birnförmige Gestalt, indem ihr Basaltheil sich verjüngt. In einer ähnlichen unregelmässigen Vertheilung entspringen bei Molgula socialis überall am secundären inneren Gitterwerk und auch seitlich vom Endostyl an dem von Kiemenspalten noch nicht durch- brochenen Entodermepithel kleine Papillen in grosser Zahl. Ebenso kommen bei M. oceidentalis Traustedt Papillen vor. Bei anderen Mol- guliden (z. B. Ctenicella Lanceplaini) treten kleine zahnförmige oder auch grössere zapfenförmige Fortsetzungen, so wie es die echten Papillen thun, nur an den inneren Längsgefässen auf, und zwar sind sie fast ausschliess- lich auf das hinterste Kiemenende beschränkt, wo sie zuweilen eine ganz ansehnliche Grösse erlangen und wie die Papillen der Aseidiiden erscheinen können. Auch den Cynthideen fehlen nicht immer die Papillen. Am ansehn- liehsten sind sie bei Microcosmus miniaceus entwickelt, woselbst sie in zwei verschiedenen Formen auftreten (Textfigur 101). Wie die normalen Papillen in anderen Gruppen, nur zahlreicher, wie es scheint, und dichter Vorkommen und Grösse der Papillen. 421 an einander gelagert, finden sich hier an den inneren Längsgefässen grosse, zungenförmige Fortsätze, und ausserdem treten noch in ganz regelloser Vertheilung an den Quergefässen und zwischen den Kiemen- spalten zahlreiche kolbenförmige, vielfach an der Spitze in zwei Theile gespaltene Papillen von wechselnder Grösse auf (Sluiter). Bei Polycarpa viridis finden sich winzige zitzen- oder zapfenförmige, zuweilen auch an der Spitze geknöpfte Tentakelchen, die ver- einzelt stehen, oder mit M A ihren basalen Enden zu einer festen Gruppe verwachsen sind. Diese Papillen scheinen nur bei gewissen Individuen vorzukommen und sitzen dann in grösserer Zahl dicht neben ein- ander auf den inneren ES Längs- und Querge- fässen an den Winkeln, wo beide auf einander & stossen. pi‘ \ al ; Die Grösse der Run a Al Papillen ist stets Stück der Kieme von Microcosmus miniaceus Sluit. von innen gesehen. (Nach Sluiter.) Fig. 101. 50,8 20% % 09,08 o ° 9, o 05 > 390 B ( 0 IH FE (6) 090, DF°00 SEERE 0255088; oEFEEE o =] () c; 2 Er Dee) au 2 De ne) 5 & 2 zo DIRT og = or D% 068: nur gering, S1® varlirt P 3 d = innere Längsgefässe, iq —= innere Quergefässe; gu die Gestalt. Da ks — Kiemenspalten ; p —= zungenförmige Papillen an den die Papillen sich zu- Längsgefässen; p, = regellos vertheilte Papillen. meist nicht ganz senk- recht erheben, sondern nach hinten, seltener nach vorn, nach der Bauch- oder hückenseite zu geneigt sind, sieht man sie gewöhnlich Theile von einer oder zwei Kiemenspalten überdecken; selten werden sie grösser. Besonders klein sind namentlich die Intermediärpapillen, und zuweilen erscheinen sie nur wie Auszackungen des freien Randes der inneren Längsgefässe. An manchen Stellen der Kieme sind sie dann über- haupt nicht mehr nachweisbar, oder man sieht sie nur hin und wieder als ganz kleine knopfförmige Erhebungen auf den Längsgefässen (Ascidia sabulosa, Ascidiella virginea). In solchen Fällen kann es dann zweifelhaft erscheinen, ob überhaupt noch wahre Papillen vorhanden sind, oder ob es sich nur um gewisse unregelmässig geformte innere Längsgefässe handelt von solcher Art, wie sie oben (p. 412) beschrieben wurden. Papillen, die eine Länge von 0,2—0,3 mm erreichen, gelten bereits als ansehnlich gross (Ascidia mentula, Asc. conchilega); bei anderen Arten derselben Gattung messen sie nur 0,08 mm (As. prunum) und noch weniger. — 422 Ascidien. Wie aus der oben gegebenen Darstellung zu entnehmen ist, erlangen die Papillen in der Familie der Ascidiiden ihre vollendetste Entwicklung. Sie fehlen aber durchaus nicht, wie man gewöhnlich anzunehmen pflegt, völlig bei den anderen Monascidien, denn wir fanden sie in mehr oder minder vollkommener Ausbildung bei einigen Molguliden (Molgula impura, Otenicella Lanceplainti), bei Cynthien (Mierocosmus miniaceus), Polycarpen (Polycarpa wiridis). Im Hinblick darauf, dass die nächst verwandten Formen der zuletzt genannten Arten Papillen nicht besitzen und dass dieser Mangel hier sicher ein ursprünglicher ist, bleibt nur die An- nahme, dass in den verschiedenen Familien der Monaseidien die Papillen- bildungen selbstständig und unabhängig von einander aufgetreten sind. Dasselbe gilt auch für die wenigen Synascidien, bei denen Papillen nachgewiesen worden sind. Es ist das bei Polyelinum glabrum und Tylobranchion speciosum der Fall; abgesehen von der Gattung Glossophorum, bei der — wie früher (p. 404) schon erwähnt wurde — die Flimmerreifen in lappenartige papillenähnliche Fortsätze auswachsen, Bildungen, die eine charakteristische Eigenartigkeit dieses Genus bedeuten, aber vielleicht nicht mit den echten Papillen homologisirt werden dürfen. Bei Polyclinum sind die Papillen klein und kolbenförmig unverzweigt (Sluiter). Bei 7ylo- branchion sind sie länger und in der Regel gabelig gespalten, so dass sie an gewisse früheste Stadien in der Bildung mancher inneren Längs- gefässe erinnern. Jedoch verbinden sie sich niemals unter einander, um (Gefässe hervorgehen zu lassen, wie es bei Perophora und Rhopalaea cerberiana Lahille der Fall ist. Dass die Papillen von Polyclinum glabrum Organe sind, die erst bei dieser Art selbstständig und unabhängig zur Entwieklung gelangten, wird kaum jemand bezweifeln, weil sie sonst stets bei den Polycliniden fehlen und dieser Mangel offenbar nicht auf einer allgemein eingetretenen Rückbildung beruht. Für Tylobranchion ist allerdings eine andere Deutung versucht worden. Herdman hat das von ihm unter dem Challenger-Material entdeckte Genus nicht ohne jeden Vorbehalt zu den Polyeliniden gestellt. Lahille aber deutet auf Grund der eben erwähnten Aehnlichkeit die Papillen als rudimentäre innere Längsgefässe (sinus longitudinaux anastomotiques), trennt daher die Gattung Zylobranchion von der Familie der Polyeliniden und der Ord- nung der Aplusobranchiata ab und bringt sie in die Ordnung der Phlebo- branchiata, woselbst er sie mit Ecteinascidia, Diazona, Rhopalaea ete. in die Familie der Cioniden (!) stellt. Man entnimmt aus diesem Bei- spiel, welch übertrieben hohe Bedeutung für die Systematik dem Vorkommen von Papillen beigemessen werden kann. Dass ein solches Vorgehen ungerechtfertigt ist, beweisen Polyelinum glabrum und die oben angeführten Cynthiadeen und Molguliden, die uns lehrten, wie Papillen spontan bei verschiedenen Arten auftreten können. So wie bei gewissen Arten neue Papillen selbstständig sich bilden, können sie bei anderen rudimentär werden und auch vollkommen schwinden. Das auffallendste Beispiel scheint mir Oiona abdominalis zu sein, bei der Rückbildung der Papillen. 423 nach Sluiter nicht nur alle Papillen, sondern sogar die inneren Quer- gefässe gänzlich fehlen, so dass der Kiemenkorb mehr einer Eeteinascidia als einer Ciona ähnlich ist. Sollte es sich bei dieser Eigenthümlichkeit um ein constantes, die ganze Kieme in gleicher Weise betreffendes Merk- mal handeln, so könnte ich einen Zweifel darüber nicht unterdrücken, ob die fragliche Form überhaupt eine Ciona ist. Aehnlich wie die Ciona abdominalis zu den anderen Species dieser Gattung verhält sich in Bezug auf die Papillen Abyssascidia Wyvillu zu Ab. vasculosa. Obwohl die letztere Papillen besitzt, die erstere aber nicht, und auch noch andere Unterschiede vorhanden sind, rechnet doch Herd- man beide Formen einer Gattung zu. Neuerdings hat allerdings Hart- meyer (1900) vorgeschlagen, die Papillen tragende Species als eine neue Gattung „Herdmania‘*) zu bezeichnen. Da beide Tiefseeaseidien bis- her nur durch je ein einziges Exemplar bekannt geworden sind, ist es kaum möglich zu entscheiden, in wie weit vielleicht individuelle Eigen- thümlichkeiten vorhanden sein möchten, und die Frage der Gattungs- bezeichnung kann daher noch nicht als erledigt betrachtet werden. Un- zweifelhaft besitzt Abyssascidia vasculosa zu den Gattungen Ascidiella und Ascidia nähere Beziehungen als Ab. Wyvillüi. Während die eben genannten papillenlosen Formen vermuthlich durch Rückbildung von papillentragenden entstanden sind, scheint das bei den Corellinen Corella und Corynascidia kaum der Fall gewesen zu sein; vielmehr dürften hier die an der primären Kiemenwand sich erhebenden Fortsätze vollkommen zur Bildung der inneren Längsgefässe resp. zu deren Verbindungsstücken mit der Kiemenwand und den Transversal- gefässen aufgebraucht worden sein, ohne selbst noch weiter sich zu einer freien Papille erheben und tiefer in das Kiemendarmlumen hineinwachsen zu können (vgl. hier Fig. 3 u. 9, Taf. XX). Bei Hypobythius fehlen nicht nur die Papillen, sondern auch die inneren Längsgefässe. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass der Kiemen- korb dieser eigenthümlichen Tiefseegattung in allen Stücken ursprüngliche Züge besitze, aber über die directen Vorfahren lassen sich zur Stunde nur unsichere Vorstellungen gewinnen. Dass auch bei gewissen Ascidiella gleichzeitig mit den inneren Längsgefässen die Papillen schwinden (vel. Fig. 4, Taf. XX), ist oben (p. 414) schon hervorgehoben worden; es wurde, dort auch erwähnt, dass dieser Verlust nur gelegentlich bei einzelnen Individuen eintritt. Von grösserer theoretischer Bedeutung sind solche Ascidiiden, bei denen zwar die inneren Längsgefässe fehlen, aber die Papillen erhalten sind (Corellascidia, Agnesia, Ascidiella lutarıa, vgl. oben p..416). So wie *) In einem Referat über die betreffende Arbeit Hartmeyer’s im Zoolog. Central- blatt habe ich darauf hingewiesen, dass die Gattungsbezeichnung Herdmania bereits 1887 durch Lahille für eine Cynthiengruppe vergeben worden ist. Hartmeyer hat daher ganz neuerdings (1901) seine Gattung Herdmania in Bathyascidia umgetauft. 424 Ascidien. € Lahille für Zylobranchion, hat man auch für diese Formen angenommen, dass die Papillen die letzten Reste ursprünglich vorhandener Längsgefässe darstellen, und zuerst hat Roule für Ascidiella Tutaria eine Rückbildung . der Gefässe behauptet, obwohl ich aus seiner Beschreibung nicht bestiramk zu entnehmen vermag, ob er diesen Vorgang im Verlaufe der onto- genetischen Entwicklung der Individuen dieser Species thatsächlich beobachtet hat. Jedenfalls wird man aber diese Asecidiella von solchen Formen direct abzuleiten haben, die eine normale Kieme mit Längs- gefässen und Papillen besessen Haben? und im Zusammenhang mit’ dem Schwund der Gefässe mögen die Papillen eine andere Gestalt erhalten haben (Fig. 8, Taf. XX). Ob eine gleiche Annahme auch für Agnesia und Corellascidia zu- treffend ist, wird sich ohne Widerspruch kaum feststellen lassen. Die letztere Gattung gründet sich auf ein einziges Exemplar, und ich halte es nicht für unmöglich, dass es sich dabei vielleicht nur um eine ähn- liche individuelle Varietät einer Ascidiella oder Ascidia handeln könnte, wie sie von Roule in überzeugender Weise für gewisse Arten aufgeklärt worden sind. Und ein gleiches Bedenken gilt auch gegenüberMichaelsen’s Gattung Agnesia, die ebenfalls auf ein Exemplar hin, das ‚leider nicht heil“ war, aufgestellt worden ist. Es wäre hier mit der Möglichkeit zu rechnen, dass nur eine individuelle Variation einer Cor ynascidia oder Corella vorliegt, die dadurch bedingt ist, dass — vielleicht nur an be- stimmten Stellen der Kieme (?) — die Längsgefässe atrophirten und daher die Zapfen, an denen diese hängen, wie echte Papillen erscheinen. Jeden- falls nimmt auch Michäelsen selbst an, dass seine Agnesia direct von einer mit inneren Längsgefässen een Form abstammen müsse, denn sonst könnte er sie nicht zu den Holosomen des Sluiter’schen Systems stellen. Immerhin ist es meines Erachtens auch unter dieser Voraussetzung nicht gerechtfertigt, das Merkmal der inneren Längsgefässe von der weitgehenden Bedeutung sein zu lassen, die Sluiter annimmt, und zum obersten Eintheilungsprineip aller Ascidien zu erheben. 4. Unregelmässige Faltungen. Ausser den erwähnten in regel- mässiger Weise verlaufenden Quer- und Längsfaltungen und Papillen- bildungen entwickeln sich bei zahlreichen Ascidien, namentlich in der Familie der Molguliden, ganz unregelmässige une Am ühersehtliehsten, und leichtesten zu deuten sind die Fälle, in welchen die inneren Längs- und Quergefässe in der gewöhnlichen Art und Weise ausgebildet sind, während überdies noch andere accessorische taltenförmige Erhebungen des Kiemenentoderms nach Art der parastigmatischen Gefässe zur Entwicklung gelangen. Diese umschliessen ebenfalls Blutbahnen und stellen daher eine besondere Form innerer Gefüsse dar. Sie entspringen entweder von den inneren Quer- oder Längsgefässen oder ganz selbstständig aus dem Entoderm der primären Kiemenwand; durch Auftreten en; Nebenstämme können alle diese Gefässe mit einander in Verbindung treten, und so entsteht inwärts von dem primären Accessorisches inneres Gitterwerk der Kieme, 435 } Gitterwerk ein complieirtes secundäres, das sich nieht nur aus den inneren Längs- und Quergefässen, sondern auch aus den accessorischen, diese ver- bindenden unregelmässigen Gefässen zusammensetzt. Dieses accessorische innere Gitterwerk zeigt bei den ver- schiedenen Arten und Gattungen ein sehr wechselndes Aussehen. Und Fig. 102. tr Stück aus dem Kiemenkorb von Gamaster dakarensis Pizon. (Nach Pizon.) cg = innere Circulargefässe; ®7 = inneres Längsgefäss; iq = inneres Quergefäss; ks = spiralige Kiemenspalte; ks, = gebogene Kiemenspalten; 79 = innere Radiärgefässe ; tr = trabekelartige parastigmatische Gefässe; vs = interspiraculares Gefäss, spiralig gewunden. selbst in einer Kieme wird man kaum mehrere grössere Zonen auffinden können, die sich vollkommen gleichen, so variabel erweisen ‘sich die Nebenstämme und Nebenästchen in ihrem Verlauf, in ihrer Dicke und Länge. Da, wo wahre Infundibula (siehe weiter unten p. 429) gebildet sind und diese von einer oder zwei parallel laufenden grossen Spiralspalten durchbrochen werden (Gamaster, Eugyra, Eugyriopsis), treten mehrere vom Centrum der Spirale ausgehende, radiär verlaufende Nebengefässe auf, die sich hauptsächlich zu den Quergefässen begeben, um sich ihnen zu verbinden. Durch eireulare feinere Nebenstämme und andere regellos gerichtete Aestchen stehen sie alle mit einander im Zusammenhang (Textfigur 89 und 102). Bei anderen Formen (z. B. Otenicella tumulus) entspringen dagegen die inneren Nebengefässe hauptsächlich aus den inneren Längsgefässen; sie verlaufen daher vornehmlich in transversalen Richtungen, indem sie gleichzeitig mehrfache dichotomische Gabelungen erfahren, bis sie sich 426 Ascidien. schliesslich den benachbarten inneren Gefässen oder auch den interspira- eularen der primären Kiemenwand verbinden. Bei manchen Molguliden (Astropera sabulosa) vereinigen sich die diehotomischen Aestchen alle mit einander, sodass hier das oben bereits erwähnte innere Gitterwerk in höchster Vollkommenheit uns entgegentritt. In einer ähnlichen Weise ist auch das complieirte Balkenwerk der Kieme bei Ascopera gigantea (Fig. 13, Taf. XX), Molgula gigantea (Fig. 14, Taf. XX), Molgula gregaria und vieler anderen zu beurtheilen. Die von den Längs- und Quergefässen ausgehenden inneren Nebenstämme können sehr verschiedene Formen besitzen; sie sind durchaus nicht immer röhrenförmig, sondern oft ganz unregelmässig, zuweilen wie membranartige Falten gestaltet, die auf der primären Kiemenwand senkrecht sich erheben, oder sie erscheinen, wie z.B. nach Drasche bei Chelyosoma productum, parallel zur Kiemenwand erheblich abgetlacht, fast blattförmig zusammengedrückt. Die Ausbildung und Vervollkommnung dieses inneren Gitterwerks erfolgt bei den einzelnen Gattungen und selbst Arten ziemlich selbst- ständig und unabhängig von den nächst verwandten Formen. Durch Vererbung von der gemeinsamen Vorfahrenform aller Molguliden können diese Gebilde nicht erlangt worden sein, denn es lässt sich unschwer feststellen, wie sie in manchen Gattungen bei einer Art in sehr primi- tiver Form auftreten, um bei anderen Species einen hohen Grad der Aus- bildung zu erfahren. Das ist sowohl bei Molgula, Ctenicella als auch bei Ascopera der Fall; z. B. zeigt Ascopera pedunculata nur regelmässig sich kreuzende innere Längs- und Quergefässe, Ascopera nana Herdman nur sehr wenige vereinzelte unregelmässige innere Gefässbildungen, während sie bei Asc. gigantea ein dichtes Maschenwerk darstellen. Bei einigen wenigen Monascidien gehen gleichzeitig mit dem Auf- treten der unregelmässigen inneren Gefässe die typischen quer und längs verlaufenden verloren. In der Gattung Hypobythius, bei H. Moseleyi und H. calycodes, sind die inneren Quer- und Längsgefässe vollkommen geschwunden, und nur wenig deutlich hervortretende innere Faltungen sind zu bemerken (Textfigur 91 auf p. 392), Erhebungen, die ganz un- regelmässig verlaufen und flache breite Rücken darstellen. Im Hinblick darauf, dass sonst bei den dem Hypobythius im System zunächst stehenden Formen Quer- und Längsgefässe in der normalen Gestalt vorkommen, möchte ich die unregelmässigen Faltungen aus diesen letzteren Gebilden ableiten. Dass diese Annahme keine willkührliche ist, möchte daraus hervorgehen, dass bei mehreren der vorhin erwähnten Molguliden sich ein derartiger Uebergang direet nachweisen lässt. Es bleiben nemlich die inneren Quergefässe und schwächeren Längsgefässe zweiter Ordnung nicht sämmtlich an allen Stellen der Kieme in der ursprünglichen Regel- mässigkeit erhalten, sondern ein Theil von ihnen participirt an der Bildung der Nebenäste des inneren accessorischen Gitterwerks der Kieme. Besonders klar ergiebt sich das aus der Vergleichung der oben erwähnten Arten der Gattung Ascopera und mancher Molgula (M. horrida, Faltungen des äusseren Kiemenepithels. 