r< ^liWMawniMtnaiil" /6- ./^;^3'S y,Gü> :^pmöMBOTÄNICALGAI»^ »■^M- m Ezioi=iomoc30i=30i=ioiZ3oiziioi:iiQnioir:ioinioiizioi:z-iQi— inr-rnr-ini— 10I— I ARTENFLORÄ ZEITSCHRIFT für Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 6Q. JAHRGANG * 1917 Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 Schriftleiter: Siegfried Braun BERLIN I9I7 Kommissions- Verlag von Rudolf Mosse SW 19, Jerusalemer Strasse 46-49 INHALT. Abbildungen. (Die Zahlen bedeuten die Seiten.) oder h ir- den Wasser- auf der Abrollen eines Rundballens von starl: ge- presster Baumwolle 181 Aegyptischer Baumwollballen 179 Amerikanische Behaarte Baumwolle Upland-BaumwoUe (Gossypium sutum L.) 143 Amerikanischer Flussdampfer für Baumwolltransport, bis zur linie mit Ballen beladen, Fahrt 183 Aus dem Innern Kleinasiens. Asphode- line globulifera, welche auf dem Akdagh von Halys, den Weissen Bergen, in mittlerer Höhe in grosser Zahl und Pracht vorkommt 171 Aus dem Innern Kleinasiens. Astra- galus gummifer Labill. Eine niedrige stachelige rosablühende Pflanze, die auf dem Vulkan Argaeus sich findet und Gummi-Tragant liefert 171 Anemone japonica „Königin Charlotte" 81 Aepfel der Wintersorte „Schöner von Boskoop" in angeplatztem Zustande 55 Baumwollkapseln 175 Buschbohnenfrüchte, gekrümmt infolge Einwirkung von Teerdämpfen 248 Das einfachste, in Indien bei den Ein- geborenen übliche Verfahren der Ent- samung der Rohbaumwolle mittels der Fusswalze 177 Die Fräsarbeit des Landbaumotors „Lanz" 239 Die Kartoffel (Solanum tuberosum) 9 Eine Kiefer als Geschossfang 221 Ergebnisse der Versuche von Herrn Tutenberg in Altena mit Kartoffel- stecklingen und -Keimlingen 317 Fertige Stecklingspflanzen der Sorten: „Brunstorfer", „Atlanta", „Magde- burger" 313 Fichten- (Picea excelsa-) Verbänderung. Aus dem Goethe-Museum in Weimar 169 Frucht der ,. Neuen Freiland-Melone" der Firma F. C. Heinemann, Erfurt 281 Kartoffelkopfabschnitt 105 Kartoffelpflanze 5 Kiefern- (Pinus silvestris-) Verbänderung. Aus dem Goethe-Museum zu Weimar 169 Kulturbeet der „Neuen Freiland-Melone" der Firma C. F. Heinemann, Erfurt, mit reichem Fruchtansatz 279 Küstenbaumwolle oder Sea-Island - Baum- wolle (Gossypium barbadense L.) 145 Landbaumotor in voller Arbeit auf einem unbearbeiteten Moor 233 Landbaumotor „Lanz" mit Hauenwelle und angehängter dreiteiliger Walze 235 Landbaumotor „Lanz" mit angehobener Hauenwelle, von rückwärts gesehen 237 „Langtons Sondergleichen" in geplatztem Zustande 54 Musterexemplar eines Baumes der Honig- birne, genannt Konitzkruschke in Nieder-Sartovv'itz (Westpreussen) 335 Pinus pinaster-Verbänderung, welche als einziges Exemplar ihrer Art im Jahre 1915 auf Madeira aufgefunden wurde 167 Puffbohnen mit Samenkäfern 111 Radieschen, die infolge Einwirkung von Teerdämpfen ihre Blätter zusammen- gerollt haben 247 Rhododendron yunnanense 70 Riesen-Tomate der Neuheit „Die Gärt- nerin" von Otto Heyneck , Magde- burg 282 Shortia uniflora Maxim. 342 Taxodium distichum im Parke zu Mett- lach; weitere schöne Exemplare er- heben sich an den Rändern der Teiche mit ihrem kegelförmigen Wuchs 172 Teilansicht der Kartoffel-Ausstellung auf der 1058. Monatsversammlung der D. G. G. am 25. Oktober 1917 311 Teile einer geplatzten Frucht von „Lang- tons Sondergleichen" 55 Vegetationsversuch mit Karotten 250 IV Si.chve'zeichnts Sachverzeichnis. Abc der gesamten Wetter- und Erdbeben- vorhersage 325 Abelia grandiflora; serrata 218 Abies arizonica 290; Abies azorica 87, 290 Abies cephalonica, firma, grandis, nobilis, Nordmanniana 189 Abtöten der Schmarotzer an Obstbäumen 1 20 Acer californicum, Orientale, obtusatum 189 Acer platanoides globosum ; platan. Schwedleri; platan. Reitenbachii 289 Ackerknöterich-Arten 232 Acker-Kratzdistel. Die 232 Aconitum napellus 199 Adamaua-Sea-Island - Baumwolle 174 Adenocarpus anagyrus 218 Adonis vernalis 199 Aecidium elatinum; Euphorbiae 73 Aehrige Teufelskralle 256 Aehriger Ehrenpreis 209 Agrostemma githago 71 Ahlbeere. Die 155 Ailanthus glandulosa 189 Akebia quinata 189 Akelei- (Aglei-) blättrige Wiesenraute 209 Akridin 248 ,. Alant- Apfel" 76 Aloeartige Wasserschere 270 Amanita mappa, phalloides 299 Amarantus caudatus L. 280 Ameisenvertilgung 158 Ammoniak (schwefelsaures) 5 .Amorpha fruticosa 189 Amygdalus communis, persica 189 Anacamptis pyramidalis 264 „Ananas-Renette" 76 Anbau der Baumwolle 176 Anbaufähigkeit und -ergiebigkeit ver- schiedener Gemüsesorten 60 Andromeda arborea 218 Anemone japonica. Gute Sorten der 81 Anemone Hepatica 199 Anemone japonica „Honorine Jobert", „Königin Charlotte" 81 Anemone silvestris 199 Anemone vernalis 135 Anleitung zur sachgemässen Bewirt- schaftung eines Kleingartens 225 .\nregungen 89 Anregung zu Arbeiten, welche die Er- zielung einer grösseren Fruchtbarkeit bei Obstbäumen verfolgen 63 Anregungen für eine Organisation des Gemüsebaues bei der Heeresverwal- tung 78 .'■ i.stellungsmöglichkeiten für Gärtne- rinnen 50 Anthrazen 248 „Antonowka" (Apfel) 63, 157 Anzucht von Kartoffeln aus Samen 313 .,A.pfel von Lunow" 76 Apfelsorten: „Ananas-Renette" 19; „Apfel von Croncels"; „Baumanns Renette" 2, 18; „Bismarck-Apfel" 19; „Danziger Kantapfel" 2, 19; „Fiessers Erstling" 19; „Gelber Bellefleur" 18; „Gelber Edelapfel" 19; „Gelber Richard" 19; „Gestreifter Titowka" 19; „Gold- parmäne" 2; „Goldrenette von Blen- heim" 18; „Grahams Königin-Jubi- läumsapfel" 19; „Gravensteiner" 2, 19; „Grosser Bohnapfel" 19; „Grosse Kasseler Renette" 18; „Grüner Fürsten- apfel" 18; „Harberts Renette" 18; „Himbeerapfel" 19; „Kaiser Alexander" 19; „Kaiser Wilhelm" 19; „Kalvill • Grossherzog Friedrich von Baden" 19; „Karmeliter-Renette" 19; „Königlicher Kurzstiel" 19; „Landsberger Renette" 19; „Lane's Prince Albert" 19; „Lang- tons Sondergleichen" 19; „Lord Gros- venor" 19; „Lord Suffield" 19; „Lucas Taubenapfel" 19; „Manks Apfel" 19; „Muskat- Renette" 19; „Nathusius' Taubenapfel" 19; „Osnabrücker Renette" 19; „Pariser Rambour-Renette" 19; „Peasgoods Sondergleichen" 19; „Roter Herbstkalvill" 19; „Roter Stettiner" 19; „Schöner von Boskoop" 19; „Signe Tillisch" 19; „Weisser Wintertaffet- apfel" 19 Apparat zum Veredeln von Obstbäumen 86 Aquilegia vulgaris 199 Arbeitsgemeinschaft für Deutschlands Heldenhaine. Erklärung der 23 Archangelica officinalis 234 Arenaria serpyllifolia 72 Armeria maritima 199 Armillaria mellea (Pilz) 298 Arundo phragmites 232, 234 Asimina triloba 187 Assil-BaumwoUe 174 Ausbildung von Berufsgärtnerinnen 49 Ausflug aller Abteilungen der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft nach Potsdam- Sanssouci 276 Ausflug der Deutschen Gartenbau-Gesell- schaft in das Havelländische Luch 230 .Ausflug des Obst-Ausschusses der Deut- schen Gartenbau-Gesellschaft nach der Villa der Frau Kommerzienrat Bor- chardt in Potsdam-Nedlitz 15 Ausflug in die Kolonie Grunewald 164 Auspflanzen von Gemüse. Das HO Azetylenkalk 61 Baumartige Baumwolle 148 Baumwolle. Die 141 Baumwollindustrie. Die 185 Barbados-Baumwolle 144 Bedeutende Erweiterung der L. Späthschen Baumschule 326 Bedeutung der Pilze und ihre Zubereitung. Die 302 Bekämpfung der schädlichen Schmarotzer- piize 74 Bepflanzung des Balkons in jeder Jahres- zeit. Die 325 Berberidopsis corallina 218 Berberitze. Die 216 Berberis aquifolium, buxifolia, steno- phylla, Neubertii 189 Berechnung des Erzeugerpreises für Obst und Gemüse 326 Sachverzeich n is. V Bergflockenblume 256 Bericht über die „Ober-Ost - Obst-Aus- stellung" 29 .,Berlepsch' Goldrenette" 29 Berufliche Ausbildung der Volksschüle- rinnen 40 Berufskleidung für Gärtnerinnen 51 Besichtigung der Baumschule L. Späth in Baumschulenweg 186 Besichtigung der Gemüsekulturen des Herrn Domänenpächters Schurig in Etzin 228 Besichtigung der Marmeladenfabrik in Weissensee 119 Besichtigung des Kgl. Botanischen Gar- tens 132, 196 Betätigung der Frau als Gärtnerin 22; 83 Biologisches über Peronosporaceen 71 Biota Orientalis 189 Birkenpilz 300 Birnsorten: „Amanlis Butterbirne" 18; „Clapps Liebling" 18, 120; „Con- ference" 19; „Comtesse de Paris" 120; „Clairgeaus Butterbirne" 120; „Cellerts Butterbirne" 120; „Grumbkower Butter- birne" 18; „Graf Moltke" 120; Mar- guerite Marillat" 120; „Triomphe de Vienne" 18, 120; „Vl'illiams Christ- birne" 18, 120 ,.Bismarck-Apfer' 76 Bitter- oder Fieberklee 269 Blattfrass an Birnbäumen 129 Blaue Mannstreu 267 Blautanne. Die 187 Blumenbinse. Die 271 Blutauge. Das 271 Blutlaus. Spritzmittel gegen die 19 ..Boiken-Apfel" 76 Brachysema acuminatum 218 Braunrote Sumpfwurz 264 Breitblättri^e Glockenblume 255 .2 Was lehrte uns der Besuch bei Herrn Steindorf in Potsdam? 18 Was soll der Kleingartenbesitzer für Ge- müse bauen, und wie soll er es düngen? (Vortrag) 101 Wasser-Schwertlilie 268 .,Webers Renette" 157 Weisswurz- Arten 204 Welche Buchführung ist für den Gärtnerei- betrieb die beste? 74 Welche Lehren ergeben sich aus dem Krieg für unseren ferneren Obstbau? 87 Welche tierischen Schädlinge bedrohen den Gemüsebau? Was muss zur Bekämp- fung dieser Feinde dienen? (Vortrag) 100, 101 Wellingtonia gigantea 187 „Werderscher Wachsapfel" 119 Wettervorhersage für 1917 324 Wiesen-Kuhschelle 200 Wiesenmoor 237 Wiesenraute, Agleiblättrige 209 Wiesen-Salbei 208 Wilde Baumwollarten 175 Wilde Tulpe 201 XX'inde. Die (Schlingpflanze) 325 Winke zur Frühjahrsbestellung des Ge- müsegartens 113 Wirtschaftsausschüsse bei den Etappen- inspektionen 78 Wirtschaftsbezirk hinter der Front 343 Wistaria sinensis 189 Xanthoxylum planispinum 220 Zehlendorf bei Berlin. Heilanstalt „Schweizerhof" in 20 Zehn Hauptgebote der Kriegsernährung 126 Zelkoua carpinifolia, japonica, keaki 189 „Zittauer Riesen" (Zwiebel) 2 Züchtungs- und Kreuzungsversuche mit tropischen Orchideen 92 Zukunft des Reichsverbandes für den deut- schen Gartenbau. Die 294 Zukunftsaufgaben städtischer Betriebe im Interesse des Gemüsebaues 62 Zur Berechnung des Erzeugerpreises für Obst und Gemüse 326 Zur Einfuhr von Blumenzwiebeln aus Holland 211 Zur Kohlenversorgung der Erwerbs- und Privatgärtnereien im Winter 1917/18 229 Zur Kohlenversorgung im Winter 1917/18 283 Zusammenstellung der wichtigsten Baum- wollsorten 186 Zwecke und Ziele der Frauenbewegung 22, 32, 35 Zweiblättrige Meerzwiebel 202 Zweiblättrige Schattenblume 203 Zwiebeltragende Zahnwurz 207 Verzeichnis der Mitarbeiter. Ahlisch L. 93 Albrecht Otto 294 Amelung Heinrich 63, 223 Benda A. 3 Blacha Karl 80 Boas W. 329 Braun S. 1, 20, 33, 94, 95, 101, 105, 116, 133, 220, 274, 276, 284, 288, 309 Braun-Teerofen Frau Helene 41 Brodersen A. 103, 316 Castner Elvira Dr. 22, 88 Dageförde E. 126, 215 Duysen Dr. F. 162 Ewert R. 246 Graebner P. 161 Hoffmann M. 243 Jung H. R. 83 Kache Paul 69, 81, 113, 155, 341 Klitzing H. 63 Köhler Herm. 343 Laubert Dr. R. 74 Liesigk Fr. 74 V. Loebell 96 Löbner Max 251 Martin Hans 304 Memmler Hans 128, 214, 217 Oppenheim Prof. Dr. Paul 149 Paul Professor Dr. Theodor 216 Rauhut G. 197, 254 Rimann C. 89 Rodenwaldt R. 15 Schmidt-Gründler Dr. med. 126 Schulz Paul F. F. 18, 28, 53, 76, 109, 230 291 Thiel Hugo 26, 341 Tutenberg F. 319 Ulbrich Dr. E. 141, 297 Voss Andreas 224—227, 243, 326 Weber Fr. 85, 87, 119, 157 Weiss A. 13, 222 Zacher Dr. F. 65, 129 XIV Verzeichnis der besprochenen Schriftsteller und ihrer Werke. Verzeichnis der besprochenen Schriftsteller and ihrer Werke. Appel Dr. O.: „Die wichtigsten Kar- toffelkraniiheiten und ihre Bel^ämp- fung"; „Der Kartoffelkäfer und seint Vernichtung" 3 Bischoff Dr.: „Die Bedeutung des Kar- toffelbaues in Gegenwart und Zu- kunft" 3 Bode Dr. A.: „Der Obstbau im Erz- gebirge" 225 Dittrich Professor Dr. G.: „Mittel und Wege zur Pilzkenntnis" 161 V. Eckenbrecher: „Zum Anbau von Frühkartoffeln" 3 Engler A.: „Die Pflanzenwelt Afri-kas, insbesondere seiner tropischen Ge- biete". Grundzüge der Pflanzenver- breitung in Afrika und die Charakter- pflanzen Afrikas 160 Erwig Karl: „Illustriertes praktisches Gartenbuch" 325 Foerster Karl: „Vom Blütengarten der Zukunft" 222 Gerlach Dr.: „Anbau und Düngung von Kartoffeln während des Krieges" 3 Gramberg: „Die Pilze unserer Heimat" 301 Hesdörffer Max: „Praktisches Taschen- buch für Gartenfreunde" 223 Jahrbuch der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft 1916 169 Junk W. : „Bibliographia Botanica" 65 Kraepelin Professor Dr. K.: „Die Be- ziehungen der Tiere und Pflanzen zu- einander" 128 Lebl M.: „Die Champignonzucht" 22i Leitsätze für den Anfänger in der Ge- müsezucht 3 Löbner Max: „Grundzüge der Pflanzen- vermehrung" 242 Meyers „Immerwährender Garten- kalender" 226 Michael £.: „Führer für Pilzfreunde" 301 V. Rothkirch: „Einiges über die Coleop- teren des Spreewaldes und der Um- gebung von Lübben" 65 Sacharow N. : „Oecanthus pellucens als gelegentlicher Parasit des Weinstockes" 66 Schaum C. L. J.: „Rhododendron" 225 Schneider Joh.: „Der Kleingarten" 224 Schulze Paul: „Scolytus geoffroyi an Wallnuss" 65 Schuster Wilhelm: „Der Pfirsichbock, Pupuricessus Koehleri Fabr., im Mainzer Becken" 65 Urban: „Geschichte des Königlichen Botanischen Museums zu Berlin-Dah- lem" (1815 bis 1913), nebst Aufzählung seiner Sammlungen 343 Voss Andreas: „Abc der gesamten Wetter- und Erdbeben-Vorhersage" 325; „Der Botanikerspiegel von 1905 und 1910 unwissenschaftlich und zweck- widrig, weil weder denk- noch folge- richtig" 94; „Wettervorhersage für 1917" 94 Waechtler A. L.: „Der Gärtnerinnen- beruf" 64 Wahnschaffe, Professor Dr. F.: „Die Eis- zeit in Norddeutschland" 231 Withum, Fritz: „Taschenkalender füi Kleingartenbau für 1917" 65 Druck von Rudolf Messe in Berlin. 15. Januar 1917 Heft 1 u. 2 iZ3otz3oc=ioiiiioiiiioc30iz3ocziomorziorr]oiiiioimoiinon:inr~rni — inmnr-i^ ARTENFLORA Q ZEITSCHRIFT für Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Kaiser- Geburtstagsfeier am Donnerstag, den 25. Januar 1917 abends 6 Uhr: Vorträge und Aussprudle über „Die Zwecke und Ziele der Frauenbewegung**. ^ie 0rauenwelt ist besonders herzlich eingeladen. (£/agesordnung siehe Seite 32 dieser SYummer.) Das Präsidium. ISi Q Erscheint halbmonatlich. Preis des Jahrganges von 42 Druckbogen mit vielen Textbildern und Tafeln für Deutschland und Oesterreich-Ungarn 16 Mark, für die übrigen Länder des Weltpostvereins 18 Mark. Zu beziehen durch jede Buchhandlung, oder durch die Post. XIV Verzeichnis der besprochenen Schriftsteller und ihrer Werke. Verzeichnis der besprochenen Schriftsteller and ihrer Werke. Appel Dr. O.: „Die wichtigsten Kar- toffelkranicheiten und ihre Bekämp- fung"; „Der Kartoffelkäfer und seint Vernichtung" 3 Bischoff Dr.: „Die Bedeutung des Kar- toffelbaues in Gegenwart und Zu- kunft" 3 Bode Dr. A.: „Der Obstbau im Erz- gebirge" 225 Dittrich Professor Dr. G.: „Mittel und Wege zur Pilzkenntnis" 161 V. Eckenbrecher: „Zum Anbau von Frühkartoffeln" 3 Engler A.: „Die Pflanzenwelt AfriJvas, insbesondere seiner tropischen Ge- biete". Grundzüge der Pflanzenver breitung in Afrika und die Charakter- pflanzen Afrikas 160 Erwig Karl: „Illustriertes praktisches Gartenbuch" 325 Foerster Karl: „Vom Blütengarten der Zukunft" 222 Gerlach "" * ' ' Kart Grambe 301 Hesdörf buch Jahrbucl Gese Junk W. Kraepeli ziehu einan Lebl M.: „Die Champignonzucht" 223 Leitsätze für den Anfänger in der Ge- müsezucht 3 Löbner Max: „Grundzüge der Pflanzen- vermehrung" 242 Meyers „Immerwährender Garten- kalender" 226 Michael E.: „Führer für Pilzfreunde" 301 V. Rothkirch: „Einiges über die Coleop- teren des Spreewaldes und der Um- gebung von Lübben" 65 Sacharow N. : „Oecanthus pellucens als gelegentlicher Parasit des Weinstockes" 66 Schaum C. L. J.: „Rhododendron" 225 Schneider Joh.: „Der Kleingarten" 224 Schulze Paul: „Scolytus geoffroyi an Wallnuss" 65 Schuster Wilhelm: „Der Pfirsichbock, Pupuricessus Koehleri Fabr., im Mainzer Becken" 65 Urban: „Geschichte des Königlichen Botanischen Museums zu Berlin-Dah- lem" (1815 bis 1913), nebst Aufzählung seiner Sammlungen 343 Druck von Rudolf Messe in Berlin. 15. Januar 1917 Heft 1 u. 2 r:3ocziot:ziC)nii.onzionnorz:LOLnonnoir2or30c3oc:iocjioznornor3oriior3)i ARTENFLORA ZEITSCHRIFT für Garten- und Blumenkunde n Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 Schriftleiter: Siegfried Braun, Generalsekretär der D. G. G. BERLIN Kommissions -Verlag von Rudolf Mosse SW 19, Jerusalemer Strasse 46-49 Si Erscheint halbmonatlich. Preis des Jahrganges von 42 Druckbogen mit vielen Textbildern und Tafein fQr Deutschland und Oesterreich-Ungarn 16 Mark, für die übrigen Länder des Weltpostvereins 18 Mark. Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder durch die Host. 1917, Heft 1 u. 2, Inhalt: FrulykoM der 1053. Mouatsversammiiniir der Doiitsclicn Gar'cnbauGeEcllscliafl S. 1. — Die Kar- toffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jalires S. 3. — Ein IJ.;itra^ zur Vermehrung der Kartofi'ol durch J^tecklingc i^. 13. — Ausflug des Ohslausscliusses der Deutschen Gartenhau Gesell- schaft nach der Vila der Frau Konimerzienrat Borohardt in Potsdam-Nedlitz S. 15. — Was lehrte uns der Besuch l)ei Herrn Obergiirlner Steindorl in Potsdam? 8. 18. — Die Meihinstalt ,,Scli\vei/,er- hof" in Zehlendorf .*>. 20. — Die Betätigun^i der Kran als Gärtneiiii S. 2'2. — Erklärujis der Arbeitss-omeinschalt für Deutschlands Heldenhaiiiu S. i?>. — Der Reichsverband für den deutschen Gartenbau S 24. — Miltcilnngen aus der Sitzung des ,, Arbeits Ausschusses" des Reichsverbandes lür den deutschen Gartenbau S. "26. — Vereinsnachrichten S. 2«. — Personalnachrichten S. 29. — Fünizi'j Jahre Annoncen-Expedition S. 31. — Liebesgaben lür unsere Mitglieder und Freunde. Kaiser-Geburtslagsleier und \Ohi. Monatsversammlnng der Deutschen Gartenbau-Gesell?cha)t .'^.32. Alleinige Inseraten-Annahme: Annoncen-Expedition Rudolf Müsse ^ Berlin, Breslau, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, ^ ^ /\ Köln a. Eh., Leipzig, Magdeburg, Mannheim, München, Nürnberg, f * l # ^i>>* I Strassbarg i. Eis., Stuttgart, Prag, Wien, Warschau, Basel, Zürich I ^\j^ ^T^ l Insertionspreis für die 60 mm breite Kolonelzeile 35 P*- J ^j^ Am 2. Januar d. j. verschied nach längerem Leiden der Königliche Garieninspekior Otto Wilhelm Hübner Kreisobepgärtner des Kreises Teltow. In ihm betrauern wir unseren langjährigen ersten Vorsitzenden, dem unsere Vereinigung ihr Entstehen verdankt und die er selbstlos mit seinem reichen Wissen bis zu seinen letzten Stunden zu fördern bemüht war. Seine vornehme Gesinnung und sein taktvolles Wesen sichern ihm ein ehrendes Gedenken. Berlin-Lichterfelde, den 4. Januar 1917. Der Vorstand der Obstbau-Schutzvereinigung. LI«RARY NEW YOKK bOTANlCAL ÜA«UHN Protokoll der 1053. Monatsversammlung der Deutschen Gartenbaa-GescIIschaft am 30. November 1916 im grossen Hörsaal der K/?l. Landwirtschaftlichen Hochschule, Vorsitzender: Herr Oekonomierat Beyrodt. Von August Wilhelm Iffland, dem Begründer der deutschen Schauspiel- kunst, wird erzählt, dass er alle Empfindungen und Leidenschaften, deren das menschliche Herz fähig ist, ganz meisterhaft darzustellen vermochte. War er zu einer solchen Kunstleistung aufgelegt, so Hess er sich aus dem Kreis seiner aufmerkenden Zuhörer irgend ein Wort z. B. Waldhorn nennen, zerlegte es in seine Bestandteile und führte es unter schnellem Wechsel einer leisen und lauten Deklamation durch alle Stufen der Leiden- schaften durch und wusste damit jedermann zu ergreifen und zu erschüttern. Hätte es in unseren Tagen emen gleich grossen Vortragskünstler ge- geben, so hätte er gebeten werden müssen, ein ähnliches Experiment in der 1053. iVlonatsversammlung der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft zu machen, und zwar mit dem Stichwort „Kartoffel". Man hätte dann Gelegenheit ge- habt, seine Kunst der Darstellung aller Leidenschaften mit den wirklichen L.eidenschaften zu vergleichen, die sich zurzeit an das Wort „Kartoffel" anheften, sobald es irgendwo im Lande ertönt. Es ist in der Tat so: Wenn man in unserer Kartoffelerzeugung und -Ver- sorgung nach rückwärts schaut und fragt, was w a r es eigentlich damit? und wenn man vorwärts blickend wieder fragt, wie w i r d es damit werden? so steigen, je nachdem man Kartoffeln hat oder nicht hat, die verschieden- sten Empfindungen und Leidenschaften auf. Unter ihnen steht eine allge- meine Besorgnis obenan. Um allen diesen Empfindungen, deren Zunahme in weiten Kreisen der Bevölkerung täglich beobachtet werden kann, Rechnung zu tragen, ja, um sie womöglich nach einem festen Plan in mithelfende produzierende Arbeit umzuwandeln, veranstaltete die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft als ihre 1053. Monatsversammlung einen „K a r t o f f e 1 a b e n d". Da wurde von einem erprobten Kartoffelbauer aus dem Schwesterberufe der Landwirt- schaft, Herrn Administrator Ben da, Berlin-Wilmersdorf, ein Vortrag gehalten über „Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf eines Jahres". Da berichtete Herr Kgl. Gartenbaudirektor Weiss über die „Vermehrung der Kartoffel durch Stecklinge" und über „Tomaten-Kartof- feln", d. h. über solche Kartoffelstauden, welche unter der Erde Kartoffeln und über der Erde Tomaten hervorbringen. Es wurden ferner Einzelerfahrungen aus dem Gebiete des Kartoffel- baues während der Kriegszeit mitgeteilt, die Frage der Beschaffung von Saatkartoffeln eingehend erörtert, und die künstliche Düngung der Kartoffef in ihren wesentlichsten Punkten festgestellt. Protokoll der 1053. Monatsversammluns der D. G. G. Damit auch die verschiedenen Kartoffelsorten nicht fehlten, und die Ergebnisse ihres Anbaues sichtbar wurden, waren verschiedene Kartoffel- sortimente ausgestellt, die später in der Nachsitzung in den Räumen des Restaurants „Schultheiss" als Salz- und Pellkartoffeln gekostet werden konnten. Ausgestellt waren: a) Von Herrn Gärtnereibesitzer de Coene (Buchholz): „Professor Wohltmann. b) Von Herrn Gärtnereibesitzer Beuster (Lichtenberg): „Industrie." c) Von Herrn Kgl. Hoflieferant Emil Dietze (Steglitz): „Gertrude." d) Von Herrn Kgl. Oekonomierat Lierke (Berlin): „Deodora" (von Kamcke). e) Von Herrn Kgl. Garteninspektor Nahlop (Britz): „Dabersche." f) Von Herrn Kgl. Gartenmeister Riemann (Berlin): „Auf der Höhe." g) Von Herrn Obergärtner H. E. Schulz (Schloss Dammsmühle): „Sechs Wochen", „Frühe Blaue", „Kaiserkrone", „Dabersche", „Wohltmann", „Industrie", Helianthus doronicoides (Helianthi oder Sämlinge), Salat-Fisch-Kartoffel Tannenzapf, Topinambur (Helian- thus tuberosus), weisse. Aber auch an anderen gärtnerischen Erzeugnissen fehlte es nicht. Herr Obergärtner H. E. Schulz (Schloss Dammsmühle bei Schönwalde) hatte noch ein Sortiment Tafelobst ausgestellt, in dem folgende Sorten ver- treten waren: Gravensteiner (Sept.-Januar). Danziger Kantapfel (Oktober-Januar). Goldparmäne (Nov.-Januar). Baumanns-Renette (Dezember-Mai). Roter Winter-Tauben-Apfel (Dezember-März). Graue Renette, alte brandenburgische märkische Lokalsorte (Januar-Mai). Geflammter Kardinal. Schafsnase, säuerlich fein, alter Baum. Comtesse de Paris (Dezember-Januar). Pirus angustifolia Sorten. Herr Schulz wies besonders darauf hin, dass sein Obst in diesem Jahre mit keinerlei Vorbeugungsmitteln gespritzt und doch ausgezeichnet geraten sei. Er sei der Ansicht, dass die Früchte durch den unausgesetzten Regen reichlich gespeist und von allen Schädlingen abgewaschen seien. Herr Kgl. Hoflieferant Emil Dietze (Steglitz) hatte ein Körbchen Zwiebeln der Sorte „Zittauer Riesen" ausgestellt, die wegen ihrer erheb- lichen Grösse und des vollendeten Reifezustandes allgemein auffielen. Da im letzten Frühjahr die Steckzwiebeln hoch im Preise standen, hat Herr Dietze als Ersatz Zwiebelsamen in Mistbeetkästen ausgesät. Die kleinen Pflänzchen wurden dann Mitte Februar verpflanzt und Anfang April ins freie Land gebracht. Hier gediehen sie vortrefflich und konnten schon nach 6 bis 8 Wochen geerntet werden. Herr Dietze dürfte auch der einzige Handelsgärtner sein, der zurzeit noch Veilchen zieht. Als Erfolge seiner Kulturen führte er das Ger- mania-Veilchen vor, das in Grösse, Farbe der Blumen und Geruch nichts zu wünschen übrig Hess. Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. 3 Das Preisgericht, bestehend aus den Herren Kgl. Garteninspektor Nahlop, Obergärtner Stein dorf und Herrn Kgl. Garteninspektor Weber sprachen Herrn Schulz (Dammsmühle) für das ausgestellte Obst die silberne Medaille zu. Zur Verteilung gelangten folgende Druckschriften: a) Leitsätze für den Anfänger in der Gemüsezucht. Herausgegeben von der Deutschen Gartenbau - Gesellschaft, Abteilungen für „Pflanzenschmuck" und „Blumenzucht" für das Kriegsjahr 1916/17. (Von der Geschäftsstelle zu beziehen.) b) Zum Anbau von Frühkartoffeln. Von Professor Dr. v. Eckenbrecher. c) Anbau und Düngung der Kartoffeln während des Krieges. Von Professor Dr. Gerlach. d) Die Bedeutung des Kartoffelbaues in Gegenwart und Zukunft. Von Dr. Bischoff (Berlin). e) r Die wichtigsten Kartoffelkrankheiten und ihre Bekämpfung. f) \ Der Kartoffelkäfer und seine Vernichtung. Von Geheimrat ' Dr. O. Appel. Die zuletzt genannten Schriften sind von der Gesellschaft zur För- derung des Baues und der wirtschaftlichen zweckmässigen Verwendung der Kartoffel in Berlin, Eichhornstrasse 6, herausgegeben. Der Vortrag des Abends ist auf Seite 3 dieser Nummer abgedruckt. In ihm haben noch nachträglich verschiedene Anfragen aus dem Kreise der Versammlung ihre Berücksichtigung gefunden. Z^ Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. Vortrag, gehalten von Herrn Administrator A. Ben da, Berlin-Wilmersdorf, auf der 1053. Monatsversammlung der D. G. G. am 30. November 1916. Hierzu Abb. 1 und 2.) Meine Damen und Herren! Als alter Landwirt habe ich heute über die Kartoffel und ihren Anbau zu sprechen. Das tue ich von Herzen gern; denn die Kartoffel ist aus mehr als einem Grunde meine Lieblingsfrucht. Ich habe sie zu den verschiedensten Zeiten auf leichten und schweren Böden, im bergigen Gelände, in der Ebene und in Talgründen angebaut, in grossen Breiten von mehr als 100 Morgen und in kleinen Versuchsparzellen von ebenso viel Quadratmetern. Ueberall war die Kartoffel eine andere und musste, den örtlichen und klimatischen Verhältnissen angepasst, höchst verschieden behandelt und gepflegt werden. In dieser schweren Zeit der Not ist nun das Ansehen der Kartoffel in allen Kreisen der Bevölkerung in ungeahnter Weise gewachsen. Die Not- wendigkeit, sie in möglichst tadelloser Beschaffenheit und Zahllosigkeit herbeizuschaffen, ist überall auf dem Lande und in der Stadt gleichmässig lebendig. Darum ist es eine Forderung des Tages, sich mit den Lebens- bedingungen der Kartoffel, die ja das eigentliche Rückgrad in der Kriegs- ernährung bildet, völlig vertraut zu machen. Wir müssen diesen unseren Hausfreund ganz genau kennen lernen, seine Licht- und Schattenseiten. Glücklicherweise schreibt mir die Fassung des Themas die Reihen- folge der Kulturverrichtungen vor, die der Mensch an und mit der Kar- Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. toffel und mit ihrer Umgebung vornehmen muss, damit es zu reichlichen und gut ausgereiften Ernten komme. „Die Kartoffel im Kreislauf des Jahres", das heisst, es sind die Erlebnisse einer Kartoffel zu schildern, die im Herbste geerntet und den Winter über aufbewahrt wurde, dann im Frühjahr als Saat- kartoffel erneut auf das Feld gelangte, um nun, indem sie sich selbst opfert, neuen Kindern und Kindeskindern das Leben zu schenken. Die Kartoffel, um ihr einen kurzen Steckbrief mit auf den Weg zu geben, gehört zu den Solanaceen, den Nachtschattengewächsen, zu denen auch die Tomate und der nicht unbeliebte Tabak gehören. Die Blätter sind unregel- mässig gefiedert; die in Wickeln stehenden weissen oder lila Blüten ent- halten fünf Staubgefässe und einen Fruchtknoten mit warzenförmiger Narbe. Sie sind so hinfällig, dass sie meist vor erlangter Geschlechtsreife abfallen. Selbstbestäubung scheint die Regel zu sein. Die eigentliche Frucht der Kartoffel ist nicht die Knolle, sondern eine grüne Beere, die in ihrem Fleisch bis zu 150 kleine Samen enthält. Sie dienen bei der Neuzüchtung von Sorten ausschliesslich der Vermehrung. Die eigentlichen Vermehrungsorgane der Kartoffel sind die Knollen; sie sind nichts anderes als kurze, dicke, saftige, unterirdische Sprosse. Dass sie keine Wurzeln, sondern unterirdische Zweige sind, geht schon daraus hervor, dass sie Knospen oder Augen tragen. Diese, in dem weichen Bette unseres Kulturbodens fortkriechenden Seitenzweige, auch S t o 1 o n e n oder T r a g f ä d e n genannt, sind es also, die sich an den Enden verdicken und zu Erdäpfeln runden. Das An- schwellen der Kartoffel geschieht durch fortgesetzte Ablagerung der ver- schiedensten Stoffe, vor allen Dingen durch Stärkemehl und Wasser. Ausser diesen Stolonen besitzt die Kartoffel noch eine grosse Anzahl Wurzeln, durch welche sie die Nahrung dem Boden entnimmt. An der Knolle selbst unterscheidet man den N a b e 1 1 e i 1 , an welchem sie mit dem Tragfaden verbunden ist, und den Kronen- oder Gipfel- teil, welcher am äussersten Ende der Stolone sitzt. Beide Teile haben mehr oder weniger tiefliegende Augen. Diese stehen auf der Nabelhälfte weit auseinander, auf der Kronenhälfte rücken sie immer enger zusammen. Jedes einzelne Auge besteht aus einem verkümmerten Blatt und 1 bis 3 Knospen. Die Augen sind in einer Spirale angeordnet. Man unterscheidet an der reifen Knolle die Schale, deren äussere Schichten verkorkt sind; eine Schicht mit Farbstoff und stickstoffhaltigen Substanzen, ein fortbildungsfähiges Gewebe und das Mark. Das letztere ist für uns das Wichtigste. Treibt ein Auge eine Knolle aus, so bleiben die anderen zurück. Wird die treibende Knospe abgebrochen, so entwickeln sich statt ihrer die Nebenknospen, die jedoch schwächer als die Keime der ersten Generation sind. Hiernach ist, rein theoretisch betrachtet, das Abkeimen der Saat- knollen möglichst zu vermeiden. Das Wachstum der Kartoffelpflanze vollzieht sich folgendermassen: Die Blätter des Kartoffelkrautes nehmen durch ihre Spaltöffnungen Kohlen- säure auf und wandeln sie in organische Stoffe um. Der Ueberschuss an organisierter Masse wandert dann auf der inneren Kanalisation der Pflanze in der Form von Zucker von Zelle zu Zelle bis zu den Knollen und wird hier in mustergültiger Weise als Stärke aufgestapelt. Solange die Blätter lebens- Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. tätig sind, vermehrt sich auch die Stärke. Man sieht also, in welch engem Zusammenhange gerade bei der Kartoffel die oberirdischen Teile mit den unterirdischen stehen. Sterben später die Blätter ab, so entleeren sie sich von ihrer Spitze aus nach dem Grunde. In gleicher Richtung schreitet auch die Gelbfärbung fort, und ein Blatt nach dem anderen flattert, nachdem es seine Pflichten erfüllt hat, zu Boden. In gleicher Weise entleert sich auch der Stengel und zuletzt der Tragfaden. Geht man jetzt durch die Felder oder wandert nachdenklich durch die Kleingartensiedlungen, welche in der Nähe der Grossstadt unübersehbar sich ausdehnen und auch auf dem Lande in erfreulicher Zunahme begriffen sind, so sieht man alle Kartoffelfelder abgeerntet. Ein milder Herbst hat es doch noch jedem ermöglicht, seine Frucht rechtzeitig zu bergen. Ahb. ]. Kartoffelpflanze. Jetzt treten zwei wichtige Verrichtungen an den Kartoffel- bauer heran : 1. Die eingebrachte Ernte soll gut überwintert und 2. ein neues Stück Land soll zur Aufnahme einer neuen Saat vorbereitet werden. Beide Verrichtungen sind gleich wichtig. Zunächst vom Boden: Will man die Bodenansprüche der Kartoffel treffend bezeichnen, so kann man sagen, „mit vielem kommt sie aus, mit wenig hält sie Haus". Das heisst mit anderen Worten: ,,Die Kartoffel ist genügsam und überaus anpassungsfähig." Das sieht man auch daraus, dass ihr Anbau im Norden bis über die Polargrenze hinaus und im Süden bis zu den nordafrikanischen Küstenländern hat ausgedehnt werden können. In unserem Vaterlande findet sich fast überall guter Kartoffelbcden. Nach einer anderen Richtung hin zeigt sich die Kartoffel aber höchst anspruchs- voll. Sie will einen gut durchlüfteten, also im weitesten Masse tief ge- lockerten Boden haben. Sie ist eine Pflanze, die über und unter der Erde auf gute und reine Luft hält, damit sie durch tiefe Atemzüge die Aul- 6 Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. gaben, die ihr von Natur zugewiesen sind, auch erfüllen kann. Auf nassen Böden oder solchen, die nach einem Regenguss verschlammen, ist sie dem Verderben geweiht. Der Kartoffelbauer muss also seine Bodenbearbeitung so gestalten, dass die Luft ungehindert eintreten kann und Wärme und Feuchtigkeit erhalten werden. Je tiefer die Kulturschicht ist, desto mehr Nahrung können die Wurzeln aufnehmen und überschüssiges Wasser schneller ablaufen lassen. Der Boden für die Kartoffel kann gar nicht sorg- fältig genug durchlüftet werden. Hieraus ergibt sich die Forderung, die von allen Kleingartenbesitzern ja leicht zu erfüllen ist, bei der Vorbereitung des Kartoffelbodens den Spaten in seine Rechte einzusetzen. Tiefes, mit Beob- achtung und Nachdenken verbundenes Umgraben hat schon an den ver- schiedensten Orten die Kartoffelerträge ins Ausserordentliche gesteigert. Es ist grundfalsch, wenn der Kleingartenbesitzer nach erfolgter Aberntung sein neues Kartoffelland längere Zeit ruhen lässt. Die erste Bearbeitung muss unter allen Umständen schon im Herbst erfolgen. Eine Fläche den Winter über geschlossen und unberührt liegen lassen, heisst, im voraus seine Ernten verringern. Wer dagegen sein Kartoffelfeld rechtzeitig in rauhe Furche legt, den Acker den Einwirkungen der Luft, des Regens und des Frostes aus- setzt, wird ihn im Frühjahr in einem vortrefflichen Zustande vorfinden. Nach den Erfahrungen des vergangenen nassen Sommers kann ich nicht umhin, ein besonderes Wort über das Verhältnis der Kartoffel zu Wasser und Regen zu sprechen. Der Wasserbedarf der Kartoffel im Vergleich zu anderen Kulturgewächsen ist im allgemeinen geringer, als die meisten Kartoffelbauer annehmen. Bei einer normalen Kartoffelernte sind für den Hektar etwa 16- bis 18 000 Doppelzentner Wasser erforderlich, beim Getreide 25 000 Doppelzentner, bei der Zuckerrübe 30 000 und mehr. Man kann sagen, dass bis Anfang Juli die Feuchtigkeit selbst trockener Böden den Durst der Kartoffel zur Genüge stillt. Erst im Juli und August erreicht ihr Wasserverbrauch eine wesentliche Steigerung. Da dies aber die Hauptzeit für regenreiche Gewitter ist, hat dieser vermehrte Durst in der Regel wenig zu sagen. Wenn aber, wie in diesem Jahre, im Juli und August nach vorangegangenen reichlichen Regenfällen eine grosse Hitze eintritt, noch dazu von ständig scharfem Wind begleitet, so leiden die Kar- toffeln ausserordentlich. Wir haben daher auch erlebt, dass an vielen Orten die Blätter der Kartoffelstaude wie Wäsche in Wind und Sonne trockneten, die Stauden geradezu vergingen und die Weiterentwickelung der Kartoffeln aufgehoben wurde. Sehr interessant ist es zu sehen, dass sich auch die entleerte Mutterknolle an der Versorgung der Kartoffelpflanze mit Wasser in hervorragendem Masse beteiligt. Es ist nachgewiesen, dass solche Mutter- knolle im Juni und Juli auf einmal mindestens 30 bis 40 Gramm Wasser aufspeicherte. Begann die Kartoffelpflanze nun infolge grosser Hitze matt zu werden oder zu welken, so wurde je nachdem die Hälfte aus diesem natürlichen Wasserbehälter oder gar mehr verbraucht. Bei einem neuen Regenfall sog dann die Mutterknolle neue Vorräte von Wasser ein, um sie für die Zeiten der Not bereit zu haben. In bezug auf den D ü n g e r ist die Kartoffel mit einem ausserordentlich guten Appetit begabt. Nur auf sojchen Böden, welche sich in einem guten Kraftzustande befinden, kann man die Kartoffel ohne Stalldünger anbauen. Je leichter und ärmer aber der Boden ist, um so notwendiger wird zur Er- Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. zielung wirklicher Ernten der durch nichts zu ersetzende Stallmist sein und bleiben. Der Stallmist bereichert nicht nur den Boden an Nährstoffen, er verbessert auch die Beschaffenheit des Bodens, er lockert ihn, ermuntert ihn und macht ihn vor allen Dingen wärmer. Ein alter Praktiker hat den Stallmist nicht übel das „Halstuch" der Kartoffel getauft. Jede künstliche Düngung der Kartoffel wird die erwartete Wirkung nur zeigen, wenn eine Stallmistdüngung vorhergegangen ist. Dieses „Halstuch" will aber, um im Bilde zu bleiben, die Kartoffel nicht erst im Frühjahr in dem Acker vorfinden; mit anderen Worten: jede frische Düngung ist der Kartoffel unbehaglich. Aus diesem Grunde muss man den Stallmist frühzeitig zur Anwendung bringen und so bald als möglich unter- graben oder unterpflügen. Namentlich dort, wo Frühkartoffeln angebaut werden sollen, muss nach einer rechtzeitigen Anwendung getrachtet werden. Hat sich die Düngung im Herbst nicht ermöglichen lassen, so soll man wenigstens im zeitigen Frühjahr nur verrotteten Dünger zur An- wendung bringen; dadurch werden Schädigungen vermieden. Im all- gemeinen ist eine Mischung der Dünger von verschiedenen Tieren am empfehlenswertesten; sonst nimmt man für hitzigen und trockenen Boden reinen Kuhmist, für schweren und kalten Boden kurzen Pferdemist. Der Abortdünger ist für die Kartoffeln im allgemeinen nicht gut zu ge- brauchen; sie werden danach leicht seifig und ungeniessbar. So not- wendig auch eine Stallmistdüngung für die Kartoffel ist, zur Erzielung von Höchsterträgen reicht sie allein nicht aus, weil das Mengeverhältnis der Pflanzennährstoffe untereinander im Stallmist ein anderes ist, als dem Be- dürfnis der Pflanze entspricht. Also müssen alle noch fehlenden Pflanzen- nährstoffe durch Mineraldüngung als Beidüngung ersetzt werden. Von sehr günstiger Wirkung auf leichten Böden ist die Aufbringung von unkrautfreiem Kompost und gutem Moder. Beide führen dem Acker eine Menge leicht aufnehmbarer Pflanzennährstoffe zu. Der Kalibedarf der Kartoffel ist recht gross. Da nun die zum Kartoffelbau benutzten leichteren Böden von Natur aus kaliarm sind und das Kali bei der Stärkebildung offenbar eine wichtige Rolle spielt, sollte überall eine örtlich angepasste Kalidüngung erfolgen. Freilich haben die Kalisalze manchmal einige ungünstige Nebenwirkungen, die durch ihren Gehalt an Chlor zu erklären sind. Darum soll man das Kali im Herbst oder vor Winter ausstreuen. Das sichert eine gute Verteilung bis zur Be- stellung und damit eine gute Ausnutzung durch die Pflanze. 1>2 bis 2 Doppelzentner 40 prozentiges Kalisalz pro ha dürften in der Regel neben dem Stallmist noch nützlich wirken. Die Anwendung von Rohsalzen ist möglichst zu vermeiden. Freilich werden die immer mehr zusammengeschmolzenen Vorräte an Kunstdünger es nicht oft gestatten, als Stickstoffdüngung schwefel- saures Ammoniak, Norgesalpeter oder Kalkstickstoff zu streuen. Es sollte aber von Seiten der führenden Männer alles aufgeboten werden, der Land- wirtschaft und dem Kleingartenbau die erforderliche Menge zur Anwendung dieser künstlichen Dünger mit Hilfe neuer industrieller Anlagen zu be- schaffen. Es ist nur zu wahr, dass die bisherige Steigerung der ein- heimischen Bodenerträge, die während der langen Friedenszeit durch ver- mehrte Anwendung von Stickstoffdünger hervorgerufen ist, rückläufig 8 Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. werden muss, wenn nicht im Inlande neue Stickstoffquellen durch leistungs- fähige industrielle Werke erschlossen werden. Als zweite wichtige Forderung hatte ich eine gute Ueber- winterung der eingebrachten Ernte angegeben. Wie das zu geschehen hat, ist nach den mancherlei Versuchen und Veröffentlichungen in dem letzten Jahrzehnt dem kartoffelbauenden Landwirt wohl kaum noch fremd. Es gibt verschiedene recht beachtenswerte Methoden, die bei sorgfältiger Durchführung es ermöglichen, grosse Mengen ohne beträchtliche Verluste angemessen im Freien und in geschlossenen Räumlichkeiten zu überwintern. In jüngster Zeit haben auch kleine Leute und Familienvorstände sich über die beste Aufbewährung der Kartoffel, als ihrer besten Hausfreundin, eingehend unterrichtet. Kurz gefasste, alles Wesentliche enthaltende Merkblätter sind durch Vereine und Behörden reichlich zur Verteilung gelangt und haben vor allem darauf hingewiesen, dass man in Haushaltungen nur gesunde Kartoffeln aufbewahren soll, dass in kurzen Fristen die kranken oder verdächtigen Subjekte ausgesucht werden müssen, dass die Temperatur im trockenen Aufbewahrungsraum zwischen 2 und 8" C liegen soll, dass eine gute Durchlüftung erforderlich ist und dass namentlich Auf- merksamkeit und Kontrolle nicht nachlassen dürfen. Eine besondere Pflege ist dem selbstgewonnenen oder frühzeitig er- standenen Saatgut zuzuwenden. Ihm muss nicht nur im Keller der vor- teilhafteste Platz zugewiesen sein, das Saatgut muss auch als Mutterknolle die allergesündeste, vollausgereifteste, mit guten Augen bedeckte und keines- wegs nach den Gesichtspunkten der Kleinheit ausgesuchte Frucht sein. Täuschen wir uns doch nicht: der eigentliche fortbildungsfähige Teil der Kartoffelknolle ist das Auge; das ganze übrige Knollengewebe verrichtet lediglich Ammendienste, indem es alle diejenigen Bildungsstoffe zur Ver- fügung hält, die für die kommende junge Kartoffelpflanze nötig sind. Es leuchtet ein, dass sowohl die Triebkraft wie auch das Produktionsvermögen der Augen mit der Grösse der Knolle zunehmen. Die auf jedes Auge ent- fallende Menge an Reservenahrung wächst ebenfalls mit der Knollengrösse, das heisst mit anderen Worten: der Wert der Saatknollen, rein physiologisch gesprochen, steigt mit ihrem absoluten Gewicht. Aus wirtschaftlichen Gründen kann es natürlich unter Umständen ge- boten sein, kleineres Saatgut zu wählen oder in kleineren \'erhältnissen sich mit Durchschneiden zu behelfen. In diesem Falle ist nur das Gipfel- ende zur Saat zu benutzen. Uebersehen lässt sich hierbei aber nicht, dass durchschnittene Kartoffeln im Boden leichter faulen oder doch kränkeln als ganze Knollen, infolgedessen auch schlechter keimen und leichter kranke Pflanzen liefern. Ueber den Wechsel an Saatgut gehen auch heute noch die Meinungen der Landwirte und Züchter weit auseinander; die einen befürworten sie, die anderen halten sie für unnötig. Ich möchte doch für einen Wechsel des Saat- guts nach längerem Anbau, besonders auch auf kleinen Parzellen, raten. Neubezogenes Saatgut, die Güte vorausgesetzt, kommt in neue Verhältnisse, und hierdurch wird seine Lebensenergie wesentlich vermehrt. Es genügt schon oft, wenn man einen solchen Saatwechsel oder vielmehr einen solchen Austausch mit ein und derselben Sorte mit einem Fachgenossen aus anderer Gegend bewirkt oder wenn z. B. der Laubenkolonist aus dem Süden einer Grossstadt ein Tauschgeschäft mit dem Kollegen aus dem Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. 9 Norden in Frühkartoffeln : „Rosen", „Kaiserkrone" oder „Gertrude" macht. „Magnum Bonum" ist eine frühe Spätkartoffel, die, zeitig gepflanzt, im Anschluss an die Frühkartoffeln verwendbar ist. Genaue Regeln, nach denen.man wechseln müsse, sind leider noch nicht entdeckt. Dass die Kar- toffeln aber unter wenig zusagenden Verhältnissen schnell entarten können, erfährt man tagtäglich. Darum heisst es aufmerksam sein, um die- jenigen Sorten zu erkennen, welche für den eigenen Boden und die gewohnte Kultur sich am besten eignen. Aus dem Gesagten geht aber auch hervor, dass die fortgesetzte Züchtung neuer Sorten aus zwei Gründen nicht unter- bleiben darf. Einmal, um die Kartoffel als solche zu vervollkommnen und. Abb. 2. Die Kartoffel (Solanum tuberosum). 1. Zweig mit Blättern und Blüten. 2. Blüte durchschnitten. 3. Staubbeutel mit dem oben heraus- tretenden Bilütenstaub. 4. Frucht. 5. Frucht durchschnitten. 6. Wur/el mit Knollen. 7. Samen. ihre Anpassungsfähigkeit zu heben, sodann aber auch, um rechtzeitig einen Ersatz'für die alternden Sorten zu haben. Da wir offenbar mit einer Kartoffelknappheit zu rechnen haben, die sich im Frühjahre noch steigern dürfte, muss es als eine Pflicht aller kartoffel- bauenden Kreise angesehen werden, rechtzeitig mit guten Frühkartoffeln auf dem Markte zu erscheinen. Ich möchte daher über die Frühkartoffel und ihreBehandlungalsSaatgutan dieser Stelle einiges sagen. Die Vegetationszeit der Frühkartoffel muss möglichst kurz sein. Wird eine Sorte nur ^ bis 10 Tage früher als eine andere vollkommen korbreif, so ist das nach verschiedenen Richtungen hin von schwerwiegendem Vorteil. Ein solcher \'orsprung lässt sich erreichen, wenn man das bestgepflegteste und liestgedüngteste Stück seines Ackers dazu nimmt, wenn man nur die grössten Kartoffeln als Saatgut verwendet, die stärkehaltig und vollkommen gut 10 Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. ausgereift sind; sie dürfen unter keinen Umständen aus solchen Früh- kartoffeln ausgewählt sein, die im vergangenen Jahre früh und schnell aus- gebuddelt wurden und nicht die nötige Zeit fanden, im Boden abzuwelken. Pflanzt man derartig beschaffenesSaatgut in den ersten Tagen des April, so kann man bei leidlicher .Witterung schon in zehn Woche^n seine Ernte einbringen. Um die Zeit des Wachstums abzukürzen, kann man aber noch mehr tun. Man kann die Saat in geeigneter Umgebung leicht dazu bewegen, gleichsam Keime auf Kommando vorzuschicken. Wird dann eine solche Knolle mit unbeschädigtem Trieb in richtiger Weise ausgepflanzt und ge- hütet, so erweist sie sich durch allerschnellstes Wachsen dankbar. Die Kartoffel pflegt je nach der Behandlung des Saatguts zwei Arten Keime zu treiben. Die einen sind recht lange, dünne, dem Licht zustrebende Keime; man kann sie in jedem dunklen, wenig durchlüfteten und warmen Keller oder ähnlichen Mieten beobachten. Natürlich leben auch diese Keime von den wertvollen Stoffen der Mutterknolle, wenn auch ihr Hauptbestandteil Wasser ist. Diese Keime sind unbrauchbar und müssen so frühzeitig als möglich beseitigt werden. Eine zweite Art von Keimen bildet sich, wenn man die Kartoffel, nachdem sie aus dem Winterquartier gekommen ist, einige Tage an einem luftigen Ort sich besinnen, d. h. etwas abtrocknen lässt, ihr allmählich Licht und eine massige Wärme zuführt. Diese Keime sind fest, kurz, ge- drungen und farbig. Hier hinein rücken alle wertvollen Stoffe der Mutter- knolle sozusagen auf Vorposten. Kommt eine so vorgekeimte Knolle in den Boden, so fängt sie sofort an, Wurzeln zu schlagen, und Keime und Pflanze entwickeln sich in kürzester Zeit mustergültig. In meinen Jugendjahren keimte man solche Frühkartoffeln noch mit ziemlicher Sorglosigkeit in alten Kisten, Körben und Sieben vor, in denen mehrere Schichten übereinander lagen. In der Nähe der Oefen oder an geeigneten Orten in Ställen sah man dann diese schönen Einrichtungen mehr oder minder gut funktionieren. Heutzutage gibt es für diesen Zweck vor- trefflich eingerichtete Horden, die man in luftigen und doch heizbaren Räumen aufstapeln und je nach dem Grade ihrer Reife auf den Acker tragen und verwenden kann. Die wirklich echte, frühe, lange, weisse Sechswochenkartoffel ist auch heute noch immer als Saatgut gesucht. Ich glaube, sie wird auch auf den Berliner Rieselfeldern mit Erfolg angebaut. Natürlich darf eine so vorge- keimte Kartoffel nicht einfach in das zurecht gemachte Loch hineingeworfen werden; im Gegenteil, sie ist vielmehr mit den Keimen nach oben aufs sorgfältigste einzupflanzen, dergestalt, dass die Spitzen der Keime noch 4 bis 5 cm mit Erde bedeckt bleiben. Hat eine solche Kartoffel mehr als zwei oder drei Keime, so sind die schwächsten auszubrechen. Inzwischen hat der Winter auf unseren in rauher Furche liegenden Feldern seine kulturfördernde Arbeit zu Ende gebracht. Durch die Einflüsse einer wechselvollen Witterung sind die Schollen zermürbt, der rechtzeitig gebreitete oder ausgestreute Natur- und Kunstdünger hat das Seinige zur Verbesserung des Bodens getan, und eine mildere Sonne lockt uns, mit neuem Mut und neuen Hoffnungen zur Bestellung unserer Felder zu schreiten. Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. \ 1 Nachdem der Boden geebnet und von Steinen und Unkraut befreit ist, 3oll nun das eigentliche Pflanzgeschäft vor sich gehen. Das kann nun nach den verschiedensten Methoden erfolgen, die für die eine Gegend richtig und für die andere weniger richtig sein können. Die emp- fehlenswerteste Methode dürfte diejenige sein, welche mit Ausschaltung aller Willkür das Ackerstück so in gleiche Quadrate zerlegt, dass jede ausge- pflanzte Knolle einen ganz bestimmten Flächenraum als Standort erhält. Wie das im einzelnen zu machen ist, sei jedem überlassen. Auch die Pflanzweite muss nach der Oertlichkeit und der Kartoffel- sorte bemessen werden. Eine kurzkrautige Frühkartoffel muss dicht ge- pflanzt werden. Ich habe schon gute Resultate bei einer Reihenweite von 35 mal 25 cm erzielen sehen. Spätkartoffeln, von denen man weiss, dass sie grosse Stauden bilden, müssen einen Flächenraum erhalten, den sie gut auszunutzen vermögen, aber auch zur Zeit ihrer höchsten Entwickelung mit ihrem Kraute bedecken können. Sie müssen also mit den Nachbarstauden Fühlung behalten; eine zu weite Pflanzung bringt wieder Schädigungen an- derer Art. Praktisch gesprochen gewinnt man in der Regel von einer gleichen Fläche einen grösseren Ertrag, wenn man die Kartoffeln dicht pflanzt und an Pflanzgut nicht spart, als wenn man die Kar- toffeln weiter auseinander setzt. Die einzelnen Stauden bringen dann wohl mehr Ertrag, aber die betreffende Fläche ist ja mit einer ganzen Anzahl von Kartoffelstauden weniger bestellt. Das beeinträchtigt den Gesamtertrag. Als eine durchschnittliche Reihenweite könnte man 50 mal 40 cm an- sehen, was einen Flächenraum von etwa 20(X) qcm ausmacht. Das Pflanzen selbst sollte, wo es irgend geht, in möglichster An- passung an alle zu beobachtenden Verhältnisse mit dem Spaten erfolgen. Da die Kartoffel aber nässeempfindlich ist, selbst eine hohe Keimtemperattir besitzt und die jungen Kartoffeltriebe keinerlei Frost vertragen können, sollte man damit nicht zu früh beginnen. Natürlich hat auch die Kartoffelknolle, genau wie andere Samenkörner, Luft und Feuchtigkeit neben der Wärme zum Keimen nötig. Wird sie nun flach gepflanzt, so steht ihr wohl Luft genug zur Verfügung; bei einer tieferen Einsenkung aber wird die Wasser- versorgung am meisten gesichert sein. Da wir in unserer Gegend haupt- sächlich mit leichteren Böden zu tun haben, denen die erforderlichen Wasser- mengen fehlen, ist unbedingt auf ein nicht zu flaches Auslegen zu halten. Dass das Keimende nach oben gerichtet sein muss, habe ich schon er- wähnt. Die Saatknolle muss aber ferner beim Pflanzen mit einer Hand voll guter Erde umgeben werden, damit die w^ichtigen ersten Würzelchen der neuen Keime, welche sich möglichst nahe an der Knolle bilden, eine gute und reichliche Nahrung, keine Kriegskost, vorfinden. Das lässt sich ohne zu grosse Mühe erreichen. Um das Austrocknen zu verhindern, muss die Knolle in das Saatbett mit sanfter Hand eingedrückt und die darauf ge- worfene Erde leicht angedrückt werden. Die meisten Lücken auf den Kartoffelfeldern sind auf eine zu geringe Sorgfalt beim Legen zurückzuführen. Zwei oder drei Wochen nach dem Legen sollte jedes Kartoffelstück blind geharkt oder geeggt werden. Damit wird dreierlei erzielt: alle Unkräuter, die schon vorwitzig das Köpfchen herausgesteckt haben» werden dem Untergange geweiht; diejenigen Kartoffeln, welche zu frei oder gar hohl liegen, werden nun vom Boden umschlossen und die gesamte Ober- 1 2 Die Kartoffel, unser bester Hausfreund, im Kreislauf des Jahres. fläche wird aufgelockert und für Licht, Luft und Wärme durchlässig ge- macht. XK'o das Harken nicht genügt, muss blind gehackt werden; alle diese Vorarbeiten dürfen aber nur bei trockenem Wetter erfolgen. Ist die Kartoffel nun so weit aufgegangen, dass man alle Stauden in musterhafter Ordnung aufgereiht sieht, also etwa Mitte Mai, so tritt die Hackarbeit in ihre Rechte. Die Kartoffel gehört ja zu den Hack- früchten; man sollte ihr also auch zukommen lassen, was schon in ihrem Namen gefordert wird. Das Hauptziel beim Hacken ist wiederum, den Boden zu lockern und ihn für die Wachstumsbedürfnisse der Kartoffel geeig- neter zu machen. Geschieht dieses zur Genüge, so wird hierbei auch von selbst alles Unkraut mit vertilgt. Wenn es erforderlich ist und die nötigen Kräfte zur Verfügung stehen, kann man nach entsprechenden Zwischen- räumen auch ein zweites und drittes Mal durchhacken. Frühkartoffeln werden in der Regel nur einmal gehackt. Bald nach der ersten Hacke hat dann das Häufeln der Kartoffeln einzusetzen. Der Zweck dieser Verrichtung ist: L das Heranbringen von neuer Nahrung an die Stauden durch die Häufelerde, 2. eine Begünstigung der Stolonen und damit der Knollenbildung, 3. ein erhöhter Schutz gegen übermässige Lichtwirkung und Ergrünen der Kartoffel und 4. ein erhöhter Schutz gegen Uebertragung von Krankheiten. Es gibt aber auch Kreise, welche die Ebenkultur der Häufelkultur vorziehen. Sie behaupten, dass ein behäufeltes Feld am Tage im Verhältnis zu seiner vergrösserten Oberfläche mehr strahlende Wärme empfängt. Die Folge davon sei eine erhöhte Tagestemperatur. Ein behäufeltes Feld strahle aber auch in der Nacht wieder mehr Wärme aus und die Folge davon sei eine niedrige Nachttemperatur. Diese Temperatur- schwankungen sollen nun der gedeihlichen Entwickelung der Kartoffel nicht günstig sein. Auch werde dadurch das Abfliessen des Regenwassers be- günstigt und eine starke Austrocknung des Bodens bedingt. Hiernach könnte man sagen, dass das Häufeln für frischen und feuchten Boden unzweifelhaft von Vorteil ist, für trockenen aber oft schädlich wirken kann. Sehr häufig sieht man, dass die Dämme beim Häufeln im trockenen Boden möglichst breit und zugleich so angelegt werden, dass sie statt eines Kammes eine Vertiefung bilden. Dies geschieht, um die Regen- feuchtigkeit aufzufangen und zu den Stöcken zu leiten. Diese Art Dämme mit ihren Rinnen können aber auch recht schädlich wirken; denn sie nehmen zugleich mit dem abtröpfelnden Wasser die Keime verschiedener Pilze, be- sonders des Peronospora- Pilzes, auf und befördern sie direkt an die Kartoffeln. Geschlossene Dämme dagegen sorgen dafür, dass alle diese Schädlich- keiten mit dem überflüssigen Wasser in die Sohle und damit zum Verderben gelangen. Sind nun Regen und Sonnenschein unserer Lieblingsfrucht einigermassen günstig gewesen, und haben wir als Kartoffelbauer nach jeder Richtung hin unsere Pflicht getan, und haben Krankheiten unsere Kulturen verschont, so können wir in der Regel mit einer zufriedenstellenden Ernte rechnen. Die Kartoffelerträge sind glücklicherweise in Deutschland seit einer Ein Beitrag zur Vermehrung der Kartoffel durch Stecklinge. \ 3 Reihe von Jahren von der Flächeneinheit ausserordentlich gestiegen. Es wurden pro ha geerntet im Durchschnitt der Jahre 1878 bis 1883 .... 77 Doppelzentner, der Jahre 1910 bis 1914 .... 136 Doppelzentner. Der Ertrag pro Flächeneinheit weist demnach in diesem Zeitraum eine Steigerung von 76 Prozent auf. Möge sich das so fortsetzen! Jetzt sind wir am Ausgangspunkt unserer Ausführungen ange- langt. Die Kartoffel hat den Kreislauf ihrer Entwickelung vor unserem geistigen Auge beendet. Noch aber fehlt eins; wenn dieser gute Hausfreund uns seine Wohltaten voll zuwenden soll, so muss er sich opfern, d. h. die Kartoffel muss sich weich und schmackhaft kochen lassen. „Schön rötlich die Kartoffeln sind Und weiss wie Alabaster! Sie däu'n sich lieblich und geschwind Und sind für Mann und Weib und Kind Ein rechtes Magenpflaster." Dieses Kochen der Kartoffeln hat den Zweck, die darin enthaltene Stärke leichter verdaulich zu machen. Das geschieht dadurch, dass das Kochwasser die Stärkekörner sprengt, und diese in Kleister übergehen. Ferner wird das. Wasser in den Zellen der Kartoffeln in Dampf ver- wandelt, zerreisst sie und entweicht. Dadurch wird die Kartoffel mehlig und wohlschmeckend. Jede Kartoffel gewinnt, wenn sie überhaupt nur in Dampf gekocht wird und mit Wasser so wenig als möglich in Berührung kommt. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns diesen treuen Hausfreund all- zeit hoch in Ehren halten! Mit ihm im Bunde werden wir jeden Feind, der uns auszuhungern trachtet, zu der Erkenntnis bringen: da ist halt nichts zu machen. Ein Beitrag zur Vermehrung der Kartoffel durch Stecklinge. Von Kgl. Gartenbaudirektor Weiss, Berlin. Die bereits im Vorjahre in der Gärtnerei der Stadt Berlin aufge- »ommenen Versuche, Kartoffeln durch Stecklinge zu vermehren, sind in diesem Jahre fortgesetzt worden. Im Laufe des März wurden je 1 kg Knollen der Sorten „D a b e r s c h e" (2), „Gertrud", „Atlanta" und „Auf der Höhe" in Töpfe gelegt und in ein Vermehrungshaus gesetzt. Vorher, Ende Februar, waren bereits 1 kg Dabersche (1) eingepflanzt worden. Die letzteren stammten von Pflanzen, die 1915 von Stecklingen geerntet worden sind. Die jungen Triebe, die sich anfangs in drei Wochen, später in 14 Tagen entwickelten, wurden nach einer gewissen Reife in kleine mit sandiger Erde gefüllte Töpfe gesteckt und bis zur Bewurzelung geschlossen gehalten. Die Vermehrung fand laufend bis Anfang Mai statt. Die Spitze der im Topfe angewachsenen Stecklinge, sowie die sich aus den Knollen bildenden neuen Triebe wurden immer wieder abgesteckt. Nach der Durchwurzelung in den Töpfen wurden die Stecklinge abgehärtet und an die Luft gewöhnt. Mitte Mai wurden die Stecklinge wie auch die Mutterknollen in das freie Land gepflanzt. Die Auspflanzung geschah bei Regenwetter. Ein späteres 14 Ein Beitrag zur Vermehrung der Kartoffel durch Stecklinge. Giessen ist nicht nötig gewesen. Es kamen 5 bis 6 Pflanzen auf 1 qm. Das Landstück, auf dem die Auspflanzung stattfand, war in den beiden Vorjahren mit Freiland-Chrysanthemen bestellt gewesen. Eine frische Düngung hatte nicht stattgefunden. Besondere Krankheiten sind nicht beobachtet worden. Alle Versuche sind zwecklos, wenn sie nicht durch Zahlen erhärtet werden. Es wurde daher das Gewicht und die Zahl der Saatknollen, die Grösse der bebauten Fläche und der Ertrag genau festgestellt. Um nun zu einer sachgemässen Bewertung zu kommen, muss man einen Massstab haben, d. h. man muss sich den Kartoffelbau unter gewöhn- lichen Verhältnissen als Vergleich veranschaulichen. Die Aussaat wie der Ertrag ist bekanntlich sehr verschieden. Um jedoch einen Anhalt für diesen \'ergleich zu gewinnen, wird für den Morgen die Aussaat von 8 Ztr., gleich 400 kg, und ein zehnfacher Ertrag angenommen. Diese für hiesige Verhältnisse günstige Annahme ist absichtlich gewählt worden, um jede Beschönigung des Versuches zu vermeiden. Legt man diese Zahlen zugrunde, so beträgt die Saat für 1 qm 0,16 kg, und die Ernte 1,6 kg. Im Nachfolgenden ist nun das Ergebnis des Versuches zusammenge- stellt und gleichzeitig der Ertrag unter gewöhnlichen Verhältnissen beige- fügt worden. Versuch. Mutterknollen Zahl der Steck- linge j Bebaute Fläche ' ^1 Ernte auf Staude Ertrag im ganzen Feldmässiger An- bau bei 0,16 kg auf 1 qm Ertrag \ Saat i für die 1 Versuchsfläche Zahl iGewichtj qm g g kg i -kg kg 19 1 1 Dabersche (1) 245 64,8 555 ' 145 ' 36,0 \ 103,6 10,36 13 1 1 Dabersche (2) 128 18,7 1962 287 ; 36,7 29,9 2,99 4 1 1 Gertrud . . . 195 37,4 887 170 33,2 59,8 5,98 23 \ I Atlanta .... 231 40,6 598 ' 105 j 24,3 64,9 6,49 14 ! 1 1 Auf der Höhe 136 24,5 1775 319 43,5 39,2 3,92 Die Ertragsmenge ist, wenn die Aussaat von 1 kg in Betracht gezogen wird, geradezu staunenswert. Sie ist weniger günstig, wenn man die be- baute Fläche berücksichtigt. Nur bei „Dabersche" (2) und „Auf der Höhe" ist sogar der Ertrag für die Fläche berechnet höher als bei gewöhnlichen Verhältnissen. Die Dabersche (1) hat in bezug auf die Fläche den ungünstigsten Ertrag gezeitigt. Hierbei ist zu bemerken, dass der grösste Teil der bereits Mitte März gemachten Stecklinge nach dem Auspflanzen im freien Lande eingegangen ist. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass eine verhältnismässig grosse Menge kleiner Kartoffeln geerntet wurde. Auch ist ein Teil an der Oberfläche gewachsen und daher grün geworden. Beim Kochen wie im Geschmack hat sich ein Unterschied von den anderen Kartoffeln nicht gezeigt. Für das Antreiben und Abstecken wurde ein Vermehrungshaus benutzt. Da Ende März jedoch zeitig genug ist, kann dies aller >X^ahrscheinlichkeit auch in Frühbeeten vorgenommen werden. Ausflug des Obstausschusses der D. G. G. usw. J5 Das Gesamtergebnis ist, wie obige Zusammenstellung zeigt, ein günstiges; die Anwendung kann daher nur empfohlen werden. Voraussetzung ist hierbei: a) Es muss ein geeigneter Vermehrungsraum zur Verfügung stehen. b) Zeit und Kosten für die Vermehrung dürfen nicht in Betracht ge- zogen werden. c) Die Ernte bringt eine verhältnismässige Menge kleiner Kartoffeln. d) In bezug auf die Grösse der Anbaufläche kann unter Umständen eine geringere Ernte erzielt werden. Man beachte ferner: Mit der Vermehrung ist nicht vor Ende März zu beginnen. Das Auspflanzen im freien Lande muss möglichst tief geschehen. Zweck dieser Erläuterungen ist nicht, diese Art des Kartoffelbaues als wirtschaftlichen Vorteil hinzustellen, sondern bei der tatsäch- lichen Knappheit der Kartoffeln an Saatgut zu sparen und trotzdem die Ernte zu steigern. Selbst wenn die Kartoffeln nicht die Gleichmässigkeit und Grösse wie sonst haben, ist ein erhöhter Ertrag nicht zu verachten. Es sei hierbei nur an die Haltung unseres Gross- und Kleinviehes erinnert. Mit Freuden würden heute auch die kleinsten Kartoffeln zur Fütterung verwendet werden. Die Forderung des kommenden Jahres lautet: Kartoffeln, Kartoffeln und nochmals Kartoffeln! Da sollte ein Jeder, der hierzu in der Lage ist, diese Art der Vermehrung, die einen hohen Ertrag bei geringem Saatgut verspricht, nicht von der Hand weisen. Und noch eins. Die Hilfsdienstpflicht wird binnen kurzem Gesetz. Jeder Prunk, jeder Luxus muss dann aufs äusserste eingeschränkt werden. Wie weit hiervon die Blumenzucht in Mitleidenschaft gezogen wird, kann heute noch nicht gesagt werden. Dass sie aber eingeschränkt werden muss, ist ausser Frage. Die Anzuchtstätten und Landflächen unbestellt liegen zu lassen, wird der Staat nicht dulden. Die Handelsgärtner und die städtischen, wie auch privaten Betriebe werden daher mit einem verstärkten Gemüsebau rechnen müssen. Hierzu gehört aber Samen. Ihrer Beschaffung leuchtet jedoch in düsteren Wolken ein bedenkliches „Ungewiss" entgegen. Auch dieser Umstand gibt berechtigte Veranlassung, der Kartoffelgewinnung, wie ^ie hier geschildert wurde, eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ausflug des Obstatisschtfsses der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft nach der Viila der Frau Kommerzienrat Borchardt in Potsdam-Nedlitz. Von R. Rodenwaldt. In der Oktober-Sitzung unseres Ausschusses hatte Herr Obergärtner Steindorf die Freundlichkeit, die anwesenden Mitglieder zu einer Be- sichtigung der Obsternte des von ihm gepflegten Gartengrundstückes ein- zuladen. Der Ausflug fand am 23. Oktober statt; es fehlte wohl kaum einer der Eingeladenen. Treffpunkt war der Wartesaal des Bahnhofes zu Potsdam; hier trafen die Ausflügler, obwohl sie mehrere Bahnlinien benutzten, in früher Nachmittagsstunde pünktlich zusammen. Sie begaben sich sofort nach 16 Ausflug des Obstausschusses der D. G. G. usw. der für die Tour angezeigten Strassenbahn, fuhren mit dieser über die imposante Brücke, durch kräftige, waffenstarrende Soldatentypen, die auf die militärische Bedeutung der zweiten Residenz unseres Vaterlandes hindeu- teten, bei der leider nur noch in kümmerlicher Existenz hinsiechenden histo- rischen Bittschriftenlinde vorbei, durch besonders interessante Teile Pots- dams, das jetzt bei dem Fehlen der starken Garnison den Eindruck macht, als ob es in den Dornröschenschlaf, aus dem es zu erwachen begann, zurück- sinke, nach dem Eingang des „sogenannten'' Neuen Gartens. Ich sage „so- genannten", denn dieser schöne Park, der seit der Zeit Friedrich Wilhelms II. das Marmorpalais, jetzt auch die Sommerresidenz unseres Kronprinzen, umgibt, im Nordosten von dem Jungfernsee begrenzt und in der Mitte durch den stillen Heiligensee geschmückt ist, macht seinem Namen keine Ehre mehr; er hat nur den ursprünglichen Namen behalten, wie man ja auch oft ältere Leute mit dem willkürlich ab- gewandelten Vornamen ruft, den sie als Babys bekommen haben. Die Führung durch den mit schönen, alten, interessanten Bäumen geschmückten Park übernahm der ortskundige Herr Kgl. Hofgärtner Nietner (Babelsberg); ausserdem marschierten mit jugendlicher Rüstigkeit an der Spitze die ver- ehrten Senioren des Obstausschusses, ja wohl auch der Gartenbau-Gesell- schaft, die Herren Loock und Grass I. Der Spaziergang bot jedem etwas je nach seinem persönlichen Interesse; wer eine Baumschule hatte, sam- melte eifrig die den Parkweg bedeckenden Früchte von Juglans nigra, um sie daheim der treibenden Erde anzuvertrauen; den Liebhaber bzw. Kenner von Koniferen erfreute der seltene Reichtum des Parkes an alten Vertretern dieser Baumgattung; besondere Bewunderung erregte ein ehrwürdiges Exemplar von Pinus strobus, der leider durch Schneebruch im vergangenen Winter eines starken Astes und damit seiner vollen Schönheit beraubt worden war. Am Ende des Parkes angelangt, betraten wir die Bertinistrasse, den Weg, der von Potsdam an dem Pfingstberg und der von Schulze- Naumburg mit grossem Geschick ausgebauten Villa Mendelssohn- Bartholdy vorbei nach Nedlitz führt, und gelangten nach wenigen Schritten nach dem Eingang des Parkgartens der Villa Borchardt, auf das freund- lichste begrüsst von Herrn Steindorf und den weiblichen Mitgliedern seiner Familie. Herr Steindorf hatte in einem Pavillon mit grossem Geschick eine vollständige kleine, aber an Sorten überaus reiche Ausstellung seiner Obsternte aufgebaut; an den Wänden befanden sich auf Papiertellern die einzelnen Sorben — jede vertreten durch sieben Exemplare, was aber in diesem Falle keine üble Vorbedeutung war — , und in der Mitte prangte ein Esstisch, besetzt mit zwei grossen Schalen von mit grosser Kunst, wahr- scheinlich von der Gattin, geordneten Früchten. Während die Herren Pomologen mit kritischem Auge die Ausstellung an den Wänden musterten, gaben sich die Liebhaber, darunter auch der X'erfasser dieser Zeilen, mit einer gewissen Inbrunst dem Bestreben hin, die Güte der auf dem Esstisch prangenden Früchte praktisch zu erproben, wodurch aller- dings die ästhetische Wirkung der erwähnten Schalen bald genug zerstört wurde. Um die bis zur völligen Sättigung durchgeführte Kostprobe hygie- nisch unschädlich zu machen, hatte unsere vorsorgliche Wirtin in der Laube vor dem Hause eine Flasche echt französischen Kognaks aufgestellt, deren Ausflug des Obstausschusses der D. G. G. usiv. {• Inhalt denn auch, trotzdem wir uns jetzt im Kriege mit Frankreich be- finden, lebhaften Zuspruch fand, nach dem gewiss berechtigten Grundsatz : „Ein deutscher Mann kann keinen Franzmann leiden. Doch seinen Kognak trinkt er gern." Um den Gesamteindruck des Ausfluges kurz zusammenzufassen, möchte ich sagen, dass wir an diesem Tage bestärkt wurden in der Ueberzeugung. dass in dem märkischen Sande unermesslich viele Goldkörner verborgen liegen, die bisher noch nicht geschürft noch gemünzt worden sind. lieber das Resultat der Prüfung der Ausstellungsgegenstände und einer daran sich anschliessenden eingehenden Besichtigung des ganzen dem Obst- bau gewidmeten Grundstückes berichtete Herr Hauptlehrer Schulz (Kauls- dorf) in der November-Sitzung des Obstausschusses. (Siehe Seite 18 dieser Nummer.) Nachdem wir uns mit herzlichen Dankesworten von unserem aufmerk- samen Wirt und seiner liebenswürdigen Familie verabschiedet hatten, be- gaben wir uns nach der ganz in der Nähe am Jungfernsee reizvoU liegenden Meierei, um bei einer Tasse Kaffee die gewonnenen Eindrücke in ruhiger und gemütlicher Unterhaltung austönen zu lassen. Der „genius loci" verlangte, dass sich eine Anzahl dreieckiger Ver- hältnisse (honny soit qui mal y pense) bildete; von denen jedes mit einer wohlgefüllten Kanne Mokka bedacht wurde, und so kam eine Kaffeemahlzeir zustande, die für die jetzigen Kriegsverhältnisse unglaublich billig war. Die Dämmerung setzte schon ein, als Verfasser mit den Herren Nietner und Loock den Rückweg antrat: wir wählten unter des erstgenannten Herrn sicherer Führung einen anderen Weg, nämlich am Rande des Jungfernsees entlang nach der Glienicker Brücke zu. Wir sahen bei dieser Gelegenheit itt einiger Entfernung das in die Breite sich dehnende Sommerhaus unseres Kronprinzen, erbaut nach den Plänen des oben schon erwähnten Herrn Schulze-Naumburg: ein Bauwerk, über dessen künstlerische Bedeutung man verschiedener Meinung sein kann und für welches nach Ansicht von Sach- kennern nicht gerade der günstigste Platz gewählt worden ist, und gelangten nach der Haltestelle der Strassenbahn an genannter Brücke, wie das so oft passiert, trotz beeilter Schritte genau in dem Augenblick, als dieselbe abfuhr. Allerdings dauerte die Wartezeit nicht lange, und bei völliger Dunkelheit durchquerten wir nun zum zweiten Male die Residenzstadt, um zeitig: genug den von uns in Aussicht genommenen Zug zu erreichen, der uns in das lärmende Getriebe der Grossstadt zurückbeförderte. Der oben geschilderte Ausflug war wohl der letzte, den die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft in diesem Jahre veranstaltete. Wenn man auf die diesjährigen darauf bezüglichen Leistungen der Gesellschaft zurückblickt, wird man anerkennen müssen, dass die Ziele der Ausflüge im grossen ganzen mit Geschick ausgewählt waren, und kann wohl in bezug auf die- selben mit Fug und Recht das bekannte Sprichwort anwenden: „Ende gut. alles gut." '-jfj, Was lehrte uns der Besuch bei Herrn Obergärtner Steindorf in Potsdam? Was lehrte ans der Bestich hei Herrn Ober- gärtner Steindorf in Potsdam? Von Paul F. F. Schulz. Die Mahnung: „Pflanzt Obstbäume nur in beschränkter Sortenzahl!"" -nat gewiss ihre volle Berechtigung. Trotzdem weiten sich dem Pomologen -Auge und Herz, wenn er in einen alten Liebhaberobstgarten kommt. So erging es wohl allen Teilnehmern an dem Ausflug, den unser Obst- iusschuss am 23. Oktober d. J. nach Potsdam unternahm. Herr Ober- gärtner Steindorf, der sich seit Jahren um die Arbeit unseres Ausschusses grosse Verdienste erworben hat durch regelmässige Lieferung von Obst zur Veranschaulichung und Prüfung der Sorten, hatte die Mitglieder zu einer Besichtigung des von ihm geleiteten Gartens der Frau Kommerzienrat Borchardt eingeladen. Das hochherrschaftliche Besitztum liegt (dem Kgl. -.Neuen Garten" benachbart) auf einem Ausläufer des Pfingstberges und er- streckt sich dessen Abhang hinunter in östlicher Richtung bis zum Ufer des Jungfernsees. Unweit des Sees liegen die Villa, die Wohnung des Herrn Steindorf, die Glashäuser und die Wirtschaftsgebäude. Das Anwesen um- lasät gegenwärtig noch 15 Morgen, von denen 9 Morgen mit Obst bepflanzt sind. Vor einigen Jahren musste ein 10 Morgen grosses Trennstück des ehemaligen Obstgartens für Verkehrszwecke an die Stadt Potsdam ab- getreten werden. Zurzeit stehen noch 350 Obstbäume in mehr als 60 Sorten, zumeist sind es Buschbäume und Hochstämme. Die Pflanzweite beträgt lür erstere 4 bis 6 m, für letztere 8 bis 10 m; doch sind zwischen die Hoch- stämme poch vielfach Pyramiden auf Zwergunterlagen gesetzt. Das Alter iJer Bäume schwankt zwischen 6 und 50 Jahren; ein Teil der Hochstämme wurde schon in tragbarem Alter von dem Vorbesitzer des Grundstückes übernommen. Zwischen den Baumreihen werden Johannis-, Stachel-, Him- und Erd- beeren, Tomaten, alle Sorten Gemüse und Frühkartoffeln als Unterfrüchte gebaut. Davon haben sich die Beerensträucher in den letzten Jahren als die -besseren Zinszahler bewährt, weil für Gemüse der Baumschatten schon zu drückend wird. Für die Baumfrüchte bedeutete das Jahr 1916 den Höhepunkt der bis- herigen Erträge mit rund 100 Zentnern an Aepfeln, 12 Zentnern Birnen, 25 Zentnern Kirschen und 50 Zentnern Pflaumen. Nur für Kirschen und Birnen hatten frühere Jahre bereits mehr erbracht. Als Massenträger, die zudem nie ganz aussetzten, rühmt Herr Stein- dorf die Apfelsorten Jacob Lebel und Geflammter weisser Kardinal. Hervorragend bewährten sich ausserdem: Baumanns Renette, Gelber Bellefleur, Goldrenette von Blenheim, Grosse Kasseler Renette, Grüner Fürstenapfel und Harberts Renette; von Birnen: Amanlis Butterbirne, Clapps Liebling, Gute Louise von Avranches, Grumbkower Butterbirne, Triumpf de Vienne und Williams Christbirne. Völlig versagt hat nur der Weisse Winter-Kalvill. Von speziellem pomologischen Interesse war ein Baum der Sorte Jacob Lebel, der nach Herrn Steindorfs Angaben an einem grossen Aste durch- weg ganz abweichend gefärbte Früchte zeitigte. Ob hier ein Fall von Was lehrte uns der Besuch bei Herrn Obergärtner Steindorf in Potsdam? JQ „Sportbildung" (Knospenvariation) vorliegt, wird eine eingehende Unter- suchung zeigen, über deren Ergebnis ich später hier berichten werde. Unter Fusicladiumbefall hatten besonders zu leiden: London Pepping, Gelber Bellefleur, Cellini und Wintergoldparmäne. Die Blutlaus bevorzugte die gleichen Sorten, nur London Pepping ausgenommen. Als Spritzmittel wurde die Kalifornische Schwefelkalkbrühe verwendet. Im Winter be- kamen die Stämme und Aeste einen Anstrich mit einer Mischung aus Kalk und Lehm. An den tragbaren Bäumen beschränkte sich der Baumschnitt auf ein Auslichten. Der Boden ist durchweg urechter märkischer Sand! Das Grundwasser liegt in Spiegelhöhe des Jungfernsees. Die höchste Erhebung des Grund- stückes überragt den See um etwa 20 m. Weder am Seeufer noch auf der Kuppe sind in Durchschnittsjahren Frostschäden zu gewärtigen. Die be- deutende und vielseitige Wasserfläche der Havel wirkt eben ausgleichend, weil wärmespeichernd. Bis vor 6 Jahren wurde vorwiegend mit vergohrener Latrine gedüngt; gegenwärtig wird Kuhmist verwendet. Die Bewässerungsanlage wird aus der Wasserleitung der Stadt Potsdam gespeist. Vor dem Kriege hatte Herr Steindorf an Hilfskräften im Sommer durch- schnittlich 3 Männer und 4 Frauen, in Winter 3 Männer und 1 Frau zur Verfügung. Jetzt im Kriege muss er den Betrieb vorwiegend durch rück- haltloses Einsetzen der eigenen Person aufrecht erhalten; denn mehr als ein Gehilfe steht ihm nur ausnahmsweise zur Seite. Ueber seine ganz hervorragenden obstbaulichen Erfolge unterrichtete die für unseren Besuch in einem Ueberwinterungshaus mit Oberlicht her- gerichtete Ausstellung. Ausser den oben bereits genannten Sorten fanden wir dort ein vollständiges Sortiment von Aepfeln und eine für die Jahres- zeit noch beträchtliche Zahl von Birnen. Ich nenne davon: Ananas-R., Apfel von Croncels, Bismarck-A., Danziger Kantapfel, Fiessers Erstling, Gelber Edelapfel, Gelber Richard, Gestreifter Titowka, Grahams Königin- Jubiläumsapfel, Gravensteiner, Grosser Bohnapfel, Himbeerapfel (der von Engelbrecht beschriebene Rote Winter-H.-A.), Kaiser Alexander, Kaiser Wilhelm, Kalvill Grossherzog Friedrich von Baden, Karmeliter-R., Königlicher Kurzstiel, Landsberger R., Lanes Prince Albert, Langtons Sondergleichen, Lord Grosvenor, Lord Suffield, Manks Apfel, Muskat-R., Nathusius Taubenapfel, Lucas Taubenapfel, Osnabrücker R., Pariser Rambour-R., Peasgoods Sondergleichen, Roter Herbstkalvill, Roter Stettiner, Schöner von Boskoop, Signe Tillisch, Weisser Wintertaffetapfel. Von Birnen überraschten bei der Kostprobe besonders Conference und Grumbkower Butterbirne durch Schmelz und Würze. Sehr auffällig war, dass verschiedene Aepfel, die nach dem Sorten- kalender bereits seit Wochen „hinüber" sein mussten, von Herrn Steindorf noch in voller Genussfrische vorgewiesen werden konnten. Er hat das seinen, für Obstlagerung vorzüglich geeigneten, Tiefkellern zu danken. Was lehrt nun dieser Liebhaberobstgarten auf märkischem Streusand? 1. Die klimatisch bevorzugte Lage Potsdams schafft für nahezu das ge- samte deutsche Apfelsortiment geeignete Anbaubedingungen. 2. Unter diesen günstigen klimatischen Bedingungen tritt die Armut des Bodens nicht hemmend auf. Bei sachgemässer Düngung, Bearbeitung und 20 Die Heilanstalt „Schweizerhof'^ in Zehlendorf. Bewässerung fördert der leichte Sandboden vielmehr den Fruchtansatz, so dass auch die verrufensten „faulen Träger" regelmässige Erträge bringen. 3. In Färbung und Aroma übertreffen die auf leichtem Sandboden ge- ernteten Früchte die auf schwerem Boden erzogenen ganz beträchtlich. Sorten 3, Ranges, wie Geflammter weisser Kardinal und Jacob Lebel, ent- wickeln sich zu Tafelfrüchten. 4. Durch das von Herrn Steindorf ganz mustergültig (zumeist persön- lich) besorgte Auslichten der Kronen blieb der Gesundheitszustand der Bäume und Früchte trotz der vielfach verpönten engen Pflanzung vorzüglich. Nur wo die Himbeeren in mehreren Reihen zwischen den Obstbäumen stehen, machen sich bei älteren Bäumen Anzeichen von Erschöpfung be- merkbar. Die Heilanstalt „Schweizerhof" in Zehlendorf. Ein Rückblick. Von Siegfried Braun. Das Jahr 1916 hat den Mitgliedern der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft eine Reihe von Ausflügen gebracht, die noch heute in der Erinnerung der Teilnehmer als recht wohlgelungene Veranstaltungen fortleben, weil sie Ge- sichtskreis und Kenntnisse in angenehmster Form vermehrten. Zuerst, wurde die Kolonie Grunewald besichtigt und in ihr versteckt einige Perlen privaten Besitzes; dann wanderte man in langen Reihen durch die schmalen Wege in den Laubengeländen bei Treptow und freute sich an dem, was dort die Laubenkolonisten in unermüdlicher, verständnisvoller Arbeit schufen. Später folgte dann ein Tagesausflug nach Strausberg und Fredersdorf an der Ostbahn, um die Hesdörfferschen Obstmusteranlagen kennen zu lernen, eine Besichtigung des Kgl. Botanischen Gartens und Museums in Dahlem, eine Wanderung durch die Gartenstadt Falkenberg bei Grünau und scliliesslich eine Herbstpartie nach Potsdam, um neben landschaftlichen Genüssen auch solche näher kennen zu lernen, die sich aus einer Kostprobe einer wohl ein- gebrachten Obsternte ergeben. (Siehe Seite 15 dieser Nummer.) Ueber alle diese Wanderungen ist laufend in der „Gartenflora" berichtet worden. Nur über einen Ausflug, der mit zu dem Eindrucksvollsten ge- hörte, was es während des Jahres 1916 zu sehen gab, konnte bisher aus Mangel an einer guten Berichterstattung nichts Näheres veröffentlicht werden. Im Juni waren die Mitglieder der D. G. G. nach der Heil- anstalt „Schweizerhof" in Zehlendorf geladen, um die dortigen Obst- und Parkanlagen und zugleich die gesamten Einrichtungen der An- stalt zu durchwandern. Der „Schweizerhof" ist ein Sanatorium für Geistes- kranke, welches bereits im. Jahre 1853 von Herrn Dr. Heinrich Laehr gegründet wurde, einem Manne, der es auch heute noch verdient, mehr ge- kannt und in seinem Wirken und seiner Gesinnung verehrt zu werden. Schon als junger Student fasste er den Entschluss, Psychiater zu werden und all seine Kraft, sein Wissen und Können in den Dienst der leidenden Menschheit zu stellen. Seine ganze ärztliche Ausbildung geschah im Hin- blick auf dieses Ziel. Als er sich wissenschaftlich und praktisch durch lange Jahre hingebender Arbeit wohl gegründet wusste und man ihn, den Mann von so reichem Wissen und goldenem Herzen, in hervorragenden Stellen festhalten wollte, brach er alle Brücken hinter sich ab und ging an sein Lebenswerk. Er hatte sich die in damaliger Zeit vollkommen neue Aufgabe Die Heilanstalt „Schweizerhof* in Zehlendorf. 21 gestellt, eine Privatheilanstalt zu gründen, welche von den Mitteln der Kranken selbst erhalten würde, aber alle Bedingungen erfüllte, wie sie vor- handene öffentliche Anstalten bereits darboten. Er ging nach Berlin und be- mühte sich, durch Wort und Schrift die Stadtväter zu überzeugen, dass die Fürsorge für die Geisteskranken sachgemäss weitergeführt werden müsse. Er fand hier wohl Verständnis, aber nicht genügende Unterstützung; er war deshalb auf sich selbst angewiesen und hielt Umschau nach einem Grund- stück., das seinen Zwecken dienstbar gemacht werden könnte. Eine solche Stelle, die gleichzeitig die Führung einer Landwirtschaft ermöglichte, bot sich ihm durch den Ankauf eines Bauerngutes bei Zehlendorf. Hier ent- standen nun im Laufe der Jahre in immer weiterer Ausdehnung alle jene Gebäude und Einzelhäuser, in denen sich immer mehr geistig Erkrankte unter dem patriarchalischen Regiment des Gründers so ausserordentlich wohl fühlen sollten. Heinrich Laehr war der erste, welcher damit brach, die Pension der Kranken nach ihrem Vermögensstande zu bemessen und eine einheitliche Kostenrechnung für alle zum Grundsatze seiner Heilanstalt machte. Ihm war das hohe Glück zuteil geworden, in seiner Gattin eine Gefährtin zu finden, die seinem ganzen Denken und Tun volles Verständnis entgegenbrachte und im Laufe der Jahre eine allverehrte Mutter der Leiden- den wurde. Sie besass die seltene Gabe, die Liebe und das Vertrauen dieser schwierigen Kranken zu gewinnen, und vermied es, sich je in ärztliche An- ordnungen einzumischen. Sie stand ihr Leben lang innerhalb der eigenen Schöpfung gleichsam auf neutralem Boden; ihre Teilnahme an dem Ergehen jedes einzelnen erschien daher den Kranken um so wertvoller. Die Heilanstalt „Schweizerhof" war ohne grosse Aufmachung schlicht und einfach im ländlichen Rahmen entstanden; es gelang den beiden Ehe- gatten durch rechtzeitigen Zukauf von Ländereien, durch Fortführung von Landwirtschaft und sich imm.er vermehrende Parkanlagen das glücklich ge- wonnene Idyll bis in die neueste Zeit hinüber zu retten. Wer heutzutage über die Höfe der Anstalt, durch die verschiedenen Teile des Parkes, die ausgedehnten Obst- und Gemüseanlagen und die Gärtnerei wandert und auf seinen Wegen hier und dort die verschiedensten in eine herrlich grüne Um- gebung eingebetteten Spezialkrankenhäuser sieht, wird nicht umhin können, sich mit dem Begriffe, der sich sonst an ein Sanatorium heftet, voll auszu- söhnen. Auf Schritt und Tritt spürten die Teilnehmer des Ausfluges den Geisf der bereits heimgegangenen Schöpfer der Anstalt; er kam auch in den tiefertipfundenen Worten zum Ausdruck, die HerrObergärtnerK u h 1 an dem Denkmalder Heimgegangenen an die Besucher richtete. Das Gelände des „Schweizerhofes" umfasst eine Fläche von fast 98 Hektar. Hiervon sind 56 Hektar Garten- und Parkanlagen, 42 Hektar Gemüse- und Ackerfelder; letztere werden von Spazierwegen für die Kranken durchkreuzt und dadurch in einzelne, zwei Hektar grosse Felder eingeteilt, welche von 8 m breiten Parkstreifen und Weissdornhecken ein- gefasst sind. Diese grossen Feldquadrate sind mit sechs Reihen, zum grössten Teile Apfelbäumen, angepflanzt, welche 8 bis 9 m voneinander ent- fernt sind und ein Alter bis 60 Jahren besitzen. Auf die Pflege der Obstbäume wird grosser Wert gelegt und alles getan, um ihre Tragbarkeit zu fördern. Als die Obstanlagen vor mehr als 50 Jahren entstanden, war man noch der Ansicht, dass es richtig sei, möglichst viele Sorten zu pflanzen. Heutzutage handelt man nach anderen erprobten Grundsätzen und würde eine gleich 22 D'^ Betätigung der Frau als Gärtnerin. grosse Anlage höchstens mit 10 bis 15 Sorten bepflanzen, aber nur mit solchen, die sich dem Klima und dem Boden anpassen und mit Sicherheit grosse Erträge bringen. Damals wurden fast hundert verschiedene Sorten angepflanzt. Ueber die Erträge, welche von den Schweizerhofer Obstbäumen im Laufe der Jahre eingebracht wurden, sind auf Seite 396 der „Gartenflora'', Jahrgang 1914, nähere Angaben gemacht. Trotzdem die Zahl der Teilnehmer am Ausfluge fast die Zahl hundert erreichte, und die Kriegsernährungsverhältnisse eine Selbstversorgung der Besucher programmässig gefordert hatte, Hessen es sich doch die Ge- schwister Laehr, welche die Anstalt im Sinne ihrer Eltern fortführen, nicht nehmen, die Erschienenen mit Kaffee und Kuchen zu erquicken. Dem Ver- treter der Familie, Herrn Sanitätsrat Dr. Georg Laehr, wurde für das Geschaute und Gebotene der herzlichste Dank ausgesprochen. Die Betätigung der Frati als Gärtnerin ^^ Von Dr. Elvira Castner, Marienfelde. Bei dem Ordnen der „Gartenflora" lese ich in Heft 11 und 12 vom Juni v. J. den Artikel „Die Betätigung der Frau als Gärtnerin" von H. R. Jung, Köln. Ueber die Gärtnerin ist gerade in dieser Zeit recht viel und oft recht Wunderliches geschrieben. Der Krieg hat auch die Gärtnerin in ein helleres Licht gerückt, und Berufene und Unberufene fühlen sich veranlasst, ein Wort zu ihrem Sein oder Nichtsein der Welt zu verkünden. Bei dem Lesen obig genannten Artikels kam mir der Gedanke, zu einigen Punkten mich zu äussern. Der Herr Verfasser ist von falschen Voraussetzungen ausgegangen und musste folglich auch zu falschen Schlüssen kommen. Man muss mit den Zielen der Frauenbewegung im allgemeinen und denen der Gärtnerinnen im besonderen wenig bekannt sein, wenn man sagt, „dass die ganze sogenannte Frauenbewegung in der Gärtnerei längst einge- schlummert oder an Aussichtslosigkeit vergangen wäre, wenn nicht die Geschäftsunternehmen am Leben bleiben müssten". Dem Schreiber dieser Zeilen scheint es gänzlich unbekannt zu sein, dass viele Frauen ihrem Leben Zweck und Inhalt durch die Gartenarbeit gegeben haben. Wenn es weiter heisst: „man kann nicht sagen, dass diese neuen Kräfte gerufen oder benötigt wurden", so liegt einerseits darin eine Zurückweisung für die Frau, die ge- duldig abzuwarten hat, bis man sie ruft, andererseits ein Vorwurf, dass sie es wagt, selbständig arbeitend bzw. denkend tätig sein und ihren Platz als selbständiger Mensch behaupten zu wollen. Dank der Frauenbewegung sind wir gottlob so weit, dass die Frau in Berufe eingetreten ist und sie gleich- berechtigt neben männlichen Kollegen ausübt, die ihr früher verschlossen waren. Die Gärtnerin war eine Notwendigkeit und darum musste sie kommen. Die gebildete Gärtnerin ist kein Notbehelf der heutigen schweren Zeit und wird mit dem Kriege nicht verschwinden. Es gab auch vor dem Kriege tüchtige Gärtnerinnen; ihre Zahl wächst stetig (leider sind viel zu wenig *) Siehe die Tagesordniing für die Festversammlung am 25. Januar auf Seite 32 dieser Nummer. Erklärung der Arbeitsgemeinschaft für Deutschlands Heldenhaine. 23 vorhanden und eine Meno:e Stellen kann nicht besetzt werden). Und gerade nach dem Kriege harren ihrer viele und dankenswerte Auf- gaben. Die Gärtnerin als Gehilfin in Handelsgärtnereien und dergleichen gärtnerischen .Betrieben hat nach Herrn Jungs Meinung dann ihrem männ- lichen Kollegen Platz zu machen. Der Mohr hat seine Schuldigkeir getan, der Mohr kann gehen. Bei seinen Annahmen und Ausführungen hat Herr Jung nur die Gehilfir. der Handelsgärtner im Auge, Wir, die Frauenrechtlerinnen und die gebildete Gärtnerin selber, wünschen sie weder als Gehilfin in Gärtnereien noch als Konkurrentin der männlichen Kollegen. Die Gärtnerinnen sollen Stellen einnehmen, die zum Teil erst durch sie geschaffen wurden, in Erziehungs- und Nervenheilanstalten, in Haushaltungs- und Fortbildungsschulen für die weibliche Jugend und auf Gütern, wo ihre Arbeit mehr und mehr geschätzt wird. Allenthalben aber, ob sie auf eigenem Grund und Boden „denkend" tätig sind oder ihr Wissen und Können in den Dienst anderer steilen, sollen sie sozial arbeiten. Nach dem Kriege werden sich der gebildeten Gärtnerin viele andere Aussichten eröffnen, wo man ihrer bedürfen wird. Hoffentlich wird dem Schulgarten dann auch der Platz eingeräumt werdenr der ihm gebührt und leider im deutschen Vaterlande noch vorenthalten wird. Eigentümlich mutet der Satz an, der Gärtnerberuf verlangt geistig unö körperlich vollwertige Menschen. Danach wären die Frauen nicht geistig vollwertig? Junge Gärtnerburschen haben dagegen geistige Vollwertig- keit? Mit den körperlichen Kräften eines Gärtnerburschen konkurrieren zu wollen, wird keiner verständigen Gärtnerin je einfallen, darum aber muss ihre Ausbildung, über die jetzt auch genug gesprochen und geschrieben wird, in anderer Weise geleitet werden wie die des Gärtners. Sie muss der Eigenart der Frau angepasst sein und darf sie nicht ihrer Weiblichkeit entkleiden. Es wird auch da Ausnahmen geben, doch die bestätigen nur die Regel. Es würde jedoch zu weit führen, das Thema der Ausbildung der Gärtnerinnen hier weiter auszuspinnen. Ob die Gärtnerin eine vorübergehende Erscheinung sein oder sich be- haupten wird, das muss die Zukunft lehren; es wird in erster Reihe von den Gärtnerinnen selber abhängen. Nach den mehr als 20jährigen Er- fahrungen kann wohl mit Sicherheit angenommen werden, dass sie, wie bisher, unbeirrt von allen Anfeindungen zielbewusst ihren Weg weiter ver- folgen werden. Dass es unter den Gärtnerinnen manche gibt, die in einem anderen Beruf vielleicht besser angebracht wären, darüber ist kein Wort zu verlieren, doch diese Unvollkommenheit teilt der Gärtnerberuf mit allen übrigen Berufs- zweigen. Freie Bahn für alle Tüchtigen. Erklärung der Arbeitsgemeinschaft für Deutschlands Heldenhaine. Im Hinblick auf das Ergebnis unserer bisherigen Bemühungen, dem Ge^ danken der Heldenhaine in möglichst weiten Kreisen Freunde zu gewinnen^ und in Beachtung der vereinzelten Stimmen, die sich gegen seine Ausführung^ erhoben haben, sehen wir uns zu folgender Erklärung veranlasst: Während zu Anfang des Krieges der Gedanke, jedem im Kampfe für das Vaterland Gefallenen in seiner Heimat eine Eiche zu pflanzen und diese Der Reichsverband für den deutschen Gartenbau. Liehen in Heldenhainen zu vereinen, die zu patriotischen Gedenkfeiern und lür Zwecke der Jugendpflege dienen sollen, fast überall mit Begeisterung begrüsst wurde, haben sich im Laufe der Zeit Widersprüche geltend ge- macht, die zwar den Gedanken an sich für schön, die Ausführung aber viel- iach für bedenklich, ja unmöglich erklären. Begründet werden diese Widersprüche im wesentlichen damit, dass es in grossen Gemeinden an Platz für die dort erforderliche Anzahl von Eichen iejhle, dass die Anlage und Pflege der Heldenhaine unverhältnismässig hohe Kosten verursache, dass es unzulässig sei, den Grund und Boden durch Be- pflanzung mit Eichen einer wirtschaftlich nützlicheren Verwertung zu ent- ziehen, und dass endlich die Anlage solcher Haine als ausschliessliche Ehrungsform der Betätigung der bildenden Kunst in der Schöpfung von Denkmälern eine unerwünschte Beschränkung auferlege. Die Arbeitsgemeinschaft für Deutschlands Heldenhaine, die sich zur Förderung desHeldenhaingedankens gebildet hat, ist nach wie vor derUeber- zeugung, dass diese Einwendungen bei vorurteilsloser Prüfung hinfällig Averden, dass namentlich etwaige örtliche Schwierigkeiten wegen der Aus- dehnung der Eichenpflanzungen sich überwinden lassen, wenn der redliche Wille dazu vorhanden ist, und dass solcher Wille nicht fehlen wird, wenn nur die Gesinnung, aus der dieser Vorschlag zur Ehrung der gefallenen Helden entstanden ist, gewürdigt wird. Wir halten fest an dem Wunsche, dass für jeden einzelnen der Tapferen, die ihr Blut im Kampfe für das Vaterland vergossen haben, als persönliches Gedächtnismal eine Eiche gepflanzt werden möge, um durch die Zahl dieser lebendigen Zeugen in Gottes freier Natur die Grösse des Todesopfers in jeder einzelnen Gemeinde der Nach- Avelt dauernd vor Augen zu führen. Wir glauben um so mehr auf diesem Standpunkt beharren zu müssen, als die im Sinne unserer Arbeit zu schaffenden Heldenhaine sich recht gut mit Werken der Baukunst und der Bildhauerkunst vereinigen lassen, und die Platzfrage so lange kein Hindernis sein kann, als man in jedem Lande mit Recht die Anforderung stellt, mehr als bisher für Baumpflanzungen in öffentlichen Anlagen zu sorgen. Nach zweijähriger Arbeit, deren Ergebnisse uns zu herzlichem Danke ■an alle verpflichten, die uns Berater, Helfer und Förderer geworden sind, ^glauben wir die Aufgabe, die wir uns gestellt hatten, einstweilen im wesent- lichen als erfüllt betrachten zu dürfen. Wir vertrauen darauf, dass unsere Vorschläge trotz der langen Dauer des Weltkrieges und seiner ungeahnt schweren Opfer sich unvermindert eindrucksvoll erweisen und, wenn endlich der ersehnte Friede die Grösse dieser Opfer ganz übersehen lässt, wie bisher noch weiter in deutschen Landen bei dankbaren Gemeinden bereit- willige, tatkräftige Aufnahme und Verwirklichung finden werden. Der Reichsverband für den deutschen Gartenbau. Seit längerer Zeit ist schon eine Bewegung im Gange, die seinerzeit in ihren massgebenden Bestimmungen nur vorläufig bis zum Jahre 1914 fest- gesetzten Satzungen entsprechend den bisherigen Erfahrungen abzuändern. Der Krieg hat es einstweilen verhindert, diesen Vorsatz auszuführen, und auch in den letzten Sitzungen des Vorstandes und des Arbeitsausschusses Der Reichsverband für den deutschen Gartenbau. des Verbandes ist beschlossen worden, jetzt in diese Arbeit noch nicht un- mittelbar einzutreten, sondern ihre Erledigung bis nach dem Kriege zu ver- schieben, inzwischen aber in den angeschlossenen Ver- einen und in dergärtnerischen Presse eine Besprechung dieser Frage anzuregen. Auch meinerseits möchte ich im folgenden hierzu einen Beitrag liefern. Ich muss dies damit beginnen, dass ich einen früheren Irrtum bekenne. Ich habe seinerzeit dazu geraten, nach dem Bei- spiel der „Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft" alle wirtschaftspoliti- schen Fragen von den Verhandlungen auszuschliessen ; da das aber in aller Strenge nicht möglich war, hat man sie einem „Wirtschaftlichen Ausschuss'^ zur ausschliesslichen Bearbeitung übergeben. Man hoffte damit den Frieden unter allen Mitgliedern des Reichsverbandes erhalten zu kennen, indem man die grossen wirtschaftlichen Gegensätze zwischen den einzelnen Zweigen der Gärtnerei aus den Verhandlungen des Verbandes ausschloss. Diese Hoffnung hat getäuscht, die Gegensätze sind zu stark und die wirtschaft- lichen Interessen zu vorwiegend, als dass es in dem Reichsverbande für den deutschen Gartenbau möglich wäre, eine fruchtbringende Tätigkeit aus- schliesslich auf die Förderung technischer Berufsfragen einzustellen. Wollte man daher diese Einschiebung beibehalten, so würde man dem Verbände gleichsam einen wichtigen Lebensnerv abschneiden, ohne doch, wie die Er- fahrung gezeigt hat, die vorhandenen Gegensätze auszuschalten. Es erscheint mir daher zweckmässiger, diese Bestimmungen fallen zu lassen und an Stelle des wirtschaftlichen Ausschusses auch alle wirtschaft- lichen Fragen dem Vorstande, bzw. dem Arbeitsausschuss, zur Bearbeitung und Erledigung zu überreichen. Damit wäre denn auch dem Verbände der Handelsgärtner die ihm gebührende Stellung im Reichsverbande gesichert; denn er vertritt in erster Linie das tätige Element im deutschen Gartenbau, welches bei allen Fragen, in denen der Verband die gärtnerischen Interessen In der Oeffentlichkeit und gegenüber Behörden und Körperschaften gefördert zu sehen wünschen muss, vorzugsweise in Mitleidenschaft steht. Ganz ab- gesehen vom Blumenhandel, von dem es überhaupt zweifelhaft sein kann, ob er im strengen Sinne zur Gärtnerei als produzierende Tätigkeit gehört» sind auch bei den meisten Fragen, weiche den auf Erwerb gestellten Zweigen des Gartenbaues von grösster Wichtigkeit sind, andere Zweige des Garten- baues, wie die Kunst- und Landschaftsgärtnerei, die Privat- und Luxus- gärtnerei, die Pflege der öffentlichen Anlagen und ähnliches viel weniger interessiert. Wenn so die eigentlich triebkräftigen Elemente der Gärtnerei in den Vordergrund treten, wird sich im Verbände auch ein kräftigeres Leben entwickeln. Dass in dem Reichsverbande neben den Arbeitgebern auch dem Gehilfenstande eine genügende Vertretung eingeräumt werden muß, sollte in gegenwärtiger Zeit eigentlich selbstverständlich sein und ist ja auch jetzt schon angebahnt. Nun aber noch die wichtigste und schwierigste Frage. Eine Haupt- ursache der jetzigen schwachen Betätigung des Verbandes liegt in seiner finanziellen Schwäche. Wenn es nicht gelingt, diese zu beseitigen, dann nützen alle anderen Bestrebungen nichts. Ohne einen Generalsekretär, der nur den Aufgaben des Verbandes und der Agitation für ihn sich widmet, und ohne die nötigen Mittel für Ausstellungen und sonstige Propaganda sowie ein eigenes bedeutendes Blatt wird der Verband nie das werden, was er eigentlich sein sollte, eine wirkliche Repräsentation der ganzen deutschen 2Ö Mitteilungen aus der Sitzung des „Arbeits. Ausschusses'^ usw. Gärtnerei. Wie soll man nun diese Mittel aufbringen? Eyth wusste wohl, was er tat, als er die Aufnahme von Vereinen in die Deutsche Landwirt- schafts-Gesellschaft ausschloss. Es wäre sonst nicht gelungen, die nahezu 19 000 Mitglieder zu gewinnen, die die Gesellschaft jetzt aufweist. Denn wenn man Vereine als Mitglieder aufgenommen hätte, sa würde jeder Landwirt, der .Mitglied eines in der D. L. G. vertretenen Vereins wäre, sich dann von der Pflicht, der Gesellschaft beizutreten, für entbunden erachtet haben, da er durch seinen Verein dort vertreten sei, und die Gesellschaft hätte nie die jetzige grosse Mitgliederzahl und damit auch nicht ihre jetzige Bedeutung erreicht. Nun liegen ja in der Gärtnerei die Verhältnisse wesentlich anders als in der Landwirtschaft, und es wäre kaum durchführbar, einen Gärtnerverband zu gründen, der sich nur auf persönliche Mitglieder mit einem verhältnismässig hohen Beitrag be- schränkte. Man müsste entweder den verschiedenen Betriebsverhältnissen Rechnung tragen und die Mitglieder in Klassen einteilen, und die Beiträge danach abstufen, was aber auch sein Missliches hat, oder man müsste. Avenn man doch bei der Zusammensetzung des Verbandes aus Vereinen bleiben will, die Beiträge dieser Vereine nicht wie jetzt als kleine Pauschal- beiträge festsetzen, sondern sie mit einem angemessenen Betrage nach der Kopfzahl ihrer Mitglieder berechnen. Ob die Vereine diese Kopf- steuer ihren Mitgliedern als Sonderbeitrag auferlegen wollen, so dass sie gleichsam nur die Steuerexekution für den Verband bilden, oder ob sie die Beiträge aus ihren Vereinsmitteln bezahlen wollen, könnte ihnen über- lassen bleiben, vorzuziehen aber dürfte das erste sein, weil es dann eher i^elingen dürfte, genügend hohe Beiträge zu gewinnen und das Gefühl der Mitglieder, direkt am Verbände beteiligt zu sein, zu stärken. Wie man aber es auch machen möge, ohne genügende Mittel wird der Verband, so tüchtige Kräfte er auch haben mag, immer ein schwächliches Dasein führen. Gegen- über diesem Punkte sind alle anderen Fragen des Verbandes so unwesent- lich, dass es sich kaum verlohnt, über diese und jene kleine Aenderung jetzt schon zu sprechen, ehe diese Hauptfrage nicht erfolgreich gelöst ist; nur noch die Bemerkung sei erlaubt, dass an die Spitze einer solchen kräftigen Standesvertretung dann auch ein dem Berufe angehöriger Fachmann treten müsste. Dr. H. Thiel. Wirklicher Geheimer Rat. Vorsitzender des Reichs- verbandes für den deutschen Gartenbau. Mitteilungen aas der Sitzung des „ Arbeits-Aasschusses" des Reichs- verbandes für den deutschen Gartenbau am Freitag, den 15. Dezember 1916, nachmittags 3 Uhr, im Klub der Landwirte, Berlin, Dessauer Strasse 14. Vorsitzender: Exzellenz Dr. Hugo Thiel. L Auf die Verlesung der letzten Protokolle wird verzichtet, da Ab- schriften an alle angeschlossenen Vereinigungen gesandt worden sind. 2. Herr Beckmann berichtet über: „Das Hilfsdienstpflicht- Gesetz und die Gärtnerei." Mitteilungen^ aus. der Sitzung des „ArbeitS'Ausschusses'* usw. ■ 27 Er betont zunächst, dass die Gärtnerei, wie auch alle übrigen Berufs- stände, in der schweren Not der Zeit Opfer bringen müsste, und gibt im Namen des „Wirtschaftlichen-Ausschusses" die Erklärung ab, dass sie auch gern gebracht werden würden. Abgesehen hiervon sei es aber die Pflicht der gärtnerischen Berufsorganisationen, dafür zu sorgen, dass zum Vorteile der Gesamtheit und des Einzelnen berechtigte Interessen geschützt würden. Dies könne nur dadurch geschehen, dass bei der Durchführung des Gesetzes die beruflichen Vertreter mitwirken. Um das zu erreichen, seien bereits verschiedene Eingaben an das Kriegsamt gerichtet worden; der „Wirt- schaftliche-Ausschuss" des RDG habe rechtzeitig alle einschlägigen Fragen beraten und sich dem Kriegsamt zur Mitarbeit zur Verfügung gestellt. Weiteres Hesse sich zurzeit kaum tun, bevor nicht die wichtigen Aus- führungsbestimmungen, die bereits den Bundesrat passiert hätten und dem Reichtags-Ausschuss vorliegen, bekanntgegeben wären. Grund zu irgend- welcher Beunruhigung läge nicht vor. Nach den Versicherungen der Regie- rungsvertreter und der Männer, welche das Kriegsamt zu leiten berufen seien, könne und solle man der Entwicklung mit Vertrauen entgegensehen. Das scheine jetzt schon festzustehen, dass Gärtnereien, die ganz oder zum Teil Nahrungsmittel erzeugen (und welche Gärtnerei erzeugte unter Jen heutigen Verhältnissen keine?), nicht stillgelegt werden würden. Viel- leicht aber würde man ihnen eine erhöhte Produktion auferlegen. Die Gärtnerei sei ja geradezu berufen, vorbeugend gegen Knappheit an Gemüse i;nd Kartoffeln zu wirken. Bei weiterem Bedarf an Arbeitskräften würde man sicher zuletzt auf die Gärtner zurückgreifen. Was aber auch im vater- ländischen Sinne gefordert werden würde, die deutsche Gärtnerei würde ihren Mann stehen. Exzellenz Thiel dankt dem Berichterstatter für seine Ausführungen und den patriotischen Sinn, der daraus hervorleuchte; er glaubt, dass die besonderen Verhältnisse, welche die Gärtnereien auszeichnen, volle Berück- sichtigung finden werden. Grosse Betriebe, die mit lebendigem Material arbeiten, könne man nicht ebenso wie eine Fabrik stillegen. Herr Weiss bedauert, dass nach § 2 der Bundesratsverfügung als im vaterländischen Hilfsdienst tätig nur solche Personen gelten sollen, die in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt, nicht aber auch diejenigen, welche in der Gärtnerei tätig sind. Dass die Gärtnerei nicht mit namhaft gemacht sei, sei ein schwerer Fehler. Schon jetzt finge das gärtnerische Personal an, abzuwandern und sich einen Unterschlupf in der Kriegs- industrie zu suchen, weil es nach der Bundesratsverfügung fürchte, spätei nicht in seiner gärtnerischen Stellung belassen zu werden. Herr Weiss regt an, durch eine Eingabe dafür zu sorgen, dass in dem § 2 neben der Land- und Forstwirtschaft auch noch die Gärtnerei genannt werde. Die Herren Teetzmann und S t ä m m 1 e r unterstützen diese Anregung. Herr Beckmann hält eine solche Eingabe nicht für empfehlenswert. Alles, was erforderlich sei, wäre geschehen; es müsste auch der An- schein vermieden werden, als wollte sich die Gärtnerei in irgendeiner Weise ihren vaterländischen Pflichten entziehen. Man möge doch nicht zu schwarz sehen und nicht Schlimmeres vermuten, als wirklich im Anzüge 28 Vereinsnachrichien. sei. Er hege keinen Zweifel, dass die Gärtnerei ebenso wie andere nam- haft gemachte Betriebe als kriegsnotwendig betrachtet werden würde. Herr Busch bestätigt, dass schon ein erheblicher Abstrom gärt- nerischer Arbeitskräfte zur Kriegsindustrie festzustellen wäre. Daran seien die etwas zu laut geäusserten Befürchtungen gärtnerischer Kreise mit Schuld. Auch nähmen viele Gärtner an, dass sie später der Landwirtschaft überwiesen werden könnten. Sie befürchten eine Verschlechterung ihrer Lebenslage und suchen ihr durch zeitigen Uebertritt zu einer anderen Tätig- keit zu entgehen. Von weiteren Eingaben rät Herr Busch ab, da allzu viele Vorstellungen schädlich wären. Herr Weiss hält seine Anregung trotzdem aufrecht. Das Kriegsamt müsse über alle einschlägigen Verhältnisse genau unterrichtet sein und würde es gewiss mit Dank begrüssen, wenn ihm Gelegenheit gegeben würde, eine Unterlassung nachzuholen und Missverständnissen vorzubeugen. Herr S t ä m m 1 e r hält es für durchaus nötig, dass sich die Gärtnerei auch weiter rühre, damit ihr nicht später bittere Vorwürfe gemacht werden könnten. Vorsicht sei auch in diesem Falle die Mutter der Weisheit. Exzellenz Thiel empfiehlt, eine vorsichtig abgefasste Eingabe an das Reichsamt des Innern mit der Bitte zu richten, bei weiteren Ausführungs- bestimmungen die Gärtnerei neben der Land- und Forstwirtschaft namentlich aufzuführen. Die Absendung einer solchen Eingabe wird beschlossen. Herr Ziegenbalg bittet, dass die angeschlossenen X'ereinigungen nicht auf eigene Hand Eingaben über diesen oder jenen Punkt höheren Ort- einreichen möchten. Es sei Pflicht aller, an die Reichsregierung nicht '•n getrennten Gruppen oder gar einzeln, sondern stets in voller beruflicher Geschlossenheit mit Wünschen heranzutreten. Herr Busch fragt an, warum bei den Beratungen des „Wirtschaft- lichen-Ausschusses" über das Hilfsdienstpflicht-Gesetz nicht auch die Arbeit n e h m e r V e r b ä n d e hinzugezogen seien; sie hätten doch ebenfalls wirtschaftliche Interessen zu vertreten. Herr Ziegenbalg gibt zur Antwort, dass in dem „Wirtschaftlichen Ausschuss" des RDG vornehmlich rein wirtschaftliche (handelswirtschaft- iiche) Interessen vertreten seien, nicht aber sozial-wirtschaftliche. (For.s tzung fo'gt Vereinsnachrichten. Sitzung des Obstausschusses am ser Bericht muss sich leider auf die 9. November 1916. Namen der Sorten und vereinzelte Ueber den Sitzungen unseres kurze Andeutungen beschränken. Obstausschusses scheint trotz der Zunächst bot Herr Obergärt- Kriegszeit ein guter Stern zu schwe- ner Steindorf für die Kostpro- ben: ihr Besuch nimmt ständig zu ben: Gravensteiner, Landsberger und die den einzelnen Gegenständen Renette, Geflammter weisser Kar- der Tagesordnungen folgenden Aus- dinal, Gelber Bellefleur und Pa- sprachen sind so anregend und aus- riser Rambour - (Kanada) - Renette, giebig, dass häufig wegen vorge- Letztere stand noch weit vor rückter Zeit Zurückstellungen er- ihrer Genussreife, die erst nach folgen müssen. Auch für den oben Weihnachten eintritt, verriet aber genannten Tag waren die ausgestell- schon die ihr innewohnende her- ten Obstsorten so zahlreich, dass vorragende Güte. Zum „Kardinal" ihre pomologische Würdigung ge- bemerkte Herr Steindorf, dass in räume Zeit in Anspruch nahm. Die- diesem Jahr die Ausfälle durch Per sonalnachrichten. 29 Stippigwerden nur gering waren. In früheren Jahren wurde bei dieser Sorte oft ein Viertel der Ernte stippfleckig; heuer waren es von 40 Zentnern nur etwa 10 Pfund. Herr Steindorf ist geneigt, in dem regenreichen Sommer den Grund dieser Wandlung zum Bessern zu sehen. Das gab Veranlassung, die Erfahrungen der übrigen Mitglieder zu hören, das Krankheitsbild, die Ursachen und die Verhütung der Stippe zu erörtern. Herr Obergärtner Schulz, Damsmühle, beklagte seine Ent- täuschungen über die Birne „Com- tesse de Paris". Die vorgelegten Früchte waren klein, grasgrün und trotz später Ernte bereits im Welken. An ein Genussfähigwerden, das im Dezember bis Januar eintreten soll, war nicht mehr zu denken. Offenbar fehlt es dieser Sorte, wie den meisten Winterbirnen, in Nord- deutschland an der nötigen Wärme. Herr Oberhofgärtner Jan- cke, Schloss Bellevue, legte präch- tige Aepfel der Sorten „Kalvill Gari- baldi", „Berlepsch Goldrenette" und „Mottls Parmäne" vor; besonders die zu zweit genannte edle Uhlhorn- sche Züchtung fand ungeteilten Bei- fall. Herr 'S\ e h 1 zeigte Früchte eines umveredelten Apfelbaumes, der jetzt die Sorte „Pommerscher Krumm- stiel" (Römerapfel) tragen soll. Die Früchte waren in Form, Farbe und Geschmack so hervorragend, dass sie mit dem „Pommerschen Krumm- stiel" kaum zu vereinigen waren, der mehr ein derber Bauernapfel ist. Herr Garteninspektor We- ber brachte die Sorten: Graue Herbst-Renette, Harberts Renette und Roter Stettiner (Rostocker). Zum \'ergleich mit den unlängst von Herrn Prof. Rodenwaldt ausge- stellten „Drüfken" (Traubenäpfeln) legte Herr Kgl. Hoflieferant L o o c k die gleiche Sorte vor. Auch er rühmte sie wegen der unausgesetzten Trag- barkeit, bemerkte aber, dass die son- derbare Traubenbildung auch in seiner Heimat nur selten zu beob- achten ist. Sie besteht in einer Häu- fung und Verwachsung der Früchte eines Blütenstandes zu wunderlichen Zwillingen, Drillingen, Vierlingen usw. Der Berichterstatter legte aus Württemberg stammende „Luiken- äpfel" vor, die dort in starken Bäumen vielfach vertreten sind und als Most- und Essäpfel gleich ge- schätzt werden. Den nächsten Gegenstand der Tagesordnung bildeten die Berichte über unsern Besuch bei Herrn Ober- gärtner Steindorf in Potsdam. Sie wurden je von Herrn Prof. Roden- waldt und dem Unterzeichneten ver- fasst und werden in der Gartenflora gesondert zum Abdruck kommen. Es folgte eine Aussprache über die auffällige Knappheit und Teuer- nis der Marmeladen. Bei der an Beeren- und Kernobst überreichen Ernte sind zumindest die gegenwär- tig geforderten unerhörten Preise geradezu unverständlich. Leider eig- nen sich die zur Sprache gekomme- nen Einzelheiten nicht für eine öffentliche Wiedergabe. Die Berichte über die „Ober-Ost- Obst-Ausstellung" und „Weitere Beiträge zur Pflanzweite der Obst- bäume" mussten der vorgerückten Zeit wegen vertagt werden. Von dem uns angepriesenen Veredelungsapparat soll ein Stück beschafft und in probeweise Be- nutzung genommen werden. I. V. d. Schriftführers: Paul F. F. Schulz. Personalnachrichten. Frau Luise Kuntze, geb. Schmidt, Steglitz, Patronatsmit- glied der Deutschen Gartenbau-Ge- sellschaft, starb am 28. Dezember 1916 in ihrem 79. Lebensjahre. Sie war die Gattin des Herrn Ludwig Eberhard Kuntze, der am 1. Juli 1867 (unter der Firma J. C. Schmidt aus Erfurt) in Ber- lin, Unter den Linden 16, ein Blu- mengeschäft eröffnete. Frau Kuntze war von Jugend auf in der Blumen- branche tätig und hat die Leiden und Freuden ihres Standes in reichem Masse erfahren. Sie hatte frühzeitig erkannt, dass ein Blumengeschäft 30 Pei sonalnuchrichten . ohne eine kunstgeübte weibliche Hand und ohne ein geschultes Auge nicht wohl gedeihen kann. Sie hat daher mit Willenskraft und Beharr- lichkeit, welche die Hauptzüge ihres Charakters ausmachten, ihr farben- freudiges Auge im Sehen und Schauen geübt und besonders da- nach getrachtet, die Geschicklichkeit ihrer unermüdlichen Hand zu ver- vollkommnen. So vermochte sie den Kampf gegen das kalte und unkünst- lerische französische Bukett auf- zunehmen; es gelang ihr auch, dem hässlichen, anmutlosen und wider- natürlichen Draht den Krieg zu er- klären und dem deutschen Strausse zum Siege zu verhelfen. Sie hat dem volkstümlichen Namen „Blumenschmidt" einen bedeutungs- vollen Inhalt gegeben und seinen Ruf begründet. Der ICO. Geburtstag Werner v. Siemens wurde am 13. Dezem- ber 1916 durch zwei grosse Fest- versammlungen begangen. Die Ge- denkfeier in Siemensstadt trug trotz der grossen Teilnahme mehr das Gepräge einer Familienfeier, wäh- rend sich die Ehrung durch die ge- lehrte und technische Welt in der Technischen Hochschule zu Char- lottenburg vollzog. Der Name „V. Siemens" nimmt auch in den An- nalen der Deutschen Gartenbau-Ge- sellschaft eine hervorragende Stel- lung ein. Es sei daher gestattet, auf den grossen Vorfahren und sein Lebenswerk mit einigen Worten näher einzugehen, Als junger Artillerieleutnant macht W. S. seine ersten Erfindungen, die galvanische Versilberung und Vergoldung, die brauchbare Her- stellung der Schiessbaumwolle. Dann lernt er den Wheatstoneschen Zei- gertelegraphen kennen und den Me- chaniker Halske. Zigarrenkisten, Weissblech, einige Eisenstückchen und etwas isolierter Kupferdraht sind seine Hilfsmittel zur ersten seiner grundlegenden telegraphi- schen Erfindungpjl auf dem Gebiete der automatischen Telegraphie und zugleich auch zur Begründung der Firma Siemens u. Halske, zur Er- öffnung der ersten Werkstatt mit 6 Arbeitern, die mit einem Anlage- kapital von 6842 Reichstalern, 20 Sil- bergroschen gegründet wurde im Hinterhause der Schöneberger Strasse 19 zu Berlin. Durch das Gelingen seiner vielen telegraphi- schen Anlagen, durch die rasch hin- tereinander folgenden Erfindungen, Verbesserungen und Neukonstruk- tionen telegraphischer Art wird er der Organisator der Telegraphen- technik, wird er der grosse Ueber- winder von Zeit und Raum. So bringt er den Schwachstrom zu un- geahnter Entwicklung, wird aber auf der Höhe seines Lebens zugleich der Begründer des gewaltigen Stark- stromgebietes durch die Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips, durch die Erfindung der Dynamo- maschine. Wer von uns vermag sich noch vorzustellen, wie wir ohne alle auf der Erfindung der Dynamo- maschine und ihrer Anwendung be- ruhenden Maschinen in unserem täglichen Daseinskampf leben könn- ten? Wie ein Märchen aus uralter Zeit klingt es uns, dass dereinst keine Strassenbahn fuhr, keine Hochbahn, keine Untergrundbahn, keine Schnellbahn, keine elektrische Beleuchtung, keine Kraftübertra- gung vorhanden war. Und leicht könnten wir noch eine grosse Zahl von Namen solcher Sammelgebiete anreihen. Werner Siemens aber war mehr als nur das Vorbild des Ingenieurs. In seinen „Lebenserinnerungen" schreibt er: „Meine Liebe gehörte stets der Wissenschaft als solcher, während meine Arbeiten und Lei- stungen meist auf dem Gebiete der Technik liegen." Es gebührt ihm der Ehrentitel eines deutschen Ge- lehrten. Die Berliner Universität ernannte ihn wegen seiner grossen Verdienste um die Telegraphie und Elektrizitätswissenschaften zu ihrem Ehrendoktor. Die königliche Akademie der Wissenschaften zu Berlin nahm ihn als ihr ordentliches Mitglied auf, obwohl er kein Gelehr- ter vom Fach war und auch keine planmässige Vorbildung für einen wissenschaftlichen Beruf erhalten hatte, unter dem Hinweis auf seine wissenschaftlichen Arbeiten über die Elektrizität, die Masseinheiten und die Dynamomaschine. In seiner Antrittsrede vor der Akademie stellte er als die Aufgabe der Wis- senschaft dar: „Den Schatz des Wis- sens und Könnens des ganzen Men- schengeschlechtes zu erhöhen und Personalnachrichten . 31 dasselbe damit einer höheren Kultur- stufe zuzuführen. Sie bildet gleich- sam das Nervennetz, welches den Organismus menschlicher Kultur durchzieht, das auch in seinen feinsten, kaum noch bemerkbaren Verzweigungen noch neues frisches Leben in ihm erzeugt und dadurch nicht allein die idealen Güter der Menschheit vermehrt, sondern ihr auch durch Dienstbarmachung der noch unerkannt schlummernden Kräfte der Natur den schweren Kampf um das materielle Dasein er- , leichtej;t." j Er war der Vater seiner An- gestellten und Arbeiter, der Bruder, der in aufopfernder Weise für seine , jüngeren Geschwister sorgte, der Volkswirt, der an den sozialpoliti- schen Strömungen seiner Zeit die regste Anteilnahme zeigte und mit Wort und Tat alle Bestrebungen für das Volkswohl unterstützte. „Es wird die Spur von seinen Erdentagen Nicht in Aeonen untergehen.'' Fünfzig Jahre Annoncen- expedition. Am ersten Januar des neuen Jahres blickte die weltbekannte An- noncen-Expedition Rudolf Mosse auf ein halbhundertjähriges Bestehen zu- rück und durfte damit einen Gedenk- tag begehen, der manchen Rückblick auch auf die Entwicklung des gesam- ten deutschen Handels und Verkehrs gestattet. Dieses Haus wurde von Rudolf Mosse in einer Zeit begrün- det, da Deutschland seiner Festigung als einiges Deutsches Reich ent- gegenwuchs und sich auf kaufmän- nischem und industriellem Gebiet ein neues, stark nach vorwärts drängendes Leben zu betätigen be- gann. Der Presse fiel damit die na- türliche Aufgabe zu, diese Entwick- lung zu begleiten und zu fördern, und so war es der weittragende Plan Rudolf Mosses, das Anzeigenwesen, in dem sich Angebot und Nachfrage der Volkswirtschaft sammeln, auf eine breitere Grundlage zu stellen. Er wollte eine Zentralstelle schaffen, die als Vermittlerin zwischen Publi- kum und Zeitung diente und den Ver- kehr in beiderseitigem Interesse ein- heitlicher und bequemer gestaltete, ohne die Kosten der einzelnen An- zeige im mindesten zu erhöhen. Das Publikum wurde so der Mühe des direkten Verkehrs mit den Zeitungen enthoben und zugleich mit fachkun- digen Informationen bedient; für die Zeitungen andererseits Hess sich ein erheblicher Teil der Arbeit ersparen und der Inserentenkreis erweitern. Auf diesen Grundgedanken baute Rudolf Mosse sein Unternehmen auf, das mit kleinen Anfängen einsetzte und sich im Lauf der vergangenen fünfzig Jahre ständig vergrössert hat. Aus dem ersten, bescheidenen Inlandsverkehr hat sich nach und nach ein Weltverkehr entwickelt; an Stelle der engen Räume, in denen die Firma am 1. Januar 1867 ihre Tätig- keit begann, ist allmählich das rie- sige Geschäftshaus Jerusalemer und Schützenstrasse-Ecke getreten, das ein charakteristisches Wahrzeichen des Berliner Zeitungsviertels gewor- den ist. Hier sind alle Einrichtungen getroffen, um das inserierende Publi- kum aufs rascheste fachmännisch zu bedienen; hier sind eine eigene, tech- nisch auf der Höhe stehende Drucke- rei, sowie ein Zeichenbureau und ein photographisches Atelier tätig, um der Annonce die moderne Ausgestal- tung zu geben, die ihr auch einen künstlerischen Wert verleiht. Dem Hauptgeschäftshaus sind 34 Stadt- filialen angegliedert, denen sich fünf Vorortfilialen anschliessen. Dar- über hinaus hat die Firma in allen, grossen Plätzen des Deutschen Reiches und im Auslande, insbeson- dere in Oesterreich-Ungarn und der Schweiz, neuerdings auch im König- reich Polen (Warschau), eigene Zweiggeschäfte begründet, die den Verkehr des Publikums mit der Zeitungswelt vermitteln. Im ganzen sind zurzeit in Berlin 863, ausserhalb Berlins 512 kaufmännische Beamte tätig. Hinzu kommen noch etwa 260 Agenturen im In- und Ausland. Die Berliner Druckerei beschäftigt etwa 1000 Personen. Dem Verkehr mit Publikum und Zeitung dient auch der Zeitungs- katalog von Rudolf Mosse, ein wohl- bewährter Führer auf dem Gebiet der Zeitungsreklame, sowie Rudolf Mosses Normal-Zeilenmesser, der eine sichere Handhabe für die Be- stimmung der Zeilenzahl bietet, die eine Annonce in einer beliebigoii Zei- i tung einnimmt. ^2 Liebesgaben. — Kaiser-Geburtstagsfeier u. Monatsversammlung der D. G. G. Liebesgaben für unsere Mitglieder und Freunde. Bei dem Generalsekreiariat sind für die Mitglieder der V. G. G. und deren Söhne, welche freudigen Herzens in den Kampf mit Gott für Kaiser und Vaterland gezogen sind, an Büchern, Medaillen^ Lebensmitteln und barem Gelde Liebesgaben eingegangen. Sie werden nodi laufend nach den Fronten und an einige Lazarette abgesandt. Es wäre eine wirkliche Herzensfreude, wenn diese Januarpakete den Weihnachtspaheien an Gewicht und Inhalt nicht nachstünden. Die Geschäftsstelle der Deutschen Gartenbau -Gesellschaft, Berlin, Invalidenstrasse 42, ist gern bereit, weitere Gaben für den gedaditen Zweck in Empfang zu nehmen und auftrug sgemäss zu befördern. I I Adressenänderungen solcher Mitglieder, die im Felde stehen, I I oder die Angabe neuer Adressen erst jetzt einberufener Mitglieder I I werden erbeten. S. 'Braun, Generalsekretär. !i Kaiser-Geburtstagsfeier zugleich 1054. Monatsvcrsammlang der Deutschen Garten baa- Gesellschaft am Donnerstag, den 25. Januar 1917, abends 6 Uhr im grossen dekorierten Festsaale der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, Invalidenstrasse 42. Tagesordnung: 1. Das Präsidium der D. G. G. hat beschlossen, zum Gegenstand der Ver- handlung zu machen: „Die Zwecke und Ziele der Frauenbewegung." a) Einführung in die Probleme der Frauenbewegung. Frau Helene Braun-Teerofen. b) Was ist von der Frauenbewegung für die gelernte Gärt- nerin in Zukunft zu erhoffen? Herr Max Hesdörffer, Herausgeber der „Gartenwelt". 2. Aussprache. 3. Ausgestellte Gegenstände. ^ ,. , . , Der Präsident 4. Verschiedenes. Dr. Hugo Thiel Wirklicher Geheimer Rat. Für die Schriftleilung verantwortlich: Siegfried Braun, Berlin N, Invalidenstrasse 42. Amt Norden 4038 Druck von Rudolf Mosse in Berlin. III Wir kaufen stets gescliiiiller.e Orchideenblumen Richter & Schoth, Blumenhandlung Berlin W 50, Nürnberger Pla.z. Garftenglas injrrösseren iind k'eineren Tosten lielern "lünsligsl FreiüergerTafßlfjlaswerke G.m.b.H. in Freib^rg. Herrn. A.Hess® grösste resp. reichhaltigste Baumschulen Weener (Ems), Prov. Hannover erst 1879 gegründet MasseiKinziicht sämtlicher Freiland- — ptlanzen in alleu Grössen. — Beschreibender, illustrierter Katalog I9I6;I7 (über 300 Seiten stark) ist erschienen und wird auf Anfrage kostenfrei gesandt CA.RI. 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Februar 1917 Heft 3 u. 4 iz3oc3oii30ir3oir3oir30ii3oi:3oiritQji3oriioii3oi:3ocjoiinociroT— ir>r— lorn^ ARTENFLORA a ZEITSCHRIFT für Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 Schriftleiter: Siegfried Braun, Generalsekretär der D. G. G. BERLIN Kommjssions-Verlag von Rudolf Mosse SW 19, jerusalemer Strasse 46-49 a 8cfgQ30^rf|c^Q«D^IMf8QBa?T«c«gQ«Gftl^^ Erscheint halbmonatlich. Preis des Jahrganges von 42 Druckbogen mit vielen Textbildern und Tafeln für Deutschland und Oesterreich- Ungarn 16 Mark, für die übrigen Länder des Weltpostvereins 18 Mark. Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder durch die Fost. 1917, Heft 3 U.4, Inhalt: Bekanntmachung MilL'üedsbeitrag. Protokoll der 11)54. Monatsversammlung der Deutschen Garienban-Gese. Ischalt S. 33. — Einführung in die Probleme der Frauenbewegung S. 41. — Die Gärtnerin in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft S. 48. — Gerissene Aepfel S. 53. — Vier Bitten des Kriegsamts S. 56. — Milteilungen aus der Sitzung des ,, Arbeits-Ausschusses" des Rcichsverbandes lür den deutschen Gartenbau S. 58. — Aus den Abteilungen der Deutschen Gartenbau-Gesellachalt S. 60. — Kieme Mitteilungen S. 63. — Literatur S 64. — Unterricht S. 66. — Vereinsnachrichten S. 67. — Per.sonalnachrichten S. 68. — ..Orchi"^". Alleinige Inseraten- AnnaJims: Annoncen-Expedition RudoltMosse Berlin, Breslau, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, ^ ^ Köln a. Eh., Leipzig, Magdeburg, Mannheim, München, Nürnberg, f * I # Strassbnrg 1. Eis., Stuttgart, Prag, Wien, Warschau, Basel, Zürich 1 »^1^ nsertionspreis für die 60 mm breite Kolonelzeile 35 P*- J ^^ COSTRIN-NEUSTADT Landsbergepstr. ^4- A5. Fernruf N9 114^ Fabpi^k füj? Sewajchs"hau.sbau.