PRINCETON, N. J,

Purchased by the Mrs. Robert Lenox Kennedy Church History Fund.

DD 801 .S382 K6 1881 Kolde, Th. 1850-1913. Friedrich der Weise und die Anf ange der Reformation

Friedlich der Weise

und die

Anfänge der Reformation.

Eine kirchenlüstorische Skizze

mit

a r G h i V a 1 i s c h e n Beilagen

von

D. Theodor Kolde,

ord. Professor der Kirchcngcschiclite zu Erlangen.

Erlangen.

Verlag von Andreas Deiche rt. 1881.

uck von Junge & Sohn in Erlangen.

Vorbemerkung'.

Die nachfolgende Skizze ist aus einer akademischen An- trittsrede erwachsen. Trotz des nur losen Zusammenhangs der Einleitung mit dem Thema, was zum Teil in dem ange- deuteten Zwecke seine Erklärung findet, und der für den Druck notwendig gewordenen Erweiterung, glaubte ich die ursprüngliche Form beibehalten zu dürfen , weil mir daran lag, gerade auch die einleitenden Bemerkungen einmal öffent- lich auszusprechen.

Daß ich die Briefe Johanns an Friedrich von Sachsen vollständig gegeben habe, obwohl sie vielfach nur ein kulturhistorisches Interesse haben, wird keiner besonderen Motivirung bedürfen. Nur so lieferten sie die wünschenswerte Ergänzung zu den von Förstemann im Neuen Urkunden- buch abgedruckten Briefen Friedrich des Weisen an seinen Bruder.

Erlangen, am 2. August 1881.

Th. K.

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https://archive.org/details/friedrichderweisOOkold

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Sieht man von der Geschichte des Urchristentums ab, oder genauer von der Geschichte der Entstehung des Christeuttims als Gemeinschaft, seines ersten Ganges durch die Welt, seiner reli- giös-sittlichen, socialen und politischen Wirksamkeit, einem geschichtlichen Processe, auf dessen wahrhaft wissenschaft- liche und umfassende Darstellung wir noch immer vergebens harren, so giebt es wohl kaum eine andere Uebergangsperiode, bezüglich deren wir weniger ausgiebig unterrichtet wären, als die vom Mittelalter zur Neuzeit. Man darf sagen im Grossen und Ganzen ist die Vorgeschichte der Reformation ein noch unangebautes Gebiet. Das kann für den Augenblick überra- schen, denn die Zeit, in der G. J. Planck in seiner Geschichte des protestantischen Lchrbegriffs schreibt, daß er in der Mitte seines Werkes in Versuchung gewesen, seine Arbeit abzubre- chen, da doch Niemand mehr für dergleichen Interesse habe^), liegt weit hinter uns. Jedermann weiß, daß seitdem Ranke's deutsche Geschichte einen kräftigen Anstoß gegeben, kein Gebiet mit größerem Fleiße angebaut wird als das der deut- schen Reformation: haben doch die letzten sechs Jahre nach dem Erscheinen von Köstlin's Lutherbiographie nach einem un- gefähren Uebcrschlag gegen sechshundert die deutsche Refor- mation betreffende selbständige Schriften und Aufsätze gezei- tigt, für die man dankbar zu sein alle Ursache hat. Aber wenn wir fragen, was haben wir denn seit Ranke in Bezug auf die unmittelbare Vorgeschichte der Reformation gelernt? Sind wir denn im Stande die deutsche Reformation, ihr allmäh- liches Entstehen, Werden und Wachsen ich will nicht sagen zu erklären, das wäre vermessen, sondern nur zu verstehen, so dürfte die Behauptung nicht zu gewagt sein, daß wir, so weit ich

1) Vorrede zum 4ten Bande,

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sehe, noch nicht zum kleinsten Teile den Boden kennen, auf dem die Reformation erwachsen. Was die Ursachen derselben, die Bedingungen ihres Fortganges u. s. w. anlangt, so sind wir, seit dem der Pfarrer von Joachimstal, Joh. Matthesius, seiner Gemeinde Luthers Leben in Predigten ausgelegt und da- mit die landläufige Ansicht über Ursprung, Wesen und Verlauf der Reformation in Umlauf gebracht hat, nicht eben viel weiter gekommen. Geblendet von dem Lichte der neuen herrlichen Zeit, wo das Evangelium allenthalben seinen verklärenden Schein ausgehen ließ, überwältigt von der auch schon den Zeitgenossen wie übermenschlich erscheinenden Größe Luthers, des Mannes Gottes, des Heiligen, des Propheten, der die Bi- bel aus dem Staube unter der Bank hervorgeholt hat, sieht man noch immer in weiten Kreisen in der vorreformatorischen Zeit nur ein wüstes Chaos des entsetzlichsten Unglaubens, des Götzendienstes und der dadurch hervorgerufenen Sittenlosig- keit^). Anders freilich neuerdings Prof. Janssen 2) in Frank- furt, der den früheren Dölliuger weit überbietend mit der Ge- lehrsamkeit und Gewandtheit eines Böhmer'schen Schülers, und der Energie eines zweckbewußten römischen Priesters, alles Bisherige, Erwiesenes wie Gemeintes auf den Kopf stellt, der die letzten fünfzig Jahre vor der Reformation als die Blüte- zeit der deutschen Nation, als die eigentliche Epoche der durch den Kardinal Nicolaus von Cusa heraufgeführten deutschen Reformation feiert, um dann die Zeit Luthers, des Revolutio-

1) Das gilt ganz besonders von den Darstellungen der Reforma- tionsgeschichte in kleineren Bezirken, Städten u. s. w. , wo die Schil- derung des religiösen Unwesens den Untergrund abgiebt.

2) Janssen, Gesch. des deutschen Volkes, Freib. 1876 ff. Vgl. dazu die treffliche Kritik des ersten Bandes von M. Lenz in v. Sj-bels historischer Zeitschrift 37, 528 und G. Kawerau, die katholischen Lutherbiographien aus älterer und neuester Zeit in der Evangel. Kir- chenzeitUDg 1881 Nr. 10- Von demselben Standpunkt aus aber mit weit geringerem Geschick, weil seinen Haß gegen Luther und die Refor- mation zu wenig verbergend, ist das Buch von Const. v. Höf 1er, Adrian VL, Wien 1880 geschrieben. In der Gruppirung von vermeint- lichen Ursachen übertrifft er wohl noch Janssen. Man sehe allein, wie er Luther für den Tod des Carl von Miltitz verantwortlich macht. S. 45.

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närs, der diese Blüte zertrümmert, mit den Farbeo eines Höl- lenbrueghels zu malen. Gegen diese Art von Historik direct zu polemisiren, wäre töricht, man kann nur ein pathologi- sches Interesse dafür haben. Was dagegen gesagt werden kann, hat schon vor 30 Jahren J. Chr. K. Hofmann gegen- über der Döllingerschen Lutherskizze in wahrhaft klassischer Weise gesagt

Aber nicht weniger unrichtig ist doch wohl die vorhin kurz skizzirte vulgäre protestantische Tradition, der man es wird zum Vorwurf machen müssen, daß sie durch ihre Neigung, die mittelalterlichen religiösen Zustände ungeprüft in möglichst düsterem Licht darzustellen, die römische Antithese mit ver- schuldet. Man sollte meinen, schon allein die Ueberlegung, wie es denn bei der Annahme eines derartigen religiösen Zu- standes, wie er gemeinhin noch immer vorausgesetzt wird, überhaupt möglich war, daß die ganze deutsche Nation wie mit einem Schlage in allen Schichten der Gesellschaft so in- tensiv von der religiösen Frage ergriffen werden konnte wie wir es aus dem Verlaufe der ßeformationsgeschichte kennen, müßte hier zur Anerkennung eines historischen Problems ver- anlassen. Luthers eminente Persönlichkeit, die zündende Ge- walt seiner Sprache , der weitgehendste Widerspruch gegen die Willkürherrschaft Roms und der gewiß nicht hoch genug anzuschlagende Umstand, daß das Evangelium wieder einmal seit langer Zeit den Armen gepredigt wurde, vermögen das allein nimmermehr zu erklären.

Man hat von anderer Seite die Forderung aufgestellt, man solle erst einmal die Theologie der letzten 20 Jahre vor Luther genau durchforschen, was gewiß sehr lehrreich und sehr notwendig ist, aber dadurch kommen wir doch, dem Problem nicht näher, und es stünde schlimm um die Kirche des evangelischen Wortes, wenn sie nur auf einer theologi-

1) J. Chr. K. Hofmann, Paulus eine Döllingersche Skizze. Erl. 1851 gegen J. Döllinger, Luther eine Skizze. Freib. 1851.

2) Auf diese Frage gehen weder Ranke noch Köstlin tie- fer ein.

3) Hierauf wird meines Erachtens von den meisten Forschern ein viel zu großer Wert gelegt, auch von Ranke und neuerdings von Maurenbrecher.

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sehen Formel und nicht vielmehr auf dem Wiedererwaehen des religiösen Gewissens unseres Volkes beruhte. In Wahrheit ist es doch zum Verstäudniß der Reformation vor allen Dingen nötig, was man bisher unterlassen, das religiöse Volksleben bis in seine kleinsten Einzelheiten zu verfolgen, und zwar auf der breitesten Grundlage, in allen Schichten der Gesellschaft, besonders unter den Handwerkern, den Zünften, den so wenig gekannten und doch so bedeutsamen Brüderschaften ^) und anderen kirchlich influirten Corporationen, und man wird die Beobachtung machen können, daß die Zunahme der Wallfahr- ten, des Heiligen- und Reliquiendienstes, die Ueberschwäng- lichkeiten in der Verehrung der Maria und der hl. Anna, das Aufkommen neuer Heiligen und all jene andern Dinge, die zum Charakteristikum der letzten Jahrzehente vor der Refor- mation gehören 2), historisch d. h, unter den Bedingungen je- ner Zeit betrachtet doch nicht nur schlechtweg als bloßer Aberglaube und Götzendienerei bezeichnet werden dürfen, son- dern, daß jenes ruhelose, unbefriedigte Hasten von einem Gnadenorte zum andern, von einer Verehrung zur andern viel- mehr der Ausdruck eines freilich irregeleiteten aber darum nicht minder tiefen und beachtenswerten, unter der Ungunst der Zeit, der politischen und socialen Verhältnisse je mehr und mehr wachsenden religiösen Bedürfnisses ist, eines religiösen Be- dürfnisses, das sich verzehrt und in Gefahr ist, in Verzweiflung und andere große Schande und Laster zu fallen, bis endlich

1) Eine umfängliche Untersuchung der (meist den Bettelorden af- filiirten) Brüderschaften, ihres Verhältnisses zu den Kalandsgilden und ihrer Bedeutung für das religiöse Volksleben, die auf Grund von Luthers Schilderung (Erl. A. Bd 27, 45 f.) viel zu sehr unterschätzt wird, wäre dringend zu wünschen Freilich ist das Material schwer und zum größ- ten Teile nur auf archivalischem Wege zu erlangen. Doch bieten die zeitgenössischen Chronisten , vor allem die Berner Chronik des Vale- rius Anselm Einiges. Hier mußte die Localgeschichtsforschung ein- setzen. Für Bremen z. B. vgl. Duntze, Geschichte von Bremen II, 360. III, 499 u. öfter.

2) Hierauf hat zuletzt in geschickter Weise wenn auch etwas ver- allgemeinernd aufmerksam gemacht Eb. Gothein, Politische und reli- giöse Volksbewegungen vor der Reformation, Breslau 1878. Vgl. meine Anzeige in Schürers theol. Literaturzeitung. Jahrg. 1879 S. 180.

die reformatorische Predigt von der Gnade Gottes in Christo Jesu das erlösende Wort bringt. Nur dadurch daß durch das ganze Volk unbefriedigtes aber auch unverstandenes Suchen ging, erklärt es sich, daß man auch endlich die wie zufällig gefundene Perle zu schätzen vermochte, und wo immer die An- nahme des evangelischen Wortes Herzenssache war, dürfte sich viutatis mntamUs ein ähnlicher Entwicklungsgang, ein ähnliches Ringen um die Gerechtigkeit nachweisen lassen, wie bei Luther selbst.

Damit soll durchaus nichts Neues ausgesagt werden. Diese Gedanken sind so selbstverständlich, daß man glauben sollte, sie müßten sich jedem aufdrängen. Doch finde ich nicht, daß man sie für das Verständniß der Reformation so verwertet hätte, wie es nötig gewesen wäre.

H. Rück er t, der in seinem geistreichen Essay über Lu- ther mehr als Andere auf die religiöse Heilsbedürftigkeit des deutschen Volkes und seine fieberhafte Erregung hinweist^), findet doch zugleich fälschlich italienische Zustände auf Deutschland Ubertragend „eine heimliche Abkehr des Her- zens von dem, was der Mund als heilig bekennt." Luther ist nach ihm „der ersehnte Befreier von jenem ungeheuerlichen Geistesdruck, jener schmählichen Zerrüttung der Gewissen, jenem bergehohen Wust von Lüge und Schmutz, den die Kirche auf unser Vaterland gehäuft." Das würde doch ein Bewußt- sein von der Unzulänglichkeit der kirchlich gebotenen Gna- denmittel und Andachtsformen voraussetzen , das doch , sieht man von den meist aus nationalökonomischen Gründen erho- benen Protesten gegen den Ablaß ab, selbst in den gebildet- sten Kreisen Deutschlands nicht nachweisbar ist^). Aber noch weniger darf man mit Maurenbrecher hauptsächlich auf Grund der Auslassungen He mm er lins gegen den Klerus sei- ner Zeit von einem „Auflösungsprocesse des religiösen Le-

1) Martin Luther, im ,,Neuen Plutarch" herausgegeben von R. Gottschall, I. Bd. Leipz. 1874 S. 8 f.

2) Dafür können auch nicht Aeußerungen Luthers wie bei de W. III, 439 angeführt werden. Luther wie seine Genossen haben in merk- würdigem Mangel an historischem Sinne sehr bald kein klares Bild mehr von den Zuständen vor der Reformation.

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bens" ^) sprechen. Man vergißt dabei, daß der nicht nur in den norddeutschen Districten, sondern allenthalben seinem Gros nach unsittliche und untaugliche Weltclerus eben nicht der Trä- ger und Förderer des religiösen Lebens war, sondern die Klo- stergeistlichkeit. Ihr ist es zu verdanken, daß die Kirchlich- keit in unserem Volke damals so weit entwickelt war, und so wenig ist von einem Auflösungsproceß zu verspüren, daß viel- mehr, insofern doch jedes wenn auch noch so irregeleitete Ringen nach der Gerechtigkeit vor Gott, als Eeligion bezeichnet wer- den darf, jenem Zeitalter ein so hoher Grad von Religiosität oder wenigstens von religiösem Bedürfniß vindicirt werden muß, wie er später selten und nur sporadisch nachzuweisen sein dürfte

Es ist nun nicht meine Absicht, hier des Weiteren von meinen längst noch nicht abgeschlossenen Forschungen auf diesem Gebiete zu handeln, sondern nur gelegentlich darauf hinzuweisen, um an einem anderen geringfügigeren Gegen- stande zu zeigen, wie vielfach die tradirten Anschauungen in Bezug auf Vorgeschichte und Anfänge der Reformation der Klärung bedürfen. Ich wähle dazu einen Mann, den Jedermann kennt, Friedrich III. Kurfürsten von Sachsen, mit dem Bei- namen des Weisen, zu dessen Charakterisirung und zur Klar- stellung seines Verhältnisses zur Reformation das Folgende dienen soll.

In seiner Art hat Ranke bei seiner Darstellung der Wit- tenberger Unruhen vom Jahre 1522 in kurzen kräftigen Strichen eine treffliche Charakteristik Friedrichs des Weisen gegeben; was er aber über Friedrichs Stellung zu Luther und seine Kir- chenpolitik sagt, ist zum mindesten doch unverständlich. Denn

1) Maurenbrecher, Geschichte der katholischen Keformation I. Nördlingen 1880 S. 60.

2) Das ist das Richtige gegenüber der Uebertreibung Janssen, der in seinem Bestreben, in jenem Zeitalter den Spiegel reinsten, wo mög- lich biblischen Kirchentums nachzuweisen, dafür, worin ich das Charak- teristische des religiösen Lebens jener Tage und seine Intensität er- kenne, die Zunahme des Heiligen - und Keliquiencultus u. s. w., nur eine Anmerkung übrig hat. I. Bd. S. 607 f.

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was heißt es zu sagen: „Es ist die Grundlage aller Religion, daß man das Heilige anerkennt, das sittliche Geheimniß der Schöpfung, und es nicht wagt, ihm mit den unreinen Trieben des Augenblicks entgegenzutreten. Darin bestand vor Allem die Religion dieses Fürsten" Sollte damit die antike öeicrt- daifiovla gemeint sein, und so scheint es fast, so müßte ich diese Auffassung für gänzlich verfehlt erklären. Von anderer Seite hat man Friedrich vielfach als Schutzherrn der evange- lischen Kirche gefeiert, während H. Rück ert ihn wegen seines angeblich schwächlichen Verhaltens gegen den Reformator nicht den Weisen sondern „den lethargischen" nennen will und Co n- s tantin von Höfler ihn des Treubruchs bezichtigt und ihm, der allen Wirren Vorschub geleistet „eine höchst elende Rolle" vindicirt hat 2). Mit solchen Schlagwörtern kommt man indes- sen nicht weiter, um mit einem Worte charakterisirt zu wer- den, ist Friedrich viel zu bedeutend man wird seine Ent- wicklung verfolgen müssen, vor allen die Entwicklung seiner Kirchenpolitik. Es mag gewagt erscheinen, dieses moderne Wort für jene Zeit zu gebrauchen, und doch ist es berechtigt. Man kennt die Versuche der deutschen Fürsten, nachdem das Basler Concil unterdrückt war, so viel als möglich von dessen Reformbeschlüssen für Deutschland zu retten. Was ihnen da- mals formell und im Großen nicht glückte, suchten sie doch im Kleinen auf ihrem eigenen Territorium zu erreichen. Nir- gends lassen sich diese Bestrebungen besser verfolgen , als in Cleve ^) und, Sachsen *).

Schon im Jahre 1446 erließ Herzog Wilhelm von Sachsen eine Landesordnung, in der nicht unwichtige die kirchlichen Verhältnisse anlangende Bestimmungen getroffen werden. Ab-

1) Deutsche Gesch. 6. Aufl. II, 20.

2) Adrian VI, Wien 1880, S. 291.

3) Vgl. Varrentrapp, Herrmann von Wied. Leipz. 1878 S.27ff. Friedberg, Grenzen zwischen Staat und Kirche. Tübingen 1872. S. 60 fif.

4) Die gegenteiligen Bemerkungen von Ludwig Keller, Ge- schichte der Wiedertäufer. Münster 1880 S. 50 Anm. 3, die in dieser Form jedenfalls nicht zutreffend sind, hätten doch belegt werden sollen.

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gesehen davon, daß dieselbe mit sehr strengen Anordnungen bezüglich der Sonntagsfeier anhebt, wie ich sie kurz vor der Reformation nur noch einmal in Bremen ^) und Bern ^) gefun- den habe, wird daselbst zu wiederholten Malen bei Strafe der Acht verboten, vor auswärtigen Gerichten Recht zu suchen, oder gar weltliche Sachen vor geistliche Gerichtshöfe zu zie- hen 3), wird es ferner als die Pflicht und die entschiedene Ab- sicht der Obrigkeit hingestellt, nicht nur die Klöster zu refor- mireu sondern auch dazu zu tun, daß die Weltpriester, sich priesterlich und göttlich halten , und im andern Falle dafür zu sorgen, daß sie zur Rechenschaft gezogen würden, ,,als sich gehöret und dasz auch selbst tun so weit wir dies zu tun haben". Daß man in Sachsen irgendwie zu einer Reformation der Weltpriester geschritten wäre, ist mir allerdings nicht bekannt geworden*), wohl aber hat sich die weltliche Obrigkeit die

1) Duntze, Geschichte von Bremen III, 1.

2) ' Berner Chronik des Valerius Anshelm III, 143.

J. J. Müll er 's Eeichstagstheatrum II, 86 ff. bes. 87 u. 89. Schilter. de libertate ecclesiarum Germaniae. Jenae 1683; 4. p. 808. Andere Reformationsrescripte Wilhelms bei J. S. Reinhard, meditatio- nes de iure Principum Germaniae circa sacra ante tempora Reforma- tionis exercito. Halae 1717 p. 140 ff.

