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LIBRARY UNIVERSITY OF CALIFORNIA

RIVERSIDE .—

FREIHERR ANTON VON BALDACCI

ÜBER DIE

INNEREN ZUSTÄNDE ÖSTERREICHS.

EINE ÜENKSCimiFT ATTS ÜEM JAHRE ISIG.

HEß AUSGEGEBEN UND EINGELEITET

D«- F^

KRONE S,

CORRESPOXDIRENDEM MITGLIEDE DER KAJS. AKADEMIE DER « ISSENSCHAFTEN.

WIEN, 1889

IN COMMISSION BEI F. TEMPSKi

BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE DEK WISSENSCHAFTEJf.

T)-E>Öl K7^

Aus dem Archiv für österreichische Geschichte (LXXIV. Bd., I. Hälfte, S. 1) separat

abgedruckt.

Druck von Adolf Holzhausen in Wien, k. k. Hof- und Üniversitäts-Buchdrucker.

Vorbemerkungen.

Der Herausgeber beifolgender Denkschrift hat vor ein paar Jahren ein Buch erscheinen lassen, das unter dem an- spruchslosen Titel: ,Zur Geschichte Oesterreichs im Zeitalter der französischen Kriege und der Restauration 1792 1816' ^ Beiträge zur Förderung der Kenntniss von einer Epoche im Auge hatte, deren Thatsachenfülle und Bedeutung trotz der Masse des bereits veröffentlichten Materials und der langen Reihe willkommener Arbeiten grossen und kleinen Schlages noch immer einer Vermehrung des massgebenden Stoffes und einer Verwerthung desselben zugänglich und bedürftig bleibt.

Diese Beiträge, welche zufolge der Wesenheit des be- nützten Quellenstoffes und der Anlage des Buches auf innere Einheit keinen Anspruch erhoben und erheben konnten, ent- hielten auch eine nicht ohne JMühe zusammengeschweisste Skizze von dem gleichzeitigen Berufsleben des Freiherrn Anton von Baldacci, einer Persönlichkeit, die, mag man ihr den Namen eines Staatsmannes gönnen oder blos den Titel eines Staats- beamten ersten Ranges einräumen wollen, bisher wenig beachtet, ebenso durch Detailkenntnisse in den staatlichen Zuständen und Angelegenheiten, als durch Thatkraft und persönlichen Ein- fluss im Rathe der Krone hervorragt.

Als jenes Buch unter die Feder genommen wurde, war sein Verfasser bereits im Besitze der Abschrift des ihm vom Herrn Grafen Braida zur Benützung freundlichst überlassenen Originals einer Denkschrift Baldacci's über die inneren Verhältnisse Oesterreichs, die, zu Ende des Jahres 1816 und zu Anfang des nächsten geschrieben und abgeschlossen, ebenso umfangreich als durch ihr Detail wichtig, einer vollständigen

1 Gotha, F. A. Perthes' Verlag, 1886, 8", XX und 396 SS.

4 [4]

Publication würdig schien. Andere Arbeiten des Verfassers verzögerten die Ausführung dieses, wie er annehmen darf, berechtigten Vorhabens.

Es scheint geboten, der allgemeinen Würdigung ihres Inhalts eine kurze Lebensskizze Baldacci's vorauszu- schicken, um die Befähigung des Genannten zu einer solchen Aufgabe darzulegen, und des Näheren auseinanderzusetzen, welche Beweggründe ihre Abfassung und ihr Gepräge be- stimmten.

Die Baldacci's ' sind von Hause aus ein korsisches Ge- schlecht, welches nach berechtigter Vermuthung mit Dominik von Baldacci, dem Zeitgenossen des Aufstandes der Korsen gegen die genuesische Herrschaft 1732 1733 und der Be- kämpfung desselben mit Hilfe Oesterreichs, auswanderte, in Siebenbürgen und Ungarn heimisch wurde und dort das Prädicat ,Vegvezekeny'^ erwarb. Dominik und dessen Sohn Josef (I.) machten in namhafteren militärischen Stellungen die Kriegsjahre Oesterreichs mit", jener von 1737 1739 und 1740—1746, dieser von 1756—1763 und 1792—1795. Josefs (I.) älterer Sohn gleichen Namens, Gatte der siebenbürgischen Edelfrau Barbara Toroezkay , starb, mit dem Range eines k. k. Oberstwachtmeisters, bereits 1808; der jüngere Anton (L), der Mann unserer Lebensskizze, 1762 in Wien geboren, war der Civillaufbahn und einer bedeutenden Zukunft vorbehalten. Durch ihn kam 1814 der Freiherrenstand auch an die beiden Neffen, Söhne seines Bruders Josef (IL), an Anton (IL), Gatten der Freiin Anna von Hunyad, und an Emanuel, der vor dem Jahre 1848 als Gouvernements-Adjutant in Dalmatien diente und als Genosse der ungarischen Insurrection 1848 1849, ihr Geschick theilend, 1852 starb.

Anton von Baldacci, 1778 1781 Zögling der Theresiani- schen Ritterakademie, trat 1781, mit 19 Jahren, in den Staatsdienst, und zwar als Praktikant bei der k. ungarischen Hofkammer; 1787 finden wir ihn in der k. k. Bankal- und Dreissigstgefäll-Direction und ein Jahr später als dritten Secretär der k. k. Bankozettel-Hauptcasse , von welcher er 1789 in gleicher Eigenschaft zu dem früheren Amte zurückkam. Mit

' Die nä?ieren Ausfühningeri und Belege finden sich in dem oben ange- führten Werke: ,Zur Geschichte Oesterreichs' u. s. w.

[5] ^

29 Jahren, also bald darauf (1791), wurde Baldacci Hofsecretär der k. k.' illyrischen Hofkanzlei und diente 1794—1797 als solcher in dem neugebildeten ,Directorium' der inneren Ange- legenheiten der Erbländer. So hatte er die Regierungszeiten Josephs II., Leopolds IL und die schwierigen Anfänge der Herr- schaft Kaiser Franz IL durchlebt, als ihn das Jahr 179S in die Reihe der Hofräthe der galizischen Hofkanzlei einführte.

Eine wichtige Mission, die Bereisung des 1795 neu- gewonnenen WestgaHziens , verschaflfte ihm die Gelegenheit, diese äusserst reformbedüftige Provinz genau kennen zu lernen (1799) und die Ergebnisse dieses Auftrages Ende 1801 in einem zum stattlichen Foliobande angewachsenen Berichte vor- zulegen.i 1803 wurde Baldacci der rangjüngste unter den sieben Hofräthen im inländischen Departement des Staats- imd Conferenzministeriums, und von da an beginnt der 41jährige Mann immer einflussreicher zu werden.

Schon im Jahre 1803 beschied ihm das Vertrauen des Monarchen eine Bereisung Dalmatiens, Istriens und Venetiens, behufs Abfassung einer Relation über die dortigen Zustände. Von 1805 an überkam Baldacci das Cabinetsreferat beim Kaiser in allen Verwaltungs-, Systemal- und Personalfragen, so auch als Mitglied des 1807 und 1808 wiederhergestellten Staatsrathes.

1807 Commandeur des Stephansordens. 1809 Geheimrath, spielte Baldacci in der nächsten Umgebung des Kaisers eine tonangebende Rolle als hartnäckigster Anwalt des Krieges vor der Schlacht bei Wagram so gut wie nach derselben, in den ]\[onaten des heftigen Meinungskampfes im Rathe der Krone, welcher dem Wien-Schönbrunner Frieden voranging. Dafür spricht am überzeugendsten das Tagebuch Erzherzogs Johann und der bekannte Brief Napoleons I. vom 21. September 1809, worin Baldacci und Stadion als die dem Frieden feindlichen Rathgeber des Kaisers bezeichnet erscheinen; das belegen auch die Verunghmpfungen der französischen Presse und selbst die geringschätzigen Worte in den Aufzeichnungen eines Gentz

> Derselbe befindet sich im Archive des k. k. Ministeriums des Innern. Die weiter unten angedeuteten Materialien über die von ihm 1803 be- reisten Küstenländer gingen, wie A. v. Ficker in seinem Aufsatze (s. weiter unten S. 7) bemerkt, grösstentheils verloren. Tgl. mein oben anereführtes Werk S. 36.

6 [6]

über Baldacci. 1810 begegnen wir Letzterem als Vicekanzler der vereinigten Hofkanzlei,

Es war dies zur Zeit, als der neue Mann einer neuen Sachlage, der Routinier in der Staatskunst, Metternicli, am Ruder sass und sich beeilte, die ihm unbequemen und ein- mischungslüsternen Elemente bei Seite zu schieben. Zu diesen zählte auch Baldacci, dessen Vertrauensstellung bei dem Mon- archen wohl mit der Ueberlieferung zusammenhängt, in ihm habe die geheime Staatspohzei, die Cabinetspolizei, ihr Haupt besessen.

So erklären wir uns denn auch, dass Baldacci der gründ- liche Kenner der Verwaltungszustände und Staatskräfte, der Mann der Acten und der Ziffern, vom 9. Mai 1811 an die Stelle des Freiherrn v. Schittlersberg als Präsident des General-Rechnungs-Directoriums, des nachmaligen Staats- rechnungshofes, trat und zufolge des k. Erlasses vom 22. Api'il

1812 mit der Ausarbeitung eines neuen Organisationsentwurfes für diese Centralbehörde betraut wurde.

Der Krieg der Jahre 1813 1815, den er, in seinem Hasse gegen Napoleon und in seiner Hoffnung auf den Sturz französischer Gewaltherrschaft unentwegt, laut genug herbei- gewünscht, führte Baldacci aber wieder vom Acten tische in das geräuschvollere Leben des Hoflagers und dann auf den Boden jenes Staates, dem er am meisten gram war. Als ,Hof- commissär der Armee^ oder ,Armeeminister^ begleitete er von

1813 auf 1814 den Kaiser nach Frankreich; es kam die Zeit der ersten Occupation. Noch früher, auf dem Wege dahin, erhielt Baldacci den Auftrag, seinen Anschauungen über die Einrichtung der rückeroberten illyrischen Provinzen Aus- druck zu geben, wie dies aus seinem Vortrage an den Kaiser von 20. November 1813 hervorgeht. Im April 1814 ward Franz Graf von Saurau vom Kaiser nach Frankreich ent- boten, um hier in Gemeinschaft mit Baldacci die Gesichtspunkte und Massregeln der neuen Administration jener Pi'ovinzen festzustellen.

Bot schon die erste Occupation Frankreichs Arbeit genug, so verdoppelte sich dieselbe im Gefolge der zweiten aus- gedehnteren Besetzung seiner Osthälfte und nahm den ganzen Mann in Anspruch. Als Civilhaupt der österreichischen Occupation und Mitglied des ,conseil administrativ der ver-

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bündeten Mächte schloss Baldacci, bis zum letzten Augenblicke für das volle Maass der Ansprüche und Forderungen unseres Staates eintretend, seine ebenso mühselige als verantwortliche . und undankbare Arbeit nach dem zweiten Pariser Frieden (22. October 1815) ab und begab sich in die Heimat, in den früheren Wirkungskreis zurück. Er trug das nur Wenigen ver- liehene Civil-Ehrenkreuz und hatte 1808 1814 die Aufnahme in die Landstandschaft der Herzogthümer Ki-ain und Kärnten, des Triester Gebietes und der Steiermark erworben.

Das Jahr 1816 eröffnete die dritte und letzte Phase im Berufsleben Baldacci's, seine weiterhin durch keine auswärtige Thätigkeit unterbrochene, geräuschlose, aber nicht unfruchtbare Amtsführung als Präsident des General-Rech nungs- Directoriums. In dieser Stellung überdauerte Baldacci die lange Regierungszeit Kaiser Franz I. und hielt sein Amt bis zum siebenundsiebzigsten Lebensjahre (1839) inne.'

Im Frühjahre 1829 wurde ein k. Handschreiben an Baldacci erlassen , worin der Schwerpunkt der Aufgaben des General- Rechnungs-Directoriums in die anzustrebende Sonderung der Wirksamkeit der verwaltenden und controlirenden Behörden gelegt erscheint. Wir finden diesen Auftrag bald darauf (29. April) erneuert. Das General-Rechnungs-Directorium er- stattete am 31. Juli 1832 einen Vortrag, in welchem Baldacci in seiner bedächtigen Art das Für und Wider dieses Princips erwägt und zunächst einen längeren Aufschub verlangt, über- haupt einer allmäligen und theilweisen Trennung jener Be- hörden das Wort redet.

Und so blieb es bei dieser Uebergangsphase bis zu dem Zeitpunkte, da der greise Baldacci sein Amt in die Hände

' Vgl. über Baldacci als Präses des G. R. D. die Monographie von K. Liclit- negl, Geschichte des österreichischen Controls- und Rechnungswesens (Wien 1872), S. 205 fF., und über den nachmaligen ,Staatsrechnungs- hof die Schrift von G. Seidler (Wien 1884, bei Holder). In Hinsicht der Verdienste Baldacci's um die Statistik und deren Entwicklung in Oesterreich: A. v. Ficker, in den , Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik der österreichischen Monarchie', Wien, 4. Jahrg., 1. Heft, 1855, S. 1 38; sodann von demselben die stoffverwandte Studie in der Wiener statistischen Monatschrift, herausgegeben vom Bureau der k. k. statistischen Central -Commission, H. Jahrg., 1876, 49 74 unter dem Titel: ,Der Unterricht in der Statistik an den österreichischen Univer- sitäten und Gymnasien'.

8 [8]

der jüngeren, genialeren Kraft, des Freiherrn Karl Friedrich von Kübeck, legte und mit dem Titel eines , Staatsministers' die letzten zwei Jahre seines Lebens, ehelos und vereinsamt, den 9. Juli 1842 schloss.

Wenden wir uns nun den Anfängen der österreichischen Statistik und dem berufsmässigen Verhalten Baldacci's zu denselben zu.

Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts brach sich in Deutsch- land die sogenannte , Tabellenstatistik' immer mehr Bahn. Flächeninhalt, Bevölkerung, Religion, Finanzen, Armee, poli- tische Verfassung, Geld, Maass und Gewicht bildeten ihre ur- sprünglichen Riibriken.' Das Zahlenmässige der Daten musste naturgemäss die Hauptaufgabe des Tabellenstatistikers aus- machen, den naturgemässen Uebergang zur vergleichenden Methode Büsching's bilden und sich mit dieser in die nachmals als ^mathematisch' bezeichnete Richtung umsetzen, welche gewisser- massen die Brücke zwischen der Conring- Achenwall'schen oder ,ethnographiscli-staatsAvissenschaftlichen' und der englischen Statistikerschule mit ihrer , politischen Arithmetik' schlug. ^

Ihre verschiedenen Gegner wurden die Vertreter der so- genannten , höheren' Statistik, die Feinde der , Tabellenknechte'' und ,Tabellenfabrikanten' , vorzugsweise Schlözer und seine Schule, die allerdings, gleichwie die gesammten akademischen und sonstigen Vertreter der Statistik, ihre scharfe Abkanz- lung durch den damaligen Jenaer Professor der Philosophie, A. F. Lueder, in seiner ,kritischen Geschichte der Statistik' vom Jahre 1817 erlebten.''

' Vgl. darüber die in der Anni. S. 7 citirten Aufsätze von A. v. Ficker und die Werke über Statistik: von Knies, Die Statistik als selbständige Wissenschaft (1850); E. Jonäk, Theorie der Statistik (Wien 18öG); Kümelin, Zur Theorie der Statistik (1863) und V. John, Geschichte der Statistik (1884). I. Theil. Belehrend in Betreff der Entwicklung der amt- lichen Statistik ist das Werk Ricli. Boeckh's: ,Die geschichtliche Ent- wicklung der allgemeinen Statistik des preussischen Staates'. (Berlin 1863.)

2 Vgl. darüber insbessondere V. John, Geschichte der Statistik. I. Theil. Stuttgart 1884, S. 57—98.

3 Es ist das zugleich eine Apologie seiner , Kritik der Statistik und Po- litik' vom Jahre 1812, von welcher er sagt: ,Mein Ziel war Vernichtung der Statistik und der mit der Statistik innigst verbundenen Politik' . . . Ilini gilt die Statistik als gemeinschädlidi!

[9] 9

In Oesterreich vertraten das Lehrfach der Statistik, zu- nächst an der Wiener Hochschule: Leporini, J. Ch. Schmidt, dann Watterroth und seit 1794 der ungemein fleissig schrift- stellernde Ignaz de Luca, der Schützling Josefs v. Sonnen- fels, bis zu seinem Ableben, vorzugsweise in der Richtung Büsching's.' Um dieselbe Zeit taucht ein zweiter Wiener, Josef Max Freiherr von Liechtenstern, auf, ein kenntniss- reicher, ungemein rühriger Geo- und Kartograph von bleibenden Verdiensten. Es heisst. dass Liechtenstern im Jahre 1809 die Direction eines statistischen Bureaus in Paris antreten sollte, die Berufung jedoch ausschlug, weil er mit aller Zuversicht auf die Begründung eines solchen Bureaus in Oesterreich zählte. In seiner dem damahgen Staatsrathe Freiherr von Schwitzen gewidmeten Schrift: ,Ueber statistische Bureaus, ihre Geschichte, Einrichtungen und nüthigen Formen' sie erschien noch 1820 zu Dresden in -vierter Auflage wahrt sich Liechtenstern das Verdienst, zur Errichtung jenes Bureaus den Anstoss gegeben und bei dessen Organisation mitgewirkt zu haben. Doch kam es nicht zur Verwirklichung der Hoffnungen Liechtenstern's, und ebensowenig gelang es ihm, eine feste akademische Stellung in Wien zu erringen, obschon er es 1815 mit statistischen Vorträgen an der Universität versuchte. Dies und zerrüttete materielle Verhältnisse bewogen ihn, 1819 auszuwandern. ^ Seine Zeitgenossen und Fachverwandten in gesicherten Berufs- stellungen der Residenz waren Dr. Zizius,-* der Nachfolger de

' Vgl. Ficker's in der Anm. S. 7 an zweiter Stelle angeführten Aufsatz, S. 53 54, und Hu gelmann 's Skizze über de Luca in der Allgemeinen deutschen Biographie, XIX. Bd., 1884, S. .335—336. Ein Urtheil über de Luca in den , Vaterländischen Blättern' (Wien, Jahrg. 1816, S. 567) sei nebenher angeführt.

- Ueber Liechtenstern vgl. die ,Vaterläudi,schen Blätter', Jahrg. 1816, S. 567 als eine sehr anerkennende Stimme, und was seine Verdienste im Allgemeinen betrifft, die Lebens.skizze Ratzel's in der , Allgemeinen deutschen Biographie', XVIII. Bd., 1883, S. 625—626, detaillirtere An- gaben bei Wurzbach, XV. Bd., S. 171 176. Freiherr Sigmund von Schwitzen (auch ,Schwizen' und ,Schwitzer' geschrieben, geb. zu Graz, 24. Jänner 1747, gest. 29. Juni 1834; vgl. Wurzbach a. a. O., XXX. Bd., S. 191 194) war 1809 Staatsrath, 1815 Conferenz- und Staatsrath.

3 Verfasser einer ,Theorie der Statistik' (Wien und Triest 1810), 1805 Suppleut, dann Profe.ssor des Faches bis zum Jahre 1824. Vgl. über ihn die , Vaterländischen Blätter', Jahrg. 1816, S. 567.

10 [10]

Luca's an der Universität, und B i e s i n g e r an der Theresia- nischen Akademie.' Dies genüge, um die damalige fach- männische Pflege der Statistik, ausserhalb der Amtssphäre, auf österreichischem Boden, und zwar in der Residenz zu kenn- zeichnen. Noch näher liegt es uns, ihre officielle Pflege für den Amtszweck und die bahnbrechende Thätigkeit Baldacci's in dieser Richtung auseinanderzusetzen.

Bereits 1803, wie seiner Denkschrift zu entnehmen, wurde die Herstellung statistischer Tabellen in Angriff genommen, aber erst 1810 die Errichtung eines topographisch-stati- stischen Bureaus im Staatsrathe zur Sprache gebracht.

Das k. Handschreiben vom 8. Juli 1810 an den Vice- präsidenten und interimistischen Leiter der Hofkammer, Grafen Fr. Jos. Kohäry,2 betonte die Nothwendigkeit einer Darstellung der gesammten Staatskräfte in allen ihren Beziehungen und für alle einzelnen österreichischen Provinzen. Der schwankende Zustand Oesterreichs und der bald neuerdings entfesselte Krieg hielten das ganze Vorhaben in der Schwebe. Baldacci's Denk- schrift von 181G— 17 enthält noch die frommen Wünsche in angedeuteter Richtung. 1819, den 3. Februar, wurde endlich mit k. Cabineterlasse die Errichtung einer mit dem Staatsrathe zu vereinigenden statistisch-topographischen Anstalt vorläufig im Princip genehmigt, den 10. April die Angelegenheit im Staats- rathe wieder aufgenommen, Staatsrath Freiherr von Schwitzen ^ zum Vorstande ernannt und zu den zweckmässigsten und billigsten Einrichtungsvorschlägen aufgefordert.

Am 25. Mai berichtete jedoch Freiherr von Schwitzen, er verzweifle an der Möglichkeit; die angeführten Hindernisse beseitigen zu können, und bat, man möge die Angelegenheit zur Erledigung einem anderen Vertrauensmanne überweisen. Am 26. Juni kam es zu einer Erneuerung des k. Auftrages,

^ J. Constantin Biesinger war der Nachfolger de Luca's am Tlieresianum (1799 1825). 1807—1816 erschienen die drei Bände seiner allgemeinen Statistik.

2 Franz Joseph s. 1815 Fürst von wurde 1801 Vicepräses bei der Hof- kammer, F'inanz- und Commerzhofstelle und führte nach Odonnell's Tode (1810) die Leitung der Finanzen und gesammten Cameralangelegen- heiten bis zum Eintritte des Grafen Joseph von Wallis ins Hof- kam nierpräsidium.

3 Vgl. S. 9, Änm. 2.

[11] 11

lind Schwitzen erstattete nun den 18. August die bezüglichen Vorschläge: sie erhielten jedoch die kaiserliche Genehmigung nicht, und so ruhte Alles wieder volle zehn Jahre.

Da war es denn Baldacci, der seine mühsam zusammen- gebrachten Materialien Anfangs 1829 dem Vicepräses des General -Rechnimgs-Directoriums, Freiherrn von Metzburg/ übergab; dieser legte nun schon am 16. Februar seinen Plan zur Begründung einer officiellen Statistik der österreichischen Monarchie in 77 Tafeln vor, und dieser Plan erlangte die kaiserliche Genehmigung. Das grundlegende Werk enthielt 100 Uebersichtstafeln des statistischen Materials von 15 öster- reichischen Provinzen. Ende 1829 wurden bereits 104 Tafeln über das Jahr 1829 vorgelegt.

Als , streng geheim' zu halten, wurden nachstehende Tafeln und zwar in sechs Exemplaren hinterlegt: (XX.) Staats- voranschlag und Rechnungsabschluss , (XL.) besondere Ein- nahmen der Provinzen, (XLI.) Staatsschuld und Staatscredit. (XLII.) Staatsvermögen, (XLIII.) Staats-Einnahmen und Aus- gaben nach den einzelnen Provinzen, (XLIV.) Staats-Einnahmen und Ausgaben nach dem Erfolge mehrerer Jahre, (XLV.) Militär-Etat , (XLVI.) Armeestandsveränderungen , (XL VII.) Truppendislocation, (XL VIII.) Militäraufwand für das vorher- gehende Jahr, (XLIX.) ^Militäraufwand für mehrere Jahre, und (LXXVL- XCIII.) Provinz-Uebersichten.2

Wenden wir uns nun der Denkschrift Baldacci's zu. Sie ist, wie dies der Gegenstand und die breitspurige Art ihres Verfassers begreiflich erscheinen lässt, ein umfangreiches Schriftstück, 169' 2 Folio-Blätter, von seiner Hand, mit den markigen, scharfen Zügen, welche zu seinem Wesen stimmen. Zum Schlüsse findet sich die Stelle: , Geschrieben in den letzten

1 Joh. Nep. Freiherr v. M. , geb. zu Dresden 7. November 1780, gest. 4. Juni 1839, Sohn des österr. Diplomaten Freiherrn Franz (gest. 1789) und Neffe des Jesuiten und tüchtigen Mathematikers Georg Ignaz (gest. 1798). Vgl. über ihn Wurzbach, XVIII. Bd., S. 67 68.

2 Ueber alles dieses A. v. Ficker in seiner , Skizze einer Geschichte des k. k. statistischen Bureaus'.

12 [12]

sechs Wochen des Jahres 1816 und in den ersten drei Wochen des Jahres 1817^, die uns den Zeitpunkt der Abfassung genau bezeichnet.

Das Ganze spiegelt so recht die Eigenart Baldacci's ab, der an der Schwelle des Alters, mit 55 Jahren, nach 35jähriger vielseitiger Berufsthätigkeit unter den schwierigsten Verhält- nissen sich gedrungen fühlt, zunächst für sich selbst die Summe des Erlebten und Erfahrenen im Bereiche des inneren Staats- wesens Oesterreichs zu ziehen und unumwunden all das zu erörtern, was einer Verbesserung gründlich bedürfe. Er habe ,nichts übertrieben, selbst nicht einmal greller gezeichnet', sei , vielmehr von dem Gesichtspunkte ausgegangen, da, wo er nur Gutes erzwecken wolle, ja nicht den bösen Geist der Rechthaberei und beleidigten Eitelkeit aufzureizen und schon dadurch der Sache zu schaden'. , Wollte man aber Vieles oder wohl auch das Meiste von dem, was er nicht blos berührt, sondern umständlich erörtert und begründet habe, nicht gelten lassen und werkthätige Einschreitungen überflüssig finden, so dürfe er sich doch wenigstens nicht den Vorwurf machen, unberufen geschrieben zu haben, da sein Herz rein von allen Nebenabsichten sei, da er den Gegenständen, die er behandle, ein angestrengtes Nachdenken gewidmet habe, und da nur äusserst wenige Beamte in der österreichischen Monarchie in der Gelegenheit gewesen seien, wie sie ihm zu Theil geworden, so vielseitige und ausgebreitete Erfahrungen an verschiedenen Standpunkten zu sammeln' ein Ausspruch nicht unberech- tigten Selbstbewusstseins, den der lange bisher zurückgelegte Weg Baldacci's in Staatsdiensten, die Vielseitigkeit seiner Ver- wendung bestätigen, und dem das bezügliche Urtheil eines mass- gebenden Kenners, seines jüngeren Zeitgenossen und Berufs- verwandten, des Freiherrn Franz von Pillersdorf, sehr günstig an die Seite tritt.'

' S. die bezügliche Stelle in Freiherrn v. Pillersdorf's , Handschriftlichem Nachlasse'. Wien 1863, S. 5ft'. : , Selten wurde einem Staatsdiener so vielfältig Gelegenheit geboten, sich in den verschiedenen Zweigen des ßegierungsgeschäftes durch Kenntnisse und Erfahrungen zu be- reichern, und selten wird Arbeitsamkeit, Ausdauer laud glückliche Auffassungsgabe diese Gelegenheit so gut benutzt haben, uJn über die Interessen der Monarchie, sowie über ihre Stellung nach Innen und Aussen ein richtiges Bild zu erhalten, als dies bei Baldacci der Fall war' . . .

[13] 13

Wir dürfen voraussetzen , dass Baldacci, obsehon Form und Ton der Denkschrift zunächst einer Privataufzeichnung gleichkommen, dieses Ergebniss all seiner mühsam erworbenen Erfahrungen an massgebender Stelle fruchtbringend zu machen gedachte, da er deren , ungesäumte Beherzigung' wünscht, doch sind wir nicht in der Lage darüber Bescheid zu wissen, ob und mit welchem Erfolge diese Denkschrift, deren ursprüngliche Abfassung Baldacci seinem jüngeren Freunde, Grafen Braida, dem Vater ihres gegenwärtigen Besitzers, in die Hände legte, den Weg einer officiellen Vorlage einschlug.

Es ist kein geistsprühendes, schwungvolles, etwa gar in picanten Ausfällen' sich ergehendes Memoire, wie es Avohl der Feder eines Gentz entquollen wäre, kein glattes, elegantes Stück Arbeit, wie sie ein Metternich hätte vom Stapel laufen lassen; geduldig, ausdauernd muss der Leser den anmuth- losen, holperigen Weg durch die langgesponnenen, stihstisch ungelenken Sätze nehmen, die stets weit ausholen und für keinerlei Schmuck sorgen. Aber es ist auch wieder kein vielverschlungenes Labyrinth schillernder Gedanken, in das er verlockt wird , und worin er selbst sich zurechtfinden muss. Die Pfade sind klar ausgemessen, mit sicherer Hand abgesteckt. Thatsachen und Ziffern bilden die Grund- und Marksteine, nirgends drängt sich überschwängHches Raisonniren und Combiniren in die Quere, kein Schön- und kein Schwarz- färben.

Der Verfasser der Denkschrift ist ein entschiedener Ab- solutist, ein eingefleischter Bureaukrat, aber ein gewissenhafter Mann mit scharfen, beweglichen Augen, der die Dinge von allen Seiten ins Auge fasst und auch das Gewicht der öffentlichen Meinung nie verkennt. Wir sagten bereits einmal, ein Gentz, ein Metternich hätten die Druckschrift ganz anders geschrieben, aber es ist sehr zu bezweifeln, dass die baare Thatsächlichkeit, die ungeschminkte Wirklichkeit an ihnen die rechten Anwälte gefunden haben würde; jeder von Beiden liebte es ja, die Dinge in dem Avechselnden Lichte der Avechselnden Stimmung und des wechselnden Bedürfnisses erscheinen zu lassen, Gentz als Publicist, Metternich als Diplomat.

Versuchen wir es nun, den massenhaften Gehalt der Denkschrift hier in Umrissen, dort in Schlag worten zu ver- anschaulichen.

14 [14]

Die Einleitung hebt mit einer ziemlich düsteren Be- trachtung über den allgemeinen Nothstand Oesterreichs an; vor Allem aber kennzeichnet sie die tiefgreifenden Nachtheile, welche der feindliche Gegensatz zwischen der öffentlichen Meinung und dem Regime im Gefolge habe, und berührt im Allgemeinen die Ursachen dieses Sachverhaltes, anderseits den Zweck der Denkschrift, Heilmittel zur Behebung des Uebels in Vorschlag zu bringen.

An die Spitze der Ausführungen tritt selbstverständlich die finanzielle Frage, die Zerrüttung des Geldwesens und die Entwerthung des massenhaften Papiergeldes.

Es ist die Zeit der rechtschaffenen Bestrebungen des neuen Hofkammerpräsidenten, Grafen Philipp Stadion, den der Erbe seines früheren Portefeuilles, Staatskanzler Metter- nich, zum Nachfolger des Grafen Walhs unerfreulichen Andenkens vorgeschlagen hatte, wie er uns dies in seinen Denkwürdigkeiten erzählt.' ,Ich verwendete,^ sagt hier Metter- nich, ,die Jahre 1816 und 1817 zur Regelung meiner Ansichten und ordnete sie in zwei Richtungen, zuerst in der moralischen, dann in der speciellen, in ihrer Beziehung auf den Staats- haushalt materiellen. Die Bearbeitung des ersten Theiles be- hielt ich mir selbst vor, bezüglich des letzteren suchte ich Hilfe bei dem Grafen Stadion, dem der Kaiser über meinen Antrag die Leitung der Finanzen anvertraut hatte, bei dem Fürsten Schwarzenberg, der an der Spitze des Kriegswesens stand, und bei dem Staats- und Conferenzminister Grafen Karl Zichy, dessen Geist zur Aufnahme alles Rechten geeignet und dessen Kenntnisse in allen Fächern der deutschen und der ungarischen Länder des Reiches erschöpfend waren. ^ Diesen Ausführungen tritt auch IMetternich's , Memorandum über die Regelung des Geldwesens^ von 12. October 1816,2 also ziemlich gleichzeitig mit der Denkschrift Baldacci's, an die Seite.

Metternich war damals Präses jenes Conferenzrathes, der die jDrangsale des Finanzsystems zu beseitigen und den öffent- lichen Credit dauernd zu begründen hattet Der Kaiser, derzeit

1 ,Aus Metteruichs nachgelassenen Papieren'. , Denkwürdigkeiten' II. Theil, 1816—1848 ,Friedensaera', 1. Bd. Wien 1881, Einl. S. VII.

2 ,Aus Metternichs nachgelassenen Papieren' II, 1. S. 14—18. ,Ein Me- morandum des Fürsten Metternich' (als Präses des Conferenzrathes). Vgl. A. Beer, Die Finanzen Oesterreichs im TJ. Jahrhundert (1877), S. 86ff,

[15] 15

in Frankreich, anlässlich der ersten Oecupation, weilend, drängte von Troyes aus (19. Februar 1814) auf die baldige Inangriffnahme der Finanzmisere, doch hatte dies gute Wege, und die weiteren Ereignisse waren einer ruhigen Arbeit am Rathstische nicht günstig. Der Vortrag Stadion's an den Kaiser vom 31. Jänner 1816 über die Regelung der Geldverhältnisse hatte im Allgemeinen die Zustimmung des Monarchen erlangt, und zwar zunächst, was das neue Institut der Zettel-Escompte- und Hypothekenbank als Nationalbank betraf. Dies entnimmt man dem k. Handschreiben an Stadion aus Mailand vom 1. März 1816. Der Schluss dieser Kundgebung des kaiser- lichen Willens weist die Chefs aller Hofstellen unter Einem an, bei der Ausführung der in Frage stehenden Verfügungen und Massregeln mitzuwirken, und steht somit in unmittelbarer Beziehung zur Einsetzung jenes Conferenzrathes.

Stadion hatte als Mitarbeiter an seinem schwierigen Werke : Pillersdorff, Josef von Hauer und Kübeck, sämmtlich Persönlichkeiten, die unter den Augen Baldacci's empor- gekommen waren und seinem Berufskreise angehört hatten, herangezogen. Ihre Gutachten bilden ein wichtiges Material zur Geschichte der damaligen Finanzpläne, und zu ihnen gesellt sich, abgesehen von dem oben erwähnten Memoriale Metternich's, die geistvolle Gelegenheitsarbeit Friedrichs von Gentz in seiner bezüglichen Correspondenz ^ und insbesondere später in der ausführlichen Denkschrift über das österreichische Geld- und Creditwesen vom Jahre 1818.^

Dieser Fülle an Aufschlüssen über die damaligen finan-. ziellen Experimente oder Heilungsvorschläge für ein verrottetes Uebel stellt sich Baldacci's Darlegung des Sachverhaltes willkommen an die Seite. Denn auch er zählte berufs- und er- fahrungsmässig zu den Mitarbeitern an dem schwierigen Werke.

1 Vgl. die jBriefe von Freiherrn v. Gentz an Pilat'. Ein Beitrag zur Ge- schichte Deutschlands im 19. Jahrh., herausgegeben von Dr.K. M endels- sohn-Bartholdy I, Leipzig 1868, S. 22-4— 225 : Aus Gastein 11. Aug. 1816 in Bezug der Einlösungs-Operation. Schluss: ,Ich habe in den letzten Tagen viel in dieser Sache gearbeitet und werde vermuthlich- mit nächster Post die Frucht meiner Meditationen an den Grafen Sta- dion einsenden'.

2 Vgl. A. Beer, Die Finanzen Oesterreichs im 19. Jahrhundert (1877), S. 86flf.

16

[16]

Er bietet die eingehende Darlegung der Finanzzustände und Operationen vor und nach dem verhängnissvollen Patente vom Jahre 1811, dcstjen Nachtheile Baldacci nicht in der ,Deval- virung^ oder Werthherabsetzung des Papiergeldes und der Scheidemünze, sondern darin erblickt, ,dass dem zu Grabe gegangenen Papiergelde ein anderes, das sich von dem früheren blos durch seine ungleich geringere Menge unter- schied, substituirt worden ist (die , Einlösungsscheine'), dass man seinen Werth einzig durch die Seltenheit erzwingen wollte, dass sonst gar nichts, um dem neuen Papiergelde Credit zu verschaffen, geschah, dass vielmehr fortwährend Handlungen begangen wurden, die das ungeschwächte Vertrauen nur noch

tiefer sinken machen mussten' In den Augen Bal-

dacci's erschien somit der finanzielle Nachkrach mit den Anticipationsscheinen noch schlimmer als die Katastrophe vom Jahre 1811.

Indem nun Baldacci zur Erörterung der Reformen in der Stadion'schen Epoche übergeht, gedenkt er seines schriftlichen Vorschlages zu Gunsten der Convertirung des gesammten Papiergeldes in eine unverzinsliche Schuld (vom 19. No- vember 1815 u. ff.). Der gleichen Anschauung gab, wie wir wissen, das Gutachten PiUersdorf's Ausdruck, Avelcher ausserdem die Schöpfung eines Bankinstituts mit dem aus- schliesslichen Zwecke, ,den Geldbedürftigen gegen billige Be- dingungen und vollständige Deckung Darlehen zu geben', als die zweite Nothwendigkeit betonte und in dieser Beziehung .an Hauer einen gleichgesinnten Collegen fand. Kübeck sprach sich aber gegen den zwangweisen und plötzlichen Uebergang zur Metallmünze aus und begegnete sich darin mit der Meinung Stadion's und mit den Ansichten Metternich's, der in jener Denkschrift vom 12. October 1816 unter den drei Systemen der Creditreform: 1. Devalvation, 2. gesetzliche oder gezwungene Einziehung (Convertirung) und 3. successive Tilgung, der Letzteren das Wort redete.'

Dass hiebei auch Gentz als berufener Kritiker der Finanz Wirtschaft von Metternich und Stadion ausgiebig zu Rathe gezogen wurde, entnimmt man am besten seinem Schreiben an Pilat von 11. und 15. August 1816, worin er sich über

^ Vgl. S. 14, Anm. 1 und das citirte Buch von A. Beer.

[17] 17

Höh 1er' s Finanzschriftstellerei sehr abfällig äussert,' und noch mehr beweist dies seine namhafte Denkschrift über ,das öster- reichische Geld- und Creditwesen^ vom Jahre 1818 zu Gunsten der Finanzoperationen Stadion's aus den Jahren 1817 und 1818. ^

Auch der in beiden Hemisphären abenteuernde, geist- volle B oll mann hatte im Jahre 1816 im Webstuhle der Finanzreformen manchen Einschlagfaden legen geholfen.^'

Baldacci war für die gesetzliche oder zwangsweise Con- vertirung als das ^mindere Uebel' entschieden eingetreten, während sich Stadion einerseits für eine Nationalbank in oben angedeutetem Sinne, andererseits für die Combination der Banco- zettel und neuer StaatsobHgationen ("^7 + Vt)? ^Iso für das System der freiwilligen Con Version oder Tilgung des Papier- geldes entschied. Baldacci war aber durchaus nicht der Mei- nung, über das Gelingen der Finanzprojecte Stadion's von vorneherein den Stab zu brechen.

Sehr anschauHch erörtert Baldacci die Genesis des Finanz- patentes vom 1. Juni 1816 und dessen Misserfolge. Er zählte wohl nicht zu den , Fanatikern der Devalvirung' , welche den Kaiser mit Vorschlägen umschwärmten, und denen Metternich, von Gentz angeeifert, zu Gunsten Stadion's mit Erfolg gegen- übertrat, aber er blieb, in das Finanzcomite berufen, ein zäher Verfechter der zwangsweisen Convertii-ung.^ Seine Meinung fand jedoch lebhaften Widerspruch, den man durch Hinweis auf die vielseitigen volkswirthschaftlichen Nachtheile einer Ueberstürzung dieses Systems begründete.

1 A. Beer, a. a. O. S. 88. Von den Werken des ziemlich .schreibseligen Hohler's gehört hieher: ,Welche Hilfsmittel hat die österreichische Monarchie ziir Herstellung eines regelmässigen Geldumlaufes?' Wien 1816.

•^ Vgl. S. 15, Aum. 1 und 2.

3 S. über ihn: Varnhagen v. Ense's Vermischte Schriften 2. Aufl., I. (1843), S. 280 ff. Er hatte .sich 1814 in W^ien eingefunden. Bei den Finanzmassregeln und bei der Gründung der Nationalbank wurden vor- zugsweise seine Einschläge gewürdigt. Freiherr v. Gentz schreibt über ihn in den Tagebüchern, herausgegeben von Varnhagen v. Ense, und zwar 18. December 1814 (S. 343); ,Visite du docteur Bollmann, qui est un homme tre.s-superieur en fait de finances, et dont j'espere , que nous tirerons beaucoup de profit . . .'

* Für Gentz, dessen Urtheil über Persönlichkeiten keineswegs immer einer Gold wage gleicht, blieb Baldacci selbstverständlich immer ein ,miserable routinier', wie er ihn auch im Tagebuch zum Februar 1810 (S. 225) bezeichnet.

2

18 [18]

Baklacci's Denkschrift beschäftigt sich sodann mit dem Vorschhige Pillersdorf 's, der das System der Arrosirung oder successiven Tilgung der Staatsschuld empfahl. Er fand dies Project gerecht und consequent, aber er gab auch seinen Bedenken nicht unwirksamen Ausdruck, und seine Denkschrift erörtert ausführlich das Schicksal des Arrosirungsprojectes, die Schwebe der Convertirung seit dem Anlehenspatente vom 29. October 1816, endlich die Berechtigung des vorzüglichsten Einwurfs gegen die Convertirung, welcher die schwere Last der Zinsenzahlung als Keim eines neuen Deficits im Auge habe.

Auf diesem Wege der Betrachtung kommt Baldacci auf ein Haupterforderniss der finanziellen Entlastung, auf die Re- duction der Armee zu sprechen.

Gerade so wie in der Finanzfrage bleibt der Verfasser unserer Denkschrift dem Concreten , Nächstliegenden zuge- wendet. Baldacci war kein Mann der schwungvollen, schöpfe- rischen Ideen, kein Freund weitgreifender Theorien, kein Pessimist und doch nichts weniger als ein Sanguiniker. So tritt er uns auch in diesem Capitel vor Augen.

Keine europäische Macht könne diese unverhältnissmässige Belastung für die Länge aushalten. Er verweist auf Frank- reich, Preussen, England, die Niederlande, Spanien, Neapel, Sardinien, auf die deutschen Mittelstaaten, unter denen Sachsen seine Armee aufs Aeusserste reducirt habe, auf Dänemark, Schwe- den, woselbst überall die Erkenntnis« von der Nothwendigkeit der Heeresverminderung wirksamer werde. Russland reducire thatsächlich nicht, aber gewiss nicht zu seinem Vortheile.

Der , heilige Bund', d. i. die Allianz der drei Haupt- mächte, sei keine hinlängliche Bürgschaft für eine ewige oder auch nur lange Dauer des Friedens, aber die Regierungen müssten endlich die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit einer Erleichterung der Volkslasten zur Hebung des allgemeinen Wohlstandes dennoch gewinnen und sich vor der übelver- standenen Anwendung des landläufigen Spruches: ,Si vis pacem, para bellum' hüten.

Vor Allem aber habe Oesterreich diese Entlastung nöthig, nun, nach so vielen harten und langen Kriegen, da der , Menschenwürger (Napoleon) bezähmet' und der äussere Friede fester denn je gegründet scheine ; jetzt heisse es, den arbeitenden Händen so viel als nur möglich zurückgeben.

[19] 19

Sehr belehrend sind die genauen Zusammenstellungen Baldacci's über den jäh anschwellenden Aufwand für das Heer Oesterreichs von 1787 an. Binnen 16 Jahren sei er über 1212 Millionen Gulden angewachsen. Auf jedes Jahr ent- fielen mithin mehr als 75 Millionen, also dreimal so viel, als die Jahreseinkünfte des Staates dem Armeebedarfe zuwenden konnten. So hätten sich die , ausserordentlichen Zuschüsse^, das sogenannte Extraordinarium, auf 839 Millionen gesteigert. Dazu wäre 1792 1801 das Ausströmen des Geldes auf fremd- ' ländische Kriegsschauplätze, andererseits 1805 1809 der Jammer feindlicher Occupation und Contribution, das Ueber- mass der Leistungen von 1813 1815 getreten. Dem , heillosen Zustande' müsse ein Ende gemacht werden.

Bei all dem habe sich die Armee Oesterreichs im Ver- gleiche zu anderen in der schlimmsten materiellen Lage und armseligsten Equipirung befunden.' ,Mit einer kleineren aber gut gehaltenen und zufriedenen Armee,' sagt Baldacci, ,ist dem Staate ungleich mehr gedient als mit einer stärkeren, darbenden und darum missvergnügten Armee' und begründet dies des Näheren.

Er bespricht sodann die Massregel einer genauen Berech- nung des Militäretats, die verderblichen Folgen der jüngsten Missernte für die Creditoperationen des Staates und die Be- rathungen über die Theuerungs Verhältnisse.

Baldacci findet in der damaligen Theuerung ein auf- fallendes Ereigniss, indem er die Getreidepreise des vorigen Jahrhunderts von 1730 an mit den neueren vergleicht und mit Rücksicht auf die 1810 und 1816 gemachten Erfahrungen in den herrschenden , exorbitanten' Preisen die Wirkungen der ,Opinion' und der ,Speculation' erblickt. Das Papiergeld und die Unverhältnissmässigkeit der Grundsteuer setzten die Gross- grundbesitzer in den Stand, die Erzeugnisse des Feldes zurück- zuhalten und so die Preise in die Höhe zu treiben. -

' Vgl. den von mir im k. k. Kriegsarchive eingesehenen und in meinem Buche , Zur Geschichte Oesterreichs 1792—1816', S. 272 f. inhaltlich skizzirten Vortrag Baldacci's an den Kaiser vom 25. Februar 1814 (Bar-sur-Aube) über die österreichische Armee, worin die Schäden des Heeresvvens in nachdrücklichster Weise beleuchtet erscheinen.

2 Die Zusammenstellungen Baldacci's wären dem Verfasser des Aufsatzes ,Die Getreidepreise im 19. Jahrhundert, mit besonderer Berücksichtigung

2*

20 [20]

Baldacci kommt dann auf die Arbeit der Steuerreo^u- lirungscommission zu sprechen nnd übergeht hierauf zu den Verkehrsverhältnissen oder ,Communicationen' des Staates, indem er die Dringlichkeit der ärarischen Strassenanlagen für die Lindernng provinzieller Nothlage ins Auge fasst. Er be- spricht den Pauperismus der Militärgrenze, im ehemals kroa- tischen Grenzlittorale, in Krain, Kärnten und Steiermark, woselbst der durch Emporschraubung der Eisenpreise 1810 gemachte ,Scheinreichthum' schon 1811 der äussersten Ver- schlimmerung der gewerblichen Verhältnisse wich. Der Staat solle dieser Erscheinung nicht unthätig zusehen , da er ja Mitinteressent sei. Allerdings war Baldacci persönlich davon betroffen, als Besitzer des Gewerkes zu St. Stephan in Eibiswald.

Die Bedeutung des steirisch-kärntnischen Strassengewerbes hänge von dem Wohl- oder Missstande des Küstengebietes und von dem Verkehre mit Italien ab. Ohne staatliche Aus- hilfe, ohne Vorschüsse lasse sich wenig erwarten. Günstiger sei die Sachlage in Krain , da ihm beim Wechsel der Herr- schaft die Metallmünze erhalten blieb.

Die Verkehrsbedeutung des K ü stenlandes und ins- besondere Triests, ja auch Fiumes erheische alles Augen- merk und die Vermeidung bisheriger Missgriffe. Die Haupt- hindernisse lägen in der äusserst beschwerlichen Communication, in der Verschiedenheit der Geld Währung, in den geldver- wüstenden Bürsenspeculationen und in der ungünstigen Zoll- verfassung des Inlandes. Bei einer allgemeinen Tarifsrevision verspreche sich Baldacci von der Einsicht des Tarifsreferenten Hofrath von Leon nicht viel Gedeihliches.

Die Denkschrift wendet sich nun den besonderen Zu- ständen des Verkehrswesens zu. Eine Verlängerung des Wiener-Neustädter Canales bis zum Meere hält Baldacci für undurchführbar, um so mehr Fürsorge verlangt er für die Ver- besserung der Strassen in das Küstenland und nach Italien. Dabei kommt er insbesondere auf die Vermeidung des kost- spieligen und beschwerlichen Passweges über den Semmering und auf die Vermeidung des Triester Berges zu sprechen.

der Preisseliw.iukuiigPii', Dr. B. Wei.ss, im III. Jalng:. (1877) der Rta- t.i.st,ischen Moiiat.sclirift, Wien, I. Abth., S. 34.0—370 siclierlich willkomiiien gewesen. Vgl. H. Meynert, K.aispr Franz I. Wien 1872, S. .341 ft'.

[21] 21

Eine Erweiterung des Handels von Tri est werde auf die an- grenzenden Länder, vor Allem auf Istrien und Fiume, ,das in mehr als einer Hinsicht immer nur eine Filiale von Triest bleiben wird^, desgleichen auch auf Friaul günstig einwirken. Baldacci bespricht dann die verschiedenen Nothstands- und Theuerungs Verhältnisse im lombardisch-venetianischen Königreiche,' in Tirol undf Vorarlberg, Ober- und Nieder- Oesterreich, Böhmen ,2 Mähren, Schlesien und Galizien, um sich dann Ungarn und dessen Kronländern'' zuzuwenden. Man dürfe aber in Bezug auf staatliche Aushilfe die wesentliche Ver- schiedenheit in der Steuerleistung zwischen Ungarn und den anderen Erbländern nicht ausser Acht lassen. Diese zahlten für das laufende Militärjahr 12, Ungarn, ,wo die Steuerfreiheit zu den Cardinalprärogativen des Adels und der Geistlichkeit gehört', nur 6 MilHonen. Man dürfe doch nicht die gewaltig überbürdeten deutschen und italienischen Provinzen noch mehr belasten , um den Ungarn unter die Arme greifen zu können. Adel und Geistlichkeit seien hier, vermöge ihrer Prärogativen, besser in der Lage, ihre Unterthanen zu unter- stützen. Der Staat müsse sich diesbezüglich in Ungarn auf die Domänialunterthanen beschränken. Vorschüsse aufzuwenden, sei nicht unbedenklich, weil solche disponibler Cassenvorräthe ^ bedürfen und solche in Ungarn am schwersten einbringlich bleiben. Weit schlimmer als Ungarn befänden sich Sieben- bürgen und das Grenzervolk; hier seien Vorschüsse un- vermeidlich.

' Von dieser handeln das k. Handbillet vom 19. August und das vom 3. October 1816 aus (H. Meynert, a. a. O. S. 394)', desgleichen die vom 20. und 24. Jänner 1817 (ebend.). Der Hunger in seiner ganzen Härte suchte damals den Görzer Kreis, die Gebiete von Brescia, Ber- gamo und Como heim; Salat, Krautsuppe, ja selbst gekochtes Gras war die einzige Nahrung Vieler.

2 In Böhmen herrschte besonders seit 1813 die äusserste Brottheuerung (Meynert, a. a. O. S. 399).

3 Besonders hatten 1816 die kroatischen Gegenden an der Save durch deren Ueberfluthungen gelitten (ebend. S. 397).

* Von der Unzulänglichkeit der vorhandenen Fonde handelt das k. Hand- schreiben an den Oberstkanzler vom 1. März 1817 (Mej'nert, a. a. O. S. 380). Wie langsam es mit den ämtlichen Eingaben über den Noth- stand herging, so dass bis 1822 tabellarische Darlegungen erst von Böhmen, Mähren und Schlesien vorhanden waren, beweist der Ausdruck des kaiserlichen Missfallens über diese Verzögerungen (ebend. S. 382).

22 [22]

Dalmatiens Lage findet Baldacci bei aller Theuerung günstiger als den Zustand der Militärgrenze, denn dort gebe es keine Militärpflicht des gemeinen Mannes, mithin grössere Erwerbsfähigkeit, ausserdem Oel- und Weinbau als Ersatz für die Schäden des Ackerbaues.

Den nothwendigen Aufwand staatlicher Geldaushilfe für die Monarchie beziffert Baldacci auf eine Millionen Gulden W. W. und einige hunderttausend in Conventionsmünze nach Massgabe provinzieller Nothlage , insoweit indirecte Mittel, so öffentliche Arbeiten für die ärmeren Classen , nicht zu- reichten.-

Als wirksamste Mittel zur Hebung des Landbaues werden gutes Beispiel, Unterricht, ökonomische Lehrkanzeln, Muster- wirthschaften und Anderes empfohlen , da in Hinsicht des materiellen Culturgrades Oesterreich so manchem fremden Staate nachstünde. Die Landesstellen müssten da mit genauen Ausweisen der provinziellen Zustände vorangehen. ^

Baldacci's Denkschrift übergeht nun von der Darlegung der schlechten Beschaffenheit des österreichischen Strassen- Avesens auf den Nachweis seines Bestandes in den ein- zelnen Provinzen, mit Ausschluss Ungarns, Siebenbürgens und der Mihtärgrenze. Das Verhältniss des Flächeninhalts zur Länge der Strassen, die Art und Weise der Strassenbewirth- schaftung und der bezügliche Staatsaufwand finden sich un- gemein eingehend erörtert.

Der Verfasser wendet sich dann der nothwendigen Her- stellung neuer Verkehrswege , der zweckmässigen Ergänzung des Haupt-Strassennetzes durch Vicinal- und Secundärwcge zu und beschäftigt sich hierauf mit den Wasserstrassen.

Der Bäcser und Franzens- oder Wiener-Neustädter Canal erscheinen ihm als leidige Beispiele einer , Verschwendung staatswirthschaftlicher Kräfte^ Man hätte mit einem Blick auf die Karte Besseres thun können und sollte es noch thun.

Baldacci von Ungarns Wasserstrassen, , einem Ge- schenk der Natur^ ausgehend legt ein besonderes Gewicht

' Die Getreidevorräthe waren 1813 1815 durch die Armeebedürfnisse stark mitgenommen worden. 1815 gab es eine Ernte unter der Mittel- mässigkeit, 1816 ein völliges Missjahr (Meynert, a. a. O. S. 360). Vgl. auch die ,Vaterländi.schen Blätter', Jahrg. 1817, Nr. 31, S. 120 ff.

' lieber die Verschleppung dessen vgl. S. 21, Anm. 4.

[23] "^^

auf die Stromregulining, indem er die bezüglichen Versuche seit der Theresianischen Epoche Avürdigt. Die Betrachtung der Donau und deren zerstörender Thätigkeit führt ihn zur Dar- legung der Nothwendigkeit, für gute Stromkarten zu sorgen. Er kommt auf bezügliche Anläufe in Niederösterreich und in der Steiermark' zu sprechen. Was Krain insbesondere be- treffe, so sei ihm ganz zuverlässig bekannt, dass 1806—1800 die Krainer Stände mit eigenen Mitteln und staatlichen Vor- schüssen die Regulirun g der Save und die Entwässerung des Laibacher Moores vorbereiteten. Die französische Occupation habe das Unternehmen wieder gelähmt. ^

Die Denkschrift beschäftigt sich hierauf mit den Zu- flüssen der Donau in Ungarn » und verweist auf die Er- höhung der Salzpreise, als ein Mittel zur Bestreituug der Regulirungskosten. Wir erfahren Einiges über das Project Dorfleuthner's, die March schiffbar zu machen,^ über die be- züglichen Anträge des Grosshändlers Schweiger in Hinsicht der March und ihrer Verbindung mit der Oder.

Baldacci betont in dieser Richtung namentlich die Vor- schläge Wiebeking's^ aus der Zeit, als er noch einen Hof- rathsposten in Wien bekleidete, und die Abänderungen jener

1 Mit der Murschifffahrt beschäftigte sich eingehend Liechtenstern in seinem , Archiv für Geographie und Statistik'. Wien, Jahrg. 1802, I, S. 65 ff, und II, S.lff.

2 Die Hauptarbeit der Entsumpfung begann (Mai 1821) unter der Bei- ziehung des Hofbaudirectors Josef Sehern erl Ritter von Leithen- bach, eines gebornen Kraiuers.

3 Ueber die Wasserfahrt auf der Waag handelt Gregor v. Bredeczky in den ,Vaterländischen Blättern', Jahrg. 1813, Nr. 1.

< Johann Rochus Dorfleuthner und Comp, hatten bereits 1785, 10. October ein zwanzigjähriges Privilegium zur BeschiÖ'ung der March erhalten. S. Joh. Alex. Hanke v. Haukenstein (Vorstand der Olmützer Univer- sitäts-Bibliothek): Versuch über die Schiffbarmachung des Flusses March und Handlung der Mährer. Brün 1784.

5 Hofrath v. Wiebeking bereiste im kaiserlichen Auftrage 1804 die March von Olmütz bis an die Donau, und sie wurde bei dieser Gelegenheit in ihrem ganzen Laufe von dort bis zur Mündung nivellirt. Er bean- tragte alsbald eine Entwässerungsschleusse bei Göding. Das bezügliche Project wurde 1809 ausgearbeitet. Vgl. d'Elvert, Geschichte der Ver- kehrsanstalten in Mähren und Oesterreichisch-Schlesien. Brunn 1855, S. 269—270,

24 [24]

durch den Hüfcommissionsrath von Öchemerl.' Jedenfalls ver- dienten die Vorkehrungen gegen die Inundation der March eine wirksame Förderung.'^ Auch für Galizien, Oberösterreich, Tirol und das Lombardisch- Venetianische sei noch genug zu thun.

Mit einer Darlegung des staatlichen Aufwandes und der ungenügenden Thätigkeit des Hofbaurathes in Folge des allzu geringen Personales verbindet Baldacci Winke in Hinsicht einer zeit- und zweckgemässen Neugestaltung dieser Behörde was wieder mit einer Hebung der bezüglichen Bildungs- anstalten zusammenhänge. Er vergleicht diesfalls die Zustände Preussens mit denen Oesterreichs. Dort würden an der Berliner Bauakademie innerhalb vier Jahren von 15 verschiedenen Professoren , welche meistentheils dem Baudepartement zu- gehörten, 23 verschiedene Fächer vorgetragen. Das Wiener polytechnische Institut leiste das nicht; besser sei diesfalls das Prager eingerichtet.^

Nachdem die Denkschrift der nothwendigen Ausweise und Verzeichnisse behufs der Feststellung des Aufwandes für den nothwendigen Betrieb des ärarischen Strassen-, Wasser- und Hochbaues gedacht, übergeht sie auf das Postwesen und dessen leidigen Zustand im Gegensatze zu den bezüglichen Fortschritten in England, Frankreich und Italien. Es sei nothwendig, für ein neues ,Regulament^, die Bestellung einer General-Postdirection und wenigstens einiger Postvisitations- commissäre zu sorgen.^

Es kommen dann die öffentlichen und Privat- anstalten unter dem Einflüsse der Geldzerrüttung an die Reihe, und zunächst die Stiftungen, beziehungsweise deren

' Schemei-r.s Hauptplan zur Entwässerung und Schiffbarmachung der March, mit dem Plane, diesbezüglich eine Actiengesellschaft zu gründen, war 1811 Gegenstand der Berathungen; s. d'Elvert, a. a. O. S. 270 ff.

2 Die Regulirung der March blieb seit 1811 auf der Tagesordnung, während eine Verbindung dieses Stromes mit der Oder und Weichsel, seit 1807 lebhafter ventilirt, über das Project nicht hinauskam.

3 Vgl. H. J. Bidermann ,Die technische Bildung im Kaiserthum Oester- reich. Ein Beitrag zur Geschichte der Industrie und des Handels. Wien 1854', über die Genesis dieser Anstalten.

* Vgl. das S. 23, Anm. 5 citirte Buch von d'Elvert, S. 169 190. Baldacci beschäftigte sich auch mit diesem ^Gegenstände als Hof- commissär der Occupation in Frankreich. S. mein Werk ,Zur Geschichte Oesterreichs 1792 1816', S. 320-321.

[25] . 25

Fonde. Baldacci weist die durch die wachsende Theuerung geschaffenen Missverhältnisse zwischen ihrer ursprünglichen Dotirung und dem Bedarfe der Gegenwart nach und vertritt die Nothwendigkeit einer künftigen Regelung und Commassirung der Fonde. Besonders eindringlich spricht die Denkschrift für die Bildung eines grossen, über alle Länder zu verbreitenden Vereines zur Unterstützung der Nothleidenden, dessen Mittel- punkt Wien abzugeben hätte. ^

Einer Regelung bedürftig seien besonders die öffent- lichen Fonde.

Der Religionsfond reiche für den weltlichen Clerus nicht hin, und ebenso befänden sich manche Universitätsprofessuren, Gymnasial-Normalschulposten und vor Allen die Volksschul- lehrer auf dem Lande in einer wahren Nothlage.

Beim Clerus möge man das überflüssig grosse Einkommen reichlichst dotirter Bisthümer zu Gunsten des Staatszweckes verringern.

Der Verfasser könne sich mit dem gesammten Detail der Schul- und Erziehungsanstalten, des Kranken- und Armen- wesens'^^ nicht abgeben, sondern nur auf einige wesentliche ^Momente eingehen.

Die öffenthche Meinung aus dem Munde oder aus der Feder von Urtheillosen sei für den Staat nicht massgebend, wohl aber das Urtheil wahrhaft gelehrter und verständiger Männer. Eine vernünftig geregelte Pressfreiheit empfehle sich durch ihren Nutzen. Man solle die berechtigten Urtheile des Auslandes sammeln und sammt den sie belegenden Original- schriften in getreuen Auszügen dem ^Monarchen zur Kenntniss bringen. Für das Ansehen und die Wirksamkeit der obersten Studienbehörde sei ihre Zusammensetzung aus tüchtigen Kennern der Hauptfächer massgebend.

