A: un ZINN Ai Aa Am AAMMMR N Ä\ A NA N EX LIBRIS William Healey Dall Division of Mollusks Sectional Library A) du | pr: MEN P Bros Y-Jel fi 2" | / ‚dnatomischen Institut der ve KURF re Re / 1 Zürich. _ a Fila Be /V-IU» | > \ En | Aut fe , Entwickiungsgeschichtliche - und neuro-histologische Beiträge : zur Kenntnis der Sehorgane am Mantelrande der Pecten-Arten F \ Mit anschließenden. vergleichend-anatomischen Betrachtungen. me — Inaugural-Dissertation zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde vorgelegt der Philosophischen Fakultät II der Universität Zürich Division of Mollusiks = | Sectiosal Library Max Küpfer | - aus Zürich. Begutachtet von Herrn Professor Dr. K. Hescheler Jena Gustav Fischer 1915 a N en Pal: HUTRRHN ER NR: Aus dem Zoologisch-vergleichend anatomischen Institut der 1 | er Universität Zürich. Entwicklungsgeschichtliche ‘und neuro-histologische Beiträge zur Kenntnis der Sehorgane am Mantelrande der Pecten-Arten Mit anschließenden vergleichend-anatomischen Betrachtungen. —p eo — — Inaugural-Dissertation zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde vorgelegt der Philosophischen Fakultät II der Universität Zürich Division of Molke von Sectional Librar® Max Küpfer 17 aus Zürich. Begutachtet von Herrn Professor Dr. K. Hescheler Jena Gustav Fischer 1915 Erscheint in Buchform im Verlag von Gustav Fischer in Jena. Z—e —— Textfig. 3. Sehorgan am Mantelrande von Lima squamosa (Medianschnitt durch ein Auge, senkrecht zum Mantelrande) in Anlehnung an die Angaben von R. HEssE schematisch entworfen. emp. Emplem. oz. Opticus. 222.2. Pigmentzellen. s/d. Stäbchen. .S.Z. Sehzellen. apparate, zum Zweck einer vollkommeneren Lichtrezeption, hinzu- treten. Der dioptrische Apparat kommt bei den Grubenaugen in zweifacher Ausbildung vor, entweder in Form eines licht- brechenden Cuticulasaumes (Patella), der den den Grubengrund Allgemeine Orientierung über den morpholog. Bau d. Sehorgane. 19 umstellenden Sehzellen aufgelagert ist, oder als Sekretmasse, als Emplem, welches die Höhlung der Augengrube ausfüllt (Halotis, Trochus, Lima: Textfig. 3). Im letzteren Falle wird bisweilen schon von einer Linse gesprochen, obwohl der Ausdruck besser für das Blasenauge reserviert bliebe. Das Blasenauge: Wie schon hervorgehoben, stellt das Blasenauge entwicklungsgeschichtlich und phylogenetisch eine weiter vorgeschrittene Ausbildungsform des Grubenauges dar. Aus einer Augengrube bildet sich ein Augenbläschen, indem die distalen Ränder der Grubenöffnung einander entgegenwachsen, wobei diese selbst sich mehr und mehr verengert. Geht der Prozeß so weit, daß die Ränder miteinander verwachsen, so kommt es zur Ab- schnürung einer Blase. Die innere Hälfte der Blasenwandung wird von der Retina, die äußere von nicht rezipierenden Epithel- zellen eingenommen. In der äußeren Blasenwandung tritt uns die sogenannte innere Cornea dieses Augentypus entgegen. Die äußere Cornea repräsentiert das nunmehr über die Augenblase hinweg- ziehende einheitliche Körperepithel. Äußere und innere Cornea bilden Bestandteile des dioptrischen Apparates, der, beispielsweise bei den Gastropoden-Augen, durch das Auftreten einer das Innere der Augenblase erfüllenden Füllmasse, bei den Cephalopoden-Augen, durch die Erzeugung einer von der äußeren und inneren Cornea gebildeten Linse eine Komplettierung erfährt. 2. Die Komplex-. oder Fächeraugen (Textfig. 4): Seh- organe bei den Mollusken, welche nicht in die Reihe der eben be- sprochenen Augentypen (Gruben- und Blasenaugen) gebracht werden können, die auch nicht einen Vergleich mit den noch zu besprechenden invertierten Augenformen zulassen (ihre Sehzellen sind vertiert), die also eine Sonderstellung einnehmen, sind die sogenannten Komplex- oder Fächeraugen, wie sie schon lange am Mantelsaume von Arca noae, eines festsitzenden Lamellibranchiers, und bei der nahe verwandten, freilebenden Form Pectunculus aufgefunden und beschrieben worden sind. Die Komplexaugen unterscheiden sich von den bereits besprochenen Sehorganen einmal durch die relativ geringe Zahl der an ihrem Aufbau be- teilieten Sehzellen, dann durch die Art der Anordnung und Grup- pierung der letzteren, durch die Art der Ausgestaltung der einzelnen Rezeptoren (Einzelaugen) usw. Das wesentlichste am Aufbau der Komplexaugen ist folgendes: Eine Sehzelle mit den sie umscheidenden Pigmentzellen bildet ein Einzelauge, ein sogenanntes Omma. Aus einer Anzahl solcher er 20 ‘ Einführung. Ommen setzt sich das Komplexauge zusammen. Wir dürfen eine einzelne Sehzelle deshalb als Einzelauge ansprechen, weil an ihr alle wichtigen Bestandteile des Auges — wenn wir von dem optischen Isolationsapparat absehen, der durch die Zwischenzellen -D12. Z 2 \ Scha.S. ma. ep. b de. Bra. Textfig.. 4 Komplex- oder Fächerauge am Mantelrande von Arca noae. (Schematisch dargestellt an einem senkrecht zur Mantelfläche geführten medianen Längsschnitt.) dsd. distad. Z7d. proximad. Scha.S. Schalenseite. ddg. Bindegewebe. cz Cuticulaklappe. d4z025.ap. dioptrischer Apparat. z.szz.s. innerer Stiftchensaum. Zy. Lymphraum. zaa.ed. Mantelepithel. 022. Opticus® 272.2. Pigmentzellen. 29.2.2. Pigmentzellkern. Se.Z. Sehzellen. Se.z.2. Sehzellkern. repräsentiert wird —, die rezipierenden Elemente und auch zu- gleich der refraktorische Apparat zur Ausbildung gelangen. Wäh- rend wir bei den Blasen- und Grubenaugen einen allen Sehzellen gemeinsamen dioptrischen Apparat vorgefunden haben, sei es in Gestalt eines einfachen Cuticulasaumes oder in Form einer Sekret- masse, sei es als eine Kombination von durchsichtigen Epithelien, Cornea mit Emplemen oder Linsen, so treffen wir beim Fächerauge im distalen Teile einer jeden Sehzelle ein cuticuläres Gebilde, welches für den betreffenden Rezeptor die Funktion der Licht- refraktion übernimmt. Schon bei der Übersicht der Sehzellen in den Molluskenaugen haben wir auf die in ihrer Ausbildung so charakteristische, und in bezug auf die Weichtiere eigenartige Ge- stalt der Rezeptoren hingewiesen. Auf das wesentlichste sei hier noch einmal im Zusammenhang aufmerksam gemacht. Allgemeine Orientierung über den morpholog. Bau d. Sehorgane. 21 An einer dem Fächerauge von Arca und Pectunculus ent- nommenen Sehzelle (vgl. Textfig. 24; Textfig. 45e.Z.) können drei Teile unterschieden werden: ein freier distaler Endteil mit der schon erwähnten Cuticulabildung, ein etwas erweiterter kern- führender Abschnitt, und ein dünner, beinahe die Hälfte der Zell- länge einnehmender proximaler Endteil, in welchen die rezipieren- den Elemente hinein verlegt sind. Einem Pfropfien gleich schließt die Cuticula die Zelle gegen außen ab. Jene ist in ihrer Form eine konvex-konkave Kappe, die die seitlichen vertikalen Grenzlinien der Sehzellen überragt und sich, nach Hesses Angaben, noch als äußerer Überzug über die Zelle proximad hinab erstrecken soll. Angrenzend an die Cuticulakappe folgt der kernführende Abschnitt der Sehzelle. Der Kern schmiegt sich eng an die Cutieula und füllt die gegen das Zellinnere geöffnete Nische aus. Außer dem Kern finden sich noch in diesem Zellabschnitt grobkörnige Massen, die aber nicht regellos verteilt sind, sondern eine bestimmte Anordnung erkennen lassen, in der Weise, daß die größten Gebilde am nächsten der Cuticula, die kleinsten am weitesten gegen den basalen Teil der Zelle gelagert sind. Nach Hesses Ansicht sollen diese intra- zellulären Differenzierungen ein besonderes Lichtbrechungsver- mögen besitzen. Der uns am meisten interessierende Teil der Zelle ist natürlich der basale Endabschnitt, welcher die Fibrillen enthält. Die in größerer Zahl durch den Zellfortsatz in die Zelle eintretenden Nervenfasern verlaufen zunächst in der Richtung der Längsachse der Zelle, biegen alsbald um und stellen sich senkrecht zur verti- kalen Zellwand, an deren Innenseite sich die Neurofibrillen, resp. ihre Endabsehnitte, die Stiftehen, palissadenartig zu einem Saum anordnen, der sich bis über den unteren Zelldritteil rechts und links im Schnittbilde hinzieht. Was wir an dieser Stelle noch be- sonders hervorheben wollen, ist folgendes: die Stiftchen treten nicht aus der Zelle heraus, sondern verbleiben im Zellinnern und stoßen nur in ihren äußersten Teilen an die Zelloberfläche (Text- fig. 4, i.sti.s.). Hesse hat die eben beschriebene Anordnung der nervösen rezipierenden Elemente in den Sehzellen der Komplex- augen mit dem Ausdruck eines „innern Stiftehensaumes“ belest. Bei der Beschreibung von Sinneszellen aus der Pecten-Retina werden wir uns dieser intrazellulären Stiftehen aus den Arca- und Pectunculus-Augen noch zu erinnern haben. Den vertierten Augen der Mollusken können die invertierten gegenüber gestellt werden,! bei denen, wie schon erwähnt und 22 Einführung. worauf der Name Bezug nimmt, die rezipierenden Elemente, und mit ihnen die Sehzellen, der Lichtquelle abgewandt sind. Sämtliche Augen des vertierten Typus, mit Ausnahme des Komplexauges bei Arca und des Grubenocells bei Lima unter den Lamellibranchiern, können unter einen Hut gebracht werden; sie sind auf verschie- dener Ausbildungshöhe stehengebliebene Repräsentanten einer Organentwieklung, die ihren Anfang mit einem einfachen Gruben- auge nimmt undihren Abschluß erhält mit einem hochdifferenzierten Blasenauge, dem Cephalopoden-Auge, dem höchstentwickelten Seh- organ der Reihe. Das Blasenauge stellt eine Weiterentwicklung des Grubenauges, dieses wiederum ein in der Entwicklung weiter vorgerücktes Stadium des Flachauges dar. In einer derartigen Entwicklungsreihe eingeschlossen, zeigen Gruben- und Blasenauge Züge, die der einen wie der anderen Ausbildungsform zukommen, somit als gemeinsame bezeichnet werden dürfen. Fragen wir uns, worin die Übereinstimmung bei beiden Augenformen (wenn wir von der gemeinsamen Orientierungsweise der Sehzellen absehen) zum Ausdruck kommt, so lautet die Antwort: in der Art der Gruppierung der Sehzellen zu einem einheitlichen Zellverbande (primäres einschichtiges Epithel. Die mit ihren rezipierenden und leitenden Bestandteilen versehenen Sehzellen samt den sie regelmäßig begleitenden Zwischenzellen bilden eine einschichtige Zellage, die, soweit die Sehzellen in Betracht kommen, mit aller Sicherheit auf das äußere Körperepithel, auf das Ektoderm, zurückzuführen ist. Alle eben aufgeführten Sehorgane sind so- genannte epitheliale Sehorgane. Damit im Zusammenhange steht die eleichförmige Innervierung derselben. Der Opticus tritt als geschlossener Faserstrang zur proximalen Wandung der Seh- zellenschicht und damit an das Auge heran. Die einzelnen Fasern des Nerven gehen direkt in die Fortsätze der Sehzellen über. Die Innervierung ist in bezug auf die einzelnen Sehzellen eine basale. Die invertierten, nicht vertierten Augenformen. Die Augenformen des invertierten Typus (Textäig. 5, 6, 7, 9) verlangen eine eigene Behandlung. Auf Grund des vorliegenden Tatsachenmaterials läßt sich freilich nicht für alle invertierten Sehorgane eine ähnliche Reihe aufstellen, wie dies eben für die vertierten geschehen konnte. Die invertierten Sehorgane finden sich ausschließlich an marinen Formen, beschränken sich einerseits auf die Klasse der Bivalven, andererseits, wie schen erwähnt, Allgemeine Orientierung über den morpholog. Bau d. Sehorgane. 23 auf stylommatophore Pulmonaten der Gattung Oncıdıum. In- vertierte Augen bei den Mollusken sind 1. die Sehorgane des Genus Cardium, 2. die Sehorgane bei Pecten und Spondylus, 3. die Rücken- augen bei Oncidium 1. Die Sehorgane der Gattung Cardium: Die Augen liegen am Mantelrande dieser Muscheln. Zur Orientierung über ihre Lage seien zunächst einige Angaben über die Mantelverhältnisse dieser Tiere gemacht. Die mit Ausnahme der Schloßgegend überall freien Mantelränder von Cardium (einer zur Ordnung der Eulamelli- branchier gehörenden Gattung), zeigen an zwei Stellen am Mantel eine Verwachsung, so daß bei klaffender Schalenstellung im Mantel- umkreis leicht drei Öffnungen festgestellt werden können: ein vorderer weiter Mantelschlitz, der dem Fuß den freien Durch- tritt gestattet und zwei kleinere Öffnungen, eine in der Höhe des Afters gelegene, die des Anal- oder Kloakalsiphos (Ausströmungs- öffnung) und eine unter ihr gelagerte, die Respirations- oder Branchialsiphoöffnung (Einströmungsöffnung). Diejenige Mündung, die sich näher der Schloßgegend befindet, repräsentiert den Anal- sipho; diejenige, die von ihr weiter entfernt ist, den Branchialsipho. Stecken die Tiere im Sande, und halten sie ihre Schalenklappen offen, so überragen die beiden Siphonen kegelstumpfartig die äußeren Schalenränder und ein beständiger Wasserstrom tritt durch den mit einem Reusenapparat versehenen Branchialsipho in den Mantelraum und aus diesem durch den Analsipho wieder heraus. Beide Siphonen werden von einer Reihe größerer oder kleinerer Tentakel umstellt. Einige Tentakel sind an ihrer Außenseite deutlich pigmentiert. Bei anderen schimmert Pigment durch das Tentakelepithel hindurch; wieder andere entbehren völlig des Pigments. Die histologische Untersuchung hat ergeben, daß die pigmentierten Tentakel bestimmter Cardiumarten augentragende Tentakel sind. Sicher festgestellt sind Augen bei zwei Spezies der Gattung Cardium: 1. bei Cardium edule L. var. C. rusticum L., einer Mittel- meerform; 2. bei Cardium muticum REEVE, einer im indischen Ozean lebenden Spezies. Da die Augen von Cardium edule in etlichen Punkten von denen bei Cardium muticum abweichen — der allgemeine Aufbau beider Augenformen ist ein übereinstimmender — so wollen wir die Sehorgane der beiden Arten einzeln beschreiben. 24 Einführung. 1. Die Augen bei Cardium edule. Bei äußerer Betrachtung des Zirrenkranzes, welcher den Anal- und Branchialsipho umstellt, können zwei Arten von Tentakeln unterschieden werden: solche, die am Tentakelkopf einen Pigment- fleck aufweisen und solche, die völlig pigmentlos sind. Jene sind Augententakel (Textfig. 5), diese gewöhnliche Fühlerzirren. Die Länge der Tentakel ist auch im nieht kontrahierten Zustand gering. Sie beträgt maximal 1,5 mm. Die pigmentierte Stelle, ein einseitiger Pigmentmantel am Auge, erstreckt sich kaum über einen Dritteil der Tentakellänge. Dementsprechend ist auch das Textfig. 5. Längsschnitt durch ein Sehorgan am Mantelsipho bei Cardium edule nach F. L. WEBER (1907). ar. Augennerv. am. Augenmuskel. ds. Binde- gewebsschicht. c. Cornea. /.d. Flemmingsche Bindegewebszelle. %s. Sinnes- haar. %sz. Haarsinnesorgan. # kammartige Erhöhung, die sich über das Haar- sinnesorgan legt. 2 Linse. » Nerv. 2 Pigmentschicht. » Retina. # Tapetum. Auge selbst sehr klein, ein Umstand, der dem Forscher den Ein- blick in den Bau dieser Sehorgane natürlich sehr erschwert. Wir wollen versuchen, das wesentlichste von dem, was sicher über diese interessanten Cardium-Augen aufgeschlossen ist, an Hand einer Abbildung, an einem Schnitte parallel zur Tentakelachse, herauszuheben. | Folgende Teile lassen sich am Auge unterscheiden: 1. Ein äußerer Pigmentmantel oder Pigmentschirm (ein Bestandteil des Allgemeine Orientierung über den morpholog. Bau d. Sehorgane. 25 Tentakelepithels), 2. eine über das Auge hinwegziehende pigment- freie Cornea (eine Fortsetzung des Tentakelepithels), 3. eine zellige Linse, 4. eine Schicht von Seh- und Stützzellen, 5. eine „lamellöse Hülle‘, welche becherartig die Sehzellenschicht umgibt und den das Auge darstellenden Organkomplex gegen das Binde- gewebe abschließt, 6. ein Nervenstrang, dessen Fasern zum Teil die Sehzellen innervieren. Die von Pigmentzellen eingenommene Partie des Tentakel- epithels erstreckt sich einseitig der Organanlage entlang, reicht proximad zumeist über die lamellöse Hülle im Tentakelinnern hinaus, distad bis ans äußere Ende, wo der als Cornea funktio- nierende pigmentlose Abschnitt des Mantelepithels anhebt und als Decke über das Auge hinwegzieht. Unter der Cornea liegt die aus einer geringen Anzahl großer, mit zentral gelegenen Kernen versehener Zellen aufgebaute Linse. Sie liegt derihr untergelagerten napfiförmigen Sehzellenschicht auf, von welcher sie durch eine bindegewebige Lamelle und den zwischen Linse und Retina sich einschiebenden Sehnerven getrennt ist. Die Retina enthält zweierlei Elemente: zylinderförmige, schmale Zellen mit distal liegenden Zellkernen, und Zellen, die keilartig von der Unterseite her sich zwischen die ersteren einschieben, sogenannte Stützzellen. Die Seh- zellen werden an ihrer der Linse zugekehrten Basis von den Fasern des Optieus innerviert. Über den Verlauf der nervösen Elemente in den Sehzellen läßt sich zurzeit noch nichts Bestimmtes mitteilen. Die von den Autoren hierüber gemachten Äußerungen sollen an anderer Stelle mitgeteilt und in Erwägung gezogen werden. So viel steht heute freilich fest, daß die über den Sehzellen gelagerten Fibrillen des Sehnerven sich in die Zellen hineinbegeben, was uns berechtigt, diese als Sehzellen am Auge zu deuten. Unter der Retina, diese gegen das Bindegewebe abschließend, befindet sich das Tapetum. In den einzelnen Zellen der lamel- lösen Hülle, welche das Auge kapselartig umgibt, ist deutlich der Kern sichtbar. Am zahlreichsten übereinander liegen die Lamellen im nächsten Umkreis der optischen Achse; sie treten weniger zahlreich auf, je mehr sie sich von dieser entfernen, also in den seitlichen Partien der Augenanlage, wo sie auf der dem Pigment- mantel zugekehrten Seite über die Retina hinaus sich aufwärts erstrecken. Auf der gegenüberliegenden Seite reichen die Lamellen nicht so weit hinauf, sie gestatten somit dem Opticus den freien Zutritt zur Retina. Etwas seitwärts von der Längsachse des Ten- takels durchzieht den ganzen Tentakel ein mächtiger Faserstrang. 26 Einführung. Er zweigt sich von dem aus dem Viszeralganglion abgehenden Pallialnerven ab. Auf der Höhe der Retina angelangt, zweigt ein Teil seiner Fasern ab und schiebt sich zwischen den Zellkomplex der Linse und die Sehzellenschicht. Diese Fasern bilden in ihrer Gesamtheit den Sehnervenast (Opticus) des Tentakelnerven. Der andere Faserstrang zieht weiter distad und begibt sich zu einer Gruppe von Zellen, deren Kerne in größerer oder geringerer Ent- fernung vom Tentakelepithel im Mesoderm eingelagert sind. Diese Zellen sind Sinneszellen, die einerseits mit den Fasern des Tentakelnerven in Verbindung stehen, andererseits mit einem nervösen, mit Sinneshaaren endigenden Fortsatz, der zwischen den Epidermiszellen verläuft, die freie Oberfläche erreichen. Die Sinneszellen bilden in ringförmiger Anordnung ein „Haarsinnes- organ‘‘t), das nach der Ansicht moderner Forscher ein Rezeptions- organ für chemische Reize darstellen soll. 2. Die Sehorgane bei Oardium muticum. Das Cardium muticum- Auge folgt in seinem Aufbau (Textfig. 6) demselben Schema, das dem eben besprochenen Sehorgan zugrunde gelegen hat. Hier wie dort, auf dem Schnittbilde deutlich sichtbar, treten folgende wichtige Bestandteile in gleicher Anordnung auf: Eine Cornea, eine Linse, eine diese Zellkomplexe proximad abgren- zende und zum Teil umhüllende Zellschicht (lamellöse Hülle, Piementschicht). Im Cardıum muticum-Auge aber haben wir, um gleich das wesentlichste vorweg zu nehmen, ein Sehorgan vor uns, das gegenüber dem Cardium edule-Auge augenscheinlich eine in allen Teilen ausgeprägt höhere Differenzierung und Ent- wicklung aufweist. Einen genaueren, in Details gehenden Vergleich beider Augenformen wollen wir auf später versparen. Wie bei der vorhergenannten Muschel, können wir auch an den Siphonen von Cardium muticum drei Arten von Tentakeln auseinander halten: pigmentführende Tentakel, an denen das Pigment am Tentakelkopfe durchschimmert; Tentakel mit einer grubenförmigen Einsenkung, die ein „ Haarsinnesorgan“ aufnimmt; endlich Tentakel ohne Pigment und ohne Sinnesorgane. Siphonen, Tentakel, und nicht in letzter Linie die Augen selbst, sind bei dieser Spezies größer. Ein Auge mißt, nach den Angaben der Forscher, 120—300 u. Die Lage des Auges am Tentakel stimmt mit der des „edule-Auges‘‘ überein. 1) Dieser in der Literatur gebrauchte Ausdruck ist wohl nicht sehr passend. Ein bezeichnenderer Ausdruck wäre „Wimperorgan“. Allgemeine Orientierung über den morpholog. Bau d. Sehorgane. 27 Das Auge hat im distalsten Abschnitt des Tentakels seinen Sitz. Jener wird wiederum von einem einschichtigen Epithel über- zogen, welches aber hier durchwegs unpigmentiert erscheint. Dafür umgibt das eigentliche Auge ein subepithelialer Pigmentkrug, eine Kapsel pigmentführender Zellen, die, nach oben geöffnet, dem Lichte den freien Zutritt zur Linse gestattet. Über dem Pigment- krug und speziell über die Linse hinweg zieht wieder das äußere Tentakelepithel, die Cornea. Unter ihr treten als weitere Bestand- teile des dioptrischen Apparates Linse und Glaskörper auf. Beide dıst. ‚ha.sl.org. EA Z.R.(Stb.2.k.) 7 S.Z.(Stb.Z.) prox. Textfig. 6. Medianschnitt durch das Auge von C. muticum. (Die Abbildung ist schematisiert gehalten und auf Grund der Untersuchungsresultate von F. L. WEBER entworfen, im engen Anschluß an die in seine Arbeit auf- genommenen Abbildungen [Taf. I, Fig. 4]. Das Schema soll den allgemeinen anatomischen Aufbau des Sehorgans, die Verhältnisse an der Retina und namentlich auch die Beziehungen der Nervenfasern zu den in der Retina vorhandenen Zellelementen illustrieren.) dzsz. distal; Zrox. proximal; Ma.ep. Mantelepithel; M der vom Tentakelnerv abzweigende, zum epithelialen „Haarsinnesorgan‘‘ gehende Nervenast; NV, Opticus; 7e.n. Tentakelnerv; ax.ft. Axialfibrille; öde. Bindegewebe; cAhor. Choroidea; cAor.Z.K. Kerne der Cho- roideazellen; Co. Cornea; G/.k. Glaskörper; g.Z. Ganglienzellen; 2Z2.X. Ganglienzellkern; Aa.si.org. Haarsinnesorgan; zZ. Linse; zy.fi. Myofibrillen; Di.beh. Pigmentbecher; re. Retina; S.Z. Sehzellen; S.Z.X. Sehzellenkern; sz.ra. Sinneshaare; szd.co.ddg. subcorneales Bindegewebe; /a?. Tapetum; Ddr. Durch- bruchsstelle für Opticus. 28 Einführung. sehen ineinander über. Nach WEBERSs Untersuchungen ist der Glas- körper nur der proximalste und somit der der Retina zunächst liegende Teil der Linse. Zum Unterschied von der nur aus wenigen Zellen bestehenden Linse beim Auge von Cardium edule beteiligen sich hier am Linsenaufbau eine große Zahl von Zellelementen, die dicht gedrängt den größten Teil des Pigmentkruges ausfüllen. Im proximalsten Dritteil, im sogenannten Glaskörper, tritt die lamellöse Struktur der Linse nicht mehr so deutlich hervor. Die Grenzen der Zellen sind verwischt und kaum mehr deutlich nach- weisbar. Die Retina stellt eine Schicht schmaler, schlanker Zellen dar, deren Kerne alle im distalen Dritteil der Zellen, auf ungefähr demselben Niveau, liegen. Da, wo der Kern der Zellen liest, ist ihre Basis. In der Retina sollen nur Sehzellen, keine dazwischen gelagerten Scheidezellen anzutreffen sein (ZUGMAYER will freilich auch Zwischenzellen in der Retina gesehen haben). Die Sehzellen bestehen aus zwei, durch eine Art Limitans abgegrenzten Teilen, aus einem basalen, kurzen, kernführenden Abschnitt und einem schmalen, langen Endteil, dem Stäbchen. Zum Unterschied von den Sehzellen des Cardium edule-Auges lassen also diese Sehzellen eine deutliche Differenzierung in zwei Abschnitte, in den eigentlichen Zelleib und in das rezeptorische Stäbchen, erkennen. Sie gehören zu unserem monofibrillären Sehzellentypus, für den ja charakte- ristisch ist, daß nur eine Fibrille (Primitivfibrille) die Sehzelle durchzieht. Die Fibrille nimmt im Stäbchen einen charakteristisch geschlängelten Verlauf. Der Retina zugerechnet wird von den Autoren noch eine weitere Schicht von Zellen, die dicht den Stäbchenabschnitten der Sehzellen anliegt und überhaupt im engeren Zusammenhang mit der Sehzellenschicht stehen soll. Die Kerne dieser Zellen, die sich färberisch verschieden von den Retinazellkernen verhalten, liegen mehr oder weniger in einer Reihe. Die zu diesen Kernen sehörenden Zellen drängen sich zuweilen distad zwischen die Stäbchen der Stäbchenzellen. Die Zellschicht wird in der Literatur “ als Choroidea aufgeführt. Zwischen Choroidea und abschließender Pigmentschicht füst sich das Tapetum, eine mit nur wenigen Kernen versehene Zellage, ein. Deutlich abgesetzt ist die Schicht der pigmentführenden Zellen, die sich gleich einem Kruge um die ganze Augenanlage zieht, sie umfassend und zum Teil einschließend. Am Siphonententakel gelangen auch hier zwei Sinnesorgane zur Ausbildung: ein Auge und ein Haarsinnesorsan. Dieser doppelten Allgemeine Orientierung über den morpholog. Bau d. Sehorgane. 29 Ausrüstung der Tentakel mit Rezeptionsorganen entspricht eine Zweiteilung des Tentakelnerven in einen das Auge versorgenden und einen das Haarsinnesorgan versehenden Nervenast. Genau dieselben Verhältnisse, wie beim Cardium edule-Auge, verschieden ist nur der Verlauf des Opticus. Während beim Cardium edule- Auge der Sehnerv auf der dem Pigmentmantel entgegengesetzten Seite einseitig am Auge emporsteigt bis auf die Höhe der Retina und sich dann über sie lagert, so durchbricht er am Auge von Cardium muticum den Pigmentbecher median, teilt sich nach seinem Durchbruch über dem Tapetum in einzelne Faserstränge auf, die an der Außenwand der Retina hinaufziehen und über dieser dann ihre Beziehungen zu den Sehzellen eingehen. In den Verlauf der Nervenfasern sollen noch Ganglienzellen eingeschaltet sein. 2. Die Sehorgane bei Pecten und Spondylus: (Textfig. 9): Zweitens zählen wir in die Kategorie der invertierten Augen die Pecten-Augen und die ganz ähnlich gebauten Augen des festsitzenden Lamellibranchiers Spondylus. Diese Einordnung der Pecten-Ausen zu den invertierten Augentypen findet, das sei hier hervorgehoben, auf Grund unserer eigenen Untersuchungen statt. Nach dem Dafürhalten Hesses (1908) und Daxıns (1910) baut sich die Pecien-Retina aus zwei nicht gleichsinnig orientierten Sehzellagen auf. Nach diesen Forschern wäre das Pecien-Auge (und wohl auch das Spondylus- Auge) ein vertiert-invertiertes Sehorgan. Ausführlicheres im Kapitel „über die anatomischen und histologischen Verhältnisse der Seh- organe‘“. 3. Die Rückenaugen der Oncidiiden (Textfig. 7): Eine Anzahl Vertreter stylommatophorer Pulmonaten der Familie der Oncidiidae besitzen zwei dem Typus nach ganz verschieden ge- baute Augenformen: Ein Paar dem gewöhnlichen Schema ver- tierter Blasenaugen sich fügende Tentakelaugen und eine Anzahl invertierte, auf dem Rücken der Tiere zur Ausbildung gelangende Sehorgane. Die Rückenaugen der Oncidirden sind schon lange bekannt. Im Jahre 1877 widmete C. SEMPER, der Entdecker dieser Augen, ihnen eine eingehende Beschreibung, die er bei der Herausgabe seiner Forschungsresultate gelegentlich der Reisen im Archipel der Philippinen veröffentlichte. Als weitere Beiträge erschienen Mit- teilungen über diesen Gegenstand von STANTSCHInSKY (B. 1908). Wir beschränken uns auf die Beschreibung der Rückenaugen einer bestimmten Oncidium-Spezies: Oncidium verruculatum Cuv. Ab- 30 Einführung. weichungen von den hier herrschenden Verhältnissen, wie sie an den Sehorganen verwandter Formen beobachtet worden sind, können bei dieser allgemeinen Übersicht nicht berücksichtigt werden. Was die Lage der Rückenaugen bei der erwähnten Oncidium- Art anbetrifit, so finden sie sich, im Gegensatz zu den Sehorganen anderer Spezies, nicht einzeln über den ganzen Rücken zerstreut, sondern in Gruppen von 2—6 an der Basis papillenartiger Haut- erhebungen. Die Zahl dieser so geordneten Rückenausen kann sich bis auf 100 und mehr belaufen. Die einzelnen Augen einer Textfig. 7. Schnitt in der Längsachse eines Rückenauges von Oneidium verruculatum nach W. STANTSCHINSKY (1908). «az. Akkommodationsmuskel des Auges; dg. Bindegewebe; dg‘ kompaktes Bindegewebe, welches eine Art Hülle um das Auge bildet; 57. blinder Fleck; Co. Cornea; cz Cuticula; ep Epithel; 7 Faserlage; Zr. bindegewebige Linsenhülle; Z%2. Kern der Linsen- hülle; Z Linse; L2. Kern der Linsenzelle; » zur Retraktion des Auges dienende Muskelzellen; N. Nerv; 5. Pigmentkörnchen;: PDig.sch. Pigmentschicht des Auges; S. Sehzellenschicht des Auges; Se.z. Sehzelle. Gruppe sind so gerichtet, daß ihre optische Achse zur Papillen- achse einen mehr oder weniger spitzen Winkel bildet. Das an den Hautpapillen durchschimmernde Pigment verleiht diesen Tieren am Rücken „ein dunkles, infolge der rauhen Oberfläche, warziges Aussehen“. Im Hinblick auf die allgemeinen anatomischen Ver- hältnisse decken sich die Sehorgane bei Oncidium verruculatum a Allgemeine Orientierung über den morpholog. Bau d. Sehorgane. 31 in der Hauptsache mit denen bei Cardium muticum. Ein Über- sichtsbild (vide Textfig. 7), läßt am Auge genau dieselben Be- standteile wiederkehren, denen wir am Cardıum-Auge begegnet sind: ein über die Augenanlage hinwegziehendes Epithel (Cornea), eine eiförmige, hier aus wenigen großen Zellen zusammengesetzte Linse; eine Lage von Zellen, die den Grund des Augenbechers und teilweise dessen Wandung auskleidet, die Retina; schließlich die den Augenbecher darstellende pigmentführende Zellschicht, die an zwei Stellen einen Durchbruch zeist, nämlich da, wo der Becher gegen die Lichtquelle hin geöffnet ist, und da, wo der Opticus in den Augenbulbus eintritt. Selbst die Verhältnisse an der Sehzellschicht stimmen bei beiden Augen überein. Die Retina stellt bei Oncidium verr. eine einzige Schicht von Zellen dar. Die Komponenten dieses Zellverbandes sind samt und sonders Sehzellen. Typisch an diesen ist wiederum die Gliederung in zwei Abschnitte, in einen Abschnitt, der sich in die Faser des Sehnerven fortsetzt und.den Kern enthält, und in einen proximalen, die rezipierenden Elemente bergenden Abschnitt (Stäbchen). Wir verzichten darauf, über die nervösen Elemente in den Sehzellen, speziell über ihren Verlauf und ihre Anordnungsweise etwas Näheres auszusagen. Nach unserem Dafürhalten dürfte zur einwandfreien Eruierung so feiner zytologischer Verhältnisse ein weit besser konserviertes Material nötig sein, als es bis anhin den Forschern für die Untersuchung zu Gebote stand. Indessen unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß auch in den Sehzellen der Oncıdriden unter Anwendung ge- eigneter Methoden, rezipierende und konduktile Elemente nach- zuweisen sind. Was nun die Rückenaugen der Oncidiiden ganz besonders interessant erscheinen läßt, das ist die Art und Weise des Hinzu- tritts des Opticus zur Sehzellenschicht. Der Opticus, eine Ver- einigung der Zweigäste der Nervi pleurales (Nerv. pl. anterior, Nerv. pl. medialis, Nerv. pl. posterior) tritt als einheitlicher Faser- strang zum Sehorgan. Auch in dem Falle, wo mehrere Augen an einer Papille sitzen, tritt er als einheitlicher Stamm zur Augen- gruppe, gabelt sich dann in so viele Einzeläste, als Augen an der Papille vorhanden sind. Der Sehnerv tritt am hinteren Augen- pole, ungefähr in der Flucht der optischen Achse ein und durch- bohrt zuerst die Pigmentschicht, hernach die Retina. Die Aus- breitung der Nervenfasern über der Sehzellenschicht erfolgt in der Weise, daß der Optieus sich zunächst in vier Äste teilt. Die ‘zu einem Ast gehörenden Nervenfasern versorgen die in den be- 32 Einführung. treffenden Quadranten fallenden Sehzellen. Wichtig ist, daß von der Durchbruchsstelle des Opticus die Fasern radiär über die Retina ausstrahlen und ihre Sehzellen innervieren. 4. Zusammenfassung. Resumieren wir die in dieser allgemeinen Übersicht ent- haltenen Aufzeichnungen, so ergibt sich im wesentlichen folgendes: Wie in allen Sehorganen überhaupt, so bildet auch in den Mollusken-Augen die primäre Sinneszelle den konstantesten und wichtigsten Bestandteil. In den Sehzellen selbst muß wiederum den Neurofibrillen, den rezipierenden und konduktilen Elementen, die größte Bedeutung beigemessen werden. Sie gelangen in allen Sehzellen, mögen sie irgend einem Rezeptionsorgan des photi- schen Sinnes entstammen, bei den Mollusken zur Ausbildung. Entweder durchziehen mehrere Fibrillen die Sehzellen (,poly- fibrilläre Sehzellen‘), oder es ist in ihnen nur eine besonders kräftige Fibrille wahrnehmbar (,‚,monofibrillärer Zelltypus‘). Im ersteren Falle bilden die Endabschnitte der Fibrillen einen so- genannten „äußeren“ Stiftchensaum; im letzteren Falle endigt die Fibrille in der Regel ohne Aufspaltung in feinere Fibrillen, gewöhnlich unter Bildung eines Endknöpfchens oder sonst in einer terminalen Anschwellung, in einem besonderen Abschnitt der Sehzelle, im sogenannten Stäbchen. In den meisten Sehorganen aus der Reihe der Mollusken treten neben den eigentlichen Seh- zellen in der Sehzellenschicht dazwischengeschaltete Zellen, Stütz- zellen oder pigmentführende Zellen, auf. Je nach der Art der Orientierung der Sehzellen in den Photo- rezeptionsorganen ergeben sich bei den Mollusken zwei Haupt- typen von Augen: vertierte Augen und invertierte, je nachdem die rezipierenden Elemente in den Sehzellen der Lichtquelle zu- oder abgewandt sind. Zu den vertierten Augen gehören die Gruben- augen der Diotocardier und der Zetrabranchiaten Cephalopoden (Nautilus), die Pigmentocellen von Lima, sämtliche Blasenaugen am Kopie der Gastropoden und die Sehorgane der dibranchiaten Cephalopoden, auch die larvalen Sehorgane der Mytiliden und Aviculiden. Die invertierten Augen sind in Minderheit. Sie ge- langen zur Ausbildung an den Tentakelsiphonen bestimmter Arten der Gattung Cardium (edule und muticum), am freien Mantelrande der Pectiniden und Spondyliden, ferner auf der Rückenhaut ver- schiedener Vertreter der Familie der Oncidüden. Sowohl an den Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 33 vertierten Blasenaugen als auch an sämtlichen invertierten Augen- formen kehren folgende wichtige Organbestandteile in derselben Anordnung und Reihenfolge wieder: ein dioptrischer Apparat, bestehend aus Corneat), Subcornea?) und Linse (inkl. Glaskörper) und darunter eine Schicht von Sehzellen (Retina) meistens mit dazwischen gelagerten Stütz- oder Isolierzellen. Bei den inver- tierten Augen folgt unter der Retina noch eine pigmentführende Schicht und zuweilen noch ein reflektierendes Tapetum (Auge bei Cardium muticum und Pecten- und Spondylus-Auge). Il. Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande der Pecten-Arten. 1. Literaturübersicht. Da wir in unseren Ausführungen zuweilen auch auf die ältere Literatur zurückzukommen haben, so seien, trotzdem DAXkIN in der neuesten Arbeit über das Pecten-Auge die Literatur ein- gehend berücksichtigte, die einschlägigen Arbeiten noch einmal namhaft gemacht?). Notizen, welche auf Augen bei Kammuscheln bezug nehmen, reichen bis ins Jahr 1795 zurück. In diesem Jahre wurden die Pecten-Augen von Porı in einer Publikation ‚Testacea utriusque l) Dem über dem Auge gelegenen, pigmentfreien Abschnitt des äußeren Körperepithels. 2) Der der Cornea unmittelbar anliegenden Bindegewebslage. 3) Man wird uns den an sich gewiß nicht unberechtigten Vorwurf nicht ersparen können, wir hätten in unserer Arbeit die vorliegende Literatur in ungenügender Weise berücksichtigt. Wir sind uns in der Tat dieses Ver- gehens bewußt. Aus verschiedenen Gründen haben wir von einer häufigen Zitierung früherer Autoren Umgang genommen. Der Spezialist wird in’ den Arbeiten von PATTEN, RAWITZ, SCHREINER, HESSE und besonders in der neuesten Arbeit von DArIN diese Literatur in vollständiger Weise zu- sammengestellt, ausgezogen und bei Gelegenheit angeführt vorfinden. Die allenfalls noch übrigen Interessenten glauben wir mit einer durch diesen Umstand gegebenen bloßen Wiederholung verschonen zu dürfen, zumal unseres Erachtens eine Neubearbeitung nichts Fortschrittliches zeitigen würde. Auch wäre es entschieden nicht im Interesse einer übersichtlichen Darstellung, bei jeder Gelegenheit alle betreffenden Autoren zu zitieren, die sich einmal über den Gegenstand irgendwie geäußert haben, deren Befunde aber als längst widerlegt bezeichnet werden müssen. 3 34 Einführung. Sieiliae‘‘ zum ersten Male erwähnt und schon damals, was hervor- gehoben sei, als Organe des optischen Sinnes angesprochen. Seit- her folgten eine ganze Reihe von Arbeiten, die entweder ausschließ- lich diesem Gegenstande gewidmet waren oder doch größere oder kleinere Mitteilungen über ihn enthielten. Pou1 fallen am Mantelrande der Pectines zwei Arten von Ten- takeln auf, gewöhnliche Fühlerzirren und daneben Tentakel von besonderer Eigentümlichkeit (,Cirri quidam peculiares“), von denen ein eigenartiges, smaragdgrünes Leuchten und Irisieren ausgehen soll. Da Porı außerdem noch an diesen Tentakeln eine Linse, eine über diese hinwegziehende Membran (Cornea) und eine Sclerotica feststellen zu können glaubt, so scheinen ihm an diesem Sinnesorgan Einrichtungen vorzuliegen, wie sie dem Wirbel- tier-, speziell dem Menschenauge, zukommen. Nach einer Schilderung der auffallend leuchtenden Tentakel am Mantel, die am distalen Ende von einer „Membrana nitidissima‘“ überzogen werden, fährt er fort: „Membrana haec haud secus cirris hujus modi connectitur, ac tunica sclerotica, in oculo humano, quem illorum apices modo memorati perfecete mentiuntur“. Um einigermaßen einen Einblick in die Literatur zu ge- winnen, könnten wir in die lange Reihe von Untersuchungen eine gewisse Gliederung bringen, in der Weise, daß wir zunächst zwei Perioden in der Forschung auseinanderhalten: I. Periode von 1795 —1862 (von der Arbeit Porıs bis zu derjenigen W. KEFERSTEINS). Diese ist quasi eine Vorperiode der’ Forschung. Sie umfaßt eine ganze Anzahl von Arbeiten mit Mitteilungen über das Vor- kommen, die Gestalt, die Größe der Pecten-Augen oder mit An- gaben über deren anatomischen Bau. In diesen Zeitraum fallen folgende Arbeiten: Die Arbeit, von Pour, 1295. (In): 2. Eine kurze Beschreibung des Pectenauges von ROBERT GRANT in seinen Umrissen der vergleichenden Anatomie, 1835. (B. 1835.) 3. Eine Darstellung der allgemeinen anatomischen Verhältnisse am Sehorgan von ROBERT GRANER, 1837. (B. 1837.) 4. Mitteilungen über die Lage und Stellung der Augen am Mantel- rande von E. GRUBE, 1840. (B. 1840.) 5. Eine mit einer Reihe wichtiger Beobachtungen verknüpfte ein- gehende Schilderung der anatomischen Verhältnisse am Pecten- und Spondylusauge von A. KRoHn, 1840. (B. 1840.) en Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 39 6. Ein weiterer Beitrag zu den Bauverhältnissen des Pectenauges von FR. WıLL, 1844. (B. 1844) 7. Ein solcher von WILH. KEFERSTEIN, 1862. (B. 1862)! Die wertvollste Schilderung aus dieser Periode ist die von A. Kronn, 1840. II. Periode von 1865 —1910 (von der Arbeit Hrnsens bis zur neuesten Arbeit DAkıns). Diese Periode dürfen wir als die eigentliche Forschungs- periode bezeichnen. In sie fallen sämtliche übrige Arbeiten, die seit 1863 erschienen sind. Sie alle beschäftigen sich, einesteils mit der Klarlegung der allgemeinen anatomischen Verhältnisse am Pecten-Auge, anderenteils mit der Analyse der feineren histo- logischen Baustrukturen. Diese Periode läßt sich in zwei Epochen zerlegen: Erste Epoche 1865—1896: 1. Hensen, V., Über die Augen von Pecten jacobaeus, 1865.(B. 1865.) 2. CARRIERE, J., Ein Kapitel über die Augen bei Lamellibranchiata in seiner vergleichend-anatomischen Darstellung über die Sehorgane der Tiere, 1885. (B. 1885.) 3. PATTen, W., Eine histologisch-anatomische und entwicklungs- geschichtliche Untersuchung der Pectenaugen in der Arbeit: „Ihe Eyes of Molluses and Arthropods“, 1886. (B. 1866.) 4. Rawıtz, B., Eine Bearbeitung der Augen der Pectiniden in seinen histologischen Untersuchungen am Mantelrande der Acephalen, 1888. (B. 1888.) 5. SCHREINER, K. E., Die Augen bei Pecten, 1896. (B. 1896.) Zweite Epoche 1900—1910 !): 1. Hesse, R., Die Augen der Pectiniden und Spondyliden in der Bearbeitung der Sehorgane der Mollusken, 1900. (B. 1900.) 2. Hype, J. H., Über die Nervenverteilung an der Pectenretina, 1903. (B. 1903.) 1) In diesen Zeitabschnitt fallen auch die zusammenfassenden Dar- stellungen in folgenden Lehrbüchern: 1. A. Lang, Lehrb. der vergl. Anatomie: „Mollusca“ in der Bearbeitung von K. HESCHELER, 1900. (C. 1900.) 2. C. K. SCHNEIDER, Lehrb. der vergl. Histologie der Tiere: Kapitel Molluskenaugen (P. jacobaeus), 1902. (B. 1902.) 3. C. K. SCHNEIDER, Histologisches Praktikum der Tiere (16. Kurs: Die Augen der Mollusca), 1908. (B. 1908.) 3* 36 Einführung. 3. Hesse, R., Eine zweite Darstellung über die retinalen Ver- hältnisse und die Innervationsweise am Pectenauge, 1908. (B. 1908.) 4. Darın, W. J., Eine eingehende Arbeit über die Pectenaugen, 19 LO BL) Zwei für die Erforschung der Pecten-Augen besonders fort- schrittliche Arbeiten eröffnen die beiden Epochen der zweiten Periode: Zu Anfang der einen, die von HEnsEn, die erste treff- liche Analyse der Retina; zu Anfang der anderen, die Untersuchung von Hesse, durch welche das Pecten-Auge unserem Verständnis in morphologischer (und wohl auch physiologischer) Beziehung wesentlich näher gebracht wurde. Die erste Epoche der zweiten Periode ist ferner dadurch charakterisiert, daß in sämtlichen hier namhaft gemachten Ar- beiten eine ganz bestimmte Ansicht über die Innervationsweise an der Pecten-Retina von den Autoren vertreten wird, die dann in der zweiten Epoche — wenn wir von der Arbeit Hypes absehen — aufgegeben und mit einer anderen Auffassung vertauscht wird. Auf das einzelne haben wir dann des genaueren einzugehen. 2. Die Mantelverhältnisse bei den Pecten-Arten. Biologischer Anhang: Die Schwimmbewegungen. Im Hinblick auf die allgemeinen Verhältnisse des Mantels zeigen die Pecten-Arten ein für Lamellibranchier wohl ursprüngliches Verhalten. Der Mantel hängt den beiden Innenseiten der Schalen- klappen anliegend vom Rumpfe des Tieres herunter. Die Mantel- falten umspannen, indem sie sich in dorso-ventraler sowohl als auch oral-analer Richtung ausbreiten, einen Raum, die Mantelhöhle. In der Gegend des Schloßrandes sind sie miteinander verwachsen; ventral stehen sie im Umkreis voneinander ab. Die freien Mantel- ränder umgrenzen somit einen Schlitz, der dem Meerwasser den Durchgang von außen nach innen in die Mantelhöhle gestattet. Die Pectiniden gehören also nicht zu den Formen unter den Lamelli- branchiern, bei denen es zu einer partiellen Verwachsung des Mantels, d. h. zur Ausbildung regelrechter Siphonen kommt. Immerhin | findet der Austritt des von allen Seiten in den Mantelraum eintreten - | den Wassers an ganz bestimmten Stellen statt. Die eine dieser | Stellen liest auf der Höhe des Mundes, die andere auf der Höhe des Afters, also da, wo wir bei Muscheln mit typischen Siphonen der Ausströmungsöffnung begegnen. Am lebenden Tier mit klaffen- Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 37 den Schalen können übrigens diese Stellen deutlich wahrgenommen werden. Die beiden Vela, die jederseits vom Mantel vorhangartig herunterhängen, lassen an den betreffenden Orten einen Durch sang in Form von Schleusen offen. Charakteristisch in seiner Ausgestaltung ist der freie Mantel- rand. An ihm treten eine Reihe Differenzierungen auf, die ihm ein eigentümliches Gepräge verleihen. Ähnliche Verhältnisse fin- den sich noch bei den nahe verwandten Spondylıden und ferner bei einzelnen Vertretern der Gattung Lima. Der Mantelsaum bei Pecten ist ausgezeichnet durch das Vor- handensein von: 1. drei kleineren Nebenfalten, 2. mehreren Reihen von Tentakeln, die die Sekundärfalten umstellen, 3. einer An- zahl von Augen. Betrachtet man eine Kammuschel beim Öffnen ihrer Schale, so sieht man, wie zunächst unter derselben einige Tentakel her- vorgestoßen werden. Die beiden Mantellappen, die beim Schließen des Schalengehäuses immer etwas eingezogen werden, erreichen dann in ihren Randpartien bald wieder die äußere Schalenkontur. Dadurch werden aber auch die am freien Mantelrande befindlichen Augen sichtbar. Von den bereits erwähnten Nebenfalten am Mantel- rande imponiert bei einer Muschel mit geöffneten Schalen vor allem das Velum, welches sowohl von dem einen, als auch von dem anderen Mantelrande, wie erwähnt, vorhangartig herunter- hängt. Bei einem gewissen Öffnungswinkel der Schalen berühren sich die Vela, insofern sie frei herunterhängen, in der medianen Körperebene. Durch diese Vela wird der Mantelraum abgeschlossen, und zwar im ganzen Umkreis der Ventralgegend. Der Abschluß auf der Dorsalseite wird von dem Schloßrande besorgt. Um uns noch ein vollständigeres Bild von dem Verhalten des freien Mantelsaumes zu machen, wollen wir noch mit einigen Worten auf die erwähnten sekundären Falten zu sprechen kommen. Wir nehmen zur Illustration am besten ein Schnittbild zu Hilfe (Textfig. 14 St. IT). Der Schnitt geht quer durch den Mantelsaum. Er ist senkrecht zur Mantelfläche geführt Wie auf den ersten Blick ersichtlich, ist der Mantel in einige Falten gelegt, welche in bezug auf die Hauptfalte als Nebenfalten oder Sekundärfalten zu bezeichnen sind. Drei Falten, deutlich voneinander abgesetzt, können unterschieden werden: Erstens die Schalen- oder Periost- rakalfalte, zweitens die Ophthalmokalfalte, drittens das Velum. Die Schalen- oder Periostrakalfalte. Sie liegt der . Schale am nächsten. An der Basis dieser Faltenbildung verläuft 38 Einführung. eine Rinne, die Periostrakalrinne, die einerseits von der einen Fläche der Periostrakalfalte, andererseits von einem tentakel- tragenden Epithelwulst eingefaßt wird. Die Ophthalmokalfalte. Sie trägt die Augen und ist bedeutend kleiner als die Periostrakalfalte. Das Velum!) ist die am meisten nach innen gelegene Falte und trägt gewöhnlich wie die Ophthalmokalfalte Tentakel, jedoch niemals Sehorgane. Die Schwimmbewegungen. Die Schwimmbewegungen bei Pecten: Eine der inte- ressantesten Eigentümlichkeiten der Pectiniden ist ihre Art der Fortbewegung. Zum Unterschied der meisten übrigen Lamelli- branchier, deren Lokomotionsweise durch eine Art Kriechen oder Springen (Hüpfen) charakterisiert ist, wobei als Lokomotionsorgan der Fuß dient, zeichnen sich die Pectines durch ein mehr oder weniger stoßweises, rhythmisches Schwimmen aus (Textfig. 8). Man hat schon oft das Vorkommen der so komplizierten Sinnesorgane am Mantelrande der Pectiniden mit der so eigenen Art der Fortbewegung dieser Tiere in Zusammenhang gebracht, indem die Ansicht vertreten wurde, daß den Sehorganen gerade während des Schwimmaktes eine funktionelle Bedeutung beizumessen sei. Inwieweit diese Ansicht richtig ist, vermögen wir nicht zu ent- scheiden. Tatsache ist, daß die Kammuscheln stets auf einen Schattenreiz reagieren, wenn sie sich in der Ruhelage, in geöfineter Schalenstellung, befinden. Ferner ist Tatsache, daß die nahe ver- wandten, festsitzenden Spondyliden ähnlich gebaute Mantelaugen besitzen, obwohl sie uns in mancher Hinsicht primitiver (ursprüng- licher?) erscheinen. Andererseits aber haben wir keinen Grund daran zu zweifeln, daß den Pectines auch während des Schwimmens ein Sehvermögen zukommt; die Stellung der Sehorgane am Mantel ausgewachsener Formen scheint gerade zugunsten eines solchen zu sprechen. Bei unserem Aufenthalt an der Zoologischen Station zu Neapel hatten wir Gelegenheit, während längerer Zeit lebende Peciiniden in Meeresaquarien zu halten, wobei wir oft genug Augenzeuge ihrer Schwimmbewegungen sein konnten. Immer freilich können 1) Wir entnehmen diesen Ausdruck der Literatur. „Velum“ ist sonst eine gebräuchliche Bezeichnung für den Mundlappen (Mundsegel) der Muscheln. Ferner wird auch das Bewegungsorgan der Veligerlarve „Velum‘ genannt. Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 39 diese Bewegungen an den Kammuscheln nicht beobachtet werden. Die Tiere verharren oft geraume Zeit in der Ruhelage, am Boden des Aquariums. Dabei halten die Muscheln für gewöhnlich ihre Schalenklappen offen. Die beiden Hautduplikaturen des Mantels, die Vela, hängen dann vorhangartig vom rechten und linken Mantelrand herunter und verwehren dem Beobachter den Ein- blick in das Innere des Mantelraumes. Zufällig im Wasser suspen- dierte Stoffe oder auch zu diesem Zwecke eigens aufgeschwemmte, in feiner Verteilung befindliche organische oder anorganische Körper orientieren über den Gang des Atemwassers, welches ungehindert durch die von der Ventralseite herunterhängenden Vela an bestimmter Stelle am Mantelrande in die Mantelhöhle ein- und aus dieser wieder ausfließt. Bei näherem Zusehen bilden nämlich zu beiden Seiten des Schloßrandes die ober- und unterständigen Vela eine Art Schleusenöffnung, welche Schleusen- öffnungen den bei anderen Muscheln durch Verwachsungsprozesse entstandenen Siphonalbildungen entsprechen. Durch den einen dieser „Pseudosiphone‘ dringt der Wasserstrom mit den suspen- dierten Bestandteilen in den Atemraum, durch den anderen wieder heraus. Wird eine solche Muschel nach erfolgter Narkose dann geöffnet, die Lage von Mund- und Afteröffnung in bezug auf Ein- und Ausströmungsöffnung untersucht, so ergibt sich, daß diejenige Stelle am Mantelrand, an welcher das Wasser eintrat, nahe dem Munde, diejenige, an der das Wasser austrat, nahe dem After gelegen ist. Mit anderen Worten: die Einströmungsöffnung entspricht der Lage nach der Mund-, die Ausströmungsöffnung der Afteröffnung. Oft verbleibt auch längere Zeit die Muschel in der Ruhelage mit geschlossener Schale, eine Antwort auf einen ihr zugefügten Reiz oder ein Zeichen dafür, daß Gefahr dem Tiere droht. Die große Mehrzahl der im Golf zu Neapel vorkommenden Pectiniden (dahin gehören die Arten Pecten glaber, opercularis, varıus, testae, flexuosus, inflexus) sind mit Hilfe eines Byssus- apparates imstande, die von ihnen einmal gewählte und für günstig befundene Lage beizubehalten. An der rechten Schale befindet sich in der Nähe der Schloßgegend ein Sinus, der den Byssus- fäden den Durchtritt zur Unterlage gestattet, wodurch es diesen Arten gelingt, sich an letzterer zu verankern. Dank ihrer Schwimmifertigkeit vermögen aber auch die Pecti- niden den eingenommenen Ort zu verlassen und selbständig einen neuen aufzusuchen. Diese Ortsveränderungen vollziehen die Tiere schwimmend, gewöhnlich in der Weise, daß sie bei raschem Auf- 40 Einführung. und Zuklappen der Schalendeckel von der Unterlage schief auf- wärts steigend die Wassermenge durchgleiten. Haben sie den höchsten Punkt ihrer Schwimmbewegungen erreicht, so fallen sie wieder senkrecht auf den Untergrund. Auf diese Weise gelingt es den Pecten-Arten, relativ rasch große Wassermengen zu durch- schwimmen und binnen kurzer Zeit neue Aufenthaltsorte zu er- reichen. Das ist das allgemeine an der Lokomotionsweise der Peckiniden. Über die näheren Vorgänge bei der Lokomotion beriehten VLEs (D. 1906), Antksony (D. 1906) und v. BUDDEnBrRock (D. 1910). BUDDENBROocK widmete den Schwimmbewegungen bei Pecien ein besonderes Augenmerk bei Untersuchungen, die zunächst den statischen Organen dieser Tiere gelten sollten. BUDDENBROCKS Verdienst ist es, in klarer und plausibler Weise den Mechanismus der in Rede stehenden Lokomotionsvorgänge erläutert zu haben. Die von ihm gemachten Befunde dürften noch nicht allgemein bekannt sein. Sie scheinen uns interessant genug, um noch einmal kurz erwähnt zu werden. Wir fügen hinzu, daß sich unsere eigenen diesbezüglichen Beobachtungen vollständig mit denen des Autors decken. Nach BUDDENBROcK können an den Pecten-Arten drei gut charakterisierte Bewegungsformen unterschieden werden: 1. eine normale Schwimmbewegung, 2. eine Flucht- bewegung, 3. eine Umkehrbewegung und 4. eine Dreh- bewegung. Ein besonderes Interesse haben für uns die beiden zuerstgenannten Bewegungsarten, „dienormale Schwimmbewegung“ und „die Fluchtbewegung“. Sämtlichen Bewegunssarten liest ein und dasselbe Bewegungs- prinzip zugrunde. Als treibende Kraft wirkt ein von den Muscheln ausgetriebener Wasserstrom, der in seiner Rückstoßwirkung eine Bewegung der Tiere in entgegengesetzter Richtung zur Folge hat. Die verschiedenen Bewesungsformen kommen durch die Art und Weise des Austritts des treibenden Wassers zustande. Der Aus- tritt des Wassers wird reguliert durch die von den beiden Mantel- rändern herunterhängenden Hautduplikaturen, die Vela. Diese übernehmen die „Steuerung‘‘ beim Bewegungsprozeß, um mit BUDDENBROCK zu reden. Durch ein wechselweises Einstellungs- vermögen der Vela besitzen die Pectines die Fähigkeit, das Aus- strömen des Wassers an einer bestimmten Stelle des Mantelrandes erfolgen zu lassen und ferner dem austretenden Wasser eine be- stimmte Richtung zu geben. Die beiden verschiedenen Bewegungs- u FE U ng 41 Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. arten, die normale Schwimmbewegung und die Flucht- bewegung, seien kurz besprochen. 1. Die normale Sehwimmbeweguns (Textfig. 8B). Die uormale Schwimmbewegung ist diejenige gsform, deren Bewegun ‘Ggeay] Opuayyarıyne) sıosseq uepuejoagsne orospeqyuo‘ dop ur sop Sungyary Ty !swongsaosse uopu9sn9z1a JOISYony UEP "uspusga.ysne sap Sunyyary „u |unjay 21 ‚odeLlajun 72 :Fundomsquwmmmyog op Junyyary "y'S puwagogyas 75 :odromyog Aap Jyeay S !oddepyuapeyag ayyasaı 7y0y0S 4 -‚oddepyuopeyag ayuı 727°0425°7 !,„ueyurp“ joısÄyd 24 ! „uno“ sayosıdojorsiyd ‘02 ‘usyun zur :uogo 'g0 :[eıyu9A '2 ![esıop '? 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Ist die Muschel in Schwimmtätigkeit, so klappt sie in rascher Aufeinanderfolge ihre Schalenklappen auf und zu. Sie erreicht dadurch immer neue, höher gelegene Orte ihrer Be- wesungsbahn. Hat sie den Höhepunkt der Schwimmbewegung erreicht, so erfährt die Schwimmaktion einen Unterbruch. Mit ge- schlossener Schale fällt die Muschel aus der Höhe der Bewegungs- bahn senkrecht auf den Untergrund zurück. Pecten schwimmt immer mit der nach außen konvex gebogenen Schalenhälfte voran; die Schloßgegend ist der Schwimmrichtung abgekehrt. In bezug auf die anatomische Orientierung schwimmen die Pecien-Arten mit der Ventralseite voraus. Die Dorsalseite schaut der Schwimm- richtung entgegen. Der nach oben gerichtete Schalendeckel ist der linke; der nach unten schauende entspricht der rechten Schalen- hälfte. Diesen Beobachtungen zufolge läßt sich a priori erwarten, daß der Abzug des austretenden Wassers auf den Nachbarbezirk des Schlosses verlegt sein muß, soll die Vorwärtsbewegung auf einer Rückstoßwirkung beruhen. Die Untersuchungen von VLEs und AntHony haben wirklich auch gezeigt, daß das aus dem Mantel- raum abfließende Wasser seinen Ausfluß zu beiden Seiten des Schlosses hat. Die Richtung des ausfließenden Wassers ist am Schema mit Pfeilen angedeutet (vide Textfig.). Damit aber das im Mantelraum vorhandene Wasser zu beiden Seiten des Schlosses ausgetrieben werden kann, müssen am Rande des Mantels Einrichtungen vorhanden sein, welche dem Wasser den Austritt im Umkreis des vorderen Mantelrandes verwehren. Diesen Einrichtungen begesnen wir in den beiden Vela, die einen bestimmten Winkel zur Mantelfläche einzunehmen pflegen. Würde die Muschel sich horizontal, also parallel der Unterlage fort- bewegen, dann schiene eine senkrechte Stellung der übereinander- liegenden Vela zur Mantelfläche zweekentspreehend. Die beiden Vela bildeten dann gleichsam beim Schließen der Schalenklappen eine Art Barriere, die mit Ausnahme der beiden in der Nachbarschaft der Schloßgegend sich vorfindenden Durchtrittsstellen den Mantelraum zu einem allerdings unkompletten Verschluß bringen könnte. Wir haben indessen gesehen, daß die Muscheln gewöhnlich zur Unterlage schief aufwärts schwimmen. Auf dem Untergrunde befindet sich Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 43 Pecten in der Gleichgewichtslage; folglich ist eine aufrichtende Kraft nötig, welche, die entgegenwirkende Schwerkraft und den Widerstand des Wassers überwindend, die Muschel in die Schief- lage zu bringen imstande ist. Diese Kraft wird geleistet von einem Wasserstrom, der am vorderen Mantelrand aus der Maniel- höhle tritt (Textfig. B.b, W'). Die Richtung dieses Wasserstromes verläuft mehr. oder weniger senkrecht zur Symmetrieebene des Tieres. Damit dieser Wasserstrom im Ventralbezirk des Mantels zustande kommen kann, ist eine ganz bestimmte Lage der beiden Vela zueinander erforderlich. Der Mantellappen, welcher der rechten (unteren) Schale anliegt (und mit ihm natürlich das auf- gerichtete Velum), ist gegenüber dem Mantellappen, der der linken (oberen) Schale anliegt, um weniges kontrahiert, so daß bei einer Kontraktion des Schalenmuskels das oberständige Velum das unter- ständige überragt. Die Bedeutung dieser Velarstellung für den Schwimmakt dürfte im Schema zum Ausdruck kommen. 2. Die Fluchtbewegung (Textfig. 8C). Außer der normalen Schwimmbewegung treten bei den Pectiniden zuweilen noch andere Bewegungsformen auf. Eine dieser Bewegungsarten ist die soge- nannte Fluchtbewegung. Die Fluchtbewegung ist an den Kamm- muscheln weniger häufig zu beobachten, als die eben besprochene Lokomotionsweise. Die Pectiniden bedienen sich der Flucht- bewegung, wenn Gefahr droht, etwa bei Annäherung von See- sternen, Seeigeln oder sonst ihnen feindlichen Meerestieren. Die Fluchtbewegung kann häufig an Pecien-Muscheln beobachtet werden, die mit anderen Tieren gemeinsam im Aquarium gehalten werden. Zuweilen gelinst es, die Tiere auch künstlich zur Fluchtbewegung zu veranlassen durch eine Reizung, die den Tieren in der Gegend des ventralen Mantelrandes zugefügt wird. Die Fluchtbewegung unterscheidet sich von der normalen Schwimmbewegung durch die Richtung, in welcher die Bewegung erfolgt. Bei der normalen Schwimmbewegung schwimmt Pecten mit dem ventralen Mantel- rande voran, der Schloßrand ist dabei, wie ausgeführt, der Schwimm- richtung abgekehrt. Bei der Fluchtbewegung ist das umgekehrte der Fall: Voraus schwimmt der Schloßrand; der Bewegungsrichtung abgekehrt ist der ventrale Schalenrand. Im Gegensatz zur normalen Schwimmbewegung können wir auch sagen: Pecten schwimmt bei der Fluchtbewegung rückwärts, wobei die Bewegung mehr oder weniger parallel zur horizontalen Grundfläche erfolgt. Dieser Unterschied findet eine Erklärung in der anderen Lage der Austritts- stelle des fließenden Wassers. Bei der Fluchtbewegung wird nämlich 44 Einführung. das Wasser (W) nicht zu beiden Seiten des Schloßrandes ausge- trieben, sondern im Ventralbezirk des Mantels, wo es beim Zu- klappen der Schale in dorso-ventraler Richtung aus der Mantelhöhle ausgestoßen wird. Um dem Wasser aber beim Vorbeiströmen an den ventralen Mantelrändern die freie Passage zu ermöglichen, sind nunmehr die beiden Vela am Mantelsaume nach innen ge- schlagen. Auf den so erfolgenden Rückstoß findet eine Bewegungs- reaktion (S.R.) in ventro-dorsaler Richtung statt. Die Bewegungs- bahn ist diesmal horizontal. Die Schwimmstrecke, welche bei der Fluchtbewegung zurückgelegt wird, kann eine recht ansehnliche werden, dann nämlich, wenn das Auf- und Zuklappen der Schalen sich mehrmals wiederholt. Gewöhnlich findet jedoch nur eine einmalige energische Expulsion des Wassers statt. Die Muschel verharrt am neuen Ruheort zunächst einige Zeit mit geschlossenen Schalen. 3. Über das Vorkommen, die Zahl, die Anordnung der Augen am Mantelrande. Das Vorkommen: An den der Untersuchung bisher zu- gänglichen Formen der artenreichen Gattung Pecten sind aus- nahmslos Augen am Mantelrande aufgefunden worden. Das Vor- handensein von Sehorganen am freien Mantelrande scheint also ein charakteristisches Merkmal der Gattung Pecten zu sein. Was die Lage der Augen am Mantelrande anbetrifft, so fallen sie bekanntlich in den Bereich des freien Mantelrandes, in den oralen und analen, ferner in den ventralen Mantelbezirk der Muscheln. Die Sehorgane verteilen sich auf den rechten und linken Mantelsaum. Wir finden sie am Übersange der Ophthalmokal- falte in die Velarfalte, oder präziser ausgedrückt, zwischen Periost- rakalrinne und der Basis des Velum. Die Zahl: Die Zahl der an beiden Mantelrändern vor- kommenden Augen ist bei ausgewachsenen Muscheln eine ganz beträchtliche. Sie ist jedoch im Hinblick auf die verschiedenen Arten und auch im Hinblick auf die Vertreter ein und derselben Art bedeutenden Schwankungen unterworfen. Allgemein läßt sich feststellen, daß junge, kleine Formen einer Art weniger Augen besitzen als die größeren, älteren Exemplare derselben Spezies. Die Repräsentanten der größten Arten zeigen gewöhnlich auch den größten Augenreichtum. Indessen läßt sich keine bestimmte Relation zwischen Körpergröße und Zahl der Augen an den einzelnen Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 45 Individuen ermitteln. Die Zahl der an einem der beiden Mantelränder sitzenden Augen beträgt bei größeren Formen (Pecten jacobaeus) durchschnittlich 40—60, bei den kleineren (P. obercularis) 20 —40. Wir müssen noch mit einigen Worten auf die Verteilung der Augen in Bezug auf die beiden Mantelränder zu sprechen kommen. Bei dieser Gelegenheit seien zunächst einige wenige Angaben über die Schalenverhältnisse bei den Pectiniden gemacht. Je nach der Art der Schalengestalt können wir bei Pecten gleichklappige (äquivalve) und ungleichklappige (inäquivalve) Formen unterscheiden. Bei den gleichklappigen Muscheln ist sowohl die linke als auch die rechte Schale mehr oder weniger flach oder schwach konvex (von außen betrachtet) gewölbt. Bei den ungleichklappigen Formen finden wir stets die eine der beiden Klappen (in der Regel die rechte) stärker gewölbt als die andere (linke). Innerhalb der Gattung Pecien kommen zwischen dem gleichklappigen und ungleichklappigen Typus alle möglichen Übergangsformen vor. Als Beispiel eines ungleichklappigen Pecten sei die bekannte Pilgermuschel Pecien jacobaeus aufgeführt, bei welcher die eine Schale, die linke, flach gestaltet, die rechte stark nach außen gewölbt ist. Die inäquivalven Pecten leiten sich offenbar, daraufhin deuten eine Reihe von Einzelheiten in der Gesamtorganisation, von äquivalven Formen ab, welche ihrer Lebensweise zufolge die ursprüngliche Schalensymmetrie allmählich eingebüßt haben. Die freibeweglichen inäquivalven Pecten-Arten sind sogenannte pleurothetische Formen. Als solche nehmen sie zu ihrem Unter- grunde eine ganz bestimmte Lage ein. Wir wollen dies an einem leicht zu beobachtenden Fall, den wir als Beispiel heranziehen möchten, erläutern. Pecien jacobaeus liest stets auf der konvex gewölbten, rechten Schale. Wird die Muschel umgedreht und auf die flache Schale gelegt, so macht sie bald Anstrengungen, in die alte Lage zurückzukehren und gewinnt diese auch wirklich nach einiger Zeit durch eine Umdrehung um 180%. Die Beobachtung lehrt, daß auch bei anderen inäquivalven Pectines es immer die rechte Schale ist, welche dem Untergrunde aufliest. Interessant ist es nun, das Vorhandensein von Augen speziell bei inäquivalven Formen an den beiden Mantelrändern zahlen- gemäß festzustellen. Gleichviel Augen an jedem Mantelrande haben wir nur selten vorgefunden. Entweder handelte es sich um Sanz junge Exemplare, die im Vergleich zu den ausgewachsenen eine geringe Zahl von Augen überhaupt aufwiesen, oder dann um 46 Einführung. Repräsentanten äquivalver Muscheln. Zählungen ergeben, daß im allgemeinen derjenige Mantel, welcher der im lebenden Zustand der Muschel nach oben gekehrten Schalenklappe anliegt, die größere Zahl von Augen aufweist, der dem Untergrunde zugekehrte die ge- ringere Zahl. Die Zahlenunterschiede hinsichtlich des Auftretens von Augen am oberen und unteren Mantel scheinen um so größere zu sein, je ausgeprägter die Inäquivalvität. Bei Pecten jacobaeus zeigt sich nicht nur zahlengemäß ein Unterschied der am oberen und unteren Mantelrande vorkommen- den Augen. Es macht sich auch eine Differenz in der Größe und in der Anordnung der ober- und unterständigen Augen am Mantel- rande geltend. Wir können die hierüber gemachten Angaben von Daxın in vollem Umfange bestätigen: Die Augen am linken (oberen) Mantelrande sind meistens größer als die am rechten Mantelrande vorkommenden; doch kommen auch bisweilen am linken Mantel Sehorgane vor, die in der Größe den rechtsständigen gleichzusetzen sind. Es handelt sich dabei, wie wir sehen werden, um Sehorgane mit noch nicht abgeschlossener Entwicklung. Die am rechten Mantelrande befindlichen Augen stehen in größerer Entfernung voneinander als die am linken Mantelsaume sich vor- findenden. 4. Allgemeine Orientierung über die anatomischen und histologischen Verhältnisse der Mantelaugen. Die Augen am freien Mantelrande der Gattung Pecten sind äußerlich als solche leicht erkennbar. Es sind gestielte Augen. Die Sehorgane liegen nicht direkt dem Mantelepithel auf: sie ragen, auf kurzen Epithelzylindern sitzend, über dasselbe hinaus. Gestielte Augen kommen in der Reihe der Mollusken wiederholt zur Ausbildung. Wir brauchen nur an die große Zahl der bei den Gastropoden zur Entwicklung gelangenden Kopfaugen zu er- innern, die ja auch unter dem Namen Tentakelaugen bekannt sind, oder an die Sehorgane der Cardiiden (Cardium edule und C. muti- cum). Bei den Pecten-Arten bietet die Unterscheidung von augen- tragenden Tentakeln und gewöhnlichen Fühlerzirren, die mit diesen den Mantelsaum umstellen, auch nicht die geringste Schwierigkeit. Die mit Sehorganen ausstaffierten Tentakel bieten ein ganz anderes Aussehen, als die gewöhnlichen, in der Nachbarschaft auftreten- den Manteltentakel. An beiden Tentakelarten gelanet Pigment Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 47 zur Ausbildung. Letzteres beschränkt sich an den Augententakeln auf die Region des Sinnesorgans, also auf das distale Tentakel- ende. An den Fühlerzirren ist das Pigment weniger lokalisiert und überzieht zuweilen den Zirrus seiner ganzen Länge nach. Die Fühlerzirren sind zum Unterschied von den Augententakeln lang, schmal und außerordentlich kontraktil. Sie scheinen bei maximaler Streekung beinahe fadenförmig. An einem Augententakel können äußerlich zwei, voneinander deutlich abgegrenzte Regionen unter- schieden werden, eine basale, pigmentfreie Zone und eine pigment- führende, distale Region. Erstere repräsentiert den Augenstiel; letztere wird vom Auge selbst eingenommen. Am distalen Drittel des Ausententakels bildet der Pigmentbelag um den Epithel- zylinder einen Saum oder Pigmentring. Um diesen wölbt sich am freien Ende des Tentakels eine pigmentlose Decke (Cornea). Mehr läßt sich bei äußerer Betrachtung am Augententakel gewöhn- lich nicht feststellen. a) Beschreibung der allgemeinen anatomischen Verhältnisse. Über die Anatomie und Histologie des Pecten-Auges wollen wir uns an Hand einer etwas schematisch gehaltenen Abbildung orientieren (Textfig. 9). Zu einem Überblick über den allgemeinen Aufbau des Auges empfiehlt sich, Schnittbilder zu Hilfe zu nehmen, welche das Auge in der Längsrichtung getroffen wieder- seben. Querschnitte können nur über feine histologische Details Aufschluß geben, wären aber nicht imstande, einen Einblick in die allgemeine Architektonik der in Rede stehenden Sinnesorgane zu gewähren. Von Längsschnitten sind wiederum die median verlaufenden am instruktivsten, da sie, durch die Achse des Augententakels gelest, die einzelnen Organteile in ihrer vollen Flächenausdehnung wiedergeben. Lateral geführte Schnitte eignen sich weniger gut. Aus den medianen Längsschnitten, die dureh das Auge gelegt werden können, wählen wir den senkrecht zur Mantelfläche stehenden, da er uns den Opticus in seinem sanzen Längsverlauf vor Augen führt. An einem median geführten Längsschnitt durch einen Augen- tentakel vom Mantelrande irgendeiner Pecien-Art finden wir etwa folgende Verhältnisse: Zu äußerst am Augententakel treffen wir ein einschichtiges Epithel, an welchem drei Zonen unter- schieden werden können: 1. eine am meisten distal gelegene, kreisrund umgrenzte Partie, welche den Lichtstrahlen den Zutritt 48 Einführung. zur Sehzellenschicht gestattet und deshalb des Pismentes ent- behrt (Cornea = co.); ein daran anschließender Abschnitt mit pigmentführenden Zellen (äußerer Pigmentmantel = a.pig.ma.); 3. eine wiederum pigmentfreie Zone, die dem eigentlichen Augen- stiel zufällt (au.st.eb.). Das in Cornea und äußeren Pigment- mantel differenzierte Außenepithel stellt gleichsam eine äußere Kapsel um die das Auge in seinen wesentlichsten Teilen aufbauen- 0. sb.co. 5 SchaS. dıst. al Ve.S. LT di.Sez, k.\® di.Se2.sch \ pr.Sez.sch.- = == Pr. zw.2.- pr.au.rm_\ MOB 3 1.p1g.sch.-—-- NS S ra.prox NE a Textfig. 9. Sehorgan am Mantelrande von Peeten (schematisch gehaltener, senkrecht zur Mantelfläche geführter, medianer Längsschnitt). «zsz. distal; brox. proximal; Scha.S. Schalenseite; Ve.S. Velarseite; a.dig.ma. äußerer Pigmentmantel; az.sz. Augenstiel; aze.sZ.ep. Augenstielepithel; ax.z. Achsial- fibrille; ds. Bindegewebe; co. Cornea; di.Se.2.k. distaler Sehzellen- kern; di.Se.z.Sch. distale Sehzellenschicht; di.zw.z. distale Zwischenzellen ; 2.pig.Sch. innere Pigmentschicht; Z%. Linse; Zy.rn. Lymphraum; »z.%. Muskel- fibrillen; 022. Optieus; Zrae.au.rm. präretinaler Augenraum; pr.au.rm. pPro- ximal gelegener Augenraum; ?r.Se.z.sch. proximale Sehzellenschicht; 27.2.2. proximale Zwischenzellen; ra.disz. ramus distalis; ra.drox. ramus proximalis; sd.co. Subeornea; std. Stäbchen; szd.2. Stäbchenzelle; s75.2.2. Stäbchenzellkern ; Zap. Tapetum (Argentea); zw.sösz./g. Lage der Zwischensubstanz. den inneren Organpartien dar. Eine zweite, dieser ersten dicht anliegende Kapsel tritt uns in einer aus Bindegewebe (eine Fort- setzung des den Achsenzylinder des Augenstiels ausfüllenden Füll- gewebes) bestehenden dünnen Hülle entgegen. Diesen Gewebe- Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 49 streifen treffen wir unter der Innenwandung des äußeren Pigment- mantels. Wir können ihn weiterhin, der Innenwand der Cornea angelagert, in der Form einer dünnen Gewebslamelle verfolgen. Diese unter der Cornea gelegene „gewebige Schicht‘ wird als Subcornea (innere Cornea, Pellucida interna) bezeichnet. Einen weiteren Bestandteil des dioptrischen Apparates bildet die Linse (/.), ein am entwickelten Sehorgan scharf umgrenzter Zellkomplex. Die Linse ist am Pecten-Auge von bikonvexer Ge- stalt, grenzt mit der einen distalen, weniger gewölbten Fläche an die innere Wandung der Subcornea, ragt mit der anderen, stark ge- wölbten Fläche in einen geräumigen und gewebefreien Raum, der seiner Lage nach als präretinaler Augenraum (Prae.r.au.rm.) bezeichnet werden dürfte. Am Aufbau der Linse beteiligen sich eine ‘große Zahl von Zellen, die in ihrer dicht gedrängten Aneinander- lagerung sich gegenseitig abzuflachen oder abzuplatten scheinen. Flach zusammengedrückt und langgestreckt erscheinen vor allem die peripher gelagerten Zellelemente der Linse, besonders die dem proximalen Linsenrande angelagerten. Die das Zentrum der Linse einnehmenden Elemente sind durch einen mehr ausgebreiteten, ge- wöhnlich polyedrischen Zelleib ausgezeichnet, in dessen fein granu- liertem Plasma der Kern eine exzentrische, oft ausgesprochen rand- ständige Lage aufweist. Sämtliche Linsenzellen lassen eine deut- liche Zellmembran erkennen. Der präretinale Augenraum breitet sich einerseits zwischen Linse und Retina, andererseits zwischen den seitlichen Wandungen der dem äußeren Pigmentepithel angelagerten Binde- gewebskapsel aus. Den Grund und Boden dieser Höhlung bildet die distale Fläche der Retina, das Dach die proximale Linsen- kurvatur, und endlich die Seitenwandungen die direkte Fort- setzung des Augenstielbindegewebes. An diese Hohlkammer grenzt die Retina, der rezipierende Organteil des Auges. Sie repräsentiert einen wiederum deutlich ab- gegrenzten und scharf umschriebenen Zellkomplex, dessen äußere Umgrenzung auf dem Schnittbild einer einseitig in der Breit- achse eingebuchteten Ellipse gleichkommt. Die beiden peripher ausgezogenen Pole der Ellipse stoßen an die Wandungen der inneren Bindegewebskapsel. Die Retina als Ganzes kann nach der Schilderung eines früheren Autors mit einem gefüllten Teller verglichen werden, dessen konkave, in den Randpartien auf- steigende Oberfläche der Linse zu gerichtet ist, dessen peripherer Rand an das Bindegewebe des Augenstiels stößt. 4 50 Einführung. In ähnlicher Weise, wie die distale Außenfläche, nimmt auch die proximale Innenfläche der Retina an der Begrenzung eines Hohlraumes teil, welcher im Gegensatz zur präretinalen Augenkammer in Form einer schmalen und engen, zwischen Retina und innerer Pigmentschicht (tr. Pig. sch.) sich öffnenden Spalte (dr. au. vm.) auftritt. Geschlossen erscheint der Spaltraum da, wo Retinarand und inneres Pigmentepithel aneinander stoßen, also zu beiden Seiten des Augententakels. In diesem vielleicht nur auf mechanischem (künstlichem) Wege zustande gekommenen Spaltraum — er findet sich an allen Präparaten ohne Ausnahme — befindet sich, bald mehr der Retinawandung angelagert, bald mehr der Innenwand des pigmentierten Epithels aufliegend, eine dünne, kaum färbbare, stark lichtbrechende und eigenartig strukturierte Schicht, die als schmales Band — in Wirklichkeit schalenartig — die Retina auf der Unterseite umschließt. Diese Schicht ist das Tapetum (faf.) (Argentea), das leicht an seiner wie gesagt eigentümlichen, in einer flächenhaften Schichtung aus- seprägten Struktur erkenntlich ist. Eine Reihe aufeinander liegen- der dünner Blättehen scheint das Tapetum aufzubauen, dessen starkes Lichtbrechungsvermögen der genannten Schicht einen charakteristischen metallischen Glanz verleiht. Auf das Tapetum folgt eine einschichtige Lage von Zellen, die den Augenhintergrund darstellende innere Pigmentschicht (1. Big. sch.). Sie ist gleichsam ein Gegenstück zum äußeren Pig- mentmantel und nimmt, in Schalenform ausgebildet, Retina und Tapetum in sich auf. Die Pigmentierung dieser Schicht ist nicht so ausgesprochen wie diejenige des äußeren Pigmentmantels (diffe- rentes Verhalten der Granulae gegenüber Farbstoffen). Der Opticus und sein Verlauf im Augententakel: Der Optieus (oft£.) verläuft als mächtiger Faserstrang ungefähr in der Längsachse des Augententakels. Sämtliche Fasern des Sehnerven stehen mit dem Viszeroparietalganglion in Verbindung. Die Mehr- zahl der Opticusfasern hat zu diesem direkte Beziehung (DAkın). Eine geringe Zahl stammt vom Circumpallialnerven, aus dessen Faserbündel sie austreten, wobei sie sich den anderen beigesellen. Der im Augenstiel geschlossen und ziemlich axial verlaufende Seh- nerv teilt sich in einiger Entfernung unterhalb des Augenbechers in zwei nicht völlig gleich starke Nervenäste, in einen etwas dünneren Ramus proximalis (ra. drox.) und einen um weniges dickeren Ramus distalis (ra. disi.).. Der Ramus proximalis behält in seinem weiteren Verlauf (von der Zweigstelle weg) die vom Ge- Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 51 samtnerven eingeschlagene mediane Richtung bei, teilt sich an der proximalen Augenwandung in zahlreiche Fasern auf, die all- seitig an der äußeren Wand des Augenbechers emporsteigen und, nach der Augenachse umbiegend, einen Teil der Retinaelemente innervieren. Auf einem Längsschnitt könnte es den Anschein erwecken, als ob der Ramus proximalis sich an der Wand des Augen- bechers wiederum in zwei dünne Seitenäste spalte, die an den Seiten der Augenwandung rechts und links hinaufsteigen. In Wirklich- keit strahlen, wie Querschnitte deutlich zeigen, die Fasern radiär nach allen Seiten an der Außenwand des Pigmentbechers aus. Der Ramus distalis ist ein seitwärts abzweigender Ast des Tentakelnerven, der als geschlossenes Faserbündel einseitig zwischen innerer Augengrenzwand (bag. Rp.) und äußerem Pismentmantel an der der Schalenklappe zugekehrten Seite des Augententakels empor- steigt. Hat er die Höhe des distalen Tellerrandes erreicht, so biegt er, der Außenfläche der Retina nunmehr anliesend, um 90° nach Innen um. Mit anderen Worten: der distale Nervenast tritt unter Umbiegung direkt in den Augenbulbus. Der der Retinafläche aufliegende Nervenast rückt bis in die Mitte der Augenhöhle vor, wo er sich alsbald verbreitert und in einzelne Fasern aufteilt. Fassen wir kurz das Gesagte zusammen, so haben wir am Pecten-Auge folgende Organteile auseinanderzuhalten: 1. Einen äußeren Pigmentmantel (die Fortsetzung des ein- schichtigen, pigmentfreien Tentakelepithels), 2. eine über dem Auge gelegene pigmentfreie Zone, die Cornea, 3. eine zellige, bikonvexe Linse, 4. einen präretinalen Augenraum, 5. eine tellerförmige Retina, 6. einen hinter der Retina auftretenden schmalen Spaltraum, 7. ein Tapetum (Argentea), 8. eine einschichtige, den Hintergrund des Auges darstel- lende Pigmentschicht, 9. einen Optieus, der sich in zwei Äste teilt, in einen Ramus. proximalis und in einen Ramus distalis. b) Der histologische Aufbau und die Innervierung. (Textfig. 9; Tafel II Fig. 4.) Nach dieser Orientierung über den allgemeinen Aufbau der Sehorgane wollen wir zu einer Besprechung der anatomisch- histologischen Verhältnisse an der Retina übergehen. Hierbei 4*F 52 Einführung. soll wie angekündigt zunächst nur dasjenige Berücksichtigung finden, was die Forschung an einwandireiem Tatsachenmaterial ergeben hat. Sind wir darüber unterrichtet, so ergeben sich dann von selbst die noch offen stehenden Forschungsprobleme. Die relativ einfachen Verhältnisse, wie wir sie an den Seh- organen der Weichtiere fast durchgängig angetroffen haben, und wie sie auch an einer Reihe von Sehorganen anderer Wirbel- losen wiederkehren, sind, wenigstens am erwachsenen Pecien-Auge, in bezug auf den histologischen Bau der Retina nicht mehr ge- wahrt. Vielmehr hat hier eine weitgehende Komplizierung Platz gegriffen, welche in folgenden Eigentümlichkeiten ihren Aus- druck findet: Während wir bei den verschiedenen Typen von Sehorganen bei den Mollusken stets eine von einer einzigen Zellenlage ge- bildete Retina trafen, so tritt uns hier am Pecien-Auge eine Retina entgegen, bei der der einschichtige Charakter nicht mehr gewahrt ist. Am Aufbau der Sehzellenschicht beteiligen sich sodann eine große Zahl von Zellelementen, die hinsichtlich ihrer Form, Größe, Ausgestaltung und ihres färberischen Verhaltens recht verschieden- artige Gebilde darstellen. Damit im Zusammenhang sei nochmals an das eigentümliche Verhalten des Sehnerven erinnert, von dem “ wir ja erfahren haben, daß er sich in zwei Äste teilt. Jedem der beiden Teilstränge fällt die Versorgung einer ganz bestimmten Gruppe von Zellelementen zu, was von vornherein eine einfache Innervierung ausschließt. Die Retina der Pecien-Augen ist zweischichtig. Sie setzt sich zusammen aus einer proximalen dem inneren Pigment- epithel zugekehrten Schicht (Pr. Se.2.sch.) und einer distalen, der Linse genäherten Zellage (di. Se. 2. sch... Jede dieser beiden Schichten stellt eine einzige Lage von Zellen dar. Die Gesamtform der Retina wurde, wie erwähnt, von HENnsENn mit einem „gefüllten Teller“ verglichen. Die beiden Schichten wahren diesen Formcharakter, so daß die beiden die Retina aufbauen- den Zellagen, wenn wir an diesem Bilde festhalten wollen, zwei in- oder aufeinander stehende Teller repräsentieren, wobei der tiefer gelegene „‚Teller‘‘ mit seinem schief gestellten Rande den höher gelegenen in sich aufnimmt. In einem medianen Längsschnitt durch ein erwachsenes Auge imponiert vor allem die proximale Schicht. Sie ist bedeutend mächtiger als die distale und nimmt etwa zwei Drittel des Gesamtvolumens der Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 53 Retina ein. Die distale Fläche der äußeren Schicht ist gegen den Hohlraum der Linse gerichtet, die proximale Fläche der unteren Schicht gegen das Tapetum und das innere Pigmentepithel. Nach- dem wir die beiden Schichten in ihren Lagerungsverhältnissen kennen gelernt haben, wollen wir die Zellelemente betrachten, die sie aufbauen und ihre Anordnung in den Epithelien studieren. In den Sehorganen der meisten Vertreter der Weichtiere finden wir als typische Elemente im Bereich der Retina zwei Arten von Zellen: einerseits Sinneszellen, die mit der Perzeption von Lichtreizen betraut sind, andererseits zwischen die Sinneszellen ge- schaltete Elemente, Stützzellen, Sekretzellen, Schalt- oder Zwischen- zellen. Beide Arten von Zellen finden wir auch in der Retina des Pecten-Auges. Als weitere Komponenten gesellen sich noch Zellen hinzu, die wir auf Grund ihres morphologischen Verhaltens vor- läufig als „‚Bürstenzellen‘‘ bezeichnen möchten. Die Zellelemente der Retina am Pecten-Auge sind demnach: 1. Stäbchenzellen, 3. Zwischenzellen, 3. Bürstenzellen. Die Verteilung dieser drei Zellarten auf die beiden retinalen Schichten ist so, daß die Stäbehenzellen lediglich auf die proximale Innenschicht, die Bürsten- zellen lediglich auf die distale Außenschicht fallen. Die Zwischen- zellen verteilen sich auf beide Schichten, auf die Innenschicht und Außenschicht. In ersterer treffen wir Bürsten- und Zwischen- zellen, in letzterer Stäbehenzellen und Zwischenzellen. Die proximale Schicht (Innenschicht) der Retina. Die Zellelemente, welche die proximale Schicht aufbauen, sind die Stäbchenzellen (sid. 2.) und die sie umscheidenden Zwischenzellen (Pr. zw. z.).. Am Schnittpräparat springen vor allem die Stäbchenzellen in die Augen mit ihrem schmalen schlanken Zelleib. Von den Zwischenzellen läßt sich zumeist nur der Kern wahrnehmen, der zwischen den Seitenwandungen zweier Stäbchenzellen, von diesen gleichsam eingeenst, hervortritt. Die Stäbchenzellen sind außerordentlich schlanke Gebilde, an denen ein länglicher Zelleib und ein terminaler Abschnitt, das Stäbehen (stb.) unterschieden werden kann. Die freien Enden der Stäbchenzellen schauen gegen das Tapetum; sie sind also nach Innen gekehrt. Der stäbchenführende Abschnitt liegt in der Längsachse des Auges oder ihr parallel. Der Rest der Zelle biest unter einem mehr oder weniger eroßen Winkel von der optischen Achse ab und strahlt gegen den Rand der Retina. Die 54 Einführung. Anordnung der also geformten Stäbchenzellen ist in der Retina nicht regellos: die eine Hälfte der Stäbchenzellen biegt nach der einen Seite, die andere Hälfte nach der anderen Seite ab. Verschieden sind die randständigen Stäbchenzellen von den in der Mitte des Sehareals gelegenen. Das aufsteigende Zellstück der letzteren ist kurz, das seitwärts abbiegende lang. Um- sekehrtes trifft für die randständigen Stäbchenzellen zu, bei denen der aufsteigende Abschnitt größere Dimensionen annimmt als der absteigende. Je weiter sich eine Stäbchenzelle von der medianen Längsachse des Auges entfernt, um so größer ist der aufsteigende Teil, um so kleiner der abbiegende Abschnitt. Für das Stäbchen gilt die Hrssesche Definition: „Das Stäb- chen stellt einen äußeren, anatomisch einfach abtrennbaren Teil der Sehzelle dar, der die rezipierende Endigung enthält, auber dieser noch als weiteren Bestandteil lebendes Plasma umfaßt.