MASTER NEGA TIVE NO. 91-80418

MICROFILMED 1991 COLUMBIA UNIVERSITY LIBRARIES/NEW YORK

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AUTHOR:

HUME, DAVID

TITLE:

UNTERSUCHUNG ÜBER DEN MENSCHLICHEN VERSTAND

PLACE:

LEIPZIG

DATE:

1920

COLUMBIA UNIVERSITY LIBRARIES PRESERVATION DEPARTMENT

Master Negative #

BIBLIOGRAPHIC MICROFORM TARGET

Original Material as Filmed - Existing Bibliographie Record

P1.92H88 P821

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Philosophlcal essays concerning human under Standing« Qer«

Hume, David, 1711-1776.

Eine Untersuchung über den menschlichen Ver- stand. 8. Aufl. hrsg. von Raoul Richter Leipzig, Meiner, 1920

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223 p. (Philosophische Bibliothek.

cNeue Aufl.a Bd. 35)

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DAVID HUME

EINE UNTERSUCHUNG

ÜBER DEN

MENSCHLICHEN VERSTAND

ACHTE AUFLAGE

HERAUSGEGEBEN VON

RAOUL RICHTER

Der Philosophischen Bibliothek Band 35

LEIPZIG 1920 /VERLAG VON FELIX MEINER

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Drnek Ton Carl Marquart in Laipiig. BJOIU.

Inhalt

Vorwort des Übersetzers ...... ,V VUU

Vorbemerkung Humes * 1

I. Abschnitt: XJber die verschiedenen Arten

der Philosophie . .^ 2

II. Abschnitt: Über den Ursprung der Vor- stellungen 17

HL Abschnitt: Tiber die Assoziation der Vor- stellungen 24

IV. Abschnitt: Skeptische Zweifel in betreff

der Verstandestatigkeiten. Erster Teil 36

Zweiter Teil 49

V. Abschnitt: Skeptische Lösung dieser Zwei- fel. Erster Teil 52

Zweiter Teil 60

VI. Abschnitt: Über die Wahrscheinlichkeit . 70 Vn. Abschnitt: Von der Vorstellung der not- wendigen Verknüpfung. Erster Teil . 74 Zweiter Teil ......... 89

Vni. Abschnitt: Über Freiheit und Notwendig- keit Erster Teil 96

Zweiter Teil 114

IX. Abschnitt: Über die Vernunft der Tiere 122

X. Abschnitt: Über Wunder. Erster Teil . 128

Zweiter Teil 136

XL Abschnitt: Über eine besondere Vorsehung

und ein zukünftiges Dasein . . . . 156 XIL Abschnitt: Über die akademische oder

skeptische Philosophie. Erster Teil . 175

Zweiter Teil 182

Anhang: Deutsch- englisches, englisch -deutsches

Register 194

Vorwort

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Treue ist das gemeinsame Ziel, dem alle ge- wissenhaften Übersetzer zustreben. Meist aber ist die Treue zum Buchstaben nur mit einer Untreue sezen den Geist, oder die Treue zum Inhalt nur mit emer Untreue gegen die Form zu erkaufen. In den ver- schiedenen Möglichkeiten, diesen Wettstreit zu ent- scheiden, wurzeln die verschiedenen Grundsätze, von denen die Übersetzungen (oft des gleichen Werkes) be- wußt oder unbewuiJt geleitet werden.

Humes Enquiry conceming human miderstandina mit seiner herben erkenntnistheoretischen Fragestel- lung, mit seiner glatten Oberfläche und rätselhaften liefe ist m erster Linie ein klassischer Gegenstand des philosophischen Studiums und nicht des kÜIls^ lerischen Genusses. Danach hat sich die vorlieffende Übersetzung gerichtet.

I>arum sind von ihr zunächst alle irgendwie wich- togen Zusätze und Änderungen in den verschie- denen von Hume selbst besorgten Ausgaben mit auf- genommen und gegenüber dem zugrunde gelegten Text der letzten Ausgabe kenntlich gemacht worden: so vor allem das Advertisement, das gerade wegen der heftigen Angriffe, die es erfahren hat, be- sonders mteressant ist, die zehn Seiten langen Aus- führungen zur Assoziationstheorie, die in späteren Aus- ^r.^l 51^^®^^«^ ^ a- m. Dagegen konnten ganz gleichgültige Wortvarianten der einzelnen Ausgaben um 80 mehr unberücksichtigt bleiben, als der im übrigen mustergültige Text des Enquiry in den Fhilo- 9oph%cal works of David Hume, edited hy Green and Grose (new impression London 1898), der unserer Be- arbeitung als Original diente, keine vollständige, son- dern eine willkürliche Zusammenstellung der rein sti- listischen Verbesserungen bietet (wie ich mich durch

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Vorwort.

einen Vergleich der Anßgabe R mit Ausgabe A über- zeugen konnte).

Wichtiger und angreifbarer ist der Entschluß, einen irgendwie für den Sinn der Abhandlung bedeuten- den Ausdruck auch auf Kosten stilistischer Härten stets mit dem gleichen Wort© (oder Wörtern) im Deutschen wiederzugeben und andrerseits ein solches deutsches Wort niemals zur Übersetzung eines andern englischen Ausdrucks zu verwenden. Dabei sind in den Umkreis der „Termini" nicht nur die bekannten Schlagwörter wie impression und idea, sondern noch eine Fülle weiterer wesentlicher Ausdrücke wie reasoning, in- ference, Operation etc. hineinbezogen worden, deren Wahl für Humes philosophisches Ringen um die Be- wältigung seiner Probleme sehr bezeichnend, deren Kenntnis für das Verständnis seiner Gedanken nicht unerheblich ist Dies an sich schwierige Vorhaben wurde noch erschwert durch die Gewohnheit Humes, das gleiche Wort in einer weiteren und engeren, in einer laxeren und strengeren Bedeutung zu ge- brauchen, eine Eigentümlichkeit, in der die Verbindung von Common sense und erkenntnistheoretischer Finesse ihren Ausdruck findet

Ernster als das Opfer an schriftstellerischer Run- dung, was hierbei gelegentlich zu bringen war, wog das Bedenken, ob bei einer so weiten Ausdehnung und doch strengen Einhaltung der Terminologie nicht das Verständnis unseres Werkes mehr geschädigt als ge- fördert werde. Elrleichtert es nicht die Auffassung von Humes Gedanken, wenn diese im durchsichtigen Gewände der modernen Ausdrucksweise sich bei uns einführen? Sollte man nicht lieber etwa aentiment und feeling^ wo sie zur Bezeichnung der Farbenwahmehmung ver- wandt werden, mit „Empfindung", und wo sie die Er- regung des Zornes bedeuten, mit „Gefühl" wiedergeben, sie weder in sich noch in ihrem Unterschied gegen- einander kenntlich machen? Auch dies verführerische Ansinnen mui3te unsere Übersetzung zurückweisen. Denn diese Übersetzung will keine systematische Re- konstruktion, sondern eine Wiedergabe des geschicht- lichen Engm'ry sein. Über die Humesche Philosophie orientiert man sich freilich heute am leichtesten, wenn

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Vorwort.

VII

nüui den großen, in der wissenschaftlichen Termino- logie nicht zum geringsten Teil niederlegten Abstand zwischen den philosophischen und psychologischen Ein- sichten des 18. und denen des 19. Jahrhunderts nicht beachtet und ein vor dem Erscheinen der Ejritik der reinen Vernunft verfaßtes Werk in die Sprache Nietzsches oder Wundts überträgt Aber noch schneller versteht man es gewiß, wenn man auch seine veraltete Anordnung und Behandlungsweise, kurz seine gesamte Gedankenentwicklung und nicht nur seine Sprache sprengt und unter sachlichen (Gesichts- punkten eine neue Darstellung davon entwirft. In be- stimmtem Sinne begreift das Publikum unserer 25eit die Humesche Philosophie müheloser aus den Werken von Mach, Cornelius, Meinong Humesche Philo- sophie, aber nicht die Philosophie Humes. Und deren Übersetzung durfte nicht modernisiert werden, einer schnelleren Auffassung der heutigen Leserwelt zuliebe. Auch mit der Möglichkeit eines Mittelwegs, wie ihn die von Lipps geleitete, feinsinnige und tief dringende Übersetzung des Treatiscy des philosophischen Haupt- und Jugendwerks Humes, einschlägt, ist ernsthaft ge- rechnet worden. Lipps sucht Humes Ausdrucksweise besonders dort, wo sie mißverständlich scheint, unserer heutigen anzunähern, klärt aber über die Wendungen des Originaltextes durch ausführliche Anmerkungen den Leser auf. Neben dem Bedenken gegen die Ver- wendung spezifischer Ausdrücke der mcäemen Psycho- logie, deren Terminologie noch in so starkem Wandel begriffen ist, hat mich von dieser Art der Übertragung die dabei notwendige Fülle der Anmerkungen abge- halten. Der Treatise darin Kants Kritik der reinen Vernunft vergleichbar kann die 346 An- merkungen tragen, die sein jüngster Übersetzer ihm beigegeben hat. Eine Übersetzung des Enquiry, eines dreimal so kleinen und auf ein schnelleres Tempo der Lektüre berechneten Werkes würde ähnlidi wie Kants Prolegomena mit hundert Anmerkungen schon bedeutend überlastet sein. Zudem hätte ein Teil von ihnen nur mit andern Worten den unübertrefflichen Inhalt der Lippsschen Anmerkungen zu wiederholen vermocht

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VIII

Vorwori

So ist es bei den eingangs erwähnten Grundsätsen geblieben, deren Gefahren ich nicht verkenne. Ihnen einigermai3en zu begegnen, dienen die zwei im An- hang beigefügten Verzeichnisse: Ein englisch- deutsches, mit einer knappen Ausführung über den Sinn und das Vorkommen der wichtigsten Wörter, und ein deutsch-englisches, das dem Leser das Auf- finden eines gesuchten Ausdrucks im andern Register erleichtern soll und außerdem noch seltenere Ter- mini Humes enthält. Daß dort, wo sie nicht durch das terminologische Prinzip gebunden war, die Übersetzung sich auch der Nachbildung des Humeschen Stils be- fleißigt hat, ist selbstverständlich. Dieser Stil ist durchaus nicht immer „glatt" und durfte dort, wo er es nicht ist, natürlich nicht „verbessert" werden. Auch der preziöse Charakter des Stils sowie das äußerst be- zeichnende it may, could, seems to be usw. waren nach Kräften zu wahren. Von der schlechten Seite gesehen ist Humes Schreibweise umständlich und doch nach- lässig, von der guten Seite betrachtet: sachlich und doch geistreich. Berkeleys edle Durchsichtigkeit und gemessene Ruhe erreicht sie nicht.

Ursprünglich war nur eine Neubearbeitung d&r Kirchmannschen Übersetzung geplant worden. Aber deren Prinzipienlosigkeit in philosophischer, derein glatte Trivialisierung in formeller Beziehung ließen diese Bearbeitung unter den Händen zu einer völligen Neuübersetzung erwachsen. So ist sie allein der Bogenzahl nach um 30 Seiten umfangreicher geworden als ihre Vorgängerin. Mit der Übersetzung von Na- thanson (2. Auflage) teilt unsere Wiedergabe nur das allgemeine Ziel einer treuen Beachtung von Humes Terminologie und Stil (sowie die Aufnahme der Vari- anten), sucht aber auf beiden Punkten durch ein anders gerichtetes Sprachgefühl und daher mit ganz anderen Mitteln dieses Ziel zu erreichen.

Zum Schlüsse darf meiner FYau, auf deren Hilfe und Rat in den sprachlichen Fragen sich diese Über- setzung mit erbaut, der Dank nicht vorenthalten werden.

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Vorbemerkung/)

Die meisten Prinzipien und Gedankengänge, welche dieser Band enthält, sind bereits in einem dreibändigen Werk unter dem Titel: Eine Abhandlung über die menschliche Natur veröffentlicht worden, das der Verfasser schon vor seinem Abgang von der Uni- versität geplant hatte, und das er nicht lange danach niederschrieb und veröffentlichte. Da er den Erfolg ausbleiben sah, erkannte er seinen Irrtum, zu früh zur Veröffentlichung geschritten zu sein; er formte das Ganze zu den folgenden Aufsätzen neu um, in denen hoffentlich einige Nachlässigkeiten seines früheren Gedankengangs und noch mehr des Aus- drucks verbessert worden sind. Dennoch haben ver- schiedene Schriftsteller, welche die Philosophie des Verfassers einer Erwiderung gewürdigt haben, ge- flissentlich all ihr Geschütz gegen jene Jugendarbeit gerichtet, welche der Verfasser durchaus nicht an- erkannte; so haben sie sich den Sieg angemaßt auf Grund von Vorteilen, die sie angeblich über sie er- rungen haben wollten ein Verfahren, das allen Regeln der Wahrhaftigkeit und des Anstands in hohem Grade widerspricht, und zugleich ein schlagendes Bei- spiel jener Kniffe der Polemik, zu deren Anwendung bigotter Eifer sich für befugt erachtet Der Ver- fasser wünscht, daß in Zukunft die folgenden Auf- sätze allein als Darstellung seiner philosophischen An- sichten und Prinzipien betrachtet werden mögen,

*) Diese Vorbemerkung schickte Hume der letzten Aus- gabe der Essays voraus, die 1777 nach seinem Tode erschien.

Hume , Unterduchjf. üb d.monsohl. Verstand.

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Erster Abschnitt

Über die verschiedenen Arten der Philosophie.

Die Philosophie des Geistes oder die Wissen- schaft von der menschlichen Natur läßt sich auf zwei verschiedene Weisen behandeln, von denen jede ihr besonderes Verdienst hat und zur Unterhaltung, Be- lehrung und Besserung der Menschheit beitragen kann. Die eine betrachtet den Menschen haupt- sächlich als zum Handehi geboren, in diesem Han- deln durch Geschmack und Gefühl beeinflußt, einem Gegenstand nachstrebend und den anderen ver- meidend, je nach dem Wert, den diese Gegenstände zu haben scheinen, und der Beleuchtung, in der sie sich darstellen. Nun ist von allen Gegenständen die Tugend der wertvollste, und so malen die Philosophen dieser Gattung sie in den anmutigsten Farben, ent- lehnen dazu die Hilfsmittel der Dicht- und Redekunst und behandeln ihren Vorwurf in einer leichten und einleuchtenden Weise, wie sie der Einbildung am wohlgefälligsten ist und die Neigungen fesselt. Sie wählen die schlagendsten Beobachtungen und Bei- spiele aus dem täglichen Leben, stellen einander ent- gegengesetzte Charaktere in geeigneten Kontrast, und nachdem sie uns durch die Aussichten von Ruhm und Glück auf die Pfade der Tugend gelockt haben, lenken sie unsere ferneren Schritte durch höchst geh sunde Vorschriften und leuchtende Beispiele. Sie lassen uns den Unterschied zwischen Laster und Tugend empfinden; aie erwecken und regeln unsere Gefühle, und können sie nur unsere Herzen für die Liebe zu Rechtschaffenheit und wahrer Ehre gewinnen, so glauben sie den Bndzweck ihrer Anstrengungen voll erreicht zu haben.

Die Philosophen der zweiten Gattung betrachten

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Enter Abschnitt

Über die verschiedeDen Arien der Philosophie.

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den Meosolieii mehr im Lichte eines vernünftigen, als eines tätigen Wesens und bemühen sich mehr, seinen Verstand zu bilden, als seine Sitten zu ver- edeln. Sie betrachten die menschliche Natur als einen Gegenstand spekulativen Nachdenkens und prüfen sie ^ aufs genaueste, um diejenigen Prinzipien aufzufinden, welche unseren Verstand regeln, unsere Gefühle er- regen und uns veranlassen, ein bestimmtes Ding, eine Handlung oder ein Betragen zu billigen oder zu tadeln. Nach ihnen gereicht es aller Wissenschaft zum Vorwurf, daß die Philosophie noch immer nicht über jeden Streit erhaben die Grundlage der Moral, der Vernunfttätigkeit und der Geschmacksurteile fest- gelegt hat; daß sie fortwährend über Wahrheit und Unwahrheit, Laster und Tugend, Schönheit und Häß- lichkeit redet, ohne die Quelle dieser Unterschiede bestimmen zu können. Sie nehmen diese mühevolle Aufgabe in Angriff und lassen sich dabei durch keine Schwierigkeiten abschrecken; sondern von Einzelfällen zu allgemeinen Prinzipien aufsteigend, dehnen sie ihre Forschungen auf noch allgemeinere aus und gönnen sich keine Euhe, bis sie zu jenen Prinzipien gelangen, welche in jeder Wissenschaft den menschlichen EJr- kenntnistrieb beschränken müssen. Mögen auch ihre Spekulationen dem gewöhnlichen Leser abstrakt, ja unverständlich erscheinen, sie erstreben die Bil- ligung des Gelehrten und des Weisen und halten sich für die Anstrengungen ihres ganzen Lebens genugsam entschädigt, wenn sie einige verborgene Wahrheiten entdecken können, die vielleicht zur Belehrung der Nachwelt beitragen.

Sicherlich wird die leichte und einleuchtende Philosophie stets bei der Mehrzahl aller Menschen den Vorzug vor der genauen und unzugänglichen be- haupten, und viele werden sie nicht nur als angenehmer, sondern auch als nützlicher der anderen gegenüber empfehlen. Sie findet leichter Fühlung mit dem täg- lichen Leben, formt Herz und Gemüt, und durch Be- rührung jener Prinzipien, welche das Handeln des Menschen auslösen, bessert sie dessen Lebensführung und nähert ihn dem von ihr aufgestellten Muster der Vollkommenheit an. Die unzugängliche Philosophie

dagegen beruht auf einer Geistesrichtung, welche nicht ins praktische Leben eingehen kann; daher entschwin- det sie, wenn der Philosoph das Dunkel verläßt und ins Tageslicht tritt; auch können ihre Prinzipien nicht leicht nachhaltigen Einfluß auf unsere Fügung und unser Verhalten ausüben. Vor den Empfindungen unseres Herzens, den Stürmen unserer Leidenschaften, der Heftigkeit unserer Neigungen zerstieben alle ihre Schlüsse, und vom tiefsinnigen Philosophen bleibt nichts als der gewöhnliche Sterbliche.

Auch muß anerkannt werden, daß die leichte Philosophie den dauerhaftesten sowie rechtmäßigsten Ruhm errungen hat; dagegen scheinen abstrakte Denker bisher, wohl wegen der Laune und Unwissen- heit ihres eigenen Zeitalters, sich nur eines vorüber- gehenden Ansehens erfreut zu haben, ohne bei der billiger denkenden Nachwelt ihren Ruf behaupten zu können. Leicht kann einem tiefsinnigen Philosophen in seinen überfeinen Gedankengängen ein Versehen unter- laufen — das eine Versehen wird aber notwendig zum Erzeuger eines zweiten. Inzwischen geht der Philosoph in seinen Folgerungen weiter, ohne vor irgend einem Schluß zurückzuschrecken, mag dieser auch ungewöhn- lich erscheinen oder der Volksmeinung widersprechen. Begeht aber ein Philosoph, der nur den gemeinen Menschenverstand in schöneren und gewinnenderen Farben wiedergeben möchte, zufällig ein Versehen, so führt ihn das nicht weiter; sondern er kehrt von neuem zu dem gemeinen Verstand und den natür- lichen Gefühlen des Geistes zurück, kommt dadurch wieder auf die rechte Bahn und sichert sich vor jeder gefährlichen Täuschung. Der Ruhm Ciceros blüht noch heute; der des Aristoteles welkte völlig dahin. La Bruy^re dringt über die Meere und behauptet seinen Ruf auch dort; aber der Glanz des Male- branche ist auf sein eigenes Volk und seine eigene Zeit beschränkt; und Addison wird vielleicht mit Vergnügen gelesen werden, wenn Locke völlig ver- gessen sein wird.^)

*) Ausgaben E und P haben hier die Anmerkung: Dies soll in keiner Weise dem Verdienst des Herrn Locke Abbruch

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Erster Abachnitt.

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Der reine Philosoph ist eine Person, die der Welt meist nicht genehm ist, weil er angeblich weder zum Nutzen noch zum Vergnügen der Gesellschaft irgend beiträgt. Denn er lebt fern vom Verkehr mit den Menschen, eingesponnen in Prinzipien und Begriffe, die ihrem Verständnis gleichfalls fernstehen. Ander- seits wird der völlig Unwissende noch mehr ver- achtet; und nichts gut in einer Zeit und bei einem Volke, wo die Wissenschaften blühen, für ein so sicheres Zeichen eines kulturlosen Geistes, als jeden Geschmacks an dieser edlen Beschäftigung bar zu sein. Die vollkommenste Persönlichkeit wird meist zwischen jenen Extremen gesucht; für Bücher, Ge- sellschaft und Geschäfte soll sie gleich geschickt und genui3fähig bleiben; soll in der Unterhaltung jene Feinheit und jenen Takt bewahren, die aus den schönen Wissenschaften gewonnen wird, und in Geschäften jene genaue Rechtlichkeit, die das natürliche Ergebnis einer richtigen Weltanschauung ist Um so vollendete Persönlichkeiten zu fördern und zu pflegen, sind Schriften in der gefälligen Manier die allerdienlichsten- Sie ziehen nicht zu sehr vom Leben ab, erfordern für ihr Verständnis keine ernste Anspannung oder Zurückgezogen heit und geben ihren Schuler erfüllt von edlen Gefühlen und weisen Vor- schriften, die jedem Anspruch des menschlichen Lebens genügen, seinen Mitmenschen wieder. Dank isolchen Schriften wird die Tugend liebenswürdig, die Wissen- schaft angenehm, Geselligkeit belehrend und Einsam- keit unterhaltend.

Der Mensch ist ein vernünftiges Wesen und empfängt als solches seine eigentümliche Speise und Nahrung von der Wissenschaft. Aber so eng sind die Schranken des menschlichen Verstandes, daß weder von der Ausdehnung noch von der Sicherheit seiner Errungenschaften auf diesem Gebiet viel Befriedigung erhofft werden kann. Der Mensch ist auch ein ge- selliges und nicht nur ein vernünftiges Wesen; aber

tun, der in Wahrheit ein großer Philosoph und ein folge- richtiger und bescheidener Denker war. Es soll nur das allgemeine Schicksal solcher abstrakten Philosophie zeigen.

über die verschiedenen Arten der Philosophie. 7

er kann sich nicht immer angenehm unterhaltenden Umgangs erfreuen, noch sich die rechte Genußfähig- keit dafür bewahren. Der Mensch ist endlich ein tätiges Wesen und muß wegen dieser Anlage sowie wegen der mannigfachen Bedürfnisse des menschlichen Lebens sich den Geschäften und der Arbeit unter- eiehen; aber bisweilen verlangt der Gdst nach Er- holung und kann nicht fortwährend die Last der Sorge und Arbeit ertragen. Die Natur scheint daher dem Menschengeschlecht eine gemischte Lebensweise als die geeignetste angewiesen und es im geheimen ge- warnt zu haben, sich hier keiner Voreingenommenheit allzusehr hinzugeben und dadurch die Fähigkeit für andere Arbeiten und Vergnügungen einzubüßen. Fröhne deiner Liebe zur Wissenschaft, spricht sie, aber deine Wissenschaft sei menschlich und lasse sich in un- mittelbare Beziehung zum tätigen und geselligen Leben setzen. Unzugängliche Gedanken und tiefbohrende Forschungen untersage ich; ihre strenge Strafe sei grübelnde Schwermut, zu der sie dich fiöiren, endlose Ungewißheit, in die sie dich verstricken, und die kalte Aufnahme, welche die Mitteilung deiner an- gebliehen Entdeckungen erfahren wird. Sei ein Philo- soph; aber inmitten all deiner Philosophie bleibe Mensch!

Begnügte sich die Mehrzahl der Menschen damit, die leichte Philosophie der abstrakten und tiefsinnigen vorzuziehen, ohne auf letztere Tadel und Verachtung zu häufen, so wäre es vielleicht am richtigsten, sich dieser allgemeinen Ansicht anzuschließen und jeder- mann den Genuß seines eigenen Geschmacks und Ge- fühls ohne Widerrede zu gönnen. Aber da man oft weitergeht und schlechthin alle tieferen Gedanken- gänge oder das, was man gewöhnlich Metaphysik nennt, verwirft, so wollen wir nun im folgenden in Be- tracht ziehen, was vernünftigerweise zu ihren Gunsten angeführt werden kann.

Zunächst ließe sich bemerken, daß aus der ge- nauen und abstrakten Philosophie als ein beträcht- licher Vorteil sich die Förderung der leichten und menschlichen ergibt; diese nämlich kann ohne jene niemals einen genügenden Grad von Bestimmtheit

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8 firster Abschnitt.

in ihren Ansichten, Vorschriften oder Gedankengängen erlangen. Alle schönen Wissenschaften bestehen nur aus Schilderungen des menschlichen Lebens in seinen mannigfachen Lagen und Zuständen; sie erwecken in uns verschiedene Gefühle, Lob oder Tadel, Bewunde- rung oder Spott, je nach der Beschaffenheit des uns vorgeführten Gegenstandes. Ein Künstler wird dieser Aufgabe erfolgreicher gewachsen sein, wenn er nicht nur einen feinen Geschmack und rasche Aufnahme- fähigkeit besitzt, sondern auch eine genaue Kenntnis des inneren Baues, der Verstandesvorgänge, des Spiels der Affekte und der vielfachen Arten von Gefühlen, durch die wir Laster von Tugend unterscheiden. Wie mühsam auch diese nach innen gekehrte Forschung und Untersuchung erscheinen mag, so ist sie doch für diejenigen gewissermai3en unentbehrlich, welche mit Erfolg die sichtbaren und äußeren Erscheinungen des Lebens und der Sitten beschreiben wollen. Der Ana- tom zeigt dem Auge die abschreckendsten und wider- wärtigsten Gegenstände; aber seine Wissenschaft ist dem Maler selbst beim Entwurf einer Venus oder Helena von Nutzen. Während dieser die üppigsten Farben seiner Kunst anwendet und seinen Gestalten den zierlichsten und reizvollsten Anstand verleiht, muß er doch dabei die innere Struktur des mensch- lichen Körpers, die Stellung der Muskeb, den Bau der Knochen und Gebrauch wie Gestalt jedes Teils und Organs aufmerksam beobachten. Genauigkeit kommt immer der Schönheit zugute, und richtiges Denken dem zarten Gefühl. Es ist vergeblich, das eine auf Kosten des anderen erheben zu wollen.

Außerdem zeigt sich in jeder Kunst und jedem Be- ruf, selbst in solchen, die dem Handeln und Leben am nächsten stehen, daß ein Geist der Genauigkeit, wie immer erworben, sie alle der Vollkommenheit näher bringt und den Interessen der Gesellschaft dienlicher macht Und mag auch ein Philosoph fern von Geschäften leben, so muß doch der Geist der Philosophie, wenn er von Lehrern sorgsam gepflegt wird, allmählich die ganze Gesellschaft durchdringen und jeder Kunst wie jedem Beruf eine ähnliche Genauigkeit verleihen. Der Staatsmann wird mehr Voraussicht und Scharf-

über die ▼ersohiedeuen Arten der Philosophie. 9

blick in der Verteilung und Ausgleichung der Ge- walten gewinnen; der Rechtsgelehrte mehr Methode und reinere Prinzipien für seine Gedankengänge, der Feldherr größere Pünktlichkeit im Dienst und mehr Vorsicht in seinen Plänen und Unternehmungen. Die Beständigkeit der neueren Staatsformen gegenüber den alten und die Genauigkeit der neueren Philosophie sind im gleichen Verhältnis gewachsen und werden es vermutlich auch weiterhin tun.

Ließe sich aber auch außer der Befriedigung einer unschuldigen Wißbegierde kein Vorteil aus diesen Studien ziehen, so wäre selbst das als ein Zu- wachs an jenen wenigen ungefährlichen und harm- losen Freuden, welche dem Menschengeschlecht zu- geteilt sind, nicht zu verachten. Der angenehmste und unschädlichste Lebensweg führt durch die Pfade der Wissenschaft und Gelehrsamkeit; und jeder, der ein Hindernis von diesem Wege zu räumen oder eine neue Aussicht zu eröffnen vermag, sollte insofern als ein Wohltäter der Menschheit gelten. Diese Unter- suchungen mögen beschwerlich und ermüdend scheinen; aber es geht manchem Geist ebenso wie manchem Körper, der, mit kräftiger und blühender Gesundheit begabt, nach anstrengenden Übungen ver- langt und ein Vergnügen aus dem zieht, was den meisten Menschen vielleicht wie eine lästige Arbeit vorkommt. Die Finsternis ist tatsächlich für den Geist so peinlich wie für das Auge; Licht aus der Finsternis gewinnen, sei diese Arb&it auch noch so schwer, kann deshalb nur angenehm und erfreulich sein.

Man hat aber gegen die Dunkelheit dieser tief- sinnigen und abstrakten Philosophie nicht nur geltend gemacht, daß sie beschwerlich und ermüdend, sondern auch, daß sie die unvermeidliche Quelle von Un- gewißheit und Irrtum ist. Hierin liegt allerdings dar gerechteste und einleuchtendste Vorwurf gegen einen beträchtlichen Teil der Metaphysik: daß sie nicht eigentlich eine Wissenschaft ist, sondern ent- weder das Ergebnis fruchtloser Anstrengungen der menschlichen Eitelkeit, welche in Gegenstände ein- dringen möchte, die dem Verstand durchaus unzu- gänglich sind, oder aber das listige Werk des Volks-

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Erster Abeohnitt.

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aberglanbens, welcher auf oüenem Plan sich nicht verteidigen kann und hinter diesem verstrickenden Gestrüpp Schutz und Deckung für seine Schwäche sucht Verjagt vom freien Felde, flieht dieser Räuber in den Wald und liegt auf der Lauer, um in jeden unbewachten Zugang des Geistes einzubrechen und ihn durch religiöse Ängste und Vorurteile zu überwältigeiL Der stärkste Gegner unterliegt, wenn er einen Augen- blick m semer Wachsamkeit nachläßt; und viele öffnen aus Feigheit und Torheit dem Feinde die Pforten und empfangen ihn bereitwillig mit Ehrfurcht und Unter- würfigkeit als ihr rechtmäßiges Oberhaupt.

Ist dies indes ein hinreichender Grund für den Philosophen, von solchen Untersuchungen abzustehen und den Aberglauben weiter im Besitz seines Zu- fluchtsorts zu lassen? Ist es nicht angebracht, daß man den gerade entgegengesetzten Schluß zieht und die Notwendigkeit begreift, den Krieg in die ge- heimsten Schlupfwinkel des Feindes zu tragen? Ver- geblich hoffen wir, daß "der Mensch durch häufige Enttäuschungen endlich zum Verlassen solcher luf- tagen Wissenschaften besümmt werden und das eigent- liche Gebiet der menschlichen Vernunft entdecken mochte. Denn einmal finden viele Leute allzu merklich Ihr Interesse dabei, solche Fragen immer wieder auf- zurollen, dann aber kann auch der Beweggrund der Winden Verzweiflung vernünftigerweise niemals eine Melle in den Wissenschaften haben; denn, trotz des erfolglosen Ausgangs früherer Versuche, bleibt doch noch Raum für die Hoffnung, daß der Fleiß das gute Glück oder der gesteigerte Scharfsinn folgender Geschlechter zu Entdeckungen gelangen konnten, von denen frühere Zeiten nichts wußten Jeder unternehmende Geist wird immer wieder nach dem hochgesteckten Preise langen und das Scheitern seiner Vorgänger wird ihn eher anreizen als ent- mutigen; er hofft dabei, daß ihm allein der Ruhm aufgespart sei, ein so schweres Abenteuer zu bestehen. Die einzige Methode, die Wissenschaft mit einem Male von solch unzugänglichen Fragen frei zu machen, besteht in einer ernstlichen Untersuchung der Natur des menschlichen Verstandes und in dem aus genauer

Ober die verschiedenen Arten der Philosophie. H

Zergliederung seiner Kräfte und Fähigkeiten ge- wonnenen Nachweis, daß er keineswegs für solche entlegenen und dunklen Gegenstände geeignet ist. Wir müssen uns dieser Mühe unterziehen, um nachher für alle Zeiten in Ruhe zu leben: wir müssen die echte Metaphysik mit einer gewissen Sorgfalt pflegen, um die unechte und verfälschte zu zerstören. Träg- heit, welche manchen vor dieser trügerischen Philo- sophie bewahrt, wird bei anderen durch die Wiß- begierde überwogen; Verzweiflung, welche zeitweilig die Oberhand hat, weicht vielleicht später unbedachten Hoffnungen und Erwartungen. Genaue und richtige Vernünfttätigkeit ist das einzige Allheilmittel für jeder- mann und in allen Gemütslagen. Es allein ist imstande, jene unzugängliche Philosophie und das metaphysische Kauderwälsch zu zerstören, welches, vermischt mit dem Volksaberglauben, dieselbe für sorglose Di&nker gewissermaßen undurchdringlich macht und ihr das Ansehen von Wissenschaft und Weisheit verleiht.

Neben diesem Vorteil, nach bedachtsamer Unter- suchung den ungewissesten und unerfreulichsten Teil der Wissenschaft auszuschalten, entstehen aus einer sorgfältigen Prüfung der Kräfte und Fähigkeiten der menschlichen Natur auch viele positiven Vorteile. Die geistigen Tätigkeiten haben das Merkwürdige an sich, daß sie, obgleich am innerlichsten uns gegen- wärtig, doch in Dunkel gehüllt scheinen, sobald sie Gegenstand der Überlegung werden; auch kann das Auge nicht ohne weiteres jene Linien und Grenzen finden, welche sie auseinanderhalten und unter- scheiden. Diese Gegenstände sind zu fein, um lange denselben Anblick und dieselbe Lage zu bieten; sie müssen in einem Augenblick erfaßt werden, mit höherer Einsicht, welche Naturgabe ist und sich durch Übung und Überlegung steigert. Es gestaltet sich also schon allein zu einem nicht unbedeutenden Teil der Wissenschaft, die verschiedenen Vorgänge im Geiste zu erkennen, sie voneinander zu sondern, sie unter die passenden Rubriken zu bringen und die ganze scheinbare Unordnung zu regeln, in welcher man sie antrifft, wenn man sie zum Gegenstand der Überlegung un4 Untersuchung macht. Diese

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Erster Abschnitt.

Aufgabe des Einordnens und Unterscheidens, deren Erfüllung in bezug auf Körper der Außenwelt, die Gegenstände unserer Sinne, kein Verdienst ist, steigt im Werte, wenn sie sich auf die geistigen Vorgänge richtet, entsprechend der Schwierigkeit und Mühe, die uns bei ihrer Durchführung begegnen. Und können wir auch nicht über diese geistige Geographie oder Unireißung der verschiedenen Teile und Kräfte des Geistes hinauskommen, so ist es wenigstens eine Ge- nugtuung, so weit zu gelangen. Je selbstverständ- licher solche Wissenschaft übrigens erscheinen mag (und sie ist es keineswegs), um so verächtlicher muß ihre Unkenntnis bei denen erachtet werden, die auf Gelehrsamkeit und Philosophie Anspruch erheben.

Auch dürfen wir nicht argwöhnen, daß diese Wissenschaft ungewiß und chimärisch sei; man müßte denn einem solchen Skeptizismus huldigen, daß jede Forschung und selbst alles Handeln aufgehoben würde. Es läßt sich nicht bezweifeln, daß der Geist mit einer Mehrzahl von Kräften und Fähigkeiten begabt ist* daß diese Kräfte voneinander verschieden sind und daß, was wirklich für die unmittelbare Auffassung verschieden ist, auch durch Überlegung unterschieden werden kann; folglich also, daß es in allen Behaup- tungen auf diesem Gebiet ein Wahr und ein Falsch gibt, und zwar ein Wahr und Falsch, das nicht jenseits des Bereichs des menschlichen Verstandes liegt Es gibt so manchen einleuchtenden Unterschied dieser Art, wie den zwischen Wille und Verstand, Einbil- dungskraft und Affekten, die dem Verständnis jedes menschlichen Wesens erreichbar sind. Die feineren und philosophischeren Untersuchungen sind nun nicht weniger wirklich und gewiß, wenn sie auch schwerer zu fassen sind.

Einige, namentlich neuere Beispiele von Erfolg in diesen Untersuchungen mögen von der Gewißheit und Zuverlässigkeit dieses Zweiges der Wissenschaft einen genaueren Begriff geben. Sollte es uns der Arbeit eines Philosophen würdig dünken, ein richtiges System der Planeten zu entwerfen und die Lage und Ordnung dieser entfernten Körper in Übereinstimmung zu bringen; während wir jene zu übersehen belieben.

Über die verschiedenen Arten der Philosophie. 13

welche mit so viel Erfolg die Gebiete des Geistes umschreiben, woran wir doch so innerlich be- teüigt sind?i)

^) Aasgaben £ und F haben hier die Anmerkung: Jene Fähigkeit, durch die wir Wahr und Falsch unter- scheiden, ist mit jener, durch die wir Laster und Tugend auffassen, lange Zeit verwechselt worden, und die ganze Moral sollte angeblich über ewigen und unveränderlichen Beziehungen sich aufbauen, die für jeden vernünftigen Geist ebenso beständig wären wie irgend ein Satz über Größe oder Zahl. Aber ein neuerer Philosoph (Herr Hutchesou) hat uns durch die überzeugendsten Begründungen gelehrt, daß die Moral nicht in der abstrakten Natur der Dinge liegt, sondern gänzlich abhängig ist von dem Gefühl oder geistigen Geschmack jedes besonderen Wesens, ebenso wie die Unterscheidungen von Süß und Bitter, Heiß und Kalt aus dem besonderen Empfinden jedes Sinnes oder Organs entspringen. Moralische Auffassungen dürfen deshalb nicht mit den Yerstandestätigkeiten, sondern mit den Geschmacks- äußerungen oder den Gefühlen in eine Klasse gesetzt werden.

Es war bei den Philosophen Brauch geworden, alle Affekte des Geistes in zwei Klassen einzuteilen, in die selbst- süchtigen und die wohlwollenden, die angeblich in dauern- dem Gegensatz und Widerstreit ständen. Es galt für un- möglich, daß die letzteren je ihren eigentlichen Gegenstand anders erreichen könnten, als auf Kosten der ersteren. Unter die selbstsüchtigen Affekte fielen Geiz, Ehrgeiz, Rache ; unter die wohlwollenden natürliche Zuneigung, Freundschaft, Gemeinsinn. Jetzt können die Philosophen das Ungeeignete dieser Einteilung erkennen (siehe Butlers Predigten). Es ist völlig einwandfrei bewiesen worden, daß selbst die gewöhn- lich für selbstsüchtig gehaltenen Affekte den Geist über das Selbst hinaus geradenwegs zu dem Gegenstande hinleiten; daß zwar die Befriedigung dieser Affekte uns Lust ver- schafft, doch die Aussicht auf diese Lust nicht die Ursache des Affekts ist, daß vielmehr uro^kehrt der Affekt der Lust vorangeht und diese letztere unmöglich ohne den ersteren existieren könnte; daß der Fall genau so bei den sogenannten wohlwollenden Affekten liegt, und daß folglich der Mensch nicht mehr selbstbeteiligt ist, wenn er seinen eigenen Ruhm sucht, als wenn das Glück seines Freundes Gegenstand seiner Wünsche ist. Er ist auch nicht weniger selbstbeteiligt, Wenn er seine Behaglichkeit und Ruhe dem öffentlichen Wohl opfert, als wenn er für die Befriedigung des Geizes oder Ehrgeizes arbeitet. Hierin lie^ also eine erhebliche Richtigr-

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Enter Abschnitt.

Und dürfen wir nicht hoffen, daß die Philosophie bei sorgfältiger Pflege und durch öffentliche Be- achtung ermutigt in ihren Untersuchungen noch weiter fortschreiten werde und wenigstens in gewissem Grade die geheimen Triebfedern und Prinzipien entdecken, durch welche die Vorgänge im menschlichen Geiste ausgelöst werden? Die Astronomen hatten sich lange begnügt, aus den Erscheinungen die wahre Bewegung, Ordnung und Größe der Himmelskörper zu beweisen; bis endlich ein Philosoph aultrat, der durch einen be- sonders glücklichen Gedankengang anscheinend auch die Gesetze und Kräfte bestimmt hat, durch welche der Umlauf der Planeten beherrscht und gelenkt wird. Das gleiche ist für andere Teile der Natur vollbracht worden. Man hat nun keinen Grund, an einem eben- solchen Erfolge in unseren Untersuchungen über die Kräfte und die Verfassung des Geistes zu verzweifeln, wenn mit gleicher Begabung und Behutsamkeit vor- gegangen wird. Es ist wahrscheinlich, daß ein Vor- gang und Prinzip des Geistes von einem anderen abhängig ist, daß dieses wieder auf ein allgemeineres und umfassenderes zurückgeführt werden kann; und vor, ja selbst nach einem sorgfältigen Versuch wird es uns schwer fallen, genau zu bestimmen, bis wie weit diese Forschungen möglicherweise geführt werden können. Soviel ist gewiß, daß Anläufe dieser Art tagtäglich selbst von Leuten gemacht werden, welche höchst nachlässig philosophieren; und doch ist erstes Erfordernis, das Unternehmen mit gründlichster Sorg- falt und Aufmerksamkeit in Angriff zu nehmen; damit, wenn es im Bereich des menschlichen Verstandes liegt, es endlich glücklich vollendet werde; und wo nicht, immerhin mit einiger Zuversicht und Sicherheit verworfen werden könne. Dies letzte Schlußergebnis ist wahrlich nicht wünschenswert und darf auch nicht zu voreilig angenommen werden; denn wieviel müßte

Stellung der GreozeD der Affekte, über die durch Nach- lässigkeit oder Ungenauigkeit früherer Philosophen Ver- wirrung herrschte. Dieso beiden Beispiele mögen genügen, um uns das Wesen und die Bedeutung dieser Art Philo- sophie klai' zu machen.

Ober die verschiedenen Arten der Philosophie. 15

die Schönheit und der Wert dieser Art Philosophie bei solch einer Voraussetzung einbüßen! Die Moral- philosophen pflegten bisher in Anbetracht der großen Menge und Verschiedenheit der Handlungen, welche Billigung oder Mißbilligung hervorrufen, nach einem gemeinsamen Prinzip zu suchen, von dem diese Mannig- faltigkeit der Gefühle wohl abhängen könnte. Sind sie auch aus Liebhaberei für irgend ein bestimmtes allgemeines Prinzip bisweilen zu weit gegangen, so sind sie doch gewiß entschuldbar, wenn sie allge- meine Prinzipien zu finden erwarten, auf welche alle Laster und Tugenden mit Recht zurückzuführen wären. Das gleiche haben die Ästhetiker, Logiker und selbst die Politiker zu leisten versucht. Auch sind ihre Be- mühungen nicht ganz erfolglos geblieben, obschon vielleicht längere Zeil^ größere Genauigkeit und an- gestrengterer Fleiß diese Wissenschaften ihrer Voll- kommenheit noch näher bringen mögen. Allen An- sprüchen dieser Art ohne weiteres zu entsagen, darf mit Recht für voreiliger, überstürzter und dogma- tischer angesehen werden, als selbst die kühnste und positivste Philosophie, die je ihre krassen- Vor- schriften und Prinzipien dem Menschen aufzudrängen versucht hat.

Was tut's, wenn diese Gedankengänge über die menschliche Natur abstrakt und schwer verständlich erscheinen? Dies gibt uns keinen Grund zu der An- nahme, daß sie falsch seien. Es scheint im Gegen- teil unmöglich, daß dasjenige ganz augenfällig und zugänglich sein könne, was bisher so vielen weisen und tiefen Philosophen entgangen ist. Und trotz aller Mühe, welche diese Untersuchungen uns kosten mögen, dürfen wir uns für genugsam belohnt halten, an Nutzen und auch an Vergnügen, wenn wir damit unseren Vorrat an Kenntnissen über Gegenstände von sp unsäglicher Wichtigkeit vermehren können.

Indes ist schließlich das Abstrakte solcher Spe- kulationen keine Empfehlung, sondern vielmehr ein Nachteil für sie, und da diese Schwierigkeit vielleicht durch Sorgfalt und Geschick und durch Vermeidung aller unnötigen Ausführlichkeit überwunden werden kann, so habe ich in der folgenden Untersuchung mich

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Erster Abschnitt.

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bemüht, einiges Licht über (rebiete zu verbreiten, deren Ungewißheit den Weisen und deren Dunkel- heit den Unwissenden bisher abgeschreckt haben. Schätzen wir uns glücklich, wenn wir die trennenden Eigentümlichkeiten der verschiedenen Arten von Philo- sophie dadurch vereinigen können, daß wir Tiefe der Forschung mit Klarheit und Wahrheit mit Neuheit versöhnen! Noch glücklicher, wenn wir durch diese an- sprechende Art des Gredankengangs die Grundlagen einer unzugänglichen Philosophie untergraben können, welche bisher anscheinend nur dem Aberglauben als Zuflucht und dem Widersinn und Irrtum als Deck- mantel gedient hat!

lür:

Zweiter Abschnitt.

über den Ursprung der Vorstellungen.

Jedermann wird anstandlos zugeben, daß ein be- beträchtlicher Unterschied z^vischen den Auffassungen des Geistes besteht, wenn jemand den Schmerz über- mäßiger Hitze oder die Lust mäßiger Wärme empfindet, und wenn er später diese Wahrnehmung in seinem Gedächtnis zurückruft oder durch seine Einbildungs- kraft vorausnimmt. Diese Vermögen können viel- leicht die Auffassungen der Sinne nachahmen oder abbilden, aber nie die Stärke und Lebendigkeit des ursprünglichen Gefühls vollkommen erreichen. Als Äußerstes ließe sich selbst bei ihrer vollsten Kraft- entfaltung von ihnen nur behaupten, sie stellten ihren Gegenstand so lebhaft vor uns hin, daß wir beinahe sagen könnten, wir empfänden oder sähen ihn. Doch vermögen sie niemals, es sei denn, daß der Geist durch Krankheit oder Wahnsinn zerrüttet ist, einen Höhe- punkt der Lebendigkeit zu erreichen, bei dem diese Auffassungen gar nicht mehr voneinander zu unter- scheiden wären. Die Dichtung kann selbst mit ihren glänzendsten Farben nie Gegenstände der Natur in einer Weise ausmalen, daß man die Beschreibung für eine wirkliche Landschaft hielte. Der lebendigste Gedanke bleibt immer hinter der dumpfsten Wahr- nehmung zurück.

Einen gleichen Unterschied können wir durch alle anderen Auffassungen des Geistes verfolgen. Ein Zornanfall wirkt ganz anders auf den Menschen als der bloße Gedanke an diese Gemütserregung. Wenn mir erzählt wird, daß jemand verliebt ist, so kann ich den Sinn leicht verstehen und mir ein richtiges

Hume, Untersuchig. Ob. d. menBchl. Veratand. 2

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Zweiter Abschoitt.

Vorstellungsbild von seinem Zustande machen; aber ich kann niemals dieses Vorstellungsbild mit den wirk- lichen Störungen und Aufregungen des Affekts ver- wechseln. Wenn wir uns auf unsere vergangenen Ge- fühle und Neigungen besinnen, ist unser Gedanke ein treuer Spiegel, der seinen Gegenstand wahrhaftig ab- bildet; aber die von ihm angewandten Farben sind blaß und trübe im Vergleich zu jenen, in welche unsere ursprünglichen Auffassungen gekleidet waren. Es be- darf keiner feinen Unterscheidungsgabe noch eines metaphysischen Kopfes, um die Verschiedenheit zwischen beiden festzustellen.

Man kann deshalb alle Auffassungen des Geistes in zwei Klassen oder Arten teilen, die sich durch den verschiedenen Grad ihrer Stärke und Lebhaftigkeit unterscheiden. Die minder eindringlichen und le- bendigen nennt man gewöhnlich Gedanken oder Vor- stellungen. Für die andere Art fehlt es der eng- lischen wie den meisten anderen Sprachen an einem Wort, vermutlich, weil auBer für philosophische Zwecke es nicht erforderlich war, sie unter einem allgemeinen Ausdruck oder Namen zu befassen. Nennen wir sie daher ein wenig frei Eindrücke ; wo- bei ich das Wort in einem von dem gewöhnlichen etwas abweichenden Sinne gebrauche. Unter der Bezeich- nung Eindruck verstehe ich also alle unsere leb- hafteren Auffassungen, wenn wir hören, sehen, tasten, lieben, hassen, wünschen oder wollen. Eindrücke sind von Vorstellungen unterschieden, welche die weniger lebhaften Auffassungen sind, deren wir uns bewußt werden, wenn wir uns auf eine jener oben erwähnten Wahrnehmungen oder Regungen besinnen.

Auf den ersten Blick erscheint wohl nichts so schrankenlos wie das menschliche Denken, das sich nicht nur aller menschlichen Macht und Autorität entzieht, sondern sich nicht einmal in den Grenzen der Natur und der Wirklichkeit halten läßt. Es kostet die Einbildungskraft nicht mehr Mühe, Ungeheuer zu bilden und unverträgliche Gestalten und Erscheinungen zusammenzufügen, als sich die natürlichsten und ver- trautesten Gegenstände vorzustellen. Und während der Körper auf einen Planeten beschränkt ist, auf

Über den Ursprung der Vorstellangen. X9

dem er mit Mühe und Beschwerde umherkriecht, kann der Gedanke uns in einem Augenblick in die ent- ferntesten Gegenden des Weltalls tragen; ja selbst darüber hinaus, ins grenzenlose Chaos, wo die Natur angeblich in gänzlicher Verwirrung liegt. Was nie- mals gesehen oder gehört worden ist, läßt sich doch vorstellen, und nichts übersteigt die Macht des Ge- dankens, das ausgenommen, was einen unbedingten Widerspruch einschließt.

Ob nun gleich das Denken diese unbegrenzte Frei- heit zu besitzen scheint, so werden wir doch bei näherer Untersuchung finden, daß es in Wirklichkeit durch sehr enge Grenzen eingeschlossen ist, und all diese schöpferische Kraft des Geistes auf weiter nichts hinauskommt, als auf die Fähigkeit der Verbindung, Umstellung, Vermehrung oder Verminderung des Stoffes, den uns Sinne und Erfahrung liefern. Denken wir uns einen goldenen Berg, so verbinden wir nur zwei widerspruchlose Vorstellungen, Gold und Berg, die uns von früher bekannt sind. Ein tugendhaftes Pferd können wir uns vorstellen, weil wir aus unserem eigenen inneren Empfinden uns die Tugend vorstellen können, und diese läßt sich mit der Gestalt und und dem Aussehen eines Pferdes vereinigen, eines Tieres, das uns vertraut ist. Kurz, aller Stoff des Denkens ist entweder von unserem äußeren oder inneren Gefühl abgeleitet. Einzig die Mischung und Zusammensetzung fällt dem Geist und dem WiUen zu. Oder, um mich philosophisch auszudrücken: all unsere Vorstellungen oder schwächeren Auffassungen sind Abbilder unserer Eindrücke oder lebhaftereil Auf- fassungen.

Dies zu beweisen, werden hoffentlich folgende zwei Grunde ausreichen. Erstens: wir finden bei der Zergliederung unserer Gedanken oder Vorstellungen immer, seien sie auch noch so zusammengesetzt oder erhaben, daß sie sich in einfache Vorstellungen auflosen, die einem früheren Empfinden oder Gefühl nachgebildet sind. Selbst solche Vorstellungen, welchj^ auf den ersten Blick am weitesten von diesem Ur- sprung entfernt scheinen, erweisen sich bei näherer Prüfung als daraus entsprungen. Die Vorstellung

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Zweiter Abscboitt.

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Gottes im Sinne eines allwissenden, allweisen und all- gütigen Wesens entstellt aus der Besinnung auf die Vorgänge in unserem eigenen Geiste imd aus der Steigerung dieser Eigenschaften der Güte und Weis- heit ins Grenzenlose. Wir mögen diese Untersuchung noch so weit fortführen, immer werden wir finden, daß jede von uns geprüfte Vorstellung einem gleich- artigen Eindruck nachgebildet ist. Wer behaupten will, dieser Satz sei nicht allgemein und ausnahmelos wahr, dem bietet sich eine imd zwar leichte Methode, ihn zu widerlegen: er zeige diejenige Vorstellung auf, welche nach seiner Meinung nicht aus dieser Quelle geschöpft ist. Daim wird es uns obliegen, wollen wir unsere Lehre halten, den Eindruck oder die leb- hafte Auffassung beizubringen, welche ihr entspricht Zweitens: Wenn zufällig jemand wegen eines organischen Fehlers für eine Art von Wahrnehmung nicht empfänglich ist, so finden wir immer, daß er ebenso unempfänglich für die entsprechenden Vorstellungen ist Ein Blinder kann sich keinen Be- griff von Farben machen, noch ein Tauber von Tönen. Wenn einer von beiden den ihm fehlenden Sinn zurück erhält, so öffnet sich mit diesem neuen Einlaß für seine Wahrnehmungen auch ein neuer Einlaß für die Vorstellungen, und es macht ihm keine Schwierigkeit, sich diese Gegenstände vorzu- stellen. Ebenso verhält es sich, wenn ein zur Erregung einer bestimmten Wahrnehmung geeig- neter Gegenstand noch nie mit dem Organ in Be- rührung kam. Ein Lappländer oder Neger hat keinen Begriff vom Wohlgeschmack des Weines. Und ob- wohl f^lle eines ähnlichen geistigen Mangels selten oder niemals vorkommen, wo jemand ein seiner Gattung eigentümliches Gefühl oder einen Affekt nie erlebt hat oder dessen gänzlich unfähig ist, so Eßt sich hier doch das gleiche, wenn auch in ge- ringerem Grade, beobachten. Ein Sanftmütiger kann sich keine Vorstellung von eingewurzelter Rachsucht oder Grausamkeit machen; und ein selbstsüchtiges Herz kann sich die Höhepunkte der Freundschaft und Großmut nicht vorstellen. Es wird anstandlos zugegeben, daß andere Wesen viele Sinne besitzen

über den Ureprnng der VorstelluDgen.

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mögen, von denen wir uns kein Vorstellungsbild machen können; weil uns ihre Vorstellungen nie auf die einzige Weise zugeführt worden sind, durch die eine Vorstellung in den G^ist eintreten kann, nämlich durch wirkliches Empfinden und Wahrnehmen.

Es gibt indessen eine dem entgegenstehende Er- scheinung, die beweisen könnte, daß ein Aufsteigen von Vorstellungen, unabhängig von den ihnen ent- sprechenden Eindrücken, nicht unbedingt unmöglich ist. Ich glaube, es wird wohl bereitwillig zugegeben werden, daß die einzelnen gesonderten Vorstellungen von Farben, die durch das Auge eingehen, oder von Tönen, welche das Ohr zuführt, wirklich voneinander verschieden und doch zu gleicher Zeit einander ähn- lich sind. Gilt dies nun von verschiedenen Farben, so muß es nicht minder von verschiedenen Schat- tierungen derselben Farbe gelten; jede Schattierung erzeugt eine gesonderte, von den übrigen unabhängige Vorstellung. Wollte man dies leugnen, so wäre es möglich, durch eine stetige Abstufung von Schat- tierungen eine Farbe unmerklicli in die ihr am fernsten stehende überzuführen; und wer keinen Unterschied für die Mittelstufen anerkennen will, darf ohne Un- gereimtheit auch nicht die Gleichheit der Endglieder ableugnen. Angenommen nun, ein Mensch habe sich dreißig Jahre lang seines Augenlichts erfreut, sei mit Farben allerart vollkommen vertraut geworden, aus- genommen mit einer bestimmten Schattierung, z. B. von Blau, die ihm zufällig nie begegnet ist Legt man ihm alle verschiedenen Schattierungen dieser Farbe vor außer dieser einen, stetig absteigend von der dunkelsten zur hellsten, so wird er offenbar da eine Lücke auffassen, wo jene Schattierung fehlt, und sich eines größeren Abstands zwischen den an- stoßenden Farben an dieser Stelle als an allen anderen bewußt werden. Ich frage nun, ob es ihm möglich wäre, aus seiner eigenen Einbildungskraft das hier Fehlende zu ergänzen und die Vorstellung dieser besonderen Schattierung in sich aufsteigen zu lassen, obgleich seine Sinne sie ihm niemals zuge- führt hatten? Ich glaube, nur weni^^-e werden meinen, daß er es nicht könne; und dies kann als Beweis

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Zweiter Abschnitt.

Zweiter Abschnitt.

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gelten, dal3 einfache Vorstellungen nicht immer xmd überall von den entsprechenden Eindrücken her- stammen; indes ist dieser Fall so vereinzelt, daß er kaum unserer Beachtung wert ist und nicht verdient, daß wir allein seinetwegen unseren allgemeinen Grund- satz abändern.

Hier haben wir also einen Satz, der nicht allein in sich einfach und verständlich scheint, sondern der auch bei richtiger Anwendung jede Streitfrage ebenso verständlich machen und all jenes Gewäsch beseitigen könnte, welches so lange die metaphysischen Ge- dankengänge beherrscht und in Unehre gebracht hat. Alle Vorstellungen, besonders die abstrakten, sind von Natur matt und dunkel; der Geist hat sie nur wenig in der Gewalt, sie werden leicht mit anderen ähnlichen Vorstellungen verwechselt; und haben wir häufig einen Ausdruck gebraucht, wenn auch ohne feate Bedeutung, so bilden wir uns leicht ein, daß eine bestimmte Vorstellung mit ihm verknüpft seL Im Geg^snsatz dazu sind alle Eindrücke, d. h. alle Wahrnehmungen, äußere wie innere, stark und lebendig; die Grenzen zwischen ihnen sind genauer bestimmt, und, was sie anlangt, ist es nicht leicht, zu irren oder fehlzugreifen. Haben wir daher Ver- dacht, daß ein philosophischer Ausdruck ohne irgend einen Sinn oder eine Vorstellung gebraucht werde, was nur zu häufig ist, so brauchen wir bloß nach- zuforschen, von welchem Eindruck stammt diese angebliche Vorstellung her? Und läßt sich durchaus kein solcher aufzeigen, so wird dies zur Bestätigung unseres Verdachts dienen. Indem wir die Vorstellungen in ein so klares Licht stellen, dürfen wir billig hoffen, allem Streit, der über ihre Natur und Wirklichkeit sich erheben könnte, ein Ende zu machen. 1)

') Wahrscheinlich haben diejenigen, welche angeborene Vorstellungen lengnen, damit weiter nichts gemeint, als daß ^le Vorstellungen Abbilder un^-erer Eindrücke peien; allerdings muß zugegeben werden, daß die hier gebrauchten Ausdrücke weder so vorsichtigt gewählt, noch genau genug bestimmt sind, um allen Mißverständnissen über ihre Lehre vorzubeugen. Denn was versteht man unter angeboren?

Bedeutet angeboren das c:^ eiche wie natürlich, so müssen wir jede Auffassung und Vorstellung des Geistes als ange- boren oder natürlich anerkennen, in welchem Sinne wir auch dies letztere Wort gebrauchen: als Gegensatz zum Ungewöhnlichen, Künstlichen oder Wunderbaren. Soll an- geboren bedeuten: gleichzeitig mit der Geburt, so scheint mir der Streit leichtfertig;; es lohnt sich auch nicht der Mühe, zu untersuchen, in welchem Zeitpunkt das Denken beginnt, ob vor, bei oder nach der Gebart. Ferner scheint das Wort Vorstellung von Locke und anderen gewöhn- lich in einem sehr laxen Sinne genommen zu werden; näm- lich als Bezeichnung jeder Art von Auffassung, für Wahr- nehmungen und Affekte sowohl als für Gedanken. Aber dann möchte ich wohl wissen, was bei dieser Bedeutung mit der Behauptung eigentlich gemeint ist, die Selbstliebe, die Kränkung über Unrecht oder die Geschlechtsliebe seien nicht angeboren?

Werden aber die Bezeichnungen Eindrücke und Vor- stellungen im oben erklärten Sinne gebraucht und wird unter angeboren das verstanden, was ursprünglich, d. h. von keiner vorangegangenen Auffassung das Abbild ist, dann können wir wohl behaupten, daß alle unsere Eindrücke an- geboren und unsere Vorstellungen nicht angeboren sind.

Oflfen gestanden bin ich der Ansicht, daß Herr Locke in diese Fragestellung von den Schulgelehrten hineingelockt worden ist, die durch unbestimmte Ausdrücke ihre Streitig- keiten ermüdend in die Länge ziehen, ohne je den strittigen Punkt zu berühren. Eine gleiche Zweideutigkeit und Weit- schweifigkeit scheint sicii durch alle Gedankengänge dieses großen rhilosophen auf diesem wie auf den meisten andern Gebieten zu ziehen.

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Dritter Abschnitt.

Ober die Assoziation') der Vorstellungen.

Es ist offenbar, daß ein Prinzip für die Ver- knüpfung zwischen den verschiedenen Gedanken oder Vorstellungen des Geistes besteht, und daß sie bei Ihrem Erscheinen im Gedächtnis oder in der Ein- bildungskraft einander in gewissem Grade methodisch und regelmäßig einführen. Bei ernsthafterem Nach- denken oder Gespräch ist dies so auffallend, daß irgend ein einzelner Gedanke, der die regelmäßige h olge oder Kette von Vorstellungen durchbricht, so- fort bemerkt und zurückgewiesen wird. Und selbst m unseren wildesten und schwärmendsten Phantasien 3a m unseren Träumen, läßt die Überlegung uns finden, daß die Embildungskraft nicht ganz aufs Geratewohl ausschweifte, sondern daß zwischen den verschiedenen einander folgenden Vorstellungen doch noch eine Ver- knüpfung bestehen blieb. Wollte man das unge- bundenste und freieste Gespräch niederschreiben so wurde man sofort ein Etwas beobachten, welches es bei allen Übergängen verknüpfte. Oder wo dies fehlt, da wird die Person, welche den Faden des Gesprächs abbrach, doch angeben können, daß in Ihrem Geist insgeheim eine Folge von Gedanken sich abgewickelt habe, durch die sie allmählich vom Gegen- stand der Unterhaltung abgelenkt worden sei. In verschiedenen Sprachen, selbst dort, wo nicht die geringste Verknüpfung oder Beeinflussung vermutet werden kann, zeigt es sich, daß Wörter, die höchst zusammengesetzte Vorstellungen ausdrücken, doch nahezu einander entsprechen; ein sicherer Beweis dafür daß die emfachen, in den zusammengesetzten enthaltenen Vorstellungen durch irgend ein allge-

») Ausgabe E and F: Verknüpfung.

Über die AesoziatioD der VorBteUuDgen.

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meines Prinzip verbunden sind, welches auf die ganze Menschheit den gleichen Einfluß übt.

Obwohl die Verknüpfung verschiedener Vor- stellungen zu augenfällig ist, um der Beachtung zu entgehen, so finde ich doch nicht, daß irgend ein Philo- soph versucht hat, alle Prinzipien der Assoziation auf- zuführen und zu ordnen; und doch scheint der Gegen- stand des Interesses wert. Soviel ich sehe, gibt es nur drei Prinzipien der Vorstellungsverknüpfung, näm- lich Ähnlichkeit, Berührung in Zeit oder Raum, und Ursache und Wirkung.

Daß diese Prinzipien zur Verknüpfung von Vor- stellungen dienen, dürfte wenig Zweifeln begegnen. Ein Gemälde führt unsere Gedanken naturgemäß zu dem Urbild (Ähnlichkeit); die Erwähnung des einen Gemachs in einem Gebäude bringt ganz natürlich die Frage und das Gespräch auf die anderen (Be- rührung); und wenn wir uns eine Wunde vorstellen, so läßt es sich kaum vermeiden, an den Schmerz zu denken, der ihr folgt (Ursache und Wirkung). Daß aber diese Aufzählung vollständig sei und weiter keine Prinzipien der Assoziation beständen, mag sich schwer auf eine für den Leser oder uns selbst be- friedigende Art beweisen lassen. Alles, was sich in solchen Fällen tun läßt, kommt darauf hinaus, mehrere Einzelfälle durchzugehen, sorgfältig das Prinzip zu untersuchen, welches die verschiedenen Gedanken an- einander knüpft, und nicht aufzuhören, ehe wir das Prinzip so allgemein wie möglich gestaltet haben. ^) Je mehr Fälle wir untersuchen und je mehr Sorgfalt wir anwenden, um so größere Sicherheit werden wir gewinnen, daß die Aufstellung, die wir aus der Ge- samtübersicht gewinnen, erschöpfend und voll- ständig ist.

*) So ist z. B. Kontrast oder Widerstreit auch eine Verknüpfung zwischen Vorstellungen, doch läßt sie ^ sich vielleicht als eine Mischung von Verursachung und Ähn- lichkeit betrachten. Wo zwei Dinj^e einander wider- streiten, zerstört eines das andere, d. h. die Ursache der Vernichtung eines Gegenstandes und die Vorstellung dieser Vernichtung schließen die Vorstellung seines früheren Da- seins ein.

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Drittor Abschnitt.

An«it? " Ausgaben B bis Q fährt der Essay fort: Anstatt uns mit solchen Einzelheiten zu befassen, die Iniirn t" ""°?'2«?„SP'trfindigkeiten führen würden, wollen wir einige Wirkungen dieser Verknüpfung auf die Affekte und die Einbildungskraft betrachtfni^r er- offnen hiermit wohl ein Feld der Spekulation, das unter- haltender ist und vielleicht lehrreicher als das andere.

K«cf 5- ?*®"^^ .^'" vernünftiges Wesen ist und bestandig sein G ück verfolgt, das er durch B^ nedigung emes Affekts oder einer Neigung zu er- langen hoff^ so handelt, spricht oder denkt fr selten

ZTXI^ '•"•'' """^ ''•f. »»geeignet die Mittel auch manchmal sein mögen, die er zur Erreichung seines Endziels wählt, so behält er doch irgend ein Hei im Auge. Nicht einmal seine Gedankfn und ü£r legungen wird er verschleudern, wo er keineriei Befriedigung davon zu ernten hofft «'lenei

In allen schöpferischen Werken ist es daher er-

SefzwecklL'^' Schriftsteller irgend^^eiSn pfan oaer Zweck habe; und mag ihn auch die Heftiffkeit des Gedankens von diesem Plan abdrängen wiffa Tf^r,?^% -l'i "!?S ?' '■•» «°'gJ«« fallen^Lsse^ w e

irgend em Z el oder eme Absicht durchscheinen im Ausgangspunkt, wenn nicht in dem aXu de^ ganzen Werks. Ein ganz planloses Erzeugnirgliche mehr den irren Reden eines Wahnsinnigen als der besonnenen Arbeit von Talent und GeSrnkl t.

M.i ^ ^'^^ }^PI ^^'""^ Ausnahme gestattet so folgt daraus, daß in erzählenden Werken die Er

rSf £X Handlungen, die der Schrf/tstefler £ richtet, durch eine Art von Kette oder Band ver- knüpft sein müssen. Sie müssen in der EhibildunJ

%th^HWu'''T'' .^^'" °»d gewissermaßen dnf Einheit biden, durch die sie unter einen Plan oder

drffifÄfrA'".»"^". ^'""l' »»d «J- Zid und Zweck adn kaM ^^' '""^"' ^'■«*«» ^"^"^^^ gewesen

zelnen'^d J''rf P^^!?^'. ^'^''^P ^*^'=l'e» den ein- rvÄ^r \?l^^°^*^»d eines Gedichts oder einer Geschichte bildenden Breigniaaen kann sehr ver-

Über die Assoziation der Vorstellungen.

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II:,

schieden sein je nach den verschiedenen Absichten des Dichters oder Geschichtschreibers. Ovid hat seinen Plan auf dem verknüpfenden Prinzip der Ähnlichkeit erbaut Jede märchenhafte Verwandlung durch die wundertätige Kraft der Götter fällt in den Bereich seiner Arbeit. Es bedarf bloß dieses einen Um- stands an einem beliebigen Ereignis, um es seinem ursprünglichen Plan oder Zweck einzugliedern.

Ein Chronist oder Geschichtschreiber, der die Geschichte Europas in einem bestimmten Jahrhundert zu schreiben unternähme, würde sich durch die Ver- knüpfungsart der Berührung in Zeit und Raum leiten lassen. Alle Ereignisse, die sich in diesem Teil des Raums und Abschnitt der Zeit zutragen, gehören in seinen Plan, seien sie auch in anderer Hinsicht un- gleichartig und ohne Verknüpfung. Eine Art von Ein- heit bleibt ihnen bei all ihrer Verschiedenheit.

Doch die gebräuchlichste Art der Verkniipfung zwischen verschiedenen Ereigniösen, die in ein er- zählendes Werk eingehen, ist die von Ursache und Wirkung: hierbei zeichnet der Geschichtschreiber den Ablauf der Handlungen nach ihrer natürlichen Ordnung, steigt zu ihren geheimen Quellen und Prinzipien auf und beschreibt ihre letzten Folgen. Er wählt als Gegenstand einen bestimmten Teil jener großen Kette von Er- eignissen, die die Menschheitsgeschichte ausmachen. Jedes Glied dieser Kette sucht er in seiner Erzählung zu berühren. Manchmal vereitelt unvermeidliche Un- wissonheit all seine Bemühungen; manchmal ersetzt er durch Vermutung, was an Wissen fehlt; und immer ist er sich bewußt: je lückenloser die Kette ist, die er seinen Lesern bietet, um so vollkommener ist seine Arbeit. Er sieht ein, daß die Kenntnis der Ur*iachen nicht nur die befriedigendste ist denn diese Be- ziehung oder Verknüpfung ist die stärkste von allen , sondern auch die lehrreichste; denn allein dies Wissen befähigt uns, über die Ereignisse Ge- walt zu haben und die Zukunft zu beherrschen.

Hieraus können wir denn auch einen Begriff von jener Einheit der Handlung gewinnen, über die seit Aristoteles alle Kunstgelehrten so viel geredet haben; vielleicht ohne großen Nutzen, so

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Dritter Abichnitt.

lange sie sich in ihrem Geschmack und Gefühl nicht von philosophischer Genauigkeit leiten ließen M zeigt sich, daß in allen epischen sowohl als tragischen Dichtwerken eine gewisse Einheit er- fordert wird und daß wir in keinem Falle unsere Ge- danken beliebig schweifen lassen dürfen, wenn wir ein VVerk hervorbringen wollen, das der Menschheit irgend dauernden Genuß gewährt Es zeigt sich ferner, daß selbst der Biograph, der das Leben des AchiJes beschriebe, die Ereignisse so verknüpfen wurde, daß er ihre gegenseitige Abhängigkeit und Beziehung darstellte, genau so wie der Dichter, der den Zorn des Helden zum Gegenstand seiner Er- zählung wählte. ») Nicht nur in einem beschränkten Abschnitt des Lebens stehen die Handlungen des Menschen in Abhängigkeit voneinander, sondern auch wahrend seiner ganzen Dauer, von der Wiege bis aum Grabe; und es geht nicht an, ein noch so winziges Glied aus dieser regelmäßigen Kette zu lösen, ohne die ganze Reihenfolge der Ereignisse in MiUeiden- schaft zu ziehen. Daher unterscheidet sieh die in Bio- graphien und Geschichtschreibung vorgefundene Ein- " heit der Handlung von der in der epischen Dichtung nicht der Art, sondern dem Grade nach. In der epischen Dichtung ist die Verknüpfung zwischen den Ereignissen enger und fühlbarer; die Erzählung er- H^^toJ^J"'''''!,^''®'" ®^® «° '^°ge Zeitspannefund iLh^f^^'^'^T ^^^^'S?^° ®"^" «'°em bedeut^meo Abschnitt zu, der die Neugierde des Lesers befriedigt. Dies Verfahren des Epikers beruht auf jenem Se- sonderen Zustand der Einbildungskraft und der Affekte, der Voraussetzung dieser Schaffensart. Die Einbildung des Schriftstellers wie des Lesers ist h^ lebter und die Affekte erhitzter als bei Geschieht- Rplft°°F' ^}T^^^^ "^'^ ^g^-^d einer Art von ^ZtLu^- T} t"^ strenge Wahrheit und Wirklioh- keit beschrankt Betrachten wir die Wirkung dieser

•) Im Gegensatz zu Aristoteles: ^vito; g-iariv .& oir .^ r«.« «..„/fa/m, iS cöv hi<oy oidiv iox,r h. ^JZ TkZ

über dio Assoziation der Vorstellungen.

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beiden Umstände, der belebten Einbildung und der erhitzten Affekte, Umstände, die zur Dichtung beson- ders der epischen Gattung vor anderen Kunstarten gehören, und prüfen wir den Grund, warum sie eine strengere und engere Einheit der Fabel erheischen.

Erstens: Alle Dichtung, als eine Art von Malerei, bringt uns näher an die Dinge heran als jede andere Art der Erzählung, wirft helleres Licht auf sie und zeichnet deutlicher jene kleinsten Umstände, die zwar dem Geschichtschreiber überflüssig erscheinen, aber doch gewaltig die Schilderung beleben und der Phan- tasie behagen. Sei es auch nicht notwendig, daß uns, wie in der Ilias, jedesmal mitgeteilt wird, wann der Held seine Schuhe schnallt und seine Beinschienen knüpft, so ist es doch vielleicht erforderlich, aus- führlicher in den Einzelheiten zu sein als in der Hen- riade, worin die Begebenheiten nur so flüchtig ge- streift werden, daß wir kaum in Muße uns mit dem Ort und der Handlung vertraut machen können. Wollte also ein Dichter in. seinem Stoff eine große Zeit- spanne oder Ereignisfolge umfassen und etwa Hektors Tod bis zu seinen femliegenden Ursachen, dem Raub der Helena oder dem Urteil des Paris verfolgen, so müßte er sein Gedicht maßlos ausdehnen, um diese große Leinwand mit richtig gemalten Bildwerken aus- zufüllen. Die durch solche Reihe dichterischer Schil- derungen erregte Einbildungskraft des Lesers und seine von dauernder Teilnahme mit den Handelnden beunruhigten Affekte müssen lange vor Abschluß der Er^hlung erlahmen und in Mattigkeit und Über- druß durch die wiederholte Heftigkeit derselben Ge- mütsbewegungen versinken.

Zweitens: daß ein Epiker die Ursachen nicht weit hinauf verfolgen dar!, erhellt ferner aus einem anderen Grunde, der aus einer noch bemerkens- werteren und eigentümlicheren Beschaffenheit der Af- fekte abfließt Es leuchtet ein, daß in einem sachgemäß aufgebauten Werk sämtliche Gemütser- regungen, welche all die beschriebenen und darge- stellten Ereignisse auslösen, sich gegenseitig ver- stärken. Während alle Helden auf einem gemein- samen Schauplatz beschäftigt sind und jede Handlung

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Dritter Abschnitt.

lest mit dem Ganzen vorknüpft ist, wird das Interesse dauerrjd wachgehalten und die Affekte wandern leicht von einem Gegenstande zu dem anderen. Indem die leste Verknüpfung der Ereignisse den Übergang der Gedanken oder der Einbildung vom einen zum anderen erleichtert, erleichtert sie auch die Überleitung der Affekte und hält die Gemütserregungen in derselben Bahn und Richtung. Unser teilnehmendes Interesse für Eva bereitet einer ähnlichen Teilnahme für Adam den Weg; die Erregung erhält sich nahezu voll- kommen bei der Übertragung, und der Geist erfaßt den neuen Gegenstand unmittelbar als demjenigen nahe verwandt, der vordem seine Aufmerksamkeit fesselte. Wollte der Dichter aber vollständig von seinem Gegenstand abschwenken und eine neue Person ohne jede Verknüpfung mit den übrigen Handelnden einfuhren, so würde die Einbildungskraft den Übergang durchbrochen fühlen, und der neuen Lage anfangs kühl gegenüber stehen. Langsam würde sie sich wieder erwärmen; doch bei der Rückkehr zu dem Hauptthema der Dichtung gewissermaßen fremden Boden betreten und aufs neue ihr Interesse anregen müssen, um den Haupthelden Teilnahme zu schenken in germgerem Grade stellt sich der nämliche Übelstand em, wo der Dichter seine Ereignisse zu weit hinaus- fuhrt und Handlungen verbindet, die zwar nicht ganzlich beziehungslos sind, doch keine so strenge Ver- ivnupfung besitzen, wie sie zur Überleitung der Af- fekte erfordert wird. Hier entspringt das Kunst- mittel der rnckgreifenden Erzählung, dessen sich die Odyssee und Äneis bedienen. Da wird der Held zuerst nahe am Zielpunkt seiner Pläne eingeführt und zeigt uns später, gleichsam im Fernblick, die entlegeneren Ereignisse und Ursachen. So wird des Lesers Neugierde unmittelbar erregt, die Ereignisse zaehen m rascher Folge und sehr enger Verknüpfung vorüber; das Interesse wird wach gehalten und dank der nahen Verwandtschaft der Gegenstände wächst es stetig vom Anfang bis zum Ende der Erzählung. Dieselbe Regel gilt für die dramatische Poesie; auch hier geht es niemals an, in einem regelrechten Kunstwerk eine Person einzuführen, die keine oder

Über die Assoziation der Vorstellnngen.

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nur eine geringe Verknüpfung mit den Hauptgestalten der Handlung hat. Das Interesse des Zuschauers darf durch keine Vorgänge abgelenkt werden, die sich von den übrigen trennen und sondern. So etwas unterbricht den Ablauf der Affekte und verhindert jene Wechselbeziehung der einzelnen Gemütsbewegungen, in der ein Vorgang den Eindruck des anderen ver- stärkt und Mitleid und Schrecken, die er erregt, auf jeden folgenden Vorgang überleitet, bis das Ganze jenes beschleunigte Tempo erreicht, das der Bühne eigentümlich ist. Wie muß es diese warme Ergriffen- heit dämpfen, wenn plötzlich eine neue Handlung und neue Personen gänzlich unvermittelt mit den früheren vorgeführt werden, wenn eine so fühlbare Bresche und Lücke im Ablauf der Affekte infolge dieser Bresche in der Verknüpfung der Vorstellungen sich zeig^ und anstatt daß die Teilnahme von einem Vorgang auf den folgenden übertragen wird, jeden Augenblick ein neues Interesse erregt, und Anteil an einem neuen Vorgang der Handlung genommen

werden muß?

[Die Ausgaben E bisN fügen hier folgenden Ab- satz ein: Obgleich diese Regel über die Einheit der Handlung der dramatischen und epischen Dich- tung gemeinsam ist, so läßt sich doch wohl ein Unterschied zwischen ihnen beobachten, der viel- leicht unsere Aufmerksamkeit verdienen dürfte. In beiden Kunstarten wird Einheit und Einfachheit der Handlung gefordert, um das Interesse und die Anteilnahme ganz und ohne Ablenkung zu erhalten. In der epischen oder erzählenden Dichtung ist aber diese Regel noch auf eine andere Grundlage gestellt, nämlich auf die Notwendigkeit, der jeder Schrift- steller unterliegt: irgend einen Plan oder Abriß zu entwerfen, ehe er eine Abhandlung oder Erzählung beginnt, und seinen Stoff unter eine allgemeine Über- sicht oder einen einheitlichen Gesichtspunkt zu stellen, der den beständigen Gegenstand seiner Aufmerksam- keit bilden kann. Da der Verfasser in dramatischen Werken völlig zurücktritt und der Zuschauer sich bei der dargestellten Handlung wirklich zugegen wähnt, so trifft diese Erwägung für die Bühne nicht

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Dritter Abschnitt.

ZU, sondern jede beliebige Wechselrede oder Unter- haltung darf eingeführt werden, die ohne Unwahr- scheinlichkeit an jener bestimmten Stelle des Raums, die das Theater vorstellt, sich zugetragen haben könnte. Daher wird in all unseren englischen Lustspielen, selbst in denen von Congreve, die Einheit der Handlung nie streng beobachtet; der Dichter hält es vielmehr für genügend, wenn seine Personen irgendwie zu- einander in Beziehung stehen durch Blutsverwandt- schaft oder das Zusammenleben in einer Familie; und er führt sie nachher in einzelnen Szenen ein, wo sie ihr Temperament und ihren Charakter ent- falten, ohne die Haupthandlung sonderlich vorwärts zu bringen. Die doppelten Verwicklungen bei Terenz sind Freiheiten der gleichen Art, wenn auch ge- ringeren Grades. Und ist auch diese Führung nicht ganz nach der Regel, so ist sie doch der Eigenart des Lustspiels nicht ganz unangemessen, wo die Er- regungen und Affekte nicht zu solcher Höhe ge- steigert werden wie im Trauerspiel; und zugleich mildert die Erdichtung oder Darstellung einigermaßen solche Freiheiten. In einem erzählenden Gedicht be- schränkt der erste Vorsatz oder Entwurf den Ver- fasser auf einen Stoff, und alle derartigen Ab- schweifungen würden auf den ersten Blick als un- sinnig und entstellend verworfen werden. Weder Boccaccio, La Fontaine noch sonst ein Schriftsteller dieser Art haben sie sich jemals erlaubt; obgleich Be- lustigung ihr Hauptzweck war.]

Um zu dem Vergleich der Geschichte mit der epischen Dichtung zurückzukehren, so können wir aus den vorhergehenden Gedankengängen schließen, daß eine gewisse in allen Schöpfungen erforderte Ein- heit in der Geschichte so wenig wie in jeder anderen fehlen darf; daß in der Geschichte die Verknüpfung der einzelnen Ereignisse, wodurch sie zu einem Ganzen vereinigt werden, die Beziehung von Ursache und Wirkung ist, die nämliche, welche die epische Dich- tung beherrscht, und daß in letzterer diese Ver- knüpfung enger und fühlbarer zu sein hat wegen der lebhaften Einbildung und heftigen Affekte, die der Dichter in seiner Er^hlung anregen muß. Der Pelo-

Über die Assoziation der Vorstellungen.

