Tibrary of the Museum OF I COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. Founded by private subscription, in 1861. DR. L. pe KONINCK’S LIBRARY. No. /Dß2, Er; Hermann, [1788] 1082 Aung . ; Ey & h I 4r 3 - VO 2 ri, = ) x ‚ri NUN — Et was uͤber die Korallen. Vo n r 9. Mit einem illuminirten Kupfer. Strasburg und Leipzig, Im Verlage der Akademiſchen Buchhandlung. 77 € ee Print nd >» a ARE, £ 2 222 wi 1 EN E ARE e 4 a u k 33 eee . 4 mn N d t Nr 1 * j A . 1 Etwas über die Korallen’) Fir dieſes mal, meine ſchoͤne Leſerinnen, will ich Sie von etwas unterhalten, davon vielleicht viele von Ihnen kaum den Namen mehr kennen, das aber zu Ihrer Groß- und Urgroßmuͤtter Zei⸗ ten gar ſehr bekannt war. Unter jener ihren kleinen hausmuͤtterlichen Koſtbarkeiten fand ſich gewoͤhnlicher Weiſe, in Geſellſchaft eines Wolf⸗ zahns, einer Luchsklaue eines Stuͤks einer Elends⸗ klaue, einer wunderbaren Irrich-Roſe und wie die Saͤchelchen alle geheiſen haben moͤgen, auch eine rothe Rorallenzinke; für viele Schaden gut, fo wie ihre Gefaͤhrten des kleinen arzneyi⸗ ſchen Hausſchazzes. — — nn — — ) Aus dem N. Magazin für Frauenzimmer Jahr⸗ gang 1788. April. | A 2 4 Und nicht allein dieſes, ſondern Ihre Groß⸗ muͤtter trugen auch, wenigſtens in ihrer Jugend, Hals- und Handbaͤnder von Korallenkuͤgelchen; von welchen (wie es mit dergleichen Namen zu gehen pflegt, die auf andere Körper denen man die nemliche Geſtalt giebt, uͤbergetragen wor— den, wie z. E. bei dem Wort Thee, Hut, Brod, und ſo fort) Sie vielleicht nur noch Glaskorallen haben nennen hoͤren. Jene Hals⸗ baͤnder, welche auch wohl von Bernſtein, von dem ich Sie ein andermal unterhalten will, gemacht wurden, wichen darauf den boͤhmiſchen Grana— ten, dieſe den Glasperlen, dieſe einem ſchwarzen Sammetbaͤndchen, bis endlich Hals und Hands wurzel ganz leer blieben. Und der Himmel weiß, was fuͤr einen Schmuk die gebieteriſche Mode dieſen Theilen in Zukunft wieder zugedacht hat. Doch wieder zu unſern Korallen. Was meinen Sie wohl, aus was fuͤr einem Koͤrper dieſe ge— macht waren? Sie waren ſteinhart. Alſo waren es wohl Steine? Keineswegs — Wenn Sie dergleichen geſehen haͤtten, von der Geſtalt eines rothen aͤſtigen Baͤumchens an einer ſilbernen oder goldenen Einfaſſung haͤngend, wie man ſie den Kindern gegen die Gichter an den Hals hieng, und man Ihnen geſagt haͤtte, daß ſie im Meer wachſen und mit ihrem dikken Theil wie ein- Baͤumchen veſtſizzen, ſo würden fie wohl ohne Zweifel geſagt haben, es ſeyen Seebaͤumchen. 5 Das war auch wirklich die Vorſtellung die fich viele davon gemacht haben; und die Alten glaub— ten, daß ſie unter dem Waſſer weich waͤren, und erſt auſſerhalb deſſelben erhaͤrteten, welches in ſofern wahr iſt, daß die Spizzen der Aeſtchen weich ſind, wie etwann an jungen Perſonen die Anſaͤzze der Knochen nur noch knorpelartig ſind: aber es iſt falſch , daß dieſer weiche Theil der Korallen, wenn er aus dem Meerkommt, hart wird. Dieſe Meinung nun von der Pflanzennatur der Korallen kam vielen zu Anfang dieſes Jahrhunderts noch wahrſcheinlicher vor, da der. italiänifche Graf Marſigli aus den kleinen Oefnungen, welche ſich auf der Oberfaͤche dieſer Korallen zeigen, kleine ſternfoͤrmige Koͤrperchen, von der Geſtalt der Blümchen des aufgefchoffenen Spargels, nur mit dem Unterſchied, daß ſie nicht ſechs, ſondern acht Spizzen haben, und am Rande mit feinen Haͤrchen wie mit Franzen beſezt ſind, hervorra— gen ſahe. Allein man fand bald, daß dieſe fuͤr Bluͤmchen gehaltene Sternchen, an dieſen, ſo wie an andern ähnlichen Seekoͤrpern, eine wahre Bewegung haͤtten, und man fieng an die Ko: rallen fuͤr thieriſche Geſchoͤpfe zu halten. Und das find fie auch in der That. Um Gotteswil- len, werden Sie ſagen, wie ſollen dann das Thiere ſeyn? Sehen ſie dann einer Kazze, einem Vogel, einem Perſich, einer Spinne, einem Re— genwurm, einer Schnekke aͤhnlich? Und wenn A 3 6 ſich dieſe Sternchen bewegen, zeigen denn nicht auch einige Pflanzen, wenn fe beruͤhrt werden eine Bewegung, wie das Fuͤhlkraut, ohne daß ſie deswegen jemand fuͤr Thiere haͤlt? Sachte, meine liebe Leſerinnen; dieſe Bewegung zeigt die Pflanze nicht nach ihrer Willkuͤhr, ſondern nur wenn fie von aͤuſſern Umſtaͤnden durch Be ruͤhren oder Finſterniß dazu gebracht wird: die Pflanze hat keine ſolche feinfeifchigte oder gallerd- artige Theile, und wann ſie verbrannt wird, ſo hat ihr Rauch einen eigenen, ſaͤuerlichten, beiſ— ſenden Geruch, und das hingegen, was an den Korallen Leben und Bewegung hat, giebt beim Verbrennen, wie alle andere thieriſche Koͤrper, wie Haare, Federn, Horn, Fleiſch, Knochen, Leder, einen beſondern ſtinkenden Geruch. Aber die Korallen, ſagen ſie, gleichen ja kei— nem andern Thier. Ganz ſchoͤn und wohl. Aber mit ihrer Erlaubniß, meine lieben Damen, wer hat ihnen denn geſagt, daß alle Thiere nach dem Model von denen die Sie kennen, gebildet ſeyn muͤſſen? Sie haben ſich den allgemeinen Begriff eines Thieres nach denjenigen gemacht, die ſie taͤglich ſehen: der Schoͤpfer hat ihrer aber noch gar viele andere geſchaffen. Wenn Sie nie keinen Vogel haͤtten fliegen ſehen, niemals keinen Fiſch im Waſſer ſchwimmen, und Sie bekaͤmen einen zum erſtenmal zu ſehen, würden ſie da guch ſagen, das Ding ſieht ja nicht aus wie ein * 7 Schaaf, oder wie eine Maus? oder wenn Sie nie keinen Regenwurm oder keine Gartenſchnek⸗ ke geſehen haͤtten, wuͤrden Sie da auch fragen: iſt denn das ein Thier? Es hat ja keine Kno⸗ chen, keine Fuͤſſe, keine Haare, keine Federn? Nein, Ste geben dieſen ohne Anſtand einen Plaz unter den Thieren, und dennoch finden Sie nichts daran, was fie mit den andern Thieren welche Sie kennen, gemein hätten, als ihre freiwillige Be— wegung. Und das hat dann nun die Koralle auch, oder vielmehr wenigſtens der weiche oder belebte Theil derſelben; denn das rothe Stei— nichte, was trokken davon aufbehalten wird, iſt eigentlich nur das Skelet oder der Knochen. derſelben. Aber ſo aͤſtig iſt doch ſonſten kein Thier, wer— den Sie mir antworten; es ſizt doch keines an einem Stein oder einem andern harten Körper ſo peſte, daß es ſich nicht davon los