-u"Win.tep- gan?fen'y^rmvrassepbei2anlagen,rxuhbeet- and Ge'wäch.sh.ausfeixsiei? Eigene KiitfabrikGrosses Glaslager vielfach prämiiri ^hL König, Kücben® Co., Berlin N 20 G. Spezial-Abteilung: Gewächshausbau - Kataloge, Koatenajisohläce zu Diensten — : Die unserer heutigen Nummer beiliegenden Prospekte der Firmen Wilhelm Kliem, Gotha, und H. Wrede, Lüneburg, empfehlen wir unseren Lesern ganz besonderer Beachtung. LIfIRAfctr NEW YOhiK 80TANICAI GAKDEN Bekanntmachung. Der Anregung des Präsidiums, während der Kriegszeit nicht allmonat- lich Sitzungen abzuhalten, die Tagesordnungen für die anzuberaumenden Versammlungen aber mit besonderer Sorgfalt auszugestalten, ist bisher durch eine Kleingarten- und Laubenkolonistenversamm- lung, einen Kartoffelabend und einen Frauen- und Gärtne- rinnentag entsprochen worden. Dieser Anregung soll auch ferner stattgegeben werden; der \'orstand hat daher beschlossen, die Monatsversammlung im Februar ausfailcn zu lassen und erst wieder Ende März die Mitglieder zu einem Kriegsgemüseabend zu laden. Das Erforderliche wird in der „Gartenflora" rechtzeitig bekannt- gegeben werden. Der Präsident. Dr. Hugo Thiel, Wirklicher Geheimer Rat. Mitgliedsbeitrag. Die Mitglieder der „Deutschen Gartenbau-Gesellschaft", welche ihren Beitrag für 1917 noch nicht entrichtet haben, werden gebeten, die Einzahlung umgehend auf das Postscheckkonto der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft, Berlin, Postscheckkonto Berlin Nr. 9810, zu bewirken. Lebenslängliche Mitglieder zahlen einen einmaligen Beitrag von 300 Mark. Patronatsmitglieder zahlen einen jährlichen Beitrag von 100 Mark. Ordentliche Mitglieder zahlen einen jährlichen Beitrag von 15 Mark. Der Präsident. Protokoll der 1054. Monatsversammlting der D. G.G. am Donnerstag, den 25. Januar 1917, abends 6 Uhr im grossen Festsaal der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin, Invalidenstrasse 42. Vorsitzender: Exzellenz Dr. Hugo Thiel. Das Präsidium der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft ist schon seit Jahren bemüht, die regelmässig wiederkehrenden Monatsversammlungen für alle Teilnehmer so gewinnbringend wie nur möglich zu gestalten. Gelingt 34 Protokoll der 1054. Monatsversammlung der D. G. G. das, so ist ein dreifacher Vorteil zu buchen: einmal kommen die erschienenen Freunde und Gäste auf ihre Rechnung; zum andern gewinnt man wertvollen Stoff für die Vereinszeitschrift; drittens kann man die Mitgliederwerbung mit besserem Erfolg in neue Kanäle leiten. Die drei letzten Monatsversammlungen nach diesen Gesichtspunkten zu gestalten, war trotz des Krieges aufs schönste geglückt. Im Oktober hatte der „mobile oder ortswechselnde Obstbau" die Laubenleute und Kleingarten- besitzer in Scharen in die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft gelockt; zum „Kartoffelabend" im November waren alle diejenigen Kreise gern er- schienen, welche die Kartoffel als ihren besten Hausfreund im Kreislauf eines Jahres näher kennenlernen wollten; und im Januar gab sich sogar die Frauenwelt in der D. G. G. ein Stelldichein, um über die Probleme der Frauenbewegung überhaupt und über ihren neuesten Zweig, die Gärtne- rinnenfrage, den verschiedensten Ansichten zu lauschen und eigene Meinungen dagegen zu tauschen. Es war schade, dass die Tagespresse, obwohl sie aufs beste bedient worden war, der neuen mehr femininen Tonart in der Januarversammlung sich recht ablehnend verhielt. Wenn trotzdem der grosse, schön geschmückte Festsaal sehr gut besucht war und die Versammlung alle Stadien zwischen andachtsvoller Stille und lautem Widerspruch mehrmals durchlaufen konnte, und auch die verschiedenen Redner und Rednerinnen offensiv und defensiv warm wurden, so ist das nur ein Beweis, dass heutzutage eine Erörterung der Frauenfrage auch in Gartenbauvereinen durchaus am Platze ist. Im einzelnen nahmen die Verhandlungen folgenden Verlauf: Der Vorsitzende, Exzellenz Dr. Hugo Thiel, hiess die erschienenen Damen und Herren aufs herzlichste willkommen und forderte sie auf, nach alter Sitte Seiner Majestät Kaiser Wilhelm IL, des Schirmherrn der Gesell- schaft, der in wenigen Tagen seinen Geburtstag feiere, in Liebe zu gedenken. Alle Deutschen seien in dieser schweren Zeit um so mehr gewillt, dieses zu tun, da er ja die grosse Last der Verantwortung für diesen Verteidigungs- krieg und die Verluste, die er mit sich brächte, trüge. Wer Seine Majestät in der letzten Zeit gesehen habe, hätte mit Ergriffenheit bemerken können, wie die Sorge für Land und Volk seine Haare gebleicht habe. Aus einigen Briefen Seiner Majestät, die in letzter Zeit veröffentlicht seien, hätte das In- und Ausland erkennen müssen, mit welcher Gewissenhaftigkeit er alles be- obachte und sein Handeln danach einrichte. In letzter Zeit sei es Mode ge- worden, alles, was die Leitung und Führung des Landes tue, zu kritisieren. Er müsse es aussprechen, dass es wenig angebracht sei, in dieser Zeit ohne genaueste Kenntnis der inneren Verhältnisse eine solche Kritik auszuüben und zu sagen, wie es hätte besser gemacht werden können. Pflicht eines jeden Gutgesinnten sei es, in seinem Kreise dahin zu wirken, dass diese Art der Kritik, welche die Macht und Stosskraft Deutschlands nur schwächen und im Auslande falsche Ansichten hervorrufen könne, unterbleibe. Eine weitere Pflicht aber sei es, alle Kräfte einzusetzen und gern jedes Opfer zu bringen, um diesen furchtbaren Krieg zu einem glücklichen Ende zu führen und damit das Blühen und Gedeihen des deutschen Vaterlandes für alle Zeiten zu sichern. Dem Gelöbnis der Treue bäte er durch ein Hoch auf Kaiser Wilhelxa IL Ausdruck zu geben; das geschieht. Protokoll der 1054. Monatsversamjnluno der D. G. G. 35 Sodann widmet der Vorsitzende folgenden in jüngster Zeit verstorbenen Mitgliedern Worte herzlichen Gedenkens: Frau Luise Kuntze, geb. Schmidt, Patronatsmitglied der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft; starb am 28. Dezember v. J. im 79. Lebensjahre. Herr Kgl. Garteninspektor Otto Wilhelm H üb n e r - Steglitz, Kreisobergärtner des Kreises Teltow; starb nach langem schweren Leiden im 50. Lebensjahre. Herr Geheimer Sanitätsrat Dr. S e 1 1 e g a s t - Karlshorst, der nach langem Leiden im 54. Lebensjahre am 16. Dezember entschlafen ist. Als erste Rednerin erhielt das Wort Frau Helene Braun-Teer- ofen. Sie unternahm es, die Hörer in die Probleme der Frauenbewegung einzuführen und die Zwecke und Ziele der Frauenbewegung im einzelnen zu erläutern. Als zweiter Sprecher hatte Herr Max Hesdörffer, der Herausgeber der „Gartenwelt", es freundlichst übernommen, über „die Gärtnerin in Ver- gangenheit, Gegenwart und Zukunft" sich zu verbreiten. Leider war Herr Hesdörffer durch Krankheit verhindert, seine Gedanken selbst vorzutragen; er hatte sie aber noch im letzten Augenblicke zu Papier bringen können und zur Bekanntgabe an die Versammlung eingesandt. Sie wurden von Herrn Generalsekretär S. Braun verlesen. Exzellenz Thiel sprach den bestellten Vortragenden den herzlichsten Dank der Versammlung aus und gab bekannt, dass diese wertvollen Dar- bietungen in der „Gartenflora" zum Abdruck gelangen würden. (Siehe Seite 41 und 48 dieser Nummer.) Zur Sache selbst bemerkt der Vo rsitzende, dass die letzte Zeit mancherlei Veröffentlichungen über die Frauen im Gärtnerberuf gebracht habe. Seiner Ansicht nach sei die Frau aus theoretischen Betrachtungen wie auch aus Gründen der Natur durchaus befähigt, Gärtnerin zu werden. Nur müsse er davor warnen, die Eignung des weiblichen Geschlechtes zum Gärtnerberufe theoretisch im voraus entscheiden zu wollen. Man solle lieber 2u praktischen Versuchen übergehen. Würden sich in Zukunft weibliche Gärtner als ungeeignet erweisen, so würden sie schon von selbst aus der Laufbahn verschwinden. Hier passe das alte Sprichwort, dass die beste Probe auf das Kochen das Essen sei. Er empfehle, einstweilen den Frauen volle Gleichberechtigung mit den Männern im Gartenberufe unter der Vor- aussetzung zuzuerkennen, dass sie die gleiche Ausbildung in Lehre, prak- tischer Betätigung und theoretischen Kenntnissen nachweisen. Eine wirklich ernsthafte Lehrlingszeit werde schon von selbst dafür sorgen, dass unge- eignete Elemente, die sich in den Gärtnerberuf einschlichen, ihn bald wieder aufgeben. Als erster nahm hierauf Herr Professor Dr. Rodenwaldt- Grunewald das Wort und sprach der Rednerin seine vollste Bewunderung über Inhalt und Form des Vortrages aus; sie habe allen (Erschienenen damit ein Ge- schenk gemacht. Freilich könne er sich nicht mit allen Punkten einver- standen erklären. Nach vielen Jahren der Unterrichtserteilung an Gym- nasien und Lyzeen könne er unmöglich der Forderung zustimmen, dass die Mädchenschulen im Lehrplan und Unterrichtsstoff den Knabenschulen nach- gebildet werden müssten. Auf Einzelheiten einzugehen, sei jetzt nicht Zeit und 36 Protokoll der 1054. Monaisversammlung der D. G. G. Ort. Dass d i e Frauenarbeit, welche der Männerarbeit an Güte nichts nach- gäbe, gleich gut bezahlt werde, sollte eigentlich selbstverständlich sein. In bezug auf die staunenswerten Leistungen, welche man die Frauenwelt jetzt während des Krieges vollbringen sehe, würde man an das Wort erinnert: „Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand". Nach Kriegsende würden gewiss viele Frauen sich wieder mit Begeisterung ihren häuslichen Pflichten zuwenden und dem Manne, wie das bisher geschehen sei, den Aussendienst überlassen. Herr Landes-Oekonomierat Echtermeyer, Direktor der Königl. Gärtnerlehranstalt Berlin-Dahlem, führte aus: Zu den lichtvollen Ausführun- gen im ersten Vortrage möchte ich zunächst bemerken, dass man von einer Frau ausser der Erfüllung der für unser Volk und den Staat wichtigsten Frauen- und Mutterpflichten unmöglich noch besondere Berufsaufgaben ver- langen kann. Dort, wo die Not diesen Zustand herbeigeführt hat, muss man es tief bedauern und die maßgebenden Faktoren werden die Ehrenpflicht zu erfüllen haben, hierin Wandel zu schaffen. Andererseits muss aber auch der Frauenwelt in dieser ernsten Zeit mehr denn je die Ueberzeugung werden, dass sie das kostbarste Gut, zu dessen Verwaltung sie von der Vorsehung ausersehen ist, nicht achtlos beiseite liegen lassen darf. Die Pflege der Hauswirtschaft und die Erziehung der Kinder geht über alles ! — Ich will nicht auf die heute mit Recht angezogenen Gebote von Schleiermacher ein- gehen, möchte aber aus den von anderer Seite scherzhaft aufgestellten und doch von so sittlichem Ernst durchwehten zehn Geboten der Hausfrau nur eines kurz in Ihr Gedächtnis zurückrufen: „Hat dein Mann kein Herz, so be- denke, dass er einen Magen hat, und suche durch gut gekochte Speisen sein Herz zu gewinnen." Hierin sollte der Kernpunkt der Frauenbewegung erblickt werden! Ein alter Freund von mir benutzte häufig den Ausspruch: „Der Mann ist das Haupt und die Frau ist der Hals, die den Kopf doch dahin dreht, wo sie ihn hin haben will." Und wird nicht der verheiratete Mann seiner Frau, die er als treue Gefährtin, Mitarbeiterin und Mutter seiner Kinder bewerten muss, und ihren verständigen und lebens- klugen Ratschlägen mit Freuden folgen? Nach meiner Ueberzeugung ist die Ehe auch dazu da, dass durch sie „gegenseitige" Erziehung im idealsten Sinne des Wortes bewirkt wird. „S e 1 b s t e r z i e h u n g" muss die Parole der Gegenwart und Zukunft sein. Wie häufig begegnen wir ganz besonders bei unseren jungen Mädchen und Frauen der Ansicht, dass die Welt für sie allein erschaffen wurde, und dass nur Vergnügungen in häufiger Ab- wechslung die Hauptsache für die Jugend sei. Aber erst treue Pflicht- erfüllung gibt die Berechtigung zum verständigen Geniessen der Schönheiten des Lebens ! — Zu dem zweiten Vortrage „Was ist von der Frauenbewegung für die ge- lernte Gärtnerin in Zukunft zu erhoffen?" bemerke ich, dass meine über zehn Jahre hinausgehenden Erfahrungen in der Ausbildung der Damen für den Gärtnerberuf mich zum Förderer ihrer Bestrebungen gemacht haben. Von den wenigen Besucherinnen der Königlichen Gärtnerlehranstalt, die mit ähnlicher Vorbildung wie die Hörer Dahlem besuchten, ist nur Gutes zu berichten. So habe ich auch die Freude gehabt, dass ich das Gesuch des Fräulein H. Peschko, Stadtgärtnerin in Westerland auf Sylt, um Zulassung zur Gartenmeisterprüfung dem Herrn Landwirtschaftsminister befürwortend Protokoll der 1054. Monatsversammlung der D. G. G. 37 weitergeben konnte. Somit ist Gelegenheit vorhanden, dass im Sommer dieses Jahres zum erstenmal eine Dame sich den Titel „Staatlich diplomierte Gartenmeisterin" wird erwerben können. Doch dieses Ziel ist nicht, wie zahlreiche Anfragen bei mir vermuten lassen, in einem Jahre zu erreichen. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Gärtnerberuf ein praktischer Beruf ist, und immer mehr hat sich der Standpunkt „Die Praxis muss in der Praxis gesucht und gefunden werden" als der allein richtige herausgestellt. Vor der Verlegung unserer Anstalt von Wildpark nach Dahlem wurde zur Auf- nahme der Hörer neben dem Einjahrig-Freiwilligen-Zeugnis eine Praxis von zwei Jahren verlangt, seit dieser (1903) eine vierjährige Praxis (zwei Lehr- jahre, zwei Gehilfenjahre) und gleich der Schulbildung unserer jungen Leute für die Hörerin die Absolvierung einer zehnklassigen höheren Töchterschule. Der Eintritt erfolgt im Oktober in den 1. Lehrgang, der ein Jahr zu be- suchen ist. Daran schliesst sich nach bestandenem Uebergangsexamen die Aufnahme in den IL Lehrgang entweder für Gartenkunst, Obstbau oder Pflanzenbau an, der gleichfalls ein Jahr dauert. Am Schluss des Anstalts- besuches findet ein Examen statt. Nach der Anstaltszeit geht es wieder in die Praxis zurück, Lebensstellungen werden eingenommen und dann erst bietet sich nach drei Jahren Gelegenheit, als Abschluss der Berufsbildung das vorerwähnte Gartenmeisterexamen zu machen. Ein zwar nicht schneller, aber desto sicherer Weg zur gründlichen Durchbildung im Gärtnerberuf. Leider haben die zahlreich entstandenen Gartenbauschulen für Damen diese unsere Erfahrungen mit der Praxis sich nicht zu Nutzen gemacht. Die meisten sind als einträgliche Pensionate anzusprechen, welche die Garten- liebhaberin zwar zu fördern in der Lage sind, aber als Berufsstätte für ge- bildete Damen, die ihren Lebensberuf in der Gärtnerei wirklich finden wollen, durchaus nicht ausreichen. Wer sein eigenes Grundstück, seinen eigenen Garten pflegen will, der kann es machen wie er will, das ist Privat- sache; aber wer fremdes Eigentum verwalten und vorwärtsbringen will, der wird sich eine gründliche Fachbildung aneignen müssen. Auch wer leiten und lehren will, muss unbedingt den letzteren Standpunkt ein- nehmen. Nun könnte man mir entgegnen, dass hier und da bereits von Damen, die nur die sogenannte „Schnellbleiche" durchgemacht haben, Be- rufsstellen zu voller Zufriedenheit eingenommen werden. Gewiss, das sind aber sehr geringe Ausnahmen, welche die Regel nur bestätigen. Wie viel herbe Enttäuschungen, abgesehen von Zeit, Kraft und Geldverlust, und wie- viel Schwierigkeiten waren hier aber zu überwinden. Die Hochachtung und Verehrung, die ich für die deutsch empfindende Frauenwelt hege, veranlasst mich auch an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass unsere jungen Mädchen nicht so diszipliniert sind und auch nicht dieselbe Ausdauer und Energie besitzen, wie unsere jungen Leute. Niemand trifft hier aber die Schuld. Es ist dies das Resultat der bis- herigen Erziehung; vielleicht ist auch dieses teilweise Versagen in der Psyche des weiblichen Geschlechts begründet. Die Militärzeit ist für den jungen Mann eine nicht zu unterschätzende Schule für den Kampf des Lebens und eine erfolgreiche Arbeit. Für die jungen Mädchen sollte eine ähnliche Dienstzeit wenigstens durch Haushaltungsjahre festgelegt werden. Meine herzliche Bitte geht nun dahin, dass wir alle für eine wirklich gründliche, und nicht für eine oberflächliche Fachbildung eintreten; 38 Protokoll der 1054. Monatsversammlung der D. G. G. dann werden unsere Berufsgenossinnen — ohne Betonung der gleichen physischen Kraft — einst als geschätzte Mitarbeiterinnen auf vielen Ge- bieten unseres Berufes Anerkennung finden und auch dazu beitragen, dass dem Gärtnerstand immer mehr die ihm gebührende Hochachtung und W'ert- schätzung entgegengebracht wird. Herr Gartendirektor Ludwig L e s s e r - Steglitz hat die feste Zuver- sicht, dass diejenigen Mädchen und Frauen, welche sich in Zukunft dem Gar- tenbau zuwenden, gute Leistungen vollbringen werden, wenn sie sich ent- schliessen, gleich ihren männlichen Kollegen von der Pike auf zu dienen. Sie müssten, wie es die Hauptrednerin ja gefordert habe, in ihrem Fache oder auch in ihrer „Spezialität" zu vollkommener praktischer und theoretischer Beherrschung kommen. Von dieser Berufsgärtnerin seien jene zu unter- scheiden, die man als Dilettantinnen im Gartenbau bezeichnen könne. Man solle doch auch diese Spezialität nicht über die Achsel ansehen; schon oft seien aus bespötteltem Dilettantismus grossartige Leistungen und Schöp- fungen hervorgegangen. Darum solle man auch den Dilettantismus im Gar- tenbau schätzen lernen, ja, man solle ihn sogar pflegen, was um so leichter gesohehen könne, wenn der betreffende Dilettant sich als solcher bekenne unJ nicht auf die Eigenschaften eines Fachmannes Anspruch erhebe. Die gut ausgebildete, tüchtige deutsche Gärtnerin der Zukunft sei wie kein anderer berufen, den edlen Dilettantismus der eben geschilderten Art im Gartenbau vorwärts zu bringen. Sie könne als Erzieherin der deutschen Hausfrau als begeisterte Gartenfreundin höchst wertvolle Dienste tun. Man mache immer wieder die Erfahrung, dass nur sehr wenige Frauen von dem Gartenbau, seiner Bedeutung und seinem Nutzen etwas wissen. Vor Ausbruch des Krieges habe er im Auftrage des Pflege-Aus- schusses des Kreises Niederbarnim in einem Ausbildungskursus über das Thema gesprochen: „Gartenarbeit im Dienste der weiblichen Jugendpflege". Solche Gartenarbeit gehöre als wichtigster Bestandteil in die weibliche Jugendpflege hinein; denn die werdende deutsche Frau müsse die Gewü^^- kräuter, die Arzneipflanzen, alle wichtigsten Giftpflanzen und die grosse Zahl aller Nutzgemüse aufs genaueste kennen. Als nächste Rednerin hatte sich Frau Dr. H. Hummel- Berlin zum Worte gemeldet, die eine der Führerinnen des „Deutschen Bundes gegen die Frauenemanzipation" ist. Sie sprach im Auftrage vieler Gleichgesinnten dena Präsidium der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft den herzlichsten Dank aus, dass es gewagt habe, eine so brennende Tagesfrage in den Kreis ihrer Erörterungen zu ziehen. Die Frauenfrage sei in der Tat viel wichtiger, als die meisten Menschen annehmen. Die Rednerin habe erst in den Reihen der Kämpferinnen für die Frauenbewegung mitgestritten; jetzt sei sie in das gegnerische Lager übergegangen. Sie sei überzeugt, dass die ledigen Frauen Erwerbsgelegenheiten haben müssten, und dass solche in Gestalt weiblicher Berufe schon vorhanden seien und diese noch vermehrt werden könnten. Der Flucht der Mädchen aus der Hausarbeit aber und ihrem Hineindrängen in die Männerberufe müsse entgegengearbeitet wer- den. Ferner sollten den Frauen nur solche Studienzweige eröffnet werden, in denen sie ihre Eigenart mit Erfolg zur Geltung bringen könnten. Alle Be- strebungen, die geeignet wären, die Ehe zu lockern, die Familie zu schädigen, müssten bekämpft werden. Sie könne sich daher auch nur mit jenen ein- Protokoll der 1054. Monatsversammlung der D. G. G. 39 verstanden erklären, die in echt nationalem Geiste eine Höherführung der Frau erstrebten, nicht aber mit denen, die den Boden für die Politisierung der Frau bereit machten. Frau Geheimrat S e I e r - S a c h s - Steglitz bekennt offen, dass die Einladung zu den Verhandlungen über die Frauenfrage in der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft sie aufs höchste, aber zugleich angenehmste über- rascht habe. Wenn jetzt schon Fachvereine dazu übergingen, über eine so wichtige Tagesfrage sich und ihre Mitglieder zu unterrichten, so wäre das ein vollgültiger Beweis, dass die Bedeutung der modernen Frauenbewegung richtig gewürdigt würde. Sie könne den Ausführungen der Festrednerin nur voll und ganz zustimmen und beglückwünscht die Deutsche Gartenbau- Gesellschaft zu dieser eindrucksvollen und vornehmen Veranstaltung. Es sei leicht ausgesprochen, dass die Frau von der Berufsarbeit fern zu bleiben habe. Wie das aber ohne ernstliche Bedrohung gewisser Volkskreise auszu- führen sei, könne niemand verraten. Wenn man die Frauen auf Herz und Gewissen fragte, ob sie lieber im eigenen trauten Heim tätig sein oder ausserhalb des Hauses arbeiten wollten, so würde die Mehrzahl das erstere vorziehen. Leider aber zwingen die sozialen Verhältnisse und die fort- schreitende Industriealisierung viele Frauen zur Erwerbstätigkeit. Wenn man ferner behaupte, dass der Staat in den Gelehrtenberufen die Frau ent- behren könne, so könne das unter den heutigen Zuständen niemand aufrecht erhalten. Auch den Frauen seien besondere Talente verliehen; häusliche Talente sollten auch im Hause zur vollen Geltung gelangen. Wer aber von den Frauen eine künstlerische Ader besitze, philosophischen Geistes sei oder zum Arztberuf sich hingezogen fühle, der solle auch in diesem Berufe bei guten Leistungen dem Staate willkommen sein. Je mehr die Frau in den verschiedenen Berufen Fuss fasse, je mehr sie Aufgaben erfülle und Pflichten auf sich nehme, je mehr sollte man ihr auch Rechte im öffentlichen Leben zugestehen. Frau Elise v. H 0 p ff g a r t e n - Berlin, Vorsitzende des „Bundes Deutscher Pfadfinder i n n e n", zeigt des näheren, dass die vornehmste Auf- gabe des Bundes darin bestehe, Gemüsebau auf genossenschaftlicher Grund- lage mit Jugendlichen zu betreiben. Nichts bringe die Stadtmädchen, welche dem Leben im Freien ja ganz entwöhnt seien, in so innigen Zusammenhang mit der Natur, als gärtnerische Beschäftigung und die Beobachtung des Wachstums der Pflanzen. Darum hätte der Pfadfinderinnen-Bund in den letzten beiden Kriegsjahren einen V e r s u c h s g a r t e n in Neubabelsberg eingerichtet und mehr als 30 Morgen Land nur durch jugendliche Kräfte mit Kriegsgemüsebau bestellt. In dem Versuchsgarten hätten von März bis No- vember in 35 Wochen 2560 weibliche Personen an 214 Arbeitstagen Anleitung im Gartenbau erhalten. Schon würden in 30 deutschen Städten ähnliche praktische Unterrichtskurse auf ein bis zwei Morgen Land abgehalten. Frau v. Hopffgarten bittet die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft herzlich, dieser Bewegung ihre Sympathien zu schenken und mitzuhelfen, dass in recht vielen Gemeinden weiteres Land, das durch Mädchen zu bestellen wäre, bereitgestellt würde. Frau Zucker- Charlottenburg bestätigt, dass man in den Krei- sen, in denen man die Frauenfrage mit Ernst behandele, aufs eifrigste be- strebt sei, die berufstätigen Frauen dahin zu bringen, dass sie sich um eine 40 Protokoli der 1054. Monatsversammlung der D. G. G. gründliche Ausbildung bemühen. Der schwierige Weg, den der Mann bis zur Beherrschung seines Faches gehen müsse, könne der berufstätigen Frau nicht erspart werden. Frau Zucker fragt sodann an, in welcher Form man sich die berufliche Ausbildung der Volksschülerinnen etwa denke? Sie möchte über die Lehr- und Ausbildungszeit, über die Abschlussprüfung, über die Gehilfinnen- stellung, über gegenwärtige und zukünftige Gehälter und die wahrschein- lichen Anstellungsaussichten gern näher unterrichtet sein. Ehe man daran ginge, junge Mädchen in den gärtnerischen Beruf einzu- führen, müsse man klar sehen, ob man das mit gutem Gewissen verantworten könne. Exzellenz Thiel bittet Frau Zucker, sich mit dem Generalsekretär der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft, Herrn S. Braun, Invalidenstrasse 42, in Verbindung zu setzen. Hier würde sie, soweit das heute schon möglich wäre, die gewünschten Auskünfte erhalten. Freifrau v. K e 1 1 e 1 h o d t- Berlin vermag den scharf ablehnenden Standpunkt von Frau Dr. Hummel nicht recht zu verstehen. Auch die mo- derne Frauenbewegung, wie das ja die Festrednerin ganz unmissverständ- lich ausgedrückt habe, will nichts anderes, als die Frau unserer Tage ihrem eigentlichen Berufe, dem der Hausfrau und Mutter, erhalten. Mehr noch, sie fordert für diese aufopferungsvolle Tätigkeit eine Anerkennung, wie sie frühere Zeiten nicht gekannt hätten. Das hindere aber doch nicht, dass die Frau der Neuzeit auch sonst den sozialen und wirtschaftlichen Verhält- nissen Rechnung tragen müsse. Frauen, die neben der Hausarbeit auck noch mit Begeisterung in Fabriken tätig wären, gäbe es nicht. Die Not zwinge sie, sich so zu zersplittern. Was die Zukunftsgärtnerin in dem neue» Berufe des Gartenbaues, der sich ihr jetzt erschlösse, leisten werde, möge man getrost abwarten. Sie sei fest überzeugt, dass fachlich gut ausgebildete Gärtnerinnen sich Anerkennung verschaffen würden. Dass selbständige Frauen, Geschäftsinhaberinnen und ähnliche, die dem Staate gegenüber voll ihre Pflicht erfüllten, auch entsprechende Rechte beanspruchten, sollte man mit der Zeit verstehen lernen. In einem kurzen Schlusswort wies Frau Helene Braun-Teer- ofen noch einmal darauf hin, dass ihr nur die Aufgabe zugefallen sei, einer Zuhörerschaft, welche über die Frauenfrage noch kaum unterrichtet sei, das erste Verständnis zu vermitteln. Sie habe daher manches Problem nur an- deuten, nicht aber bis auf seine letzten Wurzeln zurückführen können. Was die H e s d ö r ff e r sehen Ansichten angehe, so könne sie aber trotz des Burgfriedens ein Dogma von ihm nicht unwidersprochen lassen. Herr Hesdörffer habe behauptet, dass den Frauen auch dann, wenn sie arbeits- praktische Männerkleidung, Hosen, tragen werden, doch stets die nötige Energie zur Leitung und Anstellung von grösserem Personal abgehen würde. Sie frage, woher Herr Hesdörffer diese Wissenschaft eigentlich habe, da er ja doch Junggeselle sei? Sie möchte -die anwesenden verheiratetem Männer fragen, ob nicht mancher von ihnen gelegentlich eine überraschende Energie seiner Gemahlin hätte feststellen können? Darum möchte sis Herrn Hesdörffer zurufen: „Nur nicht der Zukunft vorgegriffen; was nicht ist, kann noch werden !" ^ Einführung in die Probleme der Frauenbewegung. 41 Einführung in die Probleme der Fratten- bev^egung'). Z^vecke und Ziele. Von Frau Helene Braun-Teerofen. Deutsche Männer und Frauen! Die Tagesordnung der heutigen Fest- versammlung sieht eine „Erörterung der Zwecke und Ziele der modernen Frauenbewegung" vor. Damit öffnen sich zum erstenmal die Pforten der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft, um die Behandlung einer Frage zuzu- lassen, die vor dem Kriege Tausende m.einer Mitschwestern bekümmerte und die jetzt während des Krieges weitere Gemüter mit Sorge erfüllt. Die Frauenbewegung ist ein Kampfunternehmen; sie hat ihre Kriegs- ziele genau so, wie andere Auseinandersetzungen blutigerer Art auch. Will man die heutige Frauenbewegung recht verstehen, so muss man ihre tiefsten Ursachen in vorurteilsloser Hingabe zu ergründen versuchen. Dazu lade ich Sie jetzt herzlich ein. Das tue ieh nicht als eine Frau, die aus einem gesicherten Ehehafen heraus sich der Frauenbewegung theoretisch bemächtigt hat, sondern als ein Menschenkind, das die Stationen: Familie, Fremde, Dorfschule, höhere Schule, Seminar, Stundengeben sämtlich durch- gekostet hat und dann erst in den bekannten Hafen glücklich eingelaufen ist. Ich werde Ihnen daher auch nicht mit langatmigen Darlegungen kommen; ich werde aber versuchen, wie es ja meine Aufgabe vorschreibt, Sie durch das Gestrüpp sich kreuzender Probleme in das Geheimnis der Frauenfrage einzuführen. Dieses Geheimnis wird in seinen Wurzeln sehr verständlich und einfach sein. Natürlich darf ich bei keinem Gebiet bei der Fülle des Stoffes zu lange verweilen; ich kann Sie zunächst nur herum- i'ühren. lieber Einzelheiten sich zu unterrichten, muss ich Ihnen anheim- geben. Sollte ich an einigen Punkten hart erscheinen, so bitte ich um Nach- sicht; es wird immer nur eine sachliche Härte sein. Die Frauenfrage, so wie sie uns heute entgegentritt, hat verschiedene Ursachen, wirkliche und vermeintliche. Zu den vermeintlichen Ursachen gehört der wie es scheint unausrottbare Satz, dass die Frauen- bewegung durch den vorhandenen Ueberschuss an Frauen hervor- gerufen sei und dadurch am Leben erhalten werde. Das ist ein Irrtum, den ich zu berichtigen bitte. In Deutschland gibt es rund eine Million Frauen mehr als Männer. Daran ist freilich nicht zu rütteln. Will man aber aus dieser Tatsache rich- tige Schlüsse in bezug auf die Frauenfrage ziehen, so muss man zusehen, wie sich diese Ueberschüsse auf die verschiedenen Altersstufen ver- teilen. Auf die Altersstufen unter 14 Jahren kommt ein merklicher Männer überschuss. Auf die Altersstufen von 14 bis 20 Jahren ein geringer Frauen über- schuss. Auf die Altersstufen von 20 bis 40 Jahren, dem eigentlichen Heiratsalter, ein (wenn auch geringer) Mädchen überschuss. 1) Vortrag, gehalten auf der 1054. Monatsversammlung (Kaiser-Geburtstagsfeier) am 25. Januar 1917 in der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin. 42 Einfährung in die Probleme der Frauenbewegung. Auf die Altersstufen von 40 Jahren und darüber ein sehr erheblicher Frauenüberschuss, der die Frage nach einer entsprechenden Witwenver- sorgung nahelegt. Diese statistische Uebersicht besagt mit aller Deutlichkeit, dass keine eigentliche Heiratsnot der Mädchen besteht; denn es fehlt ja nicht an heirats- fähigen Männern. Aus diesem Grunde kann auch das blosse Zahlenverhält- nis der Geschlechter keine irgendwie ins Gewicht fallende Ursache der Frauenbewegung sein. Einen ganz anderen Einblick in das Problem aber gewinnt man, wenn man die Frage nach der Zahl der wirklich erwerbstätigen Frauen stellt. In Deutschland gab es v o r dem Kriege annähernd 11 Millionen solcher erwerbstätigen Frauen. Wo kommt diese gewaltige Zahl her? Diese 11 Millionen verdienender und mitschaffender Frauen stehen, gleichgültig, ob sie organisiert sind oder nicht, hinter der Frauenbewegung und stützen sie. Diesen weiblichen Armeekorps gliedern sich immer neue an und ziehen, gleich den früheren, un- erschrocken, oft mit einer rührenden Naivität, in den Kampf ums tägliche Brot. Wie viele von ihnen sind es, die für sich einen dauerhaften, kleineren oder grösseren Sieg heimbringen? Was also treibt diese gewaltige Zahl Frauen letzterhand in den harten Daseinskampf? Um auch von denen verstanden zu werden, die sich bisher mit solchen Fragen noch nicht beschäftigten, wähle ich ein Beispiel aus dem Leben. Erkrankt einer unserer Lieben ernstlich an irgendeinem Organ seines Leibes, und wissen wir keine Rettung mehr, so gehen wir zu einem „S p e z i a 1 i s t e n", das ist in diesem Falle ein Arzt, der sich von der medizinischen Wissenschaft und gewöhnlichen Praxis ab- gezweigt hat, um alle seine Zeit und seine Kräfte diesem besonderen Gebiet zuzuwenden. In diesem kleineren Bezirk wird der betreffende Spezialist sehr bald vollkommen heimisch sein; denn ihn zu bewältigen, ist einer Menschenkraft möglich. Natürlich wird ein solcher Fach gelehrter dabei seiner besonderen Neigung und Begabung folgen. Dieses Spezialistentum kann aber nicht bloss in der wissenschaft- lichen Welt beobachtet werden; es stellt sich als ein Entwicklungsgesetz dar, dem nichts, gar nichts, kein Stand, kein Gewerbe, keine Einrichtung zu ent- rinnen vermag. Der „Spezialist" oder Sonder fachmann ist heutzutage diejenige Person, die allemal die Trümpfe in der Hand hält. Will man diesen bedeutsamen Vorgang noch anders bezeichnen, so kann man sagen: „Die bis aufs äusserste durchgeführte Arbeitsteilung auf allen Gebieten ist das herrschende Gesetz des Tages." Von dem Zwange dieses ehernen Gesetzes ist nun auch in steigendem Masse die Familie erfasst. Sie, die früher eine Produktiv genossen- schaft war, in der noch alle Lebensverrichtungen vor sich gingen, in der alle Mitglieder hinreichende Arbeit und volles Genüge fanden, ist an Einzelaufgaben erheblich ärmer geworden. Sie kann heutzutage nicht mehr für alle ihre Mitglieder Arbeitgeberin oder Zufluchtstätte sein. An ihre Stelle ist die soziale Gemeinschaft getreten, die ihr als gewerbliches oder industrielles Unternehmen, als Gemeinde, Staat oder als freiwilliger Verband eine Verrichtung nach der anderen abgenommen hat. Dadurch wurde . eine ganze Anzahl Kräfte der Familie, besonders weibliche, frei. Einführung in die Probleme der Frauenbewegung. 43 Was sollte nun aus den überzähligen, unbeschäftigten weiblichen Fa- milienmitgliedern werden? Sollten sie warten, bis ein Mann kam und sick ihrer erbarmte, oder sollten sie warten — bis keiner mehr kam? Nach einer Zeit des Schwankens und der Selbstbesinnung sammelte sich die weibliche Jugend unter der Fahne der „Frauenbewegung" und suchte in anderem Sinne als sonst wohl Eroberungen zu machen. Da es herrenlose Gegenden in wirtschaftlichem Sinne kaum mehr gab, drang man in die männerbesetzten Gebiete ein und suchte sich dort anzusiedeln, nicht aus Beutelust oder Uebermut, sondern um einem sonst trostlosen Leben einen neuen Inhalt zu geben. Kann man dies Bestreben uns Frauen eigentlich im lErnste verdenken? Zu dieser Entwickelung gesellte sich bald eine zweite schlimmerer Art. Die Grossindustrie, eine harte Herrin, trat auf den Plan. Sie brauchte zu ihrer Entwickelung billige Arbeitskräfte. Als solche waren ja genug Mäd- chen und Frauen da. Sie wurden also ohne Bedenken und Gewissensskrupel eingestellt. Ist nun aber mit dieser Art Versorgung nach der einen oder anderen Richtung hin die Frauenfrage annehmbar gelöst? Nein! Jetzt erst erhebt das Problem sein Haupt. In der Altersgruppe von 30 bis 50 Jahren sind heute etwa 2'^ Millionen Frauen erwerbstätig; von diesen sind 66 pCt. verheiratet. Diese Bedauernswerten sind also im eigentlichen Verstände des Wortes gezwungen, den Kampf nach zwei Fronten zu kämpfen, sind zu einem Doppelleben verurteilt, das sie seelisch und körperlich zernichtet. Sie sollen in gleicher Begeisterung Hausfrau und Berufsarbeiterin sein. Ich frage: Wo wird in der wissenschaftlichen und erwerbstätigen Welt dem Manne das gleiche zugemutet? Kommt er von seiner Berufsarbeit heim, so zieht er, bildlich gesprochen, die Pantoffeln an und fragt nach der Zeitung. Wir aber nehmen die Wirtschaftsschürze und treten an den Herd. Vernehmen Sie, hochverehrte Anwesende, den Flügelschlag der Frauen- bewegung und ahnen Sie, wohin der Flug sich richtet? Aber noch mehr: Von der Frau wird nicht nur verlangt, dass sie i n und ausser dem Hause tätig sei; draussen in der unerbittlichen Welt soll sie als Konkurrentin des Mannes auch genau so viel arbeiten wie der Mann und keineswegs schlechter, d. h. man verlangt von ihr die gleichen Leistungen nach Menge und Güte. Nicht immer aus Hartherzigkeit, aber man besitzt ja bis heute für die Frauen kraft noch gar kein anderes Grundmass als die Mannes- kraft. Hier will die Frauenbewegung Wandel schaffen. Schauen wir jetzt einen Augenblick zurück, so erkennen wir, dass die Frauenbewegung durchaus nichts Zufälliges, Willkürliches oder künstlich Gemachtes ist, sondern als eine Ursache der Entwicklung wirtschaftlicher Verhältnisse angesprochen werden muss. Aber neben diesem äusseren Anstoss hat sie auch noch ihre inneren geistigen, ideellen Ursachen. Ich gebe gern zu, dass mir die geistigen Trieb' kräfte, welche zu einer Frauenbewegung führen, eher zum Bewusstsein ge- kommen sind als die wirtschaftlichen, und zwar auf dem Umwege über die Literatur. Ein Zufall spielte mir in jungen Jahren Goethes Wilhelm Meister in die Hände. Das 6. Buch dieses Erziehungsromans enthält die „Bekenntnisse einer schönen Seele". Und wozu bekennt sich schon damals diese Frauen- 4^ Einfährung in die Probleme der Frauenbewesung. seele, eine der wunderbarsten Schöpfungen Goetheschen Geistes und seiner Fähigkeit, sich vorahnend einzufühlen? Zu dem ganz modern anmutenden Grundsatz, dass auch der Frau das gleiche Recht wie dem Manne zugestanden werden müsse, alle ihre Kräfte, Fähigkeiten, Seelenwünsche, den herrschenden Anschauungen zum Trotz, zu schönster harmonischer Entfaltung zu bringen und jeder besonderen weib- lichen Begabung Raum zu schaffen, selbst dann, wenn man dabei kämpfend zugrunde geht. Goethe kannte freilich seine Zeit. Er legt daher dem Bräutigam Narziss in den „Bekenntnissen" die bezeichnende Wendung in den Mund: „Eine Frau muss jedoch ihr Wissen heimlicher halten, als der Calvinist seinen Glauben in katholischen Landen." So arg ist's freilich heutzutage nicht mehr, sonst stünde ich ja nicht un- geschoren vor Ihnen; aber dass wir Frauen im Haushaltungsplan der Schöpfung das gewollte Gleichgewicht sind und für das zar- tere Gebilde der Familie und die festere Organisation der sozialen Gemein- schaften ein brauchbares Gleichgewicht werden könnten — zu dem Glauben sind in deutschen Landen trotz des Krieges noch lange nicht alle Kreise bekehrt. Meine Damen und Herren! Nicht weit von der geräuschvollsten Strasse Berlins, der Leipziger Strasse, liegt versteckt eine kleine Kirche von eigen- artigem Bau, die Dreifaltigkeitskirche. Davor steht auf einfachem Sockel die Alarmorbüste eines Berliner Geistlichen, Friedrich Schleier- machers. Sein Wirken fällt in die Zeit des höchsten Druckes durch die französische Fremdherrschaft im Jahre 1809. Schleiermacher war eine der bedeutendsten geistigen Grössen während der ersten glänzenden Periode der Berliner Universität und wird in der Literatur als zur romantischen Schule gehörig geführt. Aus der geistigen Werkstatt dieses Grossen stammt die „Idee zu einem Katechismus der Vernunft für edle Frauen". Dieser Katechismus ist dem Lutherischen nachgebildet; er enthält aufrüttelnd ein Glaubensbekenntnis und 10 Gebote für uns Frauen. Nur zwei kurze Stücke daraus zum Beweise, aass auch die Romantik an eine geistige Höhertunrung der Frau glaubte und die Ausgestaltung der weiblichen Persönlichkeit dem Weibe selbst zur hei- ligsten Pflicht machte. „Ich glaube," heisst es in diesem Schleiermacherschen Katechismus, „ich glaube, dass ich nicht lebe, um zu gehorchen oder um mich zu zer- streuen, sondern um zu sein und zu werden." Als 10. Gebot steht der gewaltige Satz: „Lass dich gelüsten nach der Männer Bildung, Kunst, Weisheit und Ehre!" Man sieht hier mit Freuden, wie weit dieser Theologe den Begriff: das Weib soll die Gehilfin, die Kameradin des Mannes sein, fasst. Aber neben diesen ersten Anzeichen in der Literatur, dem weiblichen Herzen und Verstand neue und erreichbare Entwicklungsmöglichkeiten zu zeigen, hat sich die Idee der Frauenbewegung auch historisch weiterent- wickelt. Alles Erhöhen der Bildung, alles Verbessern der Dinge und Ein- richtungen auf Erden, alle Vervollkommnung der Staaten, ja der ganzen Welt, geht doch nach Wilhelm v. Humboldt allein durch Ideen vor sich, die in den Menschen Wohnung nehmen und durch sie wirksam werden. So Einführung in die Probleme der Frauenbewegung. 45 wird der ursprüngliche Gedanke einer Frauenemanzipation zu der Forde- rung der vollen Gleichberechtigung der Geschlechter, weil die Kultur mit ihrem mehr männlichen Charakter im steigenden Masse als Ergänzung und Erneuerung weiblicher Mithilfe, ich möchte sagen weiblicher Zu-Taten, nicht entbehren kann. Aus diesem Grunde lauten die Zwecke und Ziele der Frauenbewegung: Umgestaltung der Anschauungen und Zustände auf dem Gebiete der Frauen b i 1 d u n g , des Erwerbslebens, der Ehe und Familie und des öffentlichen Lebens in Gemeinde und Staat, Was ist von diesen Forderungen ihrem Wesen nach im einzelnen zu halten? Wir haben einleitend gesehen, wie die Idee der Arbeitsteilung und das daraus folgerichtig hervorgehende Spezialistentum sich die Welt erobert hat. Wir haben ferner gesehen, dass die Mehrzahl der Frauen, im Gegensatz zum Manne, gezwungen ist, ihre an sich geringere physische Kraft in zwei Lebenskreise aufzuteilen, in den der Familie und in den einer Er- werbs- oder Arbeitsgemeinschaft. Dieses Schicksal schwebt über allen Frauen. Das macht die Frage so schwierig, für welchen dieser beiden Lebenskreise man das einzelne Mädchen, seine Tochter, erziehen und heran- bilden soll. Am besten wäre es natürlich für beide ; für die warme, süd- liche Zone des Haus- und Familieninteresses und die kalte, nördliche Zone des Erwerbsinteresses. Wie viele Frauenschultern können aber nun solche Last wirklich tragen? Oder soll für die Frauen das Wort nicht gelten: Niemand kann zween Herrn dienen; entweder er wird einen hassen und den andern lieben, oder wird einem anhangen und den andern verachten. Für viele Frauen ist also heutzutage eine wirkliche Berufs ausbildung unabweisbar. Dass ferner ein möglichst grosser Teil unserer weiblichen Jugend wohlvorbereitet in seinen eigentlichen Beruf als Hausfrau und Mutter einmünde, ist ein Ziel, welches nicht bloss die „Bevölkerungs- politiker" mit heisser Inbrunst erstreben. Darum vertritt die Frauenbewegung die Ansicht, dass eine uneinge- schränkte Persönlichkeitsentfaltung der Frau nach drei Rich- tungen hin gewährleistet werde: nach der häuslichen, beruflichen und bürgerlichen Richtung. Im einzelnen fordert sie: a) obligatorische Fortbildungsschulen für alle aus der Volksschule ent- lassenen Mädchen; b) eine Umgestaltung der höheren Mädchenschule, durch welche diese den höheren Knabenschulen gleichwertig wird; c) unbeschränkte Zulassung ordnungsmässig vorgebildeter Frauen zu allen wissenschaftlichen, technischen und künstlerischen Hoch- schulen. Auf eine nähere Begründung dieser Einzelforderungen heute einzu- gehen, muss ich mir versagen. Aus meiner eigensten Erfahrung heraus spreche ich aber, wenn ich sage, dass unseren Töchtern auch heute noch viel zu viel Wissensstoff vorgesetzt wird, der, nur halb verdaut, zu beklagenswerter Halbbildung führt; dass der Unterricht, der unseren Töchtern zuteil wird, verglichen 46 Einführung in die Probleme der Frauenbewegung. mit dem, den man unseren Söhnen gewährt, kerniger Kraft und eines ab- schliessenden Inhalts entbehrt. Verzeihen Sie den Ausdruck, wenn ich sage, dass die übliche Mädchenbildung auf mich wirkt wie Ersatzstoffe in der Kriegszeit; man wird nicht satt davon. Oder fürchtet man in der Tat, dass durch eine erhöhte Teilnahme der Frauen an tüchtiger Männerbildung die ersteren sämtlich zu Männern werden könnten? Auch eine Bereicherung des fraulichen Wissens durch den Besuch von „Frauenschulen" hat nur Zweck, wenn hier nicht bloss all- gemeine Fächer gelehrt werden, sondern zum Schluss sich die Möglichkeit auftut, in einem Fach, das Neigung und Begabung bestimmen mögen, zn vollkommener Beherrschung zu gelangen. Selbstvertrauen wird nicht da- durch erreicht, dass man viele Fächer glücklich durchschmarutzt hat, wohl aber dadurch, dass man ein Fach wirklich kann. Der preussische Staat stellt zurzeit für je eine Million Mark, die er für F r au e n bildung ausgibt, 16 Millionen für die Kn a b e n bildung zur Ver- fügung. Wendete er für die Frauen die gleichen Mittel auf wie für die männliche Jugend, und wären die „Eltern" immer gerecht genug, für ihre Töchter bis auf den Pfennig genau dasselbe Geld hinzugeben, wie sie es für die Söhne tun, so hätte die ganze Frauenbewegung ein anderes Gesicht. Sind denn unsere Brüder so viel mehr wie wir? Eine besondere Bildungsfürsorge sollte auch denjenigen Mädchen und Frauen gewidmet werden, welche in ungelernter Arbeit stehen oder in sogenannten qualifizierten Berufen Aufnahme finden oder doch zu ihnen übergehen. Die letzteren sind solche Berufe, die ein Mindestmass von Fach kennt- nissen und Handgeschicklichkeit voraussetzen, aber auch für allerfeinste Leistungen Verwendung haben. Zu diesen Berufen ist unzweifelhaft der Gärtnerberuf zu zählen. Er ist vielseitig wie kein zweiter, gibt einem Spezialistentum annehmbare Erwerbsmöglichkeiten und verhindert doch zugleich seine Jünger, einseitig zu verholzen. Der Gärtner muss mit seinem lebenden Material selbst lebendig bleiben und kann den innigen Zusam- menhang mit der Mutter Natur niemals einbüssen. Doch ich will meinem Mitsprecher, Herrn Hesdörffer, in seinen Gedankengängen nicht vorgreifen. Eins scheint mir aber unabweisbar: Wie das Handwerk bereits eine Regelung des weiblichen Lehrlings- und Ausbildungswesens in d e m Sinne erfahren hat, dass der weibliche Lehrling dem männlichen an Können nicht nachstehen darf, so wird man auch von der Zukunftsgärtnerin ein gefestigtes positives Fachwissen und einen Be- fähigungsnachweis fordern müssen. Im Jahre 1913 waren den deutschen Handwerkskammern bereits 18 700 weibliche Lehrlinge, 5970 Gesellen und 2120 Meisterinnen unterstellt. Soll aber die gewerbliche Ausbildung der weiblichen Jugend der der männlichen Jugend gleich sein, so ist nicht recht einzusehen, warum die höhere Mädchenbildung sich von der Knabenbildung unter allen Um- ständen unterscheiden müsse. In Baden hat man beide Disziplinen mit guten Erfahrungen nahezu gleichgesetzt. Darum fordert die Frauen- bewegung gleiche geistige Kost für alle. Jetzt aber reckt ein Einwand mächtig sein Haupt empor. Er lauter: Werden Knaben und Mädchen gleich sorgfältig herangebildet, so muss die Einführung in die Probleme der Frauenbewegung. 47 schon bestehende Konkurrenz der Geschlechter zum Schaden der Männer und, wie man behauptet, auch der Allgemeinheit ausfallen. Demgegenüber seien mir in aller Offenheit einige Fragen erlaubt: 1. Sind nicht Männer und Frauen gleichberechtigte Kinder eines Vaterlandes? 2. Kann man es einem Teile von ihnen verwehren, seine Kräfte und besonderen Begabungen so gut zu verwerten als nur immer möglich? 3. Gibt es nicht genügend Berufe, in denen die wohlgeschulte Frau den Mann im Sinne echt vaterländischen Hilfsdienstes ablösen und für eine ihm mehr liegende Arbeit freimachen kann? 4. Ist nicht Konkurrenz, Wettbewerb der Vater alles Fort- schritts? Warum werden denn z. B. Gartenbau-Ausstellungen mit grossen Mitteln und reichen Zuschüssen veranstaltet? Lässt sich nicht die Konkurrenz der Geschlechter bis auf das unab- änderliche Mindestmass zurückführen, wenn man einmal eine auf Gaben und Wissen fussende Berufsauslese unter beiden Geschlechtern vornimmt und zum andern als Massstab für die Entlohnung den tatsäch- lichen Wert der Leistung bestimmt? Freilich: Leicht bei einander wohnen die Gedanken; Doch hart im Räume stossen sich die Sachen. Bei gutem Willen aber auf beiden Seiten, bei der nötigen Selbsterkennt- nis und bei wachsendem Gerechtigkeitsgefühl wird sich ein Modus der Be- tätigung finden lassen, der einer Art Versicherung auf Gegenseitigkeit zwischen Frauen und Männern gleichkommt. Die Frauenbewegung betrachtet nun für die verheiratete Frau den in der Ehe und Mutterschaft beschlossenen Pflichtenkreis als ihren ersten und nächstliegenden Beruf. Die Arbeit der Frau in der Erfüllung dieses Berufes soll wirtschaftlich und rechtlich als eine vollgültige Kulturleistung angesehen werden, um so mehr, als man gar nicht imstande ist, die ausser- ordentliche Bedeutung dieser Leistung in Wert oder Geldeswert abzu- schätzen. Die Frauenbewegung betrachtet aber auch die berufliche Frauenarbeit als Kulturwert und verpflichtet Eltern und Gesellschaft, den Mädchen Gelegenheit zur Erlernung eines ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Berufes zu geben. Endlich vertritt die Frauenbewegung die Ueberzeugung, dass durch den sich ständig vergrössernden Wirkungskreis der Frau sowie durch den Weg, den die gesamte wirtschaftliche, geistige und soziale Entwickelung nun einmal genommen hat, auch eine wachsende Teilnahme der Frau am öffentlichen Leben in Gemeinde und Staat früher oder später Platz greifen muss. Ein kluger Vater, der seinen herangewachsenen Sohn in sein Geschäft aufnimmt und ihm einen bestimmten Kreis von Arbeit, Verantwortung und Pflichten zuweist, wird ihm auch in der gesamten Geschäftsführung ein Mitbestimmungsrecht gern gewähren. Einer Gesellschaft, die die Mithilfe und freudige Hingabe der Frau in ruhigen Zeiten kaum noch, in Zeiten allgemeiner Not, wie wir sie jetzt durchleben, wirklich nicht entbehren kann, sollte man für übernommene Pflichten auch Rechte gewähren. 48 Die Gärtnerin in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Heutzutage, wo wir mit staunender Bewunderung sehen, dass man alles, aber auch alles verstaatlicht, verstaatliche man uns Frauen doch auch und gebe uns einen erhöhten Anteil an den Geschäften, nach Massgabe unserer Leistungen. Meine Damen und Herren! Ich bin am Ende meiner Aufgabe angelangt. Ich habe versucht, Sie mit den verschiedenen Problemen der Frauen- bewegung bekanntzumachen, ohne länger, als zum Verständnis unumgäng- lich nötig war, bei Einzelheiten zu verweilen. Jetzt bleibt nur noch die eine Frage zu erörtern: Werden die „Zwecke und Ziele der Frauenbewegung" durch die herrschenden Zeitverhältnisse gefördert oder in ihrer Entwickelung g e h e m m. t werden ? Eins steht fest: Durch den Krieg ist eine ungeahnte Einstellung von Frauenkräften erfolgt, selbst in solchen Berufen, die bisher als ureigenste Domäne der Männer galten. Durch den Krieg haben aber auch ungezählte Hausfrauen und Mütter die Zügel der Regierung in ihren kleineren Reichen ergreifen müssen. Wenn nicht alle Zeichen trügen, hat die Mehr- zahl dieser Frauen zum mindesten nicht enttäuscht, so wenig vorbereitet sie auch waren. Wenn nun diese Heimatheere ohne Einübung und Drill solche beachtens- werten Leistungen vollbringen konnten, darf man dann zweifeln, dass sie, besser vorbereitet und geschult, auch wachsenden Ansprüchen genügen werden? Im Frieden half oft Mitgefühl und Nachbarschaft über schwierige Einzel- nöte hinweg. In den allgemeinen Bedrängnissen dieses Krieges hat jeder mit sich zu tun und vermag nur in Ausnahmefällen dem Nachbar, der Nach- barin, beizuspringen. Trotz alledem und alledem — nirgends wird verzagt; allerorten wird durchgehalten. Doch Zwecke hin, Zwecke her! Der Zweck aller Zwecke in unseren Tagen ist, deutsches Wesen und deutsches Land gegen Neid und Missgunst siegreich zu behaupten. Diese Güter nach aussen und innen ungeschmälert unseren Kindern zu erhalten, setzen auch wir Frauen freudig unser Letztes ein. Mögen nach Friedensschluss diese Heimleistungen neben den Frontleistungen gerechte Beurteiler und wohlgeneigte Herzen finden! Die Gärtnerin in der Vergangenheit, Gegen- "wart und Zukunft'^. Von Max Hesdörffer. Die Frau als Gärtnerin ist keine Erscheinung der neuesten oder neueren Zeit, denn schon vor etwa einem halben Jahrhundert tauchte sie erstmals auf, um aber rasch wieder aus den öffentlichen Erörterungen zu ver- schwinden. Hofgarteninspektor Hermann Jäger in Eisenach, wohl der bedeutendste Fachschriftsteller seiner Zeit, nahm damals in der „Garten- laube" Stellung gegen die Gärtnerin; er hielt den gärtnerischen Beruf nicht geeignet für gebildete Frauen. Es vergingen Jahre, ehe die Gärtnerinnenfrage erneut in den Vorder- grund trat. Es war dies gegen Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts, *) Vortrag, geha'ren auf der 1054. Monatsversammlung (Kaiser - Geburtstagsfeier) am 25 Januar 1917 in der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin. Die Gärtnerin in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 49 als Frau Kommerzienrat Hedwig Heyl in Verbindung mit dem Verein „Frauenwohl" die erste Gartenbauschule für gebildete Frauen und Mädchen begründete und für die Zwecke der praktischen Unterweisung die Gärtnerei ihrer Charlottenburger Besitzung zur Verfügung stellte. Frau Kommerzien- rat Heyl, eine von früher Jugend an durch ihren verstorbenen Vater, den damaligen Direktor des Norddeutschen Lloyd in Bremen, für die Blumen- und Pflanzenwelt begeisterte Dame, Hess sich bei ihrer Gründung von durchaus praktischen Gesichtspunkten leiten. Ihre Gartenbauschule war anfänglich auch mit einem Blumengeschäft verbunden, das sich zuerst in der Kurstrasse, dann in der Potsdamer Strasse befand, später von zwei ehe- maligen Schülerinnen übernommen wurde, aber heute nicht mehr besteht. Als erster Leiter der Schule war der jetzige Handelsgärtner Marquardt in Zossen tätig, dessen Gattin, geb. Wendt, dem Blumengeschäft vorstand, dann der nachmalige Fürstliche Gartendirektor Riebe. Vom l. Januar 1892 ab wurde mir die Leitung übertragen. Ich hatte einige Monate zuvor in der später mit der „Gartenlaube" vereinigten Zeit- schrift „Vom Fels zum Meer", die damals das Tagesgespräch bildende Frauengärtnerei einer sachlichen, aber abfälligen Kritik unterzogen. Diese Abhandlung Hess in Frau Kommerzienrat Heyl den Wunsch reifen, mich persönlich kennenzulernen und die von ihr vertretene Sache mit mir zu be- sprechen. Diese Besprechungen führten zu einer Umgestaltung der Schule. Die Ausbildung von B e r u f s gärtnerinnen wurde, meinem Vorschlag ent- sprechend, ausgeschaltet. Dafür sollten aber gebildete Damen in den häus- lichen Gartenbau eingeführt und Erholungsbedürftigen die Möglichkeit ge- boten werden, sich durch sachgemässe gärtnerische Beschäftigung körperlich zu kräftigen, wie dies schon bezüglich der Arbeiterkinder der Heyischen Fabrik im Jugendheim der Frau Kommerzienrat geschehen war. Von dieser Umgestaltung machte ich meine Mitwirkung an der Gartenbauschule abhängig, da mir damals die Zeit für die Ausbildung von Berufs gärt- nerinnen noch nicht gekommen schien. Ich habe zwei Jahre später auf Grund meiner neugewonnenen praktischen Erfahrungen noch einmal in der Zeitschrift „Vom Fels zum Meer" zur Frauengärtnerei Stellung genommen. Ich betrachtete dies damals als eine Ehrenpflicht, da sich meine Anschau- ungen inzwischen geändert hatten. Aber die Berufsgärtnerei wollte nicht zur Ruhe kommen. Bald darauf befasste sich Fräulein Dr. Elvira Castner mit der Gründung einer neuen Schule zur Ausbildung von Berufs gärtnerinnen, welche in Marienfelde errichtet wurde. Sie suchte damals die Schülerinnen unserer Schule auf, um sie für ihr neues Unternehmen zu ge- winnen. Da Frau Kommerzienrat Heyl und mir die Zejt noch nicht ge- kommen schien, zu welcher zwei Frauengärtnerinnenschulen neben- einander hätten bestehen können, so entschlossen wir uns, unsere gesamten Schülerinnen an Fräulein Castner abzutreten und selbst den weiteren Verfolg der Sache aufzugeben. Soweit ich mich erinnere, war Frau Kom- merzienrat Heyl noch so hochherzig, ihre besten Gewächshäuser Fräulein Castner für ihr neues Unternehmen kostenlos zu überlassen. Ich gestehe es ganz offen, dass ich, wie schon oben angedeutet, meine Ansichten über die Gärtnerin im Laufe der Jahre, den veränderten Ver- hältnissen entsprechend, wesentlich geändert habe. Zur Zeit der Heyischen Gründung hatten wir im deutschen Gartenbau mit einem grossen Ueber- 50 Die Gärtnerin in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. schuss männlicher Arbeitskräfte zu rechnen; zur arbeitsarmen Jahreszeit, im Winter, lagen ungezählte der besten Arbeitskräfte unbeschäftigt auf der Strasse, Hunderte waren gezwungen, wie man zu sagen pflegt, umzusatteln und andere Berufe zu ergreifen; aber auch im Frühling und Sommer war es selbst für tüchtige Obergärtner und Gehilfen schwer, ein geeignetes Unter- kommen zu finden. Staatliche und fürstliche Gärten, aber auch grosse Privat- und Handelsgärtnereien wurden damals derart mit Anstellungs- gesuchen von Gehilfen überhäuft, dass sie gezwungen waren, auf diese Ge- ■ suche mit gedruckten Ablehnungss^chreiben zu antworten. Hand in Hand mit dem damaligen Ueberangebot von Arbeitskräften gingen naturgemäs» eine unzureichende Bezahlung und eine ungewöhnlich lange Arbeitszeit Der gelernte Gärtner wurde nicht nur schlechter entlohnt als der in gärtnerischen Betrieben beschäftigte ungelernte Tagelöhner, sondern er musste trotz dieser schlechteren Entlohnung auch noch eine erheblich längere Arbeitszeit einhalten, die im Sommer gewöhnlich um 4 oder 5 Uhr früh be- gann und abends erst um 8 oder 9 Uhr beendet war, während der Tagelöhner nur von 6 bis 6 Uhr oder von 6 bis 7 Uhr zu arbeiten pflegte. Schon diese Verhältnisse mussten die Beschäftigung gebildeter Damen in gärtnerischen Betrieben so gut wie ausschliessen. Weitere Hindernisse für die Beschäfti- gung bestanden ferner in den Unzuträglichkeiten, welche die Zusammen- arbeit gebildeter Töchter mit oft rohen, rücksichtslosen Gehilfen und Tage- löhnern zur Folge haoen musste, in der Eigenartigkeit der damaligen handelsgärtnerischen Betriebe, die alle möglichen gemischten Kulturen um- fassten und in denen von jedem Arbeitsnehmer die Scheu vor keiner Arbeit gefordert wurde. Was man darunter verstand, brauche ich den älteren Kollegen kaum zu erklären. Wenn ich heute bezüglich der Frauengärtnerei einen anderen Stand- punkt einnehme, so findet derselbe seine Begründung in den gänzlich um- gestalteten Fach- und Zeitverhältnissen. Es gibt heute tatsächlich vielerlei Arbeitsmöglichkeiten für gebildete Frauen in gärtnerischen Betrieben. Die Anstellungsmöglichkeiten an Erziehungsanstalten, Kur- und Krankenhäusern, an hauswirtschaftlichen Schulen usw. haben sich wesent- lich vergrössert, auch sind heute reiche Privatgartenbesitzer geneigter als früher, Gärtnerinnen einzustellen. Hierfür liefern zurzeit die Stellen- angebote der Fachpresse hinlänglich Beweise. Man findet hier jetzt fort- gesetzt Gärtner- und Obergärtnerstellen ausgeschrieben, für die auch ge- nügend vorgebildete weibliche Bewerber in Frage kommen. Auch in den Handelsgärtnereien haben mehr und mehr Sonderbetriebe und Spezialkulturen die Oberhand gewonnen, die zum Teil sehr wohl in der Lage sind, weib- liche Hilfskräfte zu beschäftigen und bei der Arbeitsverteilung auf die durch- schnittlich geringere Körperkraft der Frauen Rücksicht zu nehmen. Wenn wir aber die Gärtnerei dem weiblichen Geschlecht mehr und mehr erschliessen wollen, dann dürfen wir nach meiner Ueberzeugung kein zu grosses Gewicht darauf legen, vorzugsweise „sogenannte höhere Töchter", d. h. Absolventinnen der höheren Töchterschulen, für die Berufstätigkeit zu gewinnen. In den meisten Fällen wird eine aufgeweckte ehemalige Volks- schülerin hier besser als eine womöglich von Jugend auf verwöhnte höhere Tochter zu verwenden sein; dann muss man aber auch davon abkommen, den gärtnerischen Betrieb als ein Asyl für Bleichsüchtige und sonst schwäch- Die Gärtnerin in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 51 liehe und gebrechliche Damen zu betrachten. Geistige Aufgeweckt- heit, gefestigte körperliche Gesundheit sowie Lust und Liebe zum Beruf sind absolute Erfordernisse für die zukünftige Gärtnerin. Ein wesentliches Hindernis für die Ausübung des gärtnerischen Berufes durch die Frau schien mir immer die moderne Frauenkleidung zu sein. Durch diese Kleidung haben unsere weiblichen Hilfskräfte, ohne es zu wollen, in den beschränkten Raumverhältnissen der Gewächshäuser und auf den Kulturbeeten viel Unheil angerichtet. Besonders ist der Kleiderrock das ungeeignetste Bekleidungsstück für eine körperlich arbeitende Frau, ganz besonders aber für die Gärtnerin. Wir haben ja in dieser ernsten, schweren Zeit, in der ein erheblicher Bruchteil der gesamten arbeitsfähigen männlichen Bevölkerung im Feld- und Hilfsdienst steht und so meist dem eigentlichen Erwerbsleben entzogen ist, kennengelernt, dass es kaum eine Berufsart gibt, welche die ernstlich zur Mitarbeit entschlossene Frau nicht auszuüben vermöchte. Wir sehen heute Frauen in Berufen tätig, die man früher für alles andere, denn für Frauen- herufe gehalten hat, so als Schwerarbeiterinnen in Munitions-, Waffen- und Maschinenfabriken, als Bahnbeamtinnen, als Schaffnerinnen und Wagen- führerinnen im Gewühl der Grossstadt. Diese körperlich hart arbeiten- den Frauen haben es aber rasch verstanden, ihre Kleidung der Berufstätigkeit anzupassen, den Schnürleib in die Rumpelkammer zu werfen. Ober- und Unterröcke abzulegen und dafür der männlichen Be- kleidung nachgebildete Beinkleider anzulegen. Als vor einigen Jahren der sogenannte Hosenrock eingeführt werden sollte, machte sich in allen Be- völkerungskreisen ein scharfer Protest gegen dieses Kleidungsstück geltend, aber die Arbeitshose der werktätigen Frau hat man jetzt als etwas ganz Selbstverständliches hingenommen, ohne Rücksicht darauf, ob sie die je- weilige Trägerin kleidet oder nicht. Natürlich tritt noch keine völlige Ein- stimmigkeit in dieser Arbeitskleidung zutage; vorbildlich erscheint mir die von den preussisch-hessischen Staatsbahnen eingeführte Kleidung, die gut anschliessende Jacke und die kurze, nicht unnötig weite Pumphose, ab- schreckend hässlich und unzweckmässig dagegen die von der Berliner Hoch- und Untergrundbahn für Beamtinnen eingeführten sackartigen, bis zu den Knöcheln reichenden Pluderhosen, die bei jedem Schritt wie zwei leere Kartoffelsäcke gegeneinander schlenkern. Auch die Gärtnerin der Zukunft wird in die kurze Hose schlüpfen und sich im Winter die Beine mit Wickelgamaschen schützen müssen, wird ver- nünftiges Schuhwerk, keine Stöckelstiefel, und eine blaue Arbeitsbluse tragen müssen. Eine Notwendigkeit ist das gut angepasste Beinkleid, mögen die Beine nun gerade oder krumm sein, denn hier kommen nicht Schönheits- rücksichten, sondern nur praktische Gesichtspunkte in Frage. Woran man sich bei Männern schon lange gewöhnt hat, daran wird man sich schliess- lich auch bei Frauen gewöhnen müssen. Auch die Frauen sind nicht alle Ebenbilder des Schöpfers. Die Berufskleidung braucht durchaus nicht zugleich Strassen- kleidung zu sein; nach getaner Arbeit wird ein Rock übergeworfen, ein Jäckchen angelegt, und die Strassenkleidung ist fertig. Ein gesonderter Raum zum Umkleiden muss für die Zukunft in jedem gärtnerischen Betriebe vorhanden sein, der weibliche Arbeitskräfte beschäftigt. 52 Die Gärtnerin in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ich habe in der von mir geleiteten Zeitschrift „Gartenwelt" in den letzten Monaten den Erörterungen über die Frauengärtnerei einen breiten Raum eingeräumt, mich bemüht, beide Teile uneingeschränkt zu Worte kommen zu lassen. Ich muss gestehen, die B e r u f s gärtnerinnen, die von dem ihnen in der „Gartenwelt" gebotenen Gastrecht Gebrauch machten, haben zum weitaus grössten Teile ihre Sache vorzüglich und sachlich ein- wandfrei vertreten. Weniger angenehm hat mich aber ihre oft zum Aus- druck gekommene persönliche Empfindlichkeit berührt. Diese Empfindlich- keit muss noch abgelegt werden. So manche Gärtnerin betrachtet jede ihr vom Arbeitgeber oder Vorgesetzten erteilte Belehrung oder Rüge als per- sönliche Kränkung, während der Gehilfe eine verdiente Zurechtweisung meist als etwas Selbstverständliches hinzunehmen pflegt. Dass nicht alle Gärtnerinnen, die bis heute ausgebildet sind, befriedigen und dass so manches junge Mädchen die Ausübung des gärtnerischen Be- rufes mehr als Zeitvertreib oder Modesache betrachtet, muss wohl oder übel mit in den Kauf genommen werden. Vollkommen sind wir alle nicht; auch unter unseren Gehilfen gibt es nicht wenige, die viel, wenn nicht alles zu wünschen übrig lassen, ohne dass es bisher jemand eingefallen wäre, des- halb den Mann als ungeeignet zur Ausübung des gärtnerischen Berufes zu bezeichnen. Es wird zu viel verallgemeinert; mancher, der einmal eine Gärtnerin beschäftigt hat, die seine Zufriedenheit nicht erlangen konnte, hält sich nun für berufen, ein- für allemal den Stab über die Frauengärtnerei zu brechen, während er sich an Stelle eines ungeeigneten Gehilfen einen an- deren sucht, und, falls dieser nicht genügt, einen dritten, um dies so lange fortzuführen, bis der richtige Mann gefunden ist. Wenn wir ehrlich sein wollen, so müssen wir frei gestehen, dass wir selbst einen guten Teil Schuld an der Unzulänglichkeit vieler der heutigen Gärtnerinnen tragen. Zunächst fehlte es bis heute fast allen denjenigen Damen, die sich aus Notwendigkeit oder innerer Neigung dem gärtnerischen Beruf widmen wollten, an der Gelegenheit, in einem guten gärtnerischen Betriebe eine drei jährige praktische Lehre durchzumachen. Die tüchtigen Handelsgärtner, die sich bisher bereitgefunden haben, weibliche Lehr- linge aufzunehmen und auszubilden, kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Infolgedessen sind die Damen gezwungen, statt mit der Praxis mit der Theorie zu beginnen und zu diesem Zwecke eine der Damen-Garten- bauschulen aufzusuchen, die sich wohl ausnahmslos als geschäftliche, auf Gewinn berechnete Unternehmungen in den Händen sogenannter Mit- schwestern befinden. Durch die Kriegslage werden für die Folge aber auch die männlichen Lehrlinge nicht nur knapper, sondern schliesslich fast vollständig ausbleiben, und die Kollegen, die zur Heranbildung der jungen Generation berufen sind, können sich deshalb unmöglich dauernd der Aus- bildung weiblicher Gehilfen entziehen. Wir werden, dies ist meine feste Ueberzeugung, in Zukunft stets mit weiblichen Mitarbeitern zu rechnen haben. Ich habe es mit Freuden begrüsst, als vor einigen Jahren unsere höheren staatlichen Lehranstalten den Gärtnerinnen, wenn ich mich so ausdrücken darf, wenigstens eine Pforte öffneten, indem sie dieselben als Gasthörerinnen zuliessen. Dem vorläufigen Zustand ist jetzt ein dauernder gefolgt, indem nun durch Verfügung des Herrn Landwirtschaftsministers den Gärtnerin- Gerissene Aepfel. 53 nen, welche die nötigen Vorbedingungen erfüllen, die Tore der staatlichen höheren Gartenbauschulen offen stehen. Natürlich ist, wie bei den männ- lichen Kollegen, der Nachweis einer bestandenen praktischen Lehre bzw. vierjährigen Praxis, einer wissenschaftlichen Vorbildung, wie sie etwa für den einjährig-freiwilligen Militärdienst des Mannes gefordert wird, und für die Zulassung zum staatlichen Gartenmeisterexamen der Nachweis einer mindestens weiteren vierjährigen praktischen gärtnerischen Tätigkeit nach dem Verlassen der Anstalt Be- dingung. Wir werden also für die Folge auch der staatlich diplomierten Gartenmeisterin begegnen. Dass sie uns allzu- oft in den Weg treten, unsere Pläne kreuzen, uns die besten städtischen und staatlichen Stellen fortnehmen wird, glaube ich allerdings kaum; ich bin vielmehr der Ansicht, dass sehr viele meiner jüngeren Kollegen die diplo- mierten Gartenmeisterinnen fortheiraten werden, um dann mit ihnen Hand in Hand zu arbeiten, wobei beide Teile ihre Rechnung finden dürften. Die staatlich diplomierte Gartenm.eisterin der Zukunft, die es vorzieht, auf eigenen Füssen zu stehen, nicht die Fesseln der Ehe zu tragen, sondern selbständig zu bleiben, dürfte, und das ist meine Ueberzeugung, nur selten und ausnahmsweise einmal in eine führende gärtnerische Beamtenstelle ge- langen; denn diese Stellen bleiben zweifellos dem Manne vorbehalten, da er, von allen sonst erforderlichen Eigenschaften und meist besserer technischer Durchbildung abgesehen, die nötige Energie besitzt, die zur Leitung und sachgemässen Anstellung eines grossen Gehilfen- und Arbeiterpersonals nun einmal erforderlich ist. Diese Energie geht den meisten Frauen ab, auch noch dann, wenn sie Hosen tragen; aber manche besitzen doch so viel Umsicht und Tatkraft, dass sie kleineren und mittleren Betrieben mit Erfolg vorstehen können. Das beweist uns in dieser schweren Zeit unter anderem so manche Handelsgärtnerfrau, die den Betrieb ihres im Felde stehenden Gatten nicht nur notdürftig aufrecht erhält, sondern in durchaus einwand- freier Weise erfolgreich fortführt und damit sich, ihre Kinder und den an des Reiches Grenzen für den Bestand des Vaterlandes kämpfenden Gatten vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch bewahrt. Die Hoffnung der ganzen Nation ist jetzt auf die Mitwirkung der schaf- fenden Frau gerichtet, die auch dem deutschen Gartenbau in schwerer Zeit und weit darüber hinaus eine starke Stütze sein kann und wird; dessen bin ich sicher. Ich schliesse mit dem Wunsche, dass man den Frauen, die mit ernstem Arbeitswillen kommen, ohne Vourteile begegnen, die brauchbaren ihren Leistungen entsprechend entlohnen möge. Gerissene Aepfel. Von Paul F. F. Schulz. (Hieiza Abb. 3 bis 3.) Ja, auch die Aepfel können sich „gerissen" zeigen und zwar aus verschie- denen Ursachen. Der in Abb. 3 wiedergegebene „Langtons Sondergleichen" platzte am 12. November vorigen Jahres in meiner Gegenwart mit hör- barem Knacken, im Obstkeller auf der Horde liegend, und konnte deshalb mit noch schneeweissem äusserem Fruchtfleisch hier photographisch zur Ansicht gebracht werden. 54 Gerissene Aepfel. Abb. 4 zeigt die Teile desselben Apfels nebeneinander liegend und die Ursache des Platzens. „Langtons Sondergleichen" ist ein Herbstapfel, der selten über Ende November haltbar ist. Besonders solche Früchte der Sorte, die am Baum frei hingen und sich gut ausfärbten, sind schon Ende Oktober mehlig und neigen dann zum „Platzen auf dem Lager". Den Anlass dazu gibt stets das eigentliche Fruchtfleisch, das den fünf Fruchtknoten der Apfelblüte entstammt und in fünf Wülsten die Kern- kammern umgibt. Es wird in der Ueberreife braun und „strohig" und streckt sich dabei in der Richtung der Fruchtachse, also vom Kelch zum Stiel. Das mürbe äussere Fleisch, das dem Blütenboden entstammt und das die Apfel- trucht bekanntlich für den Botaniker zur „Scheinfrucht" macht, sowie die Abb. 3. „Langtons Sondergleichen" in geplatztem Zustand. zarte Schale können diesem Druck nicht widerstehen; sie geben nach und lassen den Apfel von innen heraus zerklüften. Abb. 4 zeigt sehr schön, wie sich das innere Fruchtfleisch von dem äusseren abgesondert hat; besonders in der rechten Hälfte sind die näpfchenförmigen Höhlungen sehr deutlich. Ganz ähnlich wie „Langtons Sondergleichen" verhalten sich andere lockerfleischige Aepfel, z. B. der „Cellini" und der „Rote Astrachan". Auch diese Sorten platzen zumeist erst auf dem Lager; nur wenn die rechte Pflückzeit nicht innegehalten wurde, kommt es schon am Baum dazu. Den andern Fall „äpflicher Gerissenheit" veranschaulicht Abb. 5. Sie zeigt acht Stück der Wintersorte „Schöner von Boskoop", die wegen ihrer Neigung zum „Platzen am Baum" berüchtigt ist. In diesem Jahr ging's bei mir noch gnädig ab! Zwar zeigte von etwa /* Zentnern „Boskoop" wohl jeder vierte Apfel mehr oder weniger grosse Risse, doch waren sie durch- weg gut verheilt und es kam trotz des regnerischen Sommers in keinem Fall Gerissene Aepfel. 55 zur Fäulnis. Zumeist sassen die „Schmisse" nämlich seitlich auf den Backen und gingen nur etwa 5 bis 10 mm tief ins Fleisch. Solche Wunden bedecken sich beim „Boskoop" überraschend schnell mit einer Korkschicht» die die Luft abschliesst und den Fäulniserregern den Zutritt versperrt. In unserem Bilde heben sich die schülferig verharschten Narben gut von der ursprünglichen Schale ab, trotzdem auch diese bei meinen „Boskoop" durch- I Abb. 4. Teile einer geplatzten Frucht von „Langtons Sondergleichen'^ Das innere Fruch fleisch liai sich von dem äusseren abgesondert. weg kartoffelartig rauh ist. Der vorn liegende Apfel wurde von mir in der Richtung einer tiefen Narbe zerbrochen, um zu zeigen, dass auch un- mittelbar unter der Schale das Fleisch keinen Schaden genommen hat. Die Trübung der Bruchfläche ist auf das unvermeidliche Anlaufen des Frucht- Abb. 5. Aeplti der IVinte/sorte „Schöner lon Boskoop"' in angeplatztem Zustand, fleisches beim Liegen an der Luft zurückzuführen. Es tritt bei den Renetten vor der Vollreife besonders schnell ein. Böser endet das Reissen beim „Boskoop", wenn es an der Stielhöhlung erfolgt. Diese ist tief und nur durch wenig Fleisch von der sogenannten „Achsenhöhle" getrennt (s. Abb. 5). Jeder Riss an dieser Stelle führt also bis ins „Herz" und lässt Tau- und Regenwasser, sowie Pilzkeime in die natürlichen Hohlräume des Apfelinnern gelangen. In trockenen Som- 56 Vier Bitten des Kriegsamts. mern heilt der robuste „Boskoop" zuweilen selbst solche Schäden wieder aus, besonders wenn dem Riss am Stiel ein solcher am Kelch entspricht, durch den das eingedrungene Wasser wieder ablaufen kann. Es werden dann gar nicht selten gesundfleischige Aepfel geerntet, durch deren Bauch man ungehindert hindurchsehen kann! Den Anlass zum Platzen gibt beim „Boskoop" und bei den ihm ver- wandten rauhschaligen Renetten und Rambourrenetten (wie „Graue fran- zösische Renette" und „Kanada-Renette") das äussere Fruchtfleisch. Es setzt nach Wachstumspausen (infolge vorübergehender Trockenheit) mit seinem Schwellen so plötzlich wieder ein, dass die derbe Schale nicht Schritt halten kann. Glattschalige Aepfel platzen seltener am Baum; nur bei ungewöhnlich grossen Stücken von „Peasgoods Sondergleichen" wird über diese Unart häufiger geklagt. Auch Birnen, Pflaumen, Kirschen und Stachelbeeren werden aus gleichem Anlass in feuchten Sommern durch Platzen am Baum oder Busch vielfach entwertet. Doch ist das Aufreissen durch Saftüberdruck bei Birnen wohl zu unterscheiden von den Begleiterscheinungen der Grindkrankheit. Hochgradig grindkranke Birnbäume zeitigen holzige Früchte mit tiefen, bis ins Kernhaus gehenden Rissen, aus denen die dunklen Sporen des Fusikladiumpilzes hervorbrechen. Durch Saftdruck platzen vorwiegend die Sorten „Baronin von Mello", „Frau Luise Goethe" und „Madame Verte". Vier Bitten des Krtegsamts. Das Vaterland spannt seine Kräfte aufs äusserste an. Es arbeitet mit allen seinen Mitteln ohne Rest von Spielraum. Damit verändern sich die überkommenen Gesetze seiner Wirtschaft. Was ehedem vorsichtig, sparsam, nützlich und notwendig schien, das ist heute überflüssig und fehler- haft geworden, wenn es nicht zum Gelingen des grossen Ganzen bei- trägt. Niemand darf heute, sei es selbst zugunsten einer guten Sache, unterlassen oder gar hindern, was die Landessicherheit vermehrt. Der Staat kann vieles anordnen und überwachen. Aber er überschritte die Grenzen seiner Verantwortlichkeit und seines Leistungsvermögens, wenn er sich unterfinge, alles Tun und Unterlassen jedes einzelnen von Amts wegen vorzuschreiben. Er ist nichts anderes als der Ausdruck des Gesamtwillens seiner Angehörigen. In Stunden, wo dieser Wille eindeutig auf ein einziges Ziel gerichtet ist, wo jeder einzelne das Eine, den Sieg, erringen will, bedarf der Staat der unmittelbaren, bewussten, tätigen Hilfe des ganzen Volkes. Er sorgt, beraten vom Fachverstand der Besten, für die Wegweisung, für die Sperrung des offenkundig Bösen und für die Er- munterung zum Guten. Das Gute recht zu tun, verantworte jedermann vor sich selbst. Einstweilen drängt die Erfahrung der letzten Wochen zu der Bitte an alle, die es angeht, folgende Regeln zu beachten: L Die Grenzen des Kriegsschauplatzes weiten sich stündlich, und kein Teil der Kriegswirtschaft ist so belastet wie die Eisenbahn. Gewiss kann man ihren Dienst auf die reine Kriegsnotwendigkeit beschränken, gewiss kann man ihren rollenden Bestand nach Kräften vermehren: alles das geschieht. Aber wiederum reicht die amtliche Massnahme nicht aus, wenn sich nicht bis in die letzte Faser hinein das Bahnnetz mit dem Geiste Vier Bitten des Kriegsamts. 57 der Gemeinsamkeit erfüllt. Kein Wagen darf als Lagerraum ruhender Güter vergeudet werden; kein Wagen darf an das Ziel rollen, wenn der Empfänger nicht gerüstet ist, ihn schleunig zu entladen; nicht der Lieferer, sondern der Besteller hat den Zeitpunkt des Versandes zu bestimmen, und der Besteller hat diesen Zeitpunkt nach Massgabe des unentbehrlichen kriegswichtigen Bedürfnisses zu wählen. Kein Wagen darf um alter Gewohnheiten willen seine Umlaufwege verlängern. Kein Wagen darf, wenn es sich irgend ver= meiden lässt, leer oder teilbeladen umlaufen. Verkehrsverbände von Nach- barn könnten in vielen Fällen die Vollbeladung schaffen. 2. Niemand soll zur Erfüllung seiner Einzelwünsche unnütz reisen, reden und schreiben. Zumal im Verkehr mit dem Mittelpunkt des Ge- triebes bedient man sich am besten des Sprachrohres einer Gruppe, der man nach Standort oder Beruf zugehört. Je grösser die Gruppe ist, je mehr sie in sich den Widerstreit bis zur reinen Sachlichkfit abgeschliffen hat, desto schneller und wirksamer setzt sie sich durch. Mit dem schönsten Erfolge haben es in der Kriegszeit gerade einige Wirtschaftsgruppen gewagt, selbst ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse preiszugeben. Dort hat sich jeweils der beste Mann zur besten Einrichtung, zum besten Ver- fahren gesellt und auf dem kürzesten Wege, mit den sparsamsten Mitteln die Leistung vollbracht. Bedingte Bereitschaft, versteckter Eigennutz, falsche Geschäftigkeit betrügen sich selbst. Nur durch die rückhaltlose Hingabe an die gemeinsame Wirtschaft wird das Gelingen des Werkes verbürgt. Die Not und die Einsicht gebieten gleichermassen das Opfer jeder Eigenbrödelei. 3. Das Kriegsamt wird überlaufen von Vorschlägen aller Art, wie man Kohle als einen Grundstoff der Kriegswirtschaft sparen könne; es kennt nunmehr alle erdenklichen Vorschläge und schliesst die Akten mit dem Wunsch, dass jeder Deutsche eingedenk sei, er gefährde mit verschwendetem Licht, vergeudeter Wärme, verschleuderter Treibkraft die Landessicherheit und müsse sich solcher Bequemlichkeiten vor den Brüdern im Felde schämen. Zumal in den beiden Zeitabschnitten jedes Wintertages, zu denen sich der Kohlenbedarf der Kraftwerke häuft, morgens vor Sonnenaufgang und abends nach Sonnenuntergang, darf kein Deutscher das Stromnetz zweckos belasten. In jedem Falle aber ist guter Rat billiger als gute Tat. Die Glühbirne des Nachbarn frisst nicht mehr Kohle als die eigene Glüh- birne und weniger Kohlen als der eigene überheizte Ofen. 4. Es ist Willigkeit niederen Grades, wenn jemand ohne Vorkenntnisse» ohne Geübtheit, ohne geeignete Betriebseinrichtung sich dennoch stürmisch zu der ihm bequemsten Tätigkeit erbietet. Das Kriegsamt ist nicht dazu geschaffen worden, um jeden, der Lust hat, Granaten drehen zu lassen. Die Willigkeit höheren Grades bescheidet sich in Geduld, überprüft mit Vernunft ihre Eignung und meldet sich im Rahmen des Gesamtplanes zur recht- zeitigen Verwendung an. Dieser Gesamtplan befindet sich in guten Händen. Das Kriegsamt lässt ihn nach den Gesichtspunkten der Technik und Wirt- schaftlichkeit, der Wohlfahrt und des Rechtes von Fachleuten durcharbeiten, bis er verspricht, unter Anwendung des Kriegshilfsdienstgesetzes die kriegs- wichtigen Arbeitskräfte und Werkstätten zweckmässig zu mobilisieren. Die Willigkeit höchsten Grades wird sich zeigen, wenn die Wirtschaft auch diese letzte Mobilmachung nicht nur erträgt, sondern so freudig selbst voll- zieht, dass sie vom Zwange nichts mehr spürt, weil er mit ihrer Opferwilligkeit zusammenfällt. 5g Mitteilungen aus der Sitzung des „Arbeits-Ausschusses^' usw. Mitteilungen aus der Sitzung des „ Arbeits -Aasschasses" des Reichsverbandes für den deutschen Gartenbau am Freitag, den 15. Dezember, nachmittags 3 Uhr, im Klub der Landwirte, Berlin. (Fortsetzung.) 3. Berichte. A. Ueber die Tätigkeit des Reichsverbandes seit Juni 1916 macht Herr Braun folgende Mitteilungen: a) Ihren Austritt aus dem Reichsverbande haben erklärt: 1. Die Gartenbauschule Hohenheim. 2. Der Grossisten-Verband der Blumenbranche Deutschlands in Köln am Rhein. b) Das gärtnerische Lehrlingswesen. Der „Verband der Handelsgärtner Deutschlands" sollte auf Grund eines Beschlusses vom 24. Juni gebeten werden, das dort vorhandene Material über das gärtnerische Lehrlingswesen dem Reichsverbande zur weiteren Bearbeitung zu übergeben. Das ist vom Handelsgärtnerverbande zunächst abgelehnt worden, da auch sein Material noch höchst unvollständig sei; vor einer Erledigung der angestellten Umfrage bei den einzelnen Gruppen könnten nur Abschriften der zur Sache gemachten Eingaben und veröffent- lichten Artikel zur Verfügung gestellt werden. Es wird beschlossen, die Angelegenheit zu vertagen, Herrn Jung (Köln) aber zu bitten, die von ihm angeregten „Leitsätze für die gärtnerischen Be- rufsvertreter in den Gärtnereiausschüssen der Landwirtschaftskammern" selbst zu entwerfen und bei der Geschäftsstelle einzureichen. c) Die Eingabe des „Bundes deutscher Baumschulenbesitzer" an den Reichskanzler: „im Interesse der heimischen Baumschulen das Verbot der Ein- fuhr von Baumschulartikeln aus Holland voll aufrecht zu erhalten" findet die sachliche Zustimmung des Vorstandes. Da der „Wirtschaftliche Ausschuss", der für diese Sache zuständig ist, bereits entsprechende Schritte getan hat, ist die Sache erledigt. d) Der „Reichsverband der privaten Vereine für Kriegs- fürsorge" hat jetzt in einer Vertreterversammlung Satzungen angenommen und sie bei dem Registerrichter zur Genehmigung eingereicht. Diese Ge- nehmigung ist aber noch nicht erfolgt. Es wird beschlossen, diesem Reichsverbande gegenüber wie bisher eine abwartende Stellung einzunehmen. e) Der Vorstand stimmt den Ausführungen, welche der „Allgemeine Deutsche Gärtner-Verein", der „Verband Deutscher Privatgärtner" und der „Deutsche nationale Gärtner-Verband" zu den ehehindernden und geburtenbeschränkenden Arbeitsbedingungen, welche zurzeit noch immer auftauchen, voll zu. Der Vorstand wird durch die Presse brieflich und mündlich in der gleichen Richtung aufklärend wirken. f) Die sich häufenden Schwierigkeiten im Zeitungsgewerbe haben eine fruchtbare Tätigkeit des Nachrichtenamtes immer mehr lahm gelegt. Nur bei besonderen Verhandlungen und Tagesereignissen ist es geglückt, Mitteilunoen aus der Sitzung des „Arbeits- Ausschusses^' usiv. 59 gelegentliche Notizen in die Presse zu bringen. Eine Belebung dieser Tätig- keit darf erst nach dem Kriege erwartet werden. g) Am 31. Oktober hat im Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten eine Beratung stattgefunden, um sich über die Preise der Ge- müsesamen zu einigen. Als Vertreter des Reichsverbandes war Herr Kettlitz zugegen. Seine Darlegungen wurden anerkannt und seine Preis- vorschläge angenommen. Danach dürfte mit hohen Preisen aller Gemüse- samen zu rechnen sein. B. lieber die Tätigkeit des „Wirtschaftlichen-Ausschusses" berichtet Herr Beckmann, dass sie sich auf folgende Vorkommnisse er- streckt habe: a) auf die künftigen Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn. Zur weiteren Beratung werden im Frühjahr 1917 Vertreter der gartenbautreibenden Bevölkerung beider Länder in Deutsch- land tagen; b) auf die Einfuhr von Blumen aus Belgien. In einer Eingabe ist ge- beten, nur eine beschränkte Einfuhr zuzulassen; c) auf die Einstellung und Ausbildung weiblicher gärtneri- scher Lehrlinge. Auch sie sollen in Zukunft eine entsprechende Lehrzeit in einer praktischen Gärtnerei mit folgender Lehrlingsprüfung durchmachen; d) auf eine umfangreichere Beurlaubung von Gemüsegärtnern zur In- standhaltung ihrer Betriebe; e) auf die Bereitstellung und den Bezug von Saatkartoffeln; f) auf die Einfuhr holländischer Blumenzwiebeln; g) auf möglichste Beseitigung der Kohlennot. 4. Satzungsänderungen. Ueber den Stand dieser wichtigen Angelegenheit macht Herr Braun folgende Mitteilungen: Am 24. Juni erkannte der „Arbeits-Ausschuss" die Notwendigkeit einer Satzungsänderung an. Es wurde beschlossen, alle angeschlossenen Vereinigungen auf- zufordern, Vorschläge für die geplanten Satzungsänderungen bis Ende August 1916 bei dem Vorstande einzureichen. Der eingegangene Beratungsstoff sollte dann von dem engeren Vor- stande gesichtet, bearbeitet, zu einem Entwurf vervollkommnet und dieser dann allen angeschlossenen Vereinigungen zur Beratung im engeren Kreise unterbreitet werden. Die endgültige Fassung sollte dann einem „Satzungsausschuss" über- tragen werden, in dem je ein Vertreter der angeschlossenen Vereinigungen Sitz und Stimme haben sollte. Am 10. Juli sind die betreffenden Rundschreiben an alle angeschlossenen Vereine zur Versendung gelangt. Hierauf sind von 29 Mitgliedervereinen nur fünf Meinungsäusserungen erfolgt: Am 26. August vom „Verein Erfurter Handelsgärtner". Es sind nur vier kleine Wünsche mehr formaler Natur. Sie beziehen sich auf Termin- änderungen bei Gärtnertagen, Verhandlungen des „Arbeits-Ausschusses" und auf den Reservefonds, der angesammelt werden sollte. Am 26. August von der „Bayerischen Gartenbau-Gesellschaft"; sie hatte zurzeit noch keine Erinnerungen zu machen. 60 Aus den Abteilungen der D. G. G. Am 31. August von der „Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst". Sie geht auf die Sache nicht näher ein, schlägt aber für die Behandlung der ganzen Frage einen anderen Weg vor, als er in den Beschlüssen vom 24. Juni festgelegt ist. Am 25. September vom „Verein selbständiger Gärtner Badens". Ihm ist es infolge Einberufung mehrerer Vorstandsmitglieder nicht möglich, Vor- schläge einzureichen. Am 25. September vom „Allgemeinen Deutschen Gärtner-Verein". Von ihm liegen „Richtlinien für eine Aenderung der Satzung des Reichsverbandes für den deutschen Gartenbau" vor. Die Grundgedanken dieses Entwurfes sind kurz folgende: 1. In der neuen Satzung ist vor allem aufrechtzuerhalten, was schon in der alten als wesentiiclie Aufgnhe des RDG Geltung hatte und welches lautet: „Der Reichsverband bildet für den deutschen Gartenbau den neu- tralen Boden, auf dem alle etwaigen Meinungsverschiedenheiten unter den gärtnerischen Vereinen, Verbänden usw. in sachlicher und freund- schaftlicher Weise ausgeglichen werden, damit durch die machtvolle Einwirkung des Reichsverbandes, als der von den deutschen Gärtnern anerkannten gemeinsamen Vertretung, allen für den gesamten deutschen Gartenbau wichtigen Aufgaben der volle Erfolg verschafft werde." (Fortsetzung folgt.) Aas den Abteilungen der D. G. G. Niederschrift der Sitzung der Abteilungen für Pflanzenschmuck und Blumenzucht am Montag, den 22. Januar 1917, abends 7 Uhr, Berlin, Invalidenstrasse 42. 1. Auf die Verlesung der Nieder- schrift vom 18. Dezember 1916 wird verzichtet. 2. Herr Gärtnereibesitzer Kett- litz-Berlin-Buchholz macht eingehende Mitteilungen über den Kriegsgemüsebau, wie er heutzutage nach grossen Gesichts- punkten und unter Unterstützung staatlicher Stellen betrieben wird. Der Krieg habe dafür gesorgt, dass der Gemüsebauer aus seiner Aschen- brödelstellung zur vollen Anerken- nung gelangt sei. Mehr als je müss- ten die Gemüsebauer alle Kräfte im Frühjahr einsetzen, um dem ver- mehrten Anspruch an gute Volks- nahrungsmittel zu genügen. Eine besondere Schwierigkeit liege in der beschaffung brauchbaren Saatgutes aber auch hier würde alles Erforder- liche getan. 3. Herr Königl. Garteninspektor A m e 1 u n g, der wegen Dienstpflicht am Erscheinen verhindert ist, hat über den „Kriegsgemüsebau in städti- schen Betrieben" einen Bericht ein- gesandt, der zur Verlesung kommt. Er ist im Nachfolgenden abgedruckt. 4. In der Aussprache werden die verschiedenen Gemüsesorten, ihre Anbaufähigkeit und -ergiebigkeit im einzelnen besprochen. Besonders wird darauf hingewiesen, dass man das Frühgemüse nicht gar zu zeitig abernten möge. Gut ausgereiftes Frühgemüse mit grösserem Gewicht liefere auch bedeutend grössere Men- gen, was bei der herrschenden Knappheit von Wichtigkeit sei. Dem wird im allgemeinen zugestimmt; doch wird auch darauf verwiesen, dass man bei zeitiger Aberntung des Frühgemüses die Felder zu einer zweiten Ernte frei bekomme. Auch hiesse es im Frühjahr schnell Ware auf den Markt bringen, um dem Mangel an Esswaren abzuhelfen. Bei Kohlrabi hätte die frühe Ernte kaum schädliche Folgen, da ja auch die zarten Blätter mitgegessen würden. Aas den Abteilungen der D. G. G. 61 5. Auf eine Anfrage, ob die Kar- bidrückstände (Azetylenkalk) in der Gärtnerei und Landwirtschaft verwendet werden können, wird der Bescheid erteilt, dass eine solche Verwendung bereits seit längerer Zeit bestehe. Nur müsse darauf ge- achtet werden, dass der Azetylen- kalk längere Zeit gut durchlüfte, da- mit die vorhandenen pflanzenschäd- lichen Stoffe oxydieren. 6. Aus der Mitte der Versamm- lung wird der Wunsch laut, zur Zeit der Fliederblüte die Späthsche Baumschule zu besuchen. 7. Eine Prüfung der Kassenbe- stände hat die Richtigkeit ergeben. Den Schatzmeistern wird Entlastung erteilt. 8. Während des noch fortdauern- den Krieges wird beschlossen, in keine Neuwahlen einzutreten, son- dern die bisherigen Vorstandsmit- glieder um Beibehaltung ihrer Aem- ter zu bitten. Das geschieht. St. Kriegsgemüsebau in städtischen Betrieben. Als im Herbst 1914 der schänd- liche Aushungerungsplan der Eng- länder immer deutlicher zutage trat, da regten einsichtsvolle Männer an, alles Brachland, besonders bei den Städten, zum Anbau von Kartoffeln und Gemüse urbar zu machen. Wohl gab es viele, die da meinten, der Krieg sei zu Weihnachten zu Ende, doch behielten die Vorsorg- lichen leider recht, dass wir noch an Nahrungsmangel leiden würden. So wurde nun von Vereinen und Verwaltungen dafür gesorgt, dass die Brachländereien verteilt und kulturfähig gemacht wurden, wobei meinem Ermessen nach manchmal des Guten zu viel getan wurde, indem unfruchtbarer Boden vergeben wurde, welcher als Ernteergebnis nicht die Aussaat versprach. Auf diese Weise ist leider in dem trocknen Jahre 1915 viel Saatgut verschwendet worden. Eigentümlich mutete es von ganz gebildeten Leuten an, von ihnen zu hören, „es genügt, wenn auch nur die Aussaat wieder geerntet wird!" Dass man die Mühe und Arbeit für bessere Dienste im Interesse des Vaterlan- des verwerten könne, daran dachte man im Jahre 1915 noch nicht. Die jetzt eingeführte Zivildienstpflicht hat uns eines besseren belehrt. — Was ist nun seitens der Städte ge- schehen, um den Kartoffel- und Ge- müsebau in ihren Gemarkungen zu fördern und im Interesse der Ein- wohner zu verwenden? Soweit mir bekannt ist, kommen dabei drei Hauptmassnahmen in Be- tracht: 1. Die Verteilung des den Ma- gistraten von Gesellschaften und Privaten überwiesenen Landes an Interessenten. 2. Die Unterstützung solcher In- teressenten mit Dünger, Saatgut, Pflanzen und Wasser unter gewissen Bedingungen und 3. Die eigene Anzucht von Kar- toffeln und Gemüse auf städtischem Grund und Boden durch die Garten- verwaltung unter Verringerung von Luxuspflanzen. Zu 1. In einer Stadt W. waren dem Magistrat von Baugesellschaften und Privaten Ländereien zur Ver- fügung gestellt worden, durchweg Brachland. Von diesem Brachland wurden von einem gärtnerischen Sachver- ständigen acht Blocks durch Unter- suchung des Bodens als geeignet für alle Gemüsekulturen befunden. Diese acht Blocks wurden aus lau- fenden Etatsmitteln in Parzellen ein- geteilt, mit Pfählen und zwei Draht- zügen eingezäunt und jede mit zwei Fudern abgelagerten Strassendüngers versehen. Jede Parzelle in Grösse von 400 qm erhielt auch ein Wasser- fass. Zur Bestreitung der Selbstkosten für Gesamtleistung bei der Dünger- anfuhr hatte jeder Inhaber einer Parzelle 15 M. zu zahlen. Die Stadt lieferte dann umsonst das Saat- und Pflanzenmaterial so- wie das nötigste Wasser. Die Anfuhr von Wasser durch Wasserwagen und die Füllung der Wasserfässer durch Schläuche ge- nügte in dem trockenen Sommer 1915 nicht den Anforderungen, so dass später auf den grösseren Blocks eine Druckleitung gelegt wurde mit selbsttätiger Füllung aufgestellter Bottiche. Für die Lieferung dieser Hilfs- mittel wurde den Interessenten je- doch die Bedingung auferlegt, ihre Parzelle nach einem bestimmten Plan, der jedem übergeben wurde, 62 Aus den Abteilungen der D. G. G. zu bewirtschaften. Es sollte damit bezweckt werden, die eigentlichen Nährgemüse — auch einen grossen Teil mit Kartoffeln - anzubauen. Luxusgemüse und sonstige Lieb- habereien sollten ausgeschlossen werden. Durch einen Vortrag in einem öffentlichen Gebäude wurden die Interessenten an der Hand eines grossen Planes mit den Grundzügen der Parzellenbewirtschaftung be- kannt gemacht. Sonstige lehrreiche Winke wurden den Parzellisten durch Tafelanschlag auf den Ge- müseblocks gegeben. Das Ernteergebnis der Lände- reien, w^elche von Parzellisten aus fast allen Schichten der Bevölkerung bebaut wurden, war trotz des rohen Bodens und des trockenen Sommers ein zufriedenstellendes. Es wurde nach dem Marktwert nach Massgabe der Erzeugerpreis auf durchschnitt- lich 60 M. für die Parzelle von 400 Quadratmetern geschätzt. Im Jahre 1916 erhöhte sich der Ernteertrag auf etwa 100 M., wozu neben dem besser vorbereiteten Boden der feuchte Sommer wesentlich beitrug. Ich kann dieses Kapitel nicht schlie- ssen, ohne auf einige für den Fach- mann interessante Beobachtungen hinzuweisen. Zunächst die Wand- lung vieler Parzelleninhaber im Laufe zweier Jahre. Während bei der ersten Vertei- lung der Parzellen viele sehr wähle- risch waren und Parzellen, welche sich etwas schwer bearbeiten Hessen, zugunsten anderer zurückgaben, drängten sich jetzt dieselben dazu, um selbst Schuttstellen und unfrucht- bares Land urbar zu machen. Ich erblicke darin nicht nur die Not in jetziger teurer Zeit der Lebensmittel, sondern auch die vermehrte Lust und Liebe zur Bebauung einer eigenen Scholle. Jedenfalls war die Un- wissenheit vieler Parzellisten in der Landbebauung auffällig und die Er- ziehung dazu für gewisse Bevölke- 1 ungsschichten sehr heilsam. — Mancher wurde auch bekehrt, der Besserwisserei treiben wollte. So kamen z. B. einige nach Verteilung von Saatkartoffeln („Frührosen") zu mir sehr aufgeregt und sagten: „Sie haben uns schlechte Saatkartoffeln gegeben; die haben sich, zur Probe gekocht, als ganz wässerig erwie- sen." Als ich ihnen erklärte, dass man Frühkartoffeln, die man pflanzen wolle, nicht im Frühjahr als vollwertig geniessen könne, gin- gen sie beschämt von dannen. Zu 3. Die Bebauung von städti- schem Gelände mit Kartoffeln und Gemüse war recht lohnend. Von letzterem handelt es sich hauptsäch- lich um Wirsing-, Weisskohl, Bohnen, Kohlrabi, Kohlrüben und Mohr- rüben. Im Herbst wurde das Brachland aus laufenden Mitteln urbar gemacht, fuhrenweise die Peden (Quitten) ab- gefahren und mit altem Strassendung gedüngt. Die nötigen Pflanzen zog die Gärtnerei mit denen heran, welche für die Parzellisten zur gegebenen Zeit geliefert wurden. Selbstverständlich wurde die An- zucht von Luxuspflanzen stark ein- geschränkt. Ein besonders gutes Resultat lieferten die im Herbst im Mistbeet ausgesäten und über- winterten Frühkohlpflan- zen, Kohlrabi und Salat. Selbst auf B e r g 1 a n d , das man im allgemeinen nicht als „Kohlland" anzusprechen pflegt, gedieh der Frühkohl in dem „Neuland" präch- tig. Damit bewahrheitete sich das Sprichwort der alten Gemüsegärt- ner: „G ewisse Sachen wach- sen auf Neuland schon mal aus Neugierd e". Hervorzuheben ist noch, dass das trockene Jahr 1915 ein besseres Re- sultat bezüglich des Frühkohls brachte als das feuchte Jahr 1916. Der gesamte Ernteertrag von städtischen Ländereien, welche von der Gartenbauverwaltung bewirt- schaftet wurden, kam unverkürzt der Armenverwaltung der Stadt zugute. Der Wert der geernteten Gemüse wird, zu Erzeugerpreisen berechnet, für den Morgen auf durchschnittlich 800 M. geschätzt. Nun noch einige Worte über die Zukunftsaufgaben städtischer Be- triebe im Interesse des Gemüse- baues. Diese schweren Kriegsjahre haben jedenfalls gezeigt, dass die Gartenkunst nicht allein darin be- stehen darf, schöne, stilvolle Anlagen und Plätze einzurichten und zu schmücken, sondern auch darin, in schweren Zeiten Nahrung für das Volk zu schaffen. Ich will denen nicht das Wort reden, die da wünschen, dass man Kleine Mitteilungen. 63 die Stadtplätze mit Gemüse bestellen soll; denn neben der schwierigen Kulturfrage wäre es allein eine grosse Frage, wieviel Personal dazu gehörte, um Tag und Nacht das Ge- müse gegen Diebstahl zu sichern. Aber es wäre im Interesse der Allgemeinheit nützlich, wenn die städtischen Gartenverwaltungen stets — auch in Friedenszeiten — Fühlung mit dem gemüsebauenden Publikum in der Umgebung behielten, damit zu Zeiten der Not Versuche mit diesen und jenen Mitteln nicht erst gemacht zu werden brauchten, sondern gleich mit sicheren Kulturverfahren einge- griffen werden könnte. Für die jetzige Jahreszeit wohl etwas spät, aber schliesslich bei Tau- wetter noch am Platze, ist eine Mah- nung, welche alle, die Gemüseland zu überwachen haben, berücksichti- gen sollten. Ich habe diese Mahnung an alle von mir zu überwachenden Gemüseblocks anschlagen lassen: „Es liegt im vaterländischen Inter- esse, eine Kultur- und Ertragsstei- gerung der bebauten Flächen herbei- zuführen. Dazu gehört, dass noch vor Eintritt des Frostes alles abge- erntete Land gegraben wird. Es sind daher sämtliche nicht mit Winter- gemüse bestellten Teile der Parzel- len baldigst umzuarbeiten und in roher Scholle bis zum zeitigen Früh- jahr liegen zu lassen." Häufig erlahmt das Interesse vieler unerfahrener Gemüsebauer und Kolonisten nach dem Abernten im Spätherbst bis zur Wiederbestel- lung im Frühjahr. Daher ist diese Mahnung im Interesse des Kartoffel- und Gemüsebaues in dieser Kriegs- zeit ganz besonders erforderlich. Amelung. Kleine Mitteilungen, Ein Beitrag zum Kapitel „Förderung des Obstbaues". Von H. K 1 i t z i n g , Obstplantagen- besitzer in Ludwigslust. Die folgenden Zeilen sollen ver- suchen, die Anregung zu geben, mehr wie bisher die Lebensbedingun- gen der einzelnen Obstsorten zu er- forschen. Sind wir über diesen Punkt erst besser orientiert, so werden wir gewöhnlich auch Mittel zur Ver- fügung haben, unsere Obsternten, namentlich hinsichtlich des feinen Tafelobstes, für die Zukunft sicherer zu gestalten und die Qualität der Früchte zu erhöhen. Seit einer Reihe von Jahren stellte ich Beobachtungen und Versuche nach dieser Richtung an, und an der Hand von ein paar Beispielen werde ich kurz mitteilen, wie ich bei meinen Arbeiten vorgegangen bin. Zunächst beschränkte ich mich hierbei auf zwei Apfelsorten, deren Bäume hier zwar in den einzelnen Organen sich durch besondere Gesundheit aus- zeichneten, die aber einesteils, wie der „Gravensteiner", unzuverlässig im Tragen waren oder andernteils wie „Antonowka" bei Anwendung der allgemein üblichen Aufbewah- rungsart der Früchte in bezug auf Geschmack und Haltbarkeit der letz- teren den gestellten Erwartungen nicht entsprachen. Auf Grund der bei meinen Ver- suchen erzielten Resultate möchte ich, wie ich es auch schon an anderer Stelle taf), behaupten, dass der „Gravensteiner" in bezug auf den Boden keine so grossen Anfor- derungen stellt, wie gewöhnlich angenommen wird, und dass auf eine früh einsetzende und regelmässige Tragbarkeit (bei Halbstämmen bei mir vom zehnten Jahre nach der Pflanzung an) die Art der Boden- bearbeitung und die Art der Dün- gung von grossem Einfluss sind. Ganz besonders vorteilhaft erwies sich ein i'Ä m tiefes Rigolen des Landes vor dem Pflanzen. Zur Er- zielung eines regelmässi- gen und befriedigenden Fruchtansatzes scheint es mir ferner nicht gleichgül- tig zu sein, welche anderen Apfelsorten zu gleicher Zeit mit dem „Graven- steiner" in der Nachbar- schaft blühen. Bezüglich der Apfelsorte „Anto- nowka" stellten meine jahrelangen Versuche fest"), dass die Früchte ') H. Klitzing: Anregung zu Arbeiten, welche die Erzieiung einer grösseren Fruchtbarkeit hei Obstbäumen verfolgen. ZeitschriftfürPflanzenkrantc heiter, Jahrg. 1915, Heft 7, S. 439-441. -) H Klitzin?: Anfonovvka. Deutsche Obstbauzeitung 1917. €4 Literatur. nur dann das ihnen eigene, herrliche Aroma entwickeln und sich ziemlich lange halten, wenn dieselben erst nach Annahme einer goldgelben Färbung geerntet werden und (was das Wichtigste ist) wenn man die Früchte nicht im Keller, sondern in einem hellen, oberirdischen Raum, am besten auf Tischplatten, aufbewahrt. Ein hiesiger Herr, dem ich diese mit „Antonowka" ge- machten Erfahrungen mitteilte, breitete die Früchte dieser Sorte in diesem Jahr auf Hängebrettern in einem Treibhaus aus und war mit dem Erfolg sehr zufrieden. Die Früchte von „Antonowka" sind mit einer aussergewöhnlich starken Wachsschicht bedeckt und schon aus diesem Grunde ist es da- her leicht verständlich, dass solche an den Aufbewahrungsraum andere Ansprüche stellen wie die Früchte von vielen anderen Apfelsorten. Finden die aufgezählten Punkte Berücksichtigung, so liefert die Sorte „Antonowka" für den Monat Ok- tober die feinsten Tafel- äpfel. Die Früchte halten sich zwar bei richtiger Lagerung bis in den Januar hinein, werden aber von November an mehlig. Sie sind jedoch von November bis Januar ihres her- vorragenden Aromas und der weissen Farbe des Fruchtfleisches wegen, welch letztere auch nach dem Kochen erhalten bleibt, als Wirt- schaftsfrüchte ersten Ranges zu be- zeichnen. Wenn von verschiedenen Seiten der „Antonowka" überhaupt nur als Wirtschaftsapfel angesehen wird, so liegt dieser Art der Ein- schätzung wohl hauptsächlich eine unrichtige Lagerung zugrunde. Es gibt für die hiesigen Verhältnisse keine Apfelsorte, die eine so hohe und sichere Rente abwirft wie „Anto- nowka". Diese Sorte, die hier auch mitunter als russischer Kalvill be- zeichnet wird, erfreut sich daher namentlich bei den hiesigen Erwerbs- cbstzüchtern besonderer Beliebtheit. Ich hoffe, dass meine hiesigen Ver- suche dazu beitragen werden, dass auch der ,.Gravensteiner", der König der deutschen Aepfel, in den für ihn klimatisch günstigen Länderstrichen, viel mehr, als wie es in den letzten Jahrzehnten der Fall war, an- gepflanzt wird. Literatur. Der Gärtnerinnenberuf. Von Garten- architektin A. L. W a e c h 1 1 e r. (55 S.) 8. Geh. 0,50 Mark. Ver- lag von B. G. T e u b n e r, Leipzig und Berlin, 1915. Es gibt wohl kaum einen zweiten Beruf, der für die Frau so reizvoll ist, in dem sie ihre natürlichen An- lagen so gut verwerten kann, wie der „G ärtnerinnenberu f". Und wie mannigfaltige Betätigungs- möglichkeiten bietet er ihr, so dass jede nach ihrer besonderen Veran- lagung, möge diese nun auf prak- tischem oder auf sozialem Gebiete liegen, möge sie ihre künstlerische Begabung, ihren Kunst- und Formen- sinn in den Dienst eines Berufes stellen wollen ~ etwas für sie Ge- eignetes finden wird. So darf man sich nicht wundern, dass der noch junge werdende Beruf in jüngster Zeit rasch immer mehr Anhänge- rinnen gefunden hat, und es ist zu er- warten, dass viele, die vor der Be- rufswahl stehen, nun gern nach einem Büchlein greifen werden, das diesen nach allen Seiten hin beleuch- tet, sowohl das Schöne in ihm, das zur Begeisterungsfähigkeit in der Arbeit lockt, als auch die Vorbedin- gungen, die er an körperliche und geistige Leistungsfähigkeit stellt. A. L. Waechtler gibt in dem preis- werten, im Verlage von B. G. Teub- ner erschienenen Schriftchen auf Grund einer jahrelangen Praxis eine knappe und doch erschöpfende Uebersicht aller Ausbildungsmög- lichkeiten: eine Aufstellung aller Lehrgänge der verschiedenen Garten- bauschulen mit Angabe der Kosten und Dauer der Ausbildung sowie eine Zusammenstellung der mannig- fachen Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Schrift weist aber auch der jungen Gärtnerin die Wege zur Weiterbildung, und sie wird darüber hinaus allen, die sich über die Eig- nung der Frau für diesen Berufs- zweig, über die Möglichkeit ihrer Anstellung, z. B. in Handelsgärtne- reien, Gütern und Villen, Sanato- rien, Heilstätten und Pflegeanstalten usw. mit grossen Garten- und Park- anlagen, unterrichten wollen — und Literatur. 65 das sind jetzt gerade bei dem Mangel an männlichen Arbeitskräften nicht wenige — , wertvolle Aufschlüsse ^eben. W. Junk, Bibliographia Botanica. Ein Band von 750 Seiten mit 25 000 Büchertiteln. Berlin W 15, Verlag von W. Junk. Leinenband. M. 1,50. Dieser starke Band, der ein Supplement ist zu dem 1909 erschie- nenen Hauptwerk, ist weit mehr als ein Katalog der bei der bekannten naturwissenschaftlichen Firma vor- rätigen Bücher und Werke botani- schen Inhalts; er ist gleichzeitig, wie schon der Titel sagt, eine wirkliche Bibliographie, indem er nicht nur ge- naueste, sonst von keinem Buch- händler gemachte bibliographische Beschreibungen liefert (z. B. Seiten- und Figurenzahlen, die Zeitschriften, aus denen die Abhandlungen stam- men, angibt usw.), sondern über- haupt auch die gesamte seit 1909 ver- öffentlichte Literatur und unzählige Nachträge von früher erschienenen Werken umfasst. Eine weitgehende Einteilung ermöglicht dem Benutzer eine schnelle Orientierung über die Literatur eines jeden Spezialgebie- tes. Wer sich z. B. für Garten- pflanzen, für die Flora Ostasiens, für Schachtelhalme interesiert, findet die geeigneten Werke aufs sorgfäl- tigste zusammengetragen. Und das alles, in einen schmucken Band ge- bunden, zu einem besonders jetzt so überaus billigen Preise. Taschenkalender für Kleingarten- bau für 1917. Herausgegeben von Fritz Withum, Sekretär beim Bad. Landw. Verein in Karlsruhe. (VIII und 164 Seiten.) Verlag der G. Braunschen Hofbuchdruckerei in Karlsruhe. Preis 1 Mark. Der Weltkrieg hat auf die Klein- gartenbaubewegung eine fördernde Wirkung ausgeübt. Veranlasst durch die Knappheit der Nahrungsmittel, forderten die Regierungen im ganzen Reiche auf, brachliegende Grund- stücke anzubauen. Ueberall regen sich nun fleissige Hände, und es ist zu hoffen, dass auch nach dem Krieg das allgemeine Interesse für den Gartenbau anhält. Wer der Losung zustimmt „zurück zur Natur", ist als Kleingärtner auf dem richtigen Wege. Der vorliegende Kalender soll allen denen, die sich der Garten- arbeit zugewendet haben, Finger- zeige geben, wie und wann die wich- tigsten Arbeiten vorzunehmen sind. Aus dem reichen Inhalt sei nur er- wähnt: Monatsarbeitskalender, Ein- teilung des Gartens, Laube im Klein- garten, Aussaat ins Freilandsaat- beet, ins Mistbeet, an Ort und Stelle, Düngung, Saatbedarf und Erntemen- gen, Wechselwirtschaft, Keimkraft und Keimdauer, Erntezeit usw. usw. Uebersichtliche Tabellen sind ein- gestreut. Wenn alles, was in diesem Kalender kurz zusammengefasst ist^ Beachtung findet, und die eigenen Erfahrungen in den einzelnen Jahren im Kalender aufgezeichnet werden, wird dem Kleingärtner ein guter Er- folg nicht ausbleiben. Schulze, Paul: Scolytus geof- froyi an Wallnuss. Zeitschr. für wissensch. Insektenbiol., Bd. 9,. S. 59, 1913. Während der Borkenkäfer Scoly- tus geoffroyi Goeze fast ausschliess- lich in verschiedenen Ulmenarten lebt» fand ihn der Verfasser Anfang August 1912 in Frassgängen in einem alten kranken Wallnussbaum in Berlin. Schuster, Wilhelm: Der Pfir- sichbock, Purpuricessii- Koehleri Fabr. im Main- zerBecken. Zeitschr. f. wissen- schaftl. Insektenbiol., Bd. 9, S. 60. Der Pfirsichbock gehört vorwie- gend den Mittelmeerländern an, ist aber auch in dem warmen Mainzer Becken gar nicht selten, wo er sich vom Juni ab im Sommer zeigt. Die Larve lebt in kranken Pfirsich- bäumen. j Rothkirch, v.: Einiges über die C 0 1 e 0 p t e r e n des S p r e e- waldes und der Umgebung von Lübben. Zeitschr. f. wis- sensch. Insektenbiol., Bd. 9, S. 109 ! bis 114. 1913. An Esche ist Hylesinus erena- tus F. häufig und richtet in Verbin- dung mit H. fraxini oft erheblichen Schaden an. An Hainbuchen lebt ziemlich häufig Scolytus carpini. Die i geringe Fruchtbarkeit der Weibchen scheint eine Schädlichkeit dieses Kä- fers auszuschliessen. Auch Agrilus olivicolor Kos. kann trotz grosser Häufigkeit wohl den Hainbuchen nicht schädlich werden, da die Lar- 66 Unterricht. ven nur in unterdrückten Zweigen oder in solchen Zweigspitzen leben, die abgeschnitten wurden und auch dort nur die abgestorbenen Enden bewohnen. Espen leiden stark unter Frass des Pappelglasflüglers (Trochi- lium apiforme Cl.). Scolytus ratze- burgi schädigt die Birken ; wohl 30 bis 40 in den Schiessständen werden jedes Jahr durch ihn zugrunde gerichtet. Sacharo w, N.: Oecanthuspellu- cens als gelegentlicher Parasit des Weinstockes. Obstgarten , Marktgarten und Bachza, 1913,8.193—196 (Russisch). Das Weinhähnchen (Oecanthus pellucens) legtdieEierin die Sommer- triebe des Weinstockes ab, und zwar zwei bis drei Eier in eine Aushöh- lung. Im folgenden Frühjahr schlüp- fen die Larven aus; die Entwicklung ist im Juli beendet. Da das Tier je- doch sich hauptsächlich von Blatt- läusen ernährt, ist es eher als nütz- lich anzusehen. Die durch die Ei- ablage verursachten Wunden führen kaum zu einer Schädigung, zumal die Eiablage nur gelegentlich auf dem Weinstock, meist aber auf anderen Pflanzen z. B. Rubus caesius, erfolgt. Unterricht. An der Königlichen Gärtnerlehr- anstalt in Berlin-Dahlem finden im Jahre 1917 folgende Sonderlehrgänge statt: 1. Lehrgang für Kriegsinvaliden (allgemeiner Gartenbaukursus) vom 12. bis 17. März. 2. Lehrgang für Gartenfreunde (all- gemeiner Gartenbaukursus für Damen und Herren) vom 26. bis 31. März. 3. Lehrgang für Obst- und Gemüse- verwertung vom 18. bis 23. Juni. 4. Lehrgang für Obst- und Gemüse- verwertung vom 25. bis 30. Juni. 5. Lehrgang für Obst- und Gemüse- verwertung für Haushaltungs- lehrerinnen vom 2. bis 14. Juli. 6. Lehrgang für Kriegsinvaliden (allgemeiner Gartenbaukursus) vom 23. bis 28. Juli. 7. Lehrgang für Obst- und Gemüse- verwertung vom 1. bis 6. Oktober. 8. Lehrgang für Kriegsinvaliden (Obstbaumschnitt und -pflege) vom 15. bis 20. Oktober. 9. Lehrgang für Obstbaumschnitt und -pflege für Damen und Herren vom 29. Oktober bis 3. November. Das Unterrichtshonorar beträgt: Für die Lehrgänge zu 2, 3, 4, 7 und 9 für Deutsche 9 M., für Ausländer 18 M.; für den Lehrgang 5 für Deutsche 18 M., für Ausländer 36 M. Lehrgänge für „Kriegsinva- liden" (1, 6 und 8) sind honorarfrei. Es ist erforderlich, dass die Be- werber Lust und Liebe zur Natur, praktische Veranlagung für den Gartenbau und entsprechende Vor- bildung besitzen. Anmeldungen sind rechtzeitig an den Direktor der Königlichen Gärt- nerlehranstalt in Berlin-Dahlem zu richten. Nach erfolgter Annahme ist das Unterrichtshonorar einschliess- lich 5 Pfennig Zahlkartengebühr mit- tels Zahlkarte auf das Postscheck- konto der Kasse der Königlichen Gärtnerlehranstalt beim Postscheck- amt Berlin NW 7, Konto-Nr. 26 119, einzusenden, worauf die Zusendung der Teilnehmerkarte erfolgt. Lehrgänge für Obst- und Gemüsebau. An der Königlichen Lehranstalt für Obst- und Gartenbau zu Proskau findet vom 28. Februar bis 3. März ein Lehrgang zur Ein- führung in den Gemüsebau und vom 5. bis 10. März ein solcher zur Ein- führung in den Obstbau statt. An jedem von ihnen können Männer und Frauen, ohne Rücksicht auf Vorbil- dung und Beruf, teilnehmen. Ge- bühren werden nicht erhoben. In theoretischen und praktischen Unter- weisungen soll den Forderungen der Zeit entsprechend vor allem gezeigt werden, wie Garten und Feld im kommenden Sommer besonders gründlich ausgenutzt werden kann. Auf Wunsch kann den Teilnehmern an dem Lehrgang auch Gelegenheit gegeben werden, sich nach Beendi- gung der Unterweisungen noch einige Tage in den grossen Anstalts- anlagen umzuschauen und zu be- schäftigen. i'ereinsnachrichlen . Ö7 Die baldige schriftliche Anmel- dung ist geboten, da die Liste ge- schlossen werden muss, sobald eine gewisse Anzahl von Anmeldungen vorliegt. Pflicht eines jeden ist es, auch das kleinste Fleckchen Land zur Hervor- bringung von Lebensmitteln auszu- nutzen! Gärtnerisches Unterrichtswesen. Die Einführung von Prü- fungen für Gärtnerlehr- linge beschlossen die Landwirt- schaftskammer für die Provinz West- falen und der Ausschuss für Garten- bau beim sächsischen Landeskultur- rat. Die staatl. dipl. Gartenmeisterin. Nach neuer Verordnung des Landwirtschaftsministers werden gebildete Damen, die bisher nur als Gasthörerinnen an den drei höheren preussischen Gärtnerlehranstalten zugelassen waren, für die Folge un- ter den für ihre männlichen Kollegen festgesetzten Bedingungen zum Gar- tenmeisterexamen und dement- sprechend auch als Vollhörerinnen an den in Frage kommenden Lehr- anstalten zugelassen. Vereinsnachrichten. Der Deutsche Pomologen-Verein veranstaltet auch in diesem Jahre während der Landwirtschaftlichen Woche in Berlin, und zwar am Dienstag, den 20. Februar 1917, nachmittags 3 Uhr, im B-Saal, Schwedler-Saal, des Architektenhauses in Berlin W, Wilhelmstrasse 92/93, eine Versammlung. Wir bitten sehr ergebenst, an diesen Verhandlungen und Vor- trägen sich beteiligen und die am Obstbau interessierten Kreise von der am 20. Februar stattfindenden Versammlung unterrichten zu wollen. Der Vorstand des Deutschen Pomologen- Vereins. L 0 r g u s. Vereinigung des Deutschen Gärt- ner-Verbandes mit dem Christlich- nationalen Landarbeiterverband. Vom 1. Januar d. J. ab ist der Deutsche (nationale) Gärtner-Ver- band mit dem Zentralverband der Ferst-, Land- und Weinbergsarbeiter vereinigt und diesem als selbständige Berufsgruppe der Gärtner ange- schlossen. Seine Hauptkassenver- waltung ist mit der des Zentralver- bandes in Bielefeld vereinigt. Für seine berufliche Standesarbeit bleibt der Deutsche Gärtner-Verband als völlig selbständiger Verband be- stehen, um sich auch weiterhin den besonderen Verhältnissen des Gärt- nerberufs anpassen zu können. Haupt- vorstand, Hauptgeschäftsstelle und Zentralstellennachweis des Verban- des bleiben wie bisher in Berlin be- stehen, ebenso gibt er in der bis- herigen Weise seine Verbandszeit- schrift, die „Deutsche Gärtner- Zeitung" heraus. Der Vorsitzende des Zentral- verbandes, Reichstagsabge- ordneter Behrens, tritt auf Grund des Vereinigungsvertrages in den Hauptvorstand des Gärtnerver- bandes ein. Dessen jeweiliger Vor- sitzender gehört dem Hauptvorstand des Zentralverbandes an, in dessen Prüfungsausschuss der Gärtner-Ver- band ebenfalls ein Mitglied entsendet. Der Deutsche Gärtner-Verband hat diese Vereinigung angeregt, weil bei der Organisierung der unge- lernten Arbeiter sich keine Grenz- linien zwischen beiden Verbänden ziehen lassen und auch bei der prak- tischen Gewerkschaftsarbeit die Interessen der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Arbeitnehmer sich vielfach berühren. Auch hat gerade der Deutsche Gärtner-Ver- band im Kriege viele seiner besten Mitglieder und Führer verloren. Um nun die verhältnismässig hohen Ver- waltungskosten und andere Nach- teile eines kleinen Verbandes für die Zukunft auszuschalten, haben die christlich-nationalen Gärtner sich mit dem in den vier Jahren seines Bestehens schon kräftig entwickelten Zentralverband vereinigt, dessen Vorsitzender, Abgeordneter Beh- rens, 1903 den Deutschen Gärtner- Verband mitgegründet hat. e8 Personalnachrichten. Personalnachrichten. Hübner, Otto Wilhelm, Königlicher Garteninspektor und Obergärtner des Kreises Teltow, starb am 2. Januar im Kreiskranken- hause Britz nach langem, schweren Leiden im 50. Lebensjahre. Seit dem Jahre 1902 stand Hübner im Dienste des Kreises Teltow und bekleidete die bei seinem Dienstantritt neu- geschaffene Stelle eines Kreisober- gärtners. Als solcher lag ihm die Oberaufsicht über die Schulgärten, die Baumschulen, über die Baum- pflanzungen an den Wegen und Kreischausseen und über alle son- stigen gärtnerischen Anlagen des Kreises zu. Auch die umfangreichen Anlagen und Pflanzungen am Tel- towkanal sind unter seiner Leitung entstanden. Seit Begründung der Obstbauverwertungs-Gesellschaft im Kreise Teltow war er deren Ge- schäftsführer. Auch als Fachschrift- steller war der Verstorbene wieder- holt mit Erfolg tätig. Im Rahmen der Deutschen Gartenbau-Gesell- schaft hat er deren Ziele nach Kräf- ten zu fördern versucht und im Prä- sidium wie auch in den Ausschüssen wiederholt wertvolle Anregungen gegeben. J a n c k e , Johannes, Potsdam, Kgl. Oberhofgärtner a. D., wurde mit dem Kronenorden 3. Klasse aus- gezeichnet. Karl John, Fachlehrer der Grossherzoglichen Obstbauschule in Friedberg in Hessen starb am 14. Ja- nuar 1917. E. C. Junghans, Redakteur des „Allgemeinen Samen- und Pflanzen- Anzeigers" in Leipzig, starb nach langem, schwerem Leiden. A. Langer, staatlich diplomier- ^ ter Gartenmeister an der Kgl. Gärt- nerlehranstalt für Obst- und Garten- bau zu Proskau wurde zum Kgl. Garteninspektor und Abteilungsvor- steher ernannt. L 0 r g u s , erster Vorsitzender des Deutschen Pomologen-Vereins E. V. in Eisenach, ist zum Ehren- mitglied des schwedischen Pomo- logenvereins ernannt worden. I Löbner, Max, Inspektor des Kgl. Botanischen Gartens in Dres- den, verlässt diese Stelle, um für die Rhein. Landwirtschaftskammer eine gärtnerische Versuchsstation einzu- richten und zu leiten. Die Aufgaben und Ziele dieser Versuchsanstalt wurden von Herrn Gärtnereibesitzer Arends, Ronsdorf, am 15. v. M. auf der Hauptversammlung der Kammer eingehend erläutert. Friedrich Pröller, Gärtnerei- besitzer in Wittenberge, der bisher zwei Jahre mit der Vertretung des Stadtgärtners betraut war, wurde als Leiter der städtischen Anlagen mit der Amtsbezeichnung Stadtgarten- inspektor festangestellt. Richard Ramm, Kreiswander- lehrer für Obst- und Gartenbau in Bayreuth, der seit 1910 (als Beamter des Landwirtschaftlichen Kreis- ausschusses von Oberfranken) als Fachberater im Kreise Oberfranken tätig ist, wurde am 1. Januar 1917 zum Kgl. Kreiswanderlehrer für Obst- und Gartenbau in etatsmässi- ger Eigenschaft ernannt. Rettig, Ernst, langjähriger In- spektor des Grossherzoglichen Bota- nischen Gartens in Jena, starb an den Folgen eines Magenleidens. Schall, Heinrich, Kgl. Hof- gärtenoberinspektor und Betriebsleiter der Kgl. Hofgärten und Anlagen in Bayern, wurde zum Kgl. Hofgärten- direktcr mit dem Range eines Staats- rates befördert. Friedrich Scherer, München- Gladbach, Städtischer Gartendirek- tor, wird die Stelle des städtischen Gartendirektors in Karlsruhe (Baden) übernehmen. Paul Wirth, bisher Revier- gärtner im Kgl. Botanischen Garten zu Dahlem wurde als Obergärtner mit der Vertretung des zum Militär einberufenen technischen Leiters des Kaiser-Wilhelms-Institut für Biologie dortselbst betraut. Zur Beachtung. Die Monatsversammlung im Februar fällt auf Beschluss des Präsidiums aus. (Siehe die Bekanntmachung auf S. 33 dieser Nummer.) Mir die Schrift'eitung veran wortlich : Siegfried Braun, Berlin N, Invalidensitassc 42. Amt Norden 403S. Druck von Rudolf Messe in B:rlin. III Grcsucht za möglichst baW, spätestens März, eine tüchtige, erfahrene Gärtnerin bei hohem Geliali für Park, Gemüsegarten, kleines Treibhaus. Zeugnisse za senden an Frau Rittergutsbesitzer Beyme, Wlosciejewki (Xions, Posen). Für Villengarlen wird Gärtner gesucht. Während der Kriesszcit hauptsächlich Gemüsebau, auch muss Hausarbeit mit über- nommen werden. Dr. Sieben, Marburg a. Lahn. Gartenglas in grösseren und kleineren Posten liefern günstigst Freiüerger Tafelglaswerke G.m.b.ll. in Freiberg. Herrn. A.Hesse grösste resp. reichhaltigste Baumschulen Weenep (Ems), Prov. Hannover erst 1879 gegründet Massenanzncht sämtlicher Freiland- — pflanzen in allen Grössen. — Beschreibender, illustrierter Katalog I9I6|I7 (Über 300 Selten stark) ist erschienen und wird auf Anfrage kostenfrei gesandt. Gegründet 1720 KOtfllOi kostenfrei über. Obst- u. Alleebäume Z iersträuclier Rank pf i a nzen Nadelhölzer Weinreben Stauden Rosen u. 9. w. UM *• Baumschule Anlage von Parks und Gärten Berlin-Baumschulen weg [Areal 1300 Morffen Welclje yTufgaberi hat der ^ausgarten zu erfüllen: 1. ' genug Wie gut QJerarbeitung ju ©efränfen, 9Rarmetobeu ufto. j« »erfe^cn, unb 3. foll er ber gomtHc ein Ort bct Cr^otung unb bäuöUd&en ©lüdcö ?'etn, et foa alfo eine ©cmüfe-, eine Obft« unb eine "SJumen» ober S'crabteitunfl entbaUen. 3)em ©otfenfreunb gibt baö In 3. '2luflftge im untcrjelc^neten Vertage erf(J)lcnenc 93u(iö Kat0cbct für Gartenfreunde auf ®runb eigenet (Ecfabrungen unb unter '33enu^ung beftet QueQen bcarbehet ton lUDDelm dclff We bcfte Einleitung jur göfung bet oben bejet(^neten 9iufgaben. 'Sa« ipraftlfcbe ^Sucl), ba« mit jobuei^en noturgetreuen Elbbtlöuagen flefc^jmuctt tft, fet biennit 3nfcrcfTenten sut Slnfcf)affung befteuö empfobten. Otta», elegant in ©anjlcinen mtt ©otbptägung gebunben, 366 Seiten, mit übet 100 91bbilbuitgen im ^^ ■ ^ ^^ ■ ^erte. andlung voti Rudolf Aloffe in Berlin SW 19, Sentfalemcr 6tra§e 46-49. "^^' ''';X_ .7 . IV R.u(in der SchootS Sohn, Hillesom Holland GEGRÜNDET 1830 GEGRÜNDET 1830 Gartenbau-Etablissement Eigene Blumenzwiebel-Kulturen, umfassend über 200 Hektar (die grössten Hollands) Kataloge werden auf Anfrage gratis zugesandt Post- nJalmsendungen von Holland nachDentscbland werden regelmässig befördert Spezial-Fabrik für modernen Gewächshausbau. Veranden, Wintergärten, Heizungen, Frühbeetfenster. 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IV « R.viiiiderSclioot&Solin,Hinesoin k Holland GEGRÜNDET IS30 GEGRÜNDET 1830 Gartenbau-Etablissement Eigene Blumenzwiebel-Kulturen, umfassend über 200 Hektar (die grössten Hollands) Kataloge werden auf Anfrage gratis zugesandt PosNn.BalmsenduiigeDvonHollandnachDent8Cblandwerden regelmässig befördert Spezial-Fabrik für modernen Gewächshausbau Veranden, Wintergänen. Heizungen, Frühbeetfenster. Transportable Treibhäuser, ges. gesch. Weintreibhäuser. Eigene Kittfabrik. Böttyer& Eschenhorn, G.m.b.H., Berliii-Lichterfelde-O. Moderner Gewächshausbau praktisch und preiswert Oscar R. Mehlhom, Sch\ireinsburg i. Sa. Ffii 15. März 1917 Heft 5 u. 6 i=3cii3oi=ioiz3oirnor=ioizjoi:=ioizioir3oriionrior=ioiz30izioc30criociioir3S; ARTENFLORA a ZEITSCHRIFT für Garten- und BIumenKunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 Schriftleiter: Siegfried Braun, Generalsekretär der D. G. G. BERLIN Kommissions-Verlag von Rudolf Mosse SW 19, Jerusalemer Strasse 46 49 ü? 8ofgG^O%|8c«&Qi?G^»l8cfgQ^O^,ec«gG»G«l8cf§Q^O%l8^^ Erscheint halbmonatlich. Preis des Jahrganges von 42 Druckbogen mit vielen Textbildern und Tafeln für Deutschland und Oesterreich-Ungarn 16 Mark, für die übrigen Länder des Weltpostvereins 18 Mark. Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder durch die host. 1917, Heft 5 u. 6, Inhalt: Uhododeiidrou vuaiianeusu l-iiuiclict S. 09. - Biologisches über Peiono8po..Hc:€en S. 71. — Welctie BSfülmmg ist für den Gärtnereibetrieb die beste? S. 74. - Die Ober Ost-Obst-Ausslcjlung S 76. - Aurc-imgen lür eine Organisation ries Gemüsebaues hei der Heeresverwaltung fe^ /s. — Gul<' Sorten 2 Uhr, im Hörsaal 6 der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin, Invalidenstrasse 42. Vorsitzender: Exzellenz Dr. Hugo Thiel. Die vierte grössere Veranstaltung, welche das Präsidium der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft für das Winterhalbjahr 1916/17 geplant hatte, fand am 29. März als ein „K r i e g s g e m ü s e a b e n d" statt. Der grosse Hörsaal war von Mitgliedern und Gästen, insbesondere von Freunden der Kiemgartenbe- wegung, bis auf den letzten Platz besetzt; alle waren von dem Bestreben erfüllt, vor Beginn der praktischen Arbeiten im freien Felde noch einmal die theo- retischen Notwendigkeiten zu hören und zu erörtern, um Fehler m der Be- bauung zu vermeiden, neue Kulturen zu den bisher betriebenen hinzuzu- nehmen und auf diese Weise die zukünftige Ernährung sicherzustellen. Der Vorsitzende, Exzellenz Thiel, begrüsste die Erschienenen auf das herz- lichste und machte es allen Männern, Frauen und Kindern zur Pflicht, an ihrem Teile dazu beizutragen, dass die Pläne unserer zahlreichen Feinde, Deutschland auszuhungern und dadurch niederzuzwingen, zuschanden würden. Hierauf wurde in die Tagesordnung eingetreten und folgende Vorträge gehalten: (Der Abdruck beginnt auf Seite 102 dieser Nummer.) a) Der Kleingartenbesitzer als Selbstversorger. Herr Generalsekretär S. Braun. , , • n «, b) Was soll der Kleingartenbesitzer für Gemüse bauen und wie soll er e= düngen "^^ Herr Kgl. Oekonomierat E. Lierke (Berlin). c) Die Kartoffelstecklings- und Keimlingszucht sowie Kartoffelabschnitte als Mittel zum Durchhalten. Herr Stadtgartendirektor A. Brodersen (Berlin). ^ ^^ b) Welche tierischen Schädlinge bedrohen den Gemüsebau? Was muss zur Bekämpfung dieser Feinde dienen? Herr Hauptlehrer Paul F. F. Schulz (Kaulsdorf). Mit bildlichen Vorführungen. Herr Kgl. Hoflieferant Emil D i e t z e - Steglitz hat folgende Veilchen ausgestellt: in Töpfen, kleinblumige Veilchen der Sorte „K ö n i g i n Ch ar- lotte" und abgeschnittene grossblumige „Kaiserin Augusta. bie unterscheiden sich besonders dadurch, dass Königin Charlotte die Bluten aut- recht trägt, Kaiserin Augusta dagegen die Blumen herunter hangen lasst. Sie weisen einen sehr schönen Duft auf und sind von wunderbar dunkelblauer Farbe. Herr Dietze bedauert, dass die Veilchen keine Lichtfarbe haben, denn sonst würde die Schönheit der Färbung besser zur Geltung kommen. Ihm wurde von dem Preisgericht, bestehend aus den Herren Böhme, C r a s s und L 0 0 c k , die silberne Medaille zugesprochen. Der Präsident. 102 ^^'^ Kleingartenbesitzer als Selbstversorger. Der Kleingartenbesitzer als Selbstversorger"). \'on Siegfried Braun. Meine Damen und Herren! Vor einem Jahrhundert sang einer unserer besten V'olksschriftsteller in seinem „Wandsbeker Boten": Der Winter ist ein harter Mann, Kernfest und auf die Dauer; Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an Und scheut nicht süss noch sauer. Aus Blumen und aus Vogelsang Weiss er sich nichts zu machen, Hasst warmen Drang und warmen Klang Und alle warmen Sachen. Die Wahrheit dieses Wortes haben wir in diesen Tagen, Wochen und Monaten immer aufs neue empfunden. Schon geht der März zu Ende, noch aber ist der Boden in seinen tieferen Schichten tatsächlich wie Eisen, und nur ganz gelegentlich huscht ein wärmender Sonnenstrahl über die Mutter Erde, auf deren freigebige Hand wir wie noch nie zuvor angewiesen sind. Da könnte einen die Sorge beschleichen, ob es auch in diesem Jahre gelingen wird, alle erforderlichen Arbeiten in Feld und Garten so recht- zeitig und gründlich auszuführen, dass dabei eine ausreichende Versorgung für den einzelnen und die Gesamtheit herausspringt. Nach den Aufzeichnungen unserer Väter und selbst gemachten Er- fahrungen ist ein verspätetes Frühjahr, wenn es nur dann mit seiner ganzen geheimnisvollen Macht über die Lande zieht und jeden Nachtfrost mit seiner warmen Welle lächelnd beiseite schiebt, einem in die Länge gezogenen Frühling mit Hagelschauern bei weitem vorzuziehen. So hoffen auch wir, dass der demnächstige wirkliche Frühling uns insofern eine freudige Ueberraschung bereiten wird, dass er sich als ein Meister irn Nachholen und Wiedergutmachen erweist. Aber der Frühling allein macht es noch nicht. Wir Menschen müssen bereit sein, ihn würdig, ja mit der allergrössten Hochachtung zu empfangen. Das geschieht dadurch, dass wir alle ohne Ausnahmen in Dorf und Stadt uns bei seinem Einzug in Positur stellen und mit Spaten, Harke, Pflug und Egge unaufgefordert in seinen Hilfsdienst treten. Der Winter war wahrlich lang genug. Es war reichlich Zeit und Ge- legenheit, alle Vorbereitungen zu einer Garten- und Feld o f f e n s i v e ohne- gleichen zu treffen. Jetzt ist der Zeitpunkt zu tatkräftigem Handeln da. Ans Werk! Gesetzt, es gelänge, einen wesentlich höheren Prozentsatz städtischer Familien, als es schon in den letzten Jahren geschah, zu begeisterten Klein- gartenbauern zu machen . . . diese Umschaltung reiner Konsumenten- betriebe in achtungswerte Pro duzentenbetriebe wäre eine rettende Tat. Und wenn dieser Zuwachs an Nahrungsmittel erzeugenden Kleinbetrieben auch nichts weiter brächte, als dass dadurch alle beteiligten Familien mit Kartoffeln und Gemüse ausreichend versorgt würden, so wäre doch Grosses gewonnen. Darum lautet das Gebot der Stunde für jeden von uns: „Ver- *) Vortrag am Kriegsgemüseaben J, den 29. 3. 1917. Die Kartoffel-Stecklings- und Keimlingszucht usw. 103 sorge dich selbst!" Wohlverstanden, nicht durch geheime Aus- flüge in die weitere oder nähere Umgebung Berlins, durch sogenannte länd- liche Rucksackfahrten, sondern: Versorge dich selbst mit Land, um es zu be- bauen, mit Dung, um es zu beleben, mit Handwerkszeug, um es zu bearbeiten, mit Saatgut, um es zu bestellen, mit fröhlichem Mut, um es zu pflegen, und mit Triumpfgefühl, um es einst schmunzelnd abzuernten und immer und immer wieder: Versorge dich mit Erfahrungen und Kenntnissen, um alle Arbeiten sachgemäss zu vollbringen. Zwei Verfügungen in jüngster Zeit werden dem Kleingartenbau einen neuen Anreiz geben. Erstens darf der Selbstversorger, der bis zu 200 Quadratmeter Fläche Kartoffeln anbaut, die gewonnene Ernte auch in Zukunft behalten, ohne dass sie ihm genommen oder angerechnet wird. Zweitens, wer in Zukunft als Selbstversorger in dem Kreise Ober- barnim kleingärtnert, darf seine Erzeugnisse nach Niederbarnim, mit anderen Worten in andere Gebiete unbelästigt überführen. Um aber den Kleingartenbau noch wesentlich zu fördern und die ein- gebrachte Ernte auf alle Fälle sicherzustellen, sind noch zwei weitere Dinge nötig: Wo es Handel, Gewerbe, Industrie und Privatwirtschaft nur irgend ge- statten, sollte die sogenannte „englische Tischzeit" eingeführt werden, damit der Laubenkolonist nach frühzeitigem Geschäftsschluss sein Land auch wirk- lich bestellen und pflegen kann. Sodann muss für die richtige Aufbewahrung aller Ernten der Selbst- versorger ganz anders als bisher nach einheitlichen und grossen Gesichts- punkten gesorgt werden. Diese mühsam gewonnenen Vorräte dürfen nicht länger auf die vollkommen unzulänglichen städtischen Keller und Dach- böden angewiesen sein; sie müssen entweder gegen eine Gebühr in ge- eigneten Räumen vor dem Verderben geschützt oder im Freien auf den Laubenterrains selber in zusammengezogenen, wohlgeordneten Mieten- systemen unter Bewachung und sachgemässe Behandlung gestellt werden. Beides wird sich, je nach Lage der Dinge, erreichen lassen. Und nun an die Arbeit, meine Freunde, im Sinne der Ausführungen der Herren, die nach mir zu sprechen es freundlichst übernommen haben! ^ Und dräut der Winter noch so sehr Mit grimmigen Gebärden, Und streut er Eis und Schnee umher, , * , Es muss doch Frühling werden ! ' /^ ''■ Die Kartoffel-Stecklings- und Keimlingszucht sowie Kartoffelabschnitte als Mittel zum Durchhalten >, Von A. Brodersen, Stadtgartendirektor (Berlin). Hierzu Abbildung 8. Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht die Neuheit der hier zu be- sprechenden Mittel, um die Saatkartoffeln zu strecken, sondern der Saat- kartoffel m a n g e 1 gibt mir die Veranlassung, über diesen Gegenstand zu reden. ") Vortrag am Kriegsgemüseabend, den 29. 3. 1917. J04 Die Kartoßel-Stecklings- und Keimlingszucht usw. Zuerst halte ich mich für verpflichtet, scharf zu betonen, dass die ver- schiedenen oben genannten Kartoffelvermehrungsarten für die Landwirt- schaft ohne Bedeutung sind. Dem Landwirte dürfen die Saatkartoffeln nicht genommen werden; sie können mit Stecklingsmethoden nicht arbeiten. Der Landwirt muss, um sicher gute Ernte zu erzielen, gesunde voll aus- gewachsene Knollen als Saatgut verwenden. Je besser die Knollen, um so höher wird der Ertrag sein. Wohl ist es richtig, dass die kleinste Saat- kartoffel nach dem Gewicht die höchsten Erträge liefert. Es nützt dieses aber wenig, wenn der Ertrag von der Ackerfläche nicht befriedigt. Mit der geringsten Saatgutmenge kommt man aus, wenn die Kartoffel aus Samen gezogen wird. Die Samenvermehrung kommt aber für uns nicht in Frage; sie kann nur in ganz bestimmten Fällen von Nutzen sein. Daher scheidet diese Vermehrungsart heute von der Besprechung aus. Die Kleingartenbesitzer zwingt der Mangel an Saatkar- toffeln, sich der Stecklingsmittel zu bedienen. Die Vermehrung durch Stecklinge ist recht wohl anwendbar; die Erträge von Stecklingspflanzen sind in gutem Boden, in guter Kultur und bei guter Pflege befriedigend. Die Erträge, die in der Gärtnerei der Stadt Berlin zu Blankenfelde im vorigen Jahre geerntet sind, lieferten im Durchschnitt von jeder Pflanze 204 Gramm. Von einem Quadratmeter Land wurden durchschnittlich 1,246 Kilogramm Knollen geerntet, während der Vergleichsanbau von acht ver- schiedenen Speisekartoffeln 451 Gramm von jeder Pflanze, aus vollwertigen Knollen gezogen, ergab. Jedes Quadratmeter der bepflanzten Fläche ergab 1,666 Kilogramm Ertrag. Von den Stecklingspflanzen waren auf 1 Quadrat- meter durchschnittlich 5,83 Pflanzen ausgepflanzt. Es waren auf 1 Quadrat- meter mit Knollen 3,6 Pflanzen vorhanden. Auf einen Morgen Land um- gerechnet, ergibt sich ein Ertrag bei den Stecklingspflanzen von 62,30 Zentnern, bei den Knollenpflanzen 83,30 Zentner. Wenn wir in Betracht ziehen, dass der Durchschnittsertrag an Kartoffeln in Deutschland 66 Zentner auf einen Morgen beträgt, so können wir mit dem angegebenen Ertrag der Stecklingspflanzen im vorigen nassen Sommer zufrieden sein. Welchen Ertrag die Stecklingspflanzen in einem trockenen Sommer bringen, muss abgewartet werden. Für die Vermehrung von Frühkartoffeln halte ich die Stecklingsvermehrung für empfehlenswert. Von einer Knolle lassen sich leicht 30 Stecklinge zur Bewurzelung bringen. Die Stecklinge dürfen nicht ausgepflanzt werden, bevor die Nachtfrostgefahr vorüber ist. Wichtig ist auch, die Stecklinge möglichst tief zu pflanzen, weil hierdurch die Gefahr des Erfrierens und des Vertrocknens vermindert wird. Die Vermehrung der Kartoffel durch Abschnitte von Kartoffel- stücken mit daran sitzenden, bewurzelten, angekeimten Augen ist auch zu empfehlen, obgleich die Streckungsmöglichkeit geringer ist, wie bei der Stecklingsvermehrung. Der Vorteil der Keimsetzlinge liegt in ihrer grösseren Widerstandsfähigkeit gegen Erfrieren und Vertrocknen und in dem leichteren Versand. Die Keimlingspflanzen können zur gleichen Zeit wie die Saatknollen in den Boden gelegt werden, und zwar in gleicher Weise wie diese. Es ist nur zu beachten, dass die Setzlinge mit der Hand, mit den Keimen nach oben, behutsam gelegt werden müssen. Sowohl für die Steck- lings- wie für die Keimlingspflanzen ist es vorteilhaft, ihnen beim Pflanzen eine Vorratsdüngung von ein paar Händen voll nahrhafter Erde zu Die Kartoffel-Stecklings- und Keimlingszucht usw. 105 geben, um ihnen die in der Knolle aufgespeicherte Nahrung zu ersetzen. Die Streckung durch Stecklinge wie durch Keimlinge hat den Nachteil, dass der Kleingartenbesitzer diese Streckung nur dann vornehmen kann, wenn ihm Gewächshäuser oder wenigstens Mistbeete zur Verfügung stehen. Ist dieses nicht der Fall, so muss er die Setzlinge vom Gärtner kaufen. Obgleich der Preis für Setzlinge möglichst niedrig gehalten ist, für 100 Stecklinge 5 Mark, für Keimlinge das Hundert 3 Mark, sind die Kosten für die An- pflanzung doch recht teuer, 100 Quadratmeter mit 600 Stecklingen zu be- pflanzen kostet 30 Mark, mit Keimlingen besetzt 18 Mark. Ich fürchte, diese hohen Kosten für die Verwendung der vorgenannten Streckungsmittel werden den Kleingartenbesitzer davon abhalten, sie zu kaufen, besonders, weil sie aus eigener Erfahrung nicht wissen, ob der zu erzielende Ertrag die Kosten decken wird. Die dritte Streckungsart ist die Verwendung der Kartoffelkopfab- schnitte. Sie bietet jedem Kleingartenbesitzer die Möglichkeit, durch Selbst- Abschnitt 10 Gramm. Abb. 8. So muss der Kartoffel- kopfabschnitt hergestellt werden hilfe Setzlinge zu gewinnen. Er muss sie sich allerdings bis zu einem gewissen Grade vom Munde absparen. Es wird jeder Speisekartoffel, die im eigenen Haushalt zur Verwendung kommen soll, vor dem Kochen oder Schälen der Kopf, das ist der Teil, an dem die besten Augen sitzen, abgeschnitten. Ab- schnitte von nur 10 Gramm genügen schon, um als Setzlinge zu dienen. Diese Abschnitte bleiben ein paar Tage an einem trocknen Ort liegen, damit die Schnittwunden abtrocknen. Nach einiger Zeit werden die Stücke mit der Schnittfläche nach unten in eine flache Kiste, Bücklingskiste, in welche etwas sandige fErde getan ist, Stück neben Stück, eingelegt. Die Kiste wird in einem geheizten Raum dicht neben das Fenster gestellt. Je heller und sonniger der Platz ist, um so besser für das Ankeimen der Abschnitte. Eine Gefahr, dass die Abschnitte von gesunden, unverfrorenen Kartoffeln durch diese Be- handlung irgendwie Schaden leiden können, ist ganz ausgeschlossen. Ich habe solche KartofFelabschnitte seit Mitte Februar in meinem Arbeits- zimmer auf dem Schreibtisch dicht am Fenster stehen. Die Abschnitte sind 106 ß'^ Kartoffel-Stecklings- und Keimlingszucht usu\ alle gesund und die Augen beginnen zu wachsen. Schon etwa in vierzehn Tagen können diese Setzlinge ins freie Land, in gleicher Weise wie Kartoffel- knollen mit dem Keim nach oben, mit der Hand gelegt werden. Jeder Ab- schnitt erhält beim Auslegen eine Vorratsdüngung von kräftiger Erde oder altem Mistbeetdünger. Auf dieses Verfahren, durch das sich jeder Kleingartenbesitzer selber helfen kann, habe ich in Zeitungen und durcn Flugblätter hingewiesen. Der Magistrat von Berlin hat diese Streckungs- mittel im Gemeindeblatt bekanntgegeben und angeordnet, dass in allen städtischen Küchen die Kartoffelköpfe abgeschnitten werden, um sie als Setz- linge zu verwenden. Das gleiche hat der Magistrat Charlottenburg getan. In der Erkenntnis, dass es nötig ist, alle Mittel heranzuziehen, durch welche der Kartoffelmangel gehoben werden kann, hat auch die Militärbehörde sich bereit erklärt, Kartoffelabschnitte als Saatgut zu liefern, sofern bei ihr An- träge auf Lieferung der Abschnitte eingehen. Ich kann nur dringend allen Kleingartenbesitzern und ihren Organisationen raten, alsbald Anträge an das Stellvertretende Generalkommando zu richten. Der kommandierende General Exzellenz v. Löwenfeld ist persönlich zur Mithilfe bereit. Der Preis, der für die Abschnitte für einen Zentner zu zahlen ist, beträgt den Höchstpreis für einen Zentner Kartoffeln plus einem kleinen Aufschlag für die Arbeit des Abschneidens der Kartoffelköpfe. Es liegt also gar keine Gefahr darin, solche Abschnitte zu bestellen. Sollte ein Wunder geschehen, und wir könnten für den Kartoffelanbau im Kleingarten unseren Bedarf an Saat- knollen voll decken, so würde es leicht möglich sein, die Abschnitte zu den gezahlten Preisen anderweit zu verwerten. Die Stücke lassen sich sehr gut in den Küchen verwenden, oder sie w^erden den Kleintieren, als Leckerbissen gereicht, gute Nahrung bieten. Die Presse hat mehrere Male auf meine Anregung hin auf den Mangel an Saatkartoffeln hingewiesen. Ich bitte die Herren Vertreter der Presse, auch heute wieder ihren grossen Einfluss zu gebrauchen, damit alles getan wird, um soviel Kartoffeln anzubauen wie nur irgend möglich. Es nützt nichts, im Herbst über den Mangel an Kartoffeln zu schelten, dadurch wird keine Kartoffel mehr erzeugt. Jetzt gilt es, zu mahnen, zu raten und zu helfen, wie wir aus der Notlage herauskommen und zu überlegen, was zu geschehen hat, um im Herbst reichlich Kartoffeln in den Kellern zu haben. Jeder Tag, be- vor wir ans Werk gehen, bedeutet einen Verlust an der Ernte. Es darf nicht vergessen werden, dass der Kartoffelacker eine Munitionsfabrik ist. Die KartofFelabschnitte, die die Militärbehörde jetzt liefert, ist eine Anzahlung auf eine reichere Kartoffellieferung im Herbst. Auch die städtischen Ver- waltungen haben einen direkten Nutzen von dem vermehrten Kartoffelanbau. In und um Berlin sind etwa 55 000 Kleingärten. In diesen können wohl 300 000 Zentner Kartoffeln gewonnen werden. Diese 300 000 Zentner be- deuten für die Ernährung der Gross-Berliner Bevölkerung nicht viel. Aber zu Zeiten, in denen es mit der Zufuhr hapert, ist es gewiss sehr wertvoll, wenn die Frau des Kleingartenbesitzers, die kleine Grossstadtbäuerin, ver- gnügt in den Keller geht und von ihren selbst geernteten Kartoffeln für sich und die Ihren zu ihrem Bedarf entnehmen kann. Von sehr grosser Bedeutung ist die Bekanntgabe, dass im nächsten Herbst den Kleingartenbesitzern, die in Berlin wohnen und Kartoffeln auswärts an- bauen, erlaubt sein soll, die dort geernteten Kartoffeln in Berlin zu verzehren; Die Kartoffel-Stecklings- und Keimlingszucht usw. 1O7 und weiter die Verfügung, dass die Kleingartenbesitzer die von einer höch- stens 200 qm grossen Fläche gewonnenen Kartoffeln als Selbsterzeuger im eigenen Haushalte verzehren dürfen, auch wenn die Menge, die auf den Kopf der Familie fällt, grösser ist wie die festgesetzte wöchentliche Kartoffelver- brauchsmenge, Ganz sicher ist es noch nicht, ob dem Grossstadt-Klein- kartoffelbauer die Kartoffelkarten abgenommen werden. Um die Klein- gartenbesitzer, die für ihren eigenen Haushalt genügend Kartoffeln gebaut haben, anzureizen, die Kartoffelkarten abzuliefern, sollte man ihnen hierfür eine kleine Vergütung von Graupen, Griess oder anderen Lebensmitteln ge- v/ähren; Geld kann ihnen nichts nützen. Ich meine, die Kleingartenbesitzer könnten in bezug auf ihre Kartoffelversorgung ebenso behandelt werden wie die Kleintierzüchter. Ich habe noch nicht gehört, dass den Kaninchen- züchtern die Fleischkarten entzogen werden, weil sie ihre Kaninchen ver- zehren. Die städtischen Verwaltungen werden doch ein grosses Interesse daran haben, wenn ihre Bürger sich durch eigene Arbeit besser ernähren und auf sonst brachliegendem Gelände Erträge ernten, die ohne diese Arbeit nicht zu gewinnen sind. Wer hinaus geht aufs Feld und Kräuter sammelt zur Teebereitung, von dem kann man doch nicht verlangen, dass er die Kaffee- ersatzkarten abliefert. Wenn ich nun die Hoffnung hege, dass es bei Anspannung aller Kräfte möglich sein wird, die vorhandenen Kleingärten noch mit Kartoffelsaatgut zu versorgen, so entsteht die weitere Frage: Wo sollen wir Landflächen her- bekommen, um noch mehr Gemüse und besonders Kartoffeln im Klein- garten zu bauen, und wie können wir die jetzige Erkenntnis von dem Nutzen des Kleingartenbaues für die Zukunft ausnützen und festhalten? Viele von den heutigen Kleingärten werden verschwinden, wenn nach dem Kriege die Wohnungen knapp werden und die Bebauung weiterer Landstrecken not- wendig wird. Die Bestrebungen, durch die Bauordnungen Gartenland bei den Grossstädten von der Bebauung auszuschliessen, sind gewiss sehr zu be- grüssen; ich hoffe, es wird auch gelingen, mit der Zeit manches von dem Er- strebten zu erreichen; aber nur wenige von uns, die hier im Saale ver- sammelt sind, werden das erleben. Die zur Durchführung dieser Pläne erforderlichen Geldsummen werden in den nächsten Jahren, fürchte ich, nicht flüssig sein. Wenn ich trotzdem den Glauben habe, dass es möglich ist, den Kleingärtnern Land anzubieten, auf dem sie ohne Sorge lange Jahre fleissig in grosser Zahl arbeiten können, so denke ich an die Ausnutzung der Gross-Berliner Rieselfelder. Die Durchführung dieser Idee denke ich mir als eine Aufgabe der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft. Der Forderung, städtische Schmuckplätze und Parks zu vernichten und auf diesen Bodenflächen Kartoffeln und Gemüse zu bauen, kann ich mich n i ch t anschliessen. Die Kosten sind zu hoch, und das Saatgut ist zu knapp, um solche Wirtschaft mit Erfolg durchführen zu können. Wer nur etwas über die Tischkante hinausschaut, weiss, dass es uns weniger an Land fehlt, als an Arbeitskräften, Dünger und Saatgut, um die vorhandenen Acker- flächen gut zu bestellen, damit wir reiche ,Ernte erzielen und den Bedarf an Nahrungsmitteln decken können. Es nutzt nicht viel, die Anbauflächen zu vergrössern, wenn sie nicht gut bestellt werden können. Verunkrautete Felder bringen keinen Ertrag. Unsere städtischen Parkanlagen und Wälder 108 ^'^ Kartoffel-Stecklings- lutd Keimlingszucht usw. sind heute mehr wie je notwendig als Erholungsstätten für die Grossstadtbe- wohner, besonders der Kinder. Bei den mangelhaften Verkehrsverhältnissen ist es nicht möglich, nach Feierabend und an Sonntagen aus der Stadt hinaus zu kommen. Wer sich an den Schönheiten der Natur erfreuen und erbauen will, dem dienen die Parkanlagen als Zufluchtstätten. Das Gras, welches in den Parks wächst, dient als Futtermittel für Kleintiere. Der empfohlene An- bau von Salat und Erbsen auf allen Flächen in Berlin bietet keine Aussicht auf irgendeine Ernte, weil die jungen Saaten von den Vögeln, besonders den Spatzen abgefressen werden. Der Anbau von Kartoffeln auf Forstflächen, die durch Kahlhieb freigelegt sind, ist wohl möglich, aber es fehlt auch hier wieder an Arbeitskräften und Saatgut. Wir müssen alles daran setzen, brauchbares Land auszunutzen, aber wir dürfen keine Arbeitskraft und Samen nutzlos verschwenden. Auf den Rieselgütern ist es möglich, durch den Kleingartenanbau und gärtnerische Betriebsweise die Bodenerträge erheblich zu steigern. Die Gärtner, die auf den Rieselfeldern Gemüsebau betreiben, liefern jährlich den Beweis hierfür. Etwa eine Viertelmillion Doppelzentner Gemüse wird auf städtischem Rieselland um Berlin gewonnen. Das sind etwa 45 Prozent des Verbrauchs in Friedenszeit. Der Bedarf ist jetzt sehr gestiegen; es ist anzu- nehmen, dass auch nach dem Kriege der Gemüseverbrauch ein starker bleiben wird. In Verbindung mit den Kleingärten können Gemüsegärtner angesiedelt werden, die für die städtischen Verwaltungen auf Grund von Lieferungsverträgen Gemüse bauen und dadurch die volle Ernährung der Bürger sichern. Es wird nachgerade auch Zeit, dass auf den Rieselfeldern eine grosszügigere Gemüsebauwirtschaft betrieben wird. Es ist kaum zu verstehen, dass noch heute das Gemüse von den Anzuchtstätten, wie in der Kleinlandstadt, mit Gespannen in die Markthalle in Berlin gefahren wird. Holland, welches uns in Friedenszeiten stark mit Gemüse versorgte, ver- drängte die deutschen Gärtner vom Markte, weil sie besser wirtschafteten. Das Ausbieten der Ware in grossen Mengen auf Verkaufsplätzen, auf den Rieselfeldern und Bahnverkehr nach der Berliner Markthalle ist das mindeste, was zu geschehen hat, um bessere Verhältnisse herbeizuführen. Es gibt doch wohl zu denken, dass Holländer für ihre Rechnung auf Berliner Grund und Boden Samen bauen lasseh, und dass ein Kaufmann beab- sichtigt, grosse Flächen Berliner Rieselland mit Gemüsen zu bebauen. Gehen wir einen Schritt weiter, so sehen wir Kinder-Anzuchtsgärten und kleine Haussiedlungen entstehen. Für die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft ist auf den Rieselfeldern ein weites Gebiet, auf dem sie neue Lorbeeren ernten und segensreich wirken kann. Mit dem Hinweis auf gute, alte Traditionen ist heute nichts mehr an- zufangen. Was vor zehn Jahren gut war, ist heute nicht mehr zu gebrauchen; wir brauchen neue, hohe Ziele. Ich will hoffen, dass dieser Gedanke ge- bührende Beachtung in der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft findet, und es möglich sein wird, auf ihrem alten, guten Fundament ein neues, schönes Gartenbauwerk zu errichten. ^ Die Bekämpfung der Gemüseschädlinge. 109 Die Bekämpfung der Gemäseschädlmge*>. Von Paul F. F. Schulz. (Hierzu Abbildung 9.) In der gegenwärtigen Kriegszeit lautet die erste Forderung für den deutschen Gemüsebau: „Jedes geeignete Stück Land muss mit Gemüse be- pflanzt werden; denn von den Gemüsepflanzen haben wir den grössten un- mittelbaren Nutzen." Wenn wir nämlich bedenken, dass bei Getreide und Kartoffeln als Stroh oder Kraut gewaltige Mengen der Pflanzenmasse zur menschlichen Ernährung ungeeignet sind, dass wir dagegen Gemüse, wie Spinat, Kohlrabi, Wirsing sozusagen mit Haut und Haar verspeisen können, so liegt der grosse Nutzen des Gemüseanbaues auf der Hand. Die zweite Forderung für den Gemüsebau ist von gleicher Wichtigkeit. Sie lautet: „Sorgt, dass das Gemüse auch wirklich uns Menschen zugute kommt, dass es nicht dem Ungeziefer verfällt!" Die Ungeziefergefahr ist aber in diesem Jahr grösser als je: 1. Teuernis und Knappheit des tierischen Düngers bedingen eine so sparsame Verwendung, dass für gewisse Gemüsearten durch ungenügende Ernährung eine besondere Anfälligkeit für Krankheiten und Ungeziefer zu befürchten ist, 2. Bodenbearbeitung und Ungezieferbekämpfung waren bereits im Vor- jahr durch den Arbeitermangel so erschwert, dass das Ungeziefer sicher mit einem erheblichen Ueberbestand in das neue Jahr kommt. 3. Die ungewöhnliche und anhaltende Kälte hat in diesem Jahre die Be- stellung so verzögert, dass gewisse Gemüse reichlich spät in den Boden kommen und damit dem Ungeziefer mehr als sonst ausgesetzt werden. Ich erinnere an Puffbohnen, Erbsen und Möhren, von denen die Märzsaaten sonst stets die sichersten und reichsten Erträge brachten. 4. Endlich ist das Saatgut für viele Gemüse so schlecht, wie in Jahr- zehnten nicht; es wird viel schwächliche und damit anfällige Pflanzen zeitigen (s. u.). Ehe ich mich nun der Ungezieferhekämpfung als einer bitter ernsten Notwendigkeit zuwende, muss ich noch einem weitverbreiteten Aberglauben entgegentreten, der, im Gegensatz zu meinen Befürchtungen, aus den harten Frösten des Winters Hoffnungen schöpfen möchte! Solche Hoff- nungen sind eitel! Jahrhundertelange Erfahrung hat nämlich gelehrt, dass strenge Winter dem Ungeziefer viel weniger anhaben können als milde. Wenn wir also leider auch damit rechnen müssen, dass der Frost uns Tau- sende von jungen Birn- und Pfirsichbäumen bis auf die Wurzeln hin abgetötet hat, am Ungeziefer ist er sicher spurlos vorübergegangen! Geht doch die An- passung vieler niederer Tiere für unseren nordischen Winter so weit, dass sich ihre Eier überhaupt nur entwickeln, nachdem sie Frost bekommen haben ! Mit meinen Ratschlägen für die Ungezieferbekämpfung will ich nun den Arbeiten folgen, die der Gemüsegarten im Laufe des Jahres fordert und mit dem Graben des Erdbodens beginnen. Wo der Besitzer selbst gräbt, wird er dabei wohl stets dem zwischen den Schollen sich krümmenden Ungeziefer von Engerlingen, Erdraupen und Drahtwürmern den Garaus *) Vortrag nm Kri.'g'pemüseaherd, den 29. 3. 1917. I IQ Die Bekämpfung der Gemüseschädlinge. gemacht haben, während der Lohnarbeiter nur selten das Grabscheit anhält, um den Rücken nach solchem Gezücht etwas krummer zu machen. Ich möchte empfehlen, dort, wo man den Hühnern beim Graben nicht Zutritt zum Gemüseland lassen kann, den Arbeitsleuten durch Auslobung einer festen Vergütigung für jedes gesammelte Pfund Ungeziefer einen Ansporn zu geben. Bei den derzeitigen unerhörten Preisen für Geflügelfutter dürfte der Arbeitgeber auch bei freigebiger Bemessung dieser Belohnung noch auf seine Kosten kommen; denn es sind ein Mehrertrag an Gemüse und ein ungemein wertvolles, naturgemässes Hühnerfutter in Rechnung zu setzen. Beim Säen geben wir der Reihensaat, wo sie irgend angängig ist, den Vorzug, einmal, weil sie die Unkrautbekämpfung durch Hacken, die Nachdüngung mit Jauche und die ständige Bodenlüftung ermöglicht, sodann aber auch, weil sie viel Ungeziefer verhungern lässt, das zwischen den Reihen auskommt und in seiner jugendlichen Hilflosigkeit unfähig ist, die spannlangen Wege zu den nächsten Wurzeln im Boden zurückzulegen. Dass unser Saatgut heuer recht minderwertig ist, wurde schon eingangs erwähnt; es gilt dies besonders für die Hülsenfrüchte, deren Samen un- gewöhnlich stark mit Samenkäfern besetzt sind. Aus einer grossen Erfurter Handlung bezogene Puffbohnen wiesen zu 75 v. H. teils Käferfrass, teils noch lebende Käfer auf (s. Abb. 9). Zur Beschwichtigung der Käufer werdep den Samenpaketen von den Händlern vielfach gedruckte Zettel beigelegt, die den Befund als ganz harmlos hinstellen möchten und als Beweis dafür auf die erhalten gebliebene Keimkraft verweisen. Es darf jedoch nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Käufer mit den Samen auch die Schmarotzer in seinen Garten trägt und sich so besonders seine Puffbohnen- und Schoten- gerichte gründlich verekeln kann. Die Samenkäfer (Laria pisorum, L. rufimana und L. seminaria kommen vorwiegend in Betracht) haben es näm- lich mit dem Verlassen des Saatgutes gar nicht eilig; sie nagen vielmehr aus dem steinharten Nährgewebe der Keimblätter eine ansehnliche Höhle heraus, ohne zunächst die Schale zu durchbrechen. Erst im Juni erscheinen sie im Freien, treiben sich zunächst als Blumengäste herum, paaren sich und legen dann ihre Eier in die jungen Hülsenfrüchte. Die herauskriechenden Larven bohren sich in die Samenanlagen ein; doch verwächst die Einbruchs- stelle so, dass sich die Maden (im Gegensatz zu denen der beiden Erbsen- wickler, Grapholita nebritana und G. dorsana) nicht durch Frassmehl oder Kot verraten. Wir müssen deshalb damit rechnen, dass auch in gut ver- lesenen grünen Puffbohnen und Erbsen viel von dem Ungeziefer in unsere Mahlzeiten kommt. Zur Verhütung lässt sich nicht viel tun; denn die Käfer haben es, wie gesagt, nicht eilig mit dem Verlassen ihrer Wiege. Das viel- fach empfohlene Warmstellen des Saatgutes bei etwa 20—25 Grad hilft nur, wenn es einige Wochen hindurch fortgesetzt werden kann. Beim Säen ist ferner zu beachten, dass alle Samen tunlichst fest zu liegen kommen; es fördert das die Entwicklung der Keimpflanzen ungemein und erschwert zugleich besonders den im Boden auskriechenden schädlichen Schmetterlingen das Verlassen der Erde. Beim Auspflanzen von Gemüse gilt unsere Sorge zunächst der Beschaffenheit des Pflanzgutes, weil Blattläuse, Kohlgallenrüssler und Erd- flohmaden häufig schon mit den Setzlingen aus dem Mistbeet in den Garten kommen. Für den Gemüsebau ist ferner ein regelmässiger Fruchtwechsel ganz unerlässlich. Wo den Winter über Grünkohl oder Rosenkohl stand, Die Bekämpfung der Gemüseschädlinge. 111 wird regelmässig jungen Kohlrabipflanzen durch die Erdflöhe das Leben recht sauer gemacht. Dasselbe gilt dort, wo sich nach einer Sommertrachi viel Hirtentäschelkraut als Unkraut bis zum Umgraben im Frühjahr ent- wickeln konnte und dort, wo ein Steckzwiebelbeet in die Nähe eines vor- jährigen Zwiebelbeetes kommt. Durch solche Nachlässigkeiten wird dem Ungeziefer (hier der Zwiebelfliege) die Fortpflanzung zu sehr erleichtert! Feste Pflanzung und tüchtiges Angiessen erhöhen die Widerstandsfähigkeit Phüt. siud. Ulrich Schulz. Abb. 9. Puffbohnen mit Samenkäfern. 1 und 2: zwei trocken ruhende Samen mit Käfern, die trotz vier- wöchiger warmer Lagerung nur erst kleine Gucklöcher durch die Schale gefressen haben; 3: die Frasskammer in einem durch- schnittenen Samen; 4: zwei Käfer der Art Laria seminaria; 5: zwei Samen, die trotz ihrer Wunden keimten; doch ist bei dem doppelt angefressenen Samen (6) ein Fäulniserreger durch die Löcher ein- gedrungen, hat den dunklen Fleck verursacht und wird das weitere Wachstum bedrohen. gegen Ungeziefer, weil sie die Pflanzen in den Stand setzen, die Schäden zu verwachsen. Beim Hacken und Jäten steht die Unkrautvertilgung zugleich im Dienst der Schädlingsvertilgung, weil viele Unkräuter Zwischenwirte der Schädlinge sind. Es müssen deshalb unbedingt auch die Hecken und die Zaunstreifen sauber gehalten werden. Hederich, Ackersenf und Hirten- täschelkraut beherbergen den ersten Satz der Erdflöhe und Kohlweisslinge, die Klatschmohnarten regelmässig die Frühjahrsgeneration der schwarzen I J2 Die Bekämpfung der Gemuseschädlinse. Bohnenläuse. Stossen wir beim Jäten auf einzelne welke Pflanzen, so sind sie vorsichtig auszuheben, nicht aufzuziehen, wollen wir der Wurzelschäd- linge habhaft werden. Auch durch kräftiges Giessen und Spritzen können wir manches Ungeziefer vernichten. Es gilt dies besonders bei Blattläusen und bei den Erbsenwicklern, deren Eier etwa 2 Wochen lang schutzlos an den jungen Hülsen sitzen, ehe die Maden sich einbohren. Auf die Erbsenblüten brauchen wir dabei keine Rücksicht zu nehmen, denn die Befruchtungsorgane sitzen bei der Erbse so wohlgeborgen, dass ihnen Regen- und Giesswasser nicht schaden können. Beim Ernten ist zu beachten, dass es sich besonders gut in den Dienst der Ungezieferbekämpfung stellen lässt, wenn wir uns zur Regel machen, Kohl und Rüben mit recht grossem Ballen aufzuroden, nicht einfach aus- zureissen und dabei auf Schmarotzer scharf achtzugeben. Besonders beim Kartoffelsammeln kann eine alte Konservenbüchse uns ähnlich wie beim Graben doppelt nützen! Das Möhrenernten durch Verziehen der jeweilig stärksten Rüben hat gewöhnlich zur Folge, dass der Rest der Ernte, der als Wintervorrat gedacht war, ausnahmslos madig wird. Eine kurze Ueber- legung zeigt, dass das kaum anders sein kann; denn durch das Aufziehen einzelner Möhren schaffen wir gerade dort, wo die Wurzeln am dichtesten stehen, der Möhrenfliege die schönsten „Erdtunnels" zur Ablage ihrer Eier. Ausserdem erhalten die zunächststehenden Rüben dabei regelmässig kleine Hautabschürfungen, die durch den ausströmenden Möhrengeruch das Fliegengeschmeiss noch besonders anziehen. Es ist deshalb rätlich, für den Sommerbedarf ein besonderes Beet recht locker zu besäen und dies reihen- weise gänzlich abzuernten, die Wintermöhren aber unberührt zu lassen. Nach der Ernte sollte jedes abgetragene Beet unverzüglich neu ge- graben werden, damit das Unkraut hintangehalten wird und die Schädlinge teils tiefer in den Boden kommen, als ihnen lieb ist, teils aus der Tiefe ans Tageslicht gebracht werden, um sie ihren natürlichen Feinden zu überliefern. Kohlstrünke, madige Möhren, Rettige und Radieschen dürfen auf keinen Fall frei umherliegen. Am sichersten werden sie durch Feuer oder tiefes Ein- graben vernichtet. Besondere Aufmerksamkeit ist im Herbst dem Spargel- kraut zuzuwenden, das durch tiefes Abstechen von den Beeten entfernt werden muss, weil es die Sporen des Spargelrostes, in den Beeren die Maden der zweiten Generation eines Spargelkäfers und in den Frassröhren des Stengelgrundes die Tönnchenpuppen der Spargelfliege beherbergt. Für das dürre Spargelkraut ist ein lustiges Feuer der rechte Ort! Die vielfach übliche Verwendung des Spargelstrohs als Frostschutzmittel für andere Pflanzen ist zu verwerfen, weil es dabei nie ohne Ausstreuung von Sporen und Puppen der Schädlinge abgeht. Ausser der fortlaufenden Bekämpfung im Rahmen der üblichen Garten- arbeiten macht sich hin und wieder die Ansetzung besonderer Un- gezieferjagden notwendig. So, wenn es gilt, dem Maikäfer in den Morgenstunden in benachbarten Parks oder Wäldchen zuleibe zu gehen, wenn dem Kohlweissling durch Ablesen seiner Eier nachgestellt werden muss, wenn wir den Schnecken durch Auslegen von Brettern oder Dach- steinen Schlupffallen stellen, wenn wir die Spargelkäfer in alte Schirme Winke zur Frühjahrsbestellung des Gemüsegartens. 113 klopfen oder den Herzraupen ins Innere der jungen Kohlköpfe nachgehen. Den Blattläusen begegnen wir am besten durch Abschneiden der befallenen Triebe. Chemische Bekämpfungs mittel haben sich im Gemüsegarten bisher wenig eingebürgert. Die arsenikhaltigen Spritzmittel für kauende Kerfe kommen nur für Spargelkraut in Betracht, weil sie von eigentlichen Esswaren auch durch sorgfältiges Waschen nicht gänzlich zu entfernen sind, weil sie also stets eine Gefahr für den Menschen bedeuten. Die sehr wirk- samen Insekticide Seifen- und Tabakbrühe hat uns der Krieg entzogen. Gegen Erdflöhe hilft bei Aussaaten das billige Naphthalin sehr wirksam als Abschreckmittel. Schnecken lassen sich durch Ausstreuen von Aetzkalk in früher Morgenstunde wirksam bekämpfen. Doch ist eine zweimalige Streuung zu empfehlen, weil alle wenig betroffenen Schnecken sonst durch Schleimabsonderung der Aetzwirkung entgehen. Für den Erfolg jeder Ungezieferbekämpfung ist zeitiges Eingreifen erste Bedingung. Rechtzeitige Abhilfe wird aber erschwert, da gerade bei den tierischen Schädlingen, die zumeist Insekten sind, durch die regelmässigen Verwandlungen (vom Ei zur Larve, von der Larve zur Puppe, von der Puppe zum Käfer oder Schmetterling, zur Fliege oder zur Wespe) ein rechtzeitiges Erkennen dem Laien oft unmöglich ist. Es empfiehlt sich deshalb, von jedem verdächtigen \'orkommen eine Probe zur Bestimmung an eine sachkundige Stelle einzusenden. Auch die Redaktion unserer Zeitschrift vermittelt dies- bezügliche Auskünfte. Unerlässlich ist dabei aber: \. dass die Einsendungen sicher verpackt sind, 2, dass reichlich Material eingeschickt wird, tunlichst 20 bis 30 Stück des Schädlings, 3. dass Frassstücke und einige charakteristische Teile der Nährpflanze mitgesandt werden, und 4. dass recht ausführliche Angaben über Zeit und Ort des Auftretens gemacht werden. /-■ Winke zur Frühjahrsbestellung des Gemüsegartens. Von Paul Kache. Die Zeit erfordert, dass wir auch aus dem kleinen Gemüsegarten eine recht grosse Ernte herausholen, die zugleich möglichst früh beginnen soll. Denn so- bald wir erst "wieder das erste, frische Gemüse aus dem Garten ernten, können wir wieder ruhiger in die Zukunft schauen. Zwei Dinge sind es, die zur Vergrösserung und zur Beschleunigung des Ertrages sehr viel beitragen. Einmal eine klare, übersichtliche Einteilung des Ganzen, um eine möglichst rege Fruchtfolge vorzunehmen, was besonders durch Zwischensaat und Zwischenpflanzung erreicht wird; zum andern Male geeignete, praktische Vorkehrungen, um durch vorherige Aussaaten in Schalen und Kasten, die in geeigneten Räumen zur Keimung gebracht werden, verschiedene Gemüse- arten frühzeitig ausnahmsweise als junge Pflanzen auszupflanzen. Bietet ersteres die Gewähr, auf gleichem Raum bedeutend grössere Erträge zu erzielen, so gibt uns letzteres die Möglichkeit, manches Gemüse früher ge- brauchsfertig zu erhalten und seien es nur eine oder zwei Wochen. 114 Winke zur Frühjahrsbestellung des Gemüsegartens. Soll aber das, was eben erwähnt war, überhaupt durchgeführt werden, so ist es unumgänglich notwendig, dass das Gemüseland schon im Herbst sachgemäss bearbeitet wurde. Dazu gehört vor allen Dingen eine richtige Düngung, wo sie nötig war, und ebenso das sorgfältige, tiefe Umgraben des Bodens, der dann in rauher Scholle liegen bleibt, um Wind und Wetter mög- lichst einwirken zu lassen. Durch eine übersichtliche Einteilung des Gemüselandes kommt man in die Lage, alle Beete, die eine Bestellung mit späteren Gemüsearten erhalten sollen, bis zu diesem Zeitpunkt durch frühzeitige Aussaat eines kurzlebigen Gemüses nutzbar zu machen. Hauptsächlich kommt für diesen Zweck der Spinat in Frage, der uns in verhältnismässig kurzer Zeit ein nahrhaftes, wohlschmeckendes Gemüse reichlich liefert. Ebenso kom.men auch Speise- rüben in Frage, hauptsächlich die runden Mairübchen, die bei enger Aussaat das in manchen Gegenden so beliebte Rübstielgemüse liefern, wobei nur die kräftig entwickelten Blattstiele verbraucht werden, oder bei weitem Stand werden die gebildeten Rübchen verwendet. Auch die ganze Pflanze kann wie Spinat zubereitet werden. Frühe Aussaat von Rapunzel gibt bald einen wohlschmeckenden, erfrischenden Salat. Sowohl Spinat, wie auch die zu Rübstiel bestimmten Mairübchen verlangen aber zu gutem und schnellem Gedeihen einen recht nahrhaften Boden. Besonders die Beete, die für Schnittbohnen, späte Karotten, Erbsen und auch Kohl bestimmt sind, können erstmalig mit den vorher genannten Gemüsearten bebaut werden; dieselben sind geerntet, wenn die späten Sachen zum Anbau kommen. Somit hat das sonst unbestellt gebliebene Land auf diese Weise eine recht brauchbare und sehr erwünschte Vorernte geliefert. Auch früher Salat und Kohlrabi können auf die Beete gepflanzt werden, die Spätkohl aufnehmen sollen. Mit dem Pflanzen der ersteren Sachen sind gleichzeitig in Zwischenreihen weitläufig Radieschen und frühe Rettige zu säen, die fertig sind, bevor Salat und Kohl- rabi den Platz für sich beanspruchen. Noch bevor letztere geerntet sind, wird der späte Kohl zwischengepflanzt. So folgt eine Frucht der andern. Auch mit Karotten, Zwiebeln, Petersilie und dergleichen können gleichzeitig weitläufig Radieschen gesät werden, die abgeerntet sind, ehe erstere so recht ins Wachsen kommen. Zwischen recht früh ausgesäten Spinat sollte bald- möglichst Kohlrabi gepflanzt werden, denn ehe dieser recht ins Wachstum kommt, ist der Spinat geerntet. Allerdings ist hier stets und ständig die Reihensaat anzuwenden. Das sind nur einige kleine Beispiele, die sich leicht vervielfachen Hessen. Es kommt vor allen Dingen darauf» an, nur solche Arten einander folgen zu lassen, die sich gegenseitig im Wachstum nicht behindern. Dass zudem weder zu eng gesät noch gepflanzt werden sollte, möchte ich noch besonders er- wähnen. Jeder, der die Kultur der Gemüsearten nur einigermassen be- herrscht und seinen Garten einzuteilen versteht, wird sich bald selbst die beste Wechselfolge zurechtlegen und durchführen, nicht nur im Frühjahr, sondern fortlaufend bis zum späten Herbst hin. Um die Frühgemüse so bald wie möglich gebrauchsfertig zu erhalten, ist vor allen Dingen eine entsprechend frühe Aussaat oder Pflanzung not- wendig. Sofern das Land schon im Herbst gegraben wurde, kann bei gün- stigem Wetter schon im Januar bis Februar gesät werden, besonders in leichten Böden. Es handelt sich zuerst um Karotten, Spinat, Schwarz- wurzeln, Zwiebeln, Petersilie. Um so früh wie möglich junge Schoten und Winke zur Frühjahrsbestellung; des Gemüsegartens. 115 Puffbohnen zu ernten, werden von denselben im Laufe des Februar die ge- wünschten Saatmengen in flache Handkästen ausgesät und im Mistbeet- kasten oder auch in jedem hellen, etwas warmen Räume zum Aufgehen gebracht. Daraufhin sind die jungen Pflänzchen nach und nach an die Luft zu gewöhnen und so gut wie möglich abzuhärten. Tagsüber werden sie, falls kein Frostwetter herrscht, ins Freie gestellt, am Abend aber wieder in einen geschlossenen Raum gebracht. Bei gutem Wetter erfolgt im März das Auspflanzen ins freie Land. Der besseren Bearbeitung wegen lege man die Samen schon horstweise zu vier bis sechs, damit späterhin diese kleinen Büsche, gleich geschlossen bleibend, ebenso horstweise ausgepflanzt werden können. Ratsam ist es, in Rillen zu pflanzen, die jungen Pflanzen auch nach und nach seitlich mit Erde zu behäufeln. Nicht nur, dass dieses \'erfahren die Pflanzen vor stärkerem Frost schützt, es fördert auch das Wachstum derselben ausserordentlich. Uebrigens vertragen sowohl Erbsen als auch Puffbohnen eine ziemliche Kälte; eine solche von 6 bis 8 Grad Celsius schadet ihnen durchaus nicht. Ich möchte hier noch kurz auf die Puffbohne hinweisen, deren Anbau nicht genug empfohlen werden kann. Ihre jungen, noch nicht verhärteten Früchte geben ein ebenso wohlschmeckendes wie nahrhaftes Gemüse; sie sind überdies auch sehr ertragreich. Am besten gedeihen sie, recht früh gelegt, in etwas feuchtem, nahrhaftem Boden in ein- zelnen Reihen, die man gut zur Einfassung von Kartoffelland oder Beeten benutzen kann. Schnittbohnen lassen sich in ähnlicher Weise wie vorher beschrieben durch junge Pflanzen ins Freie pflanzen, wodurch natürlich auch früher geerntet werden kann. Allerdings lässt sich das erst später ausführen; in sehr günstigen, warmen und geschützten Lagen wird man sie wohl von Mitte April an auspflanzen können. Für Frostschutz muss aber auch dann noch gesorgt sein. Das Auspflanzen erfolge aber möglichst schon dann, wenn die Pflanzen noch krumm sind und so, dass sie noch völlig mit Erde bedeckt werden. Dies Vorkeimen hat nicht nur den Erfolg einer früheren Ernte, sondern auch den, dass die Bohnen alle gleichmässiger und schneller keimen, sich darum auch viel kräftiger entwickeln, woraus aber wiederum eine reichere Ernte zu folgern ist. Es ist ja bekannt, dass die Schnittbohne zu gutem Gedeihen viel Wärme liebt. Ist das schon mit älteren Pflanzen der Fall, so ist es mit Sämlingen um so mehr; dass ihnen aber bei Aussaat in Handkasten mehr Wärme zugeführt werden kann als bei Aussaat ins freie Land, ist doch sicher. Schon aus diesem Grunde hat genanntes \'erfahren seine guten Seiten. Ueber das Vorkeimen von Frühkartoffeln ist ja schon so viel gesagt und geschrieben worden, dass sich jedes weitere Wort erübrigt. Hingewiesen sei nur noch einmal darauf, dass das Vorkeimen nur in einem sehr hellen und trockenen Räume bei massiger Wärme vor sich gehen soll. Wichtig ist jedoch zu befolgen, dass als Saatgut von Frühkartoffeln nur gut ausgebildete Knollen von guter Mittelgrösse genommen werden sollen. Da die Saatknolle besonders bei der Frühkartoffel sehr zur Ernährung der jungen Büsche mit beitragen muss, eben der schnellen und frühzeitigen Entwicklung derselben wegen, sind kleine Knollen, sowie halbierte, wenn irgendmöglich zu ver- meiden. Recht nahrhaftes, warmes und tiefgelockertes Erdreich ist zu er- folgreicher Frühkultur noch viel notwendiger als bei der Spätkultur. Denn sollen die gleichen Kräfte, oft noch unter ungünstigen Witteiningsverhält- 1 IQ Schulschlussfeier der Städtischen Fachschule für Gärtner. nissen, in viel kürzerer Zeit dieselbe Arbeit leisten, so müssen sie um so schneller, leichter und restloser verwendbar sein. Bei verständiger Befolgung obiger Winke über dies und das, wird manchem fraglos guter Erfolg beschieden sein. Wörtliche Nachahmung ist dabei nicht notwendig; sie sollen nur hinweisen sowie zu Versuchen und Erproben die nötige Anregung gegeben. ^ '^/ 9 'ffi Schulschlussfeier der Städtischen Fachschule für Gärtner. Am Sonntag, den 1. April, vormittags 11 Uhr, fand in dem grossen Hörsaal der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin, Invaliden- strasse 42, in feierlicher Weise der Schulschluss der Städtischen Fachschule für Gärtner statt. Die Beteiligung war in Anbetracht des Krieges, der jede Kraft an seine Stelle fesselt, immer noch gut zu nennen. Nach dem Eingangs- liede „Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren" nahm der Dirigent der Fachschule, Herr Generalsekretär Braun, das Wort und ermahnte die heranwachsende gärtnerische Jugend, die Jahre, die ihr zum Lernen und Sammeln von Kenntnissen gegeben seien, doch ja ohne Nachlassen zu be- nutzen. Unter den herrschenden Verhältnissen heisse es auch für die städtische Bevölkerung: Versorge dich möglichst selbst mit allem, was du an Kartoffeln und Gemüse für deine Familie brauchst! Für diejenigen aber, welche den gärtnerischen Beruf als ihren Lebenszweck erwählt hätten, gelte es jetzt mehr wie je, für alle diejenigen, welche nicht Selbstversorger sein können, die erforderlichen Nahrungsmittel bereitzustellen. Hierzu gehören ein fröhlicher Wille, unentwegte Ausdauer und reiche Kenntnisse. Diese den Fachschülern zu vermitteln, habe die Städtische Fachschule für Gärtner auch in dem abgelaufenen Schuljahr ihr Möglichstes getan. Die Lehrer hätten trotz vielfach gesteigerter Berufspflichten mit Hingebung ihres schweren Amtes gewaltet. Das Kuratorium spreche ihnen dafür seinen besonderen Dank aus; ihn in gleicher Weise zu betätigen, sei Pflicht der lernenden Jugend. Der Besuch habe wegen des Krieges etwas nachgelassen, auch seien mancherlei Unregelmässigkeiten nicht zu vermeiden gewesen. Der kom- mende Friede würde das alles wieder ausgleichen. Um aber noch bestehende Lücken auszufüllen und den einmal ergriffenen Beruf auch theoretisch zu be- herrschen, könne er jedem jungen Gärtner nur empfehlen, sich beizeiten mit guten Büchern zu befreunden. Eins nach dem anderen durchgearbeitet, und alle benutzten aufgereiht, gäben im Laufe der Jahre eine sehr schöne Hand- bibliothek. Den rechten Gewinn eines guten Buches würde man aber erst haben, wenn man es richtig zu benutzen wisse. Jede Kunst wolle erlernt sein, auch die des Bücherlesens und -studierens. Das Schlimmste, was einer tun könne, sei, dass er ungeregelt und in wilder Hast darauflos lese. Das benachteilige die Denkfähigkeit, schaffe ein oberflächliches Wissen und verführe dazu, immer neue Bücher wahllos zu verschlingen. Solche Leute bekämen einen richtigen Lesehunger, seien aber in ihrem Wissen ohne jede Gründlichkeit. Ihnen müsse man den Vers zu- rufen : Gut Freund, dir frommt nicht, was du kaust, Dir wächst nur an, was du verdaust. Schulschlussfeier der Städtischen Fachschule für Gärtner. 117 Das beklagenswerte Halbwissen, mit dem heutzutage so viele Menschen herumlaufen, sei eine Folge übertriebener Leserei. Wolle man mit bleibendem Gewinn lesen und studieren, so dürfe man nur mit Auswahl, mit Mass und in strenger Ordnung lesen. Die geistige Kost solle durchaus nicht einseitig sein; man könne gute Fachliteratur mit geeigneter Unterhaltungsliteratur in angenehmster Weise mischen. Als zweite Regel müsse gelten, niemals etwas zu lesen, ohne dass man sich darüber ein eigenes Urteil bildet. Eine grosse Menge von praktischen Kennt- nissen, über die man nicht selber nachgedacht, die man nicht geistig ver- arbeitet hat, sei weniger wert als ein weit kleinerer Kreis von Kenntnissen, deren Art, Beziehungen und sachlichen Inhalt man immer und immer wieder durchdacht hat. iVlehr denn je gelte als Geheimnis des richtigen Lesens der Grundsatz Alexander Jungs, der da fordert, dass man jedes Buch nach seinen Gedanken und seinem praktischen Inhalt schätzen müsse; ferner müsse man danach streben, die echten Gedanken von unechten zu unter- scheiden, den Mangel an Gedanken und positivem Wissen zu erkennen, den bearbeiteten Stoff vollauf zu würdigen, in die Tiefe der Gedanken und vor- getragenen Wissenschaft einzudringen, alle Teile der Darstellung zu einem Ganzen zusammenzuschauen und eigene Gedanken darüber zu gewinnen. Mit dem Genuss des Studierens eines Buches soll sich aber stets die Kritik verbinden, mindestens müsse sie ihm folgen. Wie ein Kaufmann, der alljährlich eine Bilanz zu ziehen verpflichtet ist, um festzustellen, mit welchem Nutzen oder Schaden er gewirtschaftet hat, so muss auch der sorg- fältige Leser eine geistige Bilanz über ein Buch aufstellen, sobald er es be- endet hat. Wenn man aber liest, so sollte man nie anders lesen, als mit der Feder in der Hand; einmal, um hier etwas anzustreichen und einen besonderen Ge- winn einzuheimsen, dort, um einer Meinung, der man nicht zustimmen kann, die seinige entgegenzustellen. Die Feder bewirkt dann ein Doppeltes: sie ist die Sichel, welche die Ernte schneidet, und zugleich eine Bremse für den allzu eilfertigen Geist, der am liebsten mit Schnellzugsgeschwindigkeit immer wieder Neuem zustrebt. Als ein wichtiges Hilfsm.ittel zum nutzbringenden Lesen gehöre vor allem ein Sammelbuch, bei weiterem Fortschreiten ein Sammelkasten und schliesslich ein Sammelschrank, in welchem alle Lesefrüchte nach Stich- worten geordnet aufzuheben sind. In früheren Zeiten, als die Bücher noch etwas Kostbareres darstellten als heutzutage, sei eine gewisse Schonung der Bücher stets empfohlen worden. Das Wichtigste beim Lesen und Studieren sei aber, dass die Bücher eifrig und zweckentsprechend benutzt würden. Damit Hesse sich eine Schonung nicht immer verbinden. Es schade auch nichts, wenn man broschürte Bücher in ihre Bestandteile zerlege und bei längeren Geschäftsfahrten zu sich stecke, um freie Minuten nutzbringend zu verwenden. Hierauf fand die Verteilung von Zensuren durch den Dirigenten und die Verteilung von Prämien der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft durch Herrn Kgl. Gartenbaudirektor Franz Bluth (Lichterfelde) statt. Ihm wurde als dem Stifter der Prämien im Namen des Kuratoriums und der bedachten Fach- schüler der herzlichste Dank ausgesprochen. 118 Schulschlussfeier der Städtischen Fachschule für Gärtner. Zur Verteilung gelangten folgende Prämien: 1. Herrn Johann Misteki : ein Reisszeug. 2. „ Otto Leyser : ein Jahrgang 1916 der „Garrenflora", Zeit- schrift der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft. 3. „ Otto R ü d i g e r : ein Jahrgang 1916 der „Gartenkunst", Zeit- schrift der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst. 4. „ Erich Stark: Johannes Böttner: Gartenbuch für An- fänger. 5. „ Bruno Lefevre: Max Hesdörffer: Praktisches Taschen- buch für Gartenfreunde. 6. „ Max S trübe: Johannes Böttner: Gartenenrwürfe. 7. „ Bernhard Sigmund: Max Löbner: Gärtnerische Dünger- lehre. 8. „ Karl Lehrecke: Gaucher: Obstbaukunde. 9. „ Felix Busch : Janson: Die Gartenpflege. 10. „ Arthur Soldner: Voss-Kohl: Taschenwörterbuch der botanischen Kunstausdrücke für Gärtner. 11. „ Otto Thalemann: Kraepelin, Professor: Die Be- ziehungen der Tiere und Pflanzen zueinander. 1. und 2. Teil, 12. „ Willi Lichtenberg: Goeschke: Die Staudengewächse. 13. „ Gerhard W e n d t : Goeschke: Blütensträucher. 14. „ Wilhelm Thalemann : Bölsche : Der Mensch der Zukunft. 15. „ Erich W e t z e 1 : Verdeutschungen entbehrlicher Fremd- wörter. 16. „ Fritz Kohlhoff: Lebl: Beerenobst und Beerenwein. 17. „ Rudolf Herrmann : Lebl: Die Champignonzucht. 18. „ Fritz Wunsch : Böttners Gartentaschenbuch. 19. „ Walter Findeisen: K. Koopmann : Rosen. Das Schlusswort sprach Herr Fachschullehrer Kuhle. Er führte fol- gendes aus: Liebe Schüler! Das verflossene Semester unserer Fachschule hatte auch unter dem Kriege zu leiden. Der grösste Teil des Unterrichts musste leider in der letzten Zeit ausfallen. Wir können aber zu unserer Freude sagen, dass Sie gern zum Unterricht gekommen sind, dass Sie keine Zeit, keine Arbeit, keine Mühe, kein schlechtes Wetter gescheut haben, um pünkt- lich zum Unterricht zu erscheinen, dass Sie bestrebt waren, alles daran zu setzen, um sich in Ihrem Wissen zu vervollkommnen, um in Ihrem Berufe etwas Tüchtiges leisten zu können. Wir wollen das gern anerkennen. Der Krieg ist ja auch so recht ein Mahner zu körperlicher Ertüchtigung, ein Mahner zur Arbeit und zum Lernen. Die Blüte unserer Volkskraft steht unter den Waffen gegen einen an Zahl überlegenen Feind. Grosse, oft über- menschliche Anstrengungen werden an jeden einzelnen gestellt, ohne Unter- schied des Ranges und Standes. Heldentum, auch im Entbehren und Leiden, wird von ihnen verlangt und -- geleistet. Nur gesunde, kräftige, willens- starke und begeisterte Männer und Jünglinge sind zu diesem Heldentum befähigt. Das verlangt das Vaterland auch einst von Ihnen. Darum mahnt der Krieg: Werden Sie stark, werden Sie mutig; das Vaterland hofft auch auf Sie. Die körperliche Kräftigung kommt auch der Ausübung der Berufs- arbeit zugute. Ein gesunder, kräftiger Körper ist für manchen unter Ihnen oft das einzige werbende Kapital, das er besitzt. Stählen Sie also Ihre Ge- Aus den Abteilungen der Q. G. G. 119 sundheit in Ihrem eigenen Interesse und im Interesse unseres Vaterlandes. Der Krieg ist aber nicht nur ein Mahner zu körperlicher Ertüchtigung, sondern auch ein Mahner zur Arbeit und zum Lernen. Es geht em grosses Wollen durch unser Volk. Unsere herrlichen Truppen wollen siegen und fürchten weder Not noch Tod. Frauen und Mädchen aus allen Standen stellen sich freiwillig in den schweren Dienst der Krankenpflege. Millionen von ihnen stricken und nähen für die Soldaten und arbeiten zur Linderung der Not; sie wollen ihre Kräfte dem Vaterlande weihen. Dieses grosse Wollen soll auch Sie ergreifen. Möge sich ein jeder von Ihnen tüchtig er- weisen in seinem Beruf, besonders dort, wo es an Arbeitskräften fehlt, möge jeder treu aushalten auf seiner Stelle, wenn es auch manchma schwer arbeiten heisst. Auch hier muss Ihre Losung sein: Durchhalten. Benutzen Sie alle Gelegenheit, die sich Ihnen bietet, um sich weiter zu bilden. Auch unsere Schule will Ihnen fernerhin dabei behilflich sein, und deshalb rufe ich Ihnen zu: Auf Wiedersehen in unserer Fachschule im Oktober 191/! Nach dem Gesänge „Unseren Ausgang segne Gott, unseren Eingang .leichermassen" wurde die Feier gegen 12 Uhr geschlossen. Aus den Abteilungen der D. G. G. Protokoll. Sitzung des Obst-Ausschusses vom 15. Februar 1917. 1 Die Sitzung konnte nicht, wie beabsichtigt war, in Weissensee statt- finden, da die Besichtigung der Mar- meladenfabrik bis auf weiteres ver- schoben werden musste. Die grosse Kälte hatte den Betrieb stillgelegt. 2 Ausgestellte Gegenstände: Gar- teninspektor Weber (Spindlersfeld): Werderscher Wachsapfel, in Werder viel verbreiteter, fester Apfel von glänzend wachsgelbem Aussehen und gutem Geschmack; Herr Mehl (Schöneberg): Pom- merscher SchlotterapPel, in der Heimat S c h 1 ö r r i g genannt, die Früchte, wahrscheinlich zu früh gepflückt, waren eingeschrumpft, sonst gut im Geschmack; Herr Ober- gärtner Stein dorf (Potsdam): Goldrenette von Blenheim, gut als Pyramide, H a r b e r t s Renette, Quittenapfel, Kas- seler Renette, Webers Re- nette, von ganz vorzüglicher Fär- bung, und Purpurroter Cou- sin o t. — Alles Früchte von gutem Geschmack. Nach Herrn Obergart- ner Schulz (Dammsmühle) ist der Cousinot, wenn echt, im Frühjahr leicht an seiner schönen Blüte zu er- kennen. Zu aller Bedauern wird Herr Obergärtner S t e i n d o r f , der seit vielen Jahren ein eifriges Mn- glied des Ausschusses ist und viel zur Belebung unserer Sitzungen bei- getragen hat, uns zum 1. .März ver- lassen. Durch den Tod der Frau Kommerzienrat Borchardt ist seine Stellung in Potsdam auf- gehoben. Herr Steindorf wird in die Nähe von Wahren in Mecklenburg übersiedeln, um dort eine ähnliche Anlage zu schaffen. 3. Flechtenseuche: Herr Hauptlehrer Paul F. F. Schulz (Kaulsdorf). Durch die augenblicklich herrschende, strenge Frostperiode ist der Obstzüchter gegen diese schma- rotzenden Gebilde zur Untätigkeit verurteilt. Zeigt sich ein grüner Schein am Holze unserer Obstbäume, so können es Vorkeime von Moosen sein, oder auch Algen; im letzteren Falle sind es die Vorläufer von Flechten. Nach Professor Schwen- dener führen diese ein Doppelleben. Algen siedeln sich an, und Pilz- sporen finden sich ein, umklammern wachsend die Algen und töten sie ab. Die Flechten lieben reine, frische Luft; in feuchten Gebirgsgegenden nehmen sie oft derartig überhand, dass sie die Bäume vollständig er- sticken, indem sie die Atmungs- zellen der Gehölze verstopfen und so 120 Aus den Abteilungen der D. G. G. eine Stockung des Wachstums ver- ursachen. Empfindlich sind die Flechten gegen unreine Luft, diese beeinträchtigt ihr Wachstum, die Nähe von Schornsteinen mit ihrer Erzeugung von schwefeliger Säure behagt ihnen nicht; darum sind sie in der Nähe grosser Fabrikanlagen und Städte nicht überreich wuchernd anzutreffen. Schädlich wirken Flech- ten, wo sich solche ansiedeln, immer, schon dadurch, dass sich Ungeziefer dahinter einnistet. Mittel zur Ab- wehr und zum Abtöten der Schma- rotzer sind fast alle empfohlenen Spritzmittel, ferner eine Bespritzung der Bäume mit einer Auslaugung von Holzasche, einer Kainitauflösung oder einer Bespritzung mit Kalk- milch. Durch Vorführung getrock- neter Flechten in Herbarienform und gelungener mikroskopischer Präpa- rate unterstützte Herr Schulz seine hochinteressanten Ausführungen, wo- für ihm der Dank der Versammlung zuteil wurde. 4. Die Berliner Mai meladenfabrik in W e i s s e n s e e beabsichtigt Spa- lierobst an den Mauern anzupflanzen; in Betracht kommen Birnen, Pfirsiche und Schattenmorellen. Die Mauern sind zwei Meter hoch. Als Formen werden bei dieser geringen Höhe vier Etagen Palmetten mit acht Aesten empfohlen, Pflanzweite drei Meter, 20 Zentimeter. Die Mauern sind vor- her mit Spalieren zu versehen; die Spaliere für Birnen sind in 20 Zenti- meter Abstand von der Rückwand anzubringen; für Pfirsiche genügen 10 Zentimeter. Eine gute Düngung und Bearbeitung des Bodens ist vor- her nötig; etwa 60 bis 75 Zentimeter tief und 1 't; bis 2 Meter von der Wand ab ist zu rigolen. Die Ostseite, die Schlagregen weniger empfängt und deshalb immer trockener bleibt, ist besonders zu berücksichtigen, indem man etwas Torfmull zwischen den Boden bringt und im Sommer reich- lich für Wasser sorgt. Die Birnen müssen auf Quitte veredelt sein. Die Veredlungsstelle, auf Quitte ver- edelter Birnen, soll in die Erde kom- men. Für Birnensorten, die, direkt auf Quitte stehend, nicht gut wach- sen, pflanze man Bäumchen mit Zwischenveredlungen. Späte Birnen sind an die Südseite zu bringen. Der Schnitt der Bäume muss sachgemäss ausgeführt werden. Folgende Birnensorten werden zur Anpflanzung empfohlen: Dr. Julus Guyot (Zwischenaufveredlung) Clapps Lieblingsbirne, Williams Christbirne, Triomphe de Vienne, Marguerite Marillat (auf Zwischen- veredlung), Graf Moltke, Gellerts Butterbirne, Williams Herzogin, Birne von Tongre, Madame Treyve, Himmelfahrtsbirne, Vereins - De- :hantsbirne (auf Zwischenveredlung), Diels Butterbirne. Le Lectier, Clair- geaus Butterbirne (auf Zwischenver- edlung), Alexander Lucas, President Drouard, Comtesse de Paris, Winter- Dechantsbirne, Hardenponts Winter- butterbirne. Pfirsichsorten: Amsden, Frühe Alexander, Frühe Beatrix, Waterloo, Cumberland, Frühe York, Frühe Haies, Grosse Mignon, Königin der Obstgärten, Früheste von Allen, Der Sieger, Oberpräsident v. Schorlemer, Perle von Muffendorf, Königin Ca- rola, Nectarine: Frühe Rivers, Pre- coce de Croncels, Lord Napier. 5. Die Birnenreiser der Sorte: Geheimrat Dr. Thiel sind zur- zeit eingefroren und können erst spä- ter zur Ausgabe gelangen. Diese Birne ist im Jahre 1886 in Geisen- heim gezogen worden und ist das Produkt einer Kreuzung zwischenl Blumenbachs- und Diels Butterbirne. Der Baum wächst stark, gedeiht gut auf Quitte und hat langes Fruchtholz. Die Triebe bedecken sich im ersten Jahre mit Dornen; die Blütezeit ist spät. Nach sechs Jahren trug der Baum zum ersten Male; Frucht gross, wird auf Lager goldgelb, muss aber zur rechten Zeit geerntet werden. 6. Herr Generalsekretär Braun gibt bekannt, dass am 20. Februar, nachmittags 3 Uhr, eine Kriegs- sitzung des Deutschen Pomologen- Vereins im Architektenhause statt- findet, zu welcher jedermann will- kommen ist. Fr. Weber., yf^/z '?: Verschiedenes. 121 Verschiedenes. Kartoff elkeime als Saatgut? Herr Josef Klar in Berlin-Nieder- schönhausen sandte uns zur Frage der Saatkartoffelstreckung eine längere Mitteilung, die wir hier nur in der Hauptsache wiedergeben können, weil über den Raum des Heftes bereits verfügt war und eine Hinausschiebung der Veröffent- lichung nicht im Sinne des Ein- senders liegen konnte. Herr Klar ging von Beobach- tungen aus, die er vor 50 Jahren bei der üblichen Stecklingsvermehrung im Mistbeet (also bei Anwendung von Bodenwärme und Fenster- t schütz!) machte und fährt fort: „In Erinnerung an diesen so weit zurückliegenden günstigen Erfolg pflanzte ich nun im verflossenen Jahr, angeregt durch die Not der Zeit, erst am 3. Juni einige ca. 12 cm lang angetriebene Keime der mittel- frühen, weissen, runden Kartoffel „Silesia" ziemlich tief gleich ins freie Land. Es stand mir zu dem Zweck nur ein Quadratmeter abge- tragenen Kohllandes zur Verfügung, das keinerlei Bodenbearbeitung unterworfen worden war. Mehr als 4 Wochen später, am 7. Juli, nahm ich eine gleiche Anpflanzung an einem denkbar ungünstigsten Orte, nämlich in tiefem Schatten unter Obstbäumen, r vor. Es wurden diesmal 40—60 cm lange Keime verwendet. — Aber auch diese brachten noch einen annehm- baren (?), den unten angegebenen Er- trag. Leider trat aber am 19. Oktober der erste Frost ein, der meinen noch grünen Stauden und damit dem gan- zen Versuch ein Ende bereitete. Das Resultat des kleinen Versuchs drei am 3. Juni angepflanzte 12 cm lange Keime ergaben 200 Gramm; zwei am 7. Juni angepflanzte 40 bzw. 60 cm lange Keime brachten noch 50 Gramm." Der Verfasser ist nun geneigt, bereits aus diesen Versuchen zu folgern: „So ist durch die Verwendung der Kartoffelkeime, die ohnehin kein Tier frisst, weil sie das giftige Solanin enthalten, die Saatstreckung erreicht!" Diese Zuversicht wurde nach unserem Dafürhalten zumindest etwas voreilig geäussert; denn die Klarsehen Versuche beweisen zu- nächst doch nur, dass Kartoffelkeime, frei ausgepflanzt, unter gewissen Um- ständen wachsen können ; für die Wirtschaftlichkeit solchen Saatgutes beweisen sie nichts! Wenn auch anzunehmen ist, dass bei früherer Pflanzung (Herr Klar denkt an Mitte Mai) auf gutem Boden und in guter Lage die Erträge grösser geworden wären, so können die 14 Tage zwischen Mitte Mai und dem oben genannten 3. Juni den Ertrag unmög- lich bis zur Wirtschaftlichkeit ver- bessern. An eine noch frühere Pflan- zung ist aber im Freien nicht zu denken, weil dann in Norddeutschland das Tagesmittel der Bodenwärme noch so gering ist, dass die Keime sich voraussichtlich gar nicht be- wurzeln würden. Jede Reifnacht würde auch die Pflanzung vernichten, ohne dass, wie bei Knollenpflanzung, auf Nachschub zu rechnen wäre. Endlich zeigen richtig gelagerte Kar- toffeln um Mitte April noch wenig greifbare und somit nur wenig pflanz- bare Keime. Jedenfalls haben die vielfältigen Erfahrungen bei der kunstgerechten Stecklingsvermehrung 1 von Kartoffeln im Mistbeet gelehn. dass selbst die reich bewurzelten und mit Ballen ausgepflanzten Stecklinge sich im Ertrage den aus Knollen er- zogenen Kartoffelstauden nur dann annähern, wenn ihre Vorkultur einige Monate vor dem von Herrn Klar genannten 3. Juni be- gann! Für eine kritische Würdigung der Klarsehen Versuche lassen die ge- machten Angaben aber vor allem noch einige wichtige Fragen ganz offen : 1. Wurden am 3. Juni überhaupt nur drei Keime, am 7. Juni überhaupt nur zwei Keime gepflanzt oder lässt das „einige Keime" und der ver- wendete Raum von einem Quadrat- meter den Schluss zu, dass ein mehr oder weniger grosser Bruchteil ge- ' pflanzter Keime gar nicht wuchs oder keine Knollen ansetzte? 2. Ist der als „denkbar un- 1 günstigst" bezeichnete Standort unter I Obstbäumen nicht insofern von Vor- teil gewesen, als er die Keime der Hochsommersonne entzog, die bei 122 Verschiedenes. freier Lage die geilen Triebe rasch in dürre Fäden verwandelt hätte? Jedenfalls kann auf die Beobach- tungen des Herrn Klar hin in der gegenwärtigen Kriegszeit nicht ein- mal zu Versuchen in grösserem Massstabe, geschweige denn zu feld- mässiger Pflanzung von Keimen er- muntert werden; denn für uns kommt jetzt alles darauf an, die verfügbaren Arbeits- und Bodenkräfte ertrag- sicher zu nutzen! Sicherung der Acker- und Garten- bestellung. Auf Grund des Artikels 2 der Be- kanntmachung über die Sicherung der Ackerbestellung vom 9. März 1917 (Reichs-Gesetzbl. S. 2 bis 4) wird die Fassung der Bekanntmachung über die Sicherung der Acker- und Gartenbestellung nachstehend be- kanntgemacht. Berlin, den 9. März 1917. Der Stellvertreter des Reichs- kanzlers : Dr. H e 1 f f e r i c h. ;^ 1. Die untere "^/erwaltungsbe- hörde ist nach näherer Anordnung der Landeszentralbehörde befugt, die .Nutzungsberechtigten von Landgü- tern und landwirtschaftlichen Grund- stücken mit kurzer Frist zu einer Er- klärung darüber aufzufordern, ob sie ihre gesamte Ackerfläche bestellen wollen oder welche Stücke davon un- bestellt bleiben sollen. Die Möglich- keit der in Aussicht genommenen Bestellung ist auf Erfordern glaub- haft zu machen. Die Aufforderung kann durch öffentliche Bekannt- machung erfolgen. S 2. Soweit der Nutzungsberech- tigte die Bestellung nicht übernimmt oder die Möglichkeit der Bestellung nicht glaubhaft macht oder die Auf- forderung unbeantwortet lässt, oder wenn er nicht erreicht werden kann, ist die untere Verwaltungsbehörde befugt, die Nutzung des Grundstücks mit Zubehör ganz oder zum Teil längstens bis Ende des Jahres 1918 dem Berechtigten zu entziehen und dem Kommunalverbande zu über- tragen. § 3. Der Kommunalverband hat bei der Nutzung des Grundstücks nach den Regeln einer ordnungsmässigen Wirtschaft zu verfahren, soweit dies nach den besonderen, durch den Krieg geschaffenen Verhältnissen tunlich ist. Inwieweit der Kommunalver- band dem Nutzungsberechtigten' eine Entschädigung zu gewähren hat, be- stimmt die untere Verwaltungsbe- hörde bei der Uebertragung. Für die Aufwendungen des Kommunalver- bandes hat der Eigentümer oder son- stige Berechtigte nicht einzutreten. § 4. Aus Gründen der Billigkeit kann die untere Verwaltungsbehörde die Rückgabe der Grundstücke an den Berechtigten bereits zu einem 'früheren Zeitpunkt als dem zunächst bestimmten verfügen. Bei der Aus- einandersetzung (§ 5) hat ein ange- messener Ausgleich zu erfolgen. § 5. Ueber die Auseinandersetzung zwischen dem Kommunalverband und dem Eigentümer sowie den sonstigen Nutzungsberechtigten beschliesst auf Antrag die untere Verwaltungsbe- hörde nach billigem Erm.essen unter Ausschluss des Rechtswegs. § 6. Gegen die Verfügungen der unteren Verwaltungsbehörden nach §§ 1 bis 4 ist binnen einer Woche, gegen die Beschlüsse nach § 5 binnen einem Monat die Beschwerde bei der höheren Verwaltungsbehörde zu- lässig. Die Entscheidung ist end- gültig. § 7. Die Ländeszentralbehörde er- lässt die erforderlichen Ausführungs- vorschriften. ^ 8. Die Vorschriften dieser Ver- ordnung finden auf städtische zur landwirtschaftlichen oder gärtneri- schen Nutzung geeignete Grund- stücke entsprechende Anwendung. § 9. Soweit die Sicherung der Acker- und Gartenbestellung im Wege der Landesgesetzgebung her- beigeführt ist, finden die Vorschriften dieser Verordnung keine Anwen- dung. ^ 10. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Landesamt für Gemüse und Obst. 1. Für den preußischen Staat (mit Ausnahme der Hohenzollernschen Lande) wird ein Landesamt für Ge- müse und Obst errichtet. Das Landesamt ist eine Behörde und hat seinen Sitz in Berlin. ^Das Landesamt hat für die Auf- bringung und Verteilung von Ge- müse und Obst im Staatsgebiet zu sorgen. Ihm wird auf Grund der Bekanntmachung über die Errich- tung von Preisprüfungsstellen und Verschiedenes. 123 die Versorgungsregelung vom 25. September 1915 und der ergänzen- den Bekanntmachungen vom 4. No- vember 1915 und vom 6. Juli 1916 die Befugnis verliehen, die Versor- gung der Bevölkerung des Staats- gebiets mit Gemüse und Obst gemäß § 15 Abs. 3 der ersterwähnten Be- kanntmachung in seiner gegenwärti- gen Fassung zu regeln. Soweit das Landesamt für Gemüse und Obst von dieser Befugnis Gebrauch macht, ruhen die entsprechenden Befugnisse der Kommunalverbände, der Ober- präsidenten und Regierungspräsiden- ten. Von diesen Stellen etwa er- lassene, der Regelung des Landes- amts entgegenstehende Anordnungen sind durch besondere Bekannt- machung alsbald ausser Wirkung zu setzen. Einer Vorlage der Anord- nungen des Landesamts bei uns zur Genehmhaltung vor ihrer Veröffent- lichung bedarf es nicht. Das Landes- amt vermittelt ferner den Verkehr zwischen der Reichsstelle für Ge- müse und Obst, Verwaltungsabtei- lung, einerseits und den den Landes- zentralbehörden nachgeordneten Be- hörden der allgemeinen und inneren Verwaltung sowie den kommunalen Behörden andererseits. Die Unterverteilung der vom Reich überwiesenen Mengen an Ge- müsewaren (Sauerkraut, Dörr- gemüse, Gemüsekonserven usw.) und den Obsterzeugnissen (Obstmus, Marmelade, Obstkonserven usw.) und die Regelung der Versorgung mit diesen Lebensmitteln bleibt von der Zuständigkeit des Landesamts für Gemüse und Obst ausgenommen. Sie gehören auch weiter zu den Auf- gaben des Landesamts für Nährmittel und Eier. Die Aufsicht über das Landesamt für Gemüse und Obst führt der Mi- nister des Innern, Vorsitzender des Landesamts ist der Oberregierungs- rat v o n T i 1 1 y , der zugleich an der Spitze der Reichsstelle für Gemüse und Obst steht. 2. Für jede Provinz ist eine Provin- zialstelle für Gemüse und Obst, und für jeden Landkreis eine Kreisstelle für Gemüse und Obst einzurichten. Die Stadt Berlin ist in der Provinzial- stelle der Provinz Brandenburg für Gemüse und Obst anzuschliessen. Die Oberpräsidenten erlassen die Anordnungen wegen Einrichtung der Provinzialstellen und führen die Auf- sicht über dieselben. Sie können nach ihrem Ermessen von der Einrichtung einer Provinzialstelle absehen und statt dessen den Regierungspräsiden- ten die Einrichtung von Bezirksstellen für Gemüse und Obst für die ein- zelnen Regierungsbezirke übertragen. Die Bezirksstellen für Gemüse und Obst unterstehen der Aufsicht des Regierungspräsidenten. 3. Die Kreisstellen für Gemüse und Obst werden von den Kreisaus- schüssen eingerichtet. Die Kreis- ausschüsse können die Geschäfte der Kreisstellen vorhandenenWirtschafts- stellen, z. B. den Preiskommissionen, übertragen. Das Landesamt für Gemüse und Obst ist befugt, mit den staatlichen und kommunalen Behörden in un- mittelbaren Verkehr zu treten. Die Provinzial- (Bezirks-) Stellen für Ge- müse und Obst haben den Anforde- rungen des Landesamts, die Kreis- stellen für Gemüse und Obst den Anforderungen des Landesamts und der Provinzial- (Bezirks-) Stellen Folge zu leisten. Die Hohenzollernschen Lande blei- ben auch weiterhin an die Königlich Württembergische Landesvermitt- lungsstelle für Gemüse und Obst an- geschlossen. Die zuständige Behörde ist der Landrat, in Stadtkreisen der Ge- meindevorstand. Die vom k. k. Amte für Volks- ernährung autorisierte Gemüse- und Obst-Versorgungsstelle. (Gemüse-Obst-Stelle.) Schon im Frieden wurde mit Nach- druck darauf hingewiesen, dass Oesterreichs Gemüseproduktion nicht imstande sei, den Inlandsbedarf zu decken. Versuche, die heimische Produktion zu fördern, hatten nicht den gewünschten Erfolg. Oester- reich blieb trotz seiner Böden und seines günstigen Klimas in der Er- zeugung von Gemüse zurück. Der entwickelte Handelsverkehr mit dem Auslande machte im Frieden diese Mängel nicht besonders fühlbar. Wir bezogen Frühgemüse aus Italien und Frankreich, Zwiebel aus Aegypten, Kraut aus Holland usf. Unsere m den Anfängen liegende Samenproduk- tion bot dem deutschen hochent- wickelten Samengeschäft ein dank- 124 Verschiedenes. bares Feld der Tätigkeit. Alle diese | Mängel wurden mit der Dauer des Krieges zur unerträglichen Härte. Aus dem Ausland war Gemüse schwer zu bekommen, und die in- ländische Produktion ging infolge Einberufung der Gärtner, Mangel an Arbeitskräften und Düngemitteln schnell zurück. Da setzt nun eine grosszügige Aktion des k. k. Amtes für Volksernährung ein. Unter Teil- nahme der k. k. Gartenbau-Gesell- schaft in Wien rief das Volks- ernährungsamt eine Stelle für Ge- müse und Obst ins Leben. Präsident dieser Stelle wurde Hofrat Professor Dr. Richard Ritter von Wettstein, leitender Direktor der General- sekretär der k. k. Gartenbau-Gesell- schaft in Wien Dr. Kurt Schechner, zum Regierungskommissär wurde Ministerialsekretär Dr. Halben be- stellt. Die Aufgaben dieser Stelle sind in Kürze: 1. Sie wird die heimische Produk- tion zu heben suchen, um dem Be- dürfnisse im Inlande, auch ohne Zu- fuhr aus dem Auslande, gerecht zu werden. Zu diesem Zwecke wird sie a) aufgelassene Gärtnereien wie- der in Stand setzen, die intensivere Bewirtschaftung bestehender betrei- ben, durch belehrende Einwirkung den Uebergang von Ziergärtnereien in Gemüsegärtnereien vorbereiten; b) mit besonderem Nachdruck wird sie den feldmässigen Gemüse- bau fördern. Sie wird zu diesem Zwecke brach liegende Ländereien (Moore und auch Hopfengärten) her- anziehen. Sie wird mit Landwirten Anbau- und Lieferungsverträge ab- schliessen, die heute schon den Land- wirten die sichere Abnahme ihrer Produkte gewährleisten. Anbau- und Lieferungsverträge werden in der sicheren Voraussetzung, dass alle diese Aktionen die verständnisvollste Unterstützung der Landwirtschaft finden werden, eine zwangsweise Be- wirtschaftung überflüssig machen. Die Lieferungsverträge werden dem Landwirt aber auch Schutz ge- währen. Denn wird, wie zu er- warten steht, ein Höchstoreis fest- gesetzt, der niedriger ist als der Ver- tragspreis, so gilt der Vertragspreis, ist aber der Höchstpreis höher wie der Vertragspreis, so gilt der höhere Höchstpreis. 2. Die Stelle wird jetzt schon Vor- sorge zu treffen haben, um dem Markte konserviertes Gemüse zu einer Zeit zu sichern, zu der das frische in geringen Mengen und schwer erhältlich ist. Sie wird daher durch eine alle Konservierungs- anstalten umfassende Organisation dafür sorgen, dass der Ankauf des Gemüses durch die Konservierungs- stellen nicht zu wilden Preisbewe- gungen Anlass gebe, dass diese Stellen in sachgemässer und ratio- neller Weise wirtschaften. Die Auf- teilung der konservierten Mengen nach den Bedürfnissen des Marktes und die Preisbestimmung wird sie zu vollziehen haben. 3. Die Stelle wird bestrebt sein, für den Herbst jene Mengen von Saatgut zu sichern, die uns vom Samenankauf im Auslande unabhän- gig machen. Die Stelle wird daher mit Landwirten und Gärtnern Samenanbauverträge schliessen, die den Anbauer verpflichten. Pflanzen bestimmter Flächen „auf Samen" stehen zu lassen. Auch in diesem Falle werden dem Landwirt Preise zugesichert, die die Rentabilität des Samenanbaues ausser Zweifel stellen. 4. Bei Schaffung von geregelten Verhältnissen auf dem Obstmarkte wird sich die Stelle von zu straffen, zentralisierenden Tendenzen frei- halten. Sie wird vielmehr an eine rationelle Verwertung der Obst- produkte unter Zuhilfenahme be- stehender Produzentenverbindungen, des legitimen Obsthandels und vor- handener Obstverwertungsstellen denken. Der legitime Obsthandel, der über reiche Erfahrungen verfügt, Emballagen und Lagerräume besitzt, soll durchaus zur Mitarbeit heran- gezogen werden. Die Stelle wird daher die Obst- baugebiete in Produktionssprengel teilen und in jedem Produktions- sprengel unter Benutzung bestehen- der Organisationen Interessenvertre- tungen schaffen, die dafür Sorge tragen, dass die gesamte Produktion erfasst und der entsprechenden Ver- wertung, sei es durch Beschickung des Marktes, sei es durch Einlage- rung oder durch Konservierung, zu- geführt werde. Sie wird ehestens eine Uebersicht über die in der Obst- verwertung gebrauchten Maschinen zu gewinnen suchen, mögliche und im Verschiedenes. 125 Interesse der Sache gelegene Trans- ferierungen dieser Materialien vor- nehmen und so Verwertungsmöglich- keiten an Ort und Stelle schaffen. Bei allen diesen Bestrebungen wird die Stelle Einvernehmen mit schon be- stehenden provinziellen Gesellschaf- ten pflegen, um im Einklang mit ihnen zu bestimmen: welche Mengen im Produktionsorte durch den Detail- handel verkauft, welche Mengen in andere Verbrauchszentren zu schaf- fen und welche endlich rationeller Konservierung zuzuführen sind. Sie wird auch die Beschickung des Marktes mit Obstverwertungs- erzeugnissen regeln. Durch recht- zeitiges Anknüpfen von Beziehungen mit Gemeinden und Grossverbrau- chern sowie dem legitimen Detail- handel wird sie eingehend den Bedarf an Frisch- und Dauerware kennen- lernen. In allen Fällen wird sie einen genauen Transportplan auf- stellen, um eine rechtzeitige Anliefe- rung der Ware zu sichern. 5. Die Stelle wird auf Grund der Berichte auf den einzelnen Produk- tionsgebieten Massnahmen treffen, um bei auftretenden Pflanzenkrank- heiten selbsttätig einzugreifen oder eingreifen zu lassen. Sie wird neue, bisher nicht verwertete Pflanzen für die menschliche Nahrung er- schliessen, Kulturverfahren zu ver- bessern suchen und neue Methoden rationeller Anzucht und Pflege stu- dieren. 6. Die statistische Abteilung wird rechnerisch die Produktionskosten beim Feldgemüsebau und bei garten- mässigen Kulturen, bei der Verwer- tung und dem Samenbau zu erfassen suchen. 7. In steter Verbindung mit den Erzeugern und Verbrauchern wird sie die Grundlage für eine Konsum- statistik schaffen. 8. In ihrer Materialienabteilung wird sie den Ankauf von Sämereien, landwirtschaftlichen Geräten, Ver- wertungsmaschinen und Dünge- mitteln ermöglichen. In ernster Zeit beginnt die Stelle für Gemüse und Obst ihre Arbeit. Sich dessen wohl bewusst, dass sie nicht die Märkte sofort befriedigen kann, wird sie vorerst durch Schaf- fung einer Einkaufsorganisation da- für sorgen, Produkte aus dem Aus- lande auf den Markt zu bringen. Aber unentwegt wird sie das Ziel im Auge haben, die Produktion zu fördern, um den Inlandsmarkt selbst beschicken zu können. Sie wird hierdurch in hervorragendem Masse dem Ueber- gang in die Friedensarbeit vorarbei- ten. An der Landwirtschaft und dem Gartenbau ist es gelegen, dieser Stelle erfolgreiches Arbeiten zu sichern. Kriegergräber. Die Frage nach der würdige» Ehrung der Gräber der vielen ira Kampfe für Thron und Vaterland ge- fallenen Helden bewegt in Wort und Bild, im Beraten und Schaffen, je länger, je mehr aller Gedanken und Herzen im Heer und im Volke draussen und daheim. Auch die Heeresverwaltung ist um Beantwor- tung dieser Frage im Verein mit den heimatlichen Behörden und mit be- rufenen Künstlern und Fachmännern seit langem bemüht gewesen. Das Ergebnis hiervon ist in grundlegen- den Erlassen, in Leitsätzen und in vorbildlichen Formen für Grab- zeichen und für Friedhofsanlagen zum Ausdruck gekommen, auch den leitenden Stellen im Heere zugänglich gemacht worden. Es ist Mein Wille, dass diese in Wort und Bild gegebenen Grundlagen überall auch in die Tat umgesetzt werden. Indem sie für Kriegergräber und Soldatenfriedhöfe tunlichste An- lehnung an die Natur, schlicht sol- datische Einfachheit — bei mög- lichster Erhaltung des von treuen Kameradenhänden Geschaffenen — , gleiche Grabzeichen für alle auf einem Friedhof, Vermeidung auf- dringlichen Prunks und Aufschub grosser Denkmalsanlagen verlangen, entsprechen sie, des bin Ich gewiss, sowohl dem Geiste derer, die im Kampf ihr Leben gelassen haben, wie auch dem gesunden Empfinden der überlebenden Kameraden. Ich bestimme daher, dass bei den Etappeninspektionen und bei den Generalgouvernements der besetzten Gebiete im Benehmen mit einer staat- lichen Beratungsstelle ein ständiger Beirat von anerkannten, im Heeres- dienste stehenden Künstlern und Gartenarchitekten berufen wird, der bei allen allgemeinen und bei wich- tigeren Einzelfragen in bezug auf die 126 Verschiedenes. Gestaltung der Kriegergräber und Kriegerfriedhöfe zu Rate zu ziehen ist. Zu diesem Beirat sind auch Ver- treter der Feldgeistlichkeit heran- zuziehen. Grosses Hauptquartier, den 28. Februar 1917. gez. Wilhelm. An das Kriegsministerium. gez. V. Stein. Zehn Hauptgebote der Kriegs- ernährung. 1. Frage zuerst immer nach dem Nährwert der Speisen und erst dann nach ihrem Geschmack. 2. Verschaffe dir daher, wenn du den Nährwert der Nahrungsmittel nicht kennst, genaue Angaben dar- über. 3. Iss langsam und kaue sorgfältig, auch beim Genuss flüssiger Speisen (Suppen, dünner Brei usw.), um den Zusatz von Mundspeichel zu ver- grössern — gut gekaut ist halb ver- daut! 4. Nimm des Morgens vor der Hauptarbeit etwas Nahrhaftes zu dir; ersetze also den Malzkaffee, der jetzt zu Ende geht, nicht etwa durch den deutschen Tee, sondern geniesse statt dessen Hafer- oder Gerstensuppe, wozu du seit kurzem die erforder- lichen Marken erhältst. 5. Kleide dich, solange es draussen noch rauh ist, möglichst warm, um so Körperwärme und dadurch Kraft zu sparen. Dasselbe tue bei länge- rem Aufenthalt in gar nicht oder schlecht geheizten Räumen. 6. Gehe früh zu Bett, du sparst auch dadurch Wärme und Lebens- kraft — wer schläft, isst! 7. Bist du Raucher, so rauche auch weiter massig — am besten leichten Pfeifentabak oder leichte Zigarren. Massiger Tabaksgenuss dämpft das Hungergefühl und hebt die Stimmung. 8. Vermeide alles, was zu Magen- oder Darmstörungen führen könnte. Denn es ist jetzt besonders schwer, eine einmal gestörte Verdauung wie- der in Ordnung zu bringen. 9. Vermeide endlich alles, was un- nötig an den Körperkräften zehrt, z. B. überflüssige zu grosse körper- liche Anstrengungen, jede Aus- schweifung usw., da es jetzt fast un- möglich ist, verlorenes Körperge- wicht und vergeudete Kräfte wieder zu ersetzen. 10. Bedenke endlich noch einsj Die Hauptschuld an der Knappheit der Lebensmittel tragen nicht etwa bestimmte Stände oder Berufe oder gar die Behörden, sondern die Eng- länder mit ihrem Aushungerungs- plan. Vereitle daher, statt auf deine Landsleute zu schelten, diesen Plan durch geduldiges Ertragen der un- vermeidlichen Entbehrungen. Dr. med. Schmidt-Gründler, Oberlehrer a. D. „Unsere Flora". Nicht das mir vorliegende Heft der „Gartenflora", auch nicht irgend- eine polnische „panna", sondern die Flora der Umgebung Wil- n a s, soweit sie mir erreichbar war, meine ich, wenn ich diese Ueber- schrift gewählt habe. Diese Flora ist nicht sonderlicli reich, besonders wenn man nur ihre augenfälligen Vertreter, und auf diese kann es in dieser Plauderei nur ankommen, in Betracht zieht. Kurz nach der Schneeschmelze kam ich hierher ins Land. Die Hügel rings um Wilna fahlgelb und tot, scharfe, trockene Winde herrschten wochenlang, und es währte ziemlich lange, bis der Boden sich begrünte. Erst zur Osterzeit kam richtiges Leben in die Natur, und es war dann eine Pracht, als auf allen Hügeln die Kühchenschellen (Pulsatilla) ihre Kelche öffneten. Pulsatilla patens mit den herrlichen hellvioletten Blü- ten herrschte im Blumenreiche; neben ihr kam ihre Schwester mit den hängenden Blüten, P. pratensis, wenig zur Geltung. Nur das Früh- lings-Fingerkraut, Potentilla verna, behauptete daneben in grossen, gel- ben Flecken seinen Platz. Das aller- schönste Bild zu dieser Zeit aber traf ich in einem ausgedehnten Ufer- busch an der Wilia in der Nähe un- serer Kasernen an: weite grosse Teppiche von Ficaria ranunculodes, daneben in ebenso reicher Zahl das Leberblümchen, Veilchen in ver- schiedenen Arten, das Lungenkraut, gelbe Primel und das in Form und Farbe edle Blatt der Haselwurz (Asarum europaeum). Eine Herr- lichkeit im klaren Frühlingssonnen- licht, das durch das junge Grün der Verschiedenes. 127 Hasel- und Erlenbüsche auf diese Blütenpracht spielte! Jenseits des Flusses, im Berg- walde, dort, wo irgendwo Godemin, der sagenhafte Gründer Wilnas, ruht, bedeckte sich bald darauf das Unterholz mit Millionen rosaroter Blüten. Es waren solche der Loni- cera tatarica, die dort in grossen Mengen neben Evonymus europaea steht, deren Kapseln auch schon an- fangen, sich etwas zu färben, und bald wird ihr Rosa-orange das helle Rot des Trauben-Holunders, das jetzt noch im Walde herrscht, ablösen. Da ich nun einmal im Walde bin, muss ich einer Pflanzenart ganz be- sonders dankbar gedenken. Hat sie mir doch neben der hier häufigen Pech-Nelke und dem gelben Finger- hut ein Blumenmaterial für Schmuck- zv/ecke (in der Bücherei, im Kasino und anderswo) geliefert, wie ich es von kultivierten Sommerblumen auch nicht besser haben konnte. Ich meine die Glockenblume. Fast alle Wald- arten sind hier zu finden: C. persici- folia, glomerata latifolia, Trachehum u. a. m. stehen in selten gesehener Fülle beieinander. Wenn alle diese vielen Glocken klingen könnten! Doch sie sind still wie die Wilnaer Kirchenglocken, die, irgendwohin verschleppt, auch verstummt sind. Ist es nun Einbildung oder was ist der Grund, dass mir all diese Blumen viel intensiver gefärbt er- scheinen als wie daheim?! Ich hätte gern jedem Leser gewünscht, vor einigen Wochen unsere sonst so tristen lehmigen Hügel in ihrer Pracht zu bewundern; sie waren wie mit einem bunten Teppich bedeckt, in dem das Hellpurpur des wilden Thymians und das Gelb des Sedum acre die vorherrschenden Farben waren. Nur auf Almen kann man ähnliche Vegetationsbilder in dem Umfange wiederfinden. Bei uns gibt es ja hin und wieder auch Farben- klekse derselben Pflanzenarten, aber solche, die ganze Hügelketten und Hänge in dem Masse beherrschen, wie hier um Wilna, sind mir dort noch nicht zu Gesicht gekommen. Wie gesagt, die Flora ist hier nicht gerade reich, aber markant. Die Wiesenflora fehlt z. B. ganz; eine hübsche Orchideenwiese, wie wir sie daheim kennen, habe ich nirgends angetroffen. Zwischen hier und Kowno sah ich von der Bahn aus ja einige ganz hübsche Bilder, aber d i e Flora reicht an unsere doch nicht heran. Auf Grasplätzen herrscht hier die weisse Wucher- blume (Chrysanthemum Leucanthe- mum) vor, und an Rainen macht sich überall das Seifenkraut (Saponaria officinalis) breit. An den Waldrändern, wo bisher Ehrenpreis, besonders Veronica spicata, und der Hain-Wachtelweizen prangten, nimmt nun schon die Gold- rute die herrschende Stelle ein. Auch sie liefert mir prächtiges Material. Als wir im Verein mit unseren österreichischen Kameraden den 85. Geburtstag Kaiser Franz Josephs begingen, musste mir, entsprechend den österreichischen Landesfarben, hauptsächlich Gelb verwendet, be- sonders die Goldrute neben der wil- den Immortelle den Werkstoff lie- fern. Ich hätte nie geglaubt, dass man sich in solch weitgehender Weise mit den wildwachsenden Blumen be- helfen könnte; aber in Ermangelung eines „besseren" muss man eben zu ihnen greifen, und es geht! Sehr gut sogar! Für ein Teppichbeet z. B. brauchte ich niedriges Füllmaterial. Anten- naria tomentosa hatte ich nicht; also ging ich in den Kiefernwald und holte mir die wilde Art A. dioeca. Dicht zusammengeschoben, erfüllte sie völlig ihren Zweck. Der Teppich hat sich jetzt so dicht berast, dass nur ein Fachmann - und von diesen auch noch nicht ein jeder — den Unterschied merkt. Ich stellte weiter oben schon fest, dass unsere Wiesen-Orchideen hier wenig zu finden sind, auch von den anderen Arten fand ich bis jetzt nur ein einziges Exemplar Epipactis rubiginosa. Dafür aber traf ich an einer Stelle in grosser Menge eine zierliche, rosablühende Art an. Im Habitus ähnelt sie der Goodyera repens, nur dass der Wurzelstock nicht kriecht. Aus der deutschen Flora ist mir diese Pflanze nicht be- kannt. Moor und Heide gibt es m nächster Nähe nicht; aber weiter draussen im Land muss jetzt wohl irgendwo Heidekraut blühen; ich sah Leute mit blühenden Büschen des Weges ziehen. 128 Literatur. Wenn nun bald Heide und Gold- rute verblüht sein werden und die Beeren von Sorbus und Evonymus im Walde leuchten, wird der Herbst da sein. Es wird dann die triste Zeit kommen, von der wir sagen werden: sie gefällt uns nicht! Hoffen wir, dass wir dann daheim sind und unserer friedlichen Beschäftigung nachgehen können, und dass wir die nächsten Frühlingsblüten sich auf heimischer Flur erschliessen sehen. -- - - \ 'y CA' Polygonum -Arten und ihre \ Ver^*rendung. (Fortsetzung.) Polygonum compactum Hook. f. Japan. 1,50 m hoch. Schwach wuchernd. Wirkungsvolle Einzel- und Gruppenpflanze. Eignet sich gleichfalls für gemischte Ra^ hatten, in aufrechten, quirligen Ris' pen. Blätter rundlich spitz, derb. Polygonum cymosum Roxb. (syn. P. chinense L.). China. Blätter breit pfeilförmig. Blüten in zierlichen breitständigen Rispen, röt- lichweiss. Mehr Blatt- als Blüten- pflanze. Ueppig wachsend. Liebt feuchte Stellen. Polygonum Orientale L. Tropen in Afrika. Einjährig kulti- viert, .Witte Mai an Ort und Stelle gesät. Entwickelt sich zur wirkungs- vollen Einzelpflanze. Eignet sich besonders gut zur Gruppenpflanzung an feuchten Stellen, Wuchs üppig. Blätter gross, spitz oval, saftiggrün, zart. Blüten rosa bis karminrot. Polygonum tinctorium, Ait. China. Verwendung an feuch- ten Plätzen in Gruppen oder einzeln. Einjährig kultiviert. Laub saftig- dunkelgrün. Wuchs straff aufrecht. 75 cm hoch. Blüten in kleinen, ge- drungenen Rispen, dunkelrot. Polygonum sphaerosta- c h y u m , Meissn. Himalaya. Nicht wuchernd. Klein bleibend, bis 30 cm hoch. Blüten karminrot. Wächst langsam. Sie ist die empfind- lichste Art. Geeignet für Stein- partien. Polygonum affine, D. Don, Himalaya. Blätter mehr oder weni- ger breitlanzettlich. 15 bis 20 cm hoch, Stengel halb niederliegend. Blüten in Aehren, leuchtendrosa, Blütezeit: August bis Oktober, Für Felsanlagen. Polygonum vaccinifo- 1 i u m , Wall. Himalaya, Reizender Halbstrauch für Felsanlagen. Zweige holzig, kriechend, mit kurzen, 1 cm langen, 0,5 cm breiten, derben Blätt- chen besetzt. Blüten in Aehren, auf- recht, leuchtendrosa. Polygonum capitatum, Buch.-Ham. Himalaya. Niedrig- bleibende Art. Stengel kriechend. Blüten rosa, in köpfchenartigen Aehr- chen auf verzweigten Stielen, Blät- ter klein, 3 cm lang, 1 bis 1,5 cm breit, spitz zulaufend, mit rötlicher halbkreisförmiger Zeichnung, Polygonum amphibium L, In den nördlichen temperierten Regionen verbreitet. Eignet sich zur Schmückung kleiner Weiher und flacher Bäche, Stengel schwimmend, Blüten in kurzen, walzenförmigen Aehren aufrechtstehend. Neben diesen für die Gartenkunst besonders wichtigen Arten gibt es noch einige andere Vertreter, deren Zierwert aber fraglich ist. Es sind noch zum Beispiel Polygonum a 1 a t u m, Buch-Ham, Subtropisches Asien und Afrika, P, divarica- t u m , L, Sibirien. P. ramosissi- m u m , Michh., Nordamerika. P. Laxmannii, Lepech, Sibi- rien, P, filiforme, Thunb, Ja- pan. P. flaccidum, Meissn, In- dien, P, I a p a t h i f 0 1 i u m ist in der nördlichen Hemisphäre hier und da anzutreffen. Bei sachgemässer Ver- wendung der obengenannten Arten, die häufig auch durch ganz persön- lichen Geschmack geleitet werden kann, vermögen die Polygonum- Arten den Gärten unvergleichliche Bilder zu verleihen. Mögen diese Zeilen dazu beitragen, ihre Anwen- dung und Verbreitung zu steigern, Hans Memmler. Literatur. Die Beziehungen der Tiere und Pflanzen zueinander. Von Prof. Dr. K. Kraepelin in Ham- burg. 2. Aufl. I. Band: Die Be- ziehungen der Tiere zu- einander. Mit 64 Abbildungen, II. Band: Die Beziehungen der Pflanzen zueinander und zu den Tieren, Mit 68 Abbildungen. („Aus Natur und Literatur. 129 Geisteswelt." Sammlung wissen- schaftlich - gemeinverständlicher Darstellungen aus allen Gebieten des Wissens. 426./427. Bändchen.) Verlag von B. G. T e u b n e r in L e i p z i g und B e r 1 i n. 8. 1913. Geh. M. 1.—, in Leinwand geb. M. 1.25. Gegenüber der bisher vorherr- schenden Betrachtungsweise, Tiere und Pflanzen losgelöst von ihrer Umwelt, aus sich zu verstehen, bricht sich immer mehr in weitesten Kreisen die Erkenntnis Bahn, dass wie der Mensch so auch Tiere und Pflanzen in ihrem Bau und ihren Funktionen nur im Zusammenhang mit ihrem Wohnort, den dort herr- schenden Naturbedingungen und den Beziehungen zu anderen Lebewesen ihrer Heimat zu verstehen sind. Diese biologische oder ökologische Betrachtungsweise hat zu ganz über- raschenden wissenschaftlichen Er- kenntnissen geführt. In diesem in zweiter stark vermehrter Auflage vorliegenden Werkchen erfahren diese Beziehungen und Wechselwir- kungen durch einen berufenen Bio- logen eine umfassende und bei aller Wissenschaftlichkeit allgemeinver- ständliche Darstellung. Behandelt werden die Beziehungen der Ge- schlechter zueinander, Brutpflege und Familienleben der Tiere, Ver- gesellschaftung und Organisation, Schmarotzerleben und Zusammen- leben mit wechselseitigem Nahrungs- austausch, im zweiten Bändchen die mannigfachen Beziehungen der Pflan- zen zueinander und zur Tierwelt, die Schutzmittel der Pflanzen gegen ihre tierischen Feinde, die gegenseitigen mannigfachen Beziehungen der Pflan- zen, besonders im Zusammenhange mit der Besamung und Fruchtver- breitung. Auch bei der Auswahl des reichen Abbildungsmaterials ist der Gesichtspunkt der wechselseitigen Beziehungen festgehalten worden. So ist das Büchlein geeignet, Laien in den interessantesten und wichtig- sten Teil der allgemeinen Biologie gründlich einzuführen und auch dem achmann viele neue Gesichtspunkte nd Anregungen zu geben. Feytand, S.: L'Otiorrhynche sillonne (Otiorrhync h_uj sulcatus) dans l'ile de O 1 e r 0 n. Bull. Soc. Etüde Vulg. Zool. Agric, Bordeaux XIII, Nr. 2 und 4. Feinde des Rüsselkäfers sind die Kröten, ferner Laufkäfer, besonders Carabus auratus, und Staphyliniden Ocypus olens, sowie Wespen der Gattung Cerceris (C. arenaria). Ueber Entoparasiten ist wenig bekannt. Schlupfwespen der Gattung Blacus leben in dem Käfer, und auch von Raupenfliegen scheint er befallen zu werden. Bordeauxbrühe, für sich allein oder in Verbindung mit Nikotin oder anderen Substanzen gebraucht, scheint nur für kurze Zeit als ab- schreckendes Mittel zu wirken, eben- so scheinen arsenhaltige Mittel von zeitlich eng begrenzter Wirksamkeit zu sein. Ein geeigneteres Bekämp- fungsmittel scheint Schwefelkohlen- stoff zu sein, jedoch lässt er sich nicht immer anwenden. Als Fang- pflanze ist Luzerne brauchbar. Die wirksamste Bekämpfungsmethode bleibt das sorgfältige Einsammeln der erwachsenen Käfer. Lelli, A.:I1 TingidedelPero. Rivista di Agricoltura. Parma, XIX, 1913, S. 403—404. In besonders starkem Grade wer- den Spalierbirnen von einer Rinden- wanze befallen, deren Larven eben- so wie die ausgebildeten Tiere oft in ungeheurer Menge an der Unterseite der Blätter saugen, dort kleine Gallen erzeugen und frühzeitigen Blattfall verursachen. Das beste Gegenmittel. das jedoch nur für besonders wert- volle Bäume rentabel erscheint, ist Tabakräucherung. Sonst empfiehlt sich Spritzung mit 1- bis l,2prozen- tiger Tabakseifenlösung, ausserdem Einsammeln der Tiere durch Ab- klopfen über einem unter die Bäume gebreiteten Tuch. Insetti che danneggiano le foglie del pero. Rivista di Agricoltura, Parma, XIX, 1913, S. 461. Die kleinen Blattkäfer Luperus ri- fipes und Luperus flavipes sollen durch Blattfrass an Birnbäumen Schaden angerichtet haben. H o w 1 e 1 1, F. M. A traps for Thripps. Journal of Economic Bio- logy, X, 1914: S. 21—22. - Vf. beob- achtete, dass bestimmte chemische Körper eine grosse Anziehungs- kraft auf die Blasenfüsse ausüben und zur Herstellung von Fallen dienen können, in denen diese Schädlinge in 130 Personalnachrichten. grossen Mengen gefangen werden können. Es handelt sich um drei Aldehyde, die einander in ihrer Zu- sammensetzung sehr ähnlich sind, und zwar Benzaldehyd, Cinnamyl- aldehyd und Anisaldehyd. Ihre For- meln werden angegeben. Auch Sali- zylaldehyd bewies eine gewisse An- ziehungskraft. Eingegangene Preislisten. Chr. Bertram, Altmärkische Samenkulturen und Baumschulen, Stendal. Illustrierter Führer durch Garten und Feld. Daiker&-Otto, Pflanzengross- kulturen, Samenbau, Langenwed- dingen-Magdeburg. Kriegs- preisliste 1915 über Begonien, Fuch- sien, Pelargonien, Chrysanthemum, Remontantnelken, junge Farne, Schling- und Ampelpflanzen, Dahlien- neuzüchtungen, Gemüsesamen u. a. Ganz besonders hingewiesen sei auf die Chrysanthemum-Neuheit für 1915: Grossblumiges Chrysanthemum Deutsche Kaiserin; weiss. Die Blume ist sehr gross, hat lange breite Pe- talen und baut sich wundervoll. Die Blüte ist früh, von September ab, bleibt sich aber auch später gleich, so dass auch aus Juli-Stecklingen noch sehr gute Blumen zu erzielen sind. Ihre Blütezeit lässt sich beliebig bis Januar verlängern. Der Haupt- vorzug dieser neuen Sorte ist ihre Widerstandsfähigkeit gegen Nässe und kühle Witterung. Bei guter Kul- tur bildet Deutsche Kaiserin herr- liche weisse Bälle. Max Kornacker G. m. b. H.,| Wehrden a. d. Weser. Hauptpreis- verzeichnis über Gemüse-, Feld-, Gras- und Blumensamen, auch Topf- pflanzen, Stauden und Knollenge- wächse. A. Metz &. Co., Berlin W 57, Bülowstr. 56. Hauptverzeichnis über Sämereien, vorzugsweise landwirt- schaftliche und Gemüsesamen, aber auch alle bekannteren Blumensäme- reien, Vertrieb von landwirtschaft- lichen und gärtnerischen Bedarfs- artikeln. J. C. Schmidt, Hoflieferant, Er- furt. Hauptverzeichnis über Ge- müsesamen, landwirtschaftliches Saatgut, Blumen- und Gehölzsamen, über Pflanzen und Baumschulerzeug- nisse, Gartengeräte. Das Preisver- zeichnis dieser als „Blumenschmidt" weit und breit bekannten Firma ist, wie immer, sehr reichhaltig und mit vielen Abbildungen versehen. L. Späth, Baumschule, Berlin- Baumschulenweg. Das Preisbuch dieser weltbekannten, fast schon 200 Jahre existierenden Firma ist das sorgfältigst ausgearbeitete Deutschlands und eins der reich- haltigsten -über Obst- und Zier- gehölze aller Art; daneben eine überaus reiche Sammlung von Rosen, auch von Stauden enthaltend. Gehölz- sämlinge und junge Pflanzen zur Anlegung von Forsten und Baum- schulen. Ferner Erdbeerpflanzen, Blumenzwiebeln und Grassamen. Personalnachrichten. Burvenich f. Einer der ersten Gärtner Bel- giens, Professor Fred. Burvenich in Gent, ist am 27. März 1917 ver- schieden. Mit ihm ist ein Fachmann dahingegangen, dessen Name auch weit über die Grenzen seines Vater- landes hinaus sich des besten Rufes erfreute. Auch in Deutschland war Burvenich — er war Ehrenmitglied des Deutschen Pomologenvereins — gut bekannt, und viele unserer Lands- leute, die auf Ausstellungen und Ver- sammlungen den ausgezeichneten Kollegen kennengelernt haben, wer- den wünschen, einiges über sein Leben und seine Arbeit zu erfahren. Burvenich war Vlame. Er wurde am 26. Juni 1837 in Deinze, einem Städtchen im ostflandrischen Kreise Gent, geboren. Seine Eltern starben schon im folgenden Jahre; er war daher von frühester Jugend an auf sich selbst angewiesen. Ausser dem wenigen, was er in der Volksschule gelernt hat, verdankt er den reichen Schatz seiner Kenntnisse allein seinem eigenen Fleiss. Er war Auto- didakt. Im Alter von 15 Jahren trat er in die berühmte Gärtnerei von Louis Personalnachrichten. 13t van Houtte ein und besuchte auch dessen Gartenbauschule in Gent- brügge. Er erwarb sich dort als einer der besten Schüler das „Zeug- nis mit Auszeichnung". Van Houtte, der die Begabung und den Fleiss des jungen Burvenich bald erkannt hatte, übertrug ihm sodann die Leitung der Samenabteilung und der Gemüse- und Freilandkulturen. Im Jahre 1858 wurde er an Stelle van HuJles Fach- lehrer für Obst- und Gemüsebau an der Gartenbauschule in Gentbrügge. Obgleich er erst 21 Jahre alt war, trat Burvenich dieses Amt doch als ein praktisch und theoretisch tüchtig vorgebildeter Fachmann an. Im fol- genden Jahre wurde er vom Staate beauftragt, öffentliche Vorträge über Obst- und Gemüsebau zu halten. Diese \'eranstaltungen erfreuten sich eines ungewöhnlichen Beifalls; es ist vorgekommen, dass sich mehr als fünfhundert Zuhörer um den jungen Redner scharten. Nach weni- gen Jahren war er weit und breit in Flandern bekannt. Seine Vorträge wirkten segensreich. Wenn Flandern der „Garten Belgiens" genannt wird, wenn Obst- und Gemüsebau in dem leichten Boden seiner Heimat einen hohen Grad der Vervollkommnung erreicht haben, so hat Burvenich zu diesem Erfolge nicht zum wenigsten beigetragen. Inzwischen hatte Burvenich eine eigene Baumschule gegründet, die er auch den Schülern der Gartenbau- schule zu praktischen Uebungen zur \'erfügung stellte. Als van Houttes Anstalt später vom Staate übernommen wurde, be- hielt Burvenich weiterhin sein Lehr- amt, das er in der Folge mit unver- minderter Hingabe zweiundvierzig Jahre lang erfolgreich ausgeübt hat. Gross ist die Zahl der Schüler, die in dieser Zeit zu seinen Füssen ge- sessen haben und ihm ihre Ausbil- dung verdanken. Seine staatliche Wanderlehrtätigkeit zum Wohle seiner schönen flandrischen Heimat, bis 1909, erstreckt sich gar über einen Zeitraum von fünfzig Jahren. Ebenso bedeutend wie als Lehrer und Redner war Burvenich auch als Fachschriftsteller. Mit dem berühmten Kleeblatt H. van Hülle, F. Pynaert und F. Rodigas gründete er 1871 die vlämische „Tijdschrift over boomteelt en moeshovenier- derij", später das französische „Bulletin d'Arboriculture et de cul- ture potagere" sowie „La Revue de l'horticulture beige et etrangere". Unter seinen Fachwerken sind „Snoei der fruitboomen" und „Voll- edig handboek over groenteteelt" die bekanntesten. Sie erschienen in meh- reren Auflagen, so das zuerst ge- nannte, über den Schnitt der Obst- bäume, 1906 in der 10. Auflage, und wurden auch ins Französische über- tragen. Besondere Bedeutung hat auch seine 1888 erschienene Schrift „Concours des vergers dans la Flandre Orientale", ein wertvoller Leitfaden für die Obstzüchter im Ge- biet der sandigen Lehmböden Flan- derns, in dem er das Beste aus seinen langjährigen Erfahrungen be- kannt gab. Burvenich war einer der volks- tümlichsten gärtnerischen Fach- lehrer und Schriftsteller Belgiens und Jahrzehnte hindurch der erste Pomologe und Obstbaufachmann seines Landes, der dem Berufe un- schätzbare Dienste geleistet hat. Er hat alle neuen belgischen und viele ausländische Obstsorten beschrieben und damit die Sichtungsarbeit der I Obstsortimente besorgt. Was Engel- brecht, Lucas, Maurer und andere für den deutschen, das hat Burvenich für den belgischen Obstbau vor- bereitet: den Uebergang vom alten Sorten sammelnden zum neuzeitigen Handelsobst erzeugenden Obstbau. A. E. Seyderhelm in Firma Gebrüder Seyderhelm (Hamburg), langjähriges Mitglied der Deutschen Gartenbau-Gesell- schaft, feiert am 25. März 1917 sein SOjähriges Berufsjubiläum. Ihm wur- den vom Präsidium die herzlichsten Glückwünsche ausgesprochen. Der Lehrbrief vom 25. März 1867 ist in Freiberg in Sachsen ausgestellt. In einigen Jahren kann der Jubilar auf das 50jährige Bestehen seines Ge- schäftes zurückblicken. Jung, H. R., städtischer Ober- garteninspektor (Köln am Rhein), wurde der Titel „Königlicher Garten- baudirektor" verliehen. J32 Ordentliche Generalversammlung. Deutsche Gartenbau- Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42, Schirmherr: Seine Majestät der Kaiser und König. Der Präsident der „Deutschen Gartenbau-Gesellschaft'' ladet hierdurch alle stimmberechtigten Mitglieder gemäss § 16 der Satzungen zu einer Ordentlichen Generalversammlung*> auf Donnerstag, den 26. April 1917, abends 6 Uhr, nach dem grossen Hörsaal der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin, Invalidenstrasse 42, ein. Gegenstand der Verhandlung: 1. Begrüssung durch den Präsidenten der Gesellschaft, Herrn Wirk- lichen Geheimen Rat Dr. Hugo Thiel ; Bekanntgabe der Ehrungen. 2. Erstattung des Jahresberichtes durch den Präsidenten. 3. Erstattung des Kassenberichtes durch den Schatzmeister, Herrn Carl Friedrich v. Siemens (Berlin), 4. Antrag des Kassenausschusses auf Entlastung des Gesamt- präsidiums und des geschäftsführenden Präsidiums. 5. Ersatzwahl für die satzungsgemäss aus dem Gesamtpräsidium aus- scheidenden Mitglieder.') 6. Bericht über die Städtische Fachschule für Gärtner im Winter- halbjahr 1916/17. Herr Dirigent S. Braun. 7. Verschiedenes. Der Präsident Dr. Hugo Thiel Wirklicher Geheimer Rat. 1) Satzungsgemäss scheiden folgende Herren aus: Thiel, Beyrodt, L 0 0 c k , Graf v. Schwerin. Bekanntmachung. Das Präsidium hat beschlossen, die Monatsversammlung im Mai wegen des Pfingstfestes ausfallen zu lassen. Am Donnerstag, den 28. Juni, nachmittags 4 Uhr, findet eine Besich- tigung des Kgl. Botanischen Gartens mit anschliessendem Vortrage im Bo- tanischen Museum statt. Der Unterricht im Feldmessen im Sommer 1917 findet in Anbetracht der Kriegsverhältnisse nicht statt. *) Die Einladung zur Generalversammlung ist den Mitgliedern schon zu Anfang des April zugesandt. Für die Schriftleitung verantwortlich : Siegfried Braun, Berlin N, Invalidenstrasse 42. Amt Norden 4038. Druck von Rudolf Mosse in Berlin. m CA.RL. ADAM | C05TRIH-NEU5TADT Landsbergers*r. 44-A5. Femruf N5 11* Fab-pik e0.e Sewächshausbau-U Wiriiep- CTÄT>fer\7Wfeirmwa33epbeizanlageB,Fiuribeet- und6ewächsh.au5fenster Eigene KitlfabrikGrosscjGlaslAqp.r vieltach pranuirt. | Herrn. A.Hesse grösste resp. reichhaltigste Baumschulen Weener (Ems), Prov. Hannover erst 1879 gegründet Massenanzucht sämtlicher Frelland- — pflanzen in allen Grössen. — Beschreibender, Illustrierter Katalog 1916/17 (über 300 Selten stark) ist erschienen und wird auf Anfrage kostenfrei gesandt. Neonlicht- anlasen iiir TreibtiäuseP (Gemüsepflanzen). Erhöhte Ausbeute. Abkürzung der Treibperiode. Studien-Gesellschaft für elektritche Leuchtröhren ui. b. 11.' Berlin 0 17, RotHerstrasse 6 7. Von sofort - Gärtnerin gesucht in Adl. Baerwalde, Oätineussen. 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Mai 1917 Heft 9 u. 10 »P^^l^^^Plf%Q^)(§iDgf%Og?!)giog|%OS?5%jogf%0^^ iC=ioi=ioi=joEzioiz3oriioiiiiocriocjoE3orziorr]or:rioiizioizioii30iz30i=3or=iS ARTENFLORA a ZEITSCHRIFT für Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 Schriftleiter: Siegfried Braun, Generalsekretär der D. G. G. BERLIN Kommissions -Verlag von Rudolf Mosse SW 19, Jerusalemer Strasse 46-49 Erscheint halbmomitlich. Preis des Jahrganges von 42 Druckbogen mit vielen Textbildern und Tafeln für Deutschland und Oesterreich-Ungarn 16 Mark, für die übrigen Länder des Weltpostvereins 18 Mark. Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder durch die Post. 1917, Heft 9 u. 10, Inhalt: Protokoll der ordentlichen Generalversammlung der Deutschen Gartenbau Gesellschaft S. 133 — Jahresbericht der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft über das Geschäftsjahr 1916 S. 13ö. — Die Baumwolle S. 141. — Der deutsche Garten S. 149. — Nützliche, aber wenig gepflegte Fruchtgehölze S. 155. — Aus den Abteilungen der Deutsehen Gartenbau-Gesellschalt .S. 157. — Verschiedenes S. 158. — Literatur S. 160. — Aus den Vereinen S. 162. — Personalnachriehten S. 162. — Bekanntmachung S. 1G4. — Ausflug S. 164. Alleinige inseraten-Annahnie:Annoncen-ExpeilitionRu(lolfMosse ^— ^ Berlin, Breslau, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt a. M, Hamburg, ^ ^ ^ m ^ \ Köln a. Eh., Leipzig, Magdeburg, Mannheim, München, Nürnberg, f * ■ # ^li^ I Strassburg L Bis., Stuttgart, Prag, Wien, "Warschau, Basel, Zürich I ^f^ ^T^ l Insertionspreis für die 60 mm breite Koloneizeiie 35 Pf- J ^I^ Die Calumor-Dose Samenzucht- und Pflanzenvermehrungsschale ,^nmßm& Neu! mit LÜftuns! Neu! Von allen Seiten vollstes Licht ! Stets milde, gleiclimässige Feuchtigkeit! Kein Vorslauben der Pflanzen! Wo ßodenwärme fehlt, können Aussaaten von Ivakteen bis in den Sommer hinein gemacht werden I Verlangen Sie bebilderten Prospekt Nr. 3 kostenlos. Dose: 15 cm weit, 11 cm hoch 4, — M. LJ»KAltY NEW YOKK ßOTANlCAL OAküEN Protokoll der ordentlichen Generalversammlung der Deutschen Gartenbau -Gesellschaft am Donnerstag, den 26. April 1917, abends 6 Uhr, im grossen Hörsaal der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin, Invalidenstrasse 42. Der Präsident der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft, Herr Wirklicher Geheimer Rat Dr. Hugo Thiel, eröffnet kurz nach 6 Uhr die ordentliche Generalversammlung und bringt ein Hoch auf den Schirmherrn der Gesell- schaft, Seine Majestät Kaiser Wilhelm IL, aus, in das die Versammlung be- geistert einstimmte. Er begrüsst sodann die erschienenen Mitglieder und macht folgende Mitteilungen : 1. a) Eine Anwesenheitsliste liegt zur Eintragung für alle Mitglieder aus. b) Der Satzung entsprechend ist die Berufung zu der ordentlichen Generalversammlung bereits drei Wochen vorher durch besondere Benachrichtigung erfolgt. Ausserdem ist die Bekanntgabe in der Aprilnummer der „Gartenflora" wiederholt. c) Das Gesamtpräsidium schlägt der Generalversammlung vor, die höchste Auszeichnung, welche die Gesellschaft zu vergeben hat, die Verdienst-Denkmünze (Vermeil-Medaille) mit der Umschrift „Für Förderung der Zwecke der Gesellschaft durch allgemeine Förderung des Gartenbaues" an folgende Mitglieder zu verleihen: 1. Herrn Krupp von Bohlen und Halbach, Villa Hügel bei Essen-Ruhr als Liebhaber und 2. Herrn Kgl. Hoflieferanten Emil D i e t z e (Steglitz) als Gärtner. Die Generalversammlung stimmt diesem Vorschlag zu. 2. Der Präsident erstattete hierauf den Jahresbericht, der über die innere Vereinsarbeit, die Mitgliederbewegung, die Tätigkeit der Abteilungen, die städtische Fachschule für Gärtner und über den weiteren Ausbau der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft die nötigen Angaben macht. (Siehe Seite 136.) 3. Den Kassenbericht erstattet an Stelle des entschuldigten Schatz- meisters, Herrn Carl Friedrich v. Siemens, Herr Kgl. Hoflieferant J. F. Loock. Er weist auf die gedruckten Vorlagen, welche die Gewinn- und Verlust- rechnung für das Jahr 1916, sowie die Bilanz für 31. Dezember 1916 be- treffen. Danach beträgt die Summe der Einnahmen: 19 405,93 Mark, die Summe der Ausgaben : 23 333,30 Mark, was einen Verlust von 3927,37 Mark ausmache. 134 Protokoll der ordentlichen Generalversammlung der D. G. G. Dieser Verlust setzt sich zusammen: 1. Aus fehlenden Mitgliedsbeiträgen für 1916 .... 1300 Mark. 2. Aus der Steigerung der Papier- und Druckkosten für die „Gartenflora" 1270 „ 3. Aus Zuschüssen für die „Orchideen-Abteilung" für das Jahr 1915 1060 „ 4. Verschiedenes 297 „ in Summa: 3927 Mark. Das Vermögen der Gesellschaft besteht aus: a) Barvermögen 64 518,60 Mark. b) Bibliothek und Inventar im Buchwert 26 941,40 „ c) Das Vermögen der Kaiser-Wilhelm- und Augusta- Jubelstiftung 16 920,70 „ 4. Im Auftrage der Kassenprüfer teilt Herr Oberinspektor Peters, Kgl. Botanischer Garten (Dahlem) mit, dass die Revisoren am 25. April den Jahresabschluss der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft mit den vorgelegten Büchern verglichen, Stichproben mit den Belegen gemacht und alles in bester Ordnung gefunden hätten. Der Prüfungs-Ausschuss stellt den Antrag auf Entlastung des Gesamtpräsidiums und des geschäftsführenden Präsidiums. Diesem Antrag wird von der Generalversammlung entsprochen. Sodann spricht Herr Oberinspektor Peters dem Schatzmeister, Herrn Carl Friedrich von Siemens, für die ausgezeichnete Buch- und Kassenführung der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft im Namen der Generalversammlung den herzlichsten Dank aus. Hierauf wird in die Ersatzwahl für die satzungsgemäss aus dem Gesamt- präsidium ausscheidenden folgenden vier Mitglieder eingetreten: Thiel, Beyrodt, Loock, Graf v. S ch w e r i n. Diese Herren werden einstimmig wiedergewählt. H. Thiel. J. F. Loock. O. Beyrodt. H. Mehl. R. Rodenwaldt. Braun. Ausgestellte Gegenstände: Der neu ernannte fachliche Leiter der Obstanlagen des Alexander- Schöller-Hauses in Waren in Mecklenburg, Herr A. Steindorf, war her- beigeeilt, um der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft persönlich seinen Dank für die Beförderung zum Königlichen Garteninspektor auszusprechen. Als Blumengruss hatte er prächtig lila und zartblau gefärbte Leberblümchen (Hepatica Dill.) mitgebracht und erwähnte, dass sie in diesem späten Früh- jähr in besonderer Schönheit die Mecklenburger Wälder und Haine schmück- ten. Er empfiehlt ihren häufigeren Anbau für Parks und Privatgärten und glaubt, dass bei richtiger Kultur sich aus ihnen auch ein geeignetes Kranzmate- rial gewinnen lasse. Bevorzugten diese reizenden Frühlingskinder auch einen schattigen Standort, so wären sie doch mit einer weniger günstigen Lage zu- frieden; wenn sie sich vollkommen entwickeln sollten, müsse man sie recht lange ungestört sich selbst überlassen. Herr Böhme (Sanssouci) empfiehlt gleichfalls die Verwendung des Leberblümchens auf Rabatten. Das Werra- tal pflege zur Blütezeit von Hepatica besonders reizvoll zu sein. Es gäbe weisse und rote Spielarten, auch gefüllte; sie alle seien des Anbaues wert. Protokoll der ordentlichen Generalversammlung der D.G.G. 135 ;■ Herr Professor Rodenwaldt (Grunewald) empfiehlt als besonders geeigneten Frühlingsblüher Anemone vernalis L., deren Blüten aufrecht stünden und fast eine tulpenförmige Gestalt annehmen. Herr Grass hat Hepatica wiederholt als Gräberschmuck angetroffen und findet, dass sie sich gerade hierzu hervorragend eignet. Herr Kgl. Hoflieferant Emil Dietze (Steglitz) stellte einen prachtvollen Strauss der Treibrose „Ulrich Brunner" aus, die bei 10° bis 12° herange- zogen war. Ist der Geruch dieser Rose schon im Freien ein sehr guter zu nennen, so erfährt er bei getriebenen eine weitere Vervollkommnung. Herr Dietze fürchtet, dass die Güte und Schönheit der Sorte durch den allgemein beliebten langen Schnitt auf die Dauer Schaden leiden könnten und sieht eine Entartung ebenso gewiss kommen, wie sie bei der Sorte „La France" bereits eingetreten sei. Die Firma AdolfKoschel (Charlottenburg), hatte verscniedene neuere Treibrosen, meistens Teehybriden, in ausgezeichneter Kultur ausgestellt. Darunter folgende Sorten: MadameMauricedeLuze, mit starkem Stiel, grosser reichgefüllter rosa Blume, in der Mitte etwas purpurkarmin; LieutenantChaure, von leuchtend tiefkarminroter Färbung und sehr gutem Geruch; Jonkheer J. L. Mock, deren Blumen meist einzeln auf einem langen starken Stiel stehen, die Blumenblätter leuchtend rot; Hugh Dickson, ein glänzendes Karmesin mit etwas Scharlach- schattierung, gross und schön geformt; Madame Edouard Herriot; sie bildet einen starken Busch mit bronzegrüner Belaubung und reichen Stacheln. Die Blumen sind ein Korallenrot mit gelbem Schein; erhielt 1912 und 1913 in London den ersten Preis; Sunburst, hat eine rotgrüne glänzende Belaubung, die dicht gefüllte Blume ist gross, kadmiumgelb mit orangegelber Schattierung in der Mitte. Das Preisgericht, bestehend aus den Herren Dietze, Drawiel, Böhme, sprach der Firma Koschel für die blühenden Treibrosen die grosse silberne Medaille zu. Zum Schlüsse dankte Exzellenz Thiel den Mitgliedern, die trotz der drängenden Frühlingsarbeit gekommen seien, eine nicht immer interessante Generalversammlung abzuhalten. Die Menschheit warte zurzeit mit Sehn- sucht auf ein Doppeltes: auf einen baldigen Frühling und einen ehrenvollen Frieden. Es sei jedermanns Pflicht, zaghafte Gedanken zu verbannen, aber mitzuhelfen, dass die notwendige Nahrungsmittelbeschaffung glatt vonstatten gehen kann, um den endgültigen Sieg zu beschleunigen. Der Präsident geht sodann noch kurz auf die Vermögenslage der Gesellschaft näher ein. Er weist darauf hin, dass es unter dem Druck der Zeiten nicht ganz leicht sein dürfte, die Ausgaben zu vermindern oder die Einnahmen zu erhöhen. Von dem Etat der Vereinszeitschrift Abstriche zu machen, dürfe sich kaum empfehlen; ihre weitere Ausgestaltung sei vielmehr wünschenswert. Es frage sich nur, ob das Verhältnis der Abteilungen zu der Muttergesellschaft nicht etwas reformbedürftig sei. Die eigentlichen Fachinteressen würden 136 Jahresbericht der D.G.G. über das Geschäftsjahr 1916. wohl mit erfreulicher Gründlichkeit in den Ausschüssen behandelt; dadurch aber würde den allgemeinen Versammlungen so mancher Anziehungspunkt entzogen. Bei den weiteren Beratungen über den Ausbau der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft würde die Frage eine gewisse Rolle spielen müssen, wie die Arbeit der Abteilungen ohne Beeinträchtigung der Hauptgesell- schaft in Zukunft zu gestalten sei. Jahresbericht der Detitschen Gartenbatc-Gesell- schaft über das Geschäftsjahr I9I6. Erstattet von ihrem Präsidenten. Meine Herren! Die Generalversammlung der Deutschen Gartenbau- Gesellschaft, die wir uns eben abzuhalten anschicken, hat wiederum den Charakter einer Kriegstagung; denn das gewaltige Ringen mit unseren Fein- den ohne Zahl hat trotz allen Heldenmutes draussen und drinnen, trotz aller Opferbereitschaft und Einsetzung aller geistigen und wirtschaftlichen Kräfte auf das Endziel: einen ehrenvollen Frieden, noch nicht zum Abschluss gebracht werden können. Wohl hört man das Wort von dem goldigen Frie- den jetzt häufiger als sonst bei Freund und Feind ertönen; es scheint aber, als ob er selbst seinen Einzug erst nach einer letzten gewaltigen Kraftan- strengung halten sollte, für die die Weltgeschichte bisher keinerlei Mass- stab lieferte. Morgens und abends und wie oft nicht bei währender Tagesarbeit eilen und weilen unsere Gedanken bei den kämpfenden Brüdern, die auf blutiger Wahlstatt des bedrohten Reiches Fortbestand bis diesen Tag gesichert haben und, daran zweifeln wir nicht, für alle Zukunft sichern werden. Möge aber die Dankesschuld der Heimat, die immer gewaltiger anschwillt, für alle Zei- ten im deutschen Gemüt lebendig bleiben und in Werken der Liebe, wie sie bisher an Umfang, Gehalt und zartem Sinn ebenfalls ohne Beispiel waren, einst ihren schönsten Ausdruck finden. Meine Herren, das Präsidium der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft hat es in diesen unruhvollen Zeiten für seine Pflicht gehalten, an der Tätig- keit der Gesellschaft, wie sie sich in den ersten beiden Kriegsjahren allmäh- lich herausbildete, nicht wesentlich zu ändern. Die Deutsche Gartenbau- Gesellschaft hat daher die Wahrnehmung rein wirtschaftlicher Interessen wie bisher den hierfür berufenen und mit steigendem Erfolg tätigen Speziai- verbänden überlassen und ihrerseits die Pflege der idealen Güter weiter als ihre eigentliche Aufgabe betrachtet. Insbesondere hat die Deutsche Garten- bau-Gesellschaft die „Fürsorge für kriegsbeschädigte Gärtner", die unter der Fahne des Reichsverbandes für den deutschen Gartenbau segelt, auch ferner in aller Stille geleistet. Daneben hat sie wichtigen Tagesfragen wie der Kleingartenbewegung, diesem wirtschaftlichen Rettungsanker für viele Familien, dem erfolgreichen Kartoffelbau, der hochwichtigen Beschaffung geeigneten Saatgutes, der Stellung der Frau innerhalb des gärtnerischen Berufes vor und n a ch dem Kriege, der Gewinnung ausreichender Gemüse- mengen usw. ihre vollste Aufmerksamkeit in Wort und Schrift gewidmet. Erfreulich war es, dass die Pforten der „S t ä d t i s ch e n F a ch s ch u 1 e für Gärtner" trotz Kriegs- und Kohlennot nur ganz vorübergehend ge- Jahresbericht der D.G.G. über das Geschäftsjahr 1916. I37 schlössen zu werden brauchten. Die Fachschule wurde im Winterhalbjahr 1915,16 von 84 Schülern besucht, im Vergleich mit früheren Besuchern meist jüngeren Lebensalters. An dem Feldmessunterricht im Sommer 1916 nahmen nur vier Lehrlinge teil; ältere Gehilfen oder fertige Gärtner, die sonst diesen Kursus bevorzugten, fehlten aus militärischen Gründen. Sollte dieser Zu- stand auch im Sommer 1917 eintreten, so würde das Präsidium es für ange- zeigt erachten, den in Aussicht genommenen Unterricht im Feldmessen aus- fallen zu lassen. Am 9. April konnte unter reicher Beteiligung eine Schulschlussfeier statt- finden, bei welcher acht Prämien, bestehend aus zwei Reisszeugen und sechs guten Büchern, an ebenso viele Fachschüler, die sich durch Fleiss hervor- getan hatten, zur Verteilung gelangen konnten. Die geplante Ausgestaltung des Stundenplanes und eine bessere Ver- teilung der Schüler auf die einzelnen Lehrfächer hat mit Erfolg durchgeführt werden können. Der wichtige Schriftverkehr des Gärtners hat im deutschen Unterricht seine verdiente Würdigung gefunden; der elementare Zeichenun- terricht ist mit in der Rechenstunde gepflegt worden. Der Anregung, während der Kriegszeit nicht allmonatlich Sitzungen ab- zuhalten, die Tagesordnungen für die anzuberaumenden Versammlungen aber mit besonderer Sorgfalt auszugestalten, ist in dem Winterhalbjahr 1915/16 entsprochen worden und hat, da der Besuch durchweg gut war, den Beifall der Mitglieder gefunden. Ungenügend besuchte Versammlungen rufen bei den Teilnehmern und Vortragenden gleich unbehagliche Empfindungen hervor und stiften dadurch oft mehr Schaden als Nutzen. Während des Sommerhalbjahres fanden unter den verschiedenen Ab- teilungen vereinbarte und von ihnen wohl vorbereitete Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung Berlins statt. Das Bestreben, das gemein- same Band, welches die Vereinsmitglieder umschliesst, auch während der versammlungsfreien Zeit des Sommers fester zu knüpfen, sichert diesen Ausflügen stets einen zahlreichen Besuch. Die Teilnehmer waren bei mehreren Bewohnern der Kolonie Grunewald, im Sanatorium „Schweizer- hof" in Zehlendorf, bei den Laubenkolonisten in Treptow, auf dem Hes- dörfferschen Tuskulum in Fredersdorf-Strausberg, in der Gartenstadt Falkenberg-Grünau, sowie im Kgl. Botanischen Garten in Dahlem will- kommene und gut aufgenommene Gäste. Der Mitgliederbestand hat durch die lange Dauer des Krieges und seine unausbleiblichen wirtschaftlichen Folgen weiter eine schmerzliche Verminderung erfahren. 41 Mitglieder haben bis zum Schluss des Jahres 1916 unter dem Druck der Verhältnisse ihre Mitgliedschaft gekündigt, so dass die Zahl von 752 bis auf 711 Mitglieder zurückgegangen ist. Von diesen ist 25 Mitgliedern auf Antrag der Beitrag bis auf weiteres gestundet; 94 Mit- glieder sind noch mit der Zahlung des Beitrages für 1916 im Rückstande. Hat auch ein grösserer Teil von diesen seine Bereitwilligkeit erklärt, seinen Verpflichtungen zu günstigeren Zeiten nachzukommen, so werden doch auch von dieser Seite aus Verluste erwartet werden müssen. An Son d e rabt eil ungen und Ausschüssen besitzt die Gesellschaft sechs, die nach der Reihenfolge ihrer Bildung jetzt folgende eingeschriebene Mitglieder aufweisen: 2120 . 185 ») 555 . 73 ?5 219 8 ?? 24 . 66 ?^ 198 . 48 »? — 138 Jahresbericht der D.G.G. über das Geschäftsjahr 1916. Zusehuss aus der Kasse der Gesellschalt für 1916: 1. Orchideensektion 152 Mitglieder 456 Mark Zusehuss laut „Vereinbarungen" für die Jahre 1915 und 1916 2. Abteilung für „Pflanzenschmuck" 3. „ für „Blumenzucht" . . 4. „ für „Sukkulenten" . . 5. „ für „Gartenkunst" . . 6. Ausschuss für „Obstbau" ... 3572 Mark Die „Gartenflora" und „Orchis" sind unter der gemeinsamen Schrift- leitung der Herren Generalsekretär S. Braun und Dr. Rudolf Schlechter trotz des Krieges und der wesentlich vermehrten Herstellungskosten in der gleichen Ausstattung und in gleichem Umfange wie bisher weiter erschienen. Sollte dieser Ausgabeposten während des Krieges eine weitere Steigerung erfahren, so wird das Präsidium kaum umhinkönnen, auch bei dem Zeit- schriftenkonto Einschränkungen vorzunehmen. Hierzu erbittet es schon heute von der Generalversammlung die Ermächtigung. Dem Gedanken, welcher dem Gesetze über die vaterländische Hilfsdienstpflicht zugrunde liegt, hat das Präsidium seinerzeit voll zugestimmt und dem Kriegsamt seine Bereitwilligkeit erklärt, bei der Durchführung in jeder (^ev.'ünschten Form mitzuarbeiten. Das Kriegsan^i ist aber gleichzeitig gebeten worden, die in der Gärtnerei beschäftigten Per- sonen ebenso als im vaterländischen Hilfsdienst tätig gelten zu lassen, als die in der Land- und Forstwirtschaft Beschäftigten. Darauf ist der Bescheid eingetroffen, dass die Gärtnerei als ein wichtiger Faktor bei der Beschaffung der erforderlichen Nahrungsmittel auf die weitestgehende Rücksichtnahme rechnen kann. Von der „Staatlichen Beratungsstelle für Kriegerehrungen", welche dem Herrn Minister der geistlichen-, Unterrichts- und Medizinalangelegen- heiten untersteht, ist die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft zur Mitarbeit aufgefordert worden. Das Präsidium hat daraufhin mit seiner Vertretung in dem genannten Auschuss Herrn Kgl. Hofgartendirektor Z e i n i n g e r beauftragt. Die Kaiser Wilhelm- und Augusta-Jubelstiftung ist wiederholt von kriegs- beschädigten Gärtnern um Gewährung von Stipendien zu weiterer beruf- licher und theoretischer Ausbildung angegangen. Diesen Gesuchen ist auch entsprochen worden, die bewilligten Unterstützungen gelangten aber nicht zur Anweisung, da es unter dem herrschenden Mangel an geschultem gärt- nerischen Personal noch immer geglückt ist, die Bittsteller in geeignete und gut besoldete Stellungen unterzubringen. Sie haben ein sicheres Brot in der Gegenwart einem weniger sicheren Dasein in der Zukunft vorgezogen. In der Sitzung des Gesamtpräsidiums vom 29. März hat Herr Dr. Fritz Graf V. Schwerin die Aufmerksamkeit des Präsidiums darauf gelenkt, dass die so wichtige Gemüseernte für Deutschland im Jahre 1917 in Frage gestellt werden würde, wenn nicht die Beförderung von Paketen durch die Post und von Frachtgut durch die Bahn mit den leicht verderblichen Gemüsepflanzen in den nächsten Monaten ohne Verzögerung vor sich ginge. Daraufhin wurden Jahresbericht der D. G. G. über das Geschäftsjahr 1916. 139 verschiedene Eingaben an die Reichsstelle für Gemüse und Obst, an die Kaiser- liche Oberpostdirektion und an den Herrn Eisenbahnminister abgesandt und der Erlass von Bestimmungen erbeten, um diesen wichtigen Paket- und Frachtverkehr zu regeln. Von selten der Post sind bereits erfreuliche Zu- sagen gemacht, von selten der Eisenbahnverwaltung stehen sie noch aus. Auch diese rechtzeitig zu erhalten, wird das Präsidium weiter bemüht sein. Die Abteilungen für „Sukkulenten" und „Gartenkunst" haben während der Kriegszeit ihre Tätigkeit bis auf weiteres eingestellt, die anderen Abteilungen aber sind mit höchst anerkennenswertem Eifer bestrebt gewesen, durch Rat und Tat bei der Lösung des schwierigen Ernährungsproblems mitzuhelfen. Die „Leitsätze für den Anfänger in der Gemüsezucht" sind in immer steigen- dem Masse von Behörden, Vereinen und Privaten eingefordert und haben die Viertelmillion überschritten. Die erste Versendung der für 1916 bis 1917 bereitgestellten Liebes- gaben ist Mitte Dezember an 64 im Felde stehende Mitglieder der Gesell- schaft und deren Angehörige erfolgt. Ueber den richtigen Eingang und die Freude, welche sie hervorgerufen haben, geben die ausliegenden Dank- schreiben nähere Auskunft. Eine zweite Versendung von Liebesgaben ist ihrem Abschluss nahe. Hierbei sollen besonders solche Tapferen bedacht werden, die verwundet in den Lazaretten liegen oder zu ihrer Genesung eines guten Kräftigungsmittels bedürfen. Aus dem vorgetragenen Jahresbericht und dem untrüglichen Barometer- stand der Kassenverhältnisse der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft ergibt sich nur zu deutlich, dass sich auch bei ihr die Folgen des Weltkrieges mehr und mehr fühlbar machen. Wie sollte es auch bei einer Vereinigung anders sein, die ihr Augenmerk weniger auf wirtschaftliche Vorteile richtet, als be- strebt ist, dem deutschen Gartenbau und seiner Gesamtheit zu nützen. Um diesen beklagenswerten, aber zurzeit kaum abwendbaren Zustand für die Zukunft soviel als möglich auszugleichen, hat der engere Vorstand sich zu den verschiedensten Zeiten ernstlich mit der Frage beschäftigt, welche neuen Wege wohl zu beschreiten wären, um der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft das nötige Schwergewicht und ihren Zielen eine grössere Gefolgschaft zu sichern. War der Zeitpunkt solchen Beratungen bisher auch wenig günstig, so hat doch das Gesamtpräsidium einen längeren Aufschub notwendiger Reformen nicht für angezeigt gehalten und deshalb in jüngster Zeit eine ein- gehende Aussprache über das Thema gepflogen: „Kann die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft innerhalb des bestehenden gärtnerischen Vereinswesens ihren Zielen gerecht werden und auf welche Weise kann das geschehen?" Als vorläufiges Ergebnis dieser Beratungen kann schon heute mitgeteilt werden, dass es an Einzelanregungen nicht gefehlt hat, dass es aber noch ernster Arbeit bedarf, um sie in den bestehenden Rahmen der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft zweckdienlich einzuordnen oder zur Grundlage eines neuen Aufbaues zu machen. Das ist allerdings zweifellos, dass der deutsche Gartengedanke infolge des Krieges die Gemüter in verheissungs- voller Weise ergriffen hat und nach einer Auswirkung strebt. Es wird daher in Zukunft eine der Hauptaufgaben der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft sein müssen, diese hocherfreuliche sich zunächst als Kleingartenbau dar- stellende Bewegung vornehmlich und mit aller Kraft zu pflegen. J40 Jahresbericht der D.G G. über das Geschäftsjahr 1916. Deutsche Gartenbau -Gesellschaft Berlin. Bilanz für 31. Dezember. Aktiva. Postscheckkonto, Bankguthaben, Kassen- 19'5 1916 bestand 10521.14 M. 8205.40 M. Aussenstände und Dienstvorschüsse 3391.62 „ 4493.67 „ Effekten nom. 126500.00 M. (inkl. 50000 M. Kriegsanleihe). Kurswert . 113879.00 „ 113429.00 „ 127791.76 M. 126128.07 M. Passiva. Unbezahlte Rechnungen 4538.45 M. 6320.45 M Guthaben der Sonderabteilungen usw 5449.17 „ 6012.62 „ Schuld hd\ der v. Siemens'schen Familien- besitz-Verwaltung 48751.87 „ 48331.70 „ Barguthaben derKaiser-Wilhelm-und-Augusta- Jubelstiftung 566.40 „ 944.70 „ 59305.89 M. 61609.47 M. Summa obengenannter Aktiva . 127791.76 M. 126128.07 M. Summa obengenannter Passiva. 59305.89 „ 61609.47 „ Vermögen 68485.87 M. 64518.60 M. Ferner besitzt die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Inventar im Buchwert von 1659.30 M. 1699.20 M. eine Bibliothek im Buchwert von 25242.20 „ 25242.20 „ 26901.50 M. 26941.40 M. Vermögen der Kaiser-Wil he Im-und - Augusta-Jubelstiftung. Nom. 16000.00 M. Effekten im Kurswert von 15976.00 M. 15976.00 M. Barforderung an die Deutsche Gartenbau- Gesellschaft 566.40 „ 944.70 „ Gewinn- u. Verlustrechnung für das Jahr 1915 u. 1916. Einnahmen. per31. 12. 19I5 per31.12. 