Ba) KU UHYV a Br Presenied to the LIBRARY of the UNIVERSITY OF TORONTO by VICTORIA UNIVERSITY LIBRARY Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from University of Toronto http://www.archive.org/details/etymologischepar00osth IQ, ETYMOLOGISCHE PARERGA HERMANN OSTHOFEF. ERSTER TEIL. Ex fumo dare lucem. Horatius. LEIPZIG VERLAG VON S. HIRZEL 1901. Alle rechte vorbehalten. Zah Ob: Vorwort. Seit einer reihe von jahren ist immer ausschliesslicher die etymologie mit ihrer fülle ungelöster probleme in den vordergrund meiner sprachwissenschaftlichen studien getreten. Es ist meine überzeugung, mit der ich wol nicht allein unter den fachgenossen stehe, dass es an der zeit sein dürfte, durch neues material gesicherter wortvergleichungen und durch sich- tung und nachprüfung mancher bisher auf treu und glauben hingenommenen und verwerteten etymologischen kombination eine festere grundlage für den laut-, form- und wortgeschicht- lichen ausbau der indogermanischen sprachwissenschaft zu schaffen. Wenn z. b., wie wir es erleben, ganze ablautsysteme zwar nicht ohne anwendung richtiger methode, aber mit hilfe eines etymologischen materials errichtet werden, das zu mehr ‚als einem drittel anfechtbar und dem zweifel ausgesetzt er- scheint, oder wenn der an sich ja dankenswerte entwurf einer zusammenfassenden darstellung der altertumskunde und der vorhistorischen kulturzustände unseres sprachstamms an der hand und mit den mitteln eines unzulänglichen und zum guten teil rückständigen etymologischen verfahrens gewagt wird, so ist klar, dass da allmählich wandel zu schaffen not tut. Auch die aufs vollkommenste konstruierte lokomotive versagt ihren dienst, wenn ihr der bedarf an kohlen ausgeht oder minder- IV Vorwort. wertiges heizmaterial den betrieb beeinträchtigt. Es ist ein überwundener standpunkt, oder sollte doch ein solcher sein, dass man ehedem wähnen mochte, der etymologischen zu- fuhr nicht notwendig zu bedürfen, um das gebäude der ver- gleichenden grammatik dogmatisch abrunden und abschliessen zu können. Die etymologie und die beschäftigung mit ihr hat aber überhaupt nicht nur die dienende rolle gegenüber andern zweigen der sprachwissenschaft zu spielen, sie ist auch selbstzweck oder sollte beanspruchen und versuchen es zu sein. Diese prinzipielle forderung scheint mir praktisch schon durch das entstehen der etymologischen wörterbücher der einzelsprachen, die in unsern tagen wie pilze aus der erde schiessen, zum ausdruck zu kommen. Das verdienst der besseren unter diesen sammelwerken soll gewiss nicht ver- kannt oder geschmälert werden; sie vermitteln dem laien in bequemer weise die kenntnis von dem augenblicklichen stande unseres etymologischen wissens und dienen dem forscher durch die anregungen zur kritik an dem dargebotenen. Es liegt aber, meine ich, auch eine gefahr für den fortschritt der wissen- schaft darin, wenn die umfassendere inangriffnahme der auf- gaben der etymologie sich vorwiegend im lexikalischen zu- sammenstellen des gefundenen erschöpft. Der wörterbuch- anfertiger strebt in der regel vollständigkeit an und mag deshalb an keiner einzelheit des wortschatzes der sprache, die er zum ausgangspunkt nimmt, vorübergehen, ohne sich darüber zu äussern, und da es in der menschlichen natur begründet ist, lieber etwas positives auszusagen, als auf schritt und tritt das bekenntnis des niehtwissens abzulegen, so wird er der versuchung nicht immer widerstehen, althergebrachten etymologischen auffassungen, trotzdem dass sie berechtigten zweifeln unterliegen, aufnahme zu verstatten. Anderseits mag —— Vorwort. V . dem benutzer eines etymologischen wörterbuchs gar leieht und unwillkürlich das gefühl sich befestigen, dass es ein rue eig dei sei, was in lexikalischer fassung gebucht und aufge- speichert vorliegt. Geradezu schadenstiftend aber wirkt das wörterbuch, wenn es sich den ruf eines vertrauenswürdigen führers und beraters in etymologischen fragen erworben hat und hernach auf seinen lorbeeren ausruht, mit seinen neuen auflagen nicht in adäquatem tempo inhaltlich sich verjüngt, wie die nebenhergehende etymologische einzelforschung fort- schreitet (vgl. s. 322 anm.). Dem bedürfnis unserer zeit scheint es mir zu entsprechen, dass die wissenschaftliche etymologie von der durch Fick inaugurierten lexikographischen behandlungsweise wieder _ etwas mehr einlenke in die weiland von Pott so erfolg- reich beschrittenen bahnen der zusammenhängenden, begrün- ' denden und untersuchenden darstellung, oder wenigstens dass jene erstere betriebsart nunmehr im erhöhten masse durch ‚systematisches arbeiten in der andern manier und richtung ihre ergänzung finde. In diesem sinne sind die untersuchun- gen entstanden, die ich hiermit als „etymologische parerga* zu veröffentlichen beginne. Die darin befolgte methode möge für sich selbst sprechen. Es ist zwar auch meine ansicht, dass die besten etymologien die sind, welche schlagend erscheinen, den stempel der un- mittelbaren, anschaulichen gewissheit an der stirn tragen. Doch meine ich darum nicht, dass eine schlagende neue wort- deutung nicht erst bewiesen zu werden brauche, wie man sich wol ausgedrückt hat. Die forderung des unwiderstehlichen zwanges der überzeugung wird in vielen, ja den meisten fällen erst erfüllt, wenn der mühseligere weg des beweisens oder richtiger, da eine eigentliche beweiserbringung durch die natur unseres forschungsobjekts in der regel ausge- VI Vorwort. schlossen ist, des allseitigen wahrscheinlichmachens von dem etymologen nicht umgangen wird.. Darum ist bei der be- hauptung und darlegung wortgeschichtlicher zusammenhänge, sei es dass ich auf sie als auf etwas bisher neues hinweise oder die ansichten von vorgängern zu stützen suche, die laut- liche und morphologische und vor allen dingen auch die be- griffsgeschichtliche seite der jedesmal in rede stehenden fragen immer mit tunlichster sorgfalt und selbst auf die gefahr hin, etwas zu umständlich zu erscheinen, von mir erörtert worden. Da ich eine möglichst allseitige begründung meiner aufstel- lungen für den zweck, den ich verfolge, nicht nur für an- gemessen, sondern geradezu für notwendig erachte, so will ich den vorwurf übertriebener gründlichkeit und ausführlich- keit gern auf mich nehmen, wenn mir wenigstens das lob zu teil wird, dass ich das sachlich richtige nicht allzu oft verfehlt habe. Den stoff der diese parerga bildenden sammlung suche ich zu gliedern, indem ich, soweit es durchführbar sein wird, die einzelnen abhandlungen gruppenweis nach der verwandt- schaft ihres inhalts zusammengefasst anordne. Der hiermit der öffentlichkeit übergebene erste teil be- handelt vorzugsweise wörter und ausdrücke des pflanzlichen und des tierlebens, die nach ihrer wurzelhaften herkunft be- trachtet werden, und wird somit ausser dem grammatisch- etymologischen auch ein allgemeineres kulturhistorisches inter- esse beanspruchen können. Ein zweiter teil wird, wofern nicht unvorhergesehene hinderungen eintreten, in kurzer frist nach- folgen und einen index für beide abteilungen bringen. Um den zwei zunächst in aussicht genommenen noch weitere bände sich anschliessen zu lassen, gebricht es mir nicht an stoff, doch muss ich, eingedenk des vita brevis, ars longa, es günstiger fügung des geschiekes anheimstellen, ob mich an- Vorwort. vu dauernde gesundheit und geisteskraft zur ausführung in fernerer zukunft hinausliegender entwürfe kommen lassen werden. Bei der ausarbeitung des vorliegenden habe ieh mich des rates und beistandes einer anzahl befreundeter und ferner stehender fachgenossen zu erfreuen gehabt, und was ich jedem unter ihnen an brieflich wie mündlich gegebener beisteuer im einzelnen zu verdanken habe, ist meist suo loco ausdrücklich vermerkt worden. Wie diesen allen, so schulde ich in be- sonderem masse den kollegen und freunden Bartholomae, Leskien und Thurneysen lebhaften dank dafür, dass ihre prompte hilfe und bereitwillige auskunfterteilung in schwie- rigeren fragen aus den von ihnen gepflegten sprachlichen spezialgebieten mich niemals im stiche liess. Nieht verschweigen möchte ich endlich, dass der herr verleger durch freundliches entgegenkommen in vieler be- ziehung und die druckerei durch ihr sorgfältiges arbeiten um die gefällige form und saubere ausstattung meines buches sich in anerkennenswerter weise verdient gemacht haben. Heidelberg, den 23. oktober 1901. H. Osthoff. Inhalt. Seite I. Aus dem pflanzenreich. 1. Ceres a ereando - „ a 2m 2 Wer. 2 Ü) 2. Vom kernholz . . ». . 2 20.0. 3. Eiche und treue . . 2... wen... 2022 Fe 4. Ahom. .: . 2. 20 a and a II. Aus dem tierreich. 1. Hund und vieh . . .:.2 u 2 u 02000 12 2. Vom horn und homtier . .. . . .. ..0 „ 3. Wal, gdllawa. . 2.» mo. 200 2 4. Frosch, froh und springen . . . . . „VE Verbesserungen. S.14 z.2 v.o. lies: harundinibus, statt: arundinibus. S.49 z.1 v.o. lies: böhm., statt: böhm (ohne punkt dahinter). S. 125 z.10 v.o. lies: wachi, statt: wakhi. I. Aus dem pflanzenreich. 1. CERES A CREANDO. Seit den tagen unserer altmeister Bopp und Pott bis heute erfreut sich die zusammenstellung des lat. creäre “schaffen, erzeugen, ins leben rufen’ mit aind. kardti, ved. krnöti “tut, macht, wirkt’, krta-s part., karma n. “handlung, werk, tat, verrichtung, geschäft’, avest. kor’nao'ti “macht, wirkt’, kar?to part., apers. a-kunaus “er machte, tat’, kla)rta-m part. neutr. “gemacht’, cartanaiy inf.“zu tun, zu machen’ der allgemeinsten anerkennung. So wird an folgenden stellen, bei deren aufzählung ich die litteratur vom jahre 1866 an berücksiehtige und absolute vollständigkeit der angaben nicht erstrebe, diese alte lehre unentwegt vorgetragen: Bopp gloss. eompar.? 73. vergleich. gramm. 13, 391. 33, 161 anm. *** 193, Corssen ausspr. vokal. 12, 473, Fiek vergleich. wörterb. 1%, 24. 184. 184. 23, 53. 320. 532, Preller-Jordan röm. mythol. 13, 79. 23, 4 anm. 1, Vanicek griech.-lat. etym. wörterb. 120f. 'etym. wörterb. d. lat. spr.2 51f., Bücheler rhein. mus. n. f. 33, 42, Brugmann morphol. unters. 1, 50. grundriss 1? $ 502, 1 s. 457. $ 641 s. 578, G. Curtius grundzüge d. griech. etym.’ 154f., Zehetmayr analog.-vergleich. wörterb. 106%, Breal mem. de la soc. de linguist. 4, 143, Osthoff morphol. unters. 4, 371. Bezzenberger’s beitr. 24, 112, Wharton etyma graeca 74. etyma lat. 24, Leo Meyer vergleich. gramm. Osthoff, Etymologische Parerga. I. 1 2 I. Aus dem pflanzenreieh. 12,6. 358. 601, Wissowa Roscher’s lex. d. griech. u. röm. mythol. 1, 867, Bersu d. gutt. u. ihre verbindung mit v im lat. 174, Tegge stud. z. lat. synonymik 123. 191, Bezzen- berger in seinen beitr. 16, 251. 17, 214f, Per Persson wurzelerw. u. wurzelvar. 282, von Planta gramm.d. osk.-umbr. dial. 1, 328, E. Leumann Kuhn’s zeitschr. 32, 306, Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 2*, 60, Lindsay-Nobl d. lat. spr. 376, Berneker d. preuss. spr. 301, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 63%, Hirt Bezzenberger’s beitr. 24, 250. 272 und V. Henry lex. etym. du bret. mod. 95. Dass ein zweifel an solcher herkunft des lat. ereäre nie- mals geäussert worden sei, lässt sich zwar nicht sagen, aber der zweifel ist dann nur ein vorübergehender und wirkungs- los verhallender gewesen. So hat Pott, nachdem er zuerst, etym. forsch. 1!, 219. 21, 329, die kombination mit dem indo- iran. kar- ohne anstand ausgesprochen, bei späterem zurück- kommen auf die frage, wurzel-wörterb. 2, 1, 135, doch nicht umhin gekonnt, zugleich ein begriffliches bedenken gel- tend zu machen, welches, wie wir hernach (s. 10f.) sehen werden, durchaus seine berechtigung hat. Vor allen dingen leidet diese allbeliebte kombination an einem zwar seither auch schon gelegentlich berührten, jedoch meines erachtens entschieden noch nicht genug gewürdigten lautlichen gebresten. Von creäre wagt man natürlich den Cerus mänus “ereator bonus’ des Salierliedes bei Paul. Fest. p. 122, 5 Müll., auch in dem duonus cerus es des frag- ments bei Varro 1.1. 7, 26, nicht zu trennen. Wegen dieses Cerus nun — nicht wegen creäre, dessen cr- ja auf *gr- zurückgehen könnte — müsste der anlaut des indo-iran. kar- “machen, tun’, sowie der mit recht zu diesem gestellten baltisch- slavischen wörter, lit. kurin, kurti“ bauen’, preuss. küra baut‘, kermens ‘leib, körper’ und abulg. krüer “faber, baumeister’, 1. Ceres a ereando. 3 als reinvelares altes k- bestimmt werden, wie es bei Brug- mann grundriss 1? $ 641 s. 578 geschieht. Dagegen erheben dann aber keltische wörter aus dem britannischen zweige ein- spruch, die ihrerseits, wie wol zuerst Windisch Kuhn’s beitr. 8, 43 gesehen hat, ebenfalls vollen anspruch haben, mit dem indo-iran. kar-, lit. kuwriu u.s. w. verglichen zu werden, _ die jedoch deutlich den labiovelaren anlaut indog. g- vor- aussetzen lassen: ceymr. par imper. ‘face’, paraf fut. "efficiam’, peri inf.“facere’, corn. pery fut. “du wirst machen’ und eymr. prydu “ poetam agere’, prydydd “poeta’. Dieser britannischen wortsippe geben nach dem vorgange Windisch’s anschluss an aind. airan. kar-, lit. kuriu ete. Bezzenberger in seinen _ beitr. 16, 251 und Stokes a.a.a. (vgl. dazu Bezzenberger’s beitr. 23, 45, wo ir. ereth “poetry’ nachgetragen wird), ferner Uhlenbeck a.a. e., Hirt Bezzenberger’s beitr. 24, 250 und V. Henry .a.a. o., sowie zweifelnd auch von Planta a.a.o. 1, 328 anm. 2. 2, 19f. anm. 2. Von einem gleichzeitigen aus- schluss des lat. crezre ist aber bei den hier genannten for- schern im allgemeinen nicht die rede; das lat. Cerus, den hauptstörenfried, lassen sie freilich meist ungenannt bei seite, nur Stokes führt es mit auf, ohne sich jedoch der lautlichen schwierigkeit, die es, sowie auch das gleichfalls angeschlossene gr. z0Galvow (s u.), seinem ansatze eines urkelt. „ger machen“ bereitet, bewusst zu werden. Eine ausnahme macht von Planta insofern, als er erkennt, dass, wenn auf grund von eymr. par ete. eine wurzel indog. ger- aufzustellen sei, als- dann lat. Cerös nebst verwandten oskisch-sabellisch-umbrischen götternamen sich damit und mit creäre nicht vereinigen lasse. Die labiovelare natur des %- von indo-iran. kar- “machen’ und lit. kuriü, abulg. krüct anzuerkennen, war bereits Bezzen- berger a.a.o., eben weil er jene britannischen wörter mit 1* 4 I. Aus dem pflanzenreich. p- zu ihrem vollen rechte kommen liess, auf dem durchaus richtigen wege. Es trübte jedoch seinen blick ausser anderm auch das gr. homer. zo@eivo “ich vollführe, vollende, erfülle‘, und Bechtel d. hauptprobl. d. indog. lautlehre 344 anm. wiederholt gleichfalls die unhaltbare kombination von zoa@eivw und eymr. par “face”. Das in der traditionellen schreibung des Homertextes „zerdehnt“ als zoaueivo vorliegende grie- chische verbum haben aber schon die antiken etymologen ganz allgemein und unbedenklich von zdoe« homer. zcon “kopf, haupt’ abgeleitet, ihre erklärung hielt, wie auch in be- treff des kürzeren #o«ivw, Pott etym. forsch. 22, 1, 721. wurzel- wörterb. 2, 1, 143f. für „sehr empfehlenswert“, und nach den darlegungen Jak. Wackernagel’s Bezzenberger’s beitr. 4, 311, Danielsson’s gramm. u. etym. stud. 1 (Upsala univer- sitets ärsskrift 1888) s. 35ff. und Joh. Schmidt’s d. plural- bild. d. indog. neutra 366, denen auch Johansson Kuhn’s zeitschr. 30, 349 mit anm. 1, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 161 und Uhlenbeck a.a. o. folgen, sollten wir vollends nicht mehr zweifeln, dass zog«ivo nur das denomi- nativum des in 104. 0-T-08 gen. ‘'kopfes’ und aind. szrsn-as gen. sing. dass. enthaltenen n-stammes sein könne. Eine schwierigkeit macht dabei bloss das neben zo@aivo her- gehende kürzere #g«ivw, das nicht nur attisch, sondern nach zoaivovoı 3 391. € 567 auch schon homerisch war und be- sonders wegen zgav&soyaı I 626, auch wol wegen zoa@vew I 310 (Aristarch go0ov&w) bei Homer nicht als kontraktion aus zoaelvo aufgefasst werden kann. Danielsson a.a. 0. 33ff. sieht in diesem zgaivw aus *zodv-iw die denominativ- bildung zu einem andern nominalthema von gleicher wurzel mit zo@«-r-og, aind. sirsn-as, nämlich zu einem k(e)r-n- kr-n- ‘spitze’, das in aind. sPn-ga-m “horn’, lat. corn-u, got. haurn, in gr. #g«vo-g helm’ u.a. seine stütze finde. Vielleicht ist 1. Ceres a creando. b) das richtig, vielleicht bleibt auch eine andere erklärung des zo@ivo abzuwarten. Jedenfalls aber fallen hier auch schon allein die bedeutungsdifferenzen schwer ins gewicht: zo«iveıv bedeutet nicht nur, wie das längere homer. zo@aiveıw und wie das handgreiflich denominative att. zao@voov “achever’ bei Aischylos, “vollenden, vollführen, vollbringen, vollziehen’, sondern dazu jenes auch “der vollstreeker sein, fürst, herrscher sein, herrschen, gebieten’, so im attischen, so auch schon bei Homer 3 391; und somit lässt zg«ivo auch begrifflich weder auf der einen seite mit aind. airan. kar- ‘machen’ noch auf der andern mit lat. creäre, Cerus sich vereinigen. Das ist auch die ansicht Jak. Wackernagel’s (brieflich, 23. no- vember 1900); leider stellt selbst Brugmann zo«ivo noch zu indo-iran. kar- grundriss 2 $ 621 s. 990, zu demselben und zu lat. Cerus, creäre grundriss 12 $ 641 s. 578. Anderes, worin Bezzenberger bei seinem ansatz des indog. *ger- “machen” schwierigkeiten fand, ist noch weit be- langloser. So dürften die bü-cera saecla und der ecampanische stadtname Nüceria, wozu osk. Nuvkirinum Nuvkrinum Nüvkrinüm ‘Nucerinorum’, die Bezzenberger durch Bücheler lex. Ital. XIII: irregeführt heranzog, zweifellos der wurzel indo-iran. kar- ‘machen’ gänzlich fern stehen. In betreff des Nuceria bemerkt dies schon von Pianta gramm. d. osk.-umbr. dial. 1, 220f. anm. 2. 2, 19 nebst anm. 2 und versucht eine andere deutung des namens; das adjektiv bü- cerus ist auch in der verbindung mit saecla Luer. 5, 863 nichts anders als das latinisierte gr. Pov-zeows “mit rinds- hörnern’ (vgl. O. Weise d. griech. wörter im lat. 363, Saal- feld tensaurus Italogr. 192). Meine — von Bezzenberger allerdings nieht erwähnte — gleichsetzung des Ko-ovo-s mit and. kr-äna-s adj. “wirkend, eifrig, geschäftig’, morphol. unters. 4, 374, wird von Brugmann grundriss 11$ 78 s. 70. 6 I. Aus dem pflanzenreich. 2867 s. 142. 143. $ 621 s. 990 noch gebilligt; ich selber gebe schon seit jahren nichts mehr darauf. Wir befinden uns also offenbar in der lage des Herakles am scheidewege: entweder müssen wir auf die vergleichung der eymr. par, peri, prydu, corn. pery mit aind. airan. kar- und Hit. kuriu ete. verzichten, oder wir haben trotz langjähriger sewöhnung die beziehung des lat. Cerus, sowie damit dann aber auch des creäre, zu jenen formen der satom-sprachen aufzugeben. Ich entscheide mich im sinne der zweiten seite dieser alternative, und zwar deswegen, weil ich für Cerus, creäre andere verwandtschaft ım bereiche des satam- gebiets nachweisen zu können glaube, auf grund deren man, wenn ich das richtige treffe, das c- der lateinischen wörter hinfort als reflex eines ursprachlichen palatals indog. k- zu betrachten haben wird. Es ist zunächst eine reihe von wörtern des armeni- schen, die ich meine und deren bedeutungen ich hier genau nach Ciakciak’s dizionario armeno-ital. angebe: ser „schi- atta, stirpe, razza, sangue, progenie, discendenza“, gen. seri, serem „procreare, generare, far razza, propagare* und serim „nascere, procrearsi, erescere, procrescere, propagarsi, descen- dere, aver origine, generarsi“, ferner ser „genere, stirpe, PTO- genie, schiatta“, gen. seri, dazu endlich serm und sermn „seime, semenza, sementa, semente“, gen. serman. Als be- sriffskern dieser lässt sich klärlich in verbaler fassung in- transitives "wachsen, entspriessen, hervorkommen, entstehen, entstammen’, transitives oder faktitives “wachsen machen, erzeugen, hervorbringen’ ansehen. Die richtige etymologische beurteilung dieser armen. ser, serem, sermn hat, wie ich nachträglich sehe, bereits L. von Patrubäny gefunden, indem er in seinen sprachwiss. abhandl. 1, 215f. fragender weise dazu lat. creäre stellte. Verfehlt da- 1. Ceres a creando. 1 gegen war der von Bugge Kulhn’s zeitschr. 32, 64 unter- nommene versuch, armen. sermn mit dem gr. orreoue zu identifizieren, bei gleichzeitiger voraussetzung, dass armen. parat “zerstreut’ die entsprechung des gr. orrogag sei und dass die doppelbehandlung der anlautsgruppe sp- als armen. s- und p- durch die verschiedene accentlage der beiden grie- chisehen wörter ihre erklärung finde; daran ist, wie an so vielen ähnlichen kongtruktionen Bugge’s, nichts einleuch- tendes. Für die armenische gestaltung des alten sp- kann ausser derartigem, wie parat: gr. orrogds und yoit “eifer‘: gr. orovön, orevdw (vgl. Brugmann grundriss 1? $ 557, 4 s. 510), allenfalls noch sy ir "zerstreut, verstreut, ausgebreitet’ nebst sp r-e-m “ich zerstreue’ in betracht kommen, wenn man hierin mit Hübschmann armen. gramm. 1, 494 die verwandt- schaft des gr. oreiow zu sehen hat.!) 1) Auch was Bugge sonst noch an etymologien armenischer wörter, deren s- — indog. sp- sein soll, vorbringt, ist im einzelnen höchst fragwürdig. So lässt er, um nur einen fall herauszuheben, etrusk. u. armen. 1,55. Kuhn’s zeitschr. 32, 65 armen. san “zögling’ und -sumn “genährt” oder ‘nahrung’ in kompositen wie kat'na-sun “milehgenährt zu ahd. spunni “mutterbrust, mhd. spen und spüne “brust'‘, nl. speen “euter’, anorw. speni 'zitze des euters, lit. spenys ‘huke, zäpfehen im halse und gr. ordo “ich ziehe, sauge’ gehören. Sollten nicht diese armen. san und -sın vielmehr zu aind. si-sa-fi “teilt mit, bewirtet‘, si-tä-s part. ‘bewirtet und weiterhin zu aind. as-na-ti “isst, avest. -7sO in kahrkaso "hühnerfresser, geier’ sich fügen? Für aind. sz- und as- wird von Hirt d. indog. ablaut. $ 433 s. 107 die zweisilbige basis „idg. eke ‘essen’“ aufgestellt. Besser wäre nun dafür wegen des armen. -sın ein *eko-, ebenso wegen des gr. z@-uo-s "festschmaus, fröhliches gelag, wenn dies von Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 171 richtig dem aind. si-sa-ti verglichen wird (anders über z@uos, aber minder anspre- chend, Meillet m&m. de la soc. de linguist. 9, 146). Noch besser aber vielleicht ein *ekoi-, indem dann auch lat. ci-bu-s ‘speise, nahrung, futter hier unterkommen könnte; sein suffix wäre primäres -bho-, wie solches auch in lit. där-ba-s "arbeit' und wie primäres -bhä@ fem. in lett. schk’ir-ba “Titze, spalt’ u. dgl. erscheint (Leskien d. bildung d. nomina im lit. 8 I. Aus dem pflanzenreich. Mit unsern armen. ser, serem, sermn werden sich aus dem altiranischen, wenn man wurzelerweiterndes -dh- oder auch -d- zu erkennen hat, avest. sar’-d-a- “art, gattung’ und apers. bar-d- ‘art’ vereinigen lassen. Diesen pflegt man be- reits anschluss an die altindischen wörter sar-dh-a-s m. und sar-dh-as n. “herde, schar’ zu geben. (Justi handbuch d. zendspr. 292?, Fick vergleich. wörterb. 1:, 208, Spiegel d. altpers. keilinschr.? 223, Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 590f., Brugmann grundriss 2 $7S s. 205). Das armen. sa-n “alunno, allievo, figlioceio’ aber, gen. sanı, wäre als reflex eines indog. *kv-nu-s, bei dessen stammhafter gestaltung das begriffsverwandte alte *s@-nu-s ‘sohn’ = aind. sumi-s, avest. humu-s, lit. suni-s, abulg. synü, got. su- nu-s vorbildlich mitgewirkt haben könnte, ein neues beispiel der be- kannten nicht seltenen „ablautsentgleisung“ der langdiphthongischen in die analogie der langmonophthongischen wurzelsilben: es wäre bei lat. ci-bu-s : armen. sa-n : gr. z@-uo-s, armen. -su-n, aind. si-sa-t das ver- hältnis von i-form zu schwa- und vollstufenform entsprechend, wie z. b. in dem falle von air. ith ‘kom, getreide' aus *pi-hı-s, ithim “ich esse: gr. rareouaı, ahd. fatunga : lat. pabulum, got. fodjan nach verf. sup- pletivwesen 55f. (vgl. auch Solmsen Kuhn’s zeitschr. 29, 108 anm. und Hirt Paul-Braune-Sievers’ beitr. 22, 233. d. indog. ablaut. 36, dazu Hübschmann indog. forsch. anz. 11, 54). Die wurzelablautstufe des armen. sa-n würde aber air. caithim “ich verzehre’, 3. sing. nad chaithi gl. “qui non edit’ teilen, wenn man dies mit Stokes-Bezzenberger Fick’s vergleich. wörterb. 2°, 64 als reflex eines urkelt. *ka-t-io dem aind. $i-sz-ti anzuschliessen hat. Gehört aber auch ahd. asächs. fehön ‘verzehren, essen zu aind. as-na-ti, wie Sütterlin Paul- Braune- Siever’s beitr. 18, 260 wahrscheinlich zu machen sucht (dagegen Uhlen- beck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 16°), so mag nun das -ö- des germanischen verbalstammes *f-eyö- aus indog. *pi-eko- vielleicht dieselbe alte vokallänge sein, die in aind. si-sz-f und gr. z@-uo-s, armen. -su-n vertreten ist. Gegen Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 7, 123 wird die existenz eines von aind. si-84-ti "wetzt, schärft' verschiedenen si-sä-ti “teilt mit, bewirtet' geleugnet von Grassmann wörterb. z. rgv. 1383, Whitney d. wurz., verbalformen u. primären stämme d. sanskrit- spr. 172 und Uhlenbeck a.a.o. 311°; wenn mit recht, dann blieben immerhin gr. zö-«o-s und armen. -su-n als zeugnisse der basis *%ko- “nähren, füttern’ aus urindog. (*e)koi- übrig. 1. Ceres a creando. 9 25, 132, Bartholomae handbuch d. altiran. dial. 239%, Horn grundriss d. neupers. etym. 291, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 305°, W. Foy Kuhn’s zeitschr. 35, 20), und auch gr. z60-9-v-s "haufe‘ wird nicht uneben hinzugezogen (Fick d. ehemal. spracheinh. d. Indog. Eur. 74), sowie selbst got. hairda, aisl. hiord, ags. heord, ahd. herta“ herde hinzukommen mag, wenn abulg. ereda “herde und lit. kerdzu-s ‘hirt’ entlehnt sind, sei es aus dem deutschen (Hirt Paul-Braune-Sievers’ beitr. 23, 332. Bezzenberger’s beitr. 24, 233), oder überhaupt aus einer centum-sprache (vgl. Brugmann grundriss 1? $ 597, 2 3.546). Der begriff “herde, schar’ in den altindischen wörtern und in got. hairda vereinigt sich eben dann gut mit dem von “gattung, art, den die verglichenen wortbildungen des altiranischen und des armenischen hervortreten lassen, wenn man in “wachsen das semasiologische bindeglied der nach verschiedenen richtungen auseinander gegangenen be- deutungen sieht; vgl. lit. bu-ri-s “haufe, herde’, lett. bura “grosser haufe volks’ und anderseits gr. pv-4r “volksstamm, volks- und heeresabteilung'‘, “geschlecht, gattung, ordnung’, pö-Ao-v» 'stamm, geschlecht, gattung, art, im plural pös« “eine vielheit von einer und derselben gattung, schar, schwarm’, wo die gemeinsame wurzel indog. bhew- “wachsen, ‘werden’ ist (verf. suppletivwesen 66), diese püsov, pv4r, die „fülle des wachstums“ des volksorganismus bezeichnend, vornehm- lieh der ausdruck für „die speziell griechische gestaltung der natürlich gegebenen menschenvermehrung“ (Leist alt-ar. jus eivile 2, 195, vgl. auch Schrader reallex. d. indog. altertumsk. 801. 802. 920). Von besonderer bildung ist mpers. sartak “art und weise: „d. i. sardak“ sagt darüber Horn a.a. o. jedenfalls nieht richtig, denn altpers. -@rd ist im älteren peh- levi auch -ard, im jüngeren aber wie im päzend und neupers. zu -4l seworden (vgl. Hübschmann pers. stud. 131f.). Da- 10 I. Aus dem pflanzenreich. her muss mpers. sartak auf einem mit -fo-suffix geformten stamme airan. *sar-ta- “gewachsenes oder ‘wuchs’ beruhen und zeugt somit auch für die nichtwurzelhaftigkeit des stimm- haften dentals in apers. Dar-d- und avest. sar?-d-a-. War ferner auch aind. sär-dha-ti “tritt keck auf, ist trotzig', das Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 159 mit gr. z60-9-v-g und lat. cr2sco, freilich auch mit manchem andern, was unvergleichbar ist, zusammenbringt, von der vor- stellung des “wachsens, grosswerdens ausgegangen, dazu sr- dh-ya f. “trechheit, trotz rgv. 2, 12, 10? Es zeigt ja er@scere im Jatein ungefähr dieselbe metapher, wenn es "mut bekommen, sich gehoben fühlen, sich gross fühlen’ ausdrückt in gaudet et e nostro erescit maerore Charaxus Ovid. heroid. 15, 117, er&sco et exsulto et discussa senectute recalesco, quotiens ete. Sen. ep. 34, 1 (vgl. Georges handwörterb. 17, 1646). Im deut- schen ist ähnlich das bild vom schwellen, angewandt auf regungen des stolzes, der kraft und des mutes, es schwillt einem der kamm, ein geschwollener mensch, bei Klopstock (sünder) welcher wider den Ewigen schwillt u. dgl. mehr, was Heyne deutsch. wörterb. 3, 529 anführt. Ein solcher ausgangspunkt der begriffsentwieklung genügt nun auch, wie man zugeben wird, trefflich für lat. Cerus, creäre. Ja ich meine, die gewinnung eben dieses bedeutungs- kerns schafft uns erst den boden, um das semasiologische verhältnis des cerezre zu denjenigen wörtern, die sich inner- halb des lateins selbst unverkennbar ihm anschliessen, ganz und richtig zu erfassen, zu dem schon erwähnten lat. cr2-sco ‘ich wachse und zu cer2ber adj. “dicht wachsend’, “dieht stehend, gedrängt, zahlreich’,‘ (zeitlich) dicht aufeinanderfolgend, wiederholt, häufig, öfter, fortgesetzt’ nebst noch anderem her- nach zur sprache kommenden. Eben dahin zielt das vorhin angedeutete semasiologische bedenken Pott’s, wenn dieser 1. Ceres a creando. 14 wurzel-wörterb. 2, 1, 135 sagt: „Dem latein ist unsere wz. [indo-iran. kar-] auch sonst nicht fremd. Wir begegnen ihr in dem schwachen creare, schaffen, wenn anders nicht der schein trügt. Von diesem darf man kaum crescere, er&-vi, adj. creber, abtrennen ... Zur not freilich liesse sich der begriff: wachsen (grösser werden) in crescere ähnlich dem von nasci (eig. gezeugt werden, pass., d.i. auch entstehen) als beständiges schaffen (immediativ gedacht) vorstellen. Inzwischen, hält man z. b. albare (weiss machen) neben albere, albescere hinzu, dann drängt sich der gedanke auf, ereare in I. sei umgekehrt die causativ-form von cresco und bz., streng genommen: wachsen machen. Eine vorstellung, die vor allem vom schaffen der natur gölte, von welchem ja ereare vorzugsweise gern gebraucht wird.“ Das ist deut- lich genug und natürlich gedacht, meine ich; „ereare est de la m&me famille que crescere, dont ıl est, en quelque sorte, le causatif“, sagen in ähnlicher weise Breal-Bailly_diet. etym. lat. 50°. Wie aber diejenigen etymologen, die mit dem creäre zusammen auch cr2sco, sowie zum teil selbst erzber, an aind. airan. kar- anschlossen, Corssen ausspr. vokal. 12, 473, beitr. z. ital. sprachkunde 149f., ferner Vanicek, Brug- mann, G. Curtius, Wharton, Bersu u.a., ihrerseits es fertig brachten, den charakteristischen begriffsinhalt dieser eresco, ereber aus einer wurzel hit dem spezialsinne des “tuns, machens, verrichtens herzuleiten, bleibt ein rätsel. Es kommt auf dasselbe hinaus, ob man dem lat. cereäre, prö-creäre : cresco, prö-cresco oder dem armen. serem : serim das bei der synonymwurzel gen- bestehende verhältnis von lat. gigno, pro-gigno : näscor parallel sein lässt. Ohne zweifel dürfte aber zwischen dem lat. er-2-sco und dem armenischen intransitivum ser-i-m auch die übereinstimmung bestehen, dass sie im grunde das gleiche verbalstammbildende suffix ent- 12 I. Aus dem pflanzenreich. halten. Das -i- der armenischen mediopassiva und intransi- tiven denominativa könnte, an sich betrachtet, ganz wol, da ja armen. i ursprüngliches ? vertritt, die auch in dieser sprache produktiv auftretende -2-bildung sein, welche imı griechischen den starken passivaorist auf -7-v und anderwärts, besonders im latein, intransitive verba mit dem -#-charakter, lat. rub-e-re, abulg. rüd-e-ti se “erröten, ahd. rot-6-n “rubere, rubescere', lat. torp-e-re u. dgl., geliefert hat (vgl. Brugmann morphol. unters. 1, 71ff. grundriss 2 $ 589 s. 962. $ 590 s. 964, verf. Bezzenberger’s beitr. 24, 189f. und dort verzeichnete litte- ratur); in dem gebrauche des -i- bei denominativis, wie armen. t aram-i-m “ich welke zu an-t aram “unverwelklich (Brug- mann grundriss 2 $ 770 s. 1111. $ 7742 s. 1116), hätten wir alsdann den parallelfall von lat. flacc-e-re zu flaccu-s, lat. alb-e-re, saän-e-re u. dgl. Das armen. ser-i-m stünde ferner hiernach, was den bei der -2-bildung in unursprünglicher weise vorkommenden hochstufigen wurzelablaut anbetrifft, auf gleicher linie mit den griechischen neuschöpfungen Je- onvaı, oreojvaı, während lat. cr-e- in cr-&-sco, er-e-ber als ältere formation morphologisch mit den gr. &-84-n-v, &-0%)-n-v zusammenginge. Eine solche auffassung des armen. -i- würde sich mit dem berühren, was Meillet Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 5, 330 zur analyse des einzigen falles des armen. nstim "setze mich” bemerkt, dass dies vielleicht aus einem indog. *ni-zd-2-mi herzuleiten sei, wobei natürlich an das -2- des lat. sed-°-re und des abulg. sed-e-ti, lit. sed-e-t “sitzen’ zu denken sein soll. Von andern forschern, Brugmann srundriss 2 $ 702 s. 1056. $ 711 s. 1071. $ 770 s. 1111. $ 7748 s. 1116 und Meillet mem. de la soc. de linguist. 8, 282. 11, 305, wird das -i- der armenischen passiva, wie ber-i-m “ich werde getragen zu ber-e-m. ‘ich trage’, und intransitiven de- nominativa, wie faram-i-m, auf das indog. -ı- zurückgeführt, 1. Ceres a creando. 13 welches als -7- im slavischen und als -7- im litauischen den präsensstamm der zustandsverba mit dem aoristcharakter -7- formiert und welches bei dem -ya- der passiva des indo- iranischen, bei dem -70-, -ie- der griechischen intransitiva wie zalow praes. : &-ydo-7-v die umbildung zur thematischen flexion erfahren hat. Vielleicht, dass dieser letztere stand- punkt darum den vorzug verdient, weil es sich ja auch bei den in rede stehenden armenischen formationen um präsens-, nicht um aoriststämme handelt. Da aber heute wol allge- meiner anerkennung findet, dass dies präsentische -7- nur die tiefstufige ablautsform zu dem nebenhergehenden ausser- präsentischen (aoristischen) -?-, der bekannten monophthon- gierung von älterem -#- in vorkonsonantischer stellung, ist -_ (Hirt Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 10, 20ff. d. indog. _ ablaut $ 814 s. 182, vgl. auch Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 37, 26ff.), so bleibt unser armen. ser-i-m in jedem fall mit dem gleichwurzeligen lat. cr--sco in morphologischem kon- takt, auch wenn jenes eine --form, wie abulg. rüd-i-tü se praes. “errötet’, nicht eine -?-form, wie das durch verallge- meinerung des -2-typus entwickelte lat. rubet praes. aus *ruf-e-t, gewesen sein sollte; so behält das armen. n-st-i-m seinen stammhaften anschluss an abulg. sed-e-ti, lit. sed-e-ti, an lat. sed-2-re und sed-e-t praes. auch dann, wenn etwa dem “ n-st-i-m, entgegen der ihm durch Meillet gegebenen deutung, zunächt der anspruch auf den stammhaften vokalismus der präsensformen abulg. sed-i-tü 3. sing., lit. sed-i-me, sed-i-te 1. 2. plur. zustünde. Das lateinische adjektiv cr-2-ber ist mit dem suffix indog. -dhro- gebildet nach der richtigen analyse von Brugmann grundriss 2 $ 77 s. 202 und Stolz hist. gramm. d. lat. spr. 1, 374.566. Zur bedeutungsentwicklung des cr2ber wird treffend bei Br&al-Bailly diet. &tym. lat. 52° bemerkt: „Oreber signifie 14 I. Aus dem pflanzenreich. litt&ralement “qui eroit’, par ext. "abondant’“ und auf erebrum salictum Plaut. Aul. 675 und lücus ereber arundinibus Ovid. met. 9, 190 als zeugnisse der ältesten gebrauchsweise hinge- wiesen; so auch beı Stowasser lat.-deutsch. schulwörterb.? 261%, wo „üppig wachsend, dicht wachsend“ als grundbedeu- tung angegeben wird. Die begriffsentwicklung ist auch sehr ähnlich, wie die von aind. prä-bhüta-s“reichlich, viel, zahlreich’ und bhüri “reichlich, massenhaft, viel, häufig, zahlreich’, avest. bziri “viel, fülle’, lit. buri-s “haufe, herde’ aus der wurzel bheu- “wachsen, “werden nach verf. suppletivwesen 66 f., wie ferner die von aind. sar-dha-s m. und särdhas n. “herde, schar’, got. hairda “herde’ als sprösslingen ebenderselben wurzel, die wir in lat. ereber suchen (vgl. oben s. 9). Enthalten lat. er-2-sco, cer-&-vi, (ac-, con-)ere-tu-s und cr--ber adj., ferner er--mentu-m Varr. Plin. (in-ere-mentu-m) das aus *Är-2i- grundsprachlich vor folgendem konsonanten entwickelte indog. *kr-2-, so ist dagegen in ereäre eine wort- form zu sehen, welche das schliessende -”- des auf der „zwei- silbigen basis“ urindog. *ker&i- beruhenden *krzi- vorvokalisch erhalten ins sonderleben der altitalischen sprache hinüberbrachte. Dies er£äre steht zunächst durch lautgesetzliche verkürzung von vokal vor vokal für *erzäre, wie auch Brugmann morphol. unters. 1, 50 bemerkt; weiterhin aber für *er@@)zre mit eben- falls lautgesetzlichem zwischenvokalischem jodausfall. Wir gewinnen ein altes nomen indog. *kr2i-a f.“das wachsen, wachs- tum’, wovon creäre "wachsen machen’ das regelrechte deno- minative verbum war. Mit cr-2-sco lasse ich in althergebrachter weise auch lat. prö-ceru-s “von schlankem wuchs‘, “hochgewachsen, hoch und schlank’, “langgestreckt, lang’, eigentlich “von vorwärts ge- richtetem, geradeaus gehendem wuchs, und sin-ceru-s “natür- lich, wirklich, echt’, “unverfälscht, unverdorben, gesund’, “un- 1. Ceres a creando. 15 geschminkt, unbefleckt, unvermischt, rein’, “aufriehtig, recht- schaffen’ zusammenhangen; ihr -cör-o- würde für eine die dehnstufige wurzel enthaltende nominalbildung zu gelten haben. Über prö-ceru-s und sin-eeru-s handelt neuerdings auch Brug- mann ber. d. philol.-hist. el. d. kön. sächs. ges. d. wiss. Leip- zig 1900 s. 403ff., und ich bin einverstanden mit dem, was er gegen einige der älteren erklärungen der beiden wörter vor- bringt. So weist Brugmann a.a. 0. 405 besonders die be- kannte ältere auffassungsweise zurück, die sin-cerw-s durch hypostase aus sine cera “ohne wachs’, d. i. “ohne schminke’, hervorgegangen sein liess, mit triftigen gründen zurück; er hätte nur auch hinzufügen sollen, dass selbst in der modi- fikation, die bereits im altertum von Donatus zu Ter. Eunuch. 177, in unserem zeitalter durch Br&al mem. de la soc. de linguist. 5, 436 und Breal-Bailly diet. etym. lat. 348P ver- treten wird, wonach sin-ceru-s ursprünglich vom wachslosen und insofern geklärten honig, mel, gesagt worden sein soll, diese mit czra “wachs operierende wortdeutung nicht an- nehmbar erscheint. Zu ihren anhängern gehört auch Sto- wasser, der zeitschr. f. d. österr. gymn. 41 (1890), s. 392. lat.- deutsch-schulwörterb.? s. XIX. 807°. 923° nicht nur in sin- -ceru-s, sondern selbst in prö-ceru-s das “wachs finden zu dürfen glaubt und in üblicher unfehlbarkeit ex cathedra ver- kündet, dass man es längst aus dem „zeugnis eines der ersten sprachkenner“, des Festus in der glosse p. 229, 9 Müll. »pröcera prolixa et in longum producta, quasi ex cera ob ejus facilitatem«, hätte lernen sollen, dass prö-cerw-s eigent- lich „kerl wie eine kerze“, „begrifflich unser "kerzengrad'“ sei. Wenn pröceritzs nicht die schlankheit, sondern etwa die geschmeidige weıchbheit, „facilitas“, ausdrückte, für welche auch den alten Römern das wachs sinnbildlich war, würde mit dem deutungsvorschlag der beiden sprachkenner Festus 16 I. Aus dem pflanzenreich. und Stowasser eher ernstlich zu rechnen sein. Es machte ferner Brugmann a. a. o. 406 gegründete bedenken gegen die zusammenstellung des lat. sin-ceru-s mit gr. zngaivo “ich beschädige’, &-xrigaro-s und d-x2ocıo-g “unversehrt” bei W. Schulze quaest. epicae 236f. geltend; Br&al aber weiss neuerdings, m&m. de la soe. de linguist. 11, 118£., auch diese gr. drrgaros und dxeoaıog und dazu noch zievnue und zeodyvuur ich mische’ mit x706s, lat. cera sowol wie mit lat. sin-ceru-s zu einem pikanten ragout, dem auch etwas semitische zutat nicht fehlt, zusammenzumischen! Brugmann hält seinerseits nur für prd-ceru-s die ver- bindung mit cr?-sco, prö-cresco aufrecht; sin-ceeru-s trennt er s. 406ff. davon ab, um es in seinem schlussbestandteil zu cerno, certus (=*eri-nD, *eri-to-s), cre-vi, eri-bru-m, ST. zolvo, zoırdg, z0loıg, zoluvov, ahd. rittara ags. hridder “sieb mit Vanicek griech.-lat.-etym. wörterb. 1092. etym. wörterb. d. lat. spr.? 313, ferner zu got. hrain-s ahd. hreini “rein zu stellen. Es sei sin-c?ru-s, in welehem mit annahme von liqui- dadissimilation entweder altes *-kre-ro-s oder auch, der ab- lautstufe des got. hrai-n-s entsprechend, ein *-kr»i-ro-s zu suchen sei, der ursprünglichen wortmeinung nach „entweder ‘von einheitlieher, durchgängiger reinheit' (vgl. sem-per) oder “allein abgesondert' d. h. "so abgesondert, dass etwas allein, isoliert ist’ (vgl. sin-einia “cantio solitaria‘)* gewesen. Ich bezweifle zunächst, dass mit „rein“ oder „gesichtet, ge- siebt, von fremden bestandteilen befreit“ der ausgangspunkt für die begriffsentfaltung und gebrauchsweise des sin-ceru-s richtig getroffen werde. Dies aber auch zugegeben, so würde bei jenen Brugmann’schen bestimmungen des ursprüng- lichen wortsinns „von einheitlicher, durehgängiger rein- heit“ oder „allein abgesondert* dort das „einheitlich“, hier das „allein“ genau betrachtet als müssiger zusatz erscheinen; 1. Ceres a creando. 17 um eine „verstärkung des begriffs der ungemischtheit“ formal auszudrücken, hätte man doch wol zweifelsohne zu einem andern präfix als sin- aus *sem- “ein, allein’ gegriffen, man hätte etwa *per-ceru-s anstatt sin-ceru-s gesagt. „Die alte verknüpfung mit prö-cerus und cr2sco, nach welcher sin-czrus zunächst “einfach (einheitlich) gewachsen’ bedeutet haben soll, wird,“ wie Brugmann a.a. 0. 405 meint, „dem in der historischen zeit entgegentretenden wortsinn nicht gerecht.“ Ich finde das gegenteil, wenn ich voraussetzen darf, dass natürlich’, im gegensatz zu künstlicher verfälschung, oder auch “was so ist, wie es seinem wesen nach sein muss’ das eigentliche bedeutungszentrum von sin-ceru-s gewesen sei. Es scheint mir dies lateinische adjektiv unverkennbar der gleichen begriffssphäre wie lat. nativus = franz. naif, lat. nätaralis und genuinus, gr. yyYoıos und wie gr. auro- gung anzugehören; eben auch yvjorog befindet sich unter den griechischen adjektiven, die in glossen das lat. sin-eru-s zu erklären dienen, anderseits dann das im präfix zu dem latei- nischen adjektiv stimmende «-Joög (vgl. Götz thes. gloss. 2, 269° und Brugmann a.a. 0.405). Nun sind diese n2- fivus u Ss. w. und ist gr. aüro-puig etymologisch so beschaffen, dass sie uns den gebrauch zweier wurzeln zeigen, die, wie schon hervorgehoben worden ist, in synonymität mit unserm ker- von lat. eresco und creäre die beziehung auf das vege- tabilische und animalische wachstum zeigen, der wurzeln der verba lat. näscor, gigno, gr. yiyvoucı und gr. pVw, lat. fur, fore; und ähnlich ist ferner unser gediegen, das erstarrte part. praet. des verbs gedeihen, das auch seinerseits öfters den sinn von lat. sin-ceru-s wiederzugeben geeignet ist. Da müsste es doch mit sonderbaren dingen zugehen, wenn man zwar lat. prö-ceru-s an jenes ker- anzuschliessen, aber das mit wörtern wie nativus und gr. yvrouog sich begrifflich Osthoff, Etymologische Parerga. I. 2 18 I. Aus dem pflanzenreich. näher berührende sin-cerw-s derselben wurzel fern zu halten hätte. Man hat nun nicht nötig, bei der semasiologischen erläuterung dieses sich gerade auf die bedeutung “wuchs zu versteifen. Das gr. pur; drückt ausser “wuchs, leibesgestalt' auch “die natürliche beschaffenheit, die ganze natürliche an- lage aus, wofür sonst puoıg gesagt wird; so erscheint gun z. b. in oopög ö mwolla eidog pvg Pind. Ol. 2, 154. Also mag denn sin-ceru-s von hause aus so viel als “von einheit- lichem wesen, dessen angeborne und natürliche be- schaffenheit eine durchgängige ist’ bedeutet haben. Im grunde ist eine sachlich nur unerhebliche sinnesverschieden- heit zwischen dem «vro- von gr. adro-pujg und dem lat. sin- von sin-cöru-s: bezeichnet das griechische adjektiv, bei- spielsweise in ygvoög adzopvng "gediegenes gold’ Diod. Sie. 3, 45, “was so ist, wie es von selbst ist’ oder “etwas, dem seine eigene gvn; oder gpöocıg zukommt’, d. i. also, negativ ausgedrückt, ohne verquiekung mit fremdem oder fremd- artigem wesen, so war das lat. sin-cerw-s eigentlich “wer oder was in allen seinen teilen durchweg eine und die- selbe nätara hat’, wobei auf die nichtbeimischung von mehreren oder weiteren, die einheitlichkeit aufliebenden und daher die echtheit des wesens verfälschenden zutaten das gewicht gelegt wird. Denn es war eben das -c@r-0- S0- wol in sin-ceru-s wie auch in prö-ceru-s durchaus ein ähn- licher begriff wie natura, pöoıs. Ungefähr ist auch, was uns In «@öro-pong und sprachlich noch bestimmter in sin- ceru-s begriffsinhaltlich entgegentritt, die vorstellung der ge- diegenheit, die in den duorouegeıaı oder ÖuoLoueon Oroıyeia des Anaxagoras liegt, vgl. Aristot. hist. anım. 1, 1. Wenn prö- und sin-ceru-s sicherlieh nicht mit ceer-a “wachs’ zu stande gekommene wortbildungen sind, so ist doch vielleicht das letztere jenen zwei adjektiven insofern 1 LE u Dia cn 1. Ceres a cereando. 19 nicht fremd, als es selbst und das gr. #70-6-9 mase. eben wirklich wachs, d. i. etymologiseh so viel als “gewächs, aus- wuchs‘, gewesen sein könnte. Es trifft sich merkwürdig, dass man bei dem lateinisch-griechischen wort für das “wachs’ un- gezwungen zu einer wurzel mit der bedeutung ‘wachsen’ ge- führt wird und dass anderseits unser wachs, mhd. ahd. wahs, nd. nl. was, afries. wax, ags. weaz, aisl. vax an nichts anderes so unmittelbar, als eben an das verbum wachsen, ald. wahsan u. s. w., anklingt. Sollte das lediglich ein neckisches spiel des zufalls sein? Das bienenwachs „wird im körper der bienen aus dem honig umgesetzt und schmilzt, in gestalt kleiner tröpfehen, die sehr bald zu kleinen wachsschuppen erhärten, zwischen den ringen des hinterleibes aus“ (Brock- haus’ konversations-lex.!* s. v. wachs); warum könnte es also nicht als “‘auswuchs oder “gewächs, erzeugnis’ sprachlich ‚bezeichnet sein? Gerade von solchen physiologischen vor- gängen braucht ja die lateinische sprache ihr verbum con- erescere, um das ‘sich ansetzen, sich bilden, sich verdichtend entstehen’ der substanzen zu bezeichnen, vgl. sanguwinem bilem pituwitam, ossa nervos venas, omnem denique membrorum et totius corporis figuwram videor posse dicere unde concereta et quo modo facta sint Cie. Tuse. 1, 24, 56, die bemerkens- werte verbindung der wurzelverwandten creär? und con- crescere in der stelle sanguenque creärT sanguimis inter se multis coeuntibu’ guttis..... et de terris terram conere- scere parvis Luer. 1, 837ff. und weiteres der art bei For- cellini- de Vit lex., Freund wörterb. und Georges hand- wörterb.? s. v. concresco. Den nahe liegenden gedanken, dass unser wachs „viel- leicht eine lebendige wurzel in wachsen crescere findet“, sprachen mehr oder minder zuversichtlich Jac. Grimm deut- sche gramm. 2, 12, Diefenbach Kuhn’s zeitschr. 16, 220, DE: 20 I. Aus dem pflanzenreich. Pott wurzel-wörterb. 2, 1, 141, ©. Schade altdeutsch. wörterb.? 1076° und Jessen dansk etym. ordbog 281 aus; er fand aber, nicht gehörig sachlich begründet, in neuerer zeit wenig an- klang, die meisten heutigen germanischen etymologen, Kluge, Franck, Heyne, Skeat u.a., geben wachs als ein „wort dunkler herkunft“. Dagegen machte Lid&n studien z. altind. u. vergleich. sprachgesch. 27f. den versuch, es zur wurzel weg- “weben’ in air. figim “ich webe’‘, aind. vagura fangstriek, netz zum einfangen von wild, garn’, ags. weeca “docht', mhd. wicke “docht, charpie’ und wiht “docht', wozu auch lat. velum “tuch, decke, hülle, segel’ und vexillwm “fahne’ gehören sollen, zu ziehen. Das ist mir begrifflich nicht einleuchtend, auch schon Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 280® bezeich- net es als „sehr unsicher“. Wenn „die waben als ein geweb, ein gewirk aufgefasst werden“, dies in nhd. mhd. wabe ahd. waba f., wabo m. und in mhd. wift “gewebe‘, “"honigwabe zu weben, ahd. weban, in gr. ovv-ugpeuaı, iorol ovvugeig Arıstot. und sonst noch, so gilt dasselbe keineswegs ohne weiteres auch „vom stoff der waben, dem wachs“. Der von Liden a.a. 0. 2S anm. 3 herangezogene parallelfall von gr. «700» "wachs- kuchen der bienen, honigwabe’ neben xno6g und lat. cara zeigt uns zwar „die nahe beziehung zwischen den begriffen “wachs und “wabe‘,* lehrt aber doch nieht, dass diese beiden begriffe einer und derselben wurzelhaften grundvorstellung entspringen, sondern das gerade gegenteil, indem eben #79-fo-v als abge- leitete nominalbildung aus 706-9 auf die vorstellung von “wachs’ zurückgeht, x7g6-g “wachs seinerseits aber natürlich nicht ebendarauf, dieses also trotz der gleichen wurzel eine von z#n0-lo-v verschiedene innere sprachform hat. Lit. väszka-s lett. wasks und abulg. russ. voskü poln. wosk “wachs’ als ger- manische lehnwörter zu betrachten, mit Grimm deutsch. gramm. 3, 464, Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.® 411° und 1. Ceres a ereando. 21 OÖ. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 86, sehe ich keine erhebliche formale schwierigkeit; die balto-slavischen formen könnten aber immerhin auch nach der ansicht anderer forscher als urverwandt mit wachs bei unserer beziehung des letzteren zu wachsen, got. wahsjan gelten und dann die von Liden a.a.o. 28 ihnen gegebene grundform *uoks-ko- er- fordern. In betreff des lat. cor-a und des gr. z#n9-0-g war Fick dem richtigen am nächsten, wenn er diese vergleich. wörterh. 13, 523. d. ehem. spracheinheit d. Indog. Europas 72 (anders vergleich. wörterb. 14, 378. 2, 66. 321. 533) „auf kar etwa im sinne des lat. erö-scere gehen“ liess. Im prinzip der auffassung berührt sich übrigens mit unserer etymologie von c?r-a, »n9-6-5 diejenige Vanicek’s, der griech.-lat. etym. wörterb. 1088. 1092. 1095 das „bienenwachs, von den bienen zwischen den bauch- ringen ausgeschieden, ausgeschwitzt“, als „ausscheidung“ ver- steht, mit heranziehung der wurzel vom lat. cer-no und gr. z01v0. Das n von xnoög glaubten einige gelehrte für den ionısch- attiıschen reflex eines urgriech. « halten zu müssen und sahen darin dann ein durchschlagendes moment zur bejahung der alten streitfrage, ob lat. cora aus dem griechischen entlehnt sei oder nicht; O. Weise d. griech. wörter im lat. 36. 123. 232. 375 und Fick vergleich. wörterb. 14 378 vertraten diese an- sicht. Während aber Weise a.a.o. 36 nur durch die ver- gleichung des lit. kory-s“wabe, honigscheibe‘ zu der annahme der @-form veranlasst wurde, sollte nach Fick ausserdem auch ein „dorisch z«oös“ vorliegen und hier ausschlaggebend sein. Dies z&oög jedoch, mit dem auch Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 31, 411 operierte, einen ablautsfall @:? in dem ver- hältnis zu lat. cora sehend, existiert nicht; es wurde früher bei Theokrit 1,27. 129. 2, 28. S,19. 22. 20, 27 gelesen, sowie za- 22 I. Aus dem pflanzenreich. oiov bei demselben 5, 59. 127. 7, 85. 19, 2, allein jetzt ist dort überall aus der besten überlieferung hergestellt. Wenn aber cera nicht aus einem zwingenden lautgeschichtlichen grunde lehnwort sein muss, wird man durch sachliche und kultur- historische erwägungen in der entschiedenen leugnung des entlehntseins bestärkt. In betreff der bienenzucht betont Weise selbst a. a. o. 123, „wie unabhängig darin die Römer von den Griechen waren“ und wie das schon der umstand bekunde, dass in dem ganzen ihr gewidmeten vierten buch der Georgica Vergil’s „mit ausnahme von cera, wachs, kein einziges auf die bienenzucht bezügliches griechisches lehnwort vorkommt“; da wird man auch diese einzige ausnahme ge- wiss gern beseitigt sehen. Dass auch „die überaus geringe anzahl von ableitungen (ausser cerarius noch ceratum und ceratura) für das eindringen des wortes cera von Griechen- land spreche“, behauptete Saalfeld griech. lehnwörter im lat. gymnasialprogr. Wetzlar 1877 s.6; in seinem tensaurus Italogr. 257f. kennt aber derselbe noch eine gute fülle weiterer ableitungen, ceräre, cereus und cereolus, cerificare, cerösus, cerula u.a. (vgl. Forcellini-de Vit lex. 2, 144°). Das lit. korj-s“wabe’ und das dazu gehörige mundartlich im lettischen begegnende karites "bienenzellen, namentlich wenn honig darin ist’ (vgl. Ulmann lett. wörterb. 1, 97°) stellt man allgemeiner zu lat. cora und gr. xng6-s, wie Fick und Weise, so nämlich auch Pott wurzel-wörterb. 2, 1, 141, G. Curtius grundzüge d. griech. etym.5 149, W. Tomaschek zeitschr. f. d. österr. gymn. 26 (1875) s. 528, Vanicek griech.-lat. etym. wörterb. 1095. etym. wörterb. d. lat. spr.2 57, Wharton etyma graeca 68, OÖ. Schrader sprachvergl. u. urgesch.? 464. reallex. d. indog. altertumskunde 86, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 147, Bugge Kuhn’s zeitschr. 32, 10, Liden stu- dien z. altind. u. vergleich. sprachgesch. 28 anm. 3 und Hirt 1. Ceres a creando. N Bezzenberger’s beitr. 24,269. Diese vergleichung verliert schon ein wenig an vertrauenswürdigkeit, wenn man sie hinfort nur unter der voraussetzung eines wurzelablautsverhältnisses indog. 5:2 wird aufrecht erhalten können. Wenn ich sie ganz ver- werfe, weil mir cera und xngd-s auf eine mit palatalem &- anlautende wurzel zurückzugehen scheinen, so werde ich viel- leicht eher glauben finden, indem ich zugleich für das baltı- sche wort auf einen andern weg plausibler etymologischer deutung hinweise. Leskien d. ablaut d. wurzelsilben im lit. 373. d. bildung d. nomina im lit. 290 vermutete zweifelnd zu- gehörigkeit des kor-y-s zu lit. karid, köriau, kärti “hängen’. Eher könnte aber diejenige „zu kar machen, bauen“ gelten, die Pott a.a. o. und Fick vergleich. wörterb. 23, 321. 533, beide ebenfalls nur zaghaft, bestimmter jedoch Tomaschek a. a. 0. dem lit. korys in verbindung mit lat. cera und gr. zn06-g zuweisen wollten, also dass die baltische bezeichnung der “wabe‘, in dem sinne von bau’ aufgefasst und an lit. kuriz, kürti ‘bauen, abulg. krüer “baumeister, faber’, eymr. peri “facere’ und indo-iran. kar- = indog. ger- angeschlossen, der innern sprachform nach ein ähnlicher ausdruck wäre, wie unser wabe und das ihm gleichwurzelige gr. ovv-Ugeraı als “gewebe’ (s. oben s. 20), auch wie lett. schzni pl. "honig- scheiben, bienenzellen zu schzt nähen‘, “waben machen‘, Iit. siziti nähen‘, abulg. sütü“wabe’ zu siti‘nähen’ (Fick vergleich. wörterb. 23 675, Leskien d. bildung d. nomina im hit. 372). Von Hirt a.a.o. wird über lit. korjss und sein verhältnis zu gr. znoös, lat. cera die bemerkung gemacht: „Ist das lateı- nische wort nicht entlehnt, und hat das griechische altes ?, so kann das litauische wort nur lehnwort sein, oder wir haben wechsel der beiden reihen vor uns“. Es gibt also, wie wir sehen, bei den gleichen prämissen, die wir ja annehmen, noch eine andere möglichkeit, die nämlich, dass das baltısche 24 I. Aus dem pflanzenreich. wort ganz von noödg, era zu trennen sei; in bezug auf dıe gutturalreihen aber würde hier übrigens trotz Hirt an und für sich, d. i. ohne rücksicht auf meine etymo- logie der xnods, cera, durchaus keine schwierigkeit vor- liegen. Dass armen. zorisz “"honigwabe, honigkuchen’ zu lat. cera, ST. 706-5, sowie auch zu dem lit. kory-s, zu stellen sei, wie Bugge Kuhn’s zeitschr. 32, 10 wollte, können wir, wenn uns cöra, #n96-5 Ihre armenische verwandtschaft vielmehr in ser, serem, sermn zu haben scheinen, natürlich auch nicht an- nehmen, es wird aber auch schon von Hübsehmann armen. gramm. 1, 455 für „falsch“ erklärt. Wenn nach unserem dafürhalten nicht nur lat. prö-ceru-s und sin-ceru-s, sondern dazu auch czra und das gr. xn06-g mit lat. cr2-sco wurzelhaft zusammenhangen, so lässt sich die frage aufwerfen, ob man nicht, anstatt den ansatz der alten nominalbildungen indog. *kor-o- und *ker-@ zu machen, besser tue, von *kro-ro-, *krö-ra auszugehen, nämlich der in cerö-sco und creäre, cre-ber erscheinenden basisgestaltung zu liebe. So lässt ja Brugmann ber. d. philol-hist. el. d. kön. sächs. ges. d. wiss. Leipz. 1900 s. 404f. lat. prö-ceru-s aus *pro-cere- ro-s entwickelt sein und bringt für den dabei angenommenen vorgang des r-schwundes durch liquidendissimilation eine reihe von zeugnissen „aus verschiedenen perioden der lateinischen sprachgeschichte“ bei, die die möglichkeit solcher lautentwick- lung im allgemeinen zur genüge dartun können. Dennoch dürfte es geringerem anstoss ausgesetzt sein, wenn wir bei der ersteren anschauungsweise verbleiben. Es müsste nämlich hier das lat. cer- und gr. zng- doch wol in einem falle ebenso wie in allen übrigen erklärt werden, also wenn in prd-ceru-s aus *krö-r-, alsdann auch in cöra und gr. zng6-g ebendaraus. Wir würden aber unter solehen umständen auch irgendwelehen 1. Ceres a creando, 25 spuren der noch nicht dissimilierten wortgestaltungen mit lat. *ere-r- und gr. *zon-o- zu begegnen erwarten dürfen. Brugmann a.a. o. 404 scheut davor zurück, „einen ursprünglichen stamm ker-o- d.h... .. die wurzel in dehn- stufengestalt anzusetzen“, weil „diese ablautstufe für die wurzel von cr2sco anzuerkennen“ bedenklich sei. Aber durch -0- und -@ geformte nominalbildungen mit dehnstufiger wurzel, wie es nach unserer auffassung lat. -cer-u-s, cer-a und gr. zn0-d-g sein würden, brauchen uns so lange nicht befremdend vorzukommen, als die bedingungen für das auftreten der dehn- stufe und der bereich ihres vorkommens noch so wenig sicher ermittelt sind wie bisher. In abulg. begü “flucht’, hit. bega-s “lauf, flucht’, slov. pri-böga und hit. pry-bega “zuflucht' : gr. peßoucı, abulg. sa-sedü “vieinus’, russ. domo-sedü “stuben- hocker’, lit. nu-seda-s “bodensatz’, pa-seda-s “das zusammen- sitzen von braut und bräutigam mit ihrem gefolge’: wz. sed- ‘sitzen’, abulg. po-zarü brand’ aus *po-zerü: gorja, goreti ‘brennen’, gr. F£goucı, Feguög, armen. jerm “warm, lit. gela “heftiger schmerz’: geliu, gelti “stechen, schmerzen’, in den germanischen wortformen aisl. at afries. © asächs. ä mhd. dz neutr., ags. @t masc. “essen, nahrung, speise’: wz. ed- “essen, got. anda-nem neutr. "annahme', aisl. ndm neutr. “geistiger erwerb, wissen, land-nam "besitzergreifung von land’, ags. nam fem. "seizure of property’ : got. miman nehmen’, aisl. dräp neutr. "mord’: drepa "schlagen’ ahd. tröffan treffen’ ‚u. dgl. legen uns solche nominalbildungen vor; sie verzeichnet und bespricht eingehender Buck Amer. journal of philol. 17, 459ff., indem er ebend. 458 anm. auch einen versuch macht, diesen wortbildungstypus mit der bekannten, darüber keine rechenschaft gebenden theorie Streitberg’s über „die ent- stehung der dehnstufe“, indog. forsch. 3, 305ff., ın einklang zu bringen. Unserm hierunter fallenden paare der nomina 26 I. Aus dem pflanzenreich. indog. *ker-o-s mase. und *ker-ä fem. “wuchs, wachstum, ge- wächs, die in gr. #706-g, lat. prO-, sin-ceru-s und cera ver- treten sind, stellen wir als ein ganz entsprechendes paar schliesslich abulg. ecarü masc. und cara fem. “zauber’ aus *cerü, *cera zur seite, deren wurzel das oben s. 1 ff. behandelte indog. ger- “machen, tun von aid. krndti, karöti, avest. kernao'ti, lit. kwriü, kürti “bauen’ und eymr. peri “machen’ ist, sowie auch die wurzel von lit. keriu, kereti "bezaubern‘, nach. verf. Bezzenberger’s beitr. 24, 109 (vgl. auch O.Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 974). Ich komme nunmehr dazu, die götternamenbildungen, die das altitalische von unserer wurzel indog. ker-“ wachsen’ hat, näher zu betrachten. Wie diese sich jetzt von dem armen. ser und seiner sippe aus beleuchten lassen, so werden wir finden, dass auch wieder das armenische an einem und dem andern punkte eine formale aufklärung von seiten der hier zur sprache kommenden italischen wortgestaltungen empfängt. Es ist beachtenswert, dass Fick vergleich. wörterb. 2°, 53 (ähnlich derselbe Kuhn’s zeitschr. 20, 165f.) dazu gelangte, ein von „kar machen“ unterschiedenes „kar ker gedeihen“ aufzustellen und dem letzteren ausser anderm, was fraglich bleibt, die lateinischen wörter cr2-sco und cer&-ber, sowie auch die Ceres als „das personifizierte wachsen“ zuzuweisen. So richtig das ist und so klar es nun wird, dass dies Fick ’sche „kar ker gedeihen“ mit unserm Äker- “wachsen identisch sein muss, so verfehlt war es anderseits, dass derselbe ge- lehrte von der Cer?s den altlateinischen Cerus losriss und diesen nebst dem verbum creäre zu „kar machen“ stellte. Den richtigen weg in der etymologischen deutung des namens der Cerös hielt auch Brugmann Kuhn’s zeitschr. 24, 44 inne, indem er, mit berufung auf Fick, sowie auf 1. Ceres a creando. 27 Preller röm. mythol.2 70. 403 (=Preller-Jordan röm. mythol. 13, 79. 2?,4 anm. 1) und Corssen ausspr. vokal. 12, 473, das wort auffasste als „auf einem neutrum *ceros beruhend, das “wachstum’ oder etwas ähnliches bedeutete.“ Dann ver- bleiben bei der zusammenstellung mit cr?sco, sowie übrigens auch mit creäre, die klassischen philologen Birt in Roscher’s lex. d. griech. u. röm. mythol. 1, 860 und Wissowa in Pauly- Wissowa’s real-encycl. d. class. altertumswiss. 3, 1970. Von der hart erscheinenden trennung der Cer?s und des alat. Cerus ist Fick auch später nicht zurückgekommen, als er vergleich. wörterb. 1* 24. 354 das maskulin nach wie vor in der alten unhaltbaren weise etymologisch beurteilte, aber ebend. s. 422 und Bezzenberger’s beitr. 3, 168 für das feminin Ceres nun andere anknüpfung wusste, als die an cre-sco. Fick folgt eben jetzt der von Bugge altıtal. stud. 45ff. 71 aufgestellten lehre, dass Cer?s mit osk. caria "brod’ und karanter ‘vescuntur, pascuntur’ von der wurzel ker- “nähren’ in gr. #600-5, z0g&vvvuı, lit. szeriu, szerti “ füttern’, p@-szara-s "futter. und in unserm deutschen hirse, ahd. hirsi, hirso “milium’ komme; einer lehre, die auch sonst manche zustimmung gefunden hat, z. B. bei Buck d. vocal. d. osk. spr. 66, Johansson Bezzenberger’s beitr. 18, 35 und Prell- witz etym. wörterb. d. griech. spr. 159, bedingungsweise bei von Planta gramm. d. osk.-umbr. dial. 1, 32Sf. 486, wol auch bei Erik Brate Bezzenberger’s beitr. 13, 48, der Cerös wenigstens mit dem deutschen hirse zusammenstellt. Schwan- kend ist Bücheler’s verhalten in dieser frage gewesen, da er lex. Ital. XIII? das verständnis der Cers und des Cerus und ihres ganzen kreises in der Bugge’schen art durch osk. caria, karanter zu erlangen sucht, aber Umbrica 80 die er- klärung „a ereando“ gibt (doch vgl. unten s. 60). Ich meine nun, dass man von der Bugge’schen an- 28 I. Aus dem pflanzenreich. schauungsweise wieder loszukommen suchen muss. Erstlich empfiehlt das die rücksicht auf den männlichen Cerus, der, da er eben ausdrücklich als creator bonus von den alten erklärt wird, doch nicht so leicht und ohne weiteres als “der nährende’ sich auffassen lässt, wie Buggea.a. 0. 47. 71 meint. Zweitens kann ich mir nur schwer vorstellen, dass die zahlreichen einzelnen götterbezeichnungen, die im sabellisch-umbrischen gebiet vorliegen und unbestritten formal und sachlich zu lat. Ceres gehören, im oskischen auf der tafel von Agnone mit und neben der Kerri “Cereri’ die auch durch die dativform gegebenen Hereklüi Kerriiti “Hereuli Cereali, Futrei, Ammai, Pernai, Fluusai, Lieanakdikei Entrai Kerriiai “Creatrii, *Ammae, - ’ ’ *Pernae, *Leg-diei *Interae Cereali, Maatüis Kerriitis ‘*Mätis Oerealibus’, Diumpais, Anafriss Kerriiais ‘Lum- p(h)is, Imbribus(?) Cerealibus’, im pälignischen zu Cerri Cereri’ hinzukommend Anaceta Cerria oder Ceria “ Angitiae Cereriae’ und Cerfum gen. plur.“*Cerrorum’, marrueinisch Cerie Jovia “*Oerriei Joviae’, im unbrischen Cerfe M artiesSerfer Martier *Cerri Martii’ und Tursa Serfia “*Torra *Cerria', Prestota Serfia “Praestita *Cerria, Hunte Qefi Honde Serfi “*Honto *Cerrio — dass alle diese auf die doch ziemlich enge be- griffssphäre der 'nahrunggebung, fütterung, sättigung’ hinaus- kommen sollen. Mit dem umbr. Hunte Gefi tab. Iguv. 1b 4, Honde Serfi 6b 45 ist sicherlich eine unterweltsgottheit gemeint (vgl. Br&al les tables Eugub. 159, Bücheler Um- brica 80, Danielsson Pauls altital. stud. 3, 143, Pauli ebend. 5, 117, von Planta gramm. d. osk.-umbr. dial. 1 437); was soll man mit dem chthonischen gott, *Hontus * Cerrius, als “nährendem, fütterndem’ oder “zum nährer, fütterer in be- ziehung stehendem’ anfangen? Als “einen, der zum kreise der gottheit des pflanzlichen wachstums gehört’ lässt man 1. Ceres a creando. 29 ihn sich eher gefallen. Und ganz im allgemeinen mag end- lich noch das zu gunsten des zusammenhangs mit creäre sprechen, dass so diese den alten Italikern offenbar in leben- diestem volksbewusstsein gelegene gruppe religiöser vor- stellungen auch sprachlich in einem reich entfalteten neste einheimisch vorhandener wortformen, dem kreise von lat. creäre und cr2sco, creber, prd-, sin-ceru-s u. a., wurzeln würde, während bei der etymologischen auffassung Bugge’s Ceros, Cerus und ihr gesamtes mythologisches zubehör im altitali- schen selbst nur durch jene osk. caria, karanter schwäch- lich gestützt sein würden. Ich bleibe also dabei: war der Cerus ein creätor, so muss die Ceres notwendig eine creätriz — vgl. rerum nätura creätri£ Lucer. 1, 629. 2, 1117. 5, 1361 — gewesen sein. Die alte etymologie Ceres a cereandod dicta, so zuerst bei Serv. Verg. Georg. 1 7 anzutreffen, bleibt in ehren. Man würde vielleicht nie davon abgegangen sein, wenn nicht die sprach- vergleicher die verhängnisvolle beziehung des creäre zu der sanskritwurzel kar- “machen’ aufgebracht und hartnäckig festgehalten und damit in erster linie den zusammenhang zwischen creäre und cröscere verdunkelt hätten. Wie ist, wenn zu dem Cerus die Ceres das weibliche gegenstück war, das sprachlich -formale verhältnis dieser beiden namen zu denken? Dass Cerzs die adjektivbildung zu einem neutrum substantivum auf -os war, von der art wie gr. wevörg zu Weüdoc, aind. apas “werktätig, werk- kundig’ zu äpas n. "werk ’= lat. opus, steht wol fest; vgl. Brugmann Kuhn’s zeitschr. 24, 32. 33. 44f. 49, Bugge alt- ital. stud. 46f., Buck d. vocal. d. osk. spr. 66f. und von Planta gramm. d. osk.-umbr. dial. 2, 56. 72. Anderseits ist in betreff des Cerus von wichtigkeit, dass wir dessen deklı- nation durch die altlateinische inschrift Keri pocolom CIL 1, 30 I. Aus dem pflanzenreich. 46 kennen: lautete hiernach der genitiv Ker’, so können wir, um morphologische einigung mit Ceres zu erzielen, nur annehmen, dass indog. *ker-s-o- der in Cerus steekende stamm sei, dass also die herrschende meinung berechtigt sei, wonach *Cerrus die eigentliche aussprache war und die schreibweise mit einem r bei dem alten worte der zeit vor der einführung der konsonantengemination angehört (vgl. Bücheler lex. Ital. XII. Umbriea 98f., Bugge a.a. 0. 47, Fick Bezzenberger’s beitr. 3, 168, J. Darmesteter und Br&al möm. de la soc. de linguist. 4,90 anm. 8.142, Wissowa Roscher’s lex. d. griech. u. röm. mythol. 1, 867, Buck a.a. o. 67, von Plantaa.a. o. 1,489, Aust in Pauly-Wissowa’s real-encyel. d. class. altertumswiss. 3, 1994). Auf *ker-s- “wachstum’, das thema des alten neutrums mit tiefstufigem suffixablaut, weist nun noch manches andere im altitalischen, jedoch das einzelne nicht mit voller sicherheit, hin. So im latein selbst noch cerr-i-tu-s “verrückt', eigent- lich “von der Cerzs betroffen‘, Anunreiwdinseros nach den sloss. Labb. (vgl. ©. Müller zu Paul. Fest. p. 54, 14), oder eher vielleicht ‘von dem erdgeist Cer(r)us betroffen’; zur be- deutungsentwicklung, „lieber von diesem worte Cerus als mit den gewöhnlichen erklärern, z. B. Non. Mare. p. 44, 26 und Serv. A. 7, 377 |vgl. auch Fabretti glossarium Italicum p. 832] von der Üeres“, vgl. Preller-Jordan röm. mythol. 1°, 80. 23, 8 anm. 2. 119 anm. 2. Die analogie der bildungsweise der begriffsverwandten partizipialen ausdrücke /ympha-tu-s und larvä-tu-s alat. larua-tu-s (Hartung d. religion d. Römer 1,69, Preller-Jordana.a. o. 13, 80), der parallelismus, der sich be- sonders handgreiflich bei Plautus Men. 890 num laruätus aut cerritust „ıst er von Larven oder durch die Ceres besessen ?* (Hartunga.a. 0.) zeigt, macht mir diese alte beziehung zur Ceres doch immer noch wahrschemlicher, als neuere davon . L « 1. Ceres a creando. 31 abweichende erklärungen des cerr-i-tu-s, wie die anknüpfung an aind. Sirsän- "kopf, gr. zögon (Sonne Kuhn’s zeitschr. 10, 104), oder die zusammenstellung mit lat. cerro “querkopf’ lit. skefsa-s “quer, zwerch’ (Fick Kuhn’s zeitschr. 18, 415. ver- gleich. wörterb. 1*, 386. 23, 56. 320, Wharton etyma lat. 18), dazu mit nir. gäl. cearr linkisch, verkehrt’ (Strachan Brug- mann-Streitberg’s indog. forsch. 2, 369, Stokes Fick’s ver- gleich. wörterb. 2!, 81, W. Foy indog. forsch. 6, 333). Diese letztere kombination vertritt, vermehrt um das armen. zer “schielend, querköpfig, widerspenstig, störrisch’ nach Bugge indog. forsch. 1, 466, auch Brugmann grundriss 2?$ 473 s. 432f. $ 644 s. 581. $ 912 anm. 1 s. 786, jedoch hatte schon Holger Pedersen indog. forsch. 5, 54f. dagegen gewichtige bedenken geltend gemacht und in betreff des lat. cerro als eines wortes, dessen bedeutung philologisch nicht festzustehen scheine, die entfernung aus der gesellschaft von lit. skersas befürwortet; noch sicherer darf man dann wol dasselbe für das lat. cerr-i-tu-s fordern. Dass armen. zer, da es nur “auf- sässig, widerspenstig’, nicht “schielend’, bedeute, ebenfalls besser fern gehalten werde, bemerkt Hübschmann indog. forsch. anz. 10, 47f. Auch Breal les tables Eugub. 159f., J. Darmesteter und Br&al mem. de la soc. de linguist. 4, 90. 142, Bücheler lex. Ital. XIII’. rhein. mus. n. f. 37, 644, Bersu d. gutt. u. ihre verbind. mit v ım lat. 174, Joh. Schmidt d. pluralbild. d. indog. neutra 379 und Buck d. vocal. d. osk. spr. 67 belassen lat. cerr-7-tu-s bei der Cerös und _ dem Cerus, der letztgenannte gelehrte wie wir mit annahme der bildung aus dem stamme ital. *ker-s-; lateinische synkope aus *cer(e)r--to-s, die bei Schweizer-Sidler u. Surber gramm. d. lat. spr. 12 $ 45 s. 34 angenommen wird, wäre aber nicht unbedingt ausgeschlossen (vgl. Joh. Schmidt 2.2. 0.). 32 I. Aus dem pflanzenreich. Für unser *ker-s- oder zum teil auch für ein *ker-es-, dessen zweiter vokal durch italische synkope beseitigt wäre, kommen dann sämtliche formen der sabellisch-umbrischen dialektgruppe in betracht, osk. Kerr-i, Kerr-iiin “in Cereali', Kerr-iiüi u. s. w., pälign. Cerr-i, Cerr-ia und in der Herentas- inschrift Cerf-um, der marsische stadtname Cerf-ennia, umbr. Cerf-e Serfe, Cerf-ie Serfie, Serf-ia Serfia u. a., als schrei- bungen aber mit der alten nichtbezeichnung der geminata -rr- wie das alat. Cerus die osk. Ker-i, pälign. Cer-ia und marruc. Cer-ie. Über die schwierigkeit der entscheidung, ob und in welcher weise hier die -rr- (-r-) und -rf- die vertre- tungen von urital. -rs- oder urital. -res- sein könnnen, han- deln Buck d. vocal. d. osk. spr. 66f. und von Planta sramm. d. osk.-umbr. dial. 1, 486 ff. Man hat auch, vielleicht mit recht, vermutet, dass die im Kabirendienst der insel Samothrake nach schol. Apollon. Rhod. 1, 917 die stelle des Hades und der Persephone ein- nehmenden ?4810-28000-g und "4516-4200« wie in wesens- SO auch in namensverwandtschaft mit der Cer?s der Italiker und dem ihr zur seite gehenden männlichen ital. * Kers-o- = lat. Cer(r)o-, umbr. Gerfu- Serfo- stünden; so Fick Bezzenber- ger’s beitr. 3, 168, Br&al und J. Darmesteter mem. de la soe. de linguist. 4, 90 anm. 8. 142f., Bücheler Umbriea 184 vgl. auch von Plantaa.a. o. 1, 489. Fick deutet den "AS10-4890-0-c als „sättigung bringend“ im sinne der Bugge- schen etymologie von Ceres; das müsste natürlich von uns durch “wachstum bringend’ ersetzt werden. Es wird aber doch wol das adjektiv #&:o-sg in den Kabirennamen 4810- z2000-< und 45i-eg0-g gesucht werden müssen. Also mag denn die analogie der composita wie @$ı6-egyo-g "der arbeit gewachsen’ Xenoph. und @&ıo-vizo-c "zum siege tüchtig’ Herod. Xenoph., eig. babuvrihisch "die arbeit, den sieg als genau 1. Ceres a cereando. 33 entsprechendes habend', gelten; und !4&16-28000-c wäre hier- nach so viel als "zum wachstum tüchtig’ gewesen, “einer, dem das wachstum angemessen ist, der gleichsam darin auf- geht, dem es im wesen liegt’. Eine sichere spur der stammgestalt indog. *ker-s- glaube ich jetzt auch im armenischen zu erkennen. Die form armen. ser 'abstammung, geschlecht, stamm, art’ repräsentiert wol unmittelbar den nom.-acc. sing. des alten neutrums *ker- os “wachstum’; also ser : lat. Cer-?s = gr. weöd-og : wevd-rg, aind. dip-as lat. op-us : aind. ap-as ad). (s. 0. s. 29). Aber die gleich- bedeutende nebenform armen. se’ muss entwicklung aus *ker-S- sein, das 7, die „r aspra“, vertritt hier altes -rs-, wie sonst noch nach anerkannter lautregel des armenischen; vgl. verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 121 anm. und die dortigen litteraturangaben. Wir würden demnach hier den morphologischen parallelismus von armen. ser: lat. Cer-2s = armen. eres "angesicht, antlıtz, anblick, vorderseite’: gr. (dor-, dıa-, ÖvO-, &-, EÜ-, uera-) zrgerc-ng erhalten, wofern ich Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 53 das armen. eres richtig auf indog. *prep-s- zurückgeführt habe. In dieser meiner bestimmung des morphologischen verhältnisses der armen. ser, gen. sing. seroy und seri, und ser, gen. sing. seri, treffe ich übrigens mit Bugge zusammen, der Kuhn’s zeitschr. 32, 64 gemäss seiner etymologischen vergleichung von gr. osreigw, orregua (s. oben s. 7) ein „*speros“ neutr., „wie gT. y&voc gebildet,“ in ser und den „grundstamm *spersi-“ in der form armen. ser findet. Als Fiek in betreff der etymologischen deutung des lat. Ceres noch auf richtigeren bahnen wandelte, da liess er ver- gleich. wörterb. 2°, 53 mit diesem und mit crö-sco, ere-ber auch das lat. ger-men n. "keim, spross’, „vorwiegend von pflanzen- schossen gesagt,“ “frucht des baumes’, “sprössling, abkömm- Osthoff, Etymologische Parerga. 1. 3 34 I. Aus dem pflanzenreich. ling, geschlecht, stamm’ wurzelverwandt sein; ebenso derselbe gelehrte Kuhn’s zeitschr. 20, 165f., wo indes die Ceres nicht mit erwähnt wird. In dem ihm gebührenden zusammenhange mit er?sco, ereber und creäre, prö-ceru-s und Ceres erscheint dann germen auch bei Vanicek griech.-lat. etym. wörterb. 120f. (unrichtiger über germen derselbe etym. wörterb. d. lat. spr.? 82) und bei Tegge stud. z. lat. synomymik 123, nur dass es dabei wiederum ohne die unglückselige sanskritwurzel kar- “machen’ nicht abgeht. Die lautliche schwierigkeit, die das g- von lat. germen bei der herleitung von unserer wurzel ker- “wachsen dar- bietet, glaube ich einleuchtend erklären zu können: es haben sich im lateinischen frühzeitig zwei alte neutra mit -men- bei verwandten bedeutungen und lautlicher ähnlich- keit zu einem einzigen verquickt, ein *cer-men, das genau = armen. ser-mn “same, saat war, und ein aus der synonym- wurzel Jen- von lat. gigno, genus, mäscor entsprungenes *gen-men = aind. jdn-ma “geburt, entstehung, ursprung’, “ge- burtsstätte’, “geschlecht, art’, so kam lat. ger-men zu stande. Charakteristisch war das schwankende verhalten Leo Meyer’s, der vergleich. gramm. d. griech. u. lat. spr. 12, 40 dazu neigte, mit Fick germen an cr?sco anzuschliessen, aber ebend. s. 130. 746 sich wieder als bekenner der älteren ansicht, die das wort der sippe von genus, gens, gigno, gr. YEvog U. 8. W. einreihte, zeigte. Corssen bestritt krit. beitr. z. lat. formen- lehre 405 mit recht gegen Leo Meyer vergl. gramm. 11, 65, dass germen mit übergang von n zu r aus *genmen ent- standen sein könne, und derselbe Corssen verwarf beitr. z. ital. sprachkunde 1494. Fick’s herleitung aus der wurzel, der crösco, Ceris, Cerus, prö-ceru-s angehören, wegen der unwahrscheinlichkeit, dass sich anlautendes c- zu g- im ger- men erweicht habe. Unsere erklärung beseitigt dies dilemma, 1. Ceres a creando. 35 indem sie den streit der beiden sich um germen reissenden wurzeln oder wortfamilien mit salomonischem urteil ent- scheidet. Dass lat. germen zufolge rein lautlicher entwicklung auf *gen-men zurückgehe, wie angeblich car-men auf *ean-men, beides nach schon alter, aber immer noch nieht ausgerotteter auffassungsweise (vgl. L. Havet mem. de la soc. de linguist. 6, 31, Wharton etyma lat. 16.41, Grammond la dissimi- lation conson. 54. 56), ist mir also nicht glaublich; wie ehe- dem Corssen, so bezweifeln es auch Lindsay-Nohl d. lat. spr. 310. 312 und Brugmann grundriss 12$ 9768. 852 fussn. 1. Was car-men betrifft, so kann gegen dessen beziehung zu aind. kär-i-s "lobsänger, dichter’, car-kar-ti “erwähnt rühmend’, A7r- ti-s "kunde, erwähnung, ruhm’, gr. xg-v-& “herold’ dor. z&ovS, ahd. hruom “ruhm, ehre, lob', aisl. herma “berichten, melden’ (Bersu d. gutt. u. ihre verbindung mit v im lat. 174, Sehweizer-Sidler wochenschr. f. klass. philol. 1887 sp. 206, Bezzenberger in seinen beitr. 16, 245, Prellwitz etym. wörterb. d. gr. spr. 147, Stolz histor. gramm. d. lat. spr. 1, 282. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 2, 77, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 76”. 83°, E. Zu- pitza d. germ. gutt. 114, A. Zimmermann Bezzenberger’s beitr. 23, 278, Hirt Bezzenberger’s beitr. 24, 267, Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 132) diejenige zu lat. can-o nicht aufkommen. Wenn aber ger-men, wie wir es wollen, als verschränkung aus *cer-men und *gen-men gedeutet werden kann, wird es zu einem schlechten stützpunkt für die ansicht, dass lat. gramen “gras, kraut, pflanze zu ihm gehöre und von der mit gh- anlautenden wurzel, die dem got. asächs. ahd. gras ‘gras, kraut’ und mhd. gruose "junger trieb, ags. zrowan "wachsen, ahd. gruoen “grünen” zu grunde liegt, los- zureissen sei, wie Per Persson wuızelerw. und wurzelvar. 3+ 36 I. Aus dem pflanzenreich. 124, Stolz histor. gramm. d. lat. spr. 1, 158 und Hoffmann Bezzenberger’s beitr. 26, 141 lehren. Zu lat. ger-men besteht das adjektiv germänu-s,; wie das von dieser form verdrängte *cermäno-s wol schon in voreinzelsprachlicher zeit entwicklung aus einem *cer-mn- -äno-s sein mochte, das dürfte in den kreis der von Joh. Schmidt kritik d. sonantentheorie 87ff. eingehend erörterten erscheinungen, „m und n als vertreter von mn,“ gehören. Im armenischen ist wol ser-mn-anam “ich bestelle die saat, säe die von der nom.-ace.-form des stammnomens ser-mn aus urarmen. *ser-man beeinflusste gestaltung des denomi- nativverbums, während das nebenher bestehende sermananamı ein relativ ursprünglicheres wortgebilde sein könnte. Im griechisehen, wo wir %n70-6-g und -4$16-42000-5 als mutmassliche vertreter unserer wurzel ker- "wachsen’ kennen lernten, desgleichen #6g-9-v-g f. "erhöhung, haufe Theoer. Hesych. in nächster verbindung mit aind. sär-dh-a-s und $ar-dh-as “herde, schar und got. hairda “herde' (oben s. 9), ist wol noch anderes hierher gehöriges vorhanden. Für z00-9-v-g und x0g$uvw "ich steigere’ Hesiod., homer. xog$%eraı “erhebt sich, schwillt an’ (von der woge, züug, Il. / 7), besonders aber auch für att. x600-g "knabe, Jüngling’, homer. ion. z0odoog, dor. x@g0g und att. zen "mädchen, jung- frau’, homer. ion. xoVgn, thess. lesb. z6o«, dor. z&o«, mess. oder lak. z6eF« dat. sing. Collitz’ samml. nr. 373 = Röhl IGA. 324 bringt Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 159 neben andern vergleichungen, die man ablehnen muss (z&o«g horn‘, x600n “schläfe’ ete.), diejenige von lat. er-2-sco; und der wüst etymologisierende James Byrne, den ich nur im zustim- mungsfalle zu zitieren pflege (vgl. Bezzenberger’s beitr. 19, 322. Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 6, 40), packt origin of the Greek, Latin, and Gothie roots 134f. lat. prö-ceru-s see 6: Ma ee et ee 1. Ceres a ereando. 37 und von griechischer seite z6o$vs und 600g x0000%, x0or z00on in einer seiner sackweiten wurzelfamilien unter dem stichwort „upspring, upgrowth, outgrowth“ zusammen. Wie Prellwitz, so haben auch andere etymologen, z. h. Danielsson gramm. u. etym. stud. 1, 30 anm. 3, Johans- son Kuhn’s zeitschr. 30, 348 und Per Persson wurzelew. u. wurzelvar. 222, z#6g$vg an die im griechischen durch 7E00S, #40, #600n, #6gvg, #0ovgpr, und manche andere ver- tretene wortfamilie mit dem begriffskern „spitze, haupt, horn“ anschliessen zu müssen geglaubt (ebenso, nur unter fernhal- tung von z2gag “horn, G. Curtius grundzüge d. griech. etym.? 527 und Vanicek griech.-lat. etym. wörterb. 126); aber ich finde nicht, dass mit der vorstellung eines "haufens’ diejenige „der hervorstehenden, emporragenden spitze“ für das volkstümliche empfinden sich in ungesuchter weise verbinde. Was die gr. z60-(F)o-s, #6g-F@ betrifft, so sind diese nebst homer. zoVonres “die waffenfähigen jünglinge, die junge mannschaft in begriffsgeschichtlicher hinsicht ausdrücke von der gleichen art wie im lateinischen ad-ulescens, im deutschen nhd. wüchsling, nnd. westfäl. wässling knabe von 11—14 jahren’ (Woeste wörterb. d. westfäl. mundart 316°) gewesen. Anders über diese #60-(F)o-s, z6o-Fa W. Schulze, indem er sie quaest. epiecae 84 not. 3 mit hilfe von zoo&ooeı "sättigen’ und ht. szeriu, szerti “füttern zu deuten sucht, „ut #60og initio filium signifieaverit qui a patre vietum aceipit aut qui a . matre nutritur“; dieselbe auffassung nach Schulze auch beı Solmsen Kuhn’s zeitschr. 