machen kann. Eben dieſes iſt es, meine Beſten, was an Dir ſen Thieren fonderbar iſt, und was fie eigenes haben, und was fie den Pflanzen einiger maſſen ahnlich macht; daher fie auch mit ihren naͤchſten Verwandten, Thierpflanzen, und wenn ſie n wie dieſe unſre rothen Korallen ſteinigt ſind, Stein⸗ pflanzen genennt werden. Uebrigens iſt ja auch eben ſo wenig auf der andern Seite das aͤſtigewachſen eine Eigenſchaft, welche allen Pflanzen zukoͤmmt. Die Morchen und die 8 | Truͤffeln halten Sie ja doch auch fir Gewaͤchſe oder Pflanzen, und ſie haben keine Aeſte, keine gruͤne Blaͤtter, keine Saamen, die leztern auch gar keine Wurzeln. Und wie ſehr ſind ſie von einem Eichbaum, von einem Roſenſtrauch, oder von einem Blumenſtkohl unterſchieden! Warum wundert es Sie denn ſo ſehr, daß eine Koralle, die von dem Elephanten oder Affen ſo verſchieden it, ein Thier genannt it? Was das Veſtſizzen anbelangt, ſo ſizzen auch die Auſtern und meh— rere andre Muſcheln fo veſte, daß fie nur oben ihre Schalen oͤfnen, und mit einigen Theilen im Waſſer ſpielen koͤnnen, mithin ihnen nicht viel mehr Bewegung als den Korallen uͤbrig bleibt. Alſo haͤtten die Korallen auch Bewegung? Al⸗ lerdings. Aber nicht der harte unverweßlicheKoͤrper, der lange nach dem Tode des Thieres noch da iſt, und der verarbeitet wird, und den man als das Skelet oder die Knochen des Thieres anſehen kann, ſondern der weiche markichte Theil, welcher, all⸗ dieweil der Koͤrper ſich noch im Meer befindet / innigſt damit verbunden iſt. Was von Horn oder Elfenbein gemacht iſt, iſt ja auch von einem Thier— wiewohl dieſe Theile des Thiers vor ſich weder Bewegung noch Empfindung haben. Doch ich muß Ihnen die ganze Natur der Kos rallen deutlicher zu machen ſuchen, und hier muß ich Ihnen vorläufig folgendes ſagen. N % 9 Die ganze Schoͤpfung ift ein zuſammenhaͤngender Plan, eine Reihe von Weſen, die wie eine Kette an einander haͤngen, oder vielmehr wie ein Rez in einander verflochten ſind. Von einer Geſtalt zur andern, von einem Vermoͤgen, von einer Eigen— ſchaft, von einer Vollkommenheit zur andern, find überall Grade und mehr oder weniger unmerk⸗ liche Uebergaͤnge anzutreffen. N Von den vierfuͤßigen Thieren geht die Natur nicht ploͤzlich zu der Geſtalt und den Eigenſchaf— ten des Vogels über, ſondern die Fledermauß ſteht mitten inne. Die Fiſche machen keine ſo eigene und einzeln ſtehende Klaſſe von Thieren aus, daß nicht die Wallſiſche fie mit den vier; fuͤßigen Thieren verbaͤnden, mit welchen dieſe gar viel mehrere Eigenfchaften gemein haben; daß nicht die Aale Aehnlichkeit mit den Schlan— gen, die keine Fiſche ſind, haben ſollten; und daß nicht mehrere Arten von Fiſchen wie die Voͤgel fliegen könnten, ohne darum Vögel zu ſeyn: fo wie hinwieder ein Vogel eben nicht fliegen koͤnnen muß, wie wir am Strauß und an verſchiedenen Waſſervoͤgeln ſehen. Der Krebs lebt zwar im Waſſer und holt groͤßentheils wie ein Fiſch Athem, kommt aber in allem uͤbrigen gar vielmehr mit einem Kaͤfer oder einer Spinne überein, und iſt alſo, wiewohl er etwas fiſch— aͤhnliches hat, ein wahres Inſekt. Der Schleim⸗ aal, welcher in den nordiſchen Meeren den 10 Fiſchen in den Leib kriecht, und ſie inwendig ganz auffrißt, ſo, daß nur Knochen und Haut uͤbrig bleiben hat manches mit einem Fiſch ge⸗ mein, iſt aber doch mehr Wurm, das iſt, ein weiches ſchleimichtes Thier, ohne an einander ge⸗ gliederte Knochen, und ohne mit Gelenken ver— ſehene Füſſe, und das keine weitere Verwand⸗ lung der Geſtalt mehr auszuſtehen hat. Denn das iſt der Begriff den man ſich von einem Wurm zu machen hat. Auf dieſe Weiſe find alſo ſelbſt die Wuͤr⸗ mer mit den Fiſchen verbunden. Und dergleichen Beiſpiele koͤnnte ich viele hundert anfuͤhren. Nur dieſes will ich noch bemerken, daß Thiere in ihrem ganzen innern Bau, und in der Hauptfache ih: rer Bildung und Lebensart mit einander uͤberein— kommen koͤnnen, und in den Verhaͤltniſſen der Theile, in ihrer Geſtalt, in den Fuͤſſen, ſehr von einander verſchieden ſeyn. Sezzen Sie einer Schlange Fuͤſſe an, ſo haben Sie eine Eidechſe; verkuͤrzen Sie dieſe etwas und nehmen Sie ihr den 4 Schwanz, fo haben Sie einen Froſch oder Kroͤte: bedekken Sie dieſe von oben und unten mit einem Schild, ſo haben Sie eine Schildkröte. Dieſe oft unmerkliche Uebergaͤnge nun voraus geſezt, komme ich wieder zu unſern Korallen. Und da erlauben Sie mir nun, meine Leſerin⸗ nen, Sie zu fragen, ob Sie den Regenwurm kennen. Nun ja, werden Sie mir antworten, wenigſtens diejenigen unter Ihnen, welche nicht 11 aus kindiſchem Vorurtheil und Furcht vor dergleichen Thieren ſſiehen, oder welche meynen es gehere zum guten Ton, daß Ihnen vor der— gleichen ekle. Für ſolche Leſerinnen iſt ein grog ſer Theil der Wunder der Schoͤpfung nicht ge⸗ macht, und ich werde ſie mit manchen ſehr ſon— derbaren und intereffanten Sachen in Zukunft nicht unterhalten doͤrfen. Alſo ich ſezie zum voraus, Sie kennen einen Regenwurm, der Ihnen auſſer ſeinem langen ſchlanken Leib den er ſehr zuſammenziehen und dik machen, und ſo durch wiederholtes Ausdeh— nen und Einziehen fortkriechen kann, keine andre aͤuſſere Theile zeigt. Nun iſt Ihnen doch wohl auch die nakte Schnekke bekannt; wenigſtens koͤn⸗ nen Sie die rothe Art des Abends bei Ihren Spaziergaͤngen auf etwas feuchtem Boden oft bemerkt haben; und da werden Sie Sich auch erinnern, daß ſie, wie die Schnekke mit dem Haͤuschen, vier Hoͤrnchen, welche die Kinder Ohren nennen, herausſtrekket, und nach Belie— ben wieder einziehet. Dieſe Schnekke nun wird auch zu den Wuͤrmern gerechnet: denn ſie iſt eben ſo weich und ſchleimicht und ohnfuͤßigt wie der Regenwurm. Izt belieben Sie Sich deſſen zu erinnern, was ich Ihnen oben von den Ue— bergaͤngen in der Natur geſagt habe, und wie es ſo vielerlei Thiere giebt, die zwiſchen dieſem und jenem mitten inne ſtehen, oder einerſeits 12 mit dieſem, andernſeits mit einem andern Aehnlichkeit haben. Stellen Sie Sich alſo einen langen, fadenfoͤrmigen und gar viel feinern Wurm vor, denn der Regenwurm iſt. Und dergleichen giebt es; es ſind die ſogenannten Fadenwürmer. Nehmen Sie dergleichen