1916 1. Effektenzinsen 2925.63 M. 2723.25 M. 2. Konto-Korrentzinsen 179.60 „ 291.19 „ 3. Zuschüsse aus der Schatulle Sr. Majestät und der Generalstaatskasse 3240.00 „ 3240.00 „ 4. Zahlung der Seydlitz-Stiftung 300.00 „ 300.00 „ 5. Zuschüsse vom Ministerium für Landwirt- schaft, von Gartenbau - Vereinen usw. zur Gärtnerfachschule 1100.00 „ 1100.00 „ 6. Mitgliederbeiträge . 12170.00 „ 11751.49 „ 19915.23 M. 19405.93 M. 7. Gewinn a. verk. 50000 Kriegsanleihe . . . 25.00 „ — . — „ Summa 19940.23 M. 19405.93 M. Die Baumwolle. 141 Ausgaben. Ordentliche: per31. 12. 1915 per3I. 12. 1916 I. Gehälter 7448.80 M. 7696.80 M. II, Bureau, Porti, Drucksachen usw 2047.68 „ 1973.04 III. Bibliothek 78.30 l 115.95 I IV. Kosten der Zeitschrift der Gesellschaft („Gartenflora" und „Orchis") 5855.62 „ 9245.89 V. Aufwendungen für gärtnerische Versuche — .— „ _._ VI. Beitrag an die Stadt Berlin für die Gärtner- fachschule 1355.70 „ 1338.20 „ VII. Prämien und Medaillen 302.23 „ 165,67 VIII. Vorträge 421.— „ 414.25 l IX. Diverse Ausgaben 474.50 „ 556.50 „ X. Zuschüsse an die Sonderabteilungen . . . 1807.20 „ 1452.00 XI. Kursverlust von nom. M. 500C0 5. Kriegs- anleihe — .— „ 375.00 „ Summa 19791.03 M. 23333.30 M. Ausserordentliche: XII. Kriegsunterstützung 340.00 M. — .— M. Summa 20131.03 M. 23333.30 M. Summa Ausgaben . 20131.03 „ 23333.30 M. Summa Einnahmen 19940.23 „ 19405.93 „ Buchmässiger Verlust 190.80 M. 3927.37 M. Die BatcmwoIIe. Von Dr. E. Ulbrich. (Hierzu Abb. 10 und 11.) Keine Gespinst- und Faserpflanze wird an weltwirtschaftlicher Be- deutung von der Baumwolle erreicht. Die Jahresproduktion der ganzen Erde an Rohbaumwolle beläuft sich auf etwa 20 Millionen Ballen, das sind 4 bis 5 Milliarden Kilogramm, die unverarbeitet allein schon einen Wert von 4 bis 5 Milliarden Mark darstellen; zu Geweben verarbeitet erhöht sich dieser Wert um ein Vielfaches. Nicht weniger als 15 Millionen Menschen sind mit dem Anbau der Baum- wolle beschäftigt und etwa ebensoviel mit dem Handel. Ungefähr vier Fünftel aller lebenden Menschen kleiden sich mit Baumwollstoffen. Deutsch- land allein verbrauchte im Jahre 1907 etwa den zehntea Teil der Welt- erzeugung und zahlte dafür über eine halbe Milliarde Mark, während es für Weizen beispielsweise nur 397 Millionen Mark verausgabte. Stammpflanzen der Baumwolle. Wie der Name sagt, stammt die Baumwolle von Gehölzarten, die aller- dings meist nur strauchig oder sogar staudenartig, nur selten baumartig sind. Stammpflanzen der Baumwolle sind Arten der Malvaceengattung Gossypium und die durch Zucht oder Zufall entstandenen Kreuzungen dieser Arten. Die Rohbaumwolle stellt das dichte Faserkleid dar, welches die Samen der Gossypium arten umgibt. Bei den in Kultur befindlichen 142 öi'e Baumwolle. Arten ist dieses Haarlcleid sehr lang und meist weiss oder weisslich gefärbt, bei den wildwachsenden Arten dagegen kurz und oft dunkler, bis braun ge- färbt. Bei einigen Arten tragen die Samen ein doppeltes Haarkleid: ein dicht anliegender, kurzhaariger Filz, „Grundwolle" genannt und häufig anders (grünlich) gefärbt, bedeckt die Samenschale ganz oder teilweise, und ausserdem treten die langen, weichen, abstehenden Haare auf, die man als „Fliess" unterscheidet. Diese wolligen Samen sitzen zu wenigen, meist einzeln, in aufspringenden drei- bis fünffächerigen Fruchtkapseln. Das Haar- kleid der Samen einer Kapsel verfilzt sich bei der Reife der Kapseln zu einem grossen Wattebausch, der aus den weitgeöffneten Fruchtklappen meist leicht herausfällt. Dies muss durch rechtzeitige Ernte verhindert werden, da sonst die Baumwolle verunreinigt und minderwertig würde. Die Stammarten. Die Zahl der unterschiedenen Arten von Baumwolle liefernden G o s s y - p i u m arten — einzelne Autoren unterscheiden 54 bis 58 und mehr — lassen sich auf folgende fünf Grundformen zurückführen: GrundformenderBaum wolle: I. Samen ohne Grundwolle, nur mit langen Haaren (Fliess) bekleidet, Blüten anfangs gelb, beim Verblühen rötlich: A. Samen einzeln, frei in den Fächern der Fruchtkapsel liegend: Sea-Island-Baumv%'olle. Heimat : W e s t i n d i e n. 1. Gossypium barbadense L. B. Samen in jedem Kapselfache zusammenhängend und zu einer Masse verklebt: 2. G. peruvianum L. Niere nbaumwolle, Engl. Kidney Cotton. Heimat : Peru. II. Samen mit Grundwolle und langen Haaren (Fliess) bekleidet: A. Blüten gelb oder weiss, beim Verblühen rötlich: a) Blätter drei- bis fünflappig, weich, ziemlich gross, mit drei- eckigen, am Grunde nicht verschmälerten, mehr oder weniger lang zugespitzten Lappen. 3. G. h i r s u t u m L. Upland-Baumwolle. Heimat : Mexiko. b) Blätter drei-, fünf- oder siebenlappig, ziemlich klein, hart, mit am Grunde verschmälerten, eiförmigen oder schwach zu- gespitzten Lappen: 4. G. herbaceumL. Indische Baumwolle. Heimat: Indien. B. Blüten rot, Blätter sehr tief eingeschnitten, drei- bis sieben-, bis neun- lappig, härtlich, mit lanzettlichen, schmalen Lappen: ' 5. G. a r b 0 r e u m L. Baumartige Baumwolle. Heimat : Tropisches Ostafrika. Die Baumwolle. 143 Abbildung 10: Amerikanische behaarte Baumwolle oder Upland-Baumwolle (Gossypium hirsutum L.). Zweig mit Knospen, einer Blüte und einer unreifen Fruchtkapsel (rechts). Unten links Teile der Blüte, Fruchtknotenquerschnitt, rechts einzelner Same und auf- gesprungene Fruchtkapsel. {Nach Pariatore aus Oppel.) 144 Di^ Baumwolle. Diese fünf Grundformen der Baumwolle sind in typischer Ausbildung verhältnismässig leicht nach den angegebenen Merkmalen zu erkennen, be- sonders die fünfte, Gossypium arboreum L. mit den tiefeinge- schnittenen, viellappigen Blättern und den prächtigen blutroten Blüten, die augenscheinlich auch nicht leicht zur Bildung von Kreuzungen neigt. 1. Gossypium barbadense L. Barbados-Baumwolle, Sea-Island-Baumwolle, Küstenbaumwolle, deren Heimat in Westindien, insbesondere auf den Kleinen Antillen und Bahama-Inseln zu suchen ist, wird nur 1 bis 2 Meter hoch. Im wilden Zustande eine ausdauernde Staude, wird sie in der Kultur ein- bis zwei- jährig. Sie besitzt grosse, kahle, fünf- bis siebenlappige, ziemlich weiche Blätter, die wie die Stengel mit schwarzen Drüsenpunkten besetzt sind. Die Lappen der Blätter sind eiförmig, zugespitzt. Die prächtigen Blüten sitzen blattachselständig an den Enden der meist etwas überhängenden Zweige; sie sind anfangs gelb und werden beim Verblühen rötlich; ihre Grösse ist etwa die gleiche wie bei Gartenmalven. Die entwickelte Frucht wird von dem grossen, stark zerteilten Hüllkelch fast verdeckt. Bei der Reife springt sie auf und enthält in jedem Kapselfache 6 bis 9 einzelne, unter sich freie schwarze Sam.en, deren Schale durch keine Grundwolle verdeckt wird, sondern nur die sehr langen, seidenglänzenden, weichen Fliesswollhaare trägt, die sich leicht von der Samenschale lösen lassen. Die Samenwolle ist nicht sehr reichlich, dafür aber die längste und beste Faser, was den etwas geringeren Ertrag reichlich aufwiegt. Zu ihrem Gedeihen verlangt die Sea-Island-Baumwolle ein feucht- warmes Küstenklima, daher auch ihr stellenweise gebräuchlicher Name „Küstenbaumwolle". Ist die Luftfeuchtigkeit nicht völlig ausreichend, so kann durch künstliche Bewässerung nachgeholfen werden. Die besten Handelssorten von Gossypium barbadense L. liefern Südkarolina, Georgia und Florida. Die Verbreitung der Küstenbaumwolle ist folgende: von ihrer Heimat Westindien über die Bahama-Inseln, die Küstenstaaten des Südens von Nord- amerika, ferner nach Mittelamerika. Sie gelangte von hier aus nach den Kanarischen Inseln und Spanien, wo sie nur im Süden gebaut wird, ferner nach Algier, Aegypten, der Insel Bourbon, Ostindien, Australien, Papuasien und Polynesien. Nach Afrika gelangte sie über die Westküste, wo sie von Angola bis Senegambien und bis weit im Innern, z. B. im Kongo gebaut wird. Auch in Togo und Kamerun wird sie vielfach kultiviert und gelangte auch nach dem tropischen Ostafrika. Von allen Baumwollarten liefert Gossypium barbadense die beste, feinste und längste Faser. Die Sea-Island-Baumwolle ist seidenartig weich, schneeweiss bis schwach cremeartig gefärbt, prachtvoll glänzend faserig. Die besten Sorten besitzen eine Faserlänge (sogenannte Stapellänge) von 54 mm. Die reinsten und besten Handelssorten liefern Südkarolina, Georgia und Florida. Auch die beste ägyptische Baumwolle, die den Namen Gallini führt, mit etwa 38 mm Stapellänge stammt von Gossypium barbadense. Diese Sorte ist blassgelb bis goldgelb gefärbt und sehr widerstandsfähig und wird besonders gesucht und teuer bezahlt. Sie stammt von der Gegend von Messefieh in Aegypten. Die Baumwolle. 145 Abbildung 11: Küstenbaumwolle oder Sea-Island-BaumwoUe (Gossypium barbadense L.>. Zweig mit Knospen, Blüten und Kapseln. Unten links Teile der Blüte, rechts Frucht- knoten im Querschnitt und Samen mit und ohne Samenuolle. [Nach Paria tore aus Oppel.) 146 Die Baumwolle. 2. Gossypium peruvianum L. Die Nierenbaumwolle, Caravonica-Baumwolle, Engl. Kidney Cotton, ist der vorigen ähnlich, besitzt aber meist grössere, dreilappige, selten fünf- lappige Blätter und noch grössere gelbe Blüten mit purpurnen Grundflecken. Die ganze Pflanze ist viel kräftiger und wird bis 5 Meter hoch und dauert viele Jahre aus. Wie die vorige Art verlangt sie zu ihrem Gedeihen ein feuchtwarmes Tropenklima und verträgt keinerlei Frost. Ihre Heimat ist Peru, und durch Kultur ist sie über das tropische Südamerika, die Antillen verbreitet worden und von hier aus nach der Westküste von Afrika, dem nördlichen Arabien, dem Mittelmeergebiete, den Kanarischen Inseln, Ost- indien, Südchina, den Molukken und Polynesien. Leicht kenntlich ist die Nierenbaumwolle daran, dass die Samen je einer Kapselhälfte zu einer festen Masse verklebt sind, was bei keiner anderen Baum- wollart vorkommt. Die Samenmassen lassen sich jedoch nicht so leicht aus der Baumwollfaser entfernen. Auqji ist die Art ziemlich anspruchsvoll und empfindlich, und die Faser kürzer und weniger geschätzt als die der Küstenbaumwolle, Eigenschaften, die ihrer Verbreitung hinderlich sind. Verbreiteter sind Kreuzungen dieser mit der vorigen Art. Als Spielart gehört hierher Gossypium vitifolium Lam. Die wichtigsten Handelssorten der Nierenbaumwolle liefert Brasilien aus Pernambuco, Maranhao und Ceara mit 29 bis 34 mm Faserlänge. Sehr geschätzt ist die Haiti-Baumwolle mit langen, schönen Fasern. Auch einige Sorten der weissen Aegyptischen Baumwolle stammen von Gossypium peruvianum, ebenso einige Sorten der Togo-Baumwolle. 3. Gossypium hirsutum L. Upland-Baumwolle, Behaarte Baumwolle, King- und Hindi-Baumwolle ist wegen ihrer grossen Verbreitung und guten Beschaffenheit der Faser die wichtigste von allen Arten. Sie ist erheblich kleiner als die vorige Art, nur 2 bis 2,5 m hoch. Ihre Blätter sind ziemlich gross, drei- bis fünflappig; die Blattlappen sind scharf zugespitzt, nach dem Grunde zu aber nicht ver- schmälert. Leicht kenntlich istGossypiumhirsutum L. an der feinen Behaarung der Blätter und jungen Zweige. Die Blüten sind etwas kleiner als bei den vorigen Arten und anfangs schwachgelblich, dann reinweiss, am Grunde mit rötlichen Flecken und werden beim Verblühen rötlich bis fast rosenrot. Die Fruchtkapseln sind ziemlich gross und enthalten in jedem Fache 6 bis 8 einzelne und unter sich freie Samen, deren Samenschale unter einem dichten, grüngrauen Grundfilz verborgen ist. Die Fasern des Fliesses sind dagegen locker, weich und ziemlich lang, reinweiss bis gelblich. Die Heimat von Gossypium hirsutum L. ist zweifellos in Mexiko oder vielleicht auch auf Jamaika zu suchen. Seit dem Jahre 1770 wird diese Art in zahllosen Formen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, be- sonders in den Südstaaten, mit bestem Erfolge gebaut und liefert die Haupt- masse der amerikanischen Baumwolle. Gossypium hirsutum ist die wichtigste Gespinst- und Faserpflanze Nordamerikas. In allen Baumwoll- ländern der Erde wird diese Art gebaut, jedoch nicht immer mit günstigen Erfolgen. Neuerdings ist sie z. B. auch in Kleinasien eingeführt, und sind dort grössere Pflanzungen von Upland-Baumwolle angelegt worden, was für die Gegenwart und Zukunft für uns von grösster Bedeutung werden kann. Die Baumwolle. tA-j Sehr wichtig sind die zahllosen Kreuzungsformen dieser Art mit anderen, namentlich mit Gossypium barbadense und G. he r b a - c e u m. 4. Gossypium herbaceum L. Indische Baumwolle, Nanking- oder Dut-BaumwoUe ist die kleinste und härteste aller kultivierten Baumwollarten. Sie wird in den Tropen bis 2 m hoch; in der wärmeren gemässigten Zone erreicht sie dagegen häufig kaum 1 m Höhe. In den Tropen ist Gossypium herbaceum ausdauernd, in den Ländern ausserhalb der Wendekreise dagegen einjährig. Im Balkan und in Turkestan bildet sie die Nordgrenze der Verbreitung der Baumwolle überhaupt. Die indische Baumwolle ist leicht kenntlich an den kleinen, harten, oft feinfilzig behaarten, drei- bis fünf-, bisweilen sogar siebenlappigen Blättern und den meist etwas sparrigen Zweigen. Die Blüten sind denen der vorigen Art ähnlich, meist ein wenig kleiner und häufiger gelblich oder gelb mit dunkelrotem Fleck am Grunde. Die Fruchtkapseln sind klein, kugelig-eiförmig und enthalten in jedem Fache 5 bis 7 Samen mit langen weissen oder gelbbraunen Fasern und kurzer, grauer bis grünlicher Grundwolle, welche die Samenschale vollständig ver- deckt. Die Heimat von Gossypium herbaceum L. ist ohne Zweifel Ost- indien. Hier kommt auch noch eine wildwachsende Art vor, Gossypium Stocksii Mast., die in allen ihren Merkmalen G. herbaceum L. so ähnlich ist, dass man in ihr vielleicht die wilde Urform sehen darf. Gossypium herbaceum L. ist von allen Baumwollarten die anspruchloseste und am leichtesten zu kultivierende. Sie gedeiht infolgedessen noch ganz gut bei weniger vollkommener Pflege. Klimatisch ist sie die härteste Art : sie kann auch mit ziemlich geringer Luftfeuchtigkeit und mit weniger hoher Wärme auskommen, vielleicht sogar gelegentlich ziemlich tiefe Temperaturen ertragen, wenn sie auch nicht gerade frosthart ist. Diese Umstände machen sie in erster Linie zur Eingeborenenkultur geeignet. So kommt es, dass die Kultur von Gossypium herbaceum eine sehr grosse Verbreitung angenommen hat, zumal diese Art schon zur Zeit Alexanders des Grossen, im frühen Mittelalter in Baktrien feldmässig gebaut wurde. Ihre weite Verbreitung verdankt die indische Baumwolle besonders den Arabern. Wir finden sie jetzt fast durch das ganze tropische und sub- tropische Asien und auf grossen Strecken auch im wärmeren gemässigten Asien, z. B. Afghanistan, Turkestan bis nach dem Mittelmeergebiete in Kultur. Baumwollfelder finden wir z. B. noch in Griechenland. Auch über Arabien nach Afrika ist ihre Kultur vorgedrungen, so dass sie heutzutage fast in ganz Afrika gebaut wird. Auch auf den vorgelagerten Inseln, z. B. den Mascarenen, ist ihre Kultur zu finden. Ferner gelangte sie nach Mittel- amerika und einigen Ländern Südamerikas. Ausser durch Anspruchslosigkeit zeichnet sich Gossypium herba- ceum vor allem durch ganz ausserordentliche Fruchtbarkeit aus. Diesem Umstand verdankt sie ihre grosse Beliebtheit als leicht zu behandelnde Kulturpflanze, wenn auch ihre Baumwolle weniger wertvoll ist als bei den vorigen Arten und der Gewinnung und Bearbeitung grössere Schwierigkeiten bereitet. Dies kommt daher, dass die Wolle an den Samen ziemlich fest haftet und dabei ziemlich kurzfaserig ist und auch in den Kapseln ziemlich 148 ß'ß Baumwolle. fest sitzt, so dass es bei der Ernte nicht selten vorkommt, dass der Pflücker Teile des Aussenkelches und der Frucht oder gar die ganze Fruchtkapsel mit abreisst. Dadurch wird die Rohbaumwolle verunreinigt und natürlich entwertet. Auch Gossypium herbaceum L. liefert eine Reihe wertvoller und sehr geschätzter Sorten von Baumwolle. Als wichtigste Handelssorten kommen aus Indien Hinghanghat, Tinivelly und Bengal. Aegypten liefert die sehr geschätzte braune ägyptische Baumwolle, die sich durch Elastizität, schönen Seidenglanz und prächtige goldige Färbung auszeichnet. Kleinasien und die griechischen Inseln liefern die kostbare Smyrna-Baumwolle mit mattweissen Fasern. 5. Gossypium arboreum L. Die baumartige Baumwolle, Nurna- oder Deo-BaumwoUe wird von allen Arten am höchsten und bildet Bäume, die bis 6 m hoch werden können. Sie ist leicht kenntlich an den ziemlich kleinen, tief fünf-, sieben- bis neunlappigen Blättern, deren Abschnitte sehr schmal und schwach zugespitzt sind. Vor allen anderen Arten ist Gossypium arboreum L. weiter durch die tief dunkelroten Blüten ausgezeichnet, deren Aussenkelch nur klein und wenig zerschlitzt ist. Die ziemlich kleinen Fruchtkapseln enthalten Samen mit kurzer, dichter dunkelgrüner Grundwolle und weisser Fliesswolle, die sich aber nur schwer von der Samenschale loslösen lässt. Die Heimat der baumartigen Baumwolle ist das tropische Afrika, be- sonders Oberguinea bis Abessinien und zum oberen Nil. In Kultur findet sie sich nur in Südasien, besonders in Indien, wo sie in Tempelgärten und sonst gebaut wird. Feldmässig wird diese Art jedoch nirgends gebaut. Sie liefert eine sehr feine Wolle, deren Ertrag jedoch spärlich und deren Gewinnung mühsam ist. Die kleine Ernte wird im Lande verbraucht und kommt nicht in den Handel, wenigstens nicht in Mengen, die irgendwie von Bedeutung wären. Verwandt wird die Nurna- oder Deo-Baumwolle zur Herstellung der Turbane der indischen Priester, was ihr den heimischen Namen und auch einen wissenschaftlichen Namen: Gossypium religiosum ver- schafft hat. B. Die Kreuzungen. In mancher Beziehung noch wichtiger als die Stammarten sind die durch Zufall oder Zucht entstandenen Kreuzungen der Stammarten der Baumwolle. Sind schon die Grundformen nicht immer leicht zu erkennen, so gilt dies naturgemäss in noch höherem Grade für die Kreuzungen. Die Anwendung der künstlichen Kreuzung verschiedener Arten und Rassen zur Erzielung bestimmter Formen, die sich durch Formenschönheit, grössere und bessere Früchte oder sonstige Vorzüge vor den Elternarten auszeichnen, ist ja in der Blumenzucht und Heranzucht unserer sonstigen Kultur- und Nutzpflanzen ein altbekanntes Verfahren. Welch prächtige Formen hat man auf diese Weise z. B. bei den Orchideen, Rosen, Azaleen oder bei unseren Obst- und Gemüsepflanzen gewonnen! Dass man sich dieses Mittels auch bedient hat und noch bedient, um besonders ertragreiche oder technisch wertvolle oder besonders klimaharte Sorten von Baumwolle zu erzeugen, liegt doch sehr nahe. Gerade bei einer so wichtigen Kultur- pflanze wie die Baumwolle müssen aber die Eigenschaften der Elternarten Der Deutsche Garten. .^g ganz besonders genau berücksichtigt werden, wenn man nicht seine Kultur durch Entstehung nicht gewünschter Kreuzungsprodukte geradezu gefährden will. Eine Kreuzung kann bei unzweckmässiger Auswahl unter Umständen Formen liefern, die den Elternarten an Güte erheblich nachstehen. So sind beispielsweise in Aegypten durch Neueinführung der amerikanischen Upland- Baumwolle (Gossypium hirsutum) Kreuzungen mit der hier bereits vorhandenen, sehr wertvollen Sea-Island-Baumwolle (Gossypium barbadense) entstanden, die eine erhebliehe Verschlechterung der Erträge und des Wertes der gewonnenen Baumwolle mit sich brachten. (Fortsetzung folet ) Der Deutsche Garten. Eine Erwiderung auf die Anregung des Herrn C. Rimann. Von Professor Dr. Paul Oppenheim. Auf Seite 89 fP. des laufenden Jahrganges unserer Zeitschrift wird dar- auf hingewiesen, dass der mehr als zwei Jahre andauernde Krieg mit seinen gewaltigen Umwälzungen auch an dem gärtnerischen Berufe nicht spurlos vorübergegangen sei. Eine besondere eifrige Tätigkeit hätte im Gemüsebau eingesetzt und„tausende vorher öde liegender Ländereien derVolksernährung dienend und nutzbar gemacht." Man dürfe aber mit diesem einen Erfolg sich nicht begnügen und müsse rastlos weiterstreben, Deutschland von den bis- her aus fremden Ländern eingeführten Produkten freizumachen und Ersatz für sie auf deutschem Boden zu suchen. So müsse auch für den Ziergarten der „reiche Schatz unserer einheimischen Pflanzenwelt" herangezogen und durch Veredlung „zu vollkommener Entwicklung gebracht werden". Durch eine Reihe von Beispielen, auf welche später zurückzukommen sein wird, versucht der Verfasser diese seine „Anregungen" näher zu erläutern. Dieses ist etwa der Sinn der Ausführungen des Herrn Rimann, soweit er äusserlich erkennbar ist und soweit er mir verständlich war. Zwischen den Zeilen scheint mir allerdings noch mancherlei anderes zu stehen. Die Heranziehung der Gemüsekulturen zum Vergleiche kann doch nur den ein- zigen Zweck haben, darauf hinzuweisen, so wie Deutschlands Saat für die pflanzliche Ernährung von dem Auslande unabhängig gemacht werden muss, so und im gleichen Masse muss dieses auch für den Schmuck und Zie- rat des deutschen Gartens, die Blumen, geschehen. Deshalb sollen wir hineingreifen in den reichen Schatz unserer einheimischen Pflanzenwelt und herausholen, veredeln und zu vollkommenerer Entwicklung bringen, was bisher achtlos an unserem Wege stand. Nun hinkt zuvörderst der Vergleich etwas. Beim Gemüse und auch beim Saatgetreide strengen wir uns an, die nötigen Quantitäten zu erzeugen und durch verdoppelten Fleiss und vermehrte Umsicht dasjenige quan- titativ im Lande herzustellen, was uns früher über die damals offenen Grenzen hereingeschafFt wurde. Die Erstrebung neuer Qualitäten, also die Heranziehung von bisher vernachlässigten Arten aus Wald und Flur für die menschliche Ernährung und ihre Vervollkommnung zu diesem Zwecke, ist wohl kaum in Aussicht genommen. Bei den Blumen dagegen liegt keinerlei Notwendigkeit vor. Nur aus völkischen Gründen sollen wir — so scheint 150 Der Deutsche Garten. es mir — nach Rimann hier umlernen. Es fehlt uns weder an Samen noch an Pflanzen unserer bisher beliebten Gartenformen; aber so wie die Sprache seit Beginn des Weltkrieges sich in vielleicht zu weit gehender Weise be- müht, das Fremde auszumerzen und Eigenes an seine Stelle zu setzen — vielfach ganz unbekümmert um die geschichtlichen Zusammenhänge und die Entstehung der Begriffe — , so wie ich mich selbst in diesem Augenblicke veranlasst sehe, an Stelle des mir geläufigeren Ausdrucks „national" das erst vor kurzem entstandene „völkisch" zu setzen — , ebenso sollen wir, wenn ich Herrn Rimann richtig verstehe, bemüht sein, auf unseren Gartenbeeten statt der undeutschen Fuchsien, Verbenen, Petunien, Reseda, Nelken, Tropaeolum, Astern und Levkojen, um so einiges aufs Geratewohl herauszugreifen, Ver- edelungen und Kreuzungen von Pirola, Polygala, Euphrasia, Pedicularis, Linaria, Echium und anderem mehr heranzuziehen. Ich mache sogleich darauf aufmerksam, dass die Sache prinzipiell dabei nicht stehenbleiben darf; denn was dem Blumengarten recht ist, ist Feld und Acker billig, und wenn jener das völkische Gewand erhalten soll, so müssen auf diesem ver- schwinden nicht nur Kartoffel und Tomate, sondern auch Erbse, Bohne, Linse, Luzerne, Serradella, Mais, Weizen, Gerste und andere mehr; und in dieser Zusammenstellung ist denn wohl auch die Anregung des Herrn Rimann in ihrer Begründung und grundsätzlich als erledigt anzusehen. Sehen wir doch auf keinem Gebiete deutlicher als auf demjenigen des Acker- und Gartenbaues, wie vielfach verschlungen die Fäden der menschlichen Kultur sind, aus wie verschiedenen völkischen Momenten sie sich aufbauen, und wie viele Völker hier einträchtig und im steten Austausche ihrer Pro- dukte arbeiten mussten, um das zu erzeugen, was die Gartenflur des ein- zelnen Stammes heute schmückt und was auf seinen Feldbreiten heute wächst, ihn zu ernähren und zu bekleiden. Dazu kommt ein weiteres, sehr wichtiges Moment: unser Garten ist nichts weniger als rein deutsch. Nur der Bauer dürfte semen rein prak- tischen Zwecken dienendes Nutz- und Arzneigärtchen besessen haben, aber keinen Ziergarten; auch die Nutzfläche war in ihrer pflanz- lichen Zusammensetzung übrigens jedenfalls schon stark durch römische Kultureinflüsse verändert und bereichert. „Der Bürger" aber sass in den un- ruhigen, vom Kriegslärm durchtosten Zeiten in der ihm Sicherheit des Eigen- tums und Lebens gewährenden eingemauerten Stadt, der Adlige auf hohem, eingeschränktem Burgsitz. Hinter den Mauern der Befestigung hatte der eine so wenig wie der andere Raum für ein Gartenleben, wie es die vornehmen Römer geführt hatten, ganz abgesehen von dem Fehlen einer Kultur, die das Bedürfnis nach einem solchen Leben hervorgebracht hätte*)." Als im späten Mittelalter der Trieb zu einer ästhetischen Belebung des an das Haus sich anschliessenden Landstriches erwachte und immer lebhafter wurde, da waren bereits die lebhaften Handelsbeziehungen nach den Mittelmeerländern und nach dem Orient vorhanden, und auf diesen mannigfach verschlungenen Wegen drang sogleich die Pracht fremder Blumen in diesen neuerrichteten Ziergarten ein und fasste dort so Fuss, dass sie, selbst wenn die Absicht dazu vorliegen sollte, kaum je aus ihm zu ver- ^) Vgl. Dr. Ludwig Reinhardt: „Die Kulturgeschichte der Nutzpflanzen" aus Reinhardt: „Die Erde und die Kultur" IV, 2, jMünchen 1911, S. 403. Der Deutsche Gatten. 151 treiben sein dürfte. Schon vorher hatte die römische Kultur das für des Lebens Notdurft Notwendige und vielleicht auch einiges zu seinem Schmucke Wünschenswerte, soweit es die klimatischen Verhältnisse zuliessen, ein- geführt. Aber im grösseren Massstabe wird die Aufnahme — zumal für den Ziergarten — aus den vorhin aufgeführten Momenten wohl erst beim Aus- gange des Mittelalters erfolgt sein. Das fremde Element spielt also vom Urbeginn des Ziergartens an in diesem seine, man kann vielleicht sagen: führende Rolle. Anderseits kann man doch aber wohl kaum annehmen, dass, sobald erst der ästhetische Sinn im Gartenbau sich regte und sich dazu all- mählich die naturwissenschaftliche Entwicklung gesellte, gerade der Deutsche gänzlich blind war für die Vorzüge seiner Umgebung. Was er irgendwo in Wald und Feld an Blumen auffand von besonderer Farbe und Form oder besonders bestrickendem Gerüche, wird und muss er in den verflossenen Jahrhunderten seinem Garten bereits einverleibt haben, und dies ist nicht nur eine aprioristische Voraussetzung, sondern lässt sich auch an der Hand der Tatsachen nachweisen. So sind die Primeln (P. officinalis, elatior und acaulis) in den deutschen Ziergarten gewandert, so das Vergissmeinnicht und Stiefmütterchen unter den Frühlingsblumen, so Lilium bulbiferum und L. Martagon unter den Sommerblühern. Aber die Zahl dieser mitteleuro- päischen Elemente, welche sich zweifellos vermehren Hesse, ist immerhin eine recht beschränkte. Wie anders steht es doch um die fremden Elemente unseres deutschen Blumengartens! Muss man sich den Kopf zerbrechen, um die einheimischen überhaupt heraus zu finden, so drängen sich diese fremden Arten für den- jenigen, der hier gewissenhaft unterscheidet, geradezu auf. Von den ersten Erscheinungen des Jahres dürfte das Schneeglöckchen allerdings in Süd- deutschland wild vorkommen, wenngleich es seine Hauptverbreitung in Süd- europa findet. Ebenso ist Leucojum vernum eine deutsche, wenn auch heute im wilden Zustande seltener gewordene Pflanze. Dagegen stammt der Winterling, Eranthis hiemalis, schon aus Südeuropa, die Hyacinthe aus dem westlichen, die Tulpe aus dem mittleren Asien. Von den Narzissen ist nur N. Pseudo-Narcissus mitteleuropäisch; die übrigen stammen sämtlich aus dem Mittelmeergebiete. Zu den letzteren gehört auch der Krokus, der in den deutschen Bauerngärten so verbreitete und schon in altdeutschen Minne- liedern gefeierte Goldlack, die Nachtviole, die Levkoje, während Aster, Ge- orgine, Tagetes und Zinnia südamerikanischen Ursprung haben, wie Fuch- sie und Kapuzinerkresse. Nordamerikanisch sind sämtliche Phloxarten, die Eschholtzien, Monarda didyma. Der duftende Reseda kommt aus Nord- afrika und wurde erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts eingeführt. Die weisse Lilie stammt aus dem Orient. Nordamerika hat mit Ostasien und dem mediterranen Gebiete den grössten Teil unserer bunten Gartenlilien ge- stellt, und diese haben die heimische Feuerlilie geradezu verdrängt. Süd- afrika hat Gladiolen und Canna und vor allem die Pelargonien geliefert. Wenn wir uns alles dies vor Augen halten, so sehen wir, wie gering der Prozentsatz heimischer Blumerarten in unserer Gartenflora ist, und welche geringe Bedeutung sie für diesen beanspruchen können. Ist dies nun Zufall oder eine durch die historischen Verhältnisse bedingte, unter Umständen durch energische Gegenbestrebungen zu verändernde Tatsache? Ich glaube, man darf diese Fragen kurzweg verneinen! Wenn die heimische Flora den 152 Der Deutsche Garten. Zwecken des Gartenbaues in gleichem Masse wie die tropische und medi- terrane entsprechen könnte, so hätte sie sich durchgesetzt und würde heute nicht in diesem Masse zurückgetreten sein, und dies nicht nur in den Städten, sondern auch in den altertümlichen Bauerngärten, die möglichst fern liegen der nivellierenden Tätigkeit der Kultur. Was für gärtnerische Zwecke unter den Blumen des Feldes und Waldes wirklich brauchbar war, hat der Bauer bereits benutzt. Die Rittersporn-, Aconitum- und Akelei-Arten sind in seinen Garten eingewandert. Diese haben sich wie gelbe TroUius dankbar in der Kultur gezeigt und sich auf seinem dungreichen Boden kräftig ent- wickelt. Vor allem haben sie die lebhaften, gut ausgebildeten Farben ge- liefert, die sowohl in der Nähe wirken als auch im Flächenbilde auf weitere Entfernungen hin. Es waren dies entweder hohe Einzelpflanzen mit grossen leuchtenden Trauben, wie die erwähnten Stauden, oder wenn es sich um niedrige Typen handelte, wie Primeln, Stiefmütterchen und Vergissmein- nicht, so wirkten sie durch ihre Menge als Farbenflecke in Beeten oder son- stigen Zusammenstellungen. Aehnlich wurden Arten wie Maiglöckchen und Veilchen ihres süssen Duftes halber angebaut. Das, was verschmäht wurde im Laufe der Jahrhunderte, dürfte sich für den Gebrauch als wert- los erwiesen haben, sei es, dass es den Boden zu sehr aussog und dabei doch keine Bereicherung seiner Eigenschaften zeigte, sei es, dass es sich als allzu schwer für die Kultur erwies. Es dürften schon in jedem einzelnen Falle triftige Gründe vorgelegen haben, und wenn z. B. unser Johannis- Kraut, ein in den Gärten verbreitetes Unkraut, in diesen niemals angebaut sondern vernichtet wurde, so dürfte dies wohl geschehen sein, weil man es als für gärtnerische Zwecke wertlos erkannt hatte. Wass will nun Herr Rimann neuerdings einführen? Einmal grosse Stau- den: die Epilobium angustifolium und Lythrum Salicaria. Dagegen würde sich vielleicht noch am wenigsten einwenden lassen, wenn man diese dem Staudenbeete hinzufügte. Es bliebe nur zu untersuchen, ob sie sich dieser Art der Behandlung fügen. Dass diese Pflanzen auf Kahlschlägen plötzlich und in so grosser Menge erscheinen, lässt doch auf ganz eigenartige Be- dürfnisse schliessen! Vielleicht sind auch sie, wie die später zu betrachtenden Formen, mehr Humuswurzeier, während „Echium vulgare", über dessen Schönheit man verschiedener Ansicht sein könnte, eine ausgesprochene Sandpflanze darstellt. Im übrigen finden Epilobium angustifolium und Lythrum Salicaria auch heute schon in ausgedehnteren Parkanlagen viel- fach entsprechende Verwendung. Die zweite Gruppe der von Rimann empfohlenen Pflanzen betrifft Humuswurzeier, so z. B. Pirola und Trientalis, oder Sand- pflanzen wie die Linaria-Arten, Polygala und Sedum acre, vielleicht auch manche Saxifragen; die ersteren verlangen starke Humusbedeckung und schattige Plätze. In den Fällen, wo diese Bedingungen vereinigt sind, hat man auch heute vielfach den Versuch ihrer Einführung gemacht, ohne da- bei, wie ich aus eigener Erfahrung weiss, besonders günstige Resultate zu erzielen. Für Pflanzen, die, wie Linaria, einen besonders dürftigen Boden vorziehen, müsste man diese Verhältnisse künstlich herstellen, da die Pflanzen sonst sichtlich entarten und zugrunde gehen. Bisher haben sich Der Deutsche Garten. j 53 die alpinen Linaria-), soweit ich weiss, ziemlich widerspenstig dieser Kul- tur gegenüber gezeigt. Schliesslich empfiehlt Rimann drittens Pflanzen, welche ausgesprochene Schmarotzer sind. Dazu gehören die Wachtelweizenarten und Pedicularis, welche mit besonderen Schröpfscheiben unterirdisch an andere Pflanzen, zu- mal an Gräser, herangehen und diese aussaugen. Rimann scheint diese Eigenschaften zu kennen, denn er spricht von Halbschmarotzern, was aber keineswegs, wie aus dem Text gefolgert werden könnte, eine Eigenschaft sämtlicher Scrophulariaceen darstellt. Solche Pflanzen sind nun bekannt- lich ungemein schwierig zu behandeln und überhaupt nur zu ziehen, wenn man sie sogleich mit den entsprechenden Gräsern aussät oder grössere- Platten mit den sie umgebenden Fremdpflanzen von ihrem Standorte heranschafft. Dass bei einer derartigen Art der Behandlung aber schliess- lich nur Verhältnisse entstehen, die den Botaniker erfreuen, und keine gärt- nerischen Errungenschaften, scheint mir klar auf der Hand zu liegen. Auch hier sind ähnliche Experimente von Gartenfreunden und Botanikern schon seit langem unternommen worden. Die Firma Sündermann in Lindau empfiehlt z. B, schon seit Jahren Pedicularis mit den entsprechenden Gräsern zur Anlage von Alpenwiesen. Ebenso werden die schönen Saxi- fragen von jedem, der ein Alpinum besitzt, von jeher bevorzugt. Schliesslich haben sich unsere ebenso schönen wie interessanten Wasserpflanzen vielfach der Beachtung in allen Fällen erfreut, wo der Garten Wasserläufe und Teiche besitzt. Aber es sind auch hier wieder botanische und land- schaftliche Gesichtspunkte, keine gärtnerischen und floristischen, welche im Vordergrund stehen. Nun komme ich schliesslich zu den heimischen Orchideen, für deren Kul- tur Rimann mit solchem Eifer eintritt. Es war für mich als Ausschuss- mitglied der Orchideensektion eine sehr erfreuliche Wahrnehmung, in Herrn Rimann einen so warmen Freund unserer heimischen Lieblinge zu erkennen; ich kann ihm nur versichern, und ein Blick seinerseits auf die Spalten der Orchis wird ihn davon überzeugen, dass die Orchideensektion den Aufgaben, welche er anregt, schon jederzeit nachgegangen ist"). Wenn die deutschen Orchideenzüchter und -freunde sich in ihren Züchtungs- und Kreuzungsver- suchen mehr mit den tropischen als mit den deutschen Formen beschäftigen, so geschieht dies nicht nur deshalb, weil erstere viel schöner sind, sondern auch weil die deutschen Formen in ihrer Behandlung weit schwieriger sind als die exotischen. Wenn also von „Vernachlässigung" die Rede sein kann, so ist der Grund hierfür in den oben erwähnten Momenten zu suchen. ^) Vgl. die Beobachtungen von \>;'. Robinson: „Alpine Flowers for Gardens ", London 1903, über Linaria alpina und seine Kultur S. 252: „Its duration, however, is not of so much consequence, as it sows itself freely", die ich nur bestätigen kann. ■') Ich darf hier wohl u. a. auf meinen Bericht über den Ausflug des Ausschusses nach Spandau und Umgebung („Orchis", 1916, S. 120 ff.) verweisen, der ausschliesslich zu dem Zwecke unternommen wurde, die Standorte unserer heimischen Orchideen näher kennen zu lernen. Im gleichen Bande der „Orchis" S. 177 referiert Herr Dr. Schlechter über einen Aufsatz von B. Voigtlaender, Dresden, der den einheimischen Orchideen und ihrer Kultur gewidmet ist. Man erkennt hier einen Teil der Schwierigkeiten, die dieser Kultur entgegenwirken! 154 Der Deutsche Garten. Ich weiss nicht, wo Herr Rimann') unsere heimische über Europa, das nördliche und mittlere Asien, wie Nordamerika verbreitete Goodyera re- pens R. Br.'O im „Schwitzkasten eines Treibhauses" gefunden hat, jedenfalls war die Behandlung dann so traurig und der Behandelnde durch die ent- sprechenden Kenntnisse sowenig beschwert, dass das „traurige Dasein" der Form dadurch leider bedingt wurde. Aber leider werden die Knollen aller der von Rimann erwähnten Orchideenarten vielfach im Handel angeboten und es ist unzählige Male mit ihnen experimentiert worden. Ich sage „leider", weil die Kultur in den seitesten Fällen gelingt und weil die Nachstellung, welche die Arten durch die Sammler erfahren, ihr ohnehin geringes und durch die Kultur immer mehr bedrohtes Verbreitungsgebiet stets von neuem einschränkt. Wer sich über die Kulturmöglichkeiten hier unter- richten will, findet in Schlechters Orchideenwerk ein eigenes Kapitel dieser Frage gewidmet"). Immerhin lässt sich schon heute betonen, dass die Domeslikation hier weit schwieriger ist, als dies der dem Gegenstande ferner Stehende glaubt, und jedenfalls weit schwieriger als diejenige der tropischen Formen. Vielleicht liegt dies zum Teil darin, dass die Kultur, wenn sie auf die Dauer glücken soll, im Freien erfolgen muss, dass es sich teilweise um Sumpfpflanzen handelt, die sehr frühzeitig austreiben und sehr schwer gegen die Frühjahrsfröste zu schützen sind, dass Düngung, sowohl tierische als zumal chemische, ungemein schädlich wirkt, die Mäuse den Knollen stark nachstellen und dass auch ein gewisses Wechselverhältnis mit der pflanzlichen Umgebung vorhanden sein muss, welches in seinen Einzelheiten wohl noch festzustellen bleibt! — Mir scheint also, um es kurz zusammenzufassen, dass die Anregungen") Rimanns, so wohl gemeint sie auch sein mögen, eine praktische Bedeutung nicht beanspruchen können. Sie gehen von einer Ueberschätzung des gegen- wärtigen Kriegszustandes aus, der, so gewaltig auch seine Einwirkungen auf das historische Leben der Völker sein werden und so namen- loses Unglück sie auch auf Familien und Völker gebracht haben, dennoch für das Naturleben und sub specie aeternitatis betrachtet nur eine gering- fügige und leicht zu vernachlässigende Tatsache darstellt. Eingriffe in die Gestaltung unserer Gärten, wie sie der Verfasser im Auge hat, werden uns nichts nutzen und unseren Feinden nichts schaden, Züchtungsversuche, wie sie der Verfasser vorschlägt, werden gewiss interessante Resultate zeitigen, nur vielleicht in anderem Sinne, als er meint. Mir scheint aber, dass wir gerade jetzt, die Gesamtheit wie der einzelne für sich, wichtigere Aufgaben vor uns sehen! *) a. a. O. p. 92. '•) Vgl. F. Kraenzlin in : Müller und Kraenzlin: „Abbildungen der in Deutschland und den angrenzenden Gebieten vorkommenden Grundformen der Orchideen." Berlin 1904 S. u. Taf. 54, und Max Schulze: „Die Orchidaceen Deutschlands, Deutsch-Oester- rcichs und der Schweiz." Gera-Untermhaus. 1894. Nr. 66 (mit farbiger Tafel). '')Dr. Rudolf Schlechter: „Die Orchideen, ihre Beschreibung, Kultur und Züchtung." Berlin 1915. Vgl. S. 698 ff. ') Was die Kreuzungsversuche zwischen heimischen Orchideenarten anlangt, so hat sich die Natur selbst dieser bekanntlich in glänzendem Masse angenommen, worüber Näheres in den oben erwähnten Orchideenwerken nachzulesen ist. Nützliche, aber wenig gepflegte Fruchtgehölze. 155 Nützliche, aber wenig gepflegte Fruchtgehölze. Ich möchte nachfolgend einige recht anspruchslose, aber um so mehr dankbare und ergiebige Fruchtsträucher empfehlen, die wohl hin und wieder in ihrem Werte erkannt und demnach gepflegt werden, der grossen All- gemeinheit aber noch ziemlich fremd geblieben sind. An Obst- und Frucht- gehölzen mangelt es allerdings nicht, und wo guter Boden zur Verfügung stand, ist derselbe wohl auch in den meisten Gärten mit dieser oder jener Obstart bepflanzt worden. Diesen soll aber durchaus kein Wettbewerb ge- macht werden. Die Gehölze, die ich hier namhaft machen will, begnügen sich mit einem bescheideneren Platz, wie es deren wohl in jedem Garten noch gibt. Auch in Ziergärten sind einige gut verwendbar und schmücken hier teils durch die Blüte, teils auch durch die Früchte. Dabei stellen sie durchaus keine besonderen Ansprüche an Boden und Lage. Sie gedeihen in jedem mittleren Gartenboden ausgezeichnet, auch im Verein mit den verschiedensten Blütengehölzen. Und gerade diese Punkte sind es, die mich veranlassen, eine Lanze für sie zu brechen. Die Ahlbeere, oder schwarze Johannisbeere, will ich dem Werte nach voranstellen. Kommt sie auch für die Ausschmückung des Ziergartens kaum in Frage, ja, dürfte sie vielleicht an manchen Orten ihres eigenartigen, strengen Geruches wegen kaum gelitten werden, so ist sie doch wiederum für solche Plätze geeignet, wo wegen ärmlicherer Bodenverhältnisse ein anspruchloses Gehölz gewünscht wird. Dass sie aber ein solches ist, steht ausser Zweifel, desgleichen aber, dass ihre Fruchtbarkeit auch an solchen Orten geradezu erstaunlich ist. Damit ist nun keineswegs gesagt, dass sich ihre Tragbarkeit unter besseren Verhältnissen nicht bedeutend steigern würde. Betonen wollte ich nur, dass da, wo ein genügsames Gehölz verlangt wird, vor allen Dingen ein solches zur Anpflanzung kommen sollte, das nächst der geforderten Eigenschaft gleichzeitig ein äusserst wertvolles Fruchtgehölz ist. Das gilt nicht nur für die heutige, ungewöhnlich ernste Zeit, es wird auch für später geltend bleiben. Welch vielseitiger Ver- wendung die Früchte der schwarzen Johannisbeere dienen können, ist wohl den meisten Hausfrauen unbekannt. Vor allen Dingen geben sie eine vor- zügliche Dauerware, gleichgültig ob sie zu Kompott, Marmelade oder zu Saft verarbeitet werden, oder, mit roten Johannisbeeren vereint, Gelee ab- geben. In völlig reifem Stadium besitzen sie einen grossen Zuckergehalt, wodurch sie sehr sparsam in der Verarbeitung sind, was sie wiederum wert- voll als Zusatz zu stark säurehaltigen Früchten macht. Ihr prachtvoller, tief- dunkler Saft ist zum Färben von anderen Säften oder auch Speisen ganz vorzüglich. Gerade in Mischung mit anderen Fruchtarten wird die Frucht für viele Zungen wohlschmeckender als in reinem Zustande, da hier ihr charakteristischer Muskatgeschmack manchem zu stark ist. Der letzteren Eigenschaft wegen kommt sie auch für den Rohgenuss kaum in Frage. Vor- zügliche Sorten sind: Bang up, Goliath, Lees Schwarze und Schwarze Traube. Eine ebenso unverdiente Nichtbeachtung muss sich die Brombeere ge- fallen lassen. Wenig Menschen scheinen nur zu wissen, welch köstliche, wohlschmeckende Frucht dieses Gehölz liefert. Wäre dem anders, müsste man dasselbe häufiger antreffen, müssten vor allen Dingen die Früchte auch einmal auf dem Markt oder in den Obsthandlungen zu kaufen sein. Bisher 156 Nützliche, aber wenig gepflegte Fruchtgehölze. glänzten sie aber durch Abwesenheit, Dass die Brombeere ein völlig an- spruchsloser, unverwüstlicher Wachser ist, brauche ich kaum zu betonen. Dass sie aber ebenfalls ein überaus reichlicher Träger ist, will ich besonders hervorheben. Sie trägt nur am einjährigen Holz; alle Fruchttriebe sind nach der Ernte bis zum Erdboden zurückzuschneiden oder doch bis zu einem starken, langen Jahrestrieb, der sich etwa weitab vom Wurzelhals gebildet hat. Zur Bekleidung von Wandflächen, von Mauern, Zäunen oder Gestrüpp, wie auch steinigen Abhängen, ist die Brombeere sehr gut ver- wendbar. Sie wächst sozusagen in jedem Boden, steigert aber ihr Wachs- tum und ihre Fruchtbarkeit mit der Güte des Nährbodens. Die reiche Blüte ist zierend, ebenso aber auch die reifenden Fruchtstände. Die reifen Früchte sind zum Rohgenuss ebenso gut wie zur Bereitung zu Dauer- ware gleich der schwarzen Johannisbeere. Notwendig ist es, die Früchte vor der Verwertung hochreif werden zu lassen, weil sie dann ausserordent- lich an Geschmack sowie auch an Zuckergehalt zunehmen. Das sicherste Zeichen völliger Reife ist, wenn die einzelnen Teilfrüchtchen der Sammel- frticht zu schrumpfen beginnen. Von Sorten empfehle ich besonders die ausserordentlich starkwüchsige und tragreiche Sandbrombeere, die das- selbe ist wie Theodor Reimers, sodann die frühreifende Lucretia und Rathbun. Als Ziergehölz wie Fruchtstrauch gleich wertvoll muss die japanische Apfel- oder Hagebuttenrose, Rosa rugosa, auch R. Regeliana, genannt werden. Der völlig winterharte, ebenso anspruchslose wie wüchsige Strauch ist im Schmuck seiner sehr grossen, weissen oder rosafarbigen Blüten ein schönes Ziergewächs, das auch dem besseren Garten zum Schmuck gereicht. Daneben aber liefert er in seinen grossen, schön gefärbten, fleischigen Früchten ein vorzügliches Material zum Einkochen. Es lässt sich mit ihnen eine sehr wohlschmeckende Marmelade und ein ebenso gutes Gelee her- stellen; doch können die Früchte auch sofort in der Küche zu Suppen und anderen Sachen Verwendung finden. Da der Strauch von Anfang Sommer an bis tief in den Herbst hinein reichlich und ununterbrochen blüht, ist die Fruchtbildung eine recht reichliche. Der Kirschapfel, bekannter wohl unter dem Namen Paradiesapfel, liefert uns in seinen jährlich überreich gebildeten Früchten das Material zur Her- stellung des feinsten und wohlschmeckendsten Fruchtgelees. Er wird baum- artig und gedeiht recht gut in jedem Gartenboden. Es ist durchaus nicht not- wendig, dass er einen Platz im Obstgarten erhält, denn er gehört eigentlich mehr in den Ziergarten. Hier schmückt er im Frühjahr durch seinen pracht- vollen Blütenflor und im Spätsommer bis zum Herbst hin durch die meist prächtige Färbung seines reichen Fruchtbehanges. Ob er in Einzelstellung oder in grösseren Gruppen zur Anpflanzung kommt, bleibt sich ziemlich gleich. Die Hauptsache ist, dass dieses schöne und dankbare Fruchtgehölz überhaupt einen Platz im Garten findet. Auch der Quittenstrauch muss immer noch zur Anpflanzung empfohlen werden, denn damit hapert es noch allzusehr. Leider ist man im allgemeinen noch über den Wert dieses Fruchtgehölzes nicht unterrichtet. Nur wer einmal das köstliche Gelee gekostet hat, das aus den Früchten hergestellt wird, wird ein begeisterter Verehrer desselben werden und sicher auch bleiben. Aber auch eine vorzügliche Marmelade lässt sich aus den Früchten bereiten und ebenso ein ausserordentlich fein- und wohlschmeckendes Kompott. Die etwas herbe Säure der Quitte verlangt recht viel Zucker, um Aus den Abteilungen der D.G.G. 157 die Früchte beim Kochen geniessbar zu machen, dann aber ist ihr Geschmack feiner und herzhafter als der von guten Birnen. Ich denke noch oft und gern an frühere Jahre zurück, in denen ich als Gehilfe selbst für meine Be- köstigung zu sorgen hatte. Von dem daselbst vorhandenen reichen Quitten- segen habe ich so manchen Topf voll Früchte auf dem Spirituskocher zum herrlichsten Kompott umgewandelt. Anfangs allerdings unter dem Spott meiner Kollegen, die aber nach Kostproben bald anders urteilten. Aller- dings, damals konnte man noch Zucker verwenden, im Ueberfluss, doch auch diese Zeiten werden wieder kommen. Sorgen wir daher, dass wir dann nicht nur Zucker, sondern auch Früchte und nicht zum wenigsten Quitten zur Verfügung haben. Ist der Quittenstrauch gerade nicht besonders an- spruchsvoll, so gedeiht und fruchtet er doch am besten in einem warmen, tiefgründigen und nahrhaften Erdboden, der nicht zu trocken sein darf. Im allgemeinen ist der Strauch wüchsig und beständig im Fruchttragen, wie ich oft genug beobachten konnte. Man kann daher demselben durchaus einen Platz im Obstgarten anweisen, denn er verdient ihn sicher. Aber auch im Ziergarten ist er gut verwendbar, denn die reichlich erscheinenden, grossen, weissen Blüten sind recht zierend, ebenso auch die hübsche Belaubung und nicht minder die meist sehr grossen, gegen den Herbst hin lebhaft gelb ge- färbten Früchte. Es gibt eine grössere Anzahl von guten Sorten, von denen besonders die Bereczkiquitte und die Riesenquitte von Lescovac ein reich- liches, vielseitiges Lob erhalten haben; auch De Bourgeaut und die Poiiu- giesische Birnquitte sind gut. Mehr als je sind wir heute gezwungen, jedes Fleckchen Erde aus- zunutzen, nicht nur auf den Augenblick bedacht, sondern heute schon für morgen und übermorgen sorgend. Noch wissen wir nicht, was die Zukunft bringen wird, daher heisst es vorarbeiten. So mancher Platz, der unbenutzt oder schlecht benutzt war, gibt dem einen oder anderen der obigen Frucht- gehölze einen vorzüglichen Standort Kache. Aus den Abteilungen der D. G. G. Sitzung des Obstausschusses 1 wigslust und bestrebt, die Lebensbe- vom 8. März 1917. 1 dingungen der einzelnen Obstsorten 1. Das Protokoll der letzten i ^u erforschen. Bekannt ist, dass der Sitzung wird verlesen und ange- | Gravensteiner ein unzuverlässiger nommen 1 Träger ist und dass er zu seiner Be- 2. Ausgestellte Gegenstände: Die : fruchtung die Blüten anderer Apfel- von Herrn Garteninspektor Weber bäume, die m der Nahe stehen und (Spindlersfeld) mitgebrachten Früchte die mit ihm zu gleicher Zeit blühen, der Webers Renette sind für den benotigt; ein spatbluhender Apfel ist Vortrag des Herrn Schulz, Punkt 5 der Königliche Kurzstiel. der Tagesordnung, bestimmt. lieber die Sorte Antonowka 3. Leider kann die Verteilung von sind die Ansichten verschieden, und Pfropfreisern der Birnensorte „Ge- Erfahrungen, wie solche Herr Klit- heimrat Dr. Thiel" noch nicht statt- zing mit der Sorte gemacht hat, dem finden; dieselben sind zurzeit noch Ausschuss unbekannt. Erfahrungs- im Einschlag eingefroren. gemäss ist Antonowka ein schlechter 4. Beitrag zur Förderung des Wachser. Obstbaues nach Vorschlägen von 5. lieber Webers Renette. Herrn Klitzing, „Gartenflora" Herr Hauptlehrer Schulz hat sich an vom 15. Februar 1917. Herr Klitzing den Präsidenten des k. k. Oester- ist Obstplantagenbesitzer in Lud- reichischen Landesobstbauvereins, 158 Verschiedenes. Herrn Müller, gewandt, der seiner- zeit Früchte und Edelreiser von Webers Renette erhielt. Dieser ver- trat die Ansicht, es könnte vielleicht, da der Ursprung nach Holland führt, eine längstbekannte Sorte sein, die im „Holländischen Obstgarten" von 1864 beschrieben und abgebildet ist. Früchte von seinen mit Webers Re- nette gepfropften Bäumen hat Herr Müller noch nicht geerntet, so dass er sich nicht bestimmt zu der Sache äussern kann. Es ist Herrn Schulz gelungen, aus der Königlichen Bi- bliothek den „Nederland'sche Boom- gard" von 1864, der ganz ausgezeich- nete Abbildungen enthält, zu be- kommen; doch ist die darin abgebil- dete Goldrenette ohne Zweifel nicht identisch mit Webers Renette. 6. Mitteilungen über die Ver- sammlung des Deutschen Pomolo- genvereins am 20. Februar 1917 zu Berlin im Architektenhause. An Stelle des erkrankten Vorsitzenden, Herrn Lorgus, leitete Herr Baum- schulbesitzer Müller (Langsur) die Versammlung. ' Anwesend waren Regierungsvertreter, Vertreter von Verbänden und Interessenten des Obstbaues und Obsthandels. Zur Verhandlung stand: „Verordnung der Reichs- und bundesstaatlichen Regierungen u. dgl. für Obst- bau und Obsthandel während des Krieges und ihr Einfluss auf den deutschen Obstbau und Obst- handel." Das Referat für den Deut- schen Pomologenverein hatte der Di- rektor des Provinzialgartens Die- mitz b. Halle a. d. S., Herr Müller, der, unter Vorlegung ge- sammelten Materials und der be- hördlicherseits erlassenen Verfü- gungen, erzeugte Misstände zur Sprache brachte. Man glaubte an- fangs, dass einer Festsetzung von Höchstpreisen nicht stattgegeben würde, bis der Vertreter der Reichs- stelle für Obst und Gemüse, Herr Oberregierungsrat v. T i 1 1 y , durch seine Ausführungen auf Schaffung zweckdienlicher Höchst- preise die Stimmung der Versamm- lung zu seinen Gunsten wandte. Der Vorschlag, aus der Praxis des Obstbaues und des Obsthandels Vertreter zu wählen und zu den ferneren Beratungen heranzuziehen, wurde freudig begrüsst und ange- nommen. 7. Als Ausflug für den Sommer 1917 wird eine Besichtigung des Havelländischen Luches und der Obstanlagen in Gransee empfohlen. 8. Verschiedenes: Der Winter 1916/17 hat ohne Zweifel eine Menge Frostschäden verursacht. Soweit sich bis jetzt feststellen lässt, sind Rosen, sofern sie nicht mit Erde oder Torfmull bedeckt gewesen sind, er- froren. Das Verfahren, Rosen nur so einzugraben, dass man sie mit Papier oder ähnlichem Schutz um- gibt, hat sich in diesem Winter als unzuverlässig erwiesen. Die Sorte Persian Yellow, als winterhart be- kannt, ist ebenfalls erfroren. Ferner haben vom Frost stark gelitten: Efeu, Rhododendron, Magnolien, Ma- honien, Weinstöcke, Pfirsiche und eine Menge Koniferen wie Abies Nord- manniana, Picea orientalis und Pin- sapo, ja selbst stellenweise unsere einheimischen Rottannen. Es wird empfohlen, nicht so ohne weiteres alles verloren zu geben, sondern mit dem Zurückschneiden und Heraus- werfen zu warten; es sieht sich manches anfangs schlimmer an, als es in Wirklichkeit ist. In Obstgärten soll man versuchen, nach Möglichkeit die Ameisen zu vertilgen; sie tragen zur Ueberhand- nahme der Blattläuse, die sie in der Art milchender Kühe benutzen, we- ; sentlich bei. Fr. Weber. Verschiedenes. In Frankfurt a. M. der Generalversammlung der Palmengarten-Gesell Schaft zu Frankfurt a. M. wurden folgende Mitteilungen gemacht: Auch das abgelaufene Geschäftsjahr stand unter dem Druck des Weltkrieges und die Gesellschaft hat besonders unter der Stockung des Fremdenverkehrs zu leiden. Die Betriebseinnahmen be- trugen insgesamt 299113,25 Mark gegen 291 852,52 Mark im Jahre 1915, Verschiedenes. 159 die Ausgaben einschliesslich Ver- lustvortrag 458 167 Mark gegen 377 746,71 Mark im Jahre 1915, so dass für 1916 ein Verlust von 159 153,75 gegen 85 894,19 Mark im Jahre 1915 verbleibt. Der Wirtschaftsbetrieb wurde in eigene Regie übernommen. Von Gönnern der Gesellschaft wurden auch im letzten Jahre namhafte Ge- schenke gemacht. Gleichwie im vergangenen Jahre ist dem Palmengarten durch die in der Kriegszeit aufgenommene Nutz- gärtnerei eine neue Anziehungskraft erwachsen. In erweitertem Masse konnten die Gemüsekulturen fortge- setzt und die 1915 durchgeführten Versuche mit vorhandenen Sortimen- ten und Neueinführungen auf ihren Wert verglichen werden. An der Lösung der Volksernährung mit zu- wirken und den vielen Besuchern Gelegenheit zu geben, zu beobachten, wie die Bewirtschaftung eines Ge- ländes am zweckmässigsten vorzu- nehmen ist, wie die Aufteilung, Saat- pflanzung, Ernte und Ausnützung des Bodens sich vorteilhaft lösen lassen, dazu sollen die gegebenen Beispiele und die systematisch durch- geführten Arbeiten dienen. Es ist sehr erfreulich, feststellen zu können, dass Ehre und Beispiel vollkommen ihren Zweck erfüllt haben. Der Ver- suchsgarten hat sich zu einem Sam- melpunkt für alle Kreise ausgewach- sen vermöge der materiellen Rich- tung, welche die Menschheit durch die Verhältnisse gezwungen ist an- zunehmen, und man betrachtet das Wachstum der Pflanzenwelt und ihre Entwicklung vom Samenkorn bis zur völligen Verbrauchsfähigkeit mit ganz anderen Augen wie ehe- dem. Die Erzeugnisse des Bodens lassen aber auch die Arbeit selbst, die viele Mühe und Sorgfalt, die sie bis zu ihrer vollen Entwicklung nötig haben, höher einschätzen, wie es ge- meiniglich der Fall ist, und diese Er- kenntnis kann schliesslich auch als ein wertvoller Kriegsgewinn gebucht werden. Die Gemüseschau im Sep- tember trug wesentlich zum Ver- ständnis und zur Verbreitung der Ge- müsezucht und auch der Sortenwahl bei. Es hatten sich nicht nur die be- ruflichsten gärtnerischen Kreise von .hier und auswärts daran beteiligt, sondern vorwiegend auch die Klein- gartenbau-Vereine der Stadt, mehrere Schulen, das agrikulturchemische Institut der Landes-Universität Giessen, der Botanische Garten und der städtische Schulgarten in Frank- furt a. M. und eine grosse Reihe pri- vater Aussteller. Die Blütengalerie bot ein einzig schönes Bild und in Gewächshaus Nr. 7 der Schau- häusergruppe waren die Erzeugnisse befreundeter auswärtiger Handels- häuser, insonderheit aus Erfurt, Gotha und Halle, im Verein mit den- jenigen des Palmengartens selbst zu einem harmonischen Gesamt- bild vereinigt. Die Ausstellung war nicht nur reichlich beschickt; auch der Besuch Hess nichts zu wünschen übrig und ver- breitete in Stadt und Land tieferes Verständnis für die Wichtigkeit des heimischen Nutzgartenbaues und seiner Bedeutung als Ernährungs- faktor für Mensch und Tier. Diese wirtschaftlichen Bestrebungen haben dem Palmengarten von nah und fern nicht zu unterschätzende An- erkennungen dafür eingetragen, dass er Neues und Vorbildliches seiner sonstigen vorwiegend blumistischen, musikalischen und gesellschaftlichen Richtung anreiht. Auch die wissen- schaftlichen und Fachkreise suchten ihn mehr auf, und besonders verdient noch hervorgehoben zu werden, dass im Juni 1916 der Landwirtschafts- minister Exz. Freiherr v. Schorle- mer-Lieser wie auch der Kultusmi- nister Exz. Trott zu Solz eingehend den Garten, insonderheit die Ge- müsekulturen, in Augenschein nahmen. Der Geschäftsbericht weist dann auf die Reorganisation der finanziel- len Grundlagen der Gesellschaft hin. Die hierzu gestellten Anträge des Verwaltungsrates wurden in der Generalversammlung am 24. No- vember 1916 mit grosser Mehrheit angenommen. Durch die einmütig ge- fassten Beschlüsse der beiden oberen städtischen Behörden sowie durch die von der ausserordentlichen Gene- ralversammlung der Aktionäre am 24. November gefassten Beschlüsse, nicht minder durch die in jeder Be- ziehung dankenswerten Bemühun- gen des Syndikats der Freunde des 160 Literatur. Palmengartens dürfte eine Grundlage für die Gesellschaft geschaffen wor- den sein, welche es ermöglichen und gewährleisten wird, die ihr obliegen- den Aufgaben, wie seither, auch in Zukunft voll und ganz erfüllen zu können. Besonderer Dank gebührt der Opferwilligkeit der Stadt Frank- furt, aber auch der Aktionäre und der Bürgerschaft. Literatur. A. Engler. Die Pflanzenwelt Afrikas, insbesondere sei- ner tropischen Gebiete. Grundzüge der Pflanzenverbrei- tung in Afrika und die Charakter- pflanzen Afrikas. III. Band, 1. Heft, 869 Seiten mit 401 Textfiguren. — Engler-Drude. Die Vegetation der (Erde IX. Ueber die Anlage des grossen Sammelwerkes „Die Vegetation der Erde" ist in diesen Blättern bereits früher vom Referenten und Anderen ausführlich berichtet worden. Eine umfassende und dabei einheitliche Behandlung erfährt in dem genannten Werke der grosse afrikanische Kon- tinent durch die Bearbeitung der als Band IX bezeichneten Abteilung „Die Pflanzenwelt Afrikas", die aber in eine ganze Reihe von Bänden ge- gliedert ist, die zum Teil wieder in stattliche Hefte zerfallen. Erschienen sind bisher die ersten beiden Bände vollständig und vom dritten das oben erwähnte umfang- reiche erste Heft. Der erste Band, der in zwei Hefte zerfällt, beschäf- tigt sich mit den allgemeinen und ökologischen Dingen, soweit sie die afrikanische Flora betreffen; er gibt als Einleitung einen allgemeinen Ueberblick über die Vegetationsver- hältnisse von Afrika, Schilderung der Vegetation einzelner Bezirke zum Zwecke der Einführung in die Vege- tion Afrikas. Das erste Heft enthält die beiden ersten Kapitel über das mediterrane Afrika und das tropi- sche Afrika; neben fünf Karten ist es durch 20 Vollbilder und 404 Text- figuren illustriert, die eine Fülle ganz vortrefflicher Vegetationsbilder und Einzeldarstellungen bestimmter Pflanzenarten bringen. Das zweite, in gleicher Weise illustrierte Heft be- spricht im dritten Kapitel das süd- östliche Winterregengebiet von Afri- ka, im vierten das Sommerregenge- biet Westafrikas und im fünften das Afrika benachbarte Makaronesien. Die übrigen Bände behandeln dann die „Charakterpflanzen Afrikas, die Familien der afrikanischen Pflanzenwelt und ihre Bedeutung in derselben", und zwar der II. die Pteridophyten, die Gymnospermen und die monokotyledonen Angiosper- men, während das neueste Heft die erste Hälfte der dikotyledonen An- giospermen von den Casuarinaceen bis zu den Dichapetalaceen enthält. Die ersten Bände der Pflanzenwelt Afrikas geben also eine Uebersicht über die Vegetationsformationen und an der Hand von Karten usw. einen Einblick in die klimatischen Ver- hältnisse des riesigen Kontinents, und in die daraus resultierende unge- heure Mannigfaltigkeit der Lebens- formen unter den verschiedenartig- sten Vegetationsverhältnissen vom tropischen Regenwalde bis zur trockensten Wüste, von der Flora der Meeresküste und der Gewässer bis zur Hochgebirgsflora des Kiliman- dscharo. Durch die überaus reiche Illustrierung der Bände ist jeder in der Lage sich an der Hand der nach vorzüglichen Photographien herge- stellten Vegetationsbilder eine Vor- stellung zu machen von dem Charak- ter der Landschaften, wobei natürge- mäss unsere deutschen Besitzungen den hervorragendsten Anteil haben. Die erwähnte grosse klimatische Mannigfaltigkeit der verschiedenen Teile Afrikas bringt es mit sich, dass im vorliegenden Werke die ökologi- schen Anpassungen fast aller in wär- meren Ländern vorkommenden Pflanzengemeinschaften dargestellt werden. Für den Garten- und Pflanzenliebhaber wird es dabei von besonderem Interesse sein, die Herkunft der bei uns kulti- vierten afrikanischen Pflanzen- arten und namentlich die Eigenart ihrer Umgebung, in der sie leben, kennen zu lernen. In vielen Einzel- abbildungen werden die Vegetations- bilder erläutert, die eigenartigen und Literatur. 161 zweckentsprechenden Bauverhält- nisse in den vegetativen Teilen wie in den Blüten und Fruchtorganen werden dargestellt, so dass schon das oberflächliche Studium jedem Inter- essenten viel Wissenswertes bringen muss. Die letzten Bände sind von ganz abweichender äusserer Anlage; sie sind systematisch geordnet, wie schon aus der obigen Uebersi cht hervorgeht. — Bei jeder grösseren oder interessanten Familie ist zunächst eine ausführ- lichere Uebersicht über die Eigentümlichkeiten des gesamten Formenkreises gegeben, und zwar sowohl in bezug auf ihre systematische Gliederung und ihr Vorkommen auch in anderen Konti- nenten als auch auf die ökologischen Anpassungen, das Leben in bestimm- ten Formationen, Regionen usw. Ein Schlüssel der afrikanischen Gruppen und Gattungen der betreffenden Familien ermöglicht es, unbekannte Arten bis auf die Gattung zu be- stimmen, er soll damit namentlich dem Reisenden wertvolle Hilfe leisten. Weniger interessante Gattungen sind meist nur kurz charakterisiert, während solchen, die als pflanzengeo- graphisch wichtiger anzusehen sind oder namentlich solchen, die wirt- schaftlich wichtige Vertreter be- sitzen, ein breiter Raum gewidmet ist, der naturgemäss durch die klaren Abbildungen weiter gedehnt wird. Bei allen wichtigeren Arten wird ihre geographische Verbreitung, ihre Kul- tur usw. kritisch dargestellt, und so liefert das Werk neben den rein bota- nisch-pflanzengeographisch wichtigen Dingen wertvolle Beiträge zur Ge- schichte und Verbreitung der Nutz- pflanzen, von denen bekanntlich bei vielen die Abstammung usw., die Hei- mat noch heute dunkel ist, und die zum 1 eil erst in den letzten Jahrzehn- ten richtig gewürdigten Vorkomm- nisse in Afrika haben Licht in manche Frage gebracht. Einige wichtige Gruppen, wie zum Beispiel die Leguminosen von H. Harms wurden von Spezialisten der betreffenden Familien bearbeitet. P. Graebner (Berlin-Lichterfelde). Mittel und Wege zur Pilzkenntnis. Von Professor Dr. G. Dittrich. Sonderabdruck aus dem 93. Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Breslau 1917. G. P. Ader- holz' Buchhandlung. (16 Seiten; Preis 0,50 Mark). Verfasser obiger Schrift hat sich in den letzten Jahren um die Pilz- kunde grosse Verdienste erworben dadurch, dass er mit Umsicht und Kenntnis die durch Pilzgenuss in Deutschland bekannt gewordenen Vergiftungen und Todesfälle ge- sammelt und gesichtet hat. (Siehe: Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Jahrgang 1914, 15, 16.) Er begnügte sich nicht damit, nur die in Zeitungen oder ihm selbst per- sönlich zugegangenen Nachrichten zu vermerken, sondern verfolgte die einzelnen Fälle, um die vielfach un- genauen und ihm nicht zweifelsohne erscheinenden Angaben nachzu- prüfen, welcher Pilz die Vergiftungs- erscheinungen hervorgerufen haben sollte und könnte. Durch Versuche an Fröschen, Meerschweinchen und Kaninchen, die er mit den fraglichen Pilzen fütterte, suchte er die Vergiftungs- erscheinungen genauer zu erforschen und auseinander zuhalten, um seine eingenen Beobachtungen und Resul- tate mit den in der medizinisch- toxi- kologischen Literatur angegebenen und überlieferten Ergebnissen zu ver- gleicnen. tr konnte hierdurch fest- stellen, dass zum Beispiel der Knollenblatterschwamm, Amanita Mappa, in seiner Gefährlichkeit weit hinter seinem Stammesverwandten Amanita phalloides zurücksteht. Bis jetzt sind beide Pilze als giftig und Amanita Mappa als der giftigere in den Pilzbüchern angegeben. Auch einen Vergiftungsfall durch einen weniger bekannten Pilz Ino- cybe frumentacea beschreibt der Ver- fasser eingehender, weil hier die töd- liche Vergiftung bei einem Lehrer eintrat, der als tüchtiger Pilzkenner ' bekannt war. In der vorliegenden Schrift gibt der Verfasser demjenigen, der sich in die Pilzkunde Einblicke ver- schaffen will, hierzu Anleitung und ' Hinweis. Für den Anfänger ist es immer schwierig, aus der erschienenen Lite- ; ratur sich gerade dasjenige Buch I herauszusuchen, das seinen Bedürf- ! nissen entspricht. Der besondere 162 Aus den Vereinen. Personalien. Wert der vorliegenden Schrift liegt nun darin, dass der Verfasser nach einer kurzen Einleitung über den Wert und die Nährkraft der Pilze im allgemeinen, speziell für die jetzige Zeit des Nahrungsmangels und bei der Notwendigkeit, dass der einzelne alle vorhandenen Nährstoffe aus- nutzen soll, aus der grossen Anzahl der Pilzbücher die hervorragendsten einer kurzen Besprechung unterzieht. Hierbei hebt er die Vorzüge des einzelnen Buches hervor, verheim- licht aber nicht die Schwächen, kenn- zeichnet das einzelne Buch nach seinen theoretischen Erklärungen und seinen bildlichen Darstellungen, gibt den Preis an und setzt infolge- dessen jeden Leser in die Lage, seinem Geldbeutel und seinem Inter- esse entsprechend über das zu wählende Pilzbuch zu urteilen und die richtige Wahl zu treffen. An einem Beispiel wird noch kurz ausgeführt, wie man eine Be- stimmungstabelle benutzen soll. Das beste Mittel, sich über die Pilze zu unterrichten, sei natürlich, sich einem gediegenen Pilzkenner auf seinen Wanderungen anzu- schliessen. Die Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und der Mi- nister für geistliche und Unterrichts- Angelegenheiten hatten 1916 einen Aufruf erlassen, solche Pilzwande- rungen vorzunehmen. Es hatten sich zahlreiche Führer gemeldet, und in Breslau sind auch, wie der Ver- fasser berichtet, solche Pilzexkur- sionen mit Erfolg ausgeführt worden. Vielfach fehlen jedoch solche Führer und diejenigen, die sich an- boten, verstanden überhaupt wenig oder gar nichts von Pilzen, suchten noch vereinzelt das .Publikum aus- zubeutein, wie ein besonderer Fall hier in Berlin zeigte. Nachdem die Pilzauskunftsstellen und die Pilzausstellungen kurz ge- streift sind, geht der Verfasser zum Schlüsse auf die Verdeutschung der Pilznamen ein und meint mit Recht, dass zum Beispiel Namen wie „rein- schleimigbeschleierter Schneckling, elegantester Wirrkopf und Exkre- menten-Aftertintling" kaum sich ein- bürgern dürften. Da aber jeder für seinen gefunde- nen Pilz gerne einen richtigen Namen mit nach Hause nehmen möchte, sei es am besten, die im Volke gebräuch- liche, in den verschiedenen Teilen Deutschlands allerdings verschiedene Bezeichnung für die einzelnen Pilze zu verwerten. Dr. F. Duysen. Aus den Vereinen. Wien. Nach § 8 der Ministerialverord- nung vom 12. März 1917, R.-G.-Bl. Nr. 113, wurde die k. k. Gartenbau- Gesellschaft in Wien als jene Fachstelle bestellt, bei welcher Gesuche um Einfuhrbewilligung für Gartensämereien und sonstigen Gartenbauartikeln, Blumenzwiebeln und Knollen, lebende Pflanzen, Zier- blumen und Zierblattwerk usw. einzubringen und zu begutachten sind. Die Ansuchen um Erteilung der Einfuhrbewilligung sind unter Be- nutzung der genau auszufüllenden amtlichen Formularien einzubringen und haben alle für die Entscheidung des Ansuchens massgebenden Daten zu enthalten. Für die k. k. Gartenbau-Gesellschaft in Wien. Der Generalsekretär und Direktor: Schechner m. p. Personalnachrichten. Zum hundertsten Geburtstage von Heinrich Siesmayer: 26 April. Von Direktor August Siebert Frankfurt a. M. Am 26. April 1817, erblickte Heinrich Siesmayer als Zweitältester Sohn des Kunstgärtners Jakob Philipp Siesmayer aus Nieder- selters das Licht der Welt. In seinen als Manuskript gedruckten ,Xebenserinnerungen" finden wir ge- naue Anhaltspunkte über den Lebens- und Werdeganges dieses in vielfacher Personalnachrichten. 163 Beziehung seltenen Mannes, Schon früh erwachte in ihm der Sinn, die Lust und Liebe zum gärtnerischen Berufe, und er weist mit Stolz darauf- hin, dass viele seiner Vorfahren väterlicherseits veranlagte Naturen — Gärtner, Maler oder Musiker — waren. Seine Lehrzeit verbrachte er in der den älteren Frankfurtern wohl bekannten Kunst- und Handelsgärt- nerei von Jakob u. Sebastian Rinz. Wenn auch das Los des jungen Gärtners anfänglich kein glänzendes war, so verstand er es doch, durch seinen glücklichen Humor alle Fähr- nisse zu überwinden. Er erwarb sich die Zufriedenheit seiner Lehrherrn in dem Masse, dass er bald zu besse- ren Arbeiten herangezogen werden konnte, wobei ihm der Besuch der Gewerbeschule und der Unterricht im Planzeichnen und der Feldmess- kunst sehr zustatten kamen. Bald konnte er zur Ausführung von Neu- anlagen verwendet werden, und da- mit bildete sich die Grundlage zu seiner späteren Selbständigkeit. Mit 23 Jahren kehrte er in das Vater- haus zurück und mietete 1840 einen kleinen Garten mit Gewächshaus, den er zunächst allein bewirt- schaftete. Als sein Bruder Nikolaus, der ebenfalls Gärtner gelernt hatte, 1842 aus England und Schottland zurück- gekehrt war, gründeten sie die Firma Gebrüder Siesmayer auf einem Pachtgrundstück in Bockenheim, das später käuflich erworben wurde. Entsprechend seiner Ausbildung wid- mete sich Heinrich Siesmayer aus- schliesslich der Anlage von Gärten und deren Unterhaltung, der Ueber- nahme von Erd- und Wegebauarbei- ten ; ausserdem fertigte er für „gärtne- rische Autoren" Pläne und Zeich- nungen der verschiedensten Art an. Seinen ihm angeborenen Handels- sinn betätigte er durch den Verkauf von Obstbäumen, die er aus den da- mals sehr bekannten Baumschulen in Metz bezog. Bis zum Jahre 1850 wurden ver- schiedene grössere und kleinere Gärten in Franfurt a. M. und ausser- halb geschaffen. Die bedeutendste unter ihnen ist die Anlage des 350 hessische Morgen grossen Kurparks in Bad Nauheim, ein Muster von Grosszügigkeit und vollendeter Aufmachung in dem ganzen Weg- und Pflanzenaufbau und der geschickten Anordnung der Terrassen um das Kurhaus. Der Abschluss des Jahrzehntes 1861 bis 1870 bildet einen Merkstein in der Geschichte seines Lebens und seiner gartenkünstlerischen Lei- stungsfähigkeit: die Begründung des Palmengartens. Er fand begeisterte Anhänger für seinen Gedanken, die Biebricher Wintergärten für Frank- furt zu erwerben, und einen der Be- lehrung und Unterhaltung dienen- den Garten zu schaffen. Ihm wurde die Ausführung der Gartenanlagen übertragen, die den Verhältnissen entsprechend nur abschnittsweise erfolgen konnte. Was der Palmen- garten geworden ist, sagt uns tref- fend der über Gärten viel und mit Sachkenntnis plaudernde Schrift- steller Freiherr v. Ompteda: „Der Palmengarten ist eine Perle nicht nur unter den rheinischen, sondern unter allen Gärten Europas." Diese Anlage trug ihm nicht nur die Allerhöchste Anerkennung, sondern auch den Titel „Kgl. Preussischer Garten- baudirektor" ein. Etwa zur selbigen Zeit entstanden der Bockenheimer Marktplatz und der neue Friedhof daselbst. Später schuf er die Parkanlagen in Kaiserslautern, Mannheim, Mainz, Elberfeld, Hagen u. a. m., besonders die Haardt-Anlage in Elberfeld, bei der aussergewöhnliche Terrain- schwierigkeiten überwunden werden mussten. Zahlreich sind auch die Gärten in Privatbesitz, denen er Form und Inhalt verlieh. Als im Jahre 1880 der Gedanke einer in Frankfurt a. M. abzuhalten- den Ausstellung auftauchte, beteiligte er sich an der Lösung dieser Aut- gabe mit besonderem Eifer. Bekannt- lich kam die Allgemeine Deutsche Patent- und Musterschutz-Ausstel- lung zustande, auf der unter Führung der Gartenbau-Gesellschaft die gartenkünstlerische Seite durch die Vorführung von Mustergärten zum Ausdruck kam. Jahrelang schon hatte Siesmayer den Wunsch gehabt, ein Besitztum in Form einer grossen Baumschule sein eigen nennen zu können. Er erwarb zu diesem Zweck ein Gelände 164 Bekanntmachung. — Ausflug. in Vilbel und gründete den „Elisa- bethen-Hain" als einen Schul- und Pflanzengarten für die ausdauernde Pflanzenwelt. Das Werden und Wach- sen dieser Pflanzenstätte hat er er- lebt und stets seine grosse Freude daran gehabt. Durch die gartenkünstlerische Ausführung der von ihm gestalteten Anlagen hat Heinrich Siesmayer einen Typ geschaffen, der in der da- maligen Zeit hauptsächlich für Süd- und Westdeutschland tonangebend war. Ebene Flächen wurden mög- lichst vermieden; rythmische Bewe- gungen, oft in sturmwellenartiger Linienführung zu Tal- und Höhen- zügen auslaufend, gaben seinen Schöpfungen durchgehends das Ge- präge. Unerreicht bleibt er in der Zu- sammenstellung von Baum- und Strauchpartien. Mit gutem Geschick wusste er schöne Fernblicke in seine Anlagen einzubeziehen. Er hatte ein vorzüglich geschultes, scharfes Auge und das Vermögen, die Land- schaftsbilder nicht nur für die Gegen- wart, sondern auch für die Zukunft in berechnender Weise auszugestal- ten. Sein vielseitiges Wirken hat ein Zeitalter mit ganz eigenartiger und unauslöschlicher Gartenkunst be- herrscht. Wie seine Schöpfungen, so zeigte auch sein Auftreten eine Originali- tät, und er war im Verkehr mit hoch und nieder durch sein offenes, biede- res Wesen, das zwar oft kernig war, aber nie verletzend wirkte, eine über- all gerne gesehene Persönlichkeit. Er war die Verkörperung seines Wahlspruches: „Nur vorwärts, nicht verzagt, nicht viel nach rechts und links gefragt, mit Gott gewagt!" Sorgen- und gedankenvoll war das Leben dieses Mannes in der Erst- zeit seines Wirkens, aber ein köst- licher Abschluss hat sich nach arbeitsreichen und arbeitsfreudigen Jahren vollzogen. Der jüngeren Welt mag aber dadurch gezeigt sein, wie ein männlich ernster Charakter voll Wille und Tatkraft sich emporzu- ringen vermag aus den bescheiden- sten Anfängen zu ehrenvoller Grösse und geachteter bürgerlicher Lebens- stellung. Mit dem am 22. Dezember 1900 dahingegangenen Kgl. Preussischen Gartenbaudirektor Heinrich Sies- mayer ist einer unserer bekannte- sten und geachtetsten Gartenbaufach- männer von uns geschieden. Sein Geist lebt aber in seinen zahlreichen Schöpfungen weiter! A. Steindorf, langjähriger Obergärtner bei Frau Kommerzien- rat Borchardt in Potsdam, zurzeit Leiter des Alexander-Schöller-Hau- ses in Waren in Mecklenburg, ist zum Königlichen Garteninspektor er- nannt worden. H i 1 1 e r , Sohn unseres Mitglie- des, des Herrn Obergärtners Martin Hiller in Grunewald, welcher bei bei einem Telegraphenbataillon Dienste tut, ist zum Unteroffizier be- fördert worden. Bekanntmachung. Die Monatsversammlung im Mai fällt wegen des Pfingstfestes aus. Ausflug. Der Wunsch der Abteilungen, wie alljährlich im Monat Mai den ersten Ausflug zu unternehmen und einige hervorragende Privatgärten in der Kolonie „Grunewald" zu besuchen, ist wegen der bisherigen Witterungs- verhältnisse unausführbar. Die VeJgetation ist um mehrere Wochen zurück. Die genannten Besichtigungen werden daher erst im Juni stattfinden. Näheres wird in der „Gartenflora" bekanntgegeben werden. Für die Schrift'eitung verantwortlich: Sieüt'ried Braun, Berlin N, Invalidenstrasse 42. Druck von Rudolf Mosse in Berlin. Amt Norden 403 > III Tüchtiger selbständiger Orchideengärtner nach Südde utschland sofort gesuclit. Mililärfreie oder kriegsbeschädigte Gärtnei- inügen ilire Zeugnisabschriften nebst (iehaltsansprüchen baldigst einsenden an die Expedition diesas Blattes unter M. L. 684. Von sofort Gärtnerin gesacht in Adl. Baerwalde, Ostpreussen. 1 « • 1 Herrn. A.Hesse grösste resp. reichhaltigste Baumschulen Weenep (Ems), Prov. Hannover erst 1879 gegründet Massenanzucht sämtliclicr Freiland- — pflanzen in allen Grössen. — Beschreibender, Illustrierter Katalog 1916/17 (Über 300 Seiten starl<) ist erschienen und wird auf Anfrage Itostenfrei gesandt. 1 • • 1 Neonlicht- anlasen für Treibhäuser (Gemüsepflanzen). Erhöhte Ausbeute, Abkürzung der Treibpeiiode. Studien-Gesellschaft für elektrische Leuchtröhren m. b. H. Bariin 0 17, Rotherstrasse 6 7. Tüchtiser lelbftändiser Gärtner nacli Süddeulbchland sofort^gesuoht. Mililärfreie oderkrie|sbeschädigte(jä i tner mögen ihre Zeugnisabschrilten nebst Gehaltsanspriichen baldigst einsenden unter M. C. 8604 an Rudolf Mosse, München. Oeg:ründet 1720 1ÜÜÖS kostenfrei über; Obst- u. Alleebäume Ziersträucher Ran kpfl anzen Nadelhölzer Weinreben Stauden Rosen u. 8. w. LSpfltll >» Baumschule Anlage »on Parks und Gärten Berlin-Baumschulen weg Areal 1300 laorgrea ••»*•»•» »•«•»•«• •«•*•«*• ««*«♦••« ******** **************** ************************ ******** *****••*•»»***** ***** * 1 Vorzügliche Düngung. I Knopfspäne, Knopfabfälle, M. 30,— 100 kg, geben auch in kleinen Posten ab. ♦ : Metallwerke Schmölln, S.-A., Abt. Knopffabrik. t»»»»»***t*********t»»»»*»*****»*********»*»*************************»***»»f ****'**»*** König, Küchen ® Co., Berlin N 20 G. Spezial- Abteilang: Gewächshausbau == Kataloge, Kostenanschläge sa Dienaten ■■ IV CA.RI- ADAM COSTRIN-NEUSTADT Landsbergepstr. ^^-^S. 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Beile-Alliance-Piatz 18 Samen kuituren Baumschulen Fernsprecher: LützowITBI Gegründet 1865 Preislisten kostenlos! Illllllllllig Beilagen finden durch die „Gartenflora" zweckentspre- chende Verbreitung in interessierten Kreisen. Nähere Auskunft hierüber erteilt die Anzeigen- verwaltung der „Gartenflora", Berlin SW 19, Jerusalemer Strasse 46-49, bzw. alle Filialen der Annoncen-Expedition RUDOLF MO SSE 1 Für den Inseratenteil verantwortlich: )Iax Junge, Berlin-Friedenau. — Druck von Rudolf Mosse, Berlin SW 19 A 15. Juni 1917 /^\ Heflll u. 12 irjoi=joc3ot=ioc3oii3oi=3ocnoirioi3orr]ociioirzioc3oi=ioirioc3or=ioc~i$ ARTENFLORA a ZEITSCHRIFT für Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft w ditung ! 71 # « o-^/^ x^ •» Ächtung ! Ausflüge: Am Donnerstag, den 21. Juni nadimittags 3 Uhr nach der Kolonie Grunewald zur Besichtigung privater Parkgärten. (Siehe Seite 196.) Am Donnerstag, den 28. Juni: Rundgang durch den Kgl. Botanischen Garten in Dahlem und Monatsversammlung. (Siehe Seite 196.) Der Präsident. Q 6G^t3fe«iDSDfi>i2 ildern und Tafeln tvereins 18 Mark. IV CA.RL. ADAM COSTRIN-NEUSTADT Landsbepgerstr. 4^- ^5. Fernruf N9 11* Fabpik füp SewäLcVishau.sbau.-u"Wi.n-tep- gärf e n"y^T mvrasseplieiza ulagen , Fr ühbeef - und Gev/ächsliausfenstep Eigene KiltfabrikGrossesGlaslaqer vielfach prämiiri Spezjal- Fabrik für modernen Gewächshausbau, Veranden, Wintergärten, Heizungen, Frühbeetfenster. Transportable Treibhäuser, ges. gesell. Weintreibhäuser. Eigene Kittfabrik. ßöttger & Eschenhorn, G.m.b.H., Berlin-Licliterlelde-O. W. Rese, Berlin-Britz, Späthstrasse Fabrik für Gewächshausbauten, Frühbeetfenster usw. Heizungs- und Sprenganlagen. Moderner Gewächshausbau praktisch und preiswert Oscar R. Mehlhorn, Schweinsburg i. Sa. Für den Inserat /t 15. Juni 1917 ZJiA Hefi 11 u. 12 BKP§Og>?^QS?33iDg*%QSö§jpg?%OSÖ«^^ n3orrioi=3oc30!riior3oiz3oi:r3oiiiioi3ori]oiijoii3ocrioiz3oi3ociiociioc3i) ARTENFLORA ZEITSCHRIFT für Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 Schriftleiter: Siegfried Braun, Generalsekretär der D. G. G. ■:a BERLIN Kommissions -Verlag von Rudolf Mosse SW 19, JerosaJcmer Strasse 46 49 MSQSC^»3?aQ«C^8og§'^^^^8°^fe^^i^'^^'*»^^ Erscheint halbmonatlich. Preis des Jahrganges von 42 Druckbogen mit vielen Textbildern und Tafeln für Deutschland und Oesterreich-Ungarn 16 Mark, für die übrigen Länder des Veltpost>ereins 18 Mark. Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder durch die Post. 1917, Heft 11 u. 12, Inhalt: An Hie Leser der ,, Gartenflora' und ,,Orchis". Das Jahrbuch 19Hi der Deutschen Üendrologisclien Gesellschaft S 16 J. — Die Baumwolle S. 173. — Die Abteilungen der Deutschen Gartenbau-Gesell- schalt inderBauinschuieL. Späth in Baumschulen weg bei Berlin am 30. Mai 1917 S. 18(i, — Verschiedenes S. 189. — Eingegangene Prei>listen ö. 195. — Personalnachrichten S. 195. — Besichtigung des Kgl. Botanischen Gartens und -Museums in Dahlem zugleich 10,1)6 Monatsversammlun.; der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft Ausflug aller Abteilungen der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft S. 196. Alleinige lnseraten-Annalinie:Annoncen-ExpeilitionRudolfMosse Berlin, Breelan, Dresden, Dtisseldorf, Prankfurt &. M, Hamburg, _ ^ « Köln a. Eh., Leipzig, Magdeburg, Mannheim, München, Nflniberg, ^SUj^ 1 8tra«8barg L Eis., Btnttgart, Prag, Wien, Warsohao, Ba«el, Zürich ^7^ I Insertionspreis für die 60 mm breite Kolonelzeile 35 Pf. Bekanntmachung. Die Zwischenscheine für die 5% Schuld\#erschreibungen und 4/27. Schatzanweisungen der V.Kriegsanleihe können vom 21. Mal d. J. ab in die endgültigen Stucke mit Zinsscheinen uni^etausclit werden. Der Umtausch findet bei der „Umtanschstelle für die Kriegsanleihen''. Berlin WS, Behrenstrasse 22, statt. Ausserdem übernehmen sämtliche Reiehsbankanstalten mit Kassen einrichtung bis zum 15. November 1917 die kostenfreie Vermittlung des Umtausches Nach. diesem Zeitpunkt können die Zwischenscheine nur noch unmittelbar bei der ,, Umtauschstelle lür die Kriegsanleihen" in Berlin umgetauscht werden. Die Zwischenscheine sind mit Verzeichnissen, in die sie nach den Beträgen und innerhalb dieser nach der Nammernfolge geordnet einzutragen sind, während der Vormiltagsdienststunden bei den genannten Stellen einzureichen. Für die 5",) Reichsanlei lie und für die i^'-i^io Reichs- schatzanweisungen sind besondere Nummernverzeichnisse auszuierligen ; Formulare hierzu sind bei allen Reich.sbankanstalten erhäitlich. Firmen und Kassen habe» die von ihnen eingereichten Zwischenscheme rechts oberhalb der Stücknummer mit ihrem Firmenstempel zu versehen. Von den Zwischenscheinen lür die I., III, und IV. Kriegsanleihe ist eine arössere Anzahl noch imrrier nicht in die endgültigen Stücke mit den bereits seit 1. April 1915, 1. Oktober 1916 und 2. Januar d. J. fällig gewesenen Zinsscheinen umgetauscht worden. Die Inhaber werden auf- gefordert, diese Zwisclienscheine in ihrem eigenen Interesse möglichst bald bei der ,, Umtausch- steile für die Kriegsanleihen", Berlin "W 8, Behrenstrasse 22, zum Umtausch einzureichen. Berlin, im Mai 1917. ßeichsbatik-Direktorium. Havenstein. v. Grimm. R. A. van der Schoot früherer Milinhaber der aufgelösten Firma R. van der Schoot ®, Sohn benadiriditigt hiermit Interessenten, dass er sidi für eigene Redinung etabliert hat. Durdi seine eigenen, ausgedehnten Kulturen von Hyazinthen, Tulpen, Narzissen, Krokus, Lilien, Iris, Paeonien und versdiiedenen Stauden ist er in der Lage, Oberhaupt das Beste zu liefern, was gezüditet wird zu billigsten Preisen. Hillegom, Holland ^1 arden An die Leser der „Gartenflora** and ,,Orchis**. Die „Kriegswirtschaftsstelle für das deutsche Zeitungsgewerbe'' hat bei der immer mehr zunehmenden PaD'erJiri27jh?it die allen Zeitschriften bisher zugebilligten Papiermengen dauernd verringern müssen; weitere Abstriche stehen bevor. Unter diesen Umständen sieht sich das Präsidium der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft leider genötigt, den bisher üblichen U mfang der „Gartenflora*' und „Orchis" ebenfalls etwas einzuschränken. Wir bitten die verehrten Mitglieder, von dieser Notwendigkeit freundlichst Kenntnis zu nehmen und hoffen zugleich, dass es in absehbarer Zeit nach Äbsdiluss eines ehrenvollen Friedens möglich sein wird, das ohne Schuld Versäumte nachzuholen. Das Präsidium der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft Dr. Hugo Thiel Präsident. Das Jahrbuch I9I6 der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. (Hierzu Abb. 12 bis 16.) In bekanntem Gewände und trotz der Kriegszeit in gleichem Umfang und mit gleich reichem, wertvollem Inhalt, so wie ihn die letzten Friedensjahre brachten, erscheinen auch diesmal die „Mitteilungen" für das Jahr 1916 der genannten Gesellschaft. Zweck und Ziel derselben sind wohl bekannt genug, so dass sich jedes Wort hierüber erübrigt. Der stattliche Band bringt eine Fülle des Wissenswerten, des Belehrenden und Anregenden, dass ihn niemand aus der Hand legen kann, ohne etwas für sich gefunden zu haben. Denn das ist ja gerade der grosse Wert dieser „Mitteilungen", dass in ihr der Wissen- schaftler ebenso zum Worte kommt wie der Praktiker, und der Liebhaber in gleichem Masse wie der Fachmann. Ein jeder bearbeitet eben sein Feld, auf dem er heimisch ist. Wiederum ist hierdurch Sorge getragen, dass den sehr verschieden gestalteten Wünschen und Erwartungen der Mitglieder best- möglichster Weise entgegengekommen wird. Den Eingang des Buches bildet eine ziemlich umfangreiche, systematische Bearbeitung derTaxales von Professor R.Pilger. Es sind drei Familien ge- bildet: 1. T a X a c e a e mit den Gattungen Taxus und Torreya; 2. C e p h a 1 o- taxaceae mit Cephalotaxus und 3. Podocarpaceae mit drei Unter- familien und sieben Gattungen, die aber für deutsche Gärten nicht in Frage kommen. Im grossen und ganzen gleicht die Arbeit in der Einteilung dem „Handbuch" von Beissner, nur dass dieser eine Familie: Taxaceae aufstellt, welche die obigen drei Familien von Pilger als Unterfamilien umfasst unter Voranstellung derPodocarpeae und unterHinzuziehung von Phyllocladus zur Unterfamilie Taxeae, während Pilger diese Gattung zur Familie der Podo- carpaceae stellt. Der Formenkreis von Taxus baccata ist von Pilger kürzer 166 Das Jahrbuch 1916 der Deutschen Dendrologischen Gesellschajt. gefasst; auch ist zu f. erecta als gleich f. imperialis gestellt, was jedoch nicht gut angängig ist, da das zwei ganz konstante und übrigens sehr verschiedene Formen sind. Schon in der Winterhärte erweisen sich beide als ganz ver- schieden, ganz abgesehen von der äusseren Erscheinung. Wie schon Beissner im Handbuch erwähnt, besitzt erecta eine ausserordentliche Winterfestigkeit; fast noch ausgeprägter ist das von der Unterform erecta Overeinderi zu sagen, die jedoch in der Arbeit von Pilger nicht erwähnt ist. — Kurze Notizen über die Winterhärte der Gattungen Torreya, Cephalotaxus, Podocarpus, Saxe- gothaea und Phyllocladus beschliessen diese im ganzen fast 30 Seiten um- fassende Arbeit. Im folgenden Artikel: „Unsere Erlen" bespricht Geheimer Regie- rungsrat Prof. Dr. Schwappach unsere einheimischen drei Erlen. Nach kurzer Beschreibung derselben ist besonders der wirtschaftliche Wert der drei Arten hinsichtlich forstlicher Kultur näher und ziemlich ausgiebig besprochen. Es wird vielen neu sein zu hören, dass bei sachgemässem Anbau auf geeigneten, besseren Böden die Schwarzerle sowohl wie die Weisserle gleiche Rein- erträge abwerfen wie die Buche auf natürlichen Standorten. Notwendig ist dazu eine 50- bis 70jährige Umtriebszeit. „Ueber Verbänderungen an Nadelhölzern" spricht hierauf Dr. H. Schenck in ziemlich ausführlicher Weise. Geradezu erstklassige, zahlreiche Bilder ergänzen das geschriebene Wort in der deutlichsten Weise. Es ist geradezu erstaunlich, welch eigentümlich gestaltete, bizarre und doch wieder einer gewissen Regelmässigkeit unterworfene Formen hierbei Mutter Natur her- vorbringt. In einem zweiten Artikel erzählt derselbe Verfasser von der historischen Pyramideneiche bei Harreshausen, die schon von P. Böhme in der ,,Garten- flora" 1916, S. 86, besprochen wurde. Gute Abbildungen zeigen den Baum im belaubten und unbelaubten Zustande. Allen denen, die das Jahrbuch in die Hand bekommen, möchte ich die Ausführungen über „Wild- und Parkrosen" von P. Lambert nicht nur zum Durchlesen, sondern auch zum Nacheifern dringend empfehlen. Um wieviel schöner, blütenreicher könnten und würden unsere Gärten werden, gleich, ob es sich um grosse oder kleine handelt, sofern in ihnen diesen Rosen eine Heim- stätte gewährt würde. Leider ist so wenig Hoffnung vorhanden, dass die nächste Zeit hierin eine Besserung eintreten lassen könnte. Man reitet immer noch viel zu sehr auf dem „Stil" des Gartens herum urfd vergisst dabei ganz und gar die „Seele" des Gartens, die „blühende Pflanze". Ob das bald anders wird? Not täte es. Dr. Fraude führt hierauf in kurzen Schilderungen durch „Park und Gärten der Herrschaft Putbus" auf Rügen. Es muss schön sein, dort, denn beim Lesen empfindet man den Wunsch, alles mit eigenen Augen schauen zu dürfen. Die dem Artikel beigefügten Bilder geben sichtbare Proben des schönen Baumbestandes, der dort vorhanden ist. Dem Sprachkundigen wird die folgende Abhandlung A. Brückners: „Die Baumwelt in der Namengebung Ostdeutschlands" viel Freude bereiten. Viel Arbeit und Mühe wird es dem Verfasser gekostet haben, all das Material zusammen zu holen, das hier geboten ist. ,.Das vulkanische Innere Kleinasiens" betitelt sich die hierauf kommende Arbeit von W. Siehe. Dieser bekannte Verfasser bringt ein Stück Landes- kunde aus uns noch unbekannten Gebieten der Türkei. Bodenkunde und Das Jahrbuch 1916 der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. \Q-j Abb. 12. Pinus Pinaster -Verbänderung, welche als einziges Exemplar ihrer Art im Jahre 1915 auf Madeira aufgefunden wurde. Sie stellt den Gipfel eines schlanken Stämmchens vor, das am Rande einer jüngeren Pinaster-Anpflanzung stand. ]68 Das Jahrbuch 1916 der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. Pflanzenwelt sind die Hauptelemente, die W. Siehe bespricht, daneben noch geographische und geschichtliche Notizen. Als vulkanisches Gebiet sind die Bedenverhältnisse dem Pflanzenleben sehr ungünstig, dazu kommt noch das trockene, pflanzenfeindliche Klima, Demnach ist auch die Pflanzenwelt meistens recht ärmlich, besonders in höheren, holzartigen Gewächsen. Von diesen sind als wild vorkommend besonders Pirus elaeagnifolius und Crataegus orientalis genannt. Pappeln und auch Eichen zu Bauholz, sowie Elaeagnus angustifolia zur Heckenbildung werden angepflanzt. Weite Steppen tragen dagegen strichweise eine reiche, herrliche Staudenflora. In einigen günstigen Gegenden werden auch Obstbäume gepflegt. Es sind neue, eigen- artige Eindrücke, die uns diese Beschreibungen vor Augen führen und die durch eine Anzahl schöner landschaftlicher Bilder noch erhärtet werden. C. Sprenger bringt einige Mitteilungen über Lorbeer, Oelbäume und Oleaster sowie über die Gnetaceen Griechenlands und noch manch anderes. Sprenger ist weit bekannt, wird gern gelesen und bringt in eigener, sicherer und humorvoller Weise Meinungen, Eindrücke und Erlebtes zur Sprache. Wie fast alljährlich, so bringt auch diesmal A, Voss die „Wettervorher- sage" für das kommende, also für dieses Jahr 1917. Dass seine Beob- achtungen und Schlüsse in dieser Richtung auf festem Grund und Boden stehen, hat die Zeit schon häufig genug gelehrt. Leider gehen massgebende Stellen daran achtlos vorüber. Es wäre zu wünschen, dass zum gründlichen Ausbau dieser Wissenschaft mit den benötigten Mitteln beigesprungen würde. Die Aussichten, die Voss für 1917 stellt, sind keineswegs sehr günstig, weder für das Wetter noch für die Ernte. Allerdings scheint sich Voss doch einmal geirrt zu haben, da er vom 10. April bis 20. Juni Südwest-, Süd- und West- winde ansagt, die jedenfalls häufiger Regen mit sich geführt hätten. Da- gegen herrschen aber dauernd in dieser Zeit die kalten, trockenen, östlichen Winde. Joh. Rafn (Kopenhagen) bringt nur kurze Mitteilungen über Forstsamen- untersuchungen 1915/16. Für jeden, der sich mit der Anzucht von Forst- gehölzen befasst, sind diese Mitteilungen von grossem Wert. H. A. Hesse berichtet über neue und seltene Gehölze, fast ausschliesslich über ostasiatische Einführungen der letzten Zeit. Darunter sind wohl weniger auffallend schöne Blütensträucher von allgemeinem Wert als viel- mehr solche, die einen botanischen oder auch Liebhaberwert besitzen. Leider sind immer zu viele dabei, die für die Winter Deutschlands nicht mit der not- wendigen Widerstandsfähigkeit ausgerüstet sind. Und bedauerlicherweise sind das gewöhnlich die schönsten Arten. Von den besprochenen Arten und Formen möchte ich einige besonders hervorheben. In ihrer prächtigen, silbrig-weisswolligen Belaubung ist Buddleia nivea yunnanensis ein wunder- voller Zierstrauch, sofern richtig angewandt; die Blüte ist allerdings weniger schön. Ein allerliebstes, immergrün>es, kleines Gehölz für Feldpartien ist Cotaneaster salicifolia floccosa; im vergangenen Winter leider stark zurück- gefroren. Hex Wilsonii und Rubus bambusarum sind ebenfalls zwei prächtige, immergrüne Gehölze, besonders gut für Feldpartien geeignet, doch nur für wärmste Lage. In der Salix magnifica hat sich Mutter Natur ein Meisterstück erlaubt, wie es nur selten einmal zum Vorschein kommt. Diese wirklich prachtvoll belaubte, einzig dastehende Weide wird sicherlich viel Liebhaber finden. Das Jahrbuch 1916 der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. 169 A. B Abb, 13. A Fichten-Verbänderung (Picea excelsa Lk.) aus dem Goethe-Museum zu Weimar. Stellt einen 54 cm langen und 4 cm breiten Bandspross dar. B. Kiefern-Verbänderung (Pinus silvestris L.) ebendort. Ausser Gabelungen sieht man in den oberen Hälften der beiden verbänderten langen Sprossen auch Drehungen. J70 Das Jahrbuch 1916 der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. Von einer geradezu riesigen Arbeit zeugt die „Liste der seit dem 16. Jahr- hundert eingeführten Bäume und Sträucher" von Dr. Goeze. Das ist sicher, jeder, der sich etwas mit Gehölzkunde befasst, wird diese Arbeit mit grosser Freude begrüssen. Die Angaben und Daten über Einführung und Aufnahme in Kultur sind ja in der Literatur so vereinzelt und zerstreut, dass sie im all- gemeinen eigentlich nur wenigen zugänglich sind und auch nur unter Auf- opferung bedeutender Zeit. Durch die geographische Einteilung der Arbeit kommt auch der Anteil, der auf die verschiedenen Ländergebiete entfällt, gut vergleichend zur Anschauung. Ostasien liefert uns einen hohen Prozentsatz der fremden Gehölze, desgleichen Nordamerika. Alles in allem hat Dr. Goeze hiermit ein gutes Werk getan, für das ihm viel Dank werden wird. Dass die im Felde stehenden Mitglieder der Gesellschaft immer noch Lust und Zeit finden, ihrer Friedensarbeit nachzudenken, bezeugt die ,,Dendrolo- gische Feldpost". Sie enthält vielseitige Mitteilungen aus den besetzten Ge- bieten von Belgien, Frankreich, Russland und Serbien. In allererster Linie kommt ja die Gehölzkunde zur Sprache, dann aber auch der Gartenbau und auch Land und Leute im allgemeinen. Auch schöne Abbildungen sind ein- geflochten. Eine ganz ausserordentliche Erweiterung hat der Fragekasten erfahren. Diesmal beschäftigt er sich vorzugsweise mit Gehölzschädlingen. Ver- schiedene Käfer, Läuse, Blatt- und Gallwespen sind in ihrer Lebensweise ein- gehend geschildert und nebenbei auf die Art und Weise ihrer Bekämpfung hingewiesen. Ich bin der Ueberzeugung, dass auf diesem Gebiete noch viel zu wenig getan worden ist, und begrüsse den guten Ausbau dieses Teiles des Jahrbuches mit besonderer Freude. Wie schon vorher, mache ich auch hier auf die vorzüglichen Abbildungen aufmerksam, die das geschriebene Wort ergänzen und Schädlinge oder den angerichteten Schaden dem Leser in aller Deutlichkeit vor Augen führen. Zur Sprache kommen : der Grünrüssler als Schädiger junger Fichtensprosse; Borkenkäfer an Eschen; die Lärchen- knospen-Gallmücke; die Lärchennadel-Miniermotte; Schildläuse an Eichen und Fichten; Chermesgallen an Fichten, Eichengallen und noch manch anderes. Anschliessend folgen noch kleine Notizen über neue Gehölze, und hieran folgen „Kleine Mitteilungen". Zahlreiche gute Abbildungen vervollständigen das Geschriebene. Den Schluss des Inhalts bildet die kurz gefasste Beschreibung der Jahres- versammlung, die in Trier stattfand, woran sich Ausflüge nach dendrologisch wichtigen Orten der näheren Umgebung anschlössen. In gewohnter Weise sind die in Augenschein genommenen Anlagen und Gärten kurz besprochen. Manch schönes Bild aus den besichtigten Gärten schmückt den Bericht. \'or allem erweckt die Abbildung eines riesigen Stammstückes einer Pyramiden- pappel unser Erstaunen. Mit dem Geschäftsbericht schliesst das Buch. Ein Wort noch dem Verzeichnis der32ÜOMitglieder. Mir kommen die dazu verwendeten ungefähr 60 Seiten wie verschwendet vor, besonders wenn man bedenkt, wie das Buch sonst gut ausgenützt wird. Aber noch ein anderes! Fast beschämend möchte ich es nennen, dass so herzlich wenig Fachgenossen darin zu finden sind. Zeugt das nicht davon, dass die Gehölzliebhaberei arg Das Jahrbuch 1916 der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. 17 l Abb. 14. Aus dem Innern Klein- Asiens. Astragalus gummifer Labill. Eine niedrige stachelige rosablühende Pflanze, die auf dem Vulkan Argaeus sich findet und Gummi- Tragant liefert. Abb. 15 Aus dem Innern Klein- Asiens. Asphodeline globulifera, welche auf dem Akdagh von Halys, 'den weissen Bergen, in mittlerer Höhe in grosser Zahl und Pracht vorkommt. Diesen schönen Pflanzen sollte in den Gärten der Liebhaber Aufmerksamkeit zugewendet werden. 172 Das Jahrbuch 1916 der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. Die Baumwolle. j^ß danieder liegt? Mir will es so scheinen. Und darum möchte ich den drin- genden Wunsch aussprechen, dass sich in der doch einmal wieder kommenden Friedenszeit auch unter den Gärtnern, besonders den jüngeren, viele finden möchten, die der Gesellschaft beitreten. Es wäre ein grosser Segen für den Gartenbau im allgemeinen. Kache. Die Baumvrolle. Von Dr. E. Ulbrich. (Fortsetzung und Schluss.) (lliorzu Abb. 17 lis 21. Die technische, maschinelle Gewinnung der Rohbaumwolle, die ja nament- lich bei grossen Pflanzungen stets mit sehr grossen Massen arbeiten muss, kann erheblich erschwert werden, wenn sich die Beschaffenheit der Ernte än- dert. Waren z. B. die ganzen Einrichtungen eingestellt auf die sich von den leicht lösenden langen Fasern der Küstenbaumwolle (Gossypium barbadense), so werden sie mehr oder weniger versagen, wenn durch Kreuzung mit G. hirsutum die Fasern kürzer und schwerer löslich werden. Doch sind diese maschinellen Schwierigkeiten, deren Ueberwindung der modernen Technik nicht allzu schwer fallen kann, keineswegs die Haupt- sache. Das wichtigste ist, dass durch unvorsichtige oder unabsichtliche Kreuzungen der Wert der Faser und die Höhe des Ernteertrages sehr un- günstig beeinflusst werden können. Lieferte die beste Küstenbaumwolle in Aegypten vorher seidige, zarte, reiche Fasern von 53 mm Länge und mehr, die eingeführte Upland-Baumwolle dagegen härtere, weniger glänzende von vielleicht nur 30 mm Länge, so wird die Kreuzung Gossypium bar- badense X hirsutum Fasern von vielleicht nur 35 bis 40 mm Länge und minderer Qualität liefern als die artenreinen Formen von Gossypium barbadense. Ferner ist aus der Blumenzucht und Kultur unserer sonstigen Nutz- und Zierpflanzen bekannt, dass die durch Kreuzung entstandenen Formen sich durch grosse Unbeständigkeit ihrer Merkmale, durch grosse Ungleich- mässigkeit in Blütengrösse und anderen Merkmalen auszeichnen. Dies gilt für die Baumwolle natürlich ganz in demselben Masse. Es ist bekannt, dass Kreuzungen zwischen zwei Arten sowohl bei Pflanzen wie bei Tieren nach ganz bestimmten Vererbungsgesetzen in den folgenden Generationen sich verändern. Diese nach ihrem Entdecker genannten Mendel sehen Gesetze lehren, dass die Kreuzungen, sich selbst überlassen, allmählich generations- weise wieder in die Elternarten zurückschlagen. Daraus folgt naturgemäss eine grosse Ungleichförmigkeit der Generationen: die einen Formen stehen einer der beiden Elternarten nahe, die anderen nehmen alle nur denkbaren Zwischenstufen ein. Dies ergibt für eine Pflanze wie die Baumwolle grosse Schwierigkeiten für die Ernte. Diese Gesichtspunkte muss der Baumwollzüchter streng beachten, wenn er sich vor Schaden bewahren will. Anderseits gibt die Kreuzung dem Baumwollzüchter aber auch die Möglichkeit, seine Ware zu verbessern und die Ernteerträge nach Beschaffenheit und Menge zu steigern. So lassen sich die kurz- und dickfaserigen Baumwollsorten von Gossypium herba- c e u m veredeln und verbessern durch die langfaserigen und feineren Formen 174 Die Baumwolle. von Gossypium hirsutum oder G. barbadense. Die Veränder- lichkeit in Blattgestalt, Blütengrösse und sonstigen Merkmalen ist bei Kreuzungsformen zweier Baumwollarten so gross, dass man oft an einem und dem gleichen Exemplare alle Formen der beiden Elternarten erkennen kann. Für die Beurteilung der kultivierten Baumwollsorten ist dies zu be- achten. Die Beschaffenheit der Samen verrät dann mit Sicherheit die Natur der zu beurteilenden Pflanzen, wenn die anderen Merkmale auch im Stiche lassen sollten. Die wichtigsten in Kultur befindlichen Kreuzungen der Baumwolle sind folgende: 1. Gossypium barbadense ^ peruvianum. Die Formen dieser Kreuzung sind ausgezeichnet durch grosse, kahle, meist fünflappige Blätter mit grossen Drüsenpunkten und stattliche, gelb- lichweisse Blüten mit grossem, stark geschlitztem Aussenkelche. Die Samen jedes Kapselfaches sind leicht verklebt. Die Baumwolle ist sehr lang und feinfaserig, der Ertrag jedoch nicht sehr reichlich, da die Blühwilligkeit nicht sehr gross ist. Ausserdem sind die Formen von G. barbadense x peru- vianum anspruchsvoll in Klima und Boden. Anbauversuche wurden im tropischen Amerika und tropischen Westafrika, besonders in Togo (als Kpandu-Baumwolle) und Kamerun, gemacht. Die Ergebnisse waren nur zum Teil zufriedenstellend. 2. Gossypium barbadense X hirsutum. Kenntlich sind diese Formen an den ziemlich grossen, drei- bis fünf- lappigen, in der Jugend behaarten, später verkahlenden Blättern mit mehr oder weniger zugespitzten Lappen, den wenigstens in der Jugend behaarten Zweigen und den mittelgrossen, gelblichen Blüten. Die Samen sind teilweise mit weisser bis grau-grünlicher Grundwolle bedeckt und tragen Fasern von 28 bis gegen 50 mm Stapellänge, die sich durch Weichheit und meist schnee- weisse Farbe auszeichnen, denen von Gossypium barbadense jedoch nachstehen. Gebaut wird diese Kreuzung viel in Amerika, Afrika, beson- ders Aegypten (als A s s i 1 - B a u m w o 1 1 e), in Togo (als S o k o d e - Baumwolle) und dem tropischen Asien und Polynesien. Sie Ijefert sehr gute Erträge und ist sehr geschätzt, aber empfindlich in Bezug auf die kli- matischen Verhältnisse. Am wertvollsten ist die ägyptische A s s i 1 - Baumwolle. 3. Gossypium barbadense X herbaceum ist eine seltener kultivierte Kreuzungsform, die an den kleineren, häufig etwas filzigen, ziemlich derben Blättern, den kleineren Blüten und teilweise mit grau-grünlicher Grundwolle bedeckten Samen kenntlich ist. Klimatisch ist diese Kreuzung härter alsGossypiumbarbadense, auch in Bezug auf den Boden weniger anspruchsvoll, doch ist sie sehr veränderlich und infolgedessen die Ernte wegen der Ungleichmässigkeit des Stapels und der schwierigeren Gewinnung der Faser weniger beliebt. Kultiviert wird diese Kreuzung z. B. in Togo und Nordkamerun unter dem Namen Adamaua- Sea-Island. 4. Gossypium peruvianum X hirsutum ist ausgezeichnet durch grosse, meist drei- bis undeutlich fünflappige, in der Jugend behaarte Blätter, deren Abschnitte mehr oder weniger scharf zu- gespitzt sind. Die Blüten sind gross, meist gelb, mit kleinem tiefdunkel- Die Baumwolle. 175 rotem Schlundfleck. Die Samen sind leicht verklebt und mit dichter Grund- wolle von weisslicher Färbung bedeckt und tragen ein zartes, langfaseriges Fliess. Sie wird z. B. im tropischen Westafrika als sogenannte T e n d e - oder Banda-Baumwolle, besonders in Kamerun, gebaut. Sie verlangt ein feuchtwarmes Tropenklima und ist nicht sehr ertragreich. 5. Gossypium herbaceum X arboreum, ausgezeichnet durch hohen, etwas sparrigen Wuchs, ziemlich kleine, derbe, oft feinfilzige, drei- bis siebenlappige, tiefeingeschnittene Blätter und meist Abb. 17. Baiimwollkapseln. Oben: reifende Kapsel aufspringend, rechts daneben Viertel- inhalt einer unreifen Kapsel. Unten: links aufgesprungene reife Kapsel mit der herausquellenden Roh-Baumwolle, rechts entleerte Kapsel, die Teilung der Kapselklappen zeigend. (Nach Oppel.) blutrote Blüten. Sie findet sich in Aegypten, Togo und Hinterindien hin und wieder in Kultur, blüht und trägt sehr reichlich; die Baumwolle ist aber sehr kurzfaserig und schwieriger zu ernten. C. Wilde Baumwollarten sind zahlreich beschrieben worden. Vielfach handelte es sich hierbei um aus früherer Kultur verwilderte Formen schon bekannter Arten. So ist Gossypium herbaceum sehr häufig in verschiedenen Gebieten ver- wildert und unter den verschiedensten Namen beschrieben worden, ebenso G. hirsutum und andere. Dass Baumwolle leicht aus Kultur verwildert, liegt einmal an der leichten Verbreitungsmöglichkeit der von dichter Wolle 176 Die Baumwolle. umhüllten Samen durch den Wind, dann aber auch daran, dass die Ein- geborenen die Baumwollkultur vielfach aufgegeben haben, wenn ihnen die Arbeit nicht zusagte oder der Ertrag nicht der gewünschte war. Ausser diesen verwilderten Formen gibt es aber noch eine Reihe wirklich wilder Baumwollarten, die niemals in Kultur waren und grösstenteils auch wohl niemals in Kultur genommen werden dürften, da ihre Wolle sehr kurzfaserig, derb und storr ist, wie z. B. Gossypium Kirkii Mast, im tropischen Ostafrika. Andere wilde Arten sind Gossypium Stocksii Mast, im nord- westlichen Indien und Somaliland, G. Klotzschianum Anderss. auf den Galapagos-Inseln, G. tomentosum Nutt. auf den Havai-Inseln, G. taitense Pari, auf Taiti u. a. Verschiedene der früher zu Gossypium gestellten Arten stellt man jetzt zu anderen Gattungen (Cienfuegosia, Kokia, Hibiscus). Die Kultur der Baumwolle. Die Baumwolle ist ein echtes Kind der Sonne und braucht zu ihrem Gedeihen viel Licht und Wärme. Sie verträgt weder Gebirgsluft noch felsigen Boden, noch zu viel Regen, noch schroffe Temperaturgegensätze. Sie gedeiht daher am besten in Flachländern, die während der durchschnittlich sechs Monate dauernden Wachstumszeit eine mittlere Wärme von 18 bis 26 Grad Celsius und keine andauernde Regenzeit, aber doch ausreichende Feuchtigkeit besitzen. Sie will hohe Luft- und Bodenwärme, tags heiteren Himmel, nachts starken Tau. In der ersten Wachstumsperiode bis zum Erscheinen der Blüten schaden häufigere Regenfälle nicht. Nach Beginn der Blütezeit wird jedoch der Fruchtansatz und später die Ausbildung der Wolle durch Regen sehr un- günstig beeinflusst. Am meisten sagt der Baumwolle ein feiner, durchlässiger, nährstoff- reicher Sandboden zu. Kalk liebt sie nicht, und schädlich ist ihr schwerer Humus- und Tonboden, dessen Nässe ihr Wurzelwerk nicht vertragen kann. Auf zu nährstoffreichem Boden werden die Pflanzen zu üppig im Kraut und setzen zu wenig Blüten und Frucht an. Aus all diesem ergibt sich, dass die Baumwolle am besten in Steppen- gebieten gedeiht, deren Klima nicht zu trocken und nicht zu extrem ist. Der Anbau ist je nach Fleiss und Bildungsgrad der Bewohner des betreffenden Landes verschieden. Die Inder säen die Baumwollsamen vielfach breitwürfig aus, gemischt mit Koriander, Hirse und anderen Pflanzen. Diese werden dann nach einiger Zeit entfernt, so dass die Baumwollpflanzen in angemessenen Ab- ständen stehen. In Südeuropa und Vorderasien legt man zunächst Saatbeete an und verpflanzt aus diesen die jungen Baumwollpflanzen in die Plantagen, Die weitere Pflege erfolgt dann in ähnlicher Weise wie bei der Kartoffel. In Ländern, in denen die Baumwolle mehrere Jahre ausdauert, wie zum Beispiel in Mexiko, Brasilien und dem übrigen Südamerika, gräbt man mit dem Spaten etwa 30 Zentimeter tiefe Löcher in Abständen von etwa zwei Metern, In diese steckt man je sechs bis acht Körner und füllt die Pflanz- löcher dann wieder zu. Von den gekeimten Pflänzchen lässt man nur die kräftigste stehen; alle anderen werden ausgezogen, so dass die einzige Die Baumwolle. 177 stehenbleibende Pflanze reichlich Platz zur Entwicklung hat. Nach der Ernte werden die Pflanzen dann zurückgeschnitten. Wo der Baumwollbau sorgfältiger betrieben wird, wie in Nordamerika, Japan, Aegypten, Turkestan usw., wendet man die sogenannte „Hügel- pflanzung" an? In dem gut gereinigten und gedüngten Boden werden Längs- und Querlinien gezogen und auf jeden Schnittpunkt sechs bis acht Saatkörner gelegt. Diese deckt man etwa zwei Zentimeter hoch mit Erde zu, so dass kleine Hügelchen entstehen. Die aufgehenden jungen Baumwoll- pflänzchen werden bis auf die stärkste abgestochen, die allein zur weiteren Kultur verwendet wird. •^. ß^^':-^. Abb. 18. Das einfachste in Indien bei den Eingeborenen übliche Verfahren der Ent- samung der Rohbaumwolle mittels der Fusswalze. (Nach Forbes Royle aus Oppel.) Die beste Pflanzweise ist jedoch die in Nordamerika am meisten gepflegte, die „R e i h e n p f 1 a n z u n g". Es werden hierbei im Abstände von je 135 Zentimetern mit dem Pfluge parallele Hügelreihen gezogen. In diesen Hügeln wird eine flache Furche hergestellt, in welche man mit der Hand oder Säemaschine etwa alle zehn Zentimeter Samenkörner legt und diese dann etwa zwei Zentimeter hoch mit Erde bedeckt. Die ZeitderAussaatist naturgemäss je nach der Lage des Landes sehr verschieden: so beginnt die Aussaat in Aegypten und Turkestan im März/April, in Persien, China und Nordamerika im April/Mai, in Japan Ende Mai, in Indien, dem Monsun entsprechend, erst im Juni oder Juli. Auf 178 Die Baumwolle. der südlichen Halbkugel beginnt man mit der Aussaat Mitte Dezember bis zum Juni hin, je nach der Lage der Pflanzung. Etwa zehn Tage nach der Aussaat erscheinen die jungen Pflänzchen, die jungen Bohnen ähnlich sehen. Wenn diese Keimpflänzchen fünf bis acht Zentimeter hoch geworden sind, erfolgt die erste Ausdünnung. Die kräf- tigsten Pflanzen lässt man dann in Abständen von etwa vierzig Zentimetern stehen. Alle in der Pflanzung etwa entstandenen Lücken müssen durch Nachsaat ausgefüllt werden. Ganz besonders empfindlich sind die Baumwollpflanzen gegen Ver- unkrautung und tierische und pflanzliche Schädlinge. Dies ist der Grund, weswegen vernachlässigte und ungünstiger gelegene Kulturen fehlschlagen, soweit nicht ungeeignetes Klima die Pflanzung schädigt. Deshalb ist gerade in Baumwollpflanzungen besondere Aufsicht und Pflege erforderlich. Etwa zwei Monate nach der Aussaat erscheinen die ersten Blüten, wenn die Pflanzen dreiviertel bis einen Meter hoch geworden sind. Die prachtvollen Blüten öffnen sich am Morgen reinweiss oder gelb, stehen um die Mittagszeit ganz offen, zeigen am Nachmittag rötliche Streifen und schliessen sich gegen Abend. Am folgenden Tage sind sie fleischfarben, verwelken gegen Mittag häufig unter Rotfärbung und fallen rasch ab. Die Blütezeit dauert mehrere Wochen oder gar Monate. In dieser Zeit bieten die Baumwollfelder einen prachtvollen Anblick mit ihren grossen, mannigfach gefärbten Blüten und den hellgrünen, schön gestalteten Blättern. Vom dritten Monat an beginnt die Fruchtreife, so dass die Baumwollpflanzen gewöhnlich gleichzeitig Blüten und reife Früchte tragen, da die Blütezeit erst mit Eintritt der kälteren Jahreszeit aufhört. Jede Baumwollpflanze bringt durchschnittlich 200 bis 225 Blüten hervor, von denen jedoch nur ein ganz kleiner Teil, etwa 18 bis 30, reife Kapseln hervorbringen, so dass nur etwa 18 bis 23 Prozent der Blüten auch wirklich fruchten. Dieser auffallend geringe Prozentsatz fruchtbringender Blüten hängt mit dem schnellen Vergehen der Blüten zusammen, so dass nur ver- hältnismässig wenige Blüten durch Insekten bestäubt und befruchtet werden können. Sind die Fruchtkapseln der Baumwolle reif, so platzen sie auf, die Fruchtklappen klaffen weit auseinander und schlagen sich zurück, so dass die Samen mit der Wolle leicht herausfallen. Dies muss durch sofor- tiges Einsammeln verhindert werden. (Siehe Abbildung 17.) Die Ernte beginnt also mit dem Reifen der ersten Fruchtkapseln und dauert dann bis zum Beginn der Herbstfröste. Die Haupternte fällt in den Herbst, da dann die meisten Kapseln reifen. Vorher und nachher ist der Ertrag geringer. Das Einsammeln der Baumwolle in Körbe oder Säcke bei der Ernte kann nur durch Menschenhand erfolgen. Erntemaschinen gibt es noch nicht, lassen sich auch nicht konstruieren. Infolgedessen erfordert das Ein- sammeln viel Erntearbeiter, was hohe Kosten verursacht. Diese berechnet man beispielsweise in den Vereinigten Staaten von Nordamerika auf etwa drei Dollar für einen Ballen, d. i. etwa 240 Kilogramm Baumwolle. Allein die Ernte der Baumwolle kostete z. B. im Jahre 1894 in Nordamerika etwa 250 Millionen Mark. Das Einsammeln der Baumwolle ist an sich eine leichte Arbeit, die auch von Frauen und Kindern besorgt werden kann. Durch- schnittlich pflückt ein Arbeiter täglich hundert Pfund Baumwolle; besonders geübte Pflücker bringen es auf dreihundert Pfund und mehr. Die Baumwolle. 179 Für die Ernte ist es von Wichtigkeit, dass die Fruchtkapseln der Baum- wolle gross und voll sind und sich zur Reifezeit nach unten neigen, so dass Regen die Wolle nicht verderben kann. Die Kapseln müssen sich so weit öffnen, dass der Pflücker bei der Ernte die Wolle leicht ergreifen kann. Die Zweige der Baumwollpflanzen dürfen sich unter der Last der Fruchtkapseln nicht so tief zu Boden senken, dass die Wolle durch Erde verunreinigt werden kann. Wichtig ist ferner, dass die Hüllblätter des Aussenkelches der Blüten nicht so gross sind, dass sie beim Ernten der Baumwolle abbrechen und in die Fasern hineingeraten; denn dadurch wird die Ware minderwertig. Abb. 19. Aegyptischer Baumwollballen. Gewicht 717 bis 738 Pfund. (Nach Oppel.) Gleich beim Einsammeln nimmt der Erntearbeiter am besten eine Sortierung der Baumwolle vor, damit geringe und hochwertige Sorten sofort getrennt werden, was die weitere Behandlung wesentlich vereinfacht. Die geerntete Baumwolle wird sofort nach den Wirtschaftsgebäuden gebracht, wo sie unter Dach auf gehobelter Tenne ausgebreitet liegen bleibt, bis der Samen völlig reif geworden ist. Vor allem darf die geerntete Baum- wolle niemals nass oder sonst irgendwie verunreinigt werden. Die Entsamung. Das Ginnen oder Egrenieren der Baumwolle ist eine mühselige Arbeit, die im kleinen Betriebe mit einfachen Mitteln, z. B. in Indien durch die Fusswalze oder die Churka, erfolgt. Die Churka ist eine Doppelwalze aus Holz mit Handkurbeln, die ganz nach Art unserer Wäsche- oder Wring- maschinen gebaut ist. Zwischen die Walzen wird die kernhaltige Baumwolle gesteckt; die Fasern gehen dann zwischen den Walzen hindurch, die Kerne, die Samen bleiben zurück. In grösseren Betrieben reicht eine so einfache und langsame Arbeitsweise natürlich nicht zur Bewältigung der geernteten Baumwollmassen aus. Man benutzt hier kompliziert gebaute Entkernungs- (Ginn-)maschinen, die natürlich ganz anders arbeiten. (Siehe Abbildung 18.) 180 üie Baumwolle. Verpacken und Versand der Baumwolle sind von ausserordentlicher Bedeutung. Da es bei der Verfrachtung zu Schiff weniger auf das Gewicht als auf den Umfang des Frachtgutes ankommt, die Baumwolle aber eine sehr leichte und umfangreiche Ware darstellt, ist es von grösster Wichtigkeit, die Baumwolle so zu verpacken, dass bei geringstem Umfange des Frachtstückes die grössten Mengen be- fördert werden können. Deshalb wird die Baumwolle in Ballen gepresst und diese fest umschnürt. Die Pressung erfolgt durch mächtige Korkzieher- pressen oder auf hydraulischem Wege. Je nach dem Grade der Pressung ist das Gewicht der Baumwollballen verschieden. Auch der Wechsel der Frachtsätze bedingt grösseres oder kleineres Gewicht der Ballen: mit dem Steigen der Tarife steigt auch das Gewicht der Ballen, um die Rohbaumwolle nicht durch Fracht unnötig zu verteuern. So wog der Ballen nordamerika- nischer Baumwolle im Jahre 1802 nur etwa 225 Pfund, 1842 bereits 400 Pfund und seit 1894 etwa 484 Pfund, Die ganz ausserordentliche Steigerung der Frachtsätze durch den Krieg trifft eine Ware wie die Baumwolle mit in erster Linie. Die schwersten Ballen werden von der ägyptischen Baumwolle ge- presst: sie wiegen zwischen 717 und 738 Pfund. Da einzelne Länder jedoch sehr viel leichtere Ballen pressen, legt man den Berechnungen als Durch- schnittsgewicht 400 Pfund zugrunde. Wichtig ist ausser der Pressung die Verpackung der Baumwollballen. Je besser diese ist, um so besser und unbeschädigter kommt die Baumwolle an. Die besten Ballen liefern Indien und Aegypten, die schlechtesten Nord- amerika, die deswegen auch häufig in sehr beschädigtem Zustande ihren Bestimmungsort erreichen. (Siehe Abbildung 19.) Die Gewinnung des Saatgutes muss sich der Baumwollzüchter ganz besonders angelegen sein lassen, hängt doch davon der Ertrag künftiger Ernten ab. Zweckmässigerweise werden zur Samengewinnung nur die besten und ertragreichsten, widerstands- fähigsten und kräftigsten Pflanzen ausgewählt. Der Pflanzer oder gut geschulte Aufseher sucht die Samenpflanzen selbst aus und bezeichnet sie. Die Kapseln dieser Pflanzen werden dann gesondert gesammelt, von dem übrigen Materiale getrennt behandelt und bis zur künftigen Aussaat auf- bewahrt. Auf diese zwar etwas mühsame, aber sehr lohnende Weise kann man durch Zuchtwahl zu einer erheblichen Verbesserung der Formen und Erträge kommen. In vielen Pflanzungen wird jedoch der Gewinnung des Saatgutes keine oder wenigstens keine ausreichende Sorgfalt zugewendet. Der Erfolg ist denn auch, dass keine Verbesserung, sondern eher eine Verschlechterung der künftigen Ernte an Wert und Ertrag eintritt. Ganz besonders muss der Baumwollpflanzer aber darauf achten, dass seine Pflanzung nicht durch Einbringung geringwertiger Formen verdorben wird. Schädlinge der Baumwollkulturen gibt es in übergrosser Zahl. Kaum eine andere Kulturpflanze ist so empfindlich gegen Unkraut wie die Baumwolle, Daher ist Sauberhalten des Baumwollfeldes erste Bedingung. Für grosse Pflanzungen hat man be- sondere Apparate zur Vernichtung des Unkrautes und zur Reinigung des Die Baumwolle, 181 Saatgutes gebaut, deren Verwendung viel Arbeitskräfte erspart, deren Anschaffung jedoch mit Kosten verknüpft ist, die sich für kleinere Betriebe nicht lohnen. Bei der Anlage der ganzen Pflanzung müssen Klima urid Boden genau geprüft werden, da ungeeignete Auswahl unfehlbar zu Misserfolgen führt. Auch die Möglichkeit der Beschaffung ausreichender und geeigneter Hilfs- kräfte für die Aussaat, Unterhaltung und Pflege der Pflanzung und für die Abb. 20. Abrollen eines Rundballens von siarkoepresster Baumwolle. Der zylindrische Ballen, auch Bessonette oder Roundbale genannt, uird dadurch hergestellt, dass die aus dem Condenser kommende, zusammen- gepresste, entsamte Baumwolle auf eine zwischen zwei schweren Walzen sich drehende Stahlspuhle sehr fest aufgewunden wird, so dass fast alle Luft dabei ausgepresst wird. Der Durchmesser eines Rundballens beträgt 35 bis 40 Zentimeter. Die Rundballen sind leichter, handlicher, billiger und lassen sich leicht abrollen. In Amerika sind sie wegen der starken Pressung der Baumwolle, die besondere Einrichtungen zur Auflockerung erfordert, nicht beliebt. (Nach Oppel.) Ernte und weitere Behandlung des Ertrages muss berücksichtigt werden. Besonders in den afrikanischen Kolonien spielt die Arbeiterfrage eine wichtige Rolle. Von pflanzlichen Schädlingen der Baumwolle ist von allen der Rost der Baumwolle, Puccinia Gossypii, von grösster Bedeutung, da er ganze Felder krank machen oder gar vernichten kann. Er ist es, der den Baumwollbau in manchen Gegenden fast unmöglich macht. Besonders gefährdet sind Gegenden mit sehr viel Luftfeuchtigkeit und viel Regen, die das Gedeihen des Pilzes sehr fördern. Die Baumwolle wird, wie alle Kultur- 182 ö'^ Baumwolle. pflanzen in Gegenden, die ihr klimatisch nicht zusagen, besonders schwer von Krankheiten heimgesucht. Zur Bekämpfung des Rostes sind zahlreiche Mittel empfohlen worden, die jedoch nicht immer wirksam sind. Der sicherste Weg zur Verhinderung grösserer Schäden ist Vermeidung von Ueberdüngung und peinlichste Aufmerksamkeit des Pflanzers: jede krank erscheinende Pflanze muss sofort vernichtet werden. Prophylaktisch kann man in der Weise vorgehen, dass man besonders widerstandsfähige Formen züchtet. Dies geschieht in der Weise, dass man bei Auftreten grösserer Krankheitsherde diejenigen Pflanzen aussucht, welche etwa mitten in dem Krankheitsherde verschont geblieben sind, und von diesen Samen zur Aussaat wählt. So kann man rostfestere Sorten gewinnen. Ausser dem Rost kommt noch eine ganze Reihe anderer Pilze als Schädlinge auf der Baumwolle vor, doch hat keiner die gleich grosse Bedeutung. Unter den tierischen Schädlingen hat jedes Land seine eigenen Formen, die mit dem Saatgut und sonst durch den Handel häufig verschleppt werden. Es sei hier nur auf zwei der allerschlimmsten Schädiger hin- gewiesen : die gefürchtete Baumwollraupe (Cotton worm) Aletia xylina, welche die Fruchtknoten zerstört und damit die Ausbildung der Früchte unmöglich macht, und die kaum weniger schlimme Kapselraupe (Hello- this armiger a), welche besonders die heranreifenden Kapseln zerstört, so dass die Baumwollfasern vernichtet werden. Der Schaden, welchen diese beiden Raupen anrichten, beläuft sich in manchen Jahren auf viele Millionen Mark. Die geographische Verbreitung des Baumwollbaues ist eine sehr grosse. Als Hauptgebiete der Baumwollkultur kommen die Tropen mit Ausschluss der eigentlichen Regenwaldgebiete und die wärmeren Länder der gemässigten Zonen in Betracht. Das Verbreitungsgebiet ist auf der nördlichen Halbkugel der Erde ein sehr viel grösseres als auf der süd- lichen. Die Nordgrenze der Baumwollkultur liegt auf der nördlichen Halb- kugel durchschnittlich bei 40 Grad n. Br., ist jedoch je nach den Ländern sehr verschieden. So liegt die Nordgrenze in Nordamerika schon bei 37 Grad n. Br. und dringt nur an einzelnen Stellen bis 33 Grad 30' n. Br. vor. Dagegen liegt die Nordgrenze in Europa im östlichen Mittelmeergebiete in Ost- Rumelien am Südabhange des Balkangebirges bei 42 Grad 40' n. Br., in Mittelasien (Turkestan) sogar bei 44 Grad 30' n. Br. Hier wie dort bildet Gossypiumherbaceum die Nordgrenze des Baumwollbaues. Diese nördlichsten Pflanzungen sind nur klein und ergeben nur geringe Erträge. Auf der südlichen Halbkugel erreicht der Baumwollbau in Nord-Chile be- reits bei 18/^ Grad s. Br. seine Grenze. Die wichtigsten Baumwollproduktionsländer. Weitaus an erster Stelle stehen die Vereinigten Staaten von Nordamerika in dem Baumwollbau: bereits im Jahre 1902 lieferten sie über 62 Prozent der gesamten Baumwollmenge des Welthandels; sie lieferten allein über 2 Milliarden Kilogramm. In grossen Abständen folgen Ostindien mit 437 Millionen Kilogramm, das ist 16 Prozent der Weltmenge, China mit 259 Millionen Kilogramm, das ist 8 Prozent, Aegypten mit 233 Millionen Kilogramm, das ist 7,3 Prozent, wogegen das ganze übrige Afrika im Die Baumwolle. 183 Jahre 1899 zusammen nur 68 Millionen Kilogramm oder 2,1 Prozent der Weltmenge lieferte. Die übrigen Baumwolle liefernden Staaten sind mit ganz erheblich geringeren Mengen am Welthandel beteiligt. Es kommen hier in Betracht das russische Asien, Mexiko, Brasilien, die Türkei und Japan. Ganz geringfügige Mengen, die in der Gesamtmasse des Welthandels verschwinden, liefern Persien, Cochinchina, Peru, Australien, Griechenland, Kolumbien und Venezuela, Italien und We'stindien! Daraus ergibt sich klar, welch ganz ausserordentliche Bedeutung der Baumwollbau und -handel für Nordamerika hat, das mehr liefert als alle anderen Länder der Erde zusammengenommen. Das Gebiet, das in den Vereinigten Staaten von Baumwollpflanzungen eingenommen wird, ist etwa so gross wie Bayern, Württemberg und Hessen zusammengenommen und verteilt sich besonders auf die Südstaaten. Da Deutschland der Haupt- abnehmer für diese nordamerikanische Baumwolle ist, erklärt sich schon 184 Die Baumwolle. daraus die deutschfreundliche Gesinnung der amerikanischen Südstaaten, deren enge Handelsbeziehungen zu Deutschland bei einem Zerwürfnis zwischen Deutschland und Amerika auch für spätere Zeiten in Gefahr wären. Um welche Geldsummen es sich im Baumwollhandel mit den Ver- einigten Staaten handelt, ergibt sich daraus, dass Europa vor dem Kriege täglich nicht weniger als 32 Millionen für Baumwolle an Nordamerika zahlte. Im Verhältnis zur Grösse des Landes weit erheblicher ist der Baum- wollbau in Aegypten, dessen Baumwolle sehr hoch im Werte steht. Hier wird mehr als ein Viertel der gesamten Anbaufläche von Baumwollkulturen eingenommen. Das Bestreben der Vereinigten Staaten geht nun dahin, die im Lande gewonnene Baumwolle auch im Lande selbst zu verarbeiten. Da nun unsere Spinnereiindustrie auf grosse Zufuhren von Rohbaumwolle angewiesen ist, wäre es unter diesen Umständen für uns von grösster Wichtigkeit, wenn es uns gelänge, in unseren Kolonien ausreichende Mengen von Rohbaum- wolle selbst zu gewinnen. Unsere Spinnereiindustrie brauchte vor dem Kriege jährlich 1,5 bis 1,7 Millionen Ballen Rohbaumwolle, um ausreichend mit Material versehen zu sein. Was unsere Kolonien bisher lieferten, war nur ein ganz verschwindender Anfang: Togo führte 1909/10 etwa 2000 Ballen Baumwolle aus, Ostafrika in den gleichen Jahren etwa 1900 Ballen, Kamerun dagegen noch nicht einen Ballen, Neu-Guinea überhaupt keine Baumwolle. Der erste Anfang ist damit gemacht; Togo und Westafrika, deren Klima und Boden der Baumwolle zusagen, bieten die besten Aussichten. Auch die trockeneren Gebiete des nördlichen und östlichen Kamerun und der Norden Deutsch-Südwestafrikas sind für die Baumwollkultur nicht ungünstig. Da- gegen kommen das übrige Kamerun, Neu-Guinea und die Südseeinseln für die Baumwollkultur wegen ihres zu feuchten Klimas nicht in Frage. Die grösste Schwierigkeit war der Mangel an geeigneten Arbeitskräften für die Ernte. Welche Entwicklung der Baumwollbau in den letzten Jahren in unserer hierfür aussichtsreichsten Kolonie Togo genommen hat, beweisen folgende Zahlen: im Jahre 1902 betrug der Wert der Baumwollausfuhr Togos etwa 200 Mark, 1911 dagegen bereits 1 833 996 Mark. Zu danken ist dieser Erfolg nicht zum wenigsten der in Nuatjä begründeten Baumwollschule, in welcher in dreijährigem Kursus jedesmal 100 Schüler ausgebildet werden. Die Ein- geborenen bringen der Baumwollkultur Interesse und Verständnis entgegen, so dass die Aussichten hier recht günstige sind. Anders, aber nicht weniger günstig liegen diese Verhältnisse in Deutsch- Ostafrika. Hier sind grosse Pflanzungsgesellschaften entstanden, die Gross- kulturen angelegt haben. Hier arbeitet das Grosskapital mit allen seinen reichen Hilfsmitteln, in Togo dagegen die Eingeborenenkultur. Um Deutschland ausreichend mit Baumwolle zu versorgen, wäre eine Kulturfläche von der Grösse des Königreiches Sachsen erforderlich. Deutsch-Ostafrika ist allein etwa sechzigmal so gross und Anbaufläche ist genug vorhanden. Was jedoch fehlt, sind Eisenbahnen zum billigen Transport der Baumwolle. Denn der bisherige Transport durch Träger verteuert die Rohbaumwolle aus unseren Kolonien so sehr, dass sie nicht mit der billigen nordamerikanischen Baumwolle in Konkurrenz treten kann. Die Baumwolle. 