427 M. gregaria, M. gigantea). Ebenso zeigt Paramolgula Schulzüi einen grossen Theil der inneren Längs- und Quergefässe 2. und 3. Ordnung in ein ziemlich unregelmässiges accessorisches Gerüstwerk umgewandelt. d. Die Faltungen des Aussenepithels der Kieme. So wie das innere entodermale Epithel der Kiemenwand erhebt sich auch das äussere ektodermale, um Faltungen aller Art zu bilden. Aller- dings tritt das nur bei wenigen Ascidien in umfangreicherem Maasse ein, und niemals erlangen diese ektodermalen Erhebungen die hohe Bedeutung für das Respirationsorgan, wie die entodermalen; auch lassen sie fast immer die grosse Regelmässigkeit in ihrem Verlauf vermissen, die wir bei jenen zumeist feststellen konnten. Von weiter, vielleicht von allgemeiner Verbreitung sind zapfenförmige Erhebungen, die die Peribranchialhöhle durchsetzen und sich mit der äusseren Peribranchialwand verbinden. Ich habe sie als Trabekel be- zeichnet, da sich aber an ihrer Bildung auch das letztgenannte Epithel betheiligt, soll ihre Besprechung erst weiter unten im IX. Abschnitt er- folgen. Nur auf eine gewisse Art von Trabekeln muss an dieser Stelle bereits hingewiesen werden, weil sie vom äusseren Peribranchialepithel unab- hängig entstehen und ganz aus der äusseren ektodermalen Kiemenwand sich entwickeln. Da, wo hohe Längsfalten der gesammten Kiemen- wandungen auftreten (siehe unten p. 436), werden die beiden Theile jeder Falte dadurch klaffend erhalten, dass kleine Stütztrabekel das Lumen der Falte quer durchsetzen und an jedem Ende dem äusseren Epithel der Kieme sich verbinden (Fig. 2, Taf. XXIN). Diese Gebilde stellen längere oder kürzere, aus einem einschichtigen ziemlich flachen Epithel gebildete Röhren dar, die oft einen etwas unregelmässigen Ver- lauf haben und zwei gegenüberliesende Gefässe der primären Kiemen- wand derselben Falte mit einander auf dem kürzesten Wege in Zusammen- hang setzen. Kleine, niemals nach Art der Trabekel durch den ganzen Peri- branchialraum reichende zapfenförmige, tentakelartige Erhebungen der äusseren Kiemenwand finden sich in grosser Menge unregelmässig in Quer- und Längszonen angeordnet bei Polycarpa fungiformis nach Herd- man (1899). Ihre Bedeutung ist unbekannt; als ein Mittel zur Ver- grösserung der atımenden Kiemenfläche können sie wesentlich kaum in Betracht kommen. Bei verhältnissmässig nur wenigen Formen treten langgezogene faltenförmige Erhebungen auf, die an die inneren Gefässbildungen des entodermalen Kiemenepithels erinnern. Vielleicht am deutlichsten aus- geprägt unter allen Ascidien ist ein solches Verhalten meines Wissens bei ZPachychlaena gigantea Herdman. Hier verlaufen die Falten, wenn auch nicht sämmtlich, so doch grösstentheils, in einer den inneren Ge- 428 Ascidien. fässen entsprechenden Weise und umschliessen so wie diese Blutbahnen. Sie können daher als äussere Quer- und Längsgefässe bezeichnet werden, und es lassen sich stellenweise, so wie im inneren Gitterwerk, so auch in diesem äusseren, Gefässe erster und zweiter Ordnung unter- scheiden (Textfigur 103). Es sind daher diese Faltenbildungen von Fig. 103. ag, r Stück aus dem Kiemenkorb einer Pachychlaena gigantea Herd. von aussen gesehen. (Nach Herdman.) °°/.. ? al, u. al, = äussere Längsgefässe erster und zweiter Ordnung; aq, U. a9, — äussere Quergefässe erster und zweiter Ordnung; ks — Kiemenspalten; tr —= interspiraculare Quergefässe der primären Kiemenwand. grosser Bedeutung für die Respiration, denn die Kiemenfläche erfährt durch sie eine wesentliche Vergrösserung. Wenn auch nicht in so vollkommener Weise wie bei Pachychlaena, so finden sich doch immerhin noch bei mehreren anderen Monaseidien Faltungen ähnlicher Art. Sie mögen vielleicht viel zahlreicher sein, als es die Angaben der Autoren vermuthen lassen, denn erwähnt sind sie fast nirgends, und nur besonders gute Abbildungen lassen auf ihr Vor- handensein schliessen. So erweisen z. B. Drasche’s Zeichnungen (1884), dass sowohl bei Chelyosoma produetum als auch bei Corella Novarae ein sehr flaches, ganz unregelmässig gestaltetes äusseres Gitterwerk vorhanden ist, in dem die einzelnen Gefässe fast blattartig erscheinen. Bei Chelyo- soma ähnelt es in hohem Maasse dem inneren Gitterwerk. Bei allen diesen Formen stellt also die primäre, von den echten Spiraculis durch- brochene Kiemenwand eine mittlere Lamelle dar, die von einem secun-- dären äusseren und inneren Gitterwerk umschlossen wird. e. Die Faltungen der gesammten Kiemenwand. Die Kiemenwand ist sehr häufig nicht glatt ausgespannt, sondern mit mehr oder minder regelmässigen Ein- und Ausbuchtungen versehen. Verschiedene Faltungen der gesammten Kiemenwand. 429 Zwar legt sich bei jeder stärkeren Contraction der Leibesmuskeln der Kiemendarm in Falten, aber es handelt sich hier nicht um solche im ausgestreckten Zustande wieder verschwindende Erscheinungen, sondern um persistirende Gebilde. Wenn man erwägt, dass fast alle Beschreibungen der neuen Ascidienformen sich auf conservirtes Material beziehen und dass es im Allgemeinen recht schwer ist, diese Thiere in völlig aus- gestrecktem Zustand zu fixiren, so wird man nicht jede Unebenheit der Kiemenwand hierher rechnen wollen. In manchen Fällen tritt schon auf sehr frühen Entwicklungsstadien, bei Olavelina im freischwimmenden Larvenstadium, sonst zumeist bald nach der Festsetzung, eine charakteristische Faltung auf, die allerdings später wieder ganz verschwindet. Zwischen den beiden ersten Kiemen- spaltenreihen (Clavelina) oder zwischen den beiden ersten primären Quer- spalten (Ciona intestinalis), die jederseits zuerst auftreten, erfährt der ganze Kiemendarm rechts und links eine tiefe, in das Lumen vorspringende Einschnürung. Die Spalten liegen daher nicht mehr in einer Ebene, sondern die Einknickung kann so bedeutend werden, dass der vordere und hintere Theil der Kiemenwand einen rechten Winkel bilden und dass bei seitlicher Ansicht der Larven nicht mehr alle Kiemenspalten in voller Ausdehnung wahrgenommen werden können (Seeliger, 1884). Während hier:bei den Larven jederseits nur eine bogenförmige Einfal- tung zwischen den beiden Kiemenspaltenreihen vorhanden ist, soll nach Maurice (1888) bei Fragaroides aurantiacum jede der 13 —16 Spalten- reihen selbst sich reifenförmig einsenken, sodass also die gesammte Kiemenwandung in regelmässigen Bogen nach innen sich vorwölbt und die interspiracularen Längsgefässe nicht gerade, sondern ebenfalls in nach innen zu convex gekrümmten Zackenlinien verlaufen. Ob diese Faltungen aber nicht lediglich durch die Conservirung und Muskeleontraction hervor- gerufen sind, scheint mir trotz der sorgfältigen Untersuchung Maurice’s zweifelhaft. Ich habe wenigstens bei Ciona intestinalis, Olavelina lepadı- formis und anderen Ascidien ganz ähnliche Faltungen beobachtet, wenn die Thiere nicht vollständig ausgestreckt waren. Sieht man von den eben erwähnten transversal verlaufenden Er- hebungen der Gesammtkiemenwand ab, so lassen sich zwei Arten von Faltungen unterscheiden: erstlich dellenförmige Vertiefungen resp. buckel- förmige Erhebungen und zweitens durch die ganze Kieme reichende Längsfalten. Die ersteren treten uns wieder in zwei allerdings nicht immer scharf von einander zu sondernden Formen entgegen, einmal als Trichter oder Infundibula und sodann als sogenannte Undulationen der Kiemenwand. 1. Triehter oder Infundibula und Maschenräume. Als Infundibula bezeichnet man kleinere oder grössere zumeist nach dem Peribranchialraum, zuweilen auch nach dem Kiemendarmlumen zu gerichtete Ausbuchtungen, die bei den verschiedenen Formen verschieden, aber gewöhnlich bei jeder Art charakteristisch gestaltet sind und immer eine Gruppe von Kiemen- 430 Aseidien. spalten, zuweilen aber auch nur eine einzige spiralig gewundene enthalten. Besonders tief sind die Ausbuchtungen nur selten, zumeist sind sie nur sehr flach, und so besteht ein ganz allmählicher Uebergang zu solchen Spaltengruppen, die jenen in den echten Infundibulis vollkommen ähnlich sind, aber durchaus in der Hauptebene der primären Kiemenwand gelegen sind. Gewöhnlich wird auch auf diese letzteren ohne Weiteres die Bezeich- nung Infundibulum angewendet. Je nach den Beziehungen, in welchen die Vertiefungen zu den inneren Quer- und Längsgefässen stehen, lassen sich verschiedene Arten der Infundibula unterscheiden. a. Durch die oben eingehend geschilderten inneren Quer- und Längs- gefässe wird die Kiemenfläche in bestimmte Felder zerlegt, die man als Maschen bezeichnet. Wohl Fig. 104. nur bei einer geringen Minder- heit entsprechen die Infundi- bula bezüglich ihrer Lage voll- kommen diesen Maschen, wäh- rend zumeist beide nicht zu- sammenfallen. Im ersteren Fall ist es überhaupt schwierig, oft kaum möglich, Maschen und Infundibula aus einander zu halten, denn weder das Merk- mal der Ausbuchtung der pri- mären Kiemenwand, noch das der Gruppenstellung der Spira- cula gestatten eine strenge Scheidung. Bei Polycarpa tinetor sind die inneren (Quergefässe fast an allen Stellen der Kieme sehr ansehnlich hohe membran- artige Bildungen (vgl. oben ö R ü i f p. 404), so dass jeder Maschen- il = innere Längsgefässe; iq = innere Quer- . . . gefässe, membranartig gestaltet; kf = Faltung un wie eine tiefe Grube er- der Kieme; ps = parastigmatische (uergefässe; scheint, deren Boden von der ir und tr, = Thransversalgefässe erster und primären Kiemenwand gebildet zweiter Ordnung. wird. Ob dieser Boden in allen Fällen eben ausgespannt ist, ist nicht festgestellt worden, sicher ist er es in den meisten Maschen, und vielleicht nur in der Nähe der Kiemenfalten dürfte er stärker nach aussen vorgewölbt sein. Ueberdies ist der Maschenboden nicht von eigenartigen Spaltengruppen, sondern von in einer Reihe angeordneten schlitz- förmigen Spiraculis durchbohrt, alles Merkmale, die uns wohl abhalten müssen, hier von echten Infundibulis zu sprechen. Anders ist es bei Corella unter den Corellinen. Bei Corella parallelo- gramma wird zwar durch die inneren Quer- und Längsgefässe die Kieme Ui Kiemenkorb der Polycarpa tinetor Qu. u. Gaim. von innen gesehen. (Nach Herdman.) °”/,. Maschenräume und Infundibula. 431 besonders in jüngeren Thieren an vielen Stellen in annähernd quadratische Maschen getheilt, in jedem Felde sind aber die bogenförmigen, winklig geknickten oder spiraligen Spalten um einen Mittelpunet zu einer Gruppe concentrisch angeordnet (siehe Textfigur 88, p. 385). Schärfer ausgeprägt finden wir bei manchen Molguliden solche Infundibula, die ganz in den Maschen liegen, beziehungsweise mit diesen zusammenfallen, und es lässt sich innerhalb dieser Gruppe eine conti- nuirliche Reihe feststellen, die mit fast ganz regellos in jeder Masche ge- stellten Spiraculis anhebt und zu typischen Infundibulis hinüberführt, in denen nur eine Spaltengruppe liest. Auf der Innenseite kann das primäre Gitterwerk von einem reich verzweigten inneren secundären in der oben (p. 425) beschriebenen Weise überlagert sein. Solche Infundi- bularbildungen finden sich, wenn auch nicht immer an allen, so doch wenig- stens an einzelnen Stellen der Kieme bei Molgula gigantea, M. gregaria, M. horrida, Bostrichobranchus und anderen. Das Wesentliche, allen diesen Fällen Gemeinsame besteht darin, dass in einer Masche zahlreiche Spalten- gruppen regellos neben einander liegen. Oft kann man auch beobachten, dass einzelne Spiralgruppen grösser und vollkommener sind und theilweise immer zur Bildung eines tiefen Infundibulums sich einsenken, während andere Gruppen nur aus wenigen Spiraculis bestehen, die in ganz un- fertigen Spiraltouren angeordnet sind. Diese letzteren kann man als secundäre oder besser als Nebeninfundibula bezeichnen, die ersteren als primäre oder Hauptinfundibula. Haupt- und Nebeninfundibula können in einer Masche neben einander vorkommen. Bei wenigen Formen endlich findet sich in einer Masche nur ein einziges grosses Infundibulum mit einer Spaltengruppe. Das ist z. B. bei Eugyra kerguelenensis der Fall, bei der, wie bei der ganzen Gattung, jedes Infundibulum hauptsächlich aus zwei riesigen parallel verlaufenden Spiralspalten besteht. Da Masche und Infundibulum hier zusammenfallen, liegen die tief eingesenkten Spiralspitzen in der Mitte der Masche (siehe Textfigur 89, p. 388). Doch ist das nicht an allen Stellen der Kieme der Fall, sondern zuweilen liegen, wie es normaler Weise bei Eugyra arenosa vorkommt, die Spiralspitzen dorsal oder ventral zu verschoben, derart, dass sie ziemlich genau von den Längsgefässen bedeckt werden. b. Während in den oben angeführten Beispielen entweder ein In- fundibulum oder mehrere Spaltengruppen immer in einer Masche lagen und daher durch die inneren Längsgefässe von einander geschieden wurden, fallen in der Mehrzahl der Fälle die Grenzen der Maschen und Triehter nicht zusammen. Immer oder wenigstens zumeist bilden zwar auch hier die Quergefässe der Maschen vorn und hinten die Grenzen der Infundibula, aber so wie neben den einfachen Kiemenspaltenreihen die parastigmatischen Quergefässe verlaufen, können sich neben und nach innen von den Infundibulis oder auch Infundibularreihen innere Quer- gefässe ausbilden, die sie kreuzen (siehe Fig. 3, Taf. XX). Die inneren Längsgefässe dagegen verlaufen alle so, dass sie nicht zwischen die ein- 432 Ascidien. zelnen Infundibula fallen, sondern diese in der Regel in der Mitte durch- setzen, dort also, wo die Spitzen der Spiralen gelegen sind. Sehr häufig lässt sich dann feststellen, dass an diesen Stellen die Infundibula nicht nach aussen zu gerichtete Ausbuchtungen der Kiemenwand darstellen, sondern dass sich ihre Centra nach innen, gegen die inneren Längs- gefässe oder Gefässgruppen zu erheben. Im typischen Fall liegt also in jeder Masche nicht nur ein Infundibulum, sondern es finden sich zwei Hälften von zwei benachbarten Trichtern. Es könnte scheinen, als ob dieses Verhalten der Infundibula von dem zuerst geschilderten wesentlich verschieden wäre. Es ist das aber nicht der Fall, wie das Nebeneinandervorkommen beider Typen bei ganz nahe Verwandten und sogar in einer Kieme desselben Thieres beweist. Während bei Corella parallelogramma Infundibula und Maschenräume sich decken, ist das bei Corella japonica zumeist nicht so. Zwar finden sich hin und wieder auch hier solche Infundibula, die regelmässig all- seitig von den inneren Gefässen umgrenzt werden, aber zumeist ziehen doch die Längsgefässe mitten über die Spaltengruppen hinweg (Fig. 3, Taf. XX). Es beweisen diese Verschiedenheiten, dass die Kiemenspalten und inneren Längsgefässe hier ziemlich unabhängig von einander sind, was wieder darauf zurückzuführen ist, dass die letzteren nicht in ihrer ganzen Länge an der primären Kiemenwand befestigt sind, sondern erösstentheils frei laufen und nur auf Zapfen und Zungen ruhen. Daher können die Kiemenspalten und Spaltengruppen auch über den Längs- gefässen entstehen beziehungsweise dorthin sich ausdehnen. So kommt es, dass die inneren Längsgefässe an beliebigen Stellen. über die Infundibula hinwegziehen können; häufig streichen sie aller- dings gerade durch die Mitte, über die Spiralspitzen hin (Molgula arenosa, M. echinosiphonica, bei einer der drei oben |p. 396] erwähnten Varietäten von Otenicella Lanceplaini, Ot. tumulus, Gamaster dakarensis (Textfigur 102), Molgula Filholi und viele andere). Da, wo die inneren Längsgefässe dichter neben einander stehen und Gruppen (cötes) bilden, wie es be- sonders an den Kiemenstellen der Fall ist, an denen die Leit- oder Längsfalten sich erheben, laufen 2 oder 3 (Molgula simplex, M. bleizi), auch 4—5 (Molgula solenota) und noch mehr Gefässe über ein Infundi- bulum hinweg. Sie kreuzen dann oft nicht nur die Mitte, sondern, regel- mässig oder ganz unregelmässig vertheilt, alle möglichen Stellen des Triehters oder der Spiralgruppe. Nur selten erlangen die Infundibula eine so bedeutende Grösse, dass jedes vorn und hinten bis zu einem Quergefäss erster Ordnung reicht. Für kleinere Nebeninfundibula und vereinzelte Spalten bleibt daher in diesen Fällen nur wenig Raum übrig, und es finden sich demnach fast nur in mehr oder minder regelmässigen Querreihen angeordnete Hauptinfundi- bula (Gamaster dakarensis in Textfigur 102; Eugyra arenosa, bei der nur 6 Querreihen jederseits vorkommen, deren jede nur etwa 8 grosse Trichter führt). Auch bei Corella japonica beobachtet man fast nur in ziemlich Verhalten der Infundibula und Maschenräume, 433 regelmässigen Querreihen angeordnete Hauptinfundibula. Der Mangel von Nebengruppen ist aber hier weniger auf eine besondere Grösse der Haupt- triehter zurückzuführen als darauf, dass zwischen den perforirten Theilen des Kiemenkorbes grössere undurchbrochene Zonen bestehen bleiben (siehe Figur 3, Taf. XX). In noch viel ausgeprägterer Weise als bei den immer genau in den Maschen angeordneten Infundibulis sehen wir aber hier nicht immer Triehter und Spaltengruppen ein und derselben Grösse und Art neben Fig. 105. 4A —= Hauptinfundibulum mit zwei Centren. Bb = Hauptinfundibulum mit einem Centrum, aber zwei gleich gerichteten’ Spiralen.. C = Nebeninfundibula und Spalten ausserhalb des centralen Hauptinfundibulums gelegen. is — Interspiraculargefässe in der primären Kie- menwand; ks — Kiemenspalten; ks, — zweites Centrum mit inverser Spirale. Aus dem Kiemenkorb einer Molgula Frlholi Pizon. Das secundäre innere Gitterwerk ist nicht eingezeichnet. (Nach Pizon.) einander, sondern um grosse centrale primäre Infundibula stehen oft in grosser Anzahl kleinere secundäre oder auch gekrümmte Einzelspalten ohne jede Ordnung. Gewöhnlich liegen die Hauptinfundibula ziemlich genau unter den Längsgefässen, also am Maschenrand; die secundären peripher davon, also vorwiegend in der Mitte der Maschen. Die In- fundibulargruppen können selbst an den verschiedenen Stellen in der Kieme eines Thieres sich recht erheblich von einander unterscheiden. Besonders bemerkenswerth scheinen mir die Unterschiede, die Pizon bei Molgula Filholi beobachtet hat, denn wir finden hier neben regelmässigen Spiralgruppen, die einen Mittelpunkt haben und vornehmlich aus einer Bronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 28 434 Aseidien. oder auch zwei gleichlaufenden (Textfigur 105, B) Hauptspiralen bestehen, die eigenthümlichen, bereits oben (p. 388) erwähnten elliptischen Gruppen mit zwei Centren (ks u. ks, in Textfigur 105, A), von denen verkehrt gewundene Spiralen ausgehen. Die unregelmässigen, neben diesen Haupt- gruppen gelegenen secundären Infundibula zeigt Textfigur 105, ©. c. Bei den bisher betrachteten, durch Infundibula ausgezeichneten Kiemenformen liessen sich stets Spaltengruppen feststellen, die durch Querzonen getrennt waren und entweder mit den Maschenräumen des inneren Gitterwerkes zusammenfielen oder zwischen diesen lagen. Oft waren allerdings die trennenden Quergefässe und Zonen recht fein, aber immerhin doch noch deutlich genug ausgebildet, um die Abgrenzung der vorderen und hinteren Gruppen zu ermöglichen (siehe den Kiemenkorb der Corynascidia in Fig. 9, Taf. XX); die in einer Querzone gelegenen Infundibulargruppen liessen sich dagegen infolge der dazwischen gelagerten Einzelspalten und kleinen secundären Infundibula häufig nur unsicher oder auch gar nicht von einander trennen. Es giebt aber auch eine Reihe Molguliden, bei denen solche die Spaltengruppen trennende Quergefässe auf weiten Strecken der Kieme und auch gänzlich fehlen, so dass dann in der primären Kiemenwand Haupt- und Nebeninfundibula sowie auch Einzelspalten anscheinend ganz regellos durcheinander liegen und von der Anordnung des inneren Gitter- werkes der Längs- und Quergefässe völlig unabhängig erscheinen (Mol- gula pyriformis in Fig. 15, Taf. XX). 