noch kuͤrzere und nicht einmal einen Zoll lang an. Auch ſolche finden ſich. Sezzen Sie dieſen kleinen Wuͤrmchen um die Oefnung an dem vordern Theil ihres Leibes, welche ihr Mund iſt, ſolche Hoͤrnchen dergleichen Sie an den Schnekken kennen, nur viel feiner, ſo haben Sie ungefehr die Suͤßwaſſerpolypen, davon diejenigen, welche laͤngere Hoͤrnchen oder Faͤden haben, und mit denſelben als mit Armen ihre Speiſe haſchen, Armpolppen heiſſen, Dies jenigen aber, welche mit mehrern und viel kuͤr— zern Faͤden einen Wirbel im Waſſer erregen, wodurch die kleinen darinn ſchwimmenden Theilchen, die ihnen zur Nahrung dienen, in ihren Schlund geriſſen werden, Kron- und Se- derbuſchpolypen genennt werden, ſie veſt ſizzen; wenn fie aber frei herum ſchwimmen, den Na, men von Kaͤderthierchen bekommen. Die er⸗ ſtern haben noch das eigene, daß ſie ſich nicht anders als durch Aeſte vermehren, welche zur Seite heraus wachſen, und mit ihrem duͤnnen Leib, und um den Mund ſtehenden Faͤden ihren Muͤttern gleichen, an denen ſie veſt ſizzen bleiben, wenn es ihnen ſo behaglich iſt, hingegen wenn 23 fie es vermuthlich beſſer finden, ſich loßtrennen und an einem andern Orte veſtſezzen. Aber auch wenn ſie zerſchnitten werden, wird aus jedem Stuͤk wieder ein neues ganzes Thier, wie dieſes bei mehrern andern Wuͤrmern, mehr oder weni— ger, geſchiehet, z. E. bei den Seeanemonen, und zum Theil auch bei den Seeſternen, welchen niemand, wer he kennt, die thieriſche Natur abs spricht. Ich muß / wie Sie ſehen, meine beſte Leſerin— nen, weit ausholen, und vielerlei zuvor theils neues ſagen und erkklaͤren, theils bekanntes er⸗ innerlich machen, ehe ich Ihnen die thieriſche Natur der Korallen, welche manchen ſo unbe— greiſtich ſcheint, deutlich machen kann. Aber nun find wir nahe daran. Sie kennen die nak— ten Schnekken, wenigſtens hab ich ſie oben einiger maſſen mit denſelben bekannt gemacht. Nun vergleichen Sie dieſe mit den Schnekken die ein Haͤuschen haben, (wenigſtens mit denen die auf dem Land und nicht im Waſſer leben) und ſagen Sie mir, ob Sie, dieſes Haͤuschen ausgenom— men, in ihrer Geſtalt, Bau und Lebensart einen beſondern Unterſcheid ſinden. Die nemliche Bildung des Mundes, die nemliche vier Hoͤrn⸗ chen die ſie ausſtrekken und einziehen, und davon die zwei laͤngern die Augen ſind, die nemliche Art fortzukriechen, die nemliche Seitenoͤfnung zum Athemholen, die nemliche Begattung und 14 die nemliche Art von Eiern, u. ſ. f. Nur das Haͤuschen macht einen Hauptunterſcheid. Dieſes Haͤuschen gehoͤrt aber zum Thier. Es kriecht nicht hinein, indem es ſich dieſer fremden Woh: nung anmaſſet, wie der Einſtedlerkrebs in eine leere Schnekkenſchaale kriechet, um darinn zu wohnen; es banet ſich daſſelbe nicht, wie die Schaben, wie die ſogenannten Saktraͤger, wie die Fruͤhlingsffiegenlarven, oder wie verſchiedene Seewuͤrmer ſich ihre Huͤllen und Haͤuschen bauen worinnen ſie wohnen, und woraus man ſie, wenn man behutſam verfaͤhrt, herausnehmen, und ihnen die Muͤhe eine neue Wohnung zu bauen uͤberlaſſen kann. Nein! Sie wuͤrden es nicht uͤberleben koͤnnen, wenn man ſie entweder mit Gewalt herausziehen oder wenn man ihre Schaale nach und nach zerbrechen, und fo viel das von abkueipen wollte, bis nur der kleine Theil uͤbrig bliebe, an dem das Thier beveſtigt iſt, fo’ wie man z. E. an der Auſter das Thier durch einen knorplichten Theil mit einer kleinen Stelle der Schaale verwachſen ſiehet. Abbrechen kann man wohl an der Muͤndung der Schaale einen ziemlichen Theil, und weit hinein, oder auch Köcher hineinbohren oder Stuͤkken heraus brechen; die Schaale ergaͤnzt ſich wieder, und die Löcher ſchlieſſen ſich. Aber wenn es zu tief hinein ge⸗ gen der Spizze der Schnekken, oder gegen dem Schloß an den Muſchelarten kommt, dann 15 koſtet es das Thier das Leben. Nun denn alſo ſo wenig wir und andre uns aͤhnlichere Thiere ohne Skelet oder Knochen leben koͤnnen, eben fo wenig koͤnnen die Haͤuſerſchnekken ohne ihr Haͤuschen das Leben behalten. Nur iſt die Lage umgekehrt bei ihnen. Anſtatt daß an un⸗ ſerm und aller andern Thiere Leib, (die Inſekten ausgenommen) der weiche fleiſchigte Theil von auſſen liegt, und den gegliederten Knochenbau umgiebt, fo ſtekt hingegen die weiche fleiſchichte Schnekke inwendig in einem einzigen ungegliederten Kno— chen, wenn ich ihn ſo nennen mag, oder in der Schaale, und dieſe dient dem zarten empfidli— chen Thier zu gleicher Zeit ſo wohl zum Halt und Grundlage und Beveſtigung der weichen Theile, als auch zur Dekke, Huͤlle und Schuz. Alſo nunmehr weiche nakte Schnekke auf einer Seite, bedekte oder Haͤuschenſchnekke auf der andern — gerade wie Sie oben Kroͤten und Schildkroͤten geſehen haben, und wie ich Ihnen, (wenn es angienge ſo viele Seitenſpruͤnge und Nebenerlaͤuterungen zu machen,) noch z B. die Kelleraſſeln in Vergleichung mit einigen Kiefen⸗ fuͤſſen ) anführen koͤnnte. — Runen Uꝑ⁰Uꝑ q ͤ.i ““ “;inun n ͤ ——P1ññĩä!⸗äm-(—!“n : ) So nennt man gewiſſe mit vielen Schwimmfuͤſ⸗ ſen verſehene Waſſerinſekten. Damit auch gruͤndliche und geuͤbte Naturforſcher, für wel— che dieſer Aufſaz eigentlich gar nicht gemacht 16 Jezt tragen Sie die ganze Rangordnung, die ich Ihnen oben von nakten Würmern, in einer nur gar kurzen und unvollſtaͤndigen Reihe, ange; fuhrt habe, auf die nemliche Weiſe wie bei den zweierlei Arten von Schnekken, auf andere be⸗ dekte Würmer über. Laſſen Sie laͤnglichte Wir: mer, in laͤnglichten, gekruͤmmten Roͤhrchen, an⸗ ſtatt in ſchnekkenfoͤrmig gewundenen Haͤuschen wohnen, ſo haben Sie die ſogenannten Ele⸗ phantenzaͤhnchen. Laſſen Sie dieſe nicht mehr frei ſeyn, ſondern auf andere Körper veſtgewach⸗ gen, und in allerhand Geſtalten mehr oder we— niger unregelmäßig gebildet, verworren, und verwachſen, ſo haben Sie die ſogenannten ſehr haͤuſigen Meerroͤhrchen von vielerlei Arten. Sezzen Sie dieſe regelmaͤßiger neben einander, ſo haben Sie die N ‚Seworgel, von ER iſt, wenn er ihnen etwann unter die Haͤnde fällt, nicht ganz und gar leer ausgehen, ſo will ich hier erinnern, daß der Monoculus lenticularis Linn. den gewiß die allerweuigſten Naturforſcher kennen, das voͤllige Anſehen hat, als wie wenn eine Waſſeraſſel, oder vielmehr eine kleine Fluß⸗ garneele (Cancer Pulex) mit den Ruͤkken an dem Schloß einer nagelgroſſen, durchſichtigen, bernfteinfarbigten a TR veſt⸗ 8 gewachſen ware: ! 