35, 483. Aber dasselbe #60-(F)o-s lässt in der späteren gräcıtät auch die — der volkssprach- lichen unterströmung vielleicht nie ganz abhanden gekommene — bedeutung "schoss, spross, sprössling, junger zweig an bäumen oder pflanzen zum vorschein treten, bei Galen so- wie in der Hesychglosse z60058° zAj$os dvdoonwv, zal Ta 38 I. Aus dem pflanzenreich. vea Bhaornuere (vgl. Passow handwörterb. 13 1795°), was bei unserer etymologischen auffassung ohne weiteres, bei der- jenigen Schulze’s kaum zu verstehen ist. Die begriffs- entwicklung des z00-(F)-o-g war ganz analog wie bei gr. $d)oc und u00yog, was auch schon Bugge Bezzenberger’s beitr. 11, 61f. erkannte. Man beachte nun auch, dass die „Köon Ayurteos, das kind der erdmutter* (Preller- Robert griech. mythol.t 748), und der name der altitalischen Demeter Cerzs im etymon zusammentreffende bezeichnungen sind, wenn auch wol mit dem unterschiede, dass Koon in- transitiv “wüchsling, cerescens‘, die Cer?s mehr transitiv ge- fasst “die wachstum schaffende, cereätrixz' war, einem übrigens ja auch durch das verhältnis der generationen sofort sich er- klärenden unterschied, da eben Cerzs nicht der tochter Perse- phone, sondern der mutter Demeter parallel ist. Zu dem z60-(F)-o-s kommt auch noch.zoguy" veaviozog Hesych., wo- nach man in der andern glosse zdoosreg' Errazuog seaig wol nur das interpretamentum in den plural Errazuoı scatdes um- zuändern hat (ähnlich M. Schmidt zu Hesych. gloss. z 848). Aus dem keltischen glaube ich folgendes als hierher gehörig betrachten zu dürfen, was begrifflich zunächst mit dem gr. #60-$-v-g “haufe’ sich berührt: air. carn "stein- haufen‘, neutrum nach Thurneysen’s mitteilung (nicht mase. nach Windisch ir. texte wörterb. s. v.), gäl. carn, eymr. carn fem.“haufe, steinhaufen', dazu eymr. carnen demin.‘ kleiner haufen’ und die wol eigentlich kollektivische ableitung earnedd fem.‘haufe, steinhaufen’ aus urkelt. *karn-iia, dazu auch eymr. carnı denom. “häufen, aufhäufen. Mit diesem air. eymr. carn aus indog. *kr-nd-m “wachsendes, anwachsendes’ hatte wol das gleichlautende eymr. carn masc. “huf’, “handhabe, griff, heft, stiel’, corn. earn, bret. karn m. “huf der einhufer etymologisch nichts zu tun, ebensowenig wie im griechischen 1. Ceres a cereando. 39 z£oag ‘hom mit z6g3v-c “haufe. Denn dies zweite cam der britannischen dialekte!) wird nebst dem z«evov' rı)v oaımıyya. Telareı Hesych. und dem gallischen z«evvf “trompete bei Eustath. p. 1139, 57 zu Il. X 219 die echt kel- tische verwandtschaft des got. haurn und lat. cornu, aind. sPn-ga-m sein, zu denen es sich wie 7-form zu „-form ver- hält; die dreispaltigkeit der bedeutung “huf’, “handhabe, griff’ und “trompete’ findet in ‘horn’ einen trefflichen einigungspunkt. So über dieses carn auch V. Henry lex. &tym. du bret. mod. 55, der nur ebend. s. 75f. entschiedener für die lehnwortnatur des air. corn “horn, trinkhorn’, gäl. cörn, eymr. corn “horn, trinkhorn‘, “ecke, winkel’, corn. corn “horn, trompete’, bret. korn “horn, pfeife’, die auch Windisch bei G. Curtius’ grundzüge’ 147, Fick vergleich. wörterb. 1%, 423 und Stokes ebend. 24, 79 noch nicht erkannten, sich hätte aussprechen sollen; in die bemerkung von Windisch: „Ir. corn u. s. w. werden als echt keltisch erwiesen durch die glosse z«gv0v ri» odımıyya Tea- Adreı Hesych“ würde erst die negation einen haltbaren sinn hineinbringen. Das richtige über corn und carn, zdovov im keitischen lehrt Loth les mots latins dans les langues britton. 152°. Dass jenes andere cymr. air. carn “zum andenken er- 1) Meinetwegen mag man sogar ein drittes homonym carn auf diesem sprachgebiete zulassen, indem man mit E. Zupitza Bezzen- bergers’ beitr. 25, 101f. cymr. carn im sinne von “handhabe zu aind. kärna-s “ohr’, übertragen „handhabe oder eine andere hervorragung auf beiden seiten eines gefässes u. s. w.“ (Böhtlingk-Roth sanskrit- wörterb. 2, 122), und zu den slavischen formen abulg. er@nü, russ. @erenn, poln. trzen u. s. w. ‘handhabe’ stellt. Aber auch von ‘horn’ aus konnte sich wol dieser sinn zwanglos ergeben, unser horn und lat. cornu, gr. #Eoas, aind. Sfüga-m entwickeln ja sämtlich den abgeleiteten begriff von ‘hervorragung, vorspringende ecke, spitze, äusserstes ende’, von dem bis zu ‘handhabe, griff, stiel’ kein allzu weiter schritt ist. In dieser er- wägung stimmt auch Thurneysen nach brieflicher mitteilung der Zu- pitza’schen etymologie des eymr. carn "handhabe’ nicht zu. 40 I. Aus dem pflanzenreich. richteter steinhaufen’, woher engl. cairn entlehnt ist, mit got. hardu-s ‘hart’ etymologisch zusammenhänge, wie V. Henry lex. ötym. du bret. mod. 55 anm. 1 meint, ist begrifflich nicht einleuchtend. Wenn es zutrifft, dass gr. x0o-9-v-g und air. eymr. car “haufe, steinhaufen’ auf die wurzel ker- “wachsen” zurück- gehen, so darf ich wol ein mit diesen gleichbedeutendes wort der lateinischen sprache nachträglich noch der sippe von cr2sco, creäre einreihen: acervu-s “haufen’ dürfte, aus *ac-cer-vo-s gedeutet, aufs engste dem verbum ac-er?sco wachse zu, komme vermehrend hinzw, “wachse heran’, “wachse an, nehme zu’ beizugesellen sein. Es wäre somit acervu-s ein neues beispiel der verkürzung geminierter oder langer konsonanz hinter kurzem vokal in der nach der jüngeren lateinischen betonung vortonigen silbe, jener reduktion also, die als lautgesetzliche erscheinung für die fälle wie sacellus : saccus, ofella : offa, mamilla : mamma, canalıs : canna, curalis : currus, farina : farr-is gen., wie die präpositionale zusammensetzung omitto für *om-mitto anerkannt wird (Lindsay-Nobhl d. lat.spr. 129ff. 234, Solmsen stud. z. lat. lautgesch. 61f., Stolz histor. gramm. d. lat. spr. 1, 225. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertums- wiss. 23, 2, 55, Brugmann grundriss 1? $ 946 s. 815f., Lid&n Bezzenberger’s beitr. 21, 111f., Niedermann 2 u. im lat. 100), die aber auch noch für weitere fälle, z. b. diser- tus : dissero (Br&al-Bailly diet. &tym.lat. 342°. 350’, Froehde Bezzenberger’s beitr. 16, 182), sowie vielleicht polenta : pollen (so Stolz histor. gramm. 1, 490. Iw. Müller’s handbuch 23, 2, 55, anders hierüber, aber minder wahrscheinlich, W. Meyer- Lübke Kuhn’s zeitschr. 28, 162, Brugmann grundriss 1! $ 208 =. 176. 2 $ 114 8.331 und Lindsay-Nohl d. lat. spr. 421), wol gelten mag. Mir scheint, dass man anzunehmen hat, es seien im prinzip durchweg doppelformen, „allegro-* Asche il ae ee A in 1. Ceres a creando. 41 und „lentoformen“, entwickelt gewesen. So würde man erstens das tatsächliche vorliegen von doppelheiten, unter den ge- nannten beispielen sacellus : saccellus, ofella : offella gloss. Plae., mamilla : mammilla Varro, curülis : currülis, ferner vacıllo : vaccillo, Britannit : Brittannt, italien. vanello “kibitz’ : franz. vanneau u. dgl., am einfachsten begreifen; ferner aber auch die fälle wie lat. cerritus, verrüzca, bei denen man nicht an die einwirkung etymologisch zugehöriger wortformen mit anfangsbetonung, wie etwa bei saccellus, currnlis, bei annälis von annus, cannetum, mammilla und mammalis mammätus mammösus in ihrem gegensatz zu canäalis : canna (anders über canälis, aber sicher falsch, Hirt d. indog. ablaut $ 317 s. 93), mamilla : mamma, oder an wiederauffrischung des an- fangsgliedes präpositionaler zusammensetzungen, wie bei «ac- -cedo, ad-düco, af-finis, al-ludo, an-necto, ap-pendo, ar-rödo, as-sumo, at-texo und vollends bei ac-cresco, denken kann. Und dazu würde es endlich vollkommen stimmen, dass offen- bar die lateinische vulgärsprache ihrem ganzen charakter gemäss die bevorzugung und pflege der formen „der schnelleren alltagsrede“, im gegensatz zu denen „der langsameren, ge- tragenen rede“, auch hier wieder, wie in andern fällen (vgl. verf. Wölfflin’s archiv f. lat. lexikogr. 4, 464f,, Skutsch forsch. z. lat. gramm. u. metr. 1, 47ff., Solmsen stud. z. lat. lautgesch. 124), bekundet; beispiele aus dem romanischen, wie das genannte italien. vanello, bei W.Meyer-Lübke gramm. d. roman. spr. 1 $ 542 s. 454. $ 548 s. 460. Mit der ver- mutung Brugmann’s grundriss 12 $ 946 s. 816: „Es scheint, dass diese bewegung von den fällen ausgegangen ist, wo auch beim übergang von der zweiten zur dritten silbe eine geminata gesprochen worden ist, so dass eine dissimilation vorläge“ (vgl. auch Brugmann Iw. Müller's handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 1, 134 $ 124 anm. 2), ist es nichts. 42 I. Aus dem pflanzenreich. Auch die demimutiva sacellus, ofella, mamilla, an die dabei vorzugsweise gedacht wird, sind naturgemäss mehr in der familiären redeweise der volkssprache, als in dem zum ftän- delnden und liebkosenden ausdruck minder hinneigenden hochlatein, zu hause gewesen; vgl. L. Schwabe de demin. graec. et lat. 12f.!) Es würde sich ferner unser acervu-s aus *ac-cervo-s ZU ad-ire, ad-imere, ad-uncus u. dgl. ähnlich verhalten, wie lat. recedo, recumbo, recurro aus "rec-cedö etc. zu red-ıre, red- imere, red-uncus. Fragt man nämlich, warum nicht *rec- cödo wie ac-cedo, *ret-tentus wie at-tentus, *rep-ponö wie ap-pono, *ref-fieio wie af-fieio, "res-siduus wie as-siduwus, *rel-labor wie al-läbor, *ren-nitor wie an-nitor, so kann darauf meines erachtens nur geantwortet werden, dass uns die reihe rec?do, retentus, repono, reficio, residwus, reläbor, renitor ebenso durchgängig den typus der verallgemeinerten allegro- wie ac-codo und genossen den der lentoformen dar- stelle. Gesetzt, es wäre das adverb *red auch als selbständig vorkommendes wörtchen, „disjuneta particula“, dem lateini- schen sprachgebrauch erhalten geblieben, so würden dann vermutlich *rec-cedo, *ret-tentus u. s. w. herrschen, nach mass- gabe von ac-cedo, at-tentus und ihresgleichen. Denn diesen letzteren hat offenbar das vorhandensein des «d auch ausser- 1) Die sicheren beispiele, in denen die oben besprochene gemi- natenreduktion vorkommt, sind sämtlich so beschaffen, dass die ur- sprüngliche geminata sich unmittelbar vor der haupttonsilbe befand, und das ist klärlicher weise auch die wortstelle, wo im beschleunigten redetempo die artikulationsstärke bei sogleich hinterher eintretender grösster inanspruchnahme derselben ihren geringsten grad erreichen konnte oder musste. Dies übersieht Niedermann, wenn er Zu. 7 im lat. 100 seine bedenkliche erklärung von seliguastrum aus *selliquastrom neben sella durch „eurtlis neben currus, mamilla neben mämma, ofella neben öfa u. s. f.“ stützen zu können meint. Ed a in a nn 1. Ceres a cereando. 43 halb der wortzusammensetzung, als präposition, zum siege verholfen: ein ac-codö war so zu sagen dem sprachgefühl leichter in *ad-c2dö zurückübersetzbar — vgl. die schreibungen ad-pono, ad-nitor, ad-läbor u. dgl. mit völlig aufgefrischter form des präfixes — als es das konkurrierende *acado sein konnte, und das kam in betracht bei einem ausdruck für die verbindung der in ad und c2do liegenden einzelvorstellungen. Die ältere latinität und die sprache der dichter hat überreste der zusammensetzung mit red-, die die konsonantengemination noch aufweisen, also noch nicht beseitigte lentoformen nach unserer auffassung, in den bekannten fällen wie reddüco, rellätus, relligio, relliguiae; belege dieser bei Lachmann zu Luer. p. 281. 303, Spengel zu Ter. Andr. 948, Luce. Müller de re metr.? 44Sff, Georges handwörterb. 2’, 2019. 2026. 2052. 2056. lex. d. lat. wortformen 592. 593. In red-do ist, wie Lindsay-Nohl d. lat. spr. 130 richtig sagt, das -dd- darum erhalten, weil hier so oft das präfix bei der kürze der darauf folgenden verbumsformen haupttonig war; auf ein „redido mit reduplikation“ ist aber schwerlich zurückzu- greifen, was derselbe forscher ebendort in der fussnote als eine andere möglichkeit hinstellte. Für reeido, redux, repeto, refero, renuo u.ähnl. muss gelten, dass ihr betontes re- vor einfacher konsonanz durch analogiewirkung entstanden ist, indem die überwiegend häufige vortonige entwicklung des re- aus *rec- u. s. w. dieses zur normalform vor konsonanten werden liess. Dass überhaupt re- von hause aus ohne -d gewesen, in re-d- „eine nebenform mit angefügter partikel *d(e)“ anzuerkennen sei, ist eine ansicht Lindsay-Nohl’s a.a.o. 679f., der man nach dem hier dargelegten sehr wol entraten kann und die man auch für umbr. re- in revestu, re-statu nicht braucht. Desgleichen nicht für retrö, insofern dieses eigentlich *redrö aus *red-erö, entsprechend gebildet 44 I. Aus dem pflanzenreich. wie suprä, infrä aus sup-erä, *"inf-erä (F. Sommer Brug- mann-Streitberg’s indog. forsch. 11, 7ff.), wie vielleicht porro aus,*por-erö (Per Persson stud. etym. 96, Sommer a.a. 0. 10f.), gewesen, aber dann in retrö zufolge des gruppen- anschlusses an citro und ultro, intro umgewandelt sein mag. Also findet unser lat. acervu-s als „allegroform“ zu einem *ac-cervo-s "anwachsender’ gewiss seine volle lautgesetzliche begründung. Dass es schon in anderer weise etymologisch befriedigend erklärt sei, wird man nicht behaupten wollen, da die deutung als “mit einer spitze versehen unter heran- ziehung von äcer und acer-bu-s, gr. axis, dxwxn (vgl. For- cellini-de Vit lex. 1, 52°’, Fick vergleich. wörterb. 23, 4. Bezzenberger’s beitr. 22, 32, Vaniecek etym. wörterb. d. lat. spr.? 5, Wharton etyma lat. 2) auch hier nicht befriedigt (s. oben s. 37), ebenso wenig aber auch die ableitung aus acus n. “spreu’ (0. Weise zeitschr. f. gymnasialwesen 1893 s. 394) der begrifflichen seite des acervu-s irgendwie gerecht wird. So wie wir das wort auffassen, wird sein schlussglied -cer-vo-s zu derselben alten nominalbildung mit dem gr. att. z000-5 "knabe, jüngling’, homer. ion. #0000-s, dor. #0900-g aus *,09-Fo-s wüchsling’. Es kann dann ferner unser a(c)-cer-vu-s nach der regel der lateinischen vokalschwächung auf noch älteres *ac-car-vo-s zurückgehen, und mit der erschliessung dieser letzteren form gewännen wir denselben wurzelvokalis- mus, den auch das keltische wort gleicher bedeutung air. eymr. carn hat, ital. und kelt. «r aus indog. 7 im ablaut zu er. Aber auch das gr. z00-(F)o-g entspricht mit seinem vokalismus dem des air. eymr. carn unter der nämlichen voraussetzung; z. b. ist und bleibt, um hier weiteres nicht zu erwähnen, gr. yooyö-s "furcht erregend, furchtbar, wild’ = air. garg gargg ‘rauh, wild’ eine in jeder hinsicht untadelige gleichung, die nichttiefstufe war hier indog. greg- gemäss dem abulg. groza 1. Ceres a ereando. 45 “horror, graus, schauder‘.') Dadurch, dass für Hirt indog. forsch. 7, 197. d. indog. ablaut $$ 165f. s. 65. $ 168 s. 66 solche entsprechung griech og = kelt. und ital. «r „unerklärbar“ ist, hört sie nicht auf, auch einem „anhänger der “lautgesetze’“, welche ja nicht Hirt allein zu machen oder zu dekretieren hat, annehmbar zu sein. Hiernach also könnte es wol sein, dass sich urlat. -*car-vo-s in a(c)-cer-vu-s und gr. z00-(F)o-g laut für laut deekten und zusammen ein grundsprachliches *Är-uo-s “wachsend’ darstellten. Einige ausläufer unserer wurzel ker- “wachsen’ scheint endlich auch das germanische sich bewahrt zu haben. Erwähnt ist schon got. hairda, aisl. anorw. hiord, ags. heord, ahd. hörta f. "herde’ und sein morphologisch und begrifflich nahes verhältnis zu aind. sär-dha-s m., sär-dh-as n. “schar, s. oben s. 9. 14. 36. Die semasiologische entwicklung aber von “anwachs’ zu “erhöhung, haufen’, die uns gr. z60-$-v-g, air. eymr. carn und lat. acervu-s zeigen, begegnet wol auch auf germanischem 1) Dadurch, dass Passo w handwörterb.’ s. v. für z0076-s unrich- tiger weise als erste bedeutung „heftig“ angibt, lassen sich Prusik Kuhn’s zeitschr. 25, 597f. und Niedermann Bezzenberger’s beitr. 25, 294 verführen, aböhm. zörir “heftig, zornig’, russ. zärkij ‘zornig, zänkisch’, mhd. karc ‘heftig, stark, streng’ u.a. zu vergleichen. Es bezeichnet yooyö-s, wovon ja auch der name des schreckgespenstes /'ogy&, ent- schieden im grunde nur das grauenvolle, furcht und schrecken erregende, daher hat man von der guten zusammenstellung dieses griechischen wortes und des air. garg gargg wit abulg. groza “horror’ _ (Fick vergleich. wörterb. 13, 565. 2°, 89. 346, Wharton etyma graeca 40, Leo Meyer vergleich. gramm. d. griech. u. lat. spr. 1?, 57, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 63, Stokes Bezzenberger’s beitr. 23, 60 nachtrag zu Fick’s vergleich. wörterb. 2*, 114]) nicht abzugehen. Zu dem abulg. groza bezieht Bezzenberger Fick’s vergleich. wörterb. 2“, 117 aus dem keltischen ir. grain ‘'hässlichkeit, ekel, abscheu’ aus *grag-ni-s, was sich denn auch mit dem gr. »00y6-s vereinigen liesse; formal kelt. *grag- hier aus indog. *grag-. 46 I. Aus dem pflanzenreich. boden. Ich glaube nämlich hierher das halb appellativisch und halb eigennamenartig gebrauchte nnd. westfäl. haar f. “anhöhe‘, mnd. hare ziehen zu dürfen. Als geographischer begriff ist es am bekanntesten in die Haar oder der Haar- strang, der bezeichnung des zwischen Ruhr und Lippe sich erstreckenden schmalen höhenzuges; der dat. plur. erscheint in Haren, dem namen eines dorfes im süden von Paderborn, der bereits als asächs. Zarun im 9. jahrh. bezeugt ist. Ent- sprechende spuren auf niederländisch-sächsischem boden, wo ein wort haar im sächsischen teile von Oberyssel eine an- höhe auf der heide bezeichnet, auch bei Groeningen ein dorf Haren, ferner Dwvel-hara “Teufelshöhe’ bei Dordrecht ur- kundlich ım 9. jahrh. und noch anderes. Es ist auch dies haar in die hochdeutsche litteratur von Freiligrath eingeführt wor- den. Vgl. Förstemann deutsch. namenbuch 22, 734£., Woeste wörterb. d. westfäl. mundart 88° und bei Frommann d. deutsch. mundarten 5, 348, Schiller-Lübben mittelniederd. wörterb. 2, 207°, Weigand deutsch. wörterb. 13, 741. 765 und Heyne Grimm’s deutsch. wörterh. 4, 2, 22f. 34f. 509. Von den „notizen zur etymologie“, die Heynea.a.o. 23 „nur zweifelnd“ gibt, könnte allenfalls die heranziehung des gr. homer. z«onvov “kopf', “bergspitze, berggipfel’, ion. ep. zcon att. z«oa@ haupt’, bei Hesiod auch “berghaupt’, aind. siras "kopf, haupt’ in betracht kommen; aber für eine haar ist gerade das mit höhencharakter sich verbindende nichtvor- handensein von „kopjes“ der bezeichnende typus. Diesem wird man gerecht, wenn man unsern deutungsvorschlag, dass das wort auf ein indog. *kor-@ “anwachs’ zurückgehe, gelten lässt. Mit haar steht, wie Weigand, Woeste und Heyne richtig erkennen, ein anderes im nieder- und hochdeutschen weiter verbreitetes, vielfach zur berg- und ortsnamenbildung . ® » s 4 v 1. Ceres a creando. 47 dienendes wort in wurzelhaftem zusammenhang, unser nlıd. hart hard f. m., mhd. hart f. m. n.bergwald, wald’, ahd. hart, mnd. hart(d) ‘wald’, nnd. westf. hard f. Dazu bekanntlich der Spessart = ahd. mhd. Spehteshart, die Haardt in der bairischen Pfalz und eine menge anderer geographischer be- zeichnungen, in denen das wort als zweites oder erstes glied von zusammensetzungen sowie auch als simplex vorkommt; die ältesten belege bei Förstemann altdeutsch. namenbuch 22, 736ff., darunter allein 60 verschiedene ortsnamen auf -hard -hart, die dem 9.—11. jahrh. angehören; eine reihe der hauptsächlichsten heute geltenden bezeichnungen mehrerer gebirgiger wälder durch die oder der Hart oder Hard zählt auch Adelung gramm.-krit. wörterb. d. hochdeutschen mund- art 22, 987 s.v. 1. Harz auf. Mich machte nun Solmsen (mündlich, 15. aprıl 1901) darauf aufmerksam, dass dies nieder- und hochdeutsche hard hart dem gr. x60-9-v-sg fem. in genauer kongruenz ent- sprechen könne. Das feminine geschlecht dürfte bei dem deutschen worte, wie es tatsächlich auch heute noch in den ortsnamen, besonders in denen, die es einfach enthalten, die weitere verbreitung zu haben scheint (vgl. Frisch teutsch- lat. wörterb. 1, 419 und Adelunga.a.o.), wol das älteste sein; das maseulinum aber könnte von dem einfluss der synonyma berg und wald, das im mhd. ein paar mal auf- tretende neutrum (vgl. Lexer mittelhochd. handwörterb. 1, 1189) von dem unseres holz herrühren, welches letztere ausser "Iignum’ ja auch „als sammelwort wald oder wäldchen, schon ahd. saltus, silva* ausdrückt (Heyne deutsch. wörterh. 2, 193) oder diese kollektivische bedeutung geradezu als die ursprünglichere hat (vgl. Weigand deutsch. wörterb. 13, 821f., Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr‘. 179”, Paul deutsch. wörterb. 225”). 48 I. Aus dem pflanzenreich. Das wechselspiel der begriffe “haufe’ und “anhöhe, berg? ist in dem verhältnis von gr. x0g9vs, lat. acervus, air. eymr. carn zu deutschem hart hard und westfäl. haar ganz ähnlich, wie bei franz. monceau “haufe’: italien. monti- cello “hügel’, lat. monticellus “kleiner berg’, auch italien. monte ‘berg’ und haufen‘. Mit seiner entwicklung des begriffes ‘wald’ aber aus dem von ‘berg’ durch die zwi- schenstufe “waldgebirge, bergwald’ reiht sich unser hart einer grösseren gruppe bereits bekannter erschemungen ähn- lichen bedeutungswechsels ein; ich füge zu den von Hirt Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 1, 479f., Liden stud. z. altind. u. vergleich. sprachgesch. 33f. und O. Schrader real- lex. d. indog. altertumskunde 68.934 in dieser hinsicht ge- nannten beispielen, abulg. gora ‘berg’, aind. güri-s, avest. ga'ri-s ‘berg’: nbulg. gora “wald', lit. gere “wald’, preuss. garian, garrın “baum’, gr. Pagveg‘ devdoa Hesych. u. dgl. hier noch span. monte „zugleich für berg und wald“ nach A. von Humboldt ansichten der natur 13, 323f., sowie nnd. westfäl. (Soest, Unna, Iserlohn) biärch (in Holthausen’s schreibung beax) berg’ und “wald’= mnd. asächs. berg berg’ (vgl. Woeste wörterb. d. westfäl. mundart 27°. 93°). Übrigens wahrt hart mundartlich im deutschen auch die ältere bedeutung von “anhöhe ohne bezug auf wald und holz: nnd. westfäl. „AZard, f. die Haard, wird von bedeutenderen höhen als Haar gebraucht“, wie Woestea.a.o. 93” be- merkt und ich aus meiner eigenen heimatskunde bestätigen kann. ' Bei E. Zupitza d. germ. gutt. 110 liest man die zu- sammenstellung von „ahd. mhd. hart “wald’: lett. zers “be- waldete erhöhung, knorrige wurzel’, apr. kirns “strauch” (kirne kirno silva, curtmedien silva Nesselmann 72. 85), lit. köras "staude, baumstumpf‘, abg. kürt, koreni “wurzel', 1. Ceres a creando. 49 böhm ker “staude.“ Das ist, wie ich wol auf grund meiner darlegung über hart und dessen nicht wegzuleugnende be- ziehung zu dem westfäl. haar “anhöhe' urteilen darf, ganz verfehlt. Für lett. zers, das man nebst dem entsprechenden lit. keras wahrscheinlich auch von preuss. kirno "strauch’ und lit. kirna “strauchband aus weide' ganz zu sondern hat ıwgl. Leskien d. bildung d. nomina im lit. 162 und ebend. 364), gibt Ulmann lett. wörterb. 1, 347°’ die bedeutungen ‘ein strauch, eine knorrige baumwurzel’, “die aus einem korne auf- schiessenden roggenhalme', “ein bewachsener hümpel im moraste, “eine mit schilf und rohr bewachsene stelle’, “der pürzelknochen. Woher hat Zupitza seine „bewaldete er- höhung?“ Das ist doch wol eine begriffserschleichung, die ein etymologe vermeiden sollte. Eine anderweitige, freilich auch sehr fragwürdige etymologische unterbringung der sippe von lıt keras, lett. zers, abulg. koreni versucht Hirt Bezzen- berger’s beitr. 24, 261. Nieht zu trennen ist von ahd. mhd. nhd. hart, von dem Spessart und pfälz. die Haardt der norddeutsche Harz, freilich auch nicht in der weise kurzab damit zu vereinigen, dass man sagt, das norddeutsche gebirge habe „im mittelalter noch Hart“ geheissen (Schmeller-Frommann bayer. wörterb. 12, 1169, Heyne Grimm’s deutsch. wörterb. 4, 2,509) oder gar fehlerhaft mit Kluge etym. wörterb. d. deutsch spr.® 163° „Harz für mhd. Hart“ stehen lässt. Dies Hart ist viel- mehr sicher die niederdeutsche form des namens gewesen; ihr gebrauch in mittelalterlichen lokalurkunden aus den nörd- lichen Harzgegenden, welche bis auf den heutigen tag nieder- deutsch der sprache nach sind, lässt daran keinen zweifel, so z. b. in deme Harte, in nemore dicto Hart, den Hart, des Hartes, latinisiert in Hartone oder Harttone, die ich Gos- larer urkunden der jahre 1271, 1297, 1323, 1311—1318, 1314 Osthoff, Etymolozische Parerga. I. 4 50 I. Aus dem pflanzenreich. entnehme (vgl. Geschichtsquellen d. provinz Sachsen 30, 219. 513. 31, 235. 260. 441), silvam quae dieitur Harth, in dem Harth in urkunden des klosters Ilsenburg aus den jahren 1128 und 1549 (ebend. 6, 16. 268), an dem Harte in einer Wernigeroder urkunde von 1477 (ebend. 25, 476). Im gegen- satz dazu haben hoch- oder vielmehr mitteldeutsche quellen ebenfalls aus dem mittelalter regelrecht die form Harz, wofür einige belege sind an dem Harcze und am Harcze in zwei urkunden von Sangerhausen aus den jahren 1391 und 1395, an deme Harcze urk. von Mühlhausen 1395, uff dem Harcze urk. von Weimar 1395 (vgl. cod. dipl. Saxon. reg. 1 B, 1p. 297,19. 454,29. 450,6. 468,28), an dem Harze Limburger chron. ed. A. Wyss (monum. Germ. hist.) s. 91,5 zum jahre 1396. Die der ältesten zeit, etwa vom 9.—11. jahrhundert, ange- hörigen belege für beide formen, d. h. also für ein asächs. Hart und ein ahd. Harz, verzeichnet Förstemann altdeutsch. namenbuch 22, 736f., darunter z. b. Hart bei dem ann. Saxo zu 801—806 (monum. Germ. hist. 8, 565 ed. Pertz), aber Harz in der vita S. Liutbirgae vom jahre 870 (ebend. 6, 159). Das verhältnis von Hart und Harz hätte auch wol nie- mals schwierigkeiten gemacht, wenn nicht das vorhandensein des ahd. mhd. hart "bergwald’ den irrglauben befördert hätte, dass der name des Harzes damit völlig identisch sein müsse, dass folglich Harz so zu sagen als eine art hyperhochdeut- scher form, „wider die lautgesetze, indem man hochdeutsches Hart noch mehr verhochdeutschte“, irgendwie zu stande ge- kommen sein müsse, sei es durch falsche auffassung der genitivischen komposition Harz-burg aus älterem Hartes- burg oder gar nach anderer ebenso wunderlicher erklärung durch volksetymologische beziehung zu harz “resina oder noch anders (vgl. Frisch teutsch-lat. wörterb. 1, 419, Förste- mann altdeutsch. namenbuch 22, 736. d. deutsch. ortnamen 56 ne u en nen u ine 1. Ceres a creando. 51 Reinh. Bechstein Pfeiffer’s Germania 9, 294, Weigand deutsch. wörterb. 1%, 768, Schmeller-Frommann bayer. wörterb. 12,1169, Egli nomina geographica? 392°). Wir aber gewinnen, wenn sich ahd. mhd. hart, nhd. pfälz. Haardt'!) = nnd. westf. Härd fem., dieses als die entsprechung des gr. z00- $-v-s, und auf der andern seite ahd. md. nhd. Harz = asächs. mnd. Hart gegenüberstehen, dafür von unserem etymologischen standpunkt aus, dass die wurzel indog. ker- “wachsen’, der dental hinter der liquida also accessorischer natur gewesen sei, die erklärung: es handelt sich hier um zwei verschiedene erweiterungen der wurzel, dort mit -dh-, hier mit altem -d-, wie bei aind. mar-dha-ti “ist lässig, vernachlässigt’, gr. u«)- $-ax6d-g "weich, schwach, mild’, u«4-$-wv “weichling’, ags. afries. milde asächs. mildi ahd. milti, got. mildiha: aind. mr-d-ü-s "weich, zart, mild, schwach’, gr. uei-dwo “ich er- weiche, schmelze’, &ua@A--uvo “ich schwäche, zerstöre', got. ga-malteins "auflösung’, ags. meltan “sich auflösen, zerfliessen, schmelzen‘, aisl. malt-r “verfault, verdorben’, ahd. mhd. malz adj. “"hinschmelzend, weich, schlaf neben gr. u«s-axo-g, @uel-o-s und in ähnlichen derartigen fällen (vgl. Per Pers- son wurzelerw. u. wurzelvar. 46f.). Ich leite folglich das asächs. mnd. Hart masc. = ahd. md. nhıd. Harz auf ein ur- sprüngliches *kor-d-o-s oder *kr-d-o-s ‘anwachsender zurück. Auch der Harz ist nicht durch einzelne schroff und unver- mittelt aufragende bergspitzen charakteristisch ausgezeichnet, sondern ein frei sich erhebendes massengebirge mit viel plateau- 1) Heyne Grimm’s deutsch. wörterb. 4, 2, 509 bemerkt: „Auch für die Pfälzer Haardi begegnet die form Hartz: sein statt Newenstadt (Neustadt) genant am Hartz. Mones anzeiger 8, 153*. Der gegebene beleg hat nicht den wert eines urkundlichen zeugnisses, da er nur einer späten und sehr fehlerhaften abschrift einer darstellung des bauernkriegs angehört. 4 * 2 I. Aus dem pflanzenreich. bildung und langgestreckten kämmen, das in der form eines flach gewölbten kreisbogens aus dem hügellande zwischen Saale und Leine aufsteigt und mehrfach sich ganz langsam abdacht. Als" bergwald’ im allgemeinen braucht man nämlich den Harz nun nicht zu denken, wenn es doch eine von ahd. mhd. hart verschiedene wortbildung ist. Die homonymität, die zwischen dem gebirgsnamen ahd. md. nhd. Harz, asächs. mnd. Hart mase. und dem neutrum ahd. mhd. nhd. harz, mnd. hart “resina, bitumen’ besteht, dürfte auch in alter wurzel- und bildungsverwandtschaft der beiden wörter begründet sein. Diese unsere bezeichnung des harzes, der sich die ableitungen ahd. harzuch harzoh harz, pech’ und ahd. harzol "pech’ anschliessen, ist ja bisher noch ganz dunkel; vgl. Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.® 163° und Heyne deutsch. wörterb. 2,58f. Wir sahen (s. 18ff.), dass lat. cora und gr. #700-g vielleicht mit lat. eröscere sich ver- mitteln lassen, desgleichen wachs im deutschen mit wachsen. Könnte also nicht auch der ausgeschwitzte baumsaft, die klebrige ausschwitzung aus pflanzen als "gewächs, auswuchs, sich entwickelnder ansatz‘ sprachlich benannt worden sein? Hier würde aus der oben s. 19 vermerkten gebrauchsweise des verbums lat. con-cröscere ganz speziell nonne vides etiam terra quoque sulpur in ipsa gignier et taetro comere- scere odore bitumen Luer. 6, 807f. (vgl. Freund wörterb. d. lat. spr. 1, 911”) sich verwerten lassen, dazu die von Heyne Grimm’s deutsch. wörterb. 4 2,520 aus Henisch thes. linguae et sapientiae Germanicae p. 1777,43ff. herangezogene defini- tion des harzes viscosus ex arboribus humor coneretus. In dem sinne, wie im griechischen yveır das vom ansetzen der blüten, früchte, blätter, zweige gebrauchte verbum ist, ist auch das harz ein gvrov oder puu« der bäume und pflanzen. Die für harz’resina' anzunehmende grundform urgerm. *yarta-n 1. Ceres a creando. 53 wäre einfach auf das neutrum des alten adjektivs indog. *kor-d-o-s oder *kr-d-o-s zurückzuführen, dessen maskulin- form die gebirgsbezeichnung ergab. Über ahd. hurst horst, mhd. hurst f. "busch, gesträuch, hecke, diekicht, mnd. horst hurst m. f. 'niedriges gestrüpp', “abgeholzte stelle im walde, wo junge schösslinge aufwachsen’, “krüppelbusch, hecke’, "alles was zu einem busch, einer kleinen gruppe vereinigt ist, bes. das zu einem busch zusammenge- wachsene gras an einem sumpfe‘, “wüster, wilder ort, ags. hyrst m. “hurst, copse, wood’, mengl. nengl. hurst bringt E. Zupitza d. germ. gutt. 121 recht dürftigen und ober- flächlichen etymologischen aufschluss: wie er meint, „liegt ein dem ai. krttd-, hit. kirstas "abgehauen’ entsprechendes partieipium zu grunde“, denn „das mndd. zeigt wol die ur- sprünglichste bedeutung.“ Wenn dazu die „abgeholzte stelle“ führt, die in der erklärung des mnd. horst bei Schiller- Lübben 2,304” nebensächlich vorkommt, so könnte nach demselben rezept ebenso gut von einer grundbedeutung "ver- brannt, abgebrannt' ausgegangen werden, indem man got. hauri "kohle, aisl. hyrr “feuer und lat. cremäre vergliche, da ja auch das sengen und niederbrennen ein verfahren zum zwecke des abholzens ist, vgl. daz Er hürste vil von grimme abe brande und üz der Erden sluoc Gottfr. v. Str. Trist. 9002. Und wie soll es lautlich gerechtfertigt werden, dass eine der wurzel von aind. krnt-d-ti, ca-kart-a und lit. kert-u "ich haue’ . entsprossene partizipform im germanischen nicht -(s)s-, sondern -st- hätte? Viel brauchbarer ist, was man von Frisch teutsch-lat. wörterb. 1, 469%, Adelung gramm-krit. wörterb. d. hoch- deutschen mundart 22, 1293f.. Lübben Pfeiffer's Germania 8, 370ff. und Heyne Grimm’s deutsch. wörterb. 4, 2, 18331. 1969f, von diesem auch in seinem eigenen deutsch. 54 I. Aus dem pflanzenreich. wörterb. 2, 200f., über nhd. horst m. f. und nhd. oberd. hurst f. sowie nd. nl. horst lernen kann zum ersatz dafür, dass die alt- und mittelhochdeutsche sprachüberlieferung, auch die alt- englische nach Bosworth-Toller an anglo-saxon. diet. 584°, nur einen schmalen ausschnitt aus der bedeutungsgeschichte des wortes zu beobachten gibt. Wenn man vornehmlich die gebrauchsweisen ins auge fasst, in denen unser horst der all- gemeinen schriftsprache unbekannt geblieben ist, also ins- besondere vom “raubvogelnest absieht, dieser nachweislich spät entwickelten und erst seit dem 18. jahrh. sich findenden bedeutung, so scheint als begriffskern derartiges wie “bestand von etwas wachsendem’ oder auch ‘ort, wo etwas in grösserer menge oder dicht wächst’ sich zu ergeben, wozu dann bisweilen noch der „nebensinn des erhöht liegenden“ sich gesellt (Paul deutsch. wörterb. 227°). So ist zunächst horst landschaftlich häufig „ein gebüsch, ein mit buschwerk bewachsener ort, auch ein kleiner mit ober- und unterholz bewachsener hain auf dem felde* (Adelung) oder „kleiner wald“, „ein buschiger oder waldiger ort“ (Heyne); so auch „niederl. horscht, horst, virgultum, sylva humiles tantum frutices proferens, frutetum, fruteetum, sentieetum Kilian“ (Heyne). Ferner aber horst „mitteldeutsch und niederdeutsch eine bewachsene anhöhe über niedrigerem sumpflande, vgl. Lübben in der Germania 8, 371“, „eine bewachsene kleine erhöhung im sumpfe“, „bewachsene anhöhe im allgemeinen wie im Reineke fuchs ... up einer horst v. 76, vgl. 258“ (Heyne). Dasjenige, womit der oder die horst bewachsen ist, ist nicht immer notwendig gerade holz oder busch-, strauch- werk, denn es finden sich weiter auch die bedeutungen „ein büschel, besonders ein büschel dieht an einander gewachsenen grases, getreides, rohres oder anderer ähnlicher gewächse, eine stelle, wo diese gewächse dichter als gewöhnlich neben ein- BZ A Zu 1. Ceres a cereando. 55 ander gewachsen sind,“ „eine horst rohr, eine rohrhorst, eine stelle, wo das rohr dieker stehet, als gewöhnlich,“ „eine geil- horst, eine stelle im acker, wo das getreide wegen über- flüssigen düngers dieker stehet als an andern orten, ein mast- fleek“ (Adelung); „nach Schambach auch büschel kartoffeln, vitsbohnen, erdbeeren, wismuth u. a.“ (Heyne). Bei einem horst wismut haben wir es schon gar nicht mehr mit dem vegetabilischen wachsen zu tun. So flacht sich aber der begriff "wachsen zu dem von "gehäuft oder dicht vorkommen’ auch ab, wenn nach Adelung im obersächsischen ganz ge- läufig „ein haufen sand oder erde, besonders so fern der- selbe von dem wasser zusammen geführet wird,“ horst heisst, sandhorste oder sandhorsten „die haufen sandes, welche die flüsse an manchen stellen zusammen führen,“ vgl. aber auch sandhorst „ein hügel von sand, er befinde sich nun in einem flusse, oder auf dem trocknen lande,* bei Adelung a. a. 0. 32, 1275 und Heyne Grimm’s deutsch. wörterb. 8, 1766; nach dem ortsnamen Sandhurst zu schliessen, der in über- einstimmender form sich in England findet wie auf altwest- fälischem boden nach dem zeugnis einer urkunde des 9. jahrh. bei Wigand trad. Corbej. $ 444 s. 98 Lips. 1843 (vgl. Förstemann deutsch. namenb. 22, 879. 1290), mag dies eine auch dem ags. hyrst= mengl. nengl. hurst und dem asächs. *hurst zukommende bedeutung gewesen sein. Ich denke, man wird bei diesen „dialektisch und in der technischen sprache“ haftenden bedeutungen des horst lebhaft genug an das lat. creber und seine oben s. 13f. von uns be- rührte besriffsentwieklung erinnert. Wenn Plautus von einem crebrum salictum redet, so vertritt hier das adjektiv die vor- stellung, die in einem denkbaren nhd. *weiden-horst — vgl. das veraltete nhd. schlehen-hurst bei Frisch a. a. o. 1, 419° und ags. hnut-hyrst, esc-hyrst bei Bosworth-Toller dict. 56 l. Aus dem pflanzenreich. 584° — dem substantiv im zweiten gliede der zusammen- setzung auszudrücken zufallen würde; und die Adelung’sche rohrhorst, mir auch als familienname Rohrhurst bekannt, gleicht auffallend dem lücus ereber harundinibus des Ovid. Und die sandhorste in Obersachsen könnten lateinisch sich durch erebrae harenae oder acerviı harenae wiedergeben lassen, beides in etymologischer treue, was das horst und seine von uns vermutete wurzelhafte herkunft anbetrifft. In sofern ist horst allerdings, wie es von Adelung definiert wird, „ein wort, welches überhaupt den begriff der vielheiten ausdrückt,“ noch besser jedoch nach der von Frisch gegebenen erklärung „was hauffenweis beysammen steht, wächst, liegt, ete.“ Sodann hat Adelung auch sogar schon in richtiger etymologischer ahnung empfunden, dass sowol der Harz in Niedersachsen und Braunschweig wie die bezeichnung Hart oder Hard anderer gebirgiger wälder oder waldiger gebirge „mit diesem worte [horst| sehr genau ver- wandt zu seyn scheinet.“ Vor allem aber hat man, wie Frisch 1, 418°. 433°. 469° und Adelung 22, 1293 wollen, ebenso Heyne bei Grimm wörterb. 4, 2, 498. 1833 und in seinem deutschen wörterb. 2, 56. 200, wol anzunehmen, dass horst in nächster beziehung zu nhd. (arch. und dial.) harst m. f. "haufe', "haufen busch- oder pfahlwerks, reisig’, "haufe von menschen oder tieren, schwarm’, namentlich “kriegshaufe, schar, heer’ und harsch m. f. “haufe, schar, kriegshaufe’‘, mhd. md. harst und harsch m. dass., mnd. harst f. "haufen busch- werks, reisig’ stehe;’ „horst und harst, ist einerley“, sagt Frisch a. a. o. 418%. Sehr üblich ist freilich auch, dass, gleichfalls nach dem vorgange von Frisch, diese harst und harsch an heer, ahd. asächs. heri, afries. ags. here, aisl. herr, got. harjis angeschlossen werden; vgl. Adelung a.a. 0. 22, 1051. 1294, Weigand deutsch. wörterb. 13, 767, Kluge 1. Ceres a creando. 57 etym. wörterb. d. deutsch. spr. 166” f. und verf. Brugmann- Streitberg’s indog. forsch. 5, 278. Aber das liesse sich nun nicht mehr aufrecht erhalten, da die zu heer gehörigen formen der satom-sprachen bekanntlich nicht-palatalen anlaut haben, apers. kära “heer', lit. kära-s ‘krieg’, karia-s “heer' u. s. w., und es wird auch von begrifflicher seite widerraten, insofern als die sippe von heer klar die grundbedeutung ‘krieg’ er- kennen lässt (vgl. OÖ. Schrader reallex. d. indog. alter- tumskunde 349f. 480. 921), bei harst und harsch aber, wie wir sehen, “haufe im allgemeinen sinne, sowol eine vielheit und diehtheit lebender wesen wie auch eine anhäufung lebloser gegenstände, die ursprüngliche vorstellung gewesen sein muss. Morphologisch wird man hurst horst und harst, sowie auch harsch, an den -es-stamm indog. *ker-(e)s- “wachstum’ anzuknüpfen haben, dessen sonstige vertretung wir in lat. Ceres und cerr-itu-s, osk. Kerr-i, Kerr-fiti u. s. w., pälign. Cerr-i, Cerr-ia, mit gewisser wahrscheinlichkeit in dem Cerf- von pälign. Cerf-um, mars. Cerf-ennia, umbr. Cerf-e Serf-e u. s. w. antrafen, sowie dann auch in gr. 4&1ö-2800-0-g und armen. ser; s. oben s. 29ff. s. 32f. Bei hurst und horst, ags. hyrst lassen die verschiedenen sich kombinierenden mo- mente, der wechsel der wurzelvokalfärbung mit « und dessen a-umlautung o, die zwiegeschlechtigkeit als masc. und fem. und das auftreten des i-umlauts in der ags. form, das ur- sprüngliche maskulinabstraktum auf -tu-s erschliessen nach den bekannten analogien, nach ahd. mhd. asächs. kust f., ahd. kost m., aisl. kost-r m., ags. cyst f.: got. kustu-s m., aisl. acc. plur. kustu u. ähnl. mehr; vgl. von Bahder d. verbalabstr. in d. germ. sprachen 94ff., V. Michels z. wechsel d. nominal- geschlechts im deutschen 1, 23ff. und Brugmann grundriss 2 $ 108 s.310. Germ. *yur-s-tu-z = indog. *kr-s-t-u-s wäre, von *ker-es- “wachstum aus entsprungen, eine wortbildung 58 I. Aus dem pflanzenreich. derselben art, wie mir. tess tes m. “hitze’ cymr. corn. tes bret. tez aus *tep-s-tu-s: aind. tdp-as neutr. “wärme, hitze, glut, lat. tepor m. für urlat. *tepos (R. Schmidt Brugmann -Streit- berg’s indog. forsch. 1, 73, Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 2%, 125, Brugmann indog. forsch. 6, 103. grundriss 1? $ 565 s. 516. 518. $ 760, 1 s. 674. $ 780% s. 686, W. Foy indog. forsch. 6, 326). Mhd. md. harst m., nhd. harst m. f. könnte entsprechend, als nur in der wurzelablautstufe verschieden, auf *kor-s-tu-s oder auf ein *Ar-s-tu-s zurückgeleitet werden. Aber mhd. md. nhd. harsch müsste von dem -(e)s-thema indog. *kor-s- oder *kr-s- durch anfügung eines %k-suffixes ausge- gangen sein. Gewissermassen habe ich zum schluss eine art unrecht wieder gut zu machen. Ich habe ein paar mal veranlassung gehabt, die durch gr. x00&0xw, %0g£00cı “sättigen’, 2000-6 “sättigung’ und lit. szeriu, szerti “füttern, pä-szara s “futter vertretene wurzel ker- vorläufig zurückzuweisen, wo sie bei der etymologischen deutung von hier besprochenen wörtern, die‘ uns die wurzel ker- “wachsen zu enthalten scheinen, seitens anderer etymologen: ins spiel gebracht worden war. Ich werfe aber nunmehr die frage auf, ob nicht diese beiden wurzeln überhaupt für eine und dieselbe zu halten seien, in- dem auch das ker- “sättigen, füttern’ auf ein “wachsen machen’ hinauskäme, und ich möchte diese frage unbedenklich be- Jahen. Sehr entschieden sprechen in diesem sinne die genügend bekannten und anerkannten begriffsverhältnisse einer andern alten wurzel, welche G. Curtius grundzüge d. griech. etym.’ 356 als „eine nur in den europäischen sprachen lebendige wurzel mit dem grundbegriff wachsen, transitiv gefasst wachsen machen, nähren“ bezeichnet, des indog. al-. Wir haben bei diesem einerseits eine serie von sprossformen, welche 1. Ceres a ereando. 59 offenbare synonymität mit lat. cr@sco und dem transitivum ere- äre, mit armen. ser, serem, serim, sermn zeigt: got. alan “wachsen, aufwachsen’, gr. @)-d7j040 “wachse, wachse heran, gedeihe'‘, von der saat Il. #599, nachhomerisch “mache wachsen, pflege Theoer., @i-daivo “lasse wachsen, stärke, dv-«Aörg “nieht gedeihend’, “das wachstum hemmend’ und d@-Jouaı ) 114 I. Aus dem pflanzenreich. bezieht es sich, dass Brugmann a.a. 0. 405 nach meiner mitteilung es ebenfalls neben dem lat. düru-s und aind. däru- nd-s nennt und auf den stamm von gr. doö-g, dov-, dev, aind. dru-, daru, got. triu zurückführt. Für armen. tram müsste nun wol, da es der i-deklination folgt, eine grundform indog. *dru-ra-mi-s aufgestellt werden. In dieser könnte man die basis *dru-r@- als die im sinne etwa von “holzige, holzharte masse’ substantivierte feminin- form des alten adjektivs *drü-ro-s = lat. düru-s ansehen, S0- wie aind. tamis-r@ fem. “das dunkel, eine dunkle nacht’, lat. tenebrae bekanntlich das femininum des adjektivs ahd. dinstar “finster’ aus indog. *tems-rö-s ist. Das suffix -mi- wäre als sekundäres ableitungsmittel schwerer zu rechtfertigen (vgl. Brugmann grundriss 2 $ 97 s. 272f.). Doch könnte ja aus irgend einem vorläufig nicht erkennbaren grunde oder anlass tram im armenischen von der o- zu der i-deklination über- getreten sein; das grundsprachliche *drü-rä-mo-s "von holziger, harter masse, wozu wir also kämen, enthielte demnach eine kombination der in lat. d(r)@-ru-s und in ags. tru-m, aind. dru-md-s, gr. dov-ud, dov-ud-g getrennt begegnenden sekundär- suffixe -ro- und -mo-. Ablehnen muss ich es, dass Bugge a. a. o. zu lat. dürw-s und armen. tram auch das — von ihm ohne bedeutungs- angabe angeführte — verbum lat. düräre hinzuzieht, wofern mit diesem nicht das denominativum von düru-s im sinne von “verhärten’, “sich verhärten‘, sondern, wie ich vermute, das andere lat. daräre “ausdauern, aushalten, währen’ gemeint sein soll. Das letztere hat mit düru-s “hart” nichts zu tun, da es nur zeitdauer, das zeitliche verweilen ausdrückt und zusammen mit lat. dü-dum "schon lange, längst’, “vor kurzem, so eben, vorhin’ seine armenische verwandtschaft an tevem “ich bleibe, dauere, halte aus, halte stand’ hat, wie doch wol | 3. Eiche und treue. 115 nicht mehr zweifelhaft ist; vgl. Meillet revue bourguignonne de /’ enseignement superieur 1895 s. 233. m&m. de la soe. de linguist. 9, 154 und Osthoff Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 5, 279, dazu Hübschmann armen. gramm. 1, 497, Brugmann grundriss 1? $ 117 anm. 3 s. 117 und Stolz Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 2, 36. Auch Fick vergleich. wörterb. 1%, 457 schliesst an die kombinationen, die er mit lat. dürus macht, die verbalbildung duräre an, ohne dass es klar wird, welches der beiden gleichlautenden verba er meine. Wie das sekundärsuffix -no- in aind. daru-nd-s und air. dro-n, -mo- in ags. tru-m, -ro- in lat. d(r)a-ru-s und in dem *dru-ra-, welches die grundlage des armen. tram war, so ist viertens endlich auch das sekundärsuffix -to- in gleicher ver- wendung, d.i. um den eigenschaftsbegriff von hart, stark, fest auszudrücken, zu einer adjektivbildung aus dem indo- germanischen eichen- oder hartholznamen benutzt worden: ich möchte glauben, dass sich lit. drü-ta-s driu-ta-s “stark, fest” in derselben weise zu gr. doö-g stellt, wie lat. robus-tu-s zu robur. Das lit. drü-ta-s verbindet mit aind. däru, dru-, gr. ddov, dov-, Öod-s, got. friu u. s. w., sowie dann auch mit den adjektiven aind. daru-nd-s und lat. duru-s, bereits Grass- mann wörterb. z. rgv. 595, dem teilweise O. Schade alt- deutsch. wörterb.? 956° folgt. Hierher würde nun auch das eymr. drud “audax, fortis, strennus’ gehören, wenn es von _ Stokes Bezzenberger’s beitr. 11, 115. Fick’s vergleich. wörterb. 21, 156 richtig, unter aufstellung einer grundform urkelt. *drou-to-s, mit hit. drüta-s drivita-s verglichen würde (ebenso von Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 139®), aber nach dem, was Thurneysen keltorom. 56ff. darüber auseinandersetzt und im wesentlichen auch Loth les mots latins dans les langues brittoniques 162° annimmt, hat es wol S* 116 I. Aus dem pflanzenreich. mit dem cymrischen worte und seiner herkunft eine ganz andere bewandtnis. Im sanskrit trifft man ein dru-ta- “"baum’ an, freilich ohne beleg in der litteratur, nur durch eine lexikographische angabe des sabdakalpadruma gestützt, nach Böhtlingk-Ro th sanskrit-wörterb. 3, 809. Dies dru-ta- wäre, wenn man darauf bauen darf, ein wortgebilde, das sich nun semasiologisch und morphologisch zu lit. drü-ta-s ganz ähnlieh stellen würde, wie aind. dru-md-s “baum’ und gr. dov-ud, dov-ud-g zu ag8. tru-m adj. fest, stark’. Stokes trennt Fick’s vergleich. wörterb. 21, 156 die litauische wortform von dem neben ihr hergehenden zem.-lit. drükta-s “fest, stark’ und trifft damit wol das richtige. Anders Fortunatov, der Bezzenberger’s beitr. 3, 55f. den kaum überzeugenden versuch macht, „das gewöhnliche Hit. drütas, driutas“ auf lautgesetzlichem wege aus der -kt-form, die das dialektische drükta-s, auch driuktas "diek, umfang- reich’, und preuss. drüktai adv. “fest, po-drüktinai “ich be- stätige’ zeigen (vgl. Leskien d. bildung d. nomina im hit. 557), hervorgehen zu lassen. Damit aber, dass er diese -kt-formen zu aisl. driäg-r adj. “solid, substantial’ stellt, mag Fortunatov wol recht haben, ebenso E. Zupitza d. germ. gutt. 129, in- dem dieser auch aschwed. drygher “ansehnlich, stark, gross’ erwähnt (anders über preuss. drüktai ete., aber sicher falsch, Berneker d. preuss. spr. 287). Es scheint demnach, dass im baltischen sich zwei synonyme adjectiva von verschiedener herkunft frühzeitig berührt und wol auch formal gegenseitig beeinflusst haben: dru-ta-s könnte nach massgabe des zu aisl. driüg-r gehörigen driuk-ta-s zu driü-ta-s, umgekehrt driuk- ta-s nach drü-ta-s zu drük-ta-s geworden sein. Das ags. trum fest, stark und das air. dron “firmus’ stellt Fiek vergleich. wörterb. 1*, 461 unter einer grundsprach- d g 4 3. Eiche und treue. 117 lichen basis „drevo- fest sein“ zusammen mit gr. d000-v “fest, stark’ in der Hesychglosse dg00v' Loyvoov. ’Aoyeloı, mit got. triggw-s “treu', trauan “vertrauen und preuss. drwwi-s “glaube. Dieselben oder im wesentlichen die gleichen kom- binationen haben Bugge Beggenberger’s beitr. 18, 165 und Stokes bei Fick a. a. o. 2, 157, nur dass Stokes ags. trum weglässt, dafür aber aus dem keltischen noch air. derb gewiss’, „grundform dervo-s“, dem air. dron, „grundform dru- no-s“, sowie dem gr. d006-v ete. sich anschliessen lässt. Ags. trıum aber wiederum in verknüpfung mit got. triggws, trauan, preuss. drwwi-s, sowie mit abulg. sö-dravä gesund’, russ. z-dorövyj und weiterem begegnet auch bei Joh. Schmidt z. gesch. d. indog. vocal. 2, 264f. und O. Schade altdeutsch. wörterb.? 956°ff. 963°. Ich von meinem standpunkte verwerfe diese vergleichungen nicht, sondern meine vielmehr, dass uns hier die perspektive auf ein ganzes nest von weite- ren adjektivischen ableitungen der urindogerma- nischen basis *dereu- “hartholz, eiche’ sich eröffnet, adjektiven, die ebenfalls sämtlich zunächst auf den grundbe- sriff des ‘starken, festen zurückgehen, formal aber auf dem kürzesten wege, nämlich meist mit dem einfachen suffix -9- bezw., wenn man dem ansatze eines „idg. derewo “baum’“ bei Hirt d. indog. ablaut $ 772 s. 150 (vgl. auch Hübscehmann indog. forsch. anz. 11, 33. 35) folgt, mit gar keinem besondern suffix gebildet erscheinen. Ich halte es also wiederum mit Ahrens, der merk- würdiger weise auch darin bisher keinen nachfolger gefunden hat, dass er doög s. 19 das argiv. do00» ebenfalls als „baum- stark“ deutete, unter verweisung auf die begriffsparallele von lat. „robur = “eiche' und 'stärke”“, dass er ferner ebend. s. 20. 25. 45 unsere germanische wortsippe von treu, trauen und trost bei der doöc unterbrachte. „Mit der stärke“, heisst 118 I. Aus dem pflanzenreich. es hierüber zur begründung, „vereinigt sich bei dem baume und der eiche der begriff der festigkeit, welcher im sittlichen sinne in “zuverlässig, treu übergeht“. Es ist ja unstreitig in den Ahrens’schen ausführungen sehr vieles enthalten, was verfehlt war und auch schon von vorn herein, sogleich beim erscheinen des aufsatzes, besonneneren etymologen den ein- druck des verfehlten machen musste; aber den bleibenden gewinn einer fast der vergessenheit anheimgefallenen leistung eines früheren meisters sicher zu stellen, das hat, wie es scheint, erst gelingen sollen, indem ein späterer, wie ich es von mir sagen darf, auf eigenen pfaden der etymologischen forschung der wiederentdecker von bereits entdecktem und erkanntem wurde. In betreff von treu und trauen im germanischen, got. triggw-s “treu, zuverlässig’, aisl. anorw. trygg-r, ags. Ze- triewe ze-treowe, afries. triwwe, asächs. triwwi, ahd. gi-triuwi, got. triggwa f. vertrag’, ags. treow, afries. triuwe, asächs. trewa, ahd. triuwa f. “treue' und got. trauan “trauen, vertrauen’, aisl. anorw. tra “glauben, trauen’, ags. trüwian, asächs. trüön, ahd. trüen "trauen, aisl. anorw. trü-r adj. "treu, zu- verlässig, sicher‘, tra f."zuversicht, glaube’, sowie von preuss. drwwi und drwwi-s “der glaube, druwwit “glauben’, na-po- druwisnan “vertrauen, hoffnung’ hat den gang der be- griffsgeschichtlichen entwicklung bereits ohne kenntnis oder ohne berücksichtigung des von Ahrens gewiesenen eigent- lichen etymons mancher der sprachforscher durchschaut. So eben Fick, Bugge und Stokes, auch Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 80 beim ausgehen von dem argiv. dooöv “fest, stark’ (ähnlich Berneker d. preuss. spr. 287); ja sogar bei hereinziehung von manchem nicht dazu gehörigen Diefenbach vergleich. wörterb. d. goth. spr. 2, 676ff., bei von vorn herein grundverfehlten etymologischen voraus- | | | 3. Eiche und treue. 119 setzungen A. Kuhn in seiner zeitschr. 7, 62 und Joh. Schmidta.a. o. Als ein analogon der erscheinung, dass von einem "stark, fest bedeutenden adjektiv der sprachliche ausdruck für treue und trauen gewonnen wird, erwähne ich hier, weil darauf noch nicht hingewiesen worden ist, das von gr. loyvgo-g kommende ioyvet£oucı "mache mich stark, zeige mich fest’, insofern dieses auch ‘ich verlasse mich auf etwas, baue wo- rauf, traue’ bedeutet, wofür beispiele vornehmlich aus der sprache der attischen redner, doyvoileosar dıadizaıg Isae., v6up Demosth. u. dgl, bei Passow handwörterb. d. griech. spr. 15, 1513’ und Pape-Sengebusch griech.-deutsch. hand- wörterb. 1°, 1273%. Hirt d. indog. ablaut $ 528 s. 119 beschert uns mit einer basis „idg. dhereu“, die durch aind. dharuma- "tragend, stützend, grundlage, stütze' und abulg. sö-dravi “gesund, russ. zdorovyj, gr. dooöv, got. triggws, hit. drütas und aind. dhrwvd-s “fest, feststehend, beständig, dauernd, bleibend, be- stimmt, sicher, gewiss’ vertreten sein soll; eine etymologische musterleistung. Wie sollen gr. dooöv» und got. triggws sich zu einem aspirierten wortanlaut indog. dh- fügen? Das abulg. sö-dravi “kräftig, gesund’ aus urslav. *-dorv-u darf ich wol ohne weiteres in Ahrens’scher und meiner eigenen weise den alten adjektivbildungen aus indog. *doru- “hart- holz’ anreihen. Und das aind. dhruwv-a-s nebst ved. dhrüv-i-s “fest, feststehend’ insofern mittelbar, als die annahme gestattet sein wird, dass es umgestaltung eines früheren *druv-a-s durch volksetymologischen anschluss an dhar- “halten, stützen’ sei. Die „arische grundform dhard von wurzel dhr im sinn von “haltbar“ wird man also, wenn man sie mit E. Leumann Kuhn’s zeitschr. 32, 306 zur erklärung auch des aind. dhruvd-s postuliert, doch nicht zugleich in „slavisch 120 I. Aus dem pflanzenreich. dorü“ finden dürfen. Ob das dem aind. dhruv-d-s entsprechende avest. drv-0 “fest, gesund’ —= apers. duruva “gesund’ auch dh-form oder, indem der volketymologische prozess nicht dem indo-iranischen, sondern nur dem altindischen zuzuweisen wäre, noch d-form gewesen sei, lässt sich nicht entscheiden. Es ginge also hier in erfüllung, was gelegentlich des ahd. gi-triuwi, got. trıggws u.s.w. Schade altdeutsch. wörterb.2 957° bemerkte: „Alles würde trefflich stimmen, wenn eine störung des anlautes im sanskrit sich erweisen liesse, dhruvds für druvds“. Vorher verfuhr man eben nicht „nach der strenge des gesetzes“, wenn man einzig diesem altindischen worte zu liebe in gr. dg00», in got. triggws, trauan, trausti, auch in ags. trum “stark, fest den anlaut indog. dh- unbe- denklich annahm oder überhaupt nur die vergleichung des dhruvd-s mit got. triggw-s zuliess. Das hob ausser Schade und vor ihm auch Delbrück Zacher’s zeitschr. f. deutsche philol. 1, 11 hervor. Freilich ist ja Hirt nur einer der letzten, nicht der einzige, der diese über bekannte lautentsprechungs- regeln sich hinwegsetzende etymologische theorie vorbringt; man findet den irrtum auch bei Joh. Schmidt z. gesch. d. indog. vocal. 2, 128f. 264f. Kuhn’s zeitschr. 25, 146f. 26, 6, H. Möller Kuhn’s zeitschr. 24, 427, Noreen abriss d. urgerm. lautl.$ 51 anm. 1 s. 189 und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 139°. Noreen behauptet in weiterem umfange einen alten wechsel der aspirierten und der ein- fachen media im anlaut, verkennt aber doch nicht, dass „die meisten beispiele etwas unsicher“ sind und dass in andern „vielleicht eine einzelsprachliche lautentwicklung“ vorliegen kann. In ähnlicher anschauung vermutet Uhlenbeck a.a. o., dass neben der „idg. wz. *dheru-“ von aind. dhrwvd-s und dhari-na-s, avest. drvö, apers. durwva, ferner von abulg. sü-dravü, lit. drü-ta-s, preuss. drwwis, eymr. drud, „welche BE 3. Eiche und treue. 121 aber idg. d haben können“, in der ursprache „schon frühe eine nebenform *deru- aufgekommen war“, die ihrerseits dann in gr. dooo», got. triggws u. s. w. zu grunde liege, und „ein fall von wechsel zwischen media asp. und media“ sollte hier auch nach A. Zimmermann Bezzenberger’s beitr. 25,6 und E. Zupitza Kuhn’s zeitschr. 37, 391 zu erkennen sein. Die „einzelsprachliche lautentwicklung“, von der Noreen redet, ist vielleicht noch in andern fällen, sowie nach unserm dafür- halten bei dem aind. dhrwvd-s, nur eine störung durch volks- etymologische einflüsse gewesen. Verfehlt ist es auch, wenn Brugmann d. ausdrücke f. d. begriff d. totalıtät 17. 46 anm. 1 unsere aind. dhruv-d-s, dhriw-i-s und hit. dri-ta-s, abulg. sü-drav-ü mit aind. ved. sa-dhr? adv. “einem ziele zu’, sadhry-ane- ad). “nach einem ziele hingerichtet, vereint, zusammen’ undgr.d-$000g &$000-5 konzentriert, zusammengedrängt, versammelt’ und gar auch mit dem verbum gr. &Ig&w, @«$gejocı “scharf ansehen, genau hinschauen wurzelhaft zusammenbringt; die bedeutungen lassen sich kaum befriedigend vermitteln. Das abulg. sü-dravä gesund’ leitete schon Pictet Kuhn’s zeitschr. 5, 44 von *dru- "baum’ ab, freilich ohne die richtige begriffsvermittlung zu geben, die wir jetzt gefunden zu haben glauben. Und wenn dann Miklosich, indem er zuerst Kuhn-Schleicher’s beitr. 1, 225 sö-dravi zu hit. drüta-s “fest, stark’ stellte, die Pictet’sche etymologie als eine von der seinigen abweichende bezeichnete, so ist nun auch kein ‘ grund mehr vorhanden, solchen widerspruch zu erkennen. Was Joh. Schmidt z. gesch. d. indog. vocal. 2, 128 gegen Pietet und Miklosich bemerkte, dass nämlich abulg. -dravı, weil es auf urslav. *-dorvü beruhe, „nicht als steigerung irgend eines dru- zu erklären“ sei, kann selbstverständlich bei den heute besser und vollständiger ermittelten ablauts- verhältnissen der alten basis *dereu- “eiche’ auch nicht mehr 122 I. Aus dem pflanzenreich. ins gewicht fallen gegen die ansicht, dass das slavische adjektiv in der tat diesen ursprung habe. Im anschluss an Diefenbach vergleich. wörterb. d. goth. spr. 2, 679 zieht Joh. Schmidt a. a. o. auch finn. terwet, ehstn. terwe "gesund’ und finn. terweys, ehstn. terwis "ge- sundheit’ heran, um sie als entlehnung aus dem slav. *-dorvü zu erklären. Der vokalismus dieser finnisch-ehstnischen wörter würde sie nun aber formal näher an abulg. drevo 'baum’, russ. derevo aus urslav. *dervo und an lit. derva "kienholz’ heran- rücken. Ja, es kann dann auch daran gedacht werden, dass finn. terwet u. s. w. gar nicht dem slavischen, sondern viel- mehr dem germanischen entlehnt seien, denn auch das germanische hat neben indog. *dreu-o- in got. triu die ver- tretung der stammform *deru-o-, diese in dem gotischen volks- stammnamen Tervingi (vgl. Zeuss d. Deutschen u. d. nach- barstämme 407 anm., Diefenbach a. a. o. 681, Pott wurzel- wörterb. 3, 848f. und Kögel indog. forsch. 4, 316, Hirt Paul- Braune-Sievers’ beitr. 18, 516, R. Much ebend. 20, 14. deutsche stammeskunde 127, Streitberg urgerm. gramm. $ 74 anm. s. 61) und wol noch in andern wortbildungen (s. unten s. 137). Es scheint demnach, als ob das im keltischen als air. derb “certus’ vorhandene adjektiv indog. *deru-o-s (s. oben s. 117) mit seiner von “eichen, holzhart’ zu “fest, stark’ weiterent- wickelten bedeutung auch auf slavischem boden, hier dann neben urslav. -*dorva in abulg. süö-dravi, oder eventuell im germanischen vordem gelebt habe. Zu der engern sippe von freu und trauen gehören in germanischen wortbildungen mit -st-, deren besonderes for- males und begriffliches verhältnis zu der alten baum- und holzbezeichnung, von der treu, trauen, got. triggws, trauan nebst zubehör uns entsprungen zu sein scheinen, nun auch noch klar zu stellen ist. Gemeint sind die auch schon von 3. Eiche und treue. 123 Ahrens deög s. 25 berücksichtigten aisl. trau-st-r adj. ‘sicher, stark, fest, zuverlässig’ und trau-st n. “sicherheit, zuversicht, vertrauen, ‘sichere zuflucht', ahd. mhd. tröst m. “trost, zuver- sicht, vertrauen '', “hilfe, schutz’, mhd. auch ‘sicherheit, bürg- schaft’, mnd. tröst m. “vertrauen ’, mnl. troost m. “vertrauen, trost’; im gotischen frausti n. "vertrag, bündnis’ in trausteis gen. sing. Ephes. 2, 12, wofür Zraustis mit Kluge etym. wörterb.® s. v. trost zu konjizieren, um ein got. *traust n. — aisl. fraust zu erhalten, kein ausreichender grund vorliegt, zumal da fraust-i auch bei seiner bedeutung "duesYran’ als neutrale -izo-ableitung aus germ. *trausta- "vertrauen, zu- versicht” recht wol verständlich ist. Als lehnwort aus dem skandinavischen mengl. nengl. trust vertrauen, zuversicht’. Klugea.a. o. fasst trost als „ableitung aus einer germ. wz. traus, welche nebenform zu der in frauen steckenden wz. tru ist“, ebenso Franck etym. woordenboek d. neder!. taal 1034, Vereoullie beknopt etym. woordenboek d. nederl. taal? 296°, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 147? und T.E. Karsten studier öfver de nordiska spräkens pri- mära nominalbildning 2, 158, womit wir von unserm stand- punkt aus natürlich nichts anfangen können. Meine ansicht ist dem gegenüber zunächst, dass hier zwei im neuiranischen vorliegende adjektivbildungen heranzuziehen sind: npers. durust “hart, stark, derb, grob, rauh', woraus afgh. durust entlehnt, und das npers. durust “gesund, ganz, vollständig, richtig, wahr’, päz. durust, drust ganz, vollständig’, dem kurd. durust wahr‘, bal. und wakhi drust "ganz, vollständig‘ als lehnwörter bei- gehören. Das verständnis dieser fördert Hübschmann pers. stud. 61 insofern wesentlich, als er geltend macht, dass not- wendig von „iran. *drusta-“ und „iran. *drusta-” ausgegangen werden müsse, im gegensatz zu unhaltbaren erklärungen anderer gelehrten, wie namentlich Horn’s grundriss d. neupers. etym. 124 I. Aus dem pflanzenreich. 122f., auch Geiger’s etym. des baluci 16 in betreff des zweiten der beiden wörter. Nieht richtig ist bei Hübschmann a. a. o., dass npers. durust gesund’ nur einem „skr. *drutta-“ entsprechen könne. Warum nicht einem skr. *dru-sth-a-s, während das npers. durust “stark, hart, rauh, grob’ seinen altindischen reflex in einem *dru-sth-a-s hätte? Man kann in der tat die beiden iranischen adjektive trotz ıhrer nicht unerheblich erschei- nenden bedeutungsdivergenz für varlanten einer und der- selben kompositionsbildung ansehen, wenn man darin als das erste glied eben unser dru- "hartholz’ in seinem übertragenen sinne von “robur, firmitas, duritia' gelten lässt, als zweites aber das nomen agentis indog. *-st(h)-0-s “stehend, befindlich’ = aind. -sth-d-s. Als s-form von Jüngerem entstehungsdatum verhielte sich npers. durust zu der $-form durust ebenso, wie im altindischen sw-sth-a-s adj. "gesund, wol auf’ und su-sthi- ta-s, su-sthiti-h, su-sthira-s, diese alle nachvedisch, zu den dieselbe wurzel sth@- mit lautgesetzlicher zerebralisierung auf- weisenden vedischen wortformen su-sthd, su-sthand-s, su- sthaman-, wie auch schon im veda rtu-stha-s TS. zu rtu- stha-s VS., rayi-sthana-s RV. zu rayi-sthaä-s AV., im avesta pa'ti-stayata zu pa’ti-stat und zu aind. prati-sthaya, prati- sthita-s; vgl. Jak. Wackernagel altind. gramm. 1 $ 260a s. 236f. und Bartholomae grundriss d. iran. philol. 1, 1, 18 $ 49, 1, die auch von andern mit s- anlautenden wurzeln der- artige beispiele des durch lautausgleich mit den simplieia be- wirkten eintritts von s- für $- verzeichnen. Was aber die be- deutungsentwicklung angeht, so wäre darin das iran. *dru- st-a-s= npers. durust “hart, stark’, “derb, grob, rauh’ ähn- liche wege gegangen, wie von den im vorhergehenden zur sprache gebrachten adjektiven aus *deru- *doru- *drü- das aind. däru-na-s und das lat. düru-s (s. oben s. 100£. 111ff.). a a dA a u a un. 3. Eiche und treue. 125 Dagegen npers. durust "gesund’, "ganz, vollständig, richtig, wahr’ aus iran. *dru-st-a-s vergliche sich in ansehung der begriffsgeschichtlichen seite dem aind. dhruv-d-s für *druv-d-s und avest. drvö, apers. duruva "gesund’, sowie dem abulg. sö-dravü “gesund’ (vgl. oben s. 117. 119f. 121); eben das apers. duruva-, avest. drva- = aind. dhruvd- wollten ja Geiger a.a.o. und Horn grundriss d. neupers. etym. 122, auch Bartholomae bei Horn a. a. o., als das vorderglied in dem komponiert gebildeten päz. durust drust, npers. kurd. durust, bal. wakhi drust erkennen, was Hübschmann zurück wies. Es ist indog. *dru-st(h)-0-s "in robore stans, qui in robore est’ so zur geltung von “robore praeditus, robustus, durus, firmus’, als der vorstufe der historischen bedeutungen von npers. durust und durust, gelangt, wie bei mehreren alt- indischen kompositen mit -sth-d-s und -stha-s sich diese ver- schiebung der grundanschauung "in etwas stehend’ zeigt, bei aind. bala-sth-a-s "kräftig, stark, mächtig’, vayah-sth-a-s “er- wachsen, ausgewachsen, bejahrt’ und ‘kräftig’ zu vdyas n. “rüstige kraft, lebenskraft’, sakti-sth-a-s “mächtig, vermögend', sattva-sth-a-s beim festen charakter bleibend, festigkeit zeigend’, ferner bei rupa-sth-a-s “eine gestalt habend’ und in den ve- dischen wörtern apmah-sth-d-s adj. oder m. “reicher besitzer, gutsherr’ zu dpnas n. besitz, habe, reichtum’, rayi-sthä-s “be- gütert, reich’ zu rayi-s m. f. "hab und gut, besitz’. Die mit dem indog. *-st(h)-o- stehend’ gebildeten adjek- tivischen composita sind, sowie auch die das wurzelnomen *-st(h)a- in der weise von aind. rtu-sthä-s rtu-stha-s und rayi-stha-s enthaltenden, nach dem zeugnis des altindischen oxytoniert gewesen; nach aind. apnah-sth-ad-s und eka-sth-d-s, tri-sth-d-s, äkhare-, gahvare-, prastare-, sumudre-, sayve-sth-d-s setzen wir daher indog. *dru-st(h)-o-s, uriran. *dru-st-d-s und 126 I. Aus dem pflanzenreich. *dru-st-d-s als die alten substrate für npers. durust und durust an. Man beachte nun die abweichende betonung in ein paar substantiven mit aind. -sth-a-, die barytoniert erscheinen: „in übertragener, substantivischer bedeutung“ haben nach Garbe Kuhn’s zeitschr. 23, 480. 491 ved. bhayd-sth-a- m. oder n. “gefahrvolle lage und sadhd-sth-a-m n. "standort, stelle, aufenthaltsort ihre sonderstellung in aeccentueller hin- sicht, ebenso noch ved. updstha-s m. "schloss’ aus * wpds- sth-a-s "schoss-stätte’ zu wpds-i loc. "im schosse’ (vgl. Brug- mann grundriss 12 $ 818, 1 s. 725, etwas anders Uhlenbeek kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 30°). Freilich heisst es auch aind. go-sth-d-s m. 'kuhstall’ (gostha-m n. in der späteren sprache), aber hier ist es dann unverkennbar die wirkung späterer gleichmachung, dass das substantiv als oxytonon auf- tritt wie die vielen adjektive auf -sth-d-s; go-sth-d-s mithin ein fall unserer jüngsten von drei schichten der betonungs- weise solcher substantive, die mit adjektiven gleichstämmig sind, von der art wie aind. sru-td-m “das fluten, flut’ neben sru-td-s, gr. v-rö-g part., aind. stu-täi-m “lobpreisung, lob’ zur seite von stu-td-s part. u. ähnl. mehr (vgl. verf. Bezzenberger’s beitr.24, 195 anm. und indog. forsch. anz. 11,146). Auch das von mir indog. forsch. 8, 2. 3. 7. 25. 32 als seitenstück des md. mnd. mnl. vor-st f. dachfirst’ besprochene aind. pr-sth-d-m n. "rücken, höhe, oberstes’ könnte, was den accent anbetrifft, so zu be- urteilen sein; vielleicht beruht die nach Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 4, 870 nur in der spätern sprache vorkom- mende paroxytononbetonung p7-sth-a-m doch auf weiter zu- rückgehender überlieferung. !) 1) Das griechische adjektiv Ödoro-s aus *övo-or-o-s, das ebenbild des aind. duh-sth-a-s nach jetzt allgemein herrschender auffassung (vgl. Wilh. Schulze quaest. Homericarum specimen diss. Gryphisw. 1887 s. 4 anım. 9 — quaest. epicae 62 anm. 1, Joh. Schmidt d. pluralbild. d. en; rem dd rg ET ee 3. Eiche und treue. 127 Nach älterer wortbetonungsweise also pflegte eben jene accentschichtung, die uns auch oben s. 107 ff. beschäftigte, und in der allerfrühesten zeit dieselbe in verknüpfung mit ablautswechsel statt zu finden, wenn der gleiche wortstamm adjektivisch und substantivisch in der sprache verwendet wurde. Es erscheint demnach nur ganz der alten oder ältesten ordnung gemäss, wenn neben *dru-st(h)-ö-s ad). als substantiv *drou-st(h)-o- mit der bedeutung “firma con- stitutio’ oder “firmitas, firmitudo’ bestand, die basis also von aisl. Zraust neutr. und ahd. mhd. mnd. tröst, mnl. troost mase. Das formale verhältnis dieses germanischen substantivs zu dem adjektivgebilde von npers. durust und durust war wiederum ein solches, wie dasjenige von aind. dro-na-m n. zu air. dron adj. firmus’ aus *dru-no-s “holzig’ oder von aind. märta-s m. subst. zu mrtd-s part. adj. u. ähnl. mehr. In aisl. fraust-r “sicher, stark, fest, zuverlässig’ könnte das adjektiv in folge davon den hochstufenablaut haben, dass ein ererbtes germ. *tru-st-a-z adj. sich in vokalischen aus- gleich mit dem substantivum *trau-st-a- gesetzt hätte. Da indog. neutra 346, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. $1. Bezzen- berger’s beitr. 19, 318, Brugmann grundriss 1?$818, 1.725. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 1, 118 $ 99 anm., Niedermann Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 10, 223, Solmsen Kuhn’s zeitschr. 37, 20), kann für die gewinnung der ursprünglichen accentuierungsregel der mit *-siih)-o- gebildeten adjektivischen wörter nicht in betracht _ kommen. Dem dsoro-s wird seine betonung des anfangsgliedes durch das allgemeine „hauptgesetz“, das für die accentuation sowol der „im- mutata* wie der „mutata“ im griechischen geltung erlangt hat, zuge- wiesen; es weicht in derselben weise und nach demselben prinzip von einem indog. *dus-stih)-0-s im accent ab, wie als karmadhäraya-bildung gr. homer. Söo-zagı-s von aind. dur-bhrti-s, dur-mati-s u. dgl., als ba- huvzihi-bildung ein gr. ÖVo-«og0-s von aind. dur-bhäga-s “unglücklich‘. Vgl. Leop. Schröder Kuhn’s zeitschr. 24, 106 in betreff des griechischen, anderseits Garbe Kuhn’s zeitschr. 23, 500. 513. 517f. hinsichtlich des altindischen betonungsverfahrens in derartigen kompositionsfällen. 128 I. Aus dem pflanzenreich. aber nur das letztere gemäss der übereinstimmung zweier hauptzweige, des skandinavischen und des deutschen, für eine im germanischen altherkömmliche wortbildung ange- sprochen werden kann, so ist auch möglich und mir eigent- lich wahrscheinlicher, dass auf dem besondern altnordischen boden sich das substantiv traust n. “sicherheit, zuversicht” zu adjektivischer geltung und verwendung entwickelt habe, auf dem bekannten wege, wie sich sonst öfters diese veränderung des redeteilcharakters vollzieht : aisl. traust brynia, hlif traust wären eigentlich “brustharnisch, der’, “schutzwaffe, die eine sicherheit ist‘ gewesen, ein ausdruck wie das bei Cleasby- Vigfusson diet. 639° angeführte isl. issinn er traustr “the ice is safe’ an die stelle älterer redeweise mit issinn er *traust “das eis ist sicherheit getreten. Also hätte Wilmanns nicht das richtige getroffen, wenn er, deutsche gramm 2? $ 302, 5 s. 402, gerade umgekehrt das substantiv ahd. tröst aus dem im altnordischen gewahrten adjektiv entwickelt sein liess; zu den fällen der „adjektivierung von substantiven“, die er a. a. 0. $ 386, 1 s. 510 bespricht, „mhd. frum tüchtig, trefflich, tapfer aus ahd. fruma f., nhd. ernst aus ahd. Ernust n. f., mhd. Ermest m. kampf, ernst, festigkeit“ u. dgl., hätte er vielmehr auch das aisl. anorw. traust-r adj. stellen müssen. Festigkeit, aus welcher sicherheit und weiterhin, _ als subjektives gefühl sich äussernd, zuversicht, ver- trauen entspringt, das ist in ungefährer skizzierung der entwicklungsgang in der bedeutungsgeschichte unseres trost gewesen. Aber sollte nicht ein versprengter rest einer ander- weitigen fortbildung der grundvorstellung “festigkeit’ bei trost in unserer sprache vorhanden sein? „Unklar ist“, sagt Paul deutsch. wörterb. 465°, „der ursprung der volkstümlichen wen- dung nicht bei troste sein “nicht seinen gesunden verstand haben’ (schon bei Wileland]).“ Die redensart ist volksmund- vo 3. Eiche und treue. 129 artlich weit verbreitet. Wie sie sich auf schwäbischem boden findet, daher bei Wieland, und bei ihm und Lichtenberg zu- erst in unserer litteratur (vgl. Sanders wörterb. d. deutsch. spr. 2, 1388’), so im rheinfränkischen hiesiger gegend, westerwäl- disch nach K. Ch. L. Schmidt westerwäld. idiotikon (Hada- mar u. Herborn 1800) s. 270. Als niederdeutsch ist sie mir aus Westfalen bekannt, für andere niederdeutsche gebiete be- zeugen sie das bremisch-niedersächs. wörterb. 5 (Bremen 1771) s. 113, Rich ey idioticon Hamburgense (Hamburg 1755) s. 315 und ihm folgend Schütze holstein. idiotikon 4 (Hamburg 1806) s. 283; für den osten Frischbier preuss. wörterb. 2 (Berlin 1883) s. 413° nach Hennig preuss. wörterb. Königsberg 1785. Spricht seine weitere verbreitung in verbindung mit der zu- rückverfolgbarkeit bis in die mitte des 18. Jahrhunderts einiger- massen für das höhere alter des ausdrucks nicht oder nicht recht bei troste sein, so hat vielleicht schon Adelung gramm.- krit. wörterb. d. hochd. mundart 42 (Leipzig 1801) sp. 696 im wesentlichen das rechte getroffen, wenn er, eben darauf oder auf ein vermeintliches adjektiv „betrost“ gestützt, von frost sagt, es sei „ein wort, welches ursprünglich stärke des leibes und ge- sundheit bedeutet“. Man würde aber nur anzunehmen brauchen, dass germ. *trau-st-a- aus indog. *drou-st(h)-o-, für gewöhn- lich “sicherheit, zuversicht' ausdrückend, nebenher auch den aus “festigkeit' abgeleiteten spezialsinn von “gesund- heit’, insbesondere “gesundheit des geistes, verstandes', er- _ langt habe; und das stünde nun in parallele zu npers. durust [4 .. ai > c b} gesund, ganz, vollständig , ferner zu apers. duruva gesund’, avest. drvo ‘fest, gesund’ und drva-tat- "gesundheit', abulg. sü-dravü “gesund’. Wird das aisl. fraust neutr., ahd. mhd. mnd. tröst, mnl. nnl. troost masc. in der weise morphologisch aufgefasst, die wir hier zur geltung zu bringen suchen, so gesellt es sich Osthoff, Etymologische Parerga. I. 9 130 I. Aus dem pflanzenreich. hinsichtlich seiner bildungsart zu einigen substantivischen kompositen mit *-st(h)-o- “standort', die im germanischen bereits als solche erkannt und anerkannt sind, zu aisl. anorw. nau-st neutr. “schuppen für schiffe, schiffhaus’ und ahd. ewi-st ouwi-st mase. "schafstall’, “schafhürde’, gemäss der erklärung dieser bei Pott wurzel-wörterb. 1, 1, 326 und Bezzen- berger Kuhn’s zeitschr. 22, 278, W. Schulze Kuhn’s zeitschr. 29, 270, Joh. Schmidt d. pluralbild. d. indog. neutra 346, Niedermann Brugmann -Streitberg’s indog. forsch. 10, 223, Palander d. althochd. tiernamen 1, 125, Solmsen Kuhn’s zeitschr. 37, 20, van Helten Paul-Braune-Sievers’ beitr. 25, 282. Ich glaube noch einen germanischen fall anfügen zu dürfen, der dem von trost in mehrfacher hinsicht, vornehm- lich in begrifflicher, besonders ähnlich wäre. Got. Draf-st-jan “trösten, getrost machen, ermutigen’ dürfte das denominativum aus einem germ. *Praf-st-a- = indog. *tröp-st(h)-o- “zustand der befriedigung’ sein. Wenn die wurzel von aind. trp-ya-ti, trp-no-ti, trmpati und tarp-a-ti "sättigt sich, wird befriedigt’, avest. Draf’do "gesättigt, befriedigt’, gr. r&grr-w “ich sättige, erfreue’, lit. tarpstu, tarpau, tarpti “gedeihen, zunehmen’, tarpa “das gedeihen, wachstum , denen ja das gotische verb allgemein und zweifellos richtig angeschlossen wird, ur- sprünglich zweisilbig, ein indog. *terep-, gewesen ist, so würde das von uns vermutete alte nomen *trop-st(h)-o- aus diesem *terep- genau in derselben weise, auch was die wurzelgestaltung anbetrifft, hervorgegangen sein, wie aus dem alten *derex- “quereus, robur’ *dröu-st(h)-o- "zustand des robustseins, festigkeit’ = germ. *trau-st-a-, die basıs unseres trost. Vielleicht wäre aber auch daran zu denken, dass dem in got. Prafstjan enthaltenen *hrafsta- vielmehr die analyse *brafs-sta- zu geben sei, d. h, dass man hier einen -(e)s- stamm indog. *trop-s- im vordergliede der wortbildung zu 3. Eiche und treue. 131 suchen hätte, der historische beziehungen zu dem javest. braf-s-(ca) n. “zufriedenheit’ yt. 5,26 haben könnte; freilich macht diese zendform allerlei schwierigkeiten, worauf Bar- tholomae stud. z. indog. sprachgesch. 1, 79. grundriss d. iran. philol. 1, 1,215 $ 381 hinweist, aber ihren infigierten nasal hatte sie ja natürlich in unursprünglicher weise durch übertragung von der dem aind. trmpati entsprechenden alten präsensbil- dung. Es treten unsere germ. *trau-st-a- und *prafsta- mit dem aind. ved. bhayd-sth-a- “gefahrvolle lage’ zu einer solchen gruppe zusammen, welche uns die bedeutung des *-st(h)-o- “standort, stätte” ins gebiet des abstrakten entrückt zeigt, während in aisl. anorw. nau-st und ahd. ewi-st, sowie in dem feminin md. mnd. mnl. vor-st “dachfirst” aus indog. *pr-st(h)a (s. oben s. 126), der ursprüngliche konkretbegriff des zweiten kompositionsgliedes gewahrt ist wie in aind. go-sth-a-s, pr-sth-a-m und updstha-s, sadhd-sth-a-m. Wenn die den npers. durust und durust entsprechende wortbildung mit tiefstufiger erster silbe germ. *tru-st-a- ad). historisch nicht vorliegt, so ist statt ihrer doch ein germ. tru-sti- oder trü-sti- tatsächlich gegeben durch das bekannte mlat. trustis fem. der alten fränkischen gesetze, welches das treueverhältnis zwischen dem könig und seinem gesinde, das gelöbnis und bündnis zur gefolgschaft und dann auch die gefolgschaft selbst bezeichnet, und wovon die ableitung an- trustio “gefolgsmann’, „qui in truste dominica est“, antrustio- nes so v.a. die späteren vasallen. Zu trost, got. trausti “bünd- nis, vertrag’ stellt man ja allgemein und mit zweifellosem recht diese afränk. trustis, antrustrio, über die zuletzt van Helten Paul-Braune-Sievers’ beitr. 25, 498f. mit anführung der älteren litteratur, besonders der rechtsgeschichtlichen, handelt, die begriffsentfaltung auf der grundlage von schutz‘, “hilfe vor sich gehen lassend; und Ahrens doög s. 25 schliesst : g* 132 I. Aus dem pflanzenreich. die wörter zusamt der sippe von trost und treue, trauen am den alten baumnamen an. Ob man mit Ahrens trästis an- zusetzen habe, wonach hier der vokalismus der griechischen formen dgö-c und dov-uö-s herrschen würde, bleibt fraglich; OÖ. Schade altdeutsch. wörterb.? 959° liess die wahl zwischen trüstis und trüstis offen, aber wenn, was doch wol wahr- scheinlich ist, mhd. ge-trüste n. "schar' als „kollektivbildung zu *trust“ sich anschliesst (van Helten.a.a. o. 499 anm. 1), so ergibt das einen anhalt zu gunsten der messung trü-sti-s. Auch die bestimmung der wortstammbildung hat mit zwei möglichkeiten zu rechnen: es kann indog. *dru-st(h)-i-s mit suffix -ei- oder ein *dru-st(h)-t-s “das in festigkeit stehen, verhältnis der zuverlässigkeit’ mit -tei- zu grunde gelegt wer- den. Wenn das feminine geschlecht der trustis dominica das altererbte des wortes war, würde das dafür sprechen, dass die -tei- formation anzunehmen sei, gemäss dem alten senusunterschiede zwischen den beiden in rede stehenden klassen von verbalabstraktbildungen, worüber ich ausführlicher Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 8, $f. handle. Eine andere etymologische erklärung von trost, aisl. traust, got. traust-i, als die von uns hier gegebene, nimmt zusammen- hang mit einem auf indog. *druzdi- zurückführbaren keltischen worte, mit mir. druit, das „close, firm, trustworthy“ bedeuten soll, an. So zuerst Strachan bei Stokes Fel. Gorm. gl. 270, dann Stokes Bezzenberger’s beitr.23, 48, darnach auch Kluge- Lutz engl. etymology 216° s. v. trust und E. Zupitza Kuhn’s zeitschr. 36, 233. Ich glaube nicht, dass man dadurch ge- nügende veranlassung hat, das germ. "trausta- vielmehr in einem indog. *drouzdo- und entsprechend das afränk. trusti-s in *druzdi-s wurzeln zu lassen. Wie mir Thurneysen brieflich mitteilt (Freiburg ı. Br., 24. februar 1901), ist das in solcher weise etymologisch verwertete mir. drwit wegen 3. Eiche und treue. 133 unklarheit seiner bedeutung ein problematisches wort: die einzige belegstelle dafür ist „Book of Leinster 29°, 42, wo in einem gedicht der ausdruck cethern diseir druit die unge- stüme,..... schar’ vorkommt, woraus sich die bedeutung eigentlich nicht ersehen lässt“. Gehört das in rede stehende adjektiv mir. drwit, wie man ja annimmt, zu dem verbalab- straetum mir. drut drwit “das schliessen’ und dem verbum drutim druitim "ich schliesse’, nir. drwidim (vgl. Atkinson the passions 1014 und gloss. s. 672° s.v. drut), so mag ja jenes cethern druit als "geschlossene, dichte schar’ ver- standen werden, und das läge dann dem aisl. traust-r ad). “sicher, fest, zuverlässig’ auch schon begrifflich ferner. Ander- seits könnte auch sogar aus dem keltischen sich ergeben, dass altes -st-, nicht -zd-, im germ. trau-sta-, tru-sti- zu suchen sei, wenn mit recht angenommen wird, dass der mannsname abrit. Drust-agno-s, piktisch Drostan, eymr. Drystan dasselbe namenbildungselement mit ahd. Tröst-mär enthalte (vgl. Rhys leetures on welsh philol.? 403, Holder alt-celt. sprachschatz 1, 1335, Stokes Bezzenberger’s beitr. 18, 96 und R. Much deutsche stammeskunde 52). Wortzusammensetzungen, in denen indog. *dereu- “robur’ als anfangsglied mit dem übertragenen sinn der stärke, festigkeit’ behaftet auftritt, sind vielleicht auch ausser der gruppe unseres Zrost, des afränk. frustis und der neuper- sischen wörter durust und dwrust noch nachweisbar. Ich denke da an das verstärkende präfix dru- des keltischen, das Thurneysen Kuhn’s zeitschr. 