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ponnesische Krieg ist ein geeigneter Vorwurf für die Geschichtschreibung, die Belagerung von Athen für ein episches Gedicht und der Tod des AJcibiades für ein Trauerspiel.

Da nun der Unterschied zwischen Geschichte und Epos nur in den Graden der Verknüpfung besteht, die jene verschiedenen Ereignisse, welche ihren Stoff ausmachen, verbinden, so wird es schwierig, wenn nicht unmöglich sein, in Worten die Schranken genau zu bestimmen, die sie voneinander trennen. Das ist mehr Sache des Geschmacks als der Vernunfttätig- keit, und vielleicht mag diese Einheit oft an einem Stoff entdeckt werden, an dem wir sie auf den ersten Blick und bei abstrakter Erwägung am wenigsten er- warten würden.

Ersichtlich überschreitet Homer im Laufe seiner Erzählung die erste Anlage seines Vorwurfs, und der Zorn des Achilles, der den Tod Hektors ver- ursachte, ist nicht mehr derselbe, der soviel Unheil über die Griechen brachte. Aber die feste Ver- knüpfung zwischen diesen beiden Erregungen, der schnelle Übergang von einer zur anderen, der Kon- trast in der Wirkung von Eintracht und Zwietracht zwischen den Fürsten, und die natürliche Neugierde, den Achilles nach so langer Ruhe in die Handlung eingreifen zu sehen all diese Ursachen reißen den Leser mit fort und erzeugen eine genügende Ein- heit im Gegenstand. Es könnte Milton vorgeworfen werden, bei ihm seien die Ursachen in zu weite Ferne gerückt, und die Empörung der Engel bewirke den Sündenfall des Menschen durch eine Ereignis- kette, die nicht nur recht lang, sondern auch voller Zufälligkeiten sei, abgesehen davon, daß die Er- schaffung der Welt, die er ausführlich beschreibt, nicht in höherem Grade Ursache dieser Katastrophe ist, als der Schlacht von Pharsalus oder eines be- liebigen anderen Ereignisses, das sich je zugetragen hat. Betrachten wir aber anderseits, daß all diese Ereignisse, die Empörung der Engel, die Erschaffung der Welt und der Sündenfall des Menschen, einander darin ähneln, daß sie Wunder sind und außerhalb des gewöhnlichen Naturlaufs stehen; daß sie ein-

H u m « , Untertucbi;. ttb. d. mensohl. Veratand. 3

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Dritter Abschnitt

ander m der Zeit berühren sollen; endlich, daß sie losgelost von allen anderen Ereignissen und als die einzigen ursprünglichen Tatsachen, welche die Offen- barung verrät, auf einmal in die Augen fallen und naturgemai3 im Denken und in der Einbildung ein- ander zurückrufen. Wenn wir all diese Umstände betrachten, sage ich, werden wir finden, daß diese reile der Handlung genügende Einheit besitzen, um m einer Fabel oder Erzählung zusammengefaßt zu werden. Hinzufügen ließe sich, daß die Empörung der Engel und der Sündenfall des Menschen eine eigentümliche Ähnlichkeit als Seitenstücke zueinander besitzen und dem Leser dieselbe Lehre vorhalten den Gehorsam gegen unseren Schöpfer. '

„m ifi" w^HK ^'-^^5 ^T"" Bemerkungen hingeworfen, um die Wißbegierde der Philosophen anzuregen und mindestens die Vermutung, wenn nicht die volle Über- zeugung hervorzurufen, daß hier ein ergiebiger Stoff vorliegt und daß viele Tätigkeiten des menschlichen Geistes von der Verknüpfung oder Assoziation der Vorstellungen abhängen, wie wir sie hier auseinander- gesetzt haben. Im besonderen dürfte wohl die Wechsel- wirkung zwischen Affekten und Einbildungskraft be- merkenswert erscheinen. Wir beobachten nämlich daß die durch einen Gegenstand ausgelösten Er- regungen sich leicht auf einen anderen mit ihm ver- knüpften übertragen, dagegen nur schwer oder über- haupt nicht auf verschiedene Gegenstände überfließen, die m keiner Weise miteinander verknüpft sind Wenn ein urteilsloser Verfasser in ein Werk einander fremde Personen und Handlungen einführt, so ^ibt er jene Verkettung der Gemütserregungen auf, diSch die allem er das Herz fesselt und die Affekte zu angemessener Höhe und Dauer erheben kann, bme vollständige Erklärung dieses Prinzips und aller seiner Folgen würde uns in allzu tiefe und für diese Untersuchung zu umfassende Gedankengänge führen, bs genügt für diesmal, den Satz aufgestellt zu haben, daß die drei verknüpfenden Prinzipien für alle Vor- stellungen sind: Die Beziehungen der Ähnlichkeit Berührung und Verursachung.]

Vierter Abschnitt.

Skeptische Zweifel in betreff der Verstandestätigiceiten.

Erster Teil.

Alle Gegenstände der menschlichen Vernunft und Forschung lassen sich naturgemäß in zwei Arten zerlegen, nämlich in Beziehungen von Vorstel- lungen und in Tatsachen. Von der ersten Art sind die Wissenschaften der Geometrie, Algebra und Arithmetik; und kurz gesagt, jede Behauptung von entweder intuitiver oder demonstrativer Gewißheit. Daß das Quadrat der Hypothenuse gleich ist den Quadraten der beiden Seiten, ist ein Satz, der eine Beziehung zwischen diesen Figuren ausdrückt. Daß dreimal fünf gleich der Hälfte von dreißig ist, drückt eine Beziehung zwischen diesen Zahlen aus. Sätze dieser Art sind durch die reine Tätigkeit des Denkens zu entdecken, ohne von irgend einem Dasein in der Welt abhängig zu sein. Wenn es auch niemals einen Kreis oder ein Dreieck in der Natur gegeben hätte, so würden doch die von Euklid de- monstrierten Wahrheiten für immer ihre Gewißheit und Evidenz behalten.

Tatsachen, der zweite Gegenstand der mensch- lichen Vernunft sind nicht in gleicher Weise als ge- wiß verbürgt; ebensowenig ist unsere Evidenz von ihrer Wahrheit, wenn auch noch so stark, von der gleichen Art wie bei der vorhergehenden. Das Gegenteil jeder Tatsache bleibt immer möglich, denn es kann niemals einen Widerspruch in sich schließen und wird vom Geist mit derselben Leichtigkeit und Deutlichkeit vor-

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Vierter Abschnitt.

gestellt, als wenn es noch so sehr mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Daß die Sonne morgen nicht

l&näLl'l% ''' '^\°''=^' '"'"•^«' vefständKche daß «^-1 o f Widerspruchsvoller, als die Behauptung, ImI ^"^I®^«'' .^ird. Wir würden daher vef- fie erTm^°<;'.^'"^^^'f '^'^«" ^" demonstrieret wfders^rncnnf f n ^^^^"b '.° «"*^»'«'t« ^"^ einen GeisteTorsteirn '''"' '"^' "'^""^'^ '^«"«'''h ^'O'»

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Skeptische Zweifei in betreff der Veratandestätigkeiten. 37

Maschine, so würde er schließen, daß einst Menschen auf dieser Insel gewesen sind. All unsere Gedanken- gänge, die Tatsachen betreffen, sind von derselben Art. Es wird hier beständig vorausgesetzt, daß zwischen der gegenwärtigen Tatsache und der aus ihr abgeleiteten eine Verknüpfung bestellt. Wäre kein Band zwischen ihnen vorhanden, so wäre die Ableitung völlig haltlos. Eine in der Dunkelheit vernommene artiku- lierte Stimme und vernünftige Rede versichern uns der Gegenwart irgend einer Person. Und warum? weil dies die Wirkungen menschlicher Bildung und Beschaf- fenheit und eng mit dieser verknüpft sind. Zergliedern wir alle anderen Gedankengänge solcher Art, so werden wir finden, daß sie sich auf die Beziehung von Ursache und Wirkung gründen und daß diese Be- ziehung eine nahe oder entfernte, eine direkte oder parallele ist. Hitze und Helligkeit sind Parallel- wirkungen des Feuers, und die eine Wirkung kann mit Recht aus der anderen abgeleitet werden.

Wollen wir also eine befriedigende Auflärung über die Natur jener Evidenz erhalten, die uns der Tat- sachen versichert, so müssen wir untersuchen, wie wir zur Kenntnis von Ursache und Wirkung gelangen.

Ich wage es als einen allgemeinen und aus- nahmelosen Satz hinzustellen, daß die Kenntnis dieser Beziehung in keinem Falle durch Denkakte a priori gewonnen wird; sondern daß sie ganz und gar aus der Erfahrung stammt, indem wir finden, daß ge- wisse Gegenstände beständig in Zusammenhang stehen. Es werde einem Manne von noch so starker natür- licher Vernunft und Begabung ein Gegenstand vor- gelegt — ist dieser ihm gänzlich fremd, so wird er selbst bei der genauesten Prüfung der sinnlichen Eigenschaften desselben nicht imstande sein, irgend welche von seinen Ursachen oder Wirkungen zu ent- decken. Gesetzt den Fall, Adam hätte anfänglich durch- aus vollkommene Vernunftkräfte besessen, so hätte er doch aus der Flüssigkeit und Durchsichtigkeit des Wassers nicht herleiten können, daß es ihn ersticken, noch aus der Helligkeit und Wärme des Feuers, daß es ihn verzehren würde. Kein Gegenstand enthüllt jemals durch die Eigienschaften, die den Sinnen er-

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Vierter Abachnitt

scheinen, die Ursachen, die ihn hervorgebracht haben, noch die Wirkungen, die aus ihm entspringen werden- auch kann unsere Vernunft ohne Beistand der Er- fahrung niemals irgendwelche Ableitungen in bezug auf wirkliches Dasein und Tatsachen vollziehen

Dieser Satz: daß Ursachen und Wirkungen nicht durch die Vernunft, sondern durch die liiFfahrung zu entdecken sind, wird leicht für solche Gegenstände zugegeben werden, von denen wir uns erinnern, daß sie uns früher gänzlich un- bekannt gewesen sind; müssen wir uns doch bewußt sein, daß wir damals völlig unfähig waren, voraus- zusagen was aus ihnen entstehen werde. Man gebe einem Menschen, der keinen Schimmer von Natur- wissenschaft hat, zwei glatte Marmorstücke; und er wird nie entdecken, daß sie in einer Weise an- emander haften werden, die große Kraft erfordert, wenn man sie in senkrechter Richtung trennen will wahrend sie dem seitlichen Druck nur geringen Wider- stand entgegensetzen. Bei Vorgängen, die wenig Ana- loges im gewöhnlichen Naturlauf besitzen, gibt man ebenfalls anstandlos zu, daß man sie nur aus der Erfahrung kennt; auch bildet niemand sich ein, daß die Entladung des Schießpulvers oder die Anziehungs- kraft eines Magneten je durch Begründungen a priori entdeckt werden könnte. Ebenso sträuben wir uns nicht all unsere Kenntnis von Wirkungen, deren Abhänriff- keit von einem verwickelten Getriebe oder einem ver- borgenen Aufbau der Teile angenommen wird, der Erfahrung zi^uschreiben. Wer wollte behaupten, den letzten Grund dafür angeben zu können, daß Milch

u. *?* ^^°® geeignete Nahrung für Menschen, aber nicht für Löwen oder Tiger ist?

Doch die gleiche Wahrheit scheint vielleicht auf den ersten Blick nicht die gleiche Evidenz zu haben, wenn sie sich auf Ereignisse bezieht, die uns von unserem ersten Eintritt in die Welt an vertraut ge- worden sind, die eine genaue Analogie zu dem ganzen Naturlauf zeigen, und die von den einfachen Eigen- schaften der Dmge abhängen sollen, nicht von emem verborgenen Aufbau der Teüe. Wir sind geneigt, uns einzubilden, wir könnten diese Wirkungen ohne Er-

Skeptische Zweifel in betreff der VerstandestätigkeiteD. 39

fahrung durch reine Tätigkeit unserer Vernunft ent- decken. Wir meinen, wenn wir plötzlich in die Welt gestellt würden, so Mtten wir von Anfang an herleiten können, daß eine Billardkugel durch Stoß einer anderen Bewegung mitteilen würde, und daß wir nicht auf das Ereignis hätten zu warten brauchen, um mit Gewißheit darüber auszusagen. So groß ist der Einfluß der Gewohnheit, daß da, wo sie am stärksten ist, sie nicht nur unsere natürliche Unwissenheit ver- deckt, sondern auch sich selbst verbirgt, und nur deshalb nicht da zu sein scheint^ weil sie in höchstem Grade vorhanden ist.

Um uns aber zu überzeugen, daß alle Natur- gesetze und alle Vorgänge an Körpern ausnahmelos nur durch Erfahrung gekannt werden, mögen viel- leicht folgende Überlegungen genügen. Wird uns ein beliebiger Gegenstand vorgelegt und wir sollen die von ihm ausgehende Wirkung angeben, ohne frühere Beobachtungen zu Rate zu ziehen auf welche Weise, in aller Welt, soll der Geist dabei zu Werke gehen? Er muß sich ein Ereignis erfinden oder ausdenken, das er dem Gegenstand als dessen Wirkung zu- schreibt; es ist aber klar, daß diese Erfindung nur durchaus willkürlich sein kann. Der Geist kann un- möglich je die Wirkung in der angenommenen Ur- sache finden, selbst bei der genauesten Untersuchung und Prüfung. Denn die Wirkung ist von der Ursache ganz und gar verschieden und kann folglich niemals in dieser entdeckt werden. Die Bewegung der zweiten Billardkugel ist ein völlig verschiedenes Ereignis von der Bewegung der ersten; auch ist in der einen nichts enthalten, das die leiseste Andeutung der anderen lieferte. Ein Stein oder ein Metallstück, das in die Luft erhoben und dort ohne Stütze gelassen wird, fällt sofort nieder; betrachten wir aber die Sache a priori, läßt sich wohl irgend etwas an dieser Lage entdecken, das die Vorstellung einer Bewegung des Steins oder Metalls nach unten eher als nach oben oder nach irgend einer anderen Richtung erzeugte?

Und wie die erste Einbildung oder Erfindung einer besonderen Wirkung in allen Naturvorgängen da willkürlich bleibt, wo wir nicht die Erfahrung

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Vierter Abschnitt

befragen, so müssen wir als willkürlich anoh Ha«

nnf nnl-T"?""«^ ?°'^''^"- <>'« «ie zusammenhält S dPr T?^v*'-. '5?°''*' ''^^ eine andere Wirkung ans der Tätigkeit dieser Ursache folge. Sehe ich

%..■ «nf 2L»«"^'^°&eJ «ich in gerader" Linie gegen eine andere bewegen selbst angenommen di> r!^ Prf K^ <^r zweiten Kugel falle mir rS a k da^ Ergebnis der Berührung oder des Stoßes e n - kan„

TTr«,!^'' einem Wort, j^e Wirkung ist ein von ihrer Ursache versch edenes Ereie-ni« %ic V,i» j 1. der Ursache nicht entdeckt^erden td was man

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Skeptische Zweifel in betreff der Verstandestätigkeiten. 41

welche die Naturerscheinungen erzeugen, einfacher zu gestalten und die vielen einzelnen Wirkungen durch Denkakte auf Grund von Analogie, Erfahrung und Be- obachtung in einige wenige allgemeine Ursachen ein- münden zu lassen. Aber die Ursachen dieser all- gemeinen Ursachen würden wir vergeblich zu entdecken suchen, und wir werden auch niemals imstande sein, in irgend einer bestimmten Erklärung derselben Befriedi- gung zu finden. Diese letzten Grundkräfte und Prin- zipien sind ganz und gar der menschlichen Wißbe- gierde und Forschung verschlossen. Elastizität, Schwer- kraft, Kohäsion der Teile, Mitteilung der Bewegung durch Stoß: dies sind wahrscheinlich die letzten Ur- sachen und Prinzipien, die wir jemals in der Natur ent- decken werden; wir können uns noch glücklich genug schätzen, wenn wir durch sorgfältige Untersuchung und Vernunfttätigkeit die besonderen Erscheinungen bis oder nahe bis auf diese allgemeinen Prinzipien zurück- führen können. Die vollkommenste Naturwissenschaft schiebt nur unsere Unwissenheit ein wenig weiter zurück, wie vielleicht die vollkommenste Geisteswissenschaft nur dazu dient, weitere Gebiete unserer Unwissenheit aufzudecken. So ist die Betrachtung der menschlichen Blindheit und Schwäche das Ergebnis aller Philosophie und begegnet uns bei jeder Wendung, trotz all unserer Versuche, sie zu umgehen oder zu vermeiden.

Ebensowenig ist die Geometrie, wenn die Natur- wissenschaft sie zu Hilfe nimmt, jemals imstande, diesem Mangel abzuhelfen, oder uns zur Kenntnis letzter Ursachen zu führen, trotz aller Genauigkeit in ihrem Gedankengang, die man mit Recht von ihr rühmt Jeder Teil der angewandten Mathematik geht von der Annahme aus, daß die Natur ihren Vorgängen gewisse Gesetze zugrunde legt; und abstrakte Gedanken- gänge werden nur herangezogen, um die Erfahrung bei der Entdeckung dieser Gesetze zu unterstützen, oder deren Einfluß in besonderen Fällen, in denen es auf genaue Grade der Entfernung oder Maße ankommt, zu bestimmen. So ist es ein durch Erfahrung entdecktes Bewegungsgesetz, daß das Moment oder die Kraft eines bewegten Körpers in geradem Verhältnis proportional ist zum Produkt aus der Masse in die Geschwindigkeit

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Vierter AbBohoitt.

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und folglich, daß eine geringe Kraft das größte Hindernis forträumen oder das größte Gewicht heben kann, wenn durch irgend eine Einrichtung oder ein Getriebe wir die Schnelligkeit dieser Kraft so weit verstärken daß sie die Übermacht über ihre Gegen- kraft erhält Die Geometrie hilft uns bei der An- wendung dieses Gesetzes, durch Angabe der richtigen Großenverhaltnisse aller Teüe und Formen, die in einer beliebigen Maschme verwendet werden können; doch die Entdeckung des Gesetzes selbst verdankt man allem der Erfahrung, und alle abstrakten Denkakte der Welt konnten uns auch keinen Schritt diesem Wissen naherbnngen. Wenn wir a priori Denkakte vollziehen und einen Gegenstand oder eine Ursache rein, wie sie dem Geist erscheint, betrachten, unabhängig von aller Beobachtung, dann könnte sie uns niemals den Begriff eines so unterschiedenen Gegenstandes, wie es ihre Wirkung ist, nahelegen; viel weniger, uns die untrennbare und unverletzliche Verknüpfung zwischen ihnen anzeigen. Es müßte ein höchst scharf- sinniger Mensch sein, der durch Vernunfttätiffkeit allem enWecken könnte, daß Kristalle die Wirkung der Hitze und Eis die Wirkung der Kälte seien, w?^ er nicht vorher mit der Wirksamkeit dieser Eigenschaften vertraut war. ^

Zweiter Teil.

ur.J^^^^ ^^^^'^ 7'^ "^^^^ ^®''^® befriedigende Ant- 7^lLf ^^^?*/?^geworfenen Frage gewonnen. Jede Losung erweckt eine neue Frage, die ebenso schwierig

7r!J'^ Ä^^^^^? '^i """^ ^°^ ^" weiteren Forschungen treibt Auf die Frage: was ist das Wesen all

.?w ?$• ^^\^,?^*^ betreff von Tatsachen scheint die richtige Aiitwort zu sein, daß sie sich auf die Beziehung von Ursache und Wirkung eründen Auf die weitere Frage: was ist die Grundlage aH unserer Denkakte und Schlüsse in betreff dieser Beziehung, kann man mit einem Wort erwidern: Erfahrung. Treibt uns aber die Neigun?

Skeptiach© Zweifel in betreff der VersUndeetfttigkeiten. 43

noch feiner zu zergliedern und zu fragen: was ist die Grundlage aller Schlüsse aus der Er- fahrung, so schließt dies eine neue Frage ein, deren Lösung und Erklärung schwieriger sein dürfte. Philosophen, welche die Miene höherer Weisheit und Zuständigkeit aufsetzen, haben schweren Stand, wenn sie fragedurstigen Leuten begegnen, die sie aus jedem Schlupfwinkel vertreiben und schließlich sicher in ein gefährliches Dilemma bringen. Der beste Ausweg, diese Beschämung zu vermeiden, ist der, bescheiden in unseren Ansprüchen zu sein und lieber selbst die Schwierigkeit zu entdecken, ehe sie uns vorgehalten wird. Auf diese Weise können wir sogar aus unserer Unwissenheit eine Art von Verdienst

machen.

Ich werde mich in diesem Abschnitt mit einer leichten Aufgabe begnügen und nur eine verneinende Antwort auf die hier gestellte Frage zu geben be- anspruchen. Ich behaupte also, daß, selbst nachdem wir den Ablauf von Ursache und Wirkung erfahren haben, unsere Schlüsse aus dieser Erfahrung nicht auf einem Denkakt orfer sonst irgend emem Ver- standesvorgang beruhen. Diese Antwort müssen wir zu erklären und zu verteidigen versuchen.

Es muß sicherlich eingeräumt werden, daß die Natur uns in großem Abstand von all ihren Ge- heimnissen hält und uns nur die Kenntnis weniger oberflächlicher Eigenschaften der Dinge ermöglicht, während sie jene Kräfte und Prinzipien vor uns verbirgt, von denen allein der Einfluß abhängt, den diese Dinge ausüben. Unsere Sinne belehren uns über Farbe, Gewicht und Festigkeit des Brotes; aber weder Sinne noch Vernunft können uns je über jene Eigenschaften belehren, die es für die Ernährung und Erhaltung geeignet machen. Das Gesicht oder Getast vermittelt eine Vorstellung von der augen- blicklichen Bewegung der Körper; aber von der wunderbaren Kraft oder Macht, die einen sich be- wegenden Körper ewig in dauerndem Ortswechsel er- halten würde und die ein Körper nur durch Mitteilung an andere verliert von ihr können wir uns nicht das blasseste Vorstellungsbild machen. Doch unge-

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Viertor Abfchoitt.

achtet diese Unwissenheit über die natürlichen Kräfte M und Fnnzipien setzen wir immer dort, wo wir gleiche Eigenschaften bemerken, gleiche geheime Kräfte vor- aus und erwarten den Eintritt von Wirkungen aus ilinen die den früher erfahrenen gleichen. Wird uns ein Korper von gleicher Farbe und Beschaffenheit wie die des früher gegessenen Brotes vorgelegt so wieder- holen wir ohne Bedenken diese Erfahrung und erwarten mit Gewißheit gleiche Nahrung und Kräftigung. Dieser Fortschritt im Geist oder im Denken ist es, von dem ich gern die Grundlage kennen möchte. Allseiti<r räumt man ein, daß es keine bekannte Verknüpfung gibt zwischen den sinnlichen Eigenschaften und den geheimen Kräften, und daß folglich der Geist nicht durch etwas, das ihm von deren Natur bekannt wäre zu emem solchen Schluß über ihren dauernden und regelmäßigen Zusammenhang geführt wird. Was die vergangene Erfahrung betrifft, so kann nur ein- geräumt werden, daß sie uns unmittelbare und gewisse Belehrung über jene ganz bestimmten Gegen- stände und jenen ganz bestimmten Zeitpunkt bietet, die zu ihrer Kenntnisnahme gelangten. Aber warum Ä ^"^^^"?^ ^5^ die Zukunft ausgedehnt werden sollte und auf andere Gegenstände, die, soviel wir wissen können, nur in der Erscheinung gleichartig

r^Z^Z'^'i^'' ^l'\''\ ^'^- Hauptfrage, die^ich betonen mochte Das Brot, das ich früher gegessen, ernährte

Fi^P% w.^'^^*' ^^" .^^^^^ ^^° sofcherkShen Eigenschaften war zu jener Zeit mit solchen geheimen

Kräften begabt. Folgt aber daraus, daß andfres Brot

gleiche sinnliche Eigenschaften immer voi gleichen geheimen Kräften begleitet sem müssen? Diese Folge rung schemt keineswegs notwendig. Wenigstens muß man anerkennen, daß hier eine vom Geist gezogene Folgerung vorliegt, daß hier ein bestimmter Schritt getan wird: em Fortgang im Denken und eine Ab-

') Das Wort Kraft ist hier in weitem und gewöhnlichem Sinne gebraucht Seine genauere ErklärungTürdrS St T'^^m-''"'^ einleuchtender machen^ sLhe Ab! schnitt 7. (Diese Anmerkung kam in Ausgabe F hinzu.)

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Skeptische Zweifel in betreff der Verstandestätigkeiten. 4,5

leitung, die der Erklärung bedarf. Die zwei Sätze sind weit davon entfernt, dasselbe auszusagen: ich habe gefunden, daß ein solcher Gegenstand immer von einer solchen Wirkung begleitet gewesen ist, und: ich sehe voraus, daß andere Gegenstände, die in der Erscheinung gleich- artig sind, von gleichartigen Wirkungen be- gleitet sein werden. Ich will gern zugeben, daß der eine Satz mit Recht aus dem anderen abgeleitet werden kann; ich weiß sogar, daß er immer so ab- geleitet wird. Betont man aber, daß diese Ableitung durch eine Kette von Denkakten gewonnen wird, so bitte ich mir diese Denkakte aufzuzeigen. Die Ver- knüpfung zwischen diesen Sätzen ist nicht intuitiver Art; es bedarf eines Mittelgliedes, das den Geist be- fähigt, solche Ableitung zu vollziehen, wenn sie in der Tat durch Gedankengänge und durch Begründung voll- zogen sein sollte. Welcher Art dieses Mittelglied ist, das übersteigt, gestehe ich, mein Verständnis; und es liegt jenen ob, es aufzuweisen, die behaupten, daß es wirklich bestehe und der Ursprung unserer Schluß- folgerungen in bezug auf Tatsachen sei.

Diese negative Begründung muß sicherlich im Verlauf der Zeit völlig überzeugen, wenn recht viele scharfsinnige und fähige Philosophen ihre Forschungen in diese Bahnen lenkten und doch keiner je im- stande wäre, irgend einen verknüpfenden Satz oder vermittelnden Schritt zu entdecken, der den Ver- stand bei dieser Schlußfolgerung unterstützt Aber da die Fragestellung noch neu ist, vertraut vielleicht nicht jeder Leser seinem eigenen Scharfsinn so weit, daß er den Schluß wagte: eine Begründung existiere deshalb nicht wirklich, weil sie sich seiner Nach- forschung entzieht. Aus diesem Grunde ist es wohl erforderlich, eine schwierigere Aufgabe in Angriff zu nehmen und durch Aufzählung aller Zweige des menschlichen Wissens den Nachweis zu versuchen, daß keiner von ihnen eine solche Begründung liefern kann.

Alle Denkakte lassen sich in zwei Arten ein- teilen, nämlich in demonstrative Denkakte, d. h. solche, die Beziehungen zwischen Vorstellungen betreffen,

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Vierter Abschnitt.

und moralisch-gewisse 1) Denkakte, d h. solche, die latsachen und Dasein betreffen. Daß keine de- monstrativen Begründungen in unserem Fall vor- handen smd, erscheint einleuchtend; denn es liefft kein Widerspruch darin, dajQ der Naturlauf wechsle 1' i.. ^. ®^°. Gegenstand, der anscheinend Dingen gleicht, die wir durch Erfahrung kennen gelernt haben von andersartigen oder widerstreitenden Wirkungen begleitet sei. Kann ich mir nicht klar und deutlich vorstellen daß ein Körper, der aus den Wolken fällt und m jeder anderen Hinsicht dem Schnee ähnlich ist doch wie Salz schmeckt oder sich wie Feuer anfühlt? (xibt es einen verständlicheren Satz als die Behaup- tung, daß alle Bäume im Dezember und Januar blühen und im Mai und Juni welken werden? Nun enthält \ n ^?3„7?8 verständlich ist und sich deutlich vor- stellen laßt, kemea Widerspruch und kann durch keiner- lei demonstrative Begründung oder abstrakten Ge- dankengang a priori je als falsch bewiesen werden. Werden wir also durch Begründungen veran- laßt, vergangener Erfahrung zu vertrauen und sie zum Maßstab unserer künftigen Urteile zu nehmen, so können diese Begründungen nur wahrscheinliche

Tkfiri« !f'°'.T??^^^ °^^^ der obigen Einteilung Tatsachen und wirkliches Dasein betreffen. Daß es aber eine solche Begründung hier nicht gibt muß emleuchten wenn unsere Erklärung dieser Art von Vernunfttatigkeit als zuverlässig und befriedigend an- gesehen wird. Wir sagten, daß alle Begründungen die das Dasein betreffen, auf der Beziehung von Ur- sache und Wirkung beruhen, daß unsere Kenntnis dieser Beziehung einzig aus der Erfahrung herge- leitet wird und daß endlich alle unsere Erfahrunls^ Ä?f ""^f i^^ Voraussetzung ausgehen, daß die Zukunft mit der Vergangenheit gleichförmig sein werde. Wer den Beweis dieser letzteren Vorauf Sf ^T? wahrscheinliche Gründe, d. h. durch Grunde, welche das Dasein betreffen, zu führen ver- ^^^H muß sich ersichtlich im Kreise drehen und

.cheinLt.^"'^*^' ^ ^** ^ "*^**' d*'- Z°»at.: odT wahr-

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Skeptische Zweifel in betreff der Verstandestätigkeiteu. 47

das für zugestanden nehmen, was gerade der in Frage stehende Punkt ist.

In Wirklichkeit beruhen alle Erfahrungsbegrün- dungen auf der Gleichartigkeit, die wir unter den Naturgegenständen entdecken und die uns dazu führt, Wirkungen von gleicher Art zu erwarten wie jene, die wir als Folge solcher Gegenstände angetroffet haben. Zwar wird nur ein Narr oder Wahnsinniger je das Ansehen der Erfahrung bestreiten oder diesen großen Führer durch das Menschenleben abweisen wollen. Ein Philosoph aber wird doch soviel Wiß- begierde haben dürfen, wenigstens das Prinzip der menschlichen Natur zu untersuchen, das der Er- fahrung dieses mächtige Ansehen verleiht und uns aus jener Gleichartigkeit, die von Natur zwischen verschiedenen Gegenständen besteht, Vorteil ziehen läßt Von Ursachen, welche gleichartig erscheinen, eiwarten wir gleichartige Wirkungen. Dies ist die Summe all unserer Erfahrungsschlüsse. Nun leuchtet es wohl ein, daß dieser Schluß, wäre er von der Vernunft gebildet, gleich zu Anfang und auf Grund eines Falles ebenso vollkommen gültig sein würde, wie nach einer noch so langen Reihe von Erfahrungen. Aber die Sache liegt ganz anders. Was ist einander so ähnlich wie Eier? Und doch erwartet niemand dieser scheinbaren Gleichartigkeit wegen von allen denselben Geschmack und Genuß. Nur nach einer langen Reihe gleichförmiger Erfahrungstatsachen irgendwelcher Art erreichen wir feste Zuversicht und Sicherheit über ein bestimmtes Ereignis. Wo gibt es in der Vernunfttätigkeit ein solches Vorgehen, das aus einem Fall einen ganz anderen Schluß zieht, als aus hundert Fällen, die sich in keiner Weise von jenem einzelnen unterscheiden? Diese Frage stelle ich ebenso um der Belehrung willen, wie in der Ab- sicht, Schwierigkeiten hervorzuheben. Ich kann einen solchen Denkakt nicht auffinden, nicht ersinnen; aber ich halte meinen Geist noch der Belehrung offen, wenn irgendwer sie mir gütig gewähren will.

Sollte jemand sagen, aus einer Anzahl gleich- förmiger Erfahrungsfälle leiteten wir eine Ver- knüpfung zwischen den sinnlichen Eigenschaften und

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Vierter Abschilitt.

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den geheimen Kräften ab; so muß ich gestehen, daß mir dies die gleiche Schwierigkeit, nur anders aus- gedrückt, zu sein scheint Immer kehrt die Frage wieder: auf welchem Begründungsverlauf beruht diese Ableitung? Wo ist das Mittelglied, die Zwischen- vorstellungen, die so sehr weit voneinander ge- trennte Sätze verbinden? Man gibt zu, daß die Farbe, Festigkeit und andere sinnliche Eigenschaften des Brotes an sich selbst gar keine Verknüpfung mit den geheimen Kräften der Ernährung und Erhaltung haben. Denn sonst könnten wir diese geheimen Kräfte aus der ersten Erscheinung dieser sinnlichen Eigen- schaften, ohne die Hilfe der Erfahrung ableiten, gegen die Ansicht aller Philosophen und gegen den ein- fachen Tatbestand. Hier zeigt sich denn unser natür- licher Zustand der Unwissenheit in Hinsicht auf die Kräfte und Einwirkungen aller Gegenstände. Wie hilft die Erfahrung dem ab? Sie zeigt uns nur eine Anzahl gleichförmiger Wirkungen, die sich aus gewissen Gegenständen ergeben, und lehrt uns, daß diese be- stimmten Gegenstände zu dieser bestimmten Zeit mit solchen Kräften und Vermögen begabt waren. Zeigt sich ein neuer Gegenstand, mit gleichartigen sinnlichen Eigenschaften begabt, so erwarten wir gleichartige Kräfte und Vermögen und sind einer gleichen Wir- kung gewärtig. Von einem Körper, der die gleiche Farbe und Festigkeit wie das Brot besitzt, erwarten wir die gleiche Ernährung und Erhaltung. Dies ist doch sicherlich ein Schritt oder ein Fortgang im Geiste, der einer Erklärung bedarf. Wenn jemand sagt: ich habe in allen vergangenen Fällen solche sinn- lichen Eigenschaften mit solchen geheimen Kräften in Zusammenhang gefunden; und wenn er sagt: gleichartige sinnliche Eigenschaften werden immer mit gleichartigen geheimen Kräften in Zusammenhang stehen, so macht er sich keiner Tautologie schuldig, und diese Sätze sind auch in keiner Hinsicht dasselbe. Man wird sagen, der eine Satz ist vom anderen abgeleitet. Aber es muß doch zugegeben werden, daß die Ableitung nicht intuitiver Art ist; aber demonstrativ ist sie auch nicht; welcher Art ist sie also? Die Behauptung, sie stamme

Skeptische Zweifel in betreff der Verstandeetätigkeiten. 49

aus Erfahrung, setzt voraus, was in Frage steht. Denn alle Ableitung aus Erfahrung setzt als ihre Grundlage voraus, daß die Zukunft der Vergangenheit ähnlich sein wird, und daß gleichartige Kräfte mit gleichartigen sinnlichen Eigenschaften zusammen- hängen werden. Schöpfte man irgendwie Verdacht, daß der Naturlauf sich ändern könne und daß in der Vergangenheit nicht die Regel für die Zukunft ent- halten sei, so würde jede Erfahrung nutzlos und könnte zu keinem Ableiten oder Schließen Veranlassung geben. Daher ist es unmöglich, daß irgendwelche Erfahrungsbegründungen diese Ähnlichkeit der Ver- gangenheit mit der Zukunft belegen können, denn all diese Begründungen beruhen ja auf der Voraus- setzung dieser Ähnlichkeit. Mag der Lauf der Dinge bisher noch so regelmäßig gewesen sein das allein, ohne eine neue Begründung oder Ableitung, beweist nicht, daß es in Zukunft so bleiben muß. Vergeblich behauptet man, die Natur der Körper aus vergangener Erfahrung kennen gelernt zu haben. Ihre verborgene Natur und folglich alle ihre Wirkungen und Äuße- rungen können wechseln, ohne jeden Wechsel in ihren sinnlichen Eigenschaften. Das trifft manchmal und für manche Gegenstände zu; warum sollte es nicht immer und für alle Gegenstände zutreffen? Welche Logik, welches Verfahren der Begründung sichert uns gegen diese Annahme? Mein Handeln, sagt man, widerlegt meine Zweifel. Aber dies heißt die Absicht meiner Frage verkennen. Als Handelnder bin ich über den Punkt vollständig im reinen, aber als Philosoph, der einige Wißbegierde, um nicht zu sagen Zweifelsucht, sein eigen nennt, wünsche ich die Grundlage dieser Ableitung kennen zu lernen. Kein Studium, keine Forschung hat bisher mir die Schwierigkeit beheben oder mich in einer so wich- tigen Sache befriedigen können. Was kann ich besseres tun, als die Schwierigkeit der Öffentlichkeit vorzulegen, wenn ich auch vielleicht geringe Hoff- nung auf eine Lösung hege? Wir werden auf diese Weise wenigstens unserer Unwissenheit inne, wenn wir unser Wissen auch nicht vermehren.

Ich gebe zu, daß jeder sich unverzeihlicher An-

Huma , Unteraachg.üb.d.meniiohl. Ventand. 4

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Vierter Abschnitt.

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maßung schuldig macht, der den Schluß zieht: weil eine Begründung sich seiner eigenen Nachforschung entzogen hat, deshalb gebe es sie auch wirklich nicht. Ich gebe ferner zu: wenn sich auch alle Gelehrten durch mehrere Zeitalter fruchtlos mit der Ergründung eines Problems abgegeben haben, so ist es doch vielleicht voreilig, bestimmt zu schließen, daß das Problem deshalb alle menschliche Fassungskraft über- steigen müsse. Selbst wenn wir alle Quellen unseres Wissens prüfen und sie für ein solches Problem un- geeignet befinden, kann immer noch der Verdacht bleiben, daß die Aufzählung nicht vollständig oder die Untersuchung nicht genau gewesen seL Gerade für unser gegenwärtiges Problem bieten sich aber einige Erwägungen, die diesen Vorwurf der Anmaßung sowie den Verdacht eines Irrtums ganz zu beseitigen scheinen.

Es ist gewiß, daß ganz unwissende und stumpfe Bauern, ja kleine Kinder, ja selbst die unvernünftigen Tiere durch Erfahrung klüger werden und die Eigen- schaften der natürlichen Dinge durch Beobachtung der von ihnen ausgehenden Wirkungen kennen lernen. Ein Kind, das die Wahrnehmung des Schmerzes bei Berührung einer Kerzenflamme gemacht hat, wird sich hüten, je seine Hand einer Kerze zu nähern, denn es wird eine gleichartige Wirkung von einer Ursache gleichartiger sinnlicher Beschaffenheit und Erscheinung erwarten. Behauptet also jemand, daß der kindliche Verstand zu diesem Schluß durch irgend ein Verfahren der Begründung oder eine Vemunft- erwägung geführt sei, so darf ich mit Recht von ihm fordern, diese Begründung beizubringen; und er hat auch keinen Vorwand, ein so billiges Verlangen abzuschlagen. Er kann nicht sagen, daß die Be- gründung schwer zu führen ist und sich vielleicht seiner Nachforschung entzieht, denn er gibt zu, daß dieselbe der geringen Fähigkait eines Kindes zugäng- lich ist. Zögert er also nur einen Augenblick oder bringt er nach Überlegung eine verwickelte oder tiefsinnige Begründung vor, so gibt er gewissermaßen die Sache verloren und gesteht ein, daß nicht Ver- nunfttätigkeit uns zu der Annahme bestimme, die

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Skeptische Zweifei in betreif der Verstandestfttigkeiten. 51

Vergangenheit habe Ähnlichkeit mit der Zukunft, und zu der Erwartung gleichartiger Wirkungen von anscheinend gleichartigen Ursachen. Das ist der Satz, den ich im vorliegenden Abschnitt zur Anerkennung bringen wollte. Habe ich recht, so will ich damit nicht behaupten, eine großartige Entdeckung gemacht zu haben. Habe ich aber unrecht, so muß ich in der Tat in der Gelehrsamkeit arg zurückgeblieben sein da ich noch jetzt eine Begründung nicht entdecken kann, die mir anscheinend durchaus vertraut war, lang ehe ich die Wiege verließ.

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Skeptisch« Lösung dieser Zweifel.

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Fünfter Abschnitt.

Skeptische Lösung dieser Zweifel«

Erster TeiK

Der philosophische Eifer, ebenso wie der religiöse, scheint die eine Unzuträglichkeit nach sich zu ziehen: daß er trotz seines Strebens nach Verbesserung unserer Sitten und Ausrottung unserer Laster durch unvor- sichtige Handhabung leicht eine herrschende Vorliebe großzuziehen dient und den Geist mit heftigerer Ent- schiedenheit gerade nach der Seite drängt, die schon zu viel Anziehung durch das Übergewicht und den Hang des natürlichen Temperaments ausübt. Gewiß kann unsere Philosophie, während wir der groß- herzigen Seelenstärke des philosophischen Weisen nachstreben und unsere Genüsse ausschließlich auf die geistigen zu beschränken suchen, am Ende der Epiktets und anderer Stoiker gleich werden, nämlich nur ein verfeinertes System der Selbstsucht, und wir vernünfteln uns ebenso aus aller Tugend wie aus allen geselligen Freuden heraus. Während wir aufmerksam die Eitelkeit des menschlichen Lebens beobachten und alle Gedanken auf die leere und ver- gängliche Natur von Reichtum und Ehren richten, schmeicheln ^ir vielleicht dabei nur unserer natür- lichen Trägheit, die aus Haß auf das unruhige Treiben der Welt und die Mühen der Geschäfte einen Ver- nunftvorwand sucht, um sich ganz und unbeschränkt gehen zu lassen.

Eine Art der Philosophie scheint indessen dieser Unzuträglichkeit weniger unterworfen, und zwar des- halb, weil sie mit keinem herrischen Affekt des

menschlichen Geistes zusammentrifft und mit keiner natürlichen Neigung oder Liebhaberei verschmelzen kann; das ist die akademische oder skeptische Philosophie. Die Akademiker reden immerfort von Zweifeln und Zurückhaltung des Urteils, von der Ge- fahr übereilter Bestimmungen, von sehr engen Schran- ken, die den Untersuchungen des Verstandes zu ziehen sind, und vom Verzicht auf alle Spekulationen, die nicht in den Grenzen des gewöhnlichen Lebens und Handelns liegen. Nichts widerstrebt daher mehr als diese Philosophie der lässigen Trägheit des Geistes, seiner vorlauten Anmaßung, seinen stolzen An- sprüchen und seinem abergläubischen Vertrauen. Sie unterdrückt jeden Affekt außer der Liebe zur Wahrheit, und dieser Affekt wird nie und kann nie einen zu hohen Grad erreichen. Es ist daher erstaunlich, daß diese Philosophie, die beinahe über- all nur harmlos und unschuldig sein kann, zum Gegen- stand so vieler grundloser Vorwürfe und übler Nach- reden gemacht wird. Vielleicht aber setzt sie gerade der Umstand, der sie so unschuldig macht, haupt- sächlich dem Haß und Groll der Menge aus. Da sie den ausschweifenden Affekten nicht schmeichelt, ge- winnt sie wenig Anhänger; da sie sich vielen Lastern und Torheiten entgegenstellt, erweckt sie sich Feinde im Überfluß, die sie als freigeistig, lästerlich und ir- religiös brandmarken.

Wir brauchen auch nicht zu befürchten, daß diese Philosophie bei ihren Versuchen, unsere For- schungen auf das gewöhnliche Leben zu beschränken, jemals die Gedankengänge des gewöhnlichen Lebens untergraben und ihre Zweifel bis zur Zerstörung alles Handelns wie alles Spekulierens treiben würde. Die Natur wird immer ihre Rechte wahren und zuletzt über jedwede abstrakte Vernunfttätigkeit obsiegen. Sollten wir z. B. wie im vorigen Abschnitt zu dem Schlüsse gelangen, daß in allen Denkakten auf Grund von Erfahrung der Geist einen Schritt tut, der nicht durch eine Begründung oder ein Verstandesverfahren gestützt wird, so ist doch keine Gefahr, daß diese Denkakte, von denen fast unser ganzes Wissen ab- hängt, je durch solche Entdeckung getroffen werden

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Fünfter Abschnitt.

Skeptische LösuDg dieser Zweifel.

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könnten. Wird der Geist nicht durch eine Begründung zu diesem Schritte veranlaßt, so muß er durch ein anderes Prinzip von gleichem Gewicht und Wert dazu geführt werden; und dieses Prinzip wird seinen Ein- fluß so lange erhalten, wie die menschliche Natur sich gleich bleibt Was das für ein Prinzip ist, mag wohl der Mühe einer Untersuchung wert sein.

Angenommen, ein Mensch von ausgezeichneten Fälligkeiten der Vernunft und der Überlegung würde plötzlich in diese Welt gestellt, so würde er freilich so- fort eine stetige Folge von Gegenständen und Ereig- nissen beobachten; aber irgend etwas weiteres zu ent- decken, wäre er nicht imstande. Er würde anfangs durch keinen Denkakt imstande sein, die Vorstellung von Ursache und Wirkung zu fassen, weil die besonderen Kräfte, durch welche alle Naturvorgänge sich voll- ziehen, niemals den Sinnen erscheinen. Ebensowenig ist es ein vernünftiger Schluß: bloß weil ein Er- eignis in einem Falle dem anderen vorhergeht, des- halb sei das eine die Ursache, das andere die Wirkung. Ihr Zusammenhang kann ja willkürlich und zufällig und kein Grund vorhanden sein, das Dasein des einen aus dem . Auftreten des anderen abzuleiten. Kurz, solch ein Mensch könnte ohne weitere Erfahrung nie Vermutungen oder Gedankengänge über Tatsachen bilden oder irgend einer Sache sicher sein, die nicht unmittelbar seinem Gedächtnis und seinen Sinnen gegenwärtig ist

Weiter angenommen, daß er mehr Erfahrung gewonnen und lange genug in der Welt gelebt hat, um den ständigen Zusammenhang gleichartiger Gegen- stände oder &eignisse beobachtet zu haben was ist die Folge dieser Erfahrung? Er leitet unmittelbar das Dasein des einen Gegenstandes aus dem Auf- treten des anderen ab. Dennoch hat ihm all seine Erfahrung keinerlei Vorstellung oder Kenntnis der ge- heimen Kraft geliefert, durch die der eine Gegenstand den anderen hervorbringt, noch wird er durch irgend einen Prozeß der Vernunfttätigkeit darauf geführt diese Ableitung zu vollziehen. Trotzdem fühlt er sich gedrungen, es zu tun, und sollte er auch überzeugt sein, daß sein Verstand keinen Anteil an dem Vorgang

hat, so würde er nichtsdestoweniger bei derselben Denkweise verharren. Es gibt also ein anderes Prin- zip, das ihn zu dieser Schlußfolgerung bestimmt

Dies Prinzip ist Gewohnheit oder Übung. Wo immer die Wiederholung einer bestimmten Handlung oder Tätigkeit die Neigung hervorruft, dieselbe Hand- lung oder Tätigkeit ohne irgend einen Anstoß durch einen Denkakt oder Verstandesvorgang, zu erneuern: da sagen wir stets, diese Neigung sei die Wirkung der Gewohnheit Wir behaupten nicht, mit der An- wendung dieses Wortes den letzten Grund einer solchen Neigung angegeben zu haben. Wir deuten damit nur auf ein Prinzip der menschlichen Natur, das all- gemein anerkannt und durch seine Wirkungen uns wohl vertraut ist. Vielleicht können wir unsere Nach- forschungen nicht weiter treiben noch uns anmaßen, die Ursache dieser Ursache anzugeben, sondern müssen daran als an dem letzten aufweisbaren Prinzip all unserer Erfahrungsschlüsse uns genügen lassen. Wir können ganz zufrieden sein, so weit zu kommen und sollten uns nicht über die Bßschränktheit unserer Fähig- keiten beklagen, die uns nicht weiter bringen. Und soviel ist gewiß, wir stellen hiermit einen wenigstens sehr verständlichen, wenn nicht wahren Satz auf, in- dem wir behaupten: anläßlich des beständigen Zu- sammenhangs zweier Gegenstände, z. B. Hitze und Flamme, Gewicht und Masse, werden wir allein durch Gewohnheit bestimmt, das eine beim Auftreten des anderen zu erwarten. Ja, diese Hypothese scheint die einzige zu sein, welche das schwierige Problem erklärt, warum wir aus tausend Fällen etwas ab- leiten, das wir aus einem Falle, der in keiner Hin- sicht von jenen abweicht, abzuleiten nicht in der Lage waren. Die Vernunft ist eines so verschiedenen Verfahrens nicht fähig. Die Schlüsse, die sie aus der Betrachtung eines Kreises zieht, sind die nämlichen, die sie aus einem Überblick über alle Kreise des Weltalls bilden würde. Aber niemand, der nur einen Körper auf Anstoß eines anderen sich hat bewegen sehen, könnte daraus ableiten, daß jeder andere Körper auf einen gleichen Anstoß hin sich bewegen würde. Alle Ableitungen aus Erfahrung

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Fanfter Abschnitt.

sind daher Wirkungen der Gewohnheit, nicht der Vernunfttätigkeit. ^)

^) Meistens unterscheiden Schriftsteller, selbst auf dem Gebiete der Moral, Politik und Physik, zwischen Ver- nunft und Erfahrung, in der Voraussetzung, daß diese ßegründungsarten gänzlich voneinander verschieden seien. Die erstere gilt als das alleinige Ergebnis unserer intellektuellen Vermögen, welche a priori das Wesen der Dinge betrachten, die Wirkungen untersuchen, die aus deren Tätigkeit folgen, und daraus besondere Prinzipien für Wissenschaft und Philo- sophie aufstellen. Letztere stammt angeblich gänzlich von den Sinnen und der Beobachtung, durch welche wir die tatsächlichen Ergebnisse aus der Wirksamkeit bestimmter Gegenstände kennen lernen und daraus abzuleiten vermögen, was künftig aus ihnen sich ergeben wird. So lassen sich z. B. die Begrenzung und Beschränkung der Staatsregiemng und eine gesetzliche Verfassung entweder durch die Ver- nunft verteidigen, die ans der Erwägung der großen Schwäche und Verderbtheit der mensclüichen Natur uns lehrt, daß niemand ohne Gefahr mit unbeschränkter Machtvoll- kommenheit betraut werden kann; oder durch Erfahrung und Geschichte, die uns von dem ungeheueren Mißbrauch berichten, den der Ehrgeiz zu allen Zeiten und in allen Ländern mit solch unvorsichtigem Vertrauen getrieben hat

Die gleiche Unterscheidung zwischen Vernunft und Erfahrung hat in all unseren Erwägungen statt, die die Lebensführung betreffen; so vertrauen und folgen wir dem erfahrenen Staatsmann, Heerführer, Arzt oder Kaufmann, und schieben geringschätzig den ungeübten Neuling bei- seite, sei er auch von Natur noch so begabt. Wird auch zugegeben, daß die Vernunft recht einleuchtende Ver- mutungen über die Folgen einer bestimmten Handlungs- weise unter bestimmten Umständen bilden kann, so gilt sie dennoch ohne den Beistand der Erfahrung für unvoll- kommen, die allein imstande ist, den Grundsätzen, die durch Studieren und Nachdenken gewonnen werden, Beständigkeit und Gewißheit zu verleihen.

Wenn nun auch diese Unterscheidung so allgemein in jeder Lebenslage, in der Praxis wie in der Theorie, ange- nommen wird, trage ich doch kein Bedenken auszusprechen, daß sie im Grunde irrtümlich, mindestens oberflächlich ist

Prüfen wir jene Begründungen, die in einer der oben- (ifenannten Wissenschaften als die alleinigen Wirkungen der Vernunfttätigkeit und der Überlegung gelten, so wiird sich zeigen, daß sie schließlich an irgend ein ^gemeines Prinzip "oder

Skeptische Lösung dieser ZweifeL

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So ist die Gewohnheit die große Führerin im menschlichen Leben. Dieses Prinzip ist es allein, das unsere Erfahrung uns nutzbringend gestaltet und

einen Schluß einmünden, für den sich kein anderer Grund angeben läßt, als Beobachtung und Erfahrung. Zwischen ihnen und jenen Regeln, die man gewöhnlich als das Er- gebnis der reinen Erfahrung ansieht, besteht nur der Unter- schied, daß erstere nicht ohne einen Verlauf im Denken und einige Überlegung über das Beobachtete aufgestellt werden können, will man dessen Umstände genau erfassen und die Folgen darlegen. Dagegen ist bei letzteren das er- fahrene Ereignis genau und vollständig dem gleich, was wir als Ergebnis bestimmter Verhältnisse ableiten. Die Ge- schichte eines Tiberius oder Nero läßt uns eine gleiche Gewaltherrschaft befürchten, wenn unsere Monarchen der Schranken des Gesetzes und des Parlaments ledig würden; aber die Beobachtung irgend eines Betrugs oder einer Grausamkeit im bürgerlichen Leben genügt, um mit Hilfe von etwas Nachdenken in uns dieselbe Besorgnis zu er- wecken; denn sie dient als ein Beispiel der allgemeinen Verderbtheit der menschlichen Natur, und zeigt uns, wie gefährlich es ist, ein volles Vertrauen in menschliche Wesen zu setzen. In beiden Fällen ist Erfahrung letzten Endes die Grundlage unserer Ableitungen und Schlüsse.

Auch der jüngste und unerfahrenste Mensch hat sich durch Beobachtung manche allgemeine und richtige Regel über menschliche Angelegenheiten und die Führung des Lebens gebildet; doch ist nicht zu leugnen, daß, will jemand danach handeln, er in höchstem Grade dem Irrtum aus- gesetzt sein wird, bis Zeit und reichere Erfahrungen diese Regeln erweitern und ihn lehren, sie richtig zu gebrauchen und anzuwenden. In allen Lagen und Vorkommnissen ^bt es eine Menge besonderer und anscheinend geringfügiger Umstände, die selbst der begabteste Mensch zunächst leicht übersieht, obgleich die Richtigkeit seiner Schlüsse, und folglich die Klugheit seines Benehmens, ganz davon ab- hängen. Überdies fallen dem jungen Anfönger das allgemein Beobachtete uud seine Regeln nicht immer bei der richtigen Gelegenheit ein, und er kann sie auch nicht gleich mit der nötigen Ruhe und Urteilskraft anwenden. Die Wahrheit ist, daß ein unerfahrener Denker überhaupt kein Denker sein könnte, wenn er völlig ohne Erfahrung wäre; geben wir jemandem dies Beiwort, so meinen wir es nur ver- gleichsweise, und halten ihn zwar für erfahren, aber in geringerem und unvoUkommnerem Grade.

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Fünfter Abschnitt

Skoptische Lösung dieser Zweifel.

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uns für die Zukunft eine Kette gleichartiger Ereig- nisse erwarten läßt, wie die in der Vergangenheit aufgetretenen. Ohne den Einfluß der Gewohnheit blieben wir gänzlich in Unwissenheit über jede Tat^ Sache, die über das unmittelbar dem Gedächtnis und den Sinnen Gegenwärtige hinausreicht. Wir würden niemals die Mittel den Zwecken anzupassen wissen, noch unsere natürlichen Kräfte zur Erzeugung irgend einer Wirkung anzuwenden verstehen. Es wäre auf einmal mit allem Handeln und mit dem besten Teil geistiger Arbeit vorüber.

Hier ist indes die Bemerkung am Platze, daß uns zwar unsere Schlüsse aus der Erfahrung über Gedächtnis und Sinne hinausführen und uns Sicher- heit über Tatsachen geben, die an den fernsten Orten und in frühesten Zeiten geschehen sind; daß aber immer irgend eine Tatsache den Sinnen oder dem Gedächtnis gegenwärtig sein muß, von der diese unsere Schlüsse den ersten Ausgang nehmen. Findet jemand in einem wüsten Lande die Überreste präch- tiger Architektur, so wird er schließen, daß das Land in alten Zeiten von gesitteten Einwohnern angebaut worden ist; begegnete er nichts derartigem, so könnte er solche Ableitung nie vollziehen. Wir lernen die Ereignisse früherer Zeiten aus der Geschichte; aber dazu müssen wir die Bände durcharbeiten, in denen diese Belehrung enthalten ist, und von da mit unseren Ableitungen von einem Zeugnis zum anderen fort- schreiten, bis wir bei den Augenzeugen und Zu- schauern dieser fernen Ereignisse anlangen. Kurz, wenn wir nicht von einer dem Gedächtnis oder den Sinnen gegenwärtigen Tatsache ausgehen, so bleiben unsere Gedankengänge reine Hypothesen; wie eng mit- einander verknüpft die einzelnen Glieder auch sein mögen, die ganze Kette von Ableitungen hätte keine Grundlage, noch könnten wir je durch sie zur Kenntnis eines wirklich Seienden gelangen. Wenn ich jemand frage, warum er eine bestimmte Tatsache glaubt, die er berichtet, so muß er irgend einen Grund nennen, und dieser Grund wird eine andere damit verknüpfte Tatsache sein. Da sich dies aber nicht auf solche Weise in infinitum fortsetzen läßt» so muß er schließ-

lich bei einer Tatsache Halt machen, die seinem Gedächtnis oder seinen Sinnen gegenwärtig ist, oder aber zugeben, daß sein Glaube gänzlich unbe-

Was ist nun das Schlußergebnis von alledem? Ein einfaches wenn auch allerdings recht weit ab von den gewöhnlichen Theorien der Philosophie. Aller Glaube an Tatsachen oder wirkliches Sein stammt lediglich von irgend einem Gegenstand, der dem Gedächtnis oder den Sinnen gegenwärtig ist, und von einem gewohnheitsmäßigen Zusammenhang zwischen diesem und einem anderen Gegenstande. Oder mit anderen Worten: hat man gefunden, daß m vielen Fällen zwei Arten von Dingen, Flamme und Hitze, Schnee und Kälte, stets miteinander in Zusammenhang standen, so wird, wenn sich den Sinnen Flammen oder Schnee erneut darbieten, der Geist durch Ge- wohnheit getrieben, Hitze oder Kälte zu erwarten und zu glauben, daß eine derartige Eigenschaft besteht und sich bei größerer Annäherung offenbaren wird. Dieser Glaube ist das notwendige Ergebnis, wenn der Geist in solche Umstände gerät. Es ist ein seelischer Vorgang, der in dieser Lage so unvermeidlich ist, wie der Affekt der Liebe, wenn wir Wohltaten empfangen, oder des Hasses, wenn man uns Leid antut An diese Vorgänge sind eine Gattung natür- licher Instinkte, welche keine Vernunfttätigkeit, d. h. kein gedankliches und verstandesmäßiges Verfahren hervorzubringen noch zu verhüten fähig ist.

An diesem Punkt dürften wir uns wohl gestatten, mit unseren philosophischen Nachforschungen inne zu halten. In den meisten Fragen sind wir beim ersten Schritt hier angelangt, und in allen Fragen müssen wir zuletzt hier enden nach noch so rastlosen und eifrigen Untersuchungen. Indes wird unser Eifer zu entschuldigen, ja zu loben sein, wenn er uns dazu führt, noch weiter zu forschen und die Natur dieses Glaubens und des gewohnheitsmäßigen Zu- sammenhangs, von dem er stammt, genauer zu prüfen. Auf diese Weise ließen sich vielleicht einige Erklärungen und Analogien auffinden, die Be- friedigung gewären wenigstens solchen, die ab-

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Fünfter AbsohDitt.

Skeptische Lösung dieser Zweifel.

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strakte Wissenschaft lieben und sich an Spekulationen erfreuen, welche trotz aller erreichbaren Genauig- keit dennoch in gewissem Grade zweifelhaft und un- gewiß bleiben dürften. Für Leser von anderem Ge- schmack ist der übrige Teil dieses Abschnitts nicht berechnet, und die späteren Untersuchungen können ganz wohl verstanden werden, auch wenn man ihn beiseite läßt.

Zweiter Teil.

Nichts ist so frei, wie die menschliche Einbil- dungskraft; kann sie auch den ursprünglichen Vorrat an Vorstellungen nicht überschreiten, den die inneren und äußeren Sinne liefern, so hat sie doch unbe- schränkte Macht, diese Vorstellungen zu all den mannigfaltigen Gebilden, die sie dichtet und schaut, zu mischen, zusammenzusetzen, zu trennen und zu teilen. Sie kann eine Kette von Ereignissen erfinden, mit allem Anschein der Wirklichkeit, kann ihnen eine bestimmte Zeit und Stelle zuschreiben, sie sich als daseiend vorstellen und sie sich mit allen Umständen, ausmalen, wie sie zu einer geschichtlichen Tatsache gehören, an die sie mit der größten Gewißheit glaubt. Worin besteht denn nun der Unterschied zwischen einer solchen Erdichtung und dem Glauben? Er liegt nicht einfach in einer besonderen Vorstellung, die solch einem Vorstellungsbild anhängt, das unsere Zustimmung erzwingt, und jeder uns bisher bekannten Erdichtung fehlt Denn da der Geist Gewalt über all seine Vor- stellungen hat, so könnte er nach Willen diese be- stimmte Vorstellung jeder Erdichtung anfügen und folglich imstande sein, alles zu glauben, was ihm be- liebte, während die tägliche Erfahrung das Gegenteil zeigt W'ir können in unserem Vor stell ungsbild den Kopf eines Mannes dem Körper eines Pferdes aufsetzen; aber es steht nicht in unserer Macht, zu glauben, daß solch ein Geschöpf jemals wirklich existiert habe.

Es folgt also hieraus, daß der Unterschied zwischen Erdichtung und Glaube in einem Ge- fühl oder einer Empfindung liegt, welche sich nur dem letzteren, nicht der ersteren anschließt und nicht vom

Willen abhängt, noch beliebig zu Diensten steht Die Natur muß es erregen, wie alle anderen Gefühle; es muß aus dem bestimmten Zustand erwachsen, m dem sich der Geist unter bestimmten Umstanden be- findet Jeder Gegenstand, der sich dem Gedächtnis oder den Sinnen bietet, führt die Einbildung unmittel- bar durch die Kraft der Gewohnheit dazu, sich den- jenigen Gegenstand vorzustellen, der gewöhnlich mit ihm zusammenhängt, und dieses Vorstellungsbild ist von einer Empfindung oder einem Gefühl begleitet, das sich von den ungebundenen Träumereien der Fnan- tasie unterscheidet Hierin besteht das ganze Wesen des Glaubens. Denn da es keine Tatsache gibt, an die wir so fest glauben, daß wir nicht ihr Gegenteil vorstellen könnten, so gäbe es keinen Unterschied zwischen dem Vorstellungsbild, dem man zustimnat, und jenem, das man verwirft, wenn es nicht ein Gefühl gäbe, das eines vom anderen unterscheidet. Sehe ich eine Billardkugel auf einem glatten Tisch sich gegen eine andere bewegen, so kann ich mir leicht vorstellen, daß sie bei der Berührung stillstehen wird. Dieses Vorstellungsbild enthält keinen Widerspruch; dennoch fühlt man dabei ganz anders als bei jenem Vorstellungsbild, durch das ich mir den Stoß und die Mitteilung der Bewegung von einer Kugel zur anderen

vergegenwärtige. ^ i.. , ,

Wollten wir eine Definition dieses Gefühls zu geben versuchen, so würden wir vielleicht darin eine sehr schwierige, wenn nicht unmögliche Aufgabe er- kennen, gleicherweise wie bei dem. Versuch, die Empfindung der Kälte oder den Affekt des Zorns einem Geschöpf zu definieren, das nie diese Gefühle erfahren hätte. Glaube ist das^ wahre und richtige Wort für dies Empfinden, und niemand ist je im unklaren über die Bedeutung dieses Ausdruckes; denn jeder ist in jedem Augenblick sich des Gefühls be- wußt, das er bezeichnet. Dennoch möchte der Ver- such einer Beschreibung dieses Gefühls nicht un- angebracht sein; in der Hoffnung, auf diesem Wege zu einigen Analogien zu gelangen, die eine voll- kommenere Erklärung davon ermöglichen. Ich sage also, daß Glaube weiter nichts ist als ein gegen-

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Fünfter Abschnitt

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ständliches Vorstellimgsbild von größerer Lebendig"keit, Lebhaftigkeit, Eindringlichkeit, Festigkeit und Bestän- digkeit, als sie die Einbildung allein je zu erreichen fähig ist Diese Mannigfaltigkeit von Ausdrücken, die so un- philosophisch erscheinen mag, soll nur dazu dienen, jenen Akt des Greistes auszudrücken, der Wirklich- keiten, oder was dafür gehalten wird, uns gegenwär- tiger macht als Erdichtungen, ihnen mehrCirewicht im Denken gibt und einen überlegenen Einfluß auf die Affekte und die Einbildungskraft verleiht Voraus- gesetzt, daß wir in der Sache übereinstimmen, ist es unnötig, um die Ausdrücke zu streiten. Die Ein- bildungskraft hat Gewalt über alle Vorstellungen und kann sie auf alle mögliche Weise verbinden, mischen und abwandeln. Sie kann sich erdichtete Gegenstände mit allen Einzelheiten des Orts und der Zeit vorstellen. Sie kann sie uns gewissermaßen vor Augen führen, in ihren wahren Farben, gerade so wie sie auch hätten da sein können. Aber da es unmöglich ist, daß dies Vermögen der Einbildung je aus sich heraus dem Glauben gleichkommen ^ann, so besteht ersichtlich der Glaube nicht in der besonderen Natur oder Ord- nung der Vorstellungen, sondern in der Art, wie sie vorgestellt werden und wie der Geist sie empfindet Ich gestehe, daß es unmöglich ist, diese Empfin- dung oder diese Art des Vorstellens völlig zu er- klären. Wir mögen Wörter gebrauchen, die etwas Annäherndes ausdrücken. Aber der wahre und rich- tige Name dafür, wie ich vorher schon bemerkte, ist Glaube; ein Ausdruck, den jedermann im ge- wöhnlichen Leben genügend versteht. In der Philo- sophie können wir nicht weiter gehen als bis zu der Behauptung, daß der Glaube etwas vom Geist Empfundenes ist, was die Vorstellungen der Ur- teilskraft von den Erdichtungen der Einbildung unterscheidet Er gibt ihnen mehr Gewicht und Ein- fluß, läßt sie bedeutsamer scheinen, drückt sie dem Geist auf und macht sie zum herrschenden Prinzip unserer Handlungen. Ich höre z.B. gerade jetzt die Stimme eines Bekannten; der Ton kommt aus dem Nebenzimmer. Der Eindruck auf die Sinne führt augen- blicklich meine Gedanken zu diesem Menschen und

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zugleich zu allen ihn umgebenden Gegenständen. Ich male sie mir aus als gegenwärtig existierend mit allen Eigenschaften und Beziehungen, die ich früher an ihnen kannte. Diese Vorstellungen gewinnen festeren Halt in meinem Geiste als yorstellungen von einem verwunschenen Schlosse. Wir empfinden sie ganz anders und sie haben in jeder Weise viel größeren Einfluß darauf, Lust oder Leid, Freude oder Kummer entstehen zu lassen.

Fassen wir also diese Lehre in ihrem vollen Umfang zusammen und nehmen wir an, daß das Gefühl des Glaubens nur ein Vorstellungsbild von größerer Intensität und mehr Beständigkeit ist, als sie die bloßen Erdichtungen der Einbildungskraft begleiten; und daß diese Art des Vorstellens aus einem ge- wohnheitsmäßigen Zusammenhang des Gegenstandes mit etwas dem Gedächtnis oder den Sinnen Gegen- wärtigem entspringt: so wird es, glaube ich, unter diesen Voraussetzungen nicht schwer sein, andere Geistestätigkeiten zu finden, die dieser analog sind, und die Erscheinungen zu. noch allgemeineren Prin- zipien hinauf zu verfolgen.

Wir haben schon bemerkt, daß die Natur Ver- knüpfungen zwischen bestimmten Vorstellungen ein- gerichtet hat, und daß die eine Vorstellung, sobald sie in unserem Denken auftaucht, auch sogleich die ihr zugehörige einführt und unsere Aufmerksamkeit durch eine leise und unmerkliche Bewegung auf sie lenkt Diese Prinzipien der Verknüpfung oder As- soziation haben wir auf drei zurückgeführt, nämlich Ähnlichkeit, Berührung und Verursachung; dies sind die einzigen Bande, die unsere Gedanken miteinander vereinigen und jenen regelmäßigen Ablauf der Über- legung oder des Gesprächs erzeugen, der in größerem oder geringerem Grade überall bei den Menschen stattfindet. Hier erhebt sich nun eine Frage, von der die Lösung der gegenwärtigen Schwierigkeit abhängen wird. Ist es bei all diesen Beziehungen der Fall, daß wenn der eine Gegenstand den Sinnen oder dem Ge- dächtnis sich bietet, der Geist nicht nur auf das Vorstellungsbild des zugehörigen gebracht wird, son- dern auch ein beständigeres und stärkeres Vorstellungs-

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Fünfter Abschnitt.

bild davon gewinnt, als er sonst hätte erreichen können? Bei jenem Glauben scheint es der Fall zu sein, der aus der Beziehung von Ursache und Wirkung entspringt; ist es der gleiche bei den anderen Beziehungen oder Prinzipien der Assoziation, so darf es als allgemeines Gesetz aufgestellt werden, das bei jeder Tätigkeit des Geistes in Kraft tritt.

Wir können demnach als erste Erfahrungstat- sache für unseren gegenwärtigen Zweck beobachten, daß beim Anblick des Porträts eines abwesenden Freundes unsere Vorstellung von ihm durch die Ähn- lichkeit augenscheinlich belebt wird und daß jeder Affekt, den diese Vorstellung verursacht, der Freude wie des Kummers, neue Kraft und Frische erlangt. Um dieses Ergebnis hervorzubringen, wirkt hier beides, eine Beziehung und ein gegenwärtiger Eindruck zusammen. Wäre das Bild dem Freunde gar nicht ähnlich oder min- destens sollte es ihn nicht darstellen, so würde es nie- mals unsere Gedanken zu ihm hinleiten. Und wäre es ebensowenig gegenwärtig wie die dargestellte Person, so würde der Geist zwar vielleicht von dem Gedanken an das eine zum Gedanken an das andere übergehen, aber seine Vorstellung durch diese Wanderung eher geschwächt als belebt finden. Wir haben Freude am Anblick des Porträts eines Freundes, wenn es uns vor Augen gebracht wird; wird es aber entfernt, so betrachten wir lieber ihn selbst unmittelbar, als im Spiegel eines Bildes, das ebenso fern und undeutlich ist.

Die Zeremonien der römisch-katholischen Religion können als Beispiele derselben Art aufgefaßt werden. DieBekenner dieses Aberglaubens i) führen gewöhnlich zur Entschuldigung des Mummenschanzes, den man ihnen vorwirft, an, daß sie die gute Wirkung solcher äußerlichen Bewegungen, Stellungen und Handlungen an der Belebung ihrer Andacht und Steigerung ihrer Inbrunst empfinden, die sonst, einzig auf entfernte und unsinnliche Gegenstände gerichtet, nachlassen würden. Wir verdichten die Gegenstände unseres Bekenntnisses, so sagen sie, zu sinnlichen Symbolen und Bildern und machen sie uns durch die unmittelbare

^) „Dieses BeltsameD Aber^laobens'^ in Aasgaben E und F.

Skeptische Lösung dieser ZweifeL

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Gegenwart dieser Symbole gegenwärtiger, als es uns durch eine bloß intellektuelle Anschauung und Betrach- tung möglich wäre. Sinnliche Gegenstände haben im- mer einen größeren Einfluß auf die Einbildung als alle anderen; und diesen Einfluß übertragen sie leicht auf jene Vorstellungen, zu denen sie in Beziehung stehen und denen sie ähnlich sind. Ich will nur aus diesen Gebräuchen und diesem Gedankengang ableiten, daß die Wirkung der Ähnlichkeit zur Belebung von Vorstellungen etwas sehr Gewöhnliches ist; und da jedesmal eine Ähnlichkeit und ein gegenwärtiger Ein- druck zusammenkommen müssen, so haben wir Er- fahrungstatsachen in Fülle, um die Wirklichkeit des aufgestellten Prinzips zu beweisen.

Wir können diese Erfahrungstatsachen durch anders geartete bekräftigen, wenn wir die Wirkungen der Berührung ebenso in Betracht ziehen, wie die der Ähnlichkeit. Sicherlich verringert die Entfernung die Stärke jeder Vorstellung, und ein Gegenstand, dem wir uns nur nähern, wenn sich dieser auch nicht unseren Sinnen darbietet, .übt auf den Geist einen Einfluß aus, der einem unmittelbaren Eindruck nahe- kommt Das Denken an einen Gegenstand führt den Geist mit Leichtigkeit zu dessen Umgebung; aber nur die tatsächliche Gegenwart eines Dinges führt ihn mit gesteigerter Lebendigkeit darauf. Wenn ich nur wenige Meilen von meiner Heimat entfernt hin, so berührt mich alles, was zu ihr in Beziehung steht, näher, als wenn ich mich 600 Meilen weit davon befinde; doch ruft selbst bei dieser Entfernung die Besinnung auf irgend etwas, das sich in der Nachbar- schaft meiner Äeunde oder Angehörigen befindet, naturgemäß die Vorstellung von üinen hervor. Weil aber in diesem letzteren Falle die vom Geiste er- faßten Gegenstände beides Vorstellungen sind: so ist, der Übergang von der einen zur anderen zwar ein leichter, aber dennoch ist dieser Übergang allein nicht imstande, einer der Vorstellungen eine größere Le- bendigkeit zu verleihen, weil eben der unmittelbare Eindruck fehlt i)

^) „Katurane nobis, inquit, datum. dicam, an errore qnodam, ut, onm ea loca videamus, in quibus memoria dig-

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Fünfter Abschnitt

Niemand kann bezweifeln, daß das Ursachver- hältnis den nämlichen Einfluß besitzt, wie die beiden anderen Beziehungen der Ähnlichkeit und der Be- rührung. Abergläubische Leute halten viel auf Re- liquien von Heiligen und frommen Männern, aus dem nämlichen Grunde, aus dem sie nach Symbolen und Bildern verlangen, um ihre Andacht zu beleben und ein vertrauteres und kräftigeres Vorstellungsbild je- ner musterhaften Lebensläufe zu gewinnen, denen sie nacheifern. Nun leuchtet ein, daß eine der besten Reliquien, die sich ein Schwärmer verschaffen könnte, Dinge wären, die ein Heiliger mit eigenen Händen gearbeitet hat; und werden seine Kleider und Geräte auch im nämlichen Lichte betrachtet, so geschieht es, weil sie einst zu seiner Verfügung standen und er sie in Händen gehabt und gebraucht hat In dieser Hinsicht lassen sie sich als unvollkommene Wirkungen betrachten, die mit ihm durch eine kürzere Folgenreihe verknüpft sind, als jede andere wäre, die uns von der Wirklichkeit seines Daseins unterrichtet

Angenommen, der Sohn eines seit lange ver- storbenen oder abwesenden Freundes träte vor uns hin so würde ersichtlich dieser Gegenstand sofort die ihm zugehörige Vorstellung wieder aufleben lassen und in unseren Gedanken alle einstige Innigkeit und Vertraulichkeit wachrufen, und zwar in lebhafteren Farben, als wir ihnen sonst geliehen hätten. Dies ist

DOS yiros acceperimas multnm esse versatos, magis move- amur, quam siqnando eoram ipsorum aut facta audiamus ant scriptum aliquod legamns? Velut ego nnnc moveor. Venit enim mihi Piatonis in mentem, quem accepimos primum hfc dispntare solitum: Cajas etiam illi hortuli pro- pinqni non memoriam solum mihi afferant, sed ipsnm vi- dentnr in conspectu meo hie ponere. Hie Speusippus, hie Xenocrates, hie ejus auditor Polemo; cujus ipsa illa sessio fuit, quam videamus. Equidem etiam curiam nostram Hos- tiliam dico, non haue novara, quae mihi minor esse videtur postquam est major, solebam intuens, Scipionem, Catonem, Leiium, nostrum vero in primis avum cogitare. Tanta vis admonitionis est in locis; ut non sine causa ex his memoriae deducta sit disciplina." Cicero, de Finibus Lib. V. 2.

Skeptische Lösung dieser Zweifel,

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m

eine andere Erscheinung, welche das oben erwähnte Prinzip beweisen dürfte.

Wir beobachten nun, daß bei diesen Erscheinungen der Glaube an den zugehörigen Gegenstand stets vorausgesetzt ist; denn ohne ihn könnte die Beziehung keine Wirkung üben. Die Beeinflussung durch das Bild setzt voraus, daß wir glauben, unser Freund habe einst existiert Die Nähe der Heimat kann nie- mals Vorstellungen von der Heimat in uns erwecken, es sei denn, daß wir an ihr wirkliches Dasein glauben. Nun behaupte ich, daß dieser Glaube, auch wo er über den Bereich des Gedächtnisses und der Sinne hinausgreift, von gleichartiger Natur ist und gleich- artigen Ursachen entspringt, wie der eben ausein- andergesetzte Übergang des Denkens und die Leben- digkeit des Vorstellungsbildes. Werfe ich ein Stück trockenes Holz ins Feuer, so wird mein Geist sogleich dazu getrieben, sich vorzustellen, daß die Flamme da- durch verstärkt, nicht ausgelöscht wird. Dieser Über- gang des Denkens von der Ursache zur Wirkung entspringt nicht aus der Vernunft Er leitet seinen Ursprung einzig aus Gewohnheit und Erfahrung her. Und da er zunächst von einem Gegenstand, der den Sinnen gegenwärtig ist, ausgeht, so macht er die Vorstellung oder das Vorstellungsbild der Flamme stär- ker und lebhafter als irgend ein haltloses, verschwim- mendesTraumbildder Einbildungskraft Jene Vorstellung steigt unmittelbar auf, der Gedanke wendet sich augen- blicklich zu ihr und trägt ihr all jene Kraft des Vor- stellungsbildes zu, die aus dem gegenwärtigen sinnlichen Eindruck sich herleitet. Wenn ein Schwert gegen meine Brust gezückt wird, steigen da nicht eindring- licher die Vorstellungen von Wunde und Schmerz in mir auf, als wenn mir ein Glas Wein vorgesetzt wird sollten auch zufällig diese Vorstellungen nach dem Erscheinen des letzteren Gegenstandes auftauchen? Aber was anders kann in diesem ganzen Tatbestand ein so kräftiges Vorstellungsbild verursachen, außer allein ein gegenwärtiges Ding und ein gewohn- heitsmäßiger Übergang zu der Vorstellung eines anderen Dinges, das wir mit dem ersteren in Zusammen- hang zu bringen pflegten. Das ist der ganze geistige

5*

68

Ptlufter Abschnitt

Skeptische Lösung dieser Zweifel.

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Vorgang bei all unseren Schlüssen, die Tatsachen und Dasein betreffen; es dient zur Befriedigung, hierzu einige Analogien zu finden, durch die er sich er- läutern läßt. Der Übergang von einem uns gegen- wärtigen Gegenstand verleiht in allen Fällen der ver- wandten Vorstellung Stärke und Beständigkeit.

Wir finden hier also eine Art prästabilierter Har- monie zwischen dem Laufe der Natur und der Ab- folge unserer Vorstellungen; und obgleich die Macht und die Kräfte, welche den ersteren regieren, uns völlig unbekannt sind, so haben doch unsere Gedanken und Vorstellungsbilder, wie wir sehen, dieselbe Bahn ver- folgt wie die anderen Naturwerke. Die Gewohnheit ist dasjenige Prinzip, durch welches diese Übereinstimmung bewirkt wurde, die so notwendig ist zur Erhaltung unse- rer Art und zur Regelung unseres Verhaltens in allen Lagen und Vorkommnissen des menschlichen Lebens. Würde nicht die Anwesenheit eines Gegenstandes sogleich die Vorstellung jener Gegenstände erregen, die gewöhnlich mit ihm in Zusammenhang stehen, so hätte unser ganzes Wissen auf den engen Umkreis unseres Gedächtnisses und unserer Sinne beschränkt bleiben müssen; wir wären nie imstande gewesen, Mittel den Zwecken anzupassen, noch unsere natürlichen Kräfte entweder zur Erzeugung des Guten oder zur Ver- meidung des Übels anzuwenden. Diejenigen, die sich an der Entdeckung und Betrachtung von Zweckur- sachen ergötzen, haben hier ein weites Feld zur Be- tätigung des Staunens und der Bewunderung.

Ich füge noch eins hinzu, als weitere Bestätigung der eben entwickelten Lehre. Da nämlich diese Tätig- keit des Geistes, durch welche wir gleiche Wirkungen aus gleichen Ursachen ableiten und umgekehrt, durch- aus wesentlich ist zur Erhaltung aller menschlichen Geschöpfe, so ist es nicht wahrscheinlich, daß sie den trügerischen Deduktionen unserer Vernunft an- vertraut werden konnte; denn diese ist langsam in ihrer Tätigkeit, tritt in den ersten Kindheitsjahren nicht in nennenswertem Grade in die Erscheinung and ist bestenfalls in jedem Alter oder Zeitpunkt des Menschenlebens dem Irrtum und Fehlgreifen in hohem Maße ausgesetzt. Es entspringt mehr der

üblichen Weisheit der Natur, einen so notwendigen Akt des Geistes durch einen Instinkt oder eine mecha- nische Tendenz sicherzustellen; denn diese kann un- fehlbar in ihrer Wirksamkeit sein, kann sich beim ersten Auftreten des Lebens und Denkens zeigen und unab- hängig von all den mühsam erarbeiteten Deduktionen des Verstandes bleiben. Wie die Natur uns den Ge- brauch unserer Glieder gelehrt hat, ohne uns Kenntnis von den Muskeln und Nerven zu geben, die sie be- wegen, so hat sie uns einen Instinkt eingepflanzt, welcher unser Denken in einer Richtung vorwärts treibt, die mit jener übereinstimmt, die sie für die äußeren Dinge festgesetzt hat; obwohl wir die Mächte und Kräfte nicht kennen, von denen diese regelmäßige Reihe und Folge von Gegenständen ganz und gar abhängt

Ober die Wahrscheinlichkeit.

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I

Sechster Abschnitt.

Über die Wahrscheinlichkeit')

Ob es gleich in der Welt so etwas wie Zufall nicht gibt so hat unsere Unkenntnis der wirk- lichen Ursache eines Ereignisses denselben Einfluß auf den Verstand und erzeugt eine ähnliche Art von Glauben oder Meinung.