17 welcher es, bei unſrer völligen Unwiſſenheit wie das Thier gebildet iſt, noch nicht kann beſtimmt werden, ob fie naher mit den erſtgenannten Meer— roͤhrchen verwandt iſt, oder ob ſie den Anfang von der zahlreichen Familie der Vorallenge⸗ waͤchſe macht. Wenigſtens wird ſie von vielen und den beſten Naturforſchern die Roͤhrkoralle genannt. Aeſte zeigt ſie zwar keine, oder wenig— ſtens ſehr wenige; doch das muß auch bei einem ſolchen Thiere nicht ſeyn, wie wir bald bei den ſogenannten Steinſchwaͤmmen ſehen werden und wie der einfache Fadenwurm und der aͤſtige Arte Polyp zu einer Wurmordnung gehoͤren. Zu⸗ naͤchſt an dieſe Roͤhrkorallen ſchlieſſen ſich die Punktkorallen, weſche in einer mehr oder we— niger dichten ſteinichten Maſſe feine fadenfoͤrmi— ge Roͤhrchen haben, die ſich mit einem einfachen kleinen Loͤchlein an der Oberfläche der ſteinichten Sübſtanz oͤfnen. Flieſſen dieſer ihre zarte Aeſt— chen wie ein Nez zuſammen, ſo heiſſen fie Nez— korallen oder Seemanſchetten; wie Fig. d. und e. Sind aber dieſe Oefnungen durch kleine ſtrahlichte darinnen ſizzende Blaͤtchen ſternfoͤrmig, und der ganze Koͤrper aͤſtig, ſo heiſen ſie aͤſtige Sternkorallen oder Madreporen, wie Fig. k. Sizzen dieſe ſternfoͤrmige Oefnungen, auf der Fläche eines nicht aͤſtigen Steinkoͤrpers, gewoͤhn⸗ licher weiſe dicht an einander, ſo nennt man fie einfache Sternkorallen oder Aſtroiten. Stoffen B dieſe an einander, und- flieffen gleichſam in vers ſchiedentlich gekruͤmmten Furchen zuſammen, fo bekommen ſie den Namen von Labyrinthkorallen, Daſſer- oder Wellenkorallen, Seehirne. Stellt der ſteinigte Körper nur einen einzelnen, gewoͤhnlicher weiſe groͤſſern Stern vor, fo nennt man ihn, wegen der Aehnlichkeit mit den Blaͤtter⸗ ſchwaͤmmen, Schwammkoralle, wie Fig. g. und dergleichen wurden auch ehemals wuͤrklich, ſehr unrichtiger weiſe, für verſteinte Schwaͤm⸗ me gehalten. Nun iſt unſere rothe Koralle, von welcher gegenwaͤrtig die Frage iſt, eine aͤſtige Koralle, welche aber das beſondere hat, daß ſie eine eigene zerreibliche mennigrothe Rinde hat, in welcher kleine am innern Rande gezaͤhnelte und auf kleinen Waͤrzchen ſizzende Oefnungen find; wie man dieſes auf dem größten Theil unſ⸗ rer Figur ſehen kann. Reibt man dieſe Rinde ab, ſo kommt die innere harte Subſtanz zum Vorſchein, welche mehr zinnoberroth iſt, der Laͤnge nach feine Streifen Fig. k. k. hat, und zwiſchen denſelben kleine, nicht tief eindringende, Vertiefungen, auf welche die Oefnungen der Rinde paſſen. In dieſen Streifen und Vertiefungen ſizt nun die fadenförmige; gallertartige, belebte Subſtanz, welche man auch mit einer dikken Milch verglichen hat, und ſtrekt die kleinen Stralen die um das Ende hermn ſizzen, wie dei den Federbuſchpolypen, gleichſam als einen 19 Kopf, zu jeder der Oefnungen in der Rinde heraus, wie bei Fig. b. oder zieht ihn auch zuſammengelegt wieder hinein, wie bei Fig. o. Es ſind wahre aͤſtige Polypen, welche in einem ſteinichten Haus ſizzen, wie die einfache Schnekke in ihrem Haͤuschen; wel⸗ che auch wie die Schnekke an ihrem Haus beveſtigt find, und mit demſelbigen wie jene wachſen. Es find, wenn Sie dieſelben alſo nennen wollen, und ſich die ganze Reihe der nach und nach von der Bildung der Schnekke ſich entfernenden und den Ko? rallen ſich mehr und mehr näberenden Korper darzwiſchen denken, fadenfoͤrmige, aͤſtige, veſtſiz⸗ zende Schnekken mit Haͤuschen. Aus dieſem Gefichtspunkt kann man alle Steingewaͤchſe an⸗ ſehen. Unſre rothe Koralle unterſcheidet ſich aber von allen Ändern Steingewaͤchſen, wie geſagt, dadurch, daß das markichte, polypenartige, Des lebte Weſen, ſich nur unter der Rinde findet, da hingegen bei den übrigen Fig. d. e. f. 8. keine Rinde vorhanden iſt, und das markichte Weſen uͤberall durch das ſteinichte, welches bis in ſein Innerſtes durchloͤchert iſt, durchdringt. | Ubrigens giebt es auch ſolche mit einer Rinde bekleidete Korallenarten, welche gegliedert ſind, und entweder ungleiche und aͤſtige, mit einer weichern Materie unter ſich verbundene Glieder haben, oder aus gleichern und regelmaͤßigern Ge— lenken beſtehen, wie die ſogenannte Seepalme. Auch erſtrekket ſich die Reihe der Thiere von dieſen B 2 280 ſehr zahlreichen Steingewaͤchſen gar weit, und gehen dieſelben nach und nach zu andern uͤber, welche anſtatt ſteinigt zu ſeyn, mehr hornichter, pergamentartiger, korkaͤhnlicher oder weicher, faſerichter Natur ſind, wie die Seeſchwaͤmme, die ſich ebenfalls hier auſthlieſſen, und von wel⸗ chen ich meinen Leſerinnen vielleicht ein anderes mal etwas erzaͤhlen werde. Wie es mir dann ein Vergnügen ſeyn wird, ſobald ich erfahren werde, daß einige meiner Leſerinnen mehr Er— laͤuterung uͤber einen der hier genannten Koͤrper, oder einen andern Gegenſtand der Natur zu er— halten wuͤuſchen, denſelben ſo bald als möglich, nach meiner geringen Kenntniß von ſolchen Din⸗ gen, zu dienen. Es giebt auch ſogar unter Dies ſen Körpern, welche bei aller dieſer ſonderbaren Bildung nicht veſt ſizzen, ſondern frei in dem Meer herum ſchwimmen. Ich meine die See— Federn, die von ihrer Aehnlichkeit ſo genannt ſind, und welche mit als einer der groͤßten Beweiſe der thieriſchen Natur aller dieſer See. koͤrper dienen koͤnnen. Sie haben eine Bewe⸗ gung mehr als die andern, und haben ſie überhaupt ſtaͤrker. Und wenn Sie denn, meine Leſerinnen, lebendige Federn ſehen ſollten, wenn Sie leben⸗ dige mit Waſſer gefüllte Blaſen, die Sie beinahe in allen Haͤmmeln und Schweinen finden koͤn⸗ nen, zu Geſichte bekaͤmen; wenn Sie am Meere wohnten, und ich Ihnen lebendige Koͤrper wie 21 Lungen geſtaltet und anzufuͤhlen, andre die wie kleine Fruchtſaͤkke auſſehen, oder die ſoge— nannten Schlauchthiere; wenn ich Ihnen die obengenennten Seeſternen, und die wie ſchoͤnfar⸗ bichte Blumen auſſehende Seeanemonen oder Wurmarten die wie fchöne kryſtallene Kronleuch⸗ ter auſſehen, vorweiſen koͤnnte — ſollten Si Sich da noch einen ſo eingeſchrenkten Begriff von der Natur und Geſtalt der Thiere machen, und ſollte Ihnen da noch die Wirklichkeit von lebendi— gen Meerbaͤumchen fo unwahrſcheinlich vorkomen? Denn daß dasjenige, was Sie jezt noch davon ſehen, hart und ſteinicht iſt, muß Sie nicht irre machen: es iſt, ich widerhole es hier, nur der Knochen oder das Skelet des Thiers; es iſt nur, wenn wir ſo ſagen wollen, das Schnekkenhaus. Freilich iſt dieſes harten Theils gar viel mehr als des anderen, und er uͤbertrift dieſen inſon⸗ derheit bei einigen Arten vielleicht ein paar hun⸗ dert mal an Schwere. Das iſt aber auch wies derum die Art von dieſen Koͤrpern. Hat doch auch die eine Schnekke ein dikkes und ſchweres, eine andre gar viel groͤſſere hingegen ein feines papierduͤnnes Haͤuschen. Hat doch ein Hering und ein Maiſiſch viel zartere und feintre Gräten als eine nicht fo groſſe Karpſe. Ein Thier legt mehrere erdichte oder Knochenmaterie ab, als das andere: der acht und mehrere Schuhe gange Stoͤrfiſch hat ſtan aller Knochen oder Graͤ⸗ B3 22 ten nur einen Knorpel. Und fo giebt es denn auch ſolche Seegewaͤchſe oder Thiergewaͤchſe deren inneres gallertartiges Weſen, nur in einer duͤnnen, hornichten, durchſichtigen, anſtatt ei⸗ ner ſteinichten Subſtanz ſtekt; dieſe heiſſen Sertularien. Daß dieſe Thiere, wenige ausge⸗ nommen, veſt ſizzen, iſt es, was Sie am mei⸗ ſten befremdet. Ich habe Ihnen aber oben ſchon geſagt, daß die Auſtern, fo wie verſchiedene andre Muſcheln auch veſt ſizzen, und ihren Plaz nicht veraͤndern koͤnnen; doch haben ſie ſo viel Bewegung als ſie brauchen, und ihrer Natur nach haben ſollen. Sie koͤnnen ihre Schaale oͤfnen und ſchlieſſen; fie können mit ihren ſoge⸗ nannten Baͤrten ſpielen und ſo viel Bewegung ma⸗ chen, als ſie zu Erhaltung ihrer Nahrung und um ihre Jungen aus fich heraus zu ſchleudern nöthig haben. Ungefähr, doch nicht gar, fo viel kön⸗ nen auch die Korallenthiere. Sie ſtrekken ihre obern Enden zu den Oefnungen des ſteinichten Theiles heraus, machen im Waſſer ſo viel Be⸗ wegung als die Gewinnung ihrer Nahrung ers fordert, und ziehe nſich wieder hinein. Die will⸗ kuͤhrliche Bewegung iſt es, die das Thier cha⸗ rakteriſirt, und nicht die Groͤſſe und Staͤrke der Bewegung. So federleicht auch meine gute Leſerinnen herumhuͤpfen moͤgen, ſo muͤſſen Sie doch den meiſten Voͤgeln, und inſonderheit der Schwalbe, auch ſogar einem ſehr kleinen Thierchen 25 das Sie gar wohl kennen, in der Leichtigkeit der Bes wegung womit ſie ihre Stelle veraͤndern, weit, weit nachſtehen. Wenn alſo ein Faulthier oder eine Schildkröte gar viel langſamer ſich fort bewegen, fo ſind ſie darum nicht weniger Thiere. Wenn eine Blatlaus auf einer Pflanze ſich veſt ſezt; wenn eine Entenmuſchel auf ihrem langen Darm ihre Stelle nicht veraͤndert; wenn eine Bohrmuſchel das Loch worinn ſie ſich gleich bei ihrem erſten Daſeyn gegraben hat, und welches ihr Welt und alles iſt, nicht verlaſſen kann, ſo ſind dieſe Thiere, in Anſehung der Bewegung die ihnen uͤbrig bleibt, nicht viel beſſer daran als unſere Korallen, und die ihnen aͤhnliche veſtſizzenden Koͤr— per. Meine Leſerinnen haben doch vielleicht die Schnurre erzaͤhlen hoͤren, von jenem Bauern, welcher, als er in feinen ſtark mit eiſernen Raͤ— geln beſchlagenen Schuhen uͤber einen Magnetberg gieng, ſo ſtark angezogen und veſt gehalten wur— de / daß er nicht mehr von der Stelle kommen konnte. Oder haben Sie vielleicht in der tauſend und einen Nacht das Maͤhrchen von jenem arabi⸗ ſchen bezauberten Prinzen geleſen, der an der untern Helfte ſeines Leibes durch die Macht einer Fee ganz verſteinert, mehrere Jahre ohne ſeine Stelle veraͤndern zu koͤnnen, hin bringen mußte. Nun ſehen Sie, dieſe guten Leute waren in An— ſehung deſſen gar viel uͤbler daran, als die Ko? rallen. Denn jene hatten das Bewußtſeyn ihres 24 ehmaligen freien Zuſtandes, und wurden durch die Sehnſucht loszukommen gequaͤlt. Die Ko, rallen hingegen wiſſen von nichts beſſerm, und ſind nach dem geringen Maas ihres Empfindungs⸗ vermögens ganz gluͤklich. Die Art uͤbrigens wie die Korallen veſt ſizzen, iſt nicht die nemliche wie die der Pflanzen. Dieſe haben eine Wurzel welche in die Erde dringt und die Pflanze. De: veſtigt. Nicht ſo die Koralle und die ihr aͤhnlichen Seegewaͤchſe; fie ſizzen blos auf andern Körpern und breiten ſich untenher gerne auf denſelben aus; wie ſie an der Koralle in unſrer Figur ſehen, die ſich auf einer Muſchel ausbreitet. Wie ſie ihren Anfang nehmen und ſich erzeu⸗ gen, werden meine Leſerinnen wohl auch zu erfahren begierig ſeyn. Der Graf Marſigli, der ungeachtet er dariun irrte, daß er dieſe Korper fuͤr Pflanzen hielt, dennoch die meiſten und ſehr ſchaͤſbare Bemerkungen an ihnen gemacht hat, ſagt, daß in Zeit von ſechs biz zwölf Tagen die blum⸗ oder ſternfoͤrmige Koͤrperchen die Ges; ſtalt einer kleinen Kugel und eine gelbe Farbe annehmen und abfallen. Dieſer Keim, oder wie man es ſonſt nennen will, ſezt ſich irgendwo veſt, entwikkelt ſich und ſezt nach und nach ſteinichte Materie ab, ſo wie andre Thiere erſt, nach und nach harte Knochen bekommen, breitet ſich von unten her wie eine Rinde uber ben Stein 25 oder Muſchel, oder andern harten Koͤrper, auf dem die Koralle ihren Anfang genommen hat, aus, vertheilt ſich von oben her in Aeſte, die oft zuſammen verwachſen, wie bey n. n. uͤberzieht auch mehrmalen andre Arten von ſteinichten Seegewaͤch— ſen und ſchließt ſie ganz ein, wie bey Fig. m. ein fremder Körper mit einer ſolchen Korallrinde uͤber— zogen zu ſehen iſt; oder wird auch hergegen von jenen uͤberzogen, oder aus der Richtung ver— draͤngt, wie etwan eine Art vor der andern ſtaͤrker und lebhafter zu ſeyn ſcheint. Und ſo verwachſen oft mehrere Arten unter einander, wie in unſerer Abbildung zu ſehen n iſt. Andre Arten aber, wie z. E. die Steinſchwaͤmme, haben eine beſtimmtere und beſtaͤndigere Geſtalt: und einige wachſen auf ihrer Mutter veſt, und thuͤr— men ſich durch mehrere Generationen wie Stok⸗ werke auf ihr auf. Aus dem bisher geſagten werden meine Res ſerinnen von ſelbſten einſehen, daß die