32, 563f. behandelt und in air. dru-äilnithe drudilnide “eorruptus’ findet, sowie in dem galat. Sov-veuerov bei Strabo, was „eher das “erzheilig- tum’ als das “eichenheiligtum’* bedeutet haben werde, auch in dem namen der Druiden, air. druid, nom. sing. drui, gall. Druides und Druidae plur., wo der stamm „kelt. drwid- aus 134 I. Aus dem pflanzenreich. dru-vid-, das eher die “"hochweisen’ als die “eichenkenner’ be- zeichnen wird“ (vgl. auch Holder alt-celt. sprachschatz 1, 1320. 1321. 1331 und O. Schrader reallex. d. indog. alter- tumskunde 638f. 857). Dazu spricht Stokes Bezzenberger’s beitr. 21, 128 seine zustimmung aus, indem er noch den gallı- schen eigennamen Dru-talo-s d. i. „grossstirnig“ beifügt, weiteres dann, aber freilich sehr zweifelhaftes, Kuhn’s zeitschr. 37, 256 beibringt. Nun bemerkt Thurneysen selbst a. a. 0. 564 fussn. über diese „verstärkende vorsatzsilbe dru-“ auch: „Die möglichkeit eines zusammenhanges von dru- mit *deru- *dru- “hartes holz’ will ich nicht leugnen; vgl. unser bombendurst u. ähnl.“ Man wird diese herkunft des zur verstärkung des wortsinns dienenden dru- jetzt noch etwas zuversichtlicher vermuten dürfen, nachdem sich uns so viel- fach in der auf solcher grundlage vollzogenen bildung ad- jektivischer wörter, die stark, fest, hart und ähnliche eigenschaften ausdrücken, jene metapher gezeigt hat, auf kel- tischem boden speziell in air. dron “firmus’ und derb “gewiss’ (s. oben s. 101. 104. 117. 122). Genauer also noch, als durch Thurneysen’s „hochweise*, liesse sich der Druidenname der Kelten auf französisch durch “fort sage’ oder lat. ‘valde sapiens’, gr.°z«ora 00pög’ seinem etymologischen sinne nach umschreiben. Zu *dru-wid- in air. drus und gall. Druid-es, Druid-ae fügen sich nicht die eymrischen formen derwydd und dryw, und man meint wol nicht mit unrecht, dass hier der volksetymologie ein spiel- raum zuzuerkennen sei; vgl. Stokes Bezzenberger’s beitr. 11, 110 anm. und Fick’s vergleich. wörterb. 2, 157. Das nähere aber bleibt dunkel, und der ratlosigkeit verleiht ausdruck, was mir Thurneysen zu der frage schreibt (2. märz 1901): „derwydd erscheint in älterer form in der altbreton. glosse dorguid "pithonieus’ (wo auch die lesung darguwid möglich 3. Eiche und treue. 155 ist). Es scheint also e durch umlaut aus o entstanden, daher der gewöhnlich angenommene zusammenhang mit kymr. derw “eichen’ nicht wahrscheinlich. Dryw heisst eigentlich “zaun- könig’ und scheint nach Evans’ diet. erst von neueren für “Druide gebraucht. Warum im ersteren wort dru- durch dor- ersetzt ist, weiss ich nicht“. Von welchen ansätzen aus etwa die sprache dazu ge- langen mochte, aus dem alten namen für das hartholz die verstärkende vorsatzsilbe dru- zu entwickeln, lassen ziemlich klar ein paar hierher gehörige altindische beispiele erkennen: dru-nasd-s adj. "eine klotzige nase habend’ schol. zu Pän. 5, 4, 118 und dru-päda-s mit drupädi fem. “klotzige füsse ha- bend’ ebenfalls nach grammatikerüberlieferung (vgl. Böht- lingk-Roth sanskrit-wörterb. 3, 809. 810); diese sind offen- bar ja dem gallischen Dru-talo-s, wenn das nach Stokes’ deutung “der grossstirnige’ ist, besonders ähnlich. Auch an die Jov-ayaovjg der attischen komödie wird man hier wieder erinnert, vgl. oben s. 100. Sonst aber spuren des in rede stehenden keltischen gebrauches des sinnverstärkenden dru- in den andern sprachen aufzufinden, ist vorläufig noch kaum aussicht vorhanden. Das lat. tru-cidäre "hinschlachten, nieder- metzeln’ auf ein *,dru-caid-, *trucido- oder *tructda-"in grund und boden hauend * zurückzuführen, ist ein bedenkliches etymo- logisches wagnis Thurneysen’s Kuhn’s zeitschr. 32, 563 f., das dieser nach privater mitteilung auch in erwägung ander- weitiger momente fallen lässt. Es beruht aber, psychologisch betrachtet, die keltische verwendung des dru- in gall. Dru- talo-s, air. drwid- ete. augenscheinlich auf demselben sprach- vorgang, wie die entstehung einer anzahl neuhochdeutscher zusammensetzungen, deren erstes glied eine steigerung anzeigt, besonders solcher mit stein- und stock-: nach Br&al essai de sömantique? 182f. und O. Behaghel Kluge’s zeitschr. 136 I. Aus dem pflanzenreich. f. deutsche wortforsch. 1, 79£. „gibt steinhart = hart wie stein, folglich sehr hart, das vorbild für steinreich“, ferner stein-alt, stein-grob, stein-müd, selbst stein-fremd bei Campe, stein-grau und stein-übel bei Paul Heyse (vgl. L. Tobler üb. d. wort- zusammensetzung 122 und Heyne deutsch. wörterb. 3, 788. 759) !), ebenso „erzeugt... . stockdürr, stocksteif die bildungen stockfinster, stockdumm“, dazu stock-dunkel und stock-still, -blind, -taub, Stock-baier, -schwabe, wie auch Paul deutsch. wörterb. 441° lehrt, auch ein stock-satt, -fremd, -nackt, stock-scharf bei Rosegger, stock-narr so viel als “erznarr’ bei Maaler und im Simplie. (Tobler a. a. 0, Heynea.a. o. 830). Weiteres über diese erscheinung, dass sich „die metapher ganz in präfixbildung aufgegangen“ zeigt, beiR. M. Meyer Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 12, 46. Um nunmehr zur anschauung zu bringen, wie die sämt- lichen von uns besprochenen wortbildungen aus *dereu- mit dem eigenschaftsbegriff des harten, starken, festen sich in der tat an einzelne phasen, die der stamm dieses alten nomens auch sonst zeigt, genau anschliessen, ordne ich die zur sprache gebrachten adjectiva und composita nach den stammformen des grundwortes an und stelle in parallele dazu wortbildungen, die den ursprünglichen konkretbegriff des holzes, baumes gewahrt haben oder von diesem aus unmittelbar, ohne eintritt einer metaphorischen übertragung, entsprungen sind. 1. *deru- *deru- in air. derb “sicher, gewiss’ aus *deru-o-s, vielleicht in finn. terwet, ehstn. terwe "gesund’ (s. oben s. 122); 1) Doch ist stein-reich bereits als md. bezeugt, neben mhd. stein- herte steinhart die einzige der oben erwähnten bildungen, die älterer zeit angehört; daher jenes vielleicht eher, wie Lexer mittelhochd. handwörterb. 2, 1168 und die quelle selbst, die den beleg enthält, er- klären, eigentlich ‘reich an edelsteinen’ und mit stein-hart zusammen das muster für stein-alt etc. gewesen. ui 3. Eiche und treue. 137 ebenso in air. derucceichel', eymr. derw plur. “eichen’, derw-en sing. nebst agall. Dervus ortsn. “Eichenwald’, abrit. Der- ventio ortsn., Dervacı nom. propr. und andern keltischen namen mit Derv- (vgl. Rhys Celtie Britain? 291, Holder alt-celt. sprachschatz 1, 1271f., Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 2%, 144, Brugmann grundriss 12 $ 382, 6 s. 340. $ 486 s. 445), in germ. *terw-a- als der basis von Ter- vingi und dem in der verbindung Matriblus] Alatervis enthaltenen personennamen (Brugmann grundriss 12 $ 382, 6 5. 340), ferner von aisl. tiara f., ags. teoru n., mnl. terre n., mnd. tere ter m. n. 'teer’ (vgl. oben s. 122), in lit. derva “kienholz’ und abulg. drevo ‘baum, holz’, russ. derevo ‘baum’. Schwerlich darf man hierher auch spätmhd. zirbe, zirbel “zirbelkiefer' und zirben zirmf.dass., die in bairischen und öster- reichischen quellen sich finden, mit mhd. zirbel-nuz und zirnuz “pinea” stellen, denn ansprechender, als diese von O. Schrader Bezzenberger’s beitr. 15, 285f. sprachvergl. u. urgesch.? 395. reallex. d. indog. altertumskunde 164. 241, Holder alt-celt. sprachschatz 1, 1270, Hirt Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 1, 478, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 71, Stolz histor. gramm. d. lat. spr. 1, 235, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altınd. spr. 124°f. und V. J. Petr Bezzenberger’s beitr. 25, 129f. vertretene wortdeutung, ist die ansicht Grass- mann’s deutsche pflanzennamen 213 und Heyne’s deutsch. wörterb. 3, 1445, dass das an mhd. zürbel m. "wirbel’, zirben - “sich im kreise drehen, wirbeln’, also denn auch an ahd. zerben ‘drehen’ und ags. tearflian “sich rollen, sich wälzen’ anzu- schliessende zirbel fem. vermutlich in erster linie den runden zapfen der fichtenart Pinus cembra L. bezeichnet habe, dar- nach übertragen auch den zirbelbaum selbst. Das zu gr. oro&yw “ich drehe’ gehörige orooßilog m. kreisel’, “wirbel, strudel’, dann “fichten- oder tannenzapfen, zirbelnuss’ und 138 I. Aus dem pflanzenreich. hiernach auch mit femininem geschlecht als baumname für „eine art fichte oder kiefer selbst“ gebraucht, so bei Plutarch und Dioskorides (vgl. Passow handwörterbh. 2°, 1570°, Pape- Sengebusch handwörterb. 23, 955°), unterstützt allerdings, wie Grassmann hervorhebt, seine deutung von zirbe, zirbel; ebenso auch gr. z@vo-g mase. “kegel’, “der kegelförmige kreisel’, dann ‘der kegelförmige zapfen der pinie, fichte, kiefer und ähnlicher bäume’ und endlich als feminin „auch der baum selbst“, neben zusragırrog, scirvs und wein bei Plut. mor. p. 640 e aufgezählt, also was in pleniloquenz 5) »0vog6oog bei Theophrast ist (vgl. Passo w a. a. o. 1°, 1880"). So lange nicht für zirbe, zirbel mittelhochdeutsche formen mit -rw- wirklich nachgewiesen sind, ist es mit Schrader’s ety- mologie äusserst schwach bestellt. 2. *doru- *doru- in aind. däru-nd-s “hart” und abulg. süä-dravü “gesund’, russ. z-dorovyj aus -*dorva; ebenso im dem neutrum aind. däru “holzstück’, avest. da"ru und gr. ddov mit homer. poet. dovodg, dovgi = att. Öogög, dogi gen. dat. aus *dooF-6ög, *ÖdogF-i, dazu auch nach Ahrens doög s.16 kret. doo@ “balken’ aus *dogF-« in der glosse Etym. M. 284, 11 dogd ' Ö£gue. Konres d2 zal vv doxdv, dem dann formal genau lit. darva “kienholz’ und lett. darwa “teer' ent- spricht (vgl. Meringer sitzungsber. d. kais. akad. d. wiss. philos.-hist. el. Wien 1892 bd. 125, 2, 23). 3. *dreu- in got. triggw-s “treu, zuverlässig’; ebenso in got. triuv n. “holz, baum’, aisl. tre, ags. treo, afries. tre, asächs. trio n. "baum, balken’. Über die erklärung der wortform von got. triggw-s, aisl. trygg-r, ags. ze-triewe ze-treowe, afries. briunve, as. triuawi, ad. gi-triui lehrt ganz unannehmbares Brugmann indog. forseh. 6, 100. grundriss 1? $ 373 anm. s. 331. Germ. *treun-a- in got. triggw-s und *treu-a- in got. triu stellen, wie mir scheint, 3. Eiche und treue. 139 dieselbe doppelspältigkeit der lautentwicklung dar, wie mit germ. -@- und -7- aisl. beggia gen. "amborum’, ags. awestsächs. north. beza (vgl. Sievers angelsächs. gramm.’ $ 324 anm. 1 8. 172) = got. *baddje einer- und anderseits got. bajops“beiderlei, beide’, ebenso aisl. anorw. Driggia “trium’, ahd. drio und ander- seits got. Drije. Die von Noreen altisl. u. altnorw. gramm.? $246, 1 anm.1 s. 138. abriss d. urgerm. lautl. 161 für aisl. Driggia gegebene erklärung, dass es analogiebildung nach fueggia sei „nach ausweis des got. Prije“, könnte nur dann befriedigen, wenn ausreichend begründet wäre, dass eben der gotische zustand mit twaddje und frije unbedingt zum ausgangspunkt zu nehmen sei, dass eine gleichmässigkeit der formentwicklung mit dem resultat entweder von got. twaddje und *hriddje = ahd. zweiio zweio, drio oder von got. *twaje und Prije nicht erwartet werden könne; wie Noreen seine in der ersten auflage der grammatik $ 225, 1 anm. 1 s. 93 ausgesprochene vermutung, dass „vielleicht“ auch beggia gen. erst nach tueggia neuge- schaffen sei, trotz got. bajops zurückgezogen hat, so wird er dies auch betreffs des Priggia trotz got. Prije tun müssen. Das ahd. drio aber, mit zirkumflex bei Notker, bei Tatian thriio (vgl. Graff althochd. sprachsch. 5, 240), stützt darum die annahme der ursprünglichkeit des aisl. anorw. Driggia, weil übertragung der länge von dem nom. acc. masc. ahd. dri auf ein *drio gen.—= got. Prije unwahrscheinlich sein würde in anbetracht des dat. drim, wo „im ahd. sicher kurzes i“, * bei Notker mit akut drin (Braune althochd. gramm.? $ 270 anm. 4. 197), wäre drio nach dri gebildet, so sollte man auch *drim als ebensolche neuschöpfung erwarten, und um- gekehrt hätte wol das vorhandene drim drin einem alten *drio im genitiv, wenn dies hier allein als erbform vorlag, wegen des parallelismus von gestim gestin : gestio zum schutz gereichen können; ahd. drio und aisl. Priggia identifiziert 140 I. Aus dem pflanzenreich. auch schon Kögel Paul-Braune’s beitr. 9, 544, hält dann aber unberechtigter weise das got. brije für unursprünglich, „viel- leicht beeinflusst von Prija = anord. priu“, während nach unserer theorie auch dieses got. Prija neutr. plur. eine seiten- form *priddja gehabt haben muss. Ebenso liegt uns ferner vor einerseits aisl. Frigg, Friggiar gen., ags. Friz, ahd. Fri(j)a als name der höchsten göttin, Ödin’s gemahlin, zu aind. priya “geliebte, gattin’ gehörig, und anderseits got. frijon “lieben, frijonds “freund’, ags. freon, freond, afries. asächs. friund, ahd. friunt. Und in einem solchen verhältnis von -%- und -i-form stehen dann auch zu einander ahd. fiant “feind’, fiiant Tat., vigandun Merseburg. zauberspr. 1, bei Notker zırkumflexversehen fient (vgl. Braune a.a. o. $ 117 s. 86, F. Hartmann laut- u. formen]. d. altgerm. dial. $ 170, 2d s. 306) und anderseits got. fijjands, indem schon Kluge etym. wörterb.6 108° richtig erkennt, dass die dem ahd. fiant völlig kongruente wortgestalt im gotischen ein *fiddjands sein müsste; anders hierüber, jedoch nicht überzeugend, Kögela. a.o. Für die paarung von -wu- und -w-, wie in unserm falle des got. triggw-s: triu, wird man nach Kluge Paul’s grundriss d. germ. philol. 12, 381, ohne mit ihm fälschlich daran zu denken, dass „der vorgermanische accent das auf- treten der verschärfung regelt“, anführen dürfen: ahd. ou “mutterschaf mit owwiti n. “schafherde’, owwist m. “schaf- hürde, schafstall’, mnd. owwe “mutterschaf’ neben spätahd. ewe nom. plur. “agnae’ gloss. Florent., ahd. ewit, ewist, ags. ewe eowu, eowod, eowf(o)de, eowestre, asächs. ewi f. “lamm’ mnd. ewe, aisl. @r "weibliches schaf’ und got. awepi, awistr, wo die von Kögel Paul-Braune’s beitr. 9, 530 noch verkannte spaltung des indog. *aui- von aind. dvi-s, gr. Öi-g oig, lat. ovi-s, air. or oe, lit. avi-s, abulg. ovi-ca in germ. *awwi- und *aui- mit Kluge auch Palander d. althochd. tiernamen 1, 3. Eiche und treue. 141 124 annimmt; ebenso aisl. haggua, ags. heawan, asäch. hau- wan, mnl. houwen, ahd. houwan "hauen’ = got. *haggwan neben got. hawi, ahd. hewi “heu', vgl. abulg. kova, kovati “schmieden’, lit. kduju, kduti “schlagen, schmieden, kämpfen’, lat. cü-do “ich schlage, klopfe, stampfe’. Die theorie Brugmann’s, womit dieser grundriss 1? $ 309, 2 s. 283. $ 373, 1 s. 373 die herrschende lehre, dass im urgermanischen -z- und -z- hinter kurzen, nach der germani- schen betonung haupttonigen vokalen die „verschärfung“ oder dehnung zu -&-, -wu- erfahren haben, ganz aus der welt schaffen will, indem er nachzuweisen versucht, wie in jedem einzelnen der vorkommenden -%- und -w-fälle die doppel- konsonanz etymologische begründung besitze, hat für mich nichts überzeugendes; gebilligt wird diese anschauungsweise zwar von Behaghel litteraturbl. f. germ. u. rom. philol. 1898 sp. 116f., verworfen aber auch von Hirt d. indog. ablaut $ 79 anm.s.35. Man kommt wol am weitesten mit der annahme dass im prinzip durchweg satzdoppelformen, so zu sagen forte- und pianoformen, sich entwickelt hatten, diese mit unverändertem -7- und -w-, jene die gestaltungen -%-, -uu- aufweisend, indem eine energischere hervorbringung des kurzen haupttonvokals, wie sie das emphatische sprechtempo der ge- hobenen rede mit sich bringen konnte, leicht eine vorausnahme der von haus aus exspiratorisch zur zweiten silbe gehörigen i- und «-artikulation unter den exspirationsstoss der ersten silbe im gefolge hatte. Dergestalt wäre, wie mir scheint, für das „schwanken der silbengrenze“, worin man nicht unrichtig die bedingungen des eintretens oder ausbleibens der dehnung sucht (Bethge laut- u. formenl. d. altgerm. dial. $ 115 s. 185), die psycho-physische ursache gefunden. Solmsen führt unters. z. griech. laut- u. verslehre 164 beachtenswerte gründe dafür an, dass eine verschiebung der druckgrenze oder silben- 142 I. Aus dem pflanzenreich. scheide unter dem einflusse starker exspiratorischer hervor- hebung der silbe im spiele gewesen sei, wenn nach dem bei Homer geltenden prosodischen brauche „kurze vokalisch schliessende silben in der hebung vor anlautendem u v 2 den charakter von längen annehmen konnten“, in der senkung aber bei hier nicht eintretender verstärkung und zugleich ver- längerung des exspirationsstroms die betreffende silbe nicht „positione“ lang werde: „in jug re u£yag re B 653 fiel die druckgrenze vor das anlautende u, in Ivuög de ueyag Lori B 196 in den laut hinein“ !). Dieser parallelfall mag es also stützen, dass wir in germ. *dadion gen. = aisl. beggia, ags. beza und *treuna-z = got. triggw-s "treu’ die wortformen erkennen, die dort sich bildeten, wo die ersten silben der in got. bajops und triu "baum enthaltenen stämme germ. *baia-, *treua- veranlassung hatten, in nachdrücklicherer weise ge- mäss den jeweiligen anforderungen der satzaccentuierung her- vorgebracht zu werden. Dass auch gr. d&vdoso-v "baum’ altes *dreu- enthalte, wagt man nicht zu bezweifeln. Aber schwierig ist die zwie- 1) Irrtümlich zieht Solmsen a.a.o. die „entwicklung von mhd. ge-no-men zu nhd. ge-nom-men* als einen analogen fall heran, sowie ähnlich auch Brugmann grundriss 1? $ 947 s. 817 von geminierten konsonanten in nhd. himmel, donner u. dgl. spricht. Diese „entwick- lung“ ist nur scheinbar eine solche: nhd. himmel, donner, sitte sind phonetisch in nichts verschieden von den entsprechenden mhd. formen himel, doner, site, die geminaten dort lediglich graphischer natur, nur der ausdruck für die vor einfacher konsonanz erhalten gebliebene kürze eines haupttonigen vokals, eine zeichengebung unserer schrift- sprache, welche bekanntlich daher gewonnen wurde, dass in fällen wie nhd. stimme, sonne, mitte = mhd. stimme, sunne, mitte die alte etymo- logisch berechtigte geminata anf den lautwert eines einfachen konso- nanten reduziert war, aber die historischen doppelschreibungen -mm- u. s. w. fortgeführt wurden. Vgl. Behaghel d. deutsche sprache 143f. Paul’s grundriss d. germ. philol. 1?. 716f. und Wilmann’s deutsche gramm. 1? $ 144 s. 187f. 3. Eiche und treue. 143 fache frage, was das dev-, in welchem man meistens ja eine reduplikation zu sehen pflegt, zu bedeuten habe, und sodann wie mit der vorliegenden formendreiheit d&vdoso-v und da- neben devdoo-» sowie devdoog neutr. fertig zu werden sei. Meringer sitzungsber. d. kais. akad. d. wiss. philos.-hist. el. Wien 1892 bd. 125, 2, 23 macht es sich leicht, indem er meint: „Dafür, dass der nom. in ältester zeit *dJor hiess, ist d&v-do-o-v ein beweis“; womit jedenfalls sehr bescheidene anforderungen an einen wissenschaftlichen „beweis“ gestellt werden. Die ver- gleichung des devdoo-v anderseits mit dem aind. dandd- m. n. ‘stock, stab, stamm, stiel’ (Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 25,52 anm. 1, Bartholomae Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 3, 175, Jak. Wackernagel altind. gramm. 1 $ 147 s.171, Brugmann grundriss 1? $ 575, 4 s. 524f,, Uhlen- beck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 120°, O.Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 835) ist auch zweifelhaft, wie Liden stud. z. altınd. u. vergleich. sprachgesch. 79ff. zeigt, welcher zusammenhang des altindischen wortes mit gr. d&)ro-g f. "schreibtafel’, lat. doläre "behauen, bearbeiten’ air. deil “stab, rute’, mhd. 202 “zylinderförmiges stück, knebel, klotz’, is-zolle “eiszapfen’ und weiterem wahrscheinlich zu machen sucht. Ich wage über d&vdosov, devdoos, dEvdgov keine weitere vermutung als die, dass sich mit einem *dosFo» "baum = got. triu ein begriffsverwandtes wort von anderer etymologischer _ herkunft, welehes den bestandteil dev- lieferte, verschmolzen habe. Man könnte etwa annehmen, dass in westosset. yüdä “baum, balken, holz, wald’, womit man, freilich nicht ganz ohne bedenken, aind. gada f. ‘keule’ —= javest. gada, phl. gat "keule’ zusammenbringt (Hübschmann etym. u. lautl. d. osset. spr. 32f. nach Wsewolod Miller, Horn grundriss d. neupers. etym. 278, Uhlenbeck kurzgef. etym. 144 I. Aus dem pflanzenreich. wörterb. d. altind, spr. 76°), indo-iran. gad- = indog. *gnd- enthalten sei, zu dem dann ein gr. devd- = Indog. *gend- die höhere ablautstufe gewesen wäre. Es hätte etwa ein altes *devdo-doeFo-» vordem im griechischen gegeben, eine wortkomposition mit tautologischem oder doch solchem verhältnis der beiden glieder, dass das vordere denselben be- griff kollektivisch vertrat, der im zweiten bestandteil als einzel- ding ausgedrückt war, eine zusammensetzung also wie ags. wudu-treo “waldbaum’, wo sich treco = got. triu mit ags. wudu — aisl. vidr “holz, baum, wald’, ahd. witu “holz', air. fid "baum, holz, wald’, eymr. gwydd‘bäume, wald, busch’ zusammenfügt; aus dem *devdo-dosFo-v aber wäre durch haplologie der- doe(F)o-v geworden. Auch könnte ja das anfangsglied *devdo- einen alten -es-stamm gr. *devdeo- — Indog. *gendes- ver- treten haben, sowie homer. eioo-z0uo-s, Kled-BovA0o-g, 0%UTO- töuo-c u. dgl. zusammensetzungen mit neutris auf -og sind (vgl. R. Schroeter quas formas nominum themata sigmatica in vocabulis compositis Graeeis induant diss. imaug. Lips. Coethen 1883 s. 15, Brugmann grundriss 2 $ 29 s. 49. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 1, 167). Im weiteren verlaufe der sprachentwicklung mochte d&vögeov, die bei Homer, Hesiod und Pindar allein herrschende form, die auch dem dialekt von Heraklea ausschliesslich verblieben zu sein scheint noch d£vdos«a, devdo£wv, Öevög£oıg tab. Herael. 1, 119. 129. 135. 142. 148. 172. 175, auf das neben ihm fort- bestehende simplex *d&vdog holz’ so einwirken, dass sich die form Ö£vdoog als kompromissgebilde ergab; dies d&vdoog auch noch gemein-griechisch, bei Herodot neben dem älteren dev- öogov im gebrauch, dann inschriftlich in epidaur. d&vdoeog gen. sing., d&vdgn acc. plur. neben d&vdosov acc. sing. Collitz’ samml. nr. 3339 z. 91. 92. 121, im attischen zur seite des noch Jüngern d£vögov, besonders im dat. plur. d&vdoesı üblich 3. Eiche und treue. 145 (vel. Kühner-Blass ausführl. gramm. d. griech. spr. 1°, 1, 505f.), aber auch für die homerische sprache mittelbar durch das abgeleitete adjektiv devdoneıs « 51. ı 200 bezeugt (Les- kien Curtius’ stud. 2,99, R. Schroeter.a.a.o. 29f., W. Schulze quaest. epicae 404 anm. 2). Endlich devögo-v ist eine sonder- schöpfung der attischen mundart, wenn man von dem zwei- maligen d&vdoo» bei Herodot 1, 193. 3, 107, wofür Bredow de dial. Herod. 252 gegen die überlieferung der codd. d&vdoso» herstellen zu dürfen glaubt (vgl. Kühner-Blass a. a. o. s. 505 nebst anm. 2), absehen darf. Das attische aber mag zu seinem devdoov entweder so gekommen sein, dass sich nunmehr auch Ö£evögeov und dErdgog gegenseitig beeinflussten, ersteres dem letzteren den ausgang -ov anstatt des -og zuführte, oder, was noch näher liegen dürfte, auf dem wege, dass zunächst statt der flexion *d&vögov» aus devögeov, gen. *devdooo, dat. *dev- do@ aus devdgeov, Öevödoew sich ein paradigma *devdgovv, devdoov, Ö£vöop mit accentausgleichung herausgebildet hatte, dies in derselben weise wie bei eövov, eiv@ statt *edvoo, *eivo zu eÜvovg, eövovv, bei regirhov, -@ zu seegischovg (verf.d. physiol. u. psychol. moment in d. sprachl. formenbildung 31£. zeitschr. f. d. österr. gymn. 1880 s. 59, Wheeler d. griech. nominalaceent 5, Brugmann grundriss 12 $ 1055 s. 964. Iw. Müller’s handbuch 23, 1, 154), zugleich aber wol unter mitwirkung der barytononbetonung der nebenher gehenden -es-formen devdgovg, devdge:, darnach dann zu devdgov, dEv- do der neue nom.-ace. sing. devögov sich einfand. 4. *drou- in gr. argiv. dooo-v “fest, stark’ Hesych. aus *00F-6-» und in aisl. traw-st sicherheit, zuversicht’, ad. mhd. mnd. tröst "zuversicht, vertrauen, trost', got. trausti "vertrag, bündnis’; dazu in dem griechischen eigennamen /g0Ö%#0g, wenn man ihn richtig zu dg00» “fest, stark’ bezieht, als mut- masslich entstanden „aus I/06F-vFog cf. Adur-vFog, Zuir- Osthoff, Etymologische Parerga. I. 10 146 I. Aus dem pflanzenreich. v#os“ (Fiek-Bechtel d. griech. personennamen? 104, A. Zimmermann Bezzenberger’s beitr. 25, 6). Ebenso indog. *drou- holz’ in &v6goıa' xagdia dEvögov zei rö u&cov Hesych. aus *&v-ÖgoF-ie, während in der glosse Evögvor' zugdia d&vöoov das kernholz’ noch deutlicher durch eine wortbildung mit dgv- zum ausdruck kommt (vgl. Ahrens deög s. 19 und oben s. 90). Hierher wol auch das gr. att. dooirn “hölzerne wanne, badewanne, mulde, trog, sarg’. Dessen zusammenhang mit ögv-, Ögög, Ödev hat man mit recht schon immer vermutet, ohne ihn formal näher begründen zu können, wie die aus- lassungen über diesen etymologischen fall bei Ahrens doög s. 19, Düntzer Kuhn’s zeitschr. 15, 45, Pott wurzel-wörterb. 3, 851, Meringer sitzungsber. d. kais. akad. d. wiss. philos.- hist. el. Wien 1892 bd. 125, 2, 23, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 79 und Stokes Bezzenberger’s beitr. 25, 255 zeigen. Vielleicht hilft zum ziele, dass man von einem kom- positum *doov-oir@ “holzgefäss’ ausgeht; das schlussglied *5ıra könnte das grundwort zu den deminutivisch geformten lat. si-t-ula f. “eimer zum wasserschöpfen’, "weinkrug', “urne zum losen, stimmurne’ und si-t-ella “lostopf, stimmurne’, wo- neben auch maskulines si-t-ulu-s, gewesen sein und weiter- hin wurzelhaft zu lat. si-nu-m n., si-nu-s m. "weitbauchiges thönernes gefäss, asch’ und zu lit. s-l-i-s m. "krippe und si-l-6 f. "trog, schweinetrog, krippe’, die aus dem dialekt der Memeler gegend bezeugt sind (Nesselmann wörterb. d. litt. spr. 465°”, Kurschat litt.-deutsch. wörterb. 373, Bezzen- berger lit. forsch. 168), lett. sile £."krippe, trog’ (Ulmann- Brasche lett. wörterb. 1, 257°. 2, 466°. 696®) gehören. Zum lautlichen wären mit att. dgoirn aus *dgo(v-o)ir@ einerseits oros “des ohres’ aus *ölvo)arög, dxron und axgo@uar aus *4x0(v0)«, *argo(vo)d@)oucı (Solmsen Kuhn’s zeitschr. 29, 3. Eiche und treue. 147 97. verhandl. d. dreiundvierzigsten versamml. deutscher philol. u. schulm. zu Köln Leipz. 1896 s. 154 = indog. forsch. anz. 6, 154. unters. z. griech. laut- u. verslehre 88, Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 33, 566f., Brugmann grundriss 1? $ 216 anm. Ss. 196. $ 1051 anm. s. 960. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 2°, 1, 50 $ 30), anderseits bezüglich der vokalkontraktion oder monosyllabischen zusammenfassung von -oi- zu -oı- att. oöc “schaf” = homer. öis aus *ölF)ı-s zu vergleichen. Mit dooirn wechselt in handschriften von Aischylos an, bei dem das wort zuerst begegnet, dgvrn ab; die o:-form ist zweifellos die ältere, allein herrschend im Mediceus des Aischylos, wo nur Choeph. 999 ein dgoirng mit übergeschriebenem v überliefert ist (vgl. Dindorf zu d. st.); deurn bildete eine spätere zeit leicht für deoirn in rich- tiger volkstümlicher erneuerung der wirklichen etymologie, diese nach doö-s und dov- wieder auffrischend. Die stammphase *drox- holz’ mag noch in manchen formen solcher sprachen enthalten sein, die, weil oder sofern sie indog. ou mit eu zusammenfallen lassen, eine bestimmte entscheidung, ob *drou- oder *dreu- vorliege, nicht gestatten. Also in aind. ved. droö-s, avest. drao-$ gen. sing. “des holzes’, aind. drö-na-m “hölzerner trog, kufe’ und dräv-ya-s adj. ‘vom baume kommend’; in den ebenfalls hierher gehörigen baltischen wörtern lit. drav-ı-s f. “wilder bienenstock auf bäumen im walde', lett. draw-a dass., preuss. draw-ine “beute, waldbienen- stock’ (Pott wurzel-wörterb. 3, 849, Fick vergleich. wörterb. 23,580, Berneker d. preuss. spr. 287, O. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde $8) und in lit. drav- "loch im baum zum nisten der vögel’, welches nebst dem dehnstufig ablau- tenden lit. dreve "waldbienenstock’ Leskien d. bildung d. nomina im lit. 270. 271 nicht richtig als primäre nominal- bildung ausgibt. Es würde merkwürdiger weise eine eu- 10* 148 I. Aus dem pflanzenreich. form, wie got. triw, das lett. drewe "baum, in dem ein bienenstock’ sein, dann aber auch wol lit. dreve “waldbienen- stock’ und die denominative verbalform in lit. dreveti aulius biezu “die bienenstöcke ausnehmen’ bei Leskien a. a. 0. 236, wenn man Berneker Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 10, 165 folgen dürfte, wogegen ich aber noch starke bedenken habe. 5. *drun- in aind. dhruv-d-s “fest, beständig, bestimmt, sicher, gewiss’ für *druv-d-s, avest. drv-0 "fest, gesund’, apers. durww-a ‘gesund’, preuss. druw-i und drww-i-s "glaube’; ebenso in aind. drıwv-dya-s "hölzernes gefäss, holzkasten der trommel’, avest. drv-aön-i-$ adj. hölzern, von holz’, gr. dev(F)-6g gen. sing. “der eiche’, dou(F)-ıwo-g adj. “eichen, von eichenholz’, Aev(F)-as "baumnymphe’, yegav-, ueicv- und d-, Ev-Ögvo-v, dx96-dgva (vgl. Meringer sitzungsber. d. kais. akad. d. wiss. philos.-hist. el. Wien 1892 hd. 125, 2, 23, Leo Meyer handbuch d. griech. etym. 1, 144), lat. trua f. (s. unten s. 163 ff.), abulg. drüv-a neutr. plur. ‘holz’, alban. dru f. "holz, baum, stange, pfahl, brennholz’ aus *druv-a, „dem slav. zunächst gleich“ (Gust. Meyer etym. wörterb. d. alban. spr. 75). 6. *drü- in hit. drüta-s “fest, stark’; ebenso in gr. doö-g “eiche', dor-uö-g “waldung’ und in aind. drü-na-m "bogen’, bal. drin "regenbogen’ (s. oben s. 103f.). Unter unsern wortbildungen, die den sinnlichen grund- begriff des holzes oder baumes zu der übertragenen bedeutung, dass sie das harte, feste u. s. w. bezeichnen, fortentwickelt haben, ist eine @-form, wie ht. dr«ö-ta-s, wahrscheinlich auch das lat. düru-s. Von seiner zurückführung auf ein indog. *dreu-ro-s oder *drou-ro-s wird man so lange absehen dürfen, als nicht durch künftige inschriftliche funde altlateinische ou- formen in der sippe dieses adjektivs zu tage treten, die den ansatz des grundsprachlichen *drö-ro-s, den allgemeine mor- 3. Eiche und treue. 149 phologische erwägungen zuvörderst allein nahe lagen, wider- raten. Hier wage ich auch den fall von ahd. träön, asächs. trüön, ags. trüwian und got. trauan "trauen, aisl. anorw. tria "glauben, trauen’, aschwed. tröa, aisl. anorw. trü-r adj. ‘treu, zuverlässig, sicher’, aschwed. tror einzureihen. Es ist freilich trotz vieler bemühungen um eine lösung der frage noch sehr umstritten, wie in diesem und in den ihm ähn- lichen fällen das verhältnis der sich entsprechenden wurzel- vokalisationen, westgerm. “, westnord. © und ostnord. d, got. au in vorsonantischer stellung, zu verstehen sei; vgl. Noreen abriss d. urgerm.lautl. $ 10, 1 8.32ff. und Brugmann grundriss 12 $ 374 anm. s. 3321. und die von beiden angeführte litteratur, dazu Bremer bei Solmsen stud. z. lat. lautgesch. 156f., No- reen altschwed. gramm. $ 121 8.113 und Bethge laut- u. formenl. d. altgerm. dial. $ 22 s.26. Mit A. Kock indog. forsch. 2, 332ff. und Streitberg z. germ. sprachgesch. 101. urgerm. gramm. $ 90 s. 74f. wird man jedoch für wahr- scheinlich halten dürfen, dass bei der in rede stehenden laut- entsprechung ein urgerm. @ zu grunde liegt; mit Streitberg ferner, dass solches @ auch vertreter eines indog. @ sei, welches letztere durch analogiewirkungsprozesse aus den ihm ursprüng- lich allen zukommenden vorkonsonantischen stellungen in vorsonantische geraten sei, indem z. b. das # in *düan —= got. bauan, aisl. büa, aschwed. boa, ags. buan, asächs. ahd. büan aus formen herstamme, die wie aind. d-bhüt und gr. &-pv aor., lit. biti und abulg. byti inf. beschaffen waren. Streitberg zieht nur den einen faktor in betracht, „dass die athematischen verba dieser art auf germanischem sprachboden in die the- matische flexion übergetreten sind“; aber es wird noch andere einflüsse, die in gleicher richtung wirkten, gegeben haben. Das verbum got. trauan, trauaida, aisl. trüa, ahd. trüen war 150 I. Aus dem pflanzenreich. niemals ein starkes oder wurzelverb, sondern sicher eins der denominativen intransitiva mit dem charakter indog. -&-, in der weise gebildet wie got. arman, armaida, ahd. ir-b-armen “misereri’ zu got. arm-s, ahd. arm adj. “elend, arm’, ahd. fülen faulen’, alten “alt werden’ zu fül, alt adj. und ähn- liche zustandsverba mehr (vgl. Braune althochd. gramm.? $ 369 s.260 und Brugmann grundriss 2 $ 781, 3 s. 1131), darunter ein altes beispiel auch got. ana-silan, lat. silere von einem zu erschliessenden adjektiv indog. *si-lo- "zur ruhe ge- kommen’ (s. oben s. 68). Wir dürfen auch zuversichtlich in diesem got. trauan, aisl. trüa, ahd. träen dieselbe alte in- transitivbildung im sinne von “fest sein, sich fest auf etwas verlassen’ sehen, wie in preuss. druw-i-t “glauben” mit druwe 3. sing. praes. ind. “glaubt’, dem regelrecht ein hit. *druv-e-ti zu entsprechen hätte, vgl. preuss. turrit : ht. twreti, preuss. milijt,, mile : lit. myleti u. dgl. mehr (Berneker d. preuss. spr. 137. 213). Das führt also dazu, den germanischen verbal- stamm *trü-@- als das substitut eines älteren *iruw-@- = preuss. druw-7- aus indog. *druu-e- zu betrachten: dies de- nominative intransitivum war von dem alten adjektiv indog. *drun-0- fest’ = aind. *drwvd- (dhruvd-), avest. drva-, apers. duruva- ausgegangen. Ja, das adjektiv aisl. anorw. tr&-r, aschwed. trö-r aus germ. *trü-a-z mag selbst nur der reprä- sentant des nämlichen indog. *druu-o-s “fest” mit dem ersatz von -uu-durch -@- sein. Und dieser ersatz nun könnte, ver- mute ich, der einwirkung des voraussetzbaren stammnomens germ. *rü-z "robur, firmitas’ = gr. doö-g zuzuschreiben sein, also dass füglich germ. *trü@- in got. trauan, aisl. trua, ahd. trüen und *trüa-z = aisl. anorw. trü-r analogische neuschöpfungen gewesen wären, die ganz auf gleicher linie mit gr. dovog gen. sing. bei Hesiod op. 436 stünden, wenn dies sein ö von Öoö-s nom. hat gegenüber älterem und laut- 3. Eiche und treue. 151 gesetzlichem dovsg (Gust. Meyer griech. gramm. $ 341 8. 442, vgl. auch W. Schulze quaest. epicae 397). !) Es gibt demnach, wie wir sehen, mehr zeugnisse für das vorkommen des langen vokals @ bei dem alten baumnamen *dereu- als das einzige gr. dgö-g nebst dgv-uö-g. Diese länge für „speziell griechische neubildung“ auszugeben, wie Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 25, 52 wollte, war schon bisher bedenklich und geht jetzt vollends nicht mehr an; dass zu ihrer erklärung ein dehnstufiges „idg. dr@us zu erschliessen“* sei, braucht man Hirt d. indog. ablaut $ 772 s. 151 nicht zu glauben. Natürlich aber verhält sich deö-g fem. zu doov, dov-, aind. däru, dru- genau so, wie aind. asita-jnü-s fem. “mit dunkeln knien’ AV.12,1, 21 zu janu, jnu-, gr. yowv, yvv- (vgl. Joh. Schmidt a.a. 0.53). Die zuweisung dieser dod-g, -jNu-s zum genus femininum mag sehr wol etwas 1) Es mag vielleicht noch in ein paar weiteren fällen ein altes wurzelnomen auf -z- als die quelle angesehen werden, von der aus antesonantisches @ sich einem zugehörigen verbum im germanischen mitgeteilt hat. Sicher denominativ muss ja aisl. bria ‘eine brücke bauen’ = aschwed. bröa sein. Ist das stammnomen aisl. brıt f. “brücke’ identisch mit ags. br f. 'augenbraue’, also denn auch mit aind. bhru-s und gr. ögeö-s, vgl. abulg. brüvt “braue’ und ‘trabs, pontieulus’ (Fick vergleich. wörterb. 2?, 622, verf. morphol. unters. 4, 214ff, Bugge Paul-Braune’s beitr. 13, 505, Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 31, 336, Noreen abriss d. urgerm. lautl. 82. 153), so könnte das in aisl. und ags. brü zu grunde liegende germ. *örü-z “braue’, “erhöhter rand’ = aind. bhrü-s das @ des verbums aisl. briüa, aschwed. broa ebensowol wie der mit übertritt zur #-deklination entstandenen obliquen kasus aisl. briar gen. sing., bria gen. plur. = aschwed. bröar, broa (danach auch im nom. sing. aschwed. und adän. brö für *brz, vgl. Kock indog. forsch. 2, 335) geliefert haben. Mit aind. bhu-s f.“weltraum, erde, land’, ‘raum, ort, platz’ wird vielleicht nicht unrichtig aisl. by-r m. “dorf, ge- höft’ identifiziert, so von Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 2042, auch wol von Noreen, indem er altisl. u. altnorw. gramm.? $ 68,5 s.46 ohne nennung des sanskritworts byr aus *bz-R mit R- umlaut erklärt; die flexion mit byiar gen. sing. und noch andern formen 152 I. Aus dem pflanzenreich. sekundäres, nämlich durch die sonst herrschende vorliebe zur charakterisierung des feminins durch stammvokalische längen bedingt gewesen sein (vgl. Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 31, 341, Wackernagel altind. gramm. 1 $ 82 s. 93), bei dgö-g im griechischen aber ausserdem selbstverständlich durch das üblich- werden des weiblichen geschlechts für die baumnamen im all- gemeinen. Nach schol. Aristoph. nub. 401 war dgö-g bei den Peloponnesiern maskulin, „was gewiss das ältere ist“, meint Ahrens doög s. 16, und was auch Delbrück vergleich. syntax 183 s. 92f. für die frage der ermittelung des ursprünglichen genus unseres wortes in erwägung zieht. Daneben ist das holz des baumes oder genauer der eiche nach der ansprechenden vermutung des letzteren gelehrten vor alters durch das neu- trum gr. ddov, aind. daru, avest. da"ru bezeichnet worden. (vgl. Noreen a. a. 0. $ 106 anm. 3 s. 67. $ 324 anm. 3 s. 172) kann gänzlich jung sein. Wol möglich auch, dass sich aus dem geschlechtigen germ. *dn-z — aisl. by-r, aind. bhr-s frühzeitig neutrales *oz im allge- meinen sinne von ‘bau, wohnung’ abzweigte, nämlich aisl. ags. bi, asächs. ahd. mhd. bü, das ahd. und mhd. nebenher zum mase. nach der weise mancher suffixlos gewordenen abstraktbildungen wurde und in diese bewegung das synonyme und von gleicher wurzel entsprossene mhd. bür neutr. und masc. —= ahd. asächs. bür unbestimmbaren geschlechts, mnd. bür n. und ags. aisl. bür n. “wohnung” hineinzog (V. Michels zum wechsel d. nominalgeschlechts im deutsch. 1, 42f.); vorher könnte in urgermanischer zeit das neutrale *0z-ra-n den ursprung des neutrums *5n neben und an stelle von *d@-z = aisl. by-r veranlasst haben. Von bau hätte denn füglich noch eher, als gemäss Streitberg’s vorschlage aus unthematischen verbalformen ä la gr. &-gv, aind. d-bhüat, die im germanischen nieht nachweisbar sind, unser zeitwort bauen sein vor- sonantisch stehendes ö durch vokalische ausgleichung bekommen, und soweit got. bauan, aisl. anorw. biia, aschwed. böa, ags. biian, asächs. büan und büön Cott., ahd. püan und büen auf ein abgeleitetes verb zurückgeht, das mit einem wurzelhaften in mehreren dialekten sich mischte, würde der verbalstamm des zustandsverbs germ. *dn@- auch, ganz wie bei got. trauan u. s. w., eine frühere stammgestaltung mit -uu-, also ein indog. *bhuu-e-, abgelöst haben. 3. Eiche und treue. 153 7. *dru- in air. dron "firmus’ aus *dru-no-s, ags. trum “fest, stark, kräftig’ aus indog. *dru-mo-s und in den kom- positen npers. duru-st "stark, hart, rauh, grob’ und duru-st “gesund, ganz, vollständig’ (s. oben s. 123ff.), afränk. tru-sti-s “zuverlässigkeits-, treueverhältnis’, “gefolgschaft’, mhd. ge-trüste ‘schar” (s. oben s. 131£.), aind. dru-nasd-s “mit klotziger nase’, dru-päda-s, -padi "klotzfüssig’, air. drui “druide’ aus *dru- wit-s "fort sage’ und galat. Sov-v£uerov, gall. Dru-talos (s. oben s. 133ff.); ebenso in aind. dru- m. n. “holz, geräte aus holz’, dru-md-s baum’, dru-n-i "wassereimer’, dru-na-m “bogen’, “schwert’ (s. oben s. 102), in den kompositen aind. dru-ghand-s “holzkeule’, dru-padd-m "holzsäule, pfosten’, dru-säd- “im holze, auf dem baume sitzend’ u. a., su-drü-s "starkes holz, tüchtiger balken’, hari- und indra-dru-s (Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 25, 53), avest. hrvr-dru-S adj. “mit furcht- barer holzwaffe (keule oder spiess)’, darsi-dru-s “mit starker holzwaffe versehn’, in gr. homer. dgv-uc plur. “gehölz’ nebst den kompositen gr. dov-röuo-g holzhauer’, dov-rerrig “auf dem baume gereift’, deu-paxro-s holzverschlag’ u. a., abulg. drü-kolü "keule, knittel’, aisl. trog n., ags. nnl. ahd. trog mnd. troch m. “trog’ aus indog. *dru-ko-m, *dru-ko-s “hölzernes gefäss’ (8. oben s. 103). Unser trog scheint zuerst Ahrens doög s. 19 auf das alte dru- zurückgeführt zu haben; es als wortbildung mit dem sekundärsuffix -ko- anzusehen, ist wol jetzt allgemein herrschende anschauung (vgl. Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.° 399°, Franck etym. woordenboek d. nederl. taal 1033, Holder alt-celt. sprachschatz 1, 1270, Meringer sitzungsber. d. philos.-hist. el. d. kais. akad. d. wiss. Wien 1892 bd. 125, 2, 23, Wilmanns deutsche gramm. 2? $ 275, 2 s. 367 und O0. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 236). Ebenso über trog Stokes Bezzenberger’s beitr. 25, 225. zeitschr. £. celt. 154 I. Aus dem pflanzenreich. philol. 3, 468f., der vielleieht recht hat, die basis indog. *dru-k(o)- auch im keltischen vertreten zu sehen, nämlich in air. drochta "fass, tonne, kufe’ und air. drochat und droichet drochet "brücke’. Diese letzteren wortformen sollen composita mit den schlussbestandteilen urkelt. *-(p)onto-s und *-(p)nto-s “weg’ sein, die in entsprechung von gr. zövro-s, lat. pons, abulg. pati "weg’, armen. hun “furt, übergang’, aind. panthäs “pfad, weg, bahn’, avest. panta panta “weg’ und anderseits ST. zraro-c, preuss. pinti-s "weg’, aind. pathi-, path-, avest. pap- mutmasslich aufgestellt werden, aber erwünschter wäre, wenn die von einheimischen irischen etymologen gegebene erklärung aus *droch-set (vgl. Windisch ir. texte mit wörterb. 503°), die Stokes ablehnen zu müssen glaubt, in dem punkte sich halten liesse, dass hier das näher zur hand liegende air. sct “weg’ = got. sinb-s als endglied zu suchen sei. Zu unserm trog besteht im aisl. das deminutiv Zrygill m. “kleiner trog, kleine mulde’ (Fick vergleich. wörterb. 33, 118), und damit muss man meines erachtens, jedoch unter voraus- setzung der ursprünglicheren bedeutung “kleiner baum’, das ahd. -trugil in hart-trugil "sanguinarius arbor’, mhd. hart- trügel, nhd. hartriegel m., dem namen zweier strauchpflanzen von hartem holze, des “ligustrum vulgare’ und der “cornus sanguinea’, identifizieren. D.h. die von Weigand deutsch. wörterb. 13, 768 und von Lexer mittelhochd. handwörterb. 1, 1190 vertretene formerklärung, dass dies ahd. -trugil von trog abgeleitet sei, würde trotz Bugge Paul-Braune’s beitr. 13, 509 im wesentlichen, nämlich nur mit preisgebung der motivierung „tröglein, rinne, wol weil man das holz zu röhren braucht“, aufrecht zu halten sein. Bugge, der einleuchtend hier das etymon des franz. troene m. "ligustrum vulgare’ gefunden hat (so auch schon derselbe Romania 3, 159, vgl. dazu O.Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 458), meinte ein „urgerm. 3. Eiche und treue. 155 *rugila-s aus *trunwila-s, vorgerm. *drwwilo-s“ aufstellen zu müssen, indem ihm „schwed. try masc., mundartl. tryg, tryd “Jonieera xylosteum’, auch ‘ligustrum vulgare’“ auf indog. *druui- zurückzuweisen schien. Aber nach freundlichen mit- teilungen Noreen’s (Upsala, 4. und 13. märz 1901) hat das schwed. ir, das drittens auch ‘viburnum opulus’ bedeutet, - das ferner „in älteren wörterbüchern bis 1807 mit einer ein- zigen ausnahme immer als neutrum aufgeführt wird“, auch mundartlich heute noch neutrum ist, seinen ursprung vielmehr in der pluralform zu aschwed. tr@ n. "holz, baum’, die der zu aisl. anorw. tre im nom.-ace. plur. bestehenden seitenform tri6 (vgl. Noreen altisl. u. altnorw. gramm.? $ 298 anm. 2 s. 162) entspricht; und ähnliches habe von den dialektformen schwed. tryg, tryd zu gelten. Wenn Bugge mit seinem ahd. -trugil = indog. *druuilo-s recht hätte, würde man konse- quenterweise auch ?rog, anstatt es auf jenes grundsprachliche *Aru-kö- zurückzuführen, zunächst der wortbildung des gr. -Ögvo- in &-, Ev-Ögvo-v, yegav-, uehav-Ögvo-v anzuschliessen haben. Mit dem germanischen lautwandel von vu in uz, den man für ahd. jugund, asächs. juguth, ags. geogud und einige andere fälle annehmen zu müssen glaubt, ist aber zur zeit noch schlecht zu operieren, so lange die bedingungen des betreffenden vorgangs, die Bugge vergeblich klar zu stellen versuchte, im dunkeln sind (vgl. Kluge Paul’s grundriss d. germ. philol. 12, 350, Wilmanns deutsche gramm. 12 $ 116, 2 s. 145, Noreen abriss d. urgerm. lautl. $ 43, 3 s. 153, Brugmann grundriss 12 $ 374, 1 s.332, Bethge laut- u. formen!. d. altgerm. dial. $ 116 s. 186). t) 8. *dra- oder *drü- in armen. tram ‘fest’ aus urarmen. *truram (s. oben s. 113.). 1) Unser hartriegel hat wol nach erfolgter volksetymologischer um- deutung analogie gewirkt, indem darnach zaun- und stein-riegel, vielleicht 156 I. Aus dem pflanzenreich. Noch andere stammphasen als die hier vorgeführten zeigt gelegentlich das nomen indog. *dereu-, doch sind dieselben, z.b. ein *drru- in maked. dagv-A4o-g “eiche Hesych. und air. daur f. "quereus’ aus urkelt. *daru-s, daro dara gen., mir. dair, darach gen., eymr. corn. dar “eiche, steineiche’, ein *dru- in aisl. tyr-r “föhre‘, tyrue “kienholz', in wörtern von der begriffsart hart, fest, stark, so viel man bis jetzt sieht, vielleicht von einer einzigen sogleich (s. 157) zu erwäh- nenden ausnahme abgesehen, nicht vertreten. Von jenem *drru- würde, wie ich hier beiläufig bemerke, auch das lat. larix “lärchenbaum ausgegangen sein, wenn diese jetzt sehr im schwang befindliche etymologie, die man mit oder auch ohne annahme eines mundartlichen, nämlich sabinischen lautwandels von d zu 2 rechtfertigen zu können meint (vgl. Stokes Bezzenberger’s beitr. 9, 88. Fick’s vergleich. wörterb. 24, 147, Stolz Iw. Müller’s handbuch. d. klass. altertumswiss. 22, 292 $ 49. histor. gramm. d. lat. spr. 1, 235 $ 227, O. Schrader Bezzenberger’s beitr. 15, 286. sprachvergleich. u. urgesch.? 395. reallex. d. indog. altertumskunde 164. 241, Wharton transac- tions of the Philol. Society 1889 s. 325, Holder alt-celt. sprachschatz 1, 1241, Hirt indog. forsch. 1, 478, Johansson indog. forsch. 2, 2, Conway indog. forsch. 2, 157. 166, Lind- say-Nohl d. lat. spr. 327, Ceci nuovo contributo alla fonist. del lat. Roma 1896 s. 40 und V. J. Petr Bezzenberger’s beitr. 25, 129f. 136), unbedingt glaubhaft wäre, was ich aber noch bezweifeln möchte. Die lautgestaltung der griechischen formen mit dem i-vokalismus doiog “gebüsch, diekieht, plur. dei« macht schwierigkeiten, die auch ich ungelöst lassen muss. Eine auch wwald-riegel als pflanzenbezeichnungen gebildet sind; der zaun-riegel deckt sich in der bedeutung “ligustrum vulgare’ mit hartriegel. Vgl. (Grassmann deutsche pflanzennamen 39. 158. 3. Eiche und treue. 157 neuere auffassung, die Meringer sitzungsber. d. philos.-hist. el. d. kais. akad. d. wiss. Wien 1892 bd. 125, 2, 23 und Per Persson wurzelerw. u. wurzelvar. 224 anm. vertreten, will, dass man hier mit „ursprünglich verschiedenen wurzel- oder stammvarlanten“, also mit einem dem *dr-w- von alters her parallel gehenden indog. *dr-i- operieren solle; aber das ist auch recht bedenklich, und dooirn, welches man in demselben sinne, es also in do-oi-zn zerlegend, zu verwerten geneigt sein könnte, ist nur eine scheinbare stütze, wenn die von uns oben s. 146f. gegebene erklärung oder eine dieser im prinzip ähnliche zulässig erscheinen dürfte. Der fall des ögios ist aber darum für uns erwähnenswert, weil das formal hier sich anschliessende öois‘ duvauıg Hesych. wieder in die sphäre unserer metaphorischen übertragungen hineinfällt und von Ahrens doög s. 19 seite an seite mit dem argiv. do00v “stark” aus *d00F0-v auf die alte baumbezeichnung zurück- geführt wird. Kommen etwa doch Savelsberg dig. 51, Wharton etyma graeca 157 und Prellwitz etym. wörterb. 79 dem wahren sachverhalt am nächsten, indem sie dolos in einem *doF-iog wurzeln lassen? D. h. wäre eine jod- ableitung in der form indog. *dru-iio- als alte satzdublette zu einem *dru-io- sowol wie auch zu einem durch die aisl. tyrr und Zyrue (s. oben s. 156) vertretenen *dru-(i)io- entsprechend zu rechtfertigen, wie aind. mr-iyd-te “stirbt” neben *mr-io-, *mr-ie- in avest. miryeite, lat. morior und ähnliche erschei- nungen, worüber näheres bei mir z. gesch. d. perf. 434. 628 und Brugmann grundriss 12 $ 282, 2 s. 265, und also dann das hesychische dois aus emem indog. *dru-ı-s? Oder ent- hält die auffassung anderer gelehrten, wie Gust. Meyer’s griech. gramm.? $ 29 s. 68. $ 92 s. 155 und Fortunatov’s Kuhn’s zeitschr. 36, 36f., die in dem go: von deiog Ögie, giov cı“- “bergspitze’, dila “wurzel’ eine griechische sondergestaltung 158 I. Aus dem pflanzenreich. des sonantischen ” sehen, einen richtigen kern und wäre als- dann doiog dem germ. *turw- in aisl. tyrr “föhre’, tyrue “kien- holz’ im ablaut zunächst stehend? Wenn &» dgı@vac‘ doouog rragsEvwv &v Aazedaiuovı Hesych. richtig als eig devdg@vag verstanden wird (M eineke zu Theoer. p. 326, Mor. Schmidt zu Hesych. gloss. d 2408. & 2835), wird auch dies dow@vag zunächst auf öolog beruhen, denn die erklärung aus *dge(F)övag ginge nicht an, weil bei digammaausfall entstandenes eo nicht dem sonst diese vokalverbindung im lakonischen und in andern dorischen dialekten treffenden wandel in io unterliegt, wie Solmsen Kuhn’s zeitschr. 32, 538 ff. zeigt. Eine erux etymologorum ist auch lett. düris und fem. düre “ein in einen waldbaum gehauener bienenstock’, “holz- gefäss aus einem stücke. Es gehört trotz Zubaty Bezzen- berger’s beitr. 18, 254 jedenfalls hierher. Es „scheint mit drawa, lit. dravis, drave, dreve |s. oben s. 147f.] zusammenzuhangen“, bemerkt Leskien d. bildung d. nomina in lit. 437f. 440 und nimmt die suffixformen -rja- -ri- und -re für du-ri-s, dü-re an. Ist beides richtig, so wäre wol dissimilatorische ent- stehung aus *drü-ri-s, *dru-re zu vermuten, also ein ent- sprechender vorgang wie bei lat. düru-s aus *drü-ro-s. Das u in duris aber müsste die bekannte urindogermanische mo- nophthongierung des langdiphthongen du zu 5 in vorkonso- nantischer stellung sein, also ein solches balt. «, wie man es in den fällen wie lett. ga, lit. “ga “beere’: lat. @va, lett. slita, lit. szlöta‘besen’, szluti “fegen, kehren’: lit. szlav-iax praet., lat. cloväca clozca heute zu sehen pflegt; vgl. Streit- berg indog. forsch. 1, 276ff. z. germ. sprachgesch. 31ff. und Brugmann grundriss 1? $ 223,2 s. 204. Aber wahrschein- licher als Leskien’s herausschälung der r-suffixform dürfte doch sein, dass in lett. dur-i-s, dur-e der bestandteil dür- wurzelhaft sei und der dehnstufenform entspreche, die man 3. Eiche und treue. 159 auf griechischem boden besonders in eigennamen mit /wg- vertreten findet, in böot. und ther. /wei-uayog, rhod. Awoı- gpdvns, rhod. arkad. Swor-zAng, in dem sizilischen ausdruck für den wilden eber «oy&-dwgo-g, eigentlich „trotzespeer“ (Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 36, 267£.), die eventuell auch der landschaftsname /wegis, wenn wirklich seine ursprüng- liche bedeutung “Holzland, Waldland’ war, enthält; vgl. W. Schulze quaest. epicae 514 und Solmsen unters. z. griech. laut- u. verslehre 182 anm. So über lett. dire auch bereits Joh. Sehmidt Kuhn’s zeitschr. 32, 338. pluralbild. 196, dessen heranziehung der vokallänge von aind. därw aber natürlich für den verwerflich ist, der diese sanskritform genau dem gr. Ödov gleichsetzen zu müssen glaubt. Wie mir scheint, können gr. Swgı- und -dwgeo-c in doye-dwgo-gs wol auf *AwoF-ı-, *-ÖwoF-o-g zurückgebracht werden, ebenso ywv- in dem zu yövv, yvv- gehörigen dehnstufengebilden yuria und zei-,rerod-ywvo-s,lak.y@vog Hesych. (vgl. Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 25, 50. 32, 338, Meringer sitzungsber. d. philos.-hist. el. d. kais. akad. d. wiss. Wien 1893 bd. 125, 2 s. 18.19. 22, Buck Amer. journal of philol. 17, 465 und Hirt d. indog. ablaut $ 522 s. 119) auf *yw»F-; eine wirkung des kürzungsgesetzes ist nicht zu erwarten, wenn die alte silben- trennung *Jw-guı-, *-do-guos und *y@-vuog war, sowie auf grund der darlegungen Solmsen’sa.a.o. 180ff. die mutmass- liche entstehungsweise der lautformen von S&vog, 600g öoos, 'z0lös die war, dass für sie zur zeit des nochbestehens des di- gamma die aussprache S&-vuog, 6-guog, za-Juög galt. Auch in lett. dür-i-s, dür-e ist wol ein -v- untergegangen, hier vermutlich lautgesetzlich in der maskulinen stammform *duru-ia-, wenn, wie man glauben darf, die an lit. placzös, pläczaı gen. dat. sing. fem. adj. = aind. prthuyas, prthvyai ersichtliche regel der interkonsonantischen »-ausdrängung vor jod (vgl. verf. 160 I. Aus dem pflanzenreich. Paul-Braune’s beitr. 8, 281. z. gesch. d. perf. 454, Brugmann grundriss 12 $ 384 s. 341) unbedenklich auch fürs lettische in anspruch zu nehmen ist. In lett. duri-s und düri nom. und acc. sing. dann auf dem wege der analogiewirkung von *duria-; desgleichen in lett. dire, insofern dies wol erst die feminine hinzubildung zu duri-s masc. war, denn obwol das suffix balt. -@- bekanntermassen in postkonsonantischer stellung aus *-- entwickelt ist (Brugmann grundriss 12 $ 315 s. 289, Leskien d. bildung d. nomina im lit. 264, Ber- neker d. preuss. spr. 163), so muss doch dies lautgesetz des wegfalls von jod vor palatalen vokalen hinter konsonanten früher gewirkt haben, als das des «-schwundes in placziös aus *platwios, wie die existenz der femininbildungen, die -wo- aus *-u-j0- bei vorhergehendem konsonanten enthalten, zeigt, lit. gerve lett. dferwe, lit. kalve, lett. dfelwe, lit. smärve aus *smard-ve und lit. gatve, semätve, preuss. artwes u. a. (vgl. Leskien.a.a. o. 348f. 564f.). Der maskuline nom. und acc. sing. lett. duri-s, duri an stelle von *durwi-s, *dürwi nach den kasus wie gen. sing. dura aus *dürwja neugebildet, das ist die ausgleichung in umgekehrter richtung, wie bei lett. burwja gen. sing. statt *bura nach burwi-s nom. "zauberer’ oder im litauischen nach Brugmann grundriss 12 $ 384 s. 341 „formen wie gen. sg. &'szvio, kirvio, zu nom. Wszvi-s “schwiegervater’, kirvi-s“axt'. Eine bestätigung dieser theorie ergibt der fall des lett. zirwi-s “beil, axt’ =|it. kirvi-s, in- dem hier das lettische nach beiden seiten hin ausgeglichen und das doppelparadigma von zirwi-s, zirwja und ziri-s, zira (vgl. Ulmann-Brasche lett. wörterb. 1, 350°. 2, 110°) gewonnen hat, offenbar auf grund einer älteren einheitlichen flexion mit zirwi-s nom. und zira gen. sing. — lit. kirvi-s, *kirio. Die verdrängung der zu den «- adjektiven lit. platu-s, saldu-s zu erwartenden formen des nom. sing. fem. *platv-, 3. Eiche und treue. 161 *sal(d)v-ı durch platı, saldı nach massgabe von placzos pläczai, saldzös saldsai (verf. z. gesch. d. perf. 454, Brugmann a. a. 0.) ist übrigens im prinzip ähnlich der hier angenommenen entstehungsweise der maskulinformen lett. düri-s und ziri-s. Dass in den griechischen mundartlichen eigennamenformen Jwot-ueyo-s, Awoı-zing ein *AwoF-ı- stecke, deutete fragend auch W.Schulzea.a.o.an. Dagegen war Meringer.a.a.o. 19. 22 betreffs yovie, roi-ywvo-s, lak. y@voo geneigt, nicht *ywvF-, sondern *ywv- zu grunde zu legen. Es ist mir äusserst frag- lich, ob es überhaupt bei unserer alten baum- und holzbezeich- nung und bei dem alten worte für “knie’ irgendwelche zu- gehörige formen gegeben habe, die von haus aus des suffixalen oder meinetwegen auch einen integrierenden teil der mehr- silbigen basen indog. *dereu(o)-, *geneu(o)- bildenden -u-, -u- ermangelten; zur anerkennung mehrformiger stammbildung ist hier allzu wenig zwingender anlass vorhanden. Es ist ein in semasiologischer hinsicht merkwürdiges er- gebnis, zu welchem diese untersuchung, indem sie durch Ahrens und Grassmann gewonnene, aber von der sprach- wissenschaftlichen forschung bisher meist vernachlässigte ety- mologische erkenntnisse tiefer begründet, uns führt. Dass im neuhochdeutschen treu, trauen, trost und trog, sowie das aus dem niederdeutschen entlehnte teer, im englischen true getreu, wahr, echt’, to trow "trauen, glauben, meinen’, trust “vertrauen, _ zuversicht” als skandinavisches lehnwort, auch to trim “zu- richten, putzen, schmücken’ und tree "baum, schaft’, tar “teer’, auf baltischem sprachboden preuss. druwi, drwwi-s "glaube ’, lit. drüta-s "stark, fest’ und preuss. drawine, lit. drav-s, lett. drawa “waldbienenstock’, lit. derva “kienholz’, lett. darıwa “teer” wurzelhaft zusammenkommen sollen, das sind dinge, die wie etymologische märchen klingen mögen. Aber habent Osthoff, Etymologische Parerga. I. 11 162 I. Aus dem pflanzenreich. sua fata vocabula. Die bindeglieder, durch welehe die so weit auseinander gegangenen einzelbedeutungen am letzten ende, nach rückwärts ins dunkel der ursprachlichen wort- schöpfung verfolgt, ihre verknüpfung finden, sind, wie ich hoffen darf, zur genüge aufgedeckt. Anhangs- oder exkursweise bespreche ich noch ein paar einzelne punkte, die mit dem hauptgegenstand dieser abband- lung in loserer verbindung stehen, aber geeignet sind, das bild von der geschichte des altindogermanischen wortes für das “hartholz’, die “eiche’ zu vervollständigen. Dass für die lateinische sprache der lautwandel von ur- sprünglichem dr zu tr gilt, haben Wharton etyma lat. 125. 131 und nach ihm Thurneysen Kuhn’s zeitschr. 32, 562ff. (vgl. oben s. 135) wahrscheinlich gemacht, wenn auch einige der von ihnen unter diesen gesichtspunkt gebrachten beispiele zweifelhaft sind und eine andere etymologische beurteilung zulassen oder erheischen; auch Lindsay-Nohl d. lat. spr. 330 und Brugmann grundriss 12 $ 764 a. s. 678, sowie neuerdings Stolz Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 2, 89f., erkennen lat. tr aus dr an.') Wenn also das urlat. 1) Dass dr im latein zu tr wird, leugnet neuerdings Lagererantz Kuhn’s zeitschr. 37, 177, indem ihn dabei die rücksicht auf das schwierige alte glossenwort andruare ‘sich bewegen, springen, hüpfen’ leitet, das er nach dem vorgange anderer zu aind. drävati “läuft, eilt’ stellt. Aber das gebäude von verwickelten konstruktionen, welches dieser ge- lehrte a. a. o. 157 ff. errichtet, um die alleinige echtheit der form andruäre darzutun, die auch vorkommenden fruant, antroäre, redantruäre, amp- truavit als verderbnisse zu erweisen, macht kaum einen verlässlichen eindruck, und auch die verwertung des andruäre zur etymologischen aufhellung des mlat. italien. andare, span. port. andar, prov. anar, a. a. 0. 172ff., hat nichts überzeugendes. Der fall des frühzeitig mehr oder weniger unverständlich gewordenen terminus aus der alten kult- sprache der Salier behält nach wie vor den charakter der unsicherheit, den Thurneysen und Lindsay an ihm fanden, und wer etwa be- 3. Eiche und treue. 163 *drü-ro-s nicht durch die zur geltung gelangte liquidendissi- milation frühzeitig zu daru-s geworden wäre, hätten wir statt des letzteren ein lat. *räru-s zu erwarten. In der form tr«- haben wir somit auf lateinischem boden das indog. *dru- “holz, baum’ sonst zu erwarten, und ich glaube, wie bereits oben s. 148 angedeutet, es in lat. frua finden zu dürfen. Dass geräte und gefässe aus holz durch das nomen indog. *deru- *doru- *dru- selbst oder durch ableitungen daraus bezeichnet werden, davon sind uns ja im vorhergehenden beispiele genug begegnet. Ein bisher noch nicht erwähntes haupten wollte, dass fruäre sich regelrecht an das aind. drävati an- schliesse, dass aber irgend ein alter grammatiker, Verrius Flaceus oder sonst einer, die schreibung andruäre aus etymologischem gelüste, mit rücksicht auf gr. dvadoauerv, aufgebracht habe, der könnte mit solcher vermutung der wahrheit ebenso nahe kommen oder ihr ebenso fern bleiben, wie Lagererantz mit seinem hypothesengewebe. Ich hatte den lateinischen lautwandel fr aus dr meinerseits vor jahren selbständig beobachtet und mir dafür ausser näher liegenden beispielen, wie faeter taetro- : taedet, unter anderm auch den fall des lat. tristi-s notiert: dies dürfen wir, wie mir scheint, vielleicht zu abulg. dresüku "tristis’, dreselüö und drechlü “oxv$omads, morosus’ stellen. Das lateinische wort wäre also vielleicht aus *drins-ti-s entstanden, bliebe jedoch auch als form ohne einstigen nasal, die ursprüngliches 7 oder ei enthielt, den slav. dresükü u. s. w. mit nasalinfix wol vergleichbar. Was Pedersen Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 5, 56 mit tristis einerseits und mit abulg. dresikiz anderseits, diese nicht unter sich wurzelhaft zusammenbringend, zu kombinieren wagt, nämlich ags. äriste, asächs. thristi, ahd. dristi "verwegen, dreist’ dort, lit. drasü-s “dreist, _ mutig’, gr. Soaov-s, aind. dhrsmü-s hier, scheint mir mit dem in tristis und abulg. dresükü liegenden grundbegriffe schlechterdings nicht ver- einbar; die gleiche betrachtungsweise begegnet bei Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.° 82b. 389 unter dreist und tapfer und bei demselben nomin. stammbildungsl. d. altgerm. dial.? $ 233 s. 110, sowie ferner bei Noreen abriss d. urgerm. lautl. 232 und T. E. Karsten studier öfver de nordiska spräkens primära nominalbildning 2, 81, die ihrerseits zu tristis und unserm dreist auch ags. ärestan “klemmen’ und aisl. Prysta “hart drücken, pressen’ beziehen zu dürfen glauben, auch dies ohne aus- 45 164 I. Aus dem pflanzenreich. ist aind. därv-i-s, darv- f. “löffel’, darv-d- dass., dieses auch in pürna-darv-d-m n. “die zeremonie mit dem vollen löffel’; vgl. Grassmann wörterb. z. rgv. 580, Collitz Bezzenberger’s beitr. 2, 300, Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 25, 50 und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 122°. 124°. So könnte, meine ich, auch lat. trua f. "rührlöffel, kelle’ sich hierher stellen. Für dieses besteht die von Fick Bezzen- berger’s beitr. 1, 335 (vgl. auch Pott wurzel-wörterb. 2, 1, 295 und G. Curtius grundzüge d. griech. etym. 222f.) aufgestellte reichende stütze von seiten der bedeutungen. Zu der slavischen wort- familie von dresükt weiss Miklosich etym. wörterb. 50° keine aus- wärtigen beziehungen anzuführen; was Fick Kuhn’s zeitschr. 21,4 dazu stellt, lit. drumisti "trüben’, drumstas "bodensatz, hefe’ und ags. drüsian “to become languid, sluggish’, ahd. trüren “trauern’, weicht im wurzel- vokalismus von den slavischen formen ab. Es mag aber wol dıesen und dem von uns damit kombinierten lat. tr7sti-s sich aus dem griechi- schen dgzav-s ‘scharf, durchdringend, stechend’ aus *dos0-uv-s anschliessen. Dieses Öozud-s wird ja sporadisch auch, wie das lat. tristi-s 'finster aus- sehend, finster gelaunt’, ‘grimmig, zomig’, “betrübt, traurig’ ganz ge- wöhnlich, vom finstern, zornigen blick gebraucht, doia® 8/&£rreıw Aristoph., Ögiud dnoßlhenew, dvooäv, Öolud Blhtuua bei späteren; anderseits be- zeichnet trrsti-s bei lateinischen dichtern im sinne von “widerlich, herb’ gelegentlich geschmacksempfindungen, tristes suci Verg., tristia absinthia Ovid., tristis sapor Ovid., und solche des geruchs, tristis anhelitus oris Ovid., ebenso gr. doiwv-s vom geschmacke bitter, herb’, u«#6s Aristot., olvos Lucian., ähnlich bei Xenoph. und Theophr., und vom geruche bei Aristoph., Xenoph., Aristot. Vereinzelt merke man noch so spezielle berührungen im gebrauche, wie zwischen dorwvs dldorme "strenger, un- erbittlicher rachegeist’ Aeschyl. und der tristis Erinijs Verg., den tristes soröres als bezeichnung der Parzen Tibull. „Die tristitia zeigt sich im finstern aussehn“ oder ist „die trauer als finsterer sinn, die finsterkeit“, nach Tegge stud. z. lat. synonymik 311 und Ferd. Schultz lat. sy- nonymik’? 12. 150, und ähnlich wird von Döderlein lat. synon. u. etym. 3, 235f. bemerkt, dass „tristitia nicht eigentlich in einer nieder- geschlagenheit, in welcher das unangenehme den menschen mürbe gemacht hat, sondern mehr in einer art grimm und trotz gegen das unangenehme besteht.“ Gegen die Wharton-Thurneysen’sche lautregel hatte Stolz 3. Eiche und treue. 165 und bei Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.® 306’, von Bradke zeitschr. d. deutsch. morgen]. ges. 40, 352, Wharton etyma lat. 108, Ernault m&m. de la soc. de linguist. 8, 148, Solmsen stud. z. lat. lautgesch. 163 und ©. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 122 wiederkehrende etymologie, dass es mit gr. rogdvn “rührkelle’ und aisl. Puara f. “quirl’, mhd. twirel twirl “ball, rührlöffel, quirl’, ahd. dweran“ drehen, rühren’ wurzelhaft zu verbinden sei. Vielleicht spricht aber der all- gemeinere wortsinn des fruau mehr zu gunsten meiner auf- an früherer stelle, histor. gramm. d. lat. spr. 1, 327, noch bedenken, haupt- sächlich wegen des lat. guadru- neben quattuor. Ich halte dieses quadru- und quadräginta für keine stichhaltigen einwurfsmomente. In quadra- ginta handelte es sich nicht um die lautgruppe indog. -fr-, sondern um das davon verschiedene indog. -tur- : quadräginta aus *"quatorä-ginta wie das entsprechende dor. ion. reresxovra aus *rerfo@-zovra; die inlauts- gruppe -fur- wurde zu urlat. -*dvr- erweicht, und als aus letzterer das -v- ausfiel, war ursprüngliches -dr- schon in der richtung nach -tr- hin alteriert. In der kompositionsform guadru-, vor nichtlabialen quadri-, quadru-pes neben quadri-dens, sieht man allgemein den reflex des avest. capru-, des gall. petru- in Petru-corius und des gr. rov- in rov-yalsıa; so Fick Bezzenberger’s beitr. 1, 64f. vergleich. wörterb. 1*, 23. 382, G. Curtius grundzüge d. griech. etym.? 488, Gust. Meyer griech. gramm.? $ 400 s. 500, Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 25, 44. 46f., Jak. Wackernagel Kuhn’s zeitschr. 25,283, von Bradke zeitschr. d. deutsch. morgenl. ges. 40,354, 0 sth offmorphol. unters. 5,77,Meringersitzungsber. d. kais.akad.d. wiss. philos.-hist. cl. Wien 1892 bd. 125, 2, 24, Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 31, 412, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 329, Brugmann grundriss 1? $ 279, 2 s. 260. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 2°, 1, 212, Hirt d. indog. ablaut $ 24 s. 13 und Fortunatov Kuhn’s zeitschr. 36, 47. Ich glaube das jetzt eben des in quadru- erscheinenden -dr- wegen verwerfen zu müssen. Setzt man quadru-pes und gr. rero«-zovs auch hinsichtlich der form der vorder- glieder genau einander gleich, so geht guadru- auf ein urlat. *quadvra- aus *quatorä- zurück, wie gr. reroa- auf *rerfoa-. In voreinzelsprach- licher zeit haben beide formen, *g(e)tru- = avest. capru-, gall. petru-, gr. rov- und *getwro- = gr. reroa-, lat. guadru- quadri-, neben einander bestanden (ähnlich Fortunatov a.a. 0.). 166 I. Aus dem pflanzenreich. fassung. Denn es bedeutet nicht nur “rührlöffel, kelle’, son- dern daneben auch “abzugsröhre, die gosse, den rinnstein für schmutzwasser in der küche’, trı.a quo in culina lavatrinam aquam fundunt, wenn so bei Varro 1.1.5, 118 nach Spengel’s berichtigung des textes (ähnlich Otfr. Müller frua qua e culina in lavatrınam zr).) zu lesen ist; der rinnstein aber war eben wol ursprünglich von holz, eine “art hölzernen troges, worein das ablaufswasser gegossen werde’, demgemäss wie das ahd. trog neben “alveus’ auch die bedeutungen “col- lectaculum’ und “canalis, rinne, röhre’ aufzuweisen hat (Graff althochd. sprachsch. 5, 504f., Weigand deutsch. wörterb. 13, 768, Lexer mittelhochd. handwörterb. 1, 1190 s. v. harttrügel). Lat. trua also könnte, auf ein indog. *druuä zurückgehend, formal mit abulg. dräva neutr. plur. und alban. dru fem. sing. holz’ genau übereinkommen (s. oben s. 148). Zu trua gehört im latein notwendig trulla f. “kelle, schöpfkelle, rührkelle’, “maurerkelle’, “kellenförmige feuer-, pechpfanne’, 'nachtbeeken’; dazu weiter die in noch auffallen- derer weise unserm deutschen trog begrifflich nahe tretenden lat. trull-eu-m und trull-iu-m “vertieftes längliches geschirr, becken, waschbecken’, trull-io dass. Diese formen hatten die basıs trüll- mit länge des v nach dem zeugnis ihrer descendenz im romanischen sard. trudda und span. ital. trulla, vgl. Gröber Wölfflin’s archiv f. lat. lexikogr. 6, 134 und Körting lat.-roman. wörterb.?2 sp. 883 s. v. truella. Schon allein die also bestehende quantitätsdifferenz hindert die nach Varro a. a. 0. allgemein übliche auffassung des trülla als eines demi- nutivs zu trüa; als solches hätte eben auch nur das von Varro versuchsweise zur erklärung des trülla aufgestelite truola gebildet werden können, bezw. bei einer deminuierung zweiten grades das nur einmal, bei Scaevola dig. 34, 2, 36, bezeugte truella. Sicher ist dies letztere nicht die „urspr. 3. Eiche und treue. 167 form“, wie Georges handwörterb. 27, 2912 will, sondern es macht ganz den eindruck einer umprägung des tralla zum verkleinerungsworte neben trua. Es sollnach Gröbera.a.o. auch für truella länge des u durch franz. truelle kelle, maurer- kelle” und neuprovenz. truelo wahrscheinlich sein, was dann ein hinweis mehr darauf wäre, dass „tra-ella* von trülla ausgegangen sei, nicht umgekehrt. Aber F. Neumann be- lehrt mich, dass die quantitätserschliessung „träella* auf grund jener romanischen formen doch zweifelhaft sei; Gode- froy belege in seinem altfranz. wörterbuch mehrere male afranz. troelle bezw. troielle, also mit o, und dies würde auf vurgärlat. trüella hindeuten; das verhältnis des ö in nfranz. truelle zu jenem o sei unklar, das neuprovenz. trwelo höchst wahrscheinlich nur lehnwort aus dem französischen, daher denn in dieser frage auch nichts beweisend. Für die frage der etymologischen herkunft aber kommen auch kaum einige spätgriechische wörter ın betracht, die öfters, wie von Pott wurzel-wörterb. 2, 1, 295f., Vanicek griech.-lat. etym. wörterb. 288. 291, Prellwitz etyın. wörterb. d. griech. spr. 328 und Lagererantz Kuhn’ zeitschr. 37, 163, zu lat. trua und truella, trülla bezogen werden, nämlich rouiin oder rovjing mase. "gerät zum umrühren, rührkelle’ bei Lucian und andern spätern, rounAlig dass. in rounlic' Counrgvorg Hesych. Es scheint, dass das nur gräzisie- rungen des lat. truella sind, die so zu stande kamen, dass anlehnung in der wurzel an das verbum gr. rgio “ich reibe auf und angleichung im suffix an echt griechische werk- zeugsbezeichnungen auf -7;77, wie Sun "schabmesser, schnitz- messer’, zwßr/n "nadel’, statt fand. Und das dor. rovrka' rogbyn Hesych. (vgl. Lobeck pathol. serm. Graeci proleg. 110) mag wol die spuren weiterer verwitterung durch volksetymo- logische prozesse an sich tragen, indem es dem verbum zourrav 168 I. Aus dem pflanzenreich. ‘bohren’, zu dessen bedeutung es sich ja nur ungenau fügt, von der ins lateinische zurückgehenden form reuij/ia aus angenähert sein dürfte. Was nun im besondern das lat. tralla anbetrifft, so ver- mute ich ursprung desselben aus *trun(o)lä, demgemäss wie üllus bekanntlich aus *an(o)lo-s hervorging; von gutem mor- phologischem takt geleitet, stellt bereits Lindsay-Nohl d. lat. spr. 128 unser trzlla in eine reihe mit üllus, n-üullus, so- wie mit vzllum aus *vin(o)lo-m, corolla aus *corön(o)la, stella aus *stor(o)la, stilla aus *stir(o)lä zu stir-ia, mit formen also, die, von deminutivischer bildung, hinter langem vokal -Il- haben infolge davon, dass diese geminata assimilatorisch nach vokalsynkope aus zusammenstossendem n oder r und folgen- dem 7 entstanden war. Das stammwort von trülla wäre demnach ein urlat. *tra-na oder *trou-nd gewesen, d. ı. die in femininform vollzogene substantivierung des alten stoff- adjektivs mit -no-, dessen reflexe wir auch in den altindischen wörtern dro-na-m n.“hölzerner trog, kufe’ und dru-n-t"wasser- eimer , drü-na-m n. bogen’ erkannt haben (oben s. 101ff.). Da in der lateinischen form das @ ebenso wol einen der alten diphthonge indog. eu und ou als auch ursprüngliches # ver- treten mag, lässt sich nicht bestimmen, ob das dem tralla zu erunde liegende *tra-na im vokalismus der ersten silbe dem aind. drö-na-m oder aber dem aind. drü-na-m bogen’ und bal. drin “regenbogen’ aus indog. *dra-no-m (s. oben s. 103f. 148) zunächst stehe; dieselbe mehrdeutigkeit also, wie bei dem “# des lateinischen adjektivs daru-s (s. oben s. 148.) Die frage der herkunft und urbedeutung des indog. *derw *doru- *dru- erhält dureh unsere untersuchung augen- scheinlich auch eine förderung. Seitdem A. Kuhn in seiner zeitschr. 4, S6f. aind. daru, ww. dru-, gr. ö6ov, doö-g, dev- u. 8. w. der wurzel der- von aind. 3. Eiche und treue. 169 drnäti“birst, spaltet sich’, gr. d&ow, got. ga-tairan “zerreissen‘, abulg. dera "ich schinde, zerreisse’, lit. derti “sechinden’ zuge- wiesen hatte, ist diese etymologie nicht wieder, wie doch längst zu wünschen gewesen wäre, von der bildfläche ver- schwunden; z. b. wiederholen sie noch Fick vergleich. wör- terb. 1%, 68. 235. 454f., Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 72. 78f. 80, Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 2*, 147 und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 147”. kurzgef. etym. wörterb. d. altınd. spr. 124”f. 129°. Wir dürfen jetzt wol mit grösster zuversicht behaupten, dass eine baumbezeichnung, welche sich in fast allen indogermanischen sprachen so fruchtbar erwies zur schöpfung daraus abgeleiteter wörter von der begriffsart fest, stark, hart, ursprünglich keinem baume, der durch die spaltbarkeit seines holzes auffiel, zu- gekommen sein hann. Man hätte hier überhaupt auf alle wurzeletymologie verzichten und sich lediglich an das von Ahrens befolgte verfahren halten sollen, der deög s. 18f. „den grundbegriff dieses kreises“ zu erfassen sich bemühte, „ohne weiter nach einer verbalen wurzel zu suchen“. Aber welche besondere baumart wurde denn an- fänglich durch unser wort bezeichnet? Hirt Brugmann-Streit- berg’s indog. forsch. 1, 477f. versuchte zu begründen, dass lit. derva "kienholz’ und aisl. tyr-r “föhre’ sowie die von ihm auch nach OÖ. Schrader, aber mit fraglicher berechtigung, herangezogenen mhd. zirbe, zirbel “zirbelfichte’ und lat. larız “lärche’ (vgl. oben s. 137f. und s. 156) dem urbegriff näher stünden, als gr. doö-s, maked. d«ovi)og und air. daur mit ihrer bedeutung “eiche’, „dass wir dem stamm dru- die bedeutung “fichte’ für die idg. urzeit beizulegen haben“, ja „dass die fichte der verbreitetste baum, der baum zur’ 2$oyrjv war“. Für diese ansicht lässt Hirt besonders die aind. deva- daru und pitu-daru, „beidehoch im Himalaya wachsende fich- 170 I. Aus dem pflanzenreich. tenarten“, sprechen. Das ist ungefähr ein schluss von der gleichen güte, wie wenn jemand aus fichten-baum oder saft-baum, harz-baum (vgl. Brugmann ber. d. philol.-hist. el. d. kön. sächs. ges. d. wiss. Leipz. 1900 s. 396) entnähme, dass nhd. baum ausser seiner allgemeinbedeutung auch die gattungsbegriffliche von “fichte’ habe. Eher hätte Hirt nach Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 3, 595 und A. Kubn a.a.o. 85 beachten sollen, dass im sanskrit das einfache däru nach der angabe eines indischen lexikographen auch “erz’ oder “bronze’ be- deutet, dass ferner, wenn es zwar ganz vereinzelt auch als simplex für die devadäru-fichte gebraucht vorkommt, diese indische fichtenart sich doch durch ihr hartes holz aus- zeichnet im gegensatz zu der kiene, lit. derva, aisl. Zyr-r, tyrue, die „gerade sehr weiches holz hat“ (A. Kuhna.a. o.). Ebenso wenig wie die alte wurzeletymologie, die das der- “spalten” heranzieht, lässt das Hirt’sche ausgehen von der srundbedeutung “fichte, föhre’ mit der unbezweifelbaren tat- sache, dass jene vielen das ‘feste, starke, harte’ ausdrücken- den adjektivbilungen hier ihren urquell gehabt haben, sich vereinigen. Es ging hand in hand, wenn Grassmann deut- sche pflanzennamen 116f. wörterb. z. rgv. 595 in bezug auf die alte holz- und baumbezeichnung *dereu- klar erkannte, ihre übertragung „auf besonders harte hölzer (wie doög die steineiche)“ sei „um so natürlicher, da der grundbegriff des altindischen wortes dru- (baum), däru (holz) nachweislich der des erharteten ist“, und wenn derselbe forscher dann in seinem rgveda-wörterbuch auf drei unserer adjektivbildungen, nämlich aind. darund-s, lat. deru-s und lit. drüta-s, aufmerk- sam machte, die derselben „wol aus dar erweiterten wurzel *darv, oder mit ausstossung des a, *dru in der bedeutung “hart sein, erharten’“ entsprossen seien. Gegen Hirt’s standpunkt aber ist noch eins geltend zu 3. Eiche und treue. 174 machen. Der von OÖ. Schrader Bezzenberger’s beitr. 15, 289 gegebenen erklärung des aind. dhinva “bogen’, dass sein ur- sprünglicher sinn „bogen aus tannenholz“ bei verwandtschaft mit unserm tanne gewesen sei (vgl. oben s. 102f., ablehnend aber Holger Pedersen Kuhn’s zeitschr. 36, 82), hält Hirt indog. forsch. 1, 482 entgegen, „dass tannenholz kaum zur bogen- bereitung tauglich ist“, dagegen „aus jungem eichenholz lassen sich sehr wol bogen schnitzen“, weshalb man von der für ahd. tanna neben “abies’ bestehenden bedeutung "quereus’ auszugehen habe; mit recht, und Schrader selbst findet reallex. d. indog. altertumskunde 241 diesen sachlichen einwand einleuchtend. Dasselbe argument dürfen wir dann aber jetzt wider Hirt’s ansicht, dass “fichte, föhre’ die „besondere baumart, welehe mit dru- bezeichnet wurde“, gewesen sei, verwerten, nachdem wir auch das alte *drü- als quelle einer bezeichnung des bogens kennen gelernt haben, des im indo- iranischen weiter verbreiteten skr. dra-na-m, npers. duruna, bal. drin (s. oben s. 102ff. 148. 153.). O0. Sehrader, gegen den Hirt seine hier kritisierten bemerkungen richtete, hat anfangs auf dem boden der an- schauung gestanden, die wir hier als die allein richtige zu erweisen suchen: in seiner schrift über „thier- und pflanzen- geographie im Jichte der sprachforschung“ Berlin 1883 (Virchow- Holtzendorff’s sammlung gemeinverständl. wissensch. vorträge ser. 18 heft 427) s. 20 scheint ihm „die ursprüngliche be- - deutung “eiche’ die wahrscheinlichere zu sein“, die verwen- dung ihres namens in der bedeutung holz’ aber lehre, dass in der vegetation der indogermanischen urheimat die eiche eine ausserordentliche rolle gespielt habe, womit in gutem einklang stehe, dass die eiche gern als der „urbaum“ Europas, der mutmasslichen urheimat der Indogermanen, bezeichnet werde. Später aber hatte dann Schrader, sprachvergl. u. 172 I. Aus dem pflanzenreich urgesch.? Jena 1890 s. 394f., sich dafür entschieden, dass bei *deru- *doru- *dru- die allgemeine bedeutung baum’ die älteste gewesen sein müsse, aus der sich im europäischen frühzeitig die geltung “eiche’ als nebenher bestehende entwickelt habe. Und hiervon wiederum ist Schrader ganz neuerdings, reallex. d. indog. altertumskunde Strassburg 1901 s. 164. 935, wol eben durch Hirt’s polemik veranlasst, zurückgekommen, indem er in betreff des ursinns der weitverbreiteten sippe von aind. daru u. s. w. nunmehr skeptischer weise urteilt, dass es sich kaum mit sicherheit entscheiden lasse, „welche der drei in ihr wiederkehrenden bedeutungen “baum’, “eiche’, “fiehte’ die ursprüngliche ist“. Für "baum’ aber, also im sinne der zweiten phase der von Schrader durchlaufenen dreigestaltigkeit der denkweise, hatten auch mehrere der älteren sprachforschergeneration angehörende gelehrte, wie eben Ah- rens doög s. 19, ferner G. Curtius grundzüge d. griech. etym.’ 238f., Pott wurzel-wörterb. 3, 852 und Grassmann deutsche pflanzennamen 116f., sich entschieden; mit ihnen gehen H. Möller Kuhn’s zeitschr. 24, 467f., Wagler „die eiche in alter und neuer zeit“ gymnasialprogr. Wurzen 1891 s. 3f. und Delbrück vergleich. syntax 1 $3 s. 92. Gegen eine solche anschauungsweise aber besteht zu- nächst noch immer der einwand von allgemeinerer art, den Schrader thier- u. pflanzengeogr. 20 geltend zu machen wusste: „dass gewöhnlich die allgemeinere bezeichnung aus der speziellen, nicht umgekehrt, hervorgeht“. Eben dies lehrt uns ja eine fülle von erfahrungen, die in den verschiedensten sprachen namentlich auch heutiger unzivilisierter naturvölker hinsichtlich der entwicklung der bezeichnungen der „gattungs- begriffe* und der sogenannten „sonderbenennungen“, der aus- drücke für das einzelding oder auch die der gattung unter- geordnete art, zu machen sind; man vergleiche, was ich 3. Eiche und treue. 173 suppletivwesen 78ff. im anschluss an Sayce, Jespersen und Usener über diesen punkt ausgeführt habe. Besitzen die ureinwohner von Tasmanien in ihrer sprache „kein äqui- valent für den ausdruck baum, anderseits dagegen je einen besonderen namen für jede spielart des blauen gummibaums, der akazie und anderer baum- und pflanzengattungen* (verf. a.a.0. 