185 In welchem Masse sich der Baumwollbau entwickeln kann, zeigt gerade Nordamerika, dessen Baumwollbau sich erst in den letzten 70 Jahren zu dem jetzigen Riesenumfange entwickelt hat. Daraus ergibt sich, dass besonders Togo und Deutsch-Ostafrika für den Welthandel mit Baumwolle noch von grosser Bedeutung werden können und dass gerade diesen beiden Kolonien eine glänzende Zukunft sicher ist. Diese aussichtsreiche Zukunft unserer Kolonien war der Hauptgrund, weswegen England wider alle vorherige Abmachungen den Weltkrieg sofort in die Kolonien übertrug. Es wusste sehr wohl, welche Schätze diese unsere mit unendlichem Fleisse und grossen Geldopfern begründeten und entwickelten Kolonialkulturen noch bergen. Die ungünstige geographische Lage Deutschlands machte England die Absperrung des Mutterlandes von den Kolonien mit Hilfe seiner mächtigen Flotte leicht. Mit schwerem Herzen mussten wir daher mit ansehen, wie ein Stück unseres Kolonialbesitzes nach dem anderen nach heldenmütiger Verteidigung der schwachen Schutztruppen unseren Feinden in die Hände fiel, ohne dass das Mutterland zu Hilfe eilen konnte. Nicht in Afrika oder im fernsten Osten wird das Schicksal unserer Kolonien entschieden. Der Friede wird uns auch diesen Besitz für alle Zeiten sichern! Die Baumwollindustrie Deutschlands hat in den letzten zwanzig Jahren bis zum Ausbruch des Krieges einen derartigen Aufschwung genommen, dass sie sich in der Zeit von 1893 bis 1913 verdreifacht hat: Die Einfuhr von Baumwolle hob sich von 278,3 Millionen Mark auf 847,6 Millionen Mark, die Ausfuhr im gleichen Zeitraum von 203,2 Millionen auf 578,4 Millionen Mark. In dem gleichen Zeitraum hat sich Englands Baumwollindustrie nur verdoppelt, so dass der Wert der Gesamtproduktion der englischen Textilindustrie im Jahre 1913 3544 Millionen Mark gegen 2204 Millionen Mark der deutschen Textilindustrie betrug. Trotz des schweren Standes, den die deutsche Textilindustrie gegen- über der vorzüglich ausgestalteten und geleiteten englischen Textilindustrie hatte, ist diese grossartige Entwicklung deutschem Fleiss, deutscher Arbeit und deutschem Erfindergeist möglich gewesen. So ist es denn kein Wunder, dass England sich durch den Krieg dieses ihm so gefährlichen Rivalen zu entledigen suchte. Baumwolle war eine der ersten Waren, die England als Kriegskonterbande bezeichnete, angeblich wegen der Herstellung von Sprengstoffen. Der wahre Grund ist dagegen die Absicht Englands, unsere blühende Baumwoll- und überhaupt die ganze Textilindustrie zu erwürgen und zu vernichten und mit Hilfe der „schwarzen Listen" die deutschen Handelsbeziehungen an sich zu reissen. Die Absicht Englands, unsere Sprengstoffindustrie durch die Vorenthaltung der Baum- wolle lahmzulegen, ist völlig misslungen. Deutschem Geiste ist es gelungen, andere heimische Stoffe, die uns in überreichlicher Menge zur Verfügung stehen, zu gewinnen, so dass nicht ein Pfund Baumwolle zur Herstellung von Sprengmitteln nötig ist. Auch unserer Textilindustrie ist es gelungen, eine Reihe vollwertiger Ersatzstoffe im Lande ausfindig zu machen und einige in reichlicher Menge zu gewinnen, so dass auch hier deutscher Geist und deutscher Fleiss über englische Habgier gesiegt hat. Noch heute, nach mehr als zweieinhalbjähriger Absperrung von der Aussenwelt und Vorenthaltung aller überseeischen Rohstoffe, sind zahlreiche deutsche Spinnereibetriebe be- schäftigt und zwar in einer Weise, die uns die Gewähr gibt, dass wir auch 186 ^'^ Abteilungen der D.G.G. in der Baumschule L.Späth usw. nach dem Kriege in vieler Beziehung vom Auslande unabhängiger sein werden als vorher. Viele Millionen, die wir vor dem Kriege an das Aus- land für Rohstoffe zahlen mussten, werden dem Lande erhalten bleiben und mit dazu beitragen, die schweren Wunden, die der Krieg geschlagen, zu heilen. Baumwollpflanzungen in Kleinasien, der Türkei, auf dem Balkan, in Persien und Mesopotamien werden nach dem Kriege uns die Möglichkeit geben, durch weiteren Ausbau uns auch hierin vom feindlichen Auslande, ins- besondere von Amerika, etwas unabhängiger zu machen. Deutscher Arbeit und deutschem Fleisse eröffnet sich hier noch ein weites Feld aussichts- reicher Betätigung und Entwicklung. Eine lehrreiche Zusammenstellung der wichtigsten Baumwollsorten und Darstellungen der Kultur, Ernte und Verarbeitung der Baumwolle findet sich in der Nutzpflanzenabteilung des Königlichen Botanischen Museums zu Dahlem im Mittelsaal des Schaumuseums im 1. Stockwerk. Sowohl bei der Abteilung der Gespinst- und Faserpflanzen wie bei den Kolonien, ins- besondere bei Togo und Ostafrika, sind zahlreiche Schauobjekte ausgestellt, deren Besichtigung allen Interessenten empfohlen sei. Die Abfeiltingen der Deutschen Gartenbau- Gesellschaft in der Baumschule L. Späth in Baumschulenweg bei Berlin am 30. Mai I9I7. Das Ziel de's ersten Ausfluges, den die Abteilungen der D. G. G. im Sommerhalbjahr 1917 zu machen beschlossen hatten, war die bekannte Baumschule Ludwig Späth in Baumschulenweg bei Berlin. Man hatte es sich so schön gedacht, die nach dem langen und harten Winter nach frischen Blütenfarben durstigen Augen an der „Fliederblüte" zu erlaben und hatte deswegen als Zeitpunkt für den Ausflug festgesetzt: dann, wenn die Syringen blühen. Wer konnte aber bei der Unordnung, die gegenwärtig in den Witterungs- verhältnissen ebenso gross zu sein scheint wie allgemein sonst in der Welt, sagen, wann in diesem dritten Kriegsjahr der Flieder zu blühen für gut befinden wird? Will man völlig unparteiisch und gerecht sein, so muss man zugeben, dass die Fliederblüte, so stossweise wie sie sich auch sonst vorbereitete, doch zu dem denkbar geeignetsten Termin in aller ihrer Schönheit hervor- brach. Sie kam gerade zu Pfingsten zurecht. Jeder konnte sich daran freuen, und Maien und Flieder grüssten aller Orten aus den Fenstern und an den Hauseingängen. Leider war das nun keine rechte Reise- und Spazier- gehezeit für die Mitglieder eines Gartenbauvereins; denn die Tage vor dem Feste waren heisse Arbeitstage; das Fest selbst aber für alle Garten- baubeflissenen eine sehr nötige Ruhepause zur Selbstbesinnung und Er- holung. So blieb denn für den Ausflug nur der sogenannte vierte Feiertag, Mittwoch, der 30. Mai, übrig, um die in doppeltem Sinne spätblühenden Flieder noch kurz vor Toresschluss zu besuchen. In Vertretung von Herrn Dr. Hellmut Späth, den wichtige Kriegsdienste gezwungen hatten fernzubleiben, begrüsste Herr Kgl. Gartenbau- direktor Teetzmann die zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste Die Abteilungen der D. G. G. in der Baumschule L. Späth usw. jg? und stellte sich mit Herrn Jensen, dem langjährigen Dendrologen der Firma Späth, an die Spitze des Zuges, um zunächst einen Rundgang durch das Arboretum anzutreten. Was man mit banger Sorge gefürchtet, ward hier zur traurigen Gewiss- heit. Eine grosse Zahl schöner und seltener Bäume und Sträucher sind dem grimmigen und anhaltenden Winter des Jahres 1916/17 zum Opfer ge- fallen. Kahle Stellen bewiesen, dass die vollständig abgestorbenen Exem- plare bereits herausgenommen waren und eine ordnende Hand sich be- mühte, mit Hilfe der wiederbelebten Natur die Lücken auszufüllen. Es gab aber noch genügend andere Exemplare, die wohl schwer gelitten hatten, von denen man aber hoffen durfte, sie zu neuem Leben zu erwecken. Wehe, wenn solche Winter den deutschen Fluren häufiger beschieden wären ! Dann würde ein Verschwinden gewisser Gehölze unausbleiblich sein. Es kommt hinzu, dass die anhaltende feuchte Witterung des letzten Herbstes die Holztriebe nicht zum Ausreifen und Abhärten kommen Hess. Sie waren somit der zerstörenden Macht der Kälte schutzlos preisgegeben. Schmerzliches Bedauern ergriff alle Teilnehmer, als sie an der herr- lichen Wellingtonia gigantea, dem Mammutbaum Amerikas vor- überzogen, der 40 Jahre lang allen Witterungsunbilden getrotzt hatte und nun, rostfarben bis in die Spitze, gänzlichem Absterben verfallen sein dürfte. Auch Pseudotsuga Douglasii Carr., die herrliche Blautanne aus dem Coloradogebiet, hatte etwas gelitten; man ist sonst gewöhnt, sie für ziemlich winterhart zu halten. Der Omorikafichte, Picea omorica, mit ihrem schmalpyramidalen Wüchse und ihrer dichten dunkelgrünen Belaubung, hatte weder Kälte noch Wind etwas anzuhaben vermocht. Sie strahlte in voller Ueppigkeit; sie muss also doch rauhen Balkanlagen entstammen. Als wertvoller Park- baum kann sie nicht warm genug empfohlen werden. Nicht weit vom Standorte der Omorikafichte, dort, wo ein Weg sich verzweigt, streckte ein kräftiger Stamm von Acer platanoidies g 1 0 b 0 s u m Nochols. seine gewaltige, ganz regelmässig gebildete, voll- kommen dichte, grüne Kugel gegen den Himmel. In diesem Flechtwerk von Zweigen fühlte sich die Vogelwelt geborgen. Beim Fällen eines gleich grossen Exemplares sind seinerzeit nicht weniger als 110 Vogelnester ans Tageslicht gezogen worden. Den Damen, von dem Wohlgeruch eines Strauches festgehalten, wurde mitgeteilt, dass sie sich vor Calycanthus floridus L., dem soge- nannten Gewürzstrauch, befänden, der wegen seiner dunkelbraunroten Blüten und seines starken erdbeerartigen Duftes vielfach angebaut wird. Weniger angenehm wurde der Geruch von Asimina triloba empfunden, einem prächtig belaubten magnolienähnlichen Baum mit läng- lichen, lebhaft grün gefärbten Blättern und bräunlichpurpurnen, ziemlich grossen glockigen Blüten. Als ein empfehlenswerter Zierstrauch wurde auch allgemein Halesia tetraptera L. bezeichnet, dessen ansehnliche, glockenförmige weisse Blumen einzeln oder in Büschen seitenständig am vorjährigen Holze blühen. Bei weiterer Wanderung sahen wir, dass eine grosse Zahl Berberis- Arten in voller Blüte standen. Das Späthsche Sortiment dürfte gegen 50 Arten umfassen. 188 Die Abteilungen der D. G. G. in der Baumschule L. Späth usw. Mit besonderer Aufmerksamkeit wurde, wie fast immer, wenn man ihm begegnet, der Ginkgo betrachtet, jener gewaltige Baum Ostasiens, der bis 30 Meter hoch seine pyramidale Krone erhebt. Freistehende Exem- plare sind häufig Zierden des Parkes und der Anlagen. Ihre eigenartige Er- scheinung und der Zweifel, ob man ihn zu den Laub- oder zu den Nadel- hölzern rechnen soll, machen ihn jedem interessant. Doch nun zu den Syringen und ihrer ausserordentlichen Mannigfaltig- keit in Farbe und Form der Blüten, wie sie die reiche Späthsche Sammlung aufweist. Die Besucher konnten noch an den blühenden Exemplaren folgender Sorten erkennen, welches Blütenmeer und welcher Blütenduft das Fliederquartier erfüllt, wenn man es zu seiner Hauptblütezeit betritt. Einfachblühender Flieder: Syringa vulgaris rubra. Fällt auf Syringa perMca laciniata. Die Blüten durch die grossen Rispen mit sind von hellilarosa Färbung. Syringa rothomagensis rubra. Eine der schönsten roten Fliedersorten. Syringa vulgaris, Andenken an Lud- wig Späth. Die einzelnen Blüten wie die Rispen sind sehr gross und von prachtvoll dunkelpurpurroter Farbe. Syringa vulgaris Decaisne. Die Blüten sind von schöner hellblauer Färbung. Syringa vulgaris Reaumur. Eine neuere Sorte, die besonders durch die grossen, sehr breit verzweigten Rispen und die' grossen rötlich- lilafarbenen Blüten auffällt. Syringa vulgaris Pasteur. Die Sorte entwickelt grosse schmale Rispen. Die Blüten sind sehr gross und purpurrot. Syringa vulgaris Käthe Härlin. Die einzelnen Blüten sowohl wie die Rispen sind von prachtvoll ala- basterweisser Farbe. Syringa vulgaris, Hyazynthenflie- der. Eine prachtvolle Sorte mit auf- fallend grossen Blütenständen. Die einzelnen Blüten von leuchtend- purpurlila Färbung führen täu- schend das Bild der Hyazinthen- blüten vor Augen. Syringa vulgaris Othello. Die Sorte fällt besonders durch die eigen- artige, düsterlila Färbung ihrer grossen Blumen auf. Ein Maitag, wie er nicht schöner sein konnte, hatte die Mitglieder der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft nach Baumschulenweg hinausgelockt, und ein gleich schöner Mai abend vereinigte alle auf der Veranda der Villa Späth, um sich an einem kühlen Trünke zu erfrischen. Der Präsident der Gesellschaft, Exzellenz Dr. Hugo Thiel, gedachte in herzlichen Worten der Gründer dieser grössten aller Baumschulen, wies auf das an- genehme Verhältnis hin, das stets zwischen den Besitzern und der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft geherrscht habe, dankte im Namen aller für die grossen rötlichlilafarbenen Blüten und rosa Knospen. Syringa vulgaris Christophe Colomb. Die Blüten dieser Sorte sind ausserordentlich gross und von zartlila Färbung. Gefülltblühender Flieder: Syringa vulgaris Mad. Abel Chate- nay. Bildet dichtblütige, mittel- grosse Rispen mit stark gefüllten milchweissen Blüten. Syringa vulgaris Michael Buchner. Die Sorte weist schöne pyramidale und sehr grosse Rispen auf. Die Blüten sind stark gefüllt, gross und von blasslila Farbe und sehr regel- mässiger Form. Syringa vulgaris Hippolyte Marin- ger. Die breiten, dichten über dem Laub stehenden Rispen tragen grosse lilarosa, aussen weissliche Blüten. Syringa vulgaris Mad. Lemoine. Die sehr dichten Rispen tragen grosse reinweisse Blüten. Syringa vulgaris Dr. Maillot. Die Rispen tragen blasslila-farbige Blütenstände. Syringa vulgaris Madame de Miller. Der Strauch bleibt sehr niedrig, entwickelt aber schöne mit grossen alabasterweissen Blüten besetzte Rispen. Verschiedenes. 189 freundliche Führung und Bewirtung und gab dem Wunsche Ausdruck, dass die Firma Späth auch weiterhin, gleich ihren vortrefflichen Baumschul- erzeugnissen, wachsen, blühen und gedeihen möge. Nachträglich wurde noch bekanntgegeben, dass in der Baumschule folgende Gehölze mehr oder weniger stark durch den harten Winterfrost gelitten haben: Laubhölzer: Acer californicum, Orientale, obtu- satum, Ailanthus glandulosa, Akebia quinata, Amorpha fruticosa. Amygdalus communis und persica, Berberis aquifolium, buxifolia, steno- phylla, Neubertii, Broussonetia papyrifera, Buddleia japonica und variabilis, Buxus sempervirens, Castanea vesca, Colutea arborescens, Cornus Bretschneideri. stricta, Cotoneaster pyracantha, Simonsii, Henryana, Francheti, Cytisus praecox, Deutzia crenata, Evonymus jap. radicans, Forsythia viridissima, Genista tinctoria, Hedera helix, Jasminum Beesianum, fruticans, nudiflorum. Hex aquifolium, Kerria japonica, Laburnum vulgare, Ligustrum Quihoui, sinense, Staun- tonii, Lonicera Giraldii, Henryi, japonica, brachypoda, quinquelocularis, fra- gant, Standishii, nitida, Lycium pallidum, Magnolia-Bastarde (obovata Yulan), Morus alba und nigra, Pirus angustifolia, Prunus cerasifera, capuli, Cuthbertii, Pterostyrax hispida. Quercus Ambrozyana, Turneri, ma- cedonica, Ehrenbergii, lobata, Rhamnus californica, tomentella, hybrida, hyb. Billardii, Ribes sanguineum, amictum cruen- tum, Bethmontii, glutinosum, villo- sum, Rosa sericea, Wichureana und multi- flora sowie deren Bastarde, Rubus platyphyllus, flosculosus, in- nominatus, lasiostylus, ulmifolius, bellidiflorus, Sophora japonica, Spartium scoparium, Spiraea blanda, cantoniensis, chinen- sis, pruinosa, canescens, pruni- folia, Veitchii, Tamarix, hispida aestivalis, odessana, Tecoma radicans, Ulex europaeus, Ulmus crassifolia, parvifolia, Viburnum rhytidophyllum, cotinifol., Vinca major, Wistaria chinensis, Zelkowa keaki, japonica, carpinifolia. Nadelhölzer: Abies cephalonica, grandis, nobilis, Nordmanniana, firma, Biota Orientalis, Cedrus atlantica, Cephalotaxus, Chamaecyparis Lawsoniana, Juniperus virginiana. Picea Orientalis, Pinus pinaster, Sciadopitys verticillata, Torreya, Tsuga Mertensiana, Wellingtonia. B. Verschiedenes. Der Verein zur Förderung der Blumenpflege in der Schule, der seit 1897 in Berlin besteht und unter dem Vorsitz des Stadtschul- rats Dr. Fischer eine rege Tätig- keit entfaltet, sah sich mit Rücksicht auf die Zeitverhältnisse genötigt, in diesem Jahre auf die Veranstaltung der üblichen Hauptversammlung und auf die Herausgabe eines um- fassenden Jahresberichtes zu ver- zichten. An Stelle des letzteren ver- öffentlichte der Vorstand folgende Einzelheiten aus dem letzten Ge- schäftsjahr. Dem Verein waren 223 Schulen angeschlossen, also dieselbe Anzahl wie im Vorjahr. Die Gesamtzahl der in diesen Schulen ausgegebenen Stecklingspflanzen belief sich auf mehr als 99 000, während das Vor- jahr 85 000 zu verzeichnen hatte. Die 190 Verschiedenes. Lieferung dieser ganz erheblichen ' Menge von Pflanzen lag in den Hän- den der Gärtnereibesitzer Kriede- mann (Weissensee), Nehls, Invaliden- strasse 92, und Wiesang (Britz). Das Hundert eingetopfter Pflanzen wurde einschliesslich der Lieferung in die Schule mit 10 Mark berechnet. Zur Abgabe an Kinder, denen auch das geringe Entgelt von 10 Pfennig nicht zur Verfügung stand, wurden auf Kosten der Vereinskasse jeder Schule, die sich mit Blumenpflege be- fasst, 30 Freipflanzen überwiesen. Die Gärtnereien lieferten auch die zum Umtopfen nötige Blumenerde. Sie berechneten der Vereinbarung gemäss 60 Liter mit 1,50 Mark. Das ist die Menge, die nötig ist, um 100 Pflanzen aus den gelieferten 7-cm- Töpfen in Normaltöpfe von 13 cm oberer Weite zu verpflanzen. Um eine Gewähr für die Gleichmässig- keit und Güte zu haben, veranstaltete der Vorstand kurz vor der Lieferung in den drei Gärtnereien eine Be- sichtigung der bereitgestellten Pflan- zen, Die Vorstandsmitglieder konn- ten sich davon überzeugen, dass die Aufzucht der Pflanzenstecklinge mit gewohnter Gewissenhaftigkeit vor- genommen war und dass die Einzel- pflanzen den Forderungen ent- sprachen, die der Verein für seine Zwecke stellen muss. Als ein Zeichen dafür, dass auch die Schulen mit den gelieferten Stecklingen in hohem Masse zufrieden waren, dür- fen die überaus zahlreichen und grossen Nachbestellungen angesehen werden, durch die die überraschende Steigerung der ausgegebenen Zahl gegen das Vorjahr zu erklären ist. Mit Rücksicht auf die ausserordent- lich hohen Abfuhrkosten wäre es be- sonders in diesem Frühjahr zu wün- schen, dass die Schulen ihre Bestel- lungen an die Geschäftsstelle gleich so einrichteten, dass Nachbestellun- gen möglichst verm.ieden würden. Der fühlbare Mangel an Gärtner- gehilfen und die erhebliche Lohn- erhöhung in den Gärtnereibetrieben, sowie der ausserordentlich gestei- gerte Preis für Gespanne, mit dem die Lieferanten zu rechnen haben, Hessen dem Vorstand den Wunsch der Gärtnereibesitzer als berechtigt erscheinen, von 1917 ab eine massige Preiserhöhung für die Stecklinge eintreten zu lassen. Es wurde eine Preissteigerung von 2 Mark für das Hundert vereinbart, so dass statt 10 Mark in diesem Jahre 12 Mark zu zahlen sein werden. Der Vor- stand gibt sich der Hoffnung hin, dass auch die Schulen ein Verständnis für die Berechtigung der durch die Zeit- verhältnisse bedingten Verteuerung haben werden. Herr Wiesang (Britz), der den Standpunkt vertrat, dass auch der Preis von 12 Mark nicht in Einklang zu bringen sei mit der Stei- gerung der Unkosten, ist als Liefe- rant zurückgetreten. An seine Stelle ist Herr Gärtnereibesitzer Gödeke in Weissensee neu eingetreten und hat gleich den Herren Kriedemann und Nehls die Vorbereitungen für die diesjährige Lieferung rechtzeitig in die Hand genommen. Die Aufforde- rung an die Schulen, sich an der Blumenpflege zu beteiligen, ist bald nach Beginn des Sommerhalbjahres sämtlichen Schulanstalten Berlins zugegangen, und der Vorstand bittet die Lehrkörper, auch im neuen Ge- schäftsjahr die für die Grossstadt- jugend besonders in erziehlicher Be- ziehung wichtigen Bestrebungen des Vereins durch rege Beteiligung zu unterstützen. Trotz mancherlei Schwierigkeiten ist es dem Vorstande gelungen, auch im verflossenen Herbst wieder Hya- zinthenzwiebeln an die Schulen ab- zugeben, damit die Schüler auch während des Winters Anregung zur Beschäftigung mit Blumenzucht er- hielten. Es wurden 800 Zwiebeln an 80 Schulen abgegeben in der Reihen- folge, wie sie seit Jahren innegehal- ten wird. Jeder Lieferung war eine genaue Anweisung über die Auf- zucht der Hyazinthen in Töpfen bei- gegeben. Soweit Nachrichten vor- liegen, hat auch in diesem Jahre die Hyazinthenzucht in den beteiligten Schulen gute Ergebnisse gezeitigt, und es ist wiederum der Nebenzweck erfüllt, dass auch die Kinder, die eine Hyazinthenzwiebel von der Schule nicht erhalten konnten, an- geregt wurden, sich Zwiebeln zu kaufen und sich mit der Aufzucht des dankbaren Zwiebelgewächses zu be- schäftigen. Die Kassengeschäfte wurden auch im abgelaufenen Geschäftsjahr ver- tretungsweise durch Herrn Rektor Meinke, Siemensstrasse 20, erledigt und werden auch im neuen Geschäfts- Verschiedenes. 191 jähr von ihm weitergeführt werden. Aus dem von Herrn Rektor Lops und Herrn Musslick geprüften und für richtig befundenen Kassenbericht lassen wir nachstehende Angaben folgen. Der Zuschuss der Stadt Ber- lin betrug wie im Vorjahre 500 Mark. An Mitgliederbeiträgen gingen 266 Mark ein. Herr Stadtschulrat Dr. Fischer überwies der Kasse 78,67 Mark. Die Zinsen der Stadtschulrat- Dr.-Fischer-Stiftung betrugen 100 Mark. Der Gesamteinnahme von 944,67 Mark stehen Ausgaben in Höhe von 862,70 Mark gegenüber, unter denen die an die Schulen gelieferten Freipflanzen mit einem Betrage von 528 Mark und die Aufwendung für die Hyazinthenzucht in Höhe von 140 Mark die Hauptkosten bilden. Indem wir allen Förderern un- serer Vereinsangelegenheiten unse- ren herzlichen Dank aussprechen, bitten wir alle Beteiligten, auch im neuen Geschäftsjahre der Sache der Blumenpflege in unseren Schulen trotz der Schwierigkeiten der gegen- wärtigen Zeit treu bleiben zu wollen. H. Schmidt. „Die Reichsstelle für Gemüse und Obst." Seit längerer Zeit hat sich viel- fach das Bedürfnis nach einem Leit- faden durch das für die Bewirtschaf- tung von Gemüse und Obst im Wirt- schaftsjahre 1917 aufgestellte System bemerkbar gemacht. Diesem Zweck dient das erwähnte Büchlein, das unter dem Titel „Die Reichsstelle für Gemüse und Obst" im Verlage der Reichsstelle erschienen und im Buchhandel durch die bekannte Ver- lagsbuchhandlung von Paul Parey, Berlin SW, Hedemannstrasse 10/11, zu beziehen ist. In diesem Buch ist zunächst die für die ganze Frage massgebende Verordnung des Reichs- kanzlers über Gemüse, Obst und Südfrüchte vom 3. April 1917, sowie die Begründung hierzu abgedruckt, die von der Reichsstelle für Gemüse und Obst unter dem 3. März 1917 der Reichsregierung übergeben wor- den ist. Daran schliesst sich eine eingehende, aber übersichtliche Dar- stellung des Aufbaues und der Ziele der Reichsstelle. Zunächst wird über ihre Organisation das Wesentliche mitgeteilt. Darauf folgt eine zusam- menfassende Uebersicht der Bewirt- schaftung des Gemüses und Obstes in frischem Zustande: der Preis- regelung, der getroffenen Kontroll- einrichtungen und der Massnahmen zur Förderung der Erzeugung. So- dann wird über die Behandlung der Erzeugnisse aus Gemüse und Obst alles Wesentliche mitgeteilt. Den Schluss bildet eine Uebersicht über die Zusammensetzung der Reichs- stelle nebst dem Verzeichnis der Mitglieder des Beirates und des Auf- sichtsrates. Ein alphabetisches Sach- verzeichnis, das nicht weniger als 366 Punkte enthält, ermöglicht die schnelle Auffindung jedes einzelnen in dem Büchlein behandelten Gegen- standes. Es wird zur Erfüllung der wich- tigen Aufgaben, die der Reichsstelle anvertraut sind, und zur Verein- fachung des Geschäftsganges wesent- lich beitragen, wenn das Büchlein „Die Reichsstelle für Gemüse und Obst" in allen an der Gemüse- und Obstversorgung unseres Volkes in der einen oder anderen Weise be- teiligten Kreisen die weiteste Ver- breitung findet. Das wird dadurch erleichtert, dass das Buch in haltba- rem und biegsamem, die jederzeitige praktische Benutzung ermöglichen- dem Einbände durch jede Buchhand- lung oder durch die Reichsstelle für Gemüse und Obst, Berlin W 57, Potsdamer Strasse 75 (Presseabtei- lung) zum Preise von 1,50 M, be- zogen werden kann. Ueber die Perocidbrühe als Ersatz der Kupferkalkbrühe berichtet Herr Geh. Regierungsrat Dr. Otto Appel, Dahlem, in dem neuesten Flugblatt der Kaiserlichen Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft folgendes: Schon seit Jahren ist man be- strebt, das im Pflanzenschutz viel- seitig angewendete Kupfer durch an- dere gleichwertige Mittel zu ersetzen. Für die Zwecke der Samenbeizung ist dies schon früher gelungen, und verschiedene Beizmittel, besonders die Formaldehydlösung, haben sich in dieser Richtung bewährt und ein- geführt. Schwieriger war es, für die Kupferkalkbrühe einen geeigneten Ersatz zu finden, soweit sie als Spritzmittel gegen gewisse Pilz- krankheiten des Weinstockes, der Obstbäume, Kiefern und anderer 192 Verschiedenes. landwirtschaftlich und gärtnerisch wichtiger Pflanzen angewendet wird. Das einzige Mittel, das von den Tjisher empfohlenen und versuchs- weise angewendeten einigermassen Aussicht auf Erfolg bot, war die Perocidbrühe. Aber auch diese wäre wohl kaum in absehbarer Zeit zur Geltung gekommen, wenn nicht in- folge des Krieges die für den Pflan- zenschutz zur Verfügung stehende Menge Kupfervitriol auf das Aller- notwendigste hätte beschränkt wer- den müssen. Dies führte zu umfang- reichen Versuchen, bei denen sich die Perocidbrühe als ein brauch- barer Ersatz der Kupferkalkbrühe erwiesen hat. Das Perocid ist eine pulverig- Icrümelige bis stückige Masse von deutlich rosa bis weisslicher Farbe mit einem gewährleisteten Gehalt von mindestens 45 vom Hundert Cer- oxyd. Es löst sich ziemlich gut, bis auf geringe Rückstände, im Wasser zu einer saueren, schwach rosa ge- färbten, trüben oder milchigen Flüs- sigkeit. Wie die Kupfervitriollösung muss auch die Perocidlösung abge- stumpft werden, um als Spritzmittel ohne Schaden verwendet werden zu können. Die mit genügend Kalkmilch versetzte Flüssigkeit ist die Perocid- hrühe. Die Wirkung des Perocids ist etwas schwächer als die des Kupfer- vitriols. Man benutzt daher in den Fällen, in denen man eine 1 v. H.- Kupferkalkbrühe anzuwenden pflegt, eine 2 v. H.-Perocidbrühe. An Stelle der 2 v. H.-Kupferkalkbrühe genügt eine 3 v. H.-Perocidbrühe. Die Herstellung der Brühe ist der der Kupferkalkbrühe sehr ähnlich. Im Betriebe erfolgt die Herstellung einer 2 v. H.-Brühe in folgender Weise : In eine hölzerne Tonne oder ein Fass mit 50 Liter Wasser schüttet man allmählich zwei Kilogramm Perocid unter ständigem Umrühren und setzt das Rühren so lange fort, bis möglichst alles aufgelöst ist. Zum Umrühren bedient man sich einer nicht zu dünnen Holzstange, mit der man etwa vorhandene Klumpen zer- stösst oder zerdrückt. Es empfiehlt sich, vorher das Perocid möglichst fein zu zerstossen und zu zerklopfen, da es sich um so leichter löst, je feiner es in das Wasser kommt. Fleissiges Umrühren ist aber auch dann unbedingt nötig, da sich sonst das Salz leicht zu Boden setzt und dort schwerlösliche Krusten bildet. Auch kann man das Perocid in ein Säckchen binden, das man so in das Wasser einhängt, dass es eben vom Wasser bedeckt ist. Dabei löst sich das Salz allmählich auf, die Lösung sinkt, da sie schwerer ist als das Wasser, zu Boden und wird dann durch Umrühren mit dem Wasser gleichmässig gemischt. Am ein- fachsten beginnt man bei dieser Art der Lösung abends, da sie ziemlich langsam vor sich geht. Bis zum nächsten Morgen wird sie dann be- endet sein. In einem anderen Fasse löscht man 600 bis 620 Gramm frisch ge- brannten Kalk durch Uebergiessen mit Wasser. Dadurch zerfällt er zu Pulver, das man mit Wasser zu einem Brei verrührt und unter stän- digem Umrühren auf 50 Liter ver- dünnt. Steht kein frisch gebrannter Kalk zur Verfügung, so kann man auch Kalk aus einer Kalkgrube be- nutzen, doch muss man davon etwa 3 bis 3'-' Kilogramm nehmen. Ursprünglich wurde verlangt, dass die Perocidlösung in die Kalk- milch eingegossen wird; nach neue- ren Versuchen entsteht jedoch eine ebenso brauchbare Brühe, wenn man die Kalkmilch in die Perocid- brühe giesst. Das hat den Vorteil, dass die erdigen Beimischungen, die im Kalk stets vorhanden sind, schon bei dem Zusammengiessen zurück- gehalten werden können. Je nachdem man beim Zusammen- giessen verfahren will, muss ent- weder für die Perocidlösung oder für die Kalkmilch ein Gefäss ge- nommen werden, das gross genug ist, die fertige Brühe aufzunehmen. Durch das Zusammengiessen ent- steht eine schleimig-milchige, schwach rosa gefärbte Brühe, die nicht sauer sein soll. Da der Kalk in seiner Zusammensetzung nicht immer ganz gleich ist, muss die fer- tige Brühe nach wiederholtem Um- rühren noch entweder mit rotem Lackmuspapier oder mit Phenolph- thaleinpapier, das in den Apotheken erhältlich ist, geprüft werden. Die Lösung ist richtig zusammengesetzt, wenn beim Eintauchen das rote Lackmuspapier blau, das weisse Phenolphthaleinpapier rot wird. Verschiedenes. 193 Sowohl die fertige Brühe wie auch die Perocidlösung sind längere Zeit haltbar, so dass man auch grössere Mengen als den Tages- bedarf auf einmal herstellen kann. Vor dem Einfüllen in die Spritzen muss man jedesmal gut umrühren, besonders wenn die Brühe länger gestanden hat. Man giesst die Brühe dann durch ein Sieb in die Spritze, um die Verunreinigungen, die die Verstäuber verstopfen könnten, zu- rückzuhalten. Die Wirksamkeit aller pilztötenden Spritzmittel, und so na- türlich auch der Perocidbrühe, wird aber ausser durch die richtige Zu- sammensetzung auch durch die Zeit und Sorgfalt der Anwendung wesent- lich bedingt. Bei allen Krankheiten, bei denen die Perocidbrühe überhaupt Aus- sicht auf Erfolg hat, muss die erste Bespritzung am besten kurz vor, spätestens bei dem ersten Auftreten der Krankheit erfolgen. Man muss dabei stets berücksichtigen, dass das Perocid, ebenso wie das Kupfer- vitriol, nicht heilend, sondern vor- beugend wirkt und dass die meisten in Betracht kommenden Krankheiten sich ausserordentlich rasch auszu- breiten vermögen. Daher ist das Spritzen ohne Verzug auszuführen, sobald sich auch nur Spuren der Krankheit zeigen. Besser noch be- ginnt man mit Spritzen vor dem Auf- treten der Krankheit, also zu der Zeit, in der erfahrungsgemäss oder der Witterungslage nach ein Aus- bruch der Krankheit erwartet wer- den kann. Das Spritzen ist sehr sorgfältig auszuführen, d. h. die Flüssigkeit ist unter sehr starkem Druck so zu ver- spritzen, dass sie staubfein verteilt wird und sich wie ein Nebel über die Pflanzen verbreitet. Dann schlägt sich die Flüssigkeit in so feinen und dicht stehenden Tröpfchen auf den bespritzten Pflanzenteilen nieder, dass diese wirksam geschützt sind. Beim Spritzen der Reben gegen den falschen Meltau ist besonders dar- auf zu achten, dass die Unterseite der Blätter und alle Teile der Ge- scheine und jungen Trauben von der Flüssigkeit getroffen werden. Die Bespritzung der Gescheine und Trauben ist um so wichtiger, als an- scheinend die Trauben mit Perocid- brühe nicht so leicht zu schützen sind wie das Laub. Die Spritzflecke sind gut sichtbar,, daher kann man leicht feststellen, ob das Spritzen gut ausgeführt ist oder nicht. Sobald die Spritzflüssigkeit vom Regen abgespült ist oder neue Blätter zugewachsen sind, ist, wie bei der Pilzbekämpfung mit Kupferkalk- brühe, auch bei der Anwendung von Perocid das Spritzen zu wiederholen. Der Kulturwert der Gattung Hypericum. Von H. M e m m 1 e r. Die Gattung Hypericum ist über die ganze Erde verbreitet, und es sind etwa 180 Arten bekannt. Ob- wohl alle Arten sich in ihren äusseren Formen und Merkmalen mehr oder weniger stark ähneln, stellen sie doch, je nach Heimat, Standort und Wuchshöhe, ganz verschiedene An- sprüche an die Kultur. Diesen Um- ständen Rechnung tragend, verteilt sich ihre Verwendung in unseren Gärten auf Freiland und Gewächs- haus. Die Freiland-Hypericum-Arten sind zum Teil Schatten- und Halb- schattengewächse und zur Be- pflanzung von lichten Parkgründen ganz vorzüglich geeignet. Sie treten auch nur in Mengen vergesellschaftet voll in Erscheinung und bringen so erst ihren Zierwert ganz zur Geltung. Sie verlangen lockeres, humoses Erd- reich. Ihre Blüte erstreckt sich vom Hochsommer bis zum Herbst. Die Hypericum (deutsch: Hartheu- oder Johanniskraut- gewächse) gehören zur Familie der Guttiferae. Die Blüten sind zwittrig, meist gross und von leuchtend gelber Farbe. Die Blütenblätter sind zu fünf um die zahlreichen Staubfäden verteilt, die entweder kürzer oder länger als die Blumenblätter sind, in welch letzterem Falle sie* gewöhn- lich die Hauptzierde der Blüte aus- machen. Alle Hypericum-Arten ver- holzen mehr oder weniger stark und sind mehrjährig. Ihre Vermehrung kann leicht aus Samen oder Ablieger bewerkstelligt werden. 1. Hypericumarten fürs Freie in halbschattiger Lage, als Unterwuchs, in Mengen angepflanzt von guter Wirkung. Hypericum elatum Ait., Nordamerika; 20 bis 50 cm hoch; Blätter dunkelgrün, etwa 2 cm breit» 194 Verschiedenes. 5 bis 6 cm lang. Blüten endständig, 1,5 bis 2 cm Durchmesser, goldgelb. H. concinnum Benth., Kalifor- nien; Pflanze 20 bis 40 cm hoch, reich- verzweigt. Blätter schmal-lanzett- lich, etwas gebogen, 4 bis 7 cm lang, 1 bis 2,5 cm breit, glänzendgrün. Blüten zahlreich, goldgelb, 1,5 cm Durchmesser. H. salicifolium S. &, Z. (H. chinense), China; Alendert die Wuchs- form je nach Standort ab. Die Blätter sind länglichoval, 10 bis 13 cm lang. Die Blüten erscheinen zahlreich in endständigen, stark beblätterten Blütenständen. Die Blütenblätter sind 0,5 bis 1 cm lang und 0,2 bis 0,4 cm breit, und sie werden von den langen Staubfäden überragt. Diese Pflanze wird nur in den mildesten Gegenden gedeihen und bedarf des Winter- schutzes. Kalthauspflanze. H. patulum Thunbg., Japan, China; hübsches, breitwiachsendes, sparriges Kraut für sonnige Park- lichtungen, auch als Vorpflanzen vor Gehölz zu verwenden. Blütenblätter 1,5 cm lang, breitoval; Staubfäden kürzer. H. S c 0 u 1 e r i Hook., Nord- amerika; an Bachufern und in Wald- lichtungen. Blüten 1 cm Durchmesser, in kleinen, gedrungenen Rispen; Blätter rundlichoval, 2 bis 4 cm lang. H. K a 1 m i a n u m L., Nord- amerika (Ohio); bevorzugt feuchte Standorte; Strauch 50 cm bis 1 m hoch. Blätter schmal - lanzettlich; Blüten endständig, leuchtendgelb, 2 cm Durchmesser; Staubfäden kürzer als die Blumenblätter. H. myrt i f 0 1 i u m Lam., Florida; sehr hübsches Pflänzchen, wird 40 bis 60 cm hoch; wächst dickbauschig; Blätter stumpfoval, 1 bis 3 cm lang; Blüten 1 bis 1,5 cm Durchmesser, in reich beblätterten Endtrieben. H. g a 1 i 0 d e s Pursch (H. densi- florum Lam.), Nordamerika; 50 cm hohes Büschchen; Laub zierlich; Blüten klein, weisslichgelb, in end- ständigen Rispen. H. a s c y r o n L., Sibirien ; Strauch 50 bis 75 cm hoch; Blätter 10 bis 13 cm lang, 3 bis 5 cm breit; Blüten 5 cm Durchmesser. H. olympicum Blanco, Klein- asien, Mittelmeergebiet; fordert Winterschutz; Blüten 5 cm Durch- messer, leuchtendgelb, einzeln oder zu wenigen endständig; Blätter 1 bis 2 cm breit, 3 bis 8 cm lang. H. inodorum Willd., Kaukasus ; halbstrauchig, 40 bis 50 cm hoch; Blüten 1 cm Durchmesser; Blätter breitlanzettlich, 2 bis 5 cm lang, 0,5 bis 2 cm breit. 2. Arten fürs Freie auf Felsengruppen oder im AJpinum: H. acerosum HBK., Anden ; kleines, etwa 30 cm hohes, unten ver- holzendes Kraut von heidekraut- artiger Tracht; Blüten gross, 3 cm Durchmesser, goldgelb, Staubfäden kürzer als die stumpfovalen Blumen- blätter. H. sinense L., China; kleiner, anspruchsloser Zierstrauch, 40 bis 80 cm hoch, mit in Gestalt sehr ver- änderlichen Blättern (je nach Stand- ort). Wird in China als Zierpflanze in Töpfen kultiviert. Blüten 3 cm Durchmesser, goldgelb ; Staubfäden 1 cm lang. H. Orientale L. (H. Jaubertii Spach), Armenien; staudig - halb- strauchig; Blätter schmal, 3 cm lang; Blüten klein, gelb. Winterschutz. Für Liebhaber. H. nummulariodes Trautv., Pyrenäen; ein 20 cm hohes, holziges Pflänzchen! Blätter klein rundlich; Blüten gross, 2 bis 3 cm Durch- messer, leuchtendgelb. Empfindlich. H. laeve Boiss., Persien; 10 bis 35 cm hoch; Blätter schmallanzett- lich; Blüten klein, zu vielen in lang- gestreckter, hochragender Rispe zu- sammengedrängt. Winterschutz! H. scabrum L., Kleinasien; Blätter sehr klein, zierlich, an Heide- krautblättchen erinnernd; Blüten in hochstehenden, dichtgedrängten Ris- pen, klein, gelb. ' Hübsches Pflänz- chen. Winterschutz. H. cernuum Roxb., Himalaja; ähnelt in allen Teilen H. calycinum. H. rhodopeum Friv., Griechen- land, Mazedonien; niedriger Strauch; Blätter spitzoval, schwach behaart, 3 bis 4 cm lang; Blüten 2 bis 3 cm Durchmesser, leuchtendgelb. Emp- findlich. Nur wärmste Lagen. Winterschutz. (Sclilii^s folgt. ^ Eingegangene Preislisten. — Personalnachrichten. 195 Eingegangene Preislisten. F. C. Heinemann, kgl. preuss. Hoflieferant, Erfurt. Hauptpreisver- zeichnis 1917 für Gemüse- und Blu- mensämereien, Pflanzen und Knollen, Binderei und Gebrauchsgegenstände mit vielen hervorragenden schönen Abbildungen. Unter den Blumen- neuheiten wird eine neue Petunia hybrida grandiflora superbissima, kupferrot und silberrosa, angeboten. Der kräftige Wuchs, die Grösse der Blumen reihen sich dem Besten die- ser edlen Sorte an und geben ihr die Gewähr einer warmen Aufnahme. J. C. Schmidt, Erfurt, kg. Hof- •lieferant. Hauptpreisverzeichnis für 1917 über Gemüsesamenneuheiten, Blumensamen, Obstbäume, Rosen, Frucht- und Ziersträucher, Stauden usw. Reich illustriert. Neuheiten in Blumen und Gemüse. Gebrüder Dippe, A. -G. Samenzucht Quedlinburg. Preisver- zeichnis für 1917 für Verbraucher über Gemüse- und Blumensamen, landwirtschaftliche Sämereien, Saat- getreide. Dem Verzeichnis ist eine schwarze Tafel beigegeben, welche Dippes neue riesenblütige Pracht- Begonien und Primula obconica- Samenträger in vollstem Blüten- schmuck zeigt. David Sachs, Samenzüchter, Quedlinburg, Hauptpreisverzeichnis 1917. Dieses vornehm ausgestattete und mit ganz vorzüglichen Abbildun- gen versehene Preisverzeichnis be- schränkt sich auf Gemüsesorten, Rü- bengewächse und Saatkartoffeln. A. Metz &. Co., Berlin W 57, Bülowstrasse 56. Hauptverzeichnis über Sämereien aller Art, Neuheiten, landwirtschaftliche und Gartenuten- silien, Düngemittel usw. mit vielen Abbildungen. Chr. Bertrams, Stendal. Il- lustrierter Führer durch Garten und Feld, enthält mit vielen Abbildungen eine Anzahl guter Ratschläge und Winke für die wichtigsten Gemüse- arten und eine Samenpflanzen- und Blumenzwiebeln-Preisliste. Max K 0 r n a c k e r , G. m. b. H., Wehrden an der Weser. Hauptpreis- verzeichnis 1917 über Gemüse-, Feld- und Grassamen, Blumen- und Pflan- zensamen, reich illustriert. Pape Sc Bergmann, Samen- züchterei, Quedlinburg. Illustrierte Neuheitenliste in Blumensamen eige- ner Züchtung. Martin Grashoff, Samen- züchterei, Quedlinburg. Neuheiten- liste eigener Züchtung, mit sehr gu- ten Abbildungen. Johannes Sembdner, Mün- chen 46. Preisverzeichnis über gärt- nerisch - landwirtschaftliche Maschi- nen und Geräte. R. van der Schoot u. Sohn, Hillegom bei Haarlem. Blumen- zwiebeln und Staudenkultur. Preis- verzeichnis für Handelsgärtner und Wiederverkäufer. Reich Illustriert. Personalnachrichten. Neumann, Otto, Gärtnerei- besitzer (Z e h 1 e n d 0 r f bei Berlin), langjähriges treues Mitglied der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft, starb am 4. Mai nach langem Leiden im 74. Lebensjahre. Sandhack, Her m., Gefreiter, Obergärtner in Mehlem a. Rh., zur- zeit im Osten, langjähriges Mitglied der Deutschen Gartenbau-Gesell- schaft, erhielt das K. K. silberne Verdienstkreuz. Ziegenbalg, Max, Vor- sitzendem des Verbandes der Han- delsgärtner (L e u b e n bei Dresden), wurde für seine Verdienste im Gartenbau und um die Gemeinde Leuben vom König von Sachsen das Albrechtskreuz erster Klasse ver- liehen. Erbe, Johannes, Kgl. Gar- tenbaudirektor, Oberinspektor der städtischen Friedhöfe in Breslau, wurde das Verdienstkreuz für Kriegshilfe verliehen. G e 0 r g i , R u d., Teilhaber der Verlagsbuchhandlung von Paul Parey, Oberleutnant und Kompagnie- führer, seit Kriegsbeginn im Felde, Inhaber des Eisernen Kreuzes zweiter Klasse, sowie des Ritter- kreuzes zweiter Klasse des sächsi- schen Albrechtsordens, wurde das Eiserne Kreuz erster Klasse ver- liehen. Tscheuke, Walter, Sekretär des Verbandes Deutscher Blumen- geschäftsinhaber, wurde für Tapfer- keit vor dem Feinde mit dem Eiser- nen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet. 196 Ausflüge. Ausflug aller Abteilungen der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft am Donnerstag, den 21. Juni 1917 nach der Kolonie Grunewald zu den Parkgärten der Herren Wilhelm Wertheim und Franz Wertheim. Programm: Treffpunkt um 3 Uhr nachmittags in der Konditorei von Schimpke (Cafd Dahlem), Ecke der Hundekehlen- und Heydenstrasse. Erreichbar durch die Linie Bs (Linkstrasse) und 8 (Grunewaldring). Haltestelle Sulzaer Strasse, auch durch die A-Linien und 76 bis Roseneck, von da bis zu dem genannten Cafe 5 Minuten. Spaziergang von 10 Minuten zu dem Garten von Herrn Wilhelm Wert- heim, Messeistrasse 19. Um VaS Uhr Kaffeepause bei Schimpke (Kaffee mit Kuchen 50 Pf.). Weiter um 5 Uhr mit der Linie 8 (Grunewaldring) bis St. Rochus und dem in der Nähe befindlichen Garten des Herrn Franz Wertheim in der Beymestrasse. Nach Besichtigung Strassenbahnfahrt bis zur Hobrechtstrasse; Schluss im Kurfürstenpark in Haiensee, von wo bequeme Verbindung durch Strassenbahn und Stadtbahn nach allen Richtungen vorhanden ist. Damen, sowie Freunde und Gäste sind herzlich willkommen. Besichtigung des Kgl. Botanischen Gartens und Museums in Dahlem zugleich 1056. fflonatsversammlung der Deutschen fiartenbau-Gesellschaft am Donnerstag, den 28. Juni 1917. Treffpunkt pünktlich 4V2 Uhr am Haupteingang des Botanischen Gartens (Haltestelle der Elektrischen), Königin-Luise-Strasse 6-8. An Stelle eines Vortrages im Museum werden die genannten Herren die Liebenswürdigkeit haben, im Freien näher auf die wichtigen Erscheinungen einzugehen, welche sich nach dem überaus harten Winter an unseren emp- findlicheren Gehölzen gezeigt haben. Rundgang unter gütiger Führung der Herren Professor Dr. Paul Gr aebner und Oberinspektor Peters. Damen, sowie Freunde und Gäste sind herzlich willkommen. Der Präsident. Für die Schrift'eitung verantwortlich: Siegfried Braun, Berlin N, Invalidenstrasse 42. Amt Norden 4038. Druclt von Rudolf Mosse in Berlin. III CA.RL. ADAM COSTRIN-NEU5TADT Landsberqerstp. ^4- ^5. Femruf N9 11* g<ä. T>len7A'ä.rmvras3epheizaDlagen, Frühbeet- • urviGe'wäclxshÄasfensier Eigene KittfabrikGrovs«6la3Laqer vielfach pratniirt Neonlicht- anlasen für Treibhäuser (Gemüsepflanzen). Erhöhte Ausbeute, Abkürzung der Treibperiode. Studien-Gesellschaft für elektrische Leuchtröhren m. b. H. Berlin 0 17, Rotherstpasse 6 7. Ein tüchtker Holländer Samenhändler und Landwirt sucht Abnehmer, deutsche oder österreichische Händler und Grundbesitzer, von grosser Partie prima keimkräftigerGemüse, Samen- zwiebeln, Kohl, Bohnen usw. Er will auch wohl Kommissionär werden und ist mit Nachricht zu sprechen im Hotel Fleissig, Amsterdam. I Jacob Dekker, Koedyk (Holland). Tüchtiger lelbständiser Gärtner nach Süddeutichland sofort gesnobt. Militärfreie oder krie?sbeschädigte Gärtner mögen ihre Zeugnisnbschrilten nebst Gehaltsansprüchen baldigst einsenden unter M. C. 8604 an Rndolf Mosse, München, Oesrttadet 1720 lidos kostenfrei über. Obst- u. Alleebäume Ziersträucher Ran kpflanzen Nadelhölzer Weinreben Stauden Rosen u. 8. w. LSpfith w Baumschute Anlage von Parks und Gärten Berlin-Baumschulen weg Areal 1300 Morien Hei der iiicaii;en städtischen Eriedhoisverwal- tung ist zum 1. Oktober 1917 die Stelle eines zu besetzen. Gehalt monatlich üOÜ M. Für etwa gewährte Dienstwohnung ist ein Teil des Ge- halls nach näherer Festsetzung hierauf anzu- lechnen. Bewerber niuss fähig sein, den ge- samten gärtnerischen Betrieb aaf dem Friedhof zu leiten, und erforderlichenfalls den Friedhols- verwalter vertreten können. Gesuche mit selbst- geschriebenem Lebenslauf bis spätestens 1. Juli 1917 erbeten. Berlin- Wilmersdorf, den 26. Mai 1917. Der Magistrat. Tüchtiger Gemüsegärtner wird zur selbständijien Kinrichtnng und Bewirt- schaftung einer Landwirtschaft im Oderbruch (170 Morgen) mit Gthalt und Tantieme gesuchL HewerbiiPicen mit vollständigen Zeugnis- abschriftou und Gehaltsansprüchen befördert Rudolf Mosse, Berlin SW, unter J. K. 5933 2 Gehilfinnen mit mehrjähriger Praxis nach praktischer Aus- bildung und mit beendeter Lehrzeit suchen zum 1. Juli Stellung in grösserem Betrieb ev. .Stadt- ^'ärtnerei mit Banrnscimle. Ausführliche An- gebote unter J. V. 8980 an Rudolf Mosse, Berlin SW 19. IV V J. B. van der Schoot V = = (früherer Mitinhaber der anfgelösten Firma R. van der Schoot & Sohn) = = a Gartenbau - Etablissement A M^ Blumenzwiebel- und Staudenkulturen / Grundbesitz 160 Hektar ^M Hillegom, Holland '^ll! lllllll!llll!''Hllllllllllil''ll|ll!llllltlll'llll|||||||lllll|||||||||||lll'''* ® W. Rese, Berlin-Britz, Spätiistrasse § ® Fabrik für Gewächshausbauten, Frühbeetfenster usw. 9 g Heizungs- und Sprenganlagen. M Spezial-Fabrik für modernen Gewächshausbau, Veranden, Winteroärten, Heizungen, FrQhbeetfenster. Transportable Trelbhiuter, gea gesch. Weintreibhäuser. Eigene Kittfabrik. Böttger & Eschenhorn, G.m.b.H., Berlin-Licliterfelde-O. Adolph Schmidt Nchf., Berlin SW61 Spezialgeschäft für GemOse- und Blumensämereien, Blumenzwiebeln. Obstbäume in allen Formen. Sträucher, Rosen, Stauden, Maiblumen, Erdb^erpflanzen. Gartengeräte: Rasenmäher, Hackmaschinen, Messer, Scheren, Giesskannen, Spritzen usw. Vertilgangsmittel gegen Blatt-, Blutläuse, Pilze us'w. Delle-Alliance-Platz 18 Samenkulturen Baumschulen Fernsprecher: LUtzow1781 Gegründet 1865 Preislisten kostenlos! I" 51! illB'«";Sli' 'SB! «iSIll? iSSi» lS:""«"i!;i!i;""""l!B: 'S 'S 3! 'Sl>"f 1 A. C van der Schoot ? ^^ früher Mitinhaber der aufgelösten Firma R, van der Schoot &, Sohn B^ Hillegom, Holland a ■»- — ^ I Die eigenen Blumenzwiebeln- und Staudenkulturen gehören = £= zu den besten und grössten Hollands =^ l""";;ili.n"Hli!!;;; Z^ a!!;i'""'ai!!li»""'.iS!i 'i,;!|Bi,.i.,;g;;„ ;!|!|!i>'...;!!i!ii,„n,„;!iij!;;,„ ;iB„.n.,;!|B,.m.| Fflr den Inseraten tei] verantwortlich: Max Junge. Berlin-FriedenaiL — Druck toe BudoIfMoeee, Berlin SW 19 15. Juli 1917 A Heft 13 u. 14 cjocziocnociiojuoiiziomo aoaoaoii=ioi=3ociioE3oizioiiiiocii5a(; ARTENFLORA Q ZEITSCHRIFT für Garten- und BlumenKunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 Schriftleiter: Siegfried Braun, Generalsekretär der D. G. G. BERLIN Kommissions -Verlag von Rudolf Mosse SW 19, Jer'jsalemer Strasse 46-49 Q Erscheint halbmonatlich. Preis des Jahrganges von 42 Druckbogen mit vielen Textbildern und Tafeln für Deutschland und Oesterreich-Ungam 16 Mark, für die übrigen Länder des Weltpostvereins 18 Mark» Zu beziehen durch iede Buchhandlune oder durch die Post. 1917, Heft 13 u. U, Iniait: Einheimische Stauden für den Garten S. 197. — Zur Einfuhr von Blumenzwiebeln aus Holland S. 210. — Verschiedenes S. 214. — Literatur S. 222. — Personalnachriehten S. 227. — Taiesausflug aller Abteilunjen der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft S. 228. Alleinige Inseraten-Annahme: Annoncen-Expedition Rudolf Messe ^ ^ Berlin, Brealau, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, ^ « . ^ Köln a. Eh., Leipzig, Magdeburg, Mannheim, München, Nürnberg, ^^1^^ 1 Strassbnrg L Eis., Stnttgart, Prag, Wien, Warschau, Basel, Zürich ^i^ l Insertionspreis für die 60 mm breite Kolonelzeile 35 Pf t 'illlSf«""'illll!,'!"««i!B 'illlill ilälll Sil' SUSI «aii'".««ilS 'ii;illl?-'illllii»»»«i!lB'«. illlli: f ) A. C. van der Schoot ? ^^ früher Mitinhaber der aufgelösten Firma R, van der Schoot &, Sohn pf li Hillegom, Holland I Die eigenen Blumenzwiebeln- und Staudenkulturen gehören ~ fg zu den besten und grössten Hollands =1 l"""i!iB '"IIIIIIS ;lllfc""">!llBi illSiii .aSi"""i;ilS. .am SS i5i;i."".,i|i5 ,;iEi ;ai,„..| Selbsttätiges, kostenfreies Wasserpumpen (lurcli Herkules- Stahlvriudtnrbiu«». Sie ersetzt Bonzin- und Benzol- motoren, ileissiuitmaschinen, Leute und Pferde. — .Bei Anfragen bitten anzu- t'eben: Tasieswasserbedarl, Förderhöhe, voraussichtliche Turbinensrestellhöhe Vereintste Windturbinenwerice b.H. 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Wenn wir einen Blick zurückwerfen auf die Entwicklung der Blumen- kultur bis ins vorige Jahrhundert, so müssen wir zu unserer Freude erkennen, dass wir uns in den letzten 30 Jahren allmählich losgelöst haben von der Sucht, nur das Aussergewöhnliche, Bizarre schön zu finden, dass wir endlich zur Einfachheit der Formen zurückgekehrt sind, dass auch das unscheinbare Blümchen wieder Gnade vor unseren Augen gefunden hat; und dies scheint mir ein recht gutes Zeichen eines sich läuternden Ge- schmackes zu sein. Darum begrüsst nicht nur der Gärtner, sondern auch der wahre Pflanzenfreund diese Umkehr zum Besseren mit Freude. Wer gedenkt nicht mit Schaudern der steifen Tellerbuketts mit den an Draht gespiessten, schön in Reihen gestellten Blumen? Brauche ich an die Georginen zu erinnern, die früher nicht gross und gefüllt genug sein konnten und heute durch die einfach blühenden Formen verdrängt worden sind? Damals war von Blumen alles schön, was plump und regelmässig ge- formt war; heute kann das Zierliche, Graziöse Beachtung gewinnen. Aus diesem Grunde ist eine ganze Reihe von Blumenarten in Ungnade gefallen, andere sind an ihre Stelle getreten. Ich erinnere an die Kamelie, die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts als die vornehmste Blume galt, heut als Schnittblume fast gar nicht mehr verwendet wird und nur als Topf- pflanze an den Mann gebracht werden kann; die Rose hat sie besiegt. Dass es in solcher Zopfzeit unmöglich war, schön blühende, zierliche Stauden in Mode zu bringen, ist erklärlich. Niemand konnte die meist klein- blumigen Blütenstände gebrauchen; auch im Garten wirkten sie nicht, da das Auge nur an klobige Wirkungen gewöhnt war. Daher kam es auch, dass schön blühende Pflanzen unserer einheimischen Flora bis auf ganz wenige Arten nicht in Kultur genommen wurden, und dies um so weniger, als neben dem unedlen Geschmack auch noch der Hang zum Fremdartigen, Aus- ländischen zur Geltung kam, woran wir Deutsche ja so lange gekrankt haben, so dass die einheimischen Pflanzen nur als Unkraut angesehen wurden. Welche Wonne beseelt jetzt dagegen das Herz des wahren Blumen- freundes; darf er doch jedes Pflänzchen, welches ihm Interesse abgewinnt, in seinen Garten pflanzen, ohne Gefahr zu laufen, als Sonderling oder als Gegner des guten Geschmackes zu gelten. In der heutigen Geschmacksrichtung tritt nun eine ganz besondere Vor- liebe für Freilandstauden und hauptsächlich für solche, die sich zum Blumen- schnitt eignen, zutage, und zwar so sehr, dass die Züchter alles an Stauden aufgreifen, was nur irgend dem Zwecke zu dienen vermag. Dass dabei oft 198 Einheimische Stauden für den Garten. Über das Ziel hinausgeschossen wird und Pflanzen empfohlen werden, deren Gebrauchswert nicht immer ohne Zweifel ist, mag dem Geschäftseifer zu- gute gehalten und dadurch verziehen werden. Dass aber die Aufmerksamkeit dadurch wieder den oft so schönen Pflanzen unserer einheimischen Flora zugewendet wird, das ist wohl der grösste Gewinn, den der Laie aus diesem Umschwung des Geschmackes davonträgt. Nicht allein, dass der Staudenzüchter alles aus der einheimischen Flora an Pflanzenarten in Kultur nimmt, was er verwenden kann, und aus diesen neue Kulturformen zu ziehen versucht, nein, der Besitzer selbst des kleinsten Gärtchens darf es schmücken mit allem, was er in Flur und Wald an schönen Pflanzen findet, ohne seinen Garten in den Augen anderer zu verunzieren. Nur kommt es darauf an, dass diese Pflanzen so im Garten untergebracht werden, dass das liebliche Bild eines solchen nicht beeinträchtigt wird. Aber nicht allein damit ist es getan; nicht jede Art unserer wild- wachsenden Pflanzen ist dankbar, wenn wir sie einfach von ihrem Standort mit nach Hause nehmen und an eine uns grade zusagende Stelle des Gartens pflanzen, ohne dass wir ihre Eigenheiten berücksichtigen, denn ihr Gedeihen ist sehr oft an die Beschaffenheit ihres Standortes gebunden. Ja es gibt Pflanzen, die sich durchaus nicht an eine Gartenkultur gewöhnen wollen, selbst wenn wir ihnen nach Möglichkeit in ihren Eigenheiten ent- gegenkommen, wie die Pirola-Arten, die Heidelbeere, die Lycopodien usw. Doch bei der grossen Menge glückt die Kultur sehr gut, wenn wir ver- ständig dabei zu Werke gehen und Rücksicht darauf nehmen, ob die be- treffende Art feuchten oder trockenen, lehmigen, kalkigen, sandigen oder Heideboden liebt, ob sie im Schatten oder im vollen Sonnenlicht wachsen will, ob flacher Boden oder Felsengrund zu ihrem Gedeihen nötig ist. Ich glaube, den Wünschen der verehrten Leser der Gartenflora ent- gegenzukommen, wenn ich eine Anzahl solcher wildwachsenden Pflanzen im folgenden vorführe, die infolge ihrer schönen Blüten und sonstigen guten Eigenschaften als unbedingt kulturwürdig empfohlen werden können. Ich werde dabei auf das Kulturverfahren und auf die Verwendbarkeit im Garten speziell bei jeder Pflanzenart näher eingehen, so dass der Pflanzenfreund sich in der Lage befinden wird, danach mit Erfolg zu arbeiten. Diejenigen Arten jedoch, welche zur alpinen Flora gezählt werden müssen und von denen eine Anzahl schöner Arten noch auf deutschem Gebiet, im bayerischen Hochgebirge, vorkommt, müssen wir ausser Betracht lassen; auch wird der Leser einige schöne Arten vermissen, die ich nicht erwähnen werde, weil sie nur sehr selten vorkommen und ihr^ Standorte für die Mehrzahl der Pflanzenfreunde nicht leicht erreichbar sind. Vor allem aber würde es zu weit führen, wollten wir uns auch den- jenigen einheimischen Pflanzen zuwenden, welche längst als dankbare Zier- pflanzen bekannt und geschätzt sind. Ich halte es aber für nützlich und auch für den Leser interessant, eine Zusammenstellung dieser schon länger in Kultur befindlichen wildwachsenden Stauden zu geben und lasse aus diesem Grunde nachstehend eine Liste derselben in alphabetischer Ueber- sicht folgen. Einheimische Stauden für den Garten. jgg Aconitum Napellus — Eisenhut. Adonis vernalis — Teufelsauge. Anemone Hepatica — Leberblümchen. Anemone silvestris — Waldanemone. Aquilegia vulgaris — Akelei. Armeria maritima — Meerstrands-Grasnelke. Aster, diverse Arten. Campanula persicifolia — Pfirsichblättrige Glockenblume. Convallaria majalis — Maiblume, Springauf. Cyclamen europaeum — Alpenveilchen. Cypripedium Calceolus — Frauenschuh, Venusschuh. Dianthus barbatus — Bartnelke. Dictamnus Fraxinella — Diptam. Digitalis purpurea — Roter Fingerhut. Digitalis lutea — Gelber Fingerhut. Dracocephalum Ruyschiana — Drachenkopf. Eranthis hiemalis — Winterling. Fritillaria Meleagris — Schachblume. Galanthus nivalis — Schneeglöckchen. Hesperis matronalis — Nachtviole. Iris, diverse Arten — Schwertlilie. Leucojum vernum — Frühlings-Knotenblume. Lilium bulbiferum — Feuerlilie. Lilium M'artagon — Türkenbundlilie. Lychnis Coronaria — Vexiernelke. Muscari, alle Arten — Traubenhyazinthe. Narcissus Pseudo-Narcissus — Gemeine Narzisse, Märzbecher. Nuphar luteum — Gelbe Mummel, gelbe Wasserrose. Nymphaea alba — Weisse Seerose. Polemonium coeruleum — Blaue Himmelsleiter. Primula acaulis — Schaftloser Himmelschlüssel. Primula elatior — Hoher Himmelschlüssel. Solidago Virga-aurea — Goldrute. Spiraea Aruncus — Geisbart. Spiraea Filipendula — Knolliges Mädesüss. Spiraea Ulmaria — Echtes Mädesüss. Vinca minor — Immergrün. Viola odorata — Wohlriechendes Veilchen. Auf unseren Streifzügen durch Flur und Wald ist uns im Frühjahr jedes Blümchen willkommen. Der Pflanzenfreund ist noch nicht wählerisch und nimmt selbst das unscheinbarste blühende Gewächs aus der Hand der Natur dankbar an. Der Wunsch, diese oder jene Pflanze im Garten zu haben, wird daher um diese Jahreszeit viel reger sein als später, und wir werden leicht verführt werden, mehr heimzutragen, als es nützlich wäre. Wenn wir unseren Garten nicht mit vielen für ihn ungeeigneten Pflanzen über- füllen wollen, müssen wir von vornherein eine weise Auswahl treffen. Wir lassen also den ersten Frühlingsblümchen die Freude ihres Daseins und gedulden uns, bis wir auf etwas Besonderes stossen. Dies Besondere lässt nicht lange auf sich warten, denn schon im März werden wir durch 200 Einheimische Stauden für den Garten. die grossen blau-violetten Blumen der Kuhschelle überrascht, und nun wollen wir nicht zögern, für den Garten zu sorgen, denn wir haben eine der lieb- lichsten Frühlingspflanzen vor uns. Die schönste der einheimischen Kuhschellen ist die Offenblühende Kuhschelle (Pulsatilla [Anemone] patens). Ihre Blüten öffnen sich am weitesten, und daher erscheinen sie grösser als die der anderen Arten. Aussen stark zottig behaart, sind sie anfangs glockig geformt, zuletzt aber ausgebreitet, von bläulich-violetter Färbung. Die Grundblätter erscheinen erst, wenn die Blumen am Aufblühen sind; sie sind dreiteilig mit tief ein- geschnittenen Zipfeln, was sie von den anderen hier genannten Arten, deren Blätter fiederspaltig sind, unterscheidet. Die Pflanze kommt nur in den östlichen Provinzen Preussens vor, ver- einzelt auch bei München; ausserdem auch in Oesterreich-Ungarn und im mittleren und südlichen Russland. Sie bewohnt steile Abhänge und sonnige Hügel, wo sie teils vereinzelt, teils gesellig zu finden ist. Die Gemeine Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris [Anemone Pulsa- tilla]) ist für unsere Zwecke fast ebenso wertvoll wie die vorige Art. In den Einzelheiten an Schönheit hinter ihr etwas zurückstehend, gleicht sie diesen Nachteil durch ihr üppiges Wachstum im Kulturzustande aus. Sie blüht am frühesten von ihren genannten Schwestern; schon Mitte März öffnen sich die aufrecht stehenden, rötlich-violetten Blumen, die fortwährend von Bienen umschwärmt sind. In Kultur bildet sie breite Büsche, die zur Blütezeit völlig mit Blumen bedeckt sind. Diese Art wächst wie die vorige an sonnigen Hügeln, aber auch in sehr lichten Waldungen und Heiden und kommt fast in allen Teilen Deutschlands vor, nur im östlichen Teile fehlt sie gänzlich; in Thüringen ist sie am häufigsten vertreten. Die Wiesenkuhschelle (Pulsatilla [Anemone] pratensis). Sie unterscheidet sich von der vorigen sofort durch die überhängenden, schwarz-violetten Blumen mit fast kugelig zusammenschliessenden Blumen- blättern. Mit Vorliebe wächst sie auf sandigen Triften, an sonnigen Ab- hängen und an lichten Stellen bewaldeter Hügel. Im östlichen und nörd- lichen Teile Deutschlands ist diese Art sehr verbreitet, fehlt dagegen im westlichen und südlichen Teil gänzlich. Die Kultur der Pulsatillen im Garten ist nicht mit Schwierigkeiten ver- bunden. Sie wachsen sehr gut auf freien Gartenbeeten, ertragen sogar Dünger. In gutem Boden entwickeln sie sich sehr bald zu starken Büschen und wirken dann blühend ausserordentlich zierend. Das Laubwerk wird allerdings nach dem Abblühen der Pflanzen sehr bald unansehnlich und stirbt mitten im Sommer fast ganz ab. Daher ist es nicht anzuraten, die Pulsatillen in Gruppen zusammenzupflanzen, weil diese dann w^ährend des grössten Teiles des Sommers kahl stehen. Entweder wir verwenden sie mit anderen später blühenden Stauden zusammen auf freien Beeten oder pflanzen sie an sonnige Gehölzränder. Ausgezeichnet sind sie in Verbindung mit anderen passenden Pflanzen zur Besetzung von sonnigen Felsenpartien zu verwenden, wie solche zur Aufnahme von Felsen- und Alpenpflanzen angelegt werden. Wir verschaffen uns die Pflanzen, indem wir sie am Standort ausgraben, was zu jeder Jahreszeit geschehen kann, nur mit dem Unterschied, dass die Einheimische Stauden für den Garten. 201 während der Vegetationszeit dem Standort entnommenen Pflanzen anders behandelt werden müssen als die während der Ruhe gesammelten. Die während der Blütezeit und bis zum Abtrocknen der Blätter aus- gegrabenen Pflanzen müssen vorsichtig mit kleinen Erdballen heraus- gehoben und sodann in Töpfe gepflanzt und begossen werden. Bis zu drei Wochen sind die Pflanzen von der Luft abzuschliessen, indem man sie an einen schattigen Platz unter Glasglocken oder in einem mit Glasscheiben bedeckten Kistchen aufstellt, wo sie täglich bespritzt werden. Hier ent- wickeln sich bald frische Wurzeln, und nach und nach gewöhnt man sie an Luft und Sonne, bis sie im September an den betreffenden Platz im Garten gepflanzt werden, oder sie sind im Topf weiter zu kultivieren, bis man sie zum Auspflanzen verwenden will. Wie alle Stauden können auch die Kuhschellenpflanzen aus Samen ge- zogen werden. Zu diesem Zwecke wird der Same zur Zeit der Reife am Standort gesammelt, bis zum März aufbewahrt und dann in Töpfe, die mit Lauberde vermischtem, sandigem Gartenboden gefüllt sind, gesät. Diese Samentöpfe werden gleichfalls, wie oben beschrieben, unter Glas gestellt und müssen, wenn im Laufe des Sommers die Keimung erfolgt ist, an Luft und Sonne allmählich gewöhnt werden. Haben die Keimlinge die drei ersten Blättchen entwickelt, müssen sie in andere Töpfe versetzt w^erden. Es sind hierzu kleine, etwa 8 cm weite Töpfe erforderlich, in welche die Pflänzchen etwa je zu fünf Stück in gleichen Abständen gepflanzt werden. Hier haben die jungen Pflanzen Raum zur weiteren Entwicklung und können in diesen Töpfen verbleiben, bis sie ins Freie gepflanzt werden, was im darauffolgenden Frühjahr ge- schehen kann. Im dritten Jahre blühen die Sämlinge gewöhnlich zum erstenmal. Das hier über die Anzucht durch Aussaat Gesagte gilt für alle Stauden, und ich werde, um Wiederholungen zu vermeiden, später nur hierauf ver- weisen und etwaige Abweichungen bemerken. Die Blumen der Pulsatillen lassen sich zu allen Blumenarrangements verwenden, zu welchen kurzstielige Blüten benutzt werden können. Ab- geschnittene, in Wasser gestellte Blumen halten sich mehrere Tage frisch. Als Gegenstück zu den Kuhschellen erwähne ich die Wilde Tulpe, auch Grastulpe (Tulipa silvestris), die merkwürdigerweise fast gar nicht in den Gärten bekannt ist und doch zu den schönsten Frühlingsblühern gehört. Allerdings ist sie im wilden Zustande nicht sehr verbreitet, denn ihr Vorkommen beschränkt sich fast nur auf den südlichen Teil Deutsch- lands und auf das Weinbaugebiet; aber wo sie zu finden ist, kommt sie in Menge vor. Auch in Schlesien kommt sie an mehreren Orten vor, in der Ebene und den niedersten Vorbergen. Sie blüht gewöhnlich schon Mitte April und bringt mittelgrosse, gelbe Blumen, die einzeln auf 25 bis 30 cm langen Schäften stehen. Man findet sie in Weinbergen, Grasplätzen und Baumgärten, oft ganze Flächen bedeckend. Die hasel- und walnussgrossen, mit braunen Schuppen eingehüllten Zwiebeln stecken etwa spatenstichtief im Boden und werden zur Weiter- kultur während des Abwelkens der Blätter im September bis Oktober aus dem Boden genommen und gleich an den gewünschten Platz des Gartens gepflanzt; eine Anzucht aus Samen ist nicht anzuraten. 202 Einheimische Stauden für den Garten. Die Wilde Tulpe kann nur in und an lichten Gehölzpartien Verwendung finden. Auf Blumenbeeten ist sie nicht zu gebrauchen, weil sie durch die massenhafte Erzeugung von Brutzwiebeln sehr bald zu einem lästigen Un- kraut werden würde. Die Sternhyazinthe oder Zweiblättrige Meerzwiebel (Scilla bifolia) ist ein kleines Frühlingsblümchen, dessen ich unbedingt hier Erwähnung tun muss. Ebenso bescheiden wie das Schneeglöckchen wett- eifert sie mit diesem an Lieblichkeit. Das Pflänzchen wird nicht höher wie 10 bis 15 cm. Die Zwiebel entwickelt zwei Blätter und zwischen diesen im März bis April einen mit 5 bis 6 marineblauen, innen weissen Stern- blüten besetzten Blütenschaft. Ab und zu findet man auch Exemplare mit reinweissen Blumen. Die Pflanze ist durch ganz Mittel- und Süddeutschland verbreitet; in Schlesien, an der Oder, auf der Viehhütung und im Dominikanerwald bei Ratibor. Sie kommen meist einzeln zerstreut, nie in Kolonien beieinander vor und sind im abgeblühten Zustande schwer zu finden. Daher müssen die Pflanzen während des Blühens mit Stäbchen bezeichnet werden, um sie wiederzufinden, wenn man sie später, sobald das Laub abgetrocknet ist, für den Garten herauszunehmen gedenkt. Die beste Verwendung findet die Scilla bifolia auf einer schattig ge- legenen Felsenanlage, wo sie, dem Auge näher gerückt, in ihren Einzel- heiten mehr zur Geltung kommt als in Gebüschen, in denen sie zu sehr ver- schwindet. Eine ausgezeichnete Frühjahrs-Gartenpflanze besitzen wir in der Frühlings-Walderbse (Orobus vernus), dem ersten Schmetterling's- blütler, dem wir im Frühling begegnen. Die Pflanze bildet in Kultur einen 30 cm hohen, dichten Busch mit kräftiger, dunkelgrün glänzender Be- laubung, von der sich die grossen, purpurroten, in 4 bis 6 blutigen Trauben stehenden Blumen wirkungsvoll abheben. Die Pflanze wächst in feuchten Laubwäldern und kommt ziemlich häufig vor. Im Garten liebt sie einen leicht beschatteten Platz und wächst sehr gut auf gewöhnlichen Gartenbeeten; daher ist sie zwischen anderen später blühenden Stauden sehr gut zu verwenden. Aber auch an Gehölzrändern und zwischen lichten Gebüschen ist sie vorteilhaft am Platz. Wie alle Schmetterlingsblütler wächst diese Art, vom Standort weg- genommen, nicht leicht wieder an; daher muss sie zunächst im Topf zum Bewurzeln gebracht werden, ehe sie in den Garten versetzt wird, wie dies schon bei den Kuhschellen angeführt wurde. Aus Samen, den sie reichlich liefert, ist die Pflanze mit leichter Mühe heranzuziehen. Werden Pflanzen während der Blüte oder gleich nach derselben dem Standort entnommen, so sind die oberirdischen Stengel bis zum Grunde ab- zuschneiden, ehe das Einpflanzen erfolgt. Oft im März schon blühend, finden wir die für unsere Zwecke sehr geeigneten Lungenkräuter in Wäldern und Gebüschen, von denen zwei hier in Betracht kommen. Das Gebräuchliche Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) ist eine stark behaarte, 15 bis 30 cm hohe Pflanze aus der Familie der Boragi- naceen, mit oft weisslich gefleckten (var. maculosa), herz-eiförmigen, spitzen Blättern, beblättertem Stengel und röhrenförmigen Blüten mit er- Einheimische Stauden für den Garten. 203 weitertem Kronensaum. Die Blüten stehen wie bei allen Boraginaceen in Wickeln und blühen nacheinander auf; sie sind zuerst rot, dann violett gefärbt. Das Schmalblättrige Lungenkraut (Pulmonaria angustifolia) unterscheidet sich wenig von der vorigen Art. Die Grundblätter sind hier länglich-lanzettlich, in einen geflügelten Blattstiel hinablaufend und ungefleckt. Der Blütenstand ist von gleichem Wuchs wie bei P. offici- nalis, doch ist der Kronensaum ansehnlicher, anfangs rot, dann azurblau. Sie kommt weniger häufig vor wie erstere, am meisten im östlichen und mittleren Deutschland. Beide Arten finden die beste Verwendung im Garten auf einer schattig gelegenen, mit nahrhafter Erde versehenen Felsenanlage, aber auch unter Gebüschen gedeihen sie gut. Im Frühjahr oder Herbst mit kleinem Ballen im Walde ausgestochene Pflanzen können ohne weitere Vorbereitung in den Garten gepflanzt werden. Nicht minder schön sind die gleichfalls schon im März blühenden Osterblumen, die Anemone nemorosa und ihre gelb blühende Schwester Anemone ranunculoides. Beide entwickeln aus den Spitzen dünner, unter- irdischer Rhizome je einen 15 bis 25 cm hohen Stengel mit drei in gleicher Höhe sitzenden dreiteiligen, tiefspaltigen Hüllblättern, über welchen eine einzelne Blüte auf einem 8 bis 19 cm langen Stiel steht. Bei der Anemone nemorosa hält die Blüte etwa 3 cm im Durchmesser, ist innen weiss ge- färbt, aussen mit einem violetten Anflug; bei der Anemone ranunculoides ist sie halb so gross und dottergelb. In Laubwäldern, Gebüschen und begrasten Abhängen kommt erstere fast überall vor; letztere an gleichen Standorten, ist aber etwas schatten- liebender und weniger häufig zu finden. Zur Garnierung von Felsenanlagen sind beide Arten von grossem Wert. Sie wirken namentlich reizend, wenn sie miteinander vermischt gepflanzt sind. Aber auch an Gebüschrändern wachsend, zieren sie im Garten un- gemein. Die Osterblümchen ertragen eine Uebersiedelung vom Standort in den Garten zu jeder Jahreszeit, selbst während der Blüte ganz gut, nur müssen in diesem Fall Blätter und Blüten von den Pflanzen abgeschnitten werden. Ein reizendes Pflänzchen für den Garten haben wir an der Zwei- blättrigen Schattenblume (Majanthemum bifolium), die in ganz Deutschland in schattigen Laubwäldern zu finden ist. Die Pflanze bildet unterirdische Rhizome, aus welchem 15 cm hohe, mit zwei herzförmigen Blättern versehene oberirdische Stengel entspriessen, deren Spitze in einer kurzen, mit kleinen weisslichen Blüten besetzten Traube endigt. Die Pflanze eignet sich sehr gut zur Ansiedlung unter Gebüschen, kommt aber dort nicht so zur Geltung, wie sie es verdient. Auf freiem Boden kultiviert, dehnt sie sich allmählich, ohne weit zu kriechen, zu hübschen, runden Büschen aus und blüht dort selbst an sonnigen Plätzen herrlich. Noch empfehlenswerter ist ihre Kultur auf einer schattig ge- legenen Felspartie; ja selbst in Töpfen gezogen, ist sie reizend. Die Pflanzen werden vom Standort geholt, wenn im Spätsommer die Blätter gelb zu werden beginnen. Die Rhizome sind herauszugraben und können ohne weiteres an den betreffenden Platz des Gartens gepflanzt werden. 204 Einheimische Stauden für den Garten. Verwandtschaftlich der vorigen sehr nahe stehend sind die P o 1 y g o - n a t u m - oder Weisswurz-Arten, stattliche Stauden, welche sich als dankbare Gartenzierpflanzen bewährt haben. In erster Linie der Salo- monssiegel (Polygonatum officinale). Die mit stengelumfassenden Blättern wechselständig besetzten Triebe entspringen einem höckerigen, unterirdischen Rhizom, erreichen eine Höhe von 50 cm und sind nach einer Seite hin leicht übergeneigt. An der geneigten Seite hängen die im Mai in den Blattachsen erscheinenden, länglich-glockenförmigen Blüten von weisser, an der Spitze grünlicher Farbe einzeln oder zu zweien an kurzen, ungeteilten Stielen. Die Vielblütige Weisswurz (Polygonatum multiflorum) ist der vorigen Art ähnlich, sie unterscheidet sich aber leicht durch die schmäleren Blätter und den höheren Wuchs, wodurch die Pflanze ein leichteres, zier- licheres Aussehen erhält. Die dünneren und längeren weisslichen, mit grünen Spitzen versehenen Blüten erscheinen gleichfalls im Mai an 1 bis 5 blutigen Stielen. Sie ist häufiger zu finden als die vorige Art und kommt in Laubwaldungen sehr gesellig vor. Die Quirlblättrige Weisswurz (Polygonatum verticillatum) ist sofort an den wirtelständigen, schmal-lanzettlichen, spitzen Blättern zu er- kennen. Die Blütenstiele hängen seitlich aus den Blattachsen heraus und tragen meist zwei Blüten von Form und Farbe wie die der vorigen Art. Die fast meterhohen Stengel entspringen einem dünnen, unterirdisch krie- chenden Rhizom. Die Pflanze ist seltener wie die obengenannten Arten, wächst in Gebirgswäldern und kommt nur vereinzelt in der Ebene vor. Alle drei Arten eignen sich vorzüglich zur Anpflanzung in den Gehölz- gruppen des Gartens, während sie auf Beeten wegen ihrer kriechenden Rhizome, wodurch sie sich sehr ausbreiten, nicht verwendbar sind. Ab- geschnittene blühende Stengel der beiden erstgenannten Arten finden gute Verwendung im Verein mit anderen Blumen in grossen Vasenbuketts. Im Herbst, wenn man an den welkenden Trieben noch die Art erkennen kann, werden die Rhizome am Standort ausgegraben und ohne weitere Um- stände in den Garten gepflanzt. Von den in Deutschland wildwachsenden P r i m e 1 - A r t e n ist die Hohe Primel (Primula elatior) schon lange in Kultur, und viele schöne Gartenformen sind aus ihr entstanden. Aber auch die zwei anderen ein- heimischen Arten sollten im Garten nicht fehlen, und ich richte daher die Aufmerksamkeit der verehrten Leser auf den Gebräuchlichen Him- melsschlüssel (Primula officinalis). Diese Art unterscheidet sich von der Primula elatior leicht dadurch, dass der Kronensaum nicht flach wie bei elatior, sondern glockig vertieft erscheint. Dabei sind die goldgelben, am Schlünde rotgefleckten Blumen wohlriechend, bei elatior fast geruchlos. Sie wächst an Waldrändern und auf Wiesen, fast im ganzen Gebiet, blüht gewöhnlich etwas später als elatior und ist eine sehr beliebte Frühlingsblume, deren Blütenstände sogar in Sträussen am Markte feilgeboten werden. Im Garten ist sie für alle Zwecke brauchbar, namentlich als Einfassung von Rabatten, auf Felsenanlagen und an Gehölzrändern; auch auf Rasen- Einheimische Stauden für den Garten. 205 platzen zerstreut angepflanzt, ist sie reizend, da sie vor dem ersten Mähen blüht und später das Abmähen während des ganzen Sommers ohne Schaden erträgt. In Töpfen kultiviert, ist sie sehr dankbar, lässt sich auch am Zimmer- fenster etwa vier Wochen früher zur Blüte bringen. Die zweite Art ist die Mehl- oder Moorprimel (Primula fari- nosa), ein kleines Pflänzchen mit mehr oder weniger weisslich bestäubten Blättern, 10 bis 20 cm hohen Blütenschäften, die eine vielzählige Dolde kleiner fleischrot gefärbter Blüten tragen. Diese Pflanze ist weniger verbreitet, wächst auf moorigen Wiesen, namentlich in Norddeutschland, im südlichen Gebiet dagegen nur vereinzelt. Sie blüht vom Mai bis in den Juli hinein. Zum guten Gedeihen im Garten bedarf sie eines feuchten Moorbeetes, wo sie vereint mit anderen hierher passenden Pflanzen kultiviert wird. Auch in kleinen Töpfen gedeiht sie gut, wenn ihr sandige Moorerde gegeben wird. Die Primeln können ohne Schaden vor der Blüte im Freien mit kleinen Erdballen ausgestochen und in den Garten gepflanzt werden. Die während des Sommers und Herbstes vom Standort geholten Pflanzen müssen in Töpfe gesetzt und in diesen überwintert werden. Aus Samen lassen sich die Primeln sehr leicht anziehen und blühen dann bereits im zweiten Jahre. Die Trollblume, Goldknöpfchen, auch Glatzer Blume genannt [Abzeichen des Glatzer Gebirgsvereins] (Trollius europaeus), ist eine zu den Ranunkeln gehörige Pflanze, die auf feuchten Wiesen zerstreut vorkommt, im nordwestlichen Deutschland aber ganz fehlt. Die Pflanze er- reicht die stattliche Höhe von 30 bis 50 cm, hat fünfspaltige Blätter mit drei- spaltigen Zipfeln. Aus dem Grunde steigen mehrere einblütige Stengel auf, die ziemlich grosse dottergelbe Blumen tragen, welche durch ihre zusam- mengeneigten Blumenblätter von weitem wie halbgefüllte Kugeln erscheinen. Obgleich feuchten Boden liebend, gedeihen die Trollblumen recht gut auf einem gedüngten Gartenbeet und bilden zwischen anderen Stauden einen angenehmen Schmuck. Wir bezeichnen die Pflanzen während der Blüte, die im Mai und Juni stattfindet, am Standorte mit Stäbchen und graben sie im September heraus, um sie gleich an Ort und Stelle in den Garten zu pflanzen. Verwandtschaftlich nahe steht der Trollblume der Sturmhut- blättrige Hahnenfuss (Ranunculus aconitifolius). Diese Pflanze, deren Blätter handförmig, drei- bis siebenteilig gespalten sind, wird gewöhn- lich 50 cm hoch, erreicht aber in gutem, feuchten Boden im Schatten eine Höhe von 1 m und darüber. Sie ist die einzige Ranunkel-Art, welche, abgesehen von den alpinen Formen, in Deutschland mit weissen Blüten vorkommt. Wir finden diese Pflanze in Bergwäldern Mittel- und Süddeutsch- lands, z. B. in Schlesien, Thüringen, Hessen, Westfalen und der Rhein- provinz, sowie in Bayern, Württemberg und Baden. An ihr besitzen wir eine sehr stattliche Staude für den Garten, die wir wie die Trollblume verwenden und ebenso in Kultur nehmen wie diese. Auch aus Samen lassen sich beide Arten leicht vermehren, und bei guter Pflege blühen die Sämlinge im zweiten Jahre zum erstenmal. Eine dem Schneeglöckchen sehr ähnliche Pflanze besitzen wir in Deutschland in der Frühlings-Knotenblume, auch G e l b s p i t z - ^Qg Einheimische Stauden für den Garten. c h e n oder Grosses Schneeglöckchen (Leucojum vernum), die, ebenso lieblich wie jenes, als eine hübsche Bereicherung des Gartens an- zusehen ist. Ihre Blätter sind länger und dunkler wie die des Schneeglöckchens; auch wird der Blütenschaft, an welchem sich im Frühjahr ein oder zwei Blüten- glöckchen entwickeln, 12 bis 30 cm hoch, die Pflanze ist also viel stattlicher wie das Schneeglöckchen. Leider ist die Frühlings-Knotenblume weit seltener zu finden wie jenes und nicht jedem Pflanzenfreund erreichbar. Sie kommt in feuchten Laub- wäldern und Wiesen, Gebüschen und Grasgärten vor. In Schlesien ist sie besonders in der Grafschaft Glatz zu Hause. Wer sie jedoch für den Garten erwerben kann, muss die Zwiebeln bei absterbendem Laube aus dem Boden nehmen und verpflanzen. Sie liebt mehr feuchten als trockenen Boden, und wo ersterer vorhanden, gedeiht sie auf jedem Gartenbeet, wo sie als Einfassung oder zwischen anderen Stauden zu verwenden ist. Zwei sehr hübsche, früh blühende Staudenarten finden wir unter der Gattung Lerchensporn (Corydalis); am häufigsten ist der Gemeine Lerchensporn (Corydalis cava), eine knollentragende Pflanze mit zer- teilten, weichen Blättern und einem 15 bis 30 cm hohen Blütenschaft, der in einer Traube von trübpurpur gefärbten, gespornten Blüten endigt. Auch findet man ab und zu eine Abart mit gelblich-weissen Blumen. Diese Art findet sich in Grasgärten, in Gebüschen und an lichten Wald- rändern mit feuchtem, humusreichem Boden im ganzen Gebiet verbreitet, ist aber nicht überall gemein. Die zweite Spezies, der Gefingerte Lerchensporn (Corydalis solida), wächst an ähnlichen Plätzen, ist aber seltener anzutreffen. Auch sie trägt runde Knöllchen von Haselnussgrösse; die Blätter sind länger gestielt und feiner zerteilt wie die der vorigen Art, und im ganzen ist die Pflanze überhaupt zierlicher gebaut. Die Blumen sind fast ebenso gross wie bei. dem Gemeinen Lerchensporn und rosenrot gefärbt. Corydalis solida beginnt bereits Mitte März zu blühen, cava dagegen einen Monat später. In Gärten mit feuchtem, gutem Boden sind beide Arten vorteilhaft zwischen Gebüsch zu verwenden, aber auch auf Staudenbeeten zwischen anderen Pflanzen sind sie am Platze. Sie können während der Blütezeit am Fundort ausgegraben und, nachdem die Stengel abgeschnitten sind, im Garten gepflanzt werden. Später sind sie schwer zu finden, wenn man die Stellen, wo sie wachsen, nicht bezeichnet hat, da das Laub sehr bald nach der Blüte abtrocknet und verschwindet. Unter den vielen Vergissmeinnicht-Arten, die alle wegen ihrer Klein- blütigkeit als Gartenpflanze ungeeignet sind, zeichnet sich das Sumpf- vergissmeinnicht (Myosotis palustris) durch Blütenreichtum, Gross- blütigkeit und andere gute Eigenschaften so vorteilhaft aus, dass wir nicht anstehen, es als Zierpflanze zu empfehlen. Die Pflanze ist allbekannt, da sie fast überall auf feuchten Wiesen, überschwemmten Stellen, an Gräben usw. gefunden wird, wo sie vom Mai bis in den August hinein ununterbrochen blüht. Für den Garten eignet sie sich am besten zur Anpflanzung an Teichufern und anderen feuchten Stellen. An nassen Plätzen wird sie üppiger als auf Einheimische Stauden für den Garten. 207 trocknerem Boden, aber auf letzterem bleibt sie niedrig und wird rasen- bildend und so eigentlich viel hübscher, da sie in diesem Zustande ebenso schön und reichlich blüht. Daher kultiviert man sie auch mit Erfolg auf massig feuchtem Moorboden, wo, wie schon erwähnt, die Moorprimel eben- falls gut gedeiht. Die einheimischen Kreuzblütler (Cruciferen) bieten uns wegen ihrer allgemeinen Kleinblütigkeit nur wenige als Gartenpflanzen geeignete Stauden. Wir können aus ihnen nur die Gattungen Dentaria und Lunaria erwähnen, aus denen ein paar Arten unseren Zwecken entsprechen. Die Zwiebeltragende Zahnwurz (Dentaria bulbifera) ist eine 30 bis 50 cm hohe Pflanze mit unterirdischen, schuppigen, äusserst zerbrech- lichen Rhizomen, aus denen Stengel mit unterwärts gefiederten, oben un- geteilten Blättern entspriessen. Die blassroten Blüten erscheinen im Mai in armblütiger Doldentraube an der Spitze der unverästelten Stengel. In den oberen Blattachseln bilden sich während des Sommers schwarzbraune, erbsengrosse Brutzwiebelchen, die beim Absterben der Stengel zur Erde fallen und im nächsten Frühjahr junge Pflanzen entwickeln. Sie kommt in Laubwäldern mit humösem Boden zerstreut im ganzen Gebiet vor, doch ist sie nicht überall gemein. Die Neunblättrige Zahnwurz (Dentaria enneaphyllos). Sie hat die Bezeichnung „neunblättrig" von den in der Mitte des Stengels in gleicher Höhe sitzenden drei dreizähligen Blättern erhalten, woran sie auch sofort von der vorigen Art zu unterscheiden ist. Ueber dem Blattquirl steht auf verlängertem Schaft der doldentraubige Blütenstand mit blassgelben Blumen, die Ende April zum Aufblühen gelangen. Diese Art ist seltener anzutreffen wie die vorige; sie kommit in Gebirgs- wäldern des östlichen Deutschlands vor. Im Garten sind beide Arten vortrefflich zur Ausschmückung von Felsen- anlagen zu verwenden, bedürfen aber humöser Lauberde und etwas Schatten zum guten Gedeihen. Die Rhizome können zu jeder Zeit am Fundort ausgegraben und in den Garten gepflanzt werden, doch sind in diesem Falle während der Vegetation die Stengel vor dem Pflanzen abzuschneiden. Sehr bequem lässt sich die Zwiebeltragende Zahnwurz durch ihre Brutzwiebelchen ansiedeln, die im Spätsommer von den Pflanzen genommen und an den betreffenden Platz im Garten gelegt werden. Auch aus Samen lassen sie sich leicht fortpflanzen. Drei andere in Deutschland hin und wieder vorkommende Dentaria- Arten lasse ich hier ihrer Seltenheit wegen, obgleich sie ebenso schön wie die genannten sind, ausser Betracht. Die Mondviole (Lunaria rediviva) wird 60 bis 100 cm hoch und be- sitzt ziemlich grosse, tief-herzförmige Blätter von sattgrüner Farbe. Die pfirsichfarbenen Blüten stehen an der Spitze der Stengel und in den oberen Blattachseln in kleinen Doldentrauben vereint, die zusammen einen eben- straussähnlichen Blütenstand bilden. Die Pflanze findet sich in feuchten Laubwäldern und Schluchten im Vor- gebirge bis ans Hochgebirge. Sie blüht im Mai und Juni und lässt sich im Garten zwischen anderen Stauden gut verwenden. Kann man Samen erlangen, so ist die Anzucht aus diesem die bequemste Einführung der Pflanzen in den Garten, da ältere, am Standorte ausgegrabene 208 Einheimische Stauden für den Garten. Exemplare nicht leicht anwachsen. Wollen wir sie verwenden, so müssen sie einige Zeit im Topf kultiviert imd unter Glas gehalten werden. Ich richte die Aufmerksamkeit meiner verehrten Leser nunmehr auf eine ungemein häufig vorkommende Pflanze, die Kuckucksblume (Lychnis Flos cuculi). Wir finden sie fast auf allen Wiesen in Menge und erkennen sie an der nelkenartigen Blüte mit tief-vierspaltigen Kronenblättern, wodurch die Blumen gefranst erscheinen. Gewöhnlich sind die Blüten fleischrot, doch werden auch weissblühende Exemplare gefunden. Am Standort sieht die Pflanze immer etwas mager aus, und wir ahnen gar nicht, wie schön sie in der Kultur werden kann. In gutem Gartenboden entwickelt sie sich sehr bald zu einem ansehnlichen Busch und bringt eine reichliche Menge von Blütenständen hervor. Wir können die im Mai bis Juni blühenden Pflanzen jederzeit in den Garten übersiedeln, müssen sie aber eine Zeitlang im Topf kultivieren, ehe wir sie ins freie Land aussetzen. Aus Samen gezogene Pflanzen entwickeln sich schöner, daher ist eine Nachzucht solcher Samenpflanzen sehr zu empfehlen. Eine reizende Schwester von ihr ist die Gemeine Pechnelke (Lychnis Viscaria). Sie treibt mehrere blühbare und nichtblühbare Wurzel- köpfe, die je ein Büschel 4 bis 8 cm langer lineal-lanzettlicher Blätter tragen. Die 20 bis 50 cm hohen Blütenschäfte besitzen gewöhnlich drei Blattpaare und sind unterhalb eines jeden, wie auch an den Blütenkelchen mehr oder weniger klebrig. Die im Mai und Juni erscheinenden Blüten sind weinrot von Farbe und stehen fast quirlig in traubigen, kurzen Rispen, wodurch der Blütenstand bedeutend an Ansehen gewinnt. Diese Art kommt ziemlich häufig auf trockenen Wiesen und an buschigen Bergabhängen vor, meidet aber Kalkboden. Eine gefüllt blühende Form wird vielfach in Gärten kultiviert. Auf freiem Gartenbeet gedeiht sie ganz prächtig und breitet sich mit den Jahren rasenförmig zu runden Büschen aus. Für sich allein oder als Einfassung von Staudenbeeten ist sie sehr vorteilhaft verwendbar. Die Uebersiedlung vom freien Standort in den Garten kann jederzeit er- folgen, nur wachsen die Pflanzen schwer an und müssen aus diesem Grunde in Töpfen vorkultiviert werden. Aus Samen, den sie reichlich liefert, lässt sich die Art leicht vermehren, und es ist die Anzucht junger Pflanzen durch Aussaat anzuraten. Zu gleicher Zeit wie vorige blüht der Wiesensalbei (Salvia pra- tensis), eine bekannte Pflanze, die sich schon von weitem durch ihre langen, tiefblauen Blütenstände bemerkbar macht. Als wildwachsende Pflanze bildet sie gewöhnlich eine Rosette von runzeligen, herzförmigen Blättern dicht am Boden, aus welcher ein bis zwei 60 cm hohe Blütenstände entspringen, die vom Juni ab bis in den August ziemlich grosse, dunkelblaue, quirlständige Blüten bringen; man findet auch rot- und weissblühende Formen. Im Garten, besonders auf gutem Boden, entwickeln sich die Pflanzen viel kräftiger; hier wachsen sie zu ansehnlichen Büschen heran und bringen eine Menge Blütenstände. Wir besitzen an ihr eine ganz vorzügliche Garten- pflanze, die einzeln oder mit anderen Stauden auf Beeten oder als Vor- pflanzung vor Gebüschen sehr gut zu verwenden ist. Einheimische Stauden für den Garten. 209 Sie wächst wild auf trockenen Wiesen, begrasten Abhängen durch ganz Deutschland, stellenweise recht häufig. In den Garten übergesiedelt, wächst sie nur dann gut an, wenn sie eine Zeitlang in Töpfen kultiviert worden ist. Samen bringt sie reichlich, und man kann sie durch Aussaat leicht ver- mehren. Die Agleiblättrige Wiesenraute (Thalictrum aquilegiifolium) ist eine durch Belaubung wie durch die zierlichen lila-purpurroten, zu Büscheln vereinigten Blumen eine wertvolle Zierpflanze für die Rabatte auf feuchtem, beschattetem Boden. Die 50 bis 130 cm hohe Staude blüht vom Mai bis in den Juli hinein und ist in Wäldern, besonders Laubwäldern, in Gebüschen, in Schluchten, in der Ebene, vom niederen Vorgebirge bis ins Hochgebirge zu finden. Eine Pflanze, die wir lediglich ihrer Blätter wegen zur Gartenkultur empfehlen, ist die Kleine Wiesenraute (Thalictrum minus). Die Blumen derselben sind nur klein und ohne Bedeutung. Dagegen liefern uns die Blätter ein ausgezeichnetes Bukettmaterial, welches wir anstatt der Wedel des Haarfarns (Frauenhaar) verwenden können, mit denen sie eine grosse Aehnlichkeit haben. Es sind zwar die Blätter aller Wiesenrauten- Arten für diesen Zweck verwendbar, aber Thalictrum minus hat die zier- lichste Belaubung von allen. Einige Pflanzen dieser Art werden im Garten von grossem Nutzen sein, denn an leichtem Grün fehlt es zur Herstellung von Blumensträussen immer. Die Art findet sich an sonnigen Abhängen und auf trockenen Wiesen durch das ganze Gebiet zerstreut, ist aber nicht überall häufig. Kalkboden bevorzugt sie, daher treffen wir sie in Kalkbergen am häufigsten an. Im Herbst, wenn die Blätter gelb geworden sind, kann man sie am Standort ausgraben und unbeschadet in den Garten pflanzen. Sie wächst sehr gut auf gewöhnlichen Gartenbeeten, auf welchen sie zwischen anderen Stauden eine zierliche Erscheinung bildet. Ausgezeichnet sind in grossen Sträussen auch die Blütenstände von zwei Ehrenpreis-Arten zu verwenden. Als schönste nennen wir den Lang- blättrigen Ehrenpreis (Veronica longifolia), eine kräftige Staude von 60 bis 125 cm Höhe mit gegenständigen, oft auch in drei- bis vierzähligen Wirtein stehenden Blättern von lanzettlicher, lang zugespitzter Form und scharf gesägten Rändern. Der Blütenstand besteht aus einer endständigen, aufrechten Traube dichtgedrängter kleiner, blauer Blumen, der sich seitlich aus den oberen Blattachseln oft noch Nebentrauben hinzugesellen. Sie wächst auf feuchten Wiesen, an Gräben und in Gebüschen in ganz Deutschland, doch immer nur stellenweise, und blüht im Juli und August. Der Aehrige Ehrenpreis (Veronica spicata) sieht der vorigen Art sehr ähnlich, unterscheidet sich aber zunächst durch die graugrüne Färbung aller blattartigen Teile. Ausserdem sind die Blätter nicht scharf gesägt, wie bei voriger, sondern nur gekerbt, und stehen sie bei ihr immer nur zu zweien, nie in drei- und vierzähligen Wirtein. Die Pflanze wird nur 15 bis 30 cm hoch, und die sehr gedrängten himmelblauen Blütentrauben stehen ebenfalls endständig oder in den oberen Blattachseln. Sie liebt nicht den feuchten Boden wie der Langblättrige Ehrenpreis, sondern wächst an trockenen, grasigen Anhöhen, Triften und Rainen im ganzen Gebiet zerstreut, fehlt aber in einzelnen Gegenden. 210 ^fif Einfahr von Blumenzwiebeln aus Holland. Im Garten gedeihen beide Arten in einem guten Boden ganz vorzüglich und sind auf Staudenbeeten gut zu verwenden. Veronica longifolia kann auch als Einzelpflanze auf Rasenplätzen mit Erfolg benutzt werden. Nach dem Abblühen können die Pflanzen vom Fundort gleich in den Garten ge- pflanzt werden, wo sie sehr willig weiterwachsen. Eine reiche Ausbeute an gärtnerisch verwendbaren Arten liefert uns die Gattung der Glockenblumen (Campanula), die ja an und für sich schon die Zuneigung der Blumenfreunde besitzt. Die schönste, wenn auch nicht grossblumigste von allen, ist die Krie- chendeGlockenblume (Campanula rapunculoides), eine reichlich Aus- läufer treibende Pflanze mit 40 bis 80 cm hohen, unverzweigten Blüten- schäften, die an der Spitze eine lange, einseitwendige Traube glocken- förmiger Blüten von blau-violetter Farbe tragen, welche im Juli und August zur Entwicklung kommen. Wegen ihrer weitkriechenden, unterirdischen Ausläufer wird die Pflanze im Garten oft lästig, aber in Beeten, die jährlich gehörig umgegraben werden, lässt sie sich doch, sobald die Ausläufer sorgfältig entfernt werden in bescheidenen Grenzen halten. Blühend bietet die Pflanze einen reizenden Anblick, und die langen Blütenschäfte liefern ein vorzügliches Material zur Anfertigung von grossen Blumensträussen. Wir finden diese Art in ganz Deutschland verbreitet, in Wäldern, Gärten, Weinbergen, an Wegrändern usw. Im Garten nimmt sie mit jedem Boden vorlieb, entwickelt sich aber in guten Bodenarten bei kräftiger Düngung am schönsten. Man verwendet sie am besten auf freien Beeten zwischen anderen Stauden und siedelt sie sehr leicht dadurch an, dass man während des Sommers Pflanzen am Standort herausnimmt, in Töpfe setzt und später ins Freie setzt. Auch aus Samen lassen sich die Glockenblumen sehr leicht anziehen. (Fortsetzung folgt.) Zar Einfuhr von Blumenzwiebeln aus Holland. Den ständig fortgesetzten Bemühungen des „Verbandes der Handeis- gärtner Deutschlands", als leitendem Verband der „Wirtschaftlichen Ver- bände" des Reichsverbandes für den deutschen Gartenbau, ist es gelungen, mit dem Reichskommissariat für Aus- und Einfuhrbewilligung, bzw. mit den übrigen in Betracht kommenden Reichsbehörden, Bedingungen zu verein- baren, unter denen eine T e i 1 e i n f u h r für Blumenzwiebeln aus Holland er- möglicht werden soll. Die endgültige Zustimmung des Reichskommissariats steht zwar noch aus ; es ist jedoch zu erwarten, dass diese erteilt werden wird. Am 16, Juni fand unter Leitung des Vorsitzenden des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Max Ziegenbalg, Laubegast, in Berlin eine Versammlung statt, zu welcher auch der Reichskommissar seinen De- zernenten, Herrn Dr. Kuhnert, entsandt hatte. Eingeladen waren die Wirtschaftlichen Verbände des Reichsverbandes, sowie eine Anzahl von Interessenten aus den verschiedenen Gegenden des Reiches, aus Gärtner- und Händlerkreisen. Zar Einfuhr von Blumenzwiebeln aus Holland. 211 Generalsekretär Beckmann, Neukölln, berichtete zunächst über die Verhandlungen im Reichskommissariat bis zu deren Abschluss. Nach dem Gesetz vom 16. Januar 1917 ist neben vielen anderen entbehrlichen Gegen- ständen auch der Bezug von Pflanzen, Blumen und Blumenzwiebeln ver- boten. Wenn der Reichskommissar trotzdem geneigt ist, eine Teileinfuhr von Blumenzwiebeln unter bestimmten Bedingungen zu gestatten, so sind hier ausschliesslich soziale Gründe massgebend, um die Existenz von Gärtnerei und Blumenhandel nicht zu gefährden. Deshalb kann auch eine Einfuhr nurzu diesem Zweck gestattet werden. Sämtliche Bezüge für Stadt-, Friedhofs- und sonstige Verwaltungen, sowie für Private müssen vollständig ausgeschlossen bleiben; auch darf ein Verkauf von trockenen Zwiebeln an diese Stellen durch Händler, Gärtner und Blumenhandlungen nicht erfolgen. Alle Bemühungen, hierbei Ausnahmen schaffen zu wollen, müssen als aus- sichtslos bezeichnet werden. Es besteht Aussicht, dass ein Drittel der Ein- fuhr des Jahres 1913 von 48 000 Dz im Werte von zirka 4,5 Millionen Mark, also im ganzen 16 000 Dz im Werte bis zu 1,5 Millionen Mark bewilligt werden, lieber den Bezug von Blumenzwiebeln in den Jahren 1913 bis 1916 sind von sämtlichen Beziehern, einerlei, ob es Gärtner oder Händler sind, genaue Unterlagen zu schaffen, deren Richtigkeit von den Handelskammern, in Sachsen von dem Gartenbauausschuss bei dem Landeskulturrat, be- glaubigt werden muss. Die Blumenzwiebelhändler haben ein Verzeichnis ihrer sämtlichen Kunden einzureichen, mit der Angabe der von diesen in den genannten Jahren bezogenen Mengen und ihrer Werte. Als Grundlage für die Bescheinigungen der Behörden haben die Originalrechnungen bzw. Frachtbriefe und Bücher zu gelten. Alle Gärtner und Händler, welche Blumenzwiebeln zu beziehen wünschen, haben dies bis zu einem noch zu bestimmenden Termin bei der zuständigen Stelle bekanntzugeben. Die gärt- nerische Fachpresse soll um ihre Mitwirkung bei der Bekanntgabe der Bestimmungen gebeten werden. Für die Zahlungen soll möglichst ein Mittel- kurs vereinbart werden, ebenfalls eine Preisgrenze. Bestellungen und Zahlungen erfolgen in Markwährung. Alle etwa bereits abgeschlossenen Verträge sind, soweit sie sich auf Mengen und Preise beziehen, hinfällig. Sämtliche Zahlungen haben seitens der Bezieher bei einer noch näher zu bestimmenden deutschen Bank zu geschehen. Dort werden die Beträge bis zu einem halben bis einem Jahre nach Beendigung des Krieges gesperrt und können erst dann in die Hände der holländischen Verkäufer gelangen. Auf Wunsch des Reichskommissars ist für die Erledigung der gesamten Einfuhranträge und sämtlicher damit in Verbindung stehenden Angelegen- heiten ein besonderer Hilfsausschuss gebildet worden, an den sämt- liche auf die Einfuhr bezüglichen Anträge und sonstige Schreiben zu richten sind. Die Genehmigung der Einfuhranträge erfolgt nach Prüfung und Be- fürwortung seitens des Hilfsausschusses durch den Reichskommissar. Den Antragstellern wird von dem Hilfsausschuss sodann ein Fragebogen über- sandt werden. Der Hilfsausschuss besteht aus Generalsekretär Beck- mann-Neukölln als Obmann und Gärtnereibesitzer Otto Platz- Charlottenburg, sowie Samenhändler Otto R u h e - Charlottenburg als weiteren Mitgliedern. Als Ersatzmänner für die beiden letztgenannten Herren sind die Gärtnereibesitzer Wilhelm E r n s t - Charlottenburg und 212 ^w Einfuhr von Blumenzwiebeln aus Holland. Gustav Struck- Berlin-Britz bestimmt. Als Vertrauensmann, mit der Befugnis der jederzeitigen Teilnahme an den Verhandlungen des Hilfsaus- schusses, ist Samenhändler Otto M an n- Leipzig, als dessen Ersatzmann Carl E i s e 1 e , Inhaber der Firma Fritz Hufeid - Darmstadt, bestimmt. Für den Hilfsausschuss wird für die Dauer seiner Tätigkeit eine besondere Geschäftsstelle mit besonderem Personal errichtet. Die entstehenden Un- kosten werden auf die Bezieher prozentual verteilt. Soweit die vorläufigen Mitteilungen, denen weitere Ergänzungen sobald wie möglich folgen werden. Von der endgültigen Erteilung der Einfuhr- bewilligung wird ebenfalls sofort Kenntnis gegeben werden. Wir hoffen, dass die heutige Nachricht in den Kreisen der Interessenten mit Freude begrüsst werden wird, möchten aber schon jetzt die dringende Mahnung an alle Bezieher richten, wenn die Einfuhrerlaubnis eingegangen und ver- öffentlicht ist, nicht sofort die Bestellungen aufzugeben, sich vielmehr hierbei ruhig Zeit zu lassen und nichts zu überstürzen. Als Vertreter des Holländischen Blumenzwiebel-Exportverbandes nah- men an dem zweiten Teil der Verhandlungen vier Herren aus Holland teil. Zum Schluss sei noch ganz besonders darauf auf- merksam gemacht, dass es durchaus zwecklos ist, irgendwelche Anträge auf Einfuhrbewilligung von Blumenzwiebeln an den Herrn R e i c h s k o m m i s s a r für Aus- und Einfuhrbewilligung zu richten. Auch etwaige an den Hilfsausschuss gerichtete Anträge haben vor- läufig noch keinerlei Aussicht auf Bewilligung. Der richtige Zeitpunkt zur Stellung der Anträge wird be- kanntgegebenwerden. — — — — — — — — — Vom Reichskommissar für Aus- und Einfuhrbewilligung ist inzwischen auf den Antrag der Wirtschaftlichen Verbände des Reichsverbandes an den Verband der Handelsgärtner folgende Antwort eingegangen: Die Bewilligung von Anträgen auf Einfuhr von Blumenzwiebeln aus Holland in den Monaten Juli bis Oktober 1917 im Gesamtbetrage von höch- stens 1,5 Millionen Mark wird in Aussicht gestellt. Die Verteilung dieser Menge auf die einzelnen Antragsteller erfolgt durch den gewählten Hilfs- ausschuss im Verhältnis der früheren Einfuhr der einzelnen Käufer, die, wie verabredet, nachzuweisen ist. Der Hilfsausschuss haftet dafür, dass die Höchstsumme nicht überschritten und die Einfuhr gerecht verteilt wird. Die Bezahlung der Ware muss durch Einzahlung des Kaufbetrages zugunsten des holländischen Verkäufers auf ein Sperrkonto bei einer deutschen Gross- bank erfolgen, über das ohne diesseitige Zustimmung erst frühestens neun Monate nach Aufhebung des Kriegszustandes verfügt werden darf. Die Einzahlung der Kaufbeträge hat der Hilfsausschuss zu überwachen. Delbrück. Der Hilfsausschuss hat bereits seine erste Sitzung abgehalten, in welcher allgemeine Richtlinien festgestellt wurden, und ist in die Beratung eines Fragebogens eingetreten, der baldmöglichst veröffentlicht werden soll. Es muss ganz besonders darauf hingewiesen werden, dass die Einfuhr- erlaubnis in den oben erwähnten Monaten nur für Blumenzwiebeln der Nummer 40a des Statistischen Warenverzeichnisses, nicht aber für Zur Einfuhr von Blumenzwiebeln aus Holland. 213 Knollen, Bulben usw. der Nummer 40b erteilt wird. Die Einfuhrmöglichkeit erstreckt sich also nur auf die im Winter zum Treiben allgemein zur Ver- wendung gelangenden Blumenzwiebelarten. In dem Fragebogen sind vor allen Dingen die Fragen zu beantworten, wieviel Blumenzwiebeln der obenbezeichneten Art von den Antrag- stellern in den Jahren 1913 bis 1916 (jedes Jahr für sich) und in welchem Werte bezogen worden sind; von wem der Bezug erfolgte und ob Zwiebeln nur zum Treiben oder auch zum Trockenverkauf eingekauft wurden; falls letzteres der Fall ist, in welchen Mengen, Der Meldeschluss für Anträge auf Einfuhr von Blumenzwiebeln ist auf den 1. August festgesetzt. Für Un- kosten sind für je 100 M. der beantragten Bezugssumme 50 Pf. bei Stellung des Antrages einzusenden. Angefangene 100 M. gelten für voll. Der Versuch, zu einer allgemein gültigen Preisfestsetzung und zur Fest- setzung eines Höchstpreises zu gelangen, ist gescheitert. Die Vertreter des Holländischen Blumenzwiebel-Exportverbandes haben derartig hohe Preisforderungen gestellt, dass eine Einigung von vornherein aussichtslos war. Wir müssen deshalb nochmals vor zu frühen Abschlüssen warnen. Jeder Bezieher hat das grösste Interesse daran, die Zwiebeln nicht zu teuer einzukaufen, denn je höher der Preis, desto niedriger wird die dem einzelnen zu bewilligende Gesamtmenge. Der Hilfsausschuss bittet, ihm alle ge- forderten, übermässig hohen Preise unter Einsendung der Belege bekannt- zugeben. Von jedem holländischen Lieferanten ist die nachstehende, eigenhändig von demselben unterschriebene Erklärung beizubringen: Ich bin damit einverstanden, dass der Gegenwert für die von mir an deutsche Käufer gelieferten Blumenzwiebeln nicht an mich in bar gezahlt wird, sondern dass er zu meinen Gunsten auf ein Sperrkonto bei der Bank derart eingezahlt wird, dass ich über die Summe ohne Zustimmung des Reichskommissars für Aus- und Einfuhrbewilligung oder einer an dessen Stelle vom Herrn Reichskanzler zu bestimmenden Reichs- stelle nicht eher als neun Monate nach Aufhebung des Kriegszustandes ver- fügen darf. Ich verpflichte mich, Blumenzwiebeln nur mit dieser Zahlungs- bedingung nach Deutschland zu liefern. , den 1917. (Unterschrift.) Sämtliche Anträge und Schreiben sind an den Hilfsausschuss für die Einfuhrbewilligung für Blumenzwiebeln aus Holland, z. H. des Herrn Generalsekretärs F. Johs. Beckmann, Neukölln, Berg- strasse 97/98, zu richten. Allen Schreiben ist eine Briefmarke für die Ant- wort beizufügen. 214 Verschiedenes. Verschiedenes. Der Kultur\«rert der Gattung Hypericum. Von H. Mem m ler. (Fortsetzung.) H. Leichtlinii Stapf. Mittel- meergebiet; bis 1 m hoher Strauch; Blätter spitzoval. 3 bis 9 cm lang; Blüten in lockeren, aufrechten Rispen, 1 bis 2 cm Durchmesser. Schöne Zierpflanze. Winterschutz. H. nanum Poiv., Syrien; 20 bis 30 cm hoch, reichverzweigt; Strauch auf sonnigen und halbschattigen Standorten, in der Ebene und im Gebirge; Blätter stahlgrün, rundlich, 1:2 cm; Blütenblätter sehr schmal, 1 bis 1,3 cm lang, 2 mm breit; Staub- fäden 0,5 bis 0,8 cm lang. Winter- schutz! Allenfalls auch im Kakteen- hause zu ziehen (siehe nächste Ab- teilung und Endbemerkung). H. grandifolium Choisy, Teneriffa; hübscher, 40bis60cm hoher Strauch; Blätter ansehnlich, 5 bis 8 cm breit, 6 bis 12 cm lang(?); Blüten einzeln oder zu mehreren ver- eint, endständig, 3,5 cm Durchmesser; Staubfäden zahlreich, auffallend. Winterschutz im Freien bzw. im Kakteenhause. H. floribundum Ait., Tene- riffa; Blätter weidenblattähnlich, mattgrün; Blüten gelb, klein, in Rispen. Winterschutz! H. c a n a r i e n s e L., Kanaren ; Felsenstrauch der Waldregion; dicht- buschige, reichblumige, 10 bis 25 cm hohe Pflanze; Blüten klein, 1 cm Durchmesser, leuchtendgelb; Blätter lanzettlich. Winterschutz oder Kak- teenhaus. H. balearicum L., Insel Ma- jorka; kleiner Felsenstrauch; Blüten zahlreich, klein. Milde Lagen, sonst Kakteenhaus. 3. Hypericum-Arten für das Kakteenhaus. H. keniense Schwft., vom Keniaberg (Ostafrika). Wird in 3000 bis 3800 m Höhe (Ericaregionen) ge- funden. 1 bis 3 m hoher Strauch; Blätter stark veränderlich, mattgrün, gewöhnlich 1 bis 1,3 cm breit und 5 bis 9 cm lang; Blüten schwach- glockenförmig, orange, 5 cm Durch- messer. H. mysorsense Heyne, Ost- indien; 20 bis 50 cm hoher Strauch. Aendert je nach Standort ab. Blätter schmallanzettlich, 2 bis 4 cm lang; Blüten 2 cm Durchmesser; Staub- fäden klein. H. coris L., Mittelmeergebiet; immergrüner Felsenstrauch; für Topfkultur zu Handelszwecken ge- eignet; blüht den ganzen Sommer; Blüten klein, 1,5 cm Durchmesser, aber sehr zahlreich. H. empetrifolium Willd., Kleinasien; zierlicher F'elsenstrauch; Laub sehr klein, dem von Empetrum nigrum ähnlich; Blüten klein. H. eri Codes L., Süd -Europa; ist dem H. empetrifolium ähnlich; reizendes Pflänzchen, 5 bis 15 cm hoch, Blüten 0,5 bis 0,8 cm Durch- messer. H. hirteil um Spach, Persien; sperrig verzweigte Staude, 30 bis 45 cm hoch, Blätter klein, schmal- lanzettlich; Blüten gelb, 1 bis 2 cm Durchmesser, in langgestreckten Rheinähren; Staubfäden 5 mm lang. H. assyriacum Spach, Meso- potamien ; kleiner, 20 bis 30 cm hoher, locker gebauter Strauch mit rot- braunen, brüchigen Zweigen; Blätter sehr klein; Blüten leuchtendgelb, 5 mm Durchmesser, sehr zahlreich, in zusammengesetzten, aufrecht- stehenden Rispen. Sehr schöne Pflanze. H. adenotrichum Spach; Kleinasien; Blätter deutlich-behaart, klein, 1 bis 2 cm lang; Blüten hell- gelb. H. reflexum L., Teneriffa; 30 cm hoch; Blätter rundlichoval; Blüten 1 bis 1,5 cm Durchmesser, zahlreich, in endständigen Rispen. 4. Hypericum-Arten für das Warmhaus. H. Schimperi Höchst., Ost- afrika, Usambara; in 2000 m Höhe. Strauch, 1,50 bis 3,50 m hoch; Blätter spitzoval oder oval-lanzettlich, oliv- grün; Blüten gross, 5 cm Durch- messer, goldgelb; ist reichblühend. Für das massig warme Haus. H. Conrananum Engl., Tro- pen, Afrika; Savannenstrauch; wächst auf felsigem Boden, halb- Verschiedenes. 215 schattig, wird bis 2 m hoch; Blüten schwefelgelb, glänzend, 5 bis 7 cm Durchmesser; Blätter olivgrün, glän- zend, breitoval. H. Leschenaultii Choisy, Java; Strauch, bis 1,50 m hoch; Blüten gross, 4 bis 5 cm Durch- messer; Blätter stumpfoval, 5 bis 7 cm lang. H. lanceolatum Lam., Ka- merun (?); Gebirgspflanze der Ur- wälder. Liebt feuchten Boden. Strauch, bis 2,50 m hoch; Blätter sehr veränderlich in Form; Blüten 4 cm Durchmesser, goldgelb. Neben diesen aufgeführten Arten sind hier und da noch einige andere in Kultur, wie H. p u 1 c h r u m L., H. telodes L., H. humifusum L., H. r e p e n s L., H. c r i s p u m L., sämtlich in Europa beheimatet. H. B u c k 1 e y i M. A. Gurt aus Nord- amerika; ebenso H.sarotha Mchx. von dort, und manche andere. Alle sind dankbare, anspruchs- lose Pflanzen, die wenig Mühe machen und jedes Jahr durch reichen Blütenansata erfreuen. Die Frei- landpflanzen erfordern humosen, lockeren Boden, auch die für Felsen- anlagen; nur verlangen diese recht steinigen Boden. Die unter der Ab- teilung „für das Kakteenhaus" Ge- nannten beanspruchen mehr lehmige, aber durchlässige Erde; sie können in Töpfen oder ausgepflanzt gezogen werden. Frostschäden an Bäumen und Sträuchern in der Wilnaer Gegend. Von E. Dageförde, zurzeit im Felde. Der vorige schwerkalte Winter war nicht nur für den Westen eine böse Erscheinung, auch hier im käl- teren Osten war er eine Ausnahme; auch hier konnten sich die ältesten Leute eines gleichen nicht entsinnen. Die Temperatur hielt sich wochen- lang auf — 30" C, ja oft fiel das Quecksilber auf — 40" G. Wirk- liches Tauwetter gab es während des ganzer* langen Winters auch nicht einen Tag. Dass ein solcher Winter grosse Schäden verursachen würde, war vorauszusehen. Bemerkenswert ist die Verschiedenheit der Schädigung. Wenn man auch sagen kann, dass. besonders bei den Sträuchern, ganze Arten gleichmässig gelitten haben, so ist, namentlich bei den Bäumen, fest- zustellen, dass gerade geschützt ste- hende Exemplare oft hart mitgenom- men sind. Der Grund für diese Erscheinung ist wohl darin zu suchen, dass diese Bäume verweichlicht waren und so eine leichte Beute des Frostes wurden. In den Obstgärten sieht es beson- ders trübe aus. DerBlütenansatz Hess infolge des ungünstigen Sommers schon sehr zu wünschen übrig. Nun hat auch noch der Frost unter den Beständen aufgeräumt, so dass nur geringe Hoffnungen auf einen eini- germassen nennenswerten Frucht- ertrag bestehen. Beerenobst wird es fast gar nicht geben, trotzdem hier Frostschaden nicht in Frage kommt. Pflaumen und Kirschen sind fast gänzlich vernichtet; manche Bäume schlagen notdürftig wieder aus; vor- läufig ist aber auf Jahre hinaus auf Ertrag nicht zu rechnen. Auch Birnen haben furchtbar gelitten, natürlich die besseren Sorten am meisten; erst jetzt zeigen sich an manchen dürftige Ausgrünungen. Am besten haben die Apfelbäume standgehalten. Wenn auch bei vielen die unteren Partien der Kronen noch kahl sind, so ist doch immerhin so viel geblieben, dass für nächstes Jahr wieder auf Ertrag gerechnet werden kann. Wenig Schaden ist bei den guten alten Lokalsorten Anto- no w k a und S i e r i n k a zu bemer- ken, während der grosse rotfrüchtige Titowka und Oporto (unser Prinzenapfel) mehr gelitten haben. Von den Parkbäumen sind besonders viele Eschen und Robinien ver- nichtet; erst jetzt grünen noch einige von ihnen aus. Auch aus dem grossen Kreise der Ziersträucher sind manche hart mitgenommen. Philadelphus ist durchweg bis auf die Wurzel er- froren, und wird es ein paar Jahre dauern, bis die Schossen so weit sind, dass wieder der „Jasmin" duftet. Syringa chinensis hat nur einige armselige Triebe gemacht, und ebenso übervoll als er im vorigen Jahre in Blütenpracht stand, so ge- ring ist heuer die Zahl der Blüten- trauben. 216 Verschiedenes. Sogar die harte Berberitze ist stark zurückgefroren, gleiches gilt von Deutzia crenata. Mein Nachbar führt die Schädi- gungen auf die Nähe der Schiess- stände zurück; er will beim letzten Gewitterregen Pulverniederschläge auf dem Wasser entdeckt haben. Das ist natürlich Phantasie; dieser gelbe Niederschlag war weiter nichts als der Blütenstaub der Kiefer. Eher könnte man auf die Vermutung kom- men, dass durch die andauernden Lufterschütterungen bei hoher Kälte Schaden entstehen könnte. In vielen Obstgärten der weiteren Umgebung soll der Schaden tatsächlich ein viel geringerer sein. Doch auch diesen Grund möchte ich nicht gelten lassen, ich gebe gerade dem geschützten, verweichlichenden Standorte die Hauptschuld. Die Gründung der „Hortus Gesell- schaft" zur Förderung des Sammeins und Anbaues von Arznei- und Ge- würzpflanzen sowie deren indu- strieller Verwertung. Von Prof. Dr. phil. et med. Theodor Paul, Direktor des Pharmazeutischen In- stitutes und Laboratoriums für an- gewandte Chemie an der Kgl. Uni- versität München. Gegenwärtig ist in ganz Deutsch- land eine Bewegung im Gange, um das Sammeln und den Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen auf heimischem Boden zu fördern und dadurch unser Vaterland auch in dieser Beziehung möglichst unab- hängig vom Auslande zu machen. Unterstützt wurden diese Bestrebun- gen durch zahlreiche Veröffent- lichungen in Wort und Schrift. Auch die Bundesregierungen haben sich der Sache angenommen. So hat das Kgl. Preussische Minij sterium des Innern im Sommer 1915 einen Erlass an die Apothekerkam- mern wegen des Einsammelns von Arznei- und anderen Nutzpflanzen gerichtet und das Kgl. Preussische Ministerium für Landwirtschaft, Do- mänen und Forsten im Juni 1916 das Einsammeln durch Schulkinder an- geregt. Im Königreich Sachsen wurde unter dem Vorsitz von Ober- medizinalrat Prof. Dr. Kunz- Krause ein Ausschuss eingesetzt, der zunächst das Einsammeln wild- wachsender Arzneipflanzen fördern, dann aber auch den Anbau solcher Pflanzen planmässig verfolgen soll. Bisher wurde dort der Anbau von Arzneipflanzen auf dem Gelände verschiedener Landesanstalten in die Wege geleitet, auch wurden dem Ausschuss von privater Seite grössere Anbauflächen zur Ver- fügung gestellt. In Bayern betrieb u. a. cand. pharm. Hermann Geiger seit Frühjahr 1915 den An- bau von Arzneipflanzen auf zwei seiner Familie gehörigen Gütern bei Ottobeuren (Kreis Schwaben). Er hat darüber in einem am 26. Januar 1917 in der Münchener Pharmazeuti- schen Gesellschaft gehaltenen Vor- trage Bericht erstattet und im An- schluss daran Leitsätze aufgestellt, die auch Aufschluss über die Ren- tabilität geben. Nach seiner Ansicht eignet sich der Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen besonders für Kriegsinvalide, sei es als Haupt- oder Nebenerwerb, da es sich um eine Beschäftigung für Leichtarbeiter handelt, die auf kleinen und kleinsten Flächen vorgenommen werden kann. Im Anschluss an diesen Vortrag hat auch der Vorstand der Münchener Pharmazeutischen Gesellschaft unter Mitwirkung des Verfassers Leitsätze aufgestellt, die besonders die Organi- sation der zu ergreifenden Mass- nahmen bezwecken. Unter Zugrunde- legung dieser Leitsätze fand im An- schluss an den vorerwähnten Vor- trag Geigers eine Besprechung statt, an der sich Vertreter der wissen- schaftlichen und angewandten Bo- tanik, ferner solche der pharmazeuti- schen Chemie, des Apothekerstandes, der Landwirtschaft, der Industrie und des Handels beteiligten. Das Er- gebnis dieser Beratung war die Bil- dung eines Ausschusses. Am 20. Februar 1917 wurde die Gründung der „Hortus-Gesellschaft" beschlossen, die inzwischen in das Vereinsregister beim Amtsgericht München eingetragen worden ist. Nach den Satzungen hat die Hortus-Gesellschaft in erster Linie den Zweck, das Sammeln und den Anbau geeigneter Arznei- und Ge- würzpflanzen auf heimischem Boden zu fördern, um Deutschland auch in Verschiedenes. 217 dieser Beziehung vom Ausland mög- lichst unabhängig zu machen. Durch Schaffung von Versuchsgärten und Musteranlagen soll das Interesse hierfür in weitesten Kreisen und vor allem bei den Kriegsinvaliden, sowie den Hinterbliebenen gefallener Kriegsteilnehmer geweckt werden. Für sie soll eine gesunde Arbeits- gelegenheit zu lohnendem Erwerb geschaffen werden. Diese Aufgaben sollen in folgen- der Weise erfüllt werden : 1. Unter Mitwirkung von Sach- verständigen sind in Versuchsgärten Untersuchungen über den Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen anzu- stellen. 2. Es sollen Versuche in den ver- schiedenen Gegenden mit abweichen- den Klima- und Bodenverhältnissen veranlasst werden, um die Grund- besitzer zum Anbau anzuregen. In diesen Anbaustellen sollen Säm- lingspflanzen, Stecklinge und Samen gezogen und zur Abgabe bereit ge- halten werden. Auch soll der Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen in den Schul- und Apothekengärten, sowie in In- validenheimstätten angestrebt wer- den. Es ist vorteilhaft, mit diesem Anbau Bienenzucht zu verbinden. 3. Die Pflanzen sind fortlaufend auf die in ihnen enthaltenen wert- vollen Stoffe zu untersuchen, und es sind die Bedingungen für die Gewin- nung hochwertiger Pflanzen zu er- forschen. 4. Es soll durch Vermittlung von Behörden, Körperschaften und ge- eigneten Persönlichkeiten die Bevöl- kerung zum Sammeln und zum An- bau von Arznei- und Gewürzpflanzen angeregt werden. 5. Es soll die wirtschaftliche und industrielle Verwertung der gesam- melten oder angebauten Pflanzen möglichst vielseitig gefördert werden. Zur Erreichung dieser Ziele wur- den Ausschüsse für folgende Arbeits- gebiete gebildet: Botanische Fragen; Chemische Fragen; Praktische Medizin; Sam- meltätigkeit; Drogengewinnung im Forstwesen; Anbau und Züchtung; Drogenhandel; Industrielle Verwer- tung; Arbeitsgelegenheit für Kriegs- beschädigte; Veröffentlichungen der Gesellschaft. Die Gesellschaft soll sich nicht nur auf Bayern beschränken, sondern über das ganze Deutsche Reich bzw. das deutsche Sprach- gebieterstrecken. Es können aber auch Angehörige anderer Län- der Mitglieder werden. Es ist vor- gesehen, dass nicht nur Einzelperso- nen, sondern auch Institute, An- stalten und handelsgerichtlich ein- getragene Firmen die Mitgliedschaft erwerben können. Die ordentlichen Mitglieder haben einen jährlichen Beitrag von 10 M., Institute, An- stalten und Firmen einen solchen von 30 M. zu bezahlen. Einzelpersonen, welche der Gesellschaft einen Bei- trag von mindestens 100 M. zuwen- den, werden Mitglieder auf Lebens- zeit. Fördernde Mitglieder sind solche, die einen einmaligen Beitrag von mindestens 500 M. bezahlen. Ausserdem können auf Vorschlag des Vorstandes Persönlichkeiten, die die Bestrebungen der Gesellschaft in hervorragender Weise gefördert haben, zu Ehrenmitgliedern ernannt werden. Die Gesellschaft wird jährlich eine Hauptversammlung abhalten, welche neben der geschäftlichen Be- richterstattung den persönlichen Ver- kehr der Mitglieder und ihre gegen- seitige Förderung durch Vorträge, Vorführungen usw. bezweckt. Zur besseren Lösung der Aufgaben der Hortus-Gesellschaft sind ferner Ortsgruppen vorgesehen, welche im Rahmen der durch die Gesellschaft angestrebten Zwecke tätig sein sollen. Inzwischen ist auf Anregung der Gesellschaft eine Monatsschrift „Heil- und Gewürzpflanzen" ge- gründet worden, welche im Verlag von J. F. Lehmann in Mün- chen erscheint. Diese Zeitschrift ist gleichzeitig das Organ der Hortus-Gesellschaft. Seltene, immergrüne Zierpflanzen für Wintergärten und Kalthäuser. Unter dem Zwange unserer rau- hen, kalten Wintermonate, in denen der grösste Teil unserer Freiland- pflanzen ihren blatt- und blütenlosen Winterschlaf hält, sind wir Gärt- ner genötigt, frostempfindliche aus- dauernde Pflanzen in dieser Jahres- 218 Verschiedenes. zeit im Gewächshause zu kultivieren, um hier die Freude an ihren Blüten, Blättern und Früchten geniessen zu können. Neben den rein tropischen Pflanzen, die ständige Glashaustem- peratur verlangen, hat sich eine reiche immergrüne subtropische Flora dank eifriger Sammeltätigkeit Ein- gang in unseren Gärten verschafft. Ihre verhältnismässig einfache Kul- tur und der Vorteil, sie im Sommer im Freien halten zu können, haben be- sonders zu ihrer Verbreitung beige- tragen und die Liebhaberei für diese Pflanzengruppe verstärkt. Im Laufe der Zeit sind einige Gattungen infolge ihrer leichten Vermehrung und den damit verbundenen niedrigen Preisen mehr und mehr Gemeingut aller Win- tergärten geworden und haben somit anderen schönblühenden und auch zum Teil morphologisch interessan- ten Kalthauspflanzen den Eingang erschwert. Heute sind es immer wieder dieselben Bilder, die man in den Wintergärten und Blütengalerien sieht: Gruppen von Eugenia, Came- lia, Evonymus pungens, Acacia, Banksia, Boronia, Metrosideros, Erica, Citrus, Grevillea, Diosma, Eucalyptus, Melaleuca und einige andere Kappflanzen. Eine grössere Mannigfaltigkeit wäre daher wohl be- rechtigt, um so mehr, da unter den selteneren Gattungen und Arten äusserst wertvolle Spezies vertreten sind. Die nachfolgende, knappe Auf- zählung soll nur einen Auszug aus der grossen Zahl beachtenswerter Kalthauspflanzen darstellen, deren Anschaffung empfohlen werden kann. Sie sind verstreut in botanischen Gär- ten anzutreffen und werden auch zum Teil von Spezialgärtnereien geführt. Im Interesse allgemeiner wünschens- werter Pflanzenkenntnis sollten die botanischen Gärten sich es angelegen sein lassen, Privatgärtnereien und an- deren Pflanzensammlungen Steck- linge und Samen von begehrenswer- ten Pflanzen unter bestimmten Be- dingungen abzugeben. — Die genann- ten Pflanzen sind ungefähr alphabe- tisch geordnet. Einige von ihnen sind wertvolle Schling- und Kletterpflan- zen, die wegen dieser Eigenschaft besonders hervorgehoben werden sollen. Andere lassen sich unter günstigen Verhältnissen in milden Wintern an geschützten Stellen im Freien halten. Auch sie sind mit einer diesbezüglichen Bemerkung versehen. Im übrigen sind alle nähe- ren Angaben kurz gehalten, da eine genaue botanische Beschreibung der genannten Spezies einen zu grossen Raum beanspruchen würde. Es ent- spricht dem Gedanken des Aufsatzes vollauf, die kennzeichnenden jeweili- gen Eigentümlichkeiten in gedrängter Form zu nennen. Adenocarpus anagyrus. Südafrika. Leguminosae. Blätter klein, frisch grün. Blüten goldgelb, im Juni. Bis 2 m hoch. Verlangt leichte Erde. Andromeda arborea. Nordamerika. Ericaceae. Bis 5 m hoch. Blüten klein, weiss, in langen, hängenden Rispen im August-September. Moor- beetpflanze. Gedeiht unter Winter- schutz im Freien. Abelia grandiflora. Mexiko. Capri- foliaceae. Blüten tief purpurn, in kleinen Büscheln reich an den Zwei- gen verteilt, im Juni. Blüten relativ gross. Blätter rundlich, spitz. Wuchs sparrig. A. serrata (syn. A. uniflora). China, Japan. Blüten im März, hell- rot, angenehm duftend. Berberidopsis corallina. Chile. Berberidaceae. Prächtige Schling- und Kletterpflanze. Blüten im August bis September, wachsartig, korallenrot. Blätter tief dunkelgrün. Brachysema acuminata. Austra- lien. Leguminosae. Blätter breit lan- zettlich, spitz zulaufend, dunkelgrün, unterseits schwach graufilzig. Blü- ten dunkelkarminrot. Kann alsSpreiz- klimmer verwendet werden. Epigaea repens. Nordamerika. Ericaceae. Blätter rundlich oval. Blü- ten weiss und rosa, duftend. Für feuchte, schattige Plätze, etwa zwi- schen Farnen, auch im Freien. Escallonia Philippiana (syn. E. stenophylla). Chile. Saxifragaceae. Bis 1 m hoch. Wuchs sparrig. Blüten dichtgedrängt am alten Holz, weiss, duftend. Blätter klein, glänzendgrün. Kultur im Freien bei genügendem Winterschutz. E. macrantha. Blüten karminrot, zahlreich. Laub tief dunkelgrün. E. Organensis. Blüten korallenrot. Eucryphia glutinosa (syn. E. pin- natifolia). Rosaceae. Chile. Bis 3 m hoch. Blätter gefiedert. Blüten gross, 7 cm Durchmesser, leuchtend weiss, kamelienartig. Verschiedenes. 219 Evonymus fimbriatus. Japan. Ce- lastraceae. Das austreibende junge Laub leuchtend karminrot. Fabiana imbricata. Chile, Peru. Solanaceae. Prächtiger Strauch von Erika ähnlichem Habitus. Bjüten groß, röhrig, wachsartig, vom hrüh- jahr bis Sommer. 1 bis 2 m hoch. Liebt nahrhafte Erde. Feijoa Sellowiana. Brasilien. Myrtaceae. Blüten im Spätsommer, dick wachsartig, weiss, mit vielen karminroten Staubfäden. Frucht gross, zitronenartig. Freylinia cestroides. Südafrika. Scrophülariaceae. Lange, schmale Blätter und weisse röhrig fleischige Blüten in Aehren. Galax aphylla. Nordamerika. Diapensiaceae. 15 bis 25 cm hoch. Zahlreiche Blüten, weiss, Juli bis August. Blätter nehmen im Herbst rote und braune Färbung an und eignen sich in diesem Zustande gut für Tafeldekoration. Gordonia anomala. China. Tern- stroemiaceae. Blätter gross, lorbeer- artig. Blüten gelb, im November. G. pubescens. Kamelienartiger Strauch aus Nordamerika. Bis 2 bis 3 m hoch. Blüten weiss, 4 bis 6 cm Durchmesser, Juli-September, sehr angenehm duftend, mit gold- gelben Staubgefässen. Die jungen Blätter treiben hellrot aus. Sehr zie- rende Art. Grevillea sulphurea. Australien. Proteaceae (syn. G. juniperina). Laub zierlich, Blüten büschelweise, schwefelgelb. Griselina littoralis. Neuseeland. Cornaceae. Blätter schwachgrün, metallisch glänzend. Sehr zierend. Blüten unscheinbar. Guevina avellana. Chile. Protea- ceae. Blätter tief dunkelgrün, glän- zend. Blüten weiss, in typischen Proteazeenständen. Früchte korallen- rot. Hakea eriantha. Australien. Proteaceae. Blüten in Büscheln, strohgelb, sehr zierend. Hymenanthera crassifolia. Austra- lien. Violaceae. Wuchs fast nieder- liegend. Blätter dunkelgrün, buxus- artig, Blüten unscheinbar. Beeren im Herbst, weiss. Hält ganz gut im Freien aus, doch Winterschutz er- forderlich. Illicium anisatum (syn. L religio- sum). Japan, China. Maynoliaceae. Blätter dunkelgrün, aromatisch, mit rötlichen Adern. Blüten weisslichgelb, duftend. Leonitis Leonurus. Südafrika. Labiatae. Orange-scharlachrote Blü- ten im Herbst in endständigen, quirl- artigen Aehren. Lomatia ferruginea. Chile. Pro- teaceae. Blüten karminrot. Blätter bronzefarben. Lehmige Erde. Lardizabala biternata. Chile. Lar- dizabalaceae. Tief dunkelgrünes, mehrzähliges, glänzendes Laub, kleine purpurfarbene Blüten. Sehr dekorative Schlingpflanze. Maytenus ilicifolia. Brasilien. Celastraceae. Kleiner, Hex ähnlicher Strauch mit weissen Blüten. Medicago arborea. Leguminosae aus Griechenland. 1 bis 2 m hoch. Laub klein, mattgrün. Blüten lebhaft orangefarben, im August bis De- zember. Melicytus ramiflorus. Neusee- land. Violaceae. Blätter schmal lanzettlich. Blüten weiss. Myoporum laetum. Neuseeland. Myoporaceae. Grünlichgelbe Blätter mit durchsichtigen Punkten durch- setzt. Blüten weiss. Myrtus Ugni. Chile. Myrtaceae. Blüten im Juli, rosa. Blätter glän- zend grün. Sehr hübsche Pflanze. Osmanthus fragrans. China, Japan. Oleaceae. Blüten Juni bis August, weiss. O. aquifolium. Japan. Beachtens- wert durch prächtiges, glänzend- grünes, ledriges, bedorntes Laub. O. Delavayi. China. Blätter dun- kelerün, buxusartig. Blüten weiss, wohlriechend, langröhrig. — Alle drei genannten O. können unter günstigen Bedingungen auch im Winter im Freien stehen. Osteomeles anthyllidifolia. Hawai- und Lutchu-Inseln. Rosaceae. Sil- bergraue Blätter, zierlich. Blüten klein, weiss, Früchte erbsengross, blauschwarz. In sehr geschützten Lagen eventuell im Freien. I Ozothamnus thyrsoides. Tas- manien. Compositae. Rosmarin ähnliche Belaubung. Blüten klein, weiss, duftend, Juli bis August, zahl- reich. Sehr schöne Pflanze. Peumus citriodora. Chile. Moni- miaceae. Laub aromatisch duftend. 