4) Dagegen findet sich eine Spur solcher Reformationsversuche in Hessen, wie aus folgendem launigen Passus eines von Frankfurt den 16. Mai 1508 datirten, von Friedrich dem Weisen an Wilhelm von Hessen gerichteten Briefes hervorgeht. „Ewer Hb dje welle meyner Schwestern' ewer hausfrawen mein willig dinst sagen vnd ewr Hb darbey anzaigen das ich kain pfarrhe zu bessen haben wjl, dan ich höre das ir Hb den pfaffhen alle Ire kellerin verjagen lest, wahe ich nuhe ein frumher pfar- her sein suld wust ich mich an ein frumhe kellerin ader köchin nit zu er- nehren ich wolld gerne ir Hb kueme in meins brudern vnd mein landt auch, dan syhe haben ein taylls fast scheue kechin wahe syhe ir libe dan verjagen werde hoffte ich, mir worden auch ein par ader ij ausz der beuthe gegen der lochaw, das habe ich ewer Hb alls vor aynen guthen schwanck fruntlicher maynung nit vorhalden wollen ewer Hb dj'e wellen das auch nit anders vormercken." Staats-Archiv zuMarburg. Wie wenig Wert Friedrich auf eine Reformation der Weltgeistlichkeit legte, zeigt u a. auch der Umstand, daß die Visitatoren in ünterlau- ter in Franken einen Geistlichen fanden, der ohne irgend welche Bil- dung, — er vermochte auf keine Frage zu antworten , einst auf Für-

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Reformation der Klöster besonders der Bettelklöster auf das Energischste angelegen sein lassen. Und hier durfte sie der allgemeinen Zustimmung gewiß sein. Denn wenn auch die Herzöge gewiß in erster Linie wie natürlich dabei das Inter- esse hatten, dadurch, daß sie jene Reformationen aus landes- herrlicher Gewalt vornahmen, ihre Territorialgewalt zu erhöhen, so konnten sie doch auch mit Recht die Sorge für das reli- giöse Wohl ihrer Untertanen als Motiv hervorheben Denn wie bekannt war durch das Aufkommen der Bettelorden eine gänzliche Verschiebung der kirchlichen Gemeindeverhältnisse eingetreten. Durch das Vertrauen der Menge, die noch im- mer die größte Zuneigung zu den Strengen und Schroften un- ter den Geistlichen hat, und durch die Freigebigkeit der Päpste, die klug genug waren, eine Bewegung, die ihnen leicht ge- fährlich werden konnte, durch Gunstbezeugungen in kirchliche Bahnen zu lenken, hatten die Bettelmönche, allen voran die Franziskaner, es verstanden, nach und nach sich die ganze cura animamm anzueignen. Hatte schon das unerhörte Privi- legium, an allen Orten Beichte hören zu dürfen, ihnen einen großen, die Tätigkeit der Weltpriester untergrabenden Eintiuß verliehen, so war, worauf ich schon an anderer Stelle hinge- wiesen ^) noch ungleich bedeutsamer ein anderes, welches Bo- nifacius VHI. denselben einräumte, nämlich eigene Begräbniß- plätze bei ihren Kirchen anzulegen und jeden daselbst und in ihren Kirchen begraben zu dürfen, der nicht gebannt, oder unter dem Interdict gestanden, oder ein offenkundiger Wuche- rer gewesen, ein Privileg von der weittragendsten Bedeu- tung. Kein anderes verband die eigenen Interessen so innig mit denen des Volkes als dieses. Damit war die Suprematie der Bettelmönche über die Weltgeistlichkeit entschieden. Denn es war natürlich, daß die Familien nur in den betreffenden Klöstern, wo sie ihre Toten begraben ließen zur Beichte gingen und sich Rats erholten, waren doch auch die Beichtväter der Fürsten fast ausschließlich .Bettelmönche.

bitten des Kurfürsten zum geistlichen Amte gelangt war, weil er sein Erbe an die Kirche abgetreten hatte. Vgl. Burkhardt, Gesch der sächsischen Kirchen- und Schnlvisitationen. Leipz. 1879 S. 60.

1) Th. Kolde, deutsche Augustiuercongregation Gotha S. 44 f. 1879.

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Geriet auf diese Weise die gesammte Seelsorge in die Hände der Mönche, welche diese auch da, wo sie keine Nieder- lassungen hatten, durch ihre Terminarien ausüben ließen, waren die Weltpriester hierdurch zu für das religiöse Leben bedeutungs- losen Repräsentanten des kirchlichen Gesammtorganismus her- abgesunken, so kam alles darauf an, inwieweit die Mönche ihrer Aufgabe nachkamen, inwieweit sie selbst das betonten und sich zu bewahren suchten, was sie vor den Weltpriestern in den Augen der Menge auszeichnete, die Askese, die Klausur, die äußere Heiligkeit des Lebens, kurz inwieweit sie ihren re- ligiösen und kirchlichen Verpflichtungen mit peinlicher Akribie nachkamen. Unter diesen Verhältnissen war wirklich das Schlimmste zu fürchten, als auch das Mönchtum von der allge- meinen Verwilderung des Clerus in der Zeit des Schismas er- griffen wurde und alle Versuche der Concile, dem bis an das Ende des 15. Jahrhunderts immer wieder beklagten Vagiren der Mönche zu steuern und sie zur alten Ordensstrenge zurück- zuführen, nicht zum wenigsten an der Abneigung der in Rom residirenden Ordengenerale scheiterten. Da waren es wie be- kannt einzelne für das mönchische Ideal begeisterte Ordens- männer, die, hier und da von den Ordinarien unterstützt, von unten herauf das zu erreichen suchten, was von oben herab durchzusetzen eine Unmöglichkeit schien. In den Bettelorden, die der bischöflichen Jurisdiction nicht unterstanden, hatte man doch erst dann einige Erfolge zu verzeichnen, als es gelungen war, die weltliche Obrigkeit dafür zu interessiren. Am ener- gischsten traten dafür die Landgrafen von Hessen und die Herzöge von Sachsen ein. .Jene Landesordnung von 1446 stand / nicht blos auf dem Papier. Mußte auch die Ausführung der darin gefaßten Beschlüsse um mancherlei Verhältnisse willen . längere Zeit anstehen, so wurde doch die Reformation der Klöster seit den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts in säch- sischen Landen sehr eifrig betrieben und zwar nicht blos die der Augustinerklöster, wie ich das anderwärts des Genaueren dargetan habe, sondern auch wenn gleich nicht mit demsel- ben Erfolge die der zahlreichen Klöster des Franciskaneror- dens, aus dem die sächsischen Fürsten ernestinischer Linie ihre Beichtväter zu wählen pflegten Herzog Wilhelm scheute 1) Zu meinen früheren Mitteilungen über Andreas Proles füge

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in dieser Beziehung weder Kosten noch Mühe und war von seinem Reformationsrecht vollkommen überzeugt, er spricht von seinen Klöstern, und wo man sich ihm widersetzte oder von der gezwungen eingeführten Observanz durch den General in Rom darin bestärkt wieder abfiel, stand er nicht an, die Reformation durch seine Amtleute mit Gewalt wieder einzu- führen; und die Päpste waren aus leicht begreiflichem Interesse gern geneigt, diese Neigung, die Territorialgewalt auf Kosten der Gerechtsame der Ordinarien und Ordensgenerale zu er- höhen, zu begünstigen^).

Nicht anders verfuhren die Herzöge Ernst und Albrecht und zwar unter directer Bezugnahme auf die Maßnahmen Herzog Wilhelms. In einem Erlaß vom Jahre 1483 erklärten sie, daß sie wohl geneigt, die notwendige Reformation selbst vorzuneh- men, aber durch mancherlei andere Geschäfte daran verhin- dert, „biß uf Unser Widerrufen gewilligt und zugelassen ha- ben, dasz der Bischoff zu Numburg die Jungfrawen kloster under Uns in seym Bisthum gelegen durch sich oder die sei- nen darzu tüchtig visitiren Ires Geistlichen und Werntlichen Wesens und Standes gruntlich erkunden, und wo er die ge- brechlich erfindet, die dan Reformiren, und mit andern Geist- lichen und Werntlichen Personen, als Probisten oder Vorste- hern nottürftiglich anrichten und bestellen mag, doch

also das dieselben Probste ader Vorsteher alle Jar demselben Unsern Hern und Freunde und Uns ader beiderseit Unsern zugeschickten Reten oder Amptluten kuudlich und redlich Rech- nung thun sullen und in allewege Uns an Unser Werntlichen Oberkeit Dinst und Gerechtickeit, die der obgenannt Unser liber Vetter (Herzog Wilhelm) seliger an denselben Clostern gehabt had unnd Wir nu haben sullen 2).

ich hier nachtragsweise hinzu , daß derselbe eine Zeitlang Beichtvater des Herzogs Georg von Sachsen gewesen : „1492 bei zceyt vnnd leben Doctor prolos. augustiner ordens, vicarien, hat derselbige prolos szo vill gevleissigt, das er von Bebstlicher hejMligkeyt deshalben Bullen ausbracht vnnd von vnserm gnedigen landisfursten herzog Georgius zcu Sachsen des beychtvatter Er villeicht dye Zceyt gewest fürstlichen Consens Erlangett etc. Staatsarchiv zu Dresden in D. Martin Luthers, seiner Anhänger etc. 1517—43. Loc. 10299 f. 42.

1) Meine Augustinercongregation S. 118 S.

2) J. S. Reinhard, Meditationes de Jure principum Germaniae,

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Das waren die kirchenpolitischen Traditionen, die Fried- rich der Weise vorfand, als er im Jahre 1486 das Erbe seiner Väter antrat, und mit allem Eifer hat auch er das Werk der Klosterreformation selbst über sein Gebiet hinaus zu fördern ge- sucht')- Waren bei Herzog Wilhelm, soweit wir aus sei- nem Briefwechsel mit Proles ersehen können, wesentlich po- litische Motive maßgebend, so kam bei Kurfürst Friedrich und seinem Bruder Johann daneben doch auch das religiöse Interesse stark in Frage. Er war der Typus eines frommen Fürsten mittelalterlicher Form. Auf der Schule zu Grimma hat er seinen ersten Unterricht erhalten und vielleicht schon dort, wo sich ein blühender Convent der Augustinereremiten befand, die vielfach zu bemerkende Vorliebe für diesen Orden gefaßt. Im Grimmaer Kloster pflegte er gern unter den Mön- chen die Ostertage zu verleben, so noch 1520, wo er sich vom 18—27. April daselbst aufhielt 2). Keinen Tag versäumte er die Messe, selbst auf der Reise oder auf der Jagd mochte er sie nicht entbehren. Es war nicht blos, um der herrschenden Sitte zu genügen, wenn er im Jahre 1493 mit großem Gefolge und doch nicht als Fürst sondern als einfacher Pilgrim ins gelobte Land zog. Es war religiöse Neigung, die ihn trieb, die heiligen Stätten zu besuchen, um dort Ablaß von Schuld und Strafe zu erlangen, welchen allein schon das Betreten des heiligen Landes gewährte^). Auch er war von dem allgemei- nen religiösen Taumel ergriffen, der nach der Mitte des 15. Jahr- hunderts beginnend, in immer krankhafterer Weise anwachsend, sich in Wallfahrten, Reliquien - und Heiligendienst nicht ge- nug tun kann und der endlich in dem Kultus der fast neuent- deckten heiligen Anna, der eine Zeitlang den der Maria in den Hintergrund zu verdrängen drohte, seinen Gipfelpunkt er^ reichte*). Der officielle Biograph des Kurfürsten, Georg

iniprimis Saxoniae circa sacra ante tempora Reformationis exercito. Halae 1717 p. 130 f.

1) Meine Augustinercongregation S. 151.

2) Lorenz, die Stadt Grimma. 1856 ff. S. 615.

3) Spalatins Nachlaß. Hrsgg. von Neudecker und Preller. Jena 1851. 8. S. 83.

4) Diese Erscheinung, die ohne Zweifel im engsten Zusammen-

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Spalatin, hat diese Verbältnisse zwar nach Möglichkeit zu verschleiern gesucht, aber muß doch auch sagen „ehe er bes- sers bericht war, da hielt er also ob Kirchenbäuden, Zier- den, Heilthum und Wallfahrten, daß es ihm wenig nicht allein Fürsten und Herrn, sondern auch Könige und andere leichtlich nachthun werden" und wir haben Briefe und Urkunden genug, die uns auf das Ausführlichste über des Kurfürsten religiöse Neigungen in dieser Beziehung unterrichten. Er hat einmal später zu Spalatin gesagt, „er bätt's allewege dafür gehalten, es sollton die Sachen des Glaubens so rein sein als ein Aug" Seine ganze Seele hing an den mittelalterlichen Formen des Kirchentums und „den römischen Gnaden" Mochte auch et- was Eitelkeit dabei mit im Spiele sein , es war doch wesent- lich das Bestreben, Gott zu dienen und sich Verdienst zu er- werben, das ihn veranlaßte, das Allerheiligenstift zu Witten- berg von Grund aus zu regeneriren, die Stiftstellen von kaum 20 auf 80 zu erhöhen und daselbst, um seine Residenz zur reichsten Fundgrube der Gnade und des Schutzes gegen alle Mängel und Bresten des menschlichen Lebens zu machen, die auserlesenste Sammlung von Reliquien zusammenzubringen,

hange mit den durch die bekannten Bullen Sixtus IV. von neuem in Fluß gebrachten Agitationen der Franciscaner und Augustiner für die Definirung der Lehre von der unbefleckten Empfängniß steht, wäre einer eingehenden Untersuchung wert. Die Andachtsbücher zu ihren Ehren sind, wie jedes Verzeichniß der Incunabeln zeigt, ganz außerordentlich zahlreich, die Zahl der zu ihren Ehren errichteten Brüderschaften wuchs seitl481, wo ich sie zum ersten Mal beobachtet habe, mit jedemJahre. Einiges darüben bei G. H. Götze, de cultu Annae, Aviae Christi In Misniam invecto. Lips. 1702. Valerius Anshelm, Berner Chro- nik von Anfang der Stadt Bern. Bern 1825 - 33 II, 476 III, 252 u. öfter. Tritheim, Annales bei Mencken I, 739. 405. 407. 412, so- wie dessen zahlreiche Schriften de laudibus S. Annae etc. Auch Hoff- mann von Fallersleben, Geschichte des deutschen Kirchenliedes. Han- nover 1854 S. 202. 472 f. Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte 1874. S. 418. Eine Brüderschaft „unserer lieben Frauen Empfängniß" fand sich in Bern schon 1479. Vgl. Valerius Anshelm a. a. 0. I, 205.

1) Friedrichs des Weisen Leben und Zeitgeschichte S. 28.

2) ebendas. S. 39.

3) Vgl. den Brief an Joh. v. Paltz im Anhang.

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die man in Deutschland finden konnte. Es ist bekannt wie dieser Fürst, dessen Leben so einfach war, wie kaum einer seiner Zeitgenossen, der außer der Jagd nur das eine Ver- gnügen kannte, an der Drechselbank zu sitzen, Unsummen zu diesem Zweck verschwendete. Am Rhein, in den Niederlan- den, vor allen Dingen in Venedig hatte er seine Kommissäre, um durch sie die kostbarsten Heiltümer aufkaufen zu lassen. Sieht man die Liste seiner Witteuberger Schätze durch ^) , so möchte man wohl erstaunen , daß ein so einsichtsvoller Fürst wie Friedrich, der die Humanisten nach Möglichkeit be- günstigte, mit einem Erasmus correspondirte, die literarischen Bestrebungen eines Aldus Manutius mit Interesse verfolgte, daß ein solcher Mann sich so unglaubliche Sachen aufbinden lassen konnte, wüßte man nicht, daß die Gebildetsten seiner Zeit in dieser Beziehung nicht um eine Linie anders gedacht haben, daß selbst so skeptisch augelegte Naturen wie Bebel und Conrad Celtes ihre neu gelernte Verskunst dazu benutz- ten, die neu erfundenen Heiligen jener Tage zu verherrlichen.

Und in dem Lande dieses Fürsten, an seiner Universität, als deren Schutzgott (tutelaris Deus) die Statuten der theo- logischen Facultät den hl. Augustin bezeichneten, lehrte seit 1508 Martin Luther nicht als ob ihn der Kurfürst oder seine Räte berufen hätten, davon konnte bei den obwaltenden Verhältnissen gar nicht die Rede sein : es war lediglich das In- teresse seines Ordens, das Staupitz veranlaßte, den jungen Ge- lehrten nach Wittenberg zu ziehen, wie seine zeitweilige Rück- versetzung nach Erfurt in den Jahren 1510 und 11 zu ver- fügen.

Im Jahre 1512 wird der Kurfürst zuerst seinen Namen gehört haben. Ein armer Mönch, von dem die Universität sich etwas für die Zukunft versprechen konnte, sollte promoviren. Sein Generalvicar verwandte sich für ihn, und der Kurfürst, der einmal seine Predigtbegabung zu bemerken Gelegenheit ge- habt, kam für die Kosten auf. Das war Alles. Er mag ihn

1) Vgl. Historische Erzählung der beyden Heiligthümer, nemb- lich .... zu Wittenberg . . das andere zn Hall durch W. Franzium Wittenberg 1618.

2) Lib. decanornm. 141.

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bald ans den Augen verloren haben, um so eifriger beobach- tete Luther das kirchliche und religiöse Treiben des Kurfürsten und seines vernehmlichsten Rates Degenhard Pfeffinger, desselben, der wie aus seinem in Spalatins Nachlaß befindlichen Testamente ersichtlich, bei seinem im Jahre 1519 erfolgten Ableben nicht weniger als 35 Heiligen-Brüderschaften, denen er angehörte, Legate vermachte Interessant ist hiefür eine Stelle aus einem Briefe Luthers vom 8. Juni 1516. Vieles" schreibt er an Spalatin, ..gefällt deinem Fürsten und glänzt in seinen Augen mit hohem Schein, was Gott mißfällt und häß- lich ist. Nicht als ob ich leugnen wollte, daß er in weltlichen Bestrebungen von allen der Klügste ist, aber was göttliche Dinge und das Heil der Seele anbelangt, möchte ich ihn bei- nahe siebenfach blind nennen zugleich mit deinem Pfeffinger-^. Er will das nicht blos im Geheimen gesagt haben, sondern ist gern bereit bei passender Gelegenheit es beiden ins Ange- sicht zu sagen. Indessen hat Spalatin von diesen Aeußerun- gen keinen Gebrauch gemacht, vielmehr im Gegenteil Luthers Tätigkeit vor dem Kurfürsten bald darauf zu rühmen gewußt, so daß dieser dem Fürsten eine wohlbekannte Persönlichkeit war, als er seine Sätze gegen den Ablaß veröffentlichte^).

Am Abend vor Allerheiligen, an welchem Tage Geistliche und Laien von weit her in Wittenberg zusammen zu strömen pflegten, und die in der Stiftskirche aufgehäuften Schätze zu besuchen um dadurch reichlichen Ablaß zu verdienen, schlug Luther seine Sätze gegen den Ablaß an, in der Tat es wäre nicht verwunderlich gewesen, wenn Friedrich durch die Wahl gerade dieses Tages und dieses Ortes sich persönlich verletzt

1) Siehe ihr Verzeichniß unter den Beilagen.

2) De Wette I, 24 f Man sieht aus dieser wenig beachteten Stelle, daß Luther sich doch schon damals sehr seines Gegensatzes zu dem Heiligen - und Reliquiendienst des Kurfürsten bewußt war, denn nur darauf kann sich dieser Ausspruch beziehen. Die gleich darauf bespro- chene Angelegenheit mit Staupitz ist nur ein Beleg für seine Ansicht. Vielleicht bezieht sich auch die Xotiz Luthers über den Unwillen des Kurfürsten über seine Predigt gegen das Ablaßnehmen auf diese Zeit Erl. Ausg. 26, 51. cf. Op. var. arg. I, 167 ff.

3) De W. I, 44.

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gefühlt und den kühnen Mönch, der seine Schätze entwer- tete, zur Rechenschaft gezogen hätte. Dagegen wußte Luther bereits ein halbes Jahr danach, als ihm schon Gefahr drohte, der Ketzerproceß von Eom aus, Nachstellungen von allen Seiten zumal auf der Reise zum Augustiuercapitel nach Heidelberg zu fürchten waren, daß der Kurfürst sich seiner annehmen, seine Abführung nach Rom nicht dulden werde. Aber wenn Luther darin „eine wunderbare Neigung zu seiner Theologie" erblickte so war dies eine Täuschung oder beruhte auf übertreibenden Berichten Spalatins. Die Motive iür seine Zuneigung zu Lu- ther drückt der Kurfürst deutlich genug aus in seinem Briefe an Staupitz vom 8. April 1518 worin er schreibt: Weyl Ir vns doch hievor angetzeigt, das Ir vns einen aigen Doctor an diesem man zciehenn wolt an dem wir den fast gut gefal- len etc. 2). Es war lediglich das Interesse an dem Aufschwung seiner Universität, sein Gerechtigkeitsgefühl, das Luther nicht unüberführt seinen Feinden in die Hände liefern wollte, schließ- lich wohl auch die durch die Tradition hervorgerufene Ueber- legung, daß es unpolitisch sei, Luthers Sache wo anders als in deutschen Landen vornehmen zu lassen, was sein ganzes Handeln bestimmte. Darüber hinaus ist er, so weit ich sehe, nie gegangen.

Verfolgen wir die einzelnen Momente seines Verhaltens in Luthers Angelegenheit. Als Luther im Sommer 1518 seine Ci- tation nach Rom erhalten hatte, kam er zum ersten Male in die Lage, den Schutz des Kurfürsten anzurufeu, und es ent- sprach durchaus den Anschauungen desselben, wenn er die- sem schrieb, daß es die Ehre der ganzen Universität erfor- dere, beim Papste es durchzusetzen, daß seine Sache in deut- schen Landen zur Verhandlung komme ^). Eine persönliche Protection seiner Sache sollte damit noch nicht ausgesprochen sein, was Luther mehrfach betonte und der Kurfürst hatte allen Grund, sich auf das Entschiedenste dagegen zu verwahren. Er durfte mit Recht gegenüber den Anschuldigungen der Rö-

1) De W, I, 98.

2) Augustinercongregation S. 314.

3) Der Brief an den Kurfürsten selbst nicht erhalten vgl. jedoch über den Inhalt De W. I, 131; dringender mit Betonung desselben Ge- dankens S. 175.

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mischen Unterhändler jetzt wie später von sich aussagen, daß er sich niemals unterfangen hätte, irgendwie für eine Lehr- meinung Luthers eingetreten zu sein, nur gegen Vergewaltigung desselben in seinem Rechte, vor unverdächtigen, zuständigen Richtern, denen er sich zu stellen bereit sei, verhört zu wer- den , wollte er ihn schützen und das sah er als seine landes- herrliche Pflicht an Dabei verfolgte er doch aufs Eifrigste den Gang der Ereignisse, oft nicht ohne Bangen und mit dem Wunsche nach einer weniger aggressiven Sprache Luthers. Spalatin mußte ihn über Alles unterrichten. Von höchstem Interesse waren ihm besonders die Verhandlungen bei der Leipziger Disputation. Er konnte ungeduldig werden, wenn die Berichte nicht rechtzeitig einliefen ^j. Er freute sich, wenn angesehene Männer die Bücher seines Wittenberger Professors lobten, er kaufte auch selbst Schriften von ihm, um sie zu verschenken und es konnte ihn nur in seinem Verhalten be- stärken, wenn ein Mann von solchem Ansehen wie Erasmus ihm schrieb: Wie es E. G. Sache ist, die christliche Religion durch Eure Frömmigkeit zu schützen, so ist es Aufgabe Eurer Klugheit, so lange Ihr der Schützer der Gerechtigkeit seid, (te iustitiae praeside) nicht zuzulassen, daß irgend ein Un- schuldiger unter dem Vorwande der Frömmigkeit der Unfröm- migkeit Einiger überliefert werde. Das will auch Papst Leo, dem nichts mehr am Herzen liegt, als daß die Unschuld sicher sei*). Daß man aller Orten besonders nach Luthers Rückkehr von Augsburg davon sprach und schrieb, daß Luthers Freimut nur auf den Rückhalt, den er beim Kurfürsten habe, zurückzu- führen sei, war ihm dem gehorsamen Sohne des apostoli- schen Stuhls im höchsten Grade unangenehm ; die Herausgabe der Augsburger Verhandlungen hätte er gern gehindert, wie später noch Manches, und einen Augenblick war er es zufrie- den, daß Luther sich einen andern Wohnsitz suchen wollte,

1) Op. varii arg. II, 351. 409.