79), so dürfen wir nach dieser analogie doch wol unbedenklich schliessen, dass die Indogermanen, wenn bei ihnen ein und dasselbe wort bald die “eiche’, bald den ‘baum’ im allgemeinen bezeichnet, wahrscheinlicher von der ersteren zur letzteren bedeutung fortgeschritten seien, als umgekehrt. Jedoch auch das wird man getrost noch behaupten dürfen: wenn der von uns in weiterem umfange nachge- wiesene uneigentliche gebrauch des *dereu- zur versinnlichung der eigenschaftsbegriffe hart, fest, stark, derb dagegen spricht, dass eine baumart von weicherem holze, wie etwa die fichte, unter dem alten wort ursprünglich verstanden gewesen sei, so legt derselbe umstand auch einigermassen dawider zeugnis ab, dass hier baum überhaupt oder holz als die grundbedeutung anzuerkennen sei. Mit diesem all- gemeinbegriffe verbindet sich nicht durchaus untrennbar und notwendig die nebenvorstellung des harten u.s.w. da es ja unter den holzgewächsen erhebliche abstufungen des grades ihrer härte und festigkeit gibt, die als solche auch dem natur- menschen zum bewusstsein kommen. Es ıst denn auch, wenn schon vielleicht kein ganz unerhörter, so doch jedenfalls ein verhältnismässig seltener fall, dass derartige adjeetiva, wie im deutschen baumartig oder holzig, hölzern, lat. arboreus oder ligneus, lignösus, gr. devdgnöng oder Sulaöng, Sukızös, Sukıwog, den übertragenen sinn von hart, fest erlangen. Man mag etwa unser holzig und dessenältere nebenform holzicht in diesem betreff als ein beispiel nennen, von früchten können 174 I. Aus dem pflanzenreich. wir ja sagen, dass sie holzig, d.ı. so viel als“durus, nervosus‘, seien, vgl. „holzichte rüben, rettige, wenn sie ein hartes, dem holze ähnliches fleisch haben“, auch die erklärung „holz- ächtig, hert wie holz, dem holz geleich, lignosus“ bei Maaler (Adelung gramm.-krit. wörterb. d. hochd. mundart 2?, 1273, Grimm-Heyne deutsch. wörterb. 4, 2, 1774 und Heyne deutsch. wörterb. 2, 195); essbaren früchten gegenüber, die im normalzustande sich durch ungewöhnliche zartheit und saftig- keit des fleisches auszeichnen, mag eben wol jedes holz, auch ein solches von keiner besondern härte, als fest und nervig oder trockenhart erscheinen. Aber unser hölzern und engl. wooden figürlich für “steif, unbeholfen, Iinkisch, plump’, ebenso gr. Zulıwos für 'steif’ in späterer poesie (Passow handwörterb. 25, 386”), das ist schon wieder von verschiedenem genre, in eine andere richtung der begriffsübertragung wei- send, und noch wieder anders lat. ligneus als 'saftlos, dürr’ vom körperbau hagerer frauenzimmer bei Lucrez und Catull (Forcellini-de Vit lex. 3, 762%, Georges handwörterb. 27, 578f.). Dagegen strömen sofort die analogien des von uns an dem indog. *dereu- beobachteten metaphorischen bedeutungs- wandels in reichlicherer menge zu, wenn man das augenmerk auf stoffadjeetiva richtet, die aus benennungen bestimmter bäume oder einzelner baumgattungen mit notorisch starkem, festem, hartem holze oder auch aus einer spezifischen bezeichnung der harten holzart selbst abgeleitet sind: hier haben wir das lat. röbus-tu-s zu röbur "eichenkernholz’, hier zu unserm hage- oder hainbuche “weissbuche' das adjektiv hagebüchen, auch hain-, haim-, hahn- und hahnebüchen, als bildliche bezeichnung des strammen und derben, groben, knorri- gen, handfesten’ in volkstümlicher rede (vgl. Adelung gramm.- krit. wörterb. d. hochd. mundart 22, 902, Weigand deutsch. Eu 3. Eiche und treue. 175 wörterb. 13, 747, Grimm-Heyne deutsch. wörterb. 4, 2, 140. 174f., Heyne deutsch. wörterb. 2, 12, Paul deutsch. wörterh. 198°), auch nnd. westfäl. habaüken mit derselben metapher und als gegensatz zu espen adj. im sinne von “schwächlich, vor schwächlichkeit zitternd’ (Woeste wörterb. d. westfäl. mundart 88°); mit ebensolcher begriffsentwicklung ferner jene gr. zrgiv-wo-s und zreiv-böng zu -roivo-g “immergrüneiche’, opevöduv-ıwo-s zu opevdauvo-g 'ahorn’, die wir oben s. 9Sf. 106f. näher betrachteten. Bei Cato r. r. 34, 2 ist lat. mäterinus im sinne von holzartig, hart, fest’ überliefert, wie man wenigstens nach Turnebus advers. 21,25 in dem ausdruck terra mäterina das adjektiv als „dura, solida, et prope lignea* erklärt (vgl. Schneider script. rei rust. 1, 92, Forcellini- de Vit lex. 4, 64° und Georges handwörterb. 27, 733); hier ist das grundwort mäteries, da es ja “bauholz’ in erster linie und “holz zum zimmern’ der etymologie gemäss bedeutete (verf. festgruss an Roth 126ff.), natürlich auch der vertreter fester und harter holzarten, solcher, die als material zum bauen vermöge ihrer festigkeit und dauerhaftigkeit sich eignen. Die namen der so beschaffenen holzarten bieten sich in den formen der davon abgeleiteten adjecetiva zur verwendung im metaphorischen ausdruck ebenso bereitwillig dar, wie es etwas geläufiges in unsern sprachen ist, dass stoffadjek- tive, die von den bezeichnungen der harten und festen me- talle kommen, tropisch und zugleich artadjektivisch (s. oben s. 104ff.) das harte, feste, starke als eigenschaft anderer konkreter gegenstände und ferner als seelische und geistige qualität, z. b. tadelnd von gefühlloser härte des herzens, lobend von männlicher festigkeit der gesinnung gebraucht, versinn- lichend darstellen, im deutschen unsere ehern, eisern, stählern, im latein aenu-s, ferr-eu-s, im griechischen ya@4x-e0-g, oLdrg- €0-c, auch gr. döauavr-ıvo-s und lat. adamant-inu-s, ada- 176 I. Aus dem pflanzenreich. mant-eu-s, diese meist zwar in der poetischen rede, jedoch einige darunter auch in der prosa ganz üblicher weise. Des- gleichen ist, zum unterschied vom holz im allgemeinen, der stein unter allen umständen ein wolgeeignetes bild für den sprachlichen ausdruck der härte, daher sich auch steinern und lat. lapid-eu-s, sax-eu-s, gr. Au$-&öng im dieser über- tragenen gebrauchsweise finden, des königs steinern herz bei Uhland im einklang mit lapideum cor Enn. bei Fest. p. 163a, 33 Müll. und xz&ao zoayb Jı$odes re Plat. Theaet. 194 e. Es wächst also, meine ich, auch von dieser seite die wahrscheinlichkeit, dass bei der für unser indog. *dereu- ge- gebenen wahl zwischen “eiche’ und “baum im allgemeinen’ man sich für das erstere als die ursprüngliche geltung des wortes zu entscheiden habe. Es steht das griechische stoff- adjektiv dev-ıvo-g “eichen, von eichenholz’ gegenüber den ungefähr aus gleichen bildungsbestandteilen sich zusammen- setzenden got. triw-ein-s ags. trywen treowen, abulg. drev-Enü und avest. drv-aeni-3, die aber ihrerseits sämtlich “hölzern, von holz’ im gegensatz zu der griechischen form bedeuten; es zeigt sich ferner, dass sehr wol dov-ıvo-g ohne weiteres fähig gewesen wäre, in gleicher weise wie zroLv-ıwo-g, sein nächstes synonymum im griechischen (vgl. Stephanus thes. 6, 1604), dann auch opevdauv-ıwo-g u. ähnl. mehr, oder durch denselben sprachvorgang wie diese, sich zu einem den eigen- schaftsbegriff des harten, festen versinnlichenden ausdruck zu entwickeln, dass aber den got. triw-ein-s u. s. w. diese ent- wicklungsfähigkeit auf grund ihrer bestehenden bedeutung “hölzern’ kaum zugesprochen werden kann; und wir haben nun das tatsächliche vorhandensein zahlreicher adjektiv- bildungen aus *dereu- mit jenem figürlichen sinne “hart, fest, stark’ konstatieren können. Da ergiebt sich doch wol der schluss, dass eben gr. doö-g, dov-ıwo-g sich näher bei der 3. Eiche und treue. 127 urbedeutung gehalten haben, als got. triv, triw-ein-s und abulg. drevo ‘baum’ mit drev-enü, avest. dru- “holz’ mit drv-aeni-s oder auch aind. drö- m.n. holz’, dru-md-s baum’, däru “holzstück’ mit dru-ma-maya-s und daru-maya-s ad). “hölzern’. Bei der etymologisierenden worterklärung Yov- ayaoveü‘ Ögvıve Ayaovei, dvaiosnre zr). (Ss. oben s. 100) ist für die grammatikersprache dev-ıvo-c zur hand, sich im metaphorischen sinne als synonymum von dveiosnrog, oxlın- oös und dreyzrog einzustellen. Die von Pott wurzel-wörterb. 3, 852 abgelehnte „verall- gemeinerung des sonderbegriffes zu dem des baumes über- haupt“ hätte demnach doch statt gefunden. Wir gewahren dieselbe aber auch sonst bei ausdrücken für die eiche. Über abulg. dabü, slov. döb, serb. russ. cech. osorb. nsorb. dub, poln. dab, polab. döb, dem Miklosich lex. Palaeoslov. 190°. etym. wörterb. d. slav. spr. 48° die dreiheit der bedeutungen ‘baum’, “eiche” und 'holz’ zuweist, schreibt mir Leskien (Leipzig, 20. mai 1901): „dabü bedeutet in allen slavischen sprachen ohne ausnahme “eiche’; dieser consensus omnium spricht da- für, dass dies die eigentliche alte bedeutung ist. Kirchen- slavisch und im älteren serbisch kommt auch die allgemeine bedeutung “"baum’ vor. Die bedeutung "holz’ ist mir unbe- kannt.“ Unter besondern pflanzengeographischen verhältnissen erhielt auf Island, wo es keine bäume gibt, das alte eik f. = aschwed. ek, ags. de, mnl. eke eike, mnd. &k, ahd. eih “eiche’ - den generellen sinn von "baum’, besonders “grosser baum’ (vgl. Björn Magnüssson Ölsen timarit hins islenzka bökmenntafjelags 5, 39 mit anm. 3), was man auch schon mit dem bedeutungswechsel bei gr. dgö-g “eiche’ und "baum über- haupt’ verglichen hat (Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.® 89°, Franck etym. woordenboek d. nederl. taal 229). Es sollte aber auch ım auge behalten werden, dass die Osthoff, Etymologische Parerga. I. 12 178 I. Aus dem pflanzenreich. griechische sprachüberlieferung selbst noch deutlich genug bekundet, dass der gang der begriffsentwieklung der ent- gegengesetzte war, als wie ihn Wagler a.a. o. 3f. schildert. Nur in einigen kompositen und ableitungen herrscht hier, wie man zugeben muss, frühzeitig die geltung von “baum, holz’, „Sovrduog oder dgvoröuog hat zu keiner zeit etwas anderes bedeutet als ‘holzhauer’, dgvsresejg (am baume gereift) wird vorzugsweise von oliven und feigen gebraucht“, deuud bei Homer ist “arbustum, waldung, gehölz’; vgl. darüber auch Ahrens deösg s. 17. Aber das stammwort doös, das an siebenzehn stellen der Ilias und Odyssee sich findet, hält der alte diehter immer streng von d&vögsov gesondert, es ist ihm durchaus ein gattungsbegrifflieher ausdruck, gleicher art wie rebyn, rirvg, dysgwis, mit denen 4A 494. N 389. II 482. pP 328. ı 186 die doöc koordiniert genannt wird. Werden wir an den merkwürdigen zufall glauben wollen, der es so gefügt habe, dass die bedeutung baum’ für dgög die altererbte ge- wesen sei und doch von der homerischen sprache uns gänz- lich vorenthalten werde, um dann nachhomerisch ganz ver- einzelt, und zwar nur im dichtergebrauche, sich blicken zu lassen, also wenn Soph. Trach. 766 arrö mıeigag Ögvög von der tanne oder fichte, Eurip. Cyel. 615 devös dorerov Egvog vom ölbaum zu verstehen ist? Und zu den ältesten ver- bindungen, in denen das wort doös vorkam, gehört allem anscheine nach die formel deög zai sröro«, die, von Homer’s 00... dreö dgvög oVÖd’ Arco eereng X 126. r 163 an dem Griechentum geläufig, in ihrer gleichartigkeit mit dem saxum aut röbur, den silices et quercüs, graves quercus surdaqwe saxra lateinischer diehter und prosaisten (vgl. A. Otto d. sprichwörter u. sprichwörtl. redensarten d. Römer 322), mit fels und eiche im deutschen liede nicht zu verkennen ist und auf die vorstellungs- und redeweise einer fabelhaften urzeit, 3. Eiche und treue. 179 wie man wol glauben darf, zurückgeht, was des näheren Waglera.a. o. 27ff. ausführt. Mich dünkt, das könne doch auch nur mistrauisch machen gegen die allerdings mit einer gewissen einhelligkeit auftretende tradition der griechischen grammatik und glossographie, dass doög in altertümlicher sprache sr&v ÖEvdoov, srav Z0)0v oder srav Zuhov zal dEvdoov bedeute (vgl. Pape-Sengebusch handwörterb. 13, 670, Ahrens doög s. 17, Wagler a.a.o. 3 anm. 4); diese lehre fliesst ja wol einzig aus der quelle des schol. Ariston. Il. 4 S6, das eben wesentlich nach dem dort zu erklärenden dovrouog die bedeutung des doöc, mit gleichzeitiger rücksicht vielleicht auf dessen sporadisches vorkommen im sinne von baum’ in der nachhomerischen poesie des Sophokles und Euripides, zu- recht gestutzt haben wird. Also von dem begriff eiche ist, und von keinem andern, zweifellos auszugehen. Die eiche hat nachweislich auch schon dem indogermanischen urvolk als der baum der stärke und kernfestigkeit, als das hartholz zar’ ESoyrv gegolten, sowie sie uns noch heutiges tages in diesem lichte erscheint, auch dem Franzosen, wenn dieser, um die unverwüstliche gesund- heit oder die charakterfestigkeit jemandes anzudeuten, sagt: il se porte (il est fort) comme un chene (Wagler gymnasial- progr. Wurzen 1891 s. 32), wie sie die Lateiner nach dieser eigenschaft auffassten, wenn sie ihre bezeichnung des dunkel- farbigen eichenkernholzes, röbur, zum namen des baumes selbst umprägten und in mannigfacher metaphorischer verwendung davon gebrauch machten. Stärke und festigkeit im höheren, ethischen sinne, als charaktereigenschaft verstanden, war unsern germanischen vorvätern die freue, und von Ahrens war zu lernen, dass sie geradezu von dem alten wort für die eiche, gr. öoö-g, ihren namen hat, dass freu in seinem eigentlichen wort- 12* 180 I. Aus dem pflanzenreich. verstande so viel als "baumstark’ oder "eichenfest' ist, engl. true zu tree und got. triggw-s ‘treu’ zu triu "baum, holz’ gehört. Das hatte auch unsere altgermanische poesie nicht vergessen und heutzeitliche dichterrede weiss oft genug dies motiv wiederzufinden. Die „eiche als symbol der treue“ in der angelsächsischen poesie bespricht J. Hoops über d. alt- engl. pflanzennamen inauguraldiss. Freiburg 1. Br. 1889 s. 35f. in anknüpfung an die bemerkenswerte stelle des Runenliedes v. 79f.: ziärsecz fandad, hweder dc h@bbe wdele trdowe “der ozean versucht, ob die eiche edle treue habe’, also „ihr wird geradezu seibst treue zugeschrieben“, das meer erprobt diese ihre tugend an dem zum schiffbau verwendeten holze des baumes. „Für uns Deutsche ist,“ sagt Wagler a.a. o., „die eiche u. a. das symbol des charakterstarken eisenfesten freien mannes, insonderheit des helden und vaterlandsfreundes.“ Und wie „die eiche als spezifisch deutscher baum d.h. als sinnbild des freien starken deutschen vaterlandes, des landes der treue und frömmigkeit“ im deutschen liede verherrlicht wird, zeigt die sammlung von diehterstimmen bei demselben gelehrten Berliner stud. f. elass. philol. u. archäol. 13, 2, 110ff., woraus hier zum schluss einige proben stehen mögen. Schenken- dorf: treu wie die deutschen eichen, wie mond- und sonmen- schein. Stägemann: land der eichen, land der treue, männerstammes reifer kern. Joh. Nep. Vogl: gegrüsst, dw land der treue, mit eichen frisch und grün! Inschrifts- tafel an einer eiche bei Spandau von unbekanntem verfasser: sinnbild alter deutscher trewe, das des reiches glanz ge- sehn, eiche, hehre, stolze, freie, sieh, dein volk wird auf- erstehn. Westphalia von einem unbekannten verfasser: da (in Westfalen) steht die alte trewe, wie die eichem noch stark und grün nach tausend jahren stehn. 4. Ahom. 181 4. AHORN. Wenn stoffadjektive substantiviert gebraucht werden, drücken sie einerseits gern einen konkreten gegen- stand aus, der aus dem betreffenden stoff besteht oder ge- macht, verfertigt ist. So sind, um einige beispiele zu geben, sachbezeichnungen, die durch einfache substantivierung von stoffadjektiven sich bildeten: mit lat. -eo- lat. cer-eu-s m. “wachskerze, wachsfackel’, franz. cierge “kerze’, prov. ciris, lat. farr-eu-m m. "speltkuchen’ zu farr-eu-s adj., franz. lange m. “wiekelband, windel’ von lat. län-eu-s “wollen’, franz. linge m. “leinwand’ von lat. lin-eu-s, altspan. arienzo “silber- münze’ aus argent-eu-s; mit germ. -ina- mhd. guldin gulden m. "goldmünze, gulden’ zu mhd. ahd. asächs. guldin ags. zylden got. gulhein-s adj. “gülden, golden’; mit -no- die oben s. 101ff. besprochenen aind. drö-na-m “hölzerner trog, kufe’ und dru-na-m “bogen'. Ganz gewöhnlich ist es aber auch, dass stoffadjektive substantiviert geradezu wieder den stoff selbst be- zeichnen. Solches lehrt z. b. im lateinischen farnu-s “esche' Vitr. Pall.. welches bekanntlich zu frazinv-s und zu dem alten namen der 'birke’, aind. bhürja-s, osset. barse, aisl. biork, ags. beore und ags. birce, ahd. bircha, hit. bersa-s, abulg. breza gehört; lat. farnu-s aus *farg-no-s (Lindsay- - Nohl d. lat. spr. 279. 294), wol kaum aus *farcs-no-s (Stolz histor. gramm. d. lat. spr. 1, 115). Auch lat. frax-inu-s selbst ist von hause aus nur ein stoffadjektiv gewesen, dies ein solches mit der suffixkombination -i-no-, also von der art wie lat. laur-inu-s, fag-ınu-s = gT. pniy-ıvo-s, gr. Ödgü- ıwo-s, #8do-wo-s, lit. duks-ina-s “golden’, abulg. zelez-inü “eisern’ (vgl. Leo Meyer vergleich. gramm. d. griech. u. lat. spr. 2, 562ff, Kluge nominale stammbildungsl. d. altgerm. 182 I. Aus dem pflanzenreich. dial.2 $ 198 s. 94 und Brugmann grundriss 2 $ 68, 1 s. 146f. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 2? $ 193 s. 190, verf. oben s. 106); frax-inu-s ıst vielleicht noch adjektiv, wie sonst fraxin-eu-s “von eschenholz, eschen’, m fraxina virga Ovid. heroid. 11, 76, oder es hat nach anderer auf- fassung hier metrumszwang dem dichter ermöglicht, nach analogie der vorhandenen adjektive wie fäg-inu-s auch frax-inu-s einmal wieder zum adjektivischen gebrauche zu- rückzuführen (Skutsch de nominibus Lat. suffixi -no- ope formatiıs 30f. anm.). Viele beispiele dafür, dass aus lateinischen stoffadjektiven auf -eu-s, -ea, wirklich vorhandenen und voraussetzbaren, stoffbezeichnungen, besonders baumnamen, erwachsen, liefern die romanischen sprachen. So italien. eiriegio, span. cerezo, rum. cires "kirschbaum’ von *cereseus (für *ceraseus) ; italien. avorio, cat. bori, prov. avoris evoris, franz. woire “elfenbein’ von eboreus; italien. span. portug. prov. endivia, franz. endive “endivie’ von *intibea (zu lat. intibu-s intibu-m “eiehorie, endivie’); italien. faggio, cat. fatj m., span. haya, portug. prov. faia f. “buche’, afranz. fage "buchenwald’ von fügeus, fagea; italien. abezzo "tanne’ von *abli]eteus; italien. leceio “steineiche’ von 2liceus; italien. prugno "pflaumenbaum’ von *prüneus; italien. quwercia “eiche’ von quercea; span. juneia “binse’ von juncea; span. vidrio “glas’ von vitreus; franz. cuivre "kupfer von *copreus (für eupreus); franz. neige ‘schnee’ von nivea. Vgl. Diez gramm. d. roman. spr. 2!, 302. etym. wörterb. d. roman. spr.? 100. 131. 351. 392 (unter eiri- egio, faggio, abezzo, quercia), Gröber Wölfflin’s archiv. f. lat. lexikogr. 5, 128, W. Meyer-Lübke Gröber’s grundriss d. roman. philol. 1, 373. gramm. d. roman. spr. 2 $ 403 s. 448f. Ein stoffadjektivisches gepräge tragen augenscheinlich auch die griechischen baum- und pflanzenbezeichnungen auf 4. Ahorn. 183 -£@, kontrahiert -7 aus *-&ia = lat. -ea in fügen, quercea: homer. uni£n att. un47 "apfelbaum’, o0zen ovz7 "feigenbaum’, 6odn “rosenstrauch’ u. dgl. „lassen“, wie Leo Meyer ver- gleich. gramm. d. griech. u. lat. spr. 2, 492 sagt, „nicht ver- kennen, dass sie mit leichter ergänzung der genannten sub- stantivbegriffe erst aus zu grunde liegenden adjektivischen formen hervorgingen“. Freilich knüpfen jene drei als bei- spiele genannten an die bezeichnungen der früchte ujkov, 00z0v, 0ödov als an ihre stammwörter an. Einige andere jedoch, wie z. b. zre/£n zere)n "ulme, rüster’, haben ihre stammwörter neben sich verloren, was eben darauf schliessen lässt, dass die letzteren auch schon den betreffenden baum bezeichneten, entsprechend wie neben italien. guereia das lat. quercus, neben span. haya, portug. prov. faia das lat. fagus überflüssig wurde. Trotz «7 "holunderbaum’ Hippoer. Theophr. heisst es yauaı-azrn "zwergholunder’ Dioscor., was, wenn die accente richtig überliefert sind, bedeuten dürfte, dass die kontrahierte form des simplex das substantivierte stoffadjektiv zu dem im compositum erhaltenen primitirum -dzrn War. Mit einem tiernamen auf -2@ scheint im griechischen ähnliches sich zugetragen zu haben. Dass mit yak£n att. year “wiesel, marder' das lat. galeı "helm aus leder, piekelhaube’, “helm’, “mütze’ eine und dieselbe wortbildung sei, wird keinem zweifel mehr unterliegen, wenn auch die frage, ob das latei- nische wort aus dem griechischen entlehnt sei oder nicht, noch verschieden beantwortet wird, meist allerdings und am wahrscheinliehsten in dem die entlehnung bejahenden sinne; vgl. K. OÖ. Müller-Deecke d. Etrusker 1?, Stuttgart 1877, s. 8f. anm. 21, O. Schrader sprachvergl. u. urgesch.! 79. 321 — 2333. Kuhn’s zeitschr. 30, 471. reallex. d. indog. altertums- kunde 365, Wharton etyma lat. 40, Prellwitz etym. wörterb. 184 I. Aus dem pflanzenreich. d. griech. spr. 56. Die bildungsweise des tiernamens gr. yaken aber wird durch Schrader’s „wurzel gel, zu der sich yakda verhält wie Fa/&n "sonnenwärme’: w. svel* (Kuhn’s zeitschr. 30, 471), doch wol kaum befriedigend erläutert. Man ver- gleicht nun betreffs der bedeutungsentwicklung von "wiesel’ zu “helm’ bei lat. galea gewiss zutreffend das gr. zuven att. zuvi, bei dem „die vorstellung des zwecks (kopfbedeckung) die andere vorstellung (hundsfell) gänzlich verdrängt hatte“ (Karl Schmidt d. gründe des bedeutungswandels progr. Berlin 1894 s. 6, Joh. Stöcklein bedeutungswandel der wörter 37), und daher schon bei Homer die verbindungen zrıden zuven und aiyein zuven, xuv&n Tavgein, Xovdein, zeayyahros, also „hundsfellkappe aus wieselfell“ u. s. w., fälle der eontradietio in adjeeto, wie goldenes hufeisen im deut- schen, engl. weakly journal, franz. quarantaıne de cing Jours, als composita nhd. stahlfeder, wachsstreichhölzchen, steintrog u. dgl. (s. oben s. 103). Dann wird aber lat. gal-ea und gr. yas-&n yaln, obgleich das letztere nur das tier selbst bezeichnet, doch eine stoffadjektivische wortschöpfung gewesen sein, auch hier hätte die parallele des substantiv- gebrauchs von Aeovz-&n Aeovrj "löwenhaut” und zaodas-En “panther-, aiy-en “ziegen-, Avz-&n "wolfsfell’ bei ellipse von dooa@ zu gelten, so gut wie für zuv-£n nach Eustath. p. 421, 6 zu Il. 7336 (vgl. Ebeling lex. Homer. 1, 943°). Ander- seits wurde “die wiesel- oder etwa auch "die mäuseartige’, Y yab-en, selbst wieder zur benennung des wiesels oder marders, das stammwort seinerseits aber ging dann dagegen unter. War dies ein dem aind. gir-i-s f. maus’, welches nebst gir-i-k& demin. dass. bei lexıkographen bezeugt ist, und dem lat. yl-i-s m. "haselmaus, bilchmaus, siebenschläfer’, die man ja unter sich verbunden.hat (Jak. Wackernagel altind. gramm. 1 $ 189 s. 211, Niedermann Bezzenberger’s beitr. 4. Ahom. 185 25, 294), entsprechendes *yw4-7-g oder *yas-i-g? Lat. gl-ı-s, glör-ıs könnte sich zu seiner deklinationsweise ähnlich ent- wickelt haben, wie vi-s : vi-m, vi, gr. Z-s, Z-gı mit seinem plural lat. vir-2s, wenn „die s-flexion hier erst nach älteren mustern eingeführt wurde“ (Brugmann grundriss 2 $ 134,1 s. 398. $ 160, 4 s. 456), oder auch nach dem vorbilde von vi-s, vir-es selbst, falls der s-stamm vir- für „voritalisch“ ge- halten werden darf (vgl. Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 29, 170, Joh. Schmidt d. pluralbild. d. indog. neutra 385f., Brugmann grundriss 2 $ 397 s. 728); unter den „älteren mustern“ für g/-i-s, glir-is könnte aber in anbetracht der be- griffsverwandtschaft besonders müs, mür-is gewesen sein. Es verhielte sich dann morphologisch ungefähr gr. *ya4-t-g so zu yas-&n, lat. gal-ea, wie gr. raodas-ı-s zu saodas-En. Cymr. bele “marder, zobel’ stellt man richtig zu ahd. pilih pilch, mhd. bilch "bilchmaus, haselmaus’ (Kluge etym. wörter. d. deutsch. spr. 44°, Johansson Kuhn’ zeitschr. 30, 351, Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 2*, 173f., E. Zupitza d. germ. gutt. 213), unrichtig aber ıst die vergleichung des eym- rischen wortes mit gr. ya4&n ya) unter gleichzeitiger an- nahme der entlehnung unseres bilch aus dem keltischen (0. Schrader Kuhn’ zeitschr. 30, 471f. reallex. d. indog. altertumskunde 954, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 56), denn kelt. b und gr. y von ya4£n fügen sich lautlich nieht zu einander. Und wie will es Schrader ferner formal rechtfertigen, dass er das zu cymr. bele gestellte «7 nun- mehr, reallex. 955, auch sogar verwandtschaftliche beziehungen zu gr. ydiwg, yalowg "mannes schwester’, lat. glös, phryg. y£hegog haben lässt, da doch die letzteren nach abulg. zlüuva “glos’ palatal anlautend waren? Mehr beispiele des bildungstypus von tiernamen, den im griechischen das vereinzelt dastehende ya4-&n ya) nach der 186 I. Aus dem pflanzenreich. hier gegebenen erklärung vertritt, hat die lateinische sprache aufzuweisen. In solchem verhältnis befinden sich doch wol capr-ea 'reh’ und capr-eo-lu-s "rehbock’ oder "gemse’ zu caper “ziegenbock, bock’ und capra "ziege, geiss’, sowie zu dem stoffadjektiv capr-eu-s "alyeıog’; arän-ea f. und arän-eu-s m. “spinne’ zu gr. doayvn und anderseits zu dem adjektiv aran- eu-s “zur spinne gehörig, spinnen’. Ferner lat. ecul-eu-s “pferdehen, füllen’ zu eguulu-s alat. eculu-s dass., hinnul-eu-s “Junges maultier, maultierfüllen’ zu hinnulu-s dass., inul-eu-s “"hirschkalb, junger rehbock’ zu gleichbedeutendem inulu-s (hinnulus) und zu gr. &ve)o-g* veßoös Hesych. In dem falle von lat. ard-ea “reiher’ und gr. 2gwö-ıs-cs scheinen beide sprachen dazu geschritten zu sein, adjektivischen ableitungen, sie substantivierend, die rolle eines verlorenen stammnomens zu übertragen, vgl. serb. roda “storch’ (Solmsen unters. z. griech. laut- u. verslehre 75). Von der entstehung der baumnamen aus stoffadjektiven sagt W. Meyer-Lübke gramm. d. roman. spr. 2 $ 403 s. 448 richtig, dass „das adjeetivum“, von dem sie ausgingen, „wol ursprünglich das holz bezeichnete“. Wenn nun aber ein aus- druck für “eschenes, eschenholz’ oder “spinnenartiges’ oder “gläsernes, glasartiges’ im laufe der zeit dazu gelangt, wieder nur die “esche’, die ‘spinne’, das ‘glas’ selbst zu meinen, so ist das psychologisch derselbe prozess, nur dass die synekdoche oder metonymie in umgekehrter richtung sich geltend macht, wie „die verwendung von stoffbezeichnungen für produkte aus dem stoff, vgl. glas, horn, feder, gold — silber — kupfer — papier (als geldsorten) ete.“, deutsches blei für “bleistift’ und ‘senkblei, riehtblei’, lat. aes "erz, bronze’ für geld’ und ehernes gefäss, eherne waffe, statue, gesetztafel ete., fermum “eisen’ für “axt, beil, schwert, doleh’, gr. dsev “holz, baum’ für lanze’ und ‘schiff’, homer. uweAln “esche’ und "speer mit 4. Ahorn. 187 eschenem schaft’ und vieles andere mehr, was Paul prinzipien d. sprachgesch.® SO und A. Waag bedeutungsentwicklung unseres wortschatzes 11ff. unter dem gesichtspunkt einer „spezialisierung der wortbedeutung“ behandeln. Der leicht vollziehbare übergang des stoffadjektivs aber zum ausdruck des stoffbegriffes selbst hängt klärlich auch damit zusammen, dass eine wortbildung von dieser funktion immer zugleich der bedeutungsnuance des artadjektivs fähig ist (s. oben s. 104ff. 175), wie manche der angeführten beispiele dieser erscheinung auf den ersten blick lehren. Solche bewandtnis, dass es ein baumname ist, der aus einer stoffadjektivischen weiterbildung einer älteren kürzeren namensform desselben baumes hervorging, hat es auch mit dem ursprung und morphologischen charakter unseres wortes ahorn, mhd. ahd. ähorn mase. Es ist des öftern schon be- merkt oder angedeutet worden, dass ahorn, dem lat. acer urverwandt und gleichbedeutend, doch der form und wort- bildung nach genauer mit dessen ableitung lat. acer-nu-s ad). “ahornen’ zusammentreffe; so von Grimm deutsch. wörterb. 1,198, V. Hehn kulturpflanzen u. hausthiere? 491 (abgeändert in 6. auflage), Lexer mittelhochd. handwörterb. 1,29, Wei- gand deutsch. wörterb. 13, 27£., Staub-Tobler schweiz. idio- tikon 1, 161, Franck etym. woordenboek d.nederl. taal 20 und Vercoullie beknopt etym. woordenboek d. nederl. taal? 8‘, von mir selbst Paul-Braune’s beitr. 13, 403. Also hätte für Brugmann grundriss 2 $ 66 s. 139, wo es ihm an beweis- kräftigen beispielen für denominativen gebrauch des -no-suffixes im germanischen fehlte, unser wort dienlich sein können. Anders haben das wortbildungsverhältnis des lat. acer und des ahd. ähorn die skandinavischen gelehrten Noreen utkast till föreläsn. i urgerm. judlära $ 46 s. 119 = ahrıss d. urgerm. lautl. $ 53, 2 s. 195, Johansson beitr. z. griech. 188 I. Aus dem pflanzenreich. sprachkunde 153. Bezzenberger’s beitr. 18, 15 und Holger Pedersen Kuhn’s zeitschr. 32, 247. 252. 258 verstehen zu müssen geglaubt. Sie setzen für das neutrum lat. acer die bekannte alte mischdeklination von r- und n-stamm voraus und lassen ahd. ahorn als eine „kontaminationsbildung“ ent- sprungen sein in der weise, wie z. b. aisl. skarn, ags. scearn n. “dünger, mist und abulg. skuräna "makel’ die in gr. 0x@o und 0z«-Tög gen. aus *ozn-rög getrennt vorliegenden stamm- bildungsbestandteile vereinigt hätten (ähnlich hierüber Joh. Schmidt d. pluralbild. d. indog. neutra 196). Vieles aber, was man nach diesem prinzip zu erklären versucht hat, bleibt nach wie vor höchst fraglich, und in unserm falle ist es zweifellos das weit einfachere und voraussetzungslosere ver- fahren, ähorn an das stoffadjektiv lat. «cer-nu-s morphologiseh anzuknüpfen, da diese vulgatansicht durch zahlreiche sichere beispiele ebensolcher entstehungsweise von baumbezeichnungen wol begründet ist. Die entwieklung des baum- und holznamens aus dem stoffadjektiv wiederholt sich aber beachtenswerter weise bei ahorn im deutschen. Im gegensatz zu ahd. mhd. ähorn haben volksmundarten sehr verschiedener gegenden eine form mit i-umlaut ö m der zweiten silbe aufzuweisen, die, wie mir scheint, nur als das zu substantivischer geltung erhobene adjektiv mhd. ähörnin "von ahorn’ Grieshaber’s pred. 1, 10 (vgl. A. Leitzmann Paul-Braune’s beitr. 14, 485) aufgefasst werden kann. Es begegnet als substantiv ahörne bei Diefen- bach gloss. lat.-germ. 440° s. v. platanus, ahörn und ohörn bei Staub-Tobler schweiz. idiotikon 1, 161, ferner ähören m. “der ahorn’ und daneben ähören adj. ‘von ahorn’ bei Schambach Götting.-Grubenhag. idiotikon 6, dohäön "ahorn’ bei Kaumann entwurf einer laut- und flexionsl. d. münster. mundart 1. inauguraldiss. Münster i. Westf. 1884 s. 23; belege, 4. Ahorm. 189 deren nachweise ich zum teil der güte prof. Ehrismann’s verdanke. Mein heimatsdialekt, die mundart von Billmerich bei Unna (westfäl. grafschaft Mark), hat die mit der münsterischen sich deekende form ah@an (nach Holthausen’scher schrei- bung des Soestischen) neben dem gleichlautenden stoffad- jektiv, und zwar das substantiv in bemerkenswerter doppel- heit des grammatischen geschlechts, je nach dem verschiedenen damit verbundenen sinne, nämlich maskulines da® ahaan, wenn „der ahorn als baum“ gemeint ist, jedoch dat ah@an neutr. „zur bezeichnung der holzart, als abkürzung für dat ohörn holt“, wie ein mir auskunft erteilender Unnaer landsmann sich ausdrückt. Die herkunft von dem adjektiv könnte nicht wol deutlicher als eben hierdurch sich bekunden. Es ist nnd. ah@an als neutrum mit seiner ellipse von holt ganz so, wie die substantivierung des stoffadjektivs auf -in, die asächs. ahd. mhd. linin, nhd. leinen neutr. und aus dem niederdeutschen entlehntes nhd. linnen neutr. “leinenzeug, leinenes tuch, leinenes gewebe’ uns zeigt, wenn hier „zu er- gänzen etwa werk“ ıst (Grimm-Heyne deutsch. wörterh. 6, 706. 1051, Heyne deutsch. wörterb. 2, 621. 665). Auf einen andern baumnamen aber, bei dem dieselbe entwicklung des mit -?n abgeleiteten adjektivs begegnet, macht mich Ehrismann aufmerksam: auch eiben = mhd. twin adj. kommt substantiviert im sinne von eibe, mhd. ?we, ?wen- boum, richtiger von eibenes holz, vor, und zwar gleichfalls - als neutrum nach deutlicher massgabe eben von holz, indem Schmeller-Frommann bayer. wörterb. 12, 16 darbietet eiben hat die art, das es sich gern leszt biegen, wer es aber mit recht amgreift, so schnellet es verrer dann ander holtz eod. Germ. Monac. 439, fol. 82, ähnlich bei Diefen- bach gloss. lat.-germ. 574” s. v. taxus neben iwa ete. auch iwin, iben, ybin. Aus dem griechischen fällt in den bereich 190 I. Aus dem pflanzenreich. dieser erscheinungen die bezeiehnung der eiche als holzart durch 76 dovıwvo» bei Theophr. hist. plant. 5, 1, 2 (vgl. Wagler symnasialprogr. Wurzen 1891 s. 9). Wir fassen jetzt den vokalismus der ersten silbe von ahorn ins auge. Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.6 8°. Paul’s grundriss d. germ. philol. 1!1, 332 hat gewiss recht, ahd. mhd. Ahorn mit langem ä- nach neueren volksmundartlichen formen der Schweiz und des niederdeutschen Münsterlandes anzusetzen. Was münster. üohäön bei Kaumanna.a.0.— ah@am in Unna-Billmerich anbetrifft, so ist eben @ in diesen westfälischen mundarten die regelrechte entwicklung von mnd. ‘= asächs. ahd. @ä, wie auch in soest. und münster. unna- billm. sx@p “schaf’, lätn “lassen’ u. ähnl. (vgl. Holthausen d. Soester mundart $ 67 s. 19). Im übrigen aber lehrt Kluge über die formalen ver- hältnisse von ahorn recht bedenkliches. Wegen ostthür. schweiz. änhorn und der anhorn, anchore, amhorn in wörter- büchern des 16. bis 18. Jahrhunderts will er auf ein got. *ihaurn-s und urgerm. *dyurna-z hinaus, was mir sehr be- fremdlich ist. Man versteht weder, wie aus dem nasalvokal urgerm. @- vor -x- wieder ein modernes an- oder am- mit volltönigem nasal hätte werden können, noch auch, wie dabei der zusammenhang mit dem nasallosen lat. acer, den doch auch Kluge festhält, weiter bestehen könnte. Es werden jene formen mit wirklichem nasal anhorn u. s. w., dazu auch mnd. änhorn und selbst ein mnd. älhorn (vgl. Schiller- Lübben mittelniederd. wörterb. 1, 53°. 92”), doch wol samt und sonders nur volksetymologische verballhornungen des an horn anklingenden namens des baumes mit dem festen holze sein; schon @. v.d. Gabelentz d. sprachwissenschaft? 216 sieht hier ganz richtig das wirken der volksetymologie. Viel- leicht hat übrigens bereits Kluge selbst an seiner falschen 4. Ahorn. 191 auffassung des verhältnisses von ähorn und anhorn ete. an- stoss genommen, da er sie in der zweiten auflage des Paul’ schen grundrisses, wo sie 8.377 zu erwarten wäre, nicht wiederholt, aber dann hätte auch die 1899 erschienene sechste auflage des etym. wörterb. nicht den alten irrtum weiterführen sollen. Es bleibt nichts anderes übrig, als dass man in ahd. mhd. ähorn die entsprechung eines got. *ehaurn-s sieht, welches nach dem Verner’schen gesetz = urgerm. *@yur-na-z aus indog. *?kr-no-s wäre, dass man ferner lat. äcer, äcer- nu-s dazu mittels eines wurzelablautsverhältnisses *?k-: *nk-' sich fügen lässt. Anderseits könnte nun aber das lateinische stoffadjektiv acer-nu-s, wenn es ebenfalls das einfache suffix -no- enthielt, nur auf oxytoniertes indog. *nkr-no-s zurückweisen; gemäss der betonung von aind. daru-nd-s, von gr. pusıwö-g pavo-g, &oavvo-g, yalnvö-g etc. dürfen wir adjektiven des stoffes, der herkunft, der art, die mit sekundärem -no- geformt sind, keine andere accentlagerung, als die in diesen beispielen er- scheinende der endbetonung, für die urzeit zuerkennen, wie oben s. 107f. näher dargelegt worden ist. Lat. acer-nu-s ent- spricht freilich nicht in voller lautgesetzlicher treue jenem substrat *okr-no-s, ein lat. *acor-nu-s, welches sich hieraus hätte ergeben müssen, ist von dem stammwort acer hinsicht- lich der vokalisation der zweiten silbe beeinflusst worden. Wir ermitteln also, dass zwischen dem adjektiv lat. acer-nu-s (*acor-nu-s) als dem reflex eines grundsprachlichen *pkr-no-s und der substantivierung ahd. dhorn m. aus *ekr-no-s das verhältnis der accentschichtung wiederkehrt, welches zwischen gr. *oe/nvo-s, yalnvd-s adj. und anderseits ge/nvn, yakfın obwaltet, insofern als diese substantivierten feminin- formen in vorhistorischen auf drittletzter wortsilbe betonten 192 I. Aus dem pflanzenreich. *08).00-va, *ydlao-va wurzeln. Zugleich aber auch, da mit der accentschichtung noch ablautsverschiedenheit der an- fangssilbe, *»k-" und *2k-, sich paart in ganz altertümlicher weise, das verhältnis von indog. *dru-no-s “eichen, von eichen- holz’ = air. dron ad). "firmus’ zu aind. dro-na-m n. "hölzerner trog, kufe’. Vgl. oben s. 101f. 107£. 127. Die tiefstufige ablautung der wurzelsilbe in dem stamm- nomen lat. acer braucht man nicht notwendig so zu ver- stehen, dass hier das ac- statt *2c- von dem stoffadjektiv acer-nu-s übertragen sei; es kann und wird wol innerhalb der flexion dieses stammwortes selbst einen alten vokalstufen- wechsel lat. *cor nom.-ace. sing.: acer- gegeben haben, der zu gunsten der formen mit der schwachen wurzelgestalt, dies dann vermutlich unter mitwirkung des acer-nu-s ad)., ausge- glichen wurde. Durch unsere erschliessung des 2-vokalismus von ahd. mhd. ähorn ergibt sich noch, dass die alte etymologische vorstellung, lat. acer und die deutsche wortform seien zu lat. acies, acu-s, acerbus, acidus, gr. dris, axrun, dxoog, ahd. ekka £. "spitze, schwertschneide’, asächs. eggia, ags. ecz, aisl. e9g und zu aind. dsri-s "scharfe seite, ecke, kante, schneide', dstra stachel’, armen. aseln “nadel’, alban. dIete “herb, sauer’, abulg. oströ “scharf’, lit. asztrüs ‘scharf’ der wurzel nach zu stellen, weil der baum „nach den spitzen blattabschnitten so benannt“ sei (Grassmann deutsche pflanzennamen 56f., W. Tomaschek zeitschr. f. d. österr. gymn. 26 (1875) s. 529, Fick vergleich. wörterb. 23,4, V.Hehn kulturpfl. u. hausthiere® 579, Vanicek griech-lat. etym. wörterb. 5. etym. wörterb. d. lat. spr.? 5, etwas anders H. Möller Kuhn’s zeitschr. 24, 468), auf formale schwierigkeiten stösst. In die a: o-ablautsreihe von lat. acies, gr. @zeog: lat. oeris, Ocrieulum, gr. 62015, die ich unter zustimmung anderer forscher aufgestellt habe 4. Ahorm. 193 (vgl. Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 8, 56f. Bezzenber- ger’s beitr. 24, 188 und die an beiden stellen zitierte Iitteratur) und an der auch Hübschmann Streitberg’s anzeiger 11, 44 (gegen Hirt d. indog. ablaut $ 760 s. 161.) und Brugmann indog. forsch. 12, 157 festhalten, passt wol das @c- von lat. @c-er adj., nämlich als dehnstufige wurzelform, hinein, nieht jedoch ein indog.*ek-, welches in ahd. ähorn zu finden sein würde. Der allerdings verlockend erscheinenden semasiologischen parallele von akslav. repina “platane’: repijt “stachel’ (Tomaschek a.a.0, Hehna.a. 0.) wird man daher doch besser kein ge- hör schenken. Im griechischen stellt sich zu lat. acer und ahd. ähorn bekanntlich &aoro-s. Hirt, der zeitschr. f. deutsche philol. 29 (1897) s. 300 dies „nicht nachweisen“ konnte, hätte es bei Hesych in der glosse dxa«oros' 7 opevdauvog gefunden. Es ist wol nicht richtig, dass von V. Hehn kulturpflanzen u. hausthiere® 579, Vanicek etym. wörterb. d. lat. spr.? 5, H. Möller Kuhn’s zeitschr. 24, 468, Wharton etyma lat. 1 und ©. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 33 (vgl. auch Holger Pedersen Kuhn’s zeitsehr. 32, 247. 252) das er. @x«oro-g dazu benutzt wird, für das r des lateinischen und des germanischen wortes die rhotazistische herkunft zu vermuten, lat. «cer-is gen. sing. „aus *acesis“ entsprungen sein zu lassen. Dagegen könnte schon das gr. dzagva' ddpvn Hesych. sprechen, wenn man dies trotz der bedeutungs- verschiedenheit von “lorbeer’ und “ahorn’, da ja baum- und pflanzennamen häufig verschiebungen ihrer begrifflichen gel- tung zeigen, zu acer, ähorn hinzuziehen dürfte. Gr. «xag-va, für *drag-v-ie stehend oder etwa neutrum plur. des stammes dxag-vo-, wofern nicht drittens auf konjekturalem wege mit accentänderung dxco-v&@ fem. sing. herzustellen wäre, würde Osthoff, Etymologische Parerga. I. 13 194 I. Aus dem pflanzenreich. durch seine wortstammbildung auch in die richtung der mit -no- vollzogenen formation des stoffadjektivs, die für lat. acer-nu-s und ahd. ähorn gilt, hinweisen. „Ein -s-stamm liegt &@x«orog zu grunde“, meint auch Johansson Bezzenberger’s beitr. 18, 15, lässt aber daneben doch für lat. acer und ahd. mhd. ähorn gelten, dass sie ur- sprüngliches r enthalten (s. oben s. 187f.). Ich glaube, dass man auch zur deutung der griechischen form mit dem -r- stamm wird auskommen können. Was Johansson ebend. anm. 2 über einen zusammenhang des «z@0- in @z«0To-g mit dem za0- vor z«@oravo-g "kastanienbaum’ vermutungsweise vorbringt, schwebt ganz in der luft. Die frage der entlehnung des verhältnismässig erst spät im griechischen auftretenden namens der kastanie dürfte doch wol keine frage mehr sein; die früher von Hehn kulturpfl. u. hausthiere® 379ff., neuer- dings von ©. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 410f. für fremdsprachliche und wahrscheinlich pontische her- kunft des wortes zaoravog geltend gemachten gründe sind meines erachtens entscheidend genug. Dabei mag sogar da- hin gestellt bleiben, ob wirklich das armen. kaskeni "kästen- baum’ „das original zu z@oravog“ gewesen sei, nach de La- garde armen. stud. 75 $ 1115 und Schrader a.a.o. 411, oder ob dagegen noch ein zweifel bestehe, wie Hübschmann armen. gramm. 1, 166. 394 andeutet. Wenn ich recht sehe, wird man gr. @zaoro-g auf *@zag- 0r0-g zurückführen dürfen, in lautlicher hinsicht darauf ge- stützt, dass gr. swaoreg aus *rrag-orag zu erklären ist nach verf. Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 8, 12ff., Brugmann Iw. Müller’s bandbuch d. klass. altertumswiss. 2°, 1, 82. 127 und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 175° s. v. prsthäm. Die vermutung, dass -oro-g ein wortbildungs- bestandteil sei, dessen -o- nıcht dem alten namen des baumes weten EEE NED 5 4. Ahom. 195 selbst zukomme, sondern der ableitung zuzuweisen sei, wird besonders nahe gelegt durch das vorkommen desselben elements in der griechischen bezeichnung eines andern baumes, der dem ahorn sehr ähnlich, breit- und spitzblätterig und weit- schattend wie dieser ist, in srA@rav-ı-oro-g bei Homer, Theognis und Herodot, verglichen mit der dem attischen sprachgebrauch angehörigen kürzeren und einfacher gebildeten form sri«ravo-g. Ahorn und platane würden also auch hier ihre engere be- rührung durch die den beiden bäumen zukommenden sprach- lichen ausdrucksmittel bekunden, sowie sie dies z. b. dadurch tun, dass im slavischen die lehnwörtlich auf unser deutsches ahorn zurückgehende form bald den einen, bald den andern baum bezeichnet, slov. cech. osorb. nsorb. wruss. javor, poln. jawor und klruss. javör "ahorn’, aber abulg. grossruss. Javorü “platane’, nach etwas anderer angabe „in Kleinrussland ... der bergahorn“, dagegen „im Kaukasus... die morgenländische oder ahornblättrige platane“ (Pawlowsky russ.- deutsch. wörterb.3 1767°), nbulg. javor "ahorn’ und vielleicht auch “platane’, serb. Javor „heute ahorn, in älteren wörterbüchern auch platane“ (Leskien brieflich, 16. februar 1901), dass ferner im Linne@’schen system arten des ahorns nach der platane benannt werden, acer pseudoplatanus der “bergahomn’, acer platamoides der nordische 'spitzahorn‘. Vgl. Lenz bo- tanık d. alten Griechen u. Römer 648, V. Hehn kulturpfl. u. hausthiere® 289 und O. Schrader reallex. d. indog. altertums- kunde 33. 632f. Was ist denn aber das-oro-c von &za(o)-ore-g und sr/arav- ı-oro-c? Ich habe darüber eine vermutung, auf die auch Jak. Wackernagel, wie er mir brieflich mitteilt (Basel, 17.november 1900), gekommen ist: man wird hier das -io-partizip der wurzel sö- ‘säen’ zu erkennen haben. Die form *-s-to- "gesät, gepflanzt’, die auch schon in mir. ross same‘ gefunden wird 198 196 I. Aus dem pflanzenreich. (Strachan bei Stokes Bezzenberger’s beitr. 21, 134f.), ist die nach alter regel für die schlussglieder der composita bestimmte, welche dem durch lat. sa-tu-s und eymr. had m. same’, corn. has, mbret. hat nbret. had vertretenen indog. *s»-t0- mit „re- duktionsstufe“ zur seite ging; dem *pro-s-to-, worauf das mir. ross beruht, und dem griech. -o-ro- unserer beiden baumnamen ist in wurzelgestaltung und verwendungsweise am kompositionsende die -tez-bildung indog. *pro-s-ti-s = got. fra-st-s "kind’ kongenial (vgl. verf. Paul-Braune-Sievers’ beitr. 20, 91f. und Strachan a.a.o., dazu Uhlenbeek kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 51°, Brugmann grundriss 12 $ 547, 9 8.501 und Hirt d. indog. ablaut $ 801 s. 170). Wie s2- “säen’ im latein vom pflanzen der bäume, arbores serere, ge- braucht wird, so dürften unsere gr. &z«a(0)-0-ro-g und w/arav- ı-0r0-g eigentlich "ahorn-, platanenpflanzung’ ausgedrückt haben und wären von der kollektivbedeutung, die ihnen ur- sprünglich innewohnte, abtrünnig geworden, um in der histo- rischen zeit das einzelding zu bezeichnen. Es lässt sich im prinzip der kompositionsbildung das gr. un46-07090-g "mit apfelbäumen bepflanzt’ Eurip. Hippol. 742 vergleichen, da ja auf diesem sprachboden im allgemeinen die wurzel 07.20- von orelow, orc&oua, 077000-g die rolle des alten so- übernommen hat. Wenn für ein eolleetivum im sinne von “pflanzung’ die formung als neutrum mit dem ausgange *-o-ro-» "satum’ angemessener erscheint, so mag ja vermutet werden, dass mit dem eintritt der individualbedeutung ein genuswechsel vom neutrum zu dem obligaten femininum der baumnamen hin sich vollzogen habe. Noch ist auch über das -ı- von sr/arav-ı-0ro-g rechen- schaft zu geben. Es gibt baum- und pflanzennamen auf -ig, gen. -id-oc im griechischen, z. B. &yeowig "weisspappel, silber- pappel’ und »jueoig “veredelter weinstock’ bei Homer, dor. 4. Ahorn. 197 uc@his apfel-, quittenbaum’ Ibye. Theoer., und solche treten auch als erweiterungen kürzerer formen auf -0-s, -0-v und -@ auf, wie dusrelig "weinstock’ Aristoph. neben duzscelo-g, zaodauig "kresseähnliches kraut’ neben z&odauo-v; nicht den baum selbst, sondern dessen frucht bezeichnen derartige formen auf -is in dapvig "frucht des lorbeerbaums’ Hippoer. Theophr. zu ddpvn, zedois “frucht der ceder’ Aristoph. Theophr. zu 8000-5, doxevFig “wachholderbeere’ Plut. Diose. zu &gxzev.Fo-g u.a. Also dürfte es wahrscheinlich sein, dass unser sriaravı- 0To-g auf ein *riarev-ıd-oro-g zurückgehe, d. h. dass ein von srharavo-g paragogisch entsprungenes *rriarav-is "platane' oder “frucht der platane’, welches der sprache wieder verloren gegangen sein mag oder vielleicht auch nur zufällig in den uns überlieferten denkmälern unbezeugt ist, die brücke zur herbeiführung der form auf -ıoro-g gebildet habe. Die alte wurzel s2- “säen’ soll nach der noch heute sehr verbreiteten anschauung, die ich früher, z. gesch. d. perf. 211. 245. 480, selbst geteilt habe, im griechischen durch inue ver- treten sein. Aber das ist mir jetzt äusserst unwahrscheinlich. Die bedeutung “werfen, entsenden’, die das griechische mit inuı, jur und zubehör aufweist, soll ja doch nach der an- sicht der vertreter jener etymologischen lehre die ursprüng- liche sein, aus der die von "säen, same’ in lat. sero, semen, got. saian, asächs. ahd. sämo, abulg. seja seti, seme, hit. sejw seti, semens, air. sil "same’ u. s. w. durch begriffsverengung sich entwickelt habe. Nun wäre im griechischen, wenn man von unserer deutung des -0-7o-g in &2a0T0-5, scharavıoTo-g absıieht, nirgends ein ansatz zu dieser spezialisierung des ver- meintlichen alten allgemeinbegriffs vorhanden, umgekehrt im lateinischen, keltischen und in der ganzen nordeuropäischen sprachengruppe wäre nirgends eine spur davon erhalten, dass sö- einstmals “werfen, entsenden’ ausgedrückt habe. Ich möchte 198 1. Aus dem pflanzenreich. daher jetzt auf die seite der minderzahl von sprachforschern treten, die inuu auf *Ü-in-wı zurückführen und es zu lat. jacio stellen, gestützt auf den vollkommeneren bedeutungseinklang und dazu auf den trefflichen formalen parallelismus, den die verhältnisgleichung fnuu, E-nza za : ja-c-ro—= risnuı, E-Imaa : fa-c-io zum ausdruck bringt, auf die seite also von G. Curtius Kuhn’s zeitschr. 2, 400. grundzüge d. griech. etym.5 62. 401. verb. d. griech. spr. 12, 157£., L. Tobler Kuhn’s zeitschr. 9, 246, Vanicek griech.-lat. etym. wörterb. 748ff. etym. wörterb. d. lat. spr.? 37, Br&eal-Bailly diet. etym. latın 140° und Br&al mem. de la soe. de linguist. 9, 255, Bartholomae Bezzenberger’s beitr. 12, 84 anm. 1 und Meillet revue erit. 1895, 2 s. 173. Ich glaube auch nicht, dass ein vermittlungs- standpunkt, wie der von Bartholomae Kuhn’s zeitschr. 27, 355, Johansson beitr. z. griech. sprachkunde 61 und Per Persson wurzelerw. u. wurzelvar. 14 anm. 6. 209f. einge- nommene, wonach „in inuı zwei verba zusammengeflossen sind“, die entsprechung des lat. jacio mit der des lat. sero, sich sonderlich empfiehlt. So dürfte nun das -o-ro- der baumnamen dz«a(o)-0ro-s und sriaravı-oro-s, falls es den von Wackernagel und mir vermuteten ursprung haben sollte, doch einstweilen als vertreter der wurzel s?- "säen’ im grie- chischen isoliert stehen bleiben. II. Aus dem tierreich. 1. HUND UND VIEH. Wie man mit OÖ. Schrader sprachvergleich. u. urgesch.? 376ff. 387. thier- u. pflanzengeogr. 18. reallex. d. indog. alter- tumskunde 382. 624. 918 und von Bradke üb. methode u. ergebnisse d. arıschen altertumswiss. 163ff. 171 glauben darf, gehörte der hund zusammen mit rind und schaf und dazu vielleicht noch der ziege zur ältesten gruppe der haus- tiere der Indogermanen. Wenn man seinen namen etymologisch und morphologisch aufzuhellen sucht, können natürlich in erster linie nur diejenigen formen der einzelsprachen berück- sichtigung beanspruchen, die die flexion des alten themas *kuuen- und *kuen-, *kuuon- und *kuon-, schwachstämmig vorsonantisch *kun- und vorkonsonantisch *kuun- *kun-, wenn auch nicht durch analogische neubildungen völlig ungetrübt, so doch wenigstens im prinzip festgehalten haben: also aind. $va und vedisch s1@ mit svän-am ace., Sin-as gen.-abl. sing., svd-bhis instr. plur., ferner avest. spä, spän-am acce., sun-O gen., ET. zUwv, zuV-dg gen., zbov voc., lit. szÜ, szun-s gen., air. cıl, con gen. aus urkelt. *kun-os. Wie die verschiedenen stammformen indog. *kuu-on- und *ku-on-, *ku-n- sich in den historischen paradigmen der einzel- sprachen verteilt finden, das mag immer noch im ganzen aus- 200 II. Aus dem tierreich. reichend meine frühere darstellung morphol. unters. 4, 356 ver- anschaulichen. Ich habe aber zu dem dort gesagten teils hier sofort, teils im weiteren verlaufe dieser untersuchung einige ergänzungen anzubringen, in einem punkte auch meine frühere anschauungsweise zu berichtigen. Die zweisilbige basis *kuuon- vertreten bekanntlich zu- nächst das aind. ved. suivä, sivän- und gr. xUwv, zvov. Im altindischen wird aber nicht nur durch die vedischen vers- messungen süvad rgv. 10, 86, 4, Sıwan-cu rgv. 10, 14, 10. 11 nach Grassmann wörterb. z. rgv. 1433, wozu svan-vat-ır d. i. suövanvatır atharvav. 11, 9, 15 kommt, die zweisilbig- keit der stammform gewährleistet, sondern indirekt zeugt da- für auch, dass im späteren sanskrit das sva- „in ableitungen zu Sauva- gesteigert“ wird, z. b. in sauva-s und sauvana-s adj. "zum hunde in beziehung stehend, hündisch’, sauva- damstra-s adj. zu sva-damstra "hundszahn, asteracantha longifolia’ u. a. (vgl. Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 7, 322. 410), was natürlich die voraussetzung erfordert, dass nicht sowol von sva-, als vielmehr von seiner seitenform Suva- diese vrddhibildungen ausgegangen sind. Mit Brug- mann grundriss 2 $ 192 s. 528 fussn. 2 glaube ich auch die von der vedischen überlieferung als sva, svanau mit udatta — jedoch mit svarita Stanvatir an der atharvavedastelle — geschriebenen sıuva, suvanau so, d. i. mit dem accent auf der ersten silbe, lesen zu sollen, teils nach massgabe des griechischen paroxytonons zUwv, besonders aber weil die auf analogischem wege vollzogene accentverschiebung in den schwachen kasus aind. Sum-as, süun-e u. s. w., verglichen mit ST. zuv-ög, zuv-Ov, nur in solchen aind. suva, Siwan-au Ihr passendes muster zu finden scheine. Die zweisilbige basis *kunon- hat aber ferner wol auch an dem keltischen gebilde des nom. sing. air. ci, gäl. e« und 1. Hund und vieh. 201 eymr. ci, corn. ki, mbret. guy nbret. %kö einen vertreter. Denn die lehre Zimmer’s Kuhn’s zeitschr. 34, 163, dass eymr. „a=altir. cd regulär indogerm. kud (ind. $vZ) ent- spricht“, wird nicht haltbar sein, wenn aus air. d« m. “zwei” = aind. dvä, gr. dd(-deza) folgt, dass einsilbiges indog. *kud = aind. $v@, avest. sp@ vielmehr zu air. *e4 geführt hätte. Daher nehme ich lieber mit Brugmann grundriss 2 $ 192 s. 529. 12 $ 969 s. 846, auch mit Thurneysen (brieflich, 16. november 1900), an, dass air. e%4 = cymr. ci „aus zwei- silbigem *%ku5 durch die mittelstufe *kuü hervorgegangen“, also der reflex eines indog. *kuud sei. Was im übrigen Zimmera.a.o. über die flexion des keltischen wortes be- merkt, trifft wol zu, dass nämlich bei ihm, abgesehen von jenem nom. sing., die dem aind. sun-, gr. zuv-, lit. szun- ent- sprechende schwache stammform verallgemeinert sei: eymr. cwn nom. plur. also wie gr. zuv-eg und lit. szun-s. Dabei ist nur weiter auch anzunehmen, dass air. coin im nom. plur., sowie im dat. und acc. sing., aus lautgesetzlicherem *cwin analogisch umgewandelt sein muss, indem partielle ausgleichung mit dem con- aus *cun- vor breiten vokalen, wie in air. con gen. sing., con n- gen. plur.=gr. zuv-6g, zuv-Öv, eintrat; Ähnlich z. b. zu br& “leib, bauch’ der gen. sing. bronn, darnach der dat. broinn auch schon altırısch für und neben bruinn. Zu dem eymr. cwn stimmen corn. kuen und mbret. guon con nom. plur., nbret. coun kounn. Ich habe morphol. unters. 4, 356 auch behauptet, dass die dem zweisilbigen indog. *kuuon- eigentlich beigehörige vorsonantische schwache stammform nicht *kön-, sondern ein *kün- gewesen sein müsse, sowie das kurze indog. *kün- = aind. sun-, gr. zuv-, lit. szun-, kelt. *kun- in air. con gen sing. das gegenstück zu dem starkstämmigen *kuon- in aind $va, Svan-am, avest. spa, span-am, lit. szu aus *szuu (verf. 202 II. Aus dem tierreich. morphol. unters. 4, 356. z. gesch. d. perf. 456 anm., Brug- mann grundriss 1?2$ 382 s. 338. 340.2 $ 114 s. 335, Gustav Meyer alban. stud. 3 $27 s. 15, Wiedemann handbuch d. hit. spr. $ 64, 1 s. 31) darstelle. Es war nun ein irrtum von mir, dass ich solches *kün- tatsächlich in den avestischen formen sun-d, sum-e, sun-am, sün-i-5 vertreten sehen wollte; dies avest. san- wird man doch nur als einen fall der vielen mangelhaften schreibungen von # und 7 für # und 7 be- trachten dürfen (vgl. Bartholomae handbuch d. altıran. dial. $$ 19ff. s. 18f. grundriss d. iran. philol. 1, 1, 154 $ 268, 1, Jackson an avesta gramm. 1$168.5.$ 208.6 und Brug- mann grundriss 12$ 64, 1 s. 78f.); sunt- haben statt sanz- im avesta ein paar handschriften, die neuausgabe aber suni- (nach Bartholomae altıran. wörterb. s. v.). An der theo- retischen forderung eines indog. *kün- jedoch kann ich nur festhalten. Brugmann hebt an der schon erwähnten stelle, wo er über die neubildung des betonten aind. sum- nach sivän- handelt, grundriss 2 $ 192 s. 528 fussn. 2, auch den parallelismus „sin- zu Sıivan- wie yum- zu yivan-“ hervor; dieser parallelismus ist aber, wie man sieht, kein ganz genauer, da nur die einsetzung eines langvokalischen aind. *szn- einen solchen ergeben würde. Ist die stamm- form *an- in aind. yun-as, yun-e u. s. w. nebst yan-t fem., avest. yan-d gen. sing. yan-am gen. plur. von indogerma- nischer herkunft — und das bezweifelt man ja auch nicht, wenn man nur lat. jan-t-z ebendaran anknüpft und den komparativ lat. junior vielmehr aus *juvenios durch einzel- sprachliche vokalsynkope entstanden sein lässt mit F. Sommer Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 11, 41. 43. 76f., oder wenn man selbst in janixz fem. lateinische kontraktion aus dem plautinischen juwveniz sieht mit Lindsay-Nohl d. lat. spr. 395 — ist *izn-, sage ich, von solehem alter neben indog. 1. Hund und vieh. 203 *uuen-, *uuon- = lat. Juven-, aind. yıvan-, avest. yuvan- in yvan-om acc. sing., so wird man auch ein *#zn- "hund’ neben *Auuon- theoretisch zuzulassen nicht umhin können. !) Es ist nur, wenn das alte *kün- auf den aussterbeetat ge- raten ist, wenn sich statt seiner *kun- zu *kunuon- gestellt hat in den paradigmen aind. sun-as : ved. sUvz, Suvan-au, gr. zUV-ög:xUwv, z0ov und air. con gen. aus *kum-os: ci nom. aus *ku(w)a, dann also genetisch nicht gleichmässig ent- wickeltes darum in chiastischer auswahl zwischen zwei neben einander hergehenden formenpaaren zu einem system zusammengefasst worden, weil es sich wegen der äusseren ähnlichkeit gegenseitig fand, weil *kun- dem *kuuon- laut- ähnlicher war, als jenes *kün-, also nach dem prinzip des „qui se ressemble, s’assemble*. Durch sekundärsuffixe aus *kunon- *kuon- abgeleitete nomina hatten nach alter regel die schwachen stammformen, also *kun- in der stellung vor sonanten, *km- in derjenigen vor konsonanten, zu grunde zu legen. Hier sind zwei exem- plare dieser art aus dem indo-iranischen gebiet erwähnens- wert, die man in anbetracht der altertümlichkeit ihrer bil- 1) Das indog. *inn- in aind. yun-as, yüun-t und vielleicht in lat. jun--z als schwache stammform zu lat. juven-(em), aind. yıivan-(am) werden auch diejenigen ablautsforscher nachträglich zu berücksichtigen haben, die da meinen, dass zum entspringen eines langen z und 7 die notwendige voraussetzung eine „zweisilbige schwere basis“, ein voll- stufiges *euz-, *ei@- oder dergleichen, sei. Die ausnahmen der art, dass sich auf anderweitem wege die alten längen 7, z bildeten, sind nicht so „verhältnismässig selten“, wie es nach Hirt d. indog. ablaut $ 25 s. 14 erscheint; vgl. verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 55f. Trotz der hoffnungsvollen prognose, die dem neuesten ablautsystem durch Hübschmann Streitberg’s anzeiger 11, 24ff. gestellt wird, will es mich bedünken, als ob doch noch geraume zeit darüber hingehen könnte, bis wir auf diesem gebiet allesamt ein Hirt und eine herde werden. 204 II. Aus dem tierreich. dungsweise wol sicher als uralte und voreinzelsprachliche schöpfungen gelten lassen wird. Dem movierten feminin aind. sun- “hündin’ entspricht im jüngeren avesta die pluralform sün--5, die hier aber als maskulin auftritt, „entschieden mase.“, sagt Justi handbuch d. zendspr. 295°. Zur erklärung der tatsache heisst es bei Bartholomae altıran. wörterb. s. v. szni-: „Eig. jedenfalls wie ai. sun?- feminin, 'hündin’. Dann aber diente das wort ebenso wie span- ohne rücksicht auf das geschlecht als gattungsbezeichnung“. Zu grösserer bedeutung ist in der iranischen sprach- entwieklung eine m anknüpfung an die basis indog. *kun- entsprungene formation auf -ko-s, fem. .-ka@ gelangt, die, ur- sprünglich wol nur adjektivisch, darnach zunächst die funk- tion als deminutivum ’hündchen’ in beschlag genommen haben mag, um zuletzt zum gattungsnamen selbst an stelle des alten sp@ zu werden. Jungavestisch liegt nur erst das adjektiv spaka- "hundartig’ vor in spakanam gen. plur. vd. 14, 5. Darauf beruhen aber npers. sag “hund’, pehl. sak sag, kurd. seh und afgh. spai nebst weiteren bei Horn grund- riss d. neupers. etym. 164 nr. 743 und Hübschmann pers. stud. 116 anm. 2. 178 verzeichneten mundartlichen formen, die somit apers. *spa-ka, ein subst. mase. avest. *spa-kö, aind. *sva-kd-s voraussetzen lassen. Hierzu orr«-za, Nrea-z-@ bei Herodot 1, 110 oövoua d& 7 yuvarzi iv, v7) Ovvoizee, Kvvo zara nv‘ Ellivov 710000», zard d& nv Mmdıznvy max‘ cv yao ziva zakEovoı Orcara Mndoı. Es ist wol dieses orcd-za trotz zuva nominativ, da dem Griechen das ihm aus iranischem munde mitgeteilte wort am naturgemässesten in der nominativform mitgeteilt wurde, von ihm aber schlecht- hin ohne verständnis der flexion aufgenommen wurde; erst spätere grammatikerreflexion gelangte auf grund der Herodot- 1. Hund und vieh. 205 stelle zur aufstellung eines nom. orr«S (gramm. bei G. Her- mann de emend. rat. Graec. gramm. 434, vgl. dazu Stephanus thes., Passow handwörterb.® und Pape-Sengebusch hand- wörterb.? s. v. orrdza). Dass aber med. osra-za wegen des tnv xöva Herodot’s femininform = apers. *spa-kä, aind. *Sya-ka gewesen sei, wird sich nicht behaupten lassen; denn hier könnte erstens im griechischen 7 zw», anstatt "die hündin’ zu bezeichnen, auch bloss gattungsbegrifflich ge- meint gewesen sein, so dass Herodot das feminin als „gat- tungsgenus“ des wortes in übereinstimmung mit dem sprach- gebrauche der Attiker angewandt hätte (vgl. Buttmann ausführl. griech. sprachl. 12, 132 $ 33 anm. 4), und zweitens wäre auf iranischer seite möglich, dass sich die maskulin- form apers. *spa-ka zum £rrixowov entwickelt hätte, wodurch sie auch das weibliche tier zu bezeichnen fähig wurde, so- wie wir im avesta umgekehrt das alte feminingebilde san-7- zum maskulin werden sehen. Das einfache s- statt sp- in npers. sag, pehl. sak sag, kurd. seh wird von Bartholomae grundriss d. iran. philol. 1, 1, 29£. $ 76 für nicht lautgesetzlich gehalten und auf die analogie des anlauts der vorsonantischen schwachen stamm- form iran. *sun- = aind. sun- in avest. sin-d gen. sing. u. S. W. zurückgeführt, während Hübschmann pers. stud. 76. 116 anm. 2. 178. Streitberg’s anzeiger 6, 35 das ablehnend viel- _ mehr an verschiedene mundartliche lautentwicklung, med.- iran. sp- in orcaza, afgh. spai gegenüber pers. s-, apers. *saka, glauben möchte (ebenso Geiger grundriss d. iran. philol. 1, 2, 413. 414f.); für uns ist diese frage hier belanglos. Ein im neuiranischen neben der weiterbildung spa-ka- verbliebener rest des alten stammnomens ist kurd. sän “hunde’ als ent- spreehung des nom. plur. avest.span-0, span-as(-ca), aind. svän-as, nach Bartholomae grundriss d. iran. philol. 1, 1, 102 $ 188. 206 lI. Aus dem tierreich. Nach diesen über dıe alten laut- und flexionsverhältnisse unseres wortes, dazu über einige altertümliche derıvata des- selben, orientierenden vorbemerkungen fassen wir nun die frage seiner etymologie näher ins auge. Einige ältere etymologische versuche, die mit aind. sva, gT. zUwv u. Ss. w. angestellt worden sind, habe ich Paul- Braune’s beitr. 3, 74 aufgezählt; nichts davon ist überzeu- gend. Am meisten wiederholt ist noch die alte von Benfey griech. wurzellex. 2, 165 aufs tapet gebrachte ansicht, dass das tier als „der häufig und viele junge gebärende“ seinen namen aus der wurzel von gr. zveiv "schwanger, trächtig sein’, zvog 'fetus’ und aind. svdyati “schwillt an’, Si-su-s "kind, junges’ habe. Daran hielten sich z.b. L. Havet mem. de la soe. de linguist. 2, 187, Vanicek griech.-lat. etym. wörterb 159, Wharton etyma graeca 77 und selbst noch Brug- mann grundriss 2$ 114 s. 325. Jedoch schon Pott Kuhn- Schleicher’s beitr. 3, 290 nahm „an dieser freilich nicht ganz ungezwungenen herleitung“ anstoss, ebenso später Heyne Grimm’s deutsch. wörterb. 4, 2, 1911, E. Müller etym. wörterb. d. engl. spr. 12, 609 und Prellwitz etym. wörterb. d. gr. spr. 170. Andere sprachforscher, nämlich A. Weber Väj.-Sanh. spec. 2 (Berlin 1847) s. 68, A. Kuhn in seiner zeitschr. 1, 380, Schweizer-Sidler Kuhn’s zeitschr. 8, 449, Potta.a.o. anm,, G. Curtius grundzüge d. griech. etym. 159, Grassmann wörterb. z. rgv. 1433 und Vanicek etym. wörterb. d. lat. spr.? 70, blieben bei der von Benfey gewiesenen wurzel mit der modifikation, dass der hund vielmehr “der starke, kräftige’ oder auch “der schnelle, behende’ gewesen sei, dies im hin- blick auf die begriffsentwicklung, die aind. sdv-as "stärke, kraft’, sü-ra-s ‘stark, held’, avest. sörd stark’ und gr. xö- o-og n."gewalt, macht’, zi-zu-g 'kraft’ zeigen. Ceeci contrib. alla fonist. del lat. Roma 1894 s. 46f. = rendiconti della 1. Hund und vieh. 207 R. Accad. dei Lincei el. di secienze mor. 3, 474f. lässt uns die wahl, auf grund der Benfey-Weber’schen etymologie uns den hund als „il “generato’ oppure il “forte’“ vorzustellen. Wieder anders soll nach der ansicht Per Persson’s Bezzen- berger’s beitr. 19, 252 der zusammenhang mit derselben wurzel gedacht werden: man habe aind. $v@, gr. zuwv u. 8. w. zu- nächst mit aind. $-su-s “junges, kind’ und dem aisl. hunn junges’, “junger bär’ zusammenzustellen, die alte bezeichnung des hundes habe ursprünglich “tierjunges’ im allgemeinen, dann “junger hund’ und schliesslich “"hund’ schlechthin be- deutet. Aber dä hoeret ouch geloube zuo. Die geltend ge- machte begriffsparallele des lat. catulus mit seiner doppel- bedeutung "tierjunges’ und “junger hund’ klärt in keinem fall etwas auf: entweder ist dies lateinische wort mit canis, wie Persson will, wirklich wurzelverwandt, dann hat aber, wo- fern ja canis auch zu gr. zuwv u.s. w. gehören soll, dort bei dem deminutivum notwendig sich der allgemeinsinn des tierjungen aus dem engern des hundejungen entwickelt, nicht umgekehrt; oder catulus und canis haben, was das wahr- scheinlichere ist, wurzelhaft überhaupt mit einander nichts zu tun, worüber näheres an späterer stelle dieser abhandlung (unten s. 248 ff.). Alle betretenen wege also, das indog. *kuuen- *kuen- "bund’ in der einen oder andern weise mit hilfe der von Benfey zuerst herangezogenen sanskritwurzel sz- schwellen’, “stark, kräftig werden’ etymologisch zu deuten, führen nicht zum ziele Noch weniger tut dies der einfall OÖ. Schrader’s reallex. d. indog. altertumskunde 383, dass eine „onomatopole- tische interjektion %u-* zu fingieren sei, „die als Au- in vor- idg. zeiten zur entstehung der sippe sert. su-an-, su-n- führte“. Ich möchte meine vermutung über die herkunft unseres wortes darauf gründen, dass, wie längst anerkannt ist, die 208 I. Aus dem tierreich. vorwiegende verwendung des hundes in der urzeit unseres sprachstammes die war, dass er dem menschen als „wächter der herden“ diente; vgl. O. Schrader sprachvergleich. u. urgesch.? 383. Die ältesten Iitterarischen denkmäler der best und frühest überlieferten sprachen bestätigen das für die historischen zeiten so vollkommen, dass aus ihrem zeugnis ein rückschluss auf ursprachliche zustände wol statthaft er- scheint. Wie man die hunde als zure«c Porjoag Soph. Ai. 297, zUvag Errirovgovg seouuviov Plat. rep. 3, 416 antrıfft und den ziveooı uellocı sroruevızois Opp. eyneg. 3, 272 begegnet, so gilt für Homer, was Ebeling lex. Homer. 1, 952”’ff. bemerkt und mit vorführung der in betracht kommenden Tlhas- und Odysseestellen zeigt, dass nämlich „duo a poeta genera canum discernuntur, canes venatorii, qui etiam pecudum et stabu- lorum eustodes erant, et canes ro«asreljes, quos delieiarum causa nutriebant et minoris aestimabant“; vgl. auch Buch- holz d. homer. realien 1, 2, 194 ff. und OÖ. Koerner d. homer. thierwelt Berlin 1880 s.25f. Von den „pecudum et stabulorum custodes“ ıst Il. X 183. 7 548sq. M 302sq. N 198. O 587. P 65. 110. 657sqg. X 597. Od. & 21. og 200 die rede, und in der regel ist an diesen fast durchweg gleichnisse enthaltenden stellen neben den zuves auch eine erwähnung des ihrer be- wachung und beschützung anvertrauten viehs, unjda, PAdeg, «iS, oder der ihrer hilfe sich bedienenden hirten, P&rogeg dvöges, voufes, PoVzohog, zu finden. In der lateinischen litteratur unterrichten uns die landwirtschaftlichen schriftsteller genügend über die hunde- zucht, die zwecke, wozu man bei den Römern die tiere brauchte, und was damit zusammenhängt, nämlich Varror.r. 2, 9 und Columella 7, 12. Bei Varro, der es fast ausschliesslich mit dem hirtenhunde zu tun hat, heisst dieser ein custos pecoris, 1. Hund und vieh. 209 den man zum schutze des kleinviehs, mazime oves, deinde caprae, halte, gegen den räuberischen wolf bediene man sich der canes defensores; unterschieden aber werden von dem- selben schriftsteller unter den hunden überhaupt genera dwo, unum venaticum et pertinet ad feras bestias ac silvestres, alterum, quod ceustodiae causa paratur et pertinet ad pastorem. Columella dagegen stellt drei arten von hunden auf :unum genus adversus hominum insidias eligitur, et id villam, quaeque juncta sumt villae, custodit; at alterum propellendis injuriis hominum ac ferarum, et id observat domi stabulum, foris pecora pascentia; tertium ve- nandı gratia comparatur. Auf den haus- und hofhund, camis wvillatieus, auch domesticus custos, und zweitens den hirtenhund, canis pastoralis, fällt das schwergewicht der ge- mütvollen schilderung Columella’s, während über den an dritter stelle mitgenannten venaticus kurz hinweggegangen wird, da er für den landmann nicht in betracht komme oder geradezu unnütz sei. Der pastoralis aber erhält hierbei dann einmal auch die bezeichnung pecwarius canis, also "vwieh- hund’. Für das germanische altertum mag uns hier besonders das zeugnis des altnordischen dienen, wo nach Cleasby- Vigfussonan icel.-engl. diet. 292° s. v. hundr „the shepherd’s dog, watch dog, and deer hound were best known“ und die rolle der schäferhunde besonders durch die eomposita ısl. fidr-hundr und smala-hundr ihren ausdruck findet, wie die- jenige der jagdhunde durch dyr-hundr, spor-hundr. Vel. Weinhold altnord. leben 53f. Die ähnlichkeit des kultur- bildes auf dem nordgermanischen und auf dem altgriechischen boden tritt auch in einer einzelheit entgegen, wenn man be- denkt, dass ja zwischen aisl. anorw. smale m. “kleinvieh’, “‘vieh überhaupt’, ahd. smala-nöz, smalaz fihu, mhd. smal- Osthoff, Etymologische Parerga. 1. 14 210 II. Aus dem tierreich. nöz, smal-vihe, dazu auch mhd. smal-hirte “hirte des schmal- viehs’, und gr. ufj%o-v "kleines stück vieh, schaf, ziege’, air. mil n. “tier” nach herrschender annahme wurzelverwandt- schaft besteht (vgl. Jae. Grimm gesch. d. deutsch. spr. 33, G. Curtius grundzüge: 591, Fick vergleich. wörterb. 14, 519, Stokes ebend. 2+, 213f., Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.® 345%, Persson wurzelerw. u. wurzelvar. 11. 180, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 199 und O.Schrader reallex. 913), wenn man dann in diesem betracht den altnordischen smala- hundr mit den homerischen zöveg zusammenhält, die X 183 regt unha dvOweNowoıv Ev al), deren zusammenwirken mit den hirten in M 302 sq. Porogag dvdoag OUv zuoi zai dou- 08001 Yvldooovrag scegl un) geschildert wird. Anderwärts im altgermanischen sind die sprachlichen zeugnisse für die in rede stehende hirtliche funktion des hundes in den ältesten quellen weniger unmittelbar zu ge- winnen. Auf eine ausgiebige jagdliche verwendung in der alt- und mittelhochdeutschen zeit lässt eine fülle von kompositen schliessen, die den hund und arten desselben nach dieser seite charakterisieren, die besonders in den volksgesetzen, der lex Alam. und lex Bajuv., sich findenden bezeichnungen des canis venaticus ahd. jaga-, leiti-, bibar-, hapuh-, trip-, spuri- hunt und hesse-hunt 'molossus’ (vgl. Graff althochd. sprachsch. 4, 976f. und Palander d. althochd. tiernamen 1, 32. 35£.), mhd. jage- und jeit-hunt, leit-, spür-, hesse-hunt, dazu noch beiz-, suoch-, vogel-hunt (W. Müller mittelhochd. wörterb. 1, 728°f.). Die bescheidene und eintönige rolle des hirten- sowie auch des hofhundes tritt in der litterarischen sprachüberlieferung begreiflicher weise in den hintergrund vor jenen sich vordrängenden termini des geräuschvolleren Jagdsports und luxuslebens der vornehmeren volkskreise. Doch kommt wenigstens ein ahd. wart-hunt vor (Palandera.a. 1. Hund und vieh. 211 0. 32) und auf demselben dialektgebiet ist „das treue, wagen und herde bewachende tier der lex Bajuv. 19 hovawart, qui eurtem domini defendit ... geheissen“ (Jac. Grimm gesch. d. deutsch. spr. 37, vgl. auch Ducange gloss. ad seriptores med. et inf. Latinitatis 2, 88%). Eben dieser hofwächter kehrt dann auch im Sachsenspiegel 3, 51 $ 1 als mnd. hof- wart, in der mitteldeutschen ausgabe hofe-wart wieder (Jac. Grimm a.a. 0.), neben ihm aber der scäp-rode, md. schäf- rode. Überhaupt unterlassen es die rechtsbücher unserer ger- manischen altvordern in der regel nicht, auch des hirten- und schäferhundes in ihren bussbestimmungen besonders zu ge- denken. Das wergeld für den getöteten scäp-rode setzt der Sachsenspiegel an jener stelle auf drei schillinge fest, während der hofwart mit einem schilling zu entgelten ist. Nach der lex Salica 6, 4 ed. Behrend? ist diebstahl oder tötung des canis pastoricialis mit drei solidi „excepto capitale et dela- tura“ zu büssen. Die lex Fris. 4, 7 (= Monum. Germ. leg. 3, 662) bestimmt als busse für den canem custodem pecoris einen solidus. Und ähnliches gilt im altschwedischen recht, wo nach Schiyter corp. jur. Sueogoth. 2 p. 212 „pretium camis ... pastoralis, hiorbhund vocati, in 2 oeras aestimatum est“ (vgl. Monum. Germ. leg. a. a. 0. anm. 57). Nach solchen zeugnissen also bemisst sieh die fort- . dauernde wertschätzung des viehhundes in den rechtsanschau- ungen des germanischen mittelalters. Ist sie selbstverständlich in dieser spätern zeit dem geldwert nach eine geringere, als diejenige der durch ihre kompliziertere dressur und züchtung kostspieligeren jagdhunde, sowie auch gewisser luxushunde, wie denn z. b. die lex Fris. 4, 4 für den canem acceptoriwm und den schosshund, braconem parvum, quem barmbraceum vocant, das vierfache der viehhundbusse, also vier solidi, fest- 14* 232 II. Aus dem tierreich. setzt, so hatte doch wol zweifellos für das urzeitliche leben unseres volkes und des Indogermanentums überhaupt der canis custos pecoris dıe grössere bedeutung. Das volkstüm- liche denken der urzeit entsprach eher dem des bäurisch ge- sinnten alten Roms, wenn hier, wo der jagdsport erst ver- hältnismässig spät gedieh (vgl. O. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 385), nach Columella vom hunde und dem relativen werte desselben je nach der verschiedenen verwen- dungsart galt, dass vel in primis hoc animal mercari tueri- que debet agricola, quod et villam et fructus familiamque et pecora custodit, und dass der venaticus canis darum hinter dem villatieus und dem pastoralis an wert zurückstehe, weil jener nihil pertinet ad nostram professionem und non soluwm nihil agricolam jwvat, sed et avocat desidemque ab opere suo reddit (s. oben s. 209). Werfen wir nun auch noch einen kurzen blick auf die ältesten sprachdenkmäler der asiatischen Indogermanen, so leistet allerdings das altindische uns in diesem falle kaum eine beihilfe. Eine sonderbeziehung des hundes, va, auf das schützen der herden ergibt sich hier nicht; zwar erwähnt Zimmer altind. leben 224, dass in vedischer zeit der hirt das geschäft des viehhütens mit unterstützung der hunde be- sorgt habe, aber einen beleg dafür gibt er nicht an, und auch ich habe einen solchen weder im rg- und atharvaveda noch im satapathabrähmana auftreiben können. So mag hier nur hervorgehoben werden, dass wenigstens im allgemeinen der rgveda die hunde als “beschützer, hüter, wächter” kennt, dies in sivanau raksitärau von den beiden hunden des Yama rgv. 10, 14, 11, wo auch noch das weitere beiwort pathi-rdksi “den pfad behütende’, dass dasselbe alte denkmal den hund ferner nach seiner wachsamkeit einen “wecker’, $vamam bo- dhayitaram rgv. 1, 161, 13, heisst. 1. Hund und vieh. 233 Um so mehr ausbeute gewährt für unsern zweck die altiranische sprachüberlieferung. Über den hund im avesta unterrichten uns die monographie Hovelacque’s revue de linguist. 8, 187 £f., die übersetzung und analyse, welche Geldner Kuhn’s zeitschr. 25, 406ff. von vend. 13, dem hauptkapitel über die hunde, gibt, und die darstellung Geiger’s ostiran. kultur im altertum 36Sff. Die hohe verehrung, ja selbst heilighaltung des hundes beim Avestavolke, die auch OÖ. Sehrader reallex. d. indog. altertumskunde 382 hervor- hebt, ist darnach wolbekannt. Nach ihren verschiedenen ob- liegenheiten aber, den diensten, die sie ihm leisteten, teilte der Mazdaverehrer die hunde in mehrere klassen ein: in dem genannten vendidadkapitel werden besonders die vier klassen des herdenwächters oder pasusha*rvö, des hauswächters oder visha”rvo, des zum persönlichen schutze seines herrn dienenden bluthundes oder vohuna-zgö „der sich an das blut heftet, die blutfährte verfolgt“ (vgl. Bartholomae srundriss d. iran. philol. 1, 1, 97 $ 17Sb ?. indog. forsch. anz. 12, 26. altiran. wörterb. s. v. vohuna-nhag-) und des dressurhundes oder drahtö-hunaro “der gelernte fertig- keiten besitzt, kunststücke kann’ unterschieden. Aber „obenan steht,“ sagt Geiger a.a. 0.370, „der hund, welcher “die herden behütet’. Seine aufgabe ist es, das auf der weide befindliche vieh zu umkreisen und wölfe und diebe zu ver- scheuchen. Dass man ihm die erste stelle einräumte, beweist uns wieder, wie das hirtenleben dem Avestavolke noch lieb und teuer war, und wie es in den herden eine besonders wertvolle habe erkannte“. Die relative wertschätzung der vier klassen in der erwähnten reihenfolge mag hier beispiels- halber durch zwei züge unter den buss- und strafbestimmungen, die gegen das an hunden verübte töten, verwunden, schlagen oder nahrungentziehen gelten, beleuchtet werden: dadurch, 214 II. Aus dem tierreich. dass nach vend. 13, 12ff. (vgl. Geldner.a.a. o. 409f.), „wenn jemand dem herdenwächter einen das leben raubenden den leib entstellenden schlag versetzt“, der übeltäter „acht- hundert hiebe mit der peitsche, achthundert hiebe mit der rute“ zu gewärtigen hat, während dieselbe verletzung des hauswächters mit 700 peitschen- und ebensoviel ruten- hieben, des bluthundes mit 600, des spa ta“runo, d.ı. des Jagdhundes (so nach J. Darmesteter, de Lagarde und Geldner, nach Darmesteter auch mit dem dressur- oder luxushunde drahfö-hunarö ıdentisch) oder des jungen, „unaus- gewachsenen hundes jeder beliebigen klasse, der eben wegen seiner jugend noch nicht in bestimmter richtung verwendet werden kann“ (Bartholomae altıran. wörterb. s. v. ta®runa-), mit 500 solcher doppelhiebe geahndet wird; dass ferner nach vend. 13, 24ff. (Geldner a.a. o. 412) die strafen für das ent- ziehen der nahrung in noch stärkeren sprüngen von 200 zu 90, 70 und 50 peitschen- und rutenhieben abwärts sich ab- stufen, was in noch charakteristischerer weise für die höher- wertung des schäferhundes zeugnis ablegt. Etymologisch ist javest. pasusha”rvö so v.a."pecu servans’, das epitheton des nächst ihm kommenden haus- oder hofhundes visha“rvo in latinisierung "vicum servans’. Vgl. Justi handbuch d. zendspr. 188°. 277°. 312°, J. Darmesteter m&m. de la soc. de linguist. 2, 309ff£. und Bartholomae grundriss d. iran. philol. 1, 1, 182 $ 304 II 45 not., dazu wegen des etymologischen zusammen- hangs des avest. -(S)ha“rvo und ni-Sha®rvaiti “er erhält, be- schützt’, har’tar- “erhalter’ mit lat. servare W. Schulze quaest. epicae 325f., auch Bartholomae grundriss d. iran. phil. 1, 1, 78 $ 141,20 a2 mit note 1 (s. 79) dazu.!) 1) In gräzisierung wäre das avest. visha”rvo kaum durch oo» Övdusvos (vgl. Zovvro ad)ıw von hunden Theocr. 25, 76 sq.) wiederzu- geben, denn der namentlich von W. Schulze a.a.o. befürworteten 1. Hund und vieh. 215 Man wird es also für wahrscheinlich halten dürfen, dass die rolle des hundes in den nomadischen kulturverhältnissen der indogermanischen urzeit, nachdem das tier in den dienst des menschen getreten, vorzugsweise, ja ursprünglich vielleicht ausschliesslich, die des schäferhundes und herdenwächters war, dass die alten Römer und besonders das Avestavolk nur uralte anschauungen pflegten oder fortbildeten, indem sie nach dieser funktion den wert des tieres in erster linie bemassen. Ich glaube es dann aber auch wahrscheinlich machen zu können, dass der alte name des hundes überhaupt von hause aus nichts anderes als 'viehhüter, der zum vieh gehörige’ bedeutete, d. h. dass er eine ableitung aus dem das “herden- vieh’, besonders das 'kleinvieh’ bezeichnenden alten worte *peku war, welches einzelsprachlich durch aind. päsw n. und pasü-s ım., avest. pasu-5 m., lat. pecu. n. und pecus, pecor-is n., pecus, pecud-is f., umbr. pequo "pecua’, got. faihu n. ‘ver- mögen, geld’, aisl. fe, ags. feoh, afries. fia, asächs. fihu fehu feho n. ‘vieh’, “besitz, eigentum’, mnl. nnl. vee, ahd. fihu fehu n. "vieh’ vertreten ist. Das etymon des alten kollektivnamens für das kleinvieh selbst, aind. pdsu u. s. w., ist wol auch gegeben. Es ist ein- leuchtend, wenn Joh. Schmidt d. pluralbild. d. indog. neutra 53. 149 nach dem vorgange Lobeck’s paralip. gramm. Graecae 87 not. 29 (vgl. auch Stephanus thes. s. v. rezog, Passow handwörterb.5 s. vv. z&zog und &zw) das neutrum lat. pecus vergleichung des gr. Zov««a: ‘ich schütze, bewahre, halte fest, halte zu- rück’ nebst 2odooaro aor. und droua. praes. mit lat. servzre und avest. -(S)haurvo, har?tar- wage ich nicht beizutreten, da es neuerdings durch Solmsen unters. z. griech. verslehre 245ff. wieder einigermassen wahr- scheinlich wird, dass doch ein gr. #eev- ‘schützen’, in entsprechung von aind. vara-tär- “schützer, schirmer’, värz-tha-m “schutz, schirm’, anzuer- kennen sei und die nichtnachweisbarkeit des digamma in der homeri- schen sprache bei Zov««a: und zubehör ihre ausreichende erklärung finde, 216 Il. Aus dem tierreich. dem gr. rezog n. “vliess’ gleichsetzt, sowie von andern ety- mologen aisl. anorw. fer n. "schaf’, aschwed. adän. far und gr. sr&zog nebst 720x0-g m. "schafwolle, vliess’ verknüpft wurden (Steffensen nordisk tidskr. f. filol.n. r. 2, 70, Fiek Bezzenberger’s beitr. 1, 60); aber durchaus nicht einleuchtend die gleichzeitig geäusserte ansicht Schmidt’s, dass lat. pecus neutr. nun als dem pecuw und dem feminin pecus „ganz un- verwandt“ zu betrachten sei. Den ausweg aus dem dilemma kann man nur in dem verfahren Fiek’s vergleich. wörterb. 