“ Das Plasma der Zelle geht am inneren Zellende direkt in das Stäb- chen über und zwar ohne daß durch eine starke Einschnürung die Grenze der beiden Abschnitte scharf angedeutet wäre. Was den Bau des „Sehstabes‘“ anbetrifft, so muß gesagt werden, daß er dem im übrigen Zelleib ausgeprägten entspricht. Das Stäbchen : folgt der schlanken Gestalt seiner Stammzelle. Die Form ist die eines länglichen, am freien Ende abgerundeten Zapfens, der sich gegen die Ansatzstelle am Zellkörper etwas verbreitert. Verfolgen wir die Stäbchenzelle in ihrem weiteren Verlauf, so sehen wir, wie sie schmäler und schmäler wird und sich endlich in einen feinen Faserfortsatz auszieht. Vor dem Übergang in den Faser- fortsatz liest der ovale, der Zellrichtung gleichgelagerte, nuklein- reiche Kern (sib. z. k.). Die Lage der Kerne in den Stäbchenzellen entspricht dem Verlauf, der Anordnung und der Gruppierung der Sehzellen in der Retina. Sämtliche Zellkerne der Stäbchenzellen fallen in den peripheren Bezirk der Retina. Auf einem Schnitt- präparat treten die Kerne der Stäbchenzellen dicht nebeneinander zu beiden Seiten der Retina auf. Die im mittleren Bereich der Stäbchenzellage vorkommenden Kerne gehören nicht zu den Stäbchenzellen, sondern zu den zwischen diesen gelagerten Zwischen- zellen, von denen noch die Rede sein wird. Bei Anwendung spezifischer Färbungsmethoden sehen wir sowohl in den Stäbchen als auch im übrigen Abschnitt der Stäbchen- zelle eine Fibrille (axfz.) verlaufen. Diese durchzieht die Stäbehen- zelle in ihrer ganzen Länge. Die Fibrille geht im weiteren Verlauf in den Zellfortsatz der Stäbchenzelle über. Als dünne Faser verläßt Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 55 sie den Zelleib und gesellt sich zu den anderen Fasern, welche aus den benachbarten Stäbchenzellen austreten. Sämtliche aus den Stäbchenzellen austretenden Fibrillen bilden zusammen den Strang des proximalen Nervenastes. Die im Innern der Stäbchenzellen verlaufenden Fibrillen sind nervöse Elemente, Neurofibrillen. Sie stehen im Dienste der Lichtrezeption und der Leitung photischer Reize. In den Stäbchenzellen zeigt die Fibrille das für die leitenden Elemente typische Verhalten: In korkzieherartigen Windungen schlängelt sie sich durch das Plasma des Stäbchens und des Zellkörpers. Besonders deutlich treten diese Windungen im Stäbchen auf, wo die Fibrille gewöhnlich dieker erscheint als im Zelleib. Ausgezeichnet ist des weiteren im Stäbchen die Neurofibrille durch eine besondere Verdiekung, die uns in Form eines Endknötchens entgegentritt. Die Stäbchen der Stäbchen- zellen sind umgeben von einer zusammenhängenden, homogenen, kernlosen Masse, der sogenannten Zwischensubstanz (zw. sbst. lg.). Die Stäbchen sind in diese gleichsam eingebettet; sie tauchen, wie man sich auch ausdrücken könnte, in dieselbe hinein. Diese färberisch gewöhnlich dunkle Zwischensubstanz läßt die mit hellem Plasma ausgerüsteten Stäbchen mit aller Deutlichkeit her- vortreten. Außer den Stäbchenzellen finden sich noch in der proximalen Schicht die sogenannten Zwischenzellen (Pr. zw.z.), Elemente, die wie der Name besagt zwischen die eben beschriebenen Zellen im Epithel eingeschaltet sind. Deutlich treten auf einem Schnitt- präparat gewöhnlich nur die Kerne dieser Zwischenzellen hervor. Ihre Lage ist eine andere als die der Stäbchenzellkerne. Letztere ruhen, wie erwähnt, im schmalen engen Zellhals, in demjenigen Abschnitt der Stäbchenzellen, der zum fibrillären Zellfortsatz überleitet. Da der Zelleib der Stäbchenzelle gegen die Peripherie der Zellschicht abbiegt, so kommen die Zellkerne, um zu wieder- holen, gruppenweise an den Rand der proximalen Retinaschicht zu liesen. Das mittlere Areal der retinalen Schicht bleibt somit von Stäbchenzellkernen frei. Die Zellkerne, welche auf einem medianen Schnitt in dieser Zone angetroffen werden, gehören ausschließlich den erwähnten Zwischenzellen an. Auf günstig ge- führten Schnitten erblickt man in der Regel zwischen je zwei Stäbchenzellen einen Zwischenzellkern und zwar meistens auf der Höhe des Übergangs von der Stäbehenzelle in den Stäbchenab- schnitt. Doch können auch die Kerne der Zwischenzellen von diesem Grenzniveau mehr oder weniger entfernt liegen, doch 56 Einführung. befinden sie sich immer über der erwähnten Grenzlinie, nie unterhalb derselben, also nicht zwischen den Stäbchen in der Zwischensubstanz. Auch in der Gestalt und dem strukturellen Verhalten nach unterscheiden sich deutlich die Zwischenzellkerne von den Kernen der Stäbchenzellen. Letztere sind bläschenförmig, zeigen im Innern ein deutliches Kernkörperchen, welches die Chro- matinsubstanz in regelmäßiger Verteilung umgibt. Die Kerne der Zwischenzellen sind etwas kleiner, gewöhnlich auch schmäler als die der Stäbchenzellen und färben sich mit Hämatoxylin-Farbstoffen meist intensiver als diese. Die Kernsubstanz der Zwischenzellen erscheint an den Retinae gewisser Pecten-Spezies (z. B. P. jacobaeus) als homogene, kompakte Masse, mit welcher der schlanke Kern „vollgestopft‘‘ ist. Ein Kernkörperchen ist äußerst selten wahrzu- nehmen. Vom Plasmaleib der Zwischenzellen ist wenig zu sehen. Er verläuft als faden- oder membranartiges Gebilde zwischen den Seitenwandungen der Stäbchenzellen. Die Stäbchenzellen reihen sich so dicht aneinander, daß die seitlichen Wandungen derselben den fadenförmigen Zelleib der Zwischenzellen hart umerenzen, in der Weise, daß die drei membranösen Teile bisweilen als eine ver- dickte Zellmembran uns entgegentreten. Nur der Kern der Zwischen- zelle ist von einem, allerdings schmalen Plasmahof umgeben. Der fadenartige Zelleib der Zwischenzelle folgt dem Verlauf der Stäbchenzellen. Er erstreckt sich nicht in die Zwischensubstanz. Das Bild vom regelmäßigen Bau der proximalen Retinaschicht, wie es durch die Wechselfolge von Stäbchenzellen einerseits und Zwischenzellen andererseits in dem mittleren Sehareal sich ergibt, wird an den Randzonen der Retina freilich etwas verwischt. Zunächst sind es die Stäbchenzellen selbst, welche im Vergleich zu den median gelegenen Zellelementen in ihrer äußeren Form abweichende Verhältnisse aufweisen. Je mehr sich die Stäbchen- zellen von der Augenachse entfernen, um so kürzere Stäbchen- bildungen weisen sie für gewöhnlich auf. Schließlich ist die Stäbchenzelle mangels eines Stäbchens zu einer einfachen Sehzelle geworden. Der Zelleib endist am proximalen Rande der inneren Retinaschicht ohne Stäbchenbildung. Auch die Zwischensubstanz erstreckt sich nicht mehr auf diese periphere Zone. Die distale Schicht (Außenschicht) der Retina. Wenden wir uns nunmehr der distalen Schicht zu! Auch sie stellt eine einzige Lage von Zellen dar, an deren Aufbau sich Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 57 zweierlei Elemente beteiligen: einerseits sogenannte „Bürsten- zellen‘ (di. Se. z. k.), andererseits Zwischenzellen (di. zw. z.). Letztere sind zwischen die ersteren wechselweise eingeschaltet, ähn- lich wie wir es in der proximalen Schicht gesehen haben. Bei Be- trachtung eines Schnittpräparates durch die Retina fallen in der Außenschicht vor allem die Bürstenzellen in die Augen; von den Zwischenzellen imponieren wiederum auf unserem Längs- schnitte nur die Kerne. Die Bürstenzellen füllen die mulden- artige Vertiefung der proximalen Retinainnenschicht aus und erheben sich über diese mit ihren distalen Zellabschnitten. Die mittelständigen Zellen sind parallel zur optischen Achse gerichtet; die mehr peripher gelagerten stehen zur Achse schief, in der Weise, daß sie gegen die Linse dicht zusammen- treten und eine leicht konkave Außenfläche begrenzen. Die Anordnung der Bürstenzellen in der Außenschicht ist wie die Anordnung der Stäbchenzellen eine epithelartige, wobei die Ele- mente sich folgendermaßen in den Epithelverband einfügen: die kernführenden Teile sind den Stäbchenzellen, die bürstentragenden Fortsätze der Linse zugekehrt. Wo die Zellen die Tellerwandung der unteren Retinaschicht berühren, zeigen sie eine mehr oder weniger deutliche Abrundung, da, wo der Kern liegt, zuweilen eine keulenförmige Erweiterung. Distal von jeder Zelle erhebt sich ein Bündel äußerst feiner, fadenartiger Fortsätze, ein „Bürsten- pinsel‘, wie wir diesen Zellbesatz vorläufig benennen können. Da, wo die einzelnen Bürstenhaare die Zelle verlassen, liest eine Reihe scharf abgesetzter, stark tingierbarer Körperchen, die saumartig den Ansatz des Bürstenschopfes umstellen. Die Außenfläche einer einzelnen Zelle ist meist etwas nach Innen gewölbt. Dieser Einwölbung pflegen auch die „Basalkörperchen‘ in ihrer Anord- nung zu folgen. Im Innern der Bürstenzelle verlaufen äußerst feine, zur Reihe der Basalkörperchen ziehende Plasmafibrillen. Diese intrazellulären Fibrillen treten nur im distalen Zelldrittel hervor. Die Kerne der Bürstenzellen unterscheiden sich deutlich von den Kernen der uns von der proximalen Retinaschicht her bekannten Zellelemente (Stäbchen- und proximalen Zwischenzellkernen) und von den Kernen der noch zu besprechenden eingeschalteten distalen Zwischenzellen. Der Kern der Bürstenzellen übertrifft alle anderen in der Retina vorkommenden Kerne an Größe. Er hat eine rund- liche Gestalt. Die Chromatinsubstanz erfüllt in gleichmäßiger Verteilung das Zellinnere und nicht selten ist ein deutliches, meist zentral gelesenes Kernkörperchen wahrnehmbar. 58 Einführung. Die in der distalen Bürstenzellschicht eingelagertenZwischen- zellen (di. zw. z.) unterscheiden sich deutlich von den sie um- scheidenden Bürstenzellen. Die Verschiedenartigkeit der beiden in der distalen Zellage vorkommenden Zellelemente tritt augen- scheinlich noch mehr hervor als in der proximalen Retinazone. Die Zwischenzellen der distalen Zellage zeigen eine große Ähnlich- keit mit den gleich benannten Zellelementen der proximalen Retina- schicht. Die Lage des Kerns der die Bürstenzellen begleitenden Zwischenzellen ist eine wechselnde. Häufig liest der Kern an der „Basis“ der Bürstenzellen, an derjenigen Stelle, wo die Wan- dungen zweier benachbarter Zellen etwas auseinander weichen. Doch liegt der Zwischenzellkern manchmal mehr distal zwischen den Bürstenzellen (auf halber Zellhöhe zwischen den Seiten- wandungen derselben). : Zellkern und Zelleib zeigen im großen und ganzen dieselben Eigentümlichkeiten, die wir bei Betrach- tung der Zwischenzellen aus der proximalen Zellage festgestellt haben: Der Kern ist schmal und flachgedrückt, färbt sich mit allen Kernfarbstoffen intensiv dunkel. Die Kernsubstanz hat meist ein homogenes Aussehen. Erst bei näherer Betrachtung (bei Zuhilfenahme starker Vergrößerung) wird man des Plasmahofes gewahr, der den Kern allseitig umgibt. Der übrige Teil des Zell- leibes ist wiederum dünn, schmal und fadenförmie. Über die distale Bürstenzellschicht zieht eine dünne Membran, das sogenannte Augenseptum!). Es überdeckt den ganzen Zell- komplex der Bürstenzellen (zuweilen auch noch die Stäbchenzell- schicht in ihrer peripheren Randzone). Dem Septum aufgelagert verläuft, wie schon erwähnt, der als ansehnlicher Faserstrang imponierende Ramus distalis des Opticus (ra. dist.). Er zieht bis in die Mitte der Augenhöhle als geschlossener, gleichmäßig dicker Nervenstrang, verbreitert sich dann über den median gelegenen Bürstenzellen, wo eine Auflösung oder Aufspaltung des Sehnerven- astes in die einzelnen Komponenten stattfindet, welche als Fibrillen das Septum durchbrechen, um in Beziehung zu den Zellen der Retina zu treten. Die Schilderung von der allgemeinen Anatomie des Pecten- Auges und die Darstellung, die wir von den strukturellen Ver- hältnissen der Retina gegeben haben, entwerfen im großen und ganzen ein Bild vom Gesamtaufbau des Sehorgans, wie es auf 1) In unsern Figuren nicht eingezeichnet. Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 59 Grund übereinstimmender Forschungsresultate heute gegeben wer- den kann. Wir haben uns bestrebt, nur dasjenige bei dieser Be- schreibung zu verwenden, was als sicher festgestellt erachtet werden darf. Die Fortsetzung unserer Ausführungen läge nun- mehr in einer Darstellung der Innervationsverhältnisse am Pecten- Auge. Es würde sich des weiteren darum handeln, klarzulegen, wie die Fibrillen des Sehnerven zu den Zellelementen der Retina sich verhalten. Teilweise haben wir freilich diesen Punkt schon berührt, früher nämlich, als es sich um die Schilderung des Verlaufs des Sehnerven und den intrazellulären Bau der Stäb- chenzellen handelte. Wir wiederholen: Charakteristisch für das Pecten-Auge (übrigens auch für die Sehorgane am Mantelrande der Spondyliden) ist eine Zweiteilung des Opticus unterhalb der proximalen Augenwandung (inneren Pigmentschicht) in einen Ra- mus proximalis und in einen Ramus distalis. Während der Ramus distalis lateral vom Hauptstamm abzweigt und in seinem weiteren Verlauf über das Septum der Retina zu liegen kommt, treten die zum proximalen Aste gehörenden Fasern zunächst in einem geschlossenen Strang hart an die Augenbecherwandung heran, steigen dann aber allseitig an ihr herauf und innervieren die mit ihren Stäbchenabschnitten dem Lichte abgewandten invertierten Stäbchenzellen. Die einzelnen Fasern des proxi- malen Astes gehen unmerklich in die schmalen, fadenartigen Zellfortsätze der Stäbchenzellen über und treten in ihrem Innern, sowohl im eigentlichen Zelleib als auch im Stäbchenabschnitt als optisch isolierbare Einheiten in Form von Primitivfibrillen auf. Demnach ist die Stäbchenzellschicht eine Lage von Sehzellen, deren nervöse Elemente im direkten Zusammenhang mit den Nervenfasern des distalen Sehnerven stehen. Die durch den Zell- fortsatz der Stäbchenzelle eintretenden Neurofibrillen endigen frei im Stäbchen der Stäbchenzellen. Im Neurofibrillenende haben wir in Übereinstimmung mit ganz ähnlichen Verhältnissen an anderen Sehzellen (beispielsweise an den Sehzellen der Cephalopoden-Retina) den eigentlichen Rezeptor (Transformator) und Duktor des Licht- reizes zu erblicken. Da die rezipierenden Elemente der Licht- quelle abgewandt sind, so muß diese Schicht von Sehzellen als invertierte Sehzellenschicht bezeichnet werden, deren Innervierung lediglich dem proximalen Nervenaste zukommt. Den Zusammenhang der Nervenfasern des Ramus proxi- malis mit den Axialfibrillen der Stäbchenzellen hat schon HENsEN richtig erkannt. Sämtliche in der Folgezeit an Sehorganen bei 60 Einführung. Pecten angestellte Untersuchungen sprechen mehr oder weniger zu Gunsten der Hensenschen Beobachtung. Auch unsere eigenen diesbezüglichen Befunde decken sich in dieser Hinsicht durchaus mit denen früherer Autoren. Wir sind deshalb berechtigt, in diesem Umfange die Innervationsverhältnisse als sicher ermittelte hin- stellen zu dürfen. Anders steht es freilich um den distalen Nervenast und sein Innervationsgebiet. Bei unseren Ausführungen haben wir die Frage offen gelassen, auf welche Weise der Eintritt der von dem distalen Aste des Sehnerven abgehenden Nervenfasern in die Retina erfolst, ob diese Fasern zu sewissen Zellen oder Zellkomplexen in nähere Bezie- hungen treten, obessich um freie Endigungen von Neuro- fibrillen in der Retina handelt, ob die Endigungin den Zellelementen der distalen Retinaschicht selbst statt- findet usw. Der Entscheid dieser Fragen ist für die funktionelle Bedeutung der die distale Retinazellage aufbauenden Zellelemente von prinzipieller Wichtigkeit. Dies sind nun aber gerade die noch strittigen und unabgeklärten Punkte, an die wir die vorliegende Untersuchung anzuschließen hatten. Die Schwierigkeiten lagen einmal im Objekte selbst, sodann in der Auffindung und Anwendung spezieller Untersuchungsmethoden, welche dieses erheischte. Deshalb ist es auch nicht allzu sehr verwunderlich, daß die Darstellungen früherer Autoren, soweit sie sich auf die Struktur und Innervation der Retina erstrecken, von den neuesten Schilderungen wesentliche Abweichungen zeigen und Befunde enthalten, die mit neueren Resultaten nur schwer oder überhaupt nicht zur Deckung gebracht werden können. Es bedurfte eben einer Reihe von Einzelbeobachtungen, um die hier waltenden komplizierten Verhältnisse zu klären. Wenn es uns heute gelungen ist, auf die Frage nach der Innervation in vollem Umfange eine, wie wir glauben, endgültige Antwort zu geben und die Beziehungen zwischen den Fibrillen des distalen Sehnervenastes und den retinalen Zellelementen zu ermitteln, so haben wir das zum größten Teil den zahlreich vorausgegangenen, zweifelsohne wegebnenden Arbeiten der Forscher zu verdanken, die uns erst ein weiteres Vordringen ermöglichten und nicht zum mindesten. einem reichen und schönen Untersuchungsmaterial, wie es eben nur eine Station wie diejenige zu Neapel zur Verfügung zu stellen in der Lage ist. Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 61 5. Verschiedene Ansichten über die Innervierung der Pectenretina. Bevor wir auf unsere eigenen Untersuchungen eintreten, wollen wir in möglichst übersichtlicher Weise die Hauptresultate zusammenfassen, zu denen frühere Autoren gelangt sind. Dies scheint uns um so eher angebracht, als unsere Untersuchungen nur ein Glied in einer langen Reihe von Untersuchungen darstellen, die ohne die einschlägigen Befunde der Vorgänger kaum zu einem befriedigenden Abschluß geführt hätten. Wir beabsichtigen in folgendem einige der Anschauungen über die Innervationsweise und den histologischen Aufbau der Pecten-Retina in Erinnerung zu bringen (Tafel I und II). Aufbau und Innervation der Pectenretina nach der Darstellung von V. HeEnseEn (1865). (Tafel I, Fig. 1.) Wie in der allgemeinen Literaturübersicht schon hervor- gehoben, gebührt V. Hrnsen das Verdienst, die erste treffliche Analyse der Pecten-Retina gegeben zu haben. Schon 1865 ist es diesem Forscher im Anschluß an eine Untersuchung über optische Sinnesorgane bei den Cephalopoden mit den damals gewiß recht bescheidenen Untersuchungsmethoden gelungen, einen gründlichen Einblick in die Bauverhältnisse der Pecien-Augen, ganz besonders in die der Retina zu erhalten. Im großen und ganzen erwiesen sich die von HEnsen aufgestellten Feststellungen in der Folge als richtig. Jedenfalls kommt das Bild vom Gesamtaufbau der in Rede stehenden Sehorgane dem von uns gezeichneten und den wahren Verhältnissen entsprechenden nahe. Auch die Dar- stellung vom Bau der Retina enthält eine Reihe richtiger Beob- achtungen. Untersucht wurden von HEnseEn die Augen am Mantel- rande der Kammuschel Pecten jacobaeus. In der „hinteren Augen- abteilung‘ stellte Hensen fünf Zellschichten fest, wovon drei auf die Retina selbst entfallen. Es sind dies von hinten nach vorn: 1. die sogenannte erste Zellschicht, 2. diesogenannte zweite Zellschicht(,‚Stäbchenzellschicht‘ der späteren Autoren), 3. die Stäbchenschicht. Die erste Zellschicht besteht aus einer ein- oder zwei- schiehtisen Lage von meist spindelförmigen Zellen, welche mit 62 Einführung. dem einen zugespitzten Ende dem Septum — einer unter dem Ra- mus distalis gelegenen Membran — anhangen. Das andere, ent- gesengesetzte Ende ist der Retina zugekehrt. Außer diesen spindelförmigen Zellen sollen übrigens auch noch Elemente in der Retina vorkommen, die an dem einen Ende — es ist dem Septum zugekehrt — eine Abflachung zeigen. Die zweite Schicht . der Retina wird dargestellt von einer einzigen Lage von Zellen, die sämtlich auf ungefähr derselben Höhe mit „abgeflachter Seite‘ endigen, in der Weise, daß, ihrer Anordnung zufolge, eine scharfe Grenzlinie proximad angedeutet wird. Die gegenüberliegenden, zugespitzen Zellenden divergieren von der Mitte der Zellschicht gegen die Peripherie der Retina, wo die Schicht noch besondere Wulstbildungen aufweisen soll. Die dritte Schicht, die „Stäb- chenschicht‘“, deutet HEnsen als perzipierende Zellage. Die Stäbchen stimmen ihrem morphologischen Verhalten nach mit den ‘gleichnamigen Gebilden an der Cephalopoden-Retina überein. Die mittleren Stäbchen verlaufen gerade, die seitlichen gekrümmt. Niemals sind in dieser Stäbchenschicht Zellkerne nachzuweisen. Die schon von Kroun 1843 gemachte Feststellung bezüg- lich einer Teilung des Optieus in zwei Äste und des Verlaufs derselben fand in der Hznsenschen Untersuchung eine Bestäti- gung. Der „vordere Ast‘ zieht quer über die Fläche der Retina und teilt sich, in der Mitte angelangt, in Fäserchen auf, die das unter dem Nerven gelegene Septum durchbrechen, um zu den Zellen der „ersten Zellenschieht‘‘ zu treten. Die Zellen der ‚zweiten Schicht‘ treten in Beziehung zu den Fasern ‚‚des hinteren‘ Nerven; der Zellausläufer geht so kontinuierlich in den Nerven über, „daß man nicht sagen kann, wo der eine anfängt und der andere aui- hört“. Einige Fasern treten auch in die Seitenwülste und ver- binden sich mit den ihnen angelagerten, niedrig gewordenen Zellen der zweiten Schicht. Im Stäbchen erblickt Hensen schon einen deutlichen „Zentralfaden“. Die Zellen der ersten Schicht zeigen auch an dem vom Septum abgewandten Ende einen faden- förmigen Fortsatz, welcher von den Zellen, die in der Mitte der Retina liegen, zu den Stäbchen, von den lateral gelegenen Zellen in die Retinawülste zieht. Was den Verlauf der proximalen Zellfasern aus der ersten Schicht anbetrifft, so schildert ihn Hensen folgendermaßen: „Die Fäden gehen an den Zellen der zweiten Schicht vorbei und heiten sich an ihr breites Ende. Wie das geschieht und was weiter aus ihnen wird, habe ich nicht gesehen; die Vermutung Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 68 liegt nahe, daß auch sie, vereint mit den Fäden der zweiten Schicht, in die Stäbchen gehen. Ich kann hier noch weniger wie bei den Cephalopoden in Abrede stellen, daß diese Fäden zwischen die Stäbchen gehen könnten, aber ich halte es aus allgemeinen Gründen für unwahrscheinlich.“ Das Vorhandensein zweier und zwar ungleich langer Fasern im Stäbchen könnte sich HENSEN nach der HeLmHorzschen Theorie der Farbensonderung und des Farbensehens erklären. Wären beispielsweise die beiden „Fäden“ ungleich lang ausgebildet, so würden beim längeren Faden die violetten, beim kürzeren die roten Strahlen zur Vereinigung kommen. Überblieken wir das Gesamtresultat der Hensenschen Unter- suchung, so besteht es in einer Reihe von wichtigen Feststellungen, die für alle späteren Arbeiten die eigentliche Grundlage gebildet haben mochten. Als wichtige Befunde sind zu erwähnen: 1. die Zweiteilung des Sehnerven, 2. die Feststellung zweier morphologischer Schichten in der Retina, 3. der Zusammenhang der Zellen aus der ersten Retina- schicht mit den Fasern des vorderen (distalen) Nervenastes (eine Feststellung, die sich auch in unseren Untersuchungen als richtig erweist), 4. der Zusammenhang der Zellen aus der zweiten Retina- schicht (Stäbchenzellage) mit den Fasern des hinteren (proximalen) Nervenastes, 5. die Anwesenheit von Stäbchen, die den Zellen der zweiten Schicht angehören, 6. eine deutliche Axialfaser im Stäbchen. Eine wichtige Beobachtung HEnsens ist ferner die, Zell- kerne in den peripheren Randbezirken der Retina wahrgenommen zu haben. Nach Hensen sind diese „Zellbestandteile‘ in den Zell- fortsatz der Zellen eingeschaltet. Wir haben gesehen, daß in Wirk- lichkeit diese Zellkerne den Stäbchenzellen zukommen. HENSEN hat ihre Zugehörigkeit zu den betreffenden Zellelementen noch nicht erkannt. Was er als Kerne der Stäbchenzellen, resp. als Kerne der Zellen ‚‚der zweiten Schicht‘ betrachtet, das sind in Wahrheit die Zwischenzellkerne der proximalen Schicht. Ob die spindelförmigen Zellen Hernsens den Bürstenzellen ent- sprechen, oder ob es sich um die distalen Zwischenzellen resp. um beide Elemente handelt, ist schwer zu sagen. 64 Einführung. Zusammenfassung: Hensen, V. 1865. Zellfortsätze und ihre Die Zell- Endigungsweise Iunlennlsgi schichten Zellelemente der Retina distale proximale Ram. | Ram. Zellfortsätze | Zellfortsätze | dist. | prox. Erste spindelförmige | fadenartige fadenartiger | +')| —?) Zellschicht |Zellen und Zellen] Zellfortsätze | Fortsatz in mit flachge- |mit den Fasern) den Stäbchen drücktem Zelleib des Ramus endigend distalis im Zu- sammenhang Zweite Zellen mit aus-| fadenartiger | Axialfibrille E= + Zellschicht gezogenem Fortsatz als | im Stäbchen schmalem ZelleibjFibrille in den| endigend und breiter | Ramus proxi- flachgedrückter | malis über- Zellbasis gehend Stäbchen- Stäbchen schicht Darstellung der Bauverhältnisse und der Inner- vierung der Pectenretina nach B. Rawırz (1888). (Tafel I, Fig. 2.) Nach Rawırz baut sich die Pecten-Retina aus folgenden drei Schichten auf: 1. aus der Schicht der Ganslienzellen, 2. der Schicht der Stäbchenzellen, 3. der Schicht der Stäbchen. Die proximale Retinazone, welche von den Stäbchenzellen und den Stäbchen dargestellt wird, findet in der Rawırzschen Arbeit eine ganz treffliche Beschreibung. Diese wird auch heute noch den nunmehr so oft nachgeprüften Verhältnissen in fast allen Teilen gerecht. Form und Gestalt der Stäbchenzellen, ihre Anordnungsweise in der Retina hebt Rawırz richtig hervor. Die Stäbchenzellen gehen ununterbrochen in den ‚„‚Nervenfaden‘ über, welcher in seinem weiteren Verlauf in den „inneren Ast‘‘ des Optieus zieht. Vor dem Übergang zum Nerven enthalten sie einen ovalen runden Kern. Schon damals beobachtete Rawırz in den Stäb- 1) + bedeutet, daß der betreffende Nervenast Beziehungen zu den nebenstehend angeführten Zellelementen hat. 2) — bedeutet, daß zwischen dem betreffenden Nervenast und den nebenstehend angeführten Zellelementen keine Beziehungen bestehen. Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 65 chenzellen einen „Zentralkanal“ und in diesem „einen Faden“, der die unmittelbare Fortsetzung des zur Stäbchenzelle tretenden Nervenfadens ist. Zentralkanal und Faden entsprechen natürlich unserer Axial- oder Primitivfibrille, welche als nervöse Einheit die ganze Stäbchenzelle durchzieht. Die Stäbchenabschnitte werden von einem schwach liehtbrechenden Scheidemantel umgeben (spätere Zwischensubstanz). Rawırz macht an der Stäbchenschicht folgende wichtige Feststellung: Am basalen Teile der Stäbchenzellen findet er noch eine große Anzahl „kernähnlicher Gebilde‘ (sie entsprechen ihrer Lage nach den vermeintlichen Stäbchenzellkernen HEnsEnNSs). Er deutet sie als Ganglienzellen und stellt sie als „sekundäre Gang- lienzellen‘“ allen übrigen in der Retina vorkommenden Ganglien- zellen gegenüber. Zugunsten der Ganglienzellnatur scheinen ihm Isolationspräparate zu sprechen. Nach Rawırz gehen von diesen Zellen sehr feine, häufig verzweigte Fasern ab, ‚die sich mit den Fasern, welche von der eigentlichen Ganglienzellschicht stammen, zu einem Geflecht vereinigen“. Was die Zahl der sekundären Ganglienzellen anbetrifft, so kommen so viele ihrer Elemente vor, als Stäbchenzellen vorhanden sind. Diese Zellelemente, die den Stäbchenzellen nicht direkt anzugehören scheinen, entsprechen natürlich unseren ‚‚proximalen Zwischenzellen“. Rawırz hat ihre Lage in der Retina festgestellt, im übrigen darauf aufmerksam semacht, daß es sich um Elemente handelt, an denen vor allem .der Kern imponiert, der Plasmaleib dagegen nur als schmaler Saum um diesen aufzutreten pflest. Als weniger zutreffend haben sich in der Folge seine auf die distale Retinazone bezugnehmenden Ausführungen erwiesen. Die distale Retinazone wird von Rawıtz als Ganglienzellage be- schrieben. Die Schicht besteht, je nachdem es sich um ein Seh- organ der einen oder anderen Pecten-Spezies (P. odercularis, glaber ; P. pusio, flexuosus, varıus) handelt, aus zwei bis vier Reihen ver- schiedenartig geformter Zellen. ‚Sie (die distale Retinaschicht) ist in der Mitte am dieksten und füllt hier die durch das Um- biegen der Stäbchenzellen entstandene napfförmige Vertiefung aus, während sie nach den Seiten meistens dünner wird und schließlich nur noch aus einer Lage von Zellen besteht. Die Ganglienzellen sind sämtlich multipolar, mit rundem, zentral gelegenem Kern, die Fortsätze feinste Fäserchen, die sich auf wechselvollste Weise ramifizieren, und welche miteinander in direkter Kommunikation stehen.“ ... „Die Zellen dieser Schicht gleichen einander voll- 5 66 Einführung. ständig. Vielfach miteinander in direkter Kommunikation stehend, repräsentieren sie eine physiologische Einheit.‘ Die Art der Innervierung ist nach Rawırz folgende: Die Fasern des einen (inneren) Nervenastes treten allseitie in die Retina und verlaufen als Axialfäden im Zentralkanal, als Nerven- endfäden im Stäbchenabschnitt der Sehzellen. Die Fasern des anderen (äußeren) Nervenastes treten zu den Ganglienzellen der Ganglienzellschicht. Letztere stehen durch zarte Seitenfäserchen miteinander und durch proximal gerichtete ähnliche Fortsätze mit den sekundären Ganglienzellen in Verbindung, welche mit ihren Fortsätzen ihrerseits die Stäbchenzellen umspinnen. ‚So bilden sie ein nervöses Flechtwerk, welches die Stäbchenzellen umhüllt und sich auf die Stäbchen fortsetzt bis ungefähr zur Mitte der- selben, um hier in die Substanz der Stäbchen einzudringen.““ Die Innervierung ist also im großen und ganzen so, wie sie von HENSEN geschildert wird, weicht aber von dieser insofern ab, als die vom Zusammenfassung: Rawitz, B. 1888. Fortsätze der Zellen Innervierung Zellschichten Art der Retina | der Zellen R | RB distale proximale Fon am: ist. | prox. 1. Schicht | multipolare | In Verbindung | In Verbindung | + — der Ganglien-| Ganglien- |mit den Fibrillen mit den distalen zellen zellen des Ramus Faserfortsätzen distalis der sekundären Ganglienzellen sekundäre | In Verbindung | umspinnen mit| + — Ganglien- | mit den proxi- |einem Faserwerk zellen malen Fortsätzen| die Stäbchen- der multipolaren zellen 3. Schicht Ganglienzellen der Stäbchen- ———— zellen Stäbchen- | In Verbindung Stäbchen- — - zellen mit den Fibrillen| abschnitte mit des proximalen | einer in dem Nervenastes Zentralkanal liegenden Axial- faser 3. Schicht Stäbchen- der Stäbchen labschnitte der Stäbchen- zellen und Stäbchen- scheiden Ta Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 67 Ramus distalis (äußeren Nervenast) abgehenden Fibrillen nicht — nachdem sie mit den Zellelementen der Ganglienzellschicht in Beziehung getreten — wie die Fibrillen des proximalen (inneren) Nervenastes in den sStäbchenabschnitten der Stäbchenzellen endigen, sondern mit einer tiefer gelegenen Ganglienzellreihe, mit den sogenannten sekundären Ganglienzellen sich verbinden und hier ein feines Faserwerk bilden, welches die Stäbchenzellen umgibt. Darstellung nach K. E. SCHREINER (1896). (Tafel I Fig. 3.) Eine von Rawıtz nicht sehr abweichende Darstellung von den Bauverhältnissen und der Innervierung der Retina der Pecten-Arten gibt K. E. SCHREINER. ‘Seine Untersuchungen be- ziehen sich hauptsächlich auf die Mantelaugen der Pecten-Spezies „islandicus‘‘, „maximus“ und „opercularis“. Neben der Schnitt- technik wandte SCHREINER auch Mazerationsverfahren an. Nach SCHREINER setzt sich die Retina aus einem distalen und einem proximalen Retinateil zusammen, nämlich aus: 1. verschiedenen Ganelienzellschichten, 2. einer Stäbchenzellschicht. Dabei sollen die Stäbchen den Hauptteil der zellulären Elemente ausmachen. Bezüglich des Verhaltens der Stäbchenzellen und ihrer di- stalen Endabschnitte gilt dasselbe, was RawırTz und CARRIERE hierüber geäußert haben. Die schmalen, schlanken Stäbchen- zellen verjüngen sich zusehends gegen die Peripherie der Retina, werden stets schmäler und gehen allmählich in die zum Ramus proximalis gehörenden Nervenfasern über. Eine Axialfibrille beobachtet SCHREINER nur im Stäbchen, nicht aber im übrigen Zelleib der Stäbchenzelle. Indessen glaubt SCHREINER gleichwohl einen Übergang der Stäbchenzellfortsätze in die Fasern des inneren (proximalen) Nervenastes feststellen zu können. Außer den Stäbchenzellen trifft SCHREINER in der Retina mehrere Lagen von Ganglienzellen. Die Ganglienzellen der sogenannten äußeren Ganglienschichten (im Gegensatz zur inneren Ganglienzellschicht, welche auf die Stäbchenzellschicht entfällt) gelangen über den Stäbchenzellen — distal von ihnen — in einem mehr oder weniger „trichterförmigen oder schmalen Raum, im zen- tralen Areal der Retina‘ zur Ausbildung; die Ganglienzellen der sogenannten inneren (einreihigen) Ganglienzellschicht, deren Kerne 5* 68 Einführung. alle auf nämlicher Höhe etwas oberhalb der „Siebmembran“, welche die Stäbchenzone von dem übrigen Abschnitt der Stäbchen- zellen trennt, liegen, mehr proximad in der Zone der Stäbchen zellschicht. Wie die äußeren und inneren Ganglienzellen, welche in den nervösen Faserverlauf des distalen Nervenastes eingeschaltet sind, sich mit ihren Fortsätzen zu den Stäbchenzellen verhalten, ob sie mit diesen in nähere Beziehungen treten oder nicht, darüber vermag uns SCHREINERIn seiner übrigens recht gewissenhaften Arbeit keine Auskunft zu erteilen. Wie aus den der Arbeit beigegebenen Abbildungen zu ersehen ist, so scheinen es in der Regel ungünstig seführte Längsschnitte (Schiefschnitte) zu sein, welche ihm die eben seschilderten Verhältnisse vortäuschten. Sicher ist die vermeint- liche Mehrschichtiskeit der distalen Retinazone (mehrere Reihen Zusammenfassung: K. E. Schreiner. 1896. Fortsätze und ihre i ; Endigungsweise Inner ru Schichten : Zellelemente der Retina distale proximale Ram. Kam. dist. | prox. Distale Retinazone: Die Ganglien- zellschichten: die äußeren: | Zylinder- und | Fortsätze n| + — sternförmige Verbindung Ganglienzellen mit den mit einem Distale inneren distalen Nerven-|| Nervenfort- Ganglien- fortsatz und meh-|| sätze sämt- zellen reren plasma- tischen Fort- licher Gang- lienzellen mit sätzen den Fasern des Ramus || Fortsatz en-| + — die inneren: | Ganglienzellen || distalis in |/digt zwischen mit einem ner- || Verbindung [den Stäbchen- vösen und einem zellen auf der plasmatischen Höhe der Fortsatz Siebmembran Proximale Retinazone: Die Stäbchen- | Stäbchenzellen Zellfortsatz Axialfibrille | — -- zellschicht: mit Stäbchen übergehend | im Stäbchen in eine Faser frei endigend des Ramus proximalis ea Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 69 von äußeren Ganglienzellen) auf den Umstand der schiefen Schnitt- führung zurückzuführen. Was aber für uns speziell wichtig ist, ist das, daß SCcHREINER die distalen Faserfortsätze der Ganglienzellen direkt in den distalen Nervenast über- sehen sieht. Solche Übergänge zeigen nach ihm auch vom übrigen Epithel isolierte Ganglienzellen, die noch mit dem Nerven zusammenhängen. Wie wir sehen werden, läßt sich durch unsere Untersuchung ein solcher Übergang neuerdings feststellen, denn, was SCHREINER als äußere Ganglienzellen bezeichnet, das sind nichts anderes als unsere „distalen Sehzellen‘ (Bürstenzellen) und die zwischen ihnen gelagerten Zwischenzellen. RICHARD HESssESs erste Darstellung vom Bau der Retina an den Pectenaugen (1900). (Tafel II Fig. 2.) Hesses Untersuchung an den Pecten-Augen hat im Vergleich zu den vorangehenden das eine voraus, daß sie sich auf ein umfang- reiches Untersuchungsmaterial ausdehnen konnte. Die reichen Er- fahrungen, welche Hesse sich bereits an den verschiedensten Typen von Sehorganen bei Wirbellosen gesammelt hatte, kamen natürlich auch dieser Arbeit zugute. Bis dahin waren es nur wenige Arten von Pectiniden, welche zur histologischen Analyse herangezogen wurden (P. jacobaeus, P. maximus, P. islandicus), Formen, die sich, wegen der großen Zahl der an dem Aufbau ihrer Retina beteiligten Zellelemente, nicht gerade als günstig für die Augen- untersuchung erwiesen. Hesse dehnte seine Untersuchungen auf die verschiedensten Spezies der Gattung Pecten aus; zur Unter- suchung gelangten die Arten: Pecten jacobaeus, maxımus, ın- flexus, pusio, tıgrinus, arratus, cerebricostatus, ferner die Gattung Spondylus (Spondylus gaederops.. An diesem reichen Unter- suchungsmaterial machte Hesse folgende wichtige, zum Teil im Gegensatz zu früheren Befunden stehende Beobachtungen: 1. Die Retina der Pecien-Augen setzt sich aus zwei Schich- ten von Zellen zusammen, aus einer distalen Zellage, der sogenannten Bürstenzellschicht und aus einer proximalen Zellage, der längst bekannten Stäbchen- zellschicht. 2. Die Zellelemente, welche die distale Zellschicht aufbauen, befinden sich in epithelialer Anordnung (wie übrigens auch die Elemente der Stäbchenzellage). 70 Einführung. 3. Die distalen Bürstenzellen zeigen in der oberfläch- lichen Plasmaschicht eine Reihe feiner Körnchen („Basalkörperchen‘“). Über diesen erhebt sich ein Be- satz äußerst dünner plasmatischer Härchen. 4. Die distalen Zellen sind an ihrem inneren Ende abge- rundet und zeigen keinerlei Fortsätze und Aus- läufer. 5. Außer den proximalen Stäbchenzellen und den distalen Bürstenzellen werden als weitere Elemente in der Retina von Hesse Zellen beschrieben, die sowohl zwischen den Bürstenzellen als auch zwischen den Stäbchenzellen vor- handen sind (retinale Zwischenzellen). Wohl eines der wichtigsten Resultate in der äußerst sorg- fältigen Untersuchung war das, daß die über den Stäbchenzellen gelegenen Zellelemente eine einzige Lage von Zellen darstellen. Diese Erkenntnis vereinfachte mit einem Schlage ganz wesentlich das bis anhin entworfene Bild vom histologischen Bau der Pecten- Augen. Was vorher als ungeordnetes Zellager auftrat, erwies sich an Hand eines genügenden Vergleichsmaterials als eine epithel- artige Zellschicht, in welcher die Hauptkomponenten ein charakte- ristisches Aussehen verraten. Hesses diesbezügliche Beschreibung lautet: ‚Das epithelartige Aussehen dieser (distalen) Zellage wird noch dadurch erhöht, daß ihre äußeren Enden breit ab- gestutzt sind und dicht aneinander schließen in einer etwas konkaven Fläche. Zwar ragen die Ränder einer Zelle bisweilen um ein Geringes über die der Nachbarzelle außen hervor, und die Außenfläche der Einzelzelle ist nicht selten wenig ausgehöhlt; trotzdem dar! man die Lage wohl als epithelartig bezeichnen. Die Zellenden besitzen an Eisenhämatoxylinpräparaten einen dunkel- blau gefärbten Saum, der aus einzelnen kleinen, dicht nebenein- anderstehenden Punkten oder Strichen besteht, wie etwa der Saum an der Oberfläche der Flimmerzellen. Über diesen Saum hinaus erhebt sich von jeder Zelle ein bürstenartiges Bündel feiner plas- matischer Härchen; diese erreichen nirgends das Septum, welches der Zellage nach außen benachbart ist.“ Wie schon kurz erwähnt, fand Hesse außer den distalen Bürstenzellen und den Stäbchenzellen — das ist eine andere wichtige Feststellung — Elemente, die durch die schlanke Gestalt des Zellkörpers und durch den Besitz eines eigenartigen Kernes ausgezeichnet sind. Es sind seine sogenannten Zwischenzellen, so genannt, weil sie zwischen den Stäbchen- und Bürstenzellen Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 71 aufzutreten pflegen. Die Lage dieser Zellen, resp. die Lage ihrer Kerne wechselt. In der proximalen Schicht liegen sie gewöhnlich etwas oberhalb der Übergangsstelle von dem Stäbchenzellkörper in das Stäbchen; in der distalen Zellage „kommen sie auf jeder Höhe zwischen den Zellen vor‘. Die Kerne dieser Zwischenzellen unter- scheiden sich deutlich von den Zellkernen der Stäbchenzellen und distalen Bürstenzellen. Es handelt sich um durchwegs „schlanke Kerne, die sich meist gleichmäßig dunkel färben, also wohl mit Chromatin vollgestopft sind“. . . „Der Zellkörper, der zum Kern gehört, ist dünn, fadenförmig und schiebt sich zwischen die umgebenden Zellen ein, so daß er nicht immer leicht zu ver- folgen ist. Nur um den Kern herum erscheint er angeschwollen als heller Hof.“ ... „Die fadenförmigen Zellkörper der Zwischen- zellen konvergieren nach außen zu gegen die distale Zellschicht und haben etwa die Richtung wie die Achsen der nächsten distalen Zellen.‘“ Und nun einige Worte über die Innervation und die Interpretation der distalen Bürstenzellen! Was die Inner- vierung der proximalen Stäbchenzellen anbetrifft, so geht Hesse mit allen früheren Autoren einig: Die Fasern des proximalen Astes gehen direkt über in die Axialfasern der Stäbchenzellen. Die Fasern des distalen Astes treffen nach dem Durchbruch des unter dem Nervenaste gelegenen Septums auf die Zellgrenze zweier distaler Bürstenzellen. Die Bürstenzellen stehen in geringem Abstand auseinander, so daß der Nervenfaser die Möglichkeit ge- boten ist, ihren Verlauf zwischen den Zellwänden dieser Zellen zu nehmen. Die Nervenfaser setzt sich direkt in den faden- förmigen Ausläufer der Zwischenzelle fort. Die Zwischenzellen geben auch in proximaler Richtung einen Fortsatz ab, der sich bis in die Zwischensubstanzlage der Stäbchenzellen hineinerstreckt und hier mit einer Anschwellung endist. Mit anderen Worten: der Zelleib der Zwischenzellen ist nach Hesse distad und pro- ximad in zwei fadenförmige Fortsätze ausgezogen. Der distale Fortsatz steht mit einer Faser des distalen Nervenastes in Ver- bindung; der proximale Fortsatz endist zwischen zwei Stäbchen in der sogenannten Zwischensubstanz. Aus dem Mitgeteilten geht hervor, daß Hesse die Zwischenzellen als Sinneszellen auffaßt und zwar, wie er selbst sagt, als Sinneszellen des optischen Sinnes. Wir hätten demnach in der Retina der Pecten-Augen zwei Arten von rezipierenden Elementen oder Photorezeptoren (?. s. str.) auseinanderzuhalten: einmal invertierte Stäbchenzellen, dann mit 12 Einführung. ihren rezipierenden Endabschnitten von der Lichtquelle ebenfalls abgekehrte Zwischenzellen (Sinneszellen). Die Stäbchenzellen stehen mit den Fasern des proximalen Nervenastes in Verbindung; die Zwischenzellen mit denen des distalen Nervenastes. Die nächstliegende Frage ist nun die, was für eine Deutung den sogenannten Bürstenzellen zukommt. Hesse glaubt sie als „Flimmerzellen“ ansprechen zu dürfen. Was Hesse zu dieser Annahme veranlaßt ist das morphologische Ver- halten dieser Zellen. Wie an echten Flimmer- oder Wimperzellen findet er auch an den Zellen der distalen Außenlage einen Wimper- besatz. Da, wo die Flimmerhaare in den Zellkörper eintreten, zeigt sich ein deutlicher Saum von Basalkörperchen; ja es scheint Hesse sogar, als ob von jedem „Basalkorn“ eine Plasmafibrille als Fortsetzung der Außenwimper in den Zelleib ziehe, so dab Zusammenfassung: Hesse, R. 1900. Zellfortsätze und ihre 5 > 3 Innervierung Die Zell- Endigungsweise schichten der er t a Su Retina en di } Ram. | Ram. istale proximale di ist. | prox. Bürsten- | Flimmer- freier abgerundetes| — _- zellen zellen |Bürstenbesatz)ı Zellende ohne Fortsatz 1. distale Zellschicht: }| faden- | rezipie- | fadenartiger |fadenförmiger| + — förmige | rende | Zellfortsatz | Zellfortsatz Zwischen-| Sinnes- | mit einer | mit rezipie- | zellen zellen | Nervenfaser |rendem End- des Ramus |abschnitt auf distalis n | dem Niveau Verbindung |der Stäbchen- lage Stäbchen- |Sehzellen |Zelle verjüngt| Stäbchen mit| — + zellen sich und geht| rezipieren- über in eine dem Fibrillen- t k Faser des | abschnitt in 2. die proxi- Ramus proxi- der Zwischen- male I malis substanz Zellschicht: INTERN faden- | rezipie- | fadenartiger | fadenartiger | + — förmige | rende | Zellfortsatz | Zellfortsatz Zwischen-| Sinnes- | mit einer | mit rezipie- zellen zellen | Nervenfaser rendem End- | des Ramus abschnitt distalis in |zwischen den | Verbindung |Stäbchen der Stäbchen- | zellen m PT Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 73 im Zellinnern eine Bildung vorläge, die direkt mit dem „EnGEL- MAnNschen Fibrillenkonus“ zu vergleichen wäre. Retinastruktur und Nervenverteilungam Mantelauge bDerBeeven nach Hy Der (1903): (Tafel I Fig. 4.) Eine von den bereits bekannt gegebenen Darstellungen wesentlich abweichende Schilderung vom Bau und den Inner- vierungsverhältnissen der Pecien-Retina eibt uns die amerika- nische Forscherin J. Hype. (B. 19053.) Obwohl die Arbeit erst einige Jahre nach der ersten Hzsseschen Untersuchung er- schien, finden wir in diesem Aufsatz Hesse nicht zitiert. Die Arbeit ist also völlig unbeeinflußt von den Hesseschen Anschau- ungen entstanden. Die Mitteilungen verdienen besonders deshalb ein Interesse, weil zum ersten Male bei der Untersuchung eine spezifische Nervenfärbung in Anwendung kam. Hype probierte die Methylenblau-Methode, speziell eine Modifikation derselben nach BETHE. Hierbei wurden die Muscheln entweder mit einer Methylenblaulösung von bestimmter Konzentration injiziert, oder es wurden die einzelnen Sehorgane vom Mantelrande abpräpariert und in verdünnte Farbstofiflösungen gelegt. Die Weiterbehandlung erfolgte nach den Rezepten BETHESs. Wir haben die Auffassung Hypes über die uns hier interes- sierenden Bauverhältnisse der Retina in einem Schema zu ver- anschaulichen versucht. Das Schema dürfte nicht wesentlich ab- weichen von der Originalabbildung der Autorin. Die Retina zerfällt nach Hype in drei ungleiche Lagen von Zellen, die durch zwei Membranen, durch die sogenannte vordere und mittlere Grenzmembran getrennt werden. Die Schichten sind von außen nach innen: 1. Die vordere Zellage (anterior layer of cells), gebildet von den äußeren Ganglienzellen (external ganglionie cells) und den zwischen ihnen gelegenen vorderen Stütz- zellen (anterior supporting cells); 2. die mittlere Zellage (middle layer of cells), gebildet von den bipolaren Nervenzellen (bipolar cells with alferent and efferent axon) und den mittleren Stütz- zellen (middle supporting cells); 3. die hintere Zellage (posterior layer of cells). Die Schicht wird ebenfalls von nervösen Elementen, von den Stäbchen (rods) eingenommen. 74 Einführung. Außer den eben erwähnten nervösen und stützenden Ele- menten finden sich noch am Rand der mittleren Zellage eine Anzahl großer Ganglienzellen (marginal ganglionie cells). Dieäußeren Ganglienzellen: Die äußeren Ganglienzellen bilden eine einzige Zellenlage. Sie liegen zwischen dem ‚äußeren Ausenseptum‘‘ und der „äußeren Grenzmembran‘“. Von ihnen gehen zahlreiche Nervenfasern ab und zwar 1. zu den benachbarten Ganglienzellen, 2. zu den peripheren Marginalganglien, 3. zu den Fasern des Außenastes des Opticus, mit welchen sie in Verbindung stehen, 4. in proximaler Richtung zu den bipolaren Nervenzellen und den Stäbchenzellen, indem sie sich auf der Höhe der mittleren Grenzmembran bäumchenartig verzweigen. Die äußeren Ganglien- zellen sind in den Faserverlauf des distalen Nerven eingeschaltet. Die vorderen Stützzellen: Sieliegen zwischen den äußeren Ganglienzellen eingekeilt, mitunter auf einem etwas tieferen Niveau als diese. Es sind keine nervösen Zellen. Die bipolaren Retinazellen: Es sind länglich-schmale Elemente. Ihr proximaler Teil verläuft zur optischen Achse mehr oder weniger parallel; der distale Abschnitt dagegen biegt von der Sehachse ab; er tritt mit einem Ausläufer der randständigen Ganglienzellen (Marginal-Ganglienzellen) in Verbindung. Nach Hypes Angaben befinden sich die Kerne der Bipolarzellen in geringer Entfernung von der mittleren Grenzmembran. Jede Zelle ist von einer hyalinen Scheide umgeben. Bipolare Zellen werden die Zellen deshalb genannt, weil vom kernführenden Zellteil zwei „Achsenzylinder‘ (axons) ausgehen. Der eine zieht zur Peri- pherie der Retina, gewöhnlich zu einem Ausläufer der großen rand- ständigen Ganglienzellen (efferent axons), der andere zum Stäbchen (alferent axons). Die „afferent fibre‘‘ zeigt an ihrem Ende auf der Höhe der mittleren Grenzmembran eine bäumchenartige fibrilläre Verzweigung, welche in Kontakt mit einer ähnlichen ‚‚Endveräste- lung‘ am Vorderende des Stäbchens tritt. Die Stäbchen sind nach Hype Nervenzellen mit einem in einer Scheide verlaufenden Nervenfortsatz. Am vorderen Ende des Stäbchens befindet sich der Kern. Wie erwähnt, kommt den Dendriten in den Stäbchen eine nervöse Verzweigung der bipolaren Nervenzellen entgegen. Die mittleren Stützzellen haben ihre Lage zwischen den bipolaren Retinazellen. Sie erstrecken sich von der mittleren Grenz- membran nach der Peripherie und gegen die vordere Membran. # Zusammenfassendes über die Sehorgane dm Mantelrande usw. 75 / Ihre Kerne liegen gegenüber den Kernen der Bipolarzellen mehr randständis und erscheinen im verschmälerten distalen Zelldrittel. Die Randganglienzellen: Die Randganglienzellen sind in den Faserverlauf desinneren (proximalen) Nervenastes eingeschaltet. Sie geben einerseits Fortsätze ab, die mit den Bipolarzellen in Verbindung treten; andererseits entsenden sie Ausläufer in den inneren Teilast (Ramus distalis) des Opticus. Die eben bekannt gegebene Darstellung weicht von all den bisher erwähnten und den noch zu erwähnenden bedeutend ab. Der sanze Aufbau der Retina, namentlich die Beziehungen der einzelnen Zellelemente zu den Fasern des Sehnerven sind eigen- artige. Die von PATTEn und anderen als Stäbchenzellen aufgeführten Zellelemente (retinophors) sind nach Hype Stützelemente, die am proximalen Ende keine Stäbchenbildungen aufweisen, sondern die ohne irgendwelche nähere Beziehungen zu den Fasern des Sehnerven aufzuweisen frei auf der Höhe der inneren Grenzlamelle endigen. Dagegen sind die von HEnsen, PATTEN, RAwITz u. a. als innere Ganglienzellen gedeuteten Retinabestandteile „the nerve-cells of the bipolar nerve-elements“. In den einzelnen Zellelementen sieht Hype nicht eine in Stäbchenabschnitt und Zelleib differenzierte Stäbchenzelle, sondern eine durch Kontakt vermittelte Vereinigung von zwei ursprünglich gesonderten histologischen Einheiten (Neuren). Die „peripheren Neurone‘ (die Stäbchen), die bipolaren Ganglienzellen und die großen Marginalsanglienzellen sind nach Hype in den Verlauf der zum proximalen Sehnervenast gehörenden Fasern eingeschaltet, die äußeren Ganglienzellen dagegen in den Faserverlauf des distalen Nervenastes. Von den äußeren Ganglien- zellen nehmen die aus dem distalen Nervenast kommenden Fasern proximad weiter ihren Verlauf und bilden ein Netz um die Stäbchen- zellen und die bipolaren Zellen. Von den Stäbchen geht der Reiz durch die bipolaren Zellen und die Randganglienzellen zum Gehirn. Auf eine Kritik der Hypeschen Darstellung möchten wir uns nicht einlassen. Wir vermuten aber, daß Hype die Methylenblau- färbung nicht in befriedigender Weise gelungen ist (wir haben seiner- zeit in Neapel die technischen Vorschriften nach den Angaben der Forscherin genau befolgt und überdies den Gang der Methode auf ‘die verschiedenste Weise zu modifizieren versucht, ohne indessen einwandfreie Präparate zu erhalten), und daß die zur Feststellung so feiner zytologischer Verhältnisse unbedingt notwendige gute Fixierung an ihren Präparaten entschieden ausblieb. Die Unter- suchungen von Hesse, DAkIın und die unserigen haben Resultate 76 Einführung. gezeitigt, die sich in keiner Weise mit den Hypeschen Befunden decken. Dennoch enthält die Untersuchung Hypes zwei Fest stellungen, die in anerkennenswerter Weise einzuschätzen sind: Hype stellt fest: 1. daß die äußere Schicht der Retina- zellen (external sanglionie cells and anterior supporting cells) eine einzige Lage von Zellen darstellt, 2. daß die distad von den äußeren Ganglienzellen abgehenden Nervenfibrillen in die Fasern des über ihnen gelegenen Sehnervenastes (Ramus distalis) übergehen. Zusammenfassung: Hyde, J. H. 1903. Zellfortsätze und n I Et: E : Innervierung en a ee: Endigungsweise Retina omenie | Zellen Ä 5 Ram. | Ram. distale proximale di ist. | prox. äußere multi- [Nervenfasern |Endfasern in] + — Ganglien-| polare | übergehend | bäumchen- zellen |Ganglien-|in die Fasern artiger Auf- zellen | des Ramus |teilung, in Be- distalis ziehung mit 1. Vordere den bipolaren Zellage: Zellen und (anterior den Stäbchen- layer) zellen le Stütz- keinerlei Zelle ohne | — —_ Inter- zellen Fortsätze |Fortsatz flach stitial- endigend zellen innere | bipolare |Distaler Zell-| Proximaler | — + Ganglien-|Ganglien-| abschnitt Zellfortsatz zellen zellen |(efferentaxon)) (afferent mit den Mar-jaxon) in Kon- ; ginalganglien | takt mit den va in Verbin- |Dendriten der (middle layer) dung Stäbchenzelle mittlere | Stütz- keinerlei | Zelle endist | — — Inter- zellen Fortsätze [auf der Höhe stitial- des Stäbchen- zellen zellansatzes ohne Zell- fortsatz 3. Hintere [Stäbchen-|unipolare [durch Dendrit| kein Zell- —_ -J- Zellage: zellen |Ganglien-| in Kontakt fortsatz (posterior (rods) zellen jmit den End- layer) abschnitten der Bipolar- zellen Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 77 Zweite Darstellung vom Aufbau der Retina bei Pecti- niden und ihrer Innervation nach HESsSsE (1908). (Tafel II Fig. 2.) Eine zweite, von der ersten wesentlich abweichende Dar- stellung der Innervation der Retina bei Pecten gibt Hesse 1908 in einer erweiterten Bearbeitung eines auf der 79. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Dresden gehaltenen Vor- trages: „Das Sehen der niederen Tiere.‘ Abweichend ist die Darstellung im Hinblick auf den Faser- verlauf des distalen Nervenastes und die Deutung der Bürsten- zellen. Das Bild vom Gesamtbau der Retina hat keine Änderung erfahren. Die Retina setzt sich nach wie vor aus zwei hintereinander liegenden Abschnitten zusammen: aus einer distalen Zellenschicht und aus einer proximal gelegenen Zellschicht. Erstere wird von den Bürstenzellen, letztere von den Stäbchenzellen einge- nommen. In den Stäbchenzellen verlaufen wiederum Neurofibrillen, die sich unterhalb der Mitte des Pigmentepithels zum Ramus proximalis des Sehnerven vereinigen. Was die Nerven- fasern des Ramus distalis anbetrifft, so treten sie gleichfalls, wie in der zuerst gegebenen Schilderung, zwischen den Bürsten- zellen hindurch, verbinden sich aber nicht mit den zwischen diesen und den Stäbchenzellen gelegenen Zwischenzellen, sondern mit den proximal gelegenen Enden der Bürstenzellen. Nach dieser Auffassung haben also die Bürstenzellen nicht mehr die Bedeutung von Flimmerzellen; die Bürstenzellen sind, da sie in direkter Verbindung mit den Nervenfasern stehen, Sinneszellen. In dem ehedem als Wimperschopf aufgeführten Bürstenbesatz sieht Hesse nunmehr einen rezipierenden Stiftehensaum, wie er an vielen Sehzellen bei Sehorganen von Mollusken ausgebildet ist. Resumieren wir kurz: Nach der zweiten Hesseschen Dar- stellung haben wir in der Retina der Mantelaugen von Peeten zwei Schichten von Sinneszellen oder Sehzellen zu unterscheiden: 1. eine distale Schicht von Sehzellen, deren rezipierende End- abschnitte in Form eines Stiftehensaumes der Lichtquelle zu- gewendet sind (also eine Schicht vertierter Sehzellen), 2. eine proximal gelegene Schicht von invertierten Stäbchenzellen, deren rezipierende Elemente in Form von Axialfbrillen aus- gebildet sind. Beide Schichten kehren sich gleichsam den Rücken zu. 78 , Einführung. Hesse gelangte zu dieser neuen Auffassung durch entwick- lungsgeschichtliche Beobachtungen. HxssE verbreitet seine An- sicht über den Zusammenhang der Zellelemente in der Retina mit den Nervenfasern auch diesmal nicht in Form einer definitiven Behauptung. Der Forscher sagt ausdrücklich, daß wahrscheinlich die Verhältnisse so liegen, wie wir sie eben geschildert haben. Die Frage wird auch diesmal noch bis zu einem gewissen Grade offen gelassen. Wenn wir die zweite Hessesche Darstellung mit der zuerst gegebenen vergleichen, so müssen wir sagen, daß sie auf den ersten Blick viel für sich hat. Das Flimmerepithel, mit dem wir uns schwer befreunden konnten, zumal in ihm eine sinngemäße Ein- richtung nicht zu erblicken war, ist quasi gegen eine Schicht rezipierender Sinnes- oder Sehzellen eingetauscht worden. Die Zellen zeigen eine Ausrüstung mit Fibrillen in Gestalt eines Stiftehensaumes, wie er von H&sse an einer ganzen Reihe von Seh- zellen beschrieben worden ist, und wie er namentlich an Seh- zellen bei Sehorganen von Mollusken häufig vorzukommen pflegt. Auch der bläschenförmige große Zellkern spricht ja sicher eher für eine Sinneszelle als der schmale plattgedrückte Kern, der uns in den Zwischenzellen begegnet. Ist die Annahme Hesses richtig, dab die Bürstenzellen Sehzellen repräsentieren, so liest ihnen offenbar der gewöhnliche Typus einer primären Sinneszelle zu- grunde; die Nervenfaser ist ein Auswuchs der Zelle selbst; sie geht offenbar am basalen Zellabschnitt in den Leib der Zelle über, ein Verhalten, wie es uns an primären Sinneszellen bekannt ist. Die Vorstellung, daß die in die Zelle eintretende Nervenfaser sich im Zellinnern aufspaltet und in Elementareinheiten aufteilt, die an der Zelloberfläche in Form eines Bürstensaumes (Stiftchen) auf- treten, widerspricht ja durchaus nicht der allgemeinen Auffassung über den Bau einer primären Sinneszelle (polyfibrillären Sehzelle). Was uns aber eigentümlich vorkommt, ist die Art, wie die distale Nervenfaser mit jenen Sinneszellen in Verbindung tritt. Wenn wir uns fragen, wie hierin sich allgemein die Sehzellen aus verschiedenen Photorezeptionsorganen bei Wirbellosen verhalten, so zeigt sich folgendes: Der Übergang des Zellkörpers einer Seh- zelle in die ihr zugeordnete Nervenfaser ist ein ganz allmählicher. Die Zelle verschmälert sich in ihrem basalen Endabschnitt und zieht sich sozusagen in eine Nervenfaser aus. Es kann kaum gesagt werden, wo die Zelle aufhört und wo die Faser beginnt. Der nervöse Fortsatz der Zelle, welcher sich in die Nervenfaser hineinerstreckt, Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 79 befindet sich stets an der Zellbasis. Die aus der Zelle tretende Fibrille setzt sich mehr oder weniger in der Richtung der Längs- achse der Zelle fort. Es kann aber auch die zu einer Sehzelle sehörende Faser gelegentlich gleich unterhalb ihrer Austrittsstelle von der Richtung der Zellenlängsachse abweichen. In typischer Weise finden wir dieses Verhalten bei Sehorganen mit subepitheli- alen Sehzellen. Ziehen wir als Beispiel den Pigmentbecherocell eines Planarienauges heran, so können wir konstatieren, daß bei der Lageänderung, welche die Sehzellen bei ihrem Austritt aus dem Epithel erfahren haben, die aus ihnen austretenden Nerven- fasern nach einer bestimmten Seite hin abbiegen. Trotzdem ist . auch hier wiederum ein allmählicher Übergang vom Sehzellkörper in den nervösen Fortsatz wahrzunehmen. Betrachten wir nun die distalen, von Hesse als Sehzellen aufgeführten Elemente in der Retina! Nach der Darstellung Hesses müssen wir wohl zweifellos als freies Ende der Zellen ' denjenigen Abschnitt der Bürstenzellen bezeichnen, an dem die perzipierenden Elemente, die Bürstensäume, ausgebildet sind. Der kernführende Abschnitt, der den vertierten Stäbchenzellen zugewendet ist, muß als Zellbasis angesehen werden. Hier haben wir auch den Fortsatz der Zelle, den Ansatz der Nervenfaser zu erwarten. Hesse hat aber schon in seiner ersten Arbeit (1900) ausdrücklich betont, daß die Zellen an dieser Stelle stets eine deutliche Abrundung aufweisen und hier eines Fortsatzes auf alle Fälle entbehren. Wir sind deshalb gezwungen, das Eintreten des nervösen Elementes mehr an der Zellseite anzunehmen. Aus den Hesseschen Angaben, die sich auf die zweite Darstellung der retinalen Verhältnisse beziehen, geht nicht hervor, wie sich der Übergang vom Zellkörper in die Nervenfaser gestaltet. Hesse wollte uns nur seine Ansicht über die Beziehungen der Nervenfasern zu den Zellelementen der Retina kundgeben. Er hat es an Hand eines Schemas getan. Uns schien aber von vornherein in Anbetracht der dicht nebeneinanderstehenden Zellen, daß, wenn tatsächlich die Verhältnisse so liegen, wie sie Hesse angedeutet hat, der Übergang von Nervenfaser in die Zelle nicht der normale sein kann. Auf alle Fälle scheint uns, daß dann der Übergang nicht der postulierte allmähliche sei, stehen doch in Wirklichkeit die einzelnen Bürstenzellen so dicht nebeneinander, daß ein eigentlicher Zellfortsatz, wie wir ihn an den primären Sinneszellen anzutreffen pflegen, offenbar nicht zur Ausbildung gelangen kann. Der Übergang von Nervenfasern 80 Einführung. in den Zelleib scheint ein mehr unvermittelter zu sein. Die Innervierung der Bürstenzellen (Sehzellen) ist in bezug auf ihren Zelleib eine ‚seitliche‘ und deshalb eine fremdartige. Wie steht es nun mit den Zellen, welche zwischen die Bürsten- zellen und die Stäbchenzellen eingefügt sind? Die Zwischenzellen sind offenbar nicht mehr als nervöse Elemente zu betrachten, wenn die Fasern des Ramus distalis den früheren Wimperzellen, den nunmehrigen Sinneszellen zugewiesen werden. An der alten Auffassung darf nur dann festgehalten werden, wenn der sichere Nachweis erbracht werden kann, daß nicht nur eine, sondern zwei Fasern auf die Grenzstelle zwischen zwei Bürstenzellen ent- fallen, oder dann, wenn es möglich ist nachzuweisen, daß die eine Faser sich während ihres Verlaufes in zwei Fasern aufteilt, wovon die eine den bürstentragenden Zellen, die andere den Zwischen- zellen angehört. Hesse hat in seinem Schema die Zwischenzellen nicht eingezeichnet; er verschweist uns seine Ansicht über ihre funktionelle Bedeutung. Noch ein Punkt verdient Beachtung. Wir haben schon in der Einleitung auf den Unterschied zwischen vertierten und inver- tierten Sehorganen aufmerksam gemacht und die beiden Typen folgendermaßen definiert: ‚‚Vertierte Sehorgane sind solche, bei denen die Sehzellen, speziell ihre perzipierenden Elemente der Lichtquelle zugekehrt sind, invertierte Sehorgane Rezeptions- organe, bei denen die Sehzellen, insonderheit ihre perzipierenden Elemente, von der Lichtquelle abgewendet sind.‘ Gehören nun nach der zweiten Darstellung Hesses die Augen am Mantelrande der Pectines zum vertierten oder invertierten Organtypus? Streng senommen gehören sie weder zum einen noch zum anderen. Ver- tierte Sehorgane sind die Pecten-Augen nach dieser Darstellung in bezug auf die distale Sehzellschicht und nur in bezug auf diese; invertierte Sehorgane in bezug auf die proximale Stäbchenzell- schicht. Halten wir an der Auffassung Hesses fest, so sind im Pecten- Auge beide Typen, der vertierte und der invertierte kom- biniert: Wir müßten die Pecien-Augen somit als vertiert-inver- tierte Augen bezeichnen und könnten diesen, offenbar abgeleiteten Typus, als dritten den beiden anderen hinzugesellen. Vertiert-invertierte Augen stehen vereinzelt unter den Seh- organen da. Soweit unsere Kenntnisse reichen, überwiegen weitaus die rein vertierten und die rein invertierten Sehorgane; „gemischte Formen‘ von Photorezeptoren scheinen selten zu sein (Ocellen ge- wisser Landtricladen (?), Ocellen bei Hirudineen). Selbst die so Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 81 interessanten Stirnaugen von Agrıon und Aeschna juncea Charp., welche, da sie ebenfalls über eine zweischichtige Retina verfügen, von Hesse bei der Besprechung der Bauverhältnisse der Pecten- Augen erwähnt werden, sind Sehorgane mit gleichsinnig gerichteten rezipierenden Elementen; es sind rein vertierte Sehorgane. Zusammenfassung: Hesse, R. 1908. Zellfortsätze und ihre en Zell- Ab der Endigungsweise BREnn \ elemente | Zellen zen distale proximale En a . 1st. | prox. 1. Dıstale | Bürsten- |Sehzellen freier proximales | + — Zellage zellen | (vertiert) |rezipierender |Zellende ver- Stiftchensaum, bindet sich mit einer Faser des, Ramus distalis 2. Proximale |Stäbchen-|Sehzellen |Zellausläufer | Stäbchen _ — Zellage zellen (inver- |geht über in | mit Neuro- tiert) eine Faser | fibrillenende des Ramus proximalis Struktur- und Innervationsverhältnisse an der Retina bei Z?ecien nach W. J. Dakın (1910). (Tafel II Fig. 3.) Die Anschauungen über die Struktur- und Innervations- verhältnisse an der Retina bei Pecten, wie sie HEsse in seiner zweiten Darstellung 1908 vertreten hatte, haben selbst durch die neuesten Untersuchungen Daxıns keine Umwandlungen prinzipieller Natur erfahren. Ja es fanden sogar eine Reihe von Feststellungen Hesses aus dem Jahre 1900 durch die Untersuchungen des englischen Forschers eine Stütze für ihre Richtigkeit. Gleich blieb nament- lich das Bild vom Gesamtbau der Retina: die Retina zusammen- gesetzt aus zwei einschichtigen Zellagen, von denen die eine sich als die Lage der Bürstenzellen und der sie begleitenden Stütz- elemente, die andere sich als die Lage der Stäbchen- und Zwischen- zellen darbot. Ein Vergleich der beiden Schemata, welche die Anschauungen Hesses 1908 und Daxıns 1910 bildlich wieder- geben, lehrt des weiteren, daß auch bezüglich der Innervations- verhältnisse in den Meinungen beider Forscher annähernd Über- einstimmung herrscht. Durch die sorgfältigen Untersuchungen Daxıns verlor deshalb die alte Anschauung Hesses, wonach die 6 32 Einführung. distalen Bürstenzellen Flimmerzellen, die Zwischenzellen aber rezi- pierende Sinneszellen darstellen sollen, an Wahrscheinlichkeit, um so mehr, als es auch Daxın nicht gelang, am lebenden distalen Bürstenzellepithel Flimmerbewegungen festzustellen. „Like Hrss£ (1900), J have found no motion of the processes in living cells‘. Sprachen auch alle Anzeichen dafür, daß den distalen Bürsten- zellen Sinneszellen zugrunde liegen, so blieben doch nach wie vor die engeren Beziehungen zwischen den Zellelementen der distalen Retinazellage und den vom distalen Nervenast in die Retina ziehenden Neurofibrillen problematisch. Was Daxın 1910 darüber zu sagen vermag, geht wohl kaum über die Äußerung einer Mutmaßung hinaus. Lassen wir hierüber den Autor selbst zu Worte kommen: ‚Between the cells pass branches of the distal nerve, which can be träced quite easily through the septum, but with great dsficulty in the retina, where it has been uncertain whether they entered into connection with the outer cells, interstitial cells, or ended free. .... J think it is certain, that they terminate, however, inthe distal cell- layer and become connected with the cells, not by the cilia-like processes, but to their sides“. Daxın führt dann weiter aus, wie außerordentlich schwierig es ist, sich gerade über die Beziehungen von Fibrille und Bürstenzelle Klarheit zu ver- schaffen, obwohl auch nach ihm die vermeintlichen nervösen Elemente gelegentlich leichthin bis zum Ansatz des Bürstenzellfortsatzes ver- folet werden können: „It is easy to see in sections the nerve- fibre passing to the side or apparently one corner of the distal cell, and in macerations each distal cell can be seen to possess a long, thicker process which appears to arise at the edge of the distal end, but can often be traced some distance down the side wall. This is unfortunately very difficult to make out, but is confirmed, I think, by the character of the distal cells, which are thöse of sense-cells, and by sections of young eyes, where the interstitial cells are only slichtly or not at all developed (as noticed by Hesse)“. Da sich hier gleich Gelegenheit bietet, einen kleinen kriti- schen Exkurs zu machen, so sei, ohne den eigenen Untersuchungs- resultaten allzusehr vorzugreifen, folgendes erwähnt: Wir glauben nicht zu irren in der Annahme, daß Darın jene, von den distalen Zwischenzellen abgehenden, gegen das Augenseptum ziehenden plasmatischen Zellfortsätze für die aus dem distalen Nervenaste austretenden und zur Retina ziehenden Fibrillen gehalten hat. Eine solche Verwechslung ist außerordentlich leicht möglich, ee Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 83 wenn nicht Präparate zur Untersuchung vorliegen, die nach einer spezifischen Methode zur Darstellung des Leitenden hergestellt worden sind, und auf denen die Fibrillen sich ohne weiteres demonstrieren lassen. Hätten Dakın solche Präparate zur Ver- füsung gestanden, dann hätten ihn sicherlich Längs- und Quer- schnittserien (das Mazerationsverfahren dürfte hier nicht aus- reichend sein, so schonend es auch angewendet werden möge) zur Überzeugung zu bringen vermocht, daß die auf die Grenze zweier „Bürstenzellen‘“ fallenden und zwischen ihren Seitenwandungen dahinziehenden vermeintlichen Fibrillen nicht nervöser Natur sind, daß sie wenigstens nicht die für das Nervöse so charakteristische Tingierung aufweisen. Andererseits hätte aber seine Annahme, die distalen Zwischenzellen seien stützende Schaltelemente, nur eine weitere Bestätigung erhalten. Namentlich sprechen Quer- schnittbilder gegen die Vermutung, daß zwischen je zwei Bürsten- zellen diekere Neurofibrillen verlaufen. Denn darnach müßte ein Querschnitt, sagen wir auf halber Höhe durch die Bürstenzell- schicht, folgendes zeigen: größere Querschnitte durch die Bürsten- zellen und zwischen diesen je einen Querschnitt durch eine Fibrille, und einen Querschnitt durch den Fortsatz der betreffenden Zwischenzelle. Statt dessen finden sich zwischen den Quer- schnitten der Bürstenzellen nur Querschnitte durch die plasma- tischen Fortsätze der distalen Zwischenzellen. Daxın läßt noch die Frage offen, wie sich die Bürsten- fortsätze der außenständigen Retinazellen zum distalen Sehnerven verhalten, ob sie bis zu diesem hinanreichen, oder ob sie unterhalb desselben in Form eines freien Bürstenbesatzes frei endigen. Seine diesbezüsliche Schilderung lautet: ‚The outer ends of these cells, which are directed towards the septum, ... bear cilia-like processes, so that a space exists between septum and cell- layer, which is crossed by the nerve-fibres from the distal nerve and filled by the processes of the distal cells, which for the most part do not reach the septum (this may be caused however by breakage of the fine processes during fixation)“. Daxıns Verdienst ist es, die Zugehörigkeit der Zwischen- zellen zu beiden Zellschichten in der Retina richtig erkannt zu haben. Daxın hält „äußere Zwischenzellen“ (outer interstitial cells), welche auf die Bürstenzellschicht entfallen und ‚innere Zwischenzellen‘ (inner interstitial cells), die der Stäbchenzell- schicht angehören, auseinander. Den Zwischenzellen beider Schichten kommt stützende Funktion zu. 6* 84 Einführung. Aber nicht nur in der distalen Retinazellage scheinen gewisse Verhältnisse noch nicht geklärt; auch im proximalen Gebiet der Stäbchenzellen stellt sich DAKın neuerdings eine Frage entgegen. Ein fraglicher Punkt betrifft die fibrilläre Differenzierung in den Stäbchenzellen. Der Forscher ist, um das wesentlichste gleich anzuführen, im Gegensatz zur Anschauung Hesses und zur Auf- fassung früherer Autoren geneist, die Axialfibrillen in den Stäbehenzellen, welche übrigens nach ihm sich beim Übergang vom Stäbchenabschnitt in den Zelleib in eine Reihe feiner Fibrillen aufspalten sollen (Mazerationspräparate zeigen DAKIn nicht eine Axialfibrille in einer einzelnen Sehzelle, sondern eine Reihe äußerst feiner Fibrillen, die, an der Grenzstelle von Stäbchen und Stäbchen- zelleib verdickt, schief in die Zwischensubstanz ausstrahlen sollen), nicht für nervöse Elemente zu halten, sondern für Stütz- elemente, indem er der Ansicht huldigt, die Aufgabe der Photo- rezeption komme dem plasmatischen Bestandteil des Stäbchens zu. Die für eine Neurofibrille typische Verlaufsrichtung in Windungen, wie sie Hesse für die Axialfaser in der Stäbchenzelle angibt, kann von Dakin nicht wahrgenommen werden. Daxın gibt von der fibrillären Differenzierung in der Stäbchenzelle folgende Beschrei- bung: „It (the axialfibre) beginns to disappear a little below the line of junction with the rod-cells, but again some times extends quite distinetly a little above this. The disappearance, or partial disappearance is due to the separation into delicate branches, which extend right through the rod-cell. It is rather thick and quite stiif like a bristle in these preparations, never having normally the snaky course ascribed to it by Hesse.“ An anderer Stelle lesen wir: „After seeing there preparations one is rater inclined to believe that this is also a supporting structure.‘ ... „Unentschieden bleibt, ob die Faser in der Achse der Stäbchenzellen nervös ist oder als Stütze dient‘ (Referat von P. Mayer). Wenn auch DARIN diese Frage noch offen läßt, so ist er doch darin mit allen früheren Autoren einig, daß eine jede Stäbchenzelle in Verbindung steht mit einer zum proximalen Nervenaste gehörenden Neurofibrille: „The outer ends (of the rod-cells), to be found at the perifery of the retina, are attenuated and pass gradually into the nerve-fibres of the proximal branch of the optie nerve.“ Daxın kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu ähnlichen Schlüssen wie Hesse 1908: Die Retina setzt sich aus zwei Reihen von rezipierenden Sinnes- oder Sehzellen zusammen, die innerviert werden von zwei Ästen des Opticus: „The cells of the distal layer Zusammenfassendes über die Sehorgane am Mantelrande usw. 85 have each a comb-like margin, and the proximal visual cells bear rods (with an axial neuro-fibril?).“ Daxkın bezeichnet die Retina als eine Retina vom invertierten Typus. Wie schon an anderer Stelle erwähnt, wäre, wenn tatsächlich die Verhältnisse so liegen, wie DAkın angibt, dies nun freilich eine Bezeichnung, die nicht der Orientierung sämtlicher Sehzellen gerecht würde. Nach unserem Dafürhalten müßte dann die Retina eine vertiert-invertierte genannt werden, zumal doch die distal gelegenen Sehzellen ihre rezipierenden Enden (the comb-like margin) dem Lichte zugewendet haben und deshalb vertierte Sehzellen darstellen. Zusammenfassung: Dakin, W. J. 1910. Zellfortsätze und z E F Innervierung een Zeil Art der Endigungsweise ; elemente | Zellen Retina distale proximale Ram. ist. | prox. distale |Sehzellen| freier Stift- | Zelle ohne | + — Sinnes- | (vertiert)] chensaum Fortsatz zellen (comb-like distale margin) Zellenschicht Be un! äußere Stütz- — = Intersti- | zellen tialzellen Stäbchen-|Sehzellen | Zellfortsatz |Stäbchen mit| — — zellen (inver- |geht über in | Axialfibrille (rod-cells)| tiert) jeine Fibrille (Neuro- des proxi- fibrille ?) proximale malen Zellenschicht Nervenastes innere Stütz- Fortsätze Fortsätze Intersti- | zellen endigen endigen auf tialzellen zwischen den der sog. Sieb- Stäbchen- membran zellen oder reichen noch zwischen die Stäbchen B. Eigene Beobachtungen. Die technischen Verfahren. Die Durchführung unseres Arbeitsprogrammes, welches neben einer entwicklungsgeschichtlichen Untersuchung die Eruierung neurologischer Verhältnisse an der Retina der Sehorgane vorge- sehen hatte, verlangte eine besondere Pflege der mikroskopischen Technik. Namentlich galt es im Interesse einer Klärung neuro- logischer Fragen, die auf dem Gebiete der Nervenforschung auf- sedeckten und in der Folge auch nach verschiedenen Richtungen hin ausgearbeiteten Methoden an unserem Objekte in Anwendung zu bringen. Die Untersuchungen der früheren Forscher hatten genügend dargetan, dab die gebräuchlichsten Fixierungs- und Fär- bungsmethoden nicht genüsten, um auf die Kardinalfrage nach dem Verhalten der Fibrillen — es handelt sich hierbei um die Nerven- fasern des Ramus distalis — zu den Zellelementen der Retina eine sichere Antwort zu geben. Nach wie vor scheiterte die Lösung der Frage an mikrotechnischen Schwierigkeiten. So mochten denn die Worte ArArHys für uns besonders ins Gewicht fallen: „Die er- schöpfende und sichere Kenntnis der mikroskopischen Beschaffen- heit eines jeden Gegenstandes erfordert, daß man sich ihm von den. verschiedensten Richtungen, mit den verschiedensten Methoden, zu nähern sucht. Die Gründlichkeit der Arbeit des Mikrographen ist durch die Vielseitigkeit seiner Technik bedingt, und die Zuverlässig- keit seiner Resultate steht im geraden Verhältnis zur Zahl und Verschiedenartigkeit der von ihm angewandten Methoden“. Wenn wir auch der daraus resultierenden Forderung in unserer Arbeit in nur ganz kläglichem Maße gerecht geworden sind, so mag der Grund in erster Linie in unserer eigenen Unzulänglichkeit liegen, dann darin, daß, obwohl die moderne Technik über eine ganze Reihe von Methoden verfügt, welche eine Darstellung des Nervösen ge- statten, einerseits diese Methoden bei bestimmten Objekten und an gewissen Entwicklungsstadien immer noch — wie von den Autoren zugegeben wird — nicht ganz Befriedigendes leisten, andererseits Die technischen Verfahren. 