2. Dellenförmige Faltungen oder Undulationen. Bei mehreren Gattungen der Ascidiiden (Ascidia, Phallusia, Ascidiella, Pachychlaena), wenn allerdings auch nicht bei allen Arten dieser G@enera, treten kleine wellenförmige Ein- und Ausbuchtungen der gesammten Kiemenwand auf, dieHerdman als „minute plication“ bezeichnet und sehr richtig zu den Längsfalten der Molguliden und Cynthideen in Gegensatz gebracht hat. Bei Phallusia mammillata, Ascidia nigra, Asc. meridionalis und anderen entstehen schmale Längsfalten, die gewöhnlich über 4, seltener über 8 Spaltenreihen reichen und zwischen zwei Quergefässen erster Ordnung sich ausdehnen. Bei Ascidiella und Pachychlaena oblonga, bei denen Quer- gefässe erster und zweiter Ordnung zumeist regelmässig wechseln, erstrecken sich die Dellen zumeist über zwei, seltener nur eine Spaltenreihe, und ähn- lich verhalten sich auch Ascidia Challengeri und andere. Da, wo nur Quer- gefässe einer Ordnung auftreten, reichen die Faltungen auch nur dureh die Höhe einer Spaltenreihe (Ascidia lata, A. fusiformis, A. truncata). Dadurch aber, dass diese einzelnen dellenförmigen Vertiefungen der Ascidiiden in Längsreihen angeordnet sein können, die besonders bei der Gattung Ascidiella ausgeprägt erscheinen (siehe Fig. 8, Taf. XX), erhalten diese Bildungen eine gewisse Aehnlichkeit mit den Längsfalten der Molguliden. Doch dürfte sich diese Reihenstellung niemals durch die ganze Länge der Kieme hindurch erstrecken, sondern immer auf einzelne längere oder kürzere Strecken beschränkt sein. Undulationen der Kiemenwand. 435 Um hier eine deutliche Vorstellung von diesen Undulationen des Kiemendarms zu geben, habe ich 3 Querschnitte durch verschiedene Regionen der Kieme einer Phallusia mammillata als Textfigur 106 her- Fig. 106. Halbschematische Querschnitte durch Phallusia mammillata. A. Querschnitt durch die Leibeswand und den Kiemendarm in der Höhe eines Quer- gefässes erster Ordnung. In dieses letztere sind die erst auf einigen weiteren Schnitten auftretenden interstigmatischen Längsgefässe (/g) und Kiemenspalten (ks) eingetragen. °"/,. B. Schnitt durch die Kieme zwischen zwei Quergefässen. 5°/,. €. Stück aus dem- selben Schnitt stärker vergrössert. 267/.. D. Schnitt durch die Kieme in der Höhe eines Quergefässes zweiter Ordnung. Die Blutbahnen sind nicht eingezeichnet worden. °°/,. 4 — äussere Peribranchialwand; al —= äussere Längsfaltung des äusseren Kiemenepithels; b = inneres Peribranchialepithel oder äusseres Kiemenepithel; bb = Blutbahnen; bg = Bindegewebe; bz = Blutzellen; ee —= ektodermales Hautepithel; 7 = innere Längsgefässe; ks — Kiemenspalten; /yg = Längsgefässe der primären Kiemenwand; Im = Längsmuskeln ; mz = Muskelstränge im Trabekel und in der Kiemenwand; p = Peribranchialraum; pp u. pp, — Papillen und Intermediärpapillen; g, u. 9 = Quergefässe erster und zweiter Ordnung; rm = Ringmuskelzüge der Leibeswand; ir — Trabekel. gesetzt. A stellt einen Längsschnitt durch ein Transversalgefäss erster Ordnung dar. Es erscheint geradegestreckt, ohne Faltungen und Biegungen und trägt innen die Papillen erster Ordnung. Man sieht einen mächtigen, den Peribranchialraum durchsetzenden Trabekel, der die Kieme an der Leibeswand befestigt. Die Stellen, an welchen tiefer unten die 28* 456 Ascidien. interspiracularen Längsgefässe entspringen, sind kenntlich gemacht. B geht mitten durch eine Spaltenreihe und zeigt deutlich die Undula- tionen der primären Kiemenwand innerhalb eines Maschenraumes. Die inneren Längsgefässe ziehen frei über die Spalten hinweg und zeigen zum Theil den Beginn der Erhebung einer Intermediärpapille (Fig. 106 CO). D ist durch ein Quergefäss zweiter oder dritter Ordnung geführt und beweist, dass dieses von den Undulationen mit betroffen wird, dass daher nur die grossen Transversalgefässe eine Unterbrechung der Undulations- furchen vorn und hinten bedingen. 3. Längsfalten der Kieme, sog. Leitfalten. Bei Cynthideen, Styeliden, Molguliden und Polystyeliden treten fast allgemein typisch verlaufende, durch die ganze Kiemenlänge reichende Längsfaltungen auf, zu deren Bildung alle Theile des Respirationsorgans beitragen, sowohl das primäre, wie das secundäre innere Gitterwerk (siehe Fig. 12, Taf. XIX). Diese Falten sind schon von den Autoren gesehen worden, die zu Ende des 18. Jahrhunderts sich mit der Anatomie der Ascidien beschäftigt haben, und später hat namentlich Savigny auf das Vorkommen dieser Gebilde, die er „plis de la cavite branchiale“ nannte, bei bestimmten Formen Nachdruck gelegt. Die französischen Forscher nennen die Längs- falten auch „meridiens“ oder „plis meridiens“ und neuerdings passender „replis longitudinaux‘; die englischen „branchial folds*. Im einfachsten Fall, der weitaus am verbreitetsten ist und den ich bei den von mir untersuchten Arten allein nur feststellen konnte, stellt sich die Längsfalte als eine mehr oder minder weit in das Kiemen- darmlumen vorspringende kamm- oder blattartige Erhebung der Kiemen- wand dar. Da die beiden Wände der Falte ziemlich nahe neben ein- ander liegen, zuweilen einander fast berühren, erscheinen die Gebilde wie senkrecht über der Kiemenwand sich erhebende Längslamellen, in deren Innerem je eine schmale, spaltförmige Fortsetzung des Peribranchialraums sich findet. Diese steht natürlich, so wie der Haupttheil der Peri- branchialhöhlen, durch die Kiemenspalten mit dem Kiemendarmlumen in Verbindung (siehe Textfigur 107 A). Dass die beiden Blätter der Kiemen- falte durch quer verlaufende trabekelartige Röhren mit einander verbunden sein können, ist oben (p. 427) bereits erwähnt worden. Complieirter sollen sich nach Pizon die Falten bei einigen Molgu- liden (Astropera sabulosa, Molgula Filholi und anderen) verhalten, indem hier jeder „Meridian“ aus mehreren Lamellen (lamelles meridiennes) sich zu- sammensetzt. Gewöhnlich scheinen 3 dicht an einander gelagerte Einzelfalten vorhanden zu sein. Eine Nachprüfung dieser Angaben halte ich für sehr wünschenswerth. Pizon bezeichnet zwar auch die normalen inneren Längsgefässe als Lamellen, da er aber ausdrücklich erwähnt, dass die jeden „Meridian“ bildenden Lamellen zum Theil wenigstens von Kiemen- spalten durchbrochen seien, können sie natürlich nicht innere Längs- gefässe, sondern nur Faltungen der gesammten Kiemenwand sein. Bau der Leitfalten der Kieme. 437 Im Bereich der Faltung hat die Kieme häufig eine andere Beschaffen- heit als in den Zwischenzonen. Bei Molguliden sind zuweilen die Kiemen- spalten nur in diesen letzteren gebogen oder spiralig, in den Falten selbst dagegen noch mehr oder minder schlitzförmig gestaltet. Wohl überall liegen im Bereiche der Falten die inneren Längsgefässe dichter neben Fig. 107. vnunenemg, a Bar Es 2 a 2 I > —— gummg,, ee) & % X en o= N an, x = Fo BSS D ( % : 3 \% IC I % n % ‘ el N Fr EIS Val © wir 019 . N S L Ins \ % ° Po) y 8 S 37 € EN I 9 % x eN PN A N a ) \ SZ) % SZ je za EN > )) f [:} © Ä EN = ? ) Pr u % 1-- (MM l En © LE £ : G [ bb ‘ Be en f, S) anno 3 a = —— 3 nn 5 N 8 > Gong ae g RS... NL ss s8 ee A R NG a u a een / S Pa zanarian & ee © o 0° ST 7 ung ‘ GEEGEENITEN | NS REDEN ea AR: N h N & Mi a A oe 2 ec N (2 B A. Querschnitt durch die beiden dorsalen Kiemenfalten der rechten Seite einer Cynthia papillata. °°/,. BD. Stück aus demselben Schnitt bei stärkerer Vergrösserung. ?®/,. ©. Aus dem Nachbarschnitt, Verbindung der inneren Längsgefässe mit dem Quergefäss. '9/,. bb = Blutbahnen; bz —= Blutzellen; ec —= ektodermales inneres Epithel des Peribranchial- raumes, resp. der Cloake; en = Entodermepithel des Kiemendarmes; f, u. f, = die erste und zweite Kiemenfalte; 9 — Gallerte in der primären Leibeshöhle; vlg = innere Längs- gefässe; is = Kiemenspalten; g = Quergefäss. einander, als in den faltenlosen Zwischenabschnitten, wo sie sogar ganz fehlen können, und häufig kann man erkennen, dass sie an dem freien Faltenrand besonders zahlreich sind, während sie an der Basis immer weiter von einander abrücken (Textfigur 107 A). Diese Eigenthümlichkeit in der Anordnung der inneren Längsgefässe rechtfertigt es, wenn man bei gewissen Molguliden, Cynthideen, Styeliden und Polystyeliden, die keine ausgeprägten Längsfalten besitzen, dennoch die Rudimente oder Andeutungen dieser Organe zu erkennen glaubt. Es zeigt sich nemlich, dass hier bei glatter Kiemenwand die Längsgefässe in Gruppen stehen, zwischen denen vereinzelte Gefässe vorkommen oder auch fehlen können. Diese Längsgefässbündel homologisirt man den Längsfalten oder betrachtet sie (Herdman) als deren Rudimente. Bei Molgula pyriformis führt jede Gefässgruppe 3—4 Einzelstämme, die durch Querbrücken mit einander verbunden sind (Fig. 15, Taf. XX). Auch bei 458 Aseidien., manchen Styela und Polycarpa (P. glomerata Alder) lässt sich kaum noch von faltenartigen Erhebungen der Kiemenwand reden, aber die An- näherung der Längsgefässe ist deutlich erkennbar. Bei Polycarpa minuta besteht jede Gruppe aus 4 Gefässen, während in den Zwischenzonen nur 2 vorkommen; bei Styela oblonga entsprechen 6—9, bei St. flava 10 Ge- fässe einer Längsfalte, 3 beziehungsweise 10 liegen zwischen den Gruppen vereinzelt. Noch überzeugender lehrt unter den Cynthideen die Styelopsis grossularia, wie eine Kiemenfalte durch eine Längsgefässgruppe vertreten werden kann. Bei der solitären Varietät dieser Art findet sich dorsal rechts ein ansehnlicher Längswulst entwickelt, der, ohne eine typische Falte darzustellen, doch unzweifelhafte Aehnlichkeit mit einer solchen zeigt; bei der socialen liegen an der gleichen Stelle 3—12 innere Längs- gefässe flach dicht aneinander gepresst, ohne eine bedeutendere kamm- förmige Erhebung zu bilden, und ausserdem findet rechts noch an 2 anderen Stellen, links an 3 eine Annäherung von 5—5 Gefässen statt, die als rudimentäre Längsfalten angesehen werden (Lacaze-Duthiers und Delage). Sehr lehrreich für die Kenntniss der Bildungsweise der Längsfalten ist die Untersuchung der Polystyelidae, der einzigen Familie der Synascidien, bei denen derartige Faltungen vorkommen. Sie sind hier durchaus kein allgemein gültiges Merkmal. Goodsiria dura Ritter fehlen die Falten gänzlich, es finden sich hier jederseits nur 5 ganz nach Art der Botrylliden verlaufende innere Längsgefässe vor. Bei der Synstyela (Goodsiria) monocarpa Sluiter entwickeln sich in dem vollkommen falten- losen Kiemendarm sogar jederseits nur 3 innere Längsgefässe, genau so wie bei BDotryllus, während bei Good. pedunculata die inneren, durch 3 Spalten getrennten Gefässe beträchtlich zahlreicher sind. Zahlreich sind sie auch bei @. coccinea, und der Kiemendarm erweist sich über- dies dadurch vollkommener entwickelt, dass in den ansehnlichen, durch innere Quer- und Längsgefässe gebildeten Maschen immer je 8 sehr - langgestreckte Spiracula auftreten, die, wie es meist nur bei Monaseidien vorkommt, von parastigmatischen Quergefässen durchkreuzt werden. Goodsiria placenta var. fusca Herdman hat jederseits 3 undeutlich aus- geprägte Längsfalten, die bei manchen Individuen nur in der dichteren Nebeneinanderlagerung von 3—5 inneren Längsgefässen sich erkennen lassen, und ähnlich ist es bei Synstyela incrustans, wo jederseits dorsal 3—4 einander dicht genäherte innere Längsgefässe — so wie bei Styelopsis — eine Falte andeuten. Bei Goodsiria placenta endlich kommen jederseits 3 echte, aber flache Längsfaltungen zur Ausbildung, und das Gleiche ist bei Goodsiria lapidosa Herd. der Fall, nur dass hier überdies noch jederseits dorsal eine „rudimentäre“ Falte auftritt, die lediglich in 3—4 zusammengerückten Längsgefässen besteht, während die echten Falten ungefähr 9 Gefässe tragen (siehe das Schema in Textfigur 108). Auch innerhalb der Gattung Chorizocormus finden sich verschiedene Ausbildungsstufen vor. Ch. sydneyensis, Ch. subfuscus, Ch. leucophaeus Zahl der Längsfalten. | 459 haben nur eine geringere Zahl mehr oder minder gleichmässig vertheilter innerer Längsgefässe, Ch. reticulatus besitzt jederseits dorsal die An- deutung einer Längsfalte in der Gestalt von 4 eng aneinander gepressten Gefässen. So finden wir also in der Familie der Polystyelidae eine eontinuir- liche Reihe der ‚Entwicklung der Längsfalten. Die primitivsten, ein- fachsten Formen schliessen unmittelbar an die Botrylliden an und zeigen Fig. 108. HR DT DS Dr SE Schematische Darstellung des Durchschnitts durch die Kiemenwand von Goodsiria lapr- dosa Herdman. x I] = dorsale, rudimentäre Falte; II, III, IV = die folgenden echten Falten. Die arabischen Ziffern bedeuten die Anzahl der Spiracula in dem betreffenden Zwischenraum. df = Dorfalfalte; en —= Endostyl; «4 = innere Längsgefässe. eine so vollkommene Uebereinstimmung — nicht nur im Bau der Kieme, sondern auch in anderen ÖOrganisationseigenthümlichkeiten und in der Knospung —, dass an den innigen verwandtschaftlichen Beziehungen beider Gruppen meines Erachtens gar nicht zu zweifeln ist. Es wird diese Auffassung auch im systematischen Abschnitt ihren Ausdruck finden. Die verwickelter gebauten Arten beweisen uns, dass die Compli- eationen im Bau der Kiemen erst innerhalb dieser Gruppe selbstständig und unabhängig von anderen Familien auf- getreten sind. Die Zahl der Falten ist bei den verschiedenen Arten und Gattungen recht verschieden, doch gilt sie für eine Art stets als constant. Die Autoren geben entweder die Gesammtzahl oder die einer Seite an, woraus leicht Irrthümer entstehen können. Rechts und links finden sich fast immer gleich viel Falten, nur selten ist die Anordnung unsymmetrisch. Die Asymmetrie gilt entweder als Artmerkmal, oder sie tritt als eine in- dividuelle Variation eines ursprünglichen symmetrischen Verhaltens nur bei einigen Exemplaren auf. Polycarpa (Heterocarpa) glomerata Alder hat links 2, rechts 3 Falten*), P. obtecta, P. spongiabilis haben 4 Falten links, 5 rechts; doch dürfte es sich bei P. obtecta nur um eine individuelle Verschiedenheit handeln, denn es kommen auch jederseits 4 Falten in symmetrischer Stellung vor, und ähnlich ist es bei Forbesella tesselata, bei der normaler Weise links und rechts je 4, zuweilen links aber nur 3 Längsfalten auftreten. Auch bei Stolonica aggregata Frbs. u. Hnl. finden sich individuelle Verschiedenheiten und asymmetrische Ver- *) Nach Heller (1877) handelt es sich bei dieser Form allerdings nieht um echte Faltungen der Kiemenwand, sondern es rücken an den betreffenden Stellen nur die Längs- [2} gefässe dieht aneinander. Lacaze-Duthiers und Delage zählen jederseits 3 „rudi- mentäre‘ Falten. 440 Ascidien. theilung der flachen Längsfalten; es lässt sich sogar zumeist eine asym- metrische Anordnung beobachten, denn in der Regel liegen 3 Falten rechts, aber nur 2 links, und überdies ist die dorsale rechte die grösste. Indem entweder rechts eine Falte schwindet oder links eine neue hinzu- tritt, wird eine symmetrische Anordnung &ewonnen, und es sinkt die Gesammtzahl auf 4 oder steigt auf 6. Unsymmetrisch ist auch oft Boltenia tuberculata Herd., indem links stets 6 Falten, rechts dagegen oft noch eine siebente auftreten. Bei Molgula pyriformis scheinen ge- wöhnlich in asymmetrischer Weise auf der einen Seite 6, auf der anderen 7 Falten und nur seltener jederseits 7 vorhanden zu sein. Sieht man von den zuerst erwähnten asymmetrischen Bildungen ab so finden sich nur ganz ausnahmsweise weniger als 4 Paar Falten bei einigen Styela (St. squamosa, St. pusilla) und Polycarpa (P. simplex jederseits nur 2 Falten). Sonst treten normaler Weise bei Styela, Poly- carpa, Dendrodoa, Glandula, also fast in der ganzen Gruppe der Stye- linae immer jederseits 4 Falten auf. 5 finden sich in der Gattung Pera, ungefähr 6 bei Ouleolus, 6—7 bei Molgula, 7 bei Oystingia, Eugyriopsis, Ütenicella, Ascopera, 6—9 bei Boltenia (B. pachydermatina 6— B. elegans 9). Manche artenreiche Gattungen, die Species von sehr verschiedener Grösse enthalten, zeigen ein sehr erhebliches Schwanken der Faltenzahl bei den verschiedenen Arten. Bei Microcosmus finden sich 5 (M. oligophyllus Heller) bis 14 und 15 Paar (NM. Draschei, M. Julinü), bei Cynthia 6 (C. dura, C. corallina etc.) bis 12 oder 13 Paar Kiemenfalten (C. grandis). Es wird kaum auffallend erscheinen können, dass bei denjenigen Arten, die durch besonders zahlreiche Falten ausgezeichnet sind, nicht unerhebliche individuelle Verschiedenheiten der Faltenzahl vorkommen. Cynthia arctica hat 7—8, Microcosmus australis 8—10 Cynthia grandis 12 oder 13, Microcosmus Draschei sogar 12—15 Falten jederseits. Bei der Zählung der Falten beginnt man jederseits auf der Dorsal- seite mit 1; hält man diesen Zählungsmodus fest, so erhält jede Falte ihre bestimmte Zahl, wodurch die Beschreibung vereinfacht wird (vgl. hier auch das Schema für Goodsiria Textfigur 108). Eine kurze, aber bestimmte Bezeichnung der einzelnen Falten ist häufig deshalb von Wichtigkeit, weil sie nicht alle gleich beschaffen sind. Während z. B. bei Styelopsis, Polycarpa (Heterocarpa) glomerata die erste der „rudimen- tären“ Falten, und zwar gewöhnlich nur auf einer Seite, besonders gross und stark ausgebildet ist, finden wir sie bei den meisten anderen Arten (siehe Textfigur 107) gerade besonders klein, und erst die folgenden er- langen die volle Grösse. Häufig habe ich auch das letzte neben dem Endostyl verlaufende Faltenpaar sehr wenig umfangreich und nur schwer nachweisbar angetroffen, da es von den Endostylfaltungen fast ganz über- deckt war. Nur auf den Querschnitten trat es scharf und deutlich hervor, und ich halte es daher für sehr wahrscheinlich, dass vielleicht häufiger solche kleine Kiemenfalten auf der ventralen und zuweilen auch auf der Vorkommen und systematische Bedeutung der Längsfalten. 