2) Vgl. den Brief Spalatins an Vitus Warbeck in C. Schlegel, vita Spalatini p. 203 f. cf. Amsdorf an Spalatin bei Löscher, Kefor- mationsacten III, 238-

3) Lorenz, die Stad% Grimma I, 615.

4) Op. varii arg. II, 459.

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abel- doch mn- einen Augenblick: gleich darauf ließ er ihm durch Spalatin den entschiedenen Wunsch ausdrücken, daß er bleiben solle wahrscheinlich auf Grund eines Verwendungs- schreibens von Seiten der Universität. Deren Gründe eignete er sich an, wenn er in seinem Rescript an Cajetan vom 8. Dez. es ablehnte, Luther nach Rom zu schicken oder ihn zum Nach- teil seiner Universität zu verjagen, da trotz mehrfacher Bitte darum noch Niemand nachgewiesen, daß Luthers Lehre un- christlich sei 2). Nachdem er einmal diese Stellung eingenom- men, ließ er sich weder durch päpstliche Gunstbezeugungen wie die goldene Rose noch durch erneute briefliche Mahnungen irre machen; auch die Versuche, durch seine Umgebung be- sonders durch den einflußreichen Pfetfinger auf ihn einzuwir- ken ^) , waren erfolglos. Die Ausgleichsverhandlungen mit Miltitz förderte er formell so weit er vermochte, was wie eine

1) De W. I, 194. 195. Nach einem nicht abgeschickten von Spa- latins Hand herrührenden Schreiben an Hadrian (1523) hätte allerdings Miltitz den Kurfürsten ganz besonders veranlaßt, Luthern im Lande zu behalten : „Nu hett ich mich des Luthers Sachen lere schrifft vnd pre- dig zuuortreten nye vnternommen , auch noch nicht, Sonder solichs alles in seynem wordt vnd bey seyner Verantwortung gelassen, So hett ich auch den Luther, alszbald er von Augspurg widerkummen aus meinem furstenthumben vnd Landen wollen lassen kummen, mit im auch derhalben lassen handeln, welchs auch der Luther damals zuthun vnd sich aus meinen Landen zuwenden bewilligt als were her Karl von Miltitz die zceit Bebstlicher Nuncius zu mir kummen und hett mich mit großem vleis gebeten, Ich wolt den Luthern nicht weg kum- men lassen. Daran wurd ich dem Babst ein großen vnd gefelligen dienst ertzeigen. Dan solt der Luther an andere ende kummen, so mochten die ding vil weitleufftiger vnd erger werden". (Weim. Arch. Reg. 0. p. 74. F. F. 2.) Indessen stimmt das nicht mit der Chronolo- gie. Jene Weisung an Luther, in Wittenberg zu bleiben, war schon vor Miltiz' Ankunft in Sachsen an Luther ergangen. Vgl. De Wette I, 194 f. mit Seidemann, Miltitz S 6 f.

2) Opera varii arg. II, 426 f. Spalatins Annalen 2 tf.

3) Vgl. Seidemann, Karl von Miltitz. Dresden 1844 S. 6 f. Ob Pfeflinger darauf eingegangen ist, was man vielleicht aus Luthers Abneigung gegen ihn und seinem bigotten Wesen schließen könnte, läßt sich mit Sicherheit nicht sagen. Jene Abneigung könnte auch in dem Geize des reichen Mannes ihren Grund haben, cf. De W. I, 283 u. öfter.

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persönliche Beeinflussung aussehen konnte, vermied er indes- sen, ja ein schon an Leo X. gerichtetes Antwortschreiben schickte er nicht ab, um nicht den Schein zu erregen, als ob er sich für ihn verwenden wollte Auf welch gefährlichen Punkt Luthers Sache durch die Leipziger Disputation angekom- men, erkannte man am Hofe sehr wohl, dagegen einzuschrei- ten sah man aber keine Veranlassung, zumal Luther an Spala- tin schreiben konnte, daß die Zahl der Studenten in ganz außerordentlicher Weise zunähme 2). Daran konnten auch die Verdächtigungen Ecks nichts ändern. Luther blieb dem Kur- fürsten die Zierde seiner Universität, dessen Schriftauslegung er schätzte und nicht ungern las, ohne daß er sich doch in sei- nem eigenen kirchlichen und religiösen Handeln dadurch hätte beeinflussen lassen Luthers schöne Trostschrift Tesserade- kas, in der er vierzehn fromme Betrachtungen den vierzehn Not- helfern, an die man sich sonst zu halten pflege*), gegenüber stellt, ließ er sich gern gefallen, aber er blieb bei seinen Hei- ligen und Reliquien und fragte außerdem seine Sterne

Diese zurückhaltende und abwartende Stellung des Kur- fürsten sollte bald auf eine harte Probe gestellt werden. Brachte es ihn schon in Verlegenheit, daß sein Vetter Georg von Meißen ihm die Besorgniß aussprach, Luther möchte durch seine Aeußerungen über den Laienkelch den allseitig verhaßten Böhmi-

1) Seckendorf I, 62 f.

2) De W. I, 261. 278.

3) De W. I, 223. Vgl. des Kurf. Aeußerung über das Schriftwort De W. I, 244. Ende Sept. beschenkte er Luther mit Wildpret. Brief des Kurf, an Spal. vom 29. Sept. 1519 : „Wir haben eur Schreiben vernom- men vnd dasz doctor Martinus des Wiltpret vnd Karlstat vnserer Gabe sich bedanckt gerne gehört. Weim. Arch. Reg. 0. p. 137—40. D. D. 6. Weitere Geschenke De W. I, 364. 369. 383. Eben damals wollte der Kurfürst neue Ceremonien zur Gedächtnißfeier der Passion Christi in der Stiftskirche einrichten, womit Luther sehr wenig zufrieden war. De W. I, 806. 325.

4) De W. I, 411. Op. var. arg. II, 88.

5) Friedrich der Weise war ein eifriger Astrologe. In seinem Auf- trage führte Spalatin einen sehr regen Briefwechsel mit dem Astrolo- gen Johannes Vollmer. Ders. im Arch. zu Weimar. Reg. 0. pag. 88 M. 1".

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sehen Ketzern Vorschub leisten ^) , so geriet der ganze Hof in die größte Besorgniß, als Luthers Verurtheilung immer näher rüclite. Nach einem im Archiv zu Zwickau befindlichen Schrift- stücke wurde Spalatin kurz nach Ostern 1520 vom Kurfürsten nach Wittenberg geschickt, um mit den dortigen Rechtsgelehrten über alle Eventualitäten zu beraten. Man fürchtete allen Ern- stes, daß nicht blos Luther, sondern mit ihm der Kurfürst uud die Universität von der Excommunication betroffen ja die ganze Stadt mit dem Interdict belegt werden dürfte. Umgehend, in- nerhalb eines Tages sollten die Rechtskundigen, Christian Bayer, der spätere Kanzler, Hieronymus Schürf und der Probst des Stiftes sich darüber gutachtlich äußern, wie man sich in einem solchen Falle zu verhalten habe^J. Leider habe ich diese Gutachten nicht auffinden können. Jedenfalls hat man sich bald wieder beruhigt und sich auch nicht beirren las- sen, als die Kurie auf Ecks Drängen Anfangs Juli 1520 von Neuem Luthers Festnahme oder Vertreibung forderte

In rascher Aufeinanderfolge vollzogen sich dann die gro- ßen Ereignisse vom Sommer und Herbst 1520, Luthers Schrift an den Adel, von der babylonischen Gefangenschaft, der Rich- terspruch Roms in der Bannbulle. Der Kurfürst war abwe- send, als Eck mit der Bannbulle ins Land kam; auf der Reise zur Krönung Karls erhielt er Kunde davon. Luther beeilte sich, dena Kurfürsten den Wunsch auszudrücken, er möchte so

1) Die darauf bezügliche Korrespondenz des Kurfürsten und Her- zogs Georg, Löscher III, 920. Walch XV, 550. cf. De W. I, 338 f. Die Aufgeregtheit am Hofe ergiebt sich auch aus Luthers Briefen I, 416 ff. Gerade an diesem Zeitpunkte muß man mehr als sonst bedauern, daß die Briefe Spalatius an Luther bis auf einige wenige vollständig verloren sind. Unter den hunderten von Spalatinbriefen, die mir zu Gesicht gekommen , fand sich auch nicht ein einziger an Luther.

2) Siehe im Anhang den Brief Spalatins an Christian Bayer. Am 17. April schreibt Mel. an Joh. Heß: Rumore vulgi et probabili qui- dem iactantur hic dirae Pontificiae, quibus Martinus dicitur devoveri. Nos omnia ingenti animo expectamus. Corp. Ref I, 160 cf. 163.

3) Spalatini annales bei Mencken II, 601. Melanchthon schreibt: Respondit illi Princeps acute pro ingenio suo. l^osti roi^ nstS^ov? 'O^va- aitt. Corp. Ref I, 209. Ist die Antwort, auf die Luthers Ratschläge De W. 462 f 469 f von Einfluß gewesen sein werden, noch vorhanden?

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wenig als möglich Notiz davon nehmen i). Das entsprach seinen eigenen Neigungen Indessen nötigten doch die verän- derten Verhältnisse der ganzen Angelegenheit näher zu treten. Konnte man auch rechtliche Bedenken gegen die Bulle haben zuletzt noch gegen die Art ihrer Insinuation, so war es doch töricht, wie Luther einen Augenblick wollte, sie deshalb als ge- fälscht betrachten zu wollen. Die päpstlichen Legaten zöger- ten nicht, sich dazu zu bekennen. Es kam nun Alles darauf an, wie der neue Kaiser sich dazu stellen werde. Bis jetzt hatte man es nur mit der Kurie zu tun gehabt. Würde man auch im Stande sein, falls der Kaiser dem päpstlichen Dekret beitreten würde, die bisherige Politik inne zu halten?

Der Hochmut der päpstlichen Legaten , die sarkastischen Aeußerungen des Erasmus über den ganzen Handel erleichter- ten dem Kurfürsten die wohlerwogene Antwort auf die Forde- rungen derselben, Luthers Schriften verbrennen zu lassen, ent- weder selbst an ihm die Strafe zu vollziehen oder ihn an Rom auszuliefern. Neben der Versicherung, daß er sich stets be- flissen, ein frommer und gehorsamer Sohn der Kirche zu sein, machte er zunächst auf die Ungehörigkeit aufmerksam , daß die päpstliche Kurie neben Aleander noch einen zweiten Nuntius, Johann Eck, in dieser Angelegenheit bestellt habe, der sich unterstanden, in des Kurfürsten Abwesenheit, wider den Inhalt der Bulle noch andere neben Luther damit zu be- schweren. Er wisse nicht, was während seiner Abwesenheit auf so beschwerliche Handlung von seinen Untertanen vorge- nommen sein möchte. Es möchten wol Manche Luthers Ap- pellation anhängig geworden sein. Mit D. Martini Sachen habe er weder früher noch jetzt etwas zu tun gehabt. Nur wegen

1) So ist doch wohl De W. I, 495 zu veiistehen: Nec quid Prin- cipi faciendum sit scio, nisi quod dissimulaii mihi hic Optimum videtur.

2) Nicht so seine Räte: Fabian von Feilitzsch fordert Freitag nach St. Lucas dem Evangelisten (19. Oct.) den Präceptor des Antoniter- hauses in Lichtenberg Wolfgang Reißenbusch auf, da der Bann gegen Luther seinen Fortgang nehme, die Zeit verfließe und überdies Luther im Lande bliebe, daß nicht allein die Universität und Landschaft, sondern auch der Kurfürst damit ins Spiel käme , mit Lu- ther zu reden, ob er Wege anzuzeigen wüßte, wie die Sache anzustel- len sei, damit der Kurfürst unbeschwert bliebe. Weimar. Arch, Reg. N. p. III H N. 43. 2.

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der Zusammeukunft mit Cajetan habe er mit ihm unterhan- delt, ebenso wegen des Schiedsrichteramtes, das der Erzbi- schof von Trier übernehmen sollte. Es gebe Leute und zwar christliche und hochgelehrte, welche der Meinung seien, Lu- ther wäre durch widerwärtiges Schreiben der Gegner seinerseits zum Schreiben veranlaßt worden, was er jedoch dahin gestellt sein lassen wolle. Indessen sei er weder vom Kaiser noch von sonst jemand berichtet, daß Martini Schriften dermaßen überwunden seien, daß sie verbrannt werden müßten. Im an- dern Falle könnten die Legaten dafür halten , daß er tun würde , was ihm als gehorsamen Sohne der Kirche zukäme. Deshalb wiederhole er seine Bitte, Luthers Sache gelehrten, frommen und unverdächtigen Richtern zu überantworten ^).

Gewiß nicht ohne Grund hatte man auch des Kaisers in dieser Antwort Erwähnung getan. Die Legaten eilten, dem Kurfürsten diese Waffe zu entwinden. Luthers Bücher waren wie bekannt in des Kaisers Erblanden längst an verschiede- nen Orten verbrannt worden. Ein Verbrennungsedict des Kai- sers für das Reich, wie die Legaten es wünschten, war jedoch nicht so ohne Weiteres zu erlangen. War auch Karl V. persön- lich dazu geneigt, so hatte er doch hier, wie ich an anderer Stelle nachgewiesen, die alten Concordate zu respectiren, die eine Berufung auf ein Concil unzweifelhaft gestatteten 2). Auch hatte er Ursache, auf Friedrich von Sachsen Rücksicht zu nehmen. Und wenn dieser vom Kaiser verlangte, er solle nichts ohne Verhör gegen Luther vornehmen, so war dies noch keine Parteinahme für denselben, sondern lediglich ein Recurs auf die Rechtsordnung des Reichs, für die der Kur- fürst auf manchem Reichstag eingetreten war. Noch während des Aufenthalts zu Köln hatte der Kurfürst mit dem kaiserli- chen Minister Herrn von Chievres gewisse Maßnahmen in Bezug auf die Behandlung der Sache vereinbart^), als man aber trotzdem Luthers Schriften in Köln, ohne daß der Kaiser es hinderte, verbrannte, sah dies der Kurfürst als eine persön- liche Beleidigung au*). Er lehnte es jetzt ab, wie der Kaiser

1) Spalatins Annalen S. 15 ff.

2) Luthers Stellung zu Concil und Kirche. Güterslohe 1876. S. 92.

3) Spalatins Annalen S. 19.

4) ibid S. 20. An Herrn v. Chievres: Ich bin aber bericht, das

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gewünscht, Luther nach Worms mitzubringen oder auch die Verantwortung dafür zu übernehmen, daß Luther in der Zwi- schenzeit nichts gegen den päpstlichen Stuhl schreibe

Das Weitere ist bekannt. Nicht als Untertau des Kurfür- sten, sondern vom Kaiser gerufen, vom kaiserlichen Herold geleitet kam Luther nach Worms. Seine Sache war zur Reichssache geworden. Und nur als ßeichsfürst nicht als Lu- thers Landesherr beteiligte sich der Kurfürst an den Verhand- lungen über seine Sache und trat für eine den hergebrachten Rechten entsprechende Behandlung der Frage ein -) , daß er

desselben Luthers Bücher sind bey Kay Mät, eh ich abgeschiedenn, zu Colen Meintz vnd andern endenn vnd vnuerhort vnnd mit der heyligenn schriflft vnvberwundenn verprent sein sollenn. Weyl dann solches also bescheen, des ich mich doch auf die vnderthenig bitt, die an Kay Mayt ir von meiner wegen gethann , vnnd auf der Bebstlichenn pot- schaflft erbieten nit versehenn, sondern viel mer verhofft, wo Luther nicht hett angesehen werden wollen, meyn solt doch in dem ver- schont wurden sein etc.

1) Tentzel, bist. Bericht I, 450ff. Spalatins Ännalen S. 20 f. 25 f. ^

2) Mehr geht doch auch aus dem jedenfalls sehr zu Ungunsten des Kurfürsten gefärbten Berichten Aleanders nicht hervor. Vgl. J oh. Fried- rich, der Reichstag zu Worms im Jahre 1521 nach den Briefen des Aleander etc. in den Abhandlungen der historischen Klasse der Königl. bairischen Akademie. Bd. XI, 3. Abth. Auch bei den stürmischen Verhandlungen, bei denen es nach dem übrigens ganz allein stehenden Berichte des Aleander beinah zu einem Handgemenge zwischen Fried- rich nnd Joachim von Brandenburg gekommen sein soll, (tutta uolta Ii Principi per sette giorni consultarano con tanta controversia che el Duca Saxone el Marchese Brandenburgh uennero quasi ad manus et sarebbo fatto se non se fossero de meggio Saltzburgh, et altri che vi erano quod a primordiis Electoratus ad haec usque tempora dicono tutti mai esser piü accaduto con stupore omnium et pericolo di qual- che gran tumulto. ebendas. S. 105 und weiter unten : El Saxone et il Palatino obstantissimi insieme che faceuano cose da pazzi uscirono fuora gridando non obstante, che doueuano sequi pacifice pluralitatem uotorum sui Collegii) handelte es sich um die reiue formelle Frage, ob der Kaiser sein für seine eigenen Länder erlassenes Edict ohne Wei- teres auch über das Reich ausdehnen dürfe. Uebrigens bedürfte die Glaubwürdigkeit der Aleanderschen Depeschen einer eingehenden Un- tersuchung. Daß er zuweilen sehr stark aufträgt und übertreibt, scheint mir unzweifelhaft. Vgl. allein seinen selbstgefälligen Bericht über

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irgendwie persönlich für ihn sich verwendet hätte, hören wir nirgends. Nur in öffentlicher Keichsversammlung hat er ihn gesehen, nie hat er ihn gesprochen.

Mau hat ihn deshalb gescholten, so schon die Zeitgenos- sen. Eine Flugschrift aus jenen Tagen stellt ihn als den den Herrn dreimal verleugnenden Petrus dar So könnte man doch nur urteilen, wenn man die Vorstellung hätte, daß er schon innerlich von der Wahrheit von Luthers Lehre über- zeugt war. Dies ist indessen eine gänzlich irrige Anschauung. Eine merkwürdige Erscheinung dieser Fürst. Ein stilles in sich gekehrtes, friedfertiges Gemüt, war er wie gesagt der Frömmsten einer, die die damalige Christenheit aufzuweisen hatte. Ihm war es Ernst mit seiner Seelen Seligkeit, mit der Wohlfahrt der Kirche und der Förderung inniger mittelalter- licher Frömmigkeit; auch er wünschte dringend eine Reforma- tion der Kirche au Haupt und Gliedern , aber doch in jener äußerlichen Form, die in den erasmischen Forderungen typisch geworden ist^j. Er las gern die heilige Schrift, ebenso Lu- thers Schriften; noch auf der Fahrt nach Worms ließ er sich auf dem Wagen von Spalatin daraus vorlesen Indessen ge- lang es diesem kaum, seinem Herrn ein tieferes Verständuiß von der inneren Verbindung von Luthers religösen Sätzen und sei- nen kirchlichen Forderungen beizubringen. Er hatte eine hell- dunkle Ahnung davon, daß vieles, sehr vieles in Luthers Sehrif-

seine Rede vom 13. Febr. (Friedrich 101 ff.) und Brücks Berichter- stattung (bei Förstemann, neues Urkundenbuch. Hamb. 1842 S. 27f. Dazu meine Schrift: Luthers Stellung zu Concil und Kirche. Gütersloh 1876. S. 95 ff.). Auch das „gridando" in der oben angegebenen Stelle (Nach Höf 1er Hadrian VI, S. 54 hätte er „getobt, ja gebrüllt wie zehn Stiere" (Ü), will wenig zu Friedrichs Wesen passen, dem huomo tacito et coperto che non dice l'animo suo (Joh. Friedr. a. a. 0. S.94).

1) „Ain schöner newer Passion" bei Schade, Satiren und Pas- quille etc. H, 9 und auch Spalatin sucht seinem Herrn vielfach wegen seines Zauderns zu entschuldigen, was sich frelich aus der Tendenz seiner Geschichtschreibung erklärt.

2) Die Schwächen des Erasmus übersah er übrigens nicht. Später äußerte er einmal zu Spalatin: „Wenn eyner des Roterdams schrifften vnd bucher laug lesz, so wust er nicht wo er sein warten solt." Spa- latins Annalen S. 29.

3) ebendas. S. 39.

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ten christlich sei Schon deshalb durfte man den Mann nicht verderben lassen, aber alle die schweren Anklagen ge- gen das bisherige Kirchentum als gerechtfertigt anzuerkennen, auch da, wo er ihre religiösen Prämissen anerkannte, dazu war er doch ein zu guter Sohn der Kirche. Was ihm an Lu- ther imponirte, war vor allem seine gewaltige Persönlichkeit, die so Großes wagte, was ihn für denselben einnahm, in erster Linie, und das muß immer wieder hervorgehoben werden, doch der Umstand, daß er sein Professor war, der Mann, dessen Tätigkeit sein Kleinod, seine Universität ihren Ruhm und ihr Ansehn verdankte, und der doch nicht so schlimm sein konnte, wie ihn seine gereizten Gegner hinstellten, wenn auch noch nach seiner Excommunication, wie ihm Spalatin berichten konnte, gegen vierhundert lernbegierige Studenten seine Vor- lesungen besuchten'-).

Nirgends zeigt sich diese Stellung klarer, als wenn man sie mit der seines Bruders des Herzogs Johann, des nach- maligen Kurfürsten Johann des Beständigen vergleicht, wie wir sie aus dem Briefwechsel der beiden Brüder während des Wormser Reichstages entnehmen können , den uns das Archiv in Weimar aufbewahrt hat. Während der Kurfürst nicht viel mehr als ein wohlwollendes Mitleid hat für den verfolgten Mönch, den man ihm vertreiben will, dessen Sache in der Hand Gottes ist, der die Wahrheit an den Tag bringen wird, Aeußerungen, die nur durch Anfragen und Auslassungen Herzog Johanns hervorgerufen sind ^), so tritt dieser schon rückhalts-

1) Vgl. sein Urteil über Luthers Schrift an den Adel. Förste- mann, Neues Urkundenbuch S. 2.