87 es überhaupt noch an Methoden gebricht, die an allen Objekten einen Erfolg von vornherein garantieren. Von einer Bereicherung der mikroskopischen methodolosi- schen Kenntnisse konnte natürlich unsererseits nicht die Rede sein, da es für uns von vornherein das Gegebene war, die von erfahrenen Forschern ausprobierten und in der Folge als bewährt erfundenen Methoden am eigenen Objekte anzuwenden, und, sollte es sich herausstellen, daß die eine oder andere Methode anwendbar ist, dann so zu modifizieren, daß damit klare und einwandfreie Präparate erhalten werden konnten. Die erste Schwierigkeit, welche sich unseren Untersuchungen in den Weg stellte, war bedingt durch die Kleinheit der Objekte. Obwohl die Sehorgane am Mantelrande der größeren Pecien-Arten mit unbewaffnetem Auge ohne weiteres gesehen werden können, so ist das ganze Sinnesorsan mit Rücksicht auf die einzelnen Organteile, welche es zusammensetzen (speziell im Hinblick auf die Retina, der die Untersuchung hauptsächlich gewidmet sein sollte), doch so klein, daß, wenn es sich um isolierte, vom Mantel- rande abpräparierte Augen handelt, die zur weiteren mikro- skopischen Verarbeitung notwendigen Prozeduren entweder unter der Lupe oder gar unter dem Mikroskop vorgenommen werden müssen. Die Untersuchung am lebenden Objekte: Während unseres Aufenthaltes an der Zoologischen Station zu Neapel hatten wir Gelegenheit, verschiedene Arten von Pecien während längerer Zeit in Meereswasseraquarien zu halten. Zur Beobachtung der Mantelverhältnisse am lebenden Tiere, speziell zur Feststellung der Lage und des Vorkommens der Sehorgane am Mantelsaume, empfahl sich, die Tiere aus dem großen Meerbassin einzeln in niedrige Glasgefäße unterzubringen. Für die ständige Erneuerung des Meerwassers, welches die also dependenzierten Muscheln um- gab, war in der Weise gesorgt, daß durch eigene Zuleitungen stets frisches Wasser in die Gefäße hineingetrieben wurde, wobei der Wasserstand durch einen mit einer Siebeinrichtung versehenen Abfluß auf einer bestimmten Höhe belassen werden konnte. Die Pectiniden antworten auf einen Schattenreiz gewöhnlich mit dem Zuklappen ihrer Schalen, eine Reaktion, welche für den Beobachter recht unliebsam werden kann, wenn er etwa gerade am Zählen der am Mantelrande vorkommenden Augen ist. Die Tiere schließen, wenn der Schattenreiz offenbar ein intensiver war, ihre Schalen dann sehr rasch und verweilen während geraumer 88 Eigene Beobachtungen. Zeit in geschlossener Schalenstellung. Aus diesem Grunde, und des weiteren, um eventuelle Schrumpfungen bei der für die histo- logische Untersuchung in Betracht kommenden Fixierung zu ver- hüten, ist eine Narkose notwendig. Die Pectines werden in eine kleine Schale gebracht, in der gerade so viel frisches Meerwasser sich befindet, daß ihnen noch die Möglichkeit zur Schalenöffnung offen steht. Es werden einige wenige Tropfen einer 2%igen, mit Meerwasser hergestellten Cocainlösung in die betreffende Schale gebracht. Auf Einfluß des Narcoticums reagieren die Tiere dann sofort durch Schalenschluß. Hat die Muschel nach einiger Zeit wieder die Schale geöffnet, so werden neuerdings einige Tropfen der Cocainlösung dem Meerwasser beigegeben, worauf sie gewöhnlich wiederum die Schale zuklappt. Die Narkose wird so lange fortgesetzt, bis. der Schalenmuskel erschlaift, das Tier infolgedessen die Schalendeckel dauernd offen behält. Die Präparation am Mantel: Der in den meisten Fällen auch zur Verhinderung einer starken Kontraktion des Mantels notwendigen Narkose hat nun, wenn es sich um die weitere Ver- arbeitung des Materials zur Augenuntersuchung handelt, die Präparation am Mantel zu folgen, die zunächst in der Entfernung des Mantelsaumes vom übrigen Mantellappen besteht. An größeren Exemplaren von Pectiniden ist die Präparation leicht. Sie geschieht am besten mittelst einer kleinen gebogenen Schere, mit welcher man in einer Entfernung 3—4 mm vom Mantelrand den Mantel- lappen durchschneidet und also den mit dem Velum, den Tentakeln und den Augen versehenen Mantelsaum von der zurückbleibenden Hautduplikatur trennt. An kleinen Exemplaren, die der Präparation erheblich größere Schwierigkeiten bieten, da sie unter der Lupe, oder in bequemerer Weise unter dem binokulären Mikroskop zu erfolgen hat, empfiehlt sich zunächst. mit einem kleinen Messer den Schalenmuskel zu durchschneiden und hernach beide Mantel- lappen in toto von den ihnen anliegenden Schalendeckeln zu be- freien, und zwar, wenn immer möglich, ohne die Schalen zu zer- trümmern, da sonst leicht Schalensplitter in das Präparat hinein- geraten, die dann eine weitere Verarbeitung des Materials unmöglich machen. Zum besseren Eindringen der Fixierungsflüssigkeit, und um späterhin eine Orientierung der einzelnen Augen beim Schneiden des Paraffinblocks vornehmen zu können, müssen die einzelnen Augen vom Mantelrande abgelöst oder der Mantelsaum selbst in eine Anzahl kleiner Teilstücke zerlegt werden. Bei kleinen, jungen Die technischen Verfahren. 89 Pectiniden (11,—2 mm Formen), an denen diese Operation vor- genommen werden soll, genügen in der Regel die in den für histologische Untersuchungen eingerichteten Bestecken enthaltenen Instrumente nicht. Um die Präparation sorgfältig ausführen zu können und beim Präparieren die Sehorgane nicht zu schädigen, ist ein besonderes Instrumentarium notwendig. Als sehr geeignet haben sich Instrumente erwiesen, wie sie in der chirur- gischen Ophthalmologie gebraucht und beispielsweise von der Firma A. Hausmann in St. Gallen (Sanitätsgeschäft) hergestellt werden. Fixierungsweise: An Fixierungsmitteln haben wir von den gebräuchlichsten wohl die meisten an unserem Objekte ausprobiert und auch eine größere Anzahl ihrer Gemische in An- wendung gebracht. Auf einige davon mußte aber bald Verzicht geleistet werden, da sie eine gute Konservierung der Gewebe nicht zu bewirken vermochten (Alkohol, Chromsäure, Formol und Formolgemische). Andere lieferten bessere Resultate, bedurften aber im Hinblick auf die Zartheit der Objekte einer besonderen Anwendungsweise (Flemmingsche Flüssigkeit, Hermannsches Ge- misch, essigsaures Uranylacetat). Für Präparate, die mit den sonst allgemein üblichen Farbstoffen, wie Hämalaun und Boraxkarmin tingiert werden sollten, erwies sich die Sublimatfixierung als besonders geeignet. Zur Fixierung verwendet wurde eine wässerige, kalt gesättigte Sublimatlösung, der etwas Eisessig beigegeben wird (auf 500 ccm Sublimatlösung genügen 2 ccm Eisessig). Die Dauer der Fixierung dürfte für die kleinen Mantelstücke (1, mm bis 1 cm) 2—6 Stunden betragen. Nach einem kurzen Abspülen der Objekte in Ag. dest. haben wir zunächst eine Auswaschung in einer wässe- rigen, dann in einer alkoholischen Jod-Jodkaliumlösung (14% J und 1% JK) vorgenommen. Die Entwässerung in den Alkoholen hat im Interesse einer guten Gewebeerhaltung möglichst rasch vor sich zu gehen, immerhin in der Zeit, daß bei dem verkürzten Verweilen im Alkohol eine tadellose Einbettung noch möglich ist. (Dieselbe Fixierungsweise empfiehlt sich auch dann, wenn es sich um Objekte handelt, an denen die Nachvergoldung nach APATHY vorgenommen werden soll. Nach unseren Erfahrungen ist es aber dann speziell für die Fibrillenreaktion von Vorteil, nach dem Auswaschen der Objekte in 70%igem Jodalkohol auch noch einen 95%igen Jodalkohol auf dieselben einwirken zu lassen [Verbringen der Objekte in eine mit 95% isem Alkohol her- sestellte JJK-Lösung], in welcher die Objekte unbeschadet bis 90 Eigene Beobachtungen. zur völligen Gelbfärbung verweilen können. Dann gelangen sie in reinen 95%igen Alkohol, Alkohol absol., Chloroform usw. Das Auswaschen und Entwässern geschieht kurz gesagt so, wie wir es weiter unten für Objekte angegeben haben, die mit Sublimat- Osmiumsäure fixiert worden sind.) Handelt es sich um Objekte, an denen eine Fibrillen- tinktion vorgenommen werden soll, dann kann die Fixierung, wenigstens in den meisten Fällen, nicht mehr eine beliebige sein; denn der Erfolg einer Fibrillentinktion ist mitunter abhängig vom Fixationsmittel, das bei der betreffenden Methode in Anwendung kommt, und er ist des weiteren abhängig von der Art und Weise, wie dieses bei der Anwendung gehandhabt wird. Einige Fibrillen- färbungen (z. B. die Methylenblaufärbung) lassen ja überhaupt nur ganz bestimmte Fixierungen zu. Die Beschränkung in der An- wendbarkeit der Neurofibrillenmethoden an bestimmten Objekten beruht auf der beschränkten Anzahl der für diese Objekte allein in Frage kommenden Fixierungsmittel. Stellt es sich heraus, daß die für den Erfole der Fibrillentingierung erforderlichen Fixierungs- mittel das Gewebe des betreffenden Objektes nicht genügend für histologische Untersuchungszwecke zu fixieren vermögen, dann können wohl die Neurofibrillen optisch dargestellt, ihre Beziehungen aber zu den Zellelementen nicht ermittelt werden. Diese Erfahrung machten wir an unserem Objekte mit der BierscHhowskY-Methode, die uns Präparate in die Hand gab, auf denen wir in der Retina wohl einige Fibrillen optisch isoliert er- hielten, die einzelnen Zellelemente aber nicht voneinander deutlich abgegrenzt zur Darstellung brachten, so daß es nicht möglich war zu sagen, welche Fibrillen den und den Zellen zugehören. Die Methode von BIELSCHOWsKY dürfte aber auch an unserem Ob- jekte mit Erfolg angewendet werden können, wenn die Fibrillen- tingierung eine andere Fixierung als die Formolfixierung (wir probierten übrigens mit Variation der Einwirkungszeiten außer verschiedenartig verdünnten Formollösungen auch Sublimat- lösungen, Sublimatalkohole usw.) zuließe. Auch mit der Methylenblaufärbung hatten wir keinen Erfolg, obwohl wir fast ausschließlich unseren ersten dreimonat- lichen Aufenthalt in Neapel Versuchen mit dieser Methode und ihren Modifikationen gewidmet hatten. Die Hämateinfärbung 1A nach ApAruy zur Tinktion der Neurofibrillen wurde unter genauer Befolgung der Vorschrift vorgenommen. Die Methode hatte für uns von vornherein etwas Die technischen Verfahren. 9 Bestechendes, da sie an verschiedenartig fixierten Objekten einen Erfolg erhoffen läßt. Wir erhielten mit dem Hämateinverfahren eine Reihe wirklich guter Präparate, die namentlich durch eine prägnante Kernfärbung ausgezeichnet waren. Indessen gelang es uns nicht, eine scharfe Fibrillentinktion zu erzielen, obwohl zu- weilen einige Axialfibrillen in den Stäbchenzellen sichtbar gemacht werden konnten. Damit war die Auswahl der uns zu Gebote stehenden Methoden, die zu einer graphischen Darstellung des Leitenden hätten führen können, nahezu erschöpft. Eine Methode der färberischen Differenzierung der Neurofibrillen, welche in der Art ihrer Anwendung für unser Objekt von vornherein viel Versprechendes für sich hatte, und der wir im Grunde auch allein unsere Resultate zu verdanken haben, ist die von ArArny mit allen Raffinements ausgedachte, wohlerprobte, und den Interessenten in ihrer Anwendung ganz ausführlich be- schriebene Methode der Nachvergoldung: Obwohl in der Zulässigkeit der für die Objekte in Frage kommenden Fixierungen beschränkter als die Methode der Häma- teintingierung, bietet die Nachvergoldung gegenüber dieser doch eine Anzahl nicht zu unterschätzender Vorzüge, welche von ArAruYv selbst seinerzeit namhaft gemacht worden sind; sie seien hier wieder- holungsweise noch einmal kurz genannt: 1. Scharfe Fixierung der Neurofibrillen und optische Isolierbarkeit von den übrigen Gewebe- bestandteilen, 2. vorteilhafte Tingierung der Gewebebestandteile überhaupt, 3. unbegrenzte Haltbarkeit der Präparate, 4. die bei der Anwendung stets vorhandene Möglichkeit, für mikroskopisch- histologische Untersuchungen geeignete Präparate zu erhalten, selbst dann, wenn die eigentliche Fibrillentinktion fehlgeschlagen hat. Nach unseren eigenen Erfahrungen können wir noch als fünften Vorzug erwähnen: freie Wahl in der Dicke der Schnitte ohne Beeinträchtigung der Differenzierung des Leitenden, ein Vorzug, der nach ApAtHys Erfahrungen nur der Hämateinmethode zukommt. ‘ Für uns kam hauptsächlich zweierlei in Betracht: erstens die optische Isolierung der Neurofibrillen, zweitens eine einwand- freie Fixierung des zur Untersuchung herangezogenen Gewebes. ArAtuy hatte bei der Anwendung seiner Goldchloridmethode mit verschiedenen Fixierungsmitteln gute Resultate erhalten. Wir haben sie alle an unserem Objekte ausprobiert, ohne jedoch eine befriedigende Fibrillenreaktion damit zu erzielen. 92 Eigene Beobachtungen. Ein glücklicher Zufall wollte es nun, daß im Sommer 1911 Herr Professor v. ArArnuy an der Zoologischen Station zu Neapel einen Aufenthalt nahm, gerade zurzeit, wo wir in Neapel den schweizerischen Arbeitsplatz innehatten. Auf unsere Anfrage nach einem für feinere histologische Untersuchungen empfehlenswerten Fixierungsmittel hatte er die große Liebenswürdiskeit, uns das von ihm eben in Neapel neu hergestellte Sublimat-Osmiumsäure- Gemisch in Vorschlag zu bringen und uns zugleich zu verraten, daß nach seinen an Hirudineen gemachten Erfahrungen das Ge- misch sich besonders gut eigne für Objekte, die nach der AuCl- Methode behandelt werden sollen. Nach einigen Mißerfolgen be- stätigten sich die von ApArHy gemachten Angaben. Die Methode gab uns Bilder in die Hand, die an Deutlichkeit der Fibrillen- tinktion und an Vorzüglichkeit der Gewebefixierung auch nicht das mindeste zu wünschen übrig ließen. Es sei uns gestattet, Herrn Prof. v. ApArHy, in Anerkennung seines großen Wohlwollens, ohne das die ganze Untersuchung wohl resultatlos verlaufen wäre, unseren herzlichsten Dank auszusprechen. Es kann sich hier nicht darum handeln, eine ausführliche Beschreibung der Goldchloridmethode, wie sie an fixierten Objekten zur Darstellung der Neurofibrillen allgemein vorzunehmen ist, zu geben. Eine solche Beschreibung liest in dem Originalwerke von ApArny selbst vor. Dagegen lohnt es sich vielleicht, darüber eine kurze Anleitung zu geben, wie beispielsweise an den Sehorganen am Mantelrande der Pectiniden mittels dieser Methode Präparate hergestellt werden können, die für eine neuro-histologische Unter- suchung der Retina sich besonders eignen, da sie sich auszeichnen einerseits durch die Prägnanz der Fibrillentinktion, andererseits durch die Vorzüglichkeit der Gewebefixierung. Die Goldchloridmethode zur Darstellung der Neuro- fibrillen an fixierten Objekten (Nachvergoldung) in Kombination mit der Sublimat-Osmiumsäure-Fixie- rung nach St. von Apäthy. (in ihrer Anwendungsweise für die Sehorgane am Mantelrande der Pectiniden auf Grund eigener Erfahrungen geschildert.) Bedingungen zum Gelingen der Fibrillenreaktion: Erfordernisse zur erfolgreichen Durchführung des ganzen Verfahrens sind nach unserem Dafürhalten: 1. Ausgegangen werden muß von Die technischen Verfahren. 93 frischem, lebendem Untersuchungsmaterial, da die Fibrillen- reaktion in hohem Grade abhängig zu sein scheint von dem physiologischen Zustand, in welchem das Objekt fixiert worden ist. 2. Die Fixierung hat, wenn auf eine prägnante Fibrillen- tinktion gerechnet wird, mit dem Sublimat-Osmiumsäure-Gemisch von ArATtHy zu erfolgen. 3. Der Fixierung muß sofort das Aus- waschen, die Entwässerung und die Paraffineinbettung in rascher Aufeinandertolge angeschlossen werden, da ein längeres Verweilen der Objekte in den Alkoholen die Fibrillenreaktion stark beein- trächtigt. 4. Zur Herstellung der Goldsalzlösung ist das von der Firma E. Merck in Darmstadt hergestellte chemische Präparat Aurum chloratum fuscum in Kristallen zu verwenden. 5. Starkes Belichten der dem Sonnenlichte ausgesetzten Präparate, ohne allzu starke Erwärmung (Temperatur nicht über 20°C) der die Prä- parate umgebenden Reduktionsflüssigkeit (1%ige Ameisensäure- lösung). Wir dürfen vielleicht noch an 6. Stelle anführen: Sauberes und exaktes Arbeiten während des ganzen Verfahrens unter ständiger Kontrolle der Präparate und Überwachen der photoreaktiven Vorgänge. Über das allgemeine Verfahren: Das ganze Verfahren besteht in folgenden Behandlungsweisen: 1. in der Fixierung der Objekte, 2. in dem Auswaschen, 3. in dem Entwässern, 4. in dem Durchtränken der Objekte mit Paraffin, 5. in dem Zerlegen derselben in Schnittserien, 6. in der eigentlichen Tinktion der Neurofibrillen, welche besteht a) in der Einführung des Goldsalzes in das Gewebe, b) in dem Einwirkenlassen des Lichtes auf das Gewebe, 7. im Ein- schluß der Präparate. Fixierung: Als Fixierungsmittel empfiehlt sich, wie ge- sagt, das Sublimat-Osmiumsäure-Gemisch von APrATHY (wir geben das Rezept nach einer persönlichen Mitteilung von Herrn Prof. Arktuy). Das Gemisch besteht aus folgenden Ingredienzien: 1. Aus einer 12% igen Sublimatlösung (auf 100 cem einer 2%igen mit Ag. dest. hergestellten Kochsalzlösung kommen 12 & Sublimat in Kristallen. Die Lösung wird kalt hergestellt); 2. aus einer 4% igen Natriumjodatlösung (4 g jodsaures Natrium [Natrium jodiecum], werden in 100. cem Ag. dest. gelöst). Beide Lösungen, die Sublimatlösung und die Natriumjodat- lösung sind getrennt voneinander herzustellen und im Ver- 94 Eigene Beobachtungen. hältnis 1:1 zu mischen. Auf 100 cem der Mischung kommt 1 g Osmiumsäure in Kristallen?). Die fertige Lösung kann unbeschadet im Lichte stehen, solange in ihr keine Fixierungen vorgenommen werden. Dagegen ist sie peinlichst vor Staub und Unreinigkeiten zu schützen. In sut verschlossener Flasche bleibt das Gemisch unbeschränkt lange haltbar. Bei Gebrauch und während der Herstellung ist der schädlichen Osmiumsäuredämpfe wegen größte Vorsicht geboten?). Das Säuregemisch kann entweder konzentriert oder in be- liebiser Verdünnung angewendet werden. In den meisten Fällen wird nach unseren Erfahrungen die konzentrierte Lösung der ver- dünnten vorzuziehen sein, da sie die äußeren Zellformen besser zu erhalten vermag, und wir an Objekten, die mit der starken Mischung fixiert wurden, auch gewöhnlich prägnantere Fibrillen-. tinktionen erhielten. Mitunter aber ergaben auch die mit den verdünnten Mischungen fixierten Objekte wohlgelungene Fibrillen- präparate. Dies eilt in der Regel für embryologisches Material. (Die von uns gebrauchten Verdünnungen waren !/,, [15 T. konz. Lösung +1 T. Ag. dest.], !/,, M und 14.) ‘ Die Einwirkungsdauer richtet sich nach der Größe des zu fixierenden Objektes. Für die kleinen Objekte dürfte sie 2—6, für die größeren 6—8 Stunden betragen. Auch ein längeres Ver- weilen im Fixierungsgemisch (12—24 Stunden) schien nicht nach- teilig auf das Gewebe einzuwirken. Wir besitzen Präparate von Sehorganen, die mit dem angrenzenden Mantelstück 12 Stunden im konzentrierten Gemisch belassen wurden, und an denen eine 1) Sollen 100 ccm des Sublimat-Osmiumsäure -Gemisches hergestellt werden, so ergibt sich folgende Dosierung: 1 g Kochsalz wird in 50 cem. Agq. dest. gelöst und, nachdem es sich gelöst hat, in der Lösung 6 g Sublimat in Kristallen aufgelöst. Getrennt davon (in einer zweiten Flasche) bringt man 2 g Natrium jodicum in 50 cem Agq. dest. zur Lösung. Haben sich die Salze in den einzelnen Flüssigkeiten gelöst, so werden die beiden Solutionen zusammen- gegossen und in den also erhaltenen 100 eem des Gemisches 1 g Osmiumsäure in Kristallen gelöst. 2) Die Eröffnung des die Osmiumsäurekristalle enthaltenden Glas- röhrcehens geschieht am besten so, daß mit einem Diamantstift in geringer Entfernung von dem, einen Röhrenende das Glas allseitig geritzt wird. Die als Röhrenabschluß dienende Glaskappe kann leicht abgesprengt werden, wenn die Ritzstelle mit einem glühenden Glasstab berührt wird. Bei diesem Ver- fahren wird das Goldchlorid durch keinerlei Glassplitter verunreinigt, welche natürlich bei der späteren Verarbeitung des Objektes die schlimmsten Folgen haben könnten. Die technischen Verfahren. 95 ganz prächtige Fibrillentingierung festzustellen ist. Das Gewebe ist dabei in bester Weise fixiert. Das Auswaschen und die Entwässerung: Die nun weiter am Objekte vorzunehmende Prozedur muß mit aller Gründ- lichkeit geschehen, da von der Art ihrer Durchführung das Ge- lingen der ganzen Methode abhängig zu sein scheint. Dadurch, daß ArAtHy dem Säuregemisch schon das Jod in Form des Natrium- salzes beigegeben hat, ist, wenn wir die Bedeutung der chemischen Zusammensetzung des Gemisches recht erfaßt haben, der Aus- waschungsprozeß ziemlich vereinfacht. Denn prinzipiell braucht die Auswaschung nur noch mit Wasser und Alkohol (ohne Jod) zu erfolgen, gleich, als ob das Objekt mit Osmiumsäure allein fixiert worden wäre. Indessen haben wir ein von ArArny ebenfalls angegebenes, im Falle der Sublimat- oder Sublimat-Alkoholfixierung vorzunehmendes Auswaschungsverfahren auch bei der Fixierung mit dem erwähnten Sublimat-Osmiumsäure-Gemisch noch bei- behalten, durch die Erfahrung belehrt, daß diese Art der Aus waschung die Fibrillenreaktion günstig beeinflußt. Das Objekt wird nach beendeter Fixation zunächst in Ag. dest. gebracht, welches binnen einer halben Stunde mehrmals erneuert werden soll. Dann erfolet ein weiteres gründliches Aus- waschen in fließendem Leitungswasser während mehrerer Stunden (6—12 Stunden), worauf das Objekt wiederum für kürzere Zeit in destilliertem Wasser abzuspülen ist. Aus diesem gelangt es dann in Flüssigkeiten, die geringe Mengen einer Jod-Jodkalium- lösung enthalten, und zwar nacheinander 1. in destilliertes Wasser, dem einige Tropfen einer wässerigen Jod-Jodkaliumlösung bei- gegeben werden (1 & K.J auf 100 cem Ag. dest.; in dieser 1%/igen wässerigen KJ-Lösung ist ein 1, & Jod in Kristallen aufzulösen). 2. in 70%,igen Alkohol, dem bis zur Kognakfärbung Tropfen einer alkoholischen JK-Lösung zugefügt werden (1 g KJ in 100 cem 70%igem Alkohol; in der 1% igen alkoholischen JK-Lösung ist 1, & Jod in Kristallen aufzulösen). 3. in 95%igen Alkohol, dem, wie in den obigen Fällen, Tropfen einer JJK-Lösung beigegeben werden (1 g JK in 100 cem 95°%,igem Alkohol, worin 1,9 J in Kristallen zu lösen ist). Dauer des Verweilens mehrere Stunden. Hernach kommen die Objekte in reinen 95%igen Alkohol, dann zur völligen Entwässerung und zur Entfernung des Jodkaliums in Alkohol absolutus. Der 95%ige Alkohol und der Alkohol abso- lutus sind mehrmals zu erneuern. Da das Verweilen in den Alkoholen möglichst eingeschränkt werden muß, so empfiehlt sich, im Inter- 96 Eigene Beobachtungen. esse einer raschen Entwässerung, die Objekte in einer hohen Alkoholsäule aufzuhängen. Wir benützten hierzu ziemlich lange, nicht zu schmale Reagenzeläser, die, mit dem betreffenden Alkohol gefüllt, ein Plazieren der Objekte in hoher Lage leicht gestatteten!). Einbettung: Als Vormedium zum Einbetten nach der Ent- wässerung mit Alkohol absolutus verwandten wir reines Chloro- form. Um den Alkohol aus dem Objekte möglichst zu entfernen, ist das Chloroform anfangs des öfteren zu erneuern, wobei sich stets empfiehlt größere Quantitäten von Chloroform zu ver- wenden. Ist die Entfernung des Alkohols eine mangelhafte, so kann mitunter auch an dem sonst leicht schneidbaren Material späterhin sich eine unliebsame Zähigkeit einstellen, welche wir wohl auf eine durch den warmen Alkohol bewirkte Härtung zurück- führen müssen. Wird der Chloroformwechsel mehrmals vorgenom- men, so genügt ein 1—2stündiges Verweilen im Vormedium. Nach dem Chloroform nimmt eine kalt gesättigte Paraffin-Chloro- formlösung das Objekt auf. (Weiches Paraffin vom Schmelzpunkt 420/450 wird bei gewöhnlicher Zimmertemperatur in Chloroform gelöst.) In der Chloroform-Paraffinlösung kann das Objekt ohne großen Schaden längere Zeit verweilen. Erlauben es aber die Umstände, so tut man gut, gleich die weiteren Prozeduren am Thermostaten folgen zu lassen. Zunächst wird das mit Chloroform- paraffin überschichtete Objekt in einem unbedeckten Glasnapi auf den Thermostaten gestellt. Durch die Wärmeeinwirkung ge- langt das Chloroform zur allmählichen Verdampfung, die Paraffin- lösung zur sukzedanen Konzentration. Nach etwa 1—2 Stunden wird der Glasnapf mit dem Objekt in den Thermostaten gestellt, wo das in der Paraffinlösung und im Objekt enthaltene Chloroform noch vollständiger verdampft werden soll. Es ist ratsam, wenngleich nicht absolut notwendig, das Objekt nach etwa 1—2 Stunden noch l) Um dem Objekt eine solche Lage im Alkohol zu geben, kann folgendermaßen vorgegangen werden: Ein Stück einer feinen, das Objekt nicht durchlassenden, doch nicht zu engmaschigen Gaze, die in Alkohol absolutus noch gesteift werden kann, wird einige Zentimeter weit in das Reagenzglas hineingestoßen, dermaßen, daß das Niveau der Alkoholsäule über die Gaze zu liegen kommt. Der so auf einfachste Weise gebildete Rost bleibt auf der gewünschten Höhe in der Glasröhre und trägt das in die Flüssigkeit ge- legte Objekt. Das Überführen des Objektes von dem einen Alkohol in den anderen Alkohol höherer Konzentration geschieht am schonendsten so, daß die Gaze samt dem Objekt in einen zweiten, diese Flüssigkeit enthaltenden Glaszylinder eingeführt wird. Die technischen Verfahren. 97 für kürzere oder längere Zeit in einen zweiten Glasnapf mit neuem weichem Paraifin zu übertragen, damit das eventuell noch im Ge- webe vorhandene Chloroform zur völligen Verdampfung gelange. Dann kommt das Objekt für etwa 2 Stunden in härteres Paraffin, welches zugleich zur definitiven Einbettung verwendet werden kann. Dieses Verfahren der Paraffineinbettung steht schon lange in Anwendung und bietet speziell für unsere zarten, Schrumpfungen leicht zugänglichen Objekte manchen Vorteil. Das Eindringen des Paraffins und der Austausch des Antimediums mit dem Einbettungs- medium geschieht in der denkbar schonendsten Weise. Zudem ist die Durchtränkung des Objektes mit Paraffin bei einer voraus- gegangenen richtigen Entwässerung selbst an den größten Stücken eine gründliche. Das Orientieren der Objekte bei der Einbettung: Zur Herstellung übersichtlicher Schnittpräparate ist, gleichviel ob es sich um Längs- oder Querschnitte handelt, eine ganz be- stimmte Einstellung der Objekte zur Schnittebene erforderlich. Wir müssen genau darüber im klaren sein, wie das Objekt zur Schnittrichtung eingestellt ist und wie sich speziell die Schnitt- ebene zur optischen Achse der Augen verhält. Am erstarrten Paraffinblock läßt sich für gewöhnlich nicht mehr feststellen, welche Lage das Objekt einnimmt, es sei denn, daß es beim Ein- betten in dem noch flüssigen Paraffin soweit zu Boden gesunken ist, daß es noch unter der Erstarrungsfläche des Blockes hindurch- scheint (eine Einbettung, die aber nicht korrekt ist). Um gleich- wohl Anhaltspunkte für die Einstellung des Paraffinblockes am Mikrotom zu erhalten, bedienten wir uns des folgenden einfachen und praktischen Verfahrens. Statt der für die Einbettung fast allerorts in Gebrauch stehenden Formen aus Metall (Metall- rähmcehen) benützten wir die alten PaurL Mayverschen Papier- kästchen (vide LEE und Mayer). Auf der zur inneren Grund- fläche des Kästchens bestimmten Papierebene wird mit einem gut gespitzten, nicht zu harten Bleistift ein Fadenkreuz gezeichnet, nach welchem dann die Orientierung des Objektes zu erfolgen hat. Der fertig erstellte Papierbehälter kommt auf einem trockenen Objektträger für kurze Zeit auf den Thermostaten. In das mit Paraifin aufgefüllte Kästchen bringt man nun das herauspräparierte Mantelstück mit dem Sehorgan und orientiert dasselbe — am besten unter einer binokulären Lupe — mit warmen Präpariernadeln so, daß die eine Linie des Fadenkreuzes mit der optischen Achse des Auges zusammenfällt. Damit das Objekt beim Einbetten im 7 98 Eigene Beobachtungen. flüssigen Paraffin nicht bis auf den Kästchenboden sinkt, muß vorher eine dünne Paraffinschicht zum Abkühlen gebracht werden. Das mit schwarzem Blei gezogene Linienkreuz kann auch noch unter dem erstarrenden Paraffin wahrgenommen werden. Auf alle Fälle empfiehlt sich, vor der Abkühlung des ganzen Blockes rasch eine Skizze von der am Objekte vorgenommenen Orientierung mit Rücksicht auf das Liniensystem zu machen. Nach beendister Orientierung erfolgt die rasche Abkühlung der ganzen Parafiin- menge durch Untertauchen der Grundplatte (OÖbjektträger) mit dem auf ihr ruhenden Parafiinkästchen in kaltes Wasser. Die Papierhülle kann vom Paraffinblock leicht (eventuell schon unter Wasser) entfernt werden, wenn das Paraffin noch nicht die volle Konsistenz erreicht hat. Das wichtigste ist nun das, daß sich das Linienkreuz auf der Unterseite des Paraffinblockes — wenn wir ein für unsere Zwecke günstiges Papier!) verwendet haben — deut- lich abgezeichnet hat. Wir wissen jetzt soiort, wie wir den Paraffinblock am Mikrotom — eine Kante muß mit der Messer- schneide parallelisiert werden — zu fixieren haben, um bei einer be- stimmten, gewöhnlich gegebenen Messerführung die gewünschten Schnitte zu erhalten (vide neben- stehende Textfigur). Das Vergolden der z Schnitte: Da unser Verfahren, el ne was die Vergoldung der Präparate schnitte. anbetrifft, in keinem wesentlichen Punkte von der von APATHY vor- geschlagenen Behandlungsweise abweicht, so wird derjenige, der sich für die Methode interessieren sollte, wie schon gesagt, am besten die Originalvorschriften zu Rate ziehen. Wir wollen hier nur kurz und wiederholungsweise die technischen Operationen zur Schilderung bringen und zwar gerade so, wie sie mit Erfole an unserem Objekte vorgenommen wurden. Nach dem Zerlegen des Objektes in eine Serie von Paraffin- schnitten, deren Dicke vorteilhafterweise 7—5 u, bei einigem Beherrschen der Methode nach unseren Erfahrungen aber auch gut 1) Zur Herstellung der Papierkästchen eignet sich ein nicht allzu glattes und steifes, unporöses und vor allem nicht in Wasser leicht faserig werdendes Papier. Die technischen Verfahren. 99 eine geringere (d—2 y.) sein kann, ohne daß der Effekt in der Fibrillenreaktion ein wesentlich anderer wäre, und nach dem Aufmontieren der Schnitte auf den Objektträger, wobei nach vorausgegangener Streckung das Aufkleben unter Verwendung von Mayverschem Eiweißglyzerin stattfinden möge), wird der mit den Schnitten beschickte Objektträger — wenn die für ihr Festhalten notwendigen Maßregeln eingehalten worden sind (reine Objekt- träger, Trocknenlassen der aufgeklebten Schnittserie an staub- freiem Ort) — nach einem zur Paraffinauflösung notwendigen Aufenthalt in Xylol (ArAray verwendet Chloroform) durch die Reihe der Alkohole in destilliertes Wasser heruntergeführt und hierin für 1—2 Stunden zum Zweck einer Aktivierung des Gewebes für den Vergoldungsprozeß belassen. Aus dem destillierten Wasser gelangen die Schnitte für 24 Stunden (eventuell auch für kürzere Zeit) in eine 1%ige Goldlösung. Das Goldbad wirke im Dunkeln. Mit Rücksicht auf den im Lichte stattfindenden Reduktionsprozeß ist es ratsam, die Präparate am Morgen in die Goldlösung einzu- lesen, damit der ganze darauffolgende Tag für jenen reserviert bleibt. Bevor die mit den Schnitten beschickten Objektträger einzeln in die mit 1% iger Ameisensäurelösung angefüllten Tuben ver- bracht werden (es empfiehlt sich die 1%ige Lösung stets erst vor Gebrauch aus der konzentrierten -Säurelösung herzustellen), ist das dem Glase des Objektträgers noch anhaftende Goldchlorid möglichst zu entfernen. Da jedoch bei einem noch so raschen Eintauchen der Präparate in destilliertes Wasser die noch in und auf den Schnitten vorhandene Goldlösung Gefahr läuft abgespült zu werden, so möchten wir empfehlen, den zweiten Weg des Vor- gehens einzuschlagen: Mit einem in destilliertes Wasser getränkten Wattebausch kann leichthin auf der Unterseite und an den von Schnitten sonst freien Stellen des Objektträgers das dem Glase anhaftende Goldchlorid abgewischt werden. Langsam werden hernach die Präparate, ein jedes einzeln für sich, in die mit Ameisen- säurelösung angefüllten Glastuben gestellt (Schieistellen der Objektträger im Tubus, wobei die Schnitte eine nach unten ge- kehrte Lage einzunehmen haben) und am Morgen dem Sonnenlichte frühzeitig ausgesetzt, einerseits, um die am Vormittage gewöhnlich noch kühlere Temperatur für den Reduktionsprozeß (Plazieren der Tuben am besten im Freien, etwa vor dem Fenster) auszunützen, 1) Wenige Tropfen Eiweißglyzerin werden dem warmen Wasser in die Schale beigegeben. Ink: ( 100 Eigene Beobachtungen. andererseits, um die Einwirkungsdauer des Lichtes eine möglichst lange werden zu lassen. Am Abend sind die Präparate aus der Ameisensäure mit destilliertem Wasser abgewaschen unter dem Mikroskop zu betrachten. Ist die Fibrillenreaktion gelungen, was an einem sonnenreichen, nicht allzu warmen Tage der Fall sein dürfte, so ist es gut noch am selbigen Tage den Einschluß der Präparate vorzunehmen. Im Falle einer ausgebliebenen oder mangelhaften Fibrillentinktion kann der Reduktionsprozeß auch noch am folgenden, eventuell nächstfolgenden Tag fortgesetzt werden, indem man über Nacht die Präparate in frische 1%ige Ameisensäurelösung bringt und sie dann am folgenden Morgen neuerdings in den Tuben dem Lichte aussetzt. Auf diese Weise ist es uns gelungen, hie und da eine infolge ungünstiger Be- lichtung anfangs hintangehaltene Reaktion doch noch zur Aus- lösung zu bringen oder eine ungenügende Fibrillentingierung intensiver zu gestalten. SZzüts hat diese Anwendungsweise bereits bekannt gegeben. Wir verfielen unabhängie auf dieses Verfahren. Die Belichtung der Präparate haben wir stets in verkorkten Tuben vorgenommen. Die Lichtstrahlen haben den mit den Schnitten beschickten Objektträger von allen Seiten zu beleuchten. Diesem Postulat, welches ArArny für das Gelingen der Fibrillenreaktion gestellt hat, muß unbedingt Rücksicht getragen werden. Einer starken Erwärmung der Ameisensäure (Temperatur über 20°) beugten wir durch einen mehrmals vorgenommenen Wechsel der Ameisensäureim Verlauf eines Tages vor. Nach unseren Erfahrungen ist es überhaupt gut, die Objekte nicht den ganzen Tag in der gleichen Reduktionsflüssigkeit zu belassen, sondern die alte Lösung nach einiger Zeit durch eine frische zu ersetzen. Die für diesen Wechsel in Bereitschaft zu haltenden Lösungen können durch eine vorgenommene künstliche Abkühlung (Verbringen einer frisch hergestellten 1%igen Lösung in geschlossener Flasche auf Eis) auf niedrige Temperaturen gebracht werden, was sich namentlich dann empfiehlt, wenn die Vergoldung an einem sehr sonnenreichen, also für die eigentliche Fibrillentingierung günstigen, zugleich aber an einem recht warmen und daher für den Reduk- tionsprozeß ungünstigen Tage vorgenommen werden muß. Nachfärbung: Mitunter empfiehlt sich, namentlich im Interesse einer scharfen Kernfärbung, an den nach der Methode der Nachvergoldung behandelten Schnittpräparaten noch nach- träglich eine Schnittfärbung vorzunehmen. Als besonders hier- zu geeignet erweist sich die schon ehedem von APpATHy vorge- Die technischen Verfahren. 101 schlagene Tinsierung mit Hämateinlösung At). Zur Verwendung kommen möge eine auf alle Fälle gut gereifte, jedoch nicht allzu stark überoxydierte, filtrierte Lösung, in welcher die vergoldeten Schnitte — nachdem sie aus der 1%igen Ameisensäurelösung mit Ag. dest. gründlich abgespült, und die mit ihnen beschickten Objektträger von etwaigen, bei der Reduktion gebildeten Metall- niederschlägen befreit worden sind — je nach der Dicke und Intensität der von der AuCl-Methode herrührenden Tingierung einige wenige Minuten (1—10 Minuten, selten länger) zu ver- weilen haben. Der Einschluß: Nach dem Entwässern und Verbringen der Präparate in Xylol (ArAruy verwendet wiederum Chloroform) erfolgt der Einschluß. Ein längeres Verweilen der Objektträger in den Alkoholen (namentlich in 70%,igem und 95% igem Alkohol) hat für die Schnitte erfahrungsgemäß nachteilige Folgen und be- einträchtigt immer die Prägnanz der Fibrillentingierung. Man unterlasse deshalb, die Präparate übermäßig lang beim ‚„Hinauf- führen“ in den erwähnten Flüssigkeiten zu belassen. Zum Einschluß der Schnitte verwendeten wir für gewöhnlich eine mit Benzol, Xylol oder Chloroform verdünnte Lösung von Balsamum Canadense („Benzol-, „Xylol-, „Chloroformbalsam‘“). Auf Anraten von Herrn Professor MayEr — Prof. Mayer ließ uns während beider Aufenthalte in Neapel in der zuvorkommendsten - Weise seine langjährigen Erfahrungen auf dem Gebiete der mikro- skopischen Technik zugute kommen und interessierte sich stets um den Fortgang der Arbeit, weshalb wir auch öffentlich ihm wärmsten Dank entgegenbringen möchten — benützten wir außer diesem all- gemein gebräuchlichen Einschlußmedium noch andere Einschluß- mittel. Zur Verwendung kamen: Dammarharz in Xylol gelöst, Gemische von Balsamen mit Ölen (z. B. das Arpirnvsche Gemisch [Bals. Canadense 2 T., optisches Cedernöl 1 T., Chloroform 1 I]; ferner 2 T. dickflüssiger Bals. Canadense, 1 T. Methylsalicylat [für Präparate mit bloßer Fibrillentingierung ohne Hämateinkern- färbung]; 2 T. Bals. Canadense, IT. Benzylacetat; Terpineol u. a.). Unsere Untersuchungen dürften noch zu wenig gründliche sein, um die Vor- und Nachteile der einzelnen Einschlußmedien für die Untersuchung der Neurofibrillen und des Leitenden über- 1) Über die Herstellung der Farbstofflösung vide die diesbezüglichen ' Angaben von ApATHy: „Das leitende Elem. des Nervensystems usw.‘ (B. 1897), S. 715. 102 Eigene Beobachtungen. haupt richtig bewerten und einschätzen zu können. Für ein und dasselbe Präparat wird in der Regel nur ein einziges Einschluß- mittel in Betracht kommen, wenn man nicht Gefahr laufen will, durch ein mehrmaliges Einschließen mit verschiedenen Medien die strukturelle Klarheit des histologischen Bildes zu schädigen. So ist es denn außerordentlich schwierig, von zwei sonst gleich behandelten Präparaten mit verschieden gewähltem Einschluß zu sagen, welches im Hinblick auf die Fibrillenunter- suchung sünstiger eingeschlossen ist, zumal auf keinem Objekt- träger die Fibrillen sich färberisch ganz genau gleich verhalten. Eine deutlichere Wahrnehmung der Fibrillen auf dem einen Prä- parat spricht noch lange nicht für ihren vorteilhafteren Einschluß. Was wir aber heute schon auf Grund unserer Erfahrungen bei den präparativen Arbeiten zu einer ähnlichen Untersuchung empfehlen können, ist die Verwendung nicht nur eines einzigen Einschluß- mediums (Bals. Canad.), sondern die Zuhilfenahme einer Reihe von Einschlußmitteln mit verschiedenen Brechungsexponenten. Damit ist dem Untersuchenden die Möglichkeit geboten, unter ver- schiedenen optischen Bedingungen die nervösen Elemente in den Geweben vergleichsweise zu betrachten und zu verfolgen. I. Entwieklungsgeschiehtliche Untersuchungen. 1. Die entwicklungsgeschichtliche Literatur. Über die Entwieklungsgeschiehte des Pecten-Auges ist noch wenig bekannt. Die diesbezüglichen Mitteilungen stehen zu den zahlreichen, zum Teil recht eingehenden Schilderungen über das entwickelte Sehorgan in keinem ebenbürtigen Verhältnis. Der Grund, weshalb entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen weniger gepflegt wurden, liegt wohl im schwierigen Beschaffen des embryo- logischen Materials. So kam es, daß dieser Weg der Forschung eigentlich nur von einem gerade begünstisten Autor betreten werden konnte; die anderen mußten es beim Wunsche bewenden lassen, man möchte doch in der Folgezeit sich der gewiß aussichts- reichen Seite der Untersuchung zuwenden. Im Jahre 1886 erschienen unabhängig voneinander zwei Darstellungen über die Entwicklung der Sehorgane bei Pecten: eine mehr theoretische Abhandlung von BürscHLı (B. 1886) und eine von dem uns schon durch seine Untersuchungen am - entwickelten Sehorgan bekannt gewordenen Forscher PATTEN ER Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 103 (B. 1866). Diese beiden Publikationen über die Ontogenese blieben bis 1908 die einzigen. In diesem Jahre teilte Rıcnarn HrssE im Anschluß an seine neueren Anschauungen über die Innervations- weise am Pecten-Auge einige Beobachtungen mit, die er an Em- bryonalstadien von Sehorganen gewonnen hatte. Mit diesen drei Publikationen ist die entwicklungsgeschichtliche Literatur über das Pecten-Auge schon erschöpft. a) Die Entwicklung des Pectenauges nach der Darstellung von Bütschli. BürscHLı knüpft seine theoretischen Betrachtungen an einen an Schnittpräparaten am Mantelauge von Pecten jacobaeus ge- machten Befund. Senkrecht zur Mantelfläche, in der Längs- richtung des Ausenstiels geführte Schnitte zeigen ihm, daß der periphere Rand der inneren Pigmentschicht direkt in die Retina übergeht, und zwar an der Stelle, wo er die Retina an ihrer Seiten- wandung berührt. „Man sieht, so führt BürscHLı aus, wie die Zellen, welche die freie hintere Fläche des peripheren Teiles, des sogenannten Retinawulstes, der Retina bilden, gegen die Peripherie hin immer niedriger werden und schließlich einfach in die Zellen der Pigmentschicht umbiegen. (Textiig. 11 D 41.) Auf Grund dieses Befundes, des Zusammenhanges des inneren Pigmentepithels mit der Retina scheint es BürscaLı möglich, den von den übrigen Sehorganen der Mollusken offensichtlich abwei- chenden Augentypus bei Pecten auf den allgemeinen Grundtypus der Molluskenaugen zurückzuführen. Wir haben ja gesehen, daß die eroße Mehrzahl der bei den Wirbellosen vorhandenen Seh- organe, sämtliche vertierte Blasenaugen, von einer bestimmten, von rezipierenden Zellen eingenommenen Partie des äußeren Körper- epithels abgeleitet werden müssen. Diese für die Photorezeption besonders geeignete Gruppe von Sinneszellen verlagert sich im epithelialen Verbande in die Tiefe. Es kommt zur Bildung einer Ausengrube. Das endliche Resultat der mit der Grubenbildung beginnenden Organentwicklung ist eine Augenblase, die durch einen weiterschreitenden Einstülpungs- und Abschnürungsprozeb zu- stande gekommen ist. Eine derartig geschlossene Augenblase stellt nach BÜTscHLıs Ansicht auch das Auge der Kammuschel dar. An der Bildung der Blasenwandung beteiligen sich zweierlei Schichten: die Retina und die innere Pigmentschicht. Dem Innenraum der Blase entspräche 104 Eigene Beobachtungen. der zwischen diesen beiden Schichten beim Pecten-Auge stets vorhandene Spaltraum, welcher freilich infolge eines an der be- reits geschlossenen Augenblase stattfindenden zweiten Einstül- pungsprozesses, der die Retina proximad gegen die innere Pig- mentschicht einbuchtet (etwa nach der Art des Invaginationsvor- ganges bei der Gastrulabildung) im Vergleich zum Blasenhohlraum bei anderen Mollusken-Augen bedeutend reduziert erscheint. Der dıst. dıst. Textfig. 11. Schematische Darstellung zur Illustration der Entwicklung des Pectenauges nach den theoretischen Ausführungen von Bürscauı. A Bildung einer Augengrube. 2 Übergangsstadium zur Bildung einer Augenblase durch das Zusammentreten der distalen Ränder der Augengrube. C Augenblase. D Sek. Einstülpung der Augenblase in sich selbst und Bildung der Linse durch einen epithelialen Einstülpungsprozeß von seiten des Ektoderms. ı Mantelepithel, das zum späteren äußeren Pigmentmantel am Auge wird. 2 Cornealer Ab- schnitt der Mantelepidermis. 3 Äußere Wand der Augenblase, die zur Re- tina wird. 3' Ganglienzellage (hier in einschichtiger Zellreihe angedeutet). 3” Stäbehenzellage. 4 Innere Wand der Augenblase, die zur inneren Pigment- schicht wird. 4! UÜbergangsstelle der inneren Pigmentschicht in die periphere Zone der Retina. 5 Bindegewebe. 6 Pigmentloses Augenstielepithel. 7 Seh- nerv. 7! Ramus proximalis. 7? Ramus distalis. 8 Linsenanlage. 9 Augen- blasenhohlraum. j wichtigste Unterschied zwischen einem typischen Blasenauge bei Mollusken (Kopfaugen der Gastropoden, Cephalopoden-Augen) und den Sehorganen am Mantelrande bei Pecten ist, wenn wir den Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 105 Überlegungen Bürschzis weiter folgen, aber der, daß bei jenen die proximale, von der Lichtquelle entferntere Hälfte der Augen- blase sich zur Retina entwickelt, bei den letzteren dagegen die distale, dem Lichtort nähere Hälfte der Blase. Mit dieser unterschiedlichen Inanspruchnahme der Blasen- wandhälften für die Ausbildung der rezipierenden Zellschicht der Retina ergibt sich auch ohne weiteres eine Differenz in der Stellung der Sehzellen zur Lichtquelle, nach welchem Verhalten das invertierte Pecten-Auge dem vertierten Auge vom allgemeinen Typus gegenübergestellt werden kann. Gehen wir von der beiden Ausenformen gemeinsamen Gruppe von Sehzellen aus, welche sich anfangs auf demselben Niveau wie die angrenzenden Ekto- dermzellen im epithelialen Verbande befindet, so sind die freien, lichtrezipierenden Enden der Zellen nach außen gekehrt, ihre gegen- über liegenden, basalen Enden dagegen mit den an sie herantreten- den Nervenfasern in Verbindung. Bildet das sich nunmehr ein- stülpende Epithel alsdann eine geschlossene Augenblase, so sind die ursprünglich nach außen gerichteten, besonders rezeptorischen Teile der Zelle sämtlich dem Zentrum der Blase zugekehrt. „Es folet hieraus — und das ist durchaus einleuchtend — daß die Stäbehen dem Lichte zugekehrt sind, wenn die Retina aus der inneren Hälfte der Augenblase hervorgeht (Blasenauge der Mol- lusken vom vertierten Typus), von demselben dagegen abgewendet sind, wenn sie aus der äußeren Hälfte der Blase entsteht.‘ Bürschuı frägt sich dann weiter, wie wohl dieser Unterschied in der Stellung- nahme der Retina zur Gesamtblasenwandung bei den Augen der Kammuschel und den vertierten Blasenaugen der Mollusken zu erklären sei und kommt zum Schluß, daß ein ganz bestimmter Modus der Linsenentwicklung bei der einen und anderen Augenform auftritt. ‚Bei den übrigen Mollusken ist die Linse, wenn sie überhaupt vorhanden, ein Abscheidungsgebilde, das im Innern der Augenblase gebildet wird und dort auch definitiv ver- bleibt. Auch bei den Cephalopoden war es jedenfalls ursprünglich so, wenn auch hier sekundär ein äußerer, außerhalb der Augen- blase entstehender Teil mit der ursprünglichen Linse sich sekundär vereiniste.e Wird aber eine Linse innerhalb der geschlossenen Augenblase gebildet, so bleibt keine andere Möglichkeit, als dab die hintere Hälfte der Blase Retina wird und die Stäbchen der Linse zugekehrt sind. — Bei den Muscheln, und entsprechend verhalten sich auch die Vertebraten, entsteht die zellige Linse außerhalb der Augenblase, zwischen dieser und der äußeren Körper- 106 Eigene Beobachtungen. oberfläche (Cornea); auch bei den Muscheln wohl zweifellos aus dem äußeren Körperepithel (und ebenso wahrscheinlich durch Ein- stülpung wie bei den Vertebraten). Hieraus aber erklärt sich, daß in diesen beiden Abteilungen die äußere, der Linse zugekehrte Wand der Augenblase zur Retina wurde oder doch werden konnte und damit die Stäbchen sich abgewendet finden“. Wir haben den von BürschLı aufgestellten Entwicklungs- modus des Pecten-Auges an einem Schema zu illustrieren versucht (Textfig. 11), und möchten dabei an die entsprechenden Etappen aus der Entwicklungsreihe der Gastropoden- (Cephalopoden-)augen erinnern. Die übereinstimmenden Momente in beiden Entwicklungs- reihen sind augenfällig: Einstülpung von seiten des Ektoderms als Beginn der Blasenbildung, allmählicher Verschluß der Augengrube durch Zusammentreten ihrer distalen Seitenränder; Abschnürung zur definitiven Vesicula oceularis — das sind die Hauptphasen der Ontogenese dieser Augenformen. Eine Modifikation — so ließe sich die Sache deuten — würden dann die Pecien-Augen gegenüber den Gastropoden-Augen insofern zeigen, als nicht mehr die innere . Hälfte der Blasenwandung für die Rezeption der Sinneseindrücke beansprucht wird, sondern die äußere Hälfte (die innere Hälfte ist beim Peciten-Auge zur pigmentierten Zellschicht geworden). Eine Abweichung in der Parallelentwieklungsreihe des Pecten- Auges beträfe sodann die Bildung der Linse, die zum Unterschied von den entsprechenden Vorgängen beim Gastropoden- und teilweise auch Cephalopoden-Auge außerhalb der Augenblase stattfindet, nach den Mutmaßungen Bürscarıs vom äußeren Blatt, vom Ekto- derm, möglicherweise auch im Sinne einer Bläschenbildung, nach analogen Vorgängen, die am Wirbeltierauge zu beobachten sind. Charakteristisch für das Pecten-Auge wäre dann ferner ein in der Richtung der optischen Achse proximad verlaufender sekundärer Einstülpungsprozeß an der Augenblase, der den Blasenhohlraum auf einen Spaltraum verkleinert und dessen Auslösung mit der Linsenbildung allenfalls in Zusammenhang gebracht werden könnte. Wie erwähnt, gelangte Bürscauı zu der eben bekannt ge- gebenen Vorstellung über die Entwicklungsvorgänge an den Mantel- augen der Pectiniden durch einen an Schnittpräparaten gemachten Befund, der einen Zusammenhang der inneren Pigmentschicht mit der Retina erkennen ließ. Die weiteren auf diese Beobachtungen gegründeten Überlegungen waren naheliegend und erscheinen durchaus folgerichtie. Was konnte denn nach einer derartigen vermeintlichen Feststellung näher liegen als der Schluß, daß auch Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 107 das Pecten-Auge ein typisches Blasenauge darstelle. Ein Vergleich mit den Blasenaugen der übrigen Mollusken, oder sagen wir präziser mit dem Gastropoden-Auge und dem Cephalopoden-Auge, mußte dann die verschiedene Lage der Retina an der Gesamtaugenblase kundtun. Auf der Hand lag, die verschiedene Art der Linsenbildung bei beiden Formen in Beziehung zur Stellungnahme der Retina an der Augenblase zu bringen. Einer entwicklungsgeschichtlichen Untersuchung blieb es vorenthalten, diese von BÜTscHLI gemachten Annahmen auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen. BürscaLı veröffentlichte seine Notizen zur Morphologie und Entwieklungsgeschichte des Pecten-Auges zu einer Zeit, als eben der erste Schritt zur histologischen Erforschung dieser Sehorgane getan worden war. Untersuchungen, die speziell auch die Analyse der Retina in sich schlossen, lagen ihrer zwei vor: diejenige von HENSEN und die von CARRIERE. Damals war das Bild vom histologischen Bau der Retina ein anderes als das von den neueren Forschern entworfene. Als wichtigste Elemente in der Retina galten die invertierten Sehzellen, welche in ihrer charakte- ristischen Gestalt und Lage im Epithel mit den ihnen eigentüm- lichen intrazellulären Axialfasern und ihren in eine Nervenfaser des proximalen Astes übergehenden Zellfortsätzen den integrieren- den Bestandteil auszumachen schienen. Die distale Retinaschicht wurde aufgefaßt als eine mehrschichtige Lage von Zellen, ein- geschaltet in. den Faserverlauf des distalen Nervenastes. Die Zellen wurden als Ganglienzellen beschrieben, von deren Fortsätzen die einen zu den Nervenfasern, die anderen zu den Stäbchenzellen in Beziehung treten sollten. Bei dieser damals geläufigen Auffassung über die strukturellen Verhältnisse der Retina war es keineswegs ver- wunderlich, daß Bürschui bei der Aufstellung seines Entwicklungs- modus nur diese innere Stäbchenschicht in den Kreis seiner Betrach- tungen zog. Angaben über die Entwicklungsweise der gangliösen Schieht macht Bürscatı nicht. Vielleicht schien Bürscnti die Schicht der Ganglienzellen histologisch noch ungenügend erschlossen, die Existenz derselben vielleicht noch fraglich; möglicherweise ver- trat er die Ansicht HEnsens, der sich über das Zustandekommen der Mehrschichtigkeit der Pecten-Retina folgende Vorstellung ge- macht hatte: ‚Ich denke, daß die beiden Zellschichten (Stäbchen- schicht und Ganglienzellschicht) ursprünglich eins gewesen sind, daß dann nach Ausscheidung der Stäbchensubstanz eine Längs- teilung der Zellen stattfand, und daß jede zweite Zelle aus der Reihe heraus nach vorn rückte.“ 108 Eigene Beobachtungen. b) Die Augenentwicklung bei Pecten nach Patten'!). Wir kommen nun zur Schilderung der Entwicklungsvorgänge, wie sie uns durch PATTEns Untersuchungen bekannt geworden sind. Auf Schnitten senkrecht zur Mantelfläche sieht man an der Basis der Ophthalmokalfalte, zwischen ihr und dem Velum, im Außen- epithel Zellteilungen auftreten, so daß der einschichtige Charakter des Epithels an dieser Stelle scheinbar gestört wird. Die Zell- teilungen erfolgen zunächst in paratangentialer Richtung zur Außenepidermis.. An der Stelle des Mantelepithels, wo diese „cell divisons‘‘ auftreten, fehlt eine Basalmembran. Die in das Bindegewebe eintretenden Zellelemente lassen zuweilen einen Fortsatz erkennen. ‚The manner, in which the inner ends of the cells are drawn out into naked, protoplasmic, amoeboid arms, some of which contain nuclei, is worthy of notice.“ Es findet eine Auswanderung von Zellen des äußeren Epithels in das darunter- gelesene Bindegewebe des Mantels statt. Durch immer häufiger auftretende Zellteilungen, zu denen sich noch solche senkrecht zur Tangente im Umkreis einstellen, kommt es zu einer knopf- ähnlichen Bildung am Mantel, in welcher die erste Augenanlage zu erblicken ist. Einige der aus der Epidermis ausgewanderten Zellen trennen sich von der Zelleruppe, der sie ursprünglich an- gehören: „they mingle with the numerous connective tissue celles, from which they finnally become indistinguishable.‘“. Diese Zellen sind nach PArren Ganglienzellen, welche später das Auge mit Nervenfasern versorgen. Die ausgewanderten Zellen des Mantelepithels gruppieren sich im Bindegewebe zu einem kompakten Zellenkern (,,‚core‘‘), in welchem freilich zunächst selbst wiederum nur Kerne, keine Plasmaleiber und Zellerenzen wahrzunehmen sind. Die dicht gedrängte Gruppe von Zellkernen hat sich zugleich von den Binde- gewebskernen getrennt, von welchen sie in Form einer Art Kapsel umgeben wird. Im Zentrum der Zellkerngruppe tritt ein Spalt- raum auf, wodurch ein Augenbläschen (,‚optie vesicle‘‘) entsteht. Die ursprünglich gleichartige Außen- und Innenwandung besteht zunächst aus einer einzigen Lage von Zellen. Bald tritt jedoch eine Ungleichheit in der Ausbildung der Blasenwände auf. Die äußere 1) Wir müssen uns hier versagen, in einem Schema die Entwicklungs- vorgänge, wie sie von PATTEN geschildert worden sind, zu illustrieren. Wir ver- weisen auf die entsprechende Tafel in der PaTTEnschen Arbeit (Pl. 28) 1866. : Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 109 Wand des Augenbläschens wird zur Retina; die innere Wandung differenziert sich zur Argentea und zum Tapetum (= innere Pigmentschicht). Die innere Blasenwand wird schärfer umgrenzt; die einzelnen Zellen treten mit deutlichen Zellmembranen auf. Das Tapetum bildet eine einzige Lage von Zellen. Die einzelnen Zellen enthalten rotes Pigment. Die Zellen der äußeren Wand der Blase vermehren sich rascher als die der inneren Wand und ordnen sich in mehrere Reihen. Gegen das angrenzende Bindegewebe trennt die Retina- anlage eine strukturlose Membran, ein Septum. Die äußere Ganglienzellschieht stellt sich zunächst als einschiehtige Zellage ein. Ferner gruppieren sich an den peripheren Teilen der Außen- wand eine Anzahl Kerne, die sich durch ihre dunklere Färbung von den erwähnten Ganglienzellen unterscheiden. In der mittleren Gegend bilden sich drei Zonen aus: die fibrilläre Schicht (fibrous layer), die Ganglienzellschieht (ganglionie cell layer) und die Stäbchenschicht (retinophorie layer). Die Fibrillenschicht erscheint als heller Saum nahe am Septum. Die weiteren Ausführungen PATTEns, welche auf die Ver- sorgung der Retina mit Nervenfasern Bezug nehmen, sind uns etwas unverständlich; wir geben sie dem Wortlaute nach wieder: „The ganglionie cells, which in the earlier stages we have seen separated from the hypodermie core, can no longer bee distinguis- hed; but, from the tissue of the ophthalmiec fold arise numerous varicose, nerve fibres which, reaching the eye, penetrate the wall of the optie vesicle, where they divide into numerous branches. These nerve fibres are the remnants of the outer ends of gang- lionie cells, which — after the withdrawal of their nuclei and cell- bodies from the eye into the underlying tissue — still remain united with the retina by a long nerve fibre, the end of which indieates, approximately, the original position of the ganglionic eells.. With the development of the retina, these fibres increase in number and assume a more parallel arrangement. Whereas at first the fibres seemed to terminate indefinitely in the retinal layer, they now appear to end abruptly in the drawnout ends of the ganglionie cells“. Nach PATTEn also bleiben die anfänglich vom ektodermalen Zellkomplex ausgetretenen Ganglienzellen noch mit ihren Fort- sätzen mit der Retina in Verbindung. Die Zellkerne mit ihren Zell- leibern entfernen sich dann weiter von der Blasenwandung und ziehen sich ins Bindegewebe zurück. Die Fibrillen endigen in den 110 Eigene Beobachtungen. ausgezogenen Endabschnitten der Ganglienzellen, welche in der Retina eine einschichtige Zellage bilden. An der Peripherie hat sich eine weitere Gruppe von Zellkernen eingestellt; einige von ihnen beginnen gegen das Zentrum des Auges vorzurücken (zu- künftige Stäbchenzellen). Damit wäre der Entwicklungsmodus, soweit er die Retina, die Argentea und die Tapetumschicht (innere Pigmentschicht) be- trifft, nach den Schilderungen PATTENS in seinen wesentlichsten Zügen skizziert. Über die weiteren Differenzierungsvorgänge, die sich in der Folge noch an der Retina abspielen, berichtet PATTEN wenig. Es möge vielleicht an dieser Stelle noch bemerkt werden, daß die Ganglienzellen bei rascher Zellvermehrung eine doppelte Zellreihe bilden sollen. Von den peripher gelagerten Ganglienzellen begeben sich einige Elemente in die tiefer gelegenen Abschnitte der Stäbchenzellen. Die Fortsätze der Ganglienzellen treten zu den Stäbchenzellen in nähere Beziehung. ‚Die Linse wird nach PATTEN so gebildet, daß Zellen aus dem Bindegewebe sich zwischen Papillenepithel und Kernkomplex ein- schieben und sich über der nunmehr eingesenkten Retina zu einer Anlage anordnen. Wenn wir den eben geschilderten Entwicklungsmodus PATTENS mit demjenigen Bürschris vergleichen, so zeigen sich einerseits übereinstimmende Momente, sagen wir Eigentümlichkeiten, die sowohl dem einen wie dem anderen Modus zukommen, anderer- seits Abweichungen im Verlauf der Entwicklungsvorgänge. Was beiden Darstellungen gemeinsam ist, ist das, dab während der Organogenese eine Augenblase gebildet wird. Diese ist gleichsam das Endresultat der entwicklungsgeschichtlichen Vorgänge. Mit der Augenblase sind die wichtigsten Teile des Seh- organes angelegt, die Retina, die Argentea und die innere Pigment- schicht. Was die Retina anbetrifft, so nimmt sie nach der Ansicht Bürscauıs und PATTEns ihren Ursprung von der äußeren Blasen- wandung. Die innere Blasenwand bleibt reserviert für die beiden anderen Schichten, die Argentea (Tapetum) und die innere Pigment- schicht. Alle drei Anlagen leiten sich von einem bestimmten Abschnitt der Außenepidermis ab. Ihre Komponenten, die Zell- elemente, sind Derivate des Mantelepithels und als solche ekto- dermale Gebilde. Verschieden ist nach den Darstellungen der beiden Autoren die Art, wie die Augenblase gebildet wird. Nach Bürscauı Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 111 kommt die Blase durch eine epitheliale Einsenkung des Außen- epithels, durch das Zusammentreten der distalen Epithelränder einer Augengrube, durch den allmählichen Verschluß der Ein- stülpungsöffnung derselben zustande. Nach Parren erfolgt die Blasenbildung durch die Auswanderung von einzelnen Zellelementen aus dem epithelialen Verbande, durch eine sekundäre im Binde- sewebe stattfindende Gruppierung der Zellemigranten zu einem Zellkomplex, endlich durch das Auftreten eines Spaltraumes in der rund umgrenzten Kernansammlung. Während es sich also in dem einen Falle um eine wirkliche, d. h. um eine an ein Epithel sebundene Blasenbildung handelt (Bürscauı), so liegt in dem anderen Falle eine „Scheinblasenbildung‘“ vor (PATTEN), die primär ihr Zustandekommen dem Auftreten einzelner ausgewanderter Zell- elementeim Bindegewebe und sekundär dem Auftreten eines Spalt- raumes in der Zellgruppe verdankt. Ein prinzipieller Unterschied in der Bildungsweise der Augenblase ist allerdings nicht vorhanden. Was die Bildung der Linse anbetrifft, so gehen die An- sichten der beiden Forscher auseinander. BürschLı schwebt ein ähnlicher Bildungsmodus vor, wie er dem Vertebratenauge zu- erunde liest: Der über der Augenblase gelegene Abschnitt der Epidermis stülpt sich nach innen ein. Es kommt zu einer Bläschen- bildung, ähnlich wie wir es für die Retina geschildert haben. Aus der Bläschenbildung differenziert sich die Linse. Nach BürschLıs Meinung ist die Linse höchstwahrscheinlich ein ektodermales Gebilde. Sie wäre esauch dann, wenn die Linse nicht eben gerade in dieser, ich möchte sagen, schematischen Weise gebildet würde; es wäre ja auch denkbar, daß an einer prädisponierten Stelle der Epidermis einzelne Zellen in die Tiefe sich verlagern und da- durch eine epitheliale Verdickung herbeiführen würden, aus welcher dann die Linse hervorginge. Nach den Befunden PATTENS ist die Linse ein mesodermales Gebilde. Die Elemente, die sie aufbauen, haben von Anfang an ihren Sitz im Mesoderm, im Bindegewebe; sie wandern zur Augenanlage und bilden über der muldenartis vertieften Außenfläche der Retina die Linsenanlage. ec) Schneiders Befunde an Schnittpräparaten ausgewachse- ner Augen und seine Rückschlüsse auf die Entwicklungsvor- gänge der Sehorgane. Bevor wir uns den entwicklungsgeschichtlichen Unter-. suchungen Hzsses zuwenden, müssen wir mit einigen Worten auf interessante Beobachtungen zu sprechen kommen, die SCHNEIDER 2 Eigene Beobachtungen. an allem Anschein nach völlig entwickelten Mantelaugen einer nicht genau bestimmten Pecten-Art gemacht hat. SCHNEIDER hat in seinem Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Besprechung der Pecten-Augen ein eingehendes Kapitel eingeräumt und bei seiner Darstellung der histologischen Verhältnisse die neuen Hrsseschen Resultate verwertet. Im Anschluß an seine Ausführungen berichtet SCHNEIDER noch über Beobachtungen, die er selbst an einzelnen Schnittpräparaten machen konnte. Eine Beobachtung schien ihm ganz besonders wertvoll, da sie nach der entwicklungsgeschicht- lichen Seite hin ein Licht zu werfen versprach. Wir lesen: „Ein besonders wichtiger Befund betrifft le Verbindung des Aulber enitnnals (gemeint ist die Bürstenzellschicht) mit dem distalen Nerven. Während nach den vorliegenden Be- schreibungen bei allen Pecien-Arten der Nerv sich breit an die Mitte des Septums anlegst und durch dieses hindurch einzelne Fasern abgibt, welche sich zwischen den Bürstenzellen verlieren, nach Hesses hier nicht vertretenen Ansicht, mit den Zwischen- zellen zusammenhängen sollen, zeigten die Schnitte einen Um- schlag des Außenepithels in Zellen, welche das Ende des Nerven ringartig umgeben und die gleiche Be- schaffenheit wie die Bürstenzellen aufweisen. Der Umschlag erfolgt am Rande und zwar an verschiedenen Stellen. Im mittleren Bereiche scheinen Umschlagsstellen zu fehlen. Wie der Umschlag zustande kommt, lehren die Figuren. Der Eintritt der Nervenfasern ins Außenepithel erfolet im Innern dieser Zellen. Doch treten auch Fasern direkt durch das Septum über. Die Endfläche des Nerven erscheint als Rest einer Zell- schicht, welche sich mit dem Außenepithel zu einer Blase ergänzt“ (vide C. K. Schneiper B. 1902. Textfig. 469, pag. 960). Die Beobachtung von einem Umschlag der distalen Zellage an den Randpartien der Retina bringt SCHNEIDER auf eine originelle Vorstellung über die Bildung der Zellschiehten in der Sehzellage..e. Es sei uns gestattet, die SCHNEIDERsche An- schauung an einigen groben Skizzen zu illustrieren; sie haben nur den Zweck, seine Darlegungen verständlicher zu machen (vide Textfie. 12). Nach SCHNEIDER hätten wir wieder auszugehen von einer Augenblase, wie sie auch nach PATTEn und BÜrschLı dem Pecten- Auge zugrunde liegt. Hat sich eine solche Blase gebildet, so stülpt sie sich vom distal gelegenen Pol in sich selbst nach innen ein. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 115 Zugleich beginnt sich eine zweite Blase von der ersten abzu- schnüren. Zunächst sind es die Bürstenzellen, die vom äußeren Rande der alten Blase nach innen vorrücken und in ihrer Gesamt- heit eine äußere geschlossene Blase bilden. Dann komplettiert Textfig. 12. Illustration zu den von C. SCHNEIDER (1902) hypothetisch formulierten, auf Grund seiner Befunde an aus- gewachsenen Sehorganen auf- gestellten Entwicklungsvorgän- gen am Pectenauge.. Fünf Etappen aus der Entwicklungs- reihe. «) grubenartige Ein- stülpung von seiten des Ekto- derm. 2) Bildung eines Augen- bläschens; die äußere Hälfte der Blasenwand repräsentiert die Anlage der Retina und zwar: die distale Partie die Anlage der Bürstenzellschicht, die seitlichen Partien die Anlagen der proximalen Stäbchenzellage, die innere Hälfte die Anlage der inneren Pigmentschicht. c) Abschnürung einer zweiten Blase durch seitliches Vordringen der Bürsten- und Stäbchenzellen in die Primärblase.. 4) Abkammerung der nunmehr geschlossenen, in sich selbst eingestülpten Blase der Bürstenzellen durch die noch weiter medianwärts sich einschiebenden Stäbchenzellen, welche in e) mit der inneren Pismentschicht die proximale Blase umgrenzen. Die distale Wandung der distalen Blase wird von den aus dem distalen Sehnervenaste austretenden Fibrillen durchbrochen. a.pig.ma. äußerer Pigmentmantel; ddg. Bindegewebe; dü.z.alg. Anlage der Bürstenzellschicht; co. Cornea; dz.re.Bl., pr.au.Bl. distale Retinablase, proximale Augenblase; z.57g.sch. innere Pigmentschicht; 052. Opticus; ra.dist. Ramus distalis; ra.prox. Ramus proximalis; std.2.sch.alg. Anlage der proximalen Stäbchen- zellschicht; /a5. Tapetum; X. Durchbruchstelle der äußeren Blasenwandung und Eintritt des Nerven in die Retina. S) 114 Eigene Beobachtungen. sich auch die andere (untere) Blasenhälfte durch das Vorrücken einwandernder Stäbchenzellen vom ursprünglichen Blasenrande her. Auf diese Weise wären in der Tat aus einer einheitlichen Blase — aus einer ursprünglich äußeren Wandung mit nach innen ge- kehrten Bürsten- und Stäbchenzellen und aus einer inneren Wan- dung mit Argentea und Tapetum (innere Pigmentschicht) — zwei vollständig geschlossene Blasen hervorgegangen: eine Blase aus lauter Bürstenzellen und eine Blase aus invertierten Stäbchen- zellen + Argentea und Tapetum, resp. innere Piementschicht. SCHNEIDER sagt weiter: „Entsprechend dieser Auffassung des Pecten-Auges wäre das Vorhandensein einer typischen Epithel- schicht distal über der Retina mit abgerundetem Bürstenbesatz.‘“ „Der Zutritt der Nervenfasern zum Außenepithel erfolgte phylogenetisch ursprünglich wohl vom Rande her, wie es bei der Retina (Retina SCHNEIDERS = invertierte Stäbchenschicht) der Fall ist. Erst sekundär durchbrachen die Nervenfasern die jetzt “nur noch in Rudimenten, bei Spondylus jedoch wohl vollständiger erhaltene distale Wand der distalen Blase, durchsetzten deren eleichfalls rudimentäres Lumen und drangen von oben her zwischen die Außenzellen ein.“ Daß SCHNEIDER zu einer derartigen Vor- stellung über die Entwicklungsvorgänge am Pecien-Auge an Hand seiner Präparate kommen konnte, ist begreiflich. Zugunsten seiner Annahme sprachen einmal die Angaben Parrens, nach welchen sich das Außenepithel als eine sehr frühe Sonderung der Augen- blase erwies. Zugunsten seiner Annahme sprachen auch die Hesse- schen Befunde: Am Sehorgan der Spondyliden, wo der distale Nerv in eine „einzellige Endplatte“ auslaufen soll, treten die Fasern durch diese Platte hindurch zum Außenepithel. Freilich konnte Hesse am Spondylus-Auge einen Umschlag der Endplatte nicht nachweisen. Es scheint also, um zu wiederholen, nach den Befunden ScHNEIDERs die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß es sich beim Pecten-Auge entwicklungsgeschichtlich um eine Doppelblasen- bildung handeln könnte. Mutmaßlich wäre dann die Doppelblase erst sekundär aus einer einfachen Blase hervorgegangen, welcher aber auch, in Übereinstimmung mit BürscHuis Ansicht, eine Ein- stülpung des ektodermalen Außenepithels vorausgegangen wäre. Die Blase würde aber nicht, wie BürscHLı annimmt, sich aus der invertierten Stäbchenschicht und der inneren Pigmentschicht samt Argentea zusammensetzen, sondern anfänglich aus den beiden Schichten und den nach innen gerichteten Bürstenzellen. ne I u ri Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 115 Über die Art der Beziehungen der Nervenfasern zu den Zellen des Außenepithels konnte freilich SCHNEIDER an Hand seiner Präparate, welche den Umschlag zeigten, nichts Bestimmtes er- mitteln. Er sagst: „Unerlediet ist die Frage, ob die Fasern des distalen Nerven mit den Außenzellen im Zusammenhang stehen oder frei endigen. Fortsätze sind an den Außenzellen nicht nach- gewiesen; ihre Funktion bleibt deshalb unbekannt, wenngleich aus dem Verhalten des distalen Nerven mit ziemlicher Sicherheit zu entnehmen ist, daß es sich um ein Sinnesepithel handeln dürfte.‘“ d) Die entwicklungsgeschichtlichen Beobachtungen Hesses. Beide wiedergegebenen entwicklungsgeschichtlichen Darstel- lungen, diejenige von BürscaLı und die von PATTEn, wurden zu einer Zeit verfaßt, als die Histologie der Pecten-Augen wohl schon von einigen Forschern aufgenommen, jedoch noch nicht in befriedigender Weise aufgeschlossen worden war. Das, was hier- über an Tatsachenmaterial vorlag, bedurfte einer gründlichen Nach- prüfung. Insbesondere waren die Beziehungen der Nervenfasern zu den Zellelementen der Retina mangels geeigneter Methoden noch wenig abgeklärt. Auch fehlten in ein ausgedehntes Untersuchungs- material damals die notwendigen Einblicke, die zu einer über- zeugenderen Anschauung über die Innervationsverhältnisse hätten führen können. PATTEN war in der Deutung der vorgefundenen entwicklungsgeschichtlichen Verhältnisse allzu sehr von der an entwickelten Sehorganen beobachteten Innervation eingenommen. Da er an der ausgewachsenen Retina in der Sehzellschicht außer den invertierten Stäbchenzellen Ganglienzellen vorzufinden slaubte, so gelangte er an Hand seiner embryologischen Präparate zu der vorgetragenen, uns allerdings etwas fremdartig anmutenden ‚‚sekun- dären Verbindung von Stäbchenzellen mit Ganglienzellen“. Die Nervenfasern selbst sollten nach seiner Auffassung wieder aus Ganglienzellen sich herausgebildet haben. Mit Rücksicht auf die Bildung der invertierten Stäbchenzellage —. ihr Invertiertsein wird durch Bürscauis Ableitungen in einer befriedigenden Weise: erklärt — gibt uns BürscaLi eine andere Vorstellung von der Ent- wicklung der Pecten-Augen. Sie läßt indessen die Frage offen, wie die weiteren Elemente in der Retina (die nunmehrisen Bürsten- zellen) sich zu den Entwicklungsvorgängen verhalten. Seit 1856 foleten, wie wir gesehen haben, eine ganze Reihe von Untersuchungen an entwickelten Sehorganen. Sie führten 8*+ 116 Eigene Beobachtungen. zu einer sehr vereinfachten und deshalb von vornherein ein- leuchtenderen Darstellung vom Aufbau unserer Sehorgane. Neues Licht brachten vor allem die Hrsseschen Arbeiten in die Sache. stb.2.sch.. l bü..sch.._. S E k: werk Bl.h. Textfig. 13. Schematische Darstellung „;,,..., der Pectenaugenentwicklung nach der ° Notiz von R. Hesse (1908). A. Die wesentlichsten Vorgänge in der Organ- entwicklung an drei Stadien illustriert. J. Grubenartige Einsenkung des Mantel- epithels (des Ektoderm). ZZ. Augen- bläschen, dessen eine (äußere) Wandung die Anlage der Retina (Bürstenzell- schicht und Stäbchenzellschicht), dessen andere (innere) Wandung die innere Pigmentschicht wiedergibt. Die be- treffenden Anlagen sind übrigens schon auf dem vorhergehenden Stadium an- gedeutet. Bürstenzellen und Stäbchenzellen kehren ihre basalen Enden nach außen; die Bürstenfortsätze und die Stäbchenzellabschnitte, die Stäbchen, dem Hohlraum der Blase zu. 777. Weiter vorgeschrittenes Stadium der Augen- entwicklung. Die Bürstenzellen sind gegenüber Stadium 77 durch „Reversion“ gegensätzlich orientiert. Die basalen Teile der Zellen beteiligen sich an der Begrenzung des Blasenhohlraumes; die „freien“ Zellfortsätze der Bürsten- zellen sind nach außen gerichtet. dx.z.sch. Bürstenzellschicht; 2.222.sch. innere Pigmentschicht; 02. Opticus; ra.dist. Ramus distalis; r@.drox. Ramus proxi- malis; ‚S26. Stäbchen; Std.2.sch. Stäbchenzellschicht; zad. Tapetum. 2. Der Vorgang der Reversion an einer einzelnen Bürstenzelle veranschaulicht: a. Bürstenzelle in invertierter Orientierung (Lichtquelle). d. Bürstenzelle beinahe vertiert (Übergang von invertierter in die vertierte Orientierung). c. Bürstenzelle in vertierter Orientierung. Z. Lichtquelle. Pros. Was BEER von ihnen im allgemeinen sagt, können wir im speziellen auf die Untersuchungen an den Pecien-Augen anwenden: Sie be- deuten einen „Markstein in der Entwieklung unserer Erkenntnis der Sehorgane‘. Wie uns erinnerlich, weicht die zweite Darstellung 2 u nn. nn Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 17 Hesses, was die Auffassung der distalen Zellschieht in der Retina anbetrifft, von der ersten ab (Tafel II, Fig. 1 und 2). Hesse gelangte zu dieser abweichenden Darstellung wohl auch durch einige entwicklungsgeschichtliche Beobachtungen am Mantelsaume der Pectiniden. Hesse vermutet, daß die Entwick- lungsvorgänge, die zur Blasenbildung führen, zunächst durch eine vom Ektoderm des Mantels erfolgende Einstülpung eingeleitet würden (Textfig. 134). Was Bürscaui theoretisch abgeleitet hatte, elaubt Hesse tatsächlich an seinen Präparaten feststellen zu können. Erste Phase in der Organentwieklung: Augenanlage in Form einer kleinen Epithelgrube. Darnach ergab sich ohne weiteres die Schluß- folgerung, daß das Pecten-Auge ein echtes Blasenauge repräsentiere. Die Deutung der Embryonalanlage lag mit Rücksicht auf die am erwachsenen Auge vorkommenden Organteile auf der Hand. Die der Schalenklappe zugekehrte Wandung — das bestätigen die älteren Entwicklungsstadien — mußte die Anlage der Retina, die andere Hälfte der Blasenwand die innere Pigmentschicht am Auge sein. Da nun aber Hesse bereits in einwandfreier Weise am ausgewachsenen Auge die Zweischichtigkeit der Retina fest- selest und des weiteren gezeigt hatte, daß beide Schichten, die distale Außenschicht und die proximale Innenschicht (Stäbchen- schicht) einreihige Zellagen darstellen, so nahmen offenbar auch die beiden Zellagen ihren Ursprung von dem einschichtigen Epithel der äußeren Gruben- oder Blasenwand. Ein viel späteres Stadium aus der Organentwicklung, an dem bereits das Mantel- ektoderm in Cornea und Pigmentmantel differenziert erscheint, an dem sich als weitere Bestandteile eine Embryonallinse, ein Tapetum und eine innere Pigmentschicht des Auges gebildet haben, scheint denn auch den Übergang vom einschichtisen Retinaepithel in die zweischichtige Retina zu illustrieren (vide Hzsse (B. 1908) pas. 25, Fig. 20 u. nebenstehende Textfig. 4 /II). Wir sehen an der Retina bereits in epithelialer Anordnung eine Reihe von Zellen, die ihr freies Zellende gegen die Linse, den basalen kernführenden Absehnitt gegen das Tapetum zu gerichtet haben und zu beiden Seiten dieser Schicht Zelleruppen, die ihre Fortsätze unter die mittelständige Zellage zu schieben beginnen. Die mit Bürsten- fortsätzen versehenen Zellen gehen offenbar aus der mittleren Partie der ursprünglich epithelialen Außenwand der Augenblase hervor, die unter dem „mittleren‘‘ Außenepithel (Bürstenzelllage) vordringenden, länglich gestreckten Zellen (spätere Stäbchenzellen) aus dem ‚‚rinsförmigen Rand der Retinaanlage‘. 118 Eigene Beobachtungen. Hesse macht an diesem Stadium des weiteren noch folgende Feststellungen: 1. Der distale Nerv tritt schon ganz wie beim fertigen Auge von der Linsenseite an die Bürstenzellschicht heran. 2. Unter den Bürstenzellen liegen keine weiteren Zellelemente. 3. „Von den sogenannten Zwischenzellen ist noch keine Spur vor- handen.“ Da nun Hesse einerseits den distalen Nervenast an die Bürstenzellage herantreten und über dieser sich in seine Fasern auispalten sieht, andererseits in der Bürstenzellage und unter der- selben außerdem keine Zellelemente entdecken zu können glaubt, so ist die logische Folgerung in Hesses Schluß die, daß ein Zusammen- hang der Nervenfasern mit den Bürstenzellelementen vorhanden sein müsse. Die nach seinen Befunden als freier Bürstenbesatz zu bezeichnenden Zellfortsätze deutet Hesse als rezipierende Stiftehensäume. Die vom Nervenaste abgehenden Fibrillen ziehen demnach offenbar zwischen zwei Seitenwandungen der Bürsten- zellen zum kernführenden proximalen Zellenteil, welcher nach dieser Auffassung natürlich dem Basalteil der Zelle entspricht. Die Orientierung der Bürstenzellen, und speziell die Lage ihrer freien perzipierenden Bürstenfortsätze ist nun freilich, darauf weist jetzt Hesse weiter hin, eine andere, als nach dem Prozeß der Ein- stülpung, d. h. nach der Art der Ableitung der Augenblasenbildung zu erwarten wäre. Nach dieser müßten die freien Enden sämtlicher Zellelemente, die die äußere Gruben- resp. Blasenwand zusammen- setzen, nach dem Innenraum der Augengrube (Augenblase) ge- richtet sein, die basalen Abschnitte der Zellen dagegen auf den Außenrand der Grube (Blase) fallen, wo von ihnen aus die Nerven- fasern weiterziehen, resp. an sie herantreten können. Dieser Er- wartung fügen sich indessen augenscheinlich nur die randständigen Zellen der Retinaanlage, welche unter die Bürstenlage ihre Fortsätze zu schieben beginnen, und die die späteren invertierten proximalen Stäbchenzellen darstellen. Die Bürstenzellen dagegen zeigen gerade eine umgekehrte Orientierung. Ihre Zellbasis erscheint dem inneren Blasenraum zugekehrt (vide Textf. 13 A III bü.z.sch.), ihr freies Zellende der Linse zugewandt. Diese Retinazellen sind im Gegen- satz zu den proximalen Stäbchenzellen vertiert. Die oben be- schriebenen Vorgänge der Augenentwicklung verlangen aber auch für diese Elemente eine invertierte Orientierung. Hesse erklärt den Widerspruch mit der Erscheinung der Reversion: „Die Bürstenzellen, welche den späteren distalen Sehzellen entsprechen, müssen durch Drehung vom invertierten Zustand in den vertierten übergegangen sein‘ (Textfig. 13 D). Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Kg Wir haben noch besonders aufeinen Punkt hinzuweisen. HEssE macht auf eine eigentümliche Orientierung junger Augen am Mantel- saume aufmerksam, welche schon an seinen frühesten, als epitheliale Einstülpung gedeuteten Augenstadien in der Weise zum Aus- druck kommt, daß „die Achse der Einstülpung nicht senkrecht zur Fläche des Mantels steht, wie das fertige Auge erwarten liebe, sondern parallel dem Mantel, senkrecht zu dessen Rand gerichtet ist“. Diese Beobachtung Hesses über die Orientierung junger Augen am Mantelrande, welche schon die frühesten Stadien der Organentwicklung zeigen sollen, hat sich, wie unsere Untersuchungen dartun werden, als durchaus richtig erwiesen. 2. Material und Materialbeschaffung. Wie eingangs schon bemerkt, ergeben unsere eigenen ent- wicklungsgeschichtlichen Untersuchungen kein vollständiges Bild von der Organogenese der Pecien-Augen. Was wir darüber zu bieten vermögen, ist lückenhaft und unvollständig. Namentlich fehlen eine ganze Anzahl von Zwischengliedern, welche die einzelnen Stadien noch besser miteinander zu verbinden haben, und von denen auch der gewünschte Aufschluß über eine Reihe histogene- tischer Fragen, die sich unwillkürlich bei unserer Darstellung aufdrängen, zu erwarten wäre. Immerhin glauben wir mit dem wenigen doch einen einigermaßen befriedigenden Einblick in die hier waltenden Vorgänge der Augenentwicklung zu verschaffen und in großen Zügen deren Gesamtverlauf charakterisieren zu können. Die Ermöglichung der hier in Frage kommenden Untersuchungen verdanken wir hauptsächlich auch den eifrigen Bemühungen, welche sich die Herren der Zoologischen Station in Neapel in der be- kannten zuvorkommenden Weise auferlegten. Auf ihre Seite fallen im besonderen die Verdienste um die Materialbeschaffung, eine in unserem Falle recht mühsame und zeitraubende Angelegenheit. Ich hoffte anfangs auf dem Wege der künstlichen Befruchtung ein zur Untersuchung dienliches Material zu gewinnen. Neben zwitterigen Formen kommen unter den Kammuscheln auch ge- trennt geschlechtige Tiere vor, die auf bestimmte Arten entfallen. Letztere waren mir zugänglich und wurden zum Experiment ge- wählt. Nach den Angaben Lo Brancos fällt die Geschlechtsreife von Pecten opercularis und Pecten varius, zwei sehr häufiger For- men im Mittelmeer, auf das Frühjahr, in die Monate März und April. Zu dieser Zeit nahm ich meinen zweiten Aufenthalt in 120 Eigene Beobachtungen. Neapel. Trotz redlicher Bemühungen und der liebevollen Mithilfe von Herrn Priv.-Doz. Dr. Fr. BALTZER, der mir seine reichen Er- fahrungen auf diesem experimentellen Gebiete in selbstloser Weise zugute kommen ließ, gelang es nur in wenigen günstigen Fällen, die ersten Furchungsstadien zu gewinnen. Eine Aufzucht von Veligerlarven oder gar jungen Pectiniden gelang nicht. Indessen stand noch ein anderer Weg, der zum Ziele führen konnte, offen. Es handelte sich nunmehr darum, Formen von Pectiniden zu bekommen, an deren Mantelränder die Augen noch nicht in der Vollzahl ausgebildet waren, bei denen also eine Aus- bildung weiterer Sehorgane noch erwartet werden durfte Denn an verschiedenen Pecien-Spezies vorgenommene Zählungen hatten er- geben, daß bei kleinen Individuen einer Art gewöhnlich weniger Augen an einem Mantelrande ausgebildet waren, als bei größeren Individuen derselben Spezies. In dem mir reichlich zur Verfügung stehenden Grundseematerial fanden sich, freilich nicht gerade. häufig, Exemplare zweier Arten von Pecien, die durch ihre ge- ringe Größe im Vergleich zu den mir gewöhnlich zugestellten Individuen derselben Spezies auffielen, und die deshalb für noch nicht ausgewachsene, junge Tiere gehalten werden durften. Diese beiden Arten waren: Pecten obercularıs Lam. (syn. Ostrea opercularis L., O. dubia, elegans, radiata, regia Gm., Pecten pietus Da Costa, Ostrea sanguinea Poli, P. Audouini Payr., P. daucus Payr., P. lineatus Da Costa), und Pecten testae Phil. (P. aculeatus Sow., P. furtivus Lov., P. striatus var. Forb. et Hly). Unserer entwicklungsgeschichtlichen Darstellung der Seh- organe am Mantelrande der Pectiniden liegt hauptsächlich die Art Pecten testae zugrunde. Nur wenige Abbildungen beziehen sich auf Pecten opercularis. An den betreffenden Stellen wird darauf eigens aufmerksam gemacht. Um die Untersuchungen einheit- licher zu gestalten, war von vornherein wünschenswert, die Ent- wicklung der Augen zunächst nur an einer Art oder an wenigen Arten zu studieren und erst in der Folgezeit das Studium auch auf andere Arten auszudehnen. Unsere Erwartung, daß der Modus der Augenentwicklung derselbe bleibt, auf welche Spezies inner- halb der Gattung er sich auch bezieht, ist, soweit wir auf Grund der vorliegenden Präparate zu einem Urteil berechtigt sind, in Erfüllung gegangen. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 121 Die 11,, 2, 4 und 6 mm Formen von Pecten testae wurden im Grundseematerial gefunden, das beim Dretschen in einer Tiefe von 70 Faden auf der Höhe des Kap Posilipp (Golf von Neapel) gewonnen worden war. Die Muscheln fanden sich zuweilen an Steinen oder anderen Substraten mit ihren Byssusfäden angeheftet, meistens aber von der Unterlage losgelöst vor. Sämtliche los- gelöste Formen zeigten die für die Gattung typische Schwimm- bewegung, die wir eingangs als normale Schwimmbewegung be- schrieben haben. Die Bewegungen dieser jungen Individuen erfolsten außerordentlich rasch durch wechselweises Auf- und Zuklappen ihrer Schalen und den dadurch verursachten Wasserrückstoß. Die beiden anderen Bewegungsarten, die Fluchtbewegung und die Umkehrbewegung konnten wir an diesen jungen Exemplaren von Pecten testae nicht beobachten. Möglicherweise sind das speziali- siertere Typen einer und derselben Bewegungssform, die vielleicht durch das Eintreten neuer Existenzbedingungen erst ausgelöst werden und eine Bedeutung erlangen. Hervorgehoben sei noch die Tatsache, daß diese kleinen Formen von Pecten testae beim Öffnen ihre Schalendeckel in relativ geringem Abstand aus- einanderhalten. Der Öffnungswinkel betrug sicherlich nur wenige Grad und stand gegenüber dem Öffnungswinkel, den ausgewachsene Exemplare beim Aufklappen ihrer Schalen einzuhalten pflegen, zurück. Die im Grundseematerial vorgefundenen und zur nachstehen- den entwicklungsgeschichtlichen Untersuchung auserkorenen jungen Exemplare der beiden Spezies zeigten freilich die Artcharaktere noch nicht sehr ausgeprägt. Die Schalen von Pecten obercularis ließen an den jüngsten Exemplaren nur sehr schwer die noch wenig ausgeprägte Rippung an der Außenseite erkennen. Auch die Schalen- form war noch nicht die für Pecten obercularis charakteristische. Ähnliches zeigte sich unter den Vertretern der Spezies Zestae, wo der für die Art sonst typisch ausgebildete Sinus byssalis wohl er- kennbar, jedoch noch nicht in charakteristischer Ausbildung vor- handen war. Die Speziesbestimmung konnte durchgeführt werden an Hand eines ausgedehnten, auf die verschiedenen im Golf zu Neapel vorkommenden Arten sich erstreckenden konchyologisch bestimmten Schalenmaterials, das allerdings zumeist von großen ausgewachsenen Muscheln stammte. Die vergleichsweise Be- trachtung der Schalenstücke der jungen Exemplare mit denen der ausgewachsenen und sicher ermittelten Formen ergab die für die Diagnose nötigen Anhaltspunkte. 122 Eigene Beobachtungen. Im ausgewachsenen Zustand lassen sich die beiden Pecten arten, P.opercularts und P.testae, leicht voneinander unterscheiden und weisen eine Reihe von Eigentümlichkeiten auf, die sie gegen- über den Genossen anderer Arten sofort kennzeichnen. Bei der Be- stimmung ist in erster Linie die Schalenkonfisuration maßgebend. Peeten opercularis ist im ausgewachsenen Zustand eine relativ große Pectenart. Die rechte und die linke Schalenklappe sind ungefähr gleich ausgebildet. Pecten odercularis gehört also zu den äquivalven Formen. Die beiden rundlich umgrenzten, nach außen leicht konvex gewölbten Schalendeckel zeigen an der Außen- seite eine charakteristische Granulierung. Die Rippen, welche in der Zahl von 12—18 auftreten, strahlen fächerartig von der Schloßgegend an den ventralen Schalenrand. Der Zwischenraum zwischen zwei Rippen wird von einem Wellental eingenommen. Die der anatomischen Vorderseite entsprechende Schalenhälfte deckt sich nicht genau mit der der anatomischen Hinterseite. Der Abstand vom Schloßrand zum ventralen Schalenrand beträgt in seiner größten Ausdehnung (in der Mediane) 75 mm im Durch- schnitt, der auf dieser Richtlinie senkrecht stehende Durchmesser in seiner größten Breite 80 mm. Die Farbe der Schale wechselt; eine bräunlich bis bräunlich-rote ist vorherrschend. Peeten testae ist im ausgewachsenen Zustand eine be- deutend kleinere Spezies als die eben beschriebene. Der Durch- messer beträgt maximal 11 mm. Die beiden gleichfalls rundlichen Schalendeckel sind im Gegensatz zu denjenigen bei Pecten oper- cularis flachgedrückt, außerordentlich zart und zuweilen, besonders an noch nicht ausgewachsenen Formen, durchscheinend. Die Außen- und Innenseiten der Schalen sind glatt, zeigen keinerlei Rippen, Furchen und Wellentäler. Eine leichte Streifung ist nur bei Lupenvergrößerung nachweisbar. Auch Pecten testae hat einen deutlichen Byssalsinus. 3. Die makroskopischen und mit Lupenvergrößerung mög- lichen Feststellungen. Allgemeines: Schon an den 2 mm-Individuen erscheinen die beiden Mantelfalten als dünne Hautduplikaturen, die den beiden Schalenhälften in ihrer ganzen Ausdehnung eng anliegen und im sestreckten Zustand den freien Schloßrand allseitig erreichen. Wir geben zwei Ansichten von dem herauspräparierten Mantel eines 2 mm-Exemplars (Fig. 1 und 2, Taf. VIII). Dem Beschauer zu- Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 123 gekehrt ist die innere Seite des Mantels. Von den drei Sekundär- falten am Mantelsaume ist nur die Schalenfalte und das Velum erkennbar. Die Augenfalte, auf der sich die Sehorgane erheben, scheint noch wenig ausgeprägt. Die Zahl der Tentakel, die den Mantelsaum allseitig umstellen, ist im Vergleich zur Tentakelzahl ausgewachsener Exemplare gering. Während bei den letzteren nur schwer eine Anordnung der Tentakel in Reihen wahrgenommen werden kann, und ebenso schwierig es sich feststellen läßt, wie sich dieselben zu den einzelnen Sekundärfalten stellen, liegen die Verhältnisse bei jüngeren Exemplaren weit günstiger. Eine deut- liche Reihe von Tentakeln umstellt das Velum gegen den freien Außenrand. Diese Tentakel sind in nicht kontrahiertem Zustand außerordentlich lang und schmal und umstellen bei geöffneten Schalen den ventralen Mantelschlitz. Eine zweite Reihe von Tentakeln befindet sich am Übergang der Augenfalte (resp. an der von dieser sonst eingenommenen Region) zum Velum. sie sind stärker gebaut als die zuerst beschriebenen und umgeben in ziemlich regelmäßiger Anordnung den ganzen Mantelsaum. INDIE: Tentakel entfallen auf die Region der Augenfalte. Schon mit bloßem Auge lassen sich am Mantelrande der 2 mm-Formen von Pecten testae eine Anzahl typischer Augen erkennen. Sie sitzen auf kurzen Augenstielen und zeigen einen äußeren Pigmentmantel in der Gestalt eines allseitig geschlossenen Pigmentringes, der nach außen den pigmentfreien Augenpol (Cornea- gegend) umschließt. Diese als Sehorgane bereits erkennbaren Bildunsen unterscheiden sich von den Augen der erwachsenen Tiere der gleichen Spezies äußerlich durch ihre geringere Größe und namentlich durch den viel kürzeren Augenstiel. Augen traf ich an den jüngsten Formen nur im Umkreis des ventralen Mantel- randes; nicht vorhanden waren sie im oralen und analen Mantelbezirk, wo sie an den größeren Exemplaren immer, wenn auch in geringerer Anzahl als im ventralen Umkreis, an- setroffen werden. Sämtliche Sehorgane stehen auf der noch wenig deutlich ausgebildeten Augenfalte. Sie umstellen in ziemlich regel- mäßigen Abständen den Mantelsaum, gewöhnlich so, daß zwischen zwei großen, am Grenzrand von Augenfalte und Velum stehenden Tentakeln ein Auge zu liegen kommt. Was die Richtung der Ausen, resp. der Augenstiele anbelanst, so ändert sie sich mit der Lage, welche ein Sehorgan am Mantelrande einnimmt. Mit Rück- sicht auf den ganzen Mantel liegen die Augenachsen (Augenstiel- achsen) so, daß sie gegen die Schloßseite hin konvergieren, gegen 124 Eigene Beobachtungen. die freie Außenseite divergieren. Die Augenachsen stehen auf dem konvex gebogenen Mantelrand ungefähr senkrecht. Die Zahl der mit bloßem Auge wahrnehmbaren Sehorgane betrug an drei Exemplaren von P. iestae von der Größe 2 mm je 12—14; die eine Hälfte entfiel auf den linken, die andere auf den rechten Mantelsaum. Es scheint, daß die Verteilung der Augen bei den noch jungen Exemplaren von P. testae in bezug auf die beiden Mantelränder eine ziemlich gleichmäßige ist. Späterhin erhält der nach oben gekehrte rechte Mantelsaum in der Regel einen größeren Zuwachs von Sehorganen, als der nach unten sekehrte, linke Mantelsaum. Die Zahl der Augen am Mantel dieser kleinen Pectiniden steht bedeutend zurück im Vergleich zur Augenzahl, welche sich an größeren aus- gewachsenen Exemplaren ergibt, bei denen sie das 5- und 6fache beträgt. Daraus folet, daß nicht sämtliche Augen gleichzeitig auf frühen Stadien angelegt werden und dann (wie aus den immer wahrnehmbaren Größenunterschieden der einzelnen Sehorgane an älteren Formen etwa zu schließen wäre) in ihrer Weiterentwicklung ungleichen Schritt halten, son- dern daß auch in einer späteren Wachstumsperiode der Tiere immer noch neue Augen ausgebildet werden. Fig. 3 Tafel VIII gibt eine Ansicht vom Mantelrande eines P.testae von 5mm Längendurchmesser. Die Falten- bildungen am Mantelsaume sind noch deutlicher ausgeprägt als bei den 2mm-Exemplaren. Die Tentakel sind zahlreicher geworden und treten jetzt namentlich auch zwischen den Augen der Augen- falte in größerer Anzahl auf. Die Zahl der Augen selbst hat zu- genommen. Sie beträgt an dem zur Abbildung gebrachten rechten Mantelsaum 13. Während an den oben beschriebenen Exem- plaren sämtliche von bloßem Auge erkennbaren Sehorgane unge- fähr von gleicher Größe sind, so machen sich jetzt zwischen den am Mantelrand auftretenden Augen deutliche Größenunterschiede geltend. Neben Augen von ansehnlicher Größe treten solche von bedeutend geringeren Dimensionen auf, die besonders im oralen und analen Mantelbezirk zu Gesichte treten, in welchen Zonen überhaupt vorzugsweise Neubildungen von Augen vorzu- finden sind. Bei Lupenvergrößerung lassen sich sowohl an den jüngsten Exemplaren als auch an den älteren Individuen zwischen den erwähnten Augen von bedeutender Größe noch ganz kleine wahrnehmen, die zunächst nur als Pigmentflecke imponieren, bei näherem Zusehen jedoch einen kurzen Augenstiel, einen Pigment- Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 125 mantel und einen pigmentfreien Augenpol erkennen lassen. Ferner treten in der Gegend der Augenfalte Bildungen auf, von denen auch mit starker Lupenvergrößerung nicht gesagt werden kann, ob es sich um Augenanlagen, oder ob es sich um Anlagen von Tentakeln handelt. Es sind papillenartige Erhebungen auf der Augenfalte, die meistens einen äußeren Belag von Pigment aufweisen. Da aber Pigment am ganzen Mantelsaum zerstreut vorkommt, sich keines- wegs nur auf die Augen beschränkt, so konnten daraus für die Deatung dieser Papillenbildungen am Mantelrande keine sicheren Schlüsse gezogen werden. Fassen wir die makroskopisch gewonnenen und mit Lupen- vergrößerung gemachten Feststellungen am Mantelsaume junger Pectiniden von der Größe 2, 5 und 6 mm der Spezies Zestae zusammen, so ergibt sich folgendes: 1. An jungen Exemplaren von Pecten testae (Größe 2 mm) zeigt der Mantelsaum schon die drei für erwachsene Exemplare typischen Sekundärfalten: das Velum, die Augen- und die Peri- ostrakalfalte. 2. Die am Mantelsaume auftretenden Tentakel zeigen ur- sprünglich eine mehr oder weniger ausgesprochen reihenartige Anordnung, wenigstens in bezug auf die Tentakel, die das Velum und die Augenfalte umstellen. 3. Die Augen am Mantelrande werden offenbar sehr frühzeitig ausgebildet. An Exemplaren von 2 mm Größe sind schon eine srößere Anzahl von Sehorganen (6-7) an einem Mantelsaume vor- handen. An ihnen ist makroskopisch feststellbar: ein Augenstiel, ein äußerer Pigmentmantel und ein pigmentfreier Augenpol. 4. Die Sehorgane sind anfänglich auf den ventralen Umkreis des Mantelrandes beschränkt; sie zeigen sich nicht in nächster Umgsegend vom Schloßrande. Da, wo sie in der Ventralgegend auftreten, finden sie sich in ziemlich regelmäßiger Verteilung, mit senkrecht zum Mantelrand stehenden Augenachsen. Der orale und anale Mantelbezirk entbehrt zunächst der Augen. 5. Die Augen am Mantelrande der 2 mm-Exemplare ver- teilen sich ungefähr gleichmäßig auf beide Mantelhälften; es kommen ungefähr gleichviel Augen am rechten und gleichviel am linken Mantelrande vor. 6. An den jüngsten Formen sind am wenigsten Augen aus- gebildet; die älteren Exemplare zeigen einen größeren Augen- reichtum. Während des Wachstums der Muscheln, speziell ihres Mantels, setzen Neubildungen von Sehorganen ein. 126 Eigene Beobachtungen. 7. Außer den von bloßem Auge sichtbaren und mit der Lupe noch als Sehorgane erkenntlichen Mantelbildungen kommen auf der Augenfalte noch papillenähnliche Differenzierungen vor, von denen sich bei äußerer Betrachtung nicht feststellen läßt, ob es sich um Anlagen von Augen oder um Tentakelbildungen handelt. 4. Die mikroskopisch-histologischen Beobachtungen. Über Augenbildungen am Mantelrande junger Pectiniden. Auf halber Stufe der Entwicklung stehende oder noch nicht völlig entwickelte Sehorgane zeigten sich bei der Durchmusterung von Schnittserien der Mantelränder von 2, 4, 8 mm-Formen, die zum größten Teil der Spezies Zeszae, zum geringeren der Spezies obercularis angehörten, relativ häufig. Die überwiegende Zahl der Augenschnitte stammte jedoch von Sehorganen, die als völlig entwickelte bezeichnet werden dürfen. Die histologische Untersuchung der Mantelränder der jüngsten und allerkleinsten uns zu Gebote stehenden Kammuscheln (11, mm- Formen) ergab: Die meisten als Augen makroskopisch feststell- baren Differenzierungen am Mantelrande stellen vollständig ent- wickelte, in allen Teilen ausgebildete Sehorgane dar, die, mit den- jenigen am Mantelrande ausgewachsener Pectiniden verglichen, eine sichtliche Übereinstimmung zeigen und nur in bezug auf ihre geringere Größe von ihnen sich unterscheiden. Der Augenstiel ist, entsprechend der geringeren Größe der Sehorgane, kürzer und schmäler. In typischer Ausbildung zeigt sich ein äußerer Pigment- mantel, eine piementfreie, an diesen angrenzende und über dem eigentlichen Auge gelegene Zone des äußeren Ektoderm als Cornea, eine Linse von bikonvexer Gestalt und eine Retina mit ihren beiden Schichten, der distalen Bürstenzellschieht und der proximalen Stäbchenzellschicht, zwischen den distalen Bürstenzellen und den proximalen Stäbchenzellen die dazwischen gelagerten Elemente, die Zwischenzellen. Der Ramus distalis und der Ramus proximalis des Opticus sind von ihrer Zweigstelle aus deutlich verfolgbar. Auf Schnitten durch solche Sehorgane lassen sich, wie an den Augen am Mantelrande ausgewachsener Pectiniden, bei wohlgelungener Fibrillentinktion in den invertierten Stäbchenzellen die Achsial- fasern vom Stäbchen in den Zellkörper und aus diesem in die Fasern des proximalen Astes verfolgen. Die Fibrillen im Stäbchen zeigen die typischen korkzieherartigen Windungen. Andererseits sind an den sogenannten Bürstenzellen, da, wo die einzelnen Bürsten- " Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 127 fasern den Zellkörper verlassen, die Basalkörperchen wahrnehmbar. Die Bürstenbestandteile geben sich als fibrilläre Differenzierungen deutlich zu erkennen. Kurz die Retina läßt an den Augen vom Mantelrande dieser jungen Pectiniden alle wesent- lichen Bestandteile in ihrer typischen Form und zyto- logischen Differenzierung nachweisen. Auch das unter der Retina gelegene Tapetum und die darauf folgende innere Pigment- schicht sind vorhanden. In der Pigmentschicht konnte zuweilen noch deutlich der zellige Charakter an den vorhandenen, vom Pig- ment noch nicht völlig überdeckten Zellkernen nachgewiesen werden. Alles in allem: die äußerlich als Sehorgane wahrnehm- baren Differenzierungen am Mantelrande von 2,4,3 mm sroßen Individuen der Spezies testae erweisen sich im Schnittbilde als Sinnesorgane, die im anatomisch- histologischen Aufbau durchaus mit den Augen über- einstimmen, die am Mantelrande ausgewachsener For- men vorkommen, somit im wesentlichen der eingangs sesebenen allgemein gehaltenen Schilderung eines Pectenauges folgen. Zur Untersuchung eignen sich diese Augen im Vergleich zu denjenigen an älteren Exemplaren insofern besser, als weit weniger Elemente sich an ihrem Aufbau beteiligen, und dadurch speziell die Verhältnisse der Retina, die bei der Anwesenheit zahlreicher Zellen mitunter so schwierig zu erforschen sind, durchsichtiger erscheinen. Aus diesem Grunde haben wir, nachdem wir uns an Hand einer Reihe von Kontrollserien von der großen Ähnlichkeit zwischen Augen am Mantelrande kleiner junger Pectiniden und solcher älterer Exemplare überzeugten, jene vorzugsweise unseren Untersuchungen an entwickelten Sehorganen zugrunde gelegt. Wir haben gleich. jetzt einer Beobachtung Erwähnung zu tun, die wir zuweilen an solchen wohl entwickelten Augen am Mantelrande junger Kammuscheln gemacht haben und auf welche späterhin im Zusammenhang noch des eingehenderen eingetreten werden soll. Es handelt sich um eine eigentümliche Erschei- nung, die sich in der Stellung der Augenachse zur Achse des Augenstiels bekundet. In unserer allgemeinen Dar- stellung bildet die optische Achse die direkte Fortsetzung der Augenstielachse. Die optische Achse fällt mit der Augenstiel- achse zusammen. In der Tat zeigen sämtliche ausgebildete Augen vom Mantelrande ausgewachsener Pectiniden, gleichviel welcher Spezies sie angehören, dieses Verhalten: Die Augenachse bildet die 128 Eigene Beobachtungen. direkte Fortsetzung der Augenstielachse, welche — dies ist die Regel — selbst senkrecht auf der freien Mantelrandlinie steht (die Augen divergieren ja schlechthin vom Schloßrande gegen außen). Bei den in allen Teilen entwickelten Sehorganen der kleinen, noch nicht ausgewachsenen Pecten-Arten (11,—2 mm) ist dem nicht so. Obschon die Augenstielachse in bezug auf den freien Mantelrand senkrecht steht, so bildet die Augenachse in diesen Fällen nicht die direkte Fortsetzung; sie fällt zur Augenstielachse unter Bildung eines Winkels ein, so, daß das Auge am Augenstiel gedreht erscheint. Bei dieser Drehung ist das Auge stets gegen die innere Schalenwandung gerichtet. Was den Grad der Drehung anbetrifft, d. h. die Größe des Winkels, gebildet von der Ver- längerung der Augenstielachse und der Längsachse des Sehorganes, so ist der Drehwinkel an diesen jungen Augen nicht konstant. Zuweilen beträgt er nur einige Grad; zuweilen ist es ein Winkel von 90° Der Winkel kann also, wenn wir die zahlreichen Fälle heranziehen, wo das Auge am Mantelrande einer jungen Kamm- muschel die Normalstellung erreicht, 0—90° betragen. Außer diesen entwickelten Sehorganen am Mantelrande junger Pecten-Arten, die, wie schon erwähnt, zum größten Teil der Spezies testae, zum geringeren der Spezies opercularis angehören, finden sich des weiteren Sehorgane, die als noch nicht völlig ent- wickelte bezeichnet werden müssen. Solche auf halber Höhe der Entwicklung stehende oder doch noch nicht in allen Teilen völlig ausgebildete Augen trafen wir bei verschiedenen Exemplaren ver- schieden häufig an. Während wir an einem Mantelrande einer Pecien testae von 6 mm Durchmesser 21 Augen in halbwegs ent- wickeltem, 2 Augen in ausgebildetem Zustande antrafen, fanden wir an dem entsprechenden (linken) Mantelrande eines Pecten von 2 mm Größe derselben Spezies fünf völlig entwickelte und nur ein noch in der Entwicklung begriffenes Sehorgan. Solche individuelle Schwankungen in bezug auf das Vorkommen von entwickelten und noch nicht entwickelten Sehorganen lassen sich an einer ganzen Reihe junger Individuen von der verschiedensten Größe beobachten. Die Sehorgane haben wir in jenen Fällen des- halb als noch nicht völlig entwickelt zu bezeichnen, weil die Retina noch nicht in kompletter Weise ausgebildet ist. Der unvollständige Bau zeigt sich in der noch nicht oder nur teilweise zur Differenzierung gelangten proximalen Stäbchenschicht. An einer solchen Retina können unterschieden werden: 1. die distale „Bürstenzellage‘“, be- stehend aus den ‚‚Bürstenzellen‘‘ und den zwischen ihnen gelagerten Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 129 Zwischenzellen, 2. die zu beiden Seiten in der Retina vorhandenen Anlagen der proximalen Stäbchenzellage, 3. die unter der distalen Bürstenzellage vorhandene Schicht der Zwischensubstanz. Ent- weder konnte unter den distalen Bürstenzellen von den Stäbchen überhaupt nichts wahrgenommen werden, oder man sah, wie sich von den Anlagen zu beiden Seiten der Retina einige Stäbehen- zellen zur Differenzierung anschickten, indem sie in die Zwischen- substanz mit ihren distalen Endabschnitten, den Stäbchen, hinein- zuwachsen begannen. a) Die frühesten Stadien der Augenentwicklung. aa) Das Auffinden der ersten Stadien am Mantelrande. Schwieriger steht es freilich mit dem Auffinden von Stadien, die in der Reihe der Organentwicklung noch weiter zurückliegen, und die deswegen auch weniger leicht auf die Bilder der ent- wickelten Sehorgane bezogen werden können. Die äußere Betrach- tung des Mantelrandes, speziell der Augenfalte am freien Mantel- saum ergibt wie wir sahen keine bestimmten Anhaltspunkte, die bei der Umschau nach Anfangsstadien der Augenentwicklung vor- teilhaft verwendet werden könnten. Neben den als Sehorgane äußer- lich deutlich erkennbaren Differenzierungen und als Tentakel auf- tretenden Bildungen am Mantelrande zeigen sich mitunter bei star- ker Lupenvergrößerung wie gesagt papillenähnliche Erhebungen, bei deren Deutung noch vorerst eine Zurückhaltung angebracht erscheint, zumal es sich um eingezogene Tentakel, Tentakel- anlagen oder auch um frühe Stadien der Augenentwicklung handeln kann. Wenn wir also, was die Auffindung von Anfangsstadien der Augenentwicklung anbetrifft, mehr oder weniger auf den blinden Zufall angewiesen waren, so konnten uns doch bestimmte Erfah- rungen früherer Forscher bei der Beurteilung zweifelhafter Schnitt- bilder wegleitend sein. In seiner zusammenfassenden Betrachtung über die Sehorgane bei niederen Tieren lest Hesse sich die Frage vor, ob den Rezep- tionsorganen des optischen Sinnes trotz der ihnen eigenen morpho- logischen Vielgestaltigkeit gemeinsame Eigenschaften zugesprochen werden können. Die Erfahrung ließ Hesse die Frage in bejahen- dem Sinne beantworten, indem festgestellt werden konnte, daß sämtlichen Sehorganen ein ganz bestimmter Sinneszelltypus ein ein- heitliches Gepräge verleiht: Die primäre Sinneszelle ist Gemein- 9) 130 Eigene Beobachtungen. gut aller Sehorgane. In diesem Zusammenhang ist noch eine weitere, den Sehorganen allgemein zukommende Eigentümlichkeit namhaft zu machen. Charakteristisch ist für Sehorgane die ektodermale Herkunft ihrer Hauptkomponenten, der Sehzellen. Was jene anbetrifft, so muß freilich mit Hesse gesagt werden, daß sie nur für einen Teil der Sehorgane sicher festgestellt ist, für einen anderen Teil bloß angenommen wird. Wir waren also bis zu einem gewissen Grade berechtigt, auch für die Sehzellen aus den Mantelaugen bei Pecien eine ektodermale Abstammung zu postu- lieren. Da das Ektoderm als Epidermis den ganzen Mantel, also auch den Mantelsaum überzieht, so durite die Annahme gemacht werden, daß die Sehzellen Derivate dieses Außenepithels seien. Eine andere Frage war die, nach welchem Modus die Örganentwicklung sich abspielen würde. Nach den bisherigen Erfahrungen schienen zwei Möglichkeiten offen: Entweder konnte der Augenentwicklung ein Einstülpungsprozeß von seiten des äußeren Mantelepithels zugrunde liegen, oder man konnte sich auch vorstellen, daß Elemente vom Epithel auswandern, sich in die Tiefe verlagern und in entsprechender Weise zu einem rezipieren- den Epithel anordnen würden. Beide Wege der Organentwicklung werden ja tatsächlich im Tierreich eingeschlagen. Aus den bereits gemachten Angaben aus der Entwicklungsgeschichte geht hervor, daß für das Pecien-Auge beide Bildungsweisen von den Forschern vertreten werden. PATTEN beschreibt die Vorgänge, die sich auf die Entstehung des Pecten-Auges beziehen, als einen Auswanderungs- prozeß von Zellen aus dem äußeren Mantelepithel.e BürschLı nimmt eine Einstülpung einer bestimmten, für die Lichtrezeption besonders geeigneten Partie von Zellen des Außenepithels an. Nach ihm verbleiben die Zellen während der Einstülpung im epithelialen Verbande. Die Einstülpung führt zur Blasenbildung, aus der einerseits die Retina, andererseits die innere Pigmentschicht hervorgeht. Während also nach Bürscauıs Darstellung die Bildung weiterer Organteile (innere Pigmentschicht und Tapetum) durch die Art des Entwicklungsmodus gegeben ist, so ist der Auswande- rungsprozeß nach PATTEN mit der Frage verknüpft, ob nur gerade diejenigen Elemente ihre ursprüngliche Lagestätte verlassen, die später die rezipierenden Zellen im Auge repräsentieren, oder ob auch noch andere Elemente diesen Emigrationsprozeß mit- machen, solche nämlich, die später die innere Pigmentschicht und das Tapetum aufbauen helfen. Der Ansicht Bürtscauis schließt sich auch, wie dargetan, neuerdings Hrsse an. Er findet als Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 151 frühestes Entwicklungsstadium eine ektodermale Einstülpung. Uns schienen die Darstellungen von BürschLı und Hesse plausibler als die Darstellung von PıArten. Beim Aufsuchen von frühen Stadien der Augenentwicklung frug es sich dann weiter, an welcher Stelle des freien Mantel- randes ihr Auftreten erwartet werden dürfe. Die oral und anal gelegenen Partien am freien Mantelrande schienen die aussichts- reichsten Bezirke zu sein, deshalb nämlich, weil an jungen Pecti- niden hier noch keine makroskopisch feststellbaren Augen auf- zufinden sind, an älteren Exemplaren dagegen die kleinsten Seh- organe (auch die am wenigsten weit entwickelten) gerade in diese Gegend zu fallen pflegen. bb) Beschreibung der ersten Entwicklungsvorgänge. (Figuren auf Tafel III.) An über 30 Exemplaren junger Pecktines, deren Mantelsäume in lückenlose Sehnittserien von 2 x Schnittdicke zerlegt wurden, fanden sich nur ganz wenige Stellen am Mantelrande — sie lagen in der Gegend der Ophthalmokalfalte — die sich bei der weiteren Untersuchung als früheste Stadien der Augenentwicklung erwiesen. Diese verteilen sich auf fünf Exemplare von Pecten testae von der Größe 4—41, mm und auf ein Exemplar von Pecten opercularis von der Größe 6 mm. An den kleinsten uns zur Ver- füsung stehenden Formen (11, mm) konnte auch nicht ein ein- ziges solches Stadium aufgefunden werden. Wir geben zunächst eine Beschreibung der beiden frü- hesten Stadien der Augenentwicklung, denen wir bei Durch- musterung unserer Embryonalserien begeeneten. Sie stammen beide vom linken Mantelrande einer 4 mm großen Pecten testae und zwar aus der Oralgegend des freien Mantelsaumes. Die Anlagen folgten aufeinander in einer Entfernung von einem halben Millimeter, im Abstand 1 mm von der Schloßlinie. Auf Fie. 1 Taf. III, der ein Schnitt senkrecht zur Mantelrandfläche zugrunde liest, ist von diesen beiden Embryonalstadien das näher dem Schloßrande ge- legene und offenbar frühere zur Abbildung gebracht. Auf dem Schnittbilde sind deutlich die drei Sekundärfalten am Mantel- saume nachweisbar, die Schalenfalte (sch. fa.), die Region der Augenfalte (oPh.fa.) und das Velum (ve.fa.), von welehem nur die eine Außenfläche dargestellt ist. Zwischen der der Schale am nächsten gelegenen Sekundärfalte und der mittleren Augenfalte 9* 132 Eigene Beobachtungen. liest die Periostrakalgrube (De.gr.), von deren Grunde sich kegelartig eine Gruppe von Zellen erhebt, die sich von den angrenzenden Epithelzellen durch ihren längeren Zelleib unter- scheiden und als Drüsenzellen ihrem histologischen Verhalten nach angesprochen werden müssen. Das Periostrakum (?e.) (Schalen- häutchen) durchzieht die ganze Grube und kann vom Gruben- srunde, wo es durch das Zusammenfließen feiner von den Drüsen- zellen sezernierter Fäden zustande kommt, bis an den Mantelrand, an welchem es umbiegt und sich an die äußere Schalenoberfläche begibt, verfolgt werden. Der ganze Mantelrand wird umkleidet von einer einschichtigen Lage hoher zylinderartiger Zellen, von der Epidermis (e?.). Auf Schnitten durch den Mantelrand junger Peckines sind die Zellgrenzen zwischen zwei benachbarten Epithelzellen nicht gerade scharf hervortretend, dagegen immer die in der Regel stark tingierten Zellkerne. Gegen außen liest den Zellen des Mantelepithels eine äußerst feine Cuticula auf. Die Zellen des Außenepithels sind nicht an allen Stellen in gleicher Ausbildung vorhanden. Die Drüsenzellen am Grunde der Periostrakalfalte haben wir bereits erwähnt. Die Zellen, welche am Übergang der Schalenfalte in die Ausenfalte liegen, zeigen an ihrem freien distalen Ende einen Wimperbesatz. Wimperzellen kommen mitunter auch an der einen Wandung der Periostrakalrinne, längs ihrer ganzen Ausdehnung, vor. Die Epithelzellen, welche in die Gegend der Augenfalte und auf das Velum fallen, enthalten im Innern Pigmentgranulationen. Unter der Epidermis liegt überall eine Schicht homogenen Binde- gewebes, durchzogen von einer großen Anzahl Bindegewebsfasern und zahlreichen Muskelfibrillen und durchsetzt von verschiedenen Lymphräumen. Uns interessiert vor allem die Gegend der Ophthalmokal- falte. Sie ist äußerlich durch das in den Epithelzellen eingelagerte Pigment gekennzeichnet. Letzteres erstreckt sich freilich auch noch auf die eine Außenfläche des Velum. Das Pigment ist in deutlichen Granula von gelbbrauner Farbe abgesetzt. Die Granula sind nament- lich im distalen Dritteil der Zellen dicht gehäuft vorhanden. Auf dem zur Abbildung gebrachten Schnitt überzieht die Pigment- decke vollständig die Region der Augenfalte (dig.ed.). An anderen entsprechenden Präparaten schalten sich zuweilen (meistens in Gruppen) zwischen die pigmentführenden Zellen an bestimmten Stellen Zellen ein, die des Pigments vollständig entbehren. Zu- weilen beschränkt sich das Pigment nicht nur auf die Augenfalte Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 133 und das Velum, sondern es überzieht auch noch die Gegend der Periostrakalgrube und der Schalenfalte. Zwischen der mit Wimper- zellen bekleideten Ausfaltung, deren schalenständige Wand die eine Wand der Periostrakalrinne darstellt und deren gegenüberliegende Fläche gegen die Augenfalte hin abfällt und der Stelle, an welcher die Faltenbildung des Velum beginnt, finden wir eine knopf- oder zapfenartige Ausbuchtung, an deren Bildung sich das Außenepithel und das subepidermale Bindegewebe beteiligt. Die Zapfenbildung am freien Mantelsaum ist etwas höher als breit; ihre Längsachse steht parallel zur gesamten Mantelfläche. | In dieser papillenartigen, in der Gegend der Oph- thalmokalfalte auftretenden Vorwölbung haben wir das früheste Stadium der Augenentwicklung zu erblicken. Das aufgewölbte Epithel ist eine bestimmte Partie des Mäntel- epithels.. Das Innere des Zapfens wird von Bindegewebe (dadg.) eingenommen, das einen Bestandteil des die Hautduplikatur des Mantels erfüllenden Bindegewebes darstellt. Der Epithelabschnitt unterscheidet sich von den angrenzenden Partien der Epidermis durch seinen außergewöhnlichen Zellreichtum (au.p.). Die Zellen, von denen freilich infolge des Vorhandenseins von Pigment die seit- lichen Zellgrenzen größtenteils nicht sichtbar sind, deren Kerne aber in allen Schnittpräparaten deutlich hervortreten, liegen dicht nebeneinander. Die am distalsten gelegenen Zellkerne sind läng- lich, schmal und oval; diejenigen, welche mehr der Basis der Papille angehören, erscheinen kleiner und haben eine rundliche Gestalt. Alle Zellen, ohne Ausnahme, zeigen im distalen Drittel Pigmentgranu- lationen, am basalen Abschnitt des Zelleibes gekörntes Plasma. Nur an der Basis der Augenanlage ist eine deutliche Grenzlinie der Epidermis gegen das darunterliegende Bindegewebe wahr- nehmbar. Weniger scharf wird die Konturierung gegen den freien Außenpol des Zapfens, an welchem jegliche Kontur zwischen innerer Epidermiswandung und Bindegewebe fehlt, eine Tatsache, die von ganz besonderer Wichtigkeit für die weitere Deutung der Embryonalanlage ist. Auf allen vom Mantelsaume junger und älterer Exemplare verschiedener Pecten-Arten gewonnenen Schnitt- präparaten konnte nämlich an sämtlichen übrigen Stellen stets eine deutliche Grenzlinie zwischen Außenepithel und darunter gelegenem Bindegewebe des freien Mantelrandes festgestellt werden. In der distal gelegenen Partie der als Augenanlage gedeuteten Papillen- bildung der Ophthalmokalfalte allein fehlt diese Konturierung; 134 Eigene Beobachtungen, eine scharfe Grenze zwischen innerer Epithelzellenwandung und angrenzendem Bindegewebe ist sicherlich nicht vorhanden. Im Bindegewebe der „Augenpapille‘“ finden wir eine erößere Anzahl Kerne. Die einen in bezug auf die Papille mehr mittelständigen Kerne liegen dicht aneinander und bilden einen kompakten Kernkomplex (ve.2.). Die anderen, ebenfalls im Bindegewebe gelegenen Kerne liegen weiter auseinander und halten eine mehr oder weniger reihenartige Anordnung inne (e.me.hi.2.).. Ihr Vorkommen beschränkt sich nicht nur auf die Papillenbildung; sie finden sich auch noch in dem angrenzenden proximalen Bereich des außerpapillären Bindegewebes. Die Kerne, welche wir gleich von Anfang an von den übrigen zu einer Zelleruppe vereinigten Elementen auseinander halten wollen, be- geben sich in einer oder mehreren Reihen aus der nächsten Um- gegend des Mantelbindegewebes in das Füllgewebe der Augen- papille, wo sie späterhin stets unter dem Papillenepithel anzutreffen sind, und zwar so, daß sie in ihrer Längserstreckung zur Innen- wandung der Papillenepidermis parallel gerichtet sind. Die Kerne, die zu der zentralen Gruppe gehören, lassen sich nur schwer von den peripher gelagerten unterscheiden. Sie scheinen im allgemeinen etwas größer zu sein als jene und haben eine läng- lich ovale Gestalt. Die Chromatinsubstanz ist gleichmäßig im Kern zerstreut. Zuweilen tritt deutlich ein Kernkörperchen zu Gesicht. In den randständigen Kernen erscheint die Chromatin- substanz kompakter. Ein Kernkörperchen ist nicht nachweisbar. Die Kerne tingieren sich im allgemeinen intensiver. Betrachten wir das Schnittbild durch die zweite Augen- papille, die wir am Mantelrande derselben Kammuschel etwas mehr ventral, d. h. vom Schloßrande um weniges mehr entfernt vorgefunden haben (Tafel III, Fig. 2)! Das Stadium unterscheidet sich nicht wesentlich vom vorhergehenden. Da es sich um einen Schnitt in derselben Gegend des Mantelrandes handelt, so finden wir im Hinblick auf die Ausbildung der Sekundärfalten am Mantelsaume genau dieselben Verhältnisse, denen wir auf dem vorigen Stadium (Fig. 1) begegnet sind. Die Augenpapille hat sich ein wenig verbreitert. Die Kerne im Bindegewebe treten nunmehr zahlreicher auf. Sie bevölkern den größten Teil des das Innere der Papille ausfüllenden Bindegewebes. Auch an diesem Präparat er- scheinen zwei Arten von Zellkernen: Die einen lokalisieren sich mehr auf die mittlere Gegend des Bindegewebspfropfes (e2.2.R. —re.2.k.); die anderen (%.2.k.) liegen entweder nahe der Innen- en Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 135 wandung der Epidermis oder entfallen überhaupt nicht auf die Binde- gewebszone der Augenpapille, indem sie sich mehr auf proximale, unter der Augenanlage gelegene Bindegewebsbezirke verteilen. Eine in bezug auf die Charakterisierung der Entwicklungs- vorgänge äußerst wichtige Frage ist nun die, woher die einen, woher die anderen Zellelemente im Bindegewebe der Augenpapille stammen. Mit Sicherheit läßt sich die Frage freilich nur an Hand einer Reihe von Schnitten durch Augenstadien entscheiden, an denen eine Zelleinwanderung — eine solche scheint offenbar vor- zuliegen — direkt nachgewiesen werden kann. Die größeren, mehr mittelständigen und schon auf den ersten Stadien zu einer Kerngruppe vereinigten Elemente (re.2.) zeigen bei Anwendung stärkerer Vergrößerungen (Ölimmersion 2 mm, Co. Oe. 4 und 8) eine Übereinstimmung mit den Kernen des äußeren Mantelepithels. Die Kerne beider Lokalitäten besitzen eine läng- liche Ovalgestalt und zeigen eine regelmäßige Verteilung der Chromatinsubstanz. Auch das Kernkörperchen ist hier wie dort nachzuweisen. Nun glauben wir uns zu folgender Annahme be- rechtigt: An der Stelle, wo eine Grenze zwischen Papillen- epithel und Bindegewebe sich nicht nachweisen läßt, treten Zellkerne der Epidermis aus und verlagern sich in die darunter gelegene Bindegewebsschicht, wobei sie in ihrer Gesamtheit den erwähnten Kernkomplex (ep.z.k. — 7e.2.ka), bilden. Die anderen Kerne dagegen (h.z.k.), die eine große Ähn- lichkeit mit den Elementen, die im Bindegewebe des Mantels zer- streut anzutreffen sind, aufweisen, begeben sich nicht auf dem nämlichen Wege in die Augenpapille. Im Bindegewebe der Mantel- falten junger Pectiniden finden wir relativ wenige solcher Kerne; wenn sie in größerer Anzahl auftreten, so zeigen sie sich im Bereich der Sekundärfalten, namentlich im Bindegewebe der Periostrakal- und Augenfalte, vorzugsweise in einer Ausfaltung der letzteren (diese erhebt sich in der Gegend zwischen Periostrakalgrube und Augenpapille). Diese Kerne wandern, wie die Abbildungen (Tafel III, vgl. Fig. 1, 2, 3, 4) illustrieren, offenbar aus den angrenzenden Bindegewebspartien des Mantels in die Papille hinein und schieben sich zwischen die zentral gelegene Kerngruppe und die Innenwandung der Pa- pillenepidermis. Wir haben also unter den Zellelementen im Binde- gewebe der Augenpapille eine Gruppe von Kernen, die 136 Eigene Beobachtungen. sich vom Außenepithel des Mantels ableiten und deren Elemente deshalb ektodermaler Herkunft sind, und eine andere Gruppe von Zellkernen, die von Anfang an ihren Sitz im Bindegewebe haben, denen also eine mesodermale Herkunft zugeschrieben werden muß. Es wäre freilich denkbar, daß ursprünglich auch diese Elemente Be- standteile der Epidermis wären, gerade so, wie wir es für die anderen Zellkerne mit einiger Sicherheit anzunehmen berechtigt sind, daß sie dann’ aber einem ähnlichen Prozeß des Auswanderns folgen, wie jene. Einer solchen Annahme steht aber die Tatsache gegen- über, daß auf sämtlichen Schnittpräparaten sich keine einzige Partie am Mantelepithel außer am Epithel der Augenpapille auf- finden läßt, die für eine derartige Emigration von Zellelementen sprechen würde. Überall ist die Epidermis gegen das Binde- gewebe hin scharf abgegrenzt. Noch müssen wir auf eine Erscheinung aufmerksam machen, die uns bei der Durchmusterung von Schnittserien an frühesten Augenstadien entgegentrat, und an die wir uns später wieder zu erinnern haben. An den aus dem äußeren Papillenepithel aus- tretenden Zellelementen kann nur mit Mühe der den Kern um- sebende Plasmahof wahrgenommen werden. Mitunter aber sieht man feine, fadenartige Plasmafortsätze, die mit den Kernen der aus der Epidermis gewanderten Elemente in Verbindung stehen. In diesen Fällen ist stets der Kern der Gruppe der übrigen Kerne zugewandt; der Zellfortsatz selbst nimmt zu dieser eine distale Lage ein und ist der Innenwandung des Außenepithels zugewendet. Solehe Plasmafortsätze können auch zuweilen an den Zellen, die sich noch in der Epidermis vorfinden, angetroffen werden; sie pflegen dann an ihrer Basis aufzutreten. Demnach scheinen Zellelemente bei der Auswanderung aus dem Zellverbande und bei ihrer Verlagerung in das Bindegewebe sich so zu orientieren, daß sie in bezug auf ihre ursprüngliche Lage im Mutterepithel eine im entgegengesetzten Sinne gerichtete Orientierung einzunehmen pflegen. Die mit dem Fortsatz versehene Zellbasis ist dann nach außen, das ursprüng- lich freie Zellende nach innen gekehrt. Die mit einem Zell- fortsatz versehenen Zellen im Bindegewebe der Augen- papille, sowie die übrigen Elemente, welche mit ihnen aus dem Ektoderm austreten und sich in die Tiefe verlagern, bilden, mit Ausnahme derjenigen Partie, welche der späteren sogenannten Zwischensubstanz entspricht, die Anlage der Retina. Die anderen Zellen, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 137 welche von Anfang an ihren Sitz im Mesoderm des Mantels haben, und die sich sekundär in das Binde- gewebe der Augenpapille hinein begeben, repräsentieren die Anlage der Linse, die Anlage des Tapetums und der inneren Pigmentschicht (wahrscheinlich auch der späteren Zwischensubstanz). Resumee: Fassen wir die Beobachtungen, die wir an den ersten Stadien der Augenentwicklung zu verzeichnen haben, kurz zusammen, so folgt: Die meisten, am Mantelrande äußerlich als Augen feststellbaren Differenzierungen von 2, 4, 8 mm großen Pecten testae erweisen sich bei der histologischen Untersuchung als Sehorgane, die in allen Teilen mit denen am Mantelsaume ausgewachsener Muscheln der- selben Art übereinstimmen und sich von ihnen gewöhnlich nur da- durch unterscheiden, daß die optische Achse einen mehr oder weniger schiefen Winkel zur Augenstielachse bildet. Das Auge erscheint in diesen Fällen gegen die Schalenfläche gedreht. In geringerer Anzahl zeigen sich am Mantelrande jener Exemplare Sehorgane, die als noch nicht völlig entwickelte bezeichnet werden müssen (proximale Stäbchenschicht der Retina noch nicht ausdifferenziert). Viel weniger häufig als Sehorganen, welche entweder ihre Entwieklung vollständig oder beinahe abgeschlossen haben, begegnen wir Anfangsstadien der Augenentwicklung am Mantel- rande junger Pectiniden. Solche finden sich am ehesten im oralen und analen Mantelbezirk, in demjenigen Umkreis des Mantels, in dem gewöhnlich noch keine Sehorgane ausgebildet sind. Ent- sprechend der Lage der Augen am Mantelrande ausgewachsener Pectines spielen sich die ersten Vorgänge der Augenentwicklung in der Region der „Augenfalte‘‘ des Mantelsaumes ab. Die drei Sekundärfalten am Mantelrande sind bei Kammuscheln, an denen die frühesten Stadien der Organentwicklung aufzufinden sind, schon deutlich ausgebildet. Die erste Anlage des Auges zeist sich als eine papillen- artige, zwischen Periostrakalfalte und Velum auftretende Er- hebung der freien Manteloberfläche, als eine Aufwölbung des Mantelepithels, der ein Vordringen des subhypodermalen Binde- gewebes folgt. Im Bindegewebe sind eine größere Anzahl von Zellkernen anzutreffen, von denen zweierlei Arten auseinander gehalten werden müssen: solche, die eine größere Übereinstimmung mit den im Außenepithel der Papille zahlreich vorhandenen Epi- dermiszellkernen zeigen und solche, die eine größere Ähnlichkeit 138 Eigene Beobachtungen. mit den in der Umgebung der Papille sich vorfindenden, im Binde- sewebe auftretenden Kernen erkennen lassen. Die ersteren sind Derivate des Papillen- resp. Mantelepithels. Sie gelangen in die unter der Epidermis gelegene Bindegewebsschicht durch eine Emigration aus dem epithelialen Verbande; es sind ektodermale Elemente. Die anderen Zellkerne, die sich neben diesen im Binde- sewebe der Augenpapille vorfinden, und die noch im nächsten Umkreis der Augenanlage aufzufinden sind, müssen als Bestandteile des Mesoderms betrachtet werden. Die ektodermalen Elemente bilden zum größten Teil die Anlage der zukünftigen Retina; die mesodermalen Elemente die spätere Linse und wahrscheinlich auch die Anlage des Tapetum und der inneren Pigmentschicht (auch die Lage der „Zwischensubstanz‘). b) Vorgerücktes Entwicklungsstadium. Wir kommen nun zu einer weiteren Etappe der Augen- entwicklung (Tafel III, Fig. 3). Gegenüber den beiden eben be- schriebenen Stadien erscheint das zu besprechende ziemlich weit vorgeschritten. Dazwischenliegende Stadien stehen uns zurzeit keine zur Verfügung. Immerhin dürfte es nicht allzu schwierig sein, die uns nunmehr entgegentretenden, freilich ordentlich komplizierten Verhältnisse auf die bereits bekannt gegebenen zu beziehen. Die Augenanlage entstammt einem Pecten testae von 5 mm Größe. Sie fand sich an dem der rechten Schale anliegenden Mantelsaum in einer Entfernung von 53 mm vom Schloßrande. Durch je einen tiefen Einschnitt wird die Schalenfalte von der Ausenfalte, diese vom Velum getrennt. An der Augenfalte treten zwei vorspringende Partien deutlich hervor: einmal eine der Schalenfalte benachbarte Vorwölbung des Mantels in Gestalt eines schmalen Walles, der sich an der Bildung der Periostrakalrinne beteiligt (diese Ausfaltung konnte auch an unseren beiden ersten Entwicklungsstadien wahrgenommen werden), dann die Augen- anlage in Form einer Papille zwischen dem an seinem Wimper- besatz leicht kenntlichen Faltenwall und dem Velum. Nach wie vor führen die auf den Bezirk der Augenfalte fallenden Epithelzellen (eP.) Pigment, von dem die seitlichen Zell- grenzen der Epidermiszellen, und teilweise auch deren Kerne über- deckt werden. Wie an den vorigen Präparaten erstreckt sich der Pigmentbelag auch noch auf die Außenfläche der Velarfalte. Betrachten wir näher die Augenanlage! Sie tritt uns immer noch als eine knopfartige Vorwölbung am Mantelsaume entgegen. Die Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 199 Papille hat sich verbreitert. Die Papillenvergrößerung steht im Zusammenhang mit dem größeren Zellenreichtum, dem wir im Bindegewebe der Papille nunmehr begegnen. Das Papillenepithel wird nach außen von einer dünnen Cuticula begrenzt, die sich jetzt an gewissen Stellen deutlich vom Pigmentbelag abhebt. Im Papillenepithel treffen wir in spärlicher Anzahl Kerne (e?.2.k.). Dieser Befund steht in einem gewissen Gegensatz zu unserem früheren. Wir erinnern an Fig. 1 Tafel III, wo die Zellkerne (ep.z.k.) dicht nebeneinander standen und in großer Zahl in der Epidermis auftraten. Auf dem in Rede stehenden Stadium (Fig. 3 Tafel III) liegen die Kerne des Papillenektoderms weit auseinander. Ein anderer Unterschied zeigt sich in der Lage der Zellkerne im Epithel. Wir haben gesehen, daß auf den beiden vorigen Stadien die länglich ovalen Kerne so gelegen waren, dab sie in ihrer Längserstreckung senkrecht zur basalen Epithelwand standen. Hier halten die Längsachsen der Kerne eine parallele Riehtung zu den Tangenten an die Epidermis inne; die Kerne liegen gleichsam horizontal im Epithel. Die Epidermis zeigt nunmehr auch da, wo sie die Augenpapille bekleidet, überall eine scharfe Abgrenzung gegen die Bindegewebslage. Kerne, welche gegenüber benachbarten eine Verlagerung in proximaler Richtung zeigen, somit den Zellverband verlassen und in das Bindegewebe ein- zudringen beginnen, finden sich nirgends. Im Epithel stehen die Kerne allenthalben auf gleichem Niveau und nehmen den basalen. Abschnitt der Zellen ein. Auf Grund dieser Befunde dürfen wir wohl den Schluß ziehen, daß auf einem Stadium wie dem vor- liegenden eine Auswanderung von Zellelementen aus der Epidermis nicht mehr stattfindet. Eine solche Auswande- rung muß also auf die frühesten Stadien der Organentwicklung verlegt werden. Späterhin findet nur noch eine Zellvermehrung der ausgewanderten Elemente in loco statt. Zellteilungen, welche im Papillenepithel auftreten, erfolgen nunmehr parallel zu den Seitenwandungen der Epidermiszellen (nicht paratangential, son- dern senkrecht zur Tangentenrichtung). Ein besonderes Interesse verdient der mit Kernen erfüllte Bindegewebskomplex der Augenpapille. Die Zahl der Zellelemente, die in der Bindegewebsschicht auftreten und diese bevölkern, hat sich stark vermehrt. Im Zentrum der Gesamtanlage finden wir einen ziemlich scharf umgrenzten Zellkomplex. Die Zell- elemente, die ihm angehören, verteilen sich innerhalb des um- schriebenen Territoriums wiederum auf ganz bestimmte Gruppen. 140 Eigene Beobachtungen. Die am distalsten gelegene Gruppe (z.an.alg.) weist die größte Zahl von Zellkernen auf. Während auf den früheren Stadien im Präparat nur Kerne sichtbar wurden, so treten uns jetzt zellige Elemente entgegen; die Kerne sind von einem Plasmahof umgeben. Zell- grenzen vermochten wir keine nachzuweisen. Das Gewebe verrät überhaupt embryonalen Charakter. Innerhalb der ganzen Gruppe ist die Größe der einzelnen Zellkerne verschieden. Wir finden außer großen Zellkernen kleinere und unscheinbare. Die ersteren liegen in der distalen Außenzone (di.se.2.k.); die letzteren mehr proximal (zw.sbst.2.k.). Auf unserer Abbildung, welche wir nach einem Medianschnitt der Serie angefertigt haben, sehen wir gegen den distalen Außenrand der in Rede stehenden Kerngruppe vier größere Zellelemente (bü.z.R.) von rundlich ovaler Gestalt. Bei starker Vergrößerung ist die Chromatinsubstanz im Kerne in ihrer feinen Verteilung deutlich wahrnehmbar. In dem über dem Zellkern liegenden Plasma treffen wir dunkler gefärbte Partien, in welchen wir mit starker Vergrößerung eine äußerst feine Streifung unter- scheiden zu können glauben. In der Nähe dieser randständigen, distal gelegenen Kerne findet man zuweilen auch selche, die einen äußerst feinen Plasmafortsatz aufweisen, und die wahrscheinlich mit den Elementen zu vergleichen sind, welche wir schon auf früheren Stadien im Papillenmesoderm angetroffen haben (?r.stb.2.k.). Eine solche Zelle mit Fortsatz sehen wir auf der rechten Seite der Zell- gruppe im Präparat, etwas unterhalb der vier größeren, mehr distal gelegenen Kerne. Folgen wir weiter nach innen, so begegnen uns, immer noch in derselben Kerngruppe, Kerne von ovoider Gestalt, deren Längs- achse mehr oder weniger parallel zu derjenigen der distal gelegenen Großkerne verläuft (di.zw.2.R.). Die Kerne unterscheiden sich von den erstgenannten, wenn wir von ihrer etwas geringeren Größe absehen, nicht wesentlich. Sie zeigen dieselbe Färbung wie jene. Es schien uns an einzelnen Schnitten, daß auch von diesen Kernen sich distalwärts feine Fortsätze zwischen die davor- stehenden Elemente hineinerstrecken. Doch geben wir gerne zu, daß hier außerordentlich leicht eine Täuschung vorliegen kann, zu- mal es der allerstärksten Vergrößerungen bedarf, um diese feinsten zytologischen Verhältnisse zu eruieren. Unterhalb dieser zweiten Reihe von Kernen folgen dann noch solche, die bedeutend kleiner sind (zw.sbst.zk.), und welche in der Längserstreckung zur Richt- linie 05 (x) mehr oder weniger senkrecht stehen. Mit ihnen haben wir sämtliche Zellkerne aufgezählt, die den erwähnten Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 141 Kernkomplex auszumachen pflegen. Ähnliche Verhältnisse fanden wir noch an zwei anderen, ungefähr auf derselben Stufe der Ent- wicklung stehenden Stadien. Immer zeigte sich dasselbe Bild: wenige große Zellkerne am distalen Außenrand der Kerngruppe, darunter etwas schmälere und kleinere Elemente, und endlich unter diesen eine Reihe kleiner Zellkerne. Zwischen der eben besprochenen Kerngruppe und den nun folgenden Anlagen des Auges tritt ein schmaler Spaltraum (Dostre.au.rm.) auf, der in querer Richtung jene von diesen trennt. Die distale von den beiden diesseits (proximal) des Spaltraumes gelegenen Anlagen zeigt im Schnittbild eine sichelförmige Um- grenzung (fap.alg.). Die schmal auslaufenden lateralen Endpartien legen sich der erstgenannten Kerngruppe an. Die in dieser Anlage auftretenden Zellkerne sind spärlich. Sie zeigen eine entschieden schwächere Färbung als die Zellkerne des distalen Zellkomplexes. Als letzte Anlage (2.pıg.sch.alg.) wäre endlich diejenige zu nennen, welche sich unmittelbar der zuletzt genannten (Anlage des Tapetums) proximad anschließt. Die ihr zugehörigen Kerne könnten leicht zu den in großer Anzahl vorkommenden und im Bindegewebe auf- tretenden Zellelementen gerechnet werden, wenn nicht eine sicht- liche Abgrenzung des Plasmas sie von letzteren trennen würde. Die Deutung der zentral gelegenen Ansammlung von Zellelementen ist nicht leicht. Aufschluß geben uns am ehesten unsere nun folgenden älteren Stadien. Die großen Zell- elemente, welche am weitesten distal in der Kerngruppe gelegen sind (di.se.2.k. — bü.z.k.), und die alle auf ungefähr gleicher Höhe stehen, stellen die späteren Bürstenzellen dar. Sie repräsen- tieren, wie wir uns ja von der allgmeinen Darstellung über den anatomisch-histologischen Aufbau eines erwachsenen Auges er- innern, eine einzige Lage von Zellelementen. Zellgrenzen lassen sich auf diesem Stadium noch keine nachweisen, Bürstenfortsätze ebenfalls nicht, obwohl wir noch einmal darauf hinweisen möchten, daß dem über den Kernen gelagerten Plasma bei starker Vergröße- rung eine fibrilläre Streifung nicht abzusprechen ist. Die äußere Form der Kerne erinnert an die der Bürstenzellkerne. Sie sind rundlich. Die Chromatinsubstanz verbreitet sich gleichmäßig über den ganzen Kern. Die Kerne tingieren sich außerordent- lich intensiv. Außer diesen Kernen, die wir vorläufig als „Bürsten- zellkerne‘ bezeichnen wollen, finden wir noch eine Anzahl von Elementen in mehr proximaler Lage. In den länglich-ovalen, direkt unter den Bürstenzellen gelegenen Kernen (di.zw.z.k.) haben 142 Eigene Beobachtungen. wir die Elemente der späteren Zwischenzellen zu erblicken, also diejenigen Bestandteile der Retina, welche sich an der ausgebildeten Sehzellschicht zwischen den Bürstenzellen der distalen Zellage (und den Stäbchen der proximalen invertierten Stäbchenzellschicht) ein- sefügt vorfinden. Beachtenswert ist die Lage dieser Elemente zu den Bürstenzellen im Kernkomplex. Obwohl sie noch unterhalb der Bürstenzellkerne liegen, so deutet ihre derzeitige Lage schon auf die künftige Stellungnahme in der Retina hin. Was endlich noch die kleinen, in der Kerngruppe am weitesten proximal ge- legenen Elemente anbetriift, so repräsentieren sieinihrer Gesamtheit die Anlage der sogenannten Zwischensubstanz, also denjenigen retinalen Bestandteil, der am ausgewachsenen Auge als homogene, gewöhnlich kernlose Gewebsmasse zwischen den Stäbchen in der Stäbchenschicht auftritt. Die mit einem Fortsatz ausgerüsteten Elemente, die sich auf unseren früheren Stadien in der Binde- sewebslage vorfanden (Zr.stb.z.k.), haben nunmehr im erwähnten distalen Zellkernkomplex, an ihrer Peripherie, Aufnahme gefunden; sie liegen neben den vorhandenen Bürstenzellkernen und reprä- sentieren die Anlage der späteren proximalen invertierten Stäbchen- zellschicht. Zwischen der ganzen Gruppe von Kernen und den beiden mehr proximal gelegenen Anlagen tritt, wie erwähnt, ein schmaler Spaltraum (Postre.au.rm.) auf. Wir haben ihn direkt zu vergleichen mit dem an ausgewachsenen Augen stets vorhan- denen Zwischenraum (postretinaler Augenraum), der die Retina von der darunterliegenden Tapetumschicht scheidet. Ent- sprechend der geringen Ausdehnung der ganzen Augenanlage ist dieser Spaltraum auf dem vorliegenden Stadium noch schmal, läßt sich aber auf einigen Schnitten der Serie nachweisen. Wenn wir den im gesamten Kernkomplex der Augenanlage auftretenden Spaltraum mit dem an entwickelten Sehorganen stets vorhandenen, zwischen Retina und Tapetum liegenden Spaltraum vergleichen, so liegt nahe, die beiden unter ihm ge- legenen Embryonalanlagen (tap.alg., 1.pig.sch.alg.) als die An- lagen der Tapetum- und der inneren Pigmentzellschicht anzusprechen. In der Anlage des Tapetum treten die Kerne nur wenig hervor. Sie sind schwach gefärbt. Immerhin herrscht über ihre Existenz kein Zweifel. Sie sind von rundlich-ovaler Gestalt und unterscheiden sich, wie bereits hervorgehoben, von den übrigen Zellelementen der gesamten Retinaanlage. Die Längsachse der Kerne steht zur optischen Achse senkrecht. Die Anlage weist deutlich Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 143 voneinander abgegrenzte Zellen auf. Die Zellen sind länglich, flach- gedrückt und schmiegen sich seitlich dieht an den peripheren Rand der Retinaanlage. Sehr charakteristisch ist die Struktur des Plasmas dieser Zellen. In der optisch homogenen Grundsubstanz des Zyto- plasmas finden sich bei starker Vergrößerung (Ölimmersion 2 mm, Oec. 4) eigenartige Differenzierungen in Form dünner Fäserchen oder Plättchen. Die Anordnung derselben ist keine regellose. Die einzelnen Plättchen liegen in Reihen nebeneinander. Mehrere Reihen verlaufen nebeneinander in der Richtung der Längser- streekung der Zellen. Mit der Ausbildung solcher Plättchen und mit ihrer typischen Anordnung in Reihen hat bereits der histolo- sische Differenzierungsprozeß begonnen, welcher später zu der für das Tapetum so charakteristischen Flächenschichtung führt. Schon jetzt zeichnen sich die einzelnen Plättchen durch einen eisentümlichen metallischen Glanz aus. Sie färben sich im Prä- parat mit Farbstoffen nicht. In mancher Beziehung unterscheidet sich die Anlage der inneren Pigmentschicht von der des Tapetum. Wir finden jene direkt unterhalb der letzteren. Zunächst unterscheiden sich deutlich die Kerne der inneren Pigmentschicht von den Kernen der Tapetum- zellen. Sie treten in größerer Anzahl auf als diese, sind in der Regel etwas kleiner und weichen mitunter von der für die Kerne des Tape- tum stets charakteristischen Ovoidgestalt ab. Vor allem aber unter- scheiden sie sich durch eine intensivere Färbung. Es scheint uns, wie gesagt, daß sie eine große Ähnlichkeit mit den unter dieser Anlage im Bindegewebe gelegenen Zellelementen besitzen. Die einzelnen Zellen sind nicht so deutlich gegeneinander abgegrenzt; Plasma findet sich nur im nächsten Bezirk der Kerne. Auf vor- liegendem Stadium zeigen sich noch keine Pigmentgranulationen. - Die gegen das Bindegewebe deutlich abgesetzte Grenzlinie schließt sich der halbkreisförmisen Außenkontur der Retinaanlage an. Endlich haben wir uns noch denjenigen Elementen zuzu- wenden, welche außerhalb der besprochenen kreisförmig umgrenzten Kerngruppe in der Augenpapille liegen (e.me.li.z.), und die uns schon in ihrer typischen Lagerung im Bindegewebe auf den frühesten Stadien der Augenentwicklung be- gegnet sind (Fig. 1 u. 2, e.me.li.z.). Folgendes zur Erinnerung: Wir haben von Anfang an im Bindegewebe der Augenpapille zweierlei Elemente unterschieden, solche, die ursprünglich dem Papillenepithel angehörten, dann aus diesem ausgewandert und in die subepidermale Gewebeschicht eingedrungen sind und solche, die 144 Eigene Beobachtungen. von Anfang an im Mesoderm des Mantels lagen. Von diesen letzteren Elementen sahen wir eine größere Anzahl unterhalb der Augen- papille das Bindegewebe bevölkern. Von ihnen zog längs der epithelialen Innenwand eine Anzahl in Reihen in die Augenpapille. Ganz entsprechende Verhältnisse finden wir nun auf dem vorliegen- den Stadium (Fig. 3 e.me.li.2.). Unterhalb der eigentlichen Augen- anlage haben sich die Kerne stark vermehrt. Es wandern eine ganze Reihe vonihnenin die Augenpapille und schieben sich überall zwischen den zentral gelegenen Kernkomplex und die Epithel- wandung. Die Zellen folgen in kleinen Zwischenräumen aufeinander, wodurch gleichsam eine nach unten geöffnete Bindegewebskapsel um die innere Augenanlage gebildet wird. Offenbar handelt es sich, darüber dürfte wohl kein Zweifel bestehen, um dieselben Elemente, die wir eben in ähnlicher Anordnung auf den frühesten Stadien der Augenentwicklung angetroffen haben. Sie erweisen sich als die Bildner der Linse. Die Elemente entstammen dem Binde- gsewebe des Mantels, speziell dem Füllgewebe der Sekundärfalten, welche der Augenpapille zunächst liegen. Wir müssen noch mit einigen Worten auf die Orientierung der Augenanlage am Mantelrande zu sprechen kommen. Wir haben früher schon hervorgehoben, daß in der Regel am Mantel- rande kleiner Pecien-Formen sich Augen vorfinden, die durch eine eigentümliehe Orientierung zum Mantel charakterisiert sind. Die optische Achse bildet nicht wie an den meisten Sehorganen bei ausgewachsenen Muscheln die Fortsetzung der Augenstielachse; sie springt vielmehr unter einem spitzen, im extremen Fall rechten Winkel ein. Auf einem Stadium der Augenentwicklung, wie wir es vor uns haben (Taf. III, Fig. 5), können wir freilich noch nicht von einer optischen Achse und einer Augenstielachse sprechen, da das Auge erst in der Anlage, der Augenstiel überhaupt noch nicht vorhanden ist. Die Richtlinie, welche indessen der optischen Achse entspricht, haben wir auf unserem Bilde angedeutet XY (OP). Sie geht durch die Mitte der Augenanlage hindurch. Eine in ihr gedachte Ebene würde die Augenanlage in zwei annähernd gleiche Teile teilen: Auf die eine Hälfte käme die halbe Anlage der Retina, die halbe Anlage des Tapetum und der inneren Pigmentschicht zu liegen, selbstverständlich auch die halbe Anlage der Linse. Der Augenstiel hat sich auf dem vorliegenden Stadium noch nicht von der Fläche des Mantelsaumes erhoben. Wäre ein solcher schon ausgebildet, so verliefe seine Achse parallel zur Fläche der Mantelfalte.e Wir dürfen also für unseren Fall, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 145 um die Richtung der Augenstielachse anzugeben, eine Parallele zur Mantelfläche wählen (AU). Der Winkel, welchen die Richtlinie XY (spätere optische Achse) zur Fläche des Mantels (späteren Augen- stielachse AU) bildet, beträgt ungefähr 90°. In bezug auf die Orientierung der Augenanlage zum Gesamtorganismus ist diese der Innenseite der Schale zugekehrt. Während der Organogenese findet, wie wir noch zu zeigen haben werden, gewöhnlich eine Aufriehtung der Sehorgane statt. Sie erfolgt stets im Sinne des angegebenen Pfeiles von der Schale weg und zwar in der Weise, daß der Winkel sukzedan kleiner wird. An Sehorganen am Mantel- rande großer ausgewachsener Muscheln pflegt er gewöhnlich 0° zu sein: das Auge hat sich so orientiert, daß die optische Achse (OP) mit der Augenstielachse (AU) zusammenfällt. Resumieren wir die an diesem Stadium der Augenentwick- lung gemachten Beobachtungen: Auf die anfangs leichte Vorwölbung des Mantelepithels, auf den damit verbundenen Auswanderungsprozeß von Epidermiszellen in das darunter gelegene Bindegewebe und auf die gleichzeitig erfolgende Ansammlung von Mesodermzellen in der Augenpapille folet in der weiterschreitenden Organentwicklung ein Stadium, das äußerlich durch eine papillenartige Bildung am Mantelrande charakterisiert ist, und welches schon alle wichtigen Teile des - Auges in der Anlage enthält: 1. den liehtbreehenden Abschnitt des Sehorganes in der An- lage der Linse; 2. den rezipierenden Abschnitt des Auges in der Anlage der Retina; ‘ 3. den reflektierenden Teil in der Anlage des Tapetums; 4. den optisch-isolatorischen Teil in der Anlage des inneren Pigmentepithels und des äußeren Pigmentmantels. Ektodermale Teile der Papillenbildung sind: das äußere Papillenepithel, das einen bestimmten Abschnitt des Mantelepithels darstellt, und aus welchem in der Folge Cornea (direkt über der Augenanlage liegender Abschnitt), äußerer Pigmentmantel und Außenwand des Augenstiels hervorgehen, dann die ganze An- lage der Retina mit Ausnahme der späteren Zwischensubstanz. Als Teile des mittleren Blattes, des Mesoderms, erweisen sich Elemente, die später die Linse bilden, und die auf dem vorliegenden Stadium zwischen Papillenepithel und Retinaanlage reihen- förmig angeordnet sind, ferner nach unserem Dafürhalten Zellen, 10 146 Eigene Beobachtungen. welche das innere Pigmentepithel und die Anlage des Tapetums darstellen. Auf Grund differenter zytologischer Merkmale sind in der Retinaanlage mehrere Elemente auseinander zu halten: Kerne, die sich als spätere Bürstenzellkerne erweisen, randständige Kerne als Anlage der proximalen Stäbchenzellschicht, Kerne, die mit den Zwischenzellkernen zu identifizieren sind, und end- lich Elemente, die an der Bildung der sogenannten Zwischen- substanz sich beteiligen. Nähere Beziehungen zueinander scheinen die Anlagen des Tapetums und der inneren Pigmentschicht auf- zuweisen. Beide schließen sich der Retinaanlage (2. s. str.) seitlich an. Ein Spaltraum zwischen Retina und Tapetum tritt schon frühe auf. Die spätere optische Achse bildet zur Augenstielachse einen mehr oder weniger rechten Winkel. Nachdem wir an Hand unserer Präparate ein Bild von den ersten Vorgängen der Augenentwicklung entworfen haben, wollen wir sehen, wie sich unsere Befunde zu den auf die Entwicklungs- seschichte bezugnehmenden Arbeiten der Autoren verhalten. Bringen wir zunächst unsere Befunde mit den Angaben BürscHLis in Zusammenhang! Nach unseren Befunden liest beim Pecien-Auge ein anderer Entwicklungsmodus vor, als ihn BürschLı aufgestellt hat. In- dessen dürften die Abweichungen nicht durchwegs prinzipieller Natur sein. Auf Grund des bereits Mitgeteilten können wir ohne vorzugreifen sagen, daß die Entwicklungsvorgänge an den Ausen der Pectiniden sich nicht in der schematischen Weise abspielen, wie es BürschLı vermutet hat. Die entwicklungsgeschichtlichen Prozesse scheinen vielfach modifiziert, ja teilweise vom Schema ganz abweichende zu sein. Im Gegensatz zu Bürscauıs Auffassung, nach welcher die Organentwicklung mit einer epithelialen Einsenkung beginnt resp. mit der Bildung einer Augengrube anhebt, lehren unsere Untersuchungen, daß der erste Schritt zur Augenentwicklung durch eine Aufwölbung des Mantelepithels gegeben ist. Statt der Bildung einer epithelialen Augenblase stellen wir eine Ansammlung von Zellelementen fest, die teilweise durch einen Einwanderungsprozeß in das Bindegewebe selanst sind (Zellen der Retina), ‚teilweise aus dem Bindegewebe des Mantels zur Organentwicklung herangezogen wurden (Zellen der Linsenanlage, des Tapetums und der inneren Pigmentschicht). Nach der Ableitung Bürschuis sind alle Bestandteile des Auges Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 147 Abkömmlinge des Ektoderms. Unsere Befunde sprechen für eine verschiedene Herkunft der Organteile. Worin wir aber mit BürschHLı übereinstimmen, und dies dürfte das Wesentlichste sein, ist das, daß die Anlage der gesamten Retina sich vom äußeren Keimblatt, vom Ektoderm ableitet. Was die Anlage der inneren Pigmentschicht und des Tapetums anbetrifit, so erscheint für diese Elemente die mesodermale Ableitung wahrscheinlicher, ob- wohl wir über diesen Punkt zurzeit die sichere Antwort noch schulden. Auch darüber, ob das Tapetum aus dem inneren Pig- mentepithel hervorgeht, oder ob es sich um eine selbständige, vom Pismentepithel unabhängige Anlage handelt, vermögen wir keinen Aufschluß zu geben. Uns scheint das erstere wahrschein- licher. Da, wie wir gesehen haben, zwischen Tapetumanlage und Anlage der Retina ein deutlicher Spaltraum sich vorflindet, so könnte man auch in unserem Falle vom Auftreten eines Augen- bläschens in der Augenentwicklung sprechen, freilich mit dem Hinweis, daß es sich dabei nur um eine Scheinblasenbildung handelt, bei der die Blasenwand nicht von einem echten primären Epithel, sondern von Zellelementen dargestellt wird, die sich an- fänglich auf verschiedenem Niveau einzustellen pflegen. Was die Resultate PATTEns anbetrifft, so muß gesagt werden, daß sie sich, soweit wenigstens die allgemeinen entwicklungs- geschichtlichen Resultate in Betracht kommen, im großen und sanzen mit den unserigen decken. Das ist um so erfreulicher, als den Untersuchungen PATTEns an den entwickelten Sehorganen eine Reihe von Irrtümern unterlaufen sind, die uns zu einer be- sonders kritischen Nachprüfung seiner embryologischen Dar- lesungen mahnten. Mit PArren stimmen wir hauptsächlich in zwei Punkten überein: in der Art der Feststellung der ersten Vorgänge der Augenentwicklung (Einwanderungsprozeß von Zellen des Ektoderms in das daruntergelegene Bindegewebe) und dann in dem von ihm gegebenen Modus der Linsenbildung. An Hand einer Reihe ganz getreu gezeichneter Präparate glauben wir den sicheren Nachweis erbringen zu können, dab die Linse am Mantelauge der Pectiniden in der Tat ein mesodermales Gebilde ist. Sie hat also eine andere Ent- stehung als ihr BürscHLı vermutungsweise zugeschrieben hat (Bildung der Linse bei den Muscheln durch Einstülpung des äußeren Körperepithels wie bei den Vertebraten). Hxsse äußert sich über die Art der Linsenbildung in seinen entwicklungsgeschicht- lichen Mitteilungen nicht, dagegen macht er in seinem kürzlich er- 105 148 Eigene Beobachtungen. schienenen Aufsatz über Sinnesorgane (1913 C) folgende Bemerkung: „Die Linse der Pectenaugen ist offenbar mesodermal“. Dies ist um so beachtenswerter, als Hesse im übrigen sich den BÜTscHLI- schen Ansichten — soweit es sich um die Entstehung des Sinnes- organes im allgemeinen handelt — angeschlossen hat. Unsere Angaben über die ersten Stadien der Augenentwick- lung stehen freilich mit einem Befund von RıcHhArp Hesse im Widerspruch. Obwohl wir in fast allen anderen Punkten, welche die histologische Seite des Themas berühren, mit diesem um die Sehorgane so hochverdienten Forscher sonst übereinstimmen, so können wir mit ihm doch nicht darüber die Ansicht teilen, daß die erste Anlage des Auges eine Einstülpung se. Wir wissen freilich nicht, an was für einer Pecien-Art Hesse seine entwick- lungsgeschichtlichen Untersuchungen durchgeführt hat. Immerhin dürfen wir mit einigem Recht annehmen, daß auch bei einer anderen Spezies als der unserigen (P. Zestae, opercularis) der Ent- wicklungsgang gleichartig verläuft, und deshalb die Untersuchung zu denselben Resultaten hätte führen müssen. HxssE versieht seine Notizen über die Entwicklungsgeschichte der Pecien-Augen mit zwei Abbildungen. Die eine Abbildung (B. 1908, S. 25, Fig. 19) zeigt eine epitheliale Einstülpung am Mantelrande als frühzeitige Organanlage. Das Bild könnte gut mit dem unserigen verglichen werden, wenn von der eingezeichneten Verbindung des dislozierten Epithels mit dem angrenzenden Mantelepithel abgesehen würde. Was aber gerade diesen Zusammenhang anbetrifit, so dürfte hier eine Täuschung vorliegen. Hesses entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen machen denn auch keinen Anspruch auf Einläß- lichkeit. c) Noch weiter in der Differenzierung vorgerückte Stadien der Augenentwicklung. Wir verfügen nunmehr über eine Anzahl Präparate, die eine etwas vorgerücktere Phase in der Augenentwicklung zur Illustration bringen. Wir haben auf Tafel III, Fig. 4, VIII, Fie. 5 und 6 solche Stadien abgebildet. Sie zeigen ungefähr alle denselben Grad der Differenzierung. Die Augenanlage hat größere Dimensionen angenommen. Von einer „knopfartigen“ Bildung am Mantelrande kann kaum mehr die Rede sein. Die ursprünglich leichte Vorwölbung am Mantelsaum hat sich zu einem ansehnlichen Zapfen erweitert. Diese, vornehmlich in distaler Richtung erfolgte Ausdehnung der gesamten Augenanlage steht mit der Ausbildung Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 149 eines Augenstieles im Zusammenhang. Letzterer bildet sich so, daß der an die eigentliche Augenanlage anstoßende Epithelabschnitt in den Bereich der Augenbildung gezogen wird. Das hier in Frage kommende Nachbarepithel richtet sich von der Mantelrandfläche _ auf und stellt sich anfangs zu dieser schief, später zu ihr senk- recht. Das Herangezogenwerden einer weiteren Zone der Aubßen- epidermis zur Bildung eines Augenstiels bedingt ein Vordringen des Bindegewebes in den also gebildeten Epithelzylinder. Auf diese Weise kommt eine tentakelartige Bildung am Mantelsaum zustande, in der die eigentliche Augenanlage geborgen ist. An der die letztere bekleidenden Epidermis können wir zwei Zonen unterscheiden, eine Zone direkt über der eigentlichen Augenanlage (Tafel VIII, Fig. 5 co) und eine mehr basal gelegene Zone, die dem späteren Augenstiel zuzurechnen ist. Im Innern des Epithel- zylinders treffen wir die Augenanlage (z.s.str.) (Tafel VIII, Fig. 5 re.alg.); sie nimmt den distalen Teil desselben ein. Wenden wir uns der eigentlichen Augenanlage zu! Die Teile, die wir auf dem vorigen Stadium auseinanderhalten konnten, treten jetzt (Tafel III, Fig. 4; Tafel VIII, Fig. 5) noch deutlicher sesondert voneinander auf: distalwärts die Retinaanlage, dann in proximaler Richtung das Tapetum und die darunter liegende Pigmentschicht. Immer noch stellt die Retina eine Anzahl Zellelemente dar, von denen besonders die Kerne in ihrer fast durchwegs intensiven Färbung in den Präparaten hervortreten. In der gesamten Kernanhäufung läßt sich wiederum auseinander- halten: 1. Eine Reihe großer, distal gelegener Kerne (di. se.2.k.), (Tafel III, Fig. 4, Tafel VIII, Fig. 5); es sind die Kerne der distalen Bürstenzellen, 2. eine direkt unter dieser ersten Kern- reihe gelegene zweite Reihe von Kernen (Tafel III, Fig. 4, di.zw.z.R.); wir halten sie für die Kerne der zwischen den distalen Sehzellen gelegenen zukünftigen Zwischenzellen, 3. eine Reihe von Kernen, welche unter der eben erwähnten zweiten Kernreihe liegt (Tafel III, Fig. 4 Hr.zw.z.k.); sie scheint nach unseren Beobach- tungen an einer Anzahl Embryonalstadien engere Beziehungen mit der ihr vorangestellten Reihe von Zellelementen zu haben?). In einigen Fällen konnten wir nämlich zwischen zwei überein- ander gelegenen Zellkernen dieser beiden Reihen eine Kernspindel beobachten, woraus hervorgeht, daß die Kerne der dritten Lage 1) Auf Fig. 5 Tafel VIII sind die proximalen Zwischenzellkerne von den distalen Zwischenzellkernen (zw. 2.2.) noch nicht gesondert. 