14, 473, Prellwitzens etym. wörterb. d. griech. spr. 242f. und OÖ. Schrader’s reallex. d. indog. altertumskunde 707f. 913 finden, welche mit recht sich dazu entschliessen, auch lat. pecu = got. faihu, aind. pdsu zu der wurzel von gr. sr&xog, 7660-5 und ahd. asächs. fahs, ags. feax, aisl. fax “haupthaar, mähne’ sowie von gr. srözw “ich rupfe, zupfe’, “kämme’ und lit. peszü, peszti “"raufen, rupfen, zausen, pflücken’, paszjti “zupfend lockern (z. b. wolle) gehören zu lassen. Am klarsten legt Schrader diesen zusammenhang dar, indem er in dem gr. zo =lit. peszu „das alte verbum, welches das ausraufen der wolle bezeichnet“, sieht und dem indog. *peku die engere bedeutung “wolltier, schaf’ als die ursprüngliche gibt, demgemäss wie auch einzelsprachlich noch im lateın „pecora und pecudes besonders von schafen“ gebraucht werden, auf iranischem gebiet kurd. pez, afgh. psa, pämird. wachi pus pos und westosset. fus sämtlich nur das “schaf’ bezeichnen. Es müsste demnach schon eine begriffserweiterung gewesen sein, wenn das alte *peku frühzeitig auch in dem allgemeineren sinne von ‘kleinvieh’, neben den schafen die ziegen einbe- sreifend, auftrat. Eine konsequenz dieser anschauungsweise ist dann aber, dass, sowie lat. pecus, pecor-is = gr. se&xog “vliess’ ist, so nun auch das alte v-stämmige neutrum lat. pecu, got. faihu, aind. 1. Hund und vieh. 217 pdsu als die genaue etymologische und morphologische ent- sprechung des armen. «as-r “schafwolle, vliess’ mit ası gen. und den ableitungen asv-et “wollig', asv-i “wollen’ sich dar- stellt; an lat. pecus neutr. schliessen ja schon Hübschmann armen. gramm, 1, 421f. und Holger Pedersen Kuhn’s zeitschr. 36, 98, der erstere auch an aisl. fer “schaf’, dies armen. as-r, asu an, indem jene beiden gelehrten eben den unhaltbaren Joh. Schmidt’schen gedanken einer trennung von lat. pecus, pecor-is und pecw sich zu eigen machen. Was den wurzelvokalismus des armen. asu- angeht, so wird man es auf keinen fall, woran Hübschmann zweifelnd denkt, aus indog. *poku- herleiten dürfen; die von Meillet m&m. de la soc. de linguist. 8, 154ff. aufgestellte lehre, dass das mit e ablautende indog. o in offener silbe durch « im armenischen vertreten werde, ist auch nicht einmal in der beschränkung, die ihr Pedersena.a.o.99f. gibt, richtig, vgl. verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, SOf. Aber asw- verhält sich dem ablaut nach offenbar ganz so zu lat. pecu, got. faihu, wie armen. tasn "zehn’ zu lat. decem, got. taihun, gr. deze u.s. w.; d.h. armen. «su- repräsentiert zweifellos ein indog. *paku-, demgemäss wie die geltung des a von armen. tasn als schwastufe in der e-reihe bereits vieler- seits und mit gutem recht anerkannt ist (Bartholomae Bezzenberger’s beitr. 17, 117ff, Torp bei Bugge Kuhn’s zeitschr. 32, 28, Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 32, 331, _ Meillet mem. de la soe. d. linguist. 9, 158, Fortunatov Kuhn’s zeitschr. 36, 36, Pedersen Kuhn’s zeitschr. 36, 100, Hirt .d. indog. ablaut $ 31 s. 16). Dass armen. as-r, gen. asu, den bildungstypus alter neutra an sich trägt, wie cun-r “knie’, met-r honig’, gen. metu ete., ist von Meillet mem. dela soc. de linguist. S, 162f. und von mir L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 92f. ausgesprochen worden, es schloss 218 Il. Aus dem tierreich. sich demnach ası- auch im grammatischen geschlecht an lat. pecu, got. faihu und aind. pdsu neutr. an. Wenn die nominalen wortgebilde indog. *peku, *pakeu- und *pekos neutr. als bezeichnungen für “wolltier, schaf’ und “wolle, vliess’ und anderseits das nach der herrschenden an- schauungsweise doch primitiv geformte verbum indog. *peko ‘ich rupfe wolle = gr. zw, lit. peszu sich zur seite gehen, ohne dass man rationeller weise es wagen kann, dem verbum die priorität der bildungsweise zuzusprechen, so ist das ein öfters wiederkehrendes verhältnis. Ich erinnere hier an indog. *äg- “auge’ in armen. akmn, gr. 6ooes, lat. oculu-s, abulg. oko, lit. akö-s neben ag- “sehen’ in gr. dıwoucı fut., Ör-wrr-a@ perf. und daran, dass die mit dem "salz’, got. aisl. asächs. salt ags. sealt mnl. sout ahd. salz, lat. säl, air. salann, gr. @4-g, abulg. soli, lett. sal-s, preuss. sal, armen. at, vorgenommene handlung des “salzens’ ja auch durch ein „starkes“ verbum ihren alten ausdruck findet in got. saltan mnl. souten ahd. salzan, lat. sallo “ich salze’ aus *sal-d-0, neben Jüngerem denominativisch gebildetem lat. sall-io und sal-io. Ferner an die von mir Bezzenberger’s beitr. 22, 258 in ähnlichem sinne besprochenen zwei fälle: indog. *ped- im nominalen gebrauche für “fuss’ und “fussspur’, ‘fussboden’ und dasselbe verbal in aisl. feta “dahingehen, seinen weg finden’, ahd. gi-faz perf. “exeidit', auch in aind. päd-ya-te "kommt zu fall, fällt dahin, kommt um’, “geht hinzu’ und avest. padya'ti con). er gerate, komme wohin’, wiewol man diese indo-iranische präsensbildung ja auch wegen ihres -ze- als „secondaire en röalite* betrachten dürfte (vgl. Meillet m&m. de la soc. de linguist. 11, 299ff.); indog. *sel- “niedriges, zu unterst befindliches’ und verbal ‘niedrig sich am boden bewegen, schleichen’, jenes in gr. £J-og und lat. sol-u-m, sol-ea, dieses in lit. selx “ich schleiche, trete leise auf’, aind. t-sdrati “schleicht heran, beschleicht’ 1. Hund und vieh. 219 und dem homerischen beiwort der kühe eiki-wodec. .„Viel- leicht“, sagt nicht übel Pedersen Kuhn’ zeitschr. 36, 97, „wird jemand annehmen, das wort für auge’ sei eine ab- leitung von dem durch gr. öwou«ı belegten verbum; es ist aber viel wahrscheinlicher, dass dWoucı eine denominative bildung von “auge’ ist“, wonach von öwoucı dasselbe gälte, was über hit. anku, aka, akti "augen bekommen’ Leskien d. ablaut' d. wurzelsilben im lit. 374 bemerkt, dass dieses näm- lich, obsehon primitiv geformt dreinschauend, dennoch „wol denom. von «akıs auge“ se. Wenn man also sich dazu ent- schliesst, den ausdruck denominativum nicht auf seine her- kömmliche gebrauchssphäre einzuschränken, mag in solchem sinn dann auch das in rede stehende indog. *peko "ich han- tiere mit der wolle, bearbeite das wolltier’ als eine denomi- nale verbalsehöpfung wol passieren. Von dem urindog. *pekeu- “wolltier, schaf’, “kleinvieh’ aus hatte ich, indem das individualisierende sekundärsuffix -en-, -on- antrat und dieses für sich den hauptton forderte, zufolge der tiefstufenschwächung der beiden sılben des quell- wortes das neue stammgebilde *pkuu-en- *pkuu-on- hund’ entwickelt, dem bei noch weitergehender, etwa im schnellsprech- gebrauche des neuen wortes eintretender reduktion des voka- lismus die seitenform *pku-en- *pku-on- sich beigesellte; rückte der wortacceent vollends auf ein antretendes kasussuffix weiter, so entsprangen die gestaltungen des schwachen stammes, näm- lich @pka-n- und) *pku-n- vor sonanten, *pkuu-n- und *pku-n- vor konsonanten. Der wegfall aber des p- in der anlauts- gruppe pk- war so, wie der des f- aus d- in der gruppe tk- bei dem zahlwort für “100°, aind. satdm, avest. satom, gr. (&-)zarov, lat. centum, air. cet, got. hund, hit. szimtas aus *tkmtom zu *dekm(t) ‘10’ = aind. daäsa u. s. w. nach heute all- gemein herrschendem glauben der etymologen, dessen be- 220 II. Aus dem tierreich. sründung zuerst am klarsten Bugge Bezzenberger’s beitr. 14, 72, eingehender darnach Brugmann morphol. unters. 5, 2 £. srundriss 2 $ 164 s. 464. $ 179 s. 501 gegeben hat. Die ableitung eines *(p)kuu-o(n), *(p)ku-ö(n), wenn darauf aind. ved. $1iva, gr. zUwv, air. cıt, ferner aind. $va, avest. spa und lit. sz[v]% beruhen, aus dem indog. *peku “vieh’ im sinne von “wer mit dem kleinvieh zu tun, es zu schützen hat’ zeigt uns den hund also als pecu-arıu-s, als einen aind. pasav-ya-s adj. "zum vieh gehörig, auf die herde sich beziehend’. Das genannte lateinische adjektiv bezeichnet substantiviert den viehzüchter’ bei Varro und Cicero, auch “pächter der öffentlichen weiden’ bei Livius und “intendanturbeamter beim heere, der das schlachtvieh besorgte’ inschriftlich; hätte es, wozu es an sich gewiss auch fähig gewesen wäre, die bedeutung des “vieh- oder hirtenhundes’ entwickelt, also was die verbindung pecuärius camis bei Columella (s. oben s. 209) besagt, so würde sich pecu-äriu-s der wortbildung von gr. ()zU-wv, aind. Sdva va entsprechend an die seite stellen, wie lat. resti-ariu-s “seiler’ und gleichbedeutendes resti-on-, mit geringer differenzierung des beiderseitigen sinnes lat. linte-ariu-s “lenwandhändler’ und linte-ön- "leinweber’ neben einander hergehen (vgl. verf. forschungen im geb. d. indog. nomin. stammbildung 2, 78. 79. 107). Die bildung des alten hundenamens stellt sich nun aber auch als ein zweites beispiel der schon grundsprach- lichen verwendung des »-suffixes zur sekundären wort- stammbildung dar, der schöpfung also von bezeichnungen männlicher lebender wesen, die im sonderleben einiger sprachen, des avestischen, griechischen, lateinischen und vornehmlich des germanischen, sich so überaus fruchtbar erwies. Das erste beispiel dieser art, als solches längst erkannt, ist das alte wort für “mensch, mann’, indog. *Ihmm-en- und *Ghm-En- 1. Hund und vieh. 221 “der irdische’ in lat. hom-o, osk. humuns ‘homines’, in got. gum-a und alit. zm-& preuss. sm-oy zu *gdhem- *ghem- “erde’ in aind. ksä-s, ksdm-i loc., ksam-a instr., ksm-ds und jm-ds gen.-abl.'), avest. zü, 2’m-0 gen., gr. yIav, ysau-ahö-g, yau-al, lat. hum-u-s, lit. söm-e, abulg. zem-lja, alban. de; wie zuerst von mir Paul-Braune’s beitr. 3, 71 gelehrt worden ist, später von Brugmann grundriss 2 $ 114 s. 325. 330. 331. 333, Lindsay-Nohl d. lat. spr. 400, Stolz histor. gramm. d. lat. spr. 1, 490, Berneker Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 9, 361, Meillet mem. de la soc. de linguist. 11, 299 u.a. Die mir sehr beachtenswert erscheinende ansicht Meil- let’s über dies suffix -en- ıst, dass es überhaupt seinem ältesten gebrauche nach nur sekundär gewesen sei, und darnach würde man sogar dringende veranlassung haben, in einer so alten wortbildung wie indog. *kuu-en- *ku-en- hund’ den ersten bestandteil *kuu- *ku- eben als einen nominalstamm, nicht als eine ungeformte wurzelsilbe, zu deuten. Man könnte nun unser *p)kun-o(n), *(p)ku-ö(n) auch geradezu als alte kurzform solcher composita, die den hund’ bezeichnen, wie das avest. pasusha"rvö, ansehen, das ver- hältnis zu diesen wäre dann ein ähnliches, wie es aisl. smal-e m. „a shepherd, abbreviated from smala-madr“.zeigt, das 1) Dazu bekanntlich als dritte form aind. ved. gm-äs, die am meisten mit ihrem anlaut störend auffallende, weil sie von der hier sicher alt- hergebrachten palatalen artikulationsstellung sich entfernt; erklärungs- versuche bei Bartholomae ar. forsch. 2,55 und Meiilet m&m. de la soc. de linguist. 9, 372ff. Sollte nicht des rätsels lösung einfach darin zu finden sein, dass gm-iäs eben nur in der verbindung divds ca gmäs ca, an den stellen rgv. 1, 25, 20. 37,6. 5, 38, 3. 10, 22, 6. 49, 2, er- scheint? Hier wird eine dissimilation der in drei unmittelbar auf- einander folgenden silben als silbenanlaute vorhanden gewesenen paia- talen verschlusskonsonanten vorliegen: in diväs ca *jmäs ca verwandelte sich die lautfolge c- j- c- so, dass an zweiter stelle der guttural g- den palatal j- ablöste. 222 II. Aus dem tierreich. smal-e dann geradezu auch ganz zusammentreffend mit dem stammworte smal-em. „small cattle, esp. sheep“ und dieses letztere im neueren isländischen sprachgebrauche verdrängend (vgl. Cleasby-Vigfusson icel.-engl. diet. 570%). In wirk- lichkeit wird natürlich wol die sache so gelegen haben, dass auf grund eben der altererbten wortpaarungen nach art unseres indog. *pkuu-ö(n) neben *peku-seruo-s sich überhaupt der typus solcher „kurznamen“, wie aisl. smal-e “schäfer” zu smala-madr, ahd. Wolf-o zu Wolf-hugi, Wolf-rät, gr. Air-ov zu Avzö-yowv, Avzo-undng, ausgebildet hatte. Unser deutsches vieh-hund und das vorhin s. 209 er- wähnte isl. fidr-hundr “schäferhund’ mögen nun in dem lichte erscheinen, dass es tautologische kompositionen sind, bei deren zustandekommen nach längst verdunkelter etymo- sie und erfolgter begriffserweiterung des schlussgliedes dessen stammwort im anfangsgliede wiederum eingang fand. In engl. hound aber zeigt sich „die verengerung der bedeutung von hund zu jagdhund“, die ags. hund und mengl. hound noch nicht kennen (E. Müller etym. wörterb. d. engl. spr. 12, 609f.); das neuenglische also, das in dog = mengl. dogge, ags. docza eine neue allgemeinbezeichnung des hundes ge- wonnen hat und mit shepherd’s dog demgemäss den hirten- hund benennt, würde mit hound einen ganz vereinzelten fall darbieten, dass der altindogermanische hundename so zu sagen seinen beruf verfehlt hat, noch fortlebend auch selbst mit hilfe determinierender zusätze das nicht mehr auszudrücken vermag, wozu er in urzeiten ins dasein gerufen wurde. Im baltischen, wo Hit. szu, szun-s gen., lett. sun-s und preuss. sun-i-s die legalen vertreter des alten hundenamens sind, liegt daneben auch lett. kuna “hündin’ vor, und es er- scheint dieses, wie man meint, der herkunft aus einer centum- mundart verdächtig (vgl. Kretschmer einleit. in d. gesch. d. 1. Hund und vieh. 223 griech. spr. 230, Brugmann grundriss 12 $ 597 s. 546, Meringer anzeiger f. deutsch. altertum 26, 192 und E. Zupitza Kuhn’s zeitschr. 37, 401). Da ist denn wol bemerkenswert, dass auf demselben sprachboden auch preuss. pecku und alit. peku-s vieh’ als auffällige formen begegnen, die man auf ent- lehnung aus ebensolcher quelle mit einiger wahrscheinlichkeit zurückführt (Brugmann a. a. o., Zupitzaa.a.o., verf. oben s. 62; andere, aber nicht einleuchtende erklärungsversuche bei bei Fick vergleich. wörterb. 1%, 78 und ebend. vorw. s. XXII, Bechtel d. hauptprobl. d. indog. lautl. 37Sf. und bei Meillet mem. de la soc. de linguist. 8, 292). Ist es einundderselbe herden weidende und hirtenhunde haltende nomadenstamm mit centwm-sprechweise gewesen, der den Balten ihr peku- und zugleich das lett. kuna zuführte? Die stammform indog. *pkeu-, *pku- “kleinvieh’, von der wir aind. svä, avest. spa, gr. zUwv u. 8. w. ausgegangen sein lassen, ist kein novum mehr. Man hat längst zahlreiche vertretung von ihr im iranischen erkannt, wo sie in der gestalt fsav-, fsu- namentlich das zweite und das erste glied nominaler composita bildend vorliegt. Nach Justi hand- buch d. zendspr. 206° und gemäss freundlicher auskunftser- teilung Bartholomae’s, der mir auch das manuskript zu seinem altiranischen wörterbuch gütigst zur einsicht über- liess (brieflich, Giessen, 5. und 14. november 1900), gehören . unter andern formen aus dem avesta hierher: die adjectiva . drva-fsav- “des haustiere gesund sind’, ha“rva-fsav- “des haustiere unversehrt sind’, mat-fsav- “samt den tieren’, vor?ta-fsav- “wo die tiere nicht (aus haus und stall) heraus können’ vd. S, 4 (vgl. Bartholomae Brugmann- Streitberg’s indog. forsch. 1, 178) und fradat-fsav- m. “das kleinvieh fördernd’, name einer gottheit, die die kleinvieh- herden mehrt; dazu g.-avest. kamna-fsv-a- n. "wenig vieh, 224 II. Aus dem tierreich. geringe herde’ y. 46, 2 (vgl. Geldner Bezzenberger’s beitr. 14,1. 8). Das in der wortanfangsstellung befindliche iran. fsu- weisen im avesta auf das dem aind. pasu-mdnt- adj. “viehreich, herdenreich’ entsprechende fs@-mant- adj. "der sich herden hält, viehzüchter (vgl. Geldner Kuhn’s zeitschr. 28, 404 und Bartholomae Streitberg’s anzeiger 4, 12. srund- riss d. iran. philol. 1, 1, 13 $ 29, ein zweifel an der bedeutung aber bei Hübschmann Streitberg’s anzeiger 6, 33), das dem aind. ved. pasu-sa- “vieh verschaffend’ parallel gehende compositum fsü-san- bezw. fsü-s@- adj. mase. “der vieh in seinen besitz bringt, viehbesitzer’ (vgl. Geldnera.a. o. 406 und Bartholomae grundriss d. iran. philol. 1, 1 s. 226 $ 405. s. 235 $ 414) und das denominative verb /su-ya- "vieh auf- füttern, aufziehen, vieh züchten’, “fett machen, feist werden lassen’ in fsuyo 2. sing. injunct. “lass feist werden’ y. 48,5 und fsuyant- part. mase. “viehzüchter, freund der viehzucht’. Dazu die neu- und mitteliranischen wortbildungen npers. subän “hirte', pehl. Supan und span, afgh. Span, bal. Sipank von zu grunde liegendem apers. *fu-päna-, sowie armen. spet “hirte” aus *Swpet als lehnwort auf grund eines apers. *fsu-pati-s. Man vergleiche noch im allgemeinen über dieses iran. -fsu-, fsu- für pasu- Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 25, 57, Hübschmann zeitschr. d. deutsch. morgenl. ges. 44, 560. armen. gramm. 1, 215. Streitberg’s anzeiger 11, 33. 45, Bartholomae handbuch d. altıran. dial. $ 145 s. 55. grund- riss d. iran. philol. 1,1,13 $ 29, Brugmann grundriss 11 8 313 8. 253. 5 398 5. 298. 12 $ 618,1 s. 563. 2 $ 104 s. 294. 295, Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 31, 415 und Horn grundriss d. neupers. etym. 171. 287. Das wort hund nun, wenn es in indogermanischer urzeit die alte anlautskonsonantengruppe *pk- zu k- vereinfacht hat, stellt sich in diesem betreff zu avest. drva-fsav-, ha“rva- 1. Hund und vieh. 225 fsav- u. s. w. in denselben gegensatz, wie beim viererzahlwort aind. furiya-s und türya-s, avest. tüiryo “vierter’, gr. rov- paksıa mit t- aus *gt- zu avest. @-htürum "viermalig’. Da- gegen zu dem am wortanfange stehenden altıran. fsw- aus indog. *pku- in avest. fSü-mant-, fsü-san-, fSuyant-, apers. *fSu-pana = npers. Suban, *fsu-pati-s = arınen. Spet hätten die *ku-, *ku-formen avest. sün-D gen. sing., sp@ nom., med. Orcd-za nebst aind. Sun-as, Süva svä, gr. zuv-dg, zUwv U. S. W. dasselbe kontrastverhältnis, wie bei der alten bezeichnung des vaters g.-avest. ta "vater', javest. ta'ryo “vaterbruder’, tuirya “vaterschwester’, afgh. tra “oheim’, nordbal. fr? “tante, vater- schwester’ zu g.-avest. pta, ptar-am, f’dr-oi aus *ptr-di, Javest. pta(-ca), plur. ptar-o, f’dr- aus *ptr-ds, ptor’-byö (vgl. Hübschmann indog. forsch. anzeiger 11, 46). Über solche doppelbehandlung der aus zwei verschlusslauten bestehenden wortanlautsgruppen handeln Bartholomae Bezzenberger’s beitr. 10, 271. 13, 54f. 17, 120f. anm. 3. Kuhn’s zeitschr. 29, 578 anm. 1. Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 2, 263. 7. 63f. grundriss d. iran. philol. 1, 1,33 $ 83 und Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 31, 423f. Ich vermute in wesentlicher übereinstimmung mit der anschauungsweise dieser beiden ge- lehrten, dass die vereinfachung der gruppe „im absoluten satzanlaut“, ferner mit Bartholomae insbesondere, dass sie auch „im satzinlaut nach geräuschlauten“ zu erfolgen hatte, während wol im satzinlaut vornehmlich hinter unmittelbar vorausgehenden vokalen die erstere der beiden explosivae erhalten blieb. Also musste wol, wenn auf dem gebrauch in letzterer stellung die altıranischeu avest. fs@-mant- u. s. w., apers. */su-päna- beruhten, so gut wie das wortschliessende -fsav-, -fsu- in avest. drva-fsav- u. dgl., es dann auch bei dem namen des hundes bedingungen geben, unter denen die einbusse des p- der urformen *pku-, *pku- nieht eintrat: ein Osthoff, Etymologische Parerga. I. 15 226 II. Aus dem tierreich. „angelehntes“ indog. *pkun-os gen. sing. z. b. = avest. *fsun-0, aind. *psun-ds, gr. *rrzuv-ög hätte. in verbindungen wie *sd pkunds bestand haben können und die tatsächlichen aind. sd sunas, gT. ö zvvög müssten als neubildungen in folge von ausgleichung zwischen verschiedenen satzdublettenformen be- trachtet werden. !) Es leuchtet aber ein, dass bei dem hunde- namen, wenn erst die begriffserweiterung vom schäferhunde zum hunde im allgemeinen, d. 1. hof-, jagd-, begleithunde u. s. w., erfolgt und dadurch hier der etymologische zusammenhang mit *peku “kleinvieh’ gelockerter oder ganz verdunkelt war, 1) Man wird es freilich cum grano salis zu verstehen haben, dass nach den oben skizzierten regeln sich die behandlung der anlautenden verschlusslautgruppen im indogermanischen richtete, und man wird nicht alle solche gruppen schlechtweg über einen kamm scheren dürfen, sondern immer auch die frage der grösseren oder geringeren assimi- lationsfähigkeit der einzelnen und sonstige möglichkeiten des kom- binatorischen lautwandels in erwägung ziehen müssen. Zu indog. *dekmit) ‘zehn’ gehört nicht nur das auf *tkmtom zurückgehende hundert- zahlwort, aind. satäm u. s. w., sondern bekanntlich auch der zweite komponent der alten ausdrücke für die höheren zehnerzahlen, 20 bis 90; vgl. Scherer z. gesch. d. deutsch. spr.? 579, Bugge Bezzenberger’s beitr. 14,72 und Brugmann morphol. unters. 5, 2f. 17ff. grundriss 2 $ 164 s. 464, auch verf. suppletivwesen 36. Auch bei diesen dekadenzahlen aber bietet sich uns nirgends mehr die konsonantengruppe -tk- dar, sondern immer nur der unmittelbare oder mittelbare reflex von ein- fachem -k- in den mit dem element *-kmt- oder *-Aomt- gebildeten aind. vim-sati-s, trim-sät ete., avest. vr-saiti, Pri-sas, armen. k'san aus *gi- santi, ere-sun, gr. böot. dor. fl-zarı herakl. fei-xzarı ion. att. ei-xooı, lat. vi-ginti, tri-ginta, air. fi-che, tri-cha; obwol hier doch, mit einziger ausnahme des ältesten ausdrucks für '60”, eines *s(w)eks- oder *(s)ueks- komt»o, dem am nächsten das keltische mit air. sesca nir. seasga aus *se(c)s-cont-s und das armenische mit vat-sun geblieben sind (vgl. Brugmann morphol. unters. 5, 34f.), kein geräuschlaut am ende des ersten gliedes stand und obwol diese ja frühzeitig zu worteinheiten werdenden verbindungen von einerzahl und nachfolgendem dual und plural der dekadenbenennung gewiss von anfang ihres bestehens an recht engen anschluss des zweiten an das vordere glied kannten. Wir 5. Hund und vich. 227 dass alsdann für dieses wort die chancen der erhaltung der formen mit dem alten vollanlaut p4- ungleich geringere sein mussten, als in den durch avest. fSa-ma, npers. Su-ban, armen. Spet repräsentierten fällen indog. *pku-ment-,*pku-pono-, *pku-päti-s, wo der lebendiger bleibende begriffliche konnex mit den formen wie *druuo-pku-s —= avest. drva-fsu-s sowol wie namentlich auch mit dem simplex *peku, *pekü-s — avest. dürfen aber, meine ich, unbedenklich annehmen, dass an und für sich die konsonantenverbindung -?k- zu -k%k- sich assimilieren mochte, wäh- rend ein -pk- bestehen blieb, da ja dort die beiden einzellaute dentales t und palatales % sich ihren arkulationsstellen nach erheblich näher standen, als einander der labial p und der palatal %, dass also ein urindog. *trr-kkomt» entsprang bei gleichzeitigem unversehrtbleiben eines *druuo-pku-s = avest. drva-fsu-s. Nun waren ferner, wenn wir uns an die rekonstruktionen Brugmann’s morphol. unters. 5, 17ff. grundriss 2 $$ 176. 177. 178 s. 489 ff. Iw. Müller’s handb. d. klass. alter- tumswiss. 23, 1, 214f. $$ 243. 244 halten dürfen, die zahlwörter für 20 bis 50, also die untersten in der reihe und darum naturgemäss immer auch die häufigst gebrauchten, schon in der grundsprache zu formen ge- langt, die einen langen vokal, bei der zwanzigzahl vielleicht daneben einen diphthong, oder lange liquida sonans (bei der vierzigzahl) am ausgange des einerausdrucks zeigten: indog. *w7- oder *uei- nach avest. vr-saiti npers. bist, gr. herakl. e4-zarı ion. att. exoo:, lat. vi-gintr, indog. *fri- nach lat. tr7-ginta, indog. *getuf- nach dor. delph. ion. reroo-zovra, lat. quadra-ginta, indog. *perage- nach aind. panca-sät, avest. panca-satom, gr. mevri-zovre. (Beiläufig hier die zwischenbemerkung: mit recht hält Brugmann in seinen letzten äusserungen über rero®zovra und quadra- ginta, grundriss 12 $ 279,2 s. 260. $339 s. 311. $.358 s. 322. $451 anm. s. 418Sf. $ 526,1 s. 476. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 2°, 1,42. 88. 214f. zeitschr. f. celt. philol. 3, 595f. anm., an seiner alten auf- fassung, dass es 7-formen seien, fest gegenüber nicht einleuchtenden erklärungen anderer, wie Joh. Schmidt’s d. pluralbild. d. indog. neutra 192 und Kretschmer’s Kuhn’s zeitschr. 31, 412. Berliner philol. wochenschr. 1898 sp. 210f. Wie Brugmann, so früher auch Hirt indog. forsch. 7, 195. 198, aber jetzt holt dieser d. indog. ablaut $ 791 s. 162 den einfall Joh. Baunack ’s Kuhn’s zeitschr. 25, 235 wieder her- vor, dass rero@zovra nach 6yd@zovra geschaffen sei, nachdem doch diese erklärung durch Joh. Schmidt a.a.o. mit triftigen gründen widerlegt 19% 228 II. Aus dem tierreich. pasu-s, bal. pas "kleinvieh, schaf oder ziege’, kurd. pez, osset. fus "schaf’ der alten anlautsgruppe zum schutz gereichen konnte. Doch muss man das ebenfalls im auge behalten, dass ja immerhin auch wirklich die alte form mit dem pk- ins leben der einzelsprachen oder einiger unter ihnen vererbt sein könnte, indem wol auf den meisten oder fast allen ge- bieten die reduktion zu k- auch nach den einzelsprachlichen lautgesetzen, vornehmlich wenn erst die angelehnte form ın den gebrauch der freistehenden „im absoluten satzanlaut“ über- war; formassoziation bei zahlwörtern kann man im allgemeinen nur dann ohne bedenken annehmen, wenn die betreffenden zahlwörter einander unmittelbar benachbarte in der einer- oder dekadenreihe sind, weswegen z.b. gr. roiros nicht, wie Brugmann grundriss 2 $ 81 s. 231. $ 167 s. 470. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 2°, 1, 202 will, nach eivaros und Ö&zaros zu homer. ro/raros erweitert ist, sondern wol einzig und allein nach r&roaros, vgl. Thumb-Marbe experimentelle untersuchungen üb. d. psychol. grundlagen d. sprachl. analogiebildung Leipz. 1891 s. 54ff., wo aber die den grundgedanken bildende einschränkung, dass die be- einflussende zahl immer oder doch der regel nach die nächst höhere sein müsse, zweifellos sprachgeschichtlich und bei richtiger betrachtungs- weise auch psychologisch unhaltbar ist). Ausserdem hatte einen langen vokal an betreffender stelle das nach massgabe von lat. octö-ginta und gr. homer. 6yd&-zovra zu erschliessende urindog. *oktö-kkomtn “80°. Das wurde, hauptsächlich aus anlass der häufigkeit des gebrauchs eben jener untersten dekadenausdrücke, in der folge so massgebend, dass hie und da im einzelsprachlichen leben sich die vokallänge auf die höheren zehnerzahlen analogisch weiter erstreckte: das -2- von gr. zerzii-zovra auf Z£r-zovra u.s. w., das -@- von lat. quadrä-ginta aus zunächst auf quinguä-, dann weiter auf sexä-ginta ete. Da es nun bekanntlich eine in vielen sprachen ganz geläufige lauterscheinung ist, dass nach langem vokal oder diphthong stehender geminierter konsonant vereinfacht, bezw. konsonantenlänge verkürzt wird (vgl. Brugmann grundriss 1? $ 944 s. S11f.), so vermute ich, dass auch die *wr- oder *yei-kkmti, *rT-, *getur-, *penge-kkomtn nebst *okto-kkomt» es waren, bei denen lautge- setzlich die entwicklung von *kkmti, *.kkomtn zu *Imti, *.komtn zu stande kam; ein *septm-kkomt» mochte sich darnach richten und hätte ohne einen derartigen einfluss wol auf striktem wege zu einem gr" *entd-zrovra geführt. 1. Hund und vieh. 229 gegangen war, erforderlich sein musste, so besonders und unbedingt auf dem boden aller centum-sprachen, die das indog. k als verschlusslaut bestehen liessen; es ist nicht abzusehen, wie die gr. z0wv, air. c4 und lat. canis, got. hunds einen andern anlaut haben könnten, wenn sie nicht ihr einfaches k-, sondern pk- aus der grundsprache mitgebracht hätten. Da eben die bedingungen für die aufrechterhaltung des alten unversehrten anlauts pk- bei den sataom- sprachen, die das k in zischlaute verwandelten, im allgemeinen günstigere sein mussten, so wäre es nicht verwunderlich, wenn in der tat auf diesem gebiet eine spur der wortform mit dem pk- auch bei der alten benennung des hundes auftauchen sollte, ein zeugnis also dafür, dass die ehemalige postvokalisch an- gelehnte satzsandhiform dieses unseres wortes in der grund- sprache doch nicht völlig untergegangen war, sowie ander- seits avest. san-O gen. sing., sün-i-$ plur. "hündinnen’, nicht *fsun-0, -7-3, als sichere belege dafür dienen, dass die grund- sprache die form *kun- mit vereinfachung des vollanlauts pk- gekannt hat. Ich meine, dass hier eine schwierigkeit, die das armen. $ın hund’ seither bereitete, sich lösen könnte. Der anlaut dieses $un erscheint abnorm, da *sun zu er- warten wäre, wenn hier die thematische basis *kuuon- von aind. ved. suvä, gr. xUwv, air. cü oder auch die schwache stammform indog. *kun- = aind. sun-, gr. zwv-, Hit. szum- vertreten wäre; anderseits aber ein armen. *skun, falls an- knüpfung an die ku-formen aind. $va, svän-am, $vd-bhis, avest. spa, span-am, med. or«-za, afgh. spai, lit. szü aus *szu% statt zu finden hätte, das letztere besonders auf grund und nach massgabe des vielleicht zugehörigen deminutivs armen. skund "hündchen’, worüber näheres weiter unten (8.241 ff.), sowie ferner des armen. skesur "schwiegermutter’, für welches man mit recht annimmt, dass auch bei ihm, wie be- 230 II. Aus dem tierreich. kanntlich in aind. svasrü-s, svdsura-s und lit. szeszura-s, eine assimilation an das inlautende -X- verwandlung der alten anlauts- gruppe indog. sı- in Aur- herbeigeführt habe (vgl. Joh. Schmidt Jen. literaturz. 1877 s. 271Pf. Kuhn’s zeitschr. 25, 134f. anm., Brugmann grundriss 1? $ 331, 1a s. 304.$ 842 s. 741, Bugge etrusk. u. armen. 32. Kuhn’s zeitschr. 32, 29. 54, Bartho- lomae stud. z. ındog. sprachgesch. 17 anm. 36f., Meillet mem. de la soc. de linguist. 9, 152f. und Hübschmann armen. gramm. 1, 480. 491). Die bei der vergleichung mit aind. $va, avest. spa, gr. ziov u. 8. w. obwaltende widerspenstigkeit des anlauts des armen. Sun ist öfters bemerkt worden. So von de Lagarde armen. stud. 118 $ 1710, Hübschmann Kuhn’s zeitschr. 23, 17. 21 anm. armen. stud. 1, 79. armen. gramm. 1, 479. 480. 491, Brugmann grundriss 12 $ 619 s. 564, Bugge etrusk. u. armen. 1, 32. Kuhn’s zeitschr. 32, 54, Bartholomae stud. z. indog. sprachgesch. 2, 36f,, L. von Patrubäny in seinen sprachwiss. abhandl. 1, 213 und Meillet m&m. de la soc. de linguist. 10, 278; von mir selbst L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 78, wo ich meinen hier zu gebenden erklärungsversuch andeute. So weit nun aber, daraufhin dem armenischen worte die verwandtschaft mit aind. $va u. s. w. abzusprechen, ging von den genannten nur de Lagarde; den nämlichen zweifel meinte „per piü d’una ragione“ Ascoli studj erit. 2, 228 zum ausdruck bringen zu sollen (dagegen dann ich morphol. unters. 1, 118 anm.). Es schlug auch de Lagarde eine ganz andere etymologische deu- tung des armen. sum vor, eine höchst gezwungene er- klärung, die Bugge etrusk. u. armen. 1, 32 mit recht ohne weiteres zurückwies. Unter den gelehrten, die anderseits da- ran festhielten, in dem worte den altindogermanischen hunde- namen zu sehen, haben ferner Bugge Kuhn’s zeitschr. 32, 1. Hund und vieh. Dal 54 sowie Bartholomae, von Patrübany und Meillet, ein jeder in sehr verschiedener weise, sich bemüht, eine er- klärung für das rätselhafte 5- zu finden, jedoch damit auch nur augenscheinlich fiasko gemacht. Ich glaube hier nur auf das, was Bartholomae und Meillet vorgebracht haben, besonders eingehen zu sollen. Bartholomae’s erklärung des 5- in Sun besteht in dem versuch, es auf iranischen einfluss zurückzuführen. Er weist 2.2. 0.37 auf die pämirdialektische form sak hin und ent- wickelt ebend. s. 42ff. eine etwas komplizierte, jedoch deswegen nicht unglaubhafte theorie, wie innerhalb der iranischen sprachentwickelung nach analogie des alten satzphonetischen wechsels von wortanlautendem # und - = indog. s-, z. b. „in pamird. stardz, stirdz gegenüber av. stard, np. sitärah“ von dem indo-iranischen zustande „*staras "sterne’, aber *tai staras “die sterne’*“ her, sich ein $- auch neben ıran. s- — indog. k- habe einfinden können; daher stamme z. b. npers. kurd. afgh. sah "zweig, ast’, pämird. soh: aind. sakha, Nit. szaka, ferner npers. pehl. sustan "waschen’, bal. sodag, kurd. sastin: aind. Sundhati reinigt’, kurd. 30% “licht” neben sak: avest. Atar’-saoka- “feuerbrand’, aind. soka-s “glut, flamme’ u. ähnl. mehr (vgl. dazu auch Horn grundriss d. neupers. etym. 158 anm. 1. 169. 172f. und Hübschmann pers. stud. 212). Ich gebe zu, dass nach diesem prinzip wol auch das pämird. 3ak hund’ eine rechtfertigung seines von dem npers. sag, afgh. spai und med. orr«ze, avest. spä abweichenden an- lautskonsonanten finden könnte. Aber unglaublich ist mir, dass die Armenier, wenn ihnen der hund *sun hiess, ihm diesen namen nach einem solchen $ak, das sie irgend einer iranischen mundart abhörten, hätten in 3un entstellen sollen. In den mittel- und neuiranischen dialekten fristet eben die alte bezeichnung des hundes ıhr dasein nur in der das spa- = 232 II. Aus dem tierreich. aind. sva-, indog. *kun- enthaltenden weiterbildung mit dem suffixe -ko- und dazu in dem kurd. san “hunde’ = avest. spano, aind. $vän-as, wovon oben s. 204f. ausführlicher die rede ist; die alte schwache antesonantische stammform avest. sun- in sun-ö, sun-t-5S — aind. sun-, gr. zuv-, lit. szun- hat auf diesem sprachboden keine spur hinterlassen, selbst die auffassung Bartholomae’s, dass von jenem alten sun- zur zeit, als es noch bestand, das einfache s- an stelle des sp- auf formen wie npers. sag, pehl. sak sag, kurd. seh und san übergegangen sei, unterliegt ja noch sehr dem zweifel (vgl. oben s. 205). Nur ein mir. niran. *sun-, das irgendwie für *sun- eingetreten wäre, von dem aber eben nichts verlautet, könnte die form sein, von der das armenische wort entlehnt oder lautlich beein- flusst worden wäre. Meillet m&m. de la soc. de linguist. 10, 278 wagte, ge- stützt eben auf die parallele von armen. sun: aind. sva, sim-as, die auch von Hübschmann Streitberg’s anzeiger 10, 48 registrierte zusammenstellung des armen. Sun “atem, atemzug, hauch, seele’ mit aind. svdsiti “zischt, schnauft, atmet’, suisma-s “das zischen, pfeifen, sprühen’, “atem, duft’, “ungestüm’. „Mais ce rapprochement“, schreibt darüber jetzt der französische gelehrte selbst (brieflich an mich, Paris, 26. oktober 1900), „est bien douteux et ne saurait assur&ment autoriser une hypothese aussi singuliere que celle du passage de 1.-e. *kıun- A arm. Sun-. Au surplus la chuintante $ de Sund peut provenir d’une assimilation comme le & de @anacel (au lieu de *canacel) "connaitre' [anders hierüber Bartholomae stud. z. indog. sprachgesch. 2, 20].“ Und fernerhin macht dann noch Meillet das eingeständnis: „Le 5 de sun reste pour moi un mystere“. Ich vermute, es lässt sich diesem „mystere“ nun in der weise beikommen, dass wir das $- von 3un für im grunde 1. Hund und vieh. 233 wesensgleich mit dem des lehnwortes armen. $pet “hirt’ aus *Su-pet = apers. *fSu-pati-s aus indog. *pku-pati-s (s. oben s.224.225. 227) halten. Den lautwandel von ursprünglichem pk- dureh die zwischenstufen ps-, fs- hindurch zu /s- wird man zwar, wie er altiranisch war (vgl. Bartholomae handbuch d. altıran. dial. $ 144 s. 55. grundriss d. iran. philol. 1, 1, 13 $ 28 und Brugmann grundriss 12 $ 618, 1 s. 563), so wol nicht in bausch und bogen dem armenischen oktroyieren dürfen. Doch hoffe ich mit folgender konstruktion nicht ganz vom richtigen abzuirren. In betreff des indog. # und seiner reihe ist unbestritten, dass auf dem satam-sprachengebiet die vertretung „durch palatale s-laute“ das ursprünglichere gewesen sei, dass also dem aind. s ($) der altersvorrang vor dem iran. s, wie dem lit. sz derjenige vor dem lett. preuss. s und dem s der Slaven gebühre; vgl. Brugmann grundriss 12 $596 anm. s. 543. $$ 610. 611 =. 556. $ 625 s. 567, Bartholomae stud. z. indog. sprachgesch. 2, 41. grundriss d. iran. philol. 1, 1, 12£. $$ 27. 28 und Berneker d. preuss. spr. 160. Folglich muss auch im armenischen dem s — urspr. % die qualität ehe- dem einmal zugekommen sein, und ich denke mir nun, dass in der alten anlautsgruppe p%-, indem diese urarmenisch zu- nächst als ps- bestand und indem hierfür das assimilations- produkt ss- eingetreten war, sich die spur des vorauszu- _ setzenden früheren lautstandes bewahren konnte. Solche an- nahme würde, wie mir scheint, sich durch die parallele der armenischen behandlung der konsonantengruppe indog. ps stützen lassen, wenn diese, wie ich in L. von Patrubäany’s sprachwiss. abhandl. 2, 49ff. nachgewiesen zu haben glaube, regelrecht auf grund vorhergegangener assimilation zu ss durch armen. s vertreten wird, wortanlautend in st “falsch, lügnerisch’, “falschheit, lüge’: gr. weödog nach Bugge’s ety- 234 II. Aus dem tierreich. mologie Kuhn’s zeitschr. 32, 25f. 73, inlautend in eres “ange- sicht, antlitz, gesicht, miene, anblick, vorderseite’, eresem “zeige mich, erscheine’: erevim “werde sichtbar, erscheine, zeige mich’, gr. re&rw, -rroereig, ahd. furben, air. richt. Aus *psun- “hund’ wäre also im armenischen *ssum- ge- worden, hieraus das historische sun, und aus demselben srunde wäre kein *sun entsprungen, welcher es bewirkte, dass das auf *psut-, *ssut- "weödog’ zurückgehende sut eben in dieser gestalt erscheint und nicht mit verhauchung oder gänzlicher verflüchtigung des s- als *hut (vgl. armen. hin “alt’: aind. sdna-s, lat. senex, air. sen, lit. sena-s, got. sineig-s) oder gar *ut (vgl. armen. at ‘salz’, amarn "sommer’, evt'n ‘sieben’ u. dgl. mit spiritus lenis für h- aus s-); in beiden fällen hätte die konsonantendehnung Ss-, ss- mit ihrer in- tensiveren artikulation des sibilanten dazu beigetragen, diesem das verharren auf einer älteren lautstufe zu ermöglichen. Den vokalismus des armen. sın hat man bisher meist so verstehen zu müssen geglaubt, dass in dieser form, indem die bekannte lautvertretung des indog. ö durch armen. hier statt habe, die bildung des nom. sing. auf -ön, also in übereinstimmung mit dem gr. xuov und dem mundartlichen lit. szun, im gegensatz zu den die alte nominativbildung auf -5 vertretenden aind. &uva svä, avest. spa, hochlit. sz& und air. ci, vorliege; so Brugmann grundriss 1! $ 87 s. 84. $ 92 anm.s.87. $ 651,2 s. 499. 2 $ 192 s. 528, Bugge etrusk. u. armen. 1, 32. Kuhn’s zeitschr. 32, 54, Bartholo- mae Bezzenberger’s beitr. 17, 92 anm. 3. stud. z. indog. lautgesch. 2, 36 nebst anm. und Meillet m&m. de la soc. de linguist. 9, 147, ähnlich wol auch Holger Pedersen Kuhn’s zeitschr. 36, 99 mit „sun hund’, gr. zuwv“ als einem der „belege für arm. o (u) ausidg. 0“. Es wird das vom stand- punkte unserer etymologischen auffassung schwerlich haltbar 1. Hund und vieh. 235 sein. Die einsilbige erundform indog. *kuön hätte notwendig armen. *skun ergeben, vgl. eben skund und skesur. Setzen wir aber dafür das voller anlautende indog. *pkuön ein oder das aus diesem zunächst entwickelte urarmen. *psuwön, so wäre daraus wol durch die zwischenstufe *ssuon hindurch historisches *kun entstanden, vielleicht aber auch wieder nur *skun, wofern wegen der dreifach-konsonantischen gruppe *psu- hier der eintritt der konsonantendehnung *ss- unter- blieben, *psu- frühzeitig zu *Su-, daraus *szx-, endlich sk- ge- worden wäre. Man wird, meine ich, nicht umhin können, prinzipiell an der erklärungsweise, die für den nom. sing. armen. sun Hübschmann armen. stud. 1,57. SS und L. von Patrubäny in seinen sprachwiss. abhandl. 1, 212 in vorschlag gebracht haben, festzuhalten: darnach ist das « in dieser form nicht vertreter von indog. d, sondern = indog. u, es ist ferner eine zweisilbige erundform von der art des gr. zUwv in erster linie, sodann auch des aind. ved. siv@ und des air. cu aus urkelt. *ku(u)a@, als substrat vorauszusetzen, und es ıst dies zweisilbige grundgebilde zur einsilbigkeit dadurch gelangt, dass die gewöhnliche armenische synkope in den ursprüng- lich letzten silben polysyllabischer wortformen, hier die syn- kope von indog. 5, statt fand. „Idg. *5n in der schlusssilbe*, so drückt es von Patrubänya.a.o. aus, „erscheint im arm. ‚als -n, vgl. sun:zuov.“ Wofern das gr. zuwv einzelsprach- lich aus *rxuF-wv hervorgegangen war, was wir ja an- nehmen dürfen, wenn auch nicht müssen (vgl. oben s. 228f.), so könnte ihm das armen. sun völlig gleichstehen : aus indog. *pkuu-on wäre urarmen. *psuuon, *sSuuon, hieraus nach dem vokalischen auslautsgesetz *(s)surn, endlich sun geworden. Das verhältnis der beiden letzten dieser entwicklungsstufen ‚lässt sich etwa durch den fall des instr. plur. und sing. der 236 II. Aus dem tierreich. u-deklination im armenischen, zarduk aus *zardu-vk‘, zardı aus *zarduw-v, illustrieren, wenn auch bekanntlich das v dieser instrumentalsuffixe -vA, -v» von anderer herkunft, intervoka- lischer vertreter von indog. bh, war (vgl. Hübschmann armen. stud. 1,86, Brugmann grundriss 2 $ 281 s. 636. $ 383 s. 719). Das gewahrte alte »-deklinationsparadigma des sun hat auch sonst noch ein paar formen aufzuweisen, die, sowie der nom. sing., sich zwanglos und unmittelbar auf ihr indoger- manisches prototyp zurückführen lassen, nämlich den acc. plur. und vielleicht den nom. plur. Bestand im acc. plur. nach aind. sdun-as, gr. zuv-eg, lit. szun-is, vielleicht auch nach air. con-a (vgl. hierüber Brugmann grundriss 12 $ 254, 3 s. 234. $ 418, 3 s. 378. $ 443 s. 411f. 2 $ 325, 1. 671. $ 332 s. 679), die urform *kun-ns, daneben aber das noch ältere ge- bilde *pkun-ns, so beruht nun auf letzterem einfach das armen. (z)sun-s, das aus zunächst vorausliegendem *sun-ass für *sun- ans synkopiert ist. Für den nom. plur. müssen wir die er- klärung der armenischen form durch ausgehen von einem indog. *pkuuon-es zu gewinnen suchen. Diese wortform musste bei ihrer dreisilbigkeit nicht nur „das ältere auslauts- gesetz“, sondern dazu „das jüngere vokalgesetz“ treffen, welches vernichtung eines zwischen konsonanten stehenden vu in der der ursprünglich vorletzten silbe vorausgehenden silbe erforderte (vgl. Hübschmann armen. stud. 1, 57. armen. gramm. 1, 410. L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 1, 130ff, Brugmann grundriss 1? $ 237 s. 212f. $ 1049 =. 958f.): es hätte von älterem *suvum-K aus zu armen. *svunk kommen sollen, und es ist denkbar, dass daraus die historische form sun-K auf strikt lautgesetzlichem wege geworden sei, indem einfach das v (u) vor dem « von diesem absorbiert worden wäre. Eventuell aber müsste, wenn solche annahme unstatthaft wäre, der pluralnominativ $un-k durch analogie- 1. Hund und vieh. 237 bildung nach dem accusativ (z)sun-s entstanden sein, dem- gemäss wie ja nachgerade diese beiden kasus im plural aller stammklassen sich nur durch die verschiedenheit der suffixe -k uud -s von einander abhoben, mard-K :(z)mard-s“ menschen’ in der o-, sirt-k : (z)sirt-s gedanken’ in der i-, dster-k' :(z)dster-s “töchter” in der r-, akun-k “quellen’ und akan-k‘ “edelsteine’, beides eigentlich “augen? : (Jakun-s, (zJakan-s in der n-dekli- nation u.s. w. So aufgefasst, würde das armen. sun-K als eine neuschöpfung gleicher art wie gr. zUv-es statt *ruor-ec nach xuv-ag acc. erscheinen, ungefähr auch wie lit. szun-s statt *szvan-s = aind. svan-as, avest. span-as(-ca) nach Hit. szun-is acc. plur. Den singularischen accusativ armen. (z)sun hat man zweifellos für nichts anderes als die übertragene nominativ- form zu halten, gemäss der regel dieser sprache, in der auch (z)mard “"hominem’, (2) mair “matrem’, (z) dustr “filiam’ u. dgl. schon allein wegen des fehlenden -n nicht echte accusa- tivformen sein können; vgl. Brugmann grundriss 2 $ 212 s. 547. $ 214 s. 548. $ 215 s. 549. $ 218 s. 551 und besonders verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 90ff. In unserm falle von (z)sun wäre aus einem indog. *pkuuon-m auf lautgesetzlichem wege armen. *(z)svun-n oder eher *(z)sun-n geworden, sicher aber das letztere, wofern, wie in gr. zUV-a statt *zVov-a und lit. szun-i, statt *szvan-i = aind. Svan-am, avest. sp@än-am, eine neubildung mit einführung der schwachen stammform zu grunde gelegen hätte. Es bleibt noch die gruppe der kasus von armen. sum übrig, denen die basis san- gemeinsam ist: sing. gen. dat. san, abl. i sane, instr. samb, plur. sanc, i sanc, sambk. Die frage ist hier:kann san- auf indog. *pkuun- zurückgeführt werden, so dass die instrumentalformen sam-b, sam-bK die im prinzip zu den dreisilbigen aind. *suva-bhis instr., *suva-bhyas 238 II. Aus dem tierreich. dat.-abl. plur. sich fügenden kasusgebilde sein würden? Denn dem tatsächlich vorhandenen zweisilbigen aind. svd-bhis könnte nicht das armen. sam-bk , sondern nur ein armen. *skam-bk sich an die seite ordnen; in entsprechung aber von einem aind. *psva-bhis müsste man armen. *skam-bk oder etwa auch wieder *skam-bk erwarten. Aber auch von jenem *pkuum- aus gelangt man nicht zum ziele : die grundformen *pkuun-bhi, *pkuun-bhis hätten mit wirken der armenischen vokalgesetze *svam-b, *svam-bk ergeben. Also wird anzu- nehmen sein, dass im instr. sing. und plur. an die stelle von *Sy- = indog. *pkuu- oder von *sk- (bezw. *sk-) = indog. *pku- oder etwa auch von *sk-=indog. *ku- sich analogisch das einfache vorvokalisch stehende s- der formen mit dem u-vokalismus sing. nom. Sun, plur. nom. sun-K, ace. (2)sum-s geschoben habe. Mit den instrumentalformen aber geht zu- sammen das san-c im gen. dat. und abl. plur., da hier der gebrauch des von indog. -öm im gen. plur. aind. sun-am, avest. sun-am, gr. zvv-ov und lit. dial. szun-u verschiedenen und konsonantisch anlautenden genitivzeichens armen. -« dem kasusgebilde eine andere stellung anweist, als die in der gruppe der alten *kun- oder *pkum-formen. Das gepräge der neuschöpfung aber steht vollends dem gen. und dat. sing. armen. san deutlich an der stirn ge- schrieben. Dass diese form mit der alten bildung von aind. Sum-as, avest. sun-D, gr. zuv-ög, lit. szun-s und air. con aus *kun-os, bezw. als dativ mit der von aind. suün-e, javest. sun-e, nichts zu schaffen haben könne, liegt auf der hand und ist von mir in L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 78f. im gegensatz zu Bartholomae Bezzenberger’s beitr. 17, 92 und Bugge Kuhn’s zeitschr. 32, 54, welche eine mor- phologisch nicht zu rechtfertigende urform des gen. sing. *kumn-ös konstruierten, geltend gemacht worden; übrigens 1. Hund und vich. 239 würde auch lautlicherseits eine solche grundform den dienst, das san erklären zu helfen, gar nicht leisten, wie wol aus unsern bisherigen darlegungen zur genüge hervorgeht.') Ich gebe a. a. 0. Stff. für armen. san und eine gruppe ähnlicher formationen des gen. dat. sing. auf -an, die auch nicht ur- sprünglich sein können, die erklärung, dass -«n aus indog. *-nn-elos, *-nn-aj in fällen wie armen. Jerman zu Jjermm ‘fieber’, gelman zu getmn “wolle, fliess’ althergebracht sei, dass dann „nach dem vorbilde solcher verhältnisse, wie ‚jerman, getman neben jermam-b, getmam-b instr.“, die neu- bildung von san neben sam-b, ferner Jean neben jeam-b zu Jiun nom. sing. ‘schnee’ u. dgl. ermöglicht worden sei; eine 1) Im altindischen liegt eine form vor, die so aussieht, als ob sie ein indog. *kunn- anstatt *kun- verträte: das von Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 7,410 aufgestellte adjektiv ved. svanin- "hunde haltend, hunde führend’ VS. 16, 27. 30, 7, wenn man es als Svan-in- zerlegen zu müssen glaubt, wie dem Petersburger wörterbuch folgend Brugmann grundriss 2 $ 115 s. 337 tut. Aber diese analyse ist nur scheinbar richtig, wie eingehend und überzeugend Benfey vedica u. verw. 101ff. zeigt. Darnach, sowie auf grund der im anschluss an Benfey von Lanman noun-inflexion in the veda 372. 373. 374. 378. 397 gegebenen erklärungen der zwei vorkommenden formen "vanibhyas und svaninam, ist vielmehr das von dem kommentator Mahidhara erkannte compositum $va-ni- “hunde führend’ hier zu sehen: in sva-ni-bhyas erfuhr dieses den über- tritt von der i- zur i-deklinatiou, wie ebenso senä-ni- “heerführer’ in sena-ni-bhyas VS. 16,26 und ria-ni- 'frommes werk leitend’ in rta-ni- bhyas RV. 2, 27,12 (vgl. Benfey a.a. 107), und von sva-ni-bhyas aus dann weiter umbildung zur flexion der -in-stämme vornehmend, erzeugte ‘es den acc. sing. svanin-am, also einen metaplasmus zweiten grades. An stelle eines vorsonantischen indog. *kun- nirgends zulässig, mag dagegen *kunn- oder *kuunn- regelrecht als variante eines vorkonso- nantischen *kun- *kuun- in der stellung vor -i- und -«- erscheinen, so in aind. söan-vat-ır atharvav. 11,9, 15 und svän-vat-inam ebend. 19, 36, 6, wo aind. -an- aus -n- vor -v-, wie in den ebenso mit -vant- gebildeten adjektiven aind. aksan-vänt-, asthan-vänt-, udan-vänt- u. s. w. (vgl. Brugmann morphol. unters. 2, 214. grundriss 1? $ 430 s. 393. $ 431, 2 8. 395f. $433,2 =.401). 240 II. Aus dem tierreich. neubildung, die in dem paradigma unseres sun die formale scheidung von gen. dat. sing. und nom. sing. wiedergewinnen half, da ja indog. *pkun-e/os und *pkum-ai zu einem histo- rischen armen. *Xun, d. i. also einer mit Sun nom. aus *pkuuon zusammenfallenden form, führen mussten. Über unser deutsches hund, mhd. ahd. hunt, mnl. hont, asächs. ags. hund, afries. hund hond, aisl. anorw. hund-r, schwed. dän. hund, got. hund-s hat Kluge in den ersten fünf auflagen seines etym. wörterb. annehmbareres gelehrt, als in der neuesten sechsten s. 182°, als ferner Kluge-Lutz engl. etym. 109°. 110° unter hound und humt: während er früher den anschluss an gr. xvw» u. s. w. festhielt und die beziehung zu got. hinpan “fangen’, ags. huntian, engl. to hunt nur eine volksetymologische sein liess, gilt ihm jetzt umgekehrt der hund ursprünglich als „fänger, Jäger, er- beuter“, jenem verbum wurzelverwandt. Die gerade ent- gegengesetzte wandlung der etymologischen anschauungs- weise vollzog sich bei Jac. Grimm, indem er deutsche gramm. 2 (1826) s. 35 got. hund-s, ahd. humt fragend zu got. hinpan stellte, aber gesch. d. deutsch. spr. (1848) s. 37f. aind. $vA, gTY. z0wv U. 8. w. verglich und in unserm hund das -d- für entweder dem -1- von lat. catulus entsprechend oder für „zugesellt“ hielt, „vielleicht um den namen der wurzel khinban capere (vgl. ags. huntian, engl. hunt) zu nähern.“ Das letztere kommt jedenfalls der wahrheit einen schritt näher; Kluge’s jetzige etymologische beurteilung von hund lehnen auch Pa- lander d. althochd. tiernamen 1,29 und O.Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 382. 384 ab, sowie gegen dieselbe erklärung in ihrer anfänglichen vertretung durch Jac. Grimm bereits Diefenbach vergl. wörterb. d. goth. spr. 2, 583, Pott Kuhn’s zeitschr. 3,289 und E. Müller etym. wörterb. d. engl. spr. 12, 609 sich aussprachen. 1. Hund und viech. 241 Neuere versuche, das -d- von got. hun-d-s aufzuklären, sind von Bugge Bezzenberger’s beitr. 14, 57, Johansson beitr. z. griech. sprachkunde 118, Holger Pedersen Kuhn’s zeitschr. 32, 243, Per Persson Bezzenberger’s beitr. 19, 282f., Brugmann grundriss 1? $ 140 s. 140.$ 331, la. s. 304. $ 377, 2 s. 336. $ 609 s. 555. $ 619 s. 564. $ 1016, 3 s. 900 und Hirt Paul-Braune-Sievers’ beitr. 22, 231f. gemacht worden, sowie auch Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.2 85° und Palander d. althochd. tiernamen 1, 29 diese frage gestreift haben. Mir scheint unter dem, was vorgebracht worden ist, zu- nächst einiges richtig zu sein, was man bei Persson und Palander ausgesprochen findet: in lett. suntana f. “grosser hund’, dazu vielleicht, jedoch eben minder sicher, in dem armen. skund “hündehen’, liegt der hinweis darauf, dass die stamm- erweiterung durch ein suffix mit -?- bei diesem worte vor- einzelsprachlichen ursprungs sei. Das formale verhältnis aber zwischen der germanischen wortform und dem armenischen deminutivum, wofern dies hier anschliessbar sein sollte (vgl. unten s. 273£.), lautlich und morphologisch zutreffend zu bestimmen, wäre Brugmann in der hauptsache gelungen: germ. *yun-da-z ginge durch *yuun-da-z auf indog. *kum-to-s oder durch *yuuun-da-z auf *kuum-to-s zurück, das armen. skumd aber auf indog. *kuon-to-s nach Brugmann, vielleicht jedoch wegen des gen. plur. sindac eher auf ein femininum *kuon-tä. Es wird hier also zu dem thema des stammwortes *kun- *kuun-, *kuon- ein bildungs- und wortableitungsverhältnis be- stehen, wie etwa bei lat. lüber-tu-s, Tiber-ta falısk. lofer-ta zu lat. löber, bei ahd. hliumun-t m., aind. sröma-ta-m n. zu got. hliu-ma m. “gehör, ohr’, avest. sraoma n.“gehör’. Dass solche weiterbildung nominaler stämme durch -?o- in die grundsprache zurückzudatieren sei, erscheint nach Brugmann grundriss 2 Osthoff, Etymologische Parerga. I. 16 242 Il.. Aus dem tierreich. $ 79 s. 211f. $ 82 s. 234ff. $ 786 s. 1106 kaum fraglich, ihre entstehungsweise aber am besten auf dem wege begreiflich, dass man der idee nach die zwischenstufe des denominativen verbs auf -z0 hinzudenkt, also dass lat. liber-tu-s oder sein prototyp, als eigentlich ein partizip, entsprungen wäre, wie im griechischen *raIag-ro-g in d-za$ag-ro-g “unrein’ zu «3906-5 durch vermittlung des verbums z«Jaiow, wie sich gr. Favua-to-g durch das zwischenglied Yavucivo an Fadue anknüpft (Brugmann grundriss 2 $ 768 s. 1106. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23,1, 303, vgl.auch W.Schulze quaest. epicae 236). Bedeutet nun lat. iber-tu-s "zum liber gemacht’, so grenzt das auch an den sinn von “der eigen- schaft, dem zustand des !zber angenähert', daher “nach der art eines freien beschaffen’. Also können wir uns auch wol vorstellen, dass solche erweiterungen durch das -to-suffix öfters ‘das so- und so-artige’ bezeichnet haben werden, indog. *kun-to-s oder *kuum-tö-s in got. hun-d-s, *kuon-ta in armen. skun-d “das hundeartige wesen’, was dann auch nicht übel zu der deminutiven bedeutung des armenischen wortes passen würde. In got. hund-s aber hätte sich die dem deminutivi- schen sinne nahe kommende ableitung so an die stelle des stammwortes gedrängt, wie auf iranischem boden das dem adjektiv avest. spa-kö “hundartig’ = indog. *kun-ko-s ent- stammende afgh. spat, npers. sag, kurd. seh (s. oben s. 204f.) ganz die rolle des alten avest. sp@ = indog. *kud übernommen, also die deminutiv- oder eine an diese heranstreifende be- deutung gegen die genusbedeutung aufgegeben hat. Zu gunsten der hier vorgetragenen erklärung der -to-, -ta-bildung des got. hun-d-s und eventuell des armen. skun-d lässt sich aber weiter noch eine, wie mir scheint, be- sonders schlagende wortbildungsparallele hier heranziehen. Diese unsere erklärung stützt sich nämlich nun auch gegen- 1. Hund und vieh. 243 seitig mit der einleuchtenden deutung, die von Planta gramm. d. osk.-umbr. dial. 2, 41f. anm. 2 neben einem andern ver- fehlten deutungsvorschlage dem namen der umbrischen gott- heit der unterwelt, dem *Hon-to- in Honde dat. sing. tab. Iguv. 6b 45, Hunte dass. 1b 4, *Hon-to- oder vielleicht *Hon-ta- fem. in Hunte Iuvie dat. 2a 20. 34 (vgl. von Plantaa.a.o. 2, 109. 738 und Conway the ital. dialects 2, 626°), dazu in Hun-t-ia abl. sing. "am fest der 'gottheit Hondo- Huntu- 2a 15, gibt: dass hier die ableitung aus indog. *9hom- *ghem- *ghm- “erde, erdboden’ in lat. hum-u-s, hum-ili-s, gr. yau-ai, yIov, yIau-ahko-s, lit. söme, abulg. zem-lja, avest. z’m-0 'telluris, humi’ ete. (Danielsson Paulıi’s altital. stud. 3, 142f,, von Plantaa.a.o. 1, 437) ebenso zu verstehen sei, wie nach Brugmann die bildungsweise !der lat. Tiber-tu-s, liber-ta falısk. loferta, ahd. hliumun-t, aind. sroma-ta-m u. s. w. Das umbr. Zon-do- Hun-tu- war eigentlich so viel als “erdartig, tellurisch, y$6v.og’, kann dann aber geradezu wol auch bezeichnung der “erde, tellus, „I6» selbst, daher denn personifiziert des genius derselben, gewor- den sein, wie germ. *y(u)un-dd-z = indog. *kun-to-s "hund- artig’ zu dem sinne von ‘hund’ überging. Die o-ablautstufe der wurzelsilbe von Hon-do- Hun-tu- aus indog. *Jhom-to- rückt den umbrischen gottesnamen aber näher an das armen. skun-d heran, wenn dies eben auf *kuon-ta beruht. Nun bleibt aber auch das formale verhältnis des umbr. HZonde Hunte _ zu umbr. hondra hu[n]tra 'infra’, hondomu abl.infimo’ und osk. huntrus 'mferi', hu/n]truis “inferis’ nicht länger „un- klar“, wie es noch für von Planta war. Diese umbr. hon-dra, osk. hun-trus sind ja adjektivische ableitungen aus *Jhom- “erde’ von derselben art, wie die gr. 60£0-reg0-5, &yg6-, Önuo- Teg0-g, wie im italischen volsk. Veles-trom, lat. *nemes-t(e)ro- in Nemes-tr-inu-s und ungefähr auch wie lat. tellüs-tr-i-s, 16* 244 II. Aus dem tierreich. palüs-ter palüs-tr-is, das umbr. hon-domu eine solche wie lat. fini-timu-s, mari-timu-s (Danielsson.a.a.o, Brugmann srundriss 12 $ 143 s. 142. $ 413, 1 s. 367. 28 73 s. 168. $ 75 s. 183, von Plantaa.a. o. 1, 437. 2, Alf. anm. 2. 203, Buck d. vocal. d. osk. spr. 117, F. Sommer Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 11, 14. 211. 256). Und da nun die hier vor- liegenden, ursprünglich ortsverhältnisse ausdrückenden suffixe bekanntlich, worüber zuletzt und besonders eingehend Som- mer gehandelt hat (vgl. auch Solmsen unters. z. griech. laut- u. verslehre 48£.), identisch sind mit den komparativ- und superlativsuffixen -tero- und -tmmo-, so dürfte man auch sagen, dass der gottesname umbr. Hon-de Hun-te morpho- logisch sich zu hon-dra osk. hun-trus in gleicher, zu umbr. hon-domu in ähnlicher weise stelle, wie got. hun-d-s und armen. skun-d zu gr. homer. poet. xUv-rego-c compar. “hündi- scher’, zuv-raro-c superl. „Besteht ein näherer zusammenhang zwischen der form zuvr6-taro-g und german. hunda-?“ fragte Brugmann morphol. unters. 2, 255 anm. Das lett. suntana ıst in seinem bildungsverhältnis zu lett. sun-s, lit. szu noch unklar für Leskien d. bildung der nomina im hit. 388. Hinsichtlich seines -t- aber schliesst es sich wol evident, wie Persson erkannt hat, an got. hun-d-s an. Nach dem germanischen worte, wenn dies auf *kun-to-s beruht, hätte man jedoch ein lett. *swin-t-ana, anderseits nach armen. skund, falls wir dies aus altem *kuon-ta herzuleiten berechtigt sind, ein lett. *swan-t-ana zu erwarten. Die tatsächliche form sum-t-ana muss auf ausgleichung mit dem wortkörper des stammnomens lett. sun-s beruhen; in derselben weise stehen ja auch gr. zuv-rego-g und xUv-raro-g für lautgesetzlicher ge- staltete *zud-reoo-g, *zud-raro-g (Brugmann morphol. unters. 2, 255). Über das dem /-suffix in lett. sum-t-ana sich weiter an- 1. Hund und vieh. 245 schliessende n-suffix habe ich nur die vermutung, dass es irgendwie mit dem im litauischen „substantiva zur bezeichnung des männlichen, starken“ bildenden, „als amplifikativsuffix* also und „zur bildung der namen von tiermännchen“ dienen- den -ina-s zusammenhängen möge, z. b. lit. vaikina-s “ grosser, starker junge, bursche’, ävina-s “schafbock, hammel’; vgl. Schleicher lit. gramm. $ 51 s. 121, Kurschat gramm. d. litt. spr. $ 348 s. 105 und Leskien d. bildung d. nomina im lit. 404f. Das eigentliche suffix dieser masculina scheint lit. -na- gewesen zu sein, der typus sich von ableitungen aus zu grunde liegenden i-stämmen losgelöst und analogie gewirkt zu haben, also dass nach @vi-na-s, preuss. awi-n-s "schafbock, widder’, welches ja auch wegen des genau übereinstimmenden abulg. ovi-ni& “widder’ eine ältere schöpfung sein muss, ferner nach lit. angi-na-s “ grosse schlange’, kirmi-na-s “grosser wurm’, dann “wurm überhaupt zu avi-s, angt-s, kirmi-s, hit. biti-na-s “weisel’ zu biti-s “biene’ sich vaik-ma-s zu vaika-s "knabe’, stirn-ina-s 'rehbock’ zu stirna “reh’, müs-ina-s “aasfliege’ zu muse “fliege u. dgl. eingefunden hätten. Dann könnte unser lett. sun-ta-na “grosser hund’ — so wäre es nun zu zerlegen — ein isolierter überrest aus der sprachperiode sein, wo das -na-s, fem. -na auch noch andere stammausgänge als das -i- der i-stämme vor sich hatte, nämlich hier das -«- = indog. -0- von got. hun-da-. Unter der gruppe der litauischen -ina- bildungen belegt Leskien a.a.o. 404 auch zwei feminina, merg-ina zu merga ‘mädchen’ und vaik-ina, dieses letztere „in fem. form mse. bed.“, also begrifflich gleichwertig mit vaik-ina-s “bursche’; ein solches feminines amplifikativ wäre denn auch das lett. sun-ta-na. Aus dem preussischen hat man ja zu der hier in rede stehenden litauischen weise, sub- stantiva vergrössernden sinnes durch -ina- zu bilden, ver- mutungsweise auch einiges bezogen: preuss. sas-in-s “hase’ 246 Il. Aus dem tierreich. ist allerdings, wie auch Leskien a.a.o. 405 andeutet, ein zweifelhafter fall, richtig aber wol, dass Berneker d. preuss. spr. 181 smument-ina-n acc. in ein verhältnis zu smünent-s “mensch’ setzt, welches dem von lit. vyr-ina-s“mann’ zu vyra-s entspreche. Liegen die keime und ansätze zu der im baltischen fruchtbar gewordenen amplifikativ- oder augmentativbildung mit -no-, -nä in erscheinungen etwa wie diesen: gr. 60x0-vo-g m. “eine grosse thunfischart zu ögxu-g m. dass.; gr. homer. att. vn f. "eine adlerart, seeadler’ aus *bhas-na oder *bhes-na zu aind. bhas-a-s m. "ein bestimmter raubvogel’, pn -sn-form nach Wharton etyma graeca 129. 159 und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. aind. spr. 200” (minder annehmbar „bhanso-s“ oder „*bhanso-s“ bei Fick vergleich. wörterb. 1*, 88, Vanicek griech.-lat. etym. wörterb. 595, Leo Meyer vergleich. gramm. d. griech. u. laut. spr. 12, 77. 793, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 343 und Bloomfield Amer. jour- nal of philol. 16, 433); gr. eA&-vn “schildkröte', lesb. yeAv-va Sapph. fr. 169 Bergk* (verfehlte veräolisierung ist das „y&ivvve* Meister’s d. griech. dial. 1, 75 und Hoffmann’s d. griech. dial. 2, 484f.) zu gr. y&Ao-s f. dass., aksl. sily und zelüv-i f. ‘schildkröte‘, -0- in xe/d-vn aus -0u- im ablaut zu -@- (Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 31, 335. 337. 386. 462, Hirt d. indog. ablaut 112 $ 473); lat. squati-na f. “eine art haifische, engelfisch, meerengel’ zu squatu-s m. dass.? Mit aind. saku- nd-s m. „vogel, meist von grösseren vögeln und von solehen, welche vorzeichen geben, gebraucht“ (Böhtlingk-Roth s. v.), „etwa häher oder haselhuhn“ nach Säyana (vgl. Grassmann wörterb.z. rgv. 1370) stellt man gr. zöx-vo-g “schwan’ zusammen (Fick vergleich. wörterb. 14, 45, Wharton etyma graeca 76, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 168, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 301°, Hirt Bezzenberger’s beitr. 24, 231); könnte nicht wenigstens das griechische wort 1. Hund und vieh. 247 amplifikativisch anarmen.sag“ gans’, welches nach OÖ. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 261 „noch unerklärt“, bei Hübschmann und Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 23, 26. 25, 127 falsch erklärt ist, sich anschliessen, indem der wurzel- vokalismus des xuz-vo-g etwa nach art von zUx2.0g, vuS, övväu.dgl. (zuletzt hierüber Hirt d. indog. ablaut $ 28 s. 15) zu beurteilen wäre? Auch an gr. oiwvo-g “grosser vogel, raubvogel, weis- sagevogel’ aus *öFi-w-vö-g (schwerlich „aus *öF.owvos“ nach O0. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 606): lat. avi-s, aind. vi-s und ve-s m. "vogel’, avest. vi-s dass. und gr. vio-vo-g “sohnes sohn, enkel’: vöo-g ‘sohn’ wird man erinnert. Von den sprachforschern, welche die dentale stamm- erweiterung in got. hun-d-s aufzuhellen suchten, haben Per Persson Bezzenberger’s beitr. 19, 282f. und Hirt Paul- Braune - Sievers’ beitr. 22, 231f. auch zusammenhang mit dem -t- der slavischen suffixform -e-t-, welche neutrale benenn- ungen junger tiere und deminutiva überhaupt, z. b. abulg. zrebe-t- "füllen’, otroce-t- kind’, bildet, vermutet. Dies -e-t- steht ja im wechsel mit -en-, wie auf slavischem boden selbst, in abulg. tele n. "kalb’, gen. tele-t-e, russ. tel’at-a plur.:russ. telen-okü m. sing., abulg. mlade n. "infans’: mladen-ici m. dass., preuss. malden-iki-s vok., so auch in einem der reste derselben bildungsweise, die das baltische kennt, preuss. smünen-t-s" menschenkind, mensch’, smünen-t-in ace.:smünen- isku adj. "menschlich’ ench., smonen-awin-s mensch’ vok. (Les- kien d. bildung d. nomina im hit. 383£. 585, Brugmann grund- riss 2 $ 244 s. 596, Berneker d. preuss. spr. 181). Hat nun mit dem -t- dieses slavo-balt. -en-t- das -to-, -tü von got. hun-d-s, lett. sum-ta-na und armen. skun-d etwas zu tun, was nicht schlechterdings in abrede zu stellen ist, so wäre unser fall ein neues beispiel für den alten „wechsel zwischen o- oder ä-deklination und konsonantischer deklination“, den 248 Il. Aus dem tierreich. Brugmann indog. forsch. 9, 366ff. bespricht und an einer reihe von suffixformen exemplifiziert vorführt, die in soleher doppelgestaltigkeit auftreten, -fo-, -tä und -t- in gr. sroö-PAn- ro-9: 7000-BAng, gen. 7.00-BAj-r-ogs, aind. kr-ta-s : -kr-t-, madhu-kr-t- ete., got. milib:gr. uelı, udhı-r-og, -ko-, -kü und -k- in aind. sana-kd-s, gall. Seneca, fränk. Sinigus : lat. sene-£, abulg. nova-ku:gr. vea-S u. ähnl. mehr; vgl. auch Solmsen unters. z. griech. laut- u. verslehre 149. 195 anm. 2 über gr. i&oa@xo-s Etym. M. 765, 54 neben i&oaf, NAl-xo-g neben 4:-. Dahingegen ist die vermutung über den ur- sprung des -- von abulg. tele-t-, preuss. smunen-t-s u. del., ie Brugmann grundriss 2 $ 244 s. 596 ausspricht, indem er die t-flexion von gr. övdua-r-og und oÜd«-T-og, Üda-T-og in vergleich dazu stellt, fallen zu lassen; denn das adverbiale ablativsuffix -tos hat man wahrscheinlich auch in diesem griechischen genitivausgange -(w)«-rog nicht mehr zu erblicken (vgl. verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss, abhandl. 2, 85 ff.), sodann wäre es aber auch befremdlich, dass övouarog und genossen im slavischen ihresgleichen nur gerade an den bil- dungen des gen. sing. der tierjungenbezeichnungen und demi- nutiva, tele-te, mlade-te u. s. w., nicht auch an *ime-te "des namens’, *söme-te “des samens’ anstatt imen-e, sömen-e, finden sollten. Ihre besonderen schwierigkeiten macht bekanntlich die lautgestaltung des lat. can-i-s; sie zu lösen aber dürfte, wie mir scheint, gelingen, wenn man catulu-s und sein verhältnis zu can-i-s in das richtige licht setzt. Die beiden bedeutungen von catulu-s, dass es "tierjunges’ im allgemeinen und “junger hund, hündehen’ im besondern ausdrückt, liegen im lateın von anbeginn der sprachüberliefe- rung her neben einander vor; so hat Plautus in True. 268 ego hie te quasi sus catulös pedibus proteram die erstere, 1. Hund und vieh. 249 aber in dem sprichwort Epid. 579 aliter catuli longe olent, aliter sues die zweite. In der beschreibung des der unter- weltgottheit Aonde Hunte (s. oben s. 243) zu Iguvium dargebrachten opfers muss der katel an den stellen tab. Iguv. 2 a 15. 18. 20. 22. 27.29. 43 natürlich ein hund’ sein (vgl. Bücheler Umbrica 128), woraus dann aber nicht folgt, dass den Umbrern die andere, weitere bedeutung des wortes unbekannt gewesen sei. Es braucht nun hier für unsern zweck eigentlich gar nichts darauf anzukommen, die frage zu entscheiden, welcher der zwei gebrauchsweisen die priorität gebühre. Denn selbst wenn dies die speziellere anwendung auf das junge des hundes gewesen sein sollte, könnte catulu-s immer nur im „supple- tivischen“ sinne das deminutiv zu can-i-s gewesen sein, da wurzelverwandtschaft beider wörter aus formalen gründen schlechterdings ausgeschlossen ist. Solche ist zwar oft ge- nug, und dann gewöhnlich auch mit dem zweck, durch ca-t-ulu-s die stammbildungsweise des got. hun-d-s zu stützen, behauptet worden; so von Leo Meyer d. got. spr. 113 (anders dieser später, vergleich. gramm. d. griech. u. lat. spr' 12, 1013), Bugge Bezzenberger’s beitr. 14, 57. 70, Pedersen Kuhn’s zeitschr. 32, 243, Persson Bezzenberger’s beitr. 19, 282, Ceei an der oben s. 206f. zitierten stelle, endlich von Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 85%. Aber noch jeder ver- - such, catulu-s auf den stamm von can-i-s, zUwv U. S. W. zurückzuführen, ist gescheitert, gegen Bugge hebt dies Skutsch forsch. z. lat. gramm. u. metr. 1, 22f. hervor; und voraussichtlich werden auch in zukunft alle in dieser richtung angestellten bemühungen vergeblich sein. Dass die deminutivbenennung bei einem zahmen oder haustiere aus besonderer wurzel gebildet ist, entspricht ja auch altem herkommen in unsern sprachen, und wir haben 250 II. Aus dem tierreich. in dieser beziehung zu dem falle von lat. catulus neben camis die genaue parallele von ahd. mhd. welf, asächs. ags. hwelp, mnd. mnl. nnl. welp, aisl. anorw. huelpr zu ahd. mhd. hunt, asächs. ags. hund, mnl. hont, aisl. anorw. hundr, eine parallele, die um so vollständiger zutrifft, als auch welf einen analogen doppelsinn, den von “junger hund’ und allgemeiner “junges von wilden tieren’, hat; vgl. Palander d. althochd. tiernamen 1, 8. 17f. und verf. suppletivwesen 19. Freilich ist Ceei a.a. 0. vor dem etymologischen reim dich oder ich fress dich nicht zurückgeschreckt, dass er allen ernstes sogar unser welf mit catulus sowol wie dann auch mit hund, camis wurzel- haft zu verkoppeln wagte! Ich meinerseits möchte glauben, lat. catulu-s mit aisl. hadna f. "junge ziege’ vergleichen zu dürfen, also denn auch mit dem hierzu gestellten mhd. hatele f. "ziege’, nhd.-schweiz. katle (Fick vergleich. wörterb. 33, 61), welchem letzteren wiederum mir. cadla cadhla ‘geiss’ ange- schlossen worden ist (Stokes archiv f. celt. lexikogr. 1, 284); zweifelhafter ist zusammenbringung dieser aisl. hadna, mhd. hatele mit andern keltischen wörtern, nämlich ır. eit “schaf’ und eiten, cette "lamm’, cetnait "schaf' (Stokes Brugmann- Streitberg’s indog. forsch. 2, 170. Fick’s vergleich. wörterb. 24, 76). Die bedeutung des aisl. hadna ıst nicht schlechthin “ziege’, wie Fick und Stokes angeben, sondern „a young she-goat (one year old)“ nach Cleasby-Vigfusson icel.- engl. diet. 227®; die /-suffix-behafteten mhd. hatele und mir. cadla cadhla mögen aber wol mit lat. catulu-s und catula f. "hündin’ auf eine und dieselbe grundsprachliche wort- stammbildung zurückgehen. Ist diese meine etymologische unterbringung des catulu-s richtig, so würde sich dann auf solchem wege ergeben, dass die sonderbeziehung auf den hund allerdings, wie auch Skutsch a. a. o. annahm, der jüngere gebrauch war, der aber doch, wie die teilnahme des 1. Hund und vieh. 251 umbr. katel daran erweist, in höheres italisches altertum hinaufreichen muss. Auf der andern seite spricht nun aber einiges dafür, dass das sprachgefühl der Lateiner, obwol sie catulu-s nur vorwiegend, nicht ausschliesslich vom jungen des hundes gebrauchten, trotzdem das nebeneinander von catulu-s und can-i-s als eine „echt-stoffliche gruppe“ zu empfinden sich gewöhnt hatte. Wenigstens bringt grammatikerreflexion solches zum ausdruck: Varro 1.1. 9, 74 erwähnt unter andern „analogiae“ die parallele von eista cistula eistella et canis catulus catellus; und bei Priscian 1, 40 p. 31, 9 Keil ist von einem lautübergange, transit n in t:canis catulus, catellus, die rede zum zeichen, dass man catu- lus sicher als von canis abgeleitet empfand. Ich möchte nun glauben, dass die unverkennbare gegen- seitige annäherung der beiden wörter im sprachempfinden der alten Römer oder auch schon des italischen urvolks früh- zeitig bereits eine formal umgestaltende wirkung für das eine derselben gehabt hat: can-i-s dürfte seinen befremdlichen «- vokalismus nur von catulu-s haben. Dass hier das deminu- tivum das beeinflussende wort werden musste, nicht umgekehrt, erklärt sich wol genügend aus zweierlei gründen. Erstlich war und blieb ja catulu-s immerfort auch für das junge anderer tiere, wie der schweine, katzen, wölfe, füchse, löwen, - bären, in gebrauch, und insofern konnte dann das alte wort für den hund seinerseits natürlich keine macht über catulu-s erlangen; das gereichte dann aber der wortform des letzteren auch sonst, d. i. auch da wo es den welf des hundes be- zeichnete, zum schutze. Zum andern aber hat man zu be- denken, dass can-i-s vordem im lateın und erst recht wol im uritalischen ein äusserlich zerfahrenes paradıgma haben musste, indem es vor dem vollzug der ausgleichung der 252 II. Aus dem tierreich. alten stammabstufung etwa lat. *quo in nom., *quon-em im acc. sing, aber *eun-is, *eun-um im gen. sing. und plur. deklinierte. Geschah zu dieser frühen zeit, wie wir ja un- gehindert annehmen dürfen, der engere gruppenzusammen- schluss mit dem suppletivisch sich dazu gesellenden ver- kleinerungsworte catulu-s, so konnte der feste und einheit- liche wurzelvokalismus dieses es dem zerrissenen flexionszu- stande dort antun: es trat fortan neben *quon- und *eun-, zuerst wol in einem promiscuegebrauch mit ihnen konku- rierend, eine neue stammform can- und wurde später die alleinherrschende. Von einem lautgesetzlichen wegfall des u ın canis, sei es einem ın italisch-lateinischer oder in indo- sermanischer urzeit erfolgten (Ceei contrib. alla fonist. del lat. Roma 1894 s. 45ff., Nazari rivista di filol. 28, 259), kann also keineswegs die rede sein, das bemerkt gegen Ceei auch schon Thumb indog. forsch. anz. 11, 105ff.; ebenso ist die behauptung, es bestehe in canis, gleichwie in lat. pateo u. dgl., „ein 1dg. a, das man als schwundstufe in der e-reihe anzuer- kennen haben wird“ (Pedersen Kuhn’s zeitschr. 36, 100), verfehlt, da die schwundstufenformen hier nur lat. *cun- = indog. *kun- vorsonantisch und lat. *quen- = indog. *kun- oder *kuum- vorkonsonantisch sein konnten; auch dass canis lautgesetzlich auf *exonis zurückgehe (Horton-Smith law of Thurneysen 29, von Planta indog. forsch. anz. 12, 88), ist eine bedenkliche annahme. Es ist vielleicht richtig, was Wharton etyma lat. 26 aus- spricht, dass lat. cun-i-eulu-s “kanınchen ’, übertragen "unter- irdischer gang, kanal, schacht im bergbau, mine’, eigentlich ‘kleiner hund, hündehen’ gewesen sei. Das engl. rabbit könnte zeigen, wie dem „erdhöhlenhasen“ wol von einer andern tiergattung der name zu teil werden konnte, wenn engl. rabbit, mengl. rabet und anl. robbe, robbeken “"kaninchen’ 1. Hund und vieh. 253 nach üblicher annahme an anl. ro, nnd. nhd. robbe "seehund’ anzuknüpfen sind (Ed. Müller etym. wörterb. d. engl. spr. 22, 264, Kluge- Lutz engl. etymology 171°, Vercoullie beknopt etym. woordenboek d. nederl. taal? 239’f.). Wenn auch das kaninchen den Römern von Spanien her bekannt wurde, braucht darum doch eunüeulus nicht gerade notwendig „ein wort, dessen stamm möglicher weise der iberischen zunge angehört und nur mit lateinischer endung versehen ist“, gewesen zu sein, wie nach Aelian nat. anim. 13, 15 Diefenbach orig. Europ. 308, V. Hehn kulturpflanzen u. hausthiere® 444. 586, A. von Ed- linger erklärung d. tiernamen 64 und ©. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 70. 407f. annehmen, ebenso Wharton selbst a.a. o., der demnach den zusammenhang mit canis wol nur als volksetymologischen fasste. Oder cunieulus mag wirklich iberischer herkunft gewesen sein und in dem bask. umchi "kaninchen’ wurzeln (Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.6 192°, Schradera.a. 0. 408). Dann könnte aber doch in der art und weise der volksetymologischen ummodelung eine hindeutung darauf liegen, dass zur zeit der herüber- nahme des iberischen wortes der name des hundes bei den Lateinern noch in der form *eun- bestand, dass es etwa zu- nächst ein feminines lat. *cun-i-cula "kleine hündin’ gab, die deminutivbildung aus *cun-7 fem. = aind. sun-i, avest. *sumi in san-t-s plur.; ein „*canteuhıs* dürfte man nicht mit Wharton erschliessen und etwa gar durch unser deutsches kaminchen gestützt‘ glauben, aber spät mlat. tauchte aller- dings auch ein caniculus auf mit ersichtlicher anlehnung oder, wie wir nun sagen müssten, wiederanlehnung an canis (vgl. Diefenbach a.a.o.). In gr. xzuvızlog bei Polybıus, xövırhog bei Aelian, xovvıx)og bei Athenaeus und zovvizov4og bei Galen (vgl. Passow® und Pape-Sengebusch? s. v. xobvır)og) sieht man mit recht nur varianten der gräzisie- 254 II. Aus dem tierreich. rung von lat. cuniculus (Hehn a. a. o. 444); wie das lateı- nische wort ferner in die keltischen und germanischen sprachen gewandert ist und hier „in mancherlei volksetymologischer verdrehung“ sich breit gemacht hat, ist bekannt (vgl. Diefen- bacha.a.0.308f, Weigand deutsch. wörterb. 13, 892, Hilde- brandt Grimm’s deutsch. wörterb. 5, 162. 219, Klugea.a. o. 192°f,, Heyne deutsch. wörterb. 2, 285. 293f. und Schrader a. a. 0. 408. Jenes lat. *cun-7-cula fem. aber, wenn davon cumndeulu-s “kaninchen’ ausgegangen oder daran angelehnt sein mag, musste, soweit es die alte beziehung auf den ‘hund’ bei- behielt, später, als die a-form canis aufkam, im gefolge dieser bleibend die umwandlung zu can-7-cula erfahren. Den zusammenhang des can-i- hier mit dem aind. sun-, avest. sun-t-s bemerkten auch Joh. Schmidt d. pluralbild. d. indog. neutra 61 und Lindsay-Nohl d. lat. spr. 347. Nach mustern übrigens wie dieses can-T-cula, wie ferner lat. corn-1-c-ula: corn-1-x, räd-r-c-ula : rad-ı-x, elav-i-cula :gr. homer. uints, stamm #/nt-d-, mag leicht, nachdem can-i-eula neben can-ı-s, clavi-cula neben clävi-s getreten war, der ausgang -1-cula bei femininen deminutivis zunächst zu stammwörtern auf -%-s, so in cräti-cula Mart. zu ceräati-s, cuti-cula Pers. Juv. zu cuti-s, febr-t-cula (in febriculösus Cat.) zu febri-s, dann aber ver- einzelt auch sonst, wie in tegeti-cula Mart. zu teges, worüber bis jetzt verschiedene, jedoch wenig haltbare vermutungen ge- hegt wurden (vgl. A. Weinhold Wölfflin’s archiv f. lat. lexikogr. 4, 173 und dort zitierte litteratur, Brugmann grund- riss 2 $ SS anm. 1 s. 255, anderseits F. Stolz histor. gramm. d. lat. spr. 1, 579), in übung gekommen sein. Dass lat. can-i-s selbst, welches wie das gr. zuw» als &rrixoıwov gebraucht wird, für die dem aind. gun-1, avest. sän-i-s plur. entsprechende femininform zu halten sei, wird man nicht nötig haben mit 1. Hund und vieh. 255 Joh. Schmidta.a. o. anzunehmen. Wegen des gen. plur. can-um kann man von dem alten »-thema maseulini oder communis generis für’s latein doch nicht absehen, in der- selben weise wie bei yuven-i-s : Juven-um, aind. yıvan- und bei mens-i-s : mens-um (daneben mens-i-um), gr. unv, gen. unv-ög lesb. ujvv-os, air. mi, gen. mis die formale sachlage notwendig auf umbildung der älteren konsonantischen stämme maskulinen geschlechts zur i-deklination mit dem nachge- bornen nom. sing. auf -i-s hinweist. In can-i-s kann ein wie nept-i-s, aind. napt-i-s AV.: aind. napt--s RV. entwickeltes moviertes feminin mit der nach art von juwen-i-s, mens-i-s ins dasein getretenen maskulinform zusammengefallen sein, braucht es aber nicht; das feminine *can-t- oder älter *cun-7- in cum-r-culu-s mag wol, nachdem es zur schöpfung des deminutivs can-i-cula mitgewirkt hatte, darnach selbst auf lateinischem boden ganz untergegangen sein. Sollten die slavischen sprachen gar keinen teil an dem alten hundenamen haben? Es handelt sich um die drei aus- drücke russ. poln. kas. sobaka f. ‘hund’, russ. poln. suka "hündin dem polab. seuko “hure’ entspricht (vgl. „arm. sun auch "ehe- breeher', davon snal “ehebreehen’”“, Hübschmann armen. gramm. 1, 480), und abulg. pisö “hund’, russ. pesä, serb. pas, slov. eech. pes, poln. pies, polab. pas, nsorb. pjes, osorb. pos. Man hat von diesen die zwei ersteren schon immer an aind. $vA, gT. zbov u. 8. w. in der einen oder anderen weise heran- zubringen gesucht, so z.b. Diefenbach vergleich. wörterb. d. goth. spr. 2, 584, Ebel Kuhn-Schleicher’s beitr. 3, 256, Brug- mann morphol. unters. 2, 239 und Miklosich etym. wörterb. 312°. 328”f., neuerdings Schrader reallex. d. indog. altertums- kunde 382; ich glaube, dass man dazu berechtigt war, dass aber jetzt diese anknüpfungsversuche zum teil, namentlich für suka, auf eine wesentlich neue basis gestellt werden müssen. 256 II. Aus dem tierreich. Ferner glaube ich nun auch für das abulg. pis# den anschluss an dieselbe wortfamilie wahrscheinlich machen zu können. Das russ. sobika — poln. und kas. haben es aus dem russ. nach Miklosich a. a. o. 312” — leitet man wol mit recht als lehnwort aus dem iranischen her, wenn auch die genaue quelle seiner provenienz innerhalb des kreises der iranischen idiome sich nicht angeben lässt. Es muss aber eine solche mitteliranische form des alten spaka-, med. orrdza gewesen sein, welche die anlautende doppelkonsonanz sp- durch einen eingeschobenen vokal spaltete nach der regel, deren wirken auch im neupersischen beobachtet wird (vgl. Hübschmann pers. stud. 171 und Horn grundriss d. iran. philol. 1, 2, 39£.). Von den bei Horn grundriss d. neupers. etym. 164 nr. 743, Hübschmann pers. stud. 116 anm. 2. 178 und Geiger srundriss d. iran. philol. 1, 2, 414f. verzeichneten mund- artlichen formen kommt der russischen das saba seva oder sabah des Gabri (in Yazd und Kirmän) am nächsten, und eben dies scheint Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 322° für die quelle der slavischen entlehnung zu halten. Aber daher können die Russen ıhr wort wol kaum haben; erstens wäre es wegen der geographischen lage des Gabri-dialekts unwahrscheinlich, und zweitens ist dessen saba „eine jeden- falls junge form, schwerlich älter als (hochgegriffen) 1000 n. Chr.