441 dorsalen Seite übersehen sein möchten, da die Systematiker kaum jemals durch die Thiere, die sie behandeln, Schnitte anfertigen. Nur bei einigen Gattungen der Moleuliden und Cynthideen (Styelinen) scheinen die Falten vollkommen zu fehlen, und dieses negative Merkmal hat zum Theil dazu Veranlassung gegeben, die betreffenden Formen von den bereits bekannten Gattungen, in welchen sie untergebracht waren, abzutrennen und in neue einzuordnen. So hat Traustedt (1882) für die Molgula Manhattensis Dekay die neue Gattung Dostrichobranchus ge- gründet, die der Kiemenfalten entbehrt, gleichzeitig allerdings nur links Gonaden besitzt. Später (1885) stellte er die Gattung Paramolgula”) auf, die sich eigentlich nur durch den Mangel an Längsfalten von Molgula unterscheidet, im Uebrigen aber, so namentlich in Bezug auf zahlreiche Haupt- und Nebeninfundibula und unregelmässige Einzelspalten, die sich in jeder Masche neben einander finden, mit dieser Gattung in hohem Maasse übereinstimmt. Den Mangel der Falten haben Paramolgula und Bostrichobranchus mit der nahe verwandten Eugyra gemein, von der sie sich aber in anderen Beziehungen scharf unterscheiden. — Unter den Styelinen scheinen bei Pelonaea Kiemenfalten vollkommen zu fehlen, bei anderen Formen finden sie sich in der oben (p. 437) beschriebenen Weise als „rudimentäre“ Gebilde vor. Ist aber in der That überall in den zuletzt erwähnten Gruppen das Fehlen der Längsfalten lediglich durch Rückbildung zu erklären, oder könnten nicht auch der Mangel ein ursprünglicher sein und die „rudi- mentären“ Faltungen die Anfangsstadien der Entwicklung bedeuten? Dann würde uns die vergleichend anatomische Betrachtung erweisen, dass die Faltenbildungen bei Cynthideen und Molguliden ebenso selbstständig und unabhängige aufgetreten sind, wie es meines Erachtens bei den Poly- styeliden der Fall war (vgl. oben p. 438), nur dass die Entwicklung bei den grossen Monascidien zu viel complieirteren Endformen geführt hat als bei den kleinen stockbildenden Individuen. Jedenfalls ergiebt sich aus den Darlegungen dieses Abschnittes, dass die Kiemendarmfalten eine hohe systematische Bedeutung besitzen. So wie ihr gänzliches Fehlen in manchen Fällen, wie ich glaube, mit Recht die Aufstellung einer neuen Gattung bedingte, hat in anderen eine Verschiedenheit der Faltenzahl zur Schaffung einer neuen Species Ver- anlassung gegeben. Freilich sind diese Gesichtspuncte erst in neuester Zeit und auch jetzt nicht einmal allgemein zur Annahme gelangt. So anerkannte Kupffer noch 1872 nicht die bereits einige Jahre vorher von Alder und Hancock geschaffene Gattung Eugyra, weil ihm weder die Eigenart der Kiemenspalten und ihre Anordnung, noch auch das Fehlen der Längsfalten den Werth von Gattungsmerkmalen zu haben schienen. *) Neuerdings hat Michaelsen (1900) die Gattung Paramolgula anders definirt, und Pizon (1898) hat die Gattung ganz eingezogen und zu Ütenicella gefügt. Ebenso- wenig lässt der französische Autor die Gattung Bostrichobranchus gelten, er stellt sie zu Eugyriopsis. Das Nähere darüber findet man im systematischen Theil. 442 Aseidien. Ich möchte diesen Abschnitt nicht beschliessen, ohne der Beziehungen gedacht zu haben, die zwischen inneren Längsgefässen und den Längs- falten der Gesammtkieme bestehen, d. h. die Frage zu beantworten, wie jene sich auf diese letzteren vertheilen. Neuere Autoren (Hartmeyer, Michaelsen) haben auf die Art und Weise der Anordnung der inneren Längsgefässe, auf ihre Stellung in und zwischen den Falten besonderen Werth gelegt und Formeln aufgestellt, um das Verhalten der Längsgefässe sofort übersichtlich zu kennzeichnen. Die aufeinander folgenden arabischen Zahlen bezeichnen die Anzahl der Längsgefässe, die — von der Dorsalseite angefangen nach dem Endostyl zu abwechselnd in den Zwischenzonen und auf den Falten stehen. Die aufeinander folgenden Längsfalten sind durch vorgesetzte römische Zahlen bezeichnet. So wird z. B. für Styela rustica L. folgende Formel gegeben: D-(5-6) — I(ea.20)-(4-5)-Il(ca.12)-(4-5)-IIl(ea.12)-(3-4)-1V (5-6)-(1)-H. D bedeutet die Dorsalseite, H oder auch En die Endostylseite. Macht man sich ein für alle mal dahin schlüssig, stets bei der Aufstellung der Formel auf der Dorsalseite zu beginnen, so können die Endbuchstaben ohne Schaden fortfallen. Aber noch in einer anderen Beziehung lässt sich das Schema vereinfachen, während gleichzeitig die Formel übersicht- licher wird und meines Erachtens unmittelbarer zu einer Vorstellung von der Configuration der Kiemenwand führt. Da wir schon oben ausgeführt haben, dass die dorsale Falte als die erste, die ventrale als die letzte bezeichnet wird, können die die Falten bedeutenden römischen Zahlen weggelassen werden, wenn man nur, um den Gegensatz hervorzuheben, die Zahl der an den Falten stehenden Gefässe zwischen Klammern stellt, die der Zwischenzonen dagegen durch Kommata trennt. Die oben mit- getheilte Formel für Styela rustica vereinfacht sich dann dahin: 5—6, (ca. 20) 4—5, (ca. 12) 4—5, (ca. 12) 3—4, (5—6) 1. Eine derartige Formel ist geeignet, auch noch ein specielleres Ver- halten in der Vertheilung der inneren Längsgefässe auszudrücken. Bei jener Styela ist die Zahl der Gefässe in den Zwischenzonen nicht con- stant, und eine bestimmte Gruppirung ist hier nieht wahrzunehmen. Zu- weilen ist das aber der Fall, und es möchte dann wünschenswerth er- scheinen, die Art der Gruppirung in der Formel ersichtlich zu machen. Treten z. B. in der Zone zwischen zwei Falten, von denen die eine 20, die andere 12 Längsgefässe enthält, 7 Gefässe auf und stehen sie in drei Gruppen von je 2 oder 3, so wird sich das an der betreffenden Stelle in der Formel leicht auf folgende Weise ausdrücken lassen: LESE (20) 2,3: HD) Zr Wer sich genöthigt sieht, eine neue Species auf ein Exemplar hin aufzustellen, wird leicht geneigt sein, der Zahl und Vertheilung der Längsgefässe eine höhere systematische Bedeutung zuzuerkennen, als ihnen in Wirklichkeit vielleicht zukommt. Wenn ein späterer Forscher dann ein anderes Exemplar auffindet, das erhebliche individuelle Ver- schiedenheiten aufweist, wird auch er geneigt sein, die Bedeutung der Aberrante Kiemenformen. 445 Formel seines Vorgängers zu überschätzen und die individuellen Unter- schiede für die Merkmale einer neuen Species zu halten. Das Arbeiten mit diesen Formeln birgt also eine gewisse Gefahr, wenn man ihnen .eine zu hohe Bedeutung beimisst. Dass die individuellen Unterschiede in dieser Beziehung sehr be- deutend sein können, ergiebt sich z. B. sehr deutlich aus den Angaben, die Kjaer und Hartmeyer über die Vertheilung der inneren Längs- gefässe bei Dendrodoa glandaria M’Leay machen. Nach ersterem ergiebt sich die Formel: 2—3, (12—15) 2—3, (4-5) 2—3, (6—8) 2—3, (4) 2— Hartmeyer dageger folgendes Schema: 1—2, (ca. 20) 2—3, (6) 3, (8) 3, (4) 1—2. Man wird aus diesen Mittheilungen wohl die Ueberzeugung gewinnen dürfen, dass die Zahl und die Vertheilung der inneren Längsgefässe auf die Falten und Zwischenzonen für die Systematik in vielen Fällen nur einen sehr geringen Werth besitzen, der es vielleicht als überflüssig er- scheinen lässt, diese schwankenden Verhältnisse durch besondere Formeln zum Ausdruck zu bringen. f. Aberrante Kiemenformen. Unter dem Challenger-Material wurden zuerst von Herdman eine Reihe einfacher und zusammengesetzter Asceidien aufgefunden, die sich durch einen sehr eigenartigen Bau der Kieme auszeichnen. So ver- schieden im Einzelnen diese Respirationsorgane auch sein mögen, so ist doch allen ein wesentlicher Zug gemeinsam, der sie von den bisher be- handelten Kiemenformen ziemlich scharf unterscheidet. Es kommen hier die folgenden Gattungen in Frage: Culeolus, Fungulus, Bathyoncus, Pharyngodictyon und in gewissem Sinne auch die „Gattung Siyeloides“. Zumeist sind es Tiefseeformen, die theilweise aus mehreren tausend Metertiefen stammen und bisher nur in einem einzigen Exemplar bekannt geworden sind. Bei den vier ersten Gattungen besteht die Kieme lediglich aus einem Maschenwerk senkrecht sich kreuzender Balken. Die Maschen sind zu- meist annähernd quadratisch, ein wenig längsgestreckt, seltener ausgeprägt quergestellt (Uuleolus Wyville- Thomson). Herdman vergleicht dieses Kiemengitterwerk nicht mit der ganzen Kieme der bisher betrachteten Formen, sondern nur mit dem secundären inneren Gitter, das aus den inneren Längs- und Quergefässen besteht. Er nimmt an, dass die ganze ‘von Kiemenspalten durchbrochene primäre Kiemenwand rückgebildet sei, dass daher echte Spiracula hier vollkommen fehlen. Ob Herdman die Rückbildung erst im Laufe der ontogenetischen Entwicklung der Thiere sich vollziehen lässt, ist nicht zu ersehen; er wird aber doch wahrschein- lich annehmen müssen, dass im Embryo zuerst eine normale primäre Kiemenwand sich anlegt. Dass die Maschenzwischenräume keine wahren 444 Aseidien. Kiemenspalten seien, gehe auch daraus hervor, dass ihre Ränder keine Bewimperung tragen. Ich habe aber schon oben (p. 401) darauf auf- merksam gemacht, dass das Fehlen der Wimpern in conservirten Exem- plaren auf das Verhalten im lebenden Thier nicht immer mit Sicherheit zu schliessen gestattet, aber allerdings muss auch mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass hier die Flimmern in der That fehlen. Fig. 109. b- 2 A 3 U cin | II ı| > N GU BR | | ||| | | S z el 7 EN | W' N En TRIER 72 \| ddr ai Ar a Bi _ 0 ed H ud ae hf A. Stück aus der Kieme von Bathyoncus mirabilis. B. Stück aus der Kieme von Culeolus Wyville-Thomsoni. (Nach Herdman.) innere Längsgefässe; kf = Kiemenfalten; ks Kiemenspalten; !y = Interspiraeu- lare Längsgefässe der primären Kiemenwand; tr = Transversalgefässe. 50 iq il = Trotzdem glaube ich, dass diese eigenartisen Kiemen noch eine andere Deutung gestatten, die die nichts weniger als naheliegende An- nahme einer vollkommenen Rückbildung der primären Kiemenwand über- flüssig macht. Ich glaube nämlich, dass auch hier, wie überall bei den Ascidien, wirkliche Kiemenspalten vorhanden sind, nur dass sie eine ganz bedeutende Grösse erlangen und sich so weit ausdehnen, dass sie eine Masche ganz ausfüllen (vgl. oben p. 380). Ob jedes dieser riesigen Spiracula nur aus einer einzigen Perforation hervorgeht, oder ob nicht vielleicht nachträgliche Verschmelzungen ursprünglich gesonderter kleiner Spaltöffnungen eingetreten sind, worauf bereits oben (p. 381) hingewiesen wurde, kann ohne Kenntniss der Entwicklungsgeschichte natürlich nicht entschieden werden. Aber es wird immerhin diese Auffassung dadurch nahe gelegt, dass gelegentlich kleine Perforationen zwischen den grossen Lückenräumen zu beobachten sind (siehe Textfigur 109 5). Morphologisch entspräche dann jede der grossen Oeffnungen einer Spaltengruppe oder einem Infundibulum, in denen die die Einzelspalten trennenden Inter- spiraeulargefässe geschwunden sind. Um diese Auffassung, dass die Spalten jener Ascidien wirkliche riesige Spiracula der primären Kiemenwand sind, zu erhärten, habe ich eine Copie von Herdman’s Abbildung des Gitterwerks des Ouleolus Wyville-Thomsoni als Textfigur 109 B hier eingefügt, und es scheint mir, dass sich an ihr erweisen lässt, dass zwischen den Perforationen in der That noch Theile der primären Kiemenwand vorhanden sind und zwar # Aberrante Kiemenformen. 445 in der Form von interspiracularen Längs- und Quergefässen. Neben und nach innen zu von diesen Längszonen verlaufen die inneren Längsgefässe, “die allerdings bei den meisten Arten ganz besonders stark entwickelt sind und als die mächtigsten Gebilde erscheinen. Ob die Transversal- gefässe ausschliesslich interspiraculare, ganz der primären Kiemenwand zugehörende Organe sind, oder ob sich an ihnen nicht auch innere Quer- gefässe, sei es in Gestalt von membranartigen Falten, sei es als röhren- förmige Querbrücken, entwickeln, ist aus den veröffentlichten Abbildungen nicht sicher zu entnehmen. Nur lässt sich erkennen, dass die die Spalt- öffnungen trennenden Quergefässe nicht immer von gleicher Grösse sind und dass zuweilen Gefässe zweier oder auch dreier Ordnungen unter- scheidbar werden. Bei Culeolus Wyville-Thomsoni z. B. scheinen die Stellung und Anordnung der Quergefässe ganz regelmässig zu sein und sich durch die Formel I.IIL.IIL.IILII.III.IILIIII. ausdrücken zu lassen. Bei Pharyngodietyon dürfte vielleicht der Bau der Kieme noch ein- facher sein und das Gitterwerk nur der primären Kiemenwand entsprechen, die von mächtig grossen Spalten durchbrochen ist. Es scheint mir näm- lich aus der systematischen Stellung dieses Genus innerhalb der Synas- cidien hervorzugehen, dass hier kaum innere Längsgefässe zur Ausbildung gelangen können, und auch in der von Herdman gegebenen Abbildung lässt sich nur eine Art von längs verlaufenden Gefässen erkennen und zwar nur solche, die in der Ebene der Spalten liegen und daher von mir als interspiraculare betrachtet werden. Ob aber vielleicht, wie es bei den verwandten Formen des Pharyngodietyon oft der Fall ist, die interspiracularen (Quergefässe kleine, nach innen gerichtete Faltungen (innere Quergefässe) bilden, ist vorläufig nicht zu entscheiden. Die Kieme von Culeolus, Fungulus und Bathyoneus zeichnet sich, sowie die der im System nahe stehenden Arten, durch Längsfaltungen aus; bei Culeolus sind zumeist 6 Faltenpaare nachweisbar. Es scheint, dass die Falten nicht immer wirkliche Erhebungen der ganzen Kiemen- wand darstellen, sondeın zuweilen lediglich dadurch gebildet werden, dass die inneren Längsgefässe näher aneinander rücken. Da aber, wie sich aus der oben gegebenen Darstellung ergiebt, stets die Breite einer Kiemenspalte der Entfernung zweier inneren Längsgefässe entspricht, müssen an den betreffenden Stellen auch die Spiracula enger und mehr schlitzförmnig werden (siehe Textfigur 109A). Die am Eingang dieses Abschnitts erwähnte Gattung Styeloides wurde von Sluiter (1886) auf Grund eines in 6 Faden Tiefe an der Insel Billiton aufgefundenen Exemplars, das der Kieme gänzlich entbehrte, aufgestellt und die Species infolge dieser Besonderheit St. abranchiata genannt. Später hat Sluiter selbst (1895) die Gattung wieder ein- gezogen und jene Species als eine Styela erkannt, die ihren Kiemendarm rückgebildet hatte. Als eine regelmässig im Alter eintretende Erscheinung beobachtete er das auch bei Styela (Polycarpa) solvens, einer Form, die nur in der Jugend einen unvollkommenen, von kleinen Spiraculis durchbohrten 446 Ascidien. Kiemendarm erkennen liess, während alte Thiere stets ohne Kieme an- getroffen wurden. Die Erklärung für diese Erscheinungen fand Willey (1596) darin, dass — er beobachtete dieses Verhalten bei seiner Styeloides eviscerans — gelegentlich der Kiemendarm und andere Eingeweide ausgestülpt und abgestossen werden, und Sluiter glaubt gewisse Besonderheiten seiner St. abranchiata auf die beginnende Regeneration der Kieme zurück- führen zu können. Jedenfalls darf also das Fehlen der Kieme bei be- stimmten Ascidien nicht als ein Art- oder gar Gattungsmerkmal aufgefasst werden, wie es früher irrthümlicher Weise geschehen ist. Der Verlust des Kiemendarms bei diesen Styelinen erinnert an die periodische Degeneration und später wieder eintretende Regeneration des vorderen Körperabschnittes bei den Diplosomiden, Erscheinungen, auf die in dem die Knospung behandelnden Kapitel noch näher hingewiesen werden soll. VI. Der Verdauungstraetus. An den Kiemendarm setzt sich der Verdauungstractus an; entwick- lungsgeschichtlich entsteht er sehr frühzeitig von jenem aus als eine haken- und später hufeisenförmige Ausstülpung, die rasch an Grösse zu- nimmt, sich in eine Anzahl hintereinander gelegener Abschnitte differen- zirt, von denen der letzte, am ursprünglich blinden Ende gelegene durch den After in die Cloakenhöhle durchbricht. Das ganze Organ wird daher ausschliesslich vom Entoderm gebildet, und auch das äusserste Endstück am After stammt von diesem Keimblatte her, da das ektodermale Cloaken- epithel sich nirgends röhrenförmig einstülpt, um dem Entodermrohr ent- gegen zu wachsen und sich mit ihm zu verbinden. (Ausnahmen siehe p. 468.) Gliederung. Der Darmtractus der entwickelten Ascidie stellt dem- nach eine Schleife dar, an der ein absteigender und aufsteigender Ast zu unterscheiden ist. Als den normal differenzirten Darm darf man wohl den betrachten, der vier Abschnitte mehr oder minder scharf gesondert zeigt, die als Oesophagus, Magen, Mittel- und Enddarm zu be- zeichnen sind. Sowohl der Oesophagus als auch der Magen erscheinen wohl stets als einheitliche, äusserlich ungegliederte Theile und gehören mit wenigen Ausnahmen (Distoma rhodopyge Sluiter) ganz in den Bereich des absteigenden Astes. Mitteldarm und Enddarm zerfallen öfters in je zwei oder selbst drei Abschnitte; der Enddarm bildet oft allein den ganzen aufsteigenden Schenkel der Schleife, während der Mitteldarm in der Regel das Verbindungsstück der beiden Aeste darstellt. Häufig werden Mittel- und Enddarm zusammen, oft auch nur der letztere allein als Intestinum bezeichnet. Ein besonders differenzirter Rectalabschnitt*) tritt nur selten *) Maurice bezeichnet bei Fragaroides den ganzen aufsteigenden Ast der Schleife als Rectum, und auch manche andere Autoren verstehen unter diesem Namen den ganzen hier Enddarm genannten Abschnitt. Lacaze-Duthiers begreift unter Rectum bei den Molguliden nur den letzten in unmittelbarer Nachbarschaft des Anus gelegenen Theil und fasst als Intestinum Mittel- und Enddarm zusammen; er folgt hier der Auffassung Gliederung des Verdauungstraetus. 447 am Intestinum auf; öfters zeigt er sich dann als ein mehr oder minder blasenförmig aufgetriebenes Gebilde, das wir als Analblase bezeichnen wollen und das auch die Namen „Bulbus analis“ (Lacaze-Duthiers) „pavillon anal“ (Maurice) etc. erhalten hat. So kann also der Darm- tractus, wenn gleichzeitig Mittel- und Enddarm in mehrere Abschnitte gesondert sind, ein recht complicirtes, vielfach gegliedertes Organ dar- stellen. In vielen Fällen zeigt sich aber eine mehr oder minder weit gehende Vereinfachung der Gliederung des Darmtractus. Sehr häufig erscheinen bei äusserer Betrachtung nur drei Abschnitte gesondert, weil Mittel- und Enddarm ganz allmählich ohne jede äussere Trennung oder Abgrenzung ineinander übergehen. Unter den Monaseidien, und besonders bei Mol- guliden und Cynthien, ist das ein recht häufiges Vorkommen, und das Vorgehen Savigny’s und anderer, den ganzen dem Oesophagus und Magen folgenden Darmtheil einfach als Intestinum zu bezeichnen, er- scheint hier ganz gerechtfertigt (vgl. hier die Abbildungen auf Taf. XXI). Eine weitere Vereinfachung kommt dadurch zu Stande, dass der Magen äusserlich nicht mehr als ein so scharf abgesetztes selbstständiges Organ erscheint, sondern unter Abnahme des Volumens und Vereinfachung seines Baues einerseits dem ÖOesophagus, andererseits dem hinteren Ab- schnitt immer ähnlicher wird. So stellt er füglich zwischen dem vorderen und hinteren Darmtheil eine so innige Verbindung her, dass eine scharfe äussere Abgrenzung verschiedener Regionen im Darmeanal gar nicht mehr ausführbar ist und die Schleife fast ganz einheitlich erscheint. In der ausgeprägtesten Weise dürfte sich diese einfache Darmschleife bei Fungulus cinereus vorfinden, denn Herdman erwähnt ausdrücklich, dass ein besonderer Magen nicht unterscheidbar gewesen sei (siehe Text- figur 15, p. 156). Aber auch bei vielen Cynthideen (Ü. morus, ©. sigillata, Micro- cosmus spinosus, Doltenia elegans und anderen) und Molguliden (Gamaster, Otenicella tumulus, Molgula glomerata, M. gregaria, M. Filholi, Astropera sabulosa, Stomatropa villosa und vielen anderen), sowie bei manchen Synascidien (Colella Thomsoni) ist kaum ein besonderer, äusserlich hervortretender Magentheil wahrzunehmen, und der ganze Tractus erscheint daher ziemlich gleichartig, ungegliedert. Wie aber namentlich die Unter- suchungen von Lacaze-Duthiers und Delage gezeigt haben, be- stehen doch in Bezug auf den feineren Bau nicht unbedeutende Unter- schiede in den verschiedenen Darmregionen, so dass nach Eröffnung des Darmrohres in der Regel ein Magentheil sieh leicht feststellen lässt. Es hält nicht schwer, eine continuirliche Reihe aufzustellen, die mit einem wohl ausgebildeten ballonartig aufgetriebenen Magen beginnt und mit Savigny’s, und auch in diesem Kapitel wird die Bezeichnung Intestinum für den ganzen auf den Magen folgenden Darmabschnitt angewendet werden, wenn er — wie bei vielen Molguliden und Cynthideen — einheitlich und in Mittel- und Enddarm nicht gesondert erscheint. 448 Aseidien. einfacher, ungegliederter Darmschleife abschliesst, in der ein besonderer Magentheil äusserlich nicht hervortritt. f Schleifenform. Ganz abgesehen von der eben erwähnten Gliederung zeigt die Form der Darmschleife bei den verschiedenen Familien und Gattungen bedeutsame Unterschiede. Im einfachsten Fall ist sie einfach hufeisenförmig, der absteigende Ast ziemlich in gerader Linie Schematische Darstellung des Verhaltens von Darmcanal und Kiemendarm bei verschiedenen Ascidien. A Darm, einfache Schleife hinter der Kieme gelegen. B Darmschleife gedreht. C Darm, neben dem Kiemendarm gelegen; nur der Oesophagus und zum Theil der Magen liegen hinter ihm. d = Darmumspinnende Drüse; e = Egestionsöffnung; ed — Enddarm; el — Eileiter; es = Endostyl; fb —= Flimmerbogen; fg — Flimmergrube; g = Ganglion; h — Hoden; i = Ingestionsöffnung; m = Magen; md = Mitteldarm; 0 — Ovarium; oe — Oesophagus; p = Papillen im Kiemenkorb; t — Tentakel der Eingangsöffnung. nach hinten verlaufend, der aufsteigende dorsal davon ebenfalls gerade ‚nach vorn zu sich erstreckend (siehe Textfigur 110 A). Unter den Synas- eidien kommt ein solches Verhalten häufig vor (Distoma adriaticum, Distaplia lubrica, viele Leptochnum, Aplidium asperum, Oircinalium conerescens ete.), ‚und zuweilen erscheint der Darmverlauf dadurch etwas complieirter, dass eine bruchsackartige ventrale Ausstülpung auftritt, in die beide Darm- schenkel eintreten, ohne ihre gegenseitigen Lagebeziehungen zu ver- ändern (Diplosoma erystallinum, D. pseudoleptoclinum und andere). Eine sehr bemerkenswerthe Ausnahme bildet Amaroucium globosum Herd. Auch hier stellt zwar der Darm eine einfache hufeisenförmige Schlinge dar, aber der absteigende Ast liegt dorsal, der aufsteigende Enddarm ventral, um links neben dem Endostyl zu verlaufen und hier in den Peribranchial- Verschiedene Formen der Darmschleife. 449 raum zu münden, während die anderen Species der Gattung Amarouerum sich zumeist durch die normale einfache Schleifenform auszeichnen. Bei den meisten Synascidien, bei denen der Verdauungstractus geradeaus hinter dem Kiemensack verläuft, erfolgt aber eine Drehung der Schleife um die Hauptaxe des Thieres herum. Man erhält eine Vor- stellung dieses Vorgangs, wenn man annimmt, dass die Vorderenden der Darmschlinge festgehalten, das Hinterende aber bis 150° gedreht würden, so dass das Hinterende des absteigenden Astes von der Ventral- auf die Dorsalseite, das des aufsteigenden von der Dorsalseite auf die ventrale gelanet. Die Folge dieser Drehung ist eine Kreuzung der beiden Schleifenschenkel: der ursprünglich dorsale verläuft von hinten ventral nach vorn dorsal, der ursprünglich ventrale zeigt dagegen zumeist einen ziemlich der Principalaxe parallelen Verlauf, da in der Regel der Oeso- phagus am dorsalen Hinterende des Kiemendarms entspringt und das Hinterende des absteigenden Astes ebenfalls dorsalwärts verlagert wurde. Diese Drehung kann natürlich nach zwei Richtungen hin erfolgen, der Art, dass der Hintertheil des ursprünglich ventralen Astes entweder nach rechts oder nach links hin geführt wird. Zumeist verschiebt er sich über die rechte Seite nach dem Rücken zu, und die Folge ist dann, dass der gesammte Enddarm links vom Oesophagus und Magen zu liegen kommt (siehe Textfigur 110 5). Doch erfolgt auch die Drehung im entgegen- gesetzten Sinne, und das Intestinum liegst dann auf der rechten Seite (die Gattung Polyelinum, wo nicht, wie z. B. bei P. pullum, die einfache ur- sprüngliche Schleifenform erhalten bleibt). Es lassen sich unschwer Arten auffinden, bei denen die Drehung verschieden weit vorgeschritten ist, ohne noch 180° erreicht zu haben. Bei manchen Polycliniden erscheint die Form der Schleife dadurch besonders complieirt, dass gleichzeitig mit der eben erwähnten Drehung um 180° sowohl der absteigende, wie der aufsteigende Schenkel mehr- fach gebogen, fast schlangenförmig gewunden sein können. Indem die Windungen dorsal und ventral zu, besonders aber nach rechts und links hin ausbiegen, kommt es dazu, dass die beiden Schenkel sich mehrmals kreuzen. So liegt z. B. bei G@lossophorum sabulosum das hintere Ende des aufsteigenden Astes rechts vom Mitteldarm und Magen, das vordere da- gegen links vom Oesophagus. Uebrigens verhalten sich bezüglich des Verlaufs der Darmschlinge zuweilen nicht nur die verschiedenen Species einer Gattung verschieden (z. B. Polyelinum, Amaroucium), sondern es kommen auch individuelle Unterschiede vor. So erwähnt Drasche, dass bei Amaroucium commune die Darmschleife in der Regel die vollendete Drehung erkennen lässt, so dass der Enddarm links vom Magen und Oesophagus verläuft, während zuweilen bei allen Individuen eines Stockes die Drehung unter- bleibt und nur eine einfache Schlinge angetroffen wird, wie sie auch bei vielen Aplidium vorkommt. 3ronn, Klassen des Thier-Reichs. III. Spplt. 29 450 Aseidien. Bei den meisten Monascidien und vielen stockbildenden Formen ist die Darmschleife nicht einfach hufeisenförmig, sondern complieirter gewunden. Fast immer hängt die Complication mit einer mehr horizon- talen Stellung des Darmes zusammen, wenn dieser nicht mehr hinter dem Kiemensack liegt, sondern ganz in dessen Bereich einbezogen erscheint (Fig. 5, Taf. XXI, Textfigur 110C). Das ursprünglich hintere Schleifen- ende liegt dann ventral und kann überdies mehr oder minder weit nach vorn zu bruchsackartig sich hervorwölben, ja selbst den Anfang zu einer dorsal und nach hinten zu gerichteten spiraligen Einrollung zeigen (siehe Fig. 2, Taf. XXI). Ausserdem erscheint der Enddarm derart geknickt, dass ein besonderer Rectalabschnitt deutlicher hervortritt, der geradeaus nach vorn verläuft und mit dem übrigen Intestinum oft einen sehr spitzen Winkel bildet (Fig. 3, Taf. XXI). In einigen wenigen Fällen ist auch dieser Rectaltheil s-förmig gekrümmt (z. B. Culeolus perlucidus, Styela aggregata, Dendrodoa). Häufig, besonders bei Molguliden, verlaufen beide Schleifenäste nahezu parallel zu einander, und fast immer erscheinen sie dann nahe an einander gerückt, oft durch das wenige dazwischen liegende Mesoderm so fest verbunden, dass die Trennung und Ausbreitung des Darmcanals nicht leicht auszuführen ist. In den Abbildungen auf Tafel XXI (Fig. 1 und 2) findet man einige Beispiele für dieses Verhalten. In zahlreichen anderen Fällen weichen aber die beiden Darmschenkel mehr oder minder weit aus einander (Fig, 3, 13, Taf. XXI), und öfters liegen dann die Geschlechtsorgane dazwischen. In artenreichen Gattungen kann man bei den einzelnen Species zumeist ziemlich erhebliche Verschiedenheiten der Form der Darmschleife beobachten; manche Genera allerdings zeichnen sich wieder durch eine recht gleichartige Beschaffenheit aus. So finden sich z. B. bei Molgula und Otenicella fast immer sehr enge Schleifen mit stark genäherten Schenkeln, wenn freilich andererseits dadurch, dass eine spiralige Einrollung sich vorbereiten kann, eine gewisse Mannigfaltigkeit bedingt wird. Es ist der Versuch gemacht worden, die Form der Darm- schleife, wenn auch nicht als einziges, so doch als sehr wichtiges Gattungs- merkmal zu verwerthen. Nach Heller (1877) unterscheiden sich Styela und Polycarpa dadurch, dass die erstere eine enge, die letztere eine weite, nach innen offene Darmschlinge besitzen. Doch erkennen andere Forscher (Sluiter) diese Unterschiede nicht als durehgreifende, bei allen Species zutreffende an, und es giebt z. B. Arten, die der Beschaffenheit der Geschlechtsorgane zufolge in die Gattung Polycarpa gestellt werden müssen, während sie die enge Darmschlinge der Styela zeigen (P. nata- lensis Sluiter, P. rubida, P. comata). Lage. Von grosser Bedeutung ist die Lage des Darmtraetus in Beziehung auf den Kiemensack. Als das ursprünglichste Verhalten dürfte wohl anzusehen sein, wenn die ganze Darmschleife hinter der Kieme liest, wie es in Textfigur 110 A u. B zu sehen ist und bei den meisten Synaseidien vorkommt. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass alle die 4 Lage des Verdauungstraetus. 451 Synascidien, die durch dieses Merkmal ausgezeichnet sind, eine grosse natürliche, auf Blutsverwandtschaft sich gründende Gruppe bilden, die als Merosomata passend bezeichnet werden könnte (vgl. darüber oben p- 416). Bei den Monaseidien und bei vielen stockbildenden Ascidien dehnt sich aber der Kiemensack bis zum hintersten Körperende aus, und der Verdauungstractus kommt dann nicht mehr hinter ihn, sondern neben ihn zu liegen. Verschiedene Arten zeigen uns alle möglichen Stadien dieser ‚Lageveränderungen. Bei Ciona liegt noch, wie bei den meisten Synas- cidien, der grösste Theil des Darms hinter dem Kiemensack (siehe Text- figur 16, p. 157). Auch bei Aypobythius und Corynaseidia finden wir ihn ganz ausserhalb des Kiemenbereiches, dagegen vollkommen auf die Dorsal- seite verschoben (Textfigur 15), was als eine erst bei diesen Gattungen zur Entwickelung gelangte Eigenthümlichkeit zu deuten ist. Fast immer liegt aber der Darm links oder rechts neben der Kieme, und zwar dürfte wohl überall die Verschiebung in der Weise erfolgt sein, dass zuerst Intestinum und Mitteldarm (siehe Textfigur 1100), dann auch Magen und Oesophagus an eine Seite des Kiemensackes rücken, wie es bereits bei den meisten Moleuliden, bei Frungulus, Boltenia (Textfigur 13 u. 14, p. 156 u. 157), bei Ascidia, Phallusia und vielen anderen erfolst ist (vol. kie. 5, Taf. XXI). Im Allgemeinen gilt es als ein wichtiges Merkmal, ob der Darm auf der einen oder der anderen Seite liest. Weitaus vorherrschend ist die linksseitige Lagerung (Molguliden, fast alle Boltenien und Cynthien, die meisten Ascidiiden). Rechts vom Kiemendarm liegt der Verdauungs- tractus bei vielen Corellinen, bei denen er allerdings sich öfters gleich- zeitig mehr oder minder weit nach dem Rücken zu verschiebt, bei Rhodo- soma, Abyssascidia Wyville. Herdman hat noch eine zweite Form als Abyssascidia vasculosa beschrieben, die neuerdings Hartmeyer als be- sondere Gattung Herdmania resp. Bathyascidia anführt, weil sie gewisse Besonderheiten der Kieme zeigt und einen links gelegenen Darm besitzt (siehe oben p. 423). Diese Lagerung des Darms, die Slappige Ingestions-, die 6lappige Egestionsöffnung beweisen eine nahe Uebereinstimmung der „bathyascidia“ oder „Herdmania“ mit den Gattungen Ascidia oder Ascidiella, zu denen sie vielleicht am besten zu zählen wäre, während Herdman allerdings die Meinung vertreten hatte, dass die linksseitige Darmlagerung bei seiner Abyssascidia villosa vielleicht nur eine individuelle Variation bedeute. Dass in der That solche individuelle Unterschiede vor- kommen und daher die rechts- oder linksseitige Lage des Darmes nicht einmal immer den Werth eines Species-, geschweige denn Gattungsmerk- mals hat, beweist Ühelyosoma productum, bei dem nach Bancroft der Verdauungscanal links oder rechts gelegen sein kann. Drüsen. In den schleifenförmigen Darmecanal münden bei sämmt- lichen Ascidien Drüsen, deren physiologische Bedeutung allerdings bis- her, zum Theil wenigstens, nur ganz ungenügend erforscht ist. Ueberall findet sich die darmumspinnende Drüse, die vom Pylorustheil des 29* 452 Aseidien. Magens oder Anfangstheil des Mitteldarmes ausgeht und den Enddarm, gelegentlich auch den ganzen Verdauungstraetus, unter dendritischen Verzweigungen umwächst. Sehr häufig kommt am Magen ein oft sehr umfangreiches Drüsenorgan zur Entwicklung, das als Leber bezeichnet wird, und ausserdem können durch Ausstülpungen des Darmschlauches an verschiedenen Stellen des Magens oder des Intestinums accessorische Drüsen unbekannter Bedeutung entstehen. Eine sehr eigenthümliche Erscheinung, die an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben darf, ist die Rückbildung des Darmtractus. Es müssen zwei verschiedene Typen unterschieden werden, die ganz unabhängig von einander sich herausgebildet haben. Die bei gewissen Synascidien vor- kommende periodische Rückbildung und Wiedererneuerung des Darmes, die sich auch experimentell ausführen lässt, hängt eng mit der unge- schlechtlichen Fortpflanzung zusammen und kann daher erst später genauer behandelt werden. Ganz anders aber verhält es sich bei den niemals Knospen bildenden Styeliden. Es ist schon oben (p. 445) erwähnt worden, dass Sluiter auf Grund des Fehlens des Kiemendarms die Gattung Styeloides aufstellte, später aber als nicht verschieden von Styela wieder einzog. Den Vorgang der Ausstossung nicht nur des Kiemendarmes, sondern auch des gesammten Darmtraetus, hat dann später Willey bei lebenden Styela (Styeloides) eviscerans verfolgen können. Regelmässig pflegen die gefangenen Thiere, auch wenn sie in frischem, reinem Wasser gehalten werden, unter lebhaften Contractionen der Leibesmuskulatur, zuerst den Darm und dann die Kieme durch die Egestionsöffnung hervorzu- stülpen und abzustossen, ohne daraufhin sofort zu Grunde zu gehen. Im Alter scheint dieser Vorgang auch im Freien gewöhnlich einzutreten, ohne dass besondere Störungen oder Reizungen das Thier treffen. Es erinnert dieses Verhalten der Styela in gewissem Sinne an die Gewohnheit mancher Holothurien, bei stärkeren Reizen, und namentlich bei der Behandlung mit Conservirungsflüssigkeiten, den Darm auszustülpen. Aehnliche Er- scheinungen sind bei den in den europäischen Meeren vorkommenden Monascidien bisher nicht beobachtet worden, und ich möchte daher hier darauf aufmerksam machen, dass ich gelegentlich in den Aquarien der Zoologischen Station zu Triest Exemplare der Phallusia mammillata sah, bei denen ein allerdings nur kleiner Theil des Kiemendarms blasenförmig hervorgestülpt war. 1. Der Oesophagus. Die Finmündungsstelle des Oesophagus in den Kiemendarm wird häufig als Mundöffnung (bouche oder bouche oesophagienne der franzö- sischen, mouth der englischen Autoren) bezeichnet. Es gründet sich diese Benennung auf die besonders von Cuvier vertretene Auffassung, dass der Kiemendarm kein Abschnitt des ursprünglichen Darmes sei, sondern den Kiemen und der Kiemenhöhle der Lamellibranchiaten entspreche, und Beschaffenheit des Oesophagus. 453 dass daher lediglich der verdauende Tractus des Ascidiendarmes dem gesammten Darm der Mollusken zu vergleichen sei. Lacaze-Duthiers, der noch jetzt Cuvier’s Ansicht im Wesentlichen festhält, nennt daher mit vollem Bewusstsein den Eingang in den Oesophagus „Mundöffnung‘ ; da aber in Wirklichkeit derartige Homologien nicht bestehen, ist es offen- bar zweckmässiger, höchstens von einem Oesophagealmund (bouche oesophagienne) zu sprechen, wenn man nicht vorzieht, die eingangs dieses Abschnittes gewählte Bezeichnung (orifice oesophagien, oesophageal aperture) anzuwenden. Als die normale Form der Oeffnung wird man die kreisähnliche oder - längliehrunde bezeichnen dürfen. In den meisten Fällen aber erscheint der Rand mehr oder minder unregelmässig, kreuzförmig oder schlitzähnlich im Zusammenhang mit der Beschaffenheit einerseits der perioesophagealen Region der hinteren Kiemendarmwand (siehe oben p. 870 u. s. w.), anderer- seits des Oesophagusschlauches selbst. Die Oesophaguswand wird von einem durchaus einschichtigen cubischen oder meistens eylindrischen Epithel gebildet, das auf seiner inneren Seite ein dichtes, starkes Flimmerkleid trägt. Häufig scheint jede Zelle nur eine stärkere Wimper oder Geissel zu besitzen, die mit verdiektem Ende im Zellkörper ruht. Die Wand ist wohl nur in verhältnissmässig wenigen Fällen voll- kommen glatt und im Durchschnitt, sowohl an der äusseren, wie inneren Seite, kreisförmig oder längs oval. Zumeist verlaufen an der Aussenseite flachere, zuweilen ansehnlich tiefe Rinnen und Furchen, die in das Lumen septenartig vorspringen können (siehe Fig. 9, Taf. XXl). In den meisten Fällen haben die Rinnen am Oesophagus einen schwach bogen- förmigen Verlauf, selten sind sie von vorn bis hinten ganz gerade. Sie können sich über die ganze Länge des Oesophagus erstrecken (z. B. Colella Thomsoni) oder nur auf einen bestimmten Theil beschränkt sein; zuweilen sind sie an der einen Stelle beträchtlich tiefer als an der anderen. Bei manchen Cynthien und Styelinen tritt eine besonders tiefe Rinne auf, die von hohen, wulstartigen Rändern im Inneren überdeckt wird und als Oesophagealrinne zu bezeichnen ist. Von der bei denselben Formen vorkommenden Magenrinne ist sie wohl zu unterscheiden, denn zumeist liegen beide nicht in derselben .Linie. Wo aber auch bei flüchtiger Be- trachtung die eine die Fortsetzung der anderen zu sein scheint, sind in Wirklichkeit doch beide durch den ringförmigen Cardiawulst getrennt (Styela armata), und nur sehr selten (Polycarpa varians) setzt sich die Oeso- phagealrinne direct in den Magen fort (Lacaze-Duthiers und Delage). Die Gestalt des Oesophagus erweist sich überaus variabel; sie ist selbst bei nahe Verwandten erheblich verschieden und zeigt sogar nicht unbedeutende individuelle Unterschiede Als normal typisch ‘kann die Triehterform gelten; das erweiterte Ende öffnet sich zumeist in den 'Kiemendarm, das verjüngte in den Magen, in den es sich oft tief einsenkt; selten ist das hintere Ende breiter als das vordere (zuweilen bei Styelopsis). 454 Aseidien. Da, wo die Darmschleife sich geradeaus nach hinten zu erstreckt, ist auch der Oesophagus ziemlich gerade; zumeist aber ist er mehr oder minder stark gekrümmt, entweder einfach bogenförmig, die concave Seite ventral zu gerichtet, oder in schwacher Spirale gedreht. Das letztere Verhalten ist häufig an der Art des Verlaufs der äusseren Längsrinnen leicht fest- zustellen. Manchmal ist der Trichter überdies quer gerunzelt oder selbst undeutlich quer oder schräg gefaltet. Zuweilen sind das vordere und hintere Ende des Oesophagus von an- nähernd gleicher Dicke, weil die trichterförmige Erweiterung sich nicht entwickelt. Der Oesophagus stellt dann einen kürzeren oder längeren Schlauch dar, der meistens ziemlich gerade, zuweilen aber auch, und zwar in der Regel nur dann, wenn er eine ansehnlichere Länge besitzt, geschlängelt verläuft. Die Windungen des Oesophagealschlauches treten in verschiedener Zahl und Grösse auf. Bei Distoma rhodopyge Sluiter z. B. findet sich an dem enorm verlängerten Oesophagus dicht hinter dem Kiemendarm nur eine grosse, bruchsackartig vorspringende Hervorwölbung, bei Psammaplidium obesum sind zwei kleinere vorhanden, bei Ps. pantherinum ist eine complieirtere Schlangenlinie nachweisbar (Fig. 6, Taf. XXI). Allerdings darf hier nicht übersehen werden, dass bei starken Contractionen der Leibesmuskulatur alle schlauchartigen Ab- schnitte des Darmes sich in Falten legen, und es ist daher in den meisten Fällen nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob die Angaben früherer Autoren sich nur auf derartige vorübergehende Erscheinungen beziehen oder auf persistirende, den betreffenden Arten eigenthümliche Einrichtungen zu schliessen erlauben. Sehr wechselnd erweist sich die Länge des Oesophagus bei den verschiedenen Arten und Gattungen; jedenfalls zeigt kein anderer Darm- abschnitt gleich bedeutende Grössenschwankungen. Selten ist der Oeso- phagus so kurz und von so geringen Dimensionen, dass er zwischen dem Magen und dem Kiemendarm kaum noch als ein besonderer Abschnitt erkannt werden kann (zZ. B. Styela natalensis, Fig. 4, Taf. XXI; Amaroueium astraeoides Sluiter). Am zahlreichsten sind die Fälle, in denen er ungefähr die Länge des Magens besitzt, diesen entweder übertreffend, oder nicht ganz erreichend. Bei manchen Synascidien erlangt aber der Oesophagus eine ganz abnorm bedeutende Grösse (die meisten Distoma, Didemmnoides macroophorum); er allein kann zuweilen den ganzen absteigenden Ast der Darmschleife bilden, ja sogar sich umkrümmen und den Beginn des auf- steigenden Schenkels darstellen, so dass er zum längsten Abschnitt im ganzen Darm heranwächst und selbst den Kiemendarm um das 6—7fache der Länge übertrifft (Distoma rhodopyge). 2. Der Magen. Form und Gliederung. Wie schon am Eingang dieses Kapitels erwähnt worden ist (p. 447), tritt mehrfach bei Cynthien und Molguliden der Magen als ein besonderer Abschnitt des Verdauungstraetus äusser- Form und histologische Beschaffenheit des Magens. 455 lich überhaupt nicht hervor, oder er zeigt sich höchstens als eine unbe- deutende Erweiterung des Darmschlauches, die einerseits gegen den Oesophagus zu, andererseits gegen das Intestinum hin ganz allmählich sich verliert, so dass scharfe Grenzen nicht bestehen. Da, wo er als ein scharf gesonderter Theil nachweisbar ist, erscheint er entweder ballon- artig aufgetrieben (siehe Textfigur 110.A) oder eylindrisch, sackartig er- weitert (Textfigur 110B u. C). Oft ist der Magensack schlauchartig längsgestreckt, oft nur kurz und cedrungen, und indem er mehr oder minder unregelmässig sich gestaltet, wird sein Formreichthum ausser- ordentlich gross. Auf Tafel XXI sind eine Anzahl verschiedener Typen zu sehen und ohne jede weitere Erklärung verständlich. Am Magen sind drei Regionen zu unterscheiden: der weitaus um- fangreichste mittlere Theil und die beiden Endabschnitte, der Cardia- und der Pylorustheil. Die beiden letzteren haben lediglich als Ver- bindungsstücke zum Oesophagus und Mitteldarm Bedeutung und gehen zumeist so allmählich in den mittleren über, dass scharfe Grenzen über- haupt - nicht festzustellen sind. Da, wo der Oesophagus im den Magen sich einsenkt, erscheint auch die vordere Magenwand kraterartig ein- gestülpt, um sich am Kratergrund mit dem Oesophagus zu verbinden. Diesen eingestülpten Theil wird man als Cardia zu betrachten haben ; die besondere histologische Differenzirung und Faltung des Mittel- absehnittes findet sich in ihm noch gar nicht oder erst in schwacher An- deutung. Häufig verläuft am vordersten Magenende eine tief in das Lumen vorspringende Ringfalte, der Cardia wulst, der eine scharfe Abgrenzung zwischen Oesophagus und Magen ermöglicht (siehe Text- fieur 111A u. DB) und ein Hinübergreifen der Falten und Furchen der einen Region auf die andere verhindert. Da, wo der Cardiawulst fehlt, sind beide Darmtheile gewöhnlich weniger deutlich gesondert (Text- fisur 111 C). Aehnlich wie die Pars cardiaca ist auch die pylorica zuweilen nach beiden Seiten hin ziemlich scharf abgegrenzt, wenn sie sieh trichterförmig einsenkt und den Anfang des Mitteldarms umgreift. Wo Magen und Mitteldarm ganz allmählich in einander übergehen oder nur durch eine einfache, ganz flache, ringförmige Einschnürung abgegrenzt sind, ist der Pylorustheil des Magens nicht scharf gesondert. So wie im Cardiatheil tritt oft auch in der Pars pylorica eine in das Lumen mehr oder minder weit vorspringende Ringfalte auf, die als Pyloruswulst zu bezeichnen ist und an der Innenseite des Magens eine scharfe Grenzlinie bildet, bis zu der die Magenfalten reichen (Textfigur 111). Manchmal ist der Pyloruswulst nicht vollkommen geschlossen, so dass gewisse Furchen vom Magen in das Intestinum sich fortsetzen können. \ Histologie. Die Magenwand ist an allen Stellen ein einschichtiges, zumeist aus hohen Cylinderzellen zusammengesetztes Epithel, dessen histologische Details noch nicht genügend eingehend untersucht sind. An gewissen Stellen beobachtet man Flimmerzellen, die so wie 456 Aseidien. im ÖOesophagus die Fortbewegung der Nahrung vornehmlich zu besorgen haben. Von der grössten Bedeutung sind aber Drüsenzellen (bei Ciona beschreibt Roule grosse Becherzellen), die die verdauenden Secrete ab- sondern müssen, da fast ausschliesslich im Magen die Bereitung einer Art Speisebrei und zum Theil auch die Resorption der Nahrung vor sich zu gehen scheint. Jedenfalls hat, wie schon die früheren Autoren betont haben, der Magenabschnitt zumeist die Leistungen zu erfüllen, die sonst Magen, resp. die in ihn mündenden- Drüsen und Leber zusammengenommen aus- führen. Da, wo der Magen ganz glattwandig ist, lassen sich bestimmt differenzirte Regionen, die verschiedene Functionen ausüben könnten, in der Regel nicht unterscheiden, vielmehr erscheint die Magenwand histo- logisch gleichartig beschaffen. Als eine histologische Merkwürdigkeit muss hier erwähnt werden, dass N. Wagener (1885) im Magen der Uynthia echinata stärkehaltige Zellen beschrieben hat. Da aber diese Elemente hauptsächlich in den Leber- lappen sitzen, sollen sie erst weiter unten (p. 473) genauer behandelt werden. Magenfalten. So wie der ÖOesophagus ist aber auch die Magen- wand nur selten (häufiger bei manchen Ascidiiden und Synascidien) voll- kommen glatt und faltenlos. Bei der Conservirung in Alkohol pflest überdies der Magen sehr häufig sich in mehr oder minder regelmässige, oft tief einschneidende Furchen und Runzeln zu legen, die von den im lebenden, ausgestreckten Thier vorhandenen Faltungen nicht immer leicht sich unterscheiden lassen. In der Litteratur finden sich mehrfach An- gaben, dass bei gewissen Arten der Magen nur innen gefaltet, aussen aber vollkommen glatt sei (z. B. bei vielen Cynthinen, FPolycarpa, Leptoclinum). Die Möglichkeit eines solchen Verhaltens ist natürlich vor- handen, allein soweit meine Untersuchungen reichen, fand ich doch stets das gesammte Magenepithel gefaltet, und wenn die Aussenseite glatt erschien, so lag das daran, dass entweder die äusseren Faltenränder dicht an einander lagen oder das umgebende Mesenchymgewebe die Zwischen- räume dicht erfüllte. Querschnitte liessen über die wahren Verhältnisse niemals einen Zweifel bestehen. Oft treten die Faltungen ziemlich unregelmässig auf und erstrecken sich nur über kürzere Strecken der Magenwand; sie sind dann auch wohl stets nur wenig tief und können am besten als Runzelungen be- zeichnet werden. Die Runzeln verlaufen entweder ganz unregelmässig oder vorwiegend in der Längsrichtung des Magens, mehr oder minder schräg oder auch quer, ziemlich genau transversal. Von grösserer Bedeutung sind die inregelmässiger Weise parallel und längs verlaufenden, tief nach innen vorspringenden Faltungen, die vielfach bei einfachen und zusammengesetzten Ascidien, in besonderer Vollkommenheit bei Styelinen*), Botrylliden, Polystyeliden, vielen Poly- *) Bei den Cynthiinen kommen ebenfalls im Inneren des Magens Längsfalten vor, doch sollen diese nach Lacaze-Duthiers und Delage keine beständigen Organe sein, sondern bei der Ausdehnung der Magenwand verschwinden. Faltungen der Magenwand. 457 eliniden, zur Entwickelung gelangen. Sehr häufig erstrecken sich die Falten nicht ganz genau in der Längsrichtung des Magens, sondern sie verlaufen ein wenig schräg, so dass sie schwach ausgeprägte Spirallinien 4 bilden. Dabei kommt es vor, dass nicht alle Falten von gleicher Länge sind und den ganzen Magen durchsetzen, sondern es finden sich zwischen ' den längeren auch einzelne kürzere, die auf die Rand- oder Mittelpartie Fig. 111. Magen und die benachbarten Darmtheile einiger Styelinen von innen gesehen. (Nach Lacaze-Duthiers und Delage.) A von Styela variabilis. ”],. DB von Styela armata. °],. C von Polycarpa varians circa ?/,. Die betreffenden Darmabschnitte wurden der Länge nach aufgeschnitten und horizontal ausgebreitet. a = Anus; cw —= Cardiawulst, Oesophagus und Magen scheidend; ‘f = Intestinalfalte; ifr = Intestinalfurche; «€ = Intestinum (Mittel- und Enddarm); mf = Magenfalten (Leberfalten); m» —= Magenrinne; oe = Oesophagus; or = Oesophagealrinne; pc = Blind- sack am Pylorus (Pyloruscoecum); pw = Pyloruswulst, Magen und Mitteldarm, resp. Intestinum scheidend. der Magenwand beschränkt sind. Zwischen solchen Falten, die besonders tief in das Magenlumen hineinragen, können hin und wieder seichtere auftreten, die kaum die halbe Höhe jener besitzen, und auf den Quer- sehnitten durch den Magen erscheint dann ein solcher von zwei tiefen Falten begrenzter Zwischenraum wie eine an der Spitze gegabelte Aus- stülpung der Magenwand (z. B. einige Cynthia). Der Innenrand der Falten ist meist glatt und gerade, seltener erscheint er in regelmässigen wellenförmigen Erhebungen und Vertiefungen, gelappt, oder ähnlich wie eine undulirende Membran (siehe Textfigur 111 A). 458 Aseidien. Da, wo die Magenfalten besonders tief sind und wo überdies Oeso- phagus und auch Mitteldarm sich in der oben beschriebenen Weise in den Magen einsenken, tritt nothwendiger Weise an beiden Faltenenden ein eigenartiges Verhalten in Erscheinung. Häufiger ist es allerdings nur am Cardiatheil des Magens zu beobachten, viel seltener auch am Pylorusabschnitt. Die einzelnen Falten setzen sich an diesen Stellen in kurze Blindsäcke fort, die namentlich das hintere Oesophagusende in regelmässiger Weise kreisförmig umgeben (Fig. 14, Taf. XXT), während sie in der ganzen Mittelregion des Magens mit weiten Mündungen in den centralen Gastralraum sich öffnen (Fig. 16, Taf. XXT) und hier auf den Durchschnitten ähnliche Bilder darbieten, wie sie die Taeniolen tragenden Seyphopolypen aufweisen. Die Zahl der Längsfalten ist bei den verschiedenen Arten sehr verschieden; für eine bestimmte Art scheint sie nur dann charakteristisch zu sein, wenn verhältnissmässig wenige Faltungen am Magen auftreten, sind sie zahlreicher, so finden sich individuelle Variationen. Doch darf nicht unbeachtet bleiben, dass es stets ziemlich schwierig ist, die Falten, namentlich wenn sie zahlreich sind, genau zu zählen, und dass schon aus diesem Grunde die Zahlenangaben der Autoren nicht immer ganz bestimmt lauten. Nur 4 Magenfalten finden sich bei Aplidium tremulum, A. lobatum, 4—6 bei Aplidium griseum, A. gibbulosum. Ungefähr 6 Falten hat Psammaplidium solidum Herdman, und auch bei vielen Botrylliden finden sich nur wenig mehr, etwa 8—10 (siehe Fig. 14, Taf. XXI); doch sind so geringe Zahlen im Allgemeinen nur selten. 12 Magenfalten haben Amarouerum simplex, Abyssaseidia Wyvilliü u. s. w., circa 14 Distoma nitidum, 15—20 Fragaroides aurantiacum, ungefähr 30 Dendrodoa lineata und D. Kükenthali, 40 und mehr manche grossen Styelinen, eirca 50 Rhopalaea neapolitana. r Selten erweist sich der Magen in mehr oder minder regelmässiger Weise nicht längs-, sondern quergefaltet (die Gattung Atopogaster). Ich glaube nicht, dass es sich hierbei um eine Verschiebung ursprüng- licher Längsfalten handelt, die zunächst, wie es mehrfach vorkommt, einen schrägen, dann auch einen transversalen Verlauf genommen hätten, sondern nehme an, dass die eigenartige Faltung innerhalb dieser Gattung an einem ursprünglich glatten Magen sich vollzogen hat. Die verschie- denen Arten zeigen uns daher auch die Querfalten in verschiedener Voll- kommenheit. Bei Atopogaster gigantea ist der Magen nur wenig quer- gefaltet und, wie es scheint, bei manchen Individuen noch ganz glatt (Herdman); bei At. elongata ist er unregelmässig quergefurcht, bei At. aurantiaca und At. informis besitzt er eine Reihe scharf abgegrenzter tiefer Rinnen und Falten. Die physiologische Bedeutung dieser Faltungen liegt auf der Hand: es handelt sich um die Erzielung einer möglichst grossen resor- birenden resp. secernirenden Oberfläche. Zunächst scheint damit eine verschiedene histologische Differenzirung der freien und basalen Falten- Magenrinne. 459 theile nicht verbunden zu sein, denn Maurice fand bei Frragaroides noch überall die Wand ganz gleichartig, und das Gleiche habe ich bei anderen Polyeliniden und auch einigen Botrylliden gesehen. Die verschiedenen Funetionen werden also gleichmässig von der ganzen Magenwand ausgeführt und sind nicht auf verschiedene Regionen vertheilt. Manche Cynthien scheinen sich ähnlich zu verhalten, während bei den Styelinen nach Lacaze- Duthiers und Delage, bei Diazona und Rhopalaea nach Lahille Drüsenzellen besonders an den Falten auftreten, so dass diese die Stelle der Leber vertreten. Diese Magenfalten sind daher zuweilen auch als Leberfalten bezeichnet worden. Dass die Faltenkämme mitunter durch eine besondere histologische Differenzirung sich auszeichnen, habe ich auch bei Botryllus angetroffen. Merkwürdiger Weise verhielten sich aber in dieser Beziehung nicht alle Falten gleichartig, und selbst im Bereiche einer Falte zeigten sich an verschiedenen Stellen vorn und hinten Ver- schiedenheiten. Im Gegensatz zu Lacaze-Duthiers fand ich aber die Drüsenzellen namentlich am Faltengrund entwickelt, während am freien Rande Flimmerzellen sassen, die für die Fortführung der halb verdauten Nahrung zu sorgen haben (siehe Fig. 17, Taf. XXI). Magenrinne. Verschieden von diesen Magenfalten ist die Magen- rinne, die in ihrer typischen Gestalt besonders bei Styelinen und Poly- styeliden entwickelt ist, aber auch gewissen Polycliniden (Morchellium, Morchelloides, besonders Amaroucium conicum) und Distomiden (Distoma erystallinum) nicht fehlt. Natürlich handelt es sich in den verschiedenen Familien um selbstständig aufgetretene Erwerbungen. Das Organ stellt eine gerade verlaufende kammförmige Ausstülpung der Magenwand dar, so dass im Inneren eine tiefe Rinne gebildet erscheint, die von zwei Längswülsten begrenzt wird. An diese setzen sich gewöhnlich die Magenfalten unter spitzen Winkeln an. Die inneren Ränder und der Boden der Rinne sind entweder glatt oder quergefurcht. Nach vorn zu ist die Rinne in den meisten Fällen durch den Cardiawulst abgeschlossen, nur selten setzt sie sich, worauf bereits oben (p. 453) hingewiesen wurde, direct in die Oeso- phagealrinne fort (Styela gyrosa, Polycarpa varians). Hinten führt sie in der Regel in ‘den am Pylorus sich entwickelnden Blindsack hinein (vgl. die Textfiguren 111A, B, C). Auch bei den Molguliden kommt vielfach eine Magenrinne vor. Bei manchen Arten, bei denen ein scharf abgesetzter Magenabschnitt fehlt und die Darmschleife die oben erwähnte einfache Gestalt zeigt, erstreckt sich die Rinne über eine grosse Strecke des absteigenden Darmastes. Sie kann nach vorn zu bis zum Kiemendarm reichen, also die Oesophageal- region durchsetzen, ohne hier im Gegensatz zum hinteren Abschnitt als Oesophagealrinne besonders kenntlich zu sein. Ihr Vorderende setzt sich zuweilen (Ctenicella rugosa, Stomatropa villosa) direct in das Retro- pharyngealband und den Endostyl fort (Pizon). Wo am Magen Leberlappen und Lebereoeca vorkommen, entspringen sie (im Gegensatz zum Pyloruscoecum) links und rechts, aber niemals 460 Aseidien. direct von. der Magenrinne Nach Pizon würde diese letztere eine ähnliche Function als Schleimdrüse haben, wie im Kiemendarm der Endostyl. Pylorusblindsack. Eine blindsackartige Ausstülpung am Pylorus- theil des Magens, das Pyloruscoecum (coecum pylorique der franzö- sischen Autoren), ist besonders bei Styelinen, Botrylliden (siehe Fig. 20, Taf. XXI), Polystyeliden entwickelt. Sie wurde bereits von Savigny (1816) genau erkannt und bildet sich stets an der dem Intestinum zu- gekehrten Wand, zumeist am Hinterende der Magenrinne. In der Regel bleibt sie klein und erreicht nur selten (Styelopsis grossularia, manche Botrylliden) eine bedeutendere Länge, die etwa ein Drittel der Dicke des Magens, bei Sarcobotrylloides purpureum weit über die Hälfte, betragen kann. Aber auch die grösseren Coeca entziehen sich leicht der Beob- achtung, und das möchte es vielleicht erklären, dass diese Blindsäckchen bei zahlreichen Species solcher Gattungen, bei denen sie normaler Weise vorkommen, bisher nicht aufgefunden wurden. Die meisten Autoren er- wähnen diese Gebilde überhaupt nicht besonders, und es wird daher nur dann auf ihr Nichtvorkommen zu schliessen sein, wenn sich die aus- drückliche Angabe findet, dass sie nicht nachgewiesen werden konnten. So soll das Coecum bei Dotrylloides gregalis (Sluiter), Sarcobotryllordes pannosum (Herdman) und mehreren Styeliden gänzlich fehlen. Zuweilen (Sarcobotrylloides anceps Herd., botrylloides rubrum) finden sich zwei Pyloruscoeca dicht neben einander vor. Bilden die Coeca nur kleine, unscheinbare Aussackungen, so sind sie geradegestreckt und erheben sich annähernd senkrecht über der Ober- fläche des Magens; erlangen sie eine bedeutende Länge, so sind sie horn- förmig und selbst spiralig gekrümmt. Stets mündet in sie die darm- umspinnende Drüse ein und zwar meistens nahe an ihrer Basis, wohl niemals am Blindende der Ausstülpung. Wo zwei Coeca auftreten, öffnet sich die Drüse in das vordere. So wie die Magenwand ist auch das Coecum von einem durchaus einschichtigen Epithel gebildet (Fig. 12, Taf. XXI). Seine histologische Beschaffenheit scheint von der des Magens kaum verschieden zu sein, nur dürfte die Wandung zumeist etwas dünner sein. Eine besondere Art Drüsenzellen vermochte ich bei Botrylliden im Blindsack nicht nachzu- weisen. Die histologische Structur der Wandungen klärt die physiologische Bedeutung der Pyloruscoeca nicht in genügender Weise auf; jedenfalls erlaubt sie nicht, dem Blindsack eine ganz besondere und eigenartige Function zuzuschreiben, vielmehr deutet sie darauf hin, dass durch die Ausbildung des Blindsackes lediglich eine Flächenvergrösserung erzielt wird. Mehrfach hat man allerdings den Divertikel als Leberlappen be- zeichnet, und namentlich bei den Styeliden mit der echten Leber der Cynthien homologisirt. Indessen rechtfertigt der histologische Bau der Wandung diese Auffassung nur bis zu einem gewissen Grade, und über- ne 9 era ed te Blindsäcke des Magens. A461 dies ist das Coecum zu wenig umfangreich, um für sich allein die Function einer Leber vollständig ausüben zu können. Magencoeca. In den eben behandelten Fällen besteht das Pylorus- eoecum neben typischen Magenfaltungen; bei zahlreichen anderen Arten, besonders in der Familie der Polyeliniden, finden sich dagegen sehr zahlreiche, über die ganze Magenoberfläche zumeist ganz unregelmässig vertheilte Blindsäckchen, die die Stelle von den Längsfalten der nächst Verwandten vertreten. Die Blindsäcke sind ent- Fig. 112. \.ed Magen und Mitteldarmregion von einigen Polyeliniden. (Nach Lahille) A von Ama- rouwcium Nordmani Milne Edw.; B von Fragarium areolatum D. Ch.; © von Amaroueium proliferum M.-Edw.; D von Morchellium argus M.-Edw. ed = Enddarm; m — Magen; md — Mitteldarm; oe = Oesophagus. weder zapfenförmig oder halbkugelähnlich, oder endlich keulen- und kolbenförmig, gestielt. Der Magen erhält dadurch ein maulbeer- oder morchelförmiges, zuweilen ein fast blumenkohlähnliches Aussehen. Die französischen Autoren bezeichnen ihn „estomaec areole*, die englischen „areolated stomach“ (siehe Textfigur 112 D). Da jeder Blindsack eine Ausstülpung der Magenwand darstellt, handelt es sich auch hierbei um eine Flächenvergrösserung des Magenepithels, mit der, ähnlich wie bei der Faltenbildung, eine dichtere Ansammlung der Drüsenzellen in den Blindsäcken verbunden sein kann. Diese eigenthümliche Magenform lässt sich unschwer von einem normal längsgefalteten Stadium, wie es oben beschrieben wurde, ableiten (Textfigur 112 A), und die vergleichend anatomische Betrachtung lehrt uns die Zwischenstadien *) bei bestimmten Species kennen. Bei Fragarıum #®) Nach den letzten Angaben von Hartmeyer (1899) möchte es fast so scheinen, als ob unter den Monascidien bei Chelyosoma Macleayanum ebenfalls ein derartiges Uebergangsstadium vorhanden wäre. Während namentlich im unteren Magentheil Längs- falten vorhanden sind, sollen an anderen Stellen wulstförmige oder auch buckelartige Er- hebungen vorkommen, die vom Magenlumen unvollständig abgeschlossene Kammern um- schliessen. 462 Aseidien. areolatum (Textfigur 112 5) sieht man deutlich, wie die Auflösung der meisten Falten in einzelne, meist längsgestreckte Blindsäcke erfolgt, und Amaroucium proliferum (Textfigur 112 C) zeigt ebenfalls die Auflösung schmaler, mehr oder minder schräg verlaufender langer Faltungen in einzelne Abschnitte. Lahille hat diese letzteren Magenformen, bei denen niemals kleine gestielte Blindsäckchen, sondern zumeist längs- gestreckte vorkommen, zutreffend als „estomac pseudo-areole“ bezeichnet. Nach dieser Darstellung der Genese des maulbeerförmigen Magens wird man die Zahl und Vertheilung der Ausstülpungen mit den ursprüng- lichen Längsfalten in Zusammenhang bringen dürfen. Wo diese letzteren zahlreich waren und dicht neben einander standen, wird sich das Gleiche bei den Blindsäckehen wiederholen; wo nur wenige Falten vorhanden waren, werden nur verhältnissmässig wenige Coeca auftreten, und es wird daher der Magen wie mit einigen grossen Warzen oder unregelmässigen Verdickungen behaftet erscheinen (Amaroucium astraeoides Sluit. Am. blochmanni Heiden). Individuelle Variationen. Dass der maulbeerartige, mit Blind- säcken besetzte Magen phylogenetisch, und in manchen Fällen wahrschein- lich auch jetzt noch ontogenetisch, aus einem längsgefalteten hervor- gegangen ist, macht es erklärlich, dass beide Magenformen zuweilen als individuelle Variationen bei verschiedenen Individuen einer Art vor- zukommen scheinen. So berichten Giard, Lahille und Herdman, dass bei Oireinalium conerescens der Magen längsgefaltet ist, während Drasche ausdrücklich hervorhebt: „den Magen dieser Thiere fand ich stets maulbeerförmig und nicht, wie Giard... . angiebt, gefaltet“. Allerdings scheinen, nach Drasche’s Abbildung zu urtheilen, die ein- zelnen Blindsäcke genau in Längsreihen zu stehen. Uebrigens kommen noch andere individuelle Verschiedenheiten der Magenformen vor. So kann z. B. der Magen bei den verschiedenen Indi- viduen einer Species entweder spitzoval oder nahezu cubisch geformt sein (Didemnum Savignyi Herdman), oder er variirt noch auffallender und ist entweder glatt oder warzig und flach gewulstet (Amaroucium Bloch- mannı Heiden). Bei Atopogaster gigantea ist der Magen glatt oder in unregelmässiger Weise quergefaltet. Trotz dieser individuellen Variationen pflegt man der Gestalt des Magens eine hohe systematische Bedeutung beizumessen, wenigstens so weit es sich um die Species handelt. Ich muss aber doch einiges Bedenken tragen, die zahlreichen Arten, die, wenn auch nicht ausschliess- lich, so doch vornehmlich auf Grund einer eigenartigen Form des Magens oder einer anderen Besonderheit des Darmcanales aufgestellt worden sind, ohne Weiteres als gute Species anzuerkennen. Mit Recht wird daher bei den Gattungsdiagnosen auf die Form des Magens im Allgemeinen nur ein untergeordneter Werth gelegt, und mehrfach vereinigt man Species mit glatten und deutlich längsgefalteten Magenwänden in einem Genus, Beschaffenheit des Mitteldarms. 465 so 2. B. Psammaplidium, Polyclinum (P. meridianum mit glattem Magen), Distoma, Leptoclinum. Die Längsfalten des Magens sind in verschiedenen Gruppen der ein- fachen und zusammengesetzten Ascidien selbstständig und unabhängig von einander aufgetreten, um dem Bedürfniss nach Flächenvergrösserung der Magenwand zu genügen. Ebenso scheint bei mehreren Gattungen der Synaseidien in selbstständiger Weise wieder eine Auflösung der Längsfalten in allmählich regellos über die ganze Magenoberfläche sich vertheilende Coeca erfolgt zu sein. Damit wäre bewiesen, dass eine Uebereinstimmung in der Beschaffenheit des Magens durchaus nicht immer auf‘ die nächsten verwandtschaftlichen Beziehungen der betreffenden Arten hindeutet, sondern sich auch aus dem Prineip der convergenten Züchtung erklären kann. 3. Der Mitteldarm. Der Mitteldarm ist vielleicht der variabelste Abschnitt des ganzen Darmeanals. Es ist schon oben erwähnt worden, dass er sehr häufig, zumal bei den Monascidien, als ein gesondertes Gebilde überhaupt nicht nachweisbar ist, dass das ganze auf den Magen folgende Darmrohr ein- heitlich erscheint und als Intestinum zu bezeichnen ist. Häufig wird man aber auch in einem solchen Intestinum eine gewisse Region, wenn- gleich sie auch nicht scharf abzugrenzen ist, mit dem Mitteldarm ver- eleichen und vielleicht auch so bezeichnen dürfen, und zwar entweder den an den Magen sich ansetzenden, noch in den Bereich des absteigenden Schenkels fallenden Theil des Intestinums (siehe Fig. 6, Taf. XXI) oder die beide Schenkel verbindende Krümmungsstelle (Fig. 4 u. 8, Taf. XXI). Oft aber fehlt jeder Anhaltspunct dafür, wie weit der Mitteldarm reichen könnte (Fig. 5, Taf. XXI]). Während in diesen Fällen der Mitteldarm deutlich die Tendenz zeigt, als ein selbstständiger Darmabschnitt zu verschwinden, ist in anderen seine Neigung zu einer reicheren Gliederung unverkennbar. Stellt er nur einen einheitlichen, gegen Magen und Enddarm zu scharf gesonderten Abschnitt dar, so ist dieser in der Regel mehr oder minder schlauch- ähnlich gestaltet (Textfigur 110 A, p. 448), zuweilen auch zu einer un- regelmässig geformten Blase aufgebläht. Da, wo er sich in zwei Theile gesondert hat, können diese sich in sehr verschiedener Weise differenziren. Zuweilen sind, so wie fast immer auf frühen Entwieklungsstadien, beide Abschnitte ziemlich ähnlich gestaltet, nur der eine oder andere ein wenig länger oder kürzer (Textfigur 110 B). Häufig erscheint der vordere Theil nur wie ein kurzer röhren- oder trichterförmiger Anhang am Magen, während der hintere zu einem umfangreicheren, sehr mannigfaltig ge- stalteten Sack auswächst; doch kann der erstere auch schlauchartig längs- gestreckt sein (Fragaroides aurantiacum). Bei manchen Ascidien gliedert sich der vordere Abschnitt selbst wieder in zwei mehr oder minder scharf 464 Aseidien. getrennte Theile, so dass drei Regionen des Mitteldarms zu unterscheiden sind (siehe Textfigur 112). Die beiden Hauptabschnitte des Mitteldarms wurden bereits von Savigny bei mehreren Synascidien gesehen und später genauer von Milne-Edwards untersucht. Den vorderen bezeichnete er als Duodenum, den hinteren als Chylusdarm (ventricule chilifique) und verglich ihn mit dem gleichbenannten Organ der Insecten. Doch besteht eine solche Uebereinstimmung nicht, weder in morphologischer noch in physiologischer Beziehung. Andere Autoren haben den Mitteldarm oder doch wenigstens seinen Vordertheil als Nachmagen (post-estomac) be- zeichnet. So stellt Lahille’s „post-estomac“, der zuweilen aus zwei Portionen besteht, den vorderen Hauptabschnitt des Mitteldarms dar, und nur der hintere, der ungegliedert bleibt, wird von diesem Forscher „intestin moyen‘“ genannt. Häufiger als im Oesophagus und Magen bleibt die Wandung im Mitteldarm straff ausgespannt, glatt und ohne Faltungen. Doch fehlen solche durchaus nicht gänzlich, und neben seichteren, unregelmässig ver- laufenden Runzelungen aller Art treten regelmässige tiefe Längsfalten auf. Diese Längsfalten können auf die Mitteldarmregion beschränkt sein - (Polycarpa pilella), oder sie beginnen bereits im Magen und setzen sich sogar weit in den Enddarm fort, diesen zuweilen bis nahe zum Anus durehsetzend (Chelyosoma Macleayanım, siehe auch Textfigur 111). Auch tief einschneidende, transversal verlaufende, ringähnliche Furchen kommen zuweilen zur Ausbildung (Heterotrema Sarasinorum). Die Art und Weise, wie der Mitteldarm sich mit dem Magen und Hinterdarm verbindet, zeigen erhebliche Unterschiede. Wie bereits oben bemerkt wurde (p. 455), kann er sich, so wie es der Oesophagus in den Cardiaabschnitt thut, gelegentlich ganz in den Pylorustheil einsenken, um von diesem trichterförmig umgeben zu werden. Dann ist die Pylorus- öffnung nur sehr eng. Zuweilen aber, und das ist stets da der Fall, wo Magen und Mitteldarm ohne scharfe Grenze in einander übergehen, ist der Pylorus annähernd so weit wie das Mitteldarmlumen selbst. Die gleichen Unterschiede begegnet man an der Uebergangsstelle von Mittel- und Enddarm. Während bei den Monascidien beide Stücke ganz allmäh- lich in einander übergehen, bohrt sich bei sehr zahlreichen Synascidien das sich rasch verjüngende hintere Mitteldarmende in den erweiterten Anfangstheil des Enddarmes ein und wird von diesem kragenartig um- fasst (Fig. 13, Taf. XXI). Es besteht dann nur eine feine Oeffnung zwischen diesen beiden Darmabschnitten, die aber erweiterungsfähig ist, um den Durchtritt der in Bildung begriffenen Kothballen zu gestatten. In histologischer Beziehung gleicht die Mitteldarmwand in hohem Maasse der des Oesophagus. Sie wird von einem durchaus ein- schiehtigen Cylinderepithel gebildet, das in der Regel etwas niedriger ist als im vordersten Darmtheil, und das bewimpert erscheint. Allerdings lassen sich die Flimmern nicht immer an allen Stellen mit gleicher Deut- Erklärung von Tafel XXI. Ascidien. III. Suppl. Fig. 1—3. Halbschematische Darstellung des Verlaufes der Darmschlinge bei verschiedene . Darmtractus von Styela (Polycarpa) natalensis Sluiter. (Nach Sluiter.) . Halbschematische Darstellung des Darmcanals von Ascidia mentula. . Darmcanal von Psammaplidium pantherinum. (Nach Sluiter.) . Darmcanal von Ascidia canaliculata Herd. (Nach Sluiter.) . Darmcanal von Culeolus perlueidus Herd. (Nach Herdman.) . Längsschnitt durch den Enddarm mit darmumspinnender Drüse von Botryllus viola . Querschnitt durch den Anfangstheil des Intestinums von Botryllus violaceus. 48, . Querschnitt durch das Pyloruscoeecum (pe) und den Ausführungscanal der darm- - Querschnitt durch die Cardiaregion des Magens von Botryllus violaceus. : 205, . Flächenschnitt durch Verzweigungen der darmumspinnenden Drüse von Botryliu - Kamm einer Magenfalte aus demselben Schnitt, stärker vergrössert. 400, . Rectalende des Darms einer Perophora Listeri. 5. . Darmcanal von Culeolus Murrayi schwach vergrössert. (Nach Herdman.) . Halbschematische Darstellung des Darmcanals eines Botryllus. Molguliden. ! = Leber. Ig = Längsgefässe; q9 — Quergefässe des Kiemendarms. ed — Enddarm. bl = Blasenförmige Erweiterung des Intestinums. Querschnitt durch den Oesophagus von Botryllus violaceus. 267, ceus. 247, ep — Epithel des Peribranchialraums, umspinnenden Drüse von Botryllus violaceus. +2°, Darmtractus von Perophora Listeri von der linken Seite gesehen. 2 ed = Enddarm. ep = Epithel der Peribranchialräume. violaceus. 282, (Querschnitt durch den Magen von Botryllus violaceus. 2$2, ep wie in Fig. 14. df = Darmfalte, ic = Intestinaleoecum. pe = Pyloruscoecum. r Tafel IM. " Seeligerlunicaten. Trth. Giesecke &.Deorıent. Erklärung von Tafel XX1. Ascidien. Fig. Ik Ne} Querschnitt durch die Mitte des Körpers eines Styelopsis grossularia. 3%. ene = sog. Endocarps; s — ventrales Septum zwischen den beiden Peri- branchialräumen. . Querschnitt durch die Spitze einer Kiemenfalte von Cynthia papillosa. >2. dg — innere Längsgefässe; tr, — Stütztrabekel zwischen den beiden Theilen der Falte, vom innern Peribranchialepithel (= äusseres Kiemenepithel) ausgehend. Längsschnitt durch einen eine Blutbahn enthaltenden Trabekel von Botryllus viola- ceus. 338. Längsschnitt durch einen fadenförmigen Trabekel desselben Thieres. 22%, Querschnitt durch einen dünnen Nebentrabekel von Phallusia mammillata. 2%3. Querschnitt durch einen grossen Haupttrabekel desselben Thieres. ı4#*, Querschnitt durch ein Endocarp einer Styelopsis grossularia. +++. Aus einem Querschnitt durch die Mitte einer entwickelten Ciona intestinalis; nur die mediane Dorsalregion ist gezeichnet worden. 2%. s — dorsales Septum zwischen den beiden Peribranchialräumen. Querschnitt durch ein grösseres dreitheiliges Endocarp (ene) einer Cynthia papillosa. ++, Tafel AXIL. — onam‘ ) Si Dith ‚Giesecke &.Deorient. WEN a N. &. BRONN’S Klassen und Ordnungen des THIER-REICHS wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Dritter Band. Supplement. Tunicata (Mantelthiere). Bearbeitet von Dr. Osw. Seeliger in berlin. Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen. 1. Lieferung. Leipzig. Printed in Carr C. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1893. m — — — ——— Eh f} An DR BETZ ey UF Mi pak ATE IN TR, RO ÖOREER VER R0 In der ©. F. Winter’schen Verlagshandlung in Leipzig ist erschienen: Dr. H. G. Bronn’s OR Klassen und Ordnungen des Thier-Reichs, wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. In compleiten Bänden resp. Abtheilungen: Erster Band. Protozoa. Von Dr. ®. Bütschli, Professor in Heidelberg. Cplt. in 3 Abthlgn. Abthlg.I. 30 Mk. — Abthlg. II. 25 Mk. — Abthlge. III. 45 Mk. Zweiter Band. Porifera. Von Dr. 6. C. J. Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark. Zweiter Band. Ill. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). Von Dr. H. Ludwig, Professor in Bonn. Erstes Buch. Die Seewalzen. Mit 17 lithographirten Tafeln, sowie 25 Figuren und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark. Dritter Band, Mollusea (Weichthiere). Von Dr. H. Simroth. Prof. in Leipzig. Erste Abtheilung Amphineura u. Scapho- poda. Preis 32 Mk. 50 Pf. Vierter Band. Würmer (Vermes). Von Dr. M. Braun, Prof. in Königsberg. Erste Abtheilung. Preis 47 Mk. Fünfter Band. Gliederfüssler (Arthropoda). Erste Abtheilung. Von Prof. Dr. A. Gerstaecker, Mit 50 lithogr. Taf. Preis43 Mk. 50 Pf. Sechster Band, II. Abtheilung. Wirbelthiere. Amphibien. Von Dr. €, K. Hoffmann, Prof. in Leiden. Mit 53 lithogr. Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk. Sechster Band, III. Abtheilung. Beptilien. Von Dr. €. K. Hoffmann, Professor in Leiden. Cplt. in 3 Unter-Abthlgn. I. 28 Mk. — II. 40 Mk. — Ill. 42 Mk. Sechster Band. IV. Abtheilung. Vögel: Aves. Von Dr. Hans Gadow in Cambridge. I. AnatomischerTheil. Mit59 lithographirten Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 63 Mark. I. Syste- matischer Theil. Preis 12 Mark. Ferner in Lieferungen a I Mark 50 Pf.: Zweiter Band, II. Abtheilung. Coelenterata (Hohlthiere). Von Prof. Dr. Carl Chun. Lfg. 1—17. Zweiter Band. III. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). Von Dr. H. Ludwig, Professor in Bonn. Zweites Buch. Die Seesterne. Lfg. 17—21. | Dritter Band. Mollusca (Weichthiere). Von Dr. H. Simroth, Prof. in Leipzig. Zweite Abtheilung. Lfg. 22—34. Dritter Band. Supplement: Tunicata (Mantelthiere). Von Dr. Osw. Seeliger, Prof. in Berlin. Lfg. 1—20. Vierter Band. Würmer (Vermes). Von Prof. Dr. M. Braun, Zweite Abtheilung. Lfe. 31 —55. Vierter Band, Supplement. Nemertini (Schnurwürmer). Von Prof. Dr. ®, Bürger, Privatdocent in Göttingen. Lfg. 1—9. Fünfter Band. Gliederfüssler (Arthropoda. Zweite Ab- theilung. Von Prof, Dr. A, Gerstaecker, Fortges. von Prof. Dr. A. E. Ortmann. Lfg. 1—49. Sechster Band, V. Abtheilung. Säugethiere: Mammalia. Von Dr. €. 6, Giebel. Fortgesetzt von Dr. W, Leche, Prof. der Zoologie an der Universität zu Stockholm. Lfe. 1--50. Buchdruckerei d.Leipz. Tagebl. (E. Polz), Leipzig. D' H. G&. BRONN’S Klassen und Ordnungen THIER-REICHS. wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Dritter Band. Supplement. Tunicata (Mantelthiere). Dr. Osw. Seeliger in Berlin. Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen. 2. u. 3. Lieferung. RN ee re gr Bearbeitet von Leipzig. Printed in Car \ C. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1394. m [0000000 m nn — ne nn 2 r ER SRH > EN DT a MW E An v Y In der ©. F. Winter’schen Verlagshandlung in Leipzig ist erschienen: Dr. H. &. Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thier-Reichs @ 2 wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Erster Band, Protozoa. Von Dr. 0. Bütschli, Professor in Heidelberg. 1.—64. Lieferung & 1 Mark 50 Pf. Oplt. in 3 Abthlen. Abthlg. I. 30 Mk. — Abthlg. II. 25 Mk. — Abthlg. III. 45 Mk. Zweiter Band, Porifera. Von Dr. 6. C. J. Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark. Zweiter Band. IL. Abtheilung. Coelenterata (Hohlthiere. Von = Prof. Dr. Carl Chun. Lfg. 1—5 ä& 1 Mk. 50 Pf. Zweiter Band, III. Abtheilung. Eehinodermen (Stachelhäuter). Von Dr. H. Ludwig, Professor in Bonn. 16 Lieferungen ä 1Mk. 50 Pf. Dritter Band, Mollusca (Weichthiere. Von Dr. H. Simroth in Leipzig. (Bis jetzt 6 Lieferungen ä 1 Mark 50 Pf. erschienen.) Vierter Band. Wünrmaer (Vermes). Begonnen von Dr. H. A. Pagen- stecher, Prof. in Hamburg. Fortgesetzt von Prof. Dr. M. Braun. (Bis jetzt 30 Lieferungen ä 1 Mark 50 Pf. erschienen) Fünfter Band, Gliederfüssier (Arthropoda). Erste Abtheilung. Crustacea. (Erste Hälfte) Von Dr. A, Gerstaecker, Professor an der Universität zu Greifswald. 82°/, Druckbogen. Mit 50 litho- graphirten Tafeln. Preis 43 Mark 50 Pf. Fünfter Band, Zweite Abtheilung. 1.—34.Liefrg. &1 Mark 50 Pf. Sechster Band, Wirbelthiere. Zweite Abtheilung. Amphibien. Von Dr.€, K. Hoffmann, Prof. in Leiden. 45!/, Druckb. Mit53lithogr. Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk. Sechster Band. I. Abtheilung. Fische: Pisces. Von Dr. A. A, W, Hubrecht in Utrecht. (Bis jetzt 4 Lfgn. ä& 1 Mk. 50 Pf. erschienen.) Sechster Band, III Abtheilung Reptilien. Von Dr. ©. K. Hoffmann, Professor in Leiden. Lieferung 1—69. (Liefrg. 1—41 u. 43—69 ä 1 Mark 50 Pf., Liefrg. 42 ä& 2 Mark.) Cplt. in 3 Unter- Abthlgn. I. 28 Mk. — II. 40 Mk. — III. 42 Mk. Sechster Band. IV. Abtheilung. Vögel: Aves. Von Dr. Hans Gadow in Cambridge. I. Anatomischer Theil. Preis 63 Mark. II. Systematischer Theil. Preis 12 Mark. Sechster Band, V. Abtheilung. Säugethiere: Mammalia. Von Dr. €. 6. Giebel, weil. Professor an der Universität in Halle. Fort- gesetzt von Dr. W. Leche, Prof. der Zoologie an der Universität zu Stockholm. (Bis jetzt 41 Lieferungen ä1 Mark 50 Pf. erschienen.) N Doctor d. Philosophie u. Medicin, o. 6. Prof. Leuckai \, Rudolph, d. Zoologie u.Zootomie an d. Univ. Leipzig, Die Parasiten des Menschen und die von ihnen herrührenden Krankheiten. Ein Hand- u. Lehrbuch f. Naturforscher u. Aerzte. Erster Band. 1. Lfg. 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Supplement. | Tunicata (Mantelthiere). | a ER Er Leipzig. C. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1895. 13 Kh ch I RS & ") In der ©. F. Winter’schen Verlagshandlung in Leipzig ist erschienen: Dr. H. G. Bronn’s Klassen und Ordnungen Thier Reichs wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Erster Band, Protozoa. Von Dr. ©. Bütschli, Professor in Heidelberg. 1.— 64. Lieferung ä 1 Mark 50 Pf. Cplt. in 3 Abthlen. Abthle. I. 30 Mk. — Abthle. II. 25 Mk. — Abthlg. III. 45 Mk. Zweiter Band. Porifera. Von Dr. 6. C. J. Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark. Zweiter Band. II. Abtheilung. Coelenterata (Hohlthiere). Von Prof. Dr. Carl Chun. Lfg. 1—10 ä& 1 Mk. 50 Pf. Zweiter Band, III. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). Von Dr. H. Ludwig, Professor in Bonn. Erstes Buch. Die Seewalzen. Mit 17 lithographirten Tafeln, sowie 25 Figuren und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark. Dritter Band. Mollusea (Weichthiere. Von Dr. H. Simroth in Leipzig. (Bis jetzt 14 Lieferungen ä 1 Mark 50 Pf. erschienen.) Dritter Band. Supplement, Tunicata (Mantelthiere. Von Dr. Osw. Seeliger in Berlin. Lieferung 1—3 ä 1 Mark 50 Pf. Vierter Band. Würmer (Vermes). Begonnen von Dr. H. A, Pagen- stecher. Prof. in Hamburg. Fortgesetzt von Prof. Dr. M, Braun. (Bis jetzt 35 Lieferungen ä 1 Mark 50 Pf. erschienen.) Fünfter Band. Gliederfüssler (Arthropoda). Erste Abtheilung. Crustacea. (Erste Hälfte) Von Dr. A. Gerstaecker. Professor an der Universität zu Greifswald. 82°/, Druckbogen. Mit 50 litho- graphirten Tafeln. Preis 43 Mark 50 Pf. Fünfter Band. Zweite Abtheilung. 1.—40.Liefrg. & 1 Mark 50 Pf. Sechster Band, I. Abtheilung. Fische: Pisces.. Von Dr. A, A, W, Nubrecht in Utrecht. (Bis jetzt 4 Lfen. & 1 Mk. 50 Pf. erschienen.) Sechster Band, II. Abtheilung. Wirbelthiere. Amphibien. Von Dr.€, K. Hoffmann, Prof. in Leiden. 45'/, Druckb. Mit53 lithogr. Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk. Sechster Band. III. Abtheilung. Beptilien. Von Dr. C. K. Hoffmann, Professor in Leiden. Lieferung 1—69. (Liefrg. 1—41 u. 43—69 ä 1 Mark 50 Pf., Liefrg. 42 ä 2 Mark.) Cplt. in 3 Unter- Abtblgn. 1.28 Mk. — 11.40 Mk. — Ill. 42 Mk. Sechster Band. IV. Abtheilung. Vögel: Aves. Von Dr. Hans 6adow in Cambridge. I. AnatomischerTheil. Mit59 lithographirten Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 63 Mark. II. Syste- matischer "Theil. Preis 12 Mark. Sechster Band, V. Abtheilung. Säugethiere: Mammalia. Von Dr. €. @. Giebel, weil. Professor an der Universität in Halle. Fort- gesetzt von Dr. W, Leche, Prof. der Zoologie an der Universität zu Stockholm. (Bis jetzt 41 Lieferungen ä1 Mark 50 Pf. erschienen.) Buchdruckerei d. Leipz. Tagebl. (E. Polz), Leipzig. m mmm_— 8 ce D" H. &. BRONN’S Klassen und Ordnungen wissenschaftlich dargestellt | es | THIER-REICHS, in Wort und Bild. Tunicata (Mantelthiere). Bearbeitet von Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen. 6.1.2.8, 2. u 10. Loeferung: EN ge Der a REN | Dritter Band. Supplement. | Dr. Osw. Seeliger in Berlin. | Leipzig. C. F. Winter’sche Verlagsshandlung. 1897. In der ©. F. Winter’schen Verlagshandlung in Leipzig ist erschienen: Dr. H. G. Bronn’s Klassen und Ordnungen Thier -Reichs wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Erster Band, Protozoa. Von Dr. 0, Bütschli, Professor in Heidelberg. 1.— 64. Lieferung ä 1 Mark 50 Pf. Cplt. in 3 Abthlgn. Abthlg. I. 30 Mk. — Abthlg. II. 25 Mk. — Abthlg. III. 45 Mk. Zweiter Band. Porifera. Von Dr. 6. €. J. Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark. Zweiter Band. II. Abtheilung. Coelenterata (Hohlthiere). Von Prof. Dr. Carl Chun. Lfg. 1—10 ä 1 Mk. 50 Pf. Zweiter Band. III. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). Von Dr. H, Ludwig, Professor in Bonn. Erstes Buch. Die Seewalzen. Mit 17 lithographirten Tafeln, sowie 25 Figuren und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark. Zweites Buch. Die Seesterne. Lfs. 17 —19. Dritter Band, Mollusca (Weichthiere). Von Dr. H, Simroth, Prof. in Leipzig. (Bis jetzt 21 Lieferungen ä 1 Mark 50 Pf. erschienen.) Dritter Band. Supplement. Tumnicata (Mantelthiere). Von Dr. Osw. Seeliger in Berlin. Lieferung 1—5 ä1 Mark 50 Pf. Vierter Band, Würmer (Vermes). Begonnen von Dr. H. A. Pagen- stecher, Prof, in Hamburg. Fortgesetzt von Prof. Dr. M, Braun, (Bis jetzt 42 Lieferungen ä 1 Mark 50 Pf. erschienen.) Fünfter Band, Gliederfüssler (Arthropoda). Erste Abtheilung. Crustacea. (Erste Hälfte) Von Dr. A, Gerstaecker, Professor an der Universität zu Greifswald. 82°/, Druckbogen. Mit 50 litho- graphirten Tafeln. Preis 43 Mark 50 Pf. Fünfter Band, Zweite Abtheilung. 1.—46.Liefrg. ä1 Mark 50 Pf. Sechster Band, I. Abtheilung. Fische: Pisces. Von Dr. A, A. W, Hubrecht in Utrecht. (Bis jetzt 4 Lfgn. & 1 Mk. 50 Pf. erschienen.) Sechster Band. II. Abtheilung. Wirbelthiere. Amphibien. Von Dr.C.K. Hoffmann, Prof. in Leiden. 45'/, Druckb. Mit53lithogr. Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk. Sechster Band. Il. Abtheilung Beptilien. Von Dr. €. K. Hoffmann, Professor in Leiden. Lieferung 1—69. (Liefrg. 1—41 u. 43—69 ä 1 Mark 50 Pf., Liefrg. 42 & 2.Mark.) Cplt. in 3 Unter- Abthlgn. 1.28 Mk. — 11.40 Mk. — III. 42 Mk. Sechster Band. IV. Abtheilung. Vögel: Aves. Von Dr. Hans Gadow in Cambridge. I. AnatomischerTheil. Mit59 lithographirten Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 63 Mark. II. Syste- matischer Theil. Preis 12 Mark. Sechster Band. V. Abtheilung. Säugethiere: Mammalia. Von Dr. €. 6. Giebel, weil. Professor an der Universität in Halle. Fort- gesetzt von Dr. W, Leche, Prof. der Zoologie an der Universität zu Stockholm. (Bis jetzt 44 Lieferungen ä1 Mark 50 Pf. erschienen.) Buchdruckerei d.Leipz. Tagebl. (E. Polz), Leipzig. - # u dar RE U 5 een nn nn nn nn nn Klassen und Ordnungen wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. y THIER-REICHS, | | Dritter Band. Supplement. Tunicata (Mantelthiere). Bearbeitet von Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen. 11., 12., 13., 14. u. 23. Lieferung. u8 ic D" H, 6. BRONN’S AR | | | | | | | | | | | | Dr. Osw. Seeliger in Berlin. | ‚Leipzig. rinted in C. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1893. v ea M a As In der ©. F. Winter’schen Verlagshandlung in Leipzig ist erschienen: Dr. H. G. Bronn’s | Klassen und Ordnungen des Thier-Reichs, wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. In completen Bänden resp. Abtheilungen: Erster Band, Protozoa. Von Dr. 0. Bütschli, Professor in Heidelberg. Cplt. in 3 Abthlgn. Abthlg.I. 30 Mk. — Abthle. H. 25 Mk. — Abthle. III. 45 Mk. Zweiter Band, Porifera. Von Dr. 6. C. J. Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark. Zweiter Band, Ill. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). Von Dr. H, Ludwig, Professor in Bonn. Erstes Buch. Die Seewalzen. Mit 17 lithographirten Tafeln, sowie 25 Figuren und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark. Dritter Band, Mollusea (Weichthiere). Von Dr. H. Simroth. Prof. in Leipzig. Erste Abtheilung. Amphineura u. Scapho- poda. Preis 32 Mk. 50 Pf. Vierter Band. 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Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen. 16.,.14.,:18., 19, u. 20. Lieferung: a Or 8 SD | | | | | | | | | | | | | | Dritter Band. Supplement. | | | | | | U Leipzig. C. F. Winter’sche Verlagshandlune. 1898. h U h NR MAN HL Pax; Yale " In der ©. F. Winter’schen Verlagshandlung in Leipzig ist erschienen: Dr. H. G. Bronn’s | Klassen und Ordnungen des Thier-Reichs, wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. In completen Bänden resp. Ahbtheilungen: Erster Band. Protozoa. Von Dr. ®. Bütschli, Professor in Heidelberg. Cplt. in 3 Abthlgn. Abthlg.I. 30 Mk. — Abthlg. I. 25 Mk. — Abthlg. IH. 45 Mk. Zweiter Band. Porifera. Von Dr. 6. €. J. Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark. Zweiter Band. III. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). Von Dr. H. Ludwig, Professor in Bonn. Erstes Buch. Die Seewalzen. Mit 17 lithographirten Tafeln, sowie 25 Figuren und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark. Dritter Band, Mollusea (Weichthiere). Von Dr. H, Simroth. Prof. in Leipzig. Erste Abtheilung Amphineura u. Scapho- poda. Preis 32 Mk. 50 Pf. Vierter Band. Würmer (Vermes). Von Dr. M. Braun, Prof. in Königsberg. Erste Abtheilung. Preis 47 Mk. Fünfter Band, Gliederfüssler (Arthropoda). Erste Abtheilung. Von Prof. Dr. A, Gerstaecker. Mit 50 lithogr. Taf. Preis45 Mk. 50 Pf. Sechster Band, II. Abtheilung. Wirbelthiere. Amphibien. Von Dr. €, K. Hoffmann, Prof. in Leiden. Mit 53 lithogr. Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk. Sechster Band, III. Abtheilung. Beptilien. Von Dr. €. K. Hoffmann, Professor in Leiden. Oplt. in 3 Unter-Abthlgn. I. 23 Mk. — II. 40 Mk. — 1l1l. 42 Mk. Sechster Band, IV. Abtheilung. Vögel: Aves. Von Dr. Hans Gadow in Cambridge. I. AnatomischerTheil. Mit59 lithographirten Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 65 Mark. II. Syste- matischer Theil. Preis 12 Mark. Ferner in Lieferungen a 1 Mark 50 Pf:: Zweiter Band, II. Abtheilung. Coelenterata (Hohlthiere). Von Prof. Dr. Carl Chun. Lfg. 1—17. Zweiter Band. IIL Abtheilung. Eehinodermen (Stachelhäuter). Von Dr. H. Ludwig, Professor in Bonn. Zweites Buch. Die Seesterne. Lfg. 17—21. Dritter Band. Mollusca (Weichtbiere). Von Dr. H. Simroth, Prof. in Leipzig. Zweite Abthbeilung. Lfg. 22—34. Dritter Band. Supplement, Tuniecata (Mantelthiere). Von Dr. Osw. Seeliger, Prof. in Berlin. Lfg. 1—1D. Vierter Band, Würmer (Vermes). Von Prof. Dr. M, Braun, Zweite Abtheilung. Lfg. 31—55. Vierter Band, Supplement. Nemertini (Schnurwürmer). Von Dr. 0. Bürger, Prof. in Göttingen. Lfg. 1—4. | Fünfter Band, Gliederfüssler (Arthropoda. Zweite Ab- theilung. Von Prof, Dr. A, Gerstaecker. Lig. 1—46. Sechster Band, V. Abtheilung. Säugethiere: Mammalia. Von Dr. €. 6. Giebel. Fortgesetzt von Dr. W. Leche, Prof. der Zoologie an der Universität zu Stockholm. Lfg. 1-—50. Buchdruckerei d. Leipz. Tagebl. (E. Polz), Leipzig. D" H. 6. BRONN’S Klassen und Ordnungen des THIER-REICHS wissenschaftlich dargestellt Dritter Band. Supplement. Tunicata (Mantelthiere). Bearbeitet von | aaa | | | Professor in Rostock. Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen. | | | | | _ Dr. Osw. Seeliger, | | | ee .._ 21, 22., 23., 24. u. 25. Lieferung. | Leipzig, . C. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1900. EN J ee In der ©. F. Winter’schen Verlagshandlung in Leipzig ist erschienen: Dr. H. G. Bronn’s So Klassen und Ordnungen des Thier-Reichs, wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. In completen Bänden resp. Abtheilungen: Erster Band. Protozoa. Von Dr. 0. Bütschli, Professor in Heidelberg. Cplt.in 3 Abthlen. Abthlg.I. 30 Mk. — Abthle. IL 25 Mk. — Abthlg. III. 45 Mk. Zweiter Band, Porifera. Von Dr. 6. €. J. Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark. Zweiter Band. II. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). Von Dr. H. Ludwig, Professor in Bonn. Erstes Buch. Die Seewalzen. Mit 17 lithographirten Tafeln, sowie 25 u ve und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark. Dritter Band, Mollusca (Weichthiere). Von Dr. H. Simroth, Prof. in Leipzig. Erste Abtheilung. Amphineura u. Scapho- poda. Preis 32 Mk. 50 Pf. Vierter Band. Würmer (Vermes). Von Dr. M. Braun, Prof. in Königsberg. Erste Abtheilung. Preis 47 Mk. Fünfter Band. Gliederfüssler (Arthropoda). Erste Abtheilung. Von Prof. Dr. A. Gerstaecker, Mit 50 lithogr. Taf. Preis43 Mk. 50 Pf. Sechster Band, II. Abtheilung. Wirbelthiere. Amphibien. Von Dr. €, K. Hoffmann, Prof. in Leiden. Mit 53 lithogr. Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk. Sechster Band, III. Abtheilung. Reptilien. Von Dr. C.K. Hoffmann, Professor in Leiden. Cplt. in 3 Unter RE 1. 23 Mk. — II. 40 Mk. — Ill. 42 Mk. Sechster Band, IV. Abtheilung. Vögel: Aves. Von Dr. Hans Gadow in Cambridge. I. AnatomischerTheil. Mit59lithographirten Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 63 Mark. II. Syste- matischer Theil. Preis 12 Mark. Ferner in Lieferungen & 1 Mark 50 Pf.: Zweiter Band. II. Abtheilung. Coelenterata (Hohlthiere). Von Prof. Dr. Carl Chun. Lfg. 1—17. Zweiter Band. III. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). Begonnen von Dr. H, Ludwig, Prof. in Bonn. Fortgesetzt von Dr. 0. Hamann, Prof. in Berlin. Zweites Buch. 22 See- sterne. Lfg. 17-— 36. Dritter Band. Mollusca (Weichthiere). Von Dr. H. Simroth, Prof. in Leipzig. Zweite Abtheilung. Lfg. 22—52. Dritter Band, Supplement. Tunicata (Mantelthiere). Von Dr. Osw. Seeliger, Prof. in Rostock. Lfg. 1—23. Vierter Band. Würmer (Vermes). Von Prof, Dr.M. Braun, Zweite Abtheilung. Lfg. 31 —62. Vierter Band, Supplement, Nemertini (Schnurwürmer). Von Dr. ©. Bürger, Professor in Santiago. Lfg. 1—17. Fünfter Band. Gliederfüssler (Arthropoda. Zweite Ab- theilung. Von Prof. Dr. A, Gerstaecker, Fortges. von Prof. Dr. A. E. Ortmann. Lfg. 1—59. Sechster Band, V. Abtheilung. Säugethiere: Mammalia. Von Dr. €. 6. Giebel. Fortgesetzt von Dr. W. Leche, Prof. der Zoologie an der Universität zu Stockholm. Lfg. 1—60. Buchdruckerei d. Leipz. Tagebl. (E. Polz), Leipzig. [) H. G. BRONN’S Klassen und Ordnungen des THIER- REICHS, wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. Dritter Band. Supplement. Bearbeitet von Dr. Osw. Seeliger, Professor in Rostock. Mit auf Stein gezeichneten Abbildungen. 26., 27, 28., 29. u. 30. Lieferung. | | Tunicata (Mantelthiere). | | | Leipzig. C. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1901. In der ©. F. Winterschen Vellssahandiune in. Ne zig = erschienen Dr. H.G. Bronn’s ER, Klassen und Ordnungen des Tier- Reichs .. wissenschaftlich dargestellt in Wort und Bild. in completen Bänden resp. Abtheilungen: _ Erster Band, Protozoa. Von Dr. ©. Bütschli, Professor in. Heidelberg. Cplt. in 3 Abthlgn. Abthlg. I. 30 Mk. — Abthlg. 1]::% 25 Mk. — Abthlg. II. 45 Mk. Y Zweiter Band, Porifera. Von Dr. 6. C, J, Vosmaer. Mit 34 Tafeln (darunter 5 Doppeltafeln) und 53 Holzschnitten. Preis 25 Mark Zweiter Band. Ill. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter) Von Dr. H. Ludwig, Professor in Bonn. Erstes Buch. Die Seewalzen. Mit 17 lithographirten Tafeln, sowie 25 u. und 12 Karten im Text. Preis 25 Mark. Dritter Band, Mollusea (Weichthiere). Von Dr. H, Simroth, Prof. in Leipzig. Erste Abtheilung Amphineura u. Scapho- poda. Preis 32 Mk. 50 Pf. sr Vierter Band. Würmer (Vermes). Von Prof. Dr. M. Braun. Abtheilung I a. Trematodes. Preis 47 Mk. Vierter Band. Würmer (Vermes. Von Prof. Dr. m Braun. ER Abtheilung I. b. Cestodes. Preis 50 Mark. a Fünfter Band. Gliederfüssier (Arthropoda). Erste Abth eilung. Von Prof. Dr. A. Gerstaecker, Mit 50 lithogr. Taf. Preis 43 Mk.50 Pf. Sechster Band, I. Abtheilung. Wirbeithiere. Amphibien. Von Dr. €. K. Hoffmann, Prof. in Leiden. Mit 53 lithogr. Tafeln (darunter 6 Doppeltafeln) und 13 Holzschn. Preis 36 Mk Sechster Band, IH. Abtheilung. Reptilien. Von Dr. ©. K. Hoffmann, Professor in Leiden. Cplit. in 3 Unter-Abthlgn. I. 23 Mk. — H. 40 Mk. — Ill. 42 Mk. Sechster Band. IV. Abtheilung. Vögel: Aves. Von Dr. HansGadow. in Cambridge I. AnatomischerTheil, Mit59 ira Tafeln und mehreren Holzschnitten. Preis 68 Mark. I. Syste- matischer Theil. Preis 12 Mark. Sechster Band. V. Abtheilung. Säugethiere: Mammalia. Von Dr. €. 6. Giebel. Fortgesetzt von Prof. Dr. W. Leche. Band I. 1. Hälfte. Preis 45 Mark. 2. Hälfte. Preis 48 Mark. Ferner in Lieferungen 3 I Mark 50 Pf»: Zweiter Band, II. Abtheilung. Coelenterata (Hohlthiere). Von Prof. Dr. Carl Chun. Lig. 1—17. Zweiter Band. III. Abtheilung. Echinodermen (Stachelhäuter). Begonnen von Dr. H, Ludwig, Prof. in Bonn. Fortgesetzt von. Dr. 0, Hamann, Prof. in Berlin. Zweites Buch. Die See sterne. Drittes Buch. Die Schlangensterne. Lfg.17—43. Dritter Band. Mollusca (Weichthiere). Von Dr. H. Simroth, Prof. in Leipzig. Zweite Abtbeilung. Lfg. 22—61. } Dritter Band. Supplement, Tunicata (Mantelthiere). Von Dr. Osw. Seeliger, Prof. in Rostock. Lfg. 1—30. | Vierter Band. Supplement: Nemertimi (Schnurwürmer. Von Dr. 0. Bürger, Professor in Santiago. Lfg. 1—17. AH Fünfter Band. Gliederfüssler (Arthropoda. Zweite Ab- theilung. Von Prof. Dr. 4, Gerstaecker, Fortges. von Prof. Dr. A, E, Ortmann. Lig. 1-62. | Sechster Band, I. Abtheilung. Fische. en Dr. E, LUunDeREn er Docent in Upsala. Lfe. 1. Buchdruckerei d. Leipz. Tagebl. (E. Polz), Leipzig. l Sa un rannte Ka MN £ Nr ER un) N > x $ [177 A m a