2) Vgl. den Brief Spalatins an den Kurfürsten Ende 1520 bei Mu- ther, Aus dem Universitäts- und Gelehrtenleben im Zeitalter der Re- formation. Erlangen 1866. S. 429.

3) Donnerstag in der heiligen Ostern 1521 (4. Apr.) schreibt Jo- hann: „Es ist auch mein freuntliche bitte an e. 1., e. 1. wolle dan fro- men man martinum in geneidigen beuel haben auch die andern fur- sten von meim wegenn freuntlichen bitten Innen Martinum auch genei- diglichen beuollen lassen sein." Darauf antwortet Friedrich dem Bru- der am S.April: „Ich beffynd, das dye bischoff vnd Cardynel fast wi- der martinum seyn, got schicke es zum besthen. man had mir auch geszaget das fiyl selczamer hendel in der beicht vorgeffalhen , got

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los für Luther ein, sucht den Bruder daftir zu bestimmen, und wesentlich seinem Einfluß dürfte es zuzuschreiben sein, wenn der Kurfürst sich schließlich bewegen ließ, Luther in schützen- den Gewahrsam zu nehmen.

Der Gedanke war nicht neu, schon Anfang December 1518 rieth man Luthern in Wittenberg, er möge sich dem Kurfür- sten in Gefangenschaft geben, damit dieser dem Legaten (Cajetan) schreiben könne, Luther sei gefangen, mau halte ihn in sicherem Gewahrsam bis zu seiner Verantwortung Was jetzt den letzten Anlaß zur Ausführung des Planes gegeben hat, wissen wir nicht: ohne Zweifel sind nach Friedrichs Art lange Beratun- gen vorangegangen. Fraglich ist nun, welche Motive dabei maß- gebend gewesen sind. Wenn man meint, Luthers Glaubenssätze hätten dem Kurfürsten das Herz abgewonnen ^ ), so muß ich das entschieden in Abrede stellen: für diese Tradition fehlt jegli- cher Beweis, dagegen sprechen die deutlichsten Zeugnisse. Auch in diesem Punkte galt der Schutz, welchen er Luthern angedeihen ließ, seiner Person, nicht seiner Sache. „Man

welle das syhe est mit Irer apsolucion gud machen. weld got ich kund martinum zcu der byllickaid was gutes ausz richten, esz sold an mir nicht mangel haben", und am 24 April. „Werhe esz in meynem vormiigen, szo werhe ich gansz wjllig martinus was er fngk had zcu verbelflfen aber e. 1. glaube mir, das man Ime allszo zcu seczett vnd von ieuthen , dar ab sych e. 1. verwondern werden, ich acht man wird Inen verjagen vnd vertreyben vnd wer sych nuhen mercken lest, das er doctor martinus gudts gan. der ist ain keczer, got fuge esz zeu besthem" etc.* Letzteres bei Förstemann, ürkundenbuch I, 14, 15. die Briefe Johanns, aus dem Ernest. Gesammtarchiv zu Weimar (Reg. N. p. 46. ^Nr. 4- 10), die Förstemann unbegreiflicherweise nicht mit edirt hat, im Anhang. Ueber Johanns Stellung zu Luther vgl. auch den Brief Herzog Johann Friedrichs an Luther und den darin mitge- teilten Brief seines Vaters von Köstlin, Martin Luther I, 399. fälsch- lich auf Friedrich bezogen, ein Irrtum, den freilich schon Luther selbst begangen hat. De W. I, 544. Burkhardt, Luthers Briefwech- sel S. 35 f.

1) Institerunt nonnuUi magno hortatu, ut Principi nostro me in captivitatem darem et ipse acceptum alicubi servaret scriberetque D. Legato, me captum et sistendimi in loco tuto ad respondendum. Lu- ther an Spalatin 2. Dez. 1518. De W. I, 189.

2) So Köstlin I, 436.

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wird mir den Mönch vertreiben", das ist der stehende Aus- druck seiner Sorge in seinen Briefen an seinen Bruder. Und dieser Mönch, die Zierde seiner Universität, war sein Unter- tan. Auch wenn er seine Lehre nicht zu der seinigen machte, empfand der Kurfürst doch von Anfang an auch gegenüber der öifentlichen Meinung als Landesvater eine gewisse mora- lische Verantwortlichkeit dafür, daß ihm nicht wider Recht und Billigkeit ein Haar gekrümmt würde Die Zumutung, Luthern selbst nach Worms zu citiren, lehnte er mit der Be- merkung ab, er müßte üble Nachrede für sich befürchten, ,,wo Luthern etwas Beschwerliches und Nachteiliges uuterwegen zu- stünde". Ueber Wahrheit und Unwahrheit von Luthers Lehre maßte er sich zwar kein Urteil an , aber er mochte auch in Zweifel sein, ob der Reichsversammlung, in der nicht nur „Hannas und Kaiphas sondern auch Herodes und Pilatus" ge- gen ihn eiferten, gezieme, zumal in der Weise wie die Sache gehaudhabt wurde, ein endgültiges Urteil über ihn auszuspre- chen, über einen Mann, dessen Reformgedanken doch so viele treffliche Männer billigten und der au ein Concil appellirt hatte. Konnte er es nicht hindern, so fragte es sich doch, ob es ihm nicht zustünde, seinen Untertanen vor Unbillen zu schützen, ihn den Verfolgungen zu entziehen, so lange sie noch nicht ausgebrochen waren. Man muß bedenken, noch war Luther nicht verurteilt, noch unterstand er vollkommen seiner Macht, vielleicht legte sich der Sturm und war eine einsichtige Ver- ständigung zu erhoffen, wenn es gelang, Luthern eine Zeit- lang in der Stille zu verwahren und ihm Schweigen aufzuer- legen. Wollte doch Spalatin von dem kaiserlichen Beichtväter Glapio erfahren haben, der Kaiser habe das harte Edict ge- gen Luther nur zu „einem Spiegelfechten lassen ausgeen. Dann die konyge von Franckreich und Engelland haben bis- her stetigs angehalten doctor Martinas leer dem babst zu ge- fallen zu verwerffen mit bedrawung wo sein Mayt das nit thet sie zu bekriegen"

1) Weld got ich kund martinum zcu der byllickaid was gutes ausz richten, esz szold an mir nicht mangel haben. Förste mann, Neues ürkundenbuch S. 14.

1) Vgl. Zeitschrift für Kirchengeschichte II, 124 mitgeteilt von

3S

Für die Richtigkeit dieser Gedankenreihe als mutmaßlicher Motive für Luthers Gefangenuehniuug könnte mau zunächst anfuhren, daß Friedrich der Weise sich stets dagegen ver- wahrt, irgend wie Luthers Sache vertreten zu wolleu^ indessen diese Aeußerungt n sind lediglich diplomatischen Aktenstücken entnommen, können also nicht ohne Weiteres als Belege an- geführt werden-"». Wichtiger sind die Beweise, die wir aus seinem eigenen religiösen Handeln entnehmen können. Ich habe schon oben darauf hingewiesen, daß der Kurtiirst sich durch Luthers Angriffe durchaus nicht beirren ließ in seinem Heiligen- und Keliquiencultus. Als er zur Krönung Karls V. abreiste, schrieb er au seinen Bruder: ^auf morgen wyl ich ab got wyl nach Wittenberg czhyn vnd meynen orlaub von al-

0. Waltz aus Cod. A. 1289 I auf der Bibliothek zu Gotha, das ist die Saiumliiug der Spalatiniana vou Xeudecker und Preller. Kachdem ich sehr viele von diesen Abschriften mit dem Original verglichen und sie sehr unzuverlässig gefunden, kann ich nicht mit 0. Waltz (a. a. 0.) S. 118 bedauern, daß diese Sammlung nicht im Druck erschienen ist.

1 ) Uebrigens scheint der Kurfürst nur im Allgemeinen seinen Räten den Auftrag gegeben zu haben, Luthern in Verwahrung zu nehmen, hat aber absichtlich nicht wissen wollen und in der Tat anfangs nicht gewußt, wo Luther war Will man dafiir die Aeußerungen desselben in seinem Briefwechsel nicht gelten lassen, weil diese von der Diplomatie einge- geben sein könnten , so spricht dafiir positiv Luthers Aeußerung an Amsdorf: Neque enim nbi sim Principes ipsi sciunt. De Wette II, 26. Dieses Argument wird auch dadurch nicht hinfällig, daß L. damit die richtige Annahme eines fürstlichen Beamten, daß er auf der Wartburg sei, ^\iderlegeu will, denn am 9. Sept. schreibt er: Dux Johannes senior tandem novit, ubi agam hactenus ignarus: hospes mens clam ei ape- ruit, sed bene tacebit. De Wette II, 50. Vgl II, 31.

2) ich kann hierbei die Bemerkung nicht unterdrücken, daß. es doch sehr gewagt ist, wie man noch vielfach mit den Aktenstücken und ganz besonders Briefen aus dem 16. Jahrhundert umzugehen pliegt, ohne irgend welche Quellenkritik zu üben. Da ist Brief eben Brief, folglich reine Quelle. Man vergißt dabei, daß die Briefe jener Zeit zu nicht kleinem Teile der Publicistik dienen. Wer einmal Gelegenheit ge- habt, z. B. Melanchthons Entwürfe mit den schließlich abgesendeten Briefen zu vergleichen und gesehen hat. wie er modelt, ja sogar schließ- lich eine ganz entgegengesetzte Ansicht zu Tage fordert, als er ursprüng- lich concipirt, wird in den seltensten Fällen unmittelbare Herzensergüsse annehmen können, sondern strenge Quellenkritik üben müssen.

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len liben lieylligen nenien"^). Und Spalatins Briefwechsel be- zeugt uns ausdiücklicli, daß Friedrich, während die reichen Heiltumssammhingen den Wittenbergern längst entwertet waren, noch bis ins Jahr 1522 hinein durch seine Commißare neue Kostbarkeiten autlvaufen ließ 2). Obwohl er es schwer genug tragen mochte, daß man ihm in Wittenberg seine Lebensfreude und das, worauf er sein Verdienst gründete, rücksichtslos mit rauher Hand zerschlug ^) , so trat er doch nicht dagegen auf, sondern ließ es ruhig geschehen, nur forderte er, was er andern gewährte auch für sich, nämlich Religionsfreiheit. Es ist dies nicht zu viel gesagt. Hoch über seine Zeit hervorragend er- kennt dieser Fürst an, daß Religion nichts ist, was sich ge- bieten laße, was zu bestimmen Sache der Obrigkeit, sondern lediglich Privat- und Gewissenssache, das ergeben alle seine Erlasse in Betrefl' der Wittenberger Neuerungen *). Mau könnte meinen, es sei dies bei ihm viel weniger aus Grundsatz ge- schehen, als vielmehr unter dem Eindruck der imponirenden Erscheinung Luthers und seiner Genoßen, dessen er sich nicht erwehren konnte, denen zu wiedersprechen und entgegen zu handeln er im Augesichte der immer größer werdenden Be- wegung als eine Unmöglichkeit erkannte. Indessen dieses Ur- teil läßt sich doch sogleich als unrichtig erkennen, wenn man sieht, daß der Kurfürst den Zwickauer Propheten und Schwär-

1) Förstemann a. a. 0. S. 2.

2) Einige dieser Briefe bei C W. Schneider, Bibliothek der Kircheugeschichte. Weimar 1781, II. Bd., S. 1 ff. Die Uebrigen im Archiv zu Weimar.

3) Spalatin ohne Zweifel sehr mildernd: Wie übel auch s. Kurf. G. sich konnten als in den Ceremonien sehr verteufft in et- liche Veränderung richten, noch redeten ihre Churf G. nicht übel da- von, konnten auch endlich die Veränderung wol leiden. Zeitgeschichte Fr. des Weisen. S. 29 f Mittwoch nach Corp Christi (10. Juni) 1523 schreibt Job. der Beständige an den Kurfürsten: „Wie myr e. 1. ge- schrieben des umbgangks halben so haben wyr duringervnns auch ge- halten vnd auch kein sacrament wider zu der vesper oder messe heraus- getragen derhalben sollen sich e. 1. nicht entsetzen, dan es hat sich die procession so fein vonn ym selbest abgeschnitten vnd an alle bescliwerrn ader mürmelung der lentte got seye gelobet". Siehe den Brief im Anhang.

4) Z. B. C. Ref. I, 472 f.

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mern gegenüber ganz ebenso verfährt, auch ihnen Duldung gewähren will, obwol er sieh dessen wol bewußt ist, daß er darüber Land und Leute verlieren könnte^). Es war dieses Verhalten übrigens auch nicht etwa, wie wir heute sagen wür- den, ein unkluges, uustaatsmänuisches laisser faire und laisser aller, die Toleranz des Fürsten hatte vielmehr eine sehr bestimmte Grenze. Das war die öffentliche Ordnung und Ruhe. Wie er selbst ein hohes Bewußtsein von seiner Gehorsamsptiicht gegen Kaiser und Reich hatte, so verlaugte er auch in erster Linie die An- erkennung der öffentlichen Ordnung von seinen Untertanen und der stehende Refrain seiner Erlaße ist, daß, was man auch be- schließen wolle , man sich zu hüten habe vor Empörung und und Aufruhr -). Wo die Ordnung überschritten wurde oder in Gefahr kam, griff er ein. aber auch nur da 3), und es ist be- zeichnend, daß er einem Manne wie Gabriel Zwilling, der nicht wenig zu den Witteuberger Unruhen von 1521 und 1522 beigetragen hatte, trotz dringender Fürsprache Luthers keine Anstellung gewährte*).

Dieser Standpunkt war so gänzlich neu und widersprach so sehr allem Hergebrachten, daß man sich nicht wundern kann, daß ihn nur wenige verstanden. Mau weiss, wie schwer man es dem Kurfürsten gemacht, diese seine Stellung festzuhalten. Darin haben sieh Freunde und Feinde überboten, und es gehörte die ganze friedliebende, anspruchslose Natur, die ihm eignete, dazu, um dies in den Tagen seines Alters und seiner Hinfälligkeit ruhig zu ertragen. Es waren harte Anklagen, die er zu hören bekam von seinem Vetter Georg, von Heinrich von England, und immer und immer wieder musste er es betonen, dass er sich nicht anmaße, Luthers Lehre zu vertreten, sondern ihn nur nicht uuüberwältigt verderben lassen wollte Sein Gesand-

1) Zeitgeschichte S. 30, Schneider, Bibliothek der Kirchenge- geschichte, S. 121.

2) Vgl. Corp. Ref. I, 472, 489, 508, 250, 558 f. Vgl. auch De Wette II, 94.

3) Corp. Ref. I, 488.

4) De Wette I, 170, 183 ff.; 191, 193 f., 199, 203, 213, 219.

5) Spalatins Annalen S. 63 f In Betreff der Legitimität des Wormser Edicts scheint man am sächsischen Hofe von Anfang an starke Bedenken gehabt zu haben. Hans von der Planitz schreibt an den Kurfürsten:

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ter beim Reichsregiment, Hans von der Planitz, hatte ihn fortwährend zn entschnldigen, and gab sich die mißlichste Mühe, die Loyalität des Knrtursten seinen Gegnern darzutnn und seinen Standpunkt zu vertreten. Man machte ihn doch für AlleS; was in Wittenberg und Umgegend geschah, verant- wortlich, und es half nichts, dass Friedrich, als man über das Auslaufen der Mönche klagte, erklären ließ, er habe die Mönche nicht controllirt, als sie ins KJoster hinein liefen, er könne auch keine Notiz davon nehmen, wenn sie wieder hinaus- liefen^). Dieses und die Frage von der Priesterehe und der Messe seien geistliche Sachen, die ihn nichts angingen. Ver- geblich war es auch, dass er Zeugnisse dafür vorbrachte, dass Luther wider seinen Willen nach Wittenberg zurückgekehrt und seine „verdrießlichen Bücher ausgehen- ließ'), und daß er sich mit Recht darauf berufen konnte, wie er auch die Geg- ner der lutherischen Lehre gewähren ließe, ja sogar den Bi- schöfen zu Meißen und Merseburg bei ihrem Vorhaben, gegen die Neuerer zu predigen, Vorschub geleistet Und es war in

Nürnberg am 18. März 1522. ,E. C. G. will ich aber gancz vTidthr vnd getrewer meynangh erynnerungs weisz anczeigen, das E C. G. wiszen ader villeicht gehortt. wie kl. maj. doctor ilartinum yu die acht aach seyn anhäDger, vorschiber vnd andere gethan, welche acht ich vor meyn per- 8on nicht gesehenn, alleyn do von wie sie öffentlich an vill enden ange- schlagen seyn sali hören sagen etc. Bei M. Jordan, Aas Berichten eines Leipziger Keichstagsmitgliedes vor vierthalb hundert Jahren S. 20. Es ist im höchsten Jlaße zu bedauern, daß diese kleine Festschrifit, die das wichtigste aus den Depeschen des Hans von der Planitz an den Kurfürsten mitteilt, nicht im Buchhandel erschienen ist.

J) M. Jordan, S. 18 ff. Vgl. Kurf, an Joh. v. Planitz am 3. März 1522. Das die monnich ansz den Clostem lauffen. Pfaffen weiber nemen vnd raichung halber der Saerament in dem haben wir dein bedengken auch gehört vnd soichs mag von vnns wie du anzeigst vnsers verhoffens leichtlich veramwurt werden, dann wir haben nit diesen dingen nit zu thnn, sein des als ein leyhe auch nit verstendigt sonder steet den pre- laten vnd obem der geistligkeit zw. Archiv z. We im ar. Ich verdanke die Einsicht in den sehr umfangreichen Briefwechsel des Planitz mit dem Knrtursten der Güte des Herrn Geh. Oberregierungsrat Dr. IL Jor- dan, dereine beinahe vollständige Abschrift derselben besitzt, aus der er in dem oben citinen Schrittchen einiges mitgeteilt hat.

2) Kurf. Eriedrich an Planitz am 26. Mai 1522 im Anhange.

3) Am 29. März trägt der Kurfürst dem Planitz aoi" zu erklären:

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der Tat sekwer, an diese KemtraEtät zn glambea^. wenn man

hörte, mit welebem Eifer Hau? von (3erP!anttz. frerReh ohne

halt.; - ^>talt

Zweiten er: za en&leidens)

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dieser bedächtige, langsam überlegende Fürst zu einer Frage einmal eine bestimmte Stellung eingenommen, etwas für recht und gut erkannt, so ließ er sich auch durch keine Gefahr d»- Ton abbringen, wie er den Wittenbergem einmal sagen läßt: -sie sollten es dafür halten, wenn S. K. G. wüßten, was gut imd recht sein sollt, S. K. G. wollt sich desselben halten, und weder Bruder noch Mutter noch sonst jemands ansehen, darüber auch leiden, was S. K. G. leiden sollt ^)".

Lagen die Verhältniße so, so kann man nur Mitleid haben, wenn man sieht, wie man den Kurfürst im eigenen Lande immer weiter drängte, ihm immer eine Concession nach der andern ab- preßte. Es ist bekannt, wie Luther nach den Unruhen der Wit- tenberger Schwärmer bei der Einfuhnmg der tou ihm als not- wendig erkannten Beformen im Allgemeinen sehr conservatiT zu Werke ging, aber in einigen Punkten kannte er kein Er- barmen, keine Rücksicht, auch nicht gegen seinen Herrn und Kurfürsten. Die denkbar schwierigste Stellung hane dabei der Unterhändler zwischen dem Hofe imd den Wittenbergem, der kurturstliche Geheimsekretär Georg Spalatin. Früh für Luthers Lehre und Person gewonnen, hatte er sich bald da- ran gewöhnt, in ihm seinen Gewissensrat . seinen Berater in allen Dingen zu sehen, andrerseits hatte er für seinen Kur- fürsten, der ihm als das Ideal eines weisen, frommen und gott- liebenden Fürsten galt, die höchste Verehrung. Veranlaßte ihn Luthers Drängen -) und eigene Ueberzeugung je mehr imd mehr zu dem Versuche, seinen Herrn von seinem Ceremoniendienste zu evangelischer Anschauung und Lebenstuhnmg herüber zu ziehen, so nötigten ihn doch seine amtlichen Obliegenheiten, auch wieder lur die Neigungen des Kuriursten einzotreten. Er war es ja, der, wie schon früher erwähnt, den Briefwechsel über den Ankauf von Reliquien noch bis ins Jahr 1522 n führen harte. Es mag oft schwer gewesen sein, in diesem Widerstreit der Pflichten beiden Parteien zo gentigen, zumal in dem Punkte, in dem beide empfindlich waren, eben dem Reliquien- und Ceremoniendienst. Anfangs hatte er sieh Luthem

die Sache Timd alle sachen nach semen gotlichen Willen wol schicken. Emestinisches G^s. ArchiT ni Weimar. Beg. N. p. 46 A. 1&4, 10.

1) Corp. Ref. L 537.

2) Vgl. 2. B. De W. n, 247.

3

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gegenüber noch eine gewißc Selbstständigkeit gewahrt, und sogar um seineu Kurfürsten vor Unannehmlichkeiten zu bewahren, wäh- rend Luthers Wartburger Aufenthalt es gewagt; dessen Schrift gegen den Abgott zu Halle zu unterschlagen ; je mehr und mehr beugte er sich aber vor Luthers Geist und suchte den Kur- fürsten für die Reformation zu bestimmen, ja seine tätige Mit- wirkung an der Ausführung derselben zu fordern. Dies hatten die Wittenberger schon im Okt. 1520 getan, als sie von dem Kur- fürsten verlangten, er solle als ein christlicher Fürst den Miß- brauch der Meße in seinen Landen abtun, und ihn davor warnten, daß ihn nicht einst das Schicksal der Kapernaiten träfe, und ihm von Christo vorgeworfen würde, daß solche große Gnade, daß das Evangelium wieder an den Tag gekommen, umsonst in seinem Laude geofteubart worden sei ^). Aber Friedrich lehnte es ab, persönlich einzugreifen, ließ jedoch die Augu- stiner und die Wittenberger in ihren Kirchen gewähren 2). Ohne seine Mithülfe wurde der Meß- und sonstige Ceremonien- dienst von den Augustinern und der Wittenberger Stadt- gemeiude aufgegeben, leerten sich die Klöster, änderten sich alle kirchlichen Verhältnisse in Wittel. berg und den an- grenzenden Gemeinden. Das einzige, was die Regierung da- bei tat, war, daß sie diese Verhältnisse anerkannte, die Ver- schleuderung der Klostergüter verhinderte, eventuell ihre Ver- waltung in die Hand nahm.

