; as nelle GEDÄCHTNISSREDE AUF JOHANNES MÜLLER VON EMIL DU BOIS-REYMOND. ri AUS DEN ABHANDLUNGEN DER KÖNIGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN 1859. BERLIN. GEDRUCKT IN DER BUCHDRUCKEREI DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1860. IN COMMISSION VON F. DÜMMLER’S VERLAGS-BUCHHANDLUNG. Seitenzahl bezeichnet die laufende Pagina des Jahrgangs 1859 in den Gedächtnils: der Königl. Akademie der Wissenschaften. Te D ie Geschichte zeigt uns Männer, die im rechten Augenblick geboren von ihrem ersten Auftreten an mit siegender Gewifsheit ein grofses Ziel verfol- gen. Vor der Macht ihrer Leidenschaft, vor der Gewalt ihrer Thatkraft, vor der Beharrlichkeit ihres Wollens beugen sich die Widersacher; die Ne- benbuhler stehen in der Ferne entmuthigt, die Gleichgültigen werden hin- gerissen: Die Gunst des Geschickes selber (oft so schwer zu unterscheiden vom eigenen Verdienst) scheint ihnen die Bahn zu ebnen. Eine Zeitlang sieht man sie, in beruhigtem Glanz, am Zenith des Ruhmeshimmels strahlen. Dann plötzlich, von dem angestaunten Gipfel der Herrschaft und der Macht, aus der beneideten Fülle des Besitzes und des Glücks, rafft ein sinnloses Schicksal sie mit Einem Schlage hinweg; und wie wenn der mächtigste Stamm des Waldes fällt, lehrt die ungeheure Lücke, die ihr Sturz hinter- läfst, erst ganz den Umfang ermessen, den ihr prachtvoller Wuchs nur eben noch beschattete. Als eines solchen Mannes, eines frühgefallenen sieghaften Helden im Reiche organischer Naturwissenschaft, steht jetzt vor uns da die vollendete grofse Gestalt Jonanses Mürter’s, des Anatomen und Physiologen; wel- cher der Harrer unseres Jahrhunderts, der deutsche Cuvıer heifsen wird; dem das Schwierigere gelang, nicht, seinen Namen berühmt zu machen, son- dern den alten Ruhm, der bereits auf einem anderen Gebiete diesem Namen gesichert war, vergessen zu machen über dem neuen Glanz, in dem er den- selben strahlen liefs. Seit Jaxosr’s Tode hat diese Akademie und die ihr eng verbundene Hochschule kaum einen schmerzlicheren Verlust erlitten; 1 26 Einleitung. ein mehr unerwarteter und schmerzlicher zugleich konnte beide nicht iref- fen. Jomannes Mürrer’s blofse Erscheinung trug das Gepräge des Aufser- ordentlichen. Die Natur hatte ihm wunderbare Gaben, eine glückliche Laufbahn die höchste Reife, die unausgesetzte, angestrengte Arbeit eines Menschenalters einen Umfang des tiefsten Wissens und eine wissenschaft- liche Erfahrung ohne Gleichen verliehen. An der Grenze des Mannesalters angelangt, erschien er ein Jüngling unter seinen Altersgenossen, und nach dem gewöhnlichen Lauf der menschlichen Dinge konnte sich die Wissen- schaft von seiner rastlosen Thätigkeit noch eine lange Reihe von Leistungen versprechen, an sich genug um von Neuem einen glänzenden akademi- schen Namen zu begründen. Umsonst. Im Vollbesitz dieser Eigenschaf- ten, aus der Mannesfülle schöpferischer Kraft, ist er uns mit einer Plötzlich- keit entrissen worden, die auch den Festesten neben ihm zum Beben gebracht hat. Ihn, der noch vor wenig Jahren in einer Herbstnacht auf der hohen Nordsee um sein nacktes Leben schwimmen mufste, ihn hat jetzt in der Stille eines Frühlingsmorgens die Hand des Todes berührt. Ich habe es übernommen, ihm in der heutigen Sitzung die öffentlichen Ehren zu