220 Verschiedenes. Philesia buxifolia. Südliches Chile, Feuerland. Liliaceae. Kleiner Strauch. Blätter lanzettlich, gerollt. Blüten wachsartig, hängend, glocken- förmig, rosenrot. Mai bis Juni. Photinia serrulata. Japan, China. Rosaceae. Grosse, schöne, frisch- grüne gezackte Blätter. Das junge Laub treibt tiefrot aus. Blüten weiss, April bis Juli. Früchte rot. Piptanthus (syn. Thermopsis) nepalensis. Himalaja. Legumino- sae. 2 bis 3 m hoch, Blätter drei- teilig. Gelbe Blüten in endständigen Trauben. Pittosporum Tobira. Japan, China. Pittosporaceae. Lorbeerähnliche, stumpfovale, derbe glänzendgrüne Blätter und weisse, stark duftende Blüten in Doldenständen. P. crassifolium. Neuseeland. Blüten braunrot. P. undulatum. Australien. Blüten gelblichweiss, angenehm duftend. P. eugenioides var. fol. varg. Buntblättrig. Sehr dekorativ. Plagianthus Lyallii. Neuseeland. Malvaceae. Blüten weiss, 2 bis 3 cm Durchmesser, mit vielen goldgelben Staubfäden, im Herbst. Pomaderris apetala. Australien. Rhamnaceae. Blätter rauh, unterseits braun behaart. Blüten gelb, büschel- artig angeordnet. Rhaphithamnus cyanocarpus. Chile. Verbenaceae. Dorniger, kleiner Strauch. Blüten gross, lila- farben, in Scheinähren. Beeren hell- blau, sehr zierend. Stranvaesia glaucescens. China. Rosaceae. Blätter einfach, glänzend- grün. Blüten weiss, in Büscheln. Nur für sehr geschützte Lagen im Freien geeignet. St. undulata. Blüten weiß. Früchte orangerot. Sehr zierend. Tristania nereifolia. Australien. Myrtaceae. Blätter schmal lanzett- lich, glänzendgrün. Blüten an den Triebspitzen, gelb. Trachelospermum jasminoides (syn. Rhynchöspermum jasminoides). China. Apocynaceae. Blätter ein- fach, Blüten in Rispen, doldenartig, weiss, angenehm duftend. Kann als Kletterpflanze aa Mauern dienen. Trochodendron aralioides. Japan. Trochodendraceae. Blätter spitz oval, lang gestielt, derb lederig, glän- zend dunkelgrün. Blüten in endstän- digen Rispen, strahlig, mattgelb. Veronica Hulkeana. Neuseeland. Scrophulariaceae. Blüten lavendel- blau im Frühling (März bis Mai), in aufrechten Aehren. Prächtige Schlingpflanze, auch fürs Freie an sehr geschützten, warmen Orten. V. salicifolia. Neuseeland. Blü- ten bläulichweiss. V. parviflora. Hellrosafarbene Blüten. V. Kirkii. 50 cm hoch. Hellila, Staubfäden violett. Xanthoxylum planispinum. China. Rutaceae. Blätter gefiedert, dunkel- grün, glänzend, sehr dekorativ. Blü- ten unscheinbar. An geschützten Lagen im Freien unter Winterschutz. Heldenhaine in Wien. In Wien wurde die Schaffung eines Heldenhaines auf einem 161 000 Quadratmeter grossen Gelände im 16. Bezirk nach einem Plane des Stadtbaudirektors Goldemund be- schlossen. Der grösste Teil des Ge- ländes befindet sich im Besitze der Stadt; für hinzugekaufte Teile wur- den 1318 000 Kronen aufgewendet. Die Anlage soll nicht Hain-, sondern Waldcharakter tragen, weshalb auch die Rasenflächen nur mit hartem Rasen bedeckt werden, der auch das Betreten verträgt. Ebenso sollen die sich ergebenden Beete inmitten der Alleen nicht mit Zierblumen, sondern mit Feld- und Heideblumen bepflanzt werden. Im östlichen Teil der An- lage ist ein grosser Spielplatz in Aussicht genommen. Um den wald- artigen Charakter zu wahren und andererseits möglichst viele Bäume anpflanzen zu können, sollen die ein- zelnen Bäume in Abständen von sieben Metern (!) gesetzt werden. Die Bodenbeschaffenheit wurde von der Stadtgartendirektion als für die Pflanzung von Eichen günstig er- klärt. Mit der Durchführung des Haines ist im westlichen Teile baldmöglich nach Freimachung der verpachteten und zur Anschüttung benützten Flächen zu beginnen. Verschiedenes. 221 Abb. 22. Aus dem Felde ging der Schiiftleitung von befreundeter Seite dieses Bild mit folgenden Begleitworten zu: „Glücklich aufgefangen!" Welche Summe von Zufälligkeiten war nötig, um diese Kiefer zu einem Geschossfang geeignet zu machen! Geschwindigkeit, Richtung, Bewegung der Luft und nicht zuletzt die abgestimmte Elastizität des Baumes mussten sich zusammenfinden, um dieses „Steckenbleiben" zu ermög- lichen. Sonst pflegen derartige Geschosse Strauch und Baum zu zerknicken oder zu zersplittern. Die Seele des Gärtners und Naturfreundes wird durch solche Anblicke ganz eigen berührt und auf zukünftige Pflichten hin- gelenkt. Die kleinen und grossen Wunden, die der Krieg dem Antlitz der Natur zufügte, müssen doch wieder geheilt werden. Eine organische Zusammenfassung aller berufenen Kräfte sollte beizeiten erfolgen, damit aus den Verwüstungen neues Leben erstelle. 222 Literatur. Literatur. Karl Förster, der in Bor- nim b. Potsdam eine Stauden- gärtnerei besitzt, hat im Furche- Verlag zu Berlin ein neues Werk über Staudenpflanzen heraus- gegeben. Es ist „Vom Blütengarten der Zukunft" benannt und will das neue Zeitalter des Gartens und das Geheimnis der veredelten winter- festen Dauerpflanzen beschreiben. Eingehende Sachkenntnis paart sich mit dichterischem jEmpfinden in diesem Schriftwerke und gestaltet es im Verein mit einer geradezu wunderbaren Bilderreihe zu einem der besten und schönsten aller gärt- nerischen Bücher. Der Hauptvorzug besteht darin, dass sich Förster nicht nur an die Fachwelt, sondern auch an die Oeffentlichkeit wen- det und für diese die Geheimnisse der Staudenwelt, ihre Aufzucht und Anpflanzung, ihr Wachsen und ihr Blühen schildert. Den meisten gärt- nerischen Schriftstellern haftet die Eigenart an, sich mit ihrem Können und Wissen an die Fachgenossen zu wenden und dabei die grosse Welt, der die Freude gilt und die die Kauf- lust verkörpert, ausser acht zu lassen. Ein jeder hat auch nicht die Gabe dazu. Um so erfreulicher ist es, dass Förster mit seiner hohen Begeisterung und seinem tiefen Ge- müt sich dieser dankenswerten Auf- gabe unterzieht und die Staudenwelt in ihrer ganzen Schönheit und weiten Pracht schildert. Aber auch der Fachmann erblickt wertvolle Rat- schläge in dem Buch; auch für ihn ist das Lesen in dieser schweren und ernsten Zeit eine Loslösung von des Tages Unbill und Last. Die Stele erhebt sich, und froh aufatmend erheitert sich das Gemüt, wenn er liest von den Freuden und den Ge- nüssen, die uns die Pflanzenwelt be- reitet, oder, wie Förster schreibt, von dem Blütenzauber der Stauden- welt. Besonders anregend sind seine Betrachtungen über Farbeneintracht und Farbengegensatz, nicht minder wertvoll seine Anordnungen der Farbentöne. Der feinsinnige und farbenfrohe, aber auch gefühlsinnig für Farbensinn begabte Künstler und Fachmann kommt hierbei zum Vor- schein. Die oft zusammenklingen- den, oft sich scheinbar abstossenden und doch im grossen zusammen- stimmenden Farbentönungen kom- men auf den nach farbigen Auf- nahmen hergestellten zehn Vierfarb- drucktafeln zur Geltung und geben dem Wunsche Ausdruck, diese Pracht und Schönheit in ihrer Natür- lichkeit alltäglich vor Augen haben zu können. Ein jeder, der nur einigermassen Liebe zur Pflanzen- welt hat, wird an diesem Buche seine helle Freude haben. Als Beweis der zu erwartenden Anregung seien ein- zelne Teile genannt: „Vom Ernst der feinsten Auswahl", „Der ,automa- tische' Blumengarten", „Steingarten- freuden", ,„Vorfrühlingsgärtchen", „Wilde Blumentreppen" usw. Uebergehend zu den einzelnen Staudenarten widmet der Verfasser dem Rittersporn, den Herbstastern, den Dahlien und Georginen und vielen anderen hervorragenden Pflanzen besondere Kapitel. Sehr anerkennenswert ist es und für den Laien und Fachmann gleich wertvoll, dass der Staudenge- meinschaft auch die schutzlos harten Rosen, die Rankgewächse, wie Clematis und Vitis, die Zwiebelpflan- zen, wie Hyazinthen, Tulpen, Krokus usw., Farne, Gräser, Rhododendron und Sträucher mit Blüten und mit Beerenschmuck zugesellt sind. Diese Pflanzengenossenschaften wer- den den Menschen stets erfreuen. Sie müssen freilich unter Beachtung aller farbenreichen und farbenfreudi- gen Bestimmungen, die zum wahren Glück niemals gedruckt worden sind und nur im Gefühle des einzelnen tiefinnig verborgen liegen, mit hingebender Liebe gepflanzt und mit steter Aufmerk- samkeit betreut werden. Die Liebe zum Garten wird hierdurch einen gewaltigen Aufschwung erhalten. Was mir an dem Buche nicht gefällt — ich muss es leider offen be- kennen — , ist die allzuhäufige An- wendung von Fremdwörtern, für die wir ebenso schöne und zu- treffende deutsche Worte haben. Nicht der schwere Krieg und der damitgeschürte Hass führen mich zu diesem Urteil. Die deutsche Sprache ist rein und schön. Kein Literatur. 223 anderes Volk macht solche Anleihen in fremden Sprachen wie wir. V(''arum?! Wenn wir von anderen Völkern lernen sollen und wollen, dann müssen wir auch Lehre an- nehmen und unsere Sprache rein halten. Dann müssen wir auch die Vaterlandsliebe betätigen, die der Verfasser von dem Leser durch das Kennen der pflanzengeographischen Blumenanlagen des Botanischen Gartens mit Recht verlangt. Unein- geschränktes Lob sei noch dem Ver- lag gespendet für die übersichtliche und schöne Anordnung und Ausstat- tung des Buches. Der Preis beträgt ungebunden 4 M., gebunden 6 M. Die Anschaffung des Buches kann daher mit Bezug auf seinen In- halt wie auf seine Ausgestaltung nur aufs wärmste empfohlen werden. Karl Förster hat hier den Weg ge- zeigt, wie wir die Oeffentlichkeit und die grosse Menge gewinnen können. Llnter Ausschaltung des eigenen per- sönlichen Ichs dienen wir so dem Gartenbau und der Gartenkunst. Weiss (Berlin, Humboldthain). Die Champignonzucht. Von M. Lebl, Hofgärtner a. D. Sie- bente, erweiterte Auf- lage. Herausgegeben von G. A. Langer, Kgl. Garten- inspektor. Mit 35 Text- abbildungen. Der Altmeister in Kulturen, spe- ziell in der Champignonzucht, der Hofgärtner Lebl, ist seit dem Er- scheinen der sechsten Auflage des kleinen Buches verstorben. Das Er- scheinen der siebenten Auflage, mit deren Herausgabe Herr Langer be- traut wurde, beweist nicht nur die gute Aufnahme, welche das Büchel- chen im Interessentenkreise gefunden hat, sondern auch, dass das Interesse für Champignonzucht in Deutschland immer mehr zunimmt. In dieser schweren Kriegszeit, wo viele danach streben, die Nahrungsmittel zu ver- mehren, ist dieses Interesse für einen wichtigen Edelpilz sehr zu be- grüssen. Der Inhalt des Büchelchens umfasst, wie in den früheren Auf- lagen, die den Spezialisten bekannten Grundlagen der Champignonzucht; auch werden darin mit anerkennens- werter Unparteilichkeit die in der jetzt vorhandenen reichen Literatur erschienenen Kulturmethoden ange- führt und besprochen. Damit beweist der Verfasser, dass er auch auf diejenigen Kultur- methoden Gewicht legt, die von seinen eigenen abweichen. Dass der Verfasser aber neben seiner Kritik über diese und jene Kultur- methode auch noch in der neuen Auflage die Kritik eines anderen Spezialisten, über eine gewisse Art Champignons zu züchten, stehenge- lassen hat, darf wohl als ein Ver- sehen bezeichnet werden: Die Champignonzucht in Zement- fässern wurde von dem Erfinder nie „für die grosse Praxis" empfohlen, sondern nur für bestimmte Verhältnisse. Dieses ist auch in seinem schon im Jahre 1905 im Verlage des „Erfurter Führers" er- schienenen Buche klar zum Aus- druck gekommen. Im übrigen bieten die vielseitigen Anregungen in der Champignon-, wie in der Champignonbrutzucht sowohl wie in dem Hervorheben und Erläu- tern der Krankheiten, der Feinde und der Konservierung des Cham- pignons so viel des Lehrreichen für den Züchter, wie des Belehrenden für die Hausfrau im Anhang, über die Zubereitung des Champignons für die Tafel, dass auch diese neue Auflage im Interesse der deutschen Champignonzucht empfohlen werden kann. Amelung. Praktisches Taschenbuch für Gar- tenfreunde. Ein Ratgeber für die Pflege und sachgemässe Bewirt- schaftung des häuslichen Zier-, Ge- müse- und Obstgartens. Von Max Hesdörffer, Herausgeber der illustrierten Zeitschrift „Die Gar- tenwelt". Dritte, neubearbeitete Auflage. 398 Seiten und mit 126 Textabbildungen. Gebunden, Preis 4 Mark. Berlin, Verlag von Paul Parey. Dieses Taschenbuch des als volks- tümlicher Gartenbauschriftsteller und praktischer Gärtner erfahrenen Ver- fassers hält, was der Titel verspricht. Es bietet viele gute Rat- schläge, und diese dritte Auflage nähert sich durch ihren Umfang schon mehr einem Gartenbuche, ent- fernt sich mehr von einem T a - 224 Literatur. sehen bueh, weil es bei dem vor- züglichen Papier und dem ge- schmackvollen Einbände schon 430 Gramm wiegt. 56 Seiten enthalten Ratschläge für die Wahl des Gar- tens, seine Einzäunung, Behandlung der Werkzeuge, Gartenwege, Garten- arbeit, Spielplätze, Springbrunnen, Gartenlaube und die Auswahl der geeignetsten Pflanzen dazu. Dann folgen auf 100 Seiten die Ratschläge bei den Erdarbeiten, Besprechung der Düngemittel, Kompostbereitung, Be- wässerung des Gartens, Herrichtung und Unterhaltung eines tadellosen (iartenrasens, eines Treib- (Mist-) beetes, Anzucht der Pflanzen aus Samen. Alles vom praktischen Standpunkt aus behandelt. 82 Seiten sind dann dem Ziergarten, 75 Seiten dem Gemüsebau, 76 Seiten dem Obstbau gewidmet. Der Pflanzenschutz gegen tierische und pflanzliche Schädlinge nimmt 26 Seiten ein, und die Ratschläge hierzu sind recht gut; der Garten- freund wird aber bedauern, dass nicht auch die zuverlässigen Bezugs- quellen der Pflanzenschutzmittel u. dgl. überall angegeben sind, wo- nach man in solchem Taschenbuche in erster Reihe mit sucht. Die Erbsen sind z. B. an sieben Stellen im Buche erwähnt, aber nicht die als wirksam bekannte Verwendung der Bleimen- nige gegen Sperlinge und Tauben auf Erbsensaatbeeten. Sperling und Taube fehlen in dem 15 Seiten starken Sachregister, und bei der Maulwurfs- grille oder Werre hätte erwähnt sein können, dass man diese lästigen Tiere auch in eingesenkten Blumen- töpfen fangen und dann töten kann. Das Wort Maulwurfsgrille ist im Sachregister enthalten, das allgemeiner gebrauchte Wort Werre fehlt leider darin, steht jedoch im Buche. Das Register könnte also ausführlicher sein. Die Gartenbohne (Phaseolus) ist auf 2li Druckseiten recht praktisch behandelt (S. 27G bis 278), aber im Inhaltsverzeichnis unter Bohnen fehlt für sie diese Seitenangabe. Es ist ja an sich sehr erfreulich, dass das so nützliche Buch mehr enthält, als im Sachregister verzeichnet ist. Aber, wer z. B. Schnecken vernichten will, wird doch zunächst im Register das Stichwort Schnecke aufschlagen und enttäuscht sein, wenn er es nicht findet, obgleich die Schnecke auf S. 380 erwähnt ist. Es heisst — leider! — immer noch: Der Franzose schreibt weniger gute, oberflächliche Bücher, aber sehr gute Register, der Deutsche gute, gründlichere Bücher, aber schlechte Register. Der wertvolle Inhalt des H e s - dörf ferschen Taschenbuches lässt uns über solche kleinen Mängel gern hinwegsehen, weil sie in einer neuen Auflage sicher vermieden werden dürften. Die Abbildungen sind, wie die ganze Ausstattung des Buches, vorzüglich. Prächtig sind die auf S. 158 bis 160 abgebildeten Trauer- bäume. Wir haben für Nord-, Mittel- und Süddeutschland sehr gut geeignete, sehr schöne Trauer- weiden ; aber die L i n n e sehe Trauerweide, die Salix babylonica, sollte man, weil für unsere Breiten zu empfindlich, denn doch nicht empfehlen ! Die abgebildete Trauer- birke gibt es in unseren Garten- anlagen als prächtige Bäume, aber eine Betula pubescens pendula ist das nicht, die gibt es gar nicht. An diesem Irrtum ist aber weniger der Verfasser schuld als die un- glaublich verlotterte bota- nische und deutsche Pflanzenbenen- nung, die bei uns in Deutschland noch immer herrscht^). Mit der Ab- bildung dürfte die Betula pendula f. Youngii gemeint sein, die auch zum Grabschmuck sehr gut sich eignet. • Die Fülle der praktischen Ratschläge in diesem Buche konnte hier des Raumes wegen nicht erörtert werden. Es sei betont, dass es eine nützliche Ergänzung zu jedem anderen Gartenbuche ist und deshalb allgemein empfohlen werden soll. Andreas Voss, Berlin W 57. Der Kleingarten. Von J o h. Schneider, Hauptschriftleiter des „Lehrmeisters im Garten und Kleintierhof". Mit 80 Abbildungen, 95 Seiten Text. Sehr ansprechend und dauerhaft gebunden, Preis jetzt 1,50 M. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig und Berlin, (Dies Buch ist das 498. Bändchen ^) Näheres darüber bringt die 84 Lexilvon- seiten starke Schrift „Der Botanil^erspiegel", herausgegeben vom Vossianthus- Verlage (An- dreas Voss), Berlin W57, Potsdamer Str. 64, und durch jede Buchhandlung gegen Einsendung von 2 M. und 10 Pf. Porto zu beziehen. Literatur. 225 aus der Sammlung wissenschaft- lich-gemeinverständlicher Darstel- lungen „Aus Natur und Geistes- welt". Der Verfasser ist als hervor- ragend tüchtiger Fachmann des Gar- tenbaues so allgemein bekannt, dass eine besondere Empfehlung dieses Bändchens überflüssig erscheint. Der Inhalt des Buches gliedert sich in folgende 7 Abschnitte: 1. Die wirt- schaftliche Bedeutung des Klein- gartens; 2. Die Grundlagen des Gar- tens; 3. Die Anlage des Gartens; 4. Die Bewirtschaftung des Gartens; 5. Die Gemüsearten und ihre Kultur; 6. Der Obstbau; 7. Der Blumen- garten. — Ueberall ist eine gute An- leitung zur Ausführung aller im Kleingarten erforderlichen Arbeiten gegeben, und die Abbildungen tragen zur Erläuterung wesentlich bei. Das Buch gibt dem Kleingartenbesitzer somit auch Anleitung zur sach- gemässen Bewirtschaftung seines Gartens. Beides ist dem Ver- fasser im Rahmen des für ihn ver- fügbaren Raumes vortrefflich gelun- gen, weshalb das Buch angelegentlich empfohlen werden kann. Andreas Voss, Berlin W 57. Rhododendron. Kultur und Verwen- dung. Von C. L. J. Schaum, Baumschulbesitzer in Boskoop (Holland). 73 Seiten in Gross- oktavformat und mit 23 Abbildun- gen im Text. Geheftet, Preis 2 Mark. Frankfurt a. d. Oder, Verlag Trowitzsch u. Sohn. Des Verfassers Vorwort besagt, dass das Werk den Zweck verfolgt, die bisher auf dem Gebiete der Rho- dodendron-Kultur gesammelten Er- fahrungen zu einem Gesamtbilde in möglichst gedrängter Form zu ver- einigen, ohne auf eine erschöpfende Darstellung Anspruch zu erheben. Als Quellen wurden benutzt: Ca- mino Schneider „Handbuch der Laubholzkunde", Max L ö b n e r „Pflanzenzüchtung" und W. Wat- s 0 n „Rhododendrons and Azaleas". Der Inhalt umfasst: Die Einleitung; die geographische Verbreitung; die Vermehrung und weitere Behand- lung; Rhododendron (Azalea) in- dicum im besonderen; die Gewin- nung neuer Formen durch Selektion, Mutation und Hybridation; die Ver- wendung in der Anlage; die Winter- härte; die Treiberei; die Feinde der Rhododendren. Den Schluss bildet die Systematik der Gattung mit einer kurzen Beschreibung von 124 Arten nebst ihren Varietäten. Das Buch kann Liebhabern dieser schönen und so dankbaren Blütensträucher gern empfohlen werden; es wird ihnen manchen Nutzen gewähren, wenn auch bezüglich der Winterhärtean- gaben, die sich auf Boskoop (Hol- land) beziehen, viele Rododendren in anderen, rauheren Gegenden schutz- bedürftiger sein dürften, was neben- her zu beachten, gegebenenfalls aus- zuprobieren ist. Die Beschreibungen der Arten gewinnen dadurch an Zu- verlässigkeit, dass für sie C. K. Schneiders „Handbuch der Laubholz- kunde" mit zugrunde gelegen hat, aber einzelne Berichtigungen und neue Arten, die Schneider dazu auf S. 1042 bis 1046 seines Hand- buchs als Nachtrag gebracht hat, sind vom Verfasser übersehen worden. Das Sachverzeichnis in der Abc- Folge (S. 72, 73) hätte auch die Varie- täten und die Nebennamen der Arten usw. enthalten können, damit man nicht die S. 59 bis 71 daraufhin immer erst ganz durchsuchen muss. Andreas Voss, Berlin W 57. Der Obstbau im Erzgebirge. Eine Abhandlung über den Stand und die wirtschaftliche Bedeutung des Obstbaues nebst seiner Entwick- lungsfähigkeit im Erzgebirge, unter Berücksichtigung der klima- tischen, geologischen und persön- lichen Verhältnisse. Herausgege- ben im Auftrage des Verbandes der Bezirksobstbauvereine im Erz- gebirge von Oberlehrer Dr. A. B 0 d e. 32 Seiten. Geheftet, Druck von Karl Wiehert, Chemnitz. Diese Schrift ist für die Obst- züchter im Erzgebirge von hervor- ragender Bedeutung, und es steht zu hoffen, dass sie in dem in Betracht kommenden Gebiete von allen Seiten beachtet und jede Mahnung des Ver- fassers beherzigt wird! Aber nicht um den geographischen Begriff Erz- gebirge handelt es sich hier; es soll vielmehr der Teil des südwestlichen Königreichs Sachsen in Betracht kommen, dessen grössere Fläche das Erzgebirge selbst einnimmt, nebst 226 Literatur. jenen Gebieten, die sich in östlicher und nördlicher, teilweise in nord- westlicher Richtung angliedern, und gemeinhin die am Fusse des Ge- birges liegenden Landschaften be- zeichnet werden, 21 Bezirks-Obst- bauvereine mit annähernd 2000 Mit- gliedern gehören hierher, und sie haben sich schon seit Herbst 1912 zu einem „Verbände der erzgebirgi- schen Bezirks-Obstbauvereine" zu- sammengeschlossen, der wieder ein Glied des „Landes-Obstbauvereins für das Königreich Sachsen" ist. Die Schrift enthält folgende Abschnitte: 1. Allgemeines über den Stand des Obstbaues im Erzgebirge. 2. Die Massregeln zur Förderung der Obst- verwertung. 3. Die Grundbedingun- gen, unter denen der Obstbau des Erzgebirges entwicklungsfähig ist. 4. Betrachtungen und Erfahrungen über die Obstarten und Obstsorten im Erzgebirge. — Schlussbetrach- tungen. Anhang: Verzeichnis der Obstarten und -Sorten, die sich durch ihr Gedeihen und durch ihre Trag- barkeit mit vollkommener Entwick- lung der Früchte in rauheren und un- günstigen Verhältnissen des Erz- gebirges besonders ausgezeichnet haben. Es sind ausser dem Beeren- obst 7 Apfel-, 7 Birnen-, 2 Kirschen- und 4 Pflaumensorten genannt. Ein statistischer Nachtrag über die Obst- baumbestände des Gebietes nach den Zahlergebnissen des Königlich Säch- sichen Statistischen Landesamts vom Jahre 1913 schliesst den Inhalt dieser volkswirtschaftlich bedeut- samen Schrift ab. Andreas Voss, Berlin W 57. Meyers „Immerwährender Garten- Kalender". Praktische Anleitung, die in allen Monaten des Jahres in dem Landschafts-, Blumen-, Gemüse-, Obst- und Hopfengarten, in der Reb- und Baumschule, der Blumen-, Ge- müse- und Fruchttreiberei, in Ge- wächshäusern und Treibkasten, in der Orangerie, Obstorangerie, der Samen-, Obstbaum-, Beeren- und Gehölzzucht vorkommenden Arbeiten und Verrichtun- gen rechtzeitig auszu- führen. Fünfte, neu bearbei- tete Auflage. 196 Seiten im Achtel- format. Gebunden Preis 2,80 Mark. Berlin, Verlag von Paul Parey. Solch ein Buch ist ein so Über- baus nützlicher Führer für Berufsgärtner, ganz besonders für die jüngeren, und für Gartenfreunde durch alle Monate des Jahres, dass es viel mehr in Gebrauch sein müsste, als es meiner Erfahrung nach im Gebrauch ist, was wohl daran liegt, dass in grösseren Gar- tenbüchern, auch in den Garten- kalendern, ein sogenannter Arbeits- kalender enthalten ist, der jedoch bei weitem nicht genügt, sondern nur das Notwendigste in aller Kürze ent- hält. Trotzdem hat Meyers Gar- ten-Kalender schon die fünfte Auflage erlebt, seine Unentbehrlich- keit für viele Gärtner und für Gartenbesitzer also längst bewiesen; er braucht somit nicht noch beson- ders herausgestrichen zu werden; er hat sich selbst Bahn gebrochen. Weil jedoch nichts auf der Welt ganz voll- kommen sein kann, so will ich hier für die künftige Auflage noch fol- gende Verbesserungen vorschlagen. Wenn auch die Arbeiten in jedem Monat angegeben, ihre Ausführungen erklärt worden sind, so war doch ein „Alphabetisches Sachregister" zum Nachschlagen nach der Abc- folge unentbehrlich. Ein solches ist auch auf Seite 188 bis 196 vorhanden, aber es reicht nicht aus. Der so überaus schädliche sogenannte Ver- mehrungspilz ist auf Seite 24 behan- delt, das Stichwort fehlt im Inhalts- verzeichnis. Die Weber-Milbe, auf Seite 47 besprochen, dort auch noch als „Milbenspinne" bezeichnet, ist in Gärtner- und Gartenfreundekreisen ganz allgemein, wenn auch falsch, als „rote Spinne" bekannt. Das Stichwort „Spinne, rote", oder „rote Spinne" fehlt im Sachverzeichnis. Auch die Wörter Asseln (Keller- asseln), Kohlhernie, Kohlgallen- rüssler u. a. fehlen, sollten aber nicht fehlen, wenn sie im Buch erwähnt sind. Der gesamte Pflanzenschutz Hesse sich am besten in einem einzi- gen Abschnitt erledigen, weil die Vernichtung ein und derselben schädlichen Tiere sich oft auf ver- schiedene Zeitpunkte er- streckt, z. B. Vernichtung der Eier- häufchen des Ringelspinner (Spät- sommer, Herbst, Winter, Frühjahr), Vernichtung des Schmetterlings — soweit es möglich ist — im Juli, Vernichtung der sehr gefrässigen Personalnachrichten. 227 Raupen, etwa von Mitte April bis Juli. Hiernach müsste der Ringel- spinner in jedem Monate des „Obstgartens" erwähnt werden, was am besten durch Hinweise auf einen besonderen Pflanzenschutz- Abschnitt, wo die Schädlinge im Zu- sammenhange besprochen sind, ge- schehen würde. Alsdann würden sie auch im Sachverzeichnis nicht so leicht vergessen werden, obgleich sie im Buche stehen. Ein anderer Punkt, der übrigens in jedem Gartenbuche, in jeder Gartenbauzeitschrift häufig vor- kommt und zu so vielen Unzuträg- lichkeiten führt, ist die unbeständige, wechselnde Benennung ein und der- selben Pflanze. Schlägt man Primula chinensis auf, dann soll nach S. 39 die Aussaat im März erfolgen. Das ist richtig, sie erfolgt aber bekannt- lich noch viel häufiger noch Mitte Juni, Anfang Juli! Das steht auch richtig im Buche, jedoch unter Schlüsselblumen - Aussaat mit Verweis auf S. 104. Diese Seitenziffer fehlt aber hinter Primula chinensis. Und dann pflegt man unter Schlüsselblumen-Aussaat meist die unserer Wald- und Gartenprimeln, seltener die der chinesischen zu ver- stehen, abgesehen davon, dass die Primeln auch noch Himmelsschlüssel und sonstwie im lieben Deutschen Reiche heissen. Dass die fünfte Auflage auch die neuesten Errungenschaften, insoweit sie praktischen Wert haben, beachtet hat, ergibt sich aus der Besprechung nicht nur des Aethertreibverfahrens (S. 150), sondern auch des Warm- wassertreibverfahrens (Seite 170). Im Sachverzeichnis fehlen aber beide Stichwörter. Man muss also suchen, und man findet beide an neunter und zehnter Stelle unter Blumentreibe- rei, das Aethertreibverfahren noch unter Treib flieder (nicht unter Flieder), das Warmwassertreibver- fahren unter Treiberei der Blumen- zwiebeln, Winterbehandlung (nicht unter dem Stichworte Maiblumen- treiberei, obgleich es hierfür gilt). Bei weiterem Durchblättern des Buches finde ich im Sachver- zeichnis das Stichwort „Karden, Bleichen", S. 152. Karde ist bo- tanisch nur Dipsacus. Dass man diese bleicht und als Gemüse ver- wendet, war mir neu. Aus der aus- führlichen Behandlung auf S. 152 errate ich, dass die Kardonen oder Cardy gemeint sind, also Cynara cardenculus. Im Sachver- zeichnis fehlen aber Cardy und Kar- donen. Ja, ja, die Deutschen mit ihren guten Büchern, aber unge- nügenden Sachverzeichnissen! Schliesslich sei noch erwähnt, dass man Sommerastern, Bal- saminen, Levkoien, Phlox, Petunien, Verbenen nicht bloss im Februar (S. 23) und März (S. 38) ins halbwarme Mistbeet, sondern auch Anfang April in abgeerntete kalte Kasten säen kann, um doch noch rechtzeitig für Mitte Mai kräftige Pflanzen zum Aussetzen ins Freie zu erhalten, was bekanntlich auch sehr häufig geschieht. Deutschsprachlich habe ich schon seit 1885 Ausdrücke wie „zärtliche" Warenhauspflanze (S. 133) vermieden und bespöttelt. Man sehe einmal unsere Garten- bücher und Zeitschriften daraufhin durch, und man wird staunen, wie häufig die Pflanzen „zu zärtlich" sind (anstatt: zu zart!) und des- halb Winterschutz haben müssen!! Diese Aussetzungen beeinträch- tigen den grossen Wert des „Immer- währenden Gartenkalenders" nicht! Möge das geschmackvoll gebundene Buch, das einen Band der bekannten „Thaer-Bibliothek" bildet, überall sich immer mehr einbürgern! Andreas Voss, Berlin W 57. Pcrsonalnachrichtcn. J. C. Schmidt, Hoflieferant S. M. des Kaisers und Königs, Ber- lin, Unter den Linden, feierte am 1. Juli dieses Jahres das Fest seines 50jährigen Bestehens, Ve erhoff. Fr., Obergärtner bei Herrn Krupp v, Bohlen und Hal- bach in Hügel bei Essen a. d. Ruhr, erhielt das Verdienstkreuz für Kriegshilfe. Diese Auszeichnung wurde ihm von Ihrer Majestät der Kaiserin persönlich überreicht. Neuköther, Wilhelm, Ge- müsegärtner in der Krupp von 228 Tagesausflug. Bohlen und Halbachschen Gärtnerei Oesterreichischen Franz Joseph- in Hügel wurde das Verdienstkreuz ordens am Kriegsbande ausge- für Kriegshilfe verliehen. zeichnet. Friedrich Benary, Kgl. Korn- Böhme, Kgl. Obergärtner, merzienrat Mitmhaber der Welt- Potsdam-Sanssouci, erhielt die gol- iirma Ernst Benary, Samenhandlung , ^.r j- x ^ -n j a u i1- in Erfurt, ist am 11. Juni im Alte? dene Verdienstmedaille des Anhalti- von 67 Jahren gestorben. (Ein Nach- tischen Hausordens Albrechts des ruf folgt in nächster Nummer.) Bären. P. Jancke, Kgl. Hofgärtner, J ä ck e 1 , Obergartengehilfe beim Bad Homburg vor der Höhe, zurzeit Neuen Palais, erhielt das Kaiserlich als Hauptmann im Felde, wurde mit Oesterreichische goldene Verdienst- dem Ritterkreuz des Kaiserlich kreuz mit der Krone. Tages -Ausflug aller Abteilungen der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft am Donnerstag, den 26. Juli 1917 nach dem Havelländischen Luch zur Besichtigung der Gemüsekulturen des Herrn Domänenpächters Schurig in Etzin. Tagesordnung : Abfahrt: Berlin (Lehrter Bahnhof) mit dem Fernzug um 9"' bis Berger- damm, wo die Ankunft um lO"*^ erfolgt. Herr Schurig wird die Teilnehmer dort persönlich begrüssen und die nötigen Erläuterungen geben. Zur Besichtigung werden kommen: V. Kamekesche Kartoffel-Neuzüchtungen, 800 Morgen; Anbau von Hanf, 800 Morgen; Gemüseland, 1200 Morgen; ferner wird die Kultur der Oedländereien näher beschrieben und auch ein Moordampfpflug im Betriebe vorgeführt werden. Abfahrt von Bergerdamm 3^°. Ankunft in Berlin 4*-. Die gesamte Verpflegung erfolgt aus der eigenen Tasche. "Wegen Reise- und örtlicher Schwierigkeiten ist vorherige Anmeldung beim Generalsekretariat, Invalidenstrasse 42, dringend bis zum 24. Juli früh erforderlich. Zu zahlreicher Beteiligung an diesem belehrenden Ausflug werden die Mitglieder und Freunde der Deutschen Gartenbau- Gesellschaft (Damen und Herren) ergebenst eingeladen. An Stelle der Monatsversammlung im Juli findet der obenstehende Tagesausflug statt. Der Präsident. Für die Schriffleitung verantwortlich : Siegfried Braun, Berlin N, Invalidenstrasse 42. Amt Norden 4038. Druck von Rudolf Mosse in Berlin. III CA.RL. ADAM COSTRIN-NEUSTADT Landsbergerstr. ^^-•«iS. Femruf N9 11^ Fabpi"k fvip 6ewar;'hshau.sbau. u'Wlntep- g•<äLPfer\'y^rm^^^as3epilfi^zdnlcJgcn.,Ftüi\bee£• und Gev/äcKsliausferLSleT» Eigene KiltfabrikGroisesGUsLagpr vielfach pränuirl nerm. A. Hesse grösste resp. reichhaltigste Baumschulen Weenep (Ems), Prov. Hannover erst 1879 gegründet. Massenaiizucht sämtlicher Freiland- pflanzen in allen Grössen. Neonlicht- anlasen iür Treibhäuser (Gemüsepflanzen). Erhöhte Ausbeute, Abkürzung der Treibperiode. Studien-Geseilschaft für eleictrif che Leuchtröhren m. b. H. Berlin 0 17, Rotherstrasse 6 7. Der Inseratenteil wird stets 4 Tage vor dem Erscheinen der Nummer geschlossen! und Landwirl sucht Abnehmei-, deutsche oder österreichische Händler und Grundbesitztr, von grosser Partie prima kei mkräftigerGeniüse.Sanien- zwiebeln, Kohl, Bohnen usw. Er will auch wohl Kommissionär werden und ist mit Nachricht zu sprechen im Hotel Fleissig, Amsterdam. Jacob Dekker, Koedyk (Holland). R, A. van der Schoot früherer Mitinhaber der aufgelösten Firma R. van der Schoot Si Sohn benadiriditigt hiermit Interessenten, dass er sidi für eigene Redinung etabliert hat. Durdi seine eigenen, ausgedehnten Kulturen von Hyazinthen, Tulpen, Narzissen, Krokus, Lilien, Iris, Paeonien und verschiedenen Stauden ist er in der Lage, überhaupt das Beste zu liefern, was gezüditet wird zu billigsten Preisen Hillegom, Holland LV — ^||i| 111 l^''■^II ll''^l|| ll''.lll mi'"'illlllllll"-i iiiiiiiii.'||'!liiiiiiii;''''':iliiiiiii;:''i'!;iiiiiiii;:''i'!lliiiiii;;:'i''!liiiiiiiil'''iiä l J. B. van der Schoot 1= (früherer Mitinhaber der anfgelösten Firma R. van der Schoot & Sohn) f^ Gartenbau - Etablissement ^ Blumenzwiebel- und Staudenkulturen / Grundbesitz 160 Hektar fi Hillegom, Holland %h':,ii,''illllii><:,ii,->nilllii';,ih-'J>llll>><;.Mn''i';iih;''nilii<';,ih;Hlllllii';,i,,:Mlllllii>;,,,^^ •^"'lllliii W. Rese, Berlin-Britz, Späthstrasse Fabrik für Gewächshausbauten, Frühbeetfenster usw. Heizungs- und Sprenganlagen. Spezial-Fabrik für modernen Gewächshausbau, Veranden, Wintergärten, Heizungen, Frühbeetfenster. Transportable Treibhäuser, ges. gesch. Weintreibhäuser. Eigene Kittfabrik. Böttger & Eschenhorn, G.m.b.H., Berlin-Licliterfelde-O. Adolph Schmidt Nchf., Berlin SW61 Spezialgeschäft für Gemüse- und Blumensämereien, Blumenzwiebeln. Obstoäume in allen Formen. Sträucher, Rosen, Stauden, Maiblumen, Erdbeerpflanzen. Gartengeräte: Rasenmäher, Hackmaschinen, Messer, Scheren, Giesskannen, Spritzen usw. Vertilgungsmittel gegen Blatt-, Blutläuse, Pilze usw. Beile-Alilance-Platz 18 Samenkulturen Baumschulen Fernsprecher: Lützow1781 Gegründet 1865 Preislisten kostenlosi ^ Beilagen finden durdi die „Gartenflora" zwedcentspre- diende Verbreitung in interessierten Kreisen. Nähere Auskunft hierüber erteilt die Anzeigen- verwaltung der „ Gartenflora ", Berlin SW 19, Jerusalemer Strasse 46-49, bzw. alle Filialen der Annoncen-Expedilion RUDOLF M05SE M lfm Für den'Inseratenteil veiantworilich: i. V.: Hans Srhrödir. Beilin 0. — Druck von Rudolf Jlosse, ßerlln SW 19 15. August 1917 A Heft 15 u. 16 apgD^?%Qs^pg?^o&?!)§iPg^^^gjP8y^Q^g,ga3e?^Qi^^^ ciiotzjociiocjocziociioczioiirioiuociior-iocnoi— lor— rn nnoEHOEZi oc=ion3b MTENFLORA &i ZEITSCHRIFT für Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 • Schriftleiter: Siegfried Braun, Generalsekretär der D. G. G. Si BERLIN Kommissions -Verlag von Rudolf Mosse SW 19, Jerusalemer Strasse 46 49 Erscheint halbmonatlich. Preis des Jahrganges von 42 Druckbogen mit vielen Textbildern und Tafeln für Deutschland und Oesterreich-Ungarn 16 Mark, für die übrigen Länder des Weltpostvereins 18 Mark. Zu bezieben durch jede Buchhandlung oder durch die Host 1917, Heft 15u. 16, Inhalt: Zur Kohlenversorgung der Erwerbs- und Privatgärtnereien im Winter 1917/18 S. 229. — Der Ausflug der Deutschen Gartenbau-Geseilschaft in das Havelländische Luch S. 230. — Verschiedenes S. 2il. Literatur S. 242. — Personalnachrichten S. 243. — ,,Orchis". AlleiHigelnseraten-AnnaliineiAnnoncen-ExpeditionRuliolfMosse Berlin, Breslau, Dresden, DOsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, Köln a. £ti., Leipzig, Magdeburg, Mannbeim, München, Narnberg, Straasburg L Eb., Stuttgart, Prag, Wien, Warschan, Basel, Zürich ^I^ 1 Insertionspreis für die 60 mm breite Kolonelzeile 35 Pf* I VJ^ :^!^ f..Hii!5li.i...,.ii5ll[!..„...iilllllli...n.ii^^ 'illllii:''''''''Sll!'''n'''!lBi'Hi»''i|lB^ f A. C. van der Schoot f = ^ früher Mitinhaber der aufgelösten Firma R, van der Schoot &, Sohn pf /i Hillegom, Holland I Die eigenen Blumenzwiebeln- und Staudenkulturen gehören f f§ zu den besten und grössten Hollands . ^1 l«««S;i'"*ii!lilli ilisi;i »:Sii iSii; «Ulli; illllii»««Clii« aii.«"»«;»»"«;!!!!; Si ülls I Linden-Bast das Kilogramm Mark 8, — , empiiehlt Emil Link, Kornw/estheim. Ein tüchtiger Holländer SamenliändJer und Landwirt sucht Abnehmer, deutsche oder österreichische Händler und Grundbesitzer, von grosser Partie prima keimkräftigerGemüse, Samen- zwiebeln, Kohl, Bohnen usw. Er will auch wohl Kommissionär werden und ist mit Nachricht zu sprechen im' Hotel Fleissig, Amsterdam. Jacob Dekker, Koedyk (Holland). Neonlicht- anlasen für Treibhäuser (Gemüsepflanzen), Erhöhte Ausbeute, Abkürzung der Treibperiode. Studien-Gesellschaft für elektrische Leuchtröhren m. b. H, Berlin 0 17, Rotherstrasse 6 7. Verlangen Sie Im Laden zum Einmachen a «^"A '3.^ fet* für Salate u. Saucen fcio natürliches Aroma, wohlbekömmlich, . Ein guter Essig ist jetzt besonders widitig. iA.Hengstenberg,K.Hofl.,Essnngcna.N«ci»TJ NEW YOi<:N «OTAiMCAl OAiVDRN Zur Kohlenversorgung der Erwerbs- und Privat- gärtnereien im Winter 1917 18. Eine gerechte Regelung der Kohlenfrage ist eine der sehn ersten Aufgaben für den kommenden Winter, Zwar ist Deutschland reich an Kohlenschät^en doch ist der Verbrauch gegenüber dem Friedensbedarf gewaltig gestiegen und die Schwierigkeiten der Kohlenförderung haben sich nicht gemindert. Um den Ausgleich zxvischen Förderung und Verbrauch zu regeln, ist im März dieses Jahres ein Reichskommissariat für Kohlenverteilung eingerichtet Nach eingehenden Verhandlungen ist der „Wirtschaftliche Ausschuss'' des Reichs- verbandes jür den deutschen Gartenbau bei dem Reichskommissar für Kohlen- Verteilung vorstelliggeworden, hat den ungefähren Bedarf de, deutschen Gärtnereien an Kohlen angegeben und die Bereitstellung einer Kohlenmenge gefordert, die der Bedeutung des deutschen Gartenbaues entspricht. Gleichzeitig hat auch die „Deutsche Gartenbau -Gesellschaft'' an das Ober- kommando wie auch an den Herrn Reichskommissar für Kohlenverteilung Ein- gaben gerichtet, welche mit allem Nachdruck fordern, dass neben den Erwerbs- gartnereien auch den Privatgärtnereien und den gärtnerischen Liebhabern für ihre Kulturen, Gewächshäuser und Treibereien die notwendigen Heizmaterialien zugewiesen werden. Der Reichskommissar hat daraufhin mitgeteilt, dass er die Unterverteilung der Kohlen den Städten und Kommunalverbänden überlassen ivolle; er hat sich gleichzeitig an den Deutschen Städtetag als die geeignetste Stelle getvendet, um die ihm angeschlossenen Städte zu veranlassen, bei der Unterverteilung der Kohlen die blumenzüchtenden Gärtnereien von der Kohlenbelieferung auszuschliessen ■ Inwieweit die Tätigkeit der Gärtnereien mit Gemüsezucht eine Belieferung mit Kohlen rechtfertigt, sollen die örtlichen Stellen beurteilen. Hieraus geht unzweideutig hervor, dass bis jetzt weder die Erwerbs- noch die Privatgärtnereien auf besonderes Entgegenkommen rechnen können und dass sie sich den Bedarf, der nur zur Aufrechterhaltung ihrer Betriebe oder sonst wert- vollen Kulturen und Sammlungen notwendig ist, unerschrocken werden er- kämpfen müssen. Der zuständige Ort, bei dem unverzüglich Liebhaber und Fachmann ihre nach gerechter Selbsteinschätzung unabweisliche Kohlenmenge mit Energie fordern und immer nieder fordern müssen, ist die örtliche Kohlenver- teilungsstelle. Schon enthalten einige Bekanntmachungen von Gemeinden die Aufforderung, dass sich die „Blumenzüchter sowie die Besitzer der zu Luxuszwecken in Privat- betrieben gehaltenen Gärtnereien'' melden möchten, um anzugeben, wie hoch ihr Bedarf an Brennstoffen im Vorjahre gewesen ist und ob sich unter ihren Kulturen solche von besonders hohem Werte oder ungewöhnlich wissenschaftlicher Be- deutung befinden. 230 D^f Ausflug der D. G. G. in das Havelländische Luch. Tue jetzt jeder beizeiten sein möglichstes, dass endlich an den massgebenden Stellen für die Bedeutung gärtnerischer Betriebe jeder Art das nötige Verständnis envache; mit zunehmender Einsicht wird dort dann die Notwendigkeit, mit dieser die Bereitwilligkeit und damit die Möglichkeit einer ausreichenden Kohlen- belieferung der Gärtnereien sich ergeben. Ist heutzutage die grosse Zahl gärtnerischer Betriebe, selbst die der kleinsten und privatesten, etwa zur Nahrungsmittelbeschaffung minder wichtig als die Land- wirtschaft? Diese aber soll voll mit Kohlen beliefert werden und den Zuweisungen der Kohlenämter nicht unterstehen. Reine Blumen- und Luxusgärtnereien gibt es zurzeit nicht mehr; Nahrangsmittel produzieren sie alle; wo jetzt noch Blumen iveiter gezogen werden, geschieht es, um wirtschaftlich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Das Präsidium der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft wi^d in seinen Be- mühungen nicht nachlassen, dass die deutsche Gärtnerei bei der Kohlenverteilung nicht in die Rolle eines Stiefkindes gerate. Das Geschäftsführende Präsidium. Der Atisflttg der Deutschen Gartenbau- Gesellschaft in das Havelländische Luch. Von Paul F. F. Schulz. Hierzu Abb. 2H Li, 26. > Wer eine preussische Schule durchlaufen hat, dem sind irgendwann und irgendwie auch einige Daten über die Meliorationsarbeiten unserer preussi- schen Könige nahegebracht worden, so z. B. die Zahlen „1718—1724" für die erste Urbarmachung des Havelländischen Luches durch den Soldaten- könig Friedrich Wilhelm I. Von dem ungeheuren Kulturwert solcher Re- gierungsmassnahmen kann sich jedoch nur derjenige eine Vorstellung machen, der auf einem grösseren Gebiet die Wandlungen vom Oedland zum Ackerboden tatsächlich beobachten konnte. In dieser glücklichen Lage waren die Teilnehmer des Tagesausfluges, den die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft am 26. Juli dieses Jahres nach der Domäne Hertefeld im Havelländischen Luche veranstaltete, wo es galt, die Wirkungen einer jüngst erneuten Melioration in Augenschein zu nehmen. Der vom Lehrter Hauptbahnhof in Berlin um 9 Uhr 5 Min- nach Hamburg fahrende Personenzug brachte uns über die Festung Spandau, den Ausflugsort Finken- krug und die Funkenstadt Nauen nach dem einsam im Luch liegenden Bahn- hof „Bergerdamm", der seinen Namen nach einer der grossen Dammstrassen führt, die das Luch in weiten Abständen, aber nach allen Richtungen durch- ziehen. Der genannte Damm verbindet die Ortschaften Berge und Königs- horst und wird von der Hamburger Bahn etwa rechtwinklig gekreuzt. Erst nach dem Aussteigen zeigte sich, welch stattliche Zahl von Mit- gliedern und Gästen dem Ruf unseres Präsidiums gefolgt war; es waren wohl 150 Personen, darunter zahlreiche Damen, die alsbald Herrn Oberamtmann Schurig umdrängten, der persönlich die Führung durch seine Gemarkungen übernommen hatte. Von dem etwas erhöht liegenden Bahnhof aus weitete sich der Blick rund- um, unbehindert durch Bodenerhebungen. Herr Schurig benutzte den Rund- blick, um eine historische Uebersicht über die früheren und die gegenwärtigen Der Ausflug der D.G.G. in das Havelländische Luch. o^i Meliorationsarbeiten zu geben und aus der Erdgeschichte den Ursprung des Havelländischen Luches abzuleiten. Den geologischen Einzelheiten kann ich hier leider nur wenig Raum geben, muss den Leser vielmehr auf die kleine Schrift des Geheimen Bergrats Professor Dr. F. Wahnschaffe: „Die Eiszeit in Norddeutschland" verweisen (48 Seiten in 8", mit 6 Abbildungen; Verlag Richard Müller, Berlin, 1910). Es sei nur erwähnt, dass das Havel- ländische Luch ein 6—12 km breites Moorgebiet ist, das in der Richtung von SO nach NW das Havelland durchfurcht und in der Vorzeit sicherlich eine fast geradlinige, fliessende Verbindung des heutigen Unterlaufs der Spree mit dem gegenwärtigen Unterlauf der Havel, bzw. der Elbe, gebildet hat. Die Geologen bezeichnen die ganze Bodensenke als „Berliner Urstromtal", weil sie annehmen, dass zur Eiszeit ein Riesenstrom in dieser Senke sein Bett hatte, der die Schmelzwässer des damals über Norddeutschland liegen- den Gletschereises der Nordsee zuführte. Während nun nach der Eiszeit der untere Spree- und der untere Eiblauf im Urstromtal blieben, wühlte sich sonderbarerweise die kleine Havel bei Spandau durch die angrenzenden Höhen hindurch und machte den vielzipfligen, weiten Umweg über die heutigen Städte Potsdam, Brandenburg und Rathenow, um erst mit der Rhin- mündung wieder dem Urstrombett zu folgen. Das verlassene Stück des Berliner Tals blieb zunächst mit Wasser erfüllt, versandete dann zu einer Kette von Seen und Tümpeln, die schliesslich durch ihren Pflanzenwuchs „verlandeten" und heute das Havelländische Luch bilden. Wie solche Ver- landungen vorgingen und noch jetzt vorgehen, will ich bei der Schilderung der Moorkulturarbeiten zeigen; jetzt wollen wir dem Gang der Besichtigung folgen, die uns in mehrstündiger Wanderung durch das Luch führen sollte. Dicht am Staatsbahnhof endet die Feldbahn des Herrn Schurig, auf der gerade Ochsengespanne Wagenladungen von Roterübenpflanzen zur Ver- sendung brachten. Es handelte sich um aus den Drillreihen durch Verziehen gewonnene Pflanzen, die der Blätter wegen nach Berlin abgingen, wo Spinat- gemüse aus ihnen bereitet wird. Es kann einen Begriff davon geben, in welchen Mengen die einzelnen Gemüsepflanzen von Herrn Schurig gezogen werden, wenn ich erwähne, dass bis unlängst täglich 10 Güterwagen solcher abgängigen Pflanzen der „Roten Bete" als Spinatersatz versandt wurden! Unsere Wanderung folgte zunächst dem Bergerdamm in nördlicher Rich- tung, um dann einem Abzugsgraben ostwärts nachzugehen- Der Wechsel wurde von den Besuchern bald hart empfunden; denn es galt, über den nicht eingeebneten, teils grobscholligen, teils mahlsandigen Grabenaushub, bzw. quer durch üppige Kartoffelreihen zu stapfen. Da kein Lüftchen wehte und die Sonne den Wolkenschleier mehr und mehr durchbrach, floss in der dunst- gesättigten Moorluft mancher Schweisstropfen und mancher Seufzer der Er- leichterung stieg auf, wenn Herr Schurig den scharfgängigen Braunen seines Feldwagens zügelte, um vom Bock herab seine Erläuterungen zu geben! Rechts vom Graben dehnte sich, soweit das Auge reichte, ein Schlag mit der Spätkartoffelsorte „Helios", links, in gleicher Ausdehnung, ein solcher mit der Sorte „P a r n a s s i a". Beides sind Neuzüchtungen des Herrn v. Kamecke, die hier trotz der bisher sehiPungünstigen Witterung prächtiges Gedeihen fanden. Als Erdreich haben sie etwa 1 m Moorerde, auf Talsand liegend, zur Verfügung. Im Vorjahr waren die gleichen Flächen mit Hanf 232 ^^'' Ausflug der D. G. G. in das Havelländische Luch. bestanden, der wegen seines üppigen Standes den Boden gründlich vom Un- kraut gesäubert hat. Vor zwei Jahren dehnten sich an gleicher Stelle noch Entenröhrichte! Nur an den Rändern der Felder fanden wir vereinzelt die Unkräuter, die sonst eine Geissei des Moorbodens sind: Arundo Phragmites, das Schilfrohr, Polygonum persicaria, P. nodosum und P. tomentosum, die Ackerknöterich-Arten, Polygonum convolvulus, den Windenknöterich, Chenopodium album, den weissen Gänsefuss, von der Land- bevölkerung gewöhnlich, aber zu Unrecht, „Melde" genannt, Sonchus arvensis, die Ackersaudistel und Cirsium arvense, die Ackerkratzdistel. Harmloser ist, trotz seines häufigen Vorkommens im Moor, der Blut- weiderich, Lythrum Salicaria, auch „Stolzer Heinrich" genannt. Als Düngung wurde den Kartoffeln lediglich Kali und Phosphorsäure gegeben, und zwar das Kali mit der starken Gabe von 3 Zentnern des 40prozentigen Salzes je Morgen- Vorversuche in kleinem Massstabe haben Herrn Schurig aber darüber belehrt, dass die Kaligaben auf Moorboden für Kartoffeln mit wirtschaftlichem Nutzen noch ganz erheblich gesteigert werden können und ferner, dass die Moorerde bei reichlicher Kalidüngung geradezu heilsam für kranke Kartoffeln wirkt. Versuchsweise ausgelegte verseuchte Knollen entwickelten sich zu starkwüchsigen, reichtragenden Stauden, ohne dass die Nachzucht auch nur Spuren von Befall zeigte. Stickstoff- und Kalkdüngung kann urbar gemachter Flachmoorboden erfahrungsgemäss lange entbehren, wenn auch die Hoffnungen des Herrn Schurig, dass der Landwirt mit den Bodenvorräten an Stickstoff mehr als 100 Jahre wird haushalten können, mir allzu rosig gesehen erscheinen. Mit einer so gründ- lichen '1 rockenlegung, wie sie hier erfolgte, findet die Neubildung von stick- stoffhaltigem Humus naturgemäss ein Ende und die zum Teil sehr stark und sehr tiefgreifend zehrenden Nutzpflanzen des Moorwirtes (z. B. Hanf), dazu die scharf zersetzend wirkenden chemischen Düngemittel räumen mit den Vorräten an Stickstoff ziemlich rasch auf. Nicht ohne Grund waren des- halb auch die Pachten der im Luch liegenden königlichen Domänen nach der ersten Melioration vor 200 Jahren ständig zurückgegangen. Die Ernteerträge waren eben in gleichem Masse gesunken, so dass mit der zunehmenden Noc- wendigkeit, Stalldünger zu geben, das Ackerland nach und nach zugunsten des Weidelandes räumlich wieder zurückgehen musste. Die für den wirt- schaftlichen Rückgang gewöhnlich verantwortlich gemachte Vernachlässi- gung aer Abzugsgräben war also, wenigstens teilweise, nicht Ursache, son- dern Folge der Ertragsrückgänge; man rief die Wasser wieder zurück, die man zuvor in mühseliger Arbeit gebannt hatte, damit sie die Wiesen be- fruchteten. Weitergehend trafen wir einen Riesenschlag der älteren Kartoffelsorte „Industrie" und später die Neuzüchtung „Beseler". „Industrie" wird von Herrn Schurig in grossen Mengen als Saatkartoffel für Westdeutschland gebaut, v/o sie wegen ihrer hohen/Erträge, Dauerhaftigkeit, Gesundheit und Feinschaligkeit sehr beliebt ist. Herr Schurig verwendet als Saatgut mit Vorliebe die beim Verlesen sich ergebenden übergrossen Knollen; bis Der Ausflug der D. G. G. in das Havelländische Luch. o^^ zur Grösse einer massigen Kohlrübe sind sie ihm für Saatzwecke eben recht' Wenn dabei auf den Morgen auch mehr als 12 Zentner Saatgut zu rechnen sind, so bestocken sich die aus grossen Knollen erwachsenen Stauden infolge der grösseren Augenzahl und der in der Mutterknolle reichlich gespeicherten Feuchtigkeit doch ungleich besser als die Pflanzen aus kleinen Knollen, vor allem aber kann dabei der Reihenabstand bis auf 80, ja 100 cm erweitert werden, ohne dass die höchstmögliche Ausnutzung des Bodens Einbusse erfährt. Wir konnten uns davon überzeugen, dass die Wurzeln und Aus- läufer überall die Reihenzwischenräume völlig durchsetzten. Die Bodenbearbeitung muss bei bestelltem, frischem Moorboden leider fast ausschliesslich mit der Hand erfolgen, weil Pflug und Egge die noch unzersetzten Moorpalten zu grossen Haufen vor sich herschieben würden Die Erträge der Neuzüchtungen beliefen sich im Vorjahr auf durchschnitt- lich 200 Zentner je Morgen, Abb. 2J. , Landbau-Motor in voller Arbeit auf einem unbearbeiteten Moor. Im Verlaufe der Besichtigung hatten wir uns dem alten, aus der Zeit Friedrich Wilhelms I. stammenden Meliorationskanal genähert, der als „Grosser Graben" oder „Havelländischer Hauptkanal'' sich auf den Laj]d- karten verzeichnet findet. Bevor wir ihn erreichten, musste ein Sturzacker gekreuzt werden, den ein noch in der Nähe arbeitender Dampfpflug erst kürzlich umgebrochen hatte. Es war das ärgste Stück unseres Weges, da die meterbeiten, zäh verfilzten Plaggestreifen teils ganz, teils halb aufge- richtet aneinanderlagen und dem grossstädtischen Schuh- und Muskel- werk grosse Schwierigkeiten bereiteten, besonders sobald der Fuss, wie es oft geschah, durchtrat bis in die Hohlräume zwischen den Plagge- streifen. Der Wille zur Tat bezwang aber auch dieses Hemmnis, und bald standen wir am üppig bewachsenen Ufer des Grossen Grabens. Dieser ist 75 km lang, etwa 15 m breit und hat jetzt wieder 2 m nutzbare Wassertiefe. Beiderseits ist der Aushub dammartig zu fahrbaren Wegen aufgeschichtet. 234 ^^f" Ausflug der D. G. G. in das Havelländische Luch. Da der Grosse Graben die Feldmark des Herrn Schurig etwa halbiert, und Brücken nur im Zuge der vorerwähnten, spärlich gesäten alten Damm- strassen vorhanden sind, so mussten wir uns mittels Kahn übersetzen lassen, was bei der grossen Teilnehmerzahl geraume Zeit in Anspruch nahm. Trotz- dem verzichtete die Mehrzahl der Besucher nach der anstrengenden Wande- rung auf den kleinen Abstecher bis zur Arbeitsstätte des Dampfpfluges und verzehrte lieber, im Grase der Kanalböschung liegend, das Frühstück oder studierte die hochinteressante Uferflora. Wenn der Grosse Graben auch eine Kunstwasserstrasse ist, so haben sich doch im Laufe der Jahrhunderte, von beiden Seiten her zuwandernd, die typischen Uferpflanzen der grossen mitteldeutschen Ströme an ihm ange- siedelt Wir konnten deshalb ausser den allerwegen an Wassern anzutreffen- den Pflanzen auch einige Seltenheiten beobachten. Ich vermerkte, als für das Uferbild des Grossen Grabens bestimmend: Arundo Phragmites, das Schilfrohr, Glyceria spectabilis, das hohe Mannagras, Glyceria plicata, das gefaltete Mannagras, Graphephorum arundinaceum, das Schwingelschilf (sonst eine Seltenheit!), Phalaris arundinacea, das Schilfglanzgras (die Stammpflanze des bunten „Bandgrases" der Gärten, Ph- ar. var. picta; die wilde Form ist im Havelland sehr verbreitet, wird dort „Militz" oder „Milentz" genannt, vor der Blüte zu einem wertvollen Heu, später als Streu- und Dachdeckmittel geschnitten und vielfach als Wiesen- gras rein gesät), Butomusumbellatus, der Wasserliesch oder die Schwanendolde, Rumex hydrolapathum, der Flussampfer, mit mächtigen meer- rettigähnlichen Grundblättern, Potamogeton lucens, das spiegelnde Laichkraut, Nymphaea alba, die weisse Seerose. Euphorbia palustris, die Sumpfwolfsmilch, mit weiden-ähn- lichen Blättern und meterhohen Stengeln, Archangelica officinalis, die Erzengelwurz, unsere grösste Umbellifere mit unterwärts armdicken, beim Durchschneiden be- täubend riechenden Stengeln, Senecio fluviatilis, den Fluss-Baldgreis, eine prächtige Kom- posite, die von den gärtnerischen Fachleuten unter den Teilnehmern viel bewundert wurde. Dass in den tieferen Stellen des Luches bei dem mangelhaften Abfluss durch die Verdunstung des im Winter übergetretenen süssen Flusswassers eine erhebliche Anreicherung des Bodens mit Kochsalz erfolgt ist, bewies dem Kenner die stattliche Zahl ausgesprochener Salzpflanzen. Ich bemerkte: Scirpus maritimus, die Meersimse, Festuca distans, den Salzschwingel, Triglochin maritima, den Meer-Dreizack, Salsola Kali, das Salzkraut (und zwar in der stechend bedornten Form, wie es an salzhaltigen Orten auftritt, nicht in der schlaffen Varietät „tenuifolia", die um Berlin als Sandpflanze häufig ist). Der Ausflug der D. G. G. in das Havelländische Luch. 235 Glaux maritima, das Strand-Milchkraut, Trifolium fragiferum, den Erdbeerklee, Tetragonolobus siliquosus, die Flügelerbse, Melilotus dentatus, den gezähnten Steinklee,' Sonchus arvensis, var. uliginosus, die Salzform der be- reits bei den Unkräutern erwähnten Ackersaudistel. Dieses zahlreiche Vorkommen von Salzpflanzen konnte nicht überraschen, befanden wir uns doch gerade in der Mitte zwischen den beiden berühmten Salzstellen der Mark, der am Nauener Weinberg und der am Selbelanger Jägerhaus. Doch blieb für floristische Abschweifungen nicht viel Zeit! Herr Schurig mahnte zur Eile, sonst könne er uns nicht rechtzeitig zu dem vereinbarten Zuge zur Bahn schaffen, zumal er noch eine Rast mit Verabreichung von Erfrischungen in seinen Marschplan aufgenommen hatte. Wir kreuzten einen Schlag Mengsaat aus Hafer und Puffbohnen, die auf 66 cm gedrillt standen. Abb. 24. Landbaii- Motor „Lam'' mit Hauenwelle und angehängter dreiteiliger Walze. Diese Raumzumessung erwies sich heuer als Fehlschlag; denn durch die lang anhaltende Dürre hatten weder Hafer noch Puffbohnen sich ausreichend bestockt. Die Pflanzung war vielmehr so licht geblieben, dass unser Zug sich zwischen den Drillreihen bewegen konnte. In Durchschnittsjahren gedeihen Hafer und Puffbohnen auf dem frischen Moorboden ausgezeichnet; beide erreichen dann Mannshöhe. Hinter diesem Felde erstiegen wir die dammartig erhöhte Nauener Chaussee und kamen jenseits in ein Hanffeld. Hanf ist eine der wichtigsten Nutzpflanzen der Domäne Hertefeld. Er wird auffällig dicht gesät und er- stickt dann mit seinem üppigen Blattwerk und den schnell und hoch auf- schiessenden Stengeln jegliches Unkraut, selbst das staudige Rohr. Bei dem dichten Stande werden die Stengel naturgemäss nicht so hoch und stark wie bei freistehenden Hanfpflanzen, doch liegt das gerade in der Absicht des Züchters; denn der feinstengelige Hanf liefert eine verhältnismässig viel grössere Ausbeute an Bastfasern, als es robuste Pflanzen tun, die dicke, wert- lose Mark- und Holzkörper bei brüchigem Bast besitzen. Auf Samen- gewinnung kann Herr Schurig trotz der verlockenden Lage des Oelmarktes nicht ausgehen, weil die zum Samenbau geeigneten Hanfsorten, besonders die 236 O^'' Ausflug der D. VY\/ T^u^oc.,*..^ schon eine halbe Stunde vor Ab- Programm zur XXV Jahresver- Eisenbahnzüge den Platz Sammlung der Deutschen Dendro- frnynnphmpn logischen Gesellschaft in Berlin, emzunehmen. 28.-31. August 1917. Tageseinteilung. Festsitzung zur Feier des 25 jährigen Dienstag 28 August: W^^^^^ Bestehens der Gesellschaft am Mitt- Wilmersdorf und Scharfenberg. woch,29. August, Nachm. 4 Uhr im 8 Uhr 40 Min. Abfahrt vom 242 Literatur. Anhalter Bahnhof; ^ Stunde vor Ab- gang einsteigen. Rückfahrkarten (II.K1.3M., III.K1.2iM.) nachThyrow möglichst schon am Tage vorher nehmen. 10 Uhr bis 11 Uhr Rundgang im Park Wendisch-Wilmersdorf (Be- sitzer Dr. Graf von Schwerin, Gar- tenmeister: Lebbäus). 11 Uhr Bier, gespendet vom Besitzer; Imbiss ist mitzubringen. 1 Uhr 40 Min. bis 2 Uhr 32 Min. Rückfahrt nach Berlin. 4 Uhr 56 Min. bis 5 Uhr 26 Min. Eisenbahnfahrt nach Tegel. 5 Uhr 45 Min. bis 6 Uhr Dampferfahrt, 60 Pf. 6 Uhr bis 7 Uhr Besichtigung der Insel Scharfenberg, Besitzer: die Stadt Berlin (früher Dr. Carl Bolle); Führung: Herr Gartenbaudirektor Weiss. Mittwoch, 29. August: Baumschulen- weg und Dahlem. 8 Uhr 44 Min. bis 9 Uhr 14 Min. Bahn- fahrt ab Bahnhof Friedrichstrasse nach Bahnhof Baumschulenweg. Rückfahrkarten nehmen. Wagenfahrt zur Baumschule des Herrn Dr. Spaeth. 9 Uhr 30 Min. bis 10 Uhr 30 Min. Besichtigung des Arboretums. 3 Uhr 20 Min. und 3 Uhr 30 Min. ab Berlin Wannseebahnhof. 3 Uhr 33 Min. und 3 Uhr 43 Min. an Steglitz. Von hier Elektrische Strassenbahn zum Botanischen Museum. 4 Uhr bis 5 Uhr Festsitzung im Auditorium des Botanischen Museums in Dahlem. (Pünktlicher Anfang. Kein aka- demisches Viertel!) 5 Uhr bis 7 Uhr Besichtigung des Botanischen Gartens und der Gewächshäuser. 7 Uhr bis 7 Uhr 30 Min. kinematographische Vorführungen des Keimens, Wachsens und Aufblühens. Donnerstag, 30. August: Potsdam, Pfaueninsel, Wannsee. 7 Uhr 53 Min. bis 8 Uhr 25 Min. Bahnhof Berlin (Potsdamer Haupt- bahnhof) mit Vorortzug nach Pots- dam. 9 Uhr bis 12 Uhr 30 Min. Be- sichtigung des Parks von Sanssouci, Orangerie, Drachenberg, Neues Pa- lais und Park Charlottenhof. Führung : Herr Hofgartendirektor Zeininger und Herr Hofgärtner Potente. 1 Uhr bis 2 Uhr Mittagessen im Restaurant zum Schultheiss. 2 Uhr bis 2 Uhr 40 Min. Dampferfahrt (1,50 M. für den ganzen Nachmittag) nach der Pfaueninsel. 2 Uhr 40 Min. bis 3 Uhr 30 Min. Besichtigung der Pfaueninsel (Herr Hofgärtner Habermann). 3 Uhr 30 Min. bis 4 Uhr Dampferfahrt. 4 Uhr bis 5 Uhr Kaiser-Wilhelm- Turm; prachtvolle Aussicht. 5 Uhr bis 5 Uhr 45 Min. Dampferfahrt nach Wannsee; Kaffeerast im Kaiser- Pavillon oder Rückfahrt nach Berlin. Für Freitag, 31. August, sind Freien- walde und Eberswalde in Aussicht genommen. Ob es aber überhaupt möglich sein wird, die Ausflüge dieses Tages zu unternehmen, konnte bei Versendung des Programms noch nicht festgestellt werden. Tagesordnung der Jahres- versammlung in Berlin, Mittwoch, den 2 9. August, 4 Uhr nachmittags. 1. Rückblick auf die 25 Jahre des Be- stehens der Gesellschaft. 2. Entgegennahme von Glückwün- schen. Sollten seitens anderer Ver- eine kurze Ansprachen beabsich- tigt werden, so ist dies dem ge- schäftsführenden Präsidenten acht Tage vorher mitzuteilen. 3. Geschäftsbericht. 4. Entlastung des Kassenführers 1916—17. 5. Neuwahl des Vorstandes. 6. Wahl des Versammlungsortes für 1918. Literatur. Grundzüge der Pflanzenvermehrung. Leitfaden zum besonderen Ge- brauch für Gärtnerlehranstalten und gärtnerische Fortbildungs- schulen, sowie zum Selbststudium für strebsame Lehrlinge und Ge- hilfen. Von Max Löbner, In- spektor am Königl. Botanischen Garten und der pflanzenphysiolo- gischen Versuchsstation in Dres- den, vormals an der deutsch- schweizerischen Versuchsstation und Schule für Wein- und Garten- bau in Wädenswil. Zweite, neu- bearbeitete und vermehrte Auflage. 52 Seiten. Geb., Preis M. 1,20. Berlin, Verlag von Paul Parey. Der in gärtnerischen und obst- baulichen Kreisen Deutschlands als hervorragender Praktiker und Her- ausgeber gediegener Werke über Düngerlehre, Obst- und Gartenbau Personalnachrichten. 243 bekannte Verfasser hat es in diesem Büchlein verstanden, eine Menge praktischer Leitsätze und Aufklärun- gen auf dem Gebiete der Pflanzenver- mehrung, kurz gehalten und doch allgemein verständlich, ohne jeden Ballast, zu vereinigen. Das ist für ein beim Unterricht zu benutzendes Buch sehr wichtig; für diejenigen jungen Gärtner aber, denen es nicht vergönnt ist oder war, eine Garten- bauschule zu besuchen, und zu diesen zählen leider noch die allermeisten, ist die klare Behandlung des Inhalts doppelt wertvoll, weil sie ihnen beim Erlernen der Grundzüge der Pflanzenvermehrung viel Zeit er- spart. Obgleich der ganze Inhalt in nur zwei Hauptabschnitte: Vermeh- rung der Pflanzen durch Aussaat; Vermehrung der Pflanzen auf unge- schlechtlichem Wege, eingeteilt ist, so wird doch über nicht weniger als 48 wichtige Punkte in 48 Absätzen Belehrung und Anleitung gegeben; so auch darüber, was eine Art (Species), Varietät, Mutation, ein Sport, Bastard (Hybride) ist, über die praktische Ausführung von Kreuzungen, welche Gewächse mit- emander gekreuzt werden können, über die Vererbungsgesetze, weiter die Samenernte, Keimdauer und Keimkraft der Samen, die ver- schiedenen Vermehrungsarten, die verschiedenen Pfropf- (Veredelungs-) Methoden und vieles andere. Auch weist der Verfasser darauf hin, dass selbstgeernteter Samen meist doppelt und mehr wert ist als gekaufter. Na- türlich fehlt auch die Behandlung der Aussaaten und die Auslese der Sämlinge nicht. So erweist sich das Buch als überaus nützlich, und der Verfasser verspricht nicht zu- viel, wenn er im Vorworte zur 2. Auflage sagt: „Wer Streben be- sitzt, selbst an seiner beruflichen Ausbildung zu arbeiten, mag in dieser Neubearbeitung den Füh- rer sehen, dem er sich an- vertrauen dar f." Andreas Voss, Berlin W 57. Personalnachrichten. Friedrich Benary, Königl. Kommerzienrat, Vorsteher der Handelskammer zu Erfurt, geb- 4. Januar 1854, gest. 11. Juni 1917. Nachruf. Leitspruch: Was 4u ererbt \on deinen V'ätein, Erwirb e>, um e^ zu be- sitzen. Dem Ausspruch unseres Kaisers: Deutsch sein heisst frei sein, d. i. selbständig handeln und urteilen, dem nachzuleben, verlangt unser deutsches Pflichtbewusstsein. Auch der Verstorbene zählte seiner ge- schäftlichen wie sozialen Bedeutung nach zu diesen uns im öffentlichen Leben so not tuenden Persönlichkei- ten. Nicht nur der Erbe eines grossen Geschäftes zu heissen, son- dern es tatsächlich zu werden und zu sein, galt sein Streben. Die zu- nehmende Entwicklung eines Ge- schäftes beruhte seiner Auffassung zufolge nicht lediglich in äusseren Errungenschaften, sondern vielmehr in einer nach innen sich wendenden Sorgfalt, sowohl was kulturelle Be- handlung wie fortgesetzte Aufmerk- samkeit auftretender Neuigkeiten, nachwägender Prüfung, anbetraf. Namentlich auf dem Gebiete der Blumenzucht besass der verstorbene Freund ein besonders ausgeprägtes Verständnis, einen für deutsche Samenanzuchtsbestrebungen nicht hoch genug einzuschätzenden Wert- begriff, der nicht lediglich kauf- männischen Fähigkeiten zu zollen ist, sondern nicht weniger dem sorg- fältig beobachtenden, gärtnerisch durchgebildeten Sinn. Und wenn scheinbar auch eine Entwicklung hierin sich meist langsam zu voll- ziehen pflegt, so vermag doch nur fortgesetzt anhaltendes Bestreben hierbei zum Ziele zu führen- Jeden- falls hatte Benary dies mit als seine Lebensaufgabe erkannt und bewahrte diese Ausdauer bis zu seinem letzten Atemzuge. Am 4. Januar 1854 in Erfurt ge- boren, trat Benary nach vollendeter Realschulbildung als Gartenbau- schüler in die Kgl. Belgische Gärtner- lehranstalt van Houtte in Gent 1867 ein. Für Gärtnersöhne, welche sich vorwiegend dem praktischen Berufe 2u widmen beabsichtigten, war da- mals diese Gartenbauschule eine der bekanntesten und besuchtesten. Nach erhaltenem Abschluss trat B. zuerst 244 Personalnachrichten. in das bekannte Samengeschäft von Peter Lawson &, Son in Edinburgh ein, und sodann in ein Sheffielder Stahlwarengeschäft, um sich hier in das kaufmännisch grosszügig ver- anlagte englische Geschäftswesen einzuleben. Unsere gegenseitig von Edinburg her datierende Bekannt- schaft, die bald zu einem näheren freundschaftlichen Verkehr sich ge- staltete, berechtigt mich, in An- sehung des langen Zeitraumes wohl, zu einer näheren Beurteilung des Charakters des dahingeschiedenen j Freundes und bietet die Veran- lassung zu vorstehender Veröffent- lichung. Nach Beendigung des Krie- ges 1870/71, den B. als Leutnant d. R. mitmachte, trat er 1871 als Teilhaber in das väterliche Geschäft ein. Seine Sprach- wie Fachkenntnisse, ver- bunden mit besonderer Neigung zur Blumenzucht, veranlassten auch bald in der eigenen geschäftlichen Be- handlung einen besonderen Ausbau, welcher in Gegenwirkung zur brü- derlichen Tüchtigkeit auf dem Son- j dergebiete des Gemüsebaues eine ge- ! schäftlich höchst vorteilhaft wirkende Ergänzung fand. Der Bruder, Kommerzienrat John Benary, wurde 1874 zum Mitinhaber des Geschäftes ernannt, und konnten somit beide Richtungen, in voller Erfassung ihrer Aufgaben, nur zum Vorteil für das umfangreiche Gebiet des Samen- baues sich auswirken. Die viel- fachen Beteiligungen an Ausstellun- gen sowohl in geschäftlicher Bezie- hung, wie dem des Preisrichter- amtes, sicherten der Firma nicht nur den Weltruf, sondern auch die Führerschaft der Samenanzuchtsge- schäfte Erfurts wie Deutschlands. Das ursprüngliche Bestreben der j Firma: Kulturanweisungen für etwas schwieriger heranzuziehende Pflan- zenarten zu geben, führte zu der Herausgabe eines 1908 im Handel er- schienenen Buches: „Die Erziehung der Pflanzen aus Samen", das bereits 1911 seine 2. Auflage erlebte. Mit : dieser Veröffentlichung hat sich das Haus Benary ein dauerndes Ver- dienst erworben, ein Buch das sich in seiner wesentlichen Tendenz auf praktische Erfahrung aufbaut. Die Tüchtigkeit des verstorbenen Freundes, seine Anerkennung im öffentlichen Leben geht wohl un- zweideutig einmal aus seiner Er- nennung zum Königlichen Kommer- zienrat wie anderseits besonders aus der eines Vorstehers der Er- furter Handelskammer hervor. Von Haus aus zu froher Gesellig- keit veranlagt, huldigte B. unter den Künsten besonders der ernsten Musik. Im Sinne der Voreltern wirken heut im Geschäft bereits sein ältester Sohn Ernst und sein Neffe Heinrich als Teilhaber des Geschäftes mit, das als ein des deutschen Fleisses wie Geistes würdiges Haus getrost sich mit jedem irgend bedeutenden Samenanzuchtsbetrieb der Welt zu messen in der Lage ist. Hoffmann. Kgl. Preuss. Gaftenbauinspektor Fr. B r a h e , Gartenarchitekt in Mannheim, als Beamten-Stellvertreter bei einer Armee-Baudirektion tätig, erhielt in Anbetracht seiner Tätigkeit auf der Baltischen Ausstellung in Malmö 1914 vom König von Schweden das Ritterkreuz zweiter Klasse des Wasa-Ordens. Herr Gartenbauingenieur Fritz H a n i s c h,Breslau-Carlowitz, feierte am 1, August d. J, sein 25 jähriges Geschäftsjubiläum. Seine uneigen- nützige und erfolgreiche Tätigkeit im Vereinswesen, für Gartenkunst^ Kleinsiedlungen, Ausstellungen und Standesinteressen sind bekannt. Heinrich Schall, Ober- inspektor und Betriebsvorstand der Kgl. Bayr. Hofgärten, wurde in dank- barer Anerkennung seiner Heimat- verdienste während der Kriegszeit mir dem König-Ludwig-Kreuz aus- gezeichnet. Die Monatsversammlung fällt auf Beschluss des Präsidiums ans. Für die Schriftleiiung ver«ntwortlich : Siegfried Braun, Berlin N, Invaiidenstrasse 42. Amt Norden 403^. Druck von Rudolf Messe in Berlin. III CA.RI. ADAM COSTRIN-NEU5TADT Landsbergerstr. <^; <^§i .§5" (^gi (^) (^5 (^3) (g) (^3) <^g) (^g) (^g) <^g) (^) (^^ <^g> ^^ (^g>(^g) <^) ^3) (^) Q ^^^HHlij Spezial-Fabrik für modernen Gewächshausbau, Veranden, Wintergärten, Heizungen, Frühbeetfenster. Transportable Treibhäuser, ges. gesch. Weinireibhäuser. Eigene Kiitfabrik. Böttger & Eschenhorn, G.m.b.H,, Berlin-Licliterfelde-Ö. it^'v..:..i:::--i3"Tic^-!^:f^a^;ia ^.^^^s^BS^I^^^^i ^ 1 ^ ■£ ^^^ä^ä^^ri'l Adolph Schmidt Nchf., Berlin SW61 Spezialgeschäft für Gemüse« und Blumensämepeien, Blumenzwiebeln. Obstbäume in allen Formen. Sträuchep, Rosen, Stauden, Maiblumen, Erdbeerpflanzen. Gartengeräte: Rasenmäher, Hackmaschinen, Messer, Scheren, Giessl«C' Sil" !S?'»«"Sy Si: '!Slli'««"illlBi SB «C C''"«C f I A. C. van der Schoot f ^^ früher Mitinhaber der aufgelösten Firma R, van der Schoot &. Sohn gl h Hillegom, Holland A I Die eigenen Blumenzwiebeln- und Staudenkulturen gehören f /= zu den besten und grössten Hollands ^% l»"'gi< 'g 'g! "0»sa !3i i.;ilS!; .a!>4 Linden-Bast das Kilogramm Mark 8,—, empfiehlt Emil Link, Kornwestlneinn. 1t:>Si Frühbeetfenster 'pT^uir Gewächshäuser bauen wollen, so wenden Sie sieb bitte an Baumeister Knittel Breslaict 18, Krietern Spezialgeschäft liir Frühbeetfenster, Gewächs- bausbau unri Gartenaiisstaituns Jetzt beste Pflanzzeit! Erdbeerpflanzen kräftige, gutbewurzelte verpflanzte Ware, nur gute Sorten, wie: Königin Luise, Sieger, Laxtons Nobel, Deutsch Evern, Kaisers Sämling, Garteninspektor Koch usw. 100 Stück M. 5,— 1000 Stück M. 45,— ab hier, Verpackung besonders berechnet, liefert sofort gegen Nachnahme Conrad Trumpft, Harzer Baumsfliolen Blankenburg(Harz) Fernsprecher Nr. 6.5 Gegründet 1720 Kotiiioi kostenfrei über. Obst- u. Alleebäume Ziersträucher Ran k pf I a nzen Nadelhölzer Weinreben Stauden Rosen u. 8. w. L.Spath - Baumschule flntage von Parks und Gärten Berlin-Baunnschulenweg [Areal 1300 SloTgea, ! D er Inseratenteil wird sfefs 4 Tage vor dem | Erscheinen jeder Nummer gesdilossen f UÜRAR7 NEW YQHK *OTANlCAL Die Einwirkung von Teerdämpfen und anderen Rauchgasen auf die Pflanzen. Von R. E w e r t , Proskaii. (Hierzu Abb. 27 bis 29.) Das oberschlesische Industriegebiet ist wohl eine derjenigen Gegenden Deutschlands, in der sich die giftigen Rauchgase, namentlich die schweflige Säure, noch der grössten Freiheit erfreuen, wenngleich auch in neuerer Zeit durch den Einfluss der Gewerbeinspektionen die übermässige Abgabe gifti- ger Gase durch die Betriebe sehr stark eingeschränkt ist. Eine Auflehnung der Land-, Forstwirtschaft und Gartenbau betreibenden Bevölkerung gegen diese Zustände findet nur selten statt, weil sie selbst zu sehr mit den Inter- essen der Industrie verwachsen ist und die Waldungen, die vornehmlich unter den schädlichen atmosphärischen Einflüssen zu leiden haben, meistens im Besize der Werke selbst sind. Für denjenigen, der sich berufsmässig mit Pflanzenkrankheiten aller Art zu befassen hat, bietet die Umgebung von Beuthen, Kattowitz und Myslowitz und anderer Industriezentren eine Fülle interessanten Beobachtungsmaterials, das seinen experimentellen Forschun- gen als wertvolle Unterlage zu dienen vermag. Wenn man sieht, wie die dichten Rauchwolken über Wald und Feld hin- streichen, so möchte man annehmen, dass das normale Gedeihen aller Pflanzen in Frage gestellt ist; nichtsdestoweniger wird oft bis in die un- mittelbare Nähe der Werke sehr intensiver Acker- und Gemüsebau betrieben. Selbst die als sehr rauchempfindlich geltende Buschbohne wird mitunter noch neben den Zinkhütten angebaut. Das besonders rauchempfindliche und daher als Fangpflanze empfohlene Polygonum Sieboldi zeigt gewöhnlich sehr gut durch die Rotfleckigkeit der Blätter die Gegenwart der schwefligen Säure an. Doch ist letztere selbst dort, wo sie in starkem Masse abgegeben wird, nicht imstande, diese Staude zu unterdrücken. In Lipine mit seinen vielen Zinkhütten wuchert dieselbe überall, sogar in den Strassengräben; ihre Zähigkeit und ein starkes Regenerationsvermögen lässt sie noch den un- günstigsten Aussenbedingungen widerstehen. Am meisten werden, wie schon hervorgehoben wurde, die holzigen Ge- wächse, namentlich die Baumwelt, geschädigt. Von denjenigen Bäumen, die noch ganz nahe der Rauchquelle auf dem Gelände der Werke selbst noch ein kräftiges Wachstum zeigen, ist in erster Linie die Kanadische Pappel zu nennen. Dass sie hier noch gedeiht, verdankt sie offenbar ihrer Starkwüchsig- keit. Ihr Laub leidet schliesslich aber auch dort, wo die schweflige Säure im Uebermass abgegeben wird. Die Esche und die Rosskastanie werden gewöhnlich als rauchempfind- liche Baumarten bezeichnet; von der Esche wollen es jedoch nicht alle gelten lassen. Tatsache ist, dass beide als Strassenbäume im oberschlesischen In- dustriegebiet sehr häufig angetroffen werden und keineswegs hier immer ein krankhaftes Aussehen zeigen. Doch fehlt es an exponierten Stellen nicht 246 Die Einwirkung von Teerdämpfen usw. auf die Pflanzen. an kranken Eschen mit dürrem Geäst, und auch die Rosskastanie zeigt ihre Empfindlichkeit durch vorzeitigen Laubfall an. Aber im grossen und ganzen halten diese Baumarten noch einer schwächeren Einwirkung der schwefli- gen Säure stand, und das mag der Grund sein, warum sie als Strassenbäume im oberschlesischen Industriebezirk so ausgedehnte Verwendung finden. Der vorzeitige Laubfall und die sich früh bemerkbar machende Herbst- färbung sind die sichersten Anzeichen der Rauchgaswirkung. In Schoppi- nitz unweit Myslowitz konnte ich beobachten, dass bereits Ende August viele Bäume, namentlich Ulmen und Rosskastanien, kahl dastanden. Um die gleiche Zeit trat in der Nähe der dortigen Zinkhütten an den Blättern der Jungfern- rebe schon eine intensiv rote Herbstfärbung auf; aber auch diese Pflanze wagt sich trotzdem sehr weit in die Gefahrzone vor und bekleidet dort manche Wände, die ständig die Rauchschwaden auffangen. Indessen gibt es hier auch noch manches holzige Gewächs, das bis tief in den Herbst hinein sein grünes Laub behält. Von diesen sind vornehmlich Liguster, Flieder, Holunder und Bocksdorn zu nennen; es sind dies lauter Gehölze, die auch in rauch- freien Gegenden sehr lange belaubt sind und sogar, wie der Liguster, dazu neigen, immer grün zu bleiben. Die Kiefernwälder lassen schon aus weiter Entfernung durch ihren locke- ren Bestand und ihre lichten Kronen die Verheerungen der Rauchgase er- kennen. Noch empfindlicher ist die Fichte, die wir meist nur in kleineren Beständen vorfinden. Sie weist als sicheres Anzeichen chronischer Schäden im Innern vollständige Kahlheit der Aeste auf, die durch den vorzeitigen Fall der älteren Nadeln bedingt wird. Diese erliegen allmählich der an- dauernden, wenn auch schwachen Einwirkung der schwefligen Säure, wäh- rend die jungen Triebe unter gleichen Bedingungen zunächst noch ein gesundes Aussehen behalten können. Nur wo sie den ersten starken Anprall giftiger Gase auszuhalten haben, treten die sogenannten akuten Schäden auf, die durch Rötung der Nadeln und Verkrümmungen der jungen Maitriebe ge- kennzeichnet sind. Die Nadelholzwaldungen sind in der Nähe der Hütten im Laufe der Jahre immer weiter zurückgedrängt. An ihre Stelle ist die Heide getreten, die sich aus den ursprünglichen, weniger empfindlichen Bodenkräutern des Waldes zusammensetzt. Zwar findet man in der Heide auch neue Auf- forstungen; verwendet werden zu diesen jedoch keine Nadelhölzer, sondern nur Laubhölzer, namentlich die sehr rauchbeständige Birke. Ganz rauch- fest ist auch diese nicht, doch werden meist nur die Blätter der jungen Mai- triebe bei stärkerer Rauchgaswirkung geschädigt. Zwischen Kattowitz und Myslowitz ziehen sich auch schöne Buchenwaldungen (Fagus silvatica) hin. Die vorzeitige rötliche Herbstfärbung des Laubes zeigt hier und da das Ein- dringen der schwefligen Säure an, dem dann später das Absterben der Aeste folgt. So ist im allgemeinen der Eindruck, den wir im oberschlesischen Indu- striebezirk, wo sich ein Werk an das andere reiht, erhalten. Je weiter wir in die nördlicher gelegenen Bezirke der Provinz vordringen, um so weniger macht sich eine Beeinflussung des gesamten Landschaftsbildes bemerkbar. Hier liegen oft Einzelbetriebe mitten in fruchtbarer Gegend, und um so auf- Die Einwirkung von Teerdämpfen usw. auf die Pflanzen. 247 fälliger werden in ihrer Umgebung die Schädigungen der Vegetation und um so häufiger die Klagen der Geschädigten. Die Aufrechterhaltung kleinerer gärtnerischer Betriebe ist mit vielen Störungen und Unannehmlichkeiten ver- bunden. Bei Errichtung einer neuen Gärtnerei in der Nähe eines Fabrik- betriebes, der im Verdacht steht, pflanzenschädliche Gase abzugeben, ist Vorsicht geboten und die Vegetation der Umgebung einer genauen Unter- suchung zu unterziehen. Doch sind hierbei auch die Einwirkungen aller son- stigen äusseren, das Wachstum beeinträchtigenden Faktoren zu berücksich- tigen, da man der Fabrik sonst leicht Unrecht tun könnte. Namentlich sind es Spätfrost und Sommerdürre, die ähnliche Krankheitssymptome an den Pflan- zen hervorrufen wie die sauren Rauchgase. Als Beispiel führe ich einen Fall an, in dem ich selbst als Gutachter tätig war. Es handelte sich darum, ob eine Superphosphatfabrik durch Abgabe der äusserst pflanzenschädlichen Fluonwasserstoffsäure an benachbarten Nadelholzpflanzungen Schädigun- gen hervorgerufen hatte. Die Nadeln der Fichte waren vielfach gerötet und Abb. 27. Fig. 1, 2 u. 3 Radieschen, die infolge Einwirkung von Teerdämpfen ihre Blätter zusammengerollt haben ; Fig. 4, 5 u. 6 gleichalterige unbehandelte Radieschen mit normal entwickelten Blättern. die jungen Maitriebe verkrümmt und grösstenteils abgestorben. Neben der gemeinen Fichte hatte in gleicher Weise die Picea pungens glauca gelitten. Letztere ist aber eine Konifere, die als rauchhart bekannt ist und auch im oberschlesischen Industriebezirk noch am besten von allen Nadelhölzern den Einwirkungen der schwefligen Säure Widerstand leistet. Nach weiteren Be- obachtungen an Ort und Stelle zeigte die rauchempfindliche Gurke und ebenso die Esche selbst im Hofraum der Fabrik ein üppiges Wachstum. Auch alle sonstigen Anzeichen deuteten darauf hin, dass nicht Rauchschäden, sondern Frostverletzungen vorlagen. Tatsächlich war zur Zeit der ersten Triebent- wicklung ein ziemlich heftiger Spätfrost aufgetreten. Der Anlage einer Gärt- nerei in der Nähe der Fabrik, wie sie in diesem Falle beabsichtigt war, stand somit nichts im Wege. Weniger leicht sind die Einwirkungen der Teerdämpfe auf die Vegetation mit anderen Schädigungen anorganischer Natur zu verwechseln. Das Krankheitsbild, das die Teerdämpfe an den Pflanzen hervorrufen, ist so eigenartig, dass auch eine Unterscheidung von anderen Rauchgasen nicht schwer fällt. Besonders ist das kahnförmige Zusammenrollen der Blätter, der Lackglanz auf der von der Sonne beschienenen Seite der Blätter, das Ver- krümmen junger, im Wachstum begriffener Früchte, wie z. B. bei Busch- bohnen, hervorzuheben (vgl. hierzu die beigegebenen Abb. 27 und 28). 248 Die Einwirkung von Teerdämpfen usw. auf die Pflanzen. Diese Krankheitssymptome sind zum Teil schon von Haselhof und Lin- dau in ihrem bekannten Werke über Rauchschäden, ferner von Sorauer, später auch von mir eingehender beschrieben worden. Mit dem Auf- treten des Lackglanzes ist regelmässig ein Zusammensinken der Epidermis- zellen verbunden. Von Fabriken, die Teerdämpfe abscheiden, sind namentlich diejenigen zu nennen, die sich mit der Herstellung von Elektroden und Kohlestiften be- schäftigen. Um das hierzu benutzte feine Kohlepulver bindig zu machen und in Formen bringen zu können, wird es mit Teerölen vermischt, die später durch Glühen in Ringöfen wieder ausgetrieben werden. Die bisheri- gen Einrichtungen, die entstehenden Teerdämpfe von ihrem Eintritt in den Schornstein abzuscheiden, sind noch nicht zu der Vollkommenheit gediehen, um Pflanzenschädigungen zu vermeiden. Teerdämpfe geben auch die Koke- Abb. 28. Links Buschbohnenfrüchte, gekrümmt infolge Einwirkung von Tier- dämpfen, rechts normale Früchte gleichen Alters. reien beim Löschen des Koks sowie die Holzimprägnierungsanstalten ab. Ferner werden auch mit Karbolineum bestrichene Holzteile und geteerte Strassen dem Pflanzenwuchs in der Nähe gefährlich. Die sogenannten Asphaltdämpfe haben die gleiche Wirkung, weil die schädlichen Bestand- teile in ihnen ebenfalls Teerdämpfe sind. Welche Körper in den Teerdämpfen als die eigentlichen Pflanzengifte zu gelten haben, war bisher gänzlich unbekannt. Meistens hatte man die sauren Anteile der niedriger siedenden Teeröle, die Phenole, in Verdacht. Nach meinen Untersuchungen, deren Ergebnisse in den „Landwirtschaftlichen Jahr- büchern" 1917, Heft 6 veröffentlicht sind, sind sie gerade in den hochsiedenen Teerölen, namentlich in dem Anthrazenöl, enthalten. In erster Linie kommen Körper der Anthrazengruppe, wie das Anthrazen, Methyl- thrazen, Akridin und Hydroakridin, in Betracht. Mit dem Anthrazen lassen sich alle Krankheitserscheinungen, die für die Teerdämpfe charakte- ristisch sind, am leichtesten hervorrufen. Es ist dabei gar nicht notwendig, die Dämpfe durch Erhitzen des Anthrazens über freier Flamme zu erzeugen, Die Einwirkung von Teerdämpfen usw. auf die Pflanzen. 249 sondern an den sehr empfindlichen jungen Radieschenpflanzen treten schon die Merkmale der Teervergiftung auf, wenn an sonnigen Tagen des Som- mers etwa K. g Anthrazen auf die Bodenoberfläche in der Umgebung der Pflanzen ausgestreut wird. Wie sehr das Sonnenlicht bei der Hervorrufung von Schäden durch Teer- dämpfe von Einfluss ist, darauf sei noch besonders hingewiesen. Man hat auch neuerdings behauptet, dass die Schädigungen durch saure Rauchgase, besonders durch die schweflige Säure, erst nach Einwirkung der Sonne auf die Pflanzen voll in die Erscheinung treten. Doch besteht nach meinen Untersuchungen in diesem Punkte zwischen Teerdämpfen und sauren Gasen — auch Ammoniakdämpfe verhalten sich wie diese — ein grosser Unter- schied. Ich will zur Erläuterung ein Beispiel aus meiner gerichtlichen Gutachtertätigkeit anführen, das zugleich zeigt, dass dieses verschiedene Verhalten der Abgase auch bei Verhütungsmassregeln berücksichtigt werden muss. Abb. 29. Nachtpflanzen Tagpflanzen Kontrollpflanzen. Es waren Salzsäuredämpfe aus einer Verzinkungsanstalt in eine benach- barte Gärtnerei eingedrungen und hatten hier grossen Schaden angerichtet. Besonders gelitten hatten die Maiblumen, ferner Erbsen, Spitzahorn, Alpen- johannisbeeren und junge Eichen. Kranke Aepfel standen neben gesunden Birnen, wie die Birne im allgemeinen ja überhaupt die rauchhärteste Obstart ist. Nach den polizeilichen Verordnungen sollten die Türen der Fabrik stets geschlossen bleiben. Für die Reinigung der Luft sorgten Exhaustoren, die die salzhaltige Luft der Arbeitsräume durch Kalkwasser hindurchsogen Der geschädigte Nachbar hegte nun den Verdacht, dass wohl am Tage die polizeilichen Verordnungen befolgt würden, bei Dunkelheit aber, wenn eine Kontrolle schwieriger war, die Arbeiter durch Oeffnen der Türen ein schnelleres Abziehen der ihnen lästigen Salzsäuredämpfe herbeizuführen suchten. Die Fabrik ihrerseits suchte die Unschädlichkeit der Salzsäure- dämpfe dadurch zu erweisen, dass sie die verschiedensten Topfpflanzen in den Räumen aufgestellt hatte, und in der Tat besassen dieselben am Tage des Gerichtstermins ein ganz gesundes Aussehen. Da nun die Salzsäuredämpfe sich des Nachts als viel weniger pflanzenschädlich erweisen wie am Tage, namentlich wie an sonnigen Tagen, so hätte die Auslüftung der Fabrik- räume bei eintretender Dunkelheit nur unbedeutende Schädigungen der Pflanzen zur Folge gehabt und wäre daher vielleicht ganz angebracht ge- wesen. In der Fabrik standen die erwähnten Topfpflanzen an schattigen 250 Die Einwirkung von Teerdämpfen usw. auf die Pflanzen. Stellen, wo sie von den Sonnenstrahlen nicht unmittelbar getroffen werden konnten, und so erklärt sich aus diesem Umstand allein schon, dass sie trotz der Nähe der Säuredämpfe unbeschädigt geblieben waren. Hätte es sich nicht um Salzsäuredämpfe, sondern um Teerdämpfe gehandelt, so würde eine Ablassung derselben zur Nachtzeit fast ebenso schädlich gewirkt haben wie am Tage, wenn der folgende Tag ein sonniger gewesen wäre. Die Abb. 29 stellt einen Vegetationsversuch mit Karotten dar. Auf letztere hatte schweflige Säure, die ein gleiches Verhalten wie die Salzsäure zeigt, teils nur am Tage (Tagpflanzen), teils nur bei Nacht (Nachtpflanzen), teils gar nicht eingewirkt (Kontrollpflanzen). Das Frischgewicht der Erntemasse betrug in Gramm: Tagpflanzen Nachtpflanzen Kontrollpflanzen Kraut 98 130 148 Rüben 93 284 318 Insges. 191 414 466 Ein entsprechender Versuch mit Radieschen, auf die Teerdämpfe ein- wirkten, ergab bei der Ernte an wasserfreier Trockensubstanz in Gramm: Tagpflanzen Nachtpflanzen Kontrollpflanzen Knollen und Kraut 10,28 10,45 21,37 Wir sehen also, dass durch die Teerdämpfe, im Gegensatz zu der schwef- ligen Säure, bei Tag- und Nachtpflanzen ungefähr der gleiche Schaden ange- richtet ist und demnach bei den Teerdämpfen die von der Sonnenbestrahlung abhängige Nachwirkung eine viel bedeutendere ist wie bei den sauren Gasen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass man in Teerfabriken die Erfahrung gemacht hat, dass die Arbeiter in der Anthrazenabteilung sich sehr häufig eine Hauterkrankung zuziehen. Letztere tritt aber wie im ent- sprechenden Falle bei den Pflanzen nicht in die Erscheinung, wenn die Ar- beiter die von Teerdämpfen getroffenen Körperteile vor direkter Bestrah- lung durch die Sonne hüten. Wenn nun auch das Experiment sehr deutlich zeigt, dass das Auftreten der Schäden durch Rauchgase von der unmittelbaren oder nachträglichen Einwirkung der Sonnenstrahlen abhängig ist, so lassen sich doch unter natürlichen Bedingungen in der Nähe der Fabriken bei anhaltend sonniger Witterung im allgemeinen weniger Rauchschäden feststellen als bei trüber Witterung. Das hat offenbar darin seinen Grund, dass in letzterem Falle der Rauch leichter zu Boden gedrückt wird wie in ersterem. Auch erkrankt keineswegs immer die Sonnenseite eines Baumes zuerst, sondern meistens diejenige Seite, auf die die Säuregase unmittelbar auftreffen, die also der Rauchquelle zugekehrt ist. Hierfür gibt es in Oberschlesien, namentlich in der Nähe der Zinkhütten, zahlreiche Beispiele. Trotzdem kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Schäden um so grösser sein würden, wenn beim Auftreffen der Rauchgase auf die Pflanzen diese zugleich der unmittelbaren Einwirkung der Sonnenstrahlen unterlägen. Wo es sich darum handelt, wertvolle gärtnerische Kulturpflanzen gegen Rauchgase zu schützen, da wird es nötig sein, sie dort anzupflanzen, wo die Rauchschwaden durch die Natur des Geländes, durch vorgelagerte Gebäude Die Düngung der Topfpflanzen. 251 oder durch vorgepflanzte rauchharte Gewächse zerteilt werden, und ferner ist es angebracht, ihnen einen möglichst schattigen Platz zu geben, wo be- sonders die Mittagssonne nicht zur Wirkung kommen kann. In letzterem Punkte stellen die rauchempfindlichen Pflanzen die gleichen Anforderungen wie die frostempfindlichen. An ungünstiger Stelle können somit die Ein- wirkungen des Rauches und des Frostes sich geltend machen; das ist mit ein Grund, warum Frost- und Rauchschäden häufig verwechselt werden. Bemerkt sei schliesslich noch, dass die Hütten und Fabriken durch eine strenge Gewerbeaufsicht und durch die Klagen der geschädigten Nachbarn oft gezwungen sind, grosse Summen für Einrichtungen zur Verminderung der Rauchschäden zu opfern. Aber auch der Tatsache sei gedacht, dass manche Hüttenverwaltungen und Fabrikleitungen ein so grosses Interesse für den Gartenbau bekunden, dass sie ihren Beamten und Arbeitern ausser- halb der eigentlichen Schadenzone nicht allein Gärten zur Verfügung stellen, sondern auch jährlich Prämien an diejenigen verteilen, die ihrem Garten die beste Pflege haben angedeihen lassen. So wird oft der auf der einen Seite angerichtete Schaden auf der anderen Seite reichlich wieder gut- gemacht, wenngleich es auch wünschenswert ist, dass noch recht viele Werke solchen schönen Beispielen folgen. Die Düngfing der Topfpflanzen'). Von Kgl. Garteninspektor Max Löbner, Bonn. Die den Pflanzen durch die Düngung gereichten Nährstoffe sind nur Roh- nahrung; sie werden von den Wurzeln aufgenommen und mit dem Saftstrom in der Pflanze zu den Blättern emporgeführt, in denen sich die eigentliche Bildungsstätte der Pflanzensubstanz befindet. Als treibende Kraft dient hier- bei das Sonnenlicht. Daher wachsen die Pflanzen im Frühjahr und Sommer rascher als im Winter, und die Wirkung der Düngung kommt in der sonnen- reichen Jahreszeit besser zum Ausdruck als in der sonnenarmen. Die Pflanzen können die Nährstoffe nur in wässeriger Lösung aufnehmen; die Lösung darf aber nicht zu stark sein. Das ist vor allem bei der Düngung der Topfpflanzen zu beachten, die besondere Sorgfalt verlangt. Die Düngung der Topfpflanzen kann erfolgen: I. durch Zusatz von Düngemitteln in die beim Verpflanzen benötigte Pflanzenerde; IL durch Verabreichen wässeriger Dunglösungen bei durchwurzelten Pflanzen; III. durch Aufstreuen und leichtes Unterbringen der Düngemittel in die Ballenoberfläche durchwurzelter Pflanzen (Nachdüngung). I. Der Zusatz von Düngemitteln in die beim Verpflanzen benötigte Pflanzen- erde ist bequem durchführbar und besonders wirkungsvoll während des Hauptwachstums der Pflanzen in der Frühsommerzeit. Er unterbleibe aber beim Eintopfen ausgepflanzt gewesener Pflanzen und in allen Fällen, wo 1) Nach den Veröffentlichungen der gärtnerischen Versuchsanstalt der Landwirtschafts- kammer für die Rheinprovinz in Bonn. 252 Die Düngung der Topfpflanzen. kein geschlossener Wurzelballen vorhanden ist, und die verletzten Wurzeln deshalb leicht der ätzenden Wirkung der Düngemittel ausgesetzt sind. 1. Die Dungstoffe sollen mindestens 8 bis 14 Tage vor dem Gebrauch, können aber meist schon über Winter der Erde zugesetzt werden. 2. Für empfindlichere Pflanzen, z. B. Cylamen, Lorraine-Begonien u. a., bevorzuge man Mischungen verwesbarer Düngemittel (I 5 a — d); für anspruchlosere, z. B. Chrysanthemum, Fuchsien, Pelar- gonien, können auch Mischungen von Düngesalzen (I 5e — f) ver- wendet werden. 3. Auf 1 kg der Pflanzenerde nehme man von den Hauptnährstoffen Stick- stoff, Phosphorsäure, Kali und Kalk je K g als kleine und 'A g als grosse Gabe, an reinem Stoff gerechnet. Die kleine Gabe passt für junge, empfindlichere oder auch kränkliche Pflanzen, die grosse für alle anderen. 4. Ein Zusatz von gemahlenem kohlensauren Kalk (Kalksteinmehl, Mar- mormehlt), oder Mergel (Düngekalkt) zur Pflanzerde begünstigt wesent- lich die Durchwurzelung; er unterbleibe nur bei den Humusgewächsen oder Moorbeetpflanzen: Azalea, Rhododendron, £rica u. a. m., denen der Kalk schaden kann; er ist unnötig in Fällen, wo ein kalkhaltiges Wasser zum Giessen verwendet werden muss. Aetzkalk setze man der Pflanzenerde nicht zu; er ist zu scharf und treibt überdies das Ammo- niak in den beigegebenen Düngermischungen aus. 5. Bewährt haben sich folgende Düngermischungen, auf 1 kg Pflanzerde in g, auf etwa 1 cbm in kg angegeben: a)* 4 Hornspäne (oder Hornmehl) 3 Knochenmehl (oder Superphosphat oder Thomasmehl) 1 Kalisalz (40 %) \ 2 Kohlensaurer gemahlener Kalk j ""^^^ ^ Holzasche b)* 7 Poudrette (Bremer, Kieler, Augsburger) 2 Knochenmehl 1 Kalisalz (40 7o) ) 2 Kohlensaurer gemahlener Kalk ) ''^^'' ^ Holzasche c)*16 Konzentrierter Rinderdünger (oder 7 Fischguano oder 7 Peru- guano) 1 Kalisalz (40 7o) ] ^ 2 Kohlensaurer gemahlener Kalk 1 """^^^ ^ Holzasche d)*30— 50 zerriebener Tauben- oder Hühnerdung e)* 2—3 schwefelsaures Ammoniak ] oder 5 Ammoniak- 3 Superphosphat (18 7o) j superphosphat (8 :9) 1 Kalisalz (40 7o) \ 2 Kohlensaurer gemahlener Kalk | °'*^'' ^ Holzasche f)* 6 Ammoniaksuperphosphat (5 : 10)1 1 Kalisalz (30 Vo) / Kriegsmischung. 6. Viel hilft nicht immer viel; man halte sich deshalb genau an die ange- führten Zahlenangaben. t) Im kohlensauren Kalk und Mergel des Handels befinden sich manchmal geringe Beimengen von Aetzkalk, die Ammoniakverluste emtreten lassen können. *) Die Mengen verstehen sich als grosse Gaben, als kleine Gabe ist von allen die Hälfte anzuwenden. Die Düngung der Topfpflanzen. 253 7. In Ermangelung der angeführten festen Düngemittel kann die mög- lichst mit etwas Torfstreu oder Torfmull versetzte Pflanzerde mit Vio Liter (100 Liter auf etwa 1 cbm) unverdünnter Abtrittsjauche durch- tränkt werden. 8. In gedüngter Erde wurzeln die verpflanzten Pflanzen etwas schwerer ein als in ungedüngter; sie sind deshalb einige Zeit nach dem Ver- pflanzen vorsichtig zu giessen und geschlossener zu halten. II. Die flüssige Düngung wird nur bei durchwurzelten Pflanzen angewendet, um sie, ein weiteres Verpflanzen in vorgerückter Sommerszeit ersparend, zur höchsten Vollkommenheit zu bringen, oder das Verpflanzen bei jungen Pflanzen in der Frühjahrs- und Frühsommerszeit aus Mangel an Zeit noch hinauszuschieben, damit sie im Wachstum nicht stehen bleiben. Man verwendet stickstoffreichere Mischungen vorzüglich zur Hebung des Wachstums in der ersten Hälfte des Jahres, Mischungen normaler oder mehr phosphorsäure- und kalireicher Zusammensetzung, um die Blütenknospenbildung zu begünstigen. 1. Man dünge keine ausgetrockneten, welkenden Pflanzen und nicht an heissen, windreichen Tagen. 2. Schwächere Dunglösungen, öfters und selbst täglich gegeben, wirken meist besser als stärkere Lösungen nach grösseren Zwischenräumen- 3. Jauche, die in einem Jauchetrog immer mit einem Deckel verschlossen gehalten werden muss, sollte beim Gebrauch bereits vergoren, etwa 14 Tage alt sein und genügend mit Wasser verdünnt werden. 4. Nährsalzdüngungen gebe man nicht stärker als in Lösungen von 1 bis höchstens 5 g Salz auf 1 1 Wasser. 5. Bei grösserem Bedarf der Nährsalzmischungen stelle man sich diese selbst zusammen, da die Mischungen des Handels weit über ihren Wert bezahlt werden müssen. Für die Pflege der Zimmerpflanzen sind die letzteren zu empfehlen. 6. Bewährte Nährsalzmischungen sind: a) normal zusammengesetzte Mischung, „Dresdener Florasalz": 1 Teil Chilisalpeter ) oder 2,1 Teile schwefelsaures 1 Teil schwefelsaures Ammoniak} Ammoniak 2,1 „ Superphosphat (18 7o) 1 „ Kalisalz (40 7«) b) stickstoffreiche Mischung: 2 Teile Chilisalpeter \ oder 4,3 Teile schwefelsaures 2,8 „ schwefelsaures Ammoniak j Ammoniak 2,1 „ Superphosphat (18 7ü) 1 Teil Kalisalz (407o) c) phosphorsäure- und kalireiche Mischung: 1 Teil schwefelsaures Ammoniak \ oder 1,7 Teile schwefelsaures 1 „ Chilisalpeter j Ammoniak 3 „ Superphosphat (18 7o) 1,5 „ Kalisalz (40 7o) d) Kali-Ammohiak-Superphosphatmischung : 5 bis 8 Teile Ammoniak-Superphosphat (je nach Stickstoffgehalt und Zweck) 1 Teil Kalisalz (40 7o) e) Die unter I 5 f angeführte Kriegsmischung. 254 Einheimische Stauden für den Garten. 7. Düngesalze und Nährsalzmischungen müssen, weil sie die Luftfeuch- tigkeit anziehen, verschlossen in trockenen Gefässen und an einem trockenen Ort aufbewahrt werden- 8. Für den praktischen Gebrauch stelle man sich stärkere Salzlösungen her, z. B. 500 g Salzmischung in 5 1 Wasser aufgelöst. Von dieser Lösung werden 10—50 g (=10—50 ccm), in einem kleinen Porzellan- gefäss gemessen, dem Giesswasser unter Umrühren beigegeben, um Lösungen von 1 — 5 g Salz auf 1 1 Wasser zu erhalten. Die stärkeren Lösungen werden in Korbflaschen oder Fässern, aber nicht in Metall- gefässen aufbewahrt. Der unlösliche, aus Kalk bestehende Bodensatz des Superphosphats kann vor Wiederherstellung der Lösung auf den Kompost geschüttet werden. An Stelle der wasserlöslichen und deshalb sofort gebrauchsfertigen Salz- mischungen können auch die unter I 5 a— d genannten, verwesbaren Dünger- mischungen unter Weglassung des Kalkes genommen werden. Sie sollten aber 14 Tage vor dem Gebrauch dem Wasser zum Vergären zugesetzt werden (Einhängen in einen Sack). IIL Ein Aufstreuen und leichtes Unterbringen der Düngemittel in die Ballen- oberfläche (Nachdüngung) kann an Stelle der flüssigen Düngung bei durch- wurzelten Pflanzen Anwendung finden. Bei Treibegehölzen, z. B. Flieder, Schneeball, Azalea mollis, A- indica, sofort nach Anlage der Blütenknospen vorgenommen, stärkt es die Knospen und lässt ein besseres Ergebnis in der Treiberei erwarten. 1. Man verwende die unter I 5 a— f angeführten Düngermischungen und berücksichtige das bei I 2 Gesagte. Für Azalea und andere Humus- pflanzen unterlasse man den Kalkzusatz zur Mischung (I 4). 2. Die unter I 5 a— d angeführten verwesbaren Düngermischungen können 8—14 Tage vor dem Gebrauch zur Hälfte mit Erde vermischt werden, um, beim Gebrauch bereits etwas verwest, rascher wirksam zu werden; auch wird dadurch eine ätzende Wirkung des Kalisalzes vermieden. 3. Für die gewöhnliche Primel-, Cyclamen-, Begonien-, Azaleen-Topf- grösse streue man 5 g, für Flieder-Topfgrösse 10 g und für Pflanzen in noch grösseren Töpfen oder Kübeln entsprechend mehr der Dünger- mischung auf. 4. Ausgetrocknete Töpfe sollen vor der Nachdüngung kräftig durch- feuchtet, und alle nachgedüngten Pflanzen einige Zeit nach der Dün- gung nicht zu trocken gehalten werden. Einheimische Stauden für den Garten. Von G. Rauhut (Frankenstein i. Schi.). (Fortsetzung von Seite 197 der „Gartenflora" vom 15. Juli . Die grossblumigste Art ist die Nesselblättrige Glocken- blume (CampanulaTrachelium). Sie besitzt ein viel gedrungeneres Aeussere wie die vorgenannte Art. Der 50 bis 80 cm hohe Blütenschaft ist beblättert, und die Blüten erscheinen vom Juli bis September einzeln oder in kurzen, dreiblütigen Trauben in den Blattwinkeln. Die Farbe der grossen glockigen Blumen variiert zwischen Dunkel- und Hellviolett; als Seltenheit findet man Einheimische Stauden für den Garten. 255 auch weissblühende Exemplare. Es ist eine sehr stattliche Pflanze, die an Schönheit der vorigen wenig nachgibt. Sie kommt im Reiche überall in Wäldern und Gebüschen vor, ist also für jedermann erreichbar. Ihr sehr ähnlich ist die Breitblättrige Glockenblume (Cam- panula latifolia). Sie unterscheidet sich durch den stumpfkantigen Stengel, der bei der vorigen scharfkantig ist. Die Blätter sind bei Campanula Tra- chelium mehr herzförmig, hier eiförmig, und die ganze Pflanze ist weich- haariger wie jene. Im übrigen ist sie viel weniger verbreitet wie die vorige. Sie liebt Gebirgswälder und findet sich im Glatzer Schneegebirge, Altvater- gebirge, Riesengebirge, Erzgebirge und im Harz; in Norddeutschland auch in der Ebene, z. B. in Schleswig, Mecklenburg und Pommern. Da beide Arten keine Ausläufer treiben, werden sie im Garten nie lästig und können an Gebüschrändern oder auf freien Beeten kultiviert werden. Auch sie liefern ein herrliches Bukettmaterial, obwohl die Stengel nicht so elegant erscheinen als bei der erstgenannten Art. Eine ganz reizende Pflanze ist auch die Bologneser Glocken- blume (Campanula bononiensis). Auf den ersten Blick hat sie etwas Aehnlichkeit mit der Kriechenden Glockenblume, jedoch unterscheidet sie sich von ihr zunächst dadurch, dass die Blüten in der Traube nicht einseit- wendig stehen; auch sitzen dieselben nur am oberen Teil der Traube einzeln, weiter unten dagegen in kleinen mehrblütigen Scheindolden. Der Blütenschaft wird bis 1 m hoch, ist steif aufgerichtet und in seiner ganzen Länge mit Blättern besetzt, die nach oben hin immer kleiner werden und zuletzt als Stützblätter für die Blüten dienen. Diese Art wächst auf trockenem, rasigem Boden, an Abhängen, in Wein- bergen usw. sehr zerstreut, vorzugsweise auf Kalkboden, namentlich im öst- lichen und nördlichen Teile des Reiches. Einen von den vorgenannten Arten völlig verschiedenen Charakter be- sitzt die Geknäuelte Glockenblume (Campanula glomerata), deren blaue glockenförmige Blüten, an der Spitze des 30 bis 50 cm hohen Stengels sitzend, zu einem Köpfchen zusammengedrängt sind und sich somit in einem ansehnlichen Blütenstand präsentieren. Gewöhnlich befindet sich in den zwei bis drei obersten Blattachseln noch je ein kleines Knäuel von Blüten. Die Grundblätter sind gestielt, schmal, eiförmig bis lanzettlich, die oberen auf herzförmigem Grunde sitzend. Wir finden die Pflanze auf trocke- nen Waldwiesen, an Wegrändern und Abhängen, namentlich auf Kalk- boden, im ganzen Gebiet zerstreut, aber nicht überall häufig vor. Sie ist eine vorzügliche Zierpflanze, die an Gebüschrändern sowohl als auch auf Beeten zwischen anderen Stauden sehr gut zu verwenden ist. Die geeignetste Zeit, die Glockenblumenpflanzen an den Fundorten herauszunehmen und in den Garten zu pflanzen, ist der Herbst, wenn sie abzusterben beginnen, während wir in der Vegetationszeit genötigt sind, die Pflanzen einige Wochen in Töpfen zu kultivieren, ehe wir sie ins freie Land setzen. Den Glockenblumen steht die Gattung der Teufelskrallen (Phy- teuma) sehr nahe, obwohl die Blüten einen ganz anderen Eindruck machen. Ihre Arten charakterisieren sich dadurch, dass die Blumenblätter an der Spitze verwachsen sind. Nur einige Arten öffnen dieselben völlig, aber das 256 Einheimische Stauden für den Garten. Aufblühen der Blumen beginnt vom Grunde an, und erst zuletzt reissen auch die noch zusammenhängenden Spitzen der Blumenblätter auseinander. Der grösste Teil der Phyteuma-Arten sind schöne Zierpflanzen; die besten wachsen aber ausserhalb des Reiches in den Hochgebirgen. Die Rundköpfige Teufelskralle (Phyteuma orbiculare). Diese Art treibt 30 bis 50 cm hohe beblätterte Stengel, welche an der Spitze eine grosse Anzahl kleiner dunkelblauer Blüten tragen, die, wie bei den meisten Teufelskrallen-Arten, in ein rundes Köpfchen dicht zusammengdrängt sind. Die Blütezeit dieser Art fällt in die Monate Juni bis August. Wir finden die Pflanze in Mittel- und Süddeutschland auf Wiesen, an Waldrändern und Triften zerstreut vor. In Norddeutschland fehlt sie dagegen ganz. Die AehrigeTeufelskralle (Phyteuma spicatum) besitzt längliche Blütenköpfe mit weissen, an der Spitze grünlichen Blumen. Sie kommt auf Wiesen und in Wäldern im ganzen Gebiet, mit Ausnahme der Pfalz, vor und blüht schon im Mai und Juni. Eine dritte, sehr schöne Art ist die Schwarze Teufelskralle (Phyteuma nigrum). Sie ist der vorigen im Wuchs sehr ähnlich, unter- scheidet sich aber durch die tief-dunkelvioletten Blütenköpfe, auch blüht sie schon etwas früher wie die vorige Art. Manche Autoren halten sie für eine Abart von Ph. spicatum. Die beste Verwendung im Garten finden die Teufelskrallen zur Aus- schmückung von Felsenanlagen, da sie für Staudenbeete eine etwas magere Erscheinung bilden. Sie lieben jedoch feuchten Boden, daher darf das Giessen nicht verabsäumt werden. Bezüglich der Ansiedelung von wildwachsenden Exemplaren in dem Garten gilt das bei den Glockenblumen Gesagte auch hier. Aus der grossen Anzahl der Flockenblumen- oder Centaurea- Arten will ich hier deren zwei besonders empfehlen. In erster Linie die Bergflockenblume (Centaurea moiitana), eine herrliche Staude, deren 30 bis 45 cm hohe, mit ungeteilten Blättern besetzte Stengel an der Spitze je einen grossen kornblumenblauen Blütenkopf tragen. Seltener entwickelt sich aus einer oberen Blattachsel noch eine zweite Blüte. Die Pflanze kommt in Bergwäldern Mittel- und Süddeutschlands vor, ist aber nicht sehr häufig zu finden; daher ist sie im Garten schon als eine Rarität anzusehen. Nach Norden gehen ihre Standorte nicht über den Harz hinaus. Im Garten wächst sie vortrefflich auf freien Beeten. Ihre Blütezeit ist vom Mai bis in den Herbst hinein. Die Skobiosenartige Flockenblume (Centaurea Scabiosa) ist im ganzen Gebiet verbreitet und wächst gern an trockenen Hügeln, Wein- bergen, Rainen usw. Sie wird 60 bis 120 cm hoch, ihre Stengel sind ästig und mit fiederspaltigen Blättern besetzt. Die ziemlich grossen Blütenköpfe stehen einzeln auf den Aesten und besitzen schöne weinrote Randblüten. Die Blütezeit fällt in die Monate Juli und August. Die aus dem Freien aus- genommenen Flockenblumen müssen erst einige Zeit in Töpfen kultiviert werden. Die Anzucht aus Samen ist ohne Schwierigkeit; nur ist es nicht leicht, reife Samen zu erhalten, da die Vögel diese gern schon im unreifen Zustande aus den Fruchtständen fressen. Einheimische Stauden für den Garten. 957 Fast auf jedem Sommerspaziergange ins Freie wird unsere Aufmerksam- keit durch einige Johanniskraut-Arten (Hypericum), die durch ihre grossen leuchtend gelben Blumen auffallen, in Anspruch genommen. Ich empfehle zuerst das Durchlöcherte Johanniskraut (Hypericum perforatum), dessen Beiname sich auf die durchscheinend punk- tierten Blätter der Pflanze bezieht, welche übrigens mehreren anderen Johanniskraut-Arten eigen sind. Unsere Pflanze treibt aus kurzen unterirdischen Ausläufern einen an- sehnlichen Busch von 30 bis 60 cm hohen, locker mit paarweise gestellten ovalen Blättern besetzten Stengeln, die sich nach oben hin aus jeder Blatt- achsel verästeln. Die Stengel sind zweikantig, und hieran können wir diese Art sehr leicht erkennen. Die mittelgrossen, tiefgelben Blumen stehen in grösserer Anzahl an den Spitzen der Stengel und Seitenäste. Die Pflanze ist sehr häufig im ganzen Gebiet auf trockenen Abhängen, Grasebenen, Triften, an Gebüschen usw. zu finden und lässt sich, wie die anderen Johanniskraut-Arten, im Herbst sehr leicht in den Garten verpflanzen. Das Vierkantige Johanniskraut (Hypericum quadrangulum) ist der vorgenannten Art ähnlich, doch erscheinen die Stengel nicht in so grosser Zahl, so dass die Büsche weniger umfangreich und dicht sind. Das Hauptmerkmal sind die stumpf-vierkantigen Stengel, die sich gleichfalls in blühende Aestchen verzweigen. Die Blumen sind etwas grösser und auch von gelber Farbe. Diese Art liebt einen feuchten Standort und wächst hauptsächlich an Gebüschrändern, an Wiesen, Flussufern usw. Das Vierflügelige Johanniskraut (Hypericum tetrapterum) ist sehr leicht an den geflügelt-vierkantigen Stengeln von den beiden vorigen Arten zu unterscheiden, obwohl es sojist viel Aehnlichkeit mit denselben besitzt. Die gelben Blumen erscheinen im Juli und August und sind etw^as kleiner als bei den genannten Arten. Auch diese Art ist im ganzen Gebiet verbreitet. Sie zieht wie die vorige feuchte Plätze vor und ist an leicht beschatteten Wiesenrändern und in Ge- büschen an den Ufern von Teichen und Landseen zu finden. Alle drei Johanniskraut-Arten wachsen im Garten sehr gut auf freien Beeten, wo sie vereint mit anderen Stauden einen schönen Schmuck bilden. Auch unter den Nelken finden wir einige sehr empfehlenswerte Arten, von denen ich zunächst die Felsennelke (Dianthus caesius) anführen will. Die Pflanze bildet im Alter einen ausgebreiteten Rasen von nieder- liegenden, verzweigten, kurzen Stengeln, welche am Boden leicht Wurzeln schlagen und sich so immer weiter verbreiten und verästeln. Hierdurch bleibt die Pflanze ganz niedrig, kaum dass sie 15 cm hoch wird. Die Stengel sind dicht mit linealischen, blaugrünen Blättern besetzt und entwickeln aus der Spitze einen einblütigen Blütenstand, dessen rosenrote, sehr wohlriechende Blume von Mitte Mai bis Juni erscheint. Trotz der Einblütigkeit der Stengel sind die Nelkenbüsche doch infolge ihrer reichen Verzweigung ganz mit Blumen übersät. Diese Art ist mehr im südlichen und mittleren Teile des Reiches ver- breitet, aber nicht häufig. Sie wächst zwischen Felsen, an steinigen Orten, in sandigen Kieferwäldern usw., in Schlesien, im Odergebiet bis Freien- walde a. d. O., in Thüringen, im Harz, am Rhein und in Süddeutschland. 258 Einheimische Stauden für den Garten. In Gärten wird hin und wieder eine Form von ihr mit gefüllten Blumen unter dem Namen „Pfingstnelke" kultiviert, aber auch die einfache wilde Pflanze verdient einen Platz im Ziergarten, wo sie infolge ihrer niedrigen, dichten Berasung als Einfassung von Beeten, aber auch zur Ausschmückung von Felsenanlagen sehr gut zu verwenden ist. Jeder abgeschnittene kleine Zweig schlägt, in die Erde gesteckt, sehr leicht Wurzeln, und die Pflanze lässt sich dadurch ins Unendliche ver- mehren sowie auch leicht aus dem Freien in den Garten übersiedeln. Der vorigen Art im Wuchs ähnlich ist die Sandnelke (Dianthus are- narius), doch bei genauer Betrachtung sind beide leicht zu unterscheiden. Die Sandnelke hat kürzere, starrere Blätter von grasgrüner Farbe, und die Blumenblätter der weissen, wohlriechenden Blüten sind tiefer ein- geschnitten als bei denen der Steinnelke. Auch blüht sie erst vom Juli bis September. In bezug auf Wuchs und Blütenbildung sind sie einander gleich, auch die Verwendung im Garten und die Vervielfältigung ist bei beiden die- selbe. Die Sandnelke bewohnt den östlichen Teil des Reiches, wächst auf Sand- boden in Schlesien (Niederschlesien), Posen, Pommern, Ost- und West- preussen und findet bei Frankfurt a. d. O. die Westgrenze ihres Verbreitungs- gebietes. Die Prachtnelke (Dianthus superbus) ist dagegen von ganz an- derem Charakter. Sie erreicht eine Höhe von 30 bis 60 cm. Ihre Stengel sind nicht rasenbildend, sondern erscheinen einzeln oder zu mehreren aus einem kurzen, holzigen Wurzelstock. An der Spitze verzweigen sie sich zu einem ästigen, mehrblütigen Blütenstand. Die sehr wohlriechenden, im Juli bis September erscheinenden Blumen sind die grössten von allen in Deutschland wildwachsenden Nelken-Arten. Die Farbe derselben ist blass-rosenrot, und ihre Blumenblätter sind sehr tief fiederspaltig eingeschnitten, wodurch sie zierlich gefranst erscheinen. Im Garten wächst sie sehr willig in frischem, sandigem Boden und ent- wickelt hier kräftigere, Stengel- und blütenreichere Büsche wie im wild- wachsenden Zustande. Auf Beeten zwischen anderen Stauden ist sie eine schöne Zierde, und ihre ziemlich langen Blütenstände sind vortrefflich für Buketts zu verwenden. Ihre Uebersiedelung vom Standort in den Garten nimmt man am besten im Herbst nach dem Abblühen der Pflanzen vor; in dieser Zeit wachsen dieselben ohne Schwierigkeit weiter. Nach einigen Jahren gehen die Pflanzen gewöhnlich wieder ein, daher muss zeitig für Nachwuchs gesorgt werden, den wir am sichersten aus Samen, welchen die Pflanze reichlich bringt, heranziehen. Die Prachtnelke kommt im ganzen Gebiet zerstreut in lichten, feuchten Wäldern und an deren Rändern, auf Wiesen und begrasten Abhängen vor, ist allerdings nirgends eine häufig auftretende Pflanze. Sehr beachtenswerte Pflanzen sind die der deutschen Flora angehören- den Siegwurz-Arten (Gladiolus), und obgleich die in Gärten kulti- vierten ausländischen Arten und Bastarde weit prächtigere Erscheinungen bilden, so sollte uns dies nicht abhalten, auch den einheimischen Arten unser Interesse zuzuwenden. Es sind namentlich zwei Arten, die ich hier erwähnen muss. Einheimische Stauden für den Garten. 259 Die Sumpfsiegwurz oder auch Allermannsharnisch (Gladiolus paluster) ist ein Zwiebelgewächs, welches aus einer dem Krokus ähnlichen Zwiebel einen 30 bis 60 cm hohen, unten mit schwertförmigen Blättern zweiteilig besetzten Schaft treibt, an dessen oberem Teil zwei bis sechs Blüten in einer einseitwendigen Aehre stehen. Die verhältnismässig grossen Blüten erscheinen im Juni und sind von purpurroter Farbe und mit einem weissen Streifen auf den drei unteren Zipfeln der Blütenhülle. Diese Art wächst auf -stimptigen Wiesen zerstreut im nördlichen und mittleren, selten im südlichen Teile. Auch in Schlesien ist sie an mehreren Orten zu finden. Die Dachziegelförmige Siegwurz (Gladiolus imbricatus) ist der vorigen Art sehr ähnlich, die Blüten sind jedoch etwas kleiner. Das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen beiden liegt aber in der Faserhülle der Zwiebel. Dieselbe ist bei den Zwiebeln von Gladiolus paluster netzartig zu Maschen verbunden; bei denjenigen von Gladiolus imbricatus besteht sie aus parallel laufenden feinen Fäden. Diese Art blüht im Juli und kommt auf Moorwiesen, feuchten Aeckern usw. im nordöstlichen Teile des Gebietes vor; im südlichen Teile fehlt sie gänzlich. Häufig finden wir sie in Schisien und in der Oberlausitz, zer- streut in Ost- und Westpreussen, Posen und Brandenburg. Obgleich feuchte Orte liebend, wachsen die Siegwurz-Arten im Garten sehr gut in jedem frischen Boden und sind sowohl an Gebüschrändern als auch auf Staudenbeeten vorteilhaft zu verwenden. Die abgeschnittenen, langen Blütenschäfte liefern ein gutes Material zur Herstellung von Sträussen und Vasenbuketts. Die Uebersiedelung vom Standort in den Garten kann nur zur Zeit des AbSterbens der Stengel — von Ende September an — geschehen, weil dann die Zwiebeln ausgewachsen sind und jede Störung ertragen. Die ausgegrabenen Zwiebeln werden gleich an Ort und Stelle im Garten ge- pflanzt, können aber auch während des ganzen Winters trocken im Keller aufbewahrt und im Frühjahr gepflanzt werden. Ausser dem schon früher beschriebenen Wiesensalbei will ich hier noch eines anderen Lippenblütlers gedenken, der im Garten nicht fehlen sollte, der Grossblumigen Brunelle (Brunella grandiflora). Sie ist ein niedliches Pflänzchen, welches aus einem kurzen, holzigen Wurzel- stock beblätterte Stengel von nur 15 bis 20 cm Höhe entwickelt, die an der Spitze verhältnismässig grosse Blütenköpfe mit schönen, 2 bis 3 cm langen, purpurroten Blüten tragen, welche im Juli und August erscheinen. Die Pflanze liebt Kalkboden und findet sich daher auf diesem am häufigsten. Ihre Standorte sind trockene Wiesen, Abhänge, Waldränder u. dgl. In Kultur bildet sie dichte, blütenreiche Büsche, wächst in jedem, selbst in schwerem Gartenboden und eignet sich zu Einfassungen wie auch sehr gut zur Ausschmückung von Felsenanlagen. Wir können die Pflanze im Frühjahr und Herbst unbeschadet am Stand- ort herausnehmen und in den Garten übersiedeln. Nur die während der Blütezeit dem Freien entnommenen Exemplare müssen eine Zeitlang in Töpfen kultiviert werden, ehe wir sie in den Garten bringen. 260 Einheimische Stauden für den Garten. Die Flachblättrige Platterbse (Lathyrus platyphyllos) ist eine einzig schöne Staude, die es verdient, recht viel im Garten angepflanzt zu werden. Aus einem verästelten, kriechenden Wurzelstock entspriessen mehrere, 1,25 bis 2 m hohe, geflügelte Stengel, die, wenn sie keinen Stützpunkt zum Klettern finden, lang am Boden liegen. Die Stengel sind mit einpaarigen, lanzettlichen Blättern besetzt, die an der Spitze in einer Ranke endigen, vermittels welcher sie sich an dünne Aeste od. dgl. anzuklammern ver- mögen. Die langgestielten Blütenstände entwickeln sich in den Blatt- winkeln und sind reich besetzt mit rosenrot und violett gefärbten grossen Schmetterlingsblüten, eine dichte Traube bildend. Die Blütezeit fällt in die Monate Juli und August. Wir finden diese Art im ganzen Gebiet zerstreut vor, allerdings nicht überall häufig in Waldrändern und Gebüschen. Wenn sie sich im Garten in ihrer ganzen Schönheit entwickeln soll, müssen wir ihr Gelegenheit zum Klettern verschaffen, entweder indem wir einige dürre Zweige neben die Pflanze stecken oder indem wir sie an einen Platz setzen, wo sie Gegenstände zum Emporklimmen vorfindet, z. B. an Zäune, Gitter usw. Das Herausnehmen und Uebersiedeln in den Garten geschieht am geeignetsten im Herbst, wenn die Stengel absterben; zu einer anderen Jahreszeit wachsen die Pflanzen nicht gern an. Auch aus Samen können sehr leicht junge Pflanzen angezogen werden. Eine sehr bekannte Erscheinung in der deutschen Flora ist der Gemeine Friedlos (Lysimachia vulgaris), eine für den Garten sehr brauchbare Pflanze. Wir finden sie fast überall an Gräben und anderen Wasserläufen im Gebüsch wachsend, freuen uns aber trotz ihres häufigen Vorkommens immer, sie zu sehen. Aus unterirdischen Ausläufern, die im Schlamm ziemlich weit kriechen, treibt diese Art beblätterte, kräftige Stengel von 60 bis 125 cm Höhe, an deren Spitze sowie aus deren oberen Blattachseln sich Blütenrispen mit ansehnlichen, gelben Blumen entwickeln, die vom Juni bis in den August zum Aufblühen gelangen. Im Garten wächst sie in jedem Boden und eignet sich hauptsächlich zur Anpflanzung in Gebüschen. Ist der Boden sehr feucht, dann wird die Pflanze etwas lästig durch ihre kriechenden Ausläufer, durch die sie sich weit verbreitet, aber in den Gebüschen lässt sich diese Untugend schon ertragen. Viel unscheinbarer wie die vorige ist der Rundblättrige Fried- los, auch Pfennigkraut genannt (Lysimachia Nummularia), aber darum nicht minder wichtig und begehrenswert für den Garten. Wir finden das Pflänzchen sehr häufig an rasigen Bach- und Grabenufern und auf feuchten Wiesen, wo seine Stengel zwischen dem Grase auf dem Boden hin- kriechen. Diese sind dünn, bis 30 cm lang, besetzt mit gegenständigen, pfenniggrossen, runden Blättern, aus deren Achseln im Juni und Juli die grossen, zitronengelben Blumen einzeln oder zu zweien hervorbrechen. Die Pflanze hat für uns nur Wert als Ampelgewächs, aber als solches kann ihr, was Schönheit anbetrifft, kaum eine andere zur Seite gestellt Einheimische Stauden für den Garten. 26 1 werden. Sie entwickelt im Topfe eine grosse Anzahl Stengel, die alle elegant über den Topf herabhängen und besonders während der Blütezeit reizend aussehen. Wir können die Pflanzen zu jeder Zeit vom Standort holen und in Töpfe pflanzen. Als Erde hierzu verwenden wir eine Mischung von % Moorerde, K Lehm und Sand zu gleichen Teilen. Im ersten Jahr werden sich die Pflanzen noch wenig bestocken, aber dann werden sie jährlich mehr Triebe entwickeln, und die Ampeln werden immer schöner werden. Sie bedürfen aber zum guten Gedeihen vieler Feuchtigkeit. Der geeignetste Platz zum Aufstellen ist ein halbschattiger Balkon oder Veranda. Im Spätherbst sterben die Stengel ab, und wir müssen die Pflanzen an irgendeinem frostfreien Ort überwintern, wozu sich ein Keller oder ungeheiztes Zimmer eignen dürfte. Aber auch während dieser Zeit darf das Giessen nicht vernachlässigt werden. Sobald im Frühjahr die jungen Triebe zu wachsen beginnen, sind die Pflanzen umzusetzen und ins Freie zu bringen. Eine zweite reizende Ampelpflanze lernen wir in dem Cymbel- kraut (Linaria Cymbalaria) kennen. Dieses Pflänzchen besitzt ein zartes, unterirdisches Rhizom, aus dem eine Menge fadenförmige, mit kleinen, efeuartigen Blättern besetzte Stengel von 30 bis 60 cm Länge entspriessen. In den Blattwinkeln erscheinen während des ganzen Sommers die kleinen, hellvioletten, löwenmaulähnlichen Blumen. Diese Art finden wir an alten Mauern und Ruinen, in deren Fugen wachsend, an mehreren Stellen in Schlesien, Thüringen und Sachsen, am Rhein, in Württemberg usw., überhaupt mehr im Süden wie im Norden. Im Garten ist die Pflanze zur Ausschmückung sonniger Felsenanlagen sehr gut geeignet; ausserdem aber ist sie, wie schon gesagt, als Ampel- pflanze in Töpfen von besonderem Wert. Wir dürfen die Pflanze unbeschadet zu jeder Zeit aus dem Freien holen und in kleine Töpfe setzen, nur sind wir genötigt, die Triebe bis zum Grunde abzuschneiden. Es werden jedoch bald neue Triebe gebildet, und im nächsten Jahre können wir schon recht hübsche Ampelpflanzen davon haben. In jedem Frühjahr werden die Pflanzen versetzt, wozu eine recht sandige Lauberde verwendet wird. Die Töpfe werden bei jedem Um- pflanzen ein wenig grösser gewählt, je nachdem die Pflanze sich ausbreitet. Werden sie zu gross, so zerreisst man den Ballen in einzelne kleine Stücke und pflanzt diese wieder in kleinere Töpfe. Im Winter werden diese Pflanzen wie die der vorgenannten Art behandelt. Bei unserer Wanderung durch die deutsche Pflanzenwelt dürfen wir die Familie der Orchideen nicht übersehen. Nimmt sie doch das Interesse jedes Pflanzenfreundes in hervorragender Weise in Anspruch, und birgt gleichzeitig eine Anzahl von Arten, die zur Ausschmückung des Gartens überaus wertvoll sind. Selbst diejenigen Arten, die weniger blumistischen Wert besitzen, sind für die Gartenkultur empfehlenswert, denn sie werden stets die Aufmerksamkeit des Gartenbesuchers in hohem Grade erregen. Die Kultur der einheimischen Orchideen ist, wenn dabei mit einigem Verständnis und der nötigen Rücksicht auf die Lebensgewohnheiten dieser 262 Einheimische Stauden für den Garten. Pflanzen verfahren wird, im allgemeinen nicht schwierig, und obwohl einzelne Gattungen nicht kultivierbar sind und mit anderen, wie Liparis, Malaxis und Goodyera, nur wenig günstige Kulturresultate erzielt werden, so sind doch die grosse Mehrzahl der Arten, und erfreulicherweise gerade die blumistisch wertvollen, sehr dankbare Gartenpflanzen. Die Arten der Gattung Orchis sind am leichtesten im Garten zu kulti- vieren. Schwieriger wachsen die Ophrys-Arten, und ich möchte Liebhabern raten, die Kulturversuche zunächst mit den Orchis zu beginnen und nach einiger Uebung die gesammelten Erfahrungen in der Kultur anderer Orchideengattungen zu verwerten. In freien Gartenbeeten wachsen die Orchideen ohne Ausnahme nicht gern. Wir sind gezwungen, für dieselben an geeigneten Plätzen besondere Beete aus denjenigen Erdarten herzustellen, welche von den verschiedenen Orchideen bevorzugt werden. Derartige Beete werden etwas erhöht an- gelegt und bedürfen einer wasserdurchlässigen Unterlage von beliebigem Steingeröll, um ein Versumpfen der Beete zu verhindern. Bei Herstellung solcher Kulturbeete würde etwa folgendermassen zu verfahren sein. Es wird zunächst in der Form des geplanten Beetes eine unregelmässige Einfassung von grösseren Feldsteinen hergestellt, innerhalb welcher eine etwa 20 cm hohe Schicht Steingeröll in etwa faustgrossen und kleineren Stücken sanft gewölbt aufgeschüttet wird. Auf diese Geröllage wird die präparierte Erdmischung etwa 25 bis 30 cm hoch gebreitet, massig festgetreten und zu einem kleinen Hügel geebnet. Der Erdhügel wird nun mit einigen Steinblöcken recht unregelmässig belegt, so dass eine Anzahl freier Plätze von verschiedener Grösse von ihnen begrenzt w^ird, die noch weiter mit Erde anzufüllen sind und nun zur Aufnahme der Pflanzen dienen. Auf der einen Seite verhindert die Unterlage von Steingeröll das Ver- sumpfen und Versäuern der Erde, weil das überschüssige Wasser leicht durchsickern kann; auf der anderen schützen die obenaufliegenden Felsblöcke die Erde gegen zu schnelles Austrocknen, halten den Boden kühl und ver- hindern ausserdem noch das Abschwemmen der Erde bei starken Regen- güssen. Um den grössten Teil von Orchideen kultivieren zu können, sind min- destens zwei derartige Beete nötig. Die eine Anlage muss an einem schat- tigen Ort, am besten an der Nordseite einer Mauer, eingerichtet werden, um diejenigen Orchideen-Arten aufzunehmen, welche auf Wiesen und an feuchten Waldstellen wachsen. Eine zweite, sonnig gelegene Anlage ist nötig zur Kultur derjenigen Arten, die an trockenen Bergabhängen, lichten Waldstellen usw. vorkommen. Dem schattig gelegenen Beete geben wir eine Erdmischung von Moor- erde und Wiesenlehm zu gleichen Teilen, der sonnigen Anlage eine solche von Kalkboden, und steht uns letzterer nicht zur Verfügung, so benutzen wir eine Mischung von zwei Teilen Wiesenlehm und einem Teil Heideerde und setzen derselben etwas Kalk, wie er zum Düngen in der Landwirtschaft gebraucht wird, hinzu. Was die Uebersiedelung von Orchideen aus dem Freien in den Garten betrifft, so kann ich nur anraten, dies während der Blütezeit auszuführen. Einheimische Stauden für den Garten. 