1 Vgl. über solche örtliche Vereine die , Vaterländischen Blätter', Jahrg. 1813, Nr. 31, 79, 88, und 1817, Nr. 31.

2 Vgl. über diesen Gegenstand: J. W. Krben, Oesterr. Magazin für Armenhilfe, Indiistrieanstalten und Dienstbotenwesen. Wien 1804; W. F. Högwein: Unthänigst gehorsamster Vorschlag zur Errichtung allge- meiner Armenanstalten für ganze Provinzen und den Staat, mit beson- derer Rücksicht auf Tirol. Innsbruck 1805; und d'Elvert, Geschichte der Heil- und Humanitätsanstalten in Mähren und Oesterreichisch- Schlesien. Brunn 1858.

26 [26]

Der gebildete Theil des Publicums halte den gegen- wärtigen Studicnplan keineswegs für den besten. Die Wiener Universität befinde sich , mit Ausnahme der medicinischen Studien, im Rückgange; der Geist der Frivolität beherrsche die Gesellschaft.

Sachsen besitze drei Literaturzeitungen, während in Oesterreich die einzige dieser Art, die , Wiener Literaturzeitung' aus Mangel an Unterstützung eingegangen sei.'

Dass an eine Akademie der Wissenschaften, ^ deren mindestens eine, manchmal mehrere in anderen Staaten be-

1 Die , Wiener allgemeine Literaturzeitung' im Verlage von Camesina wurde von Dr. F. Sartori begründet, dann von Hart mann, zuletzt von Matth. E. v. Collin redigirt, begann im Jahre 1813 und .schloss 1816. Früher erschienen die ,Annalen der österreichischen Lite- ratur', herausgegeben von einer Gesellschaft inländischer Gelehrten im Commissions- Verlage von Doli und Seidel zu Wien und München seit Juli 1802; alle Monate acht Stücke zu einem halben Quartbogen, dazu ein Intelligenzblatt. Als ihr Vorbild erscheint die Jenaer und die Leip- ziger Allgemeine Literaturzeitung. Der Prospect bezeichnete als Zweck dieser Annalen: ,die Kenntniss vaterländischer literarischer Producte im Inlande zu erleichtern und das Ausland früher, als es J^isher ge- schehen konnte, auf dieselben aufmerksam zu machen, zu schüchternen Gelehrten, welche Aufmunterung verdienten, Zutrauen zu sich selbst einzuflössen, dagegen Schriftsteller, die ihrem Vaterlande wenig Ehre machen, zurechtzuweisen, mit einem Worte: der vaterländischen Literatur aufzuhelfen'. Das Unternehmen gerieth bald ins Stocken und lebte wieder als ,Neue Annalen der Literatur des österreichischen Kaiser- staates' 1807 1809, I. III. Jahrgang, auf, um dann auch sein Ende zu finden. Inzwischen erstand, von der Regierung gefördert ein neues, allgemeineren Interessen dienendes Journal in Wien: ,Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiser staat,' herausgegeben von mehreren Geschäftsmännern und Gelehrten, verlegt bei Degen in Wien, mit dem Motto: ,Wahr, freimüthig, bescheiden'. Die erste Nummer erschien 1808, 10. Mai; wöchentlich kamen zwei Nummern zu einem oder einem halben Druckbogen 4" heraus. Die erste Mai-Nummer des III. Jahr- ganges 1810 brachte das allerdings stattliche Verzeichniss der Mitarbeiter. Seit 1815 führten sie den Titel: , Erneuerte Vaterländische Blätter' und erhielten eine neue Redaction, auch neue oder abgeänderte Rubriken. Sie brachten unter Anderem historisch-kritische Andeutungen über die Literatur des österreichischen Kaiserstaates, Verzeichnisse der aus- und inländischen Journale, geschichtliche Beiträge u. s. w. Aber auch dies Unternehmen kam nicht über das Jahr lS-20 hinaus.

^ Zur Zeit als Baldacci dies schrieb, waren über hundert Jahre verflossen, seit Kaiser Karl VI. veranlasst wurde, den Entwurf des Stiftung.sbriefes und Diploms einer kaiserlichen Akademie zu Wien, bekanntlich die

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stünden, gar nicht gedacht werde, müsse wohl von der Ueber- zeugung herrühren, dass sie unter den gegenwärtigen Verhält- nissen schwerhch etwas Bedeutendes leisten könne; Niemand dürfe ja den Wahn hegen, Oesterreich befände sich auf einer solchen Stufe der Cultur, dass ein weiteres Fortschreiten zu einem gefährlichen Uebermasse führen würde. Nothwendig sei eine strenge Beaufsichtigung sämmtlicher öffentlichen Lehr- und Erziehungsanstalten.

Es erscheint begreiflich, dass Baldacci , der Mann von 35 Dienstjahren im Verwaltungswesen, diesem seine be- sondere Aufmerksamkeit zuwendet.

Besonders beschäftigt ihn die Frage, ob, wie man viel- seitig meine, das französische Verwaltungswesen oder administrative System für Oesterreich angemessen sei. Er ver- neint dies angesichts der Sachlage und unabsehbarer Schwierig- keiten und bezweifelt, dass sich einerseits der österreichische Beamte, anderseits das österreichische Publicum in das kurz angebundene, autoritative Wesen der französischen Verwaltung finden würde. Die österreichische Administration habe den Vorzug, dass sie ,mehr als jede andere gegen Eigenmacht, Willkür, Bedrückungen und Beeinträchtigungen, sei es nun des Staates oder der Einzelnen Sicherheit gewähre'. Alles laufe auf Beaufsichtigung und Controle hinaus. Mehr noch in dieser Richtung zu verlangen, wäre wohl vom Uebel, denn die Verwaltungsmaschine leide gerade durch ein Uebermass der Controle, und die öffentliche Meinung mache in Oesterreich der Verwaltung nie den Vorwurf der ,Uebereilung', sondern eher ,jahrelanger Verzögerung^ Geschäftsüberladung der Beamten halte sich mit den wachsenden Rückständen die Waage.

Der Geschäftsgang fordere daher Vereinfachung, eine Er- sparung massenhafter Schreibereien. Die Recursfreiheit möge etwas eingeengt, der Wirkungskreis der Unterbehörden nicht geschmälert werden; die ,gedankenlosen Fragen' und ,un- nöthigen Einvernehmungen', das überflüssige Behelligen der Buchhaltvmgen sollen aufhören. Wozu seien denn die Erlässe von 1806 und 1807 an die Hof- und Länderstellen erlassen

Idee eines Leibnitz, zu genehmigen (1714). Vgl. Bergmann in den Sitzungsberichten der phil.-hist. Classe der kais. Akademie der Wissen- schaften in Wien, Bd. XIII, S. 40—61; XVI, 3— 22; XXV, U4— 152.

28 [28]

worden? Ihre genaue Befolgung, nicht die Routine, der Usus oder gar die Präsidial vvillkür, führten zum Ziele. ^

Und nun übergeht der Verfasser der Denkschrift zu der Aufgabe des Monarchen, des ,allbelebenden Hauches', der , Alles zusammenhaltenden Kraft' in dem verschieden gearteten, vielgegliederten und vielgeprüften Oesterreich. Der Älonarch soll sich nicht mit dem Detail der Staatsgeschäfte befassen, dafür gebe es mehr als genug an Aufsicht und Controle.

Alles sei an einem festen, schnellen und ordentlichen Geschäftsgange gelegen, deshalb bedürfe es einer gedeih- lichen Thätigkeit der Centralleitung, da sonst ,die ungeheure Verwaltungsmaschine, statt ein harmonisches Ganzes zu bilden und concentrisch zu den grossen Staatszwecken zusammen- zuwirken, in ein ungestaltetes Chaos ausarten würde'. Baldacci bedauert die Desorganisation des Staatsrathcs im Vergleiche zu seiner ursprünglichen Verfassung in der Theresianischen Epoche. Die gegenwärtige Einrichtung nach einer ,von dem himmelweit verschiedenen französischen Staatsrathe entlehnten Idee^ sei ganz und gar unzweckmässig. Der Staatsrath möge auf den Fuss zurückversetzt werden, auf welchem er sich zu Anfang des Jahres 1807 befand. -

' Die oben berührten Erlässe waren unter dem Einflüsse Baldacci's ent- standen. Der Gedankengang^ des kais. Handbillets an den Oberst- kanzler Grafen Ugarte, vom 30. December 1806: Vereinfachung der Manipulation, Beseitigung unnöthiger Geschäfte, Erleichterungen des Geschäftsganges, Zusammenwirken der Behörden, Rücksichtnahme auf materielle und geistige Culturzustände , auf die missliche Lage der Staatsbeamten u. s. w. (s. den Wortlaut bei Meynert, a. a. O. S. 58 bis 61) zeigt dies am besten. Vgl. mein Werk: ,Zur Geschichte Oester- reich 1792 1816'j S. 8G 88. Das zweite kais. Handschreiben wurde am 4. Jänner 1807 erlassen.

2 Bekanntlich hatte der Kaiser den Staats- und Conferenzrath Baldacci, den Verfasser dieser Denkschrift, 1806 mit dem Plane einer Reorgani- sirung des an Stelle des eigentlichen Staatsrathes seit 1801 geschaffenen (dreispaltigen) Staats- und Conferenzministeriums als oberster Revisionsstelle für sämmtliche Staatsgeschäfte betraut. Baldacci war für die Auflösung dieser Centralbehörde, die blos dem Namen nach fortbestehen und auf das Departement des Innern beschränkt bleiben sollte. 1808 1809 wurde der im J. 1807 thatsächlich reconstruirte ,Staatsrath' als solcher auch dem Titel nach wieder hergestellt, aber in weit beschränkterem Umfange. S. Hock-Bidermann, Der öster- reichische Staatsrath 1760 1848 (Wien 1S79), S. 651—664.

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Es ist dies einer jener Gegensätze, in denen sich Baldacci zu ]\[etternich, dem Gegner des Staatsrathes von ehedem, be- fand. Staatsrath und Conferenzministerium mögen die Meinungs- freiheit als ^unantastbares' Heiligthum ansehen.' Anderseits würden Länderbereisungen den Nachtheilen der sogenannten ,Bureaukratie' am kräftigsten begegnen.

Wir wissen, dass Berufssteilung und Vorliebe Baldacci's Eifer für die Begründung einer officiellen Statistik warm hielten. Ueber diesen Gegenstand verbreitet sich denn auch die Denkschrift. Sie verweist auf die Nothwendigkeit, das in Zeitungen, Journalen und Fach werken vorkommende ^Material statistischer Natur zu sammeln.

Eine Personalverminderung in den Aemtern sei angesichts der jetzt in stetiger Ausdehnung begriffenen Organi- sationsarbeiten undurchführbar und erst in Aussicht zu nehmen, sobald die Geschäftslast sich verringere.

Sehr dringlich erscheinen vollständige Normaliensamm- lungen. Leider habe man den Weg verlassen, den Graf von Rothenhann und Graf Chotek einschlugen. Es sei jedoch zu hoffen, dass man damit unter der Leitung des Grafen Wurmser vorwärts komme, was sehr noththäte."^

1 Metternich's Vortrag .111 <lr>n Kaiser von 1811 über die .Organisation eines Reichsrathes in Oesterreich' (s. seine , Denkwürdigkeiten' I, 120 121, und ,Actenstücke' U, 444 453) kritisirte sehr scharf den Theresianischen Staatsrath, der ,eigentlich nur ein rerlarvtes, aus meh- reren Häuptern bestehendes Premierministerium' gewesen sei. Sehr abfällig beurth eilte er auch die Organisation des Staatsrathes, oder eigentlich des umgestalteten Staats- und Conferenzministeriums vom Jahre 1807, Baldacci's Werk, für welches dieser selbstverständlich ein- tritt. Wie sich Manches sonst in diesem Vortrage des Staatskanzlers gegen Baldacci zuspitzt, besonders dort, wo Metternich von der Organisation des Jahres 1807 sagt, sie wäre ,das Werk einiger Intriganten, Subal- ternen bei den verschiedenen Ministerien, welche unter dem Vorwande dieser neuen Organisation die ausübende Gewalt in ihre Hände zu spielen wünschten', findet sich in meinem Werke: ,Zur Geschichte Oesterreichs 179-2—1816', S. 191 193 erörtert.

2 Graf Eothenhann, geb. zu Bamberg 1737, gest. 1809, ward 1796 be- reits in den Arbeiten der Gesetzgebung als Kanzler der vereinigten Hofstelle verwendet und seit 1801 Präses der Hofcommission in Gesetz- sachen; Graf Job. Rudolf Chotek war 1805 1809 Staats- und Con- ferenzminister. Graf Wurmser erscheint in den Jahren 1809 1814 als Mitglied und Präses von verschiedenen Hofcommissionen, so in Militär- und Steuersachen genannt.

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Das Schlusscapitel der Denkschrift behandelt die be- drängte materielle Lage der Staatsgläubiger, der Armee- angehörigen und der Beamtenwelt.

Es sei ein Gebot strenger Gerechtigkeit gewesen, dass durch das Staatsanlehen der Gläubiger des Aerars die ]\Iüglichkeit fand, die Zinsen künftig in Metallmünze zu er- halten und dass zugleich der Werth der Obligationen in Wiener Währung gehoben wurde.

Was die Armee betrifft, so findet Baldacci die Lage des gemeinen Mannes, trotz seiner in Folge des Papiergeldregimes viermal so hohen Löhnung gegenüber der im Jahre 1790, als es noch Metallmünze gab, mit Rücksicht auf die vierfache, mit- unter acht- bis zehnfache Preiserhöhung der Lebensbedürfnisse, durchaus nicht günstig, immerhin aber noch besser als die des Officiers. Am traurigsten sei die Nothlage des Militär- pensionisten.

Aber ungleich drückender sei die Sorge um das Leben beim Civilbeamten der gleichen Dienst -Rangclasse. Bal- dacci erörtert den schlimmen Wechsel der Zeiten seit der Theresianischen Epoche und findet in den Zuschüssen mittelst Papiergeldes nur ein Palliativ, keine wahrhaft wirksame Abhilfe.

Er recapitulirt endlich das Ganze seiner Ausführungen, indem er das, was sich bis zum Zeitpunkte des Abschlusses seiner Denkschrift geändert oder mehr entwickelt, soweit es zu seiner Kenntniss gelangte , beifügen zu wollen erklärt. Dieser Anhang wurde, weil er wesentlich nur übersichtliche Wiederholung ist, im Abdruck weggelassen,' ausgenommen das Schlusswort.

Der Unterzeichnete hat nur noch einige Bemerkungen über den Abdruck der naclistelienden Denkschrift anzubringen. Zur grösseren Uebersichtlichkeit wurde der Inhalt der ein- zelnen Abschnitte in Randglossen angedeutet. In Bezug der Orthographie Baldacci's, welche mancherlei störende Eigen- thümlichkeiten bietet, schien es angemessen, sie der heutigen thunlichst anzupassen. Ein Inhaltsverzeichniss soll die Be- nützung erleichtern.

' Sie zählt im Manuscript 2.3 Folioblätter. Der wenigen, wirklich ergän- zenden Uemerkungen Haldacci'.s wird an Ort und Stelle des Abdruckes gedacht werden.

[31] 31

Die Denkschrift Baldacci's.

E i II I oi t u u g.

Wenn ich sage, es ist sehr weit mit uns gekommen, wir haben Allgemeine

eine höchst traurige Periode erreicht, so habe ich wenigstens von der ^^'"'^^^^"■'5

entschiedenen Mehi'zahl keinen Widerspruch zu besorgen. liehen und

Nie. selbst zur Zeit der unglücklichsten Kriegsereignisse, feind- f "*''^';^''5' '

° o o . liehen Noth

licher Einfälle, mit beträchtlichen Länderverlusten und schweren Con- Standes. tributionszahlungen verbundener Friedensschlüsse, waren die Klagen so laut und allgemein als seit einigen Monaten. Ein goldenes Zeitalter hat man nach mehr als zwanzigjährigen Kraftüberspannungen vernünftiger- weise wohl nicht erwarten können, drei bis vier aufeinander gefolgte, theils kaum mittelmässige, theils wirklich schlechte Ernten haben noth- wendig leidige Folgen nach sich ziehen müssen. Aber wer auch nicht ein goldenes Zeitalter hoffte, war darum doch auf kein eisernes gefasst, und wenn blühender Wohlstand bei dem wenigen Gedeihen der Feldfrüchte nicht vorherrschend sein konnte, so bleibt doch das schnelle Umsich- greifen des Jammers und Elends, die Verarmung unzähliger, einst ver- möglich gewesener Familien, der auf einen so hohen Grad gestiegene Un- muth ganzer Classen und der Stände ein schwer aufzulösendes Problem.

Gibt es noch eine Fiettung und Hilfe? hört man Tausende fragen. Ungleich grösser ist die Zahl derjenigen, die an diese Frage auch gleich eine verneinende Antwort reihen, als die sich und Andere mit einem auch nur schwachen Schimmer von Hoffnung zu beruhigen versuchen.

Wer fühlt das Schlimme, das Schreckliche solch eines Zustandes nicht? Wer wird thöricht genug sein, solch eine Stimmung für unschäd- lich zu halten, weil noch keine Sturmglocken ertöuen, keine wüthenden Volkshaufen die Strassen durchziehen, der obersten Gewalt noch in keinem Theile des Staates der Gehorsam verweigert wird? Hat man irgend eine Gewähr, dass es immer, dass es lange so bleiben wird? Und wenn man diese Gewähr hätte, wenn man versichert wäre, fortwährend Alles durch die bewaffnete Macht ungeachtet sie jetzt selbst ein sehr leidender Theil ist erzwingen zu können, ist es gleichgiltig, wenn die Kegierung Liebe, Achtung und Vertrauen vollends verliert, wenn sie täglich die Zielscheibe entweder des bittersten Spottes oder des heftigsten Tadels wird?

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[321

Ursachen

des Noth-

standes.

Zweck dieses Aufsatzes.

Und wem kiiiin es entgehen, wie splir insl)eson(lere in einer Monarchie, .wo in den meisten Provinzen nur Geldzeichen, deren Werth sich auf Credit gründet, im Umlaufe sind, die Regierung von der öffent- lichen Meinung abhängig istV Wir haben ja schon selbst der Er- fahrungen hierüber zu viele gemacht, um nur einen Augenblick daran zu zweifeln, dass eine blosse widrige Einwirkung der öffentlichen Opinion auf die circulirende Masse ungemeine Uebel herbeiführen kann, die keine physische Gewalt abzuwenden oder zu bezwingen vermag.

Es wäre nicht schwer, die Ursachen anzugeben, warum es so weit mit uns gekommen, warum unsere Lage höchst traurig geworden ist. Einige sind allgemein bekannt. Aber dem aufmerksameren Beobachter ist selbst das progressive Fortschreiten der Verschlimmerung, die gänz- liche Entwicklung der gegenwäi'tigen man darf leider fast sagen Antipathie gegen die Kegierung in ihrer Grundlage, sowie in ihren Folgen und Wirkungen nicht entgangen.

Eine Zusammenstellung dieser Ursachen ist zur Ausführung meines Vorhabens nicht unumgänglich uothwendig. Manches Geschehene lässt sich nun einmal nicht mehr ändern. Ein oder der andere Punkt würde vielleicM auch bei Solchen, welche im Ganzen das Schlimme unserer Lage vollkommen erkennen, Widersprüche hervorbringen. Mit Contro- versen ist aber wenig gedient. Ln besten Falle geht die Zeit darüber verloren, und diese ist jetzt von unendlichem Werthe. Ohnehin kann ich, was ich für noch voi'handenc und bleibende Ursachen der Uebel, die uns drücken, halte, nicht unberührt lassen, wenn ich, was eigentlich meine Absicht bei diesem Aufsatze ist. angeben will, wie, nach meiner Meinung, die Uebel theiis gehoben, theils gemildert werden können, wie sich Achtung und Vertrauen allraälig wieder herstellen oder doch wenigstens dem so hoch gestiegenen Missvergnügen und Unmuthe ab- helfen lasse.

Zerrüttung Dic ältcstc Und nach meiner innigsten Ueberzeugung schwerste

des Geld- Ki-ankheit des österreichischen Staatskörpers ist unstreitig die lang-

ivesens. . . '

Masse des wierige gänzliche Zerrüttung des Geldwesens, die sich von blossen Defi- papiergeides. (.[li^^ einem starkcu Passivstande und anderen Uebeln, woran mehrere Staaten laboriren, sehr wesentlich unterscheidet. Es gibt zwar Däne- mark, dessen Finanzen, wie bekannt, am Kande des Abgrunds sind, weggerechnet ausser Oesterreich noch drei Staaten, wo Papiergeld die circulirende Masse ausmacht, nämlich England, Schweden und Eussland. Aber wem ist es unbekannt, wie sehr sich das englische

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Vorscbläge zur Kegene- ration der österreiclii- scUen Fi- nanzen.

Papieigeld vi>u .lein usteircicliisilicn untensclieitlet. Und wenn der Weith des sclnveilisclieii und nissiisdieu Papiergeldes um nichts höher, ja selbst niedriger als jener des unserigen ist, so hat es duch die ausserordent- lichen Schwankungen und Sprünge, woraus so äusserst böse Folgen resultireu, nicht erfahren ; es hat noch keine Devalvation ausgestanden ; es ist in isolirten, wenig cultivirten, an dem äussersten Ende Europas liegenden Ländern ungleich weniger schädlich als in einer Monarchie, die in so ausgebreiteten Handelsverbindungen stehet, wenigstens jetzt bei dem Handel mit dem Auslande unstreitig die Bilanz wider sich hat, und wo schon seit Jahren die Speculationen. der stärksten Geldbesitzer ihre vorzüglichste Eichtuug auf die Schwankungen und Sprünge der Cui'se im Grunde also auf die öffentliche Calamität genommen haben.

Was hieraus entstehen und wohin dies führen müsse, hat mau schon lauge gefühlt. Zahlreiche eindringende Vorstelluugen über die unübersehbaren Xachtheile einer längeren Fortdauer dieses Zustandes, häufige Vorschläge, wie hiei- Kath zu schaffen sei, liegen in den Kegi- straturen. Schon in dem Jahre 1803 wurden ganze Abhandlungen über diesen, für den Staat sowie für jeden Einzelnen höchst wichtigen Gegen- stand geschrieben. Im Jahre 1804 wurden die ersten schwachen Ver- suche zur Regeneration unserer Finanzen gemacht. Damals betrug die verzinsliche Schuld, welche sich noch im Jahre 1792 nur auf 416,860.000 Gulden belief, schon über 718 Millionen, An Bankozettelu, deren es im Bankozettei Jahre 1792 keine vollen 27 Millionen gab, waren im Jahre 1804 über ri37 Millionen im Umlaufe. Ein Zuwachs au theils verzinslicher, theils unverzinslicher Schuld von mehr als 600 Millionen in einem Zeiträume von 12 Jalireu war wohl ein wichtiger Bestimmungsgrund für die Staats- verwaltung, sich mit diesem Gegenstände ernstlich zu beschäftigen. Allein wiederholte feierliche Versicherungen im Namen des Monarchen, die Bankozettei aiifrecht halten zu wollen, standen jeder Idee, einen Schlag auf das Papiergeld zu führen, im Wege. Die ergriffenen gelin- deren Massregelu konnten ihrer Natur nach nur langsam wirken. Durch die bald darauf unternommenen Kriegsrüstungen und durch den in der zweiten Hälfte des Jahres 1805 ausgebrochenen Krieg wurden sie nicht nur alleiu vollends erfolglos, sondern die Lage hatte sich wesentlich ver- schlimmert , weil aussei' dem bedeuteuden Länderverluste durch den Pressburger Frieden die Masse des circulirenden Papiergeldes im Jahre 1806 schou nahe au 450 Millionen gekommen war.

Die ganze Periode vom Pressburger Frieden bis zum Wiederaus- bruche des Krieges im Jahre 1809 glich mehr einem Waffenstillstände als einer wirklichen Ruhe. So lange Napoleon mit Preussen und Russ-

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laml kämpfte, mustste eine beträchtliche Neutralitätsarmce mit gTosscm Aufwände unterhalten werden. Nach dem unerwarteten Abschlüsse des Friedens zu Tilsit veranlassten rege Besorgnisse für die Existenz und Unabhängigkeit des Staates fortwährende, zwar nur stille, aber darum um nichts weniger kostspielige Anstrengungen, bis es im daliro ISU;» zum wirklichen Ausbruche kam. Wer erinnert sich nicht an die traurige Katastrophe dieses Krieges, von dem man so viel Heil und Kuhm er- wartet hatte!

In diesem verhängnissvollen Jahre war die Zahl der Bankozettel schon auf 730 Millionen angewachsen, und dieCurse standen, nach einem ganzjährigen Durchschnitte berechnet, auf 296. Das Papiergeld hatte also schon damals beiläufig zwei Drittheile von seinem Werthe verloien.

Nach solch einer gewaltigen Verschlimmerung unseres linanziellen Zustandes, nach so beträchtlichen Verlusten an Tjändern, nach der so sehr herabgesuiikenen politischen Existiuuition der österreichischen Moimrchie, die man nun nicht mehr unter die Mächte der ersten G]-össe zählen wollte, war natürlicherweise die Aufgabe, Ordnung in dem zer- rütteten Geldwesen herzustellen, noch ungleich schwieriger geworden. Durfte man sich noch im Jahre 1804 der ,HofFnung überlassen, den Nominalwerth des Papiergeldes durch successive Verminderung desselben aufrecht zu erhalten , da es nach der ganzjährigen Durchschnittsbe- rechuung nicht niedriger als zu 1 33^/4 Gulden stand, so war es bei den im Anfange des Jahres 1810 so sehr veränderten Umständen wohl er- laubt, an der ferneren Möglichkeit dieser Aufrechthaltung zu verzweifeln. Finanz- IndessBn glaubte man im Jahre 1810 doch noch das Aeusserste versuchen Operation müsscu. Durch Beuützuug des unbeweglichen Vermögens der Geist-

desJ. 1810. ^ , ^ ^

lichkeit, durch namhafte Erhöhungen der Steuern sollten beträchtliche Quantitäten Papiergeld aus dem Umlaufe gezogen, und dasselbe dadurch seinem anfänglichen Werthe allgemach mehr angenähert werden. Was Viele gleich im Anfange an einem glücklichen Erfolge des angenommenen Systems zweifeln machte, war die lange Dauer von 20 Jahren, die zur gänzlichen Ausführung desselben erforderlich waren, und die äusserst geringe Wahrscheinlichkeit, es werde sicli unter den damaligen Um- ständen die Ruhe in Europa auch nur einige Jahre ei'halten. Aber schon selbst darin, dass die Benützung des geistlichen Vermögens und eine namhafte Ei-höhuug der Steuern die Hauptpfeiler waren, lag der Keim der Zerstörung dieses Planes. Er kam gar nicht zur Keife. Statt der beabsichtigten Verminderung der Bankozettel vermehrten sich dieselben bis Ende des Jahres 1810 auf 1060 Millionen Gulden, der ganzjährige Durchschnitt der Curse fiel auf 429 aus.

fSf)] 35

Nun hatte das Papiergeld jene Periode erreicht, wo des Sinkens seines Werthes kein Ende mehr war, und wo keine menschliche Kraft es mehr aufreclit erhalten konnte. Eine Devalvieruug war unvermeidlich. Sie würde sich im Verlaufe des Jahres IHll von selbst gemacht haben Finanz- oder, richtiger gesprochen, das Papieigeld wäre in einen gänzlichen Un- £^^105! werth gesunken, hätte es die Staatsverwaltung länger anstehen lassen, scheine, mit einer entscheidenden Massregel einzuschreiten. Zu einer Zeit , wo die Bankozettel schon zwischen 1300 und 1500 schwankten , hat sich die Devalvierung auf ein Fünftheil nicht für hart und ungerecht erklären lassen. Nicht in der Devalvierung, sondern darin, dass dem zu Grabe gegangenen Papiergelde ein anderes, das sich von dem früheren blos durch seine ungleich geringere Menge unterschied, substituii-t worden ist, dass man seinen Werth einzig durch die Seltenheit erzwingen wollte, liass sonst gar nichts, um dem neuen Papiergelde Kredit zu verschaffen, geschah, dass vielmehr fortwährend Handlungen begangen wurden, die das geschwächte Vertrauen nur noch tiefer sinken macheu mussten, lag der Grund der traurigen Eesultate, welche das Finanzsystem vom Jahre 1811 und noch mehr die Art , wie es ausgeführt worden ist, über die österreichischen Staaten verbreitete. Eine beträchtliche Verschlimmerung der Curse war bei einer so geringen Masse Papiergeldes nicht wohl möglich. Aber sie war mehr als genug, um jeden Gulden Metallmünze aus dem Umlaufe zu verdrängen. Eine bedeutende Menge Einlösscheine war eben, weil sich die Metallmünze neben derselben nur als Waare be- haupten konnte, immer in dem verderblichen Spiele auf der Börse be- schäftiget. Dadurch sowie durch die Beschränkung, welche sie als vor- stellende Geldzeichen gegen den Nominalwerth erlitten, und durch die meistentheils namhaften Kassabestände blieb ein offenbar zu geringer Betrag für die innere Circulation übrig, die auch schon des vorherr- schenden Misstrauens wegen nicht lebhaft sein konnte. Aus dieser Unzulänglichkeit des Geldes, die keineswegs durch Lebhaftigkeit des Umlaufes ersetzt wurde, mussten sich uothwendig sehr nachtheilige Xachtheiie Einwii-kungeu auf den Nationalwohlstand, vorzüglich auf die Industrie JJ."t\o„*:^1. ergeben, die während dieser Periode in Monaten ebenso stark ab- «oiiistand. genommen als sie zuvor in Jahren zugenommen hat. Offenbar waren bei einer längeren Fortdauer dieses Zustandes mehrere selbst der wich- tigeren Fabrikationszweige mit dem Untergange bedroht.

Aller Beharrlichkeit ungeachtet, mit welcher der Werth der Ein- lösungsscheine einzig durch ihre geringe Zahl gehoben werden wollte, war doch der Durchschnittscurs im Jahre 1812 nahe an 160, mithin beinahe gleich ilem Jahre 1806, wo sich die Masse der Bankozetteln auf

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uiiget'iihr 450 Milliiuicii Ijclief. Sclion danuils zweifelte fast Niemand daran, dass auf diesem Wege, auch l)ei der standhaftesten Ausdauer, bei seinen täglich fühlbarer gewordenen Beschwerlichkeiten nicht zum Ziele zu gelangen sei. Allein schon in der ersten Hälfte des Jahres 1813 kam die Staatsverwaltung wegen der nothwendig gewordenen Kriegs- rüstungen in die uiuingenehme Xothwendigkeit, ihr feierlich gegebenes Anticipa- Wort , dass vou der Papierscheere kein Gebrauch mehr gemaclit werden wird, zu l)rechen. indem zwar die Einlösungsscheine nicht vermehrt, aber unter einem anderen Nauien neue Scheine ausgestossen worden sind, von denen nur die ersten 45 Millionen durch eiu eigenes Patent dem Publikum angekündigt, die weitereu Exmissionen aber im Stillen foi't- gesetzt wurden, dergestalt, dass sich mit dem Ende des Jahres 1814 schon fast ebenso viele Anticipationsscheine als Einlösungsscheine zusammen nämlich über 412 Millionen Scheine im Umlaufe befaiiden.

Von dem Zeitpunkte der Ausg'abe des neuen Papiergeldes an- gefangen, hatte das Fiuanzsystem vom Jahr 1811 natürlicherweise seine vollständige Katastrophe erreicht. Man war nun ganz wieder in dem vorigen (leleise. So, wie früher mit Bankozetteln. wurde jetzt mit Ein- lösungs- und Anticipationsscheineu der ausserordentliche Kriegs- und der übrige Aufwand bestritten. Dafür hatte man aber auch die ver- lorenen Länder zurückerobert, den Feind des Friedens von seinem Throne verjagt und die Möglichkeit erreicht, eine bessere Ordnung der Dinge dauerhaft zu gründen. Billige und verständige Menschen sahen zwar den neuen Zuwachs an Papiergeld mit Leidwesen an, aber sie fanden darin gegen das, was erkämpft worden ist, doch nur das gei'ingere Uebel. Nun sei, meinten sie, erst der Zeitpunkt gekommen, wo man mit Ki'aft und Sicherheit handeln könne, und der sowohl bei einem Auf- merksamen Rückl)lick auf das Vergangene, als bei einer eindringenden Erwägung der Uebel, die man vim dem vermehrten Papiergeld unaus- bleiblich zu befahren habe, ja nicht versäumt werden dürfte.

Unstreitig war dies schon in der zweiten Hälfte des Jahres 1814 die entschiedene Meinung der Mehrzahl derjenigen, welche über Gegen- stände dieser Art eiu Urtheil zu fällen geeignet sind. Doch höite man damals dieser vorhei'rschenden Meinung nicht selten die Beti-achtung entgegensetzen, dass man durch die Feldzüge in den Jahi-en 1813 und 1814 zwar Länder, Achtung und ifuhe, aber bei weitem keine hinläng- lichen Vorräthe an Metallmünze erwoi-ben habe, um der Zei'i'üttung des Geldwesens ohne überaus grossen Erschütterungen abhelfen zu können, dass ferner die Ausgleichung so vielei', zum Theil unter sich con- trastirenden Interessen eine sehr weit aussehende Sache sei, deren

[37] 37

schnelleren oder langsameren Ausgang keine menschliche Weisheit vor- hersehen könne, dass man sich also mit Grund zu zweifeln erlauben dürfe, ob der wahre Zeitpunkt zu definitiven Massregeln, um das Geld- wesen in Ordnung zn bringen, schon wirklich eingetreten sei.

Wenn diese Einwendungen nicht von allem Gewichte ontblösst dci' Um- waren, und insbesondere letztere durch das, was sich von den Ver- ^\r-^.^'

' politischen

handlungen des Congresses im Publikum verbreitete, ein nicht un- zustände bedeutendes Gewicht erhielten, so fand sich durch Napoleons Wieder- erscheinung in Frankreich, durch das eben so schnelle, als glückliche Ende des daraus neuerdings entstandenen Krieges, durch die gänzliche Ausmittlung der wesentlicheren, politischen Verhältnisse zwischen den Mächten, durch den solchergestalt noch mehr consolidirten Frieden, ins- besondere aber durch die namhaften Summen in Metallmünze, welche der österreichischen Monarchie zu Theil wurden, der schwierige Zustand noch vor Ausgang des Jahres 1815 auf solch eine Art aufgelöst, dass nun wider die Möglichkeit, dem Geldunwesen ein Ende zu machen, und wider die Schicklichkeit des Zeitpunktes vernünftigerweise sich gar nichts mehi' einwenden liess.

Es hatte aber auch in diesem Jahre das Papiergeld schon wieder Das Papier- eine Höhe von 562 Millionen Gulden erreicht. Die Curse hatten im Ver- ^^^^ ^•

1815.

laufe desselben ausserordentliche Schwankungen erlitten, und der Werth desselben war dergestalt gesunken, dass der Curs nach dem Durchschnitt des ganzen Jahres auf etwas über 350 Gulden entfällt. Es war vorher- zusehen, dass nun die Sehnsucht nach durchgreifenden Massregeln laut und allgemein werden, dass man nur solche Massregeln und keine Palliative von der Staatsverwaltung im In- und Auslande erwarten werde. Langjährige Erfahrungen und Leiden rechtfertigten diese Sehn- sucht. Hinreichende Mittel, um die Schwierigkeiten der Ausführung theils zu mildern, theils ganz zu überwinden, waren erworben. Eigentlich war nun erst jetzt, durch die fester gegründete äussere Ruhe und durch den Besitz reichlicherer Vorräthe an Metallmünze die Epoche eingetreten, wo man mit Kraft und Zuversicht Hand an das Werk legen konnte, was in keiner der früheren Perioden der Fall war. Nun liess sich also der laute , allgemeine Wunsch nicht mehr für eine ignorante Ungeduld er- klären, und die Staatsverwaltung stellte sich bei einer längeren Zögernng der Gefahr bloss, ganz wider die öffentliche Meinung zu Verstössen.

Diese Betrachtungen veranlassten mich schon im November des Baidaccis. Jahres 1815 meine Ideen über die Nothwendigkeit solcher Massregeln, Vorschlag

. zur Conver-

von welchen man sich eine entscheidende Wirkung mit Zuversicht ver- ,j,.„ng ^g,. sprechen könne, so wie über die Wahl derselben zu Papier zu bringen. Staatsschuld.

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Eine Conveitiiung des gesaiiiniten Papiergeldes in eine verzinsliche Schuld, schien mir das, unseren Verhältnissen einzig angemessene System, und so wie ich in Allem, was ein rascherer Uebergang zur Metallmünze für Einzelne Beschwerliches und Xachtheiliges haben mag, doch nur das mindere Uebel gegen jenes, was mit der längeren Fort- dauer der Zerrüttung des Geldwesens unzertrennlich verbunden ist, ge- funden habe, und die Vernunft es gebietet, im Collisionsfalle sich mindere Uebel gefallen zu lassen, wenn nur durch sie grössere gehoben werden können, hielt ich es auch für ganz wohl möglich, durch zweckmässige Modalitäten die Convertii'ung in einem Zeiträume von 9 Monaten auf solch eine Art durchzuführen, dass die Bewohner jener Länder, in welchen Papiergeld circulirt, ausser jenen Beschwerlichkeiten, die in der Xatur der Sache liegen, und daher absolut unvermeidlich sind, sonst keine anderen gefühlt haben würden.

Das Fiuanzministeiium ging in seinen Vorschlägen zwar eben- falls von dem Grundsatze aus, das Papiergeld allmählig aus dem Um- laufe zu bringen; aber dies sollte blos durch Einleitungen, bei welchen Uns Finanz- Alles dem freien Willen überlassen blieb, und in einer ungleich längeren ministennm ^eitfrist geschehen. Zwei Wege zur Einziehung des Papiergeldes wurden zwei Wege gleichzeitig gewählt, der eine, dass man gegen Erlag von 2000 Gulden zurEinzic- g(.}^eimj umj 200 Gulden Conventionsmünze Actien erhielt, wofür die

hung des I'a-

pieigeides. 2'2'Vo Ziusen in Conventlonsmünze bezahlt werden sollen; der andere, dass für 700 Gulden Papiergeld - .; in Conventionsmünze, un<l •'' - in einer einperccntigen, gleichfalls mit Conventionsmünze zu verzinsenden Obligation gegeben wurden. Mit diesen Verfügungen wurde zugleich, rücksichtlich der Actien, eine Bankanstalt verbunden.

Zur Zeit, wo diese Vorschläge bearbeitet wurden, waren Seine Majestät von Wien abwesend. Der Finanzminister sollte nach Italien reisen, um dort die Allerhöchste p]ntschliessung darüber zu ciwirken. Sie wurden mir, aber nur auf eine sehr kurze Zeit, mitgetlieilt und meine schriftliche Aeusserung vci'langt. Auch ich hatte schon fi'üher meinen Aufsatz dem Finanzminister übergeben. Er ei'klärte, zwar mit den Hauptgrundsätzen desselben, nicht aber mit der Ali der Ausfühi'ung, einverstanden zu sein und insbesondere von der so schnellen Ausfühi-ung einer gänzlichen Conversion überaus nachtheilige Folgen zu besorgen. Nach dieser flrklärung war an die Allerhöchste Genehmigung meines Finanzverbesserungsplanes nicht mehr zu gedenken, da die weite Vaü- fernung mich ausser Stand setzte, die Einwendungen, welche man dagegen machen würde, auch nur zu crfaluen. Selbst der lebhafteste Widei'spiuch hätte höchstons die Wirkung gehabt, dass noch längere

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Zeit hindurch gar nichts geschehen wäi'e. und man sehnte sich schon seit Mimaten. sehnte sich mit dem grössten Kechte nach massgebenden Verfügungen. Nach den Regeln der Probabilität war es freilich mehr- als wahrscheinlich, dass ein so hoher Grad von Misstrauen bestehe, bei welchem Massregeln, die vom freien Willen abhängen, schlechterdings nicht gedeihen können. Aber a priori Hess sich dies nicht unwider- sprechlich beweisen, und das Finanzministerium glaubte so fest an die Wirksamkeit und an die Zweckmässigkeit seiner Anträge, dass es nur durch wirklich gemachte Erfahrungen zu einer anderen Ueberzeugung gebracht werden konnte. Aber auch ich selbst traute mii* mit voll- kommenster Zuversicht nicht zu behaupten, dass ein Gelingen der von dem Finanzministerium vorgeschlagenen Massregeln absolut unmöglich sei. Es gab der Gründe noch mehrere, sich einem Versuche nicht ent- gegenzusetzen, der bei einer entsprechenden Ausführung mit keinem bedeutenden Verluste an Metallmünze verbunden gewesen sein würde, und von dem man mit vollem Grunde erwarten konnte, dass er alle Zweifel lösen, und die grosse Streitfrage, ob der langsamere, gelindere, der Willkür jedes Einzelnen überlassene , oder der schnellere , von der Staatsverwaltung vorgezeichnete , mit Zwang verbundene Weg auszu- wählen komme, definitiv entscheiden wird.

Von diesen Betrachtungen geleitet und unter den, theils soeben geschilderten, theils sonst zur Zeit, wo ich meine Aeusserung abgab, ob- waltenden Umständen, hielt ich es für weit schädlicher, mich geradezu wider die Vorschläge des Finanzministeriums zu erklären, als in der Art meine Zustimmung zu geben, wie ich es unterm 11. Jänner h. J. gethan habe, indem ich ausdrücklich auf die Nothwendigkeit einer niehrei'eu Begünstigung deijenigen. welche an dem Bankinstitute theil- uehmen . gegen Jene , die ihr Papiergeld gegen Conventiousmünze und Obligationen umsetzen, sowie auf die Verwendung eines Theiles der Staatsgüter zur mehreren Beschleunigung und Versicherung der Ope- ration hindeutete und beifügte, dass im Detail der Ausführung eine sorgfältige Beobachtung der Folgen und Wirkungen und der öffentlichen Meinung, deren Tendenz sich nicht immer zuverlässig vorhersehen lasse, die Xothwendigkeit oder Entbehrlichkeit weiterer Massregeln am richtig- sten entwickeln wird.

Der Zeitpunkt, in welchem die Patente erschienen sind, nämlich Die Patente der 1. Juni 1816 ist zu wenig entfernt, als dass es nicht noch im """^ ^- "'"°*

* ' 1816 und ihr

frischen Andenken stehen sollte, dass einige Wochen hinreichten, um jiisseifoig. beinahe Jedermann zu überzeugen, die Ordnung in den Geldverhält- jiissen könne und werde auf dem eingeschlagenen Wege nicht hergestellt

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werden. Die Actienabnahmo war gleich anfangs und ist bis zur Stunde unendlich weit hinter dem Betrag zurückgeblieben, der erforderlich ge- wesen wäre, um sich nur einigen Erf<dg ^versprechen zu können. Da- gegen warf man sich mit einer kaum glaublichen Hastigkeit und Gierde auf die Verwechslung des Papiergeldes gegen Conventionsmünze, und einpercentige Obligationen. Dass hiebei so beträchtliche Quantitäten von Metallmünzen aus den Staatskassen, theils in das Ausland, theils in die Kassen der Geldmäkler strömten, ohne dass die Circulation etwas ge- wann, war nicht unmittelbare und unvermeidliche Folge des Systems, sondern der Art der Ausführung, die keineswegs mit jener Vorsicht, welche man bei dem Anbeginne solch einer Operation nie ausser Acht lassen darf, sondern mit einer Ausdehnung, als wäre num seiner Sache vollkommen sicher gewesen, geschah. Mit einer, höchstens mit zwei Millionen hätte man die nämliche Erfahrung machen und sich Gewiss- heit verschaffen können , dass die Actien viel zu wenig gesucht werden, um von der Bank eine Wirksamkeit zu erwarten, dass man dagegen den ganzen Vorrath an Metallmünze m einigen Monaten fruchtlos vergeuden würde, wenn man die Verwechslung des Papiergeldes gegen Conventions- münze und einpercentige Obligationen fortgesetzt hätte. Schon die un- angenehmen Auftritte, welche aus dem gewaltsamen Hinzudrängen zu den Kassen entstanden, setzten dieser Verwechslungsart Schranken. So- bald die Verwechslung ganz eingestellt werden musste, und die Actien nur in geringer Zahl abgenommen wurden , lag es am Tage , dass das neue Finanzsystem sich nicht weiter behaupten könne. Es wurde daher sehr dringend, über die weiters zu ergreifenden Mittel zu berathschlagen ; zumal das Finanzministerium aus nicht unbegründeter Besorgniss, die Curse würden sich in der Zwischenzeit gar zu sehr verschlimmern, Con- ventiiinsmünze auf der Börse verkaufen Hess, und die wichtigsten, Jeder- mann vim selbst einleuchtenden Gründe dafür stritten, diesem traurigen Mittel die mitglichst kurze Dauer zu geben. Das Finanz.- Von dem Zeitpunkte an, wo ein eigenes Finanzcomite uud ich zu

comite und gincm GUcde dieses Comite ernannt wurde, war es füi- mich eine heilige

Baldacci"s

Eintreten für Pflicht, gctreuUch auzugebcn und gründlich darzuthun, was nun zu ge- (iiL-conver- schehcu habe, um das verfehlte Ziel wieder zu erreichen. Gleich in den

tirung.

ersteren Conferenzen habe ich mein Glaubensbekenntniss , dass nur in der Convertirung die Möglichkeit liege, der Zerrüttung des Geldwesens sicher und dauerhaft abzuhelfen, freimüthig abgelegt. Meine Meinung fand lebhaften Widerspruch. Unübersehbare Naclitheile wurden als un- vermeidliche Folgen einer vorzeitigen Ausführung dieses Systems an- gegeben. ]\lan f;ind den Wohlstand dei- Privaten, den Haiidtl im Grossen,

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den täglichen Verkehr, ja selbst den öffentlichen Dienst äusserst ge- fährdet. Auch glaubte man, eindringendere Massregeln vor der Hand noch ganz wohl vermeiden zu können, da sich von dem freiwilligen Arrosement, welches der Hofrath Freiherr von Pillersdorf vorgeschlagen Piiicrsdoifs hatte, eine gedeihliche Wirkung erwarten lasse, wo sich sodann, wenn *"^der*^ man die Resultate desselben aufmerksam beobachtet haben wird, am Anosirung. richtigsten zeigen werde, was weiter zu thun erübrige.

Dem vorgeschlagenen Arrosement beizustimmen, habe ich nun zwar kein Bedenken getragen, denn mir schien die Massregel gerecht und consequent; gerecht, weil die Staatsgläubiger durch mehr als eine der früheren Verfügungen sehr hart mitgenommen worden sind, bis zur Stunde ihre herabgesetzten Zinsen in einem tiefgesunkenen Papiergelde erhalten, hiedurch ungemeinen Schaden gelitten haben und noch leiden, dieselben also, so viel es die Kräfte des Staates nur immer zulassen, berücksichtigt zu werden, wohl unwidersprechlich verdienen ; consequent, weil auf diese Weise Scheine aus dem Umlaufe gezogen werden, ohne dass der Staat dabei seine Vorräthe an Münze erschöpft oder sonst eine unerschwingliche Last übernimmt. Allein eine wesentliche Abhilfe gegen das Hauptübel, einen entscheidenden Schritt zur Wiederherstellung des zerrütteten Geldwesens habe ich in dieser Massregel nicht gefunden, sondern sie nur für ein secundäres , mitwirkendes Mittel gehalten, welches eingreifendere Verfügungen auf keine Weise und um so weniger entbehrlich machen könne, als sich, bei dem so allgemeinen Misstrauen, ganz sicher auch Zweifel , wo nicht über den Willen, doch über das Ver- mögen der Staatsverwaltung, die Zinsen, dem Versprechen gemäss, fort- während in Conventionsmünze zu bezahlen, erheben und in dem Masse grösseren Eingang finden werden, als sich die Meinung mehr fixirt, dass man keine kräftigeren und schneller wirkende Vorkehi-ungen zur Weg- schaffung des Papiergeldes treffen wolle.

Diese letztere Meinung schien weder der Finanzminister noch der Baidaccis Staats- und Conferenzminister Graf Zichy mit mir zu theilen , sondern verhaUen zu

dem AiTOsi-

sich von der Ankündigung des Arrosement eine ungleich stärkere Wirkung rungspiane. zu versprechen, über das, was weiter geschehen solle, noch keinen bestimmten Plan zu haben, vielmehr erst die Folgen und Wirkungen der wirklichen Ausführung dieser Massregel längere Zeit hindurch ab- warten, und in der Zwischenzeit sich in keine förmlichen Discussionen rücksichtlich der Convertirung einlassen zu wollen. Je mehr sich dies aus dem Gange der Verhandlungen entwickelte, um so nothwendiger fand ich es, nicht nur auf meinen früheren Erklärungen zu beharren, sondern mich noch überdies auf das bestimmteste zu äussern, dass ich

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iler KiiiKliinicliiiny «Ics cntwoifeneu Piitents wegen des Airosement, was aber Seine Majestät mir unter dem Namen eines Anleiliens angekündigt und vor der Allerhöchsten Genehmigung noch verscliiedene xVnstände ge- löst wissen wollten, einzig nur auf den Fall und unter der Bediugniss beitreten könne, wenn ohne längeren Zeitverlust zu den Berathungen über die weiters zu ergreifenden Massregelu geschritten würde.

Im Einklänge mit dieser Erklärung und aus abermaliger Wahr- nehmung, dass, wenn es über die Convertirung zur Sprache käme , nie in eine nähere Würdigung des Gegenstandes eingegangen, sondern sich blos auf die Aufzählung der höchstschädlichen Folgen dieses Systems, ohne die Angaben zu begründen, beschränkt wurde, mithin aus inniger Ueberzeugung, dass, wenn nicht ein Typus für die Deliberationen auf- gestellt wird, ungemein viel Zeit verloren gehen werde, ohne auch nur sicher zu wissen , in welchen Punkten num einig und in welchen da- gegen einer verschiedenen Meinung sei, habe ich Fi'agen entworfen, die mir den Gegenstand ganz zu umfassen schienen und aus deren indi- vidueller Beantwortung sich nothwendig zeigen musste, was man für all- seitig zugegeben annehmen könne, und worüber dagegen weitere schrift- liche und mündliche Debatten nothwendig sind, um diese Punkte vollends zu erschöpfen, und wo nicht am Ende ein übereinstimmendes Gutachten, doch wenigstens die vollständig beleuchteten verschiedenen Meinungen der Allerhöchsten Schlussfassung unterziehen zu können.

Alle diese Bemühungen hatten nun zwar den Erfolg, dass in der Conferenz vom 15. October der einhellige Beschluss, dass nur von der zu Gunsten Couvertirung, das ist von der gänzlichen Umstaltung des Papiergeldes in der conver'-^ ^^^^ Verzinsliche Schuld die Wiederherstellung der Ordnung in den Geld- tiiung. Verhältnissen mit Grund zu erwarten, dass sohin die 'bestmöglichste Art der Ausführung dieses Systems unaufgehalten in Erwägung zu ziehen, dass sich bei den diesfälligcn Beratlnmgen der Antworten auf die von mir entworfenen Fragen als eigentliclie Anhaltspunkte zu bedienen und dass bei Seiner Majestät auf die Genehmigung des Patententwurfes wegen des zu eröffnenden Anleihens, als einer mit dei' Convertirung im Ein- klänge stellenden Massregel, und vorzüglich auch zu ilein Ende, uin den Verkauf der Conventionsmünze auf der Börse sogleich einstellen zu können , zu dringen sei. Allein, obwohl ich meine ausführliche Be- antwortung der Fragepunkte dem Finanzminister theils noch vor dieser Conferenz, theils einige Tage nach derselben, übergeben habe, und Was Anic- obwohl das Patent in Betreff des Anleihens am 29. October erschienen V 2rortobcr '^^' ^^^ wurde doch bis zui- Hälfte iles Monates November mit den Be- i«if>- rathungen rücksichtlich der Convertirung oder der sonst zu ei-groifenden

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Massiegeln noch gar kein Anfang gemacht, und überhaupt seit mehr als vier Wochen nicht eine einzige Conferenz in Finanzangclegenheiten ge- halten, dagegen, wie man allgemein behauptet, mit dem Verkaufe der Con- ventionsmünze auch noch nach Erscheinung des Patentes, ja selbst auch noch nach dem Zeitpunkte, wo mit der Annahme der alten Obligationen und Scheine schon wirklich der Anfang gemacht worden ist, fortgefahren.

Soll etwa die Ursache dieses mit dem Conferenzbeschlusse ganz Die Fort- unvereinbarlichen , und wohl schwerlich durch irgend eine Allerhöchste ,, f"",- ^'

" Lcbelstande.

Eutschliessung autorisirten Benehmens darin liegen, dass, da die wirk- liche Einwechslung erst seit einigen Tagen stattfindet, man die Folgen und AVirkungen dieser Creditoperatiou noch nicht hinlänglich abnehmen könne, und es daher auch an einer sicheren Basis zu dem weitereu Ver- fahren noch mangle, so geht das Finanzministerium von einer offenbar unrichtigen Voraussetzung aus, und kommt mit dem in Widerspruch, was es schon früher erkannt und selbst geäussert hat, dass nämlich das Anleihen nur eine Adminicularmassregel und blos durch sie der Zer- rüttung des Geldwesens abzuhelfen, nicht geeignet sei. Wäre aber auch diese Erkenntniss und diese Aeusserung nicht vorausgegangen, so würden die bisherigen Erscheinungen seit der Kundmachung des Patentes hinreichen, um jede Illusion darüber zu zerstreuen, dass, sowie der Verfügung, wodurch das Anleihen eröifnet wurde, solch eine heilsame Einwii-kung auf die Gekhveseuszerrüttuug, um eingreifendere Massregeln entbehrlich zu machen , gar nie zugemuthet werden konnte, ebenso auch insbesondere die grosse Klippe aller, vom freien AVillen abhängender Verbesserungsmittel, nämlich das Misstrauen seit der Publication des Patentes und der wirklich angefangenen Verwechslung keineswegs gesprengt und zerstört worden ist; maassen sich die Curse, ungeachtet der leidigen Operationen auf der Börse äusserst wenig ge- bessert haben, vielmehr immer zur Verschlimmerung hinneigen, die früher schon höher gestandenen älteren Obligationen wieder zurückgehen und die neueren, in Conventionsmünze verzinslichen Obligationen einen ungleich höheren AA'erth, als den sie wirklich behaupten, haben müssten, wenn es bisher nur einigermassen gelunge]i wäre, das A^ertrauen zu erwecken. Ob unter diesen Umständen das Anleihen bis auf 50, (30 oder gar 100 Millionen gebracht werden wird, ist in Beziehung auf das Hauptübel, nämlich auf die zerrütteten Geldverhältnisse im Grunde eine gleichgültige Sache, da diese, auch wenn 100 Millionen Scheine aus dem Umlaufe gezogen würden, noch beiweitem nicht in Ordnung ge- bracht sein werden, und weil es nicht blos wahrscheinlich, sondern beinahe gewiss ist, dass selbst nach solch einer A^crmiudorung wenn

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;-iui.>st nichts goscliiolit die Cursc eben so schlecht und noch schlechter als jetzt sein, sohin aticli alle übrigen Verlegenheiten und Uebei in einem gleichen oder selbst noch höhereu Masse fortdauern würden; während die Vorräthe an Metallmünze, von deren grösseren oder geringeren Menge die mehi-erc Leichtigkeit oder Beschwerliclikeit des üebergauges zur Ordnung in den Geldvorliältuisseu so wesentlich abhängt, mit jeder AVoche zusammenschmelzen.

Höchst bedauerlich ist es also, dass die Berathungen über den weiters anzunehmenden Plan so lange verzögert worden sind. Noch be- dauerlicher ist es, dass der Verkauf der Conventionsmünze auf der Börse selbst zur Stunde, wo ich dies sclireibe, noch fortgesetzt wird. Ich enthalte mich aller Gründe für die Unerlässlichkeit der Umstaltung des Baidacci-s Papiergeldes in eine verzinsliche Schuld und für die Modalitäten der überVicCon- ■'^"'^ftihrung , sowie ich sie in meinem Aufsatze vom 29. November 1815 veitiningdes vorgeschhigeu habe; weil dieser Aufsatz nicht blos meine Ideen und An- inTinTvei- ^'"^S® » sondem auch die Motive, auf welchen sie beruhen, umständlich zinsiicbe darstellt; weil ich auch in einer späteren Ausarbeitung die Lage des Geldwesens in dei- österreichischen Monarchie, die unermesslichen Uebel, welche daraus entspringen, und die sichersten Mittel zu einer dauer- haften Abhilfe nicht blos angegeben, sondern durchgehends begründet habe; weil endlich auch meine Beantwortung der mehrraal erwähnten Fragen die Beleuchtung jedes einzelnen Punktes, insoweit dabei Er- läuterungen und Begründungen nothwendig waren, enthält. Aber ich kann nicht genug ausdrücken, wie dringend es ist, jeden weiteren Ver- kauf der Conventionsmünze, die sich in den Staatskassen befindet, auf der Stelle zu verbieten, und auf das nachdrücklichste anzuordnen, dass zu den Berathungen über die weiters zu ergreifenden Massregcln ohne mindesten Zeitverlust geschritten, und weil die Wichtigkeit des Gegen- standes eine sorgfältige Prüfung erheischt die Conferenzen mit den möglichst kürzesten Zwischenräumen so lange fortgesetzt werden, bis entweder ein vollständiges, übereinstimmendes Gutachten oder, wo sich die Meinungen theilen , eine lichtvolle Darstellung sowohl der einen, als der anderen dieser Meinungen als auch der Gründe, auf welchen sie beruhen, der Allerhöchsten Einsicht unterzogen werden kann. Hier haftet offenbar Gefahl' auf den Verzug, und der Zeitpunkt ist gewiss nicht entfernt, wo man es bereuen wird, nicht früher mit den Berathungen angefangen zu haben. Einwurf Einer der vorzüglichsten Einwürfe gegen die Convertirung ist die

Gr€£r6n clic

Convertirung «chwere Last der Zinsenzahlung , welche der Staat auf sich nimmt, und und Wider- die, wie Manche behaupten, schon wieder den Keim neuer Deficite, mit-

IccnnsT des-

selben. ^'" abermaliger Zerrüttungen der Finanzen in sich schliesst. Hierauf

[45] 45

antworte ich, dass, wenn sich die Kegierunji' wirklich zu solchen Zinsen verbände , die sie nebst den übrigen Staatsbedürfnissen schlechterdings nicht aufbringen kann, sie auch nach meinem Dafürhalten sehr zweck- widrig handeln würde; nicht nur, weil sie auf diese Weise sich nur aus einer Zerrüttung herauswindet, um sich gleich wieder m eine neue zu stürzen, sondern auch, w'eil das Uebermass der Bürde, die sie sich auf- ladet, dem verständigeren Theile des Publikums nicht entgeht, dadurch ein gegründetes Misstrauen gegen die Möglichkeit der Ausfüluimg erregt, und selbst die wohlthätige Absicht, durch Zahlung höherer Interessen den neu auszustellenden Obligationen mehr Werth zu verschaffen und solchergestalt den Verlust des Publikums bei der Einziehung des Papier- geldes zu vermindern, wegen der nachtheiligeu Einwirkung der Ueber- zeugung, dass diese höhere Interessenzahlung nicht lange stattfinden könne, auf den Werth der Schuldverschreibungen, vereitelt werden würde. Wenn aber die Regierung im Gegensätze den Geldbesitzern gar keine oder nur eine äusserst geringe Entschädigung anbieten wollte, um es sich ja recht leicht und bequem zu machen, so würde sie, wie ich wenigstens glaube, eine schreiende Ungerechtigkeit begehen und zu den gegründetsten Klagen Anlass geben. Man hat kein Mittel unversucht gelassen, dermal, als die Einlösungsscheine an die Stelle der Bankozettel traten, diesem neuen Papiergelde das vollste Vertrauen zu verschaffen. Man hat es nicht nur allein als Conventionsmünze bezeichnet, sondern dergestalt mit aller Gewalt als Surrogat der Conventionsmüuze geltend zu machen gesucht, dass sehr viele Gläubiger sich gefallen lassen mussten, für ihre Darleihen in Conventiousmünze sich mit Einlösungsscheinen zu be- gnügen. Man hat die Anticipationsscheine . insoweit die Exmission derselben öffentlich und durch eigene Patente geschah, fundirt. Was füi- einen Eindruck muss es nicht hervorbringen, wenn nach solchen Ver- anlassungen, wenn nach einer noch so frischen Erinnerung an dasjenige, was im Jahre 1811 geschah, auch jetzt wieder solch eine Operation mit dem Papiergelde vorgenommen würde, bei welcher man einzig nur die Erleichterung der Finanzen und gar im geringsten nicht die so billigen Ansprüche dei- Geldbesitzer auf jede mögliche Schonung voi- Augen hätte, und dies zu einer Zeit, wo man nicht, wie im Jahre 1811, den so äusserst verschlimmerten Zustand der Mouaichie durch unglückliche Kriege . Länderverluste , beträchtliche Contributionszahlungen etc. als . rechtfertigende Ursachen anführen kann; wo ferner die Staatsverwaltung noch bis auf diesen Augenblick fortfährt, einen guten Theil ihrer, zu einem besseren Gebrauche so unentbehrlichen Vorräthe an Metallmünze zu opfern, um beträchtlichere Cui'sverschlimmerungen zu verhüten.