150 Eigene Beobachtungen. (Kerne der späteren proximalen Zwischenzellen) direkte Abkömm- linge der Kerne der zweiten Lage sind. Die Kerne an der Peri- pherie der Retina, welche die Anlage der proximalen Stäbchen- zellschicht repräsentieren, haben sich stark vermehrt. Sie umgeben in Form eines „Kernringes‘‘ den Innenkomplex der Retinaanlage (Tafel III, Fig. 4 Pr. stb.2.R., dr.stb.z.sch.alg.; Tafel VIII, Fig. 5 pr. stb.2. alg.). Wir haben noch unsere Aufmerksamkeit einem Teile der Retinaanlage zuzuwenden, der uns an dem vorigen Stadium noch nicht besonders aufgefallen ist. Es handelt sich um die Lage der sogenannten Zwischensubstanz (Tafel III, Fig. 4 zw. sbst. 2. k.; Tafel VIII, Fig. 5 zw.sbst.alg.). Unter den Kernen der späteren Zwischenzellen (distalen und proximalen) liest, von den herunter- hängenden Retinawülsten gleichsam eingefaßt, eine von der übrigen Retinaanlage durch die geringe Färbung ausgezeichnete und deshalb deutlich unterscheidbare, mehr oder weniger scharf umsrenzte Gewebezone. Auf dem vorliegenden Stadium erkennt man, daß es sich tatsächlich um ein Gewebe handelt und nicht, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, um ein den Zwischenraum zwischen Retina- und Tapetumanlage größtenteils ausfüllendes, durch Sekretion entstandenes Emplem. In einer ganzen Anzahl von Präparaten zeigen sich nämlich in der lichten Protoplasmamasse unverkennbar eine Anzahl Kerne, die aber infolge der geringen Intensität ihrer Färbung nur unauffällig aus dem umgebenden Protoplasma hervortreten. Zuweilen läßt sich die zellise Natur dieser Gewebezone noch daraus ersehen, daß in dem Protoplasma Konturen auftreten, die den Eindruck un- scharfer, wenig ausgeprägter Zellgrenzen machen (Tafel III, Fig. 4 zw.sbst.2.k. und Tafel VIII, Fig. 5 und Fig. 6). An gewissen Stellen scheinen diese Konturen vollends zu fehlen; die Kerne sind dann in eine homogene Protoplasmamasse eingebettet. Solche Partien erinnern dann auf den Präparaten an das Bild eines Syneytium: ein Plasmafeld mit einer Anzahl verstreuter Kerne. Mißlich ist, daß unsere Stadien gerade auf dieser Etappe der Entwicklung etwas weit auseinander liegen; wir verfügen einerseits über Präparate, an denen die betreffende Gewebezone den eben ge- schilderten Charakter zeigt, andererseits über Präparate, auf denen die in Frage stehende Schicht noch nicht ein derartiges Gepräge aufweist, und wo wir aus einer Anhäufung von Zellkernen be- stimmte Elemente als die Bildner dieses Organteiles zu bezeichnen haben. Was aber mit Sicherheit behauptet werden kann, re 922 Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 151 ist das, daß die eben erwähnte Syneytialbildung der „Schneiderschen Zwischensubstanz‘“ am entwickelten Peetenauge entspricht. Wir halten diese Gewebelage für einen ursprünglich aus Zellen hervorgehenden Organ- teil, dessen Elemente aber bei der Bildung der künftigen Gewebe- masse („Zwischensubstanz‘“), welche die Stäbchen der Stäbchen- zellen umgibt, in einer Art Auflösung begriffen sind, indem allmählich ihre Zellkerne und Zellmembranen der Obliteration anheim fallen. Wir kommen also an Hand unserer Präparate zur Überzeugung, daß die Schneidersche Zwischensubstanz anfänglich eine zellige Gewebeschicht darstellt, daß dieselbe aber im Laufe der weiteren Differenzierungs- vorgänge sich histologisch modifiziert zu einem mehr oder weniger homogenen Füllgewebe. Lückenlose Quer- schnittserien durch ausgewachsene Sehorgane am Mantel von Pectiniden zeigen auf der Höhe der Stäbchenschicht zwischen den einzelnen Stäbchen Differenzierungen, die wir für rück- gebildete oder wenigstens für nicht normal ausgebildete Kerne halten müssen. Ferner zeigt, wie wir am Schlusse unserer Arbeit sehen werden, die vergleichend-anatomische Betrachtung, daß die sogenannte Choroidea am Auge bei Cardium muticum der Schneiderschen Zwischensubstanz am Pecten-Auge entspricht. Anerkanntermaßen ist aber die Choroidea bei Cardium muticum eine zellige Gewebelage, die sich proximalwärts der Stäbchen- schicht anschließt. Es wäre demnach am Cardium muticum- Auge noch der ursprünglich zellige Charakter des in Rede stehen- den Organteiles gewahrt. Die Differenzierung der Tapetum- (fa.) und Pigment- schicht (2. Pig. sch.) hat keine wesentlichen Fortschritte gemacht. Das Tapetum zeigt nunmehr ausgesprochene Blätterstruktur: Mehrere übereinanderliesende Lamellen sranulierten Protoplasmas, dieim Längsschnitt bandartig der inneren Pigmentschicht aufgelagert sind. Auf diesen frühen Stadien der Augenentwicklung zeigt das Tapetum gewöhnlich eine intensive Färbung, was um so auffälliger ist, als an den ausgebildeten Sehorganen das Tapetum durch sein hellgelbliches und metallglänzendes Aussehen sofort auffällt. Die innere Pigmentschicht verrät noch embryonalen Charakter. Die Zellkerne treten deutlich hervor. In dem sie umgebenden Protoplasma macht sich jedoch bereits eine Granulierung geltend. Auf dem auf Tafel VIII, Fig. 5 dargestellten Embryonalstadium sehen wir zum ersten Male den Opticus (o2t£.) als deutlichen 152 Eigene Beobachtungen. Faserstrang ausgebildet. Er ist in seinem Längsverlauf zweimal geschnitten, so daß wir uns eine Vorstellung über die Art seines Herantretens zur Augenanlage machen können. Im Faserstrang sehen wir die einzelnen Fibrillen. Ein Zusammenhang der Optieus- fasern mit den Elementen der Retinaanlage ist auf diesem Schnitte nicht feststellbar. Ferner zeigen auf dem nämlichen Präparat einige der distalen Zellelemente eine besonders wichtige Diffe- renzierung (di.se.2.fo.). Es heben sich nicht mehr die Zellkerne aus einer verdickten Protoplasmamasse heraus, sondern das Plasma erscheint über denselben differenziert. Von den Kernen aus zieht ein mehr oder weniger deutlicher, distal gerichteter Plasma- strang. Das Plasma zeigt eine ganz feine Parallelstreifung. Die Streifung scheint bedingt durch das Auftreten einer Anzahl parallel verlaufender. Fibrillen. Wir sehen in dieser Diffe- renzierung eine erste Phase in der Histogenese der den distalen Zellen zukommenden Nervenelemente. Bezüglich der Linsenentwicklung sind keine großen Fort- schritte zu verzeichnen. Die Linse befindet sich noch auf derselben Stufe der Entwicklung, auf der wir sie auf dem vorhergehenden Sta- dium (Tafel III, Fig. 3) verlassen haben. Das Bild ist das nämliche geblieben (Tafel III, Fig. 4, Tafel VIII, Fig. 5 und 6 e.me.h.2.): Eine Reihe von Zellelementen unter der Außenepidermis im sub- epithelialen Bindegewebe. Kernteilungen treten spärlich auf. Sie können zuweilen an den einwandernden Bindegewebszellen im Um- kreis der Retinaanlage angetroffen werden. Die Teilungen erfolgen dann senkrecht zur Innenfläche des Mantels. Weiterhin zeist sich auf einem derartigen Stadium hin und wieder eine leichte Ein- wölbung der Retinaanlage in sich selbst, durch welche die Seh- zellenschicht ihre spätere typische Tellerform empfängt. Durch das Einsinken der Retina in ihren mittleren Partien wird gleichsam für eine Weiterentwicklung der Linse über der Sehzellenlage Raum ge- schaffen. Die Abbildung 4 Tafel III bietet eine hübsche Illustration zu den Vorgängen der Linsenentwicklung. Die an die Augenanlage angrenzenden Bindegewebsterritorien weisen einen außergewöhn- lichen Reichtum an Zellkernen auf, und unsere Abbildung läbt serade diese Bezirke als die eigentlichen Bildungsherde für die Linsenanlage erkennen. Auch hier finden wir die Innenwand des Außenepithels scharf konturiert; nirgends können wir Ein- wanderungen von Zellelementen in das Bindegewebe beobachten- Noch ein Wort über das Außenepithel am Mantel- rande (Tafel VIII, Fig. 5 ep.), speziell in der Gegend der Augen- Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 153 anlage! Das Außenepithel des Mantels ist auf frühesten Stadien durchweg ein pigmentführendes Epithel. Das Pigment ist in feinen Körnchen im Plasma der Epithelzellen eingelagert. In ziemlich eleichmäßiger Verteilung erfüllt es sämtliche um die Augenanlage gelagerten Epidermiszellen. Die Färbung des Pigmentes ist eine hell- bis dunkelgelbe, braune oder braunrötliche. Wir haben auf unseren Bildern die Tönung nach den Präparaten wiederzugeben versucht. Auf dem vorliegenden Stadium erfüllen Pigmentgranu- lationen nicht alle Epidermiszellen gleichmäßig. Stellen mit be- sonders dichter Pigmentanhäufung scheinen zu wechseln mit weniger pismentierten oder pigmentlosen Partien (co). Letztere müssen wir wohl als diejenige Region bezeichnen, welche späterhin von einem besonderen Abschnitt des Außenepithels, von der Cornea, ein- genommen wird, welche den Strahlen des einfallenden Lichtes den Durchtritt zum Sehorgan gestattet und deshalb des Pig- mentes entbehrt. Der pigmentierte Epithelabschnitt repräsentiert den zukünftigen Pigmentmantel am Auge (ig. ma.). d) Augenstadien mit ausdifferenzierter distaler Retinazellage, und mit noch in der Anlage vorhandener Stäbchenzellage. aa) Zur Charakterisierung der Stadien. (Abbildungen 1, 2, 3 auf Tafel IV.) Wir kommen nun zur Beschreibung eines charakteristischen Stadiums der Augenentwieklung. Wir können es kurzerhand als das Stadium mit ausgebildeter distaler Retinazellage bezeichnen. Das Stadium ist nämlich charakterisiert durch eine typische Phase der Retinaentwicklung: die am ausgebildeten Auge doppel- schiehtig vorhandene Retina ist in ihren distalen Teilen ent- wickelt, in ihren proximalen dagegen erst in der Entwicklung begriffen. Ausgebildet ist die von der Beschreibung des ent- wickelten Auges uns bekannte distale Bürstenzellage (di.se.2.), noch nicht ausgebildet und bloß in der Anlage vor- handen die proximale Stäbchenzellschicht (Pr. stb. z. sch. alg.). Dieses Stadium hat ferner zu gelten als ein typisches Sta- dium der Linsenentwicklung und ferner als ein Stadium der Weiterdifferenzierung des Tapetum und der inneren Pigment- schicht. Wir haben aus verschiedenen Embryonalserien Median- schnitte gewählt und auf Tafel IV wiedergegeben. Obwohl die einzelnen Stadien hinsichtlich ihrer Entwicklungshöhe nicht wesentlich von einander abzuweichen scheinen, so glauben wir 154 Eigene Beobachtungen. doch mit verschiedenen Bildern unsere Ausführungen begleiten zu müssen, da ein jedes für sich ganz bestimmte Verhältnisse besonders deutlich illustriert. Wir haben früher schon erwähnt, daß derartige Stadien der Augenentwicklung, wie sie uns jetzt beschäftigen, schon am Mantelrande junger Pectiniden vorzufinden sind. Doch dürfte es schwer fallen, äußerlich sie von völlig ent- wickelten Sehorganen zu unterscheiden. Die geringe Größe der Gesamtbildung und der kurze Augenstiel lassen nicht auf ein in der Entwicklung stehendes Sehorgan schließen. Die mikroskopische Untersuchung, welche einen Einblick in die histologischen Ver- hältnisse des Auges gewährt, zeigt allein, auf welcher Höhe der Entwicklung sich das betreffende Sehorgan befindet. bb) Das Außenepithel (Cornea und äußerer Pigment- mantel.) Ein Vergleich der Abbildungen auf Tafel III und VIII (Fie. 5 und 6) mit denen auf Tafel IV zeigt, daß die nun zu besprechenden Augenstadien und die zuletzt genannten weit auseinanderliegen; erstere zeigen eine solche Höhe der Differenzierung, daß es nicht mehr angeht, von einer bloßen Augenanlage zu sprechen. Wir haben nunmehr ein typisches Sehorgan vor uns. Wenden wir uns zunächst wieder dem Außenepithel zu, und betrachten wir denjenigen. Teil der Mantelepidermis, welcher das innere Auge überzieht! Tafel IV Fig. 1 führt uns einen Längsschnitt durch ein Mantel- auge von Pecten testae vor. Das Mantelepithel umkleidet das Auge in Form eines außerordentlich dünnen, schmalen Bandes, in welchem in ziemlich großen Abständen voneinander Kerne sichtbar sind. Der corneale Abschnitt (co.) der Außenepidermis unter- scheidet sich nur wenig von der übrigen Ektodermlage. Fig. 2 und 3 zeigen uns an jungen Mantelaugen bei Pecten testae schon Verhältnisse, wie wir sie an völlig entwickelten Seh- organen am Mantelrande derselben Spezies wiederfinden: zu beiden Seiten des Auges ein pigmentführender Abschnitt (a.pig.ma.), der sich von der pigmentlosen, über der Linse gelegenen Zone (co.) deutlich abhebt. Wir können nunmehr von einem äußeren Pig- mentmantel und einer regelrechten Cornea sprechen. Das Pig- ment des ersteren erscheint in diehten Granulationen, welche die Epithelzellen zumeist vollständig erfüllen. Besonders dicht sind die Pigmentanhäufungen da, wo die Retina in ihren seitlichen Partien an das subepitheliale Bindegewebe stößt, oder da, wo der Opticus sich dem Außenepithel nähert. Der Prozeß der Pigmentierung Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 155 schreitet offenbar von der Cornea nach der Basis des Augen- stieles fort. An der dem Velum zugekehrten Epithelstrecke läßt sich nämlich an einigen Serien ein allmählicher Übergang von einer pigmentierten Zone in eine pigmentireie feststellen. Er zeist sich in der Weise, daß die Epithelzellen um so weniger Pigment enthalten, je weiter sie von der Cornea abliegen. Schließlich folgen Epithelzellen, die nur noch in einem Zellenteil Pigment enthalten, dann solche ohne Pigment aber mit grob- körnigem Plasma, endlich gewöhnlich differenzierte Epidermiszellen. Die Zellen des Pigmentmantels erreichen eine beträchtlichere Höhe als die Zellen der Cornea, welche an den Mantelaugen bei Pecten testae und odercularis niedrig bleiben. Hoch sind die Zellen des Piementmantels namentlich da, wo sie sich der cornealen Zone anschließen (Fig. 2). Sie nehmen gegen die Basis des Augenstieles an Höhe wiederum allmählich ab. Durch die Reihe der hohen Pigmentmantelzellen wird die Cornea allseitig von einem Pisment- wall umschlossen und eingefaßt. ce) Die Anlage der Linse. Differenzierungsvorgänge an der Linsenanlage. Auf diesem Stadium der Augenentwicklung sehen wir nun auch die Linse in ihrer Entwicklung weiter vorgeschritten. Durch die fortgesetzte Einwanderung von Zellelementen aus dem Binde- gewebe, und durch die Vermehrung dieser eingewanderten Zellen in loco (unter der Cornea) hat sich aus der ursprünglich einfachen Zellenreihe, wie wir ihr auf allen unseren Stadien bis anhin be- gegnet sind, eine Zelleruppe gebildet, die unter der Cornea nun einer weiteren Differenzierung unterworfen ist (Tafel IV, Fig. 1, 2, 3). Zuerst treffen wir eine Anzahl länglicher Zellkerne, die in ihrem färberischen Verhalten sich kaum von denen des übrigen Bindegewebes unterscheiden, eingebettet in einer lichten Plasma- masse. Diese grenzt einerseits an die Innenwand der Cornea, andererseits an den dem Retinateller aufliegenden Faserstrang (Fig. 1 &.alg.). Bemerkenswert ist, daß die Linsenanlage an- fänglich vollständig den Raum zwischen Cornea und Faserstrang ausfüllt. Ein präretinaler Augenraum ist ursprünglich nieht vorhanden. Das Plasma der Linse geht direkt über in das Plasma des Mantelmesoderms. Die mesodermale Herkunft der Linsenbestandteile ist offensichtlich (Tafel IV, Fig. 1, 2, 3 e.me.lı.2.). Auf älteren Stadien der Augenentwicklung können unter dem Außenepithel immer noch Zellkerne aus dem Mesoderm auf ihrer 156 Eigene Beobachtungen. Wanderung angetroffen werden. Diese Zellkerne schieben sich nach wie vor zwischen das Außenepithel und die innere Augen- wand und rücken allmählich in das hyperretinale Linsengebiet. Das ursprünglich die ganze Vorwölbung der Augenpapille aus- füllende Bindegewebe wird infolge des Auswachsens der inneren Augenanlage auf eine schmale Bindegewebsschicht zusammen gedrängt, die allseitig an der Innenwand der Außenepidermis als eine Art Bindegewebskapsel zur Ausbildung gelangt (Tafel IV, Fig. 1 bag.ka.). In diesem Bindegewebsstreifen treffen wir nun die einwandernden künftigen Linsenelemente. Die Einwanderung kann besonders deutlich auf der der Schalenklappe zugekehrten Seite des Auges wahrgenommen werden, wo sich unter dem Pigmentmantel fast regelmäßig eine Anzahl Kerne vorfinden. Daß die Kerne gerade auf dieser Seite anzutreffen sind, erklärt sich aus der eigentümlichen Orientierung der betreffenden Augen am Mantel: Durch diese Stellung wird die einmal vorhandene Linsenanlage einseitig ihrem alten mesodermalen Bildungsherd nähergerückt. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt das Außen- epithel der Retina so nahe an, daß eine Einwanderung meso- dermaler Elemente nicht so leicht stattfinden kann. Wenn einerseits der direkte Übergang von Linsenplasma in das mesodermale Bindegewebe des Mantels, und die auf relativ späten Stadien der Augenentwicklung noch stattfindende Zu- wanderung von Zellelementen aus dem Bindegewebe für die meso- dermale Herkunft der Linse spricht, so spricht auf der anderen Seite für eine solche Herkunft der Umstand, daß die über der Linse gelagerte Cornea und der an sie anschließende äußere Pigmentmantel (,‚Iris‘‘) — die einzig in Betracht fallenden ekto- dermalen Zonen, aus welchen die Linse ihre Elemente beziehen könnte — gegen das Bindegewebe hin eine scharfe Konturierung zeigen. Nirgends treten Zellen aus dem ektodermalen Außenepithel in das subepitheliale Bindegewebe. Etwas anders differenziert erscheint uns die Linse (%) auf Tafel IV, Fig. 2. Hier tritt uns ein Stadium der Linsenentwick- lung entgegen, das gegenüber dem vorigen auf eine höhere Diife- renzierung hinweist. Zunächst erscheinen wiederum eine An- zahl Zellkerne, die in einer Plasmamasse eingebettet sind. Das Plasma zeigt indessen nicht das nämliche histologische Verhalten wie auf dem Präparat Tafel IV, Fig. 1. Die gesamte Plasma- masse hat sich vielmehr in eine Anzahl kleiner Plasmaterritorien geteilt, die bestimmten Kernen zugehören. Die Kerne nehmen in Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 157 den einzelnen Plasmabezirken meistens eine randständige Lage ein (periphere Kernlage in den zukünftigen Linsenzellen). Es er- scheinen mehr oder weniger deutlich umschriebene Plasmaschollen, wobei in der Linsenanlage mitunter Lücken, Spalträume und Rißstellen auftreten. Wir wollen unsere Betrachtungen über die Linsenentwicklung speziell über die Differenzierungsvorgänge, die sich an der Linsenanlage abspielen, gleich noch etwas fortsetzen. Verwiesen sei auf die Abbildung Fig. 4 Tafel VIII. Die im Längsschnitt getroffene Linse entstammt einem etwas weiter vorgerückten Augenstadium. Immerhin handelt es sich noch um eine in der Entwicklung stehende Linse, welche noch einen Zuzug meso- dermaler Elemente (e.me.li.2.) aus dem Bindegewebe des Mantels empfängt. Die Linse wird überdeckt von der lichtdurchlässigen Cornea (co.), der sich als Fortsetzung des Mantelepithels der Pigmentmantel (a. fig. ma.) anschließt. Die Pigmentmantelzellen überragen die Corneazellen um das zwei- und dreifache ihrer Höhe. Unter der Cornea folgt die Subcornea (sd.co.), ein schmaler Binde- gewebsstreifen, der nach auben der Innenwand der Cornea, nach innen dem Linsenplasma aufliegt. Die Subcornea ist ein ver- dichteter Plasmastreifen, ein Teil der unter dem Außenepithel gelegenen Bindegewebskapsel. Das vorliegende Stadium der Linsenentwicklung bietet einen Einblick in die Umwandlungsprozesse, welche sich an der Linsen- anlage abzuspielen pflegen, und welche zu einer histologischen Umgestaltung des Linsenapparates führen. Bereits haben wir erwähnt, daß die kernführende Protoplasmamasse sich umzudiffe- renzieren beginnt, indem bestimmte Plasmabezirke sich abzugrenzen und den im Linsenplasma gelegenen Zellkernen zuzuordnen scheinen. Durch die Abgrenzung des Linsenplasmas in so viele Plasma- territorien als Kerne vorhanden sind, wird der anfänglich syncytiale Charakter verwischt und der Linse eine zellige Struktur verliehen. Unsere Abbildung demonstriert, wie der Prozeß der Zellbildung bereits das Innere der Linse ergriffen hat. Hier treten wohlum- srenzte, mit Zellmembranen versehene Plasmaportionen auf. Die ihnen zugehörigen Kerne liegen randständig (l.2.R.). Die außer- gewöhnliche Zellgröße entspricht dem embryonalen Charakter dieser Bindegewebszellen. Die polygonale Form erinnert schon lebhaft an das Aussehen der typischen Pflasterzellen der Linse eines ausgewachsenen Sehorganes. Das Plasma dieser zentral gelegenen - Linsenzellen zeigt eine außerordentlich feine Körnelung und hat ein 158 Eigene Beobachtungen. vollkommen homogenes Aussehen. In der Randzone der Linse ist das histologische Bild ein anderes. Das Plasma zeigt hier ein differentes Verhalten vom Plasma im Linsenzentrum. Es ist grob- körniger und weniger homogen. Scharf umschriebene Zellen sind keine sichtbar. Auf alle Fälle fehlen die großen polyedrischen Pflasterzellen. Offenbar hat der Differenzierungsprozeß in der Außenzone noch nicht in dem Maße eingesetzt, wie im Zentrum der Linse. Wir haben es hier vielmehr mit einer „Embryonal- zone‘ zu tun, die an der Stelle, wo sie mit der Bindegewebskapsel zusammenhängt, immer noch weitere Elemente empfängt, die dann allmählich der erwähnten Umbildung unterworfen werden. Der Prozeß der Zellbildung geht also vom Zentrum der Linse aus und erstreckt sich auf immer weitere periphere Randgebiete. Demnach ist also die definitive, aus vielen Zellen aufgebaute Linse am Pecten-Auge aus einer Ansammlung mesodermaler Bindegewebs- elemente hervorgegangen. Ein besonderer, eingreifender Differen- zierungsprozeß verleiht der ursprünglich einheitlichen, mit Kernen versehenen Plasmamasse den später für die Linse so charakteristi- schen zelligen Strukturcharakter. Der Prozeß setzt zuerst im Zentrum der Linse ein und dehnt sich immer mehr auch auf die angrenzenden Gebiete der Linse aus (Bildung typischer Pflaster- zellen in der Linsenanlage). Ähnliche Beobachtungen hat neuer- dings offenbar auch Hesse (C 1913) gemacht. Wir lesen in seinem Aufsatz über Sinnesorgane: „Es (die Linsenzellen) sind offenbar umgewandelte Bindegewebszellen, die hier zu Linsenzellen ge- worden sind. Ebenso ist es bei Spondylus und Cardium muticum.“ Wir glauben nun an Hand unserer Präparate den direkten Nach- weis für das Einsetzen eines derartigen Umwandlungsprozesses erbringen zu können. dd) Die Retina. Die Retina zeigt auf den vorliegenden Stadien (Tafel IV, Fig. 1, 3, namentlich Fig. 2) bereits typische Tellergestalt. Sie hat auf dem Schnittbild die Form eines in der Breitachse einseitig eingedrückten Ovals. Die Einbuchtung der Retina steht offenbar mit der Linsenbildung im engen Zusammenhang und ist eine Folge der Ausdehnung der Linsenanlage in proximaler Richtung. In dem Maße, als die Linse immer größere Dimensionen erreicht, in dem Maße senkt sich die Retina in sich selbst ein. Der Teller- srund wird der Hauptsache nach von der Linse eingenommen. Der noch übrigbleibende Raum der Einwölbung fällt mit dem a a a Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 159 auf diesem Stadium allerdings erst in Bildung begriffenen prä- retinalen Augenhohlraum (Tafel IV, Fig. 2 u. Fig. 3 draere. au. rm.) zusammen. An den Seiten stößt die Retina an das subepitheliale Bindegewebe, speziell an die Wandung der unter der Epidermis liegenden Bindegewebskapsel. Die proximale Grenzfläche der Retina ist demjenigen Hohlraum zugewandt, welcher in Form einer schmalen Spalte zwischen Retina und Tapetum auftritt. In der Retina selbst können wir zunächst zwei Abschnitte aus- einanderhalten, von denen der eine der distal gelegenen Hälfte der Retina, der andere der proximalen Zone derselben entspricht. In dem distalen Abschnitt treffen wir: 1. eine Reihe nebeneinander liegender Zellen, die der Mittelzone der Retina zufallen (Tafel IV, Fig. 1, 2, 3 di.se.z.), 2. peripher gelagerte Gruppen von Zell- elementen (Tafel IV, Fig. 1 u. 2 ?r.sib.2.sch.alg.) zu beiden Seiten der erwähnten Zellreihe; sie repräsentieren die Seitenpartien der Retina und fallen auf die beiden Pole des einseitig eingewölbten Retinaovals. Diese rechts und links auf dem Präparat vorhandenen peripheren Zellsruppen können übrigens zuweilen wulstartig den proximalen Retinaabschnitt umstellen. Auf den proximalen Ab- schnitt der Retina fällt die Lage der sogenannten Zwischensubstanz (Tafel IV, Fig. 1, 2, 3 zw.sbsi.lg.) Während wir auf den zuletzt be- schriebenen Stadien der Augenentwicklung die drei verschiedenen Anlagen (distale Zellage (Bürstenzellschicht), Anlage der späteren proximalen Stäbchenschicht (periphere retinale Randwülste) und Lage der Zwischensubstanz) ineinander übergehen sehen, so, daß kaum gesagt werden kann, wo die eine anfängt und die andere aufhört, so sehen wir nunmehr eine deutliche histologische Son- derung in einzelne Bestandteile durchgeführt. Die Sonderung wird durch zweierlei bedingt: erstens durch eine bestimmte Lokalisierung der einzelnen Gewebeabschnitte, zweitens durch die immer deut- licher werdende histologische Differenzierung, die den betreifen- den Abschnitten ein charakteristisches Aussehen verleiht. Wir wollen nun der Reihe nach die einzelnen Abschnitte der Retina ins Auge fassen und auf die seit den letzten Entwicklungsprozessen stattgefundenen Differenzierungserscheinungen näher eingehen. Die median gelegene distale Zellage der Retina: Vorerst eine Schilderung der Zellage, welche die mittleren Partien der distalen Retina einnimmt. Wir wollen sie vorläufig als distale „Bürstenzellage‘‘ bezeichnen. Wie schon erwähnt, fällt zunächst der epithelartige Charakter dieser Zellenschicht auf. Bei Be- 'trachtung der Präparate bekommt man unwillkürlich den Ein- 160 Eigene Beobachtungen. druck, als ob die distale Zellage einen bestimmten Abschnitt eines echten einschichtigen Epithels darstelle, deren Zellen infolge einer grubenartigen Einstülpung des Zellverbandes nicht genau auf gleichem Niveau stehen: die der Mittelachse zunächst liegenden Zellen reichen am tiefsten, die randständigen am wenigsten tief pro- ximal hinunter. Unsere an früheren Stadien der Augenentwicklung gemachten Befunde lehren indessen, daß die Annahme, es handle sich bei der distalen Bürstenzellage um ein echtes primäres Epithel, nicht zu Recht bestehen kann. Wir haben gesehen, daß diejenigen Elemente, welche wir mit den Zellen der distalen Zellage identi- fizieren zu dürfen glauben, keine Verlagerung im Zellverbande durchgemacht haben, sondern aus ihrem Mutterepithel einzeln ausgewandert sind. Die distale Zellage ist demnach kein echtes primäres Epithel, sondern ein Pseudoepithel, das seinen epithelartigen Charakter erst sekundär durch die Einstellung ausgewanderter Zellelemente in einen epi- thelartigen Verband erworben hat. Ausdrücklich sei aber hervorgehoben, daß die also verlagerten und nunmehr epithelartig geordneten Elemente Derivate des Ektoderms sind, sich vom äußeren Blatte ableiten. Diese Feststellung ist besonders deshalb wichtig, weil, wie wir später sehen werden, die in Frage kommen- den Zellen Sehzellen darstellen, wodurch neuerdings die aufgestellte Regel eine Bestätigung erhält, daß primäre Sinneszellen, speziell Sehzellen, ektodermale Gebilde sind. In der distal gelegenen Zellreihe treten zwei verschieden- artige Zellelemente auf. Sie mögen ohne Rücksicht auf ihre funk- tionelle Bedeutung als Bürstenzellen (Tafel IV, Fig. 1, 2, 3 di.se.z.) (der Name ist, wie später gezeigt werden soll, übrigens nicht ganz zutreffend) und Zwischenzellen (Tafel IV, Fig. 1, 2, 3 di.2zw.z.) bezeichnet werden. Die Zellelemente, welche besonders in die Augen fallen, sind die Bürstenzellen. Allgemeines: Die „Bürstenzellen‘“ verdanken diesen Namen ihrem Fortsatz, der in Form eines Fibrillenbündels an ihnen zur Differenzierung gelangt. Letzteres ragt aus der Zelle heraus, wie ein Bürstenbesatz aus seiner Unterlage. Die Zellen sind hoch, zylinderförmig und zeigen auf diesem Stadium einen großen, rundlichen, mit Hämateinfarbstoffen stark tingierbaren Kern. Anders die Zwischenzellen. Kern und Zelleib sind schmal, letzterer fadenartig in die Länge gestreckt. Wir treffen auf den vorliegenden Stadien die Kerne der Zwischenzellen entweder direkt Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 161 unter den Kernen der Bürstenzellen oder dann auf dem gleichen Niveau wie diese. In letzterem Falle liest der Zelleib zwischen zwei benachbarten Bürstenzellen eingekeilt. Immer aber ent- fallen die Zwischenzellkerne auf die Grenze zweier Bürstenzell- enden, indem sie sich in größerer oder kleinerer Entfernung von der Grenzlinie zwischen distalem und proximalem Retina- abschnitt befinden. Wir wollen jetzt die Elemente, die wir auf unseren Augenstadien begegnen, etwas näher ins Auge fassen. Betrachten wir zunächst die Bürstenzellen! Die Bürstenzellen: In der distalen Zellage fällt uns in erster Linie die geringe Anzahl von Zellelementen auf. Vergleichen wir damit die Verhältnisse in der Retina eines völlig entwickelten Sehorganes, gleichviel um welche Spezies von Pecten es sich dabei handelt, so werden wir bald zur Überzeugung kommen, daß die Bürstenzellen — und natürlich auch die zwischen ihnen gelagerten Zwischenzellen — noch nicht in der Vollzahl vorhanden sind. Es müssen also wohl während des weiteren Wachstums des Seh- organes zu den alten Zellen durch Zellteilung immer noch neue Elemente hinzutreten. Die Bürstenzelliortsätze und das Verhalten der in diesen Fortsätzen differenzierten Fibrillen zu den Ele- menten des Sehnervenastes (Ramus distalis): Wir haben schon früher auf eine Differenzierung aufmerksam gemacht, die im distalen Plasmabezirk der Bürstenzellkerne einzusetzen pflest. Das über dem Kern gelegene Plasma zeigte eine feine fibrilläre Streifung. Das nächstfolgende Stadium (Tafel IV, Fig. 1) zeigt die distalen Zellen wesentlich weiter differenziert. An der Zelle können ungefähr zwei gleich lange Abschnitte deutlich unterschieden werden, ein kernführender, dunkel tingierter und ein heller, fast farbloser Zell- teil (bü.2.fo.). Der kernführende Abschnitt repräsentiert den Zell- leib, der kernfreie den Fortsatz der Zelle, der da, wo er die Zelle verläßt, noch dieselbe Breite aufweist wie der Zelleib, der aber mit zunehmender Entfernung von der Zellgrenze sich ganz allmäh- lieh verschmälert. Die Grenze zwischen Zellfortsatz und Zelle wird schon auf unserem vorliegenden Stadium durch einen dunklen Saum (ba.k.) markiert, der auf den Goldehloridpräparaten an jeder Zelle scharf zutage tritt. Bei starken Vergrößerungen (Öl- immersion) löst sich der dunkle Saum in eine Reihe scharf von- einander abgesetzter, nebeneinander stehender, strichförmiger Körperchen auf, die in ihrer Gesamtheit an der Außenschicht der Retina eine gegen die Linse zu offene Kurvenlinie beschreiben. 11 162 Eigene Beobachtungen. Diese bringt die tellerförmige Einsenkung der Retina zum Ausdruck. Von diesen am Übergang des Zellfortsatzes in den Zellkörper sich vorfindenden Differenzierungen sehen wir eine Reihe feiner Fibrillen in das Innere der Zelle ziehen. Sie durchlaufen die Zellen von der er- wähnten Grenzstelle bis nahezu zum Kern in paralleler Richtung. Zwischen den einzelnen Fibrillen liegt eine interfibrilläre Plasmazone. Zunächst erscheinen die Fibrillen nicht als glatte Fäserchen im Plasma, sondern als Reihen außerordentlich eng aneinander liegender, feiner punktförmiger Verdickungen. In ähnlicher Weise, wie der Zelleib von einer Reihe äußerst feiner Fibrillen durchlaufen wird, durchziehen Fibrillen den hellen plasmatischen Zellfortsatz. Diese Fibrillen sind nun von ganz besonderer Zartheit (Tafel IV, Fig. 1 bü.z.fo.). Auch sie treten in direkte Beziehung zum ‚korpus- kulären‘‘ Zellsaum, in .der Art, dab sich von jedem Saumkörper- chen eine Fibrille distalwärts in den Zellfortsatz hinein erstreckt. Hin und wieder findet man in diesem äußerst feinen Fibrillen- bündel eine Fibrille stärker ausgebildet. Solche dickere Fibrillen dürften durch das Zusammentreten, oder besser gesagt, durch das Verkleben zweier oder mehrerer dünner Fibrillen zustande ge- kommen sein. Zuweilen erscheint eine Fibrille in ihrem Verlauf nur auf kürzere Strecke stärker gebaut, dann nämlich, wenn die Verklebung der Einzelfibrillen eine partielle ist. Auf Stadien der Augenentwicklung, wo der Zellfortsatz durch sein helles Plasma sich deutlich vom übrigen Zellkörper abhebt, sehen wir die Fibrillen im kernführenden Zellabschnitt gewöhnlich kräftiger ausgebildet als im Fortsatz der Zelle. Dort erscheinen sie als dunkle, schwarz-violette, scharf begrenzte Linienzüge, hier als helle, zarte, besonders differenzierte Plasmastränge. Eine ganze Anzahl Präparate zeigen die Bürstenzellen auf diesem Stadium der Differenzierung. Wenn gesagt worden ist, daß in diesen Fällen die Fibrillen der Zellfortsätze sich etwas verschieden von den Fibrillen im Zelleib verhalten, so gilt das eigentlich nicht für den ganzen Verlauf der Fibrillen im Zellausläufer. An der Stelle nämlich, wo die Fibrillen von den dunklen Körperchen am Zellen- saume in den Zellfortsatz abgehen, scheinen sie etwas dicker; sie ähneln also den intrazellulär gelagerten Fibrillen. Die Zellfortsätze der Bürstenzellen stoßen meist seitlich einander. Sie reichen bis zu. der über ihnen gelegenen Faserlage (fr.g.) hinauf. Letztere stellt zweifellos einen Teil des zum Opticus gehörenden Nerven- astes dar, der sich noch eine Strecke weit im Bindegewebe des Augenstieles verfolgen läßt. Als geschlossener Faserstrang ver- I t Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 163 läuft der Nerv im Auge zwischen dem Außenepithel und der seitlichen Retinawand. Da, wo Retina und Außenepithel sich auf kurze Strecke nähern, bricht er sich Bahn, biest in seinem weiteren Verlaufe um und schiebt sich zwischen die Linse und die von den Bürstenzellen ausgehenden Zellfortsätze. Hier ist die Stelle, wo er sich ausbreitet und als mächtige Faserlage über der Retina imponiert. Im Optieus treten die Nervenfasern in Form optisch isolier- barer Einzelfibrillen scharf hervor. Es bietet sich in bezug auf diesen nervösen Organteil dasselbe histologische Bild, wie wir es vom ausgewachsenen Auge her kennen. Die einzelnen Neuro- fibrillen (Tafel IV, Fig. 1 fr.) liegen noch nicht so eng und dicht aneinander wie später. Sie scheinen auch im Nervenstrang weniger zahlreich vorhanden zu sein. Demnach hat auch der Nerv, entsprechend der geringeren Anzahl von Zellelementen in der Retina, denen die Neurofibrillen des Opticus zustreben, eine geringere Dicke. Die einzelnen Fibrillen, die den Faserstrang bilden, können auf größere oder kleinere Strecke hin im Nerven verfolgt werden. Sie nehmen im allgemeinen denselben Verlauf, wie der ganze Nervenstrang, d. h. ihre Richtung ist parallel zur Richtung der äußeren Grenzlinie des Augennerven. Freilich nicht an allen Stellen: Da, wo der Opticus sich über die distale Retina- fläche, speziell über die Fortsätze der Bürstenzellen ausbreitet, kann an den einzelnen Fibrillen eine Abweichung von der regulären Verlaufsrichtung wahrgenommen werden. Namentlich trifft dies zu für diejenigen Fibrillen, welche über den Zell- fortsätzen der Bürstenzellen liegen, die in der optischen Achse verlaufen oder ihr doch genähert sind. Die betreffenden Fibrillen biegen von ihrer horizontalen Verlaufsrichtung ab und nehmen in ihrem weiteren Verlauf dieselbe Richtung wie die Zellfortsätze der Bürstenzellen, speziell die in ihnen differenzierten Fibrillen. Aber auch diejenigen Fibrillen, an denen eine solche Abbiegung nicht nachgewiesen werden kann und die noch die horizontale Verlaufsrichtung des gesamten Nervenstranges beibehalten, streben den Fibrillen der Bürstenzellage zu, indem die betreffenden Bürstenzellen gleichsam der Verlaufsrichtung der Fasern des Nerven entgegenkommen und eine horizontale Lage einzunehmen pflegen (randständige Bürstenzellen vide Tafel IV, Fig. 1 [oben im Bilde]). Wir haben bis jetzt an unserem Augenstadium zwei für die Darstellung des Aufbaues der Pecten-Retina wichtige Fest- 11* 164 Eigene Beobachtungen. stellungen gemacht: 1. die Feststellung, daß die Zell- fortsätze der Bürstenzellen bis an die über ihnen gelagerte Faserschicht (Ramus distalis) hinanreichen, 2. die Feststellung, daß die einzelnen Fibrillen im Nervenstrang sich an der Stelle, wo sie über den Zell- fortsätzen der Bürstenzellen liegen, in die Verlaufs- richtung der in den Zellfortsätzen selbst differenzierten Fibrillen einstellen. Wir wollen gleich noch ein weiteres an- führen. In der Nähe des Grenzrandes von Opticus und Zellfort- satz der Bürstenzellen treffen wir im Sehnerven oder unterhalb desselben eine Reihe von Fibrillenquerschnitten (Tafel IV, Fig. 1 fü.g.), die als scharf tingierte Pünktchen zu Gesichte treten. Es sind die aus den Bürstenfortsätzen abgehenden und in den Nerven- ast eintretenden, im Längsverlaufe quergeschnittenen Fibrillen. Wir wollen auf das Verhalten der Bürstenzellen, speziell ihrer Fortsätze zum Sehnervenast gleich noch zwei weitere Stadien der Augenentwicklung untersuchen, die zwar gegenüber dem vorigen Stadium kaum eine wesentlich höhere Stufe der Differenzierung einnehmen dürften (Tafel IV, Fig. 2 u.3). Ein Differenzierungs- fortschritt läßt sich unzweifelhaft an den Bürstenzellen wahr- nehmen. Wir sehen, daß die Fibrillen in den Bürstenfortsätzen etwas dicker geworden sind. Sie treten jetzt als dunkelgefärbte Fibrillenstränge auf, die sich scharf vom übrigen Plasma des Zell- fortsatzes unterscheiden. Was die Beziehung der Bürstenfibrillen zu den Fibrillen des Sehnerven anbetrifft, so sind sie am ehesten auf Tafel VI, Fig. 2, 3, 4 u. 5 festzustellen. Hier sehen wir, an einzelnen Bürstenzellen in eklatanter Weise, daß die im Zell- fortsatz der Bürstenzellen verlaufenden Fibrillen nicht nur an die Faserschicht des Sehnerven anstoßen, son- dern daß einzelne Fibrillen direkt in die Fäserchen des Nerven übergehen. Damit ist also dargetan, dab die in den Zellfortsätzen der Bürstenzellen verlaufen- den Fibrillen nervöser Natur (Neurofibrillen) sind, und daß der Zellfortsatz der Bürstenzellen ein Bündel solcher Neurofibrillen darstellt. Wie ist der Verlauf einer einzelnen Neurofibrille? Die Neurofibrille tritt aus dem Ast des Sehnerven aus, ver- läuft im Zellfortsatz der Bürstenzelle bis zur Zellgrenze, wo sie sich mit einer knötchenartigen Verdickung (,Basalkörperchen‘“) am Zellensaume verbindet und zieht dann von dieser weiterhin in den Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 165 Zelleib der Bürstenzelle. Es wäre nun noch des genaueren zu untersuchen, wie die Endigungsweise der Fibrillen in den Sehzellen ist. -Erwähnt wurde schon, daß die intrazellulär verlaufen- den Fibrillen den über dem Zellkern gelagerten Teil des Zellkörpers durchlaufen. Wir wollen gleich jetzt unseren weiteren Ausführungen etwas vorgreifen und verraten, daß, so- _ weit unsere Beobachtungen reichen, die intrazellulär verlaufenden Fibrillen lediglich auf diesen Teil der Bürstenzelle beschränkt sind; wenigstens ist es uns nie gelungen, die Fibrillen in engere Beziehungen zum Zellkern treten zu sehen. Auchkonnten wir nie einen Austritt von Fibrillen aus dem Zellkörper am proximalen Zellende beobachten. Gegen einen solchen Austritt spricht namentlich auch das morphologische Ver- halten der Zelle, indem das hier in Betracht fallende Zellende durchwegs abgerundet oder abgeflacht erscheint. An einer Anzahl von Bürstenzellen trafen wir Verhältnisse, wie sie uns an zwei randständigen Bürstenzellen auf Tafel IV, Fig. 21) entgegentreten. Zur Demonstration des Überganges der Bürstenfasern in die Fibrillen des Sehnerven ist freilich das be- treffende Schnittpräparat, auf das sich die Abbildung bezieht, nieht geeienet. Der Schnitt hat den über den Bürstenfortsätzen liegen- den Nervenstrang nicht in seiner vollen Ausbreitung getroffen. Die Bürstenfortsätze der Bürstenzellen scheinen hier nur an den Faser- strang zu stoßen, nicht aber mit ihm in direkter Verbindung zu stehen. Wir kommen auf die Eigentümlichkeit solcher Schnitt- bilder und auf ihre Erklärung noch zurück. Uns interessieren in erster Linie die intrazellulär verlaufenden Fibrillen. Der stark tingierte Zellsaum markiert deutlich die Grenze zwischen Zell- leib und Zellfortsatz. Die einzelnen Basalkörperchen (Bezeichnung nach Hesse und SCHNEIDER), die offenbar in größerer Anzahl vorhanden sind als in den bisher betrachteten Bürstenzellen, liegen eng aneinander, so enge, daß sie einen einheitlichen Saum („Schneipers Basalplatte‘‘) zu bilden scheinen. Mit Ölimmersion 1,5 mm kombiniert mit Comp. Oec. 6 löst sich dieser Saum wiederum in eine Reihe nebeneinander stehender, knötchenartiger Ver- diekungen auf, eben in die „Basalkörperchen“. Die Fibrillen im Bürstenbündel können in ihrem Verlauf einzeln verfolgt werden. Sie dringen, nachdem sie den Zellsaum passiert haben, in das Innere 1) Die beiden rechts gelegenen, randständigen Bürstenzellen in der Abbildung. 166 Eigene Beobachtungen. der Bürstenzelle und endigen mit einer besonderen Endverdiekung. An den beiden erwähnten randständigen Bürstenzellen sieht man im oberen Zelldrittel eigentümliche Differenzierungen in Form-von knöpfichenartigen Bildungen, welche sich auf derselben Höhe — in der einen Zelle sind zwei, in der anderen Zelle ist eine derartige Bildung zu sehen — in den Bürstenzellen vorfinden, auf der die intrazellulär verlaufenden Fibrillen zu endigen pflegen. Von den Knöpfchenbildungen ziehen die Fibrillen an den Zellsaum. Wir glauben uns nicht zu täuschen in der Annahme, daß diese Anschwellungen nichts anderes sind als die End- abschnittederinjenenZellen verlaufendenNeurofibrillen. Aber nicht nur die knopfärtigen Bildungen am Ende der in die Zellen eintretenden Fibrillen sind besonders differenzierte Abschnitte von Neurofibrillen, sondern offenbar auch die Basalkörperchen, diein den Fibrillen- verlauf eingeschaltet sind und die auf den mit der Nachvergoldungsmethode behandelten Präparaten eine für das Nervöse spezifische Färbung zeigen. Die so- genannten Basalkörperehen am Übergang von Zelle in Zellfortsatz sind unseres Erachtens nichts anderes als besonders verdickte Stellen von Neurofibrillen und als solche selbstverständlich nervöse Elemente Die distalen Zwischenzellen (Tafel IV, Fig. 1,2,3 di.2w.2.): Den zweiten Zellbestandteil der distalen Zellage bilden wie schon erwähnt die Zwischenzellen. Wir sind über ihre Lage in der Zellenschicht bereits orientiert. Während an den Retinae entwickelter Sehorgane von den Zwischenzellen auf den Längs- schnitten meistens nur die Kerne sichtbar sind, der Zelleib aber derart von den Seitenwandungen der Bürstenzellen eingeengt wird, daß er nur noch in Form einer außerordentlich schmalen Leiste auftritt, die eine durch die angrenzenden Zellmembranen zweier Bürstenzellen verstärkte membranöse Zellenscheide darstellt, finden wir auf frühen Stadien die Zwischenzellen noch deut- lich als zellige Elemente in der Zellenlage eingefügt (vide Tafel IV, Fig. 1). Auf die Kernunterschiede, die sich zwischen den Bürstenzellen und den Zwischenzellen ergeben, wurde schon hin- gewiesen. Für die Diagnose der Zellkerne in der distalen Zellage kommt ihre Gestalt und ihr Verhalten gegenüber Kernfarbstoffen in Betracht. Die Zellkerne der Zwischenzellen sind schmäler als die Zellkerne der Bürstenzellen und färben sich mit Hämatein- farbstoffen intensiver als diese. Die auf dem Längsschnitt faden- Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 167 artig erscheinenden Zellelemente zeigen um den Kern einen schmalen Plasmahof. Der Zelleib zieht sich gegen die Linse hin fadenartig aus (Tafel IV, Fig. 1 di.zw.2.fo.). Gegen die Lage der Zwischensubstanz zeigt die Zelle eine deutliche Abrundung; wenigstens vermochten wir nicht einen Fortsatz gegen die Zwischen- substanz hin wahrzunehmen. Sich beständig verschmälernd zieht der Zellkörper der Zwischenzelle zwischen den Zelleibern zweier Bürstenzellen über den Saum der Basalkörperchen hinaus, dann zwischen den Fibrillenbündeln zweier Bürstenzellen gegen den Nerven. Es ist außerordentlich schwierig, zwischen den Fibrillenbürsten den Zelleib der Zwischenzellen in seinem weiteren Verlauf zu ver- folgen. Die in keiner Weise scharf konturierten Zwischenzellen verlieren sich mit ihren hellen Plasmafortsätzen in den, was die Grundsubstanz anbetrifit, optisch gleichartig gestalteten Zell- fortsätzen der Bürstenzellen. In wenigen glücklichen Fällen (Tafel IV, Fig. 1) läßt sich indessen konstatieren, daß die Aus- läufer der Zwischenzellen vollständig bis zum Nerven hinanreichen, die Bürstenzellen in ihrer ganzen Längserstreckung allseitig um- scheidend, und zwar sowohl den Zelleib: als auch den Bürsten- fortsatz. Wie die Zellfortsätze am Nerven endigen, konnten wir auf diesen frühen Stadien der Organentwicklung nicht feststellen. Auf späteren Stadien kann gezeigt werden, daß die Zellfortsätze mit ihren Ansatzstellen am Nerven miteinander verschmelzen (Bildung des sogenannten Septum). Die periphere Randzone der Retina (Tafel IV, Fie. 1 und 2 Pr. stb.2.sch.alg.);: Nachdem wir die distale Zellenschicht auf ihre beiden Komponenten hin des genaueren untersucht haben, wollen wir uns den peripher gelagerten Bezirken der Retina zu- wenden, den noch in der Differenzierung sich befindenden Gewebe- zonen. Wählen wir zur Betrachtung ein beliebiges Schnittbild, so treffen wir in diesen Arealen eine Anzahl Zellkerne eingebettet in einer noch wenig differenzierten Protoplasmamasse. Es ist nicht immer leicht, die Kerne dieses Gewebekomplexes von den Zellkernen der distalen Zellenlage zu unterscheiden. Oft ist der Unterschied in der Intensität der Kernfärbung beider Elemente gering. Auch täuschen die Schnittbilder, namentlich wenn die Schnitte dünn sind, oft Formen von Zellkernen vor, die der natür- lichen Gestalt der Kerne durchaus nicht entsprechen. Auf einem günstigen Schnitt treffen wir in den Randpartien der Retina zweierlei Elemente, deren Kerne auf bestimmte Zonen des betref- fenden Gewebekomplexes entfallen. Günstig ist der Schnitt dann, 168 Eigene Beobachtungen. wenn er uns eine Anzahl von Zellkernen am seitlich ausgewölbten Retinarand vorzeigt und ferner Kerne an der Grenze zwischen der distalen und proximalen Retinahälfte aufweist (Tafel IV, Fig. 2). Diejenigen Kerne, welche in diesem Gewebekomplex die distalere und meistens auch peripherere Lage einnehmen, sind die Kerne der späteren proximalen Stäbchenzellen (stb.2.R.); diejenigen, die über der Grenzlinie der Zwischensubstanzlage vorzufinden sind, die Zell- kerne der proximalen Zwischenzellen (Pr.2w.2.k.). Die Kerne der Stäbchenzellen sind etwas größer als die Kerne der Zwischenzellen, im übrigen wie diese länglich-oval. Obwohl noch keine Zellgrenzen im genannten Gewebekomplex festzustellen sind, so macht sich doch in einer feinen Streifung des Plasmas der Beginn einer Zelldiffe- renzierung geltend. Zuweilen sieht man einen feinen Plasmastrang von den Kernen der späteren Stäbchenzellen (von den distalen, peri- pher gelegenen) ausgehen. Dasselbe trifft für die Kerne der Zwischen- zellen zu. Bei den Zwischenzellen zieht der dem Kern zugehörige Plasmafortsatz immer von der optischen Augenachse gegen die Peripherie der Retina. Umgekehrt ziehen die Plasmastränge der künftigen Stäbchenzellkerne von beiden Seiten der Retina gegen die optische Achse. Mit der Abgrenzung von Plasmasträngen und mit ihrer Zuordnung zu Zellkernen hat der Prozeß der Zell- differenzierung in dem peripheren Retinaareal eingesetzt. Auf späteren Stadien ist die Zahl der Stäbchenzellelemente und der Zwischenzellen eine erheblich größere. Die proximalen Zwischen- zellen nehmen auch auf späteren Stadien die ihnen einmal zu- kommende Lage in der Retina ein: sie befinden sich in nächster Nähe der Grenzzone, an welche proximad die Zwischensubstanz, distad die Außenschicht der Retina anschließt. Wie von den distalen Zwischenzellen, so ist auch von den proximalen Zwischen- zellen auf Längsschnitten gewöhnlich nur der Kern sichtbar. In manchen Fällen gelingt es noch bei günstiger optischer Be- leuchtung den den Kern umgebenden Plasmahof zu beobachten. Die Zellkerne der Stäbchenzellen finden wir auch auf den folgenden Stadien der Augenentwicklung stets in randständig peripherer Lage an der Retina. Zwischensubstanz (Tafel IV, Fig. 1, 2, 3 zw. sbst. lg.): Wenden wir uns endlich noch der proximalen Retinahälite zu und werfen wir noch einen Blick auf die Lage der sogenannten Zwischensubstanz! Wir haben sie auf dem Stadium verlassen, wo noch eine Anzahl Zellkerne in der Gewebeschicht vorhanden Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 169 war, die aber allem Anschein nach schon der Obliteration anheim zu fallen schienen. Eine scharfe Kernfärbung konnte mit ver- schiedenen Kernfarbstoffen nicht erzielt werden, obwohl die übrigen Kerne in der Retina in normaler Weise sich färbten. Auf Stadien, auf welchen die distale Zellage ausgebildet, die spätere proximale Zellage in ihrer Anlage als periphere Retinawülste vor- handen ist, sieht man an den vorliegenden Retinae der Mantel- augen bei Pecten testae und odercularis nichts mehr vom ursprüng- lichen Zellcharakter in der Lage der Zwischensubstanz. Wir sehen vielmehr eine homogene Gewebemasse (Tafel IV, Fig. 2 u. 3), die sich eng an die distale Zellage und an die seitlichen Retina- partien anschließt und mit ihnen einen einheitlich gefügten Organ- bestandteil bildet. Die unter der distalen Zellenschicht liegende Gewebelage fällt sofort in den Präparaten durch ihren struktur- losen, eintönigen Charakter auf. Mitunter kann in der Zwischen- substanz eine eigenartige „Moirierung‘‘ beobachtet werden, die offenbar auf eine verschiedene Konsistenz des Plasmas zurück- zuführen ist. Im übrigen tritt gerade in der Lage der Zwischen- substanz, namentlich an den mit Sublimat-Osmiumsäure fixierten Objekten, die Wabenstruktur des Plasmas deutlich zutage. Tafel IV, Fig. 2 und 3 führen uns Retinae vor Augen mit der distalen Zellenschieht, mit der Anlage der Stäbchenzellage (peri- phere Retinazone) und mit der darunterliegenden Schicht der „Zwischensubstanz“. Freilich nur in seltenen Fällen zeigt auf dieser Stufe der Organ- entwicklung die Lage der Zwischensubstanz ein so gleiehförmiges Aussehen. Mit den Differenzierungsprozessen, welche sich in den Randgebieten der Retina abspielen und die zur Bildung typischer invertierter Sehzellen führen, hängen des weiteren Erscheinungen zusammen, die sich auch in der Lage der Zwischensubstanz geltend machen. Man sieht nämlich in die Zwischensubstanz lichte Plasmazungen eintreten (Tafel IV, Fig. 1 szb.). Sie treten zuerst zu beiden Seiten der Retina unter der Anlage der Stäbchenzellschicht auf. Es sind helle, anfangs noch nicht scharf umgrenzte Plasmazapfen, die von der peripheren Retinazone sich mehr oder weniger weit in die Füllmasse hinein erstrecken. Diese Plasmazapfen stellen nichts anderes dar als die zu den Stäbchen- zellen gehörenden Endabschnitte und sind wie die übrigen Teile der Stäbehenzellen noch einer weiteren histologischen Differen- zierung gewärtig. 170 Eigene Beobachtungen. Die Stäbchenzelle zeigt anfangs noch nicht die für sie später- hin charakteristische Zellgestalt. Sie erscheint vielmehr in Form eines vom übrigen Protoplasma kaum deutlich unterscheidbaren Plasmastranges, in dessen distal gelegenem Endteil der Kern und an dessen proximalem Ende das ‚„embryonale‘‘ Stäbchen sich be- findet. Der Stäbchenabschnitt dagegen unterscheidet sich deutlich vom übrigen Teil der Zelle, ohne daß freilich zwischen beiden eine scharfe Grenze vorhanden wäre. Das Plasma des Stäbchens zeigt eine viel feinere Granulierung als das Plasma des Zelleibes und hebt sich in den Präparaten von der Zwischensubstanz deutlich ab. Da, wo die Lage der Zwischensubstanz an die distale Retina- zone anstößt, tritt eine mehr oder weniger scharfe Randlinie (dsd.sb.me. = „Siebmembran‘“, Tafel IV, Fig. 3) auf. Die scharfe Abgrenzung scheint aber an all den Stellen verwischt, wo der Plasmavorsprung in die proximale Außenlage eindringt. Es läßt sich ein allmählicher Übergang vom Zellkörperplasma der Stäbchen- zelle in das Plasma des Stäbchenabschnittes feststellen. Somit wird die von RicHArRD Hesse aufgestellte Behauptung, daß die Stäbchen eigentlich nichts anderes als be- sonders differenzierte Endabschnitte der Stäbchen- zellen darstellen, durch die histogenetischen Befunde bestätigt. Die in die Zwischensubstanz vorspringen- den Plasmazungen, die späteren Stäbchen, gehören den Stäbchenzellen an und nehmen als solche den Endteil der nervösen Elemente, die rezeptorischen Neuro- fibrillen auf. Tapetum und innere Pigmentschicht (Tafel IV, Fig. 1, 2 u. 3 Zap. u. i.pig.sch.): Bezüglich der Ausbildung des Tapetum und der inneren Pigmentschicht ist nicht viel Neues anzu- führen. Beide Schichten bilden gleichsam zwei über- oder auf- einander liegende Schalen, in welche die Retina hinunterhänst. Diese selbst stößt in ihren seitlichen Partien an den Schalenrand der oben genannten Schichten, so daß auf einem Längsschnitte dem Beobachter das Bild einer in sich selbst eingestülpten Blase vor- getäuscht werden kann. Für die tatsächliche Blasennatur aber fehlen morphologische Anhaltspunkte; es fehlt der Nachweis des direkten Überganges der Retina in die Tapetum- und Pigmentschicht, wie ihn BürschLı an Hand seiner Präparate erbringen zu können glaubte. An unseren Prä- paraten vermochten wir auch nicht in einem einzigen Fall fest- zustellen, daß die Zellen der inneren Pigmentschicht sich noch Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Ei auf die Lage der Retina erstrecken. Wir vermuten, daß BürschLi diejenigen Zellelemente noch der inneren Pigmentlage zuwies, die wir heute als proximale Zwischenzellen aufzuführen haben. Der Annahme, daß dem Pecten-Auge eine epitheliale Augenblase zu- erunde liest, widersprechen aber vor allem die embryologischen Befunde (Emigration von Zellelementen aus der Epidermis). Tapetum und Pismentschicht liegen, vorausgesetzt, daß j@hes nieht künstlich von dieser abgehoben ist, was leicht zu geschehen pflest, eng aneinander. Histologisch sind die beiden Zellagen leicht auseinanderzuhalten. Das Tapetum (Tafel. IV, Fig. 1 2af.) behält seine Lamellenstruktur bei. Die einzelnen Lamellen treten dicht aneinander und verschmelzen zu einem dünnen Lamellen- bande (Tafel IV, Fig. 3 {ap.), das sich unter der Retina, von dieser durch den postretinalen Spaltraum (postre.au.rm.) getrennt, aus- spannt. Unter dem Tapetum finden wir die innere Pigment- schicht (Tafel IV, Fig. 1 und 3 ©. pig.sch.) freilich noch nicht in dem Zustand, in dem sie sich später auf den Präparaten prä- sentiert. Späterhin nämlich, wenn die „pigmentartige Körnelung“ (SCHNEIDER) die einzelnen Zellen erfüllt, sind selten mehr Kerne in der Zellage sichtbar. Auf unserem Stadium geht der zellige Charakter dieser Gewebeschicht aus dem Vorhandensein einer Reihe von Zellkernen noch deutlich hervor. Doch hat der Granulationsprozeß bereits im Plasma der Zellen eingesetzt (Tafel IV, Fig. 3 ©.Prg.sch.) Nach unserer Auffassung ist die Pigmentschicht im Gegensatz zu BürscHhLis Annahme kein echtes primäres Epithel, sondern ein pseudoepithelialer Zellverband. e) Die zur weiteren Komplettierung der Augen führenden Differenzierungsvorgänge. (Hierzu die Figuren auf Tafel V.) Die nun sich anschließenden Augenstadien nähern sich in ihrem histologischen Verhalten schon sichtlich einem entwickelten Sehorgan. Fast sämtliche Organteile weisen einen Differen- zierungsgrad auf, der den fertigen Augen eigen ist. Überall sind neue Elemente zu den alten hinzugetreten und haben dem Seh- organ eine ansehnliche Größe verliehen. Äußerlich betrachtet imponiert an einem solchen Auge zunächst ein scharf abgesetzter Pigmentmantel, der allseitig das freie Corneagewölbe umgibt und der sich gegen den Mantelrand in einen pigmentfreien Epithel- zylinder, in den Augenstiel, fortsetzt. Allgemein kann gesagt werden, daß der Pigmentmantel so weit am Augententakel her- 172 Eigene Beobachtungen. unterreicht, als die nervösen Elemente proximad in der Retina - hinabreichen. Jedenfalls deckt die äußere Pigmenthülle den über der Retina gelagerten Teil des Sehnerven und die an den Seh- nerven anschließenden Fortsätze der „Bürstenzellen“. Die weitere Differenzierung in der proximalen Stäbchenzellage (Auswachsen der Stäbchenzellen, Bildung der rezipierenden Elemente) hat ein Herabrücken des Pigmentmantels gegen die Basis des Augenstieles zur Folge. Es werden immer mehr proximal gelegene Zellen der Epidermis in den Bereich des Pismentmantels gezogen. Am ausgewachsenen Auge überdeckt der Pigmentmantel vollständig die Retina, ja er überragt noch um ein Bedeutendes die proximale Retinafläche. Die Retina befindet sich dann in einer Art Pigment- kapsel, deren Wandungen gebildet werden: 1. von dem äußeren Pigmentmantel (die Seitenwandungen der Piomentkapsel), 2. von dem inneren Pigmentepithel (Boden der Pigmentkapsel). Pigmentfrei ist die obere Kapselzone, welche von der Cornea ein- genommen wird, und die den Lichtstrahlen den Einlaß zur Retina gewährt. Zusammenhängend sind indessen die Kapselwandungen nicht, denn die innere Pigmentschicht geht ja nicht in die pig- mentierte Außenepidermis des Pigmentmantels über, sondern sie ist durch eine Schicht Bindegewebe von ihr getrennt. Einen ähn- lichen optischen Isolationsapparat finden wir am Auge von Car- dium muticum. Hier aber umschließt die innere Pigmentlage urnen- förmig die Retina bis an den Rand der Linse, was die Difieren- zierung eines eigenen Abschnittes des Außenepithels zu einem äußeren Pigmentmantel überflüssig macht (vergleichend-anatomischer Teil vide Kap. ‚Die Pectenaugen und die Sehorgane der Cardiiden‘‘). Die Cornea (co) überdeckt die Außenfläche der Linse (22). Sie besteht aus hellen niedrigen Deckzellen, deren Kerne an der Basis oder in der Mitte der Zellen liegen. Die Cornea wird überdeckt von einer dünnen Cuticula, welche sich auch über die pigment- führenden Zellen des Mantelepithels erstreckt. In der distalen Zellage sind nur wenige Veränderungen zu konstatieren. Die Zahl der Bürstenzellen und der Zwischenzellen ist größer geworden. Offenbar haben Zellteilungen stattgefunden und zwar Zellteilungen an den Bürstenzellen und Zellteilungen an den zwischen ihnen gelagerten Zellelementen. Spindelfiguren konnten wir freilich keine an unseren Präparaten auffinden. Während auf früheren Stadien der Augenentwicklung die Kerne der Zwischenzellen ge- wöhnlich etwas unterhalb der Kerne der Bürstenzellen anzutrefien sind oder dann auf demselben Niveau sich befinden wie diese, so vw; Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 173 ‚liegen jetzt in der distalen Zellage die Zwischenzellkerne zuweilen über den Kernen der Bürstenzellen. Diese Erscheinung ist offen- bar auf das Längenwachstum der Bürstenzellen zurückzuführen. In dem Maße, als die Kerne der mittelständigen Bürstenzellen infolge des Zellenwachstums in die Tiefe dringen, in dem Maße rücken die Kerne der dazwischenliegenden Elemente hinauf und stellen sich in der Retina mitunter auf die halbe Höhe der Bürstenzelleiber ein. Querschnittserien belehren uns, daß nun auch in proximaler Richtung ein fadenartiger Zellfortsatz von den Zwischenzellen sich zu bilden beginnt, welcher dem unter dem Kern der Zwischenzelle gelegenen Abschnitt der Bürstenzelle aufliegt. An unseren Stadien interessiert uns aber ganz besonders der- jenige Teil der Retina, welcher später als wohlentwickelte Stäbchen- zellage (Tafel V, Fig. 1 stb.2.R.; Fig. 2 Dr.sib.z.; Fig. 3 Pr. stb.z.k.) imponiert. Wir orientieren uns wiederum rasch: Zu beiden Seiten der distalen Zellage die Kerne der proximalen Stäbchenzellen, auf dem Grenzrande, wo die Zwischensubstanz dem übrigen Retina- gewebe anliegt, die Kerne der proximalen Zwischenzellen (Tafel V, Fig. 1, 2 und 3 Pr.zw.z.k.).. Wir haben bereits gesehen, wie der Differenzierungsprozeß in den peripheren Retinawülsten ein- setzt, einerseits immer schärfere Grenzen um den den Zellkern umfließenden Plasmastrang der Stäbchenzellen ziehend, anderer- seits einen plasmatischen Fortsatz dieser Zellen in die Zwischen- substanz vorschiebend, in welchem Fortsatz wir das künftige Stäbchen erkennen. Die proximalen Stäbchenzellen erlangen immer mehr die für sie charakteristische Zellgestalt: ein lang- sestreckter, schmaler Zellkörper, der sich gegen den Zellkern der Stäbchenzelle noch zusehends verschmälert und sich in einen faden- artigen Fortsatz ausziehtt. Auch der in die Zwischensubstanz vorspringende Endabschnitt der Zelle scheint sich immer schärfer in der anliegenden Gewebemasse abzugrenzen und stellt einen schmalen, von lichtem Plasma erfüllten Zylinder dar, der am freien Endteil gegen das Tapetum vorgewölbt ist. Die Länge der ein- zelnen Stäbchen in der Zwischenmasse scheint auf unseren Stadien (Tafel IV, Fig. 1, 2, 3szb.) zu variieren. Am längsten sind in der Regel diejenigen Stäbchen, welche in der Retina am meisten median gelagert sind, am kürzesten die, welche der Randzone am nächsten liegen. Erstere dringen gewöhnlich zuerst, letztere später in die Zwischensubstanz. Die am meisten median in der Retina gelegenen Stäbchenzellen zeigen stets den höchsten Grad der Differenzierung. An den Rand- 174 Eigene Beobachtungen. gebieten der Retina werden immer neue Stäbchen- zellen gebildet. Die äußersten Teile des retinalen Randwulstes stellen eine Neubildungszone für Stäb- chenzellen dar. Sowohl die distale als auch die pro- ximale Retinalage erhalten den Zuwachs neuer Zell- elemente von den peripheren Grenzgebieten: Erstere neue Bürstenzellen, letztere neue Stäbchenzellen. Beide Elemente werden durch Zellteilungsvorgänge an randständigen Zellen neu gebildet. Präparate von sonst in allen Teilen wohl ent- wickelten Sehorganen zeigen im Randgebiet der proximalen Stäbchenzellage stets eine Anzahl noch ‚nicht ausdifferenzierter Stäbchenzellen. Dieser Bildungsherd für die proximalen Stäbchen- zellen scheint identisch zu sein mit den von den Autoren auf- geführten „Betinawülsten“. Unsere Beobachtungen geben nun schon Antwort auf die an und für sich gewiß recht interessante Frage, wie die Zwei- schichtigkeit an der entwickelten Pectenretina zustande kommt. Es ließe sich die Bildung einer zweischichtigen Retina auf folgende Weise entstanden denken: es wäre denkbar, 1. daß zu allererst nur die distale Bürstenzellschicht vorhanden wäre und aus dieser durch das Austreten einzelner Zellelemente und durch einen damit zusammenhängenden Verlagerungsprozeß die proximale Stäbchenschicht sich sekundär herausdifferenzieren würde, 2. daß aus der zuerst vorgebildeten proximalen Stäbchen- zellage die distale Bürstenzellenschicht sich bilden würde, 3. daß die Retina von Anfang an zweischichtig, Bürstenzellschicht und Stäbchenschicht vorhanden wäre. Was lehren unsere entwicklungsgeschichtlichen Beobach- tungen? Nach unseren Befunden ist die Retina anfangs mehr- schichtig (einreihig angeordnete distale Zellelemente [Bürsten- zellen], darunter Zwischenzellen, am weitesten proximal gelegen die in mehreren Lagen vorhandenen Zellelemente der sogenannten Zwischensubstanz, randständig in der Retinaanlage die Elemente der künftigen Stäbchenzellschicht). Aus der mehrschichtigen An- lage geht zunächst eine zweischichtige Retina hervor. Die distale Schicht wird gebildet von der einreihigen Bürstenzellage und den zwischen ihnen gelegenen Zwischenzellen, ferner von den an- srenzenden Anlagen der späteren proximalen Stäbchenzellschicht, die proximale Zone der Retina von einer nunmehr homogenen Füllmasse. Später wachsen in die letztere die Stäbehenabsehnitte der Stäbchenzellen hinein. Diejenigen Stäbchenzellen, welche den Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 1170) distalen Bürstenzellen zunächst liegen!), schieben sich unter die Zellenden der Bürstenzellen bis gegen die Mitte der Retina vor, biegen dann um und ziehen mehr oder weniger parallel zur optischen Achse gegen das Tapetum. Es ziehen die Stäbchen- zellen von der Peripherie des linken Retinarandes unter die links von der optischen Achse gelegenen Bürstenzellen, die Stäbchen- zellen von der Peripherie des rechten Retinarandes unter die rechts von der optischen Achse gelegenen Bürstenzellen. Durch das Auswachsen der Stäbchenzellen kommt eine Schiehtung der Retina in zweiZellagen, in eine distale Bürstenzellage und eine proximale Stäbchenzellschicht zustande. Wir müssen uns nun einer weiteren Erscheinung an den Stäbchenzellen zuwenden. Es handelt sich um das Auftreten von nervösen Elementen. In den distalen Bürstenzellen haben wir diese bereits kennen gelernt. Sie treten dort in einer Reihe äußerst feiner Fibrillen auf, die streckenweise die Zellen durch- laufen und aus ihr in Form eines Fibrillenbündels austreten, um als Primitivfibrillen zu einem einheitlichen Nervenstrang, zum Opticus, sich zu vereinigen. Wir haben gesehen, daß das Auftreten von nervösen Elementen an den distalen Bürstenzellen ein früh- zeitiges ist, denn wir konnten schon auf recht frühen Stadien der Augenentwicklung eine feine Streifung erkennen, in welcher wir den Anfang histogenetischer Differenzierungsprozesse glauben erblicken zu dürfen. Wie in den Bürstenzellen, so sind auch in den Stäbchen- zellen die leitenden Elemente die Neurofibrillen (Tafel V, Fig. 2 ax.fi.). Zum Unterschied von dergroßen Fibrillenzahl in den Bürsten- zellen zeigen ceteris paribus die Stäbchenzellen nur eine einzige Fibrille, die in Form einer typischen Primitivfibrille (Tafel V, Fig. 3 dri.fi.) im Zellkörper auftritt. Die Neurofibrillen in den Bürstenzellen halten wir für Untereinheiten dieser in den Stäbchenzellen auftretenden Primitivfibrillen. Entweder handelt es sich um einzelne Elementarfibrillen oder, wohl wahr- scheinlicher, um Elementarfibrillenstränge, die noch nicht eine genügend große Anzahl von Einzelfibrillen aufweisen, um als Primitivfibrillen zu imponieren. Damit ist aber schon gesagt, daß die Primitivfibrillen in den Stäbchenzellen diekere Elemente dar- stellen, als die Fibrillen in den Bürstenzellen. Auf den frühesten 1) Es sind späterhin in der Retina die median gelegenen Stäbchenzellen. 176 Eigene Beobachtungen. Stadien, auf welchen wir Neurofibrillen antreffen, zeigen sie sich stets dieker in den Stäbchenzellen als in den distalen Bürsten- zellen. Sie weisen beinahe schon dieselbe Dicke auf, in der sie in den Stäbchenzellen an ausgewachsenen Retinae vorhanden sind. Unsere neuro-histogenetischen Beobachtungen decken sich also vollständig mit denen, die ApArHuy (1898) an ganz anderen Ob- jekten, an Egeln, angestellt hat. Wir lesen in jenem deutschen Referat, das über die postembryonalen Veränderungen der leiten- den Elemente des Nervensystems handelt: „Die Neurofibrillen erfahren auch postembryonal eine beträchtliche Dickenzunahme, doch ist die maximale Dicke schon bei ziemlich jungen Tieren erreicht. Dicekere Neurofibrillen besitzen nicht einmal die voll- kommen ausgewachsenen Tiere.‘‘ Wir finden die Primitivfibrillen schon auf der Stufe der Zellendifferenzierung, auf welcher die Zellen selbst noch keine scharfe Konturierung zeigen und ein Stäbchen- abschnitt von einem übrigen kernführenden Zelleib noch nicht unterschieden werden kann (s. Tafel IV, Fig. 3 Prı.fi.). Von der proximalen Stäbchenzellage werden nur die Kerne gesehen, die in einer noch wenig differenzierten Plasmamasse eingebettet sind. Zur weiteren Illustration diene Tafel VI, Fig. 1 (Zri.f.). Von dem einen Kern sieht man deutlich eine Fibrille durch die periphere Randzone ziehen nnd noch eine Strecke weit die Zwischensubstanz durchdringen, indem sie sich allmählich in ihrem Verlaufe der optischen Achse nähert. Das Präparat, welches nach der Methode der Nachvergoldung behandelt worden ist, zeigt die betreffende Fibrille in der für sie typischen schwarz-violetten Tingierung; sie ist scharf abgesetzt von dem sie umgebenden Plasma. Auf dem- selben Schnitte läßt sich die Fibrille über den Kern hinaus nicht weiter verfolgen, doch zeigt der nächste Schnitt, daß die Fibrille sich bis zum Retinarand erstreckt und zu den Fibrillen gesellt, welche aus den benachbarten Stäbchenzellen abgehen und in ihrer Gesamtheit den Ramus proximalis des Opticus bilden. Der im Stäbchen verlaufende Fibrillenabschnitt unterscheidet sich auf vorliegendem Präparat (Tafel VI, Fig. 1) hinsichtlich Tingierung und Dicke in keiner Weise von dem im Zellkörper verlaufenden Fibrillenteil. Proximad weicht er aber gewöhnlich von diesem insofern ab, als er meistens dicker zu werden pflegt und außerdem noch gegen das Stäbchenende sich in besonderer Weise verdicken kann. Die Fibrille hat im Stäbchen einen geschlängelten, wellenartigen Verlauf, der von ihr meistens auch noch im unteren Abschnitt des Zellkörpers beibehalten, Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. IKzart im oberen, kernführenden Abschnitt der Zelle jedoch in der Regel aufgegeben wird. Hier verläuft für gewöhnlich die Fibrille ge- streckt. In den Stäbchen der Stäbchenzellen aus den Mantelaugen bestimmter Pecten-Arten (Pecten jacobaeus) ist die serpentinartige Verlaufsriehtung der Axialfaser geradezu typisch. Mitunter kommt es vor, daß die Primitivfibrille oberhalb des Stäbchens eine gewundenere Verlaufsrichtung einschlägt als im Stäbchen selbst (Tafel VI, Fig. 1 pri.fi.). Liegen dünne Schnitte vor, so kann der Fall eintreten, daß die im Stäbchen verlaufenden Fibrillen streekenweise zweimal getroffen werden, so daß es dann leicht den Eindruck erweckt, als wären im Stäbchen zwei Fibrillen vor- handen. Andererseits ist der geschlängelte Verlauf einer Fibrille oft ein Grund, weshalb die nervösen Elemente bei gleicher Ein- stellung nicht in ihrem ganzen Verlauf sichtbar werden. In den Stäbehen, wie in den Stäbchenzellen überhaupt, trat uns stets nur eine Fibrille entgegen, die von der Eintrittsstelle bis zum freien Zellende unaufgeteilt verläuft. Die Fibrille zieht im großen und ganzen in der Riehtung der Stäbchenzellachse. Die Fibrille gelangt im Stäbehen oft deutlicher zur Darstellung als im übrigen Zell- körper, was auch damit zusammenhängt, daß das Plasma im Zelleib der Stäbchenzelle rötlich bis dunkelrot-violett, das Plasma des Stäbchens selbst weiß, hyalin und ungefärbt erscheint. Die bei gelungener Fibrillenreaktion stets dunkel-violett bis satt- schwarz tingierten Fibrillen heben sich natürlich vom weißen Plasma der Stäbchen viel deutlicher ab als vom rot gefärbten Plasma des übrigen Zelleibes. Daß aber die Fibrille ununter- brochen die ganze Stäbchenzelle durchzieht, darf mit aller Bestimmtheit behauptet werden. Besonders in Stäbchenzellen auf noch frühen Ausenstadien, aber auch an einer sanzen Reihe von Stäbchenzellen, die ihre Differenzierung ab- geschlossen haben, läßt sich die Fibrille durch die ganze Zelle verfolgen. f) Das Drehungsphänomen. (Hierzu die Textfiguren 14 u. 15 und die Abbildungen auf den _ Tafeln IV V)) Eine Erscheinung, die uns bei der Durchsicht verschiedener Entwicklungsstadien von Mantelaugen und auch bei Betrachtung ausgewachsener Sehorgane am Mantelsaume von Pectiniden ent- gegentritt, äußert sich in einer bestimmten Orientierung 12 178 Eigene Beobachtungen. der Augen zum Mantel und damit zum ganzen Tierkörper überhaupt. Betrachten wir beispielsweise ein größeres konserviertes Exemplar der bekannten Pilgermuschel Pecien jacobaeus, an dem die Schalendeckel voneinander abstehen und die Augen am aus- gestreckten Mantel leicht beobachtet werden können, so bieten sich, was die Lage der einzelnen Sehorgane zum Mantelsaume anbetrifit, Verhältnisse, die sich vielleicht am besten an einem senkrecht zur Mantelfläche geführten Schnitte, der zugleich ein Längsschnitt durch ein Auge sein soll, illustrieren lassen. Wir denken uns dabei die Muschel auf den Schloßrand gestellt, die Dorsalseite also nach unten gerichtet und den freien Schalenrand, die ventrale Seite, nach oben gekehrt (Textfig. 14, Stelle. III). Zu äußerst zeigt das Schnittbild den Schalendeckel. Auf diesen folgt der Mantel mit dem am distalen Ende ausgebildeten Mantelsaum. Wir be- gegnen hier Bildungen, die uns nunmehr genügend bekannt sind: der Schale zugekehrt der Schalenfalte, dann der Augenfalte mit den Sehorganen und, als dritte Ausfaltung nach Innen zu, dem Velum. Am Sehorgan angedeutet haben wir die Cornea, den äußeren Pigmentmantel, den Augenstiel, die Linse und die Retina. Betrachten wir nun, in welcher Orientierung das Auge am Mantel sich befindet! Die optische Achse fällt mit der Augenstielachse zusammen. Optische Achse und Augenstielachse sind gleich zur Mantelfläche gerichtet. Die Corneafläche steht senkrecht auf der optischen Achse. Nieht durchwegs finden wir die Augen am Mantel der Pectiniden also orientiert. Unsere entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen machten uns mit Augenstadien bekannt, deren Orientierungsweise von der eben erwähnten abweicht (Taf. IV, Fig. 2). Wir wollen einen solchen Fall herausgreifen und ihn an Hand einer schema- tischen Skizze (Stelle. I, Textfig. 14) erläutern. Mantelebene und Medianebene durch den Augenstiel fallen nach wie vor zusammen. Die optische Achse steht jedoch senkrecht zur Augen- stielachse. Die Corneafläche liest parallel zur Mantelfläche. Das sind indessen nicht die beiden einzigen Stellungen, in welchen Sehorgane am Mantelrande bei Pecien angetroffen werden können. Wir finden noch eine große Anzahl von Augen in einer anderen Orientierung vor (Taf. V, Fig. 1, 2, 3; Stellg. II, Text- fig. 14). Zwischen dem Extrem des ersten Falles und dem Extrem des zweiten Falles zeigen sich noch vermittelnde Übergänge. Eine besonders charakteristische Zwischenstufe ist die folgende: Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 179 Das Sehorgan hat bei gleicher Orientierung der Muschel eine schief nach aufwärts gerichtete Lage, indem die optische Achse zur Achse des Augenstiels in spitzem Winkel einfällt; der Einfallswinkel beträgt im speziellen Falle ungefähr 45°. a.pie.ma.-- ER 1.pıg.sch.-- O,PTOX.--- opL..._ X Textfig. 14. Typische Stellungen am Mantel- rande bei Pecten unter St. III Berücksichtigung be- stimmter Achsenver- hältnisse. SZe/7. Z. Die optische Achse steht senkrecht zur Augen- stielachse und zur Schalenebene. SZe/1.27. Optisch Achse im Winkel von 45° zur Augenstielachse ein- fallend. Size II. Optische Achse und Augenstielachse bilden eine Gerade, welche der Schalenebene pa- rallel gerichtet ist. dist. distad; Zrox. pro- ximad; Scha.S. Scha- lenseite; D.R. Dreh- richtung; 4.U. Augen- stielachse; O.?. Op- tische Achse; S.Z. Schalenebene; X a Winkel der Drehung; a.pıg.ma. äußerer Pigmentmantel; ddg. Bindegewebe; co Cornea; z.£z2.sch. innere Pigmentschicht; %. Linse; 052. Opticus; Ze.R. Periostracalrinne; 27g.sch. Pigment- schicht; dr.az.rm. proximaler Augenraum; Zraer.au rm. präretinaler Augenraum; ra.dıst. Ramus distalis; »a.ör0ox. Ramus proximalis; Scha.de. Schalendeckel. I2= Ppraerau.rm. 180 Eigene. Beobachtungen. Nach oben Gesagtem können wir drei typische Stellungen an den Sehorganen am Mantelsaume bei Pecien auseinanderhalten: Stellung I: Die optische Achse steht senkrecht zur Augen- stielachse und senkrecht zur Fläche des ge- samten Mantels. Die Corneafläche verläuft mit letzterer parallel. Stellung II: Die optische Achse bildet zur Augenstielachse und zur dorso-ventralen Längsachse der Mantel- falte einen spitzen Winkel von 45°. Stellung III: Optische Achse, Augenstielachse und dorso- ventrale Längsachse der Mantelfalte bilden zu- sammen eine Gerade; die Corneafläche steht senkrecht zur Augenstielachse und Mantelfläche. Im folgenden sei untersucht, wie verschieden weit vor- gerückte Entwicklungsstadien sich zu den Stellungen I, II, III verhalten können. Stadien in Stellung I: Die frühesten Stadien der Augenent- wicklung zeigten sich uns als zapfenartige oder papillenähnliche Bildungen am Mantelrande. Auf einem derartigen Stadium kann von einer optischen Achse noch nicht die Rede sein. Wir können uns allenfalls eine Längsachse durch eine solche Embryonalpapille gelegt denken. Eine derartige Achse würde parallel zur Richtung der Mantel- und Schalenfläche verlaufen, müßte also identifiziert werden mit der an weiter vorgeschrittenen Stadien anzubringenden Augenstielachse. An Stadien, auf denen die Anlage der Retina, die des Tapetums und der Pigmentschicht schon vorhanden sind (Tafel III, Fig. 3), lassen sich zwei Achsen konstruieren: die vor- hin erwähnte Längsachse durch die Embryonalanlage (47) und eine mit der Symmetrieebene zusammenfallende Achse durch die Augenanlage (OP [xy] = spätere optische Achse). Wir machen die Feststellung, daß die Längsachse (Augenstielachse) und die in die Symmetrieebene fallende, mitten durch die Augenanlage gehende zweite Achse (optische Achse) einen rechten Winkel bilden. An Augenstadien mit ausdifferenzierter distaler Retinazellage und mit noch in der Anlage vorhandener Stäbchenzellschicht kann bereits von einer optischen Achse und von einer Augenstielachse ge- sprochen werden. Auch in diesen Fällen steht noch ab und zu erstere auf letzterer senkrecht (Tafel IV, Fig. 2 und 5). Stadien in Stellung II: Geht der Entwicklungs- und Diffe- renzierungsprozeß am Auge weiter, so ändert sich für gewöhnlich auch die Stellung der optischen Achse zur Augenstielachse. Das Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 181 trifft in der Regel für diejenigen Stadien zu, welche die distale Zellenschicht in der Retina in typischer Weise ausgebildet haben, die proximale Stäbchenschicht aber noch auf der Stufe der Diffe- renzierung zeigen. Es handelt sich um Stadien, auf denen wir die proximale Stäbchenschicht vom Außenrande der Retina unter die distale Bürstenzellschieht auswachsen sehen. An solchen Stadien fällt die optische Achse zur Augenstielachse gewöhnlich unter einem größeren oder kleineren spitzen Winkel ein (Tafel V, Fig. 1, 2 und 3). Im allgemeinen ist der Einfallswinkel um so kleiner, je weiter die Differenzierung in der Retina gediehen ist, d. h. je mehr Stäbchenzellen aus der proximalen Retinaanlage in die Zwischensubstanz vorgedrungen sind. Was ist nun das Resultat der Verkleinerung des Winkels «a, desjenigen Winkels, der gebildet wird von der Augenstielachse (resp. Längsachse des Mantels) und der optischen Achse? Offenbar das, daß das Auge sich allmählich aufrichtet und dabei die alte, ihm ursprünglich zukommende Orientierung am Mantelsaume ein- büßt. Das Auge dreht sich von der Innenfläche der Schalen- klappe, nach welcher es anfangs „hinschaut‘, allmählich weg und kommt in die Flucht der Mantelfalte zu liegen. Stadien in Stellung III: Augen, die hinsichtlich ihrer histo- logischen Differenzierung als völlig entwickelte bezeichnet werden dürfen, zeigen in der Regel eine Orientierung, wie wir sie in. Textfig. 14, Stellung III vor uns haben. Das Auge ist am Ende seiner Drehung angelangt, indem die optische Achse mit der Augenstielachse zusammenfällt. Sehorgane, an welchen der Winkel wieder zunimmt, die Drehung also in genanntem Sinne noch weitergeht, konnten wir nicht auffinden. Wenn auch im allgemeinen gesagt werden darf, daß die Peectenaugen mit fortschreitender Entwicklung einer Drehung um 90° unterworfen sind, welche in einer Stellungsänderung der Sehorgane von der Schale weg sich äußert, so müssen wir doch gleich eine Beob- achtung erwähnen, die auf den Drehungsgrad und die jeweilige Differenzierungshöhe, auf welcher sich die gedrehten Augen befinden, bezug nimmt. Zunächst sei wiederum daran erinnert, daß wir an jungen kleinen Pectines (Species testae) von der Größe 11,—6 mm an einem und demselben Mantel- rande verschiedene Entwicklungsstadien von Mantelaugen vorge- funden haben: ganz frühe Stadien der Augenentwicklung, weiter vorgeschrittene Stadien und endlich Sehorgane, die im Hinblick auf 182 Eigene Beobachtungen. ihre Differenzierung, nicht im Hinblick auf ihre Größe — sie sind kleiner — den entwickelten Sehorganen am Mantelrande sroßer aus- gewachsener Individuen derselben Spezies wohl kaum nachstehen. Die histologische Untersuchung lehrt, daß die ver- schieden weit auseinander liegenden Stadien der Augenentwicklung nicht, wie nach den allgemeinen Feststellungen zu erwarten wäre, einen der Entwick- lungshöhe entsprechenden Drehungswinkel aufweisen, so daß die jüngsten eine Orientierung nach I (Textfig. 14), die ältesten eine solche nach III, die dazwischen- liegenden eine Orientierung nach II aufweisen, sondern daß sämtliche Augen, die jüngsten wie die ältesten, die gleiche Orientierung verraten. Sie alle sind nach I orientiert. Umgekehrt fanden wir an einigen ausgewachsenen Exemplaren von Pecten jacobaeus unter einer Anzahl wohlentwickelter Seh- organe noch nicht vollkommen ausgebildete Augen am Mantel- rande in der Gegend des Schloßrandes, bei denen die distale Zellage differenziert, die proximale Stäbchenlage aber erst in der Differenzierung begriffen war. Es handelte sich also um Seh- organe, die in ihrer Entwicklung einem Stadium auf Tafel IV, Fig. 2 gleichkamen. Statt in einer ihrer Differenzierungshöhe ‘ entsprechenden Stellung I oder II befanden sich diese Sehorgane wie die Mehrzahl der übrigen den Mantelsaum umstellenden aus- gewachsenen Augen in Stellung III. Die optische Achse zeigte sich in gerader Flucht zur Augenstiel- und Mantelachse. Auf Grund unserer Beobachtungen läßt sich demnach folgendes über die Drehungserscheinungen berichten: 1. Die Sehorgane am Mantelrande bei Pecien testae befinden sich in einer bestimmten, durch Achsenverhältnisse fest- legbaren Orientierung. 2. Die Orientierung kann bei den einzelnen Sehorganen eine verschiedene sein. 3. In der Regel zeigen die frühesten Stadien der Augen- entwicklung eine solche Stellung am Mantelsaum, daß die optische Achse senkrecht auf die Augenstielachse und damit senkrecht auf die Fläche des Mantels fällt, entwickelte Sehorgane dagegen eine Stellung, in welcher die optische Achse mit der Augenstielachse zusammenfällt. Dazwischen- liegende Stadien pflegen eine Mittelstellung einzunehmen: Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 183 die optische Achse fällt unter einem spitzen Winkel zur Ausenstielachse ein. 4. Die verschiedenen Stellungen der Augen am Mantelrande finden ihren Ausdruck in einer Drehungserscheinung. 5. Der Winkel, den ein der Drehung unterworfenes Auge beschreibt, beträgt 90°. 6. Der Grad der Drehung scheint im besonderen vom Wachstum des Mantels abhängig zu sein. 7. Sämtliche Sehorgane an einem und demselben Mantel zeigen bei Pecten testae oft denselben Drehwinkel. Ein Versuch zur Erklärung des Drehungsphäno- mens: Im folgenden wollen wir versuchen, eine Erklärung für das Zustandekommen der an den Mantelaugen der Pectiniden Test- stellbaren Drehungserscheinungen zu geben. Wir tun dies selbst auf die Gefahr hin, daß unsere Erklärung sich in der Folge als unzutreffend erweist. Eine allgemeine Erscheinung im Tierreich ist die, daß Organe des optischen Sinnes überall da zur Ausbildung gelangen, wo sie ihrer Hauptfunktion, der Perzeption von Lichtreizen, optimal zu genügen vermögen. Es wird also für die Sehorgane in den meisten Fällen eine möglichst exponierte Lage am Tierkörper zweckentsprechend sein. Andererseits wird aber die exponierte Lage den Sehorganen verminderten Schutz für mechanische Insulte und Reizeinflüsse nicht-optischer Natur gewähren. Die exponierte Lage der Sehorgane kann nur dann als Vorzug erachtet werden, wenn denselben die Möglichkeit gegeben ist, sich vor derartigen Einflüssen genügend zu schützen. Die Sehorgane am Mantelrande der Lamellibranchier pflegen eine exponierte Lage am Tierkörper einzunehmen. Sie verfügen aber zugleich über eine zweck- mäßige Schutzeinriehtung: der ganze Mantelsaum, an welchem die Sehorgane zur Ausbildung gelangen, kann unter die harten Schalendeckel zurückgezogen und in einem festen Schalengehäuse geborgen werden. . Die Lage der Augen am Mantelsaume ist bei den verschiedenen Muscheln so, daß die Sinnesorgane der Lichtquelle möglichst zugewandt sind. Die Lage der Augen ist abhängig von der physiologischen Orientierung der Tiere (vgl. anatomischer Teil. Wir können die Orientierung der Sehorgane am Mantelrande bei Pecien nur verstehen aus der biologischen oder physiologischen Orientierung 184 Eigene Beobachtungen. des Tierkörpers und aus seiner Stellungnahme zur Lichtquelle (lets ae 12 = AG 2 Ss L. Scha. de. Scha. ja. | R. Scha. de. „„L. Scha. de. Textfig. 15. Sehorgane bei P. testae in verschiedener Orientierung am Mantel- rande; eine Illustration zu einem Erklärungsversuch der Drehungserscheinungen an den Augen. Fig. A, 5, C zeigen die Sehorgane am Mantelrande in ver- schiedener Orientierung bei bestimmtem Öffnungswinkel der Schalenklappen und bei verschiedenen Lagen der Schalendeckel und der diesen Schalendeckeln anliegenden Mantelfalten. In 4‘, 2‘, C', sind die betreffenden Sehorgane einzeln unter eine gemeinsame Achse (Augenstielachse 4.U.) gestellt. Ein- gezeichnet sind die optischen Achsen (0.?.) und die mit den Schalenebenen Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. 185 Die Sehorgane bei Pecten umstellen den Mantelrand in seinem ganzen Umkreise, und zwar in gleicher Weise den linken und den rechten Mantelsaum. Selbstverständlich können die Augen ihrer optischen Funktion nur dann genügen, wenn die Schale der Muscheln geöffnet ist, und der Mantelsaum in nicht kontrahiertem Zustande bis zum freien Schalenrande reicht oder denselben noch überragt. Über die physiologische Orientierung, welche den Pectiniden auf dem Meeresgrunde zukommt, wissen wir nichts. Die Tiere werden sich jedoch so verhalten, wie in der Gefangenschaft, in den Aquarien: Die Pectiniden liegen mit dem einen Schalen- deckel dem Untergrunde auf. Der andere Schalendeckel ist der freien Oberfläche zugekehrt!). Die Schalenklappen bei Peeten werden schon sehr frühzeitig gebildet. Sie lassen sich an sämt- lichen Exemplaren von der Größe 11,—2 mm nachweisen. Die kleinen Formen von Pecten testae und opercularıs, an welchen wir die Augen in der Stellung I am Mantelrande getrofien haben, besitzen zwei gleichgeartete, fast vollständig plane Schalen- hälften. Wir trafen die Muscheln im Grundseematerial so, daß sie mit der einen flachen Schale auf dem Untergrunde ruhten. Bei offener Schalenstellung ließ sich stets konstatieren, daß der Abstand der beiden freien Schalenränder ein geringer war. Bei der physiologischen Orientierung, welche diese Muscheln ein- zuhalten pflegen, ist aber die Stellung der Augen am Mantel- rande ohne weiteres verständlich (Textfig. 