26^ Erstens würden die Knollen bzw. Rhizome während der Ruhezeit schwer zu finden sein, dann aber muss ich bekennen, dass man mit dem Pflanzen von ruhenden Knollen stets schlechte Erfahrungen gemacht hat, dagegen sehr gute Resultate im Anwachsen solcher Pflanzen hatte, die während der Blütezeit vorsichtig mit kleinen Erdballen unter sorgfältiger Schonung der Wurzeln herausgenommen und nach Abschneiden des Blütenschaftes ge- pflanzt wurden. Diese Pflanzen bildeten die neuen Knollen in den meisten Fällen gut aus und blühten dann regelmässig schon im nächsten Jahre wieder. Dasselbe gilt für die Ausläufer treibenden Arten, wie Epipactis, Cephalanthera u. a. m. Im allgemeinen dürfen wir die Orchideen nicht zu flach pflanzen, wie man ja auch beim Herausgraben bemerkt hat, dass dieselben am Standort oft ziemlich tief im Boden stecken. Nach dem Pflanzen werden die Beete tüchtig angegossen und mit einer Lage Waldmoos bedeckt, welches das Aus- trocknen der Erde verhüten soll. Da der Frost in diese erhöhten Beete von allen Seiten viel leichter ein- dringen kann als in den flachen Erdbooden, so empfiehlt es sich, die Beete mit einer dicken Lage Tannenreisig während des Winters zu bedecken. Sind die Pflanzen einmal angewachsen, dann bestocken sie sich bald recht kräftig und bilden sich zu starken Exemplaren heran, wie sie oft selbst an den günstigsten Standorten nicht zu finden sind. Obgleich der Liebhaber wohl alle Orchideen hübsch und kulturwürdig finden wird, so möchte ich hier nur auf die schönsten Arten kurz hinweisen und dabei Gelegenheit nehmen, noch diese oder jene Bemerkung über die Kultur oder über besondere Eigenschaften der einzelnen Arten daran zu knüpfen. Ich beginne mit der Gattung Orchis, deren Arten ich in solche mit bandförmig geteilten und in solche mit ungeteilten Knollen trennen kann. Zu den ersteren gehören drei sehr häufig vorkommende und schöne Arten, nämlich: das Breitblättrige (Orchis latifolia), das Ge- fleckte (Orchis maculata) und das fleischfarbige Knabenkraut (Orchis incarnata). Alle drei Arten finden wir häufig im Juni auf nassen Wiesen blühend vor, wo sie, wenn überhaupt vorhanden, in grösserer Menge wachsen. Diese Arten gedeihen in Kultur am leichtesten und gehören auf das oben beschriebene schattige Orchideenbeet. In' der Gruppe mit ungeteilten Knollen sind am auffallendsten das Helm-Knabenkraut (Orchis militaris) und das ihm sehr nahe stehende Braune Knabenkraut (Orchis fusca). Namentlich letzteres ist sehr schön, sein Blütenschaft kann unter Umständen bis 80 cm hoch werden. Beide Arten wachsen in lichten Bergwäldern, gern auf Kalkboden. Ich würde sie demnach auf das sonnig gelegene Beet pflanzen. Sehr schön ist auch das zu dieser Gruppe gehörende Männliche Knabenkraut (Orchis mascula), mit prächtigen, purpurroten Blüten- ähren. Diese Art blüht im Mai und Juni und wächst auf Wiesen und in feuchten Wäldern, weshalb sie sich für das schattig gelegene Beet eignet. Denselben Platz beansprucht die kleine Orchis Morio, das Gemeine Knabenkraut, welches oft schon im April blühend auf den Wiesen zu finden ist. 264 Einheimische Stauden für den Garten. Die Frauentränen- oder Ragwurz-Arten (Ophrys) sind alle mehr interessant als auffallend schön, dabei ziemlich selten und nur auf wenige kleine Gebiete beschränkt. Sie wachsen alle auf Kalkboden, gern an buschigen Abhängen und gehören auf das sonnige Orchideenbeet des Gartens. Wir besitzen in Deutschland nur vier Arten, die Bienenähn- liche (Ophrys apifera), die Fliegenähnliche (Ophrys muscifera), Hummelähnliche (Ophrys aranifera) und die Spinnenähnliche Frauenträne (Ophrys arachnites). Eine sehr hübsche Orchidee ist auch die Pyramidenförmige Hundswurz (Anacamptis pyramidalis), deren purpurfarbige Blütenähren auf 15 bis 40 cm hohen Schäften getragen werden. Sie wächst an Wald- rändern, buschigen Hügeln und auf trockenen Wiesen in Kalkboden, blüht im Juni und Juli und verlangt einen Platz auf der sonnigen Beetanlage. Von den Gymnadenien erwähne ich hier nur die schönste Art, die Fliegenartige Höswurz (Gymnadenia conopea), die sowohl auf torfigen Wiesen wie auch an Kalkbergen vorkommt und im Juni oder Juli zur Blüte gelangt. Sie wächst am besten auf dem schattig gelegenen Beet. (Empfehlenswert sind auch die Piatantheren mit ihren lang- gespornten gelblichweissen Blumen, namentlich die Z w e i b 1 ä 1 1 r i g e (Piatanthera bifolia) und die Grünblütige Kuckucksblume (Plantanthera chlorantha). Beide finden sich stellenweise in Laub- waldungen, blühen im Juni und wachsen im Garten sowohl in der schattigen als auch in der sonnigen Abteilung. Aus der Gruppe der Rhizome oder Ausläufer treibenden Orchideen möchte ich zunächst die Cephalanthera-Arten zur Kultur empfehlen, namentlich die beiden weissblühenden Arten Cephalanthera pallens und ensifolia, deren Blütenstände den Maiblumen ähnlich sehen. Aber auch die rotblühende Cephalanthera rubra ist sehr schön. Diese Arten wachsen in schattigen Laub- und Nadelwäldern und gedeihen vor- trefflich auf den schattig gelegenen Orchideenbeeten. Obwohl nicht sehr auffallend in der Farbe der Blumen, möchte ich aus dieser Gruppe noch der Epip actis- oder Sumpfwurz-Arten ge- denken, unter denen die Braunrote Sumpfwurz (Epipactis rubigi- nosa) den Vorrang verdient. Die zu einer langgestreckten, lockeren Aehre angeordneten rötlichen Blumen sind sehr wohlriechend. Sie wächst gern auf Kalk- und Sandboden, an leicht beschatteten Bergabhängen. Ein Platz an unserer sonnigen Anlage sagt ihr am besten zu. Zwei andere Arten dieser Gattung dagegen, die Breitblättrige (Epipactis latifolia) und die Gemeine Sumpfwurz (Epipactis palustris), welche erstere in schattigen Wäldern, letztere auf moorigen Wiesen vor- kommt, gedeihen vortrefflich auf dem schattigen Beet. Ihre Blumen sind bis auf die fleischfarbige Lippe grünlich und wenig auffallend, aber ihres leichten Gedeihens wegen empfehle ich diese beiden Arten dennoch zur Kultur, Wenden w4r uns nun noch einigen anderen Pflanzen zu, die uns im Spätsommer durch ihren Flor erfreuen. Sehr schön ist z. B. das Echte Seifenkraut (Saponaria officinalis), eine bis 50 cm hohe Staude mit kriechenden, unterirdischen Ausläufern, aus denen mit gegenständigen, breitlanzettlichen Blättern besetzte, verästelte Stengel entspriessen, die in Einheimische Stauden für den Garten. 265 Büscheln ansehnliche, fleischfarbige Blüten tragen, welche vom Juli bis September zur Entwicklung gelangen. Die Pflanze gehört zu den nelken- artigen Gewächsen, also zur Familie der Silenaceen. Die Blüten besitzen demnach einen langen, walzenförmigen Kelch und fünf lang benagelte Kronenblätter. Wir finden sie im ganzen Gebiet verbreitet, vornehmlich an Flussufern zwischen den dort wachsenden Gebüschen, aber auch an trockneren Stellen, an Zäunen und zwischen Gesträuch. Infolge der kriechenden Ausläufer wird sie im Garten leicht sehr unbequem, und ist sie einmal angesiedelt, kann sie schwer wieder ausgerottet werden. Aus diesem Grunde dürfen wir sie nur zur Anspflanzung in Ge- büschen verwenden, wo sie aber einen vortrefflichen Unterwuchs bildet. Die Pflanze ist auch offizineil; ihre Blätter und Wurzeln werden in der Medizin gebraucht. Ihre Ausläufer können zu jeder Jahreszeit ausgegraben und zur Anpflanzung benutzt werden. Aus der interessanten Gattung der Enziane, von der in den Alpen so herrliche Arten wachsen, sind im Gebiet nur zwei häufig vorkommende ausdauernde Arten vertreten. Der Gefranste Enzian (Gentiana ciliata). Das 10 bis 20 cm hohe Pflänzchen verzweigt sich nach oben hin und stellt im Herbst an die Spitze jedes Zweiges eine violettblaue, vierlappige Blüte, deren Zippel lang gewimpert sind. An etwas rasigen und schwach be- wachsenen Abhängen auf Kalkboden anzutreffen. Ueberall zeigt sich die Pflanze als kalkliebend. Bisweilen kommt dieser Enzian weissblühend vor. Eine reizende Gartenpflanze. Der Gemeine Enzian (Gentiana Pneumonanthe) wird in Torf- mooren und auf torfigen Wiesen oft angetroffen. Einem kurzen Wurzelstocke entspriessen mehrere, bis 30 cm hohe, aufrechte, oft auch niederliegende, mit gegenständigen, linealisch-lanzettlichen Blättern besetzte, dünne Stengel, die an der Spitze und in den oberen Blattwinkeln einzeln stehende, grosse, dunkelazurblaue Blumen von glockiger Form, mit fünfspaltigem, geöffnetem Kronensaum tragen. Letztere erscheinen von Ende Juli bis Oktober. Bei guter Kultur im Garten bringen die Pflanzen bedeutend mehr Stengel als im wilden Zustande und präsentieren sich so als wirklich reizende Stauden. Während der Gefranste Enzian einen kalkhaltigen Untergrund liebt, verlangt der Gemeine Enzian einen Platz auf dem Moorbeet, wohin ich früher schon die Moorpriemel und das Sumpfvergissmeinnicht empfohlen hatte. Pflanzen, die mit kleinen Erdballen am Standort herausgenommen werden, wachsen, in den Garten gepflanzt, zu jeder Jahreszeit willig an. Als spätesten Blüher will ich hier noch der Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) gedenken, und obwohl als Giftpflanze bekannt, möchte ich sie dennoch zur Gartenkultur empfehlen, da sie als Gartenpflanze nicht gefährlich sein dürfte, weil weder ihre Früchte noch andere Pflanzenteile Kinder zum Genuss derselben anzulocken vermögen. Auf der anderen Seite aber ist sie eine herrliche Gartenpflanze, die manche Freude bereiten wird. Die Herbstzeitlose ist ein interessantes Zwiebelgewächs, das im September und Oktober, ohne Laubblätter zu besitzen, blüht. Letztere er- scheinen erst im Frühjahr und mit ihnen auch die Früchte in Gestalt grüner Kapseln, die tief im Innern des Laubtriebes sichtbar sind. 266 Einheimische Stauden für den Garten. Die Pflanze wächst in Deutschland stellenweise in Massen auf feuchten und trockenen Wiesen, wo sie oft zur Plage der Landwirte ausartet, da das auf solchen Wiesen gewonnene Heu infolge übermässiger Beimischung der giftigen Zeitlosenblätter minderwertig wird. Die Samen sind in der Medizin gebräuchlich. Im Garten wächst die Herbstzeitlose ausgezeichnet auf freien Beeten, wo sie als Einfassung von Staudenrabatten oder zwischen anderen Stauden sehr gute Verwendung findet und gerade in einer blumenarmen Zeit mit ihren krokusähnlichen, fleischfarbigen Blumen sehr ziert. Man nimmt die Ansiedlung vor, wenn im Juni oder Juli die Blätter der Pflanze gelb zu w^erden beginnen, indem man die Zwiebeln auf den Wiesen herausgräbt und sie im Garten 15 bis 20 cm tief einpflanzt. Es bleiben uns nur noch einige Pflanzen zur Besprechung übrig, die zwar nicht durch Blütenpracht auffallen, aber doch durch ihr eigenartiges Aeussere das Auge fesseln. Ich empfehle sie nicht nur als Dekorations- pflanzen im Garten, sondern vielmehr deswegen, weil uns ihre Blütenstände ein herrliches und sehr willkommenes Material zur Anfertigung von trockenen Dauerbuketts liefern, die sich die Damen gern unter Beihilfe von getrockneten Gräsern und Immortellen aus ihnen zusammenstellen werden. Hierzu sehr geeignet ist die Kugeldistel (Echinops sphaerocephalus), eine distelartige, 1 bis 134 m hohe Pflanze mit sehr dekorativem, fieder- spaltigem, unten weissem Blattwerk. Sie baut sich ausserordentlich elegant auf und eignet sich vortrefflich als ornamentale Dekorationspflanze für Einzelstellung auf Rasenplätzen, Die Stengel und deren Seitenäste verlaufen sich an ihren Spitzen in starke Blumenstiele, an deren Ende sich je ein grosser, runder Blütenkopf von 5 cm Durchmesser befindet, welcher von vielen kleinen, weisslichen Blüten zusammengesetzt ist. Die Pflanze wächst in Weinbergen, an alten Ruinen und Mauertrümmern, steinigen Abhängen usw., sehr zerstreut im Gebiet und ist überall selten. An den Standorten finden sich in der Nähe der alten Pflanzen durch ausgefallene Samen entstandene junge Sämlinge, die man zur Ansiedlung im Garten ver- wendet, indem man sie im Frühjahr, sobald sie die ersten Blättchen zeigen, herausgräbt und einige Wochen in Töpfen kultiviert. Zur Verwendung in Trockenbuketts werden die Blütenköpfe kurz vor dem Aufblühen mit langen Stielen geschnitten und an einem luftigen Ort aufgehängt, bis sie trocken geworden sind. Eine zweite, für unseren Zweck sehr geeignete Distelart ist die Stengellose Eberwurz (Carlina acaulis), deren getrocknete Frucht- stände unter dem Namen Silberdisteln bekannt sind und für Trockenbuketts sehr geschätzt werden. Die Pflanze an und für sich ist sehr unscheinbar. Wir sehen zuerst nichts als eine kleine Rosette fein zerteilter Distelblätter am Boden, aus deren Mitte sich der Blütenstand in Gestalt eines Distelkopfes auf kurzem Stengel entwickelt. Die Pflanze gewinnt erst mehr Interesse, wenn die Blütezeit vorüber ist und sich der Fruchtstand bildet. Derselbe zeigt sich uns als eine ziemlich grosse, mit gelblichen Borsten besetzte, flache Scheibe, die mit silberweiss glänzenden Hüllblättern eingefasst ist und mit diesen Einheimische Stauden für den Garten. 267 etwa 12 cm Durchmesser hat. Diese Fruchtstände werden samt dem Stengel abgeschnitten und zum Trocknen aufgehängt, in welchem Zustande sie lange haltbar sind. Diese Art wächst an Kalkbergen und steinigen Abhängen, vielfach in den östlichen Provinzen Preussens. Aus dem Freien entnommen, wächst sie nicht gut an. Man ist genötigt, sie im Frühjahr auszugraben und in Töpfe zu pflanzen, bis sie neue Wurzeln gebildet hat. Besser ist es, sie im Frühjahr aus Samen anzuziehen, den man im Herbst an den wildwachsen- den Pflanzen sammelt. Die Sämlinge blühen im zweiten Jahre. Man verwendet die Pflanze im Garten am vorteilhaftesten zur Aus- schmückung von Felsenanlagen, wo sie sehr willig wächst und blüht. Ein ausgezeichnetes Trockenmaterial liefern die Mannstreu- Arten (Eryngium). Diese Gattung gehört zu den Doldengewächsen (Umbelliferen), doch wird sie der Laie ihres von diesen Pflanzen abweichen- den Wuchses wegen auf den ersten Blick für Disteln halten. Die schönste in Deutschland vorkommende Art ist die Strand- mannstreu (Eryngium maritimum), die an der Nord- und Ostseeküste am Strande wie auf den Dünen wächst und dort allgemein Stranddistel genannt wird. Aus einem verzweigten Wurzelstock entwickeln sich bei dieser Pflanze zuerst gestielte, tief ausgebuchtete und bedornte, bläulich-weisse Blätter, neben diesen 30 bis 50 cm hohe Stengel mit sitzenden, stempelumfassenden, leder- artigen Blättern, weisslich gefärbt und von unregelmässigen, stark bedornten Ausbuchtungen, womit auch die in den Blattachseln stehenden Blütenstiele besetzt und die lila gefärbten Blütenköpfe gestützt sind. Die ganze Pflanze macht in ihrem bläulich-weissen Kleide einen eigen- artigen Eindruck und sieht sehr apart aus. Um sie zu Trockenbuketts zu verwenden, werden die Stengel während der Blütezeit dicht über der Erde abgeschnitten und samt den Blättern an der Luft getrocknet. Die Pflanze wächst im Garten recht gut auf freien, sonnigen Beeten und wird vorteilhaft zwischen anderen Stauden verwendet. Im Frühjahr, wenn sich die ersten Blätter zeigen, dürfen die Pflanzen unbeschadet herausgenommen und in den Garten gepflanzt werden. Zu einer späteren Zeit müssen sie vor dem Anpflanzen in Töpfe gesetzt werden, worin sie, bis sie angewurzelt sind, stehenbleiben. Die zweite hier zu empfehlende Art ist die Blaue Mannstreu (Eryngium planum). Diese Pflanze besitzt eiförmige, langgestielte Grund- blätter und 50 bis 100 cm hohe Blütenschäfte, die sich am oberen Teil ver- ästeln und gabeln und schliesslich an jedem Stielchen einen Blütenkopf bilden. Alle Verzweigungen des Stengels wie auch die Blütenköpfe werden von stark zerteilten und dornig gesägten Stengelblättern gestützt. Der ganze obere Teil der Pflanze ist stahlblau angelaufen, welche Färbung nach oben hin immer intensiver wird und schliesslich in den Blütenköpfen am tiefsten ausgeprägt ist. Diese blaue Färbung gibt der Pflanze einen eigenen Reiz. Sie bleibt auch den getrockneten Stengeln erhalten, ist daher in Trockenbuketts von guter Wirkung. Diese Art kommt im östlichen Teil des Gebietes vor, namentlich an sandigen Stellen. 268 Einheimische Stauden für den Garten. Wie die vorige, so wächst auch diese Art vortrefflich in jedem Garten- boden und bildet eine schöne Bereicherung unserer Staudenbeete. Angesichts der grossen Beliebtheit, welche sich alle Sumpf- und Wasserpflanzen seitens der Pflanzenliebhaber zu erfreuen haben, halte ich mich für verpflichtet, neben den bisher empfohlenen Gewächsen auch jener hier zu gedenken und eine kleine Anzahl der kulturwürdigsten Arten den geehrten Lesern vorzuführen. iEs wird in vielen Gärten Gelegenheit zur Ansiedlung solcher Pflanzen geboten sein, und dass diese sehr oft unbenutzt gelassen wird, beweisen uns die des Pflanzenwuchses meist viel zu sehr entbehrenden Teichufer in unseren Landschaftsgärten. Einzelne der hier angeführten Pflanzenarten eignen sich auch zur Kultur in Aquarien, auf welchen Vorzug ich bei der Besprechung besonders hinweisen werde. Die erste blühende Sumpfpflanze, welcher wir im Frühjahr begegnen, ist die Kuhblume, auch Schmirgel genannt (Caltha palustris), eine zu den Hahnenfussgewächsen gehörende Pflanze m.it ziemlich grossen, sehr glänzenden, nierenförmigen Blättern und bleistiftstarken, saftstrotzenden Stengeln, die iim April und Mai end- und blattwinkelständige, ansehnliche Blumen von dottergelber Farbe entwickeln. Die Kuhblume findet sich in ganz Deutschland sehr häufig auf über- schwemmten Wiesen, in flachen Gräben und an deren Ufern, an Teich- rändern usw. Sie belebt während der Blüte die Landschaft ungemein und sollte in Gärten mehr angepflanzt werden, als es in Wirklichkeit geschieht. Wir besetzen mit ihr am vorteilhaftesten im Garten vorhandene Uferränder truppweise an solchen Stellen, wo das Ufer am flachsten und feuchtesten ist. Zum Teil pflanzen wir sie auch ins flache Wasser, wo sie ebenfalls vorzüglich gedeiht. Die Anpflanzung geschieht im Frühjahr, wenn der Pflanze die ersten Blätter entspriessen, oder im Spätsommer, sobald die Blätter gelb zu werden beginnen. Etwas später, erst vom Mai ab, blüht die herrliche Wasserfeder (Hottonia palustris). Sie wächst auf dem Grunde langsam fliessender Gräben, im dünnen Moorschlamm lange Ausläufer bildend, und entwickelt unter Wasser ihre fein-kammartig zerteilten Blätter. Die Blütenschäfte erheben sich über Wasser und tragen am oberen Teil je eine quirlständige Traube gestielter, weisser oder rötlicher, primelartiger Blüten. Die Pflanze kommt im ganzen Gebiet an denjenigen Stellen vor, wo die Bedingungen zu ihrem Gedeihen gegeben, also Gräben und Tümpel mit moorigem Grund vorhanden sind. In solchen wächst sie gewöhnlich in grosser Menge, und es ist ein entzückender Anblick, diese Pflanze in Blüte zu sehen. Ihre Kultur im Garten gelingt nur da, wo ein Gewässer mit schlammigem Grund vorhanden ist. Diese Gelegenheit wird nicht oft geboten sein, aber überall dort, wo es möglich ist, sollten wir diese schöne Pflanze ansiedeln. Zu diesem Zwecke nehmen wir im Frühjahr mit einem Rechen die Ausläufer der Pflanze aus den von ihr bewohnten Gewässern und pflanzen sie ohne weiteres in den Schlamm unseres Gartenteiches. Zur Ausschmückung von Teichufern ist ferner die Wasserschwert- lilie (Iris Pseudacorus) unentbehrlich. Sie ist eine allbekannte Pflanze, die fast überall in Gräben und stehenden Gewässern gefunden wird. Ihre kräftigen, mit breiten, schwertförmigen Blättern besetzten Stengel, die oft Einheimische Stauden für den Garten. meterhoch werden, machen einen imposanten Eindruck und passen ausser- ordentlich gut zu einer Wasserszenerie. Prächtig wirken die hellgelben, grossen Blumen, die am oberen Teil der Stengel im Mai und Juni erscheinen! Nicht nur allein zur Bepflanzung von Teichufern, sondern auch zur Deko- ration kleinerer Gewässer sind sie gut verwendbar, z. B. zur Ausschmückung von Fontänenbassins, in welchen sie, in Körbchen gepflanzt, an den Rändern im Wasser versenkt werden. Doch auch als Staude auf einem gewöhnlichen Gartenbeet gedeiht sie wie andere Schwertlilien, büsst allerdings an Ueppig- keit ein und blüht nicht so reich, aber sie bildet zwischen anderen Stauden durch ihre lebhaft gelben Blumen eine angenehme Unterbrechung. Im Früh- jahr im Freien herausgenommene Wurzelstöcke wachsen angepflanzt ohne Schwierigkeit weiter. In dem Dreiblättrigen Bitter- oder Fieberklee (Menyan- thes trifoliata) besitzen wir ein sehr hübsches Pflänzchen, dessen grosse, dreizählige Blätter schon an und für sich recht dekorativ sind, welches aber blühend mit jeder anderen Pflanze in Schönheitskonkurrenz treten kann. Auf sumpfigen, torfigen Wiesen und auch im flachen Wasser schlammiger Teiche finden wir den Bitterklee oft in ganzen Kolonien wachsend. Der im Schlamm kriechende Wurzelstock erhebt seine beblätterten Stengel über Wasser und diese schmücken sich im Mai und Juni mit sehr auffälligen, weisslich-fleischfarbigen, gefranzten Blüten, die an einem seitlich an der Pflanze entspringenden Blütenstengel eine reiche Traube bilden. Die Pflanze eignet sich ausgezeichnet zur Ausschmückung von Teichufern, zu welchem Zwecke sie dicht am Rande derselben im Wasser angesiedelt werden muss, was zeitig im Frühjahr zu geschehen hat. Ihr familiär sehr nahe steht die Seekanne (Limnanthemum nymphae- oides), denn beide gehören zur Familie der Enziangewächse, aus der wir schon zwei Arten kennen gelernt haben. Die Seekanne besitzt allerdings einen von der vorigen Art ganz verschiedenen Charakter. Der Wurzel- stock kriecht im Schlamm und treibt lange, peitschenartige Stengel an die Oberfläche des Wassers, an welcher sich aus den Knoten langgestielte Blättern bilden, deren kreisrunde, herzförmig ausgeschnittene Blattstreifen wi; kleine Seerosenblätter auf dem Wasser schwimmen. Die Blüten entwickeln sich gruppenweise in den Blattwinkeln im Juli und August. Sie sind lang- gestielt, von trichterartiger Form und gelber Farbe, etwa 3 cm im Durch- messer haltend. Die Pflanze ist im ganzen Gebiet verbreitet, aber nicht überall, sondern nur in wasserreichen Gegenden zu finden. Sie wächst in Landseen, langsam fliessenden und stehenden Gewässern, namentlich gern in den Altwassern der Flüsse. Wir verwenden dieses Gewächs zur Be- lebung der Wasserflächen unserer Teiche und pflanzen die aus dem schlam- migen Grund der Standorte vermittels Haken herausgeholten Wurzelstöcke in den Schlammboden des tieferen Wassers. Die Pflanzen wachsen leicht an und können zu jeder Jahreszeit angesiedelt werden. Auch für grössere Aquarien ist die Seekanne eine sehr verwendbare Pflanze. Ein interessantes, eigenartiges Gewächs ist das S u m p f - S c h w e i n s - Ohr (Calla palustris), das in die Familie der Arongewächse gehört. Die häufig als Zimmerpflanze gezogene Calla mit den grossen, dütenförmigen, weissen Blumen ist eine nahe Verwandte zu ihm. Die Pflanze kommt in 270 Einheimische Stauden für den Garten. Sumpfgegenden, an Gräben und Teichen häufig vor, bildet einen kriechenden Wurzelstock, dessen vorderes Ende aufrecht emporsteigt und mehrere ge- stielte, am Grunde herzförmige, vorn zugespitzte Blätter treibt, zwischen denen sich ein langgestielter Kolben erhebt, an dessen oberen Teil rund um denselben die kleinen, unscheinbaren Blüten angeordnet sind. Dieser Kolben wird von einem innen weiss gefärbten Hochblatt, der sogenannten Spathe, gestützt, und dieses Hochblatt wird bei den Arongewächsen meist fälschlich als die Blüte angesehen. Auch bei der Zimmer-Calla ist die weisse, dütenartige Hülle nur die Spathe, die Blumen befinden sich auch hier an dem von ihr umschlossenen Kolben. Man verwendet das Sumpf-Schweins- ohr vorteilhaft zur Ausschmückung von Teichufern und pflanzt dasselbe im Frühjahr in das flache Wasser dicht an den Uferrand. Weniger auffallend als merkwürdig erscheint uns die Aloeartige Wasserschere (Stratiotes aloides), eine Pflanze von völlig aloeartigem Aussehen, welche auf dem Grunde stehender Gewässer im schlammigen Boden wächst und namentlich im nördlichen Teil des Gebietes vorkommt. Die durchsichtigen, schmalen, sägeförmigen Blätter bilden eine stattliche Rosette von 30 bis 40 cm Durchmesser und kommen selten über Wasser. Aus den Blattwinkeln erheben sich die Blütenschäfte, über die Oberfläche des Wassers und entwickeln im Juli und August etwa 3 cm im Durchmesser haltende, weisse Blumen. Die Pflanzen treiben Ausläufer, an denen sich neue Sprosse bilden. Zur Ansiedlung in Gartengewässern besitzen sie ge- ringen Wert, da man von den untergetauchten Pflanzen wenig sieht. Die Pflanze ist angelegentlichst zur Kultur in Aquarien, in welchen sie sich am Grunde derselben reizend ausnimmt, zu empfehlen. Zur Anpflanzung werden die jungen Sprosse benutzt, die zu jeder Zeit leicht weiterwachsen. Ihr sehr nahe steht der Froschbiss (Hydrocharis Morsus ranae), ein schwimmendes Pflänzchen mit kleinen, kreisrunden, am Grunde tief herzförmigen Blättern und weissen, gestielten Blüten. Der kurze Wurzel- stock entsendet nach allen Seiten fadenförmige Ausläufer, die an der Spitze aus Sprossen wieder junge Pflänzchen mit weiteren Ausläufern bilden, wo- durch sich die Pflanze auf grössere Flächen ausbreitet. Die letzten Sprosse verdicken sich im Herbst, fallen dann ab und überwintern als Brutknospen am Grunde der Gewässer, aus welchen sie im Frühjahr emporsteigen und neue Pflänzchen entwickeln. Diese Pflanze kommt in wasserreichen Gegenden häufig vor und wächst gewöhnlich an den ihr behagenden Stand- orten in stehenden, kleinen Gewässern und Gräben in Menge. Zur Belebung des Wasserspiegels kleiner Gartenteiche eignet sie sich vortrefflich, namentlich aber auch zur Kultur in Aquarien. Um sie an- zusiedeln, werden die Pflanzen im Sommer aufgefischt und in die Teiche geworfen, wo sie sofort weiterwachsen. Kommt man zur geeigneten Zeit im Herbst an die Standorte, so kann man auch die Brutknospen ablösen, bis zum Frühjahr in einem recht kalt stehenden Wasserbehälter überwintern und dann zur Ansiedlung benutzen, wobei die Beobachtung der Entwicklung der Knospen zu Pflanzen im Aquarium viel Vergnügen bereitet. Viel stattlicher und zur Uferdekoration geeigneter ist das Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia). Die Pflanze wächst im flachen Wasser, entwickelt aus einem kurzen Wurzelstock eine grössere Anzahl grundständige, lang- gestielte, aufrechte Blätter, von denen die untergetauchten lanzettlich, die Einheimische Stauden für den Garten. 271 über dem Wasser stehenden tief pfeilförmig gestaltet sind. Die Blüten stehen an langen, aufrechten Schäften quirlförmig und bestehen aus drei weissen, am Grunde mit einem rotbraunen Fleck versehenen Blumenblättern, Im Schlamm treibt der Wurzelstock kriechende Ausläufer, an denen sich hasel- nussgrosse, bläulich gefärbte Knöllchen bilden, aus welchen im nächsten Frühjahr junge Pflanzen entstehen. Auf diese Weise vermehrt sich das Pfeilkraut sehr stark und nimmt bald grössere Flächen ein. Diese Pflanze kommt in Sumpfgegenden an den Ufern von Teichen und Landseen, auch in Gräben häufig vor und ist durch das ganze Gebiet verbreitet. Zur An- pflanzung benutzt man am sichersten die unterirdischen Knöllchen, die im Frühjahr vor dem Austreiben aus dem Schlamm genommen werden, was allerdings mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist. Es können jedoch auch junge Pflanzen zur Ansiedlung verwendet werden. Man pflanzt sie in den Schlamm der flachen Uferstellen des Gartenteiches, aber auch für grössere Aquarien ist sie eine sehr willkommene Pflanze. Ebenso schön und bemerkenswert ist die B 1 u m e n b i n s e , auch Schwanenblume genannt (Butomus umbellatus), welche wir in stehenden und langsam fliessenden Gewässern in der Nähe des Ufers öfters antreffen, Sie ist durch ganz Deutschland verbreitet, nur in wasserarmen Gegenden fehlt sie. Einem fingerdicken, schräg im Schlamm liegenden Wurzelstock entspriessen eine Anzahl oft meterlange, linealische, rinnen- förmige Blätter, aus deren Mitte sich der blattlose Blütenschaft senkrecht erhebt, an der Spitze eine Dolde mit langgestielten, rosaroten Blüten tragend. Die Pflanze eignet sich vorzüglich zur Ausschmückung der Teichufer im Garten, zu welchem Zweck man sie im flachen Wasser am Ufer anzu- pflanzen sucht. An den Standorten finden wir oft bei niedrigem Wasser- stand einzelne Exemplare ausserhalb des Wassers am Ufer wachsend; diese sind in allen ihren Teilen kürzer und robuster gewachsen und eignen sich zur Anpflanzung am besten, schon weil man sie bequemer und sorgfältiger ausgraben kann. Auf nassen, torfigen Wiesen wird unsere Aufmerksamkeit oft von dem Blut äuge (Comarum palustre) in Anspruch genommen, namentlich durch seine blutroten Blüten, deren Farbe eine seltene Erscheinung in unserer Flora ist. Die Pflanze besitzt einen langverzweigten, kriechenden Wurzel- stock, dessen Triebe sich bogig aufwärtsrichten und meterhohe, beblätterte Stengel bilden, die mit eleganten, fünf bis siebenzählig gefiederten Blättern besetzt sind. Der Blütenstand entwickelt sich an der Spitze der Stengel und verzweigt sich in einzelne Blütenstiele mit je einer etwa 2 cm breiten, stern- förmigen Blume. Diese Art besitzt Wert zur Ausschmückung von Teichufern und Wasserläufen im Garten. Gut mit Erdballen herausgenommene Pflanzen können zu jeder Zeit angesiedelt werden. Zum Schluss will ich noch die Aufmerksamkeit der geehrten Leser auf eine unserer schönsten Sumpfpflanzen, den G r o s s e n Hahnenfuss (Ranunculus Lingua) lenken, dessen imposante Erscheinung unser Auge in wasserreichen Gegenden sehr oft erfreut. In Gräben und Sümpfen, an Teich- und Flussufern wachsend, wird die Pflanze oft bis 1,25 m hoch. Der sehr kräftige Wurzelstock steckt im Schlamm und treibt fingerdicke, mit 20 bis 30 cm langen, zungenförmig- lanzettlichen Blättern besetzte Stengel. Nach oben verästeln sich die Stengel 272 Einheimische Stauden für den Garten. und treiben aus den Blattwinkeln starke, einblumige Blütenstiele, deren gold- gelbe Blumen sich im Juli und August entfalten. Letztere sind die grössten von allen Ranunkel-Arten und messen 4 bis 4H cm im Durchmesser. Truppweise im flachen Uferwasser der Gartenteiche angepflanzt, wirkt sie sehr effektvoll, daher sollte sie soviel wie möglich zur Ausschmückung benutzt werden. Die Ansiedlung kann zu jeder Jahreszeit erfolgen, nur müssen bei bereits ausgewachsenen Pflanzen die Stengel fast bis zum Grunde abgeschnitten werden. Obwohl die Ausschmückung der Teiche mit Wasser- und Sumpfpflanzen sehr bequem mit Pflanzen, die dem Standort entnommen sind, erreicht werden kann, da diese fast ohne Ausnahme willig anwachsen, so können doch Fälle eintreten, die die Anzucht aus Samen notwendig machen. Man sät im Frühjahr den Samen in Töpfe, die mit lehmiger Moorerde gefüllt sind, bedeckt ihn dünn mit derselben Erde und stellt die Töpfe in Wassergefässe, so dass das Wasser die Oberfläche der Töpfe eben übersteigt. Die Gefässe werden an eine sonnige Stelle des Gartens gestellt, und bald wird man die Keimung beobachten können. Haben die Pflänzchen einige Blättchen entwickelt, so werden sie zu 3 bis 5 Stück in kleinere, mit derselben Erdmischung gefüllte Töpfe gepflanzt und wieder unter Wasser gestellt. Die jungen Pflanzen wachsen ausserordentlich schnell heran, und in der Regel noch in demselben Sommer kann man sie an den für sie ge- eigneten Platz ins Freie pflanzen. Ich habe mich bei der Auswahl der kulturwürdigen Sumpf- und Wasser- pflanzen auf eine möglichst kleine Artenzahl beschränkt und namentlich die- jenigen bevorzugt, die neben schönem Laubwerk auch ansehnliche Blüten besitzen. Daher musste ich viele sehr wertvolle Arten unerwähnt lassen, z. B. den Kalmus, das Gemeine Rohr, den Rohrkolben, den Froschlöffel usw. Der Pflanzenfreund wird aber auch diese, sobald er Verwendung dafür hat, nicht ausser acht lassen, bietet doch die An- siedlung derselben keine Schwierigkeit, wenn bei ihrer Verwendung auf die Wachstumsbedingungen, die wir am Standort an ihnen beobachten, Rücksicht genommen wird. Mag nun meine Abhandlung ihren Zweck, das Interesse an den ein- heimischen, wildwachsenden Pflanzen zu vermehren, erfüllen. Wohl wird bei manchem Botaniker die Sorge aufsteigen, dass die Fundstellen mancher seltenen Pflanze hierdurch noch mehr ausgeplündert werden wie bisher. Auch ich habe diese Folgen wohl erwogen, bin jedoch der Ansicht, dass der Pflanzenfreund beim Einsammeln einiger Exemplare seltener Arten für seinen Garten so vorsichtig zu Werke gehen wird, dass die Fundstellen nicht zerstört werden. Solange jährlich Hunderte von Exemplaren seltener Pflanzen in die Herbarien der Tauschvereine wandern, werden auch wohl für den Garten des Liebhabers ein paar Pflänzchen übrig sein. Kriegsanleihe. 273 I ^ie I ^ldn^ tDeCter^tt« fätin beim e$ ift ^ew ibemiei^iftöett 1 274 Personalnachrichten. Unterrichtswesen. Personalnachrichten. Kunert, F., Kgl. Hofgärtner in Potsdam-Sanssouci, der als hervor- ragender Fachmann auf sämtlichen Gebieten des Gartenbaues bekannt ist, wurde gelegentlich des letzten Besuches Ihrer Majestäten in Sans- souci am 6. d. M. in Anerkennung seiner gärtnerischen Verdienste zum Kgl. Oberhofgärtner befördert. E i 1 e r s , H. F., aus St. Peters- burg, starb am 4. August in Terijoki (Finland) nach längerem Leiden im 80. Lebensjahre. Unterricht. Mit noch weit grösserem Inter- esse als in Friedenszeiten sind jetzt die deutschen Hausfrauen und Gar- tenbesitzer bemüht, den hoffentlich recht reichen Erntesegen an Obst und Gemüse nutzbar zu machen. Gilt es doch, nicht nur den Ueber- fluss der Ernte für die Wintermonate zu erhalten, sondern auch Konser- ven und Trockenwaren in möglichst grossen Mengen, besonders unter Berücksichtigung der Zuckerknappheit, zur Ver- pflegung unserer Krieger und Ver- wundeten herzustellen. Der zurzeit besonders grossen Bedeutung der Obst- und Gemüseverwertung trägt die Königliche Gärtner- lehranstalt zu Berlin-Dah- lem, Post Steglitz, durch Abhaltung eines Kursus in der Zeit vom 1. bis 6. Oktober Rechnung. Das überaus reichhaltige Pro- gramm umfasst das gesamte Gebiet der Obst- und Gemüseverwertung, so dass die Teilnehmer und Teilneh- merinnen Gelegenheit haben, ihr Wissen und Können nach dieser Richtung hin zu mehren. Der Unter- richt — theoretisch und praktisch — wird von Spezialisten auf diesem Gebiete erteilt. Eröffnung der Städtischen Fachschule für Gärtner. Die „Städtische Fachschule für Gärtner" wird, wie im vergangenen Jahre, in den Schulräumen Linienstrasse 162 am Montag, den 8. Oktober, abends 7 Uhr, ihren Unterricht wieder aufnehmen. Um über die zu erwartende Besucherzahl rechtzeitig unterrichtet zu werden, ist es dringend nötig, dass alle diejenigen gärtnerischen Lehrlinge und Ge- hilfen, welche die Städtische Fachschule für Gärtner im Wintersemester 1917/18 zu besuchen wünschen, ihre bindenden Anmeldungen unverzüglich bei dem Dirigenten der Fachschule Herrn Generalsekretär Braun, Berlin, Invalidenstr. 42 unter genauer Angabe ihrer Adresse bewirken. Sie erhalten dann den Stundenplan, die näheren Bedingungen und den Eröffnungstermin der Fachschule zugesandt. Alle gärtnerischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sowie die Fach- und politische Presse werden herzlich gebeten, dieser Bekanntmachung die weiteste Verbreitung zu geben. Siegfried Braun, Generalsekretär Dirigent der Fachschule für Gärtner. Stundenplan. 275 c . H 1 ^ 00 s CS 03 1 00 :3 S u es istrasse 42. Zeichenunterric u "2 >«< 1 c eo o TJ > c (U — - und Gern H. Mehl Gärtnereibesitz es O c o u V) c ^ 'l « x; 00 ivaliden ch der milssen, £ |; t- CO 7) V - .= _ C -CO) *rt :^ O oö s Ii o > O O U 0» c D in ä o > schule für Gär bau-Gesellschaft), Berli geworden. So hat nam 11 zusammengezogen wer Donnerstag es c o > von 7-8 Uhr Deutsch Carl Röhl Gewerbelehrer t- 00 c o > c u — 11 Mittwoch abends von 6—9 Uhr von 6-9 Uhr Zeichnen Weyhe diplom. Ga^tenmei^te^ D 1 t- c o 1 > ä u o a Städtischen Fachi ikretär der Deutschen Garten e Veränderungen notwendig rricht in Deutsch und Rechnei G OQ o »d x: u D > ti 05 C S C =2 1 c U ^ .2'« -C o 1 1 W M^ = ^ c (D -^ Ii = o C/5 o ;c3 1 00 ^ > Pflanzenkultur tinter Berücksichti der Dekorationsgär Heinrich Amelt Königl. Garteninspe o o m dl Gener e wicl der U o CO o 3 TS HC 8 < 09 1 Ü Q c 03 -= 1 ^ 00 c T3 c cc uratoriui Schulleiter ( es sind einig verlegt und b S c > ^ 3 -n o < ^ 1 A c CT3 s^ ^ 09 , o T3 o .« ^s u .c 8 Uhr lie u. oetz. c« C/0 4, H- c3 J5 ibends 7—9 Ul p T3 c: = CO es u O c o ! 1 00 o c2i D £ 03 T3 c 43 0) s i! c 1 > c o > n • o «3 c Q :es c o ^ o > 276 Ausflug. Ausflug aller Abteilungen der Deutschen Gartenbau- Gesellschaft am Sonnabend, den 29. September 1917 nach Potsdam - Sanssouci. Abfahrt: Berlin Potsdamer Hauptbahnhof (Vorortzug) bis Charlotten- hof, 1.15 Uhr. Ankunft : 1.54 Uhr. Zu Fuss bis zur Hofgartendirektion durch Eingang an der Lennestrasse. Hier Treffpunkt 2.15 Uhr, sodann Rundgang: Marly-Garten, Bildergalerie, Hauptallee, Neue Orangerie-Terrasse, Neue Gewächshäuser, evtl. res. Gärten beim Neuen Palais (je nach Bewohnung des Neuen Palais), Wein- häuser am Drachenberg; Belvedere, Anlagen auf dem Drachenberg, obere Orangerie-Terrasse, Sizilianischer Garten, Nordischer Garten, Terrassen Schloss Sanssouci. Schluss im Gasthaus zur historischen Windmühle. Rückfahrt von Charlottenhof 6.48, 7.38, 8.47 mit Vorortzug. Der Präsident. Tagesordnung für die 1057. Monatsversammlung der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft am Donnerstag, den 27. September 1917, abends 6 Uhr im grossen Hörsaal der Königl. Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, Invalidenstrasse 42. 1. Begrüssung durch den Vorsitzenden. 2. Ausgestellte Gegenstände. 3. Vortrag: „Die Vorgänge des Keimens, Wachsens und Aufblühens verschiedener Pflanzen mit Hilfe des Kinematographe n." Einführung und Erläuterung : Herr General- sekretär S. Braun. 4. Die Kohlenversorgung im Winter 1917/18. 5. Die „Städtische Fachschule für Gärtner". 6. Verschiedenes. i=2^^5==r Für die Scbriftleitung verantwortlich r Siegfried Braun, Berlin N, Invalidenstrasse 42. Amt Norden 4038 Druck von Rudolf Mosse in Berlin. rii CA.RI- ADAM C05TRIN-NEUSTADT Landsbergerstr. 4^- AS. Fernruf N9 ^^'^ Fabpi'k fü.r> Gewa^Kshaiasbau. u VsTlntep- gcäL'pfen'yv'isiii!w'iii:iiii!««iibi aiiiiii! sB«»'!fflii:!«ii I J. B. van der Schoot ^^ = = (früherer Mitinhaber der anf gelösten Firma R. van der Schoot & Sohn) = = #ä Gartenbau - Etablissement =^ Blumenzwiebel- und Staudenkulturen / Grundbesitz 160 Hektar ^lllilll Hillegotn, Holland ||lllllll^,,/||IIIlllll•,■,/||||||llI':,,,,■||||||lll^^l.:'^llllln•,H.,:'llllllll';,rh:'"lllll'';,lh^ esch. erblnder Spezial-Fabrik für modernen Gewächshausbau, Veranden, Winteraärten, Heizungen, Frühbeetfenster. Transportable Treibhäuser, ges. gesch. Weintreibhäuser. Eigene Kiitfabrik. Böttger& Eschenhorn, fi.m.b.H., Berlin-Lichterfelde-O. r::^:is. -'^:mm\:mmM^.M::m^ ^^^^^^^^^J^MSSamm fi i <^@>^5><©@>@><^<©'^^@><3 e W. Rese, Berlin-Britz, Spithstrasse e 6 Fabrik für Gewächshausbauten, Frühbeetfenster usw. ® i Heizungs- und Sprenganlagen. ^ m 1 1 Herm. A. Hesse H grösste resp. ■ reichhaltigste Baumschulen H Weener (Ems), Prov. Hannover ^H erst 1879 gegründet. wM Massenanzuclit sämtlicher Freiland- ^1 pflanzen ia allen Grössen. ■ 1 GÄRTNERIN init langjährigen hrlaiiruiiL'eii sucht Stellung. ■Wolfgram, Rittergut Rhode - Sarliug, Hannover. Bei Bestellungen wolle i :: man sich auf die :: , Gartenflora" beziehen iiL '■'iiii»H"'iiiiH'Hitiiiii^^iiiimi„iiiiiiii.,iiiiiiihi M Verl artgen Sie im Laden zum Einmachen o^^^^'^^ «p«. ^^^ |(ir Salate ijt. Saucen rein natürlidies Aroma, wohlbekömmlich. Ein guter Essig ist Jetzt besonders wichtig. LRidi.Hengstenberg, K. nofl.Esslingena.NecVarJ Für den Inseratenteil verantwortlich: Max Junge, Berlin-Friedenau. — Druck von Eudolf Mosse, Berlin SW 19 ^ 15 Oktober 1917 /^\ Heft 19 u. 20 Cr iznocnonaoirrionnoniioiiiioEzioiiiioEiioiiiioiiiiocnocrioEZionnoiiiioiiiioEa^ ARTENFLORÄ BBaszasBEBMaeBonas ZEITSCHRIFT für a Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Kartoffel'Äusjtellung ' 44 und zweiter „Kartoff elabend der Veutfdien Gartenbau - Gefellfchaft 1058. Monatsverfammlung am Donnerstag, den 25. Oktober 1917 abends 7 Uhr. Die Mitglieder und Freunde der Gefellfdiaft (Damen und Herren) werden herzlich eingeladen. Das Präfidium. a Tagesordnung Seite 308 dieser Nummer. erscheint halbmonatlich. Preis des Jahrganges von 42 Druckbogen mit ^j<=l<=" '^"»''»5"^^^ '^»1^'° fflr Deutschland und Oestcrreich-Ungarn 16 Mark, für die übrigen Länder des Weltpostvereins 18 Mark. Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder durch die Post. IV swiSllllll'wiÜlSIIS IISIll'iiii'lli:! !i:iPi«'iilSll' S i«Sllll IIIIIIII11*»!1IIIB"«i!1II5 !!IS""0'i» ^ J. B. van der Schoot ^ E= (früherer Mitinhaber der anfgelösten Firma R. van der Schoot & Sohn) p| Gartenbau - Etablissement ^ Blumenzwiebel- und Staudenkulturen / Grundbesitz 160 Hektar ^= Hillegom, Holland ^^^H esch. erblnder Spezial-Fabrik für modernen Gewächshausbau, Veranden, Wintergärlen, Heizungen, Frühbeetfenster. Transportable Treibhäuser, ges. gesch. Weintreibhäuser. Eigene Kitifabrik. Böttger & Eschenhorn, G.m.b.H., Berlin-Lichterfelde-0. ^oii^ IBcM^BSasMBM 1 0(S>@>@>^^i>^^^^g>@!@>^^@>< W. Kese, Berlin-Britz, Spilhstrasse Fabrik für Gewächshausbauten, Frühbeetfenster usw. Heizungs- und Sprenganlagen. Für den Inseratenteil veiantwortlich: Mai Junge, Berlin-Friedenau. — Druck von Eudolf Mosse, Berlin S\V 19' 15 Oktober 1917 /k Heft 19 u. 20 m:>§O^?%Qg?5§SDifäO&Ö§40i?^Ogö%i3»%Og?^^ C3oir3ocrioc3oniioEzioizziocrioiiiioErioiiiioi==iocziocrioizjoii30Ciioczioczi:3 ARTENFLORA ZEITSCHRIFT für a Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 Schriftleiter: Siegfried Braun, Generalsekretär der D. G. G. a BERLIN Kommissions-Verlag von Rudolf Mos^e SW 19, Jerusalemer Strasse 46-49 _l |ajgc»3%l Zu beziehen durch jede Buchhandlung oder durch die Host. 1917, Heft 19u. 20, Inhalt: Protokoll der 1 57. MonatsversammUing der Deutschen Gartonbau-Gcsel!sch;ilt S. 277. — Zur Kohlenveisorgiing im Winter 1917,'18 S. 283. — Die Vorgänge des Keimens, Wachsens und Aiit- blühens verschiedener Pflanzen mit Hdle des Kinematograplien S. iM. — Die 25. Jahresversamm- lung der Deutschen Dcnlrolo^ischen Gesellschaft S 2^8 — Die Mecklenburgfahrt des 0 'st ausschusses der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft S. 291. — Um die Zukunft des Keichsverbanfles für den Deutschen Gartenbau S. 294. — Die Pilzausstellung im Königlich Botanischen Museum zu Dahlem S. 297. — Literatur S. .HO!-. — Personalnachrichten. Unterrichtswesen S. 307. — Kartoffel ausstcllung und zweiter KartolTelabend der Deutsciien Gartenbau-(iosellsclialt S .^)08. Alleinige Inseraten-AnnahmeiAnnoncen-ExpeiiitionRudolfMosse Berlin, Breslau, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt a. M, Hamburg, Köln a. Eh., Leipzig, Magdeburg, Mannheim, München, Nürnberg, Strassburg L Eis., Stuttgart, Prag, Wien, Warsohau, Basel, Zürich Insertionspreis für die 60 mm breite Kolonelzeile 35 Pf |"""'I11B!"«««!S 5!lli''«"«!l||lll!" ilSi: SliBi'«"":!lll?»«'il3i:'"-"«!l!lllli «iiSli:'« ilBf«"«'S||| »ij|||i f f A. C. van der Schoot V H^ früher Mitinhaber der aufgelösten Firma R. van der Schoot &, Sohn pf ii Hillegom, Holland I Die eigenen Blumenzwiebeln- und Staudenkulturen gehören f f^ zu den besten und grössten Hollands A l''"'ai;.i""CI!ii''""''ai;-'»"'^!l£%^ 'v» fesf 'für Salate u. Saucen rein natGrlidies Aroma, wohlbekömmlich. Ein guter Essig ist jetzt besonders vricfitig. LRidi.Hengstenberj, K. Hüii .EssIin^ena»ciarJ NEW YQKX flOTANlCAL Protokoll der 1057. Monats Versammlung der D. G.G. am Donnerstag, 27. September 1917, abends 6 Uhr, in der Kgl. Land- wirtschaftlichen Hochschule, Berlin N 4, Invalidenstrasse 12. (Hierzu Abb. 30 bis 32.) \'orsitzender: Exzellenz Dr. H. T h i e 1, Nach einer Reihe wohlgelungener und stets sehr gut besuchter Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung Berlins nahm die Deutsche Gartenbau- Gesellschaft am 27. September ihre regelmässigen Monatsversammlungen wieder auf. Der Vorsitzende begrüßte die erschienenen Damen und Herren mit folgenden Worten: Wir freuen uns. nach der langen Sommerpause Sie jetzt wieder zu neuer Herbst- und Winterarbeit begrüssen zu können, und hoffen, dass wir noch manchen lehrreichen und interessanten Abend zusammen verbringen werden. Die Beteiligung dürfte dann auch stärker sein als heute, wo das prächtige Herbstwetter und viele dringende Arbeiten vom Versammlungsbesuch zu- rückhalten. Die Zwischenzeit hat uns leider den Frieden noch nicht gebracht, den wir, wie nun schon so oft, für das Frühjahr und den Sommer erwünsch- ten. Aber sie hat uns grossartige Erfolge unserer braven Truppen miterleben lassen, so dass wir mit bester Hoffnung der Zukunft entgegensehen. Wenn das Heer derartige Anstürme unter seiner bewährten Führung bis jetzt aushielt und auch weiter aushalten wird, woran wir nach den gescheiterten Angriffen der Franzosen, Engländer und Italiener nicht zweifeln, so haben wir alle Veranlassung, diesen tapferen Söhnen des Vaterlandes von ganzem Herzen zu danken. Sodann möchte ich noch darauf hinweisen, dass in wenigen Tagen, am 2. Oktober, General-Feldmarschall v. Hindenburg seinen 70. Geburtstag feiert; lassen Sie uns auch dieses unerreichten Führers in Liebe und Ver- ehrung gedenken. Möge es ihm beschieden sein, seine Aufgaben glorreich durchzuführen, um dann noch später an seinem gesegneten Lebensabend auf die Erfolge seiner Tätigkeit zurückblicken zu können. Diese Erfolge sind bei allem Opfermut des Heeres aber doch auch davon abhängig, dass die Bevölkerung im Inlande ihre Pflicht tut. Einmal, dass sie die Entbehrungen und Unbequemlichkeiten geduldig erträgt, die diese Kriegs- zeit mit sich bringt, ja mit sich bringen muss; ihnen gegenüber ist ja selbst die Regierung nur zu oft ohnmächtig. Das muss nun einmal ohne Murren ausgehalten werden. Neben diese passive Tugend muss sich aber auch eine aktive Tätigkeit der gesamten Bevölkerung stellen. Dazu bietet sich jetzt die beste Gelegenheit durch Zeichnung der Kriegsanleihe, die ich Ihnen mit besonderem Nachdruck ans Herz legen möchte. Wenn irgend et- was uns den Frieden bringen 'kann, einen Frieden, wie wir ihn wünschen müssen, dann ist es das, dass unsere Gegner die Ueberzeugung gewmnen, dass sie uns trotz aller Anstrengungen nicht auf die Knie zwingen können, sondern dass wir den Willen und die Mittel haben, auszuharren. Werden der 278 • Protokoll der 1057. Monatsversammlung der B. G. G. Regierung wieder die nötigen Geldmittel zur Verfügung gestellt, so erhalten die Feinde am ersten dadurch den Beweis, dass Deutschland militärisch und wirtschaftlich stark und im Innern einig ist. Hierauf wurde in die Tagesordnung eingetreten. 1. Von derParkverwaltungBerlin -Humboldthain waren auf drei Papptellern die Ernteerträge ausgestellt, die drei Kartoffelstauden gebracht hatten, welche nicht ganzen Saatkartoffeln, sondern nur den sogenannten Kopfabschnitten entstammten. Herr Stadtgartendirektor Brodersen, der der gesamten Saatkartoffelfrage seit Kriegsbeginn die grösste Aufmerksam- keit zugewendet hat, nahm hierzu das Wort und bemerkte, dass der Kopfab- schnitt, besonders wenn er vorgekeimt sei, sich in der Tat als ein durchaus brauchbares Saatersatzmittel gezeigt habe. Die ausgestellten drei Proben be- wiesen das zur Genüge. Eine Staude davon, die nach dem Jüdischen Kultur- verfahren zu ihrem Gedeihen 1 qm Boden zur Verfügung gehabt habe, hätte 2600 g Ertrag geliefert. Der Kartoffelabschnitt, der als Saatgut verwendet sei, hätte ein Gewicht von nur 28 g gehabt. Er gibt dann noch weitere statistische Mitteilungen über die von ihm angestellten Versuche und deren Er- gebnisse und erklärt sich gern bereit, hierüber ausführlich auf der nächsten Monatsversammlung und in der „Gartenflora" zu berichten. Ueber die Erfah- rungen, welche man mit Kartoffelstecklingen gemacht habe, stünden die Er- gebnisse noch nicht einwandfrei fest. Bei den Stecklingskulturen schienen Pflanzmaterial, Bodenverhältnisse, Feuchtigkeit und die gesamte Witterung von grösserem Einfluss gewesen zu sein als bei den Kartoffeln, welche aus Kopfabschnitten gewachsen seien. Auffällig sei es, dass in diesem Jahre sehr viele und oft recht grosse Mutterknollen, die man als Saatgut verwendet habe, durch den Keimungsprozess weder in Mitleidenschaft gezogen noch gar aufgebraucht wurden. Viele wären bei der Ernte dem Erdboden genau wieder in der Verfassung entnommen, wie man sie hineingelegt habe. Manche ent- höhlte Mutterknollen seien von kleinen Fressern heimgesucht worden, hätten aber kaum mit allen ihren Vorräten der Kartoffelstaude als Nahrungsquelle gedient. Sobald ein Kartoffelauge ausgekeimt habe, bilde es zunächst die nöti- gen Wurzeln, um sich mit ihrer Hilfe selbständig zu ernähren. Danach scheine es also, als ob das Legen übergrosser Saatkartoffeln unnötig sei. Trotzdem halte die Praxis darauf, vollgewichtiges Saatgut zu verwenden. Es wäre endlich einmal an der Zeit, durch exakte wissenschaftliche und prak- tische Versuche den Zusammenhang dieser wichtigen Vorkommnisse fest- zustellen. Exzellenz Thiel dankt Herrn Brodersen für die überaus interessanten Mitteilungen, nur müsse man nicht glauben, dass man solche Erträge wie die vorgeführten auf reinem Sande erzielen könnte; sie seien nur auf angerei- chertem Boden möglich. Je geringeres Saatgut man verwende, um desto mehr müsse man dem Boden geben, damitdie schwächlichePflanze eine gute Nahrung fände, um weiter produzieren zu können. Ein Beispiel würde das ganz klar machen: Wenn jemand mit geringerem Kapital ein Geschäft begründet, ist er von vorherein auf reiche und lohnende Aufträge angewiesen; steuert er aber selber grosses Kapital zum Geschäft, so kann er auch schlechtere Zeiten, ohne ernstlich Schaden zu leiden, überstehen. Aehnlich verhalte es sich auch bei den Pflanzen. Der Vorsitzende weist sodann noch daraufhin, dass von der Regierung und den Kommunen immer wieder gefordert werde, dass man die Piofokoll der 1057. Monatsversammlung der D. G. G. 279 Kartoffeinnichtschälen, sondern in der Schale als sogenannte Pell- kartoffeln kochen möchte. Dadurch ginge weniger verloren als beim Schälen und ein gutes Teil würde für die Ernährung gerettet. Freilich habe auch die Pellkartoffelmethode einen Nachteil, der meist nicht berücksichtigt würde. Würde die Kartoffel in der gewohnten Weise oder auch in der Schale gekocht, so würden die geringe Eiweissmenge, die die Kartoffel besässe, und auch wichtige Mineralsalze ausgewaschen und mit der Kartoffelbrühe abgegossen. Man habe neuerdings die hohe Wichtigkeit dieser Mineralsalze für die menschliche Ernährung erkannt. Er empfehle daher, die Kartoffel so zu be- Abb. 30. Kulturbeet der „Neuen Freiland- Melone'' der Firma C. F. Heinemann, Erlurt, mit reichem Fruchtansatz. handeln, wie es draussen im Felde bei der Ernte geschähe, oder wie es Hütejungen zu machen pflegten. Diese rösteten die Kartoffeln in heisser Asche. Bei diesem Verfahren ginge nicht das geringste an Nährwert ver- loren, und der Geschmack sei wundervoll. Wolle man dieses Verfahren in die grossstädtische Küche übernehmen, so könne man sich damit helfen, dass man auf den Boden eines Topfes etwas Salz tue, die gut gewaschenen Kar- toffeln darüber aufschichte, den Topf gut zudecke und dann auf das Feuer setze und öfters umschüttele. Die so zubereiteten Kartoffeln seien von viel besserem Geschmack und nahrungsmittelreicher als alle Salz- und Pell- kartoffeln. 280 Protokoll der 1057. Monatsversammlung der D. G. G. Herr Geheimrat Wittmack bestätigt, dass sich die Mutterknollen oft sehr verschieden verhalten. Einige gäben ihre Stärke zur Ausbildung der neuen Pflanze bereitwilligst her; viele aber blieben so hart und vollkommen, wie man sie in die Erde getan habe. 2. Bei Herrn W i e n h o 1 z (Berlin-Lichterfelde) sind gelegentlich Kartoffel- schalen, die unverwendbar waren, auf den Komposthaufen geworfen. Dort haben sie im abgelaufenen Sommer freiwillig gekeimt und einige überraschend grosse Kartoffelstauden erzeugt. Jetzt habe sich ergeben, dass die in dem nahrungsreichen Kompost zur Ausbildung gelangten Kartoffeln sich zu über- natürlicher Grösse und Schönheit entwickelt hätten. Es empfehle sich, auch nach dieser Richtung hin Versuche anzustellen, um den Kartoffelertrag so viel als irgend möglich zu erhöhen. Auch eine Stangenbohne hat sich bei Herrn Wienholz angefunden, die ausserordentlich wüchsig ist, gewaltige Erträge gibt und deren einzelne Früchte vollkommen ohne Fäden sind. Er stellt einige Samenproben zur Verfügung. Herr W i e n h o I z legt ferner noch Samenkapseln des so- genannten Gemskrickel vor, Martynialouisiana Mill. Diese einjährige Pflanze, welche in Nordamerika am Mississipi bis Neumexiko vorkommt, wird 50 bis 90 cm hoch und zeigt von August bis September ihre gelblich weissen Blüten. Die Kapseln werden je nach der Sorte verschieden gross und nehmen die Gestalt eines Gemskrickels oder eines Elefantenrüssels an. 3. Von Herrn C. F. Heinemann, Kgl, Hoflieferant (Erfurt), waren einige sehr gute Abbildungen seiner neuen „F r e i 1 a n d m e 1 o n e" ein- gegangen, die wir im Abdruck wiedergeben. Von verschiedenen Seiten wird bestätigt, dass diese Melone, die im Jahre 1915 eingeführt wurde, sich als eine beachtenswerte Neuheit bewährt habe und ihr Anbau nur empfohlen werden könne. Die Frucht sei ziemlich rotfleischig, saftreich, von stark süssem Geschmack und sehr angenehmem Duft. Sie soll von den Melonen, die unter Glas gezogen werden, kaum zu unterscheiden sein. Bei richtiger Sonnenwärme bilden sich Früchte bis zu zehn Pfund. Die diesjährige Sommerernte des Züchters brachte auf 110 qm Gartenland zehn Zentner grosse, genussreiche Melonenfrüchte. In den Probekulturen, aus denen die photographischen Aufnahmen stammen, betrug die Ernte auf 70 qm sechs Zentner. Die jungen Melonenpflanzen wurden zu je zwei Stück in einem Topf mit etwas Bodenwärme gezogen und Anfang Juni mit etwa sechs bis sieben Blättern ins freie Land ausgepflanzt. Hierbei wurden 60 bis 70 cm hohe Hügelreihen ausgehoben, so, dass sie von Norden nach Süden abfielen. Die Pflanzlöcher hatten eine Breite und Tiefe von 30 cm; sie wurden mit guter Komposterde ausgefüllt und in diese die Melonen hineingepflanzt. Hierzu Abb. 30 und 31. 4. Herr Gärtnereibesitzer Fasbender (Niederschönhausen) stellt einige prachtvolle Stengel vom geschwänzten Amarantus caudatus L., Fuchsschwanz, aus, die sehr abweichende Variationen zeigen. Bei der einen Art hängen die Blütenähren in dichten, weichen Sträussen lang herunter, bei der anderen stehen sie straussförmig aufrecht; die Aehren sehen aus wie ge- schorener Samt. Es wird bestätigt, dass solche Variationen bei Amarantus sehr häufig vorkommen, dass es aber auch bestimmte Sorten gäbe, die diese Abweichungen zeigten. 5. Herr Otto H e y n e c k (Magdeburg) hat noch eine Riesentomate eigener Züchtung „Die Gärtnerin" eingesandt. Sie bedarf keiner besonderen Kultur, Protokoll der 1057. Monatsversammlung der D. G. G. 281 ist aber ausserordentlich wüchsig, ertragreich und wohlschmeckend. Die Früchte erreichen eine Grösse bis 460 g. Zehn bis zwölf Früchte dieser Art sind an einer Staude keine Seltenheit. Siehe Abb. 32. Hierauf hält Herr Generalsekretär S. Braun den angekündigten Vortrag: „Die Vorgänge des Keimens, Wachsens und Aufblühens verschie- dener Pflanzen", mit Hilfe des Kinematographen dargestellt. Er zeigt bei dieser Gelegenheit besonders eingehend, wie der „kinematographische Effekt" theoretisch zu erklären ist und in der Praxis seine Anwendung findet. Als Abb. 31. Frucht der „Neuen Freiland- Melone"' der Firma C. F. Heinemann, Erfurt. Zugabe wurde ein gärtnerisch-landwirtschaflicher Film über Rumänien ge- zeigt und ein ernst-humoristischer, der anschaulich zeigte, was alles ver- mieden wird, wenn Alt und Jung sich bei der Zeichnung der siebenten Kriegsanleihe ausreichend beteiligt. 6. Ueber die Kohlenversorgung im Winter 1917 18 werden die am Schlüsse des Protokolls stehenden Mitteilungen gemacht. 7. Die „Städtische Fachschule für Gärtner" nimmt in den Schulräumen, Linienstrasse 162, am Montag, dem 8. Oktober, abends 7 Uhr, ihren Unter- richt wieder auf. 282 Piotokoll der 1057. Monatsversammlung der D. G. G. Um über die zu erwartende Besucherzahl rechtzeitig unterrichtet zu wer- den, ist es dringend nötig, dass alle diejenigen gärtnerischen Lehrlinge und Gehilfen, welche die städtische Fachschule für Gärtner im Wintersemester 1917,18 zu besuchen wünschen, ihre bindenden Anmeldungen unverzüglich bei dem Dirigenten der Fachschule Herrn Generalsekretär Braun, Berlin, Invalidenstrasse 42, unter genauer Angabe ihrer Adresse bewirken. Sie erhalten dann den Stundenplan, die näheren Bedingungen und den Eröffnungstermin der Fachschule zugesandt. Abb. 32. Riesen-Tomate der Neuheit „Die Gärtnerin'' i-on Oito Heyneck-Magde- burg. Gewicht 460 g. Alle gärtnerischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie die Fach- und politische Presse werden herzlich gebeten, dieser Bekanntmachung die weiteste Verbreitung zu geben. Mit einem Dankeswort an alle diejenigen, welche den Abend so genuss- reich zu gestalten keine Mühe gescheut hatten, wurde die Versammlung gegen 8 Uhr geschlossen. /^ Zur Kohlenversorgung im Winter 1911,18. 283 Zur Kohlenversorgung im Winter 1917118, In Nummer 15 und 16 der Zeitschrift unserer Gesellschaft, der „Gartenflora", hat das geschäftsführende Präsidium sich zur Kohlenversorgung der Erwerbs- und Privatgärtnereien im Winter 191 7 1 8 eingehend geäussert. Es ist darauf hingewiesen, dass, um den Ausgleich zwischen Forderung und Verbrauch zu regeln, ein Reichs- kommissariat für Kohlenverteilung eingerichtet ist, und dass unsere Gesellschaft bei dieser die Bereitstellung einer Kohlenmenge gefordert hat, die der Bedeutung des deutschen Gartenbaues entspricht. Gleichzeitig hat aie Deutsche Gartenbau-Gesellschaft eine Eingabe an das Oberkommando gerichtet und mit allem Nachdruck gebeten, dass neben den Er- werbsgärtnereien auch den Privatgärtnereien und den gärtnerischen Liebhabern für ihre Kulturen, Geivächshäuser und Treibereien die notwendigen Heiz- materialien zugewiesen werden. Alle Gartenbaubetriebe sind daraufhin angewiesen worden, sich stets an die örtlichen Kohlenverteilungsstellen, die im ganzen Reiche eingerichtet sind, zu xvenden und die Kohlenmenge, deren sie bedürfen, anzufordern. Man kann sich also nur durch diese untere Stelle mit dem nötigen Heiz- material versorgen. Alle Eingaben direkt an den Herrn Reichskommissar sind völlig nutzlos. Es ist also nur jedem Liebhaber und Gärtner anzuraten, sich mit dem betreffenden Herrn Kohlenrat seiner Gemeinde in Verbindung zu setzen und ihm seine unabweislichen Bedürfnisse an Kohlen oder Koks eindringlich vorzustellen. Trotz aller Schwierigkeiten, die sich gegen eine allgemeine Belieferung gärt- nerischer Kulturen erheben, beabsichtigt die Kohlenabteilung der Kriegsamtsstelle in den Marken auf die Eingabe unserer Gesellschaft hin. Pflanzen- und Blumenzüchtereien von rein wissen- schaftlichem oder besonderem wirschaftlichen Werte bei der Beheizung ihrer Anlagen zu unterstützen. Das geschäftsführende Präsidium bittet daher alle diejenigen, welche glauben, zu einer solchen Unterstützung berechtigt zu sein, ihre Wünsche mit näheren Angaben über Umfang und Bedeutung ihres Betriebes sowie der bisher benötigten Kohlenmengen und Sorten bei dem Generalsekretariat der Deutschen Gartenbau- Gesellschaft einzureichen. In jüngster Zeit hat die eigentümliche Bewertung des Frühgemüsebaues durch die zuständigen Kohlenstellen und den Herrn Reichskommissar selbst tiefste Beunruhigung hervorgerufen. Diese Stellen waren der Meinung, dass der Nährwert des Frühgemüses die für die Erzeugung aufgeivendeten Arbeitskräfte und verbrannten Heizmaterialien nicht wert sei. Es sei auch nicht nötig, die Gervächshäuser zur Heranziehung von Früh- gemüsepflanzen früher als 6 bis 8 Wochen vor Eintritt des Frühjahrs zu heizen. Dieses sind denn doch wirklich Ansichten, die nicht 'gebilligt werden und unmöglich bestehen bleiben können. Man denke sich nur die vielen Gewächs- häuser während eines Winters, wie es der vergangene war, bis Februar-März ungeheizt, dann kann nichts Neues herangezogen und nichts von den wertvollen Beständen über den Winter hin gerettet werden. Inzwischen sind weitere Nach- richten von dem Herrn Reichskommissar für Kohlenverteilung eingegangen, die glücklicherweise einen Umschwung zu verraten scheinen. Die Bedeutung des Frühgemüseanbaues wird höher eingeschätzt; derartige Gärtnereien sollen so weit mit Heizmaterialien versehen rverden, dass es ihnen gleichzeitig möglich ist, da- mit ihre wertvollen Pflanzenvorräte oder die ihrer Kollegen zu erhalten. Das geschäftsführende Präsidium. 284 Die Vorgänge des Keimens, Wachsens und Aufblühens usw. Die Vorgänge des Keimens, Wachsens und Aufblühens verschiedener Pflanzen mit Hilfe des Kinematographen. Vorgeführt und erläutert von Herrn Generalsekretär S. Braun auf der Monatsversammlung am 27. September 1917. Meine Damen und Herren! Die Vorgänge des Keimens, Wacfisens und Blühens der Pflanzen haben von jeher die Aufmerksamkeit des Menschen- geistes auf sich gezogen. Zuerst angestaunt, dann bewundert, schliesslich in seinem ganzen Umfange begriffen, bleibt dieses geheimnisvolle Werden ein Hauptanziehungspunkt für alle, die zu der Mutter Natur aus Beruf oder Neigung besondere Beziehungen unterhalten. Jeder weitere Schritt zur Erkenntnis dieser Vorgänge, jede technische Errungenschaft, die sie uns noch eindringlicher, noch anschaulicher vor die Seele zu stellen vermag, wird daher von der Deutschen Gartenbau-Gesell- schaft und ihren Freunden mit besonderem Eifer aufgegriffen, um sie durch Wort und Bild in ihrem Kreise weiter zu verbreiten. Als vor Jahren zuerst bekannt wurde, lange schon vor Kriegsausbruch, dass es gelungen sei, diese in ihren einzelnen Stadien dem Menschenauge entrückten Vorgänge mit Hilfe der Kinematographie zu erfassen und in all ihrer Schönheit w^iederzugeben, hat sich das Präsidium der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft bemüht, in den Besitz solcher Bildreihen zu ge- langen. Ein treuer Helfer auf diesem Wege war Herr Dr. Späth -Baum- schulenweg. Er hatte derartige Blumenfilms in Paris gesehen, war von ihrer Schönheit und Naturtreue begeistert, hatte sich ihrer angenommen und dachte sie in unserer Gesellschaft zur Vorführung zubringen. Da kam der Krieg; eine Beschlagnahme folgte der anderen; wie sollten ausländische Films ihr entgehen? Auch sie wurden im wahrsten Sinne des Wortes festgenommen. Die D. G. G. hatte das Nachsehen. Alle Bemühungen, sie später unter Be- rufung auf ihren wissenschaftlichen Charakter freizubekommen, waren vergeblich. Jetzt sind an die Stelle der ausländischen Blumenfilms deutsche Fabrikate getreten; vielleicht noch nicht ganz so vollkommene, aber immerhin, sie können sich sehen lassen. Ich bin beauftragt, sie Ihnen heute, meine Damen und Herren, mit einigen begleitenden Worten vorzuführen. Ehe das aber geschieht, möchte ich einem besonderen Wunsch Rechnung tragen und über den Zauberapparat, Kinematograph genannt, einige kurze sein eigentliches Wesen erläuternde Bemerkungen machen. Der „kinematographische Effekt" ist durchaus nicht erst eine Erfindung der neuesten Zeit. Wer entsinnt sich nicht aus fernen Jugendtagen der so- genannten Wundertrommel, des Dädaleums, mit dessen Hilfe an toten Bildern von spielenden Kindern, kletternden Schornsteinfegern, galoppieren- den Reitern eine Reihe fortschreitender Bewegungen ins Dasein gerufen wurden, die an dem Bilde selbst nicht vorhanden waren? Diese Wundertrommel bestand aus einem breiten Pappstreifen mit senk- rechten Schlitzen in gleichem Abstand, der zu einem Zylinder zusammen- gebogen war und rasch und immer rascher um seine Achse gedreht werden konnte. An die innere Wandung der Trommel wurden Papierstreifen gelegt, die mit einer Reihe von Momentbildern bedruckt waren. Setzte man htm die Die Vorgänge des Keimens, Wachsens und Aufblühens usw. 285 Trommel in Bewegung und schaute durch die Schlitze, so vereinigten sich die einzelnen Phasenbilder zu einer lebensvollen bewegten Darstellung irgend- einer Tätigkeit oder Handlung. Dieses einfache Spielzeug kann als die Grossmutter des heutigen Kinematographen angesprochen werden. Wie kommt nun aber die Wirkung zustande, dass für den betrachtenden Menschen eine Reihe toter Bilder sich zu einem einheitlichen Akte voller Leben und Bewegung verdichtet? Ein höchst einfaches Experiment und eine kurze Beobachtung unseres Auges lösen alle Rätsel. Wenn wir im Dunkeln (ich werde das nachher ausführen) ein glimmendes Streichholz in die Hand nehmen und es still vor uns hinhalten, so sehen wir nur einen einzigen glühenden Punkt. Sobald wir dieses Streichholz aber in der Form eines Kreises schneller und schneller herumschwingen, wird aus dem glühenden Punkt zuerst eine feurige krumme Linie und schliesslich ein vollkommener Reif. In Wahrheit hat sich weder an dem Streichholz etwas verändert, noch in der Luft etwas neu gebildet. Das menschliche Auge selbst ist der grosse Zauberkünstler, der diese Erscheinung unausgesetzt vollbringt. Das Men- schenauge besitzt gleichsam Gedächtnis; es hält den Lichtreiz, den es soeben hatte, noch längere Zeit fest, auch dann noch, wenn er bereits weiter fortge- schritten oder verschwunden ist, und setzt aus den alten und neuen Reizen, aus dem nachwirkenden Bild der Vergangenheit und dem lebendigen der Gegenwart etwas Verwandtes und doch ganz anders Geartetes zusammen. Diese sogenannte Nachbildwirkung ist das eigentliche Geheimnis des kinematographischen Effekts. Gerade so, wie das glimmende, kreisgeschwungene Streichholz mit seinen Tausenden von einzelnen Stellungen und Veränderungen im Raum im Menschenauge zu einem feurigen Reifen verschmilzt, so verschmelzen die Tausende von photographischen Einzelaufnahmen, welche der Kinematograph systematisch auf einem Filme aneinandergereiht hat, im betrachtenden Menschenauge zu einem einheitlichen Bewegungsakt zusammen, so dass es uns so scheint, als bewegten sich die Figuren selber. Der Kinematograph ist also die genialste Erfindung, die je zur Täu- schung der Menschheit gemacht wurde. Wer aber'liesse sich von diesem gefügigen Zauberapparat nicht gern täuschen, da er uns gleichzeitig mit dieser Täuschung Ernst und Scherz, Wahrheit und Dichtung, ja Anschauungen und Erkenntnisse vermittelt, hinter die wir so leicht nicht gekommen wären? Der Kinematograph vermag vornehmlich zwei einander entgegengesetzte Leistungen zu vollbringen: Er kann einmal schnell oder schnellstens sich abspielende Vorgänge, Be- wegungen, die sich unserem Begreifen entziehen, analysieren, d. h. in lauter Einzelvorgänge auflösen und sie uns dadurch verständlich machen. Das ge- schieht, indem er bei der Vorführung die einzeln aufgenommenen Phasen langsam aufeinander folgen lässt. Der Kinematograph kann aber auch umgekehrt einen Vorgang, der sich über eine lange oder sehr lange Zeit erstreckt und sich deshalb wiederum unserem Sehen und Begreifen entzieht, durch eine Zusammendrängung und schnelle Vorführung uns sichtbar und dadurch begreifbar machen. 286 ö/e Vorgänge des Keimens, Wachsens und Aufblühens usw. Immer aber werden wir bei diesen scheinbares Leben gewinnenden Photo- graphien hinters Licht geführt, d. h, getäuscht. Unser Bewusstsein wird ge- täuscht. Da aber alle Fragen, welche unser Bewusstsein betreffen, auch unsere Seele aufs tiefste berühren, wollen die neuesten Forscher die Nach- bildwirkung als eigentliche Ursache des Kinematographeneffekts nicht mehr recht gelten lassen. Sie sagen: Dass wir Menschen überhaupt Bewegungen sehen können, ist eine Sache für sich. Und wenn wir gar, wie bei einer kinematographischen Vorführung, Bewegungen sehen, wo doch eigentlich kein« sind, so kann das unmöglich auf einer Nachbildwirkung be- ruhen, sondern ist auf eine „Identifikationstäuschung" zurückzuführen. Es bleibt für uns in diesem Falle gleichgültig, ob wir durch unser Auge oder durch unsere Seele, oder durch beide zugleich getäuscht werden, wenn nur die Täuschung vollkommen und gewinnbringend ist. Sie wird um so vollkommener sein, je besser der Kinematograph ist und das hässliche Flimmern vermeidet: sie wird um so gewinnbringender sein, je mehr das Kino sich zu einer Bildungsanstalt auswächst, die alle Gebiete des wirtschaftlichen und geistigen Lebens in ihren alles entschleiernden Bereich zieht. Was ist das beschreibende Wort, das leblose Bild gegen die Schönheit, Harmonie und Wahrheit sichtbar gewordener Bewegungen, wie sie uns der Kinematograph so wundervoll vermittelt! Schon sehen wir unsere deutschen Märchen und andere Erzeugnisse der Phantasie sich aufs schönste kinematographisch verwirklichen. Lehrhafte Films geben Kunde von fernen Ländern und Völkern, verraten die tiefsten Geheimnisse von Natur und Technik, zeigen jungen Aerzten alle Einzelhei- ten einer schwierigen Operation und begleiten sogar eine Flintenkugel von mehr als tausend Meter Anfangsgeschwindigkeit auf ihrem bahnbrechenden, staunenswerten Wege bis zum Ziel, Es gibt scheinbar nichts mehr zwischen Himmel und Erde, das der Kine- matograph nicht in Bildreihen aufnehmen, für lange Zeiten festhalten und zu jeder gewünschten Zeit voller Bewegung wieder aufleben lassen könnte. Möchte nur stets auch dafür gesorgt werden, dass alles Wiederzugebende von wirklichem Wert und den Zuschauern, je nach Alter und Bildung, auch an- gemessen sei. Haben wir uns bis jetzt über Wesen, Grösse und Umfang kinematographi- scher Darbietungen rein theoretisch zu unterrichten versucht, so bleibt nur noch übrig, kurz zu fragen, wie denn solche Aufnahmen in der Praxis tech- nisch zustande kommen? Das wird sich am besten an einigen charakteristischen Beispielen zeigen lassen. Der Kinematograph ist ja im Grunde nichts anderes als eine photogra- phische Kamera besonderer Konstruktion. Diese besteht darin, dass sie statt eines einzigen ruhenden Bildes mit langer Belichtung eine gewaltig grosse Zahl von Bewegungsvorgängen in kürzester Zeit auf einen Zelluloidstreifen, Film genannt, aufzureihen vermag. Der kinematographische Aufnahmeappa- rat hamstert sozusagen in einer Sekunde 15, 20, 30, ja, bis über 100 scharfe Momentbilder in seinen Vorratsraum ein. Das macht in einer Minute durch- schnittlich bis 3000 Aufnahmen. Diese technische Errungenschaft wird nun allen nur denkbaren natürlichen oder künstlichen Ereignissen und Handlun- Die Vorgänge des Keimens, Wachsens und Aufblühens usw. 287 gen gegenüber, entweder allein oder in Verbindung mit anderen Erfindun- gen, in Betrieb gesetzt. Auf diese, da man sie jetzt hat, einfache Weise feiern humoristische, komische, boshafte Films, sogenannte Zauber- und Trickfilms, wissenschaftliche und unwissenschaftliche, ehrenwerte und verdammungswür- dige in buntem Durcheinander ihre Auferstehung. Und was so einmal ge- filmt wurde, nimmt dann in zahllosen Abzügen seinen Weg über das ganze Erdenrund. Will der Kinooperateur also sehr schnelle Bewegungen, z. B. einen daher- brausenden Eisenbahnzug, einen stürzenden Felsblock, einen fliehenden Verbrecher und seine Verfolger, die dann von Schauspielern gemimt werden, aufnehmen, so postiert er sich in ausgeprobter Entfernung mit seinem Auf- nahmeapparat und tut nichts anderes, als dass er den Akt und das ganze Drama photographiert. Will der Kinooperateur umgekehrt das unmerklich langsame Fortschreiten von Entwicklungsvorgängen, wozu auch das Keimen, Wachsen und Blühen unserer Pflanzen gehört, aufnehmen, wird er seinen Apparat den betreffenden Objekten gegenüber geschickt aufstellen, den Mechanismus mit einem Uhr- werk versehen, das in gewissen Zeiträumen, wenn nämlich wieder etwas vor sich gegangen oder gewachsen ist, die Aufnahme der einzelnen Teilbilder automatisch bewirkt. Der Apparat liegt dann gerade so auf der Lauer wie ein beobachtender Mensch. Nur übernimmt in diesem Falle die kinematogra- phische Kamera die Funktionen des Menschenauges. Werden solche Aufnah- men später aneinandergereiht und durch den Kinoprojektor in schnellem Tempo an die Wand geworfen, so sehen wir die einzelnen Phasen sich zu regelrechten Wachstumsbewegungen verdichten. Wir erkennen, wie das alles wurde und wird, was uns alle Jahre aufs neue in der umgebenden Natur entzückt. Der Naturfreund weiss, dass seine Lieblinge eine ganze Anzahl der ver- schiedensten Bewegungen, sichtbare und unsichtbare, fortgesetzt ausführen. Schon der Stoffwechsel ist mit einer Beförderung, d. h. Bewegung der aufge- nommenen Nahrung, sowie der Stoffwechselprodukte verknüpft. Das Proto- plasma ist zu Bewegungsformen befähigt; die Vegetationspunkte sämtlicher Pflanzen machen eine Ortsveränderung durch. Fast alle festsitzenden Pflan- zen können die Lage und Richtung ihrer Organe durch Krümmungen, Win- dungen, Drehungen verändern, wobei das allgemeine Wachstum, der Tur- gordruck, die innere Spannung, Quellenmechanismen, Reizungen und son- stige Lebensnotwendigkeiten jeweilig ihre Rolle spielen. Höchst kraftvolle, wunderbar zweckmässige Bewegungen sehen wir aber die Pflanzen beim Keimungsprozess ausführen und bei ihrem doppelten Be- streben, mit der Krone das Licht zu gewinnen und mit den Wurzeln sich in den Tiefen der Erde zu verankern. Hierbei heben sie im Verhältnis zu ihrer Kleinheit und ihrem zarten Gefüge ungeheure Lasten, verdrängen ganze Felsblöcke, ja, versetzen Berge. Wo sich ihnen aber Unüberwindliches ent- gegenstemmt, da rennen sie sich nicht den Kopf ein, sondern schlängeln sich auf dem kürzesten Wege und mit dem geringsten Aufwände von Kraft trium- phierend um dieses Hindernis herum. Allen diesen Bewegungserscheinungen vermag ein geschickter Kinoopera- teur beizukommen. Von seiner Kunst dürfen wir mit Sicherheit in Zu kunft noch viel erwarten. 288 Die 25. Jahresversammlung der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. Wir aber, die wir in dieser harten Zeit unsere Lauben und Gärten im Schweisse unseres Angesichts bebauen, wir sollten trotzdem nicht nur nach Ernten haschen, sondern durch Beobachtung und Studium unserer Garten- pflanzen immer mehr zu einem persönlichen Verhältnis zu ihnen gelangen, damit wir ihren Lebensweg, der nicht immer dornenlos ist, uns zu Nutzen und ihnen zum Frommen in allen Stadien kennen lernen. Einen Schritt weiter auf diesem Wege mögen die Lichtbilder bewirken, die jetzt meinen Er- läuterungen folgen sollen. Die 25. Jahresversammlung der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. In den Tagen vom 28. bis 30. August dieses Jahres war in den botanisch- gärtnerisch interessierten Kreisen „dendrologisch" Trumpf. Feierte doch die Deutsche Dendrologische Gesellschaft, unbeirrt durch die Kriegsereig- nisse, in Berlin das Fest ihres 25jährigen Bestehens. Aus allen Gauen des Reiches hatten sich Fachleute und Liebhaber in buntem Gemisch in der Hauptstadt zusammengefunden, um sich auf Grund einer Marschordnung, die keine Abweichung duldete, gehölzkundlich zu betätigen. Der Leiter war der langjährige Vorsitzende der Ge- sellschaft, Herr Dr. Fritz Graf v. Schwerin (Wendisch-Wilmers- dorf), der, wie nun schon so oft, mit bewundernswertem Geschick und musterhaftem Kommando seine vielköpfige Truppe befehligte. Wo es etwas zu sehen gab, wurden die Nachzügler durch eine Huppe her- beigeholt; wo etwas zu lernen war, wurden die nur geniessend Schlendernden zu scharfem Aufmerken ermuntert; wer es aber wagte, in der Pose eines Grüblers, den Blick fest auf den Boden geheftet, einherzuwandeln, anstatt Dendrologisch-Sehenswertes an Strauch und Baum, an Zweigen und Kronen zu beachten, den traf das Donnerwort: „Der Mensch ist eine aufrechte Natur; Schönheit und Wissen liegen nicht vor den Fussspitzen!" Der Zweck der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft ist, Bäume und andere Gehölze kennen zu lernen, auf ihren Nutz- und Zierwert hin zu prüfen, sowie die Kenntnis und den Anbau der geeigneten Formen in Deutschland zu verbreiten. Um diese Ziele, insbesondere das wichtige Kennenlernen, zu erreichen, ist immer wieder Reisen und Herumkommen im Lande nötig. Sollen solche Wanderungen aber vielen Teilnehmern in kürzester Zeitspanne wirklichen Gewinn bringen, so müssen sie nach sorg- fältiger Abwägung des Wohin bis ins einzelne durchdacht, gleichsam in einem Programm gebrauchsfertig aufgezogen werden. Das ist nur möglich, wenn der Entwurf, wie er zunächst im stillen Kämmerlein entstand, durch eine Probefahrt zu lückenloser Vollkommenheit erhoben wird. Alle diese zeitraubenden Vorarbeiten werden von dem Vorsitzenden stets persönlich geleistet. Er hat es in ihnen und in ihrer späteren Durch- führung zu einer Virtuosität gebracht, die nicht überboten werden kann. Kein Wunder, wenn alles von Anfang bis zu iEnde, das Wetter mit eingerechnet, am Schnürchen ging. Gleich zu Anfang wurde den Teilnehmern ein Heftchen überreicht, in welchem auf Seite 1 bis 3 die Tages- und Stundeneinteilung, und auf Seite 4 Die 25. Jahresversammlung der Deutschen Den dr alogischen Gesellschaft. 289 bis 33 eine eingehende Vorschau über das geboten wurde, was später be- sichtigt werden sollte. Hierdurch war jedem Gelegenheit gegeben, sich von Tag zu Tag, ja von Stunde zu Stunde auf das vorzubereiten, was ihn er- wartete. Durch dieses pädagogische Mittel der vorherigen Orientierung wird der Blick wesentlich geschärft und der Genuss der geistigen Einsamm- lung erhöht. Die Teilnehmerliste am Schlüsse der Broschüre betrug 148 Personen. Der Inhalt dieser Vorschau wird später ein Glanzpunkt mit in dem zu erwartenden Jubiläumsjahrbuch sein. Der Berichterstatter will da- her nicht vorgreifen und mit leichter Mühe jetzt zusammenstellen, was später doch aus einheitlichem Guss für jeden nachzulesen ist; er wird nur auf einige Besonderheiten, soweit er sie beobachtete oder soviel ihm seine Zeit mit zu geniessen gestattete, eingehen. Der erste Tag, der 28. August, sollte alle Wanderfreudigen zum ersten Male in Wendisch-Wilmersdorf sehen, dem Stammgut des Grafen Schwerin, der es im Jahre 1858, zwei Jahre alt, von seinem Vater erbte. 1873 wurde der Park nach Pücklerschen Grundsätzen umgewandelt, die Teiche erhielten eine gefälligere Form, der Erlenbruch und die Herren- wiese wurden mit einbezogen. Seit 1885 hat der Besitzer den Park fast alljährlich vergrössert. Der starke Wildstand Hess Koniferen nicht recht aufkommen; sie konnten erst mit Erfolg angepflanzt werden, als der ge- samte 125 Morgen gross gewordene Park mit einem Drahtgeflecht umzäunt wurde. Auch auf dieser Besitzung hat der unerbittliche Krieg den sonst sehr gepflegten Park hart mitgenommen. Aber auch die anhaltende Kälte des Winters 1916/17 hat vielen Gehölzen, auch den sonst weniger emp- findlichen, recht geschadet. Alle irgendwie wichtigen Bäume des Parkes trugen in A.ugenhöhe eine weithin erkennbare Nummer. Schlug man in dem eingehändigten Führer nach, so fand man den genauen Steckbrief des be- treffenden Objektes wohl verzeichnet und konnte das trocken Gebotene mit der um vieles schöneren Natur angenehm vergleichen. Am Bahnhof in Thyrow begrüsste Herr Graf Schwerin die Teilnehmer, verlud sie auf bereitstehende Kutsch- und Leiterwagen und dirigierte sie nach seinen forstlichen Versuchskulturen. Unterwegs machte er auf die eigenartige Strassenbepflanzung aufmerksam. Hier wechselten Fraxi- nuspubescens fol. alb. marg. mit Acerplatanoides Schwed- ler i regelmässig ab, wodurch die Wappenfarben des Hauses Schwerin zu lebendiger Darstellung gelangten. Fortgesetzt wird dieses Farbenspiel durch Acer pseudoplatanus Reichenbachii und Acer p 1 a t a - noides Schwedler i. In den Versuchskulturen hatten sich auf schlechtestem, trockenem Sande Prusnus serotina,Quercus rubra und Pseudotsuga Douglasii viridis im Gemenge gut bewährt. Auch Pinus contorta Murrayana, etwa zwölfjährig, verspricht gut fortzukommen, wenn auch die Jahrestriebe kurz geblieben sind. Eine grosse Zahl anderer Versuche, die zwanzig Jahre hindurch mit Laub- und Nadelhölzern unter Aufwendung grosser Kosten aufgeführt wurden, sind durch dürre Jahre und Frost bis auf geringe Reste vernichtet. Weiter ging die Fahrt durch das Burgtor, eine schöne 100jährige Kastanienallee entlang, zum Herrenhause, wo Frau Gräfin Schwerin die Gäste aufs herzlichste be- grüsste. Dem Besitzer selbst, auf hoher Freitreppe stehend, leuchtete 290 Die 25. Jahresversammlung der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. die Freude aus den Augen, dass er endlich einmal den Dendrologen seine eigenen Schätze zeigen konnte und sie nicht wie gewöhnlich durch fremde Anlagen zu führen brauchte. Auch die Schlossherrin hatte es sich nicht nehmen lassen, ihrer Freude einen substantiellen Ausdruck dadurch zu geben, dass sie bei der Frühstückstafel ausser Obst und gutem Bier auch eine regelrechte Jauer'sche Wurst mit Landbrot und Mostrich, ohne Fleischkarte, darbot. Bei dem Rundgang zeigte es sich, dass Wendisch- Wilmersdorf auch sogenannte tausendjährige lEichen besitzt. In Wahrheit können solche Baumriesen selten auf mehr als 300 Jahre zurückblicken. Alle Chamaecyparis Lawsoniana sind leider erfroren, während Thuja occidentalis den Frost gut überstanden haben. In einem Entenpfuhl, der von begehrenswerten Gänsen bevölkert war, nimmt das Wasser all- jährlich eine merkwürdig rote Farbe an, die bis zum Burgunderrot steigt, um dann allmählich wieder zu verschwinden. Die Ursache ist ein Wasser- tierchen, Chromatium Okenii, das es sich alljährlich gefallen lassen muss, weite Reisen nach wissenschaftlichen Instituten anzutreten, um in seinen Lebensbedingungen weiter erforscht zu werden. Populus canadensis ist im Kreise Teltow weit verbreitet. Da- gegen ist die einheimische Populus nigra höchst selten anzutreffen. Ein 120 Jahre altes Exemplar zeigte sich im Park vortrefflich entwickelt. Populus lasiocarpa mit ihren der Paullownia ähnlichen Blättern fand, da sie sich als winterhart erwiesen hatte, ungeteilten Beifall; ebenso eine Pinus Cembra columnaris. Als prächtig dunkelgrün belaubt zeigte sich Fraxinus americana acuminata: Abies ari- z 0 n i c a bauen sich hier mehr säulenförmig auf, da der erste Trieb all- jährlich dem Frost anheimfällt und der zweite zu dem gewöhnlichen pyra- midenförmigen Aufbau nicht genügend lang wird. Von der beklagens- werten Tätigkeit eines ungetreuen Haushalters zeugten alle jene jetzt alten Laubhölzer, die vor langen Jahren, zurzeit des Grossvaters des jetzigen Be- sitzers, heimlichen Gewinns halber auf 2 m Höhe gestummelt waren. Zeit und üppiges Wachstum haben die damalige niederträchtige Handlung noch immer nicht ganz zum Vergessen gebracht. Von schöner Wirkung zeigte sich ein Birkengang von 10 m Breite, der seitlich durch hohe Gebüschgruppen abgeschlossen war. In den Neuanlagen, die nach den Grundsätzen des Altmeisters der deutschen Gartenkunst, des Grafen Pückler-Muskau, von dem Be- sitzer selbst angelegt sind, wechselten anmutige Wiesengründe und viel- versprechende Baumgruppen miteinander ab und entzogen den Augen des Beschauers alle Verbindungswege, ausser dem einen, auf dem man selber wandelte. Dann ging es in die Staudenanlagen und zu dem Mutterpflanzen-Garten, wo reiche Sortimente prächtiger Herbstblüher die dendrologischen Herzen in gleicher Weise erfreuten wie zuvor Busch und Baum. Wohl alle hätten noch gern länger auf diesem märkischen Edelsitz geweilt. Allein Tages- ordnung und Kommando machten ihre Rechte geltend; noch schnell einen Abschiedstrunk, ein letzter Blick in die Tiefen des Parkes, ein herzliches Lebewohl und weiter zogen die Dendrologen, neuen Eindrücken und neuer Belehrung entgegen. Noch an demselben Tage wurde die Insel Scharfenberg, die früher dem bekannten Dendrologen Dr. Carl Bolle gehörte, jetzt aber in den Besitz der Die Mecklenburg fuhrt des Obstausschusses der D. G. G. 291 Stadt Berlin übergegangen ist, unter Führung von Herrn Kgl. Gartenbau- direktor Weiss besichtigt. Der zweite Tag vereinte die Teilnehmer am Vormittag zu einem Be- suche der L. Späthschen Baumschule in Berlin-Baumschulenweg; am Nachmittage fand die Festsitzung im Auditorium des Botanischen Mu- seums in Dahlem statt, der sich ein Rundgang durch den Botanischen Garten anschloss. Der dritte und letzte Tag war der Besichtigung Potsdams, des Parkes von Sanssouci und der Pfaueninsel gewidmet. Den Schluss bildete eine Dampferfahrt nach Wannsee, verbunden mit der Besteigung des Kaiser- Wilhelm-Turms mit prachtvoller Aussicht auf die Havelseen und Havelland- schaften. Während der dreitägigen Wanderung in der freien Natur, während der bündigen Festsitzung mit ihren Glückwünschen und geschäftlichen Er- ledigungen, besonders aber beim Abschied zeigte es sich wieder, dass d i e Gesellschaft glücklich zu preisen ist, die durch ein einheitliches, allen Mit- gliedern stets gegenwärtiges, die Seele erfüllendes Ziel zusammengehalten wird und deren Leitung einem geborenen Führer aus dem gleichen Inter- essenkreis anvertraut ist. Dann stellt sich auch bei den Zusammenkünften ungesucht jene Fühlungnahme der Herzen ein, die durch das Wort „Stim- mung" nicht erschöpfend genug bezeichnet werden kann. Möge dieser Schatz der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft für immer erhalten bleiben! r. Die Mecklenburgfahrt des Obstausschusses der Deutschen Gartenbaugesellschaft. Von Paul F. F. Schulz. Für Donnerstag, den 23. August d. J., hatte der Vorstand des Obstaus- schusses der Deutschen Gartenbaugesellschaft an seine Mitglieder und Freunde Einladungen ergehen lassen zu einer Mecklenburgfahrt. Diese sollte uns den'neuen Wirkungskreis des Herrn Garteninspektors S t e i n d o r f zeigen, der am 1. März d. J. von Potsdam nach Waren übergesiedelt ist. In Potsdam waren die Mitglieder des Obstausschusses wiederholt Gäste des Herrn Steindorf gewesen, zuletzt am 23. Oktober 1916. lieber diesen Be- such und die zu Ehren desselben von Herrn Steindorf veranstaltete Obstaus- stellung finden sich ausführliche Berichte in Nr. 1/2, 1917, der „Gartenflora". Auch die stets reichhaltig und reichlich bemessenen Obstproben, mit denen Herr Steindorf regelmässig die Sitzungsabende des Obstausschusses ver- sorgte, sind noch treu in unserem Gedächtnis. 20 Teilnehmer, darunter mehrere Damen, hatten sich durch schriftliche Zu- sagen für den Ausflug gemeldet. Im D-Zug traf die Mehrzahl von uns die erste Reiseüberraschung! An der mecklenburgischen Grenze forderte nämlich ein Beamter des militärischen Eisenbahnüberwachungsdienstes von Männ- lein und Weiblein die vorgeschriebenen Ausweispapiere. Er bekam bei uns verdutzte Gesichter zu sehen; denn die wenigsten hatten daran gedacht, sich für die eintägige „Spritzfahrt" mit amtlichen Ausweisen zu versehen. Trotzdem lief der Zwischenfall glimpflicher ab als die Grenzüberschreitung 292 Die Mecklenburgfahrt des Obstausschusses der D. G. G. s ^ der Brüder Josefs auf ihrer ersten Reise nach Aegyptenland. Während da- mals die Beteuerungen der biblischen Hamsterfahrer: „Wir sind alle eines Mannes Kinder!" die Einsperrung nicht abwenden konnten, wurden unsere Versicherungen, dass wir „alle eines Mannes Gäste" sein wollten, gläubig hingenommen. Am Bahnhof Waren begrüsste uns Herr Garteninspektor Steindorf und nach einem Frühtrunk in der Bahnhofswirtschaft begann die Wanderung. Ein Promenadenweg führte uns von der Stadt zu dem etwa eine halbe Wegstunde entfernt gelegenen „Karl-Schöller-Haus", dessen Gartenanlagen Herrn Stein- dorf unterstellt sind. Das Schöller-Haus ist eine Stiftung des verstorbenen Geheimrats Schöller, der damit in Waren für den Sommeraufenthalt von 30 jungen Mädchen ein Heim geschaffen hat. Es liegt am Nordende des Tiefwaren-Sees in völliger Abgeschiedenheit. Das eigentliche Heim ist ein neuzeitlicher, geräumiger Bau, der leider durch den Krieg der ihm hochherzig gegebenen Bestimmung wieder entzogen wurde. Er steht gegenwärtig leer und war nur während der letzten Schulferien von einer Ferienkolonie benutzt worden. Ostwärts neben dem Heim liegen die Wirtschaftsgebäude, die auch die elektrischen und die Wasserhebungsmaschinen enthalten. An dieser Seite des Anwesens soll nach dem Kriege ein Wohnhaus für Herrn Stein- dorf entstehen. Vorläufig benutzt er die Villa der Frau Geheimrat, die auf einer Anhöhe abseits am Waldesrande liegt. Die Blicke von der Terrasse und aus den Fenstern dieses Landhauses sind von entzückender Schönheit; allerorten treffen sie Wald, Wasser und Höhen vereint. Die parkartig gehaltenen Teile der gärtnerischen Anlagen wurden bereits vor drei Jahren von der Firma Späth (Baumschulenweg) in den Grundlagen geschaffen. Ihre Pflege wurde aber in den folgenden Jahren so lässig aus- geübt, dass es Herrn Steindorf grosse Mühe kostete, wieder Ordnung zu schaffen. Das ganze Gebiet des Schöller-Hauses ist stark abschüssig. Es er- heischt deshalb schon die Unterhaltung der Wege grosse Sorgfalt, und es muss auch in den Gehölzgruppen ständig dafür gesorgt werden, dass ge- lockerte Wurzelscheiben die Niederschläge aufnehmen, sonst sammeln sich letztere zu kleinen Giessbächen, die, Wege und Rasen zerwühlend, dem nahen See zueilen. Was diese Arbeiten anlangt, so brachte Herr Steindorf aus seinem alten Wirkungskreis hinreichend Erfahrungen mit; denn der Bor- chardsche Garten am Jungfernsee bei Potsdam ist in ganz ähnlicher Weise an einer Berglehne gelegen. Dagegen ist das Erdreich in Waren ganz anders geartet. Ein in der Trockenheit felsenharter Lehm setzt der Kultivierung grosse Schwierigkeiten entgegen. In der nächsten Umgebung des herrschaftlichen Landhauses sind durch Späth auch schon einige Obstbaumpflanzungen vorgenommen worden. Sie lassen hoffen, dass Boden und Klima dem Obstbau zuträglich sein werden. Nennenswerten Behang zeigten, wie zumeist in der Warener Gegend herum, nur die Pflaumenbäume. Doch konnten wir einer etwa sechsjährigen Pyra- mide des Weissen Klarapfels eine Fruchtprobe abnehmen, die bei der nach- träglichen Wägung und Messung 260 g bei 75 mm Höhe zeigte, eine für diesen Frühapfel recht ansehnliche Leistung. Der eigentliche Obstgarten soll auf dem höchstgelegenen Zipfel des Schöllerschen Besitzes erst erstehen. Gegen- wärtig trägt der Boden dort noch Kartoffeln. Nach ihrer Aberntung will Herr Steindorf mit dem Ausheben von Baumgruben beginnen. lEin Rigolen des ganzen Obstgartens verbieten leider die gegenwärtigen Arbeiter- und Die Mecklenburgfahrt des Obstausschusses der D. G. G. 293 Lohnverhältnisse. Bezüglich der Sortenwahl stellt Herr Steindorf zurzeit in den Nachbarorten noch Beobachtungen an, da sich seine Potsdamer pomolo- gischen Erfahrungen nicht ohne weiteres nach Mecklenburg übertragen lassen. Doch sollen auf alle Fälle mit den Sorten „Jacob Lebel" und „Ge- flammter Kardinal", die Herrn Steindorf früher niemals im Stiche Hessen, auch in Waren Versuche gemacht werden. Die Gemüsequartiere des Schöller-Hauses wiesen trotz der diesjährigen Dürre und trotz des noch recht rohen Lehmbodens einen guten Bestand auf. Ueber die Erspriesslichkeit des von Herrn Steindorf angewandten Tomaten- schnittes waren die Besucher geteilter Meinung. Die Pflanzen waren näm- lich schon zurzeit unseres Besuches (also Ende August) bis auf die Frucht- büschel und die Strünke zurückgeschnitten worden. Mehrfach wurde dem- gegenüber geäussert, dass bei so scharf und früh gestutzten Pflanzen ein er- heblicher Teil des noch möglichen Zuwachsens verscherzt wird. Dagegen vertrat Herr Steindorf den Standpunkt, dass ihm im Hinblick auf die grosse Frostempfindlichkeit der Tomate bei diesem ersten Anbauversuch unter den neuen Verhältnissen vor allem daran gelegen sei, sicher zu gehen. Durch den Rückschnitt und die dadurch erzielte pralle Besonnung der Früchte wolle er eine recht frühe Reife erzwingen, weil ihm von mehreren Seiten die Gegend des Schöller-Hauses als ein „Frostloch" geschildert worden sei, in dem häufig bereits Anfang September Fröste zu gewärtigen seien'). Nach der Besichtigung vereinte uns ein Plauderstündchen auf der Terrasse des Landhauses mit der Familie Steindorf. Die Frau Garteninspektor und eine ihrer erwachsenen Töchter, die gerade zu Besuch bei den Eltern weilte, boten dabei einen Kognak an, der noch aus der Friedenszeit stammte, und dazu Zigarren, die sicher nicht durch „Anstellen" in den letzten Wochen „er- standen" waren. Vom Schöller-Haus führte uns Herr Steindorf auf malerischen Buchenwald- wegen zur Wirtschaft „Kurhaus", wo für uns die Mittagstafel gedeckt war. Die Aussicht auf ein Mittagsessen in Mecklenburg lässt gegenwärtig wohl jedem Grossstädter die Augen wacker werden; unsere Erwartungen sollten aber noch übertroffen werden! Nach einer Fruchtsuppe erschienen dampfende Schüsseln mit mächtigen Hechten. Die Fische waren in Portionen zerlegt, wie wir sie seit Jahren nicht mehr gewohnt sind; überdies kreisten die Fisch- schüsseln so lange, bis jeder bekennen musste: „Es geht nimmer noch!" Die gleichfalls bis zur Ablehnung angebotenen Kartoffeln, die Salate und die farbenfrohe Tafeldekoration hatte Herr Steindorf für seine Gäste geliefert, während der Wirt noch leckere Dunstfrüchte bot. Den Beschluss bildete für jedes Gedeck ein ansehnlicher Sagokegel mit Eiertunke. Der „Nurleser" dieser Zeilen möge es dem gewissenhaften Chronisten verzeihen, wenn er mit diesem wahrheitsgetreuen Bericht empfindliche Seiten berührt; es wird den Leser aber etwas vor Neid und Missgunst bewahren, wenn hier ver- sichert wird, dass auch uns Dabeigewesenen die Erinnerung durch die Empfindung: „Schade, dass es gewesen ist!" getrübt wird! Die üblichen Trinksprüche trugen diesen Verhältnissen bereits gebührend Rechnung. 1) Schon die diesjährige Erfahrung hat Herrn Steindorf recht gegeben. Auf eine briefliche Anfrage des Berichterstatters lief soeben die Antwort ein: „In der Nacht vom 5. zum 6. September haben wir hier Reif gehabt.'* 294 ^"^ ^'^ Zukunft des Reichsverbandes für den Deutschen Gartenbau. Nach aufgehobener Tafel führte uns Herr Steindorf zur Stadt zurück und durch dieselbe bis zum Nordufer des Müritzsees. Dort befinden sich die wohlgepflegten Kietzanlagen und die Anlegestelle der Motorboote. Wir ver- trauten uns einem Boote an und fuhren über den nördlichen Teil des Sees, der als „Binnenmüritz" bezeichnet und durch eine Einengung von der Haupt- fläche geschieden wird. Der Müritzsee ist mit 133 qkm Flächeninhalt einer der grössten Seen Deutschlands und wegen seiner plötzlich auf- springenden Böen bei den Seglern ähnlich gefürchtet wie unsere märkische Müggel. Uns wehte nur eine steife Brise entgegen, die uns schon vormittags das Wandern trotz der blendenden Sonne zu einer Lust gemacht hatte. Das jenseitige Ufer der Binnenmüritz ist zwar auch bergig, doch zeigt schon der Kiefernbestand dort mageren, sandigen Boden an. Nach kurzer Rast in einer Gartenwirtschaft fuhren wir in weitem Bogen zum Ost- ufer und zur Stadt zurück. Dabei zeigte sich Waren in seiner ganzen mittel- alterlichen Schönheit. Nur seitlich wird das Stadtbild durch abscheuliche moderne Nutzbauten etwas verschandelt. Da nach der Landung bis zum Abendessen noch reichlich Zeit verblieb, so löste sich unsere Reisegesell- schaft in kleine Gruppen auf, die hervorragende Gebäude der Stadt besich- tigten. Pünktlich fanden sich alle in der Bahnhofswirtschaft zu dem bereits beim Frühtrunk bestellten Schleiessen wieder zusammen. War die Wahl der Kaffeewirtschaft am Nachmittag augenscheinlich unter keinem guten Stern erfolgt (man hatte uns einen Kaffeeersatz-Ersatz in bliemchenhafter Ver- dünnung vorgesetzt), so brachte das Abendessen Mecklenburgs Ruf wieder zu Ehren. Bewies doch dieses Schleiessen, dass sich die heimischen Edel- fische nicht überall in Deutschland durch die Höchstpreise „vergrämen" lassen. Es darf angenommen werden, dass die beim Abschied Herrn Steindorf von allen Teilnehmern gegebene Versicherung: „Wir kommen wieder!" von Herzen kam! Um die Zukunft des Reichsverbandes für den Deutschen Gartenbau. Von O. Alb recht, z. Zt. im Heeresdienste. In der Sitzung des Reichsverbandes für den Deutschen Gartenbau, am 29. Juni d. J., ist beschlossen worden, eine Denkschrift herauszugeben, in welcher die Frage einer Neuorganisation des Reichsverbandes behandelt werden soll. Nach dem zu urteilen, was man bisher über diese sehr wichtige Angele- genheit zu lesen oder zu hören bekam, scheinen in überwiegendem Masse die Ansichten dahin zu neigen, dass es am zweckdienlichsten sei, den Ver- band seines bisherigen Charakters zu entkleiden und ihn im wesentlichen auf wirtschaftspolitische Zwecke und Ziele einzustellen. In dieser Neigung und in diesem Streben sehe ich die grössten Gefahren nicht bloss für die Zukunft des Reichsverbandes selbst, sondern auch für das m.^E. dringlich wünschens- werte Zusammenarbeiten der verschiedenen Glieder des Gartenbaues, das sich in den letzten Jahren doch wirklich verheissungsvoll angebahnt hat. Um die Zukunft des Reichsverbandes für den Deutschen Gartenbau. 2i^5 Es sei mir deshalb verstattet, bereits vor dem Erscheinen der in Aussicht gestellten Denkschrift zu dieser Angelegenheit hier das Wort zu ergreifen, meine Bedenken vorzutragen und gleichzeitig in aller Kürze darzulegen, was m. E. grundlegend notwendig ist, um zu organisatorischen Einrichtungen zu kommen, die den vorhandenen Bedürfnissen entsprechen und gute, d. h. bessere Gewähr bieten, sowohl für den Bestand eines Reichsverbandes für den Gesamtgartenbau als auch für ein zweckdienliches Wirken der verschie- denen Vereine, Verbände usw. mit- und nebeneinander. Was der Reichsverband für den deutschen Gartenbau bisher war oder doch wenigstens werden sollte und auch immer mehr geworden ist, das verkündet seine bei der Gründung aufgestellte Satzung mit diesen Worten: „Dem Reichsverbande können sich alle Vereine und Verbände, Körper- schaften und Gesellschaften, Lehranstalten und Versuchsstationen an- schliesen, die sich die Förderung der verschiedenen Zweige des Garten- baues zur Aufgabe stellen . . . Durch den Beitritt zum Reichsverbande soll ihre Selbständigkeit, Eigenart, Verfassung und ihr Arbeitsplan in keiner Weise Einbusse erleiden. Im besonderen bleibt es den im Reichsverbande zu- sammengeschlossenen Vereinen unbenommen, ihre Interessen auch durch unmittelbare Verhandlungen mit Behörden usw. selbständig zu vertreten." Mit anderen Worten ausgedrückt heisst das: Der Reichsverband soll ein Gesamtverband aller im Deutschen Reiche vorhandenen Gärtner- und Gartenbau-Vereine mitsamt den sonstigen oben bezeichneten Körperschaften und Einrichtungen sein. Das war das grosse, leuchtende und richtunggebende Ideal seiner Gründer oder doch der Mehr- zahl derer, die sich um die Gründung verdient gemacht haben. Exzellenz Thiel, der s. Zt. die Schaffung einer solchen Plattform besonders warm und überzeugend befürwortete, hat auf die „Deutsche Landwirtschafts- Gesellschaft" als das Muster verwiesen, nach dem ein so zusammengesetzter Reichsverband seine Tätigkeit einrichten solle. Der Zusammenschluss vollzog sich, wenn auch nicht gleich in dem ge- wünschten und vielfach schnell erhofften Umfange. Die Arbeitstätigkeit hat allerdings in den ersten Jahren mancherlei zu wünschen übrig gelassen; es war öfter ein Drehen im Kreise und ein Aneinandervorbeireden. Dazu kamen dann noch gewisse Sonderbestrebungen, die stärkere Beachtung und Betonung heischten. Und schliesslich bildete sich sogar eine Art von Zwie- spalt heraus, der in einigen sogenannten Zuständigkeitsfragen seine Ursache hatte, in Fragen und Angelegenheiten, die strittig waren, ob sie zu den wirt- schaftspolitischen zu zählen seien oder nicht. Stärker und immer stärker offenbarte sich die „faustische" Natur des neuen Verbandes. Lauter und immer lauter rief es von innen heraus: „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust; die eine will sich von der andern trennen." Trennen? Stärker als der Trennungsdrang offenbarte sich am Ende wiederum — der Unter- drückungswille. Und heute ist der Reichsverband nun vor die Entschei- dungsfrage gestellt, wie diese Zwiespältigkeit gebändigt werden soll: ob ein Ausgleich möglich oder eine Trennung notwendig ist. Exzellenz Thiel, der Vorsitzende des Reichsverbandes, ist inzwischen mit dem Bekenntnis hervorgetreten, (vergl.: Gartenflora 1917 Heft 1 u. 2 Seite 24), er habe sich mit seiner früheren Ansicht in einem Irrtum befunden. Die „Gegensätze seien zu stark und die wirtschaftlichen Interessen zu vor- wiegend, als dass es in dem Reichsverbande für den Deutschen Gartenbau 296 Lim die Zukunft des Reichsverbandes für den Deutschen Gartenbau. möglich wäre, eine fruchtbringende Tätigkeit ausschliesslich auf die Förde- rung technischer Berufsfragen einzustellen." Es erscheint Exzellenz „daher zweckmässiger, ... an Stelle des Wirtschaftlichen Ausschusses auch alle wirtschaftlichen Fragen dem Vorstande bzw. dem Arbeitsaus- schuss zur Bearbeitung und Erledigung zu überreichen". Das wäre auch das, was die treibenden Kräfte im Wirtschaftlichen Ausschusse selbst wollen, was diese schon seit langem und mit grossem Nachdruck an- streben. Exzellenz glaubt, es werde sich dadurch der Ausgleich ermög- lichen lassen. Eine Ansicht, die ich zu meinem Bedauern nicht zu teilen ver- mag. Ich meine im Gegensatz dazu, eine solche Aenderung des Charakters würde den ganzen Reichsverband wieder auseinandersprengen und ihm letzten Endes nur die Verbände belassen, die sich heute im Wirtschaftlichen Ausschuss zusammengefunden haben. Mit anderen Worten: Der Reichsver- band würde damit aus einem Gesamtverband der Gärtner- und Gartenbau- vereine usw. zu einem Gesamtverband der Gärtnereiunter- nehmerverbände umgewandelt werden. Dieses einfach dadurch, weil die zu behandelnden wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Unter- nehmerangelegenheiten den Verband dermassen in Anspruch nehmen würden, dass allen anderen Verbänden usw. die weitere Mitarbeit schlech- terdings verleidet werden müsste, von zunächst unausgleichbaren Gegen- sätzen erst gar nicht zu reden. Dieser Entwicklung irgendwie erfolgreich zu begegnen, wäre aussichtslos. Sie würde sich als zwingende Notwendig- keit vollziehen. Wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Angelegenheiten sind nimmer- mehr geeignet, für einen so grossen Kreis von Vielheiten und wie sie der heutige Reichsverband satzungsgemäss in sich zusammenschliesst, einigend zu wirken. Einigen können hier nur Bestrebungen auf den fachtech- nischen und fachwissenschaftlichen Gebieten, sofern die hier harrenden Auf- gaben zahlreich, gross und wichtig genug sind, dass sie auf die vorwärts- und emporstrebenden Kräfte die erforderliche Anziehungskraft ausüben. Darüber aber, dass letztere Voraussetzung im Gartenbauberuf wirklich vorhanden ist, dürfte es gegensätzliche Meinungen kaum geben. Wenn trotz- alledem bisher noch nicht viel Merkliches in Angriff genommen worden ist, so wohl nur darum nicht, weil durch die vorhandene Zwiespältigkeit die dafür geeigneten und berufenen oder erst noch zu berufenden Kräfte teils gebannt, teils sonst brachgelegt und zur Untätigkeit verurteilt waren. Wodurch war es denn der „Deutschen Landwirtschaft-Gesellschaft" möglich, sich gegenüber wirtschaftspolitischen Bestrebungen zu behaupten und diese aus ihrer Betätigung fernzuhalten? In erster Linie doch, wohl nur dadurch, dass die Landwirtschaftsunternehmer für ihre wirtschaftspoli- tischen Angelegenheiten eine besondere und viel geeignetere Berufs- vertretung hatten: den Bund der Landwirte. Mögen also die organisierten Gärtnereiunternehmer dieses Beispiel nachahmen, mögen sie ihren seit- herigen „W irtschaftlichen Ausschuss" zu einem Gesamt- verband der G ä r t n e r e i - U nt e rn eh m e r- V e r b an d e aus- bauen; sie haben dann das, was ihren Vorteilen und Sonderbestrebungen dienen kann und was sie besser auch nicht haben können, wenn sie jetzt erst den Reichsverband, wie oben dargelegt, auseinandersprengen. Sie nützen sich m. E. auf diese Weise sogar am besten und fügen der Gesamt- heit keinen Schaden zu. Die Pilzausstellung im Königl. Botanischen Museum zu Dahlem. 297 Anders als auf diese oder ähnliche Weise') dürfte sich die Auflösung des heutigen Zwiespalts und der zweckmässige Ausgleich der sonst ge- gebenen Gegensätze kaum ermöglichen lassen. Die hier befürwortete Ar- beitsleitung würde endlich Klarheit und für alle schaffensfrohen Kräfte freies Betätigungsfeld schaffen. Natürlich dürfte gegenseitig über etwaige Zuständigkeitsfragen auch keine Engherzigkeit obwalten. Obendrein er- halten wir dann aber auch noch eine nahezu übereinstimmende und die dies- seits überhaupt mögliche Parallele zu den Organisationsverhältnissen in der Landwirtschaft. Und Exzellenz Thiels ursprüngliches Ideal wäre sonach verwirklicht. Alle anderen Fragen, die bei dieser Gelegenheit als Organisationsfragen auftauchen und eine Lösung heischen, lassen sich nach solcher Vorweg- nahme viel leichter, teils fast spielend leicht ihrer Lösung entgegenführen, indem man jeweils den gewachsenen Bedürfnissen gemäss hinzufügt oder wegnimmt. So im besonderen die sonst in der Tat nicht nur sehr schwierige, sondern nahezu unlösbar erscheinende Beitragsfrage. Desgleichen die Frage der Herausgabe eines besonderen Fachblattes und die Anstellung eines besoldeten Geschäftsführers. — Der Reichsverband für den Deutschen Gartenbau trägt in seiner heutigen satzungsgemässen Zusammensetzung den wirklich vorhandenen Bedürf- nissen in der m. E. besten Weise Rechnung. Man hüte sich sehr, diese zu gefährden. Einmal zerstört, würde es recht schwer halten, eine einigende Plattform wiederherzustellen, und viel Mühe und Arbeit der verflossenen Jahre wäre vergeblich vertan. Sorgen wir darum, dass der Reichsverband uns als ein Gesamtverband der Gärtner- und Gartenbauvereine usw. erhal- ten bleibe und dass er das künftighin erst recht und in noch viel vollständige- rem Masse werde, damit er möglichst vollkommen befähigt wird, die grossen Aufgaben ihrer Lösung entgegenzuführen, die ein solcher Verband berufen ist, für den Gesamtgartenbau zu erfüllen. Die Pilzatisstellung im Königl. Botanischen Museum zu Dahlem. Von Dr. E. U 1 b r i c h. (Hierzu Abb. 33.) a) Das Technische der Ausstellung. Am 19. September öffnete das Königliche Botanische Museum in Dahlem seine Pforten zu einer Pilzausstellung, wie sie bisher noch nirgends gezeigt wurde. Es galt, weitesten Kreisen das Heer unserer wichtigsten Speise- und Giftpilze lebend oder in Präparaten vorzuführen, um die wichtige und wert- volle Nahrungsquelle, die uns die Natur freigiebig in den Speisepilzen spendet, allen zugänglich zu machen und andererseits die wichtigsten Schäd- linge unserer für die Ernährung wichtigsten Nutzpflanzen vorzuführen, deren Kenntnis im Volke leider noch viel zu wenig verbreitet ist und deren Kenntnis so wichtig ist, um die durch derartige Pilze hervorgerufenen Schäden nach Möglichkeit zu verringern oder ganz zu beseitigen, soweit es in unseren Kräften steht. Dementsprechend gliederte sich die Pilzausstellung in zwei Abteilungen: die Abteilung der „Speise- und Giftpilze", welche in der grossen 1) Vgl. die Vorschläge des A D. (i.V. im Protokoll der Sitzung des Reichs Verbandes v. 15. 12. 1916. 298 De Pdzaui,stellung im Königl. Botanischen Museum zu Dahlem. Halle im Erdgeschoss des Museums untergebracht war, und die Abteilung „SchädlichePilz e", welche in dem anstossenden Räume der biologisch- morphologischen Abteilung unterhalb des grossen Hörsaales des Museums aufgestellt war. In der ersten Abteilung waren zunächst einige Schaugruppen untergebracht, die der Darstellung des natürlichen Vorkommens der Pilze in erster Linie dienen sollten, dann aber auch als Schmuckgruppen gedacht waren und ferner den Zweck hatten, den Strom der Besucher zu regeln. Für diese Gruppen wurden alte Baumstümpfe verwendet, bepflanzt mit häufigen Pilzarten, die auch durch schöne Färbung und ansprechende Wuchsform sich auszeichne- ten, wie büscheliger Schwefelkopf (Hypholomafasciculare), rötlicher Ritterling (Tricholoma rutilans), Hallimasch (A r m i 1 1 a r i a m e 1 1 e a), verschiedene andere Ritterlinge (Tricholoma congloba- tum u. a.). Umpflanzt wurden die Baumstümpfe mit Waldpflanzen, Farn- kräutern, Moosen, Heidekraut usw., Büschen von Birken, Kiefern, Wach- holder, Zweigen von Efeu usw., so dass ein kleines Stück natürlichen Wald- bodens hervorgezaubert wurde, aus dem eine Anzahl unserer häufigsten durch lebhafte Färbung ausgezeichneten Waldpilze hervorleuchtete, wie Fliegenpilze, rote, gelbe und grüne Täublinge, Knollenblätterpilze, Ritterlinge und andere Farnpflanzen umrahmten das Ganze. Daneben waren auf dem Erdboden eine Reihe anderer Pilze zu Schmuckgruppen vereinigt und auch ein „Hexenring" vom kahlen Krempling (Paxillusinvolutus) in Rasen und Moos zur An- schauung gebrächt. Farbenprächtige bunte Herbststräusse mit Beeren- früchten und Fichten-, Tannen- und Kiefernzweigen, Erica- und Farntöpfe waren als Schmuckgruppen zur Belebung des Ganzen aufgestellt. Die in den Schmuckgruppen ausgestellten Pilze waren nicht mit Namenschildern versehen, da dieselben Arten auch in der Ausstellung bei den einzelnen Gruppen wiederkehrten und eine Beschilderung den Eindruck der Natürlich- keit und die Schönheit der Schmuckgruppen wesentlich beeinträchtigt hätte. In der Ausstellung waren die einzelnen Pilzarten zu natürlichen Gruppen in flache, grössere, eckige oder kleinere runde Tonschalen oder Blumen- töpfe mit Erdboden und Myzel ausgepflanzt. Jede Art war nach Möglich- keit in allen Altersstufen vertreten und bei der Bepflanzung der Gruppen die Natürlichkeit des Vorkommens zum Ausdruck gebracht. So waren die Baumstümpfe bewohnende Pilzarten zu Gruppen, die der Art ihres Auf- tretens entsprachen, an kleine Baumstümpfchen, die aus Borkestücken zu- sammengestellt waren, gepflanzt. Hinzugesteckte Laub- oder Nadelholz- zweige deuteten auf die Holzart, welche die betreffenden Pilze bevorzugen. Bei den erdbewohnenden Pilzen war gleichfalls die Natürlichkeit des Vor- kommens angegeben. Die auf Rasenplätzen vorkommenden Arten waren mit Rasen ausgepflanzt, die m Kiefernwäldern vorkommenden erhielten kleine Kiefernzweige, die unter Birken auftretenden Birkenzweige, usw. So konnte man aus jeder Gruppe die Art ihres Vorkommens erkennen. Der Erdboden war mit Moos oder Laub- oder Nadelstreu, entsprechend den Vorkommen der betreffenden Waldpilze, bedeckt. Bei jeder Gruppe lagen einige Pilze lose in allen Stellungen, wo nötig, auch zer- schnitten, um eine Betrachtung der Pilze nach allen Merk- malen hin zu ermöglichen. Jede Gruppe erhielt ein grösseres weisses Papp- schild, mit dem deutschen und lateinischen Namen der Art, und zwar bei den giftigen und giftverdächtigen Arten mit roter Druckschrift, bei den übrigen Die PiUausstellung im Königl. Botanischen Museum zu Dahlem. :99 mit schwarzer. Ausserdem waren zu jeder Gruppe besondere schmale Schilder gesteckt, welche Bemerkungen enthielten über Giftigkeit, Eignung als Speisepilz, zum Trocknen, als Marktpilz usw. Die zum Trocknen geeigneten Arten erhielten eine derartige Bemerkung auf gelben Schildern, die giftigen oder giftverdächtigen auf roten Schildern, alle übrigen auf kleinen weissen Schildern. So konnte man aus jeder Gruppe alles Wissenswerte über die betreffende Art entnehmen. Um nun einen Vergleich der ähnlichen giftigen oder ungeniessbaren und essbaren Arten zu ermöglichen, waren die in Frage kommenden Arten unmittelbar nebeneinander gestellt. So standen nebeneinander der Steinpilz (Boletus edulis) und der Gallen- röhrling (Boletus f e 1 1 e u s), der Giftreizker (Lactaria torminosa) und der Rotreizker (Lactaria deliciosa), der Schwefelkopf (H y p h o - loma fasciculare) und das Stockschwämmchen (Pholiota muta- b i 11 s) und der Hallimasch (A r m i 1 1 a r i a m e 1 1 e a). Den gefährlichsten aller Giftpilze, den Knollenblätterpilzen (Amanita phalloides und Abb. 33. Pilzausstellung im Kgl. Botanischen Museum zu Dahlem im September 1917. Gruppen am Eingang zur Abteilung Speise- und Giftpilze, bestehend aus Fliegenpilzen, Knollenblätterpilzen und Parasolpilzen. A. mappa) war zusammen mit den Champignon-Arten (Psalliota arvensis, P. campestris, P. silvatica) eine ganz besondere Tafel mit farbigen Abbildungen in der Mitte der ganzen Ausstellung eingeräumt. Alle Pilzgruppen standen in systematischer Reihenfolge, ihrer natürlichen Verwandtschaft entsprechend, auf langen schmalen Tischen, einzelne Gruppen zur leichteren Betrachtung erhöht. Ausgestellt waren lebend etwa 150 Arten Speise- und Giftpilze, alle aus der näheren und weiteren Umgebung von Berlin. Bei einzelnen Gruppen waren noch besondere Schilder aufgestellt, die auf besondere Merkmale der betreffenden Arten hinwiesen, so bei den Röhrenpilzen (Boletus- Arten) mit roten Röhren, bei den Täublingen (R u s s u 1 a -Arten), bei der M a r a s - mi US -Arten, bei den Ritterlingen (T r i c h o 1 o m a-Arten), bei den Stäub- lingen (Lycoperdon) und Bovisten (B o v i s t a -Arten). Eine besondere Gruppe war eingeräumt einem auf Speisepilzen häufigen Pilze, Hypomyceschrysospermus, der schimmlige Ueberzüge, 300 Die Pilzausstellung im Köni^l. Botanischeu Museum zu Dahlem. namentlich auf weichen B o 1 e t u s -Arten, besonders Ziegenlippen, bildet und diese Speisepilze dadurch ungeniessbar macht. \Vichtige Speisepilze, die in der Zeit der Ausstellung nicht lebend zu be- schaffen waren, wie vor allem Trüffeln, Morcheln und Lorcheln, waren in xjauerpräparaten ausgestellt, so dass insgesamt gegen 180 Arten in diesci Abteilung der Pilzausstellung vertreten waren und keiner der wichtigeren Speisepilze fehlte. Es würde zu weit führen, hier alle ausgestellten Arten mit Namen aufzuzählen; nur die wichtigsten Arten seien genannt. Von Schlauch- pilzen (A s c 0 m y c e t e s), zu denen ja nur wenige Arten der im Sommer und Frühherbst auftretenden Speisepilze gehören, konnten nur einige Becher- linge ausgestellt werden: das gelbe Hasenohr (Peziza leporina) und der braune Becherling (Peziza a c e t a b u 1 u m). Von Keulenpilzen sah man den gelben Ziegenbart (C 1 a v a r i a flava), den Tannenhändling (Ciavaria a b i e t i n a), die krause Glucke (Sparassis r a m 0 s a), einen unserer wohlschmeckendsten Speisepilze. Diese, wie alle folgenden Pilze gehören der grossen Klasse der Basidien- pilze (Basidiomycetes) an. Auch die ungeniessbaren Rindenpilze (Thelephoraceae) waren mit mehreren Arten vertreten. Von Stachel- pilzen sah man den Rehpilz (Hydnum repandu m), auch Stoppelpilz und Semmelpilz genannt, ferner den Habichtspilz (Hydnum imbricatum) und den weissen Stoppelpilz (Hydnum a 1 b u m), die wie die Keulenpilze sämtlich nur in der Jugend gute Speisepilze sind, während sie im Alter zäh und sehr faserreich werden. Aus der Gruppe der Porlinge (Polyporeae) waren vertreten, das Schafeuter (Polyporus ovinus), der rauchgraue Porling (Polyporus leucomelas), der Semmelpilz (Polyporus conflueus), der Schwefelporling (Polyporus caudicinus) u. a. sämtlich in der Jugend wohlschmeckende Speisepilze. Alle bisher genannten Gruppen enthalten keine Giftpilze. Aus dem grossen Heer der Röhrenpilze (Boletus), den Verwandten unseres allbekannten Steinpilzes, waren ausser dieser Art (Boletus e d u 1 i s) selbst vertreten: sein durch seine grosse Bitterkeit berüchtigter, aber sonst harmloser und ungiftiger Doppelgänger, der Gallenröhr- ling (Boletus f e 1 1 e u s), der leicht kenntlich ist an dem meist dünneren istiele mit stark hervortretender gestreckter Netzzeichnung und den unter dem Hutrande hervorquellenden rosaschimmernden Röhren. Von giftigen Verwandten des Steinpilzes, die sämtlich durch rote Röhren gekennzeichnet sind, waren vertreten der Wolfspilz (Boletus lupinus) und der Pfeffer- röhrling (Boletus piperatus). Ferner sah man die schmackhaften Maronen (Boletus b a d i u s), die zarten und vergänglichen Ziegenlippen (Boletus subtomentosus und B. chrysentereon), der Kuhpilz (B. b ovinus), Sandpilz (B. variegatus) und die vom Volke viel zu wenig gewürdigten, sehr schmackhaften Butterpilze (B. e 1 e g a n s und B. 1 u - teus), den Schmerling (B. granu latus), Birkenpilz (B. s c a b e r) u. a. Reichhaltig war die Sammlung der Blätterpilze; sie begann mit den Pfeffer- lingen, dem essbaren, allbekannten und seinem, wie auch neueste Erfahrun- gen erwiesen, entschieden giftigen Verwandten, dem sogenannten falschen Pfefferling (Cantharellus aurantiacus). Beide Arten waren, um einen genauen Vergleich der Merkmale zu ermöglichen, unmittelbar nebenein- ander gestellt. Es folgten die Kremplinge, Tintenpilze, Milchlinge und Täub- Die Pilzausstellung im Königl. Botanischen Museum zu Dahlem. 301 linge. Bei jeder Gruppe standen wieder die leicht zu verwechselnden Arten nebeneinander. Weiter folgten die Gruppen der Musserons und die Suppenpilze (Marasmius -Arten), die Stockschwämmchen, Schwefelköpfe, Hallimasch usw. Besonders ansprechend waren die folgenden Gruppen der Ritterlinge (T r i c h o 1 0 m a -Arten) und Knollenblätterpilze, Fliegenpilze, Trichter- linge und Parasolpilze. Den Beschluss dieser Reihe bildeten die Stink- morcheln (Ithy Phallus i m p u d i c u s), die in allen Entwicklungsstufen vertreten waren, zur Schonung der Geruchsnerven der Beschauer jedoch unter Glasglocken prangten. Auf den Mitteltafeln standen die jung geniessbaren, nahrhaften und wohl- schmeckenden Stäublinge und Boviste und die giftigen Hartboviste (S c 1 e r o - derma-Arten) und zu besonderen Gruppen vereinigt, die jetzt nicht lebend- vertretenen morchelartigen Pilze in Gläsern. Den Beschluss und gleich- zeitig das Mittelstück der Ausstellung bildete eine grosse Tafel mit Abbildun- gen der wichtigsten Speise- und Giftpilze und davor standen verschiedene Gruppen der gefährlichsten Giftpilze, der Knollenblätterpilze, die so oft und mit so unheilvoller Wirkung mit den daneben aufgestellten Champignons ver- wechselt werden. Wegen ihrer Bedeutung war ihnen ein ganz besonders stehender Tisch eingeräumt. In zwei Glaskästen waren die wichtigsten Pilzbücher ausgestellt: wie Gramberg, „Die Pilze unserer Heimat", ein zweibändiges, prächtiges Bilderwerk, E. Michael, „Führer für Pilzfreunde", in den verschiedenen Ausgaben, dieH. Schneggschen Volksbücher, R i c k e n s umfangreiche Monographie der Blätterpilze, G. Lindaus treffliche Kryptogamenflora, verschiedene Pilzmerkblätter, usw. Da dem Verfasser dieser Zeilen Einrichtung, Unterhaltung und Leitung der ganzen Ausstellung allein oblag, musste leider bei dem Mangel an Hilfs- kräften und dem gewaltigen Massenbesuch — es wurden täglich über 1000 Be- sucher gezählt — von erklärenden Führungen abgesehen werden. An ihrer Stelle hielt Verfasser täglich einen, Sonntags zwei Vorträge, deren Inhalt unten kurz angegeben ist. Obwohl der grosse Hörsaal des Museums nur wenig über 300 Sitzplätze aufweist, waren diese Vorträge fast jedesmal von mehr als 400 Personen besucht. Gewiss ein Beweis für die Notwendigkeit erklärender Vorträge. Die zweite Abteilung der Pilzausstellung umfasste die wichtigsten schäd- lichen Pilze. In der ersten Gruppe waren hier die Schädlinge unserer Obstbäume und sonstiger Obstgewächse ausgestellt, wie M o n i 1 i a (Sclerotinia), der Schorf der Aepfel und Birnen, Gitterrost, Schrotschuss- krankheit, der echte und falsche Meltau des Weines, usw. Es folgten schäd- liche Pilze auf unseren Gemüse- und Salatpflanzen, auf unseren Getreide- arten und einige Gruppen holzzerstörender Pilze. Bei allen Krankheiten waren die wichtigsten Bekämpfungsmittel und ihre Anwendung angegeben und sonstige wissenswerte Bemerkungen und farbige Bilder oder Photogra- phien aufgestellt. Auch diese Abteilung erfreute sich sehr regen Besuchs. Die Einrichtung, Erneuerung und Unterhaltung der umfangreichen Aus- stellung war bei dem Mangel an Hilfskräften und der für das Wachstum und Bestehen der Pilze äusserst ungünstigen, heissen und trockenen Witterung ungemein schwierig. Viele der Gruppen mussten wegen ihrer Vergäng- lichkeit täglich ergänzt oder vollkommen erneuert werden, eine Arbeit, die 302 Die Pilzausstellung im Königl. Botanischen Museum zu Dahlem. bei dem starken Andränge der Besucher nur in den Nachtstunden vorge- nommen werden konnte. b) Ueber die Bedeutung der Pilze und ihre Zubereitung. Sind wir berechtigt, den Pilzen so viel Interesse entgegenzubringen, wie das jetzt geschieht? Diese Frage dürfen wir mit einem kräftig zustimmen- den Ja beantworten. Wenn auch der Nährwert der Pilze den des Fleisches nicht erreicht, so stehen die Pilze doch über unseren besten und nahrhaftesten Gemüsen. Besonders wertvoll ist ihr hoher Eiweissgehalt, der jedoch auch ihre geringe Haltbarkeit bedingt, denn Eiweiss zersetzt sich leicht und bildet bei seiner Zersetzung starkG Giftstoffe, die den gefürchteten Fleischgiften in nichts an Gefährlichkeit nachstehen. Sehr viele der Pilzvergiftungen sind in- folgedessen nicht auf Giftpilze, sondern auf giftig gewordene, verdorbene Speisepilze zurückzuführen. Man verwende also niemals verdorbene Pilze, besonders nicht solche aus etwa aufgegangenen Einkochgläsern. Den höchsten Eiweissgehalt zeigen die sporenbildenden Schichten der Pilze, die Röhren und die Blätter (Lamellen) auf der Unterseite der „Hüte". Diese beim Zurechtmachen der Pilze zu entfernen, ist also eine durch nichts ge- rechtfertigte Verschwendung gerade der wertvollsten Nährstoffe. Da diese Röhren und Lamellen eben wegen ihres hohen Eiweissgehaltes ganz be- sonders der Zersetzung durch Fäulnis ausgesetzt sind, sammle man nur jugendliche, noch feste und frische Pilze, bei denen diese Organe noch fester sind. Von anderen wichtigen Nährstoffen enthalten die Pilze Kohlenhydrate, etwas weniger als unsere Gemüse und auch in anderer Form, nämlich als Pilzzucker oder Mannit. Fett enthalten die Pilze wenig, immerhin fast doppelt so viel wie unsere Gemüse. Recht bedeutend ist ihr Gehalt an wich- tigen Nährsalzen, unter denen Lecithin-Phosphorsäure und Kali die wichtig- sten sind. Diese Salze sind leicht löslich in warmem Wasser und gehen in- folgedessen verloren, wenn wir die Pilze vor dem Zubereiten abbrühen und das Brühwasser fortgiessen. Dieses Abbrühen ist nur zulässig bei Täub- lingen und Milchlingen, die scharfe und sonst gesundheitsschädliche Stoffe enthalten. Allenfalls ist das Abbrühen zulässig bei manchen Morcheln und Lorcheln, die zuweilen im frischen Zustande eine giftige, m Wasser leicht lösliche Säure, die Helvellasäure, enthalten, die übrigens flüchtig ist und Dcim Trocknen der Morcheln und Lorcheln verschwindet. In grosser Menge enthalten die Pilze Faserstoffe in Form der sogenannten Pilzzellulose, die wenig verdaulich ist. Da sie alle anderen Nährstoffe umschliesst, ist es wichtig, zu wissen, dass man durch Zusatz von ein wenig doppeltkohlen- saurem Natron oder gereinigter Soda zu den Pilzgerichten beim Kochen die Pilzfaser lockerer und verdaulicher machen und damit den Nährwert der Pilze erhöhen kann. Namentlich bei den durch ihren hohen Fasergehalt iesten und besonders schwer verdaulichen Pfefferlingen, Stachelpilzen, Keulenpilzen und Porlingen ist ein derartiger Zusatz sehr zu empfehlen. Am höchsten ist der Wassergehalt der Pilze, bis zu 92 Prozent, jedoch auch nicht höher als bei den wasserreichen Gemüsen, wie Weisskohl, Rotkohl, Spargel, Rüben. Demnach stehen die Pilze allein schon wegen ihres Nährstoffgehaltes günstiger da als die meisten unserer Gemüse. Auch ihre Verdaulichkeit ist nicht geringer: es ist erwiesen, dass unsere guten Speisepilze einen unbedingt höheren Nährwert, der ja von der Verdaulichkeit abhängt, besitzen, als die Die Pilzausstellung im Königl. Botanischen Museum zu Dahlem. 303 meisten unserer Gemüse. Es kommt hinzu, dass die Pilze wegen ihres Wohlgeschmackes und ihrer mannigfachen Verwendbarkeit eine sättigende Kost darstellen, so dass es wohl berechtigt erscheint, ihnen eine grössere Aufmerksamkeit zu schenken als bisher. Zudem lassen sich die meisten Pilze leicht durch Trocknen oder Einlegen in Essig oder Einkochen zu einc^ wertvollen Dauerware verarbeiten, die uns in gemüsearmer Zeit eine will- kommene Zukost gewährt. Zum Trocknen, Einkochen oder Einlegen darf man jedoch nur die besten Pilze auswählen, keinesfalls madige oder zu alte Stücke. Dass der Pilzgenuss bisher so wenig im Volke verbreitet war, liegt an Vorurteilen und nicht zum wenigsten an der nicht unberechtigten Angst vor Vergiftungen. Wem Pilze widerstehen, den soll man auch nicht zum Pilz- essen zwingen, denn es ist erwiesen, dass solchen Personen auch gute, frische Speisepilze nicht bekommen, sondern bei ihnen ähnlich wirken wie Giftpilze. Aus Furcht vor Vergiftungen durch Giftpilze dem Pilzgenuss zu ent- sagen, ist zu weit gegangen. Denn, wenn es auch keine allgemeinen Merk- male für das Erkennen der Giftigkeit von Pilzen gibt, so ist die Gefahr der Pilzvergiftung bei sorgfältiger Beachtung der Sammelregeln und bei ge- nügender Vorsicht so gut wie ausgeschlossen. All die im Volke verbreiteten Ansichten, man könne die Giftigkeit der Pilze erkennen am Schwarzwerden mitgekochter Zwiebeln oder silberner Löffel, Geldmünzen und dergleichen, oder am Nichtmadigwerden oder ähnlichen Dingen, sind und bleiben Märchen. Vor Vergiftung durch Giftpilze schützt allein Kenntnis der Arten, die man sich leicht mit Hilfe der guten Pilzbücher erwerben kann. Pilzausstellungen und Filzausflüge sind allerdings unentbehrlich. Die Zahl der giftigen oder giftverdächtigen Pilze ist nicht sehr gross, so dass es nicht schwer fällt, sie bald kennen zu lernen. Es genügt jedoch nicht, sich etwa nur die Giftpilze genau einzuprägen und dann alle anderen Pilze als essbar an- zusehen und zu sammeln. Dies wäre ein Leichtsinn, der sich unter Um- ständen schwer rächen kann. Namentlich unter den Blätterpilzen gibt es seltene Arten, die unbedingt giftig sind. Es ist unmöglich, in einem billigen Volksbuche etwa alle Pilze abzubilden: gibt es doch allein von Blätterpilzen in Deutschland mehr als 1400 Arten. Die Pilzbücher können nur eine kleine Auswahl der häufigeren Arten bringen. Demnach ist Vorsicht ge- boten, wenn man Pilze gesammelt hat, die man nicht genau kennt und die in diesen Pilzbüchern nicht zu finden sind. Man esse ohne vorherige Probe keinen Pilz, den man nicht genau als guten Speisepilz kennt. Trübe Er- fahrungen haben gezeigt, dass selbst gute Pilzkenner ihre Unvorsichtigkeit haben mit dem Tode büssen müssen. Viel gefährlicher als die Giftpilze, unter denen die Knollenblätterpilze mitaus die gefährlichsten sind, da Vergiftungen mit ihnen gewöhnlich zum Tode führen, sind schlecht gewordene Speisepilze. Um sich hier vor Schaden zu bewahren, beachte man streng folgende Sammelregeln: man sammele nie bei Regenwetter oder so früh am Tage, dass die Pilze noch taufeucht sind. Nasse Pilze halten sich nicht. Man sammle nur jugendliche, frische, keine alten verwässerten Pilze oder solche, die einem schimmligen Ueberzug zeigen, oder an sehr nassen Waldstellen gewachsen waren. Gesammelte Pilze müssen sofort bei der Heimkehr — im Hochsommer am gleichen Tage — zubereitet werden. Ist man gezwungen, sie bis zum folgenden Tage auf- 304 Verschiedertes. zuheben, so stelle man sie luftig und kühl, keineswegs decke man sie dicht mit Teller und Schüssel zu. Denn die Pilze brauchen Luft: sie atmen wie jede andere Pflanze, wie jedes Tier. Sie nehmen dabei Sauerstoff auf und hauchen Kohlensäure und Wasser aus. Können sie nicht genügend Luft er- halten, so sticken sie und werden dabei infolge der Umsalzungen ihrer Ei- weissverbindungen giftig. Will man Pilze verschicken, so kann man dies nur in luftigen Behältern, Weidenkörben und dergleichen tun. Keinesfalls nehme man hierzu dicht verschlossene Kisten oder Pappschachteln. Beachtet man diese Regeln, so wird man sich und andere vor Schaden bewahren. Zum Einsammeln verwendet man am besten Körbe oder Pilzbeutel oder Netze, auf deren Grund man einen Korbdeckel oder ähnliches legt. Die Pilze drehe man aus dem Erdboden heraus oder schneide sie ganz tief ab, keinesfalls dürfen sie jedoch aus dem Boden herausgerissen werden. Niemals vernichte man im Wald oder Feld und Flur Pilze, die man nicht kennt, aus Uebermut oder gar bösem Willen. Sie können vielleicht andern gerade ein ge- suchter Leckerbissen sein. Nutzet die Gottesgabe, aber schonet die Schöpfung! Nachschrift der Redaktion. Die Bewältigung der Arbeit, welche die Ausstellung mit sich brachte, war Herrn Dr. E. Ulbrich nur möglich durch die aufopfernde Mithilfe seiner Frau Gemahlin und einiger befreundeter Lehrerinnen und Lehrer, die sich in dankenswerter Weise in den Dienst der guten Sache gestellt hatten. Der schönste Dank für die Riesenarbeit war für die Ver- anstalter das grosse Interesse seitens des Publikums, das in Scharen den Ausstellungsräumen zuströmte und über das Dargebotene unverhohlen seine hohe Befriedigung äusserte. Verschiedenes. Bitte. Wer von den Mitgliedern der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft Heft 11 der „Gartenflora" vom Jahr- gang 1912 abzugeben bereit ist, wolle dieses gütigst im General- sekretariat, Berlin, Invalidenstrasse Nr. 42, angeben. Die Redaktion. Kriegergräber im Felde und Daheim. Von Gartenarchitekt Hans Martin Königsberg i. Pr. Aus der Fülle der Veröffent- lichungen über die Ehrungen unserer gefallenen Helden ragt ein Buch her- vor, welches unter obigem Titel aus der gemeinsamen Anregung und Be- mühung des Deutschen Bundes Hei- matschutz, des Deutschen Werkbun- des und der Städtischen Kunsthalle in Mannheim im Einvernehmen mit der Heeresverwaltung, der Kultus- ministerien und der Staatlichen Be- ratungsstellen herausgegeben und bei F. Bruckmann A.