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Darum iiiiil woil es wohl Jedem in die Aug-eu springen muss, wie höchst imbillig es wäre, bei der Wegschaffung des Papiergeldes, welches während der kriegerischen Zeiten vorzüglich darum so vermehrt worden ist, um nicht, wie es in anderen Staaten geschah, die Grundbesitzer und andere contribuirende Classen mit Steuern und Abgaben überbürden zu müssen, nunmehr den ganzen Schaden auf diejenigen zu wälzen, welche in der letzten Zeit vor dem Uebergange zur Metallmünze beträchtlichere Summen Papiergeldes in Händen haben, scheint mir die Verbindlichkeit der Staatsverwaltung, bei der Ausführung des Conversionss3'stems alles, was in ihren Kräften steht, zur Erleichterung der Geldbesitzer zu thun, gar keinem Zweifel zu unterliegen.

Es ist auch nur ein einziger Fall denkbar, wo aus der Umw^andlung des Papiergeldes in eine verzinsliche Schuld wirklich eine unerschwing- liche Last für den Staat entstehen könnte, nämlich, wenn derselbe zugleich fortfährt, einen übermässigen Militär-Etat zu unterhalten. Allein gerade dieser Gegenstand verdient nach meinem Dafürhalten die aller- vorzüglichste Aufmerksamkeit. Nun ist schon mehr als ein Jahr ver- AUgcmpines flosscu , Seitdem die grossen Weltangelegenheiteji ausgeglichen worden Unbehiitjeii ^j,|,] ^^j^,] friede in ganz Europa herrscht. Dcmungeachtet ist man

w?.gcu Ucliei-

lundunt,' beinahe nirgendwo vergnügt, nii-gendwo glücklich. In mehreren Ländern duicii herrscht Mangel und Noth, aber auch selbst in solchen, wo die Ernte

SteucMii.

gesegneter ausfiel, lindet man keine Spur von Zufriedenheit. Wenn auch wirkliche Unruhen sich nur auf England beschränken, und aucli dort von der Art sind, dass sie noch immer mit leichter Mühe gedämpft werden, so äussert sich doch fast allenthalben ein unbehaglicher, ge- spannter Zustand, der wenigstens in der Folge Explosionen besorgen lässt und, wenn auch keine erfolgen sollten, doch jeder Regierung, welcher das Wohl ihres Volkes am Herzen liegt, höchst unajigenelun sein muss. Die Eichtigkeit dieser auffallenden Erscheinung lässt sich nach dem, was glaubwürdige Reisende darüber einstimmig angeben, wohl gar nicht bezweifeln. Aber wenn man die Ursache einzig in den voraus- gegangenen, langwierigen Kriegen und in dem Missrathen der heurigen Ernte zu finden glaubt, scheint mir dies ein sehr oberüächiges Urtheil zu sein. Ausserdem, dass der widrige Ausschlag der Ernte in Europa nicht allgemein war, und auch in Ländern, die nicht nur allein für ihren Verbrauch bedeckt sind, sondern selbst Ueberschüsse an der Er- zeugung gegen das Erforderniss haben, die sie mit grossem Vortheile anderen Ländern überlassen können, keine Zufriedenheit wahrzunehmen ist, weiss man vorzüglicli in Staaten, die an einer höheren Stufe von Cultur stehen, Unfälle, welclie die Vorsehung über Länder geschickt hat,

[4 7] 47

vonjeueu, welche Folgen adniinistiativei' Verfügungen sind, sehr wohl zu unterscheiden. Man fühlt es weiter sehr gut, dass tiefgeschlagene Wunden nicht schnell vernarben können, und dass ein, durch lang- wierige Kriege und die damit verbundenen Missgeschicke vei'schwundener Wohlstand sich erst nach Jahren wieder einfinden kann. Allein eben das Andenken an die ausgestandenen Leiden gibt der nun eingetretenen Ruhe schon selbst solch einen Werth, und leitet die Betriebsamkeit so mächtig auf das allmählige Wiedererwerben des verlorenen Wohlstandes liin. dass man sich der üeberzeugung nicht erwekren kann, es mttsste wolil etwas Anderes als die blossen Xachwehen der langen Ki-iege sein, was die Spannung in den Gemüthern und ein, fast in allen Staaten sichtbares, Missvergnügen unterhält. Ohne in Abrede zu stellen, dass die häufigen Veränderungen in dem Territorialbesitze und andere diesem oder jenem Lande besonders anklebende Verhältnisse, hier und dort nicht unbedeutende Quellen des Unmuthes sind, so lässt sich doch bei einer sorgfältigen Würdigung aller obwaltenden Umstände mit Zuversicht an- nehmen . im Allgemeinen , oder wenigstens dem grösseren Theile nach, luibe der Unmuth seinen vorzüglichen Grund darin, dass die Lasten, welche die Völker noch gegenwärtig tragen, theils noch immer so gross wie zur Zeit der ausserordentlichen Anstrengungen sind, theils wenig- stens mit den, durch die früheren Anstrengungen merklich geschwächten uebermaass Kräften in keinem richtigen Verhältnisse stehen. Je mehr man es nun ^^^ Annee-

bedarfes.

fühlt, dass nur die grosse Truppenanzahl, welche die meisten Regierungen Notuwendig- unterhalteu, sie zwingt, den Völkern solch starke Lasten aufzulegen, um so grösser ist das Missbehagen der Völker an diesem, für sie so überaus lästigen Aufwände; und ganz gewiss liegt hierin der vorzüglichste Grund einestheils der Unzufriedenheit der Völker, auderentheils der fort- währenden Verlegenheiten fast aller Regierungen in unserem Welttheile.

Will man nun aus dem Benehmen anderer Mächte die Nothwendig- Die Sachlage keit, gleichfalls eine grössere Anzahl Truppen auf den Beinen zu halten, anderen

° ° europäischen

ableiten, so scheint mir die Folgerung nicht staudhältig zu sein. Grosse, stauten, stehende Armeen geben bereite Mittel zum Angriffe, aber sie vermehren keineswegs die inneren Kräfte des Staates; vielmehr schwächen sie diese Kräfte und zehren sie auf. Nach den früheren Ereignissen, und bei den jetzt allenthalben so sehr gestiegenen Preisen kann keine Macht diese Anstrengung längere Zeit hindurch aushalten. Frankreich, was zuerst nankreich. stärkere Armeen unterhielt, ist auch zuerst in jene ausserordentlichen Finanzverlegenheiten gerathen, die nach und nach namenlose Uebel herbeiführten. Seit dem Jahre 1815. wo die alte, dem vormaligen Machthaber ergebene Armee entlassen wurde, hat Frankreich seinen

keit seiner Keduction.

48 [481

Militär-Etat gegen frühere Zeiten ungemein beschränkt, und selbst diese beschränktere Zahl ist bei weitem nicht vollzählig vorhanden. Vielmehr weiss man aus öflentlichen Berichten, dass blos für die köuigliohen Garden und für die zum Dienste in den Colonien bestimmten Tru^tpcn die Werbungen mit Nachdruck betrieben werden, dagegen jene für die Liuieuinfanterie und Cavallerie eingestellt sind. Nur dadurch wurde es Frankreich möglich, seinen Verbindlichkeiten gegen andeie Mächte

i'reussen. Genüge zu leisten. Preussen hat sich unter Friedrich den Zweiten zu einem ganz militärischen Staat gebildet. Wenige Jalire nach seinem Tode reichten zwei vorlorene Schlachten zum gänzlichen Umstürze dieses mit so vieler Kunst und Anstrengung aufgeführten Gebäudes hin. Nun, wo es wieder zum Besitz seiner vorigen Länder oder selbstgewählter Aequivalente gelangt ist, wird es die bereits angefangeneu Keductionen noch bedeutend ausdehnen müssen, wenn es nicht in einem Zustande

England, von Erschöpfung fortvegetiren will. In England wird das sehnsuchts- volle Geschrei nach Eiiischränkungen mit jedem Tage lebhafter, und aus dem, was öffentliche Blätter von fortwährenden Keductionen melden, sieht man wohl auch in der Entfernung deutlich genug, dass die Ministei' es für unvermeidlich halten, diesem Verlangen imchzugeben. In dem Niederlande. Königreiche der Niederlande, dessen Ausgaben für das nächste Jahr be- deutend geringer, als für das ablaufende sind, aber doch noch mehr als 73 Millionen Gulden betragen, wird über das Drückende der Abgaben ausserordentlich geklagt, ohne dass sich bei dem dermaligen Bestände der Land- und Seemacht eine Möglichkeit, diesen Klagen abzuhelfen,

Spanien. deiikpii lässt. Von Spanien erfährt man wegen seiner weiten Entfei'nung und wegen der doi't sehr beschränkten Pul>licität nur wenig. Aber auch dieses wenige ist zur Ueberzeugung hinreichend, dass die Regierung, ungeachtet sie kein Mittel, sich Geldzuflüsse zu versc]iaff(Mi . uuvcrsuclit Neapel. lässt , sich fortwährend in einer argen Finiiiizkleinme beiludet. Neapel hat seinen Truppenstand gegen jenen in Murat's Zeiten sehr restringirt und überhaupt solche Einleitungen getroffen, dass man deutlich abnimmt, diese Macht gehe von dem ganz richtigen Grundsatze aus, dass nur durch Verminderung der Auslagen in der für jeden Staat kostspieligsten Rubrik das durch die früheren Ereignisse erarmtc Volk steuerfähig er- halten, lind nach und nach wieder wohlhabend gemacht werden könne.

Sardinien. Sardinien verdankt es wohl nur der Acquisition des reichen Genua und dem grossen Drucke, unter welchem die Bewnlmer dieses Landes wähiH'iid der vorigen Regierung standen, dass es mit den Kosten für seine Armee noch aufkommt. Aber diese fühlen auch ihre Lage nichts weniger als glücklich geändert, und der nicht unwichtige Seehandel des Landes, ja

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49

Deutsche Staaten.

Dänemark.

selbst die Sichei-heit der Küsten von Sardinien ist von allem eigenen Schutze entblösst. In Deutschland weiss man es aus öffentlichen Nach- richten bisher nur von Sachsen, dass es seine stehende Armee auf eine äusserst geringe Zahl reducirt habe. Dafür entledigt sich dieses Land aber auch fortwährend der lästigen Geldzeichen, die es in den Zeiten der Noth auszustossen bemüssigt war, ungeachtet es nicht wie die übrigen Staaten gewonnen, sondern einen äusserst empfindlichen Verlust erlitten hat. Baiern, Würtemberg, Baden, Hessen-Kassel und andere deutsche Staaten, deren bewaffnete Macht verhältnissmässig zu ihrer übrigen Lage noch immer zu stark ist, fühlen nach allen glaubwürdigen Schilderungen den Druck der Zeiten sehr hart, und es ist wohl nur die Theilnahme dieser Mächte an den französischen Contributionen , welche die Verlegenheiten weniger fühlbar macht. Von Dänemark sind zwar Truppenbeschränkungen in öffentlichen Blättern gemeldet worden. Aber, sie mögen nun entweder nicht him-eichend, oder der Verfall der Finanzen mag schon zu weit gediehen sein, so fehlt es demimgeachtet an der Fortdauer jener Lethargie des Geldwesens nicht, mit welcher Däne- mark schon seit einer längeren Reihe von Jahren erfolglos kämpft. In Schweden verschaffen ganz besondere Einrichtungen der Regierung das Schweden Mittel, eine für die wenige Volksmenge dieses Staates sehr ansehnliche Armee mit einem äusserst geringen Aufwände zu erhalten. Indessen scheint doch, ungeachtet der hieraus für die Finanzen entspringenden Schonung, und obwohl die sogenannten eingetheilten Truppen sich im Verlaufe des Jahres nur einige Zeit hindurch in den Waffen üben und während der übrigen Zeit ihren bürgerlichen Beschäftigungen nach- gehen, eine Armee von mehr als 50.000 Mann für dieses arme und menschenleere Reich in Friedenszeiten noch immer zu gross zu sein, zumal Schweden auch seine Seemacht nicht vernachlässigen kann. In Ansehung Russlands ist nur erst vor Kurzem aus Zeitungen ersichtlich geworden, dass es endlich sein sechstes Armeecorps aufgelöst habe, von welchem aber die übrigen ergänzt, ujid überdies die polnischen Truppen auf 50.000 Mann gebracht werden sollen. Bei der geogi'aphischen Lage dieses Reiches, bei der bekannten Beschwerlichkeit offensiver Operationen gegen das Innere seiner Staaten, bei der ausserordentlichen Zerrüttung seiner Finanzen und bei der ungemeinen Erschöpfung des ehemaligen Herzogthums Warschau hätte man freilich keine Vermehrung der polni- schen Truppen und zahlreiche Reductionen der russischen Armee er- warten sollen. Indessen dürfte das Dilemma doch wohl nicht unrichtig sein, dass, wenn dies aus blosser Liebhaberei und Eitelkeit geschieht, die Folgen solch eines Aufwandes und der Beschwerlichkeit, ihn aufzu-

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Russlariil.

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Nothweiiilig- keit einer Er- leichterung der Volks- bürden und Förderung des Wohl- standes.

Oesterreichs besondere

Verhältnisse und Kück-

sichten , die sie aufer- legen.

bringen, sich bald zu fi'ihll)ar äussorn worden, iils dass dieser militärische Apparat von einer langen Dauer sein könnte; wenn aber geheime Pläne und Absichten dabei zu Grunde lägen, an einem gemeinschaftlichen Zusammenwirken der bedeutenderen Mächte gegen die Realisirung dieser Pläne w(dil nicht zu zweifeln sein würde.

Wenn auch, so schön und erwünscht die Grundsätze des heiligen Bundes sind, in der Aufstellung und gegenseitigen Anerkennung dieser Grundsätze noch keine hinlängliche Bürgschaft für eine ewige oder auch nur lange Dauer des Friedens liegt, so wird doch das nähere Eindringen der Kegierungen in die Lage ihrer Völker, an dem man, da der Gründe zu einer gespannteren Aufmerksamkeit jetzt sehr wesentliche vorhanden sind, nicht wohl zweifeln kann, sie gewiss allgemach zur Ueberzeugung bringen, dass es nicht blos ein längerer Friede, sondern dass es auch noch die Enthebung von übermässigen Bürden und eine väterliche Für- sorge für Alles , was auf das Loos ihrer Völker wohlthätig einwirkt , ist, was die höchst traurige Periode, welche wir zurückgelegt haben, und die Folgen und Wirkungen so langer Leiden und Anstrengungen gebieterisch fordern. So wie sich aus der Handlungsweise einiger Regierungen ab- nehmen lässt, dass sie schon wirklich von diesem Gesichtspunkte aus- gehen und sich nicht aus einer übelverstandenen Anwendung des be- kannten: Si vis pacem, para bellum verleiten lassen, zur Zeit der Ruhe Anstrengungen zu machen, welche wenigstens das gegenwärtige Mass der Kräfte ihrer Unterthanen übersteigen und einen Grad von Erschöpfung herbeiführen, die zur Zeit der wirklichen Gefahr kaum mehr einen energischen Widerstand hoffen lässt; ebenso werden gewiss auch andere Regierungen diesem Beispiele folgen , vielleicht auch wohl einige durch das üeberhandnehmen von Verlegenheiten und durch das steigende Missvergnügen zur Nachahmung gezwungen werden, während da, wo man sich schlechterdings zu keinen Einschränkungen bequemen will, die Schwierigkeiten in Aufbringung der nöthigen Kosten sich von Jahr zu Jahr sicher vermehren, die Lasten für die Zahlungspflichtigen immer unerträglicher werden, und der nachtheiligen Einwirkungen dieser Kraftüberspannung auf den inneren Wohlstand sich so Viele äussern werden, dass man es am Ende nur bereuen wird, dem Beispiele anderer Staaten nicht frühe]' gefolgt zu haben.

In Ansehung der österreichischen Monarchie treten aber nach meinem Dafürhalten noch ganz besondere Umstände und Rücksichten ein, die wohl gewürdigt zu werden verdienen.

Wenn Russland, wenn Preussen, wenn einige andere Staaten un- leugbar grosse Anstrengungen gemacht und viele streitbare Mannschaft

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im Felde verloren haben, so geschah dies bei Weitem nicht so oft und so lauge wie von Seite Oesterreichs. Keine einzige Macht hat so viele Feldzüge gegen Frankreich gefiihi-t wie Oesterreich. In einem einzigen Jahre wurden nur nach Italien drei Armeen gesendet. Ein Ausweis des Verlustes an Mannschaft vom Anbeginne der französischen Revolution bis einschliesslich zum Jahre 1815 würde ungeheure Zahlen darstellen- Man weiss, wie lange man schon auch die zeitlich Befreiten hernehmen musste, wie lange man schon auf Familienväter zu greifen bemüssigt war. Ausserdem haben die fortwährenden Eecrutirungen sehr häufige Entweichungen der couscriptionspflichtigen Jünglinge nach sich gezogen. Noch jetzt wimmeln die öffentlichen Blätter von Einberufungen solcher Flüchtlinge, deren oft einzelne Dominien zu 20 und 30 zählen, und von denen wohl nur der kleinere Theil zurückkehren wird. Dass es dem Ackerbaue, dass es der Industrie an arbeitenden Händen gebricht, ist schon vor Jahren bemerkbar geworden. Der späterhin neuerdings ein- getretene Bedarf an streitbarer Mannschaft Hess doch nichts Anderes übrig, als die Lücken in der Population noch grösser zu machen. So lange das Vaterland in Gefahr war und dies war es, so lauge Bona- parte Franki-eich beherrschte musste man sich nothwendig über alle hieraus entstehenden Nachtheile wegsetzen, weil sonst dem Staate noch grössere Uebel unvermeidlich bevorstanden. Aber nun, wo der Menschen- würger bezähmt, wo die Euhe von aussen fester als seit langen Jahren gegründet ist, fordert es die Ausheilung der geschlagenen Wunden, dem Ackerbaue und dei- Industrie die arbeitenden Hände, so viel man nur immer kann, wieder zurückzugeben. Nebst anderen unverkennbaren Vortheilen liegt hierin auch das Mittel, den zum grossen Nachtheil der Production so unmässig gestiegenen Arbeitslohn allmälig wieder auf ein richtigeres Verhältniss herabzubringen.

Hat Oesterreich durch die Kriege einen ungeheuren Verlust an irei.oisiciit

Menschen erlitten, so übersteigt der Aufwand an Gelde, den ihm diese '^''* Aufwan- des für das Kriege verursachten, gar allen Begriff. Schon in den Jahren 1787, Hrei.

1788 und 1789, wo die Militärdotation auf 24 Millionen, 28 Millionen und 27 Millionen systemisirt war, mussten wegen des damaligen Türkenkrieges im ersten Jahre nahe an 12 Millionen, im zweiten über 39 Millionen, im dritten Jahre nahe an 43 Millionen zugeschossen werden. Im Jahre 1790 stieg der ausserordentliche Zuschuss über 46 Millionen. In den zwei Friedensjahi-en 1791 und 1792 war doch aberuials ein ausserordentlicher Zuschuss, im ersteren von 20,500.000 Gulden noth- wendig. Allein seit dem Jahre 1793 bis einschlüssig 1801 sanken die ausserordentlichen Zuschüsse in keinem Jahre mehi- unter 48 Millionen

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Gulden herab, betrugen aber in manchen Jahren 74. 86 bis 90 Millionen Gulden. In dem ganzen Zeiträume vom Jahre 1787 bis inclusive 1802, zusammen also in 1(5 Jahren, haben sich die ausserordentlichen Zu- schüsse auf 839 Millionen belaufen. Schlägt man die ordentliche Dotation pro 373 Millionen hinzu, so steigt der gesammte Militäraufwand binnen diesen IG Jahren über 1212 Millionen: wornach auf jedes einzelne Jahr mehr als 75 Millionen, mithin mehr als dreimal so viel, als der Staat nach seinen danuiligen Einkünften auf die Kriegsmacht verwenden konnte, entfallen.

Gegen das obenerwähnte Extraordinarium von 839 Millionen stehen die besonderen Empfänge an englischen Subsidien, freiwilligen Beiträgen, Ej'iegssteuern u. s. w., die nur manchnuil eingingen und selten von langer Dauer waren, in einem so auffallend geringen Verhältnisse, dass es sehr begreiflich wird, in welch' missliche Lage schon damals die Finanzen gekommen sind und kommen mussten. Einzelne, nicht sehr lange Zeiträume ausgenommen, war der Kriegsschauplatz vom Ausbruch des Kevolutionskrieges bis zum Luneviller Frieden meistentheils in den Niederlanden, in Italien und im deutschen Reiche. In diese Länder verlor sich die österreichische Geldmasse. Was wieder zurückströmte, ist kaum einer Erwähnung werth. Wie gross waren also nicht schon damals die Geldopfer! Und doch sind die zwei traurigen, mit feindlichen Einfällen und Occupationen, mit Contributionszahlungen, Plünderungen und Verlusten aller Art verbumlenen Perioden der Jahre 1805 und 1809 erst später gefolgt. Es mussten endlich in den Jahren 1813, 1814 und 1815 neue, riesenmässige Anstrengungen gemacht werden, um endlich einmal Indepeudenz, Selbstständigkeit und einen dauerhaften Frieden zu erkämpfen. Nur gegen ein so namenloses Uebel, wie die Unterjochung oder die Auflösung des Staates gewesen sein würde, konnte die gänzliche Zerrüttung des Geldwesens als das geringere Uebel angesehen werden. Aber immer ist und bleibt sie ein heilloser Zustand, der hundert andere Nachtheile in sich schliesst und der reellen Wiederherstellung des kranken Staatkörpers mächtig entgegenwirkt. Was immei- für einen Nutzen nuui aus ilem Unterhalte einer stärkeren Armee ableiten mag, so erreicht er bei Weitem die überaus wichtigen Voi'theile nicht, welche von der baldigen Wiederkehr zur Ordnung in den Geld Verhältnissen zu erwarten sind. DieRcduc- Wollte mau aber auch die Kichtigkeit dieses, nach meinem Er-

tioii der Ar- achten, unumstösslichen Satzes nicht anerkennen und es für entschieden

mee ist nicht

länger /.u annehmen, dass, wenn der Uebergang zur Metalhuünze nicht anders als

versciiiev.cn. j^j^ einer mehreren Beschränkung des Militär-Etats ausgeführt werden

kann, es besser sei, den Uebergang ganz aufzugeben odei- ihn künftigen,

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glücklicheren Zeiten zu überlassen, als zu solchen Beschränkungen zu schreiten, so würde man mit vollem Kechte den Vorwurf verdienen, etwas erzwingen zu wollen, was sich nicht erzwingen lässt, und die bisherige, sowie die gegenwärtige Lage sehr oberflächlich beobachtet zu haben. So lange die Einnahmen des Staates blos in Conventionsmünze bestanden, folglich die Ausgaben ebenfalls in dieser Münze bestritten wurden, und also auch die Armee ihi-e Gagen und Löhnungen in schwerem Gelde ci'hielt, war sie zwar nicht reichlich, aber doch auskömmlich be- soldet. Es mangelte dem Officierscorps, es mangelte selbst der gemeinen Deivemabr- Mannschaft an dem Nothwendigen nicht. In dem Masse, als sich das '^^'«^"^'""^

der Armee.

Papiergeld vermehrte und dadurch in seinem Werthe herabsank, ver- schlimmerte sich die Subsistenz des Militärs dergestalt, dass es öfter zu lauten Klagen kam, denen durch Zuschüsse, Fleischbeiträge und andere Mittel nur zeitweise und nie vollständig abgeholfen werden konnte. Während des Finanzsystems vom Jahre 1811, wo Alles auf die Selten- heit der Geldzeichen berechnet war und darum auch strenge haus- gehalten werden musste, darbte die Armee im eigentlichsten Verstände; die gemeine Mannschaft konnte kaum ihre Blosse bedecken : die un- bemittelten Officiere waren nicht viel besser daran. Die Zeughäuser und Oekonomiecommissionen waren ganz von Vorräthen entblösst. Darum konnte man im Jahre 1812 selbst die Ausrüstung des wenig zahlreichen Auxiliarcorps nur mit äusserster Mühe nothdürftig aufbringen, und im Jahre 1813 war der Maugel und die Entblössung noch allenthaben so gross, dass. ungeachtet bei der Ausgabe der Anticipationsscheine an Fonds zur Bedcnkuug der Ausrüstungskosten es nun schon nicht melir gebrach, doch ein grosser Theil sowohl der in Böhmen concentrirten Armee, als des in Oesterreich ob der Enus aufgestellten Corps theils nicht mit Mänteln, theils selbst nicht einmal mit Schuhen versehen war. Bei der glücklichen Wendung, welche der Krieg im Jalu-e 1813 und 1814 nahm, wurde man zwar in Absicht auf die Verpflegung der Armee bald aller Sorgen enthoben, da sie von den Ländern, wo die Armee stand, aufgebracht werden musste, mithin die Truppen keineswegs auf jenes, was ihnen die Colonnenmagazine verabreichen konnten, beschränkt waren. Aber bei dem Zusammenfluss so vieler verschiedenen Truppen in Frankreich zeigte es sich deutlich, wie sehr die österreichischen in der Equipirung allen übrigen nachstanden, und leider kehrten dieselben damals in Folge einer zu Paris im Ministerialwege abgeschlossenen Convention noch abgerissener nach Hause, als sie ins Feld gerückt waren; so wie auch durch diesen Krieg bei Weitem nicht Geldmittel genug erworben worden sind, um ilie Anschaffungen aus eigenen Kosten zu

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bestreiten. Ungleich günstiger für die Armee war zwar das Jahr 1815, wo sie nicht nur allein während ihres Aufenthalts in Frankreich sowohl, als im Hin- und Kückmarsche durch Deutschland grösstentheils trefflich genährt wurde, sondern auch für ihre Bekleidung ungleich mehr als in den Jahren 1813 und 1814 geschah, auch nebstboi derselben eine an-

Die heir- sehnliche Gratification in Metallmünze zu Theil wurde. Allein mit Aus- NothiTc des ß'^'l^n^ß derjenigen, die in fremden Staaten stehen vielleicht des achten

Militärs. oder des neunten Theils ist das Schicksal der Uebrigen schon wieder sehr traurig und wird von den Meisten ungleich mehr als in früheren Zeiten, schon selbst wegen der Parallele, die sie zwischen ihrer vor- jährigen und heutigen Lage , zwischen ihrer Subsistenz und jener des Truppencorps in Frankreich ziehen, gefühlt. An der Nothwendigkeit einer Abhilfe lässt sich nun wohl nicht zweifeln, da eine längere Fort- dauer der Dürftigkeit Unmuth und Missvergnügen zur unvermeidlichen Folge hat, Missvergnügen ganzer Classen, voi'züglich aber Missvergnügen der bewaffneten Macht der Staatsverwaltung schlechterdings nicht gleich- giltig sein kann, überdies der Geist der Armee und ihre Moralität bei einem gar zu dürftigen Unterhalte offenbar leidet, und bei der grossen Zahl derjenigen, die sich an den Quartiersträgern oder sonst durch ordnungswidrige Mittel zu entschädigen suchen, die Unzulänglichkeit der Subsistenz des Militärs auch wieder anderen Classen und Ständen zum Nachtheil gereicht. So sehr man aber immer die Nothwendigkeit einer Abhilfe fühlen mag, so kann es doch keinem Unbefangenen ent- gehen, wie sehr die Möglichkeit einer wahrhaft wirksamen Abhilfe bei dem Bestände des Papiergeldes durch die fortwährenden Schwankungen und Sprünge der Curse, durch die oft sehr schnellen und gar nicht vorherzusehenden Veränderungen der Preise, vorzüglich aber durch den Umstand, dass der Staat seine Einnahmen blos im Papiergelde, das so tief unter seinem Nominalwerthe steht, überkommt, erschwert wird. In dieser Lage ist der Hofkriegsrath nicht einmal zu berechnen im Stande, was für eine Dotation erfordert wird, um die Militärerfordernisse zu decken, und ebensowenig kann das Finanzministerium den Entwurf als richtig annehmen oder als unstatthaft modificiren, weil es dazu an auch nur beiläufigen Anhaltspunkten gebricht. Es ergibt sich demnach so- wohl aus diesen Betrachtungen, als aus einer mehrjährigen Erfahrung, dass, so lange die Geldverhältnisse nicht geordnet sind, der eigentliche Bedarf für die Kriegsmacht gar nicht einmal ausgemittelt und noch weit weniger von der Finanzadministration zuverlässig aufgebracht werden kann. Wenn also der CoUisionsfall wirklich eintreten, das heisst der Uebergang zur Metallmünzo nicht anders als bei einer noch grösseren

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Beschränkung des Militär-Etats sollte bewirkt werden können, so wäre Beschrän-

diese Beschränkung unwidersprechlich das geringere LTebel sowohl in ''i^tär.g^ar'

Beziehung auf die Armee selbst, deren Schicksal nur bei geordneten aas nachst-

Geldverhältnissen reell und dauerhaft verbessert werden kann, als in J'*^««"''*^;^"*-

kunftsmittel.

Beziehung auf den Staat, dem mit einer kleineren, aber gutgehaltenen und zufriedenen Armee gewiss ungleich mehr als mit einer stärkeren, darbenden und darum missvergnügten gedient ist ; zumal in einem Zeitpunkte, wo man doch wenigstens plötzliche Angriffe wohl von keiner Seite her zu besorgen hat, und wo in der Population des öster- reichischen Staates eine sehr beträchtliche Anzahl nicht blos waffen- fähiger, sondern in Waffen geübter Männer steckt, die man im Er- forderungsfalle bald wieder unter den Fahnen versammeln und in dem Masse weniger Abneigung gegen diese Bestimmung von ihnen erwarten kann, als die Armee, der sie einverleibt werden, besser als bisher genährt und gekleidet ist.

Hiebei kommt noch in Betrachtung zu ziehen, dass, wenngleich das Papiergeld an der Stufe, die es jetzt erreicht hat, das mächtigste Hinder- niss gegen die Zufriedenstellung der Armee in Ansehung ihrer Subsistenz ausmacht, doch auch selbst, wenn sich die Monarchie fortwährend bei dem Umlaufe der Metallmünze erhalten hätte, die Preise der Lebensmittel und andere Bedürfnisse immer gestiegen , es also auch selbst in diesem Falle unthunlich sein würde, mit dem Aufwände, welcher vor zwanzig und mehr Jahren für eine Armee von beiläufig 300.000 Mann hin- gereicht hätte, gegenwärtig die nämliche Anzahl zu unterhalten. Die jetzt, auch in Ländern, wo nur Metallmünze circulirt, überaus hoch gestiegenen Preise lassen vorhersehen, dass bei einem Uebergange zu dieser Münze die Armee, wenn man sie nicht darben lassen will, ungleich mehr kosten wird, als es früher der Fall war, und macht es um so un- entbehrlicher, jedes Ueberraass von Auslagen, was die Finanzen nicht zu erschwingen vermögen, durch Reductionen zu beseitigen, als es von selbst in die Augen fällt, dass, sobald einmal das Papiergeld wirklich entfernt ist, und sohin dieses, nur in seinen entfernteren Wirkungen schädliche, dem Anscheine aber nach sehr leichte Mittel, jede Lücke auszufüllen, nicht mehr- zu Gebote steht, es von überaus nachtheiligen Folgen sein würde, wenn der in dem Budget ausgemittelte und von Seiner Majestät sanctionirte Militärdotationsbetrag auf irgend eine Weise überschritten und dadurch entweder ein Deficit veranlasst, oder das Finanzministerium bemüssigt würde, die Ergänzung des Abganges auf Kosten anderer, ebenso wichtiger Zweige des öffentlichen Dienstes zu bewirken.

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Grenze der vorgeschla- genen Re- duction.

Cojnmission wegen Ver- minderung der Aus- gaben vorge- schlagen.

Misswachs,

Dass es hiebei auf keine gänzliche Entwaffnung, selbst nicht einmal auf solche Beschränkungen, die ein offenbares Hinderniss gegen eine in der Folge etwa nothwendig werdende abermalige Kraftanstrengung aus- machen würden, abgesehen sei, brauche ich nicht zu erinnern. Der Staat wird auch beim Uebergange zur Metallmünze selbst in der ersteren Zeit immer eine nicht unbeträchtliche Summe für seine Armee widmen können. Aber diese Summe darf nicht grösser sein, als sie die Finanzen mit Eücksicht auf die in der ersteren Zeit des Ueberganges ungleich laug- samere und beschwerlichere Eintreibung der Steuern und Gefälle und auf die gehörige Bedeckung aller übrigen Zweige der Staatsausgaben sicher aufzubringen vermögen. Dies muss nach meinem Dafürhalten als unverbrüchlicher Grundsatz angenommen, sohin, was der gegenwärtige Etat bei der Bezahlung in Conventionsmünze nach dem höchsten An- schlage kosten würde, sorgfältig berechnet, und wenn der Betrag höher als jenes Geldquantum ausfällt, was nach dem allgemeinen Erforderniss und Bedeckungsaufsatz dem Hof kriegsrathe von Seite der Finanzen zuge- wiesen werden kann, mit den Reductionen in dem Masse fortgeschritten werden, als es nothwendig ist, um des Auslangens mit dem oben erwähnten Geldquantum vollkommen versichert zu sein.

Weil aber, wenn man auch alle möglichen Beschränkungen eintreten lässt, die Beköstigung des Militärs doch noch immer die beträchtlichste unter allen Rubriken des Staatsaufwandes sein und bleiben wird, folglich zweckmässige Ersparungen, die bei dieser Branche bewirkt werden können, für das Allgemeine besonders wohlthätig sind, so dürfte es wohl der Mühe lohnen, eine eigene Commission aus Gliedern des Hofkriegsrathes, der poli- tischen Hofstelle, der Hofkammer und des General-Rechnungsdirectoriums aufzustellen, welche nach einem eigens zu entwerfenden Plane, mit Be- nützung selbst der Rechnungsresultate alle wichtigeren Ausgabsrubriken genau zu prüfen, und wo sich wahrhaft nützliche Ersparungen, das ist solche, die nicht auf Kosten der Armee geschehen oder sonst blos schein- bar sind oder anderen gegründeten Bedenklichkeiten unterliegen, anbringen lassen, diese gehörig zu würdigen und nach gepflogener Rücksprache mit dem Hof ki'iegsrathe in Vorschlag zu bringen hätte.

Unter die grösseren Missgeschicke, welche Staaten von Zeit zu Zeit treffen, war es zu rechnen, dass beinahe zur nämlichen Zeit, wo die ersten günstigen Eindrücke und Hoffnungen, welche die Finanzpatente vom 1. Juni 1816 bei einem nicht geringen Theile des Publicums gleich bei ihrer Erscheinung hervorgebracht hatten , allmälig zu sinken anfingen und endlich ganz erlöschten, auch die guten und zum Theil glänzenden Aussichten, die man sich von der Ernte gemacht hatte, zu verschwinden

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und in Besorgnisse eines Fehljahres überzugehen anfingen. So wie zur Zeit, wo man ernstliche Anstalten von Seite der Staatsverwaltung, sich mit der Verbesserung der Finanzen zu beschäftigen, wahrzunehmen glaubte, der Werth des Papiergeldes stieg, ganz bald nach Erscheinung der Patente aber wieder herabsank, ebenso wurden auch die Körner und mit diesen so viele andere Artikel selbst während der Ernte mit jeder Woche theurer. Sehr wohlhabende Familien, diejenigen ausgenommen, welche entweder aus der öffentlichen Calamität selbst reichlichen Gewinn ziehen, oder deren Erwerb auch unter den gegenwärtigen Verhältnissen lohnend genug ist, fanden sich alle Uebrigen und man kann hiebet wohl die Proportion von 100 zu 1 annehmen von den zwei empfindlichsten Seiten zugleich angegriffen: von der einen, dass ihre Hoffnungen, bald Ordnung in den Geldverhältnissen hergestellt zu sehen, scheiterten; von der andern, dass die zunehmende Theuerung bei ihren gleichen oder wenigstens nicht ver- hältnissmässig höheren Einkünften sie in eine bange Zukunft blicken liess, wo sie nur einen schweren Kampf mit Nahrungssorgen zu erwarten hatten. Hieraus lässt sich wohl leicht erklären, wie der Unmuth so weit um sich greifen und so tiefe Wurzeln schlagen konnte. Immer hat es Menschen in nicht geringer Anzahl gegeben, die von Wirkungen lebhaft ergriffen werden, ohne darum im Geringsten in die Ursachen einzugehen, oder welche die Ursachen aufsuchen, wo sie offenbar nicht sind. So geschah es auch diesmal, dass das zufällige Zusammentreffen des Misslingens der zuerst vor- genommenen Finanzoperationen mit dem unerwartet misslichen Ausschlag der Ernte sehr Viele veranlasste, selbst auch das bedeutende Steigen der Körner- und anderer Preise auf die Rechnung der Finanzmassregeln zu setzen, und diesen dadurch ohne alle Sachkenntniss und ohne nur etwas hellere Begriffe noch leidenschaftlicher abhold zu werden.

Aber auch für den vernünftigeren Theil war es eine peinliche Em- pfindung, die Preise so plötzlich und mit so schnellen Schritten, gerade bei den allerersten Bedürfnissen, nämlich bei Weizen und Korn, Gerste und Hafer sich zu einer Höhe erheben zu sehen, auf welche wohl Niemand ge- fasst war. Für die Classe der Beamten insbesondere war es äusserst nieder- schlagend, die Erleichterungen, welche ihnen die Zuschüsse verschaffen sollten, durch diese Theuerung nicht nur allein ganz vereitelt, sondern ihre Lage gegen jede frühere, mitunter sehr trübselige Zeit noch beträchtlich verschlimmert zu sehen. In dem Masse, als die verschiedenen Gattungen von Feldfrüchten gesammelt wurden, und als die Nachrichten von den. Fechsungen auch aus entfernteren Gegenden einlangten, nahm die Hoff- nung, das Uebel sei blos vorübergehend und Zufuhren aus entlegenen glücklicheren Landesstrecken würden das ersetzen, was die Natur heuer

Vertheue- rung der Nahrungs- mittel.

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rcnz in der Theuerungs

den näher gelegenen versagt habe, immer mehr ab, indem, diesen Nach- richten zufolge, in den Ländern, aus welchen man sonst ergiebige Hilfen hätte erwarten können, der Misswachs noch stärker als selbst in Oesterreich war. Die Sache schien nun sehr bedenklich zu werden , nicht blos und nicht einmal vorzüglich in Ansehung der Residenz, die doch immer der Hauptsitz des Wohlstandes und wo die Möglichkeit mehr als sonst irgendwo vorhanden ist, bei eintretenden Nothfällen augenblicklich grosse Massregeln zu ergreifen und auszuführen, sondern in Absicht auf einige Provinzen, wie z. B. Steiermark, Kärnten, Krain, Croatien, die Militär- grenze u. s. w., von denen man wusste, dass ihre Nahrungs- und Erwerbs- quellen schon seit einigen Jahren beinahe ganz versiegt sind, und von denen man also mit vollem Grunde besorgen konnte, dass sich zu dem Mangel und zu der Theuerung der Victualien auch noch ein ausserordent- licher Geldmangel, der bei einer Theuerung von unübersehbar nachtheiligen Folgen ist, gesellen wird. Die Confc- Allgemein wurde es damals bekannt, dass Seine Majestät einen

Allerhöchsten Cabinetsbefehl erlassen und von der Conferenz Vorschläge, frage. wic der Theuerung abzuhelfen sei, gefordert haben. Zur Zeit, wo die Ent- schliessung herablangte und die erste Conferenz abgehalten wurde, war ich zwar abwesend, aber meine Zurückkunft erfolgte noch mehrere Tage vor den schliesslichen Berathungen der Conferenz über den Inhalt des Aller- höchsten Cabinetsbefehls. In der Voraussetzung, dass ich als Präsident einer Hofstelle diesen Berathungen beigezogen werden würde, habe ich vorbereitungsweise und um meine Ideen gehörig zu ordneu, in den ersten Tagen des Monats September in dem nämlichen Aufsatze, welcher die Zer- rüttung des Geldwesens und die deshalb zu ergreifenden Massregeln betraf, auch das zweite Hauptanliegen des Publicums , die plötzlich so hoch ge- stiegene Theuerung, umständiger berührt, und mit dieser Darstellung zu- gleich auch meine Ideen über das obwaltende, höchst auffallende Missver- hältniss zwischen den Preisen und ül^er das Stocken des Absatzes bei mehreren und darunter selbst solchen Artikeln, die gar nicht von der Laune der Mode abhängen und auch nicht unter die Luxuswaaren gehören, in Verbindung gebracht. Allein dii ich blos zu den Finauzcouferenzen, aber nicht zu jenen, welche die Theuerung zum Gegenstande hatten, be- rufen worden bin, so kam ich gar nicht in die Gelegenheit, von diesem Theile meines Aufsatzes Gebrauch zu machen oder sonst mit meinen Be- merkungen und Anträgen aufzutreten. Nun, wo eine Zwischenzeit von 10 bis 11 Wochen Manches mehr enthüllt hat, was damals noch im Dunkeln lag, und wo sich, wenn man nicht allen historischen Glauben verleugnen will. MJclii mehr bezweifeln lässt, dass wenigstens in dem grösseren Theile

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der Monarchie die Ernte nicht blos unter der Mittelmässigkeit , sondern absolut schlecht ausgefallen ist, wird man die in meinem Aufsatze ent- haltenen Anträge eher zu gemässigt als übertriebeu finden; was aber aus der Ursache nicht geschadet haben würde, weil, wenn die vorsichtigen und geräuschlosen Erhebungen, so, wie ich glaubte, unverzüglich vorge- nommen worden wären, man sehr bald von der wahi'en Lage der Umstände unterrichtet geworden sein und noch hinlängliche Zeit gehabt haben würde, den Abhilfsmitteln nach dem sich zeigenden mehreren Bedarfe auch eine grössere Ausdehnung zu geben. Ob nun über die Meinungen und Vorschläge der Conferenz in einem gleichen Geiste gehandelt, ob selbst noch weiter gegangen worden, oder ob vielleicht nichts oder zu wenig geschehen sei, ist mir bis zur Stunde unbekannt, da ich ausser abgerissenen und unverlässlichen Gerüchten von den Folgen der diesfälligeu Berathungen, sowie überhaupt von den Vorkehi'ungen, die in Beziehung auf die zu be- sorgende Xoth getroffen worden sein mögen, nichts erfahren habe. Wäre etwa jede Hilfe entbehrlich gefunden oder wäre diese etwa nur auf Ungarn und auf die Militärgrenze beschi'änkt worden, so würde ich es in Betreff einiger Länder als ein höchst glückliches Ereigniss ansehen, wenn dort ohne alle Hilfe während der noch so langen Periode bis zur künftigen Ernte die gesammten Einwohner sich dergestalt auf eine ihi'er Gesund- heit unschädliche Art durchzubringen vermögen, dass weder eine mehr als gewöhnliche Sterblichkeit, noch sonst irgend ein bedeutenderes Uebel erfolgt und die Felder für die künftige Fechsung gehörig bestellt werden. Allein so sehr ich das Gegentheil besorge, so muss ich doch selbst gestehen, dass es zu Vorsichtsmassregeln jetzt schon nicht mehr an der Zeit ist, und bei der schon so weit vorgerückten Jahreszeit, wo die Communicationen ungemein erschwert und Transporte, besonders wenn sie die Staatsver- waltung selbst unternimmt, überaus hoch zu stehen kommen selbst wenn die Unentbebrlichkeit einer Hilfe sich noch so fühlbar äussern sollte diese kaum mehr anders als durch Geldverschüsse wird geleistet werden können. Es versteht sich hiebei von selbst, dass Geldvorschüsse nur da am rechten Platze sind, wo sich zu dem wirklichen Abgänge oder zu der übermässigen Theuerung auch Geldmangel gesellt, was in einigen Ländern ganz zuverlässig der Fall ist und bisher bei Weitem nicht mit der gehörigen Aufmerksamkeit beobachtet wurde.

Ueberhaupt würde man sehr irren, wenn mau die gegenwäi'tige Theuerung als ein gewöhnliches oder auch nur als eiu nicht besonders auffallendes Ereigniss betrachtete. Uass sie letzteres wirklich ist. lässt sich wohl sehr anschaulich darthun. Nach dem Ausweise von Tabellen, die ich besitze und die aus zuverlässigen Quellen herrühren, standen in der Periode

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Getreide- vom Jahre 1730 bis 1740 die Mittelpreise des Weizens zu Wien am vo'r'igenjlhr- J^ip^^'^^g^^^P" ^^ kr., am höchsten zu 1 fl. 25 kr., in der Periode vom Jahre hundert. 1740 bis 1750 am niedrigfsten zu 1 11. 30 kr., am höchsten zu 1 ti. .'ifikr., in der Periode vom Jahre 1750 bis 17(iO am niedrigsten zu 1 fl. 6 kr., am höchsten zu 3 fl. 8 kr., in der Periode von 1760 bis 17 70 am niedrigsten zu 1 fl. 28 kl'., am höchsten zu 2 fl. 36 kr., in iler Periode von 1770 bis 1780 am niedrig^iten zu 1 fl. 32 kr., am höchsten zu 3 fl. 32 kr., endlich in der Periode von 1780 bis 1790 am niedrigsten zu 1 fl. 45 kr., am höchsten zu 4 fl. 3 kr. Während dieses langen Zeitraumes von sechzig .Jahren, welcher den ganzen siebenj<ährigen nebst einigen anderen Kriegen und mehi-eren Fehljahren in sich begreift, gab es also kein einziges Jahr- zehnt . in dessen Verlaufe ein Unterschied von 300 Percent bei den Weizenpreisen obgewaltet hätte. Eben dies gilt auch von dem Korn, dessen Mittelpreise während der angedeuteten sechzig Jahre nie über 2 fl. 45 kr. bis 2 fl. 50 kr. hinausstiegen; wie dann auch selbst zur Zeit des unter der Eegierung Seiner Majestät Kaiser Josephs II. zu Wien vorge- fallenen Tumults kein höherer als der soeben erwähnte Preis bestand. Neuere Ge- Vergleicht man dagegen mit diesen älteren Decennien eine zehnjährige

tioidepreise. .

Periode der letzeren Zeit, wo die Metallmünze schon durchaus verschwunden und nichts als Papiergeld im Umlaufe war, nämlich jene vom Jahre 1802 bis einschliesslich 1811, so .stand in dieser Periode der Weizen am niedrigsten auf 5 fl. 12 kr., am höchsten auf 38 fl. 3 kr. Hier trat also in der Reihe von zehn Jahren ein Unterschied von beinahe 700 Percent in den Weizen- preisen ein, was natürlicherweise nicht blos Folge einer oder mehrerer schlechteren Ernten sein konnte, sondern worauf auch besonders der ge- sunkene Werth des Papiergeldes einwirkte. Allein eben weil in den ersten Monaten des Jahres 1811, wo der Weizen 38 fl., das Korn 28 fl., die Gerste 21 fl. galt, die Curse der damals noch in der Circulation gewesenen Bancozettel zu 1300 bis 1500 standen, ist es gewiss ein höchst auffallendes Ereigniss, jetzt bei Cursen, die zwischen 320 und 330 schwanken, gleich hohe und manchmal selbst höhere Getreidepreise als in den ersten Monaten des Jahres 1811 wahrzunehmen. Gerne will ich zwar zugeben, dass die heurige Ernte schleclitei' als jene im Jahre 1810 war. Aber da auch letztere off'enbar nicht zu den guten gehörte, und die Preise, wenn man sie nach den Cursen des einen und des anderen Jahres auf Conventions- münze evaluirt, um mehr als 300 Percent differiren, so liegt es nach meinem Erachten wohl am Tage, dass nebst dem schlechten Ausschlage der Ernte bei den jetzigen exorbitanten Preisen auch die Opinion und Speculation mit im Spiele ist. Wohlfeile Preise würden in einem Jahre wie das heurige auch bei einer geregelten Valuta nicht bestanden haben,

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so weuig als sie in Ländern, wo wirklich nur MetallmOnze circnlirt, bestehen. Aber dass sie in solch' ein Ueberniass ausarten konnten, darf doch mit vollem Grunde dem Papiergelde und der Unverhältnissmässigkeit der Grundsteuer zugeschrieben werden, deren relativ geringer Betrag die grösseren Grundbesitzer in den Stand setzt, mit dem Verkaufe eines nam- haften Theils ihrer Erzeugnisse nach Belieben zurückzuhalten und dadurch die Preise, so hoch sie es wünschen, zu spannen. In diesem Anbetrachte wird nicht nur der üebergang zu einer besseren Ordnung in den Geld- verhältnissen, es wird selbst die bereits augeordnete Erhöhung der Grund- steuer vielmehr -/um Fallen als zum Steigen der Preise beitragen. Aber wenn auch darum diese Steuererhöhung, selbst in einem ungünstigen Zeitpunkte, wie der gegenwärtige ist, der höchst wahrscheinlich einen guten Theil derselben uneinbringlich machen wird, doch im Ganzen nicht zweckwidrig, wenn sie in anderen Eücksichten uoth wendig und gerecht war, so wird sie doch schon wegen ihrer ungleichen Vertheilung für Tausende äusserst empfindlich sein. Darum, und weil es in der That höchst traurig ist, dass, während in anderen Staaten die Grundsteuer ungleich beträchtlicher als in den älteren österreichischen Ländern ist, hier doch weit mehrere und zum Theil selbst gerechte Klagen gehört werden, weil ferner eine gleichförmige Vertheilung der Lasten zu den ersten Pflichten jeder Staatsverwaltung gehört, weil endlich es nicht blos problematisch, sondern erwiesen ist, dass in den älteren Ländern auffallende Ungleich- heiten und Missverhältnisse bestehen, liegt es wesentlich daran, die Steuer- regulirungs-Hofcommission in die grösste Thätigkeit zu setzen, ihr alle Mittel, deren sie zur Zustandebringung ihrer höchst wichtigen und müh- samen Aufgaben bedarf, zu gewähren, und alle Hemmungen, Verzöge- rungen und Einstreuungen , die von anderen Seiten her gemacht werden wollten, auf das Kräftigste zu bezähmen. Wer an die leidigen Erfahrungen zurückdenkt, die in dieser Angelegenheit seit mehr als zwölf Jahren ge- macht worden sind, und wie fast jeder Fortschritt beinahe nur mit Hammer- streicheu erzwungen werden konnte, der wird diese Winke gewiss nicht überflüssig und unstatthaft finden.

Woran zur Zeit einer grösseren Theuerung und Xoth vorzüglich Coramunica- gelegen ist, sind die Communicationen, sei es nun zu Wasser oder zu Lande, *'°"^"""'' zwischen den Gegenden, wo sich noch einige entbehi-liche Vorräthe befinden, und jenen, wo es an Nahrungsmitteln mangelt. Je mehr der schon an sich äusserst hohe Ankaufspreis durch die Fracht vertheuert wird, um so schlimmer ist das Loos derjenigen, welche ihre Lebensbedürfnisse aus fernen Gegenden her beziehen müssen ; und nur gar zu leicht können die Preise für sie ganz unerschwinglich werden. Um so bedauerlicher ist es, dass gerade in dem

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gegenwärtigen Zeitpunkte, wo die Tlieaening der Lebensmittel nicht blos in der Kesidenz. sondern aucli in einigen Provinzen einen hislier nie erhörten Grad erreicht hat, die Strassen sich wenigstens zum Theil, und gerade dort, wo mau ihrer nun am meisten bedarf, in einem äusserst schlechten Zustande befinden. So kann z. B. Steiermark und Kärnten jetzt nicht aus Ungarn, wo das Geschrei über Noth grösser als in den deutschen Ländern ist, und eben so wenig aus Oesterreich, wo es keinen Uefcerfluss gibt, auf jeden Fall aber die Preise viel zu hoch sind, um dort an einen lohnenden Einkauf zu denken, es kann nur von der Seeküste her, wo sich beträchtliche Vorräthe an Weizen und Korn, die aus Odessa und sonst auf dem Meere dahin gebracht worden sind, befinden, seine Erfordernisse an diesen Artikeln herholen. Allein hiebei tritt ausser der Beschwerlichkeit, welche die Verschiedenheit der Valuta nach sich zieht , da nebst dem Ankauf auch die Fracht durch das Küstenland und dui'ch Krain in Metall- münze bezahlt werden muss, noch das weitere Missgeschick ein, dass die Zu- fuhr auf schlechterhaltenen, bei bösem Wetter grundlosen Wegen geschieht, wodurch nothwendig an der Zeit viel verloren und der für Bewohner so hart mitgenommener Länder, wie Steiermark und Kärnten gegenwärtig sind, ohnedies kaum zu erschwingende Aufwand beträchtlich vermehrt wird. Beschäfti- Wenn das französische Gouvernement durch eigene Circularien

gung duicii ^j^ ^jjg Präfecten, die aus öffentlichen Blättern bekannt sind, denselben

btrassen-

aibeit. gauz besouders anempfohlen hat, die Strassen- und andere öffentliche Arbeiten diesen Winter hindurch auf das Eifrigste fortsetzen zu lassen, um bei dieser härteren Zeit auch jenen, die keine Künste und Handwerke können, aber doch den Willen und das Vermögen, zu arbeiten, haben^ Verdienst zu verschaffen; wenn in England Privatgesellschaften von vermöglichen Bürgern in gleicher Absicht zusammentreten und auch diese die Strassenarbeiten als eines der geeignetsten Mittel, um die Dürftig- keit zu unterstützen, zugleich aber dem Allgemeinen einen wesentlichen Nutzen zu verschaffen, betrachten, so sollte dieses Mittel wohl auch bei uns, wenigstens in jenen Provinzen, nicht vernachlässigt werden, wo man die Strassen gar so sehr in Verfall kommen liess, dass, wenn man erst die bessere Jahreszeit mit ihrer Wiederherstellung abwarten wollte, in der noch lange genug dauernden schlechteren Jahreszeit am Ende aller Handel und Wandel gehenmit werden dürfte, oder wo die sonst gewohnten vor- züglicheren Beschäftigungen der Landeseinwohner, wie z. B. die Eisen- erzeugung und Verarbeitung in Steiermark und Kärnten aus verschiedenen Ursachen bedeutende Einschränkungen erlitten haben, mithin Viele, die sonst bei diesen Productionszweigen Beschäftigung gefunden haben, jetzt ohne Nahrung und Verdienst sind, oder wo der blosse Feldbau offenbar

Frankreich,

Kngland,

Oesterreich

(Steiermark,

Kärnten).

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nicht hinreicht, den Einwohnern Unterhalt zu verschaffen, und andere Nahrungswege theils nie ergiebig genug waren, theils im Verhalte der Zeit ganz oder grösstentheils erloschen sind.

Letzteres scheint vorzüglich in der Carlstädtcr Grenze der Fall zu Caristä.iter sein, die man nur etwas genauer kennen darf, um zu wissen, dass der ^^^ ßjnat- meist steinige Boden allein die in grosser Anzahl darauf wohnenden Men- grenze, sehen schlechterdings nicht ernähren kann; in welcher die Industrial- iinteruehniungen , die in vorigen Zeiten dort gegründet wurden, wahi-- scheinlich, weil sie den Localverhältnissen sich nicht anpassten, erloschen sind, und wo der Grenzer die doppelte reichliche Hilfe, welche ihm der Salzhandel und welche ihm der Weizentransport von Carlstadt bis an die Seeküste vormal gewährte, jetzt, wo der hohe Ankaufspreis des Salzes dem Handel im Wege steht, und wo Ungarn keinen entbehrlichen Weizen zur Ausfuhr oder zur Aufbewahrung in den Littoralmagazinen besitzt, gänzlich vermisst. So wie unter diesen Umständen, und bei dem noch dazu gekommenen Missrathen der Ernte in den sonst fruchtbaren Thälern der vier Carlstädter Grenzregimenter, dann bei den ausserordentlichen Ueber- schwemmungen in der ungleich gesegneteren Banalgrenze nicht einzu- sehen ist, wie die dortige Population, welche nie wohlhabend war und unter dem drückenden französischen Joche völlig verarmt ist, ohne eine besondere Unterstützung von Seite des Staates, sich sollte ernähren und den Feldbau bestellen können, ebenso scheint es ungleich sachdienlicher zu sein, einen Theil dieser Grenzer statt der Vorschüsse, die nur äusserst schwer wieder eingebracht werden können und je öfter sie wiederholt werden , um so tiefer den Leuten die Idee , dass man sie alljährlich von Staatswegen füttern müsse, einprägen, zur Strassenarbeit gegen hin- längliche Bezahlung zu verwenden , was ohne allen Abbruch der häus- lichen Wirthschaft geschehen kann. Ist nun aber auf diese Art für die Gegenwart gesorgt, eine Abhilfe der traurigen Lage dieser Leute erzielt und den Auswanderungen vorgebeugt, so machen es doch die vielfältigen Erneuerungen ähnlicher Ereignisse in der Carlstädter, sowie in der Banal- grenze und die im Ganzen äusserst beträchtlichen Geldsummen, welche die Staatsverwaltung seit einer Eeihe von Jahren aufgeopfert hat, nicht um den Zustand dieser Bezirke dauerhaft zu verbessern, sondern nur den fast immer plötzlich eingetretenen Verlegenheiten von Zeit zu Zeit nothdürftig abzuhelfen, unvermeidlich, endlich einmal tiefer in die Sache einzudi'ingen, womöglich das Uebel an der Wurzel zu fassen, sohin sich ernstlich mit den Erhebungen zu beschäftigen, ob und wie in der Banalgrenze den Ueberschwemmungen, wodurch so viele, sonst fruchtbare Strecken ver- wüstet werden, abgeholfen, und wie in der Carlstädter Grenze der unzu-

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Icänglicho Ertrag dos Bodens durcli andere, dem Genius dieses Soldaten- volkes und den Localverliältnissen entsprechende Nahrungs- und Erwerbs- quellen am fügliclisten ersetzt werden könnte, und ob es nicht, wenn keine angemesseneren Mittel aufgefunden werden sollten, nothwendig wäre, wieder zu jenen Begünstigungen zurückzukehren, welche die Grenzer bei dem Ankauf des Salzes, und bei den Dreissigstgebühren rücksichtlich einiger für sie unentbehrlicher Artikel vor dem Jahre 1809, das sie auf einige Zeit der österreichischen Monarchie entriss, genossen haben.

Zunächst der Carlstädter und Banalgrenze, mit welch' ersterer das

Das nun dem küstenländischen Gubernium zugewiesene ehemalige croatische

ohem;iiige Provinziallittorale, nämlich die Bezirke Draga, Kostrena und Vinodol in

croatische ° '

i'rovin/.iai- Absicht auf steinigen Boden, dem nur an manchen Strecken durch eisernen '"'■"'■ Fleiss einiger Ertrag abgewonnen werden kann, viel Aehnliches hat, darum in der Periode vom Jahre 1784 bis 1809 ebenfalls einige Begünsti- gungen beider Einfuhr und I)ei dem Salzhandel genoss und wohl auch jetzt schwerlich ohne Hilfe, so wie in der Folge ohne eine ähnliche Fürsorge wie jene, die ich rücksichtlich der Carlstädter Grenze angetragen habe, wird belassen werden können, dürften die übrigen Bestandtheile des küsten- ländischen Guberniums, ferner Krain, noch mehr aber Kärnten und Steiermark in dem gegenwärtigen Augenblicke eine vorzügliche Aufmerk- samkeit verdienen. Inner- Vou Steiermark und Kärnten ist es bekannt, dass sie selbst in

mittelmässigen und mehr als mittelmässigen Jahren ihren Bedarf an Getreide nicht vollständig erzeugen, sondern immer einige Hilfe, meisten- theils aus Ungarn, herbeigeschafft werden muss. Die Hornviehzucht über- steigt zwar in gewöhnlichen Zeiten den eigenen Bedarf, aber eine bedeutende Quelle des Activhandels macht sie nicht aus. Der Weinbau ist blos auf Untersteiermark beschränkt. Im Lande herrscht der Glaube, dass Steier- mark in guten oder auch nur mehr als mittelmässigen Jahren von den Weinfechsungen seine Contribution bezahle. Ohne mit Grund entscheiden zu können, inwieweit dies seine Richtigkeit habe oder nicht, ist mir doch so viel bekannt, dass der grössere Theil der Erzeugung im Lande selbst verzehrt wird, dabei aber doch auch die Exportation theils nach Kärnten, theils nach Krain nicht unbedeutend ist. Gute Weinjahre können also wohl Steiermark einen Zufluss von fremdem Gelde verschaffen, aber sehr reichlich kann dieser Zufluss schon aus der Ursache, weil nur einige Gebirge bessere Gattungen hervorbringen, nicht sein, Kärnten hingegen ist in dieser Rubrik völlig passiv. Erwägt man nun die grosse Menge von Bedürfnissen, welche Steiermark und Kärnten theils aus anderen Ländern der Monarchie, theils aus dem Auslande beziehen, und dass in früheren

Österreich.

[65] 65

Zeiten diese Provinzen immer zu den wohlhabenderen gerechnet worden sind, so lässt sich leicht folgern, wie ungemein wichtig das Strassen- ge werbe, noch weit mehr aber die Metall- oder eigentlich die Eisen- und Bleierzeugung der beiden Länder gewesen sein müsse.