In der Wittenberger Stiftskirche jedoch blieb einstweilen alles beim Alten. Hier fühlte sich der Kurfürst als Stifter, als I^Atron und Hausherr. Aber gerade deßhalb fordert Luther mit Ungestüm das Abtun dieses Bethavens (Hosea 4, 15. 10, 5), dieses Hauses der Abgötterei dessen Bestehen um so schär-

1) C. Ref. I, 469 f.

2) Richtig sagt L. von ihm, Novi hominis ingenium qui ferre po- test ut ab aliis fiant quaecunque fiaut sed mandare aut consulere nolit. De W. 11, 197. Auch Luther fordert bald direkt die Staatshilfe zur Ein- führung der Ref. De W. I, 190. Andrerseits schreibt er: Valde veliem Principem nostrum sua curare et nie sinere cum Satana sqiiamisque suia agere, slcut et autea scripsi. De W. II, 252.

3) Vom Mißbrauch der Messe E. A. 28, 138 ff. Ihr habt auch ein Bethaven bei euch, aller heiligen Kirche, welche Herzog Friederich

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fei- beurteilt werden müße, weil es unter Sanktion des Fürsten bestehe, auch nachdem die Wahrheit an das Licht gebracht sei. Immer dringender verlangte er die Aufhebung des Stiftes, und als der Kurfürst nicht davon lassen wollte, wandte er sich an die Stiftsherrn selbst mit der Aufforderung, das öffentliche Aergerniß aus dem Wege zu räumen ^) , und als diese zöger- ten, sich auch auf den Kurfürst beriefen, hielt ihnen Luther entgegen : „Ich rede itzund mit eurem Gewißen, was gehet uns der Kurfürst in solchen Sachen an. Ihr wißet, was St. Petrus saget Apostelgesch. 5, 25: Oportiiit Deo mag/'s obedire quam honu'nibus^y-. Erst nach jahrelangen Kämpfen wurde die Ab- schaffung der Messe Ende 1524 durchgesetzt, wider den aus- drücklichen Willen des Fürsten und nicht ohne Vergewaltigung der Stiftsherrn von Seiten Luthers und seiner Anhänger ^). So fiel das letzte Bollwerk römischen Gottesdienstes in Wittenberg. Die Ausstellung der Reliquien hatte wohl schon früher aufgehört. Und der Kurfürst ließ es geschehen, weil jene vielleicht doch einen Grund dazu in Gottes Wort haben möchten. Aber man

von seinen Vorfahren ererbet hat, und durch die Papisten betrogen trefflich gemehret und erhaben. 0 wie viel armen Leut hätt man da- von in Sachsen ernähren können, die er alle ihm zur Freunde von dem unrechten Mammon hätt machen mögen, auf daß sie ihn wenn es ihm wird noth sein, in die ewigen Hütten genommen hätten; daß ans dem Exempel zu fürchten ist, daß der Fürsten Geld und Gut gar selten würdig ist, daß es zu christlichen Sachen gebraucht werde; gleichwie 68 wird selten anders gewonnen, denn Nimrod sein Gut und Geld gewon- nen hat. 1 Mos. 10, 8. Vgl. De W. II, 106. Auch direkt suchte Luther den Kurfürsten von seinen Heiltümern abzubringen in dem schönen Briefe De W. I, 131 f. Auch De W. I, 174, 217, Dez. 1522 an Spala- tin: Omnium sanctorum Bethaven quid est nisi lupanar? Atque utinam lupanar tantum esset: sed peccatum, seu ut Amazias apud Arnos ait, sanctificatio regis est: utinam Princips ibi quoque manum opponeret. Gerte haec peccata eum fovebunt maxime, postquam veritas rem osten- derit. De W. II, 271. Noch schärfer II, 283, 300.

1) De W. II, 308 f. Vgl. 568 u. dgl. An Spalatin deshalb: De W. II, 314, 424.

2) De W. II, 355.

3) Näheres über diese Vorgänge, deren weitere Ausführung den Rahmen dieser Skizze überschreiten würde bei Seckendorf, Com- ment. I, 274 ff. Köstlin I, 562 und in den Aktenstücke im Anhaug.

3*

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ging noch weiter, man verlangte ein tätiges Eingreifen von ihm zu Gunsten der allseitigen Einführung der Reformation. Doch dazu war er nicht zu bewegen. Gegen das Wort Got- tes wollte er nichts tun und ließ darum geschehen, was andere auf ihr Gewissen glaubten tun zu dürfen, wenn es nur ohne Verletzung der öffentlichen Ordnung vor sich ging, mehr war aber nicht von ihm zu erreichen und für seine Person hoffte er die endgültige Lösung aller der Schwierigkeiten, die ihm die letzten Tage seines Lebens verbitterten, letztlich immer von einem Concil ^). Daß neben der alten mit der ganzen Reichsidee so eng verbundenen Kirche eine neue sich erheben könnte, daran hat er nie gedacht. Bis an sein Ende ist er, wie er es immer betont, ein guter Sohn der röm. kath. Kirche geblieben.

Noch in den letzten Tagen seines Lebens forderte man nach einem wie ich glaube bisher unbekannten Schriftstücke nichts Geringeres von ihm als ein vollständiges Reformatiousdekret für seine Lande. Er solle, dieses Ansinnen stellte Spalatin an ihn am 1. Mai 1525, eine gemeine Schrift an alle Stifte, Klöster und Geistliche ausgehen lassen, wonach, um zeitliche und ewige Beschwerung zu vermeiden, aller Ceremouieudieust abgetan, der Gottesdienst nur in Gemäßheit des Evangeliums eingerich- tet werden sollte. Dadurch werde der Kurfürst sein Gewissen entladen und wäre zu hoifen, daß in Folge dessen der gegenwär- tige Aufruhr, eben fingen die Bauern an sich zu sammeln gestillt werde. „Denn ich besorge daß die meiste Ursache aller dieser Aufruhr eben daher kommen, dasz man Gotteswort verhindert und wir Pfaffen, München und Nonnen die abgöt- tischen und gotteslästerlichen Gottesdienste nicht abstellen wol- len, welche Fürsten und andere Obere aus Gottes Gebot Deuter, abzutun schuldig sind. E. K. G. geruhen mir um Gotteswillen das unterthänig Ansuchen in ihrem itzigen vielfältigen Beschwe- rungen guädiglich zu Gute zu halten, denn es geschieht in unterthäniger treuer Wohlmeinung und wollte desto lieber ster- ben, wenn E. K. G. den Geistlichen das christliche Gebisz ein- legten, E. K. G. bekennten sich auch damit zu Gottes Wort und wäre ein hohes tröstliches und christliches Werk.

4) Corp, Ref. I, 488 u. öfter. Vgl. noch Spalatina Urteil über ihn I, 481.

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0 was großes Gut sollte in aller Christenheit daraus erwach- sen, die Buben verschonen sich sonst mit E. F. G., so sind auch E. F. G., wird sie solche Abgötterei gestatten, nicht ent- schuldiget 1)".

Wir wissen nicht was der Kurfürst darauf geantwortet hat, vielleicht gar nichts. Vier Tage darauf ist er gestor- ben. Spalatin hat uns sein erbauliches Ende beschrieben. Auf dem Todtenbette nahm er das Abendmal unter beiderlei Gestalt. Das war das Einzige, wodurch er sich tatsächlich zum neuen Kirchentum bekannte und auch hierbei bleibt es zweifelhaft, ob er nach Allem, was vorangegangen, den Schritt aus persönlicher Initiative tat, oder nicht vielmehr dem Dräugen seiner geistlichen Ratgeber nachgab. Wie dem aber auch sein mag, ihm bleibt der Ruhm, der erste Fürst gewesen zu sein, welcher, wenn auch erst im Tode, dem Papsttum und sei- ner Kirche Valet sagte.

Aber das genügt doch nicht, um ihn zum Schirmherrn der evangelischen Kirche zu stempeln. Mau darf es ihm nachrüh- men, daß ihm die heilige Schrift ein teuerwertes Wort war. Er hat einmal eine Münze schlagen lassen mit dem Spruch: Verhum Doinini manef in aeternum, und die Anfangsbuchstaben der Worte dieses Spruches ließ er seinen Dienern auf den Aermel sticken. Als die Gegensätze zwischen Luther und Erasmus sich auf die Frage nach dem freien Willen zuspitzten, entschied sich der Streit für sein einfaches Gemüt lediglich durch des Herren Wort: „Ohne mich könnet ihr nichts tun." Aber daß ihm als Fürst aus dieser geläuterten Erkenntniß die Pflicht erwüchse, etwas mehr zu tun, als den unrechtmäßig ver- folgten Luther gewähren zu lassen und die öffentliche Ordnung zu wahren, das ist ihm nicht in den Sinn gekommen, ja man darf sagen, dazu ist er vielleicht zu weise gewesen. Und hätte man seine weise Kirchenpolitik, die allerdings seit Luthers Auftreten vielfach von der seiner Vorfahren abwich, weiter befolgt, hätte anderer- seits Luther und die Seinen nicht schon so bald ernten wollen, wo es noch zu säen galt, da hätte es vielleicht wirklich zu einer deutschen evangelischen Volkskirche kommen können, die sich frei aus sich selbst heraus auferbaute, lediglich auf Grund des

1) Siehe das ganze Schreiben im Anhang.

oS

evaugelischeu Wortes nnd des freien durch keine Staatsgewalt geforderten Bekenntnisses zu demselben. Anstatt dessen schritt man sogleich nach Friedrichs Tode zu dem angeblich nur provisorischen Nothdach des landeskirchlichen t^ummepiscopats, in das es nun schon länger als dreihundert Jahre biueinregnet, und Spalatins pii/m ilesideriiiin den Geistlichen „das Gebiß ein- zulegen", dürfte eine intensivere Ertiillung erfahren haben, als er es wohl selbst gewünscht haben mag.

Beilagen.

I.

Friedrich ron Sachsen an Johan v. Paltz.

1502. 25. Febr. Fr i de rieh von gotes gnaden hertzog zu Sachssenn vnd churfurste etc.

Vnnsen grus zuuor würdiger vnd hochgelarter lieber an- dächtiger. Vnnser begere ist, jr wollent die Sachen der Romi- schen gnade zur Numburg zum besten bestellen vnd euch von stund an vnd vngesewmpt gein Zwickaw vnd auf den Sneeberg fugen vnd daselbst die sachen der gnade halbenn zum besten als ir wißt außzurichten fleis haben vnd gebrau- chen, vnd euch darinnen nichtz lassen verhindern [, dann doctor Gunther mitvns verlassen, er wolle solchs an diesem mit euch bestellen, wissen aber nicht ob das gescheen sey oder nicht.] Inn dem thut ir vnns gefellige meynuug in gnaden zu merken. Datum Torgaw freitags nach Reminiscere anno etc. xv c. secundo.

Aeußere Aufschrift: Dem wirdigen vnd hochgelarten vnn- serm lieben andechtigen bruder Johann Paltz doctor Sant Augustini ordens etc.

[. . .] An dieser Stelle standen ursprünglich die Worte: „euch werde von doctor Gunther von Bunawe geschrieben oder nicht". Sie sind aber ausgestrichen und die jetzigen dafür an den Rand geschrieben

Orig. im Ernestinischen Gesammtarchiv z. Weimar Reg. 0. pag. 91. AAa 1.

IL

Spalatii» au Christian Bayer. 1520. 22. April. Suo amantissimo Compatri D. Christiano Bowario. P. Mihi Semper sincerissime gratificatus amantissime com- pater, fecisti spem egregiam, me nihil unqaara frustra abs te petiturum. Id quod nunc mire mihi polliceor in causa doctoris

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Martini mei. Te igitur obsecro, ut consilium hodie concipias et conceptum mihi sub hujus serum diei mittas, quonjodo arbitreris agendum si DoctorMartinus excomniunicatione opprimeretur, vel solus, vel quod Deus averterit cum principe clementissimo et christianissimo vel universtitate et civitate hac jam multis nominibus celebratissima. Nihil enim feceris vel te dignius vel bonis omnibus gratius. Optime vale cum commatre, cum tiliola Sabina et breviter tota domo, et cura ut hodie rursum tuum habeam vel brevissimum in omnes casus. Cursim ex arce Vuittenbergensi Dominica Misericord. Do- mini MDXX. Idem spero me a Domino praeposito et dei Hieronymo etiam consecuturum. Orig. auf der ßatsschulbibliothek zu Zwickau. G. Spalatinus.

III.

Herzog Johanu an Kurfürst Friedrich '). 1520. 14. Januar. Hochgeborner fürst freundlicher lieber herre bruder vnd geuatter ich bedanck mich keigen e. 1. gancz frentlichen keigen e. 1. des bücheleins das myr e. 1. geschickt hat welches Mar- tin us gemacht, wyll auch solches freuntlichen umb e. 1. ver- dienen in diesser stunde sint myr diesse bryffe von Jeronimo Brunner zugeschickt die ich e. 1. alhyr mit zcu schicke,, auch was mein bedenken aufif die handelung yst di do zcu Zceitz ytzond gehandeldt doch auflf e. 1. vorbesserung. Weichs ich e. 1. freuntlicher meynung nit habe wollen vorhaltten. E. 1. freuntlichen zcu diennen bin geneit. Datum Weimar Sampstag nach Juliani 1520.

Hans Herzog zu Sachsen. IV.

Herzog Johann an Kurfürst Friedrich. 1421. 28. Januar. Hochgeborner fürst, frentlicher lieber herre bruder vnd gefather! Ich habe e. 1. schreiben gelessen vnd frentlicher meynung verstanden, welchs dato stet zu Wormis am abent

1) Dieser wie die folgenden Briefe aus dem Original im Ernest. Ges. Arch. zu Weimar Reg. N. p. 46. A. Nr. 4.

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Anthoni ') vnd myr gestern abentz geantwort vnd ich bedanke mich frentlichen keigen e. 1. der newhe zceitung die myr e. 1. geschrieben haben, myr yst auch e. 1. schreiben der herberge halben 2) vorlengst zcukoraen daraulf ich auch e. 1. antwort geben habe vnd meins vorsehens sei ess e. 1. nicht zcu komen. 6. 1. wyll ich auch nit bergen das ich etlich vitalia habe be- staldt auff dem Meyn herab zcu voren biss kein Wormis auch etlichen wein vnd habern, welchs ich e. 1. auch nit habe wollen bergenn das myr e. 1. gutter maynung anczeigen das e. 1. gern sehen das ich vor mich vnd meyn son bethe soldt mit füren lassen auf diesse raysse, das bedanke ich mich keigen e. 1. gancz freutlichenn. Ich habe auch eher myr e. 1. schreiben zcu komen meyne bethe vor mich vnd meynen son lassen zcu richtten auff die raysze. Es yst so ein böses windiges vnd nass Wetter alhyr fast beye ix tagen gewest als ichs alle meine tage gedencke vnd sint die wasser so gros als ichs vmb die czeit des jhars nit gesehen habe. Ich höre auch gancz ungern, das Martin US alszo soll verfulget werden, aber ich wyl zcu goth vertrawen, der wyrdt yn nit verlaszen, es sint noch vil redellicher leuthe, dido auch das best thuen werden beye Martino, dan mich ye dunket, er seye auff dem recht- ten wege. Das der lantgraff so statlichen zcu Wormis ein geritten boren ich gern, ich vormuthe mich gentzlichen s. 1. werde die reuther zu tayll heym schicken, das Rom. Königs May. es der vor haldt, das ich werde Stecher bringenn mack woll sein, aber das ich er so vil bringen mack, als ich gern gehapt, yst myr nicht mugelich, wie dan e. 1. aus meynem schreyben nahe mer verstanden, aber ich hoffe dreyhe zcu bringen, allein wyrdt es ynnen an pferden mangeln, wo e. 1. nuhe kundt etliche pferde zu wegen bringen, so hoffte ich es soldt an lewtten nit mangels sein. Der Heintz hat auch nichts bracht dan ij reimzeugk, wie woll ich habe lassen schreiben kein Torgaw vnd eynnen stechzceugh, ob er aber kompt weis ich nit, der halben dorffen e. 1. sich des nit be- sorgen. E. 1. schreiben myr auch, das e. 1. nit konnten vor- stehen ob mein son den hulczen man hat vmb gestossen oder

1) 16. Jan. Forstmann, neues Urkundenbuch S. 5 f,

2) Vom 12. Jan. ebendas.

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ob der man mein son hat erab gerant, der halben lass ich e. 1. wyssen, das der hulczen man mein son hat erab gestochen. Ich höre auch gern, das mein vether nach seynnen zceugen schicket, ich haltz dorvor, sie werden zcu dem stechen nit zcu massen komen, sali anders das stechen auff denn Fassnach Sontag sein. Vmb das newhe jhare werden sich e. 1. woll wyssen zcu haltten als ein loblicher kurffurst des heyligen reichs. Ich höre auch fast gern, das sich mein vether frent- lichen zcu e. 1. stellet und got gebe, das es lanhe were vnd das hertze gut dorbeye seye. E. 1. vormeynnen, das ich auff Hedelbergh zcu zihen worde, des ich mich doch nit vor- mutbe, als mich meine leuthe bericht haben; es where dan, das ich wassers halben do müst zcu zcihenn. E. 1. yst niche mher das hyrsz gehorn zcu komen dan ich es e. 1. beye e. 1. bothen zugeschickt habe, ich woll auch die eppfell holen lassen vnd bedancke mich der frentlichen keigen e. 1., wyll auch solchs frentlichen vmb e. 1. vordienen. Ich bore auch gern, das mein vether die gullichische handelung beye sich hat yn hoffenung es solle zcu der handelunge dinstlichen sein, welche ich e. 1. frentlicher maynung nit habe wollen vorhaltten. E. 1. frentlichen zcu dienen bin ich geneit. Datum zcu koborgh Mittwoch nach Vincentii 1521.

Hans Hertzog zu Sachssen. V.

Herzog Johauu au Kurfürst Friedrich. 1521. 4. April.

Hochgebornner fürst, freuntlicher lieber herre bruder vnd gefather! E. 1. schreiben habe ich vorlessen, welchs myr zcu- komen am mitwochen nach palmarum ^) vnd freuntlicher may- nung vorstanden, und ich bedanck mich keigen e. 1. des, das e. 1. alle Sachen die ich e. 1. geschrieben, wyll fleiss vor wen- den nach e. 1. vormugen auss zcu richtten vnd zcu solicitiren, wyll auch solchs freuntlichen vmb e. 1. hinwider vmb vor diennen. E. 1. gebe ich czu erkennen, das es alhir fast ein kaldt wether yst, wie wol die bäume zcu teyll auss lassen vnd ich mack e. 1. nach warheit schreiben das in den Ostern sere

1) Das ist der 27. März.

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gut krammt vogel gehapt habe vnd hatte ichs gewust, das sie zcu bekomen weren gewest, ich wolt yr e. I. ein etliche schock geschickt haben , sie sint auch auch eins sere guthen ge- schmackes gewest vnd zcimlich veist vnd so als verst alss sie waren vor fastnacht; ich habe e. 1. die xxiiij feile bestaldt vnd als baldt die vertigt wyll ich sie e. 1. von stund an zcu schicken; ich habe die zceddel der renner und sticher vber lessen vnd befinde das gesellen stechen nit dorynnen auch kei Maj. tornyr auch nit dimen (sie), wies aber zcu yst geganhen, ich haldt, man hat sich dorvor geschamet, das e. 1. vnd meynne dienner am basten gestochen haben vnd den andern die dencke geben sint vnd nit so vil velle gemacht. Meister Lucas '3 schreibet myr, das es von den genaden gottes mit dem sterben sich gancz wol zu der Lochau vnd dor vmb heltet, des glei- chen zcu Wittenberg h vnd Torgaw, dorbei zceiget er mir an, das er e. 1. etliche taffei kein Wormis geschickt, dor vnder sey eynne mir zeustcndigk, die habe mein maller ge- mallet, yst der halben meyn freuntliche bitt an e. 1., e. 1. wol- len myr die gemalte taffein schicken, auflf das ich sehen mochite was guttes er gelernnet bette. E. 1. schicke ich auch eymme briff zcu, welcher abwesens mein an die rethe die zceit zcu Salvelt von e. 1. rethen von Eyllenburgk aus ynen zuge- schickt der halben bitte ich, e. 1. wollen die schrifift lassen lessen vnd was e. 1. bedoncken dorynne, mich solchs freuntlichen vorstendigen vorstendigen. Ich habe Burckhardt Hundt beuoUen, sich kein Born zcu fugen vnd mit e. 1. verordnetten, sich zcu berechnen, allent halben meins vorsehens er werde dem so volge thun. Als e. 1. myr auch schreiben, wo ich e. 1. hette mein gemitte angezceiget, wie ich ym wyllens zcu cleiden gewest, so wolt ich e. 1. gern mit myr der halben vor eyniget haben, welchs ich mich keigen e. 1. gancz freuntlichen bedancke vnd e. 1. sollen myr in warheyt glawen, wan ich mich der kleidung entslossen, so wolt ichs e. 1. nit vorhaUten haben; so habe ich noch kein tuch bestaldt zcu kauften, ich habe auch noch iij tucher vngeferlichen im vorath. Wo nuhe e. 1. nachmalen sich bedacht vnd wollet mich wissen lassen, wie e. 1. cleiden woldt, so woldt ich mich auch danach kleiden.

1) Kranach.

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Myr ist alhyr gesaget, das konigl. Maj. solle einen perssevanten nach doctori Marti no geschickt haben, ob dem nuhe also, yst myr vorborgen. Myr ist glawlich gesaget, das ytzandt in diesser vor flössen fasten solle ein student einen Pauler brudern gebeicht haben zcu Lei pt zig vnd yme gebethen, das er yn wolle absoluiren, das sich der bruder Pauelers ordens gewegert, er wolle yn nit absoluiren, er sage ym dann zcu, das er Mar- tinas bucher alle verbrennen wolle vnd wohl thuenn was der studens gesaget, er habe kein bucher didoMartinus gemacht, es hat nit wollen sein, das der studens bette mögen von dem bruder absoluirt werden. Der Student hat nach mals fleissig gebetten yme zu absoluiren, aber es hat nit sein wollen, wie sich der studens bedacht und den monch bey der Kappen ge- nomen vnd zcu dem stul hinausgeworlfen vnd mit fussen ge- treuen, auch villeicht etwas dor zu geslagen, solchs ist meyne artz (arzt?) von Leiptzick vor gewiss geschrieben, welchs ich e. 1. nit habe wollen bergen. Er leupolt von Hermans- grün ist vor zwheen tagen alhyr gewest vnd gesaget das briffe sollen zcu Wormis angeslagen sein, das man alle bucher didoMartinus habe lassen aussgehen das die, die sy haben , sollen die yren obersten geben. Derhalben solle ein grosse rede entstanden sein, vnd von yderman das solchs an- slagen ym gelayt solle bescheen sein. Ob dem nuhe also yst, weis e. 1. an zweytFel. Es yst auch mein freuntliche bitte an e. 1., e. 1. wolle den fromen man Martinum in geneidigen beuel haben, auch die andern fursten von meint wegenn freuntlichen bitten, ynnen Martinum auch geneidiglichen beuollen lassen sein, das wyll ich freuntlichen vmb e. 1. vnd sye alle vor dienen*). Myr yst in kurtz geschrieben, dass ein grosse auff rure aber yn Behaym vnd ym lant voiiti zcu Laussatz sein solle zwi- schen den Stetten vnd den heren vnd den vom adel, got gebe das es guth werde. Des fisskalls halben habe ich e. I. ge- schrieben, wie ich berricht, aber do ich die sachen recht an- seheen liss do was ein andere Meinung vnd traff die geist- lichen an ym Wirtzborger bistumb, das sie die Kochin solten von ynnen thuen vnd andres. Ern Wolffen pferdes halben

1) Vgl. hierauf die Antwort des Kurfürsten Föratemann, S. 14.

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werd e. 1. woll die sach ein fordern, dan wo es e. 1. kont vorderlich zcu wege brinhin sehe ich gernn. Weichs ich e. 1. freuntlicher maynung nit habe wollen vorhalten. E. 1. freunt- lichen zu dienen bin ich geneit. E. 1. wollen K. Maj. mein vnd meins sons vnderthenige dinst sagen vnd wolle yn vnd mich yn genedigs beuell haben. Damit sey e. I. got beuollen der helflfe e. 1. vnd myr schyr mit freuden zusamen amen. Datum auflf koburgh ain Dornstag der heil. Ostern 1521.

Hans Herczog zcu Sachssen.

VI.

Herzog Johann an Kurfürst Friedrich. 1521. 'i9. Mai»). Hocbgeborner fürst, freuntlicher lieber herre bruder vnd geuather! ich habe e. I. schreiben vorlesscn vnd freuntlicher maynung vorstanden vnd das Kais. Maj. schwach gewest bore ich nit gern vnd als mir e. 1. schreiben, das e. 1. so vbel zcu fusse sint yst myr warlicben von hertzen laid vnd woldt got ich kond es e. 1. abwenden, woldt ich von hertzen gern thuen vnd were es schuldigk, ich wyll aber got dem almechtigen ge- trawhen, der almechtig werde es baldt wider vmb durch sein gotlich genade e. 1. wider dye gesunthayt geben. Ich bedanke mich gancz freuntlichen keigen e. 1. des artzteyen buchlein, wyll auch solchs freuntlichen vmb e. 1. verdiennen, auch e. 1. wieder vmb kunst vmb kunst mit tayllen. Von doctor Martino wais ich e. 1. nichts worlässiges zcu schreiben, who er yst, den gestern yst myr gesagt worden, er solle nit weit von Franckreich sein in cynnen schlos frantzen von Sickingen zcusteudigk; abb aber also yst, weis ich kein masen dor von. E. 1. las ich auch wyssen, das ich bericht, das meyaer kirchen zcu Wymar ein feyne kappell seye, auch die beste orgell dor von man weit wysse zu sagen, aber ich hab keins geseheen, den was ich bericht bin vnd sonderlichen vom Jorgen Organisten, der dye orgell geseheen vnd geslahen hat. My yst glaplich angezcei- get, das der von Myffers (?) solle todt sein 2), auch Kais. Maj.

1) Antwort auf den Brief des Kurfürsten vom 21., bei Förste - mann S. 17.

2) Wahrscheinlich Chievres.

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oberster leipartz auch sein beichuather vnd der profoss solle erstochen sein, ob nuhe dem also oder nit können e. 1. bas wyssen dan ich. Mein son hat heudt seynnen reinntzeugk berithen, der ym fast reicht noth yst vnd hofft e. 1. werde ynnen mit eym gutem reinross (sie) wider vmb vor seen. Ich bedancke mich auch gancz freuntlichen vmb e. 1., das e. 1. zcu myr alher wyll komen, ich wyll e. 1. von hertzen gern haben mit allein (sie) den meynnen vnd e. 1. wollen sich leiden in e. 1. eigen behausung und slos, ich wylls auch nymantzs sagen, sonder beye myr behahten im geheym. E. 1. wyll auch nit bergen, das myr glawlich angezceiget das Jorg von E ber- ste in sich solle in diesser stundt (?) vnd ym stiffte zcu Wyrcz- burgh vast vmbdrehen, wie wol er sich vornemen lasst, er habe nichts mit e. 1. vnd myr zcu thuen, aber den leuthen yst vbell zcu getrawhen der halben wolle e. 1. e. 1. sache in bess- ter acht haben, so soll beye myr auch kein fleis gesparret wer- den, ab man ym etwas kundt abbrechen, welchs ich e. 1. nit habe wollen vorhaltten, auff das e. 1. des wyssens betten. E. 1. freuntlichen zcu diennen bin ich geneit. Datum zu Koborgh abent corporis xsti 1521.

Hans Herczog zu Sachsen. VII.

Herzog Johaun an Knrfiirst Friedrich. 1522. 5. März.

Hochgeborner Fürst, freuntlicher lieber here bruder vnd geuather! ich habe e. 1. schreiben vorlessenn vnd freuntlicher maynung vorstanden vnd ich bore gancz gern, das sich e. 1. schwacheit zu besserung geschickt hat vnd ich habe auff e. 1. schreiben aus der kanczley e. 1. wider umb lassen antwort stellen aoch auff. e. 1. vorbesserung vnd gefallen, es yst myr auch ein selczam mandat von dem regyment, auch das schrei- ben meins vetter herczog Jorgen, welchs an e. 1. bescheen yst ich wais auch nit wor für ich halten sali; ich bedancke mich auch gancz freuntlichen keigen e. 1. des freuntlichens be- denckens was ich mit meynen swager von Meckelnborgk handeln sali, wyls auch nach meynen vormügen aus richtten vnd trewlichen; e. 1. haben myr auch geschrieben Albrecht

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canczell schreybers halben mit dem geldt das bei den Leym- bachen aussen stet von Bernhardt Dornbach seligen he- rurend aus genaden zcuuorsehen, der halben wais ich mich woll zcu erynneren, das e. 1. mit myr zcu der Lochawauch alhir zcu Wymar mit myr dor uon gereth haben. Dor auff wil ich e. 1. freuntlicher maynung nit bergen, das ich e. 1. lengest dor auff meyn gemut gern zcu uorstehen geben bette, so weis ich warlich nit wie vil des geldes yst vnd wies ein gestaldt da mit hat, aber ich wyls in e. 1. wyllen vnd geuallen gestelt haben haben (sie) wil es e. 1. Albrechten volgen lassen aus gena- den so sali es meint halben auch gewillget sein; ich habe aus geschickt vmb geldt zu erforschen meinen junhen vetter von Lünen borgk, was mir auch des zcu antwort einkompt sali er vnuorhaltten bleyben. Keigen e. 1. bedancke ich mich auch gancz freuntlichen der reher, die myr e. 1. von Koldicz ge- sckickt hat, will auch solchs freuntlichen umb e. 1. verdienen vnd myr sint x geantwort worden von Koldicz vom schosser van e. 1. wegen E. 1. schicke ich auch e. 1. alhir mit wie mein son die fastnacht alhye gehaltten hat, auch schicke ich e. 1. die abschrifft, was myr wider vmb vann meynen ohem herczog Phillipssen yst zcu antwort worden auff mein schreiben mey- nen junhen vethern von Lunenborgk belanhendt; who e. 1. den falkenner noch bette mit den vogeln die do die alster schlugen where mein freuntliche bitte an e. 1. e. 1. wolle myr den schicken vnd die fasten leichen. Weichs ich e. 1. freunt- licher maynung nit hab wollen vorhalten. E. 1. freuntlichen zcu dienen bin ich geneit. Datum zcu Wymar am Ascher mit Wochen 1522.

Hans Herczog zcu Sachsenn.

vni.

Herzog Johann an Kurf. Friedrich. 1522. 23. März.

Hochgeborner fürst freuntlicher lieber herre bruder vnd ge- father! ich habe e. 1. schreiben vorlessen vnd freuntlicher may- nung vorstanden vnd ich habe mit ern friederichen Thn- nen, auch dem kanczler geratschlaget, auff e. I. begeren das salcz graff ampt belanhent, wie e. 1. seheen werden doch auff

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e. 1. vorbesseren. So bedancke ich mich auch gancz freuntli- chen der vberschickten fasnacht, wil auch solchs freuntliehen vmb e. I. vordiennen. E. 1. las ich auch wissen das mir mein vether herczog Jorg geschrieben hat, das er sich auff den mitwochen nach letare wyll zcu Nornbergk erheben vnd wider vmb aüff Koburgk zcu zcu zciehen vnd den wegk durch e. 1. vnd mein furstenthum wier heraus gezcogen ist. habe ich e. 1. freuntlicher maynung nit wollen vorhalten e. 1. freuntliehen zcu dienen bin ich geneit. Datum zcu Wymar am sontag oeuli anno den xxjj ihare

Hans herczog zcu Sachsen. IX.

Herzog Johann an Kurfürst Friedrich. 1523. 7. Juni.

Hochgebomer fürst freuntlicher lieber her vnd bruder! gestern yst er Pfillips von fey lisch zcu myr komen vom marckgraffen vnd mich bericht was vnd wie es alent halben die selbige handelung steheet wie e. 1. zcu vornemen haben vnd alhyr beye finden werden, vnd vnder anderen mich bericht, das er Konrat Schott zcu ym komen seye vnd ym angeczei- get, das einprarica vber e. 1. vnd mich vorhanden vnd sonder- lich von geistlichen bischoffenn und Martinus belanhent vnd solches solle mein vetter fleissik procuriren, zcu andern yst er Jorg von Schawborg hendt dato auch beye myr gewest, myr auch angeczeiget, das ym ein glawplicher gesaget, das eyn grosse pratica vorhanden vber e. 1. vnd mich seyeMartinushalbenauchetlicheweltlichehocheyt, vnnd sollen das die dreye vrsachen sein; das erst, das e. 1. vnd ich Martinum haltten;das ander, das e. 1. vndich haben des keyssers mandat vorachttet; vnd dasdrythee.dase. 1. vndichaussErfordtsollengedrun- hen haben, wie wol die iij articel synt, yst mengnichlichen wysßlich. Es sint myr auch czwhee gemeide geschenck wordenn, welche beyde zcu 2Sornbergk gemacht. Das cleinste hat myr er Jorg von Schawbergk hendt dato geschenckt, welchs ich e. 1. nit habe wollen vorhalten. E. 1. freuntliehen zcu dienen byn ich geneit. Datum zcu Wymar am sontag nach corporis xti. anno xxiij. Hans herczog zcu Sachssen.

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X.

Herzog Johanu an Kurfürst Friedrich. 1523. 10 Juni.

Hochgeborner fürst, freuntlicher lieber herre bruder vnd ge- uather! ich habe e. 1. schreiben welchs datum steheet zcu Tor- gaw am nechsten freytag nach corporis xti ^} entpfanhen vnd Vorlessen vnd freuntlicher maynung vorstanden, vnd nachdem mir e. 1. schreiben, das e. 1. vil zcu schaffen haben, kan ich warlichen woll glawen, dan e. 1. yst ye seiden an gescheffte. Wie myr e. 1. geschrieben des vmbgancks halben so haben wyr Duringen vnns auch gehalten vnd auch kein sacramentwider zcu der vesper oder messe her aus getragen, der halben sollen siehe. 1. nichtz ent- setzen dan es hat sich die procession so feyn vonn ym seihest abgeschnitten vnd an alle beschwerun- gen oder murmelung der leutte, Got seye gelobet! Nach dem myr e. 1. auch schreiben, das e. 1. e. 1. volck gern woldt zcu ThorgavF kleiden lassen, aber es mangel an dem, das e. 1. nit wyssen, wie ich meynne grawhe ermell will ma- chen , ab sie sollen sein wie die wintter cleider aber änderst, der halben gebe ich e. 1. freuntlicher maynung zcu erkennen, das ich die rocke habe lassen machen mit sechs falden vnder der gurtteil vnd oben der gurttell schlecht, der recht ermell yst aber des musters, wie e. 1. vnnd ich ynnen den wintter gefürdt haben. Das graff Pfilipps von Solmis zu Dresen vnnd freyburgk gewest, höre ich gern ynczuuorsicht er werde was newhes do erfaren haben , so wyll ich yn auch gern haben, wan er zcu myr kompt. Ich bedancke mich auch kei- gen e. 1., das myr e. 1. solchs vormeldtet hatt, wils auch freuntlichen vmb e. 1. vordienen, welchs ich e. 1. freuntlicher maynung nit habe wollen vorhaltenn. E. 1. freuntlichen zcu die- nen bin ich geneit. Datum zcu Wymar am mitwochen nach corporis cristi anno xv C. vnnd ym xxiij jare

Hans Herczog zcu Sachssen m. p.

1) 5 Juni. Dieses Schreiben scheint nicht erhalten

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XI.

DerzoK Johann an Kurfürst Friedrich. 1523. 9. Juli.

Hochgeborner farst frenntlicher lieber herre bruder vnd geuather, e. 1. gebe ich frenntlicher maynung zcu erkennen, da.s myr gestern geschriebenn da.«, das mein vether herezog Jorge an vnser lieben frawentag nest zcu hoflFe stil gelegen den tag vnd er Ernst von Schonnberg hat raeynen vettern geleyttet mit xxx pferden vnd yst er Ernst wider kardt, so czweyffelt myr nit, e. 1. haben noch yn frischem gedechtnas, das ich mit e. 1. redet zcu Alden borgk Martinum Lutter belanhenndt, wie solchs an mich gelanhet durch meynnen swagern von Anhalt; nuhe schreybe ich e. 1. alhyr bey aus der czanleye (sie) auch die articel wie mentz maynet, das ge- handelt soldt werden vnd das die maistat zcu derNawborgk soldt sein. Was nuhe e. 1. yn dem gefallen wyll, werden e. 1. mich woll berichtten. E. 1. lass ich auch wyssen, das ich auff den nechsten dinstag nach Margarethe \i graff Wylhelm von Hennenberg mit sampt seyner tochtter vud graff Günthern von Schworzburg mit seynen" son keinSalueld beschieden habe, den hewrat zwischen ynen zcu beschlissen mit gütlicher hulffe vorhabe, so wyl mein son der von Anhaldt vnd graff Bertolt von Heynnenbergk (sie) ein gedrittes stechen vmb die brautschue graff Gunthers von Schwortzberg tochter diedo ytz newlichen elichen beyegelegen zcu Arnstat. Wies auch geheenn wyrdt sali es e. 1. vnuorhalten bleyben , welche ich e. 1. frenntlicher maynung nit habe wollen vorhalten. E. 1. freuntlichen zcu dienen byn ich geneit. Datum zcu Wymar am dornstag nach Kiliani anno dmni xv c. vnnd ym xxiij jhare.

Hans herzcog zcu Sachssen m. p.

xn.

Herzog Johann an Kurfürst Friedrich. 1523. 10. Juli.

Bruderliche lieb mit gantzen treuen alzeit zuuor. Hochge- bomner fürst lieber bruder vnd gefatterl wiewol wir eur lieb

1) Das ist der 14. Juli.

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hieuor durch ynnsern cantzler haben anzcaigen VDnd berichten lassen, welcher maß vnnser schwager der von Anhalt in arbait stehet, doctor Martinas sachen gegen vnnserm oheymenn von Magdeburg vnd Mersburg zu gutlicher vn- terredung vnnd handlung zu brengen. Darauf vnns dan Euer lieb dazumal ire bedengken mit fruntlicher Vorwarnung, das wir yhe der grieswerter kayner sein wolten widrumb hat vor- melden lassen. So wissen wir doch Eur lieb nit zu bergen, das gedachter vnnser Schwager vnns itzo bericht wie berurte vnnser oheymen von Magdeburg vnnd Mersburg daz die sachn lauts eingelegter copeien seiner lieb furschlege zu handellung geraichen gefallen lassen, welchs wir Eur lieb bruderlicher vnd fruntlicher maynung nit haben vorhalten wollen. Datum Wey mar freitags nach Kiliani. Anno etc. 23.

Johans.

XIII.

Herzog Johann an Karfürst Friedrich. 1523. 29. Juli.

Hochgcborner fürst freuntlicher lieber herre bruder vnd geuather, ich habe e. 1. bayder schreiben vorlessen vnd freunt- licher maynung vorstanden vnd ich habe den canczeller gestern dinstags nach Mersseburg gefertiget yn zcu vorsieh er solle auff morgen dornstags wider umb beye myr sein. Freuntlicher lieber herre bruder vnd gefather, das man e. 1. wyll van der kurren entsetzen byn ich warlichen sere er- schrocken vnd where warlichen eyn schwinder vnd ein erschrecklicher handel, aber ich wyll got vonn hymeln vortrawhen der werde die sache vnnd alle sacheen nach seynem gotlichen wyllen wol schicken, dan e. 1. haben ye nymantz keyn vrsachee zcu solchem gegeben. E. 1. las ich wyssen das mein vether etliche tage zcuSalczung gelegen, aber der lantgraff yst dohyn nit komen vnd mein vetter yst mit wenigen leutten zcun lantgraffen keinEschwhe geritten vnd hatt nor zwhenne seynne rethee mit sich, desgleichen sollen der lant- graff auch haben. Das gemeyn geschreye yst beye myr das mein vetther wollen den hewrath zcwischen dem lantgraffen vnd seymer tochter beschlissen vnd man solle sich zcu Meys- sen zcum beylager richtten, ab es war ader nit war, wyssenu

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e. 1. am besten. Gestern yst alher geschriebenn, das der pundt solle sein volk zcu gebeen lassen vnd der hocbemeister zcu Preussen solle die baupt leutte den meren teyll bestalt baben aueb etliebe kneebte vnd die knechte solle baldt zcu Erfordt einkomen vnd der bochmeister wyl sie dem konigk zcu Dennemarck zcu füren, worlicbeen wollen die kneebte e. 1. vnd myr aber durcb lant zieeben, so wyrdt e. 1. vnd myr eyn scbade gescbeen vnd den armen leutten das zcu erbarmen wyrdt sein. Als e. 1. myr scbreyben vnsers zcu samen komens balben babe icb aucb freuntlicher maynung vorstanden, vnd icb bedancke micb aucb freuntlicben keigen e. 1. das myr wolle die reutber zwischen Eyssenbergk vnd Aldenborg zcu schicken, wil aucb solcbs freuntlicben vmb e. 1. verdienen vnnd icb wyl mit gotlicber Hulffe zcu e. 1. kein Aide nnborgk komen auff den freytag nach vincula Petri (7. August) ; wollens e. 1. aber eher vmb eynen tag baben, so wils ichs ligen vnd stebeen lassen was dobeymet yst vnd wyll komen vnd wyl micb mit e. 1. weyther bereden. Des jagens halber, icb babe gestern gejaget aber nichts gefanhen dan ij wyldt vnd ein byrszkalpt, vnd yst mein freuntliche bytt, mich meins aussen bleybens balben, das icb nit ebere zcu e. 1. komen freuntlicben ent- schuldiget .haben dan ich den von ßeicbling und die von Beinneb urg aufif den Dinstag zcuvor bescbieden babe eher ich wyll got zcu e. 1. reythen wyll. Wbo es an das so woldt icb auff den selbigen Dinstag heye e. 1. gewest sein. Weichs ich e. I. freuntlicher maynung nit babe woln vorhalten, ich wyll e. 1. mber lodern zcu wegen brinben. E. 1. freuntlicben zcu dienen byn ich geneit. Datum zcu Ihenne an mit wochen nach Anno. 23. Hans herezog zu Sachssen.

XIV.

Herzog Johauu au Kurfürst Friedrich. 1524. 20. Nov.

Hochgeborner fürst freuntlicher lieber berre bruder vnnd geuather e. 1. haben myr geschrieben, das icb e. 1. woldt vndericht geben was micb er friedrich Thun bericht. Zcu Dresten was meyn vetter mit ym gerat bat, das oberschicke ich e. 1. alhyr mit meyner eigen bandt gescbryeben, des glei- chen was der lantgraff wider mich gedacht bat, ich bedancke

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mich auch gancz freuntlichen keigen e. 1. der antwort dye e. 1. ern Albrech tten Mechaw geben hat, wyls auch freuntlichen vmb e. 1. vordienen. Das sich auch e. 1. Sache zcu besserung schicket höre ich gantz gern yn Hoffnung got wyrd genade e. 1. vorleyhen zcu gesuntheit, welchs ich erfrewet where zcu boren. E. 1. die habe myr eyn thonne borßdorfFer eppfel zeugesaget, die wollen e. 1. nit vorgessen, e. 1. schiebe ich die copia, was Meyntz mit myr zcu Dresten gehandelt, auch was er auff sein antrage vnd meyne antwort mit myr allein redet wie e. 1. yn diesser zedel finden werden, welchs ich e. 1. freuntlicher maynung nit habe wollen vorhalten. Ew. 1. freuntlichen zcu dienen byn ich geneit. Datum am sontage nach Elisabet zcu Wymar anno dmn. xv c. vnnd ym xxiiij.

Hans herczog zcu Sachssen m. p.