“ (nach Bartholomae brieflich, 23. märz 1901). Es bleibt nur die vermutung übrig, mit der auch Tomaschek sitzungsber. d. kais. akad. d. wiss. philos.-hist. el. 96 Wien 1880 s. 761 sich behilft, dass die Skythen, speziell der stamm der Skoloten, als die den Russen nächst benachbarten Iranier das alte spaka- in einer für die russische entlehnung geeigneten form entwickelt hatten. Dass, im gegensatz zu russ. sobdika “hund', das wort für die “hündin’ russ. poln. suka mit aind. xva, avest. spd, gr. 1. Hund und vieh. 257 z00» etc. „wol urverwandt“ sei, meint richtig Sehrader a. 0.0., ohne jedoch einen weg der lautliehen und formalen vermittlung zu zeigen oder wenigstens anzudeuten; ebenso erkannte Brugmann a.a. o. einen solchen nieht und erwog in seiner ratlosigkeit schliesslich wieder die frage der ent- lehnung aus dem osten auch für suka. Ich glaube die lösung zu finden, indem ich auf grund meiner etymologie des indog. *(p)kun-on- *(p)ku-on- annehme, dass auch eine aus *pekeu- “kleinvieh ’ hervorgegangene alte ableitung mit dem sekundär- suffixe -ko- in der form eines indog. *( p)keu-ko-s existiert und im sinne von lat. pecu-@riu-s den “viehhund’ bezeichnet habe; von einem solchen *p)keu-ko-s war das slavische su-ka die femininbildung. Bei dieser auffassung enthält su-ka ganz dieselben bil- dungsbestandteile, wie die indisch-iranischen wörter sanskr. pasu-ka £. “kleinvieh’ (vgl. Böhtlingk sanskrit-wörterb. in kürzererer fassung 4, 57°) und javest. pasu-ka- m. “haustier’, dieses in dem zweimaligen belege des gen. plur. pasukanam (Justi handbuch d. zendspr. 158°, Bartholomae altıran. wörterb. s. v. pasuka-). Die verschiedenheit der funktion des -ko-, -kü hier und dort bei su-ka im slavischen findet ihre erläuterung durch das von Brugmann grundriss 2 $ 84 s. 238f. bemerkte: in su-ka —= indog. *(p)keu-ka erscheint das adjektiv oder vielmehr das auf einem adjektiv beruhende substantiv „mit der bedeutung des sichbeziehens auf das pri- _mitivum, der zugehörigkeit zu ihm“; dagegen in avest. pasu-ka-, aind. pasu-ka ist -ko-, -kd so angetreten, „dass das neue wort etwa bedeutete “so etwas wie das primitivum’ oder "nur etwas ähnliches wie das primitivum ’; daher oft deminuierende funk- tion. Diese bedeutungsmodifikation verlor sich oft, so dass das abgeleitete wort in demselben sinne erscheint wie das grundwort.“ Vgl. auch verf. Bezzenberger’s beitr. 24, 155. Osthoff, Etymologische Parerga. I. 17 258 II. Aus dem tierreich. Aind. pasu-ka und avest. pasu-ka- zeigen nun vor dem -k- diejenige gestaltung des stammbildenden suffixes des primitivums, welche wir als die gewöhnliche bei ableitungen mit -ko- aus -ez-, -u-themen kennen, bei aind. sindhu-ka-s “vom Indus (sindhu-s) siammend’, urvaru-kd-m “frucht der kürbisart urvaru-s’, in gr. $nkv-z6-g von Inkv-g, Außv-rd-S von Aißv-s u. dgl. (Brugmann grundriss 2 $ 86 s. 242. 243). Zu der suffixgestalt -ex- in unserm *(p)keu-ka = slav. su-ka weiss ich freilich keine ganz sichere unmittelbare parallele anzuführen. Das got. ahtiug 'zeitgemäss’ 1. Kor. 16, 12 könnte eine solche sein, wenn Kauffmann Paul-Braune’s beitr. 12, 202 recht hat, hier die auf ein got. *üh-tu-s zu beziehende „innere stammform“ zh-tiu- zu sehen. Ich weise diese er- klärung des ahtiu-g, der schon Leo Meyer Kuhn’s zeitschr. 6, 4 nahe kam, jedenfalls nicht so entschieden von der hand, wie Brugmann grundriss 2 $ 86 s. 244; Kauffmann hätte sie besser begründet vorgetragen, wenn er zu ihrer stütze ausser dem got. üh-tw-0 nicht sowol das lat. une-tu-s “das salben’ herangezogen hätte, als vielmehr das aind. ved. ak-tü-s m. “licht, strahl, dämmerung, dunkel’ (vgl. Leo Meyera.a. o,, Bezzenberger bei Fick vergleich. wörterb. 3%, 9, Feist srundriss d. got. etym. 126, Jul. Leumann etym. wörterb. d. sanskr.-spr. 1,5, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 156°. kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 2’ und O. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 559. 569), das doch wol ein von dem gleichlautenden aind. ved. ak-ti-s“salbe’ verschiedenes und nur volksetymologisch diesem nahe gerücktes wort sein wird, trotz Grassmann wörterb. z. rgv. 5. Doch hat Brug- mann a.a.o. darin recht, dass die suffixform germ. -%-z4-, soweit sie bei ableitungen aus -ez-, -i-stämmen erscheint, z. b. in got. mahteig-s, ahd. mahtig von mayti- "macht', nicht, wie dies Kauffmann auch wollte, für ein dem -eu-ko- in ühtiu-g 1. Hund und vieh. 259 parallel gehendes -ez-ko- zu zeugen braucht, da das -iza- auch dem seit grundsprachlicher zeit einheitlich auftretenden suffix- komplex indog. -iko- (vgl. Brugmann grundriss 2 $ 89 a. s. 255f.) wol entsprechen kann. Dieselbe stufe des ablauts der zweiten silbe von *pekeu- “vieh’, wie wir sie zur erklärung des slav. su-ka brauchen, erscheint dann aber anderseits bei einer ableitung aus eben diesem nomen vermittelst des alten suffixes -izo-, das in seinem denominativen gebrauche — vgl. darüber Brugmann grund- riss 2 $ 63, 2 s. 11Sff. — ja manche funktionale ähnlichkeit mit dem -%o- hat: in dem schon oben s. 220 berührten aind. pasav-ya-s adj. "pecuarius’ Br., pasav-ya-m n. “herde, vieh- stand” RV., pdäri-pasav-ya-s adj. "auf das opfertier bezüglich’ Br. Und bei dem -(i)zo-suffixe sind wir denn auch sonst in der lage, die „innere stammform“ bei zu grunde liegenden -eır-themen in dieser vollstufengestalt -ez- auftretend zu be- obachten, ja, in der sprache der veden ist dies sogar geradezu die regel. Hier haben wir neben dem einzigen ved. rtv-iya-s “rechtzeitig, regelmässig, regelrecht, gehörig’ und tv-iya-s “menstruierend’ zu tui-s "bestimmte, rechte zeit’ im übrigen eben durchweg den typus von pasav-ya-s: also in isav-ya-s “pfeilkundig’ VS. und an-isav-yd-s “den pfeilen nicht zugäng- lich’ RV. zu isu-s pfeil’, sarav-ya-m “ziel des pfeiles’ und sarav-ya "pfeilschuss’ zu sdru-s "geschoss, pfeil’, vasav-ya-m “güterbesitz, reichtum’ zu vdisu n. "gut, hanav-ya-s adj. von hänu-s kinnbacke’ und weiteren bei Lindner altınd. nominal- bild. 142, denen dann auch die zahlreichen „participia auf -tav-ya-, wie kar-tav-ya-s "faciendus’ von dem nomen actionis kär-tu-*, sich anreihen (vgl. Brugmann a.a. o. s. 120). Im griechischen gesellt sich @oreio-g aus *doref-ı0-g von doTv dazu, war also wol ebenfalls nach alter bildungsregel geformt, was den suffixablaut des primitivums betrifft. Dass wir hier- 17* 260 II. Aus dem tierreich. nach so weit zu gehen haben, auch den typus von gr. @i$&o-10-g neben dem vom a?9g-10-g und aido-ia, sowie srarg-ıo-g lat. patr-iu-s aind. pitr-iya-s, ferner den durch gr. zroıuev-ıo-g, Jıu£v-ıo-s, homer. ady&v-ıo-g Im verein mit aind. ved. ahan- Ya-s "täglich, diurnus’, udan-Ya-s, dhanvan-ya-s u.a. (Lindner a. a. 0. 141. 142) vertretenen typus neben dem anderseitigen von gr. roiuv-ıo-v, avest. asn-yo "auf den tag bezüglich’, aind. ved. vr -iya-s im prinzip für althergebracht zu halten, ist mir eigentlich nicht zweifelhaft. Über -un- in aind. ahan-Ya-s u. dgl. anders Brugmann morphol. unters. 2, 213f. Indog. *(p)keu-ko- und *peku-kdo)- (oder eher mit schwa *poku-ke-) = avest. pasu-ka-, im feminin indog. *(p)keu-ka = slav. su-ka und *peku-kä- = aind. pasu-ka- müssen sich, wie wir nach vielen bekannten analogien vermuten dürfen, einmal in einem paradigma neben einander befunden haben. Es ist zudem dieser unser fall, da ja "peku-ke\o)- zunächst ein ad- jektiv gewesen sein muss, wiederum einer von der art, dass uns jene alte differenzierung des barytonierten substantivs und des oxytonierten adjektiv durch „aecentschichtung“ bei gleiehstämmigkeit beider mit ablautswechsel verbunden ent- gegentritt, wie bei aind. dro-na-m n.“trog, kufe’: indog. *dru-no-s adj. = air. dron “firmus’ u. ähnl. mehr (vgl. oben s. 107. 127). In solehem lichte erläutert sich uns wol unser indog. *p)keu-ka als ansatz für die etymologische erklärung des slav. suka “hündin’ und als seitenentwicklung zu *peku-kä- adj. fem. “peeuaria’. Aber gegen diese erklärung erwarte ich zu guter letzt noch einen lautlichen einwurf, den, dass Ber- neker indog. forsch. 10, 145ff. nach dem vorgange Joh. Schmidt’s Kuhn’s zeitschr. 23, 348ff. als „vertretung des idg. eur im baltisch-slavischen sprachzweig* slav. '« (ju) und balt. ‘au (au), d.i. ein u bezw. au mit erweichung vorher- zehender konsonanten, nachgewiesen habe, ebenso auch, nur 1. Hund und vieh. 261 mit beschränkung auf das slavische, E. Zupitza d. germ. gutt. 145 anm.: hiernach habe, könnte man sagen, aus der von mir angesetzten grundform vielmehr ein russ. poln. *$u.ka her- vorgehen müssen, sowie Berneker a.a.o. 155 in abulg. supli ‘schwach’, slov. Supel’ ‘löcherig’, kroat. sup, Supal’ hohl’ ein indog. keup-, das zu kup- in lit. su-szüpes "verfault, faul’ (vom holze) im ablaut stehe, vertreten finde und weitere beispiele von slav. su- aus *keu- kenne. Ich könnte diesem einwurf sehr einfach damit aus dem wege gehen, dass ich meine heischeform *(p)keu-kä gegen ein o-hochstufig ablautendes *(p)kou-kä vertauschte. Ich halte das aber nicht einmal für nötig, da ich mich von der allgemeingiltigkeit jener regel nicht habe überzeugen können, ebenso wenig wie Leskien nach dem, was er mir brieflich über diese frage mitteilt (Leipzig, 7. november 1900). Berneker fusst auf zu vielem etymologisch unsicheren material, besonders ist das meiste von dem, was er selbst an neuen etymologien bei dieser gelegenheit auftischt, im allge- meinen von fragwürdiger natur. Dies gilt namentlich auch für die beispiele, in denen er sein slav. $u- aus *keu- finden will: schon jene nach Miklosich etym. wörterb. d. slav. spr. 345° gegebene zusammenstellung von abulg. suplz u. s. w. mit ht. su-szüupes Ist der stark von einander abweichenden bedeutungen wegen problematisch, und es hat auch die nebenform mit &- aksl. Stupli "debilis’, poln. szezupty (vgl. Miklosich lex. Palaeoslov. 1137°. 1138°£.) in betracht zu kommen; bedenk- licher ist noch, was Berneker a.a.0. von sich aus neues über herkunft und verwandtschaft von aruss. Suljata "die hoden’ und abulg. surt, surin& “schwager, uxoris frater’ vorbrinst. Auch von Zupitza wird aus dem slavischen kein einziger unmittelbar beweiskräftiger fall vorgebracht. Auf der andern seite liegen im baltischen einige der theorie 262 II. Aus dem tierreich. Berneker’s sich nicht fügende, aber etymologisch durch- aus gesicherte fälle vor, mit denen er sich entweder gar nicht oder nur sehr unvollkommen abgefunden hat. Gar nicht erwähnt hat er das lit. lett. tauta “land, volk’, preuss. tauto — got. Piuda; es wäre doch vom standpunkte der regel Berneker’s ein lit. *ezauta zu erwarten, sowie ja an den präteriten von wurzeln auf -t-, an lit. meczau : metu u. dgl., die regel gewirkt haben soll (vgl. Berneker a.a. o. 150). Oder soll auch hier bei tauta „die annahme anderen ablauts“ aushelfen, wie es nach dem, was über abulg. Stuzdi &uzdi “fremd’ in kombination mit got. Diuda Berneker a.a. o. 155f. bemerkt, den anschein hat? Das wäre aber doch bei einem so alten und frühzeitig in feste form gelegten worte, wo zwei der sprachen, ausser dem germanischen das keltische mit gall. Teuto-matus, Teuto-bodiaci (Brugmann grundriss 12 $ 219 s. 199), die ex-form notwendig fordern, im übrigen osk. touto toFro, tüvtiks, marrue. toutai totai, umbr. totam tuta, air. tuath ihr nicht widerstreben, ein sehr misliches auskunfts- mittel. Das lit. „naujas : got. niujis 'neu’“ übersieht Ber- neker nicht, aber ob auch hier manche forscher, sowie er es tut a. a. 0. 164, „ruhig anderen ablaut annehmen“ werden, ist mir sehr fraglich. Ich frage aber auch, warum nicht heterosyllabisches ex, da es sich ja sonst ganz parallel dem tautosyllabischen im slavo-baltischen entwiekelte, die mouil- lierung vorhergehender konsonanz bewirkt habe: warum ohne erweichung abulg. novü neu’ = gr. v&og, wenn *neus- als nuch- erscheint in russ. nuchat' "riechen, schnupfen’, poln. niuchac, serb. njusiti “schnüffeln’ (Berneker.a.a. o. 153f.)? Und wenn in abulg. yubü ‘lieb’ und lit. iaupse “lob’, abulg. Ijudije und lett. !audis leute’ die anlautende liquida darum erweicht sein soll, weil einst ex auf sie folgte (Joh. Schmidt Kuhn’s zeitschr. 23, 348f. 353, Bernekera.a. o. 151), so wird diese 1. Hund und vieh. 263 wirkung doch nicht dem diphthong eu als solchem, sondern als einer den ersten komponenten e enthaltenden lautverbin- dung zuzuschreiben sein; weshalb ist aber dann nicht anstatt der abulg. ledit und lit. löda-s "eis’ *ljedü, *lieda-s entsprungen, da hier doch nicht minder von alter zeit her der dort bei den @u angeblich die mouillierung bedingende faktor, das e hinter dem /-, vorhanden war? So lange nicht diese und ähnliche zweifelfragen ihre er- ledigung gefunden haben, werde ich glauben dürfen, dass mein *(p)keu-kä — russ. poln. suka nieht durch Berneker’s theorie über „idg. eu im baltisch-slavischen“ gefährdet sei. Aber, wie gesagt, der ansatz eines *(p)kou-ka anstatt *(p)keu-kä bliebe mir als ultimum refugium übrig. Auch das aind. dro- na-m, das substantivierte neutrum eines stoffadjektivs, kann Ja sowol ou-form wie ex-form gewesen sein (s. oben s. 147). Wenn ich L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 55. 97. 113 dem armen. unkn “ohr’ die richtige deutung gegeben habe, so stellen sich das dahinter steckende und auf den alten -en-stamm von got. aus-in-s und gr. att. &-rög gen., homer. oda-tog zurückgehende indog. *us-sn-ko-m und das *ous-n-ko-, welches in gr. &x-id-es' &vorıa Hesych. aus *ö(vo)-a-z-Ld-es zu grunde liegt, als zwei die silbenablautungen variierende phasen derselben -%o-bildung ähnlich neben einander, wie indog. *(p)k-ou-ka, die eventuelle grundform des slav. suka, und das durch avest. pasuka-, and. pasuka vertretene *pek-u-koö-. Ich komme nunmehr zu dem abulg. pisö m. hund’. Dass man dieses zu dem alten worte für das “kleinvieh’, aind. pasü-s, pdsu u. s. w., stellt, ist bereits herkömmlich; so zuerst Ebel Kuhn-Schleicher’s beitr. 3, 255£., später Miklosich lex. Palaeoslov. 759°. vergleich. gramm. d. slav. spr. 12, 262. etym. wörterb. d. slav. spr. 271” und Joh. Schmidt Kuhn’s 264 II. Aus dem tierreich. zeitschr. 25, 126, zweifelnd auch Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 161°. Der eigentümliche vokalısmus des pzsö hindert diese zu- sammenstellung nicht, wie Uhlenbeck a.a. o. zu denken scheint: wir haben es hier wieder mit einem der ziemlich zahlreichen ? zu tun, die im slavischen und baltischen in der stellung zwischen geräuschlauten deutlich eine ablautsform zu e, o darstellen und ebenso deutlich auf eine alte tief- stufenschwächung des e, die vorstufe zu dem gänzlichen schwund des letzteren, hinauskommen. So in abulg. z7ga aoristpraes. “ich brenne’, 27zi imper. = opt. aor. : sega “brenne', abulg. piei imper. : peka backe’, abulg. tzei imper.: teka “laufe, abulg. Sidü part. perf. act. "gegangen ’, silü dass. aus *s7d-la, Sistinüd ad). "pervius’, sistijje und sistvije n. “iter, incessus, peregrinatio’, sistvovati "profieisei’ : chodü "gang’, gr. 660-8; im litauischen das dialektische gistu “ich erlösche’ : gestu dass., ferner lit. kimbu, kibaü, kopti “hangen bleiben’, kibrys “klette’, kibjyklas "künstlich in einander greifender mechanismus’: kebeklis "haken’, kabü, kabeti ‘hangen’, lit. nu-sziszes part. perf. act. "grindig” : szäszas “schorf’, lit. pisw, pisti "coire cum femina’ : aind. pdsas n. "männliches glied ’, gr. sr&og, lat. penis aus *pes-ni-s, mhd. visel, visellin penis’, aisl. fosull ags. fesl mhd. vasel “nachkommenschaft’ u.a. Vgl. Leskien handbuch d. altbulg. spr.3 $ 11, 3 s. 14. d. ablaut d. wurzel- silben in lit. 270, Wiedemann d. ht. praet. 8. handbuch d. lit. spr.$ 33 A s. 15, Kretschmer Kuhn’s zeıtschr. 31, 379. an- zeiger f. deutsch. altert. 26, 266, Meillet m&m. de la soc. de linguist. 9, 158. 11,307, Fortunatov Kuhn’s zeitschr. 36, 34#f. und Hirt d. indog. ablaut $ 30 s. 16. Nur kurzsichtige be- trachtungsweise mag wähnen, „diese fälle leicht |[sie!] als neubildungen nach dem muster ir, il, im, in zu er, el, em, en erklären“ zu können (Hirta.a. o.. Also würde denn 1. Hund und vieh. 265 unser abulg. pisö eine stammform indog. *pakeu-, *poku- mit erstgradig geschwächtem wurzelvokal gegenüber dem null- oder schwundstufigen *pkeu- oder *pkou- in russ. poln. su-ka, *pku- in avest. ffü-mä, npers. Su-bän, gr. (r)zu-v-6c, *pkunu- in gr. ()zUwv, armen. sun, air. c zu vertreten haben. Das indog. *paku- “schaf’, "kleinvieh’, worauf der hundename der Slaven pisö zurückgehen würde, wäre dann aber auch genau dieselbe stammform, welche wir in armen. asu- "schafwolle, vliess’ erkennen zu müssen glaubten, oben s. 216ff. Ebel und wol jeder, der mit ihm pisö = aind. pasul-s, avest. pasu-S setzte, hat dabei an eine „spezialisierung der bedeutung“ gedacht, der gemäss „dem Slaven der hund das treue vieh zer’ £Soyrv“ gewesen sei. Mancher andere aber wird sich daran auch gestossen und deshalb lieber, wie O0. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 382, „ein noch unaufgeklärtes pis#“ hingenommen haben. Auch ich kann mir nicht vorstellen, wie die Slaven dazu gekommen sein sollten, das wort von alter festgelegter bedeutung — *peku bezeichnete ja in den älteren zeiten nicht ‘vieh’ oder ‘tier im allgemeinen, bestia’, sondern eben das 'klein- und herden- vieh, schafe und ziegen’, ganz ursprünglich vielleicht sogar nur “die schafe’ (vgl. oben s. 216) — schlechtweg auf den hund zu übertragen. Aber im lichte unserer etymologie des gemeinindogermanischen hundenamens aind. sv, gr. ziwv u. Ss. w., sowie auch des russ. poln. suka, zeigt sich jetzt ein anderer weg, die anknüpfung des pisö an *peku “vieh’ vor- zunehmen und so den Ebel’schen gedanken, auf eine neue grundlage gestellt, zu retten. Ich vermute, dass pis@ die kurzform eines kompo- situms sei, welches, nach art des im avesta diese rolle spielenden pasusha“rvo (s. oben s. 214. 221), den vieh- oder schäferhund als ‘pecoris eustos’ bezeichnete. Im slavischen 266 II. Aus dem tierreich. könnte das etwa ein verlorenes *piso-strazi gewesen sein, vgl. das aksl. domo-strazt "domi eustos’. Dass der mensch seinen treuesten begleiter aus der tierwelt, der hirt seinen wachsamen gehilfen in kosender wortkürzung zu benennen frühzeitig veranlassung haben konnte, versteht sich wol von selbst. Es ist auch von andern seiten in neuerer zeit be- merkt worden, dass die verkürzungen zweistämmiger compo- sita auch bei appellativen gar nicht zu den seltenheiten ge- hören; vgl. Brugmann ber. d. philol.-hist. el. d. kön. sächs. ges. d. wiss. Leipzig 1899 s. 193f. und ebend. Leipzig 1900 s. 395f., sowie Solmsen unters. z. griech. laut- u. verslehre 215 anm. 1. Brugmann erwähnt unter den zahlreichen fällen, die er als beispiele dieser erscheinung anführt, auch aind. pasu in dem ihm gelegentlich zukommenden sinne von “tier- opfer’, als „ellipse* demnach für pasu-karma, pasu-kriya oder pasv-ijya (vgl. Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 5, 1591f., Böhtlingk sanskrit-wörterb. in kürzerer fassung 4, 57°); man ersieht auch hieran, wie weit auf dem wege einer derartigen kompositenkürzung das indog. *peku von seiner urbedeutung sich entfernen mochte. Man vergleiche aber mit dem slavischen pisö “hund’ neben *pesä “vieh’ und *piso-strazi “pecoris eustos’ auch das ganz ähnliche verhältnis des aisl. smale m. “schafhirt, schäfer’ neben völlig homonymem smale m. “kleinvieh’ und dem die brücke zwischen diesen beiden bildenden kompositum smala-madı (oben s. 221f.). Diese auffassung des pisö findet nun auch noch in einem formalen moment eine stütze. Das wort unmittelbar dem aind. pasü-s, avest. pasu-s oder, wofern man es als ehemaliges neu- trum ansähe, dem aind. pdsu pası und lat. pecu, got. faihu gleichzusetzen, ginge, ganz abgesehen von der frage der be- deutung, auch schon allein deswegen schwer an, weil pisü 1. Hund und vieh. 267 auf dem gesamten slavischen sprachgebiet konstant nur als o-stamm piso- flektiert erscheint; hätte es einmal der - deklination angehört, so wäre durchaus zu erwarten, dass in den altbulgarischen und den übrigen altkirchenslavischen quellen bei genügend häufigem vorkommen des pls noch charakteristische «-formen desselben begegneten, sowie dies bei andern sicheren alten «-stämmen, z. b. bei syn“ “sohn”, domü “haus’, medü honig’, bekanntlich der fall ist (vgl. Leskien handb. d. altbulg. spr.? $$ 56. 57 s. 66f. und R. Scholvin d. deklination in d. pannon.-sloven. denkmälern des altkirchenslav. 25ff.. Aber in der nominalen kompo- sıtıon finden sich frühzeitig die «-stämme als erste glieder wie o-stämme, gemäss dem allgemeinen umsichgreifen des -o- als kompositionsvokals, behandelt: aksl. syno-bozistvije, -polozenije, -tvorjenije, domo-vladyka, -drüzica, -ziriel, -cediet, -sedü u. a., medo-plutinü, -tocinü, diese im gegensatz zu dem vereinzelt stehenden, weil in erstarrung geratenen, gemein- slavischen medv-ödi “bär’ mit vorvokalischem medv-, ferner volo-glavü, -zerinü, -pasü und polo-veriet zu den ebenfalls u-stämmigen volü “ochs’, polü “seite‘, ebenso ja auch die ;- stämme in gosto-Jubivi, zuero-vidind, sümrito-nosivä (vgl. Miklosich vergleich. gramm. d. slav. spr. 2, 348 f. und Brug- mann srundriss 2 $ 13 s. 27.$47s.80). Wenn also, wie wir es für pisö# annehmen, aus einem kompositum ein kurzname . sich bildete, konnte dieser nur der o-deklination, bezw. bei eintretender femininmotion dem paradigma der ä@-stämme, folgen. Anders im altgriechischen und altindischen, wo bei wahrung des stammeharakters -u- in der kompositionsfuge allerdings zu vollnamen wie Ooaov-Povio-gs Goaov-uiöng und Iloö-dwgo-g TIo/v-zodrng, Tniv-zodrns, aind. dhrsnu- sena-s und Puru-mitrd-s, Puru-medha-s dıe koseformen Oocov-s, IIökv-s, Tjiv-s, aind. Dhrsnu-s, Puru-s möglich 268 II. Aus dem tierreich. waren (vgl. Fick d. griech. personennamen! CXXV. OXXVII. CLXIV. CCI. CCII. 37. T1£. 81, Fick-Bechtel ebend.2 148; 239. 265), sowie zu einem indog. *pitu-doru "saftbaum, harz- baum’= aind. pitu-däru “fichte’ das gr. srirv-g als baum- bezeichnung in kurzform (Kretschmer Kuhn’s zeitschr. 31, 328 anm. 3, Brugmann ber. d. philol.-hist. el. d. kön. sächs. ges. d. wiss. Leipzig 1899 s. 183 u. ebend. Leipzig 1900 s. 396). Dass zur bezeichnung des hundes im indogermanischen „eine zweite urverwandte, aber auf geringeren raum als lat. canis und seine sippe beschränkte gleichung* vorzuliegen scheine, bemerkt ©. Schrader reallex. d. indog. altertums- kunde 382f. unter vorführung von armen. skund und pämird. skön nebst aksl. stenici. Dieselbe zusammenstellung gibt W. Tomaschek sitzungsber. d. kais. akad. d. wiss. philos.- hist. el. 96 Wien 1880 s. 761, von dem sie wol Schrader entnommen hat. Sie ist, wie ich hier auch noch zeigen möchte, starken bedenken ausgesetzt. Was zunächst die in betracht kommende slavische wort- familie anbelangt, so besteht sie aus der reihe von russ. scenokü “junger hund, welf’ und aksl. steniet m. “eatulus’, steniea f. “canis’ nebst dem am weitesten verbreiteten neutrum aksl. Stene “eatulus’ = serb. Stene, klruss. scena, cech. stene, poln. szezenie, polab. stenä, osorb. s@eno, nsorb. scene, nach Miklosich lex. Palaeoslov. 1135”. etym. wörterb. 342”. Die bedeutung ist vor- wiegend die des “jungen hundes’ oder des 'tierjungen’ über- haupt, das aksl. steniet kommt auch vom jungen des löwen, stenier Miva oder Mvovü, vor und osorb. s@eno bedeutet so- gar “das letztgeborne kind”. Auf den jungen hund aber wiederum bezieht sich ein kürzeres slav. *s@en-o-, der schluss- bestandteil von serb. su-sten adj. "trächtig’, von hunden, eigentlich “junge (hunde) mit habend’, wofür Miklosich etym. wörterb. s. v. sten- „sastenü“ gibt, mit einsetzung älterer 1. Hund und vieh. 269 lautform in einem beleg aus einem serbisch-kirchenslavischen text des 15. jahrh. (Leskıen brieflich, 21. märz 1901). So- mit handelt es sich denn hier auf dem slavischen boden ganz um einen ausdruck, wie es catulus im latein und welp, welf im deutschen ist, vgl. oben s. 249f. Ich denke, dass man getrost dies slav. scen-, aksl. ten- aus *s-ken- für dieselbe wurzel wird halten dürfen, die ohne das bewegliche s- als indog. ken- vorliegt in aind. kan-Ina-s “jung” nebst kaniyan comp. “jünger’, “kleiner’, kanisthdä-s kdnistha-s superl. und kana “mädcehen’, kaniya “mädehen, jungfrau, tochter’, in avest. kaine und ka'ni “mädehen’, gr. zaıvö-g ‘neu’, air. cet- “erst, zuerst’, eymr. cyn “erst, vor, eher’, corn. kyns, bret. kent, air. cetne “ erster’, meymr. kyn- taf, con. kensa kynsa, bret. kenta, gall. Cintu- “erst- in Cintu-gnatus (primigenitus’) und ir. einim "ich entspringe, stamme ab’, air. cenel acymr. cenetl “geschlecht’, d. i. eigent- lich “ursprung’, im slavischen aber ihre vertretung ohne das s- an abulg. na- und po-Eina, -Ceti "anfangen, beginnen’, po- kont "beginn, anfang’, is-koni “ab initio’ hat; vgl. verf. suppletirwesen 28. 33. 68. 70 und die von mir dort zitierte litteratur, dazu V. Henry lex. &tym. du bret. mod. 62. Ich habe a. a. 0. 70 anm. 91 noch zweifel geäussert, ob man zu dieser wurzel auch, wie einige etymologen wollen, ags. hindema “der letzte’, got. hindumists "Äusserster, hinterster’ und got. hindana, hindar “hinter, jenseits’, ags. hindan, ahd. hintana, hintar stellen dürfe. Jetzt möchte ich diese frage doch bejahen: das osorb. sceno “letztgebornes kind’ spricht in diesem sinne, und unser hinten, hinter, hinterst scheint mir begriffsgeschichtlich ein ausdruck wie lat. nowissimus “neuester, jüngster’ und ‘letzter, hinterster, äusserster’, dies z.b. in dem militärischen terminus novissimum agmen, ge- wesen zu sein. Die grundbedeutung der wurzel (s)ken- war 270 II. Aus dem tierreich. allem anschein nach so etwas wie “frisch kommen, soeben sich einstellen’, hinten, hinter eigentlich “unmittelbar (nach etwas anderem) kommend’. Der “frisch kommende’ kann je nach den umständen “der erste’, so in air. cet-, cetne, gall. Cintu- und vielleicht in burgund. hendinos "könig’ (wel. R. Kögel Paul-Braune’s beitr. 16, 514f., E. Zupitza d. germ. gutt. 116 und O. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 445), oder “der letzte sich einfindende’ sein, dies, wenn der nebengedanke geltung erlangt, dass eine reihe von vorange- sangenen da ist und diese als dem standpunkt des zu- schauers räumlich und zeitlich ferner gerückte den gegen- satz zu dem eben jetzt noch kommenden, dem letzten in der reihe, bilden. Also findet der scheinbare „gegensinn der ur- worte“ bei burgund. hendinos "erster, vorderster’ und ags. hin- dema “letzter” oder bei abulg. kont, po-koni "anfang, beginn’, is-koni “ab initio’ und kon? praep. apud', “post’, konici "ende, bei serb. od kona do kona “vom anfang bis, zum ende’ (vgl. Miklosich lex. Palaeoslov. 301°. etym. wörterb. d. slav. spr. 115°) in der tat ungefähr die erklärung, die Kögela.a. o. 515 und V. Henry lex. etym. du bret. mod. 62 anm. 3 geben: „ dernier’ ou premier’, suivant qu’ on envisage l’une ou l’autre extrömite de la serie“ nach Henry’s worten, nur dass dann nicht „äusserster*, „extreme“ die grundbedeutung zu sein braucht. So findet nun aber auch lat. re-cens hier seinen guten unterschlupf; man hat es ja schon immer gern mit gr. zaıwo-g verglichen, als einer der ersten wol Döderlein lat. synon. u. etym. 4 (1831) s. 96f., der das verständnis des präfixes re- nicht unpassend durch den hinweis auf re-nidere “erglänzen’, eigentlich “herwieder glänzen’, und red-olere "von etwas her, nach etwas riechen’ zu erläutern suchte. J. Darmesteter mem. de la soc. de linguist. 4, 225f. und Stowasser lat. 1. Hund und vieh. Dt schulwörterb.? 549° vertreten eine andere, nicht haltbare ety- mologie des recans, bemerken aber jedenfalls das eine richtig, dass es sich um einen ausdruck des verbalbegriffs der be- wegung handle und dass der relative gebrauch vermittels der näheren bestimmung durch den ablativ als trennungs- kasus, mit oder ohne zusatz von @ ab und ex, der ältere gewesen sein müsse: re-cen-t- hiess ursprünglich “frisch her- wieder kommend, unmittelbar von etwas weg sich einstellend’ in Römä recentes "unmittelbar von Rom aus’ Cie. recens vietoria “sogleich nach dem siege’ Tae., pullus recens a partü Varro, © prövinci@ recens Cie. u. dgl., dann absolut “frisch, neu, jung’ in lac recens, recentes herbae Ovid., cae- spites recentes und recens victoria, recentes injuriae Üaes. Die Cicerostelle Verr. 1, 2,5 (Verres) cum e prövinciä recens esset, invidiäque et infüämiä non recenti, sed vetere ac diuturna flagraret zeigt uns „les deux sens, primitif et derive, rapproches“ (Darmesteter a.a.o.. In beiden gebrauchsweisen kommt aber re-cens auch der be- deutung des von uns zu derselben wurzel bezogenen slavi- schen ausdrucks für 'tierjunges’, aksl. stene und stentet, nahe, wie aus pullum asınınum ä partü recentem Varro r.r.2, 8, 2 und anderseits catulös recentes von frisch geworfenen hasen id.r.r. 3, 12,4 zu ersehen. Morphologisch betrachtet, stellt sich lat. re-cen-t- zu den alten im indo-iranischen, griechischen und im lateinischen selbst vertretenen nominalbildungen, die das suffix -f- aufweisen „in schlussgliedern von composita, welche die geltung eines gewöhnlich aktiven partizips (ad- jektisch oder substantiviert) hatten“, meist mit tiefstufiger wurzelgestalt und „nur bei wurzeln, welche auf vokale, li- quidae und nasale endigen“, worüber näheres bei Brugmann grundriss 2 $ 123 s. 365ff. Eine indeklinable adverbiumsform, wie das lateinische adjektiv, enthalten, in dieser weise for- 272 lI. Aus dem tierreich. miert, im latein selbst com-es com-i-t- "mitgehender, begleiter’ und anti-stes, prae-stes, super-stes mit -sti-t- “stehend’ aus -*sta-t-, ferner aind. sam-ji-t- “gewinnend, erstreitend’ oder “erbeuter, erwerber', upa-ksi-t- “beiwohnend, anhaftend’, pari-srü-t- "umflutend’, su-kr-t- “gut handelnd’, avest. @ü-bar?-t- “der herbeischaffende’ (bezeichnung eines priestergehilfen) ; von nasal auslautenden wurzeln aber kommen in dieser weise aind. adhva-ga-t- "unterwegs befindlich, reisender’ zu gam- “gehen, kommen’, pari-ta-t- zu tan- “dehnen, spannen’ bei Pänini (vgl. Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 4, 562), wo- nach man wol lat. re-cen-t auf altes *re(d)-kn-t- zurückzuführen haben wird. Den versuch, den ursprünglichen wurzelvokalismus von gT. zaıvö-g und zubehör zu bestimmen, machte Hirt Bezzen- berger’s beitr. 24, 265 sich allzu leicht, indem er ir. eimim “ieh entspringe’ und air. cenel acymr. cenetl "geschlecht’, die deutlich auf *ken- weisen und die vorgefasste theorie, dass eine a-wurzel *kan- bei mittlerem %-laut aufzustellen sei, um- stürzen, einfach bei seite liess; ich denke über Hirt’s guttural- theorie im allgemeinen ganz ebenso, wie Holger Pedersen Kuhn’s zeitschr. 36, 292ff. Für die e-wurzel in unserm falle zeugen nun auch noch got. hindar, hindana, hindumists und jene aksl. $ten-e, sten-iei. In aind. kan-a, kan-Ina-s, kan-ya und gr. zawö-g steckt tiefstufiges indog. *knn-, wie auch in abulg. po-, na-Cina, während die o-ablautstufe *kon- durch abulg. kont, is-koni, po-koni und konici vertreten ist, sowie auch aisl. handan adv. “jenseit’ sich o-hochstufig neben seinen zugehörigen komparativ hindre adj. "der spätere, folgende’ (vgl. Noreen altisl. u. altnorw. gramm.? $ 370 s. 196 und E. Zupitza d. germ. gutt. 116) stellt. “Junger hund’ bedeutet auch das pämirdial. wachi skön., Mit diesem vergleicht Tomaschek an der oben (s. 268) 1. Hund und vieh. Alte, angeführten stelle der Wiener sitzungsberichte nicht nur das armen. skund und aksl. stene, sondern dazu auch avest. sukurenö und gr. 0xVuvo-g. Hierzu ist zunächst in betreff des javest. sukurono zu bemerken, dass es die abseits liegende bedeutung "stachel- schwein’ hat, wie durchweg auch die dazu gehörigen mittel- und neuiranischen formen, pehl. sukur, npers. sugur u. a. bei Geiger etym. d. balüci 44 nr. 345. etym. u. lautl. d. afghan. 188 nr. 218 und Horn grundriss d. neupers. etym. 164 nr. 744, vgl. auch Geldner Kuhn’s zeitschr. 25, 206. 410 anm. und Bartholomae altıran. wörterb. s. v. sukurona-; man nahm den begriff ‘hund’ im Avestavolk „sehr unzoologisch“, indem man das stachelschwein als sp@ sukuronö nebst igel, biber u.a. zur hundefamilie rechnete. Brieflichen mitteilungen Bartho- lomae’s aber (Giessen, 23. und 29. märz 1901) entnehme ich weiter die belehrung, dass auch aus lautlichen gründen die zendform sukurano in die kombinationsreihe Tomaschek’s nicht hineinpasst: „Ein iran. sk- kann. im altıran. nicht zu suk- (oder s-+ vokal + s) werden, das ist mitteliran. Und ein altiran. skur wäre im mp. und np. nicht sul’, sug, sondern su%; s. Hübsehmann pers. stud. 219, Horn GIrPh. 1b. 87. Also ist eben für sukuroena-, sukur, sugur eine iran. srundform suk‘ anzusetzen“. Der zusammenstellung des pämirdial. skön mit armen. skund zeigt sich anderseits Bartholomae nicht unbedingt abgeneigt, indem er mir darüber schreibt: „Mit PDw. skön weiss ich nichts anzufangen. Es wird doch wol für skun stehen (vgl. GIrPh. Ib. 294 $ 7, 3a) — ein d dahinter könnte verloren sein — und mit arm. skund zusammengehören, über das sich Hübschmann AGr. 1, 480 nicht recht äussern will“, und „das anlauts- sk- könnte das nämliche sein, wie in oxV4cS. Möglicherweise sind da ein par verschiedene wörter von Osthoff, Etymologische Parerga. I. 15 274 II. Aus dem tierreich. synonymer bedeutung zusammengeschweisst worden“. Hier- nach wäre denn also die verbindung des armen. skund mit dem alten hundenamen armen. sun, avest. spa u. s. w. trotz ihrer lautlichen und morphologischen zulässigkeit (s.oben s. 229. 241ff.) doch nicht aufrecht zu erhalten. Und einigermassen stutzig kann ja auch der von Hübschmann a.a. o. hervor- gehobene umstand machen, dass, während Sun im armeni- schen ein altes wort ist, das deminutivum skund erst spät, ein paarmal in quellen des 11. und 12. jahrhunderts, bezeugt ist. Aber hinwiederum dürfte, wer dafür eintreten möchte, dies skund dem skön des wachi an die seite zu setzen, dabei der erwägung nicht aus dem wege gehen, dass wir über die der gruppe indog. sk (sg) im armenischen widerfahrene laut- entwicklung noch nicht im reinen sind; Hübschmann armen. gramm. 1, 409f. bringt darüber nichts, während Meillet möm. de la soc. de Iinguist. 10, 281 beispiele wie celum “ich spalte’ : lit. skeliu dafür zeugen lässt, dass e der regelrechte armenische vertreter dieser konsonantenverbindung sei. Die schwierigkeiten mehren sich noch, wenn man ferner das griechische wortpaar ozö/a5 und ozUuvo-g mit in be- tracht zieht, welches schon Homer kennt, und zwar oxulaS im sinne des welfs vom hunde ı 289. u 86, besonders deutlich aber v 14, ozuuvo-g 3 319 in dem sinne des löwenjungen, mit dem es als ozöuvog A&ovrog oder Aeaivyg auch in der nachhomerischen litteratur, bei den attischen tragikern und sonst, vorzugsweise behaftet erscheint (vgl. Passow hand- wörterb. 25, 1472°, Pape-Sengebusch handwörterb. 23, 908°). Die beiden griechischen wörter sind nun nicht einmal unter sich in ein völlig klares verhältnis zu bringen; Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 291. 292 wagt es, sie auseinander zu reissen, was ich doch für bedenklich halten möchte. Und man hätte weiter auch folgende von Stokes und ern u un 1. Hund und vieh. 275 Bezzenberger Fick’s vergleich. wörterb. 2*, 94 und von V. Henry lex. &tym. du bret. mod. 74 vertretene zusammen- stellung nicht zu übersehen: gr. zUlia' ozVlas. ’Hleioı Hesych. in kombination mit den keltischen formen mir. ewilen “eatulus’, nir. cuwilean coilein, gäl. ewilein euilean, manx quallian und eymr. colwyn “bantling, eub’, colwynod pl. “canes melitaei’, corn. coloin “eatulus’, bret. kolen m. f. “tierjunges’. Das urkelt. *kul-eino- "welf’, welches für diese mir. euilen u.s.w. Stokes und Henry ansetzen, kann nach brieflichen belehrungen Thurneysen’s (Freiburg ı. Br., 24. märz und 12. juni 1901) aus verschiedenen gründen nicht befriedigen. Die suffixform indog. -eino- ist hier zulässig oder wol geradezu erforderlich für die britannischen wörter eymr. colwyn, corn. coloın und bret. kolen: wir würden also hier einen vereinzelten keltischen vertreter der stammbildung mit dem suffix „-a”zno-* haben, die bisher nur im indo-iranischen und baltischen mit sicher- heit nachweisbar war, in aind. sämidh-end-s "auf brennholz bezüglich’, in avestischen stoff- und artadjektiven wie zaran- aeno "golden’, tamanh-aeno “finster, dunkel’, auf litauischem boden in vereinzelten adjektiven wie dem bei Leskien d. bildung d. nomina im lit. 412 genannten menes-na-s "mond- hell’, häufigen femininen substantivierungen solcher von der kategorie der wörter menes-öna “mondschein, mondbeleuch- tung’ und parsz-ena “ferkelfleisch’, rug-ena "roggenfeld’, szun-ena “hundefell' (Brugmann grundriss 2 $ 68,3 s. 150. ber. d. philol.-hist. el. d. kön. sächs. ges. d. wiss. Leipzig 1900 s. 407ff. anm., vergl. auch oben s. 105); das -eino- wäre ın jenen eymr. col-wyn und genossen deminutivbildend gewesen, wie das germ. -ma- in got. gait-ein ahd. geizz-in n.“zieklein’ u. ähnl. (vgl. verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 110 und die dort zitierte Iitteratur), welches letztere, wie auch Kluge nomin. stammbildungslehre d. altgerm. dial.? $ 198 18* 276 II. Aus dem tierreich. s. 94 hervorhebt, sowol auf die diphthongische grundform indog. -eino- = avest. -aena- als auch auf das durch aind. kan-ına-s jung’, gt. z00ax-Ivo-g, osk. deivinais, Bantins, umbr. Ikuvinus Ziovinur (von Planta gramm. d. osk.-umbr. dial. 2, 35f., Buck d. vocal. d. osk. spr. 56f., Bronisch d. osk. i- und e-vocale $ 51 s. 121f.) vertretene alte -7%20- zurück- gehen mag. Aber in mir. cwil-en erscheint das gewöhnliche deminutivsuffix ir. -n, dessen regelrechte entsprechung eymr. -yn ist, z. b. in dem musterfalle der gleichung air. dwin-en gl. "homuneio’ = eymr. dyn-yn “homunculus’ (Zeuss-Ebel gramm. celt.? 273. 274. 297), und das Thurneysen aus *jgno- oder *-egno- herleiten zu müssen meint. Und es wird nun keinem zweifel unterliegen können, dass hier bei dem gegensatz von eymr. col-wyn, corn. col-oin, bret. kol-en und anderseits mir. cwil-en das britannische der urkeltischen formation treu geblieben ist, da verdrängung des isolierten und erstarrten -eino- durch das in lebendiger verwendung auftretende irische ableitungsmitel -en denkbar erscheint, der umgekehrte vorgang aber nicht. Die nır. coiledn, gäl. cuilein cuilean und manx quallian haben zum teil dieselbe, zum teil noch anderweitige suffixvertauschung, als wie sie für das mir. cwilen anzunehmen ist, an ihrem leibe erfahren. Völlig vereinzelt steht allerdings jenes eymr. colwyn, corn. coloin, bret. kolen “tierjunges’ als deminutivbildung mit -eino- doch nicht da im britannischen; denn offenbar ist von gleicher formation das eymr. morwyn "maid, virgin’, corn. moroin, im eymrischen auch in mor-forwyn “seejungfer’ enthalten und auf einem urkelt. *mor-ein@ beruhend, gleicher wurzel mit eymr. bret. merch “mädchen, tochter’, eorn. myrgh und mit lit. merga “mädchen’, aind. mär-ya-s "junger mann’, “hengst’, mar-ya-kd-s“männchen’, gr. ueioaS "mädchen, knabe’, lit. martı “braut, junge frau’, während das air. mwir-moru 1. Hund und vieh. 277 ‘Sirene’ im schlussgliede einen stamm *mor-on- “jungfer’ zu enthalten scheint (vgl. Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 2%, 244. 217). Zeigen die britannischen formen eymr. col-wyn u. S. w. hinsichtlich des suffixalen wortteils den weg für die rekon- struktion des urkeltischen gebildes, so tun sie es auch betreffs der wurzelsilbe: ihretwegen kann diese nicht als *kul- an- gesetzt werden, wie Stokes und Henry wollen, sondern nur ein *kol-eino- vermag uns zum ziele zu führen, sowie ja analog im britannischen das genannte eymr. mor-wyn, corn. mor-oin "mädchen, jungfrau’ auf *mor- als seine wurzel- hafte grundlage zurückgeht. Mir. cwilen und gäl. ewilein ewilean würden sowol auf das von eymr. colwyn, con. coloın, bret. kolen verschmähte *kul- wie auf das von seiten dieser geheischte *%ol- hinweisen können. Und damit fällt denn auch die von Henry a.a.o. anm. 2 nebenher geäusserte vermutung, dass anknüpfung der in rede stehenden keltischen bezeichnung des tier- und hundejungen an die im keltischen durch air. cu, gäl. cx, eymr. ci, corn. ki, bret. ki vertretene sippe von indog. *kuuon- *kuon- “hund’ denkbar sei, zu boden. Aber anderseits wächst die wahrscheinlichkeit, dass Gust. Meyer etym. wörterb. d. alban. spr. 186 mit seiner vergleichung von ceymr. colwyn, bret. kolen und lit. kald “hündin’, alban. kel’üs “tierjunges, bes. junger hund’ das richtige getroffen habe. Das el. zu//« aber in der Hesych- glosse dürfte man vielleicht auch fernerhin noch zu eymr. col- wyn, mir. cwilen stellen, sowie nunmehr auch zu it. käle, unter der voraussetzung, dass die griechische form, die früher etwa *z64),« gelautet haben mochte, von zUov, zuv-, mit dem jene von hause aus nur suppletivisch, in gleicher weise wie lat. catulus mit canis, sich zusammenfand, ihren «-vokalismus bezogen habe; und für gr. ozv)-«5 läge dann ein ähnlicher 278 II. Aus dem tierreich. gedanke nahe. ° Hat man aber dem eymr. colwyn und lit. käle nun etwa auch das aind. kala-bha-s "elefantenkalb, junges kamel’ mit der nebenform kara-bhd-s anzureihen, das, mit dem tiernamensuffix -bho- gebildet, in bezug auf die basis kala- kara- bisher ohne alle anknüpfung war (vgl. Uhlen- beck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 44°. 47°)? Alles in allem betrachtet, scheint mir eine gewisse und entfernte wahrscheinlichkeit zu bestehen, dass es ein ab- wechselnd mit sk- und %- anlautendes grundsprachliches wort etwa von der basis *(s)kol- und mit der allgemein- bedeutung "tierjunges’ gegeben habe, welches am frühesten im indogermanischen die rolle zu spielen hatte, dass es, sowie lat. catulus und unser welp, welf im einzelsprachlichen leben, in suppletivischer zusammenfügung mit dem alten *(p)kuuöfn) *(p)kuö(n) "hund’ der sprachliche ausdruck des diesem gat- tungsworte entsprechenden verkleinerungsbegriffs war. Und weiter noch wären einige anzeichen dafür vorhanden, dass hier und dort eine formale beeinflussung jenes vermuteten deminutivums mit (s)k-anlaut durch das ihm usuell verbundene *(p)kun- statt gefunden habe. Mehr jedoch und bestimmteres über diesen punkt zu sagen, wäre bei dem gegenwärtigen stande unseres etymologischen wissens vermessenheit. 2. VOM HORN UND HORNTIER. In L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 114 bin ich jüngst der ansicht Meillet’s gefolgt, die dieser gelehrte revue crit. 1897, 2 s. 388 und mm. de la soc. de linguist. 10, 280, ebenso bei Grammont la dissimilation conson. 71. 73, über die armenische verwandtschaft von gr. övvS, lat. ungwis, un- gula, air. ingen "nagel, kralle’ acymr. egwin, ahd. asächs. nagal ags. nezel aisl. nagl “nagel’ und got. ga-nagljan "an- 2. Vom horn und horntier. 279 nageln’, lit. näga-s “nagel, klaue’, naga “huf’, abulg. noga “fuss’, nogäti "unguis’ und aind. nakhd-s, nakha-m "nagel, kralle’, npers. nähun, osset. nix "nagel’ geäussert hat, dass nämlich aus dem armenischen efungn "nagel am finger oder an der zehe’, ‘klaue’, “eisenhaken’, gen. efngan, hierzu zu stellen sei. Nicht etwa mehr das armen. magil “kralle, klaue’, da nach dem, was Tomaschek deutsche litteraturz. 1883 sp. 1254, Bugge beitr. z. etym. erläut. d. armen. spr. 35. Kuhn’s zeitschr. 32, 85, Hübsch mann armen. gramm. 1, 471, Holger Pedersen Kuhn’s zeitschr. 36, 98 und eben Meillet über dies wort bemerkt haben, es einigermassen verwunderlich ist, wenn magil noch neuerdings wiederum, bei Hirt d. indog. ablaut $ 632 s. 130, in jener gesellschaft von gr. övvS u. S. w. sich blicken lässt. Ich kann aber Meillet’s beurteilung des armen. etungn doch nicht in jedem punkte unterschreiben. Ich folge ihr nur insoweit, als es mir scheint, dass in dem ausgang -ung-n von et-ung-n zwanglos eine grundsprachliche basis indog. *ongh-, dieselbe, die auch die lateinischen wortformen ung- u-i-s und ung-ula zur voraussetzung haben, gefunden werde. Was ist aber das ei- in armen. et-ung-n? Auf diese frage eben hat Meillet meines erachtens eine befriedigende antwort nicht gefunden, wenn er dissimilatorische umwand- lung eines *enung-n vermutete. Ein solches *enung-n wäre, wollte man es annehmen, die einzige form der gesamten sippe, welche in dem wurzelhaften wortteile den nasal doppelt ent- hielte, welche also dem ansatz der zweisilbigen basis „idg. ono**/gh“ (vel. Hirt a. a. 0.) ein hindernis bereiten würde. Dazu wäre nun der von Meillet vermutete dissimilations- vorgang etwas problematisch bleibendes, und auch Gram- monta.a.o. 71 unterdrückt seinen zweifel daran nicht. Vor Meillet hatte übrigens schon Bug ge beitr. z. etym. 280 I. Aus dem tierreich. erläut. d. armen. spr. 34f. das wort elumg-n mit gr. övv£, lat. ungui-s u. 8. w. zu vermitteln gesucht, aber auch diesem ge- lehrten gelang es nicht, eine befriedigende erklärung des el- zu finden. Bugge glaubte die liquida für dieselbe, wie die im suffix von lat. ungula und ahd. nagal, aind. nakhara- ‘wie eine kralle gestaltet’, “nagel, kralle’ erscheinende, halten zu dürfen, aus einer „grundform *ung?-“ sei durch „die im armenischen bei < (l) und r häufige metathese“ zunächst *ung- und hieraus weiter eiung- „durch die gewöhnliche prothese (vgl. efbair, erek‘ u. m.) entstanden“. Dass diese ge- wagte und gekünstelte konstruktion irgend welchen glauben finden werde, ist wol nicht anzunehmen. Ich möchte meinerseits an ein kompositum ef-ung-n denken, welches ursprünglich ‘hornnagel, eorneus unguis bedeutet hätte. Verschiedenes scheint mir nämlich darauf hin- zudeuten, dass es einen alten nominalstamm *el- horn’ im indogermanischen gegeben habe. So zunächst im arme- nischen selbst eljiur eijewr ‘horn’ und “trompete von horn’, gen. eijyer; der träger der bedeutung ‘horn’ ist hier der wort- bestandteil ei-, wie es die analyse des eiyiur, auf die ich erst an weiter unten folgender stelle (s. 288 ff.) näher eingehen kann, hoffentlich dartun wird. Was aber er-ung-n und die ihm hier zugewiesene grundbedeutung anbetrifft, so ist vergleich- bar, dass der “pferdehuf, pes equi’ lat. ungula cornea heisst bei Lucan. 6, $3, und ferner, dass der wortfamilie unseres nhd. ahd. asächs. afrıes. ags. aisl. horn got. haurn, des lat. cornu, gr. z£oag, aind. SYn-ga-m horn’, avest. srva- ın zaranyo-srvd- “goldene hörner habend’, srv-aena- adj. hörnen’, npers. sarü, sura, sarün "horn’ und altkelt. x&ovov' an» odımıyya. I'alaraı Hesych. sich bekanntlich auch cymr. corn. bret. cayn masc. “huf der einhufer’ und air. er“ “huf’, sowie besonders avest. srv@- fem. "fingernagel’, dual. srvad-ca, 2. Vom hom und homtier. 281 srvä-bya instr. von den “nägeln beider hände’ (vgl. Justi handbuch d. zendspr. 308°, Spiegel gramm. d. altbaktr. spr. 265, Geldner stud. z. avesta 1, 151, Bartholomae hand- buch d. altıran. dial. gloss. 240’ und Delbrück vergleich. syntax 1 $ 45 s. 143) einreihen. Die vollständigste und zu- verlässigste zusammenstellung der wörter dieser letzteren sipp- schaft gibt wol Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altınd. spr. 315°f. unter srrigam. In gr. 2/-epag “elfenbein’, nachhomerisch von Herodot an auch “elefant’, macht, wenn man das schlussglied -£pas mit dem ihm doch wol entsprechenden lat. ebuwr zusammen auf fremden, ägyptischen oder semitischen ursprung zurück- leitet, die annahme einer festwachsung des arabischen artikels al aus kulturhistorischen gründen schwierigkeiten. Das hebt Jetzt O. Schraderreallex.d. indog.altertumskunde 180 £. hervor, nachdem er früher, thier- und pflanzengeogr. 12f. und linguist.- histor. forsch. z. handelsgesch. u. warenkunde 1, 71, in diesem punkte weniger bedenklich gewesen war. War es eine alte vox hibrida, das &/- echt indogermanisch, 2/-&pavr- eigent- lich “eorneum ebur’? Als hörner fassten ja die alten die elephantenzähne ganz gewöhnlich auf, was für das griechische altertum klar durch Pausan. 5, 12,1 öooı dE av9oorwv Ta dıd Tod oTöuaros Es To Errös E)Epaoıv ESioyovra Ödov- tags cOv Inoiwv eivaı, zal od xEgara Üynvraı und ebend. v3 Ehepaoıv o0v rd zegara Lorw rıg dıd KO0TEPWV KUTEO- yöusva dvasev (vgl. dazu Lenz zoologie d. alten Griechen u. Römer 180) bezeugt wird. Und so bieten uns die lateinischen schriftsteller für ebur ausdrücke wie cornua elephantı Varr. Plin., /ndieum cornu Martial.; vgl. Forcellini- de Vit lex. 2, 487° und Georges handwörterb. 1', 1591, sowie Freund wörterb. 1, 1046°f., der auch auf hebr. garnop sen Ezech. 27, 15. d. ı. "hörner des zahns, zahnige hörner ’ verweist. Eben- 282 II. Aus dem tierreich. so brauchten die alten Jnder ihr $’nga-m "horn’ gelegentlich vom “hauzahn des elephanten’, nach Böhtlingk-Roth sans- krit-wörterb. 7, 288. Jedenfalls hat die ursprungsdeutung, die &)£päag als rein griechische wortbildung aus der wurzel von dlpovg‘ hevzoüg Hesych., &4po-s “weisser hautflecken’ und lat. albu-s “weiss’ betrachtet (de Saussure mem. de la soec. de linguist. 3, 208, H. Lew d. semit. fremdwörter im griech. 5), den übelstand im gefolge, dass dann lat. ebwr mit dem grie- chischen worte gänzlich unvereinbar wird. Eine trennung von &l&pas und ebur wagt auch die wenig einleuchtende ety- mologische beurteilung, die den beiden wörtern M. Freuden- berger Bezzenberger’s beitr. 25, 277 zu teil werden lässt; und ganz ungenannt bleibt ebur in Leo Meyer’s besprechung des wortes &/&pag, handbuch d. griech. etym. 1, 472. Hier glaube ich ferner folgendes aus dem germanischen unterbringen zu sollen:aisl. il f. “fusssohle’, gen. und plur. iliar, ags. ile m. harte haut, schwiele, callus’, “fusssohle, planta pedis’, sowie vereinzelt auch “ferse, calx’, afries. ili il “schwiele’, nwestfries. yl neutr., mnd. nnd. ele el “schwiele an händen und füssen’ und mnd. 2lt, elde, nnd. nl. eelt neutr. “"hornhaut, schwiele’ (vgl. Schiller-Lübben mittelniederd. wörterb. 1, 651®), schwäb. illen £.“beule’ (Sch meller-From- mann bayer. wörterb. 12, 61). Mir sind vier verschiedene etymologische beurteilungen dieser germanischen wortsippe bekannt. Fick d. ehemal. spracheinheit d. Indog. Europas 302. vergleich. wörterb. 1?, 365. 23, 307 stellt das aisl. il "fusssohle’ zu dem verbum ahd. illen ilen “eilen’ und beide weiter zu got. aljan “eifer” und gr. 2a, &h,aövo ich treibe’, lat. alacer. Meist aber wird aisl. il und ags. ile, afries. ili ile, ebenfalls in gemeinschaft unseres eilen, auf die wurzel e- ‘gehen’ von lat. eo, ?re, gr. eduı, i£vaı u. $. w. zurückgeführt, so von Kluge in allen auflagen 2. Vom horn und homtier. 283 seines etym. wörterb. s. v. eilen (in der 5. und 6. auflage mit fragezeichen), von Per Persson wurzelerw. u. wurzelvar. 77f., Noreen abriss d. urgerm. lautl. $ 25 s. 76 und Johansson Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 2, 23.57. Diese beiden erklärungen würden selbst dann noch unbefriedigend er- scheinen, wenn wirklich hier der begriff der “fusssohle, planta pedis’ das prius wäre. Es ist aber offenbar “harte haut, hautverhärtung, schwiele’ als der ursprüngliche wortbegriff anzuerkennen; er ist tatsächlich auch der vorwiegende ge- blieben, und von ihm aus lässt sich wol zu “fusssohle’ einer- und zu ‘beule’ anderseits gelangen, während zwischen “fuss- sohle” und “beule’ oder auch zwischen “gehen, eilen’ und “‘schwiele’ kaum eine einleuchtende bedeutungsvermittlung zu finden sein dürfte. Keiner besondern widerlegsung wird die dritte auffassung bedürfen, diejenige Bezzenberger’s, der Fick’s vergleich. wörterb. 2, 46 cymr. ilio “gähren’, lat. rlia “die weichen’, ferner die etwa “weibliche geschlechtsteile’ be- deutenden Hesychwörter gr. Ava, ZAıov und aind. /da “la- bung, wolbehagen, lebenskraft' zusammenstellt und dazu, unter annahme einer grundbedeutung der wurzel “schwellen’, unsere aisl. il ete. fügt. Ebenso braucht nur erwähnt, nicht widerlegt zu werden, was viertens bei ten Doornkaat Koolmann wörterb. d. ostfries. spr. 1, 28 s. v. ält zu lesen ist, dass diese wortsippe von ags. ile u. s. w. beziehungen zu der von ags. elan "in brand stecken’, ags. «led, asächs. @ld, aisl. eld-r ‘feuer’, ferner auch zu ahd. lo adj. "rotbraun, lohbraun’ und noch anderm habe, indem der begriff der “hautverhärtung, schwiele, beule’ auf den der "entzündung’ zurückgehe. Wenn die “fusssohle’ in aisl. i/ und ags. ile als "horn- haut, harte haut’ benannt ist, so geschieht das auf grund der- selben vorstellung, wie in dem solörum callum des Cicero Tuse. 5, 32, 90; und in dem gleichen sinne eignet dem ags. 284 II. Aus dem tierreich. wort die seltenere bedeutung “ferse’, diese auf grund der zwei elossen »calees, ilas, wearras« und »calx, ile« bei Wright- Wülcker voc. 12, 197, 12. 292, 35, wo demnach ile sowol wie auch wearr “schwiele, harte haut’ als synonym mit ags. hela “ferse’ auftritt (vgl. Bosworth-Toller diet. 589% 1178®). Schwäb. illen "beule’ aber war eigentlich “harter” oder “horn- artiger auswuchs’; ebenso bezeichnet unser deutsches horn ver- einzelt „auch eine beule* (Grimm-Heyne deutsch-wörterb. 4, 2, 1816 und Heyne deutsch. wörterb. 2, 199); ähnlich lat. cornu bei Horat. sat. 1, 5, 58 “hornartiges gewächs am kopfe, grosse warze’ (vgl. Georges handwörterb. 1”, 1592). Ihrer stammbildung und flexion nach sind von den ger- manischen formen mit il-, die “schwiele’, ‘fusssohle’, “ferse’ bedeuten, am klarsten das maskuline ags. ile und das femi- nine aisl. il. Jenes gehört zu den kurzsilbigen maskulinen der i-deklination des ags., die zwischen -i- und -zo-flexion schwanken, wie die doppelformigkeit des plurals, las und daneben mit geminata illas, zeigt, nach Sievers angelsächs. gramm.? $ 263, 1 nebst anm. 3 s. 136.137. Auch afries. ili ile ist kurzsilbiger i-stamm, das genus hier unbestimmbar, der dat. plur. ilen, wie mir van Helten brieflieh mitteilt (Gro- ningen, 13. Januar 1901), seine auffassung dieser form alt- ostfries. gramm. $ 8 s. 9 berichtigend. Das lässt nun für ags. afries. ile, mnd. nnd. ele aus germ. *il-i-z darauf schliessen, dass die Paul-Braune’s beitr. 14, 166ff. entwickelte Streit- berg’sche theorie hier anwendung finden könne:ein mit stammsuffixwechsel anzusetzendes indog. *el-i-, *el-io- wird als adjektiv “hornig’ bedeutet haben, substantiviert im ger- manischen “hornige, hornharte körperstelle’. Dazu bestand eine vermutlich als colleetivum geprägte femininbildung *el-7, gen. *el-fäs = aisl. il, tliar. In dem -t, -d- der formen mnd. @lt nnd. nl. eelt und 2. Vom horn und homtier. 285 mnd. elde wollen Noreen abriss d. urgerm. lautl. $ 48, 2b. s. 171 und Franck etym. woordenboek d. nederl. taal 224. 358 etwas sehr altes sehen, indem sie diesen fall mit solchen, wie ags. heled asächs. helith ahd. helid aisl. hold-r : ags. h«ele aisl. hal-r, ags. ealod : ealu asächs. alo mnl. ale aisl. gl aschwed. ol, zusammenordnen und somit auch ags. ile m., afries. ili ile als formen betrachten, denen der dental lautgesetzlich ab- handen gekommen sei in folge seiner auslautstellung im alten nom. sing. Das würde unserer oben gegebenen analyse dieser ags. afries. ile widersprechen, ich kann es aber unmöglich für richtig halten. Was zunächst angebliches „nfri. elt (alt), ilt“, wie bei Franceka.a.o. 224 zu lesen ist, anbetrifft, so gibt es dies nach van Helten’s brieflicher mitteilung nicht. „Wahr- scheinlieh hat Franck die formen aus ten Doornkaat Koolmann zitiert, dessen wortschatz eher nd. als fries. zu nennen ist; im heutigen westfries. gilt yl“. Es bleibt somit auf dem -f, -d- von 2lt eelt, elde ledıg- lich das gebiet des niederdeutschen und des nieder- ländisehen hängen. Dann ist aber am wahrscheinlichsten die ansicht, zu der ich von meinem kollegen W. Braune angeregt werde: dass wir es hier mit der diesen dialekten vorzugsweise, daneben aber auch dem hochdeutschen, eigenen „epithese“ des - zu tun haben, mit dem -? (-d), das im laufe der mnd. sprachentwicklung, sowie der mnl. und mhd., vor- nehmlich hinter lingualen konsonanten am wortende epithe- tisch oder auch „paragogisch“ oder „unorganisch“ sich an- fügt, wie nach -s in mnd. päwes-t mhd. bäbes-t "papst’, mnd. sus-t mhd. sus-t suns-t "sonst’, nach -n in mnd. aren-t arn-t “adler’, mhd. wilen-t nhd. weilan-d, mhd. jeman-t, nieman-t, nhd. dutzen-d, nach -r in mnd. over-t, so nach -/ in mnd. ingesegel-t- “insiegel’, wedderstal-t “widerwärtigkeit, wider- 286 II. Aus dem tierreich. stand’ neben älterem wedderstal = mhd. widerstal. Vegl. Lübben mittelniederl. gramm. $ 34 s. 46f. und Wilmanns deutsche gramm. 12 $ 152 s. 197f. 22 $ 456 s. 631f. Auf niederdeutschen ursprung geht ja auch das -? unseres nhd. doppel-t zurück, wenn man dafür mit recht „mischung der hd. und ndd. lautform“, nämlich von älterem hochd. doppel und nd. dubbel-t, annimmt (Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.5 80P), eine erklärung, die mir einfacher und auch wegen des mitzuberücksichtigenden mnl. dubbeld (s. u.) ratsamer zu sein scheint, als die von andern in vorschlag gebrachte kon- tamination aus doppel und dem früher üblichen partizip ge- doppelt (Paul prinzipien d. sprachgesch.’ 146, Thumb-Marbe experimentelle untersuchungen über d. psychol. grundlagen d. sprachl. analogiebildung 50). So wäre denn dasselbe junge -t bei dem dem ags. ile, afries. li ile, nwestfries. yl entsprechenden mnd. ele “schwiele” an dessen synkopierte nebenform el an- getreten, und daher das mnd. 2l-t, nnd. eelt; in mnd. elde aber wäre der dental durch aufnahme in die flexion wortin- lautend geworten, dies ähnlich wie das -d- bei mnd. weder- stald-e dat. (Sehiller-Lübben mittelniederd. wörterb. 5, 636”), bei nhd. jemand-es, niemand-es gen., dutzend-e plur. Die entwicklung des epithetischen -t (-d) kennt hinter -n, -r und -s auch das niederländische, z. b. in mnl. aren-t nnl. aren-d “adler” = mnd. aren-t arn-t, mnl. mergen-t “morgen’, ergen-t, nerghen-t = nhd. irgen-d, nirgen-d, mnl. nnl. ieman-d, nieman-d, mnl. sider-t sinder-t und besonder-t, mnl. mos-t neben mos "moos’, in nnl. akst neben aks aaks und mnl. «ex entsprechend dem spätmhd. nhd. axt neben mhd. ackes; vgl. van Helten middelnederl. spraakkunst $ 136 s. 214f. und die etymologischen wörterbücher von Franck und Vereoullie? s. vv. aks (aaks), arend, borst “bursche’, iemand. Für die stellung nach -! kennt van 2. Vom horn und horntier. 287 Helten aus dem mnl. keine sicheren beispiele desselben an- wuchses, doch sieht Franck a.a.o. 212 „de jongere den- talis* auch in nnl. dubbel-d neben mnl. und nnl. dubbel dobbel. Es wird also unbedenklich sein, auch das nl. eel-t n. “hornhaut, schwiele’, das erst im älteren neuniederländischen begegnet, bei Kilian in dessen etymologieum Utrecht 1623 in der schreibung eilt (dafür die vierte ausgabe von 1632: eelt), unter denselben gesichtspunkt zu bringen. Dies nnl. eelt hat freilich die eine besonderheit, dass sein dental auch inlautend in der form des stimmlosen -t- auftritt: ableitungen daraus sind eeltachtig und eeltig ad). “schwielig’, ver-eelten "verhärten, mit schwiele bedecken’, im gegensatz zu dem mnd. elde. Aber die durchgängige stimm- losigkeit ist eigentlich das, was man von vornherein erwarten sollte: Bremer deutsche phonetik $ 60 anm. 3 s. 54 f. zeigt, warum in dem ähnlichen falle von nhd. eigen-t-lich, öffen-t-lich, orden-t-lich „die seitliche explosion stimmlos erfolgt (f und nicht d)“, und es scheint mir kein zweifel zu sein, dass nicht nur nach -s, sondern auch nach -n und -/, -r der im wort- auslaut sich bildende dentalverschlussabsatz auf der stufe der mittelniederländischen, mittelnieder- und mittelhochdeutschen sprachentwicklung, die überhaupt keine stimmhaften verschluss- und reibelaute am wortende mehr duldete, notwendig als stimmloses -£ hervorgehen musste, dass also in solchem be- tracht nd. dubbel-t, nhd. doppel-t, mnl. sider-t sinder-t, mnd. over-t, mnl. aren-t mnd. aren-t arn-t, mnl. erghen-t u. dgl. in derselben weise mit grösserer graphischer genauigkeit die artikulationsart darstellen als nnl. dubbel-d, aren-d, mnl. nnl. ieman-d, nhd. irgen-d, wie dies mhd. wilen-t, ieman-t, spät- mhd. totzet "dutzend’ (Lexer mittelhochd. handwörterb. 2, 1477) im vergleich mit unsern nhd. weilan-d, jeman-d, dutzen-d tun. Die flexionsweise von nnl. arend = mnl. arent : nnl. 288 II. Aus dem tierreich. arend-en plur. (mnl. noch ohne -d- plur. aernen), mnd. arent arnt: arndes, spätmhd. niemant : niemandes und vemant :, iemande dat. acc. (vgl. Weinhold mittelhochd. gramm.? $ 493 s. 545), mnd. wedderstalt : wederstalde dat. mit ihrem wechsel von -t und inlautendem -d- kann sich nur nach der proportionalen analogie der fälle wie mnl. mnd. mhd. lant: landes, welt: veldes eingefunden haben, wo etymologisch be- rechtigtes d inlautend erhalten und auslautend zu -t verhärtet war. Unter solchen umständen aber nimmt es nicht wunder, dass in einzelnen fällen auch abweichend verfahren wird bei der verschleppung des stimmlos entwickelten epithetischen dentals in die inlautstellung, dass das verhältnis nnl. eelt: eelt- an stelle von älterem eelt: *eel- gewonnen wird nach solchen mustern, wie etwa mnl. nnl. hout holz’ : mnl. houtes gen., houtijn adj., houten vb., mnl. sout nnl. zout "salz’ : mnl. soutes gen., nnl. zoutachtig und zoutig 'salzig’, zouten ‘salzen’, während das entsprechende mnd. elde zu elt dem schema der vorbilder wie veldes velde : velt gefolgt ist. Einen individuellen anstoss, der zu dieser besondern entwicklung von nnl. eel-t: eeltachtig, eeltig führte, wird man vermuten dürfen, wie des- gleichen bei einem der im neuhochdeutschen vorliegenden fälle mit ähnlicher verallgemeinerung des -t- : unser doppel-t : doppelte, doppelter könnte wenigstens seine flexion mit -t- von dem partizip gedoppelt (s. oben s. 286) oder vielmehr von der analogie der partizipien auf -t- überhaupt haben, am ehesten aber wol von den begriffsverwandten veralteten ad- jektiven nhd. einfalt und mannigfalt, sowie nnd. dubbel-d : dubbelde in deutlicher formaier wechselbeziehung zu nnd. westfäl. eweld osnabr. @welt “einfach” = asächs. enwald zu stehen scheint (vgl. Woeste wörterb. d. westfäl. mundart 60». 70°). Ich komme nunmehr auf das oben s. 230 im voraus er- Pe tere kun 2. Vom horn und hormmtier. 289 wähnte armen. e’jiur etjeur “horn', horntrompete’ zurück. Man hat es, wie ich vermuten möchte, in ef-iur zu zerlegen, als ein kompositum, dessen etymologischer sinn “hornige sub- stanz’ oder eher bahuyrihisch ‘von hornigem wesen, dessen substanz hornig ist’ war. In übereinstimmung mit Meillet mem. de la soc. de linguist. $, 237 und seiner gegen Bartholomae stud. z. indog. sprachgesch. 2, 24 gerichteten polemik bin ich der ansicht, dass in anbetracht der sich gegen- seitig stützenden fälle armen. of) “gesund, ganz, vollständig’ : air. wile‘all, ganz’ und armen. sterj “unfruchtbar' : gr. oreige, aind. star?-s“unfruchtbare, nicht trächtige kuh, stärke‘, armen. anur) traum’ : gr. att. ion. öveıgog lesb. övoıeoc kret. @vaıoov man doch nicht umhin könne, die entwicklung der ursprüng- liehen verbindungen -%- und -r7- zu -4-, -rj- für einen ar- menischen lautwandel zu halten. So lehrte ja früher auch Hübschmann armen. stud. 1, 66, anders derselbe jetzt armen. gramm. 1, 481; dass, wie Bartholomae liter. centralbl. 1897 sp. 1262 will, of) sein -7 von m2j ‘mitte’ bezogen habe, ist mir der auseinander liegenden bedeutungen wegen, da man dem m2j doch nicht ohne weiteres den sinn von “halb , ebenso wenig wie dem lat. medius den von di-midius, unterschieben darf, nicht glaublich. Mit armen. «il “anderer’, wenn dies auf *al-fo-s = gr. @)..0-s, lat. aliu-s, air. aile, got. alji-s beruht, mag es eine sonderbewandtnis haben, die gruppe -%- kann unter gewissen bedingungen, die uns vorläufig dunkel bleiben, _ im armenischen verschieden von der für 0%) anzuerkennenden weise behandelt worden sein; denn Meillet’s zurückführung des ail auf ein indog. *ar-lo-s befriedigt allerdings nicht.!) 1) Es sei daran erinnert, dass im griechischen das verfahren der sprache mit den jodverbindungen ei und »2 kein einheitliches war, sondern hier bekanntlich nach der qualität der vorhergehenden vokale variierte: gemeingriechisch epentheseentwicklung, wenn jenen verbin- Osthoff, Etymologische Parerga. 1. 19 290 II. Aus dem tierreich. Ein weiterer fall wie jene oij, sterj, anur) scheint mir nun aber jenes eij-iur zu sein : sein eijJ- aus *el-io- repräsentiert die basis *el-i-, *el-io- “hormig', die wir soeben auf ger- manischem boden in ags. ile, afries. ili ile und dem femininen aisl. i2 kennen gelernt haben. Das grundsprachliche substrat des kompositums armen. eij-iur mag ein indog. *eli-esor gewesen sein. Einem alten neutrum *2s-ör, das mit dehnstufenablaut der wurzel es- “sein, esse’ entsprossen war, dürften wir nach analogie griechischer wörter wie homer. 2&£/d-wo “wunsch, verlangen’ und &/-we “raub, beute, fang’ aus *Fe/-wg, die der stammbildung nach vergleichbar sein würden, die funktion des verbalabstraktums oder nomen actionis, also den sinn von “das sein, wesen, sub- stanz geben; mit der dehnstufengestalt 2s- darf man als alter variante zu &s- wol operieren auf grund von lit. esame, esate, esas neben ®same u. S. w., osk. ist neben est, estud estud (verf. z. gesch. d. perf. 149 ff, Bronisch d. osk. i- und e-vocale 127, Buck d. vocal. d. osk. spr. 95f. Chicago studies in class. philol. 1, 162,von Planta gramm. d. osk.-umbr. dial. 1,84, Bartholomae Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 3, 17. 20f. 23f. 24. 39£. 63). Im armenischen nun wurde *-?sor regelrecht zu -iur in eilj-iur, vgl. zum lautlichen armen. siun "säule’ aus *kis-on = gr. ziwv und meine aus- einandersetzung darüber L. von Patrubäny’s sprachwiss. ab- handl. 2, 54f. Man darf aber vermuten, dass das somit zu dem verbum substantivum armen. em "ich bin’, es “du bist’ dungen « und o vorausgingen, in yaow, woroa und uEhawa, dyzowa u. dgl., dagegen bei eoi, ei, voi und evi, wi, vi assimilation desi an die liquida und den nasal (lesb.) und alsdann sogenannte ersatzdehnung der &, ı, v, dies in lesb. y9Eoow arkad. grow ion. att. ydelow, lesb. »tevvo On. Att. zreivo u.8s.w. Vgl. Brugmann grundriss 1? $ 293,1 s. 271f. Iw. Müller’s handb. d. klass. altertumswiss. 23, 1, 35. 2. Vom horn und homtier. 291 sich stellende kompositionsglied -iwr zu einem formativen element suffixalen charakters herabgesunken auch sonst noch auf demselben sprachboden erscheine; etwa auch in ait-iur oder eit-wur “feuchte niederung, wiesengrund, wiese, sumpf, das, in seinem vordergliede zu gr. @odw “ich benetze, be- feuchte’, dodevw “bewässere’ und aind. ärd-ra-s “feucht, frisch, saftig’ bezogen (Bugge beitr. z. etym. erläut. d. armen. spr. 35, Hübschmann armen. gramm. 1, 415, vgl. auch Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 13° f.), auf die grundbedeutung ‘von feuchtem wesen, dessen natür- liche beschaffenheit feuchtigkeit ist' zurückführen würde. In ihrer flexion können sich diese bahuvrihi-neutra mit *-2esör armen. eijiur eljeur, gen. eijer, und aitiur eitiur eiteur, gen. eiter, wol mit andern im ausgang des nom.-ace. sing. Ihnen gleich gewordenen neutren zu einer gruppe zusammenge- schlossen haben, z. b. mit dem zu gr. po&a«o für urgriech. *ponfeo etymologisch gehörenden aibiur arbewr quelle’, gen. aiber (vgl. verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. ab- handl. 2, 93). Ich möchte nun aber auch noch glauben, dass unser indog. *es-or "sein, wesen’ sogar als simplex im armenischen vorhanden sei. Die anknüpfung des reflexivpronomens armen. iur “seiner, sich an den stamm indog. *seuo- von avest. hava- “eigen’, gr. &o-c, lat. suu-s alat. sovo-s, osk. suvad sua', hit. s@ävo gen. "sui’ ist lautgesetzlich bedenklich; „man sollte für _indog. *sevo- im armen. *ev- erwarten,“ bemerkt Hübschmann armen. gramm. 1, 415, während Brugmann grundriss 2 $ 438,1 s. S06. $ 453 s. 827. $455 s.828 und Meillet mem. de la soc. de linguist. 9, 53 anm. bei ihrer zurückführung des iur auf *sewo- nichts von einer bestehenden lautlichen schwierigkeit sagen. Vielleicht war aber iwr, indem es auf unser indog. *2s-or “das sein, wesen zurückgeht, durch den 19* 292 II. Aus dem tierreich. in prägnanz sich entwiekelnden mittelbegriff “das eigene sein, eigenes wesen’ zur geltung als identitäts- und darnach als reflexivpronomen gelangt, also auf ebensolchem wege, wie aind. ütmdn- “hauch, seele’, tant-s “leib, körper‘, im semitischen hebr. nephes ‘seele’, aram. jata “wesen’ u. dgl. zu ausdrücken für “das selbst, die eigene person’ und pronominal “selbst, ipse’ wurden. Dann verhielte sich armen. ivr "seiner, sich’ zu eijJ-iur ‘von horniger substanz’ und ait-iur eit-iur “von feuchtem wesen’ ganz ähnlich, wie im altindischen @tman- “selbst, ipse’ zu den zahlreichen bahuvrihi-kompositen mit -ätman- am ende, in denen dieses, sowie die weiterbildung -Atma-ka-, die bedeutung von ‘wesen, natur, eigentümlichkeit’ hat, karmäatma “dessen wesen die tat ist, kamatma “dessen wesen verlangen ist, seinen begierden fröhnend, von liebe erfüllt’, chayatma “ein schattenbild zum wesen habend, nur im widerschein bestehend’, ferner rasätmaka-s "dessen wesen saft, flüssigkeit, nektar ist , märätmaka-s “mordsüchtig’ , samsayatma “dem zweifel sich hingebend, unschlüssig’ und samsayatmaka-s “dem zweifel unterworfen, zweifelhaft’ u.a. - (vgl. Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 1, 619. 622). Wenn das armen. iur in dem -r zu me-r 'nostri' und je-r “vestri’ stimmt, so können nun diese letzteren geradezu ihr -r von iur durch übertragung bekommen haben, oder es kann, wofern me-r, Je-r ein r-suffix aus gleicher quelle mit aisl. var unser haben sollte (vgl. Brugmann grundriss 2 $ 455 s. 828), dann iur, das substantivischer herkunft ist, desto leichter mit jenen pronominalformen assoziierbar gewesen und in ihre reihe eingetreten sein. Man hat aber ansprechend bereits das gr. aö-s, avb-rös auf eine solche nominale um- schreibung des identitätspronomens zurückgeführt, indem man aind. «isı-s "lebenshauch, leben’ und avest. anhu-s ‘leben’, ‘selbst’ verglich, so Nils Flensburg über ursprung und 2. Vom horn und hormntier. 293 bildung des pronomens «aörögs Lund 1893 s. 51f. 57ff. und Jak. Wackernagel Kuhn’s zeitschr. 33, 17f., darnach auch Brugmann lit. centralbl. 1893 sp. 857f. grundriss 1? $ 967 's. 842. Iw. Müller’s handb. d. klass. altertumswiss. 23, 1,59. 244 und Dyroff indog. forsch. anz. 6, 55f. Wofern nun Flensburg das richtige trifft mit seiner vermutung, dass hier die wurzel es- ‘sein’ vorliege, ein indog. *es-u- für aind. dsu- und avest. arhu-, ein damit ablautendes *as-u- aber für das gr. aö-rög der ausgangspunkt gewesen sei, im gegensatz zu Wackernagel’s und Brugmann’s urbasis *ns-u-, so käme dann unser armen. -iur “wesen’ in efj- iur, att-iur = iur pron. reflex. mit gr. aö-rog, ad-c, aind. dsu-s, avest. anhu-s auch wurzelhaft zusammen. Und selbst an suffixüberein- stimmung liesse sich alsdann wol denken: anstatt des *2s-or neutr. könnte ja auch ein *es-u- zu grunde gelegt werden, es hätte sich dieses in armen. iu-r, -wr um dasselbe ange- tretene -r erweitert, das wir bei einer gruppe im armenischen vorhandener ehemaliger neutra der «-deklination als expo- nenten ihrer heteroklitischen nom.-ace.-sing.-bildung kennen, iur würde, auf *esör oder auf einem *2su-r beruhend, ein altes neutrum *?su “wesen ’ in der gleichen weise vertreten, wie es die wörter armen. cum-r “knie’:aind. janu, avest. zanu-, gr. yö6vv, lat. genu, armen. as-r "schafwolle, vliess’ mit asu gen.: aind. pasu, lat. pecu, got. faihu (s. oben s. 216ff.), armen. met-r ‘honig’ mit metu gen. (vgl. Meillet m&m. de la soe. de linguist. 8, 16. 411, 401) und ähnl. mehr tun, worüber näheres bei Meilleta.a.o.S, 162f. 9, 147. indog. forsch. 5, 331 und verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 92f.). Es ist hier, wenn wir jetzt nach weiteren zeugnissen für unser grundsprachliches *el- "horn’ umschau halten, ferner die alte bezeichnung des hirsches und hirschartiger tiere indog. *el-en- in betracht zu ziehen, die basis von armen. 294 II. Aus dem tierreich. et-n “hirschkuh’, gen. et-in, und abulg. jel-en-i “hirsch’, lit. El-n-i-s “hirsch’, “elentier’, el-n-eE und dl-n-& f. “hirsch kuh’, preuss. alne “tier” vok. d. i. "hirschkuh’, gr. £4-@-go-g “hirsch’ und 2446-c "junger hirsch, hirschkalb’, von eymr. elain “hirschkuh, hindin’ und air. elit ‘reh’, die auf indog. *el-nn-ı und *el-n-ti-s beruhen (vgl. Bezzenberger Fick’s vergl. wörterb. 24, 42). | Man hat gemeint, dass dies *el-en- als ein von der farbe der betreffenden tiere, oder gewisser unter ihnen, her- genommener ausdruck zu erklären sei, indem man ahd. lo “lohbraun, gelb’ verglich. So R. Much zeitschr. f. deutsch. altert. 39, 26 und im anschluss an ihn Lid&n stud. z. altind. u. vergleich. sprachgesch. 68; beide erstrecken diese ursprungs- deutung dann zugleich auf die allerdings von *el-en- "hirsch’ nicht abzutrennenden bezeichnungen des elchs, ahd. £lah, elaho, aisl. elg-r, lat.-germ. alces und russ. losz “elch, elentier’ (s. unten s. 317ff.), Liden auch auf aind. ?sya-s "bock der gazelle’ oder “antilopenbock’, und der letztere forscher zieht ausserdem das farbenadjektiv aind. arund-s “rötlich, rotbraun, hellbraun’ und die davon herkommende tierbenennung aind. arum-!-s f. “rötliche kuh’ heran. Ich finde aber, dass kaum ein sicherer fall sich dafür anführen lässt, dass eine Cerviden- art nach einer bestimmten und ausgesprochenen einheit- lichen färbung, als ‘rötlieh’ oder rotbraun’ u. ähnl., benannt sei. Nur die tatsache, dass bezeichnungen von hirsch, reh, gazelle nach ihrer eigentümlichen mehrfarbigkeit, also von dem gefleckt-, scheckig- oder buntsein des orızrdg xeg«orng &)agpos Soph. El. 568, orızrög Io id. Phil. 184f., der zeuxvd- orızror Ehapoı 1d. Oed. Col. 1092, der orızrai oder zworzikaı veßoideg Eurip. Bacch. 111. 249 (vgl. K.Zacher wochenschr. f. klass. philol. 1884 sp. 1619 f.), geläufig sind, darf als gesichert betrachtet werden; durch die sämtlichen übrigen von Much 2. Vom horn und homtier. 295 a.a.0. 24ff. und von Lid&n beigebrachten zeugnisse, gr. 700%, noorce zu 7reozvdg und aind. prsni-s “gesprenkelt, bunt, scheckig’, aind. eta-s "bunt’ und “hirsch’ ete., wird nur dies bewiesen, ebenso durch das von O. Sehrader reallex. d. indog. altertumskunde 372f. 1019 unter demselben gesichts- punkt zusammengestellte material. Meiner meinung nach kam durch das alte *el-en- viel- mehr zum ausdruck, dass der hirsch das "horntier’, ein “ge- hörnter, eornutus, zeo«@ö2' sei. Wir haben hier einen vor- läufer der bildungsweise, durch welche in gr. yaoro-wv, yvas-wv, PVOr-wv, r60oF-wv, lat. bucc-on-, capıt-on-, front-on-, ment-on- u. dgl. vermittelst desselben »-suffixes benennungen männlicher lebender wesen aus den namen von körperteilen oder körperlichen eigentümlichkeiten gewonnen werden, die als ein charakteristisches merkmal des betreffenden indivi- duums erscheinen; vgl. verf. forsch. im gebiete d. indog. nomin. stammbildung 2, 71. 80f. S4f. und Brugmann grundriss 2 $ 114 s. 324f. 329. 330. Von Johansson beitr. z. griech. sprachkunde 13 wird gr. 700776» in der bedeutung “seekrebs’ nach dem bildungsprinzip von 0030» : roosn, Ydorowy : yaorıg etc. aus einem *z0«yyo-v ‘horn’ = aind. Sfhga-m hergeleitet, was zweifelhaft bleibt, aber, wenn richtig, unserm falle von *el-en- hirsch’ aus *el- "horn’ besonders ähnlich wäre. In diesem stellt sich uns nun ein neues bei- spiel der schon grundsprachlichen verwendung des suffixes -e/on- zur denominativen nominalbildung im individualisieren- den sinne dar, das dritte neben lat. hom-o, got. gum-a, alıt. zm-u “mensch’ : indog. *Gdhem- *ghem- ‘erde’ und gr. zu-wr, air. c4, armen. Sun, aind. $v-a, avest. spa, lit. sz& "hund’ aus *pkuu-on) *pku-o(n) “pecuarius’ (s. oben s. 219ff.). Der hirsch hat seinen namen von dem das männliche tier eharakteristisch auszeichnenden "horn, geweih’ bekanntlich 296 II. Aus dem tierreich. auch in mehreren zu horn, lat. cornu, gr. z&oas u. 8. W. wurzelhaft sich stellenden ausdrücken, in unserm hirsch, ahd. hiruz, ags. heorot, aisl. hiort-r, in lat. cervu-s und in eymr. carw, con. carow, bret. karö hirsch’, wozu wol auch preuss. sirwi-s “reh’ und abulg. srüna “reh’ sich stellen werden; näheres hierüber bei Danielsson gramm. u. etym. stud. 1, 30, Joh. Schmidt d. pluralbild. d. indog. neutra 373. kritik d. sonantentheorie 36f., Johansson Kuhn’s zeitschr. 30, 347f., Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 2, 79, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 314°f, V. Henry lex. &tym. du bret. mod. 55. 76 anm. 1 und O. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 372 (abweichend über preuss. sirwis und abulg. srüna, aber nicht überzeugend, Berneker d. preuss. spr. 320). Ebenso ist preuss. ragingis “hirsch’ eigentlich “gehörnter’, als ableitung von preuss. ragi-s horn’ = lit. räga-s, lett. rag-s, abulg. rogü horn’ (Bernekera.a. 0. 292. 315, Prellwitz Bezzenberger’s beitr. 22, 98), und noch andere nach diesem gesichtspunkt entsprungene bezeichnungen des hirsches scheint es in unsern sprachen zu geben (vgl. Schrader a.a. 0.) Die homerischen ausdrücke &iapov xeoaov I’ 24. A AT5. 0 271. I1 158 und öwixeowv E)aypov x 158, den xegdornv &Jagpov des Sophokles EI. 568 dürfte also jetzt der auf den ursprung der wörter zurückgehende etymologe in ähnlicher weise der tautologie zeihen, wie er schon bisher die cornigert cervi, corniferös cervös lateinischer dichter unter diesem ge- sichtspunkt betrachten durfte. Gegenüber dem hirschbock kann das des schmückenden hirschhorns entbehrende weibehen auch geradezu als solches sprachlich bezeichnet werden, als das “ungehörnte’ also; ein fall der art ist preuss. glum-be “hirschkuh, hindin’ von Hit. glüma-s ad). hornlos’, die gegensatzbildung zu jenem preuss. ragıngıs mase. (vgl. Leskien d. bildung d. nomina im Hit. 2. Vom hom und hormntier. 297 591, Berneker.a. a. 0. 292, Prellwitz a.a. o., Schrader a.a.0.). Ein üblicheres verfahren ist aber, dass, wenn der männliche hirsch etymologisch “der gehörnte’ heisst, alsdann der name des weiblichen tieres durch femininmotion von dem semigen gewonnen wird, so in lat. cerv-a, in dem veralteten und „nicht jägermässigen“ nhd. hirsch-in (Grimm-Heyne deutsch. wörterb. 4, 2, 1568), sowie in hirsch-kuh als einer motionsbildung durch zusammensetzung (v erf. suppletivwesen 15), bei unserm indog. *el-en- in den dazu gehörigen ab- leitungen eymr. elain aus *el-an-i = indog. *el-nn-i (s. oben s. 294), lit. el-n-e, dl-n-e, preuss. alne und lit. el-n-ene, abulg. lan-i und al-n-iji, die sämtlich “die hirschkuh, hindin’ be- deuten. Ferner kann aber auch die benennung des männ- lichen horn- oder geweihträgers selbst, indem sie eine er- weiterung ihres bedeutungsumfangs erfährt, zum £rrixowov werden und in der folge das ungehörnte weibehen mit be- zeichnen. Unser hirsch ıst so jetzt auch das wort für den allgemeinen gattungsbegriff; und im griechischen tritt neben ö £hapog feminines 7; &Aayog, dieses einmal als bezeichnung der hirschkuh, dann aber auch im attischen ganz gewöhnlich gebraucht, wenn ohne unterscheidung des natürlichen ge- schlechts bloss die gattung angegeben wird, sowie ın der- selben sprache auch bei anderen alten tiernamen, die zweifel- los ursprüngliche masculina waren, z. b. zUov und &exrog, . das feminin „sehr häufig gattungsgenus“ ist (vgl. oben s. 205), dergestalt dass bei Aristot. hist. anım. ı, 5 p. 611a 27 im „sprichwort od ai &hapoı ra xzeoara arroßahhovow, obwol die weiblichen gar kein geweih haben“, gesagt werden kann (Buttmann ausführl. griech. sprachl. 12, 132 $ 33 anm. 4, Kühner-Blass ausführl. gramm. d. griech. spr. 1?, 1, 360 $ 96 anm. 4, Delbrück vergleich. syntax 1 $ 23, 1b. s. 114). Durch einen noch weiteren schritt kommt dann gelegent- 298 II. Aus dem tierreich. lich die völlige verschiebung zu stande, dass der geweihträger seinen ihm ursprünglich allein zukommenden namen ganz ver- liert, indem er ihn der ungehörnten genossin abtritt: armen. ein “hirschkuh’. gen. etin, geht auf maskulines indog. *el-en oder *el-on zurück ; der männliche hirsch heisst dann im arme- nischen wieder mit neuem etymologisch klarem namen “der ge- hörnte’, nämlich etjer-u, d. i. wie das adjektiv eyjer-a-vor “eor- nuto’ ableitung von dem oben s. 280. 