erwei- sen, welche die Akademie ihren grofsen Todten aufbewahrt. Nicht, als ob daran zu denken wäre, in der kurzen mir hier zugemessenen Frist ein auch nur einigermafsen entsprechendes Bild von dem zu geben, was die Wissen- schaft Mürter verdankt. Was Hr. Frourens von Cvvıer sagt!, gilt auch von Mürrer: die Geschichte seiner Arbeiten schreiben heifst geradezu die auf allen Punkten innig damit verwebte Geschichte der anatomisch-physiolo- gischen Wissenschaften während der Zeit seiner Wirksamkeit, d. h. während der letzten vier Jahrzehnde, schreiben. Noch viel weniger, als ob ich sel- ber mich dieser Aufgabe gewachsen fühlte. Denn Jonannes MÜLLER wird in der Geschichte der organischen Naturwissenschaft als der letzte Fürst einer Dynastie von Forschern genannt werden, die ein mächtiges, durch ihre Thaten schnell und schneller sich mehrendes Reich zuletzt nur noch mit Mühe zusammenzuhalten vermochten. Nach Jonannes Mürter, Alles weist darauf hin, wird kein grofser Morpholog und Physiolog zugleich mehr erstehen. Wie nach dem Tode Arzrxanper’s theilen sich die Feldherren in die erober- ten Gebiete, die unter dem Einflufs der eingedrungenen Bildung und des erregten Verkehrs bald dergestalt sich entwickeln, dafs eine zweite Ge- sammtherrschaft nicht mehr gelingen kann. Josanses Mürzer selbst hat Einleitung. Dal während der zweiten Hälfte seiner Laufbahn nicht mehr das ganze Feld der Anatomie und Physiologie gleichmäfsig beherrscht, sondern immer aus- schliefslicher sich der Morphologie zugewendet. Gerade dieser aber sind meine eigenen Bestrebungen mehr fern geblieben. Wenn ich es den- noch versuche, dieser Versammlung ein Bild seines Entwickelungsganges und seiner Leistungen vorzuführen, so geschieht dies mit Rücksicht auf einen gelegentlich von ihm ‚selber geäufserten Wunsch, und auf die man- nigfachen persönlichen Beziehungen, in denen ich seit neunzehn Jahren, zu- erst als Schüler, dann als Gehülfe, später als Amtsgenofs, und, wie ich wohl sagen darf, als jüngerer Freund, zu ihm gestanden habe. Man wird es mir indefs zu Gute halten, wenn ich, bei Würdigung von Mürzer’s Lei- stungen, vorzugsweise die physiologische Seite derselben in’s Auge fasse, die genauere Schilderung seiner morphologischen Arbeiten dagegen einer mehr dazu berechtigten Feder überlasse; und man wird es vielleicht nicht unpassend finden, wenn ich verhältnifsmäfsig länger bei den früheren Sta- dien seiner Entwickelung verweile, die wegen der schnellen, zu einem so grofsen Theil durch ihn selber bewirkten Fortschritte der Wissenschaft be- reits so weit hinter uns liegen, dafs sie für die Meisten des seitdem erwach- senen Geschlechtes von Forschern fast zu einem Mythus geworden sind. Mürrer’s Titel und Würden, seine Herkunft, Kindheit und frühere Jugend. Jonannes Mürter, — Doctor der Mediein und Chirurgie, prakti- scher Arzt und Wundarzt, Professor der Anatomie und Physiologie an der Universität und an der medieinisch-chirurgischen Militär-Akademie, Director des anatomischen Museums und Theaters, Königlicher Geheimer Medicinal- rath, Mitglied der medicinischen Ober-Examinations-Commission, von 1846 bis 1849 ordentliches, nachmals Ehren-Mitglied der wissenschaftlichen De- putation für das Medieinalwesen; — ordentliches Mitglied dieser Akademie, der Gesellschaft naturforschender