Dazu folgender Zettel.

Ern Fridrich (Thun) yst zcu myr komen zcu Dresten vnd gesaget, ab ich gesehen wie meyn vetter h(erzog) Jorgh ynen mit sich den Wendelstein vom tantzhaus hynauff gefurdt bette, dorauff ich ja saget: ferner hat ern F. angehaben: das meyn vetter diesse wordt solle aber dergleichen mit ym geret haben Friderich du weist was ytzund vor eyn yrthum allenthalben von dem vor fluchttekeczerischen Lutter auff komenyst, so bore ich das dein herre mein ve- therherczogHansleidetynseinemfurstenthummher dan andere fursten, das man deusche messe list vnd sinhett vnd das das volck yn beyde gestelnuss zcum heyligen sacrament gehet: solchs und der gleichen woldt ich gern mit meynen vethern reden al hyr zcu Dresten, dan ich weis, das pratica vorhanden woRom. keiserl. Mayt. vnd franckreich gericht, das durch zcuthun bepslicher heyligkeit der kurfurst vnd dein herre vberczogen werden, auch etliche stette, vnnd es solle gewisslichen vor sein, das man den kurfursten, meynen vethern seins kur- fürstlichen ampts entseczen wolle, welchs myr trew- lichen leidt were, vnd kandt gedencken, was nachtheils das mynen vethern seyner liebe bruder vnd myr vnd vnsern allein

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nachkomen brinhen mochte, mein vether hat sich auch erpoten mit myr kein Zcelle oder Rohelitz zcu reytten aber es yst ym durch er Friderichen alles abgeschlagen die weyl er ern Friderichs rat hat dorynnen haben wollen meyn doryn- nen zcuuorschonnen die weyll ich ytzundt bey s. 1. seye von frohlichkeit wegen , mher hat auch meyn vether wider ern Friderichen geret, lieber, es komen selczame prediger erfür dido zcu auffrur vnd andere vnschicklichkeit treyben, dorauff meyn vether durch ern Friderich geantwort das er vorwar wüste das ich von e. L vnd meint wegen funff prediger ans dem lande vortriebenn bette: dorbey yst es das mall blyben. der lant- graff hat sich freuntlichen genuch keigen myr gestelt, auch am hochczeittag myr auch angeczeigt, das diepratica vorhanden wäre, wie meyn vether ern Frid riehen auch angeczeigt hat, welchs ich e. 1. freuntlicher maynung nit wollen vorhalten. Dat. utsupr.

Meyntz hat myr gesaget, ergunne Martinio Lutter gutz yn seinem hertzen vnd er predige vnd schreybe die warheit vnd hett er gethan, so wäre eyn grosse auf- rure worden zcu Made burgk vnd sprach we}-ter zcu myr, das man die pfaffen myr gefanhen brynhet, das geschieht an mein geheis vnd sich es auch nit gern vnd ich mus mich besorgen vorm bapst vnd Keiser, do kompt der fuchs Schwantz vnd phariseier, das man den bapst mher forchten soll dan got, er- barmess got, yn dieser stund yst myr geschrieben, das des Keisers swester dem konige von Portig al zcu elichen weybe gegebenn yst vnd das Franc kr eye Meylant wider vmb jTinen hat.

XV.

Herzog Johaun an Kurfürst Friedrich. 1524. 29. Decb. Hochgeborner fürst, freuntlicher lieber herre bruder vnd geuather, keigen e. 1. bedanke ich mich gancz freuntlichen der buchelein, die myr e. 1. zcnm newhcn jhare geschickt hat, wyls auch freuntlichen vmb e. 1. vordiennen. E. 1. begeren nach wyll ich graif Philips vonSolmis schreyben, wye m}T e. I. das selbige vormeldet hat, e. 1. gebe ich zcu erkennen, das die von Manßfeldt newlichen yn eyne vordrys des ewangeliums halben komen sindt vnnd das dar autf stehet das

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eyn grosser vnlust draus komen mocht, aber ich habe myr sagen lassen, das herczog Philips von Braunswigk vnd graff Bot von Stolbcrgk sollen zcwischen ynnen handeln, wo es dorch dye nith vortragen, so wyrtz mühe dorffen das sye eins bleyben, got wyrdt an zweiffei vber seinem wordt woll halten. Das graff Gunther e. 1. geschryben vmb eyn reynpferdt yst zcuuor muthen, das er noch gedenck zcu reyn- nen, ich habe alle meyn tage gehordt aldter hylff vor toreydt nit. Die schliffsteyn sind komen , die . wyll ich e. 1. kein Leyptzick bestellen auff den ytzigen marckt, weicheiche. 1. freuntlichen maynung nit habe wollen vorhalten. E. 1. freunt- lichen zcu dienen byn ich geneit. Datum zcu Wymar am freytag nach dem cristag anno dmni xv C. vnnd ym xxv jhare.

Hans herczog zcu Sachssen m. p.

XVI.

Herzog Johann an Kurfürst Friedrich. 21. Jan. 1525.

Hochgeborner fürst, freuntlicher lieber herr bruder vnd geuather, ich habe e. 1. schreyben vorlessen vnd freuntlicher maynung vorstanden, erstlichen bedancke ich mich keigen e. 1. des ab gekonterfeyten schissens zcu Hedelbergk, auch des glasses wie woll myrs nit worden yst, mit erpittung solchs vmb e. 1. freuntlichen zcu uordiennen ; zcum anderen, das mich wyll zcu Dieben (Düben) vnd Wittenborgk freuntlichen beherbergen, vnd als e. 1. myr schreyben, das ich woldt fleis haben, ab ich etwas von cleynnothen zcu wegen zcu brynhen, nue sollenns e. 1. gewisslichen darvor halten, das ich e. 1. yn dem vnnd yn eynem andern gern wyllfaren woldt wan ichs nor hette, aber e. 1. wyll ich nit bergen, das ich warlichen gar keyn vngerisch goldt habe, aber sust habe ich etliche ketten die myr e. 1. geben vnd auch die ich habe machen lassen, ab ich derselbigen eyne soldt schenkenn von e. 1. vnd meyntwegen, so habe ich auch gar schonner cleynot zcwhe, die man fast vmb funffhundert gülden schätz, dan die ketten haben zcu anderthalpt hundert gülden zcu Ixxx vnd hundert gülden, zcu funff hundert gülden, wan e. 1. kein Wittenbergk zcu myr komen, so woldt ich e. 1. die ketten vnd cleynot

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sehen lassen, als welche dan e. 1. gefille, die man schencken müst, dor vmb wold ich mich mit e. 1. woll vortragen; wie ich e. 1. geschryben graff Albrechtz halben, dem yst alszo: dan der gralf hat myr geschryben keyn Arnstat das es noch weyther eyngerissen seye was auch der graff zcu antwort hat myr der graff geschryben, ich wyls auch dem canczler beuel- len e. 1. solchs yn geheym zcu zcuschicken wies alleuhalben zcu Arnstat zcu gegauhen mit reynuen vnd stechen werden e. 1. alhyr beye vor zceichent finden. Das doctor Mar tinus e. 1. zcu entkeigen handelt höre ich gantz vnhgern. Ich habe yn meinen vorigen schreyben geyrret wie e. 1. aus diesem bey vor warthem briff finden, yst der halben meyn freunt- liche byth, e. 1. wollen myrs freuntlichen vorczeihen. Das ge- schreyhe yst kein Arnstat komenn, das die pfalgr affin her- tzog Jorge gemahel von Pomern solle yn kurtz gestorben seyn, got wolle yr geneidigk vnd barmhertzigk seyn, Weichs ich e. 1. freuntlicher maynung nit habe wollen vorhalten, e. 1. freuntlich zcu dienen byn ich geneit. Datum zcu Wy mar am freytage nach Prisce anno dem xvC. vnd yn xxv jhare.

Hans herczog zu Sachsen m. p.

XVII.

Oerzog Johaun an Kurfürst Friedrieb. 1525. 27. Januar. Hochgeborner fürst freuntlicher lieber herre bruder vnd geuather keigen e. 1. bedancke ich mich gantz freuntlichen der guthen bewyrthun, wyll auch solchs freuntlichen vmb e. 1. vor dienen, ich gebe auch e. 1. freuntlichen vnd vortrewlichen zcu erkennen, das Err Hans von der Plawnitz mith myr eynen handeln gereth yunen belanhendt, dor auff ich ym diese antwort geben, ich wolle mich mit e. 1. bereden und dornach wyr vnns beschlissen , wollen wyr ym das vnser gemüthe er- offennen vnnd sonderlichen wan myr got wider vmb anheym hylfft. Doctor Martinus hat hendt dato alhyr geprei- diget vad yst warlichen eyn groszes volck yn der kirchen gewest, das ich eyn freude dorvber gehapt habe vnd yst der sermon gewest wie man betten sollen vnd was man betten sollen vnd yn alwegh

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den vertrawhen zcu got haben, das es got gefhalle. E. 1. lasz ich auch wissen, das ich gestern dornstages byn al- her komen vmb viere vnd hett man mich nit auff die Strasse auffSchmidewergk zcu gefurdt woldt ich zcu dreyhen Vhren alhyr gewest seyn, ich kam gleich vmb 1 Vhren keyn Kem- berg. Die silber sint myr geantwordt worden. Meyn bot yst gestern von Stettin wider zcu myr alher komen vnd sa- get myr, es sterbe von den gnaden gottes gar nichtz czu Pom- hern nach yn der Marek, so byn ich bericht, das des marck- graffen prediger so gestorben yst so sindt die Juden auch al- hyr gefhanhen wie myr Bas teil gelessen hat zcuEylborgk. Ich wyl auff morgen sampstag nach der Prisenitz reysen, den sontag nach Belitz, den montag wyls got bys keyn Berlin, Weichs ich e. 1. freuntlicher maynung nit habe wollen vorhal- ten e. 1. freuntlichen zcu dienen byn ich geneit. Datum zcu Wittenbergk am freytag nach conversionis Paulj anno xv C. vnd ym axv jhare

Hans herczog zcu Sachsen m. p. XVIII.

Dei'zog Johann an KHrfiirst Friedrich. 1525. 30. März.

Hochgeborner fürst freuntlicher lieber herre bruder vnnd geuather, hendt dato sindt myr bryffe zcu komen von Ern Veiten von Lenterszhaym dor ynnen myr vil selczam newhe zceitung schreibet des von Wyrtenbergks halben, auch das der konigk von Franckreich solle keyn Krem an a, auff schlos doselbest gefurdt sein, der Konigk von Franckreich solle auch Keis. Maj. mit eigenner handt geschryben haben vnd Keis. Maj. gepetten, er seye seyn armer gefhanhen, er wolle ynnen gneidiglichen halten. Dorbeye hat der Konigk von Franckreich an das perlement yn Franckreich geschryben ab post hotten komenn von Keis. Maj., das man die vnuorhin- dert woldt durch lassen, auff das ym die antwort mocht vor- derlichen zcu komen von keis. Maj.; so yst myr hendt auch geschryben, das der pabst solle zcu ßome gefhanhen seyn. Die erste newhe zceitung hat myr Er Veit von Lentersz- heym zeugeschickt vnd mich dor beye gepethen e. 1. solchs

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zcu vormelden ab die e. 1. nit bette mit erpitung er wolle eyn guter Sacbße sterben vnd bleyben dorbeye, sein arme vnder- theuige dinst e. 1. zcu schreyben ; die andern sindt myr von bapst von Nornbergk geschryben, freuntlicber lieber herre bruder vnd geuather, e. 1. wissen, das e. 1. vnd leb dreye taussent guldenn Rein gein Normbergk gefertiget, nue leidt das geldtt aldo nue where ich meyne anczalle notortftig, als e. 1. wyssen, derhalben yst meyn freuntlicbe bitte an e. 1., e. 1. wolle hynnaus schreyben, auff das das geldt ytzundt auif den marck mocht keyn Leiptzick komen, aufF das ich mey- nen nutz zcu meynen von meynem teyl dor von schaffen. Das wyl ich freuntlichen vmb e. 1. vordienen. E. 1, freuntlichen zcu dienen byn ich geneit datum zcu Wymar am donrstag nach letare xxv.

Hans herczog zcu Sachssen m. p. XIX.

Herzog Johauu an Kurfürst Friedrich. 1525. 7. April.

Hochgeborner fürst, freuntlicber lieber herre vnnd geua- ther, yn dyesser stunde yst myr e. 1. schreyben zcukomen, Weichs ich vorlesen vnd freuntlicber maynung vorstanden vnd myr yst ynn aller warheit e. 1. schwacheit nit liept, ich wyll aber hoffen der almechtig got werde e. 1. baldt yre gesunt wider vmb geben welchs ich erfrewet were zcu boren; ich wyll auch e. 1. erpiten, dem lantgraffen zcu schreyben in zu- uorsicht, es werde s. 1. nit mißfellich seyn. Keigen e. 1. be- dancke ich mich gantz freuntlichen des segers auch des hyrs- ses, wyll auch solcbs freuntlichen vmb e. 1. hin wider vmb vordienen, der lantgraff hat mich eyn schryfft zcu Creutz- bergk sehen lassen wie er meynen vethern h(erczog) Jorge geschrybenn, dido aus der schryfft wol gegründet was vnd vnder sechs blettern nit, dor auff hat meyn vether dem lant- graffen eyn antwort geben, wie e. 1. alhyr beye sehen wer- den, die wolle e. 1. lessen vnd sust beye sich behalten, dan es mocht dem lantgraffen zcu Nachteyl gereichen, welchs ich e. 1. freuntlicber maynung nit habe wollen vorhalten. E. 1.

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freuntlichen zcu dienen byn ich geneit. Datum oben tzcu Wy- mar am freytag nach Judica xxv,

Hans herczog zcu Sachssen m. p.

XX.

Aus dem Briefwechsel des Hans von der Pla- nitz mit Kurfürst Friedrich ').

1.

Haas ron der Planitz au Kurfürst Friedrich. Nürnberg 22. März 1522.

Dr. Martinus halben, das der widervmb gegen Witten- bergk komen, yst hie bereytt an erschallen, dan es meynen gn. hern herz. Jorgen von stundan zw wissen wurden, byn auch, ehr myr E. C. g. erstt gethane schrilft zw komen, von seynen gn. angerett ob ich wysz, das Dr. Martinus wider- vmb zcu Wittenbergk were, darauff ich seynen gn. anwortt gab, ich hett davon nicht gehörtt, als saget S. g. er were wider aldo, v. zceyget es von stundan dem biscboflf von Bambergk v. dem stathelder an, die eyn gute weyll bey eyander yn heymlichem gesprech sunderlich der bischoff v. herz. Jorge waren, weyll ich dan befunden, das solchs den stathelder angezceygett, v. villeicht nicht E. C. g. zwm besten hab ich nicht vnderlassen, heutt dato den stathelder die Co- pia zw lessen vbergeben v. dar neben E. C. g. auch meynen g. h. herz. Hanssen entschuldigett, das solchs an willen E. C. g. V. f. g.^v. an wissen bescheen sey, seyn f. g. gebeten, wue S. g. anlangen ader boren würde, das villeicht E. C. g. v. f. g. etwas beschwerliches hyrinnen aufifgelegett ader zwge- messen werden wolde, das S. f. g. , E. C. g. v. f. g. wolden entschuldigen.

1) Als Ergänzungen zu Max. Jordan, Aus Berichten eines Leip- ziger Reichstagsabgeordneten. Die Briefe entstammen dem Weimar- Bchen Archiv und wurden mir von Herrn Geh. Oberregierungsrath Dr. Jordan in Berlin gütigst zur Verfügung gesteilt.

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2.

Hans V. d. Planitz an Knrfiirst Friedrich. Nürnberg 1. April 1522. Ich besorge auch, gst. Curf. v. her Es werde von etzli- chen gesucht, ob man zw wegen brengen mocht, das der fischall E. C. g. doctor Marti nus halben vorneme, kan aber noch nicht eygentlich des yu erfarung v. auif den grundt kö- rnen, myr wyrtt aber zw zceytten etwas von weytten entwor- fen, woll weiß ich das gesucht ist worden dem fischall zw bewelen, wider die stett alß Augzburgk, Ulm v. andere mehr zw procediren v. sie vorzwnemen, darvmb das sie Kr. maj. mandatt voracht v. die acht vber Marti num nicht an- geschlagen, ym wurde aber eyn antwortt, das er schweiygk, dan nymanz seyns angebens gefallen hatt v. meyn argk we- nigkeytt stünde darauff, das ich mich vormütett, es wurde E. C. g. zwm besten nicht vorgeschlagen, ausz dem, dan wue man darzw gestymptt v. die stett derhalb vorgenomen wurden weren, mocht es weytter gangen seyn v. a forciori E. C. g. auch angegeben, wyll die Martinum als eyn echter zw Wit- tenbergk geduldetten, besorge, er werde nochmals sulchs hynder ym vor lessen haben, dan er hatt dem bischoff von Straspurgk vollen gewalt gegeben, ynen hie auff dem reichstage zwuortreten v. derselb ist vast pösz Martinisch.

3.

Hans V. d. Planitz an Knrfiirst Friedrich. Nürnberg 16- April 1522. Der Luther hatt iczuntt alhie guten friden gehabtt eyn zceytt langk, das seyn nicht gedacht, dan alleyn der bisch, v. Straspurgk zceygett an, wie ym botschafft komen das seine pfafifen ym stilftt vast vill gutt lutherisch weren v. seyner lehr auhyngen v. die dem volk vorkondeten, were zw besor- gen es wurde sich eynreissen, darvmb muss er anheym sulchs zuuorkomen, v. were woll eyn yamer das es nymantz wolde zw herzen gehen , do bey liß er es bleyben. Izo ist der bisch. V. Bamberg wider auff, der ist eyn zaytt langk am steyn gelegen der hebt auch an widervmb leütt zw schefften (?) des Luthers sach auff die pan zw bjengen. Nun were es meyns

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vorstehens nicht sehr bosse das man do von gerett v, gehan- deltt hette, ych besorge aber alleyn die vorschigklichkeytt, die derhalb vnbedechtiglich ausz eynem bossen willen mocht vor- genomen werden, das ausz sich mehr posses den gutes erfol- gen mocht, dan der bischoff v. pfaffen seynt mehr hie, dan der weltlichen fursten v. seyntt etwas yn dieser sach hiczigk derhalb vill myr mochlich will ich helffen vorkomen, domit iczuntt von dieser sach nicht vill gehandelt.

4.

Hans V d. Planitz au Kurfürst Friedrich. Nürnberg 14. Mai 1522.

Als ich widervmb anherkomen, hab ich befunden das meyn g. h. herz. Jorge an das regement geschriben, von wegen des buchleyns ßo Dr. Martin us hatt außgehen lassen von beyder gestalt des sacrament zw entpfahen und v. dasselb buchleyn auch mit geschigktt, darynnen er die sach etwas heiß macht v. zw mehr malen Dr. Martin um eynen vorwe- genen man neunett.

hatt der pott vngeuerlich X tage autf antwortt vorzeihen müssen v. doch keyn andere antwortt erlangett dan das man iczuntt mit grosser vnmuss beladen v. ßunderlich weyll ercz. hercz. Ferdinand eynkomen v. der sachen nicht noch dengken mocht. Man wolde es aber besehen v. was pillich als dan darynnen vorfügen, der antwort wyrt er schwer- lich zw friden seyn.

Es czeyget auch hercz. Jorge an ym briff, man wost iczuntt woU, wue sich Martinus enthilde v. wue er seyn wessen hette. darvmb wurde man sich woU gepurlich daryn- nen erzceygen yst yn disser sach gancz erhitztt, werde auch bericht, das ym ersten anfangk, do des herczogen schrifiPt ko- men v. auch das puchleyn, vast alle person des regementz grossen vnwillen darob entpfangen, auch sich zwm teyll gross Hansen (?) vil beschwerlichen wortt sollen haben vornemen lassen die ich doch vor meyji person nicht gehortt, dan ich die zceytt nicht bey der handt gewest, iczuntt aber höre ich nichts, hab auch nicht vnderlassen, vor mich selbst angezcey- gett, das ichs gewisslich do vor acht u. wiss es auch vor wo- ren das E. C. g. yn sulchen hoen schreiben keyn gefallen

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tragen v. gewisslich mit E. C. g. willen v. vorwissen nicht bescheen, das doch eyns te'yls darvor haben, doctor Marti- nas lass nichts außgeben, dorfft es auch nicht thuu an vor- wissen E. C. g. das ich entschuldiguug vorgewautt.

Es solde auch meyns eynfeldigen bedengkens nicht noch- teyligk seyn vnsers glaubens v. vnser seien seligkeytt ob sich gleich Dr. Martinas sulcher schympflichen v. spottischen wort gegen dem keyser v. dem regement enthilde, nicht von seynettwegen , ßunder das er do durch vill böses willens v. anders mit der zceytt erregen mocht daruß villeicht E. C. g. schade entstände, bitt yn vndth'st E. C. g. wollen myr diese meyn torheytt gnedigklicher vorzayhen, dau man hortt zw zceytten mancherley.

5.

Kurfürst Friedrich an Dans t. d. Planitz.

Lochaw 26. Mai 1522. Belangend das schreyben so Vnsser vetter mit vberschig- kung Dr. Martin us Buchlein von Beider gestalt des Sacra- ment zu empfahen an das Regement geschriben, mögen wir wol glauben , das vnser vetter in dem v. anderm vnsern vn- gljTupf V. nachtail sucht. Wiewohl wir vorhoffen das wir sei- ner lieb darczu nit vrsache gegeben, du magst vnus aber wol entschuldigen, das vnns mit vnbilligkeit auffgelegt, das doctor Martinus sein bucher mit vnnsern wissen v. willen sol außgehen lassen, dan wau er vnns folgen weit, so wurd er das buch so vnnser vetter gein Nurmbergk geschigkt, nit außgeben, Auch anders mehr vuderlassen haben. Dan vnns die verdrißlichen Buchlein nie gefallen. Darvmb vns in dem gantz vnbillich aufflegung beschickt.

XXI.