Gewiß gibt es eine Wahrscheinlichkeit, die aus einer Überlegenheit der günstigen Fälle auf der einen Seite entspringt; und wie diese Überlegen- heit wächst und die entgegengesetzten Fälle über- trifft, erhält die Wahrscheinlichkeit einen ent- sprechenden Zuwachs und erzeugt einen immer höheren Grad des Glaubens und der Zustimmung für die Seite, auf der wir die Überlegenheit ent- decken. Wären bei einem Würfel vier Seiten mit ein und derselben Figur oder Anzahl von Punkten ge- zeichnet und die übrigen zwei Seiten mit einer anderen Figur oder Anzahl von Punkten, so wäre es wahrscheinlicher, daß die erstere, als daß die letztere obenauf zu liegen käme; jedoch, wenn der Würfel tausend gleich gezeichnete Seiten und nur eine Seite verschieden davon hätte, so wäre die Wahr- scheinlichkeit viel höher und unser Glaube oder unsere Erwartung des Ereignisses fester und sicherer. Dieser

*) Herr Locke teilt alle BegrüDdungeD iu demonstrative und wahrscheinliche. In dieser Hinsicht müssen wir sagen, es ist nur wahrscheinlich, daß alle Menschen sterben müssen^ oder daß die Sonne morgen aufgehen wird. Um aber unsere Sprache mehr dem gewöhnlichen Brauch anzupassen, sollten Begründungen so eingeteilt werden: in Demonstrationen, Beweise und Wahrscheinlichkeiten. Unter Beweisen seien dabei solche Begründungen aus der Erfahrung ver- standen, die dem Zweifel oder dem Widerstand keinen Raum lassen.

Verlauf im Denken oder der Vernunfttätigkeit mag all- bekannt und selbstverständlich erscheinen; denen aber, die ihn genauer erwägen, dürfte er wohl Stoff zu interessanten Spekulationen bieten. ^

Es scheint einleuchtend, daß der Geist, wenn er vorausschauend den möglichen Erfolg beim Wurf eines solchen Würfels zu entdecken sucht, das Oben- liegen einer jeden einzelnen Seite als gleich wahr- scheinlich ansieht; und dies ist das wahre Wesen des Zufalls, daß er alle einzelnen Ereignisse, deren Möglichkeit er einschließt, einander gänzlich gleich stellt. Da aber der Geist eine größere Anzahl von Seiten findet, die zur Herbeiführung des einen Er- eignisses beitragen, als zu der des anderen, so wird er öfter auf dies Ereignis geführt, er trifft es öfter an, wenn er die verschiedenen Möglichkeiten oder Zufälle erwägt, von denen das endliche Ergebnis ab- hängt. Dieses Zusammenwirken mehrerer möglichen Aussichten für das Eintreffen eines bestimmten Er- eignisses erzeugt unmittelbar, durch eine unerklär- liche Einrichtung der Natur, das Gefühl des Glaubens und gibt jenem Ereignis das Übergewicht über das Entgegenstehende, das nur von einer kleineren Zahl von Aussichten unterstützt wird und sich minder häufig dem Geist darbietet. Wenn wir einräumen, daß der Glaube nur ein festeres und stärkeres Vorstellungs- bild eines Gegenstandes ist als dasjenige, welches bloße Erdichtungen der Einbildungskraft begleitet, so läßt sich über diesen Vorgang vielleicht in gewissem Maße Rechenschaft geben. Das Zusammenwirken dieser ver-. schiedenen Gesichtspunkte oder Aussichten prägt die Vorstellung der Einbildungskraft tiefer ein, gibt ihr überlegene Stärke und Frische, macht ihren Ein- fluß auf die Affekte und Gemütsbewegungen fühlbarer und, kurz gesagt, erzeugt jene Zuversicht oder Sicher- heil^ die das Wesen des Glaubens und Meinens

ausmacht ^ , , . ,. i.

Es verhält sich ebenso mit der Wahrscheinlich- keit der Ursachen wie mit der des Zufalls. Es gibt einige Ursachen, die in der Erzeugung einer be- stimmten Wirkung sich durchaus einförmig und be- ständig verhalten; und bisher hat sich kein Fall ge-

'L

72

Seehiter AbsohDitt.

Über die Wahrscheinlicbkeit.

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C'..'

[unden, in dem ihre Wirksamkeit irgend versagt oder sich als unregelmäßig erwiesen hätte. Das Feuer hat noch immer jedes menschliche Wesen verbrannt und das Wasser es erstickt; die Erzeugung von Be- wegung durch Stoß und Schwerkraft ist ein all- gemeines Gesetz, das bisher keine Ausnahme erlitten hat Aber es gibt andere Ursachen, die sich als un- regelmäßiger und ungewisser erwiesen haben; so hat der Rhabarber nicht immer dort purgiert, noch das Opium dort eingeschläfert, wo diese Arzneien ge- nommen wurden. Allerdings schreiben Philosophen, wenn eine Ursache verfehlt, ihre übliche Wirkung hervorzubringen, dies nicht irgend einer Unregel- mäßigkeit in der Natur zu; vielmehr nehmen sie an, daß geheime Ursachen in dem besonderen Aufbau der Teile die Wirksamkeit verhindert haben. Indes sind unsere Denkakte und Schlüsse über ^den Er- folg die gleichen, als wenn dies Prinzip nicht gälte. Durch Gewohnheit bestimmt, in all unseren Ab- leitungen die Vergangenheit auf die Zukunft zu über- tragen, erwarten wir dort, wo die Vergangenheit durchaus regelmäßig und einförmig verlaufen ist, den Erfolg mit größter Sicherheit und geben keiner widerstreitenden Annahme Raum. Wo man aber verschiedene Wirkungen aus anscheinend genau gleichartigen Ursachen hat folgen sehen, da müssen all diese unterschiedlichen Wirkungen unserem Geiste einfallen, wenn er die Vergangenheit auf die Zukunft überträgt, und in unsere Betrachtung eingehen, wenn wir die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs bestimmen. Geben wir auch der am häufigsten Aufgetretenen den Vorzug und glauben an das Eintreffen dieser Wirkung, so dürfen wir doch die anderen Wirkungen nicht übersehen, sondern müssen einer jeden nach Maßgabe ihres häufigeren oder selteneren Vor- kommens ein bestimmtes Gewicht und Ansehen bei- legen. So ist es für fast alle Länder Europas wahr- scheinlicher, daß irgendwann im Januar Frost eintritt, als daß während dieses ganzen Monats mildes Wetter anhält; jedoch schwankt diese Wahrscheinlichkeit je nach den verschiedenen Klimaten und nähert sich in den nördlichen Reichen der Gewißheit. Hier scheint

es also offenbar, daß dort, wo wir die Vergangenheit auf die Zukunft übertragen, um die spätere Wirkung irgend einer Ursache zu bestimmen, wir all die verschie- denen Erfolge in demselben Maße, in dem sie sich in der Vergangenheit gezeigt haben, übertragen, und uns z. B. vorstellen, daß der eine hundertmal eingetreten ist, ein anderer zehnmal, ein dritter nur einmal. Da eine große Zahl möglicher Aussichten hier auf dem einen Erfolg zusammentreffen, so stärken und bestätigen sie ihn in der Einbildung, erzeugen jenes Gefühl, das wir Glauben nennen, und verleihen dessen Gegenstand den Vorzug vor dem ihm widerstreitenden Erfolg, der nicht durch eine gleiche Zahl von Er- fahrungstatsachen gestützt wird und sich bei der Übertragung der Vergangenheit auf die Zukunft nicht so oft dem Denken bietet Man versuche einmal, über diese geistige Tätigkeit von irgend einem der anerkannten philosophischen Systeme aus Rechenschaft abzulegen, so wird man sich der Schwierigkeit bewußt werden. Ich meinesteils möchte mich damit zufrieden geben, wenn die gegenwärtigen Andeutungen die Wiß- begierde der Philosophen erregen und ihnen zum Bewußtsein bringen, wie mangelhaft alle bisher üb- lichen Theorien solche interessanten und bedeutenden Fragen behandelt haben.

I

Siebenter Abschnitt.

Von der Vorstellung^) der notwendigen

Verknüpfung.

Erster Teil.

Die mathematischen Wissenschaften haben gegen- über den Geisteswissenschaften den großen Vorteil, daß ihre Vorstellungen als sinnliche stets klar und bestimmt sind, daß an ihnen jeder kleinste Unter- schied sofort zu bemerken ist und daß dieselben Aus- drücke immer dieselben Vorstellungen bezeichnen, ohne Zweideutigkeit oder Abweichung. Ein Eirund wird nie mit einem Kreis, noch eine Hyperbel mit einer Ellipse verwechselt Das gleichschenklige und das ungleichseitige Dreieck sind durch genauere Grenzen unterschieden als Laster und Tugend, Recht und Un- recht Wird irgend ein Ausdruck in der Geometrie definiert, so setzt der Geist von selbst bei jeder Ge- legenheit anstandlos die Definition für den definierten Ausdruck ein; und auch da, wo keine Definition ge- braucht wird, kann der Gegenstand selbst den Sinnen vorgeführt und auf diesem Wege fest und klar er- faßt werden. Die feineren Gefühle des Geistes aber, die Tätigkeiten des Verstandes, die mannig- fachen Erregungen der Affekte, obwohl in Wirklich- keit an sich unterschieden, entgehen uns leicht, wenn wir sie in der Selbstbesinnung überblicken; es liegt auch nicht in unserer Macht, den ursprünglichen Gegenstand uns so oft zurückzurufen, wie wir An- laß hätten, ihn zu betrachten. Auf diese Weise wird allmählich in unsere Gedankengänge Zweideutigkeit

^) Ausgaben E und F haben: Von der Vorstellung der Kraft oder der notwendigen Verknüpfung.

Von der Vorstellung der notwendigen Verknüpfung. 75

getragen; gleichartige Gegenstände werden leicht für dieselben genommen, und der Schluß entfernt sich zuletzt weit von seinen Voraussetzungen.

Indes darf man ruhig behaupten, daß bei die- sen Wissenschaften, wenn man sie im rechten Lichte betrachtet, die Vorzüge und Nachteile sich nahezu aufheben und beide einander gleichwertig machen. Hält der Geist leichter die Vorstellungen der Geometrie in Klarheit und Bestimmtheit fest, so hat er dafür eine weit längere und ver- wickeitere Kette von Denkakten durchzuführen und ein- ander viel ferner liegende Vorstellungen in Vergleich zu setzen, wenn er zu den tieferen Wahrheiten dieser Wissenschaft vordringen will. Und sind die Vor- stellungen der Geisteswissenschaft in Gefahr, bei Mangel an äußerster Sorgfalt in Dunkelheit und Ver- worrenheit zu verfallen, so ist die Herleitung in diesen Untersuchungen stets viel kürzer und es sind weniger Zwischenstufen bis zum Schlußsatz, als in den Wissen- schaften, die von Größe und Zahl handeln. Und wirk- lich gibt es bei Euklid kaum einen noch so einfachen Liehrsatz, der nicht aus mehr Teilen bestünde, als sich in einem jeden Gedankengang der Geisteswissen- schaften vorfinden, welcher nicht in Hirngespinste und Phantasien einmündet Wo wir die Prinzipien des menschlichen Geistes durch ein paar Stufen wirklich verfolgen, da können wir sehr wohl mit unserem Fort- schritt zufrieden sein, in der Erwägung, wie bald die Natur all unseren Untersuchungen über Ursachen einen Riegel vorschiebt und uns zum Eingeständnis unserer Unwissenheit nötigt Das Haupthindernis unseres Vorwärtskommens in den Geistes- oder meta- physischen Wissenschaften ist demnach die Dunkel- heit der Vorstellungen und die Zweideutigkeit der Be- zeichnungen. Die Hauptschwierigkeit in der Mathe- matik besteht in der Länge der Ableitungen und dem Umfang des Gedankenkreises, dessen man zur Ge- winnung eines Schlußergebnisses bedarl Vielleicht wird unser Fortschritt in der Naturwissenschaft hauptsäch- lich durch den Mangel geeignet>er Erfahrungstatsachen und Erscheinungen verzögert, welche oft durch Zufall, und nicht immer, selbst bei emsigster

76

Siebontor Abschnitt.

und vorsichtigster Forschung, gefunden werden, wenn man sie braucht Da die Geisteswissenschaft bisher weniger gefördert zu sein scheint als sowohl Geometrie wie Physik, so dürfen wir schließen: wenn in dieser Hinsicht Unterschiede zwischen den genannten Wissen- schaften bestehen, so werden die Schwierigkeiten, die den Aufstieg der ersteren hindern, eben größere Sorg- falt und Fähigkeit zu ihrer Überwindung erfordern.

In der Metaphysik werden keine dunkleren und ungewisseren Vorstellungen angetroffen, als die der Macht, Kraft, Energie oder der notwendigen Verknüpfung, von welchen wir jeden Augenblick in all unseren Auseinandersetzungen zu handeln ge- nötigt sind. Wir werden deshalb in diesem Abschnitt versuchen, womöglich die genaue Bedeutung dieser Ausdrücke festzustellen und dadurch teilweise die Dunkelheit zu beseitigen, über die in dieser Gattung der Philosophie so viel geklagt wird.

Vermutlich wird der Satz kaum bestritten werden, daß all unsere Vorstellungen nichts sind als Ab- bilder unserer Eindrücke, oder mit anderen Worten, daß es uns unmöglich ist, ein Ding zu denken, daß wir nicht zuvor entweder durch unsere äußeren oder inneren Sinne empfunden haben. Ich habe mich be- müht*), diesen Satz zu erläutern und zu beweisen und die Hoffnung ausgesprochen, daß durch rechte Anwendung desselben die Menschen in ihren philo- sophischen Gedankengängen größere Klarheit und Bestimmtheit gewinnen mögen, als sie bisher je zu er- langen imstande waren. Zusammengesetzte Vorstel- lungen lassen sich vielleicht durch Definition gut kennen lernen, die ja nichts ist als eine Aufzählung jener Teile oder einfachen Vorstellungen, die sie zusammensetzen. Sind wir aber mit den Definitionen bis zu den ein- fachsten Vorstellungen gekommen und stoßen wir immer noch auf Zweideutigkeit und Dunkelheit: welche Hilfsquellen stehen uns dann noch zu Gebote? Durch welchen Einfall können wir Licht auf diese Vorstel- lungen werfen und sie dem geistigen Blick völlig scharf und bestimmt darstellen? Man zeige die Ein-

*) Zweiter Abschnitt, Vom Ursprung der Vorstellongeh.

Von der Vorstellung der i^otwendigen Verkuttpfung. 77

drücke oder ursprünglichen Gefühle auf, denen die Vorstellungen nachgebildet sind. Diese Eindrücke sind alle stark und sinnfällig. Sie lassen keine Zweideutig- keit zu. Sie liegen nicht nur selbst im hellen Licht, sondern könnten auch auf die ihnen entsprechenden Vorstellungen, die im Dunkel liegen, Licht werfen. Durch dies Mittel läßt sich vielleicht eine neue Art von Vergrößerungsglas oder Sehwerkzeug gewinnen, welches in den Geisteswissenschaften die feinsten und einfachsten Vorstellungen soweit vergrößert, daß sie leicht von uns erfaßt und uns ebensowohl bekannt werden, wie die gröbsten und sinnfälligsten Vor- stellungen, die jemals unserer Untersuchung begegnen können.

Um uns also mit der Vorstellung der Kraft oder der notwendigen Verknüpfung ganz ^ vertraut zu machen, wollen wir den ihr zugrunde liegenden Ein- druck prüfen; und um diesen Eindruck mit größerer Gewißheit aufzufinden, wollen wir all die Quellen aufsuchen, aus denen er möglicherweise herstammen könnte.

Wenn wir uns unter äußeren Gegenständen um- sehen und die Wirksamkeit der Ursachen betrachten, so sind wir in keinem einzigen Falle imstande, irgend eine Kraft oder notwendige Verknüpfung zu ent- decken, irgendwelche Eigenschaft, die die Wirkung an die Ursache bände und die eine zur unfehlbaren Folge der anderen machte. Wir bemerken nur, daß die eine tatsächlich, in Wirklichkeit der anderen folgt. Den Anstoß der einen Billardkugel begleitet eine Bewegung der zweiten. Dies ist alles, was den äußeren Sinnen erscheint. Der Geist hat kein Ge- fühl oder keinen inneren Eindruck von dieser Folge der Gegenstände. Demgemäß gibt es in keinem ein- zelnen, bestimmten Falle von Ursache und Wirkung irgend etwas, das die Vorstellung der Kraft oder der notwendigen Verknüpfung erweckte.

Aus der ersten Erscheinung eines Gegenstandes läßt sich nie mutmaßen, welche Wirkung aus ihm entspringen wird. Könnte aber unser Geist die Kraft oder die Energie einer Ursache entdecken, so könnten wir die Wirkung, selbst ohne Erfahrung, vorher-

78

Siebenter Abschnitt.

sehen und von vornherein mit Gewißheit darüber Aussage machen, durch die bloße Anstrengung des Denkens und der Vernunfttätigkeit

In Wirklichkeit enthüllt uns kein Stück Materie je durch seine sinnlichen Eigenschaften irgend eine Kraft oder Energie, noch gibt es Veranlassung zu der Annahme, daß es irgend etwas hervorbringen oder einen anderen Gegenstand im Gefolge haben könne, den wir als seine Wirkung bezeichnen dürften. Festigkeit, Ausdehnung, Bewegung, diese Eigen- schaften sind alle in sich abgeschlossen und weisen nie auf ein anderes Ereignis hin, das aus ihnen hervorgehen könnte. Die Weltbegebenheiten ziehen in stetigem Wechsel vorüber, ein Gegenstand reiht sich dem andern in ununterbrochener Folge an; aber die Macht oder Kraft, welche die ganze Maschine in Tätigkeit er- hält, ist uns gänzlich verborgen und enthüllt sich nie in einer sinnlichen Eigenschaft der Körper. Wir wissen, daß tatsächlich die Hitze beständig die Flamme begleitet; was aber die Verknüpfung zwischen ihnen ausmacht, das auch nur zu vermuten oder zu ersinnen fehlt uns jeder Anhalt. Unmöglich kann daher die Vorstellung der Kraft von der Betrachtung der Körper in Einzelfällen ihrer Tätigkeit herstammen; denn kein Körper zeigt je eine Kraft, die das Urbild dieser Vor- stellung abgeben könnte, i)

Da uns also äußere Gegenstände, wie sie den Sinnen erscheinen, durch ihre Tätigkeit in Einzelfällen keine Vorstellung von Kraft oder notwendiger Verknüpfung bieten, so wollen wir zusehen, ob diese Vorstellung durch Selbstbesinnung auf Tätigkeiten unseres eigenen Geistes gewonnen worden und einem inneren Eindruck nach- gebildet sein könne. Es ließe sich behaupten, daß

j- ui ^®"^ Locke sagt in seinem Kapitel über die Kraft, die Erfahrung zeige uns, daß mehrfach Neuerzeugungen in der Materie stattflinden; wir schlössen, es müsse irgendwo eine Kraft bestehen, fthig, sie zu erzeugen, und gelangten endlich durch diesen Denkakt zu der Vorstellung der Kraft. Aber kein Denkakt kann uns je eine neue, ursprüng- liche, einfache Vorstellung verschaffen; das gesteht dieser Philosoph selber zu. Hieran kann also niemals der Ur- sprung Jener Vorstellung liegen.

Von der Vorstellung der notwendigen Verknüpfung. 79

wir jeden Augenblick uns einer inneren Kraft bewußt sind; dort nämlich, wo wir empfinden, daß wir durch den bloßen Befehl unseres Willens die Glieder unseres Körpers bewegen oder die Vermögen des Geistes lenken können. Ein Willensakt erzeugt Bewegung unserer Gliedmaßen oder läßt eine neue Vorstellung in unserer Einbildung aufsteigen. Diesen Einfluß des Willens kennen wir durch unser Bewußtsein. Daher gewinnen wir die Vorstellung der Kraft oder Energie und die Gewißheit, daß wir selbst und alle vernünftigen Wesen mit Kraft begabt sind.^) Diese Vorstellung ist also eine Vorstellung der Selbstbe- sinnung, denn sie entspringt aus der Besinnung auf die eigenen geistigen Tätigkeiten und die Herrschaft des Willens über die Glieder des Körpers wie über die Vermögen der Seele.

Prüfen wir einmal diese Behauptung^), und zwar zuerst den Einfluß des Wollens auf die Glieder unseres Leibes. Dieser Einfluß ist sicherlich eine Tatsache, die gleich allen anderen natürlichen Ereig- nissen einzig aus der Erfahrung bekannt werden kann, und niemals vorauszusehen ist aus irgend einer uns erscheinenden Energie oder Kraft in der Ursache, die letztere mit der Wirkung verknüpfte und die eine zur unfehlbaren Folge der anderen machte. Die Bewegung unseres Körpers folgt dem Befehl unseres Willens. Dessen sind wir uns jederzeit be- wußt. Aber die Mittel, durch die dies bewirkt wird, die Energie, vermöge deren der Wille eine so außer- ordentliche Wirksamkeit entfaltet, sie sind uns so wenig unmittelbar bewußt, daß sie sich vielmehr für immer unserem eifrigsten Forschen entziehen.

^) Ausgaben E und F haben den Zusatz: Wie dem auch sei, die Tätigkeiten und die Wechselwirkung der KOrper genügen vielleicht zum Beweise, daß auch diese damit be- gabt sind.

*) Ausgaben E und F haben: Prüfen wir einmal diese Behauptung und suchen wir dabei nach Kräften alle Redens- arten und Verwirrungen bei der Abhandlang so heikler und dunkler Themata zu vermeiden. Ich sage also erstens, daß der Einfluß des Willens auf die Glieder unseres Leibes eine Tatsache ist u. s. w.

80

Siebenter AbsclinitL

Von der Voi'stellung der notwendigen Verknüpfung. 81

Denn erstlich: gibt es in der ganzen Natur ein geheimnisvolleres Prinzip, als die Verbindung von Seele und Körper, durch welche eine geistige Sub- stanz, die wir voraussetzen, solchen Einfluß auf eine körperliche Substanz erlangt, daß der feinste Gedanke imstande ist, die gröbste Materie zu bewegen? Hätten wir die Macht, durch einen geheimen Wunsch Berge zu versetzen oder Planeten in ihrer Bahn zu be- herrschen, so würde diese weitreichende Macht nicht außerordentlicher sein, noch in höherem Grade unser Verständnis übersteigen. Faßten wir durch unser Be- wußtsein einer Kraft oder Energie in unserem Willen auf, so müßten wir diese Kraft auch kennen; so müßten wir ihre Verknüpfung mit der Wirkung kennen; so müßten wir die geheime Verbindung von Seele und Körper und die Natur dieser beiden Substanzen kennen, wodurch die eine befähigt ist, in so vielen Fällen auf die andere einzuwirken.

Zweitens: wir beherrschen die Bewegung aller Körperglieder nicht gleichmäßig; dennoch läßt sich kein anderer Grund außer der Erfahrung für solche merkwürdige Verschiedenheit zwischen den einen und den anderen beibringen. Warum hat der Wille Einfluß auf Zunge und Finger und nicht auf Herz und Leber? Diese Frage könnte uns nie in Verlegenheit setzen, wenn wir uns einer Kraft in ersterem Falle bewußt wären und in letzterem nicht. Wir würden dann unabhängig von Erfahrung auffassen, warum die Ge- walt des Willens über die Glieder des Körpers in so besondere Grenzen eingeschlossen ist In dem einen Falle durchaus mit der Kraft oder Macht vertraut, aus welcher er seine Wirksamkeit schöpft, wüßten wir auch, warum sein Einfluß genau bis zu diesem Umkreis reicht und nicht weiter.

Ein Mensch, der von plötzlicher Lähmung des Beines oder Armes befallen wird oder eben eine« dieser Glieder verloren hat, bemüht sich häufig zu- erst, sie zu bewegen und ihren gewohnten Dienst ver- richten zu lassen. Hierbei hat er gerade so viel Be- wußtsein von einer Kraft, solche Gliedmaßen zu be- herrschen, als ein völlig gesunder von der Kraft, An in natürlichem Zustand befindliches Glied zu be-

wegen. Das Bewußtsein aber täuscht niemals. Folg- lich sind wir uns weder in dem einen noch in dem anderen Falle jemals irgend einer Kraft bewußt. Wir lernen den Einfluß des Willens lediglich aus der Erfahrung kennen; und die Erfahrung lehrt uns nur, wie ein Ereignis beständig dem anderen folgt, ohne uns über die geheime Verknüpfung zu unter- richten, die sie zusammenhält und unzertrennlich macht.

Drittens lehrt uns die Anatomie, daß der un- mittelbare Gegenstand der Kraft bei freiwilliger Be- wegung nicht das ^bewegte Glied selbst ist, sondern gewisse Muskeln, Nerven, Lebensgeister und viel- leicht etwas noch Zarteres und Unbekannteres, wo- durch sich die Bewegung fortgesetzt mitteilt, bevor sie das Glied selbst erreicht, dessen Bewegung der unmittelbare Gegenstand des Wollens ist Kann es einen schlagenderen Beweis dafür gebeti, daß die Kraft, durch welche dieser ganze Vorgang zustande kommt, anstatt uns durch ein inneres Gefühl oder Be- wußtsein direkt und völlig bekannt zu sein, vielmehr im äußersten Grade rätselhaft und unbegreiflich ist? Der Geist will einen bestimmten Erfolg: unmittelbar wird ein anderer Erfolg hervorgerufen, uns selbst unbekannt und gänzlich verschieden von dem be- absichtigten; dieser Erfolg ruft einen anderen gleich unbekannten hervor, bis schließlich durch eine lange Keihenfolge der gewünschte Erfolg eintritt Würde aber die ursprüngliche Kraft von uns empfunden, so müßte sie uns bekannt sein; wäre sie uns bekannt, so müßte auch ihre Wirkung uns bekannt sein, denn alle Kraft besteht in der Beziehung zu ihrer Wirkung. Und umgekehrt: ist die Wirkung nicht bekannt, so kann die Kraft weder gewußt noch empfunden werden. Wie sollten wir uns auch einer Ejraft, unsere Glieder zu bewegen, bewußt sein, wenn wir solche Kraft gar nicht haben, vielmehr nur die, gewisse Lebensgeister zu bewegen, welche zwar zuletzt die Bewegung unserer Glieder hervorrufen, aber doch in einer uns ganz un- begreiflichen Weise wirksam sind?

Wir dürfen nun ,wohl aus alledem hoffentlich ohne Übereilung, wenn auch mit Sicherheit schließen,

Hain«, T7nt«riQobg. ttb. d. menaohl. Verstand . Q

82

Siebenter AbBchnitt

■r

daß unsere Vorstellung der Kraft nicht das Abbild ist irgend eines Gefühls oder BewuiJtseins von Kraft in unserem eigenen Innern beim Hervorrufen einer Bewegung in unserem JCörper oder bei der zweck- mäßigen Benutzung unserer Glieder. Daß deren Be- wegung die Befehle des Willens befolgt, ist ieine Tatsache der gemeinen Erfahrung, gleich anderen Naturereignissen; aber die Kraft oder Energie, durch welche dies bewirkt wird, ist gleich jener in anderen Naturvorgängen unbekannt und unvorstellbar. i)

Oder wollen wir jetzt behaupten, wir seien uns einer Kraft oder Energie in unserem eigenen Geiste da bewußt, wo wir durch einen Akt oder Befehl unseres Willens eine neue Vorstellung aufsteigen lassen, den Geist auf deren Betrachtung einstellen, sie nach allen Seiten wenden und sie endlich, wenn wir sie ein- gehend genug betrachtet zu haben glauben, für eine andere Vorstellung fahren lassen. Ich denke, die- selben Begründungen werden beweisen, daß selbst

^) Man könnte sagen, daß der Widerstand, den wir an Körpern finden, uns durch die Nötigung, häufig unsere Kraft anzuwenden und all unsere Macht aufzubieten, auf die Vorstellung von Kraft und Macht bringt. Es wäre dann dieser Nisus oder die starke Anstrengung, deren wir uns bewußt sind, der ursprüngliche Eindruck, dem diese Vorstellung nachgebildet ist. Aber einmal schreiben wir einer großen Menge von Dingen Kraft zu, bei denen wir niemals diesen Widerstand oder diese Kraftanstrengung als vorhanden voraussetzen können; so dem höchsten Wesen, das keinem Widerstand begegnet; dem Geist, bei seiner Herrschaft über die Vorstellungen und Glieder im gewöhn- lichen Denken und Bewegen, wo die Wirkung unmittelbar dem Willen folgt, ohne jedwede Anstrengung oder ein Heranziehen von Kraft; der leblosen Materie, die dieses Gefühls nicht fähig ist.

Sodann hat dieses Gefühl der Anstrengung, einen Widerstand zu überwinden, keine uns bekannte Verknüpfung mit einem Ereignis; was auf es folgt, wissen wir aus Er- fahrung, könnton es aber nicht a priori wissen. Indessen muß eingeräumt werden , daß der lebendige Nisus, den wir erfahren, zwar keine genaue, scharf bestimmte Vorstellung von Kraft liefern kann, doch aber einen Hauptbestandteil jener gewöhnlichen, ungenauen Vorstellung bildet, die man sich von ihr macht. (Der letzte Satz fehlt in Ausgaben £ und F.)

Von der Vorstellung der notwendigen Verknüpfung. 83

dieser Willensbefehl uns keine wirkliche Vorstellung von Kraft oder Energie verschafft.

Erstens muß man einräumen, daß wir mit der Kenntnis einer Kraft gerade den Umstand in der Ur- sache kennen müssen, durch den sie imstande ist, die Wirkung hervorzubringen. Denn beides gilt als gleich- bedeutend. Wir müßten also sowohl die Ursache und die Wirkung, als auch die Beziehung zwischen ihnen kennen. Aber maßen wir uns an, mit dem Wesen der menschlichen Seele und dem Wesen einer Vor- stellung, oder mit der Fähigkeit der einen, die andere hervorzubringen, vertraut zu sein? Dies ist eine wirk- liche Schöpfung, eine Erschaffung des Etwas aus dem Nichts. Und dies schließt eine so große Kraft ein, daß sie auf den ersten Blick das Vermögen jedes nicht unendlichen Wesens zu übersteigen scheint. Mindestens muß zugegeben werden, daß eine solche Kraft nicht empfunden noch gewußt wird, ja sogar dem Geiste unvorstellbar ist. Wir empfinden nur das Ereignis, nämlich das Vorhandensein einer Vor- stellung als Folge eines Willensbefehls; aber die Art, in der dieser Vorgang sich vollzieht, die Kraft, durch die er hervorgebracht wird, übersteigt völlig unser

Verständnis.

Zweitens: die Gewalt des Geistes über sich selbst ist ebenso beschränkt wie die über den Leib; und diese Schranken lernt man nicht durch die Ver- nunft oder eine Einsicht in die Natur von Ursache und Wirkung kennen, sondern allein aus Erfahrung und Beobachtung, wie bei allen anderen Naturereig- nissen und Vorgängen der Außenwelt. Unsere Herr- schaft über die Gefühle und Affekte ist weit schwächer als die über unsere Vorstellungen, und selbst die letztere ist in sehr enge Grenzen eingeschlossen. Wer getraute sich, den tiefsten Grund für diese Grenzen anzugeben oder zu zeigen, warum die Kraft in einem Falle versagt und in einem anderen nicht?

Drittens: Diese Beherrschung unseres Selbst ist zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden. Ein Ge- sunder besitzt sie in höherem Maße als ein durch Krankheit Geschwächter. Wir sind am Morgen mehr Herr unserer Gedanken als am Abend, in nüchtemwn

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Siebenter Abschnitt

Zustande mehr, als nach einer reichlichen Mahlzeit. Können wir einen anderen Grund außer der Er- fahi'ung für diese Abweichungen angeben? Wo bleibt also die Kraft, deren wir uns angeblich bewußt sind? Besteht nicht hier entweder in einer geistigen oder einer körperlichen Substanz oder in beiden ein ge- heimes Triebwerk oder ein Aufbau der Teile, von dem die Wirkung abhängt und der, uns gänzlich un- bekannt, auch die Kraft oder Energie des Willens ebenso unbekannt und unbegreiflich macht?

Das Wollen ist unzweifelhaft ein geistiger Akt, mit dem wir hinlänglich vertraut sind. Denken wir einmal über ihn nach; betrachten wir ihn von allen Seiten. Findet sich darin irgend etwas, das dieser schöpferischen Kraft gliche, vermöge deren der Wille aus dem Nichts eine neue Vorstellung entstehen läßt und mit einer Art von „Es werde!" die Allmacht seines Schöpfers, wenn ich so sagen darf, nachahmt, der all die vielfältigen Erscheinungen der Natur ins Dasein rief? Wir sind weit entfernt, uns dieser Energie des Willens bewußt zu sein; vielmehr bedarf es einer so gesicherten Erfahrung, wie wir sie besitzen, um uns zu überzeugen, daß so außerordentliche Wir- kungen je aus einem einfachen Akt des WoUens hervorgehen.

Die meisten Menschen finden es gar nicht schwer, die gewöhnlicheren und bekannteren Natur- vorgänge zu erklären; so den Fall schwerer Kör- per, das Wachstum der Pflanzen, die Erzeugung der Tiere oder die Ernährung der Körper durch Lebensmittel. Sie bildon sich ein, in all diesen Fällen die Kraft oder Energie selbst aufzufassen, durch welche di© Ursache mit der Wirkung verknüpft und ihre Wirksamkeit auf immer unfehlbar bestimmt ist. Durch lange Gewohnheit bildet sich eine solche Geistesrichtung bei ihnen aus, daß sie beim Auftreten der Ursache unmittelbar mit Sicherheit deren gewöhnliche Begleitung erwarten und es kaum für möglich halten, daß irgend ein anderer Erfolg daraus hervorgehen könne. Erst beim Auftreten außerordentlicher Erscheinungen, wie Erdbeben, Seuchen und Ungeheuerliches allerart, finden sie sich

Von der Vorstellung der notwendigen Verknüpfung. 85

außerstande, eine passende Ursache anzugeben und die Art, wie die Wirkung aus ihr folgt, zu erklaren. Gewöhnlich nimmt der Mensch in solcher Verlegen- heit seine Zuflucht zu einem unsichtbaren vernünftigen Prinzip 1) als der unmittelbaren Ursache des über- raschenden Ereignisses, das seiner Meinung nach durch die gewöhnlichen Naturkräfte nicht erklärt werden kann. Philosophen aber, die ihre Prüfung etwas weiter treiben, bemerken sofort, daß selbst in den gewohntesten Ereignissen die Energie der Ursache genau so unverständlich ist wie in den ungewohntesten, und daß wir nur durch Erfah- rung den häufigen Zusammenhang von Gegen- ständen kennen lernen, ohne je etwas einer Ver- knüpfung ähnliches erfassen zu können. Da halten sich nun viele Philosophen aus Vernunftgründen fiir verpflichtet, in allen Lagen auf jenes selbe Prinzip zurückzugreifen, auf das der gewöhnliche Mensch nur in solchen Fällen, die wunderbar und übernatürlich erscheinen, sich beruft. Sie machen Geist und Intelli- genz nicht zur letzten und ursprünglichen Ursache aller Dinge, sondern zur unmittelbaren und alleinigen Ursache jedes Ereignisses, das in der Natur erscheint. ^ Sie behaupten, daß die gewöhnlich Ursachen be- nannten Dinge in Wirklichkeit lediglich Gelegen- heiten sind und daß das wahre und unmittelbare Prinzip jeder Wirkung nicht irgend eine Macht oder Kraft in der Natur, sondern ein Willensakt des höchsten Wesens ist, welches bestimmt, daß solche besonderen Gegenstände auf immer miteinander zu- sammenhängen sollen- Anstatt zu sagen, eine Billard- kugel bewege die andere durch eine Kraft, die sie von dem Schöpfer der Natur bezogen hat, erklären sie, es sei die Gottheit selbst, die durch einen be- sonderen Willensakt die zweite Kugel in Bewegung setzt, hierzu bestimmt durch den Anstoß der ersten Kugel, und zwar infolge jener allgemeinen Gesetze, welche sie sich selbst zur Regel in der Regierung

») 6s6g oüto firjxayfjs. Ausgabe E hat: quasi Deus ex machina. Ausgabe F fügt den Nachweis hinzu: Cicero, de Natura Deorum.

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Siebenter Abfohnitl.

I

der Welt gemacht hat Nun entdecken aber die Philosophen im Fortgange der Untersuchung, daß wir nicht nur in gänzlicher Unwissenheit über die Kraft sind, auf der die gegenseitige Einwirkung der Körper beruht, sondern ebensowenig von jener Kraft wissen, auf der die Einwirkung von Geist auf Körper, oder von Körper auf Geist, beruht; auch sind wir weder durch unsere Sinne noch durch unser Bewußtsein im- stande, das letzte Prinzip im einen Falle mehr als im anderen anzugeben. Die gleiche Unwissenheit nötigt sie also zum gleichen Schlüsse: Sie behaupten, daß die Gottheit die unmittelbare Ursache der Einheit von Seele und Leib ist und daß es nicht die Sinnes- organe sind, die, durch äußere Gegenstände erregt, im Geiste Wahrnehmungen hervorbringen, sondern daß ein besonderer Willensakt unseres allmächtigen Schöpfers eine solche Wahrnehmung als Folge einer solchen Erregung im Organ auslöst Gleicherweise ist es keinerlei Energie des Willens, die örtliche Be- wegungen unserer Glieder hervorruft; es ist Gott selbst, dem es beliebt, unseren an sich ohnmächtigen Willen zu unterstützen und jene Bewegung zu ge- bieten, die wir irrtümlich unserer eigenen Kraft und Wirksamkeit zuschreiben. Auch bei dieser Schluß- folgerung bleiben die Philosophen nicht stehen; manchesmal dehnen sie dieselbe auf den Geist selbst bei seiner inneren Tätigkeit aus. Unsere geistige Anschauxmg oder Bildung von Vorstellungen ist nur eine von unserem Schöpfer uns gewordene Offen- barung. Wenn wir unsere Gedanken freiwillig auf einen Gegenstand richten und sein Bild in der Einbildung erstehen lassen, so ist es nicht der Wille, der jene Vorstellung schafft; der Welt- schöpfer entdeckt sie dem Geist und macht sie uns gegenwärtig.

So ist diesen Philosophen jedes Ding von Gott erfüllt Nicht zufrieden mit dem Prinzip, daß nichts ohne seinen Willen besteht, daß keinem Ding Kraft eignet, die er nicht verleiht, berauben sie die Natur und alle erschaffenen Wesen jeder Kraft, um so ihre Abhängigkeit von der Gottheit fühlbarer und unmittelbarer zu machen. Sie übersehen, daß sie

Von der Vorstellung der notwendigen Verknüpfung. 87

durch diese Theorie die Erhabenheit jener Eigen- schaften verkleinern, nicht vergrößern, die sie so sehr zu rühmen vorgeben. Es spricht doch gewiJi in höherem Maße für die Macht der Gottheit, wenn sie den untergeordneten Geschöpfen einen gewesen Grad von Kraft überweist, als wenn sie jedes Dmg durch eigenen unmittelbaren Willensakt hervorbringt. Es zeugt von größerer Weisheit, von Anfang an das Weltgebäude mit solch vollendeter Voraussicht einzurichten, daß es von selbst und durch eigene Wirk- samkeit allen Absichten der Vorsehung dienen kann, als wenn der große Schöpfer sich jeden Augenblick genötigt sähe, seine Teile zurechtzurücken und alle Räder jenes staunenswerten Triebwerks mit seinem

Atem zu beleben.

Wünschen wir indessen eine mehr philosophische Widerlegung dieser Theorie, so genügen vielleicht die folgenden zwei Überlegungen:

Erstlich scheint mir, daß diese Theorie von der allgemeinen Energie und Wirksamkeit des höchsten Wesens zu kühn ist, um je Überzeugung bei einem Menschen hervorzurufen, der mit der Schwache menschlicher Vernunft und den enggezogenen Grenzen all ihrer Tätigkeiten genügend vertraut ist. Wäre die Kette der Begründungen, die zu dieser Theorie führt, noch so logisch, es muß ein starker Verdacht, wenn nicht die volle Sicherheit entstehen, daß sie uns durch- aus über den Bereich unserer Fähigkeiten gebracht hat, wenn sie zu so außerordentlichen, dem gewöhn- lichen Leben und der Erfahrung so fernliegenden Schlüssen führt Wir sind ins Märchenland geraten, lange ehe wir noch die letzten Stufen unserer Theorie erreichten; und dort haben wir keinen Grund, uns auf unsere gewöhnlichen Begründungsmethoden zu verlassen oder unseren üblichen Analogien und Wahr- scheinlichkeiten Geltung zuzutrauen. Unsere Senk- leine ist nicht lang genug, so ungeheure Abgründe zu loten. Und wie wir uns auch schmeicheln mögen, daß wir bei jedem unserer Schritte eine gewisse Wahr- heitsähnlichkeit und Erfahrung zum Führer haben, so können wir doch sicher sein, daß diese vermeint- liche Erfahrung dann keine Geltung besitzt, wenn

1

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Siebenter Abschniü.

wir sie so auf Gegenstände anwenden, die gänzlich aoBer dem Umkreis der Erfahrung liegen. Doch es bietet sich später Gelegenheit» diesen Punkt zu be- rühren. 1)

Zweitens vermag ich in den Begründungen, auf die sich diese Theorie stützt, keine Überzeugungs- kraft zu sehen. Wir kennen allerdings nicht die Art, in der Körper aufeinander wirken; ihre Kraft oder Energie ist gänzlich unbegreiflicL Aber kennen wir nicht die Art oder Kraft ebensowenig, durch welche ein Geist, und selbst der höchste Geist, auf sich oder auf Körper wirkt? Woher, frage ich, ge- winnen wir irgend eine Vorstellung davon? In uns haben wir kein Gefühl oder Bewußtsein dieser Kraft. Von dem höchsten Wesen haben wir keine andere Vorstellung, als wir aus der Selbstbesinnung auf unsere eigenen f^higkeiten gewinnen. Wäre unsere Unkennt- nis also ein guter Grund, irgend etwas zu verwerfen, so würde das uns zu dem Prinzip führen, jedwede Energie ebenso im höchsten Wesen wie in der gröbsten Materie zu verneinen. Wir begreifen doch sicherlich die Wirksamkeit des einen so wenig wie die der anderen. Ist es schwieriger, sich vorzustellen, daß Bewegung durch einen Anstoß, oder daß sie durch eine Willensregierung entsteht? Alles, was wir kennen, ist unsere tiefe Unwissenheit in beiden Fällen. *)

1) In Abschnitt XII.

') Es erabrigt sieb, aosfährlich die Vis inertiae zn prüfen, von der soviel in der neueren Philosophie die Rede ist und die man der Materie zuschreibt. Durch Erfahrung linden wir, daß ein Körper in Ruhe oder Bewegung auf immer im selben Zustand verharrt, bis irgend eine neue Ursache ihn daraus vertreibt, und daß ein gestoßener Körper dem stoßenden gerade soviel Bewegung entzieht, als er selbst dabei gewinnt. So liegen die Tatsachen. Nennen wir dies eine Vis inertiae, so bezeichnen wir nur diese Tatsachen, ohne den Anspruch, irgend eine Vorstellung von der Trägheitskrafl zu haben; gerade so, wie wir von Schwerkraft sprechen und dabei gewisse Wirkungen meinen, ohne jene treibende Kraft zu begreifen. Es war nie die Meinung Sir Isaak Newtons, die Ursachen zweiten Grades (die Materie, Ausgaben E und F) aller Kraft oder Ener^e zu berauben, wenngleich einige seiner Nachfolger jene Theorie auf sein Ansehen zu gründen

Von d«r Vorstellung der notwendigen Verknüpfung. 89

Zweiter Teil.

Es wird Zeit, mit dieser Beweisführung, die sich schon zu sehr in die Länge zieht, abzuschließen: Wir haben vergebens nach einer Vorstellung von Kraft oder notwendiger Verknüpfung in all den Quellen gesucht, aus denen sie unserer Ansicht nach abfließen konnte. Es zeigt sich, daß wir in Einzel- fällen der Wirksamkeit von Körpern auch mit äußerster Genauigkeit der Prüfung nie etwas anderes entdecken können, als daß ein Ereignis dem anderen folgt; aber wir sind nicht imstande, irgendwelche Kraft oder Macht zu begreifen, durch welche die Ursache wirkt, oder irgend eine Verknüpfung zwischen ihr und der angenommenen Wirkung. Dieselbe Schwierigkeit erhebt. sich, wenn wir die Wirksamkeit des Geistes auf den Körper betrachten; hierbei be- obachten wir, daß die Bewegung des letzteren der Willensregung des ersteren folgt, sind aber außer- stande, das Band ^zu beobachten oder uns vorzustellen, das die Bewegung an die Willensregung knüpft, oder die Energie, vermittels deren der Geist diese Wir^ kung hervorbringt Die .Gewalt des Willens über seine eigenen Vermögen und Vorstellungen ist nicht eine Spur begreiflicher, so .daß, im ganzen genommen, überall in der ganzen Natur sich nicht em einziges Beispiel von Verknüpfung darbietet, das uns vor-

▼ersucht haben. Dieser große Philosoph hat im Gegenteil ein ätherisches, wirksames Fluidum zur Erklärung der von ihm gelehrten aU^^emeinen Anziehung zu Hilfe genommen; doch gab er dabei yorsichtig und bescheiden zu, es sei eine bloße Hypothese, auf die man sich ohne weitere Versuche nicht fest stützen dürfe. Ich muß sagen, es liegt etwas Sonderbares in dem Schicksal der Meinungen. Descartes führte jene Lehre von der allgemeinen und einzigen Wir- kungskraft der Gottheit leise ein, ohne auf ihr zu bestehen. Malebranchc und andere Cartesianer machten sie zum Grund- stein ihrer Philosophie. Sie hatte indessen keine Geltung in England. Locke, Clarke und Cudworth schenkten ihr nicht einmal Beachtung, sondern nahmen stets an, daß die Ma- terie eine wirkliche, wenn auch untergeordnete und vermittelte Kraft besäße. Wodurch ist sie unter unseren heutigen Meta- physiken) zu solcher Vorherrschaft gekommen?

90

Siebenter Abiohnitt.

stellbar wäre. Alle flreignisse erscheinen durchaas unzusammenhängend und vereinzelt Ein Ereignis folgt dem anderen; aber nie können wir irgenu ein Band zwischen ihnen beobachten. Sie scheinen zu- sammenhängend, doch nie verknüpft: Und da wir keine Vorstellung von etwas haben können, das nie unseren äußeren JSinnen noch dem inneren Gefühl sich darbot, so scheint die notwendige Schluß- folgerung zu lauten: daß wir überhaupt gar keine Vorstellung von Verknüpfung oder Kraft besitzen, und daß diese Wörter gänzlich ohne jeden Sinn sind, ob sie nun in philosophischen Gedankengängen oder im gewöhnlichen Leben angewandt werden.

Indes bleibt noch ein Weg, diesem Schluß zu entgehen, und eine .Quelle, die wir noch nicht ge- prüft haben. Wenn sich uns ein Gegenstand oder Ereignis in der Natur darbietet, so ist es uns ohne Erfahrung unmöglich, mit noch so eindringlichem Scharfsinn zu entdecken, ja auch nur zu erdenken, was für ein Ereignis aus ihm folgen wird, oder mit unserer Voraussicht über den Gegenstand hinaus- zugelangen, der unmittelbar dem Gedächtnis oder den Sinnen vorliegt. Selbst wenn ein Beispiel odef eine Erfahrungstatsache uns beobachten ließ, daß ein be- stimmtes Ereignis einem anderen folgte, so sind wir nicht berechtigt, eine allgemeine Regel zu bilden oder vorauszusagen, was in gleichen Fällen eintreten wird; denn mit Kecht gilt es als unverzeihlicher Vorwitz, aus einer einzelnen, auch noch so genauen und gewissen Erfahrungstatsache, ein Urteil über den gesamten Na- turlauf abzugeben. Wenn aber eine besondere Art von Ereignissen immer in allen Jollen im Zusammenhang mit einer anderen aufgetreten ist, so scheuen wir uns nicht, beim Erscheinen der einen die andere vorher- zusagen und jenen Denkakt anzuwenden, der uns allein Tatsachen oder Dasein sicherstellt. Wir nennen dann den einen Gegenstand Ursache, den anderen Wirkung. Wir nehmen an, daß es irgend eine Verknüpfung zwischen beiden gibt, irgendwelche Kraft im einen, durch die er unfehlbar den anderen hervorbringt und mit größter Gewißheit und strengster Notwendigkeit wirkt

Von d«r Vontellung der nolnrtiidigen Verknüpfung. 91

Hiernach scheint es, daß die Vorstellung einer notwendigen Verknüpfung von Ereignissen ihren Ur- sprung in einer Häufung eingetretener gleichartiger Fälle hat, in denen beständig diese Ereignisse im Zusammenhang standen; ein einzelner solcher Fall kann nie jene Vorstellung eingeben, wenn man ihn auch von allen Seiten beleuchtet und prüft In einer Mehr- zahl von Fällen findet sich aber nichts von jedem Einzelfalle Verschiedenes, der als ganz gleichartig mit ihnen angenommen wird, ausgenommen, daß nach einer Wiederholung gleichartiger Fälle der Geist aus Gewohnheit veranlaßt wird, beim Auftreten des einen Ereignisses dessen übliche Begleitung zu erwarten und zu glauben, daß sie ins Dasein treten werde. Diese Verknüpfung also, die wir im Geist empfinden, dieser gewohnheitsmäßige Übergang jler Einbildung von einem Gegenstand zvl seinem üblichen Begleiter ist das Gefühl oder der Eindruck, nach dem wir die Vorstellung von Kraft oder notwendiger Verknüpfung bilden. Weiter steckt nichts dahinter. Auch bei all- seitiger Betrachtung der Frage läßt sich niemals ein anderer Ursprung jener Vorstellung auffinden. Es gibt nur diesen einen Unterschied zwischen einem Einzelfall, von dem wir nie die Vorstellung der Ver- knüpfung erhalten, und einer Anzahl gleichartiger Fälle, die uns dieselbe eingibt Als zum ersten Male die Mitteilung einer Bewegung durch Stoß, wie etwa bei dem Zusammenpralle zweier Billardkugeln, von einem Menschen beobachtet wurde, konnte dieser nicht aussagen, daß das eine Ereignis mit dem anderen verknüpft war, sondern nur, daß das eine mit dem anderen in Zusammenhang stand. Nachdem er meh- rere Beispiele dieser Art gesehen hat, erklärt er sie für verknüpft Was hat sich so geändert, daß diese neue Vorstellung der Verknüpfung entstand? Weiter nichts, als daß er nun diese Ereignisse als in seiner Einbildung verknüpft empfindet und leicht das Dasein des einen aus dem Auftreten des anderen vorhersagen kann. Behaupten wir also, daß ein Gegen- stand mit einem anderen verknüpft ist, so meinen wir nur, daß sie in unserem Denken eine Verknüpfung eingegangen sind und die Ableitung veranlassen, durch

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Siebenter Abschnitt.

die sie zu Beweisen ihres beiderseitigen Daseins wer- den. Ein etwas außergewöhnlicher Schluß; doch er scheint sich auf ausreichende Evidenz zu gründen. Auch wird seine Evidenz durch mangelndes Selbst- vertrauen des Verstandes im allgemeinen oder durch skeptischen Verdacht gegen jede Schlußfolgerung, die' neu und außerordentlich ist, nicht geschwächt werden. Können doch keine Schlüsse dem K^keptizismus besser behagen als solche, welche die Schwäche und enge Begrenztheit der menschlichen Vernuxft und Begabung aufdecken.

Läßt sich aber wohl ein schlagenderes Beispiel für die erstaunliche Unwissenheit und Schwäche des Verstandes beibringen, als eben dieses? Wenn es eine Beziehung zwischen Gegenständen gibt, deren vollkommene Kenntnis uns von Wichtigkeit ist, so ist es doch sicherlich die von Ursache und Wirkung. Auf sie gründen sich alle Denkakte in bezug auf Tatsachen oder Dasein. Nur durch sie allein er- halten wir Sicherheit über Gegenstände, die dem augenblicklichen Zeugnis des Gedächtnisses und der Sinne entrückt sind. Der einzige unmittelbare Nutzen aller Wissenschaften besteht darin, uns die Beherr- schung und Regelung künftiger Ereignisse durch ihre Ursachen zu lehren. Unser Denken und Forschen ist demnach jederzeit mit dieser Beziehung beschäftigt: Und doch sind die Vorstellungen, die wir uns von ihr machen, dermaßen unvollkommen, daß es un- möglich ist, irgend eine andere richtige Definition der Ursache zu geben, als allein eine solche, die von einem außer ihr stehenden und ihr fremden Etwas abgezogen ist Untereinander gleichartige Gegen- stände hängen stets mit wieder untereinander gleich- artigen zusammen. Dies sagt uns die Erfahrung. In Übereinstimmung mit dieser Erfahrung mögen wir also eine Ursache definieren als: einen Gegenstand, dem ein anderer folgt, wobei allen Gegen- ständen, die dem ersten gleichartig sind, Gegenstände folgen, die dem zweiten gleich- artig sind. Oder^ mit anderen Worten: wobei,

^ Dieser Satz ist in Ausgabe K zugefQgt worden.

Von der VoreteUnng der notwendigen Verknüpfang. 93

wenn der erste Gegenstand nicht bestanden hätte, der zweite nie ins Dasein getreten wäre. Die Erscheinung einer Ursache führt stets den Geist, durch einen gewohnheitsmäßigen Übergang, zur Vor- stellung der Wirkung. Auch dies lehrt uns die Er- fahrung. Deshalb mögen wir, jetzt in Übereinstimmung mit dieser Erfahrung, eine andere Definition der Ur- sache bilden und sie bezeichnen als: einen Gegen» stand, dem ein anderer folgt, und dessen Er- scheinen stets das Denken zu jenem andern führt Haben wir nun auch diese beiden Definitionen von Umständen hergeleitet, die der Ursache fremd sind, so läßt sich diesem Übelstand eben nicht ab- helfen und eine vollkommenere Definition nicht er- reichen, die jenen Umstand in der Ursache aufzeigte, der ihr eine Verknüpfung mit ihrer Wirkung gibt. Wir haben keine Vorstellung von dieser Verknüpfung, nicht einmal irgend einen deutlichen Begriff dessen, was wir eigentlich zu kennen wünschen, wenn wir uns um ein Vorstellungsbild von ihr bemühen. Wir sagen z. B., die Schwingung dieser Saite ist die Ursache dieses bestimmten Tons. Was aber meinen wir mit dieser Behauptung? Entweder meinen wir: daß auf diese Schwingung dieser Ton folgt und daß allen gleichartigen Schwingungen gleich- artige Töne gefolgt sind; oder: daß auf diese Schwingung dieser Ton folgt und daß beim Erscheinen des einen der Geist den Sinnen vorgreift und unmittelbar die Vorstellung des anderen bildet Die Beziehung von Ursache und Wirkung läßt sich unter diesen beiden Gesichtspunkten betrachten, darüber hinaus haben wir von ihr keine Vorstellung. ^)

*) Nach diesen Erläuterungen und Definitionen ist die Vorstellung der Kraft genau so eine Beziehung wie die der Ursache; beide weisen auf eine Wirkung oder sonst ein Ereignis, das beständig mit ihnen zusammenhängt. Betrachten wir das unbekannte Etwas in einem Gegenstand, durch das der Grad oder die Größe seiner Wirkung festgesetzt und bestimmt wird, so nennen wir das seine Kraft. So nehmen denn auch alle Philosophen an, die Wirkung sei das Maß der Kraft. Besäßen sie aber eine Vorstellung der

94

Siebenter Abschnitt

Fassen wir die Gedankengänge dieses Abschnitts zusammen, so ist jede Vorstellung einem vorher- gehenden Eindruck oder Gefühl nachgebildet; und wo keinerlei Eindruck sich finden läßt, da können wir gewiß sein, daß keine Vorstellung vorhanden ist. In allen Einzelfällen von körperlicher oder geistiger

Kraft an sich, warum können sie die Kraft selbst nicht messen? Der Streit, ob die Kraft eines bewegten Körper« seiner Geschwindigkeit oder dem Quadrat seiner Geschwin- digkeit gleich ist, dieser Streit brauchte dann wohl nicht durch Vergleichen der Wirkungen in gleichen oder un- gleichen Zeiten entschieden zu werden, sondern durch un- n^ittelbare Messung und Vergleichung.

Der häufige Gebrauch der Wörter: Macht, Kraft, Energie u. s. w., auf die wir überall in der Alltagsprache wie in der Philosophie stoßen, ist kein Beweis, daß wir irgendwo mit dem verknüpfenden Prinzip zwischen Ursache und Wirkung bekannt oder imstande sind, Rechenschaft über den letzten Grund der Erzeugung eines Dinges dnrch ein anderes abzulegen. Diese Wörter haben im gewöhnlichen Gebrauch eine sehr schwankende Bedeutung, und die ihnen zugehörigen Vorstellungen sind sehr ungewiß und verworren. Kein Lebewesen kann äußere Körper in Bewegung setzen, ohne das Gefühl eines Nisus oder einer Anstrengung; und jedes Lebewesen hat ein Gefühl oder eine Empfindung von dem Stoß oder Schlag eines äußeren in Bewegung befindlichen Gegen- standes. Diese Wahrnehmungen, die rein auf Lebewesen beschränkt sind und von denen wir a priori nichts ableiten können, sind wir geneigt, auf unbeseelte Dinge zu übertragen und anzunehmen, daß auch sie solche Empfindungen haben, so oft sie Bewegung empfangen oder übermitteln. In bezug auf Energien, die sich auswirken, ohne daß wir mit ihnen eine Vorstellung von mitgeteilter Bewegung verbinden, betrachten wir nur den regelmäßig erfahrenen Zusammenhang der Er- eigiiisse; und da wir eine gewohnheitsmäßige Verknüpfung zwischen den betreffenden Vorstellungen empfinden, über- tragen wir diese Empfindung auf die Gegenstände; ist doch nichts so gewöhnlich, wie äußeren Körpern jede innere Wahr- nehmung, die sie veranlassen, zuzuschreiben. (Diese An- merkung kam in Ausgabe P hinzu, wo indessen an Stelle des zweiten Absatzes zu lesen ist: eine Ursache ist etwas anderes als ein Zeichen, denn sie schließt Vorangehen und Berührung in Zeit und Raum ein und überdies regelmäßigen Zusammenhang. Ein Zeichen ist nur eine Seiten Wirkung der gleichen UrsaobeO

Von der Vorstellung der notwendigen Verknüpfung. 96

Wirksamkeit hinterläßt nichts den Eindruck und kann folglich auch nichts die Vorstellung von Kraft oder notwendiger Verknüpfung eingeben. Wenn aber viele gleichförmige Beispiele auftreten und demselben Gegenstand immer dasselbe Ereignis folgt, dann beginnen wir den Begriff von Ursache und Ver- knüpfung zu bilden. Wir empfinden nun ein neues Gefühl oder einen Eindruck, nämlich eine gewohnheits- mäßige Verknüpfung im Denken oder der Einbil- dung zwischen einem Gegenstand und seiner iib- lichen Begleitung; und dieses Gefühl ist das Urbild jener Vorstellung, das wir suchen. Da nämlich diese Vorstellung aus einer Anzahl gleichartiger Fälle ent- steht, dagegen nicht aus irgend einem Einzelfalle, 80 muß sie aus jenem Umstand entstehen, worin die Anzahl von Fällen sich von jedem einzelnen Fall unter- scheidet. Nun ist diese gewohnheitsmäßige Ver- knüpfung oder Überleitung der Einbildung der einzige Umstand, in dem sie sich unterscheiden. In jeder anderen Eigenschaft sind sie sich gleich. Der erste Fall von vermittelter Bewegung durch den Zu- sammenstoß zweier Billardkugeln, den wir gesehen haben (um dies einleuchtende Beispiel wieder auf- zunehmen), gleicht durchaus jedem möglichen Falle, der uns heute begegnen könnte; nur darin nicht, daß wir zuerst nicht ein Ereignis aus dem anderen ab- leiten konnten, jetzt aber nach einer so langen Reihe gleichförmiger Erfahrungen hierzu instand gesetzt sind. Ich weiß nicht, ob der Leser diesen Ge- dankengang leicht fassen wird; nur fürchte ich, wenn ich mehr Worte darüber verlöre oder den Gegen- stand noch von verschiedenen Seiten beleuchtete, so würde er dadurch nur dunkler und verwickelter werden. In allen abstrakten Gedankengängen gibt es einen Gesichtspunkt, der, wenn wir ihn glücklich treffen, besser zur Verdeutlichung des Gegenstandes dient, als alle Beredsamkeit und aller Wortreichtum der Welt. Diesen Gesichtspunkt sollten wir zu ge- winnen trachten und die Blüten der Redekunst für Gegenstände sparen, die sich besser dazu eignen.

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Achter Abschnitt.

Ober Freiheit und Notwendigiceit

Enter Teil.

!n 1^ ^'®^S- "*'''. 'vernünftigerweise erwarten, daß ,nH i^ff ' ^i.® ^®'*. '^®™ Urbeginn der Wissenschalt ,™«J^1°'°P'"^ mit «oflem Eifer verhandelt und Sin T"'!? ';°1f ^^ Streitenden sich zum S hs«"'*^'" d'e B«ieutung aller Ausdrücke ge- einigt hatten; und daß unsere Forschung im Laufe von zwei Jahrtausenden imstande sein sollte, von

^ntl^fj,*'^-r^®\"°"* wirklichen Gegenstand der Entzweiung überzugehen. Es scheint doch so leicht genaue Defmitionen der m dem Gedankengang S

r„^ «"/"^f"!?''® S" sehen und diese DefinitionlT anstatt den bloßen Schall von Worten, zum Gee^I stand künftiger Prüfung und Forschung TmÄ Betrachten wir aber die Sache näher. So werden wk XU emem ganz entgegengesetzten Schlüsse neieen. Ans diesem Umstena allein, daß eine Streitfrage jfnje ZeU im Gange und noch unentschieden geblieben ist, läßt sich annehmen, daß eine Zweideutigkeit im Ans- druck besteht, und daß die Streitenden den in de^ Verhandlung gebrauchten Bezeichnungen verschiedene Vorstellungen zuordnen. Weil nämlifh die geisS

Ä^-*? ^' *"^° Individuen von Nat^ wohl gleich sind, - sonst gäbe es ja nichts so fruchtloses wie miteinander gedanklich zu 'arbeiten und™Sn irr«fRr,t-\^ unmöglich, wenn die Menschen mit

dS «f« ri"""^®" ^''l*'>5 Vorstellungen verbänden daß sie 80 lange verschiedene Meinungen über den gleichen Gegenstand bilden könnten, umio meh? wS

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Über Freiheit und Notwendigkeit

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sie sich ihre Ansichten mitteilen und jeder Teil von allen Seiten Begründungen hersucht, die ihm zum Sieg über den Gegner verhelfen sollen. Wenn freilich die Menschen sich an Probleme wagen, die ganz außer dem Bereich menschlicher Fähigkeiten liegen, wie solche über den Weltenursprung und die Ver- fassung des Systems oder Reichs der Geister, so mögen sie lange die Luft mit fruchtlosem Wort- wechsel erschüttern und doch nie zu einem bestimmten Schluß kommen. Betrifft die Frage aber einen Gegenstand des gewöhnlichen Lebens und der Er- falu-ung, dann sollte man meinen, daß der Streit sich nur deshalb so lange unentschieden hinziehen könne, weil zweideutige Ausdrücke die (Gegner voneinander entfernt halten und verhindern, handgemein zu werden.

Dies ist bei der langumstrittenen Frage nach Freiheit und Notwendigkeit der Fall gewesen, und zwar in so auffallendem Grade, daß wir, wenn ich nicht sehr irre, entdecken werden, die ganze gelehrte wie ungelehrte Menschheit habe von jeher die gleiche Meinung in betreff dieses Gegenstandes geteilt, und ein paar verständliche Definitionen hätten sofort die ganze Streitfrage erledigt. Nun gestehe ich, daß dies Problem von allen Seiten soviel besprochen worden ist und die Philosophen in solche Irrgänge dunkler Sophisterei geführt hat, daß es nicht Wunder nimmt, wenn ein verständiger Leser sich dieser Plage nicht aussetzt und nur taube Ohren für die Erörterung einer solchen Frage hat, von der er weder Belehrung noch Unterhaltung erwarten kann. Indessen ist die hier gebotene Begründung derart, daß sie vielleicht dient, seine Aufmerksamkeit noch einmal zu erwecken; hat sie doch den Reiz der Neuheit, verspricht wenigstens eine gewisse Entscheidung der Streitfrage und wird des Lesers Behagen nur wenig durch ver- wickelte und dunkle Gedankengänge stören.

Ich hoffe es also einleuchtend zu machen, daß alle Menschen von jeher über die Lehre der Not- wendigkeit wie die der Freiheit einig gewesen sind, so- bald man diesen Bezeichnungen irgend einen ver- nünftigen Sinn unterlegt, und daß die ganze Streit- frage sich bislang einzig um Worte gedreht hat. Wir

Harne, üntersucbg. üb. d. ntenschl. Verstand. 7

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Achter Abschnitt

beginnen mit der Prüfung der Lehre von der Not- wendigkeit.

Es wird allgemein anerkannt, daß die Materie in allen ihren Vorgängen durch eine notwendige Kraft getrieben wird, und daß jede Wirkung in der Natur so genau durch die Energie ihrer Ursache bestimmt ist, daß unter diesen besonderen Umständen das Ein- treten keiner anderen Wirkung möglich wäre. Den Grad und die Richtung jeder Bewegung schreiben die Naturgesetze mit solcher Genauigkeit vor, daß ebensogut ein lebendiges Wesen aus dem Zusammen- stoß zweier Körper hervorgehen könnte, wie eine Be- wegung in irgend einer anderen Stärke oder Rich- tung als die wirklich entstandene. Wollen wir uns also eine zutreffende und bestimmte Vorstellung von der Notwendigkeit bilden, so müssen wir zusehen, woher diese Vorstellung stammt, wenn wir sie auf Vorgänge in der Körperwelt anwenden.

Würden alle Naturbegebenheiten beständig derart wechseln, daß niemals zwei Ereignisse sich irgend ähn- lich sähen, sondern jeder Gegenstand durchaus neu, ohne irgendwelche Gleichartigkeit mit früher Gesehe- nem aufträte, so hätten wir in dem Fall offenbar nie- mals die geringste Vorstellung von Notwendigkeit oder von einer Verknüpfung zwischen diesen Dingen er- langt. Es ließe sich dann wohl sagen, daß ein Gegen- stand oder ein Ereignis dem anderen gefolgt ist; nicht, daß der eine von dem anderen hervorgebracht wurde. Die Beziehung von Ursache und Wirkung müßte der Menschheit völlig unbekannt bleiben. Ableitungen und Denkakte auf Grund von Naturvorgängen hätten in diesem Augenblick ein Ende, und die Erinnerung und die Sinne blieben die einzigen Kanäle, durch die eine Kenntnis wirklichen Daseins dem Geiste möglicher- weise zugeführt werden könnte. So entsteht unsere Vorstellung von Notwendigkeit und Verursachung denn ganz und gar aus der Einförmigkeit, die sich in den Vorgängen der Natur beobachten läßt; wo gleichartige Gegenstände beständig zusammenhängen, und der Geist durch Gewohnheit veranlaßt wird, den einen aus dem Erscheinen des anderen abzuleiten. Diese beiden Umstände machen den ganzen Inhalt

Über Freiheit and Notwendigkeit.

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jener Notwendigkeit aus, die wir dem Reich der Materie zuschreiben. Über den ständigen Zusammen- hang gleichartiger Gegenstände und die daraus folgende Herleitung des einen aus dem andern hinaus haben wir keinen Begriff irgend einer Not- wendigkeit oder Verknüpfung.

Sollte sich also herausstellen, daß von jeher die Menschen ohne Zweifel und anstandlos anerkannt haben, daß diese beiden Umstände auch bei den frei- willigen Handlungen des Menschen und bei den Vor- gängen im Geiste auftreten, so muß sich daraus er- geben, daß die ganze Menschheit stets einig über die Lehre von der Notwendigkeit gewesen ist, und daß der bisherige Streit auf bloßem Mißverständnis beruhte.

Was den ersten Umstand anlangt, den bestän- digen und regelmäßigen Zusammenhang gleichartiger Ereignisse, so werden die hier folgenden Betrach- tungen uns vielleicht genügenden Aufschluß gewähren. Allgemein wiid zugestanden, daß eine große Gleich- förmigkeit in den Handlungen der Menschen aller Nationen und Zeitalter besteht, und daß die mensch- liche Natur in ihren Prinzipien und Tätigkeiten stets dieselbe bleibt. Dies'elben Beweggründe rufen immer dieselben Handlungen hervor: dieselben Ereignisse folgen aus denselben Ursachen. Ehr- sucht, Geiz, Selbstliebe, Eitelkeit, Freundschaft, Edel- mut, Gemeingeist: diese Affekte sind in verschiedenen Mischungsgraden in der menschlichen Gesellschaft verteilt und von Anbeginn der Welt und noch heute der Quell aller Handlungen und Unternehmungen ge- wesen, die man je bei Menschen beobachtet hat Wollt ihr etwas über die Gefühle, Neigungen und den ganzen Verlauf des Lebens bei den Griechen und Römern wissen? So vertieft euch in das Temperament und die Handlungsweisen der Franzosen und der Eng- länder; ihr könnt nicht weit fehlgehen, wenn ihr auf jene die meisten Beobachtungen übertragt, die ihr bei diesen gemacht habt. Die Menschen sind in allen Zeiten und Orten so sehr dieselben, daß uns die Geschichte auf diesem Gebiete nichts Neues oder Fremdartiges berichtet. Ihr Hauptnutzen liegt nur darin, die beständigen und allgemeinen Prinzipien

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Achter Abschnitt.

der menschlichen Natur zu entdecken, indem sie die Menschen in den verschiedensten Verhältnissen und Lagen darstellt und uns mit Stoff versorgt, aus dem wir Beobachtungen aufstellen können und die regel- mäßigen Triebkräfte menschlichen Handelns und Be- tragens kennen lernen. Diese Berichte über Kriege, Umtriebe, Parteiungen und Umwälzungen sind eben- soviel Sammlungen von Erfahrungstatsachen, aus denen der Politiker oder der Vertreter der Geistes- wissenschaft die Prinzipien seiner Lehre feststellt; in der gleichen Art, wie der Physiker oder Natur- forscher das Wesen der Pflanzen, Mineralien und anderer äußerer Gegenstände durch die Erfahrungs- tatsachen kennen lernt, die er hierzu zusammenstellt. Die Erde, das Wasser und die anderen Elemente, die Aristoteles und Hippokrates untersuchten, sind den uns heute zur Beobachtung vorliegenden auch nicht ähn- licher, als die von Polybius und Tacitus geschilderten Menschen denen sind, die jetzt die Welt regieren.

Wenn ein Reisender bei seiner Rückkehr aus einem fernen Lande uns von Menschen berichtete, die sich von allen uns bekannten völlig unterschieden; die von Geiz, Ehrsucht und Rachgefühl ganz frei seien, die keinen anderen Genuß kennten als Freund- schaft, Edelmut und Gemeinsinn: so würden wir un- mittelbar aus diesen Umständen die Unwahrheit er- kennen und ihm die Lüge so gewiß nachweisen, als hätte er seine Erzählung mit Greschichten von Cen- tauren und Drachen, Wundem und Naturwidrigkeiten überladen. Desgleichen können wir zur Entlarvung irgend einer Geschichtsfälschung keine überzeugendere Begründung aufbringen, als den Beweis, daß die jemandem zugeschriebenen Handlungen geradezu gegen den Lauf der Natur seien, und daß keine menschlichen Triebfedern unter solchen Umständen zu solchem Verhalten jemals hätten führen können. Die Wahrhaftigkeit des Qüintus Curtius ist ebenso verdächtig, wenn er den übernatürlichen Mut Alex- anders beschreibt, der diesen dazu trieb, als Einzelner große Massen anzugreifen, wie wenn er dessen über- natürliche Kraft und Gewandtheit beschreibt, durch die er in der Lage war, ihnen zu widerstehen. So

über Freiheit nnd Notwendigkeit.

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anstandlos und allgemein erkennen wir eine Gleich- förmigkeit in den menschlichen Beweggründen und Handlungen wie in den Wirksamkeiten der Kör- per an.

Hierauf beruht auch der Nutzen solcher Er- fahrung, die durch ein langes Leben und mancherlei Geschäfte und Verkehr erworben wird und uns dient, die Prinzipien der menschlichen Natur aufzuklären und unser künftiges praktisches wie unser theoretisches Verhalten zu regeln. Mit Hilfe dieses Führers steigen wir auf zur Kenntnis der Neigungen und Triebfedern der Menschen auf Grund ihrer Handlungen, ihrer Mie- nen, ja ihrer Gebärden, und wieder herab zur Ausdeutung ihrer Handlungen auf Grund unserer Kenntnis ihrer Triebfedern und Neigungen. Die allgemeinen Be- obachtungen, die wir aus langer Erfahrung aufge- speichert haben, geben uns den Schlüssel zur mensch- lichen Natur und lehren uns, all ihre Verwicklungen zu entwirren. Vorwände und äußerer Schein täuschen uns dann nicht länger; offizielle Erklärungen gelten uns nur als Schönförberei eines Sachverhalts. Und wenn auch der Tugend und Ehre ihr gebührendes Gewicht und Ansehen zugestanden wird, so erwartet man doch niemals vollkommene Uneigennützigkeit, die so oft vorgegeben wird, bei den Massen und den Parteien; selten bei ihren Führern; und sogar kaum bei Einzelnen, welchen Ranges und Standes auch immer. Gäbe es hingegen keine Gleichförmigkeit in den menschlichen Handlungen und wäre jede derartige Erfahrung, die wir gewinnen könnten, unregelmäßig und gesetzlos, so wäre es unmöglich, allgemeine Be- obachtungen über die Menschen zu sammeln; keine noch so besonnen durchgearbeitete Erfahrung würde jemals irgend einem Zwecke dienen. Aus welchem anderen Grunde ist der betagte Landmann in seinem Beruf dem jungen Anfänger überlegen, als nur des^ wegen, weil eine gewisse Gleichförmigkeit in der Wirksamkeit von Sonne, Regen und Erde zur Her- vorbringung der Pflanzen besteht und Erfahrung den alten Praktiker die Regeln lehrt, diese Wirksamkeit zu beherrschen und zu lenken?

Immerhin dürfen wir niöht erwarten, diese Gleich-

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Achter Abiohnitt

fÖrmigkeit im menschlichen Handeln werde so weit gehen, daß alle Menschen unter gleichen Umständen stets genau in derselben Weise handelten, phne die Verschiedenheit der Charaktere, der Vorurteile und Meinungen in Betracht zu ziehen. Solch eine Gleich- förmigkeit in jeder Einzelheit findet sich auf keinem Gebiete der Natur. Im Gegenteil befähigt uns die Be- obachtung der im Benehmen verschiedener Menschen herrschenden Mannigfaltigkeit zur Bildung einer größeren Mannigfaltigkeit von Grundsätzen, die dabei immer noch einen Grad von Gleichförmigkeit und Regelmäßigkeit voraussetzen.

Sind nicht die Sitten der Menschen verschieden in verschiedenen Zeiten und Ländern? Es zeigt sich uns hierin die große Macht der Gewohnheit und Er- ziehung, die den menschlichen Geist von frühester Kindheit ab bearbeiten und zu einem gefestigten, in sich ruhenden Charakter formen. Ist das Benehmen und die Lebensführung der beiden Geschlechter einander sehr ungleich? Hierdurch lernen wir die verschiedene Eigenart kennen, welche die Natur den Geschlechtern aufgeprägt hat und mit Beständigkeit und Regelmäßigkeit bewahrt. Weichen die Handlungen desselben Menschen in den verschiedenen Alters- perioden seines Lebens, von der Kindheit zum Greisen- tum, erheblich voneinander ab? Dies bietet Stoff zu manchen allgemeinen Beobachtungen über den all- mählichen Wechsel unserer GefüUe und Neigungen und die verschiedenen Grundsätze, die in den einzelnen Altersstufen des Menschen vorherrschen. Selbst die individuellen Eigentümlichkeiten jedes Einzelnen zeigen Gleichförmigkeit in ihren Äußerungen, sonst könnten wir aus unserer Bekanntschaft mit den Personen und unserer Beobachtung ihres Betragens niemals ihre Gesinnung erfahren und unser eigenes Benehmen da- nach einrichten.

Ich gebe die Möglichkeit zu, daß sich Hand- lungen aufzeigen lassen, welche keine regelmäßige Verknüpfung mit irgendwelchen bekannten Beweg- gründen zu haben scheinen und sich keinem Maßstab des Benehmens fügen, der je zur Beherrschung der Menschen auffirestelit worden ist Aber wollen wir

üb«r Fr«ih«it un^ Notwendigkeit

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uns klarmachen, wie diese unregelmäßigen und außer- ordentlichen Handlungen wohl zu beurteilen waren, so mögen wir bedenken, welche Meinungen gewohn- lich über solche unregelmäßigen Ereignisse gehegt werden, die im Naturlauf und bei den Vorgängen an äußeren Gegenständen auftreten. Die Ursachen hängen nicht alle mit derselben Gleichförmigkeit mit ihren gewöhnlichen Wirkungen zusammen. Einem Handwerker, der nur tote Materie bearbeitet, kann ein ebensolcher Mißerfolg begegnen wie dem Politiker, der die Leitung fühlender und vernünftiger Wesen

unternimmt , , ,. T^. l

Der gewöhnliche Mensch, welcher die Dinge nach dem ersten Anschein beurteilt, schreibt die Ungewiß- heit der Ereignisse einer Ungewißheit in den Ur- sachen zu, die sie ihre gewöhnliche Einwirkung oft verfehlen läßt, wenn auch kein Hindernis ihrer Tätig- keit entgegentritt. Die Philosophen aber beobachten, daß fast in jedem Stück Natur eine große Mannig- faltigkeit von wirkenden Kräften und Prinzipien ent- halten ist, die wegen ihrer Geringfügigkeit oder Ent- legenheit verborgen bleiben; und so halten sie es wenigstens für möglich, daß der Widerstreit in den Er- eignissen nicht von einer Zufälligkeit in der Ur- sache herrührt, sondern von der geheimen Wirksamkeit widerstreitender Ursachen. Weitere Beobachtung ver- wandelt diese Möglichkeit in Gewißheit; denn es zeigt sich, daß bei genauer Prüfung ein Widerstreit in den Wirkungen stets einen Widerstreit in den Ur- sachen enthüllt und aus deren wechselseitigem Gegen- satz entspringt Ein Bauer kann, wenn eine Uhr stehen bleibt, dafür keinen besseren Grund angeben, als daß sie eben auch sonst nicht immer in Ordnung ist; ein Mechaniker aber erkennt leicht, daß die gleiche Kraft in der Feder oder im Pendel stets den gleichen Einfluß auf die Räder hat, aber daß hier ihre übliche Wirkung versagt, weil vielleicht ein Staub- korn die ganze Bewegung aufhält Aus der Beob- achtung mehrerer gleichlaufender Fälle bilden die Philosophen sich die Regel, daß die Verknüpfung zwischen allen Ursachen und Wirkungen gleicherweise notwendig ist, und ihre scheinbare Ungewißheit in

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Achter Abschnitt.

über Freiheit und Notwendigkeit.

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'

einigen Fällen von dem geheimen Gegensatz wider- streitender Ursachen herrührt.

So ist es z. B. bei dem menschlichen Körper, wenn die bekannten Anzeichen der Gesundheit oder Krankheit unser Erwarten täuschen, wenn Heilmittel nicht ihre gewohnte Kraft ausüben, wenn unregel- mäßige Ereignisse aus einer bestimmten Ursache folgen. Der Philosoph und der Arzt sind darüber nicht erstaunt, noch je versucht, im allgemeinen die Notwendigkeit und Gleichförmigkeit jener Prinzipien abzuleugnen, durch die das animalische Leben sich im Gleichgewicht hält. Sie wissen, daß der mensch- liche Körper eine höchst verwickelte Maschine ist, daß viele geheime Kräfte in ihm lauern, die gänzlich über unser Begreifen gehen, daß er uns häufig in seiner Wirksamkeit sehr ungewiß erscheinen muß und also darum die unregelmäßigen Ereignisse, die sich äußerlich zeigen, keinen Beweis dafür abgeben können, daß nicht die Naturgesetze mit der größten Regel- mäßigkeit in seiner inneren Tätigkeit und Einrichtung befolgt werden.

Will der Philosoph folgerecht sein, so muß er denselben Gedankengang auf die Handlungen und Willensregungen vernünftiger Wesen anwenden. Ganz unregelmäßige und unerwartete Entschlüsse der Menschen können oft von denen aufgeklärt werden, die jeden einzelnen Umstand ihres Charakters und ihrer Lage kennen. Ein liebenswürdig veranlagter Mensch gibt eine verdrießliche Antwort er hat aber Zahn- schmerzen oder hat noch nicht zu Mittag gegessen. Ein stumpfsinniger Bursche zeigt sich von un- gewohnter Munterkeit des Benehmens - ihm ist aber auch ein unerwartetes Glück begegnet. Doch wenn selbst für eine Handlung, wie es sich manchmal trifft, weder von dem Handelnden noch von anderen ein besonderer Grund angegeben werden kann, so wissen wir doch im allgemeinen, daß der mensch- liche Charakter in gewissem Grade unbeständig und unregelmäßig ist Dies ist eigentlich der beständige Grundzug der menschlichen Natur, wenn es auch auf einige Personen vornehmlich anwendbar ist, die für ihr Betragen keine feste Regel haben, sondern

deren Lebensweg Laune und Unbeständigkeit be- herrschen. Die inneren Prinzipien und Beweggründe mögen in gleichförmiger Weise wirksam sein, trotz dieser scheinbaren Unregelmäßigkeit; gerade so wie bei Winden, Regen, Wolken und anderen Veränderungen des Wetters angenommen wird, daß stetige Prinzipien sie beherrschen, die freilich menschlichem Scharfsinn und Forschen sich nicht leicht enthüllen.