Vorſtel— lungsart die manche ſich von dieſen Körpern machen, welche die Sache recht wohl zu ver— ſtehen glauben, nicht die richtige und wahre iſt. Einige meynen daß wenigſtens diejenige von dieſen Seekoͤrpern, welche eine weichere hornartige Hulle haben, wahre Yfanzen ſeien, wie dieſe wachſen, blühen und Saamen tra⸗ gen, nur aber daß die Bluüthen ein thlerar⸗ 26 tiges Leben haben. Andre ſtellen ſich vor, daß ſo viele ſolcher ſternfoͤrmigen Köpfchen: oder polypenähnlichen Körper man aus den Oefuun⸗ gen der haͤrtern Subſtanz hervorragen ſiehet, dieſe eben ſo viele beſondere Thierchen ſeien, die von auſſen ſich in die vorher ſchon vorhan⸗ denen Oefnungen, als in bequeme Wohnplaͤzze, hineinbegeben. Daß dem aber nicht ſo ſeie, erhellet daraus, weil die Geſtalt der hervorra⸗ genden Koͤpfchen bei jeder Korallenart verſchie⸗ den und gegen die Oefnungen verhaͤltnißmaͤßig iſt, weil nie zweierlei Arten von Thierchen in einem Korallengewaͤchſe angetroffen werden, da doch ein kleineres wohl in einer etwas groͤſſern Hoͤle Plaz und Wohnung haͤtte finden können; und endlich inſonderheit auch daraus, weil, wie man an den hornichten durchſichtigen Sertularien, die ich oben ſchon genennt habe, ſehen kann, das markichte belebte Weſen inwendig uͤberall zuſam⸗ men haͤngt, und gleichſam einen gemeinſchaftli⸗ chen Stamm bildet, von welchem eine Menge Aeſtchen ausgehen, davon jedes fich durch feine: Oefnung bis auf eine gewiſſe Weite herausſtrek⸗ ken kann. Andre druͤkken ſich alſo aus, als ob die Thierchen ſich ihre Huͤllen baueten und durch eine Art von Kunſttrieb verfertigten, wie die Raupe ihr Geſpinſt, wie die obengenannte Schaben und andre Thiere die Röhrchen wor, inn ſie wohnen, oder wie die Bienen ihre Wachs⸗ 27 zellen bilden. Allein alle dieſe Thierchen machen nicht mit den Wohnungen worinn ſie fetten, und die ſie auch wohl zum Theil mit ſich um⸗ her tragen, einen Körper aus: man kaan fie, ich wiederhole es, wenn man vorſichtig zu Wer⸗ ke geht, derſelben berauben, und ſie bauen ſich, dergleichen aufs neue. Das kann man aber mit dieſen Korallengewaͤchſen eben ſo wenig und weniger, als man es, wie oben geſagt worden, mit den Schnekken kann. Sie haben beide auch bei dem bilden, verlaͤngern und ergaͤnzen ihrer Schaale und Steinkoͤrpers eben ſo wenig Abſicht und Bewußtſeyn, als wir beim Wachsthum, Erhaͤrtung und Heilung unſter Knochen. Die rothen Korallen finden ſich nirgends als im mittellaͤndiſchen Meere, und hinguszu im Ocean etwas um Africa herum, wie man ſagt; da hingegen andre Meere verſchiedene Arten be⸗ ſizzen. So findet ſich z. B. die See-Orgel nur in Oſtindien. Das rothe Meer iſt fo voller Ko⸗ rallen⸗Gewaͤchſe, daß die Schiffe an manchen Orten, wo man ehemals fahren konnte, nicht mehr durchkommen. So ſehr haͤufen ſie ſich daſelbſt an, daß aus ihnen und untergemiſchten Muſcheln und dem kalchichten durch das Arts ben der See-Schnekken entſtandenen Boden Saz ganze Klippen und Inſeln entſtanden ſind, 28 wann nemlich aus andern Urſachen das Meer ſich zuruͤkgezogen hat. Sie wachſen auch nur an ſolchen Stellen wo ſchon in den Buchten und ſogenannten Scheeren, Klippen und Hölen unter dem Meer vorhanden ſind, und nicht leicht auf dem ebenen Meeres: Grund, Von Spanien an, um die baleariſchen Inſeln, an einigen Stellen bey den franzoͤſiſchen Ufern, und denen von Sicilien und Sardinien, an den dalmatiſchen Kuͤſten, vorzüglich an der Inſel Zuri, gegen der Bar: barey, und auch um Afrika herum im atlanti⸗ ſchen Meer, an den Küſten von Guinea; und zwar nur in ſolchen Gegenden welche der Mite tags⸗Sonne ausgeſezt ſind, und wo das Meer nicht ſtuͤrmiſch iſt. Sie ſezzen ſich in den Kluͤf⸗ ten und Holungen überall an, oben, zur Seite, und unten, da dann diejenige welche an der obern Wölbung der Hole ſitzen nach unten wachſen, dies jenige aber die auf dem Boden beveſtigt ſind ihre Aeſte nach oben zu ausbreiten. Daß dieſes, gegen die Meynung des Grafen Marſigli, ebenfalls auch geſchiehet, ſiehet man aus denjenigen Stüß ken, welche auf ganz freyliegenden runden Kie⸗ ſeln veſt ſizzen. Man hebt in groſſen Naturalien⸗ Sammlungen auch ſolche Beiſpiele davon auf , welche auf Scherben von Topfen und Urnen oder auf Hirnſchaͤdel ſich aufgeſezt, oder die in— nere Hoͤlung von Flaſchen angefuͤllt haben, wel⸗ che man abſichtlich an ſolchen Stellen verſenkt 23 hat, wo die Korallen wachſen, um fie nach meh⸗ rern Jahren wieder herauszuziehen. Wann fie von nichts gehindert worden, ſo wachſen ſie gerne fuͤcherfoͤrmig, oder fo daß ihre Aeſte alle meiſtens ſich in einer Ebene ausbreiten. Sie finden ſich niemals in einer geringern Tiefe als von dritt— halb Klaftern, und bis in einer Tiefe von hun⸗ dert fünfzig Klaftern. Die Korallen-Fiſcherey wird waͤhrend der Mo— nate April bis in den Julius auf Rechnung gewiſ⸗ fer Handelshaͤuſer in Marfeille und Genua, auch in Neapel und anderwaͤrts getrieben, welche den Korallen-Fiſchern die dazu benoͤthigte kleine Schiffe und uͤbrige Werkzeug, nebſt Mundvorrath, und etwas Geld zum voraus auf Rechnung liefern. Auf jedem Schiff ſind etwann ſieben bis acht Leute. Sie bedienen ſich zweyerley Werkzeuge. Das eine beſteht aus zween kleinen kreuzweiſe uͤbereinander beveſtigten Balken, welche mit einem Gewicht beſchwert und mit Stuͤkken von alten Nezzen und grobem Hanf umwikkelt find. Dieſe Maſchine, braucht man an denjenigen Stellen wo das Meer, am tiefſten, und der Boden nicht gar ſehr ungleich it, wovon man ſich durch Huͤlfe einer Sonde vorher verſichert hat, oder was man auch aus langer Erfahrung weiß. Sie dient auch da wo die Korallen unter Vorſpruͤngen von Felſen wach— ſen, wo die Aerme des herumgezogenen Kreuzes 30 hineinreichen koͤnnen. Man laͤßt #7 an einem langen Schiffſeil hinunter, und zieht und ſtreift fie auf dem Boden oder an den Kiipven- Wänden: hin, da denn der Hanf und die Nezze ſich um die Korallen verwikkeln, und losgeriſſen und zu⸗ ſamt dem Werkzeug in die Höhe gezogen wer⸗ den. Oft verwikelt ich daſſelbe fo veſt, daß die Boote einander zu Huͤlfe kommen, und ihrer bis ſechſe alle Kraͤften anwenden muͤſſen um es los zu bekommen. Geſchiehet es nun