Freunde und des Vereins für Heilkunde in Preufsen, Mitglied der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde, für Erd- kunde, der Hureranv’schen medieinisch- chirurgischen, der deutschen me- dieinischen und der deutschen geologischen Gesellschaft hieselbst; — der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher; — aus- wärtiges Mitglied der Akademieen zu Stockholm, München, Brüssel, Am- sterdam, der Gesellschaften der Wissenschaften zu Göttingen, London, 1° 33 Mürzzrs Titel und Würden, Edinburgh, Kopenhagen; ausländisches Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften zu Wien; correspondirendes Mitglied der Akademieen zu Petersburg, Turin, Bologna, Paris, Messina; der Gesellschaft der Wissen- schaften zu Upsala; der Mecklenburgischen naturforschenden Gesellschaft zu Rostock und der Senkenbergischen zu Frankfurt a. M., der Academy of natural Sciences zu Philadelphia; der Societe du Museum d’Histoire natu- relle zu Strassburg; der natuurkundige Vereeniging in Nederlandsch Indie; Mitglied der Societe Hollandaise des Sciences zu Haarlem; der naturfor- schenden Gesellschaften zu Freiburg im Br., Halle, Danzig, Mainz; der American Philosophical Society zu Philadelphia; der Societe de Biologie zu Paris; Ehrenmitglied der Cambridge Philosophical Society, des naturwis- senschaftlichen Vereins zu Hamburg und des der Preufsischen Rheinlande und Westphalens; der American Academy of Arts and Sciences zu Boston; der Ethnological Society zu London; des Vereins für Mikroskopie zu Gies- sen; Mitglied der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Heidelberg; Ehrenmitglied der zu Dresden; des Vereins deutscher Aerzte und Natur- forscher zu Paris; correspondirendes Mitglied der Gesellschaften für Natur- und Heilkunde zu Erlangen und Moskau; Mitglied der Academie de Mede- cine zu Paris; der ärztlichen Gesellschaften zu Münster, Kopenhagen, Wilna, Stockholm; Ehrenmitglied der Academie de Medecine de Belgique; der medicinischen Facultät zu Prag und der Universität zu Dorpat; der medi- einisch-chirurgischen Akademieen zu Wilna und Petersburg; der ärztlichen Gesellschaft von Gur’s Hospital zu London; der zu Edinburgh und der Hunrter’schen Gesellschaft daselbst; der medicinisch -chirurgischen Ge- sellschaften zu London und Zürich ; der ärztlichen Gesellschaften zu Buda- Pesth, Lissabon, Algier, Constantinopel, des Apotheker -Vereins im nörd- lichen Deutschland; correspondirendes Mitglied der medicinisch - chirurgi- schen Akademie zu Turin, der Gesellschaft der Aerzte zu Wien u. s. w.; — Preisträger der medicinischen Facultät der Universität zu Bonn, Inhaber der grofsen goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft, des Sömmerıng’schen Preises der Senkenbergischen Gesellschaft, der Cortrer Medal der König- lichen Gesellschaft zu London, des Prix Cuvvırr der Akademie der Wissen- schaften zu Paris, so wie einer der, an Stelle des Prix Moxtyon de Physiologie experimentale auf das Jahr 1832, von derselben vertheilten goldenen Preis- medaillen; —Ritter des Rothen Adlerordens zweiter Klasse mitEichenlaub, des seine Herkunft und Kindheit. $ 239 Ordens pour le Merite für Wissenschaften und Künste, des Königlich Schwedi- schen Nordsternordens, des Königlich Bayerischen Maximiliansordens, des Kö- niglich