15 A): Die optische Achse fällt eben mehr oder weniger mit der Richtung der ein- fallenden Lichtstrahlen zusammen. Verständlich ist dann auch, daß nicht nur die Embryonalstadien der Sehorgane diese Lage haben, von denen wir übrigens nicht wissen können, ob sie schon, in diesem primitiven Zustande Lichteindrücke in sich aufnehmen 1) Welche der beiden Schalenklappen für gewöhnlich nach oben schaut, welche die nach unten gerichtete ist, ist bei gewissen Arten an einem differenten Aussehen der beiden Schalenhälften zu erkennen. Die nach oben gekehrte Schale zeigt beispielsweise an Peeten jacobaeus, Pecten japonicus und Pecten yessoensis eine dunkle Pigmentierung, während die andere Schalen- hälfte, die dem Untergrunde aufliegt, eine solche nicht aufweist. parallel verlaufenden Richtlinien (S.Z.); diese sind den Augenstielachsen parallel gerichtet. X « ist der Winkel, welcher gebildet wird von der optischen Achse und der Augenstielachse. Der Pfeil deutet die Richtung an, in welcher die Drehung stattfindet. 4». Auge; Byss. Byssusapparat; % Z Richtung des einfallenden Lichtstrahls; Z.Scka.de. linker Schalendeckel; Ma Mantel; Ma. Mantelnerv; 7e. Periostracum; e.R. Periostracalrinne; R.Scha.de. rechter Schalendeckel; Schka.fa. Schalenfalte; Ye. Velum. 186 Eigene Beobachtungen. können, sondern, daß auch noch die ausgewachsenen Sehorgane am selben Mantelrande die nämliche Stellung einnehmen, von denen angenommen werden darf, daß sie, vermöge ihrer weitgehenderen histologischen Differenzierung, als Rezeptoren funktionieren. Soweit unsere Beobachtungen reichen, zeigt sich, daß der Schalenwinkel bei fortschreitendem Wachstum der Muscheln ein größerer wird (Textfig. 15 5). Die Schalenränder stehen jetzt für gewöhnlich weiter voneinander ab. Nicht selten kann beobachtet werden, daß die beiden Schalendeckel für geraume Zeit so weit voneinander abstehen, daß die senkrecht zur Mantelfläche stehenden Vela nicht mehr zur Berührung kommen. Der Schalenwinkel scheint mit dem Wachstum der Tiere ein größerer zu werden, so daß der sonst horizontal zum Untergrunde liegende obere Schalendeckel, und mit ihm die Mantelfalte, in eine entsprechende schiefe Lage gerückt werden. Was hat nun aber das Größer- werden des Schalenwinkels und die damit verbundene schiefe Einstellung der Mantellappen für die Augen, wenn sie noch die alte Orientierung behaupten, zur Folge? Offenbar. eine Veränderung in ihrer Stellungnahme zur Lichtquelle. Soll mit Rücksicht auf diese die alte Orientierung der Sehorgane am Mantelsaume ge- wahrt bleiben, so muß notwendigerweise die veränderte Schalen- klappen- und Mantelstellung eine Stellungsveränderung der Seh- organe selbst zur Folge haben. Das Auge dreht sich von der Innenwand der Schalenklappe ab und stellt seine optische Achse in die Verlaufsrichtung der einfallenden Strahlen. Wir suchen also die Drehunsserscheinungen an den Sehorganen zurückzuführen auf die jeweilige physiologische oder biologische Orientierung der betreffenden Muscheln. ‚In dem Maße als der Schalenwinkel ein größerer wird, und in dem Maße, als der mit den Sehorganen aus- gerüstete Mantel eine beim Wachstum der Muschel schiefere Lage zum Untergrund einnimmt, in dem Maße dreht sich — so vermuten wir — das Auge von der Schalenwandung weg. Unsere schematisch gehaltenen Abbildungen geben zu dieser Vorstellung über die Drehungs- erscheinungen eine Illustration. Was für eine Lage sollten nun aber die Muscheln zu ihrem Untergrunde einnehmen, an deren Mantelsaum die Sehorgane in Stellung III anzutreffen sind, also die ausgewachsenen Pectiniden mit meistens wohl entwickelten Mantelaugen? Die Ebene, welche diese Muscheln in annähernd gleiche Hälften teilt, müßte am Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 187 lebenden Tiere eine vertikale Lage bekommen. Die Muschel hätte, “anatomisch gesprochen, auf dem Rücken zu liegen und wäre auf den Schloßrand gestellt, so daß die Schalenspalte frei nach oben schauen würde. Die Pectiniden müßten also normalerweise auf dem Untergrunde liegen, wie beispielsweise die Cardurden. Das ist aber eine Lage, in der die betreffenden Lamellibranchier nur ganz aus- nahmsweise angetroffen werden. Die Feststellung, daß die Sehorgane am Mantelrande aus- sewachsener Pectines in der Orientierung III aufzufinden sind, andererseits die Schalendeckel und damit die ihnen anliegenden Mantelfalten am lebenden Tiere zum horizontal gedachten Unter- erunde einen schiefen, nicht aber rechten Winkel bilden, will offenbar mit unserer Erklärung des Drehungsphänomen nicht im Einklang stehen. Dem ist aber zweierlei entgegenzuhalten: erstens zeigt sich, daß an den ausgewachsenen Kammuscheln bei offener Schalenstellung der Mantelsaum oft den Schalenrand - um weniges noch überragt, und daß ersterer sich über den letzteren noch etwas aufwölben kann, so daß die Sehorgane gleichwohl ihre optischen Achsen parallel zur Einfallsrichtung der Strahlen gerichtet haben. Zweitens muß im Auge behalten werden, daß, wie von verschiedenen Forschern vermutet wird, die Sehorgane auch während des Schwimmaktes der Muscheln funk- tionieren können. Wie die schönen Untersuchungen von BUDDEN- BROCK gezeigt haben, und wie wir uns leicht während unseres Aufenthaltes an der Zoologischen Station zu Neapel überzeugen konnten, erfolgen die Schwimmbewegungen der Pectiniden in schief aufsteigender Richtung vom Untergrunde weg. Die Seh- organe sind beim Schwimmen offenbar günstig gestellt, wenn sie nach Stellung III orientiert sind, da in dieser Stellung die optische Achse parallel zur Richtung, in der die Schwimmbewegung erfolgt, zu liegen kommt. Il. Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. Nachdem wir die Entwicklungsvorgänge an den Mantelaugen der Pectiniden bis zu dem Zeitpunkt verfolgt haben, wo von den Randpartien der Retina immer neue Elemente zu den bereits im mittleren Sehareal ausgebildeten invertierten Stäbchenzellen hinzu- treten, hätten wir noch an unsere Ausführungen die Beschreibung der Verhältnisse an der entwickelten Retina anzuschließen. In dieser 188 Eigene Beobachtungen. Arbeit wollen wir indessen auf eine eingehendere Analyse der ent- wiekelten Sehzellenschicht verzichten, zumal wir das Wesentlichste schon in einer orientierenden Zusammenfassung wiedergegeben haben und außerdem die Beschreibung der Zellelemente bei Be- sprechung der entwicklungsgeschiehtlichen Befunde bereits erfolgt ist. Es genüge, darauf hinzuweisen, daß die Beobachtungen, welche wir an einer recht ansehnlichen Zahl von Präparaten entwickelter Sehorgane der verschiedensten Pecten-Spezies gemacht haben, vollständig mit den entwicklungsgeschichtlichen Feststellungen übereinstimmen. Mehr Interesse dürften jedoch im Zusammen- hang Ausführungen beanspruchen, welche sich mit der Innervierung der Retina ausgewachsener Pecten-Augen befassen. Die Innervierungsverhältnisse an der Retina der Mantelaugen nach eigenen Untersuchungen. 1. Das Herantreten des Opticus zum Sehorgan. Zunächst wollen wir uns noch einmal vergegenwärtigen, wie der Optieus zum Sehorgan herantritt (vide Textfig.9). Vom Ring- nerv des Mantels zweigt der Sehnerv in einem annähernd rechten Winkel ab und steigt im Augenstiel, ungefähr in seiner medianen Achse, empor. In einiger Entfernung unterhalb der inneren Pisment- wandung des Augeszweigt vom Stammnerv ein Seitennerv ab, welcher auf der der Schalenwandung zugekehrten Seite im Bindegewebe des Augententakels zwischen Augenwand und Außenepithel distad ver- läuft. Diesen Nervenast bezeichnen wir nach dem Vorschlage HEsseEs als Ramus distalis. Der um die Fasern dieses Nervenastes ge- schmälerte Axialstrang zieht in seiner bisherigen Verlauis- richtung weiter bis an den Pigmenttellerrand und teilt sich hier in seine nervösen Elemente auf, derart, daß die Neurofibrillen von einer Zentralstelle radiär an der äußeren Wandung des Pigment- tellers ausstrahlen und zum Rand des Retinatellers ziehen, wo sie umbiegen und in die Sehzellenschicht eintreten. Den Nerv, welcher von diesen Fibrillen gebildet wird, bezeichnen wir als Ramus proximalis. 2. Der Ramus proximalis des Sehnerven und seine Be- ziehungen zu den Retinazellen. (Hierzu Schema 4 auf Tafel II; auch Textfigur 9.) Die Beziehungen der an die Retinatellerwandung hinaul- ziehenden und in die Retina eintretenden Fibrillen des Ramus ar er e Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 189 proximalis zu den Zellelementen sind schon seit HEnsens Zeiten so dargestellt worden, wie wir sie auf Grund unserer eigenen Unter- suchungen feststellen können. An Hand gelungener neurologischer Präparate sind wir indessen auch in der Lage, diese Beziehungen ad oculos zu demonstrieren. Eine jede Fibrille biegt oberhalb des Pismenttellerrandes um und begibt sich in eine Stäbchen- zelle, welche sie in ihrer ganzen Längserstreckung in Form einer Axialfaser durchzieht. Im Zelleib, besonders im proximal gelagerten Stäbchenabschnitt, zeigt die Fibrille den für eine Primitivfibrille charakteristisch geschlängelten Verlauf. Im Stäb- chenabschnitt endigt sie mit einer freien Endverdiekung. Vor dem Eintritt der leitenden Elemente in die Sehzellen sind in den Fibrillenverlauf keine Ganglienzellen eingeschaltet. Der direkte Übergang einer Fibrille in die Stäbchenzelle kann auf den Präparaten nur selten beobachtet werden, aus dem Grunde, weil nur selten die Schnittebene (es handelt sich natürlich wiederum um Längsschnitte) mit der Ebene zusammenfällt, in welcher die Fibrille liest. Meistens ist die Fibrille nur auf kurze Strecke hin getroffen, entweder vor dem Eintritt in die Stäbchenzelle oder in der Stäbchenzelle selbst. Auf einigen Präparaten freilich wollte es der Zufall, daß die Schnittrichtung mit der Verlaufsrichtung der Fibrille zusammenfiel, so daß der von allen Autoren postulierte Zusammenhang von Zellfortsatz resp. Axialfibrille der Stäbehenzelle und Neurofibrille des Nerven augenscheinlich gemacht werden konnte. In Übereinstimmung mit allen früheren Beobachtern stellen wir noch einmal fest, daß die zum Ramus proximalis gehören- den Fibrillen in die proximal gelegenen Stäbchen- zellen der Retina übertreten, umgekehrt, daß die Stäbchenzellen einen Fortsatz in Form einer Fibrille entsenden, der mit den benachbarten Fibrillen anderer Stäbchenzellen sich zu einem Teilast des Opticus, zum Ramus proximalis vereinigt. Damit dürfte aber zugleich der sichere Nachweis erbracht worden sein, daß die Axialfibrillen in den Stäbchen- zellen der Pecetenretina Neurofibrillen sind, eine Frage, die Dakın 1910 noch offen gelassen hatte, indem er eher zur An- sicht neiste, daß die Axialfibrillen gewöhnliche Stützelemente darstellen. Ebenso sicher steht fest, daß die Fibrillen des Ramus proximalis in keiner Beziehung stehen zu den 190 Eigene Beobachtungen. zwischen den Stäbchenzellen eingelagerten Zwischen- zellen. Die Zwischenzellen zeigen nicht die für nervöse Elemente charakteristische Tingierung und weichen auch in ihrem morpho- logischen Verhalten von ihnen ab. Daxın hat bei Anwendungs von Mazerationsmitteln einzelne dieser Zwischenzellen vom reti- nalen Verbande isolieren können. Uns selbst gelang dies in einwandfreier Weise nicht. Wir haben aber keinen Grund daran zu zweifeln, daß die Zwischenzellen vom Zellverbande losgelöst so aussehen, wie sie Dakın beschreibt und abbildet (s. seine Fig. 15a auf Pl. 7). Wir wollen noch, um die Beziehungen von Stäbchenzellen und Zwischenzellen klarzulegen, einige Querschnitte konsultieren, die wir auf verschiedener Höhe durch die Stäbchenschicht gelegt haben. Sämtliche Querschnitte beziehen sich auf eine, in der Entwicklung sozusagen fertige Retina eines Sehorgans am Mantel- rande eines großen Pecten jacobaeus. Zunächst sei bemerkt, daß in Abweichung von der entwicklungsgeschichtlichen Darstellung die Kerne der Zwischenzellen bei dieser Pecten-Spezies nicht an den Übergangsstellen von Stäbchenzellkörper zu Stäbchenfortsatz vorzufinden sind. Die Zwischenzellkerne befinden sich in einiger Entfernung von dieser Grenzlinie, distalwärts verschoben. Das muß bei der Durchsicht der Querschnittbilder wohl im Auge behalten werden. Erstens: ein Querschnitt durch die Stäbchenzell- schicht auf der Höhe der Zwischenzellkerne (Taf. VII, Fig. 1): Auf einem derartigen Querschnittbilde imponieren vor allem fünf- oder viereckige, zuweilen rundlich umgrenzte Plasma- felder, die aneinanderzustoßen und dadurch gegenseitig sich ab- zukanten scheinen. Durch die eigentümliche Abgrenzung des ge- samten Plasmafeldes in eine Reihe von Einzelfeldern mit scharf um- schriebenen Umrissen erhält der ganze Querschnitt bienenwaben- artiges Aussehen. Die einzelnen Wabenfelder sind die Querschnitte der Stäbchenzellen (sib.2.); sie sind mit einem feinkörnigen, auf den Goldchloridpräparaten blaß-rötlich gefärbten Plasma er- füllt. Mit Immersion zeigt sich deutlich die Wabenstruktur des Plasma (Bürscarische Waben). Als besondere Differenzierung sehen wir in fast jedem großen Wabenfeld eine durch die In- tensität der Tinktion ausgezeichnete punktartige Stelle (f2.q.), welche nichts anderes repräsentiert als einen Querschnitt der die Stäbchenzelle durchlaufenden Primitivfibrille. An einigen besonders dünnen Schnitten mit wohlgelungener Fibrillentinktion will es uns Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. Lo sogar scheinen, als ob innerhalb des Fibrillenquerschnittes Quer- schnitte von Elementarfibrillen (in Form kleiner Pünktchen) zu er- kennen wären, welche die Primitivfibrille zusammensetzen. Sicher ist, daß wir es hier mit dem Querschnitt einer typischen Primitiv- fibrille zu tun haben. Dafür spricht auf das Unzweideutigste die ‚Art der Tingierung. Auf den Querschnitten durch die Stäbchenzellen liegen die Fibrillen des öfteren ziemlich genau in der Mitte der Stäbchenzellen, häufiger aber etwas mehr gegen die Seite des Plasma- feldes hin verschoben, so daß sie dann in bezug auf letzteres eine exzentrische Lage einzunehmen pflegen. Auf den Längsschnitten haben wir aber gesehen, daß die Primitivfibrille axial die Stäbchen- zelle durchzieht. Die etwaige exzentrische Lage der Fibrille im Quer- schnitt ist aber leicht zu verstehen, wenn wir uns an Längsschnitte erinnern, auf denen die Fibrillen in den Stäbchenzellen stark geschlängelt verlaufen. Wird die Fibrille gerade an einer Windungs- stelle geschnitten, so macht es natürlich auf dem Querschnitt den Eindruck, als ob die Fibrille überhaupt keine axiale Lage: hätte. Bisweilen kann auf einem Querschnitt durch eine Stäbchenzelle diei Fibrille zweimal getroffen werden, was wiederum aus der für die Fibrille so charakteristischen Verlaufsrichtung in Windungen zu erklären ist. Bei genauerem Zusehen zeigt sich um jeden Fibrillen- querschnitt ein leichter Plasmahof. Die Fibrille scheint in einem besonders differenzierten Plasmamantel (De.fi.hü.) eingebettet zu liegen (Perifibrillärsubstanz ?). Zweitens: ein Querschnitt durch die Stäbchen- zellage geführt unterhalb der Kerne der Zwischen- zellen (Taf. VII, Fig. 2): Der Querschnitt zeigt wiederum die Stäbchenzellen (sib.2.) und die zwischen ihnen gelagerten Zwischen- zellen (zw.zlb.). Das Bild ist ein ähnliches wie das eben besprochene. Die Querschnittbilder der Stäbchenzellen zeigen eine rundliche Umgrenzung. Die Zellwandungen der einzelnen Elemente stoßen nicht mehr so nahe aneinander, daß es zur gegenseitigen Ab- kantung der Plasmaleiber kommt. Das Zellgefüge scheint ein mehr gelockertes zu sein. An gewissen Stellen zeigen sich größere unausgefüllte Partien zwischen den Stäbchenzellzylindern. An anderen Stellen dagegen sehen wir diese klaffenden Räume von den Zelleibern der Zwischenzellen ausgefüllt (obere Partie des betreffenden Querschnittbildes). Das durch die feinere Körnung _ und die intensivere Tinktion vom Plasma der Stäbchenzellen sich unterscheidende ‚Sarc‘‘ (SCHNEIDER) der Zwischenzellen schmiest sich nun allenthalben an die Seitenwandungen der Stäbchenzellen. 192 Eigene Beobachtungen. Mancherorts grenzen die einzelnen Zelleiber der Zwischenzellen seitlich aneinander, so daß eine komplette Scheide zustande kommt, in der die einzelnen Stäbchenzellen stecken. Anderorts können die einzelnen Zwischenzellen noch deutlich auseinander gehalten werden, indem ihre quergeschnittenen Plasmafortsätze nur partiell die einzelnen Stäbchenzylinder umscheiden. Oft be- teiligen sich an der Umhüllung einer einzigen Stäbchenzelle zwei, vier und noch mehr Zwischenzellen. Ähnliche Verhältnisse sollen am Arca-Auge vorkommen. Im übrigen ist wie gesast das histo- logische Bild ein ähnliches wie das vorige. Auch auf diesem Niveau sehen wir wieder die Querschnitte der Axialfibrillen (fz.g.) mit den sie umschließenden Perifibrillärmänteln. Drittens: ein Querschnitt durch die Stäbchenzell- schicht auf der Höhe der proximal gelegenen Fortsätze der Stäbchenzellen, der Stäbchen (Taf. VII, Fie. 3): Dieses Querschnittbild läßt sich leicht auf die beiden geschilderten be- ziehen; wenn es auch einen etwas anderen Anblick gewährt. Der schlankeren Form der Endabschnitte (s?b.) entsprechend sind die Querschnitte durch die Stäbchenzellen auf diesem Niveau kleiner als auf Schnitten, die weiter distad von der Retina geführt worden sind. Sie sind meistens rundlich, ab und zu etwas oval ge- streckt. Wir treffen neben kleinen Querschnitten mitunter auch ansehnlich große. Die Verschiedenheit in der Größe des Umfanges der einzelnen Stäbchen wird durch zweierlei bedinst: einmal da- durch, daß die einzelnen Stäbchenzylinder nicht alle gleich weit proximad in die Zwischensubstanz vorzudringen pflesen, so daß die gegen das freie Ende sich stets verschmälernden Stäbchen auf verschiedener Höhe ihrer Längserstreckung zum Schnitte gelangen können, dann aber durch die Stellung der Stäbchen in der Zwischensubstanz. Obwohl die im mittleren Sehareal gelegenen Stäbchenbildungen so in der Zwischensubstanz liegen, daß ihre Längsachsen parallel zur optischen Achse gerichtet sind, so weichen die mehr randständigen Stäbchen von dieser Orientierung ge- wöhnlich ab, indem sie von außen her schief in die Zwischen- substanz hineinragen und zur optischen Achse schief einfallen. Der Querschnitt durch ein solches Stäbchen ist dann natürlich ein länglich gestreckter, ovaler. Das die Stäbchen erfüllende Plasma weicht etwas von dem der Stäbchenzelleiber ab. Das Plasma hat ein homogenes, hyalines Aussehen und stimmt hierin mehr mit der „Perifibrillärsubstanz‘“ überein, die wir auf den vorigen Quer- schnitten in Form eines lichten Plasmahofes um die Axialfibrillen Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 193 der Stäbehenzellen angetroffen haben. Außerordentlich deutlich sind auf diesem Niveau die Querschnitte der die Stäbchen durch- ziehenden Neurofibrillen (ax.fi.), die in der Form von kleinen, tief dunkel gefärbten Scheibehen die Mitte der Stäbchenquerschnitte einzunehmen pflegen. Die Querschnitte bestätigen also unsere . an Längsschnitten gemachte Beobachtung, daß die Fibrille in dem Stäbchen dieker ist als die Fibrille, die den übrigen Zellteil der Stäbchenzelle durchzieht. Die Zwischensubstanz (zw.sbst.), von welcher die Stäbchen umgeben werden, erscheint auf unseren Präparaten als ein Gerinnsel mit grober Körnelung, das im mittleren Sehareal, dem unser Querschnitt entstammt, allerorts gleichartigen Charakter zeigt. An der peripheren Zone der Retina hat die Zwischensubstanz für gewöhnlich ein anderes Aussehen. Hier tritt sie uns mehr in der Form eines gemaschten Netzwerkes entgegen, zeigt also ein mehr gelockertes, weniger kom- paktes Gepräge. Im Randgebiet der Retina kann auch zuweilen noch in. der Zwischenmasse zerstreut Chromatinsubstanz angetroffen werden, die in den Knotenpunkten der Plasmamaschen angehäuft liest. Das sind offenbar Reste von ursprünglich zelligen Gewebe- bestandteilen, welche von Anfang an die Zwischensubstanz zu- sammensetzen und später die kompakte Grundsubstanz bilden, in welche die distalen Abschnitte der Stäbchenzellen proximad hineinwachsen. Es scheint also, daß der syneytiale Charakter der Zwischensubstanz noch in den Randpartien der Retina erhalten bleibt, wie ja überhaupt die Randzone der Retina eine Neu- bildungszone, einen embryonalen Außenbezirk für Retinaelemente darstellt. 3. Der Ramus distalis und seine Beziehungen zu den Zellen der Retina. (Hierzu hauptsächlich die Abbildungen auf Tafel VI, ferner das Schema 4 auf Tafel II.) Wir kommen nun zum wichtigsten Abschnitt in unserem Kapitel über die Innervation der Pecien-Retina, nämlich zur Schilderung der Verhältnisse, die sich auf die Fibrillen des Ramus distalis und auf die diesen Fihrillen zugeordneten Zellelemente in der Retina beziehen. Damit treten wir aber an das eigentliche Problem unserer Arbeit heran, das, so speziell auch sein Charakter sein mochte, doch von Anfang an in den Vordergrund des Inter- esses zu stellen war. Von der Lösung dieses Problems hing ja das 13 194 Eigene Beobachtungen. Verständnis des ganzen Sehorganes, des so komplizierten Sinnes- apparates, eigentlich ab. Eine eigentümliche Erscheinung am Pecten-Auge tritt uns in dem Verhalten des Opticus entgegen, der das Sehorgan nicht als einheitlicher Nervenstrang innerviert, sondern der in zwei Teil- ästen zum Auge herantritt. Über die Fasern, die dem einen Teil- ast des Sehnerven angehören und deren Beziehungen zu den Zell- elementen in der Retina sind wir nun vollständig im klaren. Wir wissen, daß der Ramus proximalis an der entwickelten Retina ein scharf umschriebenes Innervationsgebiet sein eigen nennt, und daß in diesem es die Stäbchenzellen sind, welche in Ver- bindung mit den Neurofibrillen des Nervenastes stehen. Wenden wir uns nun dem Ramus distalis zu, welchen wir bereits auf der der Schalenwandung zugekehrten Seite am Augen- tentakel emporsteigen sahen, und welchen wir in seiner Verlaufs- richtung auf unseren Entwicklungsstadien auch noch weiterhin zu verfolgen Gelegenheit hatten! Auf der Höhe des distalen Retina- randes angekommen, biegt der Ramus distalis um und lagert sich über den Retinateller, in dessen Mitte ungefähr der in seinem Faserverlauf bis anhin geschlossene Nervenstrang sich in seine einzelnen Komponenten (Fibrillen) aufteilt. Ganz zentral über dem Retinateller findet diese Aufteilung freilich nicht statt, wenig- stens nicht an den Sehorganen am Mantelrande von Pecien testae, obercularıs, varıus, jacobaeus, flexuosus und inflexus, wo sie stets, wie lückenlose Längsschnittserien ergeben, etwas gegen den Teller- rand der Retina hin verlegt ist. Blicken wir von oben herab auf die Retina, so sehen wir an einer Stelle, dem Teller aufgelagert, den erwähnten Nervenast gegen die Mitte des Tellergrundes ziehen. Über diesem kommt es dann zur Aufteilung des Faserstranges. Von einer bestimmten Stelle aus strahlen die einzelnen Neuro- fibrillen nach allen Richtungen gegen den Außenrand der Retina. Der schief nach aufwärts steigende Retinarand wird eingenommen von den distal gelegenen Enden der Stäbchenzellen und den zwischen ihnen gelagerten Zwischenzellen, die mehr oder wen ger wallartig das zentrale Retinagebiet umstellen. Auf die periphere Zone der Retina erstrecken sich die vom Ramus distalis ab- gehenden Fibrillen nicht. Die Ausbreitung des distalen Nervenastes und seine Aufteilung in die ihn zusammensetzenden Fibrillen beschränkt sich lediglich auf den Tellererund der Retina und findet nur im Umkreis der Bürstenzellen und der sie begleitenden Zwischenzellen statt. Nach dem Retinarand, wo die inver- a Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 195 tierten Stäbchenzellen in ihren distalen Teilen gleich- sam einen Rahmen um den Innenbezirk schließen, treten vom Ramus distalis keine Neurofibrillen aus. Sie ziehen vielmehr alle vom zentralen Umkreis zu einer gemeinsamen Aus- breitungsstelle.e Wenn vorher schon auf derjenigen Seite, auf - welcher der Ramus distalis am Augententakel hinaufzieht, vom Opticus Fasern abgegeben werden, so sind es Nervenfasern, die dem Ramus proximalis, nicht dem Ramus distalis angehören. Der Verlauf einer einzelnen im Ramus distalis gelegenen Fibrille ist von der Stelle, von welcher der Nerv sich über die Retina lagert, bis zu der Stelle, wo die Fibrille engere Beziehungen zur Retina gewinnt, folgender: Die Fibrille biegt auf der Höhe des oberen Retinarandes im rechten Winkel von ihrer ursprünglich mehr oder weniger vertikalen Verlaufsrichtung ab, zieht zunächst in horizontaler Richtung bis zur Mitte des Augenbulbus, ändert dann wiederum ihre Verlaufsriehtung, indem sie sich in die Retina- mulde hineinbegibt. Die im Fibrillenbündel median gelegenen Elemente nehmen bei der Aufteilung eine Verlaufsrichtung parallel zur optischen Achse; die im Fibrillenbündel peripher gelagerten, außenständigen Fibrillen bilden zur optischen Achse einen mehr oder weniger spitzen Winkel, und zwar ist dieser Winkel um so größer, je peripherer auf dem Quersehnitt durch den Nerven die Fibrillen liegen. Wohl im Auge zu behalten ist, wie gesagt, die an allen Prä- paratenserien feststellbare Tatsache, daß der Ramus distalis bis zur Mitte der Retina als geschlossener Faserstrang zieht und in Form eines Fibrillenbündels auftritt, aus dem zunächst keinerlei Elemente austreten. Erst über dem Zentrum der Retina kommt es zur Aufteilung des Nervenstranges, indem die einzelnen Fibrillen von ihrer horizontalen Verlaufsrichtung abweichen und eine zum Tierkörper mehr proximale Richtung einschlagen, wobei sie gleich- zeitig auseinander zu weichen pflegen. Da die Aufteilung des Ramus distalis in seine fibrillären Bestandteile nur über einem ganz bestimmten Gebiete der Retina statt- findet, d. h. nur im Umkreis des von den Bürstenzellen eingenommenen Zentralbezirkes der Retina, so tritt, um zu wiederholen, der Außenrand derselben nicht in direkte Beziehung zu den aus dem Nervenaste treten- den Neurofibrillen. In der Tat sahen wir ja auch, daß die den peripheren Außenbezirk bildenden Endabschnitte der Stäb- chenzellen in direktem Zusammenhange stehen mit den Fibrillen als 196 Eigene Beobachtungen. des anderen Teilastes des Sehnerven, nämlich mit den Fibrillen des Ramus proximalis. Nun die Beziehungen der aus dem Ramus distalis abgehen- den Fibrillen zu den Zellelementen der Retina! Nachdem wir den Ramus distalis bis zur Mitte der Retina in seiner Verlaufsrichtung verfolgt haben und des weiteren wahrnehmen konnten, daß über der eingewölbten Fläche derselben es zu einer Aufteilung des Nerven in die ihn bildenden Fihbrillen kommt, so drängt sich un- willkürlich die Frage auf, was nun das weitere Schicksal dieser vom Nervenaste abgehenden Neurofibrillen ist. Kaum wird an- genommen werden können, daß die Fibrillen über der Retina frei endigen, ohne mit ihren Zellen in irgendwelchen engeren Kontakt zu treten. Wir dürfen vielmehr von vornherein erwarten, daß die Fibrillen mit der Retina in irgendeiner Weise in Beziehung stehen; fraglich ist nur, welcher Art diese Beziehungen sind. Folgende Möglichkeiten stehen offen: 1. Die vom Ramus distalis abgehenden Neurofibrillen stehen mit den Zellelementen der Retina in Verbindung, entweder direkt: a) mit den in der Retina distal gelegenen Bürstenzellen, b) mit den die Bürstenzellen begleitenden Zwischenzellen, c) mit den Bürstenzellen und Zwischenzellen; oder indirekt: d) mit den proximalen Teilen der Stäbchenzellen (Stäbchen), e) mit den zwischen die Stäbchenzellen eingefügten pro- ximalen Zwischenzellen. 2. Die vom Ramus distalis abgehenden Neurofibrillen endigen frei in der Retina, ohne mit den Zellelementen derselben in Verbindung zu stehen. Die an Sehorganen gewonnenen allgemeinen Erfahrungen lehren, daß freie Nervenendigungen in den Retinae nie beobachtet werden können. Es ist uns bis jetzt kein einziger Fall bekannt, wo die Sinneszellen sich proximad so weit vom Sehareal verlagert haben, daß ihre nervösen Ausläufer im Rezeptionsorgan in Gestalt von — ich möchte sagen — nackten Fibrillen an der- jenigen Stelle anzutreffen sind, an welcher nach dem morpho- logischen Aufbau die Perzeption eines photischen Reizes erwartet werden darf. Überall da, wo auf Grund morphologischer Ver- hältnisse auf eine Rezeption derartiger Reize geschlossen werden kann, finden wir die rezipierenden Endabschnitte der nervösen Elemente entweder in bestimmten Abschnitten von Sehzellen (in Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 197 den Stäbchen), oder dann sehen wir die Fibrillen in Form von Stiftehen am freien Ende aus den Sehzellen austreten. Kurz gesagt, wir treiien in den Sehorganen primäre Sinneszellen, keine freien Nervenendigungen. Die Erfahrungen lehren des weiteren, daß auch die andere Art der Sinneszellen, die sekundären Sinneszellen, in den photischen Rezeptionsorganen — wenigstens soweit sich heute der Gesichtskreis ausdehnen läßt — nicht zur Ausbildung gelangen. Sinneszellen also, die keinen eigenen Fort- satz besitzen, sondern von Nervenfasern einer zweiten, benach- barten Sinneszelle umsponnen werden, sind bis anhin in den Seh- organen nicht beobachtet worden. Die allgemeinen Erfahrungen ziehen also die unter 1 in d) und e), und die unter 2 angeführten Innervationsmöglichkeiten sehr in Frage. Wahrscheinlicher ist, daß die Fibrillen des Ramus distalis mit den Bürstenzellen oder mit den distalen Zwischenzellen, eventuell gar mit beiden Elementen, in direkter Verbindung stehen. Von diesen drei Möglichkeiten (a, b,c) müssen wir aber sofort die beiden letztgenannten (b und ec) ausschließen, wenn wir uns an analoge Fälle halten wollen, die als völlig abgeklärt erachtet werden dürfen. Analoge Fälle sind, wenn wir von vornherein von der für die Pecten-Retina typischen Zweischichtigkeit absehen wollen, solche, wo Sehorgane mit Retinae vorliegen, die in epithelialer Anordnung nebeneinander zweierlei, morphologisch verschieden geartete Zellen aufweisen. Wir ver- gleichen dann eben diese beiderlei Zellen mit unseren Bürstenzellen und Zwischenzellen. Die Stäbchenzellen, denen eine eigene Innervierung zukommt, und die proximalen Zwischenzellen, die ohnehin nicht in direktem Zusammenhang mit den Fibrillen des Ramus distalis stehen können, brauchen in unserer Betrach- tung nicht berücksichtigt zu werden. Von den beiden Zellarten gehört in solchen Fällen gewöhnlich nur die eine Art in die Kategorie der Sinneszellen. Die andere Art von Zellen weist keine Beziehungen zum Sehnerven auf; es sind bloß ein- geschaltete Zwischenelemente. Eine vergleichend-morphologische Betrachtung würde dann ergeben, daß die als distale Zwischen- zellen aufgeführten Zellelemente in der Pecten-Retina den nicht nervösen Elementen in den Retinae jener Sehorgane entsprechen würden. Doch nach diesen theoretischen Erwägungen zu den tatsäch- lichen Verhältnissen! Das Hauptresultat unserer Untersuchungen ist das folgende: Die Fibrillen der vom Ramus distalis austretenden Nervenfasern stehen in direkter Ver- 198 Eigene Beobachtungen. bindung mit den Zellfortsätzen der distalen „Bürsten- zellen‘ der Retina. Diese Beobachtung bezieht sich auf eine Reihe von Schnitt- präparaten, welche in einwandsfreier Weise den direkten Übergang der Bürstenzellfortsätze in den Nervenstrang des Ramus distalis demonstrieren. Zum Beleg haben wir einige dieser Präparate, welche den Zusammenhang von „Bürsten- zellfortsatz“‘ mit dem Nervenast zeigen dürften, in Bildern wieder- gegeben. Verwiesen sei auf die Tafel VI, Fig. 2, 3, 4, 5. Fig. 2 gibt im Bilde die mittlere Region eines annähernd median geführten Längssehnittes durch die Retina eines Sehorganes am Mantelrande e.nes Pecien testae;, Fig. 3 zeigt zwei „Bürstenzellen‘ (dı.se.2.) mit den Fortsätzen und den in diesen differenzierten Elementar- fibrillen (el.fi.) bei starker Vergrößerung. Fig. 4 bezieht sich auf einen ähnlich geführten Schnitt und repräsentiert einen Teil der Retina in ihren Randpartien. Wir sehen die randständigen Bürstenzellen und ihr Verhalten zu dem über ihnen gelagerten Nervenast. Fig. 5 endlich demonstriert an einer ganzen Retina das Verhalten der „‚Bürstenzellen‘“ zum Ramus distalis des Optieus. Auf allen diesen Abbildungen sehen wir an einigen oder mehreren Zellen die in den Fortsätzen der „Bürstenzellen‘ diffe- renzierten Neurofibrillen sich in ununterbrochenem Zusammenhange in die Fibrillen des erwähnten Nerven- astes fortsetzen. Diejenigen „Bürstenzellen‘“, an welchen der Übergang direkt nicht nachgewiesen werden kann, stoßen doch mit ihren nervösen „Bürsten“ so hart an den Nervenstrang und treten mit ihren distalen Endabschnitten in so enge Beziehungen zur Fibrillenlage des Nerven, daß auch sie sich offensichtlich gleich verhalten, wie die eben erwähnten „Bürstenzellen“, an denen der Übergang auf einem und demselben Schnitte zu sehen ist. Immerhin ist die Anzahl der Präparate, an denen der Über- sang von Zellfortsatz in die Fibrille des Nerven festgestellt werden kann, eine verhältn’smäßig recht geringe neben der großen Anzahl derjenigen Präparate, auf denen die Bürstenfortsätze den über ihnen gelagerten Nerven nicht erreichen, vielmehr in größerer oder geringerer Entfernung unterhalb von ihm frei endigen. Diese Präparate aber scheinen sämtlich wider unsere Behauptung zu zeugen, daß ein Zusammenhang von Bürstenzellfortsatz und Nerv tatsächlich vorhanden ist. Wie kommt es nun, daß auf den einen Präparaten Nerv und Bürstenende ein anatomisches Ganzes bilden, auf anderen Präparaten der Nerv losgelöst von den Bürsten- Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 199 zellfortsätzen auftritt, dermaßen, daß ein freier Spaltraum zwischen Nerv und Zellfortsatz sich zeigt? Diese Erscheinung erklärt sich aus der erwähnten Verlaufsrichtung der einzelnen, aus dem Ramus distalis abgehenden und zur Retina strebenden Fibrillen, sowie aus der bereits namhaft gemachten Orien- tierung der einzelnen Bürstenzellen in der Retina und aus der dadurch beim Einhaten einer bestimmten Schnittrichtung re- sultierenden Art des Geschnittenwerdens der Bürsten- zellfortsätze der distalen Retinazellen. Die vom Nerven abgehenden Neurofibrillen strahlen von einer über der Retina gelegenen Stelle nach allen Seiten gegen die Sehzellenschicht aus. Würden wir nach Entfernung der Linse einen Blick von oben herab auf die distale Außenfläche der Retina werfen, so sähen wir über der zentral gelegenen Retinamulde den Ramus distalis in Form eines niedrigen Kegelstumpfes, dessen breite kreisförmige Fläche der Retina aufliegt, dessen schmales Ende der Linse zugekehrt ist, und in den der zur Kegelachse im rechten Winkel abbiegende Nervenstrang sich fortsetzt. Wichtig dabei ist, um noch einmal darauf hinzuweisen, daß nicht sämt- liche Fibrillen des Ramus distalis über der Retina eine zur op- tischen Achse parallel gestellte Verlaufsrichtung innehaben, sondern, daß nur die im Nervenbündel median gelagerten Fibrillen einer solchen Richtung folgen. Die übrigen fallen zur Retinafläche schief und zwar um so schiefer, je peripherer die Eintrittsstelle an der Retina gelegen ist. In ähnlicher Weise, wie die über der Retina liegenden Fibrillen, verhalten sich die Bürstenzellen in der Retina. Die Achsen der meisten Zellen stehen nicht parallel zueinander, sondern treffen sich in einem gemeinsamen Schnittpunkte, der etwa da liegen würde, wo der Ramus distalis sich über der Retina aufzuteilen beginnt. Mit anderen Worten: die Zellachsen der Bürstenzellen konvergieren gegen die Linse hin und divergieren gegen das Tapetum, resp. gegen die innere Pigmentschicht. Wir könnten uns auch so ausdrücken: Die Zellachsen der Bürstenzellen haben dieselbe Verlaufsrichtung, wie die über ihnen stehenden Fibrillen des Ramus distalis; sie diver- gieren also von einem in der optischen Achse befindlichen und über der Retina gelegenen bestimmten Punkte proximad nach außen. Die erwähnte Orientierung der Bürstenzellen in der Retina findet ihren Ausdruck in der charakteristischen Teller- gestalt der ganzen Sehzellschicht. 200 Eigene Beobachtungen. Zur Feststellung der Beziehungen der Bürstenzellen zu den Neurofibrillen des Opticus sind wir aber lediglich auf Längs- schnittpräparate angewiesen, bei denen die Schnittrichtung eine mehr oder weniger parallel zur optischen Achse gewählte ist. Querschnitte geben natürlich hierüber keinen Aufschluß. Es ist nun ohne weiteres klar, daß bei der schiefen Orien- tierung der meisten „Bürstenzellen“ in der Retina und bei der schiefen Lage der von ihnen abgehenden ner- vösen Elemente diese in ihrem Längsverlauf bei einer zur optischen Achse parallel gewählten Schnittrichtung in der Regel so getroffen werden, daß sie den direkten Übergang von Zellfortsatz in den Nerven nicht mehr zu veranschaulichen imstande sind. Die Bürstenfortsätze sind, wenn wir uns schlechtweg so ausdrücken dürfen, von dem über ihnen liegenden Nervenaste „abgeschnitten“ worden, ein Umstand, welcher auf Schnittpräparaten darin seinen Ausdruck findet, daß zwischen Bürstenbesatz der Zelle und Fibrillenlage des Opticus ein leerer Zwischenraum, eine Spalte, auftritt. Auf solchen Sehnitten haben dann die Bürstenzellen in der Tat das Aussehen von typischen Wimperzellen, für welche sie RıcHARD Hesse an Hand seiner Präparate begreiflich auch halten mußte. Zeigen die distalen Bürstenzellen nicht den Zusammenhang mit dem Nervenstrange, so läßt sich bis in alle Einzelheiten ein Vergleich zwischen einer Bürstenzelle und einer Wimperzelle durchführen. Wir wollen uns nur einmal an den strukturellen Bau einer Wimperzelle erinnern. Hierbei kann es sich freilich nicht um eine in Details gehende morphologische Schilderung einer Flimmerzelle handeln, noch weniger um die Aufrollung all der zum Teil hier noch recht strittigen histo-zytologischen, genetischen und funktionellen Fragen, die freilich beim Entscheid, inwieweit ein Vergleich zwischen Flimmerzelle und retinaler Bürstenzelle zulässig ist, einer ganz besonderen Prüfung bedürfen. Wir wollen hier nur kurz eine Schilderung von den allgemein morphologischen Verhältnissen einer Flimmerzelle geben, um zu zeigen, daß in der Tat ein Vergleich nahe liegt. An einer Flimmerzelle lassen sich zwei Hauptbestandteile unterscheiden: der Zelleib mit den ihm eigenen Bestandteilen (Zellkern, Zellmembran, ein strukturloser die Zellen nach außen bedeckender und vom übrigen Plasma scharf abgesetzter Zell- saum [dieser fehlt auch zuweilen], ferner [doch nicht immer] Chromidien, Nahrungsballen und sonstige Einschlüsse) und der Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 201 Flimmerapparat. Letzterer besteht aus: 1. den nach außen gerichteten und von dem einen (freien) Zellpole abgehenden Cilien mit zirkumpolarer und polarer Flimmerung; 2. den im Zellsaum gelegenen Zwischenstücken (mitunter fehlt der Zellsaum und dann fehlen auch die Zwischenstücke); 3. den in der oberfläch- lichen Plasmaschicht gelegenen Basalkörperchen; 4. den von den Basalkörperchen intrazellulär verlaufenden plasmatischen Fibrillen, die sich in ihrem Längsverlauf im Zellinnern zu einer sogenannten Faserwurzel (Fibrillenkonus nach ENGELMANN) vereinigen können. Verfolgt man eine einzelne Fibrille von ihrem distalen Ende bis zu ihrem intrazellulär gelegenen Endabschnitt, so zeigt sich — hierin stimmen die meisten Autoren überein — daß das im oberflächlichen Außenbezirk des Plasmas einer Flimmerzelle ge- legene Basalkörperchen in den Fibrillenverlauf eingeschaltet ist, der Art, daß jede einzelne, über den Zellrand hinausragende Cilie ‚mit je einem Basalkörperchen (eventuell auch einem Paar) in Verbindung steht, von welchem dann, als Fortsetzung der Cilie, eine plasmatische Fibrille weiterhin den Zelleib auf größere oder kleinere Strecke durchzieht, ohne indessen Beziehungen zum Kern der Zelle zu gewinnen. Die im Zellinnern verlaufende Plasma- fibrille endigt frei im Zytoplasma der Zelle; sie tritt nie unten aus der Zelle aus. Kommt an der freien Zelloberfläche einer Flimmerzelle noch deutlich ein Zellsaum zur Ausbildung, so wird der Zusammenhang von Cilie und Basalkörperchen durch ein so- genanntes Schaltstück (ein den Zellsaum durchsetzendes Zwischen- glied) hergestellt, welches sich zwischen das basale Ende der Cilie und das Basalkorn einschiebt. Eine typische Erscheinung in den Flimmerzellen ist das Auftreten einer sogenannten Faserwurzel oder eines Fibrillen- konus (EngELmannscher Fibrillenkegel), welcher dadurch zustande kommt, daß die von den Basalkörperchen ins Innere ziehenden Plasmafibrillen um so näher zusammentreten, je weiter sie sich in ihrem Verlauf von den Basalkörperchen entfernen, sich schließlich vereinigen und dann einen, aus den einzelnen Fasern zu- sammengefügten, frei im Zellinnern endigenden Endfaden bilden. Wenn wir speziell die bei Lamellibranchiern auftretenden Flimmerzellen berücksichtigen, so scheinen die intrazellulär ver- laufenden plasmatischen Fibrillen sich in ihren gegenseitigen Beziehungen verschieden zueinander zu verhalten. Nach ErHARDs Zusammenstellung (1910) kommen vor: Fasern ohne End!aden, Fasern mit Endfaden, typische Faserwurzeln und Faserwurzeln mit 202 Eigene Beobachtungen. Endfaden. Der Endfaden kann sich zuweilen wieder sekundär aufspalten. | Bei einem Vergleiche unserer retinalen Bürstenzellen mit Flimmerzellen dürften noch folgende an letzteren hin und wieder zu beobachtende Erscheinungen berücksichtigt werden. Obwohl in den meisten Fällen die Cilien ein homogenes Aussehen aufweisen, so soll nach den Berichten einiger Autoren in den Cilien mancher Flimmerzellen ein Axialfaden verlaufen, der dann mitunter als sehr feines dünnes Endstück aus dem basalen diekeren „Cilien- schaft‘‘ herausragen sol. Immerhin dürfte das Auftreten eines Axialfadens in den Cilien, so lange sich die Beobachtungen nicht auf ein reichlicheres Material von Flimmerzellen erstrecken, noch in Frage zu stellen sein. Die in ihrem Verlaufe meist gleichmäßig gebaute Cilie kann an ihrer Ansatzstelle noch eine besondere Verdickung (einen sogenannten ENGELMANNschen Bulbus) aufweisen. Eine häufige Erscheinung an den Flimmerzellen der Metazoen sowohl, als auch an den Wimperzellen der Einzelligen ist die Verklebung und Ver- schmelzung echter Cilien, wodurch Flimmerpinsel, Wimperflammen usw. gebildet werden können. Was das Auftreten von Basalkörper- chen anbetrifft, so ergiebt sich als Regel, daß ein Basalkörperchen je einer Cilie zufällt, und daß so viele Basalkörperchen zur Aus- bildung gelangen als Cilien im Flimmerbesatz vorhanden sind. Zuweilen können aber auch einer einzigen Cilie zwei Basalkörper- chen angehören. Die Basalkörperchen einer Flimmerzelle färben sich stets mit Kernfarbstoffen, besonders intensiv mit Hämatoxylinlösungen; Cilien und Zellensaum dagegen nehmen Plasmafarben in sich auf. Gewöhnlich liegen die einzelnen Basalkörner in einer Querreihe nebeneinander und zwar auf dem Niveau der freien Zellmembran oder etwas unterhalb derselben. Die nebeneinanderliegenden Basalkörperchen können zuweilen zu einer einheitlichen Basal- platte, zu einem sogenannten Basalsaum verschmelzen. Vom Nervenstrange losgelöst erscheinen die Bürstenzellen namentlich in der peripheren Zone der Retina, also auf den lateralen Schnitten einer Augenserie. Den direkten Übergang der Bürstenzellfortsätze in die Nervenfasern können nur diejenigen Schnitte zeigen, deren Richtung mit der Ebene, in welcher die Fibrillen verlaufen, zusammen- fällt. Es kommt also auf den reinen Zufall an, ob bei der Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 203 Orientierung des Objektes beim Einbetten und Schneiden das Auge gerade so zu liegen kommt, daß die zur Ilustration des Über- sanges notwendige Bedingung erfüllt wird. Am günstigsten sind natürlich stets möglichst median geführte Schnitte, da sie durch eine Augenregion gehen, in welcher die Bürstenzellen eine zur . optischen Achse annähernd parallele Lage haben. Solche Schnitte sind auch deshalb günstig, weil dann möglichst wenig Zellelemente angeschnitten werden, und das histologische Bild keine weitere Komplizierung erfährt. Präparate, auf denen wir ganz deutlich den Übergang von Bürstenzellfortsatz in die Fibrillen des Nerven wahrnehmen können, sind in der Tat lauter median geführte Schnitte. Nach dem Gesagten verstehen wir jetzt auch, warum der Übergang nicht an jeder Bürstenzelle sich gleich deut- lich feststellen läßt, eben deshalb, weil nicht alle Zellen und Zell- fortsätze zur Schnittebene gleich günstig liegen. Eine schöne Illustration zu unseren Ausführungen dürfte Fig. 5, Taf. VI dar- stellen. Es handelt sich um einen ziemlich ideal geführten medianen Längsschnitt durch eine Peetenretina. Über der Sehzellenschicht verläuft der Ramus distalis des Opticus. Außer den den Nerven- strang zusammensetzenden, längs verlaufenden Neurofibrillen sehen wir eine ganze Anzahl Fihrillen im Querschnitt (fr.g.). Das Schnittbild vom Nerven und der darunter liegenden Retina (Be- reich der Bürstenzellfortsätze) läßt sich leicht im Sinne der er- wähnten Nervenaufteilung verstehen. — Die im Zellfortsatz der distalen Sehzellen verlaufenden Fibrillen sind in der Regel dünnere und feinere Gebilde als die im Nerven sichtbaren nervösen Ele- mente. Offenbar haben wir es dort mit Elementarfibrillen, hier mit Primitivfibrillen zu tun. Die Elementarfbrillen der Zellfortsätze vereinigen sich in ihrem weiteren Verlaufe zu Primitivfibrillen, die den Nerven zusammensetzen. Wie früher schon erwähnt, kommt es aber auch schon in den Zellfortsätzen hin und wieder zu Vereinigungen oder Verklebungen von Elementarfibrillen, so daß dann auch hier primitivfibrillenähnliche Bildungen auftreten können. 4. Die nach morphologischen Feststellungen sich ergebende Deutung der sogenannten Bürstenzellen in der Retina der Pectenaugen. Für die Auffassung und für das Verständnis der Pecten- Retina ist natürlich die Feststellung des Übergangs der Bürsten- zellfortsätze in die Fibrillen des Ramus distalis von allergrößter 204 Eigene Beobachtungen. Wichtigkeit. Denn damit ist einmal des Sichern festgestellt, daß die „Bürstenzellen“ keine Flimmerzellen sind. Dieser Annahme stellten sich ja von vornherein schwer wiegende Bedenken entgegen. Die Existenz eines Flimmerepithels in der Retina eines Sehorganes wäre auf alle Fälle etwas Außergewöhnliches, und die physiologische Bedeutung eines solchen Zellverbandes — nament- lich bei der eigentümlichen Orientierungsweise der einzelnen Elemente im vorliegenden Fall (die Bürstenzellen würden den Stäbchenzellen den Rücken kehren) — a priori nicht erklärlich. Es könnte allenfalls daran gedacht werden, daß die Flimmerzellen im Dienste der Lymphzirkulation stünden und etwa dafür zu sorgen hätten, daß die im präretinalen Augenraum vorhandene Lymphe den Stäbchenzellen bei einer synchronen Wimperbewesung zu- gestrudelt würde. Eine andere Rolle wüßten wir den Flimmer- zellen in der Retina des Pectenauges nicht zuzuteilen. Die Feststellung des Zusammenhangs von Bürstenzellen und Nerv ergibt aber zugleich die nicht minder wichtige SchluB- folgerung, daß die Bürstenzellen nervöse Elemente sind, zumal von ihnen oder aus ihnen nervöse Fibrillen abgehen, welche die für das Leitende spezifische Färbereaktion zeigen, und die in einwandfreier Weise in ihrem weiteren Verlaufe sich als Fibrillen eines Nervenastes zu erkennen geben. Die weitere Frage ist nun die, welcher Kategorie von nervösen Zellen die Bürstenzellen zuzurechnen sind. Vier Möglichkeiten liegen offen. Die distal in der Retina gelegenen Bürstenzellen können sein: 1. Ganglienzellen, 2. Nervenzellen, 3. Sinneszellen, 4. Nervensinneszellen. (Wir halten uns dabei an die von ArArtHuy vorgeschlagene und vielerorts akzeptierte, uns selbst recht zweckmäßig erscheinende Unterscheidung von Ganglienzellen und Nervenzellen und an die von ApArtHYy für diese Elemente gegebenen Definitionen. ArArtHuy führt aus: „Ganglienzelle und Nervenzelle sind, wenigstens im entwickelten Organismus und bei den Cölomaten, verschiedene Zellarten. Die Nervenzelle ist der Muskelzelle voll- kommen analog gebaut. Sie produziert leitende Substanz in der Weise, wie die Muskelzelle kontraktile Substanz. Die leitende Sub- stanz besteht im wesentlichen aus leitenden Primitivfibrillen (mit einem allgemeineren Ausdruck: Neurofibrillen), ebenso wie die kontraktile Substanz aus kontraktilen Primitivfibrillen (mit dem entsprechenden allgemeinen Ausdruck: Myofibrillen). Die Ganglien- zelle ist gewissermaßen bloß eingeschaltet in die leitende Nerven- Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 205 bahn, wie die einzelnen Stromerzeugenden Elemente der elektri- schen Batterie in den ununterbrochenen leitenden Verlauf der Telesraphendrähte. Die Ganglienzellen produzieren das, was ge- leitet werden soll: Eine Arbeitsteilung, welche die phylogenetisch ur- sprünglich gleichartigen Zellen, die Neuroganglienzellen mit gleich- . zeitig beiderlei Funktionen in diese zwei histologisch und histo- genetisch verschiedenen Zellformen differenziert hat.“ Unsere „Bürstenzellen‘ an der Pectenretina sind offenbar nicht in eine geschlossene Nervenbahn eingeschaltet. Sie stehen wohl, wie wir gesehen haben, mit den Fibrillen eines Nervenstranges in Verbindung, haben aber innerhalb der Sehzellschicht keinen weiteren Kontakt zu anderen nervösen Elementen. Aus diesem Grunde halten wir die distalen Retinazellen nicht für Ganglien- zellen. Eher scheint uns die Annahme berechtigt, die Bürsten- zellen seien Nervenzellen. Schon auf frühen Stadien der Augenentwicklung konnten wir an einigen vom Ektoderm ausge- wanderten und ins Mesoderm verlagerten Zellen nervöse Fortsätze wahrnehmen. Die betreffenden Zellen zogen sich an ihrem freien Ende in einen plasmatischen Fortsatz aus, der unmerklich in den Zelleib überging, so daß Zelle und Fortsatz ein einheitliches Ganzes bildeten. In der Folge stellte sich heraus, daß diese Zellen die späteren Bürstenzellen repräsentieren. Obwohl wir den direkten Nachweis schuldig bleiben müssen, dürfen wir aus dem Verhalten von Nervenfortsatz zu Zelle mit gutem Gewissen annehmen, daß der Zellfortsatz ein Bestandteil der Zelle selbst ist und nicht einer fremden Zelle angehört. Von Anbeginn der Differenzierung werden die Bürstenzellen der ArAt#yvschen Definition einer Nervenzelle serecht. Wie die Bürstenzellen, so verhalten sich zweifelsohne auch die Stäbchenzellen, die sich ja ebenfalls vom Ektoderm ableiten. Nach dieser Darstellung ginge es also nicht wohl an, von einer „Innervierung‘‘ der Bürstenzellschicht und der Stäbchenzellage zu sprechen, denn der Ausdruck Innervierung dürfte zu sehr den Gedanken an eine direkte Nervenversorgung nahelegen. Nach unserem Dafürhalten sind die Bürstenzellen Nerven- zellen im Sinne ArpArays, also neurogene Elemente, Bildner des Leitenden. Damit wäre aber die physiologische Bedeutung der ‚Bürsten- zellen‘ im Sehorgan noch nicht charakterisiert. Nachihrem morpho- logischen Verhalten und ihrem Auftreten im Sehorgan zufolge 206 Eigene Beobachtungen. sind die „Bürstenzellen‘ auch Sinneszellen. Nun ergibt sich des weiteren die Frage, welcher Ausbildungsmodus von Sinnes- zellen den Bürstenzellen zugrunde liest, ob der Typus der pri- mären Sinneszelle, ob der Typus der sekundären Sinneszelle oder derjenige der freien Nervenendigung. Die Bürstenzellen haben offenbar mit freien Nervenendigungen nichts gemein. Diese ge- langen in den Sehzellschichten erfahrungsgemäß überhaupt nicht zur Ausbildung. Sekundäre Sinneszellen repräsentieren die Bürsten- zellen ebenfalls nicht, da sie ja nicht in Beziehung zu nervösen Elementen aus anderen Sinneszellen treten. Die Bürstenzellen sind ihrem Verhalten nach primäre Sinneszellen (wie übrigens auch die Stäbchenzellen), und zwar nach unserem Dafürhalten primäre Sinneszellen des opti- schen Sinnes, also Sehzellen. Alles in allem erweisen sich nach unserem Dafür- halten die Bürstenzellen als Nervensinneszellen, zumal ihnen die Aufgabe der Bildung des Leitenden zukommt und ferner, nach unserer Anschauung, auch die Perzeption von Licht- eindrücken. Nachdem sich nun der direkte Zusammenhang von Bürsten- zellfortsatz und Nervenfaser feststellen ließ, können wir für den bis anhin in Gebrauch stehenden Ausdruck ‚Bürstenzellen‘“ einen bezeichnenderen Namen einführen. Wir machen den Vor- schlag, die „Bürstenzellen“ als ‚„distale Sehzellen“ zu bezeichnen, um sie den proximalen Sehzellen, den Stäbchenzellen, gegenüberzustellen. Als Sehzellen zeigen sie allerdings einen von den Stäbchenzellen ordentlich ab weichen- den Charakter, obwohl sie wie diese, um es noch einmal zu betonen, primäre Sinneszellen darstellen. In unserem Kapitel „‚Vergleichend Anatomisches“ haben wir die Diskussion über die distalen Sehzellen noch nach einer anderen Richtung hin ausgedehnt. In diesem Zusammenhang sei noch folgendes angeführt: Mit dem Nachweis des Übergangs der Bürsten- zellfortsätze in die Nervenfasern des Opticus ergibt sich für die distalen Sehzellen eine andere Betrachtungsweise, als sie bis anhin wohl allgemein war. Bei der Annahme nämlich, die Bürsten- fortsätze der distal gelegenen Retinazellen endigen frei unterhalb des über ihnen gelagerten Nervenastes, war die allgemeine Aul- fassung über die Zellen zweifelsohne die, daß der kernführende Abschnitt der Bürstenzelle dem basalen Absehnitt der Zelle, die Bürste selbst dem freien Zellende entspreche. Wir brauchen Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 207 beispielsweise nur an eine in gleicher Orientierung sich befindende Wimperzelle zu erinnern, um diese Auffassungsweise uns ver- ständlich zu machen. Selbst wenn wir die zweite Darstellungs weise Hesses und die später von Dakın vertretene Ansicht zu Recht bestehen lassen wollten — daß die Bürstenzellen Sehzellen reprä- ‚sentieren, an denen der eigentliche Rezeptor in Form eines nach außen frei endisgenden Stiftechensaumes resp. in Form einer rezipierenden Bürste ausgebildet werde — so wäre das Bürsten- zellende als das freie Ende der Zelle, der gegenüberliegende, kern- führende Abschnitt, an welchen nach der Auffassung beider Autoren die zwischen den Seitenwandungen zweier Bürstenzellen verlaufen- den und vom Ramus distalis kommenden Neurofibrillen ziehen, als der basale Zellenteil zu bezeichnen. Daß H&sse tatsächlich dieser Ansicht huldigt, dafür spricht ja gerade die Art und Weise, wie er sich die Orientierung dieser „rezipierenden Bürstenzellen‘ in der Pecten-Retina zustande gekommen denkt. Überzeugt von der Richtigkeit der Entwicklungshypothese BürscaLis denkt sich Hesse, daß die ursprünglich an der äußeren Blasenwandung inver- tierten und mit dem basalen Nervenansatz nach außen, mit dem rezipierenden Bürstenbesatz ins Innere der Blase schauenden Zellen durch Reversion sekundär wiederum in eine vertierte Lage gekommen seien. Ganz anders aber müssen wir die in Rede stehenden Zellen nach unseren eigenen Feststellungen betrachten, wonach die Bürstenzellfortsätze mit dem Nerven zusammenhängen. Die all- gemeine Erfahrung lehrt, daß der Nervenansatz immer an der Basis der Zelle aufzufinden ist. In Übereinstimmung damit entspricht der „Bürstenfortsatz‘“ einer distalen Seh- zelle dem basalen Abschnitt der Zelle, der kernführende Teil dagegen dem freien Ende derselben. Die Endabschnitte der Neurofibrillen in den distalen Sehzellen — die Neurofibrillen endigen, wie dargetan, im Innern der Zellen — sind von der Lichtquelle abgewandt. Wir haben also in den distalen Sehzellen invertierte Sehzellen vor uns. Sie haben eine gleiche Orientierung in der Retina wie die proximalen Stäbehenzellen, unterscheiden sich aber von diesen dadurch, daß in und von ihnen eine größere Anzahl Blementarfibrillen verlaufen. In den Stäbchenzellen ist nur eine axial verlaufende Primitiv- fibrille vorhanden. Verschieden ist auch die Lage des Kernes im Innern der*beiden Zellen:,In den distalen Sehzellen liegt der Kern am freien Zellende, in den proximalen Sehzellen an der Basis der 208 Eigene Beobachtungen. Zellen und zwar da, wo die einzelnen Stäbchenzellen sich in einen nervösen Fortsatz verlängern. Die Lage des Kernes, wie wir ihr in den Stäbchenzellen begegnen, ist keine außergewöhnliche („Transtypus‘ einer Sehzelle). Daß aber der Kern in den Sehzellen mitunter auch an das freie Zellende hinaufrücken kann — wie dies bei den distalen Sehzellen in der Pecten-Retina der Fall ist — dafür geben uns die im Außenepithel gelagerten vertierten Sehzellen aus den Sehorganen von Arca und Pectunculus ein schönes Beispiel („Cistypus‘“ einer Sehzelle). (Weitere Ausführungen hierüber im vergl. anatomischen Teil pag. 224.) Endlich müssen wir noch mit einigen Worten auf die zwischen die distalen Sehzellen eingeschalteten Elemente zusprechen kommen, also auf die distalen Zwischenzellen. Es frägt sich, ob die Zwischenzellen nervöse Elemente darstellen oder nicht. Die große Ähnlichkeit der distalen Sehzellen mit Flimmerzellen einerseits, das Vorhandensein eines zweiten über der Retina gelagerten Nervenastes andererseits, bewog Hxrsse 1908, die Zwischenzellen als nervöse Zellen, als Sinneszellen des optischen Sinnes zu betrachten. Als dann später von ihm und Daxın den Bürstenzellen nervöser Cha- rakter zugeschrieben wurde, und die beiden Forscher die Zellen als vertierte Sehzellen deuteten, da verlor die Annahme, die zwischen die Bürstenzellen gelagerten Zwischenzellen seien Sinneszellen, immer mehr an Überzeugungskraft. Daxın beschrieb sie denn auch in seiner Arbeit 1910 als distale Stützelemente, die in keinem Zusammenhang mit den Fibrillen des Ramus distalis stehen. Dieses Ergebnis können wir an Hand unserer Präparate durchaus bestätigen. Die zwischen die distalen Sehzellen eingefüsten Zwischenzellen verhalten sich in dieser Hinsicht genau so, wie die zwischen die Stäbchenzellen geschalteten proximalen Zwischen- zellen. Es handelt sich hier wie dort um außerordentlich dünne, fadenartige Zellkörper, an denen auf Längsschnitten nur der schmale längliche Zellkern imponiert. Dann zeigen die Fortsätze der distalen Zwischenzellen (auch die Fortsätze der proximalen Zwischenzellen) nicht die für nervöse Bestandteile typische Fibrillen- tingierung. Um zu entscheiden, ob die Zwischenzellen nervöser Natur sind oder nicht, müssen wohl gelungene Fibrillenpräparate zu Hilfe gezogen werden, die in klarer Weise alles Leitende mikro- graphisch dargestellt enthalten. Präparate, die dieser Forderung nicht genügen, können die zwischen die distalen Sehzellen einge- schalteten Zwischenzellen als nervöse Elemente vortäuschen, weil die seitlichen Zellmembranen zweier Sehzellen mit dem eingekeilten Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 209 fadenartigen Zwischenzelleib oft den Anblick einer Primitivfibrille gewähren. Auf gelungenen Fibrillenpräparaten dagegen lassen sich derartige Grenzscheiden deutlich von typischen Primitivfibrillen und Elementarfibrillen unterscheiden. 5. Teratologisches. Es möge am Schlusse unserer Untersuchungen noch kurz auf einen Befund hingewiesen werden, der uns bei der Durch- musterung von Schnittserien durch Augen am Mantelrande bei Pecten überraschte, und der, obwohl er für die Klärung der Bau- verhältnisse der Sehorgane ohne Belang zu sein scheint, doch einiges Interesse beanspruchen dürfte. Schon Hesse hatte seine Augenuntersuchungen an den Mantel- rändern einer großen Anzahl von Kammuscheln der verschiedensten Spezies durchgeführt. An der Zoologischen Station zu Neapel konnten uns fast sämtliche im Golfe vorkommende Arten in ver- schiedenen Exemplaren zur Verfügung gestellt werden. Zudem nahmen sich die Herren Professoren S. Harra und R. KoLLErR auf die freundliche Empfehlung von Herrn Professor Lang die Mühe, mir Mantelränder von zwei japanischen Pecten-Arten (P. japo- nicus und yessoensis) wunschgemäß fixiert zu übersenden. Es war uns also die Möglichkeit geboten, an einem schönen und reich- haltigen Vergleichsmaterial einmal gemachte Feststellungen nach- prüfen zu können. Dabei ergab sich aber bald, daß im wesentlichen das Bild vom Aufbau der Sehorgane — abgesehen von dem noch zu besprechenden Fall — immer das nämliche blieb, mochten sie dem Mantelsaume dieser oder jener Pecten-Art angehören. Etwaige Differenzen äußerten sich nur in der Größe der Sehorgane oder in der Ausbildungsweise der die einzelnen Organteile aufbauen- den Zellelemente. Verschiedenartig ausgebildet können beispiels- weise die Corneazellen an den Sehorganen bei den einzelnen Species sein: Es lassen sich alle Übergänge von einem flachen und niedrigen Corneaepithel in ein hochgewölbtes Zylinderepithel feststellen. Ein solches besitzen beispielsweise die Sehorgane am Mantelsaume von Pecten varius und Pecten yessoensis. Im übrigen zeigen aber die Sehorgane an den Mantelrändern der verschiedenen Pecten-Arten im Hinblick auf den Gesamtaufbau wie gesagt keine auffallenden Abweichungen. Um so überraschender war es nun, am Mantelrande eines Pecten inflexus — die Art findet sich im Golfe von Neapel — Seh- ‚organen zu begegnen, deren Retinae andere Bauverhältnisse 14 210 Eigene Beobachtungen. zeigen. Hervorgehoben sei, daß diese dem allgemeinen Schema nicht entsprechenden Sehorgane an einem und demselben Indi- viduum aufgefunden wurden; andere Exemplare derselben Art verfügten über ganz normal gebaute Augen. Da es sich in unserem Falle um eine große, ausgewachsene Muschel handelte, die an jedem Mantelrande eine beträchtliche Anzahl Sinnesorgane aufwies, so mußten wir uns versagen, sämtliche Augen auf ihr strukturelles Verhalten hin zu untersuchen. Wir begnügten uns, einen Teil derselben einzeln in lückenlose Schnittserien zu zer- legen. Unter 10 Augen — sie waren alle am nämlichen Mantel- saume ausgebildet — zeigten sechs das irreguläre, vier das reguläre Verhalten. Abweichungen im Bau der Pecien-Retina hatte seinerzeit schon SCHNEIDER namhaft gemacht. SCHNEIDER erwähnt eine auffällige Erscheinung, die ihm am Außenepithel der Retina von Sehorganen einer nicht näher bestimmten Pecten-Spezies entgegen- trat. An diesen Befund knüpfte ja SCHNEIDER seine Betrachtungen über die Entwicklungsvorgänge der Sehorgane (vide pag. 111). SCHNEIDER konnte an mehreren Augenpräparaten einen am Rand der Retina auftretenden „Umschlag des Außenepithels“ (SCHNEIDER, B. 1902, pag. 560, Fig. 469) wahrnehmen. ‚Im mittleren Bereich der Retina scheinen Umschlagstellen zu fehlen.“ Wie verhält es sich nun mit dem sogenannten Umschlag? In der Mitte der Retina sind die „Bürstenzellen“ (unsere distalen Sehzellen) so orientiert, daß ihre Längsachsen mehr oder weniger parallel zur optischen Achse gerichtet sind. Die randständigen Zellen zeigen dagegen ein anderes Verhalten: ihre Achsen fallen schief zur genannten optischen Achse; die Achsen divergieren gegen die Linse. Eine ganz ähnliche Erscheinung trat uns nun an den Retinae der erwähnten Sehorgane am Mantelsaume jenes Pecien inflexus ent- gegen. Der Ums chlag zeigte sich indessen nicht am retinalen Außenepithel, an der distalen Sehzellenschicht, sondern in dem proximal gelegenen Abschnitt der Retina, also im Bereich der Stäbchenzellage und der Lage der Zwischensubstanz'(vide Fie. 9, Taf. VID. An den betreffenden Präparaten sieht man nämlich die peripheren Teile des retinalen Randgebietes von beiden Seiten wulst- artig — unter einem Umschlag — gegen die Medianlinie des Auges vorstoßen. Zwischen den einander genäherten Rändern der vor- springenden Retinawülste liegt ziemlich‘ median ein Protoplasma- pfropf (Fig. 9 u. 10, Taf. VII £l.pf.). Durch das Auswachsen der Randwülste einerseits und durch das Sichdazwischenlagern Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 211 einer plasmatischen Zone andererseits wird ein vollkommen geschlossener Hohlraum abgekammert. An den von SCHNEIDER untersuchten Sehorganen ist durch das Vorhandensein eines in seine Fasern sich aufteilenden distalen Nervenastes nach dem Um- schlage dem Vorrücken der ‚„Bürstenzellen‘‘ medianwärts eine Grenze gezogen. Die Bürstenzellen umstellen „ringartig“‘ das Ende des Nerven. Im proximalen Retinabezirk (vide Fig. 9 u. 10, Taf. VII), wo ein solcher Nerv nicht vorhanden ist, können die beiderseits vorspringenden Retinawülste ungehindert bis zur Mittellinie des Auges vordringen. Das Außenepithel der Retina (distale Schzellenschicht) zeigt an den betreffenden Sehorganen am Mantelsaume jenes Pecten inflexus das reguläre Verhalten. Was in der proximalen Stäbchenschicht zunächst auffällt, ist das, daß die Stäbchenzellen nicht in üblicher Weise aus- gebildet sind. Auf unseren Präparaten zeigen sich nur die peripher gelagerten Zellkerne in den retinalen Randgebieten und die von diesen ausgehenden nervösen Elemente (Primitivfibrillen). Während wir normalerweise die in den Stäbchenzellen verlaufenden Primitivfibrillen im Medianbezirk der Retina eng aneinander gereiht vorfinden, so sind in unserem speziellen Falle die Fibrillen in dieser Zone spärlich vorhanden oder überhaupt nicht zu sehen. Auch in der Zwischensubstanz zeigen sich in der median gelegenen Zone keinerlei Neurofibrillen, wo sie ja für gewöhnlich besonders deutlich zu Gesichte treten. Dagegen treten eine große Anzahl von Fibrillen in den „umgeschlagenen‘ Randpartien der Retina auf. Infolge des Umschlages sind die in den Retinawülsten zu äußerst ausgebildeten Fibrillen in ihren Endabschnitten der Lichtquelle zugekehrt. In der proximalen Zwischensubstanz fehlen typische Stäbchenbildungen. Über der Grenzlinie, welche die „Zwischen- substanz‘‘ vom übrigen Teil der Retina scheidet, liegen zwischen den einzelnen Neurofibrillen die Kerne der Zwischenzellen (Fig. 9, Taf. VII pr.zw.z.k.). An der Stelle, wo die beiden Retinawülste an den erwähnten Plasmapfropf stoßen, findet sich auf den Prä- paraten eine große Anzahl Neurofibrillen, die infolge des schmal ausgezogenen Gewebewulstes eng aneinander liegend verlaufen und am Grenzrande gewöhnlich mit einer besonderen Verdiekung endigen; sie dringen nicht in den ihnen vorgelagerten Plasma- pfropf ein. Im diesem, wie übrigens auch in der fibrillen- freien resp. fibrillenarmen (median gelegenen) Zone der Zwischen- substanz zeigen sich zahlreiche, auffallend kleine Kerne (Fig. 10, 14* 212 Eigene Beobachtungen. Taf. VII 22.pf.), die offenbar einer Kernobliteration anheim- gefallen sind (Anhäufungen von Chromatinsubstanz. Auch hier scheinen also wiederum die Befunde für die Richtigkeit unserer Behauptung zu sprechen, daß die Lage. der Zwischensubstanz ursprünglich einen aus Zellen zusammengesetzten Gewebeteil darstellt. Man könnte nun glauben, daß in diesen eigenartigen Wulst- bildungen an den Retinae obgenannter Sehorgane noch eine Reminiszenzerscheinung an eine weiter zurückliegende Phase der Organentwicklung auftreten würde, etwa in der Art, daß der von den Retinawülsten eingefaßte und mit einem Plasmapfropf ab- geschlossene Hohlraum dem Hohlraum der embryonalen Augsen- blase entspräche. Unsere entwicklungsgeschichtlichen Unter- suchungen haben aber gezeigt, daß der Spaltraum, welcher an der Embryonalanlage des Sehorganes auftritt, zwischen Anlage der Retina und Anlage des Tapetum liest, also topographisch mit dem an den erwähnten abnormen Retinae beobachteten „intraretinalen‘ Hohlraum nichts zu tun hat. Wir neigen eher dahin, diesen eigentümlichen Retinabildungen terato- logischen Charakter beizumessen. Zugunsten einer der- artigen Auffassung spricht unseres Erachtens besonders der Umstand, daß die in Rede stehenden Sehorgane auf den Mantel- saum eines vereinzelten Individuums entfallen, und daß andere Exemplare derselben Spezies wiederum ganz normal gebaute Seh- organe aufweisen. Wir haben schon früher bemerkt, daß ein eigenartiges histologisches Verhalten in den Randpartien voll- ständig entwickelter Sehorgane zugunsten der Annahme spricht, die periphere Zone der Retina stelle eine Neubildungszone für retinale Elemente dar. Häufig kann nämlich beobachtet werden, daß die Stäbchen der Stäbchenzellen im Randbezirk der Retina noch nicht ausgebildet sind, und daß von den Stäbchenzellen die Axialfibrillen nur bis an die Grenzlinie von Stäbchen- zellschieht und Zwischensubstanz ziehen, ohne in letztere ein- zudringsen. Die unter der eigentlichen Retina gegen die Mitte vordringenden Retinawülste zeigen nun histologisch gerade das- selbe Verhalten wie die peripheren Außenpartien einer normal ausgebildeten Retina eines entwickelten Sehorgans.. Da in der Mittelzone der Retina keine oder nur sehr wenige nervöse Ele- mente zur Differenzierung gelangen, so hat offenbar in den Rand- gebieten eine auffallend starke Fibrillenentwicklung stattgefunden, welche dann zu einer Gewebeerweiterung im peripheren Retina- Beobachtungen an entwickelten Sehorganen. 213 bezirk führen konnte. Da aber die angrenzenden Wandungen des Augententakels dem Wachstum der Retina nach dieser Seite hin hindernd in den Weg traten, so mußte notwendigerweise ein Umschlag im erwähnten Sinne erfolgen. Daß auch die Wachstumszone der Außenschicht, der distalen Sehzellenschicht der Retina, in den peripheren Randgebieten zu suchen ist, wurde früher schon erwähnt. Man könnte sich nun vorstellen, daß zuweilen die Zellvermehrung im distalen Retina- gebiet ungleichen Schritt mit der Zellvermehrung in der proximalen Retinazone hält, und daß der Zuwachs neuer Elemente an der distalen Sehzellenlage stärker ist als an der proximalen Sehzellen- lage. Eine Folge davon könnten dann die von SCHNEIDER be- obachteten Umschlassbildungen sein. C. Vergleichend-Anatomisches. I. Vergleichend-anatomische Betrachtungen an den Sehorganen der Lamellibranchier. 1. Feststellungen über das Vorkommen von Sehorganen am Mantelrande der Lamellibranchier. Sehen wir von den larvalen Augen der Mytiliden und Avi- culiden ab, so bleiben uns noch eine große Anzahl von Sehorganen bei Lamellibranchiern, die alle am freien Mantelrande vor- kommen. Dieses Verhalten von Sehorganen, beschränkt auf den freien Saum des Mantels, ist ohne weiteres verständlich und er- scheint durchaus sinngemäß. Ist doch der Mantelsaum derjenige Teil einer Muschel, welcher neben der Schale in erster Linie zu der Außenwelt in Beziehung tritt und daher auch der Lichteinwirkung am ehesten zugänglich ist. Die Sehorgane umstellen entweder den Mantelrand in seiner ganzen Ausdehnung (Lima, Pecten, Spondylus), oder sie sind auf bestimmte Abschnitte desselben be- schränkt (Arca noae, Cardium edule und Cardium muticum). Die Art der Verteilung der Sehorgane am Mantel hängt mit der jeweiligen biologischen Orientierung der Tiere zusammen. Bei Arca noae ist die biologische Orientierung so, daß der Schloßrand und die durch die Ausbildung der beiden Umbones gekennzeichnete Schalengegend, d. h. die Dorsalseite der Muschel nach oben schaut. Der ventrale Schalenrand dagegen ist der Unter- lage zugekehrt. Die dem Lichte am ehesten exponierten Stellen am Mantelsaume sind deshalb die an den Schloßrand angrenzenden Partien, also das anatomische „Vorn‘ und „Hinten“. Hier finden wir denn auch tatsächlich in großer Zahl die als Komplexaugen (Fächeraugen) uns bekannten Sehorgane. Der mittlere Teil des Mantels, welcher der Unterlage zugekehrt ist, entbehrt der Augen. Bei Lima sgquamosa und L. excavata haben wir den umgekehrten Fall. Die Zima-Arten liegen für gewöhnlich auf dem Rücken: Der Schloßrand ist nach unten gekehrt; der freie Rand der Schalen- klappen, und damit der auf die anatomische Ventralseite ent- Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 215 fallende Teil des Mantels schaut nach oben. Wie zu erwarten, wird denn auch dieser für die Ausbildung der Sehorgane beansprucht. Sehorgane fehlen dagegen in der Nachbarschaft des Schlosses, angeblich auf einer Strecke von 1—11, em. Wieder anders sind die Verhältnisse bei den Cardirden. Hier lassen sich mit aller Deutlichkeit Relationen zwischen physiolo- sischer Orientierung einerseits, Auftreten und Vorkommen von Sehorganen andererseits, aufstellen. Wie schon an früherer Stelle bemerkt, kommt es am Mantelrande der Cardiiden an zwei Stellen zu einer Verwachsung, so daß bei klaffenden Schalen drei Öft- nungen am Mantel sich wahrnehmen lassen: ein ansehnlicher Mantelschlitz auf der anatomischen Ventralseite der Muschel und zwei daran anschließende, mehr dem Schloßrande genäherte Öffnungen (Anal- und Branchialsipho). Der auf die beiden Siphonen entfallende Teil des Mantels ist dem Lichteinfluß allein zugänglich, zumal die Tiere derart im Sande stecken, daß nur die beiden Siphonen aus demselben herausragen. Das Vorkommen der Mantelaugen bei den Cardirden ist denn auch in der Tat auf die Gegend des Anal- und Branchialsipho beschränkt. Wie erwähnt, umstellen die Augen in großer Zahl (an einem Sipho bis zu 100 und mehr) die Mündung der erwähnten Siphonen. Wenden wir uns endlich den Pectiniden und Spondyliden zu! Den Pecten-Arten und Spondyliden kommt wiederum eine ganz andere biologische (physiologische) Orientierung zu. Die Vertreter der beiden Gattungen liegen stets auf einer der beiden Schalen- klappen. Einige Vertreter der Pectines sind, wie anfangs ausgeführt, pleurothetische Formen: Der Unterlage zugekehrt ist immer die- selbe (rechte) Schalenklappe; die andere Schalenklappe bildet einen Deckel über die erste. Ähnliches läßt sich von den fest- sitzenden Spondyliden sagen. Stehen die Schalenklappen der Pectiniden oder Spondyliden voneinander ab, und wird der Mantel- rand bis zum Schalenrand vorgestoßen, ja noch über ihn hinaus- geschoben, so können die Lichtstrahlen von allen Seiten den Mantel- saum erreichen. Dementsprechend ist die Lage, Verteilung und die Orientierung der Sehorgane am Mantelrand. Die Augen um- stellen in ziemlich gleichmäßiger Verteilung den ganzen Mantel- rand und zwar sowohl den Mantelsaum, welcher der nach oben gerichteten Schalenklappe anliest, als auch den Mantelsaum, der die untere Schalenklappe begleitet: Da offenbar der obere Mantelrand mehr Licht empfängt als der untere, erscheint uns die Tatsache erklärlich, daß der obere Mantelsaum durchschnittlich 216 Vergleichend-Anatomisches. eine größere Zahl von Augen aufweist als der untere. Sehr schön läßt sich dies an der ausgesprochen pleurothetischen Form Pecten jacobaeus feststellen, wo der nach unten gekehrte Mantelsaum bedeutend weniger Augen aufweist als der nach oben gekehrte. Die einzelnen Sehorgane stehen infolgedessen am unteren Mantel- saume weiter auseinander und sind meistens auffallend kleiner als die am oberen Mantelrande ausgebildeten Augen. Ob die ersteren tatsächlich einer Rückbildung unterworfen sind, darüber können wir uns an Hand mikroskopischer Präparate noch nicht des Bestimmten verbreiten. 2. Die Retinazellen an den Mantelaugen. a) Die Sehzellen. aa) Die Sehzellentypen. Wenn wir die Sehzellen aus den verschiedenen Sehorganen am Mantelrande augentragender Lamellibranchier einander gegenüber- stellen und vergleichsweise betrachten, so zeigen sich, sowohl im Hinblick auf die Ausgestaltung der Sehzellen selbst, als auch im Hinblick auf die Beschaffenheit der nervösen, perzipierenden und konduktilen Elemente in denselben, Eigentümlichkeiten, die allen Sehzellen zukommen, und solche, die wiederum nur an bestimmten Sehzellen gewisser Augen der Acephalen wahrzunehmen sind. Aus den nachstehenden Beschreibungen der einzelnen Sehzellen läßt sich zweierlei ersehen: 1. Die Sehzellen aus den Mantelaugen der Lamellibranchier sind primäre Sinneszellen, d. h. Sinneszellen mit einem zur Zelle selbst gehörenden Nervenfortsatz. 2. In den bis jetzt uns bekannt gewordenen Mantelaugen der Lamellibranchier treten Sehzellen auf, die in bezug auf die Ausbildung ihrer nervösen Elemente sich in zwei Kategorien ein- ordnen lassen: in die des sogenannten „Transtypus‘ und die des sogenannten „Cistypus“. 1. Die Sehzellen der Komplexaugen von Arca. An den Komplexaugen von Arca noae zeigen die Sehzellen einen höchst interessanten und eigenartigsen Bau. Wie wir gesehen haben repräsentiert das ganze Auge einen Abschnitt der Mantelepidermis. Die Sehzellen sind verlängerte Epithelzellen und unterscheiden sich von den angrenzenden Epidermiszellen, wenn wir von ihrer bedeutenderen Höhe absehen, durch eine im Dienste der Seh- funktion stehende eigenartige Differenzierung. An einer solchen u u Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 217 Zelle sind drei Teile auseinander zu halten: Ein distaler Teil, der von einer kutikularen Bildung (Linse) beansprucht wird, ein mitt- lerer, erweiterter und kernführender Teil, endlich ein proximaler schlanker Abschnitt, der die nervösen rezipierenden Elemente auf- nimmt. Die am distalen Ende zur Ausbildung gelangende und von jeder einzelnen Zelle ausgeschiedene Kutikula verleiht der Sinnes- zelle den Charakter eines Einzelauges. Jene funktioniert nämlich als Linse und bildet einen Teil des zum Einzelauge gehörenden Hilfsapparates, der durch die die Sehzellen umscheidenden Pigment- zellen noch komplettiert wird. Die eigentliche Sehzelle beginnt erst da, wo die Kutikula aufhört. In dem als mittleren Teil bezeichneten, an die Kutikula unmittelbar angrenzenden Abschnitt der Zelle finden wir den Kern. Er liegt nach Hesses Schilderung der kon- kaven, inneren Fläche der Kutikula auf. Beachtenswert ist, daß der Kern in den Sehzellen der Komplexaugen von Arca (Pectunculus) in dem der Zellbasis gegenüber- liegenden freien Abschnitt der Zelle liegt. An den Seh- zellen des Arca-Auges, die ihre Lage noch in der Epidermis haben, läßt sich ohne weiteres die Zellbasis vom freien Zellende unter- scheiden. Im mittleren Abschnitt der Sehzelle sind „körnige homogene Massen‘‘ wahrzunehmen, die nach Hesse entweder als Linsenzylin- der im Sinne Exners Kristallkegel (Sehzellen bei Insektenaugen) aufzufassen sind, oder dann als sogenannte „Schaltstücke‘“ ge- deutet werden können, die zu einer Verschiebung der rezeptorischen Teile nach dem basalen Zellabschnitt führen konnten. Der uns am meisten interessierende Abschnitt ist natürlich der basale resp. proximale Abschnitt der Sehzelle. Dieser enthält die nervösen Elemente und geht direkt in eine Nervenfaser über. Wenn wir uns an die in bezug auf die Ausbildung der nervösen Elemente und namentlich in bezug auf die Anordnungsweise der rezipierenden Endabschnitte so verschiedenartigen Sehzellen der Mollusken-Augen erinnern, so weicht die hier in Rede stehende Sehzelle nicht unwesentlich von den übrigen ab. Nicht befremdend ist, daß der Nervenansatz am basalen Ende der Zelle sich vorfindet: Die Sehzelle verfügt über einen eigenen nervösen Fortsatz, mit dem sie eine neurologische Einheit bildet. Das ist laut Definition der Fall für ‚„‚primäre Sinneszellen“. Offenbar ist auch die Seh- zelle von Arca eine primäre Sinneszelle. Die Abweichungen aber, die sich bei einem Vergleich mit den meisten übrigen Sehzellen aus den Sehorganen der Mollusken ergeben, zeigen sich na- 218 Vergleichend-Anatomisches. mentlich in der Art der Ausbreitung und Endisungsweise der Neurofibrillen. Häufig zeigt sich an den Sehzellen der Mollusken folgendes: Die durch den Zellfortsatz in die Zelle tretende Neuro- fibrille — es handelt sich in den meisten Fällen um eine Primitiv- fibrille — spaltet sich in ihre Untereinheiten, in Elementar- fibrillen auf, welche den Zellkörper der ganzen Länge nach durch- ziehen, und welche in Form eines Stiftchensaumes am freien Zell- ende aus der Zelle treten. Der Stiftehensaum ist bei diesen Zellen ein anatomisch abtrennbarer Teil der Zelle selbst, gleichviel, wie der Stiftehensaum im einzelnen Fall beschaffen ist. Wie sind nun die Verhältnisse an den Sehzellen aus den Komplexaugen von Arca? Die Neurofibrillen durchziehen nicht die ganze Sehzelle; sie beschränken sich auf den basalen Dritteil derselben. An der Eintrittsstelle der Nervenfaser in die Zelle erscheint die Neurofibrille nicht in Gestalt einer einzigen Primitivfibrille, sondern in Ferm eines eng geschlossenen Elementarfibrillenstranges. Der Fibrillen- strang verläuft in der Sehzelle axial. In einem Längsschnitt treffen wir den Stiftehensaum zu beiden Seiten der Axialfaser. Die einzelnen Stiftchen stehen dicht, palissadenartig nebeneinander. Sie stehen zur Längsachse der Zelle senkrecht. H&sse ist es frei- lich nieht gelungen, den Übergang der einzelnen Stiftehen in die entsprechenden Fibrillen nachzuweisen. Auf Grund analoger Ver- hältnisse bei anderen Sehzellen, wo der Übergang von Stiftehen in die Neurofibrillen tatsächlich festgestellt werden kann, dürfen wir aber auch im vorliegenden Fall mit einiger Sicherheit annehmen, daß dieser Übergang vorhanden ist. Nach Hxsse stoßen die Stift- chen, obwohl sie nicht, wie an den meisten Sehzellen der Mollusken, im freien Außenbezirk der Zelle zur Ausbildung gelangen, gleich- wohl an die Oberfläche der Zelle. Hesse hebt mit Recht hervor, daß von einem prinzipiellen Unterschied im Verhalten der Stift- chen zu den Nervenfasern an den Sehzellen der Komplexaugen von Arca und an den Sehzellen aus den Sehorganen der übrigen Mollusken mit einem sogenannten äußeren Stiftchensaum nicht die Rede sein kann. In ganz ähnlicher Weise wie bei Arca sind die Sehzellen an den Fächeraugen der nahe verwandten Pectunculiden ausgebildet. 