Die Abtretung der illjrischen Provinzen an Frankreich im Jahi'e Veikehrs- 1809 hatte den totalen Ruin des Strassengewerbes zur unvermeidlichen ^yoigrdes Folge. Im eigentlichsten Verstände war damals die Monarchie an ihi'er Verlustes südwestlichen Grenze ein Haus ohne Thor. Die gänzliche Stockung des Handels, durch die feindseligen Massregeln des neuen Nachbars veran- lasst, musste nothwendig auf die zunächst angrenzenden österreichischen Provinzen, Steiermark und Unterkärnten, noch nachtheiliger als auf die entfernteren einwirken. Zwar dauerte dieser leidige Zustand nicht über vier Jahre, aber die meisten Handelsverhältnisse waren nun einmal ab- gerissen, zum Theil gewaltsam zerstört. Man mied die einst so stark besuchte Küste während des französischen Besitzes wie die Höhle eines ßaubthieres. Das solcher Weise unbeschäftigte Fuhrwerk verminderte sich mit jedem Monate; Wirthe und Professionisten, die vorzüglich vom Strasseuge werbe lebten, sanken in Dürftigkeit oder fanden sich bemüssigt, ihre Nahrung anderwärts zu suchen. Hätte sich nach der im Jahre 1813 erfolgten Wiedereroberung der illyrischen Provinzen der Littoralhandel schneller emporgehoben, so würde es bei den Durchzügen der Waaren durch Steiermark und Kärnten an Mitteln zu seiner Beförderung ganz gewiss nicht wenig gemangelt haben. Allein nur erst seit Kurzem ge- winnt der Handel zu Triest etwas mehr Leben, und das Strassengewerbe ist noch weit von dem Punkte entfernt, wo es eine Quelle des Wohlstandes für Kärnten und Steiermark sein könnte.

Sowie durch die Abtretung der illyrischen Provinzen das Strassen- VerfaU gewerbe in Innerösterreich verfiel, ebenso geschah durch diese Abtretung ^"^ '*^°"

~ " ~ gewerbe von

und insbesondere durch die Trennung Ober- von Unterkärnten der erste isio-isie. heftige Schlag auf den wichtigsten Productionszweig der innerösterreichi- schen Provinzen, auf Eisen und Blei, wovon jedoch letzterer Artikel dem ersteren an Erheblichkeit bei Weitem nicht gleichkommt. Was von den Eisen- und Bleigewerken in französische Hände gerieth, wurde durch unerschwingliche Abgaben und Mangel an Absatz ei-drückt. Das bei Oesterreich verbliebene unterkärnten, was sonst sein Eoheisen an die Hammerwerke im Yillacher Kreise, sein geschlagenes Eisen nach Italien verkaufte, wurde durch die französischen Zölle in seinem vorigen Zuge gänzlich gehemmt. Es warf sich nun mit seinen Erzeugnissen theils nach Steiermark, theils in noch entferntere Gegenden, wo sonst immer nur steiri- sches Eisen erschienen war. Im Jahre 1810 und in den ersten Monaten des

66 [66]

Jahrps 1811, wo das f<n-twäliieiulo Sinken der Banrozettel und die Besovg- niss ihres gänzlichen Verfalles für Viele ein Bestimmungsgrund war, ihr Vermögen durch den Einkauf von Waaren mehr zu sicliern und Eisen wegen seiner Dauer und vielfältigen Brauchbarkeit ganz vorzüglich dazu gewählt wurde, fühlte man in Steiermark noch keine nachtheiligen Folgen dieser neu entstandenen Concurrenz. Vielmehr stieg das Roheisen in den letzten Zeiten der Bancozettel bis auf 60 fl. der Centner. Verhältnissmässig noch höher waren ilie Preise des geschlagenen Eisens und jene der Sensen und Sicheln. Aber bald zeigte es sich, dass diese ephemere Hölio der Eisenpreise nichts als ein rascher Üel)Prgang zum andern Extrem war. und l)ald nach Erscheinung des Finanzsystems vom Jahre 1811 trat eine Peiiodc für die Eisengewerke ein, die nicht blos den Scheinreichthum vom Jahre 1810, sondern auch das solidere, früher erworbene Vermögen der Ead- und Ham- mergewei-ken fast durchgehends verschlang und diese einst so wohlhabende, allgemein beneidete Classe dem grösseren Theile nach ins Verderben stürzte.

Die Katastrophe des wichtigsten Productionszweiges zweier Pro- vinzen ist in ihren Folgen zu erheblich, als dass es nicht interessant sein sollte, es anschaulich zu machen, wie dies geschehen sei.

Bei dem üebergange von den Bankozetteln zu den Einlösungs- scheinen, wo die Revalvirung auf ein Fünftel geschah, hatten die Eisen- gewerken das Ihrige gethau, indem sie ganz bald nach der Kundmachung und Vollstreckung dieses Systems auf ein Fünftel ihrer in den letzteren Zeiten der Bancozettel bestandenen Preise herabgingen. Wirklich wurde zu Vordernberg, wo das beste Roheisen in der Monarchie erzeugt wird, der Preis für den Centner auf 12 fl. festgesetzt. Auch die in Steiermark und Kärnten sehr bedeutenden Aerarialeisenwerke folgten im Anfange diesem Beispiele. Aber da der Absatz bei der gewaltig verminderten Zahl der Geldzeichen und bei den in Händen des Publicums befindlichen grossen Quantitäten von Eisenwaaren nothwendig zu stocken begann und diese Werke darum Geldvorschüsse, zu welchen sich damals jeder Privat- eigenthümer bequemen musstc und zur Vermeidung weit schädlicherer Ver- schleuderungen auch gerne bequemte, von der Finanzadministration ver- langten, so wurde ihnen diese, in Folge des angenommenen Systems, kein Mittel zur Erzwingung wohlfeilerer Preise unbenutzt zu lassen, nicht nui' allein verweigert, sondern geradezu die Weisung gegeben, sich die nöthigen Gelilerforderjiissc durch den Verschluss zu erwerben und daher mit den Preisen so weit herabziigehen, als es nothwendig sei, um sich einen reich- lichen Absatz zu verschaffen.

In einer Periode, wie die damalige wai-, konnte ein reichlicher Absatz einleuchtend nui- durch die heilloseste Verschleudei-unsr der vorhandenen

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Eisenwaaren erzwungen werden. Indessen mussten die Aerarialwerke den selir bestimmten Aufträgen gehorchen. Sie konnten ihren dringenden Geldverlegenheiten nur auf diesen Wege abhelfen. Die Verschleisspreise wurden daher unter alles Yerhältniss zu den Erzeugungskosten herabge- drückt, ein Wesen, was zum Verderben führen musste, getrieben; und ob gleich der vernünftigere Theil der Piivatgewerken das Zerstörende dieses Be- nehmens ganz wohl erkannte und dem bösen Beispiele der Aerarialwerke so lauge als möglich nicht folgte, so verlor doch ein Gewerk nach dem andern das Vermögen, noch länger auszuhalten, und am Ende fügte sich Alles den Preisen, die keine Berechnung, keine vernünftige Combination, sondern im Anfange ein Machtspruch und weiterhin Xoth und Drang entstehen gemacht hatte. Xui- diese volkommen wahre und sehr leicht actenmässig zu erweisende Darstellung des eigentlichen Herganges der Sache macht es erklärbar, wie solch ein bedeutender Productionszweig in zwei Ländern, welche hiebei von der Natur vorzüglich begünstigt worden sind, dergestalt herabsinken konnte, dass sich die Passivität nicht was auch in früheren Zeiten manchmal geschah auf ein oder höchstens zwei Jahre beschränkte, sondern dass seit den Jahren 1811 und 1812, unge- achtet der späterhin erfolgten Vermehrung des Papiergeldes und ungeachtet der bei ungleich entbehrlicheren Artikeln stattgefundenen beträchtlichen Preiserhöhungen, das Missverhältniss zwischen den Eisen- und den Vic- tualienpreisen, sohin ein entweder ganz stockender oder die Erzeugungs- kosten nicht aufwiegender Verschleiss, zwar bald in einem höheren, bald einem geringeren Grade, aber doch ununterbrochen fortdauert, und sohin dieser Productionszweig, statt wie zuvor dem Lande ergiebige Zuflüsse fremder Baarschaften zu verschaffen, in einer fast an gänzlichen Verfall grenzenden Lage ist, deren umständlichere Schilderung hier aus der Ur- sache überflüssig wäre, weil, dem sicheren Vernehmen nach, deren mehrere theils von einzelnen Gewerken, theils von Corporationen, theils selbst von landesfürstliehen Behörden nach Wien gelangt sein sollen.

Wenn seit den Jahren 1811 und 1812 die Eisenerzeugung und mit dem Blei ist es beinahe der nämliche Fall für Steiermark und Kärnten eine Quelle des Wohlstandes zu sein aufgehört, vielmehr fast alle Gewerken um ihr früher erworbenes Vermögen gebracht hat; wenn das in Vorigen Zeiten sehr lucrativ gewesene Strassengewerbe, während die illyiüschen Provinzen unter Frankreich gehörten, ganz in Verfall gerathen und seit der Wiedereroberung dieser Provinzen noch bei Weitem nicht wieder zu seiner vorigen Ausdehnung zurückgekehi-t ist; wenn Steiermark seit dem Jahre 1813 keine auch nur mittelmässige Ernte, keine erträg- liche Weinlese hatte; wenn das vorige und noch mehr das heurige Jahr

6!^ [6«]

unter dio vullkuinnit'iiou Feliljahro g-ehöreu; wenn also niclit blos Mangel an ersten Lebensbedürfnissen, sondern auch Mangel, und zwar ein höchst drückender Mangel au Geld auf Steiermark und Kärnten lastet, so ist es nach meinem Dafürhalten doch immer gewagt, diese zwei Provinzen so ganz sich selbst und ihrem Schicksale zu überlassen; und es ist sehr be- greiflich, wie vielen Unmuth es dort erregte, dass man den Vitrstelluugen der Stände keinen Glauben zu schenken befand und ilen Ziisiimmenfluss so vieler widrigen Umstände unberücksichtigt Hess.

Wie ungünstig schon diis Jalir 1815 für Steiermark und Kärnten war, erhellt aus der Vergleichung der Weizen- und Kornpreise, so wie sie dort, und wie sie dagegen in anderen Ländern der Monarchie im No- vember Müll December v. J. bestanden. Während der Weizen in Böhmen und Mähren nur zwischen IT) und 16 fl., in Oesterreich ob der Enns 18 fl. und selbst in Oesterreich untei- der Enns nur etwas über 19 fl., während das Korn in Böhmen und Mähren 12 fl. 28 kr. und respective 13 fl. 55 kr., in Oesterreich unter der Enns 15 fl. 28 ki'. galt, war in Steiermark damals der Weizen 22 fl. 3 kr., das Korn 1 7 fl. 49 kr., in Kärnten aber gar der Weizen 2(5 II. 41 kr. und das Korn 23 fl. 24 kr. Ebenso blieben auch in den eisten sechs Monaten des Jahres 181G die Weizen-, Koi-n-, Gerste- und ILiferpi-eise in Steiermark und Kärnten durchgehends höher als in jedem iinderen jener Ländei', wo Papiergeld im Umianfe ist. Massresein Auf woiclic Art die Eisenerzeugung und Yei-arbeitniig wieder in

, „!''""^ Aufnahme zu bringen wäre, ibii'übei- enthalte ich mich Jius deiu Grunde

des Eisen- " '

gewerbes. aller Meiuuiigeu und Anträge, damit es ja nicht den Anschein gewinnt, als wäre icji nur im Geringsten dazu aufgelegt, in diesem Aufsatze, der sich nur mit dem, was die Staatsverwaltung interessii't, befassen s(di, die Berücksichtigung meines Pi'ivatintcresses miteinzumengen. Aber da es sieh hier nicht um einen einzigen, sondei'u um einige hundert Gewerkeu handelt, da diese Gewei-ken mehreren Tausend Menschen Unterlialt gaben, da ausserdem bei <!inem hdinenden Beti'iebe der Einfluss solchei" Gewerkeu auf lue Nahrungsei'werbe und den Wohlstand der umliegenden (liegenden von nicht geringer Bedeutung ist, da der Staat seilest mehi'ere und be- trächtliche Eisenwerke in beiden Ländern besitzt, da endlich gar kein Surrogat denkbar ist, was Steiei'mark und Kärnten auch jiur einen Theil jener Geldzuflttsse verschaffen könnte, die sie seit Jahrhunderten in ge- wöhnlichen Zeiten durch den Bergbau, vorzüglich aber durch die Erzeugung und Verarbeitung des Eisens bezogen haben, so lohnt es sich wohl der Mühe, diesen Gegenstand, über welchen die ämtlichen Eingaben doch wenigstens einige brauchbare Daten und Materialien enthalten müssen, einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen, diese aber mehr, als es bisher

handel.

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geschehen ist, zu beschleunigen, da die Zögerungen als ein Beweis von Gleichgiltigkeit angesehen werden und darum zur Vermehrung des Miss- muths nicht wenig beitragen.

Die mehrere oder mindere Bedeutendheit des Strassengewerbes in Das Steiermark und Kärnten hängt von dem grösseren oder geringeren Flor '^^^p^beTn des Littoralhandels und von dem lebhafteren oder schwächeren Verkehr .steicimaik zwischen den älteren Ländern der Monarchie und den italienischen Pro- ""„„^''3"^.'^" vinzen ab. "Warum eine schnelle, beträchtliche Aufnahme dieses Handels Littorai- kaum zu erwarten ist, werde ich weiter unten augeben. Allein selbst der gegenwärtige Zustand des Landes, wo man so manche auch nur ge- meinere Bedürfnisse nicht in hinlänglicher Menge oder nicht anders als um die übertriebensten Preise findet, wo das Zugvieh anfangs durch die wiederholtenPferdestellungenund die unaufhörlichen Vorspannsleistungen, späterhin aber durch die Theuerung des Futters und durch das sehr ge- schwächte Vermögen des Landvolkes beträchtlich abgenommen hat, wo die schlecht erhaltenen, bei nassem Wetter fast unwandelbaren Strassen ein schnelles Fortkommen oder auch nur sichere Anschläge der Zeit, die manzurZurücklegungdieser oder jener Strasse bedarf, unthunlich machen, ist dem Strassengewerbe mehr abti'äglich als günstig und vermehrt meine Zweifel gegen eine schnelle bedeutende Aufnahme desselben.

Zieht man nun in Erwägung, dass solchergestalt zu einer baldigen Erlnduug der Eisen- und Bleigewerken keine Aussicht vorhanden ist, dass solch eine Aufnahme des Strassengewerbes, von der sich Steiermark und Kärnten bedeutende Vortheile versprechen könnten, unter den gegen- wärtigen Umständen sich nicht erw^arten lässt, dass bis zu einer neuen Ernte und neuen Weinlese noch mehrere Monate zurückgelegt werden müssen, während welchen es sich um den Unterhalt vieler Tausender handelt, die schon jetzt weder Natu r allen vor räth e , noch Geld besitzen und bei der allgemeinen Noth auch auf fremde Unterstützung wenig j'echnen können, so kann doch wohl kein verständiger Mensch über die Lage dieser zwei Länder beinihigt sein; selbst sehr ti-aurige Ereig- nisse können Niemandem, der dieser Lage mehr nachgedacht hat, un- erwartet kommen; und man wird sich doch wenigstens für den Fall, den ich für sehr wahrscheinlich halte, wenn nämlich grössere Uebel nicht ohne ansehnlichere Geldunterstützungen im Verlaufe des nächsten Jahres abgewendet werden könnten, auf die Möglichkeit, diese sogleich, ohne die Bedeckung des Staatsaufwandes deshalb zu beirren, vorschiessen zu können, gefasst machen müssen. Nebstbei dürfte aber schon jetzt die Uebei-zeugung verschafft werden, ob in Steiermark und Kärnten die Winter- saat allenthalben gehörig bestellt worden, oder ob nicht vielleicht doch ein

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Thcil der Aecker unbebaut geblieben ist, um in letzterem Falle bei ein- tretendem Frühjahre die sachdienlichen Massregeln ergreifen zu können. Krain dnrch Krain oder das nunmehrige lUyrien hat zwar viel Analogie mit

Mctaiimünze Steiermark und Kärnten, doch ist es in früheren Zeiten diesen zwei

iu günsti-

Reieni Ver- Ländern immer im Wohlstande nachgestanden und besonders enthält der häUnissc. Adelsberger Kreis viel dürftiges Volk. Es hat einige Jahre unter fran- zösischer Oberherrschaft geschmachtet, grosse Zerrüttungen in seiner Verfassung erlitten, schwere Lasten zu tragen gehabt. Es blieb seit der Wiedei-eroberung, folglich seit drei Jahren, in einem provisorischen Zu- stande, der nur erst vor Kurzem sein Ende erreichte, und der in so vielen Beziehungen dem Gange der Administration niemals gedeihlich sein kann. Von gesegneten Ernten war dort so wenig als in Steiermark und Kärnten zu hören. Die missliche Lage des Eisenhandels und das noch zu keiner grossen Ausdehnung gediehene Strassengewerbe haben für Krain ebenso wohl wie für Steiermark und Kärnten nachtheilige Folgen. Wenn also demungeachtet das Elend und die Verlegenheiten iu Krain keinen so hohen Grad wie in Steiermark und Kärnten erreicht haben, so lässt sich kaum eine andere Ursache zur Erklärung dieses Phänomens auffinden, als dass Krain glücklicherweise im Besitze der Metallmünze, welche die Franzosen während ihrer Oberherrschaft dort einführten, erhalten wurde. Näher in die Sache einzugehen bin ich aus der Ursache nicht im Stande, weil es mir an zuverlässigen Notizen von dem gegenwärtigen Zustande des Landes, das ich in frühei-en Zeiten öfter als einmal durchreist und daher ziemlich genau kennen gelernt habe, gänzlich gebricht. Nur so viel kann ich init Zuversicht angeben, und es dient auch zum Belege dessen, was ich von der dermaligen relativ besseren Lage Krains gegan Steiermark und Kärnten soeben erwähnte, dass in der niemals wohlfeilen Hauptstadt Laibach noch im August h. J. der Weizen 7 fl. 40 kr., das Korn 6 fl. 40 kr., dei- Hafer 2 fl. '20 kr. kostete, und dass zwar diese Preise im September auf 8 fl. 6 kr. der Weizen, 6 fl. .50 kr. das Korn und 2 fl. 24 kr. der Hafer gestiegen sind; welche Preise aber, wenn man sie auf Einlösungsscheine evaluirt, ungleich massiger als jene sind, die man zur nämlichen Zeit für die erwähnten Artikel in Steiermark und Kärnten bezahlen musste. Triestnnd Unter den Bestandtheilen des küstenländischeu Guberniums. deren

der See- einen, nämlich das ehemalige croatische Provinziallittorale . ich wegen

handel ° °

oesterreichs. Seiner grosscn Aehnlichkeit mit der Carlstädter Militärgreuze schon fi'ühev berührt habe, zeichnet sich, wie bekannt, dei* freie Seehafen Triest bei Weitem an Wichtigkeit aus, und ungeachtet der grossen Erweiterung, welche das Küstenland zuerst im Jahi-e 170 7 und nunmehr definitiv im

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Jahre 1815 erhalten hat. winl Triest aller Wahrscheinlichkeit nach immer •Icr vorzüglichste Punkt des LittoralhanHels bleiben. Wie l)lühen<l dieser Handel vorzüglich zur Zeit des englisch-amerikanischen ersten und des englisch-französischen langen Seekrieges, bis zur Zeit, wo Bonaparte sein Continentalsystem und unter diesem Vorwande die Zerstörung jedes fremden Handels mit aller Gewalt durchzusetzen versuchte, war. wie ausserordentlich Triest sich in einem Zeiträume von weniger als einem Jahrhunderte emporgehoben hat. wie sehr selbst Fiume in. Zeit von 30 bis 40 Jahren an Umfang und Wohlstand gewann, wie gewinnreich end- lich dies nicht blos für die Metropole war. sondern der Littoralliandel sich selbst auch auf entferntere Strecken der Monarchie mit Vnithcil verbrei- tete, ist wiihl noch nicht aus dem Gedächtnisse derjenigen, die Zeugen dieses blülienden. weit ausgebreiteten Handels wai-en, entwichen. Uass es wieder dahin kommen möge, ist also ungezweifelt ein patriotischer Wunsch, in welchen Alles einstimmen wird, wohingegen über die Aus- wahl der Mittel, um zu diesem Zwecke zu gelangen, eine sehr wesentliche Verschiedenheit der Meinungen herrschen mag.

Kaum waren theils die Wiedereroberungen, theils die neuen Er- werltungen in der ungeheuren Ausdehnung vom Po bis zu den Buchten von Cattaro durch die Friedensverträge und dui'ch die allseitigen Aus- gleichungen vollkommen gesichert, als es schon bei Mehreren zur Lielt- lingsLdee wurde, den Colonialwaaren zur Einfuhr die Landesgrenzen zu i^ercoioniai- sperren und die Einfuhr dieser Waaren blos duich die adriatischen Seehäfen zu gestatten. Nicht nur allein wurden hierüber umständlich bearbeitete Vorschläge in Druck gelegt, sondern es wurde selbst auf Allerhöchsten Befehl das Wiener Grosshandhuigsgremium übei' den Gegenstand der Frage vernommen. Obschon nun auch der gi'össere Theil des Gross- handlungsgreniium dafür, dass einigen Colonialproducten der Eintritt in das österreichische Kaiserthura nur durch die adriatischen Seehäfen er- laubtwerden solle, gestimmt hat, obwohl man ferner in weiteren gedruck-ten Abhandlungen solch eine Veranlassung nicht blos als nützlich, sondern selbst als nothweudig darzustellen bemüht war. so glaube ich doch, die Staatsverwaltung werde sich in einer Angelegenheit, wo sich die Inter- essen so ausseroi'dentlich kreuzen, nicht blos von den Ideen und Wünschen des einen, wenngleich sehr zahlreichen Theilcs beschwichtigen lassen, sondern die Sache in ihrem ganzen Umfange, in allen ihren Folgen und Wirkungen genau erwägen un<l insbesondere den höchst wichtigen Ge- sichtspunkt nicht verfehlen, dass es innuer eine sehr missliche und gefähr- liche Sache sei. den Handel gleichsam in Fesseln zu schlagen und ihm den Weg, den er nehmen soll um! allein nehmen darf, durch gewaltsame

waaren- liaiideU

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Versperrung jedes anderen Weges vorzeichnen zu wullcu; ilass. wenn ja doch überwiegende Beweggründe für die Regierung voi-handen sein sollen, die Einfuhr der Culonialwaaren nur auf dieser und nicht auf jener Grenze zn wünschen, gelindere Zollgesetze an der eint'n, beschränkendere an der andern ein ungleich zweckmässigeres Mittel als absolute Verbote seien, um dem Handel seinem grösseren Theile nach jenen Zug und jene Rich- tung zu geben, welche die Regierung wünscht; dass endlich, wenn man sich ja doch aus unbekannten Gründen zu solch einem Zwangssystem unwiderstehlich hingerissen finden sollte, wenigstens die Ausführung ja nicht zu übereilen, sondern mit aller Vorsicht zu verfahren, die Entwick- lung der Handelsverhältnisse nucli einige Zeit hinduich zu beobachten und erst bei hinlänglicher üeberzeugung. dass nui- von der erwähnten Zwangsmassregel grosse Vortheile zu hoffen und keine gleich grosse oder selbst noch grössere Nachtheile zu besorgen sind, dieselbe ins Werk zu setzen wäre.

Allein auch ohne zu solchen Extremen zu schreiten, kann man nach meinem Dafürhalten den Littoralhandel zu einer bedeutenden Aufnahme bringen und dadurch nicht blos dem Küstenlande, Krain, Kärnten und Steiermark, sondei-n selbst auch der Residenz und anderen Ländern der Monarchie einen erheblichen Dienst leisten, wenn man nämlich die Hinder- nisse, welche dem Flor dieses Handels gegenwärtig iui Wege stehen, so bald und so kräftig, als es nur immer geschehen kann, beseitigt. Als die vorzüglichsten dieser Hindernisse sehe ich nachstehende an:

a) Die äusserst beschwerliche Communication zwischen Triest und der Hauptstadt, um so viel mehr also zwischen Triest und den noch ent- fernteren Provinzialhauptstädten ;

h) die Verschiedenheit der Valuta in den älteren und in den wieder- eroberten oder neuerworbenen Ländern der Monarchie;

c) die Menge von Geld- und Papiermäklereien aller Art, zu welchen die gegenwärtigen Umstände so reichlichen Stoff darbieten, was zur Folge hat, dass ungemein viel Geld sich fortwährend mit den Speculationen auf der Börse beschäftigt und sohin dem Producten- und AVaarenhandel. sowie der Landwirthschaft und der Production jetzt weniger fremde Cajtitalien als fi-üher. bei einer geringeren Zahl von Geldzeichen, zu Gebote stehen; en<)lich

d) die wegen der zu zahlreichen Eiiifuhrsverbote füi- den Handel überhaupt ungünstige inländische Zollverfassung.

Da ohnehin eine allgemeine Tarifsrevision von der Commerzhofcom- mission vorgenommen werden soll und sich wohl kaum zweifeln lässt, dass man hiebei von liberaleren Grundsätzen ausgehen, die Einfuhrs-

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verhüte mehi- in stärkere Zollbelegiingen unistalten. dabei aber doch immer auch auf die Gattungen von Waaren Rücksicht nehmen und solche, bei welchen eine leichtere Möglichkeit heimlicher Einschleppungen obwaltet, nicht mit Zöllen, die durch übermässige Höhe zum Schleichhandel ein- laden, belegen wird, so ist nur zu wünschen, dass diese Arbeit, so viel es ihre Wichtigkeit zulässt, beschleunigt, in keinem Falle aber die gänzliche Beendigung iles üperats abgewai-tet. sondern ilas. was man zu i-eformiren nothwendig finden wird, gleich theilweise zur Ausführung gebracht werden möge. Hiebei muss ich aber freimüthig gestehen, dass ich von dem Tarifs- referenten, Hofrath v. Leon, nichts Gedeihliches erwarte, mithin, wenn nicht andere Commissionsglieder oder das Präsidium sehr wirksam ein- schreiten, diese Arbeit, nach meinem Erachten, keine nützlichen Kesultate liefern wird.

Die für den Ackerbau, die Industrie und den Handel aus dem Ent- gange so vieler Capitalien, welche die Börsespeculationen schon seit ge- raumer Zeit und noch immer unaufliörlich beschäftigen, entspringenden Nachtheile habe ich schon in meinen früheren Aufsätzen geschildeii. Wie schädlich die Verschiedenheit der Valuta schon im Allgemeinen auf den Handel einwirkt, fällt von selbst in die Augen. Alle Berechnungen, alle Voranschläge werden dadurch erschwert oder vielmehr sie lassen sich mit Richtigkeit und Zuverlässigkeit gar nicht machen. Obwohl der Werth der Metallmünze (das manchmal sich ändernde Verhältniss zwischen Gold und Silber ausgenommen) eigentlich keiner Veränderung unterworfen ist, so kann man doch mit der nämlichen Menge Metallmünze im Handel mit Ländern, wo nichts als Papiergeld circulirt, bald mehr, bald weniger unternehmen, je nachdem das Papiergeld in einem günstigeren oder un- günstigeren Verhältnisse zu der Metallmünze steht. Der Triestiner und sonstige Bewohner des Ijittorales hat also, ungeachtet dort nichts als Metallmünze im Umlaufe ist, doch auch keinen festen, sicheren Anhalts- punkt im Verkehre mit den Bew^ohnern der älteren Länder, besonders bei solchen Handelsunternehmungen, die einen längeren Zeitraum zu ihrer gänzlichen Ausführung brauchen. Es bedarf übrigens wohl keiner Er- innerung, dass beide hier berührte Gegenstände ganz von den finanziellen Massregeln abhängig sind und den geschilderten Nachtheilen nur, wenn Ordnung in den Geld Verhältnissen hergestellt wird, abgeholfen werden kann.

An was sich sogleich Hand anlegen lässt und was ich auch in jeder Beziehung für das Dringendste und Unentbehrlichste halte, ist die Verbesserung der Communication zwischen dem Küsteulande und Triest insbesondere mit der Residenz und den älteren Ländern der Monarchie.

Nolh wendig- keit einer ZoUtarifs- revision.

Die Schäd- lichkeit der verschiede- nen Valuten.

Die Ver- kehrswege.

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Coramunica-

tion mit

Triest.

Die pflänzenilr. mIht wo niclit giiiiz uii;iiisfiilirb;ii-o. ilocli gewi.ss ausser alloiii Voi-hältnisse zu uns(M-en Kräften stoliendo Idee, durch Verlängerung des Nenstädter Canals am Ende seihst eine fortlaufende Wasser.strasse bis nn das Meer zu eireichen. wii'd sicher nie eine ernsthafte Prüfung aushalten. Aber wollte man sich doch von dieser Idee blenden lassen und sich über mehrere h<>chst widitige Kücksichten. die ohne noch die Unmöglichkeit oder wenigstens äusserste Beschwerlichkeit der gänzlichen Ausführung in Anschlag zu bringen - in anderen Beziehungen gegen die Sache streiten, hinwegsetzen, so macht schon die lange Reihe von Jahren, welche zur Herstellung dieses gigantesken Unternehmens erforderlich wäre, einen hinreichenden Grund aus, selbst auch in diesem Falle die Nothwendigkeit der Verbesserung der Strassen, welche das Küstenland und welche die neuerworbenen italienischen Provinzen mit den älteren Ländern der Monarchie verbinden, anzuerkennen. Nicht leicht gab es einen Zeitpunkt, wo sicli der Ursachen und Gründe zur bestmöglichsten Herstellung dei' Strassen zwischen Wien und Triest, Wien und Venedig, Wien und Mailand so viele vereinigten als gegenwärtig. Nicht leicht gab es öffentliche Anstalten, dei-en Wichtigkeit, entschiedener Nutzen und man kann wohl sagen lJuonil>ehrlichheit so sehr in die Augen fällt als die Verbesserung der oben bezeichneten Strassen. Mit den Vor- bereitungen dazu sollte in der That kein Tag mehr verloren werden, so- wolil weil die mit Kccht zu erwartenden Voi'theile von ültei'aus gi-ossei' Wichtigkeit sind, als auch weil die Vernachlässigung schon gar zu lange gedauert hat und es selbst für die Ehre der Staatsverwaltung abträglicli ist. wenn m;vu sogai- die allcrwiclitigsten Verbindungen der Monarchie in einem so verwahi'losten Zustande findet, während andere Länder, die eben- falls grosse Ansti-engungen machen mussten und an Hilfsquellen Oester- reich nicht gleichkommen, ihre Strassen und Brücken in einem guten, ja manche sogar in einem vortrefflichen Zustande erhalten, und während man eben kein Greisenalter erlebt zu haben braucht, um aus eigener Ei*- fahrung mit Wehmuth einen Vergleich zwischen der früheren und der jetzigen Beschaifenheit nnserer Strassen zu ziehen.

Eben weil in Oesterreich einst füi- die Strassen sehr gesorgt worden ist und selbst noch in neuereu Zeiten auf die Abbauung steilerer Berge und andere Verbesserungen bedeutende Summen verwendet W(n-den sind, wird es auf ganz neue Anlagen wahrscheinlich nur in einigen Strecken (wobei vorzüglich die bequemere und nähere Communication zwischen Oesteri'eich und Steiermai-k, mit Vei-meidung des kostspieligen und be- schwerlichen Semmering, sowie die Umgehung des Triester Berges in Betracht gezogen zu werden verdient^ iinkommen. Ungemein wn'inschens-

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weith ist t's ;ibpr. wenn die Ldcaluntcrsuchuafren, welclie Theilo der bis- herigen Cdimiiercialstrassen nach Triest unvcränilert beizubehalten, und wo dagegen Abweichungen von der dermaligen Knute vorzunehmen wären, auf das Schleunigste veranstaltet würden, um bei eintretender günstigerer Jahi'eszeit mit den Arbeiten selbst anfangen, dadurch den Zeitpunkt der Vollendung dieses nicht blos für einzelne Länder, sondern für den ganzen Staat höchst wichtigen Unternehmens näher hei'beirücken und durch solch eine werkthätige Aeusscrung des ernstlichen Willens, der Verbindung der älteren Länder mit dem Küstenlandc und mit Italien die möglichste Er- leichterung zu verschaffen, dem nicht unbilligen Vorwurfe, dass selbst mit den nächsten und wirksamsten Mitteln, dem gesunkenen Wohlstande wieder aufzuhelfen, nicht vorwärts geschritten werde, ein Ende machen zu können.

Sowie die Ei Weiterung des Tiüester Handels auf das angrenzende Istrien und selbst auch auf Fiume, was in mehr als einer Beziehung immer nui- eine Filiale von Triest bleiben wird, wohlthätig einwirken muss, eben so hat dagegen Friaul von dem erleichtei-ten Vei-kehrc Oesterreichs und Innerösteneichs mit Italien als der unmittelbare Berührungspunkt der einen und der anderen Länder erhebliche Vortheile zu erwarten, uml diese Vortheile werden sich dann noch weiter ausdehnen, wenn die zweite Scheidewand des Verkehrs, nämlich die Verschiedenheit der Valuta, durch den Uebergang zur Metallmünzc in den Ländern, wo jetzt Papiergeld circulirt, erlischt. Erst dann werden hundert Schwierigkeiten, die jetzt den Handel hemmen, von selbst verschwinden, und erst dann werden die Bewohner sowohl der älteren als der neuen Länder es wirklich fühlen, dass sie Bestandthcile eines grossen Körpers siml, der in dem Masse, als mehr Vereinigung und Zusammenhang in allen seinen Abtheilungen herrscht, an Kraft und Wohlstand zunehmen wird.

Was übrigens die ersten Lebensbedürfnisse der Einwohner betrifft, Getipidc-

vor rath

kann bei dem Umstände, wo sich ansehnliche Getreidevorräthe, die aus und köi- fremden Staaten dahin gelangt sind, in Triest befinden, in Ansehung der "crpieise.

Küstenland.

vorbenannten kleinen Provinzen bei ihrer geringen Entfernung von dieser Stadt wohl keine andere Besorgniss eines Mangels eintreten, ausser wenn das Getreide alldort auf solch einen übermässigen Preis steigen sollte, dass es die dürftigeren Classen zu kaufen nicht mehr vermögend wären. Allein da nach der Angabe öffentlicher Blätter noch immer mit Getreide beladene Schiffe eintreffen, folglich, wenn gleich die Anzahl der Käufer nicht gering ist. es doch auch an einer Concurrenz von Verkäufern nicht fehlt, so scheint der Unterhalt dieser Gegenden, denen die Nachbarschaft der See auch noch andere ergiebige Nahrungsmittel durch die Fischerei ver-

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schiitft, bi.s zur künftigen Ernte so /ienilicli gcsicliert zu sein; wie denn überhaupt eben dieses letzteren Unistandes wegen die Bewohner der See- küsten gegen jene der Binnenländer zur Zeit schlechter Fechsnngen um Vieles besser daran sind. Uebrigens lässt sich das, was ich von der relativ günstigeren Lage Krains gegen Steiermark und Kärnten rücksichtiich der Körnerpreise zuvor bemerkt habe, auch auf Triest um so gewisser an- wenden, als diese Preise in den zwei Monaten August und September den Hafer ausgenommen zu Triest selbst noch etwas geringer als zu Laibach waren und selbst auch im October nicht bedeutend gestiegen sind. Venetia- Aus dem Venctianischon sollen zwar im Verlaufe des heui-igen

nisch-ioiii- j.,]^,.ßg manche ungünstige Berichte, insbesondere über den durch starke

bardisches ^ ° '

Königreich. Ueberschwcmmungen verursachten Schaden und über die nicht erfolgte Zeitigung der Körner in den Gebirgsgegenden eingelangt sein. Allein ein allgemeiner Misswachs hat dort ebenso wenig als in der Lomltardei stattgefunden. Die Weizenerntc war in Italien mehr gut als mittelmässig. Dass der türkische Weizen und dass der Reis bei Weitem nicht so gut gerathcn sind, dass vorzüglich in den Gebirgsgegenden ein grosser Theil der Saaten nicht zur Reife gelangt ist, konnte wohl Theuerung hervor- bringen, wie dann auch wirklich im August der Weizen zu Vicenza, wo er am wohlfeilsten w^nr, 7 fl. 13 kr., zu Conegliano, wo er am höchsten stand, 11 fl. 16 kr. und in der Stadt Venedig selbst 9 fl. 54 kr., im Monate September zu Vicenza 7 fl. 44 kr., zu Conegliami, 11 fl. 9 kr. un<l zu Venedig 0 fl. 22 kr. galt. Aber im Ganzen genommen bleibt das Los dieser Länder doch ungleich besser als jenes von Steienuiirk und Käi'nten, wo nicht eine einzige Fruchtgattung gericth, wo nun schon fast seit einem Lustrum Fehljahr auf Fehljahr folgt, und wo sich zu den schlechten Ernten auch noch das Ungemach des Papiergeldes und selbst auch an diesem ein höchst fühlbarer Geldmangel gesellt. Dass diese Be- hauptungen nicht unstatthaft sind, erhellt schon daraus, dass unter allen Getreidegattungen im heurigen Jahre notorisch keine so allgemein und so gänzlich als Korn missrathen hat, was fast in allen älteren Ländern der Monarchie den Hauptartikel des Feldbaues ausmacht, wo hingegen in den italienischen Pi'ovinzen der Grund und Boden weit mehr auf Weizen, Reis und Kukuruz benützt wird. Den neuesten Nachrichten zufolge hat zwar der schon einige Zeit im Steigen begi-iffene Weizen zu Mailand in der letzten Hälfte des Monats November den Preis von fast 80 Mailänder Lire (der Lire beträgt zwischen 17 und 18 kr.) für den Moggio, das ist 2'/2 Metzen, erreicht. Allein da dieser Preis, auf Papiergeld evaluirt, dem hiesigen noch immer nicht gleichkommt, und da schon während des vorigen Besitzes der Lombardei die Körnerpi-eise dort immer höher als zu

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Wien und in den deutschen Ländern gestanden sind, so wird hiedurch ilie obige Beliauptung mehr bekräftigt als widerlegt; sowie bei den be- trächtlichen Zufuhren fremden Getreides nach Livorno, Genua und Triest eher ein Fallen der Weizenpreise in Mailand und Venedig zu hoffen, als ein noch weiteres Steigen zu besorgen ist. Im schlimmsten Falle dürften also rücksichtlich des mailändisch-venetianischen Königreichs höchstens massige Geldunterstätzungen für einige als sehr dürftig bekannte Gebirgs- gegenden und solch eine Fürsorge, dass die allerärmste Classe durch theil- weise Fortsetzung der unter der vorigen Regierung angefangenen öffent- lichen Arbeiten Verdienst finde, erforderlich sein.

Misslicher scheint mir die Lage Tirols und Vorarlbergs zu sein, wo T'roi una das ackerbare Land selbst in guten Jahren den Bedarf der Einwohner nie aufzubringen vermag, heuer die Ernte auch dort schlecht ausgefallen ist, Wohlstand auch schon früher nur in einigen wenigen Städten und Thälern geherrscht hat, durch die Kriege. Invasionen und den drückenden fremden Besitz der noch bestandene Widilstaml bedeutend gesunken, da, woArmuth herrschte, diese auf einen noch höheren Grad gestiegen ist, und keines der angrenzenden Länder, nämlich «lie Schweiz, Baiern, Salzburg, Kärnten und das venetianische Gebirge, entbehrliche Vorräthe besitzt, mit welchen sie Tirol uml Vorarlberg zu Hilfe kommen könnten. Wirklich waren alldort schon im August die Weizenpreise zwischen 9 und 11 fl. C.-M., das Korn zwischen (j und s fl., zu Bregenz selbst über 10 fl., Gerste zu Trieht zwar unter 4 fl.. auf anderen Märkten aber zu G bis 7 fl. Und diese hohen Preise sind mit Ausnahme des Brixener Marktes im Monate September noch insgesammt gestiegen. Zwar gehört Betriebsamkeit und Frugalität zu den charakteristischen Eigenschaften dieses Gebirgsvidkes, und man kann also mit Zuvei'sicht darauf rechnen, dass es mit seinen wenigen Erzeugnissen eben so strenge haushalten, als dass es auch kein Mittel, durch Industrie sich Zuflüsse zu eiwerben, vernachlässigen wird. Aber es wäre doch wohl möglich, und es ist selbst in einem hohen Grade wahrscheinlich, dass ilie äusserste Sparsamkeit und die thätigste Emsig- keit in dem noch langen Zeiträume bis zur künftigen Fechsung, dem Xothstande abzuwehren, doch nicht überall hinreichen, und dass es sohin unvermeidlich werden dürfte, einzelnen Gegenden mit Geldvorschüssen unter die xVrme zu greifen.

Auch in Oesterreich ober der Enns ist ilie Ernte heuer, was zu den Oesteneicii seltenen Erscheinungen gehört, unter der Mittelmässigkeit geblieben. Dieser ungünstige Ausschlag in Verbindung mit den plötzlich gehemmten Zufuhren aus Baiei'u hat ein namhaftes Steigen der Preise veranlasst, was zwar füi' Viele, die von trockenen Einkünften leben, empfindlich ist,

TB [78]

wovon aber für Oesterreich ob der Enus bei Weitem keine so üblen Polgen als für andere Länder zu befürchten sind; weil zwischen einem Fehl- jahre und einer Eeihe von Pehljahren ein grosser Unterschied obwaltet; weil ein grosser Theil des dortigen Landvolkes wegen der Güte des Bodens und dessen sorgfältiger Cultur vermöglich genug ist, um Unfälle dieser Art, wenn sie sich nicht gar zu oft wiederholen, auszuhalten, weil das Land viele ziemlich gut erlialtene Verbindungsstrassen hat, welche das Besuchen der Märkte mit Kürnern und anderen Victualien erleichtern, und weil endlich die Production in diesem Lande sich nicht blos auf rietreide erstreckt, sondern auch Rüben, Gemüse, Obst und andere zur menschlichen Nahrung geeignete Artikel in grösster Menge erzeugt werden. Wenn es vollends wahr ist, dass, wie die neuesten Zeitungen melden, die Preise in Baiern seit Kurzem merklich fallen, so werden, selbst auch bei dem fortdauernden Ausfuhrverbote, doch durch den Weg des nie ganz zu verhütenden Schleichhandels aus Baiern wieder Getreide- hilfen nach Oesterreich ob der Enns gelangen, was hauptsächlicli zur Vei'hütung weiterer Preissteigerungen erwünsdilich wäre.

Salzburg. Ungeachtet Salzburg die soeben geschililerten Vortlieile mit dem

Lande ob der Enns nicht dnrchgehends theilt und durch die letzte Aus- gleichung gerade die fruchtbarste Strecke dieses kleinen Landes bei Baiern geblieben ist, ungeachtet ferner die überaus grosse daselbst herrschende Theuerung gar nicht in Zweifel gezogen werden kann, da schon im August der Weizen auf Hfl. 25 kr. C.-M., das Korn auf 7 fl. 2.5 kr. gestiegen war, welche Preise sich im September noch etwas erhöhten, so lässt sich doch mit einiger Zuversicht erwarten, dass dort die Nothwendigkeit be- sonderer Massregeln, um einem Brotmangel abzuhelfen, im Allgemeinen und Einzelnen , besonders dürftige Gegenden ausgenommen , nicht ein- treten wird, zumal die Viehzucht, der Bergbau, die Salzerzeugung u. s. w. den Bewohnern des Landes so manche nicht unergiebige Quellen des Nahrungserwerbes darbieten .

Oesterreich l^i^ Ocsterreicli Unter der Enns eigentlich nur in Ansehung des

Korns und des Weines ein Missjahi- gehabt hat, dagegen der Weizen, die Gerste, der Hafer, die Ei'däpfeln u. s. w. theils mittelmässig, theils selbst über die Mittelmässigkeit ausgefallen sind, so würden die Getreide- ])reise ohne den Zusammenfluss anderer miteiuwirkender Ursachen wohl nie auf den gegenwärtigen Grad, von welchem die Geschichte alle Kriegs- jahre und alle früheren Misswachse mit eingeschlossen kein Beispiel liefert, gestiegen sein. Meine Ansichten, wie es dahin kommen konnte, habe ich schon in dem Aufsatze, dessen ich bei'cits melirmals Erwähnung machte, entwickelt. Segen gewähren nder verweigern, hängt von der

unter der Enns.

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Vursehuno; ab, und ihre Plane für die Znlamft kann Niemand enthüllen, Wohlfeilheit zu erzwingen, wenn die Früchte der Erde nicht gedeihen, vermag menschliche Weisheit nicht. Aber wenn mau bedenkt, dass in der ganzen langen Periode vom Jahre 1730 bis zum Jahre 1790, folglicli in 60 Jahren, der Mittelpreis des Weizens nie über 4 fl. 3 kr., der Mittel- preis des Korns nie über 2 fl. 48 kr. gestiegen ist, dass selbst dieser Preis nur in den Jahren 1788 un<l 1789, was zugleich Missjahre und Kriegsjahro waren, sich ergab, und dass heuer im vollen Frieden, zu Conventionsmüjize gerechnet, der Weizen 11 bis 12 fl.. das Korn 8 bis 9 fl. gilt, so darf man doch wohl mit allem L'echte Ijohaupten, dass, wenn statt des nun einmal zu eineui bösen Spielwerke aller verderldichen Specula- tioneu gewordene Papiergeldes zur Metallmüuze zurückgekehrt, wenn ferner solch eine Belegung des Grund und Bodens, die proportiouirt, gleichföi-mig , keinen Steuerpflichtigen zu Grunde richtend, aber auch nicht bei einem hohen Nominalbetrage in der Wirklichkeit so äusserst gelinde ist, dass die grösseren Grundbesitzer jahrelang mit dem Verkaufe ihrer Producte zurückhalten und dadurch nach Belieben übermässige Preise erzwingen können, mit Ki'aft und Beharrlichkeit durchgeführt wird, zwar auch in der Folge, wie es in den früheren Jahren der Fall war, nach dem jeweiligen Ausschlage der Ernten niedrige und höhere Preise abwechseln, solch enoi'me Preisüberspannungen aber, unter denen die Consumenten gegenwärtig erliegen, sich nicht wieder einfinden werden. Für die Zukunft ist also die Abhilfe gegen die ßückkehr ähnlicher trauriger Erscheinungen wohl nur in den soeben angedeuteten Mitteln zu suchen. Ob es aber, bis diese zur Ausführung kommen und ihre wohlthätigen Wirkungen nach und nach äussern können, bei der gegenwärtigen Theuerung zu Wien und in Oesterreich unter der Enns verbleiben, oder diese doch etwas nachlassen, oder wohl gar selbst noch zunehmen wird, lässt sich wohl schwerlich mit Gewissheit Ijestimmen. Im December v. J. waren die Durchschnittspreise hierlands vom Weizen 20 fl. 37 kr., vom Korn IG fl. 31 kr., von der Gerste 10 fl. 36 kr. und vom Hafer 5 fl. ö6 kr. In den Monaten Jänner, Hornung, März und April 1816 haben diese Preise keine sehr merkliche Veränderung erlitten. Etwas stärker erhoben sie sich zwar in den Monaten Mai, Juni und Juli, doch standen sie selbst noch in diesem letzteren M<iiiate nur zu 22 fl. 20 kr. der Weizen, 16 fl. 6 kr. das Korn, 11 fl. 40 kr. die Gerste und 7 fl. 10 kr. der Haber. Nur erst seit dem Monate August begann das unmässige Steigen und seit diesem Zeitpunkte fehlte es auch nie au beträchtlichen Schwankungen. Man solle meinen, sie hätten nun wirklich den höchsten Punkt erreicht, zumal es eine Grenzlinie gibt, über welche Tausende uml Tausende von Käufern

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wegen des beschriiiikteu Masses ilirer Einnalimen nicht hinaussclireiten können, diese sich dann an die Reg-el. ilie Noth kennt kein Gesetz, halten und im Collisionsfalle zwisclien dem Hnngertode oder der gewalt- samen Wognalime dessen, was sie nicht kaufen können, letzteres vor- ziehen. Allein ob und inwieweit diese Betrachtungen auf grössere Gutsbesitzer und Speculanten, in deren Händen wohl nur allein sich noch stärkere Voi'räthe befinden mögen, wirken wird, ist nicht leicht vorher- zusehen. AVäre, als das Branntweinbrennen aus Weizen, Korn, Gerste und Hafer verboten worden ist, dieses Verbot, wie es in einigen fi-emden Staaten geschah, auch auf PJrdäpfel ausgedehnt worden, so wüi'de viel ge- wonnen wiu'den und der Preis iler Erdäpfel nie so hoch, wie es jetzt wirk- lich der Fall ist, gestiegen sein, was um so erwünschlicher gewesen wäre, als die Zahl ilerjenigen, die sich uiolir dun-Ji diese Frucht als durch Brot sättigen, sehr gross ist, und als sich durch die Mischung des Erdäpfel- niit Kornmehl vollkommen gutes Brod erzeugen lässt. Selbst jetzt noch sollte zu dem Verbote des Brauntweinbrennens aus Erdäpfeln uuaufge- lialten geschritten werden, da dieses geistige Getränk auch noch aus mehreren anderen Producten bereitet werden kann, und im schlimmsten Falle es doch ein ungleich geringeres üebel ist, wenn es einem Lande an Branntwein, als wenn es ilim au Nahrung luangelt. Für die Hauptstadt wird übrigens, es mögen sich nun die Umstände wie immer entwickeln, doch leichter als füi- das flache Land, besonders für die minder widilhaben- den und s(dclie Gegenden Oesterreichs, wo Weinhauei- don grösseren Theil der Volksmenge ausmachen, Rath geschafft werden können, weil dort übermässige Theuerung mit der Dürftigkeit zusammentrifft, was immer von den allerschädlichsten Folgen ist.

Böjimeu war in Ansehung der Körnerpreise sowohl im November und December v. -T., als in den ersten fünf Monaten des heurigen Jahres besser als Oesterreich daran. Im Decembei' 1815 kostete dort der Weizen If) fl. 32 kr., das Korn 12 fl. 89 kr., die Gerste 8 fl. 22 kr., der Hafer 3 fl. b'd kr. Sowie in Oesterreicli stiegen zwar auch doii die Preise schon in der ersten Hälfte des Jahres ISIG, aber sehr merklich wurden diese Pi-eiserliöliuugen erst im Monate Juli, wo dei- Weizen l!i fl. 40 kr., das Korn 16 fl. G kr., die Gerste 12 fl. 27 kr. und der Haber 7 fl. 32 kr. galt. Nur bei dem Weizen ist also der Preis in Böhmen unter jenem in OesteiTeich geblieben. Hie Kornpreise hielten sich in beiden Ländern vollkommen das Gleichgewicht. Gerste und Hafer ist im Juli in Böhmen selbst etwas theurer als in Oesterreich geworden. Nach glaubwürdigen Nachrichten war der Ausschlag der Ernte dort ungleich, besonders schlecht aber im Erzgebirge und im l'HHingnci Kreise. Dieser ungleiche Aus-

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schlag wird durch die Marktpreistabellen des Monats October ausser Zweifel gesetzt, laut welcher der Weizen am Ende dieses Monats auf zwei Märkten bis zu 30 fl. stieg, während er auf den meisten nur zwischen 22 und 25 fl., auf einigen gar nur zu 19 fl. stand. Auch bei anderen Getreidegattungen herrschte eine ähnliche Verschiedenheit der Preise. Was den Unterhalt der dürftigen Classe sehr erschwert, ist, dass die Erd- äpfel allda ungleich schlechter als in Oesterreich gerathen, in mehreren Gegenden selbst gänzlich missrathen sind. Dagegen ist die fortwährende Getreideeinfuhr aus Preussisch-Schlesien, was eine gesegnete Ernte hatte, für Böhmen und insbesondere für die östlichen Kreise ungemein wohlthätig. Wenn also auch Böhmen für seine Verzehruug durch die eigene Production und durch die noch vorhandenen älteren Vorräthe bis zur künftigen Ernte nicht hinlänglich bedeckt ist, was sich wohl kaum bezweifeln lässt, so hat es doch durch die leichtere Gelegenheit, das Abgängige aus dem be- nachbarten Auslande zu beziehen, vor anderen Ländern, die ihren Bedarf aus weit entlegeneren Gegenden herholen müssen, wesentliche Vorzüge. Auch an Geldmitteln zum Ankaufe des fremden Getreides kann es im Allgemeinen nicht fehlen, da Böhmen sich nicht blos mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigt, sondern auch die Industrie in einem hohen Grade, insbesondere auch rücksichtlich solcher Gattungen betreibt, die sich von der in den Jahren 1811 und 1812 erlittenen heftigen Erschütterung späterhin wieder vollkommen erholt haben, und da es mehrere Erzeug- nisse hervorbringt, die in anderen Provinzen der Monarchie und selbst in fremden Staaten reichlichen Absatz finden. Es kann also wohl nur auf jene Strecken, wo der Misswachs am stärksten und allgemein war und wo, wie z. B. im Erzgebirge, eine grössere Zahl dürftiger Menschen ohne Grundobrigkeiten, denen ihre Unterstützung obliegt, ihren Sitz hat, an- kommen.

Fast in einem gleichen Verhältnisse wie Böhmen hat sich Mähi"en Maiiren und und Schlesien sowohl zu Ende des Jahres 1815, als während der ersten '^^ä*«"^'-

' clxiscn-

sechs Monate des Jahres 1816 rücksichtlich der Körnerpreise befunden. Schlesien. Der Unterschied beschränkte sich blos darauf, dass im Xovember und December 1815, sowie im Jänner, Hornung, März, April und Mai 1816 die vier Hauptgetreidegattungen in Mähren durchgehends etwas theurer als in Böhmen waren, dagegen im Monate Juli, wo in Böhmen einige Artikel, nämlich Gerste und Hafer, selbst höher als in Oesterreich stiegen, die Preise in Mähren gegen die frühei'en Monate nur wenig hinaufgingen, indem der W^eizen 18 fl. 47 kr., das Korn 15 fl. 28 kr., die Gerste 12 fl. 1 kr. und der Hafer 8 fl. galt, folglich damal diese Artikel, mit alleiniger des Habers, in Mähren wohlfeiler als in Böhmen waren. Als im Monate

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August die gewaltigen Preiserhöhnngeu iu Oesterreich erfolgten, zeigten sich in Böhmen und Mähren bald ähnliche Erscheinungen. Die Ernte fiel in Mähren nach der Verschiedenheit der Gegenden theils gut, theils mittelmässig. theils schlecht aus. Einen Misswachs im eigentlichsten Ver- stände erlitt Mähren höchstens nur iu Ansehung des Korns, was auch in allen übrigen Ländern der Monarchie dei- Fall war. Der Weizen hatte selbst gegen Ende October noch auf keinem einzigen Markt den Preis von 30 fl. erreicht. Da nun Mähren sammt Schlesien, ebenso wie Böhmen die leichte Gelegenheit hat, aus dem angrenzenden preussischen Gebiete Getreide zu beziehen, da ferner bei einigen grösseren Dominien es selbst an ansehnlichen älteren Vorräthen nicht mangeln solle, da der für Mähren so wichtige Industrialartikel, die Tucherzeugung, die im verflossenen Früh- jahre und Sommer wegen eines zeitlichen Stockens des Absatzes sich im Gedränge befand, nun wieder aufrecht steht, während der einzige be- deutende Productionszweig Steiermarks und Kärntens, nämlich die Eisen- erzeugung und Verarbeitung, noch immer darniederliegt, da es endlich eine bekannte Sache ist, welch reichliche Einkünfte die mährischen Gruud- herrschaften während der Zeit des Papiergeldes von ihren Gütern bezogen, und was für äusserst geringe Steuern sie im Verhältnisse zu diesem Er- trage bezahlt haben, mithin an ihrem Vermögen die härter mitgenom- menen Unterthanen zu unterstützen sgar nicht zu zweifeln ist, so kann hier wohl schwerlich die Xothwendigkeit besonderer Vorkehrungen oder wohl gar einer Hilfe aus den Staatscassen eintreten. Gaiizien. Sowic iu Galizieu die Körnerpreise gegen Ende des vorigen Jahres

ungleich niedriger als in jedem anderen deutschen Lande des österreichi- schen Staates waren, ebenso haben sie sich auch in den ersten sechs Monaten des heurigen Jahres bei Weitem weniger als in den soeben ge- nannten Provinzen gehoben. Nach den auf ämtlichen Eingaben beruhenden Zusammensätzen der Cameralhauptbuchhaltung, aus welchen ich die An- gaben der Getreidepreise genommen habe, kostete im December des vorigen Jahres der Weizen 10 fl. 40 kr., das Korn 8 fl. 47 kr., die Gerste 5 fl. 53 kr., der Hafer 3 fl. 1 kr., im März 1816 der Weizen 10 fl. 7 kr., das Koi-n 8 fl. 22 kr., die Gerste 6 fl. 3 kr., der Hafer 3 fl. 14 kr., endlich im Juli 1816 der Weizen 10 fi, 42 kr., das Korn 9 fl. 7 kr., die Gerste 6 fl. 53 kr., der Hafer 4 fl. So gross der Abstand dieser Preise gegen jene der deutschen Länder ist, so hoch sind sie doch immer für ein Ackerland, das einen fruchtbaren Boden hat, von anderen, gleich frucht- baren oder zum Theil noch fruchtbareren Ländern umgeben ist, ausser dem Auxiliarcorps im Jahre 1812 und den Lieferungen, die es im Jahre 1813 füi- die in IJöhmon cuncenti-irte Armee leisten musste, sonst während

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der Ki'iegsjahre äusserst weiiii? Truppen zu ernähren hatte, und wo es der Bürger, Fabrikanten und Künstler, sowie überhaupt der sogenannten Consumenten bei Weitem weniger als in den übrigen Ländern gibt. Wenn also auch dort die Ernte etwas unter der Mittelmässigkeit war, so ist doch ein Mangel um so weniger zu besorgen, als man auf die Existenz älterer Vorräthe in Galizien mit einer Art von Zuversicht rechnen kann, in Polen und in Eussland die Fechsungen gesegnet ausgefallen sind, durch die vielen guten Strassen, welche Galizien besitzt, die Zufuhren erleichtert und die Frachtkosten vermindert werden, endlich die Dominien bei den wenigen Auslagen, welche ihnen ihr Feldbau, den sie grösstentheils mit Robot betreiben, verursacht, bei dem Wohlstande, welche ihnen die gegen frühere Zeiten so hoch gestiegenen Preise verschalft haben, und bei den im Entgegenhalte dieser Preise sehr massigen Steuern, ungezweifelt ver- möglich genug sind, um ihre Unterthanen da. wo es Xoth thut. unter- stützen zu können. Sollte auch hie und dort Getreide aus dem angrenzenden Auslande eingeführt werden müssen, so würde dies doch nicht so viel als ein Verlust für das Land, sondern als ein ökonomischer Handel anzusehen sein, da von Seite Ungarns gewiss bedeutende Einkäufe in Galizien theils schon gemacht worden sind, theils im nächsten Jahre noch werden ge- macht werden ; welchen Einkäufen es wohl auch nur allein beizumessen sein würde, wenn die Körnerpreise in Galizien etwa noch weiter steigen sollten. Allein selbst noch in den letzten Tagen des Octobers waren die Weizen- und Kornpreise zwar höher als in der ersten Hälfte des heurigen Jahres, aber doch ungleich massiger als in jedem anderen österreichischen Lande.