So zeigt sich einmal, daß der Zusammenhang zwischen Beweggründen und Willenshandlungen so regelmäßig und gleichförmig verläuft, wie der zwischen Ursache und Wirkung überall in der Natur; dann aber auch, daß dieser regelmäßige Zusammen- hang allgemein unter den Menschen anerkannt und weder in der Philosophie noch ina täglichen Leben je umstritten worden ist. Da wir nun aus früherer Erfahrung alle Annahmen über die Zukunft herleiten und schließen, daß solche Gegenstände immer zusammenhängen werden, die bisher immer zusammen beobachtet wurden, so mag es überflüssig scheinen, erst zu beweisen, daß jene erfahrene Gleichförmig- keit im menschlichen Handeln eine^) Quelle ist, der wir Ableitungen über dieses entnehmen. Um aber das, was wir begründen wollen, auch von anderer Seite zu beleuchten, werden wir, wenn auch kurz, diesem letzteren Problem weiter nachgehen.

Die gegenseitige Abhängigkeit der Menschen in allen Gemeinschaften ist so groß, daß kaum eine menschliche Handlung ganz in sich abgeschlossen ist oder ohne irgendwelche Beziehung auf Hand- lungen anderer ausgeführt wird, die erforderlich sind, damit der Handelnde seine Absicht vollkommen er- reiche. Der ärmste Handwerker, der für sich allein arbeitet, rechnet mindestens auf den Schutz der Obrig- keit, der ihm den Genuß der Früchte seiner Arbeit sichert. Ebenso rechnet er darauf, Käufer zu finden, wenn er seine Waren zu Markte bringt und einen angemessenen Preis dafür verlangt, und daß er mit dem erworbenen Gelde andere veranlassen kann, ihn

*) Die Quelle all der Ableitungen ist, die wir über dasselbe gewinnen: Ausgaben E bis P.

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Achtor Abachnitt.

mit den Gütern, deren er zu »einem Unterhalte bedarf, zu versehen. Je weiter die Menschen ihre Beziehungen ausdehnen und je verwickelter sie ihren Verkehr mit anderen gestalten, um so größer wird die Mannig- faltigkeit von Willenshandlungen, die sie in ihren Lebensplan einrechnen und deren Zusammenwirken mit ihren eigenen sie beim Eintritt geeigneter Be- weggründe erwarten. Bei all diesen Schlüssen treffen sie ihre Maßnahmen nach früheren Erfahrungen, ebenso wie in den Denkakten, die äußere Gegen- stände betreffen, und glauben fest, daß die Menschen so gut wie alle Elemente der Natur in ihrem Ver- halten die gleichen bleiben werden, als die sie bisher erfunden wurden. Ein Fabrikant rechnet für die Ausr führung eines Unternehmens auf die Arbeit seiner Untergebenen genau so, wie auf die Werkzeuge, die er anwendet, und wäre ebenso überrascht, wenn er sich in seinen Erwartungen getäuscht fönde. Kurz, diese auf Erfahrung gestützten Ableitungen und Denkakte über die Handlungen anderer gehen so in das menschliche Leben ein, daß niemand bei wachen Sinnen auch nur einen Augenblick davon absehen kann. Sind wir daher nicht mit der Behauptung im Recht, daß alle Welt über die Lehre von der Not- wendigkeit stets einig war, so wie wir sie vorher definiert und erklärt haben?

Aber auch die Philosophen haben niemals auf diesem Punkte eine von der gewöhnlichen abweichende Ansicht gehegt. Denn abgesehen davon, daß fast jede Handlung ihres Lebens diese Ansicht voraussetzt, gibt es sogar nur wenige Zweige der spekulativen Wissenschaften, für welche sie nicht wesentlich wäre. Was sollte aus der Geschichte werden, wenn wir uns nicht auf die Wahrhaftigkeit des Geschicht- schreibers gemäß unserer Erfahrung von den Menschen überhaupt verlassen könnten? Wie könnte die Politik eine Wissenschaft sein, wenn Gesetze und Regierungsformen nicht einen gleichförmigen Ein- fluß auf die Gesellschaft übten? Wo bliebe die Grundlage der Moral, wenn bestimmte Charaktere nicht eine sichere, unabänderliche Kraft besäßen, bestimmte Gefühle zu erzeugen, und wenn diese

Über Freiheit und Notwendigkeit.

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Gefühle nicht eine eindeutige Wirksamkeit auf die Handlungen ausübten? Und mit welchem Anspruch könnten wir unsere Ästhetik auf einen Dichter oder Literaten anwenden, wenn wir das Verhalten und die Gefühle seiner handelnden Personen nicht ihren Lhor rakteren und besonderen Umständen gemäß entweder für natürlich oder für unnatürlich erklären durften? Es scheint demnach so gut wie unmöglich, sich auf Wissenschaft oder Tätigkeit irgendwelcher Art em- zulassen, ohne die Lehre von der Notwendigkeit und diese Herleitung der Willenshandlungen aus den Be- weggründen, des Betragens aus dem Charakter, an- zuerkennen. . . , , ,. _,,. ,

Und wirklich, bedenken wu:, wie wohl die Glieder der natürlichen und der moralischen *) Evidenz sich zu einer Begründungskette ineinander fügen, so werden wir nicht zögern, die gleiche Natur in beiden und ihre Abstammung aus den gleichen Prinzipien zu- zugeben. Ein Gefangener, der weder Geld noch Ein- fluß hat, erkennt die Unmöglichkeit seiner Flucht ebensowohl, wenn er die Hartnäckigkeit seines Wäch- ters, als wenn er die ihn umgebenden Mauern und Gitterstäbe in Betracht zieht; und bei allen Befreiungs- versuchen wird er noch lieber gegen Stein und Eisen der letzteren, als gegen die unbeugsame Natur des ersteren arbeiten. Wenn derselbe Gefangene zum Schaffet geführt wird, so weiß er, daß die Gewißheit seines Todes ebenso durch die Festigkeit und Treue seiner Wächter, wie durch die Wirksamkeit des Beils oder Rades bedingt ist. Sein Geist durchläuft eine bestimmte Reihe von Vorstellungen: die Weigerung der Soldaten, seine Flucht zuzulassen, die Handlung des Scharfrichters, die Trennung des Kopfes vom Rumpfe, das Verbulten, krampfhafte Zuckungen und der Tod. Hier ist eine fest verknüpfte Kette von natürlichen Ursachen und Willenshandlungen; aber der Geist empfindet beim Übergang von einem Glied zum anderen keinen Unterschied zwischen beiden.

*) Hume meint, daß die Erkenntnis der psychischen (moral) und der physischen (natural) Kausalität auf deaa gleichen Prinzip beruhen, Anmerkg. d. Übersetzers.

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Achter Abschnitt.

Er ist auch des künftigen Ereignisses nicht minder gewiß, als wenn es mit den dem Gedächtnis und den Sinnen gegenwärtigen Dingen durch eine Reihe von Ursachen verknüpft wäre, die der Kitt, den wir physische Notwendigkeit zu nennen belieben, zu- zusammenhält. Eine gleiche durch Erfahrung be- kannte Vereinigung wirkt in gleicher Weise auf den Geist, ob nun die vereinigten Gegenstände Beweg- gründe, Willensregungen und Handlungen, oder aber Gestalt und Bewegung sind. Wir können wohl die Namen der Dinge ändern, aber ihre Natur und ihre Wirksamkeit auf den Verstand ändern sich niemals. Kamel) ein Mann, den ich als ehrlich und sehr wohl- habend kenne und mit dem ich nah befreundet bin, in mein Haus, wo ich von meinen Leuten umgeben bm, so fühle ich mich sicher, daß er nicht, ehe er es verläßt, mich erstechen wird, um mein silbernes Schreibzeug zu stehlen; und ich mutmaße dieses Er- eignis ebensowenig wie den Einsturz meines neuen, fest gebauten und gegründeten Hauses. Aber er kann von plötzlichem bisher unerkanntem Wahnsinn befallen sein. Nun ebenso kann ein plötzliches Erdbeben entstehen und mir mein Haus über dem Kopfe zusammenstürzen lassen. Also werde ich die Voraussetzungen ändern. Ich will sagen, ich weiß mit Gewißheit, daß er nicht seine Hand ins Feuer halten und warten wird, bis es sie verzehrt hat; und ich meine, dies kann ich mit der gleichen Sicherheit voraussagen, wie daß er, stürzte er sich aus dem Fenster und würde nicht aufgehalten, nicht einen Augenblick in der Luft schweben bliebe. Kein Verdacht unerkannten Wahnsinns gibt dem ersteren Ereignis die geringste Möglichkeit, das so gegen alle bekannten Prinzipien der menschlichen Natur wäre Wenn einer um Mittag seine goldgefüllte Börse auf dem Pflaster von Charing-Cross zurückläßt, so kann er ebensogut erwarten, sie werde wie eine Feder davonfliegen, wie daß er sie nach einer Stunde un- berührt wiederfinden werde. Über die Hälfte der menschlichen Denkakte enthalten Ableitungen gleich-

*) Dieser Absatz kam in Ausgabe R hinzu.

Über Freiheit und Notwendigkeit.

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artiger Natur, die ein höhei^er oder geringerer Grad von Gewißheit begleitet, je nach unserer Er- fahrung vom gewöhnlichen . Benehmen der Menschen unter solchen besonderen Umständen.

Ich habe oft über den Grund nachgedacht, warum alle Menschen, obwohl sie stets ohne Zögern die Lehre von der Notwendigkeit in ihrem Handeln und in ihrer Vernunfttätigkeit überall anerkennen, sich -doch so schwer entschließen, es in Worten zu tun, und eher eine Neigung, sich zur gegenteiligen Meinung zu be- kennen, in allen Zeiten geäußert haben. Mir scheint, die Sache läßt sich in folgender Weise erklären: Wenn wir die Wirksamkeit der Körper untersuchen, und die Erzeugung der Wirkungen durch ihre Ursachen, so werden wir finden, daß all unsere Fähigkeiten uns nie weiter in der Kenntnis dieser Beziehung bringen können als bloß bis zu der Beobachtung, daß bestimmte Gegenstände dauernd zusammenhängen, und daß der Geist durch gewohnheitsmäßigen Übergang vom Erscheinen des einen zum Glauben an den anderen geführt wird. Aber obwohl dieser Schluß auf die menschliche Unwissenheit das Ergebnis genauester Prüfung in dieser Sache ist, so hegen doch die Menschen immer eine starke Hinneigung zu dem Glauben, daß sie tiefer in die Kräfte der Natur dringen und so etwas wie eine notwendige Ver- knüpfung zwischen der Ursache und Wirkung auf- fassen. Richten sie hinwieder ihre Überlegung auf die Tätigkeit des eigenen Geistes und empfinden sie da keine solche Verknüpfung des Beweggrundes mit der Handlung, so werden sie hieraus leicht annehmen, daß zwischen den Wirkungen, die aus materieller Kraft, und denen, die aus Denken und Verstand ent- springen, ein Unterschied bestehe. Sind wir aber ein- mal überzeugt, daß wir von jeder Art Ursächlich- keit lediglich den beständigen Zusammenhang zwischen Gegenständen erkennen, und die sich im Geist anschließende Herleitung des einen aus dem andern, und entdecken wir, daß diese beiden Um- stände anerkanntermaßen in den Willenshandlungen sich vorfinden, dann wird es uns leichter fallen, die gleiche Notwendigkeit für alle Ursachen zuzugeben.

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Achter Abschnitt.

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Er ist auch des künftigen Ereignisses nicht minder gewii3, als wenn es mit den dem Gedächtnis und den Sinnen gegenwärtigen Dingen durch eine Reihe von Ursachen verknüpft wäre, die der Kitt, den wir physische Notwendigkeit zu nennen belieben, zu- zusammenhält. Eine gleiche durch Erfahrung be- kannte Vereinigung wirkt in gleicher Weise auf den Geist, ob nun die vereinigten Gegenstände Beweg- gründe, Willensregungen und Handlungen, oder aber Gestalt und Bewegung sind. Wir können wohl die Namen der Dinge ändern, aber ihre Natur und ihre Wirksamkeit auf den Verstand ändern sich niemals. Käme!) ein Mann, den ich als ehrlich und sehr wohl- habend kenne und mit dem ich nah befreundet bin, in mein Haus, wo ich von meinen Leuten umgeben bin, so fühle ich mich sicher, daß er nicht, ehe er es verläßt, mich erstechen wird, um mein silbernes Schreibzeug zu stehlen; und ich mutmaße dieses Er- eignis ebensowenig wie den Einsturz meines neuen, fest gebauten und gegründeten Hauses. Aber er kann von plötzlichem bisher unerkanntem Wahnsinn befallen sein. Nun ebenso kann ein plötzliches Erdbeben entstehen und mir mein Haus über dem Kopfe zusammenstürzen lassen. Also werde ich die Voraussetzungen ändern. Ich will sagen, ich weiß mit Gewißheit, daß er nicht seine Hand ins Feuer halten und warten wird, bis es sie verzehrt hat; und ich meine, dies kann ich mit der gleichen Sicherheit voraussagen, wie daß er, stürzte er sich aus dem Fenster und würde nicht aufgehalten, nicht emen Augenblick in der Luft schweben bliebe. Kein Verdacht unerkannten Wahnsinns gibt dem ersteren Ereignis die geringste Möglichkeit, das so gegen alle bekannten Prinzipien der menschlichen Natur wäre. Wenn einer um Mittag seine goldgefüllte Börse auf dem Pflaster von Charing-Cross zurückläßt, so kann er ebensogut erwarten, sie werde wie eine Feder davonfliegen, wie daß er sie nach einer Stunde un- berührt wiederfinden werde. Über die Hälfte der menschlichen Denkakte enthalten Ableitungen gleich-

*) Dieser Absatz kam in Ausgabe K hinzn.

Über Freiheit und Notwendigkeit.

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artiger Natur, die ein höheirer oder geringerer Grad von Gewißheit begleitet, je nach unserer Er- fahrung vom gewöhnlichen . Benehmen der Menschen unter solchen besonderen Umständen.

Ich habe oft über den Grund nachgedacht, warum alle Menschen, obwohl sie stets ohne Zögern die Lehre von der Notwendigkeit in ihrem Handeln und in ihrer Vernunfttätigkeit überall anerkennen, sich doch so schwer entschließen, es in Worten zu tun, und eher eine Neigung, sich zur gegenteiligen Meinung zu be- kennen, in allen Zeiten geäußert haben. Mir scheint, die Sache läßt sich in folgender Weise erklären: Wenn wir die Wirksamkeit der Körper untersuchen, und die Erzeugung der Wirkungen durch ihre Ursachen, so werden wir finden, daß all unsere Fähigkeiten uns nie weiter in der Kenntnis dieser Beziehung bringen können als bloß bis zu der Beobachtung, daß bestimmte Gegenstände dauernd zusammenhängen, und daß der Geist durch gewohnheitsmäßigen Übergang vom Erscheinen des einen zum Glauben an den anderen geführt wird. Aber obwohl dieser Schluß auf die menschliche Unwissenheit das Ergebnis genauester Prüfung in dieser Sache ist, so hegen doch die Menschen immer eine starke Hinneigung zu dem Glauben, daß sie tiefer in die Kräfte der Natur dringen und so etwas wie eine notwendige Ver- knüpfung zwischen der Ursache und Wirkung auf- fassen. Richten sie hinwieder ihre Überlegung auf die Tätigkeit des eigenen Geistes und empfinden sie da keine solche Verknüpfung des Beweggrundes mit der Handlung, so werden sie hieraus leicht annehmen, daß zwischen den Wirkungen, die aus materieller Kraft, und denen, die aus Denken und Verstand ent- springen, ein Unterschied bestehe. Sind wir aber ein- mal überzeugt, daß wir von jeder Art Ursächlich- keit lediglich den beständigen Zusammenhang zwischen Gegenständen erkennen, und die sich im Geist anschließende Herleitung des einen aus dem andern, und entdecken wir, daß diese beiden Um- stände anerkanntermaßen in den Willenshandlungen sich vorfinden, dann wird es uns leichter fallen, die gleiche Notwendigkeit für alle Ursachen zuzugeben.

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Achter Abschnitt

Und wenn auch dieser Gedankengang, insofern er den Willensentschlüssen Notwendigkeit zuschreibt, den Systemen vieler Philosophen widerspricht, so werden wir bei einiger Überlegung finden, daß sie nur in Worten von uns abweichen, nicht in ihrer wirklichen Anschauung. Notwendigkeit in dem hier festgestellten Sinne ist noch niemals von einem Philosophen ge- leugnet worden, noch kann sie es wohl jemals werden. Nur das könnte sich allenfalls behaupten lassen, daß der Geist in den materiellen Vorgängen noch eine weitere Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung auf- faßt; und zwar eine Verknüpfung, die in den Willens- handlungen vernünftiger Wesen nicht stattfindet Ob dies nun der Fall ist oder nicht, kann nur die Unter- suchung aufklären; und es liegt jenen Philosophen ob, ihre Behauptung zu rechtfertigen, jene Not- wendigkeit zu definieren und zu beschreiben und sie uns in der Wirksamkeit materieller Ursachen auf- zuzeigen.

Es scheint wirklich, daß man das Problem der Freiheit und Notwendigkeit am verkehrten Ende an- faßt, wenn man mit der Untersuchung der Seelen- vermögen, des Einflusses des Verstandes und der Wirksamkeit des Willens beginnt Besser ist es, zu- nächst ein einfacheres Problem zu behandeln, nämlich die Wirksamkeit der Körper und der seelenlosen, unvernünftigen Materie; da versuche man, sich irgend eine andere Vorstellung von Verursachung und Not- wendigkeit zu bilden, als die eines beständigen Zu- sammenhangs von Gegenständen und einer sich an- schließenden Herleitung des einen aus dem anderen im Geiste. Erschöpfen diese Umstände wirklich den ganzen Inhalt der Notwendigkeit, die wir an der Materie er- fassen, und gibt jedermann zu, daß diese Umstände ebenso bei den geistigen Vorgängen stattfinden, so ist der Streit erledigt oder kann wenigstens dann als reiner Wortstreit gelten. So lange wir aber vor- eilig annehmen, daß wir noch eine darüber hinaus- gehende Vorstellung von Notwendigkeit und Verur- sachung besitzen, wo es sich um Vorgänge in der Außenwelt handelt; während wir zugleich nichts weiteres in den Willenshandlungen des Geistes ent-

Ober Freiheit und Notwendigkeit

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decken können; solange ist es unmöglich, die Frage zu einem endgültigen Ergebnis zu bnngen, da wir von einer ganz irrtümlichen Annahme ausgehen. Der einzige Weg, die Täuschung zu zerstreuen, führt höher hinauf; wir haben den engen Bereich der Wissen- schaft in ihrer Anwendung auf materielle Ursachen zu prüfen und uns zu überzeugen, daß unser ganzes Wissen davon die erwähnten beständigen Zusammen- hänge und Herleitungen betrifft Es mag sich heraus- stellen, daß es uns schwer fällt, dem menschlichen Verstände so enge Grenzen zu setzen; aber nachher werden wir keine Schwierigkeit mehr haben, wenn wir zur Anwendung dieser Lehre auf die Handlungen des Willens gelangen. Denn da diese offenbar einen regelmäßigen Zusammenhang mit Beweggründen, Una- ständen und Charakteranlagen zeigen, und da wir stets das eine aus dem anderen herleiten, so müssen wir notgedrungen mit Worten dieselbe Notwendigkeit zugestehen, die wir bereits im Leben bei jeder Er- wägung und in jedem Teil unseres Verhaltens und Benehmens nicht verleugnen.^)

*) Die Vorherrschaft der Lehre von der Freiheit ließe sich noch aus einer andern Ursache begreifen, nämlich ans einer falschen Wahrnehmung oder Scheinerfahrnng, die wir bei vielen unserer Handlungen über Freiheit oder Gleich- gültigkeit machen oder machen können. Die Notwendig- keit einer Handlung in der Körper- oder Geisteswelt ist streng genommen keine Eigenschaft in dem wirkenden Ele- ment, sondern in irgend einem denkenden oder vernünf- tigen Wesen, das etwa die Handlung betrachtet; und sie besteht hauptsächlich in der gedanklichen Nötigung dieses Wesens, den Eintritt jener Handlunsr aus vorhergehenden Tatsachen abzuleiten. So ist auch Freiheit als Gegensatz zu Notwendigkeit nur das Fehlen dieser Nötigung und eine gewisse Ungebundenheit oder Gleichgültigkeit, die wir bei dem Übergehen oder Nichtübergehen von der Vorstellung eines Dinges zu der irgend eines folgenden empfinden. Nun können wir beobachten, daß wir zwar im Zustand der Über- legung in den menschlichen Handlungen solche Ungebun- denheit oder Gleichgültigkeit selten empfinden, vielmehr sie gewöhnlich mit erheblicher Gewißheit aus ihren Beweg- gründen und aus der Veranlagung des Handelnden her- suleiten vermögen; daß wir £tgegen in h&nfigen Fällen

T

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II

Achter Abschnitt.

Führen wir unsere versöhnlichen Absichten weiter in der Frage nach Freiheit und Notwendigkeit, dieser umstrittensten Frage der umstrittensten Wissenschaft, der Metaphysik, so bedarf es nicht vieler Worte für den Beweis, daß alle Menschen jederzeit in der Lehre von der Freiheit ebenso wie in der von der Not- wendigkeit einer Meinung waren, und daß der ganze Streit auch in dieser Hinsicht bisher lediglich ein Wortstreit war. Denn was verstehen wir eigentlich unter Freiheit in ihrer Anwendung auf Willenshand- lungen? Sicherlich nicht, daß Handlungen eine so geringe Verknüpfung mit Beweggründen, Neigungen und Umständen haben, daß nicht jene mit einer ge- wissen Gleichförmigkeit aus diesen folgten, und daß nicht die einen eine Ableitung erlaubten, durch die wir das Dasein der anderen erschließen könnteiL

beim Vollzug der Handlangen selbst etwas derartiges ver- spüren. Wie nun alle einander ähnlichen Dinge leicht mit- einander verwechselt werden, so hat maa den erwähnten Sachverhalt als demonstrativen und selbst als intuitiven Be- weis der menschlichen Freiheit verwendet. Wir empfinden, daß in den meisten Fällen unsere Handlungen unserm Willen Untertan sind, und bilden uns ein, zu empfinden, daß der Wille selbst niemandem Untertan ist. Reizt uns näm- hch eine Verneinung dieser Freiheit zu einer Probe, so er- leben wir, daß der Wille mit Leichtigkeit sich überall hin- wendet, und ein Abbild seiner selbst (oder in der Schul- sprache eine Velleität) sogar auf der Seite entstehen läßt, auf der er schließlich nicht verbleibt. Dieses Abbild oder diese schwache Regung hätte nun, wie wir uns weismachen möchten, in diesem Zeitpunkt zum eigentlichen Willen sich vollenden können; weil wir, wenn dies verneint wird, bei einer zweiten Probe finden, daß es jetzt gelingt. Wir be- achten nicht, daß hier der eitle Wunsch, unsere Freiheit zu bezeigen, der Beweggrund unserer Handlungen ist. Und soviel scheint gewiß: wie sehr wir uns eine innere Freiheits- empfindung einbilden, ein Zuschauer kann gewöhnlich unsere Handlungen aus unsern Beweggründen und Charakterzügen ableiten; und selbst wo er das nicht kann, schließt er im allgemeinen, er würde es können, wäre er vollständig ver- traut mit jedem Umstand unserer Lage und Gemütsart und mit den geheimsten Quellen unserer Seelenverfassung. Und hierin besteht gerade das eigentliche Wesen der Notwendig- keit nach der obigen Lehre.

Über Freiheit und Notwendigkeit.

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Denn dies sind offenbare und anerkannte Tatsachen. Also können wir unter Freiheit nur verstehen: eine Macht zu handeln oder nicht zu handeln, je nach den Entschließungen des Willens; das heißt, wenn wir in Ruhe zu verharren vorziehen, so können wir es; wenn wir vorziehen, uns zu bewegen, so können wir dies aucL Diese bedingte Freiheit wird nun aber einem jeden allgemein zugestanden, der nicht ein Gefangener in Ketten ist Hierin liegt also kein Problem.

Welche Definition des Wortes Freiheit wir aber geben mögen, wir haben sorgfältig auf zwei Erforder- nisse zu achten. Erstens, daß sie mit offenbaren Tatsachen zusammenstimme; zweitens, daß sie in sich selbst übereinstimme. Beobachten wir diese Um- stände und machen wir unsere Definition verständ- lich, so bin ich überzeugt, daß alle Welt auf diesem Punkt einer Meinung ist.

Es wird allgemein zugestanden, daß nichts da ist ohne eine Ursache seines Daseins, und daß Zufall streng genommen nur ein Wort der Verneinung ist und keine wirkliche Kraft bezeichnet, die irgendwo in der Natur vorkäme. Aber es wird behauptet, daß gewisse Ursachen notwendig seien, gewisse nicht. Da zeigt sich nun der Nutzen der Definition. Gesetzt, es gelänge, eine Ursache zu definieren, ohne als einen Teil def Definition eine notwendige Ver- knüpfung mit ihrer Wirkung einzubegreifen, und es gelänge auch, deutlich den Ursprung der in der Definition ausgedrückten Vorstellung aufzuzeigen, so werde ich mich sofort für besiegt erklären. Findet aber unsere obige Erklärung des Sachverhalts Bei- fall, so muß dies gänzlich unausführbar sein. Zeigten die Dinge nicht einen regelmäßigen Zusammen- hang untereinander, so hätten wir niemals einen Begriff von Ursache und Wirkung gebildet; und dieser regel- mäßige Zusammenhang ruft jene Ableitung durch den Verstand hervor, welche die einzige Verknüpfung ist, die wir zu begreifen vermögen. Wer eine De- finition der Ursache ohne Berücksichtigung dieser Umstände versucht, sieht sich gezwungen, entweder unverständliche Ausdrücke zu gebrauchen oder solche,

Harne, ünt«rraohg. Ob. d. menschl. Veratand. 3

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Achter Absohnitt

Über Freiheit and Notwendigkeit.

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die gleichbedeutend mit dem Ausdruck sind, den er zu erklären trachtet. ^) Wird aber die oben erwähnte Definition zugestanden, so fällt Freiheit als Gegen- satz zur Notwendigkeit imd nicht zum Zwange mit Zufall zusammen; und diesem spricht man allgemein das Dasein ab.

Zweiter Teil.

Es gibt keinerlei Gedankengang, der in philo- sophischen Streitfragen so häufig und dabei so zu verwerfen wäre, wie der Versuch, eine Annahme dadurch zu widerlegen, daß man ihre gefährlidien Folgen für Religion und Sittlichkeit vorschützt Führt eine Ansicht zu Widersinnigkeiten, so ist sie gewiß falsch; aber es ist nicht gewiß, daß eine Ansicht falsch ist, weil sie gefährliche Folgen hat. Solche Gesichtspunkte sollte man daher ganz vermeiden; sie dienen in nichts zur Entdeckung der Wahrheit, sondern machen nur die Person des Gegners verhaßt. Dies führe ich nur im allgemeinen an, ohne ©s zu meinen Gunsten verwenden zu wollen. Ich unterwerfe mich unbedenklich einer solchen Prüfung und wage zu be- haupten, daß die oben dargelegte Lehre über Freiheit und Notwendigkeit sich nicht nur mit der Sittlichkeit 2) verträgt, sondern eine unerläßliche Stütze derselben ist

Notwendigkeit läßt sich auf zwei Arten erklären, entsprechend den zwei Definitionen der Ursache, von der sie einen wesentlichen Bestandteil bildet Sie besteht entweder in dem ständigen Zusammen-

1) Wird z. B. die Ursache definiert als: das, was irgend etwas hervorbringt; so ist, wie leicht begreif- lich, dies Hervorbringen gleichbedeutend mit Ver- ursachen. Ebenso, wenn die Ursache definiert wird als: das, wodurch irgend etwas existiert; so läßt sich derselbe Einwand erheben. Denn was bedeutet das Wort wodurch? Hätte man dagegen gesagt: Ursache ist das, wonach irgend etwas beständig existiert, so hätten wir diese Ausdrücke verstanden. Denn das ist in der Tat alles, was wir von der Sache wissen. Diese Beständigkeit bildet das wahre Wesen der Notwendigkeit, und eine andere Vorstellung haben wir nicht davon.

•) Sittlichkeit und Religion: Ausgaben £ bis Q,

hang gleicher Gegenstände oder in der Ableitung eines Gegenstandes aus dem anderen durch den Ver- stand. Nun hat man die Notwendigjkeit in diesen beiden Bedeutungen (die in der Tat im Grunde nur ein und dasselbe sind) allgemein, wenn auch unaus- gesprochen, auf den Schulen, der Kanzel und im täg- lichen Leben dem menschlichen Willen zugestanden. Niemand ist es je eingefallen zu leugnen, daß wir Ableitungen in bezug auf menschliche Handlungen vollziehen können, und daß diese Ableitungen auf der erfahrenen Verbindung von gleichen Handlungen mit gleichen Beweggründen, Neigungen und Um- ständen beruhen. Nur auf einem Punkte wäre eine Meinungsverschiedenheit möglich; entweder könnte uns der Name Notwendigkeit für diese Eigenschaft mensch- licher Handlungen bestritten werden, doch so- lange der Sinn verständlich ist, wird man sich hof- fentlich an dem Wort nicht stoßen oder die Mög- lichkeit soll nicht aufgegeben werden, in der WItk- samkeit der Materie noch etwas darüber hinaus zu entdecken. Aber dies kann doch sicherlich von keiner Tragweite für Sittlichkeit und Eeligion sein, was es auch für eine Bedeutung für die Naturphilosophie und Metaphysik haben möge. Wir könnten uns hier in der Behauptung irren, daß es keine Vorstellung gibt von einer andersartigen Notwendigkeit oder Ver- knüpfung in den Betätigungen der Körper. Aber sicher- lich schreiben wir den geistigen Betätigungen nichts zu, als was jedermann bereitwillig anerkennt und anerkennen muß. Wir ändern keinen Punkt an dem eingebürgerten orthodoxen System in bezug auf den Willen, nur in bezug auf materielle Gegenstände und Ursachen. So kann jedenfalls nichts harmloser sein als diese Lehre.

Da alle Gesetze auf Lohn und Strafe beruhen, so gilt es als grundlegendes Prinzip, daß diese Be- weggründe einen regelmäßigen und gleichförmigen Einfluß auf den Geist üben und sowohl die guten Handlungen hervorrufen wie die schlechten ver- hindern. Wir mögen diesen Einfluß beliebig be- nennen; aber da er gewohnheitsmäßig mit der Hand- lung zusammenhängt, 30 müssen wir ihn als eine Ur-

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Achter Abschnitt

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Sache ansehen und als einen Fall jener Notwendigkeit erachten, wie ich sie hier aufgestellt haben möchte. Nur eine Persönlichkeit oder ein mit Denken und Bewußtsein begabtes Wesen eignet sich zum Gegen- stand von Haß oder Rache; und wo verbrecherische oder schädliche Handlungen jene Affekte erregen, da geschieht es immer nur durch ihre Beziehung oder Verknüpfung mit der Persönlichkeit. Handlungen sind ihrer eigensten Natur nach zeitlich und vergänglich; wo sie nicht einer Ursache im Charakter und der Anlage der Persönlichkeit entspringen, die sie ausübt, da können weder die guten ihr zur Ehre noch die schlechten ihr zur Schande gereichen. Die Hand- lungen an sich mögen tadelnswert sein, sie mögen allen Regeln der Moral und Religion zuwiderlaufen, aber die Persönlichkeit ist nicht für sie verantwort- lich; und da sie aus nichts Dauerndem und Bestän- digem in ihr hervorgehen und nichts von dieser Art zurücklassen, so kann sie unmöglich derentwegen zum Gegenstand der Strafe oder Rache werden. Nach dem Prinzip also, das Notwendigkeit und folglich Ursäch- lichkeit leugnet, ist ein Mensch ebenso rein und un- befleckt nach Begehung des abscheulichsten Ver- brechens, wie im ersten Augenblick seiner Geburt. Sein Charakter ist auch in keiner Weise an seinen Handlungen beteiligt, denn diese leiten sich nicht von ihm her, und die Lasterhaftigkeit der einen kann nicht für die Verderbtheit des anderen als Beweis angeführt werden.

Man tadelt niemand wegen solcher Handlun- gen, die er unwissend und zufällig begeht, was auch ihre Folgen sein mögen. Weshalb nicht? Doch wohl deswegen, weil die Prinzipien solcher Handlungen nur Augenblicksdauer haben und in ihnen ihr Ende finden. Man tadelt die Menschen weniger für hitzige, ohne Vorsatz ausgeführte Handlungen, als für wohlüber- legte. Aus welchem Grunde? Doch wohl deswegen, weil ein hitziges Cremüt zwar eine dauernde Ursache oder ein dauerndes Prinzip im Geiste ist, aber nur zeitweise sich äußert und nicht den ganzen Cha- rakter ansteckt. So auch löscht Reue jedes Ver- brechen aus, wenn eine Besserung des Lebenswandels

ihr zur Seite geht. Wie will man hiervon Rechen- schaft geben? Doch wohl durch den Hinweis, daß Handlungen jemanden nur insoweit ^um Verbrecher stempeln, als sie Beweise verbrecherischer Prinzipien im Geiste sind; und wenn sie infolge einer Änderung dieser Prinzipien ihr Beweisgewicht verlieren, so verlieren sie zugleich ihre verbrecherische Natur. Aber außer auf dem Boden der Notwendigkeitslehre waren sie niemals gültige Beweise und folglich niemals verbrecherisch.

Der Beweis wird ebenso leicht und mit denselben Begründungen zu führen sein, daß Freiheit im Sinne der oben gegebenen Definition, in der alle Menschen einig sind, der Sittlichkeit gleichfalls wesent- lich ist, und daß keine menschliche Handlung, bei der sie fehlt, irgend moralische Eigenschaften zeigen oder der Gegenstand von Billigung oder Miß- billigung sein kann. Da Handlungen nämlich nur in- soweit Gegenstände "unseres moralischen Gefühls sind, als sie a5 den inneren Charakter, die Affekte und Neigungen hinweisen, so können sie unmöglich zu Lob noch zu Tadel Veranlassung geben, wo sie nicht aus diesen Triebkräften erwachsen, sondern einzig äußerer Gewalt entspringen.

Ich maße mir nicht an, alle Einwände gegen diese Theorie, soweit sie Notwendigkeit und Freiheit be- trifft, aus dem Wege geräumt und beseitigt zu haben. Ich halte andere Einwände für möglich, aus Ge- bieten, die hier nicht behandelt worden sind. So könnte etwa gesagt werden: wenn Willenshandlungen denselben Gesetzen der Notwendigkeit unterliegen wie die materiellen Vorgänge, so besteht eine fortlaufende Kette notwendiger Ursachen, vorbestimmt und vor- bedacht, die von der ersten Ursache aller Dinge herabreicht bis auf jede einzelne Willensregung jedes menschlichen Geschöpfes. Kein Zufall irgendwo in der Welt, keine Unbestimmtheit, keine Freiheit. Während wir wirken, erleiden wir zugleich Wir- kungen. Der letzte Urheber all unserer Willens^ regungen ist der Schöpfer der Welt, der zuerst diesem ungeheuren Triebwerk Bewegung mitteilte und allen Wesen die besondere Stelle anwies, aus der jedes

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Achter AbacliDitt

folgende Ereignis mit unabwendbarer Notwendigkeit sich ergeben maß. Monscliliche Handlungen können deshalb entweder überhaupt nicht sittlich verwerflich sein, als Ausflüsse einer so guten Ursache; oder sind sie irgendwie verwerflich, so müssen sie unseren Schöpfer in die gleiche Schuld verstricken, da er als ihre letzte Ursache und Quelle anerkannt wird. Denn wie ein Mensch, der eine Mine entzündet, für die Folgen verantwortlich ist, mag die verwendete Zünd- schnur nun lang oder kurz sein, so ist überall bei einer fortlaufenden Reihe notwendiger Ursachen das- jenige endliche oder unendliche Wesen, das die erste hervorbringt, gleicherweise Urheber aller übrigen und muß den Tadel tragen und das Lob ernten, das ihnen zufällt Unsere deutlichen und unveränderlichen Vor- stellungen von Sittlichkeit fordern an der Hand frag- loser Gründe diese Regel, wenn wir die Folgen einer menschlichen Handlung prüfen; ein viel größeres Gewicht müssen diese Gründe also dort haben, wo wir sie auf die Willensregungen und Absichten eines unendlich weisen und mächtigen Wesens an- wenden. Unwissenheit und Ohnmacht mögen ein so be- schränktes Geschöpf wie den Menschen entschuldigen; aber diese Mängel bestehen nicht bei unserem Schöpfer. Er übersah, er bestimmte, er beabsichtigte all jene Handlungen der Menschen, welche wir so vorschnell für verbrecherisch erklären. Daraus müssen wir also schließen, daß sie entweder nicht verbrecherisch sind, oder daß die Gottheit, nicht der Mensch, dafür verantwortlich ist. Aber weil jeder dieser Sätze widersinnig und gottlos ist, so folgt, daß die Lehre, aus der sie abgeflossen sind, unmöglich wahr sein kann, da sie ganz denselben Einwänden unterliegt. Eine widersinnige und doch unvermeid- liche Folgerung beweist den Widersinn der Lehre, aus der sie ihren Ursprung nimmt, genau so wie ver» brecherische Handlungen die oberste Ursache mit- schuldig machen, wenn die Verknüpfung zwischen beiden notwendig und unvermeidlich ist.

Dieser Einwurf besteht aus zwei Teilen, die wir getrennt prüfen wollen. Der erste besagt, daß menschliche Handlungen, wenn sie durch eine not-

über Freiheit and Notwtndigktit.

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wendige Kette bis auf die Gottheit zurückzuführen sind, niemals verbrecherisch sein können, und zwar wegen der unendlichen Vollkommenheit jenes Wesens aus dem sie herfließen und das nur durchaus Gutes und Preiswürdiges wollen kann. Dem zweiten zu- folge müssen wir, sind die Handlungen verbreche- risch, die der Gottheit zugeschriebene Eigenschaft der Vollkommenheit zurückziehen und sie als letzten Ur- heber der Schuld und sittlichen Verworfenheit all ihrer Geschöpfe anerkennen.

Die Antwort auf den ersten Einwurf scheint augenfällig und überzeugend. Viele Philosophen schließen nach genauer Erforschung aller Naturer- scheinungen, daß das Ganze, als einheitliches System betrachtet, in jedem Zeitpunkt seines Daseins einer höchsten Güte seine Ordnung verdankt, und daß das höchstmögliche Glück am Ende allen Geschöpfen zuteil werden wird, ohne irgendwelchen Zusatz eines positiven und absoluten Übels oder Elends. Jedes physische Übel, sagen sie, macht einen wesentlichen Teil dieses Systems der Güte aus, und könnte selbst durch die Gottheit, als weise Kraft gefaßt, nicht beseitigt werden, ohne größerem Übel Eingang zu verschaffen, oder größeres Gut als sein Erzeugnis auszuschließen. Aus dieser Anschauung gewannen einige Philosophen, unter anderen die alten Stoiker, einen Gesichtspunkt des Trostes in aller Trübsal, indem sie ihren Schülern lehrten, daß diese Übel, unter denen sie litten, in Wahrheit Güter für das Weltall wären, daß also einem weitschauenden Blick, der das ganze System der Natur begriffe, jedes Ereignis ein Gegenstand der Freude und der Erhebung werde. Aber so schön und hochsinnig diese Trostgründe auch sind, so zeigten sie sich in der Anwendung schwach und wirkungslos. Es würde sicherlich einen Menschen, der mit quälenden Gichtschmerzen daniederliegt, eher reizen als be- ruhigen, wenn ihm die Angemessenheit jener allge- meinen Gesetze gepredigt würde, welche die bösartigen Säfte in seinem Körper erzeugten und durch die ge- eigneten Kanäle zu den Sehnen und Nerven leiteten, wo sie jetzt solche heftigen Qualen erregen. Solche weiten Gesichtspunkte mögen vorübergehend die Ein-

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▲ohtor Abschnitt.

Über Freiheit und Notwendigkeit.

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bildnng eines spekulativen Kopfes ergötzen, der sich in sicherem Behagen befindet Aber sie können bereits dann nicht beständig in seinem Geiste weilen, wenn ihn die Erregungen des Schmerzes und der Affekte nicht beunruhigen; und noch viel weniger können sie das Feld behaupten unter dem Angri& so mäch- tiger Gegner. Die Neigungen treiben zu einer engeren und ungezwungeneren Betrachtung ihrer Gegenstände und stellen sich entsprechend der Schwäche des menschlichen Geistes nur auf solche Wesen ein, die uns umgeben; sie werden durch die Ereignisso ausgelöst, die in dem System, dem der Einzelne an- gehört, gut oder übel erscheinen.

Die Sache steht ebenso mit dem moralischen wie mit dem physischen Übel. Man kann vernünf- tigerweise nicht annehmen, daß solche fernliegenden Erwägungen, die von so geringer Wirkungskraft für das eine befunden werden, auf das andere einen machtigeren Einfluß üben werden. Von Natur ist der menschliche Geist so geartet, daß er beim Auftreten bestimmter Charaktere, Anlagen und Handlungen unmittelbar das Gefühl der Billigung oder des Tadels empfindet; und keine Gemütsbewegung ist enger mit dem Wesen seiner Struktur und Anlage ver- bunden. Die Charaktere, die unsere Billigung bean- spruchen, sind hauptsächlich solche, die zum Frieden und zur Sicherheit der menschlichen Gesellschaft bei- tragen; wie die Charaktere, welche Tadel wachrufen, in der Hauptsache das öffentliche Wesen schädigen und be- unruhigen. Darauf läßt sich vernünftigerweise anneh- men, daß die moralischen Gefühle mittelbar oder un- mittelbar einer Überlegung dieser entgegengesetzten Interessen entspringen. Was vermögen da philoso- phische Betrachtungen, die eine andere Ansicht oder Vermutung aufstellen: nämlich, daß alles recht ist in bezug auf das Ganze, und daß die Eigenschaften, welche der Gesellschaft schaden, im wesentlichen ebenso wohl- tätig seien und der ursprünglichen Absicht der Natur sich ebenso fügen wie diejenigen, welche unmittelbar das Glück und die Wohlfahrt der Gesellschaft fördern? Sind solche entlegenen und ungewissen Spekulationen wirklich imstande, den Gefühlen, die aus der natür-

lichen und unmittelbaren Betrachtung der Gegenstände entspringen, die Wage zu halten? Mindert sich bei einem Menschen, dem eine beträchtliche Summe ge- raubt worden ist, der Ärger über den Verlust irgend- wie durch solche erhabenen Überlegungen? Warum sollte seine moralische Entrüstung über das Ver- brechen als mit ihnen unvereinbar gelten? Oder warum sollte sich nicht die Anerkenntnis eines wirklichen Unterschieds zwischen Laster und Tugend mit allen spekulativen Systemen der Philosophie ebensogut ver- tragen, wie die eines wirklichen Unterschieds zwischen persönlicher Schönheit und Mißgestalt? Beide Unter- schiede haben ihren Grund in den natürlichen Ge- fühlen des Menschengeistes, und diese Gefühle lassen sich nicht durch irgend eine philosophische Theorie oder Spekulation, welcher Art auch immer, meistern oder verändern.

Der zweite Einwand gestattet keine so leichte und befriedigende Antwort; es ist nicht möglich, genau zu erklären, wie die Gottheit die mittelbare Ursache aller menschlichen Handlungen sein kann, ohne der Urheber von Sünde und sittlicher Verworfenheit zu werden. Das sind Geheimnisse, für deren Behand- lung die rein natürliche und auf sich selbst gestellte Vernunft ganz ungeeignet ist; welches System sie auch ergreift, sie muß bei jedem Schritt auf diesen Gebieten 'sich in unlösbare Schwierigkeiten, ja Wider- sprüche verwickelt finden. Die Wahlfreiheit und Zu- fälligkeit der menschlichen Handlungen mit der gött- lichen Voraussicht zu versöhnen, unbedingte Rat- schlüsse zu verteidigen und doch die Gottheit von der Urheberschaft der Sünde zu befreien das hat bisher noch die Leistungsfähigkeit jeder Philosophie überschritten. Wohl ihr, wenn sie hieran ihre Ver- wegenheit einsieht, in diesen erhabenen Geheimnissen zu grübeln; wenn sie ein so dunkles und verworrenes Gebiet verläßt und in angemessener Bescheidenheit in ihr wahres und eigenes Reich zurückkehrt, nämlich zur Erforschung des praktischen Lebens. Dort wird sie Schwierigkeiten genug für ihre Untersuchungen an- treffen, ohne sich in ein so grenzenloses! Meer von Zwei- feln, Ungewißheiten und Widersprüchen zu stürzen.

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Neunter Abschnitt.

Über die Vernunft der Tiere.

All unsere Denkakte, die sich aul Tatsachen be- ziehen, stützen sich auf eine Art von Analogie, die uns veranlaßt, von einer Ursache dieselben Ereig- nisse zu erwarten, deren Eintreffen wir als Ergebnis gleichartiger Ursachen beobachtet haben. Wo die Ursachen vollkommen gleichartig sind, da ist die Analogie vollkommen, und die Ableitung, die man daraus gewinnt, wird als gewiß und schlüssig an- gesehen. So zweifelt niemand beim Anblick eines Stückes Eisen, daß es Gewicht und Kohäsion zeigen wird, wie in allen übrigen Fällen, die jemals ihm zu Gesicht kamen. Wo aber die Gegenstände nicht ganz so gleichartig sind, da ist die Analogie auch weni- ger vollkommen und die Ableitung minder schlüssig; doch haben sie immerhin einige Bedeutung im Verhält- nis zu den Graden der Gleichartigkeit und Ähnlichkeit Anatomische Beobachtungen, die an einem Tier ge- macht worden sind, werden durch diese Art des Ge- dankengangs auf alle Tiere ausgedehnt, und es ist ge- wiß, daß wenn z. B. der Blutl^eislauf an einem Ge- schöpf, etwa einem Frosch oder Fisch, deutlich nach- gewiesen ist, dies sehr stark die Vermutung nahelegt, daß das nämliche Prinzip für alle zutrifft. Diese Beob- achtungsanalogien lassen sich weiter führen, selbst bis zu jener Wissenschaft, die wir hier treiben; eine jede Theorie, mit der wir die Verstandestätigkeit oder den Ursprung und die Verknüpfung der menschlichen Affekte erklären, wird um so mehr Ansehen er- langen, wenn sich zeigt, daß nur die nämliche Theorie die gleichen Erscheinungen bei allen anderen Lebe-

über die Vernunft der Tiere.

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wesen erklärt Wir wollen eine solche Probe mit der Hypothese machen, durch die in den vorhergehenden Auseinandersetzungen wir uns bemühten, über alle Denkakte aui Grund von Erfahrung Rechenschaft zu geben, und es steht zu hoffen, daß dieser neue Gre- sichtspunkt zur Bestätigung all unserer früheren Be- obachtungen dienen wird.

Erstens scheinen offenbar die Tiere so gut wie die Menschen mancherlei durch die Erfahrung zu lernen und abzuleiten, daß die gleichen Ereignisse imnier aus den gleichen Ursachen erfolgen. Durch dies Prinzip machen sie sich mit den augenfälligeren Eigenschaften äußerer Gegenstände bekannt und sammeln stufenweise von ihrer Geburt an einen Schatz von Kenntnissen über die Natur des Feuers, des Wassers, der Erde, der Steine, der Höhen, Tiefen u. 8. w. und der Wirkungen, die aus deren Ver- halten sich ergeben. Die Unwissenheit und Uner- fahrenheit der Jungen sind deutlich von der Vor- sicht und Klugheit der Alten zu unterscheiden, die durch lange Beobachtung gelernt haben, das Schädliche zu meiden und das Nützliche und Angenehme auf- zusuchen. Ein an den Rennplatz gewöhntes Pferd lernt genau die bestimmte Höhe kennen, die es im Sprung nehmen kann, und wird nie etwas versuchen, was seine Kraft und Gewandheit übersteigt Ein alter Windhund wird den ermüdendsten Teil der Hetze den jüngeren überlassen und sich selbst so einrichten, daß er den Hasen da, wo er Haken schlägt, ab- fängt Seine Vermutungen bei diesem Anlaß beruhen lediglich auf Beobachtung und Erfahrung.

Dies erhellt noch deutlicher aus den Wirkungen der Dressur und Erziehung auf Tiere. Deren Ver- halten kann durch geeignete Anwendung von Be- lohnungen und Strafen jede Richtung gegeben werden, selbst eine ihren Naturinstinkten und Neigungen ganz widerstreitende. Ist es nicht die Erfahrung, welche einen Hund Schmerz fürchten läßt, wenn man ihm droht oder die Peitsche zum Schlag erhebt? Ist es nicht gleichfalls Erfahrung, die ihn auf seinen Namen horchen lehrt und aus solchem willkürlichen Laut ableiten läßt, daß man gerade ihn und nicht einen

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NevoUr Abschnitt

Über die Vernunft der Tiere.

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seiner Genossen meint, und ihn zu rufen beabsichtigt, wenn man diesen Laut in bestimmter Weise und mit bestimmtem Tonfall und Akzent ausspricht?

In all diesen fallen läßt sich beobachten, daß das Tier eine Tatsache herleitet über das hinaus, was unmittelbar seine Sinne trifft, und daß diese Herleitung gänzlich auf vergangener Erfahrung beruht, indem das Geschöpf von dem ihm gerade gegenwärtigen Ding die gleichen Folgen erwartet, die es bei seinen Beob- achtungen aus gleichartigen Gegenständen stets hat hervorgehen sehen.

Zweitens ist es unmöglich, daß diese Ableitung seitens des Tieres auf einem Verfahren der Begrün- dung oder der Vernunfttätigkeit beruht, durch die es schlösse, daß gleiche Ereignisse aus gleichen Gegen- ständen folgen müssen, und daß der Naturlaui in seinen Vorgängen immer regelmäßig sein wird. Wenn nämlich wirklich Begründungen dieser Art möglich wären, so lägen sie sicherlich zu versteckt für die Be- obachtung so unvollkommener Intellekte; erfordert es doch wohl die äußerste Sorgfalt und Aufmerksamkeit eines philosophischen Geistes, sie zu entdecken und zu beobachten. Tiere lassen sich also bei diesen Ableitungen nicht durch einen Denkakt fuhren, ebenso- wenig Kinder, noch auch die Mehrzahl der Menschen bei ihren gewöhnlichen Handlungen und Schlüssen; ja selbst die Philosophen nicht, die in allen Lebens- betätigungen in der Hauptsache vom Durchschnitte nicht unterschieden und denselben Grundsätzen unter- worfen sind. Die Natur muß wohl für ein anderes Prinzip gesorgt haben, das handlicher ist und in weiterem Umfang nützliche Anwendung gestattet; auch kann eine Tätigkeit von so ungeheurer Tragweite für das Leben, wie die Ableitung von Wirkungen aus Ursachen, dem ungewissen Verfahren von Denkakten und Begründungen nicht anvertraut werden. Sollte dies bei dem Menschen noch zweifelhaft sein, so scheint es doch bei den unvernünftigen Geschöpfen außer Frage zu stehen. Ist dieses Schlußergebnis aber einmal für den letzteren Fall gesichert, so hat man nach allen Regeln der Analogie ein starkes Recht zu der Annahme, daß es allgemein anerkannt

werden müßte, ohne Ausnahme und Vorbehalt. Nur die Gewohnheit ist es, welche die Tiere anleitet, bei jedem Gegenstande, der ihre Sinne trifft, durch Ab- leitung dessen ständigen Begleiter zu erwarten; nur sie führt ihre Einbildungskraft darauf, bei der Er- scheinung des einen den anderen vorzustellen, in jener besonderen Art, die wir als Glauben bezeichnen. F& diesen Vorgang läßt sich keine andere Erklärung geben, weder bei den höheren noch bei den niederen Gattungen fühlender Wesen, soweit wir sie kennen und beobachten.!)

^) Da alle Denkakte, die sich mit Tatsachen oder Ursachen beschäftigen, lediglich aus der Gewohnheit stam- men, so mag gefragt werden, wie es kommt, daß die Menschen die Tiere hierin so weit übertreffen, und ein Mensch so weit den andern übertrifft. Hat nicht dieselbe Gewohnheit denselben Einfluß auf alle?

Ich will hier kurz den großen Unterschied zwischen menschlichen Intellekten zu erklären suchen, darnach wird der Grund des Unterschieds zwischen Mensch und Tier sich leicht einsehen lassen.

1. Wenn wir einige Zeit gelebt und an die Gleich- förmigkeit der Natur uns gewöhnt haben, so erwerben wir eine allgemeine Übung, durch die wir stete das Bekannte auf das Unbekannte übertragen und die Ähnlichkeit des letzteren mit dem früheren uns vorstellen. Vermöge dieses allgemeinen Gewohnheitsprinzips betrachten wir schon eine Erfahrungstatsache als Grundlage für Denkakte, und erwarten mit einigem Grad von Gewißheit ein gleichartiges Ereignis, falls die Erfahrungstatsache genau beobachtet und frei von allen störenden Umständen war. Die Beobachtung der Folgen der Dinge gilt daher als Sache von großer Wichtigkeit; und da ein Mensch den andern in Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Beobachtungsgabe sehr weit übertreffen kann, so wird dies einen großen Unterschied in ihren Denkakten ausmachen.

2. Wo verwickelte Ursachen zur Hervorbringung einer Wirkung zusammentreffen, kann ein Geist viel weiter sehen als ein anderer und besser befähigt sein, den ganzen Zu- sammenhang der Gegenstände zu begreifen und ihre Folgen richtig abzuleiten.

8. Der eine ist imstande, einer Kette von Folgerungen weiter nachzugehen, als der andere.

4. Wenige Menschen können lange hintereinander denken, ohne in eine Verwirrung ihrer Vorstellungen zu

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Neunter Abeohnitt.

Obgleich indes die Tiere einen großen Teil ihres Wissens durch Beobachtung lernen, so besteht doch ein anderer großer Teil, den sie ursprünglich aus der Hand der Natur empfangen, der bei weitem ihre gewöhnliche Leistungsfähigkeit übersteigt, und in dem sie wenig oder keine Fortschritte bei noch so langer Übung und Erfahrung machen. Dies bezeichnen wir als Instinkt und bewundern es so gerne als etwas ganz außerordentliches, was durch keine Untersuchung des menschlichen Verstandes erklärt werden kann. Indes wird unser Erstaunen vielleicht aufhören oder nachlassen, wenn wir erwägen, daß selbst unsere Vernunfttätigljeit auf Grund von Erfahrung, die wir mit den Tieren gemein haben und von der die ganze Lebensführung abhängt, nichts- als eine Art von In- stinkt oder mechanischer Kraft ist, die, uns selbst un- bekannt, in uns wirkt; daß sie in ihrer hauptsächlichen Wirksamkeit nicht von solchen Beziehungen oder Ver-

geraten und die eine mit der anderen zu verwechseln; und diese Schwäche kommt in verschiedenen Graden vor.

6. Der Umstand, von dem eine Wirkung abhängt, ist häufig mit anderen Umständen verwoben, die ihm fremd und äußerlich sind. Seine Abtrennung erfordert oft große Aufmerksamkeit, Genauigkeit und Scharfsinn.

6. Die Bildung allgemeiner Regeln aus besonderer Beobachtung ist eine sehr heikle Tätigkeit und es ist sehr hiäufig, daß man aus Hast oder geistiger Beschränktheit, die nicht alle Seiten übersieht, auf diesem Punkte Mißgriffe begeht.

7. Wo wir aus Analogien folgern, da wird der, welcher größere Erfahrung oder leichter Analogien in Bereitschaft hat, der bessere Denker sein.

8. Eingenommenheit von Vorurteilen, Erziehung, Leiden- schaft, Parteilichkeit haften dem einen Geist mehr als dem anderen an.

9. Nachdem wir einmal Vertrauen in menschliches Zeugnis gewonnen haben, erweitern Bücher und Unter- redung bei dem einen den Kreis der Erfahrung und des Denkens viel mehr als beim anderen.

Mit Leichtigkeit ließen sich noch viele andere Um- stände entdecken, die einen Unterschied in den Litellekten der Menschen ausmachen. (Diese Anmerkung kam in Aus- gabe F hinzu.)

Über die Vernunft der Tiere.

127

gleichungen von Vorstellungen geleitet wird, die den eigentlichen Gegenstand unserer vernünftigen Fähig- keiten ausmachen. Die Instinkte mögen verschieden sein, aber es ist doch ein Instinkt, der den Menschen lehrt, Feuer zu meiden gerade so wie der, welcher den Vogel mit solcher Genauigkeit in der Brutpflege unterweist und in der ganzen Einrichtung und Ord- nung bei der Aufzucht der Jungen.

%

Zehnter Abschnitt.

Ober Wunder

Erster TeU«

Es findet sich in den Schriften Dr. Tillotsons eine Beweisführung gegen die leibhaftige Gegen- wart i), die 80 knapp, fein und schlagend ist, wie nur von einer Beweisführung gegen eine Lehre, die so wenig eine ernste Widerlegung verdient, erwartet werden kann. Allseitig wird anerkannt, sagt jener gelehrte Geistliche, daß die Autorität der Schrift wie der Überlieferung sich allein auf das Zeugnis der Apostel stützt, welche Augenzeugen von jenen Wun- dern unseres Erlösers waren, durch die er seine göttliche Sendung bewies. Die Evidenz, welche die Wahrheit der christlichen Religion für uns hat, ist also schwächer als die Evidenz bei der sinnlichen Wahrheit; denn selbst bei den ersten Stiftern unserer Religion war sie nicht stärker, und augenscheinlich muß sie beim Übergang auf ihre Schüler abnehmen. Niemand kann in ihr Zeugnis gleiches Vertrauen setzen wie in den unmittelbaren Gegenstand seiner Sinne. Eine schwächere Evidenz kann aber niemals eine stärkere zerstören. Wenn also die Lehre von der leibhaftigen Gegenwart noch so klar in der Schrift offenbart wäre, so würde es doch geradezu den Regeln folgerechter Vernunfttätigkeit zuwider- laufen, wenn man ihr zustimmen wollte. Sie wider- spricht den Sinnen, und doch eignet sowohl der Schrift wie der Überlieferung, auf welche sie »ch

*> Des Leibet Ohristi im Abendmahl.

(Anmerkg; d. Übers.)

Über Wunder.

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angeblich stützt, nicht so starke Evidenz wie den Sinnen gesetzt, daß man jene allein als äußere Evidenzerreger betrachtet und sie nicht durch die unmittelbare Wirksamkeit des Heiligen Geistes in jedermanns Brust lebendig sein läßt.

Nichts ist so willkommen wie eine entscheidende Begründung dieser Art, die endlich die große An- maßung der Frömmelei und des Aberglaubens zum Schweigen bringen und uns gegen ihre ungehörigen Ansprüche sicherstellen muß. Ich schmeichle mir, eine Begründung gleicher Natur aufgefunden zu haben, welche, wenn sie richtig ist, für Weise und Ge- lehrte eine dauernde ScliJanke gegen jede Art von abergläubischer Verblendung aufrichten und daher ihren Nutzen behalten wird, solange die Welt fort- besteht. Denn so lange werden meines Erachtens in der heiligen wie weltlichen i) Geschichte Berichte von Wundern und Naturwidrigkeiten sich vorfinden.

Obwohl die Erfahrung unser einziger Führer bei Denkakten über Tatsachen ist, so muß doch an- erkannt werden, daß dieser Führer sich nicht als ganz unfehlbar erweist, sondern in einigenFällen uns leicht zu Irrtümern verleitet. Wer in unserem Klima besseres Wetter in einer beliebigen Juniwoche als in einer im De- zember erwartet, folgert richtig und erfahrungsgemäß; und doch ist es gewiß möglich, daß ihn der Erfolg eines anderen belehrt Indessen ist zu beachten, daß er in diesem Falle zu einer Klage über die Erfahrung keine Ursache hat, denn sie klärt uns meist zuvor über diese Ungewißheit durch den Widerstreit in den Ereignissen auf, den uns eine fleißige Beobachtung lehren kann. Alle Wirkungen folgen nicht mit gleicher Gewißheit aus ihren angeblichen Ursachen. Einige Elreignisse haben sich in allen Ländern und zu allen Zeiten im Zusammenhang vorgefunden; bei anderen zeigte sich eine größere Veränderlichkeit und manch- mal eine Enttäuschung unserer Erwartungen; es be- stehen also in unseren Denkakten über Tatsachen alle erdenklichen Grade der Sicherheit, von der

^) „in der ganzen weltlichen Geschichte*' : Ausgaben E und F.

Hnra«, UKteriuohg. flk. d. menivhl. Verstaad. 9

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ZehntitT AbsohuiU.

Über Wunder.

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höchsten Gewißheit bis zu der niedersten Art von moralisch-gewisser Evidenz.

Ein besonnener Mann bemißt daher seinen Glauben nach der Evidenz. Bei solchen Schlüssen, die auf un- trügliche Erfahrung gestützt sind, erwartet er den Erfolg mit dem äußersten Grad der Sicherheit und betrachtet seine vergangene Erfahrung als einen vollen Beweis des künftigen Eintritts dieses Erfolges. In anderen Pillen geht er vorsichtiger zu Werke. Er wägt die entgegengesetzten Erfahrungstatsachen; er überlegt, welche Seite die größere Anzahl derselben für sich hat; dieser Seite neigt er sich mit Zweifel und Bedenken zu, und wenn er endlich sein Urteil fällt, so übersteigt die Evidenz nicht das, was wir im eigentlichen Sinne Wahrscheinlichkeit nennen. Alle Wahrscheinlichkeit setzt also einen Gegensatz der Erfahrungstatsachen und Beobachtungen voraus, wobei die eine Seite die andere überwiegt und einen Grad von Evidenz erzeugt, der dieser Überlegenheit entspricht. Hundert Fälle oder Erfahrungstatsachen auf der einen und fünfzig auf der anderen Seite er- geben eine zweifelnde Erwartung des Ausgangs; aber hundert gleichförmige Tatsachen gegen nur eine, die ihnen widerspricht, erzeugen füglich einen recht starken Grad von Sicherheit. Überall müssen wir die entgegengesetzten Erfahrungstatsachen, wo sie es wirklich sind, gegeneinander abwägen und die kleinere Anzahl von der größeren abziehen, um die genaue Stärke der überlegeneren Evidenz kennen zu lernen.

Wenden wir diese Prinzipien auf einen besonderen Fall an, so machen wir wohl die Beobachtung, daß es keine so allgemeine, so nützliche und selbst zu unserem Leben so notwendige Art der Vernunfttätigkeit gibt, wie die, welche von dem menschlichen Zeugnis und den Berichten von Augenzeugen und Zuschauern aus- geht Vielleicht leugnet jemand, daß diese Art der Ver- nunfttätigkeit sich auf die Beziehung von Ursache und Wirkung gründet Über Worte will ich nicht streiten. Eis genügt die Bemerkung, daß unsere Sicherheit irgend einer derartigen Begründung gegenüber aus keinem anderen Prinzip stammt, als aus unserer Beobachtung der Wahrhaftigkeit menschlichen Zeugnisses und der

gewöhnlichen Übereinstimmung der Tatsachen mit den Berichten der Zeugen. Da es eine allgemeine Regel ist, daß Gegenstände niemals eine auffindbare Ver- knüpfung miteinander haben und daß alle Ableitungen, die uns von dem einen zu dem anderen führen können, lediglich auf unsere Erfahrung ihres beständigen und regelmäßigen Zusammenhangs sich stützen, so dürfen wir doch offenbar keine Ausnahme von dieser Regel zugunsten des menschlichen Zeugnisses machen, dessen Verknüpfung mit irgend einem Ereignis an sich so wenig notwendig scheint wie sonst eine Ver- knüpfung. Wäre nicht das Gedächtnis bis zu gewissem Grade treu, neigten nicht die Menschen für ge- wöhnlich der WaSrheit und den Prinzipien der Red- lichkeit zu; wären sie nicht der Scham zugänglich, wenn sie bei einer Lüge ertappt werden; wäre dies alles nicht durch Erfahrung als wesentliche Eigen- schaft der menschlichen Natur bekannt, so würden wir niemals das geringste Vertrauen in menschliches Zeugnis setzen. Ein 6rsinniger oder ein als lügne- risch und niederträchtig bekannter Mensch besitzt keinerlei Glaubwürdigkeit für uns.

Da die von Zeugen und menschlichen Aussagen herstammende Evidenz auf vergangener Erfahrung beruht, so ändert sie sich mit der Erfahrung und gilt entweder als Beweis oder als Wahrschein- lichkeit, je nachdem der Zusammenhang zwischen einer bestimmten Art von Bericht und einer Art von Gegenständen sich als beständig oder veränderlich erwiesen hat Eine ganze Anzahl von Umständen muß bei allen Urteilen dieser Art in Betracht gezogen werden, und der letzte Maßstab, nach dem wir alle hierüber etwa entstehenden Streitigkeiten schlichten, stammt immer aus der Erfahrung und Beobachtung. Wo diese Erfahrungen auf keiner Seite ganz gleich- förmig sind, erwäctSt ein unvermeidlicher Widerstreit In unseren Urteilen, mit demselben Gegensatz vmd wechselseitiger Zerstörung der Begründungen wie bei jeder anderen Art von Evidenz. Unsere Meinung schwankt oft über die Berichte anderer; wir wägen die entgegengesetzten Umstände ab, die irgend Zweifel oder ifngewißheit erregen; entdecken wir ein Über-

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Zehnter Abscbniti

Über Wunder.

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gewicht auf einer Seite, so neigen wir dieser zu; aber- immerhin mit verminderter Sicherheit, wie es der Kraft der Gegenseite entspricht

Dieser Widerstreit in der Evidenz kann in unserem Fall aus verschiedenen Ursachen herstammen: aus dem Gegensatz widerstreitender Zeugnisse; aus dem Charakter oder der Zahl der Zeugen; aus der Art, wie sie ihr Zeugnis abgeben, oder aus der Verbindung all dieser Umstände. Eine Tatsache wird uns ver- dachtig, wenn die Zeugen einander widersprechen; wenn ihrer nur wenige oder ihre Charaktere zweifel- haft sind; wenn ihr Vorteil bei ihrer Aussage in Frage kommt; wenn sie ihr Zeugnis zögernd oder im Gegen- teil mit zu heftigen Beteuerungen abgeben. Es gibt noch viele andere Umstände gleicher Art, welche die Kraft einer jeden auf menschliches Zeugnis ge- stützten Begründung vermindern oder zerstören können.

Gesetzt den Fall, die Tatsache, welche das Zeug- nis feststellen will, gehöre ins Reich des Außerordent- lichen und Erstaunlichen; so erfährt die Evidenz, die sich aus dem Zeugnis ergibt, eine größere oder kleinere Verminderung, je nachdem die Tatsache mehr oder weniger ungewöhnlich ist Der Grund, aus dem wir Zeugen oder Geschichtschreibern überhaupt Vertrauen schenken, stammt nicht aus irgend einer Verknüpfung, die wir a priori zwischen Zeugnis und Wirklichkeit auffassen, sondern aus der Gewohn- heit, eine Einstimmigkeit zwischen ihnen anzutreffen. Ist aber die bezeugte Tatsache von der Art, daß sie sich selten unserer Beobachtung bot, so liegt hier ein Widerstreit zweier entgegengesetzter ErfalSungen vor; von diesen zerstört eine die andere, soweit wie ihre Kraft reicht, und die überlegene kann auf den Geist nur mit der Kraft wirken, die ihr übrig bleibt Genau das gleiche Erfahrungsprinzip, welches uns die Bekundungen von Zeugen in gewissem Grade sicherstellt, liefert uns auch in diesem Falle einen anderen Grad der Sicherheit, nun aber gegen die Tat- sache, die sie festzulegen sich bemühen; und aus diesem Widerspruch entsteht notwendig ein Gleich- gewicht und eine gegenseitige Zerstörung des Glaubens und des Ansehens.

Ich würde so etwas nicht glauben, und wenn es mir Cato erzählte, war in Rom sprich- wörtlich schon zu Lebzeiten dieses philosophischen Patrioten. 1) Man erkannte, daß die Unglaubhaftig- keit einer Tatsache selbst eine Bürgschaft von solchem Gewicht entkräften könnte.')

Der Gedankengang jenes indischen Prinzen, der den ersten Berichten über die Wirkungen des Frosts den Glauben verweigerte, war folgerichtig, und es be- durfte natürlich schwerwiegender Zeugnisse, um eine Anerkennung von Tatsachen zu erwirken, die aus Natur- bedingungen hervorgingen, welche ihm unbekannt waren und so wenig den Ereignissen glichen, von denen er bestandige und gleichförmige Erfahrung hatte. Wenn sie auch seinen Erfahrungen nicht widerstritten, so stimmten sie doch nicht mit ihnen überein. s) *)

») Platarch, in vita Catonis minoris 19.

*) Dieser Absatz kam in Ausgabe K hinzu.

>) Dieser Absatz kam in Ausgabe F hinzu.

*) Kein Indier konnte ersichtlich die Erfahrung be- sitzen, daß Wasser in kalten Klimaten nicht gefriere. Die Natur befindet sich dabei in einer ihm ganz unbekannten Lage; und es ist ihm unmöglich, a priori vorherzusagen, was daraus entstehen werde. Es wäre für ihn eine neue Erfahrungstatsache, deren Erfolg stets ungewiß ist. Man kann manchmal nach Analogien vermuten, was eintreten wird; es bleibt aber immer nur Vermutung. Unleugbar erfolgt in unserm Fall des Gefrierens das Ereignis im Wider- streit mit den Regeln der Analogie, und zwar so, wie es ein vernünftiger Indier nicht voraussehen konnte. Die Einwir- kung der Kälte auf das Wasser verläuft nicht stufenweise den Kältegraden entsprechend; sondern wenn der Gefrier- punkt eintritt, geht das Wasser augehblicklich vom Zustand völliger Flüssigkeit in den völliger Festigkeit über. Ein solches Ereignis kann deshalb außerordentlich genannt werden, nnd erfordert ein recht schwerwiegendes Zeugnis, um Leuten in heißen Klimaten glaubhaft gemacht zu wer- den. Aber damit ist es immer noch nicht ein Wunder, noch im Widerstreit mit der gleichförmigen Erfahrung vom Naturlauf, dort wo alle Umstände die gleichen sind. Die Bewohner von Sumatra haben in ihrem eigenen Klima stets das Wasser flüssig gesehen, und das ZuMeren ihrer Ströme müßte als widernatürlich gelten; aber niemals sahen sie Wasser in Moskau während des Winters; und deshalb

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Zehnter Abtcbnitt.

Um aber die Wahrscheinlichkeit gegen die Zeugen- aussage zu steigern, wollen wir annehmen, daß die behauptete Tatsache, anstatt nur erstaunlich zu sein, wirklich ein Wunder ist, und ebenso, daß das Zeugnis für sich betrachtet einem vollen Beweis gleichkäme. In diesem Falle steht dann Beweis gegen Beweis und der stärkere muß überwiegen, aber doch mit einer um die seines Gegners verminderten Kraft.

Ein Wunder ist eine Verletzung der Naturgesetze, und da eine feststehende und unveränderliche Er- fahrung diese Gesetze gegeben hat, so ist der Be- weis gegen ein Wunder aus der Natur der Sache selbst so vollgültig, wie sich eine Begründung durch Erfahrung nur irgend denken läßt. Warum ist es mehr als wahrscheinlich, daß alle Menschen sterben müssen, daß Blei nicht von selbst in der Luft schweben bleibt, daß Feuer Holz verzehrt und von Wasser gelöscht wird? Doch nur, weil diese Ereignisse mit den Naturgesetzen im Einklang befunden worden sind und es, um sie zu verhüten, einer Verletzung dieser Gesetze oder mit anderen Worten eines Wunders be- darf. Was im gewöhnlichen Lauf der Natur jemals geschieht, das gilt nicht als Wunder. So ist es kein Wunder, wenn ein anscheinend Gesunder plötzlich stirbt, denn eine solche Todesart ist zwar unge- wöhnlicher als eine andere, aber doch häufig beob- achtet worden. Aber das wäre ein Wunder, wenn ein Toter ins Leben zurückkehrte, weil das zu keiner Zeit und in keinem Lande jemals beobachtet worden ist Es steht daher notwendig eine gleichförmige Erfahrung jedem wunderbaren Ereignis entgegen, sonst würde das Ereignis nicht diesen Namen ver- dienen. Und da eine gleichförmige Erfahrung sich zur Höhe eines Beweises erhebt, so haben wir hier einen unmittelbaren vollen Beweis aus der Natur

können sie vernünftigerweise keine bestimmte Aussage machen über den Erfolg, der da eintreten würde. (Diese Anmerkung erscheint zuerst auf der letzten Seite der Aus- gabe F mit der Bemerkung: Die Entfernung des Verfassers von der Druckerei ist Ursache, daß die folgende Stelle nicht cur Zeit anlangte, um an ihren rechten Platz gesetzt zu werden.)

Über Wunder.

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der Sache gegen die Existenz jedweden Wunders; solch ein Beweis kann auch nicht aufgehoben, noch das Wunder glaubhaft gemacht werden, außer durch einen Gegenbeweis, der ihm überlegen ist^)

Die einfache Folgerung (und zugleich ein allgemeiner beachtenswerter Grundsatz) lautet: „Kein Zeugnis reicht aus, ein Wunder festzustellen, es müßte denn das Zeugnis von solcher Art sein, daß seine Falschheit wunderbarer wäre, als die Tatsache, die es festzustellen trachtet. Aber selbst in diesem Falle tritt eine gegenseitige Aufhebung der Begründungen ein, und die überlegene bietet uns nur eine Sicher- heit, die dem Grad der Kraft angemessen ist, der nach Abzug der schwächeren übrig bleibt" Berichtet mir jemand, er habe einen Toten wieder aufleben

*) Manchmal mag ein Ereignis an sich selbst den Naturgesetzen nicht zu widerstreiten scheinen, und könnte doch, wenn es wirklich wäre, auf Grund einiger Umstände, ein Wunder genannt werden; weil es tatsächlich diesen Gesetzen widerstritte. Wenn jemand mit dem Anspruch auf göttliche Machtbefugnis einem Kranken geböte, gesund zu sein; einem Gesunden, tot niederzufallen; den Wolken, zu regnen, den Winden, zu wehen, kurz, mancherlei natürliche Ereignisse veranlaßte, welche unmittelbar auf seinen Befehl erfolgten; so könnten diese mit Recht als Wunder gelten, weil iie in solchem Falle wirklich den Naturgesetzen wider- stritten. Bliebe nämlich auch nur ein Verdacht, daß Er- eignis und Geheiß aus Zufall zusammentrafen, so liegt kein Wunder und keine Überschreitung der Naturgesetze vor. Verschwindet dieser Verdacht, so ist ofifenbar ein Wunder und eine Überschreitung dieser Gesetze vorhanden; denn was widerstritte mehr dem Naturlauf, als solch ein Einfluß der Stimme oder der Gebote eines Menschen? Ein Wunder läßt sich also genau definieren als eine Überschreitung eines Naturgesetzes durch einen besonderen Wil- lensakt der Gottheit, oder durch die Vermittlung eines unsichtbaren Faktors. Ein Wunder kann für den Menschen entdeckbar oder unentdeckbar sein an seiner Natur und Wesenheit ändert das nichts. Erhebt sich ein Haus oder ein Schiff in die Luft, so ist dies ein sichtbares Wunder; erhebt sich aber eine Feder, wenn der Wind auch nur um ein weniges der dazu nötigen Kraft ermangelt, dann ist es ein ebenso wirkliches Wunder, obgleich es für uns nicht so sinnfällig ist.

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1S6

Zehntor Absohniti

Obtr Wündtr.

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sehen, so tiberdenke ich gleich bei mir, ob es wahr- scheinlicher ist, daß der Erzähler trügt oder be- trogen ist oder daß das mitgeteilte Ereignis sich wirklich zugetragen hat. Ich wäge das eine Wunder gegen das andere ab, und je nach der Überlegenheit, die ich entdecke, fälle ich meine Entscheidung und verwerfe stets das größere Wunder. Wäre die J^lsch- heit seines Zeugnisses wunderbarer als das von ihm berichtete Ereignis, dann, aber auch erst dann kann er Anspruch auf meinen Glauben und meine Über- zeugung erheben.

Zweiter Teil.

In dem vorher entwickelten Gedankengang haben wir angenommen, daß das Zeugnis, auf welches ein Wunder sich stützt, möglicherweise die Kraft eines vollen Beweises erreicht, und daß die Falschheit dieses Zeugnisses eine wirkliche Naturwidrigkeit wäre. In- des läßt sich leicht zeigen, daß wir ein gut Teil zu weit in unseren Zugeständnissen gegangen sind und daß noch niemals ein wunderbares Ereignis sich auf eine so vollkommene Evidenz berufen konnte.

Denn erstens findet sich in der ganzen G^ schichte nicht ein Wunder, das durch eine genügende Anzahl von Personen bezeugt wäre, deren gesunder Verstand, Erziehung und Bildung so außer Frage stehen, daß jede Verblendung bei ihnen sicherlich ausgeschlossen ißt; deren unzweifelhafte Redlichkeit sie jedem Verdacht, andere betrügen zu wollen, ent- rückt; deren Glaubwürdigkeit und Ansehen so hoch in den Augen der Welt stehen, daß sie viel zu verlieren hatten, wenn sie bei einer Unwahrheit ertappt würden; uiid deren Zeugnis außerdem Tatsachen betrifft, die sich so öffentlich und an einem so weltberühmten Orte abgespielt haben, daß jene Entdeckung unvermeidlich gewesen wäre. All diese Umstände wären aber er- erforderlich, um mit voller Sicherheit menschlichem Zeugnis zu vertrauen.

Zweitens läßt sich in der menschlichen Natur ein Prinzip beobachten, das bei genauer Prüfung die Sicherheit erheblich vermindern dürfte, mit

welcher wir auf menschliches Zeugnis hin Wider- natürliches jeder Art annehmen. Die Regel, nach der wir uns gewöhnlich bei unseren Denkakten richten, besagt, daß die Gegenstände, von denen wir keine Erfahrung haben, jenen gleichen, von denen wir sie haben, daß am wahrscheinlichsten ist, was bisher am häufigsten vorgefunden wurde, und daß bei einem Gegensatz zwischen den Begründungen wir jenen den Vorzug geben sollten, die sich auf die größte Anzahl vergangener Beobachtungen stützen. Obgleich wir nun im Verfolg dieser Regel anstand- los jeder Tatsache die Anerkennung versagen, welche in mäßigem Grade ungewohnt und unglaublich ist, so fügt sich doch im weiteren Verlauf der Geist nicht stets der gleichen Regel. Wird nämlich etwas völlig Widersinniges und Wunderbares aufgestellt, so nimmt er wohl eine solche Tatsache gerade wegen des Umstands um so williger an, der ihr alles Gewicht entziehen sollte. Die Afiekte der Überraschung, und des Staunens, die ein Wunder hervorruft, sind eine angenehme Erregung, und dies bewirkt eine fühl- bare Hinneigung zum Glauben an jene Ereignisse, von denen sie stammen. Das geht so weit, daß selbst diejenigen, welche sich dies Vergnügen nicht unmittel- bar bereiten, auch an die wunderbaren Ereignisse, die ihnen berichtet werden, nicht glauben können, den- noch mit Vorliebe an diesem Genuß aus zweiter Hand oder im Abglanz teilnehmen und Stolz und Vergnügen darein setzen, die Bewunderung anderer zu erregen. Welche gierige Aufnahme finden die Wunder- berichte der Reisenden, ihre Beschreibung von See- und Landungeheuern, ihre EJrzählungen von erstaun- lichen Abenteuern, seltsamen Menschen und unge- schlachten Sitten. Verbindet sich aber noch der religiöse Geist mit der Wunderliebe, dann hat aller gesunde Verstand ein Ende und menschliches Zeug- nis verliert unter diesen Umständen jeden Anspruch auf Gültigkeit. Der Frömmler kann ein Schwärmer sein und sich einbilden, etwas zu sehen, was in Wirk- lichkeit nicht ist; er kann die Falschheit seiner Er- zählung kennen und doch in der denkbar besten Ab- sicht diarauf bestehen, um eine so heilige Sache zu

.'If

138

Zehnter Abschnitt

über Wunder.

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fördern; und selbst, wo diese Verblendung wegfällt, wirkt die Eitelkeit, unter dem Reiz so starker Ver- suchung, mächtiger auf ihn ein als auf die übrigen Menschen in jeder anderen Lage, und der eigene Vorteil treibt ihn nicht minder stark dazu an. Seine Hörer ermangeln vielleicht und dies ist gewöhnlich wirklich der Fall der genügenden Urteilskraft, um seine Aussage zu prüfen. Was sie an Urteilskraft haben, das verleugnen sie aus Prinzip, wenn es sich um diese erhabenen und geheimnisvollen Dinge handelt; und ist selbst der beste Wille vorhanden, sie zu gebrauchen, so wird doch ihre geregelte Tätig- keit durch Affekte und die erhitzte Einbildungskraft gestört. Die Leichtgläubigkeit steigert hier die Un- verschämtheit, und die Unverschämtheit überwältigt die Leichtgläubigkeit.

Die Beredsamkeit auf ihrem höchsten Gipfel läßt wenig Raum für Vernunft und Überlegung; sie wendet sich ausschließlich an die Phantasie und die Neigungen, nimmt dadurch die willigen Hörer gefangen und unter- drückt deren Verstand. Glücklicherweise wird dieser Gipfel selten erreicht. Was aber ein Cicero oder Demosthenes kaum bei einer römischen oder athenischen Versammlung fertig brachten, das gelingt bei der Mehrzahl der Menschen und in noch höherem Grade jedem Kapuziner, jedem herumziehenden oder seßhaften Prediger durch Erregung so grober und ge- meiner Affekte.

Die mancherlei Beispiele von gefälschten Wundern, Prophezeiungen und übernatürlichen Ereignissen, die zu allen Zeiten entweder durch widerstreitende Aussage aufgedeckt worden sind oder sich durch ihren Wider- sinn selbst aufdecken, beweisen zur Genüge die starke Hinneigung der Menschen zum Außerordentlichen una Erstaunlichen; sie sollten füglich Verdacht gegen alle derartigen Berichte erzeugen. Dies ist unsere natür- liche Denkweise selbst anläßlich ganz gewöhnlicher und glaubwürdiger Ereignisse. So entsteht zum Bei- spiel keine Art von Gerüchten so leicht und verbreitet sich namentlich auf dem Lande und in Provinzstädten so schnell, wie solche über Heiraten; zwei junge Leute gleichen Standes können sich kaum zweimal

sehen, ohne daß die ganze Nachbarschaft gleich ein Paar aus ihnen macht. Das Vergnügen, eine so spannende Neuigkeit zu errählen, zu verbreiten und der Erste dabei zu sein, bringt solche Nachricht schnell herum. Dies ist so bekannt, daß kein Verständiger auf solche Berichte etwas gibt, bis er sie durch

frößere Evidenz bestätigt findet. Bestimmen nicht ie gleichen Affekte und andere noch stärkere die Masse der Menschen, alle religiösen Wunder mit größter Heftigkeit und Sicherheit zu glauben und weiterzuerzählen?^)

Drittens spricht es sehr stark gegen alle Be- richte übernatürlicher und wunderbarer Vorfälle, daß sie hauptsächlich bei unwissenden und barbarischen Völkern sich im Überflusse finden. Hat aber ein gebildetes Volk jemals desgleichen angenommen, so zeigt sich, daß es ihm von unwissenden und bar- barischen Vorfahren überliefert worden ist, und zwar mit jener unverletzlichen Verbindlichkeit und Greltungs- kraft, die sich immer mit überkommenen Meinungen verbinden. Wenn wir die Anfänge der Geschichte bei allen Völkern durchgehen, so fühlen wir uns leicht in eine neue Welt versetzt, in der das ganze Natur- gefüge auseinandergegangen ist und jedes Element seine Tätigkeit in anderer Weise als heutzutage ausübt. Schlachten, Umwälzungen, Seuchen, Hungersnot und Tod sind da niemals die Wirkungen jener natürlichen von uns erfahrenen Ursachen. Widernatürliche Ereig- nisse, Vorzeichen, Orakel, Gottesgerichte verdunkeln ganz die wenigen natürlichen Begebenheiten, die ihnen beigemischt sind. Da sie aber auf jeder Seite der Ge- schichte, die uns den aufgeklärten Zeiten näher bringt, dünner ge^t sind, so begreifen wir bald, daß nichts Geheimnisvolles oder Übernatürliches hinter ihnen steckt, sondern alles aus der gewohnten Neigung der Menschen zum Staunenswerten herstammt Diese kann zwar bisweilen durch Einsicht und Wissenschaft ge- hemmt, aber niemals völlig aus der menschlichen Natur ausgerottet werden.

*) Dieser Absatz war in den Ausgaben S bis P ali Anmerkung gedruckt.

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Zahotor AbtchniU.

Über WundefT.

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„Sonderbar," wird ein besonnener Leeer wohl beim Durchblättern dieser Wunderberichte sagen, „daß solche widernatürlichen Ereignisse sich in unseren Tagen niemals zutragen." Aber es ist doch wohl nicht sonderbar, daß die Menschen zu allen Zeiten Lügner sind. Hat doch gewiß jeder genug Beispiele dieser Schwachheit gesehen und selbst das Auftauchen solcher erstaunlichen Erzählungen erlebt, die von allen weisen und besonnenen Leuten mit Verachtung behandelt, zuletzt von der Menge auf- gegeben wurden. Sein wir sicher, daß jene be- rühmten Lügen, die es zu solch ungeheuerlicher Ver- breitung und Blüte gebracht haben, aus gleichen An- fängen entstanden sind; aber da sie auf geeigneteren Boden fielen, erreichten sie schließlich selbst fast den Grad des Widernatürlichen, von dem sie berichten.

Es zeugte von der politischen Klugheit jenes falschen Propheten Alexander, des jetzt Vergessenen, aber einst Hochberühmten, daß er den ersten Schau- platz seiner Betrügereien nach Paphlagonien verlegte, wo nach Lucians Bericht das Volk äußerst un- wissend, stumpf und bereit war, auf jedes noch so grobe Blendwerk hereinzufallen. Entfernt woh- nenden Menschen, die etwa schwach genug sind, die Sache einer Prüfung für wert zu halten, fehlt die Ge- legenheit, sich besser darüber zu belehren. Die Er- zählungen erreichen sie um hundert Einzelheiten ver- größert^ Narren sind eifrig am Verbreiten des B^ &ugs, indessen sich die Weisen und Gelehrten ge- wöhnlich damit begnügen, den Widersinn desselben zu verlachen, ohne sich nach den bestimmten Tat- sachen zu erkundigen, durch die er sich deutlich widerlegen ließe. Und so war es jenem eben er- wähnten Betrüger möglich, von seinen unwissenden Paphlagoniern ausgehend, sich Anhänger selbst unter den griechischen Philosophen und den hochgestellten und ausgezeichneten Männern Roms zu erwerben, ja sogar die Aufmerksamkeit des weisen Kaisers Marcus Aurelius so sehr zu erregen, daß dieser den Ausgang eines kriegerischen Zuges seinen trügerischen Pro- phezeiungen anvertraute.

Es bietet offenbar große Vorteile, einen Betrug

unter einem unwissenden Volke aufzubringen; selbst in dem Falle (der selten, aber doch manchmal vorkommt), daß die Täuschung zu grob ist, um der großen Masse Eindruck zu machen, hat sie doch viel bessere Aussicht auf Gelingen in fernen Ländern, al^ wenn der erste Schauplatz eine für Künste und Wissenschaften berühmte Stadt gewesen wäre. Die unwissendsten und barbarischsten dieser Barbaren bringen solchen Bericht ins Ausland. Von ihren Lands- leuten führt keiner einen so ausgedehnten Brief- wechsel oder genießt genügend Zutrauen und An- sehen, um der Täuschung entgegenzutreten und sie zu vernichten. Dadurch findet die menschliche Neigung zum Staunenswerten ein weites Feld, sich zu ergehen. Und so gilt eine Geschichte, die an ihrem Ursprungs- ort allgemein verachtet wird, tausend Meilen davon als gewiß. Hätte Alexander dagegen seinen Wohn- sitz in Athen aufgeschlagen, so würden die Philo- sophen jenes berüEmten Sammelpunktes der Gelehr- samkeit sogleich ihre Ansicht über die Sache durch das ganze Römerreich verbreitet haben; dies hätte, von so angesehener Seite kommend und mit der ganzen Ejraft der Vernunft und Beredsamkeit vorgetragen, der Menschheit völlig die Augen geöffnet. Preüich hatte Lucian, zufällig Paphlagonien berührend, die Gelegenheit, dieses gute Werk zu verüben. Aber ob es auch höchst wünschenswert wäre, so trifft es doch nicht immer zu, daß jeder Alexander einem Lucian begegnet, der seine Betrügereien aufdeckt und kenntlich macht. ^)

') Die Alisgaben £ bis P fügen folgende Anmerkong hinzu: Es könnte hier vielleicht eingewandt werden, daß ich leichtsinnig vorgehe und meine Begriffe von Alexander mir nur nach den Berichten, bilde, die Lucian, sein erklärter Feind, von ihm erstattet. Es wäre in der Tat zu wünschen, daß einige Berichte, di'e seine Anhänger und Mitschuldigen veröffentiichten , sich erhalten hätten. Der Gegensatz und Kontrast zwischen den Zeichnungen des Charakters und Benehmens des gleichen Mannes, die Freund und Feind entwerfen, ist schon im täglichen Leben, noch vielmehr auf solchem religiösen Gebiete, so stark wie nur je zwischen zwei beliebigen Menschen, s. B. zwiiohen Alexandtr und dem

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142

Zehnter Abschnitt

Ich könnte als vierten Grund, der die Glaub- würdigkeit von widernatürlichen Geschehnissen ver- ringert, hinzufügen, daß kein Zeugnis für irgend eines, selbst unter den nicht geradezu entlarvten, vorhanden ist, dem nicht eine Unzahl von Zeug^ entgegentreten. So zerstört also nicht nur das Wunder die Glaub- würdigkeit des Zeugnisses, sondern das Zeugnis sich selbst Zum besseren Verständnis dieser Behauptung wollen wir in Betracht ziehen, daß in Sachen der Religion jede Verschiedenheit ein Widerstreit ist, daß unmöglich die Religionen des alten Rom, der Türkei, Slams und Chinas sämtlich auf einer irgend- wie festen Grundlage ruhen können. Ein jedes Wunder demnach, das angeblich in einer derselben gewirkt worden wäre (und sie alle wimmeln von Wundern) bezweckt unmittelbar die Aufrichtung des besonderen Systems, dem es zugeschrieben wird; und so hat es, freilich mehr mittelbar, die gleiche Kraft zum Um- sturz jedes anderen Systems. Mit der Zerstörung eines rivalisierenden Systems zerstört es gleicher- maßen die Glaubwürdigkeit der Wunder, auf denen jenes fußt, so daß all die widernatürlichen Gescheh- nisse in verschiedenen Religionen als widerstreitende Tatsachen anzusehen sind, und die Aussagen über diese Geschehnisse, ob beweiskräftig oder -schwach, als einander entgegengesetzt Einem derartigen Ge- dankengange entsprechend hätten wir für den Glauben an irgend ein Wunder Mahommeds oder seiner Nach- folger als Bürgschaft das Zeugnis einiger wenigen barbarischen Araber; anderseits sollten wir das Ansehen des Titus Livius, des Plutarch, des Tacitus, kurz aller Schriftsteller und Zeugen bei Griechen, Chinesen und Katholiken, die jemals ein Wunder in ihrer besonderen Religion berichtet haben, als Zeugnis so in Anschlag bringen, als ob sie jenes mohamme- danische Wunder erwähnt und ihm mit ausdrück- lichen Worten widersprochen hätten, mit derselben Gewißheit, die sie in betreff des von ihnen erzählten Wunders besitzen. Diese Begründung könnte spitz-

heiügen Paulas. Siehe einen Brief an Gilbert West. Bsq. über die Bekehrung nnd das Apostolat des heiigen Paalui.

Über Wunder.

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findig und gekünstelt erscheinen in Wirklichkeit unterscheidet sie sich nicht von dem Gedankengang eines Richters, der die Glaubwürdigkeit zweier Zeugen, die jemanden eines Verbrechens zeihen, durch das Zeugnis zweier anderen für vernichtet ansieht, die ihn zwei- hundert Meilen entfernt zur selben Zeit des angel)- lichen Verbrechens gesehen zu haben versichern.

Eins der bestbezeugten Wunder in der ganzen weltlichen Geschichte ist das, was Tacitus von Ves- pasian berichtet: wie dieser in Alexandria einen Blinden vermittelst seines Speichels und einen Lahmen durch bloße Berührung seines Fußes heilte, so einen Spruch des Grottes Serapis wahrmachend, der sie in einer Vision an den Kaiser für diese Wunderkuren verwiesen hatte. Die Erzählung mag bei diesem vor- trefflichen Geschichtschreiber nachgelesen werden. ^) Dort scheinen alle Umstände das Gewicht des Zeug- nisses zu vermehren und könnten mit jeder Kraft der Begründung und Beredsamkeit breit ausgeführt werden, wenn jemandem jetzt noch daran gelegen wäre, die Evidenz dieses überwundenen und götzendienerischen Aberglaubens zur Greltung zu bringen: die Würde, Zu- verlässigkeit, das Alter und die Rechtschaffenheit eines so großen Kaisers, der sein ganzes Leben hindurch mit seinen Freunden und Hofleuten ungezwungen ver- kehrte, ohne sich jemals ein so auffallendes Ge- bahren göttlichen Wesens beizulegen, wie Alexander und Demetrius; des Geschichtsschreibers, eines Zeit- genossen, anerkannte Lauterkeit und Wahrheitsliebe und überdies seine hohe Begabung, vielleicht die größte und durchdringendste des ganzen Altertums; seine Freiheit von jeder Neigung zur Leichtgläubig- keit, die ihm vielmehr den gegenteiligen Vorwurf der Gottlosigkeit und des Unglaubens eintrug; der vermutlich unangreifbare Ruf, den Urteilskraft und Wahrhaftigkeit der Bürgen für seine Wunderberichte genossen alles Augenzeugen des Tatbestandes, die ihr Zeugnis wiederholten, als die Flavische Familie

^) Hist üb. V. cap. 8. Suetonins gibt annähernd den* ■elben Bericht in vita Vesp. 7. (Der Hinweis anf Sueton kam in den Errata der Ausgabe F hinzu.)

144

Zehnter Abschnitt

Ober Wunder.

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der Herrschaft beraubt war und nicht länger Beloh- nungen als Preis für eine Lüge aussetzen konnte. TJtrumque, qui interfuere, nunc quoque memorant, post- quam nullum mendacio pretium. Nehmen wir endlich die Öffentlichkeit des erzählten Vorfalls hinzu, so kann ersichtlich keine stärkere Evidenz für eine so plumpe und greifbare Unwahrheit ersonnen werden.

Auch der Kardinal de Retz erzählt eine merk- würdige Geschichte, die wohl unserer Beachtung wert sein dürfte. Als dieser ränkevolle Staatsmann, um der Verfolgung seiner Feinde zu entgehen, nach Spanien flüchtete, kam er durch Saragossa, die Haupt- stadt von Aragonien. Hier zeigte man ihm in der EaUiedrale einen Mann, der sieben^) Jahre dort als Türhüter gedient hatte und allen Stadtbewohnern, die je in dieser Kirche ihre Andacht verrichtet hatten, wohlbekannt war. Man hatte ihn all diese Zeit mit nur einem Bein gesehen; doch hatte er das fehlende Glied wiedererhalten, nachdem er den Stumpf mit heiligem öl eingerieben, und *) der Kardinal versichert, ihn mit zwei Beinen gesehen zu haben. Dies Wunder war von allen Instanzen der Kirche anerkannt worden. Die ganze Stadtgemeinde wurde zur Bestätigung der Tatsache aufgeboten; der Kardinal erkannte an ihrem frommen Eifer, daß sie vollkommen an das Wunder glaubten. Hier war der Berichterstatter ebenfalls ein Zeitgenosse der angeblichen Naturwidrigkeit, ein un- gläubiger und freigeistiger Charakter und dabei von großer Begabung, das Wunder von so einzigartiger Natur, daß es kaum eine Fälschung zuließ, die Zeugen sehr zahlreich und alle gewissermaßen Zuschauer der Tatsache, die sie bekundeten. Und was die Evidenz gewaltig verstärkt und unser Staunen über diesen Fall verdoppeln müßte, ist der Umstand, daß der Kardinal selbst, der Erzähler dieser Geschichte, ihr gar kein Vertrauen zu schenken scheint und folglich nicht in den Verdacht geraten kann, an dem heiligen

^) zwanzig: Ausgaben E bis N.

^ Ausgaben E und F haben statt dessen: und als der Kardinal «s prüfte, fand tr, daß es ein wirkliches natflr- licbes Beia war wie das andere. n

Betrug mitgewirkt zu haben. Er erwog richtig, daß es zur Ablehnung einer derartigen Tatsache nicht erforderlich sei, das Zeugnis Punkt für Punkt zu widerlegen und seine Falschheit durch alle Einzel- heiten des Schelmentums und der Leichtgläubigkeit, die sie hervorbrachten, nachzuweisen. Er wußte, daß dies schon bei einem kleinen Abstand von Zeit und Ort meist ganz unmöglich, und selbst bei un- mittelbarer Gegenwart äußerst schwierig ist, wegen der Frömmelei, Unwissenheit, Pfiffigkeit und Schur- kerei eines großen Teils der Menschen. Er schloß deshalb als folgerichtiger Denker, daß solch eine Aussage das Zeichen der Unwahrheit schon auf der Stirn trüge und daß ein auf menschliches Zeugnis gestütztes Wunder mehr ein Gegenstand des Spottes als der Widerlegung sei

Sicherlich ist niemals einer einzelnen Person eine größere Anzahl von Wundern zugeschrieben worden, als die, welche letzthin in Frankreich auf dem Grabe des Abb^ Paris, des berühmten Jansenisten, gewirkt sein sollen, mit dessen Heiligkeit das Volk so lange getäuscht worden ist Die Heilung von Kranken, die Verleihung des Gehörs an Taube, der Sehkraft an Blinde wurden allerorten als übliche Wirkungen jener heiligen Grabstätte ausgegeben. Was aber noch viel mer^ürdiger ist: viele der Wunder wurden unmittel- bar auf dem Flecke bewiesen, vor Richtern von unbe- zweifelter Redlichkeit, auf das Zeugnis von glaub- würdigen und angesehenen Personen hin, in einem gebildeten Zeitalter und auf dem hervorragendsten Schauplatz der jetzigen Welt Hiermit nicht genug: ein Bericht über sie wurde veröffentlicht und überall verbreitet; und die Jesuiten waren niemals imstande, sie bestimmt zu widerlegen und aufzudecken, obwohl sie eine gelehrte Körperschaft, von der Obrigkeit unterstützt und entschiedene Feinde jener Anschau- ungen waren, zu deren Gunsten die Wunder gewirkt sein sollten. ^) Wo finden wir sonst eine solche Anzahl

^) Diese Schrift verfaßte Herr Montgeron, Rat oder Richter im Pariser Parlament, ein Mann von Ansehen und Charakter, der überdies zum Märtyrer für die Sache wurde,

Unme, Untersuohg. ab. d. menBChl. Verstand. JQ

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146

Zehnter Abachnitt.

von Umständen, die zur Bestätigung einer Tatsache zusammenträfen? Und was haben wir einem solchen

und jetst wegen seiue« Buchet in irgend einem Kerker sitzen eolL

£■ gibt noch ein anderes Bach in drei Bänden (betitelt Reoaeil des Miracles de TAbb^ Paris), worin viele dieser Wander berichtet und mit recht gnt geschriebenen einleitenden Bemerkungen verseben sind. Aber durch all diese läuft eine lächerliche Vergleichang zwischen den Wundern unseres Heilands und denen des Abbe; es wird behauptet, daß die Aussagen för die letzteren denen för die ersteren gleichwertig seien. Als ob das Zeugnis von Menschen je gegen das von Gott selbst in die Wag- schale geworfen werden konnte, der den inspirierten Ver- fassern die Feder f&hrte. Sollten allerdings diese Verfasser rein als menschliche beugen angesehen werden, so wäre der französische Schriftsteller noch sehr gemäßigt in seinem Vergleich; könnte er doch dann mit einigem Schein der Berechtigung behaupten, daß die Jansenistiscben Wunder iene anderen an Evidenz und Überzeugungskraft weit über- treffen. Die folgenden Tatsachen sind aus beglaubigten Quellen gezogen, die in dem oben erwähnten Buche ab- gedruckt sind.

Viele der Wunder des Abbä Paris vmrden unmittelbar durch Zeugen vor dem Oftizialat oder Bischöflichem Gericht zu Paris bewiesen, unter den Augen des Kardinals Noailles, dessen Redlichkeit und Verstandeskraft selbst seine Feinde nie bestritten haben.

Sein Naclifolger im Erzbistum war ein Feind der Jansenisten und deshalb auf diesen Stuhl berufen. Den- nooh bestürmen ihn 22 Pfarrer oder Gur^ von Paris mit höchster Eindringlichkeit, er möge diese Wunder untersuchen, die sie als der ganzen Welt bekannt und über allem Zweifel erhaben hinstellen. Br aber verzichtete weislich.

Die Molinisten-Partei hatte in dem einen Fall des Fräulein Le Franc versucht, diese Wunder zu verdächtigen. Aber einmal verfahren sie hierbei in vieler Hinsicht höchst unangemessen, insbesondere verhörten sie nur wenige Jan- senistische Zeugen, die sie bestachen, dann aber fanden sie sich bald erdrückt von einem Schwärm neuer Zeugen, hundertundzwanzig an der Zahl, meist glaubwürdige Leute in guten Verhältnissen aus Paris, die das Wunder beschwuren. Damit verbanden sie eine feierliche und eindringliche Ein- gabe an das Parlament Diesem aber war von oben ver-

Ober Wunder.

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Schwann von Zeugen anderes entgegenzuhalten, als die vollkommene Unmöglichkeit oder die wunderbare Natur der berichteten Ereignisse? Diese allein werden

boten worden, sich in die Angelegenheit zu mischen. Endlich wurde eingesehen, daß da, wo Menschen durch Eifer und Begeisterung erhitzt sind, menschliches Zeugnis von jeder erdenklichen Stärke für den größten Wider- sinn aufgebracht werden kann; wer so töricht ist, die An- gelegenheit auf diese Weise zu prüfen, und nach besonderen Mängeln im Zeugnis zu suchen, wird fast sicher abgeführt werden. Das muß in der Tat ein jämmerlicher Betrug sein, der in solchem Streit nicht die Oberhand behielte.

Alle die sich zu jener Zeit in Prankreich aufhielten, kannten den Kuf des Herrn Heraut, des Lieutenant de polioe, dessen Wachsamkeit, Scharfsinn, Tatkraft und umfassende Begabung viel gerühmt wurden. Dieser Beamte, dessen Be- fugnisse naturgemäß fast unumschränkt sind, wurde mit Vollmacht ausgestattet, um diese Wunder zu unterdrücken oder zu verdächtigen. Er griff häufig die Zeugen und die dabei Beteiligten sofort auf und verhörte sie, doch niemals konnte er etwas Entscheidendes gegen sie ausfindig machen. Im Falle des Fräulein Thibaut sandte er den be- rühmten de Sylva zur Untersuchung; dessen Aussage ist höchst merkwürdig. Der Arzt erklärt es für unmöglich, daß sie so krank gewesen sein könne, wie die Zeugen be- kundeten; denn es sei unmöglich, daß sie in so kuraer Zeit so völlig hergestellt hätte sein können, wie er sie antraf. Sein Gedankengang war der eines verständigen Mannes, aus natürlichen Ursachen gefolgert; aber die Gegenpartei er- widerte ihm, das Ganze sei ein Wander und seine Aussage gerade der beste Beweis dafür.

Die Molinisten befanden sich in einer üblen Lage. Sie durften nicht die vollkommene Unzulänglichkeit menschlicher Aussagen behaupten, wo es ein Wunder zu beweisen galt. Sie waren daher genötigt, diese Wunder als Zauber- und Teufelswerk hinzustellen. Aber es wurde ihnen entgegnet, daß auch die alten Juden auf diese Ausflucht verfallen wären. Es hat keinen Jansenisten jemals in Verlegenheit ge- setzt, Rechenschaft über das Aufhören der Wunder zu geben, als der Kirchhof auf königlichen Befehl geschlossen wurde. Die Berührung des Grabes war es, welche diese außerordent- lichen Wirkungen hervorbrachte; konnte sich niemand dem Grabe nähern, so konnten keine Wirkungen erwartet werden. Allerdings hätte Gtott in einem Augenblick die Mauern nieder- Ettwerfen vermocht, aber er ist Herr seiner eignen Gnaden,

10*

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über Wunder.

149

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Zehnter Abschnitt.

!'■

aber in den Augen aller vernünftigen Leute als ge- nügende Widerlegung gelten.

Ist es eine richtige Folgerung, wenn manches

und Werke, and es kommt uns nicht zu, dafür Grande zu suchen. Er hat nicht die Mauern jeder Stadt, wie die von Jericho, durch das Schmettern der Widderhörner umgeworfen, noch hat er das Gefängnis jedes Apostels, wie das des hL Paulus aufgebrochen.

Kein Geringerer als der Duc de Chatillon, ein Herzog und Pair von Frankreich, an Rang und Geburt einer der Vornehmsten, bezeugt eine Wunderheilung bei einem seiner Diener, der mehrere Jahre in seinem Hause mit einem sichtbaren und greifbaren Leiden behaftet ge- wesen.

Zum Schluß will ich bemerken, daß die weltliche Geist- lichkeit Frankreichs vor jeder anderen wegen ihres strengen Lebenswandels gerühmt wird, besonders die Pfarrer oder Cures von Paris, welche fardiese Betrügereien Zeugnis ablegten.

Die Gelehrsamkeit, der Geist und die Rechtlichkeit der Herren und die Sittenstrenge der Nonnen von PortRoyal sind in ganz Europa gefeiert worden. Dennoch sagen sie alle zugunsten eines Wunders aus, das an der Nichte des berühmten Pascal geschehen sei, dessen heiliger Lebens- wandel und außerordentliche Begabung allbekannt sind. (Ausgabe F fügt zu: obwohl auch er an dieses und an viele andere Wunder glaubte, über die er nicht so gut unterrichtet sein konnte. Siehe seine Lebensbeschreibung. Hier schließt Ausgabe F.) Der berühmte Racine berichtet über dies Wunder in seiner berühmten Geschichte von Port Royal und stützt es mit allen Beweisen, die eine große Zahl von Nonnen, Priestern, Ärzten und Weltmännern, alle zweifellos glaub- würdig, dafür aufbringen konnten. Mehrere Gelehrte, ins- besondere der Bischof von Tournay, hielten dies Wunder für so gewiß, daß sie es zur Widerlegung von Atheisten und Freidenkern benutzten. Die Königin-Regentin von Frankreich, die gegen Port Royal äußerst eingenommen war, sandte ihren Leibarzt zur Untersuchung des Wunders; aber auch er kam als ein völlig Bekelirter zurück. Kurz, die übernatürliche Heilung war so unbestreitbar, daß sie eine Zeitlang jenes berühmte Kloster vor dem Zusammenbruch schützte, mit dem es die Jesuiten bedrohten. Wäre es ein Betrug ge- wesen, so wäre es durch scharfsinnige und mächtige Gegner aufgedeckt worden und hätte die Vernichtung der Anstifter beschleunigen müssen. Mit welch verächtlichem Material vermögen nicht unsere Gottosgelehrten eine stolze Burg zu

menschliche Zeugnis höchste Kraft und Glaubwürdig- keit in manchen Fällen besitzt, zum Beispiel wenn es die Schlacht bei Philipp! oder Pharsalus be- richtet: daß darum auch alle Arten von Zeugnis in allen Fällen gleiche Kraft und Glaubwürdigkeit haben müssen? Angenommen, die Gäsarianer und Pomp ejaner hätten beiderseits in diesen Schlachten den Sieg für sich beansprucht und die Geschichtschreiber jeder Partei hätten einmütig den Vorteil ihrer eigenen Seite zugeschrieben, wie hätten die Menschen nach so langem Zeitraum zwischen ihnen eine Entscheidung treffen können? Der Widerstreit ist ebenso stark zwischen den von Herodot oder Plutarch berichteten Wundern und denen, welche Mariana, Bede oder irgend ein mönchischer Geschichtschreiber überliefern.

Der Weise schenkt jedem Bericht nur sehr skep- tisches Vertrauen, der den Affekten des Berichter- statters entgegenkommt, ob er nun dessen Land, Fa- milie oder eigene Person verherrlicht, oder auf andere Weise mit dessen natürlicher Neigung und Vorliebe zu- sammentrifft. Welche größere Versuchung aber gibt ee, als für einen Beai3tragten, einen Propheten und Sendboten des Himmels gehalten zu werden? Wer möchte nicht viele Gefahren und Schwierigkeiten be- stehen, um eine so erhabene Rolle zu erhalten? Hat aber mit Hilfe von Eitelkeit und erhitzter Ein- bildungskraft jemand sich selbst bekehrt und ernst- haft in diese Verblendung versetzt wird er sich dann wohl je ein Gewissen daraus machen, frommen

errichten! Welchen Wunderbau hätten sie erst zustande bringen können aus diesen und vielen anderen von mir nicht erwähnten Umständen? Wie oft würden die großen Namon Pascal, Racine, Arnaud, Nicole in unseren Ohren geklungen haben! Wären sie klug, so würden sie das Wunder lieber annehmen, das an Wert den ganzen übrigen Bestand ihrer Sammlung übertrifft. Nebenbei würde es ganz besonders ihren Zwecken dienen. Denn jenes Wunder geschah wirklich bei der Berührung eines echten heiligen Stachels von den heiligen Domen, aus denen die heilige Krone bestand, welche u. s. w. (Diese Anmerkung wurde in Ausgabe F hinzugefugt.)

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Zehnter Abschnitt

über Wnnder.

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I

Betrug anzuwenden, am eine so heilige und ver- diensuiche Sache zu unterstützen?

Der kleinste Funke kann hier zur größten Flamme entfacht werden, weil 4er Stoff dazu immer bereit liegt. Das avidum geniis auricularum^), die gaffende Menge, empfängt gierig ohne Prüfung alles, was dem Aberglauben schmeichelt und das Staunen befördert

Wie manche derartige Geschichte ist zu allen Zeiten in ihrem Ehitstehen entdeckt und überwunden worden! Wie viel andere mehr sind eine Weile hochgekommen, um später in Nichtachtung und Ver- gessenheit zu versinken! Wo also solche j^richte um- gehen, da liegt die Elrklärung der Erscheinung auf der Hand; wir urteilen im Einklang mit regelmäßiger E2rfahrung und Beobachtung, wenn wir die bekannten und natürlichen Prinzipien, Leichtgläubigkeit und Ver- blendung, als Grund dafür angeben. Sollen wir lieber eine wunderbare Verletzung der gesichertsten Natur- gesetze zugestehen, anstatt zu einer äo natürlichen Lösung zu greifen?

Ich brauche nicht die Schwierigkeit zu erwähnen, eine Unwahrheit in einem privaten oder selbst öffent- lichen Bericht schon dort aufzudecken, wo das Er- eignis sich abgespielt haben soll; weit größer wird sie, wenn der Schauplatz in einer noch so geringen Entfernung liegt. Selbst ein Gerichtshof mit all der Macht, Genauigkeit und Urteilskraft, die ihm zu Gebote stehen, gerät oft in Verlegenheit, bei Greschehnissen der jüngsten Vergangenheit zwischen Wahr und Falsch zu unterscheiden. Aber die Sache kommt niemals zum Austrag, wenn man sich der gewöhnlichen Methoden, des Zanks und Streits und. schwirrender Gerüchte bedient; vor allem da, wo menschliche Affekte auf beiden Seiten sich einmischen.

Solange sich neue Religionen noch in der Kind- heit befinden, halten die Verständigen und Gelehrten die Sache meist ihrer Aufmerksamkeit und Beachtung nicht für wert. Später, wenn sie den Betrug gerne

|) Lncretins IV, 594. (Dieser Hinweis wurde in Ans- icabe ¥ zugefägt und die falsche Übersetzung im Text der Ausgabe M eingeschoben.)

aufdecken möchten, um die verblendete Menge aus der Täuschung zu befreien, ist der Augenblick ver- paßt; die Beweisstücke und die Zeugen, die die Sache klären könnten, sind unwiederbringlich verloren.

Von allen Mitteln der Entlarvung bleiben nur diejenigen bestehen, welche aus dem Zeugnis der Be- richterstatter selbst geschöpft werden müssen, und diese genügen zwar immer für die Urteilskräftigen und Gebildeten, sind iaiber meist zu fein, um dem Ver- ständnis der Menge zugänglich zu sein.

Alles in allem zeigt sich, daß niemals ein Zeugnis für irgend eine Art Wunder sich bis zur Wahrschein- lichkeit erhoben hat^, geschweige denn zu einem Beweis; aber selbst angenommen, es erhöbe sich zu einem solchen Beweis, so hätte dieser einen anderen Beweis gegen sich, aus der Natur der Tatsache selbst entsprungen, die er festzustellen sich bemühte. Nur die Erfahrung allein gibt menschlichem Zeugnis verbindliche Kraf^ und dieselbe Erfahrung ist es, welche uns der Naturgesetze versichert Widerstreiten sich also diese beiden Arten von Erfahrung, so haben wir lediglich die eine von der anderen abzuziehen und uns mit unserer Meinung auf die eine oder smdere Seite zu stellen mit demjenigen Grad von Sicher- heit, welcher sich aus dem Rest ergibt Aber gemäß den hier entwickelten Prinzipien kommt diese Substrak- tion, auf alle Volksreligionen angewandt, einer voll- ständigen Vernichtung gleich; deslialb dürfen wir als Regel aufstellen, daß kein menschliches Zeugnis ge- nügende Kraft besitzen kann, um ein Wunder zu be- weisen und zu einer berechtigten Grundlage für ein solches Religionssystem zu machen.

Ich bitte, die hier gemachten Einschränkungen «) zu beachten, die in dem Satze liegen: ein Wunder könne nie so bewiesen werden, daß es zur Grund- lage eines Religionssystems taugte. Ich gebe nämlioh zu, daß es in anderer Art möglicherweise solche

>) sich [bis zur Wahrscheinlichkeit] erheben kann, Aus- gaben £ und F.

*) Dieser und die drei folgenden Absätze sind in Aus- gaben B bis P als Anmerkungen gegeben.

152

Zehnter Abschnitt

Wunder oder Verletzungen des gewöhnlichen Natur- lauls geben mag, die durch menschliches Zeugnis beweisbar sind, obwohl es vielleicht unmöglich ist, in irgendeiner Geschichtsurkunde ein solches zu finden. Setzen wir einmal den Fall, alle Schrift- steller aller Sprachen stimmten darin überein, dai3 vom 1. Januar 1600 an sich über die ganze Erde eine vollkommene Dunkelheit acht Tage lang aus- gebreitet habe, daß die Überlieferung dieses außer- ordentlichen Ereignisses noch im Volke stark und lebendig sei, daß alle Reisenden, die aus fremden Ländern zurückkehrten, uns Nachricht von der gleichen Überlieferung brächten, ganz ohne Ab- weichung und Widerspruch: so müßten offenbar unsere heutigen Gelehrten die Tatsache, statt sie zu be- zweifeln, für gewiß annehmen und nach den mög- lichen Ursachen ihrer Entstehung forschen. Verfall, Zerrüttung und Auflösung der Natur sind Ereignisse, die aus so manchen Analogien wahrscheinlich ge- macht sind, daß eine Erscheinung, die auf jenen Zu- sammenbruch hinzudeuten scheint, in den Bereich menschlichen Zeugnisses fällt, wenn nur die Zeug- nisse sehr zahlreich und gleichlautend sind. *)

Setzen wir dagegen den Fall, alle Geschichtforscher, die über England schreiben, stimmten darin überein. daß am 1. Januar 1600 die Königin Elisabeth gestorben sei; daß sie sowohl vor als nach ihrem Tode von ihren Ärzten und dem ganzen Hofe gesehen wurde, wie dies der Brauch bei Personen ihres Ranges ist; daß ihr Nachfolger vom Parlament anerkannt und aus- gerufen worden sei; und daß sie, nachdem sie einen Monat in der Erde gelegen, wieder erschienen sei, den Thron von neuem bestiegen und England noch drei Jahre regiert habe dann allerdings würde mich das Zusammentreffen so vieler sonderbaren Umstände überraschen, aber ich würde nicht im geringsten geneigt sein, an ein so wunderbares Ereignis zu

flauben. Ihren vorgeblichen Tod und jene anderen arauffolgenden öffentlichen Ereignisse würde ich nicht bezweifeln, nur behaupten, daß es eben ein

*) Dieser Satz kam in Ausgabe K hinzu.

Über Wunder.

153

vorgeblicher gewesen ist und ein wirklicher weder war noch hätte sein können. Umsonst hielte man mir die Schwierigkeit, ja fast Unmöglichkeit vor, die Welt in einer so folgenschweren Angelegenheit zu läuschen; die Klugheit ^) und das sichere Urteil dieser berühmten Königin dazu, daß der Nutzen dieses jämmerlichen Blendwerks so gering oder gar nicht vorhanden sei all das könnte mich zwar in Staunen setzen, aber ich würde dennoch erwidern, daß die Schurkerei und Narrheit der Menschen derartig ge- wöhnliche Erscheinungen sind, daß ich eher an die außerordentlichsten Ereignisse als Folge ihres Zu- sammenwirkens glauben, als eine so einzigartige Ver- letzung der Naturgesetze anerkennen möclite.

Nähme man aber dies Wunder für irgend ein neues Religionssystem in Anspruch, so müßte, da die Menschen zu allen Zeiten durch lächerliche Geschichten solcher Art so sehr getäuscht worden sind, dieser Umstand gerade als voller Beweis des Betrugs gelten und allen verständigen Leuten genügen, die Tat- sache nicht nur zu verwerfen, sondern dies sogar ohne weitere Prüfung zu tun. Wenn auch das Wesen, dem man das Wunder zuschreibt, in dem Falle all- mächtig wäre, so wird dieses dadurch nicht eine Spur wahrscheinlicher; ist es ums doch nur möglich, die Eigenschaften oder Handlungen eines solchen Wesens aus der Erfahrung, die wir von seinen Äußerungen im gewohnten Naturlauf haben, kennen zu lernen. Dies verweist uns auf frühere Beobachtung und nötigt uns zum Vergleich zwischen Fällen der Wahrheite- verletzung im menschlichen Zeugnis und solchen der Verletzung der Naturgesetze durch Wunder, um uns ein Urteil zu bilden, welche von ihnen am nächsten liegen und am wahrscheinlichsten sind. Da die Wahr- heitsverletzungen im Zeugnis über religiöse Wunder häufiger sind als in dem über irgendwelche anderen Tatsachen, so muß dieser Umstand das Gewicht des ersteren sehr herabmindern und uns ein für allemal zu dem Entschluß führen, es niemals zu beachten, sei es auch in noch so glänzenden Schein gehüllt

^) und Rechtschaffenheit, Ausgaben E bii P.

154

Zehnter Abschnitt.

LordBaconi) scheint denselben Prinzipien derVer- nnnfttatigkeit gehuldigt zu haben. „Wir sollten,*^ sagt er, ,,eine Sammlung oder SpezialgeschichteTon allen Ab- normitäten, Mißgä>urten oder Mißbildungen anlegen, kurz von allem Neuen, Seltenen und Außergewöhn- lichen in der Natur. Doch hat dies mit der strengsten Auswahl zu geschehen, damit wir nicht von der Wahr- heit abweichen. Vor allem muß jeder Bericht als verdächtig gelten, der, wie die Wundererzählungen des Livius, irgendwie zur Religion in Beziehung steht. Nicht minder aber alles, was sich in den Schriften über natürliche Magie und Alchimie oder ähnliches findet, deren Verfasser sämtlich eine unbesiegbare Gier nach Unwahrheit und Märchen haben.***)

Ich bin mit der hier entwickelten Methode der Ver- nunfttätigkeit um so zufriedener, als sie meines Er- achtens dazu dienen kann, jene gefährlichen Freunde oder versteckten Feinde der christlichen Religion abzuführen, die es unternommen haben, sie mit den Prinzipien der menschlichen Vernunft zu verteidigen. Unsere allerheiligste Religion gründet sich auf Glauben, nicht auf Vernunft. Es ist der sichere Weg, sie bloßzustellen, wenn man sie einer solchen Probe aussetzt, die zu bestehen sie in keiner Weise ge- eignet ist Zur näheren Beleuchtung wollen wir jene in der Schrift berichteten Wunder vornehmen; um uns dabei nicht zu weit zu verlieren, werden wir uns auf die beschränken, die wir im Pentateuch vorfinden, und diese nach den Prinzipien jener angeblichein Christen prüfen, also nicht als Gottes Wort oder Zeug- nis selbst, sondern als das Machwerk eines bloß menschlichen Verfassers und Geschichtschreibers. Da haben wir denn zunächst ein Buch vor ons^ das uns von einem barbarischen, unwissenden Volk überliefert ist, zu einer Zeit geschrieben, wo es noch barbarischer war und die Ereignisse sehr wahrscheinlich längst vergangen, von denen es berichtet, durch kein gleich- lautendes Zeugnis bestätigt und jenen Märchenerzäh-

') Dieser Absatz, der sich in den Ausgaben E und F nicht vorfindet, steht in den Ausgaben K bis P als Anmerkung; «r wird in den Ausgaben K bis P lateinisch angefahrt.

•) Not. org. Hb. 11 «ph. 29.

Über Wunder.

155

lungen gleichend, die jedes Volk von seinem Ursprung gibt Beim Lesen dieses Buches stoßen wir überall auf Naturwidrigkeiten und Wunder. Es berichtet von einem Zustand der Welt und der Menschennatur, der völlig von dem gegenwärtigen abweicht; von unserer Vertreibung aus diesem Zustande; von einer Lebens- dauer des Menschen, die fast tausend Jahre erreicht; von der Zerstörung der Welt durch eine Sintflut; von der willkürlichen Erwählung eines Volkes als Günstling des Himmels und dies Volk sind die Landsleute des Verfassers; von seiner Befreiung aus der Knechtschaft durch Naturwidrigkeiten der er- staunlichsten Art. Nun bitte ich einen jeden, Hand aufs Herz und nach reiflicher Erwägung zu be- kennen, ob es ihm dünkt, daß die Falschheit eines solchen Buches, das durch solches Zeugnis gestützt wird, außerordentlicher und wunderbarer sein würde als alle die Wunder, die es berichtet; und doch wäre dies gemäß dem vorher aufgestellten Wahrscheinlich- keitsmaßstab notwendig, um ihm Anerkennung zu ver- schaffen.

Was wir über Wunder sagten, läßt sich ohne jede Änderung auch auf Prophezeiungen anwenden; denn in der Tat sind alle Prophezeiungen wirkliche Wunder und können nur als solche zum Beweise für eine Offen- barung dienen. Überschritte ein Voraussagen der Zukunft nicht die f^higkeiten der menschlichen Natur, so wäre es unsinnig, irgend eine Prophezeiung als Begründung für eine göttliche Sendung oder vom Himmel stammende Machtbefugnis anzuführen. So dürfen wir alles in allem schließen, daß die christ- liche Religion nicht nur im Anfange von Wundem begleitet war, sondern noch heutigen Tages von keinem verständigen Menschen ohne die Annahme eines solchen geglaubt werden kann. Bloße Vernunft ist ungenügend, um uns von ihrer Wahrheit zu überzeugen. Wen der Glaube bewegt, ihr zuzustimmen, der ist sich eines fortgesetzten Wunders in seiner eigenen Person be- wußt, das alle Prinzipien seines Verstandes um- kehrt und ihn bestimmt, das zu glauben, was dem Gewohnten und der Erfahrung am meisten wider- streitet.

' w

Elfter Abschnitt.

Ober eine besondere Vorsehung und ein zulcünftiges Dasein.^)

Jüngst unterhielt ich mich mit einem Freunde, der skeptische Paradoxe liebt; obwohl ich viele Prin- zipien, die er dabei vorbrachte, keineswegs billigen kann, so scheinen sie doch interessant zu sein und einigermaßen in Beziehung zu der durch diese Unter- suchung laufenden Reihe von Gedankengangen zu stehen, weswegen ich sie hier so genau wie "möglich aus der Erinnerung wiedergeben wül, um sie dem Ur- teil des Lesers zu unterbreiten.

Unser Gespräch begann damit, daß ich das seltene Glück der Philosophie bewunderte.- Sie, die voll- kommener Freiheit als ihres höchsten Vorrechts be- darf und hauptsächlich durch den ungehinderten Kampf der entgegengesetzten Meinungen und Beweisführungen zur Blüte kommt, hatte ihre erste Wiege zu einer Zeit und in einem Lande der Freiheit und Duldsamkeit und wurde selbst in ihren ausschweifendsten Prinzipien niemals durch Glaubenssätze, Bekenntnisse und Straf- bestimmungen eingeengt Außer der Verbannung des Protagoras und der Hinrichtung des Sokrates, welch letztere teilweise aus anderen Beweggründen er- folgte, finden sich kaum Beispiele in der alten Ge- schichte für diesen frömmelnden Eifer, an dem das jetzige Zeitalter so stark krankt Epikur lebte bis zu hohem Alter in Athen in Frieden und Ruhe; Epi- kuraer*) wurden selbst zu den priesterlichen Weihen zugelassen und verrichteten am Altar die heiligsten

*) Von den praktischen Folgen der natürlichen Religion: Ausgabe E.

*) Lnoiani ovfm ij Xani^at 9.

Ober eine besond. Vorsehung u. ein zukünftiges Dasein. 157

Zeremonien der Staatsreligion; ebenso wurden die off entliehen Unterstützungen*) in Form von Jahr- geldern und Gehältern von dem weisesten aller rö- mischen Kaiser *) gleichmäßig den Lehrern einer jeden philosophischen Sekte gewährt. Wie sehr die Philo- sophie in ihrer frühen Jugend einer derartigen Be- handlung bedurfte, begreift sich leicht, wenn wir be- denken, daß selbst heutzutage, wo man sie doch für kräftiger und widerstandsfähiger halten sollte, sie nur schwer die Ungunst der Zeiten und jene rauhen Winde der Verleumdung und Verfolgung erträgt, die über sie hinfahren.

Du bewunderst, sagte mein Freund, als ein sel- tenes Glück der Philosophie, was doch nur aus dem natürlichen Lauf der Dinge zu entspringen und in jedem Zeitalter, bei jedem Volke unvermeidlich zu sein scheint Diese hartnäckige Frömmelei, über die du dich beklagst, weil sie der Philosophie so schädlich sei, ist in Wahrheit ihr Sprößling; erst nach ihrer Verbindung mit dem Aberglauben trennt sie sich völlig von der Partei ihrer Mutter und wird ihre er- bitterte Feindin und Verfolgerin. So tiefsinnige Glaubenssätze, wie sie gegenwärtig Anlaß zu wütendem Streit geben, konnten unmöglich in den frühsten Zeit- altern erdacht oder angenommen werden; damals bil- dete sich die noch ganz ungelehrte Menschheit re- ligiöse Vorstellungen, die besser zu ihrer schwachen Fassungskraft paßten, und stellte ihre heiligen Satzungen aus Erzählungen zusammen, die mehr Gegenstand des überlieferten Glaubens als der Be- gründung und Diakussion waren. Nachdem nun der erste Schreck vorüber war, den die neuen Paradoxe und Prinzipien der Philosophen erregt hatten, scheinen diese Lehrer die ganze folgende Zeit des Altertums in großer Eintracht mit dem herrschenden Aber- glauben gelebt und sich mit ihm in die Menschheit redlich geteilt zu haben. Die ersteren beanspruchten alle Gebildeten und Klugen, dem letzteren gehörte die ungebildete Masse.

^) Luciani svvoü/og 3. «) Id. u. Die.

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£lfter AbsolmiU.

Du scheinst demnach, erwiderte ich, politische Rücksichten ganz aus dem Spiel zu lassen und nicht anzunehmen, daß eine weise Obrigkeit mit Recht auf gewisse Sätze der Philosophie scheel sehen könne, wie etwa auf die des Epikur, welche mit ihrem Leugnen der Existenz Gottes und folglich einer Vorsehung und eines zukünftigen Daseins in beträchtlichem Maße die Bande der Sittlichkeit zu lockern scheinen und aus diesem Grunde als verderblich für den Frieden der bür- gerlichen Gesellschaft wohlangesehen werden können.

Ich weiß, antwortete er, daß diese Verfolgungen in der Tat zu keiner Zeit jemals das Werk ruhiger Vernunft oder der Erfahrung von den verderb- lichen Folgen der Philosophie waren, sondern einzig aus Affekten und Vorurteil entsprangen. Wie aber, wenn ich weitergehen und behaupten wollte, daß Epikur, falls er durch einen der Sykophanten oder Angeber jener Tage vor dem Volke angeklagt worden wäre, seine Sache mit Leichtigkeit hätte verteidigen und beweisen können, daß seine philosophischen Prin- zipien ebenso heilsam wären, wie die seiner Gegner, welche ihn mit solchem Eifer dem allgemeinen Haß und Übelwollen auszusetzen strebten.

Ich wünschte, sagte ich, du versuchtest deine Be- redsamkeit an einem so ungewöhnlichen Vorwurf und hieltest eine Rede für Epikur, die zwar nicht den Pöbel von Athen zu befriedigen brauchte, wenn du zugibst, daß eine so alte und kultivierte Stadt über- haupt einen Pöbel besessen hat, aber den philosophisch gebildeten Teil ^seiner Zuhörerschaft, bei dem ein Verständnis seiner Begründungen vorausgesetzt wer- den darl

Unter solchen Bedingungen dürfte das nicht schwer sein, erwiderte er. Wenn du nichts dagegen hast, will ich einen Augenblick die Rolle Epikurs über- nehmen und dich das Volk von Athen vertreten lassen; ich werde eine solche Ansprache an dich halten, daß sich die Urne ganz mit weißen Bohnen füllt und die Bosheit meiner Gegner sich an keiner schwarzen er- freuen kann.

Sehr wohl; beginne bitte unter diesen Voraus- setzungen.

Über eine besond. Vonehung u. ein zukflnftigef Dasein. 159

Ich trete vor euch hin, ihr Athener, um in eurer Versammlung das zu rechtfertigen, was ich in meiner Schule gelehrt habe. Ich finde mich angeklagt von wütenden Gegnern, anstatt mit ruhigen und leiden- schaftlosen Forschern vernünftig zu reden. Elure Verhandlungen, die von Rechts wegen Fragen des öffentlichen Wohls und des Staatsinteresses zuge- wendet sein sollten, haben sich Untersuchungen der spekulativen Philosophie zugewendet; und diese er- habenen aber vielleicht fruchtlosen Forschungen er- setzen eure alltäglichere aber auch nützlichere Be- schäftigung. Soweit es an mir liegt, will ich diesem Mißbrauch vorbeugen. Wir werden hier nicht über den Ursprung und die Regierung der Welten verhandeln. Wir werden nur untersuchen, wie weit derartige Fragen das öffentliche Interesse berühren. Und wenn ich euch überzeugen kann, daß sie für den Frieden der Gesellschaft und die Sicherheit der Regierung ganz ohne Bedeutung sind, so werdöt ihr uns hoffentlich alsbald in unsere Schulen zurück- senden, dort in Muße die Frage zu prüfen, welche zwar die erhabenste, aber zugleich auch die tiefsin- nigste in der ganzen Philosophie ist.

Die Religionsphilosophen begnügen sich nicht mit der Überlieferung eurer Vorfahren, den Lehren eurer Priester (denen ich mich gern unterwerfe), sondern geben voreiliger Neugier Raum und versuchen, in- wieweit sie <üe Religion auf Vernunftprinzipien er- bauen können. So erregen sie, statt sie zu befriedigen, Zweifel, die naturgemäß bei einer gründlichen und peinlichen Untersuchung entstehen müssen. In den prächtigsten Farben malen sie die Ordnung, Schönheit und weise Einrichtung des Weltalls; und dann fragen sie, ob solch herrliche Entfaltung von Einsicht aus dem ungefähren Zusammentreffen der Atome ent- stehen, oder ob der Zufall das hervorbringen könne, was der größte Geist nie genugsam zu bewundem vermag. Ich will die Richtigkeit dieser Begründung nicht prüfen. Sie mag so stichhaltig sein, wie es meine Gegner und Ankläger nur wünschen können. Es ge- nügt, wenn ich aus dem nämlichen Gredankengang beweisen kann, daß diese Frage gänzlich spekulativ

160

Slfter Abschnitt.

ist, und daß, wenn ich in meinen philosophischen Be- trachtungen eine Vorsehung und ein künftiges Da- sein leugne, ich nicht die Grundlagen der Geeell- schaft untergrabe, sondern Prinzipien aufstelle, die sie selbst aiä ihrem eigenen Gebiete, wenn anders sie richtig folgern, als stichhaltig und befriedigend anerkennen müssen.

Ihr, meine Ankläger, habt also selbst zugegeben, daß die hauptsächliche oder einzige Begründung für das Dasein eines Gottes (das ich nie in Frage gestellt habe) aus der Ordnung der Natur abfließt. Bestehen doch in ihr solche Anzeichen von Intelligenz und Ab- sicht, daß es euch ausgefallen dünkt, dafür als Ur- sache entweder den Zufall oder die blinde führerlose Kraft des Stoffes anzugeben. Ihr gebt zu, daß dies eine Begründung ist, die von Wirkungen zu Ur- sachen geht Aus der Anordnung des Werks leitet ihr ab, daß Planmäßigkeit und Voraussicht dem Werk- meister zu eigen gewesen sein müssen. Wenn ihr diesen Punkt nicht sicherstellen könnt, so fällt nach eurem Geständnis euer Schluß dahin; und ihr be- ansprucht nicht, dem Schluß eine weitere Greltung zu verschaffen, als die Naturerscheinungen rechtfertigen. Soviel räumt ihr ein. Ich fordere euch aut die Folgen zu beachten.

Wo wir irgend eine bestimmte Ursache aus einer Wirkung herleiten, müssen wir die eine zur anderen ins Verhältnis setzen und können uns niemals ge- statten, der Ursache mehr Eigenschaften zuzu- schreiben, als gerade benötigt werden, die Wirkung zu erzielen. Wenn ein zehn Unzen schwerer Körper sich in einer Wagschale hebt, so kann das als Beweis dienen, daß das Gegengewicht zehn Unzen übersteigt; kann aber niemals einen Grund abgeben, daß es hundert übersteigt Ist die Ursache, die einer Wirkung zugeschrieben wird, nicht ausreichend, sie hervor- zubringen, so müssen wir entweder diese Ursache verwerfen, oder ihr solche Eigenschaften hinzufügen, die sie zu der Wirkung in ein richtiges Verhältnis bringen. Schreiben wir ihr aber weitere Eigenschaften zu oder die Fähigkeit, andere Wirkungen hervorzu- bringen, so geben wir eben nur Vermutungen Raum

Über eine besond. Vorsehnng o. ein zukflnfliges Dasein. 161

und setzen willkürlich ohne Grund und Verbind- lichkeit das Dasein von Eigenschaften und Kräften voraus.

Dieselbe Regel gilt, mag die angeführte Ursache der stumpfe, unbewußte Stoff oder ein vernünftiges, intellektbegabtes Wesen sein. Läßt sich die Ursache nur aus der Wirkung kennen lernen, so sollten wir ihr niemals weitere Eigenschaften zuschreiben als die un- umgänglich zur Erzeugung der Wirkung erforderlichen. Ebensowenig dürfen wir, nach allen Regeln folge- rechter Vernunfttätigkeit, wieder von der Ursache aus- gehen und andere Wirkungen aus ihr herleiten, über die hinaus, durch welche sie uns allein bekannt ist Niemand könnte, allein aus dem Anblick eines Gemäldes von Zeuxis wissen, daß dieser auch ein Bildhauer und Baumeister gewesen ist, und als Künstler nicht minder geschickt in Stein und Marmor als in Farben. Nur das Talent und den Geschmack, der in dem bestimmten uns vorliegenden Werke sich entfaltet, können wir mit Zuversicht als Eigenschaften des Werkmeisters er- schließen. Die Ursache muß zu der Wirkung im Ver- hältnis stehen; und wenn wir sie vollkommen genau an- passen, so werden wir an ihr niemals Eigenschaften fin- den, die auf weiteres hinweisen oder die Ableitung von irgendwelchen anderen Absichten oder Taten erlauben. Solche Eigenschaften müßten einen Überschuß bilden über das hinaus, was nur gerade erforderlich zur Erzeugung der untersuchten Wirkung ist

USumen wir also ein, daß die Götter Urheber des Daseins oder der Ordnung des Weltalls sind; so folgt daraus, daß sie genau den Grad von Macht, Intelligenz und Wohlwollen besitzen, der in ihrem Werke erscheint; aber nichts weiter kann bewiesen werden, wenn man nicht Übertreibung und Schmeichelei zu Hilfe nehmen will, um die Lücken in der Begründung und im Gedankengang zu ergänzen. Soweit in der Gegenwart sich Spuren irgendwelcher Eigenschaften zeigen, soweit dürfen wir auf das Dasein dieser Eigen- schaften schließen. Die Annahme weiterer Eigen- schaften ist reine Hypothese; noch mehr die Annahme, daß in fernen Räumen oder Zeiten eine glorreich^e Entfaltung dieser Eigenschaften und ein Regierungs-

H«me, Unteraachg. ab. d. menichl. Verstand.

11

162

Ellber Abschnitt.

plan bestanden haben oder bestehen werden, die solchen erdichteten Tugenden angemessen sind. Wir dürfen uns niemals erlauben, von dem Weltall als Wirkung zu Jupiter als Ursache aufzusteigen, und dann niederzusteigen, um irgend eine neue Wirkung aus dieser Ursache abzuleiten; als ob die gegen- wärtigen Wirkungen allein der ruhmvollen Eigen- schaften nicht ganz würdig wären, die wir jener Gottheit zuschreiben. Da das Wissen um die Ur- sache einzig aus der Wirkung abgeleitet ist, so müssen beide einander angepaßt sein und keine kann je auf etwas weiteres hinweisen, noch die Grundlage irgend einer neuen Ableitung oder Schlußfolgerung ergeben.

Ihr findet gewisse Naturerscheinungen vor. Ihr sucht nach einer Ursache oder einem Urheber. Ihr meint ihn gefunden zu haben. Ihr verliebt euch nach- träglich dermaßen in diesen Sprößling eures Gehirns, daß es euch unmöglich dünkt, er solle nicht etwas Größeres und Vollkommeneres hervorbringen als das augenblickliche Weltschauspiel, das so voll Übel und Ver- wirrung ist Ihr vergeßt, daß diese höchstgesteigerte Intelligenz und Güte durchaus nur Geschöpfe der Einbildung sind oder wenigstens in der Vernunft keine Grundlage finden, und daß ihr nicht berechtigt seid, diesem Wesen irgendwelche Eigenschaften zu- zuschreiben, außer denen, die ihr tatsächlich in seinen Werken ausgeübt und entfaltet seht. Denkt euch also, ihr Philosophen, eure Götter angemessen den gegenwärtigen Naturerscheinungen; unternehmt es nicht, diese Erscheinungen durch willkürliche An- nahmen zu verschieben, um sie auf die Eigenschaften zuzuschneiden, die ihr so gern euren Gottheiten zu- erteilt.

Wenn Priester und Poeten, durch euer Ansehen gestützt, 0 Athener, von einem goldenen oder sil- bernen Zeitalter reden, das dem gegenwärtigen Zu- stand des Lasters und Elends voranging, so lausche ich ihnen aufmerksam und verehrend. Wenn aber Philosophen, die vorgeben, keine Autorität anzuer- kennen, dagegen die Vernunft zu pflegen, sich in denselben Reden ergehen, so kann ich ihnen aller- dings nicht die gleiche gehorsame Unterwürfigkeit

Über eine besond. Vonehong a. ein zukünftiges Dasein. 163

und fromme Ergebenheit zollen. Wer, frage ich, führte sie denn in die himmlischen Gefilde, wer ließ sie im Rate der Götter zu, wer erschloß ihnen das Schicksalsbuch, daß sie so voreilig behaupten dürfen, ihre Gottheiten hätten irgend einen Plan vollführt oder würden es tun, der über die tatsächliche Er- scheinungswelt hinausginge? Erwidern sie mir, daß sie auf der Treppe oder dem gradweisen Aufstieg der Vernunft emporgeklommen sind, indem sie Ursachen aus Wirkungen abgeleitet hätten, so muß ich darauf bestehen, daß sie diesen Aufstieg der Vernunft durch die Einbildung beflügelt haben; sonst könnten sie niclit ihre Art der Ableitung so ändern, daß sie aus Ur- sachen Wirkungen folgern durch die Annahme, daß ein vollkommeneres Erzeugnis als die gegen- wärtige Welt so vollkommenen Wesen wie den Göttern angemessener sei, und dabei vergessen, daß sie keinen Grund haben, diesen himmlischen Wesenheiten irgend eine Vollkommenheit oder Eigenschaft zuzuschreiben, die sich in der gegenwärtigen Welt nicht vorfindet. Daher all die fruchtlosen Bemühungen, Rechen- schaft über die Erscheinungen des Übels in der Natur zu geben und die Ehre der Grötter zu retten, während wir doch die Tatsache des Bösen und der Wirrnis, woran die Welt so überreich ist, anerkennen müssen. Die Materie mit ihren Eigenschäften starrer Wider- setzlichkeit, sagt man, die Befolgung allgemeiner Gesetze oder sonst ein ähnlicher Grund ist die alleinige Ursache, die die Macht und Güte Jupiters beschränkt und ihn genötigt hat, die Menschen und alle fühlenden Geschöpfe so unvollkommen und unglücklich zu er- schaffen. Diese seine Attribute gelten also anscheinend von vornherein in ihrer weitesten Ausdehnung als zugestanden, und unter dieser Voraussetzung mögen allerdings solche Vermutungen vielleicht als annehm- bare ^klärungen der erscheinenden Übel hin- genommen werden. Aber ich frage wieder: warum sollen wir diese Attribute zugestehen oder weshalb in die Ursache noch andere Eigenschaften verlegen, als sich tatsächlich in der Wirkung zeigen? Warum quält ihr euer Hirn damit, den Naturlauf auf Grund von Vermutungen zu rechtfertigen, die, soviel ihr

164

Blfter Abschnitt

wil3t, gänzlich atis der Einbildnngskraft stammen mögen und von denen sich keinerlei Spuren im Natur- lauf vorfinden?

Die religiöse Hypothese ist demnach nur als eine besondere Weise anzusehen, über die sichtbaren Erscheinungen des Weltalls Rechenschaft zu geben; aber kein folgerichtiger Denker wird es je wagen, daraus eine Einzeltatsache abzuleiten oder eine Er- scheinung in irgend einer Einzelheit abzuändern oder zu bereichern. Denkt ihr, daß die Erscheinungen oder Dinge solche Ursache beweisen, so dürft ihr eine Ableitung des Daseins dieser Ursachen wagen. In solch verwickelten und erhabenen Fragen sollte jedem die Freiheit der Vermutungen und Begründungen ge- stattet sein. Aber hier müßt ihr Halt machen. Wenn ihr umkehrt und aus euren abgeleiteten Ursachen er- schließt^ daß irgend eine andere Tatsache im Natur- lauf existiert hat oder existieren wird, die als deut- lichere Offenbarung gewisser Attribute dienen könnte, so muß ich Einfipruch erheben; ihr seid dann von der Methode der Vemunfttätigkeit abgewichen, die der vorliegenden Frage gebührt, und £ibt gewiß den Attributen der Ursache etwas zugefugt über das in der Wirkung erscheinende hinaus. Sonst könntet ihr niemals leidlich sinnvoll und angemessen der Wirkung etwas hinzufügen, um sie der Ursache werter zu machen.

Worin liegt nun das Hassenswerte jener Lehre^ die ich in meiner Schule vortrage oder viel- mehr, die ich in meinen Gärten erörtere? Oder könnt ihr in dieser ganzen Frage etwas entdecken, wo- durch die Sicherheit der guten Sitten oder Friede und Ordnung der Gesellschaft, im geringsten betroffen würden?

Ich leugne, so sagt ihr, eine Vorsehung und einen obersten Lenker der Welt, der den Lauf der Er- eignisse leitet, die Lasterhaften mit Schande und Ent- täuschung straft, die Tugendhaften mit Ehre und Erfolg belohnt in allen ihren Unternehmungen. Aber sicherlich leugne ich doch nicht den Ablauf der Er- eignisse selbst der ja jedermanns Prüfung und Unter- suchung offensteht. Ich erkenne an, daß in der gegen- wartigen Ordnung der Dinge die Tugend mehr Seelen-

über eine besond. Vorsehung vu ein zukünftiges Dasein. 165

frieden im Gefolge hat als das Laster und in der Welt eine günstigere Aufnahme findet. Mir ist bewußt, daß nach den Erfahrungen, die die Menschheit bisher gesammelt, die Freundschaft der Hauptgenuß des Lebens ist und Mäßigkeit der einzige Quell der Ruhe und des Glücks. Ich schwanke nie zwischen einem tugendhaften und lasterhaften Lebenswandel, sondern weiß, daß für einen wohlgearteten Geist alle Vorteile auf der Seite des ersteren liegen. Was mehr aber könnt ihr behaupten, selbst wenn ich euch alle eure Annahmen und Gedankengänge zugebe? Ihr sagt allerdings, daß diese Anordnung der Dinge aus Ver- nunft und Absicht hervorgehe. Aber woraus auch immer sie hervorgeht, die Anordnung selbst, von der unser Glück und Elend und folglich die Führung und Haltung unseres Lebens abhängig ist, bleibt stets die gleiche. E^s steht mir wie dir immer noch frei, mein Betragen nach meiner Erfahrung vergangener Er- eignisse zu regeln. Versichert IIlt aber, daß ich bei der Annahme einer göttlichen Vorsehung und einer höchsten austeilenden Gerechtigkeit im Weltall noch einen besonderen Lohn für das Gute und eine be- sondere Strafe für das Böse über den gewöhnlichen Lauf der Ereignisse hinaus zu erwarten hätte so finde ich hier denselben Trugschluß, den ich mich eben aufzudecken bemüht habe. Ihr verharrt bei der Einbildung, daß aus der zugestandenen Existenz jenes göttlichen Wesens, für welche ihr so eifrig kämpft, gültige Folgerungen abzuleiten sind lind der er- fahrungsmäßigen Ordnung der Natur auf Grund der Attribute, die ihr euren Göttern zuschreibt, etwas hinzugefügt werden kann. Ihr scheint zu vergessen, daß all eure Gedankengänge über diesen (Gegenstand lediglich von den Wirkungen zu den Ur- sachen fortschreiten dürfen und daß jede Begründung, die von den Ursachen zu den Wirkungen geht, not- wendig ein grober Fangschluß sein muß. Ist es euch doch unmöglich, von der Ursache irgend etwas zu wissen, daß ihr nicht vorher voll in der Wirkung entdeckt, aber nicht etwa aus ihr abgeleitet habt

Was muß nun ein Philosoph von jenen eitlen Denkern halten, welche das gegenwärtige Weltbild

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Elft«r Absehüitt.

nicht als den alleinigen Gegenstand ihrer Betrach- tung ansehen, sondern statt dessen sogar den ganzen Natnriauf in dem Grade umkehren, daß sie dieses Leben lediglich zu einer Brücke für ein Jenseits machen, zu einem Tor, das zu einem größeren und völlig verschiedenen Gebäude führt, einer Vorrede, die nur zur Einführung des Stückes dient, um ihm mehr Reiz und Würde zu verleihen. Woher, glaubt ihr wohl, können solche Philosophen ihre Vorstellung von den Göttern entnehmen? Sicherlich nur aus ihren eigenen Erdichtungen und Einbildungen. Gewönnen sie sie nämlich aus den gegenwärtigen Erscheinungen, so würde das nie über diese hinausweisen, sondern ihnen genau angepaßt sein. Daß die Gottheit mög- licherweise mit Attributen ausgestattet sein kann, deren Auswirkung wir nie gesehen haben, daß sie in ihrem Handeln von Prinzipien beherrscht sein kann, deren Erfüllung wir nicht entdecken können all das mag getrost eingeräumt werden. Aber es bleibt inmier eine reine Möglichkeit und Hypothese. Wir haben niemals Grund, irgendwelche Attribute oder Prinzipien für ihr Handeln abzuleiten über die- jenigen hinaus, deren Auswirkung und Erfolg wir kennen gelernt haben.

Gibt es irgend welche Anzeichen einer austeilenden Gerechtigkeit in der Welt? Ant- wortet ihr bejahend, so schließe ich, daß die Ge- rechtigkeit, da sie sich hier auswirkt, auch ihre Er- füllung findet Antwortet ihr verneinend, so schließe ich, daß ihr dann keinen Grund habt, den Göttern Gerechtigkeit in unserem Sinne zuzuschreiben. Haltet ihr die Mitte zwischen Bejahung und Verneinung mit der Behauptung, daß die Gerechtigkeit der Götter sich gegenwärtig zum Teil, aber nicht in ihrem vollen Umfange auswirkt: so antworte ich, daß ihr keinen Grund habt, ihr irgend einen weiteren Umfang zu geben, als den, dessen Auswirkung ihr gegen- wärtig seht.

So, ihr Athener, bringe ich den Streit mit meinen Widersachern zu einem schnellen Ende. Der Natur- lauf liegt meiner Betrachtung ebenso offen wie der ihren. Der Fluß der Ereignisse, wie wir ihn er-

Ober eine beiond. Vorsehnng u. ein zukünftiges Dasein. 167

fahren, ist der große Maßstab, nach dem wir alle unser Benehmen regeln. Auf nichts anderes kann man sich im Felde wie im Rate berufen; von nichts anderem sollte in der Schule wie im Studierzimmer die Rede sein. Vergeblich möchte unser begrenzter Verstand diese Schranken durchbrechen, die zu eng für unsere anspruchsvolle Einbildung sind. Indem wir aus dem Naturlauf Begründungen entnehmen und eine bestimmte vernünftige Ursache herleiten, welche die Weltordnung erst verlieh und noch erhält, bekennen wir uns zu einem Prinzip, das sowohl ungewiß wie nutzlos ist. Ungewiß: weil der Gegenstand durchaus jenseits des Bereichs menschlicher Erfahrung liegt Nutzlos: weil unsere Kenntnis dieser Ursache, die lediglich aus dem Naturlauf gewonnen ist, uns nach den Regeln folgerechter Vernunfttätigkeit nie befähigt von der Ursache rückwärts neue Ableitungen zu vollziehen oder irgend neue Prinzipien der Lebensführung und des Benehmens dadurch aufzustellen, daß wir dem ge- wöhnlichen und erfahrenen Naturlauf etwas hinzu- fügen.

Ich bemerke, sagte ich, als er seine Rede beendet hatte, daß du den Kunstgriff der alten Volksredner nicht verschmähst; da ich nach deinem Wunsche das Volk vertreten sollte, so buhlst du auf die Weise um meine Gunst, daß du dich zu jenen Prinzipien bekennst denen ich, wie du weißt stets besonders zugetan gewesen bin. Aber wenn ich dir auch ge- statte, die Erfahrung zum alleinigen Maßstab unserer Beurteilung dieser Tatsachenfrage wie aller übrigen zu machen, (wie du es wirklich solltest), so dürfte es doch zweifellos möglich sein, von der nämlichen Er- fahrung aus, auf die du dich berufst den (Gedanken- gang zurückzuweisen, welchen du dem Epikur in den Mund gelegt hast. Wenn du zum Beispiel ein halb fertiges Gebäude erblicktest, um das Haufen von Ziegeln, Steinen und Mörtel und alle Maurerwerk- zeuge herumlägen, könntest du dann nicht aus der Wirkung ableiten, daß es ein Werk planmäßiger Absicht ist? Und könntest du nicht wiederum rück- wärts aus dieser abgeleiteten Ursache neue Bestand- teile ableiten, die zur Wirkung hinzukonmien, und

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nftar Abiohnitt

schließen, daß das Gebäude bald beendet sein und all die weiteren Verbesserungen erhalten werde, welche die Kunstfertigkeit ihm erteilen kann? Wenn du am Meeresufer den Eindruck eines menschlichen Fußes sähest, so würdest du schließen, daß ein Mensch diesen Weg gegangen sei und er auch die Spur des anderen Fußes zurückgelassen habe, ob- gleich diese durch das Treiben des Sandes oder die Überschwemmung des Wassers ausgelöscht worden ist. Warum sträubst du dich denn, die gleiche Methode der Vernunfttätigkeit dort, wo es sich um die Natur- ordnung handelt, anzuerkennen? Betrachte die Welt und das gegenwärtige Leben nur als ein unvoll- kommenes Gebäude, aus dem du eine höhere Vernunft ableiten kannst; warum willst du denn nicht, aus- gehend von dieser höheren Vernunft, die nichts un- vollendet lassen kann, die Ableitung auf einen voll- endeteren Entwurf und Plan wagen, der seine Er- füllung an einem entfernten Punkte des Raumes oder der Zeit finden wird? Sind nicht diese beiden Me- thoden der Vernunfttätigkeit völlig gleichartig? Und unter welchem Vorwand kannst du dich zu der einen bekennen und die andere verwerfen?

Die unendliche Verschiedenheit der Gegenstände, antwortete er, genügt als Grundlage für die Ver- schiedenheit in meinen Schlüssen. Bei Werken menschlicher Kunst und Erfindung ist es erlaubt, von der Wirkung zur Ursache fortzuschreiten und rückwärts von der Ursache neue Ableitungen über die Wirkung zu vollziehen, sowie Veränderungen zu prüfen, die diese vielleicht erlitten hat oder noch erleiden wird. Aber auf welcher Grundlage ruht diese Methode der Vernunfttätigkeit? Offenbar auf dem Um- stand, daß der Mensch ein Wesen ist, das wir durch Erfahrung kennen, dessen Beweggründe und Ab- sichten uns vertraut sind und dessen Pläne und Nei- gungen in gewissem Grade Verknüpfung und Ein- heitlichkeit nach den Gesetzen zeigen, welche die Natur für die Leitung solcher Geschöpfe aufgestellt hat Wo wir also finden, daß ein Werk der Ge- schicklichkeit und dem Fleiß eines Menschen ent- sprungen ist, da können wir kraft unserer sonstigen

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Über eine besond. Vonehong u. ein rakfinftigas Dasein. * 1 69

Bekanntschaft mit der Natur dieses Lebewesens hun- derterlei darüber ableiten, was von ihm zu erwarten ist; und all diese Ableitungen werden sich auf Er- fahrung und Beobachtung stützen. Wüßten wir da- gegen vom Menschen nur durch das einzelne Werk und Erzeugnis, das wir untersuchen, so könnten wir unmöglich in dieser Weise vorgehen; da nämlich unsere Kenntnis aller Eigenschaften, die wir ihm zuschreiben, in jenem Falle von seinem Erzeugnis stammt, so können diese Eigenschaften unmöglich über es hinaus- führen, noch die Grundlage abgeben für irgend eine neue Ableitung. Der Abdruck eines Fußes im Sande kann für sich allein genommen nur beweisen, daß eine ihm entsprechende G^talt vorhanden gewesen ist, die ihn hervorgebracht hat. Aber der Abdruck eines menschlichen Fußes beweist gleicherweise nach unserer anderweitigen Erfahrung, daß wahrscheinlich noch ein anderer Fuß vorhanden gewesen ist, der auch seine Spur zurückgelassen ha^ die nur durch die Zeit oder irgendwelchen Zufall verlöscht worden ist Hier steigen wir von der Wirkung zur Ursache auf, und von der Ursache wieder herabsteigend, leiten wir Veränderungen an der Wirkung ab; aber das ist keine Fortsetzung der gleichen eiiäachen Kette von Denkakten. Wir verwenden in diesem Falle eine An- zahl anderer Erfahrungen und Beobachtungen, über die gewöhnliche Gestalt und die Gliedmaßen solcher Art Lebewesen, ohne welche dieses Begründungs- verfahren als täuschend und trügerisch erachtet werden muß.

Bei unseren Gedankengängen, die sich den Werken der Natur entnehmen, liegt der Fall nicht ebenso. Die Gottheit kennen wir nur aus ihrer Schöpfung; sie ist ein Einzelwesen im All, das nicht unter eine Art oder Gat- tung fällt, aus deren durch Erfahrung bekannten At- tributen oder Eigenschaften wir durch Analogie auch für es irgendwelche Attribute oder Eigenschaften ab- leiten können. Da das Weltall Weisheit und Güte zeigt, so leiten wir Weisheit und Güte ab. Da es einen be- stimmten Grad dieser Vollkommenheiten zeigt, so leiten wir einen bestimmten Grad derselben ab, der ganz genau der Wirkung angepaßt ist, die wir untersuchen.

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Elfter Abtehnitt.

Aber keine Regel folgerechter Vernunfttätigkeit ver- leiht uns jemals das Recht, weitere Attribute oder weitere Grade dieser selben Attribute abzuleiten oder anzunehmen. Es ist uns jedoch ohne die Freiheit einer solchen Annahme unmöglich, von der Ursache aus zu begründen oder irgend eine Veränderung an der Wirkung abzuleiten über das hinaus, was unmittelbar unter unsere Beobachtung fiel. Höhere Güter, welche dies Wesen hervorgebracht hätte, würden einen noch höheren Grad von Güte beweisen; eine unparteiischer geübte Verteilung von Lohn und Strafe müßte aus höherer Achtung vor Gerechtigkeit und Billigkeit her- vorgehen. Jeder angenommene Zusatz zu den Werken der Natur ergibt einen Zusatz zu den Attributen des Schöpfers der Natur, aber kann folglich nur als reine Vermutung und Hypothese gelten, da sie jeder Unter- lage einer vernünftigen Begründung entbehrt 0

*) Es Iftßt sich wohl im allgemeinen als Regel aufstellen, daß iigendwelche neuen Wirkungen unmöglich dann aus einer Ursache hergeleitet werden können, wenn diese Ursache uns nnr aus ihren besonderen Wirkungen bekannt ist; denn die Eigenschaften, welche zur Hervorbringung dieser neuen Wirkungen neben den früheren erforderlich sind, müssen entweder verschieden oder bedeutender oder von weiterem Umkreise sein als die, welche einfach die Wirkung hervor- brachten, aus der allein wir die Kenntnis der Ursache ge- wonnen haben wollten. Wir können also niemals einen Grund dafür haben, das Dasein dieser Eigenschaften anzu- nehmen. (Ausgaben E und F drucken im Text bis hier- her und verweisen den Rest in eine Anmerkung.) Sagt man, die neuen Wirkungen entstünden nur aus einem Fort- bestehen der nämlichen Energie, die bereits von den ersten Wirkungen her bekannt ist, so wird dadurch die Schwierig- keit nicht gehoben. Denn gibt man dies selbst zu (was selten angenommen werden darf)» so bleibt doch das Fortbestehen und die Äußerung einer gleichen Energie (denn völlig dieselbe kann es unmöglich sein), es bleibt, sage ich, dies Fortbestehen einer gleichen Energie an einer verschie- denen Stelle des Raumes und der Zeit eine höchst willkür- liche Annahme, und die Wirkungen, aus denen all unsere Kenntnis der Ursache ursprünglich stammte, können un- möglich eine Spur davon enthalten. Wenn die abgeleitete Ursache genau der bekannten Wirkung entspricht (wie sie

Über eine beeond. Vorsehung xl ein zukünftiges Dasein. 171

Die Hauptquelle unseres Fehlgehens auf diesem Gebiete und der ausschweifenden Vermutungen, die wir uns erlauben, liegt darin, daß wir uns still- schweigend an die Stelle des höchsten Wesens ver- setzen und nun schließen, daß es bei jeder Gelegen- heit dasselbe Verhalten beobachten wird, das wir selbst in seiner Lage als vernünftig und wünschens- wert erwählt haben würden. Aber einmal kann uns der gewöhnliche Naturlauf davon überzeugen, daß nahezu alles sich nach Prinzipien und Regeln richtet, die von den unsrigen sehr verschieden sind; und abgesehen davon muß es offenbar allen Regeln der Analogie zuwider erscheinen, unsem Gedankengang von den Absichten und Plänen der Menschen auf die eines so verschiedenen und so viel höheren Wesens zu übertragen. In der menschlichen Natur zeigt uns die Erfahrung eine bestimmte Einheit von Plänen und Neigungen; es mag also oft vernünftig sein, aus der durch irgend eine Tatsache entdeckten Absicht eines Menschen eine andere Absicht an der Hand der Er- fahrung abzuleiten und eine lange Kette von Schlüssen über sein vergangenes oder künftiges Verhalten zu schmieden. Al^r diese Methode der Vernunfttätigkeit darf niemals statthaben, wo es sich um ein Wesen handelt, das so fern und so unbegreiflich ist, so wenig Ähnlichkeit mit irgend einem anderen Wesen im Weltall zeigt wie die Sonne mit einer wächsernen Kerze, und das sich uns nur in einigen blassen Zügen und Umrissen entdeckt, über die hinaus wir nicht be- rechtigt sind, ihm irgend ein Attribut oder eine Voll- kommenheit zuzuschreiben. Was wir für eine höhere Vollkommenheit halten, mag in Wirklichkeit ein Mangel sein. Wäre es aber auch noch so sehr eine Vollkommenheit, sie dem höchsten Wesen da zuzu- schreiben, wo sie nicht in dessen Werken voll aus- gewirkt erscheint, schmeckt mehr nach Schmeichelei und Lobrednerei, als nach folgerechter Vemunfttätig- keit und gesunder Philosophie. Alle Philosophie der

es müßte), so kann sie unmöglich Eigenschaften besitzen, aus der neue oder verschiedene Wirkungen abgeleitet werden dürfen.

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Elfter Abfohnitt.

Welt und alle Religion, die nur eine besondere Art der Philosophie ist, wird niemals imstande sein, uns über den gewöhnlichen Lauf der Erfahrung hinaus- zuführen oder uns einen anderen Maßstab für unser Betragen und Verhalten zu geben, als den uns von der Betrachtung des gewöhnlichen Lebens »gelieferten. Keine neue Tatsache kann je aus der religiösen Hypo- these abgeleitet, kein Ereignis vorhergesehen oder vorhergesagt, weder Lohn noch Strafe erhofft oder gefürchtet werden, über das hinaus, was uns bereits aus dem Leben und der Beobachtung bekannt ist So wird meine Verteidigung des Epikur nach alledem ge- sichert und befriedigend scheinen, und die politischen Interessen der Gesellschaft haben in der Tat mit den philosophischen Streitfragen über Metaphysik und Re- ligion keinerlei Verknüpfung.

Einen Umstand, erwiderte ich, scheinst du den- noch übersehen zu haben. Gäbe ich selbst deine Vordersatze zu, so müßte ich doch deinen Schlußsatz verneinen. Du schließest, daß religiöse Lehren und Gedankengänge keinen Einfluß auf das Leben haben können, weil sie keinen Einfluß haben sollten; du bedenkst nicht, daß die Menschen nicht den gleichen Gedankengang anstellen, wie du, sondern gar manche Folgerungen aus dem Glauben an das Dasein eines Gottes ziehen und annehmen, daß die Gottheit dem Laster Strafen und der Tugend Lohn zumessen wird über das hinaus, was im gewöhnlichen Natur- lauf zur Erscheinung kommt Ob dieser ihr Gedanken- gang richtig ist oder nicht, tut nichts zur Sache. Sein Einfluß auf das Leben und auf die Führung der Menschen wird doch der gleiche bleiben. Wer ihnen diese Vorurteile zu rauben versuch^ jnag meinetwegen ein guter Logiker sein, aber als guten Staatsbürger und Politiker kann ich ihn nicht gelten lassen; denn er befreit die Menschen von einem Hemmnis ihrer Af- fekte und macht die Verletzung der bürgerlichen Gesetze in der einen Hinsicht leichter und gefahrloser.

Im ganzen kann ich vielleicht deinem allgemeinen Ergebnis zugunsten der Freiheit beitreten, wenn auch unter anderen Voraussetzungen als die, worauf du es gründen möchtest. Ich meine, daß der Staat ein

Über eine besond. Vorsehung u. ein zukünftiges Dasein. 173

]edes philosophische Prinzip dulden sollte; es gibt auch kein Beispiel dafür, daß je einer Regierung solche Nachsicht zum Schaden gereicht hätte. Die Philo- sophen sind keine Schwärmer, ihre Lehren sind nicht verlockend für das Volk; überdies kann ihren Ge- dankengängen kein Zaum angelegt werden, der nicht gefährliche Folgen für die Wissenschaften nach sich zöge, ja selbst für den Staat, indem sie der Ver- folgung und Unterdrückung auf Gebieten den Weg ebnet, wo die Allgemeinheit der Menschen sehr tief beteiligt und betroffen ist

Indes stoße ich hier, fuhr ich fort, bei deiner Hauptthese auf eine Schwierigkeit, die ich dir unterbreiten möchte, ohne Nachdruck darauf zu legen, damit wir uns nicht in zu spitzfindige und heikle Gedankengänge verlieren. Kurz, ich bezweifle die Möglichkeit, daß eine Ursache nur aus ihrer Wir- kung erkannt werden könne (wie du es die ganze Zeit voraussetzest), oder von so einzigartiger und be- stimmter Natur sei, daß sie kein Seitenstück und keine Gleichartigkeit in irgend einer anderen Ursache oder einem anderen Gegenstand besitze, die je unter unsere Beobachtung gefallen sind. Nur wo zwei Gattungen von Gegenständen in regelmäßigem Zu- sammenhang angetroffen werden, können wir die eine aus der anderen herleiten; kommt aber eine Wirkung vor, die ganz einzigartig ist und in keine bekannte Gattung eingeordnet werden kann, so darf nach meiner Ansicht über ihre Ursache überhaupt keine Vermutung oder Ableitung gebildet werden. Sind Er- fahrung, Beobachtung und Analogie in der Tat die einzigen Führer, denen wir vernünftigerweise bei Ab- leitungen dieser Art folgen dürfen, so müssen beide, Wirkung wie Ursache, Gleichartigkeit und Ähnlichkeit mit anderen Wirkungen und Ursachen zeigen, die wir kennen und die wir in vielen Fällen im Zusammenhang miteinander gefunden haben. Ich überlasse es deiner eigenen Überlegung, den Folgen aus diesem Prinzip nachzugehen. Ich will nur bemerken: wenn die Gegner Epikurs stets annehmen, daß das Weltall als eine ganz einzigartige und unvergleichliche Wirkung ein Beweis für eine Gottheit als eine nicht minder einzig-

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Blfter Abiohuitt

artige und unvergleichliche Ursache sei, so scheinen deine Gedankengänge unter dieser Voraussetzung wenigstens unsre Au£nerksamkeit zu verdienen. Es be- steht allerdings eine Schwierigkeit in der Art, wie wir jemals von der Ursache rückwärts zur Wirkung ge- langen und wie wir ausgehend von unseren Vor- stellungen über die erstere eine Veränderung oder einen Zuwachs an der letzteren sollten ableiten können.

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Zwölfter Al)schnitt.

Ober die akademische oder skeptische

Philosophie.

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Erster Teil.

Kein Gegenstand hat mehr philosophische Ge- dankengänge angeregt, als der Beweis für das Dasein einer Gottheit und die Widerlegung der Trugschlüsse der Atheisten; und doch streiten die frömmsten Philosophen noch immer darüber, ob irgend jemand verblendet genug sein könne, aus spekulativen Gründen zum Atheisten zu werden. Wie sollen wir diese Wider- sprüche versöhnen? Die fahrenden Ritter, welche um- herzogen, um die Welt von Drachen und Riesen zu säubern, hegten nie den geringsten Zweifel an der Existenz dieser Ungeheuer.

Ein anderer Feind der Religion ist der Skep- tiker, der naturgemäß die Entrüstung aller Gottes- gelehrten und aller ernsteren Philosophen heraus- fordert; und dennoch ist gewiß noch niemand einem so verdrehten Geschöpf begegnet, noch mit jemandem umgegangen, der auf keinem Gebiet der Praxis wie d^r Theorie irgend eine Meinung oder ein Prinzip besaß. Dies führt begreiflicherweise zu der Fraee: was versteht man unter einem Skeptiker? Und ois zu welchem Punkte lassen sich die philosophischen Prinzipien des Zweifels una der Ungewißheit treiben?

Es gibt eine Art des Skeptizismus, die aller Forschung und Philosophie vorangeht, und die von Descartes und anderen als ein hervorragendes Schutzr mittel gegen Irrtümer und voreilige Urteile sehr ge- priesen wird. Sie empfiehlt uns einen allgemeinen Zweifel nicht nur an all unseren früheren Meinungen

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Zwölfter Abschnitt.

und Prinzipien, sondern auch an unseren, eigenen Fähigkeiten, von deren Wahrhaftigkeit, sagt man, wir uns durch eine Kette von Denkakten erst über- zeugen müssen, die wir aus einem ursprünglichen Prinzip gewinnen, das uns unmöglich täuschen oder trügen kann. Aber weder gibt es ein solch ursprüng- liches Prinzip, das anderen gegenüber, die von selbst einleuchtend und überzeugend sind, den Vorrang be- saiJe, noch könnten wir, wenn es ein solches gäbe, einen Schritt über es hinaus tun ohne den Gebrauch eben der Fähigkeiten, denen wir doch bereits miß- trauen wollten. Der cartesianische Zweifel also, wäre er einem menschlichen Wesen zu erreichen möglich (was er ersichtlich nicht ist), würde vollkommen un- heilbar sein; keine Vernumfttatigkeit könnte uns je einen Zustand der Sicherheit und Überzeugung über irgend einen Gegenstand verschaffen.

Dennoch muß zugegeben werden, daß diese Art des Skeptizismus in gemäßigter Form in einem sehr vernünftigen Sinne aufgefaßt werden kann, und eine notwendige Vorbereitung für das Studium der Philo- sophie bedeutet. Denn sie bewahrt uns eine ange- messene Unparteilichkeit im Urteil und entwöhnt unseren Geist von all jenen Vorurteilen, die wir mit der Erziehung oder durch übereilte Ansichten ein- gesogen haben. Mit klaren und von selbst einleuch- tenden Prinzipien zu beginnen, mit behutsamen und sicheren Schritten vorzugehen, immer wieder unsere Schlüsse von neuem nachzuprüfen und genau all ihre Folgerungen zu erwägen sollten wir auch auf diesem Wege nur langsam und wenig in unseren Systembildungen vorwärtskommen das sind die ein- zigen Methoden, nach denen wir je die Wahrheit zu erreichen hoffen können und eine angemessene Festig- keit und Gewißheit unserer Begriffsbestimmungen zu gewinnen.

Eine andere Art des Skeptizismus, welche der Wissenschaft und Forschung nachfolgt, entsteht dor^ wo man angeblich entdeckt hat, daß die geistigen Fähigkeiten entweder völlig trügerisch sind oder un- geeignet zur Erreichung einer bestimmten Ent- scheidung in all jenen fesselnden lYagen der Spe-

über die akademische oder skeptische Philosophie. 177

kulation, auf die sie gewöhnlich angewandt werden. Unsere Sinne selbst werden von einer bestimmten philosophischen Richtung in den Streit gezogen und die Grundsätze des täglichen Lebens demselben Zweifel unterworfen wie die tiefsten Prinzipien und Schluß- folgerungen der Metaphysik und Theologie. Da diese paradoxen Thesen (wenn anders sie Thesen genannt werden dürfen) sich bei einigen Philosophen vor- finden und ihre Widerlegung bei mehreren, so er- regen sie naturgemäß unsere Wißbegierde und lassen uns nach den Begründungen forschen, auf die sie sich stützen mögen.

Ich will nicht bei den geläufigen Beispielen ver- weilen, die von den Skeptikern aller Zeiten gegen die Evidenz der Sinne geltend gemacht worden sind; wie jene, die aus der Unvollkommenheit und der trügerischen Beschaffenheit unserer Organe ent- sprungen, bei zahllosen Grelegenheiten auftreten: so das im Wasser scheinbar gebrochene Ruder, das wechselnde Aussehen der Gegenstände je nach den verschiedenen Entfernungen, die Doppelbilder, die vom Druck auf ein Auge entstehen, und viele anderen Erscheinungen .'derselben Art Diese Beispiele der Skeptiker genügen in der Tat nur zum Beweis, daß auf die Sinne allein kein unbedingter Verlaß *ist, sondern daß wir ihre Aussage durch die Vernunft und durch Betrachtungen richtigstellen müssen, die sich aus der Natur des Mediums, der Entfernung des Gegen- standes, der Verfassung des Organs ergeben, um die Sinne innerhalb ihres Bereichs zu geeigneten Kri- terien der Wahrheit und Falschheit zu machen. Es gibt andere, tiefere Einwände gegen die Sinne, die keine so leichte Lösung gestatten.

Es scheint offenbar, daß die Menschen durch einen natürlichen Instinkt oder eine Voreingenommen- heit dazu getrieben werden, Vertrauen in ihre Sinne zu setzen, und daß wir ohne Vernunfttätigkeit, je selbst fast vor dem Gebrauch der Vernunft, immer schon eine Außenwelt annehmen, die nicht von unserer Auffassung abhängt, sondern auch existieren würde, wenn wir und jedes bewußte Geschöpf abwesend oder vernichtet wären. Selbst das Tierreich wird von einer

H a m e , Untannohgr. üb. d. mentelü. Verstand.

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Zwölfter Abschnitt.

gleichen Anschauung beherrscht und bewahrt diesen Glauben an äußere Gegenstände in all seinen Ge- danken, Zwecken und Handlungen.

Ebenso scheint es offenbar, daß die Menschen, wenn sie diesem blinden und mächtigen Naturinstinkt folgen, stets annehmen, die von den Sinnen vor sie hin- gestellten Bilder selbst seien die äußeren Gegenstände, und niemals irgendwie Verdacht schöpfen, daß die einen nur Vertreter der anderen seien. Sie glauben, daß diser Tisch selbst, den wir als weiß sehen und als hart empfinden, unabhängig von unserer Auffas- sung existiert und etwas außerhalb unseres Geistes ist,» der ihn auffaßt Unsere Gegenwart verleiht ihm nicht das Dasein, unsere Abwesenheit vernichtet ihn nicht Er behält seine gleichförmige und vollkommene Existenz, unabhängig von der Stellung vernünftiger Wesen, die ihn aufiassen oder betrachten.

Aber diese allgemeine und ursprüngliche Meinung aller Menschen wird durch den leisesten Anflug von Philosophie bald zerstört, die uns lehrt, daß nichts je dem Geiste gegenwärtig sein kann als nur ein Bild oder eine Auffassung, daß die Sinne nur die Einlaß- pforten sind, durch welche diese Bilder übermittelt wer- den, und daß sie nicht imstande sind, einen unmittel- baren Verkehr zwischen dem Geiste und dem Gegenstand zu bewirken. Der Tisch, den wir sehen, scheint kleiner zu werden, wenn wir uns von ihm entfernen; der wirkliche Tisch dagegen, der unabhängig von uns existiert, erleidet keine Veränderung. & war daher nur sein Bild, das dem Geiste gegenwärtig war. Dies sind die klaren gebieterischen Aussagen der Vernunft, und kein Besonnener hat je. daran gezweifelt, daß die Daseinsformen, die wir im Auge haben, wenn wir sagen, dieses Haus und jener Baum, nur Auf- fassungen in unserem Geiste sind und schwankende Abbilder oder Vertreter anderer Daseinsformen, die sich gleich und selbständig bleiben.

Insoweit sind wir also durch Vernunfttätigkeit genötigt, den ursprünglichen Naturinstinkten zu wider- sprechen oder von ihnen abzuweichen und uns eine neue Anschauung über die Aussage unserer Sinne zu bilden. Hier aber befindet sich die Philosophie

Ober die akademische oder skeptische Philosophie. 17 9

in größter Verlegenheit, wenn es gilt, diese neue An- schauung zu rechtfertigen und den verfänglichen Ein- würfen der Skeptiker zu entgehen. Auf den unfehl- baren und unwiderstehlichen Naturinstinkt kann sie sich nicht mehr berufen: denn dieser führte uns zu einer ganz anderen Anschauung, die wir als dem Irrtum unterworfen, ja als irrtümlich erkannten. Diese angeb- lich philosophische Anschauung aber durch eine Reihe klarer und überzeugender Begründungen oder auch nur durch den Schein einer Begründung zu rechtfertigen, übersteigt die Leistungsfähigkeit jedes menschlichen Vermögens.

Durch welche Begründung läßt sich beweisen, daß die Auffassungen des Geistes durch äußere Gegen- stände verursacht sein müssen, die von ihnen ganz verschieden, ihnen doch ähnlich sind (wenn anders das möglich ist), und daß sie nicht aus der Energie des Geistes selbst entspringen könnten, oder aus der Eingebung irgend eines unsichtbaren und unbekannten Geistes oder aus einer uns noch weniger bekannten Ursache sonst? Es wird nicht bestritten, daß in der Tat viele dieser Auffassungen nicht von einem äußeren Gegenstand herrühren, wie es beim Traum, beim Wahnsinn und anderen krankhaften Zuständen vor- kommt Auch ist nichts so unerklärlich wie die Art, in der ein Körper so auf den Geist wirken sollte, daß er je ein Bild seiner selbst auf eine Substanz über- tragen könnte, deren Natur für so andersartig, ja ihm widerstreitend gilt.

Es ist eine Tatsachenfrage, ob die Auffassungen der Sinne durch äußere Gegenstände erzeugt werden, die ihnen ähneln; wie soll diese Frage entschieden werden? Sicherlich durch Erfahrung, wie alle anderen Fragen gleicher Art Aber hier schweigt die Er- fahrung völlig und muß es tun. Dem Geiste ist nie etwas anderes gegenwärtig als Auffassungen, und er kann unmöglich eine Erfahrung über Sire Ver- knüpfung mit Gegenständen gewinnen. Daher ist die Annahme einer solchen Verknüpfung ohne jede Grund- lage in der Vernunfttätigkeit

Zu der Wahrhaftigkeit des höchsten Wesens seine Zuflucht nehmen, um die Wahriiaftigkeit unserer Sinne

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Zwölfter Abichnitt

2ni beweisen, heißt sicherlich einen sehr unerwarteten Kreis beschreiben. Ware seine Wahrhaftigkeit über- haupt bei dieser Sache beteiligt, so würden unsere Sinne ganz untrüglich sein, denn es kann unmöglich iemals täuschen. Ganz abgesehen davon, daß wir m Verlegenheit wären, stellen wir einmal die Außenwelt in Frage, Begründungen zu finden, durch die wir das Dasein dieses Wesens oder eines seiner Attribute be- weisen könnten. ,. x.- *

Daher ist dies ein Gebiet, auf dem die tieferen und mehr phüosophischen Skeptiker stets triumphieren werden, wenn sie einen allgemeinen Zweifel über alle Gegenßlände des menschlichen Wissens und Forschens eiiSühren wollen. Sie dürfen sagen: Folgt ihr den natürlichen Instinkten und Neigungen, mdem ihr die Wahrhaftigkeit der Sinne aufrecht erhaltet? Aber das führt euch zu dem Glauben, daß die Auffassung oder das sinnliche Bild selbst der äußere Gegenstand ist Verleugnest du dies Prinzip, um dich zu der meto vernunftgemäßfen Ansicht zu bekennen, daß die Auf- fassungen nur Vertreter von einem äußeren Etwas sind? Hier weichst du von deinen natürlichen Neigungen und klareren Gefühlen ab und bist doch nicht imstande, deiner Vernunft Genüge zu tun, die niemals eine überzeugende Begründung aus der Er- fahrung finden kann, um die Verknüpfung der Auf- fassungen mit äußeren Gegenständen zu beweisen. Es gibt noch einen anderen skeptischen Gesichts- punkt gleicher Art, der aus sehr tiefen philosophischen Betrachtungen stammt und unsere Aufmerksamkeit verdienen müßte, wenn es erforderlich wäre, so tief zu graben, um Begründungen und Gedankengänge zu entdecken, die ernsthaften Zwecken doch so wenig dienen können. Es wird von neueren For- schern allgemein zugestanden, daß alle sinnlichen Eigenschaften der Gegenstände, wie Härte, Weichheit, Hitze, Kälte, Weiße, Schwärze usw. nur von zweiter Ordnung sind und nicht in den Gegenständen selbst existieren, sondern Auffassungen des Geistes be- deuten, ohne irgend ein äußeres Urbild oder Muster, das sie vertreten. Wird dies für die Eigenschaften zweiter Ordnung eingeräumt, so muß es auch für die

Über die akademische oder ekeptisohe Phüoiophie. 181

angeblichen Eigenschaften erster Ordnung, für Aus- dehnung und Festigkeit folgen, und letztere können nicht mehr Recht a5 die Benennung haben als erstere. Die Vorstellung der Ausdehnung wird einzig durch die Sinne des Gesichts und Getasts gewonnen, und wenn alle sinnlich aufgefaßten Eigenschaften im Geist, nicht im Gegenstand sein sollen, so muß die gleiche Schlußfolgerung auch für die Vorstellung der Aus- dehnung gelten, die völlig von den sinnlichen Vor- stellungen oder den Vorstellungen der Eigenschaften zweiter Ordnung abhängt. Nichts kann uns vor dieser Schlußfolgerung bewa&en, als die Behauptung, daß die Vorstellungen jener Eigenschaften erster Ord- nung durch Abstraktion gewonnen werden; eine Ansicht, die sich bei genauer Prüfung als unver- ständlich, ja widersinnig herausstellt Eine Ausdeh- nung, die weder tastbar noch sichtbar ist, kann un- möglich vorgestellt werden, und eine tastbare oder sichtbare Ausdehnung, die weder hart noch weich, weder schwarz noch weiß ist, liegt gleichfalls außer- halb des Bereichs menschlicher Vorstellungskraft. Es versuche jemand, sich ein Dreieck im allgemeinen vor- zustellen, das weder gleichseitig noch ungleichseitig ist, das weder in der Länge noch in dem Verhältnis der Seiten bestimmt ist, und er wird bald den Widersinn aller scholastischen Begriffe über Abstraktion und allgemeine Vorstellungen bemerken. ^)

So besteht der erste philosophische Einwurf gegen die Aussage der Sinne oder die Annahme einer äußeren

*) Diese Begründung stammt von Dr. Berkeley; in der Tat bilden die meisten Schriften jenes hochbegabten Verfassers die beste Anleitung znm Skeptizismus, die sich bei alten und neuen Philosophen, selbst Bayle nicht ausgenom- men, finden läßt. Er erklärt deßungeachtet auf dem Titelblatt (und zweifellos vollkommen aufrichtig), daß er sein Buch sowohl gegen Skeptiker als gegen Atheisten und Freidenker gerichtet habe. Daß aber all seine Begründungen trotz ihrer anderen Absicht in Wirklichkeit rein skeptischer Natur sind, erhellt daraus, daß sie keine Antwort gestatten und keine Oberzeugung hervorrufen. Ihre einzige Wirkung ist die Erzeugung jenes verblüfften Staunens, jener

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Zwölfter Abschnitt.

Existenz darin, daß solche Annahme, wenn sie sich auf den Naturinstinkt stützt, der Vernunft wider- streitet, und wenn sie sich auf die Vernunft beruft, dem Naturinstinkt widerstreitet und doch gleichzeitig keine Evidenz für die Vernunft besitzt, die einen unparteiischen Forscher zu überzeugen taugte. Der zweite Einwurf geht weiter und zeigt, daß diese An- nahme der Vernunft sogar widerstreitet, wenigstens wenn es ein Prinzip der Vernunft ist, daß alle sinnlichen Eigen- schaften im Geist und nicht im Gegenstand sich be- finden. Beraubt man aber die Materie aller ihrer faß- baren Eigenschaften erster sowohl wie zweiter Ord- nung, so vernichtet man sie eigentlich und behält nur ein gewisses unbekanntes, unerklärliches Etwas zurück als Ursache unserer Auffassungen, einen so unvollkommenen Begriff, daß kein Skeptiker ihn des Streites wert erachten wird.^)

Zweiter Teil.

Der Versuch der Skeptiker, die Vernunft durch Begründungen und Vernunfterwägungen zu ver- nichten, mag recht gewagt ersc"heinen; und doch ist dies das große Ziel all ihrer Forschungen und Streitig- keiten. Sie suchen nach Einwürfen sowohl gegen unsere abstrakten Denkakte als gegen diejenigen, welche Tatsachen und Dasein betreffen.

Der Haupteinwand gegen alle abstrakten Denk- akte entnimmt sich den Vorstellungen des Raumes und der Zeit; Vorstellungen, die im täglichen Lieben und für eine achtlose Betrachtung sehr klar und verständlich sind, die aber dort, wo sie der gründ- lichen Untersuchung der tieferen Wissenschaften unterliegen (und sie sind der Hauptgegenstand dieser Wissenschaften), zu Prinzipien führen, die durchaus verkehrt und widerspruchsvoll erscheinen. Kein Dogma

Unentschlossenheit und Verwirrung, die das Ergebnis des Skeptizismas ist.

*) Dieser Satz wurde in Ausgabe R hinzugefügt.

Ober die akademische oder skeptische Philosophie. 183

der Priester, zur Bändigung und Unterjochung der aufsässigen Vernunft des Menschen erfunden, hat je den gesunden Verstand mehr verletzt, als die Lehre von der unendlichen Teilbarkeit der Ausdehnung mit ihren Folgerungen, wie sie von allen Geometern und Metaphysiken! mit einer Art von triumphierendem Frohlocken pomphaft entwickelt werden. Eine wirk- liche Größe, die unendlich kleiner ist als jede endliche Größe und die Größen enthält, welche unendlich kleiner sind als sie selbst, und so ins Unendliche fort ein so kühner und wunderbarer Bau wiegt zu schwer, als daß eine Demonstration sich anmaßen dürfte, ihn tragen zu können, denn er verletzt die klarsten und natürlichsten Prinzipien der menschlichen Ver- nunft^) Die Sache wird aber dadurch noch merk- würdiger, daß diese scheinbar widersinnigen Ansichten von einer Reihe der klarsten und natürlichsten Ge- dankengänge gestützt werden; wir können auch unmög- lich die Vordersätze zugeben, ohne den Folgerungen beizustimmen. Was könnte uns mehr einleuchten und zufriedenstellen, als all die Schlüsse über die Eigen- schaften der Kreise und Dreiecke; und doch, sind diese einmal angenommen, wie läßt sich leugnen, daß der Berührungswinkel zwischen einem Kreis und seiner Tangente unendlich kleiner ist als jeder rechte Winkel, daß man durch Vergrößerung des Kreisdurchmessers ins Unendliche die Verkleinerung dieses Berührungs- winkels, und zwar ohne Ende, bewirken kann, daß der

^) Wie sehr die mathematischen Punkte auch umstritten sein mögen, so müssen wir doch zugeben, daß es physische Punkte gibt, d. h. Teile der Ausdehnung, die weder durch die Gesichtswahrnehmung noch durch die Einbildungskraft geteilt oder vermindert werden können. Diese der Phantasie oder den Sinnen gegenwärtigen Bilder sind also vollkommen unteilbar, und folglich müssen sie die Mathematiker für unendlich kleiner gelten lassen als irgend einen wirklichen Teil der Ausdehnung. Und doch scheint der Vernunft nichts 80 gewiß zu sein, wie daß eine unendliche Anzahl von ihnen durch Zusammensetzung eine unendliche Ausdehnung ergibt. Um wie viel mehr muß dies bei einer unendlichen Zahl jener unendlich kleinen Teile der Ausdehnung der Fall sein, die selbst noch für unendlich teilbar gelten.

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Zwölfter Abiehoitt.

Berührongswinkel zwischen anderen Kurven and ihren Tangenten unendlich kleiner sein kann als diejenigen zwischen jedem iCreis und seiner Tangente, und so ins Unendliche fort? Die Demonstration für diese Prinzipien scheint so zwingend wie jener Nachweis, daß die drei Winkel im Dreieck gleich zwei Rechten sind; und doch ist die eine Anschauung so natürlich und bequem, die andere beladen mit Widerspruch und Verkehrtheit. Die Vernunft scheint hier in eine Art Verblüffung und Beklemmung versetzt, die sie auch ohne die Eingebungen eines Skeptikers an sich selbst und an dem Boden unter ihren Füßen irre macht. Sie sieht ein helles Licht, das gewisse Stellen erleuchtet; aber dies Licht grenzt an die tiefste Dunkelheit Zwischen beiden steht sie so geblendet und verwirrt, daß sie sich kaum noch mit Gewißheit und Sicherheit über irgend einen Gegenstand äußern kann.

Der Widersinn dieser kühnen Begriffsbildungen der abstrakten Wissenschaften wird, wenn möglich, noch greifbarer, wenn wir statt der Ausdehnung die Zeit betrachten. Eine unendliche Zahl wirklicher Zeilr teile, die einander folgen und einer nach dem anderen vergehen, scheint ein so offenbarer Widerspruch zu sein, daß man wohl keinem, dessen Urteil durch die Wissenschaften nicht verdorben, anstatt verbessert worden ist, zutrauen sollte, ihn anzunehmen.

Dennoch kann die Vernunft auch mit diesem Skep- tizismus sich nicht beruhigen und begnügen, in den sie durch jene scheinbaren Verkehrtheiten und Wider- sprüche getrieben worden ist. Wie irgend eine klare, deutliche Vorstellung Bestandteile enthalten kann, die ihr selbst oder irgend einer anderen klaren, deutlichen Vorstellung widersprechen, ist vollkommen unbegreif- lich und vielleicht läßt sich keine widersinnigere Be- hauptung erdenken. Daher kann gar nichts skep- tischer sein oder reicher an Zweifel und Unentschieden- heit, als dieser Skeptizismus selbst, der aus einigen der paradoxen Schlußfolgerungen der Geometrie und Größenlehre entspringt.^)

') Es scheint mir nicht unmöglich, diese Verkehrtheiten und Widersprüche durch das Zugeständnis zu yermeiden,

tTbrnr die akademische oder skeptisohe Philosophie. 185

Die skeptischen Einwürfe gegen die moralisch- gewisse Evidenz oder gegen die Denkakte über Tat- sachen sind entweder populär oder philosophisch. Die populären Einwürfe sind von der natürlichen Schwäche des menschlichen Verstandes hergenommen, von den widersprechenden Meinungen, die verschiedene

daß es so etwas wie abstrakte und allgemeine Vorstellungen im eigentlichen Sinne nicht gfibt, sondern daß alle allgemeinen Vorstellungen in Wirklichkeit Einzelvorstellungen sind, einem allgemeinen Namen zugeordnet, der bei Gelegenheit andere Einzelvorstellungen wachruft, die in bestimmten Merkmalen der dem Geiste gegenwärtigen Vorstellung ähn- lich sind. So bilden wir, wenn das Wort Pferd ausge- sprochen wird, uns unmittelbar die Vorstellung eines schwarzen oder weißen Tieres von bestimmter Größe und Gestalt; da aber dies Wort gewöhnlich auch auf Tiere von anderer Farbe, Gestalt und Größe angewandt wird, so sind diese Vorstellungen, obschon der Einbildung im Augenblick nicht gegenwärtig, leicht wachzurufen, und unsere Vernunfttätigkeit und Schlußfolgerung geht in der gleichen Weise vor sich, wie wenn sie tatsächlich gegenwärtig wären. Gibt man dies zu (wie es vernünfbig wäre), so folgt daraus, daß alle Vor- stellungen von Größe, mit denen die Mathematiker arbeiten, nur Einzelvorstellungen sind, und zwar von den Sinnen und der Einbildungskraft eingegebene, die also nicht ins unendliche teilbar sein können. (Ausgaben E und F fügen ein: Im all- gemeinen dürfen wir behaupten, daß die Vorstellungen von größer, kleiner und gleich, welche die Hauptgegenstände der Geometrie bilden, durchaus nicht genau und bestimmt genug sind, um die Grundlage für so auffallende Ableitungen zu bilden. Fragt einen Mathematiker, was er meint, wenn •r zwei Größen für gleich erklärt, so muß er gestehen, daß die Vorstellung der Gleichheit zu den undeünierbaren gehört, und daß es genügt, zwei gleiche Größen vor jemand hinzustellen, um diese Vorstellung entstehen zu lassen. Nun, dies ist eine Berufung auf die allgemeinen Erscheinungs- weisen der Dinge, wie sie sich der Einbildungskraft oder den Sinnen zeigen und kann folglich niemals Schlußsätze abwerfen, die diesen Vermögen so geradezu widerstreiten.) Es genügt vorläufig diese Andeutung, die hier nicht weiter verfolgt werden soll. Allen Liebhabern der Wissenschaft liegt gewiß daran, sich durch ihre Schlüsse nicht dem Ge- lächter und der Verachtung der Unwissenden auszusetzen, und so scheint mir diese Schwierigkeit am leichtesten ge- löst zu sein.

186

Zwölfter Abschnitt.

Zeiten und Völker gehegt haben, dem Schwanken unseres Urteils in Krankheit und Gesundheit, Jugend und Alter, Glück und Unglück, dem dauernden Widerspruch in jedes einzelnen Menschen Meinungen und Ansichten und vielen derartigen Fällen mehr. Es ist überflüssig, diesen Punkt eingehender zu behandeln; dies sind nur schwache Einwürfe. Denn da wir im täglichen Leben jederzeit Denkakte über Tatsachen und Dasein bilden und unmöglich leben könnten, ohne diese Art der Begründung dauernd anzuwenden, so können alle populären Einwürfe, die aus ihr geschöpft sind, nicht genügen, jene Evidenz zu zerstören. Der große Gegner, der den Pyrrhonismus oder die über- triebenen Prinzipien des Skeptizismus untergräbt, heißt Tätigkeit, Beschäftigung und die Verrichtungen des täglichen Lebens. In den Schulen mögen diese Prin- zipien blühen und obsiegen; dort ist es freilich schwer, wenn nicht unmöglich, sie zu widerlegen. Sobald sie aber aus dem Schatten heraustreten und durch die Gegenwart der wirklichen Dinge, die unsere Affekte und Gefühle in Bewegung setzen, zu den mächtigeren Prinzipien unserer Natur in Gegensatz geraten, so vergehen sie wie Rauch und lassen den entschiedensten Skeptiker in derselben Lage wie andere Sterbliche zurück.

Der Skeptiker täte daher besser, in. seinem eigenen Reich zu verbleiben und jene philosophischen Ein- würfe zu entwickeln, die aus tieferen Untersuchungen entspringen. Hier scheint sich ihm reichliche Gelegen- heit des Triumphes zu bieten, wenn er mit Recht be- tont, daß all unsere Evidenz über Tatsachen, die über das Zeugnis der Sinne oder des Gedächtnisses hinaus- gehen, einzig aus der Beziehung von Ursache und Wirkung stammt; daß wir keine andere Vorstellung von dieser Beziehung haben, als die von zwei Gegen- ständen, die häufig im Zusammenhang standen; daß wir keine Begründung für die Überzeugung be- sitzen, daß Gegenstände, die in unserer Erfahrung häufig im Zusammenhang standen, in anderen Fällen ebenso im Zusammenhange stehen werden; und daß uns nur Gewohnheit oder ein gewisser Instinkt unserer Natur zu dieser Ableitung verführt, dem zu wider-

tjber die akademische oder skeptische Philosophie. 187

stehen es in der Tat schwer ist, der aber, wie andere Instinkte, täuschen und trügen kann. Solange der Skeptiker auf diesen Gebieten verweilt, zeigt er seine Stärke oder tatsächlich vielmehr seine eigene und unsere Schwäche; er scheint wenigstens solange alle Sicherheit und Überzeugung zu zerstören. Diese Be- gründungen könnten noch länger ausgesponnen werden, ließe sich nur irgend ein dauernder Nutzen oder Vorteil für die Gesellschaft daraus erwarten.

Denn darin besteht der hauptsächliche und nieder- schlagendste Einwand gegen den übertriebenen Skeptizismus, «daß kein dauernder Nutzen aus ihm je- mals hervorgehen kann, so lange er in seiner vollen Kraft und Stärke verharrt. Wir brauchen einen solchen Skeptiker bloß zu fragen: Was er eigentlich wolle und mit all diesen interessanten Unter- suchungen bezwecke? Er gerät dann sofort in Verlegenheit und weiß keine Antwort. Ein An- hänger des Kopernikus oder Ptolemäus, der sein be- sonderes astronomisches System verteidigt, mag hoffen, bei seinen Zuhörern eine Überzeugung hervor- zurufen, die auf die Dauer bestehen bleibt. Ein Stoiker oder Epikuräer entwickelt Prinzipien, die nicht nur sich dauernder Geltung erfreuen mögen, sondern auch auf unser Verhalten und Benehmen ein- wirken. Aber ein Pyrrhoniker kann nicht erwarten, daß seine Philosophie irgend einen beständigen Ein- fluß auf unseren Geist ausüben, oder daß dieser Ein- fluß, wenn sie es täte, für die Gesellschaft wohltätig sein werde. Er muß im Gegenteil zugeben, wenn anders er überhaupt etwas zugeben will, daß alles menschliche Leben untergehen müßte, wenn seine Prinzipien allgemein und auf die Dauer zur Herrschaft kämen. Jede Unterredung und jede Handlung würden sofort aufhören und die Menschen in einem voll- kommenen Dämmerzustand verharren, bis die un- befriedigten Bedürfnisse der Natur ihrem elenden Dasein ein Ziel setzten. Ein so unglücklicher Ausgang ist allerdings sehr wenig zu fürchten. Die Natur ist immer stärker als alle Prinzipien. Wenn auch ein Pyr- rhoniker sich oder andere durch seine tiefsinnigen Gedankengänge in eine augenblickliche Verblüffung

188

Zwölfter Absehnitt.

nnd Verwirrung stürzen mag, so wird doch das erste all- tägliche Erlebnis seine sämtlichen Zweifel und Bedenken verjagen, und ihn, was Handeln und Forschen angeht, mit den Philosophen jeder anderen Sekte oder mit Leuten, die sich niemals um philosophische Unter-^ suchung im geringsten gekümmert haben, vollkommen gleichstellen. Erwacht er aus seinem Traume, so wird er der Erste sein, der in das Gelächter über sich selbst mit einstimmt und gesteht, daß all seine Einwürfe bloß zur Unterhaltung taugen und nur die wunderliche Lage des Menschen zu o&enbaren dienen, der handeln, denken und glauben muß, wenn er auch nicht imstande ist, durch die sorgsamste Untersuchung über die Grundlagen dieser Tätigkeiten befriedigende Aufldärung zu erlangen oder die gegen sie erhobenen Einwürfe zurückzuweisen.

Dritter TeU.

Es gibt nun freilich einen gemäßigteren Skepti- zismus, nämlich die akademische Philosophie, der so- wohl von Dauer als von Nutzen sein kann und sich zum Teile aus diesem Pyrrhonismus oder übertriebenen Skeptizismus ergeben mag, wenn dessen zahllose Zwei- fel durch den gesunden Verstand und durch Überlegung einigermaßen berichtigt werden. Der größere Teil der Menschen ist naturgemäß zu dogmatischen Be- hauptungen geneigt; da er die Gegenstände nur von einer Seite sieht und keine Vorstellung von irgend- welchen Begründungen der Gregenseite hat, so wendet er sich unbesonnen jenen Prinzipien zu, auf die ihn seine Neigung verweist; auch kennt er keinerlei Nachsicht für die, welche entgegengesetzten An- schauungen huldigen. Das Zögern oder Abwägen be- unruhigt seinen Verstand, tritt seinen Affekten e>nt- gegen und hemmt sein Handeln. Er ruht daher nicht, bis er einem für sich so unbequemen Zustand entflieht, und meint, durch die Heftigkeit seiner Behauptungen und die Hartnäckigkeit seines Glaubens sich gar nicht weit genug davon entfernen zu können.

Ober die akademische oder ikeptische Philoeophie. 189

Würden aber diese dogmatischen Denker sich der sonderbaren Schwächen des menschlichen Verstandes selbst in seinem vollkommensten Zustande und m seinen genauesten und besonnensten Begriffsbestim- mungen bewußt werden, so würde eine solche Über- legung sie mehr Bescheidenheit und Zurückhaltung lehren und ihre gute Meinung von sich selbst sowie ihr Vorurteil gegen die Gegner verringern. Der Un- gebildete sollte auf die Gemütsverfassung der Ge- lehrten achten, die inmitten aller Vorteile, welche Ar- beit und Überlegung zeitigen, gewöhnlich in ihre Er- gebnisse doch Mißtrauen setzen; wer aber unter den Ge- lehrten durch seine natürliche Veranlagung zu Hochmut und Hartnäckigkeit neigt, dem wird ein leichter Zu^tz von Pyrrhonismus seinen Stolz niederschlagen durch den Hinweis, daß die geringen Vorteile, die er über seine Genossen etwa errungen hätte, nur unbeträchtlich smd im Vergleich mit der allgemeinen Ratlosigkeit und Verwirrung, die der menschlichen Natur anhaftet. Im allgemeinen sollte ein gewisser Grad von Zweifel, Vorsicht und Bescheidenheit bei allen Arten von Unter- suchungen und Entscheidungen den folgerichtigen Denker nie verlassen. .

Eine andere Art des gemäßigten Skeptizismus, die der Menschheit von Vorteil sein könnte und viel- leicht das natürliche Ergebnis der pyrrhonischen Zweifel und Bedenken ist, geht auf die Einschränkung unserer Forschung auf solche Gegenstände, die sich für die engen Fähigkeiten des menschlichen Ver- standes am besten eignen. Die Einbildungskraft des Menschen ist von Natur hochfliegend, entzuckt sich an allem Entlegenen und Außerordentlichen und stürmt ohne Aufsicht in die weitesten Fernen des Raumes und der Zeit, um den Gegenständen aus dem Wege zu gehen, welche Gewohnheit ihr allzu vertraut gemacht hat. Eine gerade Urteilskraft beobachtet die gegenteilige Methode, vermeidet alle weit und hoch führenden Untersuchungen, beschränkt sich auf das gewöhnliche Leben und solche Gebiete, die im täglichen Handeln und in der Erfahrung vorkommen und überläßt die erhabenen Vorwürfe Dichtern und Rednern zur Ausschmückung oder der Kunst der

190

Zwölfter Abschnitt.

Priester und Staatsmänner. Uns zu einem so heil- samen Entschluß zu bewegen, ist nichts so dienlich, als einmal völlig von der Kraft des pyrrhonischen Zweifels durchdrungen gewesen zu sein und von der Unmöglichkeit, durch etwas anderes als nur durch die starke Macht des natürlichen Instinkts daraus befreit zu werden. Wer eine Neigung zur Philosophie ha^ wurd seine Nachforschungen fortsetzen, denn er bedenkt, daß neben dem unmittelbaren Vergnügen, das solche Beschäftigung begleitet, philosophische Ent- scheidungen weiter nichts sind als die in Regeln ge- brachten und berichtigten Überlegungen des täglichen Lebens. Aber sie werden sich nie versucht fühlen, über das gewöhnliche Leben hinauszugehen, solange sie die Unvollkommenheit jener Fähigkeiten im Auge behalten, mit denen sie arbeiten, deren engen Bereich und unge- naue Leistungen. Solange wir nicht einen befriedigenden Grund angeben können, warum wir nach tausend Er- fahrungstatsachen glauben, daß ein Stein fallen oder das Feuer brennen wird können wir uns da mit irgend einer bestimmten Anschauung zufrieden geben die wir über den Ursprung der Welten und den Zustand der Natur von Ewigkeit zu Ewigkeit bilden mögen?

Diese enge Begrenzung unserer Untersuchungen ist m der Tat in jeder Hinsicht so vernunftgemäß, daß, um sie uns zu empfehlen, schon die oberfläch- lichste Prüfung der natürlichen Kräfte des mensch- lichen Geistes und deren Vergleichung mit ihren Gegenständen genügt. Wir werden dann finden welches die geeigneten Gebiete der Wissenschaft und Forschung sind.

Mir scheint, daß die einzigen Gegenstände der abstrakten Wissenschaften oder der Demonstration Große und Zahl sind, und daß alle Versuche, diese vollkommeneren Wissensarten über diese Grenzen hmaus zu erstrecken, nur Blendwerk und Täuschung bedeuten. Da die Bestandteile von Größe und Zahl ganz gleichartig sind, so werden ihre Beziehungen schwierig und verwickelt; nichts kann daher wissens- werter und auch nützlicher sein, als durch vielfache Zwischenglieder ihre Gleichheit oder Ungleichheit in ihren verschiedenen Erscheinungsformen nachzu-

Über die akademische oder skeptische Philosophie. 191

weisen. Da aber sämtliche übrigen Vorstellungen deut- lich voneinander getrennt und verschieden sind, so können wir auch mit der genauesten Forschungs- weise nie weiter dringen, als bis zur Beobachtung dieser Verschiedenheit, und kraft eines einleuchtenden Aktes der Überlegung die Aussage machen, daß das eine Ding nicht das andere ist. Machen derartige Ent- scheidungen Schwierigkeiten, so kommt das allein von dem unbestimmten Sinn der Wörter, der sich durch richtigere Definitionen verbessern läßt Daß das Quadrat der Hypothenuse gleich ist den Qua- draten der beiden anderen Seiten, kann man auch bei genauester Definition der Ausdrücke nicht wissen, ohne fortlaufende Denkakte und Unter- suchungen anzustellen. Uns aber von dem Satz zu über- zeugen, daß, wo kein Eigentum ist, da keine Ungerechtigkeit sein kann, braucht man nur die Ausdrücke zu definieren und Ungerechtigkeit als Verletzung des Eigentums zu erklären. Dieser Satz ist in der Tat nur eine unvollkommenere Definition. Das- selbe gilt von all jenen angeblichen syllogistischen Denkakten, die sich in jedem anderen Zweig des Wissens vorfinden, außer in den Wissenschaften von Größe und Zahl. Diese können ruhig, wie mich dünkt, für die einzigen wahren Gegenstände des Wissens und der Demonstration erklärt werden.

Alle übrigen Forschungen des Menschen betreffen nur Tatsachen und Dasein, und diese sind ersichtlich der Demonstration nicht zugänglich. Alles, was ist, kann auch nicht sein. Keine Verneinung einer Tatsache kann einen Widerspruch enthalten. Das Nichtsein eines Wesens ist ohne Ausnahme eine ebenso klare und deut- liche Vorstellung wie sein Dasein. Der Satz, welcher behauptet, daß es nicht ist, mag zwar falsch sein^), aber er ist nicht weniger begreiflich und verständ- lich als der, welcher behauptet, daß es ist. Der Fall liegt anders bei den Wissenschaften im strengen Sinn. Dort ist jeder Satz, der nicht wahr ist, verworren und unverständlich. Daß die Kubikwurzel von 64 gleich ist der Hälfte von 10, ist ein falscher Satz

*) „mag zwar falsch sein" kam in Ausgabe F hinza.

192

Zwölfter Abichnitt.

und kann nie deutlich vorgestellt werden. Daß aber Cäsar, oder der \Engel Gabriel, oder sonst ein Wesen niemals existiert hat, mag ein falscher Satz sein, ist aber jedenfalls vollkommen vorstellbar und enthält keinen Widerspruch.

Das Dasein irgend eines Wesens kann also nur durch Begründungen bewiesen werden, die aus seiner Ursache .oder Wirkung stammen, und diese Begrün- dungen stützen sich lediglich auf die Erfahrung. (Jehen wir a priori vor, so scheint jedes Ding fähig, jedes andere hervorzubringen. Das Fallen eines Kiesels könnte, soviel wir wissen, die Sonne auslöschen, oder der Wunsch eines Menschen den Lauf der Sterne lenken. Es ist nur die Erfahrung, die uns über ^e Natur und die Grenzen von Ursache und Wirkung belehrt und uns befähigt, ' das Dasein eines Gegen- standes aus dem eines anderen herzuleiten. ^) Das ist die Grundlage der moralisch-gewissen Denkakte, welche den größten Teil des menschlichen Wissens bilden und die Quelle alles menschlichen Handelns und Verhaltens sind.

Moralisch-gewisse Denkakte betreffen entweder einzelne oder allgemeine Tatsachen. Alle Erwägungen im Leben gehören zu den ersteren und ebenso alle Er- örterungen in der Geschichte, Chronologie, Geographie und Astronomia

Wissenschaften, die von allgemeinen Tatsachen handeln, sind Politik, Naturwissenschaft, Physik, Chemie usw., wo die Eigenschaften, Ursachen und Wirkungen einer ganzen Gattung von Gegenständen untersucht werden.

Die Gottesgelahrtheit oder Theologie, welche das Dasein einer Gottheit und die Unsterblichkeit der Seelen

^ Jene lästerliche Regel der alten Philosophie: Ex nihilo nihil fit, welche die Erschaffimg der Materie ausschloß, hört nach unserer Philosophie anf, eine Regel xa sein. Nicht nnr der Wille des höchsten Wesens kann die Materie erschaffen; soweit wir a priori wissen, könnte sie auch der Wille eines jeden andern Wesens erschaffen, oder

i'ode andere Ursache, die sich eine noch so launenhafte fiinbildnngskrafb ersinnen mag.

Über die akademische oder skeptische Philosophie. 193

beweist, setzt sich aus Gedankengängen zusammen, die teils einzelne, teils allgemeine Tatsachen betreffen. Sie hat in der Vernunft ihre Grundlage, soweit sie durch Erfahrung gestützt wird. Aber ihre beste und festeste Grundlage ist der Glaube und die göttliche Offen- barung.

Ethik und Ästhetik sind nicht so sehr Gegen- stände für den Verstand wie für den Geschmack und das Gefühl. Die Schönheit, die sittliche wie die natür- liche, wird eigentlich mehr empfunden als verstandes- gemäß aufgefaßt Richten wir unsere Vernunft auf sie und versuchen wir einen Maßstab für sie festzustellen, so betrachten wir eine neue Tatsache, nämlich den allgemeinen Geschmack der Menschheit oder etwas ähnliches, der dann Gegenstand der Vernunfttätigkeit oder des Forschens werden kann.

Sehen wir, von diesen Prinzipien durchdrungen, die Bibliotheken durch, welche Verwüstungen müssen wir da nicht anrichten? Greifen wir irgend einen Band heraus, etwa über Gotteslehre oder Schulmeta- physik, so sollten wir fragen: Enthält er irgend einen abstrakten Gedankengang über Größe oder Zahl? Nein. Enthält er irgend einen auf Erfahrung gestützten Gedankengang über Tat- sachen und Dasein? Nein. Nun, so werft ihn ins Feuer, denn er kann nichts als Blendwerk und Täu- schung enthalten.

name, Unttrtnohsr- Ab. d. mentohl. Verstand.

18

DeatBoh-englisoheB Register.

195

Deutsch-englisches Register/)

Ableitung, ableiten:

A-bstrakt:

Affekt:

Analogie:

Anerkennung, anerkennen:

Ästhetik, Ästhetiker:

Assoziation:

Auffassen, Auffassung:

Aussage:

Begriff:

Begründung:

Beobachtung, beobachten:

Bestandig:

Betätigung:

Beweis:

Büd:

Bewußtsein, bewui^t:

Demonstration:

Denkakt:

Denken:

Denker:

Eindruck:

Einbildung(skraf t) :

Empfinden, Empfindung:

Energie:

Erdichtung:

•inference, infer.

♦abstract

♦passion.

analogy.

assent (siehe ^belief),

acknowledge. ♦criticsm, critic.

association. ♦perceive, perception. *evidence. •notion. ♦argument

Observation, observe.

steady, constant. ♦action. ♦proof.

image («Gemälde pict-

ure). *consciousness, conscious. ""demonstration. ♦reasoning. ♦think, thought ♦reäsoner. ♦impression. ♦imagination. ♦feel, feeling.

energy (siehe ♦connexion).

fiction (siehe *imagina- tion).

^) Die mit •inem Stero TeneheneD WOrter finden liob mach im engÜBoh-dentiohen Register.

Ereignis:

Erfahrung:

Erfahrungstatsache:

Erfolg:

Erscheinung:

Erstaunlich:

Evidenz:

FaU:

Fest, Festigkeit:

Folge, Folgerung:

Frische:

Gedanke:

Gedankengang:

Gefühl:

Gregenstand:

Gegensatz:

Gesunder (gemeiner) Ver- stand: Geist, geistig:

Greisteswissenschaf t :

Gemütserregung:

Geschmack:

Geschmacksurteile :

Gewißheit:

Gewohnheit:

Glaube:

Gleich:

Gleichartig:

Grundsatz:

Handlung:

Herleiten, -ung:

Intuition, intuitiv:

Kraft:

Kenntnis: Kontrast:

event.

♦experience. ♦experiment.

event.

phaenomenon, appearance.

marvellous. •evidence.

instance (günstiger Fall: Chance).

firm, firmness; solid, solid-

ity.

*consequence.

vigour. *thought. *reasoning. *sentiment.

subject, object.

Opposition, contest (siehe ♦contrariety).

common sense.

*mind, spirit, genius; ment- al, moral science (siehe ♦mor-

al). emotion, affection (siehe

*passion). taste, relish. *criticism. *certainty. custom. *belief, faith. like (siehe *similar). ♦similar.

maxim (siehe ♦principle). action.

*infer, inference. *intuition, intuitive, force, power (siehe ♦con- nexion). ♦knowledge.

contrast (siehe ♦contrary).

13*

!

196

Deatach-engliiohef Register.

Deattob-ADgliiohM Register.

197

Lebendigkeit, lebendig:

Lebbaftigkeit, lebhaft:

Macht:

Matt:

Metaphysik, metaphysisch:

Moralisch, moralisch-ge- wiß:

Naturwidrig (widernatür- lich):

Neigung:

Philosophie:

Prinzip:

Schließen, Schluß:

Schwach:

Seele:

Selbstbesinnung:

Sicherheit:

Starke, stark:

Tätigkeit:

Tasten:

Tatsache:

Überlegung, überlegen:

Übernatürlich:

Überzeugung:

Übung:

Ursache*

Urteil, Urteilskraft:

Verbinden, -ung:

Verknüpfen, Verknüpfung:

Vernunft:

Vernünfteln:

Vernünftig:

Vernunfttätigkeit: Verstand: Verständlich: Verträglich:

vivacity, vivid.

liveliness, lively.

power (siehe: ♦connexion).

faint. ♦metaphysics, metaphysical.

♦moral. prodigeous,

affection, inclination, pro- pensity (siehe *passion). ♦philosophy. ♦principle. *conclude, conclusion.

feeble.

soul (siehe ♦mind). ♦reflection.

♦assurance, security (siehe ♦belief).

strength, streng, force. ♦Operation, ♦feel.

fact, matter of fact. ♦reflection, reflect.

supernatural.

conviction, persuasion. (siehe ♦belief).

habit.

cause.

judgment. bi

)ind together, unite, union, communication. ♦connect, connexion. ♦reason. ♦to reason.

♦reasonable, rational, in- telligent, ♦reasoning. ♦understanding. intelligible.

consistent (siehe ♦contra- diction).

Vertrauen:

Vorgang:

Vorstellen:

Vorstellung:

Vor Stellungsbild:

Vor stellbar:

Wahr, Wahrheit:

Wahrnehmung:

Wahrscheinlich, -keit:

Widerspruch, -sprechen, widerspruchsvoll:

Widerstreit, widerstrei- tend:

Wille:

Willenshandlung:

Wirksamkeit:

Wirkung:

Wißbegierde:

Wissen:

Wissenschaft:

Wunder, wunderbar:

Zeugnis:

Zufall:

Zusammenhang (hängen)

Zusammenstimmend :

Zustimmung:

faith.

♦Operation, ♦conceive. ♦idea.

♦conception. *conceivable. *true, truth. ♦Sensation.

♦probable, probability. ♦contradiction, contradict,

contradictory. ♦contrariety, contrary.

will.

voluntary action. ♦Operation.

effect.

curiosity. ♦knowledge.

♦philosophy, science; ganz selten: letters, learning, litterature.

miracle, miraculous, sel- ten: wonder.

testimony.

Chance, selten accident.

♦conjunction, conjoin.

consistent (siehe ♦contra- diction).

assent (siehe ♦belief).

Englisch-deutsches Register.

Nur die in der Übersetzung streng festgehaltenen Ausdrücke, also die eigentlichen Termini, erhalten in diesem alpha» betischen Register eine selbständige Stelle; erwähnens- werte, aber von Hume oder von uns fließend gebrauchte Ausdrücke werden bei den betreffenden Grundwörtern er- wähnt, denen ihre Bedeutung am verwandtesten ist. Hin- weise auf Humes Hauptwerk den Treatise on human nature beziehen sich stets auf dessen erstes Buch: Of fiiC wnder- ttanding. Die Nachweise durch Angabe der Seiten, aui denen ein Ausdruck vorkommt, erstreben natürlich' keine

Vollständigkeit.

Abstract: von Hume in dreierlei Bedeutung ge- braucht: a) = unanschaulich und daher schwer verständlich im populären Sinne (Hauptquelle bezeichnenderweise der „populäre" Abschnitt I); dort wird die leichte (easy), menschliche (human), augenfällige (öbvious) der tiefsinnigen (profound), schwer verständlichen (of difficult comprehension), genauen (accurate) Philosophie gegenübergestellt; vgl. S. 4, 7, 9, 15, 16, 60, 95. b) = a priori, rein gedanklich; so werden S. 182 „unsre ab- strakten Denkakte" (abstract reasonings) in Gegen- satz zu denjenigen gestellt, „welche Tatsachen und Dasein betreffen" (toich regard matter of fact or existence). Und zwar ist die Mathematik in diesem Sinne die „abstrakte Wissenschaft" xax B^oxn^, S. 184, vor allem die Arithmetik (S. 190, 193), da nach Hume die Geometrie empirische Ele- mente birgt und der Kritik der unter c) erwähnten Bedeutung von abstrakt verfällt, c) = begriff- lich, kommt hauptsächlich in der Verbindung mit idea vor: als allgemeine und abstrakte Vor- stellung. Deren Existenz wird bekanntlich von Hume (im Treatise I, 7 ausführlich, in unserm Werk, S. 185 A. nur nebenbei) geleugnet und jeder

Englisch-deutsohes Register.

199

Gattungsbegriff als „Einzelvorstellung*' gedeutet, die bei Nennung eines allgemeinen Namens andre Einzelvorstellungen assoziativ wachruft

Das Wort ist in jeder seiner Bedeutungen mit Abstrakt wiedergegeben worden.

Argument: der Weg, auf dem ich von einer un- mittelbaren zu einer mittelbaren Erkenntnis ge- lange. Daher werden alle argumenta von Hume (S. 70 A.) in Begründungen a priori und a poste- riori, d. h. in demonstrations und proofs and pro- habilitiea eingeteilt (siehe dort). Da aber die En- quiry die Erkenntnis a priori nur streift, so steht argument meist im Sinne von Erfahrungsbeweis, als argument from experience (S. 47; der Aus- druck argumenta a priori S. 38). Genus proxi- mum: reasoning (siehe dort). Synonyma: con- clusion (Schluß), consequence (Fdigeinng), inference (Ableitung, siehe dort); Hauptquelle S. 45 51. Ar- gument ist stets mit Begründung übersetzt worden; nur zweimal, wo es im englischen Text für argu- mentation steht, ist es (S. 128) mit Beweisführung, oder (S. 145) mit Widerlegung wiedergegeben.

Association: die Verknüpfung zwischen einander- folgenden Ideas (Vorstellungen) oder zwischen einer impression und einer idea. Genus proxi- mum: Operation of the mind (siehe dort). Syno- nym um: connexion, Verknüpfung (siehe dort). Hauptquelle: 3. Abschnitt. Association ist stets mit Assoziation übersetzt worden.

Belief: das bevorzugte Wort, um die Überzeugung von der Existenz oder Beschaffenheit einer nicht unmittelbar erfahrenen, aber unter be- stimmten Bedingungen erfahrbaren Wirklich- keit zu bezeichnen. Diese Überzeugung wird durch reasonings, arguments, inferences, conclusions, consequenceSy letzten Endes durch einen auf dem Wege gewohnheitsmäßiger Assoziation erworbenen instinct, auf Grund vergangener Erfahrungen, also im strengen Sinne nur durch proofs an der Hand des Kausalitätsgesetzes erarbeitet. Ihr Grad bleibt hinter der absoluten Gewißheit (certainty) zurück und erreicht nur Wahrscheinlichkeit. Der

I -

200

Englitoh-dentsobes Begifter.

helief ist der eine Ast an dem Stamme der evidence (siehe dort), deren anderer kräftiger entwickelter Ast certainty (siehe dort) genannt wird. Da alle Er- kenntnis über nicht unmittelbar gegenwärtige Wirk- lichkeit nach Hume der Erfahrung entstammt, so kommt der helief stets nur empirischen Einsichten zu. Der belief ist ,,ein Gefühl oder eine Empfin- dnngsweise" (sentiment or feeling), eine „Vorstel- Inngsart" (manner of conception), nicht selbst eine Vorstellung (S. 59/60). Genus proximum: cvi- dence (siehe dort). Synonyma: assurance, assent, seltener security, conviction (187), persuasion, rc- liance (71), opinion (136); assurance und security meist mit Sicherheit, assent mit Zustimmung, die übrigen mit Überzeugung wiedergegeben; vgl. S. 60, 183 (zu assent), S. 129 ff. (zu assurance). Hauptquelle: S. 59—69; vgl. Treat I, 7, 10 und Anhang. Belief ist stets mit Glauben über- setzt worden (S. 154, 155 und 193 mußte auch faith im Sinne des religiösen Glaubens mit Glaube übersetzt werden). Gertain, certainty: der höchste Grad der Evi- denz, der nur a) den Ergebnissen der aprio- rischen Wissenschaften (Logik und Mathematik), deren Gegenteil einen Widerspruch enthält, b) den unmittelbaren Wahrnehmungen, den Augen- blickserlebnissen (den external und internal sen- sdktions), und c) allenfalls noch den Erinnerungsvor- stellungen eignet Die Gewißheit ist entweder un- mittelbarer <äer mittelbarer Art und heißt dem- entsprechend intuitive oder demonstrative ; vgl. S. 35 und 36. Mittelbare Erfahrungsgewißheit gibt es nicht; wohl aber mittelbare Gewißheit a priori als der subjektive Überzeugungsgrad, der den demon- strations eignet Ausnahmen von dieser Termino- logie sind selten, doch finden sie sich gelegent- lidi; so S. 107 109 mehrmals, wo von degrees of certainty (statt evidence) gesprochen wird, und S. 81, wo sich der Ausdruck a certain proof findet (während doch ein Erfahrungsbeweis nach Hume nur assent, assurance, conviction, kurz belief, aber nie certainty erreicht); auch die Ausdrücke consid-

Englischodentiohef Register.

301

erable certainty und certain auf S. 111 und S. 122 sind inkorrelä. Genus proximum: evidence (siehe dort). Synonyma nicht vorhanden. Haupt- quelle: S. 35/36. Die englischen Termini sind im Deutschen überall mit Gewiss und Gewissheit wiedergegeben. (Ganz selten steht certain für ob- jektiv notwendig, so S. 90, wie true gelegentlich wirklich statt wahr bedeutet).

Conceive, conceivable, conception: jede Art des reproduzierten, mittelbaren Vorstellens. Es ist also eine Art des perceive (auffassen), das un- mittelbares Vorstellen (für das Hume's Terminologie keinen eigenen Ausdruck besitzt) und mittelbares Vorstellen befaßt Das Vermögen der conceptions ist die Einbildungskraft, imagitiation (siehe dort). Gegenstück und zugleich Quelle der conceptions sind die unmittelbaren impressions (siehe dort). Da alles Vorstellen bei Hume ein anschauliches Vorstellen ist und er ein begriffliches Vorstellen nicht kennt, so steht auch conceivable und inconcei- vable (S. 82, 83, 89) im Sinne von anschaulich, vorstellbar oder nicht vorstellbar. Genus proxi- mum: perceive, perception (Auffassung) (siehe dort). Synonyma: siehe think (denken), thought (Gedanke), idea (Vorstellung); von conceivable: con- sistmt (widerspruchslos). Hauptquelle: S. 61 bis 69, wo die Bedeutungsgleichheit mit idea, think, thought am klarsten erhellt; vgl. S. 18 ff., 43 u. a. Deswegen ist auch der Stamm von vorstellen in der Übersetzung stets eingehalten worden und zwar in der Weise: daß conceive gewissermaßen als das fehlende Verb zu idea immer mit Vorstellen (wie think und thought mit denken und Gedanken), con- ceivable mit vorstellbar, conception da Vor- stellung für idea reserviert werden mußte mit Vorstellungsbild wiedergegeben wurde. (Einmal in der sonderbaren Verbindung von conception of ideas: mit Bildung von Vorstellungen übersetzt, S. 86.)

Conclusion, conclude: der Akt, der von unmittel- barer zur mitteilbaren Erkenntnis führt, resp. das Ergebnis dieses Aktes (die Konklusion). Haupt-

202

Englisoh-deutiches Register.

Problem ist die Analyse der experimental conclusion (S. 44, 45), d. h. des Schlusses, der von gegenwär- tiger oder erinnerter Erfahrung auf nicht Elr- fahrenes geht Als Denkprozesse a priori die con- elmions der Mathematik: S. 183. Genus proxi- mum: reasoning (siehe dort). Synonyma: argu- ment, inference, consequence (siehe dort). Haupt- quelle: S. 42 ff. Conclude, conclusion sind stets mit Schliessen, Schluss (Schlußsatz, Schluß- ergebnis) übersetzt worden.

Coinanction, conjoin: im Gegensatz zur connexion (Verknüpfung, siehe dort) eine Verbindung „äußer- licher" d. h. nur räumlich-zeitlicher, nicht „innerer" Natur. Es bedeutet das bloß tatsächliche Anein- andergefügtsein von Dingen, Ereignissen, Vorstel- lungen, nicht das logisch oder real notwendig' mit einander Gegebensein. Die erkennbare Kausalität ist bloße conjunction, und wer diesen Begriff im Gegensatz zur necessary connexion, in der die Wirkung aus der Ursache durch eine be- sondere „Kraft" entspringt oder in ihr „enthalten" ist, verstanden hat, besitzt den Schlüssel zu Humes Kausaltheorie. Genus proximum: Operation (siehe dort). Synonyma von to he conjoined: to folloto, io he attended (S. 89). Hauptquelle: S. 85, 90 fi; ▼gl. auch S. 48fl Von den meisten Übersetzern wird conjunction mit Verbindung, connexion mit Verknüpfung wiedergegeben; aber dabei kommt weder der sprachliche noch der tief sachliche Unter- schied deutlich zur Geltung. Wegen der Wichtigkeit der Begriffe haben wir (auf die Nachahmung des Gleichklangs der ersten Silbe ,,con"' im Englischen verzichtend) conjoin und conjunction überall durch Zusammenhang und Zusammenhängen (im Zu- sammenhang stenen) ins Deutsche übertragen. Man liest so schwerer über den Gegensatz zur connexion (Verknüpfung) hinweg.

Connexion, connect: die Verknüpfung innerer Natur zwischen Begebenheiten, Gedanken, Dingen usw., so daß wenn A gesetzt ist, B notwendig mitgesetzt ist; dieses innere „Band" {iycy S. 89, 90) heißt in dem Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung

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gewöhnlich Kraft Eine solche comiexion zwischen aen realen Objekten an sich mag bestehen, ist aber unerkennbar (Abschnitt VI); dagegen bezeich- net Hume die assoziative Verbindung der Vorstellungen, die uns solch eine innere Ver- knüpfung der Ereignisse in der realen Welt vor- täuscht, als eine connexion: S. 24 bis 34; 63, 91, 92; 94/95, 113. Genus proximum: Operation (siehe dort). Synonyma: force, energy, power (Kraft, Energie, Macht). S. 76: power, force, energy or necessary connexion, vgl. S. 90. Haupt quel- len: die gleichen wie für den Gegensatz der con- nexiony die conjunction: S. 85, 90 ff. Unsere deutsche Übersetzung lautet stets: Verknüpfung, verknüpfen.

Conscioasness, conscions: selten gebrauchte, nur in Abschnitt VII häufiger angewandte Termini; sie bezeichnen das unmittelbare Innewerden, das uns- bewußt-sein eigner innerer Erlebnisse. Con- sciousness ist die Quelle und das „Organ'' meist nur der inneren „Eindrücke", der inward impres- sions, und tritt dann als Seitenstück den äußeren Sinnen, als der Quelle und den Organen der out- ward impressions gegenüber; vgl. S. 86 either from our senses or consciousness ; S. 81 wird es daher •einem sentiment (Gefühl) gleichgesetzt. Es gibt stets untrügliche Auskunft: consciousness never de- ceives (S. 80). Genus proximum: mind (Geist) (siehe dort). Synonymum: reflection (Selbstbesin- nung) (siehe dort). Hauptquelle: S. 79—88. Übersetzt wurden consciousness und conscious immer durch: Bewusstsein und bewusst.

Consequence: sowohl die reale Folge wie die ge- dankliche Folgerung. Genus proximum: rea- soning (siehe dort). Im ersteren Sinn synonymum: effect (S. 27, 66, 86, 116, 118, 124, 125); im zweiten Fall: argument, inference, conclusion (siehe dort und S. 44). Im Sinn von Wirkung ist consequence stets mit Folge, im Sinn von Folge eines Grundes stets mit Folgerung wiedergegeben.

Contradiction, contradict: die gedankliche Unver- träglichkeit zweier Vorstellungen; also stets ein

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Bnglisch-daatschef Register.

Widerspruch a priori, der, ohne Rat bei der Er- fahrung zu holen, eingesehen werden kann. Kommt nur in der reinen Logik und Mathematik vor. S. 19: nor ia anything heyond the power of thought except what implies an absolute contradiction. Die mathematische contradiction S. 182, 184. Nicht häufig angewandter Terminus. Gegensatz: eon- ceiva^le (82, 83, 86), consistent (widerspruchlos), S. 19, 40; intelligibk (verständlich), S. 46. Syno- nymum: incongruous (unverträglich), vgl. S. 19. Hauptquelle: S. 35/36, 46. Contradict und con- tradiction ist stets mit Widersprechen, Wider- sprach übersetzt worden. Contrary, contrariety: a) Der Gegensatz zwischen Dingen, Ereignissen, die einander zerstören, auf- heben, de facto miteinander unverträglich sind. So wird S. 25 das Wesen von contrast or contrariety (eontrast ist der viel seltener gebrauchte Ter- minus) also beschrieben: Where two ohjects are contrary, the one destroya the other. Dann bringen die Worte das zum Ausdruck, was Kant „Real- repugnanz'' nennt, b) Der scheinbare Gegensatz in den Ursachen und Wirkungen dort, wo wir aus der scheinbar gleichen Ursache verschiedene Wir- kungen hervorgehen sehen. The contrariety of events (im Sinne von b) may not proceed from any contingency in the cause, but from the secret Operation of contrary causes (im Sinne von a). Solche Ursachen und Wirkungen, und ebenso un- sere Beobachtungen und Erfahrungen über sie nennt Hume gleichfalls contrary. In dem Sinne wird das Wort am häufigsten gebraucht. Synonyma von a) und b): opposite und Opposition (entgegen- gesetzt, Gegensatz); so S. 13, 130/31 Opposition and contrariety; selten contest (S. 132) und con- trast (Kontrast, S. 3, 33, 132, 141, A). Haupt- quelle: S. 103, 129—136. c) Manchmal auch im Sinn des logischen Widerspruchs « contradiction gebraucht; so S. 72 contrary supposition.

Contrary und contrariety sind im Gegensatz zu contradiction (Widerspruch) und Opposition (Ge- gensatz) stets mit widerstreitend, Widerstreit

En^lisch-dentiches Rej^ister.

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übersetzt worden. Contrary als Substantiv (ganz selten): Gegenteil (S. 26).

Criticism, critics: critidsm bedeutet bald die Ge- schmacksurteile (so S. 4), bald die Wissenschaft von diesen, die Ästhetik (S. 193); ihre Bearbeiter heißen critics, Ästhetiker (S. 15).

Demonstration, demonstrativ: jede Art mittel- barer Gewinnung von Erkenntnissen a priori, also das direkte Gegenstück zum proof (siehe dort), der mittelbaren Gewinnung von Erkenntnissen a poste- riori. Findet nur statt in der reinen Mathematik und Logik; und kann immer nur aus intuitiven Einsichten a priori über relations of ideas neue re- lations of ideas, niemals matters of fact or ex-i- stence erschlieJßen. Genus proximum: reasoning^ inference, argument, conclusion, consequence (siehe dort). Synonymum nicht vorhanden. Haupt- quelle: S. 25, 45/46, 182—184; 190—193. (Aus- führlicher im Treatise II, und III, 1.) Demonstra- tion und demonstrativ ist stets mit Demonstra- tion und demonstrativ wiedergegeben.

Event: Ereignis, Erfolg (73).

Evidence: a) Die Zustimmung und Überzeugung hohen oder niederen Grades, die wir allen, un- mittelbaren und mittelbaren Einsichten entgegen- bringen. Die Evidence umspannt also die absolute Gewißheit (certainty), sowie die Sicherheit (as- surance), die Zustimmung (assent), die Wahrschein- lichkeit (probability), kurz den „Glauben** (belief) (siehe dort). Genus proximum: feding, sentiment (siehe dort). Synonyma nicht vorhanden. Haupt- quelle: S. 35, 36, 130. Evidence in diesem Sinne ist überall mit Evidenz wiedergegeben worden, b) Dagegen herrscht im Abschnitt X die zweite Bedeutung des Wortes vor, in der es Aussage ver- zeichnet und, um es gegen die Synonyma t e Sti- rn ony (Zeugnis), relation (Bericht), u. a. abzu- grenzen, auch stets so wiedergegeben wurde.

Experience, experiment: experience bedeutet bald allgemein die (abstrakte), bald eine bestimmte (kon- krete) Erfahrung; experiment stets das letztere, und nicht Versuch, EJxperiment in unserem Sinne.

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Der Ausdruck experience durchzieht gleichmäßig das ganze Werk, zu experiment vgl. S. 64/65, 100. Synonyma existieren nicht Zur experience ge- hören alle impressiona, zu ihrem Gegensatz, der reason 2L priori alle ideas und thougthSy sowie die Operations of the mind, insofern sie die Erzeuger der letzteren sind. Experience ist stets mit Er- fahrung, experiment mit Erfahrungstatsache übersetzt worden. Feeling, feel: kann jedes unmittelbare Erlebnis oder jede Erfahrung; d. h. jede impression, sowohl äußere Sinneseindrücke, Empfindungen, wie Ge- fühle und Willensregungen bedeuten, immer aber von der Seite des innerlichen Gewahrwerdens aus betrachtet. Entscheidend: feit hy external or in- ternal senses. Es wird aber von Hume mit Vor- liebe für die Erlebnisse der Sinneswahrnehmungen gebraucht, während sentiment (Gefühl), das gleichfalls alle impressions in ihrer unmittelbaren Bewußtheit begreift, mit Vorliebe für die emo- tionalen Erlebnisse der Gefühle verwendet wird. Hume kennt zwar sachlich, aber nicht ter- minologisch unsere heutige Unterschei- dung zwischen Empfindungen und Gefühlen; wo er sprachlich die Trennung hervorheben will, geschieht es durch den Zusatz: outward, inward, external, internal zu sensCy Sensation, sentiment, feeling, impression. Genus proximum: percep- tion (siehe dort). Synonyma: sentiment (mit der angegebenen Einschränkung, siehe dort). Feeling or sentiment: S. 19, 60, 61. Hauptquellen: Für die „Empfindungen" (im Sinne der modernen Psycho- logie) süß, kalt, bitter usw. steht feeling S. 13 A.; für die Gefühle der Lusl^ Unlust, der Sittlichkeit (die sonst gewöhnlich mit sentiment bezeichnet werden) S. 18 (pain and pleasure: feelings), S. 19 (virtue conceived hy a feeling, i. e. dem moral sentiment); der „Kraft" S. 81; sentiment und feel- ing durcheinander gebraucht zur Charakteristik des belief: S. 60ff. In der Übersetzung ist feeling und fed stets mit Empfindung und Empfinden wieder- gegeben worden, um es durch ein besonderes Wort

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gegen sentiment (Gefühl) abzugrenzen; es ist also nicht im Sinne der modernen, rsychologie, sondern im Sinne Humes übersetzt worden, der wie gesagt den auch für die deutsche Wissenschaft relativ jungen terminologischen Unterschied zwischen Emp- findung und Gefühl noch nicht kannte. Mißver- ständnisse (unter Beibehaltung unserer Über- setzungsprinzipien: mit Humes Text die Ausdrücke festzuhalten und zu wechseln) wären ganz nur dann zu vermeiden gewesen, wenn wir im Deutschen für feeling und sentiment zwei getrennte, Gefühle und Empfindungen und zwar nur diese zwei Gruppen von Bewußtseinsinhalten zugleich bezeichnende Aus- drücke besäßen. Das ist nicht der Fall, und so muß diese Anmerkung dazu dienen, auftauchenden Unklarheiten zu begegnen. Schließlich schadet ja immer nur eine inkonsequent oder unbewußt ange- wandte Terminologie.

Wo feeling und feel für tasten steht, wie S. 18 und 43, ist es dementsprechend übersetzt worden. Idea: stets die mittelbare, reproduzierte Vor- stellung, die subjektive Wiederholung oder Ab- änderung einer ursprünglichen Wahrnehmung, einer impression. Die ideas sind die matteren Kopien der Originale: impressions internal + external sensations, feelings, sentiments. Kopien und Origi- nale sind die beiden Klassen der perceptions. Das Vermögen der ideas ist die imagination (siehe dort). Der Sprachgebrauch Humes steht zwischen Locke, von dem alle Bewußtseinsdata (Inhalte und Akte), also auch Humes Operations of the mind „ideas* ge- nannt werden und Berkeley, dw alle Bewußtseins- inhalte unmittelbare und mittelbare, also Humes impressions und ideas, aber nicht die Vorgänge im Bewußtsein als ideas bezeichnet Genus proxi- mum: perception (siehe dort). Synonyma: concep- tion, thought (siehe dort). Hauptquelle: S. 17 bis 23. Idea ist durchgehends mit Vorstellung wiedergegeben. Auch hier wird die Übersetzung sich nicht allgemeiner Anerkennung erfreuen, da von den deutscheu Psychologen ein Lager alle Bewußtseinsinhalte, unmittelbare und mittelbare,

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ein anderes nur die anmittelbaren und repro- duzierten Sinneswahmehmungen, ein drittes alle reproduzierten Grebilde, ein viertes nur die reprodu- zierten Gebilde anschaulicher Art Vorstellungen nennen will. Jedoch wird unsere Wahl, da sie ihre Entscheidung deutlich mitteilt, kein Mißver- ständnis der Gedanken Humes, sondern höchstens eine Mißbilligung seines Übersetzers zur Folge haben können.

Imagination: das „Vermögen'' die ursprünglichen „Eindrücke" des „inneren und äußeren Sinns** willkürlich zu reproduzieren, zu kombinieren, abzuwandeln, zu den thoughts, conceptions, ideai. Diese Tätigkeiten der imagination heißen: thitik und conceive (vgl. dort), imagine (einbilden, in weiterer Bedeutung auch ersinnen, S. 17). Die eigentlichen Erkenntnisse, die intuitions und de- monstrations a priori verfallen nicht dem Bereich der imagination; die Produkte der imagination sind teils fictiona (Erdichtungen, S. 60fl), teils Kausalschlüsse (S. 95). Genus proximum: fa- ctdty of the mind. Synonymum: selten fancy, Phantasie (S.29, 66, 138, 183). Hauptquelle: S. 60 63. Die Rolle der imagination im Trea- tise ist eine viel bedeutendere als in der Enquiry; daselbst verfallen ihr auch die geometrischen und besonders die kausalen Erkenntnisse, zu deren Er- klärung die Enquiry nur ganz selten die imagination zu Hilfe nimmt, und nur die demonstrations und in- tuitions a priori sowie die unmittelbar gegenwär- tigen Erfahrungen entgehen ihrem Bereich; vgl. Treat 1, 3 und IV, 4. Imagination ist stets mit Ein- bildung oder Einbildungskraft übersetzt worden.

Impression : jeder unmittelbar erfreue Bewußtseins- inhalt, äußerer oder innerer. Genus proximum: perception (siehe dort). Synonyma: feelinOy sentimenty Sensation (siehe dort). Gegenstück: die mittelbaren Bewußtseinsinhalte, die ideas, concep- tions, thoughts (siehe dort). Übersetzung: Eindruck.

Inier, Inlerence: neben reasoning das am häufigsten verwandte Wort für die Operation of the mind, welche von unmittelbaren „Eindrücken" zu neuen

Erkenntnissen über die nicht wahrgenommene, son- dern nur unter Umständen wahrnehmbare Wirklich- keit führt; wie die gleichsinnigen Ausdrücke haupt- sächlich zur Bezeichnung des Schrittes verwandt, durch den wir von der beobachteten Erscheinung, der Ursache, zur erschlossenen Erscheinung, der Wirkung gelangen. Genus proximum: Bea- soning (siehe dort). Synonyma: argument, eon- sequence, conclusion (siehe dort). Hauptquelle: Abschnitt IV. Um infer und inference auch in der deutschen Übersetzung durch einen besonderen Namen kenntlich zu machen, ist es überall mit Ab- (her)leiten, Ab(her)leitung wiedergegeben worden.

Intuition, intuitiv: immer nur die unmittelbare Erkenntnis a priori. Durch sie werden allein die rein logischen und mathematischen axiomati- schen Einsichten ergriffen; diese betreffen einzig Beziehungen (relations) zwischen Vorstel- lungen (ideas), niemals Tatsachen (matter of facts) und Dasein (existence). Das Gegenstück zur intuition ist die demonstration (siehe dort); d.h. die mittelbare Erkenntnis apriori. Beiden Erkenntnisarten allein eignet die absolute Gewiß- wißheit, die certainty (siehe dort). Genus proxi- mum: knowledge (siehe dort). Synonyma: nicht vorhanden. Hauptquelle: S.25. In der Enquiry hat Hume die apriorische Erkenntnis nur gestreift, im Treatise dagjegesi eingehend untersucht (vgl. daselbst zur Intuition III, 1). Intuition und intuitive sind wegen des ganz andersartigen Gebrauchs von An- schauung und anschaulich im Deutschen, der so gut Anschauungen a priori wie a posteriori be- greift, stets durch Intuition und intuitiv wieder- gegeben worden.

Knowledge: jede Art von Erkenntnis; bedeutet also den Besitz sowohl der Wahrheit und Gewißheit (fruth ein seltener gebrauchter Terminus und certainty, siehe dort), wie der Wahrscheinlich- keit und der ihr entsprechenden niederen Evidenz- grade (prohahüity und helief, siehe dort). Daß Hume sich dieser Anwendung des Ausdrucks wohl bewußt war, geht aus S. 192 Jiervor, nach der

H am«. Untenuchg. üb. d. iB«uiclil. Verstand. X4

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Englisch-dentsches Register.

die moral reasonings, d. h. die nnr wahrschein- lichen Denkakte ,,den größten Teil des mensch- lichen Wissens" (knotoledge) bilden. Ganz im Ein- klang damit wird Jcnowledge, übrigens kein sehr häufig gebrauchtes Worty in der Enquiry, in der das apodiktische und apriorische Wissen nicht ein- gehender untersucht wird, meist zur Bezeichnung des Wissens niederer Ordnung, d. h. der durch die proofs erarbeiteten kausalen Erkenntnis ver- wandt: so S. 53, wo ,,fast unser gesamtes Wissen^ (Tcnowledge) von der Eausalitätserkenntnis abhängig gemacht wird; femer S. 36, 37, 42, 43, 45, 49 u. a. m. Synonymum: reason (siehe dort). Dieser weite Gebrauch des Tcnowledge ist einer der größten terminologischen Abweichungen der Enquiry vom l^eatise, wo Tcnowledge nur für das Wissen von apriorischer Herkunft und apodik- tischer Gewißheit verwandt wird (vgl. Trea- tise lU, 11 und in Lipps' Register zu seiner Über- setzung des Treatise die Bemerkungen zu Tcnowledge, wo übrigens der Terminologie in der Enquiry nicht gedacht ist). Eine einzige Stelle fällt auch in der En- quiry in den Sprachgebrauch des Treatise zurück, nämlich S. 191, wo die mathematischen Demon- strationen „allein für die eigentlichen Gegenstände des Wissens" (tThe only proper ohjects of Tmowledge) gehalten werden. Übersetzt wurde Tcnowledge stets mit Wissen oder Kenntms. Verbum to Tcnow: kennen, wissen. Metaphv8ic8,metaphy8ical: a) jede „tiefere" wissen- schaftliche Untersuchung; Synonymum: accurate, profound, äbstract pTiilosopThy. Gegensatz: oh- vious, easy, human phüosopTiy ; vgl. S. 9 und S. 7: profound reasoning or what is commonly called metapTiysics (vgl. Treat I, Einltg.). Diese tie- feren Untersuchungen zerfallen in b) die unbe- rechtigten und aussichtslosen, welche über die Er- fahrung hinaus schweifen, in die Metaphysik in dem Sinne, wie sie Kant bekämpft und Mill als metempirische Spekulation bezeichnet (vgL S. 193), und c) in die berechtigten und aussichto- voUen oder die Erkenntnistheorie, welche Kant

Ihigliflch-dentsohei Regiater.

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gleichfalls gelegentlich als Metaphysik bezeichnet. Genus proximum: science of Tiuman nature. Sy- nonymum: Enquiry Conceming Tiuman under Stand- ing (S. 11/12). S. 11: „wir müssen die echte Meta- physik mit einer gewissen Sorgfalt pflegen, um die unechte und vermischte zu zerstören", d) Einige Male steht dann metapT^ysical für jede geistes- wissenschaftliche Untersuchung im Gegensatz zur naturwissenschaftlichen. So S.41, wo die natural pTiilosopTiy als Seitenstück zur moral or metaphysical pTiilosopTiy erwähnt wird, ebenso S. 75. Übersetzt wurden metapTiysics und metapT^ysical stets mit Metaphysik und metaphysisch.

Kind: die gesamte geistige Natur des Menschen. Genus proximum: human nature. Gegenstück: hody (Körper, Leib). Synonymum: Soul (Seele, S. 59, 79, 83, 86 u. a.). Spirit (z. B. of accuracy), genius (of phüosophy, undertaTcing geniua S. 8, 10, 159, 179, 117) mußten auch mit Geist (der Genauigkeit, der Philosophie, unternehmender Geist) wiedergegeben werden. Adjektiv: menfoZ, geistig (S. 12, 13 A.). Mind ist stets mit Geist übersetzt worden.

Moral: a) sittlich, moralisch in unserem Sinne (morality: Moral, S. 13, morals: Ethik, S. 193) und dann bietet es für die Übersetzung keine Schwierigkeit, b) Wahrscheinlich, im Gegen- satz zu absolut gewiß (certain). Synonymum: probable (siehe dort). Eine Terminologie, die in Deutschland früher erloschen ist als in Frankreich und England, wo sie noch besteht (sie geht auf die Anschauung zurück, daß die empirischen Ge- setze von Gott aus freiem, „moralischem^ Wülen und nicht aus logischer Notwendigkeit geschaffen wurden, und dieser theologische Same treibt bis in die Erkenntnistheorie hinein seine Blüten). So S. 46: moral or probable reasonings; S. 129, wo die niederste Art der moral evidence das tiefste Glied auf der Skala der Überzeugungsgefühle be- zeichnet; vgl. auch S. 185 und 192. In dieser Be- deutung ist das Wort» um weder seine eigentüm- liche Färbung, noch seine Verständlichkeit auf-

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zugeben, mit moralisch-gewiss wiedergegeben worden, c) Geistig im Gegensatz zu körperlich. So nennt Hume die Philosophie des Geistes und die Geisteswissenschaften: moral philosophy, moral acienceSy moral reasonings, moral ideas, im Gegensatz zur natural philosophy usw. So S. 3, 41, 75. Sy nonymum: metaphysics in der Bedeutung von d) (siehe dort). In diesen Fällen sah sich die Übersetzung genötigt, dem Mißverständnis des Sinnes durch das Opfer der spezifisch englischen Terminologie vorzubeugen und moral phüoaophy, Science durch Geistesphilosophie, Geisteswissen- schaft zu übersetzen.

Notion: eigentlich kein Terminus im Enquiry. Das selten auftretende Wort bezeichnet bald den „Ge- danken'* im Sinne der Vulgärpsychologie (so S. 6, wenn der Philosoph „eingesponnen in seine prin- eiples and notions" genannt wird; vgl. S. 20); bald ist es ein Synonymum von idea, reproduzierter Vorstellung, so S. 20. Es wurde stets durch Begriff wiedergegeben, in dem vagen Sinne, den dieses Wort in der Alltagssprache hat und nicht im Sinne einer logisch nnd psychologisch festgelegten Be- deutung (in der Hume es ebenso wie die abstraet idea nicht anerkennen würde). Aber es mußte gegen idea, conception, thought auch in der Über- setzung kenntlich gemacht werden und ein anderes geeignetes Wort wollte mir nicht einfallen.

Operation: wie reasoning mit der häufigste und am schwierigsten übertragbare Terminus der En- quiry. Operation bedeutet jede Art von Vor- gang, Begebenheit, Tätigkeit, Wirksamkeit im Reiche der Dinge an sich und der Erschei- nungen, der körperlichen und der geistigen Natur: bald bloß von der Seite des einfachen Gescheh- nisses, der zeitlichen Veränderung, bald von der Seite der erzeugenden Quelle, durch die eine Ver- änderung entsteht, betrachtet; letztere ist nach Hume unerkennbar und der Mensch ist auf die Er- forschung der reinen Abfolge von Inhalten in seiner Untersuchung der Operations angewiesen. So werden

Englisch-dentichet Register.

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sowohl die empirischen Naturbegebenheiten, also etwa das Fallen eines Steines, natural Operations genannt, als auch von der ^.Operation of the cause" •(S.72, 107 u. a.), von der Wirksamkeit der Ur- Sache in der Natur gesprochen. Oft schillert die Operation nach beiden Seiten und bezeichnet dann einen aktiven Vorgang, eine Tätigkeit des Geistes, aus dem jedes aktive Element hinauserklären Hume weder wollte noch konnte. Jedenfalls nahm er, wie auch die Gleichung actions^ Operations S. 115 beweist, das Endziel, dem er vielleicht nachstrebte, nicht in die ursprüngliche Terminologie mit auf. S. 19 wird ausdrücklich die Verarbeitung der im- p7'essions zu fictions, also die „Verbindung, Um- stellung, Vermehrung oder Verminderung", die „Mischung und Zusammensetzung** der Sinneswahr- nehmungen und Gefühle zu Phantasiegebilden durch die imagination einer „creative power** y einem ,ywill'* zugesprochen; allerdings sind dieses dort die einzigen im eminenten Sinne aktiven Operations bei Hume; doch hat er auch die demonstrations a priori, ja selbst die reasonings a posteriori öfters als „Tätigkeiten" geschildert (S. 115/116 A) und Treat. III, 2 auch ausdrücklich ihre aktive Natur hervorgehoben. Synonymum: process. Hanpt- quelle: Abschnitt VII und VIII. Es ist mir leider nicht gelungen (so wenig wie bei reasoning) ein Wort zu finden, das an den unzähligen Stellen, wo Operations vorkommt, ohne der deutschen Sprache oder dem Sinne Gewalt anzutun, einzusetzen wäre. Auch Operations mit Operationen wiederzugeben, ging nicht an (man denke oder besser man höre nur: die Operationen der Körper, Operation der Ursache!); so wurden für die drei Hauptnuancen der Operation drei Ausdrücke: Vorgang, Wirk- samkeit, Tätigkeit gewählt. Passion: ist stets mit Affekt (affections meist mit: Neigungen) übersetzt worden. Beides sind, ebenso wie die sentiments, wo diese Gefühle bedeuten, emotions: Gemütsbewegungen; vgl. S. 13 A, 17, 18, 20, 26 ff. (S. 1 mußte passion mit Leiden- schaft, S. 7 mit Liebe wiedergegeben werden.)

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Engliioh-deiitiobM R«gitUr.

PerceiTe, percepüon: Perception bedeutet im En- quiry jede Art von Bewußtseinsinhalten, on- mittelbaren und mittelbaren, räumlich und unräum- lich charakterisierten, d.h. ,,äui3eren" und „inne- ren'^; befaßt also sämtliche impresaions (siehe dort) auttoard and inward sensations) und sämtliche ideas und thoughts (siehe dort). Das Haben solcher Inhalte heißt perceive. Den perceptions stehen innerhalb unseres „Geistes"' in gewissem Sinne die Operations of the mind gegenüber. Doch versucht Hume nach Kräften die meisten Vorgänge (Operations) an den perceptions, wie das logische, mathematische, kausale Denken, die Assoziationen (mit Ausnahme der Abände- rungen der impressions durch die imagination zu fictions usw.) lediglich in eine Mechanik der Perceptions, in eine gewissermaßen durch Druck und Stoß hervorgerufene passive Be- wegungsweise der Bewußtseinsinhalte aufzulösen, ohne ein neues spontanes Prinzip einzuführen. Im Gegensatz zur modernem Aktualitätstheorie, welche die Perzeptionen letzten Endes aus „Apperzeptionen'' aufbauen möchte, bemüht sich Hume, die „Apperzeptionen" aus Perzeptionen auf- zubauen. Keine perceptions sind die unerkennbaren Dinge an sich und ihre unerkennbaren Operations; aUe erkennbaren Gegenstände aber sind percep- tions. Synonyma: nicht vorhanden. Haupt- quelle: S. IT— 23. Um Hume nicht zu moderni- sieren, ist perception nicht mit dem von der neueren Psychologie wieder aufgenommenen Terminus Per- zeption, sondern stets mit Auffassung, perceive mit auffassen wiedergegeben worden. (S. 198, wo perceive ausnahmsweise als intellektuelles Per- zipieren im Gegensatz zum gefühlsmäßigen Per- zipieren steht, mußte es mit „verstandesmäßig auf- fassen" übersetzt werden.)

Philosophy: der englische Gebrauch des Ausdrucks ist bekannuich auch heute noch weiter als der deutsche (im übrigen ebenso unbestimmt und vieldeutig wie dieser). Phüosophy zerfällt bei Hume in die Haupt- zweige der moral und natural philosophy, dar

Engliioh-deutiohes Register

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Geistee- und der Naturphilosophie. Beide Aus- drücke werden zur Bezeichnung a) bald der all- gemeinen Prinzipienlehre über Geist und Na- tur, also der Philosophie in unserm Sinne, b) bald der Spezialdisziplinen über die körperliche und geistige Welt benutzt So werden S. 4 Erkenntnis- theorie, Metaphysik und Ethik, S. 100 dagegen Ge- schichte und Politik als Zweige der moral philo- sophy aufgeführt; als Zweige der natural phüo- sophy gibt der Enquiry überhaupt meist nur natur- wissenschaftliche Sonderdisziplinen an, wie Botanik, Mineralogie, Physik, S. 38, 41, 100. So umfaßt das Wort philosophy die allgemeinste Wissenschaft und die Einzelwissenschaften von der Wirklich- keit (die „formalen", nur relations hetween ideas behandelnden Disziplinen, wie die Mathematik, heißen stets sciences und sind nach S. 191 allein Sciences properly so called; während die Real- disziplinen gelegentlich auch sciences genannt werden, vgl. S. 192 und S. 75). Wissenschaft im weiteren, populären Sinne heißt gelegentlich: litterature (S. 4), letters (S. 6), leaming (S. 8, 11). Genus proximum: Jcnowledge, enquiry , specu- lation, science (S. 3). Da die Wiedergabe von philo- sophy durch Philosophie dort, wo der Ausdruck reale Einzeldisziplinen bezeichnet, gerade in einer erkennt- nistheoretischen Abhandlung Mißverständnisse er- regen könnte, so ist philosophy in der Bedeutung von a) stets mit Philosophie, von b) stets mit Wissenschaft übersetzt worden (natural philo- sophy: Naturwissenschaft, moral philosophy: Geisteswissenschaft). Principle: a) Grundsatz, als eine Behauptung all- gemeinen Inhalts; so S. 1, wo von den principles and reasonings der Enquiry gesprochen wird. Sy- nonymum: maxim (Grundsatz), b) Gesetz, z.B. principles of assodation S. 24, 25. Synonym um: law (welches Wort mit Vorliebe auf law of nature, Naturgesetz, beschränkt wird), c) Grund kraft, Triebkraft. Synonyma: power, spring (S. 1, 14, 41, 43/44, 103). So wird S. 116/117 ein „hitziges Gemüt" als Ursache oder principle

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Bngliaeh-dtiitsohM RegittMr.

von Handlungen angesehen. Oft schillert prin- dple in allen drei Tönen, wie denn natürlich die engste sachliche Verwandschaft zwischen den drei Bedeutungen obwaltet. Denn die allgemeinen Sätze sind meist Behauptungen über Gesetze, und diese» sofern sie die Wirklichkeit beherrschen, sind für Hume der Ausdruck allerdings unbekannter, aber vorhandener „Kräfte^ Es fügt sich glücklich, dai3 wir im Deutschen das Wort Prinzip gleichfalls in all diesen Schattierungen verwenden und so ist denn principle stets mit Prinzip übersetzt worden. ProbabiUty. probable: a)Frohahility kommt allem Wissen (icmwledge) zu, das nicht über logische und mathematische rdations hettoeen ideas, noch über unmittelbar durch sensations oder memory wahr- genommene matters of fact and existence, sondern über an der Hand der Kausalität mittelbar er- schlossene Tatsachen berichtet. Und zwar heißt eine solche Einsicht probable sowohl in bezug auf ihre objektive Richtigkeit, als Gegenstück des truth^ als auch in bezug auf das subjektive niedere Evi- denzgefühl, die moral evidence (im Gegensatz zur eertainty), Genus proximum: evidence und know" ledge (siehe dort). Synonym um: helief (siehe dort), b) Manchmal aber soll nicht die Einsicht als £k- ^ebnis einer empirischen Kausalbegründung, son- dern diese Begründung selbst prohdbilityheiQen, nämlich dort, wo sie nur auf wenigen, oder schwan- kenden, oder „widerstreitenden" Erfahrungen er- richtet ist. Dann tritt die probahility als „bloße** Wahrscheinlichkeit dem proof als annähernd ge- wissem, auf umfangreiche, sichere und einstim- mige Erfahrungen gestützten Beweis gegenüber (siehe proof); so S.70A und 131. Im Sinne von b) ist die probabüity also der niederste Grad des ar- gumenta der inference, des reasoning usw. Genus proximum: reasoning (siehe dort). Synonymum: nicht vorhanden. Hauptquelle: S. 70^73 (vgl Treatise III, 2). Frobability, probable ist stets mit Wahrscheinlichkeit, wahrscheinlich übersetzt worden. Ein einziges Mal findet sich auch Vertsi- militude (Wahrheitsähnlichkeit, S, 87).

Bnglisoh-dentschef Regiiter.

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Prodigy, prodigious: sind, um sie gegenüber den gleichsinnigen Ausdrücken wondery miracle (Wun- der), marvellous (erstaunlich) extraordinary (außer- ordentlich) kenntlich zu machen, stets mit Natur- widrigkeit, naturwidrig, widernatürlich über- setzt worden. Hauptquelle: Abschnitt X.

Proof: immer nur die auf Erfahrung gestützte Begründung, die von einer unmittelbar, äußer- lich oder innerlich wahrgenommenen impression zur Kenntnis einer nicht unmittelbar wahrgenom- menen Tatsache fortschreitet. Alles knowledgeuher nicht durch Erinnerungsvorstellungen verbürgte Er- eignisse der Vergangenheit, jedes Wissen über Ereignisse der Zukunft, über Natur- und Geistes- gesetze, aus denen solches Wissen über Vergangen- heit und Zukunft sich herleitet, beruhen auf einem proof. Die Erfahrung, auf die sich jeder proof stützt» ist letzten Endes immer und allein die Kau- salität (S. 42). To prove falsch (d. h. = demon- strate) angewandt: S. 46; demonstrative or in- tuitive proof (S. 112). Das Ergebnis des proof erreicht nie certainty, sondern nur moral evidence. Wo Hume die Grade der moral evidence in Be- tracht zieht» teilt er (S. 70 A) die Erfahrungsbe- gründungen ein in proof s im engeren Sinne, d. h. auf reiche, eindeutige und sichere Erfahrung sich stützende Beweise, und in probabilities (siehe dort, S. 131). Das Gegenstück zum proof: demonstration, die Begründung a priori (siehe dort). Genus proximum: argument, inference, con- sequence, conclusion (siehe dort). Synonymum: nicht vorhanden. Hauptquelle: S. 1340. Das Wort ist stets gegenüber demonstration (Demon- stration), argument (Begründung), inference (Ab- leitung), conclusion (Schluß), consequence (Folge- rung) mit Beweis wiedergegeben worden.

Reason: a) im weitesten Sinne Erkenntnis, a priori und a posteriori. So S. 35: all objects of human reason or enquiry may naturally be divided into two kinds, to wit relations of ideas, and mat- ter s of fact. Synonymum: knowledge (siehe dort). Seltener Gebrauch, b) Vernunft im engeren

•1

'^'t.^'-';?;

318

£ngliieh-deattohM Register.

Sinne: den Gegensatz zur Elrfahrung, d. h. die eigeue Tätigkeit des Geistes selbst bezeichnend, so S. 3o» 39, 43, 55. Ihre einzigen Produkte sind dann die fictions der imagination und von Erkenntnissen die intuitions und demonstrations (siehe dort). Über das Verhältnis von a) zu b) siehe S. 56 Anmkg. c) Logischer Grund, im Sinne von Einsichten, durch die unmittelbar nicht einleuchtende Sätze mittelbar bewiesen werden; so S. 29, 86, 40, 158, 160, 161 u. a. Manchmal auch « Ursache (cause) gebraucht: S. 55. Beason ist stets im Sinne von a) und b) mit Vernunft von c) mit Grund über- setzt worden.

Das Verbum dazu: to reason: Denkakte (Ge- dankengänge) bilden. (S. 16, 42, 52, 129, 133, 141, 172, 186); einmal S. 59, wo es ironisch gemeint ist» mit Vernünfteln wiedergegeben.

Reasoner : hauptsächlich in der Verbindung just reaso- ner vorkommend, ist stets mit Denker übersetzt worden (so S. 5, 6, 57a, 126, 164, 165). Reasondble : vernünftig. Synonym um: intelligent (S. 110a, 111, 127, 161, 175 u. a.).

Reasoning. Reasonings : wie Operation zugleich häu- figer, wichtiger, mehrdeutiger und durch ein Wort unübersetzbarer Terminus, a) Eeasoning bedeutet a) einmal im weiteren Sinne die gesamten Erkenntnistätigkeiten, empirische and aprio- rische, der ersten Bedeutung von reason ent- sprechend. So wird reasoning ganz allgemein als Erkenntnisfunktion im Gegensatz zur Ge- schmacksbeurteilung gebraucht S. 4, 33, vgl. auch S. 193. An anderen Stellen wird ß) nur die spontane, a priori verlaufende Arbeit des Denkens, m Gegen- satz zu den empirischen Quellen als reasoning (im engeren Sinn) bezeichnet, der zweitenBedeutung von reason entsprechend: so S. 124, 125, 55 u. a. m. Vor allem S. 59: die Kausalerkenntnis ein natural instinet, kein reasoning or process of the thought and under Standing. Danach würde reasoning nur die Denkarbeit in Logik und Mathematik, also nur die demonstraiion begreifen, b) Ein zweiter Unterschied in der Anwendung des Wortes ent-

Eogliieb-deatschefl Registtr.

219

steht dadurch, daß reasoning (und weit häufiger sein Plural reasonings, der für a) nicht besteht) a) bald abstract zur Bestimmung der gesamten Er- kenntnisfunktion, der Vernunfttätigkeit, z. B. in method of reasoning, S. 114, 142, 154, 168, 171 u. a.), ß) bald zur Bezeichnung der einzel- nen konkreten Akte und hier wieder 1. des Vollzugs des Aktes (so S. 169, chain of reason- ing), 2. des vollzogenen Aktes dient; in diesem Sinne sich oft bis zur vagen Bedeutung von Er- örterungen, Erwägungen erweiternd: (S. 1, S. 193 u. a. m.). Alle Bedeutungen verbindet 1.) die Be- ziehung auf die Erkenntnis, wodurch rea- soning sich enger als thinking erweist (da es nie- mals wie dieses etwa die Verarbeitung der sensations zu fictions bedeutet), und 2.) der aktuelle, funk- tionelle Charakter (S.39 reasoning or process of thought and understanding), womit die Abgrenzung gegenreason im Sinne von a) vollzogen ist, welche auch die unmittelbaren, ohne Denkarbeit einleuchtenden intuitions a priori und die impressions 2. posteriori begreift (vgl. S. 35). Genus proximum: Operation ofthemind. Synonyma: nicht vorhanden. Haupt- quelle: wegenDurchsetzung der ganzen Enquiry mit diesen Ausdrücken nicht anzugeben. Im Sinn von b) a) ist reasoning stets mit Vernunfttatigkeit im Sinn von b) ß) 1.) mit Denkakt von b) ß) 2.) mit Ge- dankengang wiedergegeben. Ein terminologischer Unterschied zwischen der unter a) besprochenen weiteren und engeren Bedeutung von reasoning ist ebensowenig wie bei der reason selbst gemacht worden. Die Schwierigkeit in der Übersetzung von reasoning, schon an sich beträchtlich, wird dadurch vermehr^ daß das Verbum Denken zur Wieder- gabe von think verwendet werden mußte, und nicht mehr zur Verfügung stand. Einmal, S. 8, mußte reasoning mit Denken wiedergegeben werden, um einem Apercu Humes nicht stilistisch die Spitze ab- zubrechen.

Die seltenen Male, wo reasoning nicht als Sub- stantiv, sondern als Partizip von to reason steht, ist es dementsprechend freier übersetzt worden.

320

Xngluch-deatoohes Regifier.

Reflection, reflect: a) allgemein die Überlegung, Er« wägnng, das Nachdenken; ziemlich häufiger, doch nicht spezifischer Ausdruck, so S. 24, 26, 50, 56^ 57, 87, 109, 110, 111, 120, 121, 138, 189, 190. b) die Selbstbesinnung » inward srnsa- tiony aentiment, feeling; S. 79: this idea is an idea of reflectian, since it arisea from reflecting on the Operations of our own mind. Viel seltener; vgL S. 74, 88, 18. Im Sinne von a) sind die Wörter stets mit Oberlegung, überlegen, von b) mit Selbstbesinnung, sich besinnen übersetzt worden.

Sensation: jeder unmittelbare, d.h. sich mir auf- drängende, durch den äußeren oder den inneren Sinn (sense) vermittelte Bewußtseinsinhalt. Gegen- stück der sensations im Bewußtsein sind die ideas, thoughtSy concepiions (siehe dort), die matteren Re- produktionen, genaue oder ungenaue, der sensations. S. 17 werden die sensations als perceptions of the aenses erklärt; ebenda erhellt die Gleicbsinnigkeit des Wortes mit feeling und sentiment (mit deren sachlicher Unterscheidung von den sensationa man Hume Finessen unterschiebt, die er nicht' kennt). Soll eine aenaation als äußere oder innere be- sonders charakterisiert werden, so geschieht dies durch den Zusatz external, internal, outward, in- ward (wie bei feeling und aentiment, siehe dort). Daher konstituieren <fie äußeren und inneren Wahr- nehmungen alle Eindrücke. S. 22: all impreasiona, that ia all aensationa, either outward or inward. So werden sowohl die Farbenempfindungen (S. 20), wie die Lustgefühle (S. 17) aensationa genannt Einmal (S. 23) wird Sensation nur als äußere Wahr- nehmung gefaßt und der pasaion (die doch sonst auch eine aensation ist) gegenübergestellt. Genus proximum: perception (siehe dort). Synonyma: impreaaion, feeling, aentiment (siehe dort). Haupt- quelle: S. 17—23. Sensation ist stets mit Wahr- nehmung wiedergegeben worden.

Sentiment: kann jeden ursprünglichen, unmittel- baren Bewußtseinsinhalt, sowohl den räumlich wie unräumlich, äußerlich wie innerlich charakte-

Snglisoh-deutsches Jäeglater.

221

risierten bedeuten. Mit Vorliebe aber wird aentiment zur Bezeichnung innerer Eindrücke, also der Gefühle und Willensregungen, der af- fectiona, emotions, passions, volitions verwandt; darin entgegengesetzt dem feeling (siehe dort), das öfter für die äußeren Eindrücke der Geruch-, Geschmack-, Temperatur-, Gesicht-, Ge- hörswahrnehmungen gebraucht wird. Soll die äußere oder innerliche Beschaffenheit eines Sen- timent besonders hervorgehoben werden, so ge- schieht dies wie bei sense, feeling, Sensation durch den Zusatz inward or outward (S. 19, 90: inward sentiment gegen outward ae/naea). Eine Sinnes^ empfindung nach der Terminologie der modernen Psychologie bezeichnet aentiment ohne Zusatz z. B. S. 60, wo die Kälteempfindung, ein Gefühl im Sinne der heutigen Wissenschaft unmittelbar darauf, wo pasaion of anger als ein sentiment bezeichnet wird. Genus proximum: perception (siehe dort). Synonyma: Sensation, impression, feeling (siehe dort). Vgl. S. 19 und 61: feeling or sentiment, (S.77 impressions or original sentiments, aentiment or in- ward impression). Haupt quelle (auch für das Verhältnis zu feeling und impression) : S. 17 23, g, 60—62. Da sentiment öfter für innere als äußere Bewußtseinsinhalte verwandt wird, so ist es, unserm Prinzip getreu, einen wichtigen Aus- druck im Englischen stets identisch zu übersetzen, immer mit Gefühl wiedergegeben worden. Doch sei noch einmal das schon zu feeling bemerkte (siehe dort) wiederholt: daß Hume wohl einen sach- lichen, nicht aber einen scharfen terminolo- gischen Unterschied macht zwischen Empfindung und Gefühl im Sinn der modernen Psychologie und also diese sprachliche Unbestimmtheit auch in der Übersetzung zur Geltung kommen mußte; und dies um so mehr, als die deutsche wissenschaftliche Sprache keine Ausdrücke besitzt, welche die all- gemeine, Empfindung und Gefühl gleichmäßig ura- # spannende Bewußtseinsweise bezeichnen und doch verbal zu Wortstämmen, die dem feeling und aen- timent entsprechen, in Beziehung stehen (vgl. Lipps

222

Englisoh-deatflohes Register.

Jahretzahlen der Ausgaben.

223

Übersetzung des Treatise, S. 353, der zwischen feeling und sentiment Unterschiede entwickelt^ die jedenfalls in der Enquiry nicht eingehalten werden). Manchmal (wie S. 1, 110 u. a.) steht senti- ment « opinion, für Ansicht, Anschauung, ist aber dann kein eigentlicher Terminus.

Similar: Gleichartig (S. 75 und oft); similitude; Gleichartigkeit (S. 98 u. a.). Synonyma: iame (derselbe), like (gleich), resemhlant (ähnlich).

Think, thought: die Tätigkeit des Geistes, durch welche dieser den Erfahrungsstoff der impressions, sensationSy feelings, aentimenta a) umformt zu ideaa und thoughts, oder auch b) im logischen, mathe- matischen und kausalen Raisonnement bearbeitet Thought ist das Ergebnis dieser Bearbeitung. Die beiden Funktionen des think befassen also das con- ceive (siehe dort), und das reason (siehe dort). Ge- nus proximum: zu think Operation of the mind (siehe dort); zu thought perception (siehe dort). Synonyma von thought: idea und conception (siehe dort); von think strenggenommen nicht vorhanden. Hauptquelle: S. 17 25. Think und thought sind stets durch: Denken und Gedanken wiedergegeben. Wo the thought nicht für den einzelnen Gedanken, sondern für das sel- tenere thinking (S. 19, 23, 65) steht (z. B. in pro- ceas of the thought or reasoning S. 71, a little thought « ein wenig Nachdenken S. 57), so S. 18, 44, 67, 69, 73, 75, 78, 93 u. a., da ist es natürlich mit Denken überseUt worden.

Truth: Wahrheit, S. 4, 12, 13, 16, 20, 34/35, 38, 53, 176/77 u. a. kein eigentlicher Terminus. Gegen- teil: falsehood (S. 136).

Understanding : das „Vermögen" intellektueller , Erkenntnis, im Gegensatz zum Vermögen gefühls- mäßiger, z. B. ästhetischer und moralischer Be- urteilung (vgl. S. 13). Genus proximum: mind (siehe dort). Synonyma: reason in der ersten und weitesten Bedeutung (siehe dort). Understanding ist stets mit Verstand übersetzt worden. ^

Voltmtary: nicht ursachlos-frei, sondern dem eige- nen, aber kausal bedingten Willen des Sub-

jekts entsprungen. Hauptquelle: S. 105, 106. Voluntary actum » action of the will (S. 111) ist daher stets mit Willenshandlung (nicht mit frei- williger B[andlung) übersetzt woT&n.

JahreszaMen der Ausgaben:

Ausgabe A C ,

. 1742

f, B-E .

. 1748

» F-G .

. 1751

n H-I

. 1752

n K . .

. 1753/4

» I- «

, 1757

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. 1758

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. 1760

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. 1764

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. 1768

n Q

. 1770

E

. 1777.

i

ROVIIOIDII A^h^ni'luno ^^^^ ^^^ Prlnzipieo der mensohlichen OlSiulSlISy* Erkenntnis. Übersetzt u. m. Anmerk. versehen von

Friedrich üeberweg. 5. Auü. 1917. V, 150 S. . . M. 3.60 -- English edition by T. J.McCormack. 1913. XVII, 128p. M. 2.50 -- Drei Dialoge zwischen Hylas und Phiionous. Übersetzt und eingel.

von Raoul Richter, gr. 8». 1901. XXV1I,131S. . M. 3.- English edition by T. J. McCormack. 1913. VII, 136 p. W.

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Theorie der Gesichlswahrnehmung. Mit Von^ort von Prof. Dr. Paul Barth, herausg. von R.Schmidt. 1912. XII,152S. M. 3.20

SIrli. Übersetzt von L. u. F. Raab. 1913. 24, 139 S. M. 3.50

Aloiphron. Übersetzt und mit Anmerkungen und Register heraus- gegeben von L. u. Dr. F. Raab. 1915, XXXIX, 438 S. M. 9.—

HflhhDt ^''undzüge der Philosophie. 1. Teil: Lehre vom Körper.

llUIIIIISwt In Auswahl übersetzt und mit Einleitungen herausgegeben

von M.Frischeisen. Köhler. 1915. V11I,207S. . M. 5.—

2.Teil: Lehre V.Menschen. Lehre V. Bürger. 1916.VI, 341 S. M. 7.—

The Metaphysicai System of Hobbes in 12 chapters from Elements of Philosophy conc. Body. Tog. w. briefer extracts from Human Nature and Leviathan. Sei. by M.W. Calkins. 1913. XXV, 187 p. W. portr M. 3.50

HliniD ^" enquiry oonc. Human Understanding and sei. from a

UllilllSt treatise of Human Nature. With H's Autobiography and

a letter from Adam Smith. Ed. by T. J. Mc Cormack and

M.W. Calkins. W. mdex. 1913. XXVIU, 267 p.. . M. 3.~

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-~ Aq enquiry cono. the Prinoiples of Morals. Reprinted from the ed. of 1777. W. index. 1913. VI, 169 p M. 3.—

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2 Bände. 1913. 1911. XXXIV, 489 ; VII, 450 S. . je M. 6. -

Essay conc. Human Understanding. Books II and IV (with omis- sions). Sei. by M.W.Calkins. W. index. 1913. VII, 348p. M. 5.-

Ober den richtigen Gebrauch des Verstandes. Übersetzt von Otto Martin. 1910. 103 S M. 3.—

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DER

PHILOSOPHISCHEN BIBLIOTHEK

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DU Philosophische Bibliothek ist ein wirklich wundervolles Irh Btrumeni der Forschung und der Kultur, um das alle Nationen, in denen der Geschmack an den tiefsten Problemen des Geistes vorhanden ikder im Erwachen ist, Deutschland beneiden müssen.

La Cultura (Rom),

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Ait der fiesohlchte der PhilosophUchen Bibliothek .... II—UI Niunmeriverzeichnie der Phlloeophischen Bibliothek . . . . . HI

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Die in dieseiii Verzeichnis tngcgebcnen Preise sind frdbldbcnd. - Bei Lieferant ks Ausland ist jeder deutsclie Buchliändler verpflichtet, die Preise gemifl der „Ver- ktsfsordrtung f&r das Ausland'* in fremde Währung nmxarcdmea.

teipzig, 31.jtntiariwa FELIX MEINER.

Avtgabe Februar 1020.

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Aus der Geschichte der „Philosophischen Bibliothek"

Kfx'l^ Jahre 1918 konnte die Philosophische Bibliothek auf eine 50 iihriije reiche Wirksamkeit zurückbhcken. Ungezählt sind die Bände, wefchc m diesem Zeitraum den Weg in die Offenthchkeit fanden, mit berechtigtem Stolz erföllen den Verlag die Anerkennungen, welche der Philosophischen Bibholhck während dieser Zeit durch die Presse des in- und Auslandes zuteil wurden.

n^ FI^k^P^^^dJ'? der Entwicklung des geistigen Deutschland bietet die Geschichte der Philosophischen Bibliothek. Den unmittelbaren Anlaß zu lr/«L ^^Z'"* w ^ ^^ ein Vortrag, den 1867 der Vizepräsident desAppelia- tonsgenehts, Herr von Kirch mann, im Arbeiterbildungsverein über den •Kommunismus in der Natur* gehalten hatte. (Vgl. S. 13 des vor- liegenden Veoeichuisses.) Die preußische Regierung sah sich auf Grund desselben veranlaßt, das Disziplinarverfahren g?gen Herrn von H«m.iT^cü!I ^^^l^^^9P' mit dem &folg der Amtsentsetzung. Der damals Schorf über öOjahnge Mann fand nun die Muße, sich ^tema- hsch semer üeblingsbes^^^^^ dem Studium der Philosophie, zn

widmen. Zahlreiche Übersetzungen klassischer und modemo- Philo- sophen sowie eigene philosophische Arbeiten, die zum Teil in de» •Verhandlungen der Philosophischen Gesellschaft- (Vergl. S. 32). deren Präsident er wurde, zum Abdruck gelangten, verdanken wir dem Eifer

^n «,^21i?^^?^^l'^"^' *"!* ^^^ ^^ sich der Philosophie hingab. Vor anem bekannt aber wurde sein Name als der des Herausgeber der

fC?i'"Ä^-^^^^,?'''' .?"'"" Handlichkeit und Billigkeit ihr bald>oß1 PoiÄilintat m allen Kreisen der Bevölkerung ver^ffte. " -

w ^. buchhändlerische Schicksal der Sammlung war wechselvoll Von Heimanns Verlag in Berlin kam sie zu KoschnyTSlSpz^e Von dort nach dem frühen Tode Koschnn zu Weiß in HeiÄI' Von dort wieder zu Dr. Salinger nach feeriin. Von diesem eS die Durr'sche Buchhandlung die Sammlung im Jahre 1901 und vni' F^^J'l^l"?'. ß':2"d«<^h«n Neugestaltung. Unter der Leitung ^?ndi; h;.\'^^'\' ^^^"^ 12 Au^t 1913), der^als geistiger Neub<? grunder der Sammlung anzusehen Ist, wurde den erhöhten Ansprüchen dw inzwischen wesentTidi fortgeschrittenen Wissenschaft durch Ncub«- tJ^Ä"^!!; P!""^^' ^^''I''^ ^"^"^ ^"^ Hilfsmittel der moderacn uS^Ä^ÄfAT*^ ^";^ Neuübertragunget, der fremdsprTdi liehen Werke allenthalben entsprochen. Außerdem wurde die Sammlung durch Angliederung des philosophischen Teils von Fritz Eckard^ Verlag und durch eine stattliche feihe neuer Bände erweit«1

Selbst die Kriegsjahre- 1914-19 brachten trotz der Einziehung des nnw^'-*l" Veriagspersonals, trotz der dauernden Behinderung dS tVail Hir^S'*'" J^"^^ Heeresdienst und Verwaltungsdienst in PoleS^ H^Ji^' Papierkontingentierung und der gewaltigen Erhöhung da Herstellungskosten m bezug auf den Weiterausbau und die Erneufrung

UmeSlcS ^^^'''^". ^^'^entlichen SüllsfaT 'S?

Un erzeichnete ließ es sich angelegen sein, nicht nur früher begonnene

oSoTÄ^"„^^K^ ^' die^nunmehr Vollendete Platc^^ugbe v^n ni^^ A^ % fortzuführen, sondern auch die philosophischen Bedürf- msse^ des Heeres und der Heimat durch einwandfreie Neuausgaben klassischer Schriften, durch Feldpost- und Taschenausgaben der ¥^S unsrer großen Denker nach Möglichkeit zufriede^Äto

\

/

Einbände betn

Die „PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK" wird, soweit die gegenwärtigen technischen Schwierig- keiten der Buchbindereien nicht Stockungen und zeitweiliges Fehlen hervorrufen, stets gebun- den vorrätig gehalten. Die Einbandpreise betragen zur Zeit:

bei einem Ladenpreis

bis zu 2.— M. über 2.— bis 4.— M. über 4.— bis 6.50 M. über 6.50 bis 10.— M. über 10.— bis 12.50 M.

der Leinen- oder Halbleinen band

M. 1.50 M. 2.— M. 2.50 M. 3.— M. 3.50

Leipzig, im Februar 1920

FELIX MEINER

Alphabetisch geordnetes Verzeichnis

der

PHILOSOPHISCHEN BIBLIOTHEK

Sammlung der philoso- phischen Hauptwerke alter und neuer Zeit

Mit aus^hrlichen Ein- leitungen sowie Sach- und Namenregistern

sowie der Sammlungen

Bibliotheca Philosophorum

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Die „Philosophische Bibliothek* verdient ganz besonders das Interesse des kaufenden Publikums, das nicht nur auf Billigkeit deiner Philosophen- Ausgaben Wert legt, sondern zugleich Werke von solider und anerkannter wissenschaftlicher Arbeit und würdiger, wenn auch sachlich-einfacher Ausstattung haben will.

Literarischer Ratgeber des Durerbundes 1913.

. Eine Nummemübersicht der Sammlung: befindet sich anf S. S des Umschlag^. Band

40alb B^Alembert^s Einleitung in die französ. Enzyklopädie v. 1751 (Dis- cours preliminaire). Hrsg. u. erl. v. E.Hirschberg. 1911. geb. 6.50 40a I. Teil: Text. XXIII, 153 u. 11 S. 2.50

'40b II. Teü: Erläuterungen. VIIL 192 S. . 150

In ung-ewöhnlich brauchbarer Weise hat E. Hirschbergr d'Alemberts Ein- leitungf in diQ französische Enzyklopädie Ton 1761 (den Disconrs prelimi- naire) herausg-egreben, so zwar, daß die Ausgrabe als die lanee erwünschte Einleitung in das ^anze Denken jener wunderbaren Epoche der Befrei- ungf, der wir so unendlich viel verdanken, gelten darf. Sie ist formid eine Musterleistung: alle erdenklichen biographischen, historischen und philo- sophischen Erklärungen sind geschickt und leicht faßlich angebracht, und so ist die Lektüre des ,discours'^ für jeden Gebildeten möglich und frucht- bar gemacht. Literarischer Ratgeber des Dürerbundes.

100 Aqnin siehe Thomas von A.

Ardig'O siehe Bluwstein, Abt. VI, S. 26.

1 Aristoteles. Poetik. Neuauflage in Vorbereitung.

2 Metaphysik. Übers., erläut. u. m. e. Lebensbeschreibung versehen von Dr. E. Rolfes. Bd. I. 1904. 18, 162 u. 36 S 4.—

3 Bd. II. 1904. 154 u. 46 S. 4.—

Das vorliegende Werk ist mit besonderer Freude zu begrüßen. Der Urtext der aristotelischen Schriften bietet ja selbst dem gewiegtesten Philologen ganz außerordentliche Schwierigkelten, und ohne philosophische Schulung sind überaus viele Stellen der aristotelischen Metaphysik, dieseV vielleicht schwierigsten Schrift des Altertums, selbst einem scharfsinnigen G-eiste schlechterdings unverständlich. Da ist es nun gewiß hochverdienstlich, die aristotelischen Schrifter in trefflicher Üliersetzung mit gediegenem Kommen- tar weiten Kreisen zugänglich zu machen. Katholik.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

2 Alphabetisches Verzeichnis. ^^^

T Arlstotele». Über die Seele: Neu übereetet von Gymn-Dir. Dr. AdoU Busse. 1911. XX, 94 u. 27 8. . . "■

5 - NikomachiBche Ethik. 2. Aufl. Neu übersetet und erlaut, von Dr .

theol. E. Rolfe.. 1911. XXIV. 234 u. 40 8 . . 6.4ü 7 _ JoUtik. Neu über., n. erläut. von Dr. B. Eolfe.. 1912. XVI,

274u. 50S Tj if' ,/_

9-13 Organen. Übersetzt von Kirohmann u. Koltes . . . . i«.

9 ^TrteSen^ndHermeneutica. übersetzt von J.H.v.Kircbma^n.

12, 82 S ^ \ 1 n \nn a ' 9 Rft

10 _ Errte Analytiken, oder: Lehre vom Schluß. 172 8. .. . a.w

11 - Zweite Analytiken, oder: Lehre vom Erkennen 136 S . 2.50

12 -Topik. Neu übersetzt von Dr. B.Rolf es. 1919. XVII, 227 S_ 7.- S _ ä^Jhisti.che Widerlegungen. Neu übersetzt von Dr. E, Rolfe^

1Q1R TX 80 S "*

U-18- -'Läute'rungen 'zun. Organon. Von J. H. von^Kirchmann.

MiÄ, F.'^AristoteleB peri hermeneias UW pro restituendo tote

nhilosophiae fundamento interpretatus est. »/ &. „r;|~

N.Sh'S. J. Aristoteles- Lehre von dem smnhchen Erkenntn»-

Pet^Tn^^teShter Aristot^^^^^^^ PbüoBophie improte-

RoreÄe^r!rÄyi:m''a':r%thagor.er nach den Angaben -

des Aristoteles. 87 S

Afenarius, Ed., siehe Raab, Abt. VI, S. 29.

BaTle. P., siehe Eucken, Abt. VI, S. 27. t7-«u^

20 ^Ck^CAÖ-Tü^^die Prinzipien der penschHc|.en E^- keS. Übers, u. mit Anm. versehen von Friedrich Ueb^er^

«sehend wirkenden Anfaij9lr»gen des Erk«^^^^ ^^^

der zunächst Ij*««"««" f rtahn."| mcht verU^^^^^^^^ hervordrüngenden

r»J.7V. -"C;aWHuman Knowledge. EditedbyT.J.Mc^

102 - I^etlS'i^cLn Hyla. und P^^-of- „f |»"" ^ "°««'- l'l

R.oul Richter, gr. 8«>. 1901. XXVII, 131 8. <* Fol V. - Three dialogues between Hylas and PhUonous. Edited by T J^ McCormack. 1913. VII, 136 p. W. portr. . 2.60

14a - Theorie der Gesichtewahrnehmung. Mit Vorwort v. Prof. Dr. PauJ Barth, hrsg. v. Raymund Schmidt. 1912. XII, 15^ »• ".^

Vol. = Band der Biblioth.ea phno.o|^o^»m (Ha^ptwe A. d^ rfN'o.'gpt?.Y^^?l^fn'.l°/^«°«"u'?m^'eul'rr"T = T,.ch';nau,^^^^

Verlag von Fdix Meiner in Leipzig.

Band 149

156

Or.4 Or.7

99 ' 21

22 23 24

155

25 125

26- 29

26

I. Philosophische Bibliothek. 3

l

Berkeley, ^ris.. Obers, v. L. u. F. Raab. 1913. 24, 139 S. . 3.60

Alciphron. Übers, u. mit Anm. u. Reg. hrsg. v. L. u. Dr. F. Raab. 1916. XXXIX, 438 S 9.—

Bolzano, B, Wissenschaftslehre. In originalgetreuem Neudruck herausgeg. von A. Höfler. Band I. 1914. XVI, 672, 2 S. mit 1 Tafel. - Band IL 1916. VIII, 670 S. ..... je 15.^

Paradoxien des Unendlichen. Mit einem Nachwort von H. Hahn. . Im Druck.

Bruno, Giordano. Von der Ursache, dem Prinzip u. dem Einen. Übers, u. erläut. von Ad. Lasson. 3. Aufl. 1902. XXIV, 162 S. 3.60 Basse, L. Geist und Körper siehe Abt. III, S. 24. Cieero. Über das höchste Gut und Übel. 346 S 3.50

Drei Bücher über die Natur der Götter, 262 S 3.—

Lehre der Akademie. 176 S 2.—

Cohen, H. Kommentar zur Kritik der reinen Vernunft siehe Kant, Kritik der

reinen Vernunft, S. 10. CohH, Jonas. Der Sinn der gregenwärtigeü Kultur siehe Abt. VI, S. 26. C«mte, Aaraste. Die positive Philosophie. Im Auszuge von Jules

Rig. 2 Bde. in Groß 8o. 32, 472 S. 12, 624 S. ..... 16.—

Abhandlung über den Geist des Positivismus. Übersetzt u. m. Anm. vers.v. Fr. Sebrecht. 1916. XVII, 141 S 8.—

^Der Discours sur l'esprit positif bleibt die Quelle, die am klarsten und in verdichtester Form das Wesen des reinen Positivismus ausströnat.* Der Herausgeber hat eine grute Einleitung geschrieben, die sachlich wie biogra- phisch das Notwendigste bringt. Die Übersetzung scheint mir sehr gelungen, die Anmerkungen dringen tief in wichtige Probleme ein und geben gute Erläuterungen. So ist dieser Band eine würdige Vermehrung der vortreff- lichen Bibliothek. Monatsschrift für höhere Schulen.

Kühnert, H. Comtes Verhältnis zur Kunst. 1910. 66 S. . 1.— Levy-Bruhl, L. Die Philosophie C.s. Übers, v. H. Molenaar. 1902.

VI, 288 S. 4.—

Mehlis, G. Die Geschichtsphilosophie C.s. 1909. IV, 168 S. 3.— CondlUac. Abhandlung über die Empfindungen. Vergriffen. Cues, Nikolaus v., siehe Eucken, Abt. VI, S. 27. Bamaskios von Damaskus. Das Leben des Philosophen Isidoros.

Wiederhergestellt, übersetzt und erklärt von R. Asmus. 1911.

XVI, 126, 68 u. 80 S 7-BO

Dante. Über die Monarchie. 91 S. 1872. . ^ . . . kart. 2.— Banrln. Seine Bedeutung im Ringen um Weltanschauung und

Lebenswert. 1909. 123 8 Eleg. kart. M. 1.60

Inhalt: Wilh. Bölsche, Darwins Vorgänger. Max Apel, Darwinismus und . Philosophie. Bruno Wille, Wie die Natur zweckmässig bildet. Eduard David, Darunnismus und soziale Entwicklung. Rudolph Penzig, Darwinismus und Ethik. Friedrich Naumann, Religion und Darunnismus.

' Beseartes, Ren6. Philosophische Werke. Neu übersetzt und mit Einleitungen und Gesamtregister versehen v on Dr. ArturBuchenau. In 2 Halbpergamentbände gebunden 30.

DaraiM einzeln: Bd. I. Abhandlung über die Methode. 3. Aufl. 1919. Die Reg^ eut Leitung des Geistes. Die Erforschung der Wahrheit durch das

natürüche Licht. 1906. 82 u. 168 S. 6.40

Die beiden Teile sind auch einseln au beziehen (Preis M. 2.— bezw. M. 3.60).

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Alphabetisches Verzeichnis.

- - ««"«" AuBgao ^^ ^^^^ Halbleinwand gebunden 8.-

Vol i _ MeStatione. dtprima philoBopMa. Ui. ed. A. Bnchenau. 1^13.

2S B JI- K^Prinziplen der Phil<»op^V ^t d^n' Be.er^nge^^ü^^^^ ein gewisses Programm". 3. Aufl., von J^r. äi:i.u* ^^

A. Buchenau. 3. Aufl. 1911. AJULli, i^u ^ *>" «• g^

JnfÄ^:nN^:g«1?X!Lte.. Eine Einfuhrung in seine Werk

Sch^deT™'. ÄWung Ga..enai-. .zu D. 1^ '^ S. 1^ 5^™«' A Eilzykiopädle der Philosophie a^. «ehe Abt. VI, S. »6.

Schriften über Eucken »«^e A ^^7 Q 07 VAphner siehe HalL St., Abt. VI, o. ^r _^- ».^

;3r- Ä! 4oh. Got«: wirke in 6 Bänden. Heransgeg. Ton Prof Dr m FMediouB. Groß 8». 1908-12 . . •■■■ ' ' ^^

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,., _ l^rrkf M^Vbtea nach dem Knpferstich^von S^ch^^^^

''''^- J^llieit^n«: m- die W^n^^

Einleitnns in die Wissenschaftsleljte (1797). S. S|-i^ »^

mnen D&steUang der WiSMO»ch.ftdetoe /"j^-isöofs 119-880. - Die

\

^ I. Philosophische Bibliothek.

Band

130 Flehte. Bd. lY. 1908. 648 S * ' * * «* ; \;;*"'

DarsteUnng der Wissenschaftslehre. Aus Äem ^Jj^^^^OLSL 1-164. - Die Wissenschaftslehre. YoTgetn^en i^Jf^ o^^i_L» ~

Grunditige des gegenwärtigen Zeitalters (1806). S. 898—648.

131 Bd. Y. Mit Bildnis Fichtes nach dem Medaillon von Wichmann,

1910." 692 S. . . einzeln vergriffen

Über das Wesen des Gelehrten (1806). S. 1-102. - Änweisungr «^^J «e}iS®,S Leben (1806). S. 103 -308. - Bericht über den Be^iff der Wissenschaftslehre iSd die bisherigen Schicksale ders. (1806) S 809-856 - Za «Jac<)bi an Fichte« (1807). S. 357-364. - Beden an die deutsche Nation (1808). S. 866--610.

- Die Wissenschaftslehre in ihrem al^ememen Umnß (1810). ». 611-628.

- Vorlesungen über die Bestimmung: des Gelehrten (1811). S. baa— e»4.

132 Bd. Yl. Mit dem Gesamtregister. 1912. IV, 680 S. ... 16.—

Inhalt: System der Sittenlehre (1812). S. 1-118. - fl^er das Verhält- nia der Loßik zur Philosophie oder transzendentale Logik (1812). b. 119— 41^.

- Die sÄehre oder Ä>er das Verhältnis des Urstaates zum Vernunft- reiche (1813). S. 417—625. Eegist^r der Gesamtausgabe. 8. 626-680.

In Einzelausgaben erschienen daraus:

131 h Flehte. Anweisung zum seligen Leben Vergnffen

1296 Atheismusstreit, Die phüosophischen Schriften zum. Mit Einleitung

vonF. Medicus. XXXIII, 142 S. 4.40

Inhalt: Über den Grund unseres Glaubens an eine gottliche Welt- regierung. - Forberg, Entwicklung des Begnffs der Religion. - Fichte^ Appellation an das Publikum über die ihm beigemessenen atheistischen Äußerungen. Eine Schrift, die man erst zu lesen bittet, ehe man sie kon, fisziert. - ßückerinnerungen, Antworten, Fragen. Eine Schrift, die den Steeit- pmikt genau anzugeben bestimmt ist. - Aus e. Pnvatschreiben (im Jan. 1800).

127 a Begriff der Wissenschaftslehre. IV, 61 S. 2.—

129t Bericht, Sonnenklarer, über das eigentHche Wesen der neueren

Philosophie. IV, 102 S 3^0-

129 c Bestimmung des Menschen Vergnffen

i5Ia— Über den Gelehrten: Bestimmung des Gelehrten (1794) - -- Wesen des Gelehrten (1805) Bestimmung des Gelehrten (1811).

IV, 224 S Vergnffen

127h Gnindlage der gesamten Wissenschaftslehre (1794). Mit Einleitung

von F. Medicus. XXX, 245 S Vergnffen

227c Gnindriß des Eigentümlichen der W.-L. IV, 83 S. > . . 2.50

i5ö 6 GruWzüge des gegenwärtigen Zeitalters. IV, 255 S 6.40

129 d Handelsstaat, der geschlossene. IV. 128 S 3.60

lS2h Logik, Transzendentale. IV, 296* S 6.—

128b - Natun-echt. IV, 389 S «" -;t ' •«""

129 f Nicolais Leben und sonderbare Meinungen. IV, 95 S. Vergnffen 13U Reden an die deutsche Nation. 3. Aufl. 1919. 250 S 8.60 .

Yollü&näigt Atisgahe mit sämtl. Zusätzen.

128a Sittenlehre von 1798. IV, 371 S 8.—

132a Sittenlehre von 1812. IV, 118 S. 3.—

132c Staatslehre. IV, 210 S - - ' / - : . ^•—

Enthält u. a. die Betrachtungen: Über den Begriff des wahrhaften Krieges Über Napoleon. 130a Wissenschaftslehre von 1801 u. 1804. 396 S. .... . 8.60

Außerhalb der Gesamtausgabe erschienen: 30 Versuch einer Kritik aller Offenbarung. Herausgegeben von J. H.

V. Kirchmann. 202 S 3.—

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

6 Alphabetisches Verzeichnis.

Band

* Flehte. Ideen über Gott und Uiwterblichkeit. Zwei religionsphilo-

8ophi8che Vorlesungen aus der Zeit vor dem Atheismusstreit. Nach

e. verschollenen JDnick neu hrsff. v. Fr. BüchseL 1914. 56 8. 2.

Bisher unter einem irreführenden Titel verborgen and selbst den besten

Fichtekennem unbekStPct, sind die beiden Yorlesong^en für die Erkenntnis

des Werdens der Fichteschen Religionsphilosophie und als geschlossenste

Barstellung derselben von höchster Bedeatong.

Or, 6 Über den Begnfif des wahrhaften Krieges. Anschließend: Rede

an seine Zuhörer bei Abbrechun^^ der Vorlesungen am 19. Febr.

1813. Originalgetr. Neudruck der Erstausg. 1914. VI, 87 S. 1.50

X0IO „Deduzierter Plan einer zu Berlin zu errichtenden höheren

Lehranstalt". Zusammen mit Schleiermachers und Steffens*

Universitätsschriften mit ausführl. Einltg. hrsg. v. Prof. Dr. Eduard

Spranger. 2. Ausgabe. 1919. XLIII u. 291 S 4.—

* Machiavell. Nebst einem Briefe Karls v. Clausewitz an F. Kritische

Ausgabe von Hans Schulz 1918. XXII, 65 S. ... 2.

* Der Patriotismus und sein Gegenteil. Patriotische Dialogen. Nach

der Handschrift hrsg. von Hans Schulz. 1918. X, 61 S. 3. Fichtes Unterscheidung von wahrem Patriotismus und von trügerischem eitlen Chauvinismus heute zu lesen, gehört zu den erquicklichsten geistigen Genüssen. Panzers Armeezeitung.

* Predigten. Mit Einltg. hrsg. von M. Kunze. 1919. IV, 70 S 3.--

* Zurückforderung der DenUfreiheit von den Fürsten Europens, die sie

bisher unterdriickten. Herausg. von Keinh. Strecker. 1920. XV. 34 S •. 2.—

* Beiträge zur Berichtigrung der Urteile des Publikums über die fran-i

zösische Revolution. Hrsg. von Reinh. Strecker. In Vorbereitung. Rechtslehrev. 1812. Nach d. Hau dschr. hrsg. v.H.Schulz. Im Druck. Bergmann, Ernst. Fichte, der Erzieher zum Deutschtum. EineDarstel-

lung der Fichteschen Erziehungslehre. 1915. VIII, 341 S. . 6. Eucken über Fichte siehe Abt. VI, S. 27. Lassen, Ad. Fichte im Verhältnis zu Kirche und Staat. 1863.

IV, 245 S 4.—

Medicus, F. Fichtes Leben. 1914. 176 S 3.—

Moog, W. Fichte über den Krieg. 1917. 48 S 1.20

Strecker, R. Die Anlange von Hchtes Staatsphilosophie. . 1917.

154 Fieinus, Marsillas. Über die Liebe oder Piatons Oastmahl. Übers, u. mit Einleitung u. Register versehen von K. P. Hasse. 1915. VIII,

259 S. (Hpgt. 10.—) -.....* ^ . 6

Eine sehr verdienstvolle Übersetzung! Wer kannte ein Werk des Be- gründers der fiorentinischen Akademie? Nur der Spezialist auf diesem Gre- biete las den., italienischen oder lateinischen Text. Jetzt liegt uns eine ge- wissenhafte Übersetzung vor, und viele werden sich in das Werk vertiefen, ' denn es ist nicht nur philosophisch wichtig, sondern ist ein kulturgeschicht- liches Dokument der Kenaissancezeit. Monatsschrift für höhere Schulen. * Friedrich der Große. Antimacbiavell. Betrachtungen über den gegenwärtigen Zustand des europäischen Staatskörpers. Fürsten- spiegel. — übers, u. eingeL v. L. B. Förster. . . . kart. 2. Or. 2 Fries, Jak. Friedr. Philosophische Rechtslehre und Kritik aller posi- tiven Gesetzgebung. Mit Namen- und Sachregister. Hrsg. von der

Fries-Gesellschaft. 1914. XX, 185 S 2.50

Or, 5 System der Logik. Durchgesehen und mit gänzl. neu bearbeitetem Namen- und Sachregister herausg. von der Fries-Gesellschaft. 1914.

XX, 12, 454 S 6.—

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Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

I. Philosophische Bibliothek.

109

TU T16

3112 97

33

34

*

124

144

€i«7MT. Pie Seele siehe Abt. VI, S. 27.

Goethes Philosophie aus seinen Werken. Ein Buch für jeden gebil- deten Deutschen. Mit ausführl. Einltg. hersgeg. von Max Hey- nacher. 1905. YIII, 110 u. 318 S. . ........ 5.—

Ä. d, Inhalt tt. a.: Die Natur. Metamorphose der Pflansen. Der Vertuck al9 Vermüüer v. Objekt u. Subjekt. Über epische und dramatische Dichtung. Über Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der Kunstwerke. Winckelmann u. s. Jahr- hundert. — Sinnlich- sittliche Wirkung der Farbe. Einunrkung der neuen Philo- sophie. — Aus der Zeit der Spinozastudien. Versuch einer aüg. Vergleichungs-

lehre. Register. ^ j j _i

Als ich dieses Buch las, in einem, was nurn sonst nur von da und dort sich zusammenholen und sich selber zurechtkonstruieren muß, so Zug um Zug vom Urquell trank da kam es auch über iliich immer wieder wie ein Erschrecken und Erschauem. Und mir war's als wieder etwas ganz Neues, als hätte ich's zum ersten Male erfunden und entdeckt und noch nie gehört, Goethes Philosophie bedeutet wirklich und wahrhaftig etwas ganz Neues.

Julius Hart im „Tag".

Goethes Kunstphilosophie. 89 S 2.25

Goethes Naturphilosophie. 85 S 2.25

Vorländer, K. Kant— Schiller— Goethe. Gesammelte Aufsätze. 1907.

XIV, 294 S 5.—

Eucken über Goethe siehe Abt. VI, S. 27.

Grbtius, Hugo. Drei Bücher über das Recht des Krieges und Frie- dens. 2 Bde. 1869. 530 S... 480 S 20.—

Von der Freiheit desMeeres. Übers. vonR.Boschan. 1919. 93S. 3.—

Boschan, R., Der Streit um die Freiheit der Meere im Zeitalter des G. 1919. 59 S. .... 2.70

Haeckel, Ernst. Apel, Max. Die "Weltanschauung Haeckels. 2. Aufl. 1910. 80 S Eleg. kart. M. 1.—

Goldschmidt, L. Kant und Haeckel, 1906. 137 S 3.—

Hall, St. Moderne Psychologie siehe Abt. VI, S. 27.

Hartmann, Ed. Ziegler, L. Das Weltbild H.'s. 1910. 196 S. 4.— Hegel, 0. W. F. Sämtliche Werke. Unter Mitwirkung v. Dr. 0. Weiß hrsg. v. Georg Lasson.

Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Neuhrsg.v. G. Lasson. 2. Aufl. 1920.76,522 8 9.—

Auf holzfreiem Papier in vornehmen Halblwbd. mit echt Gold- aufdruck geb. (Werke Bd. V) 16.—

Erläuterungen dazu von K. Rosenkranz, (geb. 1.40) .80

Hegels Entwürfe zur Encyclopädie und Propädeutik. Her- ausg. von Dr. J. Löwenberg. Mit Handschriftprobe. (Aus dem

Hegel- Archiv.) 3.40

Grundlinien der Philosophie des Rechts. Mit den von Gans re- digierten Zusätzen aus Hebels Vorlesungen neu herausgeg. von Georg Lasson. 1911. XOVI, 380 S 8.—

In vornehm enHalblwdbd.m. echt Gold geb. (Werke Bd. VI) 16.—

Hegels handschriftl. Zusätze zu seiner Rechtsphilosophie. Drei Teile. Hrsg. von G. Lasson. (A. d. Hegel- Archiv.) 1914/15. je 3.40 Schriften zur Politik und Rechtsphilosophie. Hrsg. u. m. Einleitg. u. Registern vers. v. G. Lasson. 1913. 38, 513 S 8.

In vornehmen Halblwdbd. m. echt Gold geb. (Werke Bd. VII)' 16.—

Inhalt: Die Verfassung Deutschlands. Verhandlungen der Württembergischen Landstände 1815116. Die Englische Reformhin. Wissenschaßliche Behand- lungsarten des Naturrechts. System der Sittlichkeit.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

8 Alphabetisches Verzeichnis.

Band ^

114 Hefel, G. W. F. Phänomenologie des Geistes. Jubiläuinsausgabe.

Hrs^eg. und eingel. ▼. O. Lasson. 1907. 119, 632 S. Vergriffen.

' - Hr8g.u.eingeLv.0ttoWeiß. 1909. XLIV, 612 u,15S.Gr.8^ 7.—

172 a VorlesungenüberdiePhilo8opliiederWeltgeBchichte.(WerkeBd.VIII) Vollständig neue, auf Grund des aufbehaltenen handschriftlichen Materials besorgte, Ausgabe von Georg Lasson. I. Bund: Die

Vernunft in der Geschichte. 1917. X, 264 S 5.60

i71b II. Band. Die orientalische Welt. 1919. XV. 260 S. . 8.—

J17J c III. Band. Die griechische und römische Welt. 1920 . 9.—

X7X^ IV. Band. Die germanische Welt. Im Druck

T6 Über die englische Reformbill. 44 S 1.50

T12 Der Staat. 85 S 2.25

Hegel- ArehlT. Hrsg. von Georg Lasson. Jährlich 2 Hefte im

Umfange von je 4 6 Bogen. Abonnementspreis .... 6.

Das Hegel-Archiv ist die SammelstKtte des urkundlichen Material» für

Hegrels Entwicklungsgeschichte und Biographie. Inhaltsangabe s. Abt. VIII,

Seite 82.

Ehrenberg, Hans. Parteiung der Philosophie. Studien wider Hegel

und die Kantianer. 1911. VI, 133 S 4.—

Sydow, E. V. Der Gedanke des Jdealreichs von Kant bis Hegel.

1914. VIII, 130 S 4.50

üelmholti siehe Hall, Abt. VI, S. 27.

146 Herbart. Lehrbuch der Einleitung in die Philosophie. Mit ausführl.

Einleitung, hrsg. v. H. Häntsch. 1912. 78,388 8. .... 6.

Dietering, Paul. Die Herbartsche Pädas:ogik vom Standpunkt

modemer Erziehungsbestrebungen. 1908. 18, 220 S. ... 6,

112 Herders Philosophie. Ausgewählte Denkmäler aus der Werdezeit der neuen deutschen Bildung. Mit ausf. Einltg. hrsg. von Horst

Stephan. 1906. 44, 275 u. 35 S 5.—

A. d. Inhalt: Vom Ursprung der Sprache. Vom Erkennen und Empfinden der menscM. Seele. Aus: Auch eine Philosophie der Oesch. zur Bildung der Menschen. Aus: Ideen z. Phüos. d. 6. d. M. Oott. Einige Gespräche. A%u d. philos. Lyrik. Lebensanschauung und Lebensideal.

T2 Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. 90 S. 2.25

T7 Herders Religionsphilosophie. 81 S. . 2.25

TIB Herders Sprachphilosophie. 86 S 2.25

Jac ob y, Herders und Kants Ästhetik. 1907. X, 348 S. . . . 5.40

Herder als Faust. 1911. XII, 485 S 7.—

167 Hobbes, Th. Grundzüge der Philosophie. L Tl. : Lehre vom Körper. In Auswahl übers, u. m. Einltg. hrsg. v. M. Frischeisen-Köhler.

1916. VIII, 207 S. 6.—

/55 2. Tl.: Lehre vom Menschen. Lehre vom Bürger. Hrsg. v.

M. Frischeisen-Köhler. 1918. VI, 341 S 7.—

Die Übersetzung ist gut gelungen und gehört zu den besten, die die philosophische Bibliothek in den letzten Jahren herausgebracht hat.

Theologische Literaturzeitung.

r<rf. FT. The Metaphysical System of Hobbes in 12 chapters from Ele- ments of Phüosophy conc. Body. Tog. w. briefer extracfs from Human Nature and Leviathan. -Sei. by M. W. Calkins. 1913. XXV, 187 p. W. portr ^ 3.50

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

I. Philosophische Bibliothek.

Band 123

TS T17 T22 85

Vol 7.

l

36 Vol. 8.

i

T27

T28

125 116

TIS

37^

52

37

Hamboldt, Wilh. von. Ausgewählte philosophische Schriften. Her- ausgeg. V. Joh. Schubert. 1910. 39, 222 S. 4.60

Inhalt: J. Zur Ästhetik: "Über Goethes Hermann und Dorothea. Kap. I7-XII. - Über Schiller und den Gang' seiner Geistesentwicklungf. Bezen- sion von Goethes zweitem römischen Aufenthalt. II, Zur Otschichts- Philosophie: Über die Aufgabe des Geschichtsthreibers. Betrachtungen über die bewegenden Ursachen der Weltg-eschichte. Latium und HeUas oder Betrachtungen über das klassische Altertum. III. Zur Sprachphüo- »ophie: Über das vergleichende Sprachstudium in Beziehung auf die ver- schiedenen Epochen der Sprachentwicklung. IV. Zur Religionsphilosophie: über die unter dem Namen Bhagavad-Gitä bekannte Episode des Mahä- Bhärata. V. Zur Pädagogik: Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin. Eegister.

ilber die Aufgabe des Geschichtschreibers. 55 S 1.50

Über das vergleichende Sprachstudium. 22 S 1.50

Denkschrift über die deutsche Verfassung 1813. 26 S. . , 1.60 Harne. David. Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand.

7. Aufl. Hrsg. V. Raoul Richter. 1911. VIII, 224 S. . . 2.40

In vornehmem Greschenkband 5.50

An enquiry conc. Human Understanding and sei. from a treatise of Human Nature. With H's Autobiography and a letter from Adam Smith. Ed. by T. J. Mc Cormack and M. "W. Calkins. W. index. 1913. XXVIII, 267 p. . 3.—

IHaloge über natürliche Religion. Über Selbstmord und Unsterb- lichkeit der Seele. Übersetzt und eingeleitet v. Friedrich Paul- Ben. 3. Anfl, 1905. 28 u. 138 S. . . 2.60

An enquiry conc. the Principles of Morals. Reprinted from the ed. of 1777. W. index. 1913. VI, 169 p . 3.—

Nationalökonom. Abhandlungen. Übers, v. H. N i e d e r m ü 1 1 e r. 1 .50

Inhalt: Vom Handel. Von der Verfeinerung in den Künsten und Gewerben. Vom Gelde. Vom Zinsfuß. Von der Handelsbilanz. Von der Handelseifersucht. Von den Steuern. Vom Staatskredit. über die Bevölkerung der antiken Staaten.

Von der Freiheit der Presse / Von der Unabhängigkeit des Par- laments/Von Parteien überhaupt. 1919. 22 S 1.50

Von den ersten Grundsätzen der Regierung / Absolutismus und Freiheit / Die Politik eine Wissenschaft. 1919. 29 S. . . 1.50

Hasse, H., Das Problem der Gültigkeit bei H. Im Druck. Isidoros, Das Leben des Philosophen, s. u. Damaskios. Kaiser Jalian. Philosophische Werke. Übers, u. erklärt von Rud. Asmus. 1908. VII, 205u. 17S 6.40

Rede gegen die ungebildeten Hunde. 35 S. . . ^ . . . 1.50 Kant, Imm. Sämtliche Werke, Herausgeg. v. K. Vorländer, in Ver- bindung mit 0. ßuek, 0. Gedan, W. Kinkel, F. M. Schiele, Th. Valentiner u. a. In 9 BibUotheksbänden und 1 Supplement- band, enthaltend Vorländers Kantbiographie und Cohens Kom- mentar z. Kr. d. r. V. (brosch. 80.—) . . . . . geb. 100.

HP Gen€m« XHnzelübmrsiehten des Inhalt» stehen gsm zur Verfügung,

Bd. I. Kritik der reinen Vernunft. 11. Aufl. Neu hrsg. von Dr. Th. Valentiner. Mit Sachregister. 1919. XII, 770 u. 91 S. . 5.50

Kritik der reinen Vernunft. Anastatischer Neudruck der ersten Auf- lage von 1781. 1905. VII, 24 u. 856 S 10.—

In Halbfranz mit echt Gold 30

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

10 Alphabetisches Verzeichnis.

Band

Kant. Imm. Buchenau, Artur. Grundprobleme der Kritik der reinen Vernunft Zugleich eine Einführung in den kritischen Idea- liflmus. Mit Personen- und Sachregister. 1914. VI, 194 S. 8.— Aus einem Briefe von Qeheimrat Baeumker an den \eTla.g: Die Beleuchtung der Probleme ist nicht aus einem Allerwelta- unü NiMendswostandpimkt gresreben, sondern entschieden unter dem üesicnts- wiiSel Hermann Cohens eineesteUt. Aber das ist mit solcher Konsequenz solcher Klarheit der Entwicklung und solchem didaktischen Geschick in schwiengen und ■chwierigsten Dingen geschehen, daß ich zur Emtuürung in diese Gedankenwelt, die auch dem, der nicht Anhanger des Marburger Kritizismus ist, so viel aufzugeben und so viel im einzelnen auch zu geoen hat, kein besseres Mittel kenne, als dieses neue Buch.. i tt -^^i,

1X3 Cohen, Hermann. Kurzer Handkommentar zu Kants JLntiic

der reinen Vernunft. 2. Aufl. 1917. 242 S. . . . ... 4.—

Mellin,G.S. Marginalien und Kegister zurKr. d.r.V. . 6.--

ßomundt,H. Kants Kritik d. reinen Vernunft, abgekiirst auf

Grund der Entstehungsgeschichte. Eine Vorübung für kritische Philosophie. 1905. 112 S '. : . 2"-

38 Bd. II. Kritik der praktischen Vernunft 6. Aufl. Mit Einleitung

hrsg. V. Karl Vorländer. 1916. 47u. 220S 2.80

Mellin, G. S. Marginalien und Register zur Kr. d.pr.V. 6.—

39 Kritik der Urteilskraft. 4. Aufl. Neu hrsgeg. u. eingeleitet von . Prof. Dr. Karl Vorländer, 1913. 38, 361 U.33S. . 3.80

Mellin, G. S. Marginalien und Register zur Kr. d. U. b.—

40 Bd. III. Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik. 5. Auf-

lage. Herausgegeben und eingeleitet von Karl Vorländer. Mit

8 Beilagen. 1913. 46, 196 u. 12 S 2.--

Kühn,E. Kants Pr. in sprachl. Bearbeitung. 1908. 156 S. J.öü

41 Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. 4. Aufl. Mit Einltg. her^

ausgeg. V. K. Vorländer. 1917. 80 u. 102 S 2.50

42 Metaphysik der Sitten. 3. Aufl. Herausg. u. eingeleit. von Prof.

Dr. Karl Vorländer. 1919. LI, 360 u. 18 S J.—

Inhalt: 1. Metaphysische Anfangsgrunde der Rechtslehre. 2. Meta- physische Anfangsgründe der Tugendlehre. 2- tp-

Buchenau, Ä,, Kants Lehre vom kategoitschen Imperattv. Mne

Einführung in die Grundfragen der Kantischen Ethik m Anschluß

an die „Grundlegung", 1913. Z/i, 125 S ^.—

Die Darlegung gehört unbedingt zu dem Wertvollsten, was seit langena ' auf diesem Gebiet geleistet worden ist. In der Durchfiihrung ze;8rt/»c\f"J ebenso außerordentliches pädsgogisches Geschick als ein bedeutendes Maß an Fähigkeit «ur Systematik. Jede Zeile verrät die uneingeschränkte Ver- trautheit mit dem Gegenstand, zugleich aber, daß sich des Verfassers metho- dische Stellungnahme zu demselben in häutiger Beschäftigung mit dem btoH bewährt hat. So ist eine Arbeit entstanden, in der sich Gewissenhaftigkeit in philologisch-historischer Beziehung mit klarer und präziser Herausarbei- tung des Wesentlichen verbindet. Geisteswissenschaften.

-Mellin, G. S. Marginalien u. Register zu Kants M. d. b. b.—

43 Bd. lY. Logik. 4. Aufl. Neu herausgeg. u. eingeleitet von Prof.

Dr. Walter KinTcel. 1920. 28 u. 171 S. ...... 4.-

44 Anthropologie in pragmatiflcher Hinsicht. 6. Aufl. Neu herausgeg.,

mit Einleitung und Register verseben von Karl Vorländer. 1912.

XXII, 313 u. 15 S .'..•••,/ l 5,?

Die Anthropologie, wo der -hohe Denker in der Sinnenwelt umherwandelt, Menschen und Natur mit der Fackel einer originellen Vernunft beleuchtet , 4st ja leicht zu lesen, und mag noch heute auch den Verwaitungsbeamten, Offizier und Kaufmann erfreuen, wie das die entsprechende Vorlesung Kants %VL Königsberg tat. Aber mit einem Führer wie Vorländer ist sie doppelt angenehmes Gebiet. Möchten recht viele zu Kants Anthropologie wandern i * Leip7iger Zeitung.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig. -

I. Philosophische Bibliothek.

11

Band

45

h

Kanty Imm. Die Religion innerhalb der Grenzen. der bloßen Vernunft. 4. Aufl. Herausgeg. u. eingeleitet von Karl Vorländer. 1919.

96, 286 u. 24 S , . 5.

Der pfroße Vonrag der Ausgaben Dr. Vorländers besteht in den ausführr liehen Einleitungen, welche die Grundgedanken des kritischen Idealismus erläutern und so, in Verbindung mit genauen Sachregistern, das Studium Kants zu. erleichtern und sein Verständnis zu fördern recht geeignet sind. Wie trefflich jene Ausgaben ihrem Zwecke dienen, wird nur der recht zu würdigen wissen, der sich ohne solche Hilfsmittel durch Kants Philosophie naühsam hat hindurcharbeiten müssen. Protestantische Monatshefte.

46 Bd. V. Kleinere Schriften zur Logik u. Metaphysik. 2. Aufl. Hrsg. u. eingeleitet V. Prof. Dr. Karl Vorländer. 1905 8.—

Hiervon einzeln:

46a Schriften von 1755—1765. 32, 169 S 2.50

Inhalt: Eine neue Beleuclitung der ersten Prinzipien der metaphys. Erkenntnis. Diss. 1756. Die falsche Spitzfindigkeit der 4 syllogistischen Fig. erwiesen. 1762. Versuch, den Begriff der negativen Größen in die Welt- weisheit einzuführen. 1763. Unters, üb. d. Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral. Zur Beantw. der Preisfrage der K. Akademie zu Berlin. 1764. Nachr. v. d. Einrichtung seiner Vorlesungen in dem Winterhalbjahre 1766-1766.

46b Schriften von 1766—1786. 40, 172 S 2.50

Inhalt: Träume eines Geistersehers; erläut. durch Träume der Meta- physik. 1766. An Frl. v. Knobloch über Swedenborg. 1763. Von dem ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden im Baume. 1768. Über die Form und die Prinzipien der sinnlichen und Verstandeswelt. 1770. Beant- wortung der Frage: Was ist Aufklärung? 17«4. Was heißt: sich im Denken orientieren? 1786.

46c

Bd. V. Schriften von 1790—1791. 20, 175 S 2.50

Inhalt: Streitschrift gegen Eberhard: Über eine Entdeckung, nach der alle neue Kr. d. r. V. ddrch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll. 17W. Welches sind die wirklichen Fortschritte, die die Metaphysik seit Leibniz« und Wolfs Zeiten in Deutschland gemacht hat?

f 46 d Schriften von 1796-1798. 31, 175 S 2.50

Inhalt: Von einem neuerding-s erhobenen vornehmen Tone in der Philosophie. 1796. Ausgleichung: emes auf Mißverstand beruhenden mathe- matischen Streites. 1796. Verkündung des nahen Abschlusses eines Trak- tats zum ewigen Frieden in der Philosophie. 1796. Der Streit der Fakul- täten in drei Abschnitten. 1798. (3. Abschnitt: Von der Macht des Gemüts^ durch den bloßen Vorsatz seiner krankhaften Gefühle Meister zu sein.)

471 Bd. VI. Kleine Schriften zur Geschichtsphilosophie, Ethik undPolitik. In 2. Aufl. neu hrsg. V.K.Vorländer. 1913. 47, 272 S. . 4.— Inhalt: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Ab- sicht. 1784. Rezension von J. G. Herders Ideen zur Philosophie der Ge- schichte der Menschheit. Teil 1. und 2. 1785. Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte. 178«. Über den Gemeinspruch: das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis. 1798. Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf. 1795. Rezension von Hufelands Versuch über den Grundsatz des Naturrechts. 1786. —..Rezension von Schulz' '' Versuch einer Anleitung zur Sittenlehre für alle Menschen ohne Unterschied der Religion. 1783. Von der ünrechtmäßigkeit des Büchemachdrucks. 1786. über ein vermeintes Recht , aus Menschenliebe zu lügen. 1797. Über die BuQhmacherei. Zwei Briefe an Herrn Fr. Nicolai. 1798.

47^ Kleinere Schriften zur Ethik und Religionsphilosophie. Hrsg. von

Fr. M. Schiele. 3. Aufl. 1911. VIII, 172 S 2.50

Inhalt: Versuch einiger Betrachtungen über den Optiihismus. 1759. Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration für das Dasein GNittes. 1763. Bemerkungen zu L. H. Jacobs Prüfung der Mendelssohn- sehen Morgenstunden. 1786. Über das Mißlingen aller philosophischen Versuche in der Theodicee. 1791. Das Ende aller Dinge. 1794.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

12

Alphabetisches Verzeichnis.

I. Philosophische Bibliothek.

13

Band

48 Kant, Imm. Bd. Vll- Kleinere Schriften zur Natürplulosophie. 2. Aufl. Herausg. u. eingel. v. 0. Buek. Bd. I, 1909. 42, 838 S. . . . 7— Inhalt: All^meine Naturgeschichte und Theone des Himmels. 167Ö. Metaphysische Anfangsgrründe der Natumissenschaft. 1786.

4811'- Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft. Mit iLinl. von ü. ßuek. (1914. XX, 132 S.) geb. 3.-

49 Bd. 2. 1907. . 12 u. 454 S \ \ C k- ' ^ hU.^:Z

Inhalt: Gedanken von der wahren Schätzung der lebendigen Kräfte usw. 1747. - Ob die Erde in ihrer Umdrehung um die Achse einige Verandenmg seit den ersten Zeiten ihres Ursprungs erlitten habe. ^'^J; - ^jf *A*,^« ob dio Erde veralte, physikalisch erwogen. 1754. - J^^'J^gefaßte Darstellung einiger Betrachtungen Über das Feuer. 17«. - tJber die Ursachen der Erd- erseSütterungen bei Gelegenheit des Unglücks von i7»6. ^^^^^J^^^^^!^^ und Naturbeschreibung der merkwürdigsten Vorfalle des Erdbebens von 1/W. 1V66. - Fortgesetzte Betrachtung der seit eimger Zeit wahr^enomnaenen Erderschütterungen. 1766. - Dissertation über den Nutzen einer mit der Geometrie verbundenen Metaphysik in der Naturphilosophie 1766. -JNeue Anmerkungen zur Erläuterung der Theone dejr Winde. l/6o. -^^f^^ und Ankündigung eines Collegii der physischen Geographie, nebst e. An- hange üb. d. Frage: ob die Westwinde in unseren Gegenden darum jeucht •eiei, weil sie über ein großes Meer streichen.. 1757. - Neuer Lehrbeg^ der Bewegung und Ruhe usw. 1768. - Rezension der Schnft von Moscatl über den Unterschied der Struktur der Tiere und Menschen. "^1- "T^yj®' die Vtilkane im Monde. 1786. Etwas über den Einfluß des Mondes aul die Witterung. 17W.

50 Bd. VHI. Vermischte Schriften und Briefwechsel 7.ÖU

51 Bd. IX. Physische Geographie. 2. Aufl. Neu herausgeg. von Paul

Gedan. 1905. 30, 366 u. 20 S. .^ . - . / -.^V- m Kants Lehen. Dargestellt von K. Vorländer. Mit einem Büdnis

u. e. Zeittafel, 1911. XI, 211 u. 12 S 8.—

In vornehmem Geschenkhand * . . . ö.