2. Die Sehzellen in den Sehorganen von Lima. In den Sehzellen der Augen von Lima haben wir wieder einen anderen Typus von Rezeptoren vor uns. Der Grundtypus ist freilich derselbe: Auch die Sehzellen am Mantelrande von Lima sind primäre Sinneszellen. Im übrigen handelt es sich um einen Typus, nn Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 219 wie er uns beispielsweise vom Cephalopodenauge her bekannt sein dürfte. An der Sehzelle sind zwei Abschnitte zu unterscheiden: Der eigentliche Zelleib und das sogenannte Stäbchen. Der Zell- leib ist lang und schmal und zeigt eine deutliche Erweiterung nur im basalen Dritteil der Zelle, nämlich an der Stelle, wo der Kern liest. Noch weiter basalwärts verschmälert sich wiederum die Zelle, indem sie sich in eine nervöse Faser auszieht, die im weiteren Verlaufe eine Fibrille des Opticus darstellt. Das Stäbchen reprä- sentiert nur einen besonderen Abschnitt der Sehzelle; es ist durch die äußere Form und durch das differente Aussehen des Plasmas charakterisiert. Das Stäbchen hat an den Sehzellen der Lima- Augen eine mehr oder weniger kölbchenartigse Form und ist verhältnismäßig nicht so lang wie an den Sehzellen der Cephalo- poden-Augen. Im Stäbchen finden wir das leitende Element in Form einer Primitivübrille. Jedes Stäbchen durchläuft nur eine einzige Neurofibrille. Diese zeigt im Endteil des Stäbchens, ganz ähnlich wie es an den Sehzellen der Cedhalopoden-Retina be- obachtet werden kann, eine knöpfchenartige Endverdiekung. Von Hesse konnte die Fibrille nur im Stäbchenabschnitt der Sehzelle dargestellt werden. Wir dürfen aber annehmen, daß sie auch im übrigen Zelleib vorhanden ist und letzteren in ähnlicher Weise durchzieht wie das Stäbchen. Die Fibrille geht in den nervösen Zellfortsatz der Sehzelle über. 3. Wir kommen nun zur Besprechung der Sehzellen der Mantelaugen des Genus Cardium. Da die Sehzellen aus den Sehorganen von Cardium edule sich anders verhalten als die Sehzellen von Cardium muticum, so dürfte eine Schilderung von beiden rezeptorischen Elementen angebracht sein. a) Die Sehzellen aus den Sehorganen von Cardium edule: Bei der Schilderung der Sehzellen aus den Sehorganen von Arca und Lima hatten wir uns an die Angaben Hesses gehalten. Es liegt kein Grund vor, an der Zuverlässigkeit der stets mit großer Sorgfalt durchgeführten Untersuchungen dieses Forschers zu zweifeln. Was die Sehzellen von Arca noae anbetrifft, so hatten wir übrigens Gelegenheit, an eigenen nach der Goldchloridmethode ArAtuys behandelten Präparaten uns von der Richtigkeit der Hesseschen Beobachtungen zu überzeugen. Schwerer fällt, eine Schilderung der Sehzellen aus den Mantel- augen von Cardium edule zu geben, deshalb nämlich, weil sich an Hand der Abbildungen und auf Grund der textlichen Ausführungen - der betreffenden Autoren (ZUGMEYER, WEBER) kein vollkommen 220 Vergleichend-Anatomisches. klares Bild vom vorliegenden Sehzelltypus gewinnen läßt. Nach den Angaben der beiden Autoren, ZUGMAYER und WEBER, sind gerade die Sehzellen von Cardıum edule äußerst schwierig zu kon- servieren und bieten deshalb der Untersuchung große Schwierig- keiten. Wir geben am besten die Schilderung der Sehzellen nach WEBER wörtlich: ‚„Innerviert werden diese Retinazellen von einem schmalen, vom Hauptaste abgehenden Nerven. Die Neuro- fibrillen dringen in der Retinazelle bis zum Kerne vor, was man öfters deutlich sehen kann und scheinen sich dort in parallele, die ganze Zelle durchziehende Fasern aufzulösen, was aber bei der Kleinheit des Objektes nicht mit absoluter Sicherheit nachzuweisen ist. Wo der Nerv an die Retinazelle herantritt, ist der Basalteil derselben. Wir finden an diesem Ende den großen Kern mit deut- lichem Nucleolus. Das Plasma der Zelle ist parallel der Längsachse der Retinazellen gestreift, und wir sehen am distalen (!) Ende einen Bürstenbesatz mit deutlichem Basalkörper, ähnlich wie an der Zellreihe bei Pecien am distalen Sinnesepithel.“ b) Die Sehzellen bei Cardium muticum: Die Sehzellen der Augen von Cardıum muticum werden wiederum an ihrer Basis innerviert. Es sind zweifellos primäre Sinneszelen. An den Rezeptoren lassen sich, wie an den Sehzellen am Mantel von Lima, deutlich zwei Abschnitte unterscheiden: Ein kernführender, ziem- lich kurzer Abschnitt und ein bedeutend längerer Teil, das Stäb- chen. Beide Zellteile sollen durch eine Art Limitans voneinander getrennt sein. Auch im Hinblick auf das Verhalten der nervösen Elemente stimmen die Sehzellen bei Cardium muticum vollkommen mit den Sehzellen bei Lima überein. Das Stäbchen sowohl als auch die Zelle selbst wird von einer Neurofibrille durchlaufen. Diese zeigt im Stäbchen den charakteristisch geschlängelten Verlauf. 4. Die Sehzellen in der Retina der Mantelaugen bei Pecten: Wie schon von früheren Autoren (Hesse, DAKIN) ver- mutet worden war, und wie sich bei unseren eigenen Untersuchungen tatsächlich herausstellte, kommen in der Retina der Mantelaugen bei Pecten zweierlei Arten von Sehzellen vor. Die eine Art tritt ausschließlich in der distal gelegenen Zellage der Retina auf; die andere Art beschränkt sich auf die proximale Zellenschicht der- selben. Die beiden Sehzellarten weichen in ihrer Form und in ihrem strukturellen Bau bedeutend voneinander ab, so daß wir mit gutem Recht von zwei gesonderten Typen von Sehzellen sprechen dürfen. Wir wollen uns kurz noch einmal das wichtigste in Erinnerung rufen: a en a _—— [16 - a a ee Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 221 a) Die distal gelegenen Sehzellen (,Bürstenzellen‘“, „„Wimperzellen“, „‚Ganglienzellen‘): Die distal gelegenen Sehzellen zeigen noch am ehesten die Form, die sie als ursprüngliche Bestand- teile der Epidermis charakterisiert. Sie sind zylinderförmig und gewöhnlich am freien Zellende etwas breiter als an der Zellbasis. Ihre Form variiert übrigens bei den verschiedenen Arten des Genus Pecten. Zwei Abschnitte lassen sich an der Zelle deutlich unterscheiden: der Zelleib, welcher den Kern enthält, und der ner- vöse Fortsatz der Zelle. Entsprechend dem breiteren Zelleib der Sehzellen zeigt auch der Kern nicht die schmale Ovoidgestalt, die dem Zellkern der im ganzen viel schmäleren proximal gelegenen Sehzelle (Stäbchenzelle) eigen ist. Er ist rundlich, bläschen- förmis und läßt im Zentrum deutlich einen Nucleolus erkennen. Das Chromatin befindet sich in gleichmäßiger Verteilung im Kern. Der Übergang vom Zelleib in den Zellfortsatz wird markiert durch die Reihe der „Basalkörperchen‘. Besondere Beachtung ver- dient der Zellfortsatz der distalen Sehzellen, der im wesentlichen aus einem Bündel äußerst feiner Fibrillen (Elementarfibrillen im Sinne von ApAr#y) dargestellt wird. Das Fibrillenbündel einer Sehzelle verbindet sich in einiger Entfernung von der Zelle mit dem Fibrillenbündel der benachbarten Zelle zu einem Fibrillenstrang. Die Fibrillen aller distalen Sehzellen vereinigen sich zu einem Nervenaste, zum wohlbekannten distalen Teilast des Optieus. Beim Austritt der Fibrillen aus der Zelle finden wir, wie erwähnt, die Basalkörperchen. Diese sind in den Fibrillenverlauf eingeschaltet. Sie verbinden die in die Zellen eintretenden Fibrillen mit den im Innern der Zellen verlaufenden Elementen. In Wirklichkeit sind die Basalkörperchen wohl nichts anderes als bestimmte verdickte Ab- schnitte von Elementarfibrillen. Diese in den Zellen verlaufenden Fibrillen zeigen an ihrem proximalen Ende als weitere Ver- diekunsen nervöse, nach unserer Auffassung für die Perzeption der lichtreize besonders geeignete Endabschnitte. Die Fibrillen durchlaufen nur den basalen Dritteil der Sehzelle. b) Die proximal gelegenen Sehzellen (Stäbchenzellen): Die proximal gelegenen Sehzellen verhalten sich morphologisch in mancher Beziehung verschieden von den distal gelegenen. Die einzelne Zelle ist langgestreckt und schmal. An jeder Zelle treffen wir wiederum zwei charakteristische Abschnitte: den Zelleib, der unmerklich in den nervösen Fortsatz, in die Fibrille übergeht und einen besonders differenzierten Endabschnitt, ein sogenanntes Stäbchen. Zelle und Stäbchen durchläuft eine einzige Primitiv- 222 Vergleichend-Anatomisches. fibrille. Der Kern liest im basalen Teil der Zelle und ist, entsprechend der Gesamtform der Zelle, länglich-gestreckt. Die Stäbchenzelle ist wiederum eine primäre Sinneszelle. bb) Die engeren Beziehungen der Sehzellen in den Mantelaugen der Lamellibranchier. Wenn wir die verschiedenen Sehzellen aus den Sehorganen am Mantelrande der erwähnten Lamellibranchier betrachten, so fallen uns Rezeptoren auf, die durch eine Anzahl gemeinsamer Merkmale charakterisiert sind. Wir könnten beispielsweise aus- einanderhalten: Sehzellen ohne Stäbchen und Sehzellen mit Stäbchen. A. Die Sehzellen ohne Stäbchen. Hierher gehören die Sehzellen aus den Komplexaugen von Arca und Pectunculus, die Sehzellen der Tentakelaugen von Cardium edule und die distalen Photorezeptoren in der Retina der Pectiniden und Spondvliden. Alle diese Sehzellen geben sich in ihrer äußeren Form als ursprüngliche Bestandteile der Epidermis zu erkennen: Sie haben Zylindergestalt; sie sind hoch und schmal und zeigen einen deut- lichen, bläschenartigen Kern. Im Komplexauge von Arca und Pectunculus, wo die Zellen tatsächlich noch in der Epidermis liegen, scheiden sie am freien Zellende eine Kutikula ab, die als Linse für das betreffende Einzelauge funktioniert. Die Sehzellen aus den Mantelaugen von Cardium edule und die distal gelegenen Rezeptoren in der Retina der Pectiniden und Spondyhden verfügen nicht über einen eigenen dioptrischen Apparat. Interessant sind die Verhältnisse, die sich auf die Ausbildungsweise der nervösen Elemente in den hier in Betracht fallenden Sehzellen beziehen. Wollen wir die Sehzellen der Mantelaugen von Cardium edule und die distalen Sehzellen aus der Retina der Pectiniden und Spondy- liden mit denen von Arca und Pectunculus vergleichen, so müssen jene in dieselbe Orientierung gebracht werden, in der sich diese befinden. Da die Sehzellen aus dem Arca- und Pectunculus-Auge in bezug auf ihre Orientierung vertierte Sehzellen, die übrigen umgekehrt invertierte Sinneszellen sind, so müssen wir uns die invertierten Sehzellen (Sehzellen von C. edule und distale Seh- zellen aus der P. Retina) um 180° gedreht denken. Wie auf Textfig. 2 ersichtlich, gelangen an den oben erwähnten Sehzellen mehrere 'Fibrillen zur Differenzierung. Die leitenden BET ee a, . Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 223 Elemente in den einzelnen Zellen zeigen sich nicht in Form einer einzigen starken Primitivfibrille, sondern in einer Anzahl optisch isolierbarer Elementarfibrillen. In den Sehzellen von Arca und Pectunculus treten die Fibrillen enger zusammen als in den Sehzellen aus den Mantelaugen von Cardium edule und in den distalen Sehzellen bei Pecien und Spondylus. Dort bilden die Fibrillen eine Art Faserstrang, hier ein mehr oder: weniger lockeres Fibrillenbündel. In allen den namhaft gemachten Seh- zellen — beim Cardium edule-Auge ist dies freilich noch frag- lich — reichen die Fibrillen nirgends bis zum freien Zellende; sie selangen nur im unteren Dritteil der Zelle zur Ausbildung, wo auch ihre Endabchnitte zu finden sind. In den Sehzellen von Arca und Pectunculus biegen die einzelnen Fibrillen auf der Strecke des basalen Zelldritteils vom axialen Faserstrang nach allen Seiten ab und bilden den erwähnten ‚‚inneren“ Stiftehen- saum. Die Endabschnitte der Fibrillen, die Stiftchen, treten auf den Präparaten gewöhnlich deutlicher hervor als die unmittelbar an sie anschließenden Abschnitte der leitenden Elemente. Was die Sehzellen der Mantelausen von Cardium edule anbetrifft, so läßt sich vorläufig über den Verlauf und die Endigungsweise der nervösen Elemente auf Grund vorliegender Beobachtungen nichts Bestimmtes aussagen. Dagegen wollen wir gleich zu den distalen Sehzellen bei den Kammuscheln, bei den Pectiniden übergehen. Es dürfte nicht allzu schwer fallen, die hier gemachten Feststel- lungen auf die eben erwähnten Verhältnisse bei den Sehzellen von Arca und Pectunculus zu beziehen. Die in den Zellen verlaufenden Fibrillen beschränken sich ebenfalls auf den basalen Dritteil der Zellen. Sie bilden freilich nicht an der seitlichen Zellwandung einen Stiftehensaum, wie er in den Sehzellen von Arca und Pectun- culus zur Ausbildung gelangt; sie endigen vielmehr in der Zelle frei, ohne von der ursprünglichen Verlaufsrichtung abzuweichen. Die Fibrillen durchziehen den basalen Zellabschnitt nicht nur axial, sondern im sanzen Querschnitt der Zelle. Da aber nach unseren Beobachtungen die einzelnen Fibrillen alle auf gleicher Höhe in den Zellen endisen, so könnte man bei den distalen Sehzellen der Pect:- niden mit demselben Recht von einem ‚inneren Stiftchensaum“ sprechen, wie bei den Sehzellen von Arca. An den Sehzellen von Arca und Pectunculus finden wir keine Basalkörperchen ausgebildet. Diese lassen sich mit Sicherheit nur an den Sehzellen bei Pecten und Spondylus nachweisen. Wir haben allerdings schon oben er- wähnt, daß die Beobachtungen WEBERs das Vorhandensein von 224 Vergleichend-Anatomisches. Basalkörperchen auch an den Sehzellen bei Cardıum edule wahr- scheinlich machen. Nach der übrigens nicht ganz klaren Fassung kämen aber dieselben nicht an der nämlichen Stelle vor wie an den distalen Sehzellen der Pectenretina. Es sei hier gleich auf eine weitere Eigentümlichkeit aufmerk- sam gemacht, die an den Sehzellen ohne Stäbchen bei den Lamelli- branchiern auftritt. Hervorgehoben sei die auffällige Lage des Zellkerns in diesen Sehzellen. Das gewöhnliche Verhalten ist das, daß der Kern einer Sehzelle im basalen oder mittleren Abschnitt der Sinneszelle liest. Dies läßt sich nicht nur an den meisten Seh- zellen aus den Sehorganen der Mollusken feststellen, sondern an fast allen Sehzellen der Wirbellosen. Nun sehen wir in den Seh- zellen aus den Fächeraugen von Arca und Peciunculus — die Sehzellen bei Cardium edule sollten daraufhin genauer untersucht werden — ferner in den distal gelegenen Sehzellen der Pectiniden- und Spondyliden-Augen den Kern in demjenigen Abschnitt der Zelle, welcher der Zellbasis gesenüberliest, also in dem dem freien Zellende genäherten Abschnitt. Wie ist wohl diese Erscheinung zu verstehen? Wir konsta- tieren, daß überall da, wo dem Kern eine ausgesprochen basale Lage in der Sehzelle zukommt, die Endabschnitte der rezipierenden Elemente im freien Endteil der Zelle liegen. Gewöhnlich treten dann die einzelnen Fibrillen in Form von Stiftehen aus der Zelle aus und umstellen den freien Zellabschnitt mit einem Stiftchen- saum. Umgekehrt fallen in den Sehzellen bei Arca und Pectun- culus (übrigens auch in den Sehzellen der Komplexaugen von Branchiomma, welche dem nämlichen Aufbau folgen), ferner in den distal gelegenen Rezeptoren der Pectiniden und Spondylden die rezipierenden Elemente in den basalen Dritteil der Zelle. Der Kern liegt in dem der Zellbasis gegenüberliegenden Endteil der Zelle. Es scheint demnach, daß eine Wechselbeziehung besteht zwischen der Lage des Zellkerns und der Lage der nervösen Elemente in den Sehzellen: Liegt der Zell- kern an der Basis der Zelle, so reichen die Fibrillen bis zum freien Zellende, und ihre rezipierenden Endabschnitte fallen auf den der Zellbasis gegenüberliesenden Zellabschnitt. Hat der Zellkern dagegen seine Lage am freien Ende der Zelle, so beschränken sich die nervösen Elemente und mit ihnen die Rezeptoren (1. s. str.) auf den basalen Teil der Zelle. \ Wir könnten somit allgemein von zwei allerdings prinzipiell nicht verschiedenen Typen — der Grundtypus ist derselbe — von gen Pe a ru an Te En Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 225 Sehzellen sprechen, voneinem Transtypus und einem Cistypus. Dem Transtypus würden diejenigen Sehzellen angehören, an denen die nervösen Elemente über den Zellkern hinaus bis an den freien Rand der Sehzelle treten (die proximal gelegenen Stäbehen- zellen in der Pecten-Retina, die Stäbchenzellen in den Sehorganen bei Cardium muticum). Dem Cistypus wären andererseits die- _ jenigen Sehzellen zuzuzählen, an welchen die nervösen Elemente unterhalb des Zellkerns zur Differenzierung gelangen, bei denen der Zellkern aber über dem rezipierenden Endabschnitt liest (die Sehzellen der Komplexaugen von Arca und Pectunculus, die Seh- zellen aus dem Mantelauge von Cardium edule (?), die distal ge- legenen Sehzellen in der Retina der Pectiniden und Spondyliden). B. Die Sehzellen mit Stäbchen. Außer den erwähnten Sehzellen ohne Stäbchen finden wir, wie wir gesehen haben, in den Mantelaugen der Lamellibranchier auch Sehzellen, die an ihrem Zelleib einen besonders differenzierten, „anatomisch abtrennbaren‘‘ Abschnitt erkennen lassen, welcher den Endteil des leitenden Elementes aufnimmt. Diesen Abschnitt bezeichnen wir in Übereinstimmung mit ganz ähnlichen Bildungen an andern Sehzellen (z. B. an den Sehzellen der Alciopiden-Augen und an den Sehzellen der Cephalopoden- Retina) als Stäbchen. Hierher gehören: die Sehzellen aus den Grubenaugen von Lima, die Sehzellen aus den Mantelausen von Cardium muticum und die proximal gelegenen Sehzellen in der Retina der Pectiniden und Spondyliden. Schon an den Sehzellen aus den Mantelaugen der Lamellibranchier ohne Stäbchen zeigen sich bei einem näheren Vergleich Verhältnisse, welche auf einen ursprünglich gemeinsamen Bau der betreffenden Rezeptoren hinweisen. Noch viel augenschein- licher sind die Übereinstimmungen, die sich bei einem Vergleich der Sehzellen ergeben, die ein Stäbchen aufweisen. Es dürfte nicht schwer fallen, bei den hier in Betracht kommenden Sehzellen den gemeinsamen Typus herauszulesen: Alle diese Sehzellen sind schlanke, schmale Gebilde. Der Stäbchenabschnitt, ein Fortsatz der Zelle, unterscheidet sich vom übrigen Zelleib durch die ihm eigene Struktur des Plasmas, namentlich durch seine typische äußere Gestalt. Zelleib und Stäbchen werden von einer Primitiv- fibrille durchzogen. Die Fibrillen sind gewöhnlich nur im Stäbchen- abschnitt deutlich darstellbar. Charakteristisch ist der geschlängelte Verlauf der Fibrillen im Stäbchen dieser Sehzellen. Ferner tritt am Ende der Fibrille im Stäbchen überall eine knopfartige Ver- 15 226 Vergleichend-Anatomisches. dickung auf. Was die Lage des Zellkerns und diejenige der End- abschnitte der rezipierenden Elemente anbetrifit, so gehören diese Sehzellen mit den Stäbchen zum Transtypus: Die Fibrille durchzieht die ganze Sehzelle bis zum freien Zellende; der Kern liegt basal. a) Die Orientierungsweise der Sehzellen am Tierkörper. Noch ein Wort über die Orientierung der Sehzellen (mit und ohne Stäbchenbildung) am Mantelrande der Lamellibranchier. Beide Typen von Sehzellen, der Cistypus und der Transtypus, die Sehzellen ohne Stäbchen und die Seh- zellen, welche einen Stäbchenabschnitt aufweisen, kommen an den Mantelaugen der Acephalen in ver- tierter und invertierter Orientierung vor. Die Komplexaugen von Arca und Pectunculus bieten ein Beispiel für ein Sehorgan mit vertierten Sehzellen vom Cistypus; die Sehorgane am Mantelrande von Lima ein Beispiel für ein Photorezeptionsorgan mit vertierten Sehzellen vom Transtypus. In den Tentakelaugen von Cardium edule kommen invertierte Seh- zellen vor. Allem Anschein nach sind es Sehzellen, die dem Cis- typus folgen. Zur definitiven Entscheidung dieser Frage sind allerdings erneute Untersuchungen absolut notwendig. Bei Car- dium muticum treffen wir gleichfalls Sehzellen in invertierter Orientierung. Hier handelt es sich aber augenscheinlich um Seh- Zusammenfassung. Sehzellen am Orientierung der Typus der Sehzelle Mantelauge von Sehzellen Arca noae, Cistypus, Sehzellen ohne vertiert Pectunculus Stäbchen Lima excavata Transtypus, Sehzellen mit vertiert Stäbchen Cardium edule Cıstypus (?), Sehzellen ohne invertiert Stäbchen Cardium muticum Transtypus, Sehzellen mit invertiert Stäbchen Distale Zellage: Cistypus, invertiert Sehzellen ohne Stäbchen — Pecten, Spondylus Proximale Zellage: Transtypus, invertiert Sehzellen mit Stäbchen | Eng Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 227 zellen mit Stäbchenbildungen, die nach dem Transtypus gebaut sind. Wenden wir uns endlich zu den Pecien- und Spondylus-Augen selbst! Wir konstatieren, daß beide Typen von Sehzellen, der Cistypus und der Transtypus, in invertierter Orientierung vorhanden sind: Der Cistypus in der distalen Zellenschicht, der Transtypus in der proximalen Zellage. ß) Zurückführung der verschiedenen Ausbildungs- formen von Sehzellen auf einen gemeinsamen mut- maßlichen Primitivtypus. Wir sind der Ansicht, daß beide Typen von Sehzellen (die Sehzellen mit und ohne Stäbchen), wie sie am Mantelrande be- stimmter Lamellibranchier zur Ausbildung gelangen, nur ver- schiedene Ausprägungen eines und desselben Grundtypus einer Sehzelle sind. Daß die Sinneszellen im Dienste der Photorezeption mannigfache Umwandlungen erfahren können und namentlich in bezug auf die Differenzierung ihrer nervösen Elemente die ver: schiedensten Modifikationen einzugehen pflegen, dafür bieten uns ja gerade die Mollusken selbst das schönste Beispiel. Innerhalb der Gastropoden und Cephalopoden treten uns, wie erinnerlich, zwei extreme Ausbildungsformen von Sehzellen entgegen: Sehzellen mit einem typischen Stiftehensaum und Sehzellen mit einer Einzel- fibrille und einem Stäbchen. Zwischen diesen beiden Extremen finden wir verbindende Übergänge. Wir, treffen diese Übergänge in Sehzellen, an denen weder ein typischer Stiftehensaum noch ein Stäbchen mit einer Einzelfibrille vorhanden ist. Es handelt sich in diesem Falle um Sehzellen, welche gewöhnlich nur von einer oder wenigen Fibrillen durchlaufen werden, welche aber am freien Zellende noch einen Stiftehensaum in Form eines von wenigen Stiftehen gebildeten Fibrillenpinsels aufweisen. Es wird aber heute niemand Bedenken tragen, diese Übergangsformen von Sehzellen, wie wir sie beispielsweise am Prosobranchier-Auge bei Patella vor- finden, mit den Sehzellen aus dem Auge eines Pulmonaten, Opistho- . branchiers oder Heteroboden, wo typische Stiftchensäume ausge- bildet werden, direkt zu vergleichen. Ein weiterer Umstand spricht dafür, daß die beiden Typen von Sehzellen am Mantelrande der betreffenden Lamellibranchier auf eine gemeinsame Ausgangsform zurückzuführen sind. Wir finden die Sehzellen vom Cistypus bei Arca und diejenigen vom Transtypus bei Lima als Bestandteile des Mantelepithels vor. An den Tentakelaugen der Cardüiden und Pectiniden treffen wir die 15* 228 Vergleichend-Anatomisches. Sehzellen unter dem Mantelepithel im Mesoderm. Die entwieklungs- geschichtlichen Untersuchungen an den Pecten-Augen haben aber gezeigt, daß diese verlagerten Sehzellen ursprünglich ihren Sitz ebenfalls im Mantelepithel hatten. Sie haben in der Folge die Epidermis verlassen und eine subepitheliale Lage eingenommen. Ganz entsprechend leiten sich offenbar die Sehzellen am Mantel- rande der Cardiiden ab, obwohl erst entwicklungsseschichtliche Untersuchungen den direkten Nachweis zu erbringen haben. Heute schon läßt sich aber mit ziemlicher Sicherheit aussagen, daß sämtliche Sehzellen am Mantelrande der Lamelli-. branchier ektodermalen Ursprungs sind. Eine Frage, die sich weiterhin ergibt, ist die, welche der beiden Sehzellformen — die Sehzelle ohne Stäbchen oder die Sehzelle mit Stäbehen — als die ursprüngliche anzusehen ist. Vermutlich wird derjenige Lamellibranchier primitive Sehzellen aufweisen, welcher auch in der Gesamtorganisation eine niedrige Stellung einnimmt. Das wäre in diesem Falle Arca, eine Muschel, der sicher- lich eine Reihe primitiver Merkmale, die sich unter anderem im Verhalten der Kiemen, in der Schloßeinrichtung, in der Muskulatur usw. äußern, nicht abzusprechen sind. Uns scheinen denn auch wirklich die Sehzellen von Arca Rezeptoren zu sein, die trotz der hohen Spezialisierung, die sich an ihnen vollzogen hat, doch ur- sprüngliche Charaktere verraten. Denn hier dürfte gelten, was Hesse für die Sehzellen der Mollusken-Augen ganz allgemein aus- gesprochen hat: „daß die Stiftehensäume an einer Sehzelle gegen- über den Stäbehenbildungen doch wohl das Ursprünglichere dar- stellen.“ In den Sehzellen von Arca liest allerdings kein gewöhn- licher Stiftehensaum vor, sondern ein sogenannter „innerer Stift- chensaum“. Wir hätten uns eine primitive (und wohl auch ursprüngliche) Sinneszelle mit Sehfunktion an dem Mantelauge eines Lamelli- branchiers etwa folgendermaßen ausgebildet zu denken: Der äußeren Form nach gliche eine solche Sehzelle einer indifferenten Epithel- zelle aus der Mantelepidermis. Unterscheiden würde sie sich von den Nachbarzellen nur durch den Besitz eines nervösen Fortsatzes, der an der Basis der Zelle zur Ausbildung gelangt, 'ferner durch das Vorhandensein eines rezipierenden Stiftehensaumes am freien Zell- ende. Den Stiftehensaum hätten wir uns an einer solchen primi- tiven Sehzelle etwa in der Form eines Wimperschopfes einer Flimmerzelle ausgebildet zu denken. An der Sehzelle würde er aber aus einer Anzahl rezipierender und leitender Elemente be- Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 229 stehen, aus einem Bündel Elementarfibrillen, welche aus der Zelle in Form von Stiftchen austreten. Die Fibrillen durchzögen in mehr oder weniger paralleler Richtung die ganze Sehzelle und träten dannin den erwähnten basalen Fortsatz der Sehzelle ein (Textfig. 16, Abb. a). u. SZ2. S. BBSLDR 8 ” Textfig. 16. Illustration zur Ableitung hochspezialisierter Sehzellen aus Sehorganen am Mantelrande von Lamellibranchiern von primitiven Rezeptoren. e, f, d' tatsächlich aufgefundene Sehzellen (e distale Sehzelle aus der Pecten- retina; / Sehzelle aus dem Komplexauge von Arca; d' Sehzelle aus dem Pigmentocell am Mantelrande von Lima, resp. Stäbchenzelle aus der pro- ximalen Retinaschicht des Pectenauges, resp. Sehzelle aus der Retina des Sehorgans am Mantelsipho von Cardium muticum). a, 5, c,d und a‘, b', c' hypothetische Ausgangs- und Zwischenformen. Die Sehzellen a, 5, cd, e und / bilden eine Ditferenzierungsreihe nach der einen Seite hin; die Seh- zellen a‘, 5', c‘, d' eine Differenzierungsreihe nach der andern Seite. Wir könnten uns dann vorstellen, daß auf einer folgenden Etappe der Differenzierung und Spezialisierung die als Stiftchen beschriebenen Endabschnitte der Elementarfibrillen immer noch - bis an die freie Zelloberfläche reichen, diese aber nicht mehr überragen (Textfis. 16, Abb. db). Es ist klar, daß die Stiftchen, sobald sie nicht mehr über dem Zelleib ausgebildet werden, mechanischen Insulten und gewissen Reizen (chemischen, statischen Reizen) weniger ausgesetzt sind. Wir sähen gleichsam in diesem Vorgang der regressiven Verlagerung der nervösen Elemente den- selben Prozeß sich abspielen, dem die Sehzellen selbst in der Reihe der Sehorgane unterworfen zu sein scheinen. Wir möchten hier an das Beispiel der Gastropodenaugen erinnern. 230 Vergleichend-Anatomisches. Schließlich könnte die Verlagerung der nervösen Elemente in den Sinneszellen basalwärts soweit gehen, daß nur noch der basale Dritteil der Zelle von jenen beansprucht wird. Mit der Verschiebung der nervösen Elemente nach der Basis der Zelle hat — so könnte angenommen werden — gleichzeitig-eine Verlagerung des Zellkerns in umgekehrtem Sinne stattgefunden: Der Zellkern, der ursprüng- lich an der Basis oder in der Mitte der Zelle lag, ist nunmehr an das freie Zellende gerückt (Textfig. 16, Abb. d). Jetzt haben wir eine Sehzelle vor uns, wie wir sie in der distalen Zellage der Pecten- Retina (Textfig. 16, Abb. e) treifen. Die Basalkörperchen, die wir an den Sehzellen der Pecten-Retina vorfinden, sind nichts anderes als besondere Abschnitte von Neurofibrillen und lassen sich als Differenzierungen deuten, die, wie die intrazellulär ge- legenen Endabschnitte der Fibrillen, mit der Perzeption von Licht- reizen betraut sind. Eine andere Modifikation einer derartigen Sehzelle wäre dann die Sehzelle am Mantelrande von Arca und Pectunculus (Textfig. 16, Abb. /), wo die einzelnen Fibrillen näher zusammentreten und in der Zelle einen axialen Faserstrang bilden, von welchem die Endabschnitte der Neurofibrillen abzweigen und sich zu einem seitlichen Stiftehensaum vereinigen. Eine andere Reihe von Sehzellen mit fortschreitender Diffe- renzierung (Textfig. 16, Abb. a‘, b‘, c‘, d’) läßt sich für Rezeptoren aufstellen, welche mit einem Stäbchen und einer einzigen Primitiv- fibrille ausgestattet sind. Die Erklärung für die Notwendigkeit eines solchen Modifikationsprozesses könnte in ähnlichem Sinne formuliert werden, wie für die Sehzellen mit einem ‚‚inneren“ Stiftehensaum: erstens sollen die nervösen Elemente vor mecha- nischen Insulten geschützt und vor Einflüssen nicht-photischer Natur bewahrt werden; zweitens soll die Form der Sehzellen eine solche Umgestaltung erleiden, daß möglichst viele derselben in einem gegebenen Raume zur Ausbildung gelangen können. Dieser “doppelten Aufgabe scheint die Natur auf folgende Weise gerecht zu werden: Der Endabschnitt der Neurofibrille gelangt nicht mehr über dem freien Zellsaum zur Ausbildung; er wird in einen für die Liehtrezeption besonders günstig ausgebildeten Abschnitt der Zelle, in das Stäbchen, hineinverlest; außerdem wird die ganze Zelle möglichst schmal gestaltet, wodurch die Elementarfibrillen, die alle in gleicher Richtung die Zelle durchlaufen, näher zusammentreten und sich zu einem optisch deutlich isolierbaren Element, zu einer Primitivfibrille, vereinigen. Übergänge von einer primitiven Sehzelle mit Stiftehensaum zu einer typischen Sehzelle mit Axial- wen nn an Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 231 fibrille und Stäbchen — die Zwischenformen sind freilich noch nicht am Mantelrande von Lamellibranchiern aufgefunden worden — zeigen die Abb. b' und c‘ auf Textfig. 16. Die Abk. b' zeigt eine Sehzelle, die noch einen deutlichen Stiftchensaum am freien Zell- ende erkennen läßt, bei der aber die intrazellulär verlaufenden Elementarfibrillen sich der Zellachse schon genähert haben. Die Abb. c’ zeigt eine Sehzelle, die schon von einer deutlichen Primitiv- fibrille durchzogen wird; am freien Ende spaltet sich die Neuro- fibrille noch in wenige Fasern auf, die in Form eines Fibrillen- pinsels aus der Zelle austreten. Denken wir uns diese Aufspaltung nicht mehr durchgeführt und das Fibrillenende in den distalen Abschnitt der Sehzelle hinein verlegt, so haben wir eine Sehzelle wie im Grubenauge von Lima, in der Retina des Mantelauges von Cardium edule oder in der proximalen Sehzellenschicht bei Pecien (Spondylus) (Textiig. 16, Abb. ad‘). Mit dem eben Vorgetragenen haben wir zeigen wollen, wie spezialisierte Sehzellen von der Art der Rezeptoren bei Arca und Pecten (distale und proximale Sehzellen) von einfach gebauten primären Sinneszellen sich etwa ableiten lassen. Ob nun die Diffe- renzierung an den Sehzellen am Mantelrande der Lamellibranchier gerade so erfolgte, wir wir angedeutet haben, oder ob die Umwand- lungsprozesse sich in anderer Weise vollzogen haben, bleibe zunächst dahingestellt. Wir haben indessen das Recht, uns hier- über wenigstens eine Vorstellung zu machen. Um über die engeren Beziehungen der Sehzellen am Mantel- rande der Lamellibranchier definitive Angaben machen zu können, bedarf es noch einer ganzen Reihe von Einzeluntersuchungen, die unter Anwendung moderner spezifischer Fibrillenmethoden durch- geführt werden müssen. b) Die Zwischenzellen. Nachdem wir die Sehzellen aus den Mantelaugen gewisser Lamellibranchier vergleichsweise miteinander betrachtet haben, müssen wir noch auf Elemente zu sprechen kommen, welche sich in der Regel am Aufbau der Sehorgane am Mantelrande der Acephalen beteiligen. Dies sind die sogenannten Zwischen- zellen, so genannt, weil sie zwischen den Sehzellen im Sehepithel vorzukommen pflegen. Das Auftreten von in die Sehzellenschicht eingefügten Ele- menten ist an den verschiedenen Augen der Gastropoden und an 232 Vergleichend-Anatomisches. Jen Sehorganen der Cebhalopoden eine ganz allgemeine Erscheinung. Wir haben ihrer schon eingangs Erwähnung getan. Auch an den Mantelaugen der Lamellibranchier scheinen die Zwischenzellen ständige Begleiter der Seh- zellen zu sein. Bestritten wird ihr Vorkommen neuerdings nur am Tentakelauge von Cardium muticum. Nach den Angaben eines früheren Autors sollen aber auch imCardium muticum-Auge zwischen den Stäbchenzellen Zwischenzellen vorkommen. Geben wir diesem Autor recht, so ist das Vorkommen von Zwischenzellen an den Mantelaugen der Lamellibranchier eine ebenso allgemeine Erschei- nung wie an den Kopfaugen der Gastropoden und Cephalopoden. Auf alle Fälle sind es hier wie dort eigens modifizierte und mit einer bestimmten Funktion betraute, in die Sehzellenschicht einge- schaltete Elemente, die vermutlich, wie die Sehzellen, ihren Ursprung aus dem Ektoderm nehmen. Die Funktion solcher Zwischenzellen kann verschiedener Natur sein: Die Zwischenzellen können 1. im Dienste der optischen (nervösen?) Isolation stehen (Pisment- zellen); 2. sekretorische Funktion übernehmen (Sekretzellen); 3. mit stützender Funktion betraut sein (Stützelemente). Die Zwischenzellen bei Arca noae: An den Komplex- augen von Arca noae sind die Zwischenzellen pigmentführend. Sie umstellen, gewöhnlich in größerer Zahl (seltener schiebt sich zwi- schen zwei Sehzellen nur eine Pigmentzelle), die Sehzellen und bilden um die einzelnen Rezeptoren einen Pigmentmantel. Die Sehzellen sind außerordentlich schlank und in die Länge gestreckt. Sie umscheiden als fadenartige Gebilde die Sehzellen. Die Zwischenzellen bei Lima: Die Zwischenzellen an den Sehorganen von Lima sind sowohl isolatorische als auch sekre- torische Zellen (pigmentierte Sekretzellen). Sie enthalten ein körniges, rotbraunes Pisment und geben nach Hxsses Angaben gegen das Innere des Auges Fäden ab, ‚‚die sich mit einer homogenen Füllmasse ohne irgendwelche Grenze verbinden“. In ihrer Form weichen die Zwischenzellen an den Grubenaugen von Lima von denen der Komplexaugen von Arca ab. Sie sind nicht überall gleich dünn. Fadenartig erscheinen sie nur in der Nähe der Basalmembran. Gegen die Oberfläche des Epithels hin sind sie breit. Die Zwischenzellen an den Tentakelaugen der CGardiiden: Das Vorkommen oder Fehlen von Zwischenzellen in den Retinae der Augen am Mantelrande bei Cardium dürfte noch vor- läufig in Frage zu stellen sein. Nach älteren Angaben (ZUGMAYER) In in ae ti er a er a a ae ee u n Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 233 besteht die Retina am Tentakelauge von Cardium edule nur aus einer einzigen Art von Zellen und zwar nur aus Sehzellen, welche in einer kernlosen Zwischenmasse liegen. Nach neuerer Darstellung (WEBER) soll die Retina der Sehorgane von C. edule aus einer doppelten Zellenlage aufgebaut sein; es wären distal gelegene Seh- . zellen von proximal gelegenen Stützzellen zu unterscheiden. Letztere sollen mit ihren distalen Enden zwischen die Sehzellen sich ein- schieben und des Pigments entbehren. Umgekehrt kommen nach einer älteren Fassung an der Retina der Sehorgane von Cardium muticum zwischen die Stäbchenzellen geschaltete Elemente vor, wogegen nach einer neueren Darstellung solche nicht vorhanden sein sollen. Nach ZUGMAYER nämlich liegen die einzelnen Stäbchen der Stäbchenzellen in einer wenig strukturierten, dunklen Zwischenmasse, welche als eine Art Syneytium indifferenter, pigmentireier Zellen (Stützzellen) gedeutet wird. Die einzelnen Kerne des Syncytium sollen zwischen je zwei Sehzellen über der Grenzzone von Stäbchenzelleib und Stäbchen liegen. Nach WEBER — und übrigens auch nach KısuinouyE — ist dem nicht so. Nach diesen Autoren werden in der Retina am Cardium muticum-Auge nur eine Art von Zellen, nur Sehzellen aus- gebildet und keine dazwischen gelagerten Stützzellen. Die Frage, ob Schaltelemente vorkommen oder nicht, dürfte also für die Seh- organe von Cardıum muticum noch nicht endgültig erledigt sein. Nach unseren eigenen Erfahrungen an den Pecien-Augen kann nur an einem ganz einwandsfrei fixierten Material zugunsten der einen oder anderen Auffassung eine Entscheidung getroffen werden. Ein solches stand aber den Forschern bis jetzt offenbar nicht zur Verfügung. Die Zwischenzellen in den Retinae der Sehorgane am Mantelrande der Pecten-Arten: Die Zwischenzellen in der Pecten-Retina unterscheiden sich deutlich von den übrigen Zellelementen (von den Sehzellen) der Gewebeschicht. Von ihnen ist eine Schilderung in unserer entwicklungsgeschichtlichen Dar- stellung und im allgemein orientierenden Kapitel über die inneren Bauverhältnisse der Pecten-Augen gegeben worden. Die Zwischen- zellen sind schmale, schlanke und pigmentfreie Elemente, welche die distal und proximal in der Retina gelegenen Sehzellen umscheiden, und die wohl mit einer stützenden, vielleicht auch nervös isolieren- den Funktion betraut sind. 234 Vergleichend-Anatomisches. 3. Die verschiedenen Augentypen. Wenden wir uns endlich den verschiedenen Augenformen am Mantelrande der Acephalen zu! Wenn wir die ?ecien-Augen mit den Mantelaugen anderer Zamelhdranchzer vergleichen wollen, so dürfen wir selbstverständlich nicht nur ihre wesentlichsten Be- standteile, die Sehzellen, ins Auge fassen, sondern wir müssen die Organe in ihrem ganzen Aufbau vergleichsweise betrachten. Es schien uns aber notwendig, zuerst die Sehzellen einer genauen Betrachtung zu unterziehen, um zu zeigen, wie in den schon äußerlich und dann namentlich in Bezug auf den anatomischen und histologischen Bau scheinbar so verschieden gearteten Seh- organen doch immer wieder derselbe Grundtypus von Sehzellen wiederkehrt. Bald ist es der Cistypus, der zur Ausbildung ge- langt, bald ist es der Transtypus; bald sind es Sehzellen mit Stäbehenbildungen, bald sind es Sehzellen ohne Stäbchen. Durch dieses Resultat angeregt, frugen wir uns weiter, ob wohl auch zwischen den einzelnen Augentypen engere Beziehungen fest- zustellen seien und ob in ähnlicher Weise, wie es für ihre wesent- lichsten Bausteine, die Sehzellen, möglich ist, die Organe selbst sich in bestimmte Gruppen einordnen lassen. Auf den ersten Blick scheinen freilich engere Beziehungen zwischen den einzelnen Organen nicht zu bestehen. Erst bei näherem Zusehen ergibt sich auch hier eine nicht allzu gezwungene Gruppierung. Zwei Kategorien von Sehorganen am Mantelrande der Zamelhdranchzrer lassen sich unterscheiden: 1. Sehorgane mit oberflächlich gelagerten Sehzellen. 2. Sehorgane mit subepidermal gelagerten Sehzellen. 1. Sehorgane mit oberflächlich gelagerten Sehzel- len: In die Kategorie der Sehorgane mit oberflächlich gelagerten Sehzellen haben wir diejenigen Sehorgane zu stellen, deren Seh- zellen und deren Zwischenzellen einem bestimmten Abschnitt der Außenepidermis angehören. Wir zählen hierher die Komplex- augen von Arca (Textfig. 4) und die Sehorgane am Mantelrande von Zzwma (Textfig. 3). In den Komplexaugen von Arca haben wir ja tatsächlich nichts anderes vor uns als einen für die Licht- rezeption besonders geeigneten Abschnitt des Außenepithels. Die Zellen, welche das Auge zusammensetzen, sind Epidermiszellen und stehen mit den indifferenten angrenzenden Nachbarzellen im selben Zellverband. Im Dienste der Photorezeption haben sie sich in bestimmter Weise differenziert, die einen zu Sehzellen, die esgene TE Er LEE Da en u a a Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 255 als Einzelaugen funktionieren, die anderen zu pigmentführenden Elementen mit isolatorischer Funktion. Ganz ähnliches läßt sich auch über das Zzr»a-Auge berichten. Auch das Grubenauge am Mantelsaum von Zzz»a repräsentiert einen bestimmten Abschnitt der Epidermis. Hier ist der betreffende Zellkomplex freilich nicht . aufgewölbt wie bei Arca, wo die Axen der einzelnen Zellen nach außen divergieren. Die Epithelzellen umstellen hier vielmehr den Hohlraum einer Grube, wobei die Axen der Zellen gegen das Grubeninnere konvergieren. Die Sehzellen und die mit ihnen vergesellschafteten Zwischenzelien haben sich proximad verlagert, ohne indessen den Zusammenhang mit der Epidermis aufzugeben. Nach wie vor stoßen die Sehzellen als Bestandteile der Außen- epidermis mit ihren Begleitzellen an die Oberfläche des Tier- körpers. 2. Sehorgane mit subepidermal gelegenen Sehzel- len: Die Sehorgane mit subepidermal gelegenen Sehzellen unter- scheiden sich, wie die nähere Bezeichnung besagt, von den Seh- organen mit oberflächlich gelagerten Sehzellen durch die andere Art der Lagerung ihrer zellulären Rezeptoren. Die Sehzellen nehmen nämlich nicht mehr Teil an der Begrenzung der äußeren Oberfläche; sie haben sich proximad verlagert und liegen im Hin- blick zur Außenepidermis „subepidermal“. Die Sehorgane mit subepidermal gelegenen Sehzellen erweisen sich (wie die Sehorgane mit oberflächlichen Sehzellen) als epitheliale Sehorgane: die Seh- zellen sind epithelartig zu einem Zellverband vereinigt. Zu den Sehorganen mit subepidermal gelegenen Sehzellen gehören die Augen am Mantelrande der Cardüden (Textfig. 5 u. Textfig. 6), Pectiniden (Textlig. 9) und Spondyhden. Charakteristisch ist für sie die Ausbildung einer zelligen Linse. Die subepidermale Lage der Sehzellen hat vielleicht einer solchen notwendigerweise gerufen. Die hier in Betracht kommenden Sehorgane repräsen- tieren gegenüber den Sehorganen, die der ersten Kategorie an- gehören, einen morphologisch und physiologisch höheren Typus. Hier begegnen wir Organteilen, denen eine ganz bestimmte phy- siologische Rolle zukommt: rezipierenden, isolierenden, reflektie- renden und lichtbrechenden Organteilen. Dort fallen diese Rollen einzelnen das Auge aufbauenden Zellen zu, indem rezipierende (auch lichtbrechend -rezipierende) neben isolierenden Zellen im nämlichen Organteil sich vorfinden. Die Sehorgane mit oberflächlich gelagerten Seh- zellen und die Sehorgane mit subepidermal gelegenen 236 Vergleichend-Anatomisches. Sehzellen sind retinale Sehorgane, d. h. Sehorgane, deren Sehzellen sich zu einer anatomischen und physiologi- schen Einheit, zu einem rezipierenden Epithel, zur Retina vereinigt haben. Dennoch scheint ein gewisser Unter- schied zwischen den Retinae der Sehorgane mit oberflächlich ge- lagerten Sehzellen und den Retinae der Sehorgane mit subepider- mal gelegenen Sehzellen vorhanden zu sein. Die Retinae der Sehorgane mit oberflächlich gelagerten Sehzellen sind bestimmte Abschnitte der Außenepidermis, mögen ihre Sehzellen einen auf- gewölbten Bezirk des Mantelsaumes umstellen, wie z. B. an den Fächeraugen von Arca, oder den Grund einer Grube auskleiden, wie an den Augen von Zzma. Die Retinae dieser Sehorgane repräsentieren primäre Epithelien, echte Retinae. Den Re- tinae der Sehorgane mit subepidermal gelegenen Sehzellen da- gegen liegen unseres Erachtens keine primären Epithelien zugrunde. An den Mantelaugen der Pectiniden wenigstens haben unsere ent- wicklungsgeschichtlichen Untersuchungen gezeigt, daß der epithel- artige Charakter der doppelschichtigen Retina durch eine’bestimmte Gruppierung und Einstellung der aus dem Mutterepithel aus- gewanderten und ins Mesoderm verlagerten Zellelemente bedingt wird. Demnach repräsentiert die Retina der Pec/en-Augen (wohl auch die Retina der Sehorgane am Mantelrande der Spondylhden) kein echtes primäres Epithel, sondern ein sekundäres Epithel, ein Pseudoepithel. Auch an den übrigen Sehorganen mit sub- epithelial gelegenen Sehzellen können nur entwicklungsgeschicht- liche Untersuchungen Aufschluß geben, ob im betreffenden Falle die Retina ein primäres oder ein sekundäres Epithel- darstellt. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen fehlen aber wie ge- sagt für die Mantelaugen der Carderden. Morphologische Über- einstimmungen, die sich zwischen den Sehorganen am Mantelrande der Pectiniden und Cardüden ergeben, lassen mit einigem Recht auch auf ähnlich verlaufende Entwicklungsprozesse bei beiden Augenformen schließen. Trifft die Vermutung zu, so wären die Retinae der Cardüden-Augen ebenfalls sekundäre Sehzellen- epithelien. 4. Vergleich der Pectenaugen mit den Mantelaugen der Cardiiden. Da unsere histologischen Studien Resultate ergeben haben, die, was den Verlauf und die Innervationsweise der Fasern des ir nr rue rn TI nen ung Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 237 distalen Sehnervenastes anbetrifft, von den bisher gewonnenen abweichen, so dürfte in erster Linie die Frage interessieren, ob die vorgefundenen Verhältnisse sich ausschließlich auf die Mantel- augen der Peckinzden beschränken, oder ob vielleicht ähnliches an anderen Augentypen schon beobachtet worden ist. Trifft das Letztere zu, so wäre für den einzelnen Fall des weiteren zu entscheiden, ob die Übereinstimmungen rein äußere und deshalb im Sinne einer Konvergenzerscheinung zu erklären sind, oder ob es sich um Sehorgane handelt, die in engeren verwandtschaft- lichen Beziehungen zueinander stehen. Die ZPecten-Augen gehören in die Kategorie der Mantel- augen mit einer subepidermal gelegenen Sehzellschicht. Wollen wir die Augen der Peckniden mit den Sehorganen am Mantelrande an- derer Lamellibranchier vergleichen, so ist es naheliegend, diejenigen Augen zunächst in den Vergleich zu ziehen, deren Retina ebenfalls eine subepidermale Lage hat. Das sind die Mantelaugen von Cardıum edule und Cardıum mutrcum. Ein rein äußerliches Merkmal dürfte schon den Gedanken an einen Vergleich der Pecten-Augen nahelegen. Wir haben gesehen, daß die Mantelaugen der Kamm- muscheln gestielte Augen sind. Ähnlich verhält es sich nun auch mit den Sehorganen des Genus Cardium, wo ja ebenfalls die Augen nicht direkt dem Mantelsaume aufsitzen („Tentakel- augen“ bei C. edule und C. mutıcum). Dieses bei beiden Augenformen übereinstimmende, rein äußere Merkmal läßt aber natürlich keine Schlüsse auf eine nähere Zusammengehörigkeit der Organe zu. a) Die Pectenaugen und die Tentakelaugen von Cardium edule. Ein Blick auf die zum Teil etwas schematisch gehaltenen Schnittbilder von einem ?eciten-Auge und einem Tentakelauge von Cardıum edule (Textfig. 5 u. 9) zeigt bald Übereinstimmendes im Gesamtaufbau der beiden Sehorgane.e Am Außenepithel beider Augenformen ist zu unterscheiden: 1. ein Abschnitt, der auf den Augenstiel entfällt und dessen Zellen in keiner Weise sich von den angrenzenden Mantelepithelzellen unterscheiden (Augenstielepithel), 2. ein über dem ersten gelegener distaler Abschnitt, dessen Zellen Pigment zu führen pflegen [Pigment- 238 Vergleichend-Anatomisches. epithel]!), 3. ein über dem Auge gelegener Abschnitt, der wiederum pigmentlos ist |Cornea] ?). Unter der Cornea treffen wir die Linse. Am Sehorgan der Pectiniden besteht die Linse, wie am Auge von Cardıum edule, aus Zellen. Sie ist nicht ein Abscheidungsprodukt anderer Zellen, wie etwa die Linse an den Kopfaugen der Gastroßpoden. Die Linse der Zecten-Augen wird — sofern es sich um ein völlig entwickeltes Sehorgan handelt — von einer großen Anzahl sogenannter „Pflasterzellen“ gebildete. Am Tentakelauge von Cardıum edule besteht die Linse nur aus ganz wenigen Zellen. Am Pecten-Auge hat die Linse eine bikonvexe Gestalt; die flache Fläche der Linse ist der Cornea, die stärker konvex gewölbte der Retina zugewendet. Die Linse am Cardıum edule- Auge ist ein rundlich umgrenzter Zellkomplex; sie stellt ein vom Mesoderm des Augententakels umgebenes kugeliges Gebilde dar. Zwischen Cornea und Linse liegst am Zecien-Auge ein dünner Bindegewebsstreifen, die sogenannte Subcornea. Eine Subcornea wird von den Autoren am Cardıum edule-Auge nicht eigens erwähnt. Doch trennt auch hier eine dünne bindegewebige Schicht die Linse von der Cornea. Unter der Linse folgt an beiden Sehorganen die Retina. Was die Ausbildung dieser Zellage anbetrifft, so stoßen wir bei unserem Vergleich auf den ersten durchgreifenderen Unterschied: Bei den Pectniden repräsentiert die Retina eine von zwei Zell- lagen gebildete Schicht von Sehzellen. An den Tentakelaugen von Cardıum edule tritt uns die Retina in Form einer ein- schichtigen Zellage entgegen. Damit im Zusammenhang sei ein weiterer Unterschied erwähnt, der sich auf das Verhalten der Sehnervenfasern an beiden Augen bezieht. Während wir am 1) Dieser Zone entspricht bei den Pecien-Augen der äußere Pigment- mantel, am Cardium edule-Auge der einseitig angebrachte Pigmentschirm. Die pigmentführenden Zellen umstellen hier nicht wie bei den Zecten-Augen die Retina in Form eines allseitig geschlossenen Gürtels oder Pigmentringes, sondern sie bilden nur einseitig eine Pigmenthülle. 2) Bei Cardium edule unterscheiden sich die Corneazellen nicht wesentlich von den übrigen pigmentlosen Epidermiszellen. An den ?ecten-Augen können die Corneazellen unter Umständen die gewöhnlichen Epidermiszellen um das Drei- und Vierfache ihrer Höhe überragen (Pecten varius, P. yessoensıs). Die Corneazellen sind dann schmal, zylinderförmig und bilden über dem Auge eine Art Kuppe. Das ist jedoch ein sekundäres Verhalten und hat offenbar seinen Grund in der Notwendigkeit einer besonderen Brechung der eintretenden Lichtstrahlen. PEREEEEe D - ur a er Ey nn Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 239 Pecten-Auge den Opticus in einiger Entfernung von der pro- ximalen Augenwandung sich in zwei Äste gabeln sehen und kon- statieren können, daß die Fasern des einen Astes an der Außen- wandung des Pigmentbechers allseitig emporsteigen und in die Sehzellen der proximal gelegenen Zellage treten, die Fasern des anderen Astes dagegen einseitig in geschlossenem Faserstrange bis zur Höhe der oberen Retinawand ziehen, wo sie umbiegen und die Sehzellen der distalen Zellage innervieren, so sehen wir beim Cardium edule-Auge, entsprechend der einen Zellage, nur einen Nervenast, der sich mit den Sehzellen der einschichtigen Retina verbindet. Auf den anderen Nervenast, der vom Seh- nerven abzweigt und dessen Fasern sich mit epidermal gelegenen Zellelementen (Haarsinneszellen) verbinden (der also mit dem eigentlichen Sehorgan nichts zu tun hat), kommen wir unten noch zu sprechen. Der Verlauf des Nervenstranges aber, der beim Cardıum edule-Auge die Zellelemente der Retina mit Nerven- fasern versorgt, entspricht durchaus demjenigen des Ramus distalis am Zecten-Auge. Der Faserstrang zieht auf der dem äußeren Pigmentschirm entgegengesetzten Seite bis zur Höhe der distalen Retinafläche hinauf, lagert sich dann, indem er umbiegt, über die Sehzellenschicht und versorgt die einzelnen Sehzellen mit Nerven- fasern. Machen wir nun die Annahme, dieser also verlaufende Nervenast am Tentakelauge von Cardıum edule entspreche tat- sächlich dem Ramus distalis am Pecien-Auge, so liegt es nahe, die Sehzellen und damit überhaupt die als Retina bekannte Zellage am Sehorgan von Cardrum eduwule mit der distal gelegenen Zellschicht der Pec/en-Retina zu vergleichen. Wird die Annahme, daß die Sehzellen an den Cardium edule- Augen Sehzellen vom polyfibrillären Cistypus sind, in der Folge bestätigt, so dürfen wohl mit einigem Recht diese Sehzellen direkt den distal gelegenen Sehzellen der Pecien-Retina an die Seite gestellt werden. Wie in der distalen Sehzellenschicht der Sehorgane bei Pecten noch Elemente außer den Sehzellen vorhanden sind, die zwischen ihnen als Stützelemente eingeschaltet sind, so finden sich nach den Angaben WEBERS auch in der Retina der Tentakelaugen von Cardıum edule solche eingeschaltete Elemente nicht-nervöser Natur vor, denen nach der Ansicht des betreffenden Autors gleichfalls eine stützende Funktion zugeschrieben werden muß. Eine von der erwähnten Sehzellage proximal gelegene zweite Schicht von Photorezeptoren, wie wir sie am Pecien-Auge in der 240 Vergleichend-Anatomisches. sogenannten proximalen Stäbchenzellschicht kennen gelernt haben, gelangt am Tentakelauge von Cardıum edule nicht zur Aus- bildung. Unter der Retina treffen wir bei Pecien die Tapetum- schicht. Ein Tapetum wird auch bei Cardıum edule aus- gebildet. Es ist hier eine von mehreren eng aufeinanderliegenden Lamellen gebildete faserige Hülle, die den Organkomplex gegen das Bindegewebe abschließt. WEBER gibt vom Tapetum folgende nähere Beschreibung: „Jede Lamelle des sogenannten Tapetums hat ihren stark tingierbaren Kern. Bei gut erhaltenen Schnitten liegen die Lamellen sehr eng aufeinander, so daß wir eine deut- liche Augenkapsel vor uns haben, die freilich nebenbei auch die Funktion eines Tapetums, wie PATTEn annimmt, haben .mag“. Aus dem Gesagten geht hervor, daß das Tapetum am Auge von Cardıum edule aus einer Reihe von übereinanderliegenden Zellen besteht. Am ausgewachsenen Mantelauge bei Fec/en läßt sich freilich die Zellnatur des Tapetum entweder nicht oder nur selten nachweisen. Dagegen haben wir gesehen, daß auf frühen Stadien der Augenentwicklung die einzelnen Zellelemente, die bei Pecten das Tapetum bilden, mit aller Deutlichkeit nachzuweisen sind. Am Zecten- und Cardium edule-Auge wäre demnach das Tapetum aus einer Anzahl Zellen hervorgegangen. Am Sehorgan der Pectiniden wird mit der histologischen Differenzierung des Tapetum die Zellstruktur verwischt. An den Tentakelaugen von Cardium edule läßt sich auch im ausgewachsenen Zustand des Sehorganes die zellige Zusammensetzung der Tapetumschicht fest- stellen. Eine unter dem Tapetum gelegene weitere Zellage, der wir am ZPecten-Auge in der sogenannten inneren Pigmentschicht begegnen, finden wir am Mantelauge von Cardıum edule nicht. Möglicherweise aber haben wir im Tapetum des Mantelauges von Cardium edule beide Anlagen, die Anlage des Tapetum und die Anlage der inneren Pigmentschicht enthalten. Fassen wir uns kurz: Die anatomischen Verhältnisse an den Mantelaugen der Pecfen-Arten entsprechen im großen und ganzen denjenigen an den Tentakelaugen von Cardıum edule. Dieselben Organteile (mit Ausnahme der inneren Pigmentschicht), welche wir am Pecien-Auge namhaft gemacht haben, kehren in der nämlichen Lagerung und in der gleichen Reihenfolge an den Sehorganen wieder, welche den Anal- und Branchialsipho von Cardium edule umstellen. Mit Rücksicht auf die histo- I ru — Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 241 logische Differenzierung muß aber ausdrücklich betont werden, daß das ganze Organ bei Cardium edule einen viel primitiveren Charakter trägt als bei den Pectiniden. Was wir beim Cardium edule-Auge nur in Form einer Anlage vor uns haben, tritt uns am Peeten-Auge in weit vorgeschrittener Differenzierung entgegen. In allen Teilen decken sich freilich die Verhältnisse an den Sehorganen von Cardıum edule mit denen an den Peciten-Augen nicht. Ein ganz besonders in die Augen springender Unterschied betrifft, wie schon erwähnt, den Bau der Retina im einen und im anderen Falle und, was damit zusammenhängt, das Verhalten des Sehnerven bei beiden Augenformen. Bis jetzt haben wir bei unserem Vergleiche zwei ausgewachsene, in allen Teilen ent- wickelte Sehorgane einander gegenübergestellt. Das Ergebnis, daß dieselben Organteile, wie sie uns am Pecien-Auge entgegentreten, sich am Cardıum edule-Auge in einer nur weniger weit vor- geschrittenen Etappe der Differenzierung vorfinden, läßt einen Vergleich von entwickelten Caradıum edwle-Augen mit noch nicht ausgewachsenen Sehorganen bei Zechiniden wünschenswert er- scheinen. Wir wollen im folgenden einen solchen Vergleich durchführen und wählen zu diesem Zweck zwei verschieden weit vorgerückte Augenstadien (Tafel III, Fig. 3; Tafel IV, Fig. 2) am Mantelrande von Kammuscheln. Zunächst sei zum Vergleich das jüngere Stadium (Tafel III, Fig. 3) herangezogen. An einem solchen Stadium der Augenentwicklung bei Pecien ist der äußere Pigmentmantel am Auge noch nicht in der charak- teristischen Ausgestaltung vorhanden. Pigmentführende Zellen umstellen die ganze Augenanlage. Auch der Augenstiel ist noch nicht ausgebildet. Der Abschnitt der Epidermis, welcher die Cornea darstellt, hebt sich kaum sichtbar von den angrenzenden Epithelzonen ab. Die Anlage der Linse besteht nur aus ganz wenigen Zellen, die sich aus dem Mesoderm zwischen Augen- epithel und Retinaanlage einschieben. Denken wir uns nun gleich auf diesem Stadium die Linse etwas weiter in ihrer Entwicklung vorgeschritten, in dem Sinne, daß nunmehr eine Gruppe von Mesodermzellen den Raum zwischen Cornea und Retina einnimmt, so haben wir in der Tat eine „Primitivlinse“ vor uns, wie sie im Cardıum eduwle-Auge auftritt. Auf eine solche „Primitivlinse“ würde dann die Schilderung WEBERs passen, die sich auf die Linse des genannten Cardıum-Auges bezieht. WEBER schreibt: 16 242 Vergleichend-Anatomisches. „Die Linse besieht aus einer geringen Anzahl Zellen, die ihre Kerne ziemlich zentral haben. Ihre Form erinnert deutlich an die der FLEMmMInGschen Bindegewebszellen, woraus viele Forscher schlossen, daß die Linse aus dem Zusammentreten solcher ent- standen sei“. WEBER fährt dann fort: „An manchen Tentakeln, die gerade so wie die augentragenden Zirren Pigment, aber keine Augen hatten, fand ich sowohl eine engere Anordnung des Binde- gewebes als auch ein Zusammenrücken der großen Bindegewebs- zellen, woraus sich der sichere Schluß ziehen ließe, daß sowohl Tapetum als auch Linse mesenchymatösen Ursprungs wären“. Hier sind wir aber gleich an einen sehr wichtigen Punkt in unserer vergleichenden Betrachtung gelangt. Wir glauben den einwandfreien Nachweis erbringen zu können, daß an den Zecien- Augen, den Vermutungen BÜTSCHLIs entgegen, die Linse vom mittleren Blatt, vom Mesoderm, gebildet wird. Entwicklungs- geschichtliche Untersuchungen über die Sehorgane von Cardıum edule liegen nicht vor. Wenn sich aber die Mutmaßungen WEBERS bestätigen sollten, daß auch die Linse am Auge von Cardıum edule ein mesodermales Gebilde ist — für die Wahrscheinlichkeit einer solchen Bestätigung sprechen die WEBERSschen Beobach- tungen an den ausgebildeten Augen und spricht namentlich der Bindegewebscharakter der Zellen —, so wäre ein triftiger Grund vorhanden, um an eine Homologisierung der dioptrischen Apparate von beiden Augenformen und damit an eine Homologisierung der Sehorgane selbst zu denken. Die Retina ist auf dem vorliegenden Stadium der Organ- entwicklung bei ?ec/en noch in der Anlage vorhanden. Sie stellt, wie wir gesehen haben, einen Komplex von Zellen dar, in welchem schon die Elemente der späteren distaien Sehzellen (distal gelegene Zellreihe im Zellkomplex) und die distalen Zwischenzellen (Zell- kerne unter den eben genannten Elementen) vorzufinden sind. Die übrigen außer den schon genannten in der Retinaanlage sich vorfindenden Elemente sind einerseits Zellkerne der späteren Stäbchenzellen, andererseits Zellkerne der sogenannten Zwischen- substanz, also Elemente, die später der Obliteration anheimfallen. Demnach dürfen wir nicht die ganze Retinaanlage bei ?ecien mit der Retina bei Cardium edule vergleichen, sondern nur die distale Hälfte der Retinaanlage, nämlich diejenige Partie, auf welche die Elemente der späteren distalen Sehzellen entfallen. Auf unserem Entwicklungsstadium (FecZen) sehen wir noch das Tapetum von wenigen schmalen Zellen repräsentiert und die einzelnen Zellen u EEE DEREN a Rn a een ng Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 243 lamellenartig aneinander geschmiegt. In dieser Ausbildungsform treffen wir das Tapetum nun im Tentakelauge von Cardıum edule. Schon auf diesem relativ frühen Stadium der Augenentwicklung bei Pecten finden wir, der Anlage des Tapetum eng angeschlossen, die Anlage der inneren Pigmentschicht, welche wie gesagt am Cardium edule-Auge augenscheinlich nicht vorhanden ist. Vergleichen wir zum Schlusse noch ein in der Entwicklung weiter vorgerücktes Pec/en-Auge (Tafel IV, Fig. 2) mit einem entwickelten Tentakelauge von Cardıum edule! Wir sehen auf den ersten Blick, daß das Pecten-Auge auf diesem Stadium gegen- über dem Cardıum edule-Auge eine höhere Differenzierung auf- weist. Gleichwohl stimmt jenes mit diesem in etwas Wichtigem überein. Fassen wir speziell die Retina und den mit ihr in Verbindung stehenden Nervenast ins Auge! Charakteristisch in der Entwicklung der Pec/en-Augen ist, wie früher gezeigt wurde, daß bei der Differenzierung der Retinaanlage zuerst die distale Sehzellenschicht komplett als solche ausgebildet wird (erst sekundär differenzieren sich die Stäbchenzellen, indem ihre Endabschnitte, die Stäbchen, vom Retinarande her in die schon vorgebildete, aus Zellen hervorgegangene Zwischensubstanz eindringen). Wir sehen auf dem vorliegenden Stadium die proximale Stäbchenschicht noch nicht ausgebildet, sondern nur die sogenannte Zwischensubstanz. Vollständig ausgebildet ist dagegen die distale Hälfte der Retina, speziell die Lage der distalen Sehzellen. In ihr finden wir — wir vergegenwärtigen uns noch rasch einmal die Verhältnisse — die distalen Sehzellen in ihrer typischen Ausgestaltung mit den poly- fibrillären Zellfortsätzen, den „Basalkörperchen“ und den intra- zellulär gelegenen Fibrillenenden. Ferner finden wir zwischen den Sehzellen die schmalen, fadenförmigen Stützzellen. Über der Sehzellenschicht liegt der Opticus. Er zeigt sich im Längsschnitt als mächtiger Faserstrang, der einseitig an der Augenwand empor- steigt und dann über der distalen Fläche der muldenförmig ein- gebuchteten Retina seine Fasern nach den Sehzellen entsendet. Von einer Gabelung des Opticus unterhalb der proximalen Wand des Augenbechers ist noch nichts zu bemerken. Dagegen ziehen vom Hauptstrang an der proximalen Wandung der inneren Pigmentschicht Nervenfasern auch auf der dem Hauptast gegen- überliegenden Seite der Retina empor, welche aber nicht zu den distal gelegenen Zellen in der Retina in Beziehung treten; sie entstammen den sich nunmehr differenzierenden Stäbchenzellen, von denen wir Kerne am Retinarand festgestellt haben. 16* 244 Vergleichend-Anatomisches. Wenn wir uns nun die diesbezüglichen Verhältnisse an der Retina des Tentakelauges von Cardıum edule vergegenwärtigen, so müssen wir sagen, daß in überraschender Weise beinahe die- selben Verhältnisse am ausgewachsenen Cardıum-Auge — wenn auch in einfacherer Art der Ausgestaltung — wieder zu finden sind. Stellen wir uns vor, daß die Zwischensubstanz und auch die peripher gelegenen Zellelemente der „Stäbchenzellen“ mit den ihnen zugehörenden Nervenfasern noch nicht auf dem vorliegenden Entwicklungsstadium bei Zecien vorhanden sind, so haben wir hier wie dort eine einschichtige, invertierte, von Seh- und Zwischen- zellen gebildete Retina und einen einseitig am Sehorgan auf- steigenden, über die Retina sich lagernden Nervenast, der in beiden Fällen die Sehzellen an ihrer Basis innerviert. b) Die Pectenaugen und die Tentakelaugen von Cardium muticum. (Textfig. 6 und Textfig. 9.) Sämtliche Arbeiten, die sich mit der histologischen Unter- suchung der Tentakelaugen am Mantelrande von Cardium muticum befassen, zeigen, daß es sich hier um Sehorgane handelt, die im Vergleich zu den Augen an den Siphonen bei Cardıum edule eine viel weitgehendere Differenzierung aufweisen. Das Cardıum muticum-Auge ist, wie WEBER treffend sagt, ein Sehorgan, das in seinem gröberen Aufbau mit dem von Cardium edule überein- stimmt, wenn auch alles im Detail weit höher differenziert ist. Da wir aber gesehen haben, daß das ausgewachsene ?ecien-Auge gegenüber dem Cardium edule-Auge Verhältnisse aufweist, die im Sinne einer vorgeschrittenen Differenzierung zu deuten sind, so läßt sich — vorausgesetzt die Differenzierung sei beiderorts in ähnlichem Sinne erfolgt? — mutmaßen, daß sich bei einer Gegenüberstellung der Zec/ien-Augen und der Sehorgane am Mantelrande von Cardıum muticum engere Beziehungen zwischen beiden Augenformen ergeben könnten. Auf eine geringere oder größere Ähnlichkeit des Zecten- Auges mit anderen Sehorganen ist von verschiedenen Forschern gelegentlich hingewiesen worden. Zunächst war es bloß das Invertiertsein der Sehzellen, dann waren es auch übereinstimmende Momente im Gesamtaufbau, welche die betreffenden Forscher auf einen Vergleich des Zecien-Auges mit dem Rückenauge von Oncidium resp. mit dem Wirbeltierauge führten. Als dann 1894 KısHinovyE am Mantelrande von Cardıum mutıcum die uns a rennen a u eu ung = Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 245 bekannten Sinnesorgane aufgefunden und in ihrem anatomischen Bau, teilweise auch in ihrer Entwicklung, beschrieben hatte, da war ein Sehorgan bekannt, daß nun als tertium comparationis dem Zecten-Auge zur Seite gestellt werden konnte. KISHINOUYE ist denn auch der erste, der in seiner „Note on the eyes of Cardium muticum Reeve“ an etlichen Stellen auf Übereinstimmungen hinweist, die sich zwischen dem neuentdeckten Cardium-Auge und dem Zecien-Auge ergeben. „In the eye of Cardıum muticum we find all the essential parts of an eye. Its structure re- sembles on the whole that of the eyes of Pecten, Spondylus and Cardium edule‘. Damals waren freilich die Augen am Mantelrande der Pectinıden in mancher Hinsicht noch unbefriedigend erforscht. Es mangelten namentlich noch eingehende und unter Zuhilfenahme technischer Methoden ausgeführte Untersuchungen an der Retina, Untersuchungen, die dann erst Hesse brachte, und die dann auf so viele dunkle Punkte erst ein klares Licht warfen. Zudem erhoben KISHINOUYES Studien an den erwähnten Sinnesorganen von Cardium muticum nicht Anspruch auf eine exakte histo- logische Erforschung des Untersuchungsobjektes. So kam es, daß ein eingehender Vergleich des Pecien-Auges mit dem Auge von Cardium mutıcum ein bloßes Desideratum blieb. Da unsere Untersuchungen am Zecien-Auge zu einem ge- wissen Endresultat geführt haben, und in manchen Punkten in- zwischen auch das Cardıuım mutıcum-Auge histologisch erschlossen worden ist, so sei es uns gestattet, den Vergleich jetzt nach Möglichkeit vorzunehmen. Wir wollen dabei die noch unabge- klärten Punkte hervorheben. Wir tun dies in der Hoffnung, daß die dabei sich zeigenden Lücken noch in der Folgezeit vom einen oder anderen Forscher ausgefüllt werden. So viel sich heute schon des Bestimmten fest- stellen läßt, — und das dürfte besonders zu weiteren Untersuchungen anregen — sind die Beziehungen zwi- schen Pecten- und Cardium muticum-Auge recht enge. Zur einwandfreien Feststellung der genetischen Beziehungen beider Augenformen sind vor allem entwicklungsgeschichtliche Unter- suchungen an den Sehorganen der Cardıiden nötig. Stimmen auch die Pecfen- Augen in mancher Hinsicht mit den Seh- organen am Rücken der Oncidiiden überein und zeigen sich auch Ähnlichkeiten zwischen dem Zecten-Auge und den Sehorganen der Wirbeltiere, so kann es sich in beiden Fällen sicherlich nur 246 Vergleichend-Anatomisches. um Analogien handeln, um Ähnlichkeiten in der Organentwicklung, die im Sinne einer Konvergenzerscheinung zu deuten sind. Die Bauverhältnisse am Zec/en-Auge stimmen mit den Bau- verhältnissen am Tentakelauge von Cardıum muticum im großen und ganzen überein (vgl. die entsprechenden Längsschnitte Text- fig. 6 u. 9). An beiden Sehorganen lassen sich in derselben Reihenfolge und Anordnung folgende wesentliche Bestandteile unterscheiden: 1. eine einschichtige Außenepidermis, welche den Augententakel vollständig überzieht; 2. ein aus vielen Zellen zusammengesetzter lichtbrechender Körper (Linse, Glaskörper); 3. eine Retina; 4. ein Tapetum; 5. eine innere Pigmentschicht; 6. ein Augennerv, dessen Fasern mit den Sehzellen der Retina in Verbindung stehen. Gleichwohl weichen die beiden Sehorgane mitunter in ihrer speziellen Differenzierung voneinander ab. Betrachten wir zunächst die Außenepidermis bei beiden Augenformen! Während wir beim Pec/en-Auge am Außenepithel drei Regionen unterscheiden können (einen pigmentfreien Ab- schnitt, der dem Augenstiel zufällt, eine pigmentführende Zone [den sog. äußeren Pigmentmantel] und einen über dem Auge gelegenen pigmentlosen Abschnitt [die Cornea]), so zeigt die den Augen- tentakel bei Cardium muticum umhüllende und von zahlreichen Drüsenzellen durchbrochene Epidermis einen sehr uniformen Cha- rakter. Die über der Linse gelegene Cornea- gibt sich hier deutlich als ein der Außenepidermis direkt angehöriger Epithel- abschnitt zu erkennen, dessen Zellen im Vergleich zu den an- grenzenden Epithelzellen höchstens etwas flacher, und dessen Kerne angeblich etwas länger sind. Ein äußerer Pigmentmantel, wie wir ihn am Zecten-Auge beschrieben haben, und wie er auch am Cardium edule-Auge — freilich einseitig — als sog. „Pigment- schirm“ zur Ausbildung gelangt, fehlt am Cardıum muticum- Auge vollständig. Am Zecien-Auge bilden äußerer Pigmentmantel und innere Pigmentschicht „eine Art gebrochene, ineinandergescho- bene Hülse“, indem die seitlichen „Hülsenränder“ den „Hülsen- boden“ überragen. Eine ähnliche Pigmenthülse liegt auch am Cardıium muticum-Auge vor, doch beteiligen sich hier nicht beide Zellagen, Außenepidermis und innere Pigmentschicht an der Pig- mentumhüllung, sondern nur die innere Pigmentschicht, indem diese die Gestalt von einer krugförmigen oder urnenartigen Kapsel annimmt und Linse, Retina und Tapetum in sich aufnimmt. Das Außenepithel bleibt vollkommen pigmentlos. Durch das Weiter- u nn I ET ma ae nn an a u ui u a rn nn ee u a Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 247 wachsen der distalen Ränder des inneren Pigmentbechers am Auge von Cardıum muticum ist dasselbe erreicht worden, was beim ?ecten-Auge durch die Kombination eines äußeren Pigment- mantels mit einer inneren Pigmentschicht. In beiden Fällen kommt eine optisch isolierende Pigmentkapsel zustande Bei Pecten ist die Pigmentkapsel unterbrochen; bei Cardıum muticum ist sie, mit Ausnahme der Eintrittsstelle des Opticus und der Öffnung, welche dem Licht den Zutritt zur Sehzellschicht gestattet, geschlossen. Gehen wir in unserer vergleichend-anatomischen Betrach- tung weiter! Unter der Cornea stoßen wir am Pecien-Auge auf eine Bindegewebsschicht, die Subcornea (Pseudocornea PATTENS, Corneabindegewebe Hesses, Augenkapsel CARRIEREs und ZUG- MAYERs), welche proximad in den dem Außenepithel anliegenden Bindegewebsstreifen übergeht (subepitheliale Bindegewebskapsel). Auch am Auge von Cardıum mutıcum ist eine subcorneale Bindegewebslage vorhanden. Sie nimmt nach den Angaben WE- BERS ihre Fortsetzung in den „Lamellen aus Bindegewebsfasern‘“, die sowohl der Linse als auch dem Pigmentbecher auf der Außen- und Innenseite anliegen. Überdies entspricht der subepithelialen Bindegewebskapsel am Zecien-Auge eine Bindegewebsschicht am Cardium muticum-Auge, welche sich zwischen Außenepithel und Pigmentbecherwandung ausbreitet und proximad in das Tentakel- mesoderm fortsetzt. Unter der der Cornea anliegenden Bindegewebsschicht treffen wir bei beiden Augen die Linse. Während die Linse am Car- dium edule-Auge in ihrer Gestalt und Differenzierung von der Linse am Pecien-Auge wesentlich abweicht und im Vergleich zu dieser zweifellos ein primitives Gebilde darstellt, so Kkonstatieren wir an den Sehorganen am Mantelrande von Zecien und Car- dium mutıcum, daß die Linsen bezüglich ihrer Form und ihres strukturellen Verhaltens weitgehende Übereinstimmungen aufweisen. Bei Pecten ragt die Linse in einen geräumigen, präretinalen Hohlraum, den wir uns etwa so entstanden denken können, daß das ursprünglich den ganzen Tentakel ausfüllende Bindegewebe gegen die äußere Epithelwandung zurückgewichen ist, im Zentrum nur noch den ansehnlichen Zellkomplex lassend, der uns an den entwickelten Augen als wohlgeformte Linse entgegentritt. Am Sehorgan von Cardıum mutıcum erfüllt die Linse den größten Teil des Pigmentkrugs und hat eine der Form des Pigmentkrugs entsprechende Gestalt. Wie bei Pecien setzt sich die Linse am 4 248 Vergleichend-Anatomisches. Cardium mutıcum-Auge aus einer großen Anzahl flachgedrückter, eng aneinanderliegender Zellen zusammen, deren Kerne im Zell- leib meist eine randständige Lage haben. Gegen die Retina hin verändert sich allmählich das Bild der Linsenstruktur. Wäh- rend die Zellen im distalen Teile der Linse flach aneinander- gedrückt und in der Richtung der optischen Achse abgeplattet erscheinen, zeigen die mehr proximal gelegenen Zellelemente „auf- getriebene Zelleiber“. Der Strukturcharakter ist ein ausgesprochen „schwammiger“. ZUGMAYER hat diesen proximalen, von dem übrigen Gewebe differenten Linsenabschnitt als besonderen Or- ganteil am Auge aufgeführt, als sog. „Glaskörper“. WEBER weist mit Nachdruck darauf hin, daß der „spongiöse Zellkomplex“ durch- aus zur eigentlichen Linse gehört. „Vielleicht stellt der Glaskörper ZUGMAYERS eine Embryonalzone der Linse dar, eine Art Matrix, aus welcher immer wieder neue Elemente hervorgehen, die sich den alten Linsenzellen hinzugesellen.“ Einer solchen Zone ent- sprächen dann an der bikonvexen Zec/en-Linse die randstän- digen Linsenpartien, diejenigen Stellen, an welchen die konkave und konvexe Linsenfläche aneinanderstoßen. Hierhin gelangen nämlich noch auf relativ späten Stadien der Augenentwicklung Zellen aus dem Mesoderm. Die periphere Randzone der Retina bei Pecten ist im Hinblick auf die Linsenbildung eine „Embryo- nalzone“. Ganz besonderes Interesse verdient nun wiederum der Ver- gleich der beiden Retinae (Textfig. 6 und Taf. II, Fig. 4. Wir wollen zunächst unter Berücksichtigung der für uns in Betracht kommenden Punkte die Beschreibung WEBERs von der Sehzellen- schicht am Cardıum mutricum-Auge dem Wortlaute nach folgen lassen: „Die Retina besteht aus zwei Zellagen, den eigentlichen Retinazellen und der Chorioidea. Beide Gebilde stellen einen doppelwandigen Becher dar, dessen Innenseiten miteinander ver- wachsen sind... ... So gehen auch die Zellen beider Lagen ineinander über. Die Retinazellen zeigen eine deutliche Differen- zierung in einen eigentlichen Zellabschnitt und in einen perzipie- renden Endteil. Der basale Teil, in dem der Kern liegt, ist kurz. Von dieser Schicht, durch eine Art Limitans getrennt, ist der zweite Teil, den ich mit den Stäbchen von Pecten vergleichen möchte. Eine Fibrille durchläuft drahtartig die ganze Retinazelle und läßt sich am Kern vorbei bis an die Nervenschicht zu verfol- BENnyalsiinie In der ganzen Retina gibt es nur eine Art von Zellen, nur Sehzellen und keine dazwischen gelagerten Stützzellen u u nn ul na a Pr en un Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 249 Färberisch verschieden von den Sehzellen sind die Zellen der Chorioidea, die hier auch die Aufgabe von Stützzellen über- nehmen. Es ist nur eine Reihe von kubischen Zellen, die ihre Fortsätze etwas zwischen die Enden der Stäbchenzellen hinein- senden und sie dann und wann etwas überdecken. Ihre Kerne liegen proximal und ihr Plasma ist stark granuliert.“ Halten wir an der von WEBER festgestellten Zweiteilung der Retina in eine Sehzellenschicht (eigentliche Retinaschicht) und eine sogenannte Chorioidea am Sehorgan von Cardıum muticum fest, so ist die erste Frage, die sich bei einem Vergleich mit der Retina am Sehorgan von Zecfen ergibt: Entsprechen die beiden Retinaschichten am Sehorgan von Cardıum muticum den beiden Retinaschichten am Zecien-Auge? Ist die distal gelegene Stäb- chenschicht am Cardıum muticum-Auge der distalen Sehzell- schicht (retinalen Außenschicht) am Pecien-Auge gleichzusetzen? Kann des weitern die Chorioidea WEBERS am Cardıum mulıcum- Auge mit der proximalen Stäbchenschicht am Zecien- Auge ver- glichen werden? Darauf ist folgendes zu antworten: Die distale Sehzellschicht am Sehorgan von Zecifen entspricht offenbar nicht der Stäbchenschicht am Auge von Cardıum muticum. Obwohl es sich hier wie dort um eine einschichtige, invertierte Lage von Sehzellen handelt, weisen doch die einzelnen Elemente solche morphologischen Abweichungen voneinander auf, daß es nicht ge- rade nahe liegt, die beiden Zellschichten miteinander zu verglei- chen: In den Pec/en- Augen haben wir in der distal gelegenen Zellage polyfibrilläre Sehzellen ohne Stäbchenbildungen, wahr- scheinlich Sehzellen vom Cistypus, in den Augen von Cardıum mulccum Sehzellen vom Transtypus, die von einer einzigen Pri- mitivfibrille durchzogen werden, und die ein typisches Stäbchen besitzen. Noch weniger scheint ein Vergleich der Chorioidea am Auge von Cardıum muticuwm mit der proximalen Stäbchenschicht an der ZPecten-Retina zulässig zu sein. Naheliegender. ist doch wohl, die Stäbchenschicht am Car- dium muticum-Auge mit der Stäbchenschicht am Zecien- Auge zu vergleichen (KISHINOUYE, ZUGMAYER, WEBER). Naheliegend dürfte eine Identifizierung der beiden Zellschichten deshalb sein, weil die beiden Zellagen nicht nur in ihrem Gesamtaufbau eine große Ähnlichkeit miteinander zeigen, sondern auch weil ihre Seh- zellen im Hinblick auf die histologische Differenzierung augen- fällige Übereinstimmungen aufweisen. Beide Zellagen sind ein- schichtig. 250 Vergleichend-Anatomisches. Die Anordnungsweise der Sehzellen im retinalen Zellver- bande ist so, daß die Basis der Zellen am Tierkörper distal, das freie Zellende proximal gelegen ist. Die Sehzellen sind an bei- den Retinae invertierte Stäbchenzellen vom Transtypus, die je von einer einzigen Primitivfibrille durchzogen werden. Verglei- chen wir den Querschnitt durch die Stäbchenregion am Cardıum muticum-Auge (vide Taf. I in WEBERs Arbeit) mit dem ent- sprechenden Querschnitt am Pecien-Auge (Taf. VII, Fig. 3), so zeigt sich deutlich die Gleichartigkeit in der histologischen Differenzie- rung der Sehzellen. Nach den Angaben der Autoren ist am Cardıum muticum- Auge außer der erwähnten Stäbchenschicht keine weitere Zellage vorhanden, die mit unserer „distalen Sehzellschicht“ am Zecien- Auge direkt verglichen werden könnte. Zwar neigt neuerdings WEBER zu der Ansicht, daß einige über den Stäbchenzellen nach- weisbare Zellkerne am Cardıum muticum-Auge, die er als Kerne von Ganglienzellen deutet, den von PATTEN und BÜTSCHLI an der Pecten-Retina beschriebenen Ganglienzellelementen?) ent- sprechen. Wie wir jedoch nachgewiesen zu haben glauben, kom- men in der Retina am Sehorgan von ?ecien keine Ganglienzellen vor; es findet sich vielmehr eine zweite Art von Sehzellen, die mit Rücksicht auf das Verhalten ihrer Zellfortsätze zum Nerven als invertierte Sehzellen vom Cistypus zu bezeichnen sind. Mit diesen aber die vermeintlichen Ganglienzelen am Cardıum mutrcum-Auge zu identifizieren, scheint uns einstweilen noch etwas verfrüht. KIsSHINoOUYE findet am Sehorgan bei Cardıum muticum nur eine Stäbchenzellage: „I could not find the ganglionie cell- layer although it is stated to be present in the eyes of Pecten (PATTEn und BÜTschHLr).