Ungarn hat im heurigen Jahre dadurch ausserordentlich gelitten, Ungarn, dass beträchtliche, grossentheils sehr- fruchtbare Strecken durch Ueber- schwemmungen oder Hagelschlag ganz verwüstet worden sind, und dass das Korn, welches so häufig daselbst gebaut wird, allenthalben fehl- geschlagen hat. An Weizen, Gerste, Hafer, türkischem Weizen und anderen Fruchtgattungen soll nach glaubwürdigen Xachrichten im Ganzen die Fechsung nicht schlecht gewesen, die Weinlese sehr verschieden aus- gefallen, besonders aber in mehreren Gegenden die Tabakfechsung be- trächtlich gewesen sein. So allgemein wie in Steiermark und Kärnten war also der Misswachs in Ungarn bei Weitem nicht, und sehr viele Grund- besitzer sind in der Lage, das, was sie zur Anschaffung des Samenkorns, des Getreides zu ihrem Unterhalt oder zur Unterstützung der Unterthanen verwenden müssen, aus anderen Erträgnisszweigen ihrer Landwirthschaft zu bestreiten. Dass der Mangel nicht so gross und nicht so allgemein ist, erhellt auch schon daraus, dass, wie ich zuverlässig weiss, noch immer Getreide und darunter selbst Korn von ungarischen Bauern bis nach

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Brück und LeobcD zum Verkaufe gebracht wird. Was dagegen wieder die Lage der Bewohner jeuer Strecken, welche von Elemeutarereignissen oder von gänzlichem Misswachse besonders hart getroffen worden sind, misslicher macht, ist die meistentheils äusserst schlechte Beschaffenheit der Strassen und Brücken, welche die Communicatiou ungemein erschwert und die Zufuhren selbst aus nicht gar zu weit entfernten Gegenden in manchen Jahreszeiten beinahe unthunlich macht. Selbst auch die zu grosse Aengstlichkeit bei dergleichen Ereignissen, an welche man in einem sonst fruchtbaren Lande wenig gewohnt ist, verschlimmert das Los der wirklich Nothleidenden, weil sie nicht selten sogar die öffentlichen Behörden zu übertriebenen oder sonst zweckwidrigen Massregeln verleitet, die ein noch mehreres Zurückhalten mit Vorräthen von Seite derjenigen, die mehr als ihr eigenes Erforderniss besitzen, zur Folge haben und solchergestalt, statt der unmässigen Gewinnsucht zu steuern, ihr viel- mehr Nahrung geben. Wie sehr man zu dergleichen Massregeln in Ungarn aufgelegt ist, hat die Erfahrung in früheren Zeiten schon einige Male be- wiesen, und eben darum muss hierauf immer ein sorgfältiges Augenmerk gerichtet werden, um zweckwidrige Veranlassungen auf der Stelle rück- gängig machen und dadurch den Nachtheilen, die sie verursachen würden, abhelfen zu können. Sollten aber Einschreitungen auf beträchtliche Hilfen aus dem Staatsschatze geschehen, so sollte doch wohl in Betracht gezogen werden, dass es überhaupt bisher nicht gewöhnlich war, in den Staats- erforderniss- und Bedeckungsaufsätzen eigene Fonds zu dergleichen Unter- stützungen zu pi'äliminiren, dass also, sobald es sich um grössere Summen in dieser Beziehung handelt, die Staatscassen hierauf nicht dotirt sind, dass aber insbesondere in solch einer drangvollen Periode, wo von allen Seiten um Hilfe, oder was gleich viel ist, um Nachlässe an den zur Be- streitung des Staatsaufwandes bestimmten Abgaben gebeten wird, die Unmöglichkeit, allenthalben zu helfen, von selbst in die Augen springt, und dass sohin die Gewährung solcher Unterstützungen nur als Aus- nahme von der Kegel, nur bei der einleuchtendsten Nothwendigkeit und nur zu Gunsten solcher Provinzen, für welche die allerwichtigsten Beweg- gründe sprechen, stattfinden kann. Gibt man nun diese, wie es scheint unumstössliche Voraussetzung zu, so erkennt man zugleich, dass nicht blos der Grad des Misswachses, sondern dass auch die übrigen Umstände beachtet werden müssen. Bei ungewöhnlichen Hilfen aus dem Staats- schatze muss doch nothwendig darauf gesehen werden, welche Zuflüsse dieser Schatz aus dem einen und welche er aus dem andern Lande er- hält. Bedenkt man nun, dass die Grundsteuer in Oesterreich für das laufende Militärjahr mit 12 Millionen ausgeschrieben ist, und dass die

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ganze Contribution von dein unendlich grösseren Königreiche Ungarn wo die Steuerfreiheit zu den Cardinalprärogativen des Adels und der Geistlichkeit gehört nur 6 Millionen beträgt, so springt es in die Augen, dass der Staatsschatz bei einem gleichen, ja selbst auch höheren Grade von Noth in Ungarn doch uuuiöglich für dieses Land so viel als für Oesterreich thun kann, weil sonst den im Verhältnisse gegen Ungarn ohnehin gewaltig überbürdeten deutschen und italienischen Ländern noch mehr aufgelastet werden müsste, um Ungarn eine wirksame Hilfe leisten zu können. Auch sind der Adel und die Geistlichkeit dortlands, eben weil sie keine Abgaben bezahlen, bei Weitem mehr als die Gutsbesitzer anderer Länder in der Lage, ihre Unterthanen kräftig unterstützen zu können. Hat sie auch der Misswachs dergestalt mitbetroffen, dass sie die erforderlichen Getreidegattungen nicht selbst besitzen, so kann es doch auch denen, die heuer nur wenige oder gar keine Einkünfte von ihren Besitzungen hatten, bei den reichlichen Revenuen, die sie durch die so hoch gestiegenen Preise in früheren Jahren steuerfrei genossen haben, nicht am Gelde oder Credit gebrechen, um einer Verarmung der Unter- thanen, die auch ihnen zum grössten Nachtheile gereichen würde, ab- zuhelfen. Ich sehe daher nicht ein, wie die Staatsverwaltung, ohne in- consequent und unbillig gegen andere Länder zu handeln, etwas Mehreres als in ihrer Eigenschaft als Obrigkeit zu Gunsten der Unterthanen der Cameraldominien, wo die Kammer allerdings da, wo es nothwendig ist, selbst den Privatdominien zum Muster dienen muss, thun könnte. Und wollte man auch einwenden, dass es nicht auf wirkliche Opfer, sondern nur auf Vorschüsse ankomme, so würde doch noch immer die Betrachtung nicht übergangen werden können, dass Vorschüsse die Existenz entbehr- licher Cassamitteln voraussetzen, an die sich in einem Zeitpunkte kaum denken lässt, wo die fortwährende Verschlimmerung der Curse und die noch immer im Steigen begriffene Theuerung selbst für die künftige Möglichkeit, die unentbehrlichsten Staatsauslagen zu bestreiten, gegrün- dete Besorgnisse erregt, und dass nach den schon in vergangenen Jahren gemachten Erfahrungen die Einbringung solcher Vorschüsse in Ungarn mit grösseren Schwierigkeiten als in jedem anderen Lande verbunden ist.

Siebenbürgen scheint eine um nichts bessere Ernte als Ungarn siebenbür- gehabt zu haben. Aber der Zustand dieses Landes ist darum viel trauriger, ^*°" weil es schon mehrere Jahie hindurch mit Misswachs zu kämpfen hat, von Industrialunternehmungen beinahe ganz entblösst ist, überhaupt an CultUr den meisten übrigen Ländern nachsteht, einen grossen Theil seiner Bedürfnisse anderswoher beziehen muss, der Bergbau weit weniger als in fiiiheion Zeiten abwirft, und die geographische Lage sowohl als die

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Siebenbür- gen.

äusserst schlechte Beschaffenheit der meisten Strassen ilie Zufuhren un- gemein erschwert und vertheuert, auch überhaupt dem Handel und Wandel im Innern sehr hinderlich ist. Noch gegen Ende October stand zwar dort der Weizen zwischen 21 und 23 fl., das Korn zwischen 14 und 16 fl., die Gerste zwischen 11 und 14 fl. und der Hafer zwischen 4 fl. 30 ki*. und 6 fl. Mithin waren diese Körnergattungen damals wohlfeiler als in den meisten übrigen Ländern. Allein ausserdem, dass sich die angezeigten Preise in der Zwischenzeit wohl nicht unbedeutend gehoben haben mögen, und dass es hauptsächlich der türkische Weizen ist, -welcher die vorzüg- liche Nahi-ung des gemeinen Volkes ausmacht, der Preis dieses Artikels aber in den einlangenden Tabellen nicht ausgewiesen wird, muss auf die Dürftigkeit des dortigen Landvolkes und selbst vieler kleineren Dominien Rücksicht genommen werden, für welche auch die obenbemerkten Preise unerschwinglich sind, und die sich bei dem wenigstens streckenweisen starken und sich nicht auf ein einzelnes Jahr beschränkenden Misswachs nun häufig in dem Falle befinden, ihre unentbehrlichen Erfordernisse zum Unterhalte und zur Aussaat nur durch Ankauf verschaffen zu können. Dass also in Siebenbürgen gegenwärtig viel Elend herrscht und dieses bis zu dem entfernten Zeitpunkt der neuen Ernte noch zunehmen wird, ist nicht zu bezweifeln, und obwohl, so viel die etwa schon angesprochenen oder künftig angesprochen werdenden Unterstützungen aus dem Staatsschatze betrifi"t, dasjenige, was ich zuvor in Betrag des Königreichs Ungarn er- wähnte, auch auf Siebenbürgen wegen der Analogie der Verfassungen dieser zwei Länder passt, so ist es doch nicht blos möglich, sondern selbst wahrscheinlich, dass in dieser schon seit einigen Jahren sehr herab- gekommenen Grenzprovinz solche bedeutende Uebel, als z. B. gefährliche Zusammenrottungen, gewaltsame Auswanderungen, Epidemie u. s. w. entstehen werden, welche es der Regierung zur absoluten Nothwendigkeit machen dürften, da, wo sonst keine andere Hilfe denkbar ist, mit Geld- vorschüssen werkthätig einzuschi-eiten , was schon insbesondere, wenn sich eines oder das andere der doi-tigen Grenzi-egimenter in einer gänz- lichen Nahrungslosigkeit befinden sollte, nicht vermieden werden könnte. In Dalmatien galt im August der Weizen 8 fl. 43 kr., das Korn 5 fl. 58 kr., die Gerste 4 fl. 26 kr., der Hafer 3 fl., im September der Weizen 11 fl., das Korn 8 fl., die Gerste 6 fl., der Hafer 4 fl. 10 ki-., gegen Ende October der Weizen 9 fl. 35 kr., das Korn 6 fl. 47 kr., die Gerste 5 fl. 5 kr. und der Hafer 2 fl. 20 kr. C.-M. Wenigstens also vom September zum October, mithin nach schon beendigter Ernte, waren die Preise nicht im Steigen, sondern im Abnehmen. Ragusa hatte etwas ge- ringere, Cattaro mit Dalmatien beinahe gleiche Preise. Daraus, dass sich

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die Preise etwas vennimieit haben, kann man wohl nichts Anderes schliessen, als dass entweder der Ausschlag der Ernte nicht gar so schlecht war, oder dass die Preise diiich ergiebige fremde Zufuhren herabgedrückt worden sind. Indessen stehen die angedeuteten Getreidepreise doch immer höher als zu Triest und Laibach. Die Consumenten können sich also in keinem behaglichen Zustande befinden und es ist selbst möglich, dass wieder Gesuche um Unterstützungen einlangen, zu denen man in Dalmatien sehr aufgelegt zu sein und sich diesfalls an der Carlstädter Grenze zu exem- plificiren scheint. Allein es bedarf wohl keiner Erinnerung, um wie Vieles rücksichtswürdiger die Carlstädter Militärgrenze gegen Dalmatien ist, wo das Volk keine Kriegsdienste leistet, sich daher zu allen Zeiten ganz mit seinem Xahrungserwerbe beschäftigen kann, wo das Land ausser dem Ackerbaue auch noch eine beträchtliche Oel- und Weinerzeugung hat, und wo die ausgedehnten Küsten zum Seehandel und zur Fischerei reichliche Gelegenheit darbieten, was auch von Eagusa und den Buchten von Cattaro in einem gleichen und selbst noch höheren Masse gilt.

Ich habe mich die Mühe nicht reuen lassen, alle Länder der Mon- archie einzeln zu durchgehen, was mir von den Körnerpreisen, sowie von dem Ausschlage der Einte in Bücksicht auf jedes einzelne aus glaub- würdigeren Quellen bekannt war, mit möglichster Genauigkeit anzugeben und die sonst zur Sache gehörigen Bemerkungen aufzufassen, weil mir dieser Gegenstand von grösster Wichtigkeit zu sein scheint, und sehr bald die Zeit kommen kann, wo man ihn der allerernstlichsten Beherzigung wird unterziehen müssen.

Die Resultate dieser individuellen Darstellungen sind, dass in dem Ergebnisse grossen Kaiserstaate es jetzt nicht ein einziges Land gibt, wo nicht die gjai^öa^^ Theuerung einen überaus grossen Grad ei'reicht hätte; dass, wenngleich rungen. an Wohlfeilheit nirgendwo zu gedenken ist, doch darin ein Unterschied verhäu""^^' obwaltet, dass man in einigen Ländern, ungeachtet der enormen Preise, wenigstens über den Ausbruch eines wirklichen Mangels so ziemlich be- ruhigt sein kann, bei andern hingegen solche Ausbrüche sich als wahr- scheinlich, bei einem und dem anderen selbst als fast gewiss annehmen lassen. Darum und weil man im Vorhinein nicht wissen kann, mit welchen mehr oder weniger bedenklichen Symptomen solche Ausbrüche begleitet sein werden, weil sodann auf die bisherige Euhe ein plötzlicher Drang eintreten und vielleicht die Xothwendigkeit zu handeln nur gar zu lebhaft gefühlt werden dürfte, weil ferner die Handlungsweise der Ländei-chefs und Länderstellen sehr verschieden ist, manche in ihren Schilderungen und Anträgen alles Mass und Ziel überschreiten, manche dagegen wieder hauptsächlich nur unangenehme Eiuili'ücke zu vermeiden

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staatliche Aushilfe.

Vorkehrun- gen für die Zukunft.

suchen und darum die Lage nicht ganz so darstellen, wie sie wirklich ist, auf diese Art aber es nur gar zu leicht geschehen könnte, dass unrichtige Voraussetzungen, die gerade bei dergleichen Angelegenheiten am allor- sorgfältigsten vermieden wenlon sollten, auf die Beschlüsse einwirken, hat es mir sachdienlich goschieiicu, auch die sonstigen Verhältnisse der Provinzen, insoweit sie mir bekannt sind und es in Kürze geschehen konnte, zu würdigen, indem nur auf alle diese Data zusammen genommen ein sicheres Urtheil über die mehrere oder mindere Nothwendigkeit einer Unterstützung gebaut werden kann, und der Staatsverwaltung bei der ein- leuchtenden Unmöglichkeit, allenthalben zu helfen, wesentlich daran ge- legen sein muss, die möglichen Hilfen jenen Ländern zufliessen zu lassen, denen sie in jedem Anbetrachte am unentbehrlichsten sind und welche sohin die gerechtesten Ansprüche daraufhaben. Wie weit die Möglichkeit des Gewähreus reicht, wenn etwa die Gesuche und Anträge was fast zu besorgen ist ungemein beträchtlich ausfallen sollten, kann zwar nur das Finanzministerium, welchem allein die disponiblen Cassamitteln be- kannt sind, mit Zuverlässigkeit angeben. Allein im schlimmsten Falle wäre nach meiner geringen Einsicht die Verwendung von einigen Millionen Gulden W. W. und einigen Hunderttausenden in Conventionsmünze noch immer rathsamer, als Unterstützungen selbst auch dann zu verweigern, wenn es sich zeigen sollte, dass die pflichtmässige Hilfeleistung der Obrigkeiten nicht hinreicht, oder wenn es Classen von Nothleidenden be- trifft, wo der Verband zwischen Obrigkeiten und Unterthanen nicht ein- tritt. Ohnedies wäirde es nur auf Vorschüsse ankommen, und diese würden nur den Allerbedürftigsten nachzusehen, mithin würde der Verlust für den Staatsschatz nicht beträchtlich sein. Es versteht sich dabei von selbst, dass, so lange mit indirecten Mitteln, vorzüglich dadurch, dass man durch öffentliche Arbeiten der ärmeren, besonders in der rauheren Jahreszeit meistentheils verdienstlosen Classe Nahrung gibt, Eath geschafft werden kann, diese für das Allgemeine, sowie für die Percipienten nützlichere Hilfe der Verabi-eichung von Vorschüssen weit vorzuziehen ist.

Ob und wie es möglich sei, ähnlichen Ereignissen für die Zukunft vorzubeugen, ist eine sehr weit aussehende und äusserst schwer zu be- antwortende Frage. Eine schlechte Ernte ist auf ein paar mittelmässige oder kaum mittelmässige gefolgt. Das Korn, gerade der Artikel, welcher in den österreichischen Staaten am meisten gebaut wii'd, hat beinahe gänzlich fehlgeschlagen. Ungewöhnliche Elementarereignisse haben sich zu dem überhaupt den Saaten ungünstigen Wetter gesellt. Aeltcre Vor- räthe waren in nicht bedeutender Menge und fast durchgehends in Händen von Besitzern, bei denen unmässiger Hang nach reichem Erwei-b jede

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andere Empfindung verdrängt. Der Zusamraenfluss solcher Umstände konnte wohl nur äusserst widrige Wirkungen hervorbringen, und es stand ebenso wenig in der Macht der Staatsverwaltung, diese vorzüglichsten Ursachen des Uebels abzuwenden, als sie die etwaige Wiederkehr der- selben in künftigen Jahren verhüten kann. Auch war Oesterreich bei Weitem nicht der einzige Staat, den dieser Unfall betroffen. Indessen glaube ich doch und habe diese Meinung in dem Vorhergehenden auch schon etwas näher entwickelt, dass der wenige Segen ohne das gleich- zeitige Dasein eines in seinem Werthe immer tiefer sinkenden Papier- geldes nicht gar so fühlbar sein würde. Insoweit also von dem Uebel in seiner ganzen Ausdehnung die Eede ist, kann die Herstellung der Ord- nung in den Geldverhältnissen mit gutem Grunde als ein linderndes Mittel für künftige ähnliche Ereignisse gelten. Vorausgesetzt, dass, wie Viele behaupten und Einige es mit specifischen Daten erwähren wollen, manche grössere Gutsbesitzer durch das fortwährende Zurückhalten mit ihren beträchtlichen Vorräthen die Preise noch immer höher treiben, während der Staat solch unverhältnissmässig geringe Abgaben bezieht, die es ihm unmöglich machen, seinen Civilbeamten und seinem Militär Gehalte, die nur einigermassen dem Grade der Theuerung angemessen sind, zu geben, werden die Vorschläge der Steuerregulirungshofcommission, sobald sie zur Ausführung kommen, sehr nützliche Dienste leisten. Gegen die bei unergiebigen Ernten doppelt fühlbaren Verluste des Verderbens der Körner und des Mehls in den Militärmagazinen, was ganz und gar nicht zu den seltenen Ereignissen gehörte, schützt die in jedem Anbe- trachte vortreffliche Subarrendirung , von der es sehr bedauerlich wäre, Sutanen-

diruDg.

wenn ihr Werth, weil jetzt der Zeitpunkt so äusserst ungünstig ist, ver- kannt und wenn sie wieder beseitigt würde.

Wenn man forner bedenkt, dass die Körnerpreise schon seit ge- raumer Zeit und auch selbst damals, als die Saaten eine ergiebige Fechsung versprachen, über alles Verhältniss zu den Cursen und zu den Preisen der meisten übrigen Gattungen von Feilschaften hinausgerückt sind, und dass es sohin nicht bald einen reichlicheren Ertrag als jenen des Acker- baues gibt, so sollte man meinen, dass diese schon mehrere Jahre sich er- haltenden hohen Preise dem Ackerbaue nothwendig zur grössten Auf- munterung gereichen und der Betriebsamkeit derjenigen, welche sich mit diesem Productionszweige beschäftigen, den grössten Schwung geben müssen. Man sollte ferner gar nicht zweifeln, dass, so schwer es vielen Be- sitzern von Grundstücken fallen mag. nach dem vorausgegangenen Miss- jahre die Winter- und Sommersaat gehörig zu bestellen, doch selbst die gegenwärtigen überaus hohen Preise diese Besitzer bestimmen werden,

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nichts zu unterlassen, um ihre Felder zu benutzen. Man kann endlich, ohne Hchungder der Wahrheit zu nahe zu treten, nicht in Abrede stellen, dass die Agri- sf'<=" "■■• eultur seit einiger Zeit durch Beispiel und Untei'richt bedeutende Fort- schritte besonders in einigen Ländern gemacht, und dass die Staatsverwal- tung dazu dui-ch Errichtung von (»konomischen Lehrkanzeln, Aufstellung eigener Musterwirthschaften und durch Bildung odei- Bestätigung einiger die Beförderung der Landwirthschaft zum Zwecke habender Gesellschaften werkthätig mitgewirkt hat. So gewiss man nun aber hievon bei ein- tretendem Segen reichliche Früchte erwarten darf, so kann es doch dem denkenden Manne dagegen auch nicht entgehen, dass in Ansehung des Ackerbaues und der landwirthschaftlichen Kenntnisse eine sehr wesentliche Verschiedenheit zwischen den einzelnen Provinzen der österreichischen Monarchie obwaltet, dass ein so hoher Grad von Cultui*, wie in manchen fremden Staaten, in der österreichischen Monarchie noch, nirgendwo er- reicht, mehr als eine Provinz aber schon selbst auch gegen andere un- gemein zurückgeblieben ist. Es muss ferner doch wohl auffallen, dass, wo sonst Ungarn und Siebenbürgen meistentheils Ueberfluss an Körnern hatten, häufig über TJnwerth geklagt wurde und betrcächtliche Quantitäten nicht blos in den verbrüderten Ländern, sondern selbst im Auslande ab- gesetzt wurden, manchmal selbst in den Gruben verdarben, nicht blos heuer, wn die Ursachen des Misswachses notorisch sind , sondern auch schon in einigen, ja in Beziehung auf Siebenbürgen in mehreren Jahren, theils Unzulänglichkeit der Bedeckung des eigenen Bedarfes, theils wenigstens Mangel an den früher sonst immer bestandenen Ueberschüssen eingetreten ist. Diese Erscheinungen, sowie jene, dass z. B. der Heiden, welcher in Steiermark sehr häufig als zweite Frucht gebaut wird, nun schon seit einer Reihe von Jahren fehlschlägt und doch wiedei" im nächsten Jahre mit dem Baue fortgefahren wii'd, dürften doch immer einiger Aufmei-ksamkeit würdig sein und über die Ursache Aufschlüsse von denjenigen, welche sie am richtigsten zu ertheilen vei-mögen, abgefordert werden; sowie man auch in der Ungleichheit des Grades von Cultur und in dem so ziemlich an Verwahrlosung grenzenden Zustande einiger Länder hinreichende Be- weggründe finden wird, in Absicht auf den so vorzüglichen Grundpfeiler der öffentlichen Wohlfahrt, nämlich die Landwirthschaft, das Wirken durch Beispiel und Unterricht was hiebei allein anpassend und wahr- haft nützlich ist nicht nur allein nicht erkalten zu lassen, sondern diesem Wirken ciiion nielii'eren Ti'ieb zu geben und es vorzüglich auch dahin auszudelinen, wo bishei' entweder zu wenig oder gar nichts ge- Aratiiche schehen ist. Wenn man von jeder Landesstelle und Domäuenaduiinistra- Ausweise. |j^,j^ pj^p detailllrte. ;nif zuverlässige Daten gegründete Kebersiclit über

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die frühere und jetzige Lage des Ackerbaues, über (las Fortschreiten oder Abnehmen, über die vorzüglichsten Erzeugnisse desselben, über die Zu- längliohkeit oder Unzulänglichkeit dieser Erzeugnisse für den eigenen Bedarf, über die Culturskosten , über die etwaigen Hindernisse eines besseren Gedeihens n. s. w., mit den dabei zu machenden Bemerkungen und Vorschlägen unter Festsetzung solcher Termine, die eine gründliche Bearbeitung ohne Abbruch der Gurrenden Geschäfte zulassen, abforderte, so würde man wenigstens von einigen besser bestellten Behönlen sehr schätzbare Elaborate erhalten, die bei manchen künftigen Veranlassungen zu einem sicheren Anhaltspunkte dienen und in Betreif jener Länder, wo es sich um die Verbesserung des Steuerwesens handelt, auch der Grundsteuer- regulirungshofcommission zu einem nicht geringen Vorschub bei ihrem mühsamen Werke gereichen würden. Von anderen Daten und Materialien, durch welche den administrirenden Hofstellen die Leitung und Aufsicht um Vieles erleichtert und der Erfolg der Administration von Jahr zu Jahr oder sonst periodisch weit anschaulicher als bisher dargestellt werden könnte, werde ich im weiteren Verlaufe dieses Aufsatzes zu reden Ge- legenheit haben.

Unter den Gegenständen, Avelche auf die Stimmung widrig ein- wirken, ist die schlechte Beschaffenheit der Strassen keine der unbe- deutendsten. Die Erinnerung an die einst so guten Strassen, zwar nicht in allen, aber doch in mehreren Ländern der österreichischen Monarchie, ist noch nicht erloschen und steht in einem traurigen Contraste mit ihrem dermaligen Zustande. Statt dass zuvor Fremde, die aus entfernten Gegen- den kamen, den Vorzug der österreichischen Strassen gegen jene des Auslandes rühmten, tritt nunmehr der entgegengesetzte Fall ein. Hiezu kommt noch das seinem Nominal werthe nach hohe Weggeld, was freilich bei Weitem noch in keinem richtigen Verhältnisse mit dem theuren Arbeitslohne und dem übermässigen Preise der Fulu-en steht, aber doch, weil es weit mehr beträgt als jenes, was man zur Zeit, wo die Strassen noch gut waren, bezahlen musste, zur Vermehrung der Klagen Anlass gibt. Die schlechte Beschaffenheit der Strassen ist endlich ebenso viel und selbst noch mehr als die Theuerung des Futters daran Ursache, dass die Frachtpreise zu einer bisher nie erhörten Höhe gestiegen sind. Wie sehr der Handel darunter leidet und die Theuerung dadurch zunimmt, fällt von selbst in die Augen. Wenn ich wegen dei- ausserordentlichen Wichtigkeit der Verbindung des Küstenlandes mit den übrigen Ländern <ler Monarchie und zuvörderst mit Wien die Sti-asse von hier nach Triest als diejenige bezeichnet habe, an welche vor allen übrigen und ohne min- desten Zeitverlust Hand angelegt werden sollte, so war es meine Meinung

Schlechte Beschaffen- heit der Strassen.

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keineswegs, dass (iie Sache damit abgetlian sei. Vielmehr sehe ich die grösstmüglicliste Aufmerksamkeit auf die Vei'mehrung und Verbesserung der Strassen als eines der wesentlichsten Postulate zur Wiederempor- hebung des öffentlichen uml Privatw(dilstandes an. Je mehr nun auf der einen Seite das Bedürfniss, die Verbindungen zwischen den Ländern der so ausgedehnten Monarchie zu erleichtern, dringend ist, auf der andern Seite aber neue Anlagen oiler auch nur entsprechende Verbesserungen der grossentheils verfallenen Strassen einen Aufwand fordern, der bei der gegenwärtigen Zerriittung des Geldwesens ungleich lästiger als in besseren Zeiten ist, um so wesentlicher ist an einer weisen, folgerechten und planmässigen Leitung dieses wichtigen Administrationszweiges ge- legen, um so nothwendiger ist es, ein gründliches System bei Behandlung desselben anzunehmen und beharrlich zu verfolgen, üebersicht Man darf uur die Hauptmomente der bisherigen Gestion im Strassen-

(3gs SträssGü"

Wesens nach '^vcseu Zusammenstellen und die fast Jedermann bekannten Resultate auf- den einzei- fasseu, um Überzeugt zu werden, dass es ebenso an einer consequenten Ln, lieh ' T^eitung gebricht, als ein eigentliches System entweder gar nicht besteht dem voihait- Oller dasselbe höchst mangelhaft ist. Oesterreich unter der Enns Fiächenin- ^^^^ ^^^^ eiucm Flächeninhalte von 364 Quadratmeilen eine Länge von haites zur 102 Meilen gebauter Strassen, Oesterreich ober der Enns bei einem liingTmss- Flächeninhalte von 336 Quadratuieilen 51 Meilen, Böhmen bei einem Verhältnisse Flächeninhalte von 951 Quadratmeilen 194 Meilen, Mähren und "haupcrso-"" Schlcsieu bei einem Flächeninhalte von 552 Quadratmeilen 103 Meilen, naie und Galizieu bei einem Flächeninhalte von 1523 Quadratmeilen 263 Meilen, Steiermark bei einem Flächeninhalte von 399 Quadratmeilen 92 Meilen, Tirol bei einem Flächeninhalte von 547 Quadratmeilen 168 Meilen, Krain und Kärnten bei einem Flächeninhalte von 397 Quadratraeilen 122 Meilen, endlich Görz, Triest, Fiume, Istrien und Carlstadt bei einem Flächeninhalte von 217 Quadratmeilen 84 Meilen (gebauter Strassen). Wenn auch in dem Zusammenflusse so vieler Hauptstrassen bei der Residenz die Ursache der zahlreicheren gebauten Strassen in Oesterreich unter der Enns gegen andere Länder leicht aufzufinden ist, so stehen doch andere Länder unter sich in einem nicht so leicht zu er- klärenden Missverhältnisse. Xoch weit bemerkbarer ist aber dieses Miss- verhältniss in anderen Beziehungen. Auf den 102 Meilen gebauter Strassen in Oesterreich unter der Enns sind nebst 12 Wegcommissären 42 Wegmeister und 270 Einräumer angestellt. In Oesterreich ob der Enns, was 51 Meilen, folglich gerade die Hälfte von gebauten Strassen hat, bestehen auch nur 5 Connnissäre, aber 30 Wegmeister, dagegen aber auch wieder nur die äusserst geringe Zahl von 40 Einräumern. Böhmen hat

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bei einer .las Doppelte von ücsterreich nicht erreichemlen Strasseulänge 2B Commissäre, 70 Wegmeister und 7 76 Einiäumer. Verschiedenheit der Local- verhältnisse kann zwar hier eine etwas grössere und dort eine etwas gerin- gere Zahl von Commissären und Wegmeistern begründen, aber der grosse Unterschied in der Menge der Einräumer lässt sich hier aus einer Differenz der Localverhältnisse um so weniger erklären, als wenn man nicht ohne Wahrscheinlichkeit annimmt, dass die Strassen in der Nähe der Residenz stärker befahren werden, Oesterreich unter der Enns verhältnissmässig mehr Einräumer als Böhmen haben müsste, wohingegen der umgekehrte Fall eintritt. Es scheint also schon selbst die Organisation des Strassen- baupersonals nicht so viel auf Grundsätzen, als auf den Vorschlägen der einzelnen Strassenbaudirectionen und Länderstellen zu beruhen, was auch dadurch, dass bei der Kanzlei keines Materien, sondern Länderreferate be- stehen, ganz begreiflich wird. Wenn man erwägt, dass bei einer grösseren Zahl von Einräumern es leichter möglich wird, die Beschädigungen der Strassen gleich bei ihrer Entstehung herzustellen, so sollte man kaum zweifeln, dass der böhmische Personalstand ungleich zweckmässiger als der österreichische ist. Dies scheint sich auch durch den Erfolg vollkommen zu bewähren; denn während im Verlaufe des heurigen Jahres in Oesterreich auf die gewöhnliche Erhaltung und Wiederherstellung von 102 Meilen gebauten Strassen 2,431.107 fi. oder nach Abschlag von 83.932 fl. als solcher Ausgaben, die den Strassen nicht zu Gute kommen, 2,347.175 fl. vei-wendet wurden, hat die Erhaltung, Wiederherstellung und der ganz neue Bau von zusammen 194 Meilen in Böhmen nicht mehr als 1,295.601 fl., mithin nicht um gar Vieles als die Hälfte weniger, gekostet.

Die Ursache dieses Unterschiedes, der dadurch noch merkwürdiger wii'd, dass dem Vernehmen nach die Strassen in Böhmen grösstentheils ungleich besser als in Oesterreich sind, liegt wohl einzig nur in der Me- thode, welche in Oesterreich angenommen wurde, die Strassen, so breit sie sind, mit ungeheuren Schotterlagen zu bedecken, die, bis sie endlich zermalmt werden, ein wahrer Euin für Pferde und Wagen und eine wahre Plage für die Reisenden sind. Es grenzt an das Unglaubliche, aber es wird durch zuverlässige Daten, welche ich darüber in Händen habe, be- kräftigt, dass auf die 102 Meilen gebauter Strassen in Oesterreich unter der Enns im heurigen Jahre 11,015.508 Cubikschuh Schotter aufgeführt worden sind, wogegen bei den 194 Meilen in Böhmen nur 4,712.160 Cubikschuh verbraucht worden sind. Es kamen daher im Durchschnitte auf jede Currentklafter in Oesterreich 27 Cubikschuh, in Böhmen 6^2 Cubikschuh, und die Currentklafter in Böhmen kostete daher, selbst den neuen Bau miteingeschlossen, nur 39 kr., dagegen jene in Oester-

Uebelstände

bei der

Strassenan-

lage.

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reich 3 fl. öö kr. Ich weiss sehr wohl, ihiss die bessere oder schlechtere Beschaffenheit des Materials, die uähere oder eutferntere Lage desselben, das theurere oder das wohlfeilere Fuhrwerk, selbst die stärkere oder schwächere Befahrung der Strassen einen bedeutenden Unterschied in den Kosten ausmachen, und dass darum, wenn gleich lange Strecken in dem einen Lande höher, in dem andern geringer zu stehen kommen, noch nicht auf unwirthschaftliches oder sonst zweckwidriges Verfahren geschlossen werden könne. Allein solche Daten, wie ich sie hier aufge- stellt habe, verdienen doch in jedem Anbetrachte eine eindringende Prü- fung und scheinen es gebieterisch zu fordern, dass dem Hofbaurathe unverzüglich eine sorgfältige Erhebung und die Erstattung eines stand- hältigen Gutachtens über die Verfahrungsart der niederösterreichischen Strassenbaudirection aufgetragen werde, strassenbau- Hiczu dürfte uiau sich um so mehr aufgefordert finden, als die ge-

sammten Einkünfte des niederösterreichischen Strassenbaufonds, nämlich die Wegmauthen, die Landesdienste und die sonstigen Beiträge sich nur auf 565. 2G1 fl. beliefen, folglich die Finanzen ungemein beträchtliche Zuschüsse geleistet haben, ohne dass dem Lande die Wohlthat guter Strassen zu Theil geworden wäre. Verhältnissmässig nicht viel geringere Zuschüsse haben die Finanzen auch für Oesterreich ob der Faiws be- stritten, da der Strassenbaufond in diesem Lande nur 120.785 11. beträgt und nahe an 500.000 fl. auf die Strassen verausgabt woidcn sind. Da- gegen überstieg in Böhmen der Aufwand für die fh'haltung der Strassen und den neuen Zubau zusammen mit 1,295.601 fl. den Strassenbaufond zu 615.835 fl. nicht einmal ganz um das Zweifache. In Mähren und Schlesien, wo die Länge der gebauten Strassen jene in Oesterreich unter der Enns um eine Meile übersteigt, beschränkten sich die Kosten auf 905.922 fl., wovon nahe an 87.000 fl. einen neuen Bau betrafen. Von dieser Beköstigungssumme fallen noch mehr als 6 7.000 fl. für Ausgaben, lue nicht den Strassen zu Gute kommen, hinweg. Der Aufwand war also zwar verhältnissmässig hölier als in Böhmen, aber beträchtlich geringer als in Oesterreich unter der Enns. Zwischen dem Strassenbaufond Oester- reichs und jenem von Mähren war kein bedeutender Unterschied. Galizien hat mit einer Auslage von 1,328.983 fl. eine Länge von 263 Meilen Strassen grösstentheils erhalten, zum Theil aber auch neu gebaut. Auf diese gegen Oesterreich unter der Enns dritthalbmal längere Strecke wurden nur 7,440.835 Cubikschuh Schotter verwendet. Wegen der in Galizien be- stehenden Scharwerken kann der ganze Strassenbau und Conservatiou aus dem eigenen Strassenbaufond bestritten werden, da sich dieser auf 1,485.990 (1. belief. Bei Steiermark trat ilie nämliche Unzulänglichkeit

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wand.

des Fonds wie bei den übrigen Lilndern, mit Ausnahme Galizieus, ein. Dort wurden für die Erhaltung der 92 Meilen langen Strassen «95.558 fl. ausgelegt, während der Strassenbaufond nur 337.415 fl. betrug. Es kam die Currentkiafter, die in Bnhmen 39 kr., in Galizien 28 kr. kostete, im Durchschnitte auf 1 fl. zu stehen. Nach Oesterreich unter und ober der Enns war es Steiermark, wo der Schotter am häufigsten gebraucht wurde, näm- lich 13^4 Cubikschuh auf eine Currentkiafter, und in diesem Laude wurde auch ganz vorzüglich über schlechte Beschaffenheit der Strassen geklagt.

Es kann gewiss nicht anders als höchst niederschlagend sein, dass d«'' ^'n'«''-

*= halt des

ausser Galizien der Aufwand für das Strassenwesen die Kräfte der dazu strassen- gewidmeten Fonds bei Weitem überstieg, und doch in mehr als einem wesens und

® ® . . der bezüg-

Lande das Fortkommen nur bei anhaltend gutem Wetter mit keinen Be- üche Auf- schwerlichkeiten verbunden war. Offenbar äussert auch hier das Papier- geld seinen nachtheiligen Einfluss. Ohne eine unangenehme Sensation zu veranlassen und ohne den Handel zu bedrücken, lassen sich nicht gar zu häufige Veränderungen mit den Wegmauthgebühren vornehmen. Noch weniger lässt sich aber den Schwankungen der Curse Einhalt thun. Wenn also auch zur Zeit der ßegulirung der Weggelder ein richtiges Verhält- niss zwischen dem Strassenbaufond und den daraus zu bestreitenden Aus- lagen bestand, so wird doch dieses Verhältniss durch jede beträchtlichere Cursveränderung gestört.

Viele, die sich an die in früheren Zeiten bei besser unterhaltenen Strassen bestandenen geringen Weggelder zurückerinnern, finden, wie schon oben bemerkt wurde, die jetzigen hoch und eben darum den üblen Zu- stand der Strassen nur noch um so anstössiger. Wollten sie aber billig sein oder vielmehr richtiger denken und rechnen, so würden sie finden, dass mit der damaligen massigen Einnahme mehr als mit der gegenwärtigen grösseren geleistet werden konnte, und dass die Proportion zwischen zu- vor und jetzt nicht den Keisenden und Frachtern, sondern dem Strassen- baufonde und eigentlich dem Staate zum Nachtheil gereiche. Ausserdem gehören die Wegmauthen ganz vorzüglich zu jener Gattung von Abgaben, die mit einer kostspieligen Regie verbunden sind und bei welcher die TJnterschleife äusserst schwer verhütet werden können ; was jetzt um so gefähi-licher ist, als ausser den gewöhnlichen Versuchungen nun auch noch jene der bittersten Noth, welcher die manipulirenden Beamten aus- gesetzt sind, auf dieselben wirken.

Es dürfte also doch wohl einer ernstlichen Ueberlegung würdig sein, ob nicht der Strassenbaufond auf eine andere Art mit geringeren Unzu- kömmlichkeiten dotirt und sohin mit Ausnahme der Grenzen, wo die Ein- hebung der Weggelder durch die Zollämter sich Itewerkstelligen Hesse,

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fonil-Doti- runj;

tue Wegniautlieii gauz aufgeliubeu werden küimteu, oder ob es, weuu man sie beizubehalten befindet, nicht am zweckmässigsten wäre, sie allent- halben, wo es mit Sicherheit und Xutzen geschehen kann, zu verpachten. Noch ungleich nothwendiger scheint es mir aber, den Strassenbau- stiassenban- fiind in allen deutschen Ländern, wäre es auch durch eine Erhöhung der Wegmauthen, insoferne ihre Beibehaltung beschlossen werden sollte, oder durch Einführung einer Strassenconcurrenz , bei welcher durch ange- messene Vorsichten einer Bedrückung der Unterthaueu und den Unfügeu der Strassenbaubeamten leicht abgeholfen werden kann, auf solch eine Art zu dotiren, dass dieser Fond zur Bestreitung der Conservations- kosten in jedem Lande hinreicht. So lange das Papiergeld die circu- lirende Masse ausmacht, lässt sich zwar, wie ich soeben bemerkt habe, der Aufwand auch nur auf die Dauer eines Jahres kaum beiläufig be- rechnen. Aber ein ungleich mehr annäherndes Verhältniss zwischen dem Aufwände und der Bedeckung, als gegenwärtig stattfindet, zu erzielen und dadurch wenigstens gar zu beträchtliche Deficite zu vermeiden, ist keine unmögliche Sache. Sollte man aber die Erhöhung der Wegmauthen, oder die Bestimmung anderer hinlänglicher Einnahmsquellen für den Strassenbaufond aus mir zwar unbekannten, aber vielleicht doch erheb- lichen Gründen unzulässig finden, so würde nichts erübrigen, als jedesmal vorläufig den zur gehörigen Erhaltung der Strassen in jedem Lande un- entbehrlichen Betrag, insoweit er aus dem eigenen Fond nicht bestritten werden kann, genau auszumitteln, sohin die Totalsumme des Abgangs aller Länder dem jährlichen Erforderniss- und Bedeckungsaufsatze ein- zuschalten, damit nicht auf der einen Seite die Finanzen durch das un- erwartete Begehren beträchtlicher Geldunterstützungen in Verlegenheit gesetzt, andererseits aber auch nicht die Strassenarbeiten aus Mangel an Gelde, vielleicht gerade in der angemessensten Zeit, verabsäumt werden. Nur auf diese Art lässt sich nach meinem Dafürhalten Ordnung und Zuverlässigkeit in das für den Staat so wichtige Strassenerhal- tungsgeschäft bringen. Was aber die Herstellung neuer Verbindungen betrifft, wird es zwar vielleicht in einigen, aber gewiss nicht in allen Fällen möglich sein, auch solche Unternehmungen, deren ausserordentlicher Nutzen klar erwiesen werden kann, ohne eine Mitwirkung des Staats- schatzes, wäre es auch nur durch Vorschüsse, zu Stande zu bringen, was es nur noch uu) si> erwüuschlicher macht, die Finanzen bei der blossen Ei'haltuug der Strassen aus dem Spiele zu lassen. Denn wenn ich es gleich nicht für nothwendig halte, hierüber in ein melu-eres Detail einzu- gehen, und es mir auch in meiner gegenwärtigen Lage ganz an Mitteln gebricht, actenmässige Beweise deshalb beizubringen, so ist mir doch aus

Neue Ver-

kebrswejje

und ihre

Herstellung

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meinen früheren Dienstverhältnissen sehr wohl bekannt, dass wegen einiger neu anzulegender Strassenzüge, die theils für den Handel, theils auch selbst für das Aerarium wegen Abkürzung der Salz-, Tabak-, Militär- oder anderer Transporte von überaus grossem Vortheile wären, vielfältige Verhandlungen gepflogen worden sind. Dass diese Verhandlungen bisher keine weiteren Erfolge hatten, mag wohl nur den so oft aufeinander ge- folgten Kriegen beizumessen sein, während welcher sich an die Aus- führung bedeutenderer Unternehmungen dieser Art nicht denken Hess. Nun aber, wo die Euhe wieder hergestellt ist, liegt nur noch um so viel mehr daran, diese Verhandlungen wieder anzuknüpfen, bei der Fort- setzung derselben alle unnützen Verzögerungen zu beseitigen und nach vorausgegangener reifer Erwägung definitive Beschlüsse darüber zufassen, welche von den Vorschlägen ausgeführt zu werden verdienen und welche dagegen aufzugeben sind. Alles oder auch nur zu viel auf einmal unter- nehmen zu wollen, würde sehr unklug sein. Um so mehr liegt also daran, sich nicht nur allein von dem Xutzen jeder einzelnen solchen Unternehmung, ehe man zur Ausführung schreitet, vollkommen zu überzeugen, sondern auch die überwiegenden Vortheile der einen gegen die anderen genau zu bestimmen, die nützlicheren jedesmal der minder nützlichen vorzuziehen, im Ganzen sich aber nie auf mehr einzulassen, als wozu die disponiblen Fonds vorhanden sind. Nur muss dabei, so viel als möglich, auch ein billiges Verhältniss zwischen den Ländern beobachtet und keinem zu einer gegründeten Klage über Vernachlässigung Anlass gegeben werden. Wenn auch die durch so viele Kriege geschwächten Kräfte des Staates und die bei dem Uebergauge zu einer besseren Ordnung des Geldwesens un- vermeidlichen Nachwehen in den ersteren Jahren keine grösseren An- strengungen gestatten, so wird sich doch manches Nützliche ausführen lassen. Manches zur späteren Ausführung vollkommen erhoben und vor- bereitet werden, und der ganze gebildete Theil der Nation wird die Be- mühungen der Staatsverwaltung für das allgemeine Wohl dankbar er- kennen.

Wie sehr bisher die Seiten- und Nebenwege besonders in vicinai- una manchen Ländern verwahrlost worden sind, wissen diejenigen am besten, ^'^"'' ^^' die sich in der Nothwendigkeit befinden, sich solcher Wege bedienen zu müssen. Und doch sind sie öfters nicht blos für die Bewohner der um- liegenden Gegenden, sondern selbst für den inneren und äusseren Ver- kehr von nicht geringer Wichtigkeit, da Waaren auf selben geführt werden, die in fremde, oft sehr entfernte Länder bestimmt sind. Es wäre wider die Bestimmung des Staatsschatzes, dass er für den Bau oder für die Erhaltung solcher Strassen Gelder vorschiesse, und dass man diesen

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Strassen.

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Gegeustand bisher nicht ganz ans den Augen Hess, erhellt schon daraus, dass denjenigen, welche Strassen dieser Art auf eigene Kosten anzulegen geneigt sind, durch ein eigenes Circular die Ertheilung eines Wegmauth- privilegiums zugesichert wurde. Hie und dort, wo besondere Umstände eintreten, kann diese Zusicherung wohl eine gute Strasse entstehen machen. Viel häufiger geschieht es aber, dass niemand Einzelner bei der Anlage oder Verbesserung einer Seitenstrasse ganz besonders interessirt oder dass dieser vorzüglichere Interessent nicht in solchen Vermögens- umständen ist, um allein den Bau einer Strasse zu Stande bringen zu können. Meistentheils sind es ganze Gemeinden, mehrere Dominien, Eigenthümer von Fabriken oder anderer grösserer Anstalten, die alle, wenn auch nicht in einem gleichen Masse, durch eine wandelbare Strasse gewinnen, und wo diese leicht hergestellt weiden kann, wenn jeder Ein- zelne und jede Corporation nach Mass des grösseren oder geringeren Nutzens zur Herstellung beiträgt. Sehr <)ft kommt es hiebei nur auf Im- pulse, nur auf eine eindringende Vorstellung des eigenen und allseitigen Nutzens, nur auf eine Besiegung des Eigensinnes oder vorgefasster Mei- nungen an, um Unternehmungen zur Reife zu bringen, die, wenn auch ihr nächster Vortheil nur den Bewohnern einer kleineren Landesstrecke zufliesst, doch in ihren entfernteren Beziehungen selbst auch für das Ganze nützlich sind. In Böhmen, selbst auch in einigen anderen Ländern wurde hierinfalls schon Vieles bewii-kt, und wenn die Kreisämter dies- falls mit besonderen Anleitungen versehen, wenn sie zur Einsendung periodischer Berichte über das diesfalls Bewirkte verhalten, wenn beson- ders thätige oder mit eigenen Aufopferungeu verbundene Verwendungen von Privaten angemessen belohnt würden was in Böhmen eben schon geschehen ist werden sich solche Unteinehmungen immer weiter ver- breiten, wassercom- Nach dou Landstrasscu veidienen die Wasseicommunicationen die

municatio- yoi-zügüchste Aufmerksamkeit. Nach der Lage und physischen Be- schaffenheit der österreichischen Monarchie wird zwar der grösste Theil des Handels sich immer nur der Strassen bedienen müssen, weil die Schwierigkeiten und Kosten, wenn man allenthalben schiffbare Canäle anlegen wollte, in das Ungeheure verfallen würden. Aber die wesent- lichen Vorzüge der Wasser- vor der Landfracht sind zu allgemein be- kannt, um sich nicht ernstlicher als bisher mit diesem Gegenstande zu beschäftigen. Es sind zwar unter der gegenwärtigen Eegierung schon Bäcser Ca- zwei Schiffbare Canäle entstanden und auf beide, besonders aber auf den Bäcser Canal, beträchtliche Summen verwendet worden. Allein nach meinem Dafürhalten und wie es auch der Erfolg vollkommen bestätigt hat,

Dal.

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waren beiiie UnteincliiiHiniion übel bciedinet. J)ie Gesellschaft, welche den Bäcser Canal untenuihni, würde, wenn es ihr nicht gelungen wäre, die überaus schönen und fruchtbaren Bäcser Cameralherrschaften auf eine lange Reihe von Jahren gegen einen sehr geringen Pachtschilling zu er- langen und bei den so hoch gestiegeneu Preisen höchst beträchtliche Einkünfte daraus zu beziehen, den Canal, dessen Ertrag im Verhältnisse zu dem Herstelhmgscapital und zu den Erhaltungskosten viel zu gering ist, schon lange haben aufgeben müssen. Bei dem Franzens- oder Xeu- Fianzens- städter Canal trägt das Capital eigentlich gar keine Zinsen, wenigstens »der Neu- uach den bisher zum Vorschein gekommenen Bilanzen, wo das Erträgniss „^, kaum für den Unterhalt des Canals und für die Regiekosten hinreichte. Man will zwar einen mehreren Ertrag von der weiteren Fortsetzung des Canals abhängig machen. Allein es lässt sich sehr leicht beweisen, dass diese Fortsetzung nicht allein in ökonomischer, sondern selbst auch in politischer Rücksicht sehr nachtheilig wäre. Unternehmungen dieser Art sind nach den Grundsätzen der Staatswii-thschaft im eigentlichsten Ver- stände eine Verschwendung der Kräfte, und es wird daher auch kein ver- nünftiger Mensch rathen, in diesen Fussstapfen fortzuwandeln. Dass man aber etwas Besseres hätte thuu können und noch thun sollte, lässt sich wohl gar nicht bezweifeln, wenn man nur einen Blick auf die Land- karte wirft.

Ungarn, das Land, woher in besseren Zeiten so viele Xaturproducte Ungarns geholt und wohin so viele Kunstproducte geführt wurden, ist durch die y^sser-

" . x- o Strassen.

Donau mit Oesterreich ober und unter der Enns. durch die Mur und Drau mit Steiermark und Kärnten, durch die Save mit Krain, durch die Maros mit Siebenbürgen verbunden. Diese vortrefflichen Wasserverbiudungen sind ein Geschenk der Xatur, was ungleich wichtiger sein würde, wenn man sich mit der Regulirung dieser Flüsse anhaltender als bisher be- schäftigt hätte. Unter der Regierung Ihrer Majestät der Kaiserin Maria Maria There- Theresia wurden eigene Navigationscommissionen gebildet, bei deren Auf- ^"*' ^'*'*"^'

° ° o ' tionscom-

stellung die Erreichung des grossen Zweckes der allmäligen Regulirung missionen n. der Flüsse die Grundlage ausmachte. Warum sie unter der Regierung "^'^ f.'°^^'

° o o regulirung.

Sr. Majestät Kaiser Josefs IL wieder aufgehoben worden sind, ist mir unbekannt. Während dieser Regierung weiss ich, mit Ausnahme des Kostiller Schleusenbaues . sonst von keiner bedeutenden h)'draulischen Arbeit. Vom Jahre 1787 angefangen haben wahrscheinlich die fort- währenden Kriege und Kriegsrüstungen die Staatsverwaltung abgehalten, grössere Kosten auf solche Arbeiten zu wenden; wie dann auch bekannter- massen der Neustädter Canal ebenso wie der Bäcser in seiner Entste- hung ein Privatunternehmen war und erst späterhin ein Staatseigenthum

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geworden ist. Nun ist aljer iler Zeitpunkt eingetreten, wo, wenn auch dem höchstwichtigen Zwecke innerer Verbesserungen noch keine ansehnlichen Summen gewidmet werden können, doch wenigstens mit den Vorberei- tungen nicht melir gezaudert und dem verständigeren Theile des Volkes die Beruhigung gegeben werden sollte, dass die Staatsverwaltung die Wichtigkeit der Sache fühlt und sich ernstlich mit derselben zu beschäf- tigen entschlossen ist. Die Donau Darüber, dass unter allen Flüssen der Monarchie die Donau der

t"° a .'•* wichtigste ist, kann wohl kein Zweifel obwalten. Wenn schon die leichtere

Inundatio- o '

nen. und sichere Schiffahrt auf einem so langen, die fruchtbarsten Gegenden durchschneidenden und mehrere ansehnliche Ströme aufnehmenden Flusse von ausserordentlichem Nutzen füi- das Allgemeine ist, so tritt noch eine zweite, nicht minder wichtige Rücksicht, nämlich jene hinzu, dass ein grosser Theil der Ueberschwemmungen, die besonders seit einigen Jahren sehr ausgedehnte Strecken des besten Erdreichs verwüsten und in der Folge noch grössere Verwüstungen anzurichten drohen, durch angemessene Arbeiten abgewendet werden können. Nicht blos das an die Donau gren- zende Land, sondern auch die Umgebungen jener Flüsse, die sich in die Donau ergiessen und die nicht selten, blos weil sie aus Mangel unschäd- licher Einmündungen von der stärkeren Wassermasse der Donau zurück- gedrängt werden, ihre Ufer überschreiten, richten grosse Zerstörungen an, und man würde das Unermessliche des Verlustes schmerzlich fühlen, wenn man auch nur eine beiläufige Berechnung der Tausende und Tausende von Jochen des besten Acker- und Wiesenlandes, was auf diese Art seit einigen Jahren in eine Sand- und Schotterwüste verwandelt worden ist, vor sich liegen hätte, des nachtheiligen Einflusses auf die Gesundheit der Einwohner der umliegenden Gegend dort, wo die ausgetreteneu Wässer Pfützen erzeugen, nicht zu gedenken. Höchst erhebliche und wahrhaft dringende Beweggründe vereinigen sich also, um ernstlich auf Mittel zu denken, wie die grösseren Flüsse der österreichischen Staaten besser be- nützt, die Schiffahrt von den bestehenden Hindernissen und Gefahren befreit, den Ueberschwemmungen Einhalt gethau werden könne. Die gegenwärtige bedrängte Lage kann gegen die sorgfältige Würdigung dieses Gegenstandes gar kein Kinderniss ausmachen, weil es sich jetzt noch nicht um beträchtliche Ausgaben handelt , zunuii selbst, wenn man mehrere disponible Millionen erliegen hätte, es doch der Klugheit ent- gegenstreiten würde, jetzt zu grösseren Arbeiten an der Donau zu schreiten, wo die wesentlichsten Vorerhebungeu noch nicht beendigt, zum Theil selbst noch nicht angefangen sind. Der allererste und unentbehrlichste Schritt zu grösseren Unternehmungen ist wohl ganz gewiss die Verfertigung einer

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genauen Stronikarte. In Bezug auf Oesterieich unter der Enns ist die Verfertigung solch einer Karte eben im Werke. Aber diese Arbeit wird nur einen partiellen und bei Weitem nicht so umfassenden Nutzen gewähren, wenn nicht auch eine Stromkarte von Oesterreich ober der Enns und von Ungarn verfertigt wird. Vor Allem scheint es also noth- wendig. hiewegen die nöthigen Anordnungen zu treffen, damit, sobald es die Jahreszeit zulässt, zui- Ausführung geschritten werden könne. Da aber doch auch noch vor Zustandebringung der Stromkarten sich einige minder erhebliche Verbesserungen vornehmen lassen, und bei manchen darunter selbst Gefahr auf den Verzug haften dürfte, so wären hierüber die standhältigen Auskünfte und Vorschläge sowohl des niederösterreichi- schen Wasserbauamtes, als der ungarischen Landesbaudirection und des Hofbaurathes einzuholen, um in der Ausführung desjenigen, was etwa dringend, anerkannt nützlich und minder kostspielig ist, bei günstiger Jahreszeit nicht aufgehalten zu sein.

Von der Mur soll dem Vernehmen nach schon eine Stromkarte, es sollen auch Vorschläge zu ihrer Correction vorhanden sein. Wahrschein- lich sind sie während der kriegerischen Zeiten in eine Eegistratur ge- rathen und vielleicht wird man selbst einige Mühe, sie wieder aufzusuchen, haben. Je Ungewisser es ist, ob diese Vorschläge bei einer aufmerksamen Prüfung durchgehends annehmbar oder ob nicht wesentliche Abänderungen, vielleicht gar noch einige vorläufige Erhebungen nothwendig werden be- funden werden, um so mehr liegt daran, mit der Aufsuchung derselben keine Zeit zu verlieren und den Gegenstand sodann der ordnungsmässigen Behandlung zu unterziehen; zumal es sich auch hier um die Abwendung öfterer, schädlicher Ueberschwemmungen handelt.

Ob in Ansehung der Drau Vorarbeiten bestehen, kann ich nicht mit Zuverlässigkeit angeben, zweifle aber sehr, dass eine Stromkarte von derselben aufgenommen worden ist; nicht so viel wegen der Schiffahrt, da 'lieser Fluss so wie die Mur dermal nur stromabwärts befahren werden kann und die Fahrt gegen den Strom sich vielleicht nicht ohne namhafte Kosten bewerkstelligen lassen wird, als wegen des beträchtlichen Schadens, den er von Zeit zu Zeit durch sein Austreten anrichtet, dürfte an die Ver- fertigung einer Stromkarte ebenfalls bald Hand anzulegen oder, wenn etwa doch letztere bereits existirte und auch sonst Anträge zur Eegulirung dieses Flusses in früheren Zeiten gemacht worden wären, auf eben die Weise wie in Ansehung der Mur zu verfahren sein.

Ganz zuverlässig ist mir dagegen bekannt, dass die ehemaligen krainerischen Stände schon früher, vorzüglich aber in der Periode vom Jahre 1806 bis zum Jahre 1809 auf die \'()rtheile, welche für das Land

Stromkai-- ten. Noth- wcndigkeit derselben.

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Uie Rcgu-

lirungspro-

jecte der

Krainer

Stände indcn

Jahren 1806 bis 1809 in Bezug der

Save und ihr Plan, das Laibachcr

Moor zu ent- wässern.

iluroli ilie Keguliniiig der Savc und durch die Austrookiiung des grossen Morastes bei Ober-Laibach entspringen würden, nicht blos eine be- sondere Aufmerksamkeit gerichtet, sondern die diesfälligen Arbeiten auf eigene Kosten zu bestreiten sich angeboten und um die Erlaubniss, Hand an das AVerk legen und die erforderlichen Gelder, insoweit ihre Cassa- uütteln nicht zureichten, aufnehmen zu düi'fen, mehrmals angelegenst ge- beten haben. So viel ich mich erinnere, sind damals keine entscheidenden Beschlüsse erfolgt, und nach der auf den Krieg im Jahre 1809 statt- gefundenen Abtretung Krains an Frankreich hat von der Unternehmung weiter keine Eede mehr sein können. Obwohl nun seit der ßevindication dieses Landes darin eine wesentliche Aenderung eingetreten ist, dass Se. Majestät die ständische Verfassung in diesem Lande nicht wieder herzu- stellen befunden haben, so macht dies doch, zumal daselbst ein eigener Provinzialfond gebildet wurde und die ausserordentliche Gemeinnützigkeit des Unternehmens gar nicht in Zweifel gezogen werden, auch es hiebei sich höchstens nur um Vorschüsse, keineswegs aber um eine bleibende Auslage handeln kann, kein wesentliches Hinderniss gegen die Wieder- aufnahme der diesfälligen, blos durch die Zeitverhältuisse unterbrochenen Verhandlungen und gegen die Anordnung sorgfältiger Erwägungen, ob, wann und auf welche Art die Vorschläge der ehemaligen Stände zur Aus- führung zu bringen, oder was sonst zu veranlassen wäre, aus. Auf jeden Fall aber ist die künftige Eegulirung der Save und sohin die vorläufige Aufnahme einer Stromkarte nicht blos rücksichtlich des Laufes dieses Flusses durch Krain, sondern auch in Betreff der Strecke, wo er Groatien durchschneidet und wo er die Grenze zwischen Slavonien und dem türki- schen Gebiete bildet, bis zu seinem Ausflusse in die Donau bei Semlin, insoferne noch keine solchen Karten voi'handen sind, von ungemeiner Er- heblichkeit, nicht nur weil in gesegneten Jahren der zum Verkauf nach Italien bestimmte banatische Weizen auf einem Theile dieses Flusses strom- aufwärts gegen Carlstadt geführt wird und diese Schiffahrt vielen Gefahren und Beschwerlichkeiten unterliegt, sondern auch weil die Save in Krain, im Provinzial-Croatien , in der Banalgrenze und in der slavonischen Grenze, besonders in dem sonst mit einem vortreif liehen Boden begabten Gradiscaner Regimente sehr oft unglaubliche Verheerungen anrichtet und die Staatsverwaltung sich sodann immer in der unangenehmen Alterna- tive befindet, entweder beträchtliche Summen auf die Unterstützung der vorgedachten drei Grenzregimenter verwenden zu müssen oder einen Theil dieser braven, sowohl zur Sicherheit der Grenze als zur Bewachung des Sanitätscordons unentbehrlichen Mannschaft erhungei-n oder auswandern zu sehen.

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Aber nicht die Donau allein und die vom Westen her sich in dieselbe Die Oonau- ergiessenden Flüsse, sondern auch jene, die ihr vom Osten und Norden J'"'^""*'° zuströmen, können, wenn man sich nicht überaus grossen Uebeln aus- Maios, setzen will, nicht noch länger vernachlässigt werden. Hieher gehören e^^s und hauptsä-chlich die Maros, die Theiss und die Waag. Ausser dem Privat- verkehre sind diese drei Flüsse auch für das Aerarium wichtig, weil auf dem erstereu das siebenbürgische Salz, auf dem zweiten das Marmaroser, auf dem dritten das Wieliczkaer in ungarische Magazine geführt wird, wobei nicht selten grosse Hemmungen und selbst Verluste des Materials eintreten, und besonders auf der Maros wegen des längere Zeit hindurch gehindert gewesenen Transports manchmal auch selbst schon ein Salzmangel in Un- garn entstanden ist, oder diesem nur durch Vermehrung des ungemein lästigen und kostspieligen Achstransportes abgeholfen werden konnte. Von noch weit schlimmeren Folgen sind aber die sc häufigen Ergiessungen dieser Flüsse, welche grossentheils die gesegnetsten Strecken von Ungarn verwüsten, und deren gänzliche Abwendung oder auch nur beträchtliche Verminderung der alljährlichen Getreideproduction einen namhaften Zu- wachs verschaffen und folglich selbst auf das Allgemeine wohlthätig wirken würden. In Ansehung dieser drei Flüsse mögen wohl schwerlich entsprechende Vorarbeiten bestehen, und sowohl in diesem Anbetrachte, als auch aus anderen Ursachen kann es vor der Hand wohl nur auf die Verfassung von Stromkarten und andere Erhebungen ankommen , aus welchen sich erst zeigen w-ird, von welchem Umfange die Arbeiten sein werden, die unternommen werden müssten, um die Schiffahrt zu erleich- tern und den verderblichen Ueberschwemmungen Schranken zu setzen. Da der erhöhte Salzpreis in Ungarn unter andei-en auch die Bestimmung hat, die mit dergleichen Arbeiten verbundeneu Kosten zu bestreiten, so lassen sich dergleichen Erhebungen ohne eine Belastung der Staatsfinanzen bestreiten, und da die lange erledigt gewesene Landesbaudirectorsstelle nun mit einem thätigen und erfahrenen Manne besetzt worden ist, so kann man sich nun auch zweckmässige Einleitungen und Anträge ver- sprechen, die früher nicht leicht zu erwarten gewesen sein würden.