daß die Seile reiſſen, ſo laufen die Leute Gefahr umzu⸗ kommen, wie ſie denn uͤberhaupt bey dieſer Fi⸗ ſcherey vielen Beſchwerlichkeiten und Ungluͤksfaͤl⸗ len ausgeſezt ſind. Das andre Werkzeug dient in geringerer Tiefe, und um in die mit Korallen beſezten Grotten und Hölen unter dem Meere zu langen. Es beſtehet aus einer langen ſtarken Stange, an deren einem Ende ein um einen eiſernen Ring geſpanntes Nez einen Sat, oder wie wir es nennen, einen Bernen, bildet, und um wel⸗ chen rund herum auch Stuͤkke von alten Nezzen Hängen. Dieſe Stange iſt auch mit einem Ge wicht beſchwert, und haͤngt wagrecht in zwey Seilen. Man faͤhrt mit derſelben gegen die Felſen hin, und bewegt die Seile ſo lange hin und her, und auf und nieder, bis man ſpuͤret. daß man in einer Hölung oder unter dem Vor⸗ ſprung eines Felſen iſt. Dann faͤhrt man mit dem Boot etwas näher hinzu, um das Werk⸗ 31 zeug weiter hineinzuſchieben, und ziehet das hin⸗ tere Seil auf eine ſolche Weiſe hin und her, daß der Nez⸗Sak an den Wänden der Hoͤle herum⸗ ſtreift und die abgeſtoſſenen Korallen entweder in denſelben fallen, oder in den Nezzen haͤngen bleiben. Es iſt begreiflich, daß auf dieſe Art viele Stuͤkke verlohren gehen: unterdeſſen laͤßt man fie öfters, wo es ſeyn kann, durch Taucher aufs ſen, und heraufholen: auch hat man ſchon welche geſehen, da die abgeſtoſſenen Aeſte auf dem uͤbri— gen Korallgewächfe liegen geblieben und mit dem ſelbigen verwachſen und mit neuen Aeſten uͤber— zogen worden find. Sie wachſen nicht ſehr ge ſchwinde; je tiefer deſto langſamer: eine drevjoͤh— rige hat kaum zween Zoll, und eine zehnjaͤhrige vier Zoll in der Hohe, und unten eine Dikke eis nes kleinen Fingers. Da man nun zu bald und in wenigen Jahren wieder an die nemliche Stelle kommt, um daſelbſt zu ſiſchen, in der Hofnung noch einige groſſe Korallen die ſtehen geblieben ſeyn moͤchten, zu erhalten, ſo iſt dieſes die Ur— ſache, warum fie nicht Zeit haben groß zu wer— den. Hat man aber das Gluͤkk auf neue Korall— Hoͤlen zu ſtoſſen, wo man entweber noch gar nie, oder ſeit langer Zeit nicht geweſen iſt, fo macht man eine reiche Erndte, Die Kaufcute welche dieſe Fiſcherey unter⸗ nehmen, werden mit den Fiſchern um den Preiſt 32 einig, um den fe ihnen die ausgefiſchten Korallen liefern muͤſſen. Dieſer Preiß iſt gewoͤhnlicher weiſe zu acht und fuͤnfzig Sols das Pfund: auch machen ſich die Fiſcher anheiſchig, daß ſie nichts davon ſonſten abgeben oder entwenden, ſondern alles gewonnene Gut in das Handels— Comptoir abliefern wollen. Ein Jahr ins andre gerechnet, kann jedes Schiffchen oder Satteau, wie man ſie zu Marſeille nennt, fuͤnf und zwan⸗ zig Centner davon aufbringen. Dieſe werden in dreyzehn gleiche Theile getheilt, davon der Schiffs Patron oder Korallen-Meiſter viere, der welcher die Maſchinen auswirft und richtet zweene, ik der der Gehuͤlfen einen, und das Handelscomp⸗ toir, für das gelieferte Schiffchen auch einen be— kommt. Aber alle dieſe Theile werden, um den beſtimmten Preiß, wie oben geſagt, von der Hand⸗ lung eingelöfet. Die Korallen werden darauf von eigenen Leuten fabrikenmaͤſßſig verarbeitet, gebohrt, geſchliffen, und groͤſſere oder kleinere Kugeln, Oliven, Loͤffelchen, Meſſerhefte, Stok⸗ knoͤpfe, Degengriffe daraus verfertigt. Wenn ſich die Koralle von unten her, wie es oft ge— ſchiehet, uͤber einen etwas groſſen Koͤrper als eine Rinde ausbreitet, ſo wird dieſelbe zu einem hoh⸗ len Gefäß, einem Salzbuͤchschen, oder dergleichen ausgearbeitet. Was von kuͤnſtlicher Arbeit dar⸗ aus verfertigt wird, dazu bedient man ſich, wie bei andern harten Materien, der Feilen, Grab⸗ ſtichel 33 ſtichel und andrer ſtaͤhlerner Werkzeuge. Was aber die kleinen Kugeln und Olivchen, welche auch aus den duͤnnſten Aeſtchen gemacht werden, anlangt, ſo werden die Korallen mit Kneipzangen in Stuͤk⸗ chen zerbrochen, dieſe in einen Sak, und gepuls verter Bimsſtein dazu gethan, und dieſer Sak, welcher zuzeiten benezt wird, gewalgert, und mit den Haͤnden bearbeitet, wodurch die Rinde die zwar nicht veſt halt, abgenommen, die Streis fen unter derſelben abgeſchliffen, und die Ekken abgerundet werden. Darauf werden ſie ungefehr wie die Granaten gebohrt, wie dieſe auf ein ſpiz⸗ ziges Stekchen von hartem Holz geſtekt, und auf einem Schleifſtein, der mit dem Fuß in Be wegung geſezt wird, ſehr geſchwinde geſchliffen; wozu aber viele Fertigkeit und Uebung gehoͤret. Die Korallengewaͤchſe welche man ganz fuͤr die Kabineter der Naturalienſammlungen zurichten will, werden zuerſt glatt gefeilt, alsdann mit einem an der Spizze mit Hanf umwundenen und in Bimsſteinpulver getunkten Stäbchen geſchlif⸗ fen, und mit Tripel polirt. Von der gemeinen kleinen verarbeiteten Waare gilt in Marſeille das Loth gewöhnlich fünfzig Sols, oder beylaͤuſig 1 fl. 9 kr. die groͤſſern Stuͤkke ſind aber gar viel theurer und koſtbarer. Die ganzen Korallenzins ken werden nach der Anzahl der groͤßten Kugeln geſchaͤzt, die ſich aus dem untern dikkern Theil machen laſſen. Als ich einen Korallzweig einem, C 34 der in Marfeille mit dieſer Arbeit ſehr bekannt war, zeigte und ihn um ſeinen Werth frug, ſagte er; laß ſehen! der kann zwo Kugeln, von der Groͤſſe mittelmaͤßiger Schnellkugeln geben, der kann alſo vierzig Livres werth ſeyn. Und gerade ſo viel hatte er in Marſeille gekoſtet. Marſigli bildet ein Stuͤkk ab, das beinahe die dikke eines Armes hat, und das groͤſſeſte iſt das jemals gefunden worden iſt. Allein es kommt auch bei Beſtimmung des Werths noch viel auf andre Umſtaͤnde an. Bei den Liebhabern die ihre Cabineter damit auszieren, kommt es auch darauf an, wie ganz die Zweige ſind, wie re— gelmaͤßig und angenehm dieſelbe ſich ausbreiten, auf was fuͤr einem Koͤrper ſie aufſizzen, was fuͤr lehrreiche Zufaͤlle ſich daran zeigen. In dem. beruͤhmten und koſtbaren Cabinet des Seba in Amſterdam wurde eine Korallenzinke von ſechs Loth um fuͤnfzig Gulden, eine andre hingegen von dreyzehn nur um zwey und fünfzig verkauft. Die ſchoͤnſte von vier und dreißig Loth kam bis auf 120 fl. Von den Naturforſchern werden auch diejenige geſchaͤzt, wenn es auch ſchon nur kleine