“ Dagegen glaubt dieser Forscher am Cardıum muticum-Auge ein ähnliches Verhalten bezüglich des Sehnerven konstatieren zu können wie am Sehorgan der Zecten- Arten. Nach ihm teilt sich nämlich auch bei Cardıum mutıcum der Opticus in der Nähe der proximalen Augenwandung in zwei Äste: Der eine Ast durchbricht in der Gegend der Medianlinie das Tapetum und zieht, indem er sich im Innern des Pigment- bechers in einzelne Fasern und Fibrillenbündel aufspaltet, zu den Stäbchenzellen; der andere Ast steigt dagegen einseitig an der Außenwand des Pigmentbechers empor, durchbricht diesen 1) Es handelt sich offenbar um die Zellkerne unserer distalen Sehzellen. Pr ep we u Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 251 erst auf der Höhe des oberen Retinarandes und lagert sich ent- sprechend dem Ramus distalis am Zec/en-Auge über die Retina. ZUGMAYER als erster, nach ihm WEBER haben jedoch nach- gewiesen, daß der Faserverlauf des Tentakelnerven bei Cardıum mutzscum insofern ein anderer ist, als der einseitig aufsteigende Nervenast nicht in Beziehung zur Retina, und damit überhaupt nicht in Beziehung zum Auge tritt, sondern sich mit einer be- stimmten Gruppe von Sinneszellen („Wimperorgan“, „Organ für chemische Reize“) verbindet, die im Tentakelepithel liegen. Was speziell den Opticus anbetrifft, so lesen wir in der Arbeit ZuG- MAYERS: „Der Nerv zeigt schon beim Eintritt in das Auge schmale, dunkel färbbare Kerne, während er in seinem übrigen Verlauf nur aus relativ dicken, vielfach geschlängelten Fasern besteht, Kerne dagegen nicht erkennen läßt. Im Innern des Augenkörpers sind die Kerne besonders zwischen Retina und Glaskörper leicht aufzu- finden. Ich nenne diesen Teil der Nervenausbreitung nach der Homologie mit den Pecten- und anderen Augen, Sehganglion“. WEBER äußert sich ähnlich: „Bei Pecten ist die Verteilung des Nerven eine gleichmäßige über die ganze innere Augen- kapsel. Hier aber verläuft der Nerv in einzelnen starken Strängen an der Außenwand der Retina hinauf, oben ästelt er sich auf und bildet zwischen Retina und Linse eine Nervenlage, in welcher zahlreiche Ganglienzellen eingelagert sind.“ WEBER spricht sich indessen nicht darüber aus, ob seine „Nervenlage“ mit den in ihr liegenden ‚„Ganglienzellen“ dem Außenepithel d. h. der distalen Zellschicht der ?ecien-Retina gleichkommt. Diese Ver- mutung dürfte ihm nicht allzu ferne liegen, zumal er die Gesamtretina am Cardıum muticum-Auge der Gesamtretina am Pecten-Auge gleichsetzt. Aus dem Gesagten geht hervor, daß ein Vergleich der Retina am Sehorgan der Zeckiniden mit der Sehzellenlage am Auge von Cardıum mutcum vorderhand nur unter Beschränkung auf die proximale Stäbchenzellschicht möglich ist. Ob eine der distalen Sehzellenlage bei Pec/en entsprechende Zellschicht auch am Cardıum muticum-Auge vorkommt, ist noch unentschieden. Die Frage kann erst nach neuen, mit modernen technischen Methoden an den Cardıum mutıcum-Augen durchgeführten Unter- suchungen beantwortet werden, mit einiger Sicherheit erst dann, wenn auch an diesem Objekte die organogenetischen Prozesse verfolgt worden sind. Es wird sich hierbei fragen, ob KISHINOUYE recht behält und ob im Gegensatz zum Pecten-Auge nur die eine, 252 Vergleichend-Anatomisches. proximale Stäbchenzellage am Sehorgan von Cardıum muticum zur Ausbildung gelangt, oder ob — entsprechend den Verhält- nissen an den Zecien-Augen — außer der proximalen Stäbchen- zellage auch noch eine distale Zellschicht in der Retina vorhanden ist. Trifft das letztere zu, so wäre zu entscheiden, welcher Natur die distal gelegenen Zellen sind, eine Frage, die erst nach Er- mittlung der Beziehungen der aus dem Nervenaste abgehenden Neurofibrillen zu den Zellelementen festgestellt werden kann. Von ganz besonderem Interesse wären wie gesagt auch ent- wicklungsgeschichtliche Untersuchungen, die zu zeigen haben, welche der beiden Zellagen am Cardium muticum-Auge zuerst ausgebildet wird, ob (wie beim Zecien-Auge) zuerst die distale Zellschicht (Lage der distalen Sehzellen) oder ob, im Gegensatz dazu, zuerst die proximale Stäbchenzellage. Die als Ganglien- zellen von ZUGMAYER und WEBER beschriebenen Zellelemente könnten sein: 1. wirkliche Ganglienzellen, 2. Zwischenzellen, 3. Sehzellen, die den distalen Sehzellen der ?ecien-Retina ent- sprechen, 4. rückgebildete, wenn auch ursprünglich als Sehzellen ausgebildete Elemente. Gehen wir noch weiter in unserer vergleichenden Be- trachtung! Alle Forscher sind darin einig, daß am Cardıum mutieum-Auge unterhalb der Stäbchenschicht noch eine weitere Zellage zur Ausbildung gelangt, die mit den Rändern der Stäbchenzellage zusammenhängt. Nach KISHINOUYE, ZUGMAYER und WEBER hat diese als „Chorioidea“ bezeichnete Zellage ein- schichtigen Charakter. Wie aus den Abbildungen in den Arbeiten KISHINOUYEs und WEBERSs ersichtlich, schließt sich die Chorioidea in allen Teilen eng der Stäbchenzellage der Retina an. „Es (die Chorioidea) ist eine Reihe von kubischen Zellen, die ihre Fort- sätze etwas zwischen die Enden der Stäbchenzellen hineinsenden und sie dann und wann etwas überdecken“ (WEBER). Nach ZUGMAYER dagegen ist zwischen der Stäbchenschicht und der Chorioidea ein deutlicher Spaltraum vorhanden. Mit welchem Organteil am ?ecien- Auge muß nun die Chorioidea am Sehorgan von Cardıum muticum verglichen werden? KIsHI- NOoUYE denkt an eine Homologisierung der Chorioidea des Car- dium muticum-Auges mit dem Tapetum (Argentea PATTENSs) der Mantelaugen bei Pecien. ZUGMAYER vertritt eine andere Ansicht. Er deutet das Pecten-Auge als Blasenauge, indem er die Ansicht BürscaLis vertritt, die Augenblase werde einerseits gebildet von der „Ganglienzellschicht“ und der „Stäbchenzellage“ (Außenwand Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 253 der Augenblase), andererseits von der „inneren Pigmentschicht“ (innere Wandung der Augenblase). Das Tapetum, dem er im Gegensatz zu KISHINOUYE zelligen Charakter zuerkennt, faßt Zus- MAYER, der Ansicht Hzsses folgend, als „eine ursprünglich einzige große, napfförmige Zelle“ auf. Auch das Cardıum muticum-Auge ist nach ZUGMAYER ein Blasenauge. Vordere und hintere Wand der Blase werden von zwei verschiedenen Organteilen dargestellt: Die Vorderwand der Blase bildet die Retina; die hintere Wand die Chorioidea.. ZUGMAYER identifiziert also die Chorioidea am Cardium muticum-Auge mit der inneren Pigmentschicht am Pecten-Auge. („Tapetum“ und „innere Pigmentschicht“ entsprechen nach ZUGMAYER dagegen nicht den gleichbenannten Schichten am Pecten-Auge). In der Arbeit ZuGMAYERS lautet es: „Somit haben wir auch bei Cardium muticum eine Blase wie bei Pecten. Das Tapetum müßte aber dann nach Analogie im Innern dieser Blase liegen; dies ist aber durchaus nicht der Fall....Ich halte das Tapetum für eine bindegewebige Schicht, die ohne wichtige Funktion, außer vielleicht einer strahlenreflektierenden, die Hinter- wand des Auges überkleidet und an die sich dann erst die Pigmenthülle anlegt, die ja, wie KISHINOUYE gezeigt hat, aus der umgebenden Bindegewebslage zusammenrückt. Ein Tapetum, wie bei Pecten und Spondylus, ist im Auge von Cardium muticum nicht vorhanden.“ Endlich WEBER. Auch WEBER ist der Ansicht, daß dem Cardıum mulcum-Auge ein typisches Blasenauge zugrunde liegt. Nach ihm besteht die Retina aus zwei Zellagen, aus der Schicht der „Seh“- oder „Stäbchenzellen“ und der „Chorioidea“: Stäbchen- zellschicht und Chorioidea bilden einen „doppelwandigen Becher“; die Innenwandungen sind miteinander verwachsen. Die beiden Schichten greifen mit ihren Zellelementen ineinander über. Am Schlusse seiner Ausführungen weist WEBER noch speziell auf die große Ähnlichkeit der Cardıum muticum-Augen mit den Seh- organen der ZPecliniden hin. WEBER ist geneigt, Retina und Chorioidea bei Cardıum muticum mit der Retina und der so- genannten Zwischensubstanz (,„Saum“ SCHNEIDERS) bei Pecien zu vergleichen. Die Innenlamelle am Sehorgan von C. muticum entspricht dem Tapetum, die Außenlamelle der Augenkapsel am Pecten-Auge. So viel über die vergleichend-anatomischen Betrachtungen früherer Forscher. Bevor wir unsere eigene Ansicht über die Homologisierung der genannten ÖOrganteile an beiden Augen- 254 Vergleichend-Anatomisches. formen bekannt geben, mögen noch in einigen Tabellen die Vergleichsdaten der genannten Forscher zusammengestellt werden: I. Kishinouye 18941). Pectenauge. Cardium muticum- Auge. Retina: Retina: a) Distale Ganglienzellage — — _ — b) Stäbchenschicht Stäbchenzellen (rod cells) Tapetum (Argentea) (zellig) Chorioidea (zellig) - — — — Tapetum (mesodermalen Urspeineh Innere Pigmentschicht Pigmentschicht (layer of pigmented cells). II. Zugmayer 1904. Pectenauge | Cardium muticum-Auge Das Auge stellt in seinen wesentlichsten Teilen eine vom Ektoderm gebildete Augenblase dar. lichtrezipierendes distale Ganglien- Sehganglion We zellen, Stäbchenzell- ne Stäbehenzellen, Ka schicht — Zwischen- a „Zwischenmasse“ Augen- We substanz 5 inkl. Kerne (Stütz- blase substanz) en Tapetum —+ innere hintere N 5 Pigmentschicht Blasen- Chorioidea Wanzuns wandung _ Tapetum (zellig, mesodermal) _ Innere Pismenthülle (wahr- scheinlich mesodermal). III. Weber 1909. Pectenauge | Cardium muticum-Auge Auge — typisches Blasenauge A EEE ara 0 nn ms — distale Gang- | lienzellen- 5 vordere schicht, vordere re 3 Blasen- Retina *Stäbchenzellage | Blasen- Retina Stäbchenzeilen wandung sog. Zwischen- | wandung Chores substanz („Saum“) hintere hintere Blasen- | Pigmentschicht Blasen Tanele wandung 5 wandung — — — Tapetum Ei hr — Pigmentschicht. 1) Die beim Vergleich einander gcgenübergestellten Organteile sind in den Tabellen in gleicher Höhe nebeneinander aufgeführt. ED EI ET an ne Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 255 Aus diesen Zusammenstellungen ist ersichtlich, daß sämt- liche Forscher die Stäbchenzellage am Cardium muticum-Auge mit der Stäbchenschicht am Zecier-Auge verglichen haben. Die Meinungen der Forscher gehen jedoch auseinander, sobald es sich um die Gegenüberstellung anderer Organbestandteile handelt. Nach unseren Untersuchungen am ZPecien-Auge müssen wir uns in einem Punkte unbedingt der Ansicht WEBERS anschließen, in der Behauptung nämlich, die „Chorioidea“ am Sehorgan von Cardium muticum ent- spreche der sogenannten Zwischensubstanz am Pecten- Auge. Die Zwischensubstanz am Zecien-Auge haben wir als eine ursprünglich von Zellen gebildete, unter der proximalen Stäbchen- zellage sich vorfindende Gewebeschicht kennen gelernt. An der Pecten-Retina läßt sich noch auf frühen Stadien der Zellcharakter dieses Gewebes nachweisen. Später obliterieren die Zellkerne; die Gewebeschicht erhält einen vollkommen homogenen Charakter. In dieses Füllgewebe wachsen die Stäbchenzellen der proximalen Sehzellage hinein. Die Vermutung liegt nahe, daß die als Chorioidea aufgeführte Gewebeschicht am Auge von Cardium muticum der sogenannten Zwischensubstanz am Peeten- Auge entspricht: Chorioidea und Zwischensubstanz sind ihrem Wesen nach zellige Organteile, wenn auch bei den Pectiniden am entwickelten Sehorgan die Zwischensubstanz den zelligen Charakter verloren hat. Wie die „Zwischensubstanz“ am Pecten-Auge die Stäbchenabschnitte der Sehzellen umgibt, so umgibt die Chorioidea am Sehorgan von Cardium muticum die perzipierenden Endabschnitte der Sehzellen. Sollte in der Tat die „Chorioidea“ am Sehorgan von Cardium muticum der „Zwischen- substanz“ der Pecien-Retina entsprechen, so wäre für die erstere Zellschicht eine schon von ZUGMAYER vorgeschlagene Namen- änderung unbedingt am Platze. Einen passenden Ausdruck für diesen Organteil zu finden ist freilich nicht leicht, zumal die physiologische Rolle desselben noch nicht genügend aufgeklärt zu sein scheint. Man könnte vielleicht die die Endabschnitte der Stäbchenzellen umschließende Gewebemasse als „perirezeptori- sches Füllgewebe“ bezeichnen. Nachdem sich die Chorioidea am Sehorgan von Cardıum muticum als eine der Zwischensubstanz am Zecten-Auge ent- sprechende Gewebeschicht zu erweisen scheint, so ergibt sich das Weitere in unserem morphologischen Vergleich quasi von 256 Vergleichend-Anatomisches. selbst: Es liegt auf der Hand, die nun folgenden Schichten mit den noch übrigen am Pecifen-Auge zu homologi- sieren, also das Tapetum am Cardium muticum-Auge mit dem Tapetum am ?Pec/en-Auge, die den Pigmentkrug darstellende Pigmentschicht mit der „inneren Pigment- schicht“. Wir sehen nicht ein, warum die Tapeta beider Augen- formen nicht direkt miteinander verglichen werden können. Unsere entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen haben gezeigt, daß das Tapetum am PecZen-Auge embryonal zellig angelegt wird. Späterhin tritt freilich der Zellcharakter nicht mehr so offensichtlich zutage. Zudem ist, wie aus der Beschreibung der betreffenden Autoren und unserer eigenen Schilderung hervorgeht, die histo- logische Differenzierung des Tapetum beider Augenformen eine übereinstimmende (blätterige Gewebestruktur). Auch die beiden Pigmentschichten halten wir für zwei einander ent- sprechende Gewebe. Der Hauptunterschied wäre, wie früher gezeigt wurde, nur der, daß die Pigmentlage am Sehorgan von Cardium muticum gegenüber der Pigmentlage am Zecien-Auge eine größere Ausdehnung erlangt. Während sich bei Zecien die Pigmentschicht nur bis zur Höhe des proximalen Retinarandes erstreckt, so überragt die Pigmentschicht bei Cardıum diesen beträchtlich und schließt in der Form eines „Pigmentkruges“ alle wesentlichen Organteile des Auges ein. (Tabelle s. folgende Seite.) Dieser Tabelle kann folgendes entnommen werden: 1. Die Sehorgane am Mantelrande der Zechniden und die Tentakelaugen in der Siphonalgegend am Mantelsaume von Cardıum edule und C. muticum weisen nähere morpho- logische Beziehungen zueinander auf. 2. Diese Beziehungen kommen zunächst in einem allgemeinen Schema zum Ausdruck, nach dem die obgenannten Augen- formen aufgebaut sind. ; 3. Als wesentlichste Bestandteile der betreffenden Sehorgane imponieren: a) Ein Außenepithel, welches in einen direkt über dem eigentlichen Sehorgan gelegenen, lichtdurchlässigen Ab- schnitt (Cornea) und in einen pigmentführenden (zuweilen auch pigmentfreien) Abschnitt (Pigmentmantel, Pigment- schirm; pigmentfreies Mantelepithel) differenziert ist; b) eine zellige Linse; c) eine Sehzellenschicht (Retina); u ee 2 gar Tre un nen . Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 257 IV. Zusammenfassung der eigenen Ansichten. Cardium muticum- Pectenauge Auge Cardium edule- Auge 1. Außenepithel (Mantel- | Außenepithel (Mantel- | Außenepithel (Mantel- epithel) epithel): epithel): Cornea. Äußerer Pig- |Cornea. Unpigmentiertes| Cornea. Einseitiger mentmantel. Epithel Außenepithel. Pigmentschirm. des Augenstiels Tentakelepithel Tentakelepithel 2. Linse (bikonvex; meso- | Linse + „Glaskörper“ Linse (aus wenigen dermal) Zellen) 3. Retina (invertiert) Retina (invertiert) Retina (invertiert) A. Distal gelegene Seh- zellenlage: Ramus distalis des — Ramus opticus des Ten- Sehnerven takelnerven Distale Sehzellen (Ganglienzellen (?) Webers) Sehzellen Zwischenzellen ? ? B. Proximal gelegene Zellenlage: Ramus proximalis Ramus opticus des Ten- — takelnerven Proximale Stäbchen- Stäbchenzellen — zellen Zwischenzellen ? _ Sogenannte Zwi- | Chorioidea der Autoren — Schensubstanz — „perirezeptorisches Füllgewebe“ 4. Tapetum Tapetum : g N Lamellöses Tapetum 5. Innere Pigmentschicht Pigmentkrug d) ein Tapetum; e) eine innere Pigmentschicht (am Cardıum muticum-Auge fallen d) und e) in einen Organteil zusammen). In der Entwicklung haben dann die drei Sehorgane eine verschiedene Höhe der Differenzierung erreicht. Als einfachstes und primitivstes Sehorgan tritt uns das Auge an den Mantelsiphonen von Cardium edule entgegen: Die Linse besteht, um nur an einiges zu erinnern, aus einer geringen An- zahl von Zellen. Die Retina ist deutlich einschichtig.. Eine Sonderung in Tapetum und Pigmentepithel ist histologisch kaum durchgeführt. Das Auge von Cardium muticum hat eine weitere Stufe der Differenzierung erlangt: Die Linse im- poniert als wohlumgrenzter Zellkomplex. In der einschichtigen (?) Retina treffen wir Sehzellen, die offenbar einem spezialisierten 17 258 Vergleichend-Anatomisches. Typus (Transtypus) von rezipierenden Zellen angehören. Die Sehzellen sind Stäbchenzellen, deren Zelleiber und Stäbchen- abschnitte von einer einzigen Primitivfibrille durchzogen werden. Tapetum und Pigmentschicht liegen in zwei voneinander ge- sonderten Schichten, wobei die Pigmentschicht in Form eines Pigmentbechers Linse, Retina und Tapetum umschließt. — Am weitesten vorgeschritten ist wohl die Differenzierung am Pecten-Auge, wo sie zweifelsohne im Zeichen der höheren optischen Leistungsfähigkeit des Auges steht. Wir können dem Sehorgan der Zeclniden erst dann das richtige morphologische Verständnis entgegenbringen, wenn wir es in der angeführten vergleichend-anatomischen Reihe betrachten und es als Sinnesorgan deuten, das am Ende dieser allerdings noch sehr lückenhaften und deshalb noch wenig gesicherten Organreihe steht. Das ganze Auge repräsentiert auf alle Fälle ein Sehorgan von recht spezialisiertem Typus. Was die Aus- bildung der Retina anbetrifft, so begegnen wir hier einer doppel- schichtigen Retina, einer Sehzellenlage, wie wir sie in den Tentakel- augen von Cardıium edule vorfinden, und einer Sehzellenlage, wie sie für die Tentakelaugen von Caradium mutıcum charakteristisch ist. Im Zecien-Auge finden wir also eine Kombination der rezeptorischen Organteile des Cardıum edule- und Cardıum muticum-Auges.. Wir können uns auch folgendermaßen aus- drücken: Die typisch zweischichtige Retina, der wir in den Seh- organen am Mantelsaume der Zecien-Arten begegnen, teilt sich gleichsam im Genus Cardıum auf und verteilt sich auf die Augen an den Mantelsiphonen zweier Species von Carduden (Cardıum edule und Cardıum mutrcum). Es will uns nämlich scheinen, als ob die distale Sehzellenschicht der Pec/en-Retina mit der Sehzellage des Cardium edule-Auges übereinstimmte, die proximale Stäbchenschicht mit der Stäbchenzellage des Cardium muticum-Auges. Unsere Aussagen können aber erst dann in bestimmter Form abgegeben werden, wenn erstens unter Anwendung der ‚hierzu notwendigen technischen Methoden der Nachweis geleistet werden kann, daß die Sehzellen aus dem Cardium edule-Auge den distalen Sehzellen der Retina bei Pecien entsprechen; zweitens, wenn es möglich ist, fest- zustellen, daß die Retina an den Augen von Cardium mutıcum wirklich einschichtig ist, also außer der Stäbchenzellage keine weitere Lage von Zellen aufweist; drittens, wenn gezeigt werden kann, daß zwischen den Zecten- und den Cardıum-Augen in tg u ee ee a a ee 7 “ne Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 259 bezug auf die organogenetischen Prozesse Übereinstimmung herrscht. Sollte es sich indessen herausstellen, daß im Cardıum muticum-Auge außer der Stäbchenzellage noch eine zweite Seh- zellenlage vorhanden ist, so wären wohl in besonders einleuchtender Weise die engeren Beziehungen zwischen den ?ecien-Augen und den Sehorganen von Cardium muticum festgestellt. 5. Das verschiedene Verhalten des Sehnerven bei den einzelnen Sehorganen. (Hierzu Textfig. 17.) Besonders interessant ist bei der vergleichenden Betrach- tung der invertierten Mollusken-Augen der Verlauf des Opticus und die Art seines Herantretens zur Sehzellschicht. Wir wollen zunächst die Zec/en-Augen und die ihnen nahestehenden Seh- organe am Mantelrande der Cardızden daraufhin untersuchen, dann aber auch die analog gebauten und ebenfalls dem invertierten Organtypus folgenden Rückenaugen der Oncıduden. Die Pectenaugen: An gewissen, in bestimmter Orientierung befindlichen Sehorganen von Pecien — die optische Achse steht senkrecht zur Augenstielachse — tritt der Nerv des Augententakels als geschlossener Faserstrang bis an den proximalen Rand der inneren Pigmentschicht (Textfig. 17, Abb. C) heran. Auf der von der Schalen- klappe abgewandten Seite ziehen eine Anzahl Fasern zu den noch in der Differenzierung begriffenen randständigen Stäbchenzellen (fr.St.z). Diejenigen Fasern, welche dagegen auf der dem Schalendeckel genäherten Seite im Augententakel hinaufziehen, treten teilweise mit den Elementen der Stäbchenzellage in Be- ziehung, teilweise mit den distalen Sehzellen (dzsZ.Se.Z.). Letztere Fibrillen sind zu einem ansehnlichen Nervenast vereinigt, welcher sich über die distale Außenfläche der Retina lagert und, in der Mitte des Augenbulbus angelangt, sich aufzuteilen beginnt. — An halbwegs entwickelten oder völlig entwickelten Sehorganen, die in der „Normalstellung“ sich befinden (die optische Achse bildet die Fortsetzung der Augenstielachse), ist der Opticus deutlich in zwei Äste geteilt (Textfig. 17, Abb. D, Zwesz.oßt.). Der eine Ast (ra.prox.) löst sich unter dem Pigmentepithel in eine Anzahl Fasern auf, die allseitig an der inneren Pigmentwandung empor- ziehen und die proximalen Stäbchenzellen innervieren. Der andere Ast (ra.dıst.), steigt dagegen auf der dem Schalendeckel zu- gekehrten Seite zum Außenrand der Retina empor, biegt daselbst um und lagert sich über die distale Zellenschicht. Wir haben iQ 260 re. lap. Drox. Textfig. 17. Illustration zur Art des Herantretens der Sehnerven an die Retinae von invertierten Sehorganen bei Mollusken und schematische Darstellung der topographischen Beziehungen der Nervenfasern zu ihrem Innervationsgebiet und zu der darunter gelegenen inneren Pigmentschicht. A—D bei in- vertierten Sehorganen am Man- telrande von Lamellibranchiern. Vergleichend-Anatomisches. dist. Dbr.p opt. ra.opt NW prox- Slh2— Ri INGE bie. sch. ” / A Dbr. J. opt. E beim invertierten Rückenauge eines stylo- matophoren Pulmonaten (Oncidium). A die Verhältnisse bei Cardium edule. B bei ©. muticum. Can einem auf halber Auge am Mantelrande bei Pecten (die optische Achse steh Höhe der Entwicklung stehenden t senkrecht zur rer Fee “ > we in a er een r u en a I A ee u ar re - Ausbesr ” Zeit m Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 261 bereits erwähnt, daß diese deutliche Gabelung, wie sie am aus- gebildeten Auge festzustellen ist, auf die Drehung des Sehorganes zurückzuführen ist!). Die Sehorgane bei den Cardiiden: Am Tentakelnerv der augentragenden Cirren an den Siphonen bei Cardium kommt es angeblich auch zu einer Zweiteilung (Textfig. 17, Abb. A u. B). Im Gegensatz zum Verhalten bei Pecien, wo der ganze Nerv dem optischen Sinnesorgan angehört, also Augennerv ist, erweist sich an den Sehorganen der Carditiden nur der eine der beiden Teil- äste als Opticus; der andere (n.ad org.ep.) versorgt eine im Niveau des äußeren Körperepithels gelegene Zellgruppe („Haarsinnes- organ“ für chemische Reize). Die Art des Hinzutretens des Opticus an die Retina ist bei Cardium edule und Cardium muticum verschieden. Beim primitiver gebauten Cardium edule- Auge (Textfig. 17, Abb. A) steigt der Sehnerv lateral, ohne sich vorher zu teilen, im Augententakel empor und lagert sich von der einen Seite her über die Retina. Am Auge von Cardium muticum (Textfig. 17, Abb. B) verläuft der Opticus mehr oder weniger median im Tentakel; er durchbohrt den Pigmentkrug und das über der Pigmentschicht liegende Tapetum. Die Nervenfasern ziehen allseitig zwischen Chorioidea und Tapetum an der Retina- wand empor und versorgen die invertierten Stäbchenzellen. Der zum epidermal gelegenen „Haarsinnesorgan“ ziehende Seitenast des Tentakelnerven zweigt vom Hauptnerven schon unterhalb des Pigmentkruges ab (am Cardium edule-Auge erst auf der Höhe der distalen Retinawand). Die Rückenaugen der ÖOncidiiden: Recht interessante Verhältnisse im Hinblick auf die Beziehungen des Sehnerven zu den Organteilen des Auges bieten die Rückenaugen der Oncidiiden (Textfig. 17, Abb. Z), welche hier mit einigem Recht deshalb noch 1) Ähnlich wie die Pectenaugen dürften sich hierin die Sehorgane am Mantelrande der Spondyliden verhalten. Augenstielachse). 2 an einem entwickelten Mantelauge bei Pecten mit doppel- schichtiger Retina (optische Achse in direkter Flucht zur Augenstielachse). dist. distad; Srox. proximad; Dödr,f.opt. Durchbruchstelle für Optieus; dag. Bindegewebe; dis2.Se.Z. distale Sehzellen; dzsz.Se.Z.sch. distale Sehzellenschicht; ha.si.org. Haarsinnesorgan; +a.si.Z. Haarsinneszellen; z.2z2.sch. innere Pigment- schicht; 032. Optieus; 27.Stb.z. proximale Stäbchenzellen; Z70x.St2.2.sch. Pro- ximale Stäbchenzellschicht; ra.dist. Ramus distalis; r@.d#rox. Ramus proximalis; n.adorg.ep. Ramus nervalis ad organum epitheliale; re Retina; ‚Se.Z. Sehzellen; stb.z. Stäbchenzellen; ze.». Tentakelnerv; /a5. Tapetum; Zwgsz.opt. Zweigstelle des Opticus. 262 Vergleichend-Anatomisches. vergleichsweise angeführt werden dürfen, weil sie außer den er- wähnten Sehorganen die einzigen bis jetzt uns bekannten Organe des optischen Sinnes sind, die innerhalb des Stammes der Weich- tiere dem invertierten Typus folgen. Bei den Rückenaugen der Oncidiiden wird nicht nur die innere Pigmenthülle, sondern auch die Retina median vom Opticus durchbrochen. Die Fasern breiten sich dann von der Durchbruchsstelle zentrifugal über die Sehzellenschicht aus. Auf diese Weise kommt es zur Bildung eines blinden Fleckes, eines in der Sehzellenschicht nicht von rezipierenden Elementen eingenommenen, sondern von ÖOpticus- fasern beanspruchten Bezirkes im Sehareal. Dieses Verhalten treffen wir bekanntlich beim Vertebratenauge. SEMPER bezeichnete seiner- zeit das Rückenauge von Oncidium als ein nach dem Wirbeltier- augentypus gebautes Sehorgan. Durch die Umwege, welche die Opticusfasern an den Augen der Pectiniden und Cardüden ein- schlagen, wird die Bildung eines „blinden Fleckes“ in der Retina dieser Sehorgane umgangen, so daß die vom Opticus durch- bohrte Stelle am Rückenauge der Oncidiiden hier noch zur Bildung von Sehzellen disponibel bleibt. 6. Phyletische Ausblicke. Mit unseren vergleichend-anatomischen Betrachtungen wollten wir auf die morphologische Stellung der Pecten-Augen innerhalb der Sehorgane der Lamellibranchier hinweisen. Wir hofften damit auch eine Vorstellung darüber zu geben, wie komplizierte Seh- organe von der Art der Augen am Mantelsaum der Pectiniden sich von einfacheren Organen des nämlichen Sinnes ableiten lassen. Denn trotz der vielfachen Übereinstimmungen, welche sich zwischen den Sehorganen der Pectiniden und Cardirden ergeben, muß doch gesagt werden, daß die Augen der Cardiiden, in Sonderheit die Augen von Cardium edule, weit primitivere Merkmale aufweisen als die Augen der Pectiniden. Was die Klassifizierung der Seh- organe bei Pecten, resp. ihre morphologische Stellung im Bereich der Rezeptionsorgane des optischen Sinnes anbetrifft, so sei mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, daß die Sehorgane — im Gegensatz zu früheren Ansichten, nach welchen sie engere Be- ziehungen zu den Kopfaugen der Gastroboden haben sollten (auf nähere Beziehungen könnten beispielsweise auch die theoretischen Ausführungen von BürscHLı über die Entwicklungsvorgänge am Pecten-Auge hinweisen) — als spezifische Sinnesorgane am Mantel- rande von Lamellibranchiern zu deuten sind. ee N ET ir u un re m a u Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 263 Bei einer scheinbar so verschiedenartigen Ausbildung der Sehorgane am Mantelrande der Lamellibranchier beansprucht die Frage nach ihrer phyletischen Zusammengehörigkeit ein ganz besonderes Interesse. Kurz gestreift wurde die Frage seiner- zeit schon von Hesse (B 1902) in dem zusammenfassenden Kapitel „Phyletisches über Sehorgane“. Der diesbezügliche Passus lautet: „Für Sehorgane, deren Lagerung am Tierkörper von derjenigen abweicht, die wir bei den Verwandten treffen, müssen wir aller- dings eine selbständige Entstehung ohne weiteres einräumen, so für die Sehorgane am Mantelrande von Muscheln, bei denen auch die drei verschiedenen Ausbildungsformen (Arca, Pectunculus; Lima; Pecten und Spondylus) auf einen gesonderten Ursprung hinweisen“. Hesse vertritt demnach, wenn wir den Sinn seiner Aussage richtig verstehen, die Ansicht, daß die Sehorgane am Mantelrande von Muscheln Sinnesorgane sui generis sind, die mit anderen Augenbildungen von nahestehenden Tieren in keinen engeren Zusammenhang gebracht werden können. Auch wir haben die Überzeugung, daß die Sehorgane am Mantelrande der erwähnten Lamellibranchier „Eigenbildungen“ sind, daß es sich um Sinnesorgane handelt, die lediglich auf die Klasse der Bivalven und hier ausschließlich auf den freien Mantelsaum be- schränkt sind. Nach unserer Auffassung verhalten sich somit die Sehorgane am Mantelsaume jener Lamellibranchier anders als die Kopfaugen der Mollusken, die von Haus aus jedem Weichtier eigen sind. Wir finden die Kopfaugen nicht nur bei den Cephalo- boden, bei den Vertretern der obersten Klasse der ganzen Ab- teilung; ihr Vorkommen dürfen wir auch am Urmollusk außer Zweifel stellen. Selbst den Lamellibranchiern kamen ursprünglich typische Kopfaugen zu. Hierfür spricht die Tatsache, daß an gewissen Muscheln auf bestimmten Embryonalstadien noch Kopt- augen nachgewiesen werden können und des weiteren die äußerst interessante Feststellung, daß bei einigen Vertretern aus der Klasse der Bivalven (bei den Mytilıden) selbst im ausgewachsenen Zustande Augen vom vertierten Typus (wenn auch rückgebildet resp. „larval“) zur Ausbildung gelangen. Die Kopfaugen der Mollusken sind homologe Sehorgane. Ihnen sind die Sehorgane am Mantelsaume der Acephalen nicht homolog. Die „Mantelaugen“ der Lamellibranchier sind unseres Dafürhaltens Neuerwerbungen und als solche sekundäre Bildungen. Ihr Auftreten hängt zusammen mit 264 Vergleichend-Anatomisches. der für die Lamellibranchier so charakteristischen Mantelausbildung!). Das Auftreten von Sehorganen am freien Mantelsaume ruft einer Rückbildung der auch den Bivalven ursprünglich zukommenden Kopfaugen. Das Auftreten der einen Organe, die Rückbildung der anderen steht in kausalem Zusammenhang. Eine weitere Frage ist nun die, ob die verschiedenen Sehorgane am Mantelrande der Lamellibranchier sich unabhängig voneinander entwickelt haben, oder ob ihre Entwicklung aus einem genetischen Zusammenhange heraus zu verstehen ist; ob die komplizierten Formen sich von einfacheren ableiten lassen oder ob jene selbständig von diesen ihre Entwicklung genommen haben; ob den verschiedenen Augenformen ein gemeinsames Stammorgan zugrunde liegt oder nicht. Die Vielgestaltigkeit in der Art der Ausbildung der Seh- organe könnte allerdings die gemeinsame Abstammung der ge- nannten Sehorgane bei den Acephalen fraglich erscheinen lassen. Doch sei gestattet darauf hinzuweisen, daß eine Reihe von vergleichend - anatomischen Ergebnissen wenigstens zugunsten einer engeren Zusammengehörigkeit von Cardium- und Pecten- Auge spricht. Wie verhalten sich aber die übrigen uns be- kannten Sehorgane (die Augen am Mantel von Arca, Pectunculus, Lima) zu den erwähnten Sinnesorganen der Cardiiden und Pectiniden? Da die Pecten-Augen und die Sehorgane bei Cardium allem Anschein nach schon hochdifferenzierte Sehorgane repräsen- tieren, so liegt die Frage nahe, ob etwa Sehorgane von einem primitiveren Typus die Reihe nach unten hin vervollständigen. Wir müssen, bevor wir auf diese Frage eintreten können, die Zwischenfrage aufwerfen, welches Sehorgan überhaupt als primitiv bezeichnet werden darf. Primitiv im morphologischen Sinne ist ein Sehorgan offenbar dann, wenn es nur aus seinen wesentlichsten Bestandteilen aufgebaut ist, d. h. nur Sehzellen enthält. Eine Gruppe von primären Sinneszellen, welche im Dienste der Photorezeption steht, darf als primitives Sehorgan bezeichnet werden. Einem solchen kommt nun mehr oder weniger das sogenannte Flachauge (eine Gruppe von Sehzellen, die einen bestimmten Abschnitt der Epidermis darstellt) nahe. Zum primi- 1) Als ursprüngliches Verhalten bezüglich der Ausbildung des Mantel- saumes hat folgendes zu gelten: „Der Mantelrand ist einfach, ohne Papillen, ohne Tentakel, ohne Augen“ (A. LAna C 1900). u a U Ai in © - DE a en a Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 265 tiven Charakter des Sehorgans gehört, daß die einzelnen Sehzellen in ihrer Differenzierung selbst primitiv sind. Dies dürfte dann der Fall sein, wenn die einzelnen Sehzellen von einer Reihe Elementarfibrillen durchzogen werden, die in Form eines Stiftchen- saumes das freie Ende der Zelle umstellen (Sehzellen eines Planarienauges). Einem derartigen Sehorgan (Flachauge) ist die Möglichkeit geboten, seine Leistungsfähigkeit durch die Schaffung bestimmter optischer Hilfseinrichtungen zu erhöhen, wobei es sich hauptsächlich um die Vorkehr von Einrichtungen handelt, die im Dienste der optischen Isolation stehen (Scheidung von Epithel- zellen in Sehzellen und pigmentführende Zwischenzellen). Sind nun am Mantelrande von Lamellibranchiern Sehorgane bekannt, die dem Typus eines derartigen Flachauges folgen? Ein solches Sehorgan ist unzweifelhaft das Auge am Mantelsaum von Arca und Pectunculus, obwohl wir gleich hinzufügen müssen, ein Flachauge von wesentlich modifizierter Art, das gegenüber unserer primitiven Ausgangsform schon eine weitgehende Spezialisierung aufweist. Spezialisiert ist das Arca- und Pectunculus-Auge namentlich im Hinblick auf das Verhalten der Sehzellen, die, als Einzelaugen (Ommen) funktionierend, eine entsprechende Differenzierung er- fahren haben. Beachtenswert ist, daß das Komplexauge von Arca, in welchem wir ein nach bestimmter Richtung hin modifiziertes Flachauge erblicken, gerade am Mantelrande einer Muschel zur Ausbildung gelangt, die auch in ihrer Gesamt- organisation recht primitive Verhältnisse aufweist. Auch der Pigmentocellus von Lima repräsentiert eine Gruppe von Sehzellen mit dazwischen geschalteten indifferenten Scheide- zellen. Es handelt sich auch in diesem Falle um eine bestimmte, für die Lichtrezeption besonders geeignete Partie der Außen- epidermis, um ein Auge, das sich von einem gewöhnlichen Flach- auge ungezwungen ableiten läßt, wenn wir uns vorstellen, daß die Sehzellen sich vermehrt und, im epithelialen Verbande bleibend, proximad verlagert haben (Bildung einer Augengrube). In diesem Zusammenhange sei noch einmal darauf hin- gewiesen, daß am Pigmentocellus von Lima Sehzellen ausgebildet werden, die unserem sogenannten „Transtypus“ folgen: Die Seh- zellen werden von einer einzigen Fibrille. von einer Primitiv- fibrille durchzogen, die im distal gelegenen Abschnitt der Sehzelle sich in den Stäbchenfortsatz begibt. Innerhalb der eben erwähnten epithelialen Sehorgane am Mantelrande von Arca und Lima treffen wir also beide Typen von Sehzellen an, nämlich Sehzellen 266 Vergleichend-Anatomisches. mit Stäbchen und Rezeptoren ohne Stäbchen und zwar im einen wie im anderen Falle in vertierter Orientierung. Trotz der Spezialisierung, welche sowohl am Sehorgan von Arca als auch am Sehorgan von Lima offensichtlich zutage tritt, müssen dennoch beide Augenformen in gewissem Sinne als primitiv bezeichnet werden: Sie repräsentieren einen bestimmten, von Seh- und Zwischenzellen gebildeten Abschnitt der Außenepidermis. Nachdem sich nun einerseits Beziehungen zwischen den Pecten- Augen und den Cardium-Augen, andererseits Beziehungen zwischen den epithelialen Sehorganen am Mantelrande von Arca (Pectunculus) und Lima ergeben haben, so ist naheliegend, auch an eine engere Zusammengehörigkeit der Sehorgane am Mantelrande aller jener Lamellibranchier zu denken. Wie ließe sich nun ein Sehorgan von der Art eines Cardium-Auges oder eines Pecien-Auges von einem einfacher gebauten Arca-Auge ableiten? Zunächst sei an eine ganz allgemeine Erscheinung erinnert, die mit der Speziali- sierung der Sehorgane im engsten Zusammenhange steht: Es herrscht nämlich unter den Sehzellen die Tendenz, sich von der Oberfläche des Tierkörpers zu entfernen, um sich der Einwirkung anderer (mechanischer, chemischer) Reize möglichst zu entziehen. Dieses Prinzip zeigt sich auch an den Sehorganen am Mantel- rande der Lamellibranchier, wo die Entfernung der Sehzellen von der Oberfläche erfolgen kann: 1. auf dem Wege einer epithelialen Einsenkung (Auge am Mantel von Lima), 2. auf dem Wege einer Immigration, d. h. durch eine Einwanderung von Sehzellen in das darunter gelegene Bindegewebe (subepitheliale Sehorgane am Mantelrande von Cardiiden, Pectiniden und Spondyliden). Daß tatsächlich eine Einwanderung von Sehzellen aus der Epidermis in das darunter gelegene Bindegewebe am Mantelrande von Muscheln vorkommt, beweist die Entwicklungsgeschichte der Pecten-Augen. Wir dürfen eine Immigration von Sehzellen, so lange die Verlagerung im epithelialen Verbande nicht sicher nach- gewiesen ist, auch während der Entwicklung der Sehorgane bei den Cardiiden annehmen. Die Tatsache, daß die Sehzellen an den Sehorganen der Cardiiden und Pectiniden invertierte Sehzellen sind, scheint gerade im Einklang mit dem für diese Augen aufgestellten Entwicklungs- modus zu stehen, ist doch eine häufig zu beobachtende Er- scheinung die, daß aus dem Epithelverbande austretende und in die Tiefe sich verlagernde Sehzellen ihre ursprüngliche Orientierung einzubüßen pflegen, indem das primär distal gelegene Zellende u er ar ee nn = we Di u u Vergleichend-anatomische Betrachtungen an d. Sehorganen usw. 267 nunmehr proximal, das proximale nunmehr distal zu liegen kommt. Mit anderen Worten: die Sehzellen gehen während des Verlage- rungsprozesses von der ursprünglich vertierten Lage sekundär in die invertierte Lage über. Als typisches Beispiel hierfür diene der Pigmentbecherocellus eines Platoden, dessen ursprünglich ebenfalls epithelial gelegene Sehzellen sich bei der Dislokation in das subepitheliale Bindegewebe gedreht haben müssen. Der Umstand, daß an den primitiven epithelialen Sehorganen bei Arca und Lima verschiedene Typen von Sehzellen auftreten — das eine Mal Sehzellen vom Cistypus ohne Stäbchen, das andere Mal Sehzellen vom Transtypus mit Stäbchen — weist auf die Möglichkeit hin, daß zur Bildung subepithelialer Sehorgane ebenfalls verschieden geartete Sehzellen herangezogen werden können. Dieser Erwartung entsprechen denn auch die tatsäch- lichen Befunde: Da steht auf der einen Seite das Cardium edule- Auge mit allem Anschein nach dem Cistypus folgenden Sehzellen ohne Stäbchen; da steht auf der anderen Seite das Cardium muticum- Auge mit Sehzellen vom Transtypus und typischen Stäbchen, und, gleichsam in der Mitte zwischen beiden, steht das Pecten-Auge mit beiden Arten von Sehzellen. Im Hinblick auf die Anordnung der Sehzellen in den Mantelaugen der Cardiiden und Pectiniden muß gesagt werden, daß an allen drei Augen (an den Sehorganen von Cardium edule, Cardium muticum und Pecten) die Sehzellen sich in epithelialer Anordnung vorfinden. Wie es scheint, stellen sich also die ur- sprünglich als Bestandteile der Außenepidermis zu einem Epithel verbundenen, infolge der Emigration aber frei gewordenen Sinnes- zellen sekundär im Bindegewebe wieder zu einem epithelartigen Verbande (sekundären Epithel) zusammen. Recht beachtens- wert ist, was den Typus der Sehzellen und die Zahl derselben anbetrifft, daß der von HESSE für primitiv gehaltene Zustand — Verteilung der Neurofibrillen auf wenige Sehzellen und Ausbildung einer um so größeren Anzahl von nervösen Elementen im einzelnen Rezeptor — gerade am Cardium edule-Auge anzutreffen ist, also an dem Sehorgan, das nächst dem Arca- und Lima-Auge noch den primitivsten Bau aufweist, dagegen der mut- maßlich spezialisiertere Zustand — Ausbildung von Sehzellen mit Stäbchen, wobei die einzelnen Sinnes- zellen von einer einzigen Fibrille (Primitivfibrille) durchzogen werden — sich an dem auch in allen übrigen 268 Vergleichend-Anatomisches. Teilen höher differenzierten Cardium muticum-Auge vor- findet. Und besonders interessant dürfte die Fest- stellung sein, daß am Pecien-Auge, wo zwei übereinander gelagerte Schichten von Sehzellen zur Ausbildung gelangen, es wiederum die primitiveren Sehzellen sind (die distal gelegenen Sehzellen in der Retina), die zuerst ausgebildet werden. Resumieren wir: Als ursprüngliches Sehorgan bei den Lamellibranchiern erachten wir ein einfaches Flachauge mit pri- mitiven Sehzellen (Sehzellen mit Stiftchensaum, polyfibrillär, ohne Stäbchen). Durch die Spezialisierung derselben dürfte dann aus einem solchen Flachauge sich eine Augenform herausgebildet haben, der wir im Komplexauge von Arca begegnen. In der Ausbildung einer Kutikula, welche an den einzelnen Sehzellen die Funktion einer Linse übernimmt, erblicken wir eine weitere Er- scheinung der Elektion der Sinnesorgane für die spezifische Lichtperzeption; die perzipierenden Elemente der einzelnen Rezeptoren entziehen sich der Oberfläche und dadurch der Ein- wirkung anderer Reize (chemischer und mechanischer Reize). In anderer Weise macht sich die Neigung der Rezeptoren, von der Oberfläche des Tierkörpers sich zu entfernen, an den Ocellen am Mantelrande von Lima geltend: Hier entspricht dieser Tendenz ein Einsinken der ganzen Gruppe von Sehzellen, wobei aber die einzelnen Elemente im epithelialen Zusammenhange verbleiben. In noch vollkommenerer Weise wird das Spezialisierungsprinzip in einem Auswanderungsprozeß der Sehzellen aus dem Mutter- epithel und in einer Verlagerung der Sehzellen in das subepitheliale Bindegewebe verwirklicht, was zur Bildung eines neuen Augen- typus, zur Bildung von Augen mit subepidermal gelegenen Seh- zellen führen mochte. Unter den Sehorganen, die diesem Typus folgen, läßt sich eine Entwicklung, ein Übergang von Einfachem zu Spezialisierterem feststellen. Der phyletische Zusammenhang der hierher gehörenden Augenformen (Mantelaugen von Cardıum edule, Cardium mmticum, Pecten und Spondylus) kann aber erst dann mit einiger Sicherheit erschlossen werden, wenn die noch klaffenden Lücken der schon heute aufstellbaren, doch noch wenig fundierten vergleichend-anatomischen Reihe mit neuen Zwischenformen ausgefüllt und namentlich auch die ontogenetischen Relationen in dieser Organgruppe ermittelt worden sind. Ohne diesem Zukunftsprogramme vorgreifen zu wollen, möchten wir in einem tabellarischen Schema die von uns auf- Pr” > 2.26: EEE ne u a me + — |—— un ne ee u © Vergleichend-anatomische Betrachtungen über Sehorgane usw. 269 geführten und beschriebenen Sehorgane am Mantelrande von La- mellibranchiern nach bestimmten morphologischen Gesichtspunkten klassifizieren, wobei wir hoffen, auch unsere vorläufigen An- schauungen über den phyletischen Zusammenhang dieser Organe zum Ausdruck bringen zu können. Einfaches Flachauge. Gruppe von photorezipierenden primären Sinneszellen als ursprüngliche Aus- gangsform für kompliziertere Sehorgane am Mantelrande von Zarmellidranchiern. Kompliziertere Flachaugen. Flachaugen mit spezialisierten Sehzellen und isolierenden Pigmentzellen. DE... a ee Durch das Verbleiben der Sehzellen Durch die Emigration von Sehzellen im epidermalen Verbande: aus dem Mutterepithel in das sub- epidermale Bindegewebe: Sehorgane mit epidermal ge- Sehorgane mit subepidermal legenen Sehzellen gelegenen Sehzellen Durch eine Auf- Durch eine gru- Durch eine Einwanderung von Seh- wölbung des reti- benartige Ein- zellen nach primitivrem Typus: nalen Epithel- senkung des reti- Cardium edule-Auge. abschnittes: nalen Epithel- ; 2 ee anen abschnittes: Durch eine Einwanderung von Seh- Bo un An d Augen am zellen nach dem Stäbchenzelltypus: Pectunculus. Mantelrande von Cardium muticum-Auge. Lima. Durch eine Einwanderung von Seh- zellen nach dem Primitivtypus und Sehzellen nach dem Stäbchenzell- typus: Pecten- und Spondylus- Auge. II. Vergleichend-anatomische Betrachtungen über Sehorgane am Mantelrande der Peetiniden und ähnlich gebaute Nicht-Lamellibranchieraugen. 1. Die Peetenaugen und die Rückenaugen der Oncidiiden. Unter den Sehorganen der Mollusken zeigen neben den in der Siphonalgegend am Mantel gewisser Cardiiden vorkommenden Augen (Sehorganen von Cardium muticum) noch die am Rücken auftretenden Sinnesorgane einer Anzahl Vertreter der Gattung Oncidium mit den Sehorganen am Mantelsaum der Pectiniden eine größere Ähnlichkeit. en DER en ee ee see en ee ae ee Ak ae ee ee De Te a a REED EEE EU EEE rn En, u ee ä k » TER Re + u we En (87 pun 0g ‘sed opıa uodunpjigqy uop nz uadunseyKousgeIsyong) (Hrugosssur] "ANSNIHOSLNYIS 'M Yoeu WwnJepnonLTeA WnIPIUg AO}LUNJoS UeIPoM) UEOT UOA apueıpojuen] we ueS1oyeg 6 'SINXOL uoA Sosneueyony Souro osyoesdug] Iop ur YLuyog °), "BLgxe], "xoig er es ns Re EN Re ine 1S'ND pe ‚days'nv ug Ne 0 i E EOLE DA 929 7s1p 04 "X04d04 = GE RENGE 2 e# 77274 727 3 ee = ee 713071047 I74SgSM2 El T El: NEN de Fa = EI] II y EIN INTNTUINNENNENNUNN NEIN EN -uınoud 722512 Vergleichend-Anatomisches. 7s1P "91 IS DEN 00% 270 Vergleichend-anatomische Betrachtungen über Sehorgane usw. 271 (2g pun 08 ‘sed opıa uedunpgrggqy uep nz U9FUNIKTFIOEUEGEISYONG) "uodunyonsaeyun Sunuyojuy ur wmonmu °) UoA odny SIHTaM "I ‘I ue sep yoınp Yıuyasueıpent 9 xoid (ZASIZS (TERSINZ'S IE) Fuorsvy Spgosgns‘” 07° .r.” 4 752P StpxoL "AMNSNIHOSLNYIS 'M Yoeu WNYeININLIOA WNIPIIUO uoA soäneueyony souto osyoessur ıop ur Yıuyag '), "SIMxoL 3 A 2 ö £ ur re J N 272 Vergleichend-Anatomisches. Gleichviel, ob wir das Rückenauge jener Oncidiiden mit dem Tentakelauge am Mantelsaume von Cardium muticum vergleichen, oder ob wir es dem Pecien-Auge gegenüberstellen!), müssen wir von vornherein auf jedwede auf verwandtschaftliche Beziehungen hinzielende Spekulation verzichten. Wir können also von einem der- artigen Vergleiche nicht dasselbe erwarten, was von einer Gegen- überstellung der Pecien-Augen und der Sehorgane der Cardriden, wo schon der bloße Umstand des Auftretens dieser Photorezeptions- organe an einem und demselben Organteil (am freien Mantelsaum) auf einen näheren verwandtschaftlichen Zusammenhang hinweisen könnte. Vielmehr haben wir die Übereinstimmungen, die sich bei einem Vergleiche der Rückenaugen der Oncidiiden mit den Mantelaugen der Pectiniden ergeben, als rein äußerliche zu be- trachten und als Erscheinungen zu bewerten, die keine weiteren Schlüsse auf die genetischen Beziehungen zwischen beiden Seh- organen zulassen. Die mehr oder weniger große Ähnlichkeit der Rückenaugen bei Oncıdium mit den Pecten-Augen (auch das über- einstimmende Verhalten mit den Sehorganen am Mantelrande von Cardium muticum) erklärt sich vielmehr im Sinne einer Kon- vergenzerscheinung. Auf alle Fälle sind die Übereinstimmungen analoger, nicht homologer Natur. ; Was zunächst überhaupt einen morphologischen Vergleich der Pecien-Augen mit den Sehorganen am Rücken gewisser Oncidirden zuläßt, ist das nämliche Verhalten der Sehzellen im Hinblick auf ihre Orientierung am Tierkörper: Hier wie dort sind die Sehzellen mit ihren perzipierenden Elementen von der Licht- quelle abgewandt; beide Sehorgane folgen dem invertierten Typus. Die Ähnlichkeit kommt ferner im Aufbau beider Augenformen zum Ausdruck. Dem Rückenauge der Oncidüden und den Mantelaugen der Pectiniden liegt ein und dasselbe Schema zugrunde. Beides sind Sehorgane, deren Sehzellen sich zu einem epithelartigen Verbande vereinigt haben und einen scharf um- grenzten Organteil darstellen. Es sind Sehorgane mit typischen Retinae, wenn auch die Sehzellschichten beider Augenformen — bei den Pecten-Augen ist dies entwicklungsgeschichtlich bereits nachgewiesen — unserem Dafürhalten nach nicht Abschnitte pri- 1) Die Übereinstimmungen mit den Sehorganen am Mantelsaume von Cardium muticum sind noch augenfälligere als die mit den Sehorganen bei Pecten (vide Textfig. pag. 270 u. 271). re EEE a ee u Vergleichend-anatomische Betrachtungen über Sehorgane usw. 273 märer Epithelien repräsentieren, sondern Scheinepithelien (sekundäre Epithelien) darstellen. Ihrem morphologischen Verhalten wegen möchten wir nämlich den Rückenaugen der Oncidriden einen ähn- lichen Entstehungsmodus zuerkennen, wie ihn unsere entwicklungs- geschichtlichen Untersuchungen für die Pecien- Augen ergeben haben, indem wir zu der Ansicht neigen, die Rückenaugen der Oncidiiden seien keine typischen Blasenaugen und durchlaufen daher nicht dieselben Etappen der Organentwicklung wie beispiels- weise die an den nämlichen Tieren am Kopfe ausgebildeten paarigen Sehorgane, die ja zweifellos wirkliche Blasenaugen re- präsentieren. Den endgültigen Entscheid jedoch vermögen aller- dings erst auch in diesem Falle entwicklungsgeschichtliche Unter- suchungen zu erbringen, die zurzeit noch ausständig sind. An den Rückenaugen der Oncidiiden gelangt ein ähnlicher dioptrischer Apparat zur Ausbildung, wie an den Mantelaugen der Pectiniden: eine zellige Linse, die von einem lichtdurchlässigen, unpigmentierten Abschnitt der Epidermis, von der Cornea, und von einem unter derselben liegenden Bindegewebsstreifen überdeckt wird. Optisch isoliert und vom Bindegewebe abgegrenzt wird die Retina am Rückenauge der Oncidirden und am Pecten- Auge durch eine subepidermal gelegene Pigmentschicht, welche an den Oncidium- Augen in Gestalt eines nach der Linse geöffneten Pigmentbechers die Sehzellschicht umschließt. an den Pecten-Augen dagegen gleich einer Schale diese in sich aufnimmt. Bei den Pecten-Augen wird die „innere“, im Dienste der optischen Isolation stehende Pigment- schicht noch durch einen in der Epidermis zur Ausbildung ge- langenden Pigmentmantel („äußerer Pigmentmantel‘“) ergänzt. Ein solcher fehlt an den Rückenaugen; dagegen erreicht hier die subepidermal gelegene Pigmenthülle einen größeren Umfang als an den Pecien-Augen (ganz ähnliche Verhältnisse finden sich auch an den Sehorganen von Cardium muticum;, vergl. die Text- fig. 7 und 6). Ein Tapetum wird an den Rückenaugen der Oncidiiden nicht erwähnt; möglicherweise gelangt ein solches — wie an den Cardium muticum- und Pecten-Augen — zur Aus- bildung, konnte aber bis anhin des ungenügend fixierten Materials wegen nicht nachgewiesen werden. Auffallende Unterschiede zwischen den Augen bei Pecten und den Rückenaugen der Oncidiiden zeigen sich namentlich im Aufbau der Retina (bei den Kammuscheln zwei Lagen von Sehzellen mit eingefügten Stützelementen, bei den Oncidirden eine Lage von Sehzellen mit dazwischen geschalteten Stütz- 18 274 | Vergleichend-Anatomisches. elementen) und in der Art der Innervierung der betreffenden Sehzellschichten [Herantreten des Opticus zur Retina! (vide pag. 261 und vergleiche die Schemata D und E auf Textfig. 17)]. 2. Die Peetenaugen und die Stirnocellen der Libellen. Wie schon aus den zahlreichen früheren Untersuchungen an den Mantelaugen der Pecien-Arten hervorgegangen ist, und wie auch unser eigener Beitrag von neuem zeigt, stellen die in Rede stehenden Sehorgane nicht nur komplizierte, sondern auch recht eigenartig gebaute Sinnesorgane dar. Ganz besonders kommt diese Eigenartigkeit im Bau der Retina, in der Anordnung der sie zusammensetzenden Elemente und in der Innervierungsweise der Sehzellschichten zum Ausdruck. Es sind vornehmlich vier Punkte, die eine besondere Beachtung beanspruchen: 1. die Retina in den Sehorganen der Pectiniden setzt sich aus zwei Lagen von Sehzellen zusammen. 2. Die Retina ist ausgestattet mit zwei Typen von Sehzellen, die sich auf die beiden Zellagen so ver- teilen, daß die eine Schicht nur Sehzellen vom einen Typus, die andere Schicht nur Sehzellen vom anderen Typus enthält. 3. Sämtliche Sehzellen sind im Zellverbande so orientiert, daß ihre perzipierenden Enden von der Lichtquelle abgewandt sind; die Retina ist in bezug auf die eine Schicht wie in bezug auf die andere invertiert. 4. Der Opticus teilt sich in zwei Teiläste. Ein jeder Teilast gehört einer der beiden Sehzellagen an. Vor allem dürfte uns nun die Frage interessieren, ob außer den Augen am Mantelrande der Pectiniden noch andere Organe des optischen Sinnes bekannt sind, deren Retinae nicht eine einzige Lage von Sehzellen darstellen, wie in der Mehrzahl der Fälle, sondern einen typisch zweischichtigen Bau aufweisen. Schon Hesse (B 1908), der zuerst die Zweischichtigkeit der Retina an den Sehorganen bei Pecten feststellte, hat sich diese Frage vorgelegt. Sie beschäftigte auch neuerdings Dakın (B 1910). Beide Forscher stießen bei der Umschau nach solchen Seh- organen auf den Stirnocellus gewisser Libellen, in welchem in der Tat die Sehzellen in zwei Reihen hintereinander liegen. Seither ist unseres Wissens kein weiteres Organ des optischen Sinnes vom zweischichtigen Typus. mit Sicherheit unter den Wirbellosen aufgefunden worden, so daß wir auch heute noch die an einer Agrion-Spezies und an Aeschna juncea Charp. von HEssE be- schriebenen Stirnaugen als die einzigen mit einer zweischichtigen u ur m -Arougog WS |4IeIs9d1ep uU] U9AONOLp Sp 'Ied opıa uodunıpyIousgejsyong aıp yaınp (ewopgegyg) eyuowoLT uopusıerd (*ruyossZugr] 1ejıynJo3 uerpe) uUaPag UA SpueıpajuenT Le uwdıogog '6 'FIMXOL -1zoaygorp oIp purs uouyı ur -uojozyag ap : oyroy] ayIaMz ‘08.19 75 z:s !osurg 2 "(8061 xo4d assap "y ypeu osejuojjezyag uasıyyorgosjpoddop Fe er ee wet 2 aaum yıw suedrogeg souro jerdsrog Se (ds YSND Ne Im uorssy) ofjeqr Aaure [jesoums "ST "SIYXOL ur en Seen Sa "do Sa 3 RR , DSH B5 = 2. 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Was freilich die Orientierung der Sehzellen beider Augenformen anbelangt, so macht sich ein prinzipieller Unter- schied geltend: Die Stirnocellen der Libellen gehören zum ver- tierten, die Pecten-Augen zum invertierten Organtypus; bei jenen sind sämtliche Sehzellen der distalen und der proximalen Schicht der Lichtquelle zugekehrt, bei diesen dagegen von der Lichtquelle abgewendet. Die typische Verteilung der Sehzellen an den Augen von Agrion und Aeschna auf zwei Schichten hat nach der unseres: Dafürhaltens recht plausiblen Ansicht Hesses ihre wichtige Be- deutung beim eigentlichen Sehakt. Hesse bringt die Schilderung der morphologischen Verhältnisse an den Stirnocellen jener Libellen (B 1908, pag. 23) im Anschluß an die Ausführungen über das Entfernungssehen bei diesen Tieren, welches nach ihm durch 1) An den Stirnocellen der betreffenden Libellen lassen sich drei Ab- schnitte unterscheiden (vide Textfig. 18): 1. Eine Linse von asymmetrischer Gestalt in Form „eines von der konvexen Außenseite her einspringenden Zapfens‘‘. 2. Eine unmittelbar unter der Linse gelegene Retina. 3. Ein Pigmentbecher, gebildet von einem bestimmten Abschnitt der Außenepidermis, von einem Pigmentepithel, das seitlich Linse und Retina umschließt und von einer Gruppe pigmentführender Zellen, die den Grund des Pigmentbechers darstellen. Besonders interessant ist im Aufbau der Retina dieser Stirnocellen die Anordnungsweise der Sehzellen: Die Sehzellen, welche in der Hauptsache die Retina aufbauen, liegen in zwei Schichten über- oder hintereinander, so, daß die eine (distale) Schicht sich nahe der Linse, die andere (die proximale) Schicht in größerer Entfernung von derselben befindet. Die proximalen Sehzellen beginnen da, wo die distalen aufzuhören pflegen, resp. da, wo die Zellfortsätze der distalen Zellen anfangen. Die Zellfortsätze der distal ge- legenen Rezeptoren verlaufen zwischen den Zelleibern der proximal gelegenen Stäbchenzellen und gesellen sich als Nervenfasern zu den Zellfortsätzen dieser Elemente. Die Anordnung der Sehzellen in der Retina der Stirnocellen erweckt den Eindruck, als ob aus einer ‚ursprünglich einschichtigen Zellage gewisse Elemente in der Richtung der optischen Längsachse eine Verlagerung erfahren hätten, wodurch die Zweischichtigkeit, d. h. die Verteilung der Sehzellen auf zwei verschiedene Niveau bedingt wird. a Zusammenfassung. 277 folgenden Umstand ermöglicht wird: „Fernere Objekte er- regen die distale, nähere die proximale Reihe der Seh- zellen.“ | Wenn sich nun der Sehakt wirklich in der Weise bei den Stirnocellen der Libellen abspielt, wie Hesse anzunehmen geneigt ist, so frägt es sich weiter, ob an den Mantelaugen der Pectiniden, die den Doppelbau der Retina ebenfalls aufweisen, der physio- logische Sehakt sich nicht in ähnlicher Weise abspielen könnte. Wir gestehen gerne ein, daß wir das Pro und Contra in diesen optisch-physiologischen Fragen nicht abzuwägen vermögen. Auf Grund rein morphologischer Übereinstimmungen jedoch möchten wir die Möglichkeit, daß es sich beim Sehorgan am Mantelrande der Pectiniden um einen ähnlichen physiologischen Organtypus handelt, wie bei den Stirnocellen von Agrion und Aeschna, nicht aus- schließen. Wir teilen damit eine von Hesse und DAkIN schon vor uns geäußerte Ansicht!). Ein Unterschied liegt freilich darin, daß ihre diesbezüglichen Darstellungen am Sehorgan bei Pecten sich auf eine distale, der Lichtquelle zugekehrte (advertierte) rezipierende Sehzellschicht und auf eine proximale, von der Licht- quelle abgekehrte (invertierte) Schicht von Rezeptoren beziehen, die unsrigen aber auf zwei im gleichen Sinne gerichtete invertierte Sehzellschichten. Zusammenfassung. 1. Die entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen erstrecken sich auf die Mantelränder kleiner Exemplare (11/,—6 mm im Durchmesser) von Pecten testae und — zum geringeren Teil — von Pecien obercularıs. 2. Schon an den 1'/),—2 mm großen Individuen von Pecten ‘ testae lassen sich an jedem Mantelrand eine Anzahl typischer Augen nachweisen. Die Augen umstellen den ventralen Umkreis des freien Mantelrandes; sie fehlen vorerst noch im oralen und analen Mantelbezirk. 3. An jungen Exemplaren von Pecten testae ist die Verteilung der Augen auf beide Mantelränder (auf den oberen und unteren Mantelsaum) eine mehr oder weniger gleichmäßige. Später zeigt der nach oben gekehrte linke Mantelsaum eine 1) Weiteres hierüber siehe im „Nachtrag“. 278 10. uk, Zusammenfassung. größere Anzahl Sehorgane als der nach unten gekehrte rechte Mantelsaum. . Die Zahl der am Mantel junger Pectiniden auftretenden Augen steht bedeutend hinter der Zahl der am Mantelrande großer, ausgewachsener Exemplare vorhandenen Sehorgane derselben Spezies zurück, wo sie oft das Fünf- und Sechs- fache beträgt. . Während des Wachstums der Tiere gelangen immer noch neue Augen am Mantelrande zur Ausbildung, so daß kleinere Sehorgane gegenüber größeren am Mantelrande entwickelter Individuen sich als noch nicht völlig ausgebildete Organe erweisen. . Die Entwicklungsvorgänge an den Augen der Pectiniden spielen sich nicht in der früher vermuteten schematischen Weise (ektodermale Einstülpung, primäre Blasenbildung) ab. . Die erste Anlage eines Auges zeigt sich als eine papillen- artige (knopf- oder zapfenförmige), zwischen Periostrakal- rinne und Velarfalte auftretende Erhebung des Mantel- epithels, als eine Aufwölbung des Mantelsaumes, der ein Vordringen des subhypodermalen Bindegewebes folgt. . Im Bindegewebe der Augenpapille sind eine größere Anzahl von Zellkernen anzutreffen. Zwei Arten sind auseinander- zuhalten: Zellkerne, die eine größere Übereinstimmung zeigen mit den im Außenepithel der Papille zahlreich vorhandenen Epidermiszellen und Zellkerne, die eine größere Ähnlichkeit mit den in der Umgebung der Papille sich vorfindenden und im Bindegewebe vorhandenen Kernen erkennen lassen. Die Zellkerne, welche aus dem Papillenepithel (Mantelepithel) austreten, bilden zum größten Teil (mit Ausnahme der so- genannten Zwischensubstanz, diese nimmt unserem Dafür- halten nach ihren Ursprung aus dem Mesoderm) die Anlage der Retina. Es sind ektodermale Elemente. . Tapetum und innere Pigmentschicht erscheinen auf frühen Stadien der Augenentwicklung als zellige Anlagen. Sie liegen in ihren Randpartien dem retinalen Zellkomplex an. Die Lage der sogenannten Zwischensubstanz (Füllgewebe zwischen den Stäbchen der Stäbchenzellen) setzt sich ur- sprünglich ebenfalls aus Zellen zusammen; späterhin ver- schwindet der Zellcharakter in dieser Gewebeschicht. In der Retinaanlage differenziert sich zuerst „die Bürsten- zellschicht“, die distale Sehzellenschicht. 12. 13. 14. 16. 17. 18. Zusammenfassung. 279 Die proximale Stäbchenzellschicht ist in ihrer Anlage an- fänglich zu beiden Seiten der distalen Sehzellenschicht vor- handen. Sie bildet sich so, daß vom Rande der Retina her allseitig Stäbchenzellen gegen die optische Achse des Auges vordringen und mit ihren Endabschnitten, den Stäbchen, in die Lage der Zwischensubstanz hineinwachsen. Die Linse erweist sich als ein mesodermales Gebilde. Sie entsteht durch die fortgesetzte Einwanderung von Zell- elementen aus dem Bindegewebe in die Augenpapille und durch die Vermehrung dieser eingewanderten Zellen in loco (unter der Cornea). Die „Subcornea“ ist ein verdichteter Bindegewebsstreifen, ein Teil der unter dem Außenepithel gelegenen Bindegewebskapsel. . Die Randzone der Linse stellt einen „Embryonalbezirk“ der- selben dar, der an der Stelle, wo er mit dem Gewebe der Bindegewebskapsel zusammenhängt, selbst auf relativ späten Stadien der Augenentwicklung immer noch neue Zellelemente aus dem Bindegewebe empfängt. Die distale Zellenlage der Retina, die Schicht der- distalen Sehzellen, ist nach den entwicklungsgeschichtlichen Unter- suchungen kein echtes primäres Epithel, sondern ein sekundäres Epithel, das seinen epithelartigen Charakter erst durch die Einstellung ausgewanderter Ektodermzellen in einen Zellverband erhalten hat. Für die tatsächliche Blasennatur der Sehorgane am Mantel- rande der Pectiniden fehlen morphologische Anhaltspunkte; es fehlt der Nachweis des direkten Überganges von der Retina in das Tapetum und in die innere Pigmentschicht. Der Annahme, daß dem Pecien-Auge eine echte epitheliale Augenblase zugrunde liegt, widersprechen ferner die embryo- logischen Befunde (Auswanderung von Ektodermzellen aus dem Papillenepithel zur Bildung der Retinaanlage). An frühen Stadien der Augenentwicklung, an denen die distalen Sehzellen („Bürstenzellen“) schon in ihrer typischen Differenzierung vorzufinden sind, konnten zwei wichtige Feststellungen gemacht werden: a) daß die Zellfortsätze der Bürstenzellen bis an die über ihnen gelagerte Faserschicht (Nervenfasern des Ramus distalis) hinanreichen; b) daß die einzelnen Fibrillen im Nervenstrang da, wo sie über den Zellfortsätzen der „Bürstenzellen“ liegen, sich 280 198 20. 21. 22. 23. Zusammenfassung. in die Verlaufsrichtung der in diesen Zellfortsätzen diffe- renzierten Fibrillen einstellen. An einigen Präparaten zeigt sich, daß die im Zellfortsatz der „Bürstenzellen“ verlaufenden Fibrillen nicht nur an die Faserschicht des Ramus distalis hinanreichen, sondern daß einzelne Fibrillen direkt in die Fibrillen des Nerven über- gehen, womit dargetan sein dürfte, daß die im Zellfortsatz der „Bürstenzellen“ verlaufenden Fibrillen nervöser Natur sind, und daß der Zellfortsatz dieser Zellen ein Bündel solcher Neurofibrillen darstellt. Der Verlauf einer einzelnen: Neurofibrille (Elementarfibrille) in einer „Bürstenzelle“ (distalen Sehzelle) ist folgender: Die Neurofibrille tritt aus dem distalen Ast des Sehnerven aus und verläuft im Zellfortsatz der „Bürstenzelle“ bis zur Zell- grenze, wo sie sich mit einer knötchenartigen Verdickung am Zellensaum, mit dem „Basalkörperchen“, verbindet; von diesem zieht die Fibrille weiter in den Zelleib der „Bürsten- zelle“ und endigt mit einer oft deutlich sichtbaren An- schwellung an der Grenze des basalen Zelldritteils im Innern der Zelle. Die sogenannten „Basalkörperchen“ sind in den Fibrillen- verlauf eingeschaltet. Sie zeigen auf den mit der „Nach- vergoldung“ behandelten Schnittpräparaten eine für das Nervöse spezifische Färbung. Wir halten sie für nervöse Elemente. Die Zwischenzellen sind in der Retinaanlage schon frühe vorhanden und differenziert. Dem Umstand entsprechend, daß zuerst die distale Sehzellenschicht sich differenziert, erscheinen auch zuerst die zu dieser Zellenlage gehörigen Zwischenzellen (distalen Zwischenzellen). Von diesen leiten sich durch Zellteilung dann sekundär die der proximalen Stäbchenzellschicht zufallenden Interstitialzellen ab. Auf frühen Stadien der Augenentwicklung sind die Zwischen- zellen deutlich noch als zellige Elemente in der Retina anzutreffen; späterhin imponieren auf den Längsschnitt- präparaten in der Regel nur noch ihre Kerne. . Die Randzonen der distalen Sehzellenlage („Bürstenzell- schicht“) und der proximalen Stäbchenzellage stellen Neu- bildungszonen an beiden Zellagen dar. Im peripheren Grenzgebiete der Retina treten durch Zellteilungsvorgänge 26. a1. 28. 29. sd. 31. 32. Zusammenfassung. 281 einerseits neue „Bürstenzellen“ (distale Sehzellen), anderer- seits neue proximale Stäbchenzellen auf. . Wie in den distalen Sehzellen („Bürstenzellen“), so sind auch in den Stäbchenzellen die leitenden Elemente die Neurofibrillen. Zum Unterschied der großen Fibrillenzahl in den „Bürsten- zellen“ zeigen ceteris paribus die Stäbchenzellen nur eine einzige Fibrille, die in der Form einer typischen Primitiv- fibrille den Zelleib der ganzen Länge nach durchläuft. Die Sehorgane am Mantelrande von Pecten testae befinden sich in einer bestimmten, durch Achsenverhältnisse festleg- baren Orientierung. Die Orientierung kann bei den einzelnen Sehorganen eine verschiedene sein. Die frühesten Stadien der Augenentwicklung zeigen in der Regel eine solche Orientierung am Mantelsaum, daß die optische Achse senkrecht auf die Augenstielachse und damit senkrecht auf die Fläche des Mantels fällt, entwickelte Seh- organe dagegen eine Stellung, in welcher die optische Achse mit der Augenstielachse zusammenfällt. Dazwischenliegende Stadien pflegen gleichsam eine Mittelstellung einzunehmen: die optische Achse fällt unter einem spitzen Winkel zur Augenstielachse ein. Der Winkel, den ein der Drehung unterworfenes Auge beschreibt, beträgt 90°. | Die Drehbewegung, der ein einzelnes Auge unterworfen sein kann, erfolgt in dem Sinne, daß das Auge sich stets von der Schalenwand, der es in der Regel ursprünglich zu- gekehrt ist, nach außen abdreht. An frühen Stadien der Augenentwicklung, die nach Stellung I (die optische Achse steht senkrecht zur Augenstielachse resp. “ senkrecht zur Richtlinie der Mantelebene) orientiert sind, tritt 33. der Opticus als geschlossener Faserstrang an die Retina. Bei der Drehung des Auges von der Schalenfläche weg wird ein Teil der zum Sehnerv gehörenden Längsfibrillen, der Ramus distalis, vom übrigen Nervenaste abgehoben, was zu einer Teilung des Opticus in zwei Teiläste (Ramus distalis und proximalis) führt. Die neuro-histologischen Untersuchungen an den Retinae entwickelter Sehorgane wurden durchgeführt an ver- 282 34. 36. I. 38. 39. 40. 41. Zusammenfassung. schiedenen Pecien-Arten aus dem Golfe von Neapel (Pecien flexuosus Poli, P. jacobaeus L., P. inflexus Poli, P. oper- cularıs L., P. pusio L., P. testae Phil., P. varıus L.). In Übereinstimmung mit allen früheren Forschern stellen wir noch einmal fest, daß die zum Ramus proximalis ge- hörenden Fibrillen in die proximal gelegenen Stäbchenzellen der Retina. übertreten und in diesen als optisch isolierbare Axialfibrillen (Primitivfibrillen) aufzutreten pflegen. . Die Fibrillen des Ramus proximalis stehen in keiner Be- ziehung zu den zwischen den Stäbchenzellen befindlichen Zwischenzellen. Das gleiche gilt für die Fibrillen des Ramus distalis und die in der distalen Sehzellenschicht („Bürstenzellschicht“) gelegenen Zwischenzellen. Die Zwischenzellen in der Retina der Sehorgane am Mantel- rande obgenannter Pectiniden sind ihrem färberischen und morphologischen Verhalten nach keine nervösen Elemente. Die Fibrillen der vom Ramus distalis austretenden Nervenfasern stehen in direkter Verbindung mit den in den Zellfortsätzen der distalen „Bürsten- zellen“ differenzierten Neurofibrillen. Die distal in der Retina gelegenen „Bürstenzellen“ sind des- halb keine Flimmerzellen; es sind nervöse Zellen. Nach unserem Dafürhalten sind die früher als „Bürsten- zellen“, „Wimperzellen®“ und „äußere Ganglienzellen“ auf- geführten Retinazellen Nerven-Sinneszellen; ihrem funktio- nellen Verhalten nach Sehzellen. (Sie werden von uns als distale Sehzellen den proximalen Sehzellen, den Stäbchen- zellen gegenübergestellt.) Der „Bürstenfortsatz“ einer distalen Sehzelle erweist sich als ein Bündel feiner Elementarfibrillen, das sich direkt in die Neurofibrillen des distalen Sehnervenastes forterstreckt. Der Fortsatz entspricht dem basalen Abschnitt der Zelle, der kernführende Teil dem freien Zellende. Die Retina der Sehorgane am Mantelrande der Pectiniden ist sowohl in bezug auf die distal gelegenen Sehzellen als auch in bezug auf die proximal gelegenen Sehzellen voll- ständig invertiert. Folgende Tabelle gebe einen Überblick über die retinalen Bau- und Strukturverhältnisse nach unseren eigenen Unter- suchungen: u unse Zusammenfassung. 283 Zellfortsätze und ihre - B Innervierun en el 7 inigden ze 1 ARE ö elemente | Zellen R R distale proximale di ist. | Prox Retina- |Sehzellen |Fibrillär dif-| Zellfortsatz | + — zellen mit| (inver- | ferenzierter | nicht vor- Basalkör-| tiert) | Zellfortsatz handen perchen (Bündel von und ab- Elementar- gehenden »fibrillen). Elemen- Übergang in tarfibril- die Neuro- len fibrillen des Distale Ramusdistalis Retinazellage u Zwischen-| Stütz- | Zellfortsatz | Zellfortsatz, | — — zellen | elemente | endigt frei | wenn vor- (vielleicht|zwischen den | handen, frei ner-| Hortsätzen endigend vös iso- | der distalen |zwischen den lierend) | Sehzellen. einzelnen Bildung des | Zelleibern | sog. Septum | der distalen Sehzellen sanchen- Sehzellen| Zellfortsatz |Stäbchen mit| — - zellen mit) (inver- lin Form einer| einer Axial- nervöser tiert) Primitiv- fibrille Axial- fibrille im (Primitiv- fibrille Faserstrang fibrille) des proxi- malen Seh- nervenastes verlaufend Zwischen-| Stütz- | Zellfortsatz | Zellfortsatz | — — # zellen | elemente | endigt frei | endigt frei Proximale (vielleicht|zwischen denlauf der Höhe Retinazellage auch ner-| einzelnen |des Übergangs vös iso- | Stäbchen- |von Stäbchen- lierend) zellen zelle in Stäb- chenabschnitt Zwischen-| Homoge- substanz [nes Füll- (Lage gewebe ursprüng-| zwischen lich zelligiden Stäb- vorge- |chen der bildet) |Stäbchen- zellen Als vorläufiges Ergebnis der vergleichend-anatomischen Be- trachtung sei folgendes angeführt: 284 42. 43. 44. 45. 46. Zusammenfassung. An den Sehorganen am Mantelrande gewisser Vertreter von Lamellibranchiern der Gattungen Arca, Peciunculus, Lima, Cardium, Pecten und Spondylus gelangen zwei Arten von Sehzellen zur Ausbildung: a) Sehzellen ohne Stäbchenbildungen (die Sehzellen aus den Komplexaugen von Arca und Pectunculus, die Sehzellen’ der Tentakelaugen von Cardium edule und die distalen Sehzellen in der Retina der Pectiniden und Spondyliden). b) Sehzellen mit Stäbchenbildungen (die Sehzellen aus den Grubenaugen von Lima, die Sehzellen aus den Mantel- augen von Cardium muticum und die proximal gelegenen Sehzellen in der Retina der Pectiniden und Spondylden). Ferner lassen sich die Sehzellen der uns bis jetzt bekannt gewordenen Augen am Mantelrande der Lamellibranchier in bezug auf die Ausbildung ihrer nervösen Elemente folgender- maßen einordnen: entweder in die Kategorie von Sehzellen nach dem sogenannten Transtypus oder in die Kategorie von Sehzellen nach dem sogenannten Cistypus. Beide Typen von Sehzellen, der Cistypus und der Trans- typus, die Sehzellen ohne Stäbchen und die Sehzellen, an welchen ein Stäbchenabschnitt zur Ausbildung gelangt, kommen an den Mantelaugen der erwähnten Acephalen sowohl in vertierter als auch in invertierter Orientierung vor (vide speziell Zusammenfassung auf pag. 226). Neben den Sehzellen treten in den meisten Mantelaugen der Lamellibranchier Zwischenzellen, Interstitialzellen, auf. Die Funktion solcher Zwischenzellen scheint verschiedener Natur zu sein: 1. Die Zwischenzellen können im Dienste der optischen (nervösen?) Isolation stehen (Pigmentzellen). 2. Sie können sekretorische Funktion übernehmen. 3. Sie können als Stützelemente auftreten. Die bis jetzt aufgefundenen und beschriebenen Sehorgane am Mantelrande gewisser Lamellibranchier lassen sich in zwei Kategorien scheiden: 1. in die Sehorgane mit oberflächlich (epidermal) gelagerten Sehzellen (Komplexaugen von Arca und Pectunculus; Seh- organe am Mantelrande von Lima); 2. in die Sehorgane mit subepidermal gelegenen Sehzellen (Sehorgane am Mantelrande der Pectiniden und Spondy- liden, Augen an den Siphonen von Cardium edule und Cardium muticum). 4. 48. Zusammenfassung. 285 Die Mantelaugen bei Pecten und die Tentakelaugen in der Siphonalgegend am Mantelrande von Cardıum edule und Cardium muticum scheinen nähere morphologische Be- ziehungen zueinander aufzuweisen (allgemeines Grundschema im Aufbau dieser Sehorgane). Die Sehorgane am Mantel der Acephalen sind offenbar Neuerwerbungen, besondere Differenzierungen am Mantel- rande, die mit den Kopfaugen der Gastropoden und Cephalo- poden nichts zu schaffen haben. 1857. 1869. 1870. 1880. 1887. 1888. 1889. 1891. 1891. 1891. 1892. 1892. 1892. 1892. Wiehtige berücksiehtigte Literatur. A. Histologische und neuro-histologische Literatur. LeyDie, FRANZ, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Tiere. Frankfurt. FLEMMINnG, W., Die haaretragenden Sinneszellen in der Ober- haut der Mollusken. Arch. f. mikrosk. Anatomie, Bd. V, p. 415—444. Ders., Untersuchungen über Sinnesepithelien der Mollusken. Arch. f. mikrosk. Anatomie, Bd. VI, p. 439—471. ENnGELMANN, TH. W., Zur Anatomie und Physiologie der Flimmerzellen. Arch f. d. ges. Physiologie, Bd. XXIII, p- 505535. Drost, K., Über Nervensystem und Sinnesepithelien der Herzmuschel (Cardium edule L.). Morph. Jahrbuch, Bd. 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BRAUER äußert sich über die Funktion der Sehorgane folgendermaßen: „Entsprechend ihrem komplizierten anatomischen Bau sind auch die physiologischen Leistungen der Pecien-Augen sehr vielgestaltig. — Zunächst stehen sie indirekt im Dienste der Nahrungsaufnahme. Die Nahrung der Tiere besteht vorwiegend aus Phytoplankton, welches an die beleuchtete Oberflächenzone gebunden ist. Durch die Schwimmbewegungen wird die Muschel in die oberflächlichen Schichten geführt. Außerdem vermag sie noch aktiv hellbeleuchtete Gebiete aufzusuchen, indem sie gegen eine seitliche Lichtquelle gerichtete Bewegungen ausführt. Da ein Steuern während des Schwimmens nicht vorzukommen scheint, muß die Orientierung gegen das Licht in der Ruhe erfolgen. Das geschieht durch den Drehreflex.“ „Zum Schutz gegen Feinde vermitteln die Augen das Zu- klappen der Schalen bei Annäherung eines bewegten Gegen- standes. Nicht die Herabsetzung der Lichtintensität, sondern die gesehene Bewegung vermittelt den Reiz. Nicht nur das Wandern eines Schattens über die Augenreihe hin, sondern auch Ver- änderungen des Bildes im Einzelauge werden rezipiert. Lokale Adaption im Netzhautmosaik bildet wahrscheinlich die physio- logische Grundlage für den Reflex.“ An anderer Stelle lesen wir: „Eine weitere Reaktion der Tiere auf einen optischen Reiz besteht in folgendem: Bringt man einen relativ kleinen Gegenstand, z. B. einen senkrecht gehaltenen et at en nn Nachtrag. 297 Bleistift, in einer Entfernung von wenigen Zentimetern vor das Tier, zwischen dieses und die Lichtquelle, und zwar so langsam, daß kein Zuklappen auf Bewegungssehen eintritt, so strecken sich die dem Gegenstand benachbarten Randtentakel diesem ent- gegen. Aus dem Umstand, daß dieser Reflex nur dann eintritt, wenn man einen Gegenstand wirklich in die Nähe des Tieres bringst, könnte man auf ein Entfernungssehen schließen. Die Unterscheidung naher und entfernter Objekte könnte auf sehr verschiedene Weise zustande kommen.“ Liegt die Vermutung nicht nahe, daß mit der Ausbildung von zwei hintereinander liegenden und histologisch verschieden- artigen Sehzellschichten eine Einrichtung geschaffen wird, die das Zustandekommen eines derartigen Entfernungs- resp. Bewegungs- sehens ermöglicht? Erklärungen zu den Abbildungen. Zu den in diese Arbeit aufgenommenen Abbildungen sei folgendes bemerkt: Die Publikation enthält eine Reihe schematisch sehaltener Abbildungen und eine Anzahl nach vorliegenden Prä- paraten möglichst genau ausgeführter Zeichnungen. Die zu Text- figuren verwendeten und zu Tafel I und II zusammengestellten Abbildungen sind zum größeren Teil schematischer Natur, zum geringeren Teil photographische Reproduktionen von bildlichen Darstellungen aus Arbeiten früherer Autoren (Textfiguren 5, p. 24; 7, p. 30). In den Schemata versuchten wir die Resultate der Forschung so einfach wie möglich zum bildlichen Ausdruck zu bringen. Sie sollen in erster Linie über die allgemeinen morpho- logischen Verhältnisse orientieren. Die Zeichnungen auf den Tafeln III—VIII dürfen als getreue Belege eigener mikroskopischer Präparate gelten. Sie wurden ausgeführt unter Zuhilfenahme des AspBEschen Zeichenapparates und unter Benützung des EDINGER- schen Projektionsapparates. Es gelang uns, den ursprünglich nur für schwache Vergrößerungen bestimmten Projektionsapparat mit einigen Vorrichtungen so zu versehen, daß er auch bei Anwendung starker optischer Systeme, die für uns natürlich allein in Frage kamen (hom. Ölimmersionen kombiniert mit Kompens-Okular 4. u. 6), vom betr. Präparat ein lichtstarkes, in der wünschbaren Größe und in den natürlichen Farben erzeugtes Bild auf die weiße Unter- lage entwarf. Mochte der EpIingErsche oder ABBEsche Zeichen- apparat benutzt werden, stets wurden die äußeren Konturlinien, die Zellkerne, die Zellgrenzen und namentlich auch die Neuro- fibrillen ganz genau in die Vorlage eingezeichnet, Gewebe- und Detailstrukturen dagegen nachträglich noch ohne Hilfsapparat bei mikroskopischer Betrachtung der Präparate wiedergegeben. Die Benützung des EDINnGERschen Projektionsapparates ermöglichte uns, von einer gegebenen Bildfläche relativ große Zeichnungen anzu- fertigen, wobei die Zusammensetzung von mehreren Partialbildern umgangen werden konnte. Dabei reichten für gewöhnlich die Kompens-Okulare 4, 6 und 8 aus; stärkere Okulare (12 u. 18) brauchten nur ergänzungsweise angewendet zu werden. ee Me en ae a EEE 1. Zeichen- und Buchstabenerklärung!'). Abkürzungen allgemeiner Natur: d. = dorsal. v. = ventral. dist., dsd. = distad. Zrox., drd. = proximad. did. = distal. Arl. = proximal. od. = oben. zr2. = unten. v.od. = von oben. 2.4nL. — von unten. vo. — ,„Vorn“, A. —= „Hinten“ 2. =slinks. » — rechts. = 5, bü.z.f0. --- ) % e NS EN a: er 2: \ ; tl A di.semn ku di.zw.z.l07 Wien fogı| di.se,z.” e.meli.z. di. zur x.l0, a. pls. ma. 00, alg fi zur. sbst. -ra.dst. ra.distı maınd.unr ra, dist, Ar © pr: stb.z. sch.alg.‘ 3 pe.gr: N 2 pigma, OR pn zw.z.k. 5 Nbdg. Scha. s. dist, dist, Fig.2. Figd, Küpfer gez - ü LithAnsıuKWosser.Jona, Verlag von Gustav Fischer ın Jena Lith.Anstv.KWesser,Jena. Taf. V. | Pig.ep. Küpfer, Sehongane am Mantelrande der Pecten- Arten dist. dist. dist. Fig. 1. 2} ER Fig.2. j _-4u.pig. mar. Soha.s. dh, PUT. UL, Sr fr er ARSEn _—prstb.z.k. stb.z./e. » Scha.S. przw.zlen, x 5 y Scha.S. ‚pri. fi. —— 2 co. e.me.li.2z.- === praere. am. c0.2.K. Sn e.me.li.z.-- sD.co. zw.sbst.lg--— „cu. tap.-——: -pruene. aiı,rm. di.zw.z.k. postre.aunm, | e -TA,PIg.Ina, emeli.; zw. sbst.lg-- -Ppigzl lap. sb.co. pr zw. 2.k.—— = düse.z, dizw.zi e, me.li.z. 2 postre.au.rm _——- Lpig.schr- oopnstbz.k. wie, emeli.z. zur sbsl.lg: przw. z.k. postre.aunme- di.zw.z. ° ET Lyerm. prond. ma.rd.N. Iusm. proscd. LithAnstvKWesser, Jena Verlag von Gustav Fischer in Jena Küpfer gez. 2. Küpfer, Sehorgan Tat: v1. E.pig. sch.z. = NE --- di. zw. 2. Lith.Anstv.KWesser,Jena. Küpter gez. Küpfer, ‚Sehorgane am Mantelrande der: Pecten-Arten. Fig.1. ee” bü.z.k. ded. n; Fig... __- Ü.zun ze. ipigsch ze N“ | j q fi: N DU: . N SEN DR przw.z. lap. pri.fi. 7 postpe.au,rm. 47---- di. zw.2. am. fi: --zursbst. proxd. zw. sbst. Küpfer gez. Lith.AnstyKWesserJona, Verlag von Gustav Fischer in Jena Küpfer, Sehorgane am Mantelrande der Pecten-Arten. ... di.50.2.f0. Küpfer gez. Taf. VI. -- pr. ZW.Z.K. r zw.sbst. zw.sbst. Fig.6. er zw.sbst. _di.zw.z.fo. - di.se.z.fD. _ Pr.zw.2.Kk. Seduhe -przw.z.k. Lith.Anstv.KWesser,Jena. Kupfer, Sehorgane am Mantelvande der Pecten-Arten. Taf. MI. _. di.5e.2.f0. er eLfi. g- .--Std.Z. BZ Fl zw.sbst. zuw.sbst. Fig.6. zw.sbst. Rn Ä Bi dizuz.fo. _ pnzw.zh. Kupfer gez. < Lith.AnstvKWesser,Jena Verlag von Gustav Fischer in Jena Kupfer, : Taf. VL. dist. Ä Sch.S. Küpfer gez. Lith.AnstvKWesser, Jena. EN Sehorgane am Mantelrande der Pecten-Arten. oph.fa, a, pig.ma. IL Küpfer gez Lith.AnstvKWesser Jena. Verlag von Gustav Fischer ın Jena III 3 9088 0082