Sardinischen St. Mauritius- und Lazarus- Ordens: — ist den 14. Juli 1801, also genau dreifsig Jahre nach Ruvorrnı, zu Coblenz am Rhein unter französischer Herrschaft, wie einst Cuvırr unter deutscher, gebo- ren. Seines Vaters Vater war Winzer an der Mosel, sein Vater selbst, mit Vornamen Marars, ein Schuhmacher in guten Umständen, der in damaliger Zeit, wo fortwährend Truppenmärsche durch Coblenz_ statt- fanden, vortheilhafte Geschäfte machte. Mürter’s Mutter hiefs Marıa Tarsesıa Wırrmans. Jonanses Mürter war das Älteste von fünf Ge- schwistern, unter denen zwei Schwestern. Den bedeutenden Schnitt sei- nes Gesichtes, den übrigens, nur minder scharf ausgeprägt, die Brüder und eine der Schwestern mit ihm theilten, hatte er, nebst dem kräftig ge- drungenen Körperbau und der würdig gemessenen Haltung, vom Vater ge- erbt. Von der Mutter gingen auf ihn über strenger Ordnungssinn, reger Unternehmungsgeist und unermüdete Geschäftigkeit. Die Nachrichten aus Jonannes Mürter’s Kindheit zeigen ihn uns als einen sinnigen, in sich gekehrten, gelegentlich aber lebhaft ausbrechenden Knaben, der bei Allem, was er that und trieb, mit ganzer Seele und dem eifrigsten Ernste war, und jedes begonnene Unternehmen mit hartnäckiger Ausdauer zu Ende führte: er mochte nun nach Knabenart zur Nachahmung aufgeregt sein durch die Sage der Vorzeit, wie sie die Burgtrümmer seiner heimathlichen Umgebung mit Heldenbildern belebt, durch die feierliche Geberde des Priesters, der das Mefsopfer begeht, oder durch das kriegeri- sche Schaugepränge der Napoleonischen Heerschaaren, deren räuberische Adler den Schauplatz seiner Spiele beschatteten. Wenn er uns in dem Buch über die phantastischen Gesichtserscheinungen selbst erzählt, wie er oftmals, durch die Fenster des Wohnzimmers im elterlichen Hause am Jesuiterplatze, die russige verfallene Wand des Nachbarhauses betrachtend, in den Umris- sen des abgefallenen und stehen gebliebenen Kalkes allerlei Gesichter er- blickte”, so erscheint dies freilich nur als ein phantasiereichen Kindern ge- meinsamer Zug; aber während bei tausend Kindern dieses Spiel der Einbil- dung spurlos vorübergeht, wird es bei Jonanses Mürzer zum Keim jener denkwürdigen Studien über die Sinne, welche diesen Theil der Physiologie von Grund aus umgestaltet haben. 30 Mürzzrs Kindheit Dicht an Mürzzr’s elterliches Haus stiefs, damals zur Ecole secon- daire umgeschaffen, und unter der Fremdherrschaft verwahrlost, eine aus Churtrierischer Zeit her sonst wohlausgestattete Lehranstalt der Jesuiten. Diese besuchte MürzLer von 1810 an, und vermuthlich würde es um seine Schulbildung nicht besonders gestanden haben, wäre nicht nach Übernahme des Landes durch die Preufsische Regierung die Reorganisation der Schulen nach dem in den alten Provinzen üblichen Muster eine von deren ersten Sorgen gewesen. Ein Mitglied dieser Akademie, Hr. JoHannes SCHULZE, führte als Schulrath in Coblenz in den Jahren 1816—1818 diese Mafsregel durch, so weit es der damals in den Rheinlanden sehr fühlbare Mangel an tauglichen Lehrern erlaubte. An das nunmehrige Königliche Gymnasium zu Coblenz berief er unter anderen als Lehrer der Mathematik einen Zög- ling Pestarozzı’'s, Professor Leurzınger, dem Mürter in seinem Curricu- lum vitae besonders dankt°; in den classischen Studien aber halfