•.1', ,. FESTSCHRIFT HERRN PROFESSOR DR. J. A. PALMEN zu SEINEM 60. GEBURTSTAGE AM 7. NOVEMBER 1905 GEWIDMET VON SCHÜLERN UND KOLLEGEN BAND I HERAUSGEGEBEN MIT UNTERSTÜTZUNG DER KAIS. ALEXANDER- UNIVERSITÄT IN HELSINGFORS, DER SOCIETAS SCIENTIARUM FENNIAE UND DER SOCIETAS PRO FAUNA ET FLORA FENNICA •>e<- HELSINGFORS 1905—1907 Unvorhergesehene Umstände verschiedener Art haben die Fertigstellung einiger hier enthaltener Arbeiten stark verzögert, so dass die Festschrift erst zwei Jahre später, als beabsichtigt, als Ganzes erscheinen kann. ^i/ vs HELSINGFORS 1905—1907 AKTIEBOLAOET HANDELSTRYCKERIET HERR PROFESSOR JOHAN AXEL PALMEN! Als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Evo- lutionstheorie sich in den grossen Kulturländern Bahn brach, be gegnete sie in Finland keinem Verständnis. Ihnen war es ver- gönnt als Erster bei uns diese Lehre zu verkünden, ihr zum Sieg zu verhelfen und damit den zoologischen Studien an unserer Universität neue Wege zu weisen. In geistreicher Art haben Sie in Ihren Werken diese Lehre auf morphologischem wie auf zoo- geographischem Gebiet angewendet. Leider machte es Ihnen die überwältigende Menge der amtli- chen Pfhchten nach Übernahme der Professur zur Unmöglichkeit in gleichem Masse wie früher als Forscher tätig zu sein. Statt dessen wurde Ihr Wirkungskreis als Lehrer ein immer weiterer und Tausenden von Hörern und Schülern haben Sie zuerst mor- phologisches Denken gelehrt. Stets wussten Sie beim Unterricht in grosszügiger Weise das Ganze, das Wesenthche im Auge zu behalten. Sie verstanden es bei den Schülern die Lust am selbständigen Arbeiten zu wecken, sie zu erhalten und anzufachen. IV Hervorragende Förderung verdankt Ihnen die Erforschung der Fauna Finlands. Selbst auf diesem Gebiete tätig, gaben Sie auch hier Ihren Schülern mannigfaltige Anregung zum Studium der ver- schiedenen Tiergruppen. — Jahr für Jahr widmeten Sie Ihre Kräfte der Societas pro Fauna et Flora Fennica und unterzogen sich der Mühe deren »Acta» zu redigieren. Von grösster Bedeutung für die Kenntnis der heimischen Wasserfauna wurde das zoologische Sommerlaboratorium in Esbo- Löfö, welches Sie ins Leben riefen. Diesem folgte die gleichen Zwecken dienende, ebenfalls von Ihnen privatim errichtete und unterhaltene zoologische Station in Tvärminne, wo Sie in selten liberaler Weise zahlreichen Zoologen günstigste Gelegenheit zu mannigfaltigen Untersuchungen geboten haben und noch bieten. Wo immer es galt ein zoologisches Unternehmen in Finland zu fördern, da leisteten Sie als Erster in uneigennützigster Weise kräftigen Beistand mit Rat und Tat Wir bitten Sie die folgenden Blätter als anspruchslosen Aus- druck unserer warmen Verehrung und herzhchen Dankbarkeit anzunehmen ! Schüler und Kollegen. Inhaltsverzeichnis. Band I. 1. O. M. REUTER. Hemipterologische Spekulationen. I. Die Klassifikation der Capsiden. Mit einer Stammbaumtafel S. 1 — 58. 2. O. M. REUTER. Hemipterologische Spekulationen. II. Die Gesetzmässigkeit im Abändern der Zeichnung bei Hemipteren (besonders Capsiden) und ihre Bedeutung für die Systematik. Mit einer Tafel. S. 1 — 30. 3. GERHARD RENWALL. Ein Fall von doppelseitigem TURNER-PERRIN'schem Musculus Dorsofascialis beim Menschen. Mit einer Textfigur. , S. 1 — 14. 4. RUD. KOLSTER. Über die Embrj'otrophe, speziell bei Zoarces viviparus CUV. Mit fünf Tafeln S. 1—46. 5. A. LUTHER. Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. Mit vier Tafeln und vier Figuren im Text S. 1 — 61. 6. T. H. JÄRVL Zur Morphologie der Vaginalorgane einiger Lycosoiden. Mit fünf Tafeln S. 1—36. 7. ENZIO REUTER. Über die Eibildung bei der Milbe Pediculopsis graminum (E. REUT.). Zugleich ein Beitrag zur Frage der Geschlechtsbestimmung. Mit einer Textfigur S. 1 — 39. 8. GUIDO SCHNEIDER. Die Ichthyotaenien des Finnischen Meerbusens. Mit einer Tafel S. 1-31. VI 9. ERIK NORDENSKIÖLD. Histologische Beobachtungen an der Haut der gemeinen Kröte. Mit einer Tafel S. 1—13. 10. R. SIEVERS. Zur Kenntnis der Verbreitung von Darmparasiten des Menschen in Finnland. Mit einer Karte S. 1 — 46. 11. K. M. LEVANDER. Zur Kenntnis des Planktons einiger Binnenseen in Russisch-Lapp- land. Mit drei Tafeln S. 1—49. Band II. 12. B. POPPIUS. Kola halföns och Enare Lappmarks Coleoptera . . . . S. 1—200. 13. ELIN MUNSTERHJELM. Verzeichnis der bis jetzt aus Finnland bekannten Oligochaeten. Mit einer Tafel S. 1—23. 14. A. J. SILFVENIUS. Zur Kenntnis der Trichopterenfauna von Tvärminne . . S. 1 — 31. 15. W. M. AXELSON. Zur Kenntnis der Apterygotenfauna von Tvärminne. Mit einer Tafel ; S. 1—46. 16. HARRY FEDERLEY. Lepidopterologische Temperatur-Experimente mit besonderer Berück- sichtigung der FlügelscJiuppen. Mit drei Tafeln und 7 Ab- bildungen im Text S. 1-119. 17. GEORG VON WENDT. Beobachtungen an tropischen Vögeln im nordischen Klima. S. 1 — 9. 18. HJ. SCHULMAN. Über die ventrale Facialismuskulatur einiger Säugetiere, besonders der Monotremen. Mit acht Tafeln S. 1 — 70. FESTSCHRIFT FÜR PALMEN. N:o 1. ^\)VV\] « I. DIE KLASSIFIKATION DER CAPSIDEN. VON 0. M. REUTER. MIT EINER STAMMBAUMSTAFEL HELSINGFORS 1905. Die Klassifikation der Capsiden. Von O. M. Meuter. In »The Fauna of British India, Rhynchota«, II, S. 412 u. 413, sagt der Verfasser, der produktive englische Entomologe W^. L, DISTANT, mit Hinsicht auf die Systematik der Capsiden: »at present the Clas- sification of the family is more reflective of personal opinion, and con- trived for the purposes of entomological arrangement, than exhibiting an evolutionary or philosophical conception. The Capsidae are a very difficult group to study, their affinities are of the most complicated description, and for the present we must be satisfied with a somewhat artificial or cabinet arrangement«. Diese strenge Beurteihmg über das was bisher in der Systematik der Capsiden geliefert worden ist, ist nach meiner Ansicht ebenso unberechtigt wie unwahr. Am wenigstens gebührt es einem Verfasser, der so oberfläch- lich die Systematik der Hemipteren studiert, wie DISTANT ^), ein sol- ches Urteil zu fällen. Wie bekannt ist F. X. FIEBER der erste, der 1858 mit seinen »Criterien zur generischen Theilung der Phytocoriden« (W^ien. Entom. ') Als Beweis hierfür nenne ich nur, dass er z. B. in der oben zitierten Ar- beit die A c a n t h i i d e n-Gattung Velocipeda Bergr. unter dem Namen Godefridiis als eine R e d u v i i d e (der Unterfamilie Apiomerina .') und die Gattuno Lepto- pus Lair. als eine S a 1 d i d e unter dem Namen Valleriola beschreibt {V. greeni Disx. = L. assouanensis Costa!). Auch hat er neue Gattungen auf Nymphen ge- gründet (die Lygaeiden-Gattung Critobnlus, die Reduviiden-Gattung Eriximachus). 4 Festschrift für Palmen. N:o 1. Monatschr. II, N:o 10) den ersten Versuch machte, die Capsiden nach wissenschaftlichen Gründen einzuteilen. Die Kennzeichen zur Aufstellung wohlbegründeter Gattungen liegen nach ihm in dem verschiedenartigen, einer grösseren oder kleineren Zahl von Arten zukommenden gleichen Bau des Kopfes, dessen Form von oben und besonders von der Seite gesehen, dessen verschiedener Wöl- bung, in der Grösse, Form und Stellung der Augen am Kopfe, in der verschiedenen Höhe der Fühlergrube zu dem Grunde der Stirnschwiele (clypeus) und zur Augenmitte, zum Teil in der Form der Fühler und der der Fussglieder und dem Verhältnis der Glieder unter einander, in der veschiedenen Form der Stirnschwiele, von der Seite gesehen, und den veschiedenen Winkeln am Grunde derselben, dem verschiedenen Schnitt des Joch- und Wangenstückes mit den Wangenplatten. Wer die Be- schreibungen der von DISTANT aufgestellten neuen Gattungen vergleicht, findet bald, wie oberflächlich er die Kopfbildung behandelt und wie wenig er die in dieser liegenden Kennzeichen zu verwerten versteht. Das Vorhandensein oder Fehlen eines Kieles (Strictura annulifor- mis apicalis) am Vorderrande des Pronotums, das Verhältnis der Länge der Schnabelscheide und deren einzelner Glieder, ihre Stärke, sowie das Verhältnis des Wurzelgliedes zum Unterkopfe und zum Xyphus des Vorderbruststückes, sind, wie es FIEBER dargelegt hat, gleich wich- tige konstante Kennzeichen zur Unterscheidung der Gattungen, welche auch, da sie ziemlich leicht zu beobachten sind, von DISTANT oft ge- nug verwendet werden. Nicht weniger wichtig sind aber, wie auch FIEBER hervorhebt, das Vorderhandsein oder Fehlen des Hakens in der Flügelzelle und die Wölbung, Ebene oder Vertiefung des Vorder- brustxyphus, welche Charaktere jedoch nicht ohne etwas Mühe zu sehen sind und von DISTANT gewöhnlich ganz übersehen werden. Die Beschreibungen DiSTANT's sind also nicht einmal mit den von FIEBER schon fast eine halbe Jahrhundert alten zu vergleichen. Seitdem hat inzwischen die Systematik der Capsiden weitere Fortschritte gemacht. In dieser Hinsicht sehr bedeutend ist C. G. THOMSON's »Öfversigt af de i Sverige funna arter af gruppen Capsina« (Opuscula entoni. IV, 1871), in welcher Abhandlung nicht nur meh- rere auf bisher nicht beobachteten Verhältnissen gegründete Charaktere (). M. Heuler. Hemiplerologische Spekulationen. I. 5 hervorgehoben, sondern auch die Gattungen in grösseren natürlichen Gruppen zusammengestellt werden. Als solche neue Kennzeichen sind u. a. zu erwähnen: die Granulie- rung oder die Glätte der Augen, die Beschaffenheit der Kopfzügel, in- dem diese auch von unten durch eine scharfe Linie begrenzt sind oder einer solchen entbehren, die Rippen des Coriums und der Fractura cunei, die Lage der Hinterhüften, der Bau der Klauen und besonders der Aro- lien, wie auch der Öffnungen der Stinkdrüsen. Alle diese Kennzeichen, die teilweise von grösster systematischer Bedeutung sind, werden von DISTANT fast nie erörtert. Thomson hat die Capsiden Schwedens in zwei Gattungen und neun grössere Gruppen geteilt und zwar in die Gattungen Miris (mit den Gruppen Miris und Pantilius) und Capsus (mit den Gruppen Phyto- coriSy Capsus, Lopiis, Bryocoris, Orthotglus, Camaronotas und Phylus). Diese Gruppierung brachte mich auf den Gedanken, sie an den Gattungen ei- nes grösseren Faunengebietes, des der paläarktischen Region zu prü- fen und, wenn nötig, zu modifizieren. Das Resultat dieser Untersuchung publizierte ich in den »Genera Cimicidarum Europae« (Bihang tili Svenska Vetensk. Akad. Handl. III, N:o 1, 1875), wo ich die Capsiden in 12 Divisionen einteilte. Obwohl ich in mehrfacher Hinsicht, beson- ders in der Begrenzung einzelner Abteilungen und in der Verwertung der Charaktere, von THOMSON nicht unwesentlich abweichte, ist dieses mein System doch im grossen und ganzen als eine weitere Entwick- lung der von ihm hervorgehobenen systematischen Gedanken oder wenig- stens als von diesen befruchtet zu betrachten. Die von ihm ange- gebenen neuen Kennzeichen sind auch hier verwertet worden. Später (Hemipt. Gymnoc. Eur, III, 1883, S. 564 — 568) habe ich nach eingehenderen Studien eines stets grösseren Materiales mich zu noch einigen Modifikationen gezwungen gesehen, indem ich die Miri- diaria, Loparia, Dioncaria, Phytocoraria und Capsaria zusammengeschla- gen habe, weil sie die wichtigsten Charaktere gemein haben und sich nur durch verhältnismässig geringfügige Kennzeichen unterscheiden, weshalb sie nicht als mit den übrigen gleichwertig zu betrachten sind. Dagegen ist die Division Cyllocoraria in mehrere aufgelöst (Dicy- pharia, Exaerelaria, Laboparia, Diplacaria, Pilophoraria, MyrmecorariaJ 6 Festschrift für Palmen. N.o 1. und noch einige neue Divisionen sind für einzelne früher noch nicht be- kannte abweichende Gattungen geschaffen worden, so dass die ganze Zahl der Divisionen sechszehn wird. Zu diesen kommt noch in Hem. Gymn. Eur. IV, 1891, eine neue Division hinzu. Ich betrachtete zwar auch diese Gruppierung nicht als endgültig und bin nun von der Ansicht, dass u. a. einige der kleineren Divisio- nen vielleicht noch einzuziehen sind. So viel darf ich aber doch ohne Bedenken sagen, dass diese Klassifikation wohl in ihren H a u p t z ü - gen bestehen bleiben wird und jedenfalls mehr ist, als »a artificial or cabinet arrangement.« Ich will versuchen, darzulegen, dass sie eben so gut wie die Systematik der übrigen Heteropteren-Familien »an evo- lutionary or philosophical conception« nahe kommt. Freilich sind die obigen Divisionen ursprünglich nur auf paläark- tisches Material gegründet. Es hat sich aber gezeigt, dass sie auch für Nordamerika, wie KIRKALDY sagt ^), »very largely adoptable« sind. Wie ich mich überzeugt habe, ist dies der Fall auch bei den äthiopischen, indischen und neolropischen Gattungen-); ja sogar die meisten austra- lischen und oceanischen Capsiden ^) Hessen sich in diese Divisionen einreihen. MR. DISTANT sagt, dass diese meine Divisionen zwar »generally accepted« sind, dass aber »at least their sequence is not followed by UHLER« und, dass sie »are altogether unused by SAUNDERS.« In UH- LER's »Check-List of the Hemiptera Heleroptera of North America 188()< sind die von mir in Genera Cimicidarum 1875 aufgestellten Divisionen vollständig acceptiert, nur werden die Fulviaria zwischen die Capsaria und Brijocoraria hineingeschoben; der schon 1883 herausgegebene dritte Teil der »Hemiptera Gymnocerata Europae» scheint noch dem Ver- fasser unbekannt geblieben zu sein. In späteren Arbeiten, z. B. »Ob- servations upon the Heteropterous Hemiptera of Lower California« (1894) sind überhaupt keine Divisionen genannt worden, die sj^stematische Ordnungsfolge der Capsiden ist aber im allgemeinen dieselbe wie ') Trans. Eni. Soc. Lond. 1902, II, S. 243. ') Siehe auch C Berg, Addcnda et emendanda ad Hemiptera argentina (1884). ») KiRKAi.DY, F'auna Havvniiensis (1902). (). M. Reuter. Ilemipterologische Spekulationen. I. 7 in meinem System. Jedoch finden sich davon einige wesentliche Aus- nahmen, doch ohne dass diese im geringsten motiviert sind. Da Mal- thacus zwischen MR und Lomatopleura m. fälschlich in die Division Loparia gebracht habe, und in diesem Arran- gement ist mir auch UHLER gefolgt. Sie gehören zu der Div. Labopa- r\ia und sind mit Orthocephalus verwandt. Das Pronotum entbehrt ganz der Apikalstriktur, die Arolien sind parallel, nicht divergierend. KIR- KALDY hat ganz richtig hinsichtlich der Gattung Lomatopleura bemerkt (Trans. Ent. Soc. London, 1902, P. 11, S. 252): »Does really belong to the Capsaria?« Auch die Gattung Hadronema UHL., von UHLER (Check- list, S. 18) in meiner früheren Division Loparia untergebracht, ist ein Laboparie und mit den obigen Gattungen nahe verwandt. Da ich nicht zögere, die Stellungen im Systeme, die UHLER den oben erwähnten Gattungen gegeben hat, als eben so viele Missgriffe zu bezeichnen, tue ich es, nicht nur weil keine Gründe für die Rich- tigkeit dieser Klassifikation hervorgehoben sind, sondern weil solche i n der Tat überhaupt nicht existieren. Eine Gattung kann überhaupt nur einen richtigen Platz im Sy- steme einehmen. Es kommt gar nicht auf die beliebige Willkür des einen oder anderen Verfassers an, ihr diesen zu geben. Der Systenia- tiker muss an der Hand von den Charakteren und durch richtige Wert- schätzung dieser die wirkliche Blutverwandschaft so nahe wie möglichst aufspüren. Es ist nicht ein artifizielles System, das uns nur einen beliebigen Bestimmungsschlüssel giebt, dem wir nachstreben. Die w i s- senschaftliche Systematik muss daher solche und gerade solche Charaktere sammeln und wägen, die endlich den Systematiker zum oben erwähnten Ziele, ser Kenntnis der Blutverwandschaft, leiten. Es ist in der Tat überhaupt nicht schwierig, den Unterschied zwischen einer artifiziellen und einer wissenschaftlichen Systematik gleich zu bemerken ^). Diese findet es nötig, alle Charaktere, selbst die am meisten versteckten, eingehend zu studieren und zu prüfen und ') Man injig z. B. die von Distani und von C. G. Champion bearbeitelen Teile der Biologiii Centrali-Anicricana verj*leichen. O. M. Reuter, Hemipleroloffischc Spekulationen. I. 9 trifft nicht selten gerade unter diesen solche an, die einen syste- matisch sehr wichtigen Ausschlag geben. Jene dagegen, u. a. durch die Arbeiten von DISTANT repräsentiert, hat sehr oft Auge nur für die ober- flächlichsten Details und bringt uns darum auch nur oberflächliche, wenig oder garnicht wertvolle Resultate. Wohl können natürlicherweise die verschiedenen Charaktere von den wirklichen Systematikern auch verschieden verwertet werden, wodurch die Ansichten über die wahren Verwandschaften wechseln müssen. Auch die wahrhaften Systematiker können sich nur m e h r oder weniger dem einzig Richtigen nähern. Nach dem, was oben gesagt ist, kann mir kaum vorgeworfen werden, dass ich die systematischen Resultate, die meine Untersuchun- gen dargelegt haben, als die absolut richtige proklamieren wollte. Ich behaupte nur, dass ich die richtige Richtung eingeschlagen habe, und meine Überzeugung ist, dass ich dadurch den natürlichen Verwand- schaftsbeziehungen der Capsiden wenigstens auf die Spur gekommen bin. Meine Klassifikation ist übrigens, wie ich schon bemerkt habe, eine weitere Entwicklung früher von THOMSON angedeuteter Gedanken, und ihm gebührt die Anerkennung, für die Ideen, die von Anfang an auch meine Arbeit befruchtet haben. Ich kann darum, ohne eigene Verdienste ungebührender Weise hervorzuheben, mit voller Überzeugung behaupten, dass solche Abweichungen von meiner Klassifikation, wie die in UHLER's oben angeführten Arbeiten, zweifelsohne Missgrifte sind. Es mag mir jedoch gestattet werden, hier Mr. DISTANT, hinsicht- lich der von ihm erwähnten Abweichungen UHLER's, auf einen Um- stand aufmerksam zu machen. Professor UHLER's Arbeiten haben ihn als einen gewissenhaften und gründlichen Entomologen gekennzeich- net. Die oben zitirten Schriften sind keine systematischen Abhandlun- gen, sondern nur faunistische Verzeichnisse, in welchen vielleicht durch ganz zufälliges Versehen die richtige Ordnungs- folge der Arten in einigen Fällen unterbrochen ist. Ich kann wenig- stens nur durch diese Annahme mehrere der obigen Abweichungen erklä- ren, da sie in der Tat keinen Sinn haben. Da Mr DISTANT hervorhebt, dass UHLER nicht meiner Klassifika- tion gefolgt ist, wäre es übrigens, wenn er damit einige Einwürfe ge- 10 Festschrift für Palmin. N:o 1. gen ihre Bedeutung beabsichtigt hat, seine Pflicht gewesen, auch die Beschaffenheit der angegebenen Abweichungen näher zu prüfen. Da er jedoch dies garnicht getan hat, so hat seine Bemerkung auch keinen Wert. Noch weniger bedeutet die Angabe, dass meine Divi- sionen »are ahogether unused by Saunders». SAUNDERS teilt ja in seiner Arbeit »The Hemiptera Heteroptera of the British Islands« keine Familien in Divisionen, was auch für seinen rein faunistischen Zweck ziemlich überflüssig wäre. Warum sollte er gerade dann die Capsidendivisionen annehmen?! Die Bemerkung, dass SAUNDERS meine Divisionen nicht benutzt, ist ja unter solchen Umständen ohne jeden Sinn. Übrigens ist er ja ziemlich genau meiner Aufstellung ge- folgt, und die Abweichungen sind zweifelsohne keine Verbesserungen; z. B. wenn er die Gattung Pithanus zwischen Monalocoris und AUodapus oder die Gattung Byrsoptera neben Mecomma stellt. Viele der angege- benen Gattungscharaktere sind nur mit Hinsicht auf die brittischen For- men gewählt und geben ganz falsche Resultate, w^enn wir auch kon- tinentale Arten berücksichtigen (z. B. Capsiis, Oncotylus, Atractotomus). Der Verfasser hat ganz sicher seiner Bestimmungstabelle keine syste- matische Bedeutung beigemessen. Es] mag möglicherweise mir noch vorgeworfen werden, dass ich meinen ersten Entwurf einer Capsidenklassifikation (1875) später (1883) aufgegeben und eine neue Einteilung vorgenommen habe, dass also meine Ideen in dieser Hinsicht etwa schwankend erscheinen könnten. Wer aber die beiden Klassifikationen gründlicher studiert, wird bald ein- sehen, dass die spätere nur eine weitere Entwickelung, resp. einen Fortschritt gegenüber der ersteren repräsentirt. Ein jeder, der sich mit den Systematik der Capsiden beschäftigt, wird zugeben, dass diese, wie auch DISTANT sagt, »are a very difficult group to study« und dass >their affinities are of the most complicated description«. Es ist da- rum ganz natürlich, dass ein erweitertes und eingehenderes Stu- dium dieser Familie unvermeidliche Modifikationen in der Auffas- sung ihrer Systematik mitgebracht hat und noch ferner mitbrin- gen wird. Modifikationen aber sind eben nur Modifikationen und keine ernsthaften Einwände gegen die richtige Auffassung im grossen und ganzen. O. M. Reuter, Ilemipterologische Spekulationen, f. 11 Ich habe gesagt, dass meine oben erörterten Divisionen, obwohl urspriinghch nur auf paläarktisches Material gegründet, sich jedoch auch für die übrigen Regionen »very largely adoptable« erwiesen ha- ben. Nalürlicii isles jedoch, dass besonders in den Tropen melirere Gattungen vorkommen, die auch anderen, in der paläarktischen Region nicht repräsentierten Divisionen anhören. Jedenfalls sind diese Divisionen zweifelsohne nicht zahlreich. Ei- nige Gattungen, für welche DISTANT geglaubt hat, dass es nötig wäre, neue Divisionen zu bilden, erw'eisen sich nämlich als ganz typische Mitglieder schon bekannter Divisionen, sobald man nur ihre wesent- lichen Charaktere untersucht. So z. B. gehört Fimdanius DIST. (siehe Ann. a. Mag. Nat. Hist. (7) XIII, p. 202) zu den Gl i v i n e m a r i e n, Sa- bellkus DIST. 1) (1. c, p. 114) und Estuidus DiST. (1. c, p. 272) zu den Capsarien, mit welcher Division sie in allen für dieselbe angegebenen Charakteren übereinstimmt. Dass DISTANT für die Gattungen Disphin ctus STÄL und Hyalopeplus STÄL (I. c. p. 108) keinen Platz in dem Sy- steme findet, ist natürlich, da er der Abwesenheit der Scheitelfurche eine ganz ungebührende Bedeutung zumisst. KIRKALDY hat (Journ. Bomb. Nat. Hist. Soc, XIV, p. 58) richtig die Gattung Hyalopeplus zu den Capsarien gebracht ; was die Stellung der Galtung Disphinctus betrifft, so gehört sie ohne Zweifel den B r y o c o r a r i e n an (siehe unten). Einige nicht paläarktische Divisionen sind auch nunmehr cha- rakterisiert geworden. So z. B. die von DISTANT in der Biologia Cen- trali-Americana, Rhynch., Hern. Het. I, S. 242 aufgestellte Div. Valda- saria (partim = Monaloniaria REUT. 1892 und Eucerocoraria KIRK. 1902, Ciflaparia KIRK. 1903), die aber in ihrer von ihm gegebenen Begrenzung nicht bestehen kann, ebenso wenig wie die von ihm etablierte Div. Herdoniaria (Faun. Brit. Ind., Rhynch. II, 1904, S. 414), die wahrhaftig ein Mixtum compositum sehr heterogener Gattungen darstellt, wie ich unten darlegen werde. Die von mir in C. BERG's Add. et Emend. ad Hem. Argent., 1884, S. 81 aufgestellte Div. Eccritotarsaria habe ich später (Hem. Heter. du Vene- ') Wenigstens S. soi^idus (Walk). 12 Festschrift für Palmen. N:o 1. zuela, Ann. Soc. Ent. Fr. LXI, 1892, S. 393) mit der Div. Bryocoraria vereinigt, weil die dreieckige Form der Membranzelle kein genügender Grund ist, sie von dieser zu trennen. Die innere Ecke dieser Zelle va- riiert auch in dieser Hinsicht in einigen anderen Divisionen ; so habe ich neulich (Öfv. Finska Vet. Soc. Förh. XLVII, N:o 10, 1904, S. 5) eine afrikanische Capsariengattung Oxacicoris beschrieben, bei welcher sie lang spitzwinkelig ausgezogen ist. Mit derselben Bryocoraria hat DIS- TANT (Faun, of Brit. India, Rhynch. II, 1904, S. 472) auch die auf die ein- zige Gattung Thaumastomiris KIRK. von KIRKALDY in Journ. Bombay Nat. Hist. Soc. XIV, 1902, S. 56 gegründete Division Thaumasiomiraria verei- nigt, weil sie vielleicht nur eine aberrante Form der Eccritotarsaria repräsentiert. Die von mir aufgestellte Division Perissobasaria (Hem. Het. de Venezuela, 1. c. p. 397) ist wahrscheinlich auch nicht von den Bryo- coraria zu trennen. Dagegen bleiben als gute Divisionen bestehen : die Div. Clivinemaria REUT. (Caps, ex Amer. bor., Öfv. Vet. Akad. Förh. 1875, S. 629) und die Div. Sulamitaria KiRK. (Fauna Hawaii. III, P. II, 1902, S. 129). Von allen übrigen sehr abweichend ist die Div. Lygaeo- scytaria REUT. (Ent. Monthl. Mag. XXIX, 1893, S. 151) mit bisher nur einer Gattung aus Tasmanien. Um die oben erwähnten Divisionen näher diskutieren zu können, scheint es mir nötig, zuerst hervorzuheben, welche Kennzeichen für die Begrenzung der grösseren Gruppen zu verwerten sind, und welche nicht. Ich beschränke mich hier, wie oben, nur auf die Unterfamilie Capsinae und lasse die mit Ocellen versehene Isometopinae ganz bei Seite ^). Natürlicherweise müssen für die Aufstellung grösserer systema- tischer Einheiten, wie der Divisionen, hier alle sehr variablen Charak- tere ausgeschlossen werden. Solche sind die Körperform, der Bau des ') Diese »Unterfarailie« scheint mir nämlich ebenso gut wie /,. B. die An h o c o r i d e n eine eigene Familie zu repräsentieren. ()■ M. Realer, Hemiptei-ologische Spekulationen. I. 13 Kopfes, der nur selten für eine grössere systematische Einheit und dann nur innerhalb gewisser Grenzen von grösserer Bedeutung ist, der Augen, des Schnabels, der Fühler, des Pronotums, die Länge oder Kürze der Schenkel, das Verhältnis der Fussglieder unter einander, der Bau der Mittelbrust und der Stinkdrüsenöffnungen, u. s. w. Solche Kennzeichen können gewöhnlich nur für die Begrenzung der Gattun- gen angewandt werden. Dagegen finden sich andere Merkmale, die auch grösseren Com- plexen gemein sind und sich darum sehr gut zur Gruppenbildung ver- wenden lassen. Solche sind besonders das Vorhandensein oder Feh- len des Hakens in der Flügelzelle, die Wölbung oder Vertiefung des Vorderbrustxyphus, die Beschaffenheit der Kopfzügel (»Lorae discretae« oder »haud discretae«), das Vorhandensein oder Fehlen eines Querkieles am Vorderrande des Pronotums, die Lage der Hinterhüften, der Bau des letzten Fussgliedes und besonders der Klauenarolien. Einige Divisio- nen [Cyllocoria, Pilophoraria, Miraria, Bryocoraria, Teratodellaria u. A.) sind auch durch stets unpunktierte, die beiden letzten auch durch stets unbewehrte Schienbeine charakterisiert. Auf obigen Prinzipien sind die von mir aufgestellten Divisionen gegründet. Ich habe nunmehr auch ein ziemlich zahlreiches exotisches Capsidenmaterial untersucht, das mir freundlichst von den Herren E. BEHGROTH, C. G. CHAMPION, FR. MEINERT, H. SCHOUTEDEN, E. SIMOX. Y. SJÖSTEDT u. a. zum Studium gesandt worden ist und für welches ich hier meinen aufrichtigsten Dank sage. Ganz besonders zu Dank ver- pflichtet bin ich Herrn A. HANDLIRSCH, der mir die ganze exotische Capsidensammlung des k. k. Hofmuseums in Wien mitgeteilt hat. Das Studium dieses Materiales hat die oben gemachten Bemerkungen, meine Capsidendivisionen und die exotischen Capsidenformen betreffend, voll- ständig bestätigt. Die Gründung sehr weniger neuer Divisionen hat sich nötig erwiesen. Ich gebe hier unten die Charakteristik sämtlicher Divisionen, wie ich sie gegenwärtig begrenze. Die Divisionen Siilamitaria KIRK. muss jedoch aus der Übersicht ausgeschlossen werden, weil ihre ein- zige Gattung, Sulamita KiRK. von den Hawaii-Inseln, mir in der Natur unbekannt ist und der Verf. nicht den Bau der Kopfzügel, des 14 Festschrift für Palmen. N:o 1. Vorderbrustxyphus, der Füsse und der Arolien erwähnt hat, weshalb ihre wahre systematische Stellung mir vollständig unklar geblieben ist. Ferner scheint es mir zweckmässig, auch die sehr aberrante Div. Ly- gaeoscytaria (siehe oben) aus der Übersicht wegzulassen, da sie ganz al- lein für sich zu stehen scheint und überhaupt sehr wenige Verwandt- schaft mit den übrigen C a p s i d e n, wenn nicht möglicherweise mit der Sulamitarien, zu zeigen scheint. Leider besitze ich kein Exemplar meiner Gattung Lygaeoscytus und kann nicht eine erneute Unter- suchung dieses eigentümlichen Insekts vorzunehmen. Jedenfalls werde ich hier die gegebene Charakteristik dieser bei- den Divisionen anführen. Sulamitaria KIRK. 1902 (sec. KIRKALDY I. c): Cuneus nicht ab- getrennt, Pronotum ohne Apikalstriktur. Grund des Schildchens bedeckt. Pronotum und Decken eingestochen punktiert. Membran mit zwei Zel- len, die eine undeutlich. Clavus deutlich, Corium mit einer Rippe. Flügelzelle ohne Haken. Hinterhüfte von den Epipleuren der Halb- decken abstehend. Hinterschenkel länglich, nicht verdickt. Lygaeoscytaria m. 1893: Halbdecken ohne Embolium und Cu- neus am Aussenrande von dem Grunde an erweitert. Membran klein mit nur einer Zelle, deren Rippe mit dem Membransaum fast parallel ist. Pronotum und Coriumgrund punktiert, Clavus stark reihenweise eingestochen punktiert. Pronotum ohne Apikalstriktur, mit erweiterten, ganz scharfrandigen Seiten. Kopf abschüssig, fast dreieckig, unter den Augen lang ausgezogen. Zügel nicht unten abgegrenzt. Wangen sehr niedrig. Die zwei letzten Fühlerglieder, wie bei einigen Anthocoriden haarfein. Hinterhüften von den Epipleuren der Halbdecken weit ab- stehend. Arolien fehlen. Endlich muss noch bemerkt werden, dass ich über die systema- tischen Verwandtschaften der Gattung Oligobiella REUT, (aus St. He- lena) noch vollständig unsicher bin. Auch diese kann ich nicht mehr untersuchen. (). M. Renter. Hemipleroloffische Spekulationen. I. 15 Übersicht der übrigen Divisionen. Plagiognatharia m. 1874: Flügelzelle mit Haken. Kopfzügel auch von unten gut abgetrennt (Lorae discretae). Arolicn der Klauen mit diesen verwachsen, nicht selten sehr klein, bisweilen fehlend. Prono- tum ohne Apikalstriktur. Scheitel ohne Längsfurche. Vorderbrust- xyphus gewölbt, selten fast flach, nie gerandet. Clypeus schmal. Schna- belglied 8 und 4 nie gegen die Gliederung stark verdickt. Schienbeine oft punktiert. — Weit verbreitet. Sehr zahlreiche Gattungen. Boopidocoraria m. 1888: Flügelzelle mit Haken. Lorae discretae. ^Schienbeine robust. Füsse sehr lang, kaum mehr als halb so kurz wie die Schienbeine. Klauen sehr wenig gekrümmt. Arolien mit diesen verwach- sen. Pronotum ohne Apikalstriktur, mit eingedrückten Punkten ver- sehen. Kopf vertikal, breit, Hinterrand des Scheitels gekielt. Augen ausserordentlich gross. Vorderbrustxyphus gewölbt mit zwei Gruben. Von den vorigen besonders durch das eingedrückt punktierte Pronotum verschieden. Vielleicht unnötig von den Plagiognatharia abgetrennt. — Nur die Gattung Boopidocoris REUT. Cremnorrhinaria m. 1888: Flügezelle ohne Haken. Vorderbrustxy- phus gewölbt oder tlach und undeutlich gerandet. Arolien mit den Klauen verwachsen. Kopfzügel auch von unten scharf abgegrenzt. Wangen hoch oder mittelhoch. Pronotum ohne Apikalstriktur und mit stumpfen Seiten. Hinterhüften von den Epipleuren der Halbdecken ziemlich weit entfernt. Schienbeine kaum bedornt. Durch des Hamus entbe- rende Flügelzelle, jedoch gewölbten oder kaum gerandeten Vorder- brustxyphus und an den Klauen verwachsene Arolien charakterisiert. — Nur zwei, vielleicht aberrante (paläarktische) Gattungen. Hyps eloecaria m. 1891: Flügelzelle mit Haken. Lorae discretae. Wangen hoch. Arolien der Klauen frei, gross, gegen die Spitze konvergie- rend. Pronotum ohne Apikalstriktur. Scheitel ohne Längsfurche. Vor- derbrustxyphus gewölbt. Letztes FussgHed gegen die Spitze leicht ver- dickt. Durch Anwesenheit freier Arolien und gewölbten Vorderbrust- xyphus genügend charakterisiert. — Nur eine (paläarktische) Gattung: Hypseloeciis REUT. 16 F&fUchrifl für Palmen. X:o 1. Exaeretaria m. 1883 {=^Camptotylaria m. 1891): Fiügelzelle mit oder ohne Haken. Klauen ganz ohne oder mit sehr feinen AroHen. Pronotummitte leicht ausgeschweift, mit breiterem oder schmälerem Rande, der aber nicht wulstförmig erhoben ist. Kopf kurz, vertikal mit deut- lich abgetrennten Zügeln (Lorae discretae) und hohen Wangen. Augen kurz, am Innenrande nicht ausgeschweift. Erstes Schnabelglied nicht von der Kehle abstehend, Glied 3 und 4 kurz, gegen die Gliederung stark verdickt. Vorderbrustxyphus gewölbt oder flach, am Grunde breit gerandet. Hinterschenkel von den Epipleuren der Halbdecken massig abtsehend. — Nur wenige kleine grüne Arten, deren Halbdecken an der inneren Ecke des Cuneus mit einem schwarzen runden Fleckchen ge- zeichnet sind. Paläark tisch. Oncotylaria m. 1875: Flügezelle mit Haken. Lorae discretae. Arolien der Klauen gewöhnlich mit diesen verwachsen, von verschiede- ner Grösse, bisweilen kaum sichtbar, selten bis an den Grund frei, aber doch stets den Klauen sehr genährt. Pronotum ohne Apikal- striktur. Scheitel ohne Längsfurche. Von der vorigen besonderes durch den ausgehöhlten und gerandeten Vorderbrustxyphus, ^) die gewöhnlich matte Körperfläche und den meistens breiteren Clypeus abweichend. Schienbeine selten schwarzpunktiert. — Zahlreiche Gattungen. Nasocoraria m. 1883. Flügelzelle mit Haken. Lorae discretae. Arolien rudimentär. Pronotum ohne Apikalstriktur. Vorderbrustxyphus gerandet. '^) Scheitel ohne Längsfurche. Schnabel kurz mit den zwei letzten Gliedern gegen die Gliederung verdickt. Fühler sehr fein, Glied 1 dick, lang und dicht behaart. Beine fein. Füsse lang. Clypeus weit hervorragend, stark zusammengedrückt, von der Seite gesehen sehr breit und bogenförmig. Von den vorigen besonders durch den eigen- tümlichen Bau des Kopfes, der Fühler und des Schnabels verschieden. Vielleicht mit den Oncotylaria zu vereinigen. Nur eine Gattung: Naso- coris RF.UT. Cyllocoraria m. 1883: F'lügelzelle ohne Haken. Zügel nur selten ') Dieser ist sehr selten tiach und unj^erandet, in welchem Falle dann der Clypeus dick und breit ist. *) In Hem. Gyran. Eur. III, .S. 318 unrichtig als gewölbt beschrieben. O. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. F. 17 auch unten deutlich abgesetzt (Cyrtorrhinus, MecommaJ, meist nicht oder undeutlich (Orthotijlus) abgesetzt. Arolien frei, schmal und gebo- gen, an der Spitze konvergierend, bisweilen parallel. Pronotum ohne Apikalstriktur, sehr selten (Cyllocoris) mit einem sehr schmalen nieder- gedrückten Spitzsaum versehen. Vorderbrustxyphus gerandet. Kopf selten breit. Scheitel ohne Längsfurche. Wangen selten hoch, in wel- chem Falle das Pronotum eine die Seiten überragende Querrinne zeigt. Augen von der Seite eiförmig oder länglich nierenförmig. Körper meist länglich. Schienbeine schlank, sehr selten punktiert. — Weit verbrei- tet. Zahlreiche Gattungen. Pilophoraria m. 1883: Flügelzelle mit Haken, der jedoch biswei- len {Omphalonotus REUT., Ptagiorrhamma FIEB., sehr selten auch bei SysteUonotus triguttatus L.) undeutlich ist oder (Allodapus FIEB., Tricho- plwrella REUT.) sogar fehlt. Arolien meist ganz fehlend oder kaum merkbar, selten ziemlich gross, gegen die Spitze konvergierend. Pro- notum mit Apikalstriktur, die aber bisweilen (Pilophorus) sehr schmal und von dem nach hinten zugeschärften Rand des Scheitels überdeckt ist. Lorae discretae, schmal. Scheitel bisweilen mit Längsfurche. Vor- derbrustxyphus stets gerandet. Schnabel nicht dick. Körper länglich oder langgestreckt. Hintere Hüften von den Epipleuren der Halbdecken kaum oder wenig entfernt. Beine schlank und gewöhnlich lang, Schien- beine mit feinen gleichfarbigen Dörnchen, stets ohne Punkte. Durch die Anwesenheit einer Apikalstriktur des Pronotums und meist auch gleichzeitig eines Hamus der Flügelzelle charakterisiert. — Mehrere Gat- tungen, von denen viele myrmiko-mimetisch ^). Fulviaria m. 1895 (= Teratodellaria m. 1875): Flügelzelle ohne Haken. Vorderbrustxyphus fein gerandet. Arolien nicht vorhanden, Füsse haarfein. Schienbeine sehr fein, ohne Dörnchen. Pronotum fast horizontal, mit abgesetzter Apikalstriktur; Buckel gross und gewölbt, zusammenfliessend; Seiten wenigstens nach hinten scharf. Kopf lang- ') Die niimetische Gattung Myrmecozeloles Berg (Add. etEmend. Hern. Ary;. 1884, S. 87), die nicht abgetrennte Kopfzügel besitzt und der Apikal-Striktur des Pronolunis wie auch des Flügelhanius entbehrt, gehört nicht zu dieser Division, sondern ist wahrscheinlich eine aberrante C y 1 1 o c o r a r i e. 18 Festschrift für Palmen. N:o 1. gestreckt, Scheitel mit feiner Längsfurche. Zügel schmal, oben und un- ten gut markiert. Augen gross. — Wenige, in der paläarktischen, ne- arktischen, neotropischen und australischen Region (unsicher ob auch in der indischen Region) verbreitete Gattungen. Dicypharia m. 1883: Flügelzelle ohne Haken. Arolien den klei- nen Klauen sehr genähert und oft mit ihnen bis an ihrer Spitze verwachsen oder frei, aber fein und kurz, nie divergierend. Pronotum mit meist breiter Apikalstriktur. Lorae discretae. Vorderbrustxyphus typisch gerandet. Scheitel (bisher) ohne Längsfurche. Wangen schmal. Clypeus schmal, kielförmig zusammengedrückt. Körper meistens langge- streckt. Beine schlank und oft lang. — Weit verbreitert. Mehrere Gattun- gen. — Als eine aberrante Gattung dieser Division betrachte ich nunmehr Stethoconus FLOR, welche Gattung ich bisher in die Div. Capsaria gestellt hatte. Eine erneuerte, genaue Untersuchung hat aber dargelegt, dass die Arolien nicht divergierend und an der Spitze er- weitert, sondern sehr fein und etwa konvergierend sind, wie auch dass die sehr kurzen Kopfzügel auch unten abgetrennt sind. Der eigentüm- liche kegelförmig erhöhte Vorderbrustxyphus trennt diese Gattung eben so wohl von den Capsarien, wie von den Dicypharien; mit einigen Gattungen der letzteren hat sie jedoch, von dem breiteren Kör- per abgesehen, durch die breite Apikalstriktur des stark punktierten Pronotums und durch die gleichzeitig glasartigen Halbdecken auch eine habituelle Ähnlichkeit. Garganaria m. 1905: Flügelzelle ohne Haken. Klauen ohne Arolien. Pronotum mit Apikalstriktur. Kopfzügel nicht von unten abge- setzt, bogig gewölbt. Scheitel meist mit flacher Längsfurche. Wangen nicht hoch. Clypeus schmal. Fühlerglied 1 lang. Körper ziemlich langestreckt (unpunktiert). Beine schlank. Füsse linear. — Vorderbrust- xuphus gerandet. Bisher nur die Gattung Garganus STÄL (nearktisch und neotropisch), von DLSTANT in Biol. Centr.-am. S. 226 in die Nähe der Gattungen Paracalocoris DLST. und Pappus DIST. gebracht, >to which it is clearly allied.c Schon das Fehlen der Arolien, wie auch der eigentümliche Bau der Fühler spricht nicht für eine Verwandtschaft mit Paracalocoris. (Übrigens hat DISTANT die, obwohl flache, jedoch meist deutliche Längsfurche des Scheitels übersehen ; hätte er sie be- (). M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. I. 19 merkt, so hätte er wohl auch der Gattung einen anderen systematischen Platz gegeben!). Laboparia m. 1883: Flügelzelle gewöhnlich ohne Haken. Zü- gel meist auch unten abgesetzt. Pronotum ohne Apikalstriktur, der Vorderrand nur linienförmig niedergedrückt. Arolien frei, von der inneren Ecke der Klauen entspringend, parallel oder, wenn die Klauen einander genähert werden, konvergierend. Vorderbrustxyphus gerandet. Schnabel kräftig, von der Kehle abstehend. Kopf breit. Scheitel ohne Längsfurche. Wangen hoch, oft sehr hoch. Augen kurz, auf der in- neren Seite nicht ausgerandet. Körper oft kräftig, dick und kurz. Hintere Hüften von den Epipleuren der Halbdecken weit oder ziemlich weit entfernt. Hinterschenkel oft verdickt. Schienbeine oft kräftig. — Weit verbreitet. Zahlreiche Gattungen. Myrmecophyaria m. 1891 (= Diplacaria m. 1883}: Flügel, wenn vorhanden, mit zwei Längsadern, die aus einem Punkte divergie- rend und vor der Mitte durch einen Quernerv verbunden sind, so dass eine Basalzelle entsteht. Cuneus von dem Corium nicht abgegrenzt. Membran ohne oder nur mit sehr undeutlichen etwas unregelmässigen Nerven, Hemielytra meist sehr abgekürzt. Körper in der Mitte ge- schnürt. Kopf vertikal. Scheitel ohne Längsfurche. Lorae haud dis- cretae. Wangen sehr hoch. Pronotum ohne Apikalstriktur. Mesono- tum fast ganz unbedeckt. Arolien frei, von der inneren Ecke der Klauen entspringend, parallel oder konvergierend ^). Wahrscheinlich in der Tat nicht von den Laboparien zu trennen. — Nur die aberrante Gattung Myrmecophijes FIEB. Cylaparia m. 1905 (nee KIRK. 1903): Flügel ohne Zellhaken. Füsse linear, fein, Glied 1 wenigstens so lang wie 2 und 3 zusammen. Klauen leicht gebogen ohne deutliche Arolien. Pronotum mit Apikal- striktur. Kopf vertikal, von oben gesehen kurz, von vorne hoch und nach unten stark verlängert, von den Seite gesehen sehr kurz, Scheitel oft mit Längsfurche oder sogar ausgehöhlt, Wangen sehr hoch, Cly- peus in der Mitte erhöht, Kehle kurz. Fühler oft sehr fein und lang, Basalglied verdickt. Vorderbrustxyphus gerandet. Hinterhüften ziem- ') In Hem. Gymn. Eur. IV, S. 106, unrichtig als >apice divaricata« beschrieben. 20 Festschrift für Palmen. N:o 1. lieh weit von den Epipleuren der Halbdecken entfernt. Membran zwei- zeilig. — In den nearktischen und neotropischen, vielleicht auch in der indischen Region verbreitet. Zu dieser Division gehören von den mir bekannten nur die Gattungen Cylapus SAY und Vannius DIST. Siehe unten bei der Div. Bryocoraria. Restheniaria m. 1905 : Körper matt, vollständig ohne Glanz, sehr selten mattglänzend, stets unpunktiert. Flügelzelle mit Haken. Sel- ten ist der Haken obliteriert und nur durch einer schwach vertieften Eindruck angedeutet oder fehlt ganz. Arolien frei, gross, vom Grund an divergierend. Kopfzügel von unten nicht abgegrenzt. Scheitel meist ohne Längsfurche. Wangen hoch. Pronotum mit dicker parallelseiti- ger Apikalstriktur und gut abgesetzten Buckeln, die nur wenig länger als jene sind. Hintere Hüften von den Epipleuren der Halbdecken entfernt. Fussglied 1 viel dicker und länger als 2. Membran stets einfarbig schwarz. — Neotropisch und auch in den südlichen Teilen der nearktischen Region verbreitet. Als ich in Caps, ex Amer. bor. (Öfvers. Vet. Akad. Förh. 1875, N:o 9, S. 64) die Gattung Restheiüa SPIN., STAL in der damals noch beibehaltenen Division Loparia m. aufführte, hatte ich die Anwesenheit eines Flügelzellenhakens bei dieser Gattung gar nicht erwähnt, obwohl sie schon von FIEBER (Grit, gener. Theil. d. Phytoc. in Wien. Ent. Monat- schr. H, N:o 10) für die mit dieser identischen Gattung Platytylus nach- gewiesen worden war. Auch DISTANT (Biol. Centr.-amer., Rhynch. Heter., S. 25,) hat sie nicht bemerkt. Das Vorkommen eines solchen Hakens bei der sehr artenreichen Gattung Resthenia STÄL (die übrigens in mehrere aufzulösen ist; der Typus der Gattung bleibt R. scutata Spin.) scheint mir jedoch von solcher Bedeutung, dass es nötig wird, sie aus der Zahl der Capsarien, mit welchen sie die nicht unten abgetrennten Kopfzügel, die Apikalstriktur des Pronotums und die freien, gegen die Spitze divergierenden Arolien gemeinsam hat, auszu- scheiden. Die hohen Wangen, die dicke wulstige Apikalstriktur des Pro- notums, die meistens auch sehr wenig glänzende Membran sind weiter Merkmale, die diesen hauptsächlich neotropischen Formen ein fremdes Aussehen geben, an welches nur die Gattung Lopistus KlHK. 1905 [Lopiis FIEB., REUT. nee. HAHN) unter den Capsarien etwas erinnert. Diese 0. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. I. 21 zeigen jedoch nicht den eigentümlich glanzlosen Habitus wie die Resthe- niarien und sind ferner oft ziemlich stark punktiert. Da das oft vorkom- mende Vorhandensein eines Flügelzellenhamus gleichzeitig mit den wie bei den Capsarien gebildeten Arolien in phylogenetischer Hinsicht von be- sonderem Interesse ist, so ist dies auch ein Grund, die Resthenien separat zu halten. Jedenfalls weist auch diese Division eine Tendenz auf, den Flügelzellenhaken zu obliterieren, indem dieser bei einigen Arten (z. B. R. costalis STÄL) bedeutend kürzer ist, bis er endlich bei der Gattung Lygdus DIST. nur durch eine sehr schwach eingedrückte schiefe Linie angedeutet wird oder sogar (wie bei Resthenia nuiltifaria BEHG, spe- ciosa Sign, und gayi SPIN., die in der Tat von den übrigen generisch verschieden sind) vollständig fehlt. Dass die Gattung Lygdns, die von DISTANT ohne Zweifel ganz unrichtig als eine Mirarie beschrieben wird, ebensowohl wie diese in die Gruppe der Resthenien gehört, davon zeugen der Bau des Kopfes, der Fühler, der Füsse, wie auch der des Vorderrückens, der, wenn man nur von der für die Gattung eigentümlichen Wucherung der Pronotum- seiten absieht, ganz nach dem Resthenienlypus gebildet ist, und end- lich auch die dunkle und matte Membran. Miraria m. 1883. Flügelzelle stets ohne Haken. Arolien frei, gross, von dem Grund an divergierend. Vorderbrustxyphus gerandet. Lorae nur oben abgesetzt. Scheitel mit länglicher Furche oder zwischen den Augen mit zwei glänzenden, queren, gebogenen, in die Mitte oft zusammenfliessenden Eindrücken (Acetropis). Pronotum ohne Apikal- striktur oder mit einer solchen, die aber von der echten Striktur ganz verschieden ist, indem sie nur durch den Vorderrand der Buckeln (Calli) und den von den äusseren Ecken dieses nach den Spitzecken des Pronotums schief gezogenen Linien gebildet ist, nicht aber einen selbständigen über die Seiten quer laufenden ring- förmigen Abschnitt bildet. Seiten dagegen meist wenigstens vorne scharf, oft gerandet. Cuneus lang. Erstes Fühlerglied stets lang. Erstes Fuss- glied stets viel länger als das zweite. — Überall verbreitet. Capsaria m. 1883 : Flügelzelle stets ohne Haken. Arolien frei, gross, von dem Grund an divergierend und an der Spitze ausgebreitet, Kopfzügel unten nicht oder nur sehr fein abgegrenzt. Scheitel bis- 22 Festschrift für Palmen. N-o 1. weilen mit Längsfurche. Pronotum stets mit sehr deutlicher, selbstän- diger bis über den Seiten sich streckender Apikalstriktur; die Seiten sehr selten und dann nur vorn hinter der Apikalstriktur gerandet. Vorder- brustxyphus gerandet, äusserst selten (die aethiopische Gattung Hisiri- ocoris REUT. 1905) gewölbt. Körper länglich, selten kurz. Hintere Hüften von den Epipleuren der Halbdecke ziemlich weit entfernt. Er- stes Fussglied selten länger als das zweite, in welchem Falle das Pro- notum ungerandete und stumpfe, abgerundete Seiten oder eine deutliche über die Seiten gehenden Apikalstriktur besitzt. — Überall verbreitet. Sehr zahlreiche Gattungen. Myrmecoraria m. 1905: Flügelzelle ohne Haken. Arolien frei, gross, gegen die Spitze divergierend. Zügel breit, von unten mehr oder weniger deutlich abgetrennt ^). Körper in der Mitte mehr oder weniger geschnürt, oft deutlich myrmiko-mimetisch. Beine lang. Hin- tere Hüften von den Epipleuren der Halbdecken meist wenig abstehend. Kopf meist gegen die Spitze zusammengedrückt. Wangen sehr hoch. Kehle meist sehr lang. Oberlippe fast halbmondförmig. Pronotum der makropteren Form mit deutlicher Apikalstriktur, nie eingestochen punktiert. Mesonotum bisweilen ganz unbedeckt. Cuneus bisweilen vom Corium nicht abgetrennt fMyrmecoris). — Nur wenige, wie es scheint, aberrante Gattungen-). ') Die untere Grenze ist bei Herdoniiis Stäl ziemlich undeutlich. ') Da ich diese Division nocli beibehalte, mache ich es nur unter einer gewissen Reservation. Die hierher gezählten, bisher beschriebenen Gattungen sind Myrmecoris Gorski, Camponotidea Reut., Sphinctothorax Stäl und Herdoniiis Stäl, wie endlich noch (fraglich) Pithanus Fieb. Vielleicht sind noch ein paar mir unbekannte Gattungen in dieselbe Division zu bringen. Alle diese sind aber deutlich m y r m e k o-m i m e t i s c h und die oben angegebenen Charaktere darum vielleicht nur specielle Anpassungscharaktcre, die von geringer syste- matischer Bedeutung sind. Vielleicht sind darum die obigen Gattungen nur als mimetisch angepasste Capsarien-Formen zu betrachten, als welche ich auch schon (Öfv. Finska Vet. Soc. Förh. XLVl, N:o 14, 1904, S. 4) die Camponotidea be- trachtet habe. Die Einzelligkeit der Membran und das Fehlen eines abgetrenn- ten Cuneus, wie bei Myrmecoris, erscheinen mir aber nunmehr nicht als we- sentliche Merkmale für die Myrmecoraria, weshalb ich in diese Division 0. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. I. 23 Clivinemaria m. 1875: Erstes Fussglied zylindrisch, in der Mitte tief gespalten, Glied 2 klein und die Spitze des ersten kaum oder wenig überragend, bisweilen fast ganz versteckt, Glied 3 zylindrisch oder gegen die Spitze sehr wenig verdickt. Klauen mit sehr feinen, borstenförmigen, fast parallelen Arolien. Fiügelzelle ohne Haken. Prono- tum oben mit einer an den Seiten schmäleren, in der Mitte aber sehr breiten und hochgewölbten Apikalstriktur, die oft unter stumpfem Win- kel nach vorn blasen- oder kapuzenartig über den Hinterrand des Kopfes hervorgezogen ist, nicht aber die scharfen Seitenränder überragt. Kopf vertikal mit ziemlich hohen Wangen und deutlich auch unten abge- grentzten Zügeln. Vorderbrustxyphus mit gerandeten Seiten. Membran zweizeilig. Klauen mit freien, sehr feinen, parallelen oder leicht divergieren- den Arolien. Hinterschenkel von den Epipleuren der Halbdecken weit ab- stehend. Durch die eigentümlichen Struktur des Pronotums und der Füsse sehr distinkt. — Bisher nur die Gattungen: Clivinema REUT, (nearktisch), Ambracius STÄL, Ofellus und Fundanius DIST, (neotropisch). Dagegen gehört, besonders nach der Struktur des Kopfes zu urteilen, die mir unbekannte Gattung Ranzouius DiST. wohl nicht, wie DISTANT auch Gattungen mit Cuneus und zweizellif^er Membran, wie Camponotidea, Har- donius und Sphinctothorax bringe. Die letzte ist sicher unrichtig von Kirkaldy (Trans. Ent. Soc. London. 1902, S. 248) in die Division Pilophoraria gebracht worden. Sie besitzt divergierende Arolien; ich habe Sph. lencophaeus Stäl unter- sucht. Dagegen ist die von mir früher als eine Myrmecorarie aufgefasste Gat- tung Laurinia Per. et Reut., wie ich schon in Mise, hemipt. in öfv. Finska Vet. Soc. Förh. XLIV, 1902, S. 171 gezeigt habe, eine (mit parallelen Arolien versehene) Pilophorarie. Eine gewisse habituelle Ähnlichkeit mit den Myrmecoraria und Pilopho- raria zeigen auch die amerikanischen Gattungen Zosippus Djst. und Xenetus Dist., die unrichtig von Beegroth (Wien. Ent. Zeit. XYII, S. 35) als Pilophorarien gedeutet sind. Von diesen weichen sie nämlich durch divergierende Arolien und breite, unten nicht abgetrennte Kopfzügel ab; von jenen aber auch durch den Bau des Kopfes, der schmalen Oberlippe, des punktierten Pronotums (ich habe Zos. inhonestus Dist. und Xenetus petiolarix Stal untersucht). Ich bringe sie in die Div. Capsaria. — Was endlich die Gattung Pithanus Fieb. betrifft, ist ihre syste- matische Stellung ausserordentlich schwierig. Vielleicht bildet sie eine eigene Division oder ist sie eine aberrante Capsarie. 24 Festschrift für Palmen. N:o 1. meint, zu dieser Division, obwohl der Vorderrand des Pronotums als >somewhat tumid« beschrieben wird. Bryocoraria m. 1905 (= Bryocoraria m., Eccritotarsaria m., Perissoba- saria m., Thaumastomiraria et Cylaparia KIRK. maximam ad partem): Letztes Fussglied gegen die Spitze deutlich verdickt. Klauen weit diver- gierend, meist gegen die Spitze stark gekrümmt, Arolien gross, oft breit, stark divergierend und den Klauen genähert, meist am Grunde (bisweilen ganz) mit diesen verwachsen. Scheinbeine ohne Stacheln. Flügelzelle stets ohne Haken. Kopfzügel nur oben abgesetzt. Scheitel bisweilen mit Längsfurche. Pronotum mit oder ohne Apikalstriktur. Vorderbrustxy- phus gerandet. Membran meist mit nur einer Zelle, selten mit zwei (z. B. Monalocorisca DIST., Pseudocarnus DIST., Perissobasis REUT.). Hin- terhüften von den Epipleuren der Halbdecken weit abstehend. — Weit verbreitet, in der paläarktischen Region aber sehr wenig vertreten ; besonders tropische Arten. Die für die Bryocorarien so charakteristische Struktur der Füsse, der Klauen und der Arolien zeichnet auch die meisten der bisher (von DISTANT und KiRKALDY) der Div. Cylaparia KIRK. 1903 [Valdasaria DIST. 1883) zugerechneten Gattungen aus. Sie kommt bei den von mir untersuchten Monaionion H. SCH., Disphinctus STÄL, Eucerocoris WESTW., Helopeltis SIGN., Rhopaliseschatus REUT., Odoniella HAGL., Sahl- bergella HAGL., Volkelius DIST., Sysinas DIST. vor, welche alle und zweifelsohne noch viele andere von den 18 Gattungen, die KIRKALDY zu dieser Division rechnet ^), mit der Gattung Cylapus SAY {Valdasiis STÄL) nicht die geringste nähere Verwandtschaft zeigen. Die Füsse der Gattung Cylapus, von welcher ich einige Arten untersucht habe, sind sehr fein, bis an der Spitze ganz linear, die Klauen massig divergierend, wenig gekrümmt, die Arolien nicht bemerkbar. Diese Gat- tung, mit welcher wie schon oben gesagt, Vannius DIST. und vielleicht noch einige zentralamerikanische und indische mir unbekannte Gattun- gen verwandt sind, bildet eine eigene oben charakterisierte Division, obwohl sie mit einigen von den oben genannten Gattungen in dem ver- ') Wien. Ent. Zeit. XXII (1903), S. 13. O. M. Heuler, llemiptcrologische Spekulationen. I. 25 tikalen Kopf und dein gefurchten Scheitel eine ganz zufällige und je- denfalls sehr oberflächliche Ähnlichkeit darbietet ^). Auch diese oben aufgezählten, falschlich als Cylaparien betrachteten Gattungen bringe ich darum ohne Bedenken in die Formenkreise der Bryocoraria, so viel auch einige derselben {Monolonion, Disphindus, Eurycerocoris, Helopeltis durch den langen, schmalen Körper, andere aber (Rhopaliseschatus, Odoniella, Sahlbergella, Volkelius) durch den eigentümlichen Fühlerbau von den am meisten typischen Repräsentanten dieser Division abweichen. Es mag nur darauf hingewiesen werden, dass solche extreme, langestreckte Formen auch unter den Capsaria vorkommen (Xenetus, Zacorus) und dass der Fühlerbau ebensowenig, wie die Körperform, systematische Charaktere höherer Ordnung darbietet: so z. B. sind die beiden letzten Glieder spindelförmig auch bei der Cyllocorarien-Gattung Ceratocapsus REUT. (Melinna UHLER.^. Zu der Division Bryocoraria gehört ferner auch die eigentümliche Gattung Hesperolabops KIRK. -), die mit Labops BURM. gar nicht — wie es KIRKALDY es angiebt — »closely allied« ist, ob- wohl sie mit dieser Gattung durch die gestielten Augen und hohen Wangen eine zufällige Ähnlichkeit darbietet. Viel mehr ist sie mit der Brycorarien-Gattung Sineruus STÄL {Spartacus DIST.) verwandt. KIRKALDY (Trans. Ent. Soc. London, 1902, S. 243) scheint ge- neigt zu sein, die Division Bryocoraria, auch wie sie bisher begrenzt ge- wesen ist, in mehrere aufzulösen, indem er sagt: »some at least of the numerous genera now embrased by the Bryocoraria appear to me to have little affinity with Bryocoris FALL.c Dies ist auch der Fall, wenn man alle die von DISTANT zu dieser Division gebrachten Gattungen als Bryocorarien betrachtet ; dass mehrere davon zu anderen schon be- kannten Division gehören, werde ich unten weiter hervorheben. So wie diese Division oben charakterisiert ist, scheint sie mir aber eine der am meisten natürlichen zu sein. Die Anwesenheit oder das Fehlen ei- ') Die Membran der Gatt. Cylapus und Vannius hat zwei deutliche Zel- len, nicht wie oben genannte Gattungen nur eine. ') Trans. Ent. Soe. London, 1902, P. II, S. 249. 26 Festschrift für Palmen. N:o 1. ner Apikalstriktur des Pronotums ist, wie später nachgewiesen wird, hier kein Grund, um die Division in mehrere zu teilen. Um eine Übersicht der oben charakterisierten Divisionen zu erleichtern, habe ich die wesentlichsten Kennzeichen derselben in folgender Bestimmungstabelle zusammengebracht. (Jedoch ist zu be- merken, dass, um sicher die systematische Stellung einer Art zu bestim- men, es mehrmals nötig werden kann, auch die oben gegebenen ausführ- liche Diagnosen zu vergleichen). I. Fussglied 3 linear (sehr selten, bei Hgpseloecaria, gegen die Spitze leicht verdickt). Pronotumspitze nie kapuzenartig oder blasenförmig erhöht. A^. Vorderbrustxyphus gewölbt, selten mit zwei Gruben (Boopidoco- rariaj. Flügelzelle meist mit Haken. Pronotum ohne Apikalstrik- tur. Kopfzügel schmal, oben und unten scharf abgesetzt. B^. Arolien mit den Klauen verwachsen, bisweilen sehr klein oder fehlend. C^. Flügelzellen mit Haken. D^. Pronotum nicht oder sehr fein punktiert. 1. Plagiognatharia. D-. Pronotum grob punktiert. Füsse sehr lang. Au- gen sehr gross. Scheitelrand gekielt. 2. Boopidocoraria. C*. Flügelzelle ohne Haken. 3. Cremnorrhinaria. B^. Arolien frei, einwärts gebogen. Wangen hoch. Flügelzelle mit Haken. ^. Hypseloecaria. B^. Arolien fehlend oder sehr fein. Flügelzelle mit oder ohne Haken. Pronotumspitze mit einem abgesetzten, mehr oder weniger breiten (nie aber gewölbten und glatten) Saum. 5. Exaerelaria. O. M. lienter, Hemipleroloyische Spekulationen, f. 27 A 2. Vorderbruslxyphus gerandel i). EK Arolien mit den Klauen verwachsen oder wenigstens diesen sehr genähert, bisweilen rudimentär. Flügelzelle mit Haken. Kopfzügel schmal, oben und unten scharf abgetrennt. Pro. notum ohne Apikalstriktur. 6. Oncotylaria. (und Nasocoraria). E^. Arolien frei, gegen die Spitze konvergierend oder parallel, bisweilen fehlend (selten bei einigen Dicypharia mit den sehr kurzen Klauen verwachsen). FK Arolien frei, gegen die Spitze konvergierend. Flügel- zelle ohne Haken. Pronotum ohne Apikalstriktur. Van- gen sehr selten hoch. Kopfzügel bisweilen auch unten abgetrennt. Augen innen meist ausgerandet. Schien- beine fein, typisch ohne Punkte. 7. Cyllocoraria. Arolien frei, gegen die Spitze konvergierend, oder feh- lend. Flügelzelle sehr selten ohne Haken. Pronotum mit Apikalstriktur (die bisweilen unter dem Hinterrand des nach hinten gezogenen Scheitelrandes verborgen ist). Kopfzügel schmal, oben und unten scharf abgetrennt. 8. Pilophoraria. Arolien sehr fein oder fehlend (bisweilen bei einigen Dicypharia deutlicher, aber mit den kurzen Klauen ver- wachsen). Cj\ Kopf langgestreckt, schwach abschüssig. Zügel oben und unten scharf getrennt, schmal. Füsse sehr fein. Pronotumseiten wenigstens nach hinten ge- schärft. 9. Fuluiaria, G -. Kopf vertikal. H 1. Kopf nach unten nicht stark verlängert. Cly- peus nicht in der Mitte bucklig gewölbt. F2. F3. ;) Nur bei den aberranten Gattungen Stethoconus Flor (Dicypharia) und Hislriocoris Reut. (Capsaria) stark konvex. 28 Festschrift für Palmen. N:o 1. I ^. Arolien sehr fein oder mit den kurzen Klauen verwachsen. Kopfzügel oben und unten scharf getrennt, schmal. 10. Dicypharia. I^. Arolien fehlen. Kopfzügel nur oben ge- trennt, bogig. 11. Garganaria. H^. Kopf nach unten stark verlängert Clypeus in der Mitte bucklig gewölbt. Wangen sehr hoch. Kehle sehr kurz. Füsse fein, Glied 1 lang. 14. Cylaparia, F^. Arolien frei, gegen die Spitze konvergierend oder parallel. Flügelzelle sehr selten mit Haken. Pronotum ohne Apikalstriktur. Scheitel breit. Wangen hoch. Schnabel kräftig. J^. Körper meist robust, nie in der Mitte ge- schnürt. Kopfzügel meist oben und unten ge- trennt, aber breit. Schienbeine oft robust. Membran zweizeilig. 12. Laboparia. J^. Körper meist schmal, in der Mitte geschnürt. Kopfzügel nur oben getrennt. Halbdecken und Flügel meist stark rudimentär. Membran der makropteren Form ohne Zellen, mit unregel- mässigen Nerven. 13. Myrmecophyaria. E ^. Arolien stets vorhanden, frei, gegen die Spitze divergierend und leicht erweitert. K ^ Flügelzelle mit oder ohne Haken. Pronotum mit dicker Apikalstriktur, Buckeln die Striktur von hinten begren- zend, ebenso lang wie diese. Kopf vertikal. Wangen hoch. 15. Restheniaria. K'. Flügelzelle stets ohne Haken. Pronotum ohne Apikal- striktur oder mit einer »Strictura spuria^i (siehe oben, S. 21). Seiten wenigstens nach vorne geschärft. Glied 1 der Fühler und der Füsse lang. 16. Miraria. O. M. Reuter, Hemipterologischc Spekulationen f. 29 K ^. Flugeizelle stets ohne Haken. Pronotuin mit echter Apikalstriktur (bisweilen bei den brachypteren in der Mitte undeutlich), Seiten selten nach vorne geschärft. L ^ Körper eiförmig oder parallel, sehr selten schmal und in der Mitte geschnürt. Labrum schmal. Wangen selten hoch. Kopfzügel nur oben getrennt. 17. Capsaria. L ^. Körper langgestreckt, in der Mitte geschnürt. La- brum sehr breit, mondsichelförmig. Wangen sehr hoch. Kehle sehr lang. Kopfzügel breit, aber auch von unten getrennt. 18. Myrmecoraria. IL Fussglied 3 gegen die Spitze verdickt oder die Pronotumspitze kapuzen- oder blasen form ig erweitert. Fussglied 1 tief gespalten. Schienbeine stets unbewehrt. Flügelzelle ohne Haken. Vorderbrustxyphus gerandet. Fussglied 3 linear oder sehr wenig verdickt. Arolien sehr fein, frei. Kopfzügel oben und unten scharf abgetrennt, schmal. Pro- notumspitze kapuzenartig oder stark gewölbt. 19. Clivinemaria. Fussglied 3 gegen die Spitze verdickt. Arolien gross, den Klauen sehr genähert, oft mit diesen verwachsen. Kopfzügel nur oben abgetrennt. Membran meistens einzellig. 20. Bryocoraria. Nachdem ich die Charakteristik der Divisionen oben abgeschlos- sen habe, scheint es mir zweckmässig, um die, wie es mir scheint, richtige Auffassung ihrer Phylogenie vorzubereiten, erst die verschie- denen charakteristischen Körperteile und ihre phyletischen Abänderungen etwas näher zu diskutieren. Ursprünglich, scheint es mir, war der Vorderbrustxuphus der Cap- siden gewölbt oder bisweilen flach, wie noch bei den Plagiognatharia; bald genug aber, wie schon bei den mit diesen eng verwandten Onco- tylaria, trat bei den meisten Formen eine Vertiefung ein, indem gleich- 30 Festschrift für Palmen. N:o 1. zeitig die Ränder sich erhoben ^). Ein gerandeter Xyphus findet sich darum auch bei allen Capsiden, nur mit Ausnahme der niederen Divi- sionen Plagiognatharia, Boopidocoraria, Cremnorrhinaria, Hypseloecaria und Exaeretaria. Diesem ursprünglichen Bau des Vorderbrustxyphus zufolge habe ich die Plagiognatharia von den Oncotylaria getrennt beibehalten, obwohl sie übrigens so viel mit diesen im Bau der Kopfzügel des Pro- notums, der Flügelzelle und der Klauenarolien gemein haben und ei- nige Gattungen deutlich an der Grenze der beiden Divisionen stehen. Einer evolutionistischen Auffassung ist aber ein solches Zusammenflies- sen der einen systematischen Gruppe mit der anderen gar nicht fremd. Der sogenannte »Hamus« der Flügelzelle scheint mir ein rudimen- tärer Rest einer rücklaufenden Flügelrippe zu sein, der überhaupt bei höheren Formen ganz verschwunden ist. Er charakterisiert die auf der niedrigsten Stufe stehenden Divisionen Plagiognatharia ^) und Oncotylaria, ist aber auch noch bei den Pilophoraria, obwohl schon in einigen Fällen undeutlich, selten ganz verschwunden; diese Division ist (zu- sammen mit der Div. Restheniaria, siehe unten) die einzige, bei welcher noch ein solcher Hamus vorkommt und gleichzeitig der Vorderrand des Pronotums leistenförmig abgeschnürt ist; alle übrigen oben erwähnten Divisionen, deren Pronotum mit einer Apikalstriktur versehen ist, ent- behren stets des Hamus. Dieser kann aber auch früher verschwinden, als die Abschnürung des Pronotumvorderrandes eingetreten ist. So bei den Divisionen Bryocoraria, Cyllocoraria und Laboparia. Bei der letzteren tritt er jedoch noch ausnahmsweise auf, wie bei Orthocepha- liis proserpinae M. et R. und Labops BURM. Fast stets verschwunden ist er, so bald die Arolien sich von den Klauen frei gemacht haben ; die Div. Cremnorrhinaria (mit zwei vielleicht aberranten Gattungen) bietet ein Beispiel, wo dies nicht der Fall ist. Von besonderem Interesse ist das Auftreten eines Flügelzellenhakens bei mehreren Gattungen der übrigens so hoch stehenden Division Resthenia- ria. Wahrscheinlich hat diese Division sich aus dem hypothetischen For- *) Der sehr hoch gewölbte Xyphus der Capsariengattung Ilistriocoris Reut. und der kegelförmige Vorderbrustxyphus des Slethoconus Flor sind ganz allein- stehende Erscheinungen. ') Bei Asciodema ohsoletiim D. et Sc. ist er bisweilen sehr undeutlich. O. M. Renter, Hemipterologisehe Spekulationen. I. 31 menkreise der Prolaboparien abgezweigt. Während schon eine breite Api- kalstriktur des Pronotums und divergierende Arolien bei den Restheniarien zur Entwickehmg gekommen sind, ist aber auch bei mehreren Formen die- ser Division (wie bei einigen der auf einer niederen Stufe stehenden, aber in vieler Hinsicht, besonders in der Kopfbildung, ähnlichen Div, Laboparia) der Flügelzellenhamus beibehalten, während er bei anderen Formen derselben Division mehr oder weniger obliteriert oder ganz ver- schwunden ist. Gewöhnlich wird, wie bekannt, die Membranzelle der Capsiden von der Cubilalrippe ^) in zwei geteilt. Auch diese Rippe betreffend gilt es, dass sie bei höheren Formen obliterieren kann, so dass die Mem- bran einzellig wird. Dies ist fast typisch der Fall bei den Bryocoraria. Bei den niederen Divisionen besitzt die Membran stets zwei Zellen. Jedoch scheint mir die Einzelligkeit oder Zweizeiligkeit der Membran nicht von so grosser systematischer Bedeutung zu sein, wie man bisher angenommen hat. Bei der Gattung Cobalorrhynchus REUT, 1905 (aus China) und auch bei Monolocoris DAHLB., obwohl noch schwächer, kann man auf der »Vena connectens« eine deutliche kleine Biegung gerade an der Stelle bemerken, wo die Cubitalrippe, auslaufen würde ; diese Rippe ist aber, wie bei den meisten Bryocoraria, nur in der Basalhäfte des Coriums als eine vertiefte Linie vorhanden und fehlt danach vollständig. So bald andere wichtige Charaktere gemeinsam sind, halte ich es darum nicht für richtig, nur auf Grund der Ein- oder Zweizeiligkeit der Membran Gattungen in verschiedene Divisionen zu bringen. So bringe ich in die Divisionen Myrmecoraria und Bryocoraria, wie ich sie nun- mehr charakterisiert habe, Gattungen mit beiden Zellentypen. Für die Bryocoraria scheint mir, wie schon hervorgehoben ist, der Bau der eigen- tümlichen Füsse und der Arolien in erster Linie bestimmend zu sein. Bei der aberranten, angeblich mit einzelliger Membran versehenen Gattung Pithanus, über deren systematische Stellung ich noch unsicher bin, ist die Bildung der Einzelligkeit nicht homolog mit der z. B. ') Ich brauche hier noch, nach Thomson, diese jedenfalls nicht richtige Benennung, da sie nun einmal in der Capsidennomenklatur sich eingebürgt hat. 32 Festschrift für Palmen. N:o 1. bei Bryocoris und verwandten Gattungen, indem die kleine Zelle niciit geschlossen ist, da hier nicht die »vena cubitalis«, sondern die »Vena connectens« derkleinerenZelleobliteriert i s t. Dieses Verhältnis ergiebt sich, wenn man die Lage der gros- sen Zelle zu dem inneren Cuneusrand beobachtet. THOMSON hat hervorgehoben, dass die Anwesenheit der Flügel- zellenhamus mit den oben und unten abgetrennten Kopfzü- geln (L o r a e d i s c r e t a e) zusammenfällt. Wenn man einige Gattun- gen der ihm unbekannten Restheniaria ausnimmt, ist dies wohl in der Hinsicht richtig, dass das Auftreten von einem solchen Hamus auch stets von vollständig, auch unten abgetrennten schmalen Zügeln begleitet ist. Diese können aber auch noch vorkommen nachdem der Hamus schon verschwunden ist ; so z. B. bei allen Dicypharia und Fulviaria, bei den Cremnorrhinaria, den meisten Laboparia, auch bei einigen Cyllocoraria; die »Lorae discretae« sind sogar noch charakteristisch für die Cliuinemaria, die Cylaparia m. und die mit divergierenden Arolien versehenen Myrme- coraria, obwohl sie bei den letzteren sehr breit und bisweilen von un- ten weniger deutlich abgegrenzt sind. Bei allen übrigen Divisionen ohne Flügelzellenhamus sind die Zügel dagegen nur oben begrenzt; die untere Grenze dieses Kopfabschnittes ist hier ganz verwischt. Der ursprünglichste Bau der Klauen scheint mir der der Divisionen Plagiognattiaria, Boopidocoraria, Cremnorrhinaria und Oncotylaria zu sein. Hier sind die Arolien, wie auch bei manchen Bryocoraria, mit den Klauen verwachsen, an der Spitze abgestutzt oder spitz ; nicht selten aber sind sie auch sehr reduziert oder fehlen sogar. Schon bei einigen Oncotylaria wird ihre Spitze eine kürzere oder längere Strecke von den Klauenspitze frei, z. B. bei Acroteliis REUT, und Oncotyhis reiiteri JAK., bisweilen bei den höchst entwickelten Formen, wie Alloeonycha REUT, und Macrotylus FIEB., machen sie sich fast ganz von den Klauen frei, sind aber diesen noch, wie auch stets bei den Bryocoraria, bis an die Spitze stark genähert, wodurch sie sich leicht von dem Typus der Cyllocoraria- und Lq6o/)a/za-Arolien unterschei- den. Wie schon mit Hinsicht auf die Kopfzügel bemerkt ist, mag auch hier erwähnt werden, dass das Anhaften der Arolien an den Klauen mit der Anwesenheit der Flügelzellenhamus zusammenfällt [Plagiognatharia, 0. M. Heuler, Hemipterologische Spekiilalionen. f. 33 Boopidocoraria, OncotylariaJ. Nur die Pilophoraria, die jedoch meist der Arolien ganz entbehren, haben einen Flügelzellenhanius und freie Arolien von dem Cyllocorarien-Typus ; so auch die kleine Division Hypseloecaria. Eine Flügelzelle ohne Hamus und dennoch mit den Klauen verwachsene Arolien kommen, mit Ausnahme der Brycoraria, noch bei den Cremnorrhinaria und einigen Dicypharia vor. Bei den letzteren ist das Verwachsen der Arolien aber vielleicht ein Adaptionscharakter, indem die Arolien der Gattungen, die dadurch gekennzeichnet sind, stets auf klebrigen Pflanzen leben und darum eine besondere Bildung der (stets sehr kurzen) Klauen erworben haben. Sobald die Arolien frei geworden sind, haben sie sich in zwei verschiedenen Richtungen entwickelt. Bei den Cyllocoraria, Laboparia und Pilophoraria (Richtung I) sind sie noch meist an der Basis mit den Klauen, obwohl sehr eng, verwachsen, so dass sie von der Basal- ecke der Klauen entspringen, werden danach parallel oder biegen sich und konvergieren mit ihren Spitzen in der Mitte zwischen den Klauen. Bei den Restheniaria, Capsaria, Myrmecoraria und Miraria dagegen (Richtung II) sind sie schon von der Basis an frei, gehen zwischen den Klauen aus, sind die ganze Strecke hin gegen die Spitze ziemlich stark divergierend und an der Spitze erweitert. Diese Klauenstruktur scheint mir für die höchst stehenden Capsiden charak- teristisch. Auch die Bildung der Füsse ist von systematischer Bedeutung, indem eine grosse Division, die Bryocoraria, in dieser Hinsicht sich von allen übrigen abtrennt. Bei dieser ist nämlich das dritte Glied oder die beiden letzten zusammen gegen die Spitze mehr oder weniger verdickt (Entwicklungsrichtung II), während diese Glieder der übrigen Divisionen linear sind (Richtung I). Nur bei der kleinen Divi- sion Hypseloecaria verdickt sich auch das dritte Fussglied einwenig ; diese Division aber, die einen Flügelzellenhaken, freie, von den Klauen gut abstehende Arolien u. s. w. besitzt, hat mit den Brj'ocorarien sehr wenig Verwandtschaft. Die charakteristische Fussbildung der Bryocoraria, mit dem oben erörterten Bau der Arolien bei derselben zusammenge- stellt, scheint darauf zu deuten, dass diese Division sich schon früh von 34 Festschrift für Palmen. N:o 1. den übrigen abgezweigt liat und selbständig ihre übrigens in meh- reren Hinsichten hohe Entwicklung erworben hat. Vielleicht mag es inkonsequent scheinen, dass ich, während ich das Verschwinden der unteren Grenze der Kopfzügel als eine höhere Entwicklungsstufe betrachte, ebenso als eine solche das Auftreten der kielfbrmigen Trennung des Pronotumvorderrandes bezeichne : im ersteren Falle also das Verschwinden, im letzteren das Entstehen einer Sutur. Mit allen übrigen Charakteren zusammengestellt, muss die Ab- schnürung des Pronotumvorderrandes jedoch unzweifelhaft als eine Neubildung aufgefasst werden, die einer höheren Entwicklung angehört. Sie tritt niemals bei den niederen Divisionen auf ^). Freilich kommt sie schon bei einer Division vor, bei den Pilophoraria, die noch nicht den Zellenhamus der Flügel und die untere Begrenzung der Kopf- zügel verloren hat. Hier hat diese Abtrennung schon frühzeitig statt- gefunden. Bei den übrigen Divisionen aber, die durch die Apikalstriktur des Pronotums charakterisiert sind, ist, mit Ausnahme einiger Restheniaria- Gattungen, der Hamus schon ganz verschwunden ; was die Kopfzügel betrifft, sind sie nur noch bei den Fulviaria, Dicypharia, Myrmecoraria und Cylaparia m. auch von unten abgetrennt. Die Bryocoraria, wie ich sie nunmehr fasse, schliessen, wie schon bemerkt ist, Gattungen so wohl mit, wie auch ohne Apikalstriktur des Pronotums ein ^). Dieser Umstand ist aber erklärlich, wenn wir, wie oben, annehmen, dass die Gruppe sich frühzeitig getrennt und selbständig weiter entwickelt hat. Während sie in vielen, oben schon erwähntem Hinsichten eine verhältnismässig hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, scheint sie noch teilweise die Apikalstriktur des Prono- *) Nur selten findet sich bei den Cyllocoraria ein sehr sclimaler, niedri- ger Saum, der aber mit der Apikalstriktur ebensowenig wie der bei den E x a e- r e t a r i e n abgegrentze Pronotumvorderrand homolog ist. Dieser ist nicht nur gar nicht erhaben und gewölbt, sondern auch, wie der Rand bei einigen Plagio- gnatharien, Oncotylarien, u. a., leicht ausgeschweift, was niemals mit der echten „Strictura apicalis" der Fall ist. ') Sehr oft ist diese Striktur nur scheinbar und von dem Vorderrand der grossen an den Seiten sich weit erstreckenden und in der Mitte fast zusammen- stossenden Buckeln gebildet, also keine selbständige Erscheinung. O. M. Reuter, Henüplerologische Spekulationen. I. 35 tums betreffend auf einem niederen Stufe stehen geblieben zu sein ; so auch hinsichtlich des Baues der Klauen und Arolien. Übrigens sehr ver- wandte Gattungen dieser Division können eine solche Striktur ausge- bildet haben oder dieselbe vermissen lassen. Bei den Miraria, die von dem grossen Stammzweige wahrschein- lich nach dem Verschwinden der Zellenhaken der Flügel und dem Ver- streichen der unteren Zügelsutur sich abgetrennt haben und mit den Capsaria und Restheniaria die divergierenden und an der Spitze erwei- terten Arolien teilen, hat der Apikaiteil des Pronotums, statt einen Bandring wie bei diesen abzutrennen, eine divergente Entwick- lungsrichtung (Bichtung II) eingeschlagen. Das Pronotum hat hier wenigstens nach vorn geschärfte Sei- tenränder entwickelt, die fast bis an die Spitze reichen ; ferner sind die Bänder der meist grossen Buckeln (Calli) gewöhnlich vertieft und zwischen den äusseren Vorderecken dieser und den Spitz ecken ist eine schiefe, vertiefte Linie gezogen, so dass hierdurch eine seitlich schief abgetrennte mehr oder weniger deutliche »falsche» Apikalstriktur (strictura spuria) entstanden ist, die mit der wulstigen ringförmig über den Seiten sich erstreckenden Apikalstriktur anderer Divisionen sicher nicht homolog ist. Der hintere Band dieser »Strictura spuria« wird stets von dem Vorderrande der Buckeln gebildet. Wenn man diese Distinktion streng festhält, dürfte auch die Division Miraria gut begründet sein und KIRKALDY nicht mehr Grund haben, von diesen Gruppe zu sagen (Trans. Ent. Soc. Lond. 1902, P. II, S. 243): »the Miraria seems not to be sharply separable from the Capsaria in some extra-European genera«, was vielleicht bis- her der Fall gewesen ist. So z. B. kann die durch geschärfte und ver- breiterte Pronotumseiten ausgezeichnete Gattung Lygdus aus Zentral- amerika und Venezuela, die von DISTANT als eine Mirarie beschrieben ist, wenigstens wenn L. signoreti DIST., den ich untersucht habe, in der Tat zu dieser Gattung gehört, nicht in dieser Division unterge- bracht werden, da die Apikalstriktur, obwohl hier an den Seiten von den eigentümlichen Lappen begrenzt, doch ganz nach den Besthenia- rien-Typus gebildet ist. Diese Gattung ist übrigens, z. B. in der Kopf- bildung, wie schon gesagt (S. 21), mit den Besthenien nahe verwandt. 36 Festschrift für Palmen. N.o 1. Die Gattung Collaria PROV., die bei oberflächlicher Untersuchung eine quere Apikalstriktur zu besitzen scheint, erweist sich dagegen als eine echte Mirarie. Die hintere Grenze dieser Striktur wird näniHch nur vom Vorderrande der CalH gebildet und ist zwischen diesen nicht mehr bemerkbar. Die oben erwähnte seitliche schiefe Linie ist hier aber sehr kurz, obwohl dennoch vorhanden. Auch hier haben wir also nur eine »Strictura spuria«. Auch die kapuzenartige »Apikalstriktur« der Clwinemaria ist nicht mit der Apikalstriktur der übrigen Divisionen homolog. Sie ist gar- nicht ringsum, sondern nur oben ausgebildet und überragt seitlich nicht die geschärften Seitenränder ; auch ist ihre ganze Struktur sehr abweichend (Enlwicklungs-Richtung III der Pronotumspitze). Es scheint mir nicht unwahrscheinlich, dass der oft sehr breite Vordersaum des Pronotums einiger Bryocoraria Anknüpfungspunkte zur Entstehung einer solchen Kapuze gegeben habe; so besonders bei der Bryocora- rien-Gattung Eurychilella m. (ined.). Endlich mag es mir noch gestattet werden, schon in diesem Zu- sammenhang einen Charakter zu erörtern, dessen systematische Bedeu- tung in den letzten Zeiten von DISTANT gar zu sehr übergetrieben worden ist : die Längsfurche des Scheitels. Eine solche findet sich freilich noch nie bei den niedersten Divisionen, sie tritt erst nach der Abtrennung des Vorderrandkieles des Pronotums oder auch nach der Entstehung der divergierenden Arolien auf. Sie kommt aber bei den verschiedensten höher entwickelten Divisionen vor (Pilophoraria, Teratodellaria, Restheniaria, Capsaria, Miraria, Bryocoraria) teils nur aus- nahmsweise, teils so oft, dass sie fast einen typischen Charakter bildet. Wie wenig sie aber für die Trennung grösserer Gruppen verwertet werden kann, werde ich unten zeigen. In dieser Hinsicht ist sie mei- nes Erachtens z. B. mit der Punktur des Pronotums zu vergleichen. Ein mit eingestochenen Punkten versehenes Pronotum kommt gleichfalls fast nur bei den Divisionen vor, die einen abgesetzten Vorderrandkiel des Pronotums und divergierende Arolien besitzen ^), ist aber darum gar- *) Eine Ausnahme maclien nur die Division Boopidocoraria, die ein punk- tiertes Pronolum und mit den Klauen verwachsene Arolien besitzt, wie auch ei- nige Pl7op/iorar/a-Gattungen. O. M. Reuter, Hemipterologischc Spekiilalionen. 1. 37 nicht fflr diese Divisionen charakteristisch, da mehreren Gattungen eine solche Punktur ganz fehlt. Die Resultate obiger Darstellung können wir in folgender Weise kurz rekapitulieren. Der V o r d e r b r u s t X ij p h ii s bleibt auf niederer Ent- wickelungsstufe bei Plagiognatharia. Boopidocoraria . Cremnorrhinaria. Hypseloecaria. Exaeretarin. ist höher entwickelt bei Oncofylaria. Nasocoraria. Cyllocoraria. Pilophoraria. Fnlüiaria. Dicijpharia. Garganaria. Laboparia Mgrmecophyaria. Cylaparia. Restheniaria. Miraria. Capsaria. Myrmecoraria. Clivinemaria. Bryoeoraria. Die F l ü g e l z e 1 1 e bleibt auf niederer Ent- wickehingsstufe bei Plagiognatharia. Boop idocoraria . Hypseloecaria. Exaereiaria (teilweis). ist höher entwickelt bei Cremnorrhinaria. Exaeretaria (teilweis). Cyllocoraria. Pilophoraria (selten). 38 Festschrift für Palmen. N:o 1. Oncotylaria. Fulviaria. Nasocoraria. Dicypharia. Pilophoraria (typisch). Garganaria. Laboparia (selten). Laboparia (typisch). Restheniaria (teilweis). Myrmecophyaria. Cylaparia. Restheniaria (teilweis). Miraria. Capsaria. Myrmecoraria. Clivinemaria. Bryocoraria. Die Membranzellen zeigen nur bei einigen Myrmecoraria und bei den meisten Bryocoraria eine höhere Entwickelungsstufe ; ganz aber- rant verhalten sich die Myrmecophyaria, die keine Zellen bilden. Die Kopfzügel bleiben auf niederer Entwickelungsstufe bei Plagiognatharia. Boopidocoraria. Cremnorrhinaria. Hypseloecaria. Exaeretaria. Oncotylaria. Nasocoraria. Cyllocoraria (selten). Pilophoraria. Fulviaria. Dicypharia. Laboparia (typisch). Cylaparia. Myrmecoraria. Clivinemaria. sind höher entwickelt bei Cyllocoraria (typisch). Garganaria. Laboparia (selten). Myrmecophyaria. Restheniaria. Miraria. Capsaria. Bryocoraria. Ü. M. Heuler, Heniipterologische Spekulationen. I. 39 Die A r o l i e n der Klauen bleiben auC niederer Entwickelungsslufe bei Plagiognatharia. Boopidocoraria. Crem n orrh in aria. Oncotylaria. Nasocoraria. Bryocoraria. sind höher entwickelt (Richtung I) bei Exaeretaria. Cijllocoraria. Pilophoraria ^). Fuluiaria ^). Dicypharia. Garganaria ^). Laboparia. Myrmecophyaria Cylaparia ^) Cremnorrhinaria, und höchst entwickelt (Richtung II) bei: Restheniaria. Miraria. Capsaria. Myrmecoraria. Die Fussbildnng bietet zAvei verschiedene Richtungen dar, von denen die eine nur bei den Bryocoraria vertreten ist. Das Pronot um bleibt auf niederer Ent- wickelungsstufe bei Plagiognatharia. Boop idocoraria . Cremnorrhinaria. Hypseloecaria. Exaeretaria. Oncotylaria. Nasocoraria. Cyllocoraria. Laboparia. Mymecophyaria. Bryocoraria (teilweis). ist höher entwickelt bei (Richtung: I) Pilophoraria. Fulviaria. Dicypharia. Garganaria. Cylaparia. Restheniaria. Capsaria. Myrmecoraria. Bryocoraria (teilweis). (Richtung II): Miraria. (Richtung III): Cliuinemaria. ') Fehlen oft. ^ Fehlen. 40 Festschrift für Palmen. X:o 1. Die Längsfurche des Scheitels, wie auch die P u n k t a r des Pronotums, des Schildchens und der Halbdecken treten erst bei hö- heren Divisionen auf, sind aber nicht von systematischer Bedeutung für die Begrenzung dieser. Wenn wir nun die einzelnen Divisionen mit Hinsicht auf die oben diskutierten Charaktere betrachten, so ergiebt sich folgender Befund. Wir bezeichnen in der Tabelle die niedere Entwicklung mit N, die höhere mit H und zwar je nach den verschiedenen Entwicklungsrich- tungen mit H ^, H^, H^, das Schwanken zwischen niederer und höhe- rer Entwicklungsstufe mit S, und bekommen somit die folgenden Formeln für die verschiedenen Divisionen ^). Was die Bildung der Füsse betrifft, bezeichnen wir die beiden Entwicklungsrichtungen mit I und H. Vorder- bnistxy- phus. K 3 7^ C: > 3 a 9 Plagiognatharia ^) : N N N N N Cremnorrhinaria : N H N N N Hypseloecaria : N N N H N Exaeretaria : N S N H N Oncotylaria: ^) H N N N N Cyllocoraria : H H S Hl N Pilophoraria : H S N m W Fulviaria : H H N H /fi Dicypharia : H H N H' Hl Garganaria : H H H H H' Labopnrin : H H S H' N Myrmecophyaria : H H H m N Cylaparia : H H N H Hl Restheniaria : H S H //2 Hl Miraria : H H H w- H^ Capsaria : H H H 7/2 H' Myrmecoraria : H H N m Hl Clivinemaria : H H N H H3 Bryocoraria : H H H // N S ') Wenn die Arolien fehlen, wird die Division in dieser Hinsicht als höher entwickelt angc«chen, falls die nächst verwandte einem höheren Typus angehört, *) Zuamnien mit Boopidocoraria. *) Zusammen mit Nasocoraria. 0. M. Riuler, Hemipterolor/ische Spekulationen. I. 41 Aus diesen Formeln lassen sich die phylogenetischen Beziehungen der einzelner Division zu einander einigermassen ableiten. Wenn die Formeln für zwei Divisionen, wie für die Div. Fulviaria und Dicypharia oder die Div. Cyllocoraria und Laboparia, ganz dieselben sind, finden sich, wie aus der ausführlichen, oben gegebenen Charakteristik dieser Divisionen hervorgeht, hervorragende Charaktere, so zu sagen, zweiter Ordnung, die die Trennung derselben motivieren. Um meine Auffassung von den phylogenetischen Verwandtschaften der Divisionen näher zu veranschaulichen, füge ich hier eine Stamm- baumstafel bei. Ursprünglich, scheint es, waren bei den Capsiden (wir sehen auch nun von den Isometopinae ganz ab) der Vorderbrustxyphus gewölbt, die Arolien mit den Klauen verwachsen, die Flügelzelle mit einem Haken versehen, die Kopfzügel oben und unten scharf abgetrennt und das Pro- notum ohne jede Apikalstriktur. Dieser Typus ist noch gegenwärtig bei der Div. Plagiognatharia unverändert beibehalten, die ein noch ziemlich artenreiches Ästchen zu unterst an dem Stamme bildet ^). In der nächsten Nähe dieser verzweigen sich aus dem Stamme in verschiedenen Richtungen die kleinen Divisionen Cremnorrbinaria. Exaeretaria und Hypseloecaria, während die Div. Boopodicoraria nur als ein kleines Äst- chen der Plagiognatharia anzusehen ist. Die drei oben genannten Di- visionen haben schon je einen höheren Charakter ausgebildet (das Feh- len des Flügelzellenhamus oder das Freiwerden der Klauenarolien) und erheben sich dadurch etwas über das ursprüngliche Niveau, während andere Merkmale und besonders der Bau des Vorderbrustxyphus und der Kopfzügel noch von ihrer niederen Herkunft zeugen. Et- was höher auf dem Stamme ist schon der gewölbte Vorderbrustxyphus in einen gerandeten und flachen oder oft sogar vertieften umgewandelt. Hier verzweigt sich nun erst die in allen übrigen Charakteren auf ei- ner niederen Stufe verbleibende, den Plagiognatharien nahe stehende Division Oncotylaria, die noch durch mit der Klauen verwachsene Aro- lien ausgezeichnet ist, obwohl schon bei den höchsten Formen eine Ten- denz zum Freiwerden derselben bemerkbar ist. ') Die Arolien sind bisweilen ganz rudimentär. 42 Festschrift für Palmen. N:o 1. Noch höher auf der Stamme machen endlich die Arolien sich von den Klauen frei und entwickeln sich in der oben beschriebenen Rich- tung (oder sind bisweilen ganz verschwunden). Hier verzweigen sich nun mehrere Ästchen. Die Div. Pilophoraria besitzt noch den Flügel- hamus, scheint dadurch von niederem Ursprung zu sein, hat aber die Apikalstriktur des Pronotums ausgebildet und schiesst dadurch ziem- lich hoch hinauf. Divergent damit hat sich die Div. Cyllocoraria aus- gebildet, indem diese noch keine solche Apikalstriktur besitzt, während sie dagegen den Hamus der Flügelzelle verloren hat. In der Nähe die- ser Divisionen scheinen sich auch die Divisionen Dicypharia, Fulviaria und Garganaria abgezweigt zu haben, die beiden letzteren nur von we- nigen Formen repräsentiert. Alle diese entbehren des Flügelzellen- hamus und haben eine Apikalstriktur des Pronotums erworben. Höchst ausgebildet ist die Div. Garganaria, deren Kopfzügel nicht mehr unten abgetrennt sind. Da diese Division, wie auch die Division Fulviaria, der Arolien gänzlich entbehren, ist es in der Tat schwierig, zu beurteilen, ob sie von dem Verwandtschaftskreise der Cyllecoraria und Pilophoraria oder noch höher von dem Stamme abgezweigt sind ; das letztere ist viel- leicht mit den Garganaria der Fall, wie wahrsheinlich auch mit der ei- gentümlichen Div. Cylaparia. Entschieden von niederem Ursprung ist die artenreiche Div. Labo- paria, aus welcher die Div. Myrmecophyaria wahrscheinlich direkt her- vorgegangen ist. Sie ist von dem Stamme nach dem Freiwerden der Arolien und vor dem Abtrennen einer Apikalstriktur des Pronotums abgezweigt worden; ihr aber scheinen noch, so zu sagen, einige Reste von noch niederer Herkunft anzuhaften, indem, obwohl freilich nur ausnahms- weise, der Flügelzellenhamus nicht oder nur unvollständig obliteriert ist. Dasselbe ist der Fall mit der übrigens so hoch entwickelten Div. Resthenia- ria, die schon divergente Arolien und eine dicke Apikalstriktur des Pro- notums besitzt, die aber im übrigen mehrere wohl nicht nur habituelle Ähnlichkeiten (im Baue des Kopfes etc.) mit den Laboparien darbietet. Am höchsten auf dem Stamme haben sich endlich die ebenfalls mit divergierenden Arolien versehenen Divisionen Miraria und Capsaria abgezweigt, die hinsichtlich der Bildung der Pronotumspitze zwei diver- gierende Richtungen repräsentieren. O. M. Rcüler, Hcmiplerologische Spekulationen. I. 43 Einen schon ziemlich von der Wurzel des Capsidenstammes divergie- renden Hauptast repräsentieren die Bryocoraria mit ihrem eigentümliclien Bau der Füsse, und aus der Basis dieses zweiten Hauptzweiges des Capsi- denstammes hat vielleicht die Div. Clivinemaria sich ausgebildet. Diese Divisionen haben sich ganz selbständig entwickelt ; die erstere schiesst durch das allgemeine Verschwinden der »vena cubitalis« der Membran noch höher als alle übrigen Capsiden hinauf, ist aber in anderen Hinsichten (in der Ausbildung einer Apikalstriktur des Pronotums) schwan- kend oder (im Arolienbau) auf einer niederen Stufe stehen geblieben. Aus den oben gegebenen Darlegungen geht, scheint es mir, hervor, dass die F2nt Wicklung der Capsiden jeden- falls von einem ursprünglich gewölbten zu einen mehr oder weniger ausgehöhlten undgerandeten Vorderbrustxyphus, von mit den Klauen zusa m- mengewachsenen zu freien Arolien, die in ihrer höchsten Form divergierend und an der Spitze er- weitert sind, von gut abgetrennten Zügeln {Lorae dis- cretae) zu unten nicht getrennten, wieauch weiter zur Obliterierung des Flügelzellenhamus, zur Entste- hung einer Apikalstriktur des Pronotums und end- lich zum Verschwinden der Cubitalrippe der Mem- branzelle fortgeschritten ist. Ich hoffe hiermit dargelegt zu haben, dass unsere Kenntniss auch dieser so schwierigen Familie dennoch so weit fortgeschritten ist, dass wir nicht, wir DISTANT meint, »for the present must be satis- fied with a somewhat artificial or cabinet arrangement«, sondern, ob- wohl »their affinities are of the most komplicativ description«, mit ge- wissenhafter Beobachtung der freilich oft ziemlich minutiösen Charak- tere faktisch natürliche Gruppen aufstellen und ihre Verwandtschaften wissenschaftlich wenigstens diskutieren können. Die verschiedenen Ansichten können natürlich hierbei etwas divergieren, die Systematik ist aber doch hierdurch in richtiges Geleise gebracht worden, indem sie gewiss nicht, wie DISTAXT meint, für eine »evolutionary or phi- losophical conception« fremd ist. 44 Festschrift für Palmen. N.o 1. Dass aber ein Verfasser, der nur die oberflächlichsten Kennzeichen erwähnt und eine ganze Menge der systematisch wichtigsten Merkmale vollständig ignoriert, unmöglich weiter kommt, sondern mit einer Klas- sifikation, die nur »contrived for the purposes of entomological arran- gement« ist, sich begnügen muss und auf einem Standpunkt stehen bleibt, wo die Kenntnis von diesen Insekten sich vor etwa einen halben Jahrhundert befand, das hat leider DISTANT selbst in seinen Capsiden- Arbeiten gar zu oft und gar zu deutlich bewiesen. Wir wollen diese Arbeiten hier näher untersuchen. Freilich sind mir zahlreiche der von DISTANT aufgestellten Gattungen in der Natur unbekannt geblieben; mehrere konnte ich jedoch studieren. Fangen wir also mit den Capsiden in der Biologia Centrali-ame- ricana an. In der Division Miraria hat DISTANT hier, wie er es selber ge- steht, eine »considerable diversity of generic forms« zusammengebracht, weil er geglaubt hat, es wäre am besten »to avoid, as far possible, in- creased divisional Separation, until the family, as a whole, is gencrally niore worked and better known«. Als die wesentlichsten Kennzeichen dieser Division giebt er an, dass die Gattungen durch »the head di- stinctly longitudinally sulcated between the eyes, and the antennae inserted on the lateral margins of the head in front of the eyes« ausgezeichnet sind. Von dem von mir hervorgehobenen Charakter »Pronotum lateri- bus saltem antice acutis« hat er ganz abgesehen. Dadurch kommt es, dass er eine Gattung, wie Zosippus, von welcher ich Z. inhonestus DIST, aus Venezuela untersucht habe, als eine Mirarie auffasst, obwohl die Pronotumseiten sehr stumpf sind und der Vorderand eine deutliche kielförmige Slriktur besitzt. Die Längsfurche des Scheitels hat einzig den Verfasser dazu bestimmt, diese Gattung zur Division Miraria zu stellen, denn auch die Fühler sind nicht »of the lateral margins of head in the front of the eyes«, sondern an deren innerem Rand ziem- lich hoch über der Augenspitze eingelenkt. Die Gattung hat eine ober- flächliche Ähnlichkeit mit gewissen Pilophorarien und ist wahrscheinlich wie diese myrmiko-mimetisch, der Bau der Arolien zeigt ihr jedoch ihren Platz unter den Capsaria an. Dasselbe ist der Fall mit den Gattungen Xenetns DlST. und Zacorus DiST. (Siehe oben, S. 28, Note). Der systema- (). M. Reuter, Hemiplerologische Spekulationen. I. 45 tische Platz der Gattung Lygdus DIST. unter den Restheniaria ist schon oben erörtert worden (S. 21). Man kann sich nicht darüber wundern, dass DISTANT unsicher war, in welcher der von mir 1875 etablierten Di- visionen die oben genannten Gattungen unterzubringen waren, so lange ch noch die Divisionen Miridiaria, Loparia, Dioncaria, Phytocoraria und Capsaria von einander getrennt hielt. Hütte er meine neue, mit seiner Arbeit gleichzeitig veröffentlichte Einteilung der Capsiden (Hemipt. Gymn. Eur. III, 1883) schon gekannt, so hätte er wohl bald gefunden, dass sie nicht der Division Miraria angehörten, falls wenn er nicht ein ganz übertriebenes Gewicht auf das Vorhandensein der Scheitelfurche gelegt hätte. Eine solche Furche soll auch in seiner Division Valdasaria vor- kommen, die von Miraria dadurch abweichen soll, dass die Fühler an der inneren Seite der Augen eingelenkt wären. Von den hierher gerech- neten acht Gattungen dürften nur zwei {Valdasus STÄL. und Vannius DiST.) verwandt sein. Piasus DiST. ^) ist eine Capsarie, Sysinas DIST. eine typische Bryocorarie, auch Monolonion H. SCH. ist nur eine längliche, extreme Gattungsform derselben Division, Ofellus DIST. ist eine typische Gattung der Div. Cliuinemaria, zu welcher vielleicht auch die mir unbekannte Zophyrus DIST. und Admetiis DIST. zu rechnen sind. Für DISTANT ist nur die Scheitelfurche von Bedeutung gewesen, alle übrigen wirklich systematischen Charaktere sind übersehen worden. Zu bemerken ist ferner, dass die Scheitelfurche bei Piasus in der Tat unmerk- lich ist und dass Ofellus DIST. wohl zwei nach vorne divergierende, aber keine zentrale Scheitelfurche besitzt. Die früheren (1875) Divisionen Loparia, Phytocoraria und Capsaria, die faktisch von einander sehr schwach abgegrenzt waren, sind in der Biologia Centrali-americana beibehalten worden. Dagegen sind unter der Division Bryocoraria, S. 283, meine gleichnamige Division und die davon weit verschiedene Division Cyllocoraria zusammengefasst worden. Doch auch das kann dem Verfasser nicht zu sehr vorgeworfen werden, ') Piasus illuminatus Dist. = Deraeocoris cribricollis Stäl- = Piasus cribri- collis (Stäl) m. -) S. floridulus Dist. ist sogar mit dem Eccritotarsus floridulus var. B. Stäl- sec. spec. typ) identiscli. 46 Feslschrifl für Palmin. N:o 1. da er Gattungen mit gegen die Spitze verdickten Füssen angetroffen hat, die also zur Div. Bryocoraria zu bringen wären, deren Membran aber zweizeilig ist (Z. B. Monolocorisca, Pseudocarnus). Die einzige Charak- teristik, die der Verf. über diese seine Division giebt, ist »the antennae being not quite so wide apart as the eyes.« Wahrscheinlich schliesst sie auch Oncotylaria und Plagiognatharia ein, die Gattungen sind n i e mit Hinsicht auf die Flügelzelle und die Arolien untersucht worden. Was in der Biol. Centr.-amer. ernsthaft zu bedauern ist, sind die schon oft erörterten, stets sehr oberflächlichen Gattungsbeschreibungen des Ver- fassers. Stillschweigend geht er, wie gesagt, fast allen solchen Kennzeichen aus dem Wege, die wirklich von systematischer Bedeutung sind, und giebt nur leicht zu beobachtende, oft aber mehr oder weniger unwe- sentliche Charaktere an. Davon hängt es ab, dass er z. B. eine ausge- prägte Capsarien-Gattung, wie Lampethiisa DIST., als eine fragliche Plagi- ognatharie(!) auffassen konnte. Da er das Pronotum »with a distinct ante- rior coUar« beschreibt, ist es jedoch unerklärlich, dass er nicht den richtigen Platz der Gattung gefunden hat. Hätte er sich die Mühe gege- ben, weiter auch die Flügel, die Arolien und die Kopfzügel zu be- trachten, so dürfte er wohl darüber keinen Zweifel hegen, dass diese Gattung keine Plagiognatharie ist. Noch viele andere Überraschungen erwarten uns in dieser Bearbei- tung der zentralamerikanischen Capsiden. Rätselhaft ist es, aus welchem Grunde der Verfasser die Gattung Fulüius zu den Capsaria bringt. Ganz er- staunt wird man aber, wenn man findet, dass er eine kleine Art der wohl- bekannten und in Europa so häufigen Gattung Halticus, obwohl freilich fraglich (!), als einen Calocoris{\\) beschreibt. Nach diesem wird es nicht mehr überraschen, dass auch Plagiognatharien als Capsarien be- schrieben werden. So z. B. ist Lygiis uvidus DiST. mit dem Reutero- scopus KIRK. 1905 {Episcopus REUT.) ornatus (REUT.) identisch. Der Ver- fasser hat nicht einmal das Fehlen der Apikalstriktur des Pronotums erwähnt; dass er die Flügelzelle untersucht hätte, kann man ja, wenn man seine Methode zu studieren kennt, nicht einmal verlangen. Reii- teroscopus dürfte übrigens nicht die einzige Plagiognatharie sein, die als ein Lygus beschrieben ist. O. M. Reuter, Hemiplerologische Spekulalionen. I. 47 Das obige mag genug sein. Ich bin davon überzeugt, dass andere, die die zentralamerikanischen Capsiden eingehender als ich studieren können, zu noch mehreren ähnlichen Bemerkungen, wie die nun her- vorgehobenen, Veranlassung finden werden. Die von DISTANT angeführ- ten Gattungen gehören, so weit sie mir bekannt sind, zu folgenden oben nfdier charakterisierten Divisionen ; sie werden unten in der Ordnung, die DISTANT ihnen zugeteilt hat, aufgezählt. Div. M i r a r i a : Miris F. : Div. M i r a r i a. Creontiades n.: » Capsaria! Collaria PROV. ( Trachelomiris REUT.) » M i r a r i a. Xenetus n.: » Capsaria! Zosippus n.: » Capsaria! Lijgdus n. ^) : » Restheniaria! Div. Valdasaria: Piasus n.: Div. Capsaria! Cylapus SAY. (Valdasus STÄL) : . » Cylaparia! Vannius n.: > Cylaparia! Monaionion H. S. : » Bryocoraria! Sysinas n.: » Bryocoraria! Ofellus n. : » Cli vinemaria ! Div. L o p a r i a. Resthenia SPIN. : Div. Restheniaria! Lopidea UHLER : » Laboparia! Hadronema UHLER : » Laboparia! Div. Phytocoraria: Compsocerocoris REUT. : . . . . Div. Capsaria! Neurocolpus REUT. : » Capsaria! Paracalocoris n.: > Capsaria! Pappus n.^y. » Pilophoraria? ') L. signoreti DisT. *) P. insignis DisT. 48 Festschrift für Palmen. N:o 1. Garganus STÄL : » Garganaria! Calocoris FIEB. ^): » Capsaria! Calondas n.: » Capsaria! Neoproba n. ^) : » D i c y p h a r i a ! Div. Capsaria. Lygus HAHN, REUT. 3): Div. Capsaria. Poecilocapsus REUT. : » Capsaria. Horcias n. : » Capsaria. Fuluhis STÄL : » Fulviaria! Henicocnemis STÄL : » Capsaria. Div. Bryocoraria. Eccritotarsus STÄL : Div. Bryocoraria. Monalocorisca n. : » Bryocoraria. Pseudocarnus n. : » Bryocoraria. Annona (Ania) n: : » D i c y p h a r i a I Fundanius n. : . . . . . . » C 1 i v i n e m a r i a ! Neofurius n. : » Bryocoraria. Mala n. : » Bryocoraria. Chius n. : >. D i c y p li a r i a ! Parachius n. : » D i c y p h a r i a ! Jornandes n. ^): » C y 1 1 o c o r a r i a! Sinerviis STÄL [Spartacus n.) : . . . » Bryocoraria. Cijrtocapsus REUT. [Pirithous n.): . » Bryocoraria. Div. ? Lampethiisa n. : Div. Capsaria! *) C. inustiis DiST. ist wahrscheinlich eine Art der Gattung Ilnacora Reut. (Divis. C y 1 1 o c o r a r i a !), C. (?) caniis DiST. ein Halticiis (Div. L a b o p a r i a !). *) N. nolala. Dist. *) Lygus cunealiis Dist. gehört zu der Gattung Poeciloscytiis Fiek., L. uvi- diis Dist. ist, wie .schon gesagt, synonym mit Reiiteroscopus ornatus Reut. (Divis. Plagiognatharia!) *) Wenigstens die im Supplement beschriebenen Arten, die ohne Zweifel von dem S. 301 beschriebenen einzigen Gattungstypus generisch verschieden sind. O. M. Reuter, Hemipterohgische Spekulationen, f. 49 Ich gehe nun zu der Fauna of British India, Rhynchota, Vol. II (1904), S. 412 — 488 über. Es ist hier in den einleitenden allgemeinen Bemerkungen über die Capsiden, wo DISTANT die oben zitierten Re- flexionen über die Klassifikation dieser Familie publiziert hat. Hervor- hebend, dass wir uns gegenwärtig mit einem nur künstlichen »Cabinet- Arrangement« begnügen müssen, hat er nun versucht, selber ein solches zu arrangieren. Die sehr natürliche Einteilung der Capsiden in zwei Unterfamilien, die der Ocellen entbehrenden Capsinen und die mit sol- chen versehenen Isom etopinen, wird verworfen, und statt dieser werden zwei andere Hauptgruppen aufgestellt, die ausschliesslich auf der A n- Wesenheit oder Abwesenheit einer Längsfurche des Scheitels basiert sind. Wahrhaftig ein prachtvoll künstliches Cabi- net-Arrangement ! »Where 1 have diverged principally from the excel- lent work of Reuter«, sagt der Verfasser, >is in the taxonomical value ascribed to a longitudinal incision or sulcation on the upper surface of this region as a primary distinction, and affords a character for the Se- paration of a distinct subfamily. The remaining genera fall into two other subfamilies by the presence or absence of ocelli«. Ich habe schon oben (S. 36) bemerkt, dass das Auftreten einer Längs- furche des Scheitels gelegentlich in verschiedenen, durch zahlreiche an- dere Charaktere sehr gut und natürlich getrennten Divisionen stattfin- det. So kommt eine solche Furche in den Pi7o/?/ioraria-Gattungen Lae- mocoris RFUT. und AUodapus FIEB. vor, die vollständig abgetrennte Kopfzügel und ganz rudimentäre Arolien haben, ferner bei den Capsa- riengattungen Epimecellus REUT., Adelphocoris REUT., Megacoelum FIEB., Pantiliodes NOUALH., Ischnoscelicoris REUT., Allorhinocoris REUT., Pan- tilius CURT., Parapaniilius REUT, und Pseudopantilius REUT., einer austra- lischen dem Parapantüius nahe stehenden Gattung, welche alle unten nicht getrennte Kopfzügel und grosse divergierende, an der Spitze erweiterte Arolien besitzen. Noch ferner bei einigen Bryocoraria mit ihren kurzen und dicken Füssen, wie auch bei den Teratodellaria mit ihren haarfeinen, der Arolien ganz entbehrenden Tarsen ^). ') Die Scheitelfurehe der Gattung Fulvius Stäl scheint Distant jedoch nicht beobachtet zu haben, obwohl ich sie schon in der Divisionencharak 50 Festschrif! für Palmin. N:o 1. Auch sind die meisten sogenannten Cylaparia KIRKALDY mit einer Scheitelfurche versehen, wie auch gewöhnlich die Miraria ; jedoch finden sich in diesen beiden Divisionen auch Gattungen, die obwohl mit den übrigen sehr nahe verwandt, dieser Furche ganz entbehren {Disphindus STÄL., Acetropis FIEB.). Für DISTANT ist also dieses einzige Kennzeichen, die Anwesenheil oder Abwesenheit einer Längsfurche des Scheitels, von weit grösserer Bedeutung, als das Zusammentreffen mehrerer anderer wichtiger Cha- raktere. Er hebt sie als »a primary distinction« hervor und erhebt die damit versehene Gattungen zu einer eigenen Unterfamilie gegenüber >the remaining genera«, die erst in zweiter Reihe in zwei Unterfamilien zer- fallen, »by the presence or absence of ocellis» charakterisiert. Einem jeden muss es wohl jedoch klar sein, dass die *Capsinae« mit den ^Mirinae* viel näher als mit den Isometopinae verwandt sind. Der Verfasser konnte kaum, da er sich als Systematiker versuchen wollte, auf einen unglück- licheren Gedanken kommen, als auf die grosse Bedeutung dieser Längs- furche hinzuweisen. Die unvermeidliche Folge davon hat sich auf ei- ner in die Augen fallenden Weise sowohl in dem Zusammenbringen weit verschiedener Gattungen als auch in dem Abtrennen nächstver- wandter gezeigt. Davon scheint der Verfasser auch eine dunkle Ahnung zu haben. >This arrangement«, sagt er, >naturally exhibits in the first Iwo subfamilies, Mirinae and Capsinae, some considerable superficial (!) resemblance between certain genera belonging to the two groups, as, for example, the genera Megacoelum (Mirinae) und Calocoris (Capsinae) ; but this is only what is more or less seen in any large divisions which have become necessary for the Classification of other animals.« Diesen Bemerkungen zufolge konnte man glauben, dass der Verf. seiner Klas- teristik (Zur Kenntniss der Gattung Fulvius, Entom. Tidskr. XVI, 1893, S. 133) hervorgehoben habe. Er bringt nämlich diese Division in seine Unterfamilie Capsinae, die „at onee may be distinguished from the Mirinae by the non-sul- cated head>. Die Gattung Tyraqnellus Dist.. die in Indien diese Division vertre- ten soll, scheint übrigens mit derselben nichts gemein zu haben. Die Gattungs- beschreibung gibt, wie gewöhnlich, keine Auskunft gerade über solche Kenn- zeichen, die für die wahre systematische Stellung der Gattung Ausschlag geben würden. O. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen, l. 51 sifikation etwas mehr als das Wert eines >Cabinet Arrangement« zu- messen wollte. Seine Unterfamilie Mirinae hat DISTANT in drei Divisionen geteilt: die Herdoniaria, Miraria und Cylaparia {— Valdasaria). Die erste soll »allied to Myrmecoraria Reut.« sein. Hiebei ist aber nur zu be- merken, dass bei den in dieser Division untergebrachten Gattungen die Scheitelfurche ganz fehlt (!) und sie also nicht einmal Mitglieder dersel- ben «Unterfamilie« sind (!). Die Diagnose der Division Herdoniaria gibt keine Auskunft über den Bau der Kopfzügel, des Vorderrandes des Pronotums, der Flügelzelle, der Füsse und Arolien, u. s. v. Alles dies hat ja für DISTANT, wie bekannt, keine Bedeutung. Sie lautet in ihrer ganzen Einfachheit: »Cuneus always discernable; head promi- nent, sometime very large, always with a distinct longitudinal Impres- sion between the eyes; pronotum transversely constricted, the anterior area or lobe somewhat broad and long, but never broader, and gene- raly narrover, than the posterior area; second Joint of tb,e antennae e i t h e r very strongly or slighty apically incrassated ; scutellum s o - metimes spined<. Also nur unwesentliche Charaktere, kein ein- ziger von systematischer Bedeutung! Kein Wunder also, dass man unter den in einer solchen Division untergebrachten Gattungen soweit verschiedene Dinge wie Onomaus DIST. und Callicratides DIST., zwei Capsar/a-Gattungen. die nicht ein- mal mit den übrigen Herdoniarien die geringste »superficial resemblance'»^ zeigen, ferner die zwar auch mit divergierenden Arolien aber noch mit »Lorae discretae« vesehene Xenetiis DIST., Zacinthus DIST. und Zosip- pus DIST., w^ie auch die mit abgetrennten Zügeln aber kaum merkbaren Arolien ausgezeichnete P/Vop/iorar/a-Gattung Allodapus FIEB. (Erotico- ris D. et SC.) und Systellonotus FIEB. zusammengeworfen findet. Wie DISTANT jedoch die letztere Gattung hierher bringen kann, ist mir un- verständlich, da hier die Scheitelfurche typisch ganz fehlt, während aller- dings die nächst verwandte, Laemocoris REUT., eine solche besitzt. Nur bei Systellonotus championi REUT, habe ich eine sehr feine Furche ge- funden, bei S. triguttatus L., putoni REUT., alpinus FREY GESSN. und uni- fasciatus REUT, keine Spur davon. Ähnliches kommt auch in der Tat bei den Ca/)saria-Gattungen Lygus HAHN, REUT, und Adelphocoris 52 Feilschrift für Palmin. N.o 1. REUT, vor! Folglich: müssen also einige Arten dieser Gattungen in der Unterf. Capsinae gebracht werden ? ! Dieses Beispiel erläutert, wie vollkommen barock und künstlich das von DISTANT gewählte Einteilungsprinzip ist. Es wird, wie gesagt, nicht nur Heterogenes zusammengeworfen, sondern es werden Gattungen von ihren nächsten Verwandten weit entfernt. Die von ihm selbst ge- wählten Beispiele, Megacoelum und Calocoris, sind in der Tat einander sehr nahe stehende, stammverwandte Gattungen, besonders wenn man das Megacoelum mit der aus dem Calocoris ausgebrochenen Gattung Adelphocoris REUT, vergleicht. Auch bei dieser Gattung ist schon die Längsfurche des Scheitels meist gut angedeutet, und einige Arten, z. B. A. detritus MEY., scheinen sogar dem Megacoelum ausserordentlich nahe zu kommen. Hier ist ohne jeden Zweifel eine natürliche Blutsverwandt- schaft und keine »Konvergenz der Charaktere«, die nur eine ober- flächliche Ähnlichkeit hervorgebracht hätte. DISTANT hat auch die Furche der Adelphocoris-Arten nicht beachtet und bringt fortwäh- rend den A. lineolatus GOEZE als einen Calocoris in die Unterfamilie Capsinae. Wahrscheinlich hat er nur das Weibchen untersucht, das auch die Furche meist kaum ausgeprägt besitzt. Hätte er aber das Männchen vor sich gehabt, so hätte er wohl dieses Geschlecht ebenso wie die Gattung Megacoelum, in der anderen Unterfamilie unter- gebracht! Ganz sicher wäre solches ihm passiert, wenn er das 3 und das $ von Laemocoris reuteri JAK. untersucht hätte, da jenes eine, obwohl schwache, Scheitelfurche, dieses aber nur eine sehr kurze Grube oder auch gar keine Spur davon besitzt, wozu kommt, dass die beiden Ge- schlechter auch im übrigen einander sehr unähnlich sind. In der Tat ist etwas fast ähnliches in der Arbeit von DISTANT eingetroffen, indem er zwei Arten, die zweifelsohne] derselben Gattung angehören, weit von einander entfernt, die eine in der Unterfamilie Mirinae, die andere in der ünterfamilie Capsinae unterbringt. Schon KIRKALDY hat ganz richtig (Journ. Bombay Nat. Hist. Soc. XVI, S. 58) bemerkt, dass Capsus rama KIRBY eine Art der Gattung Hyalopeplus STÄL ist. Für diese Art hat DISTANT inzwischen die neue Gattung Callicratides S. 417 geschaffen, während er eine zweite Art, den Typus der Gattung Hyalopeplus STÄL, H. vitripennis STÄL, erst S. 447 be- O. M. Reuter, Hemipterologiiche Spekulationen. I. 58 schreibt, nachdem er bemerkt hat, dass die Gattung Hyalopeplus STÄL (eine Capsaria-Gattungl) >do not strictly appertain to any particular Di- vision«, ebenso wie, dass sie >has n considerable superficial resem- blance to Callicratides, but the character of the non-sulcated head suf- ficiently (!) distinguishes them«. Eine genaue Untersuchung zeigt jedoch, dass der ganze Bau des Kopfes, der Fühler, des Schnabels, des Prono- tums, der Halbdecken, der Brust und der Beine vollständig identisch ist, nur mit solchen kleinen Abweichungen, die, wie Schwankungen in der Länge und Breite des Pronotums, von ausschliesslichem Speziescharakter sind. Da mehrere der gemeinsamen Merkmale ausserdem hervorragend eigentümlich sind, wie z. B. das zylindrische erste und das lange gleichdicke zweite Fühlerglied, das quergestreifte Pronotum mit den nach den Seiten gerückten Calli und den kleinspitzigen schwar- zen Hinterecken, das gefurchte Schildchen, die glasartigen, nervenlosen, stark glänzenden Halbdecken, die verhältnissmässig kurzen Schienen, ferner auch der allgemeine Habitus und der Zeichnungsmodus, so muss es sehr sonderbar scheinen, dass der Verfasser dem Umstand, dass die dunkle Scheitellinie bei H. rama etwas vertieft, bei H. vitripennis aber nicht vertieft ist, einen solchen Wert beimesst, dass er die beiden Ar- ten sogar in verschiedene Subfamilien(!) bringt, ohne eine wirkliche sehr nahe Blutsverwandtschaft zu ahnen. Kann er wirklich meinen, dass dieser einzige Unterschied von grösserer Bedeutung wäre, als die Übereinstimmung aller übrigen Charaktere ! Neulich habe ich eine Phgtocoris-Art (Ph. dolichopterus) aus Süd- afrika beschrieben, die eine sehr ausgeprägte Scheitelfurche besitzt, in allen übrigen generischen Merkmale aber mit den früher bekannten Phy- tocoris übereinstimmt. Es wäre sehr interessant zu wissen, ob DISTANT auch diese Art als Typus einer neuen Gattung seiner Mirinen und die völlige Übereinstimmung mit der Gattung Phytocoris nur als aus den Konvergenz der Charaktere (!) herrührend betrachten würde! Es würde mich gar zu weit führen, auch die übrigen Divisionen DiSTANT's näher zu prüfen. Wer auch nur die schönen Figuren der Gattungstypen ^) z. B. der Division Miraria vergleicht, wird bald finden, *) Sehr zu bedauern ist, dass während noch die Reduviiden-Figaren auch 54 Festschrift für Palmen. N:o 1. wie äusserst heterogene Elemente auch diese Division in der Tat um- fasst. So z. B. ist es ganz unmöglich, dass die Gattung Diognetus DIST. eine Mirarie wäre. Die Gattung Tancrediis DIST. ist eine echte Capsaria- Gattung, die mit Charitocoris REUT, nahe verwandt ist. Die Längsfurche des Scheitels ist bei dieser Gattung vollkommen imaginär, wenigstens bei den Exemplaren, die ich untersucht habe, dagegen ist das Prono- tum ganz wie bei den Capsaria gebildet. Die Division Cylaparia (= die frühere Valdasaria) betreffend, habe ich mich schon oben mehr- mals ausgesprochen. Mit Ausnahme der Gattungen Pharyllus DIST. und Argenis DIST. scheinen auch die übrigen indischen Gattungen in die grosse Gruppe der Bryocoraria zu hören. Der grosse Wert, den DISTANT auf der Scheitelfurche gelegt hat, hat sich indessen auch hier gerächt, indem er keinen Platz in dem Systeme für die derselben Gruppe ange- hörende Gattung Disphinctus STÄL gefunden hat. Er stellt diese Gat- tung an den Anfang der Subfam. Capsinae, ohne sie in eine Division bringen zu können, und bemerkt nur, dass sie hat »a considerable su- perficial resemblance to genera in the Mirinae'< (Helopeltis). Es wäre also auch hier nur eine »Konvergenz der Charaktere« und keine Affinität, die diese Ähnlichkeit bewirkt hätte ! Ganz mit dem- selben Recht könnte DISTANT die Gattungen Volkelius DIST. mit tief- gefurchtem Scheitel und Odoniella HAGL. {reuteri HAGL. mit kaum einen Spur von einer Furche, rubra REUT, ganz ohne solche) zu verschiede- nen Subfamilien bringen. Wahrscheinlich hätte er aber doch, ehe er diese höchst merkwürdigen Gattungen von einander entfernte, angefan- gen, an der systematischen Validität der Scheitelfurche zu zweifeln. Diese Furche des Scheitels ist übrigens von so mancherlei Form, dass schon dieser Umstand, scheint es mir, genügend wäre, ihre systematische Bedeutung verdächtig zu machen. Bald ist sie nur eine sehr schmale, oft kaum bemerkbare Rinne, bald wie bei Diognetus DIST. Profile des Kopfes der Gattungen zeigen, wodurch die Bestimmung erleichtert wird, solche gar nicht mehr bei der Bearbeitung der Capsidae vorkommen. Und doch wäre dies auch gerade hier sehr nötig, da ja der Bau des Kopfes, von der Seite gesehen, eine grosse Rolle in der Gattungsdistinktion spielt und der Verfasser dieser n i e erwähnt. O. M. Reuter, Hemipterologisrhe Spekulationen. I. 55 sehr kurz und kräftig, bald ist der Scheitel sogar >more correctly to be described as excavated«. Für die oberflächliche Auffassung DiSTANT's sehr charakteristisch ist es übrigens, dass er noch meine früheren Divisionen Phytocoraria und Capsaria getrennt behandelt, indem er die spätere >by the more profound cuneal fracture as well as by more apparent though superfi- cial characters« unterscheidet. Solche ganz oberflächliche Charaktere, die übrigens sehr variabel sind (z. B. bei der Forma macroptera und der gewöhnlichen Form von Charagochilus gyllenhali FALL, oder Campto- brochis punctulatus FALL.), sind es, die für ihn systematische Bedeu- tung haben, während er für die wirklichen systematischen Charaktere, die ich oben in meiner Diskussion über meine Capsidendivisionen aus- führlicher erörtert habe, keinen Sinn hat. Man wird auch nun in der »Fauna of the Brit. India« vergebens nach ihnen suchen; sie sind gar nicht erwähnt ^). So z. B. sagt der Verfasser die Teratodellaria betrefl"end nur folgendes: »This division, as I understand and use it here, is primarily(!) distinguished by the longly produced horisontal head.« Und die Plagiognatharia werden nur in folgender Weise charakterisiert : >The narrow clypeus, distinctly carinately compressed, is the principal(!) structural Charakter that distinguishes this division ; the surface is also more or less shining.« Ein kielförmig zusammengedrückter Cly- peus kommt ja bei ausserordentlich zahlreichen Gattungen der verschie- densten Divisionen vor. Ich bitte diesen Charakteristik mit der von mir in der Übersicht der Divisionen (siehe S. 15) gegebenen zu ver- gleichen. Eine solche Travestierung meiner Charakteristiken ist durch- aus unzulässig. Es ist keine angenehme Aufgabe gewesen, die Arbeiten eines fleis- sigen Kollegen einer so ungünstigen Kritik, wie die obige, unterwerfen zu müssen. Aus Interesse für die Sache und auch von einigen Kolle- gen aufgefordert, habe ich mich dennoch endlich dazu entschlossen. Durch die oben erwähnten Arbeiten ist die Klassifikation der Capsiden *) Leider sind bisweilen auch die angegebenen Kennzeichen unrichtig. So z. B. hat die Membran der Gattung Callicratides Dist. und Matenesius Dist. (La- siomiris Reut.) nicht eine, sondern zwei distinkte Zellen. 56 Festschrift für Palmen. N:o 1. der Gefahr ausgesetzt gewesen, von dem richtigen Weg, den sie schon eingeschlagen hatte, wieder abgebracht zu werden, um in die Irrgänge des Dilettantismus zu geraten. Durch persönliche Rücksicht konnte ich mich darum nicht hindern lassen, sie vor einem solchen Schicksal möglichst zu bewahren. DISTANT hat noch ein paar Capsidenabhandlungen in Annais and Magaz. of Natural History (7), XII, 1904 publiziert. In diesen Rhyncho- tal Notes, XX und XXI, hat er u. A. die von WALKER beschriebenen Arten revidiert und in moderne Gattungen zu bringen versucht. Eine solche Arbeit ist schon längst sehr erwünscht gewesen. Leider finde ich auf den ersten Seiten, dass er den australischen Lopus australis Walk, ohne Bedenken als einen Pantilius deutet, obwohl diese Art eine sehr distinkte eigene, nur oberflächlich und habituell dem Pantilius ähn- liche Gattung bildet. Der Verfasser hebt keine der zahlreichen hervorra- genden Strukturdifferenzen, die diese Art mit den Pantilius-Arten darbietet, hervor. Dies macht, dass man sich misstrauisch gegenüber der richti- gen Deutung auch anderer Arten verhalten muss. Ebenso wichtig, wie eine Revision der WALKER'schen Arten, wäre jedoch eine solche der zahlreichen von DISTANT selbst beschriebenen Gattungen, um endlich ihren richtigen systematischen Platz festzustellen. Nur nach den Beschreibungen dies zu machen, ist sehr oft vollständig unmöglich. Ehe ich diese leider mehr, als ich gewünscht hätte, polemische Ab- handlung schliesse, muss ich noch einige Worte bezüglich der Nomen- klatur der Divisionen beifügen. Es freut mich, wenigstens in dieser Hinsicht den Ansichten DiSTANT's beistimmen zu können. >By some recent writers«, sagt DISTANT (Faun, of Brit. India, Rhynch. II, S. 413) »it is insisted that the name of a division must necessarely be founded on that of the earliest described genus which it contains, and this, if feasible, would doubtless constitute a good rule. But it is at once evident that such a procedure could result in no Ana- lity, and most obscure any reasonable Classification by constant and uscless changes. For instance, a writer forms a new division, and give it a name founded on the earliest described genus which it is then O. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. I. 57 known to contain. Another worker is subsequently able to includ ano- ther and older genus in the group, and therefore a change of divisio- nal name is, on this argument, necessitated, lo be again and again re- peated as other and earlier described genera may be found to fall into the divisional group. KIRKALDY, in bis contribution to the »Fauna Havaiiensis«, has shown by bis almost universal change of nomencla- ture what this process may produce, and these remarks are intended as our vindication for not recognizing the sanie, A similar argument has been used to even alter the family name Capsidae to Miridae, because the genus Miris was earlier described than Capsusl In such a course what entomological name would stand? In Rhopalocera, Lycaenidae must become a deposed term, and in the Hymenoptera, as Col. Bing- ham informs me, the family name Pompilidae must disappear, as it is founded on Pompilus (1798) and contain a genus Ceropales (1796). These are only examples!« Die oben angegebenen Gründe gegen die aufgestellte Forderung, dass die Divisionen stets nach der zuerst beschriebenen Gattung, die sie umfassen, benannt werden müssen, scheinen mir genügend richtig. Es kommt aber dazu noch ein anderer prinzipieller Grund, der ein solches Verfahren verbietet. Wenn dieses nämlich acceptiert wird, werden sehr leicht die Divisionen gerade nach der am meisten abweichenden Gat- tung benannt werden. Dies ist in der Tat eingetroffen, indem KIR- KALDY (Fauna Havaiiensis, S. 132, 136 und 139) meine Divisionen Cyllocoraria, Dicypharia und Laboparia in Heterotomaria, Campyloneura- ria und Hatticoraria umgetauft hat. Die Gattung Heterotoma ist, wie be- kannt, eine sehr exzentrische Gattung, die Gattungen Campyloneura FIEB. und Halticus HAHN, FIEB. weichen sogar von den übrigen so weit ab, dass es fraglich sein kann, ob sie in der Tat mit diesen in dieselbe Division gehören. Dass Labops BURM. etwa fremdartig er- scheinen kann, ist nicht ganz zu leugnen, diese Gattung stellt jedoch nur eine extreme Entwicklung dar, zu welcher schon andere naheste- hende, Anapus STÄL., Dimorphocoris REUT. u. a.) mehr oder weniger ten- dieren. Da der Name Labops dazu, nächst Halticus, der älteste der Gat- tungen dieser Division {Laboparia) war, habe ich ihn gewählt, um nach ihm die Division zu benennen. Mit anderen Worten, ich bin im allge- 58 Festschrift für Palmin. N:o 1. meinen dem Prinzip gefolgt, die Divisionen nach einer charakteristischen und, wenn möglich, in solchem Falle auch nach einer der frühzeitigst bekannten Gattungen zu benennen. Dieses Prinzip scheint mir mehr wissenschaftlich zu sein, als das von KIRKALDY befolgte. Dieser Ver- fasser geht, von der Rücksicht auf das Charakteristische sich losmachend, sogar so weit, dass er die Division Dicypharia in Campyloneuraria ändert, nur weil die Gattung Campyloneura einige Seiten früher in dersel- ben Arbeit FlEBER's beschrieben ist. Auch als ich einige der Gattungen FlEBER's zusammenzog habe ich für den Komplex den Namen ange- nommen, der nicht zufälligerweise erst in seiner Arbeit steht, sondern der Gattung angehörte, die den Komplex am besten charakterisiert. Soll- ten nun auch diese Namen nicht stabil sein? Als ein Beispiel für die von DISTANT hervorgehoben Konsequenzen des von KIRKALDY angenommen Prinzipes mag die von diesem vorge- nommene Änderung des Divisionennamens Plagiognatharia in Chlamyda- taria dienen. Als ich die Division benannte, wusste noch keiner, dass die Gattung Agalliastes FIEB. mit dem Chlamydatus CURT. identisch war; erst im Jahre 1886 (Rev. d'Ent. V, S. 122) habe ich die Nachricht davon veröffentlicht. Die Division Clivinemaria REUT, ist 1875 für eine nearktische Gattung gebildet worden. Nun aber finde ich, dass auch die schon 1858 von STÄL aufgestellte Gattung Amhracius derselben Di- vision angehört. Werde ich wohl nun den Namen Clivinemaria in Ambraciaria ändern? Wie leicht könnten nicht auch unter den übri- gen Divisionen ähnliche Überraschungen auftauchen, die eine Änderung ihrer Namen jedesmal hervorrufen würden. Wie aber ist es dann möglich, von der Stabilität der Nomenklatur zu sprechen? Meine An- sicht ist nunmehr dieselbe wie DiSTANT's, dass der zuerst gege- bene Divisionenname, nach welchen Prinzipien er auch ge- bildet sein mag, ein für allemal Priorität hat und darum beste- hen bleiben muss. Nur in dem Falle, dass der Name der Gattung nach dem die Division benannt worden ist, geändert wird, ist es wohl nicht zu vermeiden, auch den Namen der Division demnach zu ändern ; so z. B. Valdasaria in Cylaparia, Teratodellaria in Fulviaria. FESTSCHRIFT FÜR PALMEN. N:0 2. DLATI II. DIE GESETZ/AÄSSIGKEIT I/A ABÄNDERN DER ZEICHNUNG BEI HE/AIFTEREN (BESONDERS CAPSIDEN) UND IHRE BEDEUTUNG FÜR DIE SYSTEMATIK. VON 0. M. REUTER. MIT EINER TAFEL. HELSINGFORS 1905. Die Gesetzmässigkeit im Abändern der Zeichnung bei Hemipteren (besonders Capsiden) und ihre Bedeutung für die Systematik. Von O. M. Reuter. Schon im Jahre 1875 habe ich in meiner »Revisio critica Capsinarum« (S. 31 — 34) den Umstand hervorgehoben, dass auch die Farbe und be- sonders gewisse Zeichnungen dieser Tierchen eine nicht unwesentUche Rolle in der Systematik derselben spielen, indem auch sie zweifels- ohne als Resultate gemeinsamer Herkunft aufzufassen sind. Seitdem haben mehrere Verfasser eingehende Studien über die Be- deutung der Zeichnungen der Tiere für die Erkenntnis der verwandt- schaftlichen Beziehungen der Arten publiziert. Ich erinnere in dieser Hinsicht besonders an die Arbeiten WEISMANN's, ElMER's und der Gräfin VON LINDEN; auch nenne ich FICKERT, TRIPS, ESCHERICH, JACOBSON, Graf Atems, Chr. Schröder, die verschiedene Tiergruppen hinsichtlich dieser Frage mehr oder weniger eingehend untersucht haben. Angenommen, dass die Arten sich aus Varietäten gemeinsamer Stammformen allmählich entwickelt haben, wird natürlicherweise das Studium auch dieser Farbenvariabilität für die Systematik von grossem Interesse sein. Sehr beachtenwert sind darum die übereinstimmenden Ergebnisse aller Forscher auf diesem Gebiete, welche sämtlich fest- gestellt haben, dass das Variieren nicht regellos nach allen Seiten ge- schieht, sondern nach einer oder nach einigen ganz bestimmten Richtungen hier staltfindet. Beim Hervorbringen neuer Charaktere spielt die physische Natur einer jeden Art eine nicht minder wichtige Rolle, als die Naturzüchtung. »Gleichwie in der organischen Natur,« sagt 4 Festschrift für Palmen. N:o 2. Eimer, aus »verschiedenen Mutterlaugen verschiedene Krystalle aus- schiessen, wie sogar ein einfacher mechanischer Anstoss dimorphe Krystallbildung erzeugen kann, so krystallisiren im Laufe der Zeiten gewissermassen verschiedene organische Formen aus ursprünglich glei- cher Masse aus«. Was nun die durch diese Constitution bestimmten Variationsrich- tungen betriflt, sind diese am leichtesten an der Zeichnung der Tiere zu verfolgen. Diesbezügliche Beobachtungen sind, was die Insekten betrifft, wie bekannt, besonders über die Lepidopteren, ferner aber auch über Dipteren, Orthopteren und Homopteren, wie auch über einige Coleopteren [Zonabris, Coccinella) angestellt worden. Bei den Lepidopteren ist es konstatiert, dass bei den im System am tiefsten stehenden Formen die Zeichnung direkt aus der Grund- farbe hervorgeht, bei höheren Formen ist sie schon wesentlich von ihr verschieden. Dabei ist auch zu bemerken, dass ihre Entwickelung die- selbe ist in der Ontogenie und in der Phylogenie. Die helleren Töne erscheinen zuerst, dann folgen die dunkleren. In der Ontogenie ist die Aufeinandernfolge : hellgelb, dunkelgelb, orange, karminrot, schwarz, oder: hellgelb, rosa schwarz, oder: hellgelb, dunkelgelb, braun, braun- schwarz. Bei anderen Insektenordnungen sind ähnliche Beobachtungen gemacht worden. Der Ausfärbungsprozess findet sich bei Lepidopteren und Hyme- nopteren im Nymphenstadium, bei den allermeisten Coleopteren teils im Imaginalstadium, bald mehr im letzteren, meistens aber mehr im Imaginalstadium (VERHOEFF). Bei Coleopteren und Hymenopteren beginnt die Belichtung ge- wöhnlich erst mit dem Ausschlüpfen aus der Nymphe. Ihre in dun- keln Kammern geborgenen Larven sind im ganzen pigmentlos. Bei den sogenannten »Hemimetabola«, deren Larven ein gleiches oder doch ähnliches Leben führen wie die Imagines, besteht kein sol- •cher Gegensatz zwischen Larven und Imagines. Hierher gehören be- sonders die Dermaptera, Orthoptera und Hemiptera, bei welchen gleich vom Ausschlüpfen aus dem Ei bis zur Nymphenhäutung eine ununter- brochene Belichtung stattfindet. Es ist darum beim Studium der Fär- 0. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. II. B bungsverhältnisse dieser Gruppen notwendig, auch die Larven und Nymphen genau zu beobachten. Da noch nichts die Farbenzeichnungen der Hemipteren betreffend publiziert worden ist, scheint es mir nicht überflüssig, hier einige Grundrisse meiner Studien über dieses Thema zu ziehen. Ich werde mich haupt- sächHch mit der niedersten FamiHe der Heteropteren, mit derjenigen der Capsiden, beschäftigen, teils weil die Zeichnungsgesetze bei den in sy- stematischer Hinsicht niedrigsten Gruppen im allgemeinen noch fast gar- nicht durch Atavismus und andere Umstände verdunkelt sind, teils weil die oft sehr variablen Arten obiger Familie für meinen Zweck sich ganz be- sonders eignen. Ich sagte oben »im allgemeinen«, weil sowohl bei den niedersten Gruppen es einzelne Formen giebt, die über das durchschnitt- liche Niveau hervorragen, wie auch die höchsten Gruppen Arten auf- weisen, die früher als die Mehrzahl in ihrer Entwickelung stehen bleiben. Die Frage nach dem Ursprung und dem Wesen der Pigmente der Heteropteren steht noch offen. Es ist aber wahrscheinlich, dass auch hier die verschiedenen Pigmente im genetischem Zusammenhang stehen, so dass die dunkleren Derivate von den lichteren sind und dass das ins Körperepitel gelangte Pigment, wie z. B. bei den Lepidopteren, so auch bei diesen Pflanzensaugern ursprünglich nur ein Umwandlungspro- dukt der den Darminhalt bildenden Chlorophyllösung ist, welche vom Blut aufgenommen und im Körper verbreitet wird. Eine ähnliche Beziehung zwischen den verschiedenen Farbstoffen der Heuschrecken unter einander und zum Chlorophyll glaubt die Gräfin v. LINDEN entdeckt zu haben. Die Flügel dieser Insekten enthalten, wie bekannt, neben grünem Pigment einen braunen Farbstoff, der durch irgend welche Einflüsse aus dem grünen zu entstehen scheint; nicht nur das Flügelepithel, sondern auch das Darmepithel ist mit grünem und braunem Pigment erfüllt, Die grüne Farbe dürfte, mit Rücksicht darauf, dass sie bei den Capsiden, besonders unter den niedersten Gattungen verschiedener sy- stematischer Untergruppen, so allgemein verbreitet ist, die ursprün- gliche des Capsidenstammes darstellen. Zahlreiche Larven bunter 6 Festschrift für Palmen. N:o 2. oder beinahe ganz schwarzer Imagines sind grün und nur wenig gezeich- net. Meistens sind auch die Imagines, welche noch als solche diesen grünen Typus repräsentieren, sehr wenig gezeichnet. Braune, wie schwarze Zeichnungen kommen nur bisweilen (Lygus) vor und sind dann gewöhnlich wenig ausgedehnt. Sehr selten verbreiten sie sich (Orthotylus virens FALL. 6> Teratocoris viridis D. et DS. 6) und können zumal bei einigen extremen Varietäten die grüne Grundfarbe ganz verdrängen (Teratocoris antennatus BOH. 6). Die Gattung Stenodema Lap, (Miris auct.) bietet uns ein sehr in- struktives Beispiel vom Übergang der grünen Farbe in gelbliche und dunklere Töne. Beinahe jede Art dieser Gattung tritt in je einer grü- nen, strohgelben und braungelben Varietät auf, indem der ursprüngliche grüne Farbstoff bei einigen Individuen sich in einen gelblichen oder bräunlichen umwandelt. Selten kommen auch ganz braunschwarze Varietäten vor (virens var. nigrofusca FOKK., laevigatum var. melas REUT.). Zu bemerken ist aber, dass die Larven auch dieser Varietäten, wenigstens solang sie jung sind, grünlich sind. Die Ursachen der Far- benumwandlung sind uns bisher verborgen. Es sei mir aber erlaubt, auf die eigentümliche rotgelbe Varietät fulvus FlEB. von St. virens hinzuweisen, welche, während die übrigen auf Gramineen leben, merk- würdigerweise last nur auf Coniferen gefunden worden ist und dieselbe Farbe sowohl als Imago, wie auch als Nymphe trägt, die so viele Co- niferen-Hemipteren auszeichnet. Möglicherweise ist also auch die chemische Beschaffenheit der Nahrung ein Faktor, der bei der Farben- wandlung wirksam ist, oder aber ist die veränderte Farbe eine Erschei- nung von der Art, wie sie POÜLTON bei der Färbung der Falterpup- pen konstatiert hat. In diesem Zusammenhang mag ferner auch der Umstand erwähnt werden, dass die grünen Arten mehrerer typisch einfarbig grüner Pen- tatomidengattungen (Palomena, Chlorochroa, Brachynema, CeUobius, Ne- zara) in ebenso einfarbig rostroten Varietäten erscheinen, die nicht durch rostfarbig gezeichnete vermittelt sind. Es ist also wahrscheinlich, dass die ursprünglich grüne Grundfarbe sich unter gewissen Umständen in gelblich, braungelb, rostrot und sogar braunschwarz umwandelt. (Siehe S. 22). O. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. II. 7 Ebenso wie wir in den oben angegebenen Fällen eine Art mit ihren Varietäten sehen, deren verschiedene Grundfarben als direkte De- rivate einer ursprünglichen Grundfarbe zu erklären sind, finden wir auch Gattungen, deren Arten verschiedene kostante Grundfarben zeigen, die wahrscheinlich aber als solche Derivate einer ursprünglichen Stammfarbe sind. Solche sind z. B. Plagiognathus und Psallus. Von jener Gattung kennen wir grüne, weissliche, rostgelbe, rotgelbe, olivbraune bis schwarze Arten. Zu bemerken ist, dass die Larven und Nymphen aller dieser so verschiedenfarbigen Arten grün sind. Von der Gattung Psallus haben wir gelbe, orangefarbige, rote, gelb- und rot- braune, karminrote und endlich auch schwarze Arten, die beiden letz- teren sind jedoch, wie auch die schwarzen Arten der Gattung Plagiogna- thus, durch rot oder schwärzlich gezeichnete Arten vermittelt. Von der Gattung Lygus können wir ebenso zwei Serien aufstellen, die eine von grünen Arten, die andere von graugelben, rostgelben, lehm- gelben oder bräunlichen und nun oft dunkler gezeichneten Arten, deren Larven und Nymphen jedoch grün (rufescens, cervinus) oder zum gros- sen Teil grünlich (kalmi) sind. Auch hier ist nie der lehmgelbe oder rostfarbige Ton von ähnlicher Zeichnungen auf grünlicher Grundfarbe vermittelt, auch hier, wie bei den 5/enoc/e/rja-Varietäten, scheint die ganze grüne Grundfarbe direkt, d. h. ohne von Zeichnungen vermittelt zu werden, in die gelbliche oder rostrote sich umgewandelt zu haben. So- bald aber dieses Pigment eintritt, treten auch gewöhnlich dunkle, bräun- hche oder schwärzliche, pechbraune oder rein schwarze Zeichnungen häufig auf, die nach bestimmten Gesetzen sich verbreiten, so dass mitunter dunkelbraune oder sogar ganz schwärzliche Varietäten entstehen. Bei anderen verwandten Gattungen wird diese schwarze Farbe sogar die für die Art charakteristische, die hellen Varietäten oder die Übergangs- formen sind bisweilen sehr selten geworden oder existieren in gewissen Fällen gar nicht mehr. Eigentümlich ist es, dass in gewissen Gegenden nur oder hauptsächlich rein schwarze Varietäten auftreten, wäh- rend sich in anderen auch die hellen neben diesen oder auch allein vorfinden. So z. B. ; ist der nördliche Psallus aethiops Zett. in Südfinn- land stets ganz schwarz ; in der Peterburger Gegend sind nur sehr we- nige helle Exemplare gefunden worden. In Lappland und Sibirien da- 8 Festschrift für Palmen. N:o 2. gegen, wo diese Art sehr gemein ist, und wo sie wahrscheinlich ihre echte Heimat hat, tritt sie auch nicht selten in ihrer ursprünglichen, für die Gattung Psalliis mehr typischen lichten gelblichen Grundform, wie auch in allen Übergangsvarietäten auf. In Südeuropa findet man da- gegen den mediterranen Ps. ancorifer FlEB. nur in schwarzen Stücken, während aus Algier helle Farben-Varietäten bekannt sind, die mit denen des Ps. aethiops ganz analog sind. Überhaupt scheint eine Art in der Gegend am meisten variabel zu sein, die ihr ursprüngliches Verbreitungszentrum darstellt oder dieselben Verhältnisse wie dieses darbie- tet; ein Beispiel davon ist u. a. auch der in Algier so häufige und so buntfarbige Calocoris hispanicus GMEL., der dagegen z. B. in Südfrankreich und auch an mehreren anderen mediterranen Lokalitä- ten nur in einer oder ein paar Zeichnungsvarietäten auftritt. Die Zeichnungen der Capsiden sind rötlich, bräunlich oder schwärzlich und heben sich gewöhnlich von einem hellgelben, roten bis rotbraun gefärbten Grunde ab. Auch bei diesen Tieren bemerkt man, dass nur ganz bestimmte Regionen des Körpers für das Auftreten von Zeichnung geeignet sind. Das dunkle Pigment scheint auch bei diesen Insekten ursprünglich in Längsstreifen angeordnet ge- wesen zu sein, obwohl diese oft mannigfach reduziert und umgewandelt sind. Gut erhalten treten diese Längsstreifen besonders bei den frühe- ren Entwickelungstadien der meisten M i r a r i e n auf. Seltener (Phy- tocoris) tritt sie in Form einer über die obere Fläche verteilten Sprenke- lung auf, die aber auch oft Tendenz zeigt, zu Streifen zu verschmelzen, während dagegen die Streifung noch bei diesen Arten ventral streng durchgeführt ist. Phylogenetisch kann man leicht genug der Verbreitungsweise des dunklen Pigmentes folgen. Es fängt auf dem Kopfe erst an der Spitze des Clypeus an und verbreitet sich allmählich über den ganzen Clypeus wie auch über die Kehle und die Wangen; später wird auch die Stirn verdunkelt, entweder so, dass ein dunkler Mittelstreifen sich seitlich ver- breitet, gewöhnlich die Augenränder mehr oder weniger hell lassend, oder so, dass dunkle Querstreifen auf beiden Seiten eines hellen Mittel- streifens sich bilden und allmählich verschmelzen. 0. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. II. 9 Auf dem Pronotum zeigen gewöhnlich die glatten, etwas erhabenen sogenannten Buckel {calli) nahe an dem Vorderrande die erste Ten- denz zur Verdunkelung. Von jenen aus breitet sich diese nicht selten strahlenförmig nach hinten. In anderen Fällen treten Längsstreifen auf, die sich verbreitern und besonders nach hinten zusammenfliessen können. Ihre Zahl kann verschieden sein. Bald, aber stets für ver- schiedene systematische Gruppen charakteristisch, sind der Mittelstreifen und die Seitenstreifen wie auch die Seiten ganz oder teilweis schwarz, bald finden sich dagegen an beiden Seiten der hellen Mittellinie ein oder zwei dunkle Streifen, die oft zu Längsflecken verbreitert sind, in wel- chem Falle die Seiten gewöhnlich hell bleiben. Diese verschiedenen Verdunkelungsrichtungen sind von den ähnlichen Richtungen der Ver- dunkelung des Kopfes abhängig. Nicht selten kommt ein dunkles Quer- band dicht vor dem Basalrand vor. Die Verdunkelung des Schildchens fängt gewöhnlich von der Ba- sis aus an. Sehr häufig ist es auch, dass, obgleich die Verdunkelung einer Art sehr weit geschritten ist, doch die Spitze des Schildchens, bis- weilen das ganze Schildchen hell verbleibt. Nur sehr selten ist die Spitze eines helles Schildchens dunkel. Was die Flügeldecken betrifft, verhalten sich hier die verschiedenen Teile derselben verschieden. Der Scutellarsaum und die Commissur zeigen gewöhnlich die erste Tendenz zur Verdunkelung; auch bei grü- nen Arten sind sie nicht selten bräunlich oder schwärzlich. Bisweilen ist nur die äusserste Clavusspitze schwarz. In anderen Fällen tritt ein die Längsrippe begrenzender dunkler Streifen auf. Da der Mela- nismus weiter schreitet, ist der Clavus gewöhnlich derjenige Teil der Decken, welcher zuerst ganz schwarz wird [Poeciloscytus etc.). Auch in der Familie der Acanthiiden (Saldide n) ist der Clavus schwarz, während noch das Corium grösstenteils weisslich bleibt. Die Verdunkelung des Coriums zeigt sich sehr oft erst in Form eines Längstreifens, der nahe dem hinteren Rande anfängt und sich nach der Basis verschmälernd zwischen den beiden Längsnerven nach vorne mehr oder weniger verbreitert; selten ist dieser Längsstreifen zu einem runden Punkt reduziert. Gleichzeitig verdunkelt sich oft auch die äus- sere Ecke des Coriums. Die Verdunkelung nimmt zu und diese dunklen 10 Festschrift für Palmen. N:o 2. Stellen verschmelzen, eine mehr oder weniger breite Querbinde bildend, die einen basalen hellen Fleck nach hinten begrenzt — in diesem Falle ist oft auch der äusserste Grundwinkel des Coriums verdunkelt — oder auch verbreitet sich die Verdunkelung bis an die Basis, nur die Seitenränder des Coriums hell lassend, somit eine helle Längsstreifung verursachend, die gewöhnlich mit einer ähnlichen des Pronotums zu- sammenhängt. Bisweilen können der Längsstreifen mehrere sein, und sie folgen dann der Richtung der Längsadern, die sich oft am läng- sten hell erhalten und, wie bei den Faltern, am wenigsten zur Verdun- kelung sich zu eignen scheinen. In allen oben angegebenen Fällen kann die Verdunkelung unter Umständen zum vollständigen Melanismus des Coriums leiten. Die Verdunkelung des Cuneus fängt gewöhnlich am Innenwinkel und an der Spitze an. Sehr oft verbleibt auch bei voll- ständigem Melanismus der anderen Körperteile dennoch die Mitte des Cu- neus hell. Die Membran wird erst am Ende gewöhnlich bogenförmig verdunkelt, und gleichzeitig werden auch die Spitzen der Zellen dunkel ; auch da wo sie ganz schwärzlich ist, verbleiben doch oft dieAdern hell, wie auch ein kleines Fleckchen der äusseren Grundecken an der Spitze des Cuneus. Die Verdunkelung der Brust fängt stets an dem Mesosternum an und breitet sich hiervon nach hinten und über die Seiten, wie endlich auch nach vorn aus. Am längsten bleiben die Felder rings um die Stinkdrüsenmündungen hell, sehr oft sind sie sogar weisslich, während der ganze Körper schwarz ist. Der Bauch wird sehr oft durch Längsstreifung verdunkelt (an den Seiten und später auch in der Mitte je ein Streif, die oft mehr oder weniger zusammenfliessen). Auch die Fühler und die Extremitäten betreffend, findet eine Ge- setzmässigkeit in der Abänderung der Zeichnung statt. So z. B. fängt die Verdunkelung des zweiten Fühlergliedes an der Spitze an, wäh- rend gleichzeitig oft auch der Grund, obwohl schmäler, sich etwas ver- dunkelt. Von diesen beiden Polen schreitet die Verdunkelung weiter bis zum vollen Melanismus. Die Tarsen verdunkeln sich zuerst an der Spitze, die Schienen ebenso; sowohl jene, wie diese auch nicht selten gleichzeitig am Grunde. Später können mehr oder weniger grosse dun- kle Punkte am Grunde der Schienendornen hervortreten, die für ge- O. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. IL 11 wisse Gruppen (Plagiognatharia) sehr charakteristisch sind, während sie bei anderen (z. B. Cyllecoraria) immer, auch bei vollständigem Mela- nismus des Körpers, fehlen. Endlich werden auch die Schienendornen schwarz. Die Verdunkelung der Schenkel wird durch Längsstreifung oder Sprenkelung bewirkt, die gewöhnlich an der Endhälfte stärker entwickelt ist, gegen den Grund aber verschwindet (Capsaria) ; es kom- men jedoch auch dunkle Schenkel mit hellen Spitzen nicht selten [Cyllocoraria, Plagiognatharia etc.) vor. Zu näherer Veranschaulichung obiger Verhältnisse sei es mir er- laubt, hier einige variable Capsidenarten nebst ihren Varietätenserien zu demonstrieren. Von Calocoris hispanicus GMEL., Fig. 1, haben wir die ganz lichte var, pallida RPJUT, (a) , die nur den für die Art charakteristischen schwarzen Kopf, wie auch schwärzliche Membran hat. Bei den eben- falls einfarbigen Varietäten nankinea DUF,, nemoralis FABR. und coccinea DüF. ist die Grundfarbe etwas lebhafter, graugelb, orangegelb oder rot, die Basis des Schildchens oft schwärzlich. So treten allmählich, von hin- ten angefangen, schwarze streifenförmige Flecken auf (Varr. bimaculata Reut, und bisignata REUT, (b), quadrimaculata REUT, (c), hexastigma Reut, und sexpunctata FABR. (d)), von welchen zuerst die vier vorde- ren zusammenfliessen, die Varr. confliiens REUT, und connectens REUT, (e) bildend. Bei der Var. vitlata REUT, (f) ist der Corium-Makel nach vorne bandförmig verlängert und mit dem Clavus-Makel oft vereinigt, bei der Var. nigridorsum COSTA (g) sind ferner alle diese Makeln so erweitert, dass auch die Innenecke des Coriums verdunkelt ist und nur die Seitenränder des Pronotums und der Halbdecken bleich bleiben, bis endlich bei der Var. aterrima GARB. (h) der vollständige Melanis- mus eingetreten ist. Diese ist die normale Entwickelungsrichtung im Zeichnungsabändern bei dieser Art, Aber bei anderen seltener vorkom- menden Individuen schmelzen die schwarzen Makeln des Pronotums in der Mitte nicht zusammen, das Schildchen und der Cuneus verbleiben mehr oder weniger in dem ursprünglichen hellen Zustande, und wir ha- ben so die Varr. rubromarginata LUC. und nigrovittata COSTA (i). Noch 12 Festschrift für Palmen. N:o 2. ganz verschiedene Richtungen, durch einen Entwickelungsstillstand des Pigments des Pronotums oder des Cuneus bedingt, treten uns in den Varr. limbata REUT, (k), thoracica PUT. (l) und cuneata PUT. (m) entgegen. Von Camptrobrochis punctulata FALL., Fig. 2, können wir zwei pa- rallel laufende Entwickelungsserien beobachten, die eine (eurasiatische, a — (1), bei welcher der Kopf sich allmählich schwarz färbt und der fort- schreitende Melanismus in die Var. poppiusi REUT, (d) aus Jakutsk und der Mandschurei ausmündet, die andere (mediterrane, var. pal- lens Reut., serenus D. et SC. etc., « — ö), deren Kopf eine Epistase, einen Entwickelungsstillstand des Pigments aufweist, welche aber übrigens durch ganz ähnliche Übergänge wie jene in der Var. beckeri REUT, fö) aus Syrien endet. Wie aus diesen Beispielen, die leicht vervielfältigt werden können, hervorgeht, können wir stufenweise die extreme melanistische Form (forma concolor ESCHERlCH's) durch eine f. maculata, striata und bal- teata ESCHERICH's aus einer ursprünglichen f. livida ableiten. Es wird also auch bei den Heteropteren als erste Regel festge- stellt, dass die forma livida die ursprüngliche ist, aus welcher durch Pigmentumwandlung und Zeichnungsverbreiterung die übrigen sich entwickelt haben. Ferner kann auch bei diesen Insekten festgestellt werden, dass d i e Zeichnungen erst an gewissen dazu geeigneten Stel- len auftreten und gesetzmässig nur nach wenigen bestimmten Richtungen fortschreiten. Auch hier scheint die Längsstreifung vorherrschend und von grosser Bedeutung zu sein, diese Zeichnungsform, die sich bei den verschiedensten Tierklassen als die Grundform der Zeichnungen erwiesen hat. Diese Streifung kommt entweder ununterbrochen (Miraria) oder in Flecken aufgelöst schon bei mehreren Larven vor und entwickelt sich dann weiter bei den Imagines. Überhaupt kann es wohl als feststehend betrachtet werden, dass die Zeichnung im allgemeinen auch bei den Capsiden (wie bei den Nabide n, Acanthiiden und anderen Heteropterenfamilien) aus der Längsstreifung hervorgeht und allmählich 0. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. IL 13 durch queres Zusammenfliessen der Längszeichnun- gen zur Einfarbigkeit und zum Melanismus führt. Vielleicht verdient es hier bemerkt zu werden, dass die soge- nannten Längszeichnungen der Lepidopteren-, Neuropteren- und Or- thopteren-Flügel mit denjenigen der Heteropteren-Flügeldecken garnicht homolog sind ; es sind, mit anderen Worten, nicht dieselben Elemente der Flügel, die die Zeichnungen hervorbringen. Die »Längsstreifen» der Flügel der Lepidopteren und Neuropteren, die sich als ursprünglich von den Queradern der Flügel abhängig erwiesen haben, sind hinsicht- lich der Längsachse der Flügel eigentlich Querstreifen, obwohl sie hinsichtlich der Längsachse des gesammten Körpers Längsstreifen werden, indem diese aerophilen Insekten die Flügel meist im rechten Winkel gegen die Körperachse tragen. Auch die Orthopteren, wie die Cicaden, die eine ähnliche Streifung aufweisen, dokumentieren sich hierdurch als Lufttiere. Die Hete- ropteren aber, die, ähnlich wie die Coleopteren, geophile Tiere sind, tra- gen meist ihre Flügeldecken (die allein gefärbt sind) in der Richtung der Körperachse. Da dessenungeachtet diese Flügeldecken — mögen wir uns hier auch der Zonafcns-Zeichnungen unter den Coleopteren er- innern — eine Längsstreifung aufweisen, ist sie, wie gesagt, von den Längsstreifungen der Flügel der oben genannten Ordnungen genetisch verschieden. Auch finden sich hier keine Queradern, nach deren Ver- lauf die Pigmentierung sich gruppieren könnte. Dagegen sind die Zwischen- räume zwischen den Längsadern dazu geeignet. Interessant ist es aber, dass das ElMER'sche Gesetz der Längsstreifung der Tierzeichnungen sich auch hier manifestiert, obwohl es auf anderen Wegen zur Geltung kommt. Die Luft Insekten müssen eine Querstreifung der Flügel ausbilden, um eine Längsstreifung pa- rallel der Körperachse durchzuführen, die Flü- geldecken der Erdinsekten dagegen erzielendasselbe Resultat durch Streifung in der Richtung des Körpers. Die Farbenumbildung bei den verschiedensten Tierarten scheint, wie bekannt, gewöhnlich in postero-anteriorer und dorso-ventraler Rich- tung fortzuschreiten. Was die Flügelzeichnung der Capsiden betrifft, kann man auch eine solche postero-anteriore Richtung deutlich wahr- 14 Festschrift für Palmen. N:o 2. nehmen. Es ist nämlich erst der hinterste Teil, die Membran, der sich verdunkelt und sogar bei grünlichen Arten oft schwärzlich ist. Das schwarze Pigment fängt auch in den verschiedenen Teilen der Decken an, sich erst von hinten her zu entwickeln, so am Spitzrande der Membran, an den hinteren Winkeln der Membranzellen, in der Spitze des Cuneus und am Hinterrand des Coriums. Auch der Umstand, dass die Spitze des zweiten Fühlergliedes, der Tibien und Tarsen sehr oft schwärzlich sind, weist auf dasselbe Gesetz hin, welches hier viel- leicht richtiger das Gesetz von den distal-proximalen Verbreitung genannt werden könnte, indem darin auch die Aus- färbungsrichtungen des Kopfes und des Pronotums, deren Verdunkelung mit dem Clypeus, respektive mit den Buckeln anfängt, mit unterge- bracht werden können. Übrigens tritt auch bei den Heteropteren sehr oft, wie wir es oben nachgewiesen haben, eine Heterepistase auf, das heisst eine ver- schiedenstufige Entwickelung der verschiedenen Körperteile. So sind es gewöhnlich das Pronotum und das Mesosternum, die sich zuerst ver- dunkeln und oft ganz schwarz werden, während andere Körperteile, be- sonders die Decken, noch hell oder bunt sind. Gewöhnlich tritt am spätesten die Verdunkelung des Schildchens ein, besonders bei gewissen Capsidengruppen, bei denen dieses auch wie die übrige obere Körper- fläche sparsamer punktiert oder ganz glatt ist (Deraeocoris, Camptrobro- cliis, einige Lygiis- Arten, Calocoris ochromelas) . Eine hellfarbige Capside mit dunklem Schildchen ist nach obigen Gesetzen undenkbar; auch kommt eine solche in der Natur, so viel ich weiss, nicht vor. Auch ist nicht selten der ganz glatte Kopf besonders bei übrigens stark punktierten Arten (C a p s a r i e n) noch gelblich oder rot, während andere Köperteile schon ganz schwarz sind (Deraeocoris schach F. var. novaki HORV., Camp- tozijgum pinastri FALL., Strongylocoris leucocephaliis L., Halticus saltator ROSSI, H. luteicollis var. propinquus H. SCH.). Nur sehr selten ist bei oben genannten Arten auch der Kopf schwarz (D. schach var. nigrita Reut., Str. leucocephalus var. sihirica REUT.). Bei anderen Gruppen da- gegen (z. B. bei den Plagiognatharien) ist es gerade der Kopf, der sich sehr früh verdunkelt (Phyhis, Plagiognathiis, Psallus etc). Von den ver- schiedenen Abschnitten der Decken ist es der Clavus, bei welchem die 0. M. Reuter, Hcmiptcrologische Spekulationen. II. 15 Entwickelung des dunklen Pigments gewöhnlich voraneilt. Dasselbe findet auch, wie oben gesagt, bei den Acanthien (Salden) statt (A. pallipes F., A. pilosella THOMS. und zahlreiche Verwandte). Zahlreiche Fälle bestätigen auch unter den Capsiden sehr schön das Gesetz der männlichen Präponderanz. So sind ge- wöhnlich die dunklesten Varietäten einer variablen Art Männchen. Auch wenn die beiden Geschlechter verschiedenfarbig sind, ist der Me- lanismus viel weiter bei den Männchen, als bei den Weibchen fortge- schritten [Teratocoris antennatus BOH. und T. niridis D. et SC, Bryocoris, Phytocoris dimidiaius KlRSCHB., Calocoris fuluoinaculatus DE GEER und Verwandte, Stenotiis, Allodapus, Cyllecoris, Orthotylus boreellus ZETT., 0. vi- rens Fall., 0. discolorJ. SAHLB., Conostethus, Brachyarthrum, Plesiodema, Psal- lus betuleti FAIÄj., Ps. ambiguus FALL., Ps. variabilis FALL., Criocoris A-macula- tus Fall., Neocoris bohemanni FALL., Plagiognathus albipennis FALL., Sthenarus roseri H. SCH. etc.). Diese Präponderanz umfasst sowohl den Körper, als auch die Fühler und Beine ; so z. B. sind die männlichen Fühler der Gattung Criocoris schwarz, während die des Weibchens ganz oder zum grossen Teil gelb sind. Ähnliche Verhältnisse finden sich bei einigen Psa//us-Arten {Ps. ambiguus FALL.). Äusserst selten sind die Weibchen dunkler als die Männchen [Mecomma ambulans FALL., Byrsoptera). Dagegen zeigen sie gewöhnlich eine ausgeprägte Epistase, einen Entwickelungsstillstand auf einer früheren Stufe der Umbildung, welcher die ursprünglichere Zeichnung erhalten hat : auch sind die hellsten Varietäten variabler Arten gewöhnlich nur Weibchen. Ganz dieselben Farbengesetze, die bei Bildung der Varietäten einer Art herrschen, lassen sich auch mit Hinsicht auf die Bildung der Arten einer oder verwandter Gattungen nachweisen. Eine Andeutung diese Arten bildung betreffend geben schon die oben angegebenen ver- schiedenen E n t wi ck e 1 u n g s r i ch t u n g e n der Varietäten, die noch weiter getrieben und konstant geworden in Arten- bildung resultieren können. In dieser Hinsicht lehrreich sind z. B. die Deraeocoris-Arten. D. cordiger Hahn var. apicalis SIGN., Fig. 3 a, zeigt noch Zeichnungen, die für 16 Festschrift für Palmen. N:o 2. Arten der verwandten Gattung Camptobrochis, Fig. 2, charakteristisch sind. So finden wir die Grundfarbe, mit Ausnahme derjenigen des stets schwar- zen Kopfes, gelbhch oder gelbrot, das Pronotum hat die Buckeln und zwei Streifen hinter diesen, die Halbdecken, den Clavus, mit Ausnahme der breiten Commissur, das Corium nach innen und die Cuneusspitze schwarz. Bei der Var. lateralis REUT., Fig. 3 b, ist das Pronotum schon nur mit Ausnahme der Seiten schwarz und bei Var. cordiger HAHN, Fig. 3 c, hat sich der Melanismus über das ganze Pronotum verbreitet, die Halb- decken sind nur an den Seiten des Coriums und der Cuneus ist, mit Ausnahme der Innenecke und ihrer Spitze gelb. Diese Zeichnung hat sich als die für dieseArtcharakteristische manifestiert. Die Varie- täten apicalis und lateralis sind was MULSANT und REY »Varietes par defaut« nennen, was ich aber als »Stammform «-Varietetäten, so zu sagen atavistische Varietäten auffasse. Sie weisen noch auf einen mit den Arten der Gattung Camptobrochis gemeinsamen Ursprung zurück. Von dem D. cordiger HAHN kommt aber auch, obwohl äusserst selten (nur ein Stück bisher bekannt), eine Varietät vor, die in den Charaktertypus die- ser Art hinüberspielt, eine »Variete par exces«, wie sie MULSANT und REY genannt hätten: die Var. fallaciosus REUT., Fig. 3 d. Bei dieser ist nicht nur der Kopf und das Pronotum ganz schwarz, sondern auch die Halbdecken, bei denen nicht mehr als ein nur die Mitte er- reichender Randstreif und die äussere Spitzecke des Coriums, wie die Mitte des Cuneus gelbrot sind. Diese Varietät, die in allen Strukturverhältnissen mit dem Typus übereinstimmt, stellt einen Melanismus dar, der noch weiter als z. B. bei typischen Exemplaren vom D. schach F. fortge- schritten ist. Von derselben Gattung mögen wir noch folgende Serien von Va- rietäten verschiedener Arten betrachten, die uns ein Fingerzeig inbe- zug auf die oben gegebenen Zeichnungsumwandlungsgesetze für die Ar- tenbildung geben. Wir gehen von dem beinahe ganz roten, nur schwarzköpfigen D. punctum RAMB. var. corruscus Garb. aus und leiten uns so durch die Varr. punctum, mimus REUT, und pseudoschach REUT, bis zu der ex- tremen Var. nigerrima PUT. (Fig. 4 a, b, c, d, e). Die für die Art ty- pische Zeichnung ist durch die Var. punctum repräsentiert {b). Bei dem O. M. Realer, Hemiplerologischv Spekulationen. II. 17 verwandten D. rutilus H. SCH., Fig. 5, haben wir eine sehr ähnliche Ent- wicklungsserie, mit der typischen Var. (a) anfangend und durch die Übergangsvarietäten fasciata REUT, und bellicosa HORV. (=quadriniaculata Jak.) mit der Var. nigra Ferr. endend, welche so ähnlich der Var. ni- gerrima der vorhergehenden Art ist, dass sie nur durch gewisse Struktur- verhältnisse von jener abweicht (Fig. 5, a, b, c, d). Von dem hellköpfi- gen und langhaarigen D. schach FABR., Fig. 6, können wir ebenso eine ähnliche Reihe von Varietäten aufstellen, von der Var. rntiloides REUT, (aj, die der Var. fasciata von rutilus {b) entspricht, durch die typische Var. schach [b) und die Var. cunealis REUT, bis zu den schwarzen Varietä- ten novaki HORV. und nigrita REUT., bei welcher letzteren, bisher nur in einem Stücke bekannten Varietät auch der Kopf, wie bei den übrigen Arten, schwarz geworden ist (Fig. 6, a, b, c. rf, e). Wenn wir aber diese drei Arten betrachten, finden wir, dass die typische Form vom D. ruti- lus (a) der Entwicklungsstufe b des D. punctum und dass die typische Form des D. schach [b) der Entwicklungsstufe d von punctum und c von rutilus entspricht. Endlich repräsentiert der ganz schwarze oder mit nur rotem Schildchen auftretende D. scutellaris FABR., Fig. 8, das letzte Stadium aller dieser und anderer nahe verwandter Arten, bei welchen auch eine ähnliche Variabilität stattfindet (z. B. das der gros- sen D. trifasciatus L. und D. olivaceus FABR.). Übrigens ist auch der D. scutellaris durch eine sehr nahe stehende afrikanische Art, D. pallidipen- nis Reut., Fig. 7, vorbereitet, die teils ganz wie scutellaris gefärbt ist, teils ein bleiches nur mit einem schwärzlichen Corium-Streif gezeichne- tes Corium trägt. Nicht weniger lehrreich als die Gattung Deraeocoris, ist auch die Gattung Poeciloscytus. Wir können hier von dem P. asperulae (FlEB.) REUT., von FIEBER nur als Varietät von P. unifasciatus WOLFF aufge- fasst, ausgehen. Die hellen Varietäten dieser Art, Fig. 9, zeigen noch Zeichnungen, die für dunklere Stücke von den hellgefärbten P. vulne- ratus WOLFF charakteristisch sind. Allmählich geht diese Zeichnung in die in Fig. 10 a abgebildete über. Diese ist aber die normale Zeich- nung des P. unifasciatus WOLFF, nur bleibt der Cuneus, der übrigen Verdunklung ungeachtet, lebhaft blutrot: ein spezifischer Farbencha- rakter des P. asperulae. 18 Festschrift für Palmin. N:o 2. Bei P. unifasciatus tritt von aussen her eine Verdunklung auch des Cuneus ein, die aber typisch noch nicht den Innenrand erreicht. Das Pronotum zeigt noch den Hinterrand wenigstens des Weibchens gelb, das Corium zeigt hinten zwei, oft genug zusammenfliessende Längsstreifen, der Saum gegen den Clavus ist aber bei den auf Galium uerum lebenden Stücken stets breit gelb; auch der Aussenrand ist schmal gelblich, Fig. 10 a. Bei den auf Galium boreale lebenden Poe- ri7osci//»s-Individuen ist wenigstens in Südfinnland, wie auch nach B. POPPIUS in Sibirien, der Melanismus schon weiter fortgeschritten: der Cuneus ist, wie Fig. 10 b zeigt, dunkler, das Corium trägt hinten eine schwarze Querbinde, die von dem Aussenrand bis an die Clavussaum reicht, so dass die Form entsteht, die HAHN lateralis genannt hat, bei welcher nur die Basis des Coriums bis zur Mitte gelb ist. Schon diese Form, die konstant auch kleiner ist, macht den Eindruck einer selbständigen Art. Die Zeichnung dieser Form ist nun auch die für die verwandte Art P. brevicornis REUT, charakteristische, nur ist bei dieser der Cuneus mit Ausnahme der Basal-lunula ganz schwarz, was den spezifischen Farbencharakter der genannten Art ausmacht. Im südlichen Finnland kommt ferner eine noch dunklere Form (Fig. 10 c) vor, die wohl auch der nnifasciatusSene angehört, die aber nur auf Galium palustre an feuchten Stellen, hier aber bisweilen massenhaft auftritt. Hier ist das Pronotum ganz schwarz, auch die Fühler sind ganz dunkel, der Cuneus ist nur mit Ausnahme des bogigen Basalrandes ganz schwärzlich ; auch die schwärzliche Farbe des Coriums ist nach vorn so verbreitet, dass nur ein sehr kleiner gelber Humeralfleck übrig bleibt. Ich nenne diese Form palustris; möglicherweise ist der hoch- gradige Melanismus durch das Leben an feuchten Lokalitäten bedingt. Die Zeichnung dieser »Varietät« ist gerade dieselbe, welche auch den viel kleineren P. cognatus FlEB. charakterisiert. So tritt bei P. uni- fasciatus eine Formenserie auf, deren Zeichnungen sich deutlich aus einander ableiten lassen, während die verschiedenen Entwicklungsstufen dieser Zeichnungen bei anderen Arten derselben Gattung gerade die für diese Arten charakteristische Zeichnung darstellen. ^) ') Es mag übrigens die Frage noch offen bleiben, ob /*. unifasciatus und dessen sogenannte Varietäten nur als solche oder als selbständige Arten auf- O. M. Heuter, Heinipterologixrhe Spekiüationrn. IL 19 Ausserordentlich interessant ist ferner ein PoeciloscytuSy Fig. 11, aus dem nordwestlichen China (Sse-tchuan), den ich neulich unter dem Namen P. funestus beschrieben habe. Bei diesem ist das Pronotum vollständig schwarz, ebenso das Corium, nur der Grund und die Spitze des Cuneus rostfarbig : ganz dieselbe Farbe und Zeichnung wie bei den nahe ste- henden Gattungen Polyinerus, Charagochilits und Proboscidocoris. Somit können wir also ganz natürlich unsere Betrachtungen über die genetische Farbenumwandlung auch auf die nahe verwandten Gat- tungen ausdehnen. Die atavistischen Varietäten (Varietes par defaut MüLSANT und REYS) von Deraeocoris cordiger weisen auf einen gene- tischen Zusammenhang mit der Gattung Camptobrochis hin; der »par exces« entstandene ganz melanistische Poeciloscytus funestus spricht deut- lich für die Blutsverwandtschaft mit den beinahe nur ganz schwarze Arten umfassenden Genera Polyinerus, Cliaragochilus und Proboscidocoris. Wie bei den melanistischen PoecHoscytus-Arten deuten auch bei die- sen Gattungen noch die gelbliche Basal-lunula des Cuneus auf eine De- rivation von gemeinschaftlichen helleren Vorfahren hin, und die zwei kleinen gelblichen Makeln des Scheitels, die auch bei dunkelköpfigen Poeciloscytus stets zurück bleiben, sprechen für einen gemeinschaftlichen Ursprung und eine gemeinschaftliche Art der Zeichnungsumwandlung. Ich habe schon früher (Rev. crit. Caps. 1875, p. 32) die Aufmerk- samkeit darauf gelenkt, dass solche kleine, ähnlich gestaltete Überbleib- zufassen sind. Obwohl nämlich die Zeichnungen der einen deutlich aus denen der anderen sich ableiten lassen und mit einander in genetischem Zusammen- hang stehen, habe ich doch keine deutlichen Übergangsformen zwischen densel- ben gesehen, obwohl ich zahlreiche Individuen aller drei Formen untersucht habe. Sie kommen wenigstens in Südfinnland je auf ihrer eigenen hesonde- ren Nahrungspflanze vor; es scheint mir auch wahrscheinlich, dass Galium verum mit G. boreale gemischt war, da Hahn" seine P. lateralis und P. margina- tus zusammen fand und darum als Varietäten nur einer Art betrachtete, wie es danach alle übrigen Autoren gemacht haben. Jedenfalls ist diese Frage von kei ner wesentlichen Bedeutung für die obigen Betrachtungen, für welche es ziem- lich gleichgültig ist, ob wir hier mit Varietäten, oder mit selbständigen Arten zu rechnen haben. 20 Festschrift für Palmen. N:o 2. sei der ursprünglich hellen Stammfarbe dunkler Arten oft von sy- stematischem Wert sind. Sie haben mir auch später mehr als einmal über die rechte Verwandschaft der Gattungen Auskunft gegeben, deren systematische Stellung mir früher unsicher schien. ^) Die obigen Darstellungen mögen genügen, um einen Einblick zu geben, in welcher Weise die Zeichnungen auch für die Systematik von Bedeutung werden können. Die verschiedenen Arten werden, wie wir gesehen haben, durch Epistase, durch Stehenbleiben in der Entwick- lung der einen Individuengruppe und Weiterentwickeln der anderen gebildet; ja diese Umstände spielen auch eine Rolle in der Bildung der für verschiedene Gattungen charakteristischen Zeichnungen. Ähnliche Beispiele, wie die oben aus der Familie der Capsiden gewählten, könn- ten auch aus einigen anderen niederen Familien, wie aus der der Acan- thiiden (Saldiden) oder der Nabiden geliefert werden. Die im Sy- stem tiefer stehenden Formen sind allerdings, wie schon bemerkt, hierzu im allgemeinen mehr geeignet. In den höheren Familien kommen auch bei den Hemipteren oft andere Umstände hinzu, metamorphische und phyletische Palaeotropie, unabhängige Entwicklungsgleichheit, biswei- len vielleicht auch kaleidoskopische Umbildung, die erschwerend für die Aufstellung systematischer Beziehungen uns entgegentreten. ') So findet sich auch ein lileiner gelber Makel an jedem Augenrande des Scheitels bei Mecomma, Cyrtorrhinus und dem malayischen Periscopus, der kaum von Cyrtorrhiniis verschieden ist. Die schwarzköpfigen De raeocoris- Arien haben sämtlich eine gelbliche Querlinie des Scheitelhinterrandes gemein. Die Gat- tungen Labops, Anapus und Dimorphocoris haben die Augenränder der Stirn oder wenigstens des Scheitels weisslich und zeigen auch dadurch ihre Verwandschalt. Die blassen Weibchen mehrerer Arten dieser letzten Gattung, deren Männchen mehr oder weniger schwärzlich sind, weisen auch deutlich auf eine gelbe Stamm- l'orm zurück ; auch das Männchen von D. debilis Reut, bietet ein Beispiel von Epistase dar. Zumal die kleinen, oft ganz verwischten gelblichen Scheitelmakeln der ürthoceplialus- Arien sind wohl als die letzten Reste dieses gemeinschaftlichen Ursprungs zu deuten. Die dunklen Arten der Gattung Psallus haben noch den gelblichen Scheitelrand, wie bei Deraeocoris, und werden dadurch leicht von ähnlichen Cr/orom-Arten unterschieden. Es ist wohl nicht nötig, hier zu be- merken, dass diese Ähnlichkeit mit den /)erf«'orom-Artcn natürlicherweise bei O. M. Renter, Hemipterologische Spekulationen. IL 21 Dasselbe Entwicklungsgesetz, das wir phylogenetisch geltend ge- funden haben, dürfte bei den Hemipteren, wie bei den übrigen Tieren, auch ontogenetisch gelten. Das Studium der Larven und Nymphen ist für die Systematik besonders der ametabolen Insekten von grösster Wichtigkeit. Leider ist es noch sehr vernachlässigt. Oft geben näm- lich die Farbe und Zeichnungen auch dieser früheren Entwicklungs- stufen Aufschlüsse über die Verwandtschaft ganz verschieden gefärbter Imagines, wie schon oben für die Plagiognathus- und Ly^us-Arten ange- geben wurde. Auch die schwarzen Psallus-Xrien haben Larven, deren rötliche F'arbe an eine phylogenetisch ältere Entwicklungsserie der Ar- ten dieser Gattung (die roten Arten) erinnern. Auch die Larven der oben erwähnten Gattungsserie Poeciloscytus — Polijmerus — Charagochilus sind von Interesse, indem sie alle grünlich sind und so die Verwandtschaft unter diesen teils schwarzen, teils bunten Gattungen zeigen, ganz wie die grünen Larven von Plagiognathns es inbezug auf die Arten dieser Gattung tun. Bisweilen, wie bei den meisten Mirarien, gehen die Zeichnungen der Imagines von denen der Nj^mphen fast unvermittelt aus. Gewöhnlich aber sind die Imagines und die Nymphen recht verschieden gefärbt. Die Farben und die Zeichnungen der Imagines bilden sich dann in der Körperhaut erst nach dem Ausschlüpfen. Für unseren Zweck wäre es darum besonders von Bedeutung, die Ontogenie dieser Zeichnungen, d. h. die Ausfärbungsprozesse zu verfolgen, um zu konstatieren, ob das biogenetische Gesetz, dass die Entwicklung in der Ontogenie und in der Phylogenie dieselbe ist, auch für diese Zeichnungen der Hemipteren Geltung hat. Leider habe ich nur wenige und unvollständige Beobachtun- gen hierüber gemacht (Psa//«s ambiguus, Ps. variahilis, Lyguskalmi, L.praten Gattungen von ganz verschiedenen Divisionen garkeine genetische Bedeutung hat, ganz wie oben die gelben Scheitelmakeln der Poeciloscytus. Polymerus etc. und diejenigen der Mecomma und deren Verwandten, sondern nur eine Erscheinung unabhängiger Entwicklungsgleictikeit (Homoeogenesis) ist. Wenn aber dieser gelbe Querstreif bei einigen schwarzen Atractotomus-\T\en (rhodani, morio) oder bei der Gattung Excentricus auftritt, ist dies wieder ein Zeugnis von der nahen Verwandtschaft dieser Gattungen mit Psallus. 22 Festschrift für Palmen. N.o 3. sis). Diese scheinen aber, wie a priori zu vermuten war, diese Vorausset- zung vollständig zu bestätigen. Vielleicht werde ich später Gelegenheit fin- den, dieses Thema näher zu studieren. Jedenfalls habe ich geglaubt, dass die oben angeführten Resultate meiner Untersuchungen über die Gesetz- mässigkeit im Abändern der Zeichnung bei Hemipteren (besonders Capsiden) und ihre Bedeutung für die Systematik schon jetzt so viel Interesse beanspruchen, dass sie publiziert zu werden verdienen. Bemerkung zur Seite 6. Am angeführten Ort habe ich die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass auch die grünen Arten mehrerer typisch einfarbig grüner Pentato- midengattungen in ebenso einfarbig rostroten Varietäten erscheinen. Nachdem dies schon gedruckt war, sandte mir freundlichst Med. Dr. OTTOKAR NICKERL sen. eine Abhandlung, »Fundorte böhmischer Wan- zenarten» (Prag 1905), worin (S. 6) bemerkt ist, dass wenigstens Palo- mena prasina L. var. subrubescens GORSKI und P. viridissima POVA var simiüans PUT. »keine Varietäten, sondern die im Herbste lederbraun sich verfärbende grüne Stammart» sind. Diese vermeintlichen Farben- varietäten repräsentieren also nur »eine winterliche Farbenänderung (Anpassung) der Arten aus der Wanzengattung Palomena.» Dr NICKERL hat mir später etwas näheres über diesen interes- santen Umstand brieflich mitgeteilt, und ich erlaube mir, folgenden Auszug aus seinem Briefe zu publizieren: »Was die Verfärbung der Palomena prasina anlangt, wurde mein letzthin verstorbener Sohn gelegentlich einer häuslichen Zucht von dieser Art darauf aufmerksam gemacht, was denn durch ein Massenexperiment von etwa 300 Stücken endgiltig sichergestellt wurde. Von dieser Menge, welche an einem Septembertage von Eichen — sammtlich grün — eingesammelt wurde, erwiesen sich schon den an- dern Tag beim Öffnen der von der Excursion mitgebrachten Schachteln, wohl die Hälfte braunroth gefärbt, bei den andern trat diese Verer- bung im Laufe des nächsten Tages ein, so dass mit Ausnahme von 4 — 5 (). M. lieuter, Hemipterologixchr Spekulationen IL 23 Individuen — alle ihre ursprüngliche grüne Farbe einbüssten. Über den Winter blieb nicht eine einzige grün; auch ge- lang es nicht die wenigen nach der Überwinterung im Moos lebend erhaltenen braunen Stücke im nächsten Jahre in die grüne Färbung wieder zurück zu bringen. Bei uns werden die braunen Individuen immer nur im Winter unter Laub oder zeitlich im Frühling (März Ä April) gefunden, zu wel- cher Zeit nie grüne Individuen vorkommen». Ich habe schon seit einiger Zeit der Verdacht gehegt, dass die grü- nen Pentatomiden, die auch rostrot oder lederbraun auftreten, vielleicht nach den Jahreszeiten an der Farbe wechseln, so wie dies bekanntlich der Fall bei den Psy lüden ist. Schon 1886 sagt FR. LOW (Neue Beiträge zur Kenntnis der Psylloden, Verh. zool.-bot. Ges. Wien 1886, S. 151): »Bei vielen Arten erleiden die Imagines eine stufenweise Aen- derung in ihrer Färbung, welche sich während ihrer Lebensdauer nach und nach vollzieht, und welcher alle Imagines derselben Art in ganz gleicher Weise unterworfen sind. Bei diesen Arten hängt also die Fär- bung von dem Alter der Imagines ab, und es wird mithin eine schon im Mai ausgeschlüpfte Imago viel intensiver gefärbt und dunkler sein, als eine andere derselben Art, welche erst im Juni, also einen Monat später ausgeschlüpft ist. Einer solchen allmählichen Färbungs- änderung unterliegen die meisten Arten der Subfamilie Psyllina, beson- ders die Arten der Gattung Psy IIa und auch viele Tr/ora Arten. Da die Imagines aller dieser Arten erst kurze Zeit vor ihrem Lebensende eine constante Färbung annehmen, vorher aber ganz gleichen, stufen- weisen Veränderungen in ihrem Farbenkleide unterworfen sind, so kann man die gleichzeitig vorhandenen, verschieden gefärbten Individuen einer solchen Art nicht als Varietäten auffassen, weil sie nicht wirkliche Ab- weichungen von der normalen Färbung, sondern nur gesetzmässige Abstufungen derselben darstellen.» Diese Verdunklung der Farben tritt bei den Psylliden ganz vor- züglich bei überwinternden Arten hervor. Unter den nordischen sind in dieser Hinsicht besonders Psylla nigrita ZETT. und parvipennis LOW hervorzuheben, die im Sommer ganz gelb, überwintert aber zusammen mit dem ganzen Flügelgeäder braunschwarz sind. 24 Festschrift für Palmin. ff:o ?. Wie gesagt, ist dieser Gedanke mir in der Tat nicht fremd gewe- sen, dass auch die braunen Varietäten der grünen Pentatomiden ebenso nur ein Herbst-, resp. Winterkleid repräsentieren könnten. Da aber bei uns keine solchen gefunden wurden und ich vergebens in den zahl- reichen Lokalverzeichnissen Angaben über die Jahreszeit, in welcher die dunklen Varietäten gefunden sind, nachgeschlagen habe, habe ich es für unnötig gehalten, eine nur vage Vermutung auszusprechen. Beson- ders deshalb, weil andere Tatsachen mir mit einer solchen Vermutung nicht vereinbar schienen. So z. B. habe ich bei uns nie ein lederbrau- nes Individuum der gemeinen Chlorochroa juniperina LINN. gefunden, wohl aber einmal am 4. Oktober eine ganz grüne Chi juniperina unter Moos überwinternd und mehrmals auf Wachholder im Frühsommer ganz grüne Exemplare derselben Art. Mann könnte einwenden, dass in dieser Gattung keine solche Farbenänderung stattfindet, und in der Tat ist von Chi juniperina keine rostfarbige »Varietät» erwähnt; von der nahestehenden Chi pinicola M. et R. aber ist eine solche, die jeden- falls sehr seltene Var. porphyrea FIEB., beschrieben ^). Eine Erklärung der Erscheinung, dass von Chi juniperina im Frühsommer, wo noch keine neue Generation sich entwickelt hat, den- noch nur grüne Exemplare auftreten, Hesse sich vielleicht darin finden, dass sie von überwinterten Nymphen herrühren. Oder auch, was wahrscheinlicher ist, tritt ganz einfach eine Saisonfarbung bei der Gat- tung Chlorochroa nur ausnahmsweise ein ^). Nach den hübschen Entdeckungen Dr NiCKERL's ist es jedenfalls ausgemacht, dass wenigstens in einigen Fällen bei den Pentatomiden wie bei den Psylliden eine Saisonfarbe eintritt. Was die Stenodema- Varietäten betrifft, scheint es dagegen wenigstens sehr wahrscheinlich, dass sie wirkliche Varietäten sind. Leider finden sich in der Litteratur sehr wenige Angaben über das Vorkommen der verschiedenen Varietäten. ') Dass Pent. porphyrea zur C/i/. pinicola gehört, habe ich früher bc merkt: Miscell. Hemipt., Öfv. Finska Vet. See. Förh. XLIV, 1902, S. 146. ') Ohne weitere Vermutungen auszusprechen, will ich nur darauf hinwei sen, dass die Arten der Gattungen Palomena, Nezara u. s. w-, die im Herbste ihre grüne Farbe typisch in rotbraun ändern, auf Laubbäumen leben, deren Chlorophyll ebenso in derselben Zeit in Erythrophyll u. s. w. übergeht, während dagegen die Clorochroa- Arien nur auf den immer grünen Goniferen leben. (). M. Heuler, flemipleroloßisrhe S/wkiildlinnen. ff. 25 WESTHOFF (Verzeichniss bisher in Westfalen aufgefundener Arten aus der Gruppe Hemiptera Heteioptera, in IX. Jahresb. Westf. Prov. Ver. Wiss. u. Kunst, S. 76) hat von 5/. calcdratuni FALL, die Varietät grise- scens FIEB. im August und September angetroffen und bezeichnet die Var. uirescens FIEB., von ihm im Mai und Juni gefunden, aLs die FrOh- lingsform. KIRSCHBAUM (Rhynch. Wiesb., S. 7) gibt an, dass »die späte- ren Exemplare bräunlich sind ». BüCHANAN WHITE (Scott. Naturalist I, S. 264) sagt, dass diese Art »has e green form when the grass is green and juicy, and a ochreous form when its foodplant is getting dry and yellowish. Ich habe aber in Südfinnland im Herbste wie auch im Frühjahr sowohl braune, wie auch strohgelbe und grüne Individuen getroffen. Von St. uirens L. scheint es freilich, als wäre die strohgelbe Varietät im Herbste zahlreicher, die grüne degegen im Frühjahr. Die Var. fiüviis FIEB. habe ich, so weit ich mich erinnern kann, nur vom Au- gust bis in den Oktober gefunden, sie hat aber schon als Nymphe die rost- rote Farbe, welche hier eine Anpassungsfarbe nach den Lokalitäten, wo sie vorkommt (Coniferen, Heidekraut), ist. In gewissen Gegenden, z. B. in Elsass-Lothringen (REIBER et PUTON, Cat. des Hem. Het. de l'Als. et de la Lorr., S. 22) ist diese die einzig vorkommende Farbenvarietät oder wenigstens die Normalform (WEvSTHOFF a. a. O.). Die St. laevigatum L. betreffend sagt KIRSCHBAUM (a. a. O.): »Die früheren Exemplare grün, die späteren gelblich oder rötlich>, MEYER (Rhynch. Schweiz, S. 35): »im Mai und Juni zeigt er sich meistens grün, im Juli strohgelb, im September röthlich», und FREY-GESSNER (Verzeichniss schwei- zischer Insekten, Hemiptera): variiert grün und hell graugelb, die ersten trifft man in der ersten Hälfte des Sommers, die gelben zahl- reicher im Herbst, einzeln zwar auch im Mai und Juni». WESTHOFF (1. c.) bemerkt, dass die Var. grisescens besonders im Herbst und Winter angetroffen wird, die Var. pallescens FALL, bei überwinterten Individuen im ersten Frühling auftritt, die Var. virescens FALL, ebenfalls Frühlings- form ist. BUCHANAN-WHITE sagt (1. c): »appears to hibernate and early summer specimens are green, whilst autumnal ones are ochreous.» Dagegen giebt GREDLER (Rhynchota Tirolensia, Verh. zool.-bot. Gesellsch. Wien 1870, S. 91) an, dass die Var. uirescens FALL, vom Mai bis in den Oktober vorkommt. In den meisten übrigen Lokal Verzeichnissen wird 26 Festschrift für Palmen. N:o ?. nur angegeben, dass die Varietäten sammt mit der Stammform zusammen vorkommen. Das einzige Stück von der schwarzen Var. melas REUT., das bis- her gefunden worden ist, ist am 25. August gefangen worden (Siehe JEN- NINGS, Ent. Monthl. Mag. (2) XIII, 1902, S. 224). Diese sehr dunkle Va- rietät kann also nicht gern als überwintert betrachtet werden. Über St. holsatum FALL, schreibt BUCHANAN-WHITE a. a. O., S. 264: »The spring and early summer specimens are frequently green, but in August, when the grass among which this species occurs is be- coming yellowish, the majority of specimens are ochreous. If, as is probable, the spring individuals are hibernated autumn one, how is it that they change from green to ochreous? (soll wohl »from ochreous to green» heissen?)» Es scheint also, aus diesem etwa konfusen Ausspruch zu schliessen, als hegte der Verf. die Ansicht, dass die im Herbste strohgelben und auf schon verwelktem Gras lebenden Individuen sich wäh- rend der Überwinterung grün färben, um mit dem Grün des Frühjahrs zu harmoniieren. Eine solche Annahme aber streitet vollständig gegen Alles, was wir bisher von dem Gesetz der Farbenumwandlung bei den Insekten kennen und ist auch von gar keiner Beobachtung gestützt. Grün kann wohl in Gelb oder Braun umgewandelt werden, nie aber trifft das Gegenteil ein. Wenn also die Farbenvarietäten der Stenodema- Arten wahrscheinlich Varietäten und freilich echte Saisonvarietäten und nicht nur Saison- verfärbungen der Individuen repräsentieren, so ist es darum nicht aus- geschlossen, dass einmal bei dem Entstehen dieser Varietäten ähnliche Faktoren wirksam gewesen sind, wie die, welche heutzutage die Saison- farben der grünen Pentatomiden-Individuen hervorrufen. Die Entdek- kung NiGKERL's, dass die vermeintlichen rotbraunen Varietäten der grünen Pentatomiden keine echten Varietäten sind, als welche ich sie noch S. 6 aufgefasst habe, hat also für meine Darstellung in obiger Abhandlung nur die Bedeutung, dass sie uns einen der wahrschein- lich mannigfaltigen Umstände anzeigt, der »die ursprünglich grüne Farbe in gelblich, braungelb, rostrot und sogar braunschwarz umwan- delt» (siehe I. c). (K M. Reuter. Hemipterologisrhc Spekulationen. II. 27 Bemerkung zur Seite 17. Nachdem das obige schon gedruckt worden war, habe ich aus Italien (S. Vito d. Norm.) eine Varietät von Deraeocoris schach FABR. bekommen, die mit Hinsicht aut die Färbung der Halbdecken die Var. corrusciis GARB. von Ü. punctum RAMB. entspricht. Sie ist schwarz, der Kopf, mit Ausnahme der Spitze, und die Halbdecken rot, nur die Aussenrande des Coriums sehr schmal schwärzlich, wie auch die Spitze des Cuneus. Membran braunschwarz, Beine wie typisch. In der Tafel ist sie in Fig. 6. als 6* abgebildet. Ich nenne- diese Varietät rufipennis. Erklärung der Figuren. Fig. 1. Calocoris hispanicus GMEL. a: Var. pallida REUT. b: Varr. himaculata REUT. u. bisignata REUT. c: Var. quadrimaculata REUT. d: Varr. hexastigma REUT. u. sexpunctata FABR. e: Varr. confiuens REUT., und connectens REUT, f: Var. vittata REUT. g: Var. nigridorsum COSTA. h: Var. aterrima GARB. i: Varr. rubromarginata LUC. u. nigrouittata COSTA. k: Var. limbaia REUT. /.• Var. thoracica PUT. m ; Var. cuneata PUT. Fig. 2. Campfobrochis punctulata FALL, mit zwei parallel laufenden Farbenenlwickelungs-Serien: a — d und a — ö. Fig. 3. Deraeocoris cordiger HAHN. a : Var. apicalis SIGN. b: Var. lateralis REUT. c- Var. cordiger HAHN. d.- Var. fallaciosa REUT. Fig. 4. Deraeocoris punctum RAMB. a: Var. corrusca GARB. b: Var. punctum RAMB. c: Var. mimus REUT. d: Var. pseudoschach REUT. e.- Var. nigerrima PUT. Fig. 5. Deraeocoris rutilus H. SCH. a; Var. rutila H. SCH. 30 O. M. Reuter, Hemipterologische Spekulationen. IL b: Var. fasciata REUT. c: Var. belliciosa HORV. d: Var. nigra REUT. Fig. 6. Deraeocoris schach FABR. * Var. rufipennis REUT. a: Var. niiiloides REUT. b : Var. schach FABR. c : Var. cunealis REUT. d: Var. novaki HORV. e: Var. nigrita REUT. Fig. 7. Deraeocoris pallidipennis REUT. Fig. 8. Deraeocoris scutellaris FABR. Fig. 9. Poeciloscytus asperiilae (FIEB.) REUT. Fig. 10. Poeciloscytus unifasciatus WOLFF. a : Var. unifasciata WOLFF. h: Var. lateralis HAHN. c: Var. palustris REUT. Fig. 11. Poeciloscytus funestus REUT. O, M REUTER. Festschrift für Palm6n II. .m i*i« 1 Wa. 1 ill II 2. Wa. 4. Wa. I I I I I I. 6 \ J * P- ^T i I I f I I I I 10 Wa. <ä. RrVidsson. FESTSCHRIFT FÜR PALMEN N:0 3. EIN FALL VON DOPPELSEITIGEM TURNER-PERRIN'SCHEM Musculus Dorsofascialis BEIM MENSCHEN. VON GERHARD RENYALL. MIT EINER TEXTFIGUR. HELSINGFORS 1907. Ein Fall von doppelseitigem Turner- Perrin'schem Musculus dorsofascialis beim Menschen. Von Gerhard Renvall, Vor einiger Zeit wurde auf dem hiesigen Präpariersaale an der Leiche eines erwachsenen Mannes, auf beiden Seiten des Rückens ein kleiner, oberflächlich liegender, spindelförmiger, jedoch etwas abgeplat- teter Muskel angetroffen, der durch eine zarte Schicht lockeren Binde- gewebes von dem unterliegenden M. trapezius getrennt war. Da die Leiche zu Muskelpräparation diente, so hatten die betreffenden Präpa- ranten, wie es bei den Muskelpräparaten üblich ist, Nerven und Gefässe nicht berücksichtigt und daher, ehe das Vorhandensein der beiden klei- nen Muskeln bemerkt und angezeigt wurde, bereits den Jgrössten Teil der oberflächlichen Nerven entfernt. Jedoch Hess sich noch für den einen der beiden Muskeln auch inbezug auf die Innervation immerhin Einiges ermitteln. Festschrift für Palmen. N:o 3. Im einzelnen war der tatsächliche Befund folgender (vergl. unten- stehende schematisierte Zeichnung) : ■ / / •w^ ^^jjCMäA-j Der rechtsseitige, etwas stattlicher entwickelte Muskel entspringt mit einem kurzen, sehnigen Abschnitt teils vom Processus spinosus des 8. und 9. Brustwirbels sowie dem Lig. supraspinale zwischen diesen Wirbeln, teils auch mit einer kleinen, von dem übrigen Muskel wohl gesonderten Portion vom Dornfortsatz des 7. Brustwirbels. Der durch Verschmelzung dieser Ursprungsportionen gebildete, nahezu 1 cm breite Muskel erstreckt sich von der Ursprungsgegend aus aufwärts und etwas lateralwärts. Entsprechend der Mitte des Abstandes zwischen den Dorn- Gerhard Renvall, Musculus dorsofascialis beim Menschen. 5 fortsätzen des 4. und 5. Brustwirbels, wo der Muskel sich in einer Ent- fernung von etwa 2 cm von der Medianlinie befindet, geht er in eine schlanke, 6V2 cm lange Endsehne über, welche sich in der Verlaufs- richtung des Muskels weiter aufwärts erstreckt. In der Höhe des Dorn- fortsatzes des 2. Brustwirbels, 3 cm von der Medianlinie, strahlt diese Endsehne in drei besondere Portionen, eine mediale, eine aufsteigende und eine laterale, aus. Die Fasern der medialen Portion, welche sich am we- nigsten deutlich abheben, wenden sich bogenförmig medianwärts und ver- lieren sich nach kurzem transversalem Verlaufe in der Ursprungsaponeurose des rechten M. trapezius. Die etwas kräftiger entwickelten Fasern des latera- len Bündels biegen lateralwärts um und lassen sich teilweise bis zum Be- ginne der Trapezius-Muskelfasern verfolgen. Die Fasern der kranialwärts auf- steigenden Portion setzen die Verlaufsrichtung der Hauptsehne und des Mus- kelbauches fort. Sie stellen ein zunächst von der unterliegenden Ursprungs- aponeurose des Trapezius wohl abgegrenztes, schmales Bündel von 2 cm Länge dar, welches oben bogenförmig lateralwärts umbiegt, um sich mit divergierenden Fasern bald in der Trapezius-Aponeurose zu verlieren. Hinsichtlich der Innervationsverhältnisse dieses Muskels wurde Fol- gendes ermittelt. Etwa an der Mitte des Muskelbauches tritt in diesen ein feiner Nerv ein. Dieser Nerv lässt sich in rückläufiger Richtung 5 — 6 cm weit kranial- und lateralwärts verfolgen, endet aber hier plötz- lich, indem er offenbar bei der Muskelpräparation abgeschnitten wor- den war. Im übrigen befindet sich dieser Nervenstumpf in ziemlich oberflächlicher Lage, jedoch liegt er zum Teil etwas geschützt in einer Furche zwischen zwei Muskelbündeln des Trapezius eingebettet. In geringer Entfernung von der Durchschneidungsstelle wird in dem nächst- folgenden, kranialwärts befindlichen Interstitium zwischen den Trape- ziusbündeln und somit nur durch die Dicke eines stärkeren Muskel- bündels von dem soeben erwähnten peripheren Nervenstumpf getrennt, ein zweiter und zwar zentraler Nervenstumpf angetroffen, dessen Stärke, Lageverhältnisse und Verlaufsrichtung, abgesehen von der durch das zwischengelagerte Muskelbündel bedingten parallaktischen Verschiebung, vollständig mit jenen des zuerst beschriebenen, in unseren Muskel ein- tretenden Nerven übereinstimmen. Die weitere Verfolgung dieses zen- 6 Festschrift für Palmen. N.o 3. tralen Nervenstumpfes ergibt, dass er einen Zweig des N. accessorius darstellt, welcher nach Abgabe verschiedener Äste an den M. trapezius diesen Muskel durchbohrt, um nunmehr oberflächlich und zwar — allem Anscheine nach — zu dem hier in Frage stehenden oberflächlichen Muskel zu verlaufen. Der linksseitige, schwächer entwickelte Muskel entspringt im we- sentlichen vom Dornfortsatz des 6. Brustwirbels. Auch vom Lig. sup- raspinale etwas ober- und unterhalb des genannten Dornfortsatzes neh- men einige Fasern des Muskels ihren Ursprung. Im übrigen verläuft der Muskel in gleicher Weise und etwa in gleicher Entfernung von der Medianlinie wie der rechtsseitige. In einer Höhe entsprechend dem Zwischenraum zwischen den Dornfortsätzen des 3. und 4. Brustwirbels geht der Muskel in eine schlanke, i^/2 cm lange Endsehne über, welche etwas oberhalb des Proc. spinosus des 2. Brustwirbels, nicht ganz 3 cm von der Medianlinie entfernt, sich in ähnlicher Weise wie die Sehne des rechtsseitigen Muskels ausbreitet und in drei Portionen teilt. Diese Portionen sind jedoch schwächer und nicht so gut von einander und von der unterliegenden Trapezius-Aponeurose gesondert wie auf der rechten Seite. Über die Innervationsverhältnisse des linksseitigen Muskels konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. M. trapezius entspringt wie gewöhnlich von den Dornfortsätzen der Brustwirbel (bis einschliesslich des 12.) und bietet auch im übrigen ganz die gewöhnliche Ausbreitung dar. — In der Litteratur finden sich, soweit ich habe ermitteln können, nur zwei mit dem hier beschriebenen direkt vergleichbare Fälle erwähnt. In beiden diesen Fällen ist jedoch der Muskel unilateral aufgetreten. TURNER ^) beobachtete auf dem linken M. trapezius einer männ- lichen Leiche einen oberflächlich gelegenen, schlanken, V* Zoll breiten und 3Va Zoll langen Muskel, welcher der Reihe der Brustwirbel-Dorn- fortsätze parallel und et\^a 1 Zoll weit von diesen entfernt verlief. Unten entsprang der Muskel, mit der Ursprungssehne des Trapezius ') Wm. Turner, On a rudiment of the panniculus carnosus superficial to the trapezius. Journ. of Anat. and Phys. 1871. Bd. 5, S. 116. Gerhard Renvall, Musculus dorsofascialis beim Menschen. 7 verbunden, vom Dornfortsatz des 5. und 6. Brustwirbels und vereinigte sich oben mittels zweier distinkter Sehnenbündel mit der Trapezius- Aponeurose dort, wo diese vom Dornfortsatz des 2. und 3. Brustwirbels ihren Ursprung nimmt. Der Trapezius-Ursprung erstreckte sich kau- dalwärts nicht über den 8. Brustwirbel hinaus. Einen ähnlichen, aber rechtsseitigen, oberflächlich auf dem M. tra- pezius (einer männlichen Leiche) liegenden Muskel beschreibt PERRIN.^) Der ziemlich spindelförmige Muskel entsprang mit muskulo-tendinösen Fasern vom Dornfortsatz des 8. und 9. Brustwirbels und verlief in bei- nahe vertikaler Richtung, nahezu parallel der Brustwirbelsäule kranial- wärts bis zur Höhe des 1. Brustwirbels, wo er in eine Endsehne über- ging, die sodann bogenförmig ab- und einwärts zum Dornfortsatz des 2. Brustwirbels umbog. Von der Konvexität des sehnigen Bogens strahl- ten zwei oder drei Faserbündel auf- und lateralwärts, um sich in der unterliegenden Fascie zu verlieren. Der Ursprung des Trapezius war normal. Beim Vergleich des vorliegenden Falles mit den von TURNER, bezw. von PERRIN beschriebenen tritt zunächst eine unverkennbare Übereinstimmung, fast möchte man sagen Beständigkeit der Anordnung der resp. Muskeln hervor. Der linksseitige Muskel meines Falles bietet ziemlich genau das gleiche Verhalten dar wie der TüRNER'sche, eben- falls linksseitige Muskel, indes der rechtsseitige in hohem Masse mit dem rechtsseitig vorhandenen Muskel des PERRIN'schen Falles übereinstimmt. Der von mir beobachtete bilaterale Fall entspricht somit gewissermassen einer Kombination der beiden früher beschriebenen je unilateralen Fälle. Beim Fehlen eines reichlicheren Vergleichsmateriales kann diese auf- fallende Übereinstimmung der Anordnung wenigstens einstweilen nur als Eigentümlichkeit verzeichnet werden. Abgesehen von den soeben angeführten, mit dem vorliegenden Falle aufs engste zusammengehörigen älteren Beobachtungen von TUR- NER und PERRIN, liegen noch einige kurze Angaben über dorsal auf dem Trapezius gelegene, beim Menschen beobachtete Muskelbündel vor. ^) J. B. Perrin, On a rudiment of the dorsal portion of the panniculus car- Dosus, superficial to the trapezius. Journ. of Anat. and Phys. 1871. Bd. 5, S. 241. 8 Festschrift für Palmen. N-o 3. Solche sind von TURNERN) und MACALISTER^) erwähnt worden; die Muskelbündel haben jedoch in diesen Fällen eine wesentlich andere, übrigens recht wechselnde Anordnung dargeboten. Die Innervation dieser Muskelbündel findet in den betrefifenden Mitteilungen ebensowe- nig Berücksichtigung wie in den zuerst angeführten Fällen. Was die Deutung unseres Muskels betrifft, so könnte man im Hinblick auf die Lage des Muskels auf dem M. trapezius, seinen Zu- sammenhang mit diesem Muskel sowohl am Ursprünge wie an dem entgegengesetzten Ende, sowie auch auf seine Innervation daran den- ken, dass es sich etwa um abgeirrte Bündel des unterliegenden Tra- pezius handle. Diese Auffassung würde jedoch in der Tat keine ei- gentliche Erklärung für das Auftreten des Muskels, d. h. eben für die Aberration der betreffenden Bündel, bedeuten. Denn, um eine solche zu finden, müsste man gar unsichere mechanische Spekulationen zur Hilfe ziehen, und dem »Zufall« würde auf jeden Fall eine wesentliche Rolle bei dem Zustandekommen des Muskels eingeräumt werden. Es wäre daher, ehe man zu einer derartigen, schliesslich doch nicht befriedigenden Erklärung seine Zuflucht nimmt, zu prüfen, ob dei Muskel sich nicht etwa auf ehemalige, phylogenetisch durchlaufene Organisationszustände zurückführen lässt, ob also bei primitiveren Säugetierformen oberflächlich auf dem M. Trapezius gelegene Muskeln sich vorfinden oder vorgefunden haben, auf die sich unser Muskel etwa beziehen Hesse. Was zunächst reine Skeletmuskeln betriflFt, so wäre die soeben gestellte Frage insofern wohl zu verneinen, als — wenigstens meines Wissens — für kein Säugetier ein oberflächlich auf dem M. trapezius liegender und inbezug auf Verlauf und sonstige Anordnung mit dem M, dorsofascialis übereinstimmender Skeletmuskel als solcher, d. h. eben als Skeletmuskel, beschrieben worden ist. Hierauf wird jedoch [noch zurückzukommen sein. ') Wm. Turner, JOn the musculus sternalis. Journ. of Anat. and Phys. 1867. Bd. 1, S. 252. ') A. Macalister, Additional observations on Muscular Anomalies in Human Anatomy (Third Series), with a Catalogue of the Principal Muscular Variations hitherto published. The Transact. of the Royal Ir. Aead. 1872, V. 25, P. 1, S. 17. Gerhard Renvall, Musculus dorsofascialis beim Menschen. 9 Dagegen kommt bekanntlich den Säugetieren in allgemeiner Ver- breitung eine oberflächlich gelegene Muskelschicht zu, bestehend aus Elementen, welche, obwohl in letzter Hand wahrscheinlich von reinen Skeletmuskeln ableitbar^), die ursprünglichen Beziehungen zum Skelet ganz oder teilweise aufgegeben und dafür neue Beziehungen zum Inte- gument und den oberflächlicheren Fascienbildungen gewonnen haben. Bei manchen Säugetieren hüllt diese »Hautmuskulatur« oder der »Panni- culus carnosus« einen grossen Teil des Körpers ein und kann dabei auch, wenigstens zum Teil, den M. trapezius bedecken. Es liegt sehr nahe, beim Menschen oberflächlich auftretende, normalerweise aber nicht vorhandene Muskeln auf diese alte, bei ihm jedoch grösstenteils verloren gegangene Säugetiereinrichtung zurückzuführen, und in der Tat sehen wir, dass seit der ersten Beobachtung des M dorsofascialis (von Seite TüRNER's) nur eine Meinung über seine morphologische Be- deutung hervorgetreten ist, nämlich gerade die, dass es sich um ein Rudiment des Panniculus carnosus handle. Nichts desto weniger er- scheint mir diese Frage bei weitem nicht so klar und einfach, wie man nach der bisherigen einstimmigen Beurteilung vielleicht meinen möchte. TURNER selbst spricht eine derartige Auffassung nur als Vermutung ex analogia aus^), ohne dabei diese Auffassung etwa durch Angaben über die Innervation des Muskels, durch spezielle vergleichend-anato- mische Erwägungen oder sonstige Momente zu erhärten, welche ge- eignet wären, die Frage näher zu beleuchten. PERRIN hat sodann nicht nur die TURNER'sche Vermutung schon als bestimmte Ansicht aufgefasst, sondern auch ohne Vorbehalt diese Ansicht akzeptiert und den Muskel kurz als M. dorsofascialis, ein Rudiment des Panniculus ^) Siehe G. Rüge, Die Hautmuskulatur der Monotremen und ihre Beziehun- gen zu dem Marsupial- und Mammarapparate. R. Semon, Zool. Forschungs- reisen in Australien und dem malayischen Archipel. 1895. L. 5, Bd. 2. L. 2, S. 3 u. 7. *) Vgl. Turner, 1. c, S. 117: »The [little muscle, which I have now de- scribed and figured is, I believe, also a rudiment of the panniculus, and from its Position and the direction of its fibres I consider it to be, on the dorsal as- pect, a muscle parallel in its arrangements to the musculus sternalis on the pectoral surface of the trunks*. 10 Festschrift für Palmen. N:o 3. carnosus verzeichnet*) und zwar, ebenso wie TURNER, ohne für die Richtigkeit dieser Auffassung irgend welche spezielle Belege beizubringen. Spätere Autoren, wie TESTUT 2) und LE DOUBLE ^j, führen diese Fälle ebenfalls ohne weiteres als Hautmuskelrudimente an. In neuester Zeit hat RÜGE*), bei Besprechung der u. A. auch schon von TURNER vertretenen Panniculus-Lehre inbezug auf den M. Sternalis, sich dahin ausgesprochen, dass die TURNER'sche Auf- fassung, auch wo es sich um andere oberflächlich gelegene anomale Muskeln beim Menschen handle, wohl begründbar sei. Jedenfalls kann aber diese Lehre noch nicht als inbezug auf den M. dorsofascialis schon wirklich begründet anerkannt werden. Denn da in den beiden einzigen, bisher mitgeteilten Fällen (von TURNER und PERRIN) die Innervationsverhältnisse dieses Muskels gänzlich unbekannt geblieben sind, und da weder TURNER noch irgend jemand von den späteren Vertretern der Panniculus-Lehre versucht hat, dieser Lehre speziell in- bezug auf den M. dorsofascialis eine vergleichend-anatomische oder sonstige Grundlage zu geben, so muss bei unbefangener Betrachtung der Sachlage zugegeben werden, dass diese Lehre, soweit es sich speziell um den hier in Frage stehenden Muskel handelt, einer wissenschaft- lichen Begründung vollständig entbehrt und sich nie über den Wert dessen erhoben hat, was sie bei ihrer ersten Formulierung durch TUR- NER war, nämlich eine auf Analogie gestützte Vermutung. Die Ausdehnung der Panniculus-Lehre auf den M. dorsofascialis setzt voraus, dass dieser Muskel von einem derjenigen Nerven versorgt werde, welche bei den mit einer Hautmuskulatur versehenen Säugetie- ren diese Muskulatur innervieren. Nach der Darstellung RUGE's in der soeben angeführten Arbeit (S. 457) lässt die Hautmuskulatur der Säuge- tiere im wesentlichen zwei Hauptabschnitte erkennen, von denen der ^) Vgl. Perrin, 1. c, S. 241:'>In my note-book I had entered the muscle ander the name of dorsofascialis, a rudiment of the panniculus carnosus.* ^) L. Testut, Les anomalies musculaires chez rhomme. Paris 1884, S. 129. *) A.-F. Le Double, Tratte des variations du Systeme muscuiaire de ihomme. Paris 1897. T. I, S. 103. *) G. RuGE, Der Hautrumpfmuskel der Säugetiere. — Der M. sternalis und der Achselbogen des Menschen. Gegenbaurs Morph- Jahrb. 1905. Bd. 33, S. 464. Gerhard Renvall, Musculus dorsofascialis beim Menschen. 11 eine vom N. facialis, der andere von Zweigen der Nn. thoracales anteri- ores versorgt wird. Um als Hautmuskelrudiment angesprochen werden zu können, müsste demnach der M. dorsofascialis entweder vom N. fa- cialis oder von einem N. thoracalis anterior innerviert werden. In den Mitteilungen über die beiden früher beobachteten Fällen (TURNER, bezw. PERRIN) findet, wie schon bemerkt, die Innervation des Muskels überhaupt keine Berücksichtigung. Auch in meinem Falle ist es leider nicht gelungen, die Innervation in ganz einwandfreier Weise zu ermitteln. Indessen liegt, wie oben beschrieben wurde, hier ein Befund vor, der mit einer nahezu an Gewissheit grenzenden Wahr- scheinlichkeit auf eine Innervation seitens des N. accessorius hinweist. Da nun die Hautmuskulatur oder der Panniculus carnosus der Säuge- tiere im allgemeinen nur vom N. facialis und von Zweigen der Nn. tho- racales anteriores innervierte Bestandteile umfasst, so würde also ein vom N. accessorius innervierter M. dorsofascialis nicht auf die Hautmus- kulatur in diesem Sinne, d. h. bei dieser Begrenzung der letzteren, zu- rückgeführt werden können. Allerdings deutet RÜGE in seiner Abhandlung über die Hautmu- skulatur der Monotremen (S.7U.64) auch eine vom N. accessorius innervierte Portion dieser Muskulatur an. Allein gerade in diesem Punkte erscheint mir RUGE's Darstellung nicht erschöpfend noch deutlich genug, um ein vollständig klares Bild von der Anordnung dieser Accessorius-Haut- muskelportion zu gewähren.^) Es erscheint sogar in gewissem Masse fraglich, ob die betreffende, vom Accessorius innervierte Muskelschicht überhaupt als zur Hautmuskulatur gehörig anzusehen ist, da sie von mehreren Schichten noch oberflächlicher gelegener Muskeln bedeckt zu werden und wohl zum Skelet, nicht aber deutlich zur Haut direkte ') Andere Arbeiten, welche die Muskulatur der Monotremen behandeln, geben über die in Frage stehende Hautmuskelportion gar keine Auskunft; vergl. J. W. Fewkes, Contributions to the myology of Tachyglossa hystrix (Echidna hystrix) Bull, of the Essex Institute. 1877. Bd. 9, S. 111 ; St. G. Mivart, On some Points in the anatomy of Echidna hystrix. Transact. Linnean Soc. London, 1866. Bd. 25, S. 394; Gh. Westling, Anatomische Untersuchungen über Echidna. Bihang Sv. Vet. Akad. Handl. Bd. 15, Afd. 4, N:o 3, S. 8 ; E. Goues, On the My- ology of the Ornithorhynchus. Proceed. and Gommunic Essex Institute. 1871. Bd. 6, P. 3, S. 128. 12 Festschrift für Palmen. No 3. Beziehungen aufzuweisen scheint (vgl. S. 26—28 und 64, Figg. 18, 28, 29). Ausserdem deutet RÜGE auch in dieser Arbeit (S. 7) an, dass eine der- artige Accessoriusportion der Hautmuskulatur bei anderen Säugetieren wenigstens nicht mehr so deutlich zur Entfaltung gelange. Und in RUGE's späterer Arbeit über den Hautrumpfmuskel der Säugetiere wird eine Accesoriusportion dieses Muskels nicht mehr besonders erwähnt. Jedenfalls aber dürfte im Hinblick auf die Innervation des M. dor- sofasciahs, soweit diese bis jetzt als ermittelt gelten kann, sowie darauf, dass beide Enden des Muskels direkt oder indirekt (durch Vermittlung der Trapezius-Ursprungsaponeurose) zum Skelet, nicht aber zur Haut Beziehungen aufweisen, die Ansicht begründet erscheinen, dass der Muskel sich nicht ohne weiteres auf den Panniculus carnosus der Säuge- tiere, so wie diese letztere Bezeichnung allgemein üblich verstanden wird, bezogen werden kann. Nichts desto weniger scheint mir — auch für den Fall, dass die Innervation unseres Muskels seitens des N. accessorius durch künftige Beobachtungen eine Bestätigung erfahren sollte — die reichere Ent- faltung und Ausbreitung der Hautmuskulatur bei niederen Säugetieren, speziell bei den Monotremen, und vor allem die freilich knappen Angaben RUGE's über das Verhalten der Accessorius-Muskulatur dieser Tiergruppe vielleicht doch den Weg anzudeuten, auf dem eine annehmbare Erklärung für das gelegentliche Auftreten unseres Muskels und vielleicht auch ge- wisser anderer, beim Menschen ausnahmsweise vorkommender, ober- flächlicher Muskelvarietäten zu gewinnen sein könnte. Die Entstehung der Hautmuskulatur überhaupt durch Abspaltung von Skeletmuskeln ^) und insbesondere auch die Andeutungen RUGE's über die Beteiligung der Accessorius-Muskulatur an der Bildung der Hautmuskula- tur bei den Monotremen deuten ja auf eine gewisse Neigung seitens vieler oberflächlich gelegener, flächenhaft ausgebreiteter Skeletmuskeln niederer Säugetiere hin, von ihrer Muskelmasse oberflächliche Schichten abzuglie- dern, welche sodann, unter gänzlicher oder teilweiser Aufgabe der ur- sprünglichen Beziehungen zum Skelet und unter Anknüpfung neuer Bezie- hungen teils zu der Haut oder der oberflächlichen Fascie, teils vielleicht ') Vergl. Rüge. Hautmuskulatur der Monotremen. Gerhard Renvall, Musculus dorsofascialis beim Menschen. 13 zu anderen Fascienbildungen, eine geringere oder grössere Selbständig- keit erlangen können. Wenn man sich vorstellt, dass eine derartige Neigung zur Abspal- tung oberflächlicher Muskelschichten aus dem ursprünglichen Verbände flächenhaft ausgebreiteter Muskeln, obwohl beim Menschen im wesent- lichen verloren gegangen und in der Regel nicht mehr hervortretend, doch hin und wieder noch zum Ausdruck kommen könnte, so würde damit gewissermassen ein allgemeiner Gesichtspunkt für die Auffassung mancher gelegentlich auftretender, oberflächlicher Muskelvarietäten gege- ben sein. Der Versuch aber, für den M. dorsofascialis eine spezielle Homologie nachzuweisen, würde — wie mir scheint — auch unter diesen Umständen auf erhebliche Schwierigkeiten stossen, und jeden- falls würde auch die Anwendung des vorhin angedeuteten allgemeinen Gesichtspunktes für diesen Muskel wohl an sehr weit zurückliegende Zustände anzuknüpfen haben, wo auch der kaudale Abschnitt des M. trapezius noch in der besprochenen Weise eine oberflächliche Muskel- schicht abspaltete, wie dies, nach RUGE's Angaben zu schliessen, viel- leicht bei den Monotremen noch der Fall ist. Da nun die betreffenden Accessorius-Muskelpartien der Monotre- men, eben nach RUGE's Darstellung, von verschiedenen Hautmuskel- portionen bedeckt zu sein scheinen, wodurch ihre Zugehörigkeit zur Hautmuskulatur einigermassen fraglich wird, so leitet die obige Erklä- rungsweise eigentlich doch auf reine Skeletmuskulatur, d. h. auf den M. trapezius zurück, was insofern auch mit dem tatsächlichen Befund in meinem Falle gut im Einklang steht, als ja hier, wie schon hervor- gehoben wurde, der M. dorsofascialis an beiden Enden Skeletbeziehun- gen besass. Die Innervation des M. dorsofascialis seitens des N. accessorius als richtig vorausgesetzt, möchte ich also den M. dorsofascialis als Produkt eines rudimentären Wiederauftretens einer ehemals in grösserer Aus- dehnung vorgekommenen Abspaltung oberflächlicher Trapeziusbündel auf- fassen. Dieser Abspaltungsprozess hat sich bei den Monotremen noch in gewisser Ausdehnung erhalten, ist dagegen bei den übrigen Säugetie- ren in der Hauptsache verloren gegangen. 14 Festschrift für Palmen. N:o 3. Nur insofern als ein ähnlicher Abspaltungsprozess seitens anderer Muskels zur Entstehung des Panniculus carnosus geführt hat, bietet der M. dorsofascialis Analogien zur Hautmuskulatur dar. Nur in die- sem Sinne erscheint bei näherer Prüfung die von TURNER vermutungs- weise versuchte und von späteren Autoren akzeptierte Zurückführung des Muskels auf den Panniculus carnosus begründbar, nicht aber im Sinne einer wirklichen Homologie, da sowohl durch die Ursprungs- und Insertionsverhältnisse als auch durch die Innervation unseres Muskels und — wie mir scheint — ebenso durch die Vergleichung mit den oberflächlichen Abspaltungsprodukten des Monotremen-Trape- zius die direkte Ableitung des M. dorsofascialis vom Panniculus ausge- schlossen sein dürfte. — Herrn Prof. Dr. HJALMAR GRÖNROOS spreche ich sowohl für die Überlassung dieses Falles als auch für die mir bei der Bearbeitung desselben erteilten Ratschläge meinen besten Dank aus. FESTSCHRIFT FÜR PALMEN. N:o 4. OBER DIE EMBRYOTROPHE, SPEZIELL BEI ZOARCES VIVIPARÖS CÜV, VON EÜD. KOLSTER. MIT FÜNF TAFELN. HELSINGFORS 1905. über die Embryotrophe speziell bei Zoarces viviparus Cuv. Von JRud. Kolster, Allgemeiner Teil. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte haben im Gebiet der Natur- wissenschaften grosse Umwälzungen herbeigeführt. Durch eine verfeinerte Technik ist es gelungen, vielfach ganz neue Probleme zu ergreifen, oft auch alte in verschiedene Teile zu zerlegen, deren Gesamtergebnisse unerwartet ausgefallen sind. Bearbeitungen neuer Gebiete haben neue Fernsichten eröffnet. Die eine Zeit lang alle Kräfte in Anspruch neh- mende Richtung der Anatomie, durch Studium der Reste ausgestorbener und der verschiedensten noch lebenden Tierformen eine historische Reihe auf und aus einander folgender Organibrmen aufzustellen, tritt mehr zurück. Anstatt eines Erforschens der verschiedenen Formen macht sich ein Streben nach dem Erkennen ihrer Funktionen und der Art, diese zu erfüllen, bemerkbar. Besonders deutlich tritt diese Umwälzung in der Placentarforschung zu Tage. Die Erkenntnis, dass ein grosser Teil früher als hereditär bezeich- neter Krankheiten diese Bezeichnung nicht verdienen, sondern als kon- genital bezeichnet werden müssen, verlangt ein erneutes Studium dieses Gebietes, wobei nicht mehr die Form, sondern die Funktion im Vorder- grunde des Interesses steht. Von den verschiedenen Faktoren, welche während des intraute- rinen Lebens auf den Embryo besonders einwirken und das Entstehen 4 Festschrift für Palmen. N:o i. einer kongenitalen Schwäche befördern können, muss die Zufuhr von Nährstoffen als bedeutsam beachtet werden. Die Erfahrung, dass schwache, mit krankhafter Disposition geborene Kinder durch gün- stige Ernährung gekräftigt werden, während ungünstige Verhältnisse oft bei kräftigen Kindern den Keim zu späteren Krankheiten in- folge der nachträglich erzeugten Schwäche legen, spricht entschie- den dafür, und lässt es sogar als möglich erscheinen, dass manche Fälle der s. g. erblichen Krankheiten auf eine unzweckmässige Embryo- trophebildung von Seiten des kranken, mütterlichen Organismus zurück- zuführen wären. Dass der köperliche Zustand des Embryos durch Än- derung der zu seiner Ernährung verfügbaren mütterlichen Stoffe beeinflusst wird, zeigen die Erfolge einiger Geburtshelfer, welche die Diät der Mut- ter während der Schwangerschaft zielbewusst bestimmt und so klei- nere oder mit weicheren Knochen versehene Früchte und infolgedessen auch erleichterte Geburten erzielt haben. Ehe aber an eine Würdigung pathologischer Verhältnisse auf diesem Gebiet näher herangetreten werden kann, müssen die normalen Vorgänge bei der Bildung der Embryotrophe genau erforscht werden und dieses ist nur durch eine vollkommen neue Durcharbeitung der Placentarbil- dung zu erreichen. Für den Menschen, wo man auf den Zufall ange- wiesen ist, wird die Beschaffung der nötigen Reihe tadellos erhaltener Stadien noch lange ein frommer Wunsch bleiben. Anders dagegen ist es mit den viviparen Tieren. Die immerhin grossen Schwierigkeiten lassen hier sich, wenn auch oft nur durch grosse Opfer, überwinden. Da die anatomischen Verhältnisse hier bei weitem nicht stets gleich kom- pliziert sind, ist ausserdem das Arbeiten erleichtert. Natürlich können die so gewonnenen Resultate nicht direkt auf den Menschen übertragen werden. Die Hoffnung ist aber berechtigt, aus denselben manche Kennt- nisse zu erwerben, welche uns die Deutung der bei dem erreichbaren menschlichen Material beobachteten Vorgänge möglich machen. Die diesbezüglichen Forschungen über die Embryotrophe dürfen sich aber nicht allein auf die Bildung derselben unter Bei hülfe eines pla- centaren Organes beschränken. Bei vielen Tieren, die kein solches Or- gan ausgebildet haben, wird dem Embryo ein reichliches Nährmaterial während des Aufenthaltes im mütterlichen Organimus neben dem vor- Rud. Köhler, Embry atrophe , 5 her beigegebenen Dotier zugeführt. Die dadurch mehr primitiven Ver- hältnisse begünstigen eine Analyse der hier verbrauchten Embryotrophe und lassen uns manche Aufschlüsse erwarten, die prinzipieller Natur sein müssen. Schon aus der Zeit, welche wohl die Anfangsperiode wissenschaft- licher Naturerforschung in unserem Sinne umfasst, stehen uns Mittei- lungen zur Verfügung, welche darauf hinweisen, dass das Problem der Ernährung der Embryonen bei viviparcn Organismen die Aufmerksam- keit fesselte. Sind dieselben auch nicht umfassend genug, um die Gesichts- punkte darzulegen, welche ein Herantreten an dieses Problem bewirk- ten, so ist die einfache Tatsache interessant genug. ARISTOTELES hat sich über diese Frage schon ausgesprochen. Nach seiner Avohl der damaligen Ausdrucksweise gemässcn Äusserung wird der Embryo im intrauterinen Leben von Seiten der Mutter durch eine besondere, aus dem Blute derselben gargekochte Milch ernährt. Diese Milch genügt aber nur für eine gewisse Zeit, während welcher den Brustdrüsen Gelegenheit gelassen wird, sich zu entwickeln, und es sollte die Reife der letzteren mit dem Zeitpunkt zusammenfallen, wo die uterine Milch dem Embryo nicht mehr genüge und infolge dessen sein Ausstossen erfolge. Der richtige Kern dieser Ansicht erhielt sich lange und ging erst verloren, als sich die Auffassung geltend machte, dass bei den unter- suchten Säugern, das mütterliche Blut direkt in den Fötus überginge und dort cirkuliere. Diese noch von HALLER vertretene Ansicht gänzlich beseitigt zu haben, ist ein grosses Verdienst K. E. v. BAER's. Durch Injeklionspräparate von Schwein, Schaf, Hund und von Menschen wies er nach, dass der Kreislauf des Fötus von dem der Mutter getrennt war. Von anderer Seite wird diese Entdeckung auch JOHN HUNTER zu- geschrieben. Das Auffinden der Uterindrüsen war dagegen der ARISTOTELES'schen Ansicht günstiger. Dieselben wurden als Organe aufgefasst, welche die Nahrung des Embryos bereiten und als Sekret abgeben sollten. Über die nähere Beschaffenheit dieser Nahrung war man dagegen im Unge- 6 Festschrift für Palmen. N:o i. wissen. Wir finden Bezeichnungen wie «schleimiges Eiweiss», «Schleim» und «Milch» bei verschiedenen Autoren vor. Von ganz anderen Gesichtspunkten aus wurde ebenfalls die aner- kannt nötige Abgabe von Nährstoffen von Seiten der Mutter noch er- klärt. Diese noch heutzutage in physiologischen Lehrbüchern zu fin- dende Anschauung, wenn überhaupt dem Stoffwechsel des Embryos Beachtung geschenkt wird, zog allein rein physikalische Erscheinungen in Betracht. Eine besondere der Bereitung von Nährstoffen gewidmete Tätigkeit des mütterlichen Fruchtbehälters wairde nicht in Rechnung gezogen. Durch die Nähe begünstigt, findet nach derselben auf osmotischem Wege zwischen mütterlichem und fötalem Blut ein Austausch von Stof- fen statt. Die zum Aufbau des kindlichen Organismus nötigen Stoffe sollen dem mütterlichen Blute entnommen werden, welches als Ersatz die Abfallstoffe des kindlichen Organismus erhielte um dieselben spä- ter auszuscheiden. Wenn es auch nicht bestritten werden kann, dass diese Ansicht Vorgänge berücksichtigt, von deren Allgemeinvorhandensein wir über- zeugt sind, so kann derselben wohl kaum der Vorwurf einer grossen Oberflächlichkeit erspart werden. Schon lange ist ja die Tatsache bekannt, dass zahlreiche vivipare Tiere keine Placenta ausbilden, dass bei vielen derselben die Eihülle frühe untergeht und die Embrj'^onen im Uterus Klumpen bilden, w^elche die Osmose nicht gasförmiger Kör- per erschweren müssen, weil gerade die berücksichtigte «Nähe» ver- schwindet. Aber auch wenn nur placentare Tiere in Betracht gezogen werden, erweist sich die Annahme, dass die Osmose allein genügen könne, unzureichend. Von den einzelnen Stoffen, welche dem Säugetierei zugeführt wer- den müssen, sind nur wenige bisher auf ihrem Wege verfolgbar oder überhaupt bekannt. Zu diesen gehört das Eisen. Wie ich seinerzeit bemerkt habe, ist eine Zufuhr desselben zu dem eisenarmen Ei der Säugetiere eine Notwendigkeil um die Blutkörperchen- bildung bei denselben zu ermöglichen. In gelöster Form tritt aber Eisen nicht im Blutplasma auf, sondern nur an Erytrocyten gebunden, Riid. Köhler, Embryotrophe. 7- aus welchen es dabei in irgendeiner Weise frei gemacht werden muss, ehe eine osmotische Überführung stattfinden kann.']) Eine andere Ansicht findet sich noch in der Litteratur vor. Nach derselben soll die materne Placenta ein drüsiges Organ darstellen, dessen Sekret die Nahrung des Embryo bilde und von der fötalen Placenta auf- genommen werde. Eigentlich nur eine Umschreibung der alten ARISTO- TELES'schen Ansicht in unsere Ausdrucksweise, berücksichtigt dieselbe nicht die placentalosen. viviparen Tiere und kann daher nicht als all- gemeingültig belrachtel werden. Auch lässt sich eine drüsige Natur der maternen Placenta nicht mehr mit unseren heutigen Kenntnissen über die Morphologie derselben vereinigen, wenngleich die resorbierende Tätigkeit der fötalen sichergestellt ist. Aus den vielen Untersuchungen über die Placentation, welche aus- geführt worden sind und welche das Vorhandensein zerfallenden müt- terlichen Gewebes in den Placenten ergaben, hat sich schliesslich eine letzte Ansicht entwickelt. Nach derselben liegt das NährstofFdepot des Embryos in den mütterlichen Gewebeteilen, welche mehr oder weniger unter einer histolytischen Einwirkung von Seiten des Embryo zerstört und darauf aufgenommen werden sollen. Als grundlegend für diese Anschauung muss BONNET's ^) Unter- suchung über die Uterinmilch des Schafes betrachtet werden. Unter dieser Bezeichnung versteht man eine ziemlich reichliche, milchartige Flüssigkeit, die das Schafei im Uterus umgiebt und von welcher teils angenommen war, dass sie zur Ernährung der Frucht diene, teils aber auch, dass sie kadaveröser Natur wäre. Auf ein reichliches und vorzüglich konserviertes Material gestützt, wies BONNET ^) in seiner sorgfältigen Arbeit zuvörderst nach, dass die Uterinmilch des Schafes keine kadaveröse Erscheinung sei, sondern talsächlich als Nahrung für den Embryo abgeschieden würde, da die Bestandteile derselben von den embryonalen Hüllen aufgenommen wer- ') Bonnet, Die Uterinmilch und ihre Bedeutung für die P'rucht. Beiträge zur Biologie. Festschrift für Th. L. W. von BischoJT. Stuttgart. 1882. 8 Festschrift für Palmen. N-o 4. den. In derselben wurde das Vorkommen zahlreicher mütterlicher Leu- cocyten und von aus dem mütterlichen Körper ausgeschiedenem Fett weiter zum ersten Male mit Sicherheit festgestellt. Ausserdem fand BONNET in der Uterinmilch des Schafes zahlreiche Krystalle, s. g. Uterinstäbchen, welche ebenfalls vom Chorioncpithel aufgenommen werden. In derselben Arbeit wird erwähnt, dass in der spärlichen Flüs- sigkeit, welche bei der Kuh zwischen Fruchthüllen und Uterusschleim- haut vorkommt, Leucocyten in verschiedenen Stadien des Zerfalles an- zutreffen sind, dass die Uterinschläuche hier durch Osmium schwärzbares Fett enthalten und dass im Chorion rostfarbene Flecke mit eingelagerten Hämatoidinkrystallen vorhanden sind. Eine andere Arbeit BONNET's ^) brachte weiter den Nachweis, dass beim Schaf infolge Zerfalles von Erytrocyten oft eine Melanose der Schleimhaut des trächtigen Uterus entsteht, welche im Laufe der Träch- tigkeit allmählich wieder schwindet, wobei das Abblassen von den Stel- len ausgeht, wo mütterliches und fötales Epithel sich berühren. Aus den Arbeiten zahlreicher Autoren (STRAHL, DUVAL, HEINRICIÜS u. a. m.) ging hervor, dass während der Placentarbildung ein Teil des Uterus- epitheles untergeht um wohl, bei den Raubtieren wenigstens, vom Fötus aufgenommen zu werden. Von grösserer Bedeutung war jedoch der Nachweis des Vorkom- mens verschiedenartiger, wahrer Placentarhämatome oder freier Bluter- güsse in den Placenten, welchen wir LiEBERKÜHN, STRAHL, HEINRICIÜS, TAFFANI, DUVAL, u. a. m. verdanken. Auf die ganze Reihe Einzelbeobachtungen einzugehen ist wohl kaum zweckentsprechend und würde zu weit führen. Ich will mich daher auf die Wiedergabe der Zusammenfassung der bisherigen Beobach- tungen beschränken, welche STRAHL^) gegeben hat und welche den Zeitraum umfasst, in welchem die E)mbryotrophebildung nur neben- sächliche Beachtung fand. 0 Bonnet, Melanose der Uterusschleimhaul etc. Dculsche Zeitschrilt für Thierheilkunde und ver{«l. Pathologie. Bd. VL *) Steahl, Die Embryonalhüllen der Säuger und die Placenta. In Hand- buch der vergleichenden und experimentellen Entvvickelungsgeschichle der Wir- beltiere von O. Hertwig. Jena. 1902. Rud Kohler, Rmhryolrophe. 9 cFür den Fötus verwerthbare Slotl'e können geliefert werden : 1. als lymphoides Transsudat; 2. als Sekret entweder des Oberflächenepithels im Uterus (oder Eileiter) oder der Uterindrüsen: 3. Durch Zerfall mütterlichen Gewebes, und zwar solchen von a) durchgewanderten Lymphzellen, b) Epithelzellen, c) Bindesubstanz ; 4. durch Exstravasierung mütterlichen Blutes; 5. durch Osmose und Diffusion aus mütterlichen Blutgefässen», Diese STRAHL's Zusammenstellung berücksichtigt noch nicht meine ungefähr gleichzeitig erschienene Arbeit ^) über die Embryotrophenbil- dung bei der Stute. Die Wahl dieses Tieres zum Ausgangspunkt einer direkt auf das Entstehen der Embryotrophe gerichteten Untersuchung, welche ich auf Anregung von Prof. BONNET begann, fand ihren Grund darin, dass möglichst übersehbare Verhältnisse in der Placentarorgani- sation wünschenswert und gerade bei diesem indeciduaten Tier anzu- treffen wären. Meine Untersuchung ergab, dass schon vor der ersten Brunst bei der Stute Vorgänge einsetzen, welche nach erfolgter Begattung sich wei- ter entwickeln und den Zweck haben, für den Fötus Nährstoffe zu be- reiten. Eine andere Beihe Veränderungen steht mehr direkt in Ver- bindung mit der eigentlichen Placentabildung. Hierher gehört die allmähliche Anhäufung zahlreicher Zellen zu einer subepithelialen Schicht, welche als Baumaterial für die späteren placentaren Nischensysteme bestimmt ist. Die erst kurz vor dem ersten Rossigwerden beginnende Ausbil- dung der uterinen Schläuche setzt sich während der Trächtigkeit fort, und führt durch excessives Längenwachstum zu Einstülpungen und Abschnürungen der nicht mehr Platz findenden grossen Massen epitheli- aler Gebilde, an welchen Abschnürungen sich ebenfalls bindegewe- bige Elemente der uterinen Mucosa beteiligen. Diese ins Innere der uterinen Schläuche geratenen Gewebsmassen zerfallen hier zu einem ') KoLSTER, Über die Embryotrophe placentarer Säuger mit besonderer Berücksichtigung der Stute. A. H. Heft LL\. 190L 10 Festschrift für Palmen. N:o 4. Symplasma glanduläre und conjunctivum, welches zusammen mit dem Sekret der erhalten gebliebenen Schlauchteile zur Oberfläche be- fördert und darauf vom Chorion aufgenommen wird. Ausserdem erweitern sich die Lymphräumc der Mucosa enorm zu Beginn der Trächtigkeit und erleichtern dadurch die Ausschwemmung gewisser Stoffe durch die reichliche Transsudation. Hierher gehören die Zerfallsprodukte zahlreicher submucöser Blutungen, welche von Leu- cocyten aufgenommen werden und in so grossen Mengen zeitweise vor- handen sind, dass eine kontinuierliche Schicht pigmentierter Leucocyten unterhalb des Oberflächenepithels auftritt. Die ganze Trächtigkeit hin- durch wandern aber auch grosse Mengen unpigmentierter Leucocyten durch das Oberflächenepithel aus. Schliesslich geben die mütterlichen plasmatischen Flüssigkeiten noch reichlich Fett ab, welches durch Vermittelung des Oberflächen- und Schlauchepithels der Embryotrophe beigemischt wird. So weit unsere bisherigen technischen Hilfsmittel den Nachweis erlauben, gelang es auch die Aufnahme dieser Bestandteile mütter- lichen Gewebes in die fötalen Eihüllen zu konstatieren. In einer zweiten Arbeit^), welche sich ebenfalls mit der Embryo- trophenbildung bei Indeciduaten befasste und sich auf vollständige Serien aller nötigen Stadien bei Rind, Schwein, Schaf und einzelne Stadien von Reh und Hirsch stützte, wies ich nach, dass hier ganz dieselben Vorgänge stattfinden, wenn auch im Einzelfalle Va- riationen auftreten. Speziell will ich hervorheben, dass dort wo die Verbindung zwischen mütterlichen und fötalen Eihüllen nur locker ist, d. h. beim Vorhandensein einer Placenta diffusa (Stute und Schwein), nur submucöse Blutungen auftreten, deren Zerfallsprodukte mit Hülfe auswandernder Leucocyten dem Fötus übermittelt werden. Ist die Ver- bindung zwischen Fötus und Mutter fester, wie bei den übrigen unter- suchten Indeciduaten, die eine Semiplacenta multiplex besitzen, so kommt es aber auch zu freien Blutungen, welche direkt von den Cho- rionzotten verarbeitet werden. ') KOLSTER. Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe bei Indeciduaten. A. H. Bd. XX. 1902. Rud. Kolslcr, Embryotrophe- 11 Gleichzeitig erschien eine Bearbeitung der Placenta zonaria des Hundes von BONNET*). Diese zeichnet sich durch grosse Hämatome aus, welche unter der Bezeichnung «grüner Saum», schon früher Inte- resse erregt hatten. Diese Arbeit liefert den Nachweis, dass nicht nur durch Drüseninvagination glanduläres Symplasma als Nährstoff für den Fötus hergestellt wird, sondern dass ausserdem noch unter Einwirkung der vorhandenen Stase und des Ödems, grosse Massen mütterlichen Epi- thels und Bindegewebe in Symplasma umgewandelt werden, welches von dem mit histolytischen Eigenschaften versehenen Chorionepithel aufgenommen wird. In dem grünen Saum und den anderen Hämato- men stehen dem Fötus ausserdem die Bestandteile des mütterlichen Blu- tes, besonders Erytrocyten, reichlich zur Verfügung. Auch mütterliches Fett wird vom Embryo verbraucht. In einer weiteren Arbeit^) habe ich noch die Bildung der Embryo- trophe an einer diskoidalen Placenta mit Decidua capsularis (Maus) untersucht. Hier trat die Beteiligung der uterinen Schläuche vollstän- dig zurück. Dagegen hat das mütterliche Blut eine viel grössere Bedeu- tung erlangt, indem dasselbe nach Untergang des uterinen Epithels eine förmliche Blutlache um das Ei bildet. Die vor der Befruchtung eben- falls vorhandene, zellreiche subepitheliale Schicht wandelt sich allmäh- lich in eine Anhäufung von Zellenriesen um, welche das Ei allseitig umgeben. Durch Zerfall derselben werden immer weitere Bezirke der mütterlichen Blutgefässe einerseits eröffnet, andererseits aber ein Sym- plasma gebildet, das vom Chorion neben Blutbestandteilcn aufgenommen wird. Vor dem Zerfall beladen sich diese Zellenriesen mit Fett und teilweise auch mit Hämoglobinschollen, welche Bestandteile ebenfalls dem Fötus zu Gute kommen. Diese Resultate fanden in der von REJSEK ^) ausgeführten Unter- suchung eines anderen Nagers, Spermophilus citrillus, so weit einschlä- gige Verhältnisse geprüft wurden, bald darauf eine volle Bestätigung. ' Bonnet, Beiträge zur Embryologie des Hundes. Zweite Fortsetzung. A. H. Bd. XX. 1902. *) KOLSTER, Zur Kenntnis der Eml>ryotrophe beim N'orhandensein einer Decidua capsularis. A. H. Heft. LXVIU. 1903. ') Rejsek, Anheftung des Säugetiereies an die Uteruswand, insbesondere des Eies von Spermophilus citrillus. Arch. f. niikr. Anatomie. Bd. 63. 1903. 12 Festschrift für Palmen. N-o 4. Eine Anzahl Arbeiten, welche sich weniger mit den mikro-anato- mischen als physiologisch-chemischen Vorgängen abgeben, übergehe ich hier. Ganz fehlen uns heute, trotz der vielen zu überwindenden Schwie- rigkeiten, nicht mehr Kenntnisse über die Embryotrophe der mensch- lichen Placenta. Dass hier den eben angeführten, gleichzustellende Vor- gänge stattfinden, hat BONNET ^) bei Untersuchung einer wohl erhal- tenen 14 — 18 Tage alten Fruchtblase zeigen können. Die Aufnahme von mütterlichen Erytrocyten, wie von Fett und Glycogen Hess sich hier nachweisen. Ebenso dass durch Zerfall mütter- lichen Gewebes grosse Symplasmamassen verschiedensten Ursprunges gebildet werden, welche einer lösenden Einwirkung des Chorionepithels unterliegen und von demselben resorbiert werden. Auch WALLGREN^) hat bei seinem vorzüglichen Material von menschlichen Tubenschwangerschaften gleichartige Beobachtungen ge- macht. HOFBAUER ^) hat ebenfalls gefunden, dass mütterliche Erytrocyten und zerfallendes mütterliches Schleimhautgewebe ebenso wie das Blut- fett von Seiten des Fötus aufgenommen werden. Bei den grossen Formverschiedenheiten, welche die Placenten der Säuger aufweisen, ist es als sicher hinzustellen, dass spätere Untersuchun- gen uns noch viele Variationen in der Embryotrophenbildung kennen lehren werden. Die Tatsache selber, dass hierzu mütterliches Gewebe unter Zerfall verwendet wird, dass dem Chorion neben einer histoly- tischen auch eine resorbierende Tätigkeit zuzuschreiben ist, muss aber als bewiesen schon jetzt anerkannt werden. Den rein osmotischen Vorgängen kann nur ein sehr begrenzter Anteil bei der Ernährung der Embryonen zuerkannt werden. ') BONNET, Über Sj^ncytien, Plasmodien und Symplasma in der Placenta der Säugetiere und des Menschen. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynaek. Bd. 28. ^) Wallgeen, Zur mikroskopischen Anatomie der Tubenschwangerschaft beim Menschen. A. H. Heft. 82. 1905. ') Hofbauer, Bau und Funktion der Resorptionsorgane in der menschlichen Placenta. Verhdl. d. Anat. Ges. Jena 1904, Riid. Kolsler, Embryotrophe. 13 Die wichtigsten Bestandteile der Embryotrophe placentarer Säuger sind. 1:0. Ij'mphoides Transsudat: 2:o. ausgewanderte Leucocyten: 3:o. Erytrocyten und deren Zerfallsprodukte: 4:o. ausgeschiedenes Fett: 5:o. Drüsensekrete: 6:0. abgelöste Epithelien oder aus denselben entstandene Sym- plasmamassen: 7:o. Symplasmen aus Bindegewebe. Weit geringer sind im Ganzen unsere Kenntnisse über die bei der Embryotrophenbildung stattfindenden Vorgänge bei lebendig gebären- den niederen Wirbeltieren. Und doch bieten dieselben so viele Verschie- denheiten unter einander dar, dass gerade hier durch Vergleich die prinzipiellen Faktoren zu erschliessen sein müssen. Dieses um so leichter, als zwischen nahestehenden Verwandten grosse Unterschiede vorhanden sind, wie sie bei experimentellen Forschungen nur selten einander ge- genüber gestellt werden können. Wir finden hier Arten, welche ihre entwickelten Larven noch in der ursprünglichen Eihaut eingeschlossen gebären und aus welchen sie sich erst nach der Ausstossung befreien, andere befreien sich schon früh innerhalb der Fruchthalter von den Eihäuten und können sogar eine sonst im Freien durchzumachende Metamorphose am selben Ort erledigen. Bei wenigen anderen findet sich sogar ein vollständiges, die Ernährung vermittelndes placentares Organ. Aber mit diesen Varianten sind die hierhergehörenden noch lange nicht erschöpft. Bei einzelnen Tieren, welche eigentlich ovovivipar sind, finden sich entweder schon von vornherein Bruttaschen verschiedenster Form, in welche die abgelegten Eier gelangen um sich zu entwickeln, oder bilden sich solche um die auf die Körperoberfläche ausgestrichenen Eier aus, so dass die Eier in je einer Zelle zu liegen kommen, in welcher eben- falls die bei nahestehenden Arten im Freien durchgemachte Metamor- phose abläuft. 14 Festschrift für Palmen. N:o A. Aus den zerstreuten und oft nur schwer zu erlangenden, meistens auch die vorliegende Frage nebensächlich streifenden Arbeiten, will ich Folgendes anführen um unsere jetzigen Kenntnisse zu charakterisieren. Über dem vollkommen lebendig gebärenden Saurier Seps chalcides (CUV.) BONAP. berichtet GIACOMINI M, dass die Eier nur einen sehr geringen Gehalt an assimilierbaren Stoffen besitzen und dass sich daher zu einer gewissen Zeit Beziehungen zwischen der Innenseite der Wände der Brutkammer und der Aussenseite der Annexe des Eies ausbilden. Die Zufuhr von Nährstoffen geschieht durch Osmose und Sekretion »denn die Elemente, welche die mütterlichen Villositäten überziehen, nehmen das Aussehen von Drüsenelementen an.» Noch am besten sind wir über Salamandra atra Laur. unter- richtet. Diese Art bewahrt ihre Jungen innerhalb des mütterlichen Organismus bis die Metamorphose durchlaufen ist, während die nah- verwandte Salamandra maculosa LAUR. ihre lebendigen Jungen, als Larven, innerhalb der bald gesprengten Eihaut ablegt, worauf die Meta- morphose ausserhalb des mütterlichen Körpers verläuft. Nach WlEDERS- HEIM's ^) Bestätigung der älteren SCHREIBERschen Angabe entwickeln sich von den 40 — 60 Eiern, welche jederseits in den Eileiter eintreten, für gewöhnlich nur diejenigen, welche der äusseren GeschlechtsöfF- nung am nächsten liegen. Ausnahmsweise können im Ganzen 3 odei 4 zur Entwickelung gelangen. Die übrigen Eier zerfallen zu einem Brei, welcher von den sich ausbildenden Embryonen aufgenommen wird, nachdem diese ihren eigenen Dotter verbraucht haben. Diesem Brei mischen sich allmählich andere, mütterliche Gewebsbe- standteile bei. Zahlreiche Leucocyten wandern durch das Epithel in denselben ein. In der Submucosa treten Blutungen auf. Die Erytrocy- len zerfallen und bilden mit Leucocyten so zahlreiche und grosse An- häufungen, dass die Mucosa förmlich gesprengt wird, wobei das Ober- flächenepithel in Massen abschilfert. Schliesslich geht ein grosser Teil der Schleimhaut in den Nährbrei auf. Dabei transsudiert natürlich auch reichlich Lymphe in denselben über. ') GiACOMiNi, Über die Entwickelung von Seps chalcides. Au. An. Bd. VI. 1891. '') WiEDERSHEiM, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte von Salamandra alra. Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. 3H. 1889. lind. Kolster, Embryolrophe. 15 Bei Salaniandra maculosa hatte schon STÜVE i) das Durchwan- dern von Erytrocyten beobachtet und die Vermutung ausgesprochen, dass diese zur Ernährung des Embryo dienten. Diese Beobachtung bestätigt WIEDERSHEIM mit dem kurzen Zusatz, dass auch hier Verän- derungen in der Mucosa anzutreffen wären, welche demselben Zweck entsprächen. Nach eigenen noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen will ich hinzufügen, dass Symplasmamassen oftmals der erhaltenen Eihaut anliegend gefunden werden. Bei beiden Arten sollen die Erytrocyten als Sauerstoffträger von besonderer Bedeutung sein. Durch Untersuchung des Magendarm traktus erbringt WIEDERSHEIM auch den Beweis dafür, dass der beschriebene Brei wirklich als Nahrung von den Embryonen von Salaniandra atra verbraucht wird. Die mir bekannten Arbeiten über die Entwickelungsgeschichte der V^abenkröte enthalten keine Angaben über die Art und Weise, in welcher dem Embryo in den Eikammern der Rückenhaut Nährmaterial zuge- führt wird. Da hier die Metamorphose durchgemacht wird, müssen sicher nicht geringe Mengen verbraucht werden. Ebenso fehlen uns von denjenigen Fischen, welche eine Placenta besitzen, alle genaueren Angaben, und nicht viel reichlicher fliessen die Quellen über die übrigen Fische. Meistens wird die Flüssigkeit, welche die Embryonen umgiebt, einfach als ein Transsudat und Sekret des Ovidukts oder Uterus dargestellt. Wo aber die eigentliche Eientwicke- lung innerhalb der EifoUikel verläuft, wie z. B. DUVERNOY ^j es für Poe- cilia surinamensis VAL. beschreibt, ist an ein Sekret nicht gut zu denken . Für die Dotterarmen Eier von Cijmatogaster aggregaliis, welche innerhalb des Follikels befruchtet werden, sich aber frei liegend weiter entwickeln und dabei sehr früh ihre Eihaut verlieren, giebt Eigenmann ^) an, dass eine Zufuhr von Nährstoffen aus dem Ovarial- ') Stüve, Beitrag zur Kenntnis des Baues der Eileiterdrnsen bei den Amphibien. Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. 34. 1889. ■■') DuvERNOY, Observations pour servir ä la connaissance du d^veloppement de la Poecilie de Surinam. Ann. d. Sc. nat. III. S. T. 1, 1844. •^) Eigenmann, On the viviparous Fishes of the Pacific Coast of Nortli America. Bull. U. S. Fish. Comm. V. 12. ref. n. zool. .Jahrbücher. 1884. 16 Festschrift für Palmen. N:o i. epithel stattfände, welches Veränderungen zeigt, die nur als sekreto- rischer Natur aufgefasst werden können. Stuhlmann's ^) Angaben über die Ernährung der Embryonen bei Zoarces viviparus CUV. sind viel genauer. Er beobachtete Leuco- cyten und Erytrocyten in der Ovarialflüssigkeit und fand, dass dieselben von den Embryonen verschluckt wurden. Eine vor kurzem erschienene Arbeit von BRINKMANN ^) enthält eine Reihe von Notizen über die Ernährung der Embryonen einiger lebendige Junge gebärender Haie und Rochen. Die eigentlich dem Baue der Uterusmucosa gewidmete Arbeit berührt verschiedene Arten, von welchen aber oft nur wenige Stadien verfügbar waren. Ebenso ist der Ovarialflüssigkeit selber leider nur selten Aufmerksamkeit gewid- met worden. Immerhin findet sich manches von Bedeutung. So hat BRINKMANN den Nachweis führen können, dass bei Acan- thias vulgaris und Torpedo marmorata und T. ocellata, ähnlich wie ich es bei Indeciduaten gefunden habe, der Uterus im Anfang der ersten Trächtigkeit den Bau der Schleimhaut ändert, um für die Ernährung der Embryonen günstigere Verhältnisse zu schaffen. So wird bei Acanthias vulgaris um die Zeit, wo die Embryo- nen ihre gemeinsame Kapsel verlassen, durch massenhaft einwandernde Leucocyten das dicke, mehrschichtige Epithel abgelöst. Es bleibt ein einschichtiges, das stark entwickelte Capillarnetz allein bedeckendes zurück, wodurch natürlich die Diffusion von lymphoider Flüssigkeit erleichtert wird. Als einschichtig bleibt das Uterusepithel von der ersten Trächtigkeit an bestehen. Bei Torpedo tritt zu Anfang der ersten Trächtigkeil eine Verände- rung auf, welche, wie die Ausbildung der uterincn Schläuche bei Säugern, zunächst eine Vergrösserung der sekretorischen Oberfläche bewirkt. Hier bilden sich in die Tiefe der Schleimhaut einwachsende Epithelsprossen aus, welche später in der Mitte aus einander gesprengt werden und ') STUHLMANN, Zur Kenntnis des Ovariume der Aalmutter. Abb. aus d. Geb. d. Naturwisaenechaften. Bd. X. 1887. 2) Brinkmann, Histolojjrie, Histogenese und Bedeutung der Mucosa uteri einiger viviparer Haie und Rochen. Mitteilungen aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. 15. 1903. Riid. Kolster, Embry atrophe. 17 dann ein Epithel bilden, welches mit dem der ursprünglichen Oberfläche übereinstimmt. Dieses Epithel vermittelt später die Fettzufuhr zur Ova- rialflüssigkeit, welche ausserdem mucin haltiges Sekret in Menge erhält. Die Fettbildung des Epithels hört bei einer gewissen Grösse der Embry- onen auf. Für Trygon violacea wird angeführt, dass hier der Fettransport zur Ovarialflüssigkeit durch mütterliche Leucocyten vermittelt wird und dass dieser Flüssigkeit sich ablösende Drüsenepithelien beimischen. Ausser- dem empfängt diese reichlich Sekret von Papillendrüsen her. Ähnliches findet auch bei Myliobatis aquilla statt. Die einzige der Arbeil beigefügte Abbildung von den morphologischen Bestandteilen der Ovarialflüssigkeit stammt von dieser Spezies und zeigt einen Bestand von verschiedenartigen Zellelementen. Bei Heptanchus cinereus soll die Embryotrophe aus abgeschiedenem schleimigen Sekret, Resten abgelöster Epithelzellen und ausgewanderten Leucocyten nebst Transsudat lymphoi- der Natur gebildet werden. Mustelus laevis besitzt in der hinteren Uterus- wand ein eigenes drüsiges Organ, dessen Sekret für die Nährflüssigkeit bestimmt ist. Bemerkenswert sind weiter die Angaben über Centrophoriis granu- losus. Hier finden sich »Hohlräume im Bindegewebe zwischen Epithel und Capillaren mit Haufen von Leucocyten; an einigen Stellen spren- gen diese Ansammlungen das Epithel der Oberfläche und werden in das Lumen befördert, vielleicht als Bestandteil der Nährflüssigheit, worin der Embryo liegt». Zum Schluss w^eist BRINKMANN auf die Übereinstimmung, welche zwischen seinen Beobachtungen und der von BONNET und mir damals allein vorliegenden vorläufigen Mitteilung ^) über die oben referierten Untersuchungen herscht, hin. Über die Ernährungsvorgänge bei Eiern, welche nach ihrer Abgabe in Brultaschen gelangen und sich dort entwickeln, geben die Arbeiten von HUOT-) und COHN 3) einigen Aufschuss. Ersterer hat Syngnathus *) Bonnet u. Kolster, Bemerkungen über die vergleichende Histologie der Pla- centa und die Embryotrophe der Säugetiere. Verhdl. d. Anat. Ges. Halle 1902. ') HuoT, Recherches 8ur les poissons lophobranches. Annales d. Sc. natur. T. 14. 1902. *) COHN, Ueber die Bruttasche von Syngnathus. An. An. Bd. 24. 1903. 18 Festschrift für Palmen. N:o 4, dumerilii, letzterer Syngnathus typhle untersucht. Nach beiden dient hier die Bruttasche, welche das Männchen trägt, nicht nur zum Schutze, sondern auch der Ernährung. Dieselbe wird durch Abgabe von Serum vermittelt, welches HUOT als einfaches Transsudat auffasst, während COHN die Angabe macht, dass diese Flüssigkeit als Sekret des Bruttaschen- epithels betrachtet werden müsse, welches durch feine, spitze Ausläufer, welche in die Poren der Zona radiata des Eies eindringen, direkt ins Eiinnere ausgeschieden würde. COHN beschreibt weiter noch Drüsen der Bruttaschenwand, welche Nährflüssigkeit ausscheiden und welche ebenfalls durch die Zona radiata ins Ei dringt. Für die Embryonen niederer, viviparer Wirbeltiere stehen nach dem hier erwähnten also folgende verschiedene Nährquellen entweder zugleich oder nur teilweise zu Gebote: l:o. lymphoides Transudat, 2:o. Drüsensekrete, 3:o. Abgelöste Epithelien, 4:o. Leucocyten und Erytrocyten, 5:o. zerfallende, sich nicht entwickelnde Eier, 6:0. zerfallende bindegewebige Teile der Mucosa. Wenn, wie die eben gegebene Zusammenstellung ja zeigt, es als bewiesen betrachtet werden muss, dass auch bei den niederen viviparen Wirbeltieren eigenartige morphologisch erkennbare Vorgänge bei der Ernährung der Embryonen vorkommen, so sind die bekannten Tatsachen, vielleicht mit Ausnahme von Salamandra atra, noch für kein Tier in der Vollständigkeit klar gelegt, dass sie in ihren Einzelheiten übersehbar wären. Eine erneute Bearbeitung derselben, speziell von diesem Gesichts- punkt aus erscheint daher notwendig. Leider sind meine Bemühungen, mir das hierfür nötige, eine Menge aufeinander folgende Entwicke- lungsstadien umfassende Material zu verschaffen bisher nur für Zoarces vwiparus CUV. mit Erfolg gekrönt worden, über welche Art ich im folgenden Teil ausführlicher berichten werde. Hiid. Kolster, Hmbryolrophe. 19 Spezieller Teil. Die Paarung von Zoarces viviparus ist zweimal im zoologischen (iarten zu Frankfurt am Main beobachtet worden und zwar von beiden Beobachtern im März. Rathke^) verlegt dieselbe für frei lebende Tiere der Königsberger Gegend zu Anfang September. Nehmen wir nicht die Möglichkeit eines langen Aufenthaltes der Spermatozoen im Ovarial- schlauch an, so stimmen Rathke's Angaben mit meinen Beobachtungen in dieser Beziehung ziemlich gut überein. Ende Juli und Anfang August enthalten die Ovarien noch inner- halb der Follikel sitzende Eier, welche der Kernbeschaffenheit nach noch ziemlich weit von der Reife entfernt sind. Die frühesten Fänge, welche mir Ovarialschläuche mit freien sich entwickelnden Eiern ergaben, habe ich ebenfalls im ersten Teil des Septembers erhalten. Die Ent- wicklung innerhalb der Eihaut soll ungefar drei Wochen dauern, nach welcher Zeit die Embryonen nach Rathke diese Haut sprengen und ihre weitere Entwickelung, frei im Ovarialschlauch liegend, durch- machen. Ob die Zeit, welche innerhalb der heilen Eihaut zugebracht wird, ganz so kurz ist, kann ich nach eigenen Beobachtungen nicht bestätigen, möchte sie aber auch nicht viel länger ansetzen. Bis zum 5. Oktober enthielt mein Material noch stets ungesprengte Eischalen. Dagegen lagen alle Embryonen von diesem Tage an frei im Ovarial- schlauch. Zu dieser Zeit besitzen dieselben einen äusserlich deutlich erkennbaren Dottersack (Fig. 1), von welchem noch Ende Oktober mikro- skopisch einige Reste nachweisbar sind. An Fängen vom 11. November an habe ich Dottersackreste nicht mehr auffinden können. Die ersten entleerten Ovarialschläuche, welche ich erhalten habe, stamm- ten vom Anfang Januar. Dieser Termin ist aber nicht genau der Geburts- zeit gleichzustellen. Schon am 21. Dezember hatte ich im Laboratorium Gelegenheit ein spontanes Ausstossen von reifen Jungen zu beobachten, welcher Geburtsakt aller Wahrscheinlichkeit nach schon im Freien vor *) Rathke, Bildungs und Entwickelungs-Geschichte des Blenniiis viviparus oder des Schleimfischee. Abhandlungen zur Bildungs- und Entwiokelungsgeechichte des Menschen und der Tiere. I^eipzig 1832. 20 Festschrift für Palmen. N-o '4. dem am Morgen erfolgten Fange eingesetzt hatte, wenn nach der Grösse des Muttertieres und den wenigen noch vorhandenen Jungen geurteilt werden darf, und noch am darauf folgenden 12. Januar habe ich ein Zoarces- Weibchen erhalten, dessen Ovarialschlauch so stark von der Menge inneliegender Embryonen gedehnt war, dass eine vorher schon begonnene Entleerung unw^ahrschemlich scheint. Was die Geburt anbetrifft, so scheint dieselbe keinen besonderen Gesetzen zu unterliegen. Sowohl Kopf- wie Steisslagen habe ich beobach- tet und gar nicht selten waren Querlagen, d. h. ein Ausstossen zusam- mengebogener Embryonen. Die einzelne Geburt geht sehr schnell von statten, aber zwischen den einzelnen sind Pausen von 20 Minuten nicht selten, so dass die vollständige Entleerung lange Zeit in Anspruch nimmt, da bekanntlich die Anzahl der Jungen bei multiparen Tieren sehr beträchtlich ist. Selber habe ich ein Mal 105 gezählt. Schon sehr früh können die Embryonen sich, wenigstens eine Zeit lang, im Freien bewegen. Noch mit Dottersack ausgerüstet schwim- men sie in Wasser übergeführt sofort umher. Ob solche Frühgeburten aber lebensfähig sind, ist wohl fraglich. Die Grösse der reifen Jungen ist aus Fig. 2 zu ersehen, welche ein im Laboratorium geborenes Exemplar in natürlicher Grösse wieder- giebt. Dieselbe kann unmöglich allein auf Kosten des Dotters erreicht werden, sondern nur unter Inanspruchnahme anderer Nährstoflfquellen. Sehr häufig scheinen pathologische Vorgänge während der Trächtig- keit an den Embryonen aufzutreten. Es ist nichts ungewöhnliches, einzelne oder mehrere, verklumpte und verkalkte Embryonen zwischen normal entwickelten, lebenden anzutreffen. Ein solcher Verkalkungs- prozess kann aber unter Umständen auch die ganze Masse ergreifen, welche dann einen unregelmässig geformten, steinharten Klumpen bildet. Inwiefern derartige Lithopädien auf spätere Trächtigkeiten einwirken, lässt sich aus meinen Beobachtungen nicht genau entscheiden. In einigen Fällen scheint eine erneute Eibildung durch die Anwesenheit derselben im Ovarialschlauch verhindert worden zu sein. Umgeben sind die- selben stets von einer krümeligen, braungelb gefärbten, strukturlosen Masse. Und. Kolster, Hmhrylrophe. 21 Das bei vorliegender Untersuchung über die Embryotrophe bei Zoarces verarbeitete Material ist im Laufe der lezten 2 Jahre gesam- melt und mit wenigen Ausnahmen von mir selber fixiert worden. Durch die Liebenswürdigkeit des Fischereiinspektors Mag. phil. J. SAND- MAN habe ich ausserdem einige von ihm konservierte Exemplare erhalten, für welche ich auch hier meinen Dank aussprechen möchte. Die Fixierung ist stets lebensfrisch erfolgt und zwar in folgenden Flüssigkeiten, welche sich nach längerem Herumprobieren als die geeig- netsten und alle Zwecke ermöglichenden herausstellten: ZENKER'sche Lösung, 4 % Formaldehydlösung und FLEMMING's Chrom-Osmium- Essigsäure. Besonders günstig erwies sich ZENKER'sche Flüssigkeit infolge ihres schnellen Eindringens selbst in grössere, uneröffnete Ovarien und weil ein längeres Verweilen in derselben weder die Schneidbarkeit noch Färbbarkeit herabsetzt. Das Formalin wurde deswegen in Anwendung gezogen, weil es noch später den mikroskopischen Fettnach- weis durch Nachosmierung oder Scharlachrot ermöglicht und so eine allumfassende Untersuchung aller selteneren Stadien zuliess. Für die Untersuchung der zwischen den Embryonen vorhande- nen Flüssigkeiten, der eigentlichen Embryotrophe, habe ich mich der bei klinischen Blut- und Transsudatuntersuchungen gebräuchlichen Ausstrich- präparate bedient. Mit einer feinen Pipette wurde die Ovarialflüssigkeit dem Ovarialschlauche entnommen und sodann auf fertig gestellte Objekt- träger verteilt. Diese wurden darauf in bekannter Weise zu Trocken- präparaten durch Erwärmen verarbeitet, oder nach leichtem Antrocknen teils Osmiumdämpfen, teils Joddämpfen ausgesetzt, oder auch in eine der erwähnten Fixierungstlüssigkeiten übertragen. Die späteren Färbungen w^urden mit Hämatoxylin-eosin oder einem der EHRLiCH'schen Gemische ausgeführt, osmierte dagegen mit Saffranin behandelt. Da mein reichliches Material es mir erlaubte, habe ich nicht nur die Ovarialschlauche, die Embryonen und die Ovarialflüssigkeit jede für sich fixiert, sondern ausserdem noch in den meisten Fällen uner- öffnete Schläuche in die genannten Fixierungsflüssigkeiten gebracht. Die Einbettung geschah stets in Paraffin, wobei sowohl das von Brinkmann ^) oefürwortete längere Liegenlassen in der Durchtränkungs- ') Brinkmann, 1. c. 22 Festschrift für Palmen. N:o 'i. masse, wie das von mir früher vorgeschlagene Einbetten unter der Luftpumpe ^) in Anwendung kam. Wenn auch bei Geweben so ver- schiedener Art, wie sie ein uneröffneter Ovarialschlauch von Zoarces enthält, und beim Vorhandensein so grosser Lymphräume wie hier, die letztere Methode vorzuziehen ist, so giebt doch auch jene sehr gute Resultate. Schwierigkeiten bereitet eigentlich nur das Vorhandensein grösserer Dottermengen, wie wir sie in den sich der Reife nähernden Eiern und den ersten Stadien der Embryonalentwickelung antreffen. Dieselben lassen sich aber oft vollkommen beseitigen, wenn die Eier nach der Entwässerung für längere Zeit (Wochen) im Cedernöl gebracht und dann direkt oder nach Entfernung des Öles mit Chloroform einge- bettet werden. Ganz sicher geht man, wenn jeder Schnitt durch Bepinse- lung des Blockes mit Celloidinlösung ein besonderes zusammenhaltendes Häutchen erhält. Zur Schnittfärbung sind besonders folgende zwei Methoden in Anwendung gekommen: l:o Hämatoxylin und Eosin; 2:o Saffranin und AnilinMau. Zu ersterer wurde stets je 24-stündige Einwirkung der beiden äusserst stark verdünnten Lösungen gewählt. Die in dieser Weise erzielbaren Differenzierungen sind rein und scharf. Die zweite wurde durch 24-stündige Färbung in BABES'scher Saffraninlösung und direktem Übertragen in 0,20 '"o wässerige Anilinblaulösung, bis eben noch ein rötlicher Schimmer an den blauen Schnitten haftete, ausge- führt. Für osmierte Präparate kam Saffranin allein zur Verwendung. Zur Kontrolle des Fettnachweises sind mit Scharlachrot gefärbte Gefrierschnitte verwandt vorden. Die übrigen benutzten Färbungen dienten eigentlich anderen Zwecken und können hier übergangen werden. Da bei weitem nicht alle untersuchten Stadien für ein Verständnis der vorliegenden Frage nötig sind, gehe ich allein auf folgende 5 Sta- dien ein : l:o. Ovarialschläuche kurz vor der Eireife. 2:o. Ovarialschläuche mit freien Eiern. 3:0. Ovarialschläuche mit dottersacktragenden Embryonen. ') KOLSTRR, Paraffineinbettung im luftleeren Raum. Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie und f. mikr. Technik. P.d. 18. 1901. Riid. Kolsler, Embrijolrophe. 23 4:o, Ovarialschläuche mit dottersacklosen Embryonen, 5:o. Entleerte Ovarialschläuche. I. Eine eigentliche Vorbereitung zur Trächtigkeitsarbeit, die bei einigen Tieren, wie in Teil I erwähnt, stattfindet, ist an Zoarces- Weibchen nicht zu beobachten. Der eigentliche Unterschied zwischen Nulliparen und Multiparen beschränkt sich darauf, dass bei jenen keine Reste früherer, aber entleerter Eipapillen vorhanden sind. Die Rückbildung derselben scheint mir längere Zeit zu erfordern als STÜHLMANN angiebt, denn noch Anfang August sind dieselben, wenigstens im mikroskopischen Präparat deutlich an Haufen unresorbierter, nekrotischer Massen zu erkennen, welche den Sitz der entleerten Eier kennzeichnen. Da aber das Vorkommen oder Fehlen dieser Reste bei der Embryotrophenbildung belanglos ist, so mache ich keinen Unterscheid zwischen Tieren, welche sich Trächtigkeiten verschiedener Ordnung nähern. Wie Fig. 3 zeigt, besteht zu dieser Zeit der äussere Teil der Wand des Ovarialschlauches aus einer dicken Muskelschicht. Diese setzt sich aus verschiedenen Lagen zusammen, welche sich unregelmässig durchkreuzen, so dass die in der Abbildung gegebene Anordnung keines- wegs überall angetroffen wird. Nach innen von dieser finden sich grosse Lymphräume, welche von durchziehenden, grösseren Gefässen und diesen folgenden Muskel- zügen fachwerkartig geteilt werden. Ohne alle Kunstgriffe, wie Sil- berbehandlung, lässt sich an ZENKER-Präparaten an den Lymphräumen eine endotheliale, aus grossen, platten Zellen bestehende Austapezierung wahrnehmen. Die Schnitte zeigen in denselben einen feinkörnigen Inhalt, dem nicht gerade allzureichlich zellige Elemente beigemischt sind. Unter diesen fallen grosse eosinophile Zellen mit prachtvollen Granula auf. Diese lassen sich noch in verschiedenen anderen Weisen darstellen. So nehmen sie an Eisenhämatoxylinpräparaten eine schwarze, an Saffraninpräparaten eine rote F'ärbung an und zwar nach allen drei angeführten Fixierungen. Bei Anwendung von BENDA's Methode für den Nachweis von Mitochondrien zeigen sie besonders rein die diesen 24 Festschrift für Palmen. N:o 4. zukommende Färbung. Diese Zellen sind aber nicht allein in den Lymphräumen vorhanden. Sie lassen sich zwischen den Muskelfasern, in den Blutgefässen, ebenso wie direkt unter dem Binnenepithel auf- finden. Sonst finden sich noch innerhalb der Lymphräume Lymphocyten, die meistens einen ovalen, selten runden Kern besitzen und mit einem verhältnismässig geringen Protoplasnialeib ausgerüstet sind. Zwischen diesen Zellarten finden sich ausserdem einzelne oder in Gruppen lie- gende Körner, welche Chromatinfarben annehmen. Ebensolche treten in Blutgefässen auf. Ihre Bedeutung ist mir unklar geblieben. Zwischen Binnenepithel und Lymphräume liegt eine ziemlich be- trächtliche Schicht bindegewebiger Natur, welche zellarm ist und den Sitz eines reichlichen, oberflächlichen Capillarnetzes bildet. Diese Capil- laren zeichnen sich durch eigentümlich dicke Wände aus, innerhalb welcher Massen elastischen Gewebes mit der WEIGERT'schen Methode nachweisbar sind. Vom Epithel ist diese das Capillarnetz führende Schicht durch eine bei gewissen Färbungen scharf differenziert sich darstellende Membran geschieden. Das Binnenepithel des Ovarialschlauches ist meistens rein kubisch, obwohl Annäherungen an eine zylindrische oder platte Form hin und wieder aufgefunden werden. Becherzellen fehlen überall. Von der so gebauten Wand erheben sich zahlreiche Papillen, welche an der Spitze ein reifendes Ei tragen. Das Epithel, welches die dem Ei an der Spitze entsprechende Delle überzieht ist zylindrisch, sonst kubisch. Auch hier ist ein stark entwickeltes Capillarnetz eben unter- halb des Epithels vorhanden. Die Papille selber enthält grosse Lymph- räume, durch welche Gefässe und Muskelbalken ziehen. AufTallend ist, dass zahlreiche Neubildungserscheinungen an den Gefässen auftreten. Innerhalb des Ovarialschlauches findet sich eine geringe Menge Flüssigkeit. Diese ist im frischen Zustande schleimig und fadenziehend. Am Schnitt- oder Ausstrichpräparat giebt dieselbe jetzt ebensowenig wie später eine der gewöhnlichen mikrochemischen Mucinreaktionen. Auch enthält dieselbe kein Fett. Zellige Bestandteile kommen sehr spärlich in derselben vor, und bestehen nur aus Leucocyten. Riid. Kolster, Embryotrophe. 25 II. In dieser Periode zeigen Muskelwand und Lymphräume inbezug auf Grösse und Dicke keine Veränderungen gegen früher, dagegen ist eine ziemlich auffallende in dem subepithelialen, früher zellarmen Bin- degewebe aufgetreten. Dieses ist, wie Figg. 4 und 5 zeigen, nunmehr Sitz einer äusserst starken Zellinfiltration. Ganz gleichmässig über die Ovarialschlauch- wand ausgedehnt ist diese nicht. Es finden sich kürzere oder längere Strecken, wo noch an früher erinnernde Zellarmut vorherrscht, wenn auch lange nicht mehr so wie vorher. Durch einen Vergleich mit dem vielerorts recht reichlichen, zelli- gen Inhalt der grossen Lymphräume, lässt es sich bei Verwendung geeigneter Färbemethoden nachweisen, dass die infiltrierenden Zellen mit den hier vorhandenen übereinstimmen und daher wohl durch Vermit- telung der Lymphgefässe zur inneren Fläche des Ovarialschlauches be- fördert worden sind und also als Lymphocyten aufgefasst werden müs- sen. Wie aus Fig. 5 ersichtlich, finden sich auch die früher erwähnten eosinophilen Zellen in den Infiltraten vor. obgleich man kaum von einer nennenswerten Vermehrung derselben hier reden kann. Diese Zellen scheinen besonders durch die Capillaren zugeführt zu werden, wenig- stens findet man sie vielfach in denselben oder deren Wänden auch noch von aussen dicht anliegend. Das Binnenepithel ist überall erhalten und ziemlich gleichmässig abgeflacht, so dass nur stellenweise noch von einem rein kubischen gesprochen werden kann. Die starke Durchsaftung der subepithelialen Schicht, welche gleich- zeitig mit der Infiltration eintritt, wirkt auf dass Zellinfiltrat allmählich insofern ein, als der Protoplasmaleib der Lymphocyten anschwillt. An einzelnen Schnitten, welche gerade sehr starke Infiltration zeigen und wo die subepitheliale Schicht deutlich ödematös ist, finden sich um die Kerne bedeutend grössere Protoplasmamassen als sonst, ebenso wie alle nur wünschenswerten Übergänge zu den ursprünglichen Lym- phocyten. An Präparaten aus Formol, welche mit SafFranin gefärbt und mit Anilinblau difi"erenziert sind, zeigt dieser Protoplasmakörper 26 Festschrift für Palmen. N-o i. eine deutliche Rosafärbung, welche ihr Auffinden, auch wo sie verein- zelt liegen, sehr erleichtert. Durch dieses Lymphocyteninfiltrat des ödematösen Gewebes, welches alle nur verfügbaren Spalten des subepithelialen Bindegewebes ein- nimmt, ist das Capillarnetz etwas weiter vom Epithel entfernt wor- den als vor Loslösung der Eier. Aus demselben treten vereinzelte Erytrocyten aus, welche auf das Binnenepithel zuwandern, Fig. 5, und das selbe schliesslich durchbrechen. An den Gefässen, welche die grossen Lymphräume durchziehen und zum Capillarnetz führen, lassen sich reichliche, in Neubildung ste- hende, Abzweigungen beobachten, ebenso wie früher in den Papillen. In allen Ovarialschläuchen, welche Eier mit erhaltener Eihaut bergen, ist die zwischen den Eiern anzutreffende Flüssigkeit sehr spär- lich und zellarm. Erytrocyten sind kaum noch vertreten, Lymphocyten und eosinophile Zellen ebenfalls nur in wenigen Exemplaren, Glycogen habe ich mit den verschiedenen Jodmethoden nie in derselben aufgefun- den und ebensowenig Erfolg mit Mucinreaktionen erzielen können. Durch Osmierung lässt sich hier und da ein Körnchen schwärzen, ob dieses aber Fett ist, muss als fraglich bezeichnet werden, weil die Schar- lachrotfärbung stets negativ ausfiel. An allen ausgewachsenen Papillen lassen sich die von früheren Verfassern schon beschriebenen regressiven Vorgänge wahrnehmen. Die Papillen selber, welche noch ihre frühere Länge besitzen, strecken sich zwischen die freien Eier hinein und nehmen durch Druck derselben in den Schnitten zuweilen sogar ein verzweigtes Aussehen an. Die vor- her so auffällig grossen Lymphräume treten nur wenig hervor und machen die Papillen infolge dessen den Eindruck, coUabiert zu sein. Hiid. Kolsler, l-lmbrijotrophe. 27 III. Beim Verlassen der Eihäute besitzen die Embryonen noch einen verhältnismässig grossen äusseren üottersack. Sie liegen dicht neben einander und bewegen sich dabei nach meinen Beobachtungen stets langsam. Die Wand des Ovarialschlauches ist in allen von mir untersuchten stets schon ziemlich stark gedehnt gewesen, was ja auch aus einem Vergleich von Fig. 6 mit Figg. 3 und 4 hervorgeht. Am meisten trifft diese Dehnung die äussere Muskellage, welche weit schmäler gewor- den ist, während die grossen Lymphräume wenigstens den Eindruck einer erlittenen Vergrösserung erwecken. Die vom vorigen Stadium erwähnte Zelleninfillration besieht noch fort, hat aber einen ganz anderen Charakter angenommen. Dass die- selbe aus der früheren hervorgegangen, zeigen eine Menge Übergangsfor- men, deren Vorhandensein angedeutet zu haben, genügt. Eine genaue Beschreibung derselben würde zu lang, ohne besonderen Zweck zu ha- ben. Zum Verfolgen derselben war eine ßrberische Reaktion sehr gün- stig, welche sich an Formalinmaterial besonders schön erzielen lässt und bei der früher schon angeführten Kombination von Satfranin und Ani- linblau hervortritt, Fig. 7. Trotzdem letzterer Farbstoff so lange hat einwirken dürfen, dass der ganze Schnitt eine dunkle Blaufärbung an- genommen hat, welche eine detaillirtes Studium desselben beinahe ins Bereich der Unmöglichkeit setzt, halten die Protoplasmaleiber der Lympho- cyten eine zarte Rosafarbe fest, welche nicht einmal verschwindet, wo sie stark aufgequollen sind. Der Nachteil, welcher in der gleichmässig dunklen Farbe der Umgebung liegt, hat mich aber bewogen dergleichen Präparate nicht weiter für Abbildungen zu wählen. In der Beschreibung des vorigen Stadiums ist erwähnt, dass zwi- schen den Zellinfiltraten des subepithelialen Bindegewebes zellärmere Partien vorhanden sind. Dieses tritt in den Ovarialschläuchen dieser Periode noch deutlicher hervor. Die Infiltrate, Fig. 6, sind gegen die Umgebung wohl abgesetzt, und wo sie vorkommen, ist das subepithe- liale Bindegewebe so auseinandergedrängt und tritt gegen die infiltrieren- 28 Festschrift für Palmen. N-o 4. den Zellen so zurück, dass von einer eigentlichen Bindegewebsschicht kaum mehr gesprochen werden kann. Einzelne Fasern sind allein zwi- schen den Zellen bemerkbar. Das Capillarnetz verläuft in den tieferen Teilen des Infiltrates und ermöglicht die Orientierung. Dagegen ist die entsprechende Bindegewebslage zwischen den Infiltraten so ziemlich unverändert erhalten. Wo die Infiltrate besonders gross sind, ragen sie, wie solide Ge- schwülste, in die grossen Lymphräume hinein, Fig. 6. Sie zeigen als Bestandteile grosse Zellen, welche durch ihren lockeren und grossen Protoplasmaleib auffallen. Figg. 7, 8, 9 und 10. Über denselben geht das Epithel zu Grunde, Figg. 8, 9 und 10, und zwar besonders häufig dort, wo sie über die beiderseits noch er- haltene Epitheldecke in das Lumen hervorragen. An diesen Stellen lässt sich auch die unter dem Epithel liegende oben erwähnte Membran nicht mehr nachweisen. Sowohl durch allmäliche Zunahme an infiltrie- renden Lymphocyten, wie hauptsächlich wohl infolge lösender Einwir- kungen auf das zusammenhaltende Bindegewebe, tritt schliesslich eine vollständige Sprengung des letzteren ein, Fig. 9. Die collagenen Fasern zwischen den Lymphocyten lösen sich dabei teilweise auf und gehen in gelöster Form oder auch noch streckenweise erhalten mit den Lympho- cyten in die Ovarialflüssigkeit über. Überall führt diese Sprengung aber nicht sogleich zum Freiwer- den der einzelnen, aufgequollenen Lymphocyten. Häufig stösst man auf grössere Ballen, welche sich als Ganzes abgelöst haben. Eine Zeit lang noch durch das abgeschnürte Bindegewebe zusammengehalten, zerfal- len sie aber zuletzt auch, Fig. 10. Für ein Bedecken der so entstandenen Epitheldefekte, welche sich infolge der Dehnung, der die Ovarialschlauchwand durch das Anwach- sen der Embryonen unterliegt, leicht vergrössern könnten, sorgt eine mitotische Vermehrung des beiderseits erhaltenen Epithels. Manchmal werden durch diese Sprengung aus den Capillaien aus- getretene Erytrocyten auch der Ovarialflüssigkeit beigemischt, oder kön- nen auch selbständig durch das Binnenepithel in dieselbe übertreten. Sehr seilen scheint dieses jedoch auf diesem Stadium zu sein. Riid. Kolster, Embrijotrophe. 29 Trotz der vielfach besonders bei multiparen Zoarces- Weibchen schon jetzt sehr hochgradigen Dehnungen des Ovarialschlauches, liegen die Capillaren an der Innenfläche noch ebenso dicht wie zuvor. Dieses ist wohl in direkten Zusammenhang mit den Sprossenbildungen, welche an den die Lymphräume durchziehenden Gefässen beobachtet werden, zu setzen. Das Capillarnetz enthält an allen mit Osmium behandelten Präpa- raten dieser Periode ein geronnenes Plasma, das eine hellgraue, zuweilen beinahe rein schwarze F'arbe zeigt. Dieselbe beruht darauf, dass schwarze Körner dichter angehäuft oder mehr vereinzelt hier vorhanden sind, Fig. 11. Sehr häufig finden sich an Stellen der inneren Wandteile des Ovarialschlauches, welche nicht von dem eben erwähnten Infiltrat ein- genommen sind, und besonders dort, wo die grossen Lymphräume dicht an das Epithel herantreten, gelbgefärbte Wanderzellen. Meistens hat der Kern derselben sich nicht durch Saffranin tingieren lassen, was wohl als Zeichen einer erfolgten Degeneration aufzufassen ist. Die Mehrzahl derselben liegt innerhalb der Lymphräume, manchmal werden sie auch in den Capillaren angetroff'en. Dass dieselben von hier austreten und sich gegen das Innere des Ovarialschlauches begeben, lässt sich leicht nachweisen, da man sie ebenfalls im subepithelialen Bindegewebe wie zwischen den Epithelzellen bemerken kann. Sie fallen besonders da- durch auf, dass sie voll von Osmium geschwärzter Granula sind, Fig. 12. Die Fettnatur derselben liess sich dadurch weiter sicherstellen, dass es gelang, die gleichen Granula nach Formalinfixierung mit Scharlach- rot zu färben. Auch an den Präparaten dieser Periode ist es nie gelungen, weder an Schnitten, noch an den bald zu besprechenden Ausstrichpräparaten, Mucin nachzuweisen. Eine Glycogenfarbung habe ich dagegen durch Jodbehandlung manch- mal im Epithel und den Zellen der Lymphräume erhalten. Bedeutend schöner trat dieselbe dagegen an den Ausstrichpräparaten auf und war hier besonders an Lymphocyten wahrnehmbar. An Ausstrichpräparaten der Ovarialflüssigkeit liess sich ebenfalls ein bedeutender Fettgehall, sowohl mit Osmium, wie Scharlachrot 30 Festschrift für Palmen. N:o f^. feststellen. Die Osmiumreaktion, welche Fig. 13 wiedergiebl, ist durch Nachosmierung eines in Formalin fixierten Ausstrichpräparates erhalten. Dasselbe zeigt, dass nicht nur grössere Fettropfen in der Ovarialflüssig- keit vorkommen, sondern ebenfalls die oben beschriebenen gelben, os- mierte Körner enthaltenden Zellen. Worauf die auch hier so scharf hervortretende gelbe Farbe des Zellkörpers in letzter Hand beruht, Hess sich nicht feststellen. Am natürlichsten erscheint es, an eine infolge der Degeneration eintretende Veränderung des Protoplasmas zu denken, dessen Produkte durch Einwirkung der Osmiumsmäure in eine gelb- gefärbte Masse übergeführt werden. Fig. 14 giebt einen Teil eines in ZENKER'scher Lösung fixierten Ausstrichpräparates wieder, welches mit Hämatoxylin und Eosin gefärbt wurde. Von den Bestandteilen desselben lassen sich die Erytrocyten a und die eosinophilen Zellen h leicht erkennen. Die vielen frei lie- genden Kerne c stammen sicher von Lymphocyten her, deren gequolle- ner Protoplasmaleib zerfallen ist. Die mit d bezeichneten lassen sich auf gequollene Epithelzellkerne zurückführen, während die mit e bezeich- neten schwieriger zu deuten sind. Trotzdem mein Material einen Ovarialschlauch enthielt, dessen Embryonen, der Grösse nach zu urteilen, nur kurze Zeit der Eihaut ent- schlüpft sein konnten, gelang es nicht Reste derselben in der Ovarial- flüssigkeit aufzufinden. Die Annahme, dass die von STUHLMANN im Darmtraktus der Em- bryonen aufgefundenen Membranen, wie er vernmtete, Reste verschluck- ter Eihäute gewesen wären, schien sich erst nicht bestätigen zu lassen, da diese in lückenlosen Serien dreier Embryonen nicht anzutreffen waren. Erst eine vierte und fünfte Serie gab hierüber sicheren Aufschluss. Bei diesen beiden Embryonen wurden im mittleren Teil des Enddarmes, Fig. 15, Konglomerate von im Schnitt teils fädigen, teils membranösen Mas- sen nebst einigen eosinophilen Zellen, reichlich freien Kernen und fein- körniger Substanz angetroffen, welche drei letzeren Bestandteile auch im gleichen Teil des Darmtraktus der drei zuerst geschnittenen Em- bryonen gefunden waren. Der Nachweis, dass diese fädigen und mem- branösen Massen wirklichen Eihäuten entsprachen, ergab sich aus Riid. Kolster, Embrijolrophe. 31 deren Struktur, welche vollständig mit der der Eihäute des vorigen Stadium übereinstimmte. In allen fünf geschnittenen Embryonen fanden sich ausserdem noch in anderen Teilen des Enddarmes zwischen den Vorsprüngen der Darm- haut grosse Konglomerate, Fig. 16, deren Grundmasse teils feinkörnig war und dann Mengen freier Kerne enthielt, teils aber auch aus ziem- lich gut erhaltenen Zellen bestand. Der Kern dieser stimmte vollständig mit den freien überein und ihr Protoplasma ergab ziemlich scharf bei Saffranin - Anilinblau-Färbung die Reaktion, welche oben als für die aufgequollenen Lymphocytcn charakteristisch beschrieben worden ist. Vereinzelt Hessen sich in diesen Konglomeraten Erytrocyten, etwas häufiger schon eosinophile Zellen antreffen. Die oberen Teile des Magendarmtraktus, der obere Darm, der Magen, der Oesophagus und die Mundhöhle enthielten überall gleiche, zellige Elemente, wenn auch in weit geringeren Mengen. Der letzte Abschnitt des Enddarmes war aber stets völlig leer. Nachosmierte, ursprünglich in Formalin fixierte Embryonen, von welchen ebenfalls einige Serien angefertigt wurden, zeigten innerhalb der beschriebenen Konglomerate zahlreiche geschwärzte Körner, Fig. 17. Von Interesse ist hier aber weiter eine Beobachtung, welche am Enddarm gemacht wurde. Die denselben auskleidenden, zylindrischen Zellen enthalten grosse Mengen schwarzer Körner. Diese liegen teils einzeln, teils aber auch in Gruppen innerhalb der einzelnen Darm- epithelien. Auch das bindegewebige Darmskelett, welches die verschie- den geformten Vorsprünge stützt, zeigt einen oft auffallend reichlichen Inhalt von diesen osmierten Körnern. Dass wir hier Fett vor uns haben, geht daraus hervor, dass einzelne Gefrierschnitte dieser Körpergegend mit Scharlachrot gelarbt, vollkom- men gleiche Resultate gaben. Sowohl im Magen wie in allen folgenden Darmabschnitten fanden sich Bilder, welche nur als Sekretionserscheinungen entsprechend auf- gefasst werden können. Die Produkte derselben lassen sich unter ge- wissen Vorsichtsmassregeln auch in den Konglomeraten nachweisen. 32 Festschrift für Palmen. N:o i. IV. Wie Fig. 18 zeigt, ist die Ovarialschlauchwand in dieser Periode noch bedeutend schmäler als vorher geworden, der starken Dehnung zufolge welche die Grössenzunahme der Embryonen hervorrult. Dieselbe hat in erster Hand die Muskelschicht betroffen, welche gegen früher äusserst reduziert erscheint. Den Hauptbestandteil der Wand bilden die noch immer auffallend grossen Lymphräume. Unter dem platten Epithel findet sich ein stark entwickeltes Capillarnetz, welches durch gegen früher erweitert erscheinende, die Lymphräume durchziehende Stämme in reichlicher Verbindung mit den Gelassen der Muskelschicht steht. Die früher beobachtete Neubildung von Blutgefässen tritt immer mehr zurück und ist an den Ovarialschläuchen, welche kurz vor der Reife stehende Embryonen enthalten, d. h. aus den ersten Wochen des Dezembers stammen, überhaupt nicht mehr zu konstatieren. Von der Zeit an, wo die Embryonen keinen äusserlich mehr wahrnehmbaren Dottersack besitzen, lässt sich in der Wand des Ovarialschlauches auch keine Lymphocyteninfiltration mehr nachwei- sen. Die Binnenfläche des Ovarialschlauches ist überall von Epithel bedeckt, Defekte finden sich nirgends. Dagegen ist ein äusserst reichliches Auswandern von Erytrocyten in die Ovarialfliissigkeit zu konstatieren. Dieses erfolgt überall per diapedesim. Eine Rhexis wurde nirgends angetroffen. Manchmal hat es den Anschein, als ob eine freie Blutung eingetreten wäre ; ein genaueres Durchsehen der Serienschnitte klärt aber bald die Frage. Die Ery- trocyten finden sich oft zwischen den Epithelzellen. Ausserdem wer- den eosinophile Zellen im Begriff, das Epithel zu durchwandern, und manchmal auch fetttragende Leucocyten auf demselben Wege gefunden. Letztere nehmen an Anzahl gegen das Fortschreiten der Reife der Embryonen mehr und mehr ab. In dem Plasma der Capillaren tritt nach wie vor nach Osmiumbe- handlung eine Schwärzung feiner Granula auf. Der flüssige Inhalt des Ovarialschlauches zeigt eine bedeutende Veränderung seiner zelligen Bestandteile. Hier finden sich nur sehr Rad. Kolster, lunbrifolrophe. 33 wenig freie Kerne, als Reste untergegangener Lyniphocyten mehr vor. Ebenso sind eosinophile Zellen nur noch selten anzulrelTen. Dagegen beherrschen die Erytrocyten aut den Ausstrichpräparaten das Bild so stark, dass man dem Wahn verfallen könnte, ein Blutpräparat vor sich zu haben, Fig. 19. Von einem solchen unterscheidet es sich aber da- durch, dass eine grosse Menge Erytrocyten in allen Abstufungen, das Vermögen, HämoglobinfarbstofTe festzuhalten, verloren haben. Wie Fig. 19 zeigt, können sie statt der Orangefärbnng nach EHKLlOH's Methode eine rote oder auch gelegentlich keine Farbe annehmen. Auch hier erhielt man nach Jodbehandlung oft eine starke Bräu- nung einzelner Körner im Ausstrichpräparat, ebenso wie in einigen Zellelementen. Mit Osmium oder Scharlachrot lassen sich grössere Fettmengen im Inhalt derjeningen Ovarialschläuche nachweisen, welche aller Wahr- scheinlichkeit nach ihre Embryonen noch einige Zeit behalten hätten, Fig. 20. Gegen den Geburtstermin zu wird derselbe geringer, und die Ovarialflüssigkeit derjenigen Zoarces-Weibchen, welche sich ihres Inhaltes spontan im Laboratorium entleerten, zeigte kaum Spuren von Fett mehr. In der Mundhöhle und im Oesophagus der Embryonen fanden sich stets Erytrocyten in geringer Zahl vor, mit genau den gleichen Eigen- schaften wie diejenigen der Ovarialflüssigkeit. Die im Magendarmtraktus weiter noch auftretenden ZeHkonglome- rate weichen von denjenigen der früheren Periode bedeutend ab. Im Magen treffen wir grosse Mengen Erytrocyten an, ohne Bei- mischung anderer Zellemente, Fig. 21. Zwischen ihnen liegt eine fein- körnig geronnene Masse. Derselbe Inhalt findet sich im oberen Teile des Darmes. Auch hier sind andere Zellelemente als Erytrocyten sehr selten, Fig. 22. Erst im Enddarm stösst man auf reichlichere Elemente, welche als Reste der in der vorigen Periode so zahlreichen Lyniphocyten aufzu- fassen sind. Von diesen treten besonders freie Kerne hervor. Eihaut- reste finden sich dagegen nirgends mehr. Der Hauptbestandteil der hier angetroffenen Konglomerate besteht aber auch aus Erytrocyten, Fig. 23. Fett kommt hier ebenfalls in geringer Menge vor, Fig. 24. 34 Festschrift für Palmen. N:o 4. Auch ist die Fettinfiltration der Dannepithelien weit weniger ausge- sprochen als bei den jüngeren Embryonen der vorigen Periode. Der letzte Teil des Enddarmes enthält meistens nur ganz geringe Spuren strukturloser Massen, welche sich nicht besonders färben lassen. Auffallend ist, dass dieser Veränderung des Darminhaltes auch eine Veränderung in der Affinität der Darmepithelien gegen Eosin paral- lel verläuft. Es zeigt sich nämlich, dass, je menr die Lymphocyten als Darminhalt zurücktreten und durch Erytrocyten ersetzt werden, desto tiefer und deutlicher die Eosinfärbung des freien Saumes der Darmepithelien wird. Dieses tritt auch bei einem Vergleich der Figg. 16 und 23 hervor, welche nach Präparaten ausgeführt sind, welche eigens zu diesem Zw^eck gleichzeitig gefärbt worden sind. Fig. 16 zeigt kaum eine Andeutung einer Eosinfärbung, während der Randsaum der Darmepi- thelien in Fig. 23 deutlich gefärbt ist. Hier tritt am auffälligsten die Wandverdickung hervor, welche durch die Kontraktur der muskulösen Schicht nach Ausstossung der Embryonen hervorgerufen ist. Sie hat ungefär die Beschaffenheit wie- der angenommen, welche in Fig. 3 abgebildet ist. Von Interesse ist auch das Verhalten des binncntlächlichen Capil- larnetzes. Dasselbe ist äusserst dick, ebenfalls infolge der erfolgten Zusammenziehung des Ovarialschlauches. Trotzdem lassen sich auch späterhin keine Rückbildungserscheinungen an demselben wahrnehmen und ändert dasselbe sich erst, wenn die neue Serie von Eipapillen ihre Entwickelung beginnt, indem die dabei eintretende Oberflächenvergrös- serung die einander beinahe berührenden Capillaren etwas wieder ausein- ander zieht. Die Flüssigkeit, welche nach Ausstossung der Embryonen im Ovarialschlauch zurückbleibt, ist äusserst zäh und dick, manchmal voll- ständig opak. An zelligen Elementen ist sie sehr reich. Dieselben werden aber so gut wie ausschliesslich aus Erytrocyten gebildet, ganz find. Kolxter, Embryotrophe. 35 vereinzelte eosinophile Zellen und freie Kerne können zuweilen aufge- funden werden. Die Jodreaktionen auf Glycogen ergaben stets negative Resultate und ebenso waren nur noch ganz unbedeutende Spuren von Fett in derselben auffindbar. Auch jetzt war keine Mucinreaktion zu erhalten. Aus diesen in den vorstehenden Abschnitten niedergelegten Beobach- tungen an Ovarialschläuchen von Zoa/ces- Weibchen, welche teils vor der Trächtigkeitsperiode standen, teils verschieden weit vorgeschrittene Stadien derselben representierten und teils dieselbe eben überstanden hatten, lässt sich nun folgendes Bild der hier stattfindenden Ernährungs- vorgänge der Embryonen zusammenstellen. Wie schon oben angedeutet, findet sich keine eigentlich vor- bereitende Periode, in welcher sich besondere Anlagen weiter ausbil- den, um dann später zu bestimmten Zwecken in Tätigkeit zu treten. Allein die durch die Ausbildung der Eipapillen entstehende Oberflächenvergrös- serung unter gleichzeitiger Weiterentwickelung des subepithelialen Ca- pillarnetzes Hesse sich in dieser Richtung auffassen. Derselben kommt ja in den späteren Stadien der Schwangerschaft eine spezielle Bedeu- tung zu. Indessen treten an den Papillen schon kurz nach Entleerung der Eier gewisse Rückbildungsprozesse auf, welche darauf hinweisen, dass ihre eigenthche Funktion hier abgeschlossen ist. Da aber diese Prozesse erst nach beendeter Geburt rascher verlaufen, so kann es nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass ihnen auch von vornherein eine Bedeutung für die embryonale Ernährung zugedacht worden ist. An den papillenfreien Stellen der Ovariahvand finden sich dage- gen während der Trächtigkeitsperiode, mit Ausnahme der letzten Wochen, an dem Gefässystem rege Neubildungsprozesse, welche direkt in Be- ziehung zur Bildung der Embryotrophe zu setzen sind. Durch diese vergrössert sich allmählich das subepitheHale Capillarnetz, so lange durch das Wachsthum der Embryonen eine stärkere Dehnung des Ova- rialschlauches erfolgt und infolgedessen erklärt es sich auch, dass die 36 Festschrift für Palmen. N:o ^. Capillaren an der Binnenfläche des Ovarialschlauches trotz der Ver- grösserung eigentlich immer gleich dicht liegen. Eigentümlich genug findet sich diese während der Trächtigkeit einsetzende Gefässneubildung sowohl bei primiparen, wie multiparen Zoarces-Weibchen vor. Dieses fällt bei den Multiparen deswegen auf, weil in den Interwallen zwischen den Trächtigkeiten, ausser an den Papillen, keine Rückbildungsvorgänge an den Gefässen des Ovarial- schlauches beobachtet werden. Da die Annahme sich eigentlich aufdrängt, dass unter solchen Umständen das für eine Trächtigkeit genügende Capillarnetz, auch wäh- rend einer zweiten ausreichend sein müsste, muss für die trotzdem stets wieder einsetzende Neubildung eine besondere Ursache vorliegen. Dieselbe ist auch wohl in dem Folgenden zu finden. STUHLMANM *) hat gezeigt, dass mit jeder neuen Trächtigkeit die Anzahl der sich entwickelnden Jungen bedeutend zunimmt, indem grosse Zoarces-Weibchen stets zahlreichere Embryonen enthalten, als klei- nere. Seine Zahlen steigen von 36 Stück bei 22 cm Länge der Mutter bis auf 405 Stück bei 38 cm Länge des Muttertieres. Auch aus meinen Beobachtungen lässt sich dieses Wachsen der Anzahl Embryonen mit der Grössenzunahme der Mutter vollständig bestätigen. Allerdings sind meine Zahlen weit geringer, wie die von STUHLMANN gefundenen. So habe ich bei einem 39 cm langen Zoartes-Weibchen 105 Embryonen gezählt, während das kleinste trächtige bei 16 cm Länge nur 15 enthielt. Dieser Zahlenunterschied lässt sich vielleicht in Zusammenhang mit der weit nördlicheren Fangstätte setzen. Infolge des Wachsens der Anzahl sich entwickelnder Eier mit jeder Trächtigkeit, muss der Ovarialschlauch ebenfalls von Mal zu Mai stärker gedehnt werden, um dieselben beherbergen zu können. Damit ist aber auch eine stets wachsende, grössere Binnenfläche gegeben, welche mit einem ebenso dichten Capillarnetz überzogen werden soll. Falls dieses jedesmal von Neuem gebildet werden sollte, würde dem mütter- lichen Organismus eine noch stärkere Inanspruchnahme zugemutet, als sie die wachsende Zahl p]mbryonen allein schon mit sich bringt. ') STUHLMANN, 1. C. Und. Kolster, Hmbryotrophe. 37 Dadurch dass aber das einmal gebildete Netz keiner Rückbildung ver- fällt, muss bei jeder Trächtigkeit nur ein so grosser Zuschuss gebildet werden, wie die grössere Zahl Embryonen sie der früheren Trächtigkeit gegenüber verlangt. Ein anderer Bestandteil der Papillen muss in diesem Zusammen- hang auch noch erwähnt werden. In denselben kommen grosse Lymph- räunie, gewissermassen als Ausläufer der in der Ovarialwand vorhan- denen vor. Die Ausbildung derselben steht wohl in erster Hand in Zusammenhang mit der Zufuhr nötigen Nährmaterials für die reifenden Eier, aber nach Ausstossung derselben in den Ovarialschlauch tragen sicher die Lymphrämme der Papillen neben denjenigen der Wand selber zur Abgabe der eiweissreichen Flüssigkeit bei, welche die Em- bryonen innerhalb des Ovarialschlauches umgiebt, und könnte infolge- dessen vielleicht in ihrer Ausbildung gewissermassen eine vorbereitende Tätigkeit gesehen werden. Der Wert dieses Transsudates, welches wie schon Rathke ^) beob- achtet im Ovarialschlauch vor Ablösung des Eies vorhanden ist, als Nahrungsmittel für die Embryonen geht aus einer, wenn auch wohl nur annähernd genauen Angabe STUHLMANNS ^) hervor, nach welcher das- selbe 2,3 "/o Eiweiss enthalten soll. Hierbei sind allerdings die zelligen Elemente mit inbegriffen. Aus welchem Stadium der Trächtigkeit diese Untersuchung stammt führt STUHLMANN nicht näher an. Die eigentlich mit der Embryotrophe direkt in Zusammenhang ste- henden Vorgänge setzen erst dann ein, wenn die Eier sich aus den Papillen gelöst haben. Sie tragen zu dieser Zeit erst noch einen vorbereitenden Charakter. Dieses ist leicht erklärlich, denn so lange die Eihaut noch erhalten ist, kann von einer bedeutenderen Aufnahme zugeführten Nähr- materials nicht die Rede sein und wäre eine solche auch desw^egen überflüssig, weil ja der mitgegebene Dotter für diese Periode ausreicht. Die Aufnahme der Eier zu dieser Zeit beschränkt sich wohl auf Sauerstoff, welcher den Eiern ovoparer Fische in dem umgebenden Wasser zur Verfügung steht. Hier kann als Quelle wohl nur die normale Sauer- stoffmenge der umgebenden mütterlichen Gewebe dienen und besonders ') Rathke, 1. <;. *) Stuhlmann, 1. o. 38 Festschrift für Palmen. N.o k. kommt wohl das Capillarnetz an der Innenfläche des Ovarialschlauches in Betracht. Dass diese vorbereitenden Vorgänge erst in diese Zeit fallen, lässt sich daraus verstehen, dass der Ovarialschlauch zu dieser Zeit einen Funktionswechsel durchmacht. Bis zur Reife der Eier lag demselben die Beschaffung des nötigen Materials für diese ob. Nach Abstossung derselben hört diese Funktion auf, eine kurze Ruhepause tritt ein, solange die Eier noch ihre Schale bewahren, aber so wie diese ge- sprengt ist, stellen die ausgeschlüpften Embryonen wieder Ansprüche auf Beschaffung von Nährmaterial, wenn auch gänzlich anderer Art. Die eintretenden für diese Periode bedeutsamen Veränderungen treten am subepithelialen Bindegewebe zuerst in Erscheinung, Figg. 4 und 5. Vorher zellenarm, Fig. 3, bildet sich allmählich eine äusserst starke Zelleninfiltration hier aus, welche auf ein Einwandern von Lympho- cyten zurückzuführen ist. Dieselbe umfasst aber nicht die ganze Schlauch- wand in gleichmässiger Weise, sondern hat eine ausgesprochen herdför- mige Anordnung. Eine solche subepitheliale Zellschicht, wenn auch nicht genau des- selben Ursprunges, ist auch an den früher von mir untersuchten Uteri von Säugern stets gefunden worden. Hier gehen sie in den Aufbau der Placenta auf, stellen gewissermassen ein Depot von Baumaterial dar, während ihre Aufgabe bei Zoarces eine andere ist. Dieselbe steht wohl mit der Lymphocytennatur der Infiltration bei diesem viviparen Fisch in Zusammenhang. Die eben hervorgehobene Übereinstimmung ist da- her nur rein äusserlich. Auf der gleichzeitigen reichlichen Durchsaftung der Ovarialschlauch- wand, für welche die schon von STUHLMANN hervorgehobene äusserlich sichtbare Hyperämie ein deutliches Zeichen ist, beruht es wohl, dass die infiltrierenden Lymphocyten durch Aufquellen einen immer grösseren und lockereren, oft unregelmässig, wie zerrissen contourierten Zellenleib erhalten. Eine andere Erklärung dieser allmählich auftretenden Verän- derung der Lymphocyten innerhalb der infiltrierten Stellen ist kaum denkbar. Eine Folge dieses Aufquellens ist, dass die einzelnen Bindegewe- bigen Fasern auseinander weichen und ein grossmaschiges Netzwerk liud. Kühler, Embryolrophe. 39 bilden. Die Einwirkung des Odems auf dasselbe zeigt sich weiter da- rin, dass die einzelnen Fasern ebenfalls aufquellen. Dabei begrenzen sich die Infiltrate selber aber immer mehr und buchten stellenweise das Epithel gegen das Innere des Ovarialschlauches vor. Diese Infiltrate haben zu der Zeit, wo die Embryonen die sie noch umschliessende Eischale sprengen, ihre grösste Ausbildung erreicht. Die durch die Anschwellung und das Ödem bewirkte Spannung der Epi- theldecke hat gleichzeitig einen so hohen Grad erreicht, dass das Epithel über derselben sich ablöst, Fig. 8. Wie Fig. 9 zeigt, tritt eine voll- ständige Sprengung der Wand jetzt an diesen Stellen auf. Dabei zer- reissen die bindegewebigen Fasern, welche vorher die aufgequollenen Lymphocyten umschlossen und werden der Ovarialflüssigkeit beigemischt. So lange sie noch ihre ursprüngliche Beschaffenheit besitzen, sind sie leicht als Bestandteile derselben nachweisbar, entziehen sich aber spä- ter der Beobachtung, da wir für gelöstes Bindegewebe keine histologischen Methoden des Nachweises besitzen. Dieser Untergang gewisser Wandteile des Ovarialschlauches, deren Zerfallsprodukte in der Flüssigkeit aufgehen, welche die jetzt freiliegen- den, aber noch mit Dottersack versehenen Embryonen umgiebt, tritt stellenweise in etwas anderer Form auf. Wie Fig. 10 zeigt, stösst man oft auf dicht an der Oberfläche der Ovariahvand befindliche, vollkom- men freie Lymphocylenklumpen, welche noch von bindegewebigen Fasern zusammengehalten werden. Durch Verfolgen genügend langer Schniltserien lässt es sich nachweisen, dass in diesen Fällen eine voll- ständige Zerklüftung des Infiltrates entstanden ist, wobei lange Lympho- cytenstränge mit zwischenliegendem Gewebe an der Basis abgelöst werden. Das Auftreten dieser lösenden Kraft der Ovarialflüssigkeit gerade zu der Zeit, wo die Embryonen die Eihäute gesprengt haben, erweckt den Ge- danken, dass von dieser Zeit an von Seiten der Embryonen der Ova- rialflüssigkeit Stoffe zugeführt werden, welche eine gewisse histolytische Kraft besitzen. Ein wenig spricht gegen diese Auffassung, dass diese lösende Kraft nur an beschränkten Stellen zur Wirkung kommt und nur so lange auf die Infiltrate der Wand einwirkt, wie von denselben noch Reste nach sind, dagegen späteren reparatorischen Vorgängen auch hier keinen Widerstand entgegensetzen kann. Indessen hat dieser Ein- 40 Festschrift für Palmen. No i. wand keine so grosse Bedeutung, wie es erscheinen kann, denn aus der Pathologie sind uns genugsam Fälle bekannt, welche zeigen, dass Leu- cocyten allein eine Verflüssigung des sie umgebenden Gewebes hervor- rufen können. Durch die sehr wahrscheinliche Annahme, dass am Orte der Infiltration eine Schädigung der mütterlichen Gewebebestandteile schon früher stattgefunden hat, lässt sich dieser Einwand heben und wird auch der ganze Vorgang leicht verständlich. Dass die histolytische Kraft der Chorionzotten auf mütterliches Gewebe ebenfalls auf gewisse vom Embryo gebildete Stofl'e zurück- zuführen ist, hat man schon seit längerer Zeit angenommen. Diese Abgabe mütterlicher Lymphocyten und mütterlichen Binde- gewebes an die Ovarialflüssigkeit dauert, wie erwähnt, so lange noch Reste der Infiltrationen bestehen. In dieser Zeit findet nur eine sehr geringe Diapedese von Erytrocyten statt, welche nach Passieren des Epithels sich der Ovarialflüssigkeit beimischen. Dasselbe gilt für die eosinophilen Zellen, welche überhaupt eigentlich nie allzureichlich in der Ovarialflüssigkeit sind. Dagegen wandern in diese von jetzt an Fettkörnchen enthaltende Leucocyten über, Figg. 12 und 13. Im Plasma der Capillaren treten auch reichlich Fettnatur zeigende Granula auf, Fig. 11. Aus den Figg. 13 und 14 ist ersichtlich, dass die Zusammensetzung der Ovarialflüssigkeit zu dieser Zeit vollständig in Übereinstimmung mit den beschriebenen Vorgängen steht. Sie enthält als Hauptbestandteile Lymphocyten und Reste derselben, einzelne Erytrocyten, eosinophile Zel- len, fetttragende Leucocyten und abgelöste Epithelzellen. Ausserdem freies Fett und, wie aus dem Ausfall der Jodrektionen geschlossen wer- den muss, Glycogen. Die grösste Masse derselben wird aber von Trans- sudat gebildet. Ein Stadium, in welchem abgeworfene P^ihäute vorhanden wären, habe ich nicht zur Verfügung gehabt. Dieselben Hessen sich dagegen bei einem Teil der noch mit Dot- tersack versehenen Embryonen im Darminhalt nachweisen, F'ig. In. Nach der Grösse der Embryonen zu urteilen, welche Reste der Eihäute im 'Darminhalt zeigten, lösen sie sich hier langsam auf. Die Embryonen Hnd. Kolsier, Emhryolrophe. 41 scheinen, so wie sie sich der Eihäute entledigt haben, Schluckbewe- gungen auszuführen, wobei die Eihautieste sofort mit aufgenommen und verdaut werden. Neben den Eihäuten, welche, wie leicht erklärlich, nicht von ei- nem jeden Embryo verschluckt werden müssen, enthält der Darm noch grosse Mengen von Zellelementen, Figg. 15 und 16, die, wie aus dem eben Gesagtem hervorgeht, vollständig denjenigen entsprechen, welche von der Ovarialschlauchwand abgelöst und der Ovarialflüssigkeit beige- mischt wurden. Der Hauptanleil besteht aus Lymphocyten oder deren Resten, neben einzelnen eosinophilen Zellen und Erytrocyten. Ausser- dem finden sich grössere Mengen von Fett vor, welches ebenfalls reich- lich in den Darmcpithelien auftritt, Fig 17. Letzteres kann nur als das Resultat eines Assimilierungsprozesses aufgefasst werden. Dass wir es hier mit krankhaft veränderten Zellen zu tun hätten, in welche der Embryo eigenes Fett ablagerte, erscheint bei der Regelmässigkeit dieses Befundes vollständig ausgeschlossen. Diese von mir beobachtete Zusammensetzung des Darminhaltes, weicht bedeutend vor derjenigen ab, welche von STUHLMANN ^) beschrie- ben worden ist. Nach seiner Angabe soll dieselbe zumeist aus Erytro- cyten bestehen. Einen solchen Inhalt findet man auch, wie weiter unten gezeigt wird, während einer späteren Entwickelungsperiode vor und ist man daher wohl zu der Annahme berechtigt, dass diese frühere erytrocytenlose Periode STUHLMANN dadurch entgangen ist, dass der- selbe nur ältere Embryonen auf ihren Darminhalt untersucht hat, wo alle Spuren der Eihäute noch nicht werschwunden waren. Das Vorhandensein einer Periode, in welcher man nur sehr we- nig Erytrocyten sowohl in der Embryotrophe, wie im Darmkanal der Embryonen antrifft, ist insofern von Bedeutung, weil durch dieselbe es fraglich erscheint, dass die Rolle der Erytrocyten besonders im Übertragen von Sauerstoff bestehen sollte. Es scheint mir natürlicher, da ein Sauer- stofTbedürfnis schon von Anfang an vorhanden ist und gedeckt werden muss, das Fehlen der Erytrocyten in dieser Zeit damit in Verbindung zu setzen, dass die Embrj^onen noch über ein eigenes Nährmaterial, Dotter, verfügen. Nach Verbrauch desselben genügt die ursprüngliche Zusaui- ') Stuhlmann, 1. c. 42 Festschrift für Palnicit. N.o ^. mensetzung der Enibiyotrophe nicht mehr den Ansprüchen und zur Deckung derselben werden die Erytrocyten gebraucht. Je mehr die Depots von Lymphocyten schwinden, um so mehr tritt das Auswandern von Erytrocyten in die Embryotrophe in den Vordergrund, Massen derselben finden sich ausserhalb der Gefässe vor, und dass dieselben auf dem Wege ins Innere des Ovarialschlauches sind, zeigen nicht allein die Schnitte, in welchen die Erytrocyten dicht unter- halb oder sogar zwischen den Epithelzellen liegen, sondern besonders die Veränderung in der Zusammensetzung der Ovarialflüssigkeit, welche stets beim Vorhandensein weiter entwickelter Embryonen zu konsta- tieren ist. Der frühere, überwiegende Hauptbestandteil, die Lymphocyten, ver- schwindet mit dem Erschöpfen ihrer Depots, welches eine weitere Zu- fuhr verhindert. Dass überhaupt einzelne noch immer bis zuletzt ange- troffen werden, ist wohl auf Zufälligkeiten zurückzuführen, welche sie vor dem Verschlucken bewahrt haben, möglicherweise sind es auch einige verspätete Auswanderer, Anstatt derselben treten so grosse Mengen von Erytrocyten von jetzt an in der Embryotrophe auf, dass nach den Präparaten der An- schein erweckt werden kann, dass wirklich freie Blutergüsse in den Ovarialschlauch stattgefunden hätten. Diese Annahme lässt sich aber leicht widerlegen. Im Allgemeinen zeigen die in der Embryotrophe angetroffenen Ery- trocyten eine sehr verschiedene Affinität für HämoglobinfarbstofTe, Fig. 19. Man darf aus diesem Umstand wohl den Schluss ziehen, dass sie ver- schieden lange in der Ovarialflüssigkeit gelegen haben. Wie schon früher der Fall, finden sich auch in der Schlussperiode des embryonalen Lebens einzelne eosinophile Zellen in der Embryotro- phe vor. Auch die Jodreaktion auf Glycogen gelingt noch und ebenso sind grosse Fettmengen noch eine Zeit lang nachweisbar, Fig. 20. Die selben nehmen aber gegen den Geburtstermin ab. Da diese Veränderung in der Zusammensetzung der Embryotrophe ziemlich plötzlich einsetzt und ungefähr mit dem Verschwinden des Dol- tersackes der Embryonen eintritt, so kann man die intrauterine Ernäh- rung in zwei verschiedene Phasen teilen, von welchen die erste der Hiid. Köhler, Einbrij atrophe. 43 Ausnützung des Dotters parallel läuft, die zweite dagegen mit dem er- folgten Verbrauch dieser Nahrung beginnt. Während der zweiten Periode finden wir in dem Magendarmtrak- tus der Embryonen einen anderen Inhalt als vorher. Im Magen, Fig. 21, besteht derselbe, wenigstens von der Mitte der Periode an, zeitlich ungefähr dem November entsprechend, beinahe nur aus Erytrocyten, welche in solchen Mengen vorkommen können, dass sie das ganze in den Schnitt gefallene Lumen derselben ausfüllen. Den gleichen Inhalt trifTt man ebenfalls im oberen Teil des Darmes an, Fig. 22. Allein in dem erweiterten Teil des Enddarmes lassen sich neben Erytrocyten auch noch Kerne anffinden, welche ihrem Aussehen nach auf Lympho- cyten zurückzuführen sind. Dieselben schwinden aber gegen das Ende des intraovariellen Lebens immer mehr, Fig. 23. Von anderen Bestandteilen mag hier noch das Fett erwähnt wer- den, welches ziemlich reichlich im Darmlumen und Darmepithel vor- kommt, Fig. 24. In den Präparaten, welche mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt worden sind, tritt eine stärkere Rotfärbung um so schärfer auf, je mehr dem Darminhalt Erytrocyten beigemischt werden, wie ein Vergleich der Figg. 16 und 23 zeigt. Dieselbe kann wohl wie an anderen Orten, z. B. in Placenten, als Zeichen einer Aufnahme von Hämoglobin gedeutet werden. Aus der Schilderung der Ernährung der Zoarces-Embryonen wäh- rend ihres Aufenthaltes im mütterlichen Organismus, welche oben gege- ben ist, geht mit aller Deutlichkeit hervor, dass Diffusion und Osmose nur eine nebensächliche Rolle spielen können, wenn wir von dem nöti- gen Austausch gasförmiger Bestandteile absehen. Den Hauptanteil der Nahrung bilden Teile mütterlichen Gewebes teils in flüssiger, teils in fester Form. Unter diesen erregt die Abgabe von Bestandteilen der mütterlichen Mucosa ein besonderes Interesse. Dieser bei den Säugern, welche eine Placenta besitzen, überall in irgend einer Form nachweisbare Vorgang 44 Festschrift für Palmen. N:o 4. scheint sehr weit verbreitet zu sein. Wo genaue Untersuchungen an niederen Wirbeltieren vorliegen, welche über genügend umfassendes Ma- terial verfügt haben, ist derselbe mehrfach auch schon nachgewiesen, z. B. bei Salamandra atra. Bei Centrophorus granulosus ist er wenig- stens wahrscheinlich. Allerdings erscheint diese Abgabe bei niederen Wirbeltieren durch andere Vorgänge vermittelt zu werden als bei Säugern, Von den anderen Vorgängen erscheint nur noch besonders das Zusammentreffen der Erytrocytenabgabe an die Embryotrophe mit der Zeit, wo der mitgegebene Dotter verzehrt ist, bemerkenswert und die- ses aus dem Grunde, weil wir bei den dotterarmen Eiern der Säugetiere von vornherein entweder eine Zuführung von Blutprodukten nach vor- herigem Zerfall oder direkt ein Umgeben der Eier mit einer Blutlache, wie in Teil I erwähnt, vorfinden. Man kann wohl daraus den Schluss- satz ziehen, dass der Dotter gewissermassen durch Bestandteile des mütterlichen Blutes ersetzt werden kann und teilweise im Laufe der verschiedenen Differenzierungen ersetzt worden ist. Für die Fettzufuhr zum Embryo scheinen in der ganzen Reiiie viviparer Tiere die gleichen zwei Wege in Anspruch genommen zu wer- den. Entweder wird dieselbe durch fettbeladene Leucocyten vermittelt, welche sich direkt der Embryotrophe beimischen, wie z. B. bei Zoarces, oder übernehmen epitheliale Zellen die Vermittlerrolle, indem sie das Fett aus dem Blutplasma abscheiden und darauf der Embryotrophe zuführen, wie z. B. bei den Indeciduaten und bei Torpedo. Ein dritter Weg durch direkte Transsudation im gelösten Zustande aus dem Blut- plasma erscheint vielfach ebenfalls wahrscheinlich. Fassen wir zum Schluss noch die verschiedenen Bestandteile zu- sammen, welche der mütterliche Organismus für die Embryotrophe bei Zoarces abgiebt, so finden wir Folgende: l:o Lymphoides Transsudat, 2:o Epithelzellen, 8:0 Glycogen und Fett; 4:o Lymphocyten' und Leucocyten, 0:0 Erytrocyten, 6:0 Bindegewebe. Hud. Kolster, Embryolrophe. 45 Tafelerklämng. Tafel I. N:o 1. Embryo kurz vor Sprengung der Eihaut. Nat. Grösse. N:o 2. Reifer Embryo. Nat. Grösse. N:o 3. Schnitt durch die Ovarialwand kurz vor Ablösung der F2ier. ZENKER-Präparat. Hämatoxylin. ZEISS. Apochr. 16. Comp, oc. 6, N:o 4. Schnitt durch die Ovarialwand nach Ablösung der Eier. ZENKER- Präparat, Hämatoxylin. ZEISS. Apochr, 16. Comp. oc. 6. N:o 6. Schnitt durch die Ovarialwand, während die Embryonen noch einen äusserlich sichtbaren Dottersack besitzen. (Fig. 1). F'or- malinpräparat. Hämatoxylin. ZEISS. Apochr. 16. Comp. oc. 6. N:o 18. Schnitt durch die Ovarialwand bei reifen Embryonen. (Fig. 2). ZENKER-Präparat. Hämatoxylin. ZEISS. Apochr. 16. Comp, oc. 6. Tafel H. N:o 8, 9 und 10. Schnitte durch die Wand eines Ovarialschlauches, welcher 105 Embryonen mit äusserlich sichtbarem Dotter- sack enthielt. (Fig. 1). Formalinpräparat. Hämatoxylin. ZEISS. Hom. Imm. 2 mm. Comp. oc. 4. Tafel III. N:o 5. Schnitt durch die Ovarialwand nach Ablösung der Eier. ZENKER- Präparat. Hämatoxylin 4- Eosin. ZEISS. Hom. Imm. 2 mm. Comp. oc. 4. N:o 7. Schnitt wie Fig. 8, Formalinpräparat. Saffranin -|- Anilinblau. ZEISS. Hom. Imm. 2 mm Comp. oc. 4. N:o 11 und 12. Schnitte eines Ovarialschlauches dessen Embryonen noch Spuren eines Dottersackes zeigten. FLEMMING'sche Lösung. Saffranin. ZEISS. Hom. Imm. 2. mm. Comp oc. 4. 46 Festschrift für Palmar N:o 4. N:o 15. Schnitt durch den Enddarm eines Embryos kurz nach Verlas- sen der Eier. Formalinpräparat. Hämatoxylin -|- Eosin. ZEISS. Apochr. 8. Comp. oc. 6. N:o 16. Wie N:o 15. Tafel IV. N:o 17. Wie N:o 15. Nachosmiertes F'ormalinpräparal. Saffranin. N:o 21. Schnitt durch den Magen eines beinahe reifen Embryos, ZENKER- Präparat. Hämatoxylin + Eosin. ZEISS. Apochr. 8. Comp. oc. 6. N:o 22. Schnitt durch den oberen Darm eines beinahe reifen Embryos. ZENKER-Präparat. Hämatoxylin + Eosin. ZEISS. Apochr. 8, Comp. oc. 6. N:o 23. Schnitt durch den Enddarm eines beinahe reifen Embryos. FLEMMING'sche Lösung, Saffranin. ZEISS. Apochr. 8. Comp. oc. 6. Tafel V. N:o 13. Ausstrichpräparat der Ovarialflüssigkeit, bei äusserlich sicht- barem Dottersack der Embryonen. Formalin 4- Osmium- präparat. Saffranin. ZEISS. Hom. Imm. 2. mm. Comp, oc 6. N:o 14. Wie N:o 13. Formalin. Hämatoxylin + Eosin, a) Erytrocy- ten, h) eosinophile Zellen, c) Lymphocyten, d) gequollene Epithelzellen, c ? ZEISS. Hom. Imm. 2. mm. Comp. oc. ti. N:o 19. Ausstrichpräparat der Ovarialflüssigkeit, während die Embryo- nen kurz vorder Reife stehen. ZENKER-Präparat. EHRLICH'sche Färbung. ZEISS. Hom. Imm. 2. mm. Comp. oc. 6. N:o 20. Wie N:o 19. Formalinpräparat. Scharlachrot + Hämatoxy- lin. ZEISS. Hom.. Imm. 2. mm. Comp. oc. 6. PI. 1. i t< %' i I l '^H 18 MTUt-FTtU/milllN PI. 2. * % # ^F^ ^ » • • • I 6 # -^ (Je >7r ,^ 10 *« ^ ^;^^' 0 1 ^ «x PI. 3. ^a^ " ")^ J}^- • • «^ *^*'*: ■A ^-, »..» "'%/■■ o 5 15 /%^ 1 J# .*^ 12 7|0t»Tll*n«"frK«> PI. 4. \^ ■■■ - 17 f««V ätm:i^^- :•«•: ^♦)»>a.AiirtU|^^(4 «.«-j,. 21 'JfS #1 22 8^'=> ^^ ' < • /•*•' a 4i 23 24 MCTSOLFTiunUHilMtOO PI. 5. • • • X .• • • • • • • • • • • • • • •• • * •'S® # • f • • • «? •• • • • • • • • • • • * • % . ^ ^ *^''\^ % <9 ^ ^ o 13 14 19 20 TKK.rTlljtniBli'KiO FESTSCHRIFT FÜR PALMEN. N:0 5. ZUR KENNTNIS DER GATTUNG MACROSTOMA. VON ALEX. LUTHER. MIT VIKR TAFELN UND VIER FIGUREN IM TEXT. HELSINGFORS 1905. Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. VON Aleoc. lAither. JEinleitung. Bekanntlich gehören Repräsentanten der Gattung Macrostoma, und speziell M. hystrir, im süssen, brackischen und Meereswasser der nörd- lichen Halbkugel zu den häufigsten Rhabdocölen. Wichtige Untersuchun- gen über dieses Genus verdanken wir besonders O. SCHMIDT (1848), M. SCHULTZE (1851), E. v. BENEDEN (1870 a und b), v. GHAFF (1882) und VFJDOVSKY (1895), einzelne kleinere Beiträge, — abgesehen von rein fau- nistischen Notizen, — ausserdem HALLEZ (1879), BHAUN (1885), SlLLl- MAN (1885), ZACHARIAS (1891), PEREYASLAWZEWA (1893), P^UHHMANN (1894), DORNEK (1902) u. A. Da aber fast alle diese Untersucher sich ausschliesslich der Quelschmethode bedienten, — nur v. GRAFl*' und PEREYASEAWZEWA haben, soweit mir bekannt, die Schnittmelhode be- nutzt, — sind wir trotzdem noch recht ungenügend über iien inne- ren Bau dieser Gattung unterrichtet. Und doch forderte die niedere und zugleich zentrale Stellung, die zuerst HALLEZ (1879 p, 147) und dann v. GRAFF (1882 p. 208, 236 u. 237) in ihren Stammbäumen der Turbellarien den Macrostomiden anweisen, dringend zu einem eingehen- den Studium dieser Formen auf. Dem Wunsche zur P'üllung dieser Lücke beizutragen entsprang die vorliegende Arbeit. Die ursprünglich gehegte Absicht zugleich eine Darstellung der Microstomida und Stenostomida zu geben musste auf Grund einer anderen bevorstehenden Untersuchung für dieses Mal auf- gegeben werden. 4 Festschrift für Palmen. N:o 5. Als Untersuchungsmaterial standen zu meiner Verfügung: M. hystrixÖt^ST., welche Art im Brackwasser des Finnischen Meerbu- sens bei der Zool. Station Tvärminne (Salzgehalt um ein Geringes über oder unter 0,5 ^/o schwankend) an seichten Stellen (am zahlreichsten zwi- schen Krogen und Jofskär), besonders in der ersten Hälfte des Sommers häufig ist 1). Hier hatte ich den ganzen Sommer Gelegenheit frisches Mate- rial zu fischen. Im Juli nahmen die Tiere mehr und mehr an Menge ab. Ende August verschwanden sie völlig. — Ausserdem besass ich zwei mit den finnischen Exemplaren übereinstimmende, von mir in Graz in Aquarien des Zool.-Zoot. Instituts gesammelte Individuen. M. viride v. BEN. 2 im Jahre 1901 im Kirchspiel Lojo (Süd-Finn- land) gesammelte Individuen. Nach meinen Notizen aus den Jahren 1901 und 1902 kommt diese Art im Juni und Juli daselbst sowohl im Lojosee bei Tytyri und in Tümpeln am Ufer desselben wie auch im Mühlenteich bei Lill-Ojamo vor, immer an seichten Stellen mit reich- licher Wasservegetation. Ich fand stets nur ganz wenige Exemplare. Zoochlorellen beobachtete ich nie in den Tieren. — Anfangs hielt ich die Art für M. hystrix und entdeckte erst im Laufe der Untersuchung den Irrtum. Infolgedessen wird in der ersten Hälfte dieser Arbeit M. viride etwas weniger berücksichtigt als die beiden anderen Arten. M. tuba lag mir in drei mit Sublimat-Eisessig konservierten Exem- plaren vor, die ich der Güte des Herrn Prof. Dr. L. BÖIIMIG in Graz verdanke. Da jedoch leider die Schnitte durch eines dieser Indivi- duen misslangen, beziehen sich die in dieser Arbeit erwähnten Beob- achtungen an M. tuba fast ausschliesslich auf die zwei übrigen Tiere. Zur Fixierung des Schnitt-Materials benutzte ich teils LANG- sche Flüssigkeit teils eine gesättigte Lösung von Sublimat in physiolo- gischer Kochsalzlösung. Beide Flüssigkeiten wurden warm angewendet. Gefärbt wurden die Schnitte in der Regel mit BENDA's Eisenhämatoxy- lin (Nachfärbung mit Eosin oder Säurefuchsin und Orange G) oder mit EHRLICH's Hämatoxylin und Eosin. •) Das Vorkommen dieser Art bei Helsingfors habe ich früher t — 17), scheinen auch hier vorzukommen; wenigstens sind die Zellen je nach ihrer Grösse sehr verschieden tingierbar und kleine, .stark larbbare Zellen liegen zwischen grösseren, blasseren eingekeilt. Beisalnietnbra/n. Gegen das Mesenchym ist das Epithel überall deutlich abgegrenzt, ^) und zwar konnte ich an mit Eisenhämatoxylin gefärbten Schnitten von tuba und hysirix eine äusserst zarte Basalmembran erkennen, üass ich sie bei viride nichl fand, schreibe ich dem Umstände zu, dass ich von dieser Art nur mit EHRLICH's Hämatoxylin gefärbte Serien besass (vgl. unten, S. 17, das über die Basalmembran des Darmes gesagte). Hautdrüsen. Die Macrostomiden sind ausserordentlich reich an Hautdrüsen ver- schiedener Art. Diese lassen sich je nach den Sekreten leicht in drei Ka- tegorieen unterbringen: Stäbchendrüsen, Drüsen der Haftpapillen oder Klebdrüsen (im Schwanz) und Schleimdrüsen (cyanophile Hautdrüsen). Die S t ä b c h e n d r u s e n liegen sämtlich mehr oder weniger tiet in den Geweben des Körpers eingebeitel — dermale Rhabditen kommen *) Wenn v. Benkdkn (1870 h, |). 118) bei oiride in der »expansion caudale» keine .scharfe Grenze t)eobachten konnte, .so war das sictierlich nur durch die dort so aus.serordentlicli zahlreit hen Mündungen von Drüsen verschiedener Art bedingt. .\uch hier erscticinl die Grenze an Schnitten mit aller nur wün.schens- werten Deutlichkeil. 8 Feslschiifi für Palmen. N:o ö. nicht vor. Im Gegensatz zu vielen anderen Rhabdocöliden durchbohren hier die Stäbchen nur ausnahmsweise die Epithelzellen, sie treten viel- mehr in der Regel zwischen ihnen aus. Wie schon v. GRAFF (1882, p. 240) für M. hystrix hervorhebt, kommen verschiedene Typen von Stäbchen vor. Ich finde die Anzahl der Formen noch grösser als er sie angiebt und im Wesentlichen bei den von mir untersuchten Arten übereinstimmend. Über den grössten Teil des Körpers verteilt finden sich pfriemenförmige, distalwärts verdickte und abgerundete, seltener gleichmässig dicke, beiderseits gleichmässig abgerundete Stäbchen, meist in je einer Drüse entstammenden Gruppen zusammenstehend, die gewöhn- lich 2 — 8, bei hystrix ausnahmsweise bis 15 Stäbchen enthalten (T. I. F. 7, 14; 19, 20, 26, 27 rh.) Häufig ragen sie mit dem P2nde etwas über die Fläche des Epithels hervor (F. 26, 27). Sie sind am zahlreichsten an den Seitenrändern des Körpers. (Textf. 1 /7?l sowie am Vorderende und Schwanz, bei tuba an diesen Stellen auch am grössten (bis 16 — 20 f( lang gegen 7 — 12 fj dorsal, Dicke c. 1 //; lange und kurze Stäbchen kommen aber auch durcheinander vor) reichlich sind sie ferner über den Rücken zerstreut ; dagegen finden sie sich in dem medianen Teil der Bauchseite hinter dem Pharynx nur spärlich und nehmen hier rückwärts immer mehr an An- zahl ab, sodass sie im Schwänze mit Ausnahme der Seitenparteien, ventral fast ganz fehlen. Bei hystrix mass ich Stäbchen von 4^/2 — ^) f( Länge; bei mride erreichten sie bis 14//. Diese Stäbchen entsprechen der ersten und zweiten unter den von v. GRAFF erwähnten drei Stäb- chenkategoreien. In der Umgebung des Gehirnes liegen zahlreiche Drüsen, welche auf getrennten Wegen ihre Stäbchen gegen das Vorderende senden. Diese Rhammiten {F. 6, 13) stimmen teils mit den soeben erwähnten überein, meist aber sind sie etwas grösser (bei M. iiiha bis 20 it lang, bei M. hystrix 10 // lang), vorn dicker, hinten dünner, schwanzartig ausgezogen. Ausser diesen auf getrennten Bahnen ziehenden Stäbchen finden sich im Vorderende noch Stäbchenstrassen, welche aus Drüsen entsprin- gen, die rechts und links zwischen Pharynx und Leibeswand liegen und bisunter das Rückenepithel reichen. Diese Drüsen produzieren lange, sehr schlanke, bei M. tuba meist spindelförmige, an beiden Enden zugespitzte (bis 20—24 ,M lange, V4 — V2 /i dicke; F. 12 a) bei M. hystrix gewöhn- Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 9 lieh fein pfriemcnförmige, vorne abgerundete, oft stark gebogene oder geschlängelte Stäbchen (10 — 14 /y lang: F. 8). Die Ausführungsgänge konvergieren gegen die Mitte des hinteren Gehirnausschnittes, durch- bohren die Fasersubstanz des oberen Teiles des Gehirns und lösen sich dann in 4 Strassen auf, die sich ihrerseits verzweigen und vorne sub- terminal münden. Ein anderer Teil der Stäbchen zieht bei hijstri.v ven- tral vom Gehirn vorwärts. AufTallenderweise entsteht in denselben Drüsen noch ein anders geformtes Sekret, welches aus runden Kugel- chen besteht, die bei Af. tuba (F. 12 b) 2 — 3 // im Durchmesser hallen, bei Af. hystrix entsprechend kleiner sind. Färberisch verhalten sie sich ebenso wie sämtliche übrige Stäbchen unserer Tiere erythrophil. Bei Af, tuba bildete die Substanz der Kügelchen an der Peripherie dieser letzteren gewöhnlich dunklere Flocken, während das Zentrum heller er- schien, ein Verhalten, das vielleicht durch die Reagentien bewirkt war. Die Ausmündung erfolgt vorne zusammen mit derjenigen der Stäbchenslras- sen. Übergänge zwischen den Stäbchen und Kügelchen konnte ich nir- gends finden. Wie schon v. GRAFF (p. 240 — 241) erwähnt, ist der Mundrand dicht besetzt mit Stäbchen. Sie sind beidendig spitz ausgezogen (bei M. tuba 8 — 18 // lang, V2— (selten) 1 // dick, F. 16; bei M. hystrix und viride sehr dünn, bei letzterer (F. 9) 6 ii lang). Sie entstehen in Drü- sen, die zwischen Pharynx und Leibeswand liegen, und die dichte Stäb- chenströme abwärts senden. Auch in diesen Drüsen sah ich (bei M. hystrix) neben den Stäbchen verhältnismässig grosse erythrophile Körn- chen, und solche münden dicht neben den Stäbchen lateralwärts von ihnen aus. Einwärts von diesen Stäbchen fand ich am Mundrand eines Exem- plars von M. viride ganz vereinzelt eine Gruppe von grösseren Stäb- chen, dem zuerst erwähnten Typus entsprechend. Als Rhabditen sind schliesslich auch die Sekrelkörnchen jener accessorischen Drüsen zu bezeichnen, die in dichten Zügen angeordnet, gegen die weibliche GeschlechtsölTnung konvergieren (T. IV, F. 40 rh. Textf. Ihphdr) und die bereits SCHULTZE (1851 l. V h, M. hystrix) v. GRAFF 1882 p. 241, t. IV, f. 1, M. hystrix und p. 243 M. tuba) und FUHR- MANN (1894, p. 227, M. viride) gesehen haben. Diese Stäbchen haben stets eine ellipsoidische oder kurz "und stumpf spindelförmige Gestalt. 10 Festschrift für Palmen. N:o 5. Die Grösse ist starken Schwankungen unterworfen: bei M. tiiba fand ich einen innersten Kreis mit 6 — 8 // langen, etwa 3 // dicken Stäbchen (F. 15 a), dann folgten auswärts kleinere, 3 — 4 {i lange, c. 1 fi dicke (bj, und schliesslich zu äusserst 5 — 6 // lange, c. 2 (i dicke (cjy die zwischen den anderen die Mitte hielten. Ob dieser Befund nur indivi- duelle Geltung hat oder nicht, kann ich in Ermangelung grösseren Ma- terials nicht beurteilen. Bei M. hystrix und uiride fand ich keine solche regelmässige Gruppierung. Die Stäbchen massen bei der ersteren Art 2 — 4 // an Länge, bei M. uiride (F. 11) bis (3 //. An Schnitten be- merkt man in diesen Stäbchen sehr oft eine oder mehrere Vacuolen. Die Drüsen selbst (T. IV, F. 40 rhdr, Textf. 1 f.) sind von rundlich birn- formiger Gestalt und umgeben dicht gedrängt das weibliche Antrum. Am Rande des verbreiterten Schwanzes der Morros/oma-Arten u. /.. hauptsächlich subvenlral linden sich Gebilde, die unter dem Namen Haftpapillen ^) bekannt sind. Sie werden am besten charakteri- siert durch den Ausspruch v. GRAFF's (p. 61) dass sie »nichts weiter vorstellen als den über die Oberfläche vorragenden Ausführungs- gang einer Drüsenzelle der Epidermis.» Diese Worte, die sich ursprüng- lich auf M. tuba beziehen, gelten nach meinen Beobachtungen auch für M. hystrix. Während die Papillen bei der ersteren Art nur im Mo- mente der Anheftung zu sehen sind (v. GRAFF p. 243), ragen sie bei M. hystrix nach v. GRAFF's (p. 241) und meinen Beobachtungen (T. 1. F". 17, 18, T. II, F. 10 klp) stets über die Haut hervor (8— 10 //.) 2). Beim Festhaften oder unter dem Druck des Deckgläschens (M. tnba v. GRAFF p. 60) quillt an der Spitze der Papille das klebrige Sekret hervor und kann unter Umständen in feinste Fädchen ausgezogen werden (p. 63). ^') ') V. Wagnkr's (1891 b) Arbeit über die Klebdrüsen von Microstoma lineare Ör.st. hatte ich leider bei der Abfassung des Manuskripts über.sehen. Ich freue mich konstatieren zu können, dass unsere Resultate in allen we.sentlictien Punk- ten übereinstimmen. (Zusatz bei der Korrektur). ■') M. viride verhält sich nach Braun (1885 p. 12) und Fuhrmann (1894 p. 227) in dieser Hinsicht wie M. tuba, M. obtnsnm nach Vkjdovsky (1895 p. 155 wie M. Itifslrix. ") Pkreyahl.wvzewa's (1893, p. 27—29) Auffassunj^ dieser (lebilde als .Sau{«- näpfe (ventouses) ist durchaus irrtümlich. Alex. Lülher, Zar Kenntnis der (ialhing Macrosloma. 11 Betrachtet man diese Gebilde an Schnitten, so stellen sie bei M. hyslrix (T. l. F. 19 kip) feine, in KHRLICH's Hämatoxylin bläulich färb- bare Schläuche dar, die das Epithel etwa ebenso weit überragen wie das Cilienkleid, und die sich durch das Epithel hindurch, von dessen Plasma sie sich durch dunklere Färbung unterscheiden, einwärts ver- folgen lassen. Im Inneren dieser Schläuche findet sich ein feinkörni- ges erythrophiles Sekret. Während der Schlauch selbst einwärts bald an Färbbarkeil und Deutlichkeit abnimmt, immerhin aber wenigstens slellenweise erkennbar ist, lässt sich das Sekret weiter proximalwärts verfolgen bis zu rundlichen Drüsen von 4 — 6 u Durchmesser, die gemein- schaftlich mil Rhammitendrüsen den Raum zwischen dem Hinterende des Körpers und dem Penis erfüllen. — Ganz ähnlich liegen die Ver- hältnisse bei M. liiba, nur ragen bei dieser Art die Schläuche nicht über die Körperoberfläche hervor (T. I. F 20 agkl). Vom Plasma der Epi- thelzellen waren sie auch hier (an Eisenhämatoxylinpräparaten) sehr deutlich durch ihre dunklere Farbe unterschieden. Wie das Vortreten der Papillen hier zuwegegebracht wird, ob einfach durch Ankleben des zähen Sekretes und passives Ausdehnen, wobei das Zurücktreten durch die Elastizität der Gewebe erfolgen würde, oder ob durch aktive Muskelwirkung, etwa durch Kontraktion der dor- soventralen Schwanzmuskeln, — darüber wage ich keine bestimmte An- sicht auszusprechen. S c h 1 e i m d r ü s e n (cyanophile Hautdrüsen) finden sich in gros- ser Zahl über den ganzen Körper verteilt, besonders zahlreich aber in der Kopfregion ventral von der Körperspitze und an den Rändern des Körpers. Sie sind rundlich oder birnförmig, klein (6—8 // lang) und kurz gestielt (F. 5 cir); oft sind Körper und Au.sführgang ebenso lang. Mtisktilattir. Der Haulmuskelschlauch (T. II, F. 1) besteht aus einer äussersten Ringmuskelschicht (rm) auf die einwärts Diagonal- (dni^ und Längs- muskeln (Im) folgen. Die Ringmuskeln sind überall dünn und stehen verhältnismässig dicht. Bei iubu fand ich die Diagonalfasern dorsal im 12 Festschrift für Palmen. N:o 5. Schwanz und ventral in der vorderen Körperhältte besonders stark, bis 2 {/ breit, bei hijstrix im Schwanz stärker als sonst. Die Fasern die- ser Schicht stehen bald in ziemlich regelmässigen Abständen von ein- ander, bald in ganz unregelmässigen. Die innerste Schicht, die der Längsmuskeln, ist überall kräftig ausgebildet; bei luba erreichen die Fasern oft 2 ,u Breite. — Die Fasern verzweigen sich und anastomosieren häufig mit einander. Ventral sind sie in der hinteren Körperhälfte be- sonders stark entwickelt und legen sich hier mehrfach übereinander (T. II. F. 10 Im). Eine Anzahl Fasern ziehen hier von rechts und links schräg rückwärts zur gegenüber liegenden Seite, und kreuzen sich hin- ter der männlichen Geschlechtsöffnung. Im Übrigen besteht die Muskulatur, abgesehen von derjenigen der einzelnen Organe, hauptsächlich aus Dorsoventralfasern (Textf. 1, T. II, F. 10 dorn). Mit Ausnahme des äussersten Vorderendes und des Schwanzes konvergieren sie an Querschnitten durch die Tiere fast stets ventralwärts. Vor dem Gehirn und im Schwänze sind sie am zahl- reichsten und kräftigsten, bei hysfrix fand ich an ersterer Stelle Fasern von bis zu 6 // Dicke. Die Dorsoventralfasern werden durch den Darm und die Geschlechtsorgane seitwärts gedrängt, doch kommt es vor. dass sie letztere, z, B. die Hoden, vereinzelt durchbohren. Letzteres geschieht auch mit dem Schwanzganglion von M. tuba. Das Vorderende besitzt zahlreiche Refraktoren, die von vorn und oben rückwärts zu den Kör- perseiten ziehen. Ihre dorsalen Insertionen greifen stellenweise etwas auf die gegenüberliegende Seite über, sodass die Muskeln der linken und rechten Seite sich dann kreuzen. Bei hystrix fand ich dicht vor dem Gehirn ein Paar sehr starke Muskeln, die sich kreuzten, und von oben rechts nach unten links und oben links nach unten rechts zogen. Sämtliche hier erwähnte Muskeln mit Ausnahme derjenigen des Hautmuskelschlauches sind an den Enden verzweigt. Der Kern liegt, wie man es häufig an Schnitten konstatieren kann, in eine geringe Menge Plasma eingebettet dem Muskel an (T. II, F. 8 k). Die Muskulatur der einzelnen Organe (Darmkanal, Geschlechtsor- gane) soll im Zusammenhang mit diesen besprochen werden. Alex. Luther. Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 13 rK- Textf. 1 a— i. Querschnitte durch Oc. 4: Obj. 16. af. Antrum femininum. au. Aufie. ck. (>hitinöses Kopulationsorgan. da. Darm. dphm. Dilatatoren des Pharynx. drm. I\adiärmuskeln des Darmes. dorn. Dorsovcntralmuskeln. ep. Epithel. geh. Gehirn. hnc. Schwanzganglion. In. Längsnervenstanim. od. Oviduet. oü. Ovarium. den Körper von M. tuba (halbschematisch) phar. Pharynx. phdr. Pharyngealdrüsen. phnr. Pharyngealnervenring. phrm. Ringmuskeln des Pharynx. rh. Rhammiten. rhdr. Rhabditendrüscn. sq. Sammelgang des Ovars. test. Hoden. v(j. Vesicula granulorum. vs. » seminalis. $ Weibliche Geschlechtsötinung. ^ Männliche » 14 Fcstschrifl für Palmen. A'.o ;>. Mesenchym und Schizocöl. Die Zwischenräume zwischen Haulmuskelschlauch einerseits und Darmkanal, Geschlechtsorganen, Nerven und Excretionssyslem anderer- seits werden zum grössten Teil durch die massenhaft vorhandenen Hautdrüsen erfüllt, zwischen denen die Fasern der allgemeinen Körper- muskulatur und diejenigen der einzelnen Organe verlaufen. Nur spär- lich finden sich zwischen diesen Elementen kleine stern-oder spindel- förmige Zellen mit chromatinreichem Kern (bei hi/strix von c. 3 // Durchm.) oder auch etwas mehr ausgebreitete Plasmaplatten, die einen runden oder ellipsoidischen Kern enthalten (T. 11. F. 3). Diese Zellen entsenden Au.släufer, die wenigstens stellenweise ein feines Reticulum bilden. Bei der grossen Schwierigkeit an Präparaten diese Zellen stets sicher von anderen histologischen Elementen wie z. B. Myoblasten, Terminalorga- nen des Excretionsapparats etc. zu unterscheiden, wage ich es nicht hier näher auf dieselben einzugehen. Die zwischen den Zellen frei bleibenden Spalträume sind von sehr geringer Ausdehnung. Nur zwischen Gehirn und Pharynx ist bei hystrix an meinen Schnitten eine etwas grössere Gewebslücke vorhanden, doch dürfte dieselbe vielleicht zum Teil durch Schrumpfung bei der Konservie- rung bedingt sein. JDarmkanal. Die Mundölfnung und der Schlund sind bereits von v. GRAM' (p. 241) in ihren wesentlichsten Zügen richtig erkannt worden. Erstere ist bei allen Arten »eine noch im ersten Fünftel des Körpers gelegene bauchständige l^ängsspalte von konstanter Form.^ Ihr schliesst sich der in der Ruhe ebenfalls von den Seiten her zusammengedrückte, einfache Pharynx an. Letzterer ist, wie auch VKJDOVSKY (1895, p. 156) es bei M. ohtusuni konstatierte, ausserordentlich erweiterungsfähig, »in dem Masse, dass sogar Magenzellen nach aussen gähnen.* Diese Erweiterung, die nach dem erwähnten Verfasser (1. c. t. VII f. 97) bei oblusiini durch zwei Paar Dilatatoren bewirkt wird, die von der Mundöffnung links und rechts schräg rückwärts zur Leibeswnnd laufen, erfolgt bei inha und Alex. Luther, Zur Keiinlnis der (iallnng Macrontoma, 15 hystrix durch zahlreiche, ei?icrscils an dem Mundrande und dem unteren Teil des Pharynx andererseits an der seitlichen Körperwandung etwa in halber Höhe des Tieres inserierende Muskeln sowie durch zahlreiche Fasern, die von der Wandung des Pharynx radiär zu den Seiten des Körpers ziehen (Textf. 1 hdphm). Beiderlei Fasern ziehen teils gerade lateralwärts, teils schräg rückwärts. Der unterste Teil des Pharynx, der Mundöffnung zunächst, erscheint an Schnitten meist etwas erweitert (T. II, F. 2), und in diesen erweiter- ten Teil münden die bereits oben (S. 9) beschriebenen feinen Stäbchen und das grobkörnige erythrophile Sekret, sodass das Epithel von den Ausführungsgängen dicht durchbohrt wird. Bereits unterhalb des Drüsenausmündungsfeldes hat das Cilienkleid des Epithels seine Beschaffenheit geändert: die Cilien sind kürzer, dicker und gerader als diejenigen der Körperoberfläche, von ganz ähnlicher Beschaffenheit wie ich sie (1904 p. 44) vom äusseren Pharynxepilhel der Eumesostominen beschrieben habe. Dieses Cilienkleid setzt sich bis zum Darmmund fort, nur nimmt es in unmittelbarer Nähe des letzteren an Höhe ab. Das Epithel des Pharj'nx ist, je nach dem Kon- traktionszustand des Organs bald, wie v. GRAFF (p. 241) angicbt, höher als dasjenige der Körperoberfiäche (bei einem li\. von hystrix war er- steres 8, letzteres in der Umgebung des Mundes 4 (i hoch) bald ebenso hoch wie dieses. Die Zellen (T. H, F. 7) sind, wenigstens bei M. hystrix, stark in der Längsrichtung des Pharynx ausgezogen. Ihr Plasma zeigt eine vertikale Streifung und ist nach aussen durch einen Saum von Basalkörperchen der Cilien begrenzt. Die Kerne liegen in der Regel ganz an der Basis des Epithels. Zuweilen sind sie zum Teil oder ganz eingesenkt. Sie liegen dann (T. II, F, 4, 5) in einer Vorwölbung oder Aussackung des Plasmas, die vom übrigen Zelleib .so weit abge- trennt werden kann, dass sie nur noch mittelst eines dünnen Stieles mit diesem in Verbindung steht. Manchmal ist der Kern stark in die Länge gezo- gen und befindet sich mit dem einen, mehr oder weniger dünn ausge- zogenen Ende im Epithel, mit dem anderen, keulenförmig erweiterten, in der Aussackung. Diese Kernverhältnisse erinnern in hohem (irade an diejenigen im Pharynxepithel von Microstoma lineare Ohst. (F. 6). Hier sind die Kerne 16 FestHchrifl für Palmen. N:o 5. meist biscuitförmig, jedoch mit ungleich grossen Erweiterungen an den Enden. Nur die kleinere Anschwellung liegt innerhalb der Epithelschicht, während der eingeschnürte Teil und die grössere Anschwellung ausser- halb derselben liegen. — Die Einsenkung des Pharynxepithels, wie sie JANDEfi (1897) zuerst von den Tricladen beschrieb, erweist sich somit als schon bei diesen relativ tiefstehenden Formen angebahnt und über- haupt unter den Rhabdocölen weit verbreitet (vgl. LUTHER 1904, p. 43 — 45 und p. 51 Anm.). Zwischen den Zellen münden die Ausführgänge zahlreicher verhält- nismässig kleiner und kurzgestielter cyanophiler Drüsen aus. Der Pharynx ist umgeben von inneren Ring- und äusseren Längs- rauskeln. Erstere stehen bei M. hystrix massig weit von einander bei tuba in beträchtlicheren Abständen, sind hier aber um so kräftiger, 3 — 4 // im Durchmesser, mit im Querschnitt ringförmiger kontraktiler Sub- stanz, die ein zentrales Plasma umschliesst. Die Längsmuskeln sind schwächer und von gewöhnlichem Bau. Den unteren Teil des Pharynx umschliesst ein starker Nervenring, von welchem ich hier und da feine Verzweigungen nach oben und un- ten abgehen sah (Vgl. S. 24, Textf. 3 phnr). Am Übergang des Pharynx in den Darm findet sich eine einwärts vorspringende, manchmal sehr scharfe Ringfalte. Die Gestalt des Darmes ist die eines Sackes mit schwach gewell- ten Rändern. Die Ausbuchtungen werden durch die Kontraktion der unten noch zu erwähnenden Radial- und Ringmuskeln verursacht. Nie sah ich äusserlich so tiefe Einbuchtungen wie sie v. BENEDEN (1870 b p. 120 und fig.) von M. viride beschreibt und abbildet und wie sie auch BRAUN (1885 p. 12) erwähnt. Wohl aber ist das Epithel von sehr wechselnder Höhe. Ich finde bei M. tuba (Textf. 1 t/a), weniger ausgeprägt bei hystrix (vgl. F. II, F. 10) und viride, tiefe Einbuchtungen im Epi- thel, zwischen denen höcker- oder wulstartige Partieen vorragen. Wo die Geschlechtsorgane einen starken Druck auf den Darm ausüben, erscheint dessen Epithel gleichfalls stark verdünnt. Das Epithel besteht aus meist keulenförmigen Zellen, deren run- der, mit grossem Nucleolus versehener Kern gewöhnlich in der Nähe der Zellbasis liegt, seltener mehr der Mitte genähert. An der Ober- Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 17 fläche tragen die Zellen, wie schon SCHULTZE (1851) es entdeckte, ein dichtes Kleid von Cilien, die an Länge bis 35 // erreichen können (M. hy- strix). Sie sind, soweit ich ermitteln konnte, bis an die Basis gleich- massig dünn und verkleben nicht untereinander, stimmen also nicht mit den von OTT (1892, p. 275, f. 9—12 PP) von Stenostoma leucops O. SCHM. beschriebenen »protoplasmic proccsses« der Darmzellen überein. Manch- mal glaubte ich an Eisenhämatoxylinpräparaten an der Basis jeder Cilie ein kleines Körnchen zu finden, doch war das nur stellenweise der Fall, und ich wage mich über Vorkommen oder Fehlen von Basalkör perchen an dieser Stelle nicht bestimmt auszusprechen. Das Plasma der Darmzellen ist an der Peripherie der Zellen und um den Kern herum fester, homogener, im Inneren dagegen und gegen die Basis stärker granuliert und von oft sehr grossen Vacuolen erfüllt, die Fetttröpfchen und Flüssigkeiten enthalten. Feste Körper habe ich nie in diesen Hohl- räumen beobachtet. ^) Zwischen den Darmzellen eingekeilt liegen hier und da über den ganzen Darm zerstreut langgestreckte, schmale, schwach keulenförmige Drüsen: > Körnerkolben < (T. II, F. 10 kk) von gewöhnlichem Bau (vgl. LüTHEH 1904 p. 54 — 56). Sie sind in der Regel kürzer als die umge- benden verdauenden Zellen und liegen meist in Vertiefungen zwischen den Vorsprüngen. Dem Darmepilhel schliesst sich bei M. tuba und hystrix aussen eine dünne Basalmembran an. Sie bildet ein äusserst zartes, nur bei stärksten Vergrösserungen wahrnehmbares Häutchen. An Horizontal- schnitten durch das Tier erscheint sie als feinste, die Ringmuskeln ver- einigende Linie. Bei oiride habe ich sie nicht erkennen können. Für das Vorkommen der unten zu erwähnenden Radialfasern scheint mir je- doch die Basalmembran als Insertionsfläche eine unumgängliche Vor- bedingung zu sein, denn die zarten, nachgiebigen Darmzellen wären hierzu offenbar ganz ungeeignet. Ich zweifle deshalb nicht daran, dass sie sich auch bei viride wird nachweisen lassen. . ') Ich sehe dabei ab von kleinen, linsenförniißen, offenbar parasitischen Körpern, die in einem Falle zahlreiche Darmzellen von M. hystrix erfüllten. Mit den »Krvstalloiden» sind sie nicht identisch. 18 Festschrift für Palmen. \:o 5. Die Muscularis besteht aus etwas unregelmässig verlaufenden in- neren Ring- und äusseren Längsfasern^), wozu stellenweise noch Diago- nalfasern kommen. Die Ringfasern sind dünn, stehen aber ziemlich dicht, die Längsfasern stärker (bei tuba bis 2 //) und spärlicher. Oft sieht man in Plasma gehüllte Kerne, die den Fasern anliegen, offenbar die Myoblasten. Der Darm wird in seiner Lage erhalten durch feine, von seiner Ober- fläche radiär zur Leibeswand ziehende Muskelfasern {Textf. 1 c,d drm) . Diese sind an den Enden verzweigt. Ihr Kern, — von ellipsoidischer Form, — liegt dem mittleren Teil an. Diese Radialmuskeln sind be- sonders dorsal und seitlich gut entwickelt, ventral werden sie in der Gegend des weiblichen Geschlechtsapparats spärlicher, sind aber auch dort vorhanden. I*rotonephridien, E. V. BENEDEN (1870 b p. 121—122) war der erste, der bei einer Macrostoma- Art und zwar bei M. uiride die Exkretionskanäle fand. Er sah jederseits im Körper einen Hauptkanal, der zahlreiche Zweige ent- sandte, die wieder mit dem Hauptkanal und untereinander anastomo- sierten und sich in noch feinere Ästchen auflösten. Ebenso lösten sich die beiden Hauptstämme vorn und hinten in feine Zweige auf. Bei Af. hystrix konnte v. GRAFF (1882 p. 242) ebenfalls rechts und links einen Längsstamm nachweisen, der »vom Schlünde bis in das letzte Körper- drittheil« reichte und sich reichlich verzweigte. — SILLIMAN (1885, p. 49) giebt an, dass sich bei M. hystrix und sensitivuni SiLLIM. (t. HI, f. 17) die beiden Seitenstämme vor dem Munde vereinigen, »mit dessen vor- derem Ende sie durch einen kurzen Kanal kommuniciren«. > Unweit der Öffnung« heisst es ferner »sieht man im Lumen des Quergefässes meh- ') Bereits Perevaslawzewa (1893 p. 242) fand Längs- und Ringmuskeln bei M. ventriflaviim Pereyasl. Wie die Angaben dieser Verfasserin über die Darni- muskulatur der beiden anderen von ihr untersuchten Arten M. gracile Pereyasl. und mef/alocastricum Pereyasl. (1. c. p. 241) zu deuten sind, müssen erneute Un- tersuchungen lehren. Alex. Luther, Zur Kenntnis der (ialtiinq Macrostoma. 19 rere starke Wimpern, die einen beständigen Wasserwechsel unterhalten. H!s sind ausserdem keine Wimpern in den grossen Gelassen vorhanden wohl aber in den erweiterten Enden der feinsten Kapillargefässe«. Za- CHARIAS (1891 p. 257) untersuchte wieder M. viride. Es schien ihm, dass sich die seitlichen Hauptstämme »oberhalb des Mundes vereinigen und noch einige kleine Verästelungen nach dem Vorderende hinschicken. — Hei M. obtusum fand VHIJDOVSKY (1895 p. 156) jederseits >ein dicht gewundenes Kanälchen (f. 97), welches von hinten bis zum vorderen Körperende im Parenchym hinzieht, hier sich wieder nach hinten wen- det, weiter aber wegen des Magens nicht zu ermitteln ist. Etwa in der Körpermitte sieht man aber zu beiden Seiten stärkere Kanälchen, die sich durch ihren hyalinen Inhalt verrathen und bis zum hintersten Kör- perende gerade verlaufen. Dieselben stellen offenbar die Ausführungs- kanäle des vorderen Exkretionsapparates vor, indem sie sich in dem Schwanz vereinigen und eine ampullenartige Erweiterung bilden, die durch eine ziemlich grosse Öffnung nach aussen mündet« (fig. 98). — — DORNER (1902 a p. 491 und 1902 b p. 14) konstatierte bei M. hystrix wohl eine feine hintere Kommissur aber keine Öffnung, dagegen war eine solche jederseits seitlich im mittleren Teil des Körpers vorhanden. Wie aus dem Angeführten hervorgeht, widersprechen sich die bis- herigen Angaben vielfach. Die Protonephridien von M. hystrix sind sehr dünne, mehr oder weniger stark geschlängelte Kanälchen, die in kurzen Abständen an bestimmten Stellen zu trichterförmigen Erweiterungen anschwellen. Im optischen Durchschnitt erscheinen diese gewöhnlich mehr oder weniger deutlich schlank dreieckig (T. III. F. 5). An diesen Stellen gehen stets Verzweigungen ab. Nur selten entspringen am breiteren Ende dieser Bildungen drei oder mehr Äste. Im Inneren der Erweiterungen findet sich regelmässig eine Wimperung (c. 16 fi lang), die freilich meist schwer sichtbar ist und sich ziemlich langsam bewegt. Die Details der Anheflung, etc. gelang es mir nicht zu erkennen, doch schien es mir, als handelte es sich um eine einzige lange Geissei. An Schnitten zeigen die Wandungen der Kanälchen hier und da abgeplaltete Kerne; das Lumen ist offenbar intracellular. Die Verzweigungen gehen schliesslich in Terminalorgane von dem bei den Rhabdocölen gewöhnlichen Bau 20 Festschrift für Palmen. N:o ;>. über (T. III, F. 7). Die etwa 1 — 2 fi weiten Exkretionskapillaren, wei- che untereinander oft anastomosieren, bilden Erweiterungen, in denen eine 6 — 8 // lange Wimperflamme sich bewegt (F. 7 wfl). Über der Basis der letzteren schien mir ein Kern {k) zu liegen, doch konnte ich dieses nicht mit Sicherheit konstatieren, da es mir nicht gelang diese Or- gane an Schnitten wiederzufinden. Das Plasma der Terminalzelle sen- det strahlenförmige Ausläufer in das Mesenchym aus, ähnlich wie es wiederholt von anderen Platoden beschrieben worden ist. — In den Kapillaren sah ich manchmal an Verzweigungsstellen ebenfalls Wimperflammen. Ob diese (T. III, F. 6 wfl..) den Terminalorganen ho- molog sind, kann ich nicht mit Gewissheit angeben, doch ist es mir wahrscheinlich. Ich habe viel Zeit darauf verwendet um ein einigermassen befriedi- gendes Bild des Verlaufs des Excretionssj'stems bei M. hystrix zu ge- winnen, jedoch mit geringem Erfolg; immer konnten nur kürzere Strec- ken der Kanälchen erkannt werden. Die Figg. 1 und 2 T. III sind auf Grund einer grossen Anzahl von Detailskizzen zusammengestellt. Die Ausmündung der Exkretionsorgane erfolgt auf der Ventralseite durch 2 Poren, die nahe hinter der Mundöffung liegen. An lebendem Ma- terial von M. hystrix konnte ich die Kanäle bis dorthin verfolgen und sah manchmal eine blasenartige Auftreibung am Ende, jedoch nur einmal die Öffnungen selbst. Es gelang mir ferner letztere im Zusammenhang mit dem Endteil des Kanals an einem Schnitte durch M. viride 50 ii hinter dem hinteren Mundwinkel aufzufinden (Textf. 3, S. 24, exp.). Bei hystrix sind sie dem Munde relativ stärker genähert. Dicht vor dem F^nde des Kanals beobachtete ich bei einem lebenden Tier im Lumen des Kanals eine langsame aber deutliche Wimperung (T. III, F. 4 wfl.). Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass neben den oben erwähn- ten beiden Exkretionsporen noch andere vorhanden sein könnten. Eine blasenförmige Auftreibung der Kanäle konstatierte ich wiederholt seitlich und etwas dorsal bei .r (T. III, F. 2) auch entleerte sich dieselbe unter dem Druck des Deckglases durch eine Öffnung im Epithel. Ob aber letztere präformiert war oder sich erst durch Zerreissung infolge des Druckes bildete, muss ich unentschieden lassen. Es würden diese Ausmündun- gen gut mit der Darstellungen DORNF:iVs in Einklang stehen. In einem Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Maci-ostoma. 21 Falle sah ich eine ähnliche Bildung weiter vorn dorsal (F. 3 .r). Von einer derartigen Ausmündung, wie sie VEJDOVSKYjbei M. obtusum VEJD. zeichnet, habe ich_ nie eine Andeutung gesehen. Bei Betrachtung der von ihm gegebenen Abbildung kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass dieser^sonsl so ausserordentlich scharfe Beobachter in diesem Fal- le den hintersten Teil des Nervensystems mit der Schwanzkommissur (vgl. unten S. 24) für Teile des Exkretionsapparates gehalten hat. — Ebensowenig kann ich mich der Darstellung SiLLIMAN's anschliessen. Auch dieser Forscher hat wahrscheinlich zum Teil Nerven, und zwar den vorderen Teil des Pharyngealnervenringes für Exkretionskanäle ge- halten, wie ich aus seiner Abbildung schliesse. Ich gehe zur Schilderung des Verlaufes der Gefässe über, wobei ich von den oben erwähnten Poren (F. 1 eö F. 4) ausgehe. Der Kanal zieht von dieser Stelle erst ein kurzes Stück auswärts und gabelt sich dann in 2 Äste, von denen der eine dorsad ansteigend vorwärts zieht, der andere der Ventralseite genähert sich schräg nach aussen und hin- ten wendet. Der vordere Ast macht einige komplizierte Windungen (F. 4), und entsendet rückwärts einen Zweig (a) dann neben oder vor den Augen einen zweiten gleich hinter diese um sich im vordersten Kör- perteil nach Bildung noch einer Anschwellung in 2 Zweige aufzulösen und mit Terminalorganen zu endigen. Der hintere Ast sendet einen Zweig schräg nach innen (F. 1 u. 3 ft) und gabelt sich darauf bei c (F. 1 u. 3) in einen nahe der Körperwandung im Bogen dorsalwärts ziehenden Zweig und einen ventral rückwärts ziehenden. Letzterer sendet bei d und e Verzweigungen medialwärts, die sich ihrerseits gabeln. Die so entstehenden Kanälchen stehen wiederum untereinander in Verbindung, so dass sehr zarte, den äusseren im Grossen und Ganzen parallele in- nere Längskanäle entstehen, die sich an den untersuchten Exemplaren bis in die Gegend des weiblichen Antrums verfolgen Hessen, hier auf kurzer Strecke verschwanden um dann wieder aufzutauchen und hin- ten im Bogen gegen die Mitte zu ziehen. Die zarten Nebenästchen der inneren Längskanäle, die untereinander wie auch mit denjenigen der an- deren Seite anastomosieren und offenbar stark variieren, habe ich nicht im Detail verfolgen können. Ein Beispiel von obigen etwas abweichen' der Einzelheiten gebe ich in Fig. 3 wieder, wo der rechts (in der Fig. links) 22 l''eslsc/irifl für Palmen. N:(i .'). bei d entspringende Asl mehrere Zweige abgiebt und diese Anastomosen zwischen den links — und rechtsseitigen Kanälen bilden. — Der bei c dor- salwärts abbiegende Asl (F. 2 c') giebt den oben erwähnten, zuweilen stark angeschwollenen Zweig .r ab. Dieser steht medialwärts mit feineren Ver- zweigungen in Verbindung. Bei e in gleicher Höhe mit dem ventralen Ramifikationspunkt c und, wie mii- scheint, mit diesem durch eine Ana- stomose verbunden, entspringt wiederum ein einwärts gerichteter Ast, und mehrere schwächere solche folgen hinter ihm nach einander. Schliess- lich vereinigen sich hinter dem weiblichen Antrum ein Paar solcher Zweige unter komplizierter Schlingenbildung (/). Von dem Längskanal biegt ferner bei g ein Zweig dorsad ab; ob er sich mit dem dorsalen Stamm vereinigt, konnte ich nicht erkennen. Schliesslich gabelt sich der Längs- stamm bei h. Beide Zweige vereinigen sich unter Abgabe von Ra- mifikationen mit den entsprechenden der gegenüberliegenden Seite. Der vordere, stärkere zieht in der Gegend des Penis gewöhnlich dicht über dem schmalen Vereinigungsgang zwischen Vesicula seminalis und Penis hinweg. Aus der Vereinigung dieser Kanäle resultiert ein rückwärts lau- fender Kanal (/) der von dem hintersten Teil des Schwanzes Exkretions- kapiliaren empfängt. Da ich die von e und e rückwärts laufenden Ka- näle nie in ganzer Länge, sondern immer nur stückweise, und nie zu gleicher Zeit gesehen habe, ist es möglich, dass die hinteren Kommis- suren aus den ventralen Längsstämmen entspringen. Nervensy Stent . Über das Nervensystem der Macrostomiden liegen bisher sehr spär- liche Angaben vor. SCHUI/IZK (1851 p. 22) entdeckte zuerst (bei M hiistri.r) das Gehirn, v. BHNKDHN (1870 b. 119—120 tab. M. oiride), HAL- LEZ (1879 l. VL f. 3), v. GHAFK (1882 p. 109—110, 241, t. IV f. 1 u. 2 M. hijstrix) und VK.IDOVSKY (1895 p. 155—150 t. VII, f. 97 g M. obtusum) konstatierten ausserdem noch das Vorhandensein zweier Längsnerven- slämme, deren Anfang.steile sie erkannten; v. WAdNKH (1891 p. 378) konnte letztere durch den ganzen Körper verfolgen. Ich selbst habe gelegentlich (1904 p. 75) das Vorhandensein eines Pharyngealnervenrin- ges erwähnt. Alex. Luther, Zur Kenntnis der (iatlung Macrostoma. 23 Das Gehirn ist bei M. fiystrix (Textf. 2) verhältnismässig kurz, dafür aber seiir hoch. Es ist in der MitteUinie sanft eingeschnürt und lässt daher die beiden Hälften als deutlich gesonderte An- schwellungen hervortreten. Die Augen fauj bilden im hinteren und oberen Teil buckeiförmige Vorwölbungen der Gehirnniasse. Vorwärts entsendet das Gehirn zahlreiche Nerven {nnj, welche die Köiperspitze versorgen. Im vorderen Teil des (iehirns entspringt fer- ner rechts und links je ein Nerv, der ventralwärts zieht [vnn). Hinter den Augen bemerkt man Nerven, die im oberen Teil der hinleren Verlängerung des Gehirns entspringen und schräg auswärts, vorwärts und nach oben ziehen (Itn). Sie sind vielleicht den lateralen Nerven der Eumesostoniinen vergleichbar (vgl. LUTHER 1904 p. 70). Textf. 2. Vorderer Teil des Nervensystems von M. /ji/5/ri.r (Rekonstruktion). Of. 8. Obj. 8. — Erklärung dei- Bezeichnungen an dieser und der folgenden Figur; au. Auge. dn. Dorsaler Nerv. t'p. Epithel. exp. Exkretionsporu.s. qeh. Gehirn. hnc. Schwanzganglion. In. Längsnervenstamni. Itn. Lateraler Nerv. phep. Pharynxepithel. phnr. Pharyngealnervenring iisc. Untere Schlundkonunissur. usq. Unteres Schlundganglion. oerbn. Verbindungsnerv zwischen Pha- ryngealnervenring und Gehirn. vn. Vorderer Nerv. vnn. Ventraler Nerv. $ Weibliche Geschlechtsöftnung. (5 Männliche » 24 Festschrift für Palmen- N:o 5. .^^ Unmittelbar hinter dem Ursprung dieser Nerven, aber ventral, entsprin- gen ferner jederseits zwei ziemlich starke vorwärts und nach aussen zie- hende Nerven. Von dorsalen Nerven habe ich nur ganz schwache gesehen, die im vorderen Teil der Gehirnganglien entspringen. Bei M. uiride (Textf. 3) erkannte ich ebenfalls vordere Nerven (nnj, ventrale (unn) und dorsale (dn) im vordersten Teil des Gehirns ent- springende Nerven, laterale Nerven (Ifn) sowie auf der rechten Seite hinler dem letzteren noch einen seitwärts ziehenden Nerven. — Bei iuha habe ich die Gehirnnerven nicht im Detail verfolgt, sondern nur konstatiert, dass mehrer Äste vorwärts ziehen. Rückwärts geht das Gehirn bei allen drei Arten unmerklich in die grossen Längsnerven (In) über. Diese bilden seitlich vom hinteren Ende des Pharynx ein Paar deutlich erkennbarel An- schwellungen, die unteren Schlundganglien (iisg). Letztere sind untereinander durch eine Kommis- sur (usc) verbunden, welche, der Ventralseite stark genähert, nahe hinter dem Pharynx dahinzieht. Hinter den unteren Schlundganglien nehmen die Längsstämme (In) an Stärke mehr und mehr ab bis zur Gegend des Penis. Hier und da habe ich stärkere Nerven gegen die laterale Körperwand abbiegen gesehen. An solchen Stellen' erschien das Epithel oft etwas eingebuchtet und stärker gestreift als sonst. Ferner zweigen feine Nerven medial- wärts ab, so z. B. in der Gegend der männlichen GeschlechtsöfFnung, doch konnte ich sie immer nur ein ganz kurzes Stück verfolgen. Hinter dem Penis werden die Längsnerven- stämme rasch wieder stärker und ziehen im Bo- gen einwärts um sich zu einer stark angeschwolle- nen Partie, einem S c h w a n z g a n g 1 i o n, (Textf. 1 i hm) zu vereinigen. Unzweifelhaft ist das Vorhandensein dieses letzte- ren durch die Ausbildung des Schwanzes zu einer Haflscheibe und die in- Textf. 3. Nervensy- stem von M. uiride (Rekonstruktion nach Querschnitten.) Krklä- liunß der Bezcichnun- j^en unter Textf. 2. Alex. Lnthei\ Zur Kenntnis der (iallunfj Macrostoma. 25 folgedessen besonders starke Entwickelung der Muskulatur und der Drü- sen bedingt. Der Pharynx ist in seinem unteren Teil von einem starken Ner- venring fphnrj umgeben, der durch ein Paar, au der Unterseite des Ge- hirns etwas seitlich von den Augen entspringende und zu seinem vorde- den Teil ziehende Nerven (verbnj mit dem Zentralnervensystem in Verbindung steht. Diese Nerven ziehen bei hyslrix manchmal vom Gehirn fast gerade abwärts; je nach dem Kontraktionszustand des Tieres wechselt ihre Richtung jedoch. Am besten sind sie an Sagittal- schnilten zu erkennen. Au{/€n. SCHULTZE (1851 p. 24—25) beschreibt die Augen von M. hyslrix als bestehend aus ^fettröpfchenartig aussehenden Kügelchen welche sich von letzteren durch eine noch stärkere Lichtbrechung und dunk- lere Contouren unterscheiden«. HALLEZ (1879 T. VI. f. 8), v. GRAFF (1882 p. 241, t IV f. 2 an) u. A. fügten dazu die Beobachtung eines Retinakolbens (»Linse»). ^) Die Augen von M. hijstrix und viride (T. II. F. 9; bestehen aus ei- nem schräg auswärts und vorwärts offenen Pigmentbecher (pigmj und einer eiförmigen Retinazelle (ret). Letztere sitzt mit ihrer breiteren Ba- sis im Pigmentbecher wie die Eichel in ihrer Fruchthülle. Der Pig- mentbecher scheint aus einer einzigen Zelle zu bestehen, deren ziem- lich grosser, abgeplatteter Kern f^piymkj dicht ausserhalb des Pigments, oder z. T. von diesem umgeben, an der Basis oder der Seite des Be- chers liegt. Auffallend gross sind die Pigmentkörnchen. Sie erreichen 1 — 3 fi, bei viride] (selten) bis 4 ,m im Durchmesser. Ihre Farbe ist dunkel sepiabraun bis schwarz. Der Kern der Retinazelle (retki liegt gewöhnlich etwas seitlich an deren Spitze. Er ist scheibenförmig ab- ') Die Auj^en von M. obluxnm Vejd, < wasserklaren Räumen« durch das F^pithel hindurch verfolgen lassen. An Schnitten sind die Geisseihaare (T. I, F. 21 — 27 sh) schwer zu finden, da sie oft abbrechen oder sich vielfach gebogen den Cilien anlegen. Ich habe sie bei M. tuha und hysirix nur an Eisenhämatoxylinpräparaten gesehen. Sie standen am häufigsten in Gruppen von je zwei Geissein (F. 21, 23, ^24, 27) beisammen, oft aber auch zu mehreren, in einigen Fällen (M. inba) zählte ich 6 — 8 (F. 25, 26). Manchmal erscheinen sie am Ende geknöpft (F. 23 — 25), indem der distale Teil der Geissei sich knäuelartig aufwickelt. An der Basis geht jedes Geisselhaar in ein stabförmiges, i^erades oder schwach gebogenes Gebilde von (M. tubaj c. Va — Vi // Dicke und wechselnder Länge (3—5 ft) über, das zwischen den Epithel- zellen liegt. Diese Stäbe färben sich in Eisenhämatoxylin stark. Ihre Spitze ragt oft ein wenig über den Saum von Basalkörperchen hervor, während die Basis in der Regel etwas über der inneren Fläche des Epithels liegt. Wiederholt konnte ich beobachten, dass die Stäbe ein- wärts in je einen blassen, fadenförmigen Fortsatz übergingen (F. 21 — 24 n), der sich bald im Mescnchym verlor')- Ich glaube nicht zu irren, wenn ich diese Fortsätze als Nerven anspreche. Die längst schon wahrscheinliche Annahme, d a s s d i e G e i s- s e 1 h a a r e als T a s t o r g a n e aufzufassen sind, wird durch diese Befunde wesentlich gestützt. Für diese ') In ein paar Fällen schien es mir, als würde dieser Fortsatz mit einer im Mescnchym liegenden Zelle (F. 21, 22 a' in Ycrhindunf» stehen, doch ist es sehr möglich, dass es sich dabei um einen Irrtum handelt, Zelle und Nerv sich iilso nur zufällig berührten. 28 Festschrift für Palmen. N:o 5. Ansicht sprechen (vgl. auch LANG 1884, p. 210 — 211) ausser dem Zu- sammenhang mit Nerven: 1) die langsamen, gleichsam tastenden Bewe- gungen der fraglichen Gebilde, 2) ihre Länge, indem sie weit über das übrige Cilienkleid ragen, sowie 3) ihre Verteilung am Körper, indem sie am Vorderende, am Schwänze und an den seitlichen Körperrändern besonders zahlreich sind. Auch dorsal sind sie vorhanden; ventral scheinen sie dagegen mit Ausnahme der Seitenpartieen zu fehlen. — Ich schlage vor die indifferente Bezeichnung »Geisseihaare« fallen zu lassen und statt dessen die Benennung Tastgeissein einzuführen ; es wird dabei einerseits der Funktion anderseits auch dem Unterschied den unbeweglichen Tasthaaren der Polycladen (LANG 1. c.) gegenüber gebüh- rend Rechnung getragen. Es gelang mir nicht völlige Klarheit darüber zu erlangen, ob die oben erwähnte stärkere Färbbarkeit des im Epithel eingeschlossenen Teils auf dem Vorhandensein eines Kerns beruht oder nicht, doch ist mir letzteres wahrscheinlicher. Ob, wie es wahrscheinlich ist, diese Tastgeissein mit den von BÖHMIG (1890, p. 269—272) aus dem Epithel der Plagiostomiden beschriebenen Tastkörperchen homolog sind, muss ich deshalb dahingestellt sein lassen. Mann liehe Geschlechtsorgane. Die Hoden liegen als längliche," mehr oder weniger abgeplattete Säcke seitlich, der Ventralseite genähert (Textf. 1 c, lest). Je nach dem Reifezustand variiert ihre Grösse ausserordentlich stark. Bei einem jungen Exemplar von M. hystrix erreichten sie etwa -/5 der Körperlänge (1 mm). Im Zustand der stärksten Ausdehnung reichen sie seitlich vom Darm bis unter das Rückenepithel hinauf, und ventral kann es in ein- zelnen Fällen auf kurzer Strecke zu einer Verschmelzung des rechten und linken Hodens kommen. Mit zunehmendem Alter nehmen sie wieder an Grösse ab, und bilden zuletzt nur noch kleine, rundliche Bläschen. — Bei den mir zu Gebote stehenden Exemplaren von M. tuba und viride waren die Hoden bereits stark in Rückbildung begriffen (bei er- sterer nur 80 n lang) länglich, schwach abgeplattet und ventral seitlich vom Darm gelegen. An Querschnitten {hystrix und tuba) erscheint die Alex. Luther, Zur Kenntnis der (iattunij Macrostoma. 29 Wandung des Hodens gebildet aus kubischen oder abgeplatteten Zellen (bei tuha 4—5 // hoch; Durchin. einzelner Zellen bis 8 — 10 ^) die sich nicht immer von den ihnen aufsitzenden Spermatocyten scharf unter scheiden lassen. Nur an der äusseren Seite, dem ventralen Rande ge- nähert, ist die Wandung sehr dünn, aus stark abgeplatteten Zellen be- stehend. Hier fehlen die Spermatocyten und Spermatiden. Diese Tu- nica propria erstreckt sich als schmalen Streifen eine Strecke weit vor- wärts und geht rückwärts in die Wandung der Vasa deferentia über. Letztere entspringen [hystrix] nicht immer ganz terminal, indem die Ho- den bei starker Füllung hinter ihrem Ursprung und einwärt von demsel- ben eine kurze blindsackartige Ausbuchtung bilden können. Die Vasa deferentia von M. hystrix stellen c. 3 // weite, dünn- wandige Kanäle dar, welche dicht unter dem Hautmuskelschlauch etwas unterhalb der Längsnerven rückwärts ziehen. In der Gegend des weib- lichen Antrums biegen sie einwärts und nähern sich dicht hinter die- sem stark einander um gemeinsam in die Vesicula seminalis ein- zumünden, indem sie sich kurz vor der Einmündung vereinigen. An dieser Stelle kommt es zur Bildung einer falschen Samenblase, die an Grösse der Vesicula seminalis gleich kommen, oder sie gar um das dop- pelte übertreffen kann. Ich konnte an Querschnitten beide Samenleiter in ganzer Länge bis zur Einmündungssteile verfolgen, und kann mit Bestimmtheit behaupten, dass bei dieser Art kein derartiger langer Duc- tus seminalis existiert wie ihn SCHULTZE (1851 p. 57, t. V, f. 3 d) und V. GRAFF (1882 p. 241, l. IV, f. 9 — 11 ds) zu beobachten glaubten, und wie er nach v. BENEDEN (1870 b, p. 123, tab.) bei M. viride vorhanden sein soll. Dagegen hat HALLEZ (1879 p. 51, t. I, f. 12 cd) das Verhal- ten der Vasa deferentia bereits richtig erkannt. Da nach den Unter- suchungen V. GRAFF's (I. c. p. 243, t. IV f. 14) M. tuha sich ganz ebenso verhält, und auch VEJDOVSKY (1895 p. 157) bei ohiusum keines Ductus seminalis erwähnt, ist das Vorkommen eines solchen bei M. viride jeden- falls einer Nachuntersuchung bedürftig. Leider Hess mein Material von tuba und oiride nur die Anfangsteile der Vasa deferentia erkennen. Der Penis ist bei allen daraufhin näher untersuchten Arten nach dem.selben Schema gebaut. Überall finden wir eine muskulöse Samen- blase, die mittelst eines dünnen Kanals mit einer Vesicula granulorum 30 Festschrift für Palmen. N:o ö. in Verbindung steht, welche letztere ihrerseits in das chitinöse Kopu- lationsorgan übergeht ^). Man vergleiche in dieser Hinsicht die Abbil- dungen und Schilderungen die HALLEZ (1. c.) und ich (T. IV. F. 1) von M. hystrix (SCHULTZE's (1. c.) und v. GRAFF's (1. c.) diesbezügliche Dar- stellungen sind irrtümlich) v. GRAFF (1. c.) von M. tuba und VEJDOWSKY (1. c. p. 157, t. VII f. 98, 100 und 101) von obtusum geben. Auch die knappen Angaben PEREYASLAWZEWA's (1893) über M. gracile PEREYASL. (p. 243, f. 17) und megalogastricum PEREYASL. (p. 243—244, f. 18), SIL- LIMAN's (1885, t. III f. 18) über M. sensitiviim SILLIM. und PLOTNIKOW's (1905, p. 480, f. 7) über M. infiindibuliferum PLOTN. lassen, wenn auch weniger deutlich, dieselben Hauptzüge erkennen. Überall tritt das Sperma in den oberen Teil der Vesicula semina- hs ein, passiert den verbindenden Kanal und gelangt zwischen den Se- kretmassen der Vesicula granulorum hindurch in das chitinöse Rohr um durch dasselbe nach aussen befördert zu werden. M. hystrix. Ich habe den Penis dieser Art am eingehendsten un- tersucht, weshalb ich zuerst eine detaillierte Schilderung desselben gebe. Die falsche Samenblase und die Vesicula seminalis liegen hier meist mehr auf der linken Seite des Tieres, die Ves. granulorum mit dem chi- tinösen Kopulationsorgan mehr rechts (Vgl. die punktierten Umrisse die- ser Organe T. III, F. 1 und 2). Die Vesicula seminalis ist länglich rund bis ellipsoidisch und be- sitzt je nach ihrem Füllungszustand ein höheres (T. IV, F. 5 ep) oder niedrigeres (F. 2 ep) Epithel, das von starken Ringmuskeln umge- ben ist. Der Bau des Epithels lässt sich am besten in den seltenen Fällen erkennen, wo man des Organ leer findet (F. 5). Die einzelnen Zellen springen dann buckeiförmig gegen das Lumen vor, die Kerne sind mehr oder weniger rundlich, man erkennt einen ziemlich undichten Besatz von langen Cilien (6 — 8 // und darüber), die aus stellenweise deutlichen Basal- körperchen entspringen. Hier und da lassen sich von den letzteren ') Pereyaslawzewa (1893 p. 244, f. 16) gibt freilich an, dass am männliche» Apparat von M. ventriflavnm Pereyasl. nur „un simple sac" vorhanden ist, doch bedarf dieses Verhalten noch einer näheren Untersuchung. Alex. Luther, Zur Kenntnis der (iattunc/ Macrostoma. 31 einwärts intracellulare Fasern verfolgen. Ist dadegen die Blase mit Sperma gefüllt und ausgedehnt, so erscheint das Kpithel stark ahgeplat- let, auch die Kerne sind platt, der Cilienbesatz nur an besonders gün- stigen Stellen zu erkennen. Die Muskeln verlaufen im Ganzen ringförmig (F. 3, 5 rm). Ob es sich aber um reine Ringmuskeln oder um in langsam ansteigender Spirale verlaufende Muskeln handelt, konnte ich nicht erkennen. Grosse buckelige Zellen liegen diesen Muskeln aussen an (F. 5 mbl): offenbar die Myoblasten. Proximalwärts geht das Epithel der Vesicula seminalis in das der falschen Samenblase über, und zwar ist die die beiden Blasen verbin- dende Öffnung, wenn der Apparat mit Sperma stark angefüllt ist, sehr weit. Die Grenze zwischen beiden Blasen wird auch im letzteren Falle stets äusserlich durch eine seichtere oder tiefere Einschnürung be- zeichnet, ausserdem unterscheidet sich die Wandung der falschen Sa- menblase von derjenigen der eigentlichen durch den völligen Mangel an Muskulatur. Der die Vesicula seminalis und granulorum vereinigende Kanal (Ductus ejaculatorius) (T. IV, F. 1 und 4 de) ist an beiden Enden scharf abgesetzt, innen mit einem kernlosen, im kontrahierten Zustand in Längs- falten gelegten Epithel versehen, aussen von dicht gestellten, kräftigen Ringmuskeln umgeben. Diese letzteren sind umhüllt von einer dicken Schicht von Sarkoplasma mit eingestreuten Kernen. Keulenförmige Zel- len, die einen dünnen stielartigen Fortsatz gegen das Epithel des Kanals senden, sind vielleicht die eingesenkten Zellleiber des Epithels des letzteren. Die Vesicula granulorum ist von etwa eiförmiger Gestalt. Etwas seitlich mündet im obersten Teil der Ductus ejaculatorius ein. Das Lu- men des Letzteren erweitert sich zu einem mit Cilien tragendem Epi- thel versehenen Raum (F. 2) der abwärts durch die angehäuften Sekret- massen stark eingeengt wird (F. 1). Das accessorische Sekret tritt durch mindestens 2 (vielleicht mehrere) Öffnungen (F. 4 agkd) in der Nähe des Ductus ejaculatorius ein und durchbohrt in Form von Strängen das Epithel, welches infolgedessen mächtig anschwillt (F. 2 und 4. Vgl. meine Darstellung der entsprechenden Verhältnisse bei den Eumesosto- minen, 1904 p. 100 — 101). Die Epithelkerne liegen, in einer Plasma- 32 Festschrift für Palmen. N:o 5. Schicht eingebettet, peripher, ausserhalb des Sekretes. Das Epithel ist umgeben von einer Schicht, die Ring- oder Spiralmuskeln zu enthalten scheint. Ihr liegen aussen buckeiförmige Zellen, wahrscheinlich die Myo- blasten an. Völlige Klarheit über diese Verhältnisse konnte ich nicht gewinnen. An Schnitten, die die Wandung tangential treffen, lässt diese letztere eine quere Streifung erkennen (F. 6), indem die Kerne in dunk- leren Zonen liegen, welche zwischen sich hellere Partieen frei lassen. In dem untersten dieser Streifen, ihm gehören die Zellen bck F. 2 und 6 an, liegen die Kerne so dicht, dass sie einander mit den En- den zu berühren scheinen. Diese Zone, die unterste und zugleich die am kräftigsten ausgebildete, streckt sich rundum das ganze Organ. Ich zählte darin in einem Falle 16 Kerne. An ihrem unteren Rande beginnt die »chitinöse« Membran (F. 2 ck), welche das Copulationsor- gan i. e. S. bildet. Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass diese Membran eben von den betreffenden Zellen ausgeschieden wurde. Für eine solche Auffassung sprechen folgende Umstände: 1) Weder von innen noch von aussen liegt der Membran ein Epithel an, als dessen Cuticula oder Basalmembran sie aufgefasst werden könnte : innen lie- gen ihr zwar oft Teile des Epithels an (F. 1), doch sind das nur die stark ausgedehnten Sekretschläuche [ks], die den oberhalb der mutmass- lichen Bildungszelle gelegenen Epithelpartieen angehören und abwärts gedrängt wurden; aussen schmiegt sich an der Basis des Organs das Epithel des Antrums {ema) demselben zwar auf ganz kurzer Strecke an, weitaus der grösste Teil ragt aber frei in den Vorraum hinein. 2) Die Zellen der erwähnten Zone unterscheiden sich von den übrigen Epithelzellen durch ihre schärfere Begrenzung gegen die Umgebung und durch die Grösse ihrer Kerne. Das Plasma dieser Zellen wird nie wie dasjenige der oberhalb gelegenen von Sekretsträngen durchbohrt. Diese Umstände deuten offenbar auf eine abweichende Funktion hin. 3) Die Membran lässt sich überall genau bis an den unteren Rand der frag- lichen Zone verfolgen. 4) Bei Färbung mit Eisenhämatoxylin erkannte ich in einigen Fällen am chitinösen Rohr feinste, der Länge nach ver- laufende Leistchen (F. 7). Ihre Entstehung würde sich in derselben Weise erklären wie die der feinen Längsränder unserer Fingernägel. Die Form des einen spitzen Haken mil hinter der Spitze gelege- Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 33 ner Öffnung darstellenden Kopulationsorgans ist durch v. GRAFF's Darstel- lung hinlänglich bekannt. Auch ich fand im Detail verschiedene Modi- fikationen desselben. T. III. F. 8 stellt die gewöhnliche Form der Exem- plare von Tvärminne dar. Von keiner Seite aus erscheint es spiralig gebogen wie dasjenige von M. viride (F. 9). Das Antrum masculinum F. 1 ma) stellt einen gestreckt kegelför- migen, von der Basis des Kopulationsorgans gegen die männliche Ge- schlechtsöffnung allmälig zugespitzten Raum dar. Es besitzt ein plat- tes Epithel (F. 2 ema), dem sich innere Ring- und äussere Längsmus- keln {Im) anschliessen. Ausserdem ziehen von der Wandung der Ves. granulorum Protractoren {prm) zur Umgebung der männlichen Öffnung. Diesen Muskeln liegt etwa in der Mitte stets deutlich ein Kern an. M. viride. Eine falsche Samenblase habe ich nicht beobachtet. Die Vasa deferentia münden gemeinsam in den obersten Teil der Ve- sicula seminalis ein (T. IV F. 8 ds). Letztere liegt zum grössten Teil der Ves. granulorum dicht an und ist mit ihr verwachsen, sodass die Wände beider sich an dieser Stelle nicht deutlich auseinander halten lassen (F. 9 us und vg). Das innere Epithel der Samenblase {ep) ist sehr dünn und enthält platte Kerne. Die starke Muscularis scheint aus ring- förmig oder spiralig verlaufenden Muskeln zu bestehen. Sie enthält zahlreiche Kerne. Der Verbindungskanal (Ductus ejaculatorius) zwi- schen Ves. seminalis und V. granulorum {de) scheint sich seitlich, etwas unterhalb des oberen Endes der letzteren zu finden. Das Epithel der Vesicula granulorum ist nur auf einem kleinen Felde im oberen Teil nicht von Sekret durchbohrt [ep'). An dieser Stelle sind Cilien {ci) vorhanden. Im übrigen bietet das Epithel diesel- ben Verhältnisse dar wie bei M. hystrix. Auch die in einer Reihe ste- henden Zellen am oberen Ende des Kopulationsorgans {bck) sind vorhanden und haben offenbar dieselbe Funktion wie dort. Im Gegensatz zu hys- trix liegt das chitinöse Begattungsglied nicht in einer Linie mit der Vesi- cula granulorum, sondern bildet mit dieser einen Winkel, was schon bei einem Vergleich der Figg. 10 und 11, welche zwei aufeinanderfol- gende Schnitte darstellen, hervorgeht. Das Kopulationsorgan ist, wie V. GRAFF es angiebt, schwach spiralig gekrümmt. Die Spitze verhält sich wie bei hystrix, indem die Öffnung hinter derselben liegt (vgl. F. 34 Festschrift für Palmen. N:o 5. 9 T. III). Die von FUHRMANN (1904 p. 227), erwähnten, in gleichen Abständen stehenden »Muskelansätze« in Form von gegen die Spitze des Chitinrohres zu verstreichenden Chitinkämmen, die an der Basis des Organs gut ausgebildet sein sollen, habe ich nicht gesehen. Ver- mutlich sind es ebensolche Leistchen, wie ich sie oben von M. hystrix beschrieben habe. Im Einklang mit der spiraligen Form des Chitinrohres steht die Verlaufsrichtung der Protractoren (F. 10 prm), welche im Umkreis der Ba» sis des Rohres inserieren und gegen das ventrale Epithel in der Um- gebung des männlichen Porus ziehen. Sie verlaufen nämlich grossen- teils stark schräg zur Längsrichtung des Organs und etwas spiralig und werden daher eine Drehung des letzteren bewirken. Die ellipsoidischen oder schwach spindelförmigen Kerne liegen den Muskeln dicht an {mbl). Die Protractoren sind hier weit stärker entwickelt als bei M. hystrix und tuba; vielleicht bezieht sich v. BENEDEN's Angabe über das Vor- handensein eines Muskelmantels um den Penis auf sie. Das Epithel des Antrums ist ausserordentlich dünn und besitzt platte Kerne. M. tuba. Vom Penis dieser Art hat v. GRAFF (1882, t. IV f. 14) bereits ein gutes Totalbild gegeben. Die Wandung der falschen Samen- blase besteht wie diejenigen der Vasa deferentia aus einer dünnen Epi- thelschicht. Dagegen ist die Vesicula seminalis (F. 12 vs) von einer starken Muscularis umgeben die mir aus 2 sich kreuzenden Spiralmus- kelschichten zu bestehen schien (spm). Das innere Epithel {ep) ist gut ausgebildet. Die Ves. granulorum (vg) besitzt in ihrem obersten Teil ein Cilien tragendes hohes Epithel {ep'). Dieses ist scharf abgesetzt ge- gen das darunter liegende, von Sekretmassen erfüllte. Die Einmündung des Kornsekretes erfolgt an mehreren Stellen im Umkreis der Vesicula etwa an der oberen Grenze des mittleren Drittels derselben. Eine Mus- cularis ist an der Blase vorhanden, doch konnte ich die Verlaufsrich- tung ihrer Fasern nicht erkennen. Das Chilinrohr beginnt nach mei- nen Beobachtungen etwas höher oben als v. GRAF'F (1. c.) es zeichnet, indem es sich oben bogenförmig umbiegt. An Schnitten weist dieser oberste Teil eine feine, wahrscheinlich durch die Konservierung bedingte Fältelung (F. 12 ck) aut. Im Übrigen stimmt die Form des Rohres mei- Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Morrostoma. 35 ner Exemplare mit der zitierten Abbildung überein, bis auf die Mün- dung, die ich etwas schräg Hmd (F. 13) ^). Der Untere Rand erscheint etwas verdickt. Wo das Rohr beginnt, liegt eine stellenweise doppelte Reihe von buckeiförmigen Zellen (vgl. oben M. lujstrixS. 32). Dünne Pro- tractoren [prm) spannen sich zwischen der Basis des Kopulationsorgans und der Umgebung des männlichen Porus genitalis aus. Das Antrum ist auch hier sehr eng und bildet nur eine schmale Scheide um das Chitinrohr. Das Epithel ist stark abgeplattet. Sehen wir von Macr. setosum SCHMARDA und M. lineare Ul.J. ab, deren Abbildungen mir z. Z. nicht zugänglich sind, so lassen .sich bei den Macros/oma Arten im Wesentlichen zwei verschiedene Typen des chitinösen Kopulationsorgans unterscheiden: einerseits ein stumpfer, re- präsentiert durch M. tuba, die F. 14, 15 abgebildete Form, und wahr- scheinlich M. infundibuliferuin PLOTN., anderseits ein spitzer, welchen wir bei M. orthostylum BRAUN, sensitiimm SILLIM., obtiisum VEJD., hystrix und inride finden 2). Die angeführte Reihenfolge giebt zugleich den steigenden Grad der Komplikation an. Bei orthostylum ist das Organ noch fast ge- rade mit terminal gelegener Öffnung, indem das Rohr wie schräg abge- hauen erscheint, bei obtusum und hystrix wird die Öffnung etwas proxi- malwärts verlagert, während das Organ spitz zuläuft und sich zugleich hakenförmig krümmt, bei viride kommt die spiralige Biegung noch dazu. *) T. IV F. 14, 15 habe ich das Kopulationsorgan einer Macrostoma-Ari abj^e- bildet, die ich am 29. VII 1901 in 2 Exemplaren in einem stark beschatteten Tümpel fand, und die vielleicht mit M. tuba identisch ist oder ihr wenij^ster nahe steht. Das Chitinrohr war hier 56 /< lang, ganz schwach spiralig gebogen. Die Öff- nung lag seitlich, dicht hinter dem Ende, welches eine starke Verdickung zeigte. Ober diese Exemplare sind meine Notizen leider im Übrigen sehr knapp. Die Länge der Tiere betrug iVi mm. Der Körper war, besonders vorne, reichlich mit Tastgeissein von c 24 u Länge versehen. Am Darm fanden sich zahlreiche Einbuchtungen. Trotz wiederholter Exkursionen nach dem Fundort habe ich die Art nicht wiedergefunden. ') Auch M. gracile Perevasl., megalogastricuni Perevasl. und ventriftavum Perey ASL. gehören offenbar in diese Kategorie, doch sind die Abbildungen dieser Arten zu klein um einen sicheren Vergleich mit den anderen Spezies zu gestatten. 36 Festachrift für Palmen. N:o .1. Die beiden angeführten Typen, der stumpfe und der spitze, dürften zwei verschiedenen Funktionsweisen entsprechen. Wie es unten näher besprochen werden soll, besitzt das $ An- trum ein zartes Epithel ohne festere Basalmembran und ohne besondere Muscularis. OfiFenbar ist der stumpfe Typus für die P^inführung von Sperma in diese Tasche sehr zweckentsprechend gebaut. In der Tat fand ich im Antrüm von M. tuba zahlreiche Spermatozoen. Anders bei den Formen mit spitzem Kopulationsorgan. Ein Ein- führen des letzteren in das 2 Antrum würde bei der Schärfe der Chi- tinspitze unfehlbar eine Beschädigung des Antrumepithels herbeiführen, in den meisten Fällen würde das Kopulationsorgan wahrscheinlich die Wandung durchbohren. Es dürfte somit kaum die Aufgabe des Or- gans sein Samen in das $ Antrum zu übertragen. Die Form der Spitze deutet vielmehr darauf hin, dass dieselbe nach Art einer Injektionskanüle in die Gewebe eingestochen wird woraufdie Ejakulation erfolgt. Mit diesen Spekulationen stehen die Befunde an Schnitten im schönsten Einklang. Bei mehreren Exemplaren von M. hysirix fand ich alle Gewebe in der Umgebung der weiblichen Geschlechtsorgane dicht durchdrungen von Spermatozoen. Sie waren eingedrungen zwischen die Zellen des Mesenchyms, des Dar- mes, der Längsnervenstränge etc. Besonders dicht aber waren sie um die Ovarien und Oviducte angehäuft, auch waren sie z. T. in diese Organe selbst eingedrungen. Ein paarmal bildeten sie dichtere Anhäu- fungen unter dem ventralen Epithel vor der $ Geschlechtsöffnung. Ich vermute in diesen Anhäufungen den Ort der Einspritzung. Nach der Lage der Spermamassen zu urteilen hätte ebensogut eine Durchstechung des Antrumepithels wie eine solche des ventralen Körperepithels stattfinden können M. Ein Loch oder eine Narbe war freilich in diesen Fällen ') Die Möglichkeit, dass das Sperma durch einen Riss oder eine Lücke in den Vasa deferentia den Weg in das Mesenehym gefunden hätte, ist natürlich auch zu erwägen, erscheint aber bei der Häufigkeit des Befundes wenig wahr- scheinlich. VöHig auszuschlies.scn ist die Annahme, dass durch heftige Kon traktion bei der Fixierung ein Riss cutstanden wäre, da in diesem Falle die Spermatozoen unmöglich Zeit gehabt hätten sich so weit im Körper zu verbrei- ten und tief in die verschiedenen Gewebe einzudringen. Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 37 nicht erkennbar, was jedoch bei der grossen Elastizität und Regenera- tionsfähigkeit der Gewebe nicht Wunder nehmen kann. Nur ausnahms- weise habe ich ganz vereinzelte Spermatozoen im weiblichen Antrum ge- funden ; fast stets suchte ich solche vergebens. Fasst man alle diese Be- funde zusammen, so scheint mir die oben ausgesprochene Vermutung, dass wir es hier mit einem neuen Fall von Überführung des Spermas durch Injektion in die Gewebe des zu begattenden Tieres zu tun haben, gerechtfertigt. Eine solche Art der Begattung ist ja unter den Turbel- larien von gewissen Acölen und Polycladen längst bekannt, wodurch ihr Vorkommen unter den Rhabdocölen weniger befremdlich erscheint. Sperma. Nach den in der Litteratur vorliegenden Angaben sind die Sper- matozoen der verschiedenen Macros/oma- Arten ausserordentlich verschie- den gebaut. Diejenigen von M. hystrix stellen nach v, GRAFF (1882, p. 141 — 242, t. IV, f. 6) stark geschlängelte Fäden dar, die in der Mitte verdickt, gegen beide Enden aber in äusserst feine Fortsätze ausgezo- gen sind, von denen der hintere die Länge der Mittelpartie erreicht. Die Samenfäden von M. tuba sind nach demselben Verfasser (1. c. p. 153, t, IV, f. 15) mit einem deutlich abgesetzten birnförmigen Kopf versehen, der sich vorn zu einem kurzen, lebhaft schlängelnden Faden auszieht, an seiner breiteren Basis aber in einen langen, träge schlän- gelnden Schwanz übergeht, an dessen Ansazstelle drei kurze Börstchen abstehen, die Schwanzbasis zwischen sich lassend. Bei M. viride beste- hen nach ZACHARIAS (1891 p. 258, f. 54 f) die Spermatozoen aus einem lang spindelförmigen Kopf und einem lebhaft schlängelnden, diesen an Länge übertreffenden Schwanz, an dessen Insertion eine steife, nur we- nig hin und her pendelnde Nebengeissel entspringt. Die Samenkörper- chen von M. obtusum schliesslich beschreibt VEJDOVSKY (1895 p. 157) folgendermassen : »Es ist ein feiner langer Faden, der sich auf dem ei- nen Ende wellenförmig bewegt, auf dem anderen Ende aber spindelför- mig angeschwollen und gesäumt ist (f. 102). Diese Spermaspindel ist aus einer hyalinen Substanz gebildet, während die Säume aus demselben 38 Feslschrifi für Palmen. N:o 5. feinkörnigen Plasma gebildet sind wie der fadenförmige Abschnitt; in diesem Teile befindet sich der stäbchenartige Kern«. Im frischen Zustand konnte ich nur das Sperma von Af. hystrix untersuchen, doch vermochte ich am lebenden Material kaum mehr zu erkennen als v. GRAFF. An mit Überosmiumsäure (1%) fixierten und frisch mit Methylenblau gefärbten Spermatozoen erkennt man jedoch, dass der von diesem Verfasser als hinterer bezeichnete Fortsatz den langen, stabförmigen von wenig Plasma umgebenen Kern enthält (T. IV, F. 16, 17 k), während der breitere Teil bandartig abgeplattet, manch- mal um seine eigene Achse gewunden ist. Öfters erschienen die Rän- der des Bandes stärker gefärbt als die Mittelpartie. Das Band läuft in eine feine Spitze aus. — Es schien mir, dass sich die Samenfäden mit dem den Kern enthaltenden Ende voran bewegten, doch war dieses sehr schwer sicher zu entscheiden. Über die Spermatogenese habe ich folgendes beobachtet. In ei- nem frühen Stadium ist der Kern der Spermatiden kugelrund, gleich- massig dunkel färbbar. Von seiner Oberfläche sieht man einen kur- zen Plasmakegel hervorragen, in dem bei geeigneter Färbung ein Cent- rosom (wahrscheinlich Diplosom) nachweisbar ist. Das Bild erinnert in hohem Grade an das in meiner Arbeit über die Eumesostominen (1904) t. V. f. 22 wiedergegebene Stadium von Mesostoma mutabile BÖH- MIG. In der Folge wächst der erwähnte Plasmakegel stark in die Länge (T. IV. F. 19), wobei er zugleich bandartig abgeplattet wird. Man erkennt in der Nähe seiner Basis, je nachdem man das Band von der Fläche (F. 20) oder von der Kante (F. 15) sieht, 2 oder 1 Centroso- men. Diese liegen ganz an der Kante des Bandes. F. 21 zeigt ein fol- gendes Stadium. Der Kern beginnt sich in die Länge zu strecken, ebenso das gesammle Plasma der Spermatide. In F. 22 habe ich ein Fragment eines der Reife sich nähernden Spermatozoons gezeichnet (in- folge der Biegungen der Fäden fand ich sie an Schnitten nie ganz). Die Centrosomen haben sich weiter vom Kern entfernt, letzterer erscheint jetzt schlank in die Länge gestreckt. Zu erwähnen ist noch, dass das Chromatin im Laufe der Entwicklung der Spermatide am proximalen Ende des Kerns spärlicher wird, sodass letzterer hier oft nur ganz blass farbbar ist. — Das Erwähnte bezieht sich ganz und gar auf Schnitt- Alex- Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 39 Präparate. Komplettiert wird dieses Bild durch Spermatiden, die ge- wonnen wurden durch Zerzupfung von frischen Exemplaren, die mit iVo Osmiumsäure getötet und mit Methylenblau gefärbt wurden (F. 18). Die bandartige Form des Schwanzes tritt dabei besonders deutlich hervor. Das Band verbreitert sich distalwärts stark um sich dann rasch zu ei- ner feinen Spitze zu verjüngen und ist zugleich mehr oder weniger regelmässig korkenzieherartig gewunden. Es ist offenbar, dass die »spindelförmige Anschwellung« der Sper- matozoen von M. ohtusiim der Schwanzverbreiterung von M. hijstrix entspricht. Die Köpfe beider Formen stimmen untereinander völlig über- ein. Die von VEJDOVSKY hervorgehobene grosse Verschiedenheit des Spermas beider Arten beschränkt sich auf die stärkere Verbreiterung des gewundenen Teils bei M. obtasiim. Der Bau ist im Wesentlichen derselbe. Ein genauerer Vergleich mit den beiden anderen Arten ist dage- gen z. Z. nicht durchführbar. Der Bau ist hier in etwas höherem Grade abweichend. Nach ZACHARIAS' (1. c. p. 257—258) Darstellung der Spermatogenese von M. uiride ist bei dieser Art der Kopfteil der Samenfäden erweitert. Hiermit stimmen meine Beobachtungen an Schnitten, — ganze Spermatozoen konnte ich in denselben nicht finden, — insofern überein, als der Kern hier eine Anschwellung des Fädchens verursacht (F. 8, 9, sp). Dagegen erschien der denselben beherbergende Teil nicht scharf gegen den Schwanz abgesetzt, und wenn es (p. 228) heisst, dass »die bislang im Ruhezustande verbliebene Kernsubstanz in Be- wegung« kommt »um in dem immer spindelförmiger werdenden Sper- matozoenkopfe sich gleichmässig zu verteilen«, so ist das ein Irrtum, wenigstens sofern sich diese Angabc auf die chromatische Substanz des Kernes bezieht. Die reifen Samenfaden im Hoden sowohl wie in der Ve- sicula seminalis besitzen nämlich einen leicht färbbaren, verhältnismäs- sig sehr kurzen Kern indem derselbe gewöhnlich ellipsioidisch, und wenig länger bis etwa 2- mal so lang als breit ist. Das Chromatin scheint oft die Form eines hohlen Zylinders zu besitzen ^). T. IV, F. ') Ein ähnliches Verhalten ßndet sich bei M. hystrix durch das Schwinden des Chromatins aus dem hinteren Teil der Sperraatidenkerne (vgl. oben) ange- 40 Festschrift für Palmen. N:o 5. 23 — 25 gibt einige Stadien aus der Entwicklung der Spermatiden wieder. T. 23 zeigt eine Spermatide mit pfriemenförmig hervorsprossen- dem Schwanz. Der Kern liegt noch innerhalb der breiten Plasma - masse der Spermatide, jedoch ganz an der Basis des Schwanzes. Er ist fast kugelig, nur gegen den Schwanz zu etwas ausgehöhlt. In dieser Aushöhlung lässt sich distalwärts eine kegelförmige, nicht färb- bare Partie erkennen, — unzweifelhaft die Sphäre ^). Der Schwanz plattet sich in einem folgenden Stadium (F. 24) ab und rollt sich gleich- zeitig — ganz wie bei hystrix — korkenzieherartig ein, während auch der Kern in die schmale Verlängerung einbezogen wird. Durch wei- tere Streckung in die Länge (F. 25) erlangt dann das Spermatozoon seine definitive Gestalt. Durch das Vorkommen des Stadiums mit ge- wundenem, abgeplattetem Schwanz nähern sich die Spermatozoon von M. viride jedenfalls denjenigen von hystrix und obtusum. Letzteren Ar- ten gegenüber ist jedoch das Vorkommen einer Nebengeissel (nach ZA- CHARIAS) bemerkenswert, ich habe eine solche bei hystrix trotz vielem Suchen nicht finden können. Wie der »Kopf« der Samenfäden von M. tiiba (v. GRAFF l. c.) zu deuten ist, ob er der Erweiterung am Schwanz bei M. obtusum und hystrix oder wirklich einem Kopf entspricht, — in letzterem Sinne könnte die ganz ähnliche Befestigung der drei »Börstchen« bei tuba und der Nebengeissel bei uiride gedeutet werden, — muss dahingestellt blei- ben. An meinen Schnittpräparaten konnte ich keine der Abbildung entsprechende Anschwellung finden. Vom Kern der reifen Fäden er- kannte ich nur drei dicht hinter einander gelegene rundliche, manch- mal verschmolzene Chromatinbrocken (T. IV. F. 27). Durch erneute Untersuchung an reichlicherem Material von Af. viride und M. tuba würde leicht Klarheit über die oben angedeuteten bahnt. Durch die Kürze des Kerns wie durch die eigentümliche Anordnung des Ghroraatins bildet M. viride unter den Macrostomiden gewissermassen eine Parallelform zu Mesostoma matabile Böhmig unter den Eumesostominen (vgl. Luther 1. c. p. 94—95, t. V, f. 28). ') Meine beiden Exemplare waren mit Ehrlich's Hämatoxylin und Eosin gefärbt, Centrosomen deshalb nicht zu sehen. Alex. Luther, Zur Kenntnis der Galtung Macrostoma. 41 dunklen Punkte zu erlangen sein. Ohne Zweifel werden solche zukünf- tige Untersuchungen ergeben, dass der Unterschied zwischen den Sper- inatozoen der letzteren Arten und denjenigen der Mehrzahl der übrigen Rhabdocölen weit weniger bedeutend ist als es bisher den Anschein hatte. Die Samenfäden von M. hystrix lassen sich schon heute in schönster Weise mit denjenigen der Eumesostominen (1. c. p. 90 — 95 t. V. f. 2, 16—27) vergleichen, und wir finden im Bau sowohl wie in der Spermatogenese beider dieselben Hauptzüge wieder. Weibliche Geschlechtsorgane. Unter allen Organen der Macrostomiden sind die weiblichen Ge- schlechtsdrüsen in der Litteratur am ausführlichsten behandelt worden, da dieselben, wie M. SCHULTZE (1851 p. 31, 33, 58) es zuerst bei M. hystrix fand, noch keine Trennung in Keim- und Dotterstöcke aufweisen, sondern einheitliche Ovarien darstellen. Später haben v. BENEDEN (1870 a p. 64—67 und 1870 b p. 123—125) an hystrix und viride, HALLEZ (1879 p. 63—64) an der ersteren Art und v. GRÄFE (1882 p. 131, 243) an hystrix, viride und tuba erneute Untersuchungen angestellt. Trotz- dem ist unsere Kenntnis dieser Organe noch heute recht mangelhaft. Statt ein Referat der diesbezüglichen Litteratur zu geben, verweise ich auf v. GRAFF's Schilderung (1. c), die auch alle früheren Angaben zusammenfasst. Seit dem Erscheinen dieses Werkes sind nur noch zwei Angaben hinzugekommen, nämlich von BRAUN (1882 p. 13), der bei M. orthostylum in jedem Keimdotterstock immer nur ein Ei der Reife nahe fand und von VEJDOVSKY (1895 p. 158), der bei M. obtusum keine Spur von Ovarien, sondern stets nur eine grosse, amöbenartig gelappte Eizelle sah. Die Ovarien liegen stets seitlich im mittleren Teil des Körpers und zwar befinden sie sich an solchen Stellen, wo Hoden und Keim- stock sich mit den Enden übereinander schieben, dorsal von den ersteren. Abweichend von den bisherigen Angaben finde ich die äussere Form der Ovarien bei den drei von mir untersuchten Arten wesentlich verschieden. Bei hystrix (T. IV. F. 28) sind sie kurz, rundlich, ebenso lang oder kürzer als breit, nicht selten im horizontalen Schnitt fast vier- eckig infolge der eingeengten Lage zwischen den Hoden vorn und den 42 Festschrift für Palmen. N:o 5. im Oviduct liegenden Eiern (ei) hinten. Nur selten weisen sie am Rande schwache Einkerbungen auf. Die Ovarien von M. viride sind durch tiefe Einschnitte in Lappen geteilt (F. 29), diejenigen von tuba (F. 30) aber in eine grosse Anzahl getrennter Follikel vollkommen aufgelöst. Eine besondere Hüllmembran ist an den Ovarien nicht vorhanden. Über die weiblichen Auslührwege ist bisher, mit Ausnahme des Antrums und der Geschlechtsöffnung, nichts bekannt geworden. Der Oviduct ist bei M. hystrix dem Ovarium zunächst sehr schmal, erwei- tert sich aber in gefülltem Zustand caudalwärts ausserordentlich stark. Dasselbe ist der Fall bei viride und tuba (T. V, F. 4), doch kommt es bei diesen infolge der Zerspaltung in Lappen zur Bildung eines besonde- ren, aus dem Ovarium (ov) hervorgehenden medial gelegenen Sammel- ganges (sg), der in den Oviduct {od) einmündet. Histologisch konnte ich eine Grenze zwischen beiden nicht nachweisen, doch sind sie jedenfalls morphologisch auseinander zu halten. — Die Oviducte vereinigen sich hinten zu einem gemeinsamen Endabschnitt, der in das Antrum femi- ninum (T. H, F. 10 u, Textf. 4 af) einmündet. Letzteres hat gewöhn- Textf. 4. Weiblicher Geschlechtsapparat von Af. tuba von oben gesehen. Rekonstruktion. Oc. 4. Obj. 16. af. Antrum femininum. od. Oviduct. ov. Ovarium. sg. Sammelgang des Ovariums. 2 Weibliche Geschlechtsöftnung. lieh die Form einer Hohlkugel und mündet hinten durch einen engen Kanal (T. H. F. 10 $ und Textf. 1 f $) nach aussen. Der innere Bau und die Entwicklung der Eier stimmen bei den drei untersuchten Arten der Hauptsache nach überein. Überall wird nur eine Art Zellen gebildet. Mitotische Figuren habe ich in den Ovarien nie gesehen. Die kleinsten Zellen liegen stets peripher im Or- Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 43 gan, nicht nur an der vorderen Spitze. Wo es zur Bildung von Lap- pen oder Follikeln kommt, sind sie an den Enden derselben zu suchen. Schon die jüngsten am reifen Ovar vorhandenen Stadien der Eizellen erscheinen völlig individualisiert; sie bilden also nicht wie v. GKAFF es an- gibt, eine ungeteilte Plasmamasse mit eingestreuten Kernen. An Schnit- ten findet man sehr oft feine trennende Spalten zwischen den Zellen. Sind diese Spalten auch aller Wahrscheinlichkeit nach durch Schrump- fung entstandene Kunstprodukte, so lässt doch ihr Vorkommen ebenso wie dasjenige von kleinen FärbungsdiflFerenzen des Plasmas der verschie- denen Keime keine andere Deutung zu, als die oben ausgesprochene. Die jüngsten von mir beobachteten Keimbläschen (T. IV, F. 31) maas- sen bei M. hystrix 2 // im Durchmesser. Anfangs erscheinen sie ho- mogen, dunkel färbbar, mit zunehmendem Wachstum tritt aber bald ein deutlicher, von hellem Hof umgebener Nucleolus hervor. Das Kern- körperchen vergrössert sich rasch, ebenso der helle Hof, während der umgebende, Chromatinkörnchen enthaltende Teil mehr und mehr zu einer dünnen Schicht ausgedehnt wird (F. 32). Im Plasma der Zellen, das mit zunehmendem Wachstum schwächer tingierbar wird, treten an- fangs spärlich, dann immer reichlicher Vacuolen sowie Körner auf, und zwar vorzugsweise in den peripheren Teilen der Zelle. In dem Masse wie sich die Keimzellen der Reife nähern, rücken sie allmälig gegen den Anfang des Oviducts hin. Sie erscheinen hier Ott sehr lang und schmal ausgezogen oder auch sind sie vielfach gelappt, je nachdem die benachbarten Zellen Lückenräume zwischen sich frei lassen. Mit dem Übertritt der Eizellen in den Oviduct tritt eine ausser- ordentlich starke Vergrösserung derselben ein. Wider Erwarten konnte ich dabei nirgends mit Sicherheit eine Einbeziehung von Nachbarzellen in die Bildung des definitiven Eies feststellen, mit anderen Worten, es kommt, soviel ich zu erkennen vermochte, nicht zur Ausbildung von Dotterzellen in der einer oder anderen Form. Anfangs deutete ich Bil- der, wie das F. 33 wiedergegebene, wo sich dem Kern zunächst ein fein- körnigeres, stärker tingierbares Plasma fand so, dass dieses letztere der Keimzelle angehörte, die umgebende dotterreiche Masse aber durch Zusammenfliessen einer Anzahl anderer Zellen entstanden sei. Bei sorg- 44 Festschrift für Palmen. N:o 5. fältiger Prüfung meiner am besten erhaltenen Präparate habe ich jedoch nie in dieser Masse Kerne nachweisen können, auch gelang es mir nicht an Kernen des Ovariums eine allmäliche Degeneration festzustellen. Ich muss daher die starke Grössenzunahme der Eier am Anfang des Oviducts durch Wachstum mittelst Aufnahme von Nahrung aus den umgebenden Körpersäften und durch Imbibition mit Wasser erklären. ^) Nur vereinzelt, und offenbar als abnorme Erscheinung, fand ich bei Exemplaren von M. viride und tuha einzelne abortive Eier in den Ovi- ducten. Sie waren meist kugelig, und fielen durch ihre starke Färb- barkeit auf. In einem Falle [tuba) wo ihrer mehrere im einen Oviduct vorkamen, — im anderen fehlten sie vollkommen, — Hess sich feststellen, dass sie, je weiter caudad sie rückten, mehr und mehr in grobe, stark färbbare Körner zerfielen, und gleichzeitig zum Teil resorbiert wurden. Als Dotterzellen können diese Eier in keinem Falle bezeichnet werden. Da sie immerhin teilweise resorbiert werden, kann ihr Vorkommen vielleicht bei Spekulationen über die Entstehung der Dotterzellen von einigem Interesse sein. Schon an den im obersten Teil des Oviducts gelegenen Eiern las- sen sich im Plasma zweierlei Körnchen unterscheiden. Einerseits an Hämatoxylin-Eosin-Präparaten glänzend gelb erscheinende, oft etwas grössere, und spärlicher vorkommende, andererseits im letzteren Farb- stoff sich rot färbende, sehr zahlreich vorhandene von wechselnderer Grösse, die meist jedoch etwas kleiner sind als die vorige Kategorie '^) (F. 34.). Beide liegen bunt durcheinander, doch kommen erstere nicht in unmittelbarer Nähe des Kernes vor. Zwischen den Körnchen er- scheint das Plasma als zartes violettes Netzwerk. Mit zunehmendem Alter des Eies werden die gelben Körner mehr und mehr gegen die Peripherie desselben verlagert, bis sie an derselben eine einfache aber dichte Schicht bilden. Nur hier und da liegen einzelne ') Es ist nicht j^anz ausgeschlossen, dass ich mich in diesem Punkte irre. Alle meine Exemplare waren mit Sublimat fixiert; vielleicht würden nach an- deren Methoden behandelte Tiere klareren Anfschluss geben. *) Bei der Differenzierung von Eisenhämatoxylinpräparaten geben erstere viel schwerer die Farbe ab als letztere. Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 45 Körner einwärts von der Schicht der übrigen. Ich fand die Körnchen noch an im Antrum liegenden Eiern getrennt. Es scheint mir jedoch, — nach Beobachtungen an M. hystrix und uiride — , dass es schliessHch zu einer Verklebung dieser Körnchen untereinander kommt, dass also derart eine Membran um das Ei gebildet wird, an der die einzelnen Körner noch als kleine Buckelchen hervortreten. An frischem Material habe ich ebenfalls den Eindruck erhalten, dass es sich um eine Eimembran handelt, wie denn auch PEREYASLAWZEWA (1893 p. 479), ZYKOFF (1897 p. 451) und SEKERA (1903 p. 571) eine solche erwähnen. Hartschalige braungelbe »Wintereier» wie sie DORNER (1902) erwähnt, habe ich dagegen nie gesehen. Die rot färbbaren Körnchen im Ei stellen die Dotterkörnchen dar. Sie nehmen mehr und mehr an Anzahl und auch an Grösse zu, sodass sie bald die Hauptmasse des Eies ausmachen. Während diese Veränderungen vor sich gehen, schwillt das Keim- bläschen mächtig an. Das Chromatin, anfänglich in unregelmässigen Brocken verteilt, bildet spärliche, lange und dünne Fäden ^) Der Nuc- leolus tritt dem übrigen Kern gegenüber mehr und mehr zurück. Er enthält eine grosse oder mehrere kleinere Vacuolen. Der ihn umgebende Hof verschwindet. — Nun schickt sich der Kern zu einer Teilung an. Da- bei treten die von schöner Polstrahlung umgebenen Sphären ausseror- dentlich deutlich hervor, auch die Spindel ist sehr deutlich (F. 35). Auffallend gering ist die Anzahl der Chromosomen. Ich fand ihrer in mehreren Eiern (Af. viride und hystrix) nur 2 von ganz kurz stabförmi- ger Gestalt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Reifeteilung. Lei- der ist es mir nicht gelungen spätere Stadien aufzufinden oder gar »die fortschreitenden Furchungsstadien» »in der Leibeshöhle» zu erblicken, wie es SEKERA (1903 p. 571) getan zu haben angiebt. ^) Es wurde oben (S. 42) erwähnt, dass die Ovarien einer Hüll- membran entbehren. In der Nähe des Oviductanfangs, an der Basis *) T. IV. F. 38 ist der Kern durchschnitten, die Fäden sind deshalb nicht in ganzer Ausdehnung sichtbar. ') Über die weitere Entwicklun{» vgl. Pereyaslawzewa (l. c. 178—187, t. XVI. f. 150—165). 46 Festschrift für Palmin. N:o 5. der Lappen oder Follikel jedoch, sowie am Sammelgang des Ovariums legen sich meist platte Zellen mit hyalinem Plasma (F. 38 hz) dem Or- gan an. Der Kern dieser Zellen ist klein, gewöhnlich abgeplattet oder länglich, enthält zahlreiche Chromatinkörnchen und einen kleinen, punkt- förmigen Nucleolus. Das Aussehen dieser Zellen erinnert an dasjenige gewisser Mesenchymzellen und hier ist unzweifelhaft auch ihr Ursprung zu suchen. Auch von den jüngsten Stadien der Eizellen sind sie stets leicht zu unterscheiden. Diese Zellen finden sich nicht nur an der Oberfläche des Or- gans, sondern sie dringen am Anfang des Oviducts auch in das Innere desselben ein. Sie finden sich in Spalten zwischen den Eizellen und füllen sie aus. Im Oviduct selbst sind sie noch zahlreicher und um- geben, sich mit den Rändern oft übereinander schiebend, gewöhnlich die Eier von allen Seiten. Mit dem Wachstum der letzteren werden sie ausserordentlich stark ausgedehnt, sodass ihr Körper dann im Durch- schnitt oft nur schwierig als feinste Linie erkennbar ist. Wo die Ovi- ducte keine Eier enthalten, stellen sie dicke, aus solchen Zellen beste- hende Stränge dar, an denen ein Lumen nicht zu erkennen ist (T. IV F 40 und 41 od). Wo sie Eier enthalten, erscheinen sie abgeplattet infolge der eingeengten Lage zwischen Darm und seitlicher Leibeswandung. Caudad senken sich die Oviducte bis in die Nähe der Körperwandung hinab und wenden sich gegen die Mittellinie des Körpers um sich hier zu vereinigen (Textf. 4) und eine Anschwellung zu bilden, in der man nicht selten ein Ei findet. Diese Anschwellung steigt etwas dorsalwärts an und mündet offenbar oben, — eine Öffnung habe ich nie gesehen, — in das weibliche Antrum ein. Am Übergang in dieses letztere finden sich bei M. tuba einige ei- gentümliche Zellen (F. 41 und 42 grz). Sie sind keulenförmig, mit nach unten gerichteter Anschwellung, in der der Kern liegt. In der Nähe des letzteren, am Boden der Zelle, Hessen sich öfters dunklere Flocken im Plasma erkennen (F. 41). Das schmale Ende kehren die Zellen dem Lumen des Antrums zu. Sie machen den Eindruck von Drüsen, doch konnte ich kein deutliches Sekret erkennen. Auffallend ist es nun, dass ein Teil der in dem Antrum vorhandenen Spermatozoen an beiden von mir untersuchten Exemplaren mit den Enden in den oberen Teil der Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 47 Zellen eindringt. Einzelne Fäden lassen sich ein Stück weit innerhalb des Plasmas verfolgen. Es scheint sich um eine ähnliche Vorrichtung zur Ernährung des Spermas zu handeln wie ich sie bei den Eumesostominen (1904 p. 119—120, t. V. f. 33, 34), MATTIESEN (1904 p. 278, f. 1) bei Tricladen und BRINCKMANN (1905 p. 79—80, 116, 119, 131) bei Olistlianella nassonoffti GRAFF, Macrorhynchus nägelii KÖLL., Gyrator noiops DUGßS und Ophistoma pallidum O. SCHM. fanden. — Weder bei M. hi/strix noch viride habe ich etwas Entsprechendes gesehen. Das weibliche Antrum hat die Form einer kugeligen Blase, die hinten mittelst eines kurzen Ganges, dem Porus genitalis, nach aussen mündet. Die Wandung des Antrums besteht aus einem Epithel, des- sen Zellen, je nach dem der Vorraum leer ist oder ein Ei enthält, fast kubisch bis stark abgeplattet erscheinen. Die Kerne sind deutlich, mit einem ansehnlichen Nucleolus ausgestattet. Bei M. tuba und hystrix tragen die Zellen einen Besatz von Cilien. Bei tuba erkannte ich stel- lenweise deutliche Basalkörperchen T. IV F. 42. Im Gegensatz zu diesen Befunden gelang es mir nicht bei M. viride Cilien aufzufinden. An meinen beiden Exemplaren liegt ein Ei im Antrum, das Epithel ist sehr stark ausgespannt und dünn. Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass eine Bewimperung sich an anderen hierfür günstigeren Exempla- ren feststellen lassen wird. — Unregelmässig, mehr oder weniger ring- förmig verlaufende feinste Fasern liegen dem Antrum aussen an. Et- was kräftigere Muskeln ziehen vom letzteren zur ventralen Körper- wandung. Der Porus genitalis zieht vom hinteren Teil des Antrums schräg ventrad und caudad nach aussen. Am Ursprung des Kanals erscheint das Epithel etwas verdickt. Innen ist der Kanal, wenigstens bei M. hystrix, mit Cilien versehen, die an Höhe diejenigen des äusseren Epithels übertreffen. — Schon oben, S. 9—10, wurde erwähnt, dass in der Gegend der weiblichen Geschlechtsöffnung besondere Rhabditenstrassen münden. Die Stäbchen selbst wurden dort auch bereits besprochen. Bei tuba (Textf. 1 f) und uiride fand ich diese Ausmündungen an der ventralen Hautoberfläche in einer breiten Zone um die Geschlechtsöffnung herum, bei hystrix (T. IL F. 10 $) dagegen mündeten sie in den Kanal selbst 48 Festschrift für Palmen. N:o 5. ein. Es scheint dieser Befund anzudeuten, dass bei der letzteren Art ein den Genitalporus ursprünglich umgebender Bezirk der Körper- oberfläche in den weiblichen Genitalkanal einbezogen worden ist, der untere Teil des letzteren also eine innerhalb der Gattung erworbene se- kundäre Einstülpung der Haut darstellt. Möglich ist jedoch auch, dass der Kanal am lebenden Tier mehr oder weniger weit eingestülpt werden kann, die verschiedenen Befunde also nur zufällig fixierte verschiedene Stadien der Kontraktion repräsentieren. SyatematiscJiea, Wie oben (S. 35) hervorgehoben wurde, lassen sich die von mir untersuchten drei Spezies der Gattung auf Grund der Form des Ko- pulationsorgans leicht in zwei Gruppen teilen. Für diese, wie auch für die übrigen Arten, wird zweifelsohne nach wie vor das männliche Begattungsglied das wichtigste Unterscheidungsmerkmal abgeben, da es den grossen Vorzug bietet schon am frischen Tier leicht erkennbar zu sein. Daneben wird jedoch in Zukunft auch die Form der Ovarien mehr zu berücksichtigen sein als bisher. Ich verzichte darauf eine Übersicht aller, — also auch der von mir nicht untersuchten, — bis jetzt bekannten Arten zu geben, da eine solche von berufener Hand demnächst im »Tierreich» erscheinen wird. Ich tue das um so eher als eine natürliche Gruppierung der Arten erst nach erneuter Untersuchung der meisten Spezies vorgenommen wer- den kann. Der Übersichtlichkeit halber fasse ich die wichtigsten unterschei- denden Merkmale der hier beschriebenen Formen kurz zusammen. A. Chitinöses Kopulationsorgan spitz endigend, a. Kopulationsorgan ein gekrümmter, nicht spiralig gewundener Haken. Vesicula seminalis und Ves. granulorum nur durch einen engen Kanal mit einander verbunden. Ovarium gerundet, nicht ge- lappt M. hystrix. b. Kopulationsorgan schwach spiralig gekrümmt. Vesicula semi- nalis und Ves. granulorum in ganzer Breite mit einander verwach- sen. Ovarium gelappt M. viride. Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 49 B. Chitinöses Kopulationsorgan ein stumpfes Rohr; Ovarium folli- kulär M. tuba. Verivandtschaftsveftiältnisse. Leider sind die nächsten Verwandten unserer Gattung, die Genera Mecynostoma V. BEN. und Omalostonia V. BFIN. noch äusserst ungenügend bekannt. Eine gründliche Untersuchung der ersteren Gattung, speziell von M. caudatum, welche vielleicht Klärung über den Anschluss der Macro- stomida an die Acölen und somit über den Stammbaum der Rhabdo- cölen überhaupt bringen könnte, wäre dringend erwünscht Es erscheint mir dieses z. Z. als eines der wichtigsten Desiderata auf dem Gebiete der Rhabdocölenforschung. Die dürftigen Angaben über die beiden Omalostoma- Arien erlauben wenig mehr als den von allen Forschern einstimmig anerkannten Schluss, dass dieselben eben der Gattung Macrostoma sehr nahe stehen. Nach V. GRAFF's (1882 p. 208 u. 237) Ansicht ist die erstere Gattung aus der letzteren »durch Verkümmerung des einen Ovariumst hervorgegan- gen. Ist V. BENP:drn's Figur (1870 a t. IV f. 10) aber richtig, so lie- gen hier bezüglich der weiblichen Geschlechtsorgane jedenfalls einfachere Verhältnisse vor als bei Macrostoma, indem hier eine Scheidung in An- trum und Oviduct nicht vorhanden ist. Freilich ist hierauf kein Ge- wicht zu legen, da diese Verhältnisse sich er.st an Schnitten sicher er- kennen lassen. Die Annahme, dass das unpaare Ovarium von Omalo- stoma ein sekundäres Verhalten und die Paarigkeit dieser Organe ei- nen ursprünglicheren Standpunkt repräsentieren sollte, erscheint mir auch nach dem heutigen Stande unseres V^issens unbegründet. Bekanntlich (vgl. V. GRAFF 1905 p. 1957 )sind die Eilager vieler Acölen unpaar, ebenso die Ovarien von Stenostomiden und Microstoma, alles relativ tief stehende Formen, desgleichen die von Prorhynchus. Es könnte meiner Ansicht nach die Unpaarigkeit mindestens ebensogut primär wie erworben sein. Vorderhand bin ich deshalb geneigt die Gattung Omalostoma als im Ver- gleich zu Macrostoma tiefer stehend zu betrachten. Ausserordentlich nahe schliessen sich den Macrostomiden die Microstomide n, nach Ausschluss der Stenostomiden, an. Eine 50 Festschrift für Palmen. N:o 5- nahe Verwandtschaft zwischen diesen beiden FamiHen erkannten zwar schon HALLEZ (1879) und v. GRAFF, doch ist die Erkenntnis dieser Beziehungen nicht genügend durchgedrungen, denn nachdem die Tren- nung der Familien der Microstomiden und Stenostomiden durchgeführt worden ist, findet man in faunistischen Arbeiten gewöhnlich die letz- tere Familie zwischen denjenigen der Macro- und Microstomiden ange- führt. Ein Vergleich dieser beiden Familien unter einander scheint mir deshalb am Platze zu sein. Haftpapillen wie auch Tastgeissein, — auch bei anderen Rhabdo- cölen häufig vorhanden, — kommen innerhalb beider Gruppen beson- ders oft und in starker Ausbildung vor. Sehr gross ist die Über- einstimmung inbezug auf den Darmkanal. In beiden Fällen finden wir einen typischen Pharynx simplex, einen mit Cilien bekleideten Darm und am letzteren eine Basalmembran mit daran sich schliessender Mus- cularis (bei Alaurina soll sie nach BRINCKMANN i) 1905 p. 60 fehlen), sowie Radiärmuskeln {Microstomä) zwischen Darm und Leibeswand, Die Exkretionsorgane haben hier wie dort zwei ventrale Mündungen. Dass dieselben im einen Falle vor (Microstomiden) im anderen Falle hinter der Mundöffnung (Macrostomiden) liegen, ist jedenfalls von sekundärer Bedeutung. Auch das Nervensystem spricht insofern für eine nahe Verwandtschaft als bei Microstomä wie bei Macrostoma ein Pharyngealnervenring vorhanden ist (fehlt bei Alaurina) und die Ver- bindung desselben mit dem Gehirn genau die gleiche ist (vgl. LUTHER 1904 p. 76 Anm. 1) Die Längsnervenstämme sind in beiden Fällen be- sonders stark entwickelt (vgl. v. WAGNER 1891 a. p. 373 t. XXIV f. 29). Von Alaurina alba gibt BRINCKMANN (1. c. p. 59) an, dass sich die Längsnerven hinten einander stark nahern und möglicherweise anasto- mosieren, ein Verhalten, das als Vorstufe des Schwanzganglions von Macrostoma aufgefasst werden könnte. Ein Unterschied ergiebt sich frei- lich insofern als die untere Schlundkommissur den Microstomiden (we- nigstens Microstomä lineare) fehlt. Die im Gegensatz zu den vor dem Gehirn gelegenen Wimpergrübchen und Wimperrinnen anderer Rhabdo- ')Die im Folgenden gemachten Angaben über .4 /aur/na stützen sich aus- .schliesslich auf die wichtigen Untersuchungen dieses Verfassers. Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung 'Macrostoma. 51 cöliden hinter demselben gelegenen Wimpergrübchen der Microstomiden finden wir wahrscheinlich bei Macrostoma ohtusum VEJD. wieder, frei- lich sehr schwach ausgebildet. — Was die Geschlechtsorgane anbelangt, liegt in beiden Familien die weibliche Geschlechtsöffnung vor der männ- lichen. Die Hoden sind kompakt, einfach sackförmig, mit Ausnahme von Alaurina paarig, der Penis mit einem chitinösen Kopulationsappa- rat versehen, der, soweit wir ihn vonsden Microstomiden kennen, sogar im Detail manche Übereinstimmung aufweist. Sperma und Kornsekret sind freilich bei den Microstomiden noch in einer einzigen Blase vereinigt, während bei den Macrostomiden eine Trennung in Vesicula seminalis und Ves. granulorum stattfindet. Der weibliche Genitalappart von Mic- rostoma, wie wir ihn hauptsächlich durch die Arbeiten RYWOSCH's (1887) und SEKERA's (1898) kennen, wie auch derjenige von Alaurina weicht dadurch, dass eine Anzahl Eier in Dotterzellen umgewandelt wer- den, von meiner obigen Schilderung des Ovars von Macrostoma ab. Da ich jedoch inbezug auf die Eibildung bei der letzteren Gattung zu keinem ganz sicheren Resultat kam, kann ich diesem Umstand wenig Gewicht beimessen, und zwar um so weniger als das von BRINCKMANN (1, c. t. II f. 11) abgebildete Ei von Alaurina und diejenigen der Macro- s/oma-Arten eine' bedeutende Ähnlichkeit aufweisen, speziell was die Ausbildung der peripher gelegenen Körnchenschicht anbelangt. Der Übereinstimmung! in der Unpaarigkeit der weiblichen Geschlechtsdrüse bei Omalostoma und den Microstomiden wurde schon oben gedacht. Als trennende positive Merkmale sind hauptsächlich anzuführen einerseits die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Microstomiden, anderer- seits die verbreiterte Schwanzscheibe (und die infolgedessen ausgebil- dete Schwanzkommissur des Nervensystems) sowie die untere Schlund- kommissur der Macrostomiden. Dazu kommen noch die Verschieden- heit in Lage und Bau der Augen, sowie das (nicht allgemeine) Vorkom- men von Nematocysten bei Microstomiden. Bei der grossen Anzahl der für beide Gruppen gemeinsamen Merk- male scheinen mir die trennenden Charaktere nicht bedeutender zu sein, als sie sonst oft innerhalb einer und derselben Familie vorkommen. Soweit sich ohne nähere Kenntnis der Gattungen Mecijnosfoma und Omalostoma Schlüsse ziehen lassen, ist es mir wahrscheinlich, dass wir 52 Festschrift für Palmen. N o 5. in Übereinstimmung mit HALLEZ' Annahme und im Gegensatz zu v. GRAFF die Macrostomiden von Microstomiden-ähnlichen Vorfahren ab- zuleiten haben. Die Stenostomiden haben mit den Macro- und Microstomi- den den Besitz eines Pharynx simplex gemein, wozu noch der wimpernde (allerdings nach OTT (1892 p. 279) mit Pseudocilien ausgestattete), mit besonderer Muscularis und Radiärmuskeln (vgl. KELLER t. XXVII f. 20 r) versehene Darm kommt. Die beiden ersteren Merkmale sind aller W^ahrscheinlichkeit nach auf einen gemeinsamen Ursprung der Gruppen zurückzuführen, die Muscularis dagegen in beiden Fällen unabhängig erworben, denn bei den Stenostomiden {Stenostoma leucops) liegen, wie OTT (1. c. p. 274 f. 9 und 11) es konstatierte und ich bestätigen kann, die Längsmuskeln dem Darmepithel zunächst, die Ringmuskeln ausser- halb, während bei den Macrostomiden das Umgekehrte der Fall ist. — Im Übrigen finden wir so viele Abweichungen, ich erwähne nur den unpaaren Exkretionskanal, die andere Lage der Wimpergrübchen, be- sonders aber die gänzlich verschiedene Gestaltung der männlichen und auch der weiblichen Geschlechtsorgane (SEKERA 1903), — dass von einer Ableitung der Stenostomiden von Macrostomiden-ähnlichen Vor- fahren (vgl. V. GRAFF p. 208 und 247) nicht die Rede sein kann. Ich stimme SABUSSOW (1897 p. 53) und SEKERA (1903 p. 570) darin bei, dass die Stenostomiden als ein tief unten am Stammbaum der Rhabdo- cölen entspringender Zweig aufzufassen sind, und zwar denke ich mir denselben als demjenigen der Microstomiden -\- Macrostomiden koordiniert. Welche Stellung die Macrostomiden den mit Pharynx compositus versehenen Familien gegenüber einnehmen, ist eine Frage, auf die ich mich zur Zeit nicht einzulassen wage. Die Kluft zwischen den ersteren einerseits und den Prorhynchiden sowie auch den niedersten Repräsen- tanten der Vorticiden, Mesostomiden und Probosciden andererseits er- scheint mir noch zu gross als dass man eine Ableitung, wie sie v. GRAFF in seiner monumentalen Monographie versucht hat, einigermassen sicher durchführen könnte. Erneute genaue Untersuchungen müssen hier Klarheit schaffen. Alex. Luther. Zur Kenntnis der (iattung Macrosfoma. 53 Tafelerklärunff , Die Mehrzahl der Figuren wurde mit Hilfe des ABBEi'schen Zeichen- apparates entworfen, und zwar unter Benutzung der ZEISS'schen apochro- malischen Objektive und Kompensationsoculare. Bei den einzelnen Fi- guren sind in der Regel die benutzten Linsen angeführt, dagegen nicht die Vergrösserung, weshalb ich hier ein Verzeichnis der Vergrösserun- gen gebe. Obj. 16,0 mm. Obj. 8,0 mm. Obj. 2,0 mm, apert. 1.30(Homog. Immers.). Oc. 4 = X 114. Oc. 4 == X 189. Oc. 4 = X 700. Oc. 8 = X 167. Oc. 8 = X 353. Oc. 8 = X 1366. Oc. 18 = X 720. In ein paar Fällen, wo andere Linsen benutzt wurden, ist dieses besonders angegeben. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen: {ö, b, c, u. s. w. vgl. den Text). exkrk, Exkretionskanal ; af, Antrum femininum ; fs, falsche Samenblase ; agkd, Ausführgänge der Körnerdrüsen ; gk, gelbe Körner; agkl, Ausführgänge der Klebdrüsen; grz, grosse Zellen am Ende des Oviduets; ak, Sphäre; k. Kern; bck. Bildungszellen des chitinösen Kopu- kk, Körnerkolben ; lationsorgans; klp, Klebdrüsenpapille (^Haftpapille); t)k, Basalkörperchen ; ks, Kornsekret ; ci, Cilien ; Im, Längsmuskel ; rk. Chitinöses Kopulationsorgan; In, Längsnerv; rl, Centrosom ; m, Muskel ; da, Darm; ma, männliches Antrum; dci, Darmcilien; mhl. Myoblast; dm, Diagonalfasern ; mes, Mesenchym ; do, Dottermassen; n, Nerv; dr, Drüsen ; ncl, Nucleolus; drag, Drüsenausführgang; od, Oviduct; ds, Ductus seminalis ; phcp. Pharyngealepithel : ei, Ei; phnr, Pharyngealnervenring; ema. Epithel des männlichen Antrums; pigm, Pigment; fö, Exkretionsöffnung; pigmk, des Kern Pigmentbechers; ep. Epithel ; pl, Plasma ; 54 Festschrift für Palmin. N:o 5. pm, männliche Geschlechtsöffnung ; sg, Sammelgang ; prm, Protractoren ; sh, Tastgeissel; ret, Retina ; spm, Spiralmuskel ; relk, Retinakern; vgr, Vesicula granulorum; rh, Rhabdit, Rhammit; vs, » seminalis; rhdr, Rhabditendrüse ; ivö, weibliche Geschlechtsöffnung. rm, Ringmuskel; Tafel I. Fig. 1. Macrostoma viride aus Lojo (Mühienteich bei Lill-Ojamo). Habitusbild nach dem Leben. Fig. 2. M. hystrix. Umrisse von Epithelkernen, von der Fläche des Epithels gesehen. Die Anordnung der Kerne nicht nach der Natur. Methylenblau. Oc. 8, Obj. 2.o. Fig. 3. M. iuba. Schnitt durch das Epithel. Eisenhämatoxylin. Oc. 8, Obj. 2.0. Fig. 4. M. hystrix. D:o. D:o. Fig. 5. D.O. Cyanophile Hautdrüsen. EHRLICH's Häm. Oc. 8, Obj. 2.0. Fig. 6—8, 10. D.O. Rhabditen. Oc. 8, Obj, 2.o. — 6 Grobe Stäb- chen des Vorderendes ; 7 vom übrigen Körper; 8 feine Stäbchen des Vorderendes; 10 von der weiblichen Geschlechtöffunung. Fig. 9 und 11. M. viride. Fig. 9. Rhabditen vom Mundrand; Fig. 11 von der weiblichen GeschlechtsöfFung. Vergr. wie vorige. Fig. 12 — 16. M. tuba. Rhabditen. Vergr. wie oben. 12 a feine Stäbchen des Vorderendes; b Sekretkugeln aus denselben Drüsen; 13 grobe Stäbchen des Vorderendes; 14 St. vom Rücken und den Seiten des Körpers; 15 von der weiblichen Genitalöffnung: 16 vom Mundrand. Fig. 17 und 18. M. hystrix. Klebdrüsenpapillen des Schwanzes am optischen Durchschnitt durch das lebende Tier. Oc. 8, Obj. 2.0. (Ohne Camera entworfen). Fig. 19. D.O. Schnitt durch das Epithel mit Ausführgängen der Klebdrüsen. EHRLICH's Häm. Oc. 8, Obj, 2.0. Fig. 20. M. tuba. Ausmündungen von Klebdrüsen am lateralen Rand des Schwanzes. Eisenhäm. Oc. 8, Obj. 8. Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 55 Fig. 21. D:o. Epithel mit Gruppe von 2 Sinneshaaren. Aus ei- nem Querschnitt in der Augengegend; subventral. Eisenhäm. Oc. 8, Obj. 2.0. Fig. 22. D.O. Gruppe von 3 Sinneshaaren im Rückenepithel des Schwanzendes. PZisenhäm. Oc. 8, Obj. 2.0. Fig. 23. D:o. Gruppe von 2 Sinneshaaren aus dem Rückenepi- thel. Eisenhäm. Vergr. wie vorige. Fig. 24. D.O. D.o aus dem Seitenrand in der Pharynxgegend. Eisenhäm. Vergr. wie vorige. Fig. 25. D.O. Gruppe von 6 Sinneshaaren aus derselben Kör- pergegend. Färbung und Vergr. wie vorige. Fig. 26. D:o. D:o vom Körperrand in der Auger.gegend. Färbung und Vergr. wie vorige. Fig. 27. M. hystrix. 2 Sinneshaare im FZpithel. P'ärbung und Vergr. wie vorige. Tafel II. Fig. 1. M. hystrix. Stück des Hautmuskelschlauchs (seitlich dor- sal) aus einem Schnitt. Eisenhäm. Oc. 8, Obj. 2.0. Fig. 2. M. viride. Querschnitt durch das Tier. Der hintere Teil des Pharynx und der Anfang des Darmes sind getroffen. EHRLICH's Häm., Eosin. Fig. 3. D.O. Mesenchymzellen. EHRLICH's Häm., Eosin. LEITZ Oc. 1. Homog. Immers ^/la. Fig 4 u. 5. M. iuba. Epithel des Pharynx aus Horizontalschnitten durch das Tier. Eisenhäm. Oc. 4, Obj. 2.0. Fig. 6. Microstoma lineare. D:o. Färbung u. Vergr. wie vorige. Fig. 7. Macrostoma hystrix. Zellen des Pharynxepithels von der Fläche gesehen. Eisenhäm. Oc. 8, Obj. 2.0. Fig. 8. M. hystrix. Teil eines Dorsoventralmuskels mit dazuge- hörigem Kern. Eisenhäm. Oc. 8. Obj. 2. Fig. 9. M. viride. Auge. Der Pfeil deutet die Längsrichtung des Tieres an. EHRLICH's Häm., Eosin. LEITZ Oc. 1, Homog. Imm. V12. 56 Festschrift für Palmen. N:o 5. Fig. 10. M. hystrix. Medianer Sagittalschnitt durch den hinteren Teil des Körpers. Das Tier war etwas gekrümmt; die männliche Ge- schlechtsöffnung (bei (f) ist deshalb nicht genau getroffen. Eisenhäm. Säurefuchsin-Orange. Oc. 8, Obj. 8. Tafel III. Fig. 1 — 3. M. hystrix. Protonephridien. 1 und 3 von der Ven- tral- 2 von der Dorsalseite. 1 u. 2 nach zahlreichen blxemplaren kom- binierte Figuren. 3 nach 1 Exemplar. (Ohne Camera entworfen.) Fig. 4. D.O. Ausmündungsgegend des rechten Protonephridiums von der Ventralseite gesehen. Gleich den drei folgenden Figg. nach dem Leben ohne Camera entworfen. Eig. 5. D.O. Verzweigungsstelle der Kanälchen mit Flimmerung im Inneren. Fig. 6. D.O. (> fjf lange Wimperflamme in Exkretionskapillaren (Terminalorgan ?). Fig. 7. D.O. Terminalorgan mit 8 fi langer Wimperflamme. Fig. 8. M. hystrix (aus dem Meere bei Tvärminne). Chitinöses Kopulationsorgan. Oc. 18, Obj. 8. Fig. 9. M. viride (aus Lojo) Chitinöses Kopulationsorgan in zwei verschiedenen Ansichten. Oc. 18, Obj. 8. Tafel IV. Fig. 1. M. hystriv. Penis. Aus einem frischen Quetschpräparat. Oc. 4. Obj. 2o. Fig. 2. D:o. Schnitt durch die Vesicula granulorum. Eisenhäm. Oc. 4, Obj. 2.0. Fig. 3. D.O. (Ibergang der falchen Samenblase in die ächte. EHR- LlCH's Häm. Eosin. Oc. 4, Obj. 2.0. Fig. 4. D.O. Querschnitt durch die Vesicula granulorum mit Ein- mündungen von Kornsekretdrüsen. Eisenhäm. Oc. 4, Obj. 2.0. Alex. Luther, Zur Kenntnis der Gattung Macrostoma. 57 Fig. 5. D:o Querschnitt durch eine leere Vesicula seminalis. Ei- senhäm. Oc. 8, Obj. 2.0. Fig. 6. D.O. Tangentialschnitt durch die Wandung der Vesicula granulorum. EHRLICH's Harn., Eosin. Oc. 4, Obj. 2.0. Fig. 7. D.O. Teil des chitinösen Kopulationsorgans aus einem Schnitt. Eisenhäm. Oc. 4. Obj. 2.0. Fig. 8 und 9. M. viride. 2 Schnitte durch die Vesicula semina- lis und den oberen Teil der Vesicula granulorum. EHRLICH's Häm., Eosin. Oc. 4, Obj. 2.0. Fig. 10 und 11. D:o. 2 Längsschnitte durch den distalen Teil des Penis. Färbung und Vergr. wie vorige. Fig. 12. M. tuba. Schnitt durch den Penis aus einem Querschnitt durch das Tier. Eisenhäm. Oc. 8, Obj. 8. Fig. 13. D.O. Spitze des chitinösen Kopulationsorgans aus einem folgenden Schnitt derselben Serie. Eisenhäm. Oc. 4, Obj. 2.0. Fig. 14 und 15. M. sp. aus Lojo (Vgl. S. 35) Chitinöses Kopu- lationsorgan. Nach dem Leben. Oc. 18, Obj. 8. Fig. 16 und 17. M. hystrix. Spermatozoen. Osmiumsäure 1 ^/o. Methylenblau. Oc. 8. Obj. 2.o. Fig. 18. D:o. Spermatiden (Nur 2 vollständig gez). Behandelt wie vorige. Fig. 19—22. D.O. 4 Stadien aus der Entwicklung der Spermati- den (aus Schnitten). Eisenhäm., Säurefuchsin-Orange. Oc. 8, Obj. 2.0. Fig. 23 — 25. M. viride. 3 Stadien aus des Entwicklung der Sper- matiden. EHRLICH's Häm., Eosin. Oc. 4, Obj. 8. Fig. 26. M. tuba. Spermatiden. Eisenhäm. Oc. 4, Obj. 2.0. Fig. 27. D:o. Stücke von Spermatozoen (aus Schnitten). Eisen- häm. Oc. 4, Obj. 2.0. Fig. 28. M. hystrix. Umrisse des Ovariums und des Oviductan- fangs mit einem grossen Ei; aus einem Horizontalschnitt. Oc. 4, Obj. 8. Fig. 29, M. viride. Ovarium und Anfang der Oviducts. Hori- zontalschnitt. EHRLICH's Häm., Eosin. Oc. 4, Obj. 8. Fig. 30. M. tuba. Ovarium und Anfang des Oviducts. Umrisse eines Horisontalschnitts. Oc. 4. Obj. 16. 58 Festschrift für Palmen. No ö. Fig. 31 --35. M. hystrix. Entwicklung der Eier. 41 und 32 im Ovar, 33—35 im Oviduct. EHRLICH's Häm., Eosin. Oc. 4, Obj. 2.0. Fig. 36 — 39. M. viride. Querschnitte durch den Oviduct. EHR- LICH's Häm., Eosin. Oc. 4, Obj. 2.0. — 36 und 37 gut erhalten, 38 und 39 geschrumpft; ersterer Schnitt durch den Anfang des Oviducts. Fig. 40. M. tiiba. Teil eines Horizontalschnittes mit den Oviduc- ten. Eisenhäm. Oc. 8, Obj. 16. Fig. 41. D.O. Schnitt durch das weibliche Antrum und den di- stalsten Teil des Oviducts. Eisenhäm. Oc. 8, Obj. 8. Fig. 42. D:o. Teil der Wandung des weiblichen Antrums mit den grossen Zellen an der Einmündung des Oviducts; aus einem Horizontal- schnitt. Eisenhäm. Oc. 4, Obj. 2.0. liitteraturverzeichnis, E. V. BENEDEN, 1870 a, Recherches sur la composition et la signifi- cation de l'oeuf. Mem. couronnees par l'Acad. royale de Belgi- que. vol. XXXIV. Bruxelles. 283 p., t. I— XII. — 1870 b. Etüde zoologique et anatomique du genre Macrostomum et description de deux especes nouvelles. Bull. Ac. royale de Bel- gique. 2-eme ser. vol. XXX. p. 116—133, I t. L, BÖHMIG, 1890. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. Plagiostomina und Cylindrostomina GRAFF. Zeitschr. f. wiss. Zoo). vol. LI. p. 167—479. t. 12— 21. 21 textfig. A. BRINCKMANN, 1905. Studier over Danmarks rhabdocöle og acöle Turbellarier. Vidensk. Meddel. fra den naturh. Foren, i Köben- havn 1906. 159 p. 5 tabb. M. BRAUN, 1885, Die rhabdocöliden Turbellarien Livlands. Arch. f. d. Naturk. Liv-, Ehst- u. Kurlands. Ser. 2. vol. X. Sep. 125 p. 4 t. G. DORNER, 1902 a. Über die Turbellarienfauna Ostpreussens. Zool. Anz. vol. XXV. p. 491—493. — 1902 b. Darstellung der Turbellarienfauna der Binnengewässer Ostpreussens. Sehr. d. phys.-ökon. Ges. zu Königsberg i Pr. vol. XLIII. p. 1—58. t. 1—2. Alex, fjiifher, Zur Kenntnis der Galtung Macronloma. 59 O. Führmann, 1894. Die Turbellarien der Umgebung von Basel. Rev. suisse de zool. vol. II. p. 215—290. t. 10—11. L. V. GRAFF, 1882. Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Leipzig. 441 p. 12 Texlf. und Atlas von 20 Taf. fol. — Turbellaria in BRONN : Klassen und Ordn. d. Tierreichs. Bd. IV. p. 1733—1987, l. I— V. P. HALLKZ, 1879. Contributions k Thistoire naturelle des turbellaries. Travaux de l'inst. zool. de Lille et de la Station maritime de Wi- mereux. Fase. 2. VIII -f- 213 p. 11 t. R. JANDER, 1897. Die Epithelverhältnisse des Tricladenpharynx. Zool. Jahrb. Abt. L Anat. u. Ontog. vol. X. p. 157—198. t. 13—15. J. KELLF:r, 1894. Die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Süsswasser- turbellarien. Jenaische Zeit.schr. vol. XXVIII. p. 370 — 407. t. 26—29. B. LANDSBERG, 1887. Über einheimische Microstomiden, eine Familie der rhabdocoeliden Turbellarien. Progr. des K. Gymnasiums zu Alienstein, p. I — XII. A. LANG, 1884. Die Polycladen (Seeplanarien) des Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeresabschnitte. Fauna u. Flora d. Gol- fes von Neapel, vol. XI. 688 p. 54 textfig. 39 t. A. LUTHER, 1902. Über das Vorkommen von Alderia modesta bei Helsingfors. Medd. af Soc. pro Fauna et Flora Fenn. vol. 28 B. p. 41—44. — 1904. Die Eumesostominen. Zeitschr. f. wiss. Zool. vol. LXXVII. p. 1—273, t. I— IX. E. MATTIESEN, 1904. Ein Beitrag zur Embryologie der Süsswasser- dendrocölen. Zeitschr. f. wiss. Zool. vol. 77. p. 274 — 361. t. X — XIII. H. N. OTT, 1892. A. study of Stenostoma leucops O. SCHM. Journ. of Morph, vol VII. p. 263—204, 4 tabb. S. PEREYASLAWZEWA, 1893. Monographie des Turbellaries de la mer noire. 3anHCKH HOBopocciäcKaro o6in. ecxecTBOHcn. vol. XVII. XX -f- 303 p. t. I— XVI. W. PLOTNIKOW, 1905. Über einige rhabdocöle Turbellarien Sibiriens. Zool. Jahrb. Abt. f. Syst. vol. 21, p. 479—488, t. 25. D. RYWOSCH, 1887. Über die Geschlechtsverhältnisse und den Bau der 60 Festschrift für Palmen. N:o 5. Geschlechtsorgane der Microstomiden. Zool. Anz. vol. X. p. 66 — 69. H. SABUSSOW, 1897. Turbellarien-Studien. I. Ueber den Bau der männlichen Geschlechtsorgane von Stenostoma leucops O. SCHM. Zool. Jahrb. Abth. f. Anat. u. Ontog. vol. X. p. 47—54, t. 5. O. SCHMIDT, 1848. Die rhabdocoelen Strudelwürmer (Turbellaria rhab- docoela) des süssen Wassers. Jena. 66 p. 6 t. 8". M. S. SCHULTZE, 1851. Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien. Greifswald. VI + 79 p. 7 t. 4». E. SEKERA, 1888. Prispevky ku znämostem o turbellariich sladko- vodnich. Sitz.-ber. d. K. böhm. Ges. d. Wissensch. Math.-naturw. Gl. Jahrg. 1888. p. 304—348, 4 t. — Auch Dissertation: Prag. 47 p. 4 t. — 1903. Erneute Untersuchungen über die Geschlechtsverhältnisse der Stenostomiden. Zool. Anz. vol XXVI, p. 537 — 544, 569 — 577, 601—608. W. A. SiLLIMAN, 1885. Beobachtungen über die Süsswasserturbellarien Nordamerikas. Zeitschr. f. wiss. Zool. vol. XLI. p. 48 — 78. t. 3—4. F. VEJDOVSKY, 1895. Zur vergleichenden Anatomie der Turbellarien. Zeitschr. f. wiss. Zool. vol. LX. p. 90—162. t. 4—7. F. V. WACiNER, 1891 a. Zur Kenntniss der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung von Microstoma nebst allgemeinen Bemerkungen über Theilung und Knospung im Thierreich. Zool. Jahrb. Anat. vol. IV. p. 349—423. t. 22—25. — 1891 b. Zur Kenntnis des Baues der sog. Haftpapillen von Micros- toma lineare OERST. Zool. Anz. vol. XIV. p. 327—331, 1 f. O. ZACH ARIAS, 1891. Die Thier und Pflanzenwelt des Süsswassers. 1 Bd. Leipzig. Die Strudelwürmer (Turbellaria). p. 237 — 274. f. 47—61. Alex. Luther, /aiv Kenntnis der Galluni/ Macrostoma. 61 Inhaltsverzeichnis : Einleitung Körperforni . Epithel Basalmembran Hautdrüsen . S. :{. Muskulatur Mesenchym und Schizocöl . Darmkanal Protonephridien .... Nervensystem Augen (Wimpergrübchen) .... Tastgeissein Männliche Geschlechtsorgane Sperma Weibliche Geschlechtsorgane Systematisches Verwandtschaftsverhältnisse Tafelerklärung Litteraturverzeichnis . i>. 5. 7. 7. 11. 14. 14. 1 23 12 ff 'vüV*'- //« r/,,7,/ /,•//, l!) -.i'ikl kli, rh oo sh U-.-.-C IP^-:: -sh ■hk 2G IS sh Festschrift wr PAL.MiiN. n^s. Tu. //)( (Im f.ti, rh t -k k III Im- /ll,)in Hl plinr ^■0 J /"'•lili'ii' phqi ilnui .1,1- dci Im rill k kh 10 -'■■l :^t— - /7t ^5*>. / reU rrlli » \ - lii(inil< fllilW kk .Im rh,lr 9 /s Im 'y, \ ^4'i\ .■> ''''■'« A//1 1-H.^lbCllKIl-T m;k PALAAEN N"5. KSTSCUfelKT FUK l'Al.MEN, N?5. !> \ \ ^^,^- ' X ® Vi A^ hz 2« -^ % >« Säfer^ ^0<'''Oi-i,-, § Ti\ i^- FESTSCHRIFT FÜR PALMEN. N:0 6. ZUR MORPHOLOGIE DER MGlMLWfiANE EINIGER LIGÖSOIDEN. VON T. H. JÄRVl. MIT FÜNF TAFELN. HELSINGFORS 1905. Zur Morphologie der Vaginalorgane einiger Lycosoiden. Von T. H, Järvi, Als Vaginalorgane der Spinnen bezeichne ich die Teile und die Derivate der weiblichen Geschlechtsausführungsgänge, welche während der Kopulation mit den bei den Spinnen so eigentümlichen männlichen Parungsorganen in Berührung kommen. Solche äussere weibliche Geschlechtsteile sind die eigentliche Geschlechtsöffnung, die aus den beiden Ovidukten durch Vereinigung entstandene Scheide, Vagina oder Uterus externus, die Receptacula und noch der vor der Geschlechtsöff- nung liegende Teil der Körperoberfläche, soweit dieser umgebildet ist. Diese Körperteile hat man früher bisweilen als weibliche Kopulations- organe zusammengefasst. Wie die männlichen Kopulationsorgane, so zeigen auch die Vagi- nalorgane bei verschiedenen Arten einen grossartigen Formenreichtum und eine weitgehende Variabilität. Beide bilden also einen sehr guten und auch in der Araneologie der letzten Zeit viel gebrauchten Vorrat von Art- merkmalen. Zur Bestimmung, d. h. zur Erkennung der einzelnen Arten, ist es jedoch von grosser Bedeutung, die Charaktere so zu wählen, dass sie äusserlich leicht und gut erkennbar sind. Daher kommt es, dass man ungeachtet der häufigen Erwähnung dieser Organe in syste- matischen Werken ihren morphologischen Bau nicht so genau studiert 4 Festschrifl für Palmen. N:o 6. hat, wie zu erwarten stand. Es liegen nämlich sowohl von den männ- lichen Kopulationsorganen, wie auch von den Vaginalorganen wichtige, phy- siologisch genommen sogar die wichtigsten Teile in dem Innern des Tie- res, und diese werden in den meisten faunistisch-systematischen Abhand- lungen, wenn überhaupt, so nur als Nebensachen behandelt. Diese in- neren Partien scheinen oft teilweise mehr oder weniger durch die Kör- percutlcula hindurch, ohne dass man jedoch die Grenzen derselben deut- lich sehen kann. Auch kann man wegen der tiefbraunen Färbung nicht immer leicht entscheiden, wo man es mit den wirklich äusserlichen, oder mit den durchscheinenden Grenzlinien zu tun hat. Also ist die Aufhellung des Tieres, um den Bau der Vaginalorgane der Spinnen mit Genauigkeit zu eruieren, oft nötig. Sowohl über die männlichen Kopulationsorgane, als auch über die Vaginalorgane bedarf es also eingehender Untersuchungen nicht nur hinsichtlich der physiologischen Tätigkeit und der Korrelation der Teile, sondern auch hinsichtlich der Form mit ihren Variationsrichtungen, soweit wir sie verfolgen können. Durch die Untersuchungen besonders von MENGE (1866 — 1880), BERTKAU (1875, 1877, 1878, 1884) und WAGNER (1881, 1888) kennt man in den hauptsächlichsten Zügen die physiologische Funktion und den Bau der männlichen Kopulationsorgane. Kleinere Beiträge haben EMERY (1875), KARPINSKI (1882), CAMBPELL (1883), SCHIMKEWITSCH (1884) und LENDL (1886, 1887) geliefert. Die Vaginalorgane sind haupt- sächlich von MENGE (1866—1880), BERTKAU (1875), aber auch von SCHIMKEWITSCH (1884), LENDL (1886, 1887) und v. HASSELT (1892) be- handelt worden. Es haben sich aber auch mehrere faunistisch-systema- tische Verfasser, zu denen man auch eigentlich MENGE rechnen muss, bei dem Beschreiben derselben mehr oder weniger verdient gemacht. So erhalten wir in mehreren, neueren faunistisch-systematischen Werken und Aufsätzen, z. B, in denjenigen von KULCZYNSKI gute Beschrei- bungen und, was beinahe noch wichtiger ist, gute Abbildungen über die äusseren Teile sowohl der männlichen Kopulations-, als besonders der Vaginalorgane. Es ist jedoch leicht manches Einzelne noch über den Bau hinzufügen und frühere Beschreibungen teilweise zu verbessern. Über die Korrelation der Kopulationsorgane und der Vaginal- organe kennen wir, meiner Meinung nach, sehr wenig. Über die Körper- 'f. H. Järvi, Zur Morphologie d. Vaginalorgane d, Lycosoiden. 5 Stellung bei der Kopulation, Dauer derselben u, s. \v. haben wir eine Menge von älteren und neueren Beobachtungen. Diese Beobachtungen haben gewiss ihren Wert, aber über die gegenseitigen Verhältnisse der Kopu- lationsorgane des Männchens und der Vaginalorgane des Weibchens ge- ben sie nur wenig Aufschluss. Dafür brauchen wir mehr derartige Beobachtungen, wie sie z. B. DAHL (1902) gemacht hat, wo wir die Art der Vereinigung des männlichen Kopulationsapparats mit den Vaginal - Organen näher sehen können. Als ein Versuch, die Kopulationsorgane der Spinnen vergleichend- morphologisch zu behandeln, ist nur eine einzige Arbeit zu nennen, nämlich eine Abhandlung von WAGNER (1888), welche die männlichen Kopulationsorgane behandelt. Ich schliesse mich im allgemeinen der Meinung von DAHL (1904, S. 114) an, die er in folgende Worte fasst: >Ein weiteres, für die Systematik sehr wichtiges Merkmal können die Kopulationsorgane liefern, wenn es gelingt einheitliche Züge nach verschiedenen Richtungen festzustellen«. Es ist nämlich zu vermu- ten, weil in dem Bau der Kopulations- und Vaginalorgane so grosse Varia- bilität herrscht, dass es eine sehr tiefgehende Korrelation zwischen den Kopulationsorganen und den Vaginalorganen gibt. Und wenn dem so ist, so wirkt unter anderem auch diese grosse Variabilität als ein Mittel gegen Bastardierung. Je mehr aber die Bastardierung, wäre auch nicht total, ausgeschlossen ist, um so eher geschieht die Artbildung durch Variation. Es müssen also bestimmte Variationsrichtungen in dem Bau der Kopu- lationsorgane und der Vaginalorgane vorhanden sein, die man wohl auch wird finden können, obgleich diese Organe grosse Verschiedenheiten bei sonst nahestehenden Arten aufzuweisen scheinen. Aus diesen Variations- richtungen wird man viele gute Winke auch für das Studium des natür- lichen Systems der Spinnen und ihrer Verwandtschaft ableiten können. Wenn man derartige Resultate im Auge behält und die Ergebnisse WAG - NER's in seiner Untersuchung über die männlichen Kopulationsorgane durchsieht, so muss man zu demselben Schluss gelangen, wie ihn DAHL (1904, S. 11 4) in folgenden Worten ausspricht: »zum Teil ist dies [einheitliche Züge festzustellen] WAGNER bei seiner Untersuchung zweifellos gelun- gen, aber nicht in allen Fällen. < Auch hat WAGNER nur den Anfang gemacht. Das Gebiet ist eben so gross, dass man in einer Untersuchung 6 Festschrift für Palmen. N:o 6. von dem Umfang der Arbeit WAGNER's das Thema nur in grossen Zügen und nicht bis in kleine Details behandeln kann. Eine Fort- setzung der WAGNER'schen Untersuchungen ist also zu wünschen. — Eine Arbeit, welche die Vaginalorgane, »die weiblichen Kopulationsor- gane», auf dieser "Weise behandelt, gibt es nicht. Seit einigen Jahren habe ich beim Sammeln von Spinnen neben- bei die Formbildung der Vaginalorgane einiger Spinnenarten, bisher hauptsächlich nur nach Kalipräparaten, untersucht und zu vergleichen versucht. Durch einen kürzeren Aufenhalt im Sommer 1905 in Innsbruck, wo ich Gelegenheit, unter der Leitung des Herrn Prof. Dr. K. HEIDER's zu arbeiten, hatte, konnte ich auch einige Arten unter- suchen, welche bei uns nicht vorkommen. Die ersten Resultate dieser meiner Untersuchung, soweit sie die Lycosoiden betreffen, sollen hier als ein kleiner Beitrag zur Morphologie der Vaginalorgane der Spinnen publiziert werden. Herrn Prof. K. HEIDER bin ich einen besonderen Dank schuldig für die Liebenswürdigkeit, womit er mir einen Platz in seinem Institut bereitete und immer gute Ratschläge gebend meine Studien über die Spinnen unterstützte. Unter den Spinnen sind die Vaginalorgane keineswegs am einfach- sten bei den Lycosoiden gebaut. Es gibt in anderen Familien Arten, bei welchen das ganze Vaginalsystem nur durch die aus der Ver- schmelzung beider Ovidukte entstandene Scheide (Vagina) und durch die mit dieser in unmittelbarer Verbindung stehenden Receptacula ge- bildet wird. Die Receptacula kann man als mehr oder weniger tascheu- förmige Verliefungen, also Derivate der Scheide auffassen. Obgleich die gewöhnliche Zahl der Receptacula auch in diesem Typus zwei T. //. Järifi, Zur Morphologie d. Vaginalorgane d. Lycosoiden. 7 ist, gibt es doch einige abweichende Formen. So haben von den verschiedenen Atypus-Arien (nach CHYZER u. KULCZYNSKI 1891 — 97, II, S. 279) einige zwei Paare, andere noch mehrere Receptacula. Bei den Vertretern aus der Gattung Telragnatha kommt ausser den paarigen Recep- tacula auch ein drittes, unpaares vor. Es ist zu vermuten, dass dieser Typus der Vaginalorgane der Spinnen, wo die Receptacula sack- oder flaschenförmige Divertikel der Scheide sind, zu dem mehr primären gehört. Damit will ich keineswegs behaupten, dass diese Spinnen im System am niedrigsten stehen. Dieser primäre Charak- ter ist, meiner Meinung nach, auch in der Variabilität der Zahl der Re- ceptacula zu sehen. Falls wir einen derartigen Bau der Vaginal- organe für primär halten, so hat eine Verschiebung der Mündungen der Receptacula bei den meisten Spinnen in der Richtung nach aussen stattgefunden. Diese Verschiebung kann so weit gehen, dass die Öffnungen ganz ausserhalb der ScheidenöfFnung und vor derselben münden, wie z. B. bei Argyroneta aquatica CL. und auch eigentlich bei einer grossen Zahl von Spinnen. Sobald die Receptacula nicht mehr deutlich Divertikel der Scheide sind, sind die Mündungen der Receptacula seltener runde oder längliche, einfache Öffnungen. Sie werden nämlich oft verschiedenar- tig umgebildet. Auch die Umgebung derselben, der vor der Öffnung der Scheide liegende Teil der Körperoberfläche, wird meist stärker chiti- nisiert. Diese Umgebung bekommt auch eine sehr variierende Skulptur. Dieses vor der Öffnung der Scheide liegende Feld wird gewöhnlich als Epigyne bezeichnet (auch, besonders früher, Sarum, Vulva). Wie diese Epigynen bei verschiedenen Familien, Genera und Arten gebil- det sind, lässt sich nicht leicht sagen. Sie sind wenigstens teilweise noch nicht genügend untersucht, und sind auch zu mannigfaltig, um in einer Übersicht sehr kurz erwähnt zu werden. Wenn ich aber zu meinen Repräsentanten der Lycosoiden übergehe, könnte ich über die Mündun- gen ihrer Receptacula und den Grundtypus der Epigynen mich in fol- gender Weise kurz äussern. Die Öffnungen der Receptacula liegen pri- mär jede in einer länglichen, von dem Rande der Geschlechts- öfPnung nach vorn gerichteten Furche. Auch können wir sagen: die Öffnungen der Receptacula sind primär zu zwei länglichen Furchen aus- gedehnt. Diese Verhältnisse können sekundär weiter differenziert sein. 8- Festschrift für Palmen. N:o (>■ Die Epigynen sind aus diesen Furchen und ihren Derivaten neben der stärkeren Chitinisierung gebildet und sind also, wie die Receptacula, zu den Vaginalderivaten zu rechnen. Dass wir in dieser Weise den Grund- typus der Epigynen bei Lycosoiden kurz zu beschreiben berechtigt sind, das wird, glaube ich, aus meiner Untersuchung hervorgehen. Aus dem gesagten geht hervor, dass man bei der Besprechung der Vaginalorgane der Lycosoiden und auch der meisten anderen Spinnen, die betreffenden Organen in drei Abschnitte einteilen kann, nähmlich in die Scheide, die E p i g y n e und die Recepta- cula. Über die Scheide habe ich jedoch meist nichts besonders zu sagen, und so werde ich, wenn ich zu meinen eigenen Untersuchungen übergehe, das Hautpgewicht auf die Epigyne und die Receptacula legen. Lycoaa amentata Gl. Epigyne. (Taf. 1, Fig. 1 das äussere Aussehen, Fig. 2 dasselbe mit den inneren Grenzlinien, Fig. 3 die vordere Scheidenwand, Fig. 4 die rechte Hälfte des hinteren Teiles mit dem darunter liegenden Receptaculum, Figg. 5 und 6 die Seitenansichten einer Section, die ein längliches Stück von der Epigyne ist.) Die zwei epigynealen Furchen sind bei dieser Art, wie auch bei den meisten folgenden Lycosen, nicht einheitlich, sondern in meh- rere Abschnitte geteilt. Schon in der vorderen Scheidenwand (Fig. 3 ep. f.) kann man sie als enge Furchen sehen. Am vorderen Rande der Geschlechtsöffnung sind die epigynealen Furchen auch noch eng, schmal (Figg. 1, 2 ep. f.) und teilen diesen Rand in drei Teile, in einen mittleren und zwei seitliche. Nach vorn breiten sich die epigynealen Furchen zu je einer rundlichen Vertiefung aus (Figg. 1, 2, 4 — 6 ep. v.). Ich habe sie als epigyneale Vertiefungen bezeichnet. Die zwischen den epigynealen Furchen liegende Partie, die oft Septum genannt wird, erhält in ih- rem hinteren Teil durch die Stellung und Form der epigynealen Ver- tiefungen die Gestalt eines umgekehrten, konvexen T mit einem kurzen Stiel. Die epigynealen Furchen scheinen bei dieser Art nicht länger, als der Stiel der T-ähnlichen Partie zu sein. Doch haben wir guten Grund, die in dem vorderen Teil der Epigyne oft vorkommenden Vertiefungen (Fig. T. H. Järvi, Zur Morphologie d. Vaginalorgane d. Lycosoiden. 9 1 V. ep. V.) als Reste oder Teile der ursprünglich einheitlichen, län- geren epigynealen Furchen aufzufassen. Diese Vertiefungen habe ich als die vorderen epigynealen Vertiefungen bezeichnet. Sie scheinen bedeutend zu variieren. Quer über den vorderen Enden dieser vorde- ren epigynealen Vertiefungen liegen die breiten Mündungen zweier Taschen, welche ich als Quertaschen bezeichnen will (Figg. 1, 2, 5 qt.). Die Quertaschen sind vermutlich auch aus Gründen, welche bei der Be- schreibung der Vaginalorgane zweier folgenden Arten besprochen werden, Teile von diesen ursprünglich einheitlichen, epigynealen Furchen. — Wie bei allen von mir besprochenen Lycosa-Arten, so ist auch hier die Epigyne unbehaart. Es werden oft diese Verhältnisse auf andere Weise erläutert. Man stellt sich nämlich vor, dass statt dieser zwei epigynealen Furchen die Epigyne nur aus einer Vertiefung besteht, welche von dem Septum ge- teilt und teilweise ganz erfüllt wird. Solche Beschreibungen geben z. B. CHYZER u. KULCZYNSKI (1881—97). Sie sagen (S. 51 u. 52) von einigen Lycosa-arten : ^Epigynes area foveä mediana ornata; quae nonnumquam aut laminis elevatis magnam partem repletur aut septo medio in duas dividitur partes», und speziell von L. amentata CL, : Epigynes fovea sat parva — ; cuius foveae partem maximam area replet aeque atque foveae margines elevata, sagittae brevi late similis, postice ita dilatata, ut fo- veae totam latidudinem occupet; itaque restat e foveä tota foveolae quat- tuor obliquae, fere in quadranculum dispositae.« Diese Beschreibung ist richtig und genau, auch für die Bestimmung ganz zweckmässig. Doch halte ich meine Auffassung für geeigneter, den genetischen Zusammen- hang dieser Bildungen bei verschiedenen Lycosoiden zu erklären, und ich erwähne sie schon hier, obgleich sie erst in einem späteren Abschnitt die- ser Abhandlung näher behandelt wird, weil durch sie meine Beschrei- bungen von denen anderer abweichend sind. Die Receptacula. (Taf. 1, Figg. 1, 2, 4 und 6 r.). In der Form der innerhalb der Epigyne liegenden Receptacula hat man zwei Teile zu unterscheiden: einen schlankeren Stiel und einen rundlichen Kolben, die beide sehr dicke Cuticulawände haben. Man könnte viel- leicht noch von einem dritten Teile reden, welcher dann die Basis der Receptacula wäre. Diese Basis hat aber keine selbständige Bedeutung, 10 Festschrift für Palmen. N:o 6. sondern gehl allmählich in die hintere epigyneale Vertiefung über (Fig. 6.). Man kann also ebenso gut sagen, dass die Receptacula sich in die hinteren epigynealen Vertiefungen öffnen und keinen besonderen Abschnitt besitzen, den man als Basis bezeichnen müsste. Jjycoaa annulata THOR. Epigyne. (Taf. 1, Fig. 7 von aussen, Fig. 8 von innen gesehen). Die Epigyne dieser Art ist ziemlich ähnlich derjenigen von L. amentata GL., unterscheidet sich aber doch in gewisser Hinsicht. Die epigynealen Vertiefungen (ep. v.) haben eine etwas abweichende Form. Sie sind nämlich bei dieser Art so gestaltet, dass die äusseren Umrisse des hin- teren Teils des Septums nicht ein Bild des umgekehrten T, sondern mehr das eines Trapez oder Dreiecks bilden. Von den epigynealen Vertiefungen gehen bei dieser Art je eine tiefe, mit einer weiten Mündung versehene Tasche aus, die in das Septum hineinragen. Man könnte sie als Sep- taltaschen bezeichnen. Diese Septaltaschen scheinen durch die Oberfläche des Septums durch, jedoch nicht deutlich, sondern nur die überliegenden Teile der Oberfläche des Septums verdunkelnd. Dadurch wird ein dem umgekehrten T ähnliches Bild auf dem Septum dieser Art hervorgebracht. Erst nach der Maceration kann man erkennen, dass wir es bei dieser Art nur mit einem durch Septaltaschenbildung hervorgerufenen, T-ähn- lichen Bild auf dem Oberfläche des Septums zu tun haben, und nicht, wie bei L. amentata GL., mit einem Septum, welches wirklich äusserlich die Gestalt eines umgekehrten, konvexen T hat. Der Unterschied ist also grösser, als er beim Anblick eines intakten Tieres zu sein scheint. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal der Epigynen dieser und der vorigen Art besteht darin, dass die vorn befindlichen Quertaschen bei L. annulata THOR. (Fig. 7 qt.) in einander übergehen, während sie bei L. amentata GL. ge- trennt bleiben. Dieses Übergehen der Quertaschen in einander kann vielleicht zur Kenntnis ihres Ursprungs führen. Die Ansicht, dass diese Quertaschen aus zwei nicht vereinigten epigynealen Furchen entstanden sind, ist nach meiner heutigen Kenntnis der Dinge nicht ausgeschlos- T. H. Järvi, Zur Morphologie d. Vaginalorgane d. Lycosoiden. 11 sen. Weil die Quertaschen jedoch in einander übergehen und auch dann wenn sie getrennt bleiben, gegen einander gerichtet sind, so können sie auch Reste einer Vereinigung der beiderseitigen Furchen sein. Ist diese letztgenannte Deutung richtig, so zeigen die Quertaschen bei dieser Art ein etwas mehr primäres Verhalten, da sie noch mit einander zusammenhän- gen, als die Quertaschen bei L. amentata GL. Noch ein Unterschied in den Epigynen dieser Arten ist zu erwähnen. Bei L. annulata THOf». scheint es keine vorderen epigynealen Vertiefungen zu geben. Dieser Umstand wurde so erklärt, dass die mittleren Abteilungen, weiche auch bei der vorigen Art sehr variierend waren, sich von den epigynealen Furchen nicht differenziert haben. Bei L. annulata THOR, sind die epigynealen Furchen besonders tief am Rande der Scheide (Fig. 8 ep. f.). Auf den äusseren Wänden der Furchen ist an dieser Stelle eine stärker chitini- sierte Leiste zu beobachten, welche möglicherweise zum Stützen der Furche dient. Für die Möglichkeit, dass diese hohl und dann ein Aus- gang des Receptaculums wäre, habe ich keinen Beleg finden können. Die Receptacula. Diese gleichen in denjenigen Details, die für mich von Interesse sind, hauptsächlich den Receptacula der vorigen Art. Wie aus den Zeichnungen hervorgeht, gibt es jedoch kleinere Unter- schiede. Sie öffnen sich, wie bei L. amentata GL., auf dem Boden des hin- teren Teils der epigynealen Vertiefungen. Lycoaa paludicola GL. E p i g y n e. (Taf. 1, Fig. 9; Taf. 2, Fig. 4, beide von aussen ge- sehen, in Fig. 4 links auch die Konturen der tieferliegenden Teile.) Den Bau der Epigyne bei dieser Art habe ich folgenderweise aufge- fasst. Die epigynealen Furchen kann man hier für einheitlich halten, doch bilden auch sie besondere, von der Furchenform abweichende Abschnitte. In dem hinteren Teile der Epigyne, am Rande der Schei- denöffnung liegen die epigynealen Furchen ziemlich weit aus einander, dann laufen sie gegen einander und bilden je eine epigyneale Ver- tiefung, welche gegen den medialen Rand scharf, lateral aber sehr schwach abgegrenzt ist. Aus diesen epigynealen Vertiefungen geht ein 12 Festschrift für Palmen. N:o 6. Paar von weiten Septaltaschen hervor (Taf. 2, Fig. 4 st.). Die vorde- ren Teile dieser Septaltaschen erstrecken sicli auch unter die Fortset- zungen der epigynealen Furchen. Diese Fortsetzungen der epigynealen Furchen nähern sich dann noch mehr einander, bis sie sich beinahe mit einander vereinigen. Dadurch wird der hinterste Teil des Septums zu einem kleinen Dreieck am Rande der Scheidenöffnung. Nachdem sie ein- ander fast bis zur Vereinigung nahe gekommen sind, laufen die epigynea- len Furchen parallel nach vorn. Man kann sie auch so auffassen, als ob sie wirklich zusammenfliessen und gemeinsam nur eine Furche bilden; der Zwischenraum zwischen den epigynealen Furchen, das Septum also, ist vorn auch flach. Vielleicht wird es jedoch richtiger sein, die beiden Ränder dieser vereinten Furche für selbständige epigyneale Furchen zu halten, da der Querschnitt der Höhlung nicht U- förmig, sondern am Bo- den einwenig breiter als am Rande ist. In diesem Fall vereinigen sich die epigynealen Furchen mit einander erst in dem allervordersten Teil der Epigyne, eine runde Vertiefung umgebend. Von einer derartigen, durch mit einander vereinigte epigyneale Furchen gebildeten Vertiefung lassen sich die mit einander verbundenen Quertaschen der L. anniilata THOR, ableiten. Sie sind Reste des erhaltenen vorderen Teils dieser Vertiefung. Aus diesen vereinigten Quertaschen ist es wieder leicht, die zwar ge- trennten, aber doch in querer Richtung einander sich nähernden Quer- taschen der L. amentata GL. abzuleiten. Die beiden Fälle repräsentieren dann nur Stufen eines Abschnürungsprozesses in verschiedenen Abtei- lungen. Gewiss könnte man diese Quertaschen auch leicht von getrenn- ten epigynealen Furchen ableiten, und vielleicht können bei einigen For- men die Quertaschen auf diese Weise entstanden sein, sofern die beider- seitigen Quertaschen nicht medianwärts gerade gegen einander gerichtet sind. Falls sie sich aber so verhalten, so ist es leichter anzunehmen, dass die Quertaschen Reste einer Vereinigungsstelle der beiderseitigen epigynealen Furchen bedeuten. Vielleicht gibt es hier zwei Entwicklungs- richtungen sowohl in der Gattung Lycosa, als auch in anderen Gattun- gen. Diese Frage müssen wir jedoch noch offen lassen. Die Receptacula. (Taf 2, Fig. 4 links, unter der Epigyne durchscheinend angedeutet). Die Receptacula gleichen besonders dep: jenigen der vorigen Art, L. annulata THOR. T. H. Jäivi, Zur Morphologie d. Vaginalonjane d. Lycosoiden. 13 JLycosa wagleri HAHN. E p i g y n e. (Taf. 2, Fig. 1 von aussen, Fig 2 ein Stück aus der Epigyne ebenfalls von aussen, Fig 3, wie Fig. 2, aber von innen gesehen). Die Epigyne dieser Art gleicht in gewissen Punkten denjenigen von L. amentata CL. und L. anmilata THOR. Von den epigynealen Furchen ge- trennte Abteilungen, die vorderen epigynealen Vertiefungen (Fig. 2 v. ep. v.), gleichen denjenigen von L. amentata CL. Dieser Ähnlichkeit kann ich je- doch keine besondere Bedeutung beimessen. Die charakteristischen Quer- taschen fehlen wenigstens als besondere Teile. Am hinteren Teil der Epi- gyne sind die epigynealen Furchen, wie gewöhnlich, zu tiefen, weiten, un- regelmässig geformten (hinteren) epigynealen Vertiefungen erweitert (Figg. 1 — 3 ep. V.). Diese epigynealen Vertiefungen senden weite Septaltaschen in das Septum hinein. In dieser Hinsicht gleicht die Art der Lycosa annulata THOR. Auch haben hier die Septaltaschen dieselbe Einwirkung auf das scheinbare Aussehen des Septums wie dort. Ausser diesen Sep- taltaschen geben die epigynealen Vertiefungen noch lateralwärts die Late- raltaschen (Fig. 3 lt.) ab, wodurch sie mit ihren Abteilungen besonders weit werden. DieReceptacula. (Taf. 2, Fig. 3). Die Receptacula sind ver- glichen mit den oben besprochenen Arten von etwas abweichender Form. Der Kolben ist nicht kugel-, sonder birnförmig. Dadurch wird auch der Stiel relativ kürzer. Doch muss der Typus dem vorigen nahe verwandt sein. Bei L. wagleri HAHN ist ferner eine deutlich sicht- bare, basale Erweiterung des Receptaculumganges vorhanden. Von ei- ner solchen Erweiterung konnte man jedoch auch bei den vorigen Ly- cosa-Arien reden (vergl. Taf. 1, Figg. 4, 8, Taf. 2, Fig. 4). Die Recepta- cula öffnen auch bei dieser Art am Boden der epigynealen Vertiefungen. Jjycosa etgricola THOR. Epigyne. (Taf. 2, Fig. 5 von aussen, Fig. 6 von der Seite, Fig. 7 von innen, Taf. 1, Fig. 10 von hinten gesehen). Die Epigyne dieser Art scheint ziemlich stark von denjenigen der vorigen Arten abzuweichen, 14 Festschrift für Palmen. N:o 6. indem sie als eine besonders hinten vorragende, einheitliche Platte er- scheint. Diese Platte ist das Septum, welches wie bei den vorigen Arten von den epigynealen Furchen seitlich begrenzt wird. Diese epigynealen Furchen sind jedoch hinten bedeckt dadurch, dass die seitlichen Ränder des Septums hinten flach nach den Seiten sich ausgebreitet haben. Durch diese seitliche Flügelbildung bildet das Septum hinten einen relativ sehr selbständigen Abschnitt, der nur in der Medianlinie mit dem Körper zusammenhängt (Taf. 1, Fig. 10). Der vordere Teil des Septums hat keine solche Flügelbildung, sondern das Septum ist hier ebenso breit wie der Zwischenraum zwischen den begrenzenden Teilen der epigy- nealen Furchen. Hinten (Taf. 2, Fig. 7) am Rande der ScheidenöfTnung liegen die epigynealen Furchen einander viel näher als vorn, gerade umgekehrt, als wie die Breite des Septums sich verhält. Wenn dann die von dem Scheidenrande aus nach vorn divergierenden epigynealen Furchen die den epigynealen Vertiefungen entsprechenden medianen Ausbuchtungen bilden, werden diese knieförmig (Fig. 7 ep. v.). Durch diese Ausbuchtungen und die Flügelbildung des hinteren Teiles des Sep- tums werden zwei grosse Höhlungen unter dem Septum gebildet, die zum grösseren Teil als bedeckte epigyneale Vertiefungen aufzufassen sind. Die Receptacula. Was über die Form und Öffnung der Receptacula bei den vorigen Arten gesagt wurde, passt im allgemeinen auch hier. Sie sind also in Kolben und Stiel einzuteilen und öffnen sich in epigynealen Vertiefungen, die durch die Flügelbildung des Sep- tums zu Höhlungen geworden sind. Auch bei dieser Art ist eine basale Erweiterung der Receptaculagänge zu beobachten. Zusammenfassung über die Vaginalorgane der in dieser Abhandlung besprochenen Arten aus der Gattung L y c OS a. Die Epigynen: Die Epigynen variieren sehr mannigfaltig. Doch kann man sagen, dass der Bauplan der Epigynen überall ursprünglich derselbe ist. Dieser Bauplan wäre folgender: von den paarigen Öffnungen der Receptacula, die einwenig vor der Scheidenöffnung münden, gehen längliche Furchen aus, welche im allgemeinen hauptsächlich nach T. II. Järifi, Zur Morphologie d. Vaginalorgane d. Lycosoiden. 15 vorn, aber auch nach hinten in der vorderen Scheidenwand sich fortset- zen. Diese Furchen oder, wie ich sie bezeichnet habe, die epigynealen Furchen bilden die Epigynen. Mehr allgemeines lässt sich aber nicht hinsichtlich dieser Strukturen über alle hier erwähnten Arten sagen. Wir finden im Gegenteil verschiedene Arten von Variationen. Die epigynealen Furchen kommen bei keiner von den hier besprochenen Arten einheitlich und in ihrer ganzen Länge gleichmässig ausgebildet, sondern nur in einzelne, gesonderte Abschnitte differenziert vor. Es gibt mehr oder weniger tiefe Erweiterungen von Furchen, die ich als epigyneale Vertiefungen bezeichnet habe (bei allen hier besprochenen Ly- cosen Taf. 1, Figg. 1, 2, 4 — 8, Taf. 2, Figg. 1 — 7 ep. v.) Andere Abschnitte der ursprünglich, wie ich denke, einheitlichen epigynealen Furchen sind die Quertaschen. Unter diesen verstehe ich die im vorderen Teile der Epigynen liegenden Taschen, deren Mündungen hauptsächlich quer gegen die Körperaxe gerichtet sind. Meist haben sie eine solche Stellung, dass die Richtungslinien der Mündungen in einander übergehen (L. amentata CL.,L. annulata THOR., L. paludicola GL., Taf. 1, Figg. 1, 2, 5, 7 qt). Von den epigynealen Vertiefungen gehen auch oft Taschen aus, die ich Septaltaschen genannt habe, weil sie in die zwischen den Furchen lie- gende Mittelpartie, Septum, hineinragen {L. annulata THOR., L. paludi- cola GL., L. wagleri HAHN, Taf. 1, Figg. 7—8, Taf. 2, Figg. 1—4 st.). Schon im Vorhandensein oder Fehlen jeder einzelnen von den genannten Ab- teilungen der epigynealen Furchen kommen Variationen vor, noch mehr Verschiedenheiten aber bieten die Grösse, Lage und Form dieser ver- schiedenen Abschnitte. Nicht nur die Lage einzelner Abschnitte, son- dern auch die der ganzen epigynealen Furchen kann wechseln. Sie können bald näher bei einander, bald weiter entfernt liegen. Sie kön- nen beinahe zusammenfliessen (L. paludicola GL,, Taf. 1, Fig. 9), aber auch weit von einander liegen, wodurch das Septum besonders gross und mächtig wird (L. agricola THOR., Taf. 2, Figg. 5, 7). W^eil die Verschiendenheiten in den Epigynen der Lycosa-Arten durch so verschiedene variable Abteilungen und Derivate von Furchen bedingt sind, so kann man in dieser Gattung Variationsrichtungen fest- stellen und nach ihnen die Arten einigermassen gruppieren. In einigen Fällen kann man auch berechtigt sein, von gewissen solchen Gruppen 16 Festschrift für Palmen. N:o 6. zu behaupten, dass sie der natürlichen Verwandtschaft der Arten ent- sprechen. So werden wohl allgemein mehrere Lycosa- Arten, deren Epi- gynen in den Hauptzügen denjenigen von L. agricola THOR, gleichen, de- ren epigyneale Furchen also weit von einander liegen und deren Septa sehr gross und mächtig sind, für nahe verwandt gehalten. Auch könnte man wenigstens leicht vermuten, dass L. amentata Cl. und L. annu- lata THOR, einander nahe stehen. Es fehlt mir jedoch noch jeden- falls an genügenden Erfahrungen über die Vaginalorgane, um etwas bestimmteres über die Variationsrichtungen der Epigynen innerhalb der Gattung Lycosa zu sagen und aus diesen Richtungen Schlüsse über die Verwandtschaftsbeziehungen zu ziehen. Obgleich ich nichts be- stimmtes feststellen kann, möchte ich doch in dieser Zusammenfassung noch eines Teiles der Epigynen dieser Gattung erwähnen, welcher ein wenig grössere phylogenetische Bedeutung haben kann. Ich meine die Quertaschen. Man kann natürlich denken, dass diese Quertaschen auch aus den vorderen Enden zweier nicht vereinigter epigynealen Furchen gebildet sein könnten. Dann wäre aber nicht ersichtlich, wes- halb die Richtungslinien ihrer Mündungen so in einander übergehen (z. B. L. amentata GL.). Die Hypothese, welche besagt, dass diese Quertaschen Reste aus der Vereinigungsstelle beider Furchen seien, erklärt die Lage. Falls die Hypothese richtig ist, so hätte man in diesen Quertaschen ein Kriterium für die Verwandtschaftsbeziehungen; die bei- den Bildungsrichtungen können nämlich auch innerhalb der Gattung Lycosa vorhanden sein. Weitere Forschungen sind noch nötig, um diese Verhältnisse klarzulegen. Die Receptacula münden nicht in die Scheide, sondern ein wenig vor der Scheidenößnung. Sie bestehen aus einem schmäleren Stiel und einem breiteren Kolben und zeigen nur kleine Variationen, die hier nicht von Interesse sind. Eine basale Erweiterung der Receptacula- gänge (z. B. bei L. wagleri HAHN, L. agricola THOR. u. a. Taf. 2, Figg. 3, 7) soll auch hier erwähnt werden. 7'. //. Järvi, Zur Morphologie d. Vaginalorgane d. Lycosoiden. 17 Tarentula aeuleata CL. Epigyne. (Taf. 3, Fig. 1 von aussen, Fig. 2 von innen gesehen ; Tat. 4, Fig. 5 von aussen, die inneren Grenzlinien mitgezeichnet). Die Epi- gyne ist, in den Hauptzügen betrachtet, von demselben Typus wie bei den Repräsentanten aus der Gattung Lycosa. Bei dieser Art sind die epi- gynealen Furchen einheitlich und sehr eng. Sie laufen vom Rande der Scheide beginnend und einen schwach S-förmigen Bogen bildend nach vorn, wo sie in einer epigynealen Quertasche endigen. Das zwischen den epigynealen Furchen liegende Septum, welches in der medianen Richtung ziemlich stark gewölbt ist, bekommt dadurch seine charakte- ristische Form eines umgekehrten T mit sehr kurzen Armen und mit einem breiten Stiel. Die epigynealen Furchen ragen im vorderen Teil der Epigyne gerade nach dem Inneren des Tieres. Im hinteren Teile sind sie nach der Sagittalebene gerichtet und mit der Körperoberfläche (Oberfläche des Septums) parallel. Die epigyneale Quertasche (Fig. 1 u. 2, qt.) ist eine sehr weite, nach vorn gerichtete Tasche, auf derer Boden, wie schon erwähnt, die epigynealen Furchen zu endigen scheinen. Wie diese grosse Quertasche entstanden ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Man kann sie natürlich durch die Vereinigung der vorderen Enden der epigynealen Furchen entstanden denken. Doch eine Möglichkeit, dass diese einzige Quertasche durch die Vereinigung zweier vorher gebildeten paarigen Quertaschen entstanden sei, liegt auch vor. In diesem letztgenannten Falle würden diese paarigen Querta- schen natürlich vertiefte Partien der epigynealen Furchen sein. — Eine relativ sehr schwach ausgebildete Fortsetzung der epigynealen Furchen sieht man auf der vorderen Scheidenwand. Die Receptacula. (Taf. 3, Fig. 2; Taf. 4, Fig. 5.) Zu den, bei den Repräsentanten aus der Gattung Lycosa vorkommenden zwei Teilen der Receptacula kommt bei dieser Art noch eine dritte Abteilung hinzu. In dem birnförmigen Kolben (k.) und in dem Stiel (stl.) erkennt man leicht die Teile der Receptacula, die T. aeuleata GL. gemeinsam mit den Lycosa- Arten hat. Doch ist der Stiel bei Tarentula aeuleata GL. länger und hat grössere Windungen. Den dritten Teil könnten wir Basalteil der Recepta- cula nennen (bs.). Er ist der Teil, welcher den Stiel trägt und ihn mit der 18 Festschrift für Palmen. S:o6. Epigyne verbindet. Dieser Basalteii steht nämlich in direkter Verbindung mit dem hinteren Teile der epigynealen Furche. Er trägt auch noch an seinem vorderen Ende einen lappenförmigen Anhang (Ip.). Der Basalteil ist der grösste von allen drei Teilen der Receptacula. Doch ist der innere Raum dieses Basalteils relativ sehr klein. Er scheint zum grösseren Teil nur eine gewundene Spalte zu sein. Nur in dem vorderen Ende des Basalteils, zu dem auch der lappenformige Anhang gerechnet wird, ist ein weiteres Lumen vorhanden. Diese Verhältnisse sind, meiner Ansicht nach, geeignet, den wahren morphologischen Wert des Basalteils erkennen zu lassen. Wir nehmen an, dass der Basalteil ein durch die Invagination einer Abteilung der epigynealen Furche mit ihren Derivaten entstandener, also ein sekundärer Teil der Receptacula ist. Nach dieser Annahme ist es sehr natürlich, dass der innere Raum des Basalteils zum grösseren Teil nur Spalte ist, weil er von der Furche ab- stammt. Durch die schief geschehene Invagination ist die Spalte gedreht geworden. Auch die anderen Verhältnisse des Innenraums des Basalteils lassen sich auf diesem Wege erklären. Der weitere Innenraum in dem vor- deren Ende des Basalteils ist dann teilweise homolog mit der besonders bei Lycosa wagleri HAHN, aber auch bei den meisten anderen Lycosa-Arten vorkommenden basalen Erweiterung des Receptacularganges. Teilweise soll dieser vordere Jnnenraum des Basalteils aus den den epigynealen Vertiefungen, wie sie z. B. bei Lycosa amentata GL. vorkommen, ent- sprechenden Bildungen entstanden erklärt werden. Diese Bildungs- weise gilt besonders für den lappenförmigen Anhang. Durch Vereinigung der Ränder der epigynealen Vertiefungen und darauf folgende Invagina- tion der epigynealen Furchen ins Innere des Tieres wäre die Entstehung der sekundären Basalteile der Receptacula mit solchem lappenförmi- gen Anhange, wie sie diese Art besitzt, meiner Meinung nach, ganz genü- gend erklärt. — Also, kurz gesagt: Bei Tarentula aculeata GL. sind die Teile der Receptacula: der Kolben, der Stiel und der Basalteil. Die zwei ersten von diesen sind für die Lycosoiden primär, der letzte Teil sekundär, wahrscheinlich durch Abschnürung und Invagination der epi- gynealen Furchen und deren Derivate, der epigynealen Vertiefungen, entstanden. T. H. Järvi, Zur Morphologir ti. Vaginaloryane d. Lycosoiden. 19 Tarentula nemoralis WESTH. E p i g y n e. (Taf. 3, ¥'\g. 8 von aussen, Fig. 4 von innen gesehen, Fig. 5 linke Seite von innen gesehen). Äusserlich betrachtet weicht die Epigyne dieser Art von der vorigen ziemHch weit ab. Der Hauptun- terschied besteht darin, dass die Quertasche fehlt. Die epigynealen Furchen laufen von dem Scheidenrand beginnend und immer mehr einander sich nähernd vorwärts, bis sie sehr scharf ihre Richtung än- dern und nach den Seiten sich fortsetzen. Dann kehren sie nach hin- ten um und verschwinden in der Richtung zur Mittellinie allmählich. Durch dieses Auseinandergehen der vorderen Teile der epigynealen Furchen ist auch die Bildung einer solchen Quertasche, wie sie z. B. bei Tarentula aculeata CL. vorkommt, ausgeschlossen, wenn wir in einer solchen Quertasche ein Derivat der Vereinigung beider epigynealen Furchen, oder der aus diesen zuerst ditTerenzierten paarigen Quertaschen sehen. Das Septum, welches nur durch die hinteren Teile der epigy- nealen Furchen gebildet ist, hat also die Form eines Dreiecks oder eher eines Trapezes, ist stark konvex und unterscheidet sich von den Septa aller vorher besprochenen Lycosoiden dadurch, dass es behaart ist. Die beiden von den vorderen Teilen der epigj^nealen Furchen umgebe- nen Felder sind dagegen unbehaart und ein wenig eingesenkt. Sie sind also gewissermassen epigyneale Gruben, welche möglicherweise den bei Lycosa-Arien besprochenen epigynealen Vertiefungen analog sein können, aber nicht homolog. Dagegen sind die epigynealen Furchen, wie bei der vorigen Art, so auch bei dieser ganz einheitlich und über- all eng. Eine andere Übereinstimmung mit den vorigen Art muss auch noch erwähnt werden. Wenn man die Epigynen der beiden Arten von innen sieht, so bemerkt man bei beiden, dass die epigynealen Furchen hinten enge, der Körperwand fast anliegende Falten sind, weiter vorn aber sich senkrecht abheben. Der Übergang aus der einer Stellung in die andere geschieht bei den beiden Arten an einer Stelle, wo die epi- gynealen Furchen mehr oder weniger zu divergieren beginnen (vergl. Taf. 3, Figg. 2 u. 4. resp, 5). Wie weit diese Übereinstimmung bei den übri- gen Tarentula-Arlen überhaupt vorkommt, ist mir unbekannt. Jedenfalls zeigt die Übereinstimmung bei diesen beiden Arten, T. aculeata CL. und 20 Festschrift für Palmen. N:o 6. nemoralis WESTR., dass die hinteren Teile der epigynealen Furchen ei- nen konstanteren Charakter besitzen, als die vorderen. Da ich die epi- gynealen Furchen als die ursprünglich verlängerten Öffnungen der Re- ceptacula auffasse, ist es auch leicht zu verstehen, dass die hinteren Teile der epigynealen Furchen als die phylogenetisch älteren Teile kon- stanter sind als die später gebildeten. In der Meinung, dass die Quer- tasche ein Derivat der vorderen Teile der epigynealen Furchen ist und dadurch phylogenetisch zu den jüngeren Bildungen gehört, lege ich dem Vorhandensein oder Fehlen derselben nur sekundären Wert bei und sehe in dieser obenbesprochenen Übereinstimmung ein Zeugnis für die nahe Verwandtschaft der beiden Tarentula- Arten, T. aculeata GL. und T. ne- moralis W^ESTR. — Auf der vorderen Scheidenwand sind die schwach ausgebildeten Fortsätze der epigynealen Furchen auch bei dieser Art zu sehen. Die Receptacula. (Taf. 3. Fig. 4 u. Fig. 5 von innen, Fig. ö von aussen, die Epigyne entfernt, Fig, 7 von den Aussenseite gesehen). Eine sehr weite Übereinstimmung lässt sich in dem Bau der Recepta- cula der beiden hier besprochenen Tarentula Arten, der T. aculeata GL. und T. nemoralis WESTR. feststellen. Wie bei jener so sind auch bei dieser in den Receptacula drei Teile zu unterscheiden: ein Kolben, ein Stiel und ein Basalteil. Auch ist bei T. nemoralis WESTR. der Basal- teil der voluminöseste Abschnitt der Receptacula, relativ noch grös- ser als bei T. aculeata GL. Der Stiel scheint dagegen nur sehr kurz zu sein. Wenn man die Receptacula in Kalilauge mazeriert, so tritt sowohl bei dieser, als auch bei den vorher besprochenen Arten in den Wänden des Stieles eine quergestreifte, charakteristische Struktur hervor. Bei T. nemoralis WESTR. kommt diese Struktur aber nicht nur in den Wänden des freiliegenden Stieles vor, sondern erstreckt sich auch auf den Basalteil, wie eine Fortsetzung des Stieles (Fig. 7). Aus diesen Strukturverhältnissen geht ohne weiteres vor, dass der eigent- liche Stiel nicht nur so lang ist, wie sein freier, kurzer Abschnitt, son- dern so weit gerechnet werden muss, als seine charakteristische Struk- tur reicht. Es ist also bei T. nemoralis WESTR. der basale Abschnitt des Stieles mit dem Basalteil verwachsen, und nur die distale Spitze ist frei. Was den Basalteil der Receptacula dieser Art betrifft, so ent- T. H. Jnrvi, Xnr Morpholoijie d. Vaiiinaloryane ü. Lycosoiden. 21 hält er lateral ein relativ grosses Lumen, von dem jedoch ungefähr die Hälfte dem lappenförmigen Anhang des Basalteils (Figg. 6 u. 7, Ip.) zu- gerechnet werden kann. Die andere Hälfte kann wenigstens zum Teil mit der hasalen Erweiterung des Stielganges der Lycosen für homolog halten werden. Wie der basale Stiel, so scheint auch der lappenför- mige Anhang des Basalteils bei dieser Art, T. nemoralis WESTR., seine Selbständigkeit zum grösseren Teil verloren zu haben. Dieser Anhang ist mit dem eigentlichen Basalteil zusammengewachsen. Er ragt nämlich als ein besonderer Abschnitt nur sehr schwach hervor, ist jedoch durch Vergleich mit der vorigen Art, T. aculeata GL., zu finden. In dem media- nen Abschnitt des Basalteils ist kein grösseres Lumen zu sehen, da kommt nur eine Faltenspalte vor. Was die weiteren theoretischen Spe- kulationen über die Teile der Receptacula dieser Art betrifft, verweise ich auf die Beschreibung der vorigen Art, wo sie näher behandelt sind. Trochoaa ruricola DG. E p i g Y n e. (Taf. 3, Fig. 8 die rechte Hälfte der Epigyne von aussen gesehen, Fig. 9 dieselbe zusammen mit den Kontouren auf der Innenseite, Fig. 10 dieselbe mit dem Receptaculum von innen gesehen; Taf. 5, Fig. 3 vordere Scheiden wand). Das äussere Aussehen der Epi- gyne gleicht sehr derjenigen von Tarentula aculeata GL. Die Epigyne wird also von zwei epigynealen Furchen gebildet, welche an der vor- deren Scheidenwand beginnend (Taf. 5, Fig. 3 ep.f) in einem schwach S-förmigen Bogen nach vorn verlaufen. Das Septum gleicht also dem umgekehrten T mit kurzen Armen. Der Hauptunterschied zwischen den Epigynen der Tarentula aculeata GL. und Trochosa ruricola DG. liegt in den Quertaschen. Bei Tarentula aculeata GL. endigen die epi- gynealen Furchen in einer gemeinsamen, grossen Quertasche, bei Trochosa ruricola DG. bilden beide epigynealen Furchen ihre eigenen Quertaschen, welche neben einander liegen (Figg. 9 u. 10, (it.) Weil die halbkreisförmigen Ränder der Mündungen dieser Quertaschen in der Mitte auseinander gehen und nicht, wie z. B. bei Lycosa amentata (X., auf einander zustreben, lassen sie sich nicht einfach von der Ver- 22 Festschrift für Palmen. No 6. einigungstelle zweier epigynealer Furchen ableiten. Es wäre dann, meiner Meinung nach, am wahrscheinlichsten, dass wir es hier mit den Quertaschen zu tun haben, welche einwenig schiefe Vertiefungen der vorderen Enden der Furchen sind. Da die Quertaschen am weitesten von dem Ursprung der epigynealen Furchen, d. h. von den Recepta- cularmöndungen liegen, und dadurch zu den jüngeren Bildungen ge- hören, so spricht dieser Unterschied der Quertaschen nicht gegen die nahe Verwandschaft der Tarentula- und Trochosa-Arten. — Vielleicht noch mehr als bei Tarentula aculeata CL. liegen bei Trochosa ruricola DG. die epigynealen Furchen vorn lateral und hinten median von dem scharfen Septalrande. Die Receptacula. (Taf. 3, Fig. 10.) Die Receptacula von Trochosa ruricola DG. sind nach demselben Typus gebaut, wie bei den erwähnten Taren/H/a-Repräsentanten. V^ir teilen sie also ein in den Kolben, den Stiel und den Basalteil. Trochosa terricola THOR. E p i g y n e. (Taf. 3, Fig. 11 von aussen gesehen). Diese Art ist, wie bekannt, der vorigen sehr nahe verwandt. Das ergibt sich auch aus dem Bau der Vaginalorgane vor. Die Epigynen sind in ihren Haupt- zügen gleich, nur die Windungen der epigynealen Furchen sind einwenig abweichend, so dass das Septuni bei T. terricola THOR, dem umge- kehrten T mit einwenig längeren Armen gleicht. Auch andere kleinere Unterschiede wird hervorzuheben. Doch haben sie keinen besonderen morphologischen Werl. Receptacula. Auch hinsichtlich der Receptacula, verweise ich auf die vorige Art. Zusammenfassung über die Vaginalorgane der in dieser Abhandlung besprochenen Arten aus den Gattungen Tarentula und Trochosa. Die von mir besprochenen Arten aus den Gattungen Tarentula T. H. Järvi, Zur Morphologie d. Vaginalorgane d. Lycosoiden. 2S und Trochosa gleichen in dem Bau ihrer Vaginalorgane sehr ein- ander und bilden diesbezüglich eine eigene Richtung unter den Lycosoi- den. Zu dieser Gruppe der Lycosoiden hören neben den hier erwähn- ten Tarentula- und Trochosa-Arlen, auch Arten aus der Gattung Pirata, z. B. P. piraticus GL. Die Unterschiede der vorher besprochenen Lycosa-Gruppe einerseits und der Tareniula-Trochosa-Gruppe andererseits liegen weniger in dem Bau der Epigynen, als in dem der Receptacula, die bei der Tarentula-Trochosa-Gruppe eine sekundäre, aus den epigy- nealen Bildungen herstammende Abteilung besitzen. Die Epigynen. Der Bau der Epigynen dieser Tarentnla-Tro- c/io5a-Gruppe gleicht hauptsächlich demjenigen der Lycosa-Gruppe. Es scheint, als ob bei der Tarentula-Trochosa-Gruppe die Epigynen einwenig mehr primitive Verhältnisse darstellten, als die Epigynen der Lycosa- Gruppe. Die epigynealen Furchen haben nämlich bei den Repräsen- tanten der Tarentula-Trocliosa-Gruppe noch ihre ursprüngliche enge Furchenform in den Epigynen behalten, während sie bei der Lycosa— Gruppe sehr mannigfaltig in verschiedenen Richtungen differenziert sind. Doch ist dieses Verhalten nur von sekundärer Art und man muss die Tarentula-Trocbosa-Gruppe. für eine in dieser Hinsicht mehr dif- erenzierte Gruppe halten, als die Lt/cosa-Gruppe. Diese Behauptung wird näher durch den Bau der Receptacula begründet. Die allervor- dersten Partien der epigynealen Furchen, also, meiner Meinung nach, die jüngsten, sind bei den Repräsentanten der Tarentula-Trochosa-Gruppe verschieden differenziert. Beide Enden der Furchen können taschen- artig vertieft sein und bilden dann ein Paar von nebeneinander ge- stellten Quertaschen {Trochosa ruricola DG., Tr, terricola THOR., Taf. 3, Figg, 8 — 11. qt.). Entweder durch die Vereinigung dieser paarigen Taschen oder durch die Vereinigung beider Enden der epigynealen Furchen und erst darauf geschehene Vertiefung der Stelle der Vereinigung ist eine solche grosse Quertasche, wie sie bei Tarentula aculeata GL. (Taf. 3. Figg. 1 — 2, qt.) vorkommt, entstanden zu denken. Es können die vor- deren Partien der epigynealen Furchen so stark divergieren, dass sie ganz in entgegengesetzten Richtungen laufen, und dass eine Bildung der Quertaschen, jedenfalls durch Vereinigung der vorderen Enden der epigynealen Furchen, total ausgeschlossen ist. Neben dieser Bildung 24 Festschrift für Palmen. No 6. der Quertaschen kommen keine besonders differenzierten Abteilungen von epigynealen Furchen auf den Epigynen der Tarentula-Trochosa- Gruppe vor. Die epigynealen Furchen laufen jedoch bei den verschie- denen Arten in eigenartigen Buchten, welche leicht von einander abzu- leiten sind. Obgleich die epigynealen Furchen ihre Furchenform im allgemeinen behalten und in verschiedenen Buchten laufen, lassen sich dennoch bei den einander nahe stehenden Arten aus dem charakte- ristischen Anliegen oder Abstehen der Furchen an der Körperoberfläche die entsprechenden Teile der epigynealen Furchen erkennen (z. B. bei Tarentula aculeata GL. und T. nemoralis WESTR., siehe die Beschrei- bungen der resp. Arten), Die Receptacula. Meiner Meinung nach sind gerade die Receptacula der Tarentula- Trochosa-Gruppe die Teile der Vaginal- organe, welche die wahre morphologische Natur dieser Organe bei jener Gruppe zeigen. Wer sie mit den Receptacula der Lycosa-Gruppe vergleicht, kann leicht die Kolben und die einwenig mehr, besonders in ihrer Länge, variierenden Stiele als die gleichgenannten Teile der Recepta- cula der Lycosa-Gruppe wieder erkennen. In der Tarentula-Trochosa- Gruppe kommt zu den Receptacula noch ein dritter Teil hinzu, welchen ich den Basalteil genannt habe und welcher, meiner Meinung nach, ein sekundärer Teil der Receptacula ist (Taf 8, Figg. 2, 4 — 7, 9, 10, Taf 4, Fig. 5. bs.). Der Basalteil der Receptacula ist eine direkte Fortsetzung der epigynealen Furchen. Er hat oft einen lappenför- migen Anhang (Taf 4, Fig. 5 Ip., eben Taf 3, Fig. 6 Ip.). Das Lumen des Basalteils ist medianwärts nur spaltenförmig, lateralwärts eine wirkliche Höhlung. Diese Höhlung ist entweder gemeinsam dem ei- gentlichen Basalteil und seinem lappenförmigen Anhang {Tarentula ne- moralis WESTH., Taf 3, Figg. 6, 7 Ip.) oder in der Mitte einwenig einge- schnürt, so dass man über eine basale und über eine eigene Höhlung des lappenförmigen Anhangs reden könnte {Tarentula aculeata GL. Taf 4, Fig. 5). Der Gang des Stieles öffnet sich in diese basale Höhlung oder den ihr entsprechenden Teil der einheitlichen Höhlung. (Auch bei der Tarentula nemoralis WESTR. ist es ebenso, obgleich der Stiel äusserlich distal am Basalteil sitzt und sehr kurz zu sein scheint. Die charakteristischen Strukturverhältnisse zeigen jedoch, dass der T. H. Järni, Zur Morphologie d. Vaginalorgane d. Lycosoiden. 25 basale Teil des Stieles sekundär seiner Länge nach mit dem Basalteil zusammengewachsen ist (vergl. die resp. Beschreibung und Abbildungen: Taf. 3, Fig. 7 stl.). Diese obengenannten Eigentümlichkeiten in dem Bau des Basalteils werden, meiner Meinung nach, gut durch die folgende Hypothese über den Ursprung des Basalteils erklärt: der Basalteil ist gleichzeitig ein teilweise gedrehter und invaginierter Teil der epigynealen Furche und ihrer Derivate. Der basale Abschnitt der inneren Höh- lung des Basalteils kann teilweise mit der basalen Erweiterung des Stielganges in den Receptacula der Lycosa-Gruppe homolog sein, teil- weise stammt er aus den epigynealen Vertiefungen her. Der lappen- förmige Anhang ist als ein abgeschnürter Teil der epigynealen Vertie- fungen der Li/cosa-Gruppe (besonders wie sie z. B. bei L. amentata GL. vorkommen) zu verstehen. So wäre auch neben anderem die relativ grosse Höhlung dieses Anhanges hierdurch, wie der ganze Anhang, erklärt. Das spaltenförmige, gedrehte Lumen des medianseitigen Teiles des Basalteils wird dadurch erklärt, dass die respektiven Partien die ursprüngliche Furchenform der epigynealen Furchen nicht verloren haben. Durch diese Auffassung der Vaginalorgane der Tarentula-Trochosa- Gruppe erscheint diese Gruppe hinsichtlich der Vaginalorgane noch weiter differenziert als die Lycosa-Gruppe. Beide haben sich im allgemei- nen nach derselben Richtung hin differenziert. Die Einfachkeit der Epigy- nen der Tarentula-Trochosa-Gruppe wäre aber nur sekundär und so ent- standen, dass die hinteren und älteren Teile der epigynealen Furchen und ihrer Derivate zu dem Basalteil der Receptacula invaginiert sind und dadurch nicht mehr in die Epigynen im engeren Sinne gehören. Die Epigynen werden dann nur durch die vorderen, jüngeren Enden der epigynealen Furchen gebildet, die am meisten ihre ursprüngliche Furchenform noch besitzen. 26 Festschrift für Palmen. N-o 6. Piaaura mirahilis CL. E p i g y n e. (Taf. 4, Fig. 1 die Epigyne von aussen gesehen, Fig. 2 die Receptacula und die epigynealen Furchenwindungen von innen gesehen, Fig. 3 ein einwenig schiefer Längsschnitt durch die epigy- nealen Furchenwindungen der linken Seite von der Medianseite gese- hen, Fig. 4 die vordere Hälfte der rechten epigynealen Furchenwin- dungen schief von innen gesehen). Erst bei dieser Art mit ihrer schön geformten Epigyne erweist sich, meiner Meinung nach, die Auffassung von der Bildung der ganzen Epigyne aus den Epigynealfurchen und ihren Derivaten als die am meisten berechtigte. Es wäre sogar schwer, die Epi- gyne der Pisaura mirabilis CL. aus anderen Gesichtspunkten ganz richtig zu beschreiben, während es durch Ableitung von den epigynealen Furchen ganz leicht ist. — Wie bei den besprochenen Tarentula- und Trochosa- Arten, sind auch bei dieser Art die epigynealen Furchen eng. Diese engen epigynealen Furchen dringen aber so schief in das Körper hinein, dass ähnlich wie an Rocktaschen nur ein scharfer, freier Rand besteht, der äussere Rand. Die andere Wand der Furche geht ohne Grenze in die Körperoberfläche über. Der Boden der epigynealen Furchen liegt jedoch nicht immer auf derselben Seite, sondern wendet sich eini- gemal von der einen Seite nach der anderen. Wollen wir den Verlauf der epigynealen Furchen mit Hilfe der Figg. 1 und 2 verfolgen, so können wir an der vorderen Scheidenwand beginnen. Die epigynea- len Furchen sind schon da, doch sehr schwach angedeutet und liegen sehr nahe bei einander (Fig. 2 ep. f^). Von hier setzen sie sich nach den Seiten fort. Von aussen gesehen scheint solches sehr gerade und einfach zu geschehen. Von innen bertrachtet sieht man, dass schon der Beginn nicht so ganz einfach ist. Im Gegenteil bilden sie je ein Paar sehr stark verwundener Knoten, als welche die kleinen, dunkelbraunen und schwer zu beobachtenden Gebilde mir erschienen sind (Fig. 2 ep. f^). Vor diesen Knoten sind die epigynealen Furchen deutlich hervorgegan- gen als sehr grosse F'alten der Körperoberfläche. Die grossen Falten, in welche die Receptacula einmünden, werden kleiner, je mehr sie sich nach den Seiten und nach vorn fortsetzen. Die mit ep. f.' in Fig. 2 bezeich- neten Stellen der epigynealen Furchen sind ziemlich seicht. Weiter 7". //. .lärui. Zur Morphologie d. Vaginalorgane d. lAjcosoidcn. 27 vorn nähern sie sich wieder, werden grösser und beschreihen alsbald ihre besonders charakteristischen auf- und ablaufenden Windungen. Diese Windungen habe ich als die epigynealen Furchenwindungen be- zeichnet. Wenn wir die epigynealen Furchen von hinten nach vorn verfolgen, so kommen wir zuerst zu den innersten, am tiefsten liegen- den und zugleich kürzesten von allen diesen Furchenwindungen. In einem kleinen S-förmigen Bogen verläuft diese innerste Furchenwin- dung von hinten nach vorn. Darauf wenden sich die F'urchen median wärts und nach hinten, dann wieder nach vorn, bilden eine weit late- ralwärts reichende Bucht und ziehen zum letztenmal nach hinten. Durch diese Windungen haben die epigynealen Furchen allmählich sich genähert, und liegen nun sehr nahe bei einander, so nahe, dass, sobald die epigynealen Furchen nun wieder nach vorn zu laufen beginnen, ihre Böden einander fast berühren. Die nach vorn laufenden Fortset- zungen der epigynealen Furchen divergieren allmählich bis sie wenig- stens als Furchen nicht mehr zu beobachten sind. Durch diesen Ver- lauf der mächtig entwickelten epigynealen Furchen bekommt das zwi- schen ihnen liegendes Septuni eine sehr charakteristische Form. Diese Form gleicht, wie so oft bei den Lycosoiden, im allgemeinem einen um- gekehrten T. In den E^inzelheiten gibt es jedoch wegen der mächtigen, eigenartig verlaufenden epigynealen Furchen vieles von anderen Formen der Lycosoiden abweichende, worauf wir hier nicht näher einzugehen brauchen. — Zwei paar grubenartige Vertiefungen, welche wahrschein- lich Derivate der epigynealen F'urchen sind, liegen zwischen den vor- dersten Enden der zum Schluss divergierenden epigynealen Furchen. Die Receptacula. (Taf. 4, Fig. 2; Taf. 5, Fig. 1). Die Re- ceptacula gleichen mehr denjenigen bei den Lj/cos«- Arten und bestehen aus zw^ei Teilen, dem Kolben und dem Stiel. Sie sind an den ventra- len Seiten der grossen Falten der epigynealen Furchen befestigt, in weiche sie zu münden scheinen. Diejenigen grosse Falten der epigy- nealen Furchen, welchen die Receptacula anliegen, kann man morpho- logisch mit den epigynealen Vertiefungen der Lj/cosa-Arten und mit dem Basalteil bei den Tarentnla- und Trochosa- Arten vergleichen. Man kann sich leicht denken, dass die epigynealen Vertiefungen der Lycosa- Arten sich tiefer einsenkten, wobei ihre Ränder sich näherten, Und 28 Festschrift für Palmen. N-o 6. hierdurch erhalten wir das Bild, welches uns Pisaura mirabilis CL. bie- tet. Denken wir uns weiter, dass diese Falten sich noch mehr vertie- fen und dabei tordiert werden, so können wir eine Form ableiten, die sich dem Basalteil bei Tarentula und Trochosa nähert. In Pisaura mi- rabilis CL, sehen wir also den primären Bau der Receptacula, wie wir ihn bei den Lgcosa- Arten kennen lernten. Der dem sekundären Basal- teil der Tarentula- und Trochosa- Arien entsprechende Abschnitt wird hier repräsentiert durch eine Falte des hinteren Teiles der epigynealen Furchen. Wie bei den meisten anderen Arten, findet sich auch bei Pisaura mirabilis CL. im basalen Ende des Receptaculumstieles eine, wenn auch geringe, Erweiterung des Lumens, welche gewissermassen als Stütze für meine Ansicht gelten kann. Dolovnedes limbatus HAHN. E p i g y n e. (Taf. 5, Fig. 4 von aussen gesehen). Die Epigyne ist äusserlich betrachtet sehr einfach. Man sieht die zwei epigynealen Furchen, welche taschenförmig vertieft einander gegenüber stehen. Vorn vereinigen sie sich nicht, hinten scheinen sie allmählich zu ver- schwinden. Das Septum ist behaart. Die Receptacula. (Taf. ö, Fig. 5 von vorn gegen die vor- dere Scheidenwand gesehen, Fig. 6 ein Teil des linken Receptaculums; Taf. 2, Fig. 8 die Mündung des Receptaculums in der vorderen Scheiden- wand). Was die Receptacula dieser Art, Dolomedes limbatus HAHN., betrifft, so kommt hier ein ganz besonderes Verhalten vor. Die als Receptacula funktionierenden Teile (s. r.) müssen wir für sekundäre Re- ceptacula halten, die den Receptacula der vorherbesprochenen Lycosoiden nur analog, aber nicht homolog sind. Diese sekundären Receptacula sind relativ sehr grosse, in einigen transversalen, spiraligen Windungen ver- laufende Schläuche, welche zwei Öffnungen besitzen. Von diesen Öff- nungen mündet die eine in der epigynealen Furche, indem die vor- deren Enden dieser sekundären Receptacula in die epigynealen Furchen übergehen. Diese Öffnungen sind die grösseren und oflenbar Eingangs- T. H. Järvi, Zur Morphologie d. Vayinalorgane d. Lycosoiden. 29 oder ParungsöfFnungen. Die anderen Öffnungen liegen an den anderen Enden der Schläuche an der vorderen Scheidenwand, und sind sehr eng (vergl. Taf. 2, Fig. 8); sie sind wahrscheinlich Ausgussöffnungen, Die Homologien dieser sekundären Receptacula mit den Teilen der Vagi- nalorgane der vorher besprochenen Lycosoiden sind jedoch ziemlich leicht zu finden. Die sekundären Receptacula besitzen nämlich nicht weit von der Stelle, wo sie aus der Epigyne divergierend hervorgehen, also nahe den Eingangsöffnungen, je einen sehr kleinen Anhang (Fig. 5, pr. r). Diese Anhänge sitzen einer Stelle auf, wo die sekundären Recepta- cula eine scharfe Ecke bilden. Besieht man mit einwenig stärkerer Ver- grösserung diese Anhänge (Fig. 6 pr. r), so bemerkt man, dass sie ein Lumen haben. Und sowohl in diesem Lumen, als auch in der Form des Anhanges ist leicht ein Kolben und ein Stiel zu erkennen, der dem Typus der Receptacula der vorher besprochenen Lycosoiden ent- sprich. Es kann, meiner Meinung] nach, gar kein Zweifel mehr dar- über bestehen, dass diese Anhänge die primären Receptacula des Dolo- medes limhatiis HAHN. sind. Die sekundären Receptacula sind dann offenbar ihrer Länge nach abgeschnürte epigyneale Furchen, die auf diese Weise schlauchförmig geworden sind. Nach dieser Abschnürung der sekundären Receptacula sind die beiden Endabschnitte der sekun- dären Receptacula offen geblieben und dadurch die Eingangs- oder Parungsöffnungen und die Ausgussöffnungen enstanden. Die grosse Ungleichheit zwischen der Länge der sekundären Receptacula und dem direkten Abstand beider Öffnungen weist darauf hin, dass die sekundären Receptacula als kürzere Abteilungen der epigynealen Furchen sich zuerst abschnürten und dann später sich verlängert und spiralig gewunden haben. — Durch diese oben beschreibene Auffassung der Receptacula von Dolomedes limbatus HAHN, sind die grossen Unterschiede in dem Bau der Vaginalorgane, besonders der Receptacula, zwischen dieser und den übrigen Lycosoiden nur sekundärer Art, und auch die Vaginal- organe von Dolomedes limbatus HAHN, wären demgemäss leicht von dem allgemeinen Bautypus der Lycosoiden abzuleiten. 30 Festschrift für Palmen. N:o 6. Zusammenfassung über die Vaginalorgane von P i r ata m i ra h i l i s GL. und D olom e de s l i mh aius HAHN. Der Bau der Vaginalorgane dieser Arten zeigt eigentlich nur wenig Übereinstimmung. Doch gibt es einige gemeinsame Charaktere, durch welche sie sich von den vorher besprochenen Lycosa- und Tarentula- V'roc/iosa-Gruppen unterscheiden. Bei diesen beiden Arten sind näm- lich die epigynealen Furchen in ihrer Länge sehr mächtig entwickelt, und bei beiden kommen nicht oder nur relativ sehi unbedeutende, [Pisaiira mirabilis GL.) aus der Furchenform ausgebreitete Ab- teilungen, Derivate der epigynealen Furchen vor. Diese zwei Arten unterscheiden sich aber auch von einander in wichtigen Hinsichten. Bei der Pisaura mirabilis GL. haben die sehr verlängerten Teile der epigynealen Furchen auch ihre Furchenform hauptsächlich behalten. Bei Dolomedes limbatus HAHN, sind an den am meisten verlängerten Teilen der Furchen die Ränder vereinigt, diese Furchenteile haben sich aus der Epigyne abgeschnürt und sind zu den schlauchförmigen sekun- dären Receptacula mit zwei endständigen, otTen gebliebenen Öffnungen, eine an der Epigyne, die andere an der vorderen Scheidenwand, ge- worden. Die primären Receptacula sind bei Dolomedes limbatus HAHN, als kleine Anhänge der sekundären Receptacula übriggeblieben. Die am meisten verlängerten Teile der epigynealen Furchen sind bei diesen Arten auch verschieden. Bei Pisaura mirabilis GL. liegen sie von den Mündungen der Receptacula aus betrachtet nach vorn, sind also prae- receptaculäre Teile. Bei Dolomedes limbatus HAHN, liegen die Haupt- partien der sekundären Receptacula hinter den Mündungen der pri- mären Receptacula, zwischen denselben und der vorderen Scheiden- wand ; die sekundären Receptacula, d. h. die dift'erenzierten Furchenteile liegen also zum grösseren Teil hinter den Receptacula. Aus diesem zuletzt besprochenen Verhältnis geht auch hervor, dass diese sekundären Receptacula bei Dolomedes limbatus HAHN, wahrscheinlich ontogene- tisch wie phylogenetisch zuerst als sehr viel kürzere epigyneale Furchen sich abschnürten, welche dann später nach dieser Abschnürung sich verlängerten. Die Länge der sekundären Receptacula ist nämlich be- deutend grösser als der direkte Abstand ihrer Mündungen. Also wenn auch Pisaura mirabilis (A.. und Dolomedes limbatus HAHN., was ihre T. H. Järui, Zur Morpholotjie d. Vaginalorgane d. Lycosoiden. 31 Vaginalorgane betrifft, einander näher stehen als den Repräsentanten der vorherbesprochenen Gattungen der Lycosoiden, so sind sie doch auch diesbezüglich ziemlich früh auch aus einander differenzierte Arten. Zum Schluss will ich noch die Hauptzüge meiner Auffassung über die Vaginalorgane der Lycosoiden sehr kurz wiederholen. Ich nehme an, dass die primärsten Receptacula der Spinnen Di- vertikel der Scheidenwand sind. Es hat jedoch wahrscheinlich schon sehr früh eine Lageverschiebung der Receptacula stattgefunden, indem sie und ihre Mündungen auswärts wanderten. Bevor wir zu dem Ur- typus der Vaginalorgane der Lycosoiden kommen, ist noch eine andere Veränderung, die neben dieser der Lageverschiebung der Receptacula eingetroffen ist, zu erwähnen. Diese andere Veränderung betrifft die Form der Mündungen der Receptacula. Die Mündungen sind nämlich zu länglichen Furchen verlängert und verschmälert, die an und vor der Scheidenöffnung in die vordere Scheidenwand und in die äussere Körperoberfläche eingesenkt sind. Dadurch wären wir bei dem Ur- typus des Vaginalapparates der Lycosoiden angelangt. Aus dieser Ur- lypus gehen zwei grössere Variationsrichtungen hervor. In der einer von diesen Richtungen wachsen die epigynealen Furchen schmal blei- bend hauptsächlich nur in die Länge. Zu dieser Richtung hörten die Gattungen Pisaura und Dolomedes. In der anderen Richtung besteht eine sehr grosse Neigung zur Bildung aus der Furchenform ausge- breiteter Abteilungen (die epigynealen Vertiefungen und ihre Deri- vate). Diese Variationsrichtung ist durch Arten aus den Gattungen Lycosa, Tarentula und Trochosa (auch Pirata) repräsentiert. Innerhalb dieser beiden Hauptvariationsrichtungen ist eine im grossen gesehen parallele Differenzierung wieder nach zwei Richtungen zu beobachten. Die Gat- tung Pisaura in der Pisaura- Dolomedes-Gruppe repräsentiert, meiner Mei- nung nach, den mehr geraden Entwicklungsgang; Dolomedes dagegen bildet den divergierenden Zweig. Bei Pisaura ist nämlich die primäre 32 Festschrift für Palmen. N:o 6. Faltenform der epigynealen Furchen beinahe ganz erhalten. Bei Dolo- medes dagegen hat sich der grössere Teil der epigynealen Furchen zu den sekundären Receptacula abgeschnürt. Innerhalb der anderen Hauptvariationsrichtung bilden die Gattung Lycosa den einen, die übri- gen Gattungen den anderen Zweig. Aus dem Typus der Vaginalorgane der Gattung Lycosa ist der Typus der Tarentula-Trochosa-Gruppe leicht ableitbar. Man denke nur, um aus dem Lycosa-Typus zu den Tarentula- Trochosa-Typus überzugehen, dass die zu den (hinteren) epigynealen Vertiefungen ausgebreiteten Furchenteile, ganz ähnlich wie die Furchen bei Dolomedes zu den sekundären Receptacula, sich abschnüren, und sekundäre basale Abschnitte in den Receptacula bilden. So wäre die Tarentula-Trochosa-Gruppe ein aus dem Lycosa-Typus divergierender Zweig. Der Parallelismus von Dolomedes einerseits und von der Tarentula- Trochosa-Grxippe andererseits bestände gerade darin, dass bei beiden se- kundäre Abschnitte durch Abschnürung von epigynealen Teilen sich ausgebildet haben. --Es lassen sich also durch diese Auffassung der Vaginalorgane wenigstens alle hier besprochenen Arten auf denselben Urtypus der Lycosoiden zurückführen, was eben zu erwarten war, da die Lycosoiden eine natürliche Familie der Spinnen sein dürften. Je mehr Material für solche Studien, wie diese, vorliegt, desto mehr können die Hypothesen und Theorien dem Richtigen und Wirk- lichen sich nähern. Ich gebe zu, dass meine Basis in dieser Abhand- lung relativ sehr klein ist. Ich kann auch natürlich erwarten, dass die Konturen der Bautypen der Vaginalorgane verschiedener Gruppen in- nerhalb der Familie der Lycosoiden, welche ich zu ziehen versucht, einigermassen geändert, geweitert werden müssen, weil ich sie nach meinen Untersuchungen zu eng gezogen habe. Ich meine jedoch, dass ich durch Darlegung einiger Gedanken über die genetische Zusammengehö- rigkeit der Vaginalorgane einiger Spinnen, die ich in der betreffenden Litteratur nicht angetroff'en habe, und die jedenfalls in einem bestimm- ten Kreise auch der Wirklichkeit nahe zu kommen scheinen, einen klei- nen Beitrag zu der morphologischen Untersuchung der Spinnen, beson- ders der Lycosoiden, geliefert habe. Verzeichnis der zitierten Litteratur, PH. BERTKAU, 1875. lieber den Generationsapparat der Araneiden. Ein Beitrag zur Anatomie und Biologie derselben. Archiv f. Naturg., 41 Bd. S. 235. — 1877. lieber die Uebertragungsorgane und die Spermatozoen der Spinnen. Verhandl. d. naturhist. Vereins d. preuss. Rheinl. u. Westf., 34 Jahrg. Sitzungsberichte. S. 28. — 1878. lieber die mechanische Kraft, die das Sperma bei der Begattung aus dem den Samen enthaltenden Schlauch heraus- treibt. Verhandl. d. naturhist. Vereins d. preuss. Rheinl. u. Westf., 35 Jahrg. Sitzungsberichte. S. 171. — 1884. Entomologische Mizellen. 4. Zur Kenntniss der Funktion der einzelnen Theile an den Tastern der Spinnenmännchen. Verhandl. d. naturhistor. Vereins d. preuss. Rheinl. u. Westf., 41 Jahrg. S. 359. CAMPBELL, F. MAUL, 1883. On the Pairing of Tegenaria Guyonii Guer., with a Description of certain organes in the Abdominal sexual Region of the Male. Journ. Linnean Soc. Vol. XVII, Zoology. N:o 99. S. 162. CHYZER, C. & KULCZYNSKI, L., 1891-1897. Araneae Hungariae. I, II. Budapest. DAHL, FRIEDR. 1902. Über abgebrochene Copulationsorgane männ- licher Spinnen im Körper der Weibchen. Sitzungs- Berichte d. Gesellsch. naturforschender Freunde. N:o 2. — 1904. lieber das System der Spinnen (Araneae). Sitzungs-Berichte d. Gesellsch. naturforschender Freunde. N:o 5. EMERTON, J. H. 1875. On the Structure of the Palpalorgans of Male Spiders. Proc. of Boston Soc. of Nat. Hist. Vol. XVII. Part. IV. S. 505. :i4 heslschrifl für Palmen. A'.o 6'. V. HASS1*:LT, A. W. M. 1892. Lepigyne des AniigiK^os romollos. Tijdschr. V. Knloin. 35 Deel. S. «7. KAHFINSKI, AM:\. 1882. Uebcr dcMi Bau des männlichen Tasters und den Mechanismus der Begattung hei Dictyna henigna Walck. liiol. Cenlralhl. 1 Bd. 1881 2. S. 710 LKNDL, ADOLF, 188(). Ueher die Begattung der gekrönten Kreuzspinne (Kpeira dia(hMnata C\..). Termesz. fütezek. Vol. X. S. 20i). — 1887. Ueher die Begattung und die (^opulationsorgane von Tro- chosa infernalis Molsch. Ternids/. fütezek, Vol. XI. N:o 1. S. 51. MENGH, A., 18()()-188(). Preussische Spinnen. Schriften d. nalurf. (iesellsch. in Danzig. Neue Folge. I -IV Bd. SCHIMKHWITSCII, WLAOIMIH, 1884. l':iude sur lAnatomie de l'Kpeire. Ann. d. sciences natur. Zoologie. VI ser. Tom. XVII. 1. WAdNKH, W., 1881. Kl. uoiipocy otVi. oiuioCoTBopoiiiii iiayKOß'i., Il3B. Hmii. o6iu. .!iK)(). t>CT. AiiTp. 11 cVni. T. XXXVII. - Ref. Zool. Jah- resh. 1882. II T. S. 71. — 1888. Copulalionsorgane des Männchens als Criteriuni für die Systematik der Spinnen. Horae Soc. enlom. Rossicae. T. XXII. S. 71. Tafelerklärang. Die Konturen der l'Mgurcn sind mit Ililfc des ABBE'schen Zeichenappn- rntes j?e7,cichnct worden. li e «i e u t u n g t ü r die H c /. c i c h n u n g c n : hs. Bnsnlteil des Kcccptacuhuns i}»ynciilc Vortiofun}.; r, Hcceptaculum kb, Kolhcn des Hcccptaculums .t. Septum /. Lamelle der epigynealen Furche a. r., sccundärcs Receplaculum //). lappenförniigcr Anhang st, Scptallaschc des Basalteils sti. Stiel des Rcceplaculums //, Lalcraltaschr der epigynealen Ver- licfunß r. ep. v.. vordere epigyneale Vertiefung T. //. Jnrui, Zur Morphologie d. Vaqinalorganr d. Lycosoiden. 3") Tafel 1. Fig. 1. f.yrosa amenlala Cl. Die Epigyne. / 75. Fig. 2. Lifcnsa amenlala Cl. Epigyne und Konturen 'dünner; der inneren Teile. X 65. Fig. 3. Ijijrosa amenlala Ci . Die vordere Scheidenwand. X ßo. i-'ig. 4. lAjcoxa amenlala Ca,. Die rechte Hallte; des hinleren Teils der Epigync mit den Konturen i\cr dyrunterliegendcn Hcceptacula. / HX). Fig. 5 u. (>. Li/rosa amenlala Ca.. Die heiden Seitenansichten einer [..ängssek- tion der Kpigyne. X 65. Fig. 7. Lycosa annulala Thor- Die Epigyne. X 77. Fig. 8. Lycosa annulala Thoh. Epigync und Receptacula von innen gesehen. X KXJ. Fig. 0. Lycosa paludicola Thok. Die Epigyne. X ■%. Fig. 10. Lycosa ayricola Thok. Die Epigyne von hinten gesehen. X 68. Tafel 2. Lycosa wayleri Hahn. Die Epigyne. X 50. Lycosa wayleri Hahn. Der hintere Teil der rechten Hälfte der Epigy- nc mit Konturen 'dünnerj der darunterliegenden Teile. X 100. Lycosa wayleri Hahn. Dasselber Stück der Epigyne, wie in der P'ig. 2, von innen gesehen. X 100. 4. Lycosa paludicola Cl. Der hintere Teil der Epigyne. Auf der anderen Seite auch die Konturen fdünner, der darunterliegenden Teile. X lOfJ. Lycosa ayricola Thor. Die Epigyne. X 62. Lycosa ayricola Thor. Die Epigyne von der Seite gesehen. X 62. Lycosa ayricola Thor. Die Epigyne und die Receptacula von innen gesehen. X 62. Fig 8. Dolomedes limbalus Hahn. Der Endteil des sekundären Receptaculums an der Scheidenwand. X 85. Tafel :L 1. Tarentula aculeala Cl. Die Epigyne. X 65. Tarenlula aculeala Cr, Die Epigyne und die Receptacula von innen gesehen. X 75. Tarenlula nemoralis Westr. Die Epigync. X 75. Tarenlula nemoralis Westr. Die Epigyne und die F^eceptacula von in- nen gesehen. X 75. Tarenlula nemoralis Westr- Die rechte Hälfte der Epigyne und das Receptaculum von innen gesehen. X 100 Tarenlula nemoralis Wlstr. Das linke Receptaculum nach Entfernung der Epigyne von aussen gesehen. X 100. Fig. 1, Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 1. Fig. 2. Fig. .3. Fig. 4. Fig. .5. Fig. 6. 36 Festschrift für Palmen. N:u 6. Fig. 7. Tarentula nemoralis Westr. Das rechte Receptaculum von der Aus senseite gesehen. X 100- Fig. 8. Trochosa riiricola Dg. Die rechte Hälfte der Epigyne. X 65. Fig. 9. Trochosa riiricola Dg. Die rechte Hälfte der Epigyne und die Kon turen (dünner) der darunterliegenden Teile. X 65. Fig. 10. Trochosa riiricola Dg. Die rechte Hälfte der Epigyne und das Recep- taculum von innen gesehen. X 65. Fig- 11. Trochosa terricola Thor. Die Epigyne. X 65. Tafel 4. Fig. 1. Pisaura mirabilis Gl. Die Epigyne. X 65. Fig. 2. Pisaura mirabilis Gl. Der hintere Teil der Epigyne und die Recepta cula von innen gesehen. X 65. Fig. 3. Pisaura mirabilis Gl. Einwenig schiefer Längsschnitt durch die epi gynealen Furchenwindungen der linken Seite von der Medianseite gesehen. X 84. Fig. 4. Pisaura mirabilis Gl. Die vordere Hälfte der rechten epigynealen Für chenwindungen schief von innen gesehen. X 84. Fig. 5. Tarentula aculeata Gl. Die linke Hälfte der Epigyne und die Kontu- ren (dünner) der darunterliegenden Teile. X 75. Tafel 5. Pisaura mirabilis Gl. Das rechte Receptaculum seiner Falte aufsitzend von der Aussenseite gesehen. X 65. Pisaura mirabilis Gl. Die in dem vorderen Teile liegenden medianen Gruben von vorn gesehen. X 84. Trochosa ruricola Dg. Die vordere Scheidenwand. X 65. Dolomedes limbatiis Hahn- Die Epigyne. X 30. Dolomedes limbalus Hahn. Die Receptacula von vorn gegen die Schei- denwand gesehen. X 84. Fig. 6. Dolomedes limbatus Hahn. Teil des linken Receptaculums von hinten nach vorn gesehen. X 180. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. FESTSCHRIFT FÜR PALMEN N2 6. TAFEL 1. ■'[Wk[\u. 1 -A v.ep.v. ..V- ep.v. ep.f ^^.qt ^: ep.v. y iw ...qt / \ ep.f ep.v. s ep.f ep.v.. — . — ep.v. I D -qt ....ep.v. ep.f F .ep.f ep.f Järi'i di'l. FESTSCHRIFT FÜR PALMEN N^ 6. TAFEL 2. Jdni del. f-C: F «31(jiKN. 'irUnZ FESTSCHRIFT FÜR PALMEN N^= 6 TAFEL 3. r kb kb stl stl sP-' -'/"^ ...bs M-U bs. kb. \ ! n \ j Jän'i del. FESTSCHRIFT FÜR PALMEN N5 6. TAFEL 4. Jari'i dcl. i.---;i : f TiLiVAN^ FESTSCHRIFT FÜR PALMEN N': 6. TAFEL 5. M pr.r ep,f \\ V ep.i '\V,.. V:^- pr.r., Järvi del. FESTSCHRIFT FÜR PALMEN. N:0 7. ÜBER DIE EIBILDUNG BEI DER y^ILBE FEDICULOPSIS GRA/A1NUA\ (E. Reut.). ZUGLEICH EIN BEITRAG ZUR FRAGE DER GESCHLECHTS- BESTinnUNG. VON ENZIO REUTER. MIT EINER TEXTFIGUR. -^^- HELSINGFORS 1907. über die Eibildung bei der Milbe Pediculopsis graminum (E. Reut). Zugleich ein Beitrag zur Frage der Geschlechtsbestimmung. * Von Enzio JReuter, Die Milbe, deren Eibildung den Gegenstand der vorliegenden kleinen Arbeit bildet, lebt auf einer grossen Anzahl von Wiesengräsern sowie auf den Getreidearten, bei denen sie durch ihre Angriffe die als Weissährigkeit bekannte Krankheitserscheinung hervorruft. In einer früheren Arbeit (1900) ist sie von mir unter dem Namen Pedicu- loides graminum ^ beschrieben und ihre Ökologie ziemlich ausführlich er- örtert worden. Noch weitere Mitteilungen hierüber sowie betreffs ihrer Morphologie und Entwicklungsgeschichte werden in der unten in der Fuss- note erwähnten Arbeit gegeben. Zur Orientierung mögen jedoch hier einige kurze Bemerkungen vorausgeschickt werden. Die genannte, der Acaridenfamilie Tarsonemidae (Unterfam. Pedi- culoidinae) angehörige Milbe ist eine fast mikroskopisch kleine Art, welche einen ausgesprochenen Geschlechtsdimorphismus aufweist. Das nicht trächtige Weibchen (Prosopon) ist 200 — 250 // lang, 70 — 80 // ^ Diese Schrift stellt ein Bruchstück einer grösseren Abhandlung dar welche ursprünglich für die vorliegende Publikation (Festschrift für Palmen) bestimmt war, wegen des verhältnismässig bedeutenden Umfanges sich aber als für diesen Zweck nicht mehr geeignet erwies. ' Wegen bedeutender Unterschiede, namentlich in der Mundbildung, der Gattung Pediculoides gegenüber, habe ich in der demnächst erscheinenden grösseren Arbeit für diese Art eine neue Gattung, Pediculopsis, errichtet. 4 Festschrift für Palmen. N o 7. breit von gestreckt ovaler Gestalt ; von den Mundteilen bilden die Grundglieder der Pedipalpen samt dem vorderen Teil des Carapax eine Art von Saugrüssel, die Cheliceren sind klein, scharfspitzig sichelförmig. Am trächtigen, viviparen Weibchen ist der Körper hinter dem 2. Bein- paar mehr oder weniger, oft ganz enorm ausgedehnt, und erhält da- durch eine bläschen- oder würstchenförmige Gestalt von sehr wechseln- der Grösse; das längste von mir angetroffene trächtige Weibchen war annähernd 3 mm lang. Das männliche Prosopon ist 130 // lang, 75 fi breit, sein Körper breit eiförmig, gedrungen; die Mundteile durch- aus rudimentär und der entsprechende Körperabschnitt in ein ganz unansehnliches, knopfförmiges Gebilde deformiert ; die Mundöffnung, der Oesophagus und das bei dem Weibchen vorhandene Tracheen- system fehlen dem Männchen durchaus. Beide Geschlechter können eventuell ein freilebendes sechsfüssiges Larvenstadium durchlaufen. Im weiblichen Geschlecht tritt stets ein freilebendes Nymphenstadium auf; ein solches fehlt dagegen dem Männchen. Zu der Zeit, wo die Gräser in Ähren zu schiessen beginnen, treten überwinterte weibliche Individuen (Nymphen, Prosopa) dieser Milbe innerhalb einer der obersten Blattscheiden auf, wo sie den weichen und saftigen Halmteil etwas oberhalb des betreffenden Knotens mit ihren scharfen Cheliceren zerfetzen, um dann die pflanzlichen Säfte auszusaugen. Infolge dieses culmalen Angriffes, wodurch die befallenen Halmpartieen missfarbig werden und verschrumpfen, entsteht eben jene als totale Weissährigkeit zu bezeichnende Krankheitserscheinung, d. h. ein vorzeitiges Verwelken des ganzen Oberhalmes samt der Ähre (bezw. Rispe). Seltener wird durch spicale Angriffe eine partielle Weissährig- keit bewirkt. Innerhalb der Blattscheide lebt die Milbe den ganzen Sommer hindurch, hier findet durch die viviparen Weibchen eine überaus starke Vermehrung statt und hier überwintern auch die weiblichen Nymphen und im Herbst entwickelten Prosopa. Ein Überwintern von Larven und männlichen Individuen scheint niemals vorzukommen. Die Männchen, welche wegen der Rückbildung ihrer Mundteile keine Nahrung aufnehmen können, haben demgemäss eine recht kurze Lebensdauer; in der Regel sterben sie kurz nach der beendeten Kopu- Hnzio Reuter, Eibildiini] hei Pedicnlopsis (jvaminiim. 5 lalion, die zumeist gleich, nachdem sie das Prosoponstadium erreicht hahen, stattfindet. Die Männchen und die weibHchen Prosopa kommen stets in ver- hältnismässig sehr geringer Anzahl vor, während gleichzeitig weibliche Nymphen in überaus grosser Menge auftreten. Aullallenderweise stimmt in einer Kolonie von dieser Milbe die Zahl der Männchen (etwa 5 — 13 Vo) mit derjenigen der weiblichen Prosopa beinahe überein. Diese Tatsache dürfte auf den Umstand zurückzuführen sein, dass die weiblichen Indi- viduen schon im Nymphenstadium befruchtet werden sowie dass (wenigstens in der Regel) nur diese je von einem Männchen befruch- teten Nymphen sich zu Prosopa entwickeln, während die übrigen, un- befruchteten Nymphen, dauernd auf diesem Stadium stehen bleiben. Wenn sich ein weibliches Prosopon zur Brutentwicklung vorbe- reitet, setzt es sich an einer recht morschen und öfters infolge einge- drungener Wassertröpfchen aufgeweichten, bezw. halb verfaulten Stelle des Halmes fest und saugt dauernd die pflanzlichen Säfte, wodurch der Körper hinter dem 2. Beinpaar bald ansehnlich anschwillt und schliesslich unter günstigen Verhältnissen jene oben bemerkte gewaltige Grösse erreicht. Nachdem der Mitteldarm, welcher hinten blind endigt und also nicht in Verbindung mit einer AnalöfFnung steht — eine solche kommt überhaupt bei dieser Milbe garnicht vor — überaus stark von Nähr- flüssigkeit gefüllt worden ist und jetzt den bei weitem grössten Teil der angeschwollenen Körperregion einnimmt, scheint das nunmehr durchaus bewegungslose und anscheinend ganz passive Muttertier keine weitere Nahrung aufzunehmen. Die Aufnahme dieser überaus reichlichen Quantität flüssiger Nah- rung hat einen sehr lebhaften physiologischen Prozess zur Folge, der u. A. sich darin äussert, dass die einzelnen Zellenelemente und in ent- sprechendem Masse auch die einzelnen Organe ganz enorm vergrössert werden. Gerade hierdurch wird der Zuwachs sowohl des Darmes und anderer Organe als auch überhaupt der ganzen angeschwollenen Kör- perregion erklärt, denn ihre Vergrösserung ist keineswegs auf eine ein- fache Ausdehnungserscheinung zurückzuführen. Ein sehr lehrreiches Beispiel liefert u. A. der Zuwachs der Tracheenröhren. Diejenigen 6 Festschrift für Palmen. N:o 7. Teile dieser Röhren, welche sich in der angeschwollenen hinteren Körperregion befinden und direkte Fortsetzungen der in dem nicht vergrösserten vorderen Körperteil befindlichen Tracheenröhren darstellen, nehmen nicht nur vielfach an Länge zu, sondern erfahren auch hin- sichtlich ihres Diameters eine so starke Erweiterung, dass derselbe bis 17 mal vergrössert werden kann; ja, nur die Chitin w a n d allein wird dicker als der ganze ursprüngliche Diameter dieser Tracheenröhren, bezw. als derjenige ihrer fortwährend unveränderten Vorderteile. Auch hinsichtlich der Digestionsvorgänge weist diese Milbe ein recht eigen- artiges Verhältnis auf, das dem histologischen Charakter nach wesent- lich von den entsprechenden Erscheinungen anderer Acariden abweicht; wir wollen jedoch auf diese Frage hier nicht eingehen. Der ungewöhnlich reichliche Vorrat an der inzwischen digerier- ten Nährflüssigkeit ermöglicht nicht nur eine intensive Erzeugung von Oocyten, bezw. Eiern, sondern dient auch den in dem allmählich immer stärker erweiterten Uterus eingeschlossenen zahlreichen Embryo- nen zur Nahrung. Behufs dieser progressiven Erzeugungs- und Ent- wicklungsvorgänge werden immer grössere Quantitäten der Nährflüssig- keit verbraucht. Je nachdem der mütterliche Uterus von der in ver- schiedenen Entwicklungsstadien sich befindenden Brut erfüllt wird, wird also in entsprechendem Masse das Volumen des Mitteldarmes vermindert, und schliesslich werden fast sämtliche andere Organe von dem prall mit Eiern und Embryonen erfüllten Uterus — ich habe bei einem einzigen trächtigen Weibchen deren sogar bis zu 500 ange- troffen — verdrängt, und der enorm angeschwollene Körperteil wird dann fast gänzlich von dieser Nachkommenschaft erfüllt. Die von dem Uterus ausschlüpfenden jungen Milben haben nicht stets dasselbe Entwicklungsstadium erreicht. In einigen Fällen können sie sich erst auf dem sechsfüssigen Larvenstadium befinden. Diese Larven führen dann einige Zeit ein selbständiges, freies Leben und ernähren sich von den Pflanzensäften des morschen Grashalmes, um sich ziemlich bald in das folgende Entwicklungsstadium zu metamor- phosieren. Hierbei gehen die cf -Larven direkt in das geschlechtsreife Stadium (Prosoponstadium), die $ -Larven aber erst in das Nymphen- Enzio Reuter, Eibildung bei Pediculopsis graminiim. 7 Stadium über. * Die verhältnismässig wenigen befruchteten Nymphen (vgl. oben) wandeln sich später in Prosopa um. Sehr oft, ja unter günstigen Verhältnissen ist dies sogar die Regel, haben die jungen Milben Tor ihrem Ausschlüpfen, also intrauterin, schon ein vorgeschritteneres Stadium als in dem soeben erwähnten Falle, und zwar die männlichen Individuen das Prosopon-, die weiblichen das Nymphenstadium, erreicht. Dieser verschiedenartige Entwicklungs- gang bei den einzelnen Individuen derselben Art, ja bei demselben Muttertier, — mit einem freilebenden Larvenstadium oder ohne ein solches, — ist recht bemerkenswert. Auch in diesem letzteren Falle macht aber jedes Individuum, wenngleich intrauterin, ein sechsfüssiges Larvenstadium durch und häutet sich; dieses Larvenstadium ist aber dem Freilebenden sehr unähnlich, ein ganz rudimentäres. Die Ursache dieses verschiedenen Entwicklungsganges ist, wie dies aus meinen Befunden unzweideutig hervorgeht, auf eine ver- schieden reichliche Ernährung der Embryonen zu- rückzuführen, und diese hängt wieder einerseits von der Quan- tität der vom Muttertiere aufgesaugten und digerierten Nährflüssigkeit, andererseits von der grösseren oder geringeren Anzahl der Nach- kommenschaft ab. Ehe wir zur Darstellung der Eibildung bei unserer Milbe über- gehen, soll das weibliche Geschlechtsorgan kurz beschrieben werden. Dasselbe besteht bei dem jungen Prosopon aus einer ventral hinter der Bauchganglienmasse gelegenen, unpaaren, oval birnförmigen Keim- drüse, die durch einen ebenfalls unpaaren, etwa sanft S-förmig geboge- nen Ovidukt und eine kurze Vagina mit der ventral nahe dem hinteren Körperende befindlichen äusseren Geschlechtsöffnung in Verbindung steht. Der Ovidukt zeigt hinten eine kropfartige Erweiterung, die als Receptaculum seminis fungiert. Sämtliche Abschnitte des Geschlechts- organes sind von einer äusserst zarten Membran umhüllt. Nachdem das Weibchen sich von den Pflanzensäften vollgesaugt hat, erfährt auch das Geschlechtsorgan an allen Teilen eine gewaltige * Wie mehrere andere Tarsonemiden, zeigt auch diese Art schon im Larvenstadium einen deutlichen Geschlechtsdimorphismus. 8 Festschrift für Palmen. N:o 7. Grössenzunahme, und im Ovarium findet dann eine sehr lebhafte und reichHche Produktion von Oocyten statt, die ziemlich rasch bis zur Reife heranwachsen. Vom Ovarium gelangen die Oocyten in den Ovidukt und machen hier die Reifungsprozesse durch, wonach die Be- fruchtung folgt. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, dass die Reifungs- und Befruchtungsvorgänge sich mitunter schon im Ovarium abspielen ; die Grenze zwischen den beiden Abteilungen des Geschlechts- organes wird bei dem angeschwollenen Weibchen zumeist verwischt und lässt sich dann auch histologisch nicht immer mit Sicherheit fest- stellen. Eine Befruchtung im Ovarium kommt bekanntlich auch bei vielen viviparen Insekten vor (vgl. u. A. HOLMGREN, 1903). Der Ovidukt bildet sich nun zum Uterus um; indem er von Eiern und Embryonen erfüllt wird, wird er nach allen Richtungen hin überaus stark erweitert und schliesslich ungemein gewaltig ausgedehnt. Hier im Uterus verläuft dann die Embryonalentwicklung bis zum Erreichen des Larven- bezw. des Nymphen (?)- oder des Prosopon (cf)-Stadiums. Diese immer grössere Ausdehnung des Geschlechtsorganes hält, wie schon vorher erwähnt, etwa gleichen Schritt mit einer entsprechen- den Verminderung des Mitteldarmvolumens. Die beiden Organsysteme üben hierbei auf einander einen gegenseitigen Druck aus, und nament- lich der Mitteldarm wird öfters in unregelmässige Divertikel geteilt, wodurch die direkten Berührungsflächen zwischen den Ovarial-, bezw. Uteruswänden und der Mitteldarmwand beträchtlich vergrössert werden, was offenbar — durch die Möglichkeit eines allseitigeren Diffundierens der Nährflüssigkeit — die in dem Geschlechtsorgane stattfindenden Entwicklungsvorgänge zu befördern geeignet ist. Die Oocyten stammen von Oogonien ab, die in einem im blinden Ende des Ovariums befindlichen Keimlager liegen, von wo jene, unter stetiger Grössenzunahme und von neu erzeugten Oocyten verdrängt, immer näher gegen den uterusartig erweiterten Ovidukt hin rücken. ^ Die Reihenfolge der Oocyten ist hierbei jedoch keineswegs eine je nach ' Nach Brucker (1900, S. 393) zeigen die Oocyten der nahe verwandten Milbe Pedicnloides ventricosus Newp. «l'aspect de tres grosses masses rattachees par un pedoncule ä l'ovaire.» Einen solchen Stiel habe ich niemals bei Pedi- culopsis graminnm angetroffen. Enzio Reuter, Eibildung bei Pediculopsis f/raininiim. 9 dem Alter, bezw. der Grösse, ganz regelmässige. Einzelne üocj'ten, und zwar namentlich die mehr wandständigen, verweilen öfters längere oder kürzere Zeit auf derselben Stelle, während andere, jüngere, mehr zentral gelegene, weiter fortgedrängt werden können. Anfangs besitzen die noch kleinen Oocyten ein verhältnismässig recht grosses, rundovales Keimbläschen mit unregelmässig verteilten Chromatinkörnern. Dank den günstigen Ernährungsverhältnissen wach- sen sie sehr rasch und erhalten dabei, dicht aneinander gedrängt, oft eine mehr oder weniger unregelmässige, etwas seitlich abgeplattete Ge- stalt. Infolge dieses starken Zusammendrängens dürfte wenigstens für die von ihren Genossen allseitig umgebenen Oocyten die Zufuhr von Nährflüssigkeit erschwert werden. Bald werden inbezug auf die Gestalt und Struktur des Keim- bläschens Veränderungen bemerkbar, die auf einen sehr aktiven Zu- stand dieses Zellenorganes hindeuten. Das Keimbläschen nimmt eine sehr unregelmässige, oft langgestreckte und hufeisenförmig gebogene oder verzweigte Form an, die zahlreiche pseudopodienartige Fortsätze aufweist, während die Nucleolarsubstanz in wenige, kleinere und grössere brocken- oder würstchenförmige Nucleolen, welche letztere dann etwa der Gestalt des Keimbläschens sich anpassen, zusammentritt. Es handelt sich hier offenbar um eine sehr intensive ernährende, bezw. assimilierende Tätigkeit des Keimbläschens, welche in Zusammenhang mit dem ungemein raschen Zuwachs der Oocyte zu bringen ist, viel- leicht gleichzeitig auch um eine in Beziehung zu der Bildung von Vorstufen der Dottersubstanz stehende Funktion des Keimbläschens. ^ Gleichzeitig können auch weniger ausgesprochene Veränderungen im Plasma, die jedoch hier nicht näher besprochen werden sollen, wahr- genommen werden. Wenn die Oocyte beinahe ihre definitive Grösse erreicht hat, tritt im Keimbläschen das Chromatin mehr zurück. Die würstchenförmigen, bezw. brockenartigen Nucleolen ^ können in kleinere Stücke zerfallen. • Vgl. u. A. KORSCHELT (1889) und Bambeke (1897, 1898). - Die würstchenförmige und brockenartige Gestalt der Nucleolen erinnert einigermassen an die von Woltereck (1898) bei Cypris beschriebene. Ebenso- 10 Festschrift für Palmen. N.o 7. bezw. Vacuolen aufweisen, wodurch sie als ausgehöhlt erscheinen. An der ausgewachsenen Oocyte werden die Konturen des fortwährend un- regelmässig gestalteten Keimbläschens vor dem Reifungsprozess gegen das Ooplasma hin verwischt und sein chromatinhaltiger Inhalt, wie es scheint, zum grossen Teil mit diesem vermengt. ^ Jetzt treten, von den sehr feinkörnigen Vorstufen der Dottersubstanz gebildet, anscheinend ziemlich plötzlich in den peripherischen Teilen der Oocyte grössere, von kleinsten Körnchen bestehende Dotterkugeln auf, die im Vergleich mit dem meist sehr starken Dottergehalt der Arthropodeneier im all- gemeinen in ziemlich geringer Anzahl vorkommen. Mit dem Erscheinen der Deutoplasmakugeln bekommt der Bildungsdotter, welcher schon vorher, namentlich in ausgewachsenen Oocyten, ein maschiges Aus- sehen zeigte, eine noch mehr alveoläre Struktur. Die inzwischen aus- geschiedene Dotterhaut ist ausserordentlich zart und strukturlos. — Die Reifungsvorgänge sind von mir noch nicht näher untersucht worden, weshalb ich dieselben hier ganz unberücksichtigt lassen muss. Bei weitem nicht immer erfolgt aber die Eibildung bei Pedicu- lopsis graminum genau auf diese Weise, die, weil keine besondere Nähr- vorrichtung vorhanden ist, prinzipiell nach dem s o 1 i t ä r e n Typus verläuft. Sehr oft geht nämlich diese Art der Eibildung während der späteren Wachstumsperiode der Oocyte in eine n u t r i m e n - täre über (vgl. unten, S. 12 ff.). In diesem Falle findet man die Oocyte einer anderen Zelle dicht anliegend, welche letztere jener zur Nahrung dient. Die genannte Zelle erscheint hierbei zumeist fast wie in die Oocyte eingepresst, bezw. von dieser umfasst, so dass ihre gegenseitige Lage sehr an gewisse von ROUX (1896, S. 387, Fig. 2 b — d) abgebildete Fälle unvollkommener Cytarme erinnert (vgl. auch unten, Fig. a). Diese eingepresste Lage jener Zelle ist mutmasslich auf wenig wie Woltereck für die Cypriden kann ich für Pedicalopsis graminum irgendwelchen prinzipiellen Unterschied zwischen Haupt- und Nebennucleoien finden. ' Ein etwa ähnlicher Vorgang wird von Strand (1906, S. 536—537) bei einigen Spinnen beschrieben ; auch Hargitts (1904) Angabe für Pennaria lässt sich gewissermassen mit demselben vergleichen. Enzio Reuter, Eibildun;/ bei Pediciilopsis graminnm. 11 den raschen Zuwachs der Oocyte zurückzuführen, hezw. als ein Streben, die Berührungsfläche zu vergrössern, anzusehen. ^ Die der Oocyte zur Nahrung dienende Zelle ist eine abortive Oocyte. Das beweist nicht nur ihre Lage zwischen den übrigen, nor- malen Oocyten, sondern auch der von mir bemerkte Übergang von normaler zu abortiver Oocyte. Diese letztere hat eine ganz andere Struktur als die normale Oocyte und weist den Färbemitteln gegen- über verschiedene Reaktionen auf. Sie ist fast gänzlich von Plasma- kugeln erfüllt, welche strukturell den von den erwachsenen Oocyten abgeschiedenen Dotterkugeln sehr ähnlich sind und ebenfalls aus kleinsten Körnchen bestehen ; diese letzten treten durch Färbung mit Hämatein (HANSEN) sehr deutlich hervor. Die genannten Plasmakugeln dürften wohl durch Umwandlung des Protoplasmas entstanden sein. Der zumeist rundliche Kern der abortiven Oocyte erscheint bald als degeneriert und wird ziemlich früh fast gänzlich entleert. Durch Anwendung von geeigneten Doppelfärbungen tritt der Kontrast zwischen der normalen und der ihr zur Nahrung dienenden abortiven Oocyte sehr schön hervor. So färbt sich z. B. durch Färbung mit Eisenalaunhämatoxylin (HEIDENHAIN) und Nachfärbung durch Eosin das Plasma der normalen Oocyte blauviolett, während dasjenige der abortiven Oocyte eine schöne, rein rote Farbe annimmt. An so ' Man vgl. hiermit das Verhalten bei Branchipus griibii nach Brauer (1892, Taf. III. Figg. 100, 101). Andersartige Vorrichtungen zum Zwecke der Vergrösserung der Berührungsfläche der Oocyte mit ihren Nährzellen kommen bekanntlich bei verschiedenen Insekten, wie Bombus (Leydig 1867), Dytiscus (KoRSCHELT 1886, 1889) und Apis (Paulcke 1900), vor. 12 Festschrift für Palmen. N:o 7. gefärbten Schnitten sieht man sehr deutlich wie von der abortiven Oocyte Substanz in Form von kleinsten Körnchen, welche den Körnchen in jenen Plasmakugeln entsprechen, in einer schmalen Strasse in die normale Oocyte hinübertritt und sich hier als ein rotes Wölkchen mit dem blauvioletten Plasma dieser letzteren vermengt (Figg. a, c). ^ Der zumeist entleerte Kern der abortiven Oocyte liegt regelmässig in der Nähe der Berührungsfläche zwischen den beiden aneinander liegen- den Zellen, und das unregelmässig verzweigte, mit pseudopodienartigen Fortsätzen versehene Keimbläschen der sich ernährenden Oocyte er- streckt sich oft glockenförmig (an Schnitten hufeisenförmig) ausgehöhlt der eingesaugten Substanz entgegen (Figg. b, c). Niemals habe ich eine heranwachsende Oocyte in Verbindung mit mehr als einer abortiven Zelle gesehen. Diese können in verschiedenen Entwicklungsstadien abortiv werden. Nachdem die Oocyte durch die nutrimentäre Anordnung zum erwachsenen Zustand gelangt ist, erfolgen die weiteren Vorgänge — Auflösung der Keimbläschenmembran, Ausscheidung des Deutoplasmas — auf die schon vorher erwähnte Weise. Ein Dotterkern kommt bei Pediculopsis nicht vor. Diese Ernährungserscheinung erinnert an die nutrimentäre Ei- bildung von Ophryotrocha puerilis (vgl. BRAEM 1893, KORSCHELT 1893, KORSCHELT & HEIDER 1902, S. 348), wo die Oocyte ebenfalls in Ver- bindung mit einer einzigen Hilfszelle steht. ^ Bei Ophryotrocha ist die Gleichwertigkeit der Ei- und Nährzelle vermutet worden, bei Pediculopsis ist dies, wie schon gesagt, ganz unzweifelhaft der Fall, wenngleich gerade nicht in dem Sinne, dass die Hilfs- und Eizelle etwa durch Teilung einer Zelle Schwesterzellen darstellen würden. Zwischen Ophryotrocha und Pediculopsis besteht aber in anderer Hinsicht ein ganz prinzipieller Unterschied. Bei Ophryotrocha weist die Nährzelle, wenn sie als abortive Oocyte aufzufassen ist, was ja als recht plausibel erscheint — ebenso wie die Nährzellen z. B. in den Nähr- ^ Ähnliche Strömungen der Nährsubstanz von Nährzellen zu Ooeyten sind vielfach bei Insekten beobachtet worden (vgl. Korschelt 1889), Grünberg 1903) u. A. ^ Man vgl. auch das Verhalten bei Sacculina carcini (van Beneden 1870, Yves Delage 1884). Enzio Reuter, Eibilduny bei Pediciilopsis graminum. 13 kammern der Insekten ^ und in vielen anderen Fällen — zunächst einen Funktions Wechsel auf, sie befindet sich fortwährend in aktiver und zwar angeblich in sezernierender Tätigkeit (vgl. KOR- SCHELT 1889, KORSCHELT & HEIDER 1902, WlELOWIEYSKI 1904), was u. A. dadurch zum Vorschein kommt, dass in den genannten Fällen die Kerne verhältnismässig sehr gross, unregelmässig geformt, bezw. mit pseudopodienartigen Fortsätzen versehen oder oft sogar stark verzweigt sind ^ und «unter Umständen lässt sich [bei den Insekten] ihre abscheidende Tätigkeit in sofern direct feststellen, als sie kleinste Tröpfchen oder Körnchen an das Ei abgeben» (KORSCHELT & HEIDER, op. cit., p. 360). Demgemäss erweist sich weder der Kern noch das Plasma der Nährzelle als degeneriert, abgesehen davon, dass in mehreren Fällen doch schliesslich Degenerationserscheinungen auftreten. Bei Pediculopsis graminum verhält sich die Sache ganz anders. Hier macht sich bei der zur Hilfszelle sich heranbildenden Oocyte in der Regel zunächst jene vorher erwähnte, mit einer Entleerung des Kernes verbundene Umbildung des Plasmas geltend, und erst später tritt diese Zelle in unmittelbare Nahrungsbeziehung zu einer heran- wachsenden Oocyte, was sich eben durch die oben erwähnte Substanz- strömung kundgibt. In einigen Fällen ist zu dieser Zeit noch nicht das ganze Plasma der abortiven Oocyte in Dotterkugeln transformiert, sondern ein Teil desselben, und zwar in der nächsten Umgebung des Kernes, ist fortwährend gerade in Umwandlung begriffen. In diesem Falle umschliesst auch der Kern noch einen feinkörnigen chromatinhaltigen Inhalt, und von demselben scheinen kleinste Körnchen, die sich durch ' Neuerdings ist der genetische Zusammenhang der Nährzellen und Oocyten auch bei verschiedenen Insekten, wie bei Apis (Paulcke 1900), Dytiscus GiARDiNA 1901), bei Hemipteren (Gross 1901), Lepidopteren (Grünber« 1902, 1903), sowie in den merolstischen Ovarien verschiedener Insektenordnungen (Gross 1903) nachdrücklich hervorgehoben worden. ^ Man vgl. u. A. Ophryolrocha (opp. eilt.), Vanessa urticae, Forficula auri- cülaria, Bomhiis terrestris (Korschelt 1886, 1889, Korschelt & Heider 1902), Panorpa communis, Tabanus tropicns, Cidaria plicata, Spilosonia menthastri, Deilephila elpenor, Vespa media (Gross 1903), Haematopinus suis und Nirmus sp. (Gross 1905). 14 Festschrift für Palmen. N:o 7. ihr Verhalten Farbstoffen gegenüber als chromatinhaltig erweisen, in das zu verarbeitende Plasma hinüberzutreten (Fig. a). In den bei weitem meisten Fällen hat aber beim Eintreten jener inniger Beziehung der Hilfszelle zur Oocyte die Umwandlung des Plasmas der erstgenannten schon vollständig stattgefunden, und demgemäss ist auch der Kern entleert worden. Diese Befunde und zwar vor allem die Tatsache, dass der Fort- schritt jener Transformation des Plasmas in ganz bestimmtem Verhältnis zu der allmählichen Entleerung des Kernes der abortiven Oocyte steht, scheinen mir darauf hinzudeuten, einerseits, dass der Kern an dem genannten Umwandlungsprozess ganz sicher beteiligt ist sowie dass hierbei das Ghromatin eine hervorragende Rolle spielt, andererseits, dass die fragliche Erscheinung, obgleich ursprünglich von äusseren Faktoren bedingt (vgl. unten), doch zunächst auf innerhalb der abortiven Oocyte sich abspielende Vorgänge zurückzuführen ist. Die morphologische, bezw. strukturelle Veränderung der Hilfszelle dürfte wohl dahin zu beurteilen sein, dass die betreffende Oocyte aus irgend welcher Ursache, voraussichtlich aus unzureichender Nahrungs- zufuhr, die Fähigkeit verloren hat, sich normalerweise fortzubilden, so zu sagen in ihrer Entwicklung gehemmt, und ihre Tätigkeit auf die Verarbeitung des vorhandenen Plasmastoffes in die dotterähnlichen Kugeln beschränkt worden ist — eine Tätigkeit, die ja u. A. im Grunde jeder heranwachsenden Oocyte obliegt, hier aber, infolge der inzwischen eingetroffenen Wachstumshemmung, sich als nunmehr die alleinige herausgestellt hat. In der Tat zeigt sich hierin sogar in gewisser Hin- sicht eine Parallele mit dem an der normalen, erwachsenen Oocyte bemerkten Vorgang, indem auch bei dieser eine Vermengung des chromatinhaltigen Inhalts des Keimbläschens mit dem Ooplasma dem Auftreten der Dotterkugeln vorausgeht. Ein bemerkenswerter Unter- schied besteht jedoch in den beiden Fällen. In der erwachsenen Oocyte findet nämlich eine gänzliche Verwischung der Konturen, bezw. eine Auflösung der Membran des Keimbläschens statt, während bei der abortiven Oocyte die Kernmembran fortwährend immer sehr scharf und deutlich hervortritt. (Fig. b). Vielleicht ist dieser Unterschied auf den Umstand zurückzuführen, dass in jenem Falle zugleich ein Reifungs- prozess vorbereitet wird, während in diesem, wegen des abortiven Enzio Reuter, Eibildang bei Pediculopsis graminiim. 15 Zustandes der Oocyte, von einem solchen natürlich die Rede nicht sein kann. Nachdem die Umwandlung des Plasmas der abortiven Oocyte abgeschlossen, und ihr Kern bis auf ganz unansehnliche fadenartige Reste achromatischer Substanz (Linin?) entleert worden ist, demnach strukturell als ganz degeneriert erscheint und jedenfalls nicht mehr als funktionsfähig angesehen werden kann, dürfte auch die physiologische Tätigkeit der Hilfszelle beendet werden. In der Tat lässt sich an derselben nunmehr garkein Zeichen irgendwelchen aktiven Zustandes beobachten. Die Zelle verhält sich im Gegenteil von jetzt ab durchaus passiv, sie ist strikte abortiv geworden und schlechtweg als toter Träger aufgespeicherten Nährmaterials aufzufassen. Bei Ped. graminum ist nun also für die zur Nahrung dienende Oocyte die frühzeitig auftretende Umwandlung des ganzen Plasmas und die damit in Zusammenhang stehende Auflösungserscheinung des Kernes charakteristisch. Eben durch diese Verhältnisse wird die Eigen- schaft der betreffenden Zelle als im Dienste der Nahrung stehend ge- kennzeichnet. Es handelt sich, nachdem dieser Zustand ein- getreten ist, also nicht um einen Funktionswechel, ja über- haupt gar nicht um eine Funktion^ der nämlichen Zelle, da man mit diesem Begriff doch stets die Erscheinung einer physio- logischen Tätigkeit verbinden muss. Die Zelle ist, wie schon hervor- gehoben, nunmehr vollständig passiv, von ihr wird Substanz nicht abgegeben, sondern solche wird von der nahrungsbedürftigen, in lebhaft assimilierender Tätigkeit sich befindenden, heranwachsenden, normalen Oocyte ihr entnommen, bezw. aufgesaugt. Mit Rücksicht auf diese grundverschiedene Rolle der Hilfszelle bei Ped. graminum und in den vorher erwähnten Fällen scheint es mir angezeigt, nicht, wie allgemein üblich, schlechthin von « Nährzellen > zu sprechen, sondern eineDistinktion zwischen aktiven ^ Abgesehen davon dass in einigen Fällen die Verarbeitung des Plasma- stoffes noch nicht vollständig stattgefunden hat (vgl. oben). Die hier noch einige Zeit bestehende Funktion ist aber so zu sagen eine innere Angelegenheit der abortiven Oocyte; der normalen, heranwachsenden Oocyte gegenüber verhält sich jene auch in diesem Falle durchaus passiv. 16 Festschrift für Palmen. N:o 7. und passiven Nährzellen zu machen, oder, vielleicht besser, die Bezeichnung Nährzelle (Trophimocyte^) nur auf jene Kategorie zu beschränken und für die passiven die Benennung Futter zelle (Trophocyte^) anzuwenden. Als neutraler Terminus könnte dann die schon vorher mitunter angewendete Bezeichnung Hilfszelle (Synergocyte^) gebraucht werden. Dass öfters der aktive Zustand der Hilfszelle schliesslich in einen passiven übergehen kann, wurde schon oben angedeutet. Dies kommt u. A. auch in den von BRAUER (1891) und GRÖNBERG (1897) bei Hydroidpolypen, von PLATNER (1886) und OBST (1899) bei Mollusken (Pulmonaten), von GROSS (1901) bei Hemipteren und BERGMANN (1902) bei Onuphis tubicola beschriebenen Fällen früher oder später zum Vor- schein, und dasselbe Verhalten dürfte nach WHEELER (1896) auch für Myzostoma zutreffend sein — um nur einige Beispiele von verschiedenen Gruppen herauszugreifen. Bemerkenswert ist, dass wenigstens in den vorerwähnten Fällen zunächst das Plasma und erst verhältnismässig spät der Kern der Degeneration verfällt, was im Gegensatz zu der früh- zeitig — beim Beginn der nutrimentären Beziehung oder zumeist schon vorher — eintretenden Auflösung des Kernes in den Futterzellen bei Pediciilopsis steht und worin eben jene Distinktion zum Ausdruck kommt. In den obengenannten Fällen handelt es sich übrigens nicht immer um abortive Propagationszellen, sondern mitunter ganz sicher um somatische Hilfszellen. Einen rein passiven Charakter scheinen dagegen die von TÖNNIGES (1902) bei Myriopoden beschriebenen abortiven Oocyten zu zeigen, weshalb sie wohl unbedingt als Futterzellen bezeichnet werden ' TQb(pi^og = Nahrung gebend. * T] TQocpfj = Nahrung, Kost, Speise. — Nach freundlicher Mitteilung meines verehrten Kollegen, Herrn Dr. I. A. Heikel, Professor der griechischen Sprache an der Universität in Helsingfors, welcher mir für die aktive Nährzelle die Bezeichnung Trophimocyte vorgeschlagen hat, wird durch die Benennung Trophocyte vom linguistischen Standpunkte aus stets die Vorstellung eines attributiven (passiven) Verhaltens der betreffenden Zelle verknüpft. ^ örvfpyo5= mitarbeitend, helfend. Enzio Reuter, Eibildunf/ bei Pediculopsis graminiim. 17 können (ob dasselbe auch mit den kleineren als Nährmaterial dienen- den Hilfszellen der Fall ist, erscheint fraglich). Wenn nun auch die abortiven Oocyten bei Pediculopsis und den betreffenden Myriopoden inbezug auf ihr passives Verhalten übereinstimmen, so besteht doch ein wesentlicher Unterschied darin, dass bei jener Milbe die Futter- zelle in Beziehung zu einer einzigen Oocyte herantritt, während sie bei den Myriopoden in isolierter Lage in einem Syncytium der Auflösung verfallen und so nicht einer einzigen, sondern einer grösseren Anzahl heranwachsender Oocyten als commune bonum zu Gute kommen. Wenden wir uns wieder dem Vergleich zwischen der nutrimen- tären Anordnung bei Ophryotrocha und Pediculopsis zu. Wir haben in der genannten Erscheinung bei diesen Tieren sowohl einen Unterschied, — inbezug auf die verschiedene (aktive, bezw. passive) Rolle der Hilfs- zelle — , als auch eine Übereinstimmung, — betreffs der Beziehung der Oocyte zu einer einzigen Hilfszelle — , bemerkt. Diese Übereinstimmung ist aber keineswegs eine durchgreifende, sondern so zu sagen eine mehr äusserliche. Bei Ophryotrocha sind nämlich die Nähr- und Eizelle stets von Haus aus paarweise zusammengeordnet: «Die beiden Zellen lösen sich gemeinsam vom Ovarium ab und werden mit einander ver- einigt in der Leibeshöhle gefunden» (KORSCHELT & HEIDER 1902, S. 348). Bei Pediculopsis tritt dagegen, wenn überhaupt, die Oocyte in Beziehung zu einer beliebigen, in unmittelbarer Nähe gelegenen abortiv gewordenen Eizelle. ^ Die nutrimentäre Eibildung ist also bei Ophryo- trocha eine durchaus regelmässige. Bei Pediculopsis ist dagegen die nutrimentäre Anordnung keine ganz regelmässige, obligatorische, sondern eine accidentelle, fakultative. Es fragt sich nun, weshalb bei derselben Tierspezies, ja sogar bei demselben Mutterindividuum, die Oocyten eine verschiedene Ernäh- rungsart (solitäre, nutrimentäre) aufvN^eisen. Eine Untersuchung der Bedingungen, unter denen die nutrimentäre Anordnung auftritt, scheint mir ungezwungen die Antwort hierauf zu geben. Wenn sich die er- * In dieser Hinsicht besteht eine Ähnlictikeit mit den von Harm (1902) bei Clava squamata und Hargitt (1904) bei Pennaria beschriebenen Fällen. 18 Festschrift für Palmen. No 7. zeugende Tätigkeit des Muttertieres noch im ersten Anfang befindet, und der gewaltig ausgedehnte Mitteldarm reichlich Nährflüssigkeit enthält, so dass von dieser das Ovarium noch ziemlich allseitig und gut durchtränkt werden kann, so ist von einer nutrimentären Eibil- dung meist gar nichts zu bemerken. Wenn aber die Anzahl von Oocyten und ausgebildeten Eiern eine etwas erheblichere geworden ist, tritt diese Eibildung zunächst ganz vereinzelt auf, und wenn auch zur Entwicklung der Embryonen eine grössere Quantität von Nährflüssig- keit verbraucht worden ist, kommen immer zahlreichere abortive Oocy- ten vor, die dann je einer benachbarten normalen Oocyte zur Nahrung dienen. In denjenigen Fällen, wo die allermeisten Eier schon mehr oder weniger vorgeschrittene Embryonen enthalten oder doch den Furchungsprozess durchmachen, und nur verhältnismässig wenige Oocyten noch vorhanden sind, dementsprechend auch die noch im Mitteldarm befindliche Nährflüssigkeit auf ein Minimum reduziert worden ist, kommt fast ausschliesslich oder doch ganz vorwiegend die nutrimentäre Eibildung vor. Diese Tatsachen scheinen mir darauf hinzudeuten, dass d i e nutrimentäre Anordnung dann eintritt, wenn sonst die Ernährung der betreffenden Oocyten erschwert wird, bezw. sich als nicht ausreichend erweist. Ein- geleitet wird diese Erscheinung mutmasslich dadurch, dass ein- zelne Oocyten, in dicht zusammengedrängter Lage von ihren Genossen umgeben (vgl. oben, S. 9), sich nicht genügend er- nähren können, geschwächt werden und dann, viel- leicht auch durch Einflussnahme einer benach- barten, kräftigeren^ Oocyte, in ihrem weiteren ' Vgl. Harm (1902). Nach diesem Autor gelingt es bei Clava squamata nicht allen Oocyten Eizellen zu bilden. «Gewisse Oocyten übernehmen die Funktion von Nährzellen, indem sie mit anderen stärkeren [von mir gesperrt], jugendlichen Eizellen verschmelzen und somit diesen ein schnelleres Wachstum ermöglichen» (S. 122). Auch Hargitt sagt betrefTs der heran- wachsenden Oocyten von Pennaria tiarella und P. cavolini : «the same pheno- raenon of cannibalism among these occurs in botli species, the growing eggs feeding upon their less fortunatc [hier gesperrt] fellows» (1904, S. 457). 'Enzio Reuter, Eibildung bei Pediculopsis graminum. 19 Wachstum gehemmt werden; die mit dem Wachs- tums Vorgang verbundene assimilierende Funktion der betreffendenEizelle wird durch dieseHemmung aufgehoben und die Tätigkeit der Zelle jetzt einige Zeit auf jene Verarbeitung des Plasmastoffes in Dotterkugeln allein beschränkt, wonach ihre Akti- vität beendet wird und die Zelle stirbt.^ Die abor- tive Eizelle dient nun einer benachbarten Oocyte, die mit jener um die dürftige Nahrung gekämpft hat, zum Futter. Es bestände demnach zwischen den Oocyten gewissermassen ein «Kampf ums Da- s e i n». Vielleicht lässt sich die phylogenetische Entstehung der nutri- mentären Eibildung bei denjenigen Tieren, bei denen eine solche jetzt regelmässig und obligatorisch vorkommt, auf etwa ähnliche Faktoren, d. h. auf ein anfänglich accidentelles, infolge des Nahrungsmangels als Notbehelf entstandenes Auftreten dieser Ernährungsart zurückführen, welche letztere sich dann als zweckmässig erwies und, Hand in Hand mit einer weitergehenden Differenzierung, immer stärker befestigt wurde, bis sie sich schliesslich als eine konstante Eigenschaft fort- erhielt. — Eine dürftige Nahrungsabgabe seitens des Muttertieres kann somit bei Pediculopsis in doppelter Hinsicht die Entwicklung eines gegebenen Individuums seiner Nachkommenschaft beeinflussen: im Oocytenstadium durch kompensatorisch eintretende nutrimentäre Anordnung, im Embryo- nalstadium durch Unterbrechen der intrauterinen Entwicklung, indem die junge Milbe als Larve, anstatt bei reichlich vorhandener Nahrung als Nymphe (?) oder Prosopon [6), ihre Mutter verlässt (vgl. oben, S. 6 — 7). Nach diesen Darstellungen zu schliessen, verhalten sich die genannten Oocyten als passive Nährzellen. ' Nach BiRULA (1894, S. 317) tritt bei den Galeodiden als Folge des Hungers eine Degeneration der Eier ein, und «das Absterben der Eier äussert sich zu allererst in dem Zerstören ihres Keimbläschens >. Ob die degenerierten Eier als Futter zum weiteren Aufbau einzelner Oocyten Anwendung finden, geht aus seiner Darstellung nicht hervor. 20 Festschrift für Palmen. N:o 7. Es kommen bei Pediculopsis graminum gleichzeitig Eier zweier verschiedener Grössen vor. Die grösseren sind durchschnittlich 150 fi lang und 100 /i breit, die kleineren bezw. 110 und 85 fi. Bei weitem die meisten gehören zur Kategorie der grösseren Eier, unter denen die kleineren ganz vereinzelt auftreten. Von jenen entwickeln sich stets nur weibliche Individuen, von diesen ausschliesslich männliche. Bei einer verwandten Pediculoides-Art hat BERLESE (1897, S. 64) ebenfalls bei dem trächtigen Muttertier «due distinte serie di uova» gefunden, von denen sich je Weibchen und Männchen entwickeln. Ähnliche Grössendifferenzen zwischen «weiblichen > und «männ- lichen» Eiern finden sich bekanntlich auch in anderen Tiergruppen und zwar bei Rotatorien (w. z. B. Notommata anglica [DALRYMPLE 1849], N. sieboldii [LEYDIG 1854], Hydatina senta [COHN 1855], Pedalion mirum [HUDSON 1872] und P. fennicum [LEVANDER 1894]), bei dem aberranten Anneliden Dinophilus apatris (gyrociliatusj [KORSCHELT 1882, KOR- SCHELT & HEIDER 1902], unter den Insekten bei Aphiden [Phylloxera- Arten [BALBIANI 1873; LICHTENSTEIN 1876, 1877, 1878 a; BUCKTON 1883; LEMOINE 1884, u. A.], Aploneura lentisci, Pemphigus spirothecae etc. [LICHTENSTEIN 1878 b, 1878 c, 1879 u. mehrere andere Arbeiten]), sowie unter den Pisces bei Raja batis ^ (BEARD 1902 a, 1902 b). Die Frage, ob das Geschlecht schon im Ei bestimmt ist oder nicht, ist noch eine sehr umstrittene. Dass in einigen Fällen tatsäch- lich die Bestimmung des Geschlechts im Ei liegt, dürfte inzwischen ausser jedem Zweifel stehen. Nach KORSCHELT & HEIDER zeigen sich bei den soeben erwähnten Evertebraten «die Eier durch ziemlich be- deutende Differenzen in Grösse und Structur vorbestimmt, ob sie sich zu männlichen oder weiblichen Tieren entwickeln. Hier liegt die Fähigkeit, sich zu dem einen oder anderen Geschlecht auszubilden, also sicher beim Ei, und das Hinzutreten des Spermotozoons kommt nicht in Betracht. Dies ist um so mehr von Interesse, als einige dieser dimorphen Eier offenbar der Befruchtung bedürfen (Dinophilus), während andere sich parthenogenetisch entwickeln (Rotatorien, P/iy//o.rera). * «The germinal dises of segmenting eggs of the smooth skate are of two sizes» (Beard 1902 a, S. 717; vgl. auch 1. c, p. 737 und 1902 b, S. 556). Enzio Reuter, Eibildung bei Pediciilopsis graminum. 21 Im letzteren Fall, in welchem parthenogenetische Weibchen weibliche und männliche Eier erzeugen, tritt also die im Ei liegende Bestimmung für das eine oder andere der beiden Geschlechter ganz besonders deutlich zu Tage» (1902, S. 378). Die Auffassung, dass eine Vorbe- stimmung des Geschlechts schon im Ei liegt, wird von PFLÜGER (1882) und neuerdings von CUfiNOT (1899), BEARD (1902 a, 1902 b), LENHOSSfiK (1903), MARCHAL (1904 a, 1904 b) und BUGNION (1906) mehr oder weniger entschieden vertreten.^ Was nun Pediculopsis graminum betrifft, so lassen sich die dies- bezüglichen Verhältnisse am ehesten mit denen von Dinophilus apatris vergleichen, weil die dimorphen Eier gleichzeitig vorkommen und ebenfalls anscheinend befruchtungsbedürftig sind. Aus der Tatsache, dass die Grössendifferenz hier schon im unbefruchteten Ei vorliegt und nach der Befruchtung von den verschieden grossen Eiern stets je nur weibliche, bezw. männliche Individuen sich entwickeln, geht also zur Evidenz hervor, dass auch in diesem Falle jede Beeinflussung des Geschlechts durch die Befruchtung gänzlich ausgeschlossen ist. Wenn aber die Vorbestimmung des Geschlechts hier unzweideutig schon im unbefruchteten Ei liegt, so ist es wohl nicht allzu gewagt, anzunehmen, dass dies auch mit der noch heranwachsenden Oocyte der Fall sein kann. In der Tat wird gerade diese Auffassung namentlich von BEARD (opp. citt.) ganz nachdrücklich hervorgehoben. So spricht er sich betreffs einiger der vorhererwähnten Evertebraten (Hyda- tina, Phijlloxera, Dinophilus) mit dimorphen Eiern folgendermassen aus: «The small eggs here are destined to produce males, the large ones females. As the size of the egg will naturally be attained during the oogenesis, it woüld seem to follow, that here the destination of the oogonium must be determined prior to the final phenomena of the ' Dass die Vorbestimmung des Geschlechts wenigstens schon im unge- furchten Ei liegt, geht u. A. aus der interessanten Erscheinung der Polyembryonie (Germinogonie), die bei gewissen parasitischen Hymenopteren in so prägnanter Weise auftritt, zur Evidenz hervor. Man vgl. die Arbeiten von Marchal (1898 a— c, 1899, 1903, 1904 a, 1904 b), Giard (1898), Brandes (1898) und Bugnion (1906). — Hierfür sprechen auch die bekannten Fälle eineiiger Zwillinge. 22 Festschrift für Palmen. N:o 7. reduction and of the ripening, for these latter would aot appear to possess any influence on the size of the egg itself. In other words, the size of the egg and its prospective destination, male or female, raust be «arranged» prior to the ripening and reduction, i. e., prior to the two final mitoses. This epoch — the final division of the oogonia — is the latest one, at which the determination of sex can conceivably happen» (1902 a, S. 732). Und auf einer anderen Stelle (1. c, p. 762) sagt er: «From a host of evidence it is certain, that the determination of sex does not take place later than the formation of the oocytes and spermatocytes. The history ot the two sorts of eggs of Raja batis, Hydatina senta, Phylloxera, and Dinophilus gyrociliatus, and that of the twofold spermatozoa of Paludina uivipara and Pygaera hucephala, suffice to demonstrate the truth of this.» Die von BEARD hervorgehobenen Argumente bezüglich der ge- schlechtlichen Prospektivität der Oocyten sind nun für Ped. graminum insofern zutreffend, als bei dieser Milbe ebenfalls die bedeutende Grössen- differenz zwischen den männlichen und weiblichen Eiern offenbar nicht durch die Reifungsprozesse, bezw. durch die Reduktionsteilungen, be- wirkt werden kann, und wir somit logisch eben zu der vorher ge- machten Annahme gezwungen sind, dass die Geschlechtsbe- stimmung schon in einer früheren Periode des indi- viduellenOocytenlebens eingetreten ist. Unter solcher Voraussetzung lässt sich denken, dass die Vorbestimmung des Ge- schlechts entweder schon von Haus aus in der Konstitution der ganz jungen Oocyte liegt, eine Auffassung, die namentlich von BEARD und LENHOSSfiK vertreten wird, oder auch erst während des Heranwachsens der Oocyte erworben wird, wonach also die Oocyte als ursprünglich geschlechtlich indifferent (oder auch als pseudohermaphroditisch) zu betrachten sei und dann infolge der Einwirkung gewisser Faktoren so zu sagen zu dem einen oder anderen Geschlecht gestempelt würde. In der Tat fehlt es nicht an Versuchen, die Geschlechtsbestimmung gerade auf die Wirkung bestimmter Faktoren (Temperatur, Ernährung etc.) zurückzuführen. Ich lasse hier alle diejenigen Autoren unberück- sichtigt, welche auf experimentellem Wege das Geschlecht junger Tiere (Froschlarven, BORN 1881, YUNG 1881 ; Schmetterlingsraupen, Enzio Reuter, Eibildiing bei Pediciilopsis graminiim. 23 LANDOIS 1867, Mrs. TREAT 1873, etc.) beeinflussen wollten, weil diese Fälle nicht hierher gehören, und erinnere zunächst nur an die be- kannten Experimente von MAUPAS (1891) und NUSSßAUM (1897) mit Rotatorien (Hydatina senta) sowie von ISSAKOWITSCH (1905) mit Daphniden, welche Experimente eine Geschlechtsbestimmung durch Einwirkung der betreffenden Faktoren auf die Mutter und, durch diese vermittelt, auf die Oocyten bezweckten. ^ Im Gegensatz zu MAUPAS heben NUSSBAUM und ISSAKOWITSCH hervor, «dass die Ernährung eine geschlechtsbestimmende Ursache ist, und dass die Temperatur nur indirekt, durch Rückwirkung auf die assimilatorische Tätigkeit der Zelle, diese Bedeutung besitzt» (ISSAKOWITSCH 1. c, p. 535). Es wäre nun im Hinblick auf die angeblichen Resultate der soeben genannten Experimente sehr verleitend, die Ursache der Ge- schlechtsbestimmung auch bei Pediculopsis graminum auf eine verschieden reichliche Ernährung der betreffenden heranwachsenden Oocyten zurück- zuführen, um so mehr als eben die Grössendifferenz der erwachsenen Oocyten zu Gunsten dieser Auffassung sprechen könnte. Ich möchte mich dennoch keineswegs unbedingt für eine derartige Ansicht aus- sprechen. Es lässt sich nämlich aus eben so guten Gründen ganz um- gekehrt der Satz verteidigen, dass die männliche Oocyte, gerade weil sie männlicher Konstitution ist, eine geringere Grösse erreicht. Die Gründe, welche mich zu diesem Schluss veranlassen, sind folgende. Das sehr kurzlebige Männchen von Ped. graminum ist viel kleiner als das Weibchen und zudem, wie schon vorher erwähnt, in mancher Hinsicht rückgebildet, gewissermassen degeneriert. Die geringe Körper- grösse und die genannten Rückbildungserscheinungen des Männchens können nun keineswegs als Folge einer schlechteren Ernährung der betreffenden Oocyte aufgefasst werden. Dies wird bewiesen einerseits dadurch, dass die beim Prosopon rückgebildeten Organe (Mundteile, Oeso- phagus) bei den männlichen Larven noch gänzlich funktionsfähig sind ^, ^ Vgl. auch Marchals Vermutung betreffs der Geschlechtsbestimmung bei Cecidomyia destructor (1897, S. 42). * Bei der männlichen Larve lässt sich jedoch im Vergleich mit der "weiblichen Larve eine Grössenabnahme des Saugrüssels und im Anschluss an die gedrungenere Körpergestalt eine Verkürzung des Mitteldarmes beobachten. 24 Festschrift für Palmen. N:o 7. wodurch die Larve imstande ist, behufs ihrer weiteren Entwick- lung auf eigene Hand eine beliebige Quantität neuer Nahrung auf- zunehmen — die Rückbildung erweist sich demnach als eine spätere Erwerbung des Prosopons — , andererseits durch den Umstand, dass männliche Individuen sich nicht selten schon im Beginn der erzeugen- den Tätigkeit des Muttertieres intrauterin zu den kleinen, verkümmerten Prosopa entwickeln, also zu einer Zeit, wo noch im Mitteldarm des Muttertieres gerade ein Überfluss von leicht zugänglicher Nahrung vorhanden ist, und die etwaige Voraussetzung einer dürftigen Ernäh- rung der fraglichen männlichen Oocyten also jeder tatsächlichen Grund- lage entbehrt. Im Gegensatz hierzu dürften wir vielmehr in den genannten Rückbildungserscheinungen des männlichen Prosopons eine Material- ersparnis erblicken. Die Männchen, welche sogleich nach ihrer Geburt, bezw. beim Übergang von der Larve zur Nymphe, fortpflanzungs- fähig sind, begatten sich sogleich je mit einer der zahlreichen, zumeist in unmittelbarer Nähe befindlichen weiblichen Nymphen, wonach sie ihr Leben abschliessen. Sie haben in der Tat keine andere Bestimmung als diejenige, die Begattung möglichst bald zu vollziehen ; mitunter scheinen die Männchen sogar, noch im mütterlichen Körper einge- schlossen, Bemühungen zu machen, sich mit ihren weiblichen Genossen zu begatten, was ich durch mikroskopische Untersuchungen beobachten konnte. Unter solchen Umständen sind mehrere Organe, und zwar vor allem die Verdauungsorgane, überflüssig geworden. Aus diesem Grunde sind auch tatsächlich die Mundteile, der Oesophagus und das Tracheensystem gänzlich rückgebildet worden; auch der Mitteldarm hat eine Grössenabnahme erfahren und die ganze Körpergrösse ist wesentlich vermindert worden ; nur der prall mit Sperma gefüllte Hoden ist mächtig entwickelt und nimmt beinahe den ganzen Körper des kleinen Männchens ein. ^ ' Ein ähnliches Verhalten zeigt nach Berlese auch die vorher erwähnte Pediculoides-Ari, bei welcher verschieden grosse männliche und weibliche Eier vorkommen und das Männchen in gleicher Weise wie dasjenige der Ped. (/raminum rückgebildel ist. «Quindi la vita del maschio si riduce alla ricerca delle feramine ed alla loro fecondazione. Ora, corre subito alla mente il Enzio Reuter, Eibildung bei Pediculopsis graminum. 25 Wir dürften wohl füglich annehmen, dass diese Rückbildungs-, bezw. Verkümmerungserscheinungen nicht ohne Einfluss auf die früheren ontogenetischen Stadien gewesen, sondern einigermassen auf dieselben übertragen worden sind. In diesem Sinne lassen sich eben die oben (S, 23 Fussnote 2) erwähnten Veränderungen bei der männ- lichen Larve beurteilen; auch in der Körperform und zwar namentlich inbezug auf die Gestalt des Hinterendes, welche weniger mit einer Rückbildung, als mit der Ausbildung des eigenartigen äusseren Kopulationsorganes in Zusammenhang steht, tritt die Übertragung der vom Prosopon erworbenen Eigentümlichkeiten auf das Larvenstadium ganz besonders deutlich zu Tage. Durch diese Zurück Verschie- bung prosopaler Charaktere kommt eben der ziemlich aus- gesprochene Geschlechtsdimorphismus auch der Larven zustande, und die Prägnanz dieser Zurückverschiebung ist gewiss zu der stark verkürzten Entwicklung gerade des Männchens in Beziehung zu bringen. Wir dürften wohl einen Schritt weiter gehen und mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf schliessen können, dass der Einfluss jener Übertragung sich noch weiter zurück, a u f d a s Ei-, bezw. auf das Oocytenstadium, in dem Masse erstreckt, dass schon hier eine geringere Substanzquantität, zum Aufbau des betreffenden Eies, verwendet wird. So dürfte der Schluss berechtigt sein, dass die geringere Grösse des männlichen Eies nicht von einer schlechteren Ernährung der nämlichen Oocyte, sondern, wie schon oben angedeutet, eben durch ihre Eigenschaft als Oocyte männ- licher Konstitution bedingt ist. Hieraus scheint ferner zu folgen, dass die Ernährung der Oocyte auch an und für sich keine pensiero che potendosi paragonare tutto questo maschio ad un testicolo semo- vente, questo, qualora potesse funzionare bene senza la necessitä di un contorno di arti al solo scopo di ricercare la femmina e coadiuvare alla uscita del seme, varrebbe ad indicare che si potrebbero avere testicoli attivi e bene sviluppati nel corpo delle feramine, assieme alle uova, cioe quello che si dice ermafrodi- tismo» (1897, S. 64). 26 Festschrift für Palmen. N-o 7. geschlechtsbeslimmende Ursache ist, ^ sondern dass die Voraus- bestimmung des Geschlechts wenigstens schon in der ganz jungen Oocyte liegt. Die obigen Deduktionen haben uns also im wesentlichen zu demselben Schluss, wie dem von BEARD vertretenen, geführt. Auch nach LENHOSSfiK muss hypo- thetisch schon in den ersten «primären Keimzellen» eine Trennung nach den Geschlechtern angenommen werden (1903, S. 62; vgl. Fig. 2, S.61). Dass die geringere Grösse des männlichen Eies in direktem Ver- hältnis zu der unbedeutenden Körpergrösse des ausgewachsenen Männchens steht, kommt auch bei den vorher erwähnten Rotatorien und Aphiden, sowie bei Dinophilus apatris und der von BERLESE erwähnten Pediculoides- Art zum Vorschein. Recht bemerkenswert ist, dass auch bei allen diesen Tieren, wie bei Ped. graminum, die Männchen sich zugleich durch Rückbildung gewisser Organe aus- zeichnen. ^ Es scheint mir, als ob wir auch hier die Verkümmerung des männlichen Geschlechts nicht a priori auf eine dürftigere Oocyten- ernährung, bezw. auch die Geschlechtsbestimmung überhaupt nicht direkt auf Ernährungsverhältnisse zurückführen müssten, sondern diese Erscheinungen von dem soeben für Ped. graminum dargelegten Gesichts- punkte aus beurteilen könnten. Nun scheinen allerdings die Experimente MAUPAS', NUSSBAUM's und ISSAKOWITSCH's auf eine geschlechtsbestimmende Beeinflussung äusserer Faktoren und zwar vor allem der Ernährung hinzudeuten. Von anderen Autoren, so von BEARD (1902 a, 1902 b), wird aber die Beweiskraft derartiger Versuche angezweifelt, bezw. sogar ganz in Abrede gestellt. Der Standpunkt BEARD's wird durch folgende These ausgedrückt : «After development has commenced, the ' Wie schon vorher bemerkt, wird durch eine dürftigere Ernährung der Nachkommenschaft entweder das Auftreten des freilebenden Larvenstadiums oder eine nutrimenläre Anordnung der Oocyten bewirkt ; niemals habe ich aber dadurch eine Vermehrung der Anzahl männlicher Eier beobachten können. - Bei den genannten Aphiden sind sowohl bei den männlichen als auch bei den weiblichen Geschlechtstieren die Mundteile verkümmert, die Männchen sind jedoch stets merklich kleiner als die Weibchen. Enzio Reuter, Eibildiing bei Pediculopsis graminum. 27 nutrition of the developing germ, or of the mother, if development be in utero, cannot have the slightest effect on the sex» (1902a, S. 712). Den angeblichen Ergebnissen der soeben erwähnten Experi- mente gegenüber muss ich mich vorläufig abwartend verhalten und damit begnügen, hervorzuheben, dass wenigstens die Befunde an Pediculopsis graminum eher zu Gunsten der von BEARD vertretenen Auffassung zu sprechen scheinen. Durch die Annahme, die Vorbestimmung des Geschlechts läge bei unserer Milbe schon in der ganz jungen Oocyte vor, würde vielleicht die auffallend geringe Frequenz der männlichen Individuen eine be- friedigende Erklärung finden. Es wurde oben hervorgehoben, dass das männliche Prosopon in vieler Hinsicht eine Verkümmerung erfahren hat, sowie dass seine Lebensfunktionen gewissermassen auf ein Minimum reduziert worden sind. Gerade im Gegensatz hierzu ist bei dem trächtigen, enorm angeschwollenen Weibchen, welches nicht nur, wie bei den meisten übrigen Acariden, eine mehr oder weniger grosse An- zahl von Eiern produziert, sondern auch die Entwicklung der zumeist überaus zahlreichen Brut bis zu einem sehr vorgeschrittenen Stadium besorgt, die physiologische Tätigkeit der wichtigsten inneren Organe, ja die ganze Lebensenergie des Tieres in enormem Masse gesteigert worden. Wie wir vorher eine Rückwirkung der Verkümmerungserscheinungen des Männchens auf die männliche Oocyte als mutmasslich angenommen haben und mit dieser Rück- wirkung voraussichtlich eine konstitutionelle Schwächung der betreff'enden Oocyte verknüpfen dürften, so liegt es andererseits nahe, eine Rückwirkung auch der gesteigerten Lebensenergie des Weibchens auf die Konstitution der weiblichen Oocyte, und zwar im Sinne einer Kräftigung derselben, zu vermuten, kurz gesagt, den weib- lichen Oocyten eine ungleich kräftigere Konstitu- tion als den männlichen zuzuerkennen. Von diesem Gesichtspunkte aus Hesse sich die geringe Frequenz der männlichen Eier, bezw. der ausgebildeten männlichen Individuen dadurch erklären, dass vorwiegend gerade die männlichen Oocyten, vermutlich ursprünglich in grösserer Anzahl vor- handen, als schwächer konstitutioniert, in dem oben 28 Festschrift für Palmen. N.o 7. erwähnten, zwischen den Oocyten obwaltenden «Kampfe ums Dasein» zumeist unterliegen, abortiv werden und dann ihren kräftigeren weiblichen Ge- nossen zur Nahrung dienen. Es würde demnach eine «natür- liche Auslese» sehr zu Gunsten des weiblichen Geschlechts stattfinden. * Führen wir denselben Gedankengang noch weiter, so lässt sich theoretisch der Fall denken, dass eine ähnliche Auslese der männlichen Oocyten progressiv in dem Masse vorkommen könne, dass schliesslich eine völlige Unterdrückung derselben und dadurch das gelegentliche Verschwinden des männlichen Geschlechts eintritt. Hierdurch kommt zwar gerade die Fähigkeit, sich parthenogenetisch fortzupflanzen, keineswegs zustande, wohl stellt sich aber diese Fortpflanzungsart für den Fortbestand der Art nunmehr als ein notwendiges Bedürfnis heraus. Es kommen be- kanntlich viele Fälle gelegentlicher, bezw. fakultativer Parthenogenese vor. Unter Voraussetzung einer solchen innewohnenden fakultativen Parthenogenese lässt sich denken, dass eine derartige Unterdrückung des männlichen Geschlechts eben das Umsetzen der Fähigkeit in Tätig- keit veranlasst. Durch Wiederholung ähnlicher Vorgänge könnte die gelegentliche Parthenogenese allmählich immer mehr eine konstitutio- nelle Befestigung erfahren und dann in eine mehr oder weniger regel- mässige, bezw. in eine zyklische Fortpflanzungsweise (Heterogonie) übergehen. Betreff's der Entstehung und des Wesens der Parthenogenese hat sich BEARD ziemlich eingehend geäussert. Ich gestatte mir hier einige seiner Aussprüche wörtlich anzuführen. «Where parthenogenesis be- comes cyclical (WEISMANN), as in Apus, some Daphnidae, ^ and Rotifera, and where thus the males tend to disappear, this must simply be due to the constant and regulär suppression as such of the germ-cells, ' Ich habe in einer anderen Arbeit (1900, S. 62—63) nachzuweisen versucht, dass eine verhältnismässig geringe Anzahl männlicher Individuen und dem- gemäss auch eine entsprechend geringe Frequenz der weiblichen Prosopa (vgl oben, S. 5) sogar für die Erhaltung der Art gelegentlich vorteilhaft sein kann. - «Eine zyklische F^ortpflanzungsweise im Sinne Weismanns besitzen die Daphniden nicht» (Issakowitsch 1905, S. 536). Enzio Heuler, Eibildung hei Pediculopsis cjranüniim. 29 which ought to have produced male-eggs, and from these males» (1902 a, S. 714). — «Parthenogenesis . . . enlails the occasional, or the cyclical, arrestment of one or other of the two gametes of the female. If it ever become acydical with the consequent disappearence of the males, with these there vanish the male-eggs, which produce them, and the spermatozoa. That is, in such instances the only functional form of gamete left is the female-egg, with which there remains no other form of gamete to unite ... Of very great importance for many questions is the recognition, that any particular form of gamete may undergo suppression at any period of the life-history ; thus, in some instances of the rare production of male persons their occasional appearance is undoubtedly due to the Omission to suppress one or more of the forerunners of male-eggs> (1. c, p. 762 ; vgl. auch 1902 b, S. 560). Wie ersichtlich, bin ich auch in dieser Hinsicht zu einem ähnlichen Schluss wie BEARD gekommen, und zwar — es mag hier beiläufig erwähnt werden — schon ehe ich seine Arbeiten kannte. Betreffs der Ursache der Unterdrückung des männlichen Geschlechts gibt BEARD nur die Erklärung, dass «in parthenogenesis the males disappear . . . because their production may become unnecessary> (1902 a, S. 716). Pediculopsis graminum zeigt zwar keine Parthenogenese, diese in vieler Hinsicht sehr interessante Milbe scheint aber, unter Voraus- setzung, dass die oben gezogenen Schlüsse richtig sind, eben einen der Wege anzudeuten, auf dem die Notwendigkeit desRealisierens einer fakultativen Parthenogenese eintreten kann. Von keinem geringen Interesse ist hierbei einerseits die Tatsache, dass wir die Unterdrückung zahl- reicher Oocyten direkt konstatieren können, andererseits der Um- stand, dass diese Oocyten, wie dies aus den oben gegebenen Ausein- andersetzungen hervorgehen dürfte, aller Wahrscheinlichkeit nach, wenigstens vorwiegend, männliche Oocyten sind, und ferner, dass die Ursache dieser Unterdrückung ungezwungen eine befriedigende Erklärung findet. Bei Pediculopsis ist die geringe Frequenz der männlichen Individuen 30 Festschrift für Palmen. No 7. theoretisch nur als eine Etappe auf dem Wege zum Eintreten jenes Bedürfnisses parthenogenetischer Fortpflanzung aufzufassen. Ist aber diese Fortpflanzungsart einmal ins Leben gerufen worden, so dürfte sie wohl, wie oben hervorgehoben, eine mehr oder weniger ausge- sprochene Befestigung erfahren können. Auch BEARD hebt hervor, dass «where the parthenogenetic development of eggs of the one sex, or of the other, has been initiated, there is an undoubted tendency for such eggs to become in the long run incapable of fertilisation» (1902 a, S. 714). Bei einer zyklischen Fortpflanzungsweise (Heterogonie), wo mehr oder weniger zahlreiche parthenogenetische Generationen auf einander folgen, und diese Reihe durch eine zweigeschlechtliche Generation unterbrochen wird, dürften wir vielleicht, im Anschluss an das oben Dargelegte, annehmen, dass die parthenogenetisch sich fortpflanzenden Weibchen neben den weiblichen stets auch männliche Oocyten, oder vielleicht richtiger deren Vorläufer, erzeugen, obgleich diese hier nicht zur Entwicklung gelangen. Das männliche Geschlecht wäre demnach nicht schlechthin erlöscht, sondern von Generation zu Generation in den aller- frühesten Stadien der Entwicklung gehemmt und mithin so zu sagen latent in jeder parthenogenetischen Generation enthalten. Die Mög- lichkeit des Erscheinens männlicher Geschlechtstiere würde also fort- während bewahrt, und das tatsächliche Wiederauftreten des männlichen Geschlechts, sei es in einigen wenigen oder in zahlreichen Individuen, würde eben durch den von BEARD hervorgehobenen Umstand, «the Omission to suppress one or more of the forerunners of male-eggs», recht verständlich sein. Worin wir in jedem gegebenen Falle den auslösenden Faktor zu suchen haben, welcher jene Unterdrückung aufhebt, bleibt noch zu erforschen. Figurenerklärung. (Seite 11.) Drei heranwachsende Oocyten, a, b, c (unten) je in Verbindung mit einer abortiven Oocyte, Trophocyte (oben), halb schematisch. In der Oocyte ist das Protoplasma doppelt schraffiert, die von der Trophocyte entnommene Deuto- plasmasubstanz feinkörnig gezeichnet. Das helle, stark verzweigte, glocken- förmig gebogene und mit pseudopodienartigen Fortsätzen versehene Keim- bläschen ist auf verschiedenen Stellen durchschnitten und wendet seine konkave Seite dem eingesaugten Substanzwölkchen entgegen {b, c); von dem hellen In- halt des Keimbläschens stechen die dunklen, brockenartigen Nucleolen sehr deutlich ab. Die Trophocyten sind grösstenteils von feinkörnigen Deutoplasma kugeln erfüllt ; in der Nähe der unmittelbaren Verbindung mit der Oocyte sind die Kugeln zerfallen und ihre feinkörnige Substanz geht in einer mehr oder weniger schmalen Strasse in die Oocyte über (a, c). In Fig. a enthält der Kern der Trophocyte noch chromatinhaltige Körnchen, die in das Plasma der Zelle hinübertreten (einfach schraffiert). In Fig. b ist der Trophocytenkern schon bis auf ganz unansehnliche Reste entleert worden und das Plasma, im Gegen- satz zu Fig. a, schon vollständig in Dotterkugeln umwandelt (b, c). Figg. b und c stellen verschiedene Schnitte durch dieselbe Oocyte, bezw. Trophocyte, dar. Der schmale Zwischenraum zwischen Oocyte und Trophocyte ist mutmasslich auf eine durch die Fixierung bewirkte geringe Schrumpfung zurückzuführen. Verzeiclm/is der zitierten LMteratur, BALBIANI, G. 1873. Observations sur la Reproduction du Phylloxera du Chene. Ann. Sc. Nat. Zool. Ser. 5. T. XIX. Art. N:o 12. BAMBEKE, CH. van. 1897. L'Oocyte de Pholcus phalangioides FUESSL. — Communic. prelimin. Bull. Acad. Roy. Sc. Belg. Ser. 3. T. XXXIII. S. 307 — 321. — Auch in: Verhandl. d. Anat. Gesellsch. auf der elften Versamml. in Gent vom 24.-27. April 1897. S. 69—78. 1898. Contributions ä l'histoire de la Constitution de l'oeuf. III. Recherches sur l'Oocyte de Pholcus phalangioides (FUESSL.). Arch. Biol. T. XV. 1897. S. 511—598. PI. XXIII— XXVIII. BEARD, J. 1902 a. The Determination of Sex in Animal Development, Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. XVI. S. 703—764. Taf. XLV. 1902 b. The Determination of Sex in Animal Development. Anat, Anz. Bd. XX. Nr. 22. S. 556—561. BENEDEN, E. van. 1870. Recherches sur l'embryogenie des Crustaces. III. Developpe- ment de l'oeuf et de l'embryon des Sacculines {Sacculina carcini, THOMPS.). Bull. Acad. Roy. Sc. Belg. Ser. 2. T. XXIX. S. 99—110. 1 PI. BERGMANN, W. 1902. Untersuchungen über die Eibildung bei Anneliden und Cephalopoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXIII. S. 278—301. Taf. XVII— XIX. Enzio Reuter, Eibildung bei Pediculopsis graminum. 33 BERLESE, A. 1897. GH Acari agrarii. Riv. Pat. Veget. Vol. VI. S. 1—65. BIRULA, A. 1894^. Untersuchungen über den Bau der Geschlechtsorgane bei den Galeodiden. Horae Sog. Ent. Ross. T. XXVIII. S. 289—326. Taf. IV— V. BORN, G. 1881. Experimentelle Untersuchungen über die Entstehung der Geschlechtsunterschiede. Breslauer ärztl. Zeitschr. Bd. III. BRAEM, F. 1893. Zur Entwicklungsgeschichte von Ophryotrocha puerilis CLPRD. MECZ. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LVII. S. 187—223. Taf. X— XL BRANDES, G. 1898. Germinogonie, eine neue Art der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung. Zeitschr. für die ges. Naturwiss. Bd. LXX. S. 420—423. BRAUER, A. 1891. Über die Entstehung der Geschlechtsprodukte und die Entwicklung von Tubularia mesembnjanthemum ALLM. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LH. S. 551—579. Taf. XXXIII— XXXV. 1892. Über das Ei von Branchipus Grubii V. DYS. von der Bildung bis zur Ablage, Anh. Abhandl. Kgl. Akad. Wiss. Berl. Nr. II. Mit 3 Tafeln. BRUCKER, E. A. 1900. Monographie de Pediculoides ventricosns NEWPORT et theorie des pieces buccales des Acariens. Bull. Sc. France Belg. T. XXXV. S. 355—442. PI. XVIII— XXI. BUCKTON, G. B. 1883. Monograph of the British Aphides. Vol. IV. London. BUGNION, E. 1906. La Polyembryonie et le determinisme sexuel. Bull. See. Vaud. Sc. Nat. Ser. 5. Vol. XLII. N:o 155. S. 95—112. COHN, F. 1855. Über die Fortpflanzung der Räderthiere. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. VII. S. 431—486. Taf. XXIII— XXIV. 34 Festschrift für Palmen. N.o 7. CUfiNOT, L. 1899. Sur la delermination du sexe chez les animaux. Bull. Sc. France Belg. T. XXXII. S. 462—535. DALRYMPLE, J. 18A9. Description of an Infusory Animalcule allied to the Genus Notommata of EHRENBERG, hitherto undescribed. Philos. Trans. Roy. Soc. Lond. 1849. II. S. 331—348. Taf. XXXIII— XXXIV. DELAGES, YVES. 188^. Evolution de la Sacculine (Saccalina Carcini THOMPS.) crustace endoparasite de l'ordre nouveau des Kentrogonides. Arch. Zool. exp. et gen. Ser. 2. T. II. S. 417—736. Taf. XXII— XXX. GIARD, A. 1898. Sur le developpement de Litomastix truncatellus (DALMAN). Bull. Soc. Ent. Fr. 1898. S. 127—129. GIARDINA, A. 1901. Origine dell' oocite e delle cellule nutrici nel Dytiscus. Primo contributo allo studio dell' oogenesi. Internat. Monats- schr. f. Anat. u. Physiol. Bd. XVIII. S. 417—484. Taf. XVII— XVIII. GRÖNBERG, G. 1897. Beiträge zur Kenntniss der Gattung Tubularia. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. XI. S. 61—76. Taf. IV— V. GROSS, J. 1901. Untersuchungen über das Ovarium der Hemipteren, zugleich ein Beitrag zur Amitosenfrage. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXIX. S. 139—201. Taf. XIV— XVI. 1903. Untersuchungen über die Histologie des Insektenovariums. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. XVIII. S. 71—186. Taf. VI— XIV. 1905. Untersuchungen über die Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. Ibid. Bd. XXII. S. 347—386. Taf. XX— XXI. GRÜNBERG, K. 1902. Untersuchungen über die Keim- und Nährzellen in den Hoden und Ovarien der Lepidopteren. Zool. Anz. ßd. XXVI. Nr. 689. S. 131—142. Enzio Reuter^ Eibildunc] bei Pediculopsis granünum. 35 1903. Untersuchungen über die Keim- und Nährzellen in den Hoden und Ovarien der Lepidopteren. Ein Beitrag zur Kenntnis der Entwicklung und Ausbildung der Keimdrüsen bei den Insekten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXIV. S. 327—395. Taf. XVI— XVIII. HARGITT, CH. W. 1904^. The Early Development of Pennaria tiarella MCCR. Arch. f. Enlw.-Mech. Bd. XVIII. S. 453—488. Taf. XXIV— XXVIII. HARM, K. 1902. Die Entwicklungsgeschichte von Clava squamata. Zeit- schr. f. wiss. Zool. Bd. LXXIII. S. 115—165. Taf. VII - IX. HOLMGREN, N. 1903. Ueber vivipare Insekten. Zool. Jahrb. Abt. f. Syst. u. Biol. Bd. XIX. S. 431—468. HUDSON, C. T. 1872. On Pedalion Mira. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XII. N. Scr. S. 333—338. Taf. XIX. ISSAKOWITSCH, A. 1905. Geschlechtsbestimmende Ursachen bei den Daphniden. Biol. Chi. Bd. XXV. Nr. 16. S. 529—536. KORSCHELT, E. 1882. Über Bau und Entwicklung des Dinophilus apatris. Zeit- schr. f. wiss. Zool. Bd. XXXVII. S. 315—352. Taf. XXI— XXII. 1886. Über die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen Zellenelemente des Insektenovariums. Ibid. Bd. XLIII. S. 537 — 720. Taf. XX— XXIV. 1889. Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkernes. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. IV. S. 1—154. Taf. I— IV. 1893. Über Ophryotrocha puerilis CLAP.-METSCHN. und die poly- trochen Larven eines anderen Anneliden (Harpochaeta cingiilata nov. gen., nov. spec). Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LVII. S. 224-289. Taf. XII— XV. KORSCHELT, E. und HEIDER, K. 1902. Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der wirbellosen Thiere. Allgemeiner Theil. 1. Lief. Jena. 36 Festschrift für Palmen. No 7. 1903. Idem. Allgemeiner Theil. 2. Lief. Jena. LANDOIS, H. 1867. Ueber das Gesetz der Entwicklung der Geschlechter bei den Insecten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XVII. S. 375—379. LEMOINE, V. 1884-. Die Phylloxera der Eiche. Biol. Cbl. Bd. IV. Nr. 17. S. 550—559. LENHOSSfiK, M. von. 1903. Das Problem der geschlechtsbestimmenden Ursachen. Jena. LEVANDER, K. M. 189i. Beiträge zur Kenntniss der Pedalion- Arien. Acta Soc. F. et Fl. Fenn. Vol. XI. Nr. 1. Mit einer Tafel. LEYDIG, F. 1854. Ueber den Bau und die systematische Stellung der Räder- thiere. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. VI. S. 1—120. Taf. I— IV. 1867. Der Eierstock und die Samentasche der Insekten. Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Befruchtung. Nov. Act. Leop.- Carol. T. XXXIII. Nr. 2. 5 Taf. LICHTENSTEIN, J. 1876. Notes pour servir ä l'histoire des Insectes du groupe des Phylloxeriens, Homopteres formant la transition des Aphidiens aux Coccidiens. Ann. Soc. Ent. Belg. T. XIX. S. 164 — 177. 1877. Weitere Beiträge zur Geschichte der Gattung «i Phylloxera», Homoptera pupifera (Anthogenesis). Stett. Ent. Zeit. Jahrg. XXXVIII. S. 71—75. Mit einer lithographirlen Tafel. 1878 a. Histoire du Phylloxera. Montpellier. 1878 b. Observations sur les metamorphoses de Y Aploneura Lentisci. C. R. Soc. Ent. Belg. T. XXI. S. CCXLV— CCXLVII. 1878 c. Metamorphose et sexues du Puceron du peuplier, Pem- phigus spirothecae, PASS. C. R. Acad. Sc. Paris. T. LXXXVI. S. 1278—1279. 1879. Die Biologie von Pemphigus spirothecae PASS, und Vacuna Dryophila SCHRK. Verh. k. k. Zool.-bot. Ges. Wien. Bd. XXVIIl. Jahrg. 1877. Sitzb. S. 40—41. Enzio Heuler, Eibildung bei Pediculopsis graminum. 37 MARCHAL, P. 1897. Les Cecidomyies des cereales et leurs parasites. Ann. Soc. Ent. Fr. T. LVI. S. 1—105. PI. I— VIII. 1898 a. La dissociation de l'oeuf en un grand nombre d'individus distincts et le cycle evolutif chez VEncyrtus fuscicollis C. R. Acad. Sc. Paris. T. CXXVI. S. 662—664. 1898 b. Un exemple de dissociation de l'oeuf. Le cycle de VEn- cyrtus fuscicollis C. R. Soc. Biol. Ser. 10. T. V. S. 238—240. 1898 c. Le cycle evolutif de VEncyrtus fuscicollis. Bull. Soc. Ent, Fr. 1898. S. 109—111. 1899. Comparaison entre le developpement des Hymenopteres parasites ä developpement polyembryonnaire et ceux ä deve- loppement monoembryonnaire. C. R. Soc. Biol. Ser. 11. T. I. S. 711—713. 1903. Le cycle evolutif du Polygnotus minutus LINDM. Bull. Soc. Ent. Fr. 1903. S. 90—03. 190i a. Le determinisme de la polyembryonie specifique et le determinisme du sexe chez les Hymenopteres ä developpement polyembryonnaire. (Note preliminaire). C. R. Soc. Biol. T. LVI, 1. S. 468—470. 1904^ b. Recherches sur la biologie et le developpement des Hymenopteres parasites. 1. La polyembryonie specifique ou germinogonie. Arch. Zool. exp. et gen. Ser. 4, Vol. II. S. 257 — 335. PI. IX— XIII. MAUPAS, E. 1891. Sur le determinisme de la sexualite chez VHydatina senta. C. R. Acad. Sc. Paris. T. CXIII. 1. S. 388—390. NUSSBAUM, M. 7^.97. Die Entstehung des Geschlechts bei Hydatina senta. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLIX. S. 227—308. OBST, P. 1899. Untersuchungen über das Verhalten der Nucleolen bei der Eibildung einiger Mollusken und Arachnoiden, Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXVI. S. 161 — 213. Taf. XII— XIII. 38 Festschrift für Palmen. N:o 7. PAULCKE, W. 1900. Ueber die DifFerenzirung der Zellelemente im Ovarium der Bienenkönigin (Apis mellifica $^. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. XIV. S. 177—202. Taf. XII, XII a, XIII, Xllla. PFLÜGER, E. 1882. lieber die das Geschlecht bestimmenden Ursachen und die Geschlechtsverhältnisse der Frösche. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. XXIX. S. 13—40. PLATNER, G. 1886. Zur Bildung der Geschlechtsprodukte bei den Pulmonaten. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXVI. S. 599—621. Taf. XXIX— XXX. REUTER, E. 1900. Über die Weissährigkeit der Wiesengräser in Finland. Ein Beitrag zur Kenntnis ihrer Ursachen. Acta Soc. F. et Fl. Fenn. Vol. XIX. Nr. 1. Mit 2 Tafeln. ROUX, W. 1896. Über die Selbstordnung (Cytotaxis) sich »berührender» Furchungszellen des Froscheies durch Zellenzusammenfügung, Zelleritrennung und Zellengleiten. Arch. f. Entw. - Mech. Bd. III. S. 381-468. Taf. XXI— XXII. STRAND, E. 1906. Studien über Bau und Entwicklung der Spinnen. I— III. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXX. S. 515—543. Taf. XXVIII. TÖNNIGES. C. 1902. Beiträge zur Spermatogenese und Oogenese der Myriopo- den. Ibid. Bd. LXXI. S. 328—358. Taf. XIX— XX. TREAT, MARY. 1873. Controüing Sex in Butterflies. Amer. Natur. Vol. VII. S. 129—132. — Auch in: The Entomologist. Vol. VI. S. 372-375. WHEELER, W. M. 1896. The Sexual Phases of Myzostoma. Mitth. Zool. Station Neapel. Bd. XII. S. 227—302. Taf. X~XII. WIELOWIEYSKI, H. von. 1904^. Über nutritive Verbindungen der Eizellen mit Nährzellen Enzio Reuter, Eibildung hei Pediculopsis (jraminum- 39 im Inseklenovarium und amitotische Kernprozesse. Sitzb. Kais. Akad. Wiss. Malh.-naturw. Kl. Bd. CXIII. Abt. 1. S. 677—687. Mit 2 Tafeln. WOLTERECK, R. i898. Zur Bildung und Entwicklung des Ostrakoden-Eies. Kern- geschichtliche und biologische Studien an parthenogenetischen Cypriden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXIV. S. 596-623. Taf. XIX— XX. YUNG, E. 1881. De l'influence de la nature des aliments sur la sexualite. C. R. Acad. Sc. Paris. T. XCIII. S. 854—856. FESTSCHRIFT FÜR PALMEN. N:0 8. DIE ICHTHYOTAENIEN DES FINNISCHEN MEERBUSENS. VON GUIDO SCHNEIDER MIT EINER TAFEL. -^K HELSINGFORS 1905. Die Ichthyotaenien des Finnischen Meerbusens. Von Guido Schneider, Binleitung. Die Ichthyotaenien bilden eine wohlumgrenzte, offenbar alte und stabile Cestodengruppe, deren Arten, als Parasiten meist auf eine oder wenige Fischspecies beschränkt, sehr wenig von einander verschieden sind. Sie sind keineswegs als Tierstöcke aufzufassen und stossen keine reifen Proglottiden am Hinterende ab. Die Proglottiden oder, wie ich sie lieber nennen möchte, Segmente jedes Individuums sind sehr fest in ganzer Breite mit einan- der verbunden, und das ursprüngliche Endsegment ist an jedem intak- ten Exemplar vorhanden. Der S c o 1 e X ist bei den Ichthyotaenien, ebenso wie der Hals, dorsoventral mehr oder weniger abgeplattet, d. h. von den vier Saug- näpfen stehen je zwei submarginal einander genähert. Bei der grossen Beweglichkeit des Ichthyotaenienkopfes kann jedoch dieses Strukturver- hältnis nicht immer deutlich zur Anschauung gelangen. An der Spitze des Scolex befindet sich bei einem Teil der Ich- thyotaenienarten ein Organ, das rudimentäre Rostellum, welches in sei- nem Bau bedeutende Verschiedenheiten bei diversen Arten aufweist und deshalb als Merkmal bei der Identifizierung recht gut angewendet werden kann. Bei Ichthijotaenia ocellata ist es zu einem offenbar funk- tionsfähigen, muskulösen fünften Saugnapf ausgebildet, während es bei 4 Festschrift für Palmen. N:o 8. Ichthyotaenia percae und /, macrocephala, wie es scheint, funktionslos geworden ist und als ein kugelförmiges oder linsenförmiges, aus langen Zellen zusammengesetztes Gebilde unter der Cuticula liegt. Bei Ichthyo- taenia esocis n. sp., /. ambigua und /. torulosa sind höchstens nur sehr schwache Andeutungen auf Schnitten wahrnehmbar, so dass der Syste- matiker bei diesen drei Arten das Scheitelorgan als nicht vorhanden be- trachten kann. Die Muskulatur erleidet an den Grenzen der Segmente keine Unterbrechung. Sie besteht zu äusserst aus einer dünnen Schicht von Ringmuskelfasern dicht unter der Cuticula. Nach innen folgen Längs- muskelfasern, die teils unmittelbar unter den Ringmuskelfasern, teils zwischen den äusseren Hälften der Subcuticularzellen verlaufen. Nach innen von den Subcuticularzellen liegt eine dickere Muskelschicht, die aus rechtwinkelig sich kreuzenden Längs- und Transversalmuskeln be- steht. Transversale, sagittale und unter spitzem Winkel die Queraxe schneidende diagonale Muskelfasern durchsetzen die Marksubstanz, welche im übrigen die Genitalorgane enthält. Namentlich auf Querschnitten zwischen zwei Segmenten sieht man deutlich das Netz von ziemlich geradlinig in transversaler, sagittaler und diagonaler Richtung verlaufen- den Muskelfasern. In der Halsregion ist die Muskulatur im wesent- lichen ebenso angeordnet. Es fehlen hier aber die Diagonai- fasern, und die Transversalfasern durchziehen nicht die innere Mark- schicht, sondern finden sich hauptsächlich zwischen den Längsmuskeln. Die Markschicht wird durchzogen von einer grossen Zahl von Sagittal- muskelfasern, die zusammen mit der starken Längsmuskulatur die flä- chenhafte Ausbreitung des Halses zustande bringen können. Die Längs- muskelfasern vereinigen sich in der Halsregion zu Bändern namentlich um die vier Hauptstämme des Excretionssystems herum, wo sie im Querschnitt rosettenförmig aussehende Hüllen bilden. Im hinteren Teil des Scolex, wo bereits auf Querschnitten die vier Saugnäpfe sichtbar werden, verhalten sich die Muskelzüge noch genau so, wie im Halse. Weiter vorn verlieren sich aber allmählich die Längs- muskeln, deren Mehrzahl sich an den die Saugnäpfe vom übrigen Ge- webe abgrenzenden Bindegewebskapeln inserieren. Die transversalen und sagittalen Muskelfasern bilden Bündel, die sich unter rechtem Win- G. Schneider, Die Ichthijolaenien des Finnischen Meerbusens. ö kel kreuzen und sich zwischen den Saugnäpfen inserieren ^). Die Mus- kulatur der Saugnüpfe besteht in der Hauptmasse aus den kurzen Ra- dialfasern, die von der äusseren Cuticula geradlinig zur inneren Ge- webskapsel ziehen. Zwischen ihren Insertionspunkten, sowohl den di- stalen, als auch den proximalen, laufen parallel zu den Oberflächen feine Muskelfasern, die Systeme von unter rechtem Winkel einander kreuzenden Fasern bilden -). Diese Fasern verlaufen teils parallel, teils senkrecht zur Längsaxc des Scolex und sind offenbar Abkömm- linge der feinen, unter der Cuticula des Halses und Körpers befindlichen Längs- und Ringmuskelfasern, deren Verlaufsrichtung sie auch in den Saugnäpfen noch einhalten. In Fig. 3 ist ein Flächenschnitt durch den tiefsten Teil der Höhlung eines Saugnapfes von Ichthyotaenia ocellaUt, nach Färbung mit Eisenhämatoxylin und Eosin gezeichnet. In einem Kranz von quer und schräg getroffenen Radialmuskelfasern erblicken wir ein System rechtwinkelig gekreuzter Linien. Das sind die feinen Muskelfasern dicht an der Cuticula. Rechts in der Figur sieht man ein von hinten kommendes dickes Muskelbündel an den Saugnapf herantreten. Über die Muskulatur des Scheitelorgans wird weiter unten in den Artbeschreibungen die Rede sein. Die Ichthyotaenien sind sehr deutlich dorsoventral gebaut, was ich bereits in einer früheren Arbeit nachdrücklich betont habe ^). An jedem Exemplar kann man normaler Weise über die ganze Länge eine Ventralseite unterscheiden, an welcher alle Uteri ausmünden, an der die Ovarien mit den Schluckapparaten liegen und die beiderseitigen Dotter- gänge sich treffen und vereinigen. ') Das ist das „axiale Muskelkreuz", von dem E. Riggenbach (Das Genus Ichthyotaenia, Inaug. Diss. Genf 1896. S. 254) mit Recht vermutet, dass es bei den Ichthyotaenien „stets vorhanden ist". *) Die Beschreibung, welche Adolph Kraemer (Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süsswasserfische, Inaug. Diss. Leipzig 1892. S. 61) von der Saugnapfmuskulatur bei Ichthyotaenia tonilosa giebt, kann ich nicht j^utheissen. Ich habe auch den .Scolex von Ichthyotaenia tonilosa auf Schnit- ten untersucht und die Muskulatur der Saugnäpfe ebenso gefunden, wie sie bei den übrigen Ichthyotaenien angeordnet ist. ^) Beiträge zur Kenntnis der Helminthenfauna des Finnischen Meerbusens. Acta Soc. F. et Fl. Fennica, 26, N:o 3. 1903. S. 17—21. 6 Feslschrift für Palmen. N-o 8. Das Excretionsgefässsystem zeigt auch sehr deutlich den dorsoventralen Bau. Es besteht in der Hauptsache aus vier Längska- nälen, von denen die beiden an der Ventralseite des Wurmes verlaufen- den ein weiteres Lumen haben, als die beiden dorsalen Gefässe. So- gar im Halse noch kann man diesen Unterschied zwischen den dorsa- len und ventralen Gefassstämmen deutlich wahrnehmen und somit an jedem Querschnitt mit Leichtigkeit die Dorsalseite und Ventralseite fest- stellen. Vagina und Cirrus münden dicht bei einander marginal, unregelmässig abwechselnd rechts oder links, ohne dass dadurch die Lage der übrigen Organe wesentlich beeinflusst wird. Die Segmente mit rechts und mit links mündenden Genitalkanälen sind einander folglich in der Anordnung der Organe spiegelbildlich gleich. Der Verlauf der Genitalkanäle in jedem Segment ist bei allen Ichthyotaenien folgender. Die Vagina, die dicht bei dem Cirrus ungefähr in der Mitte jedes Segmentrandes nach aussen mündet, besitzt vor ihrer Mündung einen mehr oder weniger starken Sphinctermuskel. Sie zieht von ihrer Mündung ventralwärts bis in die Mittellinie und verläuft hier nach hin- ten. Vor der Kommissur angelangt, die die beiden Ovarien mit einan- der verbindet, wendet sich die Vagina einwenig dorsalwärts, um dorsal von jener Kommissur nach hinten zu ziehen. An dieser Umbiegungs- stelle kann sich die Vagina einwenig erweitern, und da in diesem Ab- schnitt bei befruchteten Segmenten meist viel Spermatozoen angetroffen werden, so kann man bei solchen Arten, wo eine derartige Erweiterung der Vagina vorkommt, von einem R e c e p t a c u 1 u m s e m i n i s mit glei- chem Rechte reden, wie bei den Gattungen Calliohothriiim ^), Corallobothriuin u. a., die an homologer Stelle ein deutlicher ausgebildetes Receptaculum seminis aufzuweisen haben. Weiter hinten beschreibt die Vagina Windun- gen und wird durch Vereinigung mit dem vom stark muskulösen Schluck- apparat kommenden Keimleiter zum Befruchtungsgang. Dieser zieht unter Windungen nach der Dorsalseite, erweitert sich zu einem kugel- förmigen Bläschen, dem Ootyp, in welches der unpaare gemeinsame Endkanal der Dotterstöcke und die Schalendrüsen einmünden. ')Vgl. Braun, Cestodes in Bronns Klassen und Ordnungen des Thiereichs, 1901. Taf. LIV, Fijjg. 2 und 5. (i. Schneider. Die Ichlhyolacnien des Finnischen Meerbusens. 7 Aus dein O o l y p entspringt die Fortsetzung des Befruchtungsgan- ges, der eigentliche O v i d u c t oder Uteringang, der nach vorn und ventralwärts zum Uterus zieht. In den Uterus mündet dieser Gang et- was hinter der Mitte jedes Segments ungefähr in demselben Querschnitt, in dem der Uterus selbst nach aussen ausmündet. Der Uterus ist lange vor der Bildung reifer F^ier schon angelegt als ein in der ventralen Medianlinie ventral von der Vagina gelegenes Rohr, das sich nach hinten in 2 Aeste spaltet und sonst seitliche BUnd- säcke zur Aufnahme der später durch den Uteringang eindringenden reifen Eier treibt. Der Uterus liegt dicht auf der inneren Muskelschichl der Ventralseite. Der kurze, weite Kanal, durch den die Eier den Uterus zuletzt verlassen, ist ebenfalls schon vor Beginn des Erscheinens reifer Eier im Uterus präformiert zunächst als ein deutlich erkennbarer Zel- lenstrang, der die Ventralwand des Uterus mit der Subcuticularschicht unter Durchbrechung der Muskelschicht etwas hinter der Mitte des Seg- ments verbindet. Später entsteht in diesem Zellenstrang vom Uterus her ein Lumen von trichterförmiger Gestalt mit ventralwärts nach aussen gewendeter Spitze. Auf diesem Stadium verharrt der M ü n d u n g s - k a n a 1 des Uterus bis zur Eiablage, welche eintritt, sobald durch Ein- reissen der Cuticula die Kommunikation mit der Aussenwelt definitiv hergestellt ist. Diese Anlage der Uterusmündung als ein als Zellen- strang präformierter Kanal, wie ich sie bei Ichthyotaenia percae früher beschrieben habe ^), fand ich nun auch bei Ichthyotaenia ocellata, I. ma- crocephala, I. esocis und /. ambigua. Gegenüber dem Ausmündungs- kanal liegt in der dorsalen Wand des Uterus die bereits oben erwähnte Einmündungstelle des Uteringanges oder Oviductes. Der Cirrusbeutel enthält den im eingezogenen Zustande mehr oder weniger geraden oder geschlängelten Cirruskanal, der sich bei ei- nigen Arten im hinteren Teil des Cirrusbeutels zu einer schlauch- oder kugelförmigen Vesicula seminalis erweitern kann. Der Cirrus- beutel ist bei den verschiedenen Arten von oft sehr verschiedener Länge. Z. B. bei Ichthyotaenia percae kann er bis in die Mittellinie des Segments reichen, während er bei /. macrocephala sehr kurz ist, nämlich •) 1. c. pag. 20, figg. fi— 7. 8 Festschrift für Palmen. N-o fi. nur ^/e bis ^ho oder noch weniger von der Breite des Bandwurmes durchmissl. Proximalwärts schliesst sich an den Cirrusbeutel das im dorsalen Teil des Markparenchyms liegende Schlingenkonvolut des Vas deferens an. Die Ovarien liegen als zwei rundliche oder von vorn nach hinten flachgedrückte und deshalb in der lateralen Aufsicht schmal strichförmige oder dreieckige Gebilde am Hinterrande jedes Segments und sind in der Mittellinie durch eine Querkommissur mit einander ver- bunden, aus der der Schluckapparat entspringt. Die Dotter Stöcke liegen als zwei mehr oder weniger kompakte Stränge in den Seitenteilen der Segmente und entsenden medialwärts ihre beiden Ausführungsgänge, die sich ventral von den Ovarien ein- wenig rechts oder links von der Mittellinie treffen und von hier durch den gemeinsamen, oft stark erweiterten Dottergang die Dotterzellen dem Ootyp zuführen. Der Dottergang zieht dicht hinter dem Verbindungs- strang der beiden Ovarien dorsalwärts zum Ootyp. Die Hoden füllen den Raum des sog. Markes vor den Ovarien bis zum Vorderrande der Segmente median von den Dotterstöcken, soweit dieser Raum nicht von den Genitalkanälen eingenommen ist. Je mehr sich der Uterus mit Eiern füllt und an der Ventralseite sich ausbreitet,, desto mehr werden die Hoden an der Dorsalseite zusammengedrückt. Das Nervensystem, dessen Studium besonders konserviertes Material beansprucht, wird in der vorliegenden systematischen Abhand- lung, die sich mehr auf die gröberen anatomischen Verhältnisse bei den Ichthyotaenien basiert, nicht mitberücksichtigt. Im Finnischen Meerbusen und angrenzenden Süsswasserbecken wur- den von mir bisher sechs Arten von Ichthyotaenien gefunden, nämlich : Ichthyotaenia ocellata (RUD.) KRAEMER in Coregonus lavaretus l. » percae O. F. MÜLLER in Perca flinnatilis L. > macrocephala (>REPL1N in Angiiilla vulgaris FLEM. » esocis n. s p. in Esox lucins l. » amhigua DUJ. in Gasterosteus pungitius l. > torulosa BATSCH in Lenciscus idus L. Ichthyotaenia esocis und /. ambigiia sind .sehr selten. Von /. am- higua habe ich nur ein Exemplar aus dem Finnischen Meerbusen ge- (i. Schneider, Die Ichlhijoiaenien des Finnischen Meerbusens. 9 sehen. Das Vorkommen von /. esocis im Meere bedarf noch weiterer Bestätigung, da das Exemplar, welches ich erhielt, zu mangelhafl war, um eine genaue Identifizierung zu ermöglichen. Die Beschreibung die- ser beiden Arten habe ich nach Exemplaren aus einem Süsswassersee, dem Obersee bei Reval, gemacht. Die beste Zeit zum Sammeln von Ichthyotaenien sind nach mei- nen Erfahrungen die Monate Mai und Juni. In der zweiten Hälfte des Sommers werden in unseren Gewässern diese Bandwürmer im allge- meinen seltener und einige Arten scheinen völlig zu verschwinden. Über Ichthyotaenia ocellata und /. macrocephala habe ich nur sehr wenige statistische Angaben sammeln können. Von Ichthyotaenia per- cae und /. toriilosa habe ich aber im Laufe mehrerer Sommer reiches Material erhalten und dabei die Erfahrung gemacht, dass Masseninfek- tionen mit diesen Bandwürmern während des Sommers fast nur im Mai und Juni stattfinden. Ichthyotaenia ambigua habe ich nur im Mai und Juni gefunden, und von /. esocis gelang es mir überhaupt nur einmal und zwar im April eine Anzahl Exemplare zu erlangen. Es macht durchaus den Eindruck, als ob die Ichthyotaenien in ihrem Auftreten und Verschwinden in unserem Klima an gewisse Zeiten des Jahres gebunden wären. Ob im Winter Masseninfektionen von Fischen mit Ichthyotaenien vorkommen, habe ich bisher nicht eruieren können, da ich im Winter nicht genug einwandfreies Material an frisch gefan- genen Fischen erhalten habe. Jedenfalls erscheint Ichthyotaenia percae im Spätherbst schon wieder im Darm der Barsche, und im December fand ich bereits recht grosse Exemplare von diesem Bandwurm. Da alle bisherigen Beschreibungen der in unseren Fischen vor- kommenden Ichthyotaenienarten, namentlich aber die oberfiächlichen, kurzen, lateinischen Diagnosen in den grundlegenden Arbeiten von RUDOLPHI und DiESING wenig geeignet sind, diesem Zweige der Helmin- thologie viele Freunde zu erwerben, so will ich es versuchen, im fol genden eine ausführlichere Beschreibung der oben aufgeführten sechs Ichthyotaenienarten zu geben und ihre Identifizierung durch neben- stehende Tabelle zu erleichtern. In dieser Tabelle wende ich nur solche Merkmale an, die auch ohne Anwendung des Mikrotoms schon am gut difTerenziert gefärbten und in Canadabalsam aufgehellten Exem- 10 Festschrift für Palmen. iVo S. plar meist deutlich genug erkennbar sind. Die genaueren Details fol- gen dann weiter unten in den Einzelbeschreibungen der sechs Arten. Bestimiiimigstabelle. A. Scheitelorgan vorhanden. a) Scheitelorgan ein Saugnapf . . . /. ocellata (RüD.) KJRAEMER. b) Scheitelorgan kein Saugnapf, son- dern ein kugelförmigerZellenhaufen. 1) Länge der Cirrusscheide c:a Vs — V2 der Körperbreite . . /. percae O. F. MÜLLER. 2) Länge der Cirrusscheide kür- zer als ^^6 der Körperbreite . /. macrocephala CREPLIN. ^) B. Scheitelorgan fehlt. a) Scolex klein, nicht breiter als der Hals, in den er ohne Grenze übergeht. 1) Länge der Cirrusscheide c:a V2 der Körperbreite ..../. esocis n. s p. 2) Länge der Cirrusscheide c:a V4 der Körperbreite ..../. ambigua Duj. b) Scolex gross, breiter als der Hals, blasenförmig aufgetrieben, sehr deutlich vom Halse abgegrenzt. /. torulosa BatSCH. *) Ichthyotaenia hemisphaerica kommt, wie es scheint, in den Aalen des Finnischen Meerbusens garnicht vor. Das Exemplar, welches ich früher einmal irrtümlich als I. hemisphaerica bestimmt habe (Beiträge zur Kenntnis der Hel- minthenfauna des Finnischen Meerbusens, Acta Soc. pro Fauna et Flora Fen- nica 26, N:o 8. 1903. S. 29), erwies sich bei genauerer Untersuchung auch als Ichthifulaenia macrocephala. (i. Schneider, Die Ichthi/olaenicn des Finnischen Meerbusens. 11 Artbeschreibungen. Ichthyotaenia ocellata (Rud.) Kraemer. K. Kessler i) findet sowohl frei im Darm, als auch in Leber- cysten von Coregonus widegreni aus dem Onegasee bis 55 mm lange und 1 mm breite Cestoden mit rundlich abgestutztem Scolex, langem, breitem Hals und fast quadratischer Form der reifen Segmente, die er als Taenia longicollis RüD. bestimmt. Auch ich war anfangs geneigt, die von mir im Coregonus lavaretns'-) des Finnischen Meerbusens ge- fundenen Ichthyotaenien mit /. longicollis RUD. zu identifizieren. Die leider sehr unvollständigen Diagnosen in RUDOLPHl's Synopsis ^) und DiESING's Systema helminthum "*) hätten auch noch gepasst, aber die ältere und ausführlichere Beschreibung von RUDOLPHI in seiner Historia naturalis °) berichtet Dinge, die ich durchaus nicht an meinen Exem- plaren habe konstatieren können. Dort steht: Unter «Ovarien in den letzten Gliedern» können hier natürlich nur die mit reifen Eiern gefüllten Uteri zu verstehen sein. Ich habe unter den Ichthyotaenien sowohl aus Coregonus lavaretus, als auch aus Perca fliiviatilis solche Exemplare, deren Uteri mit reifen Eiern gefüllt sind, doch kann ich keineswegs finden, dass die reifen Segmente der einen oder anderen Art dunkel gefärbt wären. LINSTOW ^) giebt eine sehr eingehende, reich illustrierte Beschreibung des inneren Baues von Taenia longicoUis RUD. Aber die innere Organisation, wie sie LINSTOW bei diesem Bandwurm schildert, entspricht meinen Befun- den am Bandwurm aus Coregonus lavaretus ebenso wenig, wie die oben erwähnte Diagnose von RUDOLPHI auf den äusseren Habitus passt. LINSTOW (S. 568) findet, dass das Excretionsgefässsystem aus zwei grös- seren ventralen und sechs kleineren dorsalen «Längsgefässen > gebildet wird. Der von mir untersuchte Cestode hat aber nur vier Längsstämme überhaupt, wie die übrigen Ichthyotaenien auch. Zugegeben, dass sich LINSTOW in diesem Punkt vielleicht geirrt hat, so finden sich doch noch andere Momente, die eine Identifizierung meiner Exemplare mit der von LINSTOW untersuchten Art nicht gut zulassen. Weder der Verlauf der Genitalkanäle, noch die Form der Ovarien und des Uterus erinnert an die Bilder, welche ich bei Betrachtung aufgehellter Exemplare und Rekon- struktion von Schnittserien erhielt. Dagegen passt, wie gesagt, RUDOLPHI's ausführlichere Diagnose von Taenia ocellata (in der Historia naturalis etc. Seite 109) ganz vorzüglich auf die von mir in Coregonus lavaretus gefundenen Würmer, ebenso wie *) V. LiNSTOw, Über den Bau und die Entwickelunfj von Taenia longicoUis Rud. Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. 25 (18j. 1891. S. 565—576. (!. Schneider, Die Ichthyolaenien des Finnischen Meerbusens. 13 auf die, welche A. KKAEMER ^) in Corcgonus fera fand. Ich muss da- her annehmen, dass die Ichthj'otaenien aus Coregonns fera und C. laua- retus dieselbe Art sind, und nenne diese Art Ichthi/otaenia ocellata (RuD) KRAEMER, obgleich ich durchaus, wie früher schon -), gegen KRAEMER's Anschauung protestieren muss, als sei diese /. ocellata keine selbständige Art und «nichts anderes als eine völlig ausgewachsene Taenia filicollis». Mit Verzicht auf die Lösung des Rätsels, wie es möglich war, dass Rl^DOLPHI in den Barschen von Greifswald Taenien fand, die nicht mit den Ichthyotaenien aus Perca fluuiatilis, sondern mit denen aus Co- regonns lavaretiis des Finnischen Meerbusens hinsichtlich der Gestalt der Segmente und der Form der Saugnäpfe übereinstimmen, gehe ich über zur detaillierten Beschreibung der von mir im Darm von Coregonns laua- retns gefundenen Ichthyotaenien ■^). Der S c o 1 e X ist etwa 220 // breit und trägt vier grosse tiefe, becherförmige Saugnäpfe von 80 (i im Durchmesser, die nach den Sei- len und einwenig nach vorn gerichtet sind, und einen fünften flachen Saugnapf von 40 // im Duchmesser an der Spitze, der offenbar auch noch funktioniert, da er aus einer grossen Anzahl von Radialmuskel- fasern besteht. Vom Halse ist der Kopf nicht deutlich geschieden und er- scheint nur bei sehr starker Dehnung des Halses als birnförmiges Ge- bilde. Fig. 1 zeigt uns einen Scolex von /. ocellata im Längsschnitt. Zwischen zwei grossen seitlichen Saugnäpfen ist das saugnapfförmige Seheitelorgan deutlich zu sehen. Fig. 3 stellt den bereits oben (Seite 5) erwähnten Flächenschnitt durch den Boden eines Saugnapfes dar, auf ') Adolph Keaemer, Beiträge zur Anatomie und Histologie der Cestoden der Süsswasserfische. Inaug.-Dlss. 1892. S. 72—80. ') Guido Schneider, Ichthyologische Beiträge III, Acta Soc pro F. et Fl. Fennica, 22, N:o 2. S. 22. ") E. LöNNBERG nennt die Ichthyotaenien, die er einige Male in Perca fluvia- Ulis aus Schweden fand, Taenia ocellata Rud., giebt aber leider nach dem Mus ter älterer Helminthologen nur eine kurze lateinische Diagnose, nach der es unmöglich ist, festzustellen, welche Art dem Autor eigentlich vorgelegen hat. Ich vermute, dass es die Art war, welche ich nunmehr Ichthyolaenia percae O. F. Müller zu nennen pflege. (E. Lönnberg, Bidrag tili kännedom om i Sve- rige förekommande Cestoder, Bihang K. Svenskaj Vet.-Akad. Handlingar. 1889. Bd. 14, IV, N:o 9. S. 14.) 14 Festschrift für Palmen. N:o 8. dem die sich senkrecht kreuzenden feinen Muskelfasern, die der Cuti- cula dicht anliegen, sichtbar sind. Der Hals ist dorsoventral abgeplattet und je nach dem Kontrak- tionszustande sehr verschieden lang. Der Körper zerfallt in 150 und mehr Segmente und wird bis 17 cm lang und fast 2 mm breit. Die ersten Segmente sind, ebenso wie der Hals, in ihren Dimensionen sehr wechselnd je nach der Kon- traktion. Bei voll ausgestrecktem Halse sind sie länger als breit, oder quadratisch und bei Kontraktion bis 2V2 mal breiter als lang. Die mitt- leren Segmente verhalten sich ähnlich wie die vorderen, und erst die hintersten Glieder nähern sich der quadratischen Form, indem sie die Fähigkeit, sich stark zu kontrahieren, wegen der Füllung des Uterus mit reifen Eiern einbüssen. Die Ovarien haben, von der Fläche gesehen, dreieckige Form. Die marginalen Winkel der Dreiecke sind spitz, und von den medianen sind die hinteren stumpf, die vorderen, aus denen die beide Ovarien ei- nes Segments verbindende Kommissur entspringt, etwas spitzer. In dem Habitusbildchen, Fig. 2, welches drei Segmente aus dem mittleren Teil des Körpers darstellt, sind die Ovarien mit tiefsschwarzer Farbe angegeben. Durch Bindegewebssepten sind die Ovarien innen in mehrere Fächer und Lappen geteilt. Vagina und C i r r u s münden unregelmässig alternierend rechts oder links fast genau in der Mitte des Segmentrandes (F'ig. 2). Die Cirrusscheide ist etwa ^/^ mal so lang als das Segment breit ist. Der Cirruskanal durchzieht den Cirrusbeutel geradlinig ohne Windungen und Anschwellungen. Die Vagina ist durch einen 25 // dicken Sphinctermuskel verschliess- bar und zieht von der Mündung bis ungefähr in die Mittellinie des Segments, wo sie nach hinten umbiegt, um sich zu den Ovarien zu begeben. Sie zeigt auch in befruchteten Segmenten keine Erweiterung, die als Recepta- culum seminis aufgefasst werden könnte. Im übrigen ist der Verlauf der Vagina wie bei den anderen Ichthyotaenienarten. Sie nimmt den 20 // breiten und etwa 50 /j langen Keimgang auf, der aus dem Schluck- apparat kommt, erreicht als Befruchtungsgang unter den üblichen Win- G. Schneider. Die Ichthijolaenien des hlnnischen Meerbusens. !."> düngen das von den Sohalendrüsen umgebene Ootyp, welches den ge- meinsamen Ausführungsgang der Dolterstöcke aufnimmt und den Uterin- gang aus sich hervorgehen lässt. Letzterer mündet in den Uterus et- was hinter der Mitte in der Mittellinie jedes Segments. Der Uterus treibt jederseits Blindsäcke, deren Zahl bis auf acht steigen kann, und besitzt gegenüber der Einmündungssteile des Uterin- ganges einen deutlich präformierten Mündungskanal. Die Dotter stocke sind sehr kompakt, die Dottergänge eng. Die Hoden liegen etwa zu zehn in jeder Querreihe in einer Schicht und halten ungefähr 100 // im sagittalen und 60 // im fronta- len Durchmesser. Die beiden ventralen Exe retionsk anale halten im Durch- messer etwa 10 u, die beiden dorsalen nur 2,5 u. Die Beschreibung ist nach Exemplaren gemacht, die ich schon in meinen Ichthyologischen Beiträgen III ^) auf Seite 23 und 53 erwähnt habe. Sie waren im Mai und August in dem Anfangsdarm von 2 Exemplaren von Coregonus lavareius L. aus dem Finnischen Meerbu.sen gefunden und mit Sublimat fixiert worden. Bei dem kleinsten Exem- plar, das in Fig. 4 abgebildet ist und, nur 1,5 mm lang, in einem Py- lorusanhang gefunden wurde, ist der fünfte Saugnapf schon sehr deut- lich ausgebildet. Ichthyotaenia percae O. F. Müller. Über die Gründe, welche mich veranlassten, diesen Cestoden hhthijo- iaenia percae O. F. MÜLLER zu nennen, habe ich mich schon in einer frühe- ren Abhandlung 2) ausgesprochen. Daselbst findet sich auch (auf Seite 13 — 21) eine Schilderung des Wurmes, aus der ich einiges hier wieder- holen und ergänzen will. Der S c o 1 e X ist etwa 350 // breit und trägt vier meist recht flache, schüsseiförmige Saugnäpfe, die durchaus nicht oscula «excavata, val- *) Acta Sog. pro F. et Fl. Fennica, 22, N:o 2. 11)02. ") Guido Schneider, Beiträge zur Kenntnis der Helminthenfauna des Fin nischen Meerbusens. Acta Soc. pro F. et Fl. Fennica, 26, N:o 3. 1903. 16 Feslschrif't für Palmen. N:o S. deque profunda, cum Distomatum piscinorum poris coniparanda» ^) sind, wie sie RUDOLPHI bei seiner Taenia ocellafa beschreibt, die er «in Percae fltwiatUis intestinis vario anni tempore copiose, rarissime in illius hepate, Gryphiae» ^) gefunden hat. Die Saugnäpfe halten 75 (t im Durch- messer, und an der Spitze des Scolex findet sich das deutliche Scheitel- organ, welches bei konservierten Exemplaren eine kugelförmige Anhäu- fung in der Längsaxe des Tieres gestreckter Zellen darstellt, die ihren Charakter als Muskelzellen offenbar verloren haben. Wir sehen hier ein rudimentäres Organ, das, wie es scheint, jede Funktion eingebüsst hat. Sein Durchmesser beträgt 35 (j. Die Abbildung eines Längsschnit- tes durch den Scolex von /. percae, welche das Scheitelorgan sehen lässt, habe ich in meiner oben zitierten Abhandlung ^) veröffentlicht (Fig. 8, x). Nach hinten setzt sich der Kopf in den breiten, stark dor- soventral abgeplatteten Hals fort. Die Länge des Körpers ist sehr verschieden ; denn reife Exem- plare finden sich in allen Grössen von 2 bis 20 cm Länge. Die Breite erreicht 1,5 mm. Die Anzahl der Segmente wechselt proportional der Länge des Wurmes. Habitusbilder finden sich bei O. F. MÜLLER *) und in meiner oben zitierten Arbeit (Figg. 3 — 5). Die ersten Segmente sind sehr breit und kurz. Weiter nach hin- ten werden sie allmählich länger, und die letzten sind annähernd qua- dratisch. Die Ovarien erscheinen in der Flächenansicht als zwei sehr schmale Streifen am Hinterrand jedes Segments. Vagina und C i r r u s münden in der Mitte oder etwas vor der Mitte des Segmentrandes. Der Sphincter vaginae ist 25 fj dick. Vor der Stelle, wo die Vagina dorsal über den Verbindungsstrang der Ovarien nach hinten zieht, um sich mit dem Keimgang zu vereinigen, schwillt sie deutlich zu einem kleinen Receptaculum seminis an. ') Rudolph!, Entozoorum etc. historia naturalis, Amsterdam 1810. S. 109. *) KuDOLPHi, Entozoorum Synopsis, Berlin 1819. S. 149. *) G. Schneider, Beiträge zu Kenntnis der Helminthenfauna des Finnischen Meerbusens. Acta See. pro F. et Fl. Fennica 26, N:o 3. 1903. ') O. F. Müller, Zooloj*ia danica. II. 178«. S. 5. Taf. XLIV, Figg. 1-4. G. Schneider, Die Ichthyotaenien des Finnischen Meerbusens. 17 Die Cirrusscheide ist etwa Vs bis 7^ mal so lang, als das Segment breit ist. Der Cirruskanal verläuft ziemlich gerade und ohne Anschwel- lungen. Im übrigen ist diese Art der vorhergehenden sehr ähnlich, mit der sie gewiss nah verwandt ist. Ichthyotaeiüa percae habe ich nur in Perca fluuiatilis gefunden, sowohl in Exemplaren aus dem Finnischen Meerbusen, als auch aus dem Ober- see bei Reval. In letzterem beobachtete ich im Mai 1904 richtig starke Infektionen von Barschen mit der /. percae. Ein 28,9 cm langes Exem- plar von Perca fluviatilis $, das am 5. Mai im Obersee gefischt wurde, enthielt 196 Exemplare von /. percae im Darm und in den Pylorus- anhängen. Das kleinste Exemplar fand ich an 6. Juli 1903 in einem Pylorus- anhang eines Barsches bei Tvärminne (Zool. Station). Dasselbe war 3,5 mm lang und noch ganz ungegliedert. Die charakteristische Form des Scolex war jedoch, wie Fig. 5 zeigt, schon deutlich ausgebildet, wenn- gleich der Kopf viel kleiner ist, als beim ausgebildeten Wurm. Ichthyotaenia macrocephala Creplin. Diese mit Ichthyotaenia percae offenbar sehr nah verwandte Art ist durch die auffallend kurze Cirrusscheide und den kurzen Cirrus sehr gut charakterisiert. «Penes breves subtilissimi,» heisst es sehr richtig in DiESING's Artdiagnose *). Der Scolex hat einen Durchmesser von etwa 300 //. Der Durch- messer der grossen, tiefen, seitwärts und nach vorn gerichteten Saug- näpfe ist 100 //. Das Scheitelorgan ist, ganz ähnlich wie bei Ichthyotae- nia percae, ein fast kugelförmiges rudimentäres Gebilde, das aus lang- gestreckten Zellen besteht und einen Durchmesser von nur 25 « besitzt. Feine Längs- und Quermuskelfasern habe ich hier jedoch finden können, die mit der äusseren subcuticulären Muskelschicht in Verbindung stehen. Der Hals ist gewöhnlich breit und dorsoventral stark komprimiert. Die Länge des Körpers ist oft sehr bedeutend, bis 40 cm und mehr. *) DiESiNG, Systenia helminthum. I. Vindobonae 1850, pag. 513. 2 18 Festschrift für Palmen. N:o H. An einem 11 cm langen und bis 1,8 mm breiten Exemplar zählte ich ungetähr 200 Segmente, von denen die jüngsten wenigstens fünfmal brei- ler als lang sind. Die mittleren Segmente sind, so lang sie noch unbe- fruchtet sind, gleichfalls breiter als lang. Aber die mit Eiern sich fül- lenden Segmente wachsen zu auffallender Länge heran, welche die Breite bedeutend übertreffen kann. Bei einem 40 cm langen Exemplar, des- sen 400 Uteri fast alle mit Eiern strotzend getüUt waren, zeigte sich der Habitus durch die überall länger als breiten Glieder ganz verändert. Die Ovarien erscheinen, von der Fläche betrachtet, als zwei ebensolche schmale Streifen, wie bei Ichthyotaenia percae. In den mit Uteruseiern stark gefüllten, alten Segmenten werden sie unregelmässig gestaltet, gebogen und etwas gelappt. C i r r u s und Vagina münden unregelmässig alternierend rechts oder links in der Mitte oder einwenig vor der Mitte des Segmentrandes. Der C i r r u s b e u t e 1 ist höchstens V« mal so lang, als das Seg- ment breit ist, in dem er sich befindet, meist aber noch viel kürzer. Der Cirruskanal bildet im proximalen Teil des Cirrusbeutels einige Schleifen und erweitert sich zu einer Vesicula seminalis von 30 fi im Durchmesser und mit einem System sich kreuzender Längs- und Ringmuskelfasern in der Wand. Das Schleifenkonvolut des Vas deferens, welches bei den anderen Ichthyotaenienarlen mit langem Cirrusbeutel in der Mitte des Segments sich befindet, liegt bei /. macrocephala excentrisch an derjenigen Seite, wo der Cirrus aus- mündet. Die Vagina, deren sehr schwacher Sphinctermuskel dicht an der Mündung liegt, zieht als weites Rohr bis zur Mittellinie des Wurmes und dann nach scharfer Biegung als enger Kanal nach hinten, ohne sich zu einem Receptaculum seminis zu erweitern. Der Schluck- apparat ist stark muskulös. Der Keimgang hält bis 20 // in Durch- messer. Der Dotter gang schwillt vor seiner Einmündung in das Ootyp zu einem 30 f£ weiten Bläschen an. Die Dotterstöcke sind voluminös, jedoch wenig kompakt, d. h. man kann schon an Totalpräparaten die einzelnen Drüsen von ein- ander unterscheiden. G. Schneider, Die Ichlhyolacnicn des Finnischen Meerbusens. 19 Die Mündung des Uteringanges und die wohlpräfonnierte ö t e r u s m ü n d u n g befinden sich fast in demselben Querschnitt hinter der Mitte des Segments. Der Uterus treibt bis gegen acht Äste auf jeder Seite. Die H o d e n liegen unregelmässig in 1 bis 2 Schichten, etwa 100 in jedem Segment, und halten bis 150 /, im sagittalen und 75 f, im frontalen Durchmesser. Die beiden ventralen Excretionskanäle halten etwa 9 ^, die beiden dorsalen nur 2,5 ft im Durchmesser. Ichthyofaenia macrocephala wurde nur in Anguilla vulgaris und stets nur in wenigen Exemplaren von mir gefunden. Die drei bisher geschilderten Arten sind sehr nah mit einan- der verwandt, namentlich /. percae und /. macrocephala, und unter- scheiden sich von den beiden nun folgenden Arten, /. esocis n. sp. und /. ambigua DUJ., ausser durch den Besitz des Scheitelorgans, noch durch bedeutendere Grösse und stärkere Muskulatur des ganzen Körpers. Ichthyotaenia esocis Gui. Schn. Von dieser neuen Spezies habe ich überhaupt nur 15 heile Exem- plare erhalten, die alle im Mitteldarm eines 62,5 cm langen Esox lucius $ aus dem Obersee bei Reval in Estland am 30. April 1904 neben 40 Exemplaren von Triaenophorus nodulosus gefunden wurden. Die Länge der kleinen, .schlanken Würmer betrug 1 bis 4,7 cm, die Breite bis 0,6 mm. Die Produktion reifer Eier hatte noch bei keinem Exemplare begonnen. Der Durchmesser des Scolex beträgt ungefähr 140 /v. Die vier halb nach vorn gerichteten, wenig tiefen Saugnäpfe sind .schwach, klein und halten nur bis 50 ,, im Durchmesser. Ein kompaktes, durch eine Membran vom übrigen Gewebe des Scolex abgegrenztes Scheitelorgan, wie es die drei bisher be.schriebenen Arten haben, fehlt bei /. esocis. Vielleicht kann eine schwache Zellverdichtung am Vorderende des Kopfes als letzter Rest des verschwundenen Scheitelorgans gedeutet wer- den. In Fig. 7 ist der Scolex von /. esocis mit einem Teil des Hal- ses nach einem Totopräparat abgebildet. 20 Festschrift für Palmen. N:o 8. Der Scolex geht unmerklich in den flachgedrückten Hals über, der etwa Va der Körperlänge ausmacht. Das grösste Exemplar von 4,7 cm Länge bestand aus 66 erkenn- baren Segmenten. Die jüngsten Segmente sind etwa doppelt so breit als lang, die mittlersten etwas breiter als lang und die hintersten qua- dratisch oder etwas länger als breit. Die intersegmentalen Furchen sind undeutlich. Fig. 6 giebt das Habitusbild eines Exemplares von /. esocis wieder. Die Ovarien erscheinen, von der Fläche gesehen, als zwei rund- liche Ballen in der Nähe des Hinterrandes der Segmente. C i r r u s und Vagina münden unregelmässig alternierend rechts oder links in der Mitte des Segmentrandes. Die Vagina mündet dicht vor dem Cirrus mit einer bulbösen Anschwellung. Hinter dieser, etwa 30 ^ von der Mündung, befindet sich der starke, 15 , ^.., O^i^* '??> li':« '' ^-^. "l-^ 'i? -^' 6 % ,^\ ^, V .,1-7, J^t;.. / Ji^.7 ^ '^^ «•mtr Silfvtr^r Jnr. Nyj C.rtfiika MtKh.. Stoclih Im Uoanycli FESTSCHRIFT FÜR PALMEN. N:o 10. N ITÜl VON DiRMFÄRlSITEN ÜES MENSCHEN IN VON R. SIEVERS. MIT EINER KARTE. HELSINGFORS 1905. Zur Kenntnis der Verbreitung von Darm- parasiten des Menschen in Finnland. Von jB. Sievers. Das Studium der menschlichen Darmparasiten eines Landes bietet nicht nur ein faunistisches Interesse, sondern berührt auch man- cherlei Fragen allgemeiner Art, die in nahem Zusammenhange stehen mit der geographischen Beschaffenheit des Landes, dem Auftreten ge- wisser Krankheiten, dem Gesundheitszustande der Bevölkerung, ihren Nahrungsmitteln und Lebensgewohnheiten, dem Import und der Kon- trolle von Nahrungsmitteln und dergl. mehr. Es schien mir daher von Interesse zu sein eine Übersicht, wenn ich so sagen darf, der Darm- fauna in Finnland zustande zu bringen. Für eine solche Zusam- menstellung benutzte ich teils die allerdings nicht zahlreichen dies- bezüglichen Arbeiten einheimischer Ärzte und Zoologen, teils die Erfah- rungen, welche die gegenwärtigen Ärzte des Landes auf diesem Ge- biete besitzen. Um in den Besitz der letzteren zu gelangen, sandte ich an die Kollegen des Landes kurze Fragebogen bezüglich der in Finnland vorkommenden Parasiten, und hatte die Genugtuung von etwa 250 Ärz- ten Antworten zu erhalten, welche die meisten Kreisarztdistrikte und Gemeinden des Landes berühren. Die Zusammenstellung, welche ich auf Grund des derartig zusammengebrachten Materiales machen konnte, dürfte die gegenwärtige Beschaffenheit der Darmfauna annähernd wie- dergeben. Sie wird selbstverständlich wesentlich ergänzt und vervoll- ständigt werden, nachdem sich die Aufmerksamheit der Ärzte dieser Frage einmal zugewandt hat. So sind in letzter Zeit dadurch neue Tat- sachen an den Tag gebracht worden, dass die Ärzte des Landes sich 4 Festschrift für Palmen. N:o 10. während ihrer Studienzeit an der medizinischen Klinik zu Helsingfors gewöhnt haben, bei der Diagnose von Krankheiten des Darmkanales die Hilfe des Mikroskops in Anspruch zu nehmen. Die Darmfauna verändert natürlich ihr Aussehen, z. B. dadurch, dass die Bevölkerung, aufmerksam gemacht auf die Gefahren des Ge- nusses gewisser, auf ungenügende Weise zubereiteter Nahrungsmittel, ihre Lebensgewohnheiten ändert, ferner durch den Erlass neuer Ge- setzbestimmungen inbezug auf den Import gewisser Lebensmittel, wie Speck, Fleisch etc., oder andererseits durch ungenügende Sorgfalt bei der Kontrolle der Nahrungsmittel. So findet man schon aus dem jetzt zugängigen Materiale, dass beispielsweise die Verbreitung der Tae- nia saginata früher eine andere war als zu gegenwärtiger Zeit. Die gegenwärtige Darmfauna ist in Bezug auf die Zahl der Arten nicht reich. Bisher sind nur folgende 14 Arten angetroffen worden : I. Protozoa. Amoeba coli LÖSCH. Lamblia intestinalis LAMBL. Cercomonas hominis DAVAINE. Monocercomonas hominis GRASSI. Trichomonas intestinalis LEUCKART. Balantidium coli MALMSTEN. II. Flathelminthes. B. Cestodes. Taenia solium RUDOLPHI. Taenia saginata GOEZE. Taenia echinococcus v. SiEBOLD. Bothriocephalus latus LlNNI^. R. Sievers, Verbreitung von Darmparasilen des Menschen in Finnland. III. Nematodes, Trichocephalus dispar RUD. Trichina spiralis OWEN. Ascaris lumbricoides L. Oxyuris vermicularis. L. Was den Reichtum an Arten betrifft, ist somit die Darmfauna nicht umfassend. Dafür besitzt einer dieser Darmparasiten hier so all- gemeine Verbreitung wie vielleicht in keinem anderen Lande. Wie aus nachstehender Arbeit ersichtlich ist der Bothriocephalus latus über das ganze Land verbreitet und nicht selten die Ursache einer gefährlichen Erkrankung des Blutes, der Anaemia perniciosa bothriocephalica. Die grosse Verbreitung dieses Wurmes steht im Zusammenhang mit unse- ren ausgedehnten Küsten und Seen und den an und in denselben vor- kommenden Fischarten, welche die Zwischenstadien desselben, die sog. Plerozerkoiden, enthalten. Diese infizierten Fischarten, Hecht, Quappe, Barsch, wahrscheinlich auch die in Finnland sogenannte »Muikka«, »Siklöja«. {Coregonus albula), und vielleicht andere Arten der Gattungen Coregomis und Salmo, bilden bekanntlich eine hauptsächliche Nahrung unserer Bevölkerung, welche sie in wenig zubereitetem Zustande, an der Sonne getrocknet, wenig oder leicht gesalzen, schlecht geräuchert u. s. w., verzehrt. Besonders ist die Bevölkerung unserer östlichen und mitt- leren Landesteile auf Fischnahrung angewiesen, welche in der oben- erwähnten Zubereitung genossen wird. Die zweite Bandwurmart ist die Taenia saginata oder T. medio- canellata. Sie war vor einigen Jahrzehnten eine grosse Seltenheit bei uns, scheint aber jetzt in starker Zunahme begriffen zu sein, was auf der Überhand nehmenden Sitte beruht, das Rindfleisch, in welchem die Zwischenstadien dieses Wurmes anzutreffen sind, roh oder ungenügend zubereitet zu verzehren, oder vielleicht eine Folge der Anwendung aus anderen Ländern importierten Rindfleisches ist. Für Rindfleisch aus 6 Festschrift für Palmen. N.o 10. Russland existiert bekanntlich bei uns ein Einfuhrverbot. Der dritte bei uns vorkommende Wurm, Taenia soliuni und seine für die Gesund- heit des Menschen äusserst gefährliche, im Schweine lebende Finnen- form Cysticercus cellulosae ist allerdings auch in Zunahme begrif- fen, glücklicherweise aber doch noch nicht besonders allgemein. Ein Verbot gegen den Import von Schweinefleisch aus unserem östlichen Nachbarlande, wo dieser Parasit nicht ganz selten sein dürfte, besteht nicht. Eine sorgfältige Überwachung des feil gehaltenen Schweine- fleisches müsste ausgeführt werden, um die weitere Verbreitung dieses Parasiten zu verhindern. Trichina spiralis und die durch diesen Parasiten erzeugte Trichi- nose, welche in vielen Ländern von ernster Bedeutung ist, kommt bei uns nicht vor. Soweit mir bekannt, ist dieselbe hier nur einmal kon- statiert worden und zwar nach dem Genüsse infizierten Schinkens aus St. Petersburg, von wo, wie schon erwähnt, der Import von Schweine- fleisch gestattet ist. Dagegen sind in unserem Lande Kontrollstationen eingerichtet worden, um die Einfuhr von Trichinen durch amerikanisches Schweinefleisch, welches häufig solche enthält, zu verhindern. Die Echinococcus-Krankheit, welche durch Finnen der im Darm- kanale des Hundes lebenden Taenia echinococcus hervorgerufen wird, ist gleichfalls in Finnland eine grosse Seltenheit. Die meisten Fälle betrafen Personen aus den östlichen Teilen des Landes, von denen mehrere Russen waren oder sich in Russland oder auf russischen Fahr- zeugen aufgehalten hatten. Immerhin fand sie sich genügend oft, um als Warnung gegen einen zu intimen Umgang mit Hunden zu dienen, wie Kinder ihn mit kleinen als Spielkameraden dienenden Luxushun- den zu haben pflegen oder Koch- und Schiffsjungen mit den Hunden, die sie als Kojenkameraden an Bord von Schiffen mit sich führen. Ich habe mich oft darüber gewundert, dass diese Echinococcus-Krank- heit nicht häufiger bei der Bevölkerung von Hogland und Lavansaari angetroffen wird, wo jeder Hof und jedes Haus Hunde hält. Vielleicht beruht dieses darauf, dass die Hunde dort, wie ich mich selbst über- zeugen konnte, nicht in so intime Berührung mit der Bevölkerung kommen, wie oben angedeutet wurde. R. Sievers, Verbreitung von Darmparasiten des Menschen in Finnland. 7 Ein ganz besonderes Interesse erbietet die Verbreitung des Balan- tidiiim coli. Dieses, welches bei uns zuerst von RUNEBERG bei Pa- tienten der medizinischen Klinik zu Helsingfors nachgewiesen wurde, und das hauptsächlich in Schweden, Russland und Finnland, in ande- ren Ländern aber wenig, angetroffen wurde, scheint, wie aus dem nach- stehenden Berichte ersichtlich, keine so grosse Seltenheit zu sein, wie man Grund hatte anzunehmen. Zur Entdeckung desselben trägt, wie erwähnt, die mikroskopische Untersuchung bei, welche von der gegen- wärtigen Ärztegeneration zur Erforschung ätiologischer Momente bei Darmstörungen angewandt wird. Dass dieser Parasit eine pathogene Bedeutung hat, ist bei uns festgestellt worden, doch scheint es dass er, wie aus dem Folgenden hervorgehen dürfte, im Darmkanal des Men- schen auch als harmloser Parasit vorkommen kann. Was die übrigen bei uns gefundenen Protozoen betrifft, so ist es zweifelhaft, ob sie stets eine pathogene Bedeutung haben ; sie bilden ge- wiss viele Male Nebenbefunde bei bestehendem Darmkatarrh. Ihr Vor- handensein ist bei uns nicht oft konstatiert worden, was teils in der Umständlichkeit einer gründlichen diesbezüglichen Untersuchung, teils in der Schwierigkeit einer sicheren Artbestimmung seinen Grund hat. Es ist schliesslich bekannt, dass man im Darmkanale des Men- schen Larven von Fliegen und anderen Insekten gefunden hat. Ich habe das Vergnügen gehabt, einige derartige Sendungen von geehrten Kollegen zu empfangen, und habe auch selbst solche von Patienten er- halten mit der Angabe, dass die mitgebrachten Tiere aus ihrem Darm- kanal stammten. In sämtlichen Fällen Hess sich jedoch nicht mit völ- liger Gewissheit die Möglichkeit ausschliessen, dass diese Tiere von aussen her in die Fäces hereingeraten waren, umsomehr, als es sich zuweilen um Patienten handelte, welche bei der Aufsammlung des Fundes nicht die nötige Kritik besassen. Ich glaubte daher diese un- sicheren Fälle ausschliessen zu müssen. Schliesslich habe ich der Arbeit eine Karte beigefügt, welche die Verbreitung von Bothriocephalus latus in Finnland zeigt. Nach dieser kurzen orientierenden Übersicht über die bemerkens- wertesten Darmparasiten bei uns und der Andeutung über ihre Bedeu- 8 Festschrift für Palmen. N:o 10. tung, gehe ich auf einen eingehenden Bericht über die Verbreitung der verschiedenen Arten in Finnland über. Amoeha coli Loesch 1875. Über dieses Protozoon, welches wahrscheinlich wohl häufiger vor- kommt, wenngleich es nicht beobachtet worden ist, findet sich in der Litteratur unseres Landes nur eine Angabe. M. BJÖKKSTl^N ^) fand sie 1897 bei einem in die Kinderklinik aufgenommenen, 4-jährigen Mäd- chen mit langwieriger blutiger Diarrhoe im Verein mit Monocercomonas hominis GRASSI und Megastoma entericum GRASSl. Hingegen habe ich von den Kollegen brieflich von mehreren Seiten Angaben über das Vor- kommen derselben erhalten. So hat O. SCHAUMAN sie zweimal bei Patienten der Diakonissenanslalt zu Helsingfors beobachtet, R. LÖFQVIST fand sie »einige Male« bei Patienten aus derselben Stadt, desgleichen V. SIPILÄ ebendaselbst bei einem 16-jährigen Patienten. V. DAHLBERG traf sie vier Mal in St. Andreae und J. A. LEVONIUS beobachtete sie bei einem 61-jährigen Bauern aus Alajärvi, welcher gleichzeitig Balanti- dium coli beherbergte. Lamblia intestinalis (Lambl) 1859. Syn. Cercomonas intestinalis LAMBL 1859. — Hexamita duodenalis DAVAINE 1875. — Dimorphis muris GRASSI 1879. — Megastoma enteri- cum GRASSI 1881. — Megastoma intestinale BLANCH. 1886. Unter den im Darmkanal des Menschen lebenden, ihrer Art nach meist schwer zu bestimmenden, Flagellaten, ist das in Rede stehende Megastoma entericum wie es in den medizinischen Arbeiten meistens genannt wird, am leichtesten zu erkennen. Die ersten Angaben über •) Björkst]£n, Max, Fem fall af kroniskt diarr6 med protozoer i uttöm- ningarna. Finska Läkaresällsk. Handl, Bd. 40, 1898. (Auch erwähnt im Protokoll vom 27/XI. 1897 im Bd. 40, S. 40). R. Sievers, Verbreitung von Darmparasiten des Menschen in Finnland. 9 das Vorkommen desselben bei Menschen in unserem Lande lieferten SiEVERS und AXEL von BONSDORFF i), welche 1895 in den Verhandlun- gen der finnischen Arzlegesellschaft einen Bericht veröffentlichten über einen im Marienkrankenhause zu Helsingfors befindlichen 19-jährigen Jüngling, in dessen Darmkanal dieser Flagellat und ausserdem Balan- tidium coli und Bothriocephalus latus angetroffen wurde. Dem Artikel ist eine Abbildung des Parasiten beigefügt. Einige Jahre später, 1897, wurde derselbe von M. BJÖRKST:6n 2) und Levander ^) in den dünnen Ausleerungen von 5 Kindern — 4 derselben befanden sich in der Kin- derklinik — beobachtet, wobei letzterer gewisse Abweichungen dessel- ben beschrieb. Gleichzeitig teilte RUNEBERG ^) in der finnischen Aerzte- gesellschaft zwei auf der medizinischen Klinik aufgenommene Fälle von Infusoriendiarrhoe mit, bei denen er »Cercomonas intestinalis JOHN WINTER. Ein in Jaakkima wohnhafter Seemann von einer russischen Barke," hatte einen Echinococcus- tumor in der Leber, weswegen er in Petersburg ope- ') Finska Läkaresällsk. Handl. Bd. 34. 1892. S. 800. (Protokoll vom 24/IX. 1892). *) KoLSTER, R., Bidrag tili kännedomen af echinococeustumörer jämte be- skrifning öfver ett fall coenurus hos svin. Finska Läkaresällsk. Handl. Bd. 35. 1893. S. 198. ») Finska Läkaresällsk. Handl. Bd. 36. 1894. S. 865. (Protokoll vom 13/X. 1894). R. Sievers, Verbreitung von Darmparasiten des Menschen in Finnland. 33 riert wurde; er starb daselbst und der Totenschein gab diese Krankheiten. Nykyrka, B. A. HENR1C8S0N. Ein russischer Kaufmann, der kurze Zeit in Terijoki lebte, hatte einen Echinococcustumor in der Leber; die Diagnose wurde durch die Operation (in St. Petersburg?) bestätigt. Die übrigen Teile des Landes. Helsingfors, T. LAITINEN. Hat einen Fall von Leberechinococcus bei einem Manne beobachtet; bei der Punktion wurden Haken angetroffen. Gamla-Karleby, E. F. STAUDINGER. Hat einen Fall von Leberechino- coccus in der Landgemeinde von Gamla-Karleby beo- bachtet; der Fall betraf einen 52-jährigen Mann, der 1898 von Staudinger mit gutem Erfolg operiert wurde und angab, von Hunden geleckt worden zu sein. Nivala, F. DiCKSTRÖM. Eine 25-jährige Bauerntochter hatte rechts im Bauche einen fluktuierenden Tumor, in dessen Inhalt nach der Incision Haken gefunden wurden. Die Patien- tin, deren Lebergegend stark aufgetrieben war, und welche secernierende Fisteln rechts im Bauche hatte, starb nach 3 — 4-monatlicher Krankheit. Wie aus dem Obigen hervorgeht, betrafen die meisten Echinococcus- fälle bei uns, nicht weniger als 7, Personen aus den östlichen Teilen des Landes, speziell aus dem Gouvernement Viborg. Mehrere waren Rus- sen oder hatten sich in Russland und auf russischen Fahrzeugen auf- gehalten. Aus vielen der Fälle ergiebt sich, dass die Infektion durch intime Berührung mit Hunden zustande gekommen war, bei denen dieser Bandwurm bekanntlich völlig entwickelt vorkommt. Bothriocephalua latus (L. 1748). Es dürfte sich kaum ein Land auf der Erde finden, welches ein so reichliches Vorkommen und eine so weite Verbreitung von Bothrio- 34 Festschrift für Palmen. N:o 10. cephalus latus zeigt wie Finnland. Die Ursachen sind wohl darin zu suchen, dass dieses Land im Westen und Süden ausgedehnte Küsten besitzt, umspült vom Bottnischen und Finnischen Meerbusen, und dass es im Inneren eine unzählige Menge kleiner und grosser Wassersysteme einschliesst, und dass sich an diesen Küsten und in diesen Seen Fischar- ten finden, die mit den Zwischenstadien dieses Bandwurms, den sog. Plerozerkoiden, infiziert sind, und schliesslich, dass diese Fischarten eine hauptsächliche Nahrung der Bevölkerung F'innlands bilden. Hierzu kommt noch der Umstand, dass die Bevölkerung, besonders in den öst- lichen und mittleren Teilen des Landes, diesen Fisch ungenügend zu- bereitet verzehrt, roh (»grav»), schwachgesalzen, in der Sonne gedörrt, u. s, w., Zubereitungsweisen, die nicht geeignet sind die Plerozerkoiden zu vernichten. So fand beispielsweise BRAUN in Dorpat in geräucher- ten Hechten lebendige Plerozerkoide. Erinnert man sich noch, dass reichlich mit Bothriocephalus-Eiern gemischte Fäkalien von unseren Wohnstätten hinab zu nahen Bächen, Flüssen und Seen gelangen, so begreift man, wie gross die Gefahr ist, dass die gesamten Fische dieser Gewässer infiziert werden. Bekanntlich ist durch die Untersuchungen BRAUN's festgestellt wor- den, dass der Mensch den breiten Bandwurm durch Verzehren von Fisch erhält, der mit den Larven desselben infiziert ist, und fand der genannte Forscher das Zwischenstadium, die sog. Plerozerkoide, dieses Wurmes beim Hechte [Esox lucius) und der Quappe {Lota nulgaris). Ausserdem sind diese Zwischenstadien noch gefunden worden beim Barsch [Perca fluviatilis), bei Lachsarten [Salmo umbla), bei Trutta vulgaris und Trutta lacustris, bei Thymallus vulgaris und Onchorynchus perryi, einer Fischart, welche mit pikanter Sauce roh in Japan genossen wird, in welchem Lande, wie bei uns, Bothriocephalus latus viel vorkommt. Von speziellem Interesse für uns sind die von LÖNNBERG gemachten Funde von Plerozerkoiden des breiten Bandwurmes bei Coregonus- Arten {C. lavaretus) und bei »muikkat oder »siklöjan» (C. albula), die im Mä- larsee und in Norrland gefangen worden waren. ^) ') Braun, M., Die Ihierischen Parasiten des Menschen- Würzburf» 1895. MosLER, F. und Peiper, E., Thierische Parasiten. Zweite Auflage. Wien 1904. (Nothnagels Handbuch der sp. Pathologie und Therapie. Bd. VI). R. Sievers, Verbreituny von Darmparasilen des Menschen in Finnland. 35 Wie man sieht, sind es meist solche Fischarten, welche eine haupt- sächliche Nahrung der Bevölkerung Finlands bilden. Interessant sind daher die Tatsachen, welche auch unsere Zoologen inbezug auf den F'und von Plerozerkoiden dieses Bandwurms bei unseren gewöhnlichen, als Nahrung dienenden Fischarten, festgestellt haben. So fanden LE VANDER 1) und SCHNEIDER 2) das Finnenstadium dieses Wurmes bei Hechten {Esox lucius), welche am nördlichen Strande des Finnischen Meerbusens gefangen worden waren; letzterer sagt in einer kürzlich er- schienenen Arbeit über die Helminthenfauna des Finnischen Meerbu- sens ^), dass er auf der zoologischen Station Palm:^N's bei Tvärminne an der Pojo-Bucht »in den Hechten Larven von Bothriocephalus latus sogar recht häufig» getroffen habe. LEVANDER hat ausserdem das Zwi- schenstadium des breiten Bandwurmes bei dem in unserem Lande ebenso allgemein verbreiteten Barsch {Perca fluviatilis) und auch beim Kaulbarsch {Acerina cernua) gefunden, welchen die Wissenschaft früher nicht als einen der Zwischenwirte dieses Bandwurms kannte. Ferner hat LUTHER*) im Mesenterium und Darme des Hechtes {Esox lucius) aus Gewässern im Inneren des Landes, in Keitele und andern kleineren Gewässern derselben Gegend, zahlreiche Larven von Bothriocephalus latus gefun- den. Interessant wäre es derartige Untersuchungen inbezug auf den »muikka» oder »siklöjan» {Coregonus albula) bei uns zu haben, da dieser ja in den östlichen Teilen unseres Landes so viel als Nahrungsmittel zur Anwendung gelangt und gerade hier Bothriocephalus latus in be- sonders grosser Menge vorkommt Wie oben erwähnt, sind die Plero- *) Levander, K. M., lakttagelser om fiskars födoämnen och parasitmaskar i nägra grunda hafsvikar i KjTkslätt socken. Fiskeritidskrift för Finland. 1901. S. 197 und 1902. S. 24. *) Schneider, G., Ichthyologische Beiträge. III Über die in den Fischen des Finnischen Meerbusens vorkommenden Endoparasiten. Acta Societatis pro Fauna et Flora Fennica. Vol. 22. 1902. ^) Schneider, G., Beiträge zur Kenntnis der Helminthenfauna des Finnischen Meerbusens. Acta Societatis pro Fauna et Flora Fennica. Vol. 26. 1904. ") Luther, A., Anteckningar rörande liskfaunan i Keitele sjö och nägra smärre vatten i dess omgifning. Fiskeritidskrift för Finland. N:o 5 u. 6. 1902. 36 Festschrift für Palmen. N:o 10. zerkoide des breiten Bandwurmes in Schweden bei dieser Fischart gefunden worden. Es ist natürlich, dass das reichliche Vorkommen von Bothriocepha- iiis latus der Bevölkerung zum Schaden gereicht. Allbekannt ist es, wie häufig Darmstörungen, Anaemie, Schwächezustände ihre Ursache im Vorhandensein dieses Bandwurmes haben. Desgleichen wissen wir nun- mehr, dass die schwere Krankheit, Anaemia perniciosa bothrioce- phalica, welche bei uns ja so häufig vorkommt, ihre Entstehung der An- wesenheit dieses Bandwurmes im Darmkanale des Menschen verdankt. Durch wissenschaftliche Arbeiten aus unserem Lande ist auch die Auf- merksamkeit auf die Bedeutung dieses Bandwurmes als aetiologisches Moment für die Entstehung der perniciösen Anaemie gelenkt worden, und ist durch RUNEBERG's ^) und speziell SCHAUMAN s ^) eingehende Unter- suchungen die Bedeutung dieser Aetiologie sichergestellt worden. Dank den vielen Antworten, welche ich von mehreren hundert Kollegen, aus den meisten Kreisarztdistrikten und Gemeinden des Lan- des empfangen habe, war es mir möglich, mir eine Vorstellung von der enormen Ausbreitung von Bothriocephalus latus in Finnland zu bilden. Kurz gesagt, derselbe ist über das ganze Land verbreitet, von der Süd- küste bis hinauf nach Muonioniska und Enontekis nahe dem 69^ n. Br. und von der Westküste bis zum Ladoga und der russischen Grenze im Osten. Hauptsächlich findet er sich in der Umgebung der Gewässer besonders der östlichen und mittleren Teile des Landes, um den Pielis- järvi herum, an den weit ausgedehnten Wassermassen des Saima mit seinen zahlreichen Systemen und Verzweigungen, an den Gewässern des Keitele, Päijänne und Näsijärvi sowie in den Gebieten des Ladoga und auf der Landenge zwischen diesem See und dem Finnischen Meerbusen. Desgleichen findet er sich allgemein, doch nicht so reichlich wie in den erwähnten Gebieten, auf dem ausgedehnten Küstenstriche des Landes, von Systerbäck an der russischen Grenze an bis nach Abo und Aland und von hier nach Norden hinauf bis nach Torneä an der schwedischen ') Runeberg, J. W., Bothriocephalus latus och pernieiös anaemi. Finska LäkaresälLsk. Handl. Bd. 29. 1887. ■) ScHAUMAN, O., Zur Kenntniss der sogenannten Bothriocephalus-Anaemie. Helsingfors 1894. R. Sievers, Verbreitung von Darmparasiten des Menschen in Finnland. 37 Grenze. Gleichwohl giebt es einige Gebiete im südwestlichen Teile des Landes und speziell im südlichen österbotten, wo der Wurm nicht so allgemein ist, und zwar sind dies die Gemeindebezirke von Kankaanpää, Honkajoki, Kauhajoki, Jalasjärvi, östermark, Ilmola, Lappo, Kauhava, Alavo, Töysä, Kuortane, Vetil u. a., welche, wie ein Blick auf die Karte zeigt, keine Seen und Flüsse besitzen. Wie erwähnt, kommt der Bothriocephalus latus am meisten in der Umgebung der grossen Gewässer im mittleren und östlichen Teile des Landes sowie auf der Landenge zwischen dem Ladoga-See und dem Finnischen Meerbusen vor. Von besonderem Interesse ist die Angabe von E. ,1. WARltN in Saarijärvi, dass der Bandwurm in Gegenden mit grossen und fischreichen Seen allgemein zu finden ist, in Gebieten ohne Seen hingegen nicht so allgemein. In dieser Hinsicht erscheinen mir die Angaben von P. Z. COLLAN aus seinem Distrikte in nördlichen Satakunta äusserst aufklärend. Im südlichen Teile des Distriktes liegen die Ge- meinden Lavia und Pämark und im östlichen Teile Jämijärvi, die alle wasserreich sind, und in diesen Gegenden kommt Bothriocephalus latus teils allgemein, teils vielleicht etwas weniger allgemein vor. In den beiden nördhcher gelegenen Gemeinden, Kankaanpä und Honkajoki fin- det sich, wie aus der Karte ersichtlich, kein Wasser; in dem den was- serreichen Gebieten zunächst liegenden Kankaanpä kommt der Wurm weniger allgemein vor, in dem noch nördlicher, weiter vom Wasser be- findlichen Honkajoki, wird er recht selten angetroffen. Die Verbreitung des Bothriocephalus latus an den ausgedehnten Seen des mittleren und östlichen F'innlands wird von mehreren Beobach- tern auf besondere Weise charakterisiert. So äussert sich z. B. C. G. Bremer über die Verbreitung derselben in dem mitten im Archipel des Saimen gelegenen Rantasalmi »man kann ohne Gefahr der Über- treibung sagen, dass jeder erwachsene Mensch davon belästigt wird». Er fügt die Angabe hinzu, dass der Apotheker des Ortes 10 Kilo Kamala jährlich verkaufte, d. h. ebenso viel, wie die ganze Stadt Tammerfors jährlich verbraucht. Von demselben Rantasalmi sagt S. WILEN, dass mindestens '^/s der Bevölkerung mit dem in Rede stehenden Parasiten behaftet ist. N. J, ARPPE in Willmanstrand führt an, dass er bei der mikroskopischen Untersuchung der Fäces von 100, an anämischen, dys- 38 Festschrift für Palmen. N:o 10. peptischen und neurasthenischen Beschwerden leidenden Patienten 76 Mal Eier von Bothriocephalus latus fand; einer hatte Eier von Ascaris lumbricoides und 23 waren frei von Wurmeiern. G. PALANDER aus Jyväskylä teilt mit, dass er, der sein Arbeitsfeld am Wassersystem des Päijäne hat, mikioskopisch das Vorkommen von Bothriocephalus latus bei jedem fünften Patienten nachgewiesen hat; in dem unter seiner Lei- tung stehenden Krankenhause in Jyväskylä, wo fast alle Patienten auf ßo- thriocephalus-Eier hin mikroskopisch untersucht werden, zeigte es sich, dass jeder 4. — 5. Patient an diesem Bandwurm leidet. Die Anaemia per- niciosa bothriocephalica ist daselbst auch eine höchst gewöhnliche Krank- heit. Aus Kuopio teilt G. F0RST:^N mit, dass er bei mikroskopischer Untersuchung der Schüler und Schülerinnen der untersten Klassen des finnischen Gymnasiums 48 "/o derselben mit dieser Wurmart behaftet fand. In Ilomants findet man dieselbe nach O. LaCKSTEÖM fast bei allen mit Ausnahme ganz kleiner Kinder. Auch aus dem Ladogagebiete finden sich Angaben, welche die Häufigkeit des breiten Bandwurmes illustrieren. A. FABRITIUS aus Jääskis sagt, dass derselbe im Distrikte so allgemein ist, dass fast jede zweite Person, recht häufig selbst ganz kleine Kinder, damit behaftet sind. K. R. IGNATIUS ist der Ansicht, dass »wenigstens jede 3. Person in der Umgegend von Kexholm» von Bothriocephalus angegriffen ist, und I. Levison schreibt aus Sakkola, an der Mündung des Vuoksen in den Ladoga, dass er fast bei jeder Person vorkommt. Aus Kivinebb, auf derselben Landzunge an der russischen Grenze, teilt HJ. GORSCHELNIK mit, dass Bothriocephalus latus daselbst so allgemein ist, dass »jeder Patient seine Leiden davon her- leiten zu müssen glaubt; man trifft dort kaum Jemand, der nicht aus eigener Initiative eine Bandwurmkur gebraucht hat.» Mikroskopische Detailuntersuchungen aus diesen Gegenden liegen gleichfalls vor. So hat W. DAHLBERG in St. Andreae 2753 Untersuchungen von Fäces an- gestellt, die er mit einem Metallöff'el dem Rektum entnahm, und dabei in nicht weniger als 54 "/o der Fälle Bothriocephalus-Eier gefunden. Es verdient auch hervorgehoben zu werden, dass Ärzte, welche früher ihr Wirksamkeitsgebiet in diesen östlichen Teilen des Landes hatten, später aber mehr nach Westen verzogen waren, speziell in gewissen Gegenden von Österbotten, von selbst den grossen Unterschied inbezug auf die R. Sievers, Verbreitung von Darmparasiten des Menschen in Finnland. 39 Frequenz von Bothriocephaliis latus zwischen den östlichen und west- lichen Teilen des Landes betont haben. Bekanntlich liegen auch im Druck Prozentzahlen inbezug auf das Vorkommen von Bothriocephalus aus anderen Teilen des Landes vor. So hat RUNEBERG ^) bei der Untersuchung von 52 gleichzeitig auf der medizinischen Klinik zu Helsingfors befindlichen Patienten, in 13 Vo der Fälle Bothriocephaliis-Eier gefunden; SCHAUMAM ^), bei der Unter- suchung von 208 daselbst aufgenommenen Patienten in 18,3 % und Klimenko ^) bei Untersuchung von 961 in Finnland wohnhaften Personen bei nicht weniger als 26,8 Vo. Die Ursache, weshalb man in den mittleren und östlichen Teilen des Landes Bothriocephalus latus reichlicher antrifft als in den west- lichen, liegt nicht nur in den hier befindlichen reichen Wassersystemen, von deren Fischarten die Bevölkerung sich nährt, sondern hängt wohl auch von der Art und Weise ab, wie die betreffenden Fischarten zube- reitet werden. In diesen Gegenden dürfte das Volk gewöhnlich von sonnengedörrtem, rohem (»grav») oder leicht gesalzenem Fisch leben, welche Zubereitungsweise offenbar die Plerozerkoiden nicht vernichtet, die sich in den in diesen Gewässern gefangenen Fischarten gewiss vor- finden. Mir sind die Lebensgewohnheiten und die Speisenzubereitungs- weisen der Bevölkerung dieser Gegenden nicht genügend bekannt, um näher auf dieses Thema eingehen zu können, welches sicher ein ge- wisses soziales Interesse erbieten würde. Besondere Beachtung verdienen, wie früher erwähnt, die Gegenden unseres Landes in denen der breite Bandvurm nicht allgemein vorkommt. Solche finden sich vornehmlich in Süd-Österbotten und im nördlichen Satakunta, sowie an einigen Stellen von Südwest- und Süd-Finland. ') Runeberg, J. W., Bothriocephalus latus och pernieiös anaemi. Finska Läkaresällsk. Handl. Bd. 29. 1887. -) ScHAUMAN, O , Zur Kenntniss der sogenannten Bothriocephalus-Anäraie. Helsingfors 1894. S. 193. Die Fussnote. ScHAUMAN, O. und Grönberg, John, Utöfvar den breda bandmasken nägot inflytande pa magsaftsekretionen? Hygiea. 1894. S. 420- 0 Crt. nach Schauman. 40 Festschrift für Palmen. N:o 10. In dieser Hinsicht liegen folgende Angaben vor: Nördliches Sa t a k u n t a und österbotten. Tavastkyrö, J. H. WüORINEN. Ziemlich selten; im letzten Jahre 18 Fälle. O r i V e s i, K. M. KARPPl. Nicht allgemein. » EDVIN ROOS. In den an Vilppula grenzenden Teilen dieser Gemeinden und in Ruovesi nicht allgemein. K e u r u, N. J. ARPPE, Äusserst selten. Virdois, J. K. RAPOLA. Spärlich. Honkajoki, P, I. COLLAN. Recht selten. K a u h a j o k i, O. MATIKAINEN. In 1 V2 Jahre nur 2 Fälle beobachtet, auch diese bei eingewanderten Personen, der eine aus Nykyrka im Viborg' sehen Gouvernement, der andere aus Kalvola, im Tavastehus' sehen Gouvernement. > HJ. GORSCHELNIK. Äusserst spärlich. Östermark, O. MATIKAINEN. Nicht allgemein. Ilmajoki, L. M. CaSTR^N. Einige Fälle jährlich. Seinäjoki, L. M. Castren. Einige Fälle jährlich. Jalasjärvi, M. von PFALER. Nicht besonders. » N. Emeleus. Äusserst wenig. Alavo, Töysä, Ätsäri und K u o r t a n e, K. R. IGNATIUS. Kommt nur wenig vor; nur 4 sichere Fälle unter etwa 500 Patien- ten; einer derselben stammt aus Pielisjärvi. » J. FR. HUTTUNEN. Sehr selten. Lappo, G. A. Rackman. Selten. 1 J. A. LEVONIUS. Ziemlich spärlich. (Im nahegelegenen Lappa- järvi, welches einen grossen See besitzt, etwas allgemeiner). K a u h a V a, O. RLÄFIELD. Recht spärlich bei der stationären Revölkerung; hauptsächlich bei dem Teile derselben, welcher Rerüh- rung mit den Küstengegenden hat, oder sich an anderen Orten aufhielt. Vetil, K. J. ALARIK Hartman. Selten. (Im benachbarten Evijärvi, das einen See hat, mehrere Fälle beobachtet). R. Sievers, Verbreitung von Darmparasiten des Menschen in Finnland. 41 K a n n u s, K. WANGEL. Nicht allgemein. Y 1 i V i e s k a, A. BOSTRÖM. Nicht allgemein. Ka 1 a j o k i, W. LINDMAN. In 14 Jahren 108 Fälle heobachtet (Minimum 4, Maximum 15 Fälle im Jahr). Pudasjärvi, W. LINDMAN. Nicht so allgemein als im Distrikt Kalajoki. Sämtliche genannten Orte sind, wie aus der Karte ersichtlich, im Innern des Landes gelegen, ohne Nähe von Gewässern. Daher bietet sich der Bevölkerung wohl keine Gelegenheit, unvollständig zubereiteten Fisch zu verzehren, wodurch sie der Infektion entgeht. Die südwestlichen Teile des Landes. Von gewissen Orten dieses Landesteiles haben einige Kollegen be- stimmte Angaben über die Seltenheit von Bothriocephalus latus eingesandt. B j e rn o, C. G. BREMER. Kommt bei den höheren Ständen und ihren Dienstleuten vor, aber nicht beim Volke. Inga, G. Saltin. »Es ist aufifallend, dass in Inga, wo ich 6 V2 Jahre gelebt habe, Bothriocephalus latus bei der Ortsbevölke- rung so gut wie absolut fehlte, während er in grosser Menge bei Eisenbahnarbeitern und ihren Familien anzu- treffen war. Diese Personen stammten meist aus den inneren Teilen des Landes.» Somero, A. A. TÖRNSTRÖM. Sehr selten. P u n k a 1 a i t i o, O. A. HORNBORG. Hat ihn ein Mal bei einer Person angetroffen, die ihn aus einem anderen Orte importiert hatte. H V i 1 1 i s, L a u 1 1 a k y 1 ä, R. RÄIHÄ. Hat in den letzten 2 Jahren nur einige vereinzelte Fälle gesehen. (Andere Beobachter haben ihn dort jedoch häufiger gefunden). Lampis, Tuulois und K o s k i s, K. J. CORELL. Kommt nicht all- gemein vor. H. HOLMSTRÖM gibt ihn gleichwohl als allgemein vorkommend in den Gemeinden Lampis und Koskis an. 42 Festschrift für Palmen. N:o 10. O r i m a 1 1 i 1 a, A. J. War6n. Nicht allgemein, im Gegenteil sehr spärlich. K y r k s 1 ä 1 1, K. O. LlNDlßN. Nicht allgemein. Inbezug auf die obengenannten Orte in Süd-Finnland gilt in der Hauptsache dasselbe, was von den in Österbotten gelegenen nicht Bo- thriocephalus-re\chen Gegenden gesagt wurde; es fehlt ihnen Wasser, und die Bevölkerung nährt sich infolge dessen nicht so viel von rohem oder leicht gesalzenem Fisch. Trichocephalus dispar Rud. 1801. Syn. Tr. hominis SCHRANK 1788. — Ascaris trichiura L. 1771. Ueber diesen Nematoden, welcher auf dem ganzen Erdball, obwohl häufiger in den warmen Ländern, als Parasit beim Menschen allgemein vorkommt, sagt 1872 O. E. A. HJELT, ^) der mehrere Jahrzehnte Leiter des pathologisch-anatomischen Instituts war, dass er denselben trotz vielfacher Nachforschungen in Finnland noch nicht angetrofTen habe. Seit jener Zeit ist derselbe in unserem Lande drei Mal beobachtet worden. Zwei Mal bei Personen, die viel in fremden Ländern gereist waren, oder unser Land als Reisende besucht hatten. — In der Sitzung der Finnischen Ärztegesellschaft vom 11. März 1899 zeigte INA ROSQVIST 2) in mikroskopischen Präparaten Eier desselben. Diese waren in den Fäces einer 18-jährigen Frau gefunden worden, welche in Schlesien aufgewachsen war, aber die letzen 4 Jahre in Brasilien zugebracht hatte und in den letzten 7 Monaten auch Kopenhagen und St. Petersburg be- sucht hatte. Dieselbe wurde behufs Einleitung einer Wurmkur ins Ma- rienkrankenhaus aufgekommen, doch war nach derselben trotz sorgfäl- ligster Untersuchung der Wurm selbst in den Ausleerungen nicht zu finden. ') O. K. A. HjELT, Öfversigt af ettusen liköppningar, vid det finska univer- .sitelet anstälda. Helsingfors 1872. S. 11. *) Finska Läkaresällsk. Handl. Bd. 41. 1899. S. 798. (Protokoll vom 11 III. 1869). R. Sievers, Verbreitiini/ von Darmparasiten des Menschen in Finnland. 43 Bei Gelegenheit dieser Demonstration gab B. LÖNNQVIST an, dass derselbe Parasit im Jahre 1875 bei einer Obduktion im Darmkanale ei- ner Dienerin aus Helsingfors gefunden wurde. Der dritte Fall betrifft ein 10-jähriges Mädchen aus Südrussland. Sie besuchte vor einigen Jahren als Reisende die Poliklinik des Kinder- hospitals in Helsingfors und hier wurden in ihren Ausleerungen die Eier des in Rede stehenden Parasiten gefunden. W. PiPPING, A. DE LA CHA- PELLE, K. G. KAHELIN. Trichina spiralis Owen 1835. Trichina spiralis kommt in Finnland beim Menschen nicht vor und findet sich auch nicht im einheimischen Schweinefleisch. O. E. A. HJELT sagt 1872 in seiner Arbeit >Öfversigt af ettusen liköppningar», S. 11, dass sie in Finnland nicht angetroffen ist. In amerikanischem Schweinefleisch, das ins Land eingeführt wird, findet sich der Parasit nicht so selten und infolge dessen hat bekanntlich die Regierung bestimmte Imporl- stellen und an ihnen Ueberwachung angeordnet. Hingegen besteht kein Verbot gegen den Import unkontrollierten Schweinefleisches aus Däne- mark und Russland. Nachdem ich mich mit den Ärzten vom Lande in Verbindung ge- setzt hatte, habe ich nur eine Angabe über das Vorkommen der Tri- chinenkrankheit in unserem Lande erhalten. Um 1890 erkrankte auf der Mühle von Tainiokoski, im Kirchspiele Ruokolaks, ein Müller in- folge von Trichinenvergiftung nach dem Genuss von Schinken, der aus St. Petersburg importiert war. Gleichzeitig waren nach Angabe des be- handelnden Arztes, Dr. ALARIK FABRITIUS in Jääskis, auch zwei andere Familienmitglieder erkrankt. Der Müller, bei welchem die Trichinen- krankheit auch von anderer Seite konstatiert worden war, genas, nach- dem er in einem Krankenhause in St. Petersburg Aufnahme gefunden hatte. Der Fall erweckte in Ost-Finnland Aufsehen und wird von mehre- ren dortigen Ärzten besprochen. R. KOLSTER, E. V. WEYMARN, G. WlNQüIST. 44 Festschrift für Palmen. N:o 10. Aacaria lutnbricoides Linn:6 1758. Braun ^) sagt von diesem Parasiten, »er gehört zu den häufigsten Parasiten des Menschen, der wohl über die ganze bewohnte Erde ver- breitet und besonders in den wärmeren Regionen sehr häufig ist, doch auch in Finnland und Grönland vorkommt. > Er ist auch über unser ganzes Land verbreitet, von den südlichsten Teilen bis hinauf nach Kittilä, Muonioniska und Enontekis unter dem 68,5*^ n. Br., sowohl an den Küsten, als auch im Inneren des Landes, sowohl in den Städten, als auch auf dem Lande. Alle die hunderte von Ärzte, welche die Liebenswür- digkeit hatten, auf meine Fragebriefe zu antworten, geben den Wurm aus ihren in den verschiedensten Teilen des Landes gelegenen Distrikten an. Mir stehen Angaben aus mehr als 200 Gemeinden zur Verfügung, und aus allen wird das Vorhandensein desselben gemeldet. Er wird allerdings überall hauptsächlich bei Kindern angetroffen, aber bei weitem nicht so zahlreich wie der bei uns allgemein verbreitete Bothriocephalus latus. Mitunter findet er sich in enormer Zahl bei einem und demselben In- dividuum, wie aus der angeführten Litteratur ersichtlich. So erwähnt J. W. PlPPING^) in der Finnischen Ärztegesellschaft am 10. Februar 1849 — das einzige Mal, dass ich diesen Darmparasiten in der einhei- mischen Litteratur erwähnt finde — einen Fall von Helminthiasis bei einem an Lungenentzündung in Helsingfors gestorbenen Kinde, wo vor dem Tode 63 Stück Ascaris lumhricoides abgingen und wo man bei ^er Obduktion ausserdem noch 8 Spulwürmer im Darmkanal des Kindes antraf. E. J. WarIi^N in Saarijärvi teilt mir mit, dass er bei einem 10- jährigen Mädchen, das an Konvulsionen litt, zu zwei verschiedenen Ma- len, »weit über 200 Stück jedes Mal» abgetrieben habe, eine Zahl, welche sich der kolossalen Menge von Exemplaren nähert, die mitunter, wie in der ausländischen Speziallitteratur erwähnt wird, aus einer und der- selben Person entfernt wird. Bekanntlich sind es vornehmlich Kinder, welche diese Parasiten beherbergen, und das ist auch erklärlich, wenn man bedenkt, dass ja ') Braun, M., Die thierischen Parasiten des Menschen. Würzbur};; 1895. ') Notisblad för läkare och pharmaceuter. 1849. S. 62. R. Sieuers, Verbreitung von Darniparasiten des Menschen in Finnland. 45 gerade Kinder, besooders der Landbevölkerung, am leichtesten durch unreine, besudelte Gegenstände und Nahrungsmittel, durch Spiel und Aufenthalt in weniger reinen Lokalen, sich mit Ascam-Eiern und-embryo- nen infizieren. Wo der Boden durch diese verunreinigt ist, findet sich natürlich Ascaris ganz besonders zahlreich. E. MATTSSON in Sääksmäki erwähnt, dass er unter der aufwachsenden Fabriksbevölkerung im Dorfe Walkeakoski mit 3000 Einwohnern, zum grössten Teile eng wohnende Arbeiterfamilien, allgemein vorkommt. Eine mikroskopische Untersuchung der Fäces auf Asram-Eier gibt keine sichere Aufklärung über das Vorhandensein von Spulwürmern bei einer Person. Jedem Arzt, der hierauf einige Aufmerksamkeit gerichtet hat, ist es aufgefallen, wie selten er diese Eier gefunden hat. In den mei- sten Fällen dient nur der Abgang des Wurmes selbst als Beweis für die Anwesenheit desselben. LUTZ i) hebt hervor, dieses beruhe darauf, dass »bei unentwickelten, noch nicht geschlechtsreifen Weibchen Eier nicht in den Fäces gefunden werden, indessen werden dieselben sicher einige Wochen später massenhaft vorhanden sein. Ebenso werden Eier nicht aufzufinden sein, wenn nur einzelne männliche Exemplare im Darm zur Entwickelung gekommen sind.» Von grossem Interesse ist daher die Beobachtung von W. Dahlberg in St. Andreae. Bei 2753 Untersuchun- gen von Fäces, die direkt dem Rektum entnommen waren, fand er nur 7 Mal Ascaris-Eier, ein Umstand, der seine Erklärung in obigen von LUTZ hervorgehobenen Tatsachen findet. Oxyuris vermiculayia Linne 1767. Dieser über den ganzen Erdball verbreitete Parasit wird natürlich auch in unserem Lande recht allgemein angetroffen, hauptsächlich bei Kindern, nicht selten aber auch bei Erwachsenen. Von mehreren Hun- dert Beobachtern habe ich Angaben über das Vorkommen desselben in mehr als 200, in sämtlichen Teilen des Landes gelegenen, Gemeinden ') MosLER, F. und Peiper, E., Thierische Parasiten. Zweite Auflage. 1004. S. 317. (Nothnagels spezielle Pathologie und Therapie. Bd. VI). 46 Festschrift für Palmen. N:o 10. erhalten. Er hat ungefähr dieselbe Verbreitung wie Ascaris lumbricoi- des, scheint aber doch zahlreicher zu sein als dieser. Bei den 2753 Untersuchungen, welche W. Dahlberg in St. Andreae an Rektalschleim und Fäces machte, die mit einem Metalllöffel direkt dem Mastdarm ent- nommen wurden, traf er in 83 Fällen Oxyuris. Auf dem Kinderkran- kenhause in Helsingfors fanden sich, nach der Zusammenstellung H. VON WlLLEBRAND's, unter 3120 poliklinisch behandelten Patienten 66 Fälle von Oxyuris. Bekanntlich trägt Unreinlichkeit, Zusammenhäufung von Kindern in engen Wohnstätten zur Verbreitung des Springwurmes bei. Das Weibchen des Oxyuris produziert kolossale Mengen von Eiern, welche vermittelst durch die Sonne getrockneter Fäces durch den Wind auf Gegenstände und Nahrungsmittel übertragen werden. Kinder mit Oxyuris sind daher nicht als völlig ungefährlich für ihre Umgebung zu betrachten. Interessant ist in dieser Hinsicht die Mitteilung E. MATTSSON's in Sääksmäki über das Vorkommen des Springwurmes unter der Ar- beiterbevölkerung des Dorfes Walkeakoski. Wenige dieser Familien, die grösstenteils eng bei einander wohnen, dürften gänzlich frei davon sein; häufig sind, sagt Mattsson, ganze Familien, Kinder, sowie Erwach- sene, angegriffen. über die Verbreitung des Botürioceplialns latus in |___J Äusserst allgemein I I "Weniger allgemein I I Vereinzelt '■^y r^- ♦• 10* 7- '^t/■ 4 ^^ i \ •o'^'^^^"< ^ ,^rrt(fjjfii , A* /v^ FESTSCHRIFT FÜR PALMEN. N:0 11. m KENNTNIS DES PLiNKTiS EINIGER BINNENSEEN IN RÜSSISCH-LAPPLAND. VON K. M. LEVANDER )^. MIT DREI TAFELN. -m HELSINGFORS 1905. Zur Kenntnis des Planktons einiger Binnenseen in Russisch-Lappland. Von K. M, jLevander. Einleitung. Die zahlreichen grossen und kleinen Binnenseen auf der Halb- insel Kola und überhaupt im Russischen Lappland sind bezüglich ihrer mikroskopischen Fauna und Flora und insbesondere ihres Planktons bisher sehr wenig Gegenstand der Forschung gewesen. Zur Orientierung über die bisherigen Untersuchungen betreffend das Leben in Binnenseen und anderen Süssgewässern in Russisch-Lappland mag folgende kurze Übersicht dienen. Während der schwedischen wissenschaftlichen Expedition des Lieutn. SANDEBERG nach der Kola-Halbinsel im J. 1877 wurde aus dem bei der Stadt Kola belegenen See Pieresjaur und anderen Ge- wässern an der Küste von Dr. F. TRYBOM hydrofaunistisches Material gefischt, welches von LILLJEBORG zum Studium der Verbreitung der Cladoceren und Copepoden verwertet worden ist (LILLJEBORG, 1888, 1900, 1901). Überhaupt sind die süssen Gewässer an der Eismeerküste relativ besser untersucht worden. So hat LINKO (1901) über die in den Ge- genden des Kola-Fjord vorkommenden Cladoceren faunistische Mittei- lungen gemacht. Auch im westlichen Teil der Murmanküste und zwar auf der Insel Jeretik und auf dem Festlande bei der Petschanabucht und am Ura- Fjord sammelte ich im Sommer 1898 Plankton aus ver- schiedenen Gewässern. In meiner hierüber veröffentlichten Abband- 4 Festschrift für Palmen. S.o tt. hing (1901 "i Nvird lins Voikoinmon von Criistaceen, Rotatorien, Rhizo- poden, Algen u. s. av. behandelt. Viel ärmlicher sind nnst're Kenntnisse über die mikroskopische Fauna in den Gewässern, welche weiter von der Küste liegen. Von dem verdienten französischen Forschungsreisenden GH. RABOT wurden im J. 1885 aus den Seen K o 1 o s e r o und I m a n d r a einige Planktonproben geiischt, welche später von RICHARD (1889) untersucht wurden. Aus den beiden Seen zählt RICHARD 9 Gladoceren, 4 Gopepo- diMi, 2 Hydrachniden, 3 Rotatorien und eine Ceratiiim-\v\. auf. Unter den angeführten Formen linden sich mehrere littorale Elemente vor, aber das Verzeichnis hat jedenfalls bisher die einzige Auskunft über die Zusammensetzung des lacustrischen Planktons des in Rede stehen- den Gebiets gegeben. Später ist nichts über das Planklon der Binnen- seen des inneren Landes erschienen. In algologischer Hinsicht ist das Gebiet ebenfalls nur sehr wenig erforscht. Auf Grund eines von Dr. BROTHERUS an den Küsten der Halbinsel Kola gesammelten Materials hat NORDSTEDT (1875) :U) Arten Desmidia- ceen aufgezählt. Während seiner botanischen Forschungsreisen nach Russisch-Lapp- land hat Dr. A. O. KIHLMAN auch algologisches Material gesammelt, welches verwertet worden ist in den während des letzten Dezenniums erschienenen Zusammenstellungen über die finnländischen Oedogonia- ceen (HIRN 189Ö), Zygnemaceen (HiRX 189Ö). Vaucheriaceen (HiRN 1900) und helerocysten Nostochacoen (ELFVING 1895). In diesen Arbei- ten tlndet man zerstreute Angaben über die Verbreitung einer Anzahl zu obengenannten Gruppen gehörender Formen auf der Kola-Halbin- sel. Zur Konnlnis der Verbreitung der Planktonalgen enthalten diese Arbeilen indessen wenig Beiträge. Man findet Anahacna flos aqiiae und A. oscillarioidcs an zwei Orten auf der Kola-Halbinsel angeführt. In meiner oben zitierten Schrift werden Botryococcus braiini. Dictyosphae- rium pnlcheUiiin, Pediastriim borijanum und einige andere nur der Gat- tung nach bestimmte Protococcoideen neben einer Anzahl Desmidiaceen, 7 Flagellaten um! 2 Peridineen von der Murmanküste erwähnt. Von Ghroococcaceen fand ich an der Murmanküste eine Form, und mehr K. M. Lcvander, Zur Kenntnis des Planktons. 5 scheint überhaupt nicht über die Verbreitung dieser Algengruppe in Russisch-Lappland bekannt zu sein (Cfr. KNWALD 1904). Was schliesslich die Kenntnis über die Verbreitung der Dialoma- ceen in Russisch-Lappland betrifft, so ist das hauptsächliche wohl in der Arbeit von (LLEVE (1891) über die Diatomaceen Finnlands ent- halten. Man findet hier für eine Reihe von Arten Fundorte aus den west- lichen und nördlichen Teilen des Gebiets (Imandra-, Tuloma- und Mur- manschen Lappland) angegeben. Diese Angaben gründen sich auf Kol- lektionen, die von liJiöTHKRUS im J. 1885 und KlIILMAN 1887 ge- sammelt und von CLEVE für die zitierte Arbeit bearbeitet worden sind. Eine Zusammenstellung der Diatomaceen des (iebiets wird in der ge- nannten Arbeit jedoch nicht gegeben, und besonders findet man keine Angaben darüber, welche Arten in den Binnenseen unseres Gebiets planklonisch auftreten. Aus dieser flüchtigen Skizze dürfte genügend hervorgehen, dass die Untersuchung des in Rede stehenden grossen i) und wegen seiner Lage in zoo- und phytogeographischem Hinsicht so hochinteressanten Gebiets inbetreff des Süsswasserplanktons und der mikroskopischen Süsswasserorganismen überhaupt sehr vernachlässigt worden ist. Um die Lücken einigermassen auszufüllen habe ich die vorliegende Untersuchung vorgenommen. Das Material bildeten hauptsächlich einige Planktonfänge, die im Sommer 1892 vom damaligen Dozenten der Botanik, Herrn Dr. A. O. KIHLMAN während seiner letzten Forschungsreise nach der Halb- insel Kola gefischt wurden. Es wurden von Herrn Dr. KIHLMAN aus dem Umpjaur und 4 kleineren, von Umpjok (Fluss Umba) durchgeflossenen Seen Plankton- proben gefischt. Ausser diesen habe ich Gelegenheit gehabt einen Planktonfang aus dem See Nuortjaur im westlichen Teil von Russisch-Lappland zu untersuchen. Diesen Planktonfang hat Herr Magister B. R. POPPIUS während seiner entomologischen Forschungsreise im Sommer 1899 mit- gebracht. ') Die Halbinsel Kola allein umfasst östlich vom Iniandra-See und Kola- Fjord ein Areal von etwa 96,000 km'. 6 Festschrift für Palmen. N:o 11. In beiden Fällen geschah das Fischen des Planktons mit kleinem Müllergaze- Netz. Ehe ich zur Darstellung der durch die Untersuchung gewonnenen Resultate übergehe, dürfte es zweckmässig sein, einige allgemeine Be- merkungen über die einzelnen Seen, sowie über die allgemeine Beschaffen- heit der Planktonproben und über die thermischen Verhältnisse der Ge- wässer vorauszuschicken. 1. U m p j a u r ist ein grosser und tiefer, etwa 35 km langer See, welcher im Herzen der Halbinsel zwischen den beiden, aus Nephelin- Syenit bestehenden Hochgebirgen Lujaur-urt und Umptek oder Chibinä belegen ist. Seine Fläche liegt 143 m über dem Meeresniveau. Nach der Aussage der Lappen soll der See von immenser Tiefe sein ^). Wie auch alle übrigen, aber seichten Seen, liegt der Umpjaur in der Waldregion. An der östlichen Seite bei dem Lujaur-urt fischte Herr Dr. KIHLMAN am 5. August 1892 zwei Planktonproben. Die eine enthält hauptsächlich Cyclops scutifer, Bosmina longispina und Calaniden, die zw^eite stammt aus einer grossen lagunenartigen Bucht (Kuahtjaur) und enthält fast ausschliesslich Bosmina obtusirostris. Aus dem Umpjaur fliesst der Umpjok oder Fluss Umba nach Süden in das Weisse Meer und bildet auf seinem Wege eine Reihe seenartiger Erweiterungen, aus welchen Plankton gefischt wurde. 2. Kopustjaur ist der erste von diesen Durchflussseen. Er soll etwa 25 km südlich vom Auslauf des Umpjoks aus dem Umpjaur belegen sein. Eine kleine, aber artenreiche Planktonprobe wurde hier am 15. August gefischt und enthält hauptsächlich zahlreiche littorale Rhizo- poden und Algen. 3. A i j a u r ist ein schmaler See oder eine seenartige Erweiterung des Umpjok zwischen Kopustjaur und Kanosero. Die sehr kleine Planktonprobe ist vom 16. August und enthält hauptsächlich Algen. ') Petrelius (1892) erzählt, dass die Lappen behaupteten, der Umpjaur habe eine Tiefe von über 200 m (100 Saschen)! A'. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 7 4. K a n o s e r o ist ein grosser 30 — 40 km langer See, welcher seicht ist und steinige Untiefen hat. Die Ufer sind, wie bei den ande- ren, waldbewachsen. Eine Planktonprobe ist aus diesem See am 28. Juni gefischt worden. Sie enthält zahlreiche Synchaeten und Diatoma- ceen (Tabellaria fenestrata und T. flocculosa). 5. Pontsosero ist der letzte See des Umpjoks. Er ist ziemlich gross, jedoch kleiner als der Kanosero. Die hier gefischte Plank- tonprobe ist vom 19. August und enthält viel Detritus, Synura uuella, Rotatorien und Bosminen. 6. Nuortjaur (Nuotjaur) ist etwas über 60 km in südwestlicher Richtung von der Stadt Kola belegen (Rabot 1889). «Der Nuotjaur ist ein 64 km langer, sehr schmaler See, der an seiner breitesten Stelle am Luttoselkä nur ungefähr 4 km breit ist» (LlXDl^N). Der See sieht aus wie eine Erweiterung des Nuortjok, und die Strömung ist stellen- weise ziemlich stark. Aus dem See fliesst der Tuloma-Fluss nach dem Kola-Fjord. Die Fläche des Sees liegt 135 m über dem Meeresniveau. Er ist im allgemeinen seicht, die grösseren Tiefen wech- selten nach LlNDi^N zwischen 9,5 — 22 m. Die Ufer sind im allgemei- nen niedrig, Fichtenwälder herrschen vor. Über die Vegetation des Sees wird von LINDEN folgendes erwähnt: «Die Vegetation des Seebodens ist auf seichteren Stellen ziemlich reich {Subularia, Callitriche autumnalis, Myriophyllum spicatum, Potamogeton ru- fescens, P. natans, P. gramineus, Spargania u. a.). Auf grösseren Tiefen trifft man Potamogeton praelongus, P. perfoliatus, Batrachium heterophyl- him an». Aus diesem See liegt ein ziemlich grosser Planktonfang vor, welcher von Herrn Magister POPPIUS am 3. Juli 1899 gefischt worden ist. Der Fang geschah bei der Mündung des Flusses Nuortjok, nachdem der Eisgang kurz vorher stattgefunden hatte, enthält aber hauptsächlich allerlei Pflanzen- und Chitinreste, besonders Moosblätter, Pollenkörner u. a. Detritus, aber sehr wenig belebtes Planktor. Die einzigen häufi- gen Planktonten sind in dieser Probe Ceratium hirundinella und Nothoica longispina. Über die Temperatur Verhältnisse des Wassers in den betreffenden Seen habe ich leider keine Daten zur Verfügung. RAMSAY 8 Festschrift für Palmen. N:r 11. (1894) sagt, dass die Seen des inneren Hochplateaus Mitte und Ende Juni gewöhnlich eisfrei werden. Der Lujaur-See war am 24. Mai 1887 eisbedeckt, das Eis verschwand grösstenteils am 27. Mai (KIHJ-MAN, S. 52). Der Fluss W o r o n j e wurde 1887 am 20. Mai eisfrei (KIHLMAN, S. 60). Der P o n o j-Fluss bedeckte sich am 7. Nov. 1876 (n. GENETZ ) und am 16. Oktober 1889 (n. KUKOWEROW) mit Eis (KIHLMAN S. 60). Zum Vergleich erlaube ich mir noch, folgende zerstreute Daten, die ich in der Litteratur gefunden habe, über die Temperaturen der Was- sers in Russisch-Lappland zusammenzustellen. Koloseroi)1885,Aug. 16, 8 U. 30 M. n. M. +15° C (Rabot S. 520) Imandra*) > 20, lU.n M. + 13,8''C( » n. Richard 1889 S. 101) > » 20-21, Nachts + 12,2»C > » > 189] Ende Juli + 12,7° C (Petrelius, 1892, S. 11) > Aug. 11 + 10,5° C » W 0 r 0 n j e 1887 Mai 20 eisfrei (Kihlman, 1890, S. 60) j Juni 28 + 10° C t j » 29 + 12° > Juli 17 + 19° > L u j a u r") Juni 14 + 9,2° C bis 12° C (Kihlman) > > + 10° c Juli 24 + 18° C > 27 + 16° C Aug. 12 + 13,2° C » » + 13,i°C in 8,3 m Tiefe. ' Warmjok bei Lowosersk Mai 27 + 7,7° C > ^ 30 + 8,8° C > » 31 + 6,6° C > Juni 2 + 6,7° G » » 8 + 5,8» C » » 13 + 13,6« C Ry h pj au r Juli 7 + 10,4° bis 10,6° C P o n 0 j Sept. 3 + 9,6« C ') Kolosero liegt 147,7 m ü. M. (Fennia, Bd. 12, 1896). ") Imandra liegt 130 oder nach einer neueren Messung 128,8 m ü. M. *) Lujaur ist 143 m ü. M. belegen. K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 9 Aus diesen sporadischen Beobachtungen können wir nun entnehmen, dass die grösste Erwärmung des Wassers im Monat JuH stattfindet. Die maximale Oberflächentemperatur, welche in einem grösseren See (Lujaur) beobachtet worden ist, betrug 18° C. Verzeichnis und Besprechung der in den Planktonproben aufgefundenen Pflanzen und Tiere. Myxophyceae. 1. Anabaena ftos aquae (LYNGB.) BR^B. Beobachtet im Umpjaur und Pontsosero, in dem letzteren See ziemlich zahlreich, sporentragend und regelmässig mit zahlreichen Vorticellen besetzt. Früher ist die Art von der Kola-Halbinsel aus dem See Lujaur-urt bekannt (ELFVING). 2. Coelosphaerium naegelianum UNGER. Im Aijaur, Kanosero und Pontsosero. Die Art wird von BORGE von Franz-Josefs-Land erwähnt. 3. Chroococcus turgidus (KÜTZ.) Im Kopustjaur, selten. WILLE er- wähnt die Art von Novaja-Semlja. Ich fand sie häufig an der Murman- küste. 4. Merismopedia sp. Selten im Pontsosero. Die Binnenseen des hohen Nordens sind, wie es scheint, arm an limnetischen Myxophyceen. Ausser den oben erwähnten Arten ist nur Anabaena oscillarioides BORY anzuführen, welche Art in Varsuga gefun- den ist (ELFVING). Besonders hervorzuheben ist das Fehlen von Claihro- cystis aeruginosa HenFR. und Aphanizomenon flos aquae (L.) RALFS, welche in den Binnenseen Finnlands so häufig sind. Ebenso scheinen die planktonischen Rivulariaceen zu fehlen. Als allgemeinere Planktonmit- glieder treten wohl nur Coelosphaerium naegelianum und Anabaena flos aquae auf. 10 Festschrift für Palmen. N:o 11. Protococcaceae. 1. Botrycoccas brauni KÜTZ. Diese weit verbreitete Planktonalge wurde im Umpjaur, Aijaur, Kanosero und Pontsosero beobachtet. Am häufigsten kam sie in dem erstgenannten See vor. Nach meinen früheren Beobachtungen ist sie bis an die Eismeer- küste verbreitet. 2. Gloeocystis gigas [KÜTZ.) LaGERH. Im Umpjaur, Aijaur und Ko- pustjaur. Durchmesser der Zelle 15 ^w. Die Art ist bis an die Inseln der Eismeerküste verbreitet (Maasö, BORGE). 3. Nephrocytium agardhianum NAEG. Im Kopustjaur, selten. (Fig. 1.) Lager 113 (i lang, Zellen nierentörmig, 44 // lang, 22 ^ dick. 4. Sphaerocystis schroeteri GHODAT. Verbreitet in den meisten Seen, öfters sah ich 8-zellige Lager von 100 — 106 fi Durchmesser, während die Grösse der Zellen zwischen 8 — 13 // wechselte. 5. Pediastrutn angulosum (EHRBG.) MeneGH. var. araneosum RACIB. Im Aijaur, selten. WILLE erwähnt die Hauptform von Novaja Semlja. 6. P. boryanum (TURP.) EHRBG. Eine zu dieser Art gehörige Form, die ich mit var. longicorne ReinsCH f. granulata RACIB, identifiziert habe, war die häufigste Pediastrum-F orm und wurde fast in allen Proben ge- sehen. Die Art wurde von mir an der Murmanküste beobachtet und ist auch in der hocharktischen Region weit verbreitet (cfr. LAGER- heim, 1900). 7. P. duplex MEYEN. Im Pontsosero, vereinzelte Exemplare, bei denen die Zellen durch kleine Löcher von einander getrennt waren. Die Art wird von WILLE auch von Novaja- Semlja angeführt. 8. Coelastrum cubicum NAEG. Sehr selten im Aijaur und Pontso- sero (Fig. 2). Die Art ist eine südliche Form, wurde aber im Phyto- plankton der Färöer von BÖRGESEN und OSTENFELD beobachtet. 9. Stichogloea olivacea GHODAT. Diese, wie es scheint, hauptsäch- lich in den Alpenseen verbreitete, von GHODAT entdeckte Planktonart trat fast in allen Seen des Umbaflusses auf. OSTENFELD fand sie auch in zwei norwegischen Binnenseen. Ä". M. Lcvatxder, Zur Kenntnis des Plankions. 11 Zygneniaceae. Die Gattungen Spirogyra und Zygnema waren in den meisten Fän- gen, aber stets nur in sterilen Kxemplaren vertreten. lyesmidiaceae. 1. Closterium lunula EHRBG. Im Pontsosero (Fig. 3). Länge 675 fi. Breite 100 fi. — Pite- und Lule-Lappmark, Nordrussland, Novaja- Semlja. 2. Cl. ehrenbergi MENEGH. Im Nuortjaur (Fig. 4). — Kuusamo- Lappmark, Nordrussland, Sibirien. 3. Cl. roslratum EHRBG. Im Kanosero, selten. — Lule-Lappmark, Kuusanio, Maasö, Nordrussland, Novaja-Semlja, Grönland. 4. Cl. kützingii Bre;b. Fast in allen Seen gefunden. Vier Exem- plare aus ebenso vielen verschiedenen Fundorten zeigten die folgenden Dimensionen : Länge 487 fi, Breite 15 // (aus dem Nuortjaur). > 485 » > 16 » ( > » Aijaur). » 484 » > 18 » ( > » Kopustjaur). > 570 » > 19 » ( » » Pontsosero, Fig. 5). Die aufgemessenen Exemplare waren also bei einer Breite von 15 bis 19 fi 27 bis 32 mal länger als breit. — Lule-Lappmark, Kuusamo, Nordrussland. 5. Pleurotaenium trabecula (EHRBG.) Naeg. Im Kanosero. — Lule- Lappmark, Maasö, Nordrussland, Novaja-Semlja, Sibirien, Grönland. 6. PL ehrenbergi (BR^B.) Im Kanosero (Fig. 6). Länge 440 fi. Breite 25 fi. — Nordrussland, Kuusamo-Lappmark, Murmanküste. 7. Cosmocladium sp. Im Kanosero wurde eine dieser Gattung zu- gehörige Art beobachtet, die leider nicht näher untersucht wurde. 8. Euaslrum verrucosum EHRBG. Im Kanosero, Aijaur und Kopust- jaur. Im Pontsosero fand sich eine abweichende Form (Fig. 8), welche an die f. reductior SCHMIDLE erinnert. Länge 96 /i. Breite 94 //, Isthmus 12 Festschrift für Palmen- X.o 11. 25 li. — Weit verbreitet in den arktischen Ländern. Eine Plankton- form. V. planctonicam . ist unlängst von \V. und G. S. WEST (1903) aus Schottland beschrieben worden. 9. E. didelta (TrKP.) RALFS. Im Kanosero. — Weit verbreitet in den arktischen Ländern. Kantalaks (NOKDSTEDT). 10. Staarastrnm paradoxum METEN. Im Kanosero (Fig. 19, 20) und Pontsosero. — Nordrussland. Aus Lule-Lappmark als Plankton- organismus im See Virijaur aufgeführt (A. CLEVEj. 11. St. pseadopelagicam WEST. Im Pontsosero. (Fig. 16). Die Form ist als Planktonorganismus aus schottischen Seen beschrieben. 12. St. gracile RALFS. Im Kanosero. — Pite- und Lule-Lappmark, Kuusamo, Maasö. Xordrussland, Grönland. Im Plankton europäischer Seen häufig. 13. 5/. dejectum BREB. Im Aijaur. — Pite-Lappmark, Kuusamo, Maasö, Nordrussland, Sibirien. — Im Plankton ist die Art im See Viri- jaur in Lule-Lappmark gefunden (A. Cleve.) 14. St. lunatiim RALFS v. planctonicum WEST. Nicht selten im Ai- jaur und Kanosero iFig. 17, 18). Aus der arktischen Region ist die Hauptform aus Pite-Lappmark und Sibirien aufgeführt. Eine dieser Art zugehörige Form fand ich an der Murmanküste. 5/. planctonicum soll nach WEST eine von den häufigsten Desmidiaceen im schottischen Süsswasserplankton sein. 15. St. cuspidatum BREB. Im Aijaur. — Pite- und Lule-Lappmark, Kuusamo, Nordrussland, Grönland. Var. maximam WEST soU in ge- wissen Planktonfängen aus den schottischen Gewässern sehr häufig sein. 16. St. arctiscon (EHRBG. LUND. Im Kanosero und Pontsosero. — Lule-Lappmark. 17. St. ophiwa LCXD. Im Pontsosero. — Pite-Lappmark. Wie St. arctiscon, ist auch St. ophiara nach W. und G. S. WEST eine Desrai- diacee von westlichem Typus, welche für das Plankton der Gewässer Schottlands sehr charakteristisch sein soll. 18. St. sexangulare BCKS. Im Aijaur und Kanosero. — Im Pite- und Lule-Lappmark, Kuusamo, Sibirien. 19. Micrasterias pinnatifida KÜTZ. Im Kanosero (Fig. 15). — Lule- und Kuusamo-Lappmark. K. M. Leuander, Zur Kenntnis des Planktons. 13 20. M. americana (EHKBG.) RALFS. Im Kanosero (Fig. 14) und Nuortjaur (Fig. 10). — Murmanküste, Grönland. 21. M. rotata (GREV.) RALFS. Im Kanosero (Fig. 11). — Lule- und Kuusamo-Lappmark, Murmanküste. 22. M. thomasiana ARCH. Im Kopustjaur (Fig. 12) und Kanosero. — Murmanküste. 28. M. papilliferaBRilB. Im Aijaur (Fig. 13), Kopustjaur, Pontsosero und Kanosero. — Scheint sehr verbreitet zu sein in der arktischen Re- gion (z. B. Maasö, Kantalaks, Murmanküste, Grönland). 24. M. radiosa AG. Im Pontsosero. — Murmanküste. 25. Xanthidiuni antUopaeiim (Breb.) KÜTZ. Im Umpjaur, Aijaur und Kanosero (Fig. 9). — Ist sehr verbreitet in der arktischen Region. Sie gehört zu den häufigsten Planktondesmidiaceen finnischer Seen. 26. Hijaloiheca dissiliens (SMITH) BR]fiB. Im Kanosero und Pontsosero. Auch diese Form ist sehr verbreitet in der arktischen Region, z. B. Eis- meerküste, Novaja-Semlja, Grönland. 27. H. miicosa (DiLLV.) Im Kanosero. — Lule-Lappmark. 28. Bambusina brehissoiü KÜTZ. Im Pontsosero. — Lule-Lapp- mark, Murmanküste, Grönland. 29. Sphaerozosma vertebratum (BREB.) RALFS. Im Umpjaur, Aijaur, Kopustjaur und Pontsosero. — Lule-Lappmark, Murmanküste, Nord- russland. 30. Gonatozygon ralfsii DE BAR. Im Aijaur, Kopustjaur und Ka- nosero (Fig. 7). Länge 154 — 250 ^a, Breite 9 — 11 //. Nordrussland, Grönland- überhaupt kann man aus den untersuchten kleinen Planktonfan- gen schliessen, dass die Seen der Kola-Halbinsel sehr reich an Chlorophy- ceen sind. AutTällig ist die Menge grosser Desmidiaceenformen. Der teichartige Charakter des Planktons erklärt sich leicht daraus, dass die Seen seicht und von sumpfigen Ufern umgeben sind. Zwei von den untersuchten Seen, Aijaur und Kopustjaur, sind übrigens von geringer Grösse. 14 Festschrift für Palmen. No 11. Von den Protococcaceen sind als allgemeine Planktonformen hervorzuheben: Botryococcus brauni, Sphaerocystis schroeteri, Stichogloea olwacea und Pediastrum- Arien. Inbetreff der Desmidiaceen kann gesagt werden, dass kein Plank- tonfang zahlreiche Exemplare irgend welcher Desmidiaceenform enthielt. Als ihr eigentlicher Lebensbezirk ist das sumpfige, mit Macrophyten be- wachsene Ufer zu betrachten. Die allermeisten sind Formen, die eine weite geographische Verbreitung haben und, wie aus den mitgeteilten Notizen über ihr Vorkommen im Norden hervorgeht, solche, die auch in der arktischen Region weit verbreitet sind. JHatomaceae, 1. Asterionella formosa HASS. var. gracilUma (HANTSCH) GRUN. Diese Planktonalge fand sich in fast allen untersuchten Seen vor, beson- ders trat sie im Umpjaur, Kopustjaur und Pontsosero zahlreich auf. Der Planktonfang aus dem Kanosero-See, welcher zwischen dem Umpjaur und Pontsosero liegt, enthielt nur vereinzelte Exem- plare. Dieser Fang ist vom Anfang des Sommers, und es scheint somit hervorzugeben, dass die Art zu dieser Zeit viel weniger zahlreich auf- tritt als im August. In der einzigen sehr bald nach dem Eisgang ge- fischten Planktonprobe aus dem Nuortjaur, welche mir zu Untersuchung vorlag, wurde kein Exemplar gesehen, was auch damit zusammenhän- gen kann, dass sich die Art erst später während des Sommers in grös- serer Menge entwickelt. In Südfinnland in der wärmsten Zeit des Jahres scheint die Art im Juli und August ihre Hauptperiode zu haben. Hierfür sprechen meine früher mitgeteilten Beobachtungen aus dem Lojo-See. Die Länge der Zelle wechselte bei Exemplaren aus dem Kopust- jaur zwischen 75 — 84 /i. Unter den gewöhnlichen sternförmigen Frustein fanden sich auch solche mit spiralig angeordneten Zellen. A'. M. Levandcr, Zur Kenntnis des Planktons. 15 In Lule-Lappmark gehören die Asterionellen zu den häufigsten Planktonalgen (A. CLEVE) wie auch in niedriger gelegenen Alpenseen (PITARD). Wie Skorikow mitteilt, herrschte Asterionella vor unter den Algen des Süsswasserplanktons der Insel Kolgujev, während sie in dem von Lagerheim untersuchten Bären-Insel-Plankton gänzlich fehlte. 2. Sijnedra capitata Ehrbg. Im Aijaur, selten. 3. 5. ulna EHRBG. v. vitrea. Im Kopustjaur, selten. Diese Form ist früher aus Imandra-Lappland aufgeführt (CLEVE ). 4. S. crotonensis EDV. Im Umpjaur, Kanosero und Kopustjaur. Diese Plankton-Art fand sich nicht in den von A. CLEVE untersuchten Planktonproben aus Lule-Lappmark. In den Alpenseen erreicht sie eine Höhe von 1500 m (Pitard). In den Binnenseen Finnlands ist sie weit verbreitet. 5. Fragilaria virescens RALFS. Im Kanosero, selten. Die Art ist von CLEVE aus Tuloma-Lappland angeführt. 6. Tabellaria flocculosa (ROTH.) KÜTZ. In allen Seen mit Ausnah me des Nuortjaur beobachtet. Die Art scheint bis an die Eismeerküsle all- gemein verbreitet zu sein. 7. T. fenestrata (LYNGB.) KÜTZ. In allen Seen vertreten, besonders zahlreich im Kanosero, wo auch T. flocculosa häufiger als in den ande- ren Seen vorkam. Die Varietät asterionelloides GRÜN, zeigte sich im Ko- pustjaur, Aijaur und Nuortjaur. Die beiden Tabellaria - Arten sind als Planktonorganismen aus Lule-Lappmark verzeichnet (A. CLEVE ) und treten auch planktonisch in den Gewässern der westlichen Murmanküste auf. 8. Surirella robusta EHRBG. Im Umpjaur und Pontsosero, selten. 9. Meridian circulare AG. Im Nuortjaur, selten. 10. Melosira crenulata KÜTZ. Im Pontsosero vereinzelte Exemplare. Von anderen Plankton-Melosiren wird M. distans KÜTZ. von CLEVE aus Russisch-Lappland und M. ieniiissima GRUN. von A. CLEVE aus Lule- Lappland erwähnt. 11. Cyclotella comta (EHRBG.) KÜTZ. Im Kopustjaur. C. comta v. radiosa GRUN. ist schon früher durch CLEVE aus Imandra Lappland bekannt geworden. 16 Festschrift für Palmen. N.o 11. Als charakteristische Planktondiatomaceen in den untersuchten Seen sind zu betracliten die beiden Tabellaria-Arien, Asterionella gracillima und Synedra crotonensis, während die Melosiren und Cycloteiien als Plankton- bildnerinnen sehr zurücktreten. Flagellata. 1. Dinobryon sertularia EHRBG. Im Kanosero, sehr selten. Die Art ist als Planktonform aus Lule-Lappmark aufgeführt worden und findet sich auch an der Murmanküste in Moostümpeln. VanhÖFFEN fand sie bei Karajak in Grönland. 2. D. divergens IMH. In allen Seen vertreten, am häufigsten war sie im Aijaur und Pontsosero. Kolonie sehr sperrig. Gehäuse hyalin, 40 f/ lang, 7 — 8 fi breit, aus einem längeren vorderen, zylindrischen und kürzeren, hinten schief kegel- förmigen Teil bestehend. Die Übergangsstelle ist deutlich unduliert. Mündung etwas erweitert. Fig. 29 zeigt die (6) Anfangszellen einer Ko- lonie aus dem Pontsosero, Figg. 27 und 28 die Endzellen. Dieselbe Form findet sich an der Eismeerküste. 3. D. stipitatum STEIN, var. Im Aijaur, Kopustjaur und Pontsosero. Kolonie schmal und lang, aus wenigen, fast parallelen Ästen be- stehend. Untere (älteste) Gehäuse am kürzesten, etwa 48 (i lang, obere (jüngere) am längsten, 64 — 72 fi lang. Gehäuse hyalin, vorderer Teil desselben zylindrisch, 6 // breit, an der Mündung schwach erweitert, hin- ten in einen etwa 40 fi langen Stiel übergehend. Die Wandung ist schwach unduliert. (Fig. 26 aus dem Pontsosero). Dieselbe Form fand ich auch an der Murmanküste. Nach VanhÖFFEN kommt sie auch in Grönland bei Karajak vor. 4. Synura uvella EHRBG. (?) Im Kopustjaur, Aijaur, Kanosero und Pontsosero zahlreich. Die Art ist auch in Pite-Lappmark beobachtet worden (Schmidle). 5. Chrysosphaerella longispina LAUTERB. (Adinoglena klebsiana Zach.) Sehr selten im Kanosero. Auch diese Form kommt an der Eismeerküsle vor. K. M. Levander, Zur Kenntnis des Plankions. 17 6. Eudorina elegans EHRBG. Sehr Selten im Aijaur und Kopust- jaur. Die Art ist mit Fragezeichen von Novaja-Semija aufgeführt worden (Wille). 7. Voluox aureus EHRBG. Ein Exemplar aus dem Nuortjaur. Durchmesser der Kolonie 450 //, der Zellen 0 ^. 8. Diplosiga frequentissima ZACH. Auf den Sternalgen (Asterionella) aus dem Kanosero und Aijaur fanden sich oft kleine farblose Mona- dinen, die wohl dieser Art angehörten, obgleich sie als schlecht konser- viert nicht genau untersucht werden konnten. Als allgemeines Ergebnis über die Flagellaten kann hervorgehoben werden, dass die Gattungen Dinobryon und Synura häufig im Plankton der verschiedenen Seen vorkamen. Von anderen Chrysomonadinen wurde nur das Vorkommen von Chrysosphaerella longispina konstatiert. Die Volvoci- neen waren sehr selten, vertreten durch Eudorina elegans und Volvox aureus. Peridinida, 1. Pencfmmm wi7/ei Huitfeldt-KAAS. Im Kanosero. An der Mur- manküste fand ich die Art in gewissen Süsswasserbecken häufig vor. In Finnland ist sie, wie auf der Skandinavischen Halbinsel, verbreitet bis in die südlichsten Teile des Landes. 2. Ceratium hirundinella (O. F. M.) Fast an allen Fundorten vor- kommend. Die Exemplare aus den verschiedenen Seen waren stets langhörnig, schlank (v. furcoides LEVANDER). Das dritte Antapikalhorn trat höchstens als ein kleiner Höcker (Fig. 25) hervor. Auch war kein Unterschied zu bemerken zwischen den im Frühling (aus Nuortjaur und Kanosero) und den im August gefangenen Exemplaren. Die zwei abge- bildeten Exemplare waren 290 und 282 // lang, 56 und 66 fi breit. Nach RICHARD kommt diese Art (C. longicorne Perty) auch in dem Imandra-See vor, während sie von A. Cleve nicht aus den Seen von Lule-Lappmark erwähnt wird. In den Alpenseen geht sie sehr hoch oder bis 2714 m (PITARD). 18 Festschrift für Palmen. N-o 11. 'S. C. cornutum (EHRBG.) Clap. et LaCHM. Beobachtet wurde nur ein Exemplar, weicher Fund jedoch zeigt, dass auch diese Art in den Gewässern der Kola-Halbinsel vertreten ist. Das beobachte Exem- plar (Fig. 23), welches aus dem Kanosero herstammt, ist sonst ganz ähnlich der von HUITFELDT-KAAS beschriebenen und abgebildeten, C. curvirostre genannten Form, aber weicht von dieser dadurch ab, dass das Vorder- horn, wie man bei gewisser Lage des Objekts sehen kann, an der Spitze schräg abgeschnitten aussieht, wie es STEIN bei C. cornutum abgebildet hat. Wenn ich noch in Erwägung ziehe, dass das Vorderhorn seitlich und ventralwärts stark gekrümmt ist und sein Aussehen deshalb je nach der Lage wechselt, so möchte ich annehmen, dass auch die von HüIT- FELDT-Kaas untersuchte norwegische Ceratium-F orm, die er C. curvirostre benannt hat, auf die alte Art Ceratium cornutum (EHRBG.) CLAP. et LACHM. sich bezieht. In ganz ähnlicher Gestalt, wie im Kanosero, tritt übrigens C. cornutum in den Binnenseen Finnlands auf. Durch das Vorkommen der drei obengenannten Planktonperidi- neen zeigen die Seen der Kola-Halbinsel mit südlicheren Seen, z. B. mit den Seen Finnlands, eine grosse Übereinstimmung, während sie in die- ser Hinsicht von den von A. CLEVE untersuchten Seen von Lule- Lappmark und von den von LaGERHEIM untersuchten Gewässern der Bären-Insel abweichen. Hhizopoda, Von den beobachteten Rhizopoden, welche alle als zufällige Mit- glieder des Seenplanktons aufzufassen sind und welche hauptsächlich in dem Planktonfang aus dem Kopustjaur vertreten waren, sind die Mehr- zahl schon aus den Gewässern der Eismeerküste von mir verzeichnet worden. Diese gemeinsamen Arten sind : 1. Arcella vulgaris EHRBG. Im Kopustjaur. 2. A. discoides (EHRBG.) PEN. Im Kanosero und Nuortjaur. 3. Centropyxis aculeata STEIN. Im Kopustjaur und Nuortjaur. K. M. Levandcr, Zur Kenntnis des Planktons. 19 4. Difflugia pyriformis PERTY. Im Kopustjaur (f. vas LEIDY). o. D. constricta EHRBG, Im Kopustjaur. 6. Lecquereiisia spiralis EHRB(i. Im Kanosero, Kopustjaur und Nuortjaur. 7. Nebela collnris LEIDY. Im Kopustjaur. 8. Cy phoderia margaritacea {EBRBG.) Im Kopustjaur, Schale (Fig. 31) mit zugespitztem Hinterende, Länge 150 , d » 413 > » ? » »e » 317» » ?» 24 Festschrift für Palmen. N.o 11. Bei Ex. a u. b war die Länge des Stieles 100 — 132 ^u, die Breite derselben an der Spitze 4 fi. Der Panzer dieser Frühlingsform scheint auffallend weich zu sein. 21. N. labis GOSSE. In meinen Beiträgen zur Fauna und Algenflora der Murmanküste habe ich eine als var. limneüca bezeich- nete Form von N. labis GOSSE aufgestellt. Diese Form wurde in einem kleinen Gebirgssee (Petschana-See) gefunden und unterscheidet sich von der von GOSSE abgebildeten N. labis dadurch, dass die stielartige Verlänge- rung des Panzers relativ lang und schmal, jedoch an der Spitze quer abgestutzt ist (Fig. 42 u. 43). Einige Exemplare von derselben Gestalt habe ich nun auch in der Planktonprobe aus dem Kanosero beobachtet (Fig. 41), aber ausser diesen fand sich da auch ein Exemplar (Fig. 40) mit sehr kurzem und breitem Stiel, so dass es sehr gut mit der von GosSE gegebenen Abbildung (HUDSON & GOSSE, 1889, Taf. 31, Fig. 56) von der typischen A^. labis übereinstimmt. Der Panzer war auch auffallend kurz und breit wie bei dieser. Wie man an den Abbildungen sieht, variiert die in Rede stehende Form so, dass bei längeren Exemplaren der stielartige Fortsatz auch län- ger und schmäler wird. Die Variation limneüca scheint demnach den Übergang von N. labis zur N. acuminata zu vermitteln, obgleich ich hervorheben muss, dass der Stiel bei allen Exemplaren von der N. labis- Reihe an der Spitze etwas verbreitert war, während der Stiel bei N. acuminata spitz ausläuft (Fig. 44). Auch waren die grössten Exemplare (228//) von der N. labis-Serie bedeutend kleiner als die kleinsten Exem- plare (317 fi) von N. acuminata. Neuere Autoren, z. B. F. WEBER (1898), sind der Ansicht, dass N. labis selbst nur eine Varietät darstellt von N. striata (O. F. M.), de- ren dorsaler Panzer am Hinterende gleichmässig abgerundet erscheint, oder es wird N. labis und N. striata als Reduktionsformen von N. acumi- nata angesehen (LAUTERBORN, 1903, S. 600). In dem vorliegenden Ma- terial wurden jedoch N. striata und N. jugosa GOSSE, welche letztere auch die extremen Endglieder N. acuminata und N. striata morphologisch verbindet (cnfr. WiERZEISKI, 1893, Taf. VI, Fig. 88—91), vermisst. Die Dimensionen (in fi) von 10 Exemplaren der N. labis-Serie sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Die Exemplare, die teils aus A'. M. Levander Zur Kenntnis des Planktons. 25 dem Pelschana-See herstammen, sind nach der Länge des Panzers an- geordnet. Es geht deutlich hervor, dass mit Verlängerung des Panzers auch eine Verlängerung des Stieles stattfindet. Total- länge. Länge Breite der Exemplare. 0 r t. Breite. des Stie- les. Spitze des Stieles. 1. (Fig. 40) Kanosero 131 81 22 11 2. Petschana 158 75 ? ? 3. (Fig. 41) Kanosero 180 94 33 10 4. » 185 81 38 8 5. » 198 97 38 9 6. (Fig. 42) Petschana 198 96 44 9 7. » 200 100 38 8 8. Kanosero 206 101 44 9 9. (Fig. 43) Petschana 220 91 50 8 10. » 228 98 63 9 22. N. foliacea (Ehrbg.) Selten im Kanosero (Fig. 38). Totallänge des Panzers 145 ^, Breite 50 fi. 23. N. longispina (KELLIC). Kommt in allen hier untersuchten Seen vor, wie auch im Imandra und Kolosero nach RiCHARD. Die Art ist in den arktischen Gewässern weit verbreitet. Eismeerküste, Kolgu- jev (SkORIKOW), Grönland (de GüERNE und RICHARD). 24. Conochilus iinicornis ROUSSEI.ET. Häufig im Plankton vom Ka- nosero, spärlich im Umpjaur. Die Art ist beobachtet worden an der Murmanküste und auf der Insel Kolgujev (SKORIKOV). 25. Triarthra longiseta EHRBG. var. limnetica ZACH. Im Kanosero und Nuortjaur, selten. Von hoch arktischen Fundorten sind anzufüh- ren die Insel Kolgujev (SKORIKOV) und Grönland (DE GuERNE und Richard). 26. Floscularia sp. Im Pontsosero. 26 Festschrift für Palmen. N:o 11. Von den 26 beobachteten Rädertierformen ist ein sehr grosser Teil littoral. Unter den limnetischen Formen (etwa 14) traten in beträcht- licherer Menge nur die folgenden Arten auf: Polyarthra platyptera, Anu- raea cochlearis, Notholca longispina, Conochilus unicornis und Ptoeosoma truncatum. Die meisten von den häufigeren Planktonrotatorien sind Arten, die während des Winters in den mittleren und südlichen Teilen Finnlands in aktivem Zustande beobachtet werden. Diese besonders euryther- m e n Formen sind : Synchaeta pectinata Anuraea cochlearis Polyarthra platyptera Notholca longispina Asplanchna priodonta Conochilus unicornis Anuraea aculeata Triarthra longiseta v. limnetica. Es sind diese auch dieselben Formen, welche das Rotatorienplank- ton der hochalpinen Seen Mitteleuropas und der hocharktischen Gewäs- ser z. B. auf der Insel Kolgujev bilden, welche aber auch im gan- zen Nordeuropa im Seeplankton häufig sind. Anderseits möchte ich darauf hinweisen, dass von den von LAU- TERBORN (1894) und APSTEIN (1896) als spezielle Sommerformen oder stenotherm bezeichneten Rädertieren (Chromogaster testudo, Mastigocerca setifera, M. capucina, Pompholyx sulcata, Schizocerca diversicornis, Pe- dalion mirum, Floscularia mutabilis, Ploeosoma hudsoni) nur eine Art, Ploeosoma hudsoni, in dem vorliegenden Material vertreten war. Unter den von der Eismeerküste bekannten Arten findet sich überhaupt keine von den s. g. Sommerformen. Cladocera. 1. Sida crystallina (O. F. M.) Vereinzelte Exemplare, darunter auch Männchen, d. 19. Aug. 1892, im Pontsosero. Die Art ist bis an die Mur- manküste verbreitet, wo die Sexualperiode schon am 24. Juli (1898) ein- getreten war. K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 27 2. Holopedium gibberum ZA.DD. Im Unipjaur und Niiortjaur. Nach RICHARD kommt die Art auch im Imandra und Kolosero, nach LlLLJE- BüKG im Pieresjaur vor. LiNKO fand sie in kleinen Seen bei der Stadt Aiexandrowsk. Die Art scheint demnach sehr allgemein in den Seen von Russisch-Lappland verbreitet zu sein. Verbreitung in der Ark- tis: Insel Kolgujev (ZYKOFF), Grönland (de GUERNE und RICHARD). 3. Daphnia longispina O. F. M. var. lacustris (G. O. S.) Aus dem Umpjaur wurde ein schlecht konserviertes Ex. (Fig. 45) gesehen. Die Hauptform von D. longispina ist in der arktischen Region verbreitet: Bären-Insel (LiLLJEBORG, 1900), Kolgujev (ZYKOFF). 4. D. cristata G. O. S. Im Nuortjaur, selten. Ein anderer Fund- ort auf der Kola-Halbinsel ist Pieresjaur (LiLLJEBORG), Übrigens ist die Art in Finnisch- und Schwedisch-Lappland weit verbeitet. RICHARD er- wähnt sie aus dem See Enare. 5. Scapholeberis mucronata (O. F. M.) f. cornuta. Im Umpjaur, Weibchen ohne Ephippium, selten. — Murmanküste (LiNKO, LEVANDER), bei Jana in Ostsibirien (Sars), Grönland (WESENBERG-LUND). 6. Bosmina longirostris (O. F. M.) P. E. MÜLL. Im Kanosero (Figg. 46, 47). A. Cleve fand die Art im Vaikijaur in Lule-Lappmark. Nach LiLLJEBORG ist sie in Sibirien (Jenissei) gefunden, ZYKOFF führt sie von der Insel Kolgujev an (var. cornuta. JUR.) 7. B. obtusirostris G. O. S. Die Form bildete die Hauptmasse ei- nes Fanges aus einer lagunenartigen Bucht (Kuahtjaur) des Umpjaur. Die Vorderfühler sind bei älteren Weibchen (Fig. 51) kurz. Streifung der Schale ist nur am Kopfe deutlich, aber nicht auffallend stark. Die Stirn ist stark hervorgewölbt. Ich möchte diese Form, welche sehr an die von LILLJEBORG von OviksQällen in Jemtland abgebildete (Taf. 33, Fig. 4) alpine Form erinnert, für B. obtusirostris s. str. LiLLJ. halten. Das abgebildete Exemplar war 0,75 mm lang. In Fig. 49 ist ein jün- geres Weibchen mit dünnen Vorderfühlern dargestellt. Die Art befand sich am 5. August 1892 in der Sexualperiode, jedoch waren Männchen (Fig. 48) nur in geringer Anzahl vorhanden. Ephippialweibchen wa- ren dagegen sehr häufig zusammen mit Weibchen, die Subitaneier trugen. In der Regel waren die Tiere (Fig. 30) stets mit der oben- genannten Epistylis sp. und Rhabdostyla bosminae besetzt. 28 Festschrift für Palmen. N:o 11. B. obtusirostris G. O. S. ist schon früher von der Halbinsel Kola angegeben und zwar aus dem Kolosero von RICHARD. Ich fand sie früher an der Murmanküste. Nach A. Cleve ist sie die häufigste Bosmina- Form in Lule-Lappmark. Übrigens ist sie in der arktischen Ländern gefunden in Sibirien (G. O. SARS), Behrings-Insel, Grönland (LlLUEBORG), wurde aber in dem von ZYKOFF untersuchten Material von der Insel Kolgujev vermisst. 8. B. longispina LEYD. Diese Form, die ich mit B. longispina s. str. LILLJ. identifiziert habe, wurde im Umpjaur (Fig. 52) und Kopust- jaur angetroffen. Sie scheint sehr nahe verwandt oder identisch mit D. obtusirostris v. lacustris (G. O. S.) zu sein. Vielleicht ist es dieselbe Form, welche im Imandra-See vorkommt und welche RICHARD als B. lacustris G. O. S. var? bezeichnet hat. Das von mir abgebildete Exem- plar, ein älteres Weibchen, war 0,79 mm lang und 0,60 mm hoch. 9. B. mixta LiLLJ. var. humilis LiLLJ. Im Pontsosero (Fig. 50) und Kanosero (F. 53). Diese Form ist von Dr. Stenroos, welcher vor vielen Jahren die Cladoceren des jetzt von mir bearbeiteten Materials unter- sucht hat, in seiner Arbeit über den Nurmijärvi-See (S. 214) kurz cha- rakterisiert und als B. brevirostris v. recticornis bezeichnet worden. Auffal- lend sind die geraden, oft etwas vorwärts gerichteten Vorderfühler der Weibchen. Die Schalenstacheln sind wohl ausgebildet, nach hinten unten gerichtet. Offenbar ist diese Form, welche sehr an die von LiLLJEBORG aus dem See Bolmen in Smäland dargestellte (Taf. 41, Fig. 8) B. mixta v. humilis erinnert, sehr nahe verwandt mit B. obtusi- rostris. Stenroos giebt (1. c.) die folgenden Dimensionen an : Länge 0,39 — 0,44 mm, Höhe 0,29 — 0,34 mm, Tastantennen 0,19 — 0,23 mm. Bei dem von mir in Fig. 44 gezeichneten Weibchen war die Länge der Schale zwischen Frons und Schalenhinterrand 0,35 mm, Höhe des Kör- pers 0,26 mm, die Länge der Vorderfühler 0,2i mm. 10. Ilyocryptus acuti frons G. O. S. Nach schriftlicher Mitteilung von Dr. K. E. STENROOS ist diese Art von ihm in der auch von ihm untersuchten Probe aus dem Pontsosero beobachtet worden. Nach LiLLJEBORG wurde sie in Ume-Lappmark gefunden. K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 29 11. Eurycercus lamellatus (O. F. M.) Im Aijaur und Kopustjaur. Die Art ist häufig an der Murmanküste und ist übrigens weit verbreitet im Norden. E. glacialis LlLIJ., welcher eine entschieden arlitische Art (darstellt, fand sich in dem vorliegenden Material nicht. Nach LlLUE- BORG wurde er bei Ladigino im östlichen Teil der Halbinsel an der Eis- meerküste aufgefunden und wird von RiCHARD aus dem Enare-See er- wähnt. 12. Acroperus harpae BAIRD (A. leucocephalus KOCIl). Im Aijaur (Fig. 39) und Kopustjaur. Die Art ist bis an die Eismeerküste (LiNKO, LEVANDER) und Grönland (WESENBERG-LüND) verbreitet. 13. A. angustatus G. O. S. Im Pontsosero (Stenroos). Durch LlLUEBORG ist die Art schon früher von der Halbinsel Kola bekannt. 14. Alonopsis elongata G. O. S. Im Kanosero und Aijaur, aber auch im Umpjaur und Pontsosero nach STENROOS. — Die Art ist häu- fig an der Eismeerküste und aus dem See Kolosero wird sie von RICHARD erwähnt. 15. Lynceus affinis LEYD. [Alona oblonga P. E. MÜLL.) In den meisten Fängen fanden sich entweder ganze Tiere oder Fragmente von solchen. RICHARD führt die Art aus dem Kolosero an. Sie ist weit ver- breitet in der arktischen Region : Eismeerküste (LiLLJEßORG, LiNKO), bei Jana in Ostsibirien (SARS), Grönland (Wesenberg-Lund). 16. Alonellaexcisa{¥lS,CRER). Im Kanosero. Murmanküste (Levander) Sibirien (LlLUEBORG), Grönland (WESENBERG-LUND). 17. A. exigua{L.ILLZ ). Im Nuortjaur, selten. — Murmanküste (LiNKO), Grönland (WESENBERG-LUND). 18. A. nana (BAIRD). In den meisten Fängen vorkommend. — Häufig an der Murmanküste (LEVANDER), Grönland (WesenberG-LUND). 19. Chydonis sphaericus (O. F. M.). Im Umpjaur, nach STENROOS auch im Pontsosero. Häufig an der Eismeerküste (LiNKO, LEVANDER), auch gefunden auf der Insel Kolgujev (ZYKOFF), bei Jana (SARS), Spitzbergen (SARS, RICHARD), Novaja-Semlja (LlLLJEBORG), Grönland (WESENBERG-LUND). 20. Monospilus dispar G. O. S. Ein Exemplar aus dem Pontsosero. Aus den arktischen Gegenden ist die Art nicht früher bekannt. 30 Festschrift für Palmen. N:o 11. Wie aus den mitgeteilten Angaben über die Verbreitung im Norden zu ersehen ist, sind fast sämtliche hier aufgeführten Cladocerenarten schon früher aus den nordischen Gegenden bekannt. Die meisten sind auch durch frühere Forschungen auf der Halbinsel Kola gefunden. Die mei- sten Arten gehen bis an die Eismeerküste. Neu für das Gebiet sind mei- nes Wissens nur Bosmina longirostris, Ilyocrypius acutifrons und Monospilus dispar. Dagegen wurde von exklusiv arktischen Arten keine beobachtet. Als limnetische Lebensweise führend sind von oben genannten Cla- doceren nur die folgenden zu betrachten : Holopedium gibberum Bosmina longirostris Daphnia cristata B. obtusirostris D. longispina v. lacustris B. longispina B. mixta v. humilis. Es ist höchst wahrscheinlich, dass mehr limnetische Cladocerenarten in den Seen leben, aus denen bloss einige kleine Planktonproben mir zur Untersuchung vorlagen. In dem von Rabot auf der Kolahalbinsel ge- sammelten Materiale, welches RICHARD untersuchte, fanden sich z. B. die folgenden Cladoceren, die in meinem Material vermisst wurden: Daphnia cucullata, Leptodora kindti und Bythotrephes longimanus. Die erst- genannte Art kam im Kolosero, die zwei letzteren in dem grossen Imandra- See vor. Überhaupt ist die limnetische Cladocerenfauna in ihrer Zusammen- setzung von demselben bo realen Typus, welcher in den finnischen und schwedischen Teilen von Lappland herrscht. Als charakteristisch für diesen borealen Typus kann man betrachten einerseits, dass Bosmina obtusirostris, Daphnia cristata und Holopedium gibberum sehr in den Vorder- grund tretende E^lemente des Cladocerenplanktons bilden, anderseits aber mehrere Formen aus den Gattungen Bosmina, Daphnia und Dia- phanosoma, welche in dem mittleren und südlichen Finnland schon allge- meine Planktonzoen darstellen, fehlen oder sehr zurücktreten. Die Mehrzahl der oben aufgezählten 20 Cladocerenformen gehört eigentlich dem Ufer an. Da das Untersuchungsmaterial sehr gering war, so kann man mit Sicherheit annehmen, dass auch die littorale Cladocerenfauna der untersuchten Gewässer viel reichhaltiger isl, als man aus meinem Verzeichnis schliessen kann. Vor allem wurde ver- K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 31 misst Polyphemus pediculiis, welche Art von Rabot aus dem Kolosero und Imandra gefischt wurde. Es fehlten aber auch Vertreter aus den Gat- tungen Ceriodaphnia und Simocephaliis, Alona (juadrangnlaris und A. guttata sowie viele andere Ufer-, resp. semilimnetische Cladoceren, deren Verbrei- tung in Europa bis an die Eismeerküste geht. Andererseits dürfte es nicht ausgeschlossen sein, dass eine Anzahl Formen, die in den süssen Gewässern der Küsten häufig sind, im Inneren der Kola-Halbinsel fehlen, und zwar kann eine Ursache zu diesem Umstände möglicherweise darin liegen, dass das Innere weniger von dem Vogelzuge berührt wird und somit der Transport der Dauereier durch die Vögel weaiger intensiv und regelmässig stattfindet. Copepoda. 1. Diaptonms gracilis G. O. S. Im Umpjaur, häufig. Nach RiCHARD (1889) kommt die Art auch im Kolosero und Imandra vor. Welche Diaptomus- Art indessen in diesen zwei letztgenannten Seen vertreten ist, scheint jedoch nicht sicher zu sein. In der «Revision des Calanides» von DE GUERNE und RICHARD (1889) wird D. gracilis nicht als in Lappland und auf der Kola- Halbinsel vorkommend erwähnt, während dagegen von der nahe verwandten D. graciloides LiLLJ. gesagt wird, dass diese Form sehr verbreitet in den Binnenseen von Nordeuropa ist und dass sie nach LiLLJEBORG auf der Kola-Halbinsel bis an die Eismeerküste vorkommt. Auch in der von STEUER gegebenen Karte über die Ver- breitung von D. gracilis und D. graciloides (STEUER, 1901, Taf. 7) wird die letztgenannte Art allein als auf der Kola-Halbinsel verbreitet darge- stellt. Da ich die im Umpjaur angetroffene Form mit Sicherheit als D. gracilis G. O. S. diagnostiziert habe, so scheint es mir nicht ausge- schlossen zu sein, dass die von RABOT gefischten und von RICHARD untersuchten Diaptomiden aus dem Imandra und Kolosero auch derselben Form angehörten. Jedenfalls ist nunmehr sicher, dass nicht nur D. gra- ciloides LlLU., sondern auch D. gracilis G. O. S. auf der Halbinsel Kola 32 Festschrift für Palmen. N:o 11. verbreitet ist. Aus der arktischen Region hat neulich ZYKOFF D. gra- cilis von der Insel Kolgujev angeführt. 2. Heterocope appendiculaia G. O. S. Im Umpjaur häufig. Die Männchen waren zahlreicher als die Weibchen. Dieselbe Heterocope- kii lebt nach RICHARD auch im Kolosero und Imandra, während nach LILLJEBORG (Richard 1889, S. 103) in dem letztgenannten See Hetero- cope borealis FISCH, vorkommen soll. 3. Cyclops scuiifer G. O. S. Im Umpjaur zahlreich. Auch im Ko- losero und Imandra kommt nach RICHARD die Art vor, welche übri- gens in den Seen von Lule-Lappmark ein häufiges Planktontier dar- stellt (A. CLEVE). Auch in den von Ekman (1904) untersuchten nord- schwedischen Hochgebirgen ist die Art äusserst häufig. C. scuiifer ist im Norden weit verbreitet: Ostsibirien (SARS). 4. C. serrulatus (?) FISCHER. Im Umpjaur ein Weibchen. Ich habe die Art hier mit Fragezeichen versehen, weil ich an den drei letzten Glieder der ersten Antennen keinen Haarbesatz am Rande, wie er nach LILLJEBORG (1901) bei dem richtigen C. serrulatus FISCH, vorkommen soll, entdecken konnte. Es ist demnach nicht ausgeschlossen, dass es sich hier um C. varius LILLJ. handelt, welche Form LILLJEBORG neu- lich aus C. serrulatus FISCH, ausgeschieden hat. C. serrulatus ist in den schwedischen Hochgebirgen die häufigste Art unter den Copepoden (Ekma^^). Die Art ist auch in Sibirien im Jana-Territorium (G. O. SARS) gefunden worden. Wahrscheinlich hat die Art eine weite Verbreitung im Norden, war aber bisher nicht aus den Gewässern von Russisch-Lappland bekannt. Von den beobachteten Copepoden führen bloss die drei erst- genannten Formen eine limnetische Lebensweise. Vermisst wurden Diaptomus graciloides LiLLJ., D. laciniatus LiLLJ., D. wierzeiskii RiCH. [D. serricornis LiLLJ.) und Heterocope weismanni IMH., welche an der Eismeer- küste der Halbinsel gefunden worden sind, sowie mehrere Cyclops-Arten. K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 33 Insecta, 1. Chironomus sp. Im Nuortjaur, einige Larven. 2. Simiüia reptans. Im Nuortjaur, eine Larve. 3. Ephemerella ignita. Im Umpjaur, einige Larven. Bryonon. ^ 1. Plumatella repens L. Die Planktonprobe aus dem Kopustjaur ent- hielt einige Statoblasten von breiter Form, welche wohl als dieser Art angehörend betrachtet werden können. Statoblasten von PI. repens sind von Richard (1897) aus Spitzbergen erwähnt worden. An der Murman- küste tand ich früher Statoblasten von PL fruticosa Allm. Zusammenfassung der Ergebnisse. 1. Durch die Untersuchung der aus 6 Seen der Halbinsel Kola herstammenden Planktonproben wurde das Vorkommen von 138 Arten und Varietäten von Süsswasserorganismen festgestellt, die sich folgender- massen auf die verschiedenen systematischen Gruppen verteilten : A. Pflanzen. B. Tiere. Myxophyceae 4 Formen Rhizopoda 12 Formen Protococcaceae 9 » Heliozoa 1 » Zygnemaceae 2 » Infusoria 4 » Desmidiaceae 30 » Rotatoria 26 » Diatomaceae 11 » Cladocera 20 > Flagellata 8 :■) Copepoda 4 » Peridinida 3 - Insecta : larvae Bryozoa: statoblast 3 1 » Summa 67 Fo rmen ■■> Summa 71 Formen 34 Festschrift für Palmen. N:o 11. Da das Untersuchungsmaterial quantitativ sehr gering war, so kann man aus der Menge der beobachteten Formen schliessen, dass die betreffenden Seen, ungeachtet ihrer nördlichen Lage, sehr reich an verschiedenen mikroskopischen Pflanzen und Tieren sind. Die Seen sind ja noch in der Waldregion belegen und enthalten deshalb eine grössere Menge südlicher Elemente, als die Hochgebirgsseen in Schwe- disch-Lappland und die Gewässer der hocharktischen Region. 2. Charakteristisch für das Plankton der Seen der Waldregion auf der Halbinsel Kola ist die starke Beimischung von littoralen Ele- menten (Desmidiaceen, Rhizopoden, Rotatorien, Cladoceren), eine Eigen- schaft, welche auch von ZSCHOKKE (1900, S. 296—297): inbetreff" der schweizerischen Hochgebirgsseen, W. und G. S. WEST (1903, S. 553) in- betreff der Seen Schottlands und der Hebriden konstatiert worden ist. 3. Die Desmidiaceenflora ist im Plankton stark vertreten. Grosse Arten sind häufig. 4. Die Myxophyceen werden hauptsächlich durch Anabaena flos aquae und Coelosphaerium naegelianum vertreten. 5. Unter den Protococcaceen ist die Hauptart Botryococcas brauni, welche auch in den Alpenseen der Schweiz zu den häufigsten Plank- tonalgen hört. 6. In der planktonischen Diatomaceenflora treten die zwei Tabella- rza-Arten, T. fenestrata und T. flocculosa, stark hervor. Auch Asierionella gracülima und Fragilaria crotonensis sind bemerkenswerte Plankton- algen, während Melosira fehlt oder nicht häufig ist. Auch die Alpen- seen sind (ChODAT, 1897, S. 156) arm an Melosira und reich an Asterio- nella gracillima und Fragilaria crotonensis. 7. Das Zooplankton wird hauptsächlich von Rotatorien und Crustaceen gebildet und hat einen entschieden nordischen Charakter. Die Protozoenfauna ist arm an limnetischen Formen (z. B. Epistylis la- custris und Difflugia limneiica fehlen). 8. Die Planktonrotatorien bestehen hauptsächlich aus Arten, welche im mittleren und südlichen Finnland perennieren. 9. Die limnetischen Arten, welche in temperierten Gegenden, nach der Jahreszeit oder auch sonst ausgeprägten Gestaltsveränderungen unterliegen, scheinen im Norden relativ wenig zu variieren. Hierfür sprechen beson- A'. M- Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 35 ders die Beobachtungen an Polijarthra platyptera, Anuraea cochlearis, Ceratium hirundinella und Pediastrum duplex. Wahrscheinlich steht diese Erscheinung in Zusammenhang mit der kurzen Dauer der war- men Jahreszeit. Übersicht der wichtigeren limnetischen Formen. Myxophyceae, Anabaena flos aquae (LYNGB.) BREB. Coelosphaerium naegelianum UNG. Protococcaceae, Botryococciis hraunii KÜTZ. Sphaerocystis schröteri CHOD. Pediastrum boryanum (TüEP.) v. longicorne REINSCH. P. duplex MEYEN. P. angulosum EHRBG. v. araneosum RaCIB. Stichogloea olivacea Chod. Desmidiaceae, Species diversae. Diatoniaceae. Asterionella gracillima GRÜN, Synedra crotonensis (A. M. EDW.) KITT. Tabellaria flocculosa (ROTH) KÜTZ. T. fenestrata (LYNGL.) KÜTZ. Flagellata. Dinobryon divergens IMH. D. stipitatum STEIN. Synura uvella Ehrbg. Chrysosphaerella longispina LAUTERB. Eudorina elegans EHRBG. 36 Festschrift für Palmen. N:o 11. Volvox aureus EHRBG. Diplosiga frequentissima ZACH. Peridinida. Peridinium willei HUITF.-KAAS. Ceratium hirundinella (O. F. M.). C. conmtum (EHRBG). Infusoria. Tintinnopsis lacastris (ENTZ). Epistylis sp. (auf Bosmina). Rhabdostyla bosminae n. sp. Vorticella rhabdostyloides KELLIC. Rotatoria. Synchaeta stylaia WiERZ. S. pedinata EHRBG. (?) Polyarthra platyptera EHRBG. Gastropus stylifer (?) IMH. Ploeosoma hudsoni (IMH.). P. truncaium (LEV.). Asplanchna priodonta GOSSE. Anuraea aculeata EHRBG. A. cochlearis GOSSE. Notholca acuminata (EHRBG). N. labis GOSSE. N. foliacea (EHRBG). N. longispina (KELLIC). Conochilus unicornis ROUSS. Triarthra longiseta EHRBG. v. limnetica ZACH. Cladocera. Holopedium gibberum ZADD. Daphnia cristata G. O. S. K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 37 D. longispina O. F. M. Bosmina longirostris (O. F. M.). B. obtusirostris G. O. S. B. longispina LEYD. B. mixta LILLJ. v. humilis LiLLJ. Copepoda. Diaptomus gracilis G. O. S. Heterocope appendiculata G. O. S. Cyclops scatifer G. O. S. Litteratur. 1896. APSTEIN, C. Das Süsswasserplankton. Methode und Resultate der quantitativen Untersuchung. 1892. Bergendal, D. Zur Rotatorienfauna Grönlands. 1888, BOLDT, R. Studier öfver sötvattensalger och deras utbredning. II— III. 1891. BORGE, O. Ett litet bidrag tili Sibiriens Chlorophyllophyce-flora. Bihang tili K. Sv. Vet.-Akad. Handl. Bd. 17. Afd. III. N:o 2. 1892. » Chlorophyllophyceer frän norska Finnmarken. Ibid. Bd. 17. Afd. III. N:o 4. 1894. » Süss\vasser-Chloroph5'ceen gesammelt von Dr. A. Osw. Kihlman im nördlichsten Russland, Gouver- nement Archangel. Ibid. Bd. 19. Afd. III. N:o 5. 1899. » Süsswasseralgen von Franz-Josefs-Land, gesammelt von der Jackson-Harmsworth'schen Expedition. Öfvers. K. Sv. Vet.-Akad. Förhandl. N:o 7. 1900. » Schwedisches Süsswasserplankton. Botaniska Notiser. 1903. BuRGESEN, F. & OSTENFELD, C. H. Phytoplankton of lakes in the Färoes. 38 Festschrift für Palmen. N:o 11. 1897. CHODAT, R. fitudes de biologie lacustre. Bull, de l'herbier Boissier. Geneve. 1902. » Algues vertes de la Suisse. 1899. CLEVE, A. Notes on the plankton of some lakes in Lule-Lapp- mark, Schweden. Öfvers. K. Sv. Vet. - Akad. Förhandl. N:o 8. 1891. Cleve. P. T. The diatoms of Finland. Acta Soc. pro F. et Fl. Fenn. VIII. N:o 2. 1889. GUERNE, J. DE & RICHARD, J. 1. Sur la faune des eaux dou- ces du Groenland. Comptes rendus. 108. » » » 2. Revision des Calanides d'eau douce. Mem. soc. zool. France. 1895. Hirn, K. E. l. Verzeichnis finländischer Oedogoniaceen. Acta Soc. pro F. et Fl. Fenn. XI. N:o 6. » » 2. Die finländischen Zygnemaceen. Ibid. N:o 10. » » 3. Finländische Vaucheriaceen. Meddel. Soc. pro F. et Fl. Fenn. H. 26. 1904. EKMAN, S. Die Phyllopoden, Cladoceren und freilebenden Cope- poden der nordschwedischen Hochgebirgen. Zool. Jahrbücher. Bd. 21. Abt. f. Syst. H. 1. 1895. ELFVING, Fr. Anteckningar om Finlands Nostochaceae hetero- cysteae. Meddel. Soc. pro F. et Fl. Fenn. H. 21. 1904. ENWALD, K. H. Beiträge zur Kenntnis der Chroococcaceen Fin- lands. Ibid. H. 30. 1889. HUDSON, C. T. & GOSSE, P. H. The Rotifera or Wheelanimalcules. 1900. HuitfeldT-KAAS, H. Die limnetischen Peridineen in norwe- gischen Binnenseen. Videnskabsselsk. Skrifter. I. Math, naturv. Klasse. N:o 2. 1890. KIHLMAN, A. O. Pflanzenbiologische Studien aus Russisch- Lappland. Acta Soc. pro F. & Fl. Fenn. VI. N:o 3. 1889. » & PALM:6n, J. A. Die Expedition nach der Halbin- sel Kola im Jahre 1887. Fennia. 3. N:o 5. K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 39 1895. Lauteeborn, R. über die Winterfauna einiger Gewässer der Oberrheinebene. Biol. Centralbl. Bd. XIV. » » Protozoenstudien. II. Paulinella chromalophora nov. gen. nov. spec. Z. f. w. Z. Bd. 59. 1900. » Der Formenkreis von Anuraea cochlearis. I. Verhandl. des Naturhist. medic. Ver. zu Heidel- berg. N. F. Bd. VI. H. 5. 1903. » Der Formenkreis von Anuraea cochlearis. II. Ibid. Bd. VII. H. 4. 1900. LAGEEHEIM, G. Beiträge zur Flora der Bäreninsel. Bihang tili K. Sv.-Vet. Akad. Handl. Bd. 26. Afd. III. N:o 11. 1900. LEMMEKMANN, G. Beiträge zur Kenntniss der Planktonalgen. XI. Die Gattung Dinobryon Ehrb. Ber. d. deutsch. bot. Gesellsch. Bd. XVIII. H. 10. 1904. » Das Plankton schwedischer Gewässer. Arkiv för botanik. Bd. II. N:o 2. 1894. LEVANDER, K. M. Kleine Beiträge zur Kenntniss des Thier- lebens unter dicker Eisdecke in einigen Gewäs- sern Finlands. Medd. af Soc. pro F. & Fl. Fenn. H. 20. 1900. » Zur Kenntniss der Fauna und Flora finnischer Binnenseen. Acta Soc. pro F. & Fl. Fenn. XIX. N:o 2. 1901. » Beiträge zur Fauna und Algenflora der süs sen Gewässer an der Murmanküste. Ibid. XX, N:o 8. 1894. LIND:6n, J. Beiträge zur Kenntniss des westlichen Theiles des russischen Lapplands. Fennia. 9. N:o 6. 1888. LILLJEBOEG, W. Description de deux especes nouvelles de Diaptomus du Nord de l'Europe. Bull. Soc. zool. France. T. XIII. N:o 6. 1900. » Cladocera Sueciae. Upsala. 40 Festschrift für Palmen. N:o 11. 1892. PeTRELIUS, A. 1900. LlLLJEBORG, W, Beiträge zur Fauna der Bäreninsel. 3. Ento- mostraceen. Bih. K. Sv. Vet.-Akad. Handl. Bd. 26. Afd. 4. N:o 5. 1901, » Synopsis specierum hucusque in Suecia obser- vatarum generis Cyclopis. K. Sv. Vet.-Akad. Handl. Bd. 35. N:o 4. 1901. LINKO, A. Beitrag zur Kenntniss der Phyllopodenfauna des europäischen Russlands. Verhandl. d. K. Natur- forsch. Gesellsch. in St. Petersburg. Bd. XXXI. H. 4. 1875. NORDSTEDT, O. Desmidicea arctoae. III. Desmidieae e Lapponia rossica. Öfvers. K. Vet.-Akad. Förhandl. Nr. 6. 1903. Ostenfeld, C. H. Studies on Phytoplankton. I. Notes on Phyto- plankton of two lakes in eastern Norway. Bota- nisk Tidsskrift. Bd. 25. H. 2. Über die kartographischen Arbeiten der Expe- dition vom J. 1891 nach der Halbinsel Kola. Fennia. 5. N:o 8. Faune rhizopodique du bassin du Leman. Geneve. Quelques notes sur la florule pelagique de divers lacs des Alpes et du Jura. Bulletin de l'her- bier Boissier. V. RACIBORSKI, M. Przeglad gatunköw rodzaju Perfias/rum.. Krakau. RaBOT, Gh. Explorations dans la Laponie russe, ou presqu'ile de Kola (1884—1885). Bulletin de la Soc. de Geogr. Paris. RaMSAY, W. Das Nephelinsyenitgebiet auf der Halbinsel Kola. Fennia. 11. N:o 2. RICHARD, J. Note sur les peches effectuees par M. Ch. Rabot dans les lacs Enare, Imandra et dans le Kolo- zero. Bull, de la Soc. zool. de France. T. XIV. N:o 5. 1897. » Entomostraces recueillis par M. Ch. Rabot a Jan Mayen et au Spitzberg. Ibid. T. XXII. 1902. ROUSSELET, Ch. f. The Genus Synchaeta. Journ. R. micr. Soc. 1902. 1897. 1889. 1889. 1894. 1889. PENARD, E. PITARD, E. K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 41 1898. SARS, G. O. The Cladocera, Copepoda and Ostracoda of the Jana Expedition. Annuaire du mus. zool. de TAcad. Imp. des scienc. de St. Petersbourg. 1898. SCHMIDLE, W. Über einige von Knut Bohlin in Pite-Lappmark und Vesterbotlen gesammelte Süsswasseralgen. Bihang tili K. Sv. Vet.-Akad. Handl. Bd. 24. Afd. III. N:o 8. 1904. Skorikow, A. S. Beitrag zur Planktonfauna arktischer Seen. Zool. Anz. 1898. STENROOS, K. E. Das Thierleben im Nurmijärwi See. Acta Soc. pro F. et Fl. Fenn. XVII. N:o 1. 1901. Steuer, A. Die Entomostrakenfauna der »alten Donau« bei Wien. Zool. Jahrb. Abt. f. System. Bd. XV. 1897. VanhöFFEN. E. Peridineen und Dinobryeen. Bot. Ergebn. d. V. d. Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin u. Leit. Dr. v. Drygalskis ausges. Grönlandexp. 1898. Weber, E. F. Faune rotatorienne du bassin du Leman. Geneve. 1894. Wesenberg -LUND, C. Groenlands Ferskvandsentomostraca. I. Phyllopoda branchiopoda et Cladocera. Widens- kabelige Meddelelser. Kjöbenhavn. 1900. » » Von dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Bau der Planktonorganismen und dem spe- cifischen Gewicht des Süsswassers. Biol. Cen- tralbl. Bd. XX. 1903. WEST, W. & G. S. Scottisch fresh water plankton. N:o 1. Linn. Soc. Journ. Bot. XXXV. 1893. WIERZEISKI, A. Rotatoria (Wrotki) Galicyi. Krakau. 1879. WILLE, N. Ferskwandsalger fra Novaja-Semlja samlade af Dr. F. Kjellman paa Nordenskiölds Expedition 1857. Öfvers. af K. Sv. Vet.-Akad. Förhandl. N:o 5. 1900. ZSCHOKKE, F. Die Tierwelt der Hochgebirgsseen. Zürich. 1904. ZYKOFF, W. Zur Crustaceenfauna der Insel Kolgujev. Zool. Anz. Bd. 28. N:o 8—9. 42 Festschrift für Palmen. N-o 11. Erklämng der Abbildungen. Tafel I. Fig. 1. Nephrocytium agardhianum NAEG. *8o^i. Fig. 2. Coelastrum cubicum NA.EG. *'*o/i. Fig. 3. Closterium lunula EHRBG. «»/,. Fig. 4. C. ehrenbergi MENEGH. "o/j. Fig. 5. C. kätzingii BR^B. "so/^. Fig. 6. Pleurotaenium ehrenbergi (BR^B.), «»"^i. Fig. 7. Gonatozygon ralfsii DE BAR. *»°ii. Fig. 8. Euastrum verrucosum EHRBG. «»^i. Fig. 9. Xanthidium antilopeum (BREB.) KÜTZ. *»o/i, Fig. 10. Micrasterias americana (EHRBG.) RALFS, ♦»»/i. Fig. 11. M. rotata (GREV.) RALFS, «»/i. Fig. 12. M. thomasiana ARCH. *8o/j. Fig. 13. M. papUUfera BRtB. «o^,. Fig. 14. M. americana (EHRBG.) RALFS. *'"'/i, Fig. 15. M. pinnatifida KÜTZ. ^s^i. Fig. 16. Staurastrum pseudopelagicum WEST. •«»o/i. Fig. 17, 18. St. lunatum RALFS var. planctonicum WEST. »O/i. Fig. 19, 20. St. paradoxum MEYEN, var. *»°/i. Fig. 21. Rhabdostyla bosminae n. sp. ^^°/i. Fig. 22. Epistylis sp. "so/i. Fig. 23. Ceratium cornutum (EHRBG.) Clap. et LACH. "»/i. Tafel II. Fig. 24. Ceratium hirundinella (O. F. M.) Aus dem Nuortjaur. Dorsalansicht, ^o"/!. Fig. 25. » » Aus dem Pontsosero. Ventralan- sicht, ^»o/i. Fig. 26. Dinobryon stipitatum STEIN, var. Aus dem Pontsosero. «»»/i. Fig. 27, 28, 29. » divergens IMH. Aus dem Pontsosero. «"»/i. Fig. 30. Bosmina obtusirostris mit Epistylis und Rhabdostyla sp. K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 43 Fig. 31. Cyphoderia margaritacea EHRBG. *^'>/i. Fig. 32. Monostyla liinaris EHRBG. «»/,. Fig. 33. Anuraea cochlearis GOSSi:. Kleines Ex. aus dem Kano- sero. *^°ii. Fig. 34, 35. » » Grosse Exx. aus dem Kanosero. ""/i. Fig. 36. Cathypna latifrons GOSSE, «o^^. Fig. 37. Anuraea aculeata EHRBG. "o/i. Fig. 38. Notholca foliacea (EHRBG.). 480^^. Fig. 39. Acroperus harpae BAIRD. i*o/i. Tafel III. Fig. 40, 41. Notholca labis GOSSE. Aus dem Kanosero. *^°ii. Fig. 42, 43. > » aus dem See Petschana. *^°/i. Fig. 44. » acuminaia EHRBG. Aus dem Nuortjaur. ^oo/i. Fig. 45. Daphnia longispina O. F. M. v. lacustris (G. O. S.). F'ig. 46, 47. Bosmina longirostris (O. F. M.) P. E. MÜLL. »«/i. Fig. 48. » obtusirostris G. O. S. Ein 6 aus dem Ump- iaur. 8o/i. Fig. 49. » obtusirostris G. O. S. Junges $ aus dem Ump- jaur. «o/i. Fig. 50. » mixta LILLJ. v. humilis LiLLJ. Aus dem Pont- sosero. ^*°/i. Fig. 51. » obtusirostris G. O. S. Altes 9 aus dem Umpjaur. ^°/k Fig. 52. » longispina LEYD. 80'i. Fig. 53. » mixta LiLLJ. v. humilis LiLLJ. Aus dem Kano- sero. "°/i. 44 Festschrift für Palmen. N:o 11. Tabelle über das Vorkommen der Arten. In dieser Tabelle bezeichnet ce zahlreich, c häufig-, + weder häufig noch selten, p selten, rp sehp selten. Namen der Arten. Ol <^ — 2. to c 9' ?? o 5f 00 . Vi u g 5 < 1 g3 « 2 <% = 3 50 q 3lyxoi*hyc€ae. 1. Anabaena flos aquae (LYNGB.) BREB. rr CC 2. Coelosphaeriiim naegeUanum UNG. r r + 3. Chroococcus turgidiis (KÜTZ.). rr 4. Merismopedia sp. JPfotococcaceae. rr 5. Botryococcus brauni KÜTZ. cc + r r 6. Gloeocystis gigas (KÜTZ.) LaGERH. r + r 7. Nephrocijtium agardhiamim NaeG. r 8. Sphaerocystis schroeteri ChOD. rr + + r 9. Pediastriim angulosum EHRBG. var. araneosum RaCIB. rr 10. » boryamim (TURP.) EHRBG. V. longicorne REINSCH. f. r rr rr r 11. » duplex MeYEN. r 12. Coelastrum cubicuni NAEG. rr rr 13. Stichogloea olivacea CHOD. Zytjnemaceae. r r r 14. Spirogyra sp. r r rr r r 15. Zygnema sp. Desmidiaceae. r rr r 16. Closteriiim liinula EHRBG. rr 17. » ehrenbergi MENEGH. r K. M- Leuander, Zur Kenntnis des Planktons. 45 Namen der Arten. < t. ■■o -a o < r. 18. Closterium rostratum EHRBG. 19. » kützingii BKEB. 20. Pleurotaenium trabecula (EHRBG.) NAEG. 21. » ehrenbergi (BREB.) 22. Cosmocladium sp. 23. Euastrum verrucosum EHRBG. 24. > didelta (TURP.) RALFS. 25. Staurastrum paradoxum MEYEX. 26. » pseudopelagicum WEST. 27. » gracile RALFS. 28. » dejectum BREB. 29. » lunatum RALFS var. planctonicum WEST. 30. » cuspidatuni BRtB. 31. » arctiscon (EHRBG.) LUND. 32. » ophiura LUND. 33. » sexangulare BULN. 34. Micrasterias pinnatifida KÜTZ. 35. » americana (EHRBG.) RALFS. 36. » rotata (GREV.) RALFS. 37. » thomasiana ARCH. 38. » papillifera BREB. 39. » radiosa AG. 40. Xanthidium antilopaeum (BREB.) KÜTZ. 41. Hijalotheca dissiliens (SMITH.) BREB. 42. » imicosa (DiLLW.). 43. Bambusina brebissoni KÜTZ. 44. Sphaerozosma vertebratum (BREB.) RALFS. 45. Gonatozygon ralfsii DE BAR. rr rr rr -f r rr rr r r rr + r rr rr rr rr rr rr r rr rr rr rr rr r r r r rr rr rr rr r rr rr rr 46 Festschrift für Palmen. N:o 11. 68. Namen der Arten. Diatomaceae. 46. Asterionella gracillima GRÜN. 47. Synedra capitata EHRBG. 48. » ulna EHRBG. v. vitrea. 49. » crotonensis (A. M. EDW.) KITT. 50. Fragilaria virescens RALFS. 51. Tabellaria flocculosa (ROTH.) KÜTZ. 52. » fenestrata (LYNGB.) KÜTZ. 53. Surirella robusta EHRBG. 54. Meridion circulare AG. 55. Melosira sp. 56. Cyclotella comta (EHRBG.) KÜTZ. Xl^agellata. 57. Dinobryon sertularia EHRBG. 58. » divergens IMH. 59. » stipitatiim STEIN. 60. Synura uvella EHRBG. C. 61. Chrysosphaerella longispina LAUTERB. 62. Eudorina elegans EHRBG. 63. \olvox aureus EHRBG. 64. Diplosiga frequentissima ZACH. Peridinida. 65. Peridinium willei HUITF.-KAAS. 66. Ceratium hirundinella (O. F. M.). 67. » cornutum (EHRBG.). Rhizopoda. Arcella vulgaris (EHRBG.) PEN. — s. < s S o cc + + rr r r + r + r r r + cc r + + rr c + rr + rr r c cc rr r rr r rr cc r + c + c rr K. M. Levander, Zur Kenntnis des Planktons. 47 Namen der Arten. Ol <^ — S.