288 ff. besprochenen eijiur ‘horn’ (vgl. Cziakciak dizion. armeno-ital. 446”). Allenfalls könnte aber bei armen. ein hirschkuh’ daran gedacht werden, dass hier ein formenzusammenfall im nom. sing. im spiele ge- wesen sel, indem auch ein zu lit. el-n-e und ungefähr zu dem eymr. elain stimmendes moviertes feminin urarmen. *el-n-7 zu dem historischen ein führen konnte oder musste. Von der entgegengesetzten entwicklung der femininform indog. *kum-ı “hündin’ = aind. $un-! zu männlieh-geschlechtigem avest. sün-i- “hund’ durch vermittlung der begriffsgeschichtlichen zwischenstufe der £rrixoıvov-funktion war oben s. 204. 205 die rede. Im slavischen besteht zu *el-en- in jelen-i “hirsch” die stammgestaltung lan- in abulg. lani "hirschkuh’, russ. lan und lanja, poln. iar und tania, cech. lan, dazu in abule. lan-e und lanistt “hirschkalb ’, serb. lüne "rehkalb’. Nach der gewöhnlichen annahme vertritt dies /an- ein urslav. *ol-n-, und in abulg. alnt m. “hirsch’, alniji f£. hirschkuh’ sieht man eine der dialektisch im bulgarischen ohne liquidenumstellung verbliebenen alten ol-formen. Man denkt auch an die mög- lichkeit, dass im litauischen erscheinendes «al-n- neben el-n-, nämlich in alne “hindin’ neben elne, elnene, wie dann auch in preuss. alne “hirschkuh’ und in lett. alni-s m. “elentier’ neben Hit. elmi-s, nicht die bekannte, im litauischen und in den baltischen sprachen überhaupt mundartlich auftretende 2. Vom horn und hormntier. 299 wandlung eines anlautenden e- zu «a- (vgl. Brückner Nit.-slav. stud. 1, 43 anm. 31, Leskien-Brugmann Hit. volkslieder und märchen 279, Brugmann grundriss 1? $ 128, 2 s. 130. $ 1033, 1 s. 940, Wiedemann handbuch d. lit. spr. $ 10 s. 10, Bezzenberger in seinen beitr. 23, 296ff.) aufweise, sondern dass dies baltische al-n- dieselbe gestaltung der stammform mit dem urslav. *ol-n- in abulg. lanija- “hirsch- kuh’ und zubehör sei. Vgl. Joh. Schmidt z. gesch. d. indog. vocal. 2, 148. 174f, Tore Torbiörnsson Bezzen- berger’s beitr. 20, 128 und Leskien d. bildung d. nomina im hit. 371. Es mag bei soleher auffassung des slav. /an- in abulg. lani u. s. w. immerhin sein bewenden haben, und hit. lone “hirschkuh’ wird man ja jetzt wol allgemein — anders noch Joh. Schmidt a. a. o. 2, 148. 490 — mit Brückner Htu- slav. stud. 1, 104 für eine entlehnung aus dem slavischen halten. Aber was fängt man mit preuss. lonix "stier, farre’ an? Dass es zu den baltisch-slavischen den ‘hirsch’ bezeich- nenden und aus dem stamme *el(e)n-, *oln- gebildeten wörtern gehöre, wird schon bisher vermutet, Joh. Schmidta.a. o. 2, 14S und Berneker d. preuss. spr. 305 denken an diese deutung, und sie darf vollends vom standpunkte unserer auf- fassung des ursinnes von *el-en-, dass dieses ursprünglich den “hornträger, cornutus’ im allgemeinen bezeichnete, auf eine -gewisse wahrscheinlichkeit rechnen. Ein slavisches lehnwort aber, wie das lit. /öne “hirschkuh’, kann das lonix des preus- sischen vokabulars, da sich dafür keine nach laut und eigen- artiger bedeutung stimmende vorlageform im slavischen findet, nicht sein; auch Leskien d. bildung d. nomina im hit. 513 hält es nicht für ein solches, wie aus seiner äusserung d. bildung d. nomina im hit. 513: „über /onix stier weiss ich nichts zu sagen“ wol hervorgehen dürfte. 300 II. Aus dem tierreich. Mir scheint nur übrig zu bleiben, dass preuss. loniz, welches eine deminutivform sein muss und in litauischer ge- stalt ein *lonikas wäre, eine wortbildung gleicher art wie die deminutiva lit. brolikas, zirnikas u. a. (vgl. Leskien a.a. 0. 511f.), an indog. *l-on-, d.i. die unter einfluss des dehnstufigen nom. sing. begründete themagestaltung unseres *el-en-, anzu- knüpfen sei. Also würde in dieser beziehung /-an-ix ein gegenstück sein zu der verwendung des indog. *ghm-on- “mensch’ in sm-On-en-aw-in-s "mensch’ desselben preussischen vokabulars, in preuss. sm-un-i “person” und sm-un-ent-s “menschenkind, mensch ’, sm-un-en-isku adj. menschlich’ des enchiridions, sowie in lit. zm-on-es "leute, menschen’, zm-on-&4 “frauenzimmer, frau’, deren stammhafte gleichartigkeit mit alat. homon-em und prinzipielle ähnlichkeit mit gr. lak. Zov- yov-eg Hesych. u. dgl. mit recht als ausser zweifel stehend betrachtet wird (Wiedemann d. Hit. prät. 49, Berneker d. preuss. spr. 152. 254. 322. Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 9, 361). Ist aber diese auffassung für das preuss. lonix geboten, so kann dann wol in frage kommen, ob nicht slav. Zan- in den formen wie abulg. lani “hirschkuh’, anstatt nach bisheriger weise aus *ol-n- erklärt zu werden, vielmehr auch die regelrechte entsprechung des sogenannten nominativ- stamms *l-on- von indog. *el-en- sein könne. In ähnlicher weise, wie das preuss. l-on-ix, erklärt sich die keltische form gäl. lon “elentier’. Schon Strachan Bezzenberger’s beitr. 20, 8 f. anm. 4 erkennt, nachdem er zu- vor eine andere auffassung in erwägung gezogen, zuletzt die möglichkeit an, „that /on is a variation of the stem elen- deer’, and this is on the whole more likely“. Gewiss, und es ist nur, während preuss. l-on-ix "stier” vom dehnstufigen nominativstamm */-on- ausging, in dem gälischen worte, da es auf */-on-o-s beruht, die stammform *l-0n- enthalten, die etwa 2. Vom horn und homtier. 301 der acc. sing. und der nom. plur. in dem urzeitlichen para- digma des *el-en- aufweisen mochten. Auch Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 2%, 255 stellt das gäl. /on zu eymr. elain “hirschkuh’ und air. elit 'reh’, aber mit der merkwürdigen zumutung, dass man es als aus abulg. /ani "hirschkuh’ „ent- lehnt“ betrachten solle. Aus dem sanskrit lässt man ena-s m. und en-i f. als namen einer antilopenart zu dem in Europa und im arme- nischen vertretenen *el-en- “hirsch’ gehören ;" so bekanntlich zuerst W indisch Kuhn’s zeitschr. 27, 168, zustimmend dazu, sei es ganz oder wenigstens mit einschränkungen und vor- behalten, Johansson Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 2, 53, Bartholomae ebend. 3, 172 anm. 1, Jak. Wacker- nagel altind. gramm. 1 $ 172 d.s. 193, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altınd. spr. 35°, Vercoullie beknopt etym. woordenboek d. nederl. taal? 70’ und O. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 372. Man sollte, meine ich in überein- stimmung mit Jul. Leumann etym. wörterb. d. sanskrit- sprache 1, 47, auf eine solche verwertung des aind. ena-s end- giltig verzieht leisten. Man erwäge nur alle hier zusammen- treffenden und jene kombination erschwerenden momente. Erstlich liegen im altindischen auch eta-s m. als bezeichnung einer hirschart (s. oben s. 295) und ent sowie enz f. “hirsch- kuh’ vor, dazu ein feminin etä, sowie vice versa maskulinisches ena- in an-end-s adj. ohne hirschgespann’, rgv. 6, 66, 7 parallel mit an-asvd-s “rosselos’ (Grassmann wörterb. z. DEV. 02); zweitens sind diese -ena-, ent en? eben die litterarisch früher, weil ja schon vedisch bezeugten formen, während die mit -n- erst der sprache des epos und noch späterer litteraturgattungen angehören (Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterh. 1,1090. 1090£.); drittens findet das feminin aind. eta vielleicht anknüpfung an lett. ai-ta “schaf, mutterschaf’ (Fick Bezzenberger’s beitr. 1, 302 II. Aus dem tierreich. 333. vergleich. wörterb. 1°, 1. 159, von Bradke üb. methode u. ergebnisse d. ar. altertumswiss. 170f., Johansson a. a. 0, Uhlenbecka.a. o. 35’f., dagegen jedoch Jul. Leumann a. a. 0.); viertens glaubt man der aind. ved. eta-s, ent auch schon zu bedürfen, um den vokalismus der zerebralisierten ena-s und ent, wenn man diese nach Windisch erklären will, „durch volksetymologischen einfluss“ gerechtfertigt er- scheinen zu lassen (so Johansson .a.a.o. und Uhlenbeck a.a. 0. vgl. auch Lid En stud. z. altind. u. vergleich. sprachgesch. 68 anm. 2). Dazu kommt nun endlich fünftens die tatsache, dass im mittelindischen „kraft einer durchgehenden neigung für zerebrale zungenstellung“ sich „2 aus n auch ohne ein- fluss eines benachbarten zerebralen lautes“ ganz regelmässig entwickelt und dass auch ins sanskrit wörter mit solchem ® in guter zahl gedrungen sind; vgl. Per Persson Kuhn’s zeitschr. 33, 288, Jak. Wackernagel altınd. gramm. 1 $ 173 s. 194 und Brugmann grundriss 12 $ 401, 4 s. 353f. sowie die von diesen drei gelehrten zitierte litteratur. Ich meine, man könne nicht länger zweifeln, dass auch jene ena-s, enü nichts anderes sind, als wofür sie Leumanna.a.o. ansah, nämlich einfach die präkritisierungen der nachweislich älteren formen mit dentalem -n-. An der für unser deutsches wort lamm von Fick vergleich. wörterb. 13, 188 ausgesprochenen, von Lexer mittelhochd. handwörterb. 2, 1817 und O. Schade altdeutsch. wörterb.? 533° wiederholten wurzeletymologie, dass es als „vielleicht “das blökende’ zu skr. rdmbhate, lambhate brüllt* zu stellen sei, findet noch Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.?2 98” einigen geschmack. Da war jedenfalls besser das bekenntnis Kluge’s etym. wörterb. d. deutsch. spr. 236°, Franek’s etym. woordenboek d. nederl. taal 546, Grimm- Heyne’s deutsch. wörterb. 6, 83 und Heyne’s deutsch. wörterb. 2. Vom horn und hormtier. 303 2,541, auch O. Schrader’s reallex. d. indog. altertumskunde 707, dass die herkunft dunkel, bezüge ausserhalb des ger- manischen noch nicht gefunden seien. Wie aber zuerst Bugge Paul-Braune’s beitr. 13, 315f. 21, 423 meines erachtens richtig erkannt hat, ist got. lamb n. “schaf’, aisl. asächs. ahd. lamb, ags. lomb lamb, mnl. lamp lam n. lJamm’ eine wortbildung, in welcher das bei tiernamen häufiger anzutreffende suffix indog. -bho- steckt, so dass lamm sich morphologisch in eine reihe mit gr. &ia-po-c, £oı-po-s aind. rsa-bhd-s, vrsa-bhd-s u. dgl. stellt. Noch weiter freilich den ursprung des lamm überzeugend aufzuhellen, ist Bugge nicht gelungen. Er erschliesst einen „vorgerm. stamm *ulam- bho-, *ulambho-“, dessen vor den -bho- stehender wortteil mit aind. dran-a-s “junger widder, lamm’ im wesentlichen identisch und ferner mit got. wulla “wolle” wurzelverwandt sei; dessen anlautendes v- dann „im german. abgefallen, weil der hauptton auf der dritten silbe lag“. Zunächst findet die theorie von solchem wegfall des v- keinen glauben, weder in diesem noch in dem von Bugge als parallele herange- zogenen falle des got. bai "beide’ : aind. v-bhad wird sie irgend jemand anerkennen. Sodann ist das verglichene aind. üram-a-s jedenfalls keine /-, sondern eine r-form gewesen, da heute doch wol nicht mehr daran zu rütteln ist, dass man es zu armen. garn "lamm’ und gr. att. dorv “widder, lamm’, gortyn. Feorjv, sowie ferner zu lat. vervex "hammel, 'schöps’ zu stellen hat, eventuell auch zu gr. homer. &ioog wolle’, att. eö-soog, äol. &rr-eoog “widder’ und homer. ion. eloıov, att. äol. 20:0» “wolle’, wenn deren feststehende di- gammalosigkeit sich aus dissimilatorischer behandlung der basis *FsoF- im urgriechischen erklärt (Solmsen unters. z. griech. laut- u. verslehre 18Sf.. Man vergleiche Jul. Leu- mann etym. wörterb. d. sanskrit- spr. 1,41 und Bartholomae 304 Il. Aus dem tierreich. Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 3, 170 über indog. r in Uran-a-s gegen 1 in aind. arma “wolle’.!) Es bliebe somit als stütze für die Bugge’sche deutung des /amb nur das got. wulla = lit. vilna, abulg. vläna übrig; aber wenn die wurzel dieses zu einer solehen nominalbildung wie lamb verwendet worden wäre, so müsste es historich entweder *wulamb mit 1) Vielleicht ist eine alte sekundärstammbildung mit individuali- sierendem suffixe -en-, wie *el-en- “horntier', *pkuu-o(n) *pku-on) hund’ — gr. zömv, aind. sv@ u.s. w., *ghmm-o(n) *ghm-ö(n) “mensch’ = lat. homo, got. guma, alit. Zmü, auch indog. *urr-en- “wolltier, der stamm des gr. att. dorjv, gortyn. fagrjv und armen. gan, gewesen; das primi- tivum *urr-o- “wolle’ dürfte in aind. wra-bhr-a-s "widder’, d.i. woll- träger, laniger’, enthalten sein. In aind. ür-an-a-s "junger widder, lamm’ ist der -en-stamm *urr-en- um -o- erweitert, wie *(e)l-e/on- 'horntier’ in gäl. Ion 'elen, elch’ aus *l-on-o-s (s. oben s. 300f.). Die erweiterung des ür-an- zu ür-an-a-s könnte aber auch, wie ich schon Paul-Braune’s beitr. 3, 76 annahm, lediglich auf einen übertritt der acc.-sing.-form Gr-an-am = gr. *Fag-Ev-a zur o-deklination hinauskommen, sowie sich zu aind. pus-än-am und dänt-am, päd-am acc. in bekannter weise die neuen o-formen des nom. sing. püs-aän-a-s, dänt-a-s, päd-a-s metaplastisch hinzugefunden haben (verf.a.a.o. anm., Lanman noun-infleetion in the veda 471. 526, Bartholomae ar. forsch. 1, 94f., Brugmann grundriss 2 $ 391 s. 723). Ja, gehen wir von dem alten zustande der n-flexion mit aind. ira nom., düran-am acc. sing. aus, so sind eigentlich beide formen historisch vorliegend, nämlich «r@ nom. im veda in der bedeutung 'schaf, mutterschaf’ und als feminin rgv. 10, 21, 3, dies ferner seinerseits dem metaplasmus zur 7@-deklination von jenem nom. sing. aus verfallen, indem “rä-m acc. rgv. 8, 34, 3 geradeso hinzugebildet wurde, wie ved. yösä-m zu yösä “jungfrau’, dem alten nom. sing. zu ved. yösan-as nom. plur. Brugmanna.a. 0.), und wie die maskulinen n-stämme aind. majjan- "mark’, paämän- krätze’, plihän- “milz’ u.a. von ihrem nom. sing. auf -@ aus zu femininen der z#-deklination sich entwickelten (vgl. Zubaty archiv f. slav. philol. 15, 503). Auf solche weise gewann die altindische sprache durch differenzierung des para- digmas des alten einheitlichen “ran-, welches generis communis ge- wesen war, in dran-a-s und ürä je eine besondere bezeichnung des männlichen und des weiblichen wolltiers. Aind. ür-@, gr. fag-nv, armen. gar-n : aind. ura-bhr-a-s = aind. süv-a $v-Q, avest. sp-ä, gr. zU-wv, armen. ju-n : avest. pasu-S-haurvo (s. oben s. 213. 214. 221). - 2. Vom horn und homtier. 305 reduktionsstufe oder *wlamb mit schwundstufenablaut der ersten silbe im gotischen heissen; ein solches *wlamb hätte auf dem ganzen altgermanischen gebiet nur im althochdeutschen und altnordischen, dazu vielleicht im mittelniederländischen (vgl. van Helten middelnederl. spraakkunst $ 120 a. s. 160), die tatsächlich vorliegende form lamb ergeben können. Wenn Vereoullie beknopt etym. woordenboek d. nederl. taal? 1633, indem er sich Bugge’s verknüpfung des lamm mit wolle und mit aind. viran-a-s aneignet, den hinweis auf lat. /ana aus *uland hinzufügt, so wird dadurch natürlich keines- wegs fürs germanische die möglichkeit ebensoleher entste- hung des /- in got. asächs. lamb, ags. lomb lamb dargetan, angesichts der erscheinungen wie got. wlits ags. afries. wlite asächs. wliti, ags. wlone wlanc asächs. wlank. Dass gr. &)-a-po-s, dessen bildungsweise Bugge der unseres lamm verglich, auch geradezu dieselbe alte wort- schöpfung mit dem germanischen /amb sei, hat mit glück- licherem etymologischem blick erst Hirt d. indog. ablaut $ 555 s. 122 gesehen. Doch ist seine semasiologische begründung durch die bemerkung, dass /amb sowie &/-a-po-s „eigentlich “tierjunges , ableitung zu idg. elen, gr. &Al6s, abulg. jeleni, lit. elnis“ sei, nicht haltbar; man hat sich die begriffsver- mittlung vielmehr in folgender weise zu denken. Gerade wenn unser altes *el-en- die allgemeinere grund- bedeutung “gehörnter, horntier’ zu beanspruchen hat, konnte es auch bezeicehnung eines andern hornträgers unter den vier- füsslern als des hirsches sein, wie wir schon an dem preuss. lonix "stier, farre’ gesehen haben (oben s. 299f.). Ich glaube nun annehmen zu dürfen, dass es vornehmlich noch der sehafbock, widder gewesen sei, der sich *el-en- in ur- zeiten nennen zu lassen neben dem hirsch das recht und die befugnis hatte. Man weiss ja, dass mit dem lat. cervu-s und Osthoff, Etymologische Parerga. I. 20 306 II. Aus dem tierreich. ahd. hiruz, ags. heorot, aisl. hiort-r zusammen auch gr. zotd-g “widder, schafbock’ sich an z&oas, cornu, horn etymologisch anschliesst, desgleichen das hesychische zdevos, das mit P6oznua, zegößerov erklärt wird und schon von Moritz Schmidt z. d..gl. z«ovog richtig als „hornvieh“ verstanden wurde; und so wird nicht unwahrscheinlich das aisl.. krüt-r “widder’ zu germ. *yerut- “hirsch’, der basis von aisl. hio,rt-r, ags. heorot, ahd. hiruz, in enge morphologische beziehung gebracht von Johansson Kuhn’s zeitschr. 30, 347ff. (vgl. auch Danielsson gramm. u. etym. stud. 1, 30f,, Per Persson wurzelerw. u. wurzelvar. 222, Noreen abriss d. urgerm. lautl. $ 30.90 und E. Zupitza d. germ. gutt. 116f.). „Allgemein wird anerkannt“, sagt Johansson, unter hinweis auch auf gr. xgL0c, „dass der hirsch diesen namen der wortsippe, die horn bedeutet, verdankt, und eine derartige benennung ist nicht unpassend für den widder als den vorzugsweise ge- hörnten“. Das griechische adjektiv in der verbindung zeod- ornv £lepov Soph. El. 568 ist als substantiv zeodorng “der widder’ Eurip. Cyel. 52.; und zegaög verwendet Homer, wie er es in der Ilias nur als beiwort des hirsches, &Aagog, gebraucht (s. oben s. 296), so in der Odyssee einmal für das männliche Jamm, den jungen widder, in doves dpao xe- oaoi Ö 85 (vgl. Ebeling lex. Homer. 1, 764°f.). Das lamm = got. lamb, worin indog. *l-on-bho- "kleines horntier’ stecken würde, war als deminutiv zu indog. *el-en- entsprungen, insofern dieses den sinn von ‘widder’ hatte; da- gegen *el-n-bho-s, eine bezüglich der verteilung der über die mehrsilbige basis varıierend sich erstreckenden silbenablaut- stufen verschiedene phase der nämlichen alten deminutiv- bildung, hatte sich in der bedeutung “hirschlein, hirschkalb’ festgesetzt. Das von letzterem abstammende gr. &i-a-po-g hat dann schliesslich, wie es bei verkleinerungswörtern ja 2. Vom horn und hormmtier. 307 unzählige male vorkommt, den deminuierenden sinn abge- streift, um, an die stelle des stammwortes *el-en- tretend, schlechthin zur gattungsbezeichnung zu werden und dem &)l0-g "junger hirsch, hirschkalb’, das ich auf *ei-v-io-g, nicht in der üblichen weise auf *24-v-o-s, zurückführen möchte, seine frühere rolle zu überlassen. Ebenso ist aber auch /amb auf einzelnen der altgermanischen dialektgebiete von der deminutivbedeutung abgekommen und bezeichnet „im gotischen und gotländischen, wie das entlehnte wort im finnischen [lammas]|, “schaf’* (Bugge Paul-Braune’s beitr. 13, 316). Das alte tiernamensuffix -bho-, womit gr. &A-@-9o-g, %00- @-90-5, Egı-po-s, aind. ysa-bha-s, vrsa-bhd-s, garda-bha-s, mir. nir. earb “rehbock’ aus *er-bho-s = schwed. järf, norw. dial. erv jarv jerf “gulo borealis’ u. ähnl. mehr gebildet sind, ist in neuerer zeit öfters sprachwissenschaftlich behandelt worden, worüber man Prellwitz Bezzenberger’s beitr. 22, SYff. IS ff. und Brugmann Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 1,197 $ 211 sowie die von beiden gelehrten zitierte litte- ratur vergleiche, dazu dann noch Bugge Paul-Braune’s beitr. .13, 315£. 21, 423 und die indog. forsch. anz. 8, 310 erwähnte abhandlung Baudouin de Courtenay’s, ferner Uhlen- beck kurzgef. etym. wörterb. d. altınd. spr. 44° s. v. karabhas, ganz neuerdings auch Solmsen unters. z. griech. laut- u. vers- lehre 198ff. 235. Die funktion, deminutiva zu bilden, hebt an dem suffixe als eine zum teil ihm zukommende auch Bugge hervor. Diese funktion tritt allerdings im allge- meinen nicht mehr klar zu tage, bricht aber hier und da noch hindurch, so wenn aind. kara-bhä-s zwar “'kamel’, je- doch auch “junges kamel’ und "junger elefant’ bedeutet, die l-form kala-bhä-s aber vorzugsweise das "elefantenkalb’ und “junges kamel’ (Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 2, 110. 20* 308 II. Aus dem tierreich. 154£f., vgl. auch Prellwitz a.a. o. 99), vielleicht ursprüng- lich nur “tierjunges’ (s. oben s. 278), wenn ferner gr. &g1-po-g masc. fem. ausschliesslich so viel als junger bock, böckehen’ und ‘junge ziege’ ist und insofern klärlich im deminutions- verhältnis zu lat. ari-es “widder’, umbr. eri-etu “arietem’, formal auch zu lit. era-s "lamm’ steht. Haben Baudouin de Courtenay und Prellwitz recht, den ursprung des -bho-suffixes in alter nominalkomposition mit einem schluss- gliede, welches „gestalt* oder „schein, aussehen“ bedeutet habe, zu suchen, so dass z. b., wie Prellwitz will, „vor- griechisches *el,n-bho-s“ zu übersetzen sei „das aussehen eines hirsches habend’, “von der art der hirsche’* (Bezzen- berger’s beitr. 22, 100), so erkennt man leicht, dass der fall, in dieser weise ein tierisches wesen mit der vorstellung eines andern zu apperzipieren, für die sprechenden besonders und am Öftersten gegeben sein musste, wenn es sich um das tier- Junge und seine benamung mit hilfe des vorhandenen namens des erwachsenen tieres handelte. In dem für got. lamb erschlossenen urgebilde *l-on-bho- “kleines hornvieh’ steht die gestaltung der stammsuffixsilbe des der ableitung zu grunde liegenden -en-themas mit der o- hochstufenform -on- nicht vereinzelt oder beispiellos da. Ein analogon ist zunächst armen. un-k-n “ohr’, indem dieses als reflex eines indog. *us-on-ko-m “öhrehen’ dem *ous-n-ko- in gr. &#-id-es “ohrgehänge’, was die silbenablautsverhältnisse, den wechsel der kombinationen schwundstufe plus hochstufe und hochstufe plus schwundstufe in den beiden ersten wort- silben, betrifft, ganz entsprechend zur seite tritt, wie sich *]-on-bho- in dem germanischen worte lamm zu *el-n-bho- in gr. &-a-po-g stellt; sowie auch der von uns mit unkn: oriöes verglichene fall des nebeneinanders von russ. poln. suka “"hündin’ aus indog. *pk-ou-kä oder *pk-eu-ka einer- 2. Vom hom und horntier. 309 und aind. pas-u-kä-, avest. pas-u-ka- anderseits ein ähnlicher ist (vgl. oben s. 263). Bei den tiernamenbildungen mit -bho- zeigt sich -on-bho-, wie in unserm /amm, so doch wol auch in lat. palum-bu-s nebst palum-bes und in lat. colum-bu-s, colum-ba, deren morphologische auffassung ich im wesentlichen mit Froehde Bezzenberger’s beitr. 8, 167, von Planta gramm. d. osk.- umbr. dial. 1, 188. 2,45 und Prellwitz Bezzenberger’s beitr. 22, 98f. tele. Nur kann ich von Planta eben darin nicht beistimmen, dass er a. a. 0.1, 188 anm. 4 in dem lat. -wum-bo- von palum-bu-s indog. „-un- (tiefst. zu -wen-) +suff. -bho-* suchen zu müssen glaubt, denn hier wäre, wofern zur an- nahme einer bildung mit -wen- bei palum-bu-s und colum-ba überhaupt ein ausreichender grund vorläge, die tiefstufe dieser suffixform vielmehr als -zn- = lat. -ven- in vorkonsonantischer stellung zu erwarten, vgl. aind. svd-bhis, yüva-bhis instr. plur. und avest. spa-ka- adj. “hundeartig’, med. or«-ze “hund, hündin’, aind. yuva-sd-s = lat. juven-cu-s zu den stämmen indog. *kuen-, *uuen-, dazu verf. L. von Patrubäny’s sprach- wiss. abhandl. 2, 82 und oben s. 199. 219. Die flexion von l/amm war im urgermanischen unver- kennbar eine zwiefache. Einmal die eines neutralen o-stammes, dies nach got. lZamb, plur. Jamba in übereinstimmung mit aisl. lamb, plur. lomb, asächs. lamb, plur. lamb Hel. 1875, ahd. lamb, plur. gen. lampo Pa. gl. K. Es besteht für mich kein zweifel, dass das nur die fortsetzung ererbter indogermanischer o-deklination gewesen sein kann. Auch das neutrale geschlecht bei *l-on-bho-m = got. lamb dürfen wir für etwas ursprüng- liches halten, trotz gr. 2/-«-p0-g und der durchgängigen ge- schlechtigen wortnatur aller tiernamen auf gr. -90-s und aind. -bha-s, auch des lat. palum-bu-s und colum-bu-s. Bei demi- nutiven nominalbildungen war das neutrum seit der urzeit 310 II. Aus dem tierreich. unseres sprachstamms vertreten, sei es im vorzug vor dem genus maskuliner oder femininer grundwörter oder auch zur seite dieses, und das germanische folgt altem brauche in der pflege der sächlichen auffassung der verkleinerungsbegriffe, wie ich L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 98 ff. gezeigt zu haben glaube. Daneben bestand im altgermanischen, jedoch meines er- achtens nur fakultativ, die flexion des lamm als eines neutrums mit -os, -es-, wie man auf grund der pluralbildung von ahd. lembir und ags. lombru, ferner der finnischen lehn- wortform lammas, des ags. lombor nom.-ace. sing. und des ags. north. lemb nom.-ace. sing. = lammi lex Sal. aus germ. */ambiz und noch anderer erscheinungen wegen annimmt; vgl. Thomsen üb. d. einfluss d. germ. spr. auf d. finn.-lapp. 90. 148, Paul Paul-Braune’s beitr. 4, 415ff., Sievers angel- sächs. gramm.® $ 128, 1 s. 61. $ 133b. s. 64. $ 182 s. 89. $ 288 anm. I s. 153. $ 290 mit anm. 1 s. 154f., Kluge nomin. stammbildungslehre d. altgerm. dial.2 $ 84 s. 42. Paul’s grund- riss d. germ. philol. 12, 460 $ 229, Braune althochd. gramm. ? $ 197 8.157, Brugmann grundriss 2 $ 132 s. 395. $ 226a. s. 563, Joh. Sehmidt d. pluralbild. d. indog. neutra 149ff.. Noreen abriss d. urgerm. lautl. $ 13,4 s. 52. $ 21,3 s. 65, Streitberg urgerm. gramm. $ 181 35.260, Wilmanns deutsche gramm. 2? $ 253, 1 s. 328, Mikkola Bezzen- berger’s beitr. 21, 220, Palander d. althochd. tiernamen 1, 130£. und Bethge laut- und formenl. d. altgerm. dial. $ 308 8. 550. Die gruppe der ebenso wie lamm als neutra auf -os ab- gewandelten substantiva, also z. b. noch ahd. kalb, (h)rind, huon und ei, war im altgermanischen nur klein, und doch war selbst ihr winziger bestand ein durch analogiewirkung ge- wachsener, ganz ursprünglich also von noch geringerem um- 2. Vom horn und horntier. 311 fange. Auch unser /Zamm hat von hause aus, wie wir sehen, dieser flexionsweise fern gestanden. Ein fall der sekundären anfügung des neutralsuffixes -os, -es- an eine wortbildung mit -bho- ist das griechische neutrum Zöaypog “basis, auf der etwas aufsitzt, grundlage, boden’, keine tiernamenbezeichnung also, und bei ihm liegt der grund der überführung der o- in die es-flexion nahe zur hand, indem es klärlich „wol nach £öog n. in die analogie der es-stämme übergeleitet“ ist, wie Brugmann grundriss 2 $ 78 s. 204 lehrt. Ähnlich muss auch germ. *l-am-ba-n = got. lamb einen individuellen anlass, zum -es-neutrum zu werden, gehabt haben. Es konnte unter umständen genügen, dass in jener tier- namengruppe des germanischen, lamm, kalb, rind, huhn, eine einzige bildung vorhanden war, welche von indo- germanischer zeit her als neutrum auf -os bestand, um die andern in die bahnen ihrer es-flexion nachzuziehen; voraus- setzung musste nur sein, dass das eine musterbeispiel ein be- sonders häufig gebrauchtes wort war und sich vielleicht noch in anderer weise als vorbild für die übrigen empfahl. Wahr- scheinlich war ahd. kalb mit dem plur. kalbir, oberd. chalbir, auch sogar mit dem dat. sing. chalbire Rb. (vgl. Kögel üb. d. keron. gloss. 147, Braune althochd. gramm. $ 197 anm. I s. 157, Palander d. altbochd. tiernamen 1, 147, F. Hart- mann laut- und flexionsl. d. altgerm. dial. $ 447, 1 s. 730), ags. cealf mit plur. cealfru, north. eelf und umgelautet celf aus germ. *kalbiz jener eine musterfall. Auf irgend einem wege wird doch dies mit gr. $o&pog neutr. leibesfrucht,, "kind, junges’ historischen zusammenhang haben, so viele lautliche schwierigkeiten, die auf vermischung verschiedener synonym- wurzeln hindeuten, hier auch noch bestehen mögen; vgl. E. Zupitza d. germ. gutt. 77f. und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.?2 92”f. kurzgef. etym. wörterb. d. 31 II. Aus dem tierreich. altind. spr. 75°.!) Das wort kalb war dann um so geeigneter, tonangebendfür dieflexion anderer das tierjunge oder überhaupt kleinere tiere bezeichnender nomina zu werden, als es eben ursprünglich das wort für das tierjunge im allgemeinen war, das erst durch spätere begriffsverengung auf germanischem boden sich im sinne des jungen von der kuh festsetzte. 1) Zupitzaa.a.o. unterscheidet drei auseinander zu haltende wurzel- formen: 1. indog. *gelbh- in gr. dehpv-s, Öehgag, dohyo-s; 2. *gerebh- in abulg. Zrebe n. ‘pullus’ und gr. #g&yos (und in den wahrscheinlich gar nicht wurzelverwandten aisl. krof, kryfia, aschwed. kräfve ‘'kropf’, aisl. kroppr, ags. cropp, ahd. kropf, vgl. Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.® 228a unter kropf); 3. *gelbh- in gall.-lat. galba “schmeerbauch’ und ahd. kilbur, chilourra “mutterlamm’, ags. cilfor-lomb, got. kalbo und aisl. kälfr, ags. cealf, ahd. kalb. Andere forscher dagegen wollten das germ. kelo-, das hier erscheint, als an stelle eines lautgesetzlichen *gelö- stehend und durch die analogie der wurzelverwandten formen mit kald- aus *golö- eingetreten erklären, nämlich H. Möller zeitschr. f. deutsche philol. 25, 392 anm. 2, Meillet m&m. de la soc. de linguist. 8, 279, Solmsen Kuhn’s zeitschr. 34, 541. jourmal of Germanie philol. 1, 388f. und Brugmann grundriss 1? $ 680 s. 613. Aber es handelt sich in diesem falle nicht bloss um die erklärung der schwierigkeiten, welche der anlautende guttural macht, sondern zugleich um gewinnung einer ratio für den wechsel der liquidae ! und r. Daher möchte ich mich im prinzip der anschauungsweise doch lieber auf den standpunkt Zupitza’s stellen. Berücksichtigt man aber auch das armen. kor-iun “das junge von tieren’, gen. korean (vgl. darüber Hübschmann armen. gramm. 1, 461 und verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 61), so kann man auf den gedanken kommen, es sei mit einer zweiheit bedeutungs- verwandter wurzeln, nämlich etwa einem *ger- in armen. kor-iun und einem *gelebh- „mit mittlerem guttural im anlaut“ (Uhlenbeck) in gall.-lat. galba und ahd. kilbur, kalb, got. kalbö, durchzukommen. Durch kontaminationsvorgänge entsprangen dazu: ein *gel- in got. kil-pei “mutterleib’, in-kilpo f. "schwanger’ und ags. cild n. ‘kind’, aschwed. kolder ‘junge brut’, ein *gel- in gr. d&/ra neutr. plur. “eunni” Aristoph. Lysistr. 151; ein *gelebh- in gr. dehpi-s, Öehpas, Öohpd-s; ein *gerebh- in gr. #g&gos. Mehrdeutig wären: abulg. Zrebe, insofern es auf *ger(e)bh- zusammen mit dem gr. 30o€gos, aber auch auf einer weiterhin ebenfalls aufstellbaren kontaminationsform *ger(e)bh- beruhen könnte; aind. jar-bü-s m. “vulva’ und jafhära-m n. bauch’, in denen *ger-, wie in armen. 2. Vom horm und homtier. 313 Unser germ. *lamba-n = got. aisl. lamb wurde also spo- radisch nach dem ihm sicher häufig zur seite genannten *kalbaz in *lambaz = finn. lammas umgestaltet, und wie neben dem *kalbaz auch ein *kalbiz = ags. north. celf mit übertragung der -es-form aus den obliquen kasus in den nom.-acc. sing. aufgekommen war, so wurde demgemäss in der folge auch ein *lambiz = ags. north. lemb, afränk. lammi lex. Sal. ermöglicht. Dass für lamm gelegentlich auch ein kor-iun, sowie *gel- in gemeinschaft mit gr. d&)-ra, sowie drittens gel- in übereinstimmung mit got. kil-Pei, sowie viertens auch ein ger- stecken könnte; endlich aind. gärbha-s m. “mutterleib, schoss’, “leibesfrucht, kind, junges’ und avest. garb-us n. junges tier’, die von *gel(e)bh-, wie gall.- lat. galba, ags. cilfor-Iamb und got. kalbo, oder von einem der mischungs- produkte *gel(e)bh-, *ger(e)bh- und *ger(e)bh- herstammen möchten. Da für armen. kor-iun übrigens gleich gut, wie das angenommene indog. *ger-, auch ein grundsprachliches *ger- die wurzelform gewesen sein mag, so wäre möglicher weise auch von der doppelheit *ger- und *gelebh- auszugehen, und dann hätten die gr. deAgv-s, Öe)paf, do)yd-s eine ur- sprünglichere wurzelgestaltung, als nach obiger darstellung gall.-lat. galba und ahd. kilbur, got. kalbo. Man meint aber gründe zu der annahme zu haben, dass in aind. jathara-m, jarti-s und got. kilpei alter palatal indog. 5- der anlaut gewesen sei (Jak. Wackernagel altind. gramm. 1 $ 137 b. s. 160, Hirt Bezzenberger’s beitr. 24, 241). Auch damit liesse sich für unsere frage der wurzelverquickungen rechnen: die eine der beiden wurzeln könnte dann *gel-, die andere labiovelar anlautendes *gerebh- gewesen sein; das alsdann für armen. kor-iun zu fordernde *ger- wäre die eine der hysterogen entsprungenen wurzelgestalten gewesen, während im griechischen einerseits d@/ra sein urgriechisches g%- = indog. g- durch .den einfluss des 8o&pos und seiner sippe bezogen haben müsste, ander- seits aber hier ein *deogpi-s darum nicht erschiene, weil es nach Öölra — oder vielleicht auch schon das ältere *gzeogpös nach dem früheren *,ehra — den liquidenwechsel vorgenommen hätte. Beachtenswert ist jedenfalls, dass es dem griechischen sowol wie auch dem germanischen gelungen ist, eine art einheitlichkeit der lautform zu erzielen, jenem, indem es den von der einen wurzel dargebotenen labiovelar g- durch- führte, diesem, indem es den palatalen anlaut 5- oder eventuell das rein velare g-, welches die andere der beiden wurzeln von hause aus hatte, und zugleich die /!-gestalt überall herrschend werden liess. 314 II. Aus dem tierreich. rücktritt zur o-flexion auf gebieten des westgermanischen, wo die pluralbildung nach dem es-paradigma bereits üblich ge- worden war, vorkommen mochte, und entsprechend für kalb die neuentwicklung pluralischer o-deklination, soll nicht ver- kannt werden; spätags. lomb lamb plur. neben älterem lom- bru lambru (Sievers angelsächs. gramm.? $ 290 anm. 1 s. 155, Dieter laut- u. flexionsl. d. altgerm. dial. $ 405, 1 s. 676), spätahd. und mhd. lamp plur. neben lember = ahd. lembir ım Tatian und bei Otfrid und sodann mhd. kalp plur. neben kelber — ahd. kelbir (Palander d. althochd. tiernamen 1, 130f. 146) bringt man gewiss am wahrscheinlichsten unter diesen gesichtspunkt der wieder- oder bezw. bei kalb der neuerstehung von o-deklination. Also wären das lamp als acc. plur. bei Notker — bei demselben aber daneben lember nom. plur. -— und anderseits der gen. plur. lamıpo der sehr alten Hrabanisch-Keronischen glossen, obwol die beiden formen bestandteile eines und desselben pluralparadigmas zu sein scheinen, doch sprachgeschichtlich zu trennen und verschieden zu würdigen. „Stamm Zamba-, daneben stamm Zambas-* lehrt auch Bugge Paul-Braune’s beitr. 13, 316 zur unterstützung seiner richtigen ansicht, dass lamm eine tiernamenbildung mit -bho- sei. Es ist wol zu beachten, dass im althochdeutschen, wo uns diese doppelstämmigkeit von lamb noch klar entgegen- tritt, bei kalb von einer solchen nicht dıe rede ist: der plural erscheint hier auch in den ältesten quellen nur ın der form kelbir, oberd. chalbir, bair. chalpir in den sehr alten gloss. Cassell. „Schon ın den ältesten quellen begegnet der plur.- typus lamb neben lambir“, heisst es bei Palander d. alt- hochd. tiernamen 1, 130, während derselbe gelehrte s. 146 bei kalb den „pluraltypus -ir, welcher im ahd. ausschliesslich herrscht,“ hervorzuheben hat. Aber Palander zieht aus der 2. Vom horn und hormntier. 315 tatsache dieses verhältnisses nicht die notwendig sich auf- drängende konsequenz, dass eben „das zu grunde liegende neutrum *lamb-az ... *lamb-iz* in dieser form trotz allem, was dafür zu sprechen scheint, nicht für die allerfrüheste urzeit des germanischen gelten kann. Noch bei einigen andern einsilbigen tiernamen sehen wir, wie wenigstens in der einzeldialektischen sprachentwicklung des althochdeutschen, aber ın dieser doch zum teil sehr früh- zeitig, der neutrale flexionstypus auf -«az, -iz- oder, anders ausgedrückt, die neutrale pluralbildung mit ahd. -ir sich analogisch ausbreitet. Die alten Kasseler glossen des 8. jahrh. haben auch das merkwürdige swönir, während sonst allgemein der plural ahd. swin herrscht und niemand daran denkt, dass dies nomen jemals etwas anderes als ein o-stamm germ. *swina- gewesen sein könne; vgl. über das „auffällige“ swinir Braune althochd. gramm.? $ 197 s. 157, Palander a.a.o. 154 und F. Hartmann laut- und flexionsl. des altgerm. dial. $ 447, 2 s. 730. In anderen fällen hat die angliederung an die neutrale -iz-gruppe sogar zugleich einen genuswechsel eines alten o-stämmigen maskulins zum neutrum herbeizuführen vermocht. Gegenüber aisl. huelp-r “catulus’, aschwed. hwelper hwalper und ags. asächs. hwelp, die sämtlich mase. sind, steht ahd. und mhd. welf als masc. und daneben häufiger neutr., dieses in der pluralbildung ahd. welfir, spätahd. und mhd. welfer, aber jenes in uuelfa nom. plur. bei Otfrid und ım Tatian; nur mnd. welp wolp und mnl. nnl. welp sind ebenfalls neu- trum. Angesichts der genusverschiedenheit von ahd. farah farh neutr. "schwein, ferkel’, plur. ferihir, oberd. farhır, mhd. varch, plur. verher und auf der andern seite ags. fearh mase. wird das maskulin und der o-stamm aussergermanisch durch ST. 7°69x0-5, lat. porcu-s, air. orc und lit. parsza-s unterstützt (vgl. verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 99). 316 II. Aus dem tierreich. Freilich kann die annahme des neutralen geschlechts auch sehr wol das prius gewesen sein und die pluralflexion auf -ir erst nach sich gezogen haben : im bruchstück 2 der lex Saliea (Müllenhoff-Scherer denkm.? nr. 65 = Braune althochd. lesebuch® nr. 14 s. 38) ist farah bereits neutrum, nach s&- gantı farah als acc. sing. 2,1, farah forstilit daz 2,4, farah Järigaz 2, 7, aber der dat. plur. hat hier noch die alte o-form farahum 2, 6, was man wol so erklären mag, dass dies wort ebenso stark oder stärker von dem ihm begrifflieh nächst verwandten o-stämmigen neutrum sıwin, wie von der gruppe kalb, (h)rind, huon, angezogen werden konnte. Man ver- gleiche Braune althochd. gramm.? $ 197 s. 157, Palander a. a. 0. 17f. 160f. und F. Hartmann a.a.o. $ 447,1 s. 729. 730 über die flexionsverhältnisse von ahd. farh und wölf. Es erscheint doch wol äusserst bedenklich, wenn Palander lediglich auf grund der pluralbildung ahd. welfir und farhir, ebenso Kluge nomin. stammbildungslehre d. altgerm. dial.2 $ 845.42 ın betreff des farh, die stämme germ. *velpa- und *farga- auf ältere neutrale -es-stämme zurückführt; und es ist ein irttum bei Braune a.a. o, dass er in übersehung jenes alten farahum auch farh ın die reihe der neutra stellt, die „nur -ir zeigen“. Wie nun aber bei ahd. swiönir und selbst mit genus- wandel bei w£elfir und farhir sicher der -iz- flexionstypus einzeldialektisch produktiv geworden ist, so konnte dasselbe hie und da auch schon vor dem sonderleben der germa- nischen einzelmundarten geschehen. Das eben nehme ich für die auf mehreren gebieten wahrnehmbare, aber nicht ohne zu- rücklassung zahlreicher spuren des älteren o-flexions-zustandes vor sich gegangene entwicklung von *lamba-n zu *lambaz, */ambiz an. Hier war wol der anschluss an das vorbild von *kalbaz, *kalbiz darum ein viel frühzeitiger und allgemeiner 2. Vom horm und homtier. 317 erfolgender, weil kaum eine andere tierjungenbezeichnung für das sprachbewusstsein dem kalb begrifflich so nahe stand wie eben /amm; beides sind die ausdrücke für das junge der zwei hauptarten des herden- und nutzviehs, der schafe und der rinder. Alle bisher betrachteten auf der basis des alten *el- horn’ entsprungenen benennungen gehörnter tiere waren entwick- lungen aus dem mit individualisierendem n-suffix geformten stamme *el-en-. Es waren aber aus demselben *el- auch mit noch andern sekundärsuffixen nomina abgeleitet, die das horntier und verschiedene arten desselben bezeichneten. Weniger gewicht lege ich auf din‘ xzanoos. Maeaxe- ööveg Hesych. Fick hat Kuhn’s zeitschr. 22, 199, unter zu- stimmung Vanicek’s griech.-lat. etym. wörterb. 798, in dieser glosse für z&rroog vielmehr xorcoog herzustellen vorgeschlagen. Lässt man die überlieferung unangetastet, so dürfte man mit Stokes Kuhn’ beitr. 8, 342. Fick’s vergleich. wörterb. 2%, 42 und Bezzenberger in seinen beitr. 23, 297 maked. d)-in zu eymr. elain “hirschkuh’, gr. £i-a@-go-s u. s. w. doch nur unter der vielleicht nicht statthaften voraussetzung beziehen, dass mit z&7ro0g hier nicht der “eber’, der ja kein hornträger ist, gemeint sei, sondern der ‘bock’ nach der älteren begriff- liehen geltung des wortes, die ihm gemäss dem überein- stimmenden sinne von lat. caper und aisl. hafr, ags. hefer ‘bock’ zuzusprechen ist. Vermutungen darüber, wie es ge- kommen sein könne, dass gr. z@rrg0g seiner ursprünglichen bedeutung "bock, ziegenbock’ entfremdet, „zum eintritte in das schweinegeschlecht veranlasst“ wurde, spricht G. v. d. Gabelentz d. sprachwissenschaft? 224 aus. Sehr in betracht kommt hier aber der name der gattung Alces unter den Cerviden. Zwischen unserm elch und dem dafür bekanntlich zufolge von entlehnung eingetretenen elen, 318 II. Aus dem tierreich. elend, elen-tier, dieser nach dem verschwinden des elehs vom deutschen boden uns in der mhd. periode unter der form mnd. frühnhd. elen elend—= mnl. elen elant neu zugekommenen und auf hit. elni-s oder auch auf das slavische jelen? zurück- gehenden namensform, besteht wurzelverwandtschaft, wie auch schon von andern behauptet worden ist. Wir ver- mögen nun diesen wurzelhaften zusammenhang auf festere füsse zu stellen. Über aind. #-$-ya-s m. “antilopenboek’ und russ. lost, gr. @)xn, lat. alces plur., aisl. elg-r, ags. eolh, ahd. elah und @laho “eleh” — die darauf bezügliche neuere etymologische litteratur verzeichnet E. Zupitza d. germ. gutt. 188 — urteilt man mit recht, dass sie von armen. ein, abulg. jelent, lit. elnis, gr. &)lög und Eiapos, eymr. elaım „nur im suffix ver- schieden“ sind. So Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 35%. 35’ und Liden stud. z. altind. u. vergleich. sprachgesch. 68 (s. oben s. 294); ähnlich Johansson Brug- mann-Streitberg’s indog. forsch. 2, 53 und R. Much zeitschr. f. deutsch. altert. 39, 25f., die „einer basis el-k-, /-k-“ eine in hit. Elnis u. Ss. w. erscheinende „einfachere wurzel el- ohne k* gegenüberstellen. Nach Tomaschek sitzungsber. d. kais. akad. d. wiss. philos.-hist. cl. Wien. 1880 bd. 96 s. 767 und Uhlenbeck a.a. 0. 35° soll auch pämird. rus “wildes berg- schaf’ sich an aind. 7sa-s, ?"Sya-s, russ. los’ u.s. w. anschliessen, aber diese kombination mag nur unter der voraussetzung halt- bar erscheinen, dass jenes pämird. rus lehnwort aus dem in- dischen sei, wo ja allerdings ” später zu ri und rw wird, während im iranischen solcher lautwandel nicht vorkommt (nach Bartholomae, brieflich, 29. märz 1901). Es ist nun aind. 7-sa-s “antilopenbock’, die einmal im atharvaveda 4, 4, 7 für das häufigere 7-s-ya-s erscheinende und dieser -zo-ableitung offenbar zu grunde liegende form, auf ein 2. Vom horn und hormtier. 319 indog */-kö-s adj. 'gehörnt’ zurückgeführt genau eine solche wortbildung aus unserm *el- ‘horn’, wie aind. roma-sd-s loma-sd-s adj. haarig, stark behaart’ von roman- loman- neutr. “kopfhaar’ herkommt (vgl. Brugmann grundriss 2 $ 83 s. 237 und verf. Bezzenberger’s beitr. 24, 155f.). Von den germa- nischen formen stehen ags. eolh und ahd. elah, spätahd. mhd. elch dem aind. ”-sa-s am nächsten, insofern als jene ein grund- sprachliehes *el-ko-s repräsentieren, die mit ihrem ablaut besser als das sanskritwort zu der beiderseits bestehenden wurzel- betonung, ferner auch zu der rolle der substantivierung des ur- sprünglichen adjektivs nach verf. Bezzenberger’s beitr. 24, 195 anım. und oben s. 107. 127. 260 genauer stimmende wortform. in ahd. @lho elaho zeigt sich die stammerweiterung durch übertritt des o-stammes zur »-deklination, wie so oft im alt- germanischen und namentlich bei bezeichnungen männlicher lebender wesen. Über die ahd. formen des wortes elch handelt eingehender Palander d. althochd. tiernamen 1, 102f. Aber verschieden geartet in wurzelablaut und stamm- bildung ist das aisl. elg-r aus germ. *alg-i-z= indog. *ol-k-i-s; vgl. Noreen abriss d. urgerm. lautl. $ 38, 3 s. 131, R. Much zeitschr. f. deutsch. altert. 39, 26 und Palandera.a. o. 102. Wegen ihres a-vokalısmus muss in aisl. elg-r die form ge- sehen werden, die derjenigen zunächst stand, unter welcher Caesar bell. Gall. 6, 27 die alces bei den Germanen kennen lernte; dasselbe alces haben dann auch Plinius und noch spätere römische schriftsteller. Auch das @/zn des Pausanias 5, 12,1. 9, 21,3 lässt man mit fug und recht dem germa- nischen norden entstammen. Vgl. Diefenbach orig. Europ. 222f., O. Schade altdeutsch. wörterb.? 131”, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 15, R. Much a. a. o. und Palander a.a.0.; vornehmlich wird von Much die inanspruchnahme des wortes alces für das keltische durch Holder alt-celt. 320 II. Aus dem tierreich. sprachschatz 87f. und Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 24, 21 als ungerechtfertigt zurückgewiesen. Vielleicht hat Much auch mit der bemerkung nicht unrecht, dass durch «alces nieht unmittelbar auf das germ. *alzi-z = aisl. elg-r, sondern ge- nauer auf ein damit im grammatischen wechsel stehendes germ. *alyi-z hingewiesen werde und dass in diesem sinne auch das achlin der überlieferung bei Plin. nat. hist. 8, 39 als ein misverständnis für *alchin aufzufassen sei. Unter den slavischen formen russ. los? “elen’ und slov. cech. los, osorb. tos, apoln. tos besteht das verhältnis, dass nur die russische echt und an ihrem orte einheimiseh ist, die andern alle aus dem russischen stammen, nach Miklosich etym. wörterb. d. slav. spr. 174” (ebenso Leskien brieflich, 3. Januar 1901). Das erkannte Joh. Schmidt z. gesch. d. indog. vocal. 2, 146 noch nicht; verhält es sich aber so, dann ist die herleitung des russ. los? aus urslav. *olsz einfach und unbedenklich, auch in den westslavischen dialekten übrigens konnten aus solcher grundform historische mit lo- anlautende wortgebilde entstehen, im slovenischen freilich wäre dafür ein *las zu erwarten (vgl. Joh. Schmidta.a. o. 144ff, Tore Torbiörnsson Bezzenberger’s beitr. 20, 125. 128, Zubaty indog. forsch. anz. 4, 60 und Brugmann grundriss 12 $ 496 s. 450). | Für russ. losi aus urslav. *ols’ und aisl. elg-r aus urgerm. *algi-z nebst lat.-germ. alces, wenn dahinter nach Much germ. *dlyi-z zu suchen ist, würden wir somit als gemeinsame basis mit wechselndem accent indog. *ol-k-i- und *ol-k-i- ermitteln. Diese hätte unser *el- "horn’ in der o-hochstufig ablautenden wurzelnuance. Die stammbildung dureh -i- dürfte wol in genetischem zusammenhang stehen mit der durch -zo- in aind. r?-$-ya-s, d. h. wir werden -i- für die in den endungen des nom. und ace. sing. -i-s und -i-m heimatberechtigte tief- 3. Wal, yallaıva. 321 stufenform des -zo- suffixes nach der theorie Streitberg’s Paul-Braune’s beitr. 14, 166ff. auch hier halten dürfen; -i- d.i. -&- deklination, die auf der basis eines derartigen ur- sprünglich mit -zo- ablautenden -i- entwickelt war, vermutet schon Brugmann grundriss 2 $ 194 anm. 2 s. 532 für solche durch nominalkomposition entstandenen wortgebilde wie aind. sürath-i-s "wagenlenker’, avest. mazdayasn-i-s“mazdayasnisch’, lat. decem-jug-i-s. Man kann dahin meines erachtens auch fälle wie aind. vrsn-i-s vrsn-i-s "männlich, stark, kräftig’ vrsn-i-s m. “widder’ avest. varsn-i-5 m. “widder’ (vgl. hierzu Brugmanna.a.0.2 $ 94 anm. s. 268), ferner gr. Aarg-ı-s “Johnarbeiter, diener’ Theogn. Soph. Eurip. rechnen, wenn man diese nämlich ihrer herkunft nach als varianten der adjektivformen aind. vrsn-ya-s "männlich, mannhaft, stark, kräftig’ zu vrsan- “männlich, mann, männchen’, Adrg-ı0-g “den dienstlohn betreffend’ Pind. zu Acdroo-v “sold, lohn’ be- trachtet. Vgl. auch oben s. 284 über *el-i- und *el-io- "horn- haut, schwiele’ in ags. ile, afries. ili ile, mnd. nnd. ele. 3. WAL, pdalaıva. Nach Benfey griech. wurzellex. 2, 293, Froehde Bezzenberger’s beitr. 21, 330 und Solmsen Kuhn’s zeitschr. 34, 540f. soll mit den germanischen bezeichnungen des wal- -Tisches und welses, aisl. hual-r m. "walfisch’, ags. hwel m. “walfisch’ und “walross’, ahd. mhd. nhd. wal “walfisch’, ahd. waliıra welira f., mhd. walre f. m. dass. und spätmhd. nhd. wels, aus dem griechischen das homer. ep. z2/weg n. “un- geheuer, ungetüm', indem dies nach äolıscher lautentwicklung ein urgriech. *q&/wo vertrete, zu vergleichen sein. Ich kann das nicht für überzeugend halten. Die begriffe “walfisch ’ und ‘ungeheuer’ fügen sich nieht so zwingend zu einander, Osthoff, Etymologische Parerga. I. 21 322 II. Aus dem tierreich. dass der gedanke, unser wal oder wels könne auch von etwas ganz anderm seinen namen haben, ohne weiteres zum still- schweigen käme. | Aber auch ein lautliches bedenken waltet gegen die zu- sammenstellung von wal und se/wo ob. Solmsen, der hauptvertreter dieser etymologie, verfehlt nicht es hervor- zuheben, indem er zur lautgestalt des germ. *wala- oder *yalis- *lvaliz- bemerkt a. a. o. 541: „Einige schwierigkeit macht die bewahrung des « nach dem guttural vor einem 4a, das idg. ö vertreten würde (vgl. Noreen urgerm. lautfl. s.142ff.).“ Diese schwierigkeit beseitigt aber Solmsen nicht in einleuchtender weise, denn die existenz „einer nebenform mit hellem vokal“, deren einfluss er annehmen möchte, um das germ. !- zu rechtfertigen, ist nicht wahrscheinlich zu machen; die von Kluge angesetzten formen „mhd. wälre, ahd. wälira“, die allein in dieser richtung aushelfen könnten, er- weist ja eben Solmsen selbst mit zweifellosem erfolg unter berufung auf Sievers als unrichtig.!) Die regel von dem 1) Solmsen’s im jahre 1897 veröffentlichte polemik richtete sich gegen den artikel walfisch in der fünften auflage des Kluge- schen etym. wörterb.; die mittlerweile 1899 erschienene „sechste ver- besserte und vermehrte auflage“ wiederholt aber einfach s. 413? den alten fehler „mhd. wälre ahd. wälira*. Es ist schade, dass Kluge von so vielem, was ihm als falsch oder unhaltbar nachgewiesen wird, sowie auch von manchem neuen etymologischen funde bei neuauflagen seines buches keine notiz nimmt und dass somit das um die sprachwissenschaft so wol verdiente werk in seiner letzten gestalt sich nicht auf der höhe heutiger etymologischer forschung hält. Dasselbe tadelnde urteil fällt neuerdings Uhlenbeck Paul-Braune-Sievers’ beitr. 26, 291f., dessen kollektion Kluge’scher etymologischer unterlassungssünden sich leicht verzehn-, ja verdreissigfachen liesse. Auch ein gelegentlicher persön- licher appell an Kluge scheint bei diesem wenig wirkung zum bessern zu haben: einen solchen richtete ich Paul-Braune-Sievers’ beitr. 20 (1895) s. 94 an seine adresse, ohne aber damit gehör zu finden, wie die in der sechsten „verbesserten“ auflage unverändert aus der fünften wieder- 3. Wal, gallaıva. 323 u-verlust der alten labiovelaren vor indog. 0 im germanischen (vgl. ausser Noreen.a.a. o. und der von ihm zitierten litteratur noch Streitberg urgerm. gramm. $ 117 s. 110f. $ 122 s. 122 und Brugmann grundriss 12 $ 674 s. 607. $ 679 s. 611f.) hat zwar E. Zupitza d. germ. gutt. 48ff. geleugnet und damit die zustimmung Hirt’s Paul-Braune-Sievers’ beitr. 23, 314, Wrede’s deutsche litteraturz. 1898 s. 231 und Bethge’s laut- u. formenlehre d. altgerm. dial. 1 $ 112 anm. 1 s. 179 gefunden; aber nicht überzeugt sind durch Zupitza’s einwendungen Solmsen journal of Germ. philol. 1, 387ff. (vgl. oben s. 312 anm.), Brugmann grundriss 1? s. XLVII nachtr. zu s. 607ff. und V. Henry revue crit. 1898, 1 s. 315, ebenso auch ich nicht.!) Daher meine ich, dass germ. val- in aisl. hual-r u. s. w. sich dagegen sträubt, auf ein mit indog. gel-, der wurzelstufe des gr. äol. rze/-we, qualitativ ablautendes g0/- zurückgeführt zu werden. Meine ansicht über die herkunft des rrö/wg darzulegen, wird aufgabe einer der nachfolgenden diese serie etymolo- gischer parerga bildenden untersuchungen sein. Hier möchte ich den schon öfters, aber bisher noch stets in erfolgloser weise unternommenen versuch, an unser wal, walfisch viel- mehr den oder die namen desselben tieres im griechischen, also pa/in und pallaıva, anzuschliessen, von neuem wagen, kehrende fassung des artikels faselschwein beweist; die nichtkorrektur in diesem falle rächt sich bereits durch die wiederholung des schnitzers „lat. pario aus *pasio* bei OÖ. Schrader reallex. d. indog. altertums- kunde 777. Vgl. auch das oben s. 190f. über Kluge’s artikel ahorn gesagte. 1) Unter den beispielen, die gegen Zupitza’s ansicht sprechen, dass vor germ. a —=indog. o die labiale affektion von altem g, g ge- wahrt bleibe, befindet sich auch das aisl. anorw. heid f. “"bezahlung, be- soldung, lohn’, “wert, preis’, wenn ich Paul-Braune’s beitr. 13, 451 dies richtig als reflex eines grundsprachlichen *goi-t4 mit gr. zivo, own, avest. kaena 'strafe’, abulg. cena ‘preis’, lit. kaina verglichen habe. 21 324 II. Aus dem tierreich. da ich besseres glück als meine vorgänger damit zu haben hoffen darf. Zu wal, aisl. hual-r u. s. w. gehört zunächst zweifellos das preuss. kalis “wels’ im Elbinger vokabular 569. Diese vergleichung lehren O0. Schrader philol. stud. festgabe für Sievers 1f. reallex. d. indog. altertumskunde 243, Berneker d. preuss. spr. 296, E. Zupitza d. germ. gutt. 55. Bezzen- berger’s beitr. 25, 103, Brugmann grundriss 1? 8 675 s. 607, Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr. 413% (vgl. auch den- selben s. 4202 unter wels) und Palander d. althochd. tier- namen 1,163. Während meistens eine zweiheit der stamm- formen zugelassen wird, ein -o-stamm germ. *wal-a- und ein dureh wels, ahd. walira welira, mhd. walre und nhd. mund- artl. weller, waller, waller-fisch vertretener -es-stamm * lval- is(z)-, vermutet Palander, dass auch das maskulin aisl. hualr, ags. hwel, ahd. wal auf die -es-bildung zurückgehe, indem das hier zu grunde liegende *Wwalaz ehedem neutrum auf -os gewesen sei; das bleibt jedoch durchaus zweifelhaft, vielleicht geht auch hier Palander, wie bei andern tier- namen im germanischen, mit der annahme der priorität der -es-stammbildung zu weit (vgl. oben s. 314ff.). Schrader er- kennt den -o-stamm germ. *vala- an, will aber das preuss. kalis für das -es-thema in beschlag nehmen. Allein in der sprache des vokabulars ist -i-s die ganz gewöhnliche ge- staltung des ausgangs des nom. sing. masc. der o-deklination, in wilki-s “wolf'‘, deywi-s “gott’, snaygi-s “schnee ete. (vgl. Pauli Kuhn-Sehleicher’s beitr. 7, 183ff. und Berneker d. preuss. spr. 262f.), und so ist jedenfalls die nächstliegende annahme für preuss. kali-s die, dass es der stammbildung nach sich enger an wal als an wels, waller anschliesse, also genau —= germ. *wala-z masc. sei. Liden zuerst brachte, Uppsalastudier tillegnade S. Bugge 3. Wal, gallauva, 325 91f., mit der germanischen wortfamilie unseres zwal und wels das lat. sqgualu-s zusammen, ferner tat dies auch Kretschmer einleit. in d. gesch. d. griech. spr. 74f. anm. 2. Darnach eigneten es sich Zupitza und Brugmann an und kom- binierten es mit der Schrader-Berneker’schen heran- ziehung des preuss. kalis, desgleichen so Meringer anzeiger f. deutsch. altertum 26, 198. Ich hege aber mit Schrader philol. stud. 2 und Palandera.a. o. entschiedenes misstrauen gegen die vergleichung des lateinischen wortes, Schrader’s urteil, es sei die „überlieferung des wortes (bei Varro, Ovid Plinius) nach form und bedeutung so ungewiss, dass nicht viel mit demselben anzufangen ist“, kann man im allgemeinen unterschreiben. Wenn squalus „nach den lexieis angeblich den meersaufisch bezeichnet,“ so ist es, die richtigkeit dieser auf- fassung vorausgesetzt, eine kleinere art seefisch gewesen; aus Plinius nat. hist. 9, 78, der hauptstelle über den squalus, geht nicht viel mehr hervor, als dass ein bestimmter, nicht platter knorpelfisch darunter verstanden war, der mit andern cartı- laginea gemein hatte, dass diese gattung fleischfressend und lebendige junge gebärend nach art der Cetaceen war. Dass daraufhin der squwalus in der modernen wissenschaftlichen zoologie zum gattungsnamen für die haie gestempelt worden ist, beruht also doch wol auf nicht allzu festem srunde der überlieferung. Mag es aber auch der hai oder ein haiartiger - fisch gewesen sein, so würde es eben dieser bedeutung wegen immer noch näher liegen, gr. 0xuAıov “eine haifischart’ zu ver- gleichen, mit Bersu d. gutt. u. ihre verbindung mit v im lat. 144. 161, als den squalus etymologisch zu unserem wal, wels und zu dem preuss. kalis zu stellen. Die verknüpfung von gr. pa4in, paklcıya mit wal, ags. hwel, aisl. hual-r ist älteren datums; für, sie traten Pott etym. forsch. 11, 112. Kuhn’s zeitschr. 26, 170 und Förste- 326 II. Aus dem tierreich. mann Kuhn’s zeitschr. 3, 59 ein, ın neuerer zeit dann auch, allerdings nur zweifelnd, Kluge Kuhn’s zeitschr. 26, 89. Aber protest dagegen wurde erhoben durch Joh. Sehmidt z. gesch. d. indog. vocal. 2, 347 (vgl. auch Kuhn’s zeitschr. 26, 89 anm. 2) und Lid&n Uppsalastudier 92. Schmidt wollte seinerseits vielmehr p«@4An, pakkcıya mit lat. belua "grosses, schwerfälliges tier, untier'” unter einen hut. bringen, diesem sollte gr. 9«@4/n „laut für laut“ entsprechen, also „das ganze belua unseciert“ in den verwandten sprachen sich wieder- finden, ausserdem sollte got. balwa- in balwa-wesei “bosheit’, balıwjan “quälen’ und manches weitere noch hinzugehören ; eine zweifellose etymologische verirrung, heute keiner be- sonderen widerlegung mehr bedürftig. Zu dem ags. hwel aber stellte p@AAcıva nebst dem lat. ballaena auch Wharton etyma graeca 128. etyma lat. 10, indem er jedoch nieht an urverwandtschaft, sondern an entlehnung des griechischen walfischnamens aus dem europäischen norden dachte. Kluge a.a.o. verglich pa@AAn, pakkaıva mit wal, ags. hwel unter der voraussetzung, dass der ehemalige anlaut der wörter die aspirierte tenuis der labiovelarreihe indog. gh- gewesen sei, und an diesem förderlichen gedanken ist fest- zuhalten. Denn auch das preuss. kalıs kann sehr wol aus altem gh- entstandenes %- enthalten, da das baltische zu den- jenigen sprachgebieten gehört, die die tenues aspiratae, genau entsprechend ihrer behandlung der mediae aspiratae, einfach hauchverlustig werden lassen, nach jetzt wol allgemein herr- schender annahme; vgl. verf. L. v. Patrubäny’s sprachwiss. abhandl. 2, 51 und die dort zitierte litteratur. Ja, auch das lat. s-qualu-s könnte, wenn es etwa nicht aus andern gründen hier fern zu halten wäre, dem durch die gleichung gr. 9- — germ. /v- — balt. k- geforderten ansatz der tenuis aspirata sich fügen und aus grundsprachlichem *s-ghalo-s sich deuten 3. Wal, ydhlaıve. 327 lassen, da ja hinter s aller wahrscheinlichkeit nach im ur- italischen die nicht aspirierte für die aspirierte tenuis eintrat, in lat. scindo, sperno, vidisti und sonst noch (Brugmann grundriss 1?$ 757 s. 668. $ 758 s. 669, Luft Kuhn’s zeitschr. 36, 146, Stolz Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23,2, 76, vgl. auch Noreen abriss d. urgerm. lautlehre 119f.). In gr. ga@lin, pakkaıva aber erscheint hiernach ein eben- solches p-, wie in pa/azoög “kahlköpfig, kahl’, wofern man dies richtig mit Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 338 zu aind. khalati-s "kahlköpfig’, khild-s m. und khild-m n. “öde, kahles land, leere stelle bezieht. !) Die form gd«/4n entnimmt man aus pallaı, pakkaucı bei Lykophron 84. 394 nebst der Hesychglosse pa4(4)aı pdill)awver; es könnte natürlich auch p«i4z der nom. sing. gelautet baben. Entstanden ist wol pd4in aus *pakia — indog. *ghal-t@ oder *ghnl-ia; und paikcıye ist dann von der kürzeren form paragogisch entwickelt worden, unter an- wendung des von der motion der n-stämme ausgegangenen suffixkomplexes -aıva für bezeiehnungen weiblicher wesen, worunter besonders auch tiernamen, wie A0z-aıva, zdrro-uıva, Ö-aıve, die assoziativen nachbildungen bekanntlich zu der älteren schicht von A£aıe, dodzamwe, von [iyaıyva‘ PBoös $nkeıa Hesych. zu louywveog' Boeg &oyaraı. Adzwves Hesych. u. dgl. mehr (vgl. Lobeck pathol. serm. Graeci proleg. 33ff., Brugmann morphol. unters. 2, 169. 197f. grundriss 2 $ 56 1) So lehrt freilich Prellwitz a.a.o. erst in zweiter linie über gyahazods. Aber sein zunächst gemachter vorschlag, dass man vielmehr engl. bald "kahl’ zu dem griechischen worte heranziehen solle, ist hin- fällig, wenn engl. bald meng]. balled auf einem urgerm. *daz-lö-@a-z be- ruht, als verwandter von nhd. ahd. asächs. bar, ags. ber, aisl. berr "nackt, entblösst’, abulg. bosö# “barfüssig’, lit. bäsa-s dass., nach Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.° 25° und Per Persson wurzelerw. u. wurzel- var. 115. 328 II. Aus dem tierreich. s. 98. $ 110 s. 315. $ 114 s. 329. indog. forsch. 12, 1). Man be- achte auch, dass ö-aıya, da es ausser dem landtiere "hyäne’ auch einen "meerfisch, eine schollenart’ bezeichnet, und ebenso wög-aıva “eine art meeral’ zu uögo-g masc., opüg-aıva “ein meerfisch, der hammerfisch ’ zu opöo« “"hammer’, dann auch Söy-aıva im sinne von “hammerfisch, eine haifischart’ Aristot. zu [vyo-v, besonders aber die p&x-aıva “braunfisch’, von P@xo-g m. dass. oder von poxn f. "robbe, seehund’ ab- geleitet, mit unserem paAl-aıya in die gleiche begriffssphäre hineinfallen. Dail-aıva zu pdiin, wie eben pox-awe zu porn, auch wie FE-aıwa zu Few und wie Avr-aıva, 44770- cıva zu lat. lupa, capra. Übrigens wird auch ein maskulin *paiAkwv, von dem dann pa4/aıya nach altem brauche regel- recht abgeleitet gewesen wäre, gemäss dem zeugnis des la- teinischen lehnwortes ballo Ingiov Falaooıov gloss. Labb. — Götz thes. gloss. 1, 126° (vgl. OÖ. W'eise d. griech. wörter im lat. 357, Saalfeld tensaurus Italogr. 151) vorausgesetzt werden dürfen. Die schreibung mit einem 4 und messung des « der ersten silbe als vokallänge, pain, gpäkcıve, ist durchaus verwerflich, obwol noch Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 338 auf der grundlage dieses pa4- einen auch sonst noch bedenklich erscheinenden etymologischen deutungsver- such macht. In der griechischen litteratur findet sich p«4- Jaıe am frühesten bei Aristophanes vesp. 35. 39, und hier ist die schreibung mit -44- die des massgebenden codex Ravennas, im gegensatz zu den übrigen minderwertigen hand- schriften mit ihrem gaiaıyae. Ebenso ist bei Aristoteles und Aelıan durchweg gaAkaıya das besser überlieferte. Und an den beiden Lykophronstellen ist pakkaı, pakkaıoı die lesart der meisten und darunter der besten handschriften. In der schon erwähnten Hesychglosse yakaı“ gpakaıwaı lässt ihre 3. Wal, yahkama. 329 stellung hinter pa/zn der alphabetischen ordnung entsprechend die form mit -44- als die richtige ermitteln, desgleichen in der weiteren, hinter pa4(4)aı folgenden glosse pakawea' ı) &v 17 zepali Fol, zal iy$ög xnrodng. Daher wird denn auch von W. Dindorf bei Aristophanes und sonst aller- wärts ga4J)- zuversichtlich hergestellt, ebenso yaksaı, -aıoı von Scheer im Lykophrontexte. Vgl. Hase in Stephanus’ thes. 8, 614 s. v. paklcıya, sowie Dindorf zu Aristophanes vesp. 35, Mor. Schmidt zu Hesych. gloss. 7 113 und Passo w handwörterb. 25, 2203”. 2205°. Auch spricht endlich die latei- nische lehnform entschieden zu gunsten der doppelliguida mit: „ballaena, nicht balaena, jetzt überall in den ausgaben nach den besten handschriften“, lehrt Georges lex. d. lat. wortformen 89, mit belegen aus Plautus und späteren schrift- stellern; ebenso tritt Lindsay-Nohl d. lat. spr. 134 für „ballaena (griech. ya44- besser als ya4-)“ ein. Es hat demnach Kluge, wenn er Kuhn’s zeitschr. 26, 89 meinte: „Schwierig ist das verhältnis von p@kcıva, paln walfisch zu ae. hwel der vokale wegen zu beurteilen“, sich die vokalische schwierigkeit durch niehtberücksichtigung der besseren schreibung mit -//- selbst geschaffen. Anderseits hat Joh. Schmidt z. gesch. d. indog. vocal. 2, 347 zwar wol beachtet, was ihn Hase thesaur. in dieser frage lehrte, aber sonderbarer weise glaubte dann dieser forscher nichtsdesto- weniger die minder richtigen pa@An, palcıya „grammatisch ebenfalls rechtfertigen“ zu sollen; erst an späterer stelle, d. pluralbild. d. indog. neutra 48 anm., erkennt Schmidt die alleinberechtigung der pa@AAn, paAkaıva ohne einschränkung an und zieht nun auch die lautgesetzlich unhaltbare her- leitung „aus *paAFn, *palFawwa“ zurück. Ein von dem griechischen walfischnamen augenschein- lich ganz verschiedenes, aber von Prellwitz a. a. o. damit 330 II. Aus dem tierreich. noch zusammengeworfenes wort ist pakcıya “lichtmotte”, Auch dieses hatte länge der ersten wortsilbe nach dem zeugnis von Nie. ther. 760. Und da hier der etymologisehe zusammenhang mit g«og n. ‘licht’, pakıög adj. “licht, hell, weiss’ trotz Prellwitz nicht zweifelhaft sein kann (vgl. Lobeck pathol. serm. Graeci proleg. 87f. und Passow hand- wörterb. 25, 2203”), da aber der quantitätsdifferenz wegen das pal- von pekuög und paingös, palmgıdovra in pahawe zu suchen verwehrt ist, so dürfte man eher schon, an das neutrum pd(F)og anknüpfend, für pahaıva ein *pa(F)&o-4- cıva als grundform aufstellen: hieraus zunächst entsprungenes *paeilcıwa wäre schliesslich zu paAcıya geworden, sowie bekannter weise und nach allgemeinem einverständnis *ya- (F)eo-vöo-s zu homer. ion. pasıwög, im attischen aber zu daraus kontrahiertem gavög führte (s. oben s. 104). Ist vielleicht gar p@icıya nur entstellung eines eben von diesem pavö-s “licht, hell’ ausgegangenen *pavae gewesen, mit einem dissimilationsvorgange wie in AagvaS—=vaovaf, ngriech. unkiyyag = ufvıyS, italien. veleno —= veneno und dgl. (Gram- mont la dissim. consonantique 43. 46, W. Sehulze Kuhn’s zeitschr. 33, 226 anm. 3, Gust. Meyer griech. gramm.? $ 169 s. 241, Brugmann grundriss 1? $ 976 s. 852. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 1, 13)? Die klang- ähnlichkeit aber zwischen yaicıya, dem namen des winzigen kleinschmetterlings, und dem namen des riesenfisches ya«@4- Jaıva könnte es — les extr&mes se touchent — veranlasst haben, dass bei dem letzteren die echte schreibung mit -44- in verwirtung geriet, sowie dass umgekehrt bei ersterem ge- legentlich die -A4-schreibung und dazu sogar die kürzere nebenform auf -n sich einnistete, dies in dem durch die buchstabenfolge geschützten hesychischen yakiny' N) zeero- uövn wuyr. Auch in dem worte für die lichtmotte mit Hase 3. Wal, yallaıva. 331 a. a. 0. das einfache -4- für falsch zu erklären, läge demnach kein grund vor. Das germanische « von wal, aisl. hual-r u. s. w. und das baltische « von preuss. kalis wird man, wenn mit diesen nordeuropäischen wörtern gr. paAin, pakkaıya und möglicher weise auch lat. sgualu-s verschwistert sind, nach massgabe dieser letzteren als fortsetzungen von indog. a oder auch » (schwa) betrachten dürfen. Es kommt also bei unserer ety- mologischen beurteilung des germ. *bala-z"wal’ und *halis(z2)- “wels’ die frage, wie das indog. q und gh im germanischen vor einem a==indog. o lautgesetzlich vertreten werde, ob nach Zupitza’s lehre durch /v- oder nach der vulgatansicht durch A- (x-) ohne labialisierung, nicht in betracht, wie bei dem standpunkte Solmsen’s, für den ein mit dem e in gr. zce)wg ablautendes o unumgänglich war; vgl. oben s. 322f. Es ist noch die kulturhistorische bezw. tiergeographische seite der uns hier beschäftigenden etymologischen frage zu berühren. Wenn die Süd- und Nordeuropäer einen namen für den wal besassen, dessen gemeinsamkeit sich nicht durch entlehnungen erklärt, sondern auf dem wege der urverwandt- schaft und vererbung einer gemeinsamen basis ghal-, wie verträgt sich das mit den herrschenden vorstellungen von den ursitzen des Indogermanenvolks? „Eigentliche heimat der walfische sind die antarktischen meere bis zum Kap der . guten Hoffnung herauf und jetzt die arktischen jenseit des 66. breitengrades, während er früher auch an deutschen und französischen küsten gefunden wurde“ (Brockhaus konvers.- lexikon 1614, 478° unter Walfische). Das scheint einen ziem- lich engen spielraum übrig zu lassen, um uransässiges Indo- germanentum und den seiner anschauung offenbar bekannt sewesenen wal neben einander zu lokalisieren. Wir müssen aber bedenken, dass unser walfisch nur 332 II. Aus dem tierreich. eine familie der wale, d.ı. der waltiere oder sogenannten Cetaceen, darstellt; eine andere und zwar sehr artenreiche gruppe derselben wasserbewohnenden säugetiere von fisch- gestalt sind die delphine, und von diesen werden ver- schiedene arten schon in erheblich weiterer geographischer verbreitung gefunden, so der gemeine delphin, Delphinus delphis L., in allen meeren der nördlichen halbkugel, das meerschwein oder der braunfisch, Phocaena ecommunis Cuv., in allen europäischen meeren, selten auch im Mittel- meere, während die schwertwale, Orcae, die Nordsee be- wohnen. Vgl. Brehm tierleben 33, 602. 606f. 620 und Brockhaus’ konvers-lex.!* unter Delphine und Waltiere. Man darf weiter berücksichtigen, dass der alte aus ghal- her- vorgegangene name des wales an einem punkte, und zwar durch augenscheinliche übertragung, auch zum ausdruck für das walross wurde, nämlich ın ags. hwel, indem dies ausser “walfisch’ vereinzelt auch “walross’, so viel als ags. hors(e)-hwel, aisl. hross-hualr, bedeutet; vgl. Bosworth- Toller anglo-sax. diet. 570°. Das walross aber führt uns zur ordnung der flossenfüsser, Pinnipedia, hinüber, und so mögen auch die andern unterordnungen dieser, also die see- hunde, phoken, robben (vgl. Brehm tierleben 23, 290ff. und in Brockhaus’ konvers.-lexikon'* die artikel Pinnipedia, Robben, Seehunde und Walross, ferner dıe karte l zu dem artikel Tiergeographie), in betracht kommen als meerbe- wohnende, lebendiggebärende raubtiere, denen der name des wals auf dem wege des übertragenen gebrauchs zugänglich sein konnte. Man ersieht wol, dass hiernach die möglichkeit vorliegt, dass ein volk die aus ghal- gebildete alte bezeichnung erb- wörtlich besitzen konnte, ohne anwohner eines meeres zu sein, in welchem gerade der walfisch zu hause war. Den 3. Wal, yallaıva. 333 alten Griechen brauchte in ihrer urzeit p@44n oder pakkaıya nichts als eine abart ihrer deApiveg zu sein, oder auch ihrer Yözeı, wenn, wie gelegentlich bei den Angelsachsen, der alte ausdruck von der ordnung der Cetaceen auf eine familie der flossenfüsser übergegangen war; umgekehrt war ja für die formal zu 9&xn gehörigen pozaıva Aristot. Plin. und p@xog Hesych. die begriffliche geltung, wie man annimmt, die von “braunfisch’, also die einer delphin- oder waltierart, p@xos nach Hesych so vıel als zjzog Halaooıov Öuoıov deipivi. Bei den griechischen schriftstellern werden tatsächlich die padikaıyeı „häufig in verbindung mit delphinen und phoken erwähnt“ (Hase Stephanus’ thes. 8, 614, Passow hand- wörterb. 25, 2203”), und wir haben daher vielleicht auch für die historische zeit des Griechentums hinter paAlaıya nur ein seetier zu vermuten, welches artlich den auch im Mittel- meere hausenden delphinen und seehunden nahe kam, nicht eigentlich den walfisch der nordischen meere. Die unbe- stimmbarkeit der bedeutung von pa4kaıya, ballaena hebt auch Lenz zoologie d. alten Griechen u. Römer 262 anm. 735 hervor mit den worten: „Mit diesem namen wird der gemeine walfisch so wie jedes ihm der grösse und ge- stalt nach ähnliche tier gemeint, z. b. der finnfisch, pottwal. Über alle wussten Griechen und Römer nichts genaues.“ Und im allgemeinen gilt natürlich, dass wir ähnliches, wie ‚von baum- und pflanzennamen, auch von tiernamen erwarten dürfen: sie gingen, wenn in folge von wanderungen und wohnsitzveränderungen der urvölker die diesen entgegen- tretende Fauna sich änderte, auf äusserlich ähnliche tiere, wie die anfänglich dadurch bezeichneten waren, über. Ein völliges zusammentreffen in der bedeutung besteht in unserem falle überhaupt nur zwischen den formen zweier hauptsprachengebiete: zwischen dem deutschen wels oder 334 II. Aus dem tierreich. weller, waller und dem preuss. kalis “wels’. Will man darauf‘ einiges gewicht legen, so dürfte noch folgende erwägung platz greifen: der gemeine wels oder waller, Silurus glanıs L., ist nächst dem stör und hausen der grösste unter den europäischen flussfischen, und man findet ihn in den grossen strömen Deutschlands, Ungarns und besonders Süd- russlands, worüber näheres bei Brehm tierleben 8%, 236, Brockhaus konvers.-lexikon 1614, 624°f. und O. Schrader philol. stud. festgabe für Sievers 1f.; und somit wäre denk- bar, dass mit unserem indog. *yhalos ursprünglich überhaupt kein meertier, sondern eben eine grosse flussfischart gemeint gewesen sei. So wollte die sache auch schon Schrader a. a. 0. ansehen; er meint, „dass sich, da nunmehr durch das altpreussische für *walis-, *wala- die ursprüngliche bedeu- tung “wels’ feststeht, der schluss ergibt, dass die Germanen, in vorhistorischen zeiten mit dem wels bekannt, den namen dieses fisches auf den walfisch übertragen haben, nachdem sie in berührung mit dem nordmeer und seiner tierwelt ge- kommen waren“ (ebenso derselbe gelehrte reallex. d. indog. altertumskunde 950). Und das ıst an und für sich betrachtet auch gewiss wahrscheinlicher, als der umgekehrte hergang, dass bei früherer bekanntschaft mit dem riesigen meerunge- heuer die völker dessen namen später dem im verhältnis da- zu winzigen flussfisch wels zugewendet hätten. Unsere gr. palln, gpakkaıva aber würden, wofern sie eben mit wels und wal und dem preuss. kalis im verhältnis der etymolo- gischen urverwandtschaft stehen, die annahme erfordern, dass die Griechen eine entsprechende „übertragung“ auf einen grossen fisch ihres Mittelmeers vorgenommen hätten. Merkwürdig ist der lautliche anklang, der zwischen der europäisch-indogermanischen bezeichnung des welses oder wales und dem gattungswort für ‘fisch’ in den ugro-finnischen 3. Wal, yaihaıva. 335 sprachen, finn. kala = magy. hal ‘fisch’, obwaltet. Haben uralte entlehnungsvorgänge statt gefunden? Oder gehört das in die reihe der gewissen punkte auffälligen zusammentreffens, die zu dem versuch, eine ganz entfernte urverwandtschaft der beiden sprachstämme in den bereich der wahrscheinlichkeit zu rücken, einladen können? Im letzteren sinne entscheidet sich neuerdings kein geringerer als H. Sweet the history of language 112ff.; auf schlüpfrigem boden mag aber wol auch die best bewährte führung nicht vor dem ausgleiten schützen. Dem finn. kala glaubt Sweet a.a. 0. 125 sogar das sume- rische ha “fisch annähern zu dürfen, was vollends mehr als zweifelhaft bleibt. Nachschrift. Ehe der obige aufsatz zum druck ge- langen konnte, hat mein kollege J. Hoops in ähnlichem sinne, wie ich hier, das thema „wels und walfisch“ in den engl. stud. 28, 92—96 behandelt. Unser zusammentreffen im allgemeinen resultat und in mehreren einzelpunkten ist natür- lieh nicht zufällig, da wir wiederholt diese etymologische frage gesprächsweise mit einander erörtert haben, wie denn ja auch Hoops auf diese meine veröffentlichung als eine bevorstehende bezug nimmt. Zur klarstellung unseres ver- hältnisses glaube ich nur noch bemerken zu sollen, dass ich seit dem erscheinen des Hoops’schen aufsatzes an dem meinigen keinerlei sachliche veränderungen gemacht, daher auch nicht, wozu ich noch am ehesten veranlassung gehabt hätte, zu der abweichenden meinung des herrn kollegen über die frage der etymologischen verwertbarkeit des lat. squalds in diesem zusammenhange stellung genommen habe. Den inhalt der Hoops’schen ausführungen berücksichtigt aber bereits O.Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 894. 933f. 950f., und zwar im durchweg zustimmenden sinne. Ich 336 II. Aus dem tierreich. stehe also auch zu diesem gelehrten im gegensatz, wenn ich nicht finden kann, dass man den lateinischen sgualus „mit hoher wahrscheinlichkeit* heranziehe, dass dagegen die ver- gleichung der griechischen paAAaıya — Schrader schreibt wiederum das falsche ga4aıa — im verhältnis dazu „un- sicherer“ sei. 4. FROSCH, FROH UND SPRINGEN. Die germanische grundform des adjektivs, welches ın aisl. frär “schnell, flink’, afries. frö ‘froh’, asächs. fr& “froh” und frö-möd -muod, frao-muod, frah-möd -muod "trohgemut’, frö-liko adv. ‘fröhlich’, mnl. mhd. vrö und ahd. frao frö “froh? vorliegt, sowie in dem denominativen zubehör ahd. frowwen frewen, mhd. vröwwen ‘freuen’ und ahd. frewi, frewida freude enthalten ist, kann, wie man nicht bezweifeln wird, nur *fra- wa-z gewesen sein. Lautliche schwierigkeiten macht aller- dings der formenbestand des altsächsischen, den W. Sehlüter laut- u. formen]. d. altgerm. dial. $ 439 s. 719 verzeichnet; die richtigen erklärungen aber gibt wol, zugleich für asächs. fraho frö fröho ‘herr’ und faho ‘wenig’, die ebenfalls sichere formen mit germ. -aw- sind nach got. frauja und fawai "pauci’, Holthausen altsächs. elementarbuch $ 99 anm. 2 s. 37. $ 106 s. 39. $ 167 s. 60f. $ 218 anm. 1 s. 77. $ 361 s. 134, während vanHelten Paul-Braune’s beitr. 15, 469f. minder einleuchtend die schwierigkeiten zu heben sucht. Über der grundbedeutung und etymologischen herkunft des germ. *frawa-z lagert kein völliges dunkel mehr. Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.® 126° erinnert daran, ähnlich Franek etym. woordenboek d. nederl. taal 1116f., dass, wie das altisländische erfordere, die sinnliche bedeutung “flink’ zum ausgangspunkt zu nehmen sei. Eben diese findet auch So di EL TE ae A a Zi es ui ı in re are 4. Frosch, froh und springen. 337 im althochdeutschen noch ihren widerhall nach ausweis der glossen »strenuus: frouuer, sneller« Ic. und »alacer : frauuer« gl. K., während andere glossen nur die übersetzungen laetus, laetans, laetabundus, gavisus, renitens, festivus, festus’ geben; vgl. Graff althochd. sprachsch. 3, 794 und Steinmeyer- Sievers d. althochd. gloss. 1, 8, 3. 4, 19, 43. Und eine bei soleher semasiologischen grundlage für froh wol passende wurzel war, wie bereits Fick vergleich. wörterb. 3°, 190 er- kannte, ohne freilich damit beachtung zu finden, diejenige von aind. präv-a-te “springt auf, hüpft, eilt‘, ved. abhi-pra- vamta imperf. “sie hüpften herbei, sprangen herbei’, ved. prav-d-s adj. flatternd, schwebend, fliegend’, upa-prü-t- ad). “heranschwebend, heranwallend’, krsna-prü-t- “im dunkel schwebend’. Daraus ergibt sich in kombination mit unserm froh ein indog. prex- oder prau- mit dem allgemeinsinne von ‘sich lebhaft bewegen’. Durch spätern übergang von r in ! kam das nachvedische sanskrit zu plavate "springt, schwankt hin und her, schwebt, fliegt’, plava-s “das springen, sprung’, plavana-m “das springen’ und plu-ta-s part. “gesprungen, springend’, “geflogen , plu- ta-m n. "sprung, springende bewegung’, plu-ti-s f. sprung‘, also denn zur vermischung mit der alten /-wurzel von ved. nachved. plävate “schwimmt, schifft’, gr. 720, rAvvo, 1.00-5, lat. plwit, abulg. plova, pluti "fliessen, schiffen ', lit. plauju, pläuti "spülen’ und ahd. flouwen flewen, ir-flawen “spülen, waschen’, aisl. fliöta, ags. fleotan, asächs. fliotan, ahd. fliozan “fliessen’, vgl. Böhtlingk-Roth sanskrit-wörterb. 4, 1170. 1185. 1187ff. Ob ved. vi-pruta-s "versprengt, verschlagen, palans’ bedeute, nach Böhtlingk-Rotha.a. o. 1170, oder “fortgeschwemmt’, nach Grassmann wörterb. z. rgv. 892, also zur einen oder zur andern wurzel gehöre, wage ich nicht zu entscheiden. Den scharfen schnitt zwischen den beiden Osthoff, Etymologische Parerga. 1. 23 338 II. Aus dem tierreich. wurzeln im altindischen, wie ihn uns jetzt auch der formale und begriffliche kontrast von nhd. froh und fliessen nahe legt, nehmen noch nicht vor Per Persson wurzelerw. und wurzelvar. 131, Jak. Wackernagelaltind. gramm. 1 $ 189 s. 211, Brugmann grundriss 12 $ 467 s. 429. $ 555.508 und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 181. Man pflegt allerdings ein nschwed. dial. fluka “hüpfen’ als zeugnis dafür dienen zu lassen, dass auch aind. pravate “hüpft’ ehe- mals /-form gewesen sei (Noreen abriss d. urgerm. lautl. $ 50, 23.186, Wackernagela.a. o.), aber daneben liegt ja nschwed. blukd mit gleicher bedeutung, und es könnte leicht eine ver- quiekung mit diesem, das man zu gr. p/vw ich walle auf’ stellt, einem vorauszusetzenden schwed. *fruka das ! geliefert haben. Von Fick.a.a. o. wird bei der vergleichung des froh und aind. prävate auch „zend. frw fliegen“ erwähnt, doch lassen die vorkommenden avestischen forınen ihrerseits keine klare scheidung der beiden wurzelsippen erkennen: nach Justi handbuch d. zendspr. 205° gelten für fru- dıe bedeu- tungen „gehn, causale gehn machen, wegbringen“, während Bartholomae altıran. wörterb. javest. „frav- v. "schwimmen, fliegen“ und „dunmmö-frut- adj. ‘in den wolken fliegend’* ansetzt, das verbum in den belegen us-fravante eonj. "steigen auf’ von wolken yt. 8, 40, us-frävayöıt opt. “er könnte weg- schwemmen yt. 19, 68, fra-frava‘te "bewegt sich taumelnd vor- wärts, taumelt dahin’ y.9,32 und fra-frävayami ich schwemme fort’ vd. 5, 18, fra-frävayähi 2. sing. praes. con). vd. 5, 16, ava ni-frävayente‘ sie lassen weg (und) nach haus fliegen’ yt. 10, 70. Unser froh, aisl. frär “schnell, flink’ aus germ. *frawa-z deckt sich nun genau mit dem aind. ved. pravd-s “flatternd, schwebend, fliegend’, wenn beiden ein indog. *prauo-s zu grunde liegt; sonst ist, wenn die wurzel mit e-vokalismus preu- war und froh auf *prouo-s beruhen sollte, ablauts- ü . j E - 4. Frosch, froh und springen. 339 differenz zwischen ihm und dem aind. pravd-s aus *preud-s anzunehmen, ein aind. *präva-s wäre dann als die vollkommene entsprechung von froh vorauszusetzen. Der begriffsentwicklung von ‘sich lebhaft bewegen, springen’ zu "sich freuen, froh sein’ vermögen wir ein ana- logon nachzuweisen in lat. ex-sultäre “aufspringen, in die höhe springen, aufhüpfen und übertragen ‘sich ausgelassen freuen, aufjauchzen, frohlocken'. Mehrfach pflegen in den Notker’schen übersetzungsschriften gerade lat. exsultäre und ahd. frö, frouwen frewen sıch zu entsprechen oder sich nahe zu kommen, so in den belegen aus Notker frö sint "exultate’, sint imo frö "exultate ei’, sprungezen unde frewen sih “exul- tent et laetentur’, frowida “exultationem’, freweda “exulta- tiones’ und frowelungo “exultationis’ bei Graff althochd. sprachsch. 