Aeſtchen find, welche gleich beim herausziehen aus dem Meere in Brandwein gelegt worden find, ehe ſich die kleinen Sternthierchen zuruͤkke gezo⸗ gen haben; welche belehrende Stuͤkke nicht gemein ſind, weil die rohen Fiſcher das nicht zu machen 2% 35 verſtehen, und verſtaͤndige und mit Kenntniß der Natur verſehene Perſonen ſich nicht leicht mit auf dieſe beſchwerliche und gefährliche Fifches rey begeben. Wer es aber thut, der hat zugleich auch die ſchoͤnſte Gelegenheit die ſeltenſten See— koͤrper, die mit den Korallen aufgezogen wandte zu erhalten und zu unterſuchen. Uebrigens kommt es bei dem Werth der ver⸗ arbeiteten Korallen auch darauf an, wie ganz und nicht angefreſſen ſie find. Denn wenn ſie, wie es gar oft geſchiehet, und welchem Zufall die dikſten und ſtaͤrkſten Stuͤkke natürlicher. weife bei ihrem viel hoͤhern Alter gar viel mehr aus— geſezt ſind, von gewiſſen langen Seewuͤrmern angebohrt und durchfreſſen werden, wie dieſes auch den Seeſchnekken und Muſcheln gerne wie— derfaͤhrt; fo vermindert dieſes, ungeachtet die Arbeiter die Löcher mit rothem Wachs oder Kitt kuͤnſtlich auszufuͤllen wiſſen, dennoch ihren Werth gar ſehr. Auch auf die Farbe kommt es viel an. Man hat ſie durch alle Grade und Nuan⸗ cen, vom weiſen bis ins ſchoͤnſte und hoͤchſte roth. Die welche lange im Schlamm gelegen haben, bekommen eine ſchlechte, unſcheinbare Farbe. Durch gelindes aber lang anhaltendes Kochen, und noch geſchwinder durch Kochen in weiſſem Wachs oder Milch kann man ihre Roͤthe aus⸗ ziehen und fie ganz weiß machen. Aber zuzei⸗ . C 2 2 36 ten werden fie auch von fich ſelbſt weiß. Die muß man aber nicht mit den weiſſen Korallen, die immer weiß ſind und ſternfoͤrmige Oefnungen haben ſiehe unſre Tafel-Buchſtaben k und die man ehedeſſen alberner weiſe auch in der Medicin brauchte, nicht verwechſeln. Hr. Bruͤnniche hat ein dergleichen Stuͤk geſehen, welches ganz weiß war, und doch eine Mennigrothe Rinde hatte. Es giebt auch halb weiſſe und halb rothe. Der⸗ gleichen Zufaͤlle find ſehr ſelten, und nur Natur⸗ forſchern angenehm, denn fuͤr den Handel ſind immer diejenigen die geſchaͤzteſten, welche die ſchoͤnſte hochrothe Farbe haben. Der meiſte Handel damit iſt nach der Levante, nach Indien und dem uͤbrigen Aſien, und vor⸗ zuͤglich nach Japan. Die Mahometaner im gluͤklichen Arabien zaͤhlen ihre Gebete nach Ro⸗ ſenkraͤnzen von ſolchen Korallenkuͤgelchen, und es wird nicht leicht ein Todter ohne einen ſolchen um den Hals zu haben begraben: eben ſo wie wir, aus uͤbel verſtandenem Luxus, ſo viel ſchoͤ⸗ nes Holz und Leinwand in die Erde vergraben und faulen laſſen. Doch bei dieſen Kraͤnzen ſe⸗ hen die Voͤlker im Morgenland nicht ſowohl auf die Arbeit, ſondern nur auf die Materie und die Groͤſſe der Kugeln. Sollten ſie wohl eine religioͤſe Idee damit verbinden? Ich möchte es faſt glauben. Wenigſtens ſchreiben die Malayen 37 in Indien der rothen Noͤhrkoralle oder Seeor— gel, deren oben gedacht worden iſt, und die in ihren Meeren waͤchst, nach Rumphs Zeugniß, magiſche Kraͤften zu. Alſo muß, nach ihrer Art zu ſchlieſſen, die allzuoft auch diejenige von ſich gar viel kluͤgerduͤnkenden Leuten war, die dich— tere und einen ſchoͤnen Glanz annehmende euro— paͤiſche Art jener weit vorzuziehen ſeyn. Ueber⸗ das ſcheint es einmal bey dem Adamsgeſchlechte eine ſo ziemlich durchgaͤngig eingefuͤhrte Maxime zu ſeyn: was fremd iſt, iſt beſſer. Der Euro— paͤer findet den ſchineſiſchen Thee, und der Schineſe die europaͤiſchen Violen beſſer. Doch wieder auf unſre Korallen zu kommen. Nir— gends ſtehen fie in hoͤherm Werth als in Ja— pan. Da werden fie allen Edelſteinen vorgezo— gen. Der vornehme Japaner bezeichnet ſeinen Stand, durch die Groͤſſe des Korallenknopfes womit er die Beuteltaſche verſchließt, welche dieſes Volk uͤber ſeiner Kleidung, ſo wie etwan eine Soldatenpatrontaſche, traͤgt. Ich glaube mich zu erinnern, irgendwo einmal geleſen zu haben, daß ein ſolcher vollkommen ſchoͤner Knopf von ſchoͤner Farbe und Glanz und ohne einigen Tadel, wohl bis auf tauſend Thaler dafelbiten gelten kann. C3 38 Was die Aerzte von den Kräften dieſes Körpers halten, und ob die Korallen wuͤrklich ein anhaltendes und ſtaͤrkendes Arzneymittel ſeien, oder ſonſten eine beſondere Eigenſchaft haben, das kann meinen Les ſerinnen wohl gleichviel ſeyn. Die vernuͤnftigern Aerzte brauchen ſie nicht, und daß alle diejeni⸗ ge gute Muͤtterchen die dergleichen ehemals ih⸗ ren Kindern angehaͤngt, wenn ſie die mindeſte Wuͤrkung davon erwarten, ſich haͤßlich betrogen haben, kanu ich meine Leſerinnen, ungeachtet ich kein Arzt bin, auf mein Wort verſichern. Erklärung der Tafel. Pag. 3. Lit. a. a. a. weichere blaſſere Endfpizen derrothen Koralle, wie dieſelben ſich unter dem Meerwaſſer zeigen. 19. lit. b. b. b. die ſogenannten Bluͤmchen oder Polypen, wie fie aus den Oefnun⸗ gen der Rinde hervorragen. — Ut. c. c. dergleichen geſchloſſen und halb zuruͤkgezogen. Vergroͤſſert und mit den Seitenfaͤſerchen oder Franzen einen ſol— chen vorzuſtellen hat der Raum nicht geſtattet. | 17. lit. d. e. zweyerley Arten von Nezkorallen, oder Seemanſchetten. — lit. f. aͤſtige Sternkoralle oder Madrepore. Dieſe Art iſt unter dem Namen der weiſſen Korallen bekannt. — 15. lit. g eine Art von Schwamm-HKorallen. — lit. h. h. h. die kleinen Oefnungen in der Rinde der rothen Koralle, aus welchen ſich die Blümchen oder Polypen heraus: begeben. — lit. i. i. der untere Theil der Koralle der ſich auf einer Muſchel ausbreitet. — lit. k. k. der von der Rinde entbloͤßte Theil, von einer verſchiedenen rothen Farbe, mit ſeinen feinen Streifen die der Länge nach gehen, und den Vertiefungen auf welche die Löchelchen der Rinde paſſen. lit. 1. ein Aeſtchen geſchliffen, da man keine Streifen noch Vertiefungen mehr ſiehet, und der Koͤrper ein ſchoͤneres Roth und Glanz bekommt, wie er verarbeitet ins Kommerz kommt. p. 25. lit. m. ein fremder mit Korallrinde uͤberzogener Koͤrper. — lit. n. n. zuſammen verwachſene Korallaͤſte. N «Mag. is Z. HE H. de, En EG „ul AD ler Ca: \ —. u rn 1 r 5 N ne 1 eee. n \ RE 7 1 1 . 2 Tu 5 pr Br ge, * Wan 0 2 BI, > 3