-G., München, ge- druckt worden ist. Mit ausserordentlicher Liebe und Sorgfalt fügte Geheimer Regierungs- rat Dr. Jessen-Berlin den Text von 63 Grossquartseiten verschiedener Mitarbeiter zusammen, setzte ein schönes Vorwort an die Spitze und eine von einem Künstlerausschuss gesichtete Auswahl von mehr als 200 Bildern an den Schluss des Werkes, das für 4 M. ein ausgezeich- neter Führer und Ratgeber auf seinem Gebiete sein will. Kein Zweifel, sagt Geheimrat Jessen, in welcher Gesinnung wir Verschiedenes. 3Ü5 das Werk der Kriegerehrungen, eine gewaltige Aufgabe, anzufassen haben. Sie sind in den Tod gegangen als deutsche Männer, in hartem Pflicht- gefühl, ohne grosse Worte und Gebär- den, jung oder alt, arm oder reich, Soldat oder Offizier! Was wir zu ihrem Gedächtnis tun, ist nur dann in ihrem Sinne, wenn es ihnen gleicht, wenn es ebenso sachlich ist, so ernst und gediegen wie ihre Hingabe. Hohle Gesten und geistreiches Spiel würden sie nicht als Huldigung emp- finden, sondern als Demütigung. Sie sind gefallen, auf dass Deutschland stark bleibe und gross werde, für deutsche Ehr und Art! Zu deutscher Ehr und Art zählt auch die deutsche Kunst. Was wir unsern Helden zu Liebe und Dank gestalten, darf nur das Beste sein von deutscher Kunst, Das Beste in der Kunst ist nicht das Laute, das Riesenhafte; noch weniger das Gefällig-Süssliche! Wir brauchen herbe, schlichte Würde. Das haben wir nach 1870 nicht immer be- dacht. Wir haben für die Toten und die Siege aufwendige Denkmäler hingestellt, die uns heute nicht er- heben, sondern bedrücken. Das ist eine bittere Lehre. Wir wollen des- halb unsere vorschnellen Wünsche scharf prüfen; wir wollen warten, geduldig warten, ob der Krieg, dieser mächtige Bildner der Seelen, uns nicht Künstler reife, die aus dem glühenden Erze ihrer Erlebnisse Dauerwerte zu schmieden wissen, würdig der gewaltigen Zeit, äusser- lich knapp und bescheiden, innerlich voll verhaltener, sieghafter Grösse. Wir wollen den Heimkehrenden nicht durch flüchtige Tagesschöpfungen vorgreifen. Alle Denkmäler seien vertagt, bis das grosse Kriegeswerk getan ist. Was im Augenblick not tut und keinen Aufschub duldet, ist die Fürsorge für die Gräber im Felde, und daheim. Mit einer ganz flüchtig gehaltenen Kennzeichnung der Kriegergräber im Osten von Professor Bruno Paul wird der Reigen des Textes eröffnet. Leitsätze für Kriegergräber schlie- ssen sich an, denen eine recht an- schauliche Schilderung der Ausge- staltung der Gräber im Felde von Professor Ulfert Janssen folgt. Her- vorzuheben verdient, dass die Form des Eisernen Kreuzes schön ist als Ornament, wie auf der Brust des Kriegers, so in Verbindung mit der Schrift auf dem Gedenkstein. Da- gegen als Kreuzform vergrössert, als Silhouette in die Landschaft gestellt, wirkt sie zerrissen und unruhig. Auch ist die Form des (Eisernen Kreuzes nur in Eisen und allenfalls in Kunststein möglich, steintechnisch dagegen wegen der scharf eingeschnit- tenen Ecken nicht berechtigt; in Holz, das z. B. für den Osten am häufigsten in Frage kommt, lässt sie sich über- haupt nicht herstellen; ausserdem bieten sich bei einem solchen Ein- heitskreuz immer Schwierigkeiten mit der Verteilung der Inschrift, die ja einen wesentlichen und wohl abzu- wägenden Bestandteil des Grab- zeichens zu bilden hat. — Bemer- kenswert ist ferner Janssens Hin- weis, dass schon durch geeignete Be- pflanzung allein sich manche Grab- stätte charaktervoll und dauernd ge- stalten lässt. In dem Werke folgen kurze Be- [ richte von Kriegergräbern in Ost- I preussen und im Westen unter Mit- [ teilung der sie fördernden Einrich- : tungen. Geheimrat Professor Bestelmeyer behandelt den Friedhof als solchen ' und Professor Seeck die Grab- zeichen. An achter Stelle kommt nun auch der Gartenarchitekt in der Person des Gartendirektors Heicke- Frankfurt a. M., der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Gar- tenkunst, welche wesentlichen Anteil an den Kriegerehrungen nimmt, zum Wort und er betont vor allem, dass die Wirkung eines Friedhofes sehr von der richtigen Pflanzenauswahl abhängt. Die Arbeit an den Krieger- ehrungen ist durchaus nicht nur ein Tätigkeitsfeld für Architekten und Bildhauer, die Mitwirkung tüchtiger Gartenfachleute ist unerlässlich und sind überall Gartenarchitekten ge- mäss der Allerhöchsten Kabinetts- order vom 28. Februar 1917 an der Arbeit, die sich ihres Hauptanteils 3C6 Personalnachrichten. an der würdigen Herrichtung unserer Kriegergräber entledigen. Befindet sich ein Gartenarchitekt in der Staat- lichen Beratungsstelle für Krieger- ehrungen in Berlin? Pastor Walther Hoffmann, Chem- nitz, behandelt die kirchlichen Krie- gerehrungen in ganz ausgezeichneter Weise und stellt die vier Forderungen nach Schlichtheit, religiöser Weihe, Wahrhaftigkeit und Individualisie- rung erneut auf. Der verdienstvolle Geschäftsführer des deutschen Bun- des Heimatschutz-Berlin, Dr.-Ing. Walther Lindner, unterzieht „das Sinnbild in der Grabmalkunst" einer sehr interessanten eingehenden Be- trachtung, während Dr. Storck von der Stadt. Kunsthalle in Mannheim auf die Gedenktafeln, deren Beschrif- tung, die Gedächtnisstätten in ihrer Verschiedenheit usw. ausführlich ein- geht. Einen Ausblick auf die Denk- malsfrage gibt Professor Th. Fischer- München und die Erläuterungen der Kriegergräberfürsorge der deutschen Heeresverwaltung sowie die Ueber- sicht über die Beratungsstellen für Kriegerehrungen in Preussen, Bayern, Sachsen und Württemberg bilden den Schluss des textlichen In- halts mit den Anregungen aus alter Zeit, zu denen Dr. Hartlaub-Mann- heim das Geleitwort schrieb. Die mehr als 200 sehr gut wieder- gegebenen Bilder sind nach folgen- den Gesichtspunkten geordnet: Auf- nahmen aus dem Felde, Vorschläge der in die östlichen Kampfgebiete entsendeten Künstlergruppen, Fried- höfe, Grabzeichen aus Holz, Eisen und Stein, Friedhofsmale, Gedenk- tafeln und Anregungen aus alter Zeit. Aus der Fülle der an den Bildertafeln beteiligten Künstler seien hervorzu- heben: Gaul-Berlin, Janssen-Stutt- gart, Lahrs-Königsberg, Paul-Berlin, Seeck-Berlin, Grässel-München, May- Königsberg, Kreis-Düsseldorf, Koch- Hamburg, Behrens-Berlin, Billing- Karlsruhe, Höpp-Dresden, Berndt- München, die Gartenbaudirektoren Weiss-Berlin und Maasz-Lübeck. Das Werk bietet den ersten ge- schlossenen Ueberblick über die ge- samten Kriegerehrungen, einen Aus- blick über die zu leistende Arbeit und deren Einteilung: es bietet aber auch die Gewähr, dass die Arbeit sich auf guter Bahn befindet. Personalnachrichten. Wittmack, Ludwig, Professor Dr. Geheimer Regierungsrat (Berlin), langjähriger Generalsekretär des „Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den königlich preußischen Staaten", feierte am 10. Oktober in stiller Zurückgezogen- heit sein goldenes Doktorjubiläum. Den Doktorgrad erwarb der Ju- bilar auf Grund einer Inaugural- dissertation über Musa Ensete, ein Beitrag zur Kenntnis der Bananen. Vom Präsidium der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft wurden dem verdienten Ehrenmitgliede der Ge- sellschaft die herzlichsten Glück- wünsche ausgesprochen. Cordes, der Schöpfer und Direktor des weltbekannten Ohls- dorfer Zentralfriedhofs, starb am 1. d. M. nach langem Leiden im 78. Lebensjahre, Dannenberg, P., Kgl. Garten- baudirektor, Stadt. Garteninspektor zu Breslau, wurde das Verdienst- kreuz für Kriegshilfe verliehen. Klar, Dominicus, langjähriges Mitglied der Deutschen Gartenbau- Gesellschaft, ist am 22. August im Alter von 78 Jahren verstorben. Kahler, Jonathan, Grossh. Mecklenburg- Schwerin, Hofgarten- direktor a. D. Kgl. Preussischer Unterrichtswesen. 307 Garteninspektor, Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Garten- kunst, Berlin-Lichterfelde, feierte am 19. September seinen 70. Geburtstag, Körner &@><^@><0)@)< e W. 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B. van der Schoot ^^ (früherer Mitinhaber der anfgelösten Firma R. van der Schoot & Sohn) g^ Gartenbau - Etablissement =? Blumenzwiebel- und Staudenkulturen / Grundbesitz 160 Hektar Hillcgom, Holland ^iiiil! Il>;,,,,:'llllllli';,|.,:-""!|||||| "iB <|||| 'I|||||>««!:||| f f A. C. van der Schoot f ^^ früher Mitinhaber der aufgelösten Firma R, van der Schoot &, Sohn pf Hillegom, Holland I Die eigenen Blumenzwiebeln- und Staudenkulturen gehören f f^ zu den besten und grössten Hollands A l'"''.;illll!i.i""".illlllli.."'H.iSi;i."-H.;iB ai!>"''.;iai.""".;!!l!i! ;iib.-h,;siii!i,i..4 Kartoffelnummer. iJBW YORK fcOTANICAL OAtfOHN Protokoll der 1058. Monatsversammlung der D. G. G. am Donnerstag, den 25. Oktober 1917 im grossen Hörsaal der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin, Invalidenstrasse 42. Vorsitzender : Exzellenz Dr. Hugo Thiel. Der zweite Kartoffelabend der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft nach glücklicher Einbringung der Ernte war eine selbstverständliche Folge des ersten, der im letzten Winter als Weckruf und Vorbereitung für eine aus- reichende Kartoffelerzeugung und -Versorgung durch Klein- und Gross- bauern in Berlin stattfand. Jetzt war man gekommen, um zu hören, was alles geschehen sei, um von einer Saatkartoffel oder winzigen Teilen von ihr grosse Ernten zu erzielen, und welcher Art die ^Ergebnisse und Erträge für alle aufgewendete Sorgfalt und Mühen seien. Die Versammlung bot das gleiche Bild wie am ersten Kartoffelabend, über den in der „Gartenflora" 1917, Seite 1 bis 15, eingehend berichtet ist; nur war dieses Mal die Kartoffel- ausstellung weit reicher beschickt und der Andrang von Selbstversorgern und sonstigen Inhabern von Kartoffelkarten um vieles grösser. Der Vorsitzende begrüsste die erschienenen Mitglieder, Gäste und Freunde auf das herzlichste und führte aus, dass es immer noch nicht ganz gewiss sei, wer zuerst die Kartoffel nach Europa gebracht habe. Die Mehr- zahl der Forscher halte den Seefahrer Drake dafür; das würde aber von anderen Seiten bestritten. Wie dem auch sei, derjenige, welcher die Kar- toffel in Europa eingeführt habe, hätte sicher in seinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt, dass diese Pflanze einmal eine so hohe Bedeutung für die gesamte Welt erlangen würde. Anfangs sei die Kartoffel nur als Zier- pflanze angebaut worden, heute aber seien Millionen von Menschen von ihren Erträgnissen abhängig, ja sogar der gegenwärtige Krieg, der grösste, den die Welt je gesehen, hänge von ihrem Gedeihen oder Nichtgedeihen ab. Es sei daher kein Wunder, dass die Kartoffel in unseren Tagen zum Mittel- punkt der Erörterungen gemacht worden sei und dass über ihre Kultur, über die Bedeutung der verschiedenen vorhandenen Sorten und über die Ge- winnung neuer Sorten viel gearbeitet und verhandelt werde. Auch der heutige Kartoffelabend der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft sei ein Beweis dafür, wie gross das Interesse an diesem Gegenstand in den weitesten Kreisen sei. Er spreche seinen Dank besonders denjenigen aus, die durch die interessan- ten Ausstellungen von Produkten und Abbildungen zum Gelingen des Abends wesentlich beigetragen hätten. Ueber die ausgestellten Gegenstände Näheres zu hören, sei gewiss wich- tig, aber da diejenigen Herren, die heute in Vorträgen zu Worte kämen und auf das ausgestellte Material sicher Bezug nehmen würden, bäte er die Herren Aussteller, sich in ihren Erläuterungen möglichst kurz zu fassen. Bevor aber in die Verhandlungen eingetreten würde, möchte er nicht unterlassen, dem hochverehrten Ehrenmitgliede der Deutschen Gartenbau- Gesellschaft, Herrn Geheimen Regierungsrat Professor Dr. L. Wittmack, 310 Protokoll der 1058. Monatsversammlung der D.G.G. noch einmal die herzlichsten Glückwünsche zu seinem goldenen Doktor- jubiläum auszusprechen, das er vor kurzem in alter Frische habe begehen können. Der Jubilar habe sich um die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft die grössten Verdienste erworben. Möchte es ihm vergönnt sein, auch noch weitere Jahre als treues Mitglied inmitten der Gesellschaft und seiner vielen Freunde zu bleiben. Hierauf erhält Herr Professor Dr. Rodenwaldt (Grunewald) das Wort zu einer R o s e n n e u h e i t , die er in drei prächtigen Blumen vorführte. Der Aussteller meinte, die Frage wäre berechtigt: wie denn eigentlich die Rose unter die Kartoffeln komme? Es bestehe aber doch zwischen beiden ein geheimnisvoller Zusammenhang. Das gehe schon daraus hervor, dass eine bestimmte Kartoffelsorte „Frühe Rosenkartoffel" heisse, deshalb, weil sie so früh reife, als die Rosen blühten. So möchte er denn auch seine aus- gestellte Rose eine Spät-Kartoffel-Rose nennen; denn sie besitze ihre herr- lichen Blüten noch dann, wenn die Spätkartoffeln schon geerntet seien. Wenn die augenblickliche Witterung noch länger anhielte, würde sie auch den November hindurch blühen. Sie sei als eine der hervorragendsten Züchtungen der letzten Jahre anzusprechen und stelle sich als ein Sämling von Caroline Testout dar. Der Züchter der Rose sei die Firma van der Schoot in Hillegom bei Haarlem. Er habe ihr den Namen Madame Edouard Herriot gegeben. Die Farbe sei ein wundervolles Gelbrot. Die Knospen wären lang und variierten in der Blütezeit in drei verschiede- nen Farben. Sie sei zur Anpflanzung nur zu empfehlen. Herr Kgl. Hoflieferant Emil D i e t z e (Steglitz) hatte prachtvolle Chrysanthemen, Primula chinensis, einen Strauss Veilchen der Sorte „La France" und einen gurkenähnlichen Kürbis ausgestellt. Herr Dietze be- merkte, dass es seine Absicht gewesen sei, durch diese Blumenvorführung einen freundlichen Zug in die Verhandlungen zu bringen. Die Primeln seien in kleinen Töpfen ausschliesslich zu dem Zwecke gezogen worden, damit sie in dem nur schmalen Raum zwischen den Doppelfenstern der Liebhaber bequem aufgestellt werden könnten. Bei dieser Kultur müsse eine be- sonders gute Erde verwendet werden. Am besten empfehle sich gut ver- rottete Lauberde und die Benutzung eines Topfes, der schon einmal gärtne- risch gebraucht worden sei. Primeln in ganz neue Töpfe zu stellen, habe sich als fehlerhaft herausgestellt. Die Säure der Tonerde, die sich in solchen Blumentöpfen entwickle, wirke für die Primeln schädlich. Das grosse wohlriechende Veilchen der Sorte „La France" habe er mit- gebracht, um zu zeigen, dass es sehr wohl ohne Einführung ausländischer Blumen ginge. Die Nachfrage nach solchen Blumen sei sehr gross. Endlich hielt Herr Dietze den mehr gurkenähnlichen Kürbis hoch, der nicht an Ranken, sondern unmittelbar an dem Busche selbst wächst, von aus- gezeichnetem Geschmack sein soll und sich besonders gut als Ersatz für Schmorgurken verwenden lässt. Kühl aufbewahrt hält sich dieser Kürbis, bis in den März und April. Er empfahl allen Frauen, sich mit diesem Kürbis reichlich zu versehen. Er verursache keinerlei Mühen und Kosten in bezug auf die Aufbewahrung und verpflichte alle Verzehrer zu lebhaftem Dank. Das Preisgericht, bestehend aus den Herren: Gurk, Sasse, Riemann und Mehl sprach Herrn Dietze für seine Ausstellung den Monatspreis zu. Protokoll der 1058. Monatsversammlung der D. G. G. 311 An Kartoffelsorten waren ausgestellt: a. Von Herrn Obergärtner Quart (von Borsigsche Gartenverwaltung) Tegel-Reiherwerder, die Sorten: Ella, Professor Wohltmann, Magnum bonum, sämtlich nach der gewöhn- lichen Kulturmethode aus Knollen gewonnen, und Magnum bonum aus Stecklingen gezogen. Zu der Stecklingskultur bemerkte Herr Quart, dass er am 20. März die Saatknollen zur Gewinnung von Stecklingen im Gewächshaus ausgelegt und gleich darauf mit Erde zugedeckt habe. Nach kurzer Zeit schon hätten die Knollen kräftige Triebe gezeigt. Diese Triebe wurden zur weiteren Ver- wendung abgeschnitten, doch so, dass noch ein Auge stehen blieb. Nach kurzer Zeit hätte auch dieses Auge ausgetrieben und wäre ebenfalls ge- schnitten worden. Unter Fortführung dieser Methode habe er von jeder aus- gelegten Saatknolle acht bis zehn gut verwendbare Stecklinge gewonnen. Diese Stecklinge habe er auf einem Beet in reinen Sand gesteckt; dort hätten Abb. 34. Teilansicht der Kartoffel- Ausstellung auf der 1058. Monatsversammlung der D G. G. am 25. Oktober 1917. Tachyphot. sie sich in 14 Tagen gut bewurzelt, um dann in einen kalten Kasten ge- pflanzt zu werden. Es ist gut, sie anfangs geschlossen zu halten, später aber müsse genügend Luft zugeführt und eine gewisse Abhärtung vorgenommen werden. Auf diese Weise hätten sich die Stecklinge bei ihm sehr gut entwickelt. Die kräftigsten Exemplare habe er dann noch einmal gestutzt und auch diese Köpft wieder als Steck- linge benutzt. Ende Mai seien die fertigen Pflanzen auf 40 qm guten Garten- boden in einem Abstand von 35 cm ausgepflanzt worden. Es wäre besser, -diese Entfernung grösser zu bemessen. Während der anhaltenden Trocken- heit seien die Stecklinge einige Male gegossen; im grossen und ganzen wären sie sich selbst überlassen geblieben. Am 15. Oktober seien von diesen 40 qm 165 kg, und zwar nur grosse Knollen geerntet worden. Ein zweiter Satz sei Anfang Juli auf 36 qm Sandboden ausgepflanzt und sofort an- 312 Protokoll der 1058. Monatsversammlung der D. G. G. gegossen worden. Von dieser Fläche wären 75 kg durchweg gute Knollen eingebracht. Er könne hiernach das Stecklingsverfahren nur empfehlen. b. Herr Franz Rochau (Berlin) führte unaufgebrauchte Mutter- knollen vor, die im Frühjahr 1917 als Saat in einen guten Mittelboden gebracht worden wären. Seiner Ansicht nach sind diese übersommerten, unversehrten Kartoffeln für die menschliche Ernährung wertlos. Auch für Brennereizwecke und zur Stärkefabrikation seien sie nicht mehr geeignet. Man müsse sich nur darüber wundern, dass diese Saatkartoffeln auch nicht eine Spur von Vergänglichem an sich zeigten und noch einen Stärkegehalt von drei bis sieben Prozent aufwiesen. Er führe das auf die schon sprichwört- lich gewordene Heilkraft des Sandes zurück. Hätte man derartige Kartoffeln bei ihrem seltenen Vorkommen in früheren Jahren fortgeworfen, so solle man sie jetzt unter allen Umständen sammeln und als Viehfutter verwenden. Die Stauden, welche aus diesen Mutterknollen hervorgegangen seien, hätten eine gute Entwicklung gezeigt, wären sehr lange grün geblieben und hätten eine Durchschnittsernte gebracht. Herr Rochau weist sodann noch auf die auffällige Erscheinung hin, dass in diesem heissen Jahre sich häufig fest in den Blattwinkeln verwachsene Knöllchen gezeigt hätten, die dort genau so wie ein Apfel oder eine Birne an einem Fruchtstiel festsassen. Hätte man solche Stauden, die kräftig und ge- sund aussahen, auf ihren Knollenansatz im Erdboden untersucht, so hätte sich gezeigt, dass Knollen- und Stolonenbildung vollständig fehlten; die Mutterknolle jedoch, die als Saatknolle im Frühjahr in den Boden gelegt worden sei, wäre fast viermal so gross geworden. c. Herr Kgl. Garteninspektor Weber (Spindlersfeld) führte zu seinen Stecklingskartoffeln der Sorte „Ideal" folgendes aus: Bereits vor vielen Jahren, wenn es sich darum handelte, neue im Handel erschienene Kartoffelsorten für künftige Saatzwecke stark zu vermehren, habe ich meine Zuflucht zum Stecklingsverfahren genommen; so habe ich seinerzeit Richters Imperator, Richters Kurzkrautige, Reichskanzler, Professor Maercker und andere Sorten auf diese Weise in Vermehrung genommen und gute, mich zufriedenstellende Erfolge damit erzielt. Als in diesem Frühjahr die Not, Saatkartoffeln für Frühertrag zu erhalten, zutage trat, konnte ich nach langem Bemühen von einem Bekannten 43 Stück Frühkartoffeln von der Sorte Ideal in nur kleinen bis mittelgrossen Knollen im Gesamtgewicht von drei Pfund auf- treiben. Mitte März pflanzte ich die Knollen in Töpfe, etwas tief, und stellte diese im Weinhause zum langsamen Antreiben auf. Ich pflanzte deshalb tief, weil der unterirdische Teil des jungen Triebes gleich seitlich Wurzeln schlägt, und ich nicht erst nötig hatte, die Stecklinge in ein Warmbeet zu bringen, sondern die abgetrennten, jungen Triebe bewurzelt in Töpfe pflanzen konnte, die auf einem nur lauwarmen Kasten freudig anwuchsen und bald durchwurzelten. An Luft und Sonne gewöhnt, nach Bedarf gegossen, kamen die Pflanzen dann bald in einen vollständig kalten Kasten, wo bei schönem Wetter die Fenster am Tage abgehoben wurden. Gestutzt und nochmals abgesteckt habe ich die jungen Pflanzen h i c h t. Am 1. Juni (bis dahin hatten wir des Nachts immer noch Reif) habe ich die Stecklinge im Freien aus- gepflanzt, und zwar in unserem sandigen Gartenboden, auf welchem früher Gemüse angebaut worden ist. Die Trockenheit war zu dieser Zeit Protokoll der 1058. Monaisversammlung der D.G. G. 313 bereits so gross, dass vor dem Umgraben des Bodens erst der Wasser- schlauch aufgestellt werden musste, um ein Unterbringen von Dünger und eine Bestellung des Landes zu ermöglichen. Die Setzlinge wurden gut an- gegossen und so behandelt, wie wir Gärtner es gewöhnt sind, unsere Ge- müsepflanzungen zu behandeln, das heisst, es wurde bei Trockenheit ge- gossen, bzw. das Land mit dem Gartenschlauch gespritzt, zur rechten Zeit gehackt, vom Unkraut frei gehalten und später angehäufelt. Leider ist von den Setzlingen bei der enormen Hitze und Sonnenglut wohl so ziemlich der vierte Teil der Pflanzen trotz aller Bewässerung buchstäblich verbrannt und kamen bei der Ernte nicht mehr in Betracht. Die Pflanzung nahm einen Raum von 150 Quadratmetern ein, die 43 Stück Mutterknollen mit ein- gerechnet. Am 15. Oktober (es lag mir daran die Knollen als Saatgut aus- reifen zu lassen) habe ich gebuddelt und ein Ertrag von 100 kg schöner, zum Teil sehr grosser Knollen erzielt. Ich meine wohl, dass der Erfolg Aufgenommen von Herrn Tutenberg (Altana). Abb. 35, Fertige Stecklingspflanzen der Sorten: Brunstorfer. Atlanta. Magdeburger. wert ist, dass man davon spricht. Ich habe meine Erfahrungen nur deshalb hier zur Sprache gebracht, weil verschiedenerseits in Fachblättern über die Anzucht der Kartoffeln aus Stecklingen abfällig geurteilt worden ist. Freilich wird diese Art der Anzucht für den grossen Feldbau kaum in Fage kommen, es sei denn, dass wir ein ganz eigenartig günstiges Jahr hätten. Diese An- zuchtsmethode gehört dem Gärtner und unter Umständen, wenn die Be- dingungen dazu erfüllt werden, auch dem Laubenbesitzer, der sich bekannt- lich keine Mühe verdriessen lässt. d. Herr Kgl. Oberhofgärtner Kunert (Sanssouci) bemerkte zu seinem reichhaltigen Sortiment folgendes: Im Herbste 1916 fiel mir an meinen Kartoffeln eine überraschend grosse Zahl von Samenkapseln auf. Ich Hess sie in der Voraussicht sammeln, dass auch sie zur Bestellung unserer Kartoffelflächen beitragen könnten. Für Stecklingsanzucht wurde im Winter und zeitig im Frühjahr reichlich ge- worben; aber Hinweise darauf, dass auch eine Anzucht von Kartoffeln aus Samen ergiebig sein könne, war nicht zu entdecken. Ich habe nun aus dem 314 Protokoll der 1058. Monatsversammlung der D.G.G. selbstgewonnenen Kartoffelsamen, den ich Mitte April aussäte, Sämlinge her- angezogen und diese am 26. Mai ins freie Land ausgepflanzt. Keiner der Sämlinge hat weniger als 20 gut ausgebildete, in ihrem Geschmack tadel- lose Kartoffeln gebracht. Der Durchschnittsertrag betrug 30 Knollen: einige haben 40, und einige, die sich selbst überboten haben, sogar über 60 gebracht. Ich möchte deshalb raten, auch diese Kultur aus Samen in Zukunft weiter zu betreiben, um das Vorurteil zu beseitigen, als brächten solche Samenkulturen im ersten Anbaujahre stets nur'kleine und erst in späteren Jahren ent- sprechend grössere Kartoffeln. Legt man den Kartoffelsamen im April in einen warmen Kasten, so geht er bereits nach sechs bis acht Tagen auf; dann müssen die kleinen Sämlinge in einer Entfernung, dass sie sich nicht behindern, pikiert und Ende Mai ins freie Land gepflanzt werden. Meine Sämlingskulturen waren bereits am 20. Juni so gut entwickelt, das sie zum ersten Male behäufelt werden konnten; die zweite Behäufelung geschah drei Wochen später, da sich das Kraut sehr stark entwickelt hatte. Wasser er- hielten die Sämlingspflanzen trotz der grossen Trockenheit nur zweimal. Besonders zu bemerken ist, dass die Knollen der Sämlingspflanzen etwas später zur Reife gelangen als die aus Saatknollen hervorgehenden. Das Sämlingsverfahren kann also immer nur für eine spätere Versorgung in Frage kommen. Es ist dann aber um so lohnender. Auch den Ertrag einer Versuchskultur mit Reismelde in Höhe von 595 g, gewonnen von /^ qm, hatte Herr K u n e r t ausgestellt und glaubt, dass bei richtiger Kultur auch von dieser Pflanze eine für die menschliche Ernäh- rung geeignete Frucht gewonnen werden kann. Von anderer Seite wird darauf hingewiesen, dass die Meinungen über Güte und Verwendungsfähig- keit der Körner der Reismelde sehr geteilt seien. Viele wollen den Samen nur als gutes Geflügelfutter gelten lassen. In gedämpftem Zustande soll er von Tieren sehr gern gefressen werden. Am besten werde er, wenn man ihn zwischen gedämpfte, weisse Futterrüben mischt. Nach der Mitteilung der Kgl. Saatzuchtsanstalt in Hohenheim sollen damit an einigen Stellen gute Erfahrungen gemacht sein. Dort sind im eigenen Anbauversuch von sieben Pflanzen im ganzen 875 g, d. h, von einer Pflanze durchschnittlich 125 g, ge- erntet. Herr Landesökonomierat Siebert in Frankfurt am Main hat berichtet, dass bei einem Anbauversuch von 1 qm sogar IK kg reiner schwerer Same ge- erntet worden sei. Es wäre aber verfehlt und verfrüht, aus diesen tastenden Versuchen jetzt schon Schlüsse auf den Anbau im grossen zu machen und daraus Empfehlungen abzuleiten. Immerhin sei die Reismelde der Prüfung wert. Die Reismelde stammt von den Gebirgsländern von Chile und Peru und wird dort noch in einer Höhe von über 3000 m als eine der wichtigsten Getreidepflanzen gebaut. Unter günstigen Wachstumsbedingungen wird sie L'i' bis 2 Meter h^ch, hat kräftigen standfesten Stengel und ungewöhnlich reichen Blüten- und Fruchtansatz. Die hellgelben Samen sind sehr klein. Sie ersetzen in Südamerika vielfach den ostindischen Reis; sie werden in Wasser oder Milch gekocht und schwellen wie Sago auf. Man überbrüht den Samen mit kochendem Wasser, lässt 15 Minuten heiss ziehen, giesst das Brühwasser weg und kocht den Samen eine Stunde in Milch, Fleisch- brühe oder schwach gesalzenem Wasser. Der Same kann auch gemahlen werden; das Mehl wird in ähnlicher Weise wie das unserer Getreidearten verwendet zur Herstellung von Backwaren, Puddings usw. Erwähnt Protokoll der 1058. Monatsversammluns der D.G.G. 315 sei noch, dass das Wild die Pflanze mit Vorliebe äst. Die Zusammen- setzung der Samen nähert sich nach Professor Remy (Bonn) der des Maises. Nach Angaben des Nahrungsmittelchemikers Dr. M. Issleib (Magdeburg), der seit Jahresfrist mit grossem Nachdruck für den Anbau der Reismelde eingetreten ist, übertrifft die Reismelde im Nährwert die Getreidekörner einschliesslich Mais und Reis und nähert sich den Hülsenfrüchten. Die Pflanze ist einjährig und reift in etwa vier Monaten Entwicklungs- zeit aus. Was Düngung anbelangt, ist die Reismelde anscheinend besonders dankbar für Düngung mit Kalirohsalzen, also mit Kainit zum Beispiel, da- neben kann Stallmist als Grundlage dienen. Die Saat erfolgt Ende April oder Anfang Mai, und zwar entweder in kalte Mistbeete oder Kistchen oder direkt ins Freiland. Remy hat mit dem Verpflanzen keine guten Erfahrungen gemacht, andere Versuchsansteller haben darüber nicht zu klagen. Das Verpflanzen erfolgt Ende Mai. Bei der direkten Aussaat ins Freiland legt man in 50 cm entfernten Reihen alle 40 cm an eine Pflanzstelle zwei bis vier Samenkörner. Auf 1 qm gehen also fünf Pflanzen. Der Same darf aber kaum mit Erde bedeckt werden. Kommt er zu tief zu liegen, so geht er nicht auf. Bei Alussaat ins Freiland wird, wenn die Pflanzen handhoch geworden sind, verzogen, so dass auf einer Pflanzstelle nur ein bis zwei Pflanzen stehen. Die ausgezogenen Pflanzen können zum Ausfüllen von Lücken oder zum Bepflanzen von reservierten Flächen benützt werden. Auch nach Früh- kartoffeln oder Wintergerste soll Reismelde noch reif werden. Durch Hacken und Jäten ist das Unkraut zu beseitigen. Achtgeben muss man dabei, dass man die Reismelde nicht als Unkraut ansieht. Es empfiehlt sich, das Land vor der Saat sorgfältig herzurichten. Die Ernte wird vorgenommen, sobald die Samen hart geworden sind und sich beim Reiben zwischen den Fingern leicht aus den Hüllen entfernen lassen. Nach bisherigen Beobachtungen hatte die Pflanze, besonders auf schlechtem Boden, etwas unter Blattläusen zu leiden; auch Vögel stellen sich als Liebhaber der Samen ein. e. Herr Franz Kriener, Vorsitzender des „Verbandes der Lauben- kolonisten Berlins und Umgegend", übergab einen Karton mit Kartoffeln, die aus vorgekeimten Kartoffelabschnitten in Mahlsdorf geerntet waren. Die Abschnitte stammten von Kartoffeln, die er als Speisekartoffeln geliefert erhalten hatte. Sie wogen 25 bis 30 g und wurden in einem un- geheizten Zimmer am Fussboden auf einer dünnen Schicht leichten Bodens zum Vorkeimen ausgelegt. Diese Abschnitte trieben Keime von 2 cm Höhe in Bleistiftstärke; sie waren braungrün, Wurzelansätze fanden sich nur vereinzelt vor. Diese Abschnitte wurden in schwach gedüngten, sonst aber guten Boden gebracht. In vier Reihen wurden im ganzen 16 qm damit bepflanzt. Die Abschnitte wurden in Furchen gebracht und mit loser Erde bis zur Höhe der Keime be- deckt. Die Abstände betrugen 25 cm. Nach sechs Tagen schon waren die Keime gut vorgetrieben; sie waren nach weiteren drei Wochen zu Pflanzen von 15 cm Höhe geworden, aufs beste entwickelt. Erst jetzt kamen die anderen zu gleicher Zeit ausgelegten Kartoffeln zum Vorschein. Die Stauden der vorgekeimten Kartoffeln waren anfangs schwach, sie kräftigten sich Ende August und erlangten schliesslich die gewöhnliche Stärke. Das Resultat der Ernte von 5 qm Fläche betrug 2'-' Pfund des Saatgewichtes, die einzelnen Kartoffelstauden waren im Durchschnitt mit acht Kartoffeln besetzt; es be- 316 Kartoffelbau- Erfahrungen im vierten Kriegsjahr. fanden sich darunter aber auch solche bis zu 16 Kartoffeln. Das Gesamt- gewicht von 5 qm betrug 26 Pfund, also etwa den zehneinhalbfachen Er- trag, Die Kartoffeln waren sämtlich nur von durchschnittlicher Grösse. f. Frau J a n i c k e aus Klötze in der Altmark hatte aus Knollen geern- tete „Professor Wohltmann" eingesandt, die in gutem Boden fast nur grosse Kartoffeln von je K- Pfund Gewicht gebracht hatten. g. Herr Gärtnereibesitzer Beuster (Lichtenberg), hatte vorzüglich ausgebildete weisse Kartoffeln der Sorte „Hafsina" und eine neuere Sorte „Blaue Odenwälder" ausgestellt. Diese scheint ganz besonders für märkische Anbauverhältnisse empfehlenswert. h. Herr Kgl. Gartenmeister Riemann (Tiergartenmühle) führte in einer Sonderausstellung die Sorte „Auf der Höhe" vor, die von vielen im Er- trag und im Geschmack allen anderen Sorten vorgezogen wird. Die „Städtische Parkverwaltung Humboldthain" (Berlin) führte in einer Sonderausstellung folgende Ergebnisse vor: Ertrag von Sämlingskartoffeln aus dem Plänterwald Sämling Nr. I Ertrag 1500 g Nr. II „ 1180 g Nr. III (320 Stück) .... „ 1300 g „ Nr. IV „ 1090 g Nr. V „ 900 g Von einem Kopfabschnitt von Magnum bonum (Saatauslese) wurden als Höchstertrag insgesamt 3860 g geerntet. Ein zweiter Kartoffelabschnitt brachte 2000 g. Drei Kartoffelstauden in Kästen aus der Gärtnerei in Blankenfelde, auf denen Tomaten gepfropft waren, zeigten über und unter der Erde wohlausgebildete Früchte. Kartoffelstecklinge. Anbau im Jahre 1917. z 1 Sorte VI Q Saat- gut kg 41 t/) C.E Datuin des AuspHanzens Pflanz- weite cm Be- pflanzte Fläche qm c n c — -a a 3 3W < ü c C 3 Er- trag insge- samt kg Ertrao pro Staude kg Ertrag pro qm Anbau- fläche kg 1 1 1 1 Atlanta . . . , 8.3. 8.3. 2 2 31 712 45 '■ 675 28.5, 28.5. 40x50 40x50 142 561 135 439 ! 151 27 0,179 236' 80 0,339 0,190 0,593 2 Gertrude . 3 Auf der H öhe . . 8.3. 2 25 517 28.5. 40x50 103,4 232 285 100 0,351 1 0,967 4 Dabersche 1916. 9.3. 2 49 378 29.5. 40x50 75,6 136 242 115 0,475 1. 1,521 5 1 Dabersche 1915. 9.3. 2 58 328 29. 5. 40x50 65,6 140 188 75 0,398 1,143 die 22,1 107, Dabersche 1915 ist schon das drittemal durch Stecklinge vermehrt worden, übrigen Sorten das zweitemal. Die Niederschlagsmengen betrugen in den Monaten Mai und Juni 1917 = mm, in den Jahren 1913—1916 = 56,2 mm bzw. 162,9 mm bzw. 28,5 mm bzw. 1 mm Regen. Kartoffelbau- Erfahrungen im vierten Kriegsjahr. Vortrag auf dem zweiten Kartoffelabend der Deutschen Gartenbau-Gesell- schaft am 25. Oktober 1917. Von Herrn Stadtgartendirektor Brodersen, Berlin. Meine Damen und Herren! Im Frühjahr haben wir uns an dieser Stelle darüber unterhalten, wie dem Mangel an Saatkartoffeln abgeholfen werden könne. Jetzt werden wir Betrachtungen darüber anstellen, welche Ergeb- Kartoffelbau- Erfahr angen im vierten Kriegsjahr. 3J7 nisse das verwendete Saatgut: Knollen, Stecklinge, Schnitt- linge, Keimlinge und Samen gezeitigt hat. Zuvor möchte ich bemerken, dass die Sorge im Frühjahr, Saatkartoffeln für den Kleingartenbau zu bekommen, vermindert wurde durch Lieferung von Saatkartoffeln an die Kleingartenbesitzer, die den Landwirten entzogen wurden. )Es scheint, als ob die warme Witterung mit zeitweiligen genügenden Regenmengen in manchen Gegenden in Deutschland diesen Abstrich an Saatkartoffeln den Landwirten nicht so fühlbar gemacht hat, wie im Früh- jahr befürchtet wurde. Trotz dieser vermehrten Abgabe von Saatkartoffeln an Gartenbesitzer sind doch viel Versuche mit dem Anbau von Kartoffeln als Ersatzsaatgut vorgenommen worden. Die städtische Parkverwaltung in Berlin hat wohl zuerst die Vermehrung der Kartoffeln durch Stecklinge als Kriegsmassnahme in grösserem Umfange unternommen. Ich habe hier- Atlanta Abb. 36. Magdeburger Ergebnisse der Versuche von Herrn Tutenberg in Altona. Steckling Steckling gesteckt am. . . 2. Mai gesteckt am 18. April gepflanzt am . . 1. Juni ausgepflanzt am 13. Mai geerntet am . . . 14. August geerntet am 14. August 20 Knollen 995 g. 10 Knollen 450 g. über im vorigen Jahre eingehend berichtet und den Beweis erbracht, dass es bei gutem Boden und genügender Feuchtigkeit möglich ist, durch die Stecklingsvermehrung befriedigende Erträge zu erzielen. Ich habe aber auch bemerkt, dass ich solche guten Erfolge nur für erreichbar ansehe, wenn Boden und Witterung günstig sind. Die in diesem trockenen Jahre gemach- ten Erfahrungen lauten über die Erfolge der Kartoffelvermehrung durch Stecklinge nicht einheitlich gut. Lage und Boden geben hierfür den Grund. Wir werden nachher noch über die Kartoffelvermehrung durch Stecklinge und über erzielte Resultate weiteres hören. In der städtischen Gärtnerei sind in diesem Jahre keine umfangreichen Versuche mit dem Anbau von Kartoffeln durch Stecklinge durchgeführt, weil anzunehmen war, dass diese Versuche an vielen Orten angestellt würden. Ich bin von der Meinung ausgegangen, dass neben der Kartoffel- vermehrung durch ganze Saatknollen, die sicher immer an erster Stelle stehen wird, solche Vermehrungsmethoden angewandt werden müssen, 318 Kartoffelbau-Erfahrungen im vierten Kriegsjahr. die der Gartenbesitzer ohne grosse Mühe und ohne grosses Risiko durchführen kann. Dahin gehört 1. die Vermehrung durch Teilung der Knollen, 2. die Verwendung kleinster Knollen und 3. von Augen mit einem Teil der Kartoffel. Wie Sie wissen, habe ich empfohlen, von den Esskartoffeln die Köpfe mit den besten Augen abzuschneiden und diese als Saatgut zu verwenden. Von anderer Seite ist empfohlen, die ganze Kar- toffel anzukeimen und die angekeimten Augen, nachdem sie kleine Wurzeln gebildet haben, von der Knolle zu lösen und diese als Saatgut zu verwenden. Beide Arten der Vermehrung kann der Gartenbesitzer ohne zu grosse Mühe ausführen; besonders das Abschneiden der Kartoffelköpfe erfordert wenig Arbeit und kann den ganzen Winter hindurch geschehen. Das Aus- keimen der ganzen Kartoffel und das Ausschneiden der ausgekeimten Augen macht schon mehr Arbeit und erfordert grössere Sorgfalt bei der Be- handlung. Die grösste Vermehrungsmöglichkeit aber ist durch die Ver- mehrung durch Samen gegeben. Diese Vermehrung ist jedoch durch den Gartenbesitzer, der keine Frühbeete hat, nicht gut auszuführen. Eine weitere Streckung des Saatgutes kann durch weite Pflanzung der Saatknollen und durch Arbeit und Dung erreicht werden. Die Stecklingspflanzen, die in der Parkverwaltung ausgepflanzt wurden, haben in diesem Jahre von der Pflanze durchschnittlich 0,761 kg, im Vorjahre 0,204 kg ergeben. Von den Kopfabschnitten, die mir von den städtischen Kranken- und Pflegeanstalten geliefert wurden, habe ich 7400 kg an Kleingartenbesitzer zum Preise von 0,80 Mark für 5 kg abgegeben. Wie mir über die Resultate dieser Vermehrung berichtet worden ist, sind die Abnehmer zufrieden ge- wesen. Aus Berichten in den Fachzeitungen habe ich zu meiner Freude er- sehen, dass dieses Verfahren grosse Anwendung gefunden hat, und dass die Versuchsansteller durchweg über gute Erfolge berichten konnten. Sicher sind nicht alle Kartoffelsorten für diese Vermehrung geeignet. Weitere Versuche müssen zeigen, mit welchen Sorten befriedigende Er- gebnisse erzielt werden können. Mein grösstes Versuchsfeld war das mit Kartoffelsämlingen. Den Samen erhielt ich von der Firma J. C. Schmidt aus Erfurt. Herr Direktor Lüders sagte mir, dass er von Sämlingen meist grosse Kartoffeln geerntet habe, während Herr Dr. Hillmann, Geschäftsführer der Deutschen Land- wirtschafts-Gesellschaft, sagte, die Kartoffelsämlinge lieferten im ersten Jahre meistens nur haselnussgrosse Knollen. Es mag der Unterschied in diesen Meinungen wohl darin bestehen, dass die Gärtner den jungen Pflanzen im allgemeinen mehr Sorgfalt zuwenden wie die Landwirte. Ich habe von den Kartoffelsämlingen nachstehende Resultate erzielt: Es sind geerntet worden von 287 qm Fläche = 381 kg Kartoffeln (weiss, rot und blau). Hiervon sind 271 kg Esskartoffeln und 110 kg kleine Futterkartoffeln. Ein Sämling brachte 1500 g Knollen, ein anderer 1300 g. Durch 320 Stück Knollen, das ist von jeder Pflanze durchschnittlich 0,281 kg und von der Landfläche auf jeden qm 1,328 kg; auf den Morgen berechnet ergibt sich ein Ertrag von 66 Zentner und 37^^ Pfund. Alle Pflanzen, ganz gleich, ob die Ver- mehrung geschah durch Stecklinge, Schnittlinge, Keimlinge oder Sämlinge, wurden auf nicht besser gedüngtem und bearbeitetem Land gepflanzt, wie solches für den Anbau von Kartoffeln aus guten Mutterknollen verwendet wurde. Kartoffelbau-Erfahrungen im vierten Kriegsjahr. 319 Schon im vorigen Jahre wurden in der städtischen Gärtnerei einige Kartoffeln mit Tomaten veredelt. (Siehe Gartenflora 1916, Seite 348.) Es zeigte sich, dass diese Pflanzen nicht nur reichlich Kartoffel- knollen ansetzten, sondern dass auch die Tomaten auf den Kartoffelpflanzen wohlausgebildete Früchte trugen. In diesem Jahre ist der gleiche Versuch gemacht, und es hat sich gezeigt, dass der Gartenliebhaber durch diese Spielerei erfreuliche Resultate erzielen kann. Erwähnen möchte ich noch den vergleichenden Anbauversuch mit Kar- toffeln, die gehäufelt worden sind mit solchen ohne Häufelung. Herr Dr. Störmer (Stettin) sagte in seinem Vortrage auf dem ersten deutschen Kartoffeltag am 20. Februar 1917 zu Berlin: „Das Behäufeln der Kartoffeln sei ein notwendiges Uebel. Die Versuche zeigen, dass die nicht behäufelten Kartoffeln weniger Knollen liefern wie die unbehäufelten." Ich glaube, diese Erfahrung durch meinen Versuch bestätigt gefunden zu haben. Ein genauer, zahlenmässiger Beweis Hess sich nicht erbringen, weil von den Kartoffelstauden gestohlen wurden. Augenscheinlich waren die Knollen der nicht behäufelten Pflanzen besser entwickelt. Weiter habe ich zwei Anbau- versuche angestellt mit Kartoffeln, (Erbsen und Bohnen: a) jede Art für sich allein, b) Kartoffel mit Erbsen- und Bohnenreihen dazwischen. Bei einem Versuch mit Paulsens Nieren brachten die Stauden mit Zwischenbau auf 35,42 qm einen Mehrertrag von 13 kg. Bei einem anderen Versuch mit der Sorte „Tischgespräch" lieferte die 35,42 qm Versuchsfläche mit dem Zwischenbau von Erbsen und Bohnen ein Mehr von 7 kg. Zu bemerken ist, dass die Erbsen sich sehr schlecht entwickelten, so dass sie für die Erhöhung des Kartoffelertrages nicht in Betracht kommen können. Die Erbsen wurden, ehe sie reif waren, von den Vögeln aufge- fressen. Das Gülichsche Kartoffelanbauverfahren, nach dem auf je 1 qm nur eine Knolle gelegt wird, habe ich auch angewendet. Im Garten sind hierdurch bei Saatgutknappheit gute Resultate zu erzielen, wenn die Arbeits- kraft, die dieses Verfahren erfordert, nicht in Rechnung gestellt zu werden braucht. 46 qm, auf die 3426 g Saatgut ausgelegt waren, brachten 69 300 g Er- trag; d. h. 1506,5 g je Quadratmeter oder 75 Zentner und 34 Pfund vom Morgen. Die anliegenden Tabellen geben über die Erträge im einzelnen Auskunft. Das Ergebnis meiner Versuche ist: Die besten Resultate geben gut ausgereifte mittelgrosse Saatkartoffeln; sind diese nicht zu beschaffen, so ver- wendet man Kartoffelkopfabschnitte und keimt diese vor dem Auslegen an. Mit gutem Erfolge sind auch die von an Tageslicht vorgetriebenen Knollen gewonnenen Kartoffelkeime mit wohlausgebildetem Kartoffelkraut mit einem Stück der Mutterknolle zu verwenden. Dann folgen kleine Kartoffeln von 10 bis 15 g, die vor dem Auslegen angekeimt sind. Erst nach diesem Saat- gut kommen bei mir die Kartoffelsämlinge, das Gülichsche Anbauverfahren und die Kartoffelstecklinge für die Kartoffelsaatgutstreckung in Frage. Herr Königl. Gartenbaudirektor Tutenberg (Altona): Meine Herren! Die von Herrn Direktor Brodersen soeben vorgetragenen Resultate über das Abschneiden der Kopfstücke kann ich nur unterstreichen. Wenn Herr Brodersen dann aber anführt, dass das Stecklingsverfahren sich weniger bewährt, dass viele Stecklinge vertrocknet, andere aber ge- 320 Kartoffelbau-Erfahrungen im vierten Kriegsjahr. wachsen sind und gute lErträge brachten, so ist dies der Beweis dafür, dass ein Teil der Stecklinge richtig, der eingegangene Teil aber unrichtig be- handelt ist. Dieser Umstand gibt zu denken. Das Resultat unserer Ver- suche im IX. Korpsbezirk ist ein durchschlagender Erfolg zu nennen. Was bei uns möglich war, kann auch in Berlin möglich sein, wenn nur der Wille da ist. Aber selbst dann, wenn von hundert Pflanzen nur zehn gewachsen wären, möchte ich behaupten, diese Methode ist empfehlens- w^ert; wo sie keinen Erfolg brachte, ist sie falsch angewandt. Herr Brodersen verkennt wohl den Zweck unserer Versuche mit Keim- lingen und Stecklingspflanzen. Er spricht nur von einer einmaligen Streckung des Saatgutes; wir gehen weiter und wollen durch das Keim- lingsverfahren das Saatgut verfünffachen, durch das Stecklingsverfahren verzwanzigfachen, d. h. 1000 Kartoffeln = 1000 Köpfe, 1000 Kartoffeln =. 5000 Keimlinge, 1000 Kartoffeln = 20 000 Stecklingspflanzen. Nicht die Sucht, etwas Neues zu bieten, war unser Ziel, sondern gewappnet und vorbereitet zu sein, wenn einmal eine wirkliche Kartoffelnot und ein Saatgut- mangel eintreten sollte. Nehmen wir an, dass der Augenblick einträte, dass nur ein Zehntel des benötigten Saatgutes verfügbar wäre : könnten wir dann durch Kopfabschnitte den Bedarf decken? Nein, wir müssten andere Wege gehen und eine tatsächliche intensive Vermehrung des Saatgutes, wie es das Keim- lingsverfahren und die Stecklingspflanzenanzucht bieten, anwenden. Der Beweis ist erbracht, dass letzteres geht. Die diesjährigen umfangreichen Versuche in unserem Korpsbezirk haben aufklärend gewirkt; der Anbau im nächsten Jahre hat den Vorteil, dass viele Fehler des vergangenen Sommers vermieden und die Kultur vereinfacht und verbilligt "werden kann. Welche Fehler sind nun gemacht worden? Ich stelle fest, dass viele Misserfolge durch folgende Fehler entstanden sind: 1. durch nicht genügend vorgekeimte Keimlinge, 2. durch die Kultur der Stecklinge in zu warmen Gewächshäusern, 3. durch die Behandlung in Töpfen, die gar zu leicht ein Verfilzen der Wurzeln und eine Beeinträchtigung der Knollenbildung bedeutet, 4. durch zu frühen oder zu späten Beginn der Kulturarbeiten; ersteres zwang den bereits fertigen Pflanzen einen Stillstand auf, denn die Witterung erlaubte das Auspflanzen noch nicht; letzteres aber hatte schon ein Nachlassen der Vegetation zur Folge. Wenn wir erfolgreich weiterarbeiten wollen, müssen wir diese Fehler für die Zukunft vermeiden. Wir haben es hier nicht mit Geranien- und Fuchsienstecklingen zu tun, sondern mit Kartoffelpflanzen. Wir müssen die Zeit der Staudenbildung als Norm nehmen; ist diese beendet, so muss auch die Kartoffelpflanze fertig sein, also nehmen wir die Zeit April bis Ende Juni. Spätere Pflanzung hat, wie die Praxis zeigt, ein Nachlassen der Staudenbildung und somit auch des Ertrages im Gefolge. Wir müssen billiger, rationeller und sicherer arbeiten und ohne Töpfe. Wie Gemüsepflanzen müssen die Stecklingspflanzen der Kartoffel be- handelt werden. Solange Saatgut zur Verfügung steht, wollen wir uns darauf be- schränken, unsere Versuche fortzusetzen, um gerüstet zu sein, wenn, was wir nicht hoffen wollen, einmal eine Kartoffelnot eintritt. Es handelt Kartoffelbau-Erfahrungen im vierten Kriegsjahr. 321 sich also meines Erachtens hier um eine Generalprobe für die Zeit der Not unseres Vaterlandes. Diese Not unseres Volkes zu heben, ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht. Der Herr Vertreter der Berliner Kleingärtner führte vorhin an, dass er nur Stecklingspflanzen mit schwachen Stengeln habe beziehen können. Das bedauere ich. Solche geile, unbrauchbare Pflanzen hätte der be- treffende Züchter besser fortwerfen sollen als Kapital daraus zu schlagen. Von anderer Seite wurde berichtet, dass junge Pflanzen zeitig in den Blattwinkeln junge Knöllchen gezeigt hätten; auch dieses ist nur auf eine unrichtige Behandlung der Stecklinge, und zwar auf zu kurze Stecklinge oder zu spätes Schneiden derselben zurückzuführen. \'ersuche mit Kellerkeimen haben wir auch gemacht, raten aber auf Grund unserer Beobachtungen sehr davon ab. Starkenbur^er Steckling gesteckt am 28. April ausgepflanzt am 18. Mai geerntet am.... 28. Juli Gewicht der Knollen 2 Pfund. Abb. 37. Neuheit Keimling ausgepflanzt am . 18. Mai geerntet am 28. Juli Gewicht der Knollen 2' .> Pfund. Aufgenommen am 28. Juli 1917 von Herrn Tutenberg in Altona. Nun zu unseren Versuchen. Im IX. Korpsbezirk sind im Januar d. J. besondere Kurse eingerichtet, in welchen wir das Keimlings- und Steck- lingsverfahren praktisch und theoretisch vorführten und uns davon über- zeugten, ob die Teilnehmer dasselbe auch richtig verstanden hatten. So sind über 1000 Personen in diesen beiden Verfahren ausgebildet; ebenso ist ihnen das Pflanzen der Kartoffelköpfe gezeigt. Es kommt beim Keimlings- und Stecklingsverfahren darauf an, dass die Kartoffel gut angekeimt wird. Nicht die Länge des Keimlings ist massgebend, sondern seine kräftige Entwicklung und die unbedingt er- forderliche Bildung des Wurzelkranzes. Ist beides klar und deutlich sicht- bar, kann der Keimling mit einem kleinen Stück Kartoffel herausgeschnitten werden unter Schonung der nebenstehenden Augen. Diese ausgeschnittenen Keimlinge können wir im kühlen Keller lagern oder, wenn die Zeit da ist, genau wie die Saatkartoffel behandeln und pflanzen. Derartige Keimlinge 322 Kartoffelbau-Erfahrungen im vierten Kriegsjahr. sind so fünf bis acht aus einer Kartoffel gewonnen; jeder Keimling hat den Vollertrag, recht oft mehr noch als eine Saatkartoffel, erbracht. Der Rest der Kartoffel konnte noch gegessen werden, aber auch gepflanzt brachte er noch sehr gute Resultate. Sie sehen, wie intensiv die Kartoffel ausgenutzt wurde und alle in ihr schlummernden Kräfte hervorgeholt sind, um sie dem Menschen nutzbar zu machen. Unsere Versuche mit „Atlanta" haben ergeben: aus Stecklingspflanzen 134 Pfund pro Pflanze Ertrag pro qm 6 Pfund „ Keimlingspflanzen 1% „ „ „ Ertrag „ „ 43i; „ „ Keimlingen VA „ „ „ „ „ „ 6 „ „ Saatkartoffeln 1 '^ „ „ ,, „ „ „ 6 ,, Köpfe brachten vier Pfund; ausgeschnittene Knollen denen durchschnittlich fünf Keimlinge entnommen sind, pro Staude IK Pfund pro qm 4'- Pfund. Rechnen wir also zusammen: 1. die ausgeschnittene Knolle 1% Pfund 2. 5 Keimlingspflanzen ä Ws Pfund 5% „ 3. 15 Stecklingspflanzen ä 1'^ Pfund 23*4 „ so haben wir aus einer einzigen Saatkartoffel zusammen 30K Pfund im Durchschnitt geerntet. Dieser Ertrag ist bei anderen Sorten noch ganz er- heblich gesteigert worden. Meine Herren! Das Keimlingsverfahren kann bei richtiger Handhabung im Falle der Not auch in der Landwirtschaft angewendet werden. Das be- weisen folgende Zahlen im feldmässigen Anbau, die ich unseren statistischen Fragebogen entnehme und kurz bekanntgeben möchte: Perle von Erfurt, gepflanzt sind 8000 Stück Keimlinge; eine Stich- probe ergab von 50 Pflanzen — 980 Knollen — zusammen 86 Pfund, also pro Pflanze TX Pfund, bei vier Pflanzen pro qm sieben Pfund. Perle von Erfurt, 12 000 Stück Stecklingspflanzen sind gepflanzt; Stichprobe 50 Pflanzen — 802 Knollen — 78 Pfund also pro Pflanze !'■> Pfund, pro qm 6 Pfund. Kaiserkrone, a) Keimlinge: gepflanzt sind 7000 Keimlinge; 50 Stück — 906 Knollen — 81 Pfund, also pro Pflanze l'-- Pfund, pro qm 6 Pfund Ernte. b) Stecklingspflanze: 9000 sind gepflanzt; 50 Stück erbrachten — 876 Knollen — 84 Pfund, also pro Pflanze 1>» Pfund, pro qm 7 Pfund Ernte. Viktoria, 6000 Keimlinge sind gepflanzt; 50 Pflanzen — 712 Knollen — 88 Pfund, also pro Pflanze IK Pfund, pro qm 7 Pfund. 5000 Stecklinge sind gepflanzt; 50 Pflanzen — 556 Knollen — 74 Pfund, also pro Pflanze Vi Pfund, pro qm 6 Pfund. Erstling, 4000 Keimlinge brachten 43680 Knollen — zusammen 4698 Pfund, also pro Pflanze V-i Pfund, pro qm 5 Pfund. Erstling, 6000 Stecklingspflanzen brachten 48 812 Knollen im Gewicht von 5640 Pfund, also pro qm 3% Pfund. Erstling, Saatkartoffeln von Erstling; 20 Knollen — 178 Knollen — zusammen 15% Pfund, pro qm 3 Pfund, also am wenigsten. Sie sehen hieraus, wie vorteilhaft das Keimlingsverfahren ist. Ich möchte mal bei der Sorte „Erstling" verweilen und Ihnen näher den volks- wirtschaftlichen Wert von Keimlings- und Stecklingsverfahren erläutern, be- Kartoffelbau-Erfahrungen im vierten Kriegsjahr. 323 sonders aber dartun, welche Kartoffelmengen bei Anwendung der Verfahren in kartoffelarmer Zeit frei werden können. 4000 Keimlinge (je 5 von einer Kartoffel genommen) - 800 Kartoffeln (pro Pfund 10 Knollen) erforderten 80 Pfund Saatkartoffeln. Die Keimlinge wogen durchschnittlich 1 g - 4000 Keimlinge - 4000 g oder 8 Pfund. Es sind also von 80 Pfund Kartoffeln nur 8 Pfund in die Erde gekommen und der Rest von 72 Pfund für die Ernährung frei geworden. Mit acht Pfund Keimlingen sind aber 4698 Pfund Kartoffeln gewonnen, ohne mehr, ja ich möchte behaupten, mit weniger Transportkosten und Arbeit wie bei der Saatkartoffel. Diese rund 47 Zentner Ernte hätte aber, es handelt sich um Abb. 38. Stecklingspflanze, gezogen in der Gärtnerei des Herrn G. Hamckens in Wundsbek. Sorte: Bnehms Erfolg. Steckling: gesteckt am 5. März geerntet am 15. Aug. .st ausgepflanzt am.. 30. April 75 Knollen 10 Pfund Gewicht. Düngung: pro qm 30 g Kali 3 Wochen vor der Pflanzung verabfolgt, 50 g schwefelsauren Ammoniak bei der Pflanzung. eine Frühkartoffel, wo das Achtfache der Ernte gerechnet ist, 5 bis 6 Zentner Saatgut erfordert. 6000 Stecklingspflanzen benötigten (bei 20facher Streckung) 300 Kartoffeln — 30 Pfund Saatkartoffeln. Man rechnet gut ''.•. - 25 Pfund der Menge als Rest nach Entfernung der Keimlinge, aus welchen wieder Stecklingspflanzen gezogen werden. Aus 5 Pfund Gewicht an Keimlingen sind 5640 Pfund Kartoffeln gezogen, allerdings kommt hier die Stecklingspflanzenanzucht hinzu. 56'-' Zentner Ernte hätte aber sonst rund 7 Zentner Saatgut gefordert und diese wären rest- los in die Erde gekommen, während hier nur 5 Pfund verloren gingen, 25 Pfund Kartoffelgewicht aber noch für die Ernährung frei wurden. 20 Saatkartoffeln = 2 Pfund brachten 15y. Pfund Ernte und diese zwei Pfund sind restlos in die Erde gebracht. 324 Kartoß'elbau- Erfahrungen im vierten Kriegsjahr. Ein anderes Beispiel: von 9 Pfund der Sorte „Starkenburger" (ver- besserte Kaiserkrone) wurden (es handelt sich um dicke Kartoffeln^ von denen 2 bis 3 Stück auf ein Pfund gingen) 148 Keimlinge, und aus diesen wieder Stecklinge, zusammen 650 Pflanzen gezogen. Die 148 Keimlinge wogen 122 g. Es sind also 8 Pfund 378 g vom Gesamtgewicht für die Er- nährung gewonnen und tatsächlich verspeist. 230 Pflanzen brachten zusammen 530 Pfund Ernte: der Rest von 420 Pflanzen wurde verkauft und hat gute Erträge gebracht, wenig gerechnet pro Pflanze 1 Pfund. Demnach haben 122 g Keimlinge 970 Pfund Kar- toffeln gebracht. Ich möchte daher sagen: das Keimlingsverfahren für den Kleingärtner, Gärtner und Landwirt; die Stecklingspflanzenanzucht für den Gärtner, die Pflanzung der Pflanzen aber allen Kleingärtnern und Gartenbesitzern. Es wird nun fernerhin die Höhe der Preise für Stecklingspflanzen als ein Hindernis für den umfangreicheren Anb^u angeführt. Auch hier ist wieder vor Augen zu halten, dass in diesem Jahre eine Generalprobe ab- gehalten ist, ob das Verfahren überhaupt geht. Die Zukunft wird das Ver- fahren vereinfachen und verbilligen. Verkennen wir aber vor allen Dingen nicht den Zweck der ganzen Sache: im Falle der Not an Kartoffelpflanzgut ein Mittel zur reichlichen Streckung zu haben; dann wird auch das Um- ständlichere und Verteuernde des Verfahrens keine Rolle spielen, wenn wir überhaupt auf irgendeine Art und Weise Pflanzgut schaffen können. Diejenigen Kreise also, welche ohne weiteres jede andere Anbaumög- xichkeit als die durch Saatkartoffeln verdammen, werden, wenn diese fehlen oder nur in ganz kleinen Mengen vorhanden sind, wenige oder gar keine Kartoffeln anbauen und somit unser Volk schädigen. Das darf nicht sein! Jeder sollte heuzutage eins der genannten Verfahren zum allgemeinen Nutzen anwenden oder wenigstens ausprobieren. Unsere Sonderschau von Ernteerträgen aus Keimlingen und Stecklings- pflanzen, die in Altona vom 28. September bis 1. Oktober 1917 stattfand, hatte einen durchschlagenden Erfolg. Viele Zweifler und Gegner sind durch die Tatsachen anderer Meinung geworden. Einen Bericht hierüber stelle ich gern zur Verfügung: daraus geht her- vor, dass wir von verschiedenen Stecklingspflanzen bis 16 Pfund Ertrag ein- bringen konnten. Ich komme somit zum Schlüsse und kann mit Genugtuung konstatieren,, dass die energische Durchführung der Versuche, wie sie im IX. Korps- bezirke stattgefunden haben, vom besten Erfolg gekrönt waren, aber auch im X. und XVIII. Armeekorps sind gute Erfolge erzielt und der Beweis voll und ganz erbracht, dass das Keimlings- und Stecklingsverfahren nicht Un- sinn, sondern ein wirklich anwendbares Verfahren zur Streckung des Saatgutes ist. Von Herrn Andreas Voss, Berlin, Potsdamer Strasse 64, der auf dem Gebiete der Wetterkunde unausgesetzt bemüht ist, eine unanfechtbare Wetter- prognose für kürzere und längere Zeiträume zu gewinnen, waren Zuschrif- ten aus verschiedenen Teilen des Reiches eingegangen, welche bestätigten, dass in seiner Wettervorhersage für 1917 der 19. und 20. Oktober als kritische Tage erster Ordnung richtig vorhergesagt seien. Am 20. Oktober wurden vier deutsche Luftschiffe nach Frankreich verschlagen und durch: Literatur. 325 Unwetter und feindliche Abwehr zerstört. Sechs Tage vor diesem Un- glück hat Herr Voss erneut auf bevorstehende grosse Wetterstürze und plötzliche Stürme in den oberen Luftschichten hingewiesen; leider ohne Ge- hör gefunden zu haben. Es sei darum noch einmal auf die Voss'sche Schrift hingewiesen: Das einfachste Abc der gesamten Wetter- und Erdbeben-Vorhersage (Mit Anhang: Vorhersage für 1918). Volkstümlichster und zuverlässigster Leitfaden für jedermann, sowohl für Gewerbbetreibende als für Beamte, für Ge- meindebehörden; in erster Reihe aber für Obstzüchter, Gärtner, Land- und Forstwirte. Unentbehrlich für Handel und Verkehr, See- und Luft- schiffahrt, Sport und Reisen, Kurorte, Sommerfrischler und Gastwirte. Er- folgreichstes Wetter-Abc für Schulen. Preis 2,40 Mark. Vossianthus-Ver- lag, Berlin W 57, Potsdamer Strase 64, und ihr Studium nur zu empfehlen. Literatur. Illustriertes Praktisches Gartenbuch. Mit einem Anhang: Die Bepflan- zung des Balkons in jeder Jahres- zeit. Von Karl Erwig. 191 Seiten mit 210 Abbildungen und vier Plänen. Preis 2,40 Mark; geb. 3 Mark. Verlag von W. Vobach &. Co., Berlin, Leipzig, Wien, Zürich. Es gibt schon so viele Garten- bücher, dass weitere überflüssig sind, wenn sie weder Neues noch Besseres bieten als ihre Vorläufer. Dieses Buch ist mehr für Garten- freunde geschrieben als für Gärtner oder Gärtnerlehrlinge. Für angehende Berufsgärtner enthält es vieles, was nur Ballast bedeuten würde, für sie auch viele überflüssige Abbildungen, die offensichtlich nur als Buchschmuck dienen, für Laien wohl nützen können, auch recht gut ausgeführt sind und zum Teil die Ausführung praktischer Handgriffe bei allen Arbeiten klarer erkennen lassen, als Beschreibungen es er- möglichen. Die Anlage und Instand- haltung des Gartens wird auf 44 Seiten, der Gemüsebau auf 54 Seiten, der Obstbau auf 58 Seiten, Anzucht und Pflege der Gartenblumen auf 22 Seiten behandelt. Der Abschnitt „Immerwährender Arbeitskalender" für den Garten enthält 4>^ Seiten, die Bepflanzung des Balkons in jeder Jahreszeit und die Anlage von Dachgärten fünf Seiten. Ein Sach- register von dreieinhalb Seiten macht den Schluss. Die Aus- stattung des Buches (vorzügliches Papier, grosse Frakturschrift, gute Druckausführung, ansprechende Ab- bildungen) lässt nichts zu wünschen übrig, luohl aber an vielen Stellen der Inhalt. Dem Kunstdünger sind kaum zwei Seiten gewidmet, die zeigen, dass der Verfasser zu wenig Verständnis davon hat, während der kulturpraktische Inhalt seines Buches gewiss den tüchtigen prak- tischen Gärtner verrät. Der Natur- dünger (Mistarten) wird mit kaum anderthalb Seiten abgetan; ebenso- viele Seiten der Kompostbereitung, und das ist erfreulich. Eine einfache Gartenlaube ist auf ihrer West- und Ostseite mit je einem V e r r i e r- Palmetta!, auf der Südseite rechts und links mit je einem Spindelbaum bepflanzt (Abb. 32 des Buches). Wie solche Bäume einer Obstlaube in Laiengärten sich in der Regel ver- halten, kann sich jeder Fachmann ausmalen. Die Verrier- Palmetten sind am schwierigsten in Ordnung zu halten, und sie zieren hier nicht, geben zu wenig Schatten, erfordern mehr Pflege und — der Obstertrag wiegt all dies nicht auf, von Pflan- zenkrankheiten ganz abgesehen. Wie die Gartenblumen abgefertigt werden, zeigen ein paar Beispiele: „Die Win de (Abb. 196) ist ebenfalls eine Schlingpflanze. Die Samen- körner werden im April einzeln auf eine Entfernung von 20 bis 25 cm ausgesät." Welche Art ist da ge- meint? Es gibt auch niedrigbleibende (Convolvulus tricolor!) und strau- chige Winden unter den 500 Arten. 326 Verschiedenes. „Pflox" und „Drazene" sind auch ab- gebildet und im Text auch nur so genannt. Glockenblume ist für den Verfasser nur allein Campanula medium (Abb. 182 des Buches): „sie zählt gleichfalls zu den Früh- jahrs blumen. Dieselbe wird eben- falls im Mai ausgesät (was an sich richtig ist bei zweijährigen Pflanzen. Voss ) und in derselben Weise behan- delt wie die anderen Frühjahrs- blumen. Sie blüht jedoch später als diese." (Allerdings, nämlich im fol- genden Jahre im Juni, Juli! Voss.) Diese Proben genügen. Dennoch hat das Buch einen besonderen Wert; es ist von einem guten Prak- tiker mit vieler Liebe für seinen Be- ruf geschrieben, und der Wert liegt in den ausführlichen Be- schreibungen aller Ver- richtungen und Massnah- men im Garten, durch gute Abbildungen erläutert. Nur von diesem für Laien berechneten Standpunkt aus empfehle ich es Gartenfreunden und Neulingen im Gartenbau als recht praktische erste Anleitung. Der Preis entspricht der guten Ausstattung. Andreas Voss, Berlin W 57. Verschiedenes. Bedeutende Erweiterung der L, Späthschen Baumschule. Die Baumschule, welche, wie in den Zei- tungen gemeldet wurde, ihr Gut Neu- Falkenrehde an Seine Königliche Hoheit den Prinzen Heinrich von Preussen verkauft hat, erwarb in un- mittelbarer Nähe bei Ketzin a/Havel das 1000 Morgen grosse Gut des Herrn Rittmeister Wilhelm Albrecht. Die Firma besitzt in Ketzin bereits seit Jahren eine Fläche von 400 -Morgen, die zum Teil schon mit Baumschulen bestanden ist. Die Falkenrehder Baumschule wird im Laufe von 10 Jahren allmählich nach Ketzin verlegt, wo die Firma in- folge ihrer Neuerwerbung ein um 800 Morgen grösseres Areal als in Neu- Falkenrehde in bester Bodenbeschaf- fenheit zur Verfügung hat. Der Personen- und Güterbahnhof Ketzin wird von dem neuen Baumschulge- lände umschlossen. — Hiermit ist ein Lieblingswunsch des verstorbenen Landes-Oekonomierat Späth in Er- füllung gegangen. Die Kartoffeln der Selbstver- sorger. Nach den Bestimmungen der Reichskartoffelstelle über die Kar- toffelversorgung im Wirtschaftsjahr 1917/18 werden die den Selbstversor- gern zu belassenden Kartoffelmengen Avie folgt berechnet: a) ein Fünftel des Ernteertrages zur Deckung der zum Ver- füttern freigegebenen Kartof- feln und der Verluste durch Schwund, b) als Eigenbedarf des Kartoffel- erzeugers und seiner Wirt- schaftsangehörigen. 5>2 Zentner für den Kartoffelerzeuger und jeden seiner Wirtschaftsange- hörigen, c) den Saatgutbedarf in Höhe von 40 Zentner für das Hektar der Kartoffelanbaufläche, d) die für die Brennereien ange- zeigten Kartoffelmengen. e) die für die landwirtschaftlichen Trocknereien und Stärkefabri- ken einschliesslich Genossen- schaften und Gesellschaften zwecks Verarbeitung in diesen Fabriken angebauten, der Reichskartoffelstelle angezeig- ten Kartoffeln. In einer Anmerkung zu d) ist be- stimmt, dass der Kartoffelmenge der Brennereien ein Verbrauch von 18 Zentnern Kartoffeln für ein Hekto- liter reinen Alkohols und eine Branntweinmenge von 90 Hundert- teilen des allgemeinen Durchschnitts- brandes der Brennereien zugrunde gelegt ist. Zur Berechnung des Erzeuger- preises für Obst und Gemüse. Der Erzeuger kann beim Verkauf an der Erzeugerstätte immer nur den Er- zeuger-Preis verlangen, auch w^enn er dort unmittelbar an Kleinhändler oder Verbraucher verkauft. Der Gross- und Kleinhandelspreis steht ihm nur zu, wenn er seine Erzeug- nisse auf eigene Rechnung und Ge- fahr weiter als bis zur nächsten Ver- Personalnachrichtenr 327 ladesteile versendet und am Bestim- mungsorte unmittelbar an Kleinhänd- ler oder Verbraucher absetzt, d. h. eine Mehrleistung über die ihm ob- liegende Beförderung zur nächsten Verladestelle und Verladung hinaus übernimmt. Insbesondere kann der Erzeuger auch beim kommissions- weisen Verkauf für seine Rechnung durch einen Gross- oder Kleinhänd- ler den Gross- und Kleinhandels- preis verlangen. Für den Begriff der Mehrleistung genügt es, wenn der Erzeuger die Ware auf einem Wagen oder in anderer Weise zum Markte bringt; er trägt dann die Gefahr des gesamten Transportes und des Ver- kaufes auf dem Markte und kann da- her den Gross- und Kleinhandels- preis verlangen, je nachdem er an den Kleinhändler oder Verbraucher veräussert. Verkauft der Erzeuger unter Uebernahme einer solchen Mehrlei- stung an einen Grosshändler, so kann er ausser dem ;Erzeugerpreise die Frachtkosten und eine angemessene Vergütung für die Uebernahme des Transportrisikos berechnen; doch darf sein Entgelt im ganzen den Grosshandelspreis keineswegs er- reichen; mit anderen Worten: er muss sich mit dem Grosshändler in den Grosshandelszuschlag teilen. Bei örtlicher Verschiedenheit ist im allgemeinen der am Wohnsitz des Verkäufers geltende Höchstpreis massgebend; insbesondere kann der Erzeuger, welcher frei Verladesta- tion verkauft, nur den dort geltenden Erzeugerpreis berechnen. Verkauft er jedoch frei Bestimmungsort — und hat somit die Kosten und das Risiko des Transportes übernom- men — , so ist der höhere am Be- stimmungsort geltende Gross- oder Kleinhandelspreis massgebend, so- fern dieser in einer bestimmten Summe festgesetzt ist und nicht durch Zuschlag zu dem Erzeuger- oder Erwerbspreise. Konserven- und Marmeladen- fabriken gelten für die Preisberech- nung nicht als Grosshändler oder Verbraucher, sie dürfen also beim Ankauf vom Erzeuger nur den Er- zeugerpreis bezahlen. Liefert der Er- zeuger frei Bestimmungsort oder Fabrik, so kann er ausser dem Er- zeugerpreis auch die Transport- kosten und eine angemessene Vergütung für das Transportrisiko berechnen, doch darf sein gesamtes Entgelt nicht den Grosshandelspreis erreichen. Beim Verkauf von Waldbeeren gilt der erste Aufkäufer als Erzeu- ger, er kann daher den Erzeugerpreis verlangen und nicht schon der Samm- ler; dieser muss sich vielmehr einen dem Verdienst des Aufkäufers entsprechenden Abzug vom Erzeu- gerpreise gefallen lassen. Per sonaln achrichten. Kierski, Rudolf, städtischer Friedhofs- und Gartendirektor in Potsdam, erhielt das Verdienstkreuz für Kiegshilfe und die Rote-Kreuz- Medaille. Mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse wurden ausgezeichnet: Leutnant der Reserve Ewald Ernst in der dritten Flandern- schlacht. Vor dem Kriege bei der Firma A. Rathke &. Sohn, Baum- schulen, Samenhandlung und Han- delsgärtnerei in Praust bei Danzig. Hermann Goos, Leutnant in einem Artillerie-Regiment, einziger noch lebender Sohn des verstorbenen Herrn M. J. Goos, des Inhabers der Firma Goos &. Könemann in Nieder- walluf. Leutnant der Reserve Konrad Ziegenbalg in Leuben-Dresden, Sohn des Gärtnereibesitzers Max Ziegenbalg in Dresden-Laubegast. O Schindler, Direktor der Kgl. Lehranstalt für Obst- und Gar- tenbau in Proskau, ist zum Kgl. Oekonomierat ernannt worden. Mit dem Verdienstkreuz für Kriegshilfe wurden ausgezeichnet: Oberhofgärtner F. Kunert, Hof- gärtner Meermann, Obergart- ner Böhme und Timm zu Potsdam. D a 1 c h , Arthur, Gartenarchitekt, bisher in Berlin-Nikolassee, wurde vom Magistrat der Stadt Rybnik (O -S ) zum Stadtgarteninspektor 328 1059. Monatsversammlung der D. G. G. berufen und mit der Gründung des Gartenamtes betraut. Im Nebenamt wird er die gärtnerische Verwaltung der Friedhöfe übernehmen. Günther, Carl, Kgl. Hofliefe- rant, ein in weiten, namentlich in rheinischen Gärtnerkreisen bekann- ter und beliebter Gärtnereibesitzer in Bonn a. Rh. starb am 18. Oktober im Alter von fast 75 Jahren. Hofgarteninspektor Becker (Neustrelitz) ist an dem Tage, an dem er 30 Jahre seinem verantwor- tungsreichen Amt als Grossherzogl. Mecklenb. Hofgarteninspektor, früher Hohenzieritz, dann Neustrelitz, er- folgreich vorgestanden hat, zum Hof- gartendirektor ernannt worden. Die Grossherzogl. Schlossgärtnerei in Hohenzieritz ist in den letzten Jah- ren durch sehr grosse Treibhaus- bauten, im besonderen für Orchideen- kulturen, und durch Vergrösserung der Parkanlagen bedeutend erwei- tert worden. Die bekannte Handelsgärtnerei und Baumschule von A. Rathke «So Sohn in Praust bei Danzig ist von der Provinzialverwaltung angekauft worden. Sie soll in eine Lehr- und Versuchsanstalt der Land- wirtschaftskammer umgewandelt werden. Engeln, Just,, Gartendirektor, Kassel, ist zum künstl. Beirat und Vorsteher der Abteilung West der Kriegergräberfürsorge der Militär- verwaltung in Rumänien ernannt. Mohr, O., Stadtgärtner in Wandsbek, ist zum Städtischen Gar- teninspektor ernannt worden. H 0 e r n i n g , Rudolf, Stadtgärtner und stellvertretender Garteninspek- tor, Kiel, hat das Verdienstkreuz für Kriegshilfe erhalten. Tagesordnung für die 1059. Monatsversammlung der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft am Donnerstag, den 29. November 1917, abends 6 Ulir im grossen Hörsaal der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin, Invalidenstrasse 42, 1. Ausgestellte Gegenstände. 2. Vortrag: „Ein Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in Westpreussen als Lehrer und Gartenliebhaber". Herr Boas (Weissensee). (Mitglieder und Freunde unserer Gesellschaft werden auf das zeitgemässe Thema noch einmal nachdrücklich hingewiesen und gebeten, in ihren Be- kanntenkreisen und bei denen, welche der Jugendfürsorge ihr Interesse zu- wenden, für einen reichen Besuch zu werben ) 3. Verschiedenes. Für die Schriftleitung verantwortlieh: Siegfried Braun, Berlin N, Invalidenstrasse 42. Druck von Rudolf Mosse in Berlin. Amt Norden 4038 III g™::3W K-L^"W& BCA.RI.ADAM COSTRIN-NEUSTADT Landsbergerstr. 4^- ^5. Fernruf N9 114h Fabpi"k Püp QewaLcKshaTasbau.TJi"Wir>.tep- H g-cä.T>fen>N'cirm'was5eptieizanlagen,Frijhbeef- and Qe'wäcKsh.ausfensler I Eigene KillfabrikGroisesGLaslaqpr vielfach prämiirt ^^ ^^^ Adolph Schmidt Nchf., Berlin sw 61 Fernspr.: Lützowl781 Delle-Alliance-PlatZ 18 Gegründet 1865 Erstklassige Gemüse- und Blumensämereien Blumenzwiebeln, Knollengewächse, im Frühjahr Gemüsepflanzen Reichhaltiges Lager in allen Gartengerätschaften Vertilgungsmittel gegen Blatt- und Blutlaus. Fanggürtel. Düngemittel Eigene Gärtnerei und Bacjmschulen, Staudenkufturen ■ Obstbäume, Rosen, Stauden, Maiblumen, Erdbeerpflanzen - ^^iH^^B^i^iBaii^i^^^^^BB^B^aai^MaaBi Preislisle kostenlos ^^mmmmmmamm^^^amm^^a^Kmmm^^^^^i^^ früherer Niitinhabep der aulgelösten Firma R. van der Schoot & Sohn R. A. van der Schoot Grössere eigene Blumenzwiebel- und Staudenkulturen Hillegom (Holland) o ^s@>^^<^> ^^@>^§>@>^ @>^ )(^@)@)@)@)@) o ® W. 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Dezember 1917 /v\ Heft 23 u. 24 i:3oc3ocjoirioii3oizioc30Er]oii3oii30iz30[ziotrioE=]oaoäor~^r>'~i'^riS ARTENFLORA ZEITSCHRIFT für Garten- und Blumenkunde Begründet von Eduard Regel 66. JAHRGANG Herausgeber: Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Berlin, Invalidenstrasse 42 Schriftleiter: Siegfried Braun, Generalsekretär der D. G. G. a BERLIN Kommissions-Verlag von Rudolf Mosse SW 19, Jerusalemer Strasse 46-49 MdQltty&iiq;:^iq7.:^}g7;.\^)tci/:.v^^^^^^ Alleinige In.seraten- Annahme: Annoncen-Expedition Rudolf Mosse Berlin, Breslau, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg Köln a. Rh., Leipzig, Magdeburg, Mannheim, Mündien Nürnberg. Slrassburg i. Eis., StuHgarf, Prag Wien, Warsdiau, Basel, Züridi Insertionspreis für die 60 mm breite Kolonelzeile 35 Pf. QiraiBrais2SEaE22!S2assrass3as^ , if'"''©'''"''illilll>«''iS?''"'''iSli''"^ I A. C. van der Schoot ^^ früher Mitinhaber der aufgelösten Firma R. van der Schoot &. Sohn §f Hillegom, Holland I Die eigenen Blumenzwiebeln- und Staudenkulturen gehören #s zu den besten und grössten Hollands ^üll!..:11''»',.nl..."IIW'.H.II,'llilll\,„M,."lin«'.,HM..^I' •»IIIH',, Ein Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in West- preussen als Lehrer tind Gartenliebhaber*). Von W. Boas -Weissensee. Hieizu Abbildung 39.) Sehr geehrte Damen und Herren! Während des Sommers 1917 hatte ich bei der bekannten Stadtflucht unserer Gross-Berliner Kinderscharen den dienstlichen Auftrag, mich im Bezirk ihrer Pflegestellen auf längere Zeit sesshaft zu machen und zwar im Kreise Schwetz, Provinz Westpreussen. Hier hatte ich vermittelnd zwischen Elternhaus, Schulverwaltung, Ortsbehör- den und Kindern zu wirken. Mir war die Aufsicht über mehrere Hundert Kinder zwischen 6 und 14 Jahren, die in rund 40 Gemein- den des Weichsellandes untergebracht waren, übertragen. Da mein Bezirk über 40 km lang, gegen 20 km breit war, so hatte ich ein Dienstreich von 800 qkm zu durchwandern und das zu Fuss, da die freundwillige Eisenbahn nur als kurze Stichbahn in Betracht kam. Aber ge- rade durch diesen Fusseifer, den ich entwickeln musste, kam ich, „Augeri auf", zu meinen Kindern auch auf Wegen und Stegen, die sonst nur den Landeskindern offen standen. Ich wurde also ziemlich heimisch und somit werden Sie im nachfolgenden manches hören, das nur ein Ohr- und Augen- zeuge berichten kann; manches aber auch, das als „krasser" Ausnahmefall nicht gut für die Oeffentlichkeit sein kann, muss ich mit dem Siegel der Dienstverschwiegenheit zudecken. Mit welchem Rechte trete ich in obigem Thema vor Sie hin? Es könnte den Anschein haben, solche Erörterungen gehörten vor eine Zuhörerschaft der Jugenderzieher. Die meisten unter uns sind Familienväter, wenn oft auch schon in grosselterlicher Weise. In diesem Sinne muss auch unsere Deutsche Gartenbau-Gesellschaft Anteil nehmen, wenn es heisst, „unsere herrlichsten Blumen, unsere Kinder" ziehen aus dem sommerlichen, staubi- gen Gross-Berlin in ein fernes, deutsches Landparadies. Unsere so wenig mit der wirklichen Natur zusammenlebenden Kinder sollen in diese, zum erstenmal ohne Eltern, zumeist auch ohne Geschwister, für mehrere Monate verpflanzt werden. Ist schon für uns Erwachsene eine Reise zu einem unbekannten Ziele in Friedenszeiten ein wirkliches Unternehmen, so erst recht in diesen Kriegs- zeiten für unsere Jugend die Auswanderung in den deutschen Osten, in das Weichselland. Mit vorgeschriebenem Reisegepäck, einem Essvorrat für einen Tag, erfolgte nach einer Heerschau über die Kindertruppen auf dem Schul- hofe der Fruchtstrasse der Anmarsch zum Sonderzuge auf dem Schlesischen Bahnhofe am 18. Juni; das Heer der Angehörigen musste draussen ver- bleiben. In Gruppen unter erwachsenen Führern ward der 700 Plätze fassende Zug besetzt. Der Durst, es war ein Schwitztag rechter Art, Hess sehr bald die Pfropfen knallen: Ersatzkaffeebrühe, sogenanntes Himbeer- *) Vortrag, gehalten auf der 10S9. Monatsversammlung der Deutschen Gartenbau- Gesellschaft am 29. November 1917. 330 Ein Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in Westpreussen usw. Wasser, auch ab und zu erstes Obst stillte den Durst Der Zug, um 6 Uhr abends abfahrend, bereitete unserer Jugend die erste grosse Freude; denn er enthielt Abteile I. bis III. Klasse. Es war ein richtiger Harmonikazug. Mit welchem Stolz warfen sich unsere Kleinen in die schwellenden Polster der Abteile trotz der Hitze, die sie atmeten. Das Neue der Umgebung, der glückverheissende Anfang war mit ein Mittel, sie über den Abschied ihrer Lieben hinwegzubringen. Zudem sassen sie nun n^ch den Dörfern ihrer künftigen Heimat in Gruppen aus den Berliner Vororten des Kreises Nieder-Barnim beisammen. Die ersten Reisefreundschaften wurden geschlossen. Unterwegs gab es auf grösseren Haltestellen Gelegen- heit, die leeren Wasserflaschen aufzufüllen. Der lange Sommertag, (18. Juni) begünstigte eine Beschäftigung mit den vom Zuge durcheilten Land- schaften. Die ;Ermüdung wollte nirgends eintreten. In mitternächtlicher Stunde verweilte der Zug längere Zeit in Posen- Die Bahnhofshalle er- dröhnte tatsächlich unter dem Gesang von 650 Kinderkehlen. Gegen Morgen gab es auf der Strecke den ersten warmen Löffelstiel. Ich glaube, es war in Gnesen, wo allen Kindern eine schmackhafte Konservensuppe mit Fleisch gereicht wurde. Welch Jubel, als solch unvermuteter Fund der Um- gebung nachgewiesen werden konnte. Vielen ward's schon hierdurch zur Gewissheit: Wir steuern auf die Fleischtöpfe des Weichsellandes zu. Die jugendliche, nimmermüde Fröhlichkeit verstummte erst jetzt, als die erste Gruppe ihre Haltestelle auf der Strecke Bromberg — Dirschau erreichte; denn nun entschied sich das Schicksal eines jeden in Kürze: einmal heraus aus der Schar gleichaltriger, gleichsprechender Orts- oder Fahrtgenossen — hinein in die unbekannte Landschaft, zu fremden Menschen mit anderer Mundart. Es ward still! beängstigend still!! Für die meisten Kinder lagen die Quartiere nun nicht an der Bahn- strecke, sondern oft noch stundenweit entfernt. Mit Leiterwagen, Kutschen, je nach Menge der auf ein Dorf entfallenden Kopfzahl, wurde, nachdem die Aus- teilung der Kinder an die Ortsvorsteher erfolgt war, die Fahrt in die künftige Heimat unternommen. Die Aufnahme unserer landfremden Kinder war allgemein herzlich, wenn sie auch nicht so wortreich, wie bei uns üblich, er- folgte. Dafür gab es aber jene den Kindern fast märchenhaft anmutenden Genüsse: Milch, Landbrot, Butter, Wurst, Schinken, ja sogar hier und da richtigen Kuchen mit was drin oder drauf. Mit diesem Augen, Magen und Herz erfreuenden Anfang ward nun tägliche kräftige Kost unseren Grossstadtkindern zuteil. Zumeist waren sie auf Bauernhöfen, auf Gütern, auch in bodenständigen Beamtenfamilien (Lehrer, Förster, Buhnenmeister) untergebracht. Sie kamen so aus der mageren Kriegsnotstandsküche in die pralle, nahrhafte Bauernspeisekammer. Für die jetzt so notwendige Bewegung nach vollzogener Sättigung sorgte die Umgebung. Da hockt das Gluckentier mit seinen Entlein im warmen Hof- winkel. Ob sie auch laufen können? — Schuh! so ward das Federvieh auf- gejagt. Dem Pferde ward von unserem Jungen eine rechte Liebeserklärung gemacht; da das Land dorten alles andere, nur keine Droschkengäule züchtet, so erfolgte vielfach als Quittung ein Schlagen, Beissen. Also gemach, mein Junge, hier steckt Leben und Eigenwille im Pferd. Auch der in der Gross- stadt so geduldige Hofhund zeigt dir hier die Zähne, greift unvermutet dir ins Hosenbein. So ging denn mit dem Auftreten unserer Kinder sofort der Drang, mit den Hof- und Weidetieren in engeren Verkehr zu kommen, los, Ein Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in Wesipreussen usw. ^31 zum stillen oder lauten Aerger der Pfleger. - Und nun nach diesem Ab- sprung endgültig zur westpreussischen Küche- Sie umfasst regel- mässig zu Mittag und des Abends gehaltvolle Suppen. Doch Suppenkaspar war der Berliner nie. Jetzt hiess es, sich eingewöhnen in die hiesige Küche. Doch der verheissungsvolle Eierkuchen mit Speck, die Bratkartoffeln, die angebratene Schinkenscheibe halfen am besten über die Suppe hinweg. In den ersten Wochen musste manch Kindermagen, kräftiger Kost entwöhnt, erst wieder lernen zu verdauen; es gab manchen verdorbenen Magen. Auch ich hatte längere Zeit, trotz Vorsicht, meinen Magen erst wieder arbeiten lehren müssen. Die Gelegenheit, sich draussen nach der Mahlzeit aus- tollen zu können, war mit das beste Verdauungsmittel; so nimmt es denn nicht wunder, wenn ein neunjähriges Grossstadtmädchen in einer Woche sein Körpergewicht um volle 5 Pfund erhöht. Trotz der vielfachen Eindrücke der neuen Heimat, trotz aufrichtiger Liebe der Pflegeeltern, packte eine Minderzahl das Heimweh. Rührend war's zu hören, wie die Pfleger dem abzuhelfen suchten. Das Pferd wurde vor den Wagen gespannt, eine Fahrt ins nächste Dorf unternommen, wo ein anderes Kind aus derselben Strasse seines Heimatortes untergebracht war. Es ward die nächste Stadt besucht. Der Junge durfte reiten, selbst die Zügel führen. Ich selber holte mir auf den Hilferuf eines benachbarten Ortsvorstehers ein solch heimkrankes Kind in mein Quartier, ein kleines Gasthaus. Die Schaukel, der Musikautomat, ein Kindertanz auf grünem Rasen verscheuchten diesmal den Drang „nach Hause". Nach acht Tagen waren die meisten über diese Erscheinung hinweg. Einige, die sich besiegen Hessen, mussten heim- wärts ziehen. Unter unseren Kindern gab es nun auch Rangen verschiedener Güte, obwohl eine Siebung hier am Orte mit Rücksicht auf ihre Bewährung dorten in der Fremde vorgenommen war. Infolge übergrosser Rücksichtnahme der Pfleger auf die Eigenschaften, ja Unarten ihrer Pfleglinge, machten auch gutgeartete Kinder von der sich hier bietenden Gelegenheit, ungezogen zu sein, ausgiebigen Gebrauch. Sie tanzten ihren Wirtsleuten bald auf der Nase, weil diese fast allgemein mir versicherten, sie könnten doch die fremden Kinder nicht wie eigene in diesem Punkte behandeln, also strafen. Infolge dieser mir unbegreiflichen Nachsicht wurde ich nun vielfach als letzter Helfer angerufen. Zumeist stellte ich durch eine nachdrückliche Unter- redung zu zweien das gestörte Gleichgewicht wieder her. Doch auch durchaus ungeeignete Exemplare der Gattung Grossstadtkind hatten sich eingeschmuggelt und waren bald das Dorfgespräch, der Schrecken der Nachbarhöfe. Da konnte ein Bürschlein nicht das Mein und Dein auseinan- derhalten; dazu war es in einem verkehrsreichen Gasthofe einquartiert, also konnte sich hier seine üble Neigung erst recht entwickeln. Für ihn gab es nur: ab, nach Hause! Ein 13jähriges Mädchen, zu prächtigen Besitzers- leuten gekommen, trieb ständig den grössten Unfug mit jedwedem Hof- und Haustier. Es tobte sich in den oberen Lagen der leeren Scheune aus, trieb sich mit Vorliebe zwischen den landwirtschaftlichen Maschinen herum. Sechs Wochen lang versuchten die erschreckten Pfleger diese Range zu bessern; das ganze Dorf war voll von den Streichen des Mädchens; so konnte auch ich nach vielfachem vergeblichen Bemühen um eine neue strenge Pflegestelle nur die Heimreise ausschreiben. Jedoch sind solche Fälle nur Ausnahmen. 332 ^ifi Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in Westpreussen usw. Nach dem Einleben in die neue Umgebung trat täglich an unsere Stadtjugend die Gelegenheit heran, sich auch im Umfang ihrer Kräfte in Haus und Hof, im Garten, auf dem Acker zu beschäftigen. Aus Dankbarkeit für geldlose Verpflegung griff die Mehrzahl freiwillig an; aus Langeweile ein anderer Teil; nur wenige lehnten jede Betätigung ab mit dem schnodde- rigen Hinweis: „Wat, zum Arbeten bin ich doch nich hier?" — Auf bäuer- lichem Anwesen war den Kindern eine so vielseitige Arbeitsmöglichkeit ge- geben, dass sich viele zu brauchbaren Mithelfern entwickelten. Ihre An- stelligkeit und Beweglichkeit wurde allgemein gelobt. Der Umgang mit Pferden war unseren Jungen der Höhepunkt ihres Trachtens. Einige haben sich tatsächlich zu sicheren Kutschern, Reitersleuten und Pflügern ausbilden können. Hirte des Viehes zu sein, fand nur bescheidenen Anklang. An- fänglich hielten unsere Kleinen die Weidetiere so eng auf einem Platze bei- sammen, dass jederzeit ein Ausbruch der so Eingeengten sie zum Laufen und Jagen veranlasste; sie Hessen ihren Tieren nicht den nötigen Spielraum. Auch die nachbarlichen Grenzen waren unserer Kinderwelt ein nichtiger Begriff. Wozu sind jene Runkeln, dort das saftige Kleefeld da? — Hinein, ihr Kühe, ihr sollt doch satt werden. Gerade der dauernde Aufenthalt wäh- rend der langen, regenlosen Sommertage, das Mit-sich-Genugsein, die wort- karge Art der Pfleger, wirkten mildernd, ja teils vernichtend auf das städtische Gebaren unserer Jugend. Das Lärmen, das Laute und Unruhige ward geringer, stellenweise ver- schwand es ganz. Einige nahmen sogar die westpreussische Mundart und ländliches Sichgeben so gut an, dass bei der Rückreise berechtigte Zweifel entstehen mussten, ob jenes Kind nicht ein ländlicher Durchbrenner ist, der bei dieser günstigen Gelegenheit sich Berlin, das Sehnsuchtsziel der Land- jugend, ansehen will. Ja, die hiesige Heimat, das anfangs so straff gespannte Band zwischen Elternhaus und Kind, war mehrfach so erschlafft, dass wochenlang trotz notschreiender Karten eines geängstigten Mutterherzens keine Nachricht von dem Jungen einlief. So kam ich wieder in Tätigkeit. Nach einem Fussmarsch von 23 km hatte ich den Schreibfaulen gestellt. „Hin- setzen! Diese Postkarte schreiben! Du Herzloser! Sonst . . •!" — Von dem vollständigen Einleben gab der Abschluss einen mehrfachen Beweis. Mehrere Stadtkinder sind für unbegrenzte Zeit dort verblieben, andere haben nach kurzem Hiersein sich wieder dorthin gewandt. Ja, aber wo bleibt die Landschule! Gewiss besuchten unsere Stadt- kinder die Dorfschule. Da nicht jede Dorfschaft, jedes Gut sich einer sol- chen Stätte erfreute, gab's nun Landschulwege durch die Feldmark, durch den Wald. In der Schule fiel unsere Jugend nach zwei Seiten hin auf. Sie waren mit dem Mund vorauf, mit ihrem Wissen zumeist auch; nur in der Religion, also in biblischer Geschichte, Lied, Spruch, und Katechismus, ver- sagten sie. Da sie nur eine Minderzahl in den Schulen darstellten, so schliffen sich ihre städtischen Eigentümlichkeiten mehr und mehr ab; sie tauchten in der Ueberzahl unter. Auf eine Umfrage während einer Früh- stückspause auf dem Schulhofe, die ich an die ländlichen Schulkinder rich- tete: „Wie gefallen euch denn unsere Berliner?" erhielt ich nach etlichem Zögern die Antwort: „Ganz gut, aber sie sind so dreist!" Damit sollte eben gesagt werden, dass Blödigkeit und Schüchternheit überwundene Eigen- schaften sind. Von selten der Lehrpersonen wurde nicht geklagt in bezug auf Wohlverhalten, Fleiss. Im Gegenteil erblickten viele in diesem Zuzug Ein Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in Westpreussen usw. 333 einen erfreulichen Gegensatz, es kam ein grösseres Leben in die ländliche Kinderschar. Unsere waren die Hechte im Schulkarpfenteiche. Waren Schulwege zu machen, so neigten die Stadtkinder sehr auf dem Nachhause- wege zum Trödeln, Zeitbummeln. Nach meinen eigenen Beobachtungen gab die Umgebung eben zu oft Gelegenheit, sich hier und dorten umzusehen. Der Wassergraben mit seinem Leben war der liebste Abrufer von der Zeit- bahn. Doch zurück an die Pflegestätte nach der Schule! Ein Brunnen unbeschreiblicher, wochenlanger Freude ward unserer Jugend, gerade je mehr sich die Abreise näherte, täglich in immer grösserer Fülle geöffnet: die Genüsse des Obstgartens. Gleich nach dem Aufstehen ging's hinein zur Jagd auf das Fallobst. Es sind so täglich von unseren Paradieskindern Obstmengen aufgeschmaust worden, die einen auffallend grossen Platz der kommenden Grosshalle an der Beusselstrasse füllen wür- den, und das, ohne mit Recht befürchtete Erkrankungen nach sich zu ziehen. Sie haben gerade hierdurch den untrüglichen Beweis geliefert, sie sind magen- fest durch und durch geworden. Ein rechtes Paradies war mit diesem un- begrenzten Nehmen unseren Kindern geöffnet und stand ihnen noch für Wochen offen, als am 17. September die Abreise sie hinausrief. Mit tränen- den Augen, in Erkenntnis aller Vorzüge dieses Landes, sollte und musste es wieder heimgehen in die durch Karten begrenzten, engen Ernährungsver- hältnisse von Gross-Berlin. Wohl allen ist das Leben, das Verankern im fruchtbaren Westpreussen, eine Zeit des Sonnenschein, der körperlichen Stärkung, nützlicher Erkenntnis ländlichen Treibens geworden. Noch glänzen wird nach vielen Jahren die Zeit im Schwetzer Kreis als ein irdisch Jugendparadies, Ach, könnte dies Geschenk ein jährlich Gut der Gross- stadtjugend werden! Nun zum IL Teil: Meine Beobachtungen als Gartenlieb- haber. Auf fettem Marschboden bei niedrigem Grundwasserstande hat sich neben der landwirtschaftlichen Ausnutzung ein Jahrhunderte alter Obst- und Gartenbau entwickelt, der, begünstigt durch die hohe Feuchtigkeit der Luft, alle Vorbedingungen für gute Ernten gerade in solch einem Sommer, wie der diesjährige war, birgt. Wandert man auf dem 9 m hohen Weichsel- damm stundenlang nach Norden oder Süden, so zeigt sich folgendes Total- bild. In weiten Zwischenräumen erhebt sich aus dem Grün der hochstämmi- gen Obstbäume, der hundertjährigen Pappeln, Weiden, Eichen, gelegentlich auch Nussbäume, Tannen und Lärchen, das Anwesen eines Besitzers, das hochgiebelige Blockhaus mit geräumigem, gutgepflegten Vorgarten, mit seinem riesigen Hofe, der von Scheunen (Holzbau), massiven Ställen be- grenzt wird. Die Verbindung zwischen den Bauernhöfen sind die kleinen Blockhäuschen der zum Besitzer in einem freien Dienstverhältnis stehenden „Instleute". Die ersten Ansiedler nach Eroberung des Weichsellandes stammten aus dem westlichen Niederdeutschland. Sie bauten sich nicht in geschlossenen Dörfern auf, sondern inmitten ihres 100 bis 200 Morgen um- fassenden Landes, und zwar in der Nähe des Deiches, weil dieser die beste Verbindung durch die im Winter schwer passierbare Niederung war. Um Haus und Hof pflanzten sie ohne besondere Beachtung der Entfernung die Obstbäume, so dass das Gehöft nach Jahren ganz von diesen eingehegt war. Diese Weise ist bis heute zumeist beibehalten worden. Neben dem 334 Ein Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in Wesipreussen usw. Weichseldamm und seiner neueren Kreischaussee zieht sich also ein stundenlanges Land von Obstpflanzungen hin, hier und da von einem Tüm- pel, Teich oder flachen See, dem sicheren Merkmal eines Weichseldamm- bruches (1855) hin. Der Hochstamm von einst wird noch heute bevorzugt. Es stehen aus Urväterzeiten Ueberständer von 30 m hohen Birn-, von 20 bis 25 m hohen Apfelbäumen fast regelmässig auf und an den Bauernhöfen, die gerade in diesem Jahre dem Besitzer ungeahnte Gelder infolge der Höchst- preise erbrachten. Diese Birnenriesenbäume, hochschäftig, oft zwei- oder dreistämmig, haben Namen, die uns, so fern wir mit den märkischen Dorfverhältnissen weit ab der Grossstadt vertraut sind, recht bekannt anmuten. Maul-, Faust-, Hafer- birnen, Wasser-, Ernte-, Zitronenbirne sind so nichtssagende Namen. Be- sondere Aufmerksamkeit wandte ich der Konitz-Kruschke oder der Honig- birne zu. Die Abbildung 39 zeigt uns einen Vertreter auf dem Boden von Nieder-Sartowitz. Er ist für mich ein Riese unter Riesen. Der Baum, gegen 30 m hoch, mag 150 Jahre hinter sich haben. Er gehört zu einem Gehöft, das die Jahreszahl 1776 trägt. Mit Recht führt die gelbliche Frucht den Namen Honigbirne. Noch in den 80er Jahren presste man aus seiner Frucht Birnen- saft als Brotaufstrich. Diese Birnen wurden sodann auch am Orte gedörrt und im Kreise verkauft. Die Apfelbäume, ausschliesslich Hochstämme, zeigen uns das Kind des Landes, den Stettiner, und zwar in drei Formen: Roter, Weisser, Grüner Stettiner. Neben diesem wird mit durchschlagen- dem Erfolg auch der edle Gravensteiner angepflanzt. Neuere Sorten, die bei uns schon die Regel sind, finden nur schweren Eingang, obwohl sie mit Er- folg gegen die obengenannten auftreten können. Die Kreischausseeallee am Weichseldamm, aus Ahorn, Eichen bestehend, ist leider nur auf 1,8 km hin von 30jährigen Winter-Goldparmänenbäumen bepflanzt. Um den über- all wirkenden Langfingern zu begegnen, sind, oberhalb des Hauptstammendes, die Hauptäste frei von Nebenästen gehalten. Hauptäste nach der Strasse zu sind beizeiten entfernt, so dass der Wagenverkehr unbehindert bleibt. Als dritter Fruchtbaum tritt uns die Hauszwetsche, also die Bauernpflaume, in geschlossenen Beständen entgegen. Sie stehen fast immer so eng, dass sie sich schon mit 20 Jahren gegenseitig behindern und eine Unterkultur zweck- los wird. Der Pflaume scheint der Stand in der Niederung nicht zu behagen; nur mittleres Alter erreichen die Bäume. Durch den strengen Winter 1916/17 hatten gerade jüngere Bestände stark gelitten. Der hohe Stand des Frühjahr- hochwassers tat ein übriges dazu. Manche Besitzer führten jedoch das Sterben ihrer Pflaumenbäume auf die überreichen Erträge des Jahres 1916 zurück. Die Pflaumenernte war in diesem Jahre eine mittlere, hier und da wieder eine Vollernte. Die pflegliche Behandlung ist, wohl gerade infolge regel- mässiger Erträge, nicht auf der Höhe; sie liegt vielfach ganz darnieder. So fehlt in vielen Obstgärten das so notwendige Auslichten. Das üppige Wachstum bringt dann so enges Innenastwerk hervor, dass z. B. ein Elstern- paar unter den Augen des Wirtes das Nest einbauen und die Brut auch auf- ziehen konnte. Nun kommt noch enger Stand hinzu, so ist ein allseitiges Verwachsen der Kronen die Folge. Trotzdem ist nicht jede Art des Un- geziefers hier zu Hause, wie anzunehmen ist. So ist mir die Blutlaus, trotz eifriger Nachsuche, nicht einmal entgegengetreten. Dafür kommt der Ein Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in Westpreussen usw. 335 Baumweissling, begünstigt durch die weiten Weidenbuschquartiere (Kämpe) in so ungeheuren Mengen vor wie bei uns kaum der Kohlweissling. Die Apfelgespinstmotte, der Blütenstecher, Frostspanner sind regelmässige, ver- heerende Nutzniesser dieser geschlossenen Obstpflanzungen. Jene Obst- allee von der Goldparmäne zeigte im Gegensatz hierzu ein Musterbeispiel verständiger, regelmässiger Pflege. Die Bäume waren gekalkt, also moos- frei und ledig überflüssiger Borke. Die Kronen, trotz der künstlich hoch- getriebenen Form, gelichtet. Die Schnittflächen kurz am Ast sauber nach- geglättet und gut im Ueberwallen begriffen, das Blattwerk nirgends auf- fällig durch Raupenfrass mitgenommen. Kurz, hier war für die Umwohner eine Lehrschmiede. Im Gegensatz hierzu steht mir noch heute eine andere Obstallee zwischen den Orten Lipno und Piskarken vor Augen. Wohl bis zum Kriege mag hier ein wach- sames Auge gewaltet haben. Nun war aber seit mehre- ren Jahren auch nichts ge- schehen. Dafür standen die gutgewachsenen Bäume, mit reichem Fruchtansatz. Ende Juni vollkommen kahl gefressen da. Im August prangte die Allee im zweiten Laube, die Früchte lagen unten. Die Schwammspinnerraupe hatte hier gehaust. Mit solchen Beispielen könnte ich noch weiter aufwarten. Also die Pflege ist hier noch nicht in ihrem Wert erkannt. jEine andere Seite. Zwischen den künstlich hoch- getriebenen Chausseebäumen meines Wohnorts hat man junge Süsskirschen- bäume eingestellt. Die Hauptleittriebe sind aber überall kräftig zurück- geschnitten worden. Somit ist dem Höhenwuchs der Lebensnerv zer- schnitten; Gummifluss, ein seitliches Ausspritzen von Nebenleittrieben ist die Folge. An dem hier und dorten auftauchenden Formenobst ist von einem Schnitt erst gar nicht die Rede. Kommt nun ein weisser Rabe mit Madenfalle, Leimring, Spritzmitteln auf Grund besserer Erkenntnis unter seine Dorfgenossen und erntet zufällig einmal wenig, so heisst's in der Runde: Das sind die üblen Folgen von dem verrückten Tun. Ein anderes Bild. Sie kommen in ein Gutsdorf. Dort hinten, umschlossen von Obst- hainen, Parkbäumen liegt's; ach, wie schön dort jenes Bild. Aber ehe Sie Abb. 39. Musterexemplar eines Baumes der Honig- birne, genannt Konitz- Krusclike in Nieder-Sartowitz (Westpreussen). 336 ^'" Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in Westpreussen usw. dahin gelangen, durchschreiten Sie die öde Dorfstrasse. In praller Sonnen- glut stehen die kleinen, niedlichen Häuschen der Instleute am Wege. Kein Fruchtbaum hat sich aus dem Gutsobsthain nach hier durchgefunden. Mit welcher Freude würde sich der kleine Mann solcher Obstbäumchen, die diesmal nicht sein Geld kosteten, annehmen. Wie würde das Häuschen ge- schmückt, auch der Tisch seinerzeit mit selbstgezogenen Früchten be- reichert und wie würde er mit seinen Jungen nun auch Achtung haben vor dem rotwangigen Eigentum seines Herrn. Hier ist für die Besitzer und Gutsherren ein noch offenes Arbeitsfeld. An drei Stellen meines Schwetzer Dienstbezirkes traf ich auf neuzeit- liche Ansiedler-Kolonien. Schmucke Häuschen in anziehender Gestaltung, die Vorgärtchen, das daran schliessende mehrere Morgen umfassende Land in guten Abständen mit Obstbäumen bepflanzt, zumeist Hochstämmen. Die Hauswände waren kahl. Auf dem Hofraum machten sich Kastanien, Linden, Ahorne, Weissdorne breit. Das Anwesen war dem Ansiedler seinerzeit schlüsselfertig übergeben; aber wie er nun die Obstbäume, es war gutgezogene Ware, weiter zu behandeln hat, die mehrjährige praktische Belehrung, hatte die Ansiedlungs-Leitung wenigstens nicht in den Kreis ihrer Pflichten genommen. Die Bäumchen machten einen durchaus unge- pflegten Eindruck; zum Teil waren sie schon verwahrlost, auch einge- gangen. 'Vi'ieder vermisste ich die aufklärende Belehrung. — Auch der Nussbaum tritt hier im Osten trotz vermehrter Gefahr des Erfrierens auf. Er gedeiht im Schutze der Randhöhen des Weichseltales vorzüglich, da die Höhen hier in west-östlicher Richtung steil abfallen und so ein Wärmefang- schirm werden. Unter dem Beerenobst geht auch hier der amerikanische Meltau um. Mancher Besitzer hat auch hier den Kampf aufgegeben und alle Erkrankten durch Feuer vernichtet. Da sich gewisse Arten frei vom Pilz mehrere Jahre hindurch erwiesen, so wurden sie die Muttersträucher für eigene Anzucht. Zum Schluss dieses Ueberblicks komme ich zum Endurteil: Der Boden, die Luftfeuchtigkeit begünstigen durchaus einen ertragreichen Obstbau aber die notwendige Pflege gilt noch so häufig als Zeitverschwendung, ja als Uebel, dass hier ein Gebiet für durchgreifende Aufklärung durch prak- tische Unterweisungen offen liegt. Ein solch suchender Obstbauer suchte nach Fachaufklärung und geriet auf: „Richters neue Obstbaulehre!'' Er preist den Verfasser als Prophet und darum., meine Herren vom Obstausschuss : Wie stehts mit einem Obstpflegemerkblatt. An mich ist viel- fach herangetreten worden : Können Sie all das, was Sie so für nötig halten, uns nicht aufschreiben oder uns ein schlichtes Büchlein nachweisen, dem wir folgen können; nur nicht zu dick! Aber mit Zeichnun- gen für den Obstbaumschnitt!! — Ich würde Ihnen etwas unterschlagen, wenn ich der Bienenwirtschaft, die in der Niederung wie auf der Höhe zu finden ist, nicht Erwähnung täte. „Es war das beste Bienenjahr seit 25 Jahren,'' so pries im August ein Bienenwirt seine Ernte an und tuschelte mir dann den höheren Höchstpreis ins Ohr. Zentnerweise ging der Honig hinaus in die Fremde. Ich nahm nur ein Pfund als teures Andenken an die fleissigen Weichsellandbienen mit, als Medizin für vorkommende Fälle. Mit den Bienen jetzt noch einen Flug durch den Krautgarten. Die günstigen Vorbedingungen für den Obstbau haben auch einen reichen Gemüseanbau hervorgerufen. Unter Ein Sommerhalbjahr mit Stadtkindern in Wesipreussen usw. 337 den Obstbäumen gediehen die Buschbohnen (Schrapeln) auch in diesem Sommer 1917 so gut, dass von ungefähr 100 Quadratmeter Fläche wochen- lang ein halber Zentner grüne Bohnen der Stadt zugeführt werden konnten. Die Gurken, häufig auf erhöhten, flach gewölbten Beeten und Feldern ge- zogen, wuchern, wenn rechtzeitig vom Unkraut befreit, dermassen, dass trotz anfänglichen weiten Standes das Ganze ein Blätterdach bildete und zum Schluss der Ernte übergenug übersehene Senfgurken zum \'erkauf und eigenen Gebrauch aus den Lautverstecken hervorkamen. Grössere Be- sitzer oder solche, die eine erhöhte Einnahme aus dem Gemüsebau erzielen wollen, treiben feldmässigen Anbau der Gurken, der Kohlarten, Möhren und Zwiebeln. Die so gefürchtete Ackerschnecke ist nicht vertreten. Einen überzeugenden Grund für ihre Abwesenheit musste ich schliesslich in zu feuchtkaltem VC'interquartier annehmen. Der Spinat wird durch die Erfurter Gartenmelde vertreten. Zwischen Runkeln, Kartoffeln, auch Wruken, sieht man überall die Stangenbohnen als Zwischenkultur, jedoch nicht in ge- schlossenen Reihen, sondern alle 2 bis 3 Meter wird eine mehrjährige Vi'eidenrute gesteckt und in ihrer Nähe nach dem Häufeln oder Hacken der Hauptfrucht die Bohnen ausgelegt. Die schwanken, zähen und federleichten Ruten bewurzeln sich schnell, stehen also fest in Sturm und Wetter. Ihr an- fängliches Ausgrünen wird durch das schnell emporklimmende Ranken- grün unterdrückt. Den Bohnen behagt durchaus Nachbarschaft und Weiden- rute. Werden die Frühkartoffeln zum Beispiel im Juli geerntet, so verbleibt die Weidenbohne als Alleinherrscher der Fläche. Die abgestorbenen Ruten wandern im Herbste als Reisigbund in die Küche, den Backofen. Werden Petersilie, Möhren in Reihen gesät, so wird die Aussaat stets mit Salat-, Frühkohlsamen untermischt, um einmal durch das schnellere Auf- gehen der letzteren die Reihen kenntlich zu machen, auch um die frühreif werdenden Gemüse als \'orfrucht abernten zu können. Der Kampf mit dem Unkraut ist hier auf Schwemmboden besonders hartnäckig. \'on den Grabenrändern, den Grenzrainen wandert andauernd Unkrautsamen zu. Ein bei uns gerade im Halbschatten üppiges Unkraut, das Knopfkraut (Galinsoga parviflora), hat hier noch nicht Gebiet erobert. Trotz dauernden Bemühens musste ich es schliesslich dem Zufall überlassen, mich mit einem Exemplar bekannt zu machen. Ein erkrankter Dienstbote ward in Stellvertretung des stark beschäftigten Besitzers von mir ins Schwetzer Kreiskrankenhaus gefahren. Auf einer blumenreichen Loggia dieses Gebäudes war das von mir bisher vergeblich gesuchte Kraut mit Erfurter Blumensamen nach hier verschlagen, wurde aber als unbekannte Seltenheit geachtet und gepflegt. Kaum von mir erkannt, wanderte es von dem flugs belehrten Gartenmann in die Küche zum Feuer. Der vielfach zu tief liegende Niederungsboden wird im Herbste durch Zu- fuhr von neuem Weichselschwemmbodcn angehöht. Hiermit gelangen nun folgende Unkräuter auf die Gemüsefelder: Schachtelhalm, Sauerampfer, Minze, Wegerich, Labkraut, Fingerkraut, Huflattich usw. Aus dieser Reihe ersehen Sie, wie andauernd der Krieg gegen diese sich schnell bestockenden Wildpflanzen geführt werden muss, um dem Gemüse Platz zu schaffen. Also arbeitsfroher Schweiss ist hier auch die Vorbedingung zu einer Vollernte. Auch der so gefürchtete Kohl- und Rübenweissling fehlt hier nicht. Die Kohlfelder hatten schwer unter Raupenfrass zu leiden. Die Entwicklung dieses heute so seltenen Gemüses ward durch das Raupenheer so gehemmt, 338 Der Reichsverband für den deutschen Gartenbau. dass z. B. ein Besitzer, der mit einer Gross-Berliner Ortschaft einen Liefe- rungsvertrag abgeschlossen hatte, deshalb davon zurücktreten musste. Der Ertrag vieler Morgen war eben aufgefressen worden. Und doch bleibt ge- rade die Niederung durch Zusammenklang günstiger Vorbedingungen ein Landstrich für Massenanbau von Gemüse. Ich gehe auf Grund eigener Schau selbst so weit, dass ich behaupte: Wenn im Weichsellande die Feldwirtschaft zugunsten des Gemüse- und Obstbaues nur um ein wenig eingeschränkt würde, sich damit ein Massenanbau aller Gemüse erreichen Hesse, zum Wohle der eigenen Volks- emährung, zur Freimachung vom einfuhrlüsternen Ausland. Dazu sind jene Niederungsbezirke zwischen Kulm und Graudenz noch nicht einmal die fettesten Böden. Im Marienburger Kreis, im sogenannten „Werder", kostet der Morgen Ackerland 2000 Mark, hier nur 500 Mark. Dorten nimmt ein Grossstadtkind in einem Vierteljahr 28, auch 32 Pfund zu, hier nur 18 Pfund. Mit diesem untrüglichen Beweis der natürlichen, paradiesischen Verhält- nisse verabschiede ich mich, hoffend, Sie so in Unruhe versetzt zu haben, dass viele schon heute den Reiseplan nach dem Rhein des Ostens, der Weichsel, fassen und in kommender Zeit ausführen. Glückliche Fahrt mit leeren Taschen! Frohe Heimkehr mit vollen Backen! Der Reichsverband für den detitschen Gartenbau. Der Reichsverband hat bis jetzt nicht die Hoffnungen erfüllt, die man bei seiner Gründung in Frankfurt/Main im Jahre 1913 auf ihn gesetzt hatte. Die Ur- sachen liegen allermeist in dem Mangel an Mitteln, und dieser ist wiederum be- gründet durch die nicht genügende Teilnahme, welche der Verband in den Gärtnerkreisen gefunden hat. Es kann zwar ein Verband über viele Mittel verfügen und doch nichts leisten, aber für eine Gesellschaft, die erst in der Entwicklung begriffen und auf die Gewinnung weiter Kreise der Garten- welt angewiesen ist, was eine lebhafte und dauernde Werbungstätigkeit vor- aussetzt, ist die Beschaffung reichlicher Mittel eine Vorbedingung jeder er- folgreichen Wirksamkeit, Dem Verbände sind jetzt 29 Vereine ange- schlossen, die ungefähr 95 000 Mitglieder besitzen, aber die jährlichen Bei- träge betragen bis jetzt nur etwa 3000 Mark, Das bedeutet die Unmöglichkeit der Schaffung einer eigenen Verwaltung mit den nötigen Bamten und vor allem mit einem tüchtigen Geschäftsleiter, der sich ausschliesslich der Vertretung des Verbandes und der Werbetätigkeit widmen kann. Dieser Uebelstand wäre noch viel drückender hervorgetreten, wenn der Verband nicht bis- her bei der „Deutschen Garten-Gesellschaft" sozusagen zu Gaste hätte wohnen können, und wenn der Geschäftsleiter dieser Gesellschaft nicht in aufopfernster Weise einen Teil seiner schon sowieso stark in Anspruch ge- nommenen Kraft dem Verbände gewidmet hätte. Dies kann aber auf diese Weise nicht weitergehen, dies wird auch im Verbände empfunden und hat zu den Bestrebungen des Vorstandes und Ausschusses geführt, Aenderungen in dem Aufbau und den Satzungen des Verbandes herbeizuführen, welche diesem Uebelstande abhelfen und eine gedeihliche Wirksamkeit des Ver- bandes ermöglichen sollen. Die hierbei zu überwindenden Schwierigkeiten sind nicht gering. Zunächst beruhen sie in den Verschiedenheiten des gärt- nerischen Berufs, der Gartenkünstler, Handelsgärtner, Herrschafts- gärtner, beamtete Gärtner, Obstbauer, Gemüsegärtner, Blumenhändler und Der Reichsverband für den deutschen Gartenbau. 339 Gartenliebhaber umfasst, deren berufliche und geschäftliche Interessen manchmal schwer zu vereinigen sind und einen engeren Zusammenschluss erschweren. Auch sind die Vermögensverhältnisse vielfach so ver- schieden, dass es kaum möglich ist, einen einheitlichen Beitrag zu den Ver- bandskosten ohne Härten festzusetzen, die Abstufung der Beiträge nach der Ausdehnung und Leistungsfähigkeit der Geschäfte würde auch nicht leicht sein. Das Beispiel der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, welche einen persönlichen Einheitsbeitrag von 20 Mark erhebt, ist hier nicht zu- treffend. Diese Gesellschaft wendet sich vorzugsweise an grössere Guts- besitzer und wohlhabende Landwirte, nicht aber an den kleinen Besitzer und Bauernstand. Sie würde auch ihre Aufgaben nicht durchführen können, wenn sie es nicht verstanden hätte, sich in einem ausgedehnten Dünger-, Futtermittel- und Saatgutgeschäft reichliche Einnahmequellen zu schaffen. Ausserdem ist sie in der günstigen Lage, dass ihre Mitglieder keinen ge- schäftlichen Wettbewerb untereinander haben, also viel leichter einig gehen können, während wenigstens die Handelsgärtner einem lebhaften gewerb- lichen Wettbewerb unterworfen sind. Auch kann der Verband der gärtneri- schen Vereine ähnliche geschäftliche Wege zu besonderen Einnahmen wie die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft leider nicht gehen, künstliche Düngemittel und Futtermittel brauchen die Gärtner nur in beschränktem Umfange, und die Versorgung hierin ist von einer Zentralstelle fast un- möglich, wenn es sich nicht in jedem Einzelfalle um Waggonlieferungen handelt; ein Saatgutgeschäft existiert in grösserem Umfange für Gärtnereien auch nicht, und die Beschaffung sonstiger technischer Hilfs- und Betriebs- mittel kann in der Gärtnerei kaum zentralisiert werden, höchstens die Kohlenbeschaffung könnte hier in Frage kommen. Am zweckmässigsten würde es vielleicht sein, die Vereinsbeiträge ganz aufzuheben und nur persönliche Beiträge zu erheben, die nach der Grösse der Betriebe abzustufen wären. Eine ähnliche Einrichtung besteht ja bei dem Bund der Landwirte, der es freilich leichter hat, die Abstufung der Bei- träge durchzuführen, da er als Massstab die Grösse des Besitzes wählen kann. Diese spielt aber in der Gärtnerei längst nicht die Rolle wie in der Landwirtschaft. Soll man die Zahl der in den einzelnen Betrieben be- schäftigten Arbeiter und Gehilfen oder soll man die auf den Betrieben lastende Gewerbesteuer zum Massstab nehmen? Kann man überhaupt auf diesem Gebiete individualisieren und jeden Betrieb für sich schätzen, oder ist es vielleicht besser, grosse Gruppen zu bilden und für diese Einheits- sätze festzusetzen? Man würde dann mit etwa 5 bis 10 Gruppen auskommen und müsste daneben noch für Gartenliebhaber, beamtete Privatgärtner und Kommunal- und Stadtgartenbeamte, sowie Gartengehilfen besondere Einheitssätze bestimmen. Unzweckmässig dürfte es sein, das Stimmrecht der Mitglieder des Verbandes nach der Höhe des von ihnen zu entrichtenden Beitrags abzustufen; in unserer Zeit des allgemeinen Stimmrechts bei den politischen Wahlen wird man auch in solch grossen Verbänden, wie der Reichsverband einer sein soll, an dem gleichen Stimmrecht aller Mitglieder nicht vorbeigehen können. Die jetzt bestehenden gärtnerischen Vereine, die dem Reichsverbande schon beigetreten sind oder noch beitreten werden, hätten dann keine Vereinsbeiträge mehr zu zahlen, müssten aber ihre Mit- glieder verpflichten, dem Reichsverband als persönliche Mitglieder beizu- treten, sie wären von ihrem Vereine einzuschätzen, und der Verein müsste 340 ^^^ Reichsverband für den deutschen Gartenbau. es auch übernehmen, die Beiträge einzuziehen und an den Reichsverband abzuführen. Da die dem Verbände jetzt angehörigen Vereine ungefähr 95 000 Mitglieder zählen, so würde schon ein verhältnismässig geringer Beitrag, der mit einer Mark auf die Person anfängt und bis zu zehn Mark ansteigen könnte, genügen, um ohne harten Bedruck die für eine umfassende und ener- gische Geschäftsführung notwendige Summe zu gewinnen. Wie hoch diese Summe anzunehmen ist, wird von den Aufgaben abhängen, welche man dem Verbände stellen wird. Will man neben einem erstklassigen Geschäftsführer mit entsprechendem Geschäftspersonal auch noch grössere Summen für Reisen und Werbekosten einsetzen und eine eigene grössere Gartenzeitung schaffen, so wird leicht eine Summe von ungefähr 100 000 Mark jährlich er- forderlich sein. Will man auf ein solches Organ verzichten und sich auf ein einfaches Amtsblatt mit Verbandsnachrichten beschränken und daneben Zu- sendung von einzelnen Artikeln an die bestehenden gärtnerischen Zeitungen einrichten, oder wollte man die Kosten einer eigenen grossen Zeitschrift den Abonnenten auf dies Organ aufbürden, so würde man die Vereinsbeiträge wohl auf 50 000 Mark ermässigen können. Wenn der dann auf den einzelnen entfallende Betrag nur ein recht massiger wäre, so könnte man auch von der Abstufung des Beitrages nach dem Umfang des Geschäftes ganz absehen und braucht auch keine Bestimmungen wegen solcher Mitglieder zu treffen, welche verschiedenen Vereinen gleichzeitig angehören. Wir möchten empfehlen, zunächst den Gedanken an eine grosse Gartenzeitung ruhen zulassen, schon um nicht von vornherein die bestehenden zahlreichen Gartenzeitungen und Vereinsorgane zu schädigen. Sollte es aber einmal doch zweckmässig erscheinen, eine solche Zeitung ins Leben zu rufen, so dürfte das nicht auf Verbandskosten, sondern höchstens mit Unterstützung des Verbandes geschehen. Zeitungen müssen auf Abonnenten zur Tragung ihrer Kosten angewiesen sein, denn nur dann werden sie nie erlahmen, möglichst viele Abonnenten zu gewinnen, und das kann nur durch tüchtige Leistungen geschehen. Für die Abstufung der Beiträge würde es genügen, etwa 3 bis 5 Klassen zu machen, einmal für Gehilfen, dann für Gartenliebhaber und Besitzer von Privatgärten, für Handelsgärtner, Baumschulbesitzer, Gartenkünstler und beamtete Gärtner und Blumenhändler. Die Leitung des Reichsverbandes müsste in den Händen eines Ausschusses liegen, dessen Mitglieder in den einzelnen Vereinen zu wählen wären, und deren Zahl nach der Anzahl der Vereinsmitglieder auf einem bestimmten Satz zu bemessen wäre. Dieser Ausschuss könnte zur Erledigung der laufenden Geschäfte einen Vollzugs- ausschuss und einen Vorstand wählen, so dass ein zu häufiges Zusammen- treten des Gesamtausschusses nicht nötig würde. Neben diesen äusseren Organisationsfragen wäre dann noch eine äusserst wichtige Frage zu regeln, ob man wirtschaftliche Streitpunkte ganz ausschliessen und an be- sondere Verbände verweisen soll, oder ob man sie dem Gesamtverbande überlassen könne. In letzterem Falle liegt die Gefahr von Zwistigkeiten vor, die nur zu leicht entstehen, wo wichtige materielle Interessen auf dem Spiel stehen. Im ersteren Falle könnten leicht die Sonderverbände, die sich etwa um den Verein der hauptsächlich hierbei interessierten Handelsgärtner gruppieren könnten, den Reichsverband lahmlegen oder seine Bedeutung wesentlich vermindern. Denn eine Hauptaufgabe des Reichs- Verschiedenes, 341 Verbandes soll es doch sein, die deutsche Gärtnerei im allgemeinen und besonders gegenüber den Behörden und politischen Körperschaften zu vertreten, die wirt- schaftliche Bedeutung des Gartenbaues in allenseinen Zweigen klarzustellen und zur Geltung zu bringen! Hierbei werden die Steuer- und Zollfragen stets in vorderster Linie stehen, während die Hebung des ganzen Gärtnerstandes, die Ausbildungs- und Gehaltsfragen und die Fragen der gärtnerischen Technik zwar sehr wichtig sind, aber, abgesehen von der Regelung des Verhältnisses der Ge- hilfen zu den Unternehmern, zu erregten Interessenkämpfen keine Ver- anlassung geben dürften. Erst wenn man in all diesen prinzipiellen Fragen zu bestimmten EntSchliessungen gekommen ist, wird man zur Ausarbeitung neuer Satzungen des Verbandes schreiten können, da man hierzu aber kaum kommen dürfte, ehe nicht nach Beendigung des Krieges wieder ruhigere Verhältnisse eingetreten sind, so wäre Zeit genug, inzwischen eine Entscheidung über diese Prinzipien herbeizuführen, indem man den einzelnen angeschlossenen Vereinen bestimmte Fragen zu einer bestimmten Beantwortung vorlegt. Die frühere Bitte um bestimmte Vorschläge ist so gut wie unbeantwortet ge- blieben, vielleicht würde man auf diesem Wege zu einem besseren Material gelangen, welches den letzten Entscheidungen des Ausschusses und der Generalversammlung des Verbandes zugrunde gelegt werden könnte. Dass von diesen Entscheidungen und den damit in Verbindung stehenden Perso- nenfragen die Zukunft des Reichsverbandes abhängt, ob er ein bedeutungs- loses Organ bleiben oder eine einflussreiche, fruchtbringende Vertretung des deutschen Gartenbaues und verwandter Zweige werden soll, braucht hier nicht mehr ausgeführt zu werden. Aus den Beschlüssen der angeschlossenen Gartenbau-Vereine wird sich dann ergeben, ob die Ueberzeugung von der Notwendigkeit eines „Reichs- verbandes" genügend verbreitet ist, um auch die nötige Opferwilligkeit zu erzeugen, oder, ob man die Idee eines Reichsverbandes aufgeben und seine Aufgaben anderen einflussreichen Verbänden überlassen solle, wie sich solche Tendenzen schon in den Verhandlungen einzelner Verbände, siehe die letzten Verhandlungen des Verbandes deutscher Handelsgärtner, gezeigt haben. H. Thiel. 1/ Verschiedenes. Shortia uniflora Maxim. und zwar Galax aphylla. Der (Hie zu Abb. 40.) Wuchs und auch die Belaubung von Ein reizendes, kleines Staudenge- Galax hat grosse Aehnlichkeit mit wachs ist diese zierliche Diapensia- der Gattung Shortia, doch unter- cee, die im nördlichen Japan scheidet sich erstere sehr leicht heimisch ist und dort in hohen Ge- durch den ahrigen Blutenstand, wah- birgswäldern vorkommt. Sie ist ^end letztere durch verhältnismässig äusserst selten in Kultur und meist sehr grosse und schon gefärbte Blu- ein Sorgenkind ihres Pflegers. Viel ten angenehm auffallt, häufiger noch ist die weit robuster S h o rti a u ni fl o r a bildet einen wachsende, nordamerikanische Art dünnen, etwas kriechenden >X^urzel- galacifolia anzutreffen oder stock. Aus diesem entwickeln sich auch eine andere nahe Verwandte, die grundständigen, ziemlich lang ge- Si2 Verschiedenes. Stielten, meist rundlichen Blätter, die meist der Erde aufliegen und eine kleine, flache Rosette bilden. Das Blatt ist von derber Beschaffenheit, im. Austrieb schön rötlich bronziert, später aber glänzend lichtgrün und nimmt, da es immergrün ist, über Winter eine lebhafte rötliche Färbung an. Die Oberfläche des Blattes ist hervortretend netzaderig und der Rand ziemlich gleichmässig ausge- schweift gezähnt. Im Laufe des Frühjahrs erblühen die auf kurzen Stielen einzeln stehenden schön ge- formten und gefärbten Blüten. Die ist. Dem heimatlichen Vorkommen Rechnung tragend, gebe man der Pflanze einen etwas geschützten, halb schattigen Standort in frischer, sandig humoser, aber recht durch- lässiger Erde. Ich habe gefunden, dass die Pflanze sowohl gegen zu grosse Feuchtigkeit, wie auch gegen Trockenheit empfindlich ist und eine gleichmässige Feuchtigkeit vorzieht. An schattiger Stelle im Alpi- num oder auch auf einer beliebigen Felspartie in einer Mischung von sandiger Laub- und Moorerde, die gleichmässig frisch F^ p^^l 1 ^^^^^^^f^^LLtai^ '^^^ft^?^^^H Hnk m. '■"* - ^ läHK^ ik HpHIIJjj^HJ^HIIJI^Hbik. i^k... M ~l ^^^^^^^^^^^^^^^^B^^^^mtMMjmLfj^Ml^ (PHraSop^^p^?/''^ '^* jj^j^j~ v*"3 H Abbild. 40. Shortia uniflora Maxim. leicht glockige, in voller Entwicklung fast flach geöffnete Blumenkrone misst etwa 3 cm Breite und ist tief- fünfteilig; die einzelnen Kronen- lappen, von längerer oder breiterer ovaler Form sind am Rande zierlich gewellt und kerbig eingeschnitten. Wunderschön ist die zarte Rosafär- bung der Blüten, die in der Tönung etwas variiert und weiss geädert ist. — Eine Form, grandiflora, unterscheidet sich durch die grösse- ren Blüten und durch den etwas kräftigeren Wuchs von der Art. Es ist bedauerlich, dass dieses schöne Gewächs so empfindlich und launisch in seinen Kulturansprüchen bleibt, scheint sich diese Shortia am besten zu entwickeln. Ueber Winter ist der Pflanze ein angemessener Schutz zu geben. Wem ein luftiges Kalthaus oder kalter Kasten zur Ver- fügung steht, dem empfehle ich die Topfkultur, da man so die Pflanzen besser in der Hand hat und ihnen auch eher die nötige Sorgfalt widmen kann. Mehrere Pflanzen zusammen in eine flache Schale gepflanzt und unter den besprochenen Bedingungen kultiviert, bringt sicher Erfolg und viel Freude. Die Vermehrung ge- schieht durch Teilung stärkerer Pflanzen nach der Blüte. Kache. Literatur. 343 Wirtschaftsbezirk hinter der Front! Einen bedeutenden und wichtigen Grad der Volksernährung und be- sonders der in den Stellungen be- findlichen Truppen bietet die Er- zeugung von Gemüse aller Art in Feindesland. Grosse Mengen wer- den geerntet und wandern in die Feldküchen- Sie bieten so eine Ent- lastung der Heimat. Eine Freude ist es mit anzusehen, wie Hunderte von „Panje"-Frauen und Mädchen emsig die Kohlfelder leeren, und mit ebenso vielen kleinen „Panje"-Fuhr- werken werden dann die kostbaren Erträge in die riesigen russischen Scheunen eingefahren und gelagert. Nichts wird liegen gelassen, selbst die abfallenden Kohlblätter werden gesammelt und auf grosse Haufen getragen. Dort werden sie durch einen störrischen Bezirksbullen, der von einem Panje im Kreise getrie- ben und durch allerlei Zurufe ange- spornt wird, eingestampft, um dann später als Viehfutter Verwendung zu finden. Ein grosser Teil wandert wieder in ausgedehnte Kellereien, wo grosse Bottiche fertig zur Auf- nahme des Sauerkohls harren. Riesige Feldsteine, die bereits auf den gefüllten Gefässen liegen, be- zeugen, dass schon eine gewaltige Arbeit getan ist. Grosse Felder mit Mohrrüben, Kohlrüben, Herbst-, Steak- und Futterrüben und Kartoffeln werden abgeerntet und kommen in die vor- bereiteten Einschläge. Je nach Be- darf erfolgt die Abgabe an die Pro- viantämter, von dort wieder an die verbrauchenden Truppenteile. Der Viehbestand beschränkt sich auf einige Milchkühe, Zuchtschweine und diverses Kleinvieh. Ferner ist ein kleiner Molkereibetrieb einge- richtet, der die von der Bevölkerung täglich abzuliefernde Milch zu Butter und Käse verarbeitet, welche gleich- falls zum Proviantamt wandern. Der leitende Wirtschaftsoffizier, ein tüchtiger Landwirt, hat alle Hände voll zu tun und hat gewöhn- lich einen Gärtner zur Hand. Auch ist er Ortskommandant seines grossen Bezirkes an mehreren Stellen. Er bestimmt die Arbeits- verteilung und wirtschaftliche Aus- nutzung der noch anwesenden Panje- bevölkerung und trägt die Sorge für ihren Unterhalt. In der weiten wald- und sumpf- wiesenreichen Gegend des von mir beschriebenen Bezirkes liegt auf einer Anhöhe das ehemalige russische Gut mit seinen gewaltigen Scheunen und Wirtschaftsgebäuden, welches jetzt von dem Wirtschaftsoffizier mit seinem landwirtschaftlichen Stabe bewohnt wird. Feldtelephone übermitteln die Be- fehle des Leiters, genau wie in der Kampfzone, vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Jedes Stück brauchbaren Landes wird ausgenutzt. Nur so ist es zu erklären, dass ein guter Erfolg und damit ein weiteres Durchhalten er- möglicht ist. Mit Recht kann man wohl sagen, dass der Schwerpunkt des deutschen Volkes zum Teil an die Front verlegt ist, nicht nur der militärische, son- dern auch der kulturelle. Die Front kämpft nicht nur, sie säet und erntet. Und wie die Saat, so die Ernte. Die ungeheuere Arbeitsleistung der Heimat soll nicht verkannt wer- den, aber Grosses wird auch wirt- schaftlich an der Front geleistet, wo Millionen Hände rührig tätig sind und so unsere Zukunft, die Zukunft des deutschen Volkes, schmieden. Herm. Köhler, Stadt. Bezirksgärtner, Berlin, z. Z. Telephonist im Felde. Literattcr. Geschichte des Königlichen Beta- [ Bedeutung, das die Aufmerksamkeit nischen Museums zu Berlin-Dah- | aller verdient, die für systematische lern (1815 bis 1913), nebst Aufzäh- j Botanik Verständnis haben, lung seiner Sammlungen von Ign. Das Königliche Botanische Muse- Urban. (C. Heinrich, Dresden, um zu Berlin-Dahlem steht unter den 1916, 456 S., Gross-Oktav, Preis Schwesternanstalten der alten und 12 Mark. i neuen Welt in bezug auf den Reich- Mitten im Kriegsgetümmel er- tum. seiner Sammlungen wohl nur scheint ein Werk von internationaler ' noch dem Herbarium Kew nach; an 344 Personalnachrichten. — Bekanntmachung. Zahl, Umfang und Mannigfaltigkeit der wissenschaftlichen Arbeiten seiner Beamten und freiwilligen Mitarbeiter nimmt es indessen un- streitig den ersten Rang ein. Verf- schildert auf Grund umfangreicher Studien und jahrzehntelanger Er- fahrung, wie diese Sammlungen zu- stande gekommen und den Benutzern zugänglich gemacht sind, welche Per- sönlichkeiten dabei mitgewirkt haben und in welcher Weise bota- nische Wissenschaft durch Bearbei- tung der reichen Schätze gefördert wurde. Die zweite Hälfte, der Hauptteil des Werkes, gibt eine ausführliche Liste der einzelnen Sammlungen, die im Berliner Museum vertreten sind. Es werden die Sammler, wenn mög- lich mit Angabe des Ortes und Jahres ihrer Tätigkeit nebst der An- zahl ihrer Nummern, alphabetisch aufgeführt und in einem besonderen Abschnitt für die Phanerogamen noch einmal nach Ländern, Landes- teilen und Inseln zusammengestellt. Vor allem dieser zweite Teil macht das Werk zu einem unent- behrlichen Handbuch für jeden Systematiker und Pflanzengeogra- phen. Wegen Papiermangels kann augenblicklich nicht näher auf das U r b a n sehe Werk eingegangen werden, es ist jedoch in Aussicht ge- nommen worden, später ausführlich darauf zurückzukommen. Personalnachrichten. Als Dozent der Humboldt-Akade- mie und Freien Hochschule wird Gartendirektor Lesser -Steg- litz im L Quartal 1918 Vortrags- reihen über „K leinhaussied- lungen vor und nach dem Krieg e", „Gartenarbeiten im Frühjahr" und „G arten- bau für jedermann" abhalten. R a d e 1 0 f f , Georg, Gärtner, Hosterwitz bei Dresden, verschied am 25. November in Unterpörlitz bei Ilmenau plötzlich am Herzschlag. Bekanntmachung. Die Monatsversammlung im Dezember fällt auf Beschluss des Präsidiums wie alljährlich aus. r=2^^g=r' Für die Schrift'eitung veraniwortlich: Siegfried Braun, Berlin N, Invalidenstrassc 42. Amt Norden 403S Druck von Rudolf Messe in Berlin. CARl. ADAM COSTRIN-NEUSTADT Landsbergersfr . 4^- A5. Fernruf N9 11* FabNili Tüp QewAi-'Ki.>iau.bb»ii-i u V\/Ln.<.t?p- g'dirteny./Öirm\/as3ephevzaDiagcn,FrüJibeef ■ und Gewächshausfenstup Eigene KiltfabrikOrajscsGUslaqer vieJfnch prämürl früherer Nlitinhaben der aufgetösten Firma R. van der bchoot & Sohn R. A. van der Schoot Grössere eigene Blumenzwiebel-, und Staudenkulturen Hillegom (Holland) Semimners !fi- und Jfitemascliine Semimners Plkiermastliine für Freiland und Kästen sind das Ideal der Gärtner u. Gartenfreunde! ut^e^erit::: I Jo.Sßnil)dner,I1ünchen,FrüWin$$traße3 Botanische Literatur auch übpr Gartenbau, kante iWi stets iinrl bilte um Anpehote. kh siirhe Schlechten- dal-Haliier, Flora von Deutschlanrl. iVicino zweihändige ßibllographia ßotanica (1060 Seiten mit über .'tOlHXi Titeln) steht gegen .Einsendung des Betrage? von M. iJtV franko zur Verfügung. 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J Welclje J^uf gaben hat der ^ausgarfen zu erfüllen: 1. ®fe ftfiC^e toufent» mit aacm fteitgrinägen ®emüfe unb Kursen »u ««r« forflen, 2. ben fiauö^alt bouemb mit Obft' unb "Beetenfrüc^ten iwm W©|- eenuf wie gu» Q3erarbeituna »u Octranfen, SDlannelaben ufn>. au oeffebcn. wnb 3. foa er ber Nomine ein Ort ber (S^^>olu^9 unb bäu«nd(>en ©lüde« (efn, et fon alfo eine Oemüfe-, eine Obft« unb eine QJIumen« ober Sierabtelluns (n(t>a((en. 5)em ©attenfreunb ötb' *>a« in 3. ^luflag« im «nfet|ei(|>nelen QSertage crfct»ienenc "Sut^j Katgebet für Gartenfreunde auf drunb eigener (Scfai^mngen unb unter QSettu^una befter Oucntn bearbeitet con OlilbelM OoUf bie beflte Slntettuna |ut Eöfung bet oben bcjcic^neten ^lufgaben. 9>«# broftifd^e ^ud), ba< mit gaijireici^en naturgetreuen ^bbilbungen fleftit)mu(ft ifl, fei i^iermtt 3n(ereffenten )ur sanf(^affung beften« etn^^fo^Un. 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