3, 794. 795. 799. 803. 804. Auf den grundbegriff “vor freude springen’ wird wol auch irgendwie unser froh-locken, spätmhd. vrö-locken zurück- führen; mag nun -locken, das Paul deutsch. wörterb. 150° „noch nicht genügend erklärt“ nennt, zu mhd. leichen ‘hüpfen, aufsteigen’, ags. /däcan "springen, tanzen, flackern, wogen’, got. laikan “springen, hüpfen’, mhd. leich "tonstück, gespielte melodie’, got. laiks 'tanz’ gehören (Grimm deutsch. wörterh. 4, 1,1,229, Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr. 126, Heyne deutsch. wörterb. 1, 985), oder eher zu nhd. lecken löcken, ‚mhd. lecken “mit den füssen ausschlagen, hüpfen’. Dann ist noch die gleiche metapher bekannt für scherz, scherzen : mhdl. scherz “vergnügen, spiel’ zu mhd. schörzen “fröhlich springen, hüpfen, sich vergnügen’, scharz sprung’ und zu aind. kurdati “er springt, hüpft,, gr. #600«5 ein tanz und gr. oxaigw “ich hüpfe, springe, tanze’, 0x4905 sprung’, ozagilw und &-0zagilw “springe, hüpfe, zappele’, abulg. skorö ‘schnell’ (Fick ver- gleich. wörterb. 1%, 142, Bersu d. gutt. u. ihre verbind. mit v 22* 340 II. Aus dem tierreich. im lat. 173, Per Persson wurzelerw. u. wurzelvar. 32. 37f. 90. 106 anm. 2. 166. 221, Brugmann grundriss 1? $ 639 s. 575. $ 818 s. 726. 2 $ 690 s. 1047, Prellwitz etym. wörterh. d. griech. spr. 15Sf., verf. Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 5, 299, E. Zupitza d. germ. gutt. 155, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 62°); „scherz, scherzen bezeichnen ursprünglich muntere, hüpfende bewegung“ (Paul deutsch. wörterb. 378°, Waag bedeutungsentwicklung unseres wort- schatzes 101). Im sanskrit kommen von der wurzel des verbums pravate, nachved. plavate auch ausdrücke, welche die springende be- wegung des frosches und dies tier selbst sprachlich dar- stellen: mandüaka-pluti-s “froschsprung’ ist in übertragener bedeutung als grammatıscher terminus technicus so v.a. ‘das überspringen mehrerer sutra’ (Böhtlingk-Roth sanskrit- wörterb. 4, 1193. 5, 452, Macdonell a sanskrit-engl. diet. 213°), plava-s “frosch' eigentlich “springer, hüpfer’, plava-ga-s, plavam-gama-s und plava-gati-s "frosch , alle drei eigentlich “der in sprüngen gehende’, daher plava-ga-s und plavam- gama-s daneben auch “affe’ bedeuten können (Böhtlingk- Roth a.a. o. 4, 1184. 1185, Macdonell a.a. o. 189). „Alt indisch plava kann “springer’, aber auch “schwimmer’ be- deuten“, bemerkt A. von Edlinger erklärung der tiernamen aus allen sprachgebieten 45, aber dass er auch “schwimmt’, ist kaum etwas, was dem menschen am frosche so eharakteri- stisch und auffällig erscheinen mag, als dass er “springt, hüpft', und jenes mandüka-pluti-s "froschsprung’ lässt wol keinen zweifel übrig, dass auch plava-s "frosch’ nur auf plu- = ved. pru- “springen, hüpfen’ bezogen werden darf. So über die composita aind. plava-ga-s und plavam-gama-s auch schon Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. DEE. ER ee 4. Frosch, froh und springen. 341 Zudem gibt es, wie sich wol erwarten lässt und wie auch Uhlenbeck a.a. o. bemerkt, für solche bezeichnungs- weise des frosches sichere analogien; die mir bekannten er- wähne ich hier, sowie auch diese oder jene minder sichere vermutung von einschlägiger art. Nhd. dial. schweiz. hopper, oberrhein. hoptzger, in Coblenz höperling und andere zu hüpfen gehörige mundartliche formen, die Grimm deutsch. wörterb. und Kluge etym. wörterb. s. v. frosch verzeichnen. Klruss. skakavka “froseh’ und russ. dial. (Archangel) skakucha f. dass. zu russ. skakdtı "springen, hüpfen’, skaknuüti “einen sprung machen’, abulg. russ. skokü sprung’, wozu auch aksl. skacikü und nbulg. skakalec "heuschrecke’ (Miklosich etym. wörterb. d. slav. spr. 301°, Pawlowsky russ.-deutsch. wörterb.? 1476°. Lett. lezite “frosch’, besonders “laubfrosch’ nach Brasche lett. wörterb. 2, 306°, wird man wurzelhaft mit lett. lezu, lekt “springen, hüpfen ’ — lit. lekiü, lekti “fliegen, flattern’ zu verbinden haben, weiterhin dann vielleicht auch mit lat. locusta "heuschrecke’ und got. hlahsjan “erschrecken’ (verf. Paul-Braune’s beitr. 13, 412ff., Feist grundriss d. got. etym. 122, Stolz histor. gramm. d. lat. spr. 1,294 und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 151°, vgl. jedoch unten s. 344 anm.). Ein nicht dem indogermanischen angehörendes beispiel ist Zodoke “frosch’ und 'kröte’ in der Barisprache, wenn es mit Zodere “heuschrecke’ und dem adjektiv Zodu« “hoch’ zusammen eine den begriffskern des emporspringens ent- haltende wortfamilie bildet (Mitterrutzner d. sprache d. Bari Brixen 1867 s. 211, von Edlinger a.a.o. 45. 57). Das unbelegte sanskritwort reka-s m. “frosch’ stellt Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 252”f. 253°f. kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 98° „zu idg. *leik- in aksl. likü reigen, likovati tanzen“, einer seitenform der alte media im auslaut zeigenden wurzel leig- oder richtiger vielleicht 342 II. Aus dem tierreich. laig- — slav. lik- in likü alsdann aus tiefstufigem indog. *k- — von got. laikan "springen, hüpfen’ und aind. rejate “hüpft, zuckt, zittert, bebt’, sowie von lit. /digyti “wild umher- laufen’, air. loeg “kalb’, gr. &ieki£o ich mache erzittern, schwinge, erschüttere’ und npers. @-lehtan “springen, aus- schlagen (vom pferde)’, kurd. be-leizum "ich tanze’, Tizim “ich spiele’. Diese wurzelform mit -g- aber liefert auch ihrer- seits froschbenennungen, im slavischen nämlich, wenn anzu- nehmen ist, dass das russ. ljagdti "hinten ausschlagen’, wovon man russ. yagısa und Yaguska “frosch’, russ. ljagucha dass. und russ. Jjdgva “froschfisch’ nicht trennen kann (vgl. Miklo- sich a.a. o. 171? und Pawlowsky a.a. o. 649°), als ent- sprechung eines abulg. *legati auf indog. *ling- beruhe, der nasalinfixhaltigen tiefstufenform zu laig- in got. laikan, aind. rejate u.8. w. Dem nasalınfıx würde man, wie in russ. lja- gdti, ljagüsa, auch auf baltischem boden begegnen, wenn es richtig ist, dass der sippe von got. larkan auch hit. lir ksma-s fröhlich, heiter, vergnügt’ und lingwti "hin und her bewegen, schaukeln’, lett. /agüt "hin und her schwanken, sich hüpfend, schaukelnd bewegen’, “frohlocken, jauchzen und likste ‘schwungstange der wiege’ angeschlossen werden (Fick ver- gleich. wörterb. 1%, 121. 533. 23, 454. 652. 3°,259f., O.Schade altdeutsch. wörterb.?2 542”f., E. Zupitza d. germ. gutt. 163); und da zu lit. linguti offenbar auch langau, langoti "schweben, sich wiegen’ und lett. Tugate-s “wanken’, Tüdfitö-s "sich schaukeln, sich recken’ gehören (Leskien d.ablaut d. wurzel- silben im lit. 334), so wäre nun für diese sekundärer ursprung durch ablautsentgleisung, die von der wurzelstufe ling- aus sich vollzog, anzunehmen, derselbe vorgang also, der so oft im baltischen und slavischen bei nasalinfigierung von wurzeln mit ö-vokalismus sich zeigt, wofür beispiele bei Brugmann grundriss 2 $ 637 s. 1005£., Wiedemann d. lit. prät. 58f., 4. Frosch, froh und springen. 343 Lorentz archiv £. slav. phil. 18, 91 und verf. Brugmann- Streitberg’s indog. forsch. 5, 296 anm. Das poln. ligae “aus- schlagen (vom pferde, esel)’ bringt Miklosich etym. wörterb. d. slav. spr. 171° nicht mit dem gleichbedeutenden russ. Yagdtı zusammen, jedoch wol mit lit. inguti und lett. lagut, und zwar so, dass er entlehnung des polnischen wortes aus dem litau- ischen vermutet. Das ist aber sowol an und für sich durchaus unwahrscheinlich, wie auch des bedeutungsabstandes wegen anzunehmen nicht ratsam ; vielmehr steht das poln. ligac, wenn sein lig- = indog. *lig- gesetzt wird, zu dem russ. ljagdtı nebst ljagisa u. s. w. in einem solchen wurzelgestaltungsver- hältnis, wie lit. Iyk-iu-s ‘rest’ zu preuss. po-linka praes. “er bleibt’, alit. pa-linkt 3. sing. praes. (Leskien d. ablaut d. wurzel- silben im lit. 277) und zu lat. linguo, gr. Auurcavo, aind. rır- cäntı 3. plur. praes., ferner lit. dvi-Iypis "aus zweien zusammen- gewachsen’, gr. Arrragrs, got. bi-leiba zu lit. iimpü “ich bleibe kleben‘, aind. limpäti praes. (vgl. Leskien a.a. o. 277), Hit. szvytuti und szuytrüti “blinken’, “blinken lassen zu szwintu “ich werde hell, leuchte auf’ (Leskien a.a. o. 286f.) u. ähnl. mehr.!) 1) In dem poln. liga läge demnach der beweis, dass das slav. *leg- von russ. Jjagätt, welches an sich ja auch = indog. * Ing- (*long-) sein könnte, die nasalinfixbildung von i-haltiger wurzel = indog. *ling- war. Wenn also E. Zupitza d. germ. gutt. 164 das russ. Jjagatt zu mhd. nhd. lecken "nit den füssen ausschlagen, hüpfen’ gehören lässt, so wäre diese zusammenstellung nur unter der voraussetzung annehmbar, dass mhd. lecken eigentlich lecken = got. *likkon oder got. *likkan, praet. *Jikkaida und wurzelverwandt mit dem got. laikan, mhd. leichen "hüpfen, aufspringen, aufsteigen’ wäre, was allerdings von germanischen etymo- logen vielfach und mit vorliebe angenommen worden ist (W. Müller mittelhochd. wörterb. 1, 9572f,, Weigand deutsch. wörterb. 1°, 1076, W. Wackernagel altdeutsch. handwörterb.? 177?2, Lexer mittelhochd. handwörterb. 1, 1850’, O. Schade altdeutsch. wörterb.? 545°, Heyne Grimm’s wörterb. 6, 480 und in seinem eigenen deutsch. wörterb. 2, 591). 344 II. Aus dem tierreich. Die zur sprache gebrachten begriffsgeschichtlichen ana- logien werden es, wenn auch einiges darunter von zweifel- hafterem charakter ist, im allgemeinen rechtfertigen, dass ich den versuch mache, unser deutsches frosch und die sich ihm anschliessenden formen der germanischen dialekte von der- selben wurzel, welcher froh, freuen und aind. ved. prdvate “springt, hüpft” entstammen, abzuleiten. Das morphologische verhältnis von aisl. frosk-r, ahd. frose, mnl. mnd. vorsch, ags. forsce zu ags. frozza, engl. frog und ags. frocca, engl. dial. frock, aisl. frauk-r (oder frauke Aber Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.° 241?f. hält diese auffassting des lecken für unwahrscheinlich und setzt an ihre stelle die vergleichung von gr. J4d& adv. “mit der ferse, mit dem fusse hinten ausschlagend, stossend’, Aaydnv dass., indem er als gotische form *lakjan erschliesst; und unterstützt wird diese ansicht einigermassen dadurch, dass nhd. löcken für und neben lecken auftritt, da es ja fast durchweg nur das umlaut-e ist, welches solche entwicklung zu nhd. ö zeigt, in den verben schröpfen, schröpfen, löschen, ergötzen, dörren und schwören, in löffel, hölle und sonst noch (vgl. von Bahder grundlagen d. neu- hochd. lautsystems 168). Diese gr. Ja&, Aaydnv und Jaxri&o ‘stosse mit der ferse, schlage mit dem fusse aus, zappele’ werden anderseits mit lit. lekiu, lekti "fliegen, flattern’ = lett. lezu, lekt ‘springen, hüpfen’ in verbindung gebracht (Bezzenberger in seinen beitr. 4, 318f., Fick ebend. 9, 316, Bugge ebend. 14, 67, Wharton etyma graeca 78, Per Persson wuırzelerw. u. wurzelvar. 1588 anm. 2, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 174f... Man hätte das mit der Kluge’schen etymologie von lecken so zu vereinbaren, dass man den bekannten wechsel der artikulationsart im auslaut der wurzel, mit tenuis lek- und mit media leg-, annähme. Aber freilich könnte nun, wenn lit. lekin, lekti ‘fliegen’ zu mhd. lecken gehört, meine frühere beziehung des balt. lek- zu got. plahsjan, die übrigens auch auf den widerspruch anderer, z. b. Liden’s Paul-Braune’s beitr. 15, 516 ff., gestossen ist, nicht wol länger in kraft bleiben, denn dem mhd. lecken wäre ja unmöglich der anlaut germ. PI- zuzuweisen. Dass gr. Jayas “hase’ als 'springer’ zu deuten und zu mhd. lecken zu stellen seı (Bugge a.a. o., ähnlich auch schon Diefen- bach vergleich. wörterb. d. goth. spr. 2, 124f)., bleibt unsicher; anders er- klärt Jayas Schwyzer Kuhn’s zeitschr. 37, 146f. 4. Frosch, froh und springen. 345 m., belegt nur acc. plur. frauka)frosch’ fassen Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr. 127° und Kluge-Lutz engl. etymo- logy 83°, Brugmann grundriss 2 $ 90 s. 260, Franck etym. woordenboek d. nederl. taal. 1108, Vereoullie beknopt etym. woordenboek d. nederl. taal 313’ und Wilmanns deutsche gramm. 22 $ 277 s. 368 so auf, dass sie vor dem ableitenden -sk- einen guttural ausgefallen sein lassen, also dass man auf ein urgerm. *fruy-ska-z, allenfalls auch auf ein *fruska-z, das — indog. *prusko-s aus urindog. *pruk-sko-s sein würde (je- doch vgl. Brugmann grundriss 12 $ 707 anm. s. 637), zurück- zugehen hätte. Ebenso scheint Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. aind. spr. 252®f. zu denken, wenn er nicht nur das aisl. frauk-r und ags. frozza, sondern auch aisl. frosk-r, ahd. frose und ags. forsc einfach „zu russ. prygati, pri gnuti springen“ stellt. Anders aber Noreen abriss d. urgerm. lautl. 93. 117. 224, Tamm etym. svensk ordbok 178’ und Bradley Murray’s new engl. dict. 4, 1, 558°. Diese gelehrten berück- sichtigen gebührender weise auch anorw. fraud-r m. “frosch’ (oder fraud f. oder fraude m., belegt nur gen. plur. frauda) und aschwed. frödher m., frödh f. 'frosch’, nschwed. frö n., und Tamm schliesst hieraus, dass die -sk-formen aisl. frosk-r, ahd. frosce u.s.w. keinen guttural vor diesem ihrem ableitungs- element eingebüsst haben, während Noreen sich positiv da- hin ausdrückt, dass die anorw. fraud-r und aschwed. frödh vielmehr auf den untergang eines dentalen verschlusslauts in oder vor dem -sk- des germ. *fruska- hindeuten, dass letz- teres entweder ein älteres *frut-ka-z, nach der theorie Brug- mann’s grundriss 1! $ 527 s. 385 (etwas anders jetzt dieser srundriss 12 $ 780 anm. s. 687. $ 795 anm. 1 s. 702f.), oder eher noch ein *frut-ska-z zur voraussetzung habe; ähnlich wie Noreen lässt Bradley frosch aus einem „*frud-ko-*, aber aisl. frauke aus „fraud-ke*“ kerkommen. 346 II. Aus dem tierreich. Das nächstliegende ist aber jetzt offenbar, dass man bei der formalen analyse der wortbildung von ahd. frosc, aisl. frosk-r weder an einen guttural noch an einen dental als den vernichteten wurzelauslaut denkt, sondern annimmt, dass in dem *fru-ska-z, ferner in ags. fro-zza und fro-cca nebst dem aisl. frau-k-r, dann in anorw. frau-d-r es drei verschiedene weisen sind, wie an den wurzelhaften bestandteil germ. fr«-, frau- suffixale oder wurzelerweiternde konsonanten als deri- vative elemente anschiessen. Wie das aind. plav-a-s “frosch’ als nomen agentis mit dem -o-suffix aus indog. prex- oder prau- hervorging, so ist das germ. *fru-ska-z = aisl. frosk-r, ahd. frosce aus derselben wurzel in tiefstufengestalt mit dem suffix -sko- gebildet. Ver- mutlich war also frosch wol ein substantiviertes adjektiv, dessen bedeutung "springend, hüpfend’ war, ein wort des bildungstypus, den eine anzahl primärer germanischer adjek- tive, besonders im nordgermanischen heimische, mit nomen- agentis-funktion tragen, aisl. anorw. vask-r "kühn, tapfer’ aus *way-ska-z zu aisl. vaka, got. wakan, ahd. wahhen “wachen’, lat. vegere "erregen’, "lebhaft, rege sein’, aisl. anorw. beisk-r “bitter”, aschwed. besker und besk-er aus *bait-ska-z zu aisl. bita, got. beitan "beissen', got. baitr-s, ahd. bittar, aschwed. var-sk-er "aufmerksam, vorsichtig’ zu vara sik “sich wahren’, aisl. vara, asächs. warön "beachten’, aschwed. var, aisl. var-r “aufmerksam u. a., darunter auch solche mit tiefstufenablaut der wurzel, z. b. aschwed. dul-sk-er "träge, lässig, säumig’ nschwed. dän. dolsk zu aschwed. dul dol "träge, schlaff’, asächs. for-dwelan "versäumen, ahd. gi-, ar-thoelan “torpere, sopiri, cessarı' (Kluge nomin. stammbildungsl. d. altgerm. dial.2 $ 209 s. 100, Brugmann grundriss 2 $ 85 s. 240, T. E. Karsten studien öfver de nordiska sprakens primära nomi- nalbildning 2, 118ff.); schwächste wurzelstufe hat auch, nur | ne ee N 4. Frosch, froh und springen. 347 ist es passivisch in seiner bedeutung entwickelt, das gr. di- 0z0-3 “wurfscheibe’ aus * dix-0x0- zu dızeiv “werfen’ (vgl. Brugmann grundriss 2 $ 90 s. 259. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertums wiss. 23, 1, 206). Anorw. frau-d-r, aschwed. frödher masc. und frödh fem. ‘frosch’ werden am einfachsten als o-hochstufig mit dem partizipialen suffixe -to-, -tä geformte substantivbil- dungen angesehen: germ. *frdu-ba-z und *frdu-Bo oder *frau-dä-z, *frau-do = indog. *prou-to-s "springer, hüpfer’, *prou-ta “springerin’ erscheinen so zur seite des aind. plu-ta-s part. “gesprungen, springend’, wie aınd. mär-ta-s “sterblicher, mensch’, gr. u0g-rö-g neben aind. mr-ta-s part. “gestorben, tot’, armen. mar-d “mensch’; man vergleiche sonst noch zur wurzelstufe solcher nomina substantiva gr. 960-To-s, v60o-ro-g, zoi-ro-g, air. foss “bleiben, ruhe’ aus *wos-to-s, lit. slap-ta-s “versteck’ und feminina wie gr. #0i-7n, uog-rr, Boov-rr, 1it. nasz-ta “tracht, last’, bras-tü “furt’ (de Saussure mem. sur le systeme prim. des voyelles 76f, Brugmann grundriss 2 $ 79 s. 208. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 1, 201, Solmsen unters. z. griech. laut- u. verslehre 219. 297). Mit frosch bringt Kluge etym. wörterb.° s. v. auch „mittelengl. frute froute "kröte'“ zusammen. Das scheint einer richtigstellung zu bedürfen. Ich verdanke meinem kollegen Hoops folgende nachweise darüber: „Zu frude vgl. poema morale ed. Morris, old engl. homilies 2, 228 v. 277£.: bar bed naddren and snaken, eueten and fruden, pe tered and freted bo euele swiken (bösewichter in der hölle), De nidfulle and Be prude; vgl. auch die andern fassungen desselben gedichts ed. Lewin v. 275£. und old engl. miscellany p- 67 v. 271. Doch kommt einmal eine variante frute vor: J. Zupitza übungsb. s. 61 v. 273f. Die form frude findet sich ferner (nach Stratmann-Bradley 252) in early engl. poems ed. rn Ss q us 348 II. Aus dem tierreich. Furnivall, Philol. Soe. 1862, 8, 138. Endlich hat in Sawles Warde (Morris, old engl. hom. 1: EETS. 34, 251, 15) an der stelle adden ant froggen be freoted ham eine hs. (p.326) statt froggen froden. Jedenfalls sind die formen mit d das nor- male (nieht f).“ Die d-form erhält dann auch noch eine stütze durch nengl. mundartl. frod für frog bei J. Wright the engl. dialeet diet. 2, 504°. Der gedanke, dass bei diesem mengl. frude oder frode skandinavische entlehnung, von dem anorw. fraud-r oder fraude oder einer ähnlichen form her, im spiele sei, ist nicht ganz ausgeschlossen. Das mengl. früde aber, dessen % durch das reimwort präde gesichert ist, muss doch wol für erb- wörtlich gelten und hätte also seine besondere ablautsgestal’ tung, germ. *frad- aus indog. *prü-t-, während die form frode allenfalls aus skand. fraude entlehnt sein könnte; ähnlich be- reits Björkman scand. loan-words in middle-engl. 76. Was die seite der bedeutung anbelangt, muss mengl. früde oder frode jedenfalls eine bezeichnung der kröte sein, die auf dies „kriechend und lauernd träge“ tier mit seinen zum springen untauglichen beinen vom frosche übergegangen war. Wir begegnen ja häufigem namensaustausch zwischen beiden tieren, so auch bei dem lodoke der Barisprache, wenn es sowol “kröte” wie “frosch ’, eigentlich aber “springer’ bedeutet (s. oben s. 341); sonstige beispiele dafür, „dass sich die benennungen der rana viridis und der rana bufo, des munteren frosches und der trägen kröte vermengen“, bei Grimm deutsch. wörterb. 4, 1, 1, 250, Hildebrand ebend. 5, 2415 und O. Schrader reallex. d. indog. altertumskunde 483. Mit wurzeldermination haben wir es bei ags. frozza und frocca sowie aisl. frauk-r “frosch’ zu tun. Es bedarf keiner näheren ausführung, dass diese wortformen in gemässheit der bekannten, wenn auch noch nicht völlig aufgeklärten, erschei- 1 4 4. Frosch, froh und springen. 349 nungen der urgermanischen und der vermutungsweise dazu angenommenen westgermanischen konsonantendehnung von einer wurzelgestalt indog. pruk- (prouk-) sowol wie auch von indog. prugh- ausgegangen sein können, indem in ags. frocea das -kk- das in urgermanischer zeit entstandene assimilations- produkt aus dem guttural und angeschmolzenem suffixalem -n-, in aisl. frauk-r das einfache -k- die reduktion jenes -k%k- nach langer silbe sein würde, in ags. frozza aber das -g9- durch den jüngeren, erst in der westgermanischen sprach- entwicklung ausgeübten verschärfenden einfluss des -n- zu erklären wäre (vgl. jedoch unten s. 378). Ich verweise kurz- weg auf Kluge Paul-Braune’s beitr. 9, 167. 184 und Kauff- mann ebend. 12, 515. 521. 529, wo eben in diesem sinne die hier in rede stehenden bezeichnungen des frosches besprochen werden. Wenn Kauffmann’s theorie zutreffend ist, wird durch das ags. frosza, indem ja dessen -99- ein im urwest- germanischen bestandenes oder vielmehr hier von neuem auf- gekommenes -zn- voraussetzen lässt, die wurzelgestalt mit alter nicht aspirierter media indog. prug- von der konkurrenz hier ausgeschlossen: wir hätten also darum nur mit pruk- oder einem prugh- zur deutung jener ags. frozza und frocca, aisl. frauk-r zu rechnen. Aus dem weitern verfolg dieser untersuchung wird sich ergeben, warum auch aspiriert auslautendes indog. prugh- hier aus dem spiele bleiben muss. Das somit alleın erübrigende pruk- — von einem prukh- mit alter tenuis aspirata darf wol abgesehen werden — erklärt sich leicht als pru-k-, eine weiterbildung des alten pru- mit dem determinativ -k-, einem der am häufigsten in der wurzelformung angetroffenen bil- dungsmittel: wir erhalten, wenn auf indog. *pru-k-en- "pru- -k-n- "springer’ als ein altes nomen agentis mit -en- die ags. frocca und frozza im letzten hintergrunde zurück weisen, einen 350 II. Aus dem tierreich. neuen fall von der art, wie gr. &ev-z-w:20lw, Öld-r-W; öhkouı Öheoa 61.2390-5, gr. &-In-4-a I-x-n lat. fe-c-ı fa-c-io aind. dhä-k-@ “behälter’ : gr. ri9yuı aind. dadhäti wz. dhe-, gr. rY-z-w:abulg. taja “liquefio’ und ähnliches mehr, was man bei Persson wurzelerw. u. wurzelvar. 5ff. 209f. und Johansson beitr. z. griech. sprachkunde 62 ff. behandelt findet. Bei einer sekundärwurzelform indog. pru-k- “springen’ angelangt, sind wir ferner in der lage, balto-slavisches zum vergleich heranziehen zu können. Zwar genau das pru-k- selbst ist auf diesem sprachboden nicht vorfindlich, dafür aber zunächst als dessen stellvertretung die um das be- wegliche s- vermehrte wurzelgestalt s-pru-k-; diese im lett. sprüku aus *sprunku, spruku, sprukt entspringen, entwischen’, lit. spruka 3. sing. praet. "entschlüpfte’, isz-sprükes part. praet. “entsehlüpft’ und lett. sprukst-s “ein leichtfüssiger’, wozu mit höherstufigem ablaut lett. sprauzü-s, spraukte-s "entwischen, entfliehen’. Ein absenker dieses s-pruk- aber ist mit alter erweichung des wurzelauslauts s-prug-, von dessen einstigem vorhandensein mittelbar durch das sprüg- von lit. spräkstu, sprügau, sprükti “entspringen, entwischen’ und durch die au- form lett. sprauga “zaunlücke, lichte stelle’, eig. "zum ent- weichen geeignete stelle’, zeugnis abgelegt wird. Die belege für diese ganze wortsippe des baltischen gibt Leskien d. ab- laut d. wurzelsilben im lıt. 309. Nach bekannter theorie ist ein kausalzusammenhang zwischen diesen formen mit -9- und dem auftreten des nasalinfixpräsens lett. sprükuw zu vermuten; vgl. darüber jetzt verf. L. von Patrubäny’s sprachwiss. ab- handl. 2, 50f. Dass der wechsel von tenuis und media, wo er sich bei wurzeldeterminierendem -k- und -g- zeige, den- selben bedingungen unterliegen könne, unter denen sonst sich in indogermanischer urzeit wurzelauslautende mediae aus den entsprechenden tenues entwickelten, bemerkt Persson 2.4.0. 4. Frosch, froh und springen. 351 24f. Und nasalinfigierung tritt auch bei den durch determi- nierende konsonanten geformten sekundärwurzeln auf. Der fall von lett. plüku “ich werde flach’ aus *plank-u, lat. planc-a “pohle, planke, brett’, plane-i “pedibus plani’” Paul. Fest.: lett. plak-u praet., plak-t inf. ‘flach werden’, gr. ridS “fläche, platte’, gen. »wAax-0g, srAax-oög “kuchen', lit. plok-a-s “estrich', plok-szeza-s “flach, platt’ : gr. r&)ay-og “meer, hohe see’, eig. “aequor’, dor. »cA«y-og n. ‘seite’ tab. Heracl., lat. plag-a ‘fläche’, “netz, teppich, überzug’, “gegend, landschaft’, ahd. flah flach, glatt nl. vlak “eben’, ags. /loe “plattfisch, flunder’: it. plo-ti “breit zusammenschlagen’, plo-na-s “dünn, fein’, lat. plä-nu-s “eben, flach’, gr. w&iu-vo-s “opferkuchen’, £rrı-ro)-n “ober- fläche’, aschwed. fal-a “planities’, abulg. pol-u ‘offen’, pol-je “feld’, gr. zailc-un, lat. pal-ma, ahd. fol-ma “flache hand’, air. ld-m f. hand’, aisl. ags. flör mhd. vluor “bodenfläche, flur’, air. /d-r “estrich, flur’, wenn diese formverhältnisse von Persson a.a. o. 10. 22. 220 im wesentlichen richtig beurteilt werden, bietet ein ganz ähnliches bild dar, wie das uns hier be- schäftigende nebeneinander von indog. s-pru-n-k- springen’ in lett. spraku und s-pru-k-, s-pra”uk- in lett. spruku praet., lit. spruka, isz-sprükes, lett. sprauzu-s, ferner pru-k-, pra®u-k- in ags. frocca und frozza, aisl. frauk-r, s-prü-g-, s-pra®u-g- in lit. sprügau prät., lett. sprauga fem. und der primärwurzelform pru-, pra®”u- in aind. prutd-s pluta-s, - prävate, plava-s, anorw. fraudr und unserem adjektiv froh. Bei u-vokalismus zeigt sich, wie in unserem falle, die wurzel- formung durch determinierendes -k- mit und ohne nasalınfix, wenn wir die verzweigung der urwurzel tex- "schwellen, fett und stark werden’ ins auge fassen, lit. tunk-& praes. ich werde fett’ : tuk-au praet., tük-ti inf., tuk-lü-s adj. “mästbar’, lett. tük-t "schwellen’, tük-s “geschwulst, hit. tauk-a? m. pl. fett’, abulg. tuk-ü m. fett’, ags. deoh “schenkel, diekbein’ ahd. dioh 352 II. Aus dem tierreich. “coxa, femur’ aisl. Bid “hinterteil’ : lit. ti-la-s "so mancher’, eig. ‘masse’, abulg. ty-ja, ty-ti “fett werden’, serb. tov “fettig- keit’, ags. di-ma ahd. dümo daumen’, aisl. Pu-mall“daumen‘, lat. tu-mere, gr. vu-).0-g, tu-An, aind. t4-m-ra-s feist, strotzend'', tuv-i- in compp. “stark, mächtig’, tü-ya-s “kräftig, stark’, tav- ıti “ist stark, hat kraft, vermag’, tav-isa-s “kräftig, tüchtig’, npers. fuvan “vermögend, mächtig’, avest. tov-1s7- “kraft” (vgl. Pott wurzel- wörterb. 1, 793ff., G. Curtius grundzüge d. griech. etym.? 226, O. Schade altdeutsch. wörterb.? 104°, Fick vergleich. wörterb. 2°, 372. 572, Miklosich etym. wörterb. d. slav. spr. 367", Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 330, Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 110®f.). Ohne das bewegliche s-, welches die baltische wortsippe von lett. spräk-u durchweg hat, also mit dem einfachen indog. p- anlautend wie aind. pru-, prdävate, plava-s und wie froh und frosch im germanischen, anderseits aber mit dem -g- des lit. spräg-au praet. “ich entsprang, entwischte' und lett. spraug-a zaunlücke' behaftet erscheint das, was die slavische sprache hier beizusteuern hat: ın russ. prygnutt “einen sprung, einen satz machen’ und pry/gati "springen, hüpfen’, prygü “sprung, satz’, “der springer als spielwerk, hampelmann, gaukel-, stehaufmännchen’, “‘frosch im feuerwerk’, prygiunü “springer, hüpfer’, “springhase’, “gemeines springkraut’, pry- z0kit “sprung, satz’, s-prygü “das ab-, herunterspringen’, pry-: gumü-travd und s-prygü-trava "springwurzel’ haben wir ver- tretung von indog. prü-g-, in abulg. prag& “heuschrecke' solche von grundsprachlichem pru-n-g-. Dass bereits Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 252°f. russ. prygati und prygnuti zur etymologischen erhellung der germanischen namen des frosches, die gutturalbehaftet sind, aisl. frauk-r und ags frozza und des vermeintlich auf germ. *fruy-ska-z 4. Frosch, froh und springen. 353 beruhenden aisl. frosk-r, ahd. frosc, ags. forsc heranzog, ist oben s. 345 erwähnt worden; der gedanke aber, dass die an- fangsglieder der composita aind. plava-ga-s und plavam- gama-s “frosch’ nicht von verschiedener wurzel seien, hätte, wenn Uhlenbeck einmal diese sanskritformen gleichzeitig anführte und als „in sprüngen gehend“ deutete, kaum allzu fern gelegen. Hinter dem namen der heuschrecke abulg. prag-ü suchen wir also ein indog. *prung-d-s "springer', eine nomen-agentis- bildung mit wahrscheinlich dem zugehörigen präsens ent- nommener nasalinfigierung, wie die schlussglieder der alt- indischen composita g0-, mitra-vind-a-s, worin -vind-d-s so v. a. findend, gewinnend', ved. agnim-indh-ä-s "feuer an- zündend ’, bhümi-drmh-«-s“den erdboden festhaltend’, wie ferner das nomen actionis ved. tunj-d-s “ruck, anstoss, anlauf’ : tun- Jatı und tujaäti praes. “drängt, stösst, treibt an’, tuj- f. "an- stoss, antrieb, andrang’. Im slavischen ist ja a der regel- rechte vertreter des indog. un vor konsonanten in binnen- silben, genauer eines mit schleifton versehenen un, entspre- chend e, der reflex eines früheren i% in derselben stellung, wie Lorentz archiv £. slav. philol. 18, S6ff. (vgl. auch Brug- mann grundriss 128427 s. 390 £.) wahrscheinlich gemacht hat.') 1) Die zahl der von Lorentz und Brugmann, sowie früher schon von Wiedemann archiv f. slav. philol. 10, 652f. d. lit. prät. 5Sf. . 168f. anm. und Streitberg indog. forsch. 1, 283f., für solche etymo- logische geltung der slav. « und e beigebrachten beispiele will ich hier, was das a aus un anbetrifft, noch um einige vermehren. Zu lit. grumbiu, grubau, grüpti "holperig, schwielig werden’, grubü-s "holperig, grob- fingerig’, grublai “unebenheiten, holpern’, lett. grumbu ‘ich bekomme runzeln’, grumba 'runzel’ und wol auch zu ahd. grob, mhd. grop “dick, ungeschickt, unfein’, mnd. mnl. grof “grob’ gehört abulg. grabü roh, unerfahren’ (vgl. Diefenbach Kuhn’s zeitschr. 16, 222, Joh. Schmidt d. verwantschaftsverhältnisse d. indog. spr. 41, Miklosich etym. wörterb. d. slav. spr. 79%); den schleifton der nasalinfixhaltigen wurzel- Osthoff, Etymologische Parerga. 1. De 554 II. Aus dem tierreich. Wie in abulg. pragü "heuschrecke’ = klruss. prugü dass., so hat man nun das vorslav. *prung- "springen’ ferner in nbulg. prägav adj. “elastisch, behend, schnell, geschickt” = abulg. *pragavü zu suchen; dann vielleicht auch in russ. u-prügij “elastisch, schnellend, prall’, klruss. u-pruhyj “ela- stisch’ und russ. prıga “springfeder ’, cech. s-pruha “was feder- kraft hat’ nebst russ. pruzina “sprungfeder’ und obersorb. pruzina “sprenkel’, cech. s-pruzina dass., obwol in ermange- lung beweisender formen, vornehmlich altbulgarischer oder gestalt erweisen die wurzelbetonten litauischen präsensformen 3. pers. grwsnba, 1. plur. grumbame u.s. w. Ferner nenne ich poln. trad “aus- satz’, abulg. tradü@ eine art krankheit, vodinyj tradü "wassersucht’ als verwandtschaft von got. Pruts-fill "aussatz’ (Jac. Grimm gesch. d. deutsch. spr. 336. deutsch. wörterb. 1, 943 s. v. aussatz, Joh. Schmidt z. gesch. d. indog. vocal. 1,160, O0. Schade altdeutsch. wörterb. 1112 s. v. driozan, Miklosich a.a. o. 362), alsdann aber wol auch von aisl. Prütenn ‘geschwollen’ und Prote m. “anschwellung, schwulst’, die ich wenigstens mit Feist grundriss d. got. etym. 124 zu got. Pruts- in bruts-fill stelle (anders Per Persson Bezzenberger’s beitr. 19, 268 und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 1532); dass ein altes *tru-n-d- auch als basis einer präsentischen nasalinfixbildung vorkam, wird durch ags. Zrintan, mnd. mnl. drinten "schwellen’ bezeugt, wenn ich dies germanische verbum richtig als nachfolger eines älteren *pruntan erklärt habe (verf. verhandl. d. 41sten versamml. deutscher philol. u. schulmänner zu München Leipz. 1892 s. 302 und bei Sütterlin zeitschr. f. deutsche philol. 24, 216). Abulg. w-tachnati 'cessare’, “stille werden, aufhören’ enthält tach- aus indog. *tu-n-s- auf grund der annehmbaren vergleichung von preuss. tussise “er schweige’, tusnan ‘stille’ und aind. tisyati "beruhigt sich, gibt sich zufrieden’, tusnzm adv. 'stille, schweigend’, tosa-s “befriedigung’, avest. tusni-sad- "stille, beruhigt sitzend’, tusna maiti-5 “zufriedener sinn’, air. tö tua adj. ‘still, schweigend’ aus indog. *touso-s oder *teuso-s. Diese zusammenstellung geben auch Fick ver- gleich. wörterb. 1°, 603 und Berneker d. preuss. spr. 328, aber das von ihnen als slavische vertretung verzeichnete „abg. potuchnati“ “quiescere, exstingui’ ist eine imaginäre form, von Miklosich lex. Palaeoslov. 646» nach dem po-tuch- russisch- und serbisch-kirchenslavischer quellen zu- recht gemacht anstatt eines echten abulg. *po-tachnati, wie übrigens auch Miklosich selbst etym. wörterb. d. slav. spr. 358» feststellt; das 4. Frosch, froh und springen. 355 polnischer mit erhaltener nasalierung, das hier erscheinende prug- (pruz-) auch wol auf ein älteres *proug- = lit. lett. (s)praug- zurückgehen könnte. Aber *prung- ist wiederum sicher in abulg. prag-lo n. "tendieula, sprenkel’ = russ. klruss. prüglo “schlinge, netz, garn’, cech. pruhlo und dazu in slov. prögla f. 'schlinge’, deren begriffsentwicklung ganz ähnlich war, wie die von gr. oxdvda)o-v 'fallstriek’, anstoss, Ärgernis’, ozavdaln$#0o-v "stellholz in der falle’ : aind. skändati “schnellt, springt’, lat. scando “ich steige , air. ro sescaind “er sprang’, russ. bichnutt “erlöschen’ ist damit natürlich identisch und keineswegs zu lit. famsü “finsternis, dunkel’ zu beziehen, wie Holger Pedersen indog. forsch. 5, 57 anm. 2 mit verweisung auf Brandt Russk. filol. vestnik 25, 30 (mir hier nicht zugänglich) lehrt. Die beiden letzten für das in rede stehende slav. a aus «% zu nennenden zeugnisfälle zeigen uns den bekannten bei vorliegender nasalinfigierung häufig anzutreffen- den wechsel wurzelschliessender tenuis und media: die nasalhaltige form hat die media in abulg. /ag“ "hain’, verglichen mit lat. /zcu-s und ahd. löh 'gebüsch, gehölz, kleiner wald’ ags. !eah “wiese, feld’, lit laüka-s "freies feld’, aind. lokd-s ‘freier raum, welt’, wenn man dieser ver- gleichung nach Miklosich lex. Palaeoslov. 357? raum geben darf; um- gekehrt im slavischen nasalinfix mit tenuis gegenüber unnasalierter form mit erweichtem wurzelauslaut in andern sprachen und im slavischen selbst bei poln. tracic stossen’ = Cech. troutiti dass.. klruss. trutyty, po-trutytyy dass., russ. trutyti “drücken, pressen’, 'ermüden, anstrengen’: lat. trado ‘ich stosse, dränge', trudi-s 'stange zum stossen , got. us- Priutan "beschwerlich fallen’, ags. d-Zreotan ‘ekeln’, ahd. ir-driozan “beschweren, verdriessen’, aisl. Praut f.“mühsal’ und abulg. trudxz, poln. trud ‘mühe, mühsal, beschwerde’. Unter dem von Wiedemann, Streitberg, Lorentz und Brugmann beigebrachten material war ja auch schon ein fall der art, dass d-form teils mit, teils aber auch ohne nasalinfix auf slavischer seite sich mit nasalfreier ?-form im ausser- slavischen gebiet begegnete, nämlich abulg. nazda "zwang, gewalt, not- wendigkeit’, poln. nedza ‘not’, abulg. naditi ‘nötigen’ und abulg. nuFda “zwang, not‘, nuditi ‘nötigen’, poln. nırda “langeweile’ : preuss. nauti-n acc. sing. not’, germ. *naupi- in got. naup-s f. not, zwang, gewalt’, naupai dat. sing., naupjan "nötigen, zwingen’ und *naufi- in ags. nied, afries. ned, asächs. nöd, ahd. nöt f., got. naudi-bandi und naudi-paurfts, *naupi- oder *naufi- in aisl. naudir) f. 'notwendigkeit”. 235 356 II. Aus dem tierreich, wobei auch die übereinstimmung der suffixbildung mit dem für nomina instrumenti dienenden -(/)/o- zwischen dem abulg. prag-lo und dem gr. oxavd-aAo-v (vgl. verf. forsch. im geb. d. indog. nomin. stammbildung 1, 174) zu beachten ist. Mehrere von pragü nieht zu trennende slavische wort- formen scheinen indes meiner annahme des ursprünglichen u-vokalismus zu widersprechen. So besonders abulg. prega, presti und pregna, pregnati ‘spannen’, na-prezati “intendere’ und mit e aus e slov. serb. prezati se, welches slov. "auf- springen (vom samen)’, serb. aber "vom schlafe aufspringen, auffahren’ bedeutet. Auf grund dieser geschieht es, ferner dann aber auch mit rücksicht auf unser deutsches springen, worüber weiter unten, dass man die wurzel „preng-* "spannen, springen’ ansetzt und pragü “heuschrecke' als o-stufig ab- lautendes substantiv = urslav. *prong-ü dazu stellt; vgl. Miklosich etym. wörterb. d. slav. spr. 261°. 262°f. 265° und E. Zupitza d. germ. gutt. 180. Ich glaube aber, dass das eine nicht mehr zulässige anschauungsweise ist. In betracht kommt nämlich, dass es auch ein slav. pred- mit der bedeu- tung ‘springen, sich schnell bewegen’ gibt, dies in abulg. predaja, predati ‘springen’, ‘zittern’, russ. prjddati und prjdnuti “hüpfen, springen’, serb. predati zittern, fürehten’ und prenuti ‘zittern’, “aus dem schlafe auffahren’, wozu mit o-ablaut poln. prad “stromschnelle’, cech. proud “strom” und das adjektiv slov. prödek “munter’, klruss. prudak “pernix', wruss. und russ.-dial. prudkij, poln. predki, @ech. prudky “schnell ’, die sippe des „prend-* bei Miklosich.a.a. o. 262". Man verknüpft dies slav. pred- einleuchtend mit aisl. spretta “springen, aufspringen, hervorspriessen’ aus *sprintan (Joh. Schmidtz. gesch. d. indog. vocal. 1, 57.2,231, Fick vergleich. wörterb. 23, 502. 689. 33, 356, O. Schade altdeutsch. wörterb.? 858°, Per Persson wurzelerw. u. wurzelvar. 169, Noreen | 4. Frosch, froh und springen. 357 altısl. u. altnorw. gramm.? $ 207, 2 s. 114); es wäre demnach pred- ‘springen’ im slavischen etwas erblich überkommenes gewesen. Und es scheint mir nun, dass sich durch wurzel- kontamination des auf *prung- beruhenden prag- und des ihm synonymen pred- ein unursprüngliches wurzelgebilde preg-, welches dann vorzugsweise der träger des ausdrucks der spann- und schnellkraft elastischer körper wurde, sich habe ergeben können. Zu dem abulg. praglo “schlinge, sprenkel’, russ. klruss. prxiglo, @ech. pruhlo erscheinen die varlanten osorb. prudto und nsorb. psudlo, die Miklosich a.a. 0. 262° in lautlich nicht zu rechtfertigender weise „aus pruhlo“, „aus psuglo“ entstanden sein lässt. Meines erachtens ist hier doch auch unverkennbar eine einwirkung der laut- form der einen wurzel auf das zubehör der andern zu ver- spüren :nach predati springen’ und *pradükü “schnell’ = slov. prödek, wruss. prudk:j, poln. predki u. s. w. ist auf dem speziellen boden des sorbischen das alte praglo zu *pradlo, d. 1. osorb. prudto, nsorb. psudlo, umgestaltet worden. Wenn denn also mit dem abulg. pragü "heuschrecke', wie wir erwiesen zu haben glauben, unser frosch und engl. frog und ferner nschwed. dän. frö, dieses als moderner ver- treter der älteren nordischen formen aschwed. frodh f., frodher m. und aisl. fraud-r “frosch’, sich wurzelhaft zusammenbringen lassen, so wird nun auch den anschluss der germanischen be- . zeichnungen des springenden frosches an unser verbum springen zu vollziehen angezeigt sein. Denn dies letztere als verwandt- schaft jener slavischen benennung der heuschrecke anzusehen, entspricht bereits der sprachwissenschaftlichen gewöhnung, so- wie man bei solcher vergleichung des ahd. asächs. springan, mnl. springhen, ags. sprinzan, afries. aisl. springa und des abulg. pragü zum teil auch das lit. spräkstu, sprügau, sprükti “entspringen, entwischen’ und russ. prygnuti “springen, hüpfen’ 358 II. Aus dem tierreich. herangezogen hat. Vgl. Miklosich lex. Palaeoslov. 754%. etym. wörterb. d. slav. spr. 265°, Joh. Schmidt d. verwant- schaftsverhältnisse d. indog. spr. 39. 42. z. gesch. d. indog. vocal. 2,232, Fick vergleich. wörterbh. 2°, 502. 689. 33, 356, O. Schade altdeutsch. wörterb.? 857’, Per Persson wurzelerw. u. wurzel- var. 27.99 anm. 1, Johansson indog. forsch. 2, 42, E. Zupitza d. germ. gutt. 180 und O. Schrader reallex. d. indog. alter- tumskunde 369. Beliebter ist freilich von jeher eine andere etymologische unterbringung des germanischen verbums springen gewesen, die zusammenstellung mit gr. osrr&oyw “ich dränge, treibe’, orc£oyouaı ‘ich eile’, O77egyv6-c “schnell, eilig, hastig’, heftig‘, d-orregy&g adv. “heftig, eifrig, leidenschaftlich , zu der sieh z.b. Leo Meyer vergleich. gramm. d. griech. u. lat. spr. 11, 387 (nicht wiederholt 12, 70. 95. 929), Schadea.a.o., Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr. 373° und Kluge-Lutz engl. etymology 196’, G. Burghauser indog. präsensbildung im germ. 39, Franck etym. woordenboek d. nederl. taal 946, Ver- coullie beknopt etym. woordenboek d. nederl. taal? 274°, Perssona.aa. 00.., Brugmann indog. forsch. 1, 176. grundriss 12 $ 602 s. 549. 2 $ 634 s. 1001. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 1, 111, Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 296f., Johansson a. a. 0, Holger Pedersen indog. forsch. 2, 290, Heyne deutsch. wörterb. 3, 716, Streit- berg urgerm. gramm. $ 203 s. 297 und Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 350° bekennen. Aber mich be- friedigt diese kombination in begrifflicher hinsieht nicht : ist springen seiner grundbedeutung nach ein „mit schnellkraft emporgehen“ (Heynea.a. 0.) oder so viel als „eine rasche bewegung nach oben machen“ (Paul deutsch. wörterb. 429°), gr. Or£oyw dagegen unverkennbar “ein eifriges, leidenschaft- liches vorwärtsdrängen’, so sind das ziemlich verschiedene 4. Frosch, froh und springen. 359 vorstellungen, die evidenz der bedeutungsverwandtschaft zum mindesten eine mangelhaftere. Beide vergleichungen aber, sowol die von abulg. prag-ü als auch die des gr. orr&oy-w, neben einander zuzulassen, wie es Schade, Persson und Johansson tun, ist auch lautlich unzulässig, weil der wurzel- auslaut des orr&oy-w alter palatal war, auf grund der ja sicher dem griechischen worte anverwandten und überdies die kluft der bedeutungen zwischen ihm und deutschem springen ver- grössert darstellenden gavest. a-sper’zatä “er strebte’, javest. sper’zva “nebenbuhler, feind’ und aind. sprhayati “er eifert um etwas, begehrt eifrig’, sprha f. das verlangen, begehren’, “neid’. Die unverträglichkeit beider vergleichungen bemerken auch schon Zupitzaa.a.o. und Uhlenbecka.a. o.; aber Uhlenbeck entscheidet sich falsch in dem vorliegenden dilemma, indem er springen mit aind. sprh- und avest. sper?z-, gT. Orc&oyw beisammen bleiben lässt, nicht mit dem abulg. pragü, während Zupitza richtiger urteilt, dass zu aind. sprhayatı und der zendform a-sper’zatä das gr. „Orreoyouaı wol näher gehört, als zu springen“, welchem letzteren man nach abulg. prag-ü und dem weiteren slavischen zubehör nichtpalatalen wurzelauslaut zuzuerkennen habe. Neuerdings bringt Zupitza Kuhn’s zeitschr. 37, 401 gavest. a-spar’zatä und aind. sprhayati mit abulg. is-prügnati “"herausspringen’ zusammen, indem er diese slavische wort- form in die Iıste der von ihm aufgezählten alten entlehnungen aus dem centum-gebiet, welche die satom-sprachen aufzu- weisen haben (vgl. oben s. 62. 222f.), einreiht. Hier haben wir es allerdıngs mit einem urslav. *pirg- zu tun, also mit einer indog. r-form, wie aus apoln. pierzgnac “bersten’ — abulg. -prägnati hervorgeht (vgl. Miklosich etym. wörterb. d. slav. spr. 241°). Indes ist die bedeutung nicht eigentlich “springen, salire’, sondern eben “bersten, aufplatzen’, sowol in 360 II. Aus dem tierreich. dem von Miklosich lex. Palaeoslov. 267° gegebenen einzigen altkirchenslavischen belege mi obe oci isprügnete, vom heraus- platzen der augen gesagt, wie in poln. pierzgnie mi sköra “die haut springt mir’; so urteilt auch Leskien nach brief- licher mitteilung (Leipzig, 25. juli 1901). Dann mag man aber dies slavische verb *pirg-nati am besten zu der sippe von lit. spragü, sprageti “prasseln, platzen’, lett. spregt und sprägt "platzen, bersten’, lit. sprokstu, sprogau, sprokti "platzen, spriessen’, aisl. spraka prasseln’, gr. opagay£oucı ich prassele, zische’ und arzraoyr “ trieb’, doscagayog “erster pflanzenkeim’, “spargel’, aind. sphürjati “dröhnt, prasselt’, “bricht hervor, tritt zu tage, kommt zum vorschein’ und avest. spar’zo “zacken, auszweigung der pfeilspitze’, fra-spar’z0 “schössling, zweig” (vgl. E. Zupitza d. germ. gutt. 166f. und dort zitierte litteratur, dazu Brugmann grundriss 12 $ 531, 1 s. 480£., Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 351°, Hirt d. indog. ab- laut $ 253 s. 85) stellen. Dem aind. sprhayati und gavest. «a-spor’zata sowie gr. Orr&oyw steht also jedenfalls das poln. pierzgnae, abulg. is-prügnati auch begrifflich fern genug. Man wird aber anderseits auch bedenken tragen, das letztere mit abulg. prag& “heuschrecke und mit dem germanischen springen zu verknüpfen, da hier die bedeutungsdifferenz doch immerhin diejenige von ‘zerspringen, bersten, dissilire® und “springen, hüpfen, salire’ ist. Von Skeat coneise etym. diet. of the engl. language? 461° wird freilich auch unser springen, engl. to spring, indem „to split or erack“ als dessen ursprüng- licher sinn angenommen wird, mit lit. sprokti “platzen” wurzel- haft zusammengebracht. Die vergleichung des springen mit dem abulg. pragü geschah wol seither immer unter der voraussetzung, dass dies letztere auf urslav. *prong-& zurückgehe. Erscheint es uns aber durch die rücksicht auf die von prag& nicht abzuson- 4. Frosch, froh und springen. 361 dernden weiteren formen des slavischen und des baltischen, dazu in zweiter linie der germanischen froschbezeichnungen, geboten, vielmehr ein urslav. *prung-“ aufzustellen, so wird nun auch unser springen, wenn anders dessen zusammen- stellung mit abulg. pragü, russ. prygnuti u. s. w. aufrecht zu erhalten ist, irgendwie auf den wurzelhaften «-vokalismus zurückgebracht werden müssen. Es erscheint ferner, wenn zu springen nicht nur g-formen des slavo-baltischen zu be- ziehen sind, sondern eben auch jene %k-formen lett. sprüku, spruku, sprukt “entspringen, entwischen’, lit. spruka praet. und isz-sprükes part. praet. und lett. sprauzü-s “ich entwische’ (s. oben s. 350), alsdann auch angezeigt, dass man von media aspirata als dem alten wurzelauslaut des springen hinfort ganz absehe:auch springen muss k-form gewesen, das ger- manische -9- also nach dem Verner’schen gesetz aus vor- germanischer tenuis entwickelt sein. Wir kommen somit auf den ansatz von suffix-, nicht wurzelbetonung, und das lässt sich gemäss dem unverkennbaren morphologischen habıtus des verbums sehr gut rechtfertigen. Mit der frage der präsensstammbildung unseres springen hat man sich ja in jedem fall, nämlich auch bei der uns ver- werflich erscheinenden lehre einer wurzelverwandtschaft mit gr. 072&80y-©@, so abzufinden, dass zugehörigkeit zur nasalinfix- klasse anzuerkennen ist, also denn auch ursprünglicher tief- _ stufenvokalismus der wurzel, wie solcher durch die alte lage- rung des wortaccents hinter der wurzelsilbe in den das infix -n- enthaltenden formen bedingt war. Der tatsächlich vor- liegende hochstufenvokalismus von ahd. asächs. springu 1. sing. praes. ind. ist neubildung, wie durchweg in derartigen fällen; vgl. Brugmann grundriss 11 $ 285 anm. s. 230. 2 $ 628 s. 995f. $ 634 =. 1001. Und vom standpunkte der osrreoyw- vergleiehung ist es dieselbe germanische grundform, die als 362 II. Aus dem tierreich. vorläuferin dieses unursprünglichen springu aufgestellt wird, wie von unserm standpunkte:ein urgerm. *sprung-o. Nur ist diese ausgangsform in dem sinne, wie sie Brugmann srundriss 2 $ 634 s. 1001 und Holger Pedersen indog. forsch. 2, 291 erschliessen, als entwicklung aus indog. *sprngh-0 gemeint, in dem unserigen dagegen als reflex eines indog. *spyumk-o und dazu das genaue ebenbild des lett. spraku “ich entspringe’ = urbalt. *sprunk-u. Den umbildungsprozess, der von *sprungo zu *springo = ahd. asächs. springu führte, schildert Pedersen mit den worten: „germ. sprung-; dazu prät. sparg-, neugebildet sprang-; nach diesem präteritum ward dann die präsensform zu spreng-, später spring- umgestaltet.“ Wir haben daran für unsern zweck die modifikation anzu- bringen, dass wir vielmehr sagen : germ. *sprungö; dazu perf. sing. *sprauy-, perf. plur. und part. praet. *spruz-; hierfür neu- gebildet sprang- und sprung-, und hiernach wiederum das präsens mit spring-. Wie ich es mir vorstelle, dass präsensformen starker verba mit einen irgendwie entwickelten wurzelhaften « im urgerma- nischen, einige nachzügler aber auch noch in späterer periode des germanischen sprachlebens, den ehemals häufiger vor- handen gewesenen ablaut « praes.:a bezw. au perf. sing. in das von jeher viel häufigere verhältnis e ():a« umzumodeln wussten, ist verhandl. d. 41 sten versamml. deutsch. philol. zu München Leipz. 1892 s. 301f., kürzer auch bei Streitberg in- dog. forsch. anz. 1, 82 und bei Sütterlin zeitschr. f. deutsche philol. 24, 215f., dargelegt worden. An dieser theorie halte ich fest, und zu den erscheinungen, die sich mir als weitere bestätigungen derselben im laufe der zeit ergeben haben, ge- hört eben der fall unseres springen : lett. sprüku. Im prinzip stimmt meiner auffassungsweise auch Pe- dersen a.a.o. zu und erklärt es für „möglich, dass auch 4. Frosch, froh und springen. 363 u-wurzeln in die e-reihe übergehen konnten,“ meint jedoch, das von mir früher für diesen vorgang angeführte beispiel got. stiggan "stossen ’: aind. tunjati “schlägt, stösst, schnellt’ sei „der blassen bedeutung und der unvollständigen lautlichen übereinstimmung wegen unsicher.“ Ich verstehe die gründe der beanstandung dieser kombination, die auch Fick 1°, 247. 823. 33, 343 und O. Schade altdeutsch. wörterb.? 872° f., frei- lich zugleich mit herbeiziehung von mancherlei formal und begrifflich unverträglichem, bringen, beim besten willen nicht. Die bedeutungen fügen sich doch wol so trefflich als möglich zu einander, besonders auch diejenigen der nomina got. bi- stugg n. “anstoss’ und aind. tunja-s m. "ruck, anstoss, anlauf’, die man geradezu für vertreter eines erbwörtlich überlieferten indog. *(s)tung-o- “anstoss’ halten könnte, da wol sicher auch schon die grundsprache übertragung eines präsentischen nasal- infixes auf dem verbum nahe stehende nominalbildungen gekannt haben wird. Für das verständnis „der unvollständigen lautlichen übereinstimmung“ aber gibt ja eben unsere theorie von dem ursprung der sekundären vokalısation des got. stig- gan einen aufschluss, den Pedersen prinzipiell für befriedi- gend hält. Oder meint dieser gelehrte etwa, dass der wurzel- auslaut des aind. tuny-d-t und tuj-a-ti praes. alter palatal gewesen sei, Im gegensatz zu dem labiovelar got. -9-? Ich wüsste nicht, was der annahme einer durchgehenden aus- - gleichung zu gunsten des palatals, wenn aind. tuj- tunj- durch Jüngere palatalisierung von tug- twnng- hervorgegangen ist, im wege stünde; das unklare drraS Aeyouevov tügvan-ı rgv. 8, 19, 37 und der vedische personenname Tügra-s werden frei- lich nur unsicherer weise zu funjdti bezogen (vgl. Roth zu Yaska’s nirukta 4, 15, Grassmann wörterb. z. rgv. 538, Whitney d. wurzeln, verbalformen u. prim. stämme d. sanskrit- spr. 63, Johansson Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 2, 364 II. Aus dem tierreich. 13, Th. Baunack Kuhn’s zeitschr. 35, 524f.). Solche gänz- liche ausmerzung der nicht palatalisierten form von wurzel- auslauten, die ursprünglich labiovelar oder reinvelar waren, haben wir doch auch sonst im altindischen, z. b. bei dem soeben genannten aind. sphürj-a-ti : lit. spragu, sprageti, wo nirgends mehr sich aind. *sphärg- in der gesamten zuge- hörigen sippe zeigt (vgl. Whitney a.a. o. 198). Nach unserer etymologischen auffassung des got. stiggan = aısl. stokkua “springen, stürzen’, agutn. stingua, aschwed. stinka stiunka ‘prallen’ aber würden mit diesem nun auch im germanischen selbst norw. stauka “stossen, oberd. stauchen "mit dem fusse stossen’ und schwed. stuka “überwältigen’, engl. dial. to stoke, mnl. mnd. stoken nhd. stochen “das feuer schüren’ und aus dem keltischen mir. tuag f. ‘axt’, tuagaim “ich schlage mit der axt’ zusammenkommen, da man diese bereits dem aind. tunyati einleuchtend verglichen hat (Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr. 6 381°, Johansson.a.a. o. 11f., Stokes Fick’s vergleich. wörterb. 24, 133, E. Zupitza d. germ. gutt. 35. 216, Uhlenbeek kurzgef. etym. wörterb. d. altind. spr. 113°); ich würde meinerseits dann auch noch das aisl. Boka “bewegen’ anzuschliessen wagen als eine dem aind. tuy- hinsichtlich des einfacheren anlauts noch vollkommener entsprechende wort- form. Die norw. stauka, schwed. stuka, aisl. Poka würden wegen der verschiedenheit der behandlung des labiovelars im gegensatz zu aisl. stekkua, agutn. stingua, got. stiggan num auch als stützen, vielleicht nicht die verächtlichsten, für das lautgesetz, dass hinter « das germanische die labialaffektion der alten g-, g-laute einbüsste (Zupitza a. a. o. 71. 75. 91. 96, Brugmann grundriss 12 $ 685 s. 615), sich verwenden lassen; und nach mir. tuag "axt aus indog. *teuga oder *touga müsste dasselbe im keltischen der fall gewesen sein, was bisher noch zweifelhafter sein konnte (vgl. Bezzenberger in seinen 4. Frosch, froh und springen. 365 beitr. 16, 252, dagegen verf. Brugmann-Streitberg’s indog. forsch. 4, 281 ff.). Was anderweitige etymologische beurteilungen des got. stiggan betrifft, insbesondere die vergleichungen mit lat. stin- guo “ich lösche aus’ oder auch stinguo “ich steche, stachele, reize’ (Bersu d. gutt. u. ihre verbind. mit v im lat. 164, Feist grundriss d. got. etym. 109, Wharton etyma lat. 100, Wiede- mann d. lit. prät. 58, von Rozwadowski Brugmann-Streit- berg’s indog. forsch. 4, 411), mit gr. or&ußo "ich erschüttere durch stampfen’, “trete mit füssen, misshandle’ (Bechtel zeitschr. f. deutsch. altert. 29, 368), mit stinguo und or£ußo (von Sabler Kuhn’s zeitschr. 31, 282, Noreen abriss d. ur- germ. lautl. 150. 184. 210), mit stinguo und lit. stengiu-s "ich strenge mich an, widersetze mich (0. Schade altdeutsch. wörterb.? S72Pf, Brugmann grundriss 2 $ 628 s. 995), mit oteußo und lit. stengiu-s (Prellwitz etym. wörterb. d. griech. spr. 301), oder gar mit allen dreien stinguo, or&ußw, stengiu-s zusammen (Zupitza d. germ. gutt. 94), so kranken diese kom- binationen sämtlich mehr oder weniger an schwierigkeiten, meist solchen begrifflicher art, was auch schon Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.? 140° hervorhebt, nur ohne erwähnung des gr. or&ußo, das zweiffellos richtiger lediglich an ahd. stampfön, mnl. stampen, aisl. stappa "stampfen, stossen angeschlossen wird. Die unhaltbare zusammenstellung des got. stiggan mit lat. di-stinguo und in-stigäre, gr. orilo und asächs. stökan, ahd. stöhhan gibt auch Streitberg urgerm. gramm. $ 203 s. 297, im wıderspruch mit der ebend. $ 105 s. 94 vorgetragenen richtigen lehre, dass stiggan und aind. tunjatı unter einander verwandt und „nach dem plur. perf. "stungum, part. perf. *stungans perf. sing. und präs. neugebildet“ seien. Von E. Zupitza Kuhn’s zeitschr. 37, 388 wird das aind. tun- Jjatı "stösst” mit hit. dauziu “ich stosse’ und mhd. tuc “schlag, 366 ll. Aus dem tierreich. stoss, streich’ verglichen; mir unwahrscheinlich, wie mancher andere der fälle, die eine alte abwechslung von anlautender media aspirata und tenuis dartun sollen. Die drei nach ihrem wurzelvokalismus unterschiedenen gruppen nasalinfigierender praesentia, die sich im altindischen als 1) krnt-d-ti, rNj-a-t, trmp-a-ti, 2) und-a-ti, mune-d-t, lump-d-ti, 3) vind-d-ti, sinc-d-ti, limp-d-ti darstellen, hält das latein mit 1) frang-o, 2) tund-o, pung-0, rump-o und 3) find-o, lingu-o formal gesondert auseinander. Dem germanischen ist es eigentümlich, dass es diese drei gruppen zu einem einheit- lichen typus verschmolzen hat, und zwar so, dass alle drei aus ıhren ursprünglichen bahnen des ablauts und der den nasal auf das präsens beschränkenden alten flexionsweise herausgerissen wurden und ablautsreihenwechsel nach der ge- meinsamen analogie von bindan: band, bundum erfuhren. Für die gruppe 2) sind die zeugnisse ahd. asächs. springan mnl. springhen ags. sprinzan afrıes. aisl. springa und got. stiggam in Ihrem verwandtschaftlichen verhältnis zu lett. sprökw und bezw. aind. tunjdti, wie soeben dargelegt worden; ebenso noch ags. drintan wmnd. mnl. drinten “schwellen’ zu aisl. Drütenn, prote, got. Pruts-fill (s. oben s. 354 anm.). Für 1) kennt man als sichere beispiele derselben erscheinung : ags. wrinzan “drehen, pressen’ mnl. wringhen ahd. ringan mit got. wruggö ‘schlinge’ zu mhd. ir-worgen part. "erwürgt’, alıd. wwrgen mhd. nhd. wärgen, aisl. virgell‘ striek’, lit. verziü "ich schnüre, enge ein, presse’, abulg. vrüza “ich fessele, binde’; ahd. serin- tan “bersten, aufspringen, risse bekommen’ mit serunta “spalte, ritz, riss’ zu lit. skerdzu, skersti “(schwein) schlachten’, eig. ‘spalten’, skerdzu, skerdeti “risse bekommen, aufspringen’, su- skirdusios kojos "aufgesprungene füsse’ (vgl. Leskien d.ab- laut d. wurzelsilben im ht. 342f.). Ferner ınd. schrimpen mhd. schrimpfen “einschrumpfen, verdorren, runzlig werden’ mit, 4. Frosch, froh und springen. 367 preuss. sem-skrempüsnan "runzel’ zu nhd.-mundartl. nassau.- westerwäld. schrupp schrupf m. "zusammengeschrumpftes, kleines verwachsenes wesen’ (vgl. Hildebrand und Heyne Grimm’s deutsch. wörterb. 5, 1919. 2399. 9, 1798), aisl. skorpenn "zusammengeschrumpft’, skorpna “einschrumpfen, sich zusam- menziehen’ und zu lit. skreb-iü “ich werde trocken’. Hier waren die ausgangsformen alte präsensbildungen gleicher art wie aind. znj-d-ti und lat. frang-o, die germ. ru = indog. r (r3) enthaltenden *wrung-O, "skrund-5, *skrump-ö; vgl. Brug- mann grundriss 1!$ 285 anm. s. 230. 2 $ 634 s. 1001. indog. forsch. 1, 176, verf. verhandl. d. 41 sten versamml. deutscher philol. 301 und bei Sütterlin zeitschr. f. deutsche philol. 24, 216, dazu auch Johansson indog. forsch. 2, 42f., Pedersen in- dog. forsch. 2, 290 und Streitberg urgerm. gramm. $ 203 7297, Hat bei 1) und 2) der im urgermanischen von *wrung?, *stungo zu *wringo, *stingo führende kompliziertere um- bildungsprozess keinen stein auf dem andern gelassen, so konnte dagegen bei der gruppe 3) das verfahren der annä- herung an den typus bindan : band ein einfacheres und direkter zum ziele führendes sein, indem nasalinfixpraesentia derselben gattung wie aind. vind-d-tı und lat. find-o auf germanischem boden nur zu warten brauchten, bis hier älteres *bendo “ich binde’ zu *Dindöo geworden war, um dann mit wahrung ihrer präsensform kurzweg von dieser aus den ablautsreihenwechsel zu vollziehen. Also z. b. nach bekannter annahme ags. clim- ban, ahd. chlimban "klimmen, klettern, steigen’ : aisl. klifa "klimmen’, ags. clifan kleben’, afries. bi-kliva, asächs. bi- kliban "festhaften, wurzel schlagen’, ahd. kliban "festhangen, anhaften‘, ein verhältnis wie lat. findo zu got. beitan, lat. linguo preuss. po-lınka “bleibt’ alıt. pa-linkt (s. oben s. 343) zu gr. keino got. leilvan, lat. vinco zu got. weihan, lat. nın- 368 II. Aus dem tierreich. guit lit. sninga zu gr. veipsı ahd. sniwit lit. snöga avest. sna®- zenfi part. loc. “wenn es schneit’, lat. mingo alit. minzans part. 'harnend’ (Bezzenberger beitr. z. gesch. d. lit. spr. 41, Leskien d. ablaut d. wurzelsilben in lit. 279) zu ags. mızan aisl. miga nnd. mögen nnl. mijgen amd. mehati. Weiteres material der art, zum teil aber etymologisch unsicheres, bei Kluge Paul’s grundriss d. germ. philol. 12, 431, Brugmann srundriss 2 $ 634 s. 1000f., Streitberg urgerm. gramm. $ 203 s.297 und Bethge laut- u. formenl. d. altgerm. dial. $ 184 b. s. 350f. Ein noch wenig beachtetes exemplar der hıer be- sprochenen erscheinung besitzt das altfriesische in kringa “er- halten, erreichen’ mit belegtem perf. plur. krungen krongen, bi-kringa mit bi-erongen (von Richthofen altfries. wörterb. 639° f. 879, van Helten altostfries. gramm. $ 270«. s. 208, Sıebs Paul’s grundriss d..germ. philol. 12, 1312), dem na- türlich von hause aus die ausserpräsentische ai-, i-flexion des gleichwurzeligen starken verbums md. mnd. krigen, mnl. eri- ghen “sieh anstrengen, streben, trachten, widerstreben, kämpfen, streiten’, "bekommen, erhalten zugestanden haben muss. Wie noch andere starke verba, als solche mit nasalinfi- gierender präsensbildung, im germanischen dazu kamen, zu ihrer präsentischen u-form zunächst eine a-form des perf. sing. in verbindung mit den vom präsens übertragenen konsonan- tischen bildungselementen analogisch zu entwickeln, darnach. selbst dem „haupttypus“ zum opfer zu fallen durch schöpfung einer neuen e-, i-form für das präsens, afrıes. runna mnl. ronnen, daneben jüngeres got. as. ahd. rinnan aisl. rinna: rann perf., aisl. sporna as. ahd. spurnan ags. spwrnan und spornan:aisl. sparn ags. spearn perf., Jünger vokalisiert aschwed. spierna inf., ahd. fir-spirnit 3. sing. praes. Otfr., sowie ags. anfränk. trödan ahd. tretan an stelle der ältern «-form got. trudan aisl. troda : aisl. trad got. *trap perf., das wird von 4. Frosch, froh und springen. 369 mir verhandl. d. 41 sten versamml. deutscher philol. 301. zeit- sehr. f. deutsche philol. 24, 295f. und von Pedersen indog. forsch. 2, 315f. eingehender gezeigt. Es ist wol zu beachten, dass in mehreren fällen dieser art der : a-typus, weleher der historische vorläufer des zuletzt herrschenden e (i) : a-typus war, in unmittelbarer und zwangloser weise die verschleppung der präsentischen bildungszusätze über die ausserpräsentische flexion vornehmen konnte: bei *skrumpd hiess das perf. sing. zunächst *skrap nach massgabe von Hit. skreb-iü, bei spornan spurnan bestand *spar, bei ags. murnan “trauern” *mar nach ST. ueoruve, und für diese *skrap, *spar, *mar ergaben sich ohne weiteres *skramp = md. schramp und aisl. sparn ags. spearn, ags. mearn aus *marn durch angleichung an den habitus der präsensformen; nach dem muster dieser aber wiederum entsprangen zu *wrungo das ags. wrong ahd. rang an stelle von *warz, zu *stungd got. stagg als ersatz für ein *stauk. Und durch solche vorgänge eben war zunächst früh- zeitig eine hinreichend umfängliche kategorie starker verba im germanischen, die dem ablautschema « praes.:a perf. sing. folgten, gegeben, und diese war ihrerseits erst in späteren lebensperioden der sprache wiederum einem sie treffenden vernichtungsprozess, der das « aus dem präsens entfernte ausgesetzt. Noch einen einzelnen fall, der zu eben dieser kategorie gehört, sei mir gestattet hier aufzudecken, da es sich bei ihm wieder um ein indog. « handelt, er also auch ım besondern sinne meine ansicht von der herkunft unseres verbums sprin- gen zu stützen vermag. Nach dem vorgange Fick’s vergleich. wörterb. 13, 658. 33, 170. 1%, 473 stellen Leo Meyer vergleich. gramm. d. griech. u. lat. spr. 12, 822. 1019, Bloomfield indog. forsch. 4, 69, Streitberg urgerm. gramm. $ 204 s. 298, Bradley Murray’s Osthoff, Etymologische Parerga. I. 24 370 II. Aus dem tierreich. new engl. diet. 4, 202°, Bethge laut- u. formenl. d. altgerm. dial. $ 186 s. 351 und besonders Brugmann Kuhn’s zeitschr. 25, 218. grundriss 2 $ 680 s. 1039. Iw. Müller’s handbuch d. klass. altertumswiss. 23, 1, 295 unser fechten, mhd. vehten, ahd. feh- tan fechten, kämpfen’, mnd. mnl. vächten, afries. fiuchta, ags. feohtan zu gr. se&xto, srerr&o "ich kämme, schere’, zrexw “be- arbeite die wolle, zupfe, rupfe, schere, kämme’, lat. pecto “ich kämme’ und lit. peszu “pflücke ab, reisse ab, raufe’. Ich habe zu dieser etymologie trotz unserm raufen, mhd. roufen raufen’ und ‘sich balgen’ niemals vertrauen haben können; „die bedeutung widersetzt sich der vereinigung dieser wörter mit fehtan“, bemerkte schon Graff althochd. sprachsch. 3, 442 über die heranziehung des lat. pecto und gr. swexrew, sowie auch Bradley a.a. o. trotz seiner zustimmung zur ver- gleichung derselben einräumt, dass „the difference in sense causes some diffieulty“. Sicherlich viel ansprechender ist, wofern sie nur formal genügend gerechtfertigt werden kann, die verknüpfung des fechten mit der lateinisch-griechischen wortsippe lat. pug-nu-s "faust’, pugna "kampf’, pugil "Taust- kämpfer’, gr. rv& adv. "fäustlings, mit geballter faust, im faust- kampf’, zwuyun faust, faustkampf’, swuyuayog und züxeng “faustkämpfer’. Diese kombination hat von jeher so nahe gelegen, dass sie, bereits von Graff a.a..o. als möglichkeit an erster stelle erwogen, hernach dann von manchen andern mehr oder weniger zuversichtlich, auch ohne dass die erfor- derliche formale begründung gegeben werden konnte, wieder- holt worden ist, nämlich von W. Wackernagel altdeutsch. handwörterb.® 331°, Grimm deutsch. wörterb. 3, 1387, Wei- gand deutsch. wörterb. 13, 506, E. Müller etym. wörterb. d. engl. spr. 12, 430. 436, Pott wurzel-wörterb. 3, 500£., H. Möl- ler Kuhn’s zeitschr. 24, 465, Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.® 106’f, Br&al-Bailly diet. ötym. lat. 288, G. Burg- 4. Frosch, froh und springen. 371 hauser indog. praesensbildung im germ. 49, Tamm etym. svensk ordbok 188°f. und Vercoullie beknopt etym. woorden- boek d. nederl. taal? 301”. Die begründung dieses zusammenhanges, die Kluge vorschlug, durfte allerdings mit recht Brugmann grundriss 28 680 s. 1039 fussn. 2 nicht überzeugend nennen. Hätte es, wie Kluge will, einmal ein „got. *fuhtan *fauht *fauhtum *fauhtans“ gegeben, so wäre dies schwerlich jemals „aus der u-reihe (angls. feohtan engl. to fight) vom prät. pl. und part. aus in die e-reihe übergetreten,“ eine solche regelmässige ab- wandlung des verbums nach dem normalschema der eu : au- reihe würde sehr wahrscheinlich für die folgezeit fest geblieben sein; überdies begeht doch wol Kluge einen fehler, durch die schreibung ags. „feohtan“ anzudeuten, dass hier das von ihm vorausgesetzte germ. *feuytö noch tatsächlich vorliege, bei Kluge-Lutz engl. etymology 74° steht das einzig richtige feohtan mit brechungsvokal (vgl. Sievers angelsächs. gramm.’ $ 83 s. 38. $ 388 anm. 3 s. 215), übrigens dann ohne wieder- holung der etymologischen kombination mit lat pugnus u. s. w. Nicht förderlicher ist der gedanke Vercoullie’sa.a. o., dass nl. vechten an stelle eines „*vuichten“, das wäre also got. *fuhtan, stehe, denn verba des ablauts @: au, u gab es zwar nieht in derselben menge wie solche der reihe eu: au, u, aber immerhin doch in genügender zahl, die vertreter des typus got. ga-lukan aisl. luka ags. lücan afries. lüka as. bi-lükan ahd. lüöchan (vgl. verf. Paul-Braune’s beitr. 8, 292ff.), um einem *fühtan :*fauht durch zugehörigkeit zu einer kompakten gruppe die existenz zu sichern. Anders lag die sache, wenn wir von einem präsens ur- serm. *füy-to mit kurzem % ausgehen. Zu einem solchen entsprang das perfekt ahd. faht ags. feaht leicht zu einer zeit der sprache, als noch die ablautsverhältnisse wie got. trudan 24* au II. Aus dem tierreich. aisl. troda:*traß aisl. trad ım schwange und analogieerzeu- gungskräftig waren. Ja, es lässt sich, wenn ein *füyto als präsens gegeben war und das verbum überhaupt ein starkes verbleiben sollte, alsdann nach allem, was wir wahrnehmen, nicht anders erwarten, als dass es zur neubildung der perfekt- form mit « in der urgermanischen zeit kam, hernach dann aber für das u-präsens selbst ein ins regelmässige ablautsystem gezogenes fehtan, 1. sing. praes. ind. *feytö = ahd. fihtu, ent- sprang. Diese verbalbildung erscheint nur westgermanisch, auf skandinavischem boden nur in den entlehnungen schwed. fäkta aschwed. fekta dän. fegte (vgl. Tamm a. a. 0.); könnte es also nicht im ost- und nordgermanischen noch got. *fauih- tan, aisl. *fotta gelautet haben, so dass der fall genau ein solcher gewesen wäre, wie got. trudan, aisl. troda neben dem anerkannt Jünger vokalisierten, aber gemein-westgermanischen ags. anfränk. trödan, afries. treda, mnl. treden, ahd. trötan?t) 1) Zu unserem treten, got. trudan sind sichere aussergermanische beziehungen noch nicht gefunden, wie auch von Uhlenbeck kurzgef. etym. wörterb. d. got. spr.?2 147° bemerkt wird. Öfters wird aber ver- gleichung mit aind. dra-ti “läuft, eilt’, gr. dro-dı-dgaosw, än-E-dgav und mit aind. dräm-a-ti “läuft hin und her’, gr. doau-ezv, Öodu-o-8 VOr- genommen (Fick vergleich. wörterb. 3%, 125, Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.° 398’, Skeat coneise etym. diet. of the engl. language? 5213, Franck etym. woordenboek d. nederl. taal 1028, Vercoullie beknopt etym. woordenboek d. nederl. taal? 294). Ist daran etwas, so würde ich meinerseits es vorziehen, die dritte zu gebote stehende wurzelvariante, die in aind. dräv-a-ti “läuft, eilt, läuft davon’, dru-ta-s part. “davon- laufend, eilend’ erscheinende, zu hilfe zu rufen, also in got. truda "ich trete’ nicht nach der bisher allgemein üblichen anschauungsweise eine alte r-form zu sehen, sondern den reflex eines indog. *dru-to ich setze den fuss auf, trete, laufe’ zu sehen. Dann hätte also auch das verbum got. trudan aisl. troda seinerseits selbst die ablautsentgleisung von «: au zu w:a erfahren. Das nomen ags. trym trem “schritt’, nur in fötes trym ace. als massangabe (Bosworth-Toller diet. 1012%), das Kluge a.a. 0. dem aind. dram-, gr. doa«- zunächst rückt, kann ebensowol auf 4. Frosch, froh und springen. 375 Anfänglich musste unser germ. *fuy-tö natürlich auf goti- schem lautstande *fauihta : *fauk, *fukum, *fukans flektieren. Vielleicht war dafür zunächst mit wurzelhaftwerden des -t- die reihe der ausserpräsentischen formen *fauht, *fuhtum, *fuh- tans aufgekommen, und es könnten somit perf. plur. und part. praet. ahd. fuhtun, gi-fohtan, ags. fuhton, fohten, afries. fuchten, fochten fuchten, mnd. vuchten, be-vuchten ihrer her- kunft nach immerhin bleiben, was sie nach der Klu ge’schen annahme sein sollen: das echte wurzel-w von lat. pug-, gr. zevy- ohne diskontinuität fortführende formen. Diese v-formen vertrugen sich ja ganz gut auch mit dem zu *fuy-to praes. neu erzeugten perf. sing. ahd. faht ags. feaht, da ja auch sonst der ablaut a: innerhalb der perfekt- und partizipflexion star- ker verba sehr häufig vorlag und insbesondere bei dem reim- worte ahd. fluhtun, gi-flohtan neben flaht, praes. flöhtan zu wz. plek-, lat. plec-to, gr. A&x-w, aind. pras-na-s “ geflecht, korb’ bestand; erst mhd. vähten perf. plur. mit weiterer nor- malisierung des ablauts, sowie auch mhd. vlähten, neben noch md. vuhten, vluhten (Paul mittelhochd. gramm.> $ 161 anm. 1 indog. *dru-m-io- beruhen, wie hier germ. *trum- die entsprechung von gr. Övau- aus indog. *drmm- oder *drm- sein mag. Wie aber Streit- berg urgerm. gramm. $ 202 s. 296 will, ist vielmehr mhd. trinnen “davon gehn’, ‘sich absondern, entlaufen’, ahd. in-trinnan „wahrscheinlich zu ai. drävati “läuft” gehörig und aus *runnan umgebildet“, dies der mittel- bare vertreter also eines -nı- präsens urgerm. *trunnd = indog. *dru- nuö, was vielleicht vor der zurückführung des -trinnan auf die wuırzel der- spalten, zerreissen’ von got. ga-tairan, gr. deow, abulg. dera, lit. dirti, aind. drnati “berstet, sprengt, spaltet’ (Fick vergleich. wörterb. 1%, 68. 235. 454. 23, 125. 380. 33, 11Sf., verf. verhandl. d. 41sten versamml. deutsch. philol. 301. zeitschr. f. deutsche philol. 24, 216, Brugmann indog. forsch. 1, 173. grundriss 2 $ 596 s. 970. $ 654 s. 1017. $ 891 s. 1259, Holger Pedersen indog. forsch. 2, 316) den vorzug verdient, wenigstens durch die begriffsfärbung der nominalbildungen mhd. trün- nec adj. flüchtig’ und trünne f. ‘laufende schar, zug, schwarm, rudel’, “woge’ mehr empfohlen wird. 374 II. Aus dem tierreich. s. 70f.). Nur der hebel zur entgleisung aus der eu-reihe oder der anstoss zur erzeugung des faht an stelle der älteren au- form konnten fuhtun, gi-fohtan ihrerseits schwerlich sein, wie man mit Brugmann gegen Kluge, Burghauser u.a. festzuhalten hat. Neben den nommalbildungen von deutlichster verbaler herkunft ahd. fehta f., ags. feohte f. und feoht n. "das fechten, kampf, streit’, afries. fiucht und ahd. gi-feht, ags. ze-feoht n. "gefecht, kampf’ bestehen mit der älteren «-ablaut- stufe nhd.. fuchtel f. "gerät zum fechten, breiter und langer degen’, älter nhd. fochtel, nnl. vochtel m. “rapier und ein mundartliches schweiz. nhd. fucht f. “streit, hastige bewegung, “fächer’ (vgl. Diefenbach vergleich. wörterb. d. goth. spr. 1, 348 und Grimm deutsch. wörterb. 3, 1864. 4, 1, 1, 358. 358f.); sind diese vielleicht trotz ıhrer späten bezeugung doch von älterem gepräge und auf frühere ausgedehntere herrschaft des u-vokalismus hindeutend, ähnlich wie man ags. trod n. "spur” an den zustand der verbalen ablautung, wo es für ags. tre- dan, treden noch *trodan, *troden = got. trudan, trudams hiess, anknüpft (Kluge beitr. z. gesch. d. germ. conjug. 40)? Gegen die ableitung des fechten aus der wurzel von lat. pugnus und gr. scö& macht Franek etym. woordenboek d. nederl. taal 1058 ein begriffsgeschichtliches bedenken geltend: mhd. vehten bedeute auch “eifrige und unruhige bewegungen machen, sich anstrengen, streben’, daher werde besser nnorw. fika “eifrig streben’, aisl. fikia-sk “to desire eagerly’ nebst den aus dem skandinavischen entlehnten schott. fike sich unruhig bewegen’ und engl. fidge, fidget "in beständiger bewegung sein, unruhig sein’ verglichen unter annahme des übertritts eines urgerm. *fiytö aus der ei-reihe. Aber diese vergleichung lehnte mit recht schon Grimm deutsch. wörterb. 3, 1387 ab, indem er darauf hinweis, dass auch lat. pugnäre den hier zweifellos abgeleiteten sinn von „eniti, laborare“, "nach etwas ringen, 4. Frosch, froh und springen. 375 sich anstrengen, eifrig streben, sich bemühen’ entwickle (vgl. Freund wörterb. d. lat. spr. 3, 1089, Georges lat.-deutsch. handwörterb. 2°, 1852). Wenn ausdrücke für "kämpfen, streiten’ öfters auf der grundvorstellung “sich anstrengen, streben’ be- ruhen, z. b. lat. contendere, im deutschen krieg und kriegen, streit u. a. (vgl. Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.® s. vv., sowie unter fleiss), so ist es doch einseitig, darauf hin die möglichkeit der umgekehrten begriffsentwicklung verkennen oder leugnen zu wollen; bei fechten ist sicherlich diese letztere anzunehmen, da die ältern westgermanischen dialekte fast durchweg nur die bedeutung “pugnare, dimicare, bellare’ auf- weisen, die aus einer früheren allgemeinbedeutung “faust- und armanstrengung, kampfbewegung machen’ hervorgegangen sein mag. Dies gilt, wie gegen Franck, so auch gegen Lagererantz, der Kuhn’s zeitschr. 34, 404f. unser fechten begrifflich so wie Franck, formal aber wie Kluge beurteilt, indem er auch lat. pugna, pugnäre unter denselben gesichts- punkt, dass sie eigentlich ‘sich anstrengen, streben’ bedeutet hätten, zu bringen wagt. Dass aber Lagererantz recht habe, auch die schwierigen episch-poetischen wörter des griechischen &ye- und segı-wevzig, srevzedavög, srevzdkuuos zu fechten zu stellen, die man in bisher üblicher weise mit lat. pungo “ich steche’ etymologisch verbindet (vgl. Buttmann lexil. 14, 16ff.), bleibt mir ebenfalls zweifelhaft. In formaler hinsicht würde jedenfalls an unserer konstruktion behufs er- klärung des entarteten vokalismus von fechten nichts dadurch geändert werden, dass man eventuell mit Lagererantz von einer wurzel peuk- sich anstrengen, streben’, anstatt von pug- “faust, faustbewegung ', auszugehen hätte. Nach eingehender besprechung der erscheinungen, welche dem an springen, wie ich vermute, in urgermanischer zeit vor sich gegangenen ablautsreihenwechsel verwandt sind, be- 376 II. Aus dem tierreich. rühre ich zum schluss noch einige wortformen des germa- nischen, die, wenn ich sie richtig beurteile, der sippe dieses unseres verbums in eigentümlicherer weise sich anschliessen, Mit springen scheint im deutschen selbst eine nominal- bildung wurzelverwandt zu sein, die sich der aufnahme des infigierten nasals entzogen hat, das mundartlich und archaisch im neuhoch-, mittel- und niederdeutschen begegnende spriegel. m. “schnellbogen’, wozu varianten der form oder zum teil auch nur der schreibung sprägel und sprugel, sprogel sind, vari- anten der bedeutung aber “über einen wagen, einen kahn, eine wiege gespannter bogen zu einer überdeekung’, ober- pfälzisch als sprugel "sprenkel beim vogelfange’, im luxem- burgischen als fleischerausdruck spriegel “sperrholz zum aus- einandersperren der hinterbeine und des bauches von einem geschlachteten tiere‘. Vgl. Frisch teutsch.-lat. wörterb. 2, 308°f., Schmeller-Frommann bayer. wörterb. 22, 701, Weigand deutsch. wörterb. 23, 779 und Kluge etym. wörterb. d. deutsch. spr.* 373°. Besonders der gebrauch in dem spezial- sinne ‘sprenkel zum vogelfang’ dürfte für die hier ange- nommene zugehörigkeit des spriegel zu springen sich geltend machen lassen. Unser nhd. sprenkel “zusammenschlagende (springende) falle, vogelstrick, fangschlinge’ wird ja fast allgemein zu springen gestellt; die sonderansicht Kluge’s a. a. 0. 372°, dass es vielmehr mit ht. sprinkstu, springau, sprinktı “beim schlucken würgen’, sprangü-s “würgend, schwer hinabzu- schlueken’ und lett. sprangät “einschnüren, einpressen’ zu vergleichen sei, darf man wol auf sich beruhen lassen. Der zusammenhang mit springen erscheint um so zweifelloser, als sowol einerseits germanische y-formen in demselben sinne mit sprenkel vorhanden sind, nämlich ein archaisches nhd. sprengel m. ‘vogelfalle und ahd. springa f. "pediea” sowie 4. Frosch, froh und springen. 377 engl. springe und daneben archaisch und mundartlich engl. springle ‘a snare for birds’, anderseits die %-formen auch in die sonstige bedeutungssphäre des verbums springen “salire’ übergreifen, dies bei ahd. houue-spranca f£."locusta’ d. i. "heu- springerin’ und mnd. sprinke “heuschrecke’, dem ein altost- niederl. sprinco “loeusta’ gloss. Lips. 839 (Heyne kleinere alt- niederd. denkmäler 55°. 166°) entspricht, ferner bei mnd. sprenkel “heusehreeke’ neben gleichbedeutendem sprenger und mnd. sprenken vb. eaus. zur seite von sprengen. Vgl. Graff althochd. sprachsch. 6, 397.399, Schiller-Lübben mittelniederd. wörterb. 4, 344”. 345°. 346°f., Ed. Müller etym. wörterb. d. engl. spr. 22, 451 und Weigand deutsch. wörterb. 23, 777, wegen des anl. sprinco “locusta’ insbesondere Bremer korrespondenzblatt d. vereins f. miederd. sprachforschung 10, 29f. Das -%- teilen auch mit nhd. sprenkel, indem sie zugleich auf denselben oder einen naheliegenden nominalbegriff zurückgehen, mnl. sprenkel f. m. 'schlinge im schiffstau’ und mnd. sprynckel “deeipula, laqueus’, sowie mhd. sprinke "vogelfalle’; aus dem nd. ist übrigens unser sprenkel, erst seit dem 17. jahrh. hoch- deutsch, frühnhd. auch sprinkel, nach üblichem dafürhalten entlehnt (Klugea.a. o.., Heyne deutsch. wörterb. 3, 714). Wie ist hier das nebeneinander von wurzelauslautendem serm. -k- und -g- zu erklären? Man nimmt an, dass ahd. springa und engl. springe auf einem urgerm. *spring-jö be- ruhen (Weiganda.a.o., Klugea.a. o.), und wegen der pa- latalisierung in dem englischen worte ist dieser ansatz an und für sieh gewiss nicht unwahrscheinlich. Aber die „verhär- tung in k“, wie sich Weigand ausdrückt, hat doch schwer- lieh in diesem umstande ihre ursache; denn es würde sich nur allenfalls das mhd. sprinke — das bei Kluge a.a. 0. und bei E. Zupitza d. germ. gutt. 167 figurierende „ahd. sprinka“ gibt es nicht — in solcher weise als strengober- 378 II. Aus dem tierreich. deutsche wortform erklären lassen, alle niederdeutschen %- formen, mithin auch gerade unser dorther entlehntes sprenkel selbst, blieben unaufgehellt. Daher möchte ich es vorziehen, mit Zupitzaa.a.o. das germ. -k- von sprenkel und mhd. sprinke ‘vogelfalle’ auf indog. -g-, der auch in abulg. praglo “tendieula’ erscheinenden artikulationsart des wurzelauslauts, beruhen zu lassen. Es wären also auch die bezeichnungen der “heuschrecke’ anl. sprinco = mnd. sprinke und ahd. houue-spranca auf vorgermanischem lautstande g-formen in übereinstimmung mit abulg. pragü heuschrecke’ gewesen, und die germanısche sprache hätte folglich, indem sie ander- seits mit springen und nhd. md. nd. spriegel sprügel sprugel ehemalige %-formen fortsetzt, den im balto-slavischen an ht. sprügau praet., lett. sprauga fem. und russ. prygati, prygnuti, abulg. pragü, praglo :: lit. spruka 3. sing. praet., lett. spraku praes. aus*sprunku, sprauzü-s praes. ersichtlichen alten wechsel wurzelauslautender media und tenuis an ihrem teile ebenfalls aufzuweisen. Einfach mit einem germ. -k-=indog. -g- be- haftet könnte nun aber auch das aisl. frauk-r oder frauke “frosch’ sein, dem wir oben (s. 349) vorläufig die deutung aus "fraukk- = indog. *proukn- zu geben hatten. Druck von J. B. Hirschfeld in Leipzig. In ur u 2002 we Eee L 5 “ BINDING SECT. JAN 16 1973 PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY ? Usthoff, Hermann 121 Etymologische Pererga 077 L 900 01 © 61 60 6E 9 Wall SOd J1HS AV 39NVH U M3IASNMOG LV IN