Briefe das Wittenberger Stift betreffend. 1.

fiicoiaus Amsdorf an Georg Spalatin. (Wittenberg) 13. März 1523. \

Die gnad und frid. Was soll ich sagen? was soll ich schreiben? mein liebster bruder Georgi, foller angst vnd gantz betrübt vnd entsetzt. Ich binu zu einem decbant geweit wordenn. Sie wollenn ich soll ir dechaut seinn. Wie kann ich aber das thunn? Auß vil vrsachenn. Erstlich: Ein de- chaut muß schweren er wolle halten handthaben, verteydigen die statuta priuilegien freyheit gcwonheit vnd befreyung vnd weiß nicht was mer für Romische erdichtung.

Weil ich denn das so den vermeynten gotlichen diennst mit den presentz vud votiven, messen nicht kan noch will hal- tenn vnd dieselben vil weniger verteydingen noch handthaben vnd noch vil weniger nicht schweren will, was zuthunn. Vnd wie sol ich auch schweren oder verheischenn; das ich nicht kan noch will thunn, das ich auch nicht vermag zu thun, noch soll thun wenn gleich die dechaney zcehen tausent gülden hett. Es ist genug, das ich gottloß für mich bin, und mit den wercken vnd bewegung des gemuts wider das gesetz meines gottes lebe. Sollt ich uu zu dem vorigen gottlosenn leben noch ein gotlosers thun vnd wider die 1er des euange- liums, die mesßen verteydigenn vnd die andern mesß zu hal- den zwingenn. Also das ich das ich (sie) das so ich bisher selbs nicht hab wollen halten vnd für gottloß geacht vnd gesagt solt nu schweren das ich der meister , haubtsacher vnd leyter vnd darob sein wolt, das sie von den andern gehalten wur- den. Weil ich bisher in keyner obrickeit gewest bin so hab ich nichts verändert wie mirs dann auch nicht geburt hat. Wenn ich aber solt mit den andern schaffen so kunt noch wolt ich durch die finger sehen wie ich bisher gethan hab. Da- rumb bitt ich dich aufs vleissigst durch die gnad Jhesu Chri- sti, du wollest daran sein das ich von vnserm gnedigsten hern verworffen werd, wie er mit recht vnd aufs best thun mag

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vnd das sie eyn dechant nach laut der Statuten welenn. Der- halben hab vleis das mich vnser gnedigster herr niclit laß zu der dechaney preseutiienn, daun das sag ich dir, soll ich de- chant sein, so werd ich die messen nicht leiden. Daiumb kan mein gnedigster herr mich wol verwerifen. Dann ir seind vil , die verhofit haben dechant zu werden vnd furgeben , die dechaney soll an sie kommenn, die werden die stifftung handtha- ben. Es hett vor wenig tagen nyemants glaubt, dasder Ams- dorff soll dechant werden. Darumb bitt ich dich nochmals in dem als einn bruder zuthun vnd darob zuseinn, das ich nicht presentirt werd. Das alles hab ich itzo dise stund der vniver- siteth auch gesagt, das ich dir schreibe. Ich will gern vnd vil lieber ein eynrosser bleiben.

Nun kumm ich auf die zceitliche dinng; doch schimpfweise. Ich bin gar arm. Hab keyn geld weder in die cantzelley noch für die Statuten zugeben vnd hett nicht ein heller dann die teglichen presenutz vnd den groschen, den mir mein gnedig- ster herr geschenuckt hat, den ich für ein cleynot vnd zum gedechtnuß eingelegt hab.

So hab ich keyn hauß auch keyn geld eins zukauffen oder zubesserun. Item ich solt auch eigen tisch haben, womit soll ich anheben.

Ich hett nicht ein schussel, noch kandel. Nicht ein tisch, noch eynigen haußrat.

Item so hat die dechaney nicht mer dann j C vnd x fl. alles zusammen gerechnet. Dauon geet ab die pension hie auf derpfarr, bald zu Westhausen auch. Was haben wir dann? Darumb wolt ich das man mich nicht presentirt. Das sey schimpfweise dir geschribenn. Gehab dich wol in dem hern Christo, des will gescheeh. Dann derselb kan des konygs hertz biegen wohin er will, das weisß ich.

Den freytags nach Oculi anno dni. xv C. xxiij.

Niclas Amsd orf f.

Eingelegte Zeddel. Das ist mein eynig hoffnung, das mich mein brudere die tumhern nicht werden instituiren, noch einfuren, ich hab inen dann das geldt geben für die Statuten, das ich nit kan noch mag thun.

Origin. Archiv zu Weimar. Reg. 0. pag. 87. LL 2.

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2.

Aus einem Schreiben des Stiftsherrn Matthens Beßkaii, Dechant, Georg Statfelsteiü und Joh. Yolmar an den Kurfürsten

vom 18. Nov. 1524.

Auch gnedigster Hen e haben wir heut dato vnssern Probst zum Doctor Martinum vnszern dechant zu entschuldigen ge- schickt, welcher seine entschuldigungen uit hat annehmen wol- len, Sondern er will das alle messen in vnsserer kirchen sol- len abgethan werden. Wo nit, wolle er beide Burgermeister vns zuuormahnen, an vns schicken, wo auch nit, gedenck er den Predigstul zuuorlassen vnd einen andern darautf zu stel- len der also predigen ßol, das ßolche messen abgestalt sollen werden.

Orig. Archiv zu Weimar Reg. 0. p. 108 PP 1. 3.

Jastos Jonas an Hans von Dolzgk und Hans von Grefendorf. Wittenberg 10. Dec. 1525.

Gnad vnnd fryde Gottes, Gestrengenn ernvehsten gunstige hernn vnnd freunde, ewr gestr. habenn ane Zweifel noch wobei In gedechtnis, waser maß vnnd gestalt dy sache alhir mytt dem stifft zcu Wittenberg gehandelt vnnd durch euch als chur- furstlich Rethe vnnd befelhaber entlieh mytt vnns außgericht vnnd beschlossenn, Nach dem aber dy schrifl't des abschids ader receß, wilchem nach auch der reuersalbrief soll gestellt werdenn, vormag das alles, so bißanher, den personen , dy noch am leben vnnd vor banden, außm deinen chor ader stifft gereicht, Inen noch soll gebenn werdenn vnnd folgenn, Ist itzund newlich, I en der weyn, so man bißher geben auszm kleinen stifft, abbrochenn, vnnd hatt der keiner Im schlos ein schrifft, vnsers gnedigsten hern gzceigt, dor Inne seyn cb. g. abschreibenn vnnd abschaifenn, vorthin solichenn weyn vnter dy stifftspersonenn zcu teylenn ,

Nun zweifelt mir gar nytt, wue e gestr. etwas dor von erfarn ader dor bey gewesenu, do dy selbigen schrifft auß der cantzley anßgangenn e. gestr. wordenn vnsern gned° hernu

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aller punct vnnd des gebenen receß vleissig vorynnert habenn, wu es aber durch vorhindeiUDg ewr manchfaltigen obliegen- den geschefft auch wobei halt könne das mahel vergessen wer- den, ist syder dy gemelt scbrifft kernen, dy weil ich aber gunstigenn hernn auß beuelh vnnd gegebenen schriftlichen ab- schid e. gestr. neben dem doctor Torgaw, dem dechant, den gemelten person, des stilfts, vicarien etc. wilche das meist teyll arme vnnd ein teyll weib vnud kind habenn, ange- sagt was Inen verthin velgenn soll, vnnd auß gnaden ge- reicht werdenn, wissen ane zcweifel e. gestr. als dy vorsten- digenn zcubedencken das gcmelter weyn kleinschetzig vnnd des Jars, dy weil der persen wenig, kaum iij fl. antrifft vnnd doch bey vnuorstendigen dy nachrede brengen wurde, als hette man Inen gar groß abbrechenn vnnd als wolle vber dy gnedige zcusage Inen etwas abgzcogen werden. Derhalb, dy wcyl ich gebeten byn von Inen, e. gestr. als diss handels Churfurstliche befeltrager, zcuuorynnern, Ist an e. gestr. meyn bitt, Ir wollet bey vnsern gnedigsten hern vntertanige vor In- nerung thun, wy mytt vntertanigen willen, vnnd gehersam sy sich In dem selben handel ertzeigt vnnd sein, ch. g. bitten, das sich s. ch. g. auß christlicher erbarmung vnnd liebe Je- gen Inen gnedig ertzeigen welle, dan meyns teils bin ich zcu fryden, das meynen wein vnnd brott vnter dy andern armen person teyle. Nur das sy nytt vber das Euangelium klagen ader zcu klagen vrsach habenn, als breche es allen halb den leuthen dy narung ab, vnnd wolle sich vber nymants erbar- men, ewer gestr. freuntlich zcu dynen bin ich willig. Geben Wittenberg des andern Sentags Im aduent anno etc. xxv.

euer williger J. Jonas. Dem gestrengen vnnd ernvehsten bansen von deltzk, Kitter etc. vnud bansen von Grefendorff churfurstlichen Camerer meynen günstigen hern vnnd freunden.

Or. Wolffenb. Eibl. Cod. Nov. 359 f. 11.

XXII.

Spalatin an den Kurfiirsten Friedrich. 1. Mai 1525.

Gottes Gnade vnd friede zuvor, Gnädigster, Daß E. Cf. G. neben ihrer kranckheit so viel streitender schwerer und

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fährlichcr Händel vnd Sachen zu stehen, bin ich alß dero vnterthäniger Diener wie billig erschrocken, vnd trage dis mit E. Cf. G. ein herzliches vnterthäniges mitleiden. Nun ist es eben der Menschen wesen hier auif Erden, ja eben das rechte christliche Leben, das im leiden hergehet. Und wie Hiob am vierzehnden stehet, der Mensch vom Weibe gebohren, lebet kurcze Zeit vnd ist voll unruhe gehet autF wie eine Blu- ten vnd fället ab, fleucht wie ein schatten vnd bleibet nicht. Da will es nun an liegen, daß wir vnß in vnsern beschwerden, nöthen und anfechtung Got alß vnßern getreuen liebsten Vater ergeben, wie denn der König David thut alß mau im andern Buch Samuelis lieset am 15. Cap. da sich sein Sohn Absalon zum Könige wider ihn auffwarfF, sprach er zu Zadack bringe die Lade des herrn wieder in die stadt, werde ich Gnade fin- den vor dem herrn so wird er mich wider holen vnd wird mich sie sehen lassen vnd sein haus. Spricht er aber also ich habe nicht Lust zu dir. Siehe hier bin ich, er mache es mit mir, wie es ihm wohl gefällt. Wer also thun könte der stünde wohl mit Got denn wie S. Paulus Rom. 14 schreibt, so sind wir des Herrn vnd auß seinen Händen kan vnß wie Christus Job. 10 spricht nichts reißen. Nichts spricht er, das ist weder Engel noch Menschen weder Welt noch sunde, weder todt noch teuffei, weder Hölle noch anders. Der ewige Gott gebe E. Cf. G. sein Gnade Geist vnd stärckung in einem starcken Glauben vnd Vertrauen an Gottes abgrundliche Gnade, gute, treue vnd Barmherzigkeit zu bleiben, der wird E. Cf. G. nimmermehr verlasssen ehe müsste Himmel vnd Erden vergehen.

Wollte auch Gott von Einigkeit, daß E. Cf. G. zusamt ihren Brüdern Gott zu Ehren je ehe je besser ein gemeine Schrift an alle Stift, Kloester und Geistlichkeit aller ihrer Für- stentumb ließ ausgehen, daß E. Cf. G. aus viel grosser Ur- sachen, aus christl. und andern Pflichten beweget wären, sie hiemit gnädiglich zu erinnern, Gottes dienst in ihren Kirchen nach dem lauten Gotteswort zu richten und nichts anders von Ceremonien hinfüro zu halten, dann die sich mit dem heil. Evangelio vergleichen, zeitlich und ewig Beschwerung zu ver- hüten, denn E. Cf. G. wollten ihr Gewissen in diesen Dingen entladen haben. Darnach wäre nicht allein zu hoffen Ableynung

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und Stillung allerley gegenwärtiger Aufruhr, sondern auch daß der ewige Gott E. Cf. G. als ein getreuen Diener wider der eret erhalten und seligen wird als der fromme herzliehe und allerfreundlichste Vater. Denn ich besorge daß die meiste Ursache aller dieser Aufruhr eben daher kommen, daß man Gottes Wort verhindert und wir Pfaffen München und Nonnen die abgöttischen und gotteslästerlichen Gottesdienste nicht ab- stehen wollen, welche Fürsten und andere Obere aus Gottes Gebot Deuter. 7 abzuthun schuldig sind. E. Cf. G. geruhen mir um Gotteswillen das unterthänig Ansuchen in ihren itzigen vielfältigen Beschwerungen gnädiglich zu Gute zu halten denn es geschieht in unterthäniger treuer Wohlmeinung und wollte desto lieber sterben, wenn E. Cf. G. allen Geistlichen das christliche Gebiß einlegten. E. Cf. G. bekennten sich auch damit zu Gottes Wort und wäre ein hohes tröstliches und christ- liches Werk bin auch vngezweifelt, E. Cf. G. sollte mit einem kleinen Brieflein bey ihrem Bruder erheben, 0 es wäre ein edles Werk, o was grossen Guts sollte in aller Christenheit daraus erwachsen, die Buben verschonen sich sonst mit E. F. G. So sind auch E. F. G., wird sie solche Abgötterei gestatten, nicht entschuldiget. Darum gebe Gott E. F. G. seinen heiligen Geist immer dem aller Welt zu folgen.

E. Cf. f. G. armer

Diener G. Spalatinus. ßandbemerkung in derCopie: außen steht 1525 I.Mai. Abschr. im Cod Chart. Goth. 452 fol. 34 f

XXIII.

SpalatiB aa den Kurfürst Jobaan.

1525, 1. Oct.

Gottes Gnad vnd Frid zuuor. Durchlauchtigster Hochge- borner Churfurst, Gnedigster Herr E. C. G. bitt ich vntertenig- lich zu wissenn, das doctor Marti nus vor allen ding für notig achteth das E. C. G. aller pfarren guter in Iren furstentumben zu sich nemen, vnd die pfarrer prediger Caplan und dergleichen Kirchen diener douon bestellenn. vnd sonderlich das E. C. G.

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zu Wittenberg anfahen, dann ehe solchs beschee sey kevn Ordnung wider mit Ceremonien noch anderm bestendiglich for zu nenienn.

Zur Visitation erbeutt sich doctor Mariinus vnterteniglich vnd gutvcilliglich.

Entschuldigt sich auch vnterteniglich vnd sagt er hab an E. C. G. gnediger neygung zur Universiteth keyn Zwei- fel tragenn. allein das im fast statlich sei angezeigt worden. Vnd darneben gesagt das E. C. G. mir selten vmb meines vilfaltigen anregens willenn vngnedig sein worden. Dahin ich doch Je mit Gottes hulff vngem vrsach geben wolt. E. C. G. werden ab Gott will vnbeschwert sein den zweyen Rhe- toren wie Jungst vnterteniglich gebeten, noch dreissig gül- den Jerlich zuzulegen wie on all beschwerung E. C. G. Cam- mem bescheen mag von den felligen Zinsen vnd eiakvmmen der gefallen prebenden vnd abgangen personen.

Den herren Ertzten -^-nd Doctor Apel kann man mit der Zceit auch weiter Zulegung thun. Darnmb bitt ich vntertenig- lich E. C. G. wellen furderlich herr Hansen von Minkwitz vnd Hansen von Doltzck gen Wittenberg verorden, mit den Registern beder kor des Stifits zu Wittemberg einkumens. Welche bede Register Hans Foyel in seiner verwarung hat, durch dieselben ordenlich zu vberschlagen lassen, wie alle ding douon mugen bestellt werden, auch daneben Jemants zuuer- orden der von wegen E. C G. das einkummen der gefallen prebenden vnd Vicareien auch der abgangen person treulich einmane vnd auf weiteren beuelh auGgebe.

Dann das sollen E. C. G. vngetzweifelt gewiß sein, wen man nur vleis dabey haben will, das einkummen einzubringen, das man in kurtz ab Gott will die Cammem gar kau ledig machenn. vnd die Vniversiteth fast gantz damit bestellen vnd besolden, allein man habe dann gnedigen vnd vnuortzoglichen vleis darbey.

Dann es sind vor allenthalben bey Lxxxj person der Stiflft- kirchen gewesen. Nu sind Jr allenthalben freylich den Kirch- ner mit eingerechent nicht mer denn funfftzehen person. Beaor im grossen Kor. dann im kleyn Kor bleiben kaum dreu E. C. G. lassen Ir Je gemeiner Christenheit zu gut vnd beuor Gott zu eren gnediglich befoln sein, dann das wirt Ja ein Christ-

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lichs guts heilwertigs werk sein. Vnd weil ich E. C. G. bil- lich danckpar bin vmb Ire vnd ires bruderu Gottseligen vnd hochloblichen gedechtnus meines Gnedigsten bern manchfel- tige grosse gnaden vnd woltaten, so hat mir nicht zcimen wol- len E. C. G. die vutertenige erinneruug vnd bitt zuuerhalten. E. C. G. schick ich auch ein vertzeichnus wie des nechsten Sambstags vnd Sontags die Cerimonien im Stifft zu Wittem- berg mit rat doctor Martinus, philipps vnd pommern sind geordnet worden.

Üoctor Martinus hat angefangen dem Roterdam wider den freyen willenn zu antwortenn.

Doctor Martinus hat auch dem Konyg von Engellandt geschrieben, wie E. C. G. hieueben durch mich in eyl ver- teutscht befinden. E. C. G. schick ich auch mein verteutschung des Pommern briefs an die Christen in Engellandt.

E. C. G. befil ich Je die armen Schweis Bastian vnd Fridrich vnd die andern der mein Gnedigster herr seliger in seynem letzten willen guediglich gedacht. E. C. G. bitt ich vnterteniglich sie wollen dises mein schreiben von mir gnedig- lich Vornemen. Dann Gott weis Je mein gemut das ichs treu- lich vnd vnterteniglich meyne.

Doctor Martinus sagt auch E. C. G. sollen mit Gottes hullf in alle weg auf irer vorigen meinung beruen vnd in keyn weg Jemants erlauben die vnchristliche Cerimonien lenger zu treiben oder wider aufzurichtenn.

Der ewig Gott habe E. C. G. zusampt allen den iren in gnedigem schütz. Amen.

Dat. Sontags Remigij Anno dei XV^ &. XXV.

E. C. G.

Vnterteniger Diener G. Spalatinus.

Dem durchlauchtigsten hochgebornen Fürsten vnd hernHern Hern Johansen Hertzogen zu Sachssen des hey. Rom Reichs Ertz Marscbalh vnd Churfursten, Landgrauen in Düringen vnd Marggrauen zu Meissen, meinem Gnedigsten Hern.

Or. Weim. Reg.-Op. 137—50 DDD 6.

Dazu (?) ein Zeddel:

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E. C. G, bitt ich auch ynterteniglich sie wollen magister Heinrich von vrba etwa hofmeister im Gengeutaler hof zu Erffordt in gnedigem beuel haben. Dann er ist geschickt, gelert, verständig vnd auszrichtsam wie vngetzweifelt E. C. G. vom Grefendorf vnd Bastian Schaden wol berichtet werden.

Nechteu Sonnabents Hieronymi ist doctor Martinus prior zu Wittenberg herauf gin Aldenburg kummen sich heut Sontags zu hören lassen.

ibid.

XXIV.

Verzeichniss der Brüderschaften

denen Degenhard Pfeffingen bei seinem Tode (1519) angehörte^).

1) Bruderschaft der alleredelsten Jungfrau Maria, der keu- schen und reinen Gebererin Christi.

Eintrittsgeld 3 Gulden oder den Priestern eine gute Mahlzeit.

2) Zu St. Johannis Baptist. Bei der Kirche werden alle in Jhene in Gott verstorbene begraben und heißt Johannes in Patmoß. 1 fl. Eintrittsgeld/

3) Die Bruderschaft der großen (!) Mutter der hl. Frauen Anna. 1 fl. Eintritt.

4) der hl. Ap. Jacobus. 1 fl.

5) Der Elenden Brüder.

6) Der Brüder Carmelitorum auch der Elenden Brüder genannt. Eintritt 20 fl.

7) St. Sebastiani „wirdet jehrlich 1 mal vou Armbrost- schützen off" St. Sebastianstag erlichen begangen mit vigi- lien vnd Seelmessen. Und nach gehaltenem Ampt haben sie ein Collation, die begehen sie durch einander selbs."

8) Die Bruderschaft S. Martini „begeht mau alhier allent- halben wie im Fürstenthum üblich".

II.

Des herrn Pfeffingers seligen Brüderschaftsbrief herein in dise Lande gehörig:

1) Bruders Parfuserordens des ministers zu Sachsen.

2) Der Rosencrantz prediger ordens zu Leiptzigk.

1) Nach der Neudeckerschen Abschrift in Gotha. Das Original habe ich nicht auffinden können.

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3) Zum Neuenwerk zu Hall in Sachsen.

4) St. Augustin Dr. Staupitz.

5) Unser lieben frauen Entfenknus zu St. Kolen.

6) Dr. Rab Predigerordens.

7) In Eisenberg bey Weymar.

8) Des Generals prediger Ordens.

9) Prediger ordeus der provintz zu Sachsen.

10) Zum heiligen Kreutz zu Coburg.

11) Sant Antonienordens zu Lichtenberg.

12) St. Georgen briiderschaft zu St. Alban zu Meintz.

13) Des heyligen geists gen Cotwisz.

14) Gin Wittenberg aller glaubigen seien.

15) Gin Weimar in das parfuser Closter.

16) Unser lieben Frauen bruder zu der Dame (?).

17) Unser lieben Frauen knechte zu Hall.

18) Kartausz zu Eisenach.

19) Sftnt Michelsberg bei Teylstorflf.

20) In das Closter zum Buch.

21) In das Junkfraucloster zu Gerbstet.

22) In das Closter Munchroten bey Coburg.

23) In das Closter Bosau bei Zceitz der Bursf'elder Reformation.

Sum: 23.

Ein anderer Zettel: Des Herrn Pfeffingers Brüderschatft in diesen landen dor-

uber keyn Briefe vorhanden. Acht Bruderschaft zu Jena (die oben verzeichneten). Zu Sant Annen Bruderschaff zu konygsberg. Aller zwolff boten in der Pfarr zu Coburg. Im Junkfrau Closter zu Lausenitz. In den heyligen eylfftausend Junkfrauen zu Cöln.

Summa XIII Summa Sumarum XXXVI.