Außerhalb der Gesamtausgabe erschienen: T24 Kants AusgcwUUlte Kleine Schriften. Mit ausführlicher Einführung und Anmerkungen herausg. von Lyzeumsdirektor Dr. Hermann Hegenwald. 1913. LVI, 125 S . ••,•2.25

Inhalt: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? ^«»^"/''v w im Denken orientieren ? Idee su einer allgemeinen Geschichte tn weltburgerltcher Absieht. Rezensionen von J, G. Herders Ideen zur Philosophte der Oeschtchie der Menschheit. Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschiehte. Das i^nde aller Dinge. Verkündigung des nahen Abschlusses eines TraktaU zum ewigen Irteden

in der Philosophie. , . v -c * u^«*^^

Es war bisher schwer, einen Rat zu geben, wie man sich Kant am besten nahen solle. Der yorliegende Band weist den Weg, der Schiller einst zu Kant führte. In den .Kleinen S«•hriften^ von denen bislang so ffltsam es auch klingt, eine Ausgabe gänzlich fehlte, behandelt Kant in leirht ver- ständlicher Darstellung allgemein interessierende Fragen. Die Beigaben des Herausgeber» werden als weitere Erleichterung des Verstandmsses begrüßt werden. < ^

52 Die vier lat. Dissertationen im Urtext. VI, 122 S . . . f Zum ewigen Frieden. Mit Ergänzungen aus Kants ubngen Schriften und einer austührlichen Einleitung über die Entwicklung des Friedensgedankens herausg. von Karl Vorländer. 2.* Aufl. 1919. VI, 74 S. (In Halbperg. geb. auf holzfreiem Papier 8.--) 3.80 74— Idee zu einer allg. Geschichte in weltbürgerl. Absicht. 20 S. —.70

T8 Theorie und Praxis. 46 S 1.60

T19 ■— Pflicht und Lebensgenuß. 23 S ««^

Sehriften ttber Kant:

Adamson, R. Über Kants Philosophie. 1880 2.— >

Eucken über Kant siehe Abt. VI, S. 27.

»5^

Falckenberg, Richard. Kant und das Jahrhundert. 1907. .60 Goldschmidt, L. Kantkritik od. Kantstudium? 1901. XVI,218S. 5.—

Kant und Haeckel. Freiheit und Naturnotwendigkeit. Eine Replik an Julius Bauraann. 1906. 137 S «. . 3.

Baumanns Anti-Kant. Eine Widerlegung. 1906. 115 S. . 2.80

Kant über Freiheit, Unsterblichkeit, Gott. 1904. 40 S. . —.80

Kants Privatmeinungen über das Jenseits. Die Kant-Ausgabe der preuß. Akademie der Wissenschaft. Ein Protest. 1905. 104 S. 2.40

Vergl. auch Mellin, Marginalien.

Jacoby, G. Kant und Herders Ästhetik. 1907. X, 348 S. 5.40 Moog, W.,xK's Ansichten üb. Krieg u Frieden. 1917. VI, 122 S. 3.— M ellin, G. S. Marginalien und Register siehe Mellin, S. 15. Romundt,H. Kants „Widerlegung des Idealismus". 1904. 24 S. —.50

Kants philosophische Religionslehren. 1902. 96 S. . . . . 2.

Kirchen U.Kirche nach K's philosoph. Religionslehre. 1903. 199 S. 4.

Der Professorenkant. Ein Ende und ein Anfang. 1906. 126 S. 2.40

Kants Kritik der reinen Vernunft, abgekürzt. 1905. 112 S. 2. Sydow, E. V., Der Gedanke des Idealreichs von Kant bis Hegel.

1918. VIII, 130 S 4.60

Vorländer, Karl. Kant-Schiller-Goethe. Gesammelte Aufsätze. 1907. XIV, 294 S. 5.—

Kant und der Gedanke des Völkerbundes. Mit Anhang: Kant und Wilson. 1919. 85 S '.8.60

Vaihinger, H. Die Philosophie des Als Ob. Mit Anhang über Kant und Nietzsche. 4. Aufl. 1920. Siehe Abt. VI, S. 30 . . 24.— Siehe auch: Wolffsche Begriffsbestimmungen. Kepler siehe Eucken, Abt. VI, S. 27. 4. 66 Kirch mann, J. H. T. Grundbegriffe des Rechtes und der Moral. —.80

Über den Kommunismus in der Natur. (Vgl. Umschl. S. 2). 3. Aufl. .60

Über das. Prinzip des Realismus ........... .60

Über die Wahrscheinlichkeit . . . . —.40

Kirchner, Wörterbuch. Vergriffen.

98 Krause, K. Ch. F. Entwurf eines europäischen Staatenbunde b. Mit Einleitung von H. Reiche 1. Im Druck. Lassen siehe Abt. VI, S. 28. 6$ La Mettrie. Der Mensch eine Maschine. Ubers. und erläutert von Dr. MaxBrahn. 1909. 22, 72 S 1.80

Lecky, Wm. E. H. Geschichte des Geistes der Aufklärung in Europa, seiner Entstehung und seines Einflusses. Nach der vierten Auflage des englischen Originals übersetzt von J. H. Ritter. 2. Ausg. VIII, 465 S :....,. 7.—

Lcibni«, G.W. Philosophische Werke. ^

/Ö7 Bd. I. Haupts^ihriften zur Grundlegung der Philosophie. Übers, von Dr. Artur Buchenau. . Durchgesehen und mit Ein- / leitungen u. Erläuterungen herausgeg. von Dr. Ernst Cassirer. " L: Zur Logik und Methodenlehre; Zur Mathematik; Zur Phoro- nomie und Dynamik; Zur geschichtlichen Stellung des metaphysi- schen Systems. Mit 17 Fig. 1904. 382 S. ..... 5.—

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

u

Alphabetisches Verzeichnis.

I. Philosophische Bibliothek.

Band 108

69

70

71

72

TU

T29

16112

Leibniz, G. W. Bd. II. Hauptschriften usw. II.: Zur Metaphysik

(Biologie und Entwicklungsgeschichte ; Monadenlehre); Zur Ethik u.

Rechtsphilos.; Sach- u. Namenregister. 1906. 680 S.^ . 7.—

Die Auswahl, welche Cassirer von den Schriften gibt^ strebt in grlöck- licher Weise VoÜständigrkeit der Übersicht in intensivem Sinne an. Die Einleitungren des Herausgrebers sind zur Einführung in die sreschichtlichen und sachlichen Vorbedingrungfen des Systems auch für den höchst wertvoll, welcher Cassirers Gesamtauft'assung des Systems nicht überall teilt.

Literarisches Zentralblatt.

Bd. 111. Neue Abhandlungen über den menschlichen Ver- stand. In dritter Auflage n^u tibersetzt, eingeleitet und erläutert V. Ernst Cassirer. 1916. XXV. 647 S 7.50

Ernst Cassirer hat die Schaarschmidtsche Ausgabe nicht nur sorgfältig revidiert, sondern durch eine Neuschöpfung ersetzt. Einleitung, Übersetzung und Anmerkungen sind nicht nur unter dem Gesichtspunkte der Verbesse- rung, sondern unter dem eines neuen Erkenntnisideals umgestaltet worden. Es ist zweifellos, daß die neue Ausgabe die ältere tiberbietet und einen neuen Zugang zu Leibniz geschaffen hat. Theologische Literaturzeitung.

Erläuterungen. Von C. Schaarschmidt. 2. Aufl. . . . 2.—

Bd. lY. Theodicee. Vergriffen.

Erläuterungen dazu. 162 S. (geb. 1.10) —.50

VemunftprinzipienderNaturundGnade DieMonadologie.34S. 1.60

Von der Weisheit Über die Freiheit. 15 S —.76

Deutsche Schriften. Gesammelt u. hrsg. v. Dr. W. Schmied- Kowarzik. "^

Bd. I. Muttersprachen, völkische Gesinnung. 1916. XI. 112 S. 2.—

Bd. II. Vaterland u. Reichspolitik. 1916. XXIII. 176 S. . . 3.—

Herzerfrischend sind die stolzen Worte, mit denen sich Leibniz zu seinem deutschen Volke bekennt und dessen Leistungen preist. Daß er dennoch oder gerade deswegen nichts weniger als blind gegen unsere Schwächen ist, erscheint als die nötige Ergänzung und als echtester Ausdruck wahrer völ- kischer Gesinnung. Sehr schön und lesenswert ist auch die Einleitung, die der Herausgeber deui Buche gegeben hat. Das Unternehmen verdient sicher- lich die Unterstützung aller, die die Quellen unserer deutschen Bildung er- kennen und verstehen wollen. . ^ ^.. I>ie Wartburg.

Nicht wenige Stücke des vorliegenden Buches sind für den Unterricht unmittelbar nutzbar zu machen, alle bieten iedem Lehrer, welches Faches immer, die fruchtbarste Anregung. Das Buch gehört in jede Gymnasial-

bibliothek.

.Sokrates".

FoMI Leibniz. Ausgewählte philosoph. Schriften im Originaltext. Hrsg. v.

H. Schmalenbach. Bd. 1. 1914. XX, 164 S 8.—

VolIU Bd. 2. Mit Register über beide Bändchen. 1915. XVIII,

224 S. 3.80

Merz, J. Th. Leibniz' Leben und Philosophie. Aus dem Englischen

mit Vorwort von C. Schaarschmidt. 226 S 2.

119 Lessings Philosophie. Denkmäler aus der Zeit des Kampfes zwischen Aufklärung u. Humanität in der deutschen Geistesbildung. Hrsgeg. von Dr. Paul Lorentz. 1909. 86, 396 S 4.50

A. d. Inhalt u. a.: Über e. Aufgabe im Teutschen Merkur 1776, Gespräch* Jacobi über Spinoza. Gedanken über die Herrnhuter. Aus: Des Andreas Wissowatius Einwürfe wider die Dreieinigkeit. Leibniz' Von den ewigen Strafen. Auswahl aus den theolog. Streitschriften. Ernst und Falk. Gespräche für Freimaurer. Erziehung des Menschengesthlechts. Aus Laokoon und der Ham- Imrg. Dramaturgie. Register.

I

1^

Band

T5 Lessing. Ernst und Falk. Gespräche für Freimaurer Die Erziehung

des Menschengeschlechts. 52 S. , . . L50

T9 Lessings Theologische Streitschriften. 113 S. 2.26

1^1 - Über das Trauerspiel. Briefwechsel mit Mendelssohn und Nicolai.

V Nebst verwandten Schriften dieser herausgegeb. und erläut. von

R. Petsch. 1910. 55, 144 S. 3.—

75176 Locke, John, Versuch über den menschlichen Verstand. Neu übers, und mit einer Einleitung und Sachregister versehen von Prof. Dr. Hugo Winckler. 2 Bände. 1913. 1911. XXXIV, 489; VII, 450 S je 6.—

Der Übersetzer hat die schwierige und verantworttmgsvolle Arbeit der Verdeutschung ganz neu in Angriö genommen und in seiner Übertragung ein Werk geschaffen, das alle bi sherigen Übersetzungen im ganzen und einzelnen iibertrifft. Die klassisch» Ausgabe des englischen Textes von Fräser l.'-ei ist hier zum ersten Male benutzt, die Abweichungen der verschiedenen Ausgaben sind notiert und alle wichtigen sachlichen Er- läuterungen gegeben. So isteindeutscherLocke entstanden, auf dessen Vollendung wir uns treuen. Lic. H. Scholz in der „Tägl. Kundschau" 1911.

Vol IX. Essay conc. Human Understanding. ßooks II and IV (with omis-

sions). Sei. by M. W. Calkins. W. index. 1913. VII, 348 p. 5.—

79 Über den richtigen Gebrauch des Verstandes. Neu , übersetzt von

Otto Martin. 1920. 109 S 3.—

Lotze, Hermann. System der Philosophie.

141 Bd. I. Logik. Mit der Übersetzung des autobiographischen Auf- satzes „Philosophy in the last forty years", einem Namen- und Sachregister und einer ausführlichen Einleitung v. Georg Misch. CXXII, 608 u. 24 S ^-^^

142 Bd. II. Metaphysik. Mit dem Aufsatz „Die Prinzipien der Ethik", einem Namen- u. Sachregister hrsg. von Georg Misch. 1912. VIII, 626 u. 18 S. "-60

Ol" Geschichte der Ästhetik in Deutschland. Mit Namen- und Sach- register. 1913. VIII, 689 S ' 9.—

T25 - Der Instinkt. 33 S. ...... .^ -t 2.25

Hall, St. über Lotze vgl. S. 25.

Macchiavelli, N. Vom Staate. (Erörterungen über die erste Dekade des Livius.) Übers. V.W. Grüzmacher. 1871. 268 S. . . kart. 3.50

Marbe, Karl. Über das UrteU siehe Abt. VI, S. 28.

Melanehthon. Ethik. In der ältesten Fassung zum 1. Male lateinisch herausgeg. v. H. Hein eck. 59 S 1.20

lUelliD, G. S. Bd. I: Marginalien und Register zu Kants Kritik der

reinen Vernunft. Neu herausgegeben und mit einer Begleitschrift

Zur Würdigung der Kritik der reinen Vernunft" versehen von

irr. L. Goldschmidt. 1900. XXIV, .167 S. u 189 S. . . 6.-

Bd. II: Marginalien und Register zu Kants Grundlegung zur Meta- physik der Sitten; Kritik der praktischen Vernunft; Kritik der Urteilskraft. Neu herausgegeben und mit einei* Begleitschnft „Der Zusammenhang der Kantischen Kritiken« versehen von Dr. L. Goldschmidt. 1902. X, 69 u. 237 S

6.—

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Alphabetisches Verzeichnis.

I. Philosophische Bibliothek.

17

Band

■eiaoag, 1. Gegenstandstheorie siehe Abt. YI, S. 88.

Mendelssohn y Moses. Vod der Herrschaft über die Neigungen. 3. Siehe xmter Lessini^s Briefwechsel.

** MiltOB, John. Politische Hauptschriften. Ubers. m. Anm. vers.

T. Wilh. Bernhardi. 3 Bde. 828; 859; XVIII. 842 S. . 6.—

Aus dem Inh^alt: Von der weltlichen Macht in kirchlichen An^les^en-

heiten Über Erziehungf, Areopagritica. .Eine ^ede für die Freiheit

der Presse, Die Lehre und Wissenschaft von der Ehescheidunfir. Erste

and eweite Yerteidieung des englischen Volkes. Eikonoklastes. Von

, der Beformation in England. Der Grund des Kirchenregiments. Der

S gerade und leichte Weg zur Herstellung einer freien Republik. Verteidigung

gegen den Geistii''hen Alexander Morus.

Natorp, P., siehe Pläto, siehe Pestalozzi, siehe Abt. VI, S. 39. Nieolal, Friedrich. Abhandlung vom Trauerspiel (3. ). Siehe unter Lessingrs Briefwechsel.

Nietzsehe, Fr.

Dorn er, A. Pessimismus, Nietzsche und Naturalismus mit besonderer

Beziehung auf die Religion. 1911. VIII, 328 S 6.—

Hasse, H. Das Problem des Sokrates bei Nietzsche. 1918. 26 S. 1.30 Levenstein, A. Friedrich Nietzsche im Urteil der Arbeiteirklasse.

2. Ausgabe. 1919. VI, 120 S 2.—

Oehler, R. Nietzsche und die Vorsokratiker 1904. 176 S. . 3.50 Richter, R. Friedrich Nietzsche. Sein Leben und sein Werk. 3. Aufl.

1917. VIII, 356 S 6.—

Essays. 1913. XV, 416 S 3.60

Schaffganz, H. Nietzsches Gefühlslehre. 1913. VIII, 133 S. 3.50

Vaihinger, H. Die Philosophie des Als Ob. Mit Anhang über Kant

und Nietzsche. 4., durchges. Auflage. 1920. XXXIX u. 804 S. 24.

in weißem Halbiwd. m. ech^ Gold 34.

Weichelt, H. Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra, erklärt

und gewürdigt. 1910. VIII, 319 S 6

Paraeelsns siehe Bergmann, Abt. VI, S. 26.

Pestalozzi.

Buchenau, A. Pestalozzis Sozialphilosophie. 1919. VIII, 183 S. 5. Natorp, P. Der Idealismus Pestalozzis. 1919. IV, 174 S. . < 5.60

Platner siehe Bergmann, Abt. VI, S. 26. ^

Piatons Dialoge. In Verbindung mit C. Ritter, G. Schneider u. a. ' hrsg. von 0. Apelt.

Apelts Übersetzungen beruhen auf langjähriger ernster Arbeit an der sprachlichen Form wie am philosophischen Gehalt dieser Werke. Eine philologisch unantastbare Übertragung der Hauptwerke Piatos war nachgerade Bedürfnis geworden, wo die nur ästhetische, Wissenschaft' lieh etwas leichtherzige Übersetzungsliteratur täglich mehr heranwuchs.

Lit. Jahresbericht des Dürerbundes.

Man wundert sich immer wieder, wie getreu es Apelt gelingt, die Dy- namik der griechischen Sätze ins Deutsche zu übertrafen, dassel e Tempo einzuhalten, das der Text besitzt, nicht zu flüssig, nicht zu schwerfällig. Das ist noch mehr als philologische Treue. Wir können uns freuen, den

ganzen Plato allmählich Band um Band in dieser Übertragung vorgelegt zu ekommen. Möge er auch seine Leser finden i Frankfurter Zeitung.

i7^6 Alkibiades. I u. IL Übers, v. 0. Apelt. 1918. IV, 130 S. 4.—

180 Apologie des Sokrates und Kriton. Übersetzt v. 0. Apölt. 1919.

IV, 1 12 S. (auf holzfreiem Papier in vornehm. Halhlwdbd. 6. ) 2.20

173 —Briefe. Übers, v. 0. Apelt. 1918. IV, 154 S 4.40

^ .

yerlag von Felix Meiner in Leipzig.

1

'A

Band

177 Plato. Charmides, Lysis, Menexenos. Übersetzt von 0. Apelt. 1919.

IV, 168 S. . ,. ö.~

176 Euthydemos., Übersetzt von 0. Apelt. 1918. IV, 107 S. 8.— 81 Gastmahl. Neu übertragnen und eingeleitet von Kurt Hilde- brandt. 2., durchges. Aufl. 1919. IV, 128 S. (in Geschenkband auf

holzfreiem Papier 7.50) 3.50

Siehe auch Ficinus.

1591160 —Gesetze. Übers, v. 0. Apelt. 2 Bde. Bd. I: Buch I— VI,

Bd. II: Buch VII— XII. 32, 573 S. 1916 je 7.50

rY5 Gesetze. X. Buch. 43 S 1.50

148 Gorgias. Übers, v. 0. Apelt. 1913. II, 184 S. ..... 3.50

172a Hippias lu II, Ion. Übers, v. 0. Apelt. 1918. IV, 130 S. 4.— 174 Kratylos. Übersetzt von. 0. Apelt. 1918. IV, 158 S. . . 4.50

178 Laches und Eutyphron. Übersetzt u. erläutert v. Gust. Schneider. 1918. VIII, 112 S 3.50

f 153 Menon od. Über die Tugend. Übersetzt und erläutert v. O. Apelt. ' :|

1 1914. II, 91S. . 1.80 ^i\

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83 Parmenides. Neu übersetzt von 0. Apelt. 1919. II, 162 S. 4.50 147 Phaidon oder Über die Unsterblichkeit der Seele. Neu über- setzt und erläutert von Otto Apelt. 1913. II, 155S. . . . 4.— 152 Phaidros. Übersetzt^ erläutert und mit ausführl. Register ver- sehen von Constantin Ritter. 1914. II, 157 S 3.

145 Philebos. Neu übers, v. O.Apelt. 1912. II, 157 S. ! . . . 4.—

Die hier gebotene Übertragung ist eine vortreffliche Leistung. Apelts Vertrautheit mit den einschlägigen Fragen und seine Vertiefung in Platons Gedankengänge ist überall ftihlbar. nicht zum wenigsten in den sehr ge- haltreichen und doch nicht zu umiangreich gehaltenen Anmerkungen, die hinter dem Texte stehen und die, wo es nötig ist, auch über die Gestaltung des zugrunde gelegten grie<?hi sehen Textes Auskunft geben.

Wilhelm Nestle in der Deutschen Literaturzeitung.

l^l Politiltos oder Vom Staatsmann, übersetzt und erläutert von

O.Apelt. 1914.11,142 8 4.—

175 Protagoras. Übersetzt von O.Apelt. 1918. IV, 147 S. . 4.—

ISO Sophistes. Übers, v. 0. Apelt. 1914. II, 156 S. .... 4.—

ßQ Der Staat. In 4. Aufl. neii übers, und erläut. sowie m. griech.-

deutschem u. deutsch-griech. Wörterverz. versehen von 0. Apelt.

1916. XXXII^ 568 S 7.50

Die Übersetzungen Apelts eignen sich vorzüglich für den gebildeten Leser, der gewöhnt ist, hohe Ansprüche an Übertragungen zu stellen und der vor allem den geistigen Gehalt des Werkes bis in seine zartesten Ab- tönungen kennenlernen und genießen will. Dabei erreicht Apelts Leistung einen seltenen Grad wissenschaftlicher Zuverlässigkeit. Die Post.

82 Theätet. Übers, u. erläut. von Dr. Otto Apelt. 2. Aufl. 1911.

IV. 28, 116 u. 48 S 5.40

179 Timaios und Kritias. Übers, v. 0. Apelt. 1919. IV, 224 S. 7.80 181 Platon-Index als Gesamtregister. Von Otto Apelt. 1920. 15.— N atorp, Paul. Piatos Ideenlehre. E. Einführung in d. Idealismus. Vergr, Ravaissou, F. Französische Philosophie siehe Abt. VI, S. 29. Behmke siehe Hegenwald, Abt. VI, S. 28. Richter, BäooI, siehe Abt. VI, S. 29. 13315 Schellin^s Werk« in 3 Bänden. Mit drei Porträts Sch.'s und Geleit- wort von Prof. Dr. A. Drews, hrsg. u. eingel. v. Dr. 0. Weiß. 1907. Groß 80. (geb. in Hfz. 70.—) 40.—

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

18 Alphabetisches Verzeichnis

Band

133 Selielliiig. Bd. I. SchrifteA zur Naturphilosophie. 1907. CLXII, 816 S.

15.

134 Bd. II. Die Schriften zum Identitätssystem. 682 S. . 13

135 Bd. III. Philosophie der Kunst. Freiheitslehre, Positive

Phüosophie. 935 S 15.—

Einzeln erschienen daraus: 134c Sehelling. Bruno, oder über das göttliche und natürliche Prinzip

der Dinge (1802) II, 120 S geb. 4.40

134h Darstellung eines Systems der Philosophie. II, 108S.geb. 3.— 133d Einleitung zu dem Entwurf eines Systems der Naturphilo- sophie (1797). Allg. Deduktion des dynamische^ Prozesses

(1800) II, 136 S geb. 2.40

133a Vom Ich als Prinzip der Philosophie (1796) II, 96 S. geb. 4.— i33h Ideen zu einerPhilosophiederNatur (1797)11,3448. geb. 5.40 134d Methode des akademischen Studiums. II, 146 S. geb. 4.40 135a Philosophie der Kunst (aus dem Nachlaß) II, 425 S. geb. 8.40 135c Positive Philosophie (Philosophie der Mythologie und Offen- barung [Auswahl] 1840/45) II, 282 S geb. 7.—

134a System des transzendentalen Idealismus. II, 308S. geb. 8.

133c Von der Weltseele (1808) II, 240 S geb. 4.40

135b Wesen der menschlichen Freiheit (1809) II, 86 S. Vergriffen.

Außerhalb dieser Ausgabe erschien: 104 Münchener Vorlesungen: Zur Geschichte der neueren Philosophie Darstellung des philosophischen Empirismus. Neu hrsg. mit Erläut

V. A. Drews. 1902. XVI, 262 u. 92 S 4.60

0 5 Briefe über Dogmatismus und Kriticismus. Hrsg. u. eingel. von

0. Braun. 1914. XX, 93 S ' 2.50

Briefwechsel mit Niethammer, s. S. 32 im Hegel- Archiv II, 1. 4.— '

Schelling als Persönlichkeit. Briefe, Reden, Aufsätze. Hrsg. v.O. Braun. Mit Abb. der Jugendbüste Sch.'s. 1908. 282 S 4.—

Groos, Karl. Die reine Vemunftwissenschaft. Systemat. Dar- stellung V. Schellings rational, od. negativ. Philos. X, 187 S. 3.

Braun, 0. Hinauf zum Idealismus! Schelling-Studien. 1908. XII,

154 S 2.50

103 Schiller. Pliilosophische Schriften und (redichte (Auswahl). Zur Einführung in S.Weltanschauung. Mitausf.Einltg. hrsg. von E.Kühne -

mann. 2. vermehrte Aufl. 1910. 94 u. 344 S 4.50

Über der feinsinnigen Einleitung liegt ein stimmungrsvoUer Hauch, der daa Studium der Schrift zu einem Kunstgenuß macht. Pädagog. Zeitung. Eühnemanns Buch, gerade in der neuen Gestalt der zweiten Auflage, geht jeden wissenschaftlich gebildeten Lehrer an, ohne Rücksicht auf sein -Fach'', das er auf Grund seiner Fakultäten im Unterricht vertritt und noffentlich auch in jeder Primanergeneration immer den einen oder den an- deren. Monatsschrift für höhere Schulen.

Tl - Über Alimut und Würde. , 63 S 1.50

r/0 _ Über die ästhetische Erziehung des Menschen. 114 S. . . 2.25

T20 Über naive und sentimentalische Dichtung. 98 S 2.25

Vorländer, Karl. Kant - Schiller - Goethe. Gesammelte Aufsätze. 1907. XIV, 294 S: 5.~

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

I. Philosophische Bibliothek.

19

Band

136'-

139

136

^

Sehleiermaehers Werke in 4 Bänden. Mit Geleitwort von Prof. D. Dr. A. Dorn er. Hrsg. u. eingeL v. Priv.-Doz. Dr. Otto Braun. 1910/11. Groß 80 38.~

Sehleiermacher. Bd. I. Mit Bildnis Schl.*s nach der Büste von

Rauch. 1910. CXXVIII, 547 S 9.—

Geleitwort von Prof. D^^Dr. A. Dorner. S. I. XXXII. Allgemeine Einleitung von Priv.-Doz. Dr. O. Braun. S. XXXIII-C. Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre. Mit Inhaltsanalyse von Dr. O. Braun. XXVIII, 846 S. Akademieabhandlungren S. 847—532. Begister usw. S. 683—647.

137

138

Bd. II. Entwürfe zu einem System der Sittenlehre. Nach Hand- schriften des Berliner Literaturarchivs zum erstenmal herausge- geben und mit einer Einleitung und ausführlichem Register ver- sehen vonOttoBraun. 1913. XXX,703S. (geb. in Hfz. 16.—) 12.50

Dieser Band bringet die erste wissenschaftlich zulängfliche, weil auf voll- ständigrer Wiedergabe des überlieferten handschriftlichen Materials beruhende Ausgabe der Vonesung-en über philosophische Ethik. Hier hat der Heraus- geber Dr. Braun sich ganz besondere Verdienste erworben. Er hat die schwer zu lesenden Texte musterhaft entziffert und das früher bereits Ge- lesene und Herausgegebene überall sorgfältig nachgeprüft. Er hat der Schleier- macherforschung damit eine neue Grundlage gegeben und die Darstellung der Schleiermacherschen Ethik auf eine ganz neue Fläche gestellt. Alle Kundigen werden diese Arbeit mit wärmstem Danke an den Herausgeber benutzen.

Dr. H. Scholz in der .Täglichen Bundschau*^.

9.—

Bd. III. 1910. XII. 748 S

Auswahlen aus: Dialektik (ed Halpem) S. 1—118. Die christliche Sitte (1812/23). S> 119— ISO —Vollständig: Predigten über den christlichen Haus- stand. Hrsg. von Prof. D Joh. BaueT. S. 181—398. Auswahlen aus: Väaagogik (Msc. ihl3/14 mit Teilen a d. Vorlesgn. 1820/1 »81 u. 1826, sowie Aphorismen 1818/14). S. 899—536. Die Lehre vom Staat (Entwurf v. 1829 m. Erläut. aus Heften v. 1817 u. 1889). S. 637—630. Der christliche Glaube (1830, etwa S. 1—90). S. 631—729. Begister. S. 731—748.

139 Bd. lY. 1911. X, 663 u. 17 S . 9.—

i Auswahlen aus: Psychologie (1830). S.l— 80. Vorlesungen über Ästhetik

(1862/63). S. 81—134. Hermeneutik (Msk. v. 1805 usw., Vorlesungen 1826 bis lb33). S. 135—206. Vollständig: Beden über die Keligion. S. 207— 400. Monologen. S. 401—472. Weihnachtsfeier. S. 473-532. Universitäten im deutschen Sinne. S. 533—642. Bezensionen: Engel, der Philosoph für die Welt; Fichte, Bestimmung des Menschen. S. 643—662. Begister. S. 668—680.

In Einzelausgaben erschienen daraus:

136 a Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre. (1803. 1834. 1846.) M. e. Inhaltsanalyse. 1911. XXXII, 346 S. . . . . 6.—

136b -r Akademieabhandlungen. 1911. IV, 185 S 4.—

Inhalt: Tugendbegriff, Pflichtbegriff, Naturgesetz und Sittengeset«, Begriff des Erlaubten , Begriff des höchsten Gutes , Beruf des Staates zur Erziehung, Begriff des großen Mannes.

138a Predigten über den christlichen Hausstand. Herausgeg. u. eingel. v. Prof.J). Joh. Bauer. 1910. IV, 42, 176 u. 4 S. .... 4.50

139b Reden über die Religion. 2. Aufl. 1920. ...'.... 3.60

i59c Monologen und Weihnachtsfeier. 1911. II, 132 S 3.—

139 a Universitäten im deutschen Sinne. 1911. IV, 110 S. . . 2.—

Außerhalb der Gesamtausgabe erschienen femer: 84 Schleiermaeher. Monologen nebst den Vorarbeiten. Kritische Aus- gabe. Mit Einleitung, Bibliographie, Index und Anm. von Friedr.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

. \

■4i

20

Alphabetisches Verzeichnis.

Bamd

M. Schiele. 2. erweit. u. durchges. Aufl. v. H. Mulert. 1914. 48, 198 S 3.-

Endlich sind uns die Monologren in mastergriltigrer Ausgrabe vorgrelegrtr Schiele g-ibt den Text der Ausgrabe vom Jahre 1799 und fügt die Abweichungen sämtlicher späteren Ausgaben im kritischen Apparat hinzu. Er hat damit eine gediegene Arbeit geliefert, und die Vergleichung der Texte bietet reiche Ausbeute zur Erkenntnis des Umbildxm^rsprozesses in Schleiermachers Gedanken. Zeitschrift für Philqsophie.

11? Schlelermaclier, Weihnachtsfeier. Krit. Ausg. Mit Einltg. u. Reg. von Priv.-Doz. Lic. Hermann Mulert. 1908. 34 u. 78 S. 2.—

85 Grundriß der philosophischen Ethik. (Grrundlinien der Sittenlehre.)

Hrsgeg. V. F. M. Schiele. 1911. 219 S 2.80

Schieies Verdienst ist es, daß die beiden besten Manuskripte Schleier« machers, aus denen Twesten den Text konstituiert hwtte, hier in anderer Ordnung geboten werden. Der in sich geschlossene Text der Vorlesungen von lbl2 13 wird als Einheit gelassen und uinsehlossen von einem andern Entwurf von 1816. Wir haben damit eine Textgestalt des wichtigen Werkes, die sowohl den inneren Gedankengang darstellt wie auch sein Werden er- kennen läßt. Zeitsfhr. f. d. deutsch. Unterricht.

120 Universitäten im deutschen Sinn. Mit ausf. Einltg. von Ed. Spranger (vgl. unter Fichte) . 4.

Schleiermacher. Der Philosoph des GlauLens. 1910. 151 S. kart.-2.50

Sechs Aufsätze von: E. Troeltsch. A. Titius. P. Natorp.

P. Hensel. S. Eck. M. Rade Mit Vorwort von F.Naumann.

Schopenhauer. H a s s e , H. Sch.*s Erkenntnislehre siehe Abt. VI, S. 27. Schuppe siehe Abt. VI, S. 30.

Sf otus Eriugena. Über die Einteilung der Natur. Übers, von L. N o a c k. 2 Bde. 428 S. 416 S 18.—

Leben und Schriften. Von L. Noack. 64 S. . . . ; . 1.50

Sextiis Empiricus* Pyrrhoneische Grundzüge. Ubers. von E. Pappen- heim. 19 u. 222 S .• . 3.—

Erläuterungen dazu. 296 S 1.60

SbftfteBbury. Untersuchung über die Tugend. Übers, und eingeleitet T. Paul Ziertmann. 1905. 15 u. 122 S. . . . i . . 2.50

Ein Brief über den Enthusiasmus an Lord Sommers. Die Mora- listen. Eine philosophische Rhapsodie. Übersetzt u. eingeleitet von M.Frischeisen-Köhler. 1909. 31 u. 212 S 3.80

Religion und Tugend. 48 S. . 225

Spinoza« SUmtliehe Werke. Übersetzt von 0. Baensch, A. Buchenau, C. Gebhardt und 0. Schaarschmidt.

Dies ist die einzige deutsche Ausgabe der Werke Spinozas, die auf Grund der umwälzenden Ergebnisse der modernen Textkritik erfolgt ist. So bietet sie in ihrer Textgrestaltung der Forschung die sicherste Grundlage; die Einleitungen bemtihen sich, das Verständnis der Schriften S.s nach allen Seiten sicher zu stellen.

91 Bd. I. Abhandlung von Gott, dem Menschen und dessen Glück. Neu übersetzt von C. Gebhardt. ' Im Druck.

92 Ethik. Übers, u. mit e. Einleitung u. Register versehen von Otto

Baensch. 9. Aufl. 1919. 29, 276 u. 39 S 3.80

Sehr genau ist die neuere Forschung zum Spinozatext behandelt. Die Einleitung gehört zu dem Besten, was zur Einführung in Spinozas Denk- weise gegeben werden kann. Die Bedeutung dieser Übersetzung wird man darin sehen dürfen, daß sie die für uns oft schwierig gewordenen Gedanken- verachiebungen bei Spinoza klarlegt. * Zeit8C&. i. d. dtsch. Unterricht.

861?

88 89

90 110

111

T30

91— 96

I. Philosophische Bibliothek.

31

BtMd

93

94 95

'^

96a

96h

100

122

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Spinoza. Bd. II. Theologisch -politischer Traktat. 3. Aufl. Übers, u.

eingeleitet von Dr. Carl Gebhardt. 1908. 34, 36^ u. 61 S. 5.40

Tractatus theologico-poÜticus. Lat. ed. H. Ginsberg. 1877. 2.—

Descartes*^ Prinzipien der Philosophie auf geometrische Weise be- gründet. — Anhang, enth. metaphysische Gedanken. 3. Aufl. Neu übers. V. A. Buchenau. 1907. 8, 190S 2.40

Abhandlung über die Verbesserung des Verstandes. Abhandlung vom Staate. 3.' Aufl. Übers, u. eingeleitet von Dr. Carl Geb- hardt. 1907. 32, 181 u. 33 S . . 460

. Principia philosophiae Cartesianae Appendix cont. cogitata

metaphysica Tractatus de intellectus emendatione Tractatus politicus. Lat. ed. H. Ginsberg. 1882. LXXIII, 256 S. 2.-

Bd. III. Briefwechsel. Übertragen «. m. Einl., Anm. u. Reg. vers. v.

Carl Gebhardt. 1914. 38, 438 S. . . 4.-

Go ethe hat den Briefwechsel Spinozas das interessanteste Buch genannt, das man in der Welt von Aufrichtigkeit und Menschenliebe lesen könne. Er bedeutet für uns zugleich die notwendige Ergänzung der Ethik Spinozas, denn er offenbart die tiefe und reine Menschlichkeit, die hinter den mathe- matisch starren Sätzen jenes Buches steht. ^ . ^ . r^^

Zeitschrift Ihr den deutschen Unterricht. ^

Epistolae doctorüm quorundam virorum ad B. de S. et auctoris

responsiones. Ed. H. Ginsberg. 1876 2.~ .

Lebensbeschreibungen und Gespräche. Hersg. v. Carl Gebhardt.

1914. XI, 147 S. Mit Bild, (in Hpgt. 8.—) 3.50

Eine völlig neue Erscheinung in der deutschen Literatur ist Gebhardts Übersetzung der alten Lebensbeschreibungen Spinoaas, der die überlieferten Äußerungen oder Gespräche Spinozas sowie alle auf sein Leben beEÜglichen Quellen beigefügt sind. Es ist ein höchst dankenswertes Buch, das rolle Anerkennung verdient. Spinoza gehört zu den Philosophen, deren Lehre der Ergänzung durch das Bild des Menschen bedarf. Deshalb verdienen die Lebensbeschreibungen Spinozas als einWiderschtin des großen Menschen starkes Interresse. Zeitschrift für den deutschen Unterricht.

Spinoza-Brevier. Zusammengestellt und mit einer Einleitung versehen

von A.Liebert. 2.Aufl. 1918. XXXIV, 169 S. In eleg.Pappbd. 4.—

Es ist als ein glücklicher Gedanke Lieberts zu bezeichnen, daß in seinem Brevier die bedeatsamsten Stellen der „Ethik" von den engen Fesseln der geometrischen Methode befreit worden sind. Er selbst gibt in einena gehalt- vollen Vorworte Aufschluß über die Grundsätze, die ihn dabei geleitet haben. . . Allen, die nicht die nötige Muße und Geduld aufbringen können, zu den Original werken des Philosophen zu greifen, denen jedoch jene ^große und freie Aussicht über die sinnliche und sittliche Welt", die sich Goethe, aus Spinozas Schriften „auf zutun schien", von Literesse sein mag, sei Lieberts Brevier bestens empfohlen. Wiener Fremdenblatt.

Renan, E. Spinoza. Rede, geh. zum 200. Todestag . ... —.40

Ginsberg, H. Lebens- und Charakterbild S.'s —.40

Steffens, Henrik. Über die Idee der Universitäten (4.--). Siehe unter Flehte.

Thomas von Aquin. Die Philosophie von Thomas vonAquin. In Aus- zügen herausgegeben von E. Rolfes. Im Druck.

TalhinRer, H., siehe Abt. V[, S. 30.

Volkelt, J., siehe Abt. VII, S. 31.

^olffsche Begriffsbestimmungen. Ein Hilfsbüchlein beim Studium Kants. Zusammengest. v. J. Baumann. 1910. "VI, 54 S. . 1.50

Pichler, H. Über Christian Wolffs Ontologie. 1910. 96 S. 2.—

Wandt, W., siehe HaU, Abt. VI, S. 27.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

22 II. Lehrbücher der Philosophischen Bibliothek.

Lehrbucher

der Philosophischen Bibliothek.

Band ^

67 Kirdmer-Michadlis. Wörterbuch der philoBophischen Grundbegriffe. Neuauflage in Vorbereitung.

Die Festigkeit der Grundlagren, die umfassende Vollständigkeit des Stoffe«, die durchsichtige Anlage und vortreffliche Form, sowie die würdige Ausstattung machen das Buch zu einem treuen Führer auf den verschlun- genen Pfaden der Philosophie. Man kann ihm nur weitere und weitere Verbreitung wünschen. Zeitschrift für das Gymnasialwesen.

Croee, B. Grundlinien der Ästhetik. 1913. IV, 85 S. Deutsch v.

Th. Poppe. („Wissen und Forschen") 2.—

* mring, A. GnmdUnien der Logik. 1912. XH, 181 S. . . . 2.50

Die Logik soll nach D. nur Methodenlehre sein, die uns anweist , in die Gesamtheit unserer tatsächlich vorhandenen Vorstellun^welt sachhche Ordnung hineinzutragen. Ohne Zweifel haben wir hier ein Buch von hoher Bedeutung vor unp. Reichsbote.

118 Messer, Anr. Einführung in die Erkenntnistheorie. 1909. VI, 188 u.

11 ^. . 8.40

Die« ist die beste einführende Schrift in die Erkenntnistheorie, die Eef. kennt. Sie zeichnet sich besonders dadurch aus^ daß sie trotz des kleinen Umfanges eine Anschauung erweckt von der Fidle der Probleme, die der Erkenntnistheorie erwachsen ; femer daß sie stets auf die richtige Problem- stellung hinweist; endlich ragt sie noch durch große Klarheit und Über- Bichtlichkeit hervor. Viertel] ahrsschrift f. wissensch. Philos. u. Soziologie.

Odehreeht, Rnd. Kleines philosophisches Wörterbuch. Erklärung der Grundbegriffe der Philosophie. 3., durchgesehene Aufl. 1919. 86 S 1.80

Torl&nder, Karl. Geschichte der Philosophie. I. Bd.: Altertum, Mittelalter und Übergang zur Neuzeit 5. Aufl. 1919. XII, 868 S Ö.50

n. Bd.: PhüoBophie der Neuzeit. 5. Aufl. 1919. VIII,

524 S 6.50

Zur Einführung wird man schwerlich ein besseres Buch finden als die«, das den vielfach empfimdenen Wunsch nach einer knappen , aber doch klaren, inhaltlich ausreichenden und zuverlässigen Darstellung der gesamten Geschichte der Philosophie aufs vortrefflichste erfüllt hat. Vortrefflich ist die I)arstellung des Entwicklungsganges der Philosophie, was schon im Auf- bau des Werkes klar hervortritt. Die biographische Behandlung der em- zelnen Philosophen und die Darstellung ihrer Lehren stehen in allem auf der Höhe der Forschung. Dazu kommt, daß sich das Buch auch als Weg- weiser für tiefer eindringende Arbeit bewährt durch die gute Auswahl m den Literaturangaben. Zeitschr. f. d. dtsch. Unterricht

Vorländers Buch reizt geradezu «um Studium. Die gediegene Art, In der er das historische mit dem systematischen Element zu vereinigen ver- standen hat, macht das Buch zum philosophie^schichtlichen Handbuch ' par excellence. Es gehört auf den Arbeitstisch emes jBden der Philosophie „Beflissenen". Kant-Studien.

115 Witasek, StephaB. Grundlinien der Psychologie. Mit 15 Fig. im

Text 1908. Vm, 370 u. 22 S 3.-

In der Auffassung und Durchführung ein selbständiges Werk, sind diese „Grundlinien" auch eine Zusammenstellung der fast zahllosen Ei^el- Untersuchungen zur „modernen" Psychologie. Die Bestimmung, al« Ein- führung zu dienen, hat wohl die Art der Ausführung bedingt, mcht aber den Inhalt und die Theorie. Die Durchführung ist durchsichtig, überall knapp und leicht verständlich und das dargebotene Material ma zweiten Teil überaus reichhalüg. Zeitschrift für Phüo«ophie.

> Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

\

III. Hauptwerke d. Philos. in originalgetr. Neudrucken. 23

Hauptwerke der Philosophie in

Originalgetreuen Neudrucken.

Die Sammlung macht sich eine neue Erfindung auf dem Gebiete der Photochemie zunutze, die es ermöglicht, seltene Werke in technisch so vollendeter Form ohne Neusatz nachzudrucken,dalJ selbst Fachleute den Unterschied vomBuch- druck kaum feststellen können. Dabei ist es aber möglich, Verbesserungen, z. B. ▼on Druckfehlem, anzubringen. Die Sammlung wird in geschmackvoller äußerer Form, die sich dem Stil der Entstehungszeit anschließt, Werke dem Studium neu darbieten, die noch lebendige Wirkung auf die Gegenwart auszuüben be- rufen sind. Durch Beigabe von Registern und erforderlichenfalls auch emes kritischen Apparates wird die wissenschaftliche Benutzung erleichtert.

Bd. 1: Lotze, Herrn. Geschichte der Ästhetik in Deutschland. Mit Namen- und Sachregister. 1913. M. 9.

Diese „Geschichte der Ästhetik" mit der Fülle ihrer Probleme, der Tief- gründigkeit der Untersuchung, sowie der fruchtbaren Verbindung der not- wendigen Forderungen des modernen Realismus mit dem wertvollen, ja unent- behrliciien Gehalt des Idealismus, ist ein durchaus eigenartiges, trotz aller be- deutenden Leistungen der seitherigen Ästhetik auch heute* noch in hohem Maße beachtenswertes Werk. Möchte der vorliegende Neudruck dem Werke wie ■einem Schöpfer neue Freunde gewinnen!

Max Wentscher in der „Deutschen Literaturzeitung,'-''

Bd. II: Fries, Jak. Friedr. Philosophische Rechtslehre und Kritik aller positiven Gesetzgebung. Mit Namen- und Sachregister. Hrsg. von d. Fries-Gesellschaft. 1914. M. 2.50

C'est certainement l'une des opuvres principales de la Philosophie post- kantienne: eile et aussi l'une de celles se marque le plus heureusement l'union d»une rare aptitude speculative avec des connaissaaices precises et sur certains points memo profondes. Revue de metaphysique et de morale.

Die philosophische Rechtslehre Fries' fängt gerade an aktuell zu werden. Während die Philosophie seiner Zeitgenossen ihre Wirkung auf ihre Zeit schon ausgeübt hat, so (mß man annehmen kann, daß die in ihr enthaltenen Gedanken, soweit sie sich als fruchtbar erwiesen haben, bereits in das Zeitbewußtsein über- gegangen sind, kann man die Friesschen Gedanken mit jenen in die ägyptischen Gräber eingemauerten Körnern vergleichen, die nach Jahrtausenden zu keimen begannen. Sozialistische Monatshefte.

Bd. III: Schellini, F. W. J. t. Briefe über Dogmatismus und Kriti- zismus. Hrsg. u. eingel. v. 0. Braun. 1914. -M. 2.60

Wir haben es in diesen Briefen mit einer Kritik des religiösen Bewußt- seins zu tun, die an Schärfe und rücksichtsloser Konsequenz Fichtes Offen- barungskritik nichts nachgibt, nur daß sie viel schwungvoller als diese geschrieben ist ein Meisterstück deutscher philosophischer Prosa, und als das Werk emes Zwanzigjährigen von einer fast unbegreiflichen Vollendung.

Man erstaunt über diese Briefe, wenn man nur den Schelling kennt, der die Naturphilosophie und das Identitätsystem geschaffen hat. Jedenfalls muß man die hier waltende Metaphysik der Freiheit kennen, um die unfreie Metaphysik de« späteren Schelling richtig interpretieren zu können. Preussische Jahrbücher,

Bd. IV: Bolzano, B. Wissenschaftslehre. Hrsgeg. von A. Höfler. Erster Band. 1914. XVI, 572, 2 S. M. 16.-

Dieser Neudruck ermöglicht es endlich, den größten Logiker aller Zeiten, wie ihn Husserl nannte, wirklich zu studieren.

Bd. Y: Fries, Jak. Friedr. System der Logik. Mit vollständig neuem Register. Hrsg. v. d. Fries-Gesellsch. 1914. M. 6.—

Bd. VI: Fichte, Job. Gottl. Über den Begriff des wahrhaften Krieges. Im Ajihang: Rede bei Abbrechung seiner Vorlesungen. 1914. M.1.60

Bd. VII: Bolzano, B. Wissenschaftslehre. Zweiter Band. 1915. VII, 670 S. M. 15.—

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

24

IV. Biblio^heca Philosophorum.'

Bibtiotheca Phiiosophorum.

Diese Sammlung entspricht Wünschen, die immer wieder ans philo- sophischen Kreisen laut gewordea waren. Fehlten doch vorher voll- ständig auf dem Büchermarkt leicht zugängliche Ausgaben der philosophischen Hauptwerke im Urtext, die billigen Preis mit absoluter textlicher Korrektheit vereinigten. ^

Dem soll durch die neue Sammlung abgeholfen werden, die im Format und im Anschluß an die „Philosophische Bibliothek" erscheint. Bisher erschienen:

Vol. I. Descartes. Meditatione« de prim» philosophia. Curavit

A. Buchenau. 1913. IV, 68 p. M. 1.50

II. Leibniz. Ausgewählte philosophische Schriften im Original-

text Hrsg. v. H. Schmalenbaoh. Band 1. 1914. XX,

164 S. M, 3.—

III Band 2. Mit dem Register über beide Bändchen,

1916. XVin, 224 S. M. 8.80

In die Sammlim? wurden femer als VoL IV— IX eine Anzahl auBgrezeich-

neter, in Deutschland noch fast anbekannter amerikanischer Ausgraben engr-

liBcher Philosophen eingrereiht, für die ich das alleinigre Vertriebsrecht für den

europäischen Kontinent erwarb. Die Bände enthalten:

Vol. IV. Berkeley. The Principles of Human Knowledge. Ed. by T. J. McCormack. 1913. XVII, 128 p. M. 2.60

Y. Three Dialogues between Hylas and Philonous. Ed. by T. J. McCormack. 1913. VII, 136 p. M. 2.50

VI. Hobbes, The Metaphysical System of H. in 12 chapters from Elements of Philosophy conc. Body. Tog. w. briefer extracta from Human Nature and Leviathan. Sei. by M. W. Calkins. 1913. 26, 187 p. M. 3.50

VII. Hnme. An enquiry conc. Human Understanding and sei. from . a treatise of Human Nature. With H.'ß Autobiography and a letter from Ad. Smith. Ed. by T. J. McCormack and M. W. Calkins. W. index. 1913. 28, 267 p. M. 3.—

Ylll. An enquiry conc. the Principles of Morals. Reprinted from the ed. of 1777. W. index. 1913. VI, 169 p. < M. 3.—

IX. Locke. Essay conc. Human Understanding. Books II and IV (with omissions). Sei. by M. W. Calkins. W. index. 1913. VU, 348 p. M. 5.—

Früher erschienen im gleichen Verlag:

Detcartet. Begrulae ad directionem ingrenü. Nach der Origrinalausg. von 1701 herausgcg. von Dr. Artur Buchenau. 1907. IV, 66 S. M. 1.20

■elanchthOB. Ethik. In der ältesten Fassung: Eum ersten Male (lateinisch) berausgregeben von H. He in eck. 69 S. M. 1.80

Spinoza. Opera philosophica. Ed. H. Ginsberg.

Epistolae doctorum quorundam virorum ad B. de S. et auctoris responsiones.

M. 8.

TractatuB theologico-politicus. . « . ^* *;""

Principia philosophiae Cartesianae. Appendix continens Go^tata meta- physica. Tractatus de intellectus emendatione. Tractatus poliücus. M.8.—

V. Wissen und Forschen.

25

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Wissen und Forschen.

Schriften zur Einitihrimg in die Philosophie.

Dem Bedürfnis nach Erläuterungen zu bestimmten philosophischen Klassikern und nach Einführungen in die Grundprobleme der Philo- sophie will diese Sammlung dienen. Frei von jeder Einseitigkeit und unter Anerkennung der Verschiedenheit der philosophischen Rich- tungen in der Gegenwart möchte sie einen Sammelpunkt bilden für alle Bestrebungen, die von wissenschaftlichem Boden aus, in allgemein- verständlicher Sprache in das weitö Gebiet philosophischer Lektüre und philosophischer Forschung einzuführen beabsichtigen.

Bd. I: Kants Lehre vom kategorisehen Imperativ. Eine Ein- führung in die Grundfragen der Kantischen Ethik im An- schluß an die „Grundlegung der Metaphysik der Sitten." Von Dr. A. Buchenau. 1913. XII, 125 S. M. 2.—

Bd. Ij: Oegenwartspliilosophie und ct^ristliche Religion. Im

Anschluß an Vaihiuger, Rehmke, Eucken dargestellt von Dr. iä. Hegenwald. 1913. XII, 196 S. M. 3.60

Bif. III: Gmndprobleme der Kritilc der reinen Temnnft. Eine Einführung in die Kantische Erkenntnistheorie. Von Dr. Artur Buchenau. 1914. VI, 194 S. M. 3.—

Bd. IV: Wie ist In-itische Philosophie überhaupt m^^grllch? Ein

Beitrag zur systematischen Phänomenologie der Philosophie. Von Dr. Arthur Liebert. 1919. XVII, 228 S. M. 10.—

Bd. V: Grundriß def Asthetilc. Von Benedetto Croce. Deutsch von Dr. Th. Poppe. 1913. IV, 85 S. M. 2.—

Bd. VI: Die Seele. Ihr Verhältnis zum Bewußtsein und zum Leibe. Von Prof. Dr. Joseph Geyser. 1914. VI, 117 S. M. 2.50

Bd. VIhBie Begründer der modernen Psychologie. Lotze, Fechner, Helmholtz, Wundt. Von Stanley Hall, Pre- sident of Clark University. Deutsch von Raym. Schmidt 1914. 28, 392 S. M. 7.50

Bd. VIII: Einführung in die Philosophie. Vom Standpunkte des Kriti- zismus. Von Dr. Kurt Sternberg. 1919. XIII, 291 S. M.6.—

Bd. IX: Pestalozzis Sozial philosophie. Eine Darstellung auf Grund der „Nachforschungen über den Gang der Natur in der Ent- wicklung des Menschengeschlechts". Von Dr. Art. Buchenau. 1919. VIII, 183 S. M.5.—

Bd. X: Die sittlichen Forderangen und die Frage nach ihrer Gül- tigkeit. Von Prof.Dr. Gustav Störring. VIII. 136 S. M.5.60

Von Heft VIII an wurde das Format der Sammlung verändert. Die Bände erscheinen jetzt im Format der Philosophischen Bibliothek.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

26

Alphabetisches Verzeichnis.

Neuere philosophische Werke.

Bergmann, Ernst. Platner u. d. Kunstphilosophie des 18. Jahrh. Im Anh.: P.'s Briefwechsel m. d. Herzog von Augustenburg über die Kantische Philosophie u. a. 1912. XVI, 349 S. . . 10.—

Fichte, der Erzieher zum Deutschtum. 1915. VIII, 341 S. 6.—

Bertrmann bietet aus Fichte dar, was jeder Deutsche aus ihm gewinnen kann. Die tiefschürfende Gedankenarbeit der Wissenschaftslehre und das (Hirantische Ringen mit ihren Problemen wird nach F. chtes eigenem Urteile dem Verständnis immer nur weniger vorbehalten bleiben. Für B. steht der deutsche Reformator und Erzieher Fichte im Mittelpunkte des Interresses. Und da dessen Person» ganz in seiner Sache aufgeht, so kann Bergmann für seine Absicht vom Zentrum der Persönlichkeit aus das Verständnis für seine Sache zu erschVfeßen suchen. Bruno Bauch in den „Kantstudien".

Deutsche Führer zur Humanität. 1915. IV, 44 S. . . . 1.— Bluwstein, J. Weltanschauung Ardi'gos. 1911. 122 S. . . 1.60 Bosehan, Riehard. Der Streit um die Freiheit der Meere im Zeit- alter des Hugo Grotius. 1919. 53 S. (Philos. Zeitfragen) . 2.70

Braun. 0. Hinauf zum Idealismus! Seh elling- Studien. 1908. XII, 154'S 2.60

Zum ßildungsproblem. 2 Vorträge. (Philosophie u. Schule. Kunst

u. Schule). 1911. 49 S «* ' ' ""'In

Euckens Philosophie und das Bildungsproblem. 64 S. . . —.60 Buchenau, Artur. Kants Lehre vom kategorischen Imperativ. 1913.

XII, 125 S. („Wissen und Forschen«) 2.—

Grundprobleme der Kritik der reinen Vernunft. 1914. VI, 194 S. („Wissen und Forschen") 3.

Pestalozzis Sozialphilosophie. 1919.VIII, 183 S. („Wissen u. F.«) 6.— Bnrekhardt, G. E. Was ist Individualismus? 1913. 89 S. . 2.— - Busse, Ludwig. Geist und Körper, Seele und Leib. Zweite Auflage.

Mit einem ergänzenden und die neuere Literatur zusammenfassen- den Anhang von Ernst Dürr. 1913. X, 566 S. .... . 18.

Cohn, Jonas. Der Sinn der gegenwärtigen Kultur. Ein philosophischer

Versuch. 1914. XI, 297 S ^. - 8.—

Das tiefgrabende und doch verständlich geschriebene Buch will dem GebUdeten hellen, sich in der heutigen Kultur zurechtzufinden. Die Kultur ist ihm nicht wesentlich eine zersetzende Macht, sondern ein stetes Schaffen, das immer neue Aufgaben und immer neue Lebensformen hervorbringt. Das Bingen um diese Aufgaben erzeugt die Lebensgemeinschaften , in denen jeder einzelne sich um einen überindividuellen Mittelpunkt von der Person Bur Persönlichkeit aufbauen kann. "Was dabei über die wachsende Bedeutung der nationalen Gemeinschaft gesagt wird, das ist gerade in unsern IWen eindrucksvoU. Es wird durch die neue Welt, die uns mit dem Weltkrieg aufgegangen ist, im wesentlichen bestätigt. Christliche Welt.

Bietering, Paul. Die Herbartsche Pädagogik vom Standpunkt mo- derner Erziehungsbestrebungen. 1908. 18, 220 S 6.

Bomer, A. Encyklopädie der Philosophie. Mit bes. Berucks. d. Erkenntnistheorie u. Kategorienlehre. 1910. 343 S. Steifkarton. 6.—

Grundriß der Religionsphilosophie. 1903. 466 S. . . . . 7.

Pessimismus, Nietes sehe und Naturalismus mit besonderer Be- ziehung auf die Religion. 1911. VIII, 328 S 6.—

BQhring, E. Kursus der Philosophie als streng wissenschaftlicher Weltanschauung u. Lebensgestaltung. 1875. XII, 559 S. . 9.

Ebrenberg, Hans. Die Parteiung der Philosophie. Studien wider Hegel und die Kantianer. 1911. VI. 133 S 4,—

VI. Neuere philosophische Werke.

27

Eueken, Kadolf. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie und Lebens-

anschauung. 1911. IV, 242 S. . 4.20

Aus dem Inhalt: Die moralischen Triebkräfte im Leben der Gegen- wart. ^ Die innere Bewegung des modernen Lebens. Festrede zur Jahrhun- dertfeier. Goethe und die Philosophie. Fichte und die Aufgaben unserer Zeit. Die Stellung der Philosophie zur religiösen Bewegung der Gegen- wart. Der moderne Mensch und die Religion. Pierre Bayle, der große Skeptiker. (Ein neuer Durchblick der Weltgeschichte.) Was sollte zur Hebung philosophischer Bildung geschehen?

Beiträge zur Einführung in die Geschichte der Philosophie. 2. erweit. Aufl. 1906. VI, 196 S 3.60

Aus dem Inhalt: Nikolaus von Cues als Bahnbrecher neuer Ideen. Paracelsus» Lehren von der Entwicklung. Kepler als Philosoph. Über Bilder und Gleichnisse bei Kant. Bayle und Kant. Parteien und Partei- namen in der Philosophie.

Braun, 0. Euckens Philosophie und das Bildungsproblem . .60

Xappstein, Th. Eueken, der Erneuerer des deutschen Idealismus,

1909. 92 S. . Eleg. kart. 1.—

(siehe auch unter Hegenwald) Fftlckenberg,Rich. Kant und das Jahrhundert. 2. Aufl. 1907. 28 S. —.60 Falkenfeld, Hellmuth. Wort und Seele. Eine Untersuchung über

die Gesetze in der Dichtung. 1913. 132 S 2.50

Inhalt: Die Dichtung unter den Schwesterknnsten. Die Tragödie

des Dilettantismus. Seele und Wortgesetz (Stil). Wort und Zorn (Drama).

Wort und Liebe (Lyrik). Wort und Weltseeie (Epik). Wort und

Gefühlsverlängerung (Humor und Groteske).

Flovrnoy, Th. Beiträge zur Religionspsychologie. Übers, v. M. Regel. Mit Vorwort v. G. Vorbrodt. 1911. LEI, 62 S 2.60

Die Seherin von Genf. Mit Geleitwort von Max D'essoir.

Autorisierte Übersetzung. Mit 64 Figuren. 1914. XXUI,

666 S. (in Lwd. geb. 20.—) v^ . . . 16.—

Das Werk ist die beste und gründlichste Untersuchung der Bewußtseins- Kustände eines sogenannten ^Mediums*, die wir bisher überhaupt besitzen, unübertrefflich an Sorgfalt der Beobachtung und Analyse, unermüdlich in der Aufhellung zunächst undurchsichtiger Tatbestände, vorbildlich objektiv in der Beurteilung der für die theoretische Erklärung bestehenden Möglich- keiten. Dr. Österreich im Literarischen Zentralblatt.

Färtb, Otto y. Träume auf derAsphodelosinsel. 1920. 229 S. geb. 7.—

Geyser, Jos. Die Seele. Ihr Verhältnis z. Bewußtsein "und z. Leibe. 1914. VI, 117 S. („Wissen und Forschen«) 2.50

Ooldschniidt, K. W. Der Wert des Lebens. Optimismus und Pessimismus in d. modernen Literatur u. Philos. 1908. 111 S. Eleg. kart. M. 1.50

Goldschmidt, Ludwig. Schriften s. unter Kantliter., Abt. I, S. 13.

Hamburger, Marg. Der Organismus der Sprache. Im Druck.

Hall, Stanley. Die Begründer der modernen Psychologie. (Lotze, Fechner, Helmholtz, Wundt.) Übers, und mit Anm. ver- sehen von Raymund Schmidt. Durch Vorwort eingeführt von Dr.Max Brahn. 1914. XXVIII,392 S. („Wissen u. Forschen") 7.50

Wilhelm Wundt. Der Begründer der modernen Psychologie. Übersetzt u. mit Anmerkungen vers. v. RaymundSchmidt. Durch Vorwort eingef. v.Max Brahn. Mit Bildnisradierung v.R. Schmidt. 1914. XVII. 158 S. (S.-Abdr. aus dem vorigen.) . . . geb. 3.50

Hasse, Helnr. Schopenhauers Erkenntnislehre als System einer Gemein- schaft des Rationalen und Irrationalen. 1913. XI, 219 S. . 6.— Hasse findet in der Erkenntnislehre Schopenhauers die systematischen Wurxeln seiner Weltanschauung. Die Theorie der Erkenntnis ist bei Schopen- hauer nur scheinbar ein mit der Theorie des ^Satzes vom Grunde" ab- schließender und abgeschlossener Bezirk. Li Wahrheit spielt sie in der

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

28

Alphabetisches Verzeichnis.

Metaphysik der Natur wie in der Metaphysik der Kunst und Moral eine

geradezu grundlegende BpUe. , . xt- a u ioiq oa Q 1 an

Hasse, H. Das Problem des Sokratea bei Nietzsche. 1918. 26 S. l.dü Heirenwald, üerm. Gegenwartsphilosophie und c^^riBtliche Religion.

Im Anschluß an Vaihinger,Rebmke,Eucken. 1913. Xil, Ibü b.

(„Wissen und Forschen") »-W

JacobT, «ttnther. Herders und Kants Ästhetik. 1907.X,348 S. MO

Der Pragmatismus. Neue Bahnen in der Wissenschaftslehre des Auslands. 1909. 58 S J-20

Herder als Faust. 1911. XII, 485 S 7

Jae8Che,Em.DasGrundgesetzder Wissenschaft. 188p. XXu.445S. 9.— Joel, Karl Die philosoph. Krisis der Gegenwart 2. Aufl. 1919. 65 S. 3.60 Kinkel, Walter. Der Humanitätsgedanke. Betrachtungen zur För- derung der Humanität. 1908. 192 S. . . . . eleg. kart. 1.—

Kliho, E. siehe unter Kant, Prolegomena, Abt. I, S. 10. Lassoll, Adolf. Über Gegenstand u. Behandlungsart der Religionsphilo- sophie. 1879. 65 S ^ ''' Z

Fichte im Verhältnis zu Kirche und Staat. 1863. IV, 245 8. 4.--

Georg. Grundfragen der Glaubenslehre. 1913. VI, 376 S. 9.— Lempp, Otto. Das Problem der Theodicee in der Philosophie und

llteratnr des 18. Jahrhunderts l?is auf Kant u. Schüler. 1910. VI, 432 S. In steifem Karton . . . ^ Ö—

Lessing, Th. Studien zur Wertaxiomatik. Untersuchungen über reine Ethik und reines Recht. 2., erweiterte Ausg. 1914. XIX, 121 S. 3.60

Levensteln, Adolf. Friedr. Nietzsche im Urteil der Arbeiterklasse. 2. Ausgabe. 1919. VI, 120 S. .•••.•••••• P'r

Leyj, Helnr. Über die apriorischen Elemente der Hirkenntnis. 1. Teil: Die Stufen der reinen Anschauung. Erkenntnistheoretische Untersuchungen über den Raum und die geometrischen Gestalten.

1914. IX, 204 s ; :. ,?r;

Liebert, Arthur. Wie ist kritische Philosophie überhaupt moghch? Ein Beitrag zur systematischen Phaenomenologie der Philosophie. 1919. XVII, 228 S. („Wissen und Forschen«) (geb. 12.—) 10.—

Ausführlicher Prospekt kostenfrei.

Spinoza-Brevier siehe Abt. I, S. 21.

Lipps, Theodor. Psychologische Studien. 2., umgearb. u. erweit.

Aufl. 1905. IV, 287 S W W * * ^ * ^T

Inhalt: Der Baum der Gesichtswahmehmung. Das Wesen der musi- kalischen Konsonanis und Dissonanz. Das psychische Eelatmtatsgesetz und das Webersche Gesetz. , , . , xt ^ i. "u

Marbe, Karl. Experimentell -psychologische Untersuchungen ub^

das Urteil. Eine Einleitung in die Logik. 1901. IV, 103 S. 2.80 Meckauer, W. Der Intuitionismus und seine Elemente bei Bergson.

Eine kritische Untersuchung. 1917. ^^^^ l^^^^. . . . . 5.— Medicus, Fritz. Fichtes Leben. Mit Porträt. 1914. IV. 176 S. d.— ]lehlis,G. Die Geschichtsphilosophie Com t es. 1909. IV, 158 S. 3.— Meinong, A. Über die Stellung der Gegenstandstheorie im System

der Wissenschaften. 1907. VIII, 156 S 4.80

Moog, W. Fichte über den Krieg. 1917. 48 S. . . . . . 1.20

Kants Ansichten über Krieg und Frieden. 1917. IV. 122 S. 3.— Müuch, Fritz. Kultur und Recht. Nebst einem Anhang: Rechtsreform- bewegung und Kulturphilosophie. 1918. 63 S 1.80

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

VI. Neuere philosophische Werke.

29.

Natorp, Paul. Piatos Ideenlehre. Neuauflage in Vorbereitung.

Der Idealismus Pestalozzis. 1919. 174 S 560

Was in den letzten Jahrzehnten zur Erforschung der Persönlichkeit der Ideen, der praktischen Versuche Pestalozzis, dieses echtesten Erziehers unseres Volkes geschah, faßt Paul Natorp zum ersten Male zusammen. Daß

ferade er es ist, der diese Neubelehung unternimmt, kann nur dazu beitragen, estalozzi dem deutschen Volke noch näher zu bringen.

Oehler, Bleh. Nietzsche und die Vorsokratiker. 1904. 176 S. 8.50

Nietzsche als Bildner derPersönlichkeit. Vortrag. 1911. 31 S. .60

Oesterreicb, Konstantin. Die Staatsidee des neuen Deutschland. Prolegomena zu einer neuen Staatsphilosophie. 1919. 33 S. („Philo- sophische Zeitfragen") 1.35

Petersen, P. Die Geschichte der Aristotelischen Philosophie. Im Druck.

Plttmaeher, 0. Der Pessimismus in Vergangenheit und Gegenwart. 2. Aufl. 1888. XII, 355 S 7.20

Poehhammer, L., Prof. d. Mathematik. Zum Problem der Willens- freiheit. 1908. 82 S J.20

Raab, P. Die Philosophie des Rieh. Avenarius. Systematische Dar- stellung und immanente Kritik. 1912. IV, 164 S 5.

Raraissou, F. Die französische Philosophie im 19. Jahrh. Deutsch von E. König. 1889. XVI, 290 S (geb. 7.—) 5.60

Riehter, Raool. Der Skeptizismus in der Philosophie. 2 Bde.

Bd. L Die griechische Skepsis. 1904. XXIV, 3(()3 u. 61 S. 6.—

Bd. II. Die Skepsis in der Epoche der Renaissance. Die empirische

Skepsis des 18. Jahrhunderts. Der biologische Skeptizismus

im 19. Jahrhundert. 1908. VI, 529 und 55 S. ... 8.60

Friedrich Nietzsche. Sein Leben und sein Werk. 8. Auflage.

J917. VIII, 356S. 6.—

Ich habe selten ein Buch (und niemals eins über Nietzsche t) mit soviel Freude und Genuß gelesen, wie diese musterhaft klare, nirgends über- schwengliche , doch überall von wohltuender, liebevollster Wärme gleichsam durchleuchtete Arbeit, deren letzter Abschnitt mit seiner sachlich histo- rischen Bearbeitung: der Lehre Nietzsches vorbildlich beweist, wie bewun- dernde Verehrung für einen Großen und unbestechliche kritische Besonnen- heit zu vereinigen sind. Das liiterarische Echo.

Essays. 1913. XV, 416 S 3.60

Aas dem Inhalt; Friedrich Nietzsche t. Nietzsche und die Kultur unserer Zeit. Nietzsches Stellung zur Entwicklungslehre und Bassen- theorie. Nietzsches Stellung zu Weib, Kind und Ehe. Nietzsches Ecce Homo, ein Dokument der Selbsterkenntnis und Selbstverkenntnis.

Hasse, H. Die Phüosophie R. Richters. 1914. 57 S. kart. 1.50 Romundt, Heinrich. Kantschriften siehe S. 13. Rosenkranz, Karl. Neue Studien zur Kultur und Literaturgeschichte. 4 Bände. 1875—78 16.—

Von Magdeburg bis Königfsberg. Selbstbiographie. 1878 . 8.— Rosenstoek, E. Der ewige Prozeß des Rechts gegen den Staat. 1919.

23 S 1.50

Scliaffganz, Hans. Nietzsches Gefühlslehre. 1913. VHI, 133 S. 3.50

Seheier, Max F. Die transzendentale und die psychologische Methode. Eine grundsätzl. Erörterung zur philosoph. Methodü:. 184 S. 4.

Schmidt, Ferd. Jak. Prof. der Pädagogik an der Univ. Berlin. Zur Wiedergeburt des Idealismus. 1908. VIII, 325S. .... 6.— Aus dem Inhalt: Kapitalismus und Protestantismus. Der mittelalter- liche Charakter das kirchlichen Protestantismus. Adolf Hamack und die

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

..^ ^■-m-',^X-*^J .

30

VI. Neuere philosophische Werke.

VII. Philosophische Zeitfragen.

31

ii

1)^

Wiederbelebung der spekolatiTen Fortchtmgr- I>u Erlebnis mnd die Dich- tung'. Goethe und das Altertum. Kant-Orthodoxie. Die Philosophie auf den höh. Schulen. Die Frauenbildungr u. das klassische Altertum.

Schuppe, Wilh. Siehe Zeitschrift für immanente Philosophie in Abteiiang VIII, S. 32.

Sehwab, Andreas. Der Wille zur Lmt. Zweiter vermehrter und verbesserter Abdruck. 1920. 227 S 4.—

80111IÖ9 Felix. Juristische Grundlehre. 1917. 656 S. . . . . 24.

Spranger, Ednard. Völkerbund und Rechtsgedanke. 1919. 27 S. („Philosophische Zeitfragen") 1.36

Stern, William. Die Analogie im volkstümlichen Denken. 1893. 3.—

Sternberir, Kurt. Einführung in die Philosophie vom Standpunkt des Kritizismus. 1919. („Wissen und Forschen") . 6.—, geb. 8.—

Störring, G. Die sittlichen Forderungen und die Frage nach ihrer Gültigkeit. VIII. 136 S 6.60

Streeker, R. Die Anfänge von Ficht es Staatsphilosophie. 1917. Vni. 228 S .5.—

Sydow, Eekart von. Der Gedanke des Ideal-Reichs in der idea- listischen Philosophie von Kant bis Hegel im Zusammenhange der geschichtsphüosoph. Entwicklung. 1914. VIII, 130 S. . . 4.50

Unruh, C. M. von. Zur Physiologie der Sozialwirtschaft. 1918. X.

^ 276 Seiten 10.—

Zur Biologie der Sozialwirtschaft. 1914. XII. 206 S. . . 10.— Taihinger, ilans. Die Philosophie des Als Ob. System der theore- tischen, praktischen und religiösen Fiktionen der Menschheit auf Grund eine^ idealistischen Positivismus. Mit einem Anhang über Kant und Nietzsche. Vierte, durchgesehene Aufl. 1920. Gr. S°. XXXIX und 804 S. (Mit Bildnis des Verfassers) .... 24.— In vornehmem Halbpergament 34.—

TT ij.'i. xr •!»• c! Ausführlicher Prospekt kostenfrei. .

HegenwalduberVaihingers. Ö.26. ^

Valentin, V. Die klassische Walpurgisnacht. 1901 . XXXII, 172 S. 6.40

Volkelt, Joh. Religion U.Schule. 1919. 64 S. („Phil. Zeitfragen") 2.70

Vorländer, Karl. Kant-Schiller-Go^the. Gesammelte Aufsätze.

1907. XrV, 294 S. . 6.—

Kant und der Gedanke des Völkerbundes. Mit einem Anhang über Kant und Wilson. 1919. 85 S. („Phü. Zeitfragen«) . . . 3.60

Geschichte der Philosophie s. Abt. II, S. 22

Waetzoldt, St. Drei Goethevorträge. Die Jugendspraohe G.'s. Goethe und die Romantik. Goethes Balladen. 2. Aufl. 1903. 76 S. 1.60

Waetzold, Wilhelm. Das Kunstwerk als Organismus. Ein ästhetisch- biologischer Versuch. 1905. 53 S 2.

Weiehelt, Hans. Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra, erklärt und gewürdigt 1910. VIII, 319 S 6.—

Weiße, Ch.H. In welchem Sinne die deutsche Philosophie jetzt wieder an Kant sich zu orientieren hat. Eine akademische Antrittsrede. 1847. 1.60

Wnst, P. Die Auferstehung djer Metaphysik. Im Druck.

Ziegler, Leopold. Zur Metaphysik des Tragischen. Eine philo- sophische Studie. 1902. XII, 104 S 1.60

Das Weltbild Hartmanns. Eine Beurteilung. 1910. 196 S. 4.—

Floreütinische Introduktion zu einer Philosophie der Architektur nnd der schönen Künste. Mit 9 Bildtafeln. 1912. 194 S. In vornehmem Geschenkband 4.

ü

Philosophische Zeitfragen.

Spranger, Eduard. Völkerbund und Rechtsgedanke. 1919. 26 S. M. 1.35

Die in Form und Inhalt klassische Schrift von Spranger muss jeder Dentsche, jeder Philosoph, ja jeder Mensch, dem ein Gewissen für die Zukunft schlägt, von A bis Z unterschreiben. Karl Joel.

Oesterreieb, Konstantin. Die Staatsidee des neuen Deutschland. \ Prolegomena zu einer neuen Staatsphilosophie. 1919. 33 S. M. 1.35

Vorländer, Karl. Kant und der Gedanke des Völkerbundes. Mit einem Anhang über Kant und Wilson. 1919. 85 S. M. 360

Vorländer knüpft an Kants Schrift „vom ewig-en Frieden" an, welche als -Aufg-abe" jenen idealen Staatenbund, jenes höhere Weltbürgertum und Weltbürgerrecht bereits enthält, dessen verwirklichungr die heutig-e Gene- ration herbeiführen will.

Boschan, Richard. Der Streit um die Freiheit der Meere im Zeit- alter des Hugo Grotius. 1919. 53 S. M. 2.70

Der Name des Hugo Grotius ist von der Streitfrage um die Freiheit der Meere nicht zu trennen. Von großem Interesse muß es für die Gegenwart sein, das Milieu, in welchem diese Frage vor Jahrhunderten zuerst auftauchte, and die Wendungen, die sie nahm, näher kennen zu lernen.

Volkclt, Johannes. Religion und Schule. 1919. 64 S. M.2.70

Volkelt konstatiert, daß die Religion zu vielseitig mit dem Seelenleben der sittlichen Welt und der Kulturentwicklung verbunden sei, als daß die Frage der religionsfreien Erziehung durch Schlagworte gelöst werden können. Er fordert dieser ^problemblinden Aufklärerei gegenüber Befreiungf des Beligiosunterrichts von Zwang und Bevormundung und seine Ver- tiefung: nach der Seite des religiösen Moralunterrichtes**.

JoSl, Karl. Die philosophische Krisis der Gegenwart. 2. Auflage 1919. 65 S. M.3.60*

Es leben nicht allzuviel deutsche Gelehrte unter uns, deren Wort den Glanz und die Farbenfülle von Joels jug-endfrischer und künstlerischer Sprache hat. Vielleicht ist er mit Wilhelm Dilthey der einzige Philosoph seit Kietesche, dem wieder die Steigerung und Hingerissenheit der Bede gegeben ist, die eigenwillige und menschenschöpferische Sprache, Wortkunst tief er Weisheit voll und dabei immer das Bekenntnis von der Welt als organische Einheit.

Neue Freie Presse.

Hasse, Karl Paul. Der kommunistische G edanke in der Philosophie.

kart. 6.60 Aufklärung über die geschichtliche Entwicklung der kommunistischen Lehren und ihre philosophischen Zusammenhänge tut unserm Volke bitter not. Nur Vertiefung in die Geistesgeschichte ermög^licht ein selbständig'eB urteil über diese Gedankenwelt, deren Schlajfworte heute die breiten Massen und viele leicht begeisterte Intellektuelle mit sich fortreissen.

Oebhardt, Carl. Der demokratische Gedanke. 1919. 61 S. M. 4.60

Die Entstehung des demokratischen Gedankens aus dem Schöße des deutschen Geisteslebens (Kant, Fichte), seine Entfaltung: und endliche Aus- prägung, seine Bedeutung^ für die nahe und ferne Zukunft bilden den Inhalt dieses Bandes. Es wird gezeigt, warum und wie sich der demokratische Gedanke als Einheitsfaktor im Volke bewähren kann und wird.

Goedeekemeyer, Albert. Die Idee vom ewigen Frieden. Im Druck.

KeinTenernngsaufschlag. ; Weitere Hefte in Vorbereitung. . -

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

V

32

VIII. Philosophische Zeitschriften.

it '■

Philosophische Zeitschriften.

Annalen der Phlloisophie. Mit besonderer RückBicht auf die Probleme der Als-Ob-ßetrachtung in Verbindung mit namhaften Vertretern der Einzelwissenschaften (Karl Heim, Paul Krückmann, Emil Abderhalden, Moritz Pasch, Paul Volkmann, Adolf Hansen, Ludwig Pohle, Konrad Lange, Erich Bfecher, Ernst Bergmann, Hans Cornelius, Karl Groos, Kurt Koffka, Arnold Kowalewski) hrsg. von HaBS Taihinger u. Raymnnd Schmidt. Bd. I. 1919. VIII, 681 S. in Halbpergament M. 50. M. 40.

Philosophische IHitteiiniigeii. Mouatsschrift zur Förderung philosophischer Bildung und Kultur. Herausgegeb.v. Dr. H. Hegen- wald. Lyceumsdirektor in Bielefeld. Jahrespreis M. 8. , Einzel- preis M. .80. Für philosophische Gesellschaften usw. Mengenpreise.

He|>:el-A]*chiT* Herausgegeben von Georg Lassen.

Bd. 1,1. Hegreis Entwürfe zur Enzyklopädie und Propädeutik. Herausgegreben

von J. L ö w e n b e r g. 1912. XXII 68 S. M. 3.40

Bd. I,,. Neue Brieie Hegreis und Verwandtes. 19i2. 64 S. M. 8.40

Bd. 11,1. Schelling"» Briefwechsel mit Niethammer. Herausgegreben von

G. Dammköhler. 1912. 104 S. M. 4.*«

Bd. Il,t. Hegreis handschriftliche Zusätze zu seiner Rechtsphilosophie. Ein

Brief Hegels an Staatsrat Schultzf. 1914. 64 S. M. 3.80

Bd. 111,1. Zweiter Teil. Hegel und die «ganz moderne*^ Naturphilosophie.

Von Prof. Dr. Ritter. 1914. 65 S. M. 3.60

Bd lll,f Dritter Teil. Eine Schülerarbeit und zwei bisher ungedruckte

Briefe Hegels. 1916. 64 S. M. 3.60

Zeitschrift für Rechtsphilosophie in I^ehre und Praxis. Unter Mitwirkung von Bruno Bauch, Wilhelm Ed. Bier- mann, Karl Diehl, August Finger, Otto Gerlach, Heinrich Gerland, Eugen Huber, Moritz Liepmann, Edgar Loening, Paul Natorp, herausgegeben von Felix HoUdack, Rudolf Joerges und Budolf Stammler. Bisher 2 Bände. je M. 13.50

Zeitschrift für immaneiite Philosophie. Herausgegebeu

von W. Schuppe. Bd. I— IV. 1896—99. (Alles, was erschien; einige

Hefte in anastatischera Neudruck.) M. 40.

Atu dem Inhalt: ^

W. Sehappe, Begriff und Grenzen der Psychologie * Das Becht und die Ehe

Das System der Wissenschaft und das des Seienden

Die immanente Philosophie und Wilhelm Wimdt

Der Solipsismus

J. Rehmke, Zur Lehre vom Gemüt

Die Bewußtseinsfrage in der Psychologie T.Schabert*8oldern, Ursprung und Elemente der Empfindung

Einteilung der Wissenschaft als Einleitung in die Philosophie

sowie weitere wichtige Beiträge von Stock, Zenz, Marschner, Herrmann, Schmitz-Dumont, Burkhardt, Jacobs, Keibel, Simmel, Thiele, Wollny, Gold- schmidt, Töwe.

Terhahdlaii|s:en der Philosophischen Gesellschaft; zu Berlin. Jahrgang 1875— 82. HeftI— XXI. Mit Beiträgen von Lasson, V. Kirchmann, Michelet, Fredrichs, Schaßler, 0. Vogel, Q. Engel, V. Heydebreck, Witte, Dreher, Rau, Kauer u. a. M. 10.

Philosophische Monatshefte. Bd.XlI-XX. M. 108.-

Anch eme größere Anzahl einzelner Hefte von dieser seltenen und . gediegenen Zeitschrift sind noch vorhanden.

Verlag von Felix Meiner in Leipzig.

Dmok Ton O. Ommbaoh in Leipaiff.

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