Xicht so wie mit den oben genannten Flüssen verhält es sich mit Die Jiarch. der March. Seit einer langen Reihe von Jahren ist über die Schiffbar- machuug derselben theils ämtlich, theils ausserämtlich sehr Vieles ge- schrieben worden. Ohne bis auf das Jahr 1785 zurückzugehen, wo Dorf- leutner ein Privilegium auf die ausschliessliche Befahrung der March gegen die Verbindlichkeit, dieselbe schift'bar zu machen, erhielt, welche Verbindlichkeit er aber unerfüllt Hess, und ohne die oft wiederholten An- träge des bekannten Grosshändlers Schweiger wegen Schiffbarmachung

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der Maich und Veibiniliing ilieses Stromes mit der Oder in das Geilächt- niss zurückzurufen, weil sie ebenfalls keine weiteren Folgen hatten, können doch jene Vorschläge, welche Wiebeking während der Zeit, wo er als Hofrath in österreichischen Diensten stand, in Beti'eff der Marcli gemacht, und jene Modificationen, welche späterhin der Hofcommissions- lath V. Schemerl in Antrag gebracht hat, sowie die zum Theil schon wirklich mit geringem Aufwände getroffenen Vorbereituugsanstalten noch nicht in Vergessenheit gerathen sein. Diese wahrscheinlicli blos wegen der nie lange unterbrochenen Kriege zu keiner Eeife gediehenen Verhandlungen verdienten jetzt wohl um so mehr wieder angeknüpft zu werden, als der Zweck der vorzunehmenden Arbeiten wenigstens in spätei-en Zeiten hauptsächlich dahin ging, eine sehr ausgedehnte Strecke, die jetzt fortwährenden Inundationen ausgesetzt ist, für immer zu ge- winnen, als den damaligen Anschlägen und Berechnungen zufolge der Aufwand sich in der Folge reichlich auszahlen würde, und als sich die grossentheils sehr vermöglichen Interessenten damals herbeigelassen haben sollen, die Kosten der Unternehmung selbst zu bestreiten.

Was an der March nur durch grosse Kosten den Inundationen ent- rissen w-erden kann, lässt sich an kleineren Strömen und Bächen oft mit sehr einfachen Arbeiten und solchen Auslagen, welche die Kräfte eines Einzelnen oder weniger Dominien und Gemeinden nicht übersteigen, er- reichen, und wenngleich die gewonnenen Strecken keinen so ausgebrei- teten Umfang haben, so sind sie doch oft bedeutend genug, um die Unter- nehmer für ihren Aufwand reichlich zu entschädigen. Im Brünner und Olmützer Kreis sind s(dche Arbeiten, welche den Ueberschwemmungen Einhalt thun, schon wirklich mit gutem Erfolge unternommen worden, und das Privatvermögen, sowie der öffentliche Wohlstand gewinnt in dem Masse, als diese Beispiele i-eichliche Nahrung sowohl in Mähren, als in anderen Provinzen finden. Da sich dei' unmittelbare Nutzen auf die An- rainer und nächsten Umgebungen, die entweder schon Beschädigungen erlitten haben oder wn denselben bedroht sind, beschränkt, so kann es auch nur ihre Sache sein, die Kosten der Arbeiten zu tragen. Aber wegen des mittelbaren Nutzens für das Allgemeine lohnt es sich doch der Mühe, solche Unternehmer da, w'o sie es wünschen, mit dem Beistande der Kunstverständigen zu unterstützen uml den gelungenen Unternehmungen, zur Aufmunterung für Andere, die möglichste Publicität zu geben. Die Ueber- Aucli iii Galizicu, im Lande ob der Enns, wo besonders die

schwem- frauu oft viel Schaden vei'ursacht und die Salztraus))orte von Gmunden

mnngsscliä-

den in ande- manchmal schr beschwerlich sind, in Tirol und im Königreiche ron Ländern, jt^lien, WO dic hohcu Bcttc der Etsch und des Po schon wirklich viel

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Unheil stiften und noch mehr Besorgnisse für die Zukunft erregen, ausserdem aber die vielen reissenden Gebirgsströme nicht selten die juächtigsten Saaten zerstören, lässt sich gewiss des Guten und Niitzlichen sehr Vieles thun. Aber sich hierüber in eine umständlichere Erörterung einzulassen, würde gegen den Zweck dieser Blätter sein, da meine Ab- sicht keine andere war, als die Gegenstände zu bezeichnen, bei welchen es von besonderer Wiclitigkeit ist, unverzüglich zu den saclidienlichen Verhandlungen zu schi-eiten, oder wo schon früher Verlumdlungen ge- pflogen worden sind, diese wieder in Gang zu bringen. Man müsste das, was ich hierüber ei'wähnt habe, wohl nur eines sehr flüchtigen Blickes gewürdigt haben, um den Vorwurf daraus abzuleiten, dass meine Ideen viel zu umfassend und eben darum gar nicht haltbar sind, oder dass durch dieselben die Finanzen in übermässige Auslagen gerade zu einer Zeit ver- wickelt würden, wo sie ohnehin, selbst auch wenn der Zerrüttung des - Geldwesens abgeholfen werden sollte, noch mit vielen Verlegenheiten zu kämpfen haben würden. Dass ich Anträge dieser Art nicht gemacht habe, und es mir nicht beifallen konnte, sie zu machen, geht schon ilaraus her- vor, dass ich es selbst nur gar zu wohl fühle, wie Avenig auch nur meine beschränkteren Anträge ohne einen längeren Zeitverlust zur Ausführung gebracht werden können, wenn nicht dem in die Augen fallenden Mangel an Wasserbauverständigen wirksam abgeholfen wird. Da aber dieser Gegenstand mit jenem, den ich soeben zu berühren vorhabe, in enger Verbindung steht, so behalte ich mir vor, meine Ansichten hierüber in dem unmittelbar nachfolgenden Absätze etwas umständlicher darzustellen.

Unter den verschiedenen Rubriken des Staatsaufwandes sind die .staatsauf- Kosten, welche auf Baulichkeiten aller Art alljährlich verwendet werden, besonders in ruhigen Zeiten, wo keine Bauverbote bestehen, eine der be- deutendsten. Nur allein die weiter oben individuell angegebenen Strassen- bauauslagen von Oesterreich ober und unter der Enns, Böhmen, Mähren mit Schlesien, Galizien und Steiermark, welche Länder noch nicht die Hälfte der Monarchie ausmachen, betrugen in einem Jahre zusammen 7,556.029 fl. Rechnet mau hiezu den Strassenbau in den übrigen Län- dern, der besonders in Italien, wo die Strassen sich vor allem Uebrigen auszeichnen, nicht anders als sehr kostspielig sein kann, die hydraulischen Arbeiten, welche zwar, wenn nicht vielleicht Italien eine Ausnahme macht, seit mehreren Jahren nicht ins Grosse getrieben worden sind, aber doch deren mehrere bald hier, bald dort, um grössere Nachtheile zu vei'hüten, alljährlich vorgenommen M'erden müssen, endlich die Gebäude, deren der Staat und die unter seiner Leitung stehenden Fonds so viele und ver- schiedene, als: Kirchen, Schulgebäude, Z(dlämter, Salzämter, Magazine

wand für Strassenbau.

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aller Ait. (iasthöfe, Forsthäuser, Gefängnisse, Fabriksgebäude, insbeson- dere auch bei dem Montanisticum und bei dem Tabakgefälle u. s. w. all- jährlich neu erbauen, umstalten oder auch mit grösseren Kosten herstellen zu lassen bemüssigt ist, so ist es leicht begreiflich, um was für Summen von Millionen es sich hier handelt und wie wenig nach den Grundsätzen einer wahren Oekonomie verfahren wird, wenn man sich nicht die möglichste Sicherheit verschaift, dass dringendere Herstellungen nicht aufgehalten, dass Alles gut und dauerhaft hei'gestellt, dass ungebühi-liche Aufrechnun- gen und andere Unterschleife, zu denen sich hier ein so weites Feld ött'uet, möglichst vermieden odei' wenn sie ja doch stattfinden, schnell und zuver- lässig entdeckt werden mögen.

Wie äusserst unzureichend die gegenwärtig vorhandenen Mittel zur Er- reichung dieser wichtigen Zwecke sind, lässt sich leicht anschaulich machen. Zur Prüfung sowohl der Pläne als der Vorausmasse und Ueberschläge für jede Bauführung, die den Betrag von 1 500 fl. übersteigt, mithin für alle nur uothaiirath etwas erheblichon besteht ein Hofbaurath (und Buchhaltung), der aus luiitung.' 1 Vorsteher, 3 Hofbaurätlien, 4 Eechnungsräthen, 1 llegistrator, 8 Rech- nungsofficialen und einigen Diurnisten zusammengesetzt ist. Dieses kleine Gremium muss nicht selten wegen Mangelhaftigkeit der einlangenden Arbeiten ganz neue Pläne, üeberscliläge und Vorausmasse entwerfen. Es muss die technischen mit den Comptabilitätsai'beiten vereinigen. Es muss öfters bei wichtigeren Ai'beiten und wo mau es sonst nothwendig findet, ein und das andere seiner fähigeren Individuen auf Jjocalerhebungen absenden und sie solchergestalt Monate lang entbehren. Es muss manch- mal selbst, was zwar freilich wider den Begriff einer controlirenden Be- hörde ist, die unmittelbare Aufsicht und Leitung von grösseren Bau- führungen übernehmen; wie dann, um nur ein Beispiel anzuführen, der Hofcommissionsi'ath v. Schemerl soeben den Bau des polytechnischen Instituts besoi'gt. Unter diesen Umständen konnten auch schon bisher die vielen dem Hofbaurathe zukommenden Einlagen nicht zu rechter Zeit abgefertigt, sie konnten noch weniger durchgehends mit jener Umsicht und Genauigkeit bearbeitet werden, welche bei dem meistentheils beträcht- licheren Aufwände, der mit den Bauführungen verbunden ist, nievei'misst werden sollte. Schon mehr als einmal sind aus dem längeren Erliegen- bleiben der Bauobjecte wesentliche Nachtheile entstanden, ohne dass des- halb dem Hofbaurathe bei seiner zu beschränkten Verfassung etwas zur Last gelegt werden konnte. Was ich aber für noch ungleich schädlicher halte, ist die bei den soeben geschilderten Verhältnissen von selbst ein- leuchtende Unmöglichkeit, durch Absendung der vorzüglicheren Glieder .les Hofbaurathes in die Länder, öftere Nachsicht über die Ai't, wie

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bedeutendere Strassen- und Wasserarbeiten, wie ferner andere kostspieligere Baulichkeiten ausgeführt werden, zu pflegen und dadurch den Verschwen- dungen von Hunderttausenden vorzubeugen, die von den Werkführern aus Eigennutz. Fahrlässigkeit oder Ungeschicklichkeit verübt werden können.

Wenn nun auch die Rückstände des Hofbaurathes jetzt nicht mehr bedeutend sind und dies zu der Meinung verleiten dürfte, dass diese Be- hörde bei einer massigen Personalsvermehi'ung, die wegen des Länder- zuwachses unentbehrlich ist, sich leicht werde in einem currenten Ge- schäftsgange erhalten können, so würde sich blos dadurch die vorbemerkte im Grunde wirksamste Controle, nämlich jene Localerhebungen im Zuge stehender Strassen-, Wasser- und Gebäudearbeiten, schon niemals er-, reichen lassen. Es dringt sich aber nebstbei die Betrachtung von selbst auf, dass, wenn man sich mit der Prüfung neuer Strassenanlagen, mit den Vorarbeiten zur Regulirung der Flüsse und zu anderen grösseren hydraulischen Arbeiten nun ernstlicher beschäftigen will, die Geschäfte des Hofbaurathes au Menge und Wichtigkeit bedeutend zunehmen und öftere Exmissionen seiner Glieder unumgänglich nothwendig werden müssen, dass also, woferne nicht derselbe eine dem Umfange seiner Ver- richtungen entsprechende Organisation erhält, statt eines thätigen Be- triebes, von welchem allein günstige Resultate und vortheilhafte Eindrücke bei dem Publicum zu erwarten sind, nichts als Stockungen und Hem- mungen eintreten werden. Es müsste also unter Eröffnung der Absichten, die erreicht werden sollen, dem General- Rechnungsdirectorium aufgetragen werden, im Einverständnisse mit der vereinigten Kanzlei, mit der Centralorganisirungs-Hofcommission und mit der Hof- kammer den reiferwogenen Vorschlag, wie der Hofbaurath zu diesem Ende zweckmässig zu organisiren wäre, zu entwerfen und der Aller- höchsten Schlussfassung zu unterziehen.

Mit diesem Vorschlage müsste aber zugleich ein zweiter, nämlich jener, wie sich dem Mangel an Kunstverständigen abhelfen lasse, in Verbindung gebracht werden. Nichts kann wohl weniger zweifelhaft als dieser Mangel sein, der sich in solch einem Grade äussert, dass man schon mit der Besetzung der jetzt bestehenden, erprobtermassen selbst schon für die gegenwärtigen, um so viel mehr also für die zukünftigen Ge- schäfte dieser Behörde bei Weitem unzulänglichen Dienststellen öfters in grosse Verlegenheiten kommt und nicht selten sich mit halb brauchbaren Bewerbern behelfen muss, weil keine ganz brauchbaren zu finden sind. Dass es im Allgemeinen bei den Baudirectioneu um nichts besser steht, und dass wohl nur der kleinere Theil der Kreisingenieurs jene Kennt-

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Mängpi der nisse iiiid sonstigeii Eigenschaften wirklich besitzt, die zur entsprechen- tcherKii-' ''®'^ Besorgung ihrer vielseitigen Geschäfte erforderlich sind, lässt sich (lungsanstai- uiü SO zuvcrsiclitlicher annehmen, als die Bildungsanstalten für das eben ''^Haufach"* SO ausgedehnte als wichtige Fach der Baukunst in den älteren Ländern der österreichischen Monarchie noch bis zur Stunde sehr mangelhaft sind, rnusscn. In Preussen, wo mehr Geist der Sparsamkeit als der Unwirthschaft

10 ei inoi j^pj.j.gpjjj. jjjjjj ^r,) j,|;ij^ sicher nicht aufgelegt ist, bedeutende Kosten auf iiiic. überlliissige Lehranstalten zu wenden, werden an der Berliner Bau- akademie, welche eine ünterabtheilung der Akademie der Künste aus- macht, den Schülern der Baukunde in 4 Jahren von 15 verschiedenen Professoren, die meistenthcils Glieder des Baudepartement sind, fol- gende Gegenstände vorgetragen: 1. Arithmetik; 2. Algebra; 3. Geometrie, Trigonometrie, Stere(»metrie; 4. Optik; .5. Perspective; 6. Nivelliren; 7. Statik; 8. Hydrostatik; 9. Mechanik; 10. Hydraulik; 11. Maschinen- lehre; (alles dieses mit besonderer Eücksicht und praktischer Anwendung auf das Baufach) ; 12. Bauphysik; 13. Bauconstruction ; 14. ökonomische Landbaukunst; 15. Stadtbaukunst; 16. Strombaukunst; 17. Geschichte der Baukunst; 18. Schleusen-, Hafen-, Brücken- und Strassenbau- kunst; 19. Geschäftsstyl ; 20. feine Handzeichnung; 21. architektonische Zeichnung; 22. Situations- und Kartenzeichnung; 23. Maschinen- zeichnung, veibesse- Ohne in die ausser meinem Gesichtskreise liegende Frage einzu-

Lehranstoi- o^^^^) ob uicht bei dicsom Systeme die einzelnen Lehrämter gar zu be- ten im inter- schränkt uud darum der Lehrer mehrere sind, als wirklich nothwendig ist,

esse eines ^^^^.^ ^^^^^ ^ j^ zugcben müsson, dass diejenigen, welche sich in der Bau- umfassende- ° ' J o ' len Unter- kuust, nach dem ausgedehnteren Sinne des Wortes, vervollkommnen, oder

die sich auch nur in allen Zweigen dieser Kunst brauchbar machen, um so mehr also die in der Folge an der Leitung und Aufsicht über Bau- gegenstände theilnehmen wollen, solch eines umfassenderen Unterrichts schwer entbehren können. Dass sie diesen, dass sie sogar einen weit Die Wiener dürftigeren und man dai'f sagen den unentbehrlichsten gegenwärtig in der hüd^nd^ Hauptstadt nicht finden, ist notorisch, da weder die Akademie der bilden- Künste und den Küustc, noch das neugegründete polytechnische Listitut die Gelegen- ortcchni*^ heit, sich einen vollständigen und zusammenhängenden Unterricht zu scheiustitiit. erwcrbcn, dermal darbieten.

In der That sind es meistentheils Zöglinge der Prager polytech- nischen Schule, welche sich als Bewerber um Anstellungen mit einer besseren Vorbereitung bei dem Hofbaurathe einfinden und diese bessere Die Präger Vorbereitung duixli die J^i'üfnngen, welche dort mit jedem Competenten

polytechni- , .., ,,• c , ' i- i i i i i

schcSchuic. vorgenommen werden, bewahi-en. Lm umtassendei'ci' unterncht dui-cli

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Ergänzung jener Lehrgegenstäude, welche nach dem Urtheile der Kunst- verständigen und der darauf zu gründenden sorgfältigen Prüfung des Er- fordernisses als unerlässlich werden befunden werden, scheint also, um einem bisher so oft gefühlten und gewiss auch, ohne dass man es wusste, theuer genug bezahlten Gobrechen abzuhelfen, nicht blos höchst wünschens- werth, sondern wahrhaft nothwendig, und das polytechnische Institut wohl ungleich mehr als die Akademie der bildenden Künste dazu geeignet sein, für diesen umfassenderen Unterricht gewidmet zu werden.

Wird aber auch hiedurch die Möglichkeit einer vollkommen theore- tischen Ausbildung für angehende Baubeamte, deren der österreichische Staat so viele bedarf, hergestellt, so bleibt es doch, da bei keinem Fach mehr als bei diesem Theorie und Praxis Hand in Hand gehen muss, noch immei- nothwendig, dafür zu sorgen, dass diejenigen, welche bei dem Hof- baurathe und Buchhaltung angestellt werden, nicht blos zu Bureauarbeiten verwendet werden, sondern von Zeit zu Zeit auch die Gelegenheit, sich praktisch zu üben, erhalten; was auf den Fall, wenn Glieder des Hofbau- raths zur Bereisung der Gegenden, wo wichtigere Bauarbeiten im Werke sind, oder wenn sie manchmal auch selbst zur Ausführung wichtigerer solcher Anstalten verwendet werden, durch Beigebung dieser jüngeren Beamten am füglichsten geschehen kann.

Damit endlich die Regierung die ihr gewiss nicht gleichgiltige voll- ständige Uebersicht erlange, was der Staat alljährlich auf Bauführungen aller Art, sohin nicht blos auf Strassen- und hydraulische Arbeiten, son- dern auch auf architektonische Objecte verwendet hat, wäre, da in der Regel nur solche, deren Beköstigung einzeln über 1500 fl. betragen, zum Hofbaurathe gelangen, die übrigen aber wegen ihrer grossen Zahl im Ganzen eine sehr bedeutende Summe betragen, die Einleitung zu treffen, dass auch letztere von den Baubuchhaltungsdepartements in den Ländern alljährlich ausgewiesen und die Ausweise dem Hofbaurathe eingesendet werden, um die Summarien verfassen zu können. Sollen diese Summarien aber Alles enthalten, was nur immer von Seite des Staates hergestellt worden ist,' so müsste ein ähnlicher Ausweis auch von dem Baudeparte- ment der Hof kriegsbuchhaltung , welches mit dem Hofbaurathe in gar keiner Verbindung steht, eingereicht, es müsste ferner die ungarische Hofkammer, die Statthalterei , das siebenbürgische Guberuium und das siebenbürgische Thesaurariat, es müsste selbst, so lange die dermalige \ev- fassung in den italienischen Provinzen besteht, das Mailänder und das Venediger Gubernium zur Anordnung und Einsendung ähnlicher Ver- zeichnisse angewiesen wei'den. Erst bei solch einer Totalübersicht wird man die ungeheure Summe, welche die ßauführungen alljährlich ver-

Praktiscbe Uebiing der Baubeamten.

Ausweise der ärariscben Bauführun- gen von Seite derBaubuch- haltungs- departe- ments in den

einzelnen Ländern zur Evidenzbal- tung des Auf- wandes.

110

fiio]

Postwesen.

Das Auslanil:

England,

Frankreii'li,

Italien.

Das Papier- geld in seinem Ein- flüsse.

Die Ritt- (relder.

Uebergrifl't der Post- knechte.

jschlingon. zuvorlässig crt'aliroii iiiul inicli das \'oi-hältniss. in welchem die Länder diesfalls gegen einander stehen, gehörig beurtheilen können. Eben so laut und allgemein wie über die Strassen, sind die Klagen der Weisenden über die Posten; und dass es nicht immer so war, dass man einst, wenigstens auf den vorzüglicheren Routen, sehr gut befördert worden ist, weiss Jeder, der in früheren Zeiten öftere Keisen zu machen Gelegenheit hatte. Die Bedienung der Reisenden von Seite der Postämter steht nicht nur allein jener in England, in Frankreich, in Italien u. s. w. l)ei Weitem nach, soudei-ii selbst, au(;h in mehreren deutschen Staaten ist man nunmehr bei Reisen mit Extrapost ungleich besser als in den älteren österreichischen Ländei'ii daran. Unsti'eitig hat diese Ver- schlimmerung eines höchst wichtigen Zweiges des öifentlichen Dienstes in dem Pajtiergelde ihren vorzüglichsten Grund, und ohne jeden einzelnen Postmeister von aller Schuld lossprechen zu wollen, kann man bei einer aufmerksameren Erwägung des Gegenstandes weniger begreifen, wie mehrere von ihnen noch so Vieles leisten, als dass man Ursache hätte, sie durchgehends oder dem grösseren Theile nacli als pflichtvergessene Leute anzuklagen. Seit dem Zeitpunkte, wo das Papiergeld beträchtlicher in seinem Werthe zu sinken begann, sind zwar die Rittgelder einige Male erhöht worden, aber diese Erhöhungen wurden selten zu rechter Zeit und noch seltener nach einem richtigen Verhältniss vorgenommen. Wie man 45 kr. für das Pferd auf einer einfachen Post bezahlte, galt der Hafer eben so viel oder höchstens 1 fl. per Metzen. Jetzt steht der Hafer in den deutschen Ländern theils zu 7 bis 8 fl., theils zu 9 und 10 fl., theils selbst zu 11 und 12 fl. Dessungeachtet wird durchgehends nur 3 fl. für das Pferd und die einfache Post bezahlt. Ein richtigerer Massstab für die Auslagen der Postmeister als der Preis des Futters lässt sich doch wohl nicht aufflnden. Wie sehr sich also ihre Lage gegen zuvor ver- schlimmert habe, fällt in die Augen. Offenbar gehören daher die Post- meister in die grosse Zahl derjenigen, welche unter den gegenwärtigen Verhältnissen leiden. Von den Reisenden stellen wohl nur die wenigsten solche Betrachtungen an. Sie sind unzufrieden mit der gegen" die Vorzeit minder guten Bedienung, ohne zu bedenken, dass, wenn der Postmeister damals den Werth von 1 ^ 2 bis 2 Metzen Hafer für 2 Pferde und eine ein- fache Post erhielt, ihm jetzt nirgendwo der Werth von 1, hie und dort aber selbst nicht von 2/3 Metzen zu Theil wird. Dagegen haben sich die Post- knechte auf den meisten Strassen eine mehrere Annäherung gegen das frühere Verhältniss ertrotzt, da sie sich schon kaum mein- mit einem Trink- gelde, was der Hälfte des Postgeldes gleichkommt, begnügen. Solche Forde- rungen fallen nothwendig einheimischen und fremden Reisenden auf, und es

11111 lll

kaua bei iliiieii wohl keine günstige Mciuung für die im Pustilieaste be- stehende Aufsicht und Oidnung erwecken, wenn sie ilie unangenehme Er- fahrung machen, dassman ungleich bessere Trinkgehler, als was taxmässig vorgeschrieben ist, geben und dessungeachtet sich Unbilden aussetzen kann.

So w^ahr und unwidersprechlich diese Thatsachen sind, so wird doch eine massgebende Abhilfe, so lange das Papiergeld dauert, schwerlich ge- Die Nach- troffen werden können. Eine Erhöhung der Rittgelder ist bei dem der- jjerrsche" maligeu Preise der Fourage wohl sehr billig; aber wenn man ganz wieder denOeidver- zu dem früher bestandenen Verhältniss zurückkehren wollte, was nach dem massigsten Anschlag eine Verdopplung der Eittgelder nach sich ziehen würde, so stünde zu besorgen, dass viele Keisende statt der Post sich anderer Fuhrwerke bedienen, dass Lust- und andere nicht absolut noth- wendige Reisen aufgegeben werden, dass dadurch die Postmeister in eine noch üblere Lage, als ihre gegenwärtige ist, kommen wüi'den. Leider ist nun einmal das fiüher während einer langen Reihe von Jahren zwischen den verschiedenen Preisen bestandene Verhältniss in einem überaus hohen Grade gestört. An eine vollkommene Wiederherstellung desselben ist während der Dauer der Zerrüttung dei' Geld Verhältnisse um so weniger zu denken, als nur erst, wenn diese Verhältnisse geordnet sind, statt der schwankenden Valuta es wieder einen festen Anhaltspunkt geben, sohin auch erst dann die Möglichkeit eintreten wird, <lass sich auch die ver- schiedenen Preise wieder allmälig in eine Art von Gleichgewicht setzen. Bis dahin scheint kaum etwas Anderes übrig zu bleiben, als dass man ein gar zu beträchtliches Missverhältniss, w-as jetzt wirklich der Fall ist, ver- hüte, dass man ebenso auch die Trinkgelder mit gehöriger Würdigung der gegenwärtigen Umstände erhöhe, sodann aber auch alle ungebührlichen Anmassungen der Postknechte streng bestrafe.

Ist das erste und w^esentlichste Postulat, dass der Postmeister, der in seinen Hauptbeziehungen dem Staate, zugleich aber auch den Reisen- den, deren Beförderung ihm obliegt, dient, gehörig bestehen könne, er- füllt, dann kann die Staatsverwaltung auch um so fester daiauf halten, dass der Postmeister auch seine Pflichten pünktlich erfülle. Xicht blos die schlechte Bedienung der Eeiseiiden, auch der nicht selten sehr* lang- same und unordentliche Gang der Briefpost gibt zu Beschwerden An- lass. Verluste, selbst wenn auch nur wesentlich verspätete Bestellungen D'« ßricf- von Briefen bringen oft erhebliche Nachtheile hervor, und wenn man den Handel mehr emporheben will, muss für die möglichste Genauigkeit bei Beförderung der Correspondenz wirksamst gesorgt werden.

Ein neues verschärftes Regulament ist zur Belebung des Post- EiunenesRe- dienstes in allen seinen Zweigen wohl ein Bedüjfniss. Dem A'eruehmen g"a™ent

° nothwendig.

112

[112]

Venval- tungs- und

Uebei-

wachungs-

äintcr.

Erhöhung d. Postgefälles.

uacli .soll der Eutwurf dazu scliuii laiiü;e gemacht worden sein, aber die.ser Gegenstand noch immer in der Verhandlung schweben.

Wären aber auch die diesfälligen Anordnungen noch so bündig und ei'schöpfend, so kann ich mir doch von iler blossen Aufsicht der Postver- waltungen, selbst nacli dem, was die Erfahrung darüber gelehrt hat, jene Kraft und Wii-ksamkeit nicht versprechen, die hinlänglich wäre, um für einen vollkommen entsprechenden Erfolg dieses wichtigen Admiuistrations- zweiges Gewähr zu leisten. Schwerlich wird eine andere Wechselwahl übrig bleiben, als entweder nach dem Beispiele anderer Staaten eine G e n e r a 1 - P 0 s t d i r e c t i 0 n zu errichten, oder doch wenigstens einige P o s t- visitationscommissäre aufzustellen, welche die verschiedenen Routen abwechselnd zu bereisen, die Postverwaltungen und Postämter zu ihrer Schuldigkeit anzuhalten, alle entdeckten Gebrechen sogleich anzuzeigen und die Aufträge, welche ihnen die administrirende Hofstelle sonst zu er- theilen befinden wird, zu vollziehen hätten. Ich brauche es wohl nicht erst zu erinnern, in was für einem Zustande sich das Postwesen insbe- sondere in LFngarn befindet, wo es doch der Postverwaltungen genug gibt. Solch ein Dienst, wie jener der Posten, kann nach meinem Dafürhalten durch blosse Dicasterialleitung, wenn sie auch an und für sich gut ist, und durch die Aufstellung solcher Controlore, die wie die Postverwalter in gar zu naher Berührung mit den zu Controlirenden sind, nicht hinläng- lich im Auge gehalten werden; es muss noch eine lebendigere Aufsicht und wirksamere Controle eintreten , es muss der leitenden Behörde das Mittel zu Gebote stehen, wenn sie es nothwendig findet, nicht blos diesen oder jenen abgerissenen Bezirk, sondern eine ganze Route durch solche Indi- viduen, die sonst in gar keinen Verhältnissen mit den Postmeistern stehen, inspiciren zu lassen und dadurch gleichsam mit eigenen Augen zu sehen.

Kommt es übrigens, wie aus der soeben vorgenommenen Erhöhung des Salz- uml Tabakgefälls und aus den schon durch das fortwährende Sinken des Papiergeldes sich vermehrenden Geldbedürfnisse der Staats- verwaltung zu schliessen ist, auch auf eine Erhöhung des Postgefälls an, so wäre wohl sehr zu wünschen, dass statt des durchgehends gleichen Poi'tos eiiillich einmal, wie es in anderen Ländern besteht, der Billigkeit angemessen und dem Gefälle wegen Verminderung dei' Briefschwärzungen nützlich ist, die Entfernungen beachtet und, ohne sich deshalb in gar zu viele Abstufungen einzulassen, bei Bestimmung des Portos ein Unterschied zwischen nahen und entfernten Correspondenzen gemacht werde. Diesei- Unterschied liegt zu sehr in der Natur der Sache, als dass man sich durch die Besorgniss einer Missbilliguug, die hier offenbar nur gi-undloser Tadel wäre, davon abhalten lassen sollte.

[113] IIP,

Einen gleich schäilliclien Einlluss wie auf ilas Postwesen hat die lange Dauer und der hohe Grad unserer Geldzerrüttung auf alle öffent- lichen und auf sehr viele Privatanstalten gehabt. Von denjenigen, welche in älteren Zeiten Stiftungen machten, haben die wenigsten auch Ocffentiich? nur auf den einfachen und gewöhnlichen Umstand, der auch ohne die anstauen. Dazwischenkunft dieser Zerrüttung immer eingetreten wäre, nämlich auf ^ '*'<' das allmälige Steigen der Preise und die daraus entspringende Unmög- lichkeit, mit einer bestimmten Geldsumme in späteren Jahren das Xäm- liche zu leisten, was in früheren Jahren geleistet werden konnte, Rücksicht genommen. So haben z. B. die Meisten, welche Klöster odei- Stipendien stifteten, weil damals ein gemeinschaftlich lebender Geistlicher mit 200 fl. auslaugen, ein Student sich mit 100 fl. durchbringen konnte, vorausge- setzt, dass diese Möglichkeit nie aufhören wird, was doch selbst bei der ununterbrochenen Fortdauer der Metallmünze der Fall nicht gewesen sein würde. Wenn schon hieraus nothwendig manche Unzukömmlichkeiten entspringen mussten, so kommen sie doch denjenigen bei Weitem nicht gleich, die sich nunmehi- äussern, w'o zu dem gewöhnlichen progi'essiven Steigen der Preise auch jenes, was in der Zerrüttung der Geldverhältnisse seinen Grund hat, hinzugetreten, und überdies bei einem grossen Theile dieser Institute selbst das Stammvermögeu gewaltig erschüttert worden ist. Ausser den Anstalten, welche die bürgerliche Gesellschaft der Privat- wohlthätigkeit verdankt, sind durch die Fürsorge der Begenten öffent- liche, zum Theil ungemein beträchtliche Fonds für Kirchen, Schulen, Kranken- und Armenanstalteu errichtet worden, welche durch Aufliebung des Jesuitenordens und anderer Klosterherrschaften Güter, Gebäude und Capitalien erhielten, denen auch einige Privatstiftungen und andere Zu- flüsse einverleibt wurden und welche die Mittel darboten, jene Anstalten verschiedener Gattung, deren ein cultivirter Staat unumgänglich bedarf, gehörig zu unterhalten, ohne dass es nothwendig war, ilie Finanzen mit diesem Untei halte zu belasten, das heisst, ohne wegen des Unterhaltes dieser Anstalten die Steuern und Gefälle vermehren zu müssen. Da ein Die Lage grosser Theil des Vermögens dieser Fonds aus Capitalien besteht, wovon tursfonde die Zinsen im Papiergelde entrichtet wurden, so befanden sich die Fonds rücksichtlich dieses Theils ihres Vermögens schon lange in der nämlichen misslichen Lage wie alle diejenigen, welche von trockenen Renten leben, und seit der IJeduction der Interessen hat sich diese Lage bedeutend verschlimmert. Darum ist schon seit geraumer Zeit die Xothwendigkeit eingetreten, theils dass sich die Fonds gegenseitig, theils dass selbst die Finanzen den Fonds mit Vorschüssen aushelfen mussten.

8

114 [114]

Die Vor- In der Altonuitivo, eutwoilor .solche Hilfen zu leisten, oder Zwecke,

dV'Fo'nds" '^'^ vvelchen dem Staate wesentlich gelegen ist, unerreiclit zu lassen, mag un.i (leren zwar nichts Anderes als die Verabreichung von Vorschüssen zu thun übrig 'Kee"iir"unr S'^hliobeu sciu. Aber «la wenigstens bei einigen Fonds nicht abzusehen ist, wie ihrer Unzulänglichkeit ohne neue Zuflüsse oder ohne namhafte Beschränkung der Auslagen gesteuert, um so weniger also, wie die Vor- schüsse zurückei'stattet werden könuton. überhaupt aber iler ganze Bestand der rdlVutlichen Fonds und ilir früheres Verhältuiss zu den auf jeden der- selben haftenden Lasten durch die Zcitverliültnissc zeri'üttet worden ist. und es bei ihrer höchst wichtigen Bestimmung wesentlich daran liegt, dass, wenn das Geldwesen in Ordnung gebracht wird, auch bei den Fonds wieder das Gleichgewicht zwischen ihren Einnahmen und Auslagen her- gestellt, dort aber, wo sie grösserer Unterstützung unumgänglich bedürfen, ihnen diese, ohne deshalb die Staatsfinanzen, zumal wenn letztere hierauf nicht dotirt sind, in Anspruch zu nehmen, verschafft werden, so scheint es W(dil schon an der Zeit zu sein, hiezu die nöthigen Voreinleituugen zu treffen, die nach meinem Dafürhalten vorzüglich darin bestehen dürften, dass in Ansehung jedes einzelnen Fonds eine detaillirte LJebersicht sowohl seines früheren Vermögens, als der Veränderungen, die dasselbe bis zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt erlitten hat, sohin seines dermaligeu Be- standes, des Gesammtbetrages der erhaltenen Vorschüsse und der Lasten, die entweder bleibend oder nur vorübergehend auf den Fonds haften, ver- fasst werde. Auf diese Grundlage lässt sich die Regulirung jedes einzelnen Fonds, oder wenn man es angemessener finden sollte, die Fonds zu com- massiren, die Regulirung des allgemeinen Fonds mit Zuverlässigkeit bauen, sobald die Geldverhältnisse geordnet sind.

Ausser der individuellen Prüfung der Lasten, die jedem Fond ob- liegen, ob sie nämlich ganz wie bisher zu verbleiben, oder welche Modiü- cationen dabei einzutreten hätten, und der Erhebung, in welchem Ver- hältnisse diese Lasten zu den Kräften des Fonds stehen werden, wäre aber auch der sorgsamste Bedacht auf jene Vereinfachungen zu nehmen, die sich, ohne der schnellen Uebersicht und der Genauigkeit zu schaden, anbringen lassen. Denn die Verwicklungen sind allenthalben so gross geworden und tragen dei'gestalt zur Vermehrung der Gescliäfte bei, dass man den täglich wachsenden Schwall am Ende gar nicht mehr zu be- zwingen im Stande sein wird.

Viele unter den Anstalten, welche ihren Unterhalt nicht aus den öffentlichen Fonds erhalten, sondern theils von Privatstiftungen, theils vom Sammeln, theils von anderen ungewissen Zuflüssen subsistiren, darben seit einij^-er Zeit in einem Gi'ade, iler allen Begriff üliorsteigt. Mehrere

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(lerselben, die sich mit der Eizichunj?, mit dem Uutenielite, mit der Privat- Kiankeupflege beschäftigen, gehören zu den gemeinnützigen und ver- '^ ' ,^"0^""' dienen sonach eine besondere Eücksicht. Manche hätten sich wohl schon Nothiage als ganz aufgelöst, wenn nicht die Privatwohlthätigkeit, wenn nicht der A erem „ützige An- der adeligen Frauen, wenn nicht zufällige Geschenke der höchsten Xoth stalten, von Zeit zu Zeit abgeholfen hätten. Indessen bleibt die Existenz eilies guten Theils dieser Institute immer precär, und die meisten derselben tragen mehr das Gepräge der Mühseligkeit, ja wohl gar des Verfalles, als des Auf])lühens an sich.

In einer Zeit, wo zwar Einige, vielleicht nicht Wenige aus einem beträchtlichen, vom Misswachse verschont gebliebenen Grundbesitze, aus dorn Handel mit solchen Waaren, die jetzt häufiger gesucht werden, aus Erzeugnissen, die entweder das wahre oder das eingebildete Bedürfniss, bei einer beschränkteren Concurrenz der Verkäufer, in einem lohnenden Preise erhält, aus glücklichen Speculationen, denen jetzt ein so weites Feld geöffnet ist, reichlichen Gewinn ziehen, die ungleich grössere Zahl aber, und besonders jene schätzbare Classe, welche sich von Mäkelei und Wucher, von überspannter Benützung jeder fremden Verlegenheit und jeiles fremden Bedürfnisses noch rein hält, viel beschränktere, der Staats- beamte, der Officier, der Staatsgläubiger und wer sonst von fixen Besol- ilungen lebt, sehr geringe Einkünfte hat, in solch einer Zeit lassen sich von der Privatwohlthätigkeit, zumal wenn sie so vielfältig in Anspruch genommen wird, wohl keine ergiebigen Spenden erwarten. Für den denken- den Mann ist es eine im Grunde mehr niederschlagende als herzerhebende Erscheinung, dass für solche Institute, dass für die Armen gesungen, oder getanzt, oder Komödie gespielt werden muss, um ihnen manchmal etwas reichlichere Gaben zuzuwenden, und man wird dadurch nur zu sehr auf die Vermuthung gebracht, dass ein grosser Theil des Xationalvermögens sich in Händen solcher Menschen mit dreifachem Erze um die Brust befindet, die nur dann geben, wenn sie zugleich ihr sinnliches Vergnügen dafür befriedigen können. Aber leider haben wir in dieser Beziehung eine Periode erreicht, wo man sich an das: Helfe, was helfen kann, halten und beinahe froh sein muss, durch solche sonst ungewöhnliche Reizmittel auch auf die Gefühllosen wirken zu können. Aber allgemein ist das echte und bessere Gefühl in den Bewohnern der österreichischen Staaten doch noch nicht erstickt, und wenngleich Viele jetzt das nicht zu thun ver- Bildung mögen, was sie unter besseren Umständen gerne gethan haben würden, y^r'elnes zur so würde ich mir doch von der Bildung eines grossen Vereines, der unter- zuerst in der Residenz sein Dasein erhalten, sich aber ganz bald auf alle Länder verbreiten müsse, bo.lcutondeEesultate verspiechen. Unterstützung «Jen

8*

Stützung der NothleiJeu-

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der Annen durch Sul>scrii)t innen und freiwillige Uei träge im Gelde oder Naturalien während der gegenwärtigen Theuerung wäre seine Be- stimmung, diese also nicht permanent, und das Armeninstitut so wie alle übrigen Zweige der Wohlthätigkeitsanstalten blieben ganz in ihrer Ver- fassung, unvermeugt mit dem Vereine, der mit und neben ihnen zu wirken hätte. An Theiluehmern würde gewiss kein Mangel sein, einer auf diese, der andere auf jene Art sein Sclierf lein beitragen, und ausser den im Ganzen namhaften Unterstützungen, welche die Armuth von diesem Vereine zu erwarten hätte, würde schon die Errichtung desselben günstige Eindrücke hervorbringen. Der jetzt der dürftigen Classe nicht selten entfahrende Vorwurf, dass die Vermöglicheren, dass selbst die Regierung bei ihrem Elende gleichgiltig sei, würde verstummen.

Immpihin mag den Anstalten, von welchen zuvor die Rede war, nämlich die von keinem öffentlichen Fond dotii't sind, so lange der der- malige Di'ang dei" Umstände und die Geldzerrüttung dauert, auf die bis- herige Art geholfen werden. Aber diese Hilfe ist zu unzulänglich und ihre Dauer zu wenig gegrümlet, sie ist, ich möchte sagen, selbst zu wenig decent, zu wenig den erhabenen Empfindungen, auf deren Erhaltung und Entwicklung man stets hinarbeiten muss, angemessen, um es hiebei ein- für allemal bewenden zu lassen. Es ist eine beschwerliche, aber bei dem Uebergange zur festen Valuta und dadurch zu einer besseren Ordnung dei- Xothwendig- Dinge unvermeidliche Aufgabe, diese Anstalten einer allgemeinen soi-g- Revision"der ^^Itigeu Picvisioii ZU iiiitorziehcn, besonders die gemeinnützigeren durch wohithätig- Beschränkungen in der Zahl und andere Mittel, die nur aus dei- indivi- ^' T^n " '^uplleii Prüfung ihres vormaligen und jetzigen Bestandes, mit Rücksicht auf Nothwendigkeit oder Nutzen, auf Local- und sonstige Umstände, resul- tiren können, so zu oi-dnen, dass die Ausgaben mit den Einnahmen in ein Gleichgewicht kommen, oder in so weit nach ihrer Verfassung die Sammlungen und Pi-ivatgeschenke mit in Anschlag zu bringeii sind, von denselben nicht mehr erwartet werde, als sich nach den bisher gemachten Erfahrungen vernünftigerweise erwarten lässt. Nur auf diesem Wege wird man der fortwährenden Veidegenlieiten und der misslichen Lage dieser Institute, welche immer eine widrige Sensation erregt, endlich ein- mal enthoben werden. OeflFentiichc Auf welche Art in Ansehung der öffentlichen Fonds zu vei-

fahren wäre, darüber habe ich meine Meinung rücksichtlich der Vorarbeiten bereits geäussert. Doch sei mir erlaubt, für den Fall, wenn es sich um die neue Regulirung dieser Fonds handeln wird, auf zwei grosse Gesichts- punkte iiufmeiksam zu machen, deren einer und der andere zu erheblich ist, als dass ei' von iler Staatsverwaltung übei'gangen wei'den dürfte.

[117] 117

Schon jetzt zeigen sich die meisten dieser Fonds als unerkiecklich, und doch halten die aus dem Keligionsfond besoldeten Pfai rer und Cooperatnren Keiigions- cin offenbar unzulängliches Einkommen. Mit manchen Lehrkanzeln selbst studienfond von höheren Wissenschaften sind Gehalte vej-bunden, die für Männer, welche auf ihre Ausbildung eine lauge Reihe von Jahren verwendet haben, zu wenig anziehend sind. Die Besoldungen vieler Gymnasiallehrer sind äusserst gering. Von den Normalschullehrern und besonders von den Lehrern auf dem Lande schmachten die meisten in Dürftigkeit. Eben so bedarf wenigstens ein Theil der Krankenhäuser noch mancher Verbesse- rungen, um mit Eecht Zufluchtsorte der leidenden Menschheit genannt zu werden. Von dieser Seite betrachtet, sollte man kaum daran zweifeln, dass die Fonds grosser Hilfen bedürfen werden, um ihre Bestimmung voll- ständig zu erfüllen und den widrigen Schein abzuwälzen, den der Anblick darbender Pfarrer und Coperatoren, unverhältnissmässig besoldeter Pro- fessoren und im Elende schmachtender Schullehrer auf die Staatsverwal- tung wirft. Von der anderen Seite würde es, wenn man den Finanzen zumuthen wollte, diese Hilfe zu leisten, wohl Niemandem entgehen können, was für gewichtvolle Einwendungen sich solch einer Zumuthung entgegen- setzen lassen. Durch die langwierigen Kriege, ihre Folgen und Wirkungen Eischopfung

der Fonds

und selbst durch die Mittel, deren mau sich bediente, um die Kriegskosten undihieAuf- zu bestreiten, haben gerade die Finanzen am meisten gelitten. Sie sind ^^^^n auge-

sichts der

nicht nur allein ausser einem Theile desjenigen, was im letzten Kriege Geldkrise, und durch Contributiouen erworben wurde, und ausser den Revenuen der mit der Monarchie seit den letzten Friedensschlüssen Avieder einverleibten Länder, die aber meines Wissens nach bis jetzt noch wenige Ueberschüsse abgeworfen haben von aller Metallmünze entblösst, sondern noch über- dies mit namhaften verzinslichen Schulden behaftet; und es erübrigt, um den Uebergang zur Metallmünze zu bewirken, kein anderes mit der Ge- rechtigkeit und der (öffentlichen Wohlfahrt vereinbarliches Mittel, als die vorhandene gi'osse Anzahl von Papiergeld in eine verzinsliche Schuld um- zugestalten. Sie haben daher für eine schwere Zinsenlast, nebstbei aber auch für einen zahli-eichen Hofstaat, für eine sehr kostspielige Civil- administration, bei welcher erst in der Folgezeit Ersparungen denkbar sind, und für Militärauslagen, die, wenn auch was ich für uuerläss- lich halte zu weiteren Reductionen geschritten wird, doch weil diese nur nach und nach geschehen können und der supernumerären Officiere noch so viele vorhanden sind, äusserst beti'ächtlich ausfallen werden, sie haben ferner für mehrere innere Verbesserungen, mit welchen man während der Kriegszeiten so sehr zurückgeblieben ist, zu soi-gen. Sie müssen die Mittel herbeischaffen, die Civilbeamten und das Militär aus

118 [118]

der gar zu boklcimnten Lage zu zielien, in welcher sich diese Staatsdiener und Vertheidiger seit Jahren befinden. Sie werden in der ersten Zeit des Uebergauges, wie es nach einer so langwierigen Zerrüttung gar nicht anders sein kann, bei der Einhebung der Steuern und Gefälle mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Sie haben also in jedem Anl)etrachte eine überaus beschwerliche Aufgabe, die darum noch um so viel schwerer zu lösen ist, weil nicht nur allein gar kein Vertrauen, sondern ein, man darf sagen, tief eingewurzeltes Misstrauen besteht, und doch der Credit, da ihn kein Staat in die Länge entbehren kann, wieder gegründet werden muss. Nach dieser gewiss nicht übertriebenen Schilderung den Finanzen auch noch eine reichliche Unterstützung der Fonds zumuthen zu wollen, hiesse in der That unmögliche Dinge fordern, und es bleibt daher, wenn man beide oben aufgestellte Gesichtspunkte vereinigen will, kein anderes Mittel übrig, als die Hilfe für die Fonds aus anderen Quellen zu suchen, wozu in den deutschen Ländern es ebenso wenig an Gelegenheit fehlt, als es in Ungarn der Fall war, wo man durch die Verwendung eines Theils Der der Einkünfte der reichlicher dotirtenlJisthümer für den Keligionsfond diesem

f*^ 'd'""'d ^'^^^'■^ aufgeholfen hat. Wer dieses anstössig finden wollte, müsste in der dessen That nicht bedenken, dass der Staat und die Kirche nichts dabei ge-

zwec iiKis- ^yjjjueQ wenn hunderte von Pfarrern darben, damit ein Bischof iährlich

sige •'

Aufgabe, um 60.000 oder 80.000 fl. mehr ausgeben kann; dass auch die Pfarrer und Lehrer im Weinberge des Herrn arbeiten, dass es sich bei ihnen um den allernothwendigsten standesmässigen Unterhalt, bei den i-eichbepfrün- deten um Ueberfluss handelt; dass auf diese Art die überflüssigen Ein- künfte weit richtiger zu den Zwecken der Religion und des Staates ver- wendet werden, als wenn man es darauf ankommen lässt, dass Bischöfe einen guten Theil ihrer gegen alle übrigen Classen und Stände gar zu unverhältnissmässig beträchtlichen Einkünfte zur Bereicherung ihrer Familien verwenden. Andere Mittel, deren es noch so manche gibt, über- gehe ich hier, weil sich vielleicht, wenn man sie so isolirt hinstellte, Widersprüche dagegen erheben würden; wenn aber der Gegenstand seiner- zeit im Ganzen bearbeitet, das Grosse und Wichtige, um was es zu thun ist, gezeigt und die Unmöglichkeit, es ohne die Anwendung solcher Mittel zu erreichen, dargethan werden wird, die Frage über ihre Zulässigkeit nothwendig in einem ganz anderen Lichte erscheinen und manche an und für sich vielleicht nicht unerhebliche Einwen- ilung in solch einem CoUisionsfalle aufgegeben werden muss, beson- dei's wenn man dabei stets die billige Schonung gebraucht, keinem zeitlichen Besitzer während der Zeit seines Besitzes etwas zu ent- ziehen.

[ll!>] 119

In eiu Detail der Schul- iuklEizieliiiag!>;-, tler Ktaiikon- uuil Arnien- anstalten des grossen österreichischen Staates hier einzugehen, würde theils zu weit führen, theils stehen mir die Mittel, um dies mit Gründlich- keit zu thun. nicht zu Gebote. Mit dem Plane dieses Aufsatzes ist solch ein Detail nur insoweit in Berührung, als es mir nothwendig schien, theils auf den Einfluss, den die Zerrüttung des Geldwesens auf diese Anstalten und auf die zum Unterhalte eines grossen Theiles derselben gewidmeten Fonds geäussert hat, aufmerksam zu machen, theils. insoweit sie ebenfalls Stoff zu einer widrigen Stimmung liefern, dies nicht unberührt zu lassen. Wenn die missliche Lage, in welcher sich die öffentlichen Fonds befinden, w'enn Mehreres, was man an dem bestehenden Studiensystem missbilligt, wenn so manche Contraste zwischen unseren Einrichtungen und jenen anderer Staaten, denen mau es nicht abstreiten kann , dass sie in der literarischen Bildung vor uns weit vorgerückt sind, nur den unterrich- teteren Theil des Publicums beschäftigen, so geht doch das Resultat dieser

Meinungen durch Tradition meistentheils auch auf Andere über, und Viele, ^ic öffent- liche llei- denen es selbst nicht beifällt, ihr Urtheil hierin für competent zu halten, „ung „„^

stimmen doch, auf fremde Autoiitäten gestützt, w^enigstens in der Haupt- ''»^'^ ^<="=''»-

flassung.

Sache und ohne nähere Erörterung oder Begründung in den Tadel mit Massgebende

ein. Die Aeusserungen solcher Nachbeter können der Staatsverwaltung Urtheiie.

allerdings gleichgiltig, dagegen sollte ihr das Urtheil wahrhaft gelehrter

und verständiger Männer um so willkommener sein, als jeder Unbefangene

es gerne zugeben wird, dass Staatsbeamte, die den grössten Theil ihrer

Zeit den Geschäften widmen müssen unil oft in Wochen oder selbst ^'^ staats-

boaniten und

Monaten kaum einige Stunden übng behalten, die sie <ler Leetüre oder ibiecinseiti-

dem gesellschaftlichen Umgange mit Literatoren widmen können, gerade scu Ansich- ten, bei dem Studien- und Erziehungsfache am meisten Gefahr laufen, auch

bei dem besten Willen, durch einseitige Ansichten und durch das uoth- gedrungene Zurückbleiben in dem fast täglichen Fortschreiten der Kennt- nisse Uebles statt des Guten zu stiften, wenn sie die Verhältnisse, die ihnen einen überwiegenden Einfluss geben, benützen und ihre nicht selten vorgefassten Meinungen mit allem Nachdrucke durchzusetzen trachten.

Wäre die Pressfreiheit weniger beschränkt, was doch füglich ge- Pressfiei- schehen könnte, ohne diese Freiheit in solch einem Masse zu erweitern, dass wirkliche Gefahren eines schädlichen Missbrauches zu besorgen stünden, so wäirde die Staatsverwaltung mehrere Urtheile über die gegen- wärtige Verfassung unserer Schul- und Erziehungsanstalten und darunter gewiss auch verständige, weil sich Menschen ohne Bildung und Unterricht doch nicht leicht an dergleichen Gegenstände wagen, erfahren. Sie würde das Gute benützen können. GruniUoser Tadel würde selbst ohne ihr Zuthun

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von saclikmicligon Miiniiorji iu soiaei' ganzen Blosse dargestellt werden. Den Producten zügelloser Frechheit wäre ohnedies, da die Pressfreiheit nur weniger beschränkt, nicht unbeschi'änkt sein soll, kein Imprimatur UrtiiPiie des zu ertlicilcn. Will man aber bei den angenommenen Grundsätzen unab- änderlich stehen bleiben, so sollte doch wenigstens dasjenige, was im Aus- lande über unsere Schul- und Erziehungsanstalten, besonders in Schriften, die einige Celeln-ität besitzen oder sonst häufiger gelesen werden, ge- urtheilt wird, von einer Behörde, die auf die Leitung des Studien- und Er- ziehungswesens sonst keinen Einfluss hat, gesammelt und unter Beilegung der Originalwerke durch getreue Auszüge zur Kenntniss des Monarchen gebracht werden. Wenn man nur die Hauptfächer der Wissenschaften betrachtet, so findet man jedes so ausgebreitet, dass es Niemand auch bei den seltensten Aulagen und bei einem eisernen Fleisse in allen Uuter- abtheilungen eines einzelnen Faches zur Vollkommenheit bringen kann, ijie Uiiivci- _\n Universitäten treffen mehrere solche Hauptfächer zusammen. Wer die leitende ^^^'^^ ''^'^ ^^''^ ^^^^^ Verlegt, hat gewöhnlich von den übrigen keine oder nur oberbohürde. sehr obcrfiäcliliche Begriffe. Darum muss die Oberbehörde, von welcher die Leitung der Universitäten ausgeht, mit Männern besetzt sein, wovon der eine dieses, der andere jenes Fach genau kennt, auf dass sich in den Gliedern dieses Körpers alle Kenntnisse und Einsichten vereinigen, die zu einer entsprechenden Leitung des Ganzen erforderlich sind. Von diesem Gesichtspunkte ist man auch bei Organisirung der Studienhofcommission ausgegangen, und dass sie einige sehr fähige Individuen und darunter auch solche, die zugleich praktische Geschäftsmänner sind, in ihrem Gremium zählt, wird Niemami in Abrede stellen. Es kann daher wohl keine günstige Sensation erregen, w^enn wichtigere einstimmige Anträge dieser Hofcommission wesentlich abgeändert oder ganz verwoifen werden. Dadurch geht auch der Begriff von Verantwortlichkeit grösstentheils ver- loren, denn wenn sich die Wirkungen der Einrichtungen oder anderer erheblicherer Verfügungen im Ganzen nachtheilig äussern, so lässt sich doch unter solchen Verhältnissen daraus noch keineswegs eine ungünstige Schlussfolge auf die Gestion der leitenden Behörde ziehen. Der jetzige Einzelne Geschäftsmänner mögen ihre eigene Ueberzeugung haben,

"ucr -Nicfdc" ■'^^'^'" ^^^ '•'^"^ gebildeteren Theile des Publicums ist die Meinung so ziem- tjang der lich übcrwicgeud, dass unter den mehreren Studienplänen, die aufeinander ^^ersi'iät"'' S^^^^S^ ^^^'^' '^^^' gegenwärtig bestehende eben nicht der beste ist, dass die hiesige Universität jetzt den Ivuf nicht mehr besitzt, den sie in den letzten Kegierungsjahren Ihrer Majestät der Kaiseiin Maria Thei-esia hatte, dass vorzüglich die philosophische Facultät jener an den meisten übrigen Universitäten bei Weitein naclisteht, dass Scliriftsteller, welche

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durch ihre Werke ilie Nation illustriren, jetzt seltener als in früheren Zeiten sind; dass mit Ausnahme der angehenden Aerzte das Streben nach Erweiterung der Kenutuissc durch eigenes fleissiges Lesen gegen die Vorzeit mehr ab- als zugenommen hat, dass also die literarische Bildung jetzt im Entgegenhalte zu dem, was sie vor drei oder vier Decennien war, nu^hr im Abnehmen als im Vorschreiten ist. Auch andere Symptome tragen nicht wenig dazu bei, dieser Meinung Gewicht zu verschaffen.

Ein Geist von Frivolität, den echte Cultur der Wissenschaften zu- !>«'• verlässig verdrängt, wird jetzt täglich mehr vorherrschend. Der öffent- liche Geschmack scheint sich ungleich mehr zur enthusiastischen Theil- uahme an den Künsten, vorzüglich Musik, Declamation und Mimik, als zu den Wissenschaften hinzuneigen. Zeitungslectüre macht bei Vielen die meiste, bei Manchen die einzige Leetüre aus. Wlihrend in dem kleinen Literatur- Sachsen sich drei Literaturzeitujigen erhalten, geh't die in der grossen ^*^''""e«"- österreichischen Monarchie seit einigen Jahren allein bestandene Wiener Literaturzeitung, welcher selbst auch im Auslande Beifall gezollt worden ist, aus Mangel an Unterstützung, wahrscheinlich auch weil sie durch die Strenge der Ceusur gar zu sehr eingeengt worden ist, zu Grabe. An die Errichtung einer Akademie der Wissenschaften, deren fast alle grösseren Akademie Staaten eine, manche auch mehrere zählen, wird in Wien noch gar nicht "haftet"' gedacht. Man muss also die Ueberzeugung haben, dass sie unter den gegenwärtigen Verhältnissen schwerlich etwas Bedeutendes leisten könne, w'eil mau sich sonst docli wohl mit der Idee, solch eine Akademie nach dem Beispiele anderer Staaten zu errichten , beschäftigt haben würde. Wer wird sich unter solchen Umständen von dem Wahne hinreissen lassen, dass wir schon an solch einer Stufe von Cultur stehen, wo das weitere Fortschreiten zu einem gefährlichen Uebermass führen könnte?

Sich wieder mit der Verfassung eines neuen Studienplahes zu be- Reform des schäftigen, dürfte selbst, wenn der dermalige für nicht befriedigend er- '^t"*^'«»-

° ° ° planes.

kannt werden sollte, schon aus der Ursache, weil die oftmaligen Verände- rungen viel Aufsehen und unangenehmes Gerede verursachen, auf keine Weise rathsam sein. Mit eindringender Aufmei'ksamkeit auf Folgen und Wirkungen lassen sich Gebrechen an einem Systeme von jenen, welche die Aufsicht und Leitung führen, leicht wahi'uehmen und allmälig ver- bessern, ohne dass es darum nöthig wäre, das Ganze wicdei' umzustalten. Li einem Zeitalter, wo so viele Regierungen sich ernstlich bemühen, wissenschaftliche Bildung in dem möglichsten Grade der Vollkommenheit bei ilem hiezu geeigfieten Theile ihrer Völker zu verbreiten, wo so viele allgemein geachtete Gelehrte über das, was zur Verbreitung wahi-er Cultur heilsam und sachdienlich ist, sich öffentlich auszusprechen, kommen von

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Die Cura-

toren der

Erzieliungs-

anstaltcn.

Aufsicht

über

Huinanitits-

anstalten.

Die Lombardei.

Zeit ZU Zeit motivirte Vorschläge uu.i wiikliclie Eiiirichtuiigeu zum Vor- scheine, die, wenn sie von unseren für dieses Fach aufgestellten Geschäfts- männern als Materialien benützt, mit Unbefangenheit geprüft und mit den Erfahrungen, die sich jeder bei der Geschäftsführung zu erwerben Gelegenheit hat, verglichen werden, das Verbessern ungemein erleichtern. Lässt man dem grossen Werthe, den eine weise, mit eigenem reifen Nach- denken verbundene Benützung fi'cmder Autoritäten unwidersprechlich hat, Gerechtigkeit widerfahren und erwägt man die Lage, in welcher sich jetzt die Beamten befinden, und die es ihnen zu lästig oder wohl unmöglich macht, die Anschaffung solcher Materialien aus Eigenem zu bestreiten, so wird man den Antrag ganz folgerecht finden, dass alles Interessantere, was über Schulen und Studieneinrichtungon in fremden Staaten erscheint, von der Studienhofcomuiission gekauft und davon der nben augedeutete Gebrauch gemacht werden solle.

Die grösseren Erziehungsanstalten zu ^Vien, nämlich die Theresia- nische Eitterakademie, die Ingenieurakademie, das Löwenburgische Colle- gium und das Convict haben zwar nebst der Hausdirection auch noch einige Curatoren. Aber es lohnt sich doch wohl der Mühe, zu erheben, ob diese Curatoren auch wirklich eine hinlängliche Aufsicht pflegen, und wenn dies der Fall nicht wäre, sie dazu anzuhalten oder mit sorgfältigeren zu verwechseln.

Kranken- und Armeuversiu'gungsanstalteii, die unuiittelbar von der Eegierung geleitet werden, bedürfen nach meinem Erachten ausser der Dicasterialleitung und ihrei- gewöhnlichen Administration auch noch einer öfteren persönlichen Aufsicht, durch welche sich so Manches entdecken lässt, wovon die Acten keine Spur enthalten. Bei dem immer zunehmen- den Wüste von Geschäften fällt es dem Präsidium und dem Referenten freilich schwer, so viel Zeit zu erübrigen, um dergleichen Anstalten, be- sonders hier, wo es deren mehrere gibt, öfter zu besuchen. Aber ein paar Mal im Jahre könnte doch wohl der Präsident zu solchen heilsamen Besuchen Zeit finden, ausserdem aber auch dazu geeignete Käthe zu öfteren unvorgesehenen Visitationen beauftragen. Bevor die Lombardei von dem österreichischen Staate getrennt wurde, war es dort üblich, dass ausser der Aufsicht, welche die Staatsverwaltung selbst über die Spitäler ausübte, auch Particuliers, und darunter sogar einige aus den höhereu Ständen, freiwillig eine Art von Inspection übernahmen und dabei nicht blos' durch eifriges Nachsehen, sondern oft auch iluroh ihre Wohlthätigkeit viel Gutes wirkten. Sollte man in der grossen Kaiserstadt nicht auch Männer finden, die solch ein liebevolles Work auf sich zu nehmen bereit wären? Und sollte es nicht leicht möglich sein, ilurch deutliche Bezeichnung

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der Grcnzlinioi Contraste und Iieibiiiigen zwischeu dieseu Inspicienten, den Haiif«directionen und den leitenden Behörden zu vei'hüten?

Aucli in den Ländern ist eine anssergewöhnliche Aufsicht auf i^ocaivcrwai- Lyceen und Gymnasien, auf Schulen und öffentliche Erziehungsinstitute, uirl^t'ioncii. auf Kranken- und Armenversorgungshäuscr gewiss höchst nützlich und sollte, wo sich nur immer die Gelegenheit dazu darbietet, nie vernach- lässigt werden. Sind die Local Verwaltungen und Directionen gut bestellt, entsprechen sie ganz ihrer Bestimmung, so kann es ihnen selbst nur an- genehm und den leitenden Behörilen muss es willkommen sein, von dem guten Zustand dieser Anstalten versichert zu werden und den Vorstehern die verdiente Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Haben sich aber Ge- brechen eingeschlichen, so können sie vielleicht ohne solch eine ausser- ordentliche Aufsicht Jahre lang verborgen bleiben. Es sind Beispiele bekannt, wo solche Institute grossen Schaden gelitten haben, ohne dass er durch die gewöhnliche Aufsicht abgewendet worden ist.

Ausser den bereits angegebenen Ursachen der seit einiger Zeit be- stehenden widrigen Stimmung haben auch einige Dienstbestellungen dazu beigetivagen, die dadurch viel Aufsehen erregten, dass die Neuernannten von Fächern, bei welchen sie eine Keihe von Jahren hindurch dienten und sich folglich dieselben ganz eigen zu machen Gelegenheit hatten, ab- gezogen und zu Aemtern berufen worden sind, zu welchen sie sich vor- zubereiten nie in dem Falle waren. Tausende, die sich dem Staatsdienste Eig»"'i& «r widmen, wissendes aus eigener Erfahrung und andere Tausende hören es ^^[.^^ von ihnen, dass natürliche Fähigkeiten, wissenschaftliche Bildung und Combinationsvermögen zwar unerlässliche Erfordernisse^ für einen Ge- schäftsmann, besonders an höheren Posten sind, dass aber diese Eigen- schaften allein für einen Eeferenten, um so mehr für einen Vorsteher nicht hinreichen, sondern dass dazu genaue Kenntnisse von den Geschäften, um deren Bearbeitung es sich handelt, erforderlich sind. Insbesondere hat die Hofkammer mehrere sehr verschiedenartige und darunter selbst technische Gegenstände zu verwalten. Nebst den deutschen werden dort auch die ungarischen Cameralagenden geschlichtet. Es kann nh» für Jeden, der zur Theilnahme an der Leitung dieser Geschäfte berufen wird, i)line dass es ihm bevor mitglich war, sich die dazu nöthigen vielseitigen Kenntnisse zu erwerben, solch eine Bestimmung nicht anders als äusserst ]>eschwerlich sein, und nur aus Gehorsam kann er sich dieser Bestimmung fügen. Aber der Dienst ist dabei, wenigstens für längere Zeit hindurch, offenbar nicht gehörig beratheu, und so Avie der Gang der Administration im Allgemeinen ohnedies mehr Tadler als Lobredner hat, gesellt sich zu iliesem Tadel auch noch die Meinung, es werde selbst auf die Besetzung

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wichtigerer Posten bei Weitem uiclil jeue Aiifiiierkt^anikeit gerichtet, von welcher allein sich bessere Resultate erwarten lassen und die man der öffentlichen Wohlfahrt schuldig sei.

Maj^sgehendc Dor billig denkende Mann wird zwar die Schwierigkeiten nicht ver-

hieiüber. kennen, die besonders jetzt, wo die Monarchie an Ausdehnung und Mannigfaltigkeit so bedeutend zugenommen hat, mit der Besetzung einiger wichtigerer Dieustiilätze verbunden sind. Er wird ferner zugeben, dass einige dieser Plätze auch mit solchen Individuen, die eben nicht stufen- weise dazu vorltereitet worden sind, entsprechend besetzt werden können. Va- wird es der Regierung nicht verargen, wenn in neuerworbenen oder reacquirirteu Provinzen tüchtige Männer, die zuvor dort niemals gedient liaben, zu höheren Chargen berufen oder hier bei der obersten Leitung dieser Provinzen angestellt werden, weil man hier schlechterdings keine andere Wahl hat. wenn man nicht Alles den Nationalisten überlassen oder zu abgelebten Männern, die l)eschwerlichen Geschäften schon nicht mehr gewachsen sind, seine Zuflucht nehmen will. Aber da, wo es an sach- kundigen und erfahrenen Individuen bei dem Verwaltungszweige, dem vorgesehen werden soll, nicht mangelt, sind diese gewiss jedem auch sonst talentvolleren Manne, dem aber die Branche wenig oder gar nicht bekannt ist, weit vorzuziehen.

Den Verlegenheiten und Anständen bei Besetzung wichtigerer Aemter würde aber für die Zukunft am sichersten abgeholfen, die oft jahrelangen, mit wesentlichem Nachtheile verl)undenen Erledigungen oder blos provisorischen Besetzungen solcher Aemter würden vermieden, und die jetzt so häufigen Ghjssen bei Benennungen, von welchen man sich nichts Gedeihliches verspricht , würden künftig Verstummen gemacht

Die Tüchtig- werden, wenn man nie die grosse, unumstössliche Wahrheit aus den

Iccit des Vcr*

waitungs- Augen Hesse, dass der Gang der Administration hauptsächlich davon, wie bcamtcn und t\\Q wichtigeren Aemter besetzt sind, abhängt, und obwohl das Verwal- tungssystem nichts weniger als gleichgiltig ist, doch bei einem schlechten, aber von tüchtigen Individuen ausgefühi'ten Systeme ungleich mehr als bei einem guten Systeme, abei- von schlechten Exequentcn geleistet wird; wenn man daher stets die grössto Sorgfalt auf die bestmöglichste Be- setzung solcher Aemter i-ichtete, und wenn man es zu diesem Ende nicht erst auf den Fall der Ei'ledigung ankommen Hesse, um an eine Fürsoi'ge. die dann öfters nicht sogleich entsprechend getroffen werden kann, zu denken, sondern bei solchen Posten, wo ausser den Eigenschaften, die jeder Staatsbeamte höherer Kategorie schon überhaupt besitzen soll, noch besondere Kenntnisse und Erfahi'ungen nothwendig sind, auf den mög- lichen Fall ihrer Erledigung fürdächte, uu'l wenn Niemand vnrhanden ist,

das System.

[125] 125

ilcrdieseKcnntiiisiseujul Erfahrungen wirklicli besitzt, tlenijeuigen, welclien iiiaii zur kiiuftigcn Beklciilung- dieses Amtes sonst am meisteu geeignet findet iHe Gelegenheit, sich die nöthigcn Kenntnisse beizulegen, verschaffte.

Zu keiner Zeit war es mtthwendiger als jetzt, bei höheren Dienst- besetzungen die grösstmüglichste Vorsicht zu gobi-auchen, da die Geschäfte immer verwickelter werden und zu einem unermesslichen Schwall ange- wachsen sind. Die vielen schnell aufeinander gefolgten Kriege, die seit Jahren dauernde gänzliche Zerrüttung des Geldwesens, die Trennung und nachherige Wiedervereinigung mehrerer Provinzen mit dem Staatskörper haben zwar unstreitig einen grossen, theils directen, theils indirecten Antheil an dieser ungeheuren Vermehrung und Verwicklung der Ge- schäfte. Aber dass es der Ursachen auch noch andere gibt, ist eben so gewiss, als bei allen erfahrenen Geschäftsmännern darüber nur eine Stimme herrscht, dass, wenn auf diese Art fortgefahren werden sollte, sich Alles in endlose Schreibereien auflösen, wegen der unerlässlichcn Personalsvermehrungen die Administration mit jedem Jahre kostspieliger werden und über die Menge von Details jede höhere Uebersicht und der Zusammenhang des Ganzen vollends verloren gehen wird.

Darum und weil mehrere österreichische Civilbeamte während der Das verwai- zwei letzten Kriege bei den in Frankreich aufgestellten Verwaltungs- t""&ssystem

^ » ö Oesterreiclis

behörden den ungleich beweglicheren und kräftigeren Geschäftsgang da- und Fiant- selbst kennen zu lernen, weil andere in dem nach französischer Art ein- Reichs, gerichteten Königreiche Italien die nämlichen Erfahrungen zu machen und Vergleiche anzustellen Gelegenheit hatten, ist seit einiger Zeit die Meinung ziemlich laut geworden, dass das österreichische Administrations- system dem französischen weit nachstehe und nur von einer Nachahmung dieses letzteren Systems mit gehöriger Berücksichtigung der verschiedenen \'erhältnisse Ordnung und Schnelligkeit in den Geschäften sich erwarten lassen. Wenn auch viele diese Meinung nicht theilcn und fremde Ein- richtungen entweder nicht kennen oder ihnen überhaupt abgeneigt sind, so äussern sie dessungeachtet keine günstigen TJrtheile über das in der Monarchie bestehende Verwaltungssystem und gründen ihre Urtheile auf die so äusserst unbefriedigenden Eesultate. Dieser Gegenstand verdient ilaher doch wohl eine genaue und unbefangene Würdigung.

Ohne einige erhebliche Vorzüge zu verkennen, welche das franzö- ^.^^^^^

° ° ' die Frage

sische Verwaltungssystem vor dem österreichischen hat, und ohne in seiner Adop- Abrede zu stellen, dass dem ööentlichen Dienste durch das erstere !l'''V!° /."'"

die hierhin- besser vorgesehen ist, bin ich doch überzeugt, dass die Anwendung disciien vn--

ilieses Systems auf die älteren österreichischen Staaten ungemeinen, ßründe^d'i- kaum zu bezwingenden Schwierigkeiten unterliegen, und dass dies gegen.

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selbst noch lieftigore uiu\ allgcineiiicielJe.schwcnlen, als die yegeuwili'tigen sind, nach sich ziolioii wiinie.

Wer praktisch zu erfahren Gelegenheit hatte, mit welchen Hinder- nissen man, wenn es auch nur auf partielle Kefurmen oder auf wesent- lichere Veränderungen bei einzelnen Verwaltuugszweigen ankommt, zu kämpfen hat, der wird vor solch einer gänzlichen Umwälzung, die selbst in Frankreich in ihren Hauptumrissen wohl nur in revolutionären Zeiten hat durchgesetzt werden können, zurückbeben, zumal da, wenn man diese un-arischc Einrichtung auch auf Ungarn und die dazu gehörigen Provinzen aus- dehnen wollte, dies zugleich eine gänzliche Auflösung der ungarischen Constitution in sich schlicssen würde, wenn man aber Ungarn, wo die Coraitate, die Curia Eegia, die Statthalterei und selbst die Hofkammer gesetzlich constituirte Behörden sind, bei seiner dermaligcn Verfassung und Verwaltung beliesse, ein noch grellerer Abstand in dem Administra- tionssysteme der zwei Hemisphären des österreichischen Globus, mithin eine noch grössere Masse von Anständen und Unzukömmlichkeiten, als die es schon jetzt zum grossen Nachtheil des Concrctum gibt, entstünde. Selbst aber auch in den deutschen Ländern könnte dieses Verwaltungs- system ohne sehr wesentliche Aenderungen in der Verfassung, zu welchen es jetzt wenigstens nicht an der Zeit ist, nicht ausgeführt werden. Mit Die fianzö- eiucr Administration, wie die französische, ist es forner unzertrennlich nistration. Verbunden, dass der Präfect, der Untorpräfect, selbst der Maire schnell und nach eigenem Befunde handle, sehr viel auf sich nehme und ungleich mehr wirke, als schreibe. Die Ministerien, von welchen die Präfecten geleitet werden, sind gar nicht in der Lage, viele und detaillirte Vor- schriften hinauszugeben. Nur bei wichtigeren Gegenständen ertheilen sie ausführlichere Instruction. Bei minder erheblichen deuten sie nur die Zwecke an, die erreicht werden sollen, und überlassen die Art der Voll- streckung dem klugen Ermessen der Unterbehörden. Ein kurzer Proces verbal vertritt die Stelle unserer oft sehr weitläufigen Protokolle. Wie Die östor- wenige selbst unserer schätzbareren Beamten, die jetzt bei der ungeheuren icichische ]yjejjp-e von Normalien, an die sie sich halten müssen, so selten in dem

Verwal- ° ' '

»nnijsiiriixis Falle siud, nach eigener Uebei-zeugung vorgehen zu können, die grossen- "" theils an CoUcgialberathungen gewohnt sind, die das Bewusstsein haben, dass in Parteisachen fast keine ihrer Verfügungen unangefochten bleibt, folglich stets bereit sein müssen, sich auch über die gefügigsten Verhand- lungen vollständig ausweisen zu können, die bei dem unermesslichen Detail, in welches sich die meisten Geschäfte auflösen, fast den Schreib- tisch nicht verlassen ilürfen, um nicht durch fortwährende Anhäufung von Iiiickständon sich verantwortlich zu machen, die olton darum auch bei

Parteien.

[127] 127

einer guten, rechtlichen Gebahrung meistentlicils ängstlich werden, wie wenige dieser Beamten würden sich in solch ein ganz entgegengesetztes Verfahren finden und mit gleicher Zuversicht und Präcision wie die fran- zösischen Autoritäten handeln können. Und wenn man täglich wahrzu- nehmen Gelegenheit hat, dass Parteien, welche vom Magistrate, Kreisamte, Gubernium und Hofstelle mit einem unstatthaften Begehren abgewiesen wonlen, sich bei drei und vier gleichstimmigen Beschlüssen noch nicht zum Ziele legen, sondern von der Kecursfrciheit bis zur Behelligung des Thrones Gebrauch machen, dass Verfügungen, welche von einem ganzen Collegium, nämlich der Landesstelle, vorgeschlagen und von einem zweiten Collcgium, nämlich der Kanzlei, gutgeheissen wurden, sobald sie dem Interesse Einzelner oder ganzer Classen entgegenstreiten, nicht blos im gesellschaftlichen Leben bekrittelt, sondern öfters auch als gegen willkür- liche und nicht gehörig erwogene Acte Beschwerden dagegen eingereicht werden, was für ein Geschrei und welch hoher Grad des Missvergnügens ist nicht zu erwarten, wenn künftig diejenigen, denen ganze Collegien schon nicht mehr imponiren, sich die Entscheidungen einzelner Beamten auch in höheren Instanzen gefallen lassen müssen.

Es liegt aber auch schon darin , dass durch einen Zusammenfluss Die sffent-

widriger Umstände die Lage der Staatsverwaltung äusserst beschwerlich ^"^^® J'' Od o nung. Ver-

geworden ist, und dass sie jetzt die öffentliche Meinung nicht für, sondern trauen und wider sich hat, ein vollgiltiger Grund, grössere Umstaltungen nicht zu Achtung. unternehmen und überhaupt alle auffallenderen Vorgänge, wo man des Erfolges nicht vollkommen versichert ist, zu vermeiden, um so ernstlicher aber sich solche Verbesserungen, denen auch der Tadelsüchtige ihren Werth nicht absprechen kann, angelegen sein zu lassen. Das alier- dringendste Erforderniss ist W(jhl kein anderes, als Vertrauen und Achtung wieder zu gründen. So wenig man mit der Administration im Allgemeinen zufrieden ist, so wird doch bei Weitem nicht so viel über den Organismus des Verwaltungsktirpers, als über die Art der Ausführung Der Vorzug geklagt. Hauptreformen in dem Organismus selbst würden vielleicht mehr ^^_^^ °^'f"

'^ ^ ^ <=' rcicliiscnen

Gegner als Verthcidiger finden. Ueber die Möglichkeit, den Gang der vcrwai- Administration, auch wenn ihr dcvmaliger Organismus in der Hauptsache ^"°^''' ,

' o cj i Systems narli

beibehalten wird, wesentlich zu verbessern, herrscht aber gewiss nur einer Bich- eine geringe Verschiedenheit der Meinungen. Auf Letzteres sollte also, *""° nach meinem Erachten, das eifrigste und unablässige Bestreben gerichtet werden.

Unser politisches Verwaltungssystem zeichnet sich, bei manchen unverkennbaren Gebrechen, doch darin vor anderen aus, dass es vor- ausgesetzt, dass es gehörig goh;indhal>t wird mehr als jedes andere

128 [128]

gi'geii Eigcniiiiiclit, Willkür, iJeilrückuiigeu und iJcointrüchtigmigcn, sei

es nun des Staates oder der Einzelnen, Sicherheit gewährt. Aufsichten

und Controleu sind eher zu sehr angehäuft, als dass es daran mangelte.

Analyse des Die Bearbeitung der Geschäfte eines jeden Landes ist zwar mit wenigen

.ose j. s- A.usnahmen ausschliesslich den licferentcn überlassen , aber alle Ge- ganges bei '

i'nter- und schäftc, dip uicht schr dringlich sind und wo es auf meritorische Ent- den'^nnd Tis scheidungcu ankommt, müssen im versammelten IJathe vorgetragen und contioi- bei getheilten Meinungen nach der Stimmenmehrheit geschlichtet werden. Das Präsidium macht, wenn es seine Bestimmung gehörig erfüllt, noch eine zweite Controle gegen die Käthe und Referenten aus. Aber, da die Stimmenmehrheit entscheidet, kann es ebenfalls keine Dictatur ausüben. Tritt wo der entgegengesetzte Fall ein und äussert sich ii-gend ein schäd- liches Uebergewicht, so ist dies nicht Fehler des Systems, sondern Ausser- achtlassung der Vorschriften, Pflichtübertretung von einem und dem andern Theile. Nebst dieser bündigen und gleichzeitigen Controle ge- langen alle, selbst auch solche Verhandlungen, wo keine eigenen Bericht- erstattungen nothweudig sind, durch die ßathsprotokolle zur Ivenntniss der vorgesetzten Hofstelle, die eben so wie die Landesstelle organisirt ist, das heisst in ihrem Inneren mit der Geschäftsbearbeitung auch gleich die Controle vereinbart, und welche gegen die Landesstelle eine um so wirk- samere Controle ex post ausüben kann, als von den Anzeigen, Gesuchen, Beschwerden, Berichten der Uuterbehörden, kurz von Allem, worüber ent- schieden winl, nicht blosse Elcnchcn, sondern wesentliche Auszüge aus den Protok(jllen erscheinen müssen und es der Ilofstclle freisteht, wenn ihr die Protokolle nicht genügen, die Acten selbst abzufordern. Bei den Gefällen, für deren Verwaltung eigene Behörden bestehen, ist zwischen dem Administrator und seinen Beisitzern ein ähnliches Verhältniss wie bei (]en Gubernien zwischen dem Präsidium und den iiäthen, eine gleiche Abhängigkeit von der administrirenden Hofstelle und ein selbst noch etwas beschränkterer Wirkungskreis. Ausserdem stehen der Landesstelle Hilfs- behörden, nämlich eine Buchhaltung, ein Fiscalamt, ein Hauptzahlamt und ein Taxamt zur Seite, die zwar mit Ausnahme der Buchhaltung derselben untergeordnet sind, aber deien Aeusserungcn in den ein- schlagenden Materien, die gehörig begründet sein müssen, den Kefereuten bei der Hofstelle die Ccnsur der Gubernialprotokollc schr erleichtern. Bei Gasse- und anderen in der näheren Berührung mit der Buchhaltung stehen- den Gegenständen müssen die Expeditionen selbst noch vor der Ausferti- gung diesem Departement zur Einsicht zugefertigt werden, und Letzteres ist nicht allein berechtigt, sondern selbst verpflichtet, da, wo Bemerkungen eintreten, diese sogleich Ijeizubringcn, worin ebenfalls eine wirksame

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Oontrole uiul eine uiclit unbodcuteiulo Schutzwelir gegeu Vei>töf?se und ümichtigkeiten, die etwa selbst bei der Revision unbeachtet bleiben, liegt.

Eben jener Aufsicht und Controle, welche die politischen und Cameralhofstcllen gegen die Gubernien, Landesregierungen, Directionen und Administrationen ausüben, unterliegen sie selbst von Seite des Staats- nnd Conferenzmiuisteriums. Ausserdem stehen die Hof buchhaltungen zu denselben in dem nämlichen Verhältnisse wie die Provinzialbuchhaltungen zu den Länderstellen, und insoferne Gegenstände den Wirkungskreis einer anderen Hofstelle mit berühren, nehmen selbst zwei und mehrere Hofstellen auf die Behandlung Einfluss, bis das Geschäft entweder der Allerhöchsten Entscheidung unterzogen w'ird, oder wenigstens durch die ßathsprotokolle zur Keuutniss des Staats- und Conferenzministeriums gelangt.

Wer in solch einem Yerwaltungssysteme noch keine hinlängliche Bürgschaft gegen Willkür, Eigenmacht und ungebührliche Bedrückungen findet, der wii'd wohl nie zu befriedigen sein, und w^enn man der Erfah- rungen so viele macht, wie schleppend der Gang der Verw'altungsmaschine durch die wiederholten CoUegialberathungen und durch die zahlreichen Aufsichten und Controlen wird, so muss es doch wohl einleuchten, wie ungleich zweckmässiger es ist, mehr Trieb in diese Maschine zu bringen, als durch eine noch w^eitore Vei'mehrung der Controlen oder durch sonstige Verzögerungen sie fast zu einem gänzlichen Stocken zu bringen. Auch spricht sich die öffentliche Meinung hierüber sehr deutlich aus, da man den Vorwurf einer Uebereilung fast nie, jenen aber, dass es meistentheils Jahre lang brauche, um die Verhandlungen zu Ende zu bringen, dass selbst ganz entschiedene Gegenstände nicht selten wieder aufgewärmt werden, dass zwar viel geschrieben werden möge, aber des Wirkens sehr wenig wahrzunehmen sei, hundert- und tausendmal wiederholen hört.

Was so oft der Fall ist, dass mit dem Guten auch wieder Uebel ver- bunden sind, die, wenn man ihnen nicht ausgiebig abhilft, am Ende so gross werden, dass sie selbst das Gute überwiegen, scheint jetzt von ilem Gange der Administration wirklich nicht ohne Grund behauptet werilen zu können. Dem stufeuweisen Zuge von einer Behörde zur andern, so- wie der zur Evidenzhaltung jedes einzelnen Stückes nöthigen Manipulation klebt es an, dass, auch wenn keine dienstwidrigen Versäumnisse eintreten, doch schon immer eine längere Zeit zur Beendigung eines Geschäftes er- forderlich wird. Kommen nun auch noch solche Versäumnisse hinzu, werden die Behörden wegen vielfältiger, weitläufiger Auskünfte über beendigte Angelegenheiten an der unverzüglichen Bearbeitung der stets neu einlangenden Geschäfte gehindert, wii-d der Zusammenfluss von

Die Lang- samkeit der Verwal- tungs- raaschine zu- folge der Controle.

Uebelstände des admini- stiativenGe- schäfts- ganges in tip->teiTeich.

130

[130]

Verein- fachnng des

Geschäfts- ganges und

der Viel- sclireiberei.

Einsrlirän- kung der Ifccursfi'ci- Ucit im Poli- tischen und 'amcrallsti- schen.

Einlagen bei der nämlichen Zahl von Arjjeitern mit jeilem Jahre häufiger, bleiben Dienstesstellen durch Viertel- und halbe Jahre unbesetzt, oder dauert ein provisorischer Zustand gar Jahre hindurch fort, nimmt der Drang dergestalt überhand, dass mau, um nur das Unverscliieblichsto abzufertigen, wichtige Geschäfte in Rückstand verfallen lassen muss, oder ihnen wenigstens bei Weitem nicht jene Aufmerksamkeit, welche ihre Wichtigkeit fordert, widmen kann, bringt die Ueberladung selbst bei den Hofstellen öfter die Wirkung hervor, dass wichtigere IJerichte und An- fragen der Unterbehörden entweder längere Zeit hindurch unerledigt bleiben, oder solche dunkle und unvollständige Entscheidungen darüber erfliessen, welche diejenigen, die sich darnach achten sollen, in Verlegen- heit setzen, wird wohl gar der Gang der Maschine von oben, wo eigentlich die treibende Kraft ausgehen sollte, gelähmt, dann wird es freilich sehr begreiflich, wenn selbst jene, in deren Augen eine mehrfältige Aufsicht und Controle vielen Werth hat, doch die Nachtheile bei Weitem über- wiegend finden und, durch die ungünstigen Resultate verleitet, das Admi- nistrationssystem für zweckwidrig und fehlerhaft halten.

Will also die Staatsverwaltung den vielen und erheblichen Unzu- kömmlichkeiten ausweichen, die mit gänzlicher Umstaltuug des Verwal- tungssystems in solch einem kritischen Zeitpunkte, wie der gegenwärtige ist, unzei-trcnnlich verbunden sein würden, zugleich aber die widrige Meinung vertilgen, die sich über dieses System fast allgemein verbreitet hat, so gibt es dazu wohl kein sichereres Mittel, als die Vereinfachung der Geschäfte und die Vermeidung der überflüssigen Schreibereien zu einem ganz vorzüglichen Studium zu machen, einstweilen aber, und bis dieser schon so oft geäusserte Wunsch in wirkliche Erfüllung übergehen wird, bei jenen Behtirden, wo die Geschäfte jetzt ohne dass Gemächlichkeits- liebe oder Unfähigkeit der Beamten daran Schuld trägt nicht schnell und gründlich genug erledigt werden können, lieber noch die unentbehr- lichen Personalsvermehrungen zu bewilligen, als die Anhäufung von Rück- ständen oder Schleudereien zuzugeben, weil der hieraus entspringende Schaden ungleich beträchtlicher als die Auslage ist, auf die es im Ganzen hiebei ankommen kann.

Eine nicht unbedeutende Menge von Schreibereien liesse sich aber gleich jetzt dadurch ei'sparen, wenn, ohne die Recursfreiheit bis an den Thron aufzuheben, was wahrscheinlich, weil es schon so lange bestandeii hat, eine widrige Sensation erregen dürfte, diese Freiheit doch wenigstens in engere und solche Grenzen gebracht würde, die sich meines Erachtens mit der Gerechtigkeit vollkommen vei'tragcn. Wenn in Rechtsstreiten, wo es sich iift um das Vermögen ganzer Familien und Cdunnunitäten

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handelt, zwei gleichlautende Urtheile entscheidend sind, keine weitere Berufung dagegen stattfindet und der oberste Gerichtshof nur, wenn eine offenbare XuUität erwiesen ist, in solchen Fällen einschreitet, so kann man doch wohl nicht das mindeste Bedenken tragen, anzuordnen, dass auch in politischen und Cameralangelegenheiten , wenn die Erkenntnisse der ünterbehörden gleichstimmig sind, oder doch wenigstens wenn sie sogar aucli noch von der Hofstelle bestätigt werden, kein Recurs an den Thron mehr zulässig sei, sondern dieser nur bei differenten Entscheidungen platzgreifen könne. Es lässt sich nicht einsehen, warum die gleichstim- migen Beschlüsse mehrerer Behörden, worunter in jedem Falle zwei förm- liche Collegien sind, nicht wenigstens ebenso viele Beruhigung als zwei Gerichtsstellen, von denen die eine manchmal nur aus einem geprüften Justitiar besteht, gewähren sollten. Durch diese Verfügung würde nicht nur allein die kostbare Zeit des Monarchen und des Staats- und Conferenz- ministeriums mehr geschont, sondern auch den administrirenden Hof- stellen viele, im Grunde unnütze und dabei doch manchmal nicht wenig zeitraubende Vorträge, sowie den Guberuien. Administrationen. Kreis- ämtern und Magistraten, welche solchenfalls immer einvei'nommen werden müssen, zahlreiche Berichterstattungen erspart. Aber auch noch andere Vortheile wären damit verbunden, da bei dem Umstände, wo über die Frage, inwieweit die Rccurse einen effcctum suspensivum haben, sehr verschiedene und nicht selten unrichtige Begriffe herrschen, oft die eine Partei dadurch, dass die andere, welche von den Behörden allenthalben zurückgewiesen wurde, ihre Berufung bis an den Thron verfolgt, wo die Entscheidungen manchmal sehr spät herablangen, ungemein leidet, und ebenso auch die Ausführung nützlicher Vorkehrungen durch dergleichen Recurse, bei welchen es meiste ntheils ohnehin nur auf das Zeitgewinnen abgesehen ist, verzögert werden.

Ferner lässt sich die Schreiberei auch durch eine genaue Beob- Genaue Be- obachtung achtung der Activitätsvorschriften vermindern. Es kann eben so wohl ^er Activi-

geschehen, dass die vorgesetzte Stelle dui'ch ungebührliches Ansichziehen tatsvor,

Schriften

der Geschäfte die Wirksamkeit ihrer Untei'behörden normalwidrig einengt, oiUv der als dass diese Unterbehöiden aus Unachtsamkeit, Vei'gessenheit oder unzeiti- Grenzen aes

Wirkungs- ger Aengstlichkeit Entscheidungen einholen, wo sie selbst definitiv vorgehen vrcises

sollten. Weder das Eine noch das Andere darf zugegeben, vielmehr sollte ^^^ Vater-

behörden.

vorzüglich den Präsidien die strengste Wachsamkeit gegen jede Ausser- achtlassung der Activitätsnormativen zur Pflicht gemacht werden. Bei der starken Geschäftsvermehrung, die aus dem Länderzuwachse entstanden ist. uml bei der offenbaren Ueberladung des Thrones, sowie des Staats- und Conferenzministeriums scheint aber nebstbei eine noch mehrere

9*

182

[132]

Schlendrian

der Referenten.

Unter- weisungen

und Instructio- nen.

Erweitonuii^ des Wirkiiugskrpiso dtM- Bohördon mit Rücksicht auf die Verschiedpiiheit ihrer Verfassungen mit jedem Tage unerlässlicher zu werden. Ohne es in Abrede zu stellen, dass man hiebei vorsichtig ver- fahren müsse, um nicht zu manchem Missbrauche Anlass zu geben, zweifle ich doch nicht, dass es Objecte gibt, wo solche Erweiterungen ohne Be- sorgniss eines wesentlichen Nachtheils zugestanden werden können. Eine aufmerksame Geschäftsleitung führt von selbst auf diese Objecte, und eine rege Aufsicht der vorgesetzten Stelle auf jene, die ihr untergeordnet sind, schützt zuverlässig mehr als jede Beschränkung des Wirkungskreises gegen Missbräuche und Unfüge.

Gedankenlose Fragen und unnöthige Einvernehmungen, die nicht selten blos darum geschehen, weil die Eefereuten sich die Arbeiten er- leichtern, manchmal auch nur, weil sie den Gegenstand schnell aus der Hand bringen wollen, und mit welchen vorzüglich die Buchhaltungen viel- fach heimgesucht und von ihren Berufsarbeiten abgezogen werden, sind eine zu ergiebige Quelle der Geschäftsvervielfältigungen und Verzögerun- gen, als dass nicht mit allem Nachdrucke darauf zu halten, dass sie künftig mehr, als es bisher geschah, unterbleiben. Auch hier liegen die Abhilfs- mittel schon selbst in dem Organismus des Verwaltungssystems, da es nicht blos die Pflicht der Präsidien bei der Eevision, sondern auch die Pflicht der vorgesetzten Stelle bei Durchgehung der Gestionsprotokolle ist, darauf zu sehen, dass die diesfälligen so oft wiederholten Anordnungen ])ünktlich vollzogen werden. Allein eine werkthätige Ausübung dieser Pflicht wird hie und dort zu häufig vermisst, als dass es nicht unum- gänglich nothwendig sein sollte, sie durch nachdrückliche Einschreitungen zu erzwingen.

Ueberhaupt sind wegen einer schnellen, ordentlichen und gründ- lichen Geschäftsbehandlung gegen Endo des Jahies 1806 und im Anfange des Jahres IHOT eigene Unterweisungen und Instructionen t'üi' die Hof- steilen ergangen, die späterhin aucli auf die Länderstellen und Admini- strationen ausgedehnt worden sind. Dass man sie nicht unnütz, unaus- führbar oder sonst zweckwidrig befunden hat. erhellt schon daraus, dass von keiner Seite Gegenvorstellungen einlangten. Noch weniger ist mir bekannt, dass jemals eine Zurücknahme odei- Aufhebung dieser Instruc- tionen erfolgt wäre. Aber Jedermann weiss, dass in mehreren Punkten gai' nicht mehr darnach geachtet wird, und dass sie bei einigen Stellen ganz in Vergessenheit gerathen sind. Findet man selbst bei einzelnen Commissionsgeschäften Instructionen für diejenigen, welchen solche Ge- schäfte übertragen werden, nothwendig, so scheint doch bei einer für den Staat und jeden Einzelnen so äusserst wichtigen Sache, wie die Geschäftsbe-

[133] 133

haudluugim Allgcmeiuou ist. ciuc bestimmte Anleitungweit iinontbolulicher zu sein und nur von solch einer Anleitung,nicht aber von der Koutine. dem Usus, vielleicht gar der Präsidialwillkür lässt sich Ordnung, Genauigkeit und Gleichförmigkeit erwarten. Die in den Jahren 1806 und 1807 er- gangenen Instructionen niiigen nun immer unvollständig und mangelhaft sein, sie mögen Ergänzungen und Abänderungen, sie mögen eine sorg- fältige Berücksichtigung der gegenwärtigen Lage der Dinge bedürfen, aber auf jeden Fall dienen sie ganz gewiss zu einem Anhaltspunkte für das, was gegenwärtig festzusetzen und anzuordnen wäre. Die Prüfung und Berichtigung dieser Instructionen wäre daher unverzüglich zu veranlassen, sobald sie die Allerhöchste Sanction erhalten haben, zur Kundmachung zu schreiten, dann aber auch mit aller Festigkeit handzuhaben, weil das Einschlafen der Vorschriften beinahe zur Sitte geworden ist, und alle Ver- besserungsmassregeln erfolglos bleiben, wenn man auf die Befolgung des Angeordneten nicht mit Zuversicht rechnen kann.

Die soeben angedeuteten Verfügungen würden zwar ganz gewiss zur Vereinfachung, sowie zur schnellen und gründlichen Bearbeitung der Geschäfte wesentlich beitragen, aber vollkommen wird der Zweck doch ^^'e Aufgabe nie erreicht werden, wenn nicht der Alles belebende Hauch von oben aus- Monarchen geht und den divergirenden Wirkungen, welchen eine so complicirte "' «^em ^""t Maschine, bei den bekannten grossen Verschiedenheiten der Ansichten ^^stal'^te^" und Interessen, ohne eine zusammenhaltende Kraft nur gar zu sehr aus- gesetzt ist, von oben Einhalt gethan wird. In einer Monarchie, die aus mehr als 26 Millionen Menschen, aus mehr als aus einem Dutzend ver- schiedener Nationen mit beinahe eben so vielen Sprachen, aus mehr als einem halben Dutzend verschiedener Religionen besteht, die keine allge- meine, sondern äusserst differente Verfassungen, manchmal sogar in einer und der nämlichen Provinz sehr wesentliche Nuancen hat, wo sich die Interessen der verschiedenen Classen und Stände, ja selbst ganzer Länder so vielfältig kreuzen, die in einer fast 200 Meilen langen Strecke an den uncultivirtesten Theil von Europa, wo man sich noch durch Sanitäts- cordon gegen Pest und Epidemien schützen muss, im Ganzen aber an 9 bis 10 fremde Staaten grenzt, die also auch in gewöhnlichen Zeiten unter allen europäischen Ländern am schwersten zu beherrschen ist, die noch dazu seit Kurzem mehrere durch eine längere oder kürzere Reihe von Jahren von ihr getrennt gewesene Länder zurückerhalten hat. die sich durch mehr als zwanzigjährige Kraftüberspannungen in einem sehr leiden- den Zustande und in einer gänzlichen Zerrüttung ihres Geldwesens die so viele andere Zerrüttungen unvermeidlich nach sich zieht befindet und die nun, wo böse Nachwehen der gar zu lange gedauerten Anstren-

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guugcn sich mit den widrigsten Eleiucutarcrcignisscn vereinbarten und dadui'ch eine auch den standhaften Mann wahrhaft erschütternde Lage herbeifülirten, grossen und unübersehbaren Uebelu nur durch die schleunige Ergreifung und beharrliclie Ausführung der zweckmässigsten Mittel vorbeugen kann, in solch einer Monarchie müssen die Geschäfte nothwendig so häufig, so wichtig und so verwickelt sein, dass dem Souverän, bei welchem alles Erheblichere zusammenfliesst, schlechterdings nichts Anderes übrig bleibt, als sich auf die Hauptmomente zu beschränken, sich in der steten Uebersicht des Ganzen und seiner Verbindungen zu erhalten, die nöthigen Impulse zu geben, jede Hemmung und Stockung in dem Gange der Administration zu verhüten, seine vorzügliche Auf- merksamkeit auf eine gute Besetzung der wichtigeren Aemter zu richten, zu belohnen, zu bestrafen und, was in einer Monarchie wie die öster- reichische von ungemeiner Erheblichkeit ist, das Gleichgewicht oder wenigstens ein richtiges Verhältniss zwischen ihren so äusserst hetero- genen Bestandtheilen zu erhalten. Von den tausenden von Geschäften, die alljährlich leider in zu grosser Zahl bis an den Thron gelangen, kann der Monarch nur in die wichtigsten eigene, nähere Einsicht nehmen. Xoch weiter gehen und das ganze Detail der nicht selten sehr unbedeuten- den Geschäfte selbst würdigen zu wollen, ist eine absolute Unmöglichkeit, die, weit entfernt etwas Gutes zu stiften, nur Aufenthalte veranlassen, ungleich wichtigeren Dingen die nöthige Zeit entziehen und die fort- währende Uebersicht des Ganzen das höchste und interessanteste Re- gierungsobject verloren gehen machen würde. Der Einwurf, dass die Wichtigkeit der Geschäfte relativ ist, weil an sich geringfügige Angelegen- lieiten doch für diejenigen, die es betrifft, von entscheidenden Folgen sein küunen, ist hier von gar keinem Belange. Man kann es wohl von dem dichter, von jedem anderen Staatsbeamten, der sein bestimmtes Älass von Geschäften hat, mit vijllem Rechte fordern, dass er kleinere Processe mit eben der Grüiidlichkeit wie grössere, minder wichtige Parteisachen mit eben der Aufmerksamkeit wie erheblichere behandle. Aber ganz anders verhält es sich rücksichtlich der Person des Monarchen, der nur auf' das Ganze sehen kann und je mehr er sich mit dem Detail befasst, das Grosse und Wesentliche aus den Augen vei-liert. Niemandem ist es noch einge- fallen, dem Monarchen zur Last zu legen, dass er die Entscheidung aller, auch der wichtigsten Processe, sell)st die Vcrurtlicilung zum Tode aus- schliessend den Gerichtshöfen ültei-lässt nud nur das I*ogna.(ligungsrecht bei Todesstrafen sich vorbeliält. Ti'ilgt dei' Landesfi'irst kein Bedenken, liier, wo es so oft auf Ehre, Vei'mögen, Freilieii und Leben dei' Bürger ankommt, die definitive Entsclieidiing seinen Gerichtsstellen zu übei-lassen.

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135

erkennt der Lanilesfürst luiii mit ihm der ganze gebildete Theil der Nation, dass er dies, ohne sein Gewissen nur im Geringsten zu belasten, thun könne, ja dass er sogar bei einem entgegengesetzten Verfahren schon dadurch, dass er eine unerschwingliche Last auf sich nimmt, sein Gewissen zu be- lasten Gefahr laufen würde, so geht wohl schon aus der Analogie hervor, dass er auch bei den ungleich zahlreicheren politischen und Caraeralange- legenheiten mit dem Detail der Geschäfte sich nicht befassen könne und solle, zumal der Aufsichten und Controlen mehr als genug bestehen, um, so viel es menschlicherweise nur immer möglich ist, Willkürlichkeiten und andere Unftige zu verhüten.

Dagegen ist Alles daran gelegen, jenen festen, schnellen und ordent- lichen Gang in die Geschäfte zu bringen, von welchem allein grosse Re- sultate zu erwarten sind, den Jedermann wünscht und der, sobald er be- merkbar wird, der Staatsverwaltung nothwendig Achtung und Folgsamkeit verschaffen muss. Die im Zuge stehenden Verhandlungen mögen nun die Aufrechthaltung des Öffentlichen Dienstes und der Gefälle, oder neue ge- meinnützige Anstalten, oder die Abstellung von Gebrechen, oder andere neue Einrichtungen und Verbesserungen, oder Parteisachen betreffen, so ist der Schaden meistentheils nicht unbeträchtlich, manchmal ungemein gross, der aus der oft jahrelangen Verzögerung solcher Angelegenheiten entspringt. Es fehlt sogar an Beispielen nicht, dass ausserordentlich mühsame und gründliche Ausarbeitungen einzelner Referenten so lange herumgezogen wurden, bis wegen der in einer Reihe von Jahren einge- tretenen Aenderung der Umstände kein Gebrauch mehr davon gemacht w^erden konnte, oder dass sie bei einer Circulation oder als Reproducenda irgendwo in Verstoss oder in Vergessenheit geriethen, oder, ohne nur meritorisch aufgenommen zu werden, in einer Registratur, vielleicht auch in einem Bureau erliegen blieben, dass ebenso manche Parteien den Aus- gang der langwierigen Verhandlungen über ihre Gesuche, Anträge oder Beschwerden gar nicht erlebten. So widrige Eindrücke dies unausbleib- lich hervorbringen musste, so angenehm wird die Sensation sein, wenn Ordnung uml Sehneiligkeit in dem Geschäftsgange wieder zurückkehrt. Das Beispiel von oben und solch ein stufenweises Herabwirken, dass ein Keil den andern treibt, ist das unfehlbarste Mittel zur Auflösung dieses grossen Problems.

Die Möglichkeit, dieses auszuführen, hängt aber von dem, was ich im vorhergehenden Absätze umständlich angegeben habe, ab.

Eine Centralleitung ist gewiss in keinem Staate nothwendiger als in der österreichischen Monarchie, wo, ohne der auswärtigen Angelegen- heiten zu erwähnen, die nicht andei's als abgesondert und durcli eine

Die

Nothwendig-

keit eines

festen, schnellen und ordent- lichen Geschäfts- ganges.

Die

Nothwendig-

keit einer

Central-

leitnng.

136

[136]

Hofslellcn.

Einiichtung des Staats-

UDd

Conferenz-

roiniste-

riiiins.

MinistcrialstcUc behandelt werden köuueu, und olmo der Holstäbe und Hofärater zu gedenken, eine eigene Kanzlei für die deutschen und galizi- schen Länder, eine eigene Organisirungs-Hofcommissiou für die wieder- eroberten Länder, eine eigene Kanzlei für Siebenbürgen und eine für Ungarn, ein Hofkriegsrätliliches Departement für die }»(»litisc-hen Agenden aller Grenzregiraentsbezirke, ein Finanzministerium mit der demselben untergeordneten HofkamuKM' für alle Finanz- und Caineralgegenstände, ein Hofkriegsrath für die gesammtcn Militänmgelegenheiten, eine oberste Rechnungsbehörde für die deutschen und galizischen Länder, füi- Tirol, Illyrien und das Küstenland, zum Theil auch, aber jetzt nur noch in ge- ringer Beziehung für das Kcinigreich Italien, ein oberster Gerichtshof für die deutschen und galizischen Provinzen, für Tirol, Illyrien und das Küstenland, ein oberster Gerichtshof (Septemvirat) für Ungarn, ein oberster Gerichtshof (die Kanzlei) für Siebenbürgen, ein oberster Gerichts- hof für Italien, endlich ein oberster (ierichtshof (die Hofkriegsräthliche Justizabtheilung) für die Armee und für die Militärgrenzbezirke, eine Hofstelle für die Polizei- und Censursangelegenheiten, ausserdem aber noch eineGesetzgebungs-Hofcommission, eine Studien-Hofcommission, eine Normalien-Compilations-Hofcommission , eine Grundsteuer-Eegulirungs- Hofcommission, eine Militär - Verpflegs - Systemisir ungs - Hofconnnission, eine Canalbau-Hofcommission und eine Commerz-Hofcoramission besteht, mithin ausser der in der Natur der Sache gegrümleten Abtheilung der leitenden Hofstellen in die verschiedenen Hauptzweige der Administration, die fast aller Orten abgesonderte oberste Verwaltungsbehörden haben, nämlich: innere Verwaltung, Finanz, Justiz, Polizei und Kriegswesen, theils wegen der verschiedenen Verfassungen der Länder, theils weil man einigen Zweigen durch Aufstellung eigener Commissionen besser vorzu- sehen glaubte, theils aus anderen Ursachen, solch eine Menge und Mannig- faltigkeit von unter sich unabhängigen Hofstellen, mit allen aus einer weit getriebenen Zerstttckung unvermeidlich entspringenden Geschäfts- vermehrungen, Umtrieben und anderen Unzukömmlichkeiten vorhanden ist, dass, wenn nicht eine Centralleitung bestünde, die alle diese Hof- stellen umfast, die ungeheure Verwaltungsmaschine, statt ein harmonisches Ganzes zu bilden und concentrisch zu den grossen Staatszwecken zusam- men zu wirken, in ein ungestaltetes Chaos ausarten würde.

Schon hieraus geht die hohe Wichtigkeit der Bestimmung des Staats- und Conferenzministeriums, zugleich aber auch die unvermeid- liche Nothwendigkeit solch einer Organisation dieses Departements hervor, dass der Zusammenhang des Ganzen durch dasselbe zuverlässig erhalten, jede Hofstelle und Hofcomraission in der ihr zugewiesenen Geschäfts-

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abtlieihmg genau übersehen und controlirt. <ler Gang der Administration im Grossen fortwährenti beobachtet, Ordnung und Behendigkeit in die Geschäfte da, wo es daran mangelt, gebracht, da, wo sie bestehen, erhalten, bei den Collisionen und Reibungen, die zwischen so vielen Verwaltungs- körpern öfter entstehen, die dem Dienste zuträglichste Ausmittlung ge- troffen, das wahre Verhältnis« zwischen den sehr ungleich constituirten Ländern nie aus den Augen gelassen und alle vorkommenden Gegenstände durch reiferwogene Abstimmungen zur Allerhöchsten Entscheidung ge- hörig vorbereitet werden. Die Theilung in Sectionen und die Abhaltung staatsräthlicher Sitzungen hat weder die weise Stifterin des Staatsrathes, Maria Theresia, noch der grosse Staatsmann, der den Vorschlag dazu machte, Fürst Kaunitz, noch irgend einer derjenigen, die nach einer laugen praktischen Erfahrung über die Verfassung desselben sich zu äussern späterhin in dem Falle waren, zweckmässig gefunden, so wie überhaupt diese, wie es scheint, von dem himmelweit verschiedenen fran- zösischen Staatsrathe entlehnte Idee auf den österreichischen ganz und gar nicht passt. Würde der Staatsrath mit etwaiger Beibehaltung Die der Sitzungen oder förmlicher Conferenzen bei wesentlich getheilten Mei- ^^"^ ^'""^ nungen, oder bei wichtigeren Gegenständen wieder auf den Fuss zurück- staatsrathes gesetzt, auf welchem er sich zu Anfang des Jahres 1807 befand, und der ^^^^cs^^gQ-^ von allen früheren Verfassungsarten bis zum Jahre 1801 wenig verschie- und die den war. und würde er dergestalt besetzt, dass alle Gegenstände unvcr- ^"'j^rhen züglich in die Bearbeitung genommen, mit der ihrer "Wichtigkeit zusagen- Wirkungen den Müsse gewürdigt, die Protokolle sämmtlicher Hofstellen srenau ^*'°"®°"

-- " - sprechenden

durchgegangen, auch im Uebrigen ihre Gestion streng im Auge gehalten, Einrichtung. und von Zeit zu Zeit ein und das andere Glied des Staats- und Conferenz- ministeriums in die Länder gesendet werden könnte, sowoljl um dort mit eigenen Augen dem Gange der Administration nachzuforschen, als den Zustand der Länder auch durch andere Wege als durch blosse Amts- berichte kennen zu lernen umi sich stets in der neuesten Local- und Personalkenntniss zu erhalten, so Hessen sich davon die nützlichsten Folgen mit um so mehrerem Grunde erwarten, als der Staatsrath sodann nicht nur allein selbst das Beispiel von Schnelligkeit. Ordnung und Ge- nauigkeit in den Geschäften geben, sondern auch vollkommen im Stande sein würde, die Geschäftsführung der Hofstellen bis in ihr Innerstes zu durchblicken, wo sich Gebrechen zeigen, die Ursachen derselben zu ent- decken und die sachdienlichsten Vorschläge zur Abhilfe zu machen, mit- hin als höchste, unmittelbar an der Seite des Monarchen stehende und im eigentlichsten Verstände sein geheimes Rathsgremium darstellende Behörde Aufsicht, Controle und Zusammenhaltung des Ganzen im ausgedehntesten

138 [138]

Sinne zu bewirken. Es versteht sich dabei von selbst, dass Gunst und

Ungunst, Nepotismus, Vorliebe für das eine oder das andere Land, Eigen-

Das dunkel und Selbstsucht nirgendwo mehr als bei dem Staats- und Conferenz-

.^aas-nn niinisterium Verbannt werden muss, und dass es dort noch nothwcn-

Conferenz- '

ministeiium digcr als bci jeder anderen Behörde ist, keine Präpotenz einreissen zu Freiheit 'der l^^sen , die Freiheit der Meinungen als ein unantastbares Heiligthum Meinungen, zu betrachten und bei den Abstimmungen einzig auf das Gewicht der Gründe Kücksicht zu nehmen.

Auf diese Weise würde das Staats- und Conferenzministerium über- aus vielen Nutzen schaffen, besonders wenn durch die Beschränkung der Zahl der an den Thron gelangenden Gegenstände worunter gewiss viele geringfügige sind, die in den staatsräthlichen Elenchen leicht auf- gefunden und für die Zukunft der eigenen Entscheidung der Hofstellen um so unbedenklicher, als sie ohnehin noch immer durch den Weg der Protokitlle zur Kenntniss des Staatsrathes gelangen, übei'lassen werden können mehr Zeit für die wichtigeren Geschäfte gewonnen würde, und wenn die schon früher in Vorschlag gebrachten, auch damals von Seiner Majestät genehmigten, aber noch niemals zur Ausführung gekommeneu Länder- Länderbercisungen stattfänden, wodurch jenen Nachtheilen, die man der crcisungen. j,^^ggjjg^jjjj^gj^ Bureaukratic zuschreibt, am kräftigsten entgegengewirkt, die Folgen und Wirkungen aller älteren und neueren Einrichtungen und sonstigen Verfügungen an Ort und Stelle wahrgenommen, die Gestion der Beamten auch in den weitesten Entfernungen schärfer, als es durch den blossen Dicasterialweg geschehen kann, im Auge gehalten und die getreuesten Gemälde von dem Zustande der Länder, von den Wünschen und Bedürfnissen der Völker an den Thron gebracht werden würden.

Eine weitere grosse Erleichterung für die Centralleitung Hesse sich dadurch bewirken, wenn derselben jene Data und Materialien verschafft würden, die zu einer vollständigen Uebersicht, wo nicht ganz unentbehr- lich, doch gewiss von dem entschiedensten Nutzen sind, und die, mit der gehörigen Sorgfalt und Genauigkeit verfasst, nicht selten als Grundlage für die wichtigsten Combinationen gebraucht werden köjincu. Dass der ungemeine Vortheil, den der praktische Geschäftsmann, ilcn selbst der statistische angehende Beamte aus statistischen Tabellen und Ausweisen TabcUenund ^.^y^,- fg^ j^^nu, uic verkannt wurde, wiid (hiraus offenbar, dass schon in

Ausweise. ^

früheren Zeiten einige Länderchefs sich um solche bewarben, mehrei-e Kreisämter in Beziehung auf die ihnen anvertraute Landesstrecke solche Tabellen und Ausweise verfassten und eben so auch einige Buchhaltungen das, was sie aus den Rechnungen und den sonst zu ihrer Kenntniss

[139] 139

gelangomlcn Actcnstücken liefern konutcu, für sich selbst uqiI fiir 'len Landesclicf gesammelt haben.

Aber ernstlichere Schritte, um sich solche Materialien zu verschaffen, a nfange wurden, und zwar gerade zum Behufe der Centralleitung, im Jahre 1803 jjaterlaiien- gemacht. Am meisten ging zwar die Absicht dahin, von den im Jahre 1797 sammiung neuerworbenen Ländern Venedig, Istrien, Dalmatien und Cattaro nähere Kenntnisse zu erlangen. Aber bei der nämlichen Gelegenheit wurde auch in ganz Innerösterreich, in dem Fiumaner Bezirke, in Tirol und in Oesterreich jenseits der Enns solche Einleitung getroffen, dass nicht blos von den politischen Behörden, sondern auch von den Appellationsgerichten und von den Bancal- und Tabakgefällsadministra- tionen sehr vollständige Xotizen und tabellarische Uebersichten eingesendet wurden. Seine Majestät fanden dieselben so wichtig und so befriedigend, dass die Formulare, nach welchen in den vorbenannten Ländern gearbeitet worden ist, späterhin auch den Gouverneuren anderer Provinzen zuge- fertigt wurden, um nach und nach zur Totalübei'sicht der Monarchie oder wenigstens der gesammten deutschen Länder zu gelangen. Allein durch die wiederholten Kriege, durch den Schwall der Geschäfte, vielleicht auch weil sich späterhin Niemand mehr der Sache angenommen hat , unter- blieben in der Folge alle weiteren Sammlungen, und mir ist es blos von der Provinzial-Staatsbuchhaltung in Böhmen bekannt, dass sie ihre statistischen Tabellen von Jahr zu Jahr fortsetzt.

Wäre es nur noch im Geringsten zweifelhaft, ob der Besitz solcher wieiuigkeit Materialien ein solches Interesse gewähre oder nicht, so würde sich der , ,. " ,

° ' statistischen

evidente Beweis, dass er nicht blos vortheilhaft, sondern von äusserster Ausweise. Wichtigkeit sei, nicht blos durch das Beispiel fremder Staaten und durch die Autorität so vieler Gelehrten, sondern auch durch factische Ereignisse, wo man den Mangel solcher Notizen schwer gefühlt und wesentliche Xachtheile dadurch erlitten hat, herstellen lassen. Es würde leicht sein, darzuthun, wie viel die Central- und jede höhere Geschäftsleitung dabei gewinnt, wenn sie solche Notizen vorräthig hat, um sie bei jedem vor- kommenden Falle sogleich benützen zu können, statt dass mau sich jetzt immer erst, wenn schon die Nuthwendigkeit des Gebrauches eintritt, darum bewerben muss, woraus der zweifache Schaden resultirt, dass die Gegenstände, zu deren Erledigung dei'gleichen Ausweise und Tabellen uothwendig sind, immer bis zu deren Zustandebringung aufgehalten werden, und dass letztere wegen der Eile, mit welcher sie verfasst werden müssen, und bei dem Mangel an Vorbereitungsanstalten manchmal unvollständig, manchmal selbst fehlei-haft sind. Allein dieser Zweifel scheint nun schon wohl vollends aufgelöst un<l der Nutzen und die

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[140]

Die

Sunmarien

der Central-

JeitnDg in

statistischer

Hinsiebt.

eis- und

Trans-

leithanien.

Der

Nützen der statistischen Suinmarien

Wichtigkeit solcher Materialien für die Geschät'tsleitung allgeinciu auer- kannt zu sein.

Soll aber der Zweck in seinem ganzen Umfange erreicht werden, so müssen die zahlreichen einzelnen Beiträge bei einer Behörde ziisammen- fliessen, dort aus den einzelnen Tabellen die Summarien gemacht und gedachte, über alle Zweige der inneren Administration nach ihren Haupt- abtheihingen verfasste Summarien der Centralleitung vollständig unter- legt, ausserdem aber jeder administrirenden Hofstelle Alles, was in das ihr zugewiesene Fach einschlägt, raitgetheilt werden. Sehr Vieles könnten hiebei die Länder- und Hofbnchhaltiingen leisten. Aber da dieselben doch auf so manche Administrationszweige gar keinen Einfluss haben, so müssen die dafür aufgestellten Behörden die Ausweise und Tabellen für diese Zweige entweder selbst verfassen, oder doch wenigstens die dazu erforderlichen Materialien einsenden. Es ist zu einleuchtend, wie viel an ihrem Werthe verloren geht, wenn sie nicht in den Hauptrubriken über- einstimmen, oder sonst mangelhaft und unzusammenhängend sind, um erst noch umständlich zu beweisen, dass die Einleitungen zur Verfassung dieser Ausweise und Tabellen von einer und der nämlichen Behörde ge- troffen werden müssen, weil man nur auf diese Art der Gleichförmigkeit versichert sein kann. Aus den gesammten deutschen Ländern, aus Galizien. aus dem Königreiche Italien, Illyrien, Tirol und dem Küstenlande sich alles Nöthige zu verschaffen, kann, wenn einmal die Sache von Seiner Majestät genehmigt und die Behörde, welcher die Ausführung obliegen soll, bestimmt worden ist, gar keinem Anstände unterliegen. Aber weit grössere Beschwerlichkeiten treten in Ansehung Ungarns und Sieben- bürgens sowohl wegen der eigenen Verfassung dieser Länder, als selbst auch wegen des dort bestehenden Verwaltungssystems ein. Indessen lässt sich doch durch unmittelbare Allerhöchste Aufträge an den Erzherzog- Palatinus, so wie an den Kanzler oder Gouverneur von Siebenbürgen, durch die ungarische Hofkammer und die ihr zugetheilte Buchhaltung, endlich durch die ungarisch-siebenbürgische Hofbuchhaltung Vieles be- wirken und vielleicht auch auf indirecten Wegen noch manche Lücke ergänzen.

Hat man nur erst alle Daten uml Materialien von einem ver- gangenen Jahre vollständig gesammelt, daraus die Summarien verfasst, und diese sowohl der Centralleitung als den Hofstellcu fiir ihre Verwal- tungszweige übergeben und dem Minister der äusseren Verhältnisse das- jenige mitgctheilt, was für seinen Geschäftskreis von höherem Interesse ist, so wird sich das Nützliche dieser Einleitungen gewiss in solch einem Masse bekunden, dass sich alle Wünsche auf die Fortsetzung derselben

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vereinigen werden. Aber »lern denkenden Manne entgeht es nicht, wie sehr sich die Vortheile mit jedem Jahre vermeliren werden, wo die Arbeiten, je mehr diejenigen, welchen sie obliegen, mit ihnen vertrauter werden, immer an Richtigkeit und Vollständigkeit zunehmen, und wo gerade die Entgegenhaltung der Ausweise und Tabellen von mehreren .Jahren die wichtigsten Aufschlüsse gibt und der Administration Daten liefert, welche ihr- bei einem zweckmässigen Gebrauche zum grössten Be- hufe gereichen können.

Und doch hat man hiedurch noch nicht das äusserste Ziel erreicht, wenn man kein zur Vervollkommnung der Administration anwendbares Mittel unbenutzt lassen will. Die administrirenden Stellen werden zwar, wenn die soeben angedeuteten Ideen in Erfüllung übergehen, mit sach- dienlichen Behelfen für ihre Gestion ungleich besser als jetzt versehen sein, sie werden deren von Jahr zu Jahr mehrere erhalten. Allein der Vortheil würde noch ungleich grösser sein, wenn dabei auch die statisti- schen Notizen fremder Staaten, mit welchen oft die interessantesten Ver- gleiche angestellt werden können, nicht vernachlässigt würden. Bei der in vielen Staaten sehr weit getriebenen Publicität kommen dergleichen Wichtigkeit Daten häufig selbst in Zeitungsblätteru und in periodischen Schriften vor. statistischen Auch mauche grössere Werke, die von Zeit zu Zeit erscheinen, fliessen Daten in aus solchen Quellen und beruhen auf solchen Autoritäten, dass man, nach jo„naien den Kegeln eines vernünftigen Kriteriums, die Echtheit ihrer Angaben »nd kaum bezweifeln kann. An Materialien würde es also selbst dann nicht fehlen, wenn es das Ministerium der auswärtigen Verhältnisse nicht thun- lich fände, zur Einsendung solcher Materialien Aufträge an die Gesandt- schaften zu erlassen. Sehr bedeutend würde der Aufwand zur Anschaffung der Zeitungen, Journale und statistischen Werke nicht sein und die zur Verfassung der Summarieu und Vergleichungstabellen gebraucht werdenden Individuen hätten sich wenigstens im Anfange nur auf eine geringe Zahl zu beschränken.

Ueberhaupt müsste es sich die Behörde, welcher die Leitung und Pian- Ausführung der Sache übertragen werden wird, zur Richtschnur nehmen, ja nicht gleich bei der ersten Entstehung zu weit auszuholen, was leicht zur Folge haben könnte, dass mau wenig oder nichts leistet, weil man zu viel leisten wollte, sondern mit einem beschränkteren Plane zu beginnen, sich zuerst vorzüglich mit der Sammlung der Materialien und mit den sachdienlichsten Mitteln, dieselben gleichförmig zu überkommen, zu be- schäftigen, sodann schrittweise weiter vorzurücken und erst, wenn schon Resultate vor Augen liegen, deren Nutzen nicht bestritten werden kann, zur vollständigeren Ausführung überzugehen.

massiges Vorgehen.

142 [142]

An die voraageführteii Eileicliterungen der Centralleitimg durch vermehrte und verbesserte Uebersicht reiht sich noch eine, die ich für nichts wenig-er als unwichtig halte, ich meine die Wiedereinführung der schon in frühereu Zeiten, zwar nicht allgemein, aber doch bei mehreren Verwaltungszweigen bestandenen Administrationsberichte. Ich weiss sehr wohl, dass viele dieser Berichte der Erwartung nicht entsprochen haben, dass einige äusserst dürftig, andere viel zu weitläufig ausgefallen sind, dass die Schreiberei dadurch im Ganzen nicht wenig vermehrt worden ist, dass man eben darum den Nutzen keineswegs überwiegend fand und es daher von diesen Berichten wiedei- abkommen Hess. Allein so sehr diese Thatsachen gegen eine Wiedereinführung der erwähnten Berichte zu streiten scheinen, so möchte ich sie doch für keine entscheidenden Gegen- gründe gelten lassen, weil nach meinem Dafürhalten der Fehler nur in den Anordnungen lag, die nicht genug instructiv und erschöpfend waren, und keine hinlänglichen Bestimmungen, wie die Administrationsberichte beschaffen sein sollen, enthielten, was dann zur Folge hatte, dass jeder seine eigenen Begriffe damit verband und Viele den Zweck gänzlich ver- fehlten. Ueberdies wird durch monatliche und selbst durch vierteljährige Administrationsberichte die Arbeit zu sehr und im Grunde ohne Noth ver- mehrt, weil 'in so kurzen Fristen nur wonig wesentliche Aenderungen, die für die höhere Leitung und Aufsicht von Wichtigkeit sind, vorzufallen pflegen. Würde nun diesen Gebrechen durch eine bündige, leicht fass- liche Anleitung, die keinen Zweifel darüber übrig lässt, was man bei Ab- forderung der Administrationsberichte bezweckt und wie diese Berichte eingerichtet sein sollen, so wie durch die Festsetzung längerer Fristen, nämlich halb- oder selbst ganzjähriger abgeholfen, so Hesse sich darauf, dass durch diese Verfügung der Centralleitung über das Ganze der Ver- waltung und jeder administrirenden Hofstelle von ihren Unterbehörden höchst interessante Berichte zukommen werden, um so zuversichtlicher rechnen, als schon zuvor, ungeachtet es damals an bestimmten Anlei- tungen fehlte, wirklich einige sehr schätzbare Admiuistrationsberichte eingelangt sind, und als dergleichen Berichte zur Entwicklung der Fähig- keiten und Sachkenntnisse derjenigen, welche dieselben zu verfassen haben, bei Weitem mehr als die gewöhnlichen Amtsberichte geeignet sind. Es gilt auch hier die bei dem vorhergehenden Absätze gemachte Bemer- kung, dass nämlich, wenn auch im Anfange einige dieser Berichte nicht befriedigend wären, sie ganz gewiss selbst durch die mehrere Uebung und durch die darüber ergehenden Belehrungen gehaltreicher werden und dass die davon für die Geschäftsverwaltung zu erwartenden Vor- theile wegen der grossen üebersichtcn, die sich aus der Combination

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143

Nützlich- keit, ja Noth- wendigleit derselben.

mehrerer solcher Berichte ergeben von Jahr zu Jalir zunehmen würden.

Warum mir aber die Wiedereinführung der Administrationsberichte nicht blos nützlich, sondern, wenn man sich nicht mit der materiellen Abfertigung der Geschäfte beruhigen will, selbst nothwendig scheint, hat seinen Grund in den Erfahrungen, die jeder aufmerksame Geschäftsmann gewiss häufig zu machen Gelegenheit hatte, dass nämlich der reinste Wille und ein nicht gemeiner Takt nicht immer hinreicht, all das Gute und Nützliche zu leisten, was man beabsichtigt, ja dass man manchmal bei dem eifrigen Bestreben, zu oi-ganisiren, zerstört oder sonst von unrichti- gen Voraussetzungen ausgeht, und irrige Begriffe und Ansichten bei ein- zelnen, mitunter auch wichtigeren Gegenständen immer tiefere Wurzeln schlagen, wenn man nicht durch periodische Zusammenstellungen die Er- folge genau zu übersehen in den Stand gesetzt wird. Noch weit mehr in die Augen springend ist es aber, dass Käthe und Referenten, die insge- sammt eine grosse Menge einzelner Eingaben alle Wochen und Monate des Jahi'es hindurch erledigen müssen, sohin sich an die fragmentarischen Arbeiten gewöhnen, mit diesen alle Hände voll zu thun haben und dadurch selbst in den grösseren Ausarbeitungen nicht wenig gehindert werden, den Zusammenhang des Ganzen und den Ueberblick des Fortschreitens oder Zurückbleibens in den verschiedenen Abtheilungen des ihnen anver- trauten Verwaltuugszweiges, auch wenn sie nichts weniger als fahrlässig in ihrem Amte sind, nur gar zu leicht aus den Augen verlieren, wo doch gerade dieser Ueberblick die Seele einer entsprechenden Geschäftsleitung ist und die Administrationsberichte schon darum, weil sie sich über das Ganze verbreiten, die meiste Versicherung gewähren, dass sowohl die Verfassung, als die Durchlesung und Prüfung dieser Berichte zur Ueber- sicht des Ganzen führt, mithin dadurch sich doch haltbare Anhaltspunkte zu einer planmässigen und consequenten Geschäftsbehandlung bilden. Worauf es aber nebst einer fasslichen und vollständigen Anleitung nach meinem Dafürhalten noch vorzüglich ankommt, um sich einer zweck- mässigen Verfassung der Administrationsberichte zu versichern, ist die Einräumung einer hinlänglichen Frist, damit sich jedes Amt und jede Behörde, die dergleichen Berichte zu erstatten haben, durch Auszeichnung nnd Vormerkung der dahin einschlagenden Geschäftsstücke allmälig darauf vorbereiten könne und nicht erst in der letzten Zeit in Eile die Materialien aufzusuchen bemüssigt werde.

Wider die etwaige Einwendung, dass durch die in Vorschlag ge- Widerlegung brachten statistischen Ausweise und Administrationsberichte die Ge- ^. "^'^"

hin wände.

Schäfte zu einer Zeit nicht wenis: werden vermehrt werden, wo es in

Anleitung hiezu.

144

[144]

Die jetzige Aufgabe der Organisation des Staates.

Unthunlicli- keit der

Personals- verminde-

i'ung in den Aetntern.

iiiohicreu üezioliuiiyeii uiid st-llifst aucli aus liücksicliteu fiir die Fiuanzeu vielmehr unei'Iässlich ist, auf Verminderungen und nur dadurch mögliche Personalsersparungen zu denken, glaube ich mir die Bemerkung erlauben zu dürfen, das«, wenn mit dieser Idee zugleich auch die übrigen, welche der vorliegende Aufsatz enthält, ausgeführt werden wollten, im Ganzen sicher kein Zuwachs an Geschäften, sondern eine Abnahme entstehen würde, dass ferner die Verfassung der statistischen Ausweise sich mit wenigen Individuen und einem geringen Kostenbetrage ins Werk setzen lasse, wegen der Erstattung halb- oder gar ganzjähriger Administrations- berichte aber nicht ein einziger Beamter mein- als jetzt nothwendig werden könne, dass die Zeit und Mühe, welche die Zustandebringung dieser Aus- weise und Berichte fordert, bisher, wo bei so vielen einzelnen Anlässen bald dieses, bald jenes erhoben, ausgewiesen und angezeigt werden musste, vielleicht um nichts geringer war, ohne etwas Mehreres als sehr unvoll- kommene Bruchstücke zu liefei'n, dass also, ohne den grossen Nutzen, der sich von einer zweckmässigen Ausführung der Sache mit so vielem Grumle erwarten lässt, und der auch eine ungleich beträchtlichere Aus- lage rechtfertigen würde, in Anschlag zu bringen, in der so unverkenn- baren Nothwendigkeit, die Finanzen zu schonen, keine haltbare Ursache, sich wider die Ausführung zu erklären, liege. Vielmehr bin ich innigst überzeugt, dass, da gerade unsere kleinliche und fragmentarische Ge- schäftsbehandlungsart eine Menge überflüssiger Anfragen, Anzeigen, Einvernehmungen u. s. w. erzeugt, Alles, was zu grösseren Ueber- sichten, zu festeren, folgerechteren Begriffen und eben darum auch zu durchgreifenderen Verfügungen hinleitet, zwar nur indirect, aber darum doch sehi' wirksam zur Vereinfachung und Abkürzung der Geschäfte bei- tragen wird.

Zu einer Zeit, wo die Organisation so vieler wieder erworbenen Länder noch weit von ihrer Vollendung entfernt ist, wo die vielfältigen Kriege auch in den älteren Provinzen der Monarchie so Vieles aus dem Geleise gebracht haben, wo man das Mangelhafte mehrerer älterer P]iii- richtungen mit jedem Tage lebhafter fühlt, wo so viele seit 20 Jahren angefangene Verbesserungen durch den Drang der Zeit unterbrochen, andere, deren Nothwendigkeit Niemand bezweifelt, noch gar nicht ange- fangen worden sind, wo so manche neue Verhältnisse auch neue Anord- nungen unumgänglich erheischen, wo die meisten Stellen und Aemtei' mit Parteisachen gegen die vorigen Zeiten drei- und viermal mehr be- schäftigt sind, wo endlich die höhere Geschäftsleitung weit weniger, als sie es vor 20 und 30 Jahren war, concentrirt ist, in solch einer Zeit lassen sich Personalsvorniinderungen, oinzelne Fälle ansgenomnien, wohl

[145] 145

schwerlich anders als mit offenbarem Nachtheile des Staatsdienstes erzwingen, dass nämlich Viele, welche auf die Geschäfte einen wesent- licheren Einfluss haben, durch Ueberladunjj: zu Schleudereien gezwungen werden, dass die Eückstände sich noch mehr anhäufen, dass die Einrich- tungen und Verbesserungen noch langsamer fortschreiten, dass also die Verlegenheiten der Staatsverwaltung noch mehr zunehmen und die An- lässe zum Missmuth noch zahlreicher werden würden. Dazu kann der i\lonarch und kann die Centralleitung doch wohl die Hände nicht bieten wollen. Es muss ihnen vielmehr Alles an einem rascheren Gange über- haupt und insbesondere bei den im Zuge begriffenen oder sonst noch uothwendigen Einrichtungen und Verbesserungen gelegen .sein. Sie würden daher mit sich selbst im Widerspruche stehen, wenn sie die Mittel dazu verweigerten oder nicht in hinlänglichem Masse gewährten. So wie die Verzögerungen, die bei dem Bau eines Hauses aus Mangel an Gelde oder an Materialien oder an Arbeitern eintreten, dem Eigenthümer zum offenbaren Schaden gereichen, eben so ist dies der Fall bei Einrichtungen und Verbesserungen in dem grossen Staatsgebäude, wozu noch kommt, dass die lange Dauer eines provisorischen Zustandes bei Allen, um so mehr also bei jenen, die davon getroffen werden, einen äusserst unange- nehmen Eindruck erregt.

Deswegen darf man sich aber keineswegs der Besorgniss über- voranssicht- lassen, dass auf eine Abnahme von Geschäften, sohin auch auf Personals- Abnahme der Verminderungen und Ersparungen an Administrationskosten wenig oder Geschäfte, gar keine Aussicht vorhanden sei. Vielmehr wird gerade in dem Masse, venninde- als die Einrichtungen und Verbesserungen nachdrücklicher betrieben und '■"°s «nd eben weil sie sich unter mehrere theilen, schneller durchgeführt werden, an'^Adm'inU auch der Zeitpunkt früher herbeikommen, wo Personalsverminderungen, strations- und zwar ohne allen Xachtheil des öffentlichen Dienstes, in mehreren ^^^ ^■^^^^. Zweigen der Administration werden vorgenommen werden können. Man Ordnung des darf nur bedenken, zu was für einem unübersehbaren Kolosse das Cassa- und Rechnungswesen in der österreichischen Monarchie hauptsächlich durch die vielen Kriege und durch die Ueberhand nähme der Zerrüttung des Geldwesens angewachsen ist, um übei'zeugt zu werden, dass, so lange dieser leidige Zustand fortdauert, Cassa- und Buchhaltungsbeamte immer noch von Zeit zu Zeit werden vermehi't werden müssen, wohingegen, so- bald Ordnung in das Geldwesen gebracht wird und die dazu erforderlichen Operationen ausgeführt sein werden, die Cassa- und Rechnungsgeschäfte an Menge und Beschwerlichkeit nothwendig abnehmen müssen, folglich auch mit einem minder zahlreichen Personal leicht werden bestritten werden können.

10

146 [146]

Normalien- riitei' (leii vci'scliicileiien f^cliiiii wirklich im Zuge stehenden Ein-

m nng. [(.j^j^j^^gj^ |;^g4.^ gj^]^ bcsonders von jener, welche die Saninilung der Nor- malien beabsichtigt, ein sehr wohlthätigcr Einfliiss auf die Ablcürznng, Erleichterung und Verbesserung der Gescliäftsbehandlung erwarten, zu- uial, wenn sich niclit auf eine materielle Sammluug beschränkt, sondern der Gegenstand systematisch behandelt, die Lücken ergänzt, die Wider- sprüche behoben, die ündeutlichkeiten berichtigt und aus deui ungeheureu Chaos von vielleicht uiehr als 100.000 Noi'uialien, deren viele aus ein- zelnen Veranlassungen ohne hinlängliche Umsicht erlassen wonlen sind, und die gegenwärtig besonders bei Behörden, wo sich die Ivcgistratnren nicht in guter Ordnung befinden, den Beferenten ihr ohnehin mühsames Tagewerk ungemein erschweren, ein wohlgeordnetes Ganzes gebildet wird.

Baidacci. j^ Jem Zeiträume, wo mir die Leitung dieses Geschäftes anvertraut war, waren die Mittel viel zu bescliränkt, als dass rasche Fortschritte möglich gewesen wären. Docli sind die Grundsätze des Verfahrens sowohl bei der Sammlung, als bei der Eedaction und bei der systematisclien Coordinirung des Ganzen damals aufgestellt, mehr als 20.000 vollständige Auszüge aus den Originalacten zusammengebracht, aus den Oameralregistraturen von einigen Zweigen die Normalien vollständig ausgehoben und von den Länderstellen die Abschriften jener von ihnen selbst erlassenen Vei'ord- nungen, welche in die Classe der Normalien gehören, abgefordert und auch grösstentheils eingesendet worden. Wäre, als nach der Hand die Leitung dieses Geschäftes zuerst an den Staatsminister Grafen von Rottenhan und späterhin an den Staatsminister Grafen von Chotek übergegangen ist, auf dem eingeschlagenen Wege fortgefahren worden, so würde auch bei geringen Mitteln die Sammlung und die Redaction nun sclion beendigt sein können. Allein wie es scheint, hat man damals andere Pläne angenommen, die dem Anscheine nach schnellere Fort- schritte versprachen, die aber nicht erfolgten. Es lässt sich erwarten, dass der Präsident Graf Wnrmser, dem die Leitung dieses Geschäftes seit einiger Zeit übertragen worden ist, die hohe Wichtigkeit desselben nach seinem ganzen Umfang erkennen und sachdienliche Vorschläge zur bestmöglichsten Beschleunigung dieser freilich sehr festen, aber wenn sie zu Stande kommt auch ungemein nützlichen Arbeit erstatten wird. Der Zweck des vorliegenden Aufsatzes gestattet mir nicht weiter in die Sache einzugehen, als da, wo ich von den verschiedenen Mitteln, den ob- waltenden Gebrechen abzuhelfen und die öft'entliche Verwaltung zu ver-

Orundiape l)essern, hamlelte, auch auf den ausserordentlichen Nutzen, den solch r!"^l eine systematische Sammlung und Bericlitiguug der Normalien, welche

imlitischen •' r^ n i^ t

Codex. die Grundlage eines jnditischeu Codex ausmachte, in vielen Beziehungen

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^•ewähion wi'uik', aufineiksam zu machen, und dieses Unternclimeii unter diejenigen zu leilien, bei denen es sehr bedauerlicli wäre, wenn man sie, weil sie ein Personal und folg-lich einen damit verbundenen Aufwand be- dürfen, aufgeben wollte.

Indem ich mich dem Schlüsse eines Aufsatzes nähere, der zum Schiuss- Zwecke hat, die Gegenstände, über welche sich die öfl'entliche Meinung ^■g^g^. pg^^. fast durchgehoiuls ungünstig ausspricht, darzustellen und die Mittel an- schiift. zugeben, durch welche nach meinem Jlrachten die so äusserst widrig ge- wordene Stimmung allmälig Avieder verbessert werden könnte, muss ich auf Objecte zurückkommen, die ich zwar schon im ersten Abschnitte, wo von der Zerrüttung des Geldwesens die Eede war, berührt habe, die aber ans der Ursache hier ausführlicher behandelt zu werden verdienen, weil sie nicht nur allein ganz vorzüglich auf die Stimmung einwirken, sondern weil gar keine Möglichkeit denkbar ist, wie, in so lange nicht den hiei-auf Beziehung nehmenden Uebeln, die ich soeben anschaulich zu machen im Begriffe stehe, ausgiebig abgeholfen wird, die Stimmung besser werden oder sonst die gegeuw'ärtige missliche Lage sich vortheilhaft ändei-n könnte. Ohne der Ackerbauenden, der Fabricirenden, der Gewerb- oder Beamten-

weU, Ainiee

Handeltreibenden, oder sonst einer anderen Classe irgend etwas von ihrem „„d staats- Werthe benehmen zu wollen, ist es doch einleuchtend, dass die Civil- gläubiger, administration im ausgedehntesten Verstände, dass der Wehrstand und die Staatsgläubiger diejenigen sind, welche der Landesfürst mehr als alle übrigen Classen berücksichtigen muss. Der Staatsgläubiger hat einen Theil seines Vermögens, Mancher sein Ganzes dem Staate anvertraut. Die Armee hat in den letzten 30 Jahren oft ihr Blut für das Vaterland vergiessen müssen. Sie leistet während des Friedens auch im Innern nützliche Dienste, und sollte in der Folge die Ruhe wieder gestört werilen, so liegt ihr abermals die Vertheidiguug des Vaterlandes ob. Die Civil- administration hat den allernächsten und wichtigsten Einfluss auf die innere Wohlfahrt der Länder, welche den grossen Staatskörper bilden. Durch die unglücklichen Zeitverhältnisse ist auch ihre Aufgabe viel be- schwerlicher geworden. Denn wenngleich im Ganzen das Verwaltungs- personal jetzt viel zahlreicher ist, als es in früheren Zeiten war, so haben doch die Geschäfte in einem ungleich grösseren Masse zugenommen. Im Allgemeinen und dem grösseren Theile hat sich die Arbeit der Beamten zuverlässig vermehrt. Und doch ist noch sehr viel zu tlum übrig. Ob es früher oder später besser »idor schlechter geschehen wird, luingt grössten- theils von der Beschaffenheit der Civiladmiuistratidu und von dem Geiste, der sie beseelt, ab. Wer wird es also nicht für ein höchst trauriges Ver- hängniss ansehen, dass diese drei Classen unter dem Drucke der Zeiten

10*

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bisher am meisten gelitten liaben und noch leiden? Nicht als ob die Wahrheit dieser Behauptung erst noch erwiesen werden müsste, sondern nur um sie anschaulicher zu machen und um einige schiefe Urtheile, die man eben nicht gar selten zu hören Gelegenheit hat, zu berichtigen, glaube ich etwas tiefer in die Sache eindringen zu müssen. Lage Man darf nur eine Parallele zwischen Zweien, die vor 30 oder

eiäubicor^" ^^^ -Taliren, wo der Staatscredit noch so unverletzt war. dass die Banco- obligationen mit einem Agio gingen, ein gleich grosses Capital, und zwar so der Eine bei dem Staate, der Andere auf eine Privathypothek angelegt hat, ziehen, um das harte Schicksal der Staatsgläubiger in seinem ganzen Umfange zu fühlen. Zwar sind auch sehr viele Privatgläubiger durch die eingetretene Zerrüttung des Geldwesens, durch die allmälige und viel zu lange unbeachtet gebliebene Werthsvermiuderung des Papiergeldes, und vorzüglich durch so manche mit und nach dem Finanzsysteme vom Jahre 1811 erschienene Anordnungen äusserst übel weggekommen, der- gestalt, dass dadurch viele Privatgläubiger vom Wohlstande zur Dürftig- keit herabgesunken sind. Aber die Staatsgläubiger wurden nicht nur allein von eben denselben Unfälle-n, sondern nebstbei auch noch von der Unaufküudbarkeit der Capitalien, von dem gezwungenen Arrosement, mithin in einem noch ungleich höheren Grade betroffen. Auch jetzt, wo nach dem Misslingcn der im Juni 1816 unternommenen Finanzoperatio- nen leicht vorherzusehen war, dass sich der Werth des Papiergeldes, wenu auch mit zeitweisen Schwankungen, im Ganzen doch immer zum Sinken hinneigen, folglich der Verlust bei den Interessen, ungeachtet des sich gleich bleibenden Nominalwerthes , von Monat zu Monat beträchtlicher werden wird, steht der Staatsgläubiger gegen den Privatgläubiger darum in einem misslicheren Verhältnisse, weil letzterer durch Aufkündigung und anderweitige Verwendung seiner Barschaft sich der uuverhältniss- mässig geringen Verzinsung entziehen kann, wohingegen Erstcrer durch die Unaufküudbarkeit der bei dem Staate anliegenden Capitalien selbst auch dieses Hilfsmittels beraubt ist und ihm nichts als der nicht ohne ansehnlichen Verlust zu bewerkstclligcnile Verkauf seiner Obligationen übi'ig blcil)t. Wer kann nach dieser ganz einfachen Darstellung noch daran zweifeln, dass die Finanzadministration nur das Postulat der strengsten Gerechtigkeit erfüllte, indem sie durch das in Vorschlag ge- brachte und von Seiner Majestät genehmigte Anlehen den Staatsgläubigern die Möglichkeit verschaffte, die Zinsen künftig in Metallmünze statt im Papiergelde zu erhalten, und dadurch zugleich den Werth der Obligationen in W^iener Währung hob? Das Einzige, was sich dawider einwenden lässt, nämlich die häufigen Besitzveräuderuugcu und die wenige Rücksicht, welche

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149

so viele Käufer von Obligationen, die solche grossentheils bei sehr niedri- gen Cursen an sich gebracht liaben, verdienen, verliert sein Gewicht durch die Betrachtung, dass dergleichen Zufälle bei einer so grossen und lange dauernden ZeiTüttung nie vermieden werden können, die gerechten Ansprüche der ursprünglichen Staatsgläubiger auf eine die früheren Be- drückungen doch etwas mildernde Behandlung sich gar nicht bestreiten lassen, und diejenigen, welche die Schuldverschreibungen von den früheren Eigeuthümern durch Kauf oder Schenkung überkommen haben, unstreitig in ihre Gerechtsamen eingetreten sind.

Bei der zweiten, durch den Druck der Zeiten vorzüglich beschädigten Classe tritt zwischen der gemeinen Mannschaft mit Einschluss der TJnter- iifficiere und der Officiere aller Grade in den Ländern, wo Papiergeld im Umlaufe ist, ein wesentlicher Unterschied ein, da der gemeine Füselier im Jahre 1790, wo es Metallmünze gab, ausser der Brotportion nichts als seine tägliche Löhnung von 5 kr., dagegen im August 1816 nebst der Löhnung von 5 kr. an Fleischbeitrag täglich 11 kr. und an Kochmehl- äquivalent täglich 4 kl"., folglich zusammen täglich 19 kr. nebst der Brot- portion, im Gelde also fast viermal so viel als zur Zeit der Zahlung in Conventionsmünze geniesst, wohingegen die Officiere nebst der sehr ge- ringen Eeluition der Brotportionen nur die Percentzuschüsse nach dem nämlichen Ausmasse wie die Civilbeamten beziehen, von welchen Zu- schüssen die höchsten, nämlich jene, wo die Gehalte nicht 1000 fl. jähr- lich übersteigen, nur 150 Percent betragen. Wenn also auch der gemeine Mann gegen die Vorzeit in dem Anbetrachte schlimmer daran ist, weil die Preise der Lebensbedürfnisse seit dem Jahre 1790 nach dem jetzigen Werthe des Papiergeldes nicht blos auf das Vierfache, sondern bei mehreren Artikeln auf das Acht- und Zehnfache gestiegen sind, so ist doch sein Verhältniss unwidersprechlich günstiger als jenes der Officiere, weil er das Brot in natura und überdies ungleich mehr baare Aufzahlung als der Officier erhält und, da für seine Kleidungsbedürfnisse vom Staate gesorgt wird, für jene Rubrik, welche den unbemittelten Officier gerade am meisten in Verlegenheit setzt, nichts auszugeben braucht. Wozu noch kommt, dass jenem Theile der gemeinen Mannschaft, der arbeiten will und dazu Gelegenheit hat, auch der jetzt so sehr erhöhte Arbeitslohn wieder zu Statten kommt. Wie in so vielen anderen Dingen ist also auch das früher zwischen den Officieren und der gemeinen Mannschaft bestandene Ver- hältniss wesentlich verrückt, und eben dies greift auch zwischen den Officieren der verschiedenen Grade platz, wo der höher Besoldete wegen des gei-ingeren Percentzuschusses weniger für die Theuerung und den gesunkenen Werth des Papiergeldes entschädigt wird , sohin einen

Das Militär und seine Lage. Der

gemeine

Mann nnd

der Unter-

officier.

Die scUimme Lage der Officiere.

löO

[150]

Der

Nothstund

der

Lage der

Civil- beamten.

ij'fössereu Verlust an soiiiom urspiiiugliclicu Genüsse erleidet. Wenngleich die freie Bequartierung nnd die unentgeltliche Bedienung bei dem jetzigen theureu Unterhalt der Dienerschaft und bei den enormen Miethzinsen den in activer Dienstleistung stehenden Officieren eine bedeutende Aushilfe gewährt, so ist doch nicht zu verkennen, dass, da Gage und Percentzu- schuss zusammen bei einem Capitän-Lieutenant nicht volle 94 fl., bei einem Oberlieutenant G7 fl., bei einem Uuterlieutenant 56^ j A- "'i'' ^^^'i einem Fähnrich etwas über 49 fl. monatlich betragen, wovon er sich verköstigen, kleiden, alle audei'on Bedürfnisse anschaffen und als Officier anständig leben soll, sein Leben, wenn er nicht eigene Mitteln oder andere Zuflüsse l)esitzt, nicht anders als kummervoll sein kann, und es wird sonach ganz begreiflich, dass sehr viele, wahrscheinlich die meisten, mit ihrer Lage unzufrieden sind. Noch weit grösser aber ist die Unzufriedenheit und der Nothstand der pensionirten Officiere, und obwohl sie dem grösseren Theilc ponsioniricii jj.^^.jj Heber darben, als dass sie zu herabwürdigenden Handlungen ihre

Officiere.

Zuflucht nehmen, so sind doch die Fälle auch nicht so gar selten, wo sie wenigstens unter vier Augen milde Gaben ansprechen.

Wenn ich nun zur dritten Classe, nämlich zu jener der Civil- Itoamten übergehe, so darf ich es wohl nicht erst beweisen, dass im Allge- meinen und die verschiedenen Chargen und Kategorien gegen einander gehalten, ihr Loos selbst noch drückender als jenes der Militärofficiere ist. J)ie Zahl derjenigen, welche im Genüsse von Naturalquartieren, Holz, Licht oder Deputaten stehen, ist rücksichtlich des Ganzen zu gering, als dass sie hier in eine Betrachtung kommen könnten. Dem grösseren Theile nach müssen sie für alle ihre Bedürfnisse und darunter auch für solche, die der in activer Dienstleistung stehende Officier in natura erhält, sorgen. Jetzt, wo die gemeinsten und einfachsten Dienste theucr bezahlt werden müssen, wo die Miethzinse, auch wenn man sich auf das Unent- behrlichste beschränkt, über die charakterinässigen Quartiergelder sammt Zuschuss eine Wohlthat, die sich ohnehin auch nur auf die bei Hof- stcllen dienenden Beamten beschränkt weit hinausgeschritten sind, lässt sich das, was die Officiere vor den Civilbearaten wirklich vor- aus haben, wohl in keinen geringen Anschlag bringen. Ist nun in dem vorhergehenden Absätze deutlich gezeigt worden, dass sich die minderen Chargen fast in der Unmöglichkeit, auszulangen, befinden, so liegt es offen zu Tage, dass die Dürftigkeit und das Elend bei den Civilbeamten von gleicher Kategorie noch grösser sein muss, zumal die Verehelichungen bei den Officieren ungleich seltener als bei den Civilbeamten sind, da man erstere, selbst mit Einschluss der Stabsofficiere, durch die Verbindlichkeit, Caution zu leisten, beschränkt, bei letzteren aber, mit Ausnahme der aller-

[151] 151

gcriügsteu BcsoMungsclasscu, gar keine Beschränkungen stattfinilen. In der That ist es bei den Civilbeamtcn dieser Kategorie, insoweit sie niclit eigenes Vermögen besitzen oder sonst Unterstützungen geniessen, was nicht bei sehr vielen der Fall ist, auf einen Punkt gekommen, der wahr- liaft Schaudern erregt. Nur der beste Theil derselben harrt mit einer wahrhaft stoischen Selbstverläugnung aus. Abei' nicht selten stürzt der stets nagende Gram junge Männer, die zu den schönsten Hoffnungen für die Folge berechtigen, in das Grab. Aemtliche Anzeigen befinden sich hierüber in den Registraturen. Andere, welche die Natur mit nicht so vieler Standhaftigkeit und Resignation ausgestattet hat, ergreifen ver- schiedene Mitteln, um wenigstens den äusseren Anstand behaupten und ihren Kindern die nothdürftigste Einziehung geben zu können. Man muss noch froh sein, wenn dies durch einen ehrbaren, für den Dienst nicht abträglichen Nebenerwerb geschieht. Einige, die dazu keine Anlagen oder sonst keine Gelegenheit haben und doshalb immer tiefer in Schulden ver- sinken, oder gar auf schlechte Streiche verfallen, oder die im Gegensatze wegen Privatgeschäften den Dienst gänzlich vernachlässigen, verunglücken vollends, wie es der Beispiele ebenfalls nicht wenige gibt. Andere endlich, die, ohne Schweiger oder Wüstlinge zu sein, doch nicht Selbstbeherrschung genug haben, um auf allen Lebensgenuss Verzicht zu leisten, darum in Schulden gerathen, die sie gerne zahlen wollen, aber von ihrem schmalen Einkommen schlechterdings nicht zahlen können, lassen sich selbst bei kloinen Besoldungen zu Ehen hinreisseu, welche ihnen zwar augenblick- lich die Mittel zur Tilgung ihrer Schulden verschaffen, aber eine um so trübere Zukunft bereiten, weil das wenige Zugebrachte bald aufgezehrt wird, und sodann ihre häuslichen Sorgen grenzenlos werden. Auch in vorigen Zeiten lebten manche gering besoldete Beamte bei zahlreichen Familien, oder bei besonderen Unglücksfällen, oder wenn sie zu unge- nügsam waren, in Dürftigkeit. Aber wer wird diese Zeiten mit den gegenwärtigen vergleichen? Wer wird es bestreiten, dass jetzt bei den geringeren Besolduugskategorien auch die grössteu Einschränkungen, dass fast gänzliche Verzichtleistuug auf allen Lebensgenuss nicht hin- reicht, um gegen das Darben oder gegen nothgedrungene Schulden ge- sichert zu sein?

Und doch hat die Staatsverwaltung für diese Kategorien noch am meisten gesorgt. Sie hat ihnen die beträchtlichsten Zuschüsse, nämlich 150 Percent bewilligt. Bei den höheren Besoldungsclassen nehmen die ^'« Roheren

Besoldungs- Zuschüsse stufenweise von 10 zu 10 Percent ab, und wer über 1200 fl. ciassen.

besoldet ist, bekommt nur 60 Percent. So gewiss es ist, dass die Beamten

der niedrigsten Besoldungsclassen von ihren Zuschüssen ä 150 Percent

152 [152]

schuu aus iler ganz eiufacheu Ursache uiclits oiitbeliieu können, weil diese nicht einmal hinreichen, sie gehörig leben zu machen, eben so ge- wiss ist es, (iass das ursprünglich und von jeher bestandene Verhältuiss durch diese progressive Abnahme der Zuschüsse sowohl bei den Civil- beamten als den Militärofficieren wesentlich geändert worden ist, und die höheren Grade, die gewöhnlich doch nur die Frucht grösserer Anstrengung und mehrerer Auszeichnung sind, darunter wesentlich leiden. Wenn auch die Obersten und Generale, sowie die Beamten der höheren Classen noch nicht mit Xahrungssorgen im engsten Verstände zu kämpfen haben, so sind sie doch diesen Sorgen im ausgedehnteren Sinne des Wortes, näm- lich insoweit von standesmässigem Unterhalte die Rede ist, schon wirk- lich ausgesetzt, und so wie man jetzt allgemein sieht, dass Hofräthe und selbst Staatsräthe auf Annehmlichkeiten, die sich vor 30 oder 40 Jahren kein Regierungsrath versagte, verzichten müssen, dass sie bei einer auch nur etwas Ziihlreicheren Familie die Erziehung ihrer Kinder in nicht ge- ringe Verlegenheit setzt, dass sie nicht selten Erholungsreisen, Bade- oder Brunnencuren, oder was sonst zur Erhaltung ihrer Gesundheit bei- tragen würde, unterlassen müssen und doch den Trost nicht haben, ihre Familie auch nur mit einem kleinen Erbtheile betrauen zu können, eben so sind andere selbst in noch höheren Würden, wo man sonst äusseren Glanz nie zu vermissen gewohnt war, zu einer mit der Würde des Amtes eben nicht sehr verträglichen Lebensweise gezwungen, wenn sie nicht Güter oder sonst ein eigenes Vermögen besitzen.

Gegensätze AUes diescs wird um so auffallender, als es in einem Zeitpunkte

lirhaft- geschieht, wo der Luxus im Allgemeinen mehr zu- als abgenommen hat,

liehen Ver- WO es Unter dcu Privaten der schnell Reichgewordenen so viele gibt, wo ein grosser Theil der Gutsbesitzer durch die hohen Preise der Körner, des Holzes, der Wolle, des Weines u. s. w. sich von einer schweren Schuldenlast zu reinigen, die Güter zu melioriren oder zw erweitern, und dabei doch sehr gut zu leben Mittel gefunden hat, wo auch noch einige andere Classen zu einem zuvor nie gekannten Wohlstande gelangt sind, wo es endlich bei Gutsbesitzern, Grosshämllern und anderen Eigenthümern grösserer Unternehmungen seit Jahren Sitte geworden ist, ihre Beamten und Diener überhaupt, besonders aber jene, von welchen sie vorzüglichere Dienste erwarten, reichlich, manchmal selbst verschwenderisch zu be- solden. Solche Gegensätze springen doch Joilerinann in die Augen. Sie geben zu Parallelen Anlass, die der Staatsverwaltung auf keine Weise willkommen sein können. Es kann wohl keine anderen als widrige Ein- drücke erregen, wenn sonst achtbare Männer am Abend ihrer Tage ein Bedauern darüber äussern, ihre Zeit und Mühe dem Dienste des Staates

[153] 153

gewidmet zuhaben, wenn fähige junge Männer lieber in einer Schreibstube als bei einem öffentlichen Amte unterzukommen suchen, wenn sie selbst manchmal den Staatsdienst verlassen, weil der damit verbundene Genuss zu ihrem Unterhalte nicht zureicht. Man darf ganz sicher als Grundsatz an- nehmen, dass, sowie es gewiss allgemein missbilligt werden würde, wenn die Staatsverwaltung bei der Bezahlung des Militärs und der Civiladministra- tion mit gar zu grosser Liberalität verführe, eben dagegen auch wieder die gar zu grosse Beschränktheit Unzufriedenheit und Tadel nicht blos bei denjenigen, welche unmittelbar darunter leiden, bei ihren Freunden und Angehörigen, sondern selbst bei dem unbefangenen Theile des Publi- cums erregt. Es ist zwar herzerhebend und gereicht den Beamten im Allgemeinen gewiss zum grössten Lobe, dass bei Vielen der Eifer und die Anstrengung nicht nachgelassen haben, und dass Anzeigen und Anklagen wider Beamte Avegen eigennütziger oder sonst pflichtvergessener Hand- lungen um nichts häufiger gegen frühere Zeiten geworden sind. Aber wenn der Kampf zwischen dem Pflichtgefühle und den häuslichen Sorgen gar zu lange dauert, und fast jede Aussicht auf eine bessere Zukunft er- lischt, dann unterliegt nicht selten sogar der standhafte Mann, und schon selbst der Anblick des misslichen Zustandes so vieler Staatsdiener gibt leider häufig zu der widrigen Vermuthung Anlass, dass jetzt weniger liechtlich- keit und Unbefangenheit als zuvor bei Schlichtung der Geschäfte herrsche, und dass der Dienst mit einer Art von Gleichgiltigkeit behandelt werde.

Wenn man auf eine lange Reihe von Jahren zurückgeht, wird es Rückblick sich zeigen, dass in dem Salarialstande bei mehreren Kategorien dem ^" '^ Nennwerthe nach keine oder nur unbedeutende Veränderungen vor sich saiariai- gegangen sind. Ausser einigen sehr massigen Erhöhungen, die bei den L*^",!* ° ^^ Gehalten derKreiscommissäre und solcher Beamten, die an den niedrigsten etat Stufen stehen, stattgefunden haben, beschränken sich die übrigen Aende- ^^'^ji^Tia^"" rungen meistentheils nur auf eine verhältnissmässigere Eintheilung in Theresia, die Classen, da, wo Beamte des nämlichen Grades nach dem Senium ver- schiedene Besoldungen geniessen, und auf Modificationen, die nothwendig geworden sind, um Gubernial- oder Administrationsbeamte ohne Verkür- zung in utili zu den Hofstellen ziehen zu können. Bei manchen Katego- rien, wie z. B. bei Staats- und Hofräthen, ist der jetzige Besoldungsstand sogar geringer, als er zu Zeiten Maria Theresiens war, wo jeder Staats- rath ohne Ausnahme 10.000 fl. bezog, und wo die Hofräthe theils mit •4000 fl., tlieils mit 5000 fl., theils aber auch mit 6000 fl. besoldet waren, wogegen jetzt nur zwei Classen von 4000 und 5000 fl. bestehen, das sechste Tausend Gulden aber nur in besonderen Fällen aus Gnade verliehen wird. Damals bestand freilich noch keine Zerrüttung des GeMwesens, und

154 [154]

in dieser licziohung war der Staat ungleich besser als jetzt daran. Aber glänzend war die Lage der Finanzen in der österreichischen Monarchie zu keiner Zeit, selbst damals nicht, als sie die reichen Niederlande und die Louil.iardie gleichzeitig bcsass. Bei dem Tode Kaiser Karls VI. waren be- kanntlich alle Gassen erschöpft, und in dieser Lage musste die Kaiserin Maria Theresia den österreichischen Successionskricg führen. Ausserdem traf sie noch ein zweiter Krieg mit Preussen, der dritte oder siebenjährige Krieg, der ungeheure Kosten verursachte, und gegen das Ende ihrer Re- gierung der bairische Erbfolgekricg. Vorzüglich während und nacli der uie Periode des siebenjährigen Krieges befinden sich in den staatsräthlichen

Finanzlage , , t i i.. i- i i ^r i n ■> t . i i- -r

seit dem Actcn die kläglichsten Vorstellungen über die äusserst schlimme Lage der sichcnjähri- Finanzen, und Fürst Kaunitz hat zu jener Zeit mehr als einmal die Be- sorgniss geäussert, dass, wenn nicht das System der strengsten Wirth- schaft und der möglichsten Ersparungen mit unverrückter Beharrlichkeit verfolgt wird, unübersehbare nachtheilige Folgen und vielleicht selbst der Ruin des Staates nicht abzuwenden sein würden. Offenliar ist man also bei Systemisirung und Fortzahlung der Besoldungen während dieser ganzen Periode nie von dem Gesichtspunkte ausgegangen, dass eine strenge Haus- haltung überflüssig wäre. Man hat vorausgesetzt, dass auch der geringste Beamte, sobald der Staat seine Zeit und Mühe ungetheilt in Anspruch nimmt, so viel überkommen müsse, als nothwendig ist, ihn und seine Familie beschränkt, aber doch ohne dass er Mangel leide, leben zu machen, dass in dem Masse, als das Amt mehr Fähigkeiten und Bildung erheischt oder beschwerlicher ist, auch der Gehalt verhältnissmässig steigen solle, dass der wichtige Einfluss der Räthe aller Kategorien, der Kreishauptleutc und anderer Amtsvorsteher auf den Gang der ötfentlichen Verwaltung gebieterisch fordere, diese Beamten in den Stand zu setzen, anständig und sorgenfrei leben zu können; dass diese Nothwendigkeit bei den Hof- räthen, bei den Staatsräthen, bei den Chefs der Länder, Obergerichts- und Hofstellen in einem noch höheren Grade eintrete, und dass es diesen ge- gönnt sein solle, bei ihren mühsamen, wichtigen und verantwortlichen Geschäften jene Lebensweise führen und von ihren Besoldungen bestreiten zu können, die man sich in solchen Chargen früher gar nicht versagen durfte, ohne in den Verdacht des Geldgeizes zu kommen. Je mehr es nur dem kleineren Theil der sehr zahlreichen Staatsbeamten beschieden ist, sich zu den höhci-en Aemtern aufzuschwingen, um so mehr luusste es dem Landesfürsten daran liogen, diosen Aemtern auch einen grösseren Reiz zu verschaffen.

Wider die Richtigkeit dieser Voraussistzungen, auf welche damals gebaut worden ist, lässt sich gewiss nichts Standhältiges einwenden. Und

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in der Tliat liaboii zu Zeit Maria Tlieresicns die Besoldungen der Beamten ]iac]i iliren verschiedenen Abstufungen, wenn sie nicht zahlreichere Fami- lien zu ernähi'en hatten oder sonst besondere Umstände eintraten, ein ihrer Kategorie angemessenes Auslangen gewährt. So blieb es in der Hauptsache auch noch während der Regierung Josephs IL, Leopolds IL, ja selbst in dem ersten Decennium der gegenwärtigen Regierung; weil, obwohl sich während dieses langen Zeitraumes, besonders in einigen Kriegs- oder minder gesegneten Jahren die Preise allmälig erhoben, diese Erhöhungen doch nicht so bodeutond und anhaltend waren, um die Lage der Beamten allzusehr zu verschlimmci-n. Nur erst seit dem Jahre 1802, wo die Menge der Bancozettel schon auf mehr als337 Millionen angewachsen war, wurde das Steigen der Preise der ersten Lebensbedürfnisse bedeuten- der. Aber doch waren selbst noch in diesem Jahre die Durchschnittspreise zu Wien nicht höher als: der Weizen 5 fi. 12 kr., Korn zu 5 fl., Gerste zu 4 fl. 54 kr., Hafer zu 3 fl. 6 ki"., das Pfund Rindfleisch 8 kr., das Pfund Kalbfleisch 10 kr., die Mass des gemeinsten Weines 12 kr., die Klafter weiches Holz 10 fl., die Klafter hartes Holz 19 fl., die Elle mittel- feines Tuch 4 fl. 30 kr. bis 5 fl. Aber selbst schon bei diesen Preisen, die zugleich die gänzliche Störung der früheren Preisvei'hältnisse durch das damals schon ausschliesslich im. Umlaufe gewesene Papiergeld sehr anschaulich machen, waren die Beamten beinahe auf die Halbscheid ihres vorigen Einkommens, ungeachtet der aSTcnnwerth desselben sich gleich ge- blieben ist, herabgesetzt, weil sie fast den doppelten Geldbetrag nöthig hatten, um sich die nämlichen Bedürfnisse anzuschaffen. War nun schon damals der Verlust der Beamten von solcher Beträchtlichkeit, so fällt es von selbst in die Augen, wie ungemein gross er gegenwärtig ist, wo die oben genannten Gattungen seither abermals auf das Vier-, Fünf- und Sechsfache gestiegen sind. Es fällt ferner in die Augen, in was für einem Missver- hältnisse die Theuerungszuschüsse zu dem Unterschiede der früheren und der dermaligen Preise stehen. Es ergibt sich endlich das unbestreitbare Resultat, dass die Grundlagen, auf welche die Bemessung der Gehalte in früheren Zeiten basirt worden ist, nun gänzlich verrückt und man darf sagen umgestürzt worden sind, und dies zu einer Zeit, wo der Staat um nichts weniger, sondern ungleich mehr als vor 30 und 40 Jahren von seinen Beamten fordert, indem nun jeder Conceptspraktikant sämmtliche Berufsstudien besitzen muss, während noch jetzt einige Beamte in höheren Würden aus früheren Zeiten vorhanden sind, denen die philosophischen und juridischen Studien gänzlich mangeln, beinahe jeder Secretär beim Referate aushelfen muss, und die Geschäfte überhaupt weit zahlreicher und beschwerlicher geworden sind. Unmöglich lässt sich diese Erscheinung

Die

steigenden

MissverhäU-

nisse

zwischen

dem

Papiergelde

und den Preisen der

Lebens- bedürfnisse seit 1802.

Verrückiiug

der

Grundlagen

in der

tiehiilts-

bemessung.

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anders erklären, als dass in dem Drange der Zeit, wo der Staat immer nur schwankende und unsichere Einnahmen hatte und die Finanzadmini- stration nie einen richtigen Voranschlag machen konnte, wo die von Zeit zu Zeit stets wieder neu ausgebrochenen Kriege und die heinahe nie unterbrochenen Kriegsrüstungen die Verlegenheit noch höher spannten, und wo man das Beispiel anderer Staaten, den grössten Theil der ausser- ordentlichen Lasten auf die Contribuenten zu wälzen, nicht nachahmen wollte, nur auf den Hauptzweck, die äussere Ruhe zu gründen und die Unabhängigkeit des Staates zu sichern, hinblickte, und jede andere Rück- sicht diesem Hauptzwecke unterordnete.

Allerdings muss in einer bedrängten, ungewöhnliche Anstrengungen erheischenden Zeit jeder Unterthan des Monarchen, mithin auch der Staatsdiener zur Bestreitung der ausserordentlichen Lasten das Seinige nach Kräften beitragen. Allein, so wenig sich dieser Grundsatz bestreiten lässt, und so gewiss es ist, dass demselben zufolge, wenn die bei Systemi- sirung der Besoldungen angenommene Basis unverletzt geblieben wäre, wider eine Besteuerung der Beamten, das ist wider Besoldungsabzüge, bei den höheren Classen allenfalls selbst von 15 bis 20 Percent, nichts einzuwenden gewesen sein würde, so sehr ist dagegen durch das, was wii'klich geschah, alles Verhältniss überschritten worden, und die Beamten haben dabei, was sich mathematisch beweisen lässt und aus der Combi- nation zwischen den früheren und den jetzigen Preisen von selbst ergibt, eben so beträchtlich verloren, als die Grundbesitzer, trotz aller Extra- ordinarien und Zuschüsse, gewannen. Sehr natürlich ist es also, wenn der grösste Theil der Staatsdiener, die das Missliche ihrer Lage mit jedem Jahr härter fühlten, zugleich aber auch die Verlegenheit der Staatsver- waltung, bei dem angenommenen Systeme mehr zu thun, nicht ver- kannten, mit Sehnsucht dem Zeitpunkte entgegenharrten, wo ein dauer- hafter Friede und der wiederhergestellte Umfang der Monarchie es möglich machen würde, wieder auf die ursprünglichen Grundlagen des Besoldungs- ausmasses zurückzukommen und dem Missverhältnisse abzuhelfen, in welchem sich die Beamten gegen andere Classen befinden. Die Ereig- nisse der Jahre 1813 und 1814, und noch mehr die Ereignisse des Jahres 1815, belebten ihre Hoffnungen. Je lebhafter diese Hoffnungen waren, je näher sie am Ziele zu sein glaubten, um so mehr sind sie jetzt erschüttert, wo die Thcuerung, sohin auch die Unerklecklichkeit ihrer Besoldungen von Monat zu Monat zunimmt, und wo es dem verständigeren Theile täglich einleuchtender wird, dass so lange die gegenwärtige Zer- rüttung des Geldwesens fortdauert, die Staatsverwaltung keine andere Möglichkeit hat, reichlichere Zuschüsse zu geben, als dass sie entweder

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neues Papiergeld ansstosst, was aber den Werth desselben noch mehr Zuschüsse in herabsetzen, folglich fruchtlos, nebstbei aber, weil es mit den übrigen ^i''^'^*^ bisherigen Operationen im nfifenbaren Widerspruche stünde, auch sonst überaus schädlich sein würde, oder dass sie die Steuern und Gefälle aber- mals beträchtlich erhöht, was aber in einigen Ländern gar nicht, in anderen nur mit grossen Schwierigkeiten unter den gegenwärtigen ungünstigen Umständen ausgeführt werden könnte, und im besten Falle doch immer die Folge hätte, dass auch die Preise der Dinge wieder steigen und sohiu die beabsichtigte Erleichterung der Beamten neuerdings vereitelt sein würde.

So deutlich mir nun also die Xothwendigkeit vor Augen zu liegen scheint, sowohl den Civilbeamten, als den Militärofficieren aller Katego- rien, weil die schlimmen Folgen einer längeren Fortdauer des dermaligen äusserst gespannten Zustandes nicht zu berechnen sind, bald und wirk- sam zu Hilfe zu kommen, so wenig kann ich dagegen, bei den gegen- wärtigen Verhältnissen, in den Zuschüssen in Papiergeld ein wahrhaft wirksames Abhilfsmittel finden.

Für blosse Palliativen hat man sie schon lange gehalten. Indessen Abhilfen Hesse sich dann doch noch sagen, dass Palliativen in den Fällen nicht zu verwerfen sind, wo mau Radicalcuren nicht anwenden will oder nicht anwenden kann. Aber, wie soeben gezeigt worden ist, tritt hier die weit wichtigere Betrachtung ein, dass die Finanzadministration den Fond für reichlichere Zuschüsse nebst der Bedeckung für den gesammten übrigen Staatsaufwand nicht aufbringen kann, ohne zu Mitteln zu schrei- ten, die entweder die Masse des Papiergeldes wieder vermehi-en, oder den Producenten, Handels- und Gewerbsleuten zu neuen Preissteigerungen Anlass geben und dadurch, ohne dem Nothstand der Classen, für die man sorgen will, reell abzuhelfen, den Missmuth und die Klagen noch grösser machen werden. Unvermeidlich ist es also, tiefer zu greifen, das zer- rüttete Geldwesen in Ordnung zu bringen, dadurch, nämlich durch die Wiederherstellung einer festen Valuta, die Staatseinnahmen mit den Ausgaben in ein Gleichgewicht zu setzen, solch eine Bezahlung der Beamten, dass jeder seinem Bange gemäss leben kann, als ein uner- lässliches Erfordernis« in das Präliminarsystem aufzunehmen, auf eben die Weise auch mit anderen Ausgabsrubriken, wo nach eindringen- der Prüfung keine Beschränkungen thunlich sind, zu verfahren, wenn es sonst kein Mittel gäbe, entweder einer Ueberspannung der Abgaben oder einem Deficit Uebeln , die beide in gleichem Grade fürchterlich sind und schlechterdings vermieden werden müssen auszuweichen, sich durch was immer für Betrachtungen von weiteren Reductionen im

Art.

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Militär-Etat in ilom ]\[asse, als es nothwendig- ist. um den Staatsanf- waiiil vollstiindii;" boilcrki'ii zu krmnon, ja iiiclit altlialtoii zu lassen, zu- gleich ahei' audi alle jene Mittel anzuwenden, von welchen man es sich am zuverlässigsten versprechen kann, dass durch sie die AVunden, welche die vielen Kriege, die nothgedrungenon Kial'tüliei'spannungeu und die lange Dauer der Zerrüttung des Geldwesens dem Staate geschlagen haben, am ehesten geheilt werden und die Länder jenen Wtdilstand ei- reidien, dessen sie nach ihrer physischen Beschaffenheit hei einer ent- spreclienden Fürsorge der Staatsverwaltung fähig sind, oidnnng dor An der Stufe, wo wir stehen, bei einer so äusserst beschwerlichen

verhiUnLse ""'' verwickeltcii Lage, bei der Verkettung so vieler Uebel und bei dem gänzlich gesunkenen Vertrauen kann man Heil und Eettung von einzelnen und partiellen Massregeln nicht mehr erwarten, so wie man vorüber- gehende oder sonst mindere Uebel nicht achten darf, wenn sie unvermeid- lich sind, um höhere Zwecke zu erreichen und einen Ausweg aus dem Labyi-inthc zu finden, dessen Dasein uns nach so vielen traurigen Er- fahrungen wohl gar nicht mehr zweifelhaft sein kann. Es ist gewiss von höchster Wichtigkeit, die Geldverhältnisse zu ordnen, zumal sich, wie ich selbst in dem vorliegenden Aufsatze bei mehr* als einer Gelegenheit ge- zeigt habe, die bösen Folgen der Zerrüttung des Geldwesens fast allent- halben auf das Nachtheiligste äussern. Desnugeachtet darf man sich selbst jetzt nicht blos auf die Lösung dieser Aufgabe beschränken, weil auch andere Gegenstände höchst wichtig und di'iugend sind, und was Gedeihliches in Betreff derselben geschieht, auch die Wiederherstellung der Geldverhältnisse erleichtert oder sonst dem Gelingen der Operationen zum Behufe gereicht. Schiuss der Ohne dass es meine Absicht war, oder dass es mir auch nur mög-

lich gewesen wäre, alle Punkte, die von einem höheren Literesse und bei welchen ausgiebigere Anordnungen nothwendig sind, aufzufassen, glaube ich iloch behaupten zu dürfen, dass die Objecte, welche ich in dem gegen- wärtigen Aufsatze behandelt und meine Ansichten darüber freimüthig geäussert habe, theils zu den wichtigeren, theils selbst zu den wichtigsten gehören, dass sie also die grösste Aufmerksamkeit der Staatsvei'waltung verdienen, und dass, da sie ohnehin nicht einen und den nämlichen, son- dern verschiedene Administrationszweige betreffen, nichts im Wege steht, bei allen sogleich werkthätig einzuschreiten, zumal es bei einigen Gegen- ständen ohnedies erst noch auf Vorarbeiten, die sich auch bei einem emsigen Bestreben nicht so bald zu Stande bringen lassen, ankommt, mithin jedoi' Zeitverlust noch nachtheiliger wird."

Betrachtun gen.

Denkschrift.

[159] 159

An diesen eigentlichen Schluss seinei- Denkschiift knüpft BaWacci Zusätze eine „summarische'' oder lecapitulirende Darstellung des ganzen Inhalts j^^ "^ derselben, welcher zugleich die Hinweisungen auf das. was sich bis zum eigentlichen gegenwärtigen Augenblick geändert oder mehr entwickelt hat (insoweit es zu seiner Kenntniss gelangt ist) beigefügt sind.

Das Wesentliche dieser Zusätze lässt sich in Nachstehendem zu- sammenfassen.

Die augehoffte Besserung der Finanzen sei nicht eingetreten. Trotz des Novcmberanlehens , von welchem bereits 30 Millionen eingegangen sein sollen, wären die Curse in den ersten Tagen des Jänners 1817 gegen 400 gestiegen, und sowohl die älteren !**(,, als die neueren 2^/5 "/o 'i^ Conventiousmünze verzinslichen Obligationen beträchtlich gesunken. Eine etwaige Besserung der Wiener Währung und der Obligjitionen würde nur ephemer sein, denn die Curse. vor dem Finanzpatente durchschnittlich 283 '/j, im Juli 274 '/j- "»i August 293'/^, im September 322V5, im October 3231/2, im November 327V8> December 3487s» zeigten sich in den ersten Jännertagen 1817 wieder gestiegen, also verschlimmert. Neue Berathungen und das Verbot jedes weiteren Verkaufes von Conven- tionsmünzc an der Börse seien mithin dringlich nothwendig.

Was die Theuernng betreffe, so habe die inzwischen bekannt ge- machte Erhöhung der Pii'undsteuer keineswegs eine nachtheilige Wirkung gehabt, denn obschon die Zufuhr von Getreide aus Baiern längst aufhörte und Preussen die Ausfuhr verbot, seien doch die Köinorpieise nicht unljeträchtl ich gesunken.

Der Schluss der Denkschrift lautet folgendermassen :

„So wenig es meine Absicht war, und so wenig icli auch nur die Schiusswort. Mittel dazu hatte, alle Wunden und Alles, was einer Abhilfe oder Ver- besserung dringend bedarf, anzugeben, so enthält doch der gegenwärtige Aufsatz Andeutungen genug, die um so ernstlicher und ungesäumter be- herzigt zu werden verdienen, als ich nichts übertrieben, selbst nicht ein- mal gi'eller gezeichnet habe und vielmehr von dem Gesichtspunkte aus- gegangen bin, da, wo ich nur Gutes erzwecken will, ja nicht den bösen Geist der Eechthaberei und beleidigter Eitelkeit aufzureizen, sohin da- durch der Sache zu schaden. Wollte man aber Vieles oder auch wohl das Meiste von dem. was ich nicht blos berührt, sondern auch umständlich erörtert und begründet habe, nicht gelten lassen und werkthätige Ein- schreitungen übei'flüssig finden, so darf ich mir doch wenigstens den Vor- wurf nicht macheu. unberufen geschrieben zu haben, da mein Herz rein

160 [1601

\i>n allen Nebenabsichten ist, da ich den Gegenständen, die ich behan- delte, schon seit langer Zeit ein angestrengtes Nachdenken gewidmet habe, und da nur äusserst wenige Beamte in der österreichischen Monarchie in der Gelegenheit waren, wie sie mir zu Theil geworden, so vielseitige und ausgebreitete Erfahrungen an verschiedenen Standpunkten zu sammeln. Man mag sich endlich was immer für Begriffe über unsere gegen- wärtige Lage machen, so bleibt es eine unumstössliclie Wahrheit, dass es selbst zur Zeit der grössten Kriegsdrangsale keine Periode gab, wo die öffentliche Meinung, welche keine Regierung unbeachtet lassen darf, eine so auffallend widrige Richtung genommen hat, und wo diese widrige Rich- tung, die nun schon nicht selten selbst das Gute und Zweckmässige an- tastet, von so langer Dauer war."

„Geschrieben in den letzten sechs Wochen des Jahres ISIG und in den ersten drei Wochen des Jahres 1817."

B. m. p.

Berichtigung:.

S. 10, 2. Absatz, Z. 4 v. o. soll os hoissen: „in eine verzinsliche Schuld", statt: „unverzinsliche Schuld".

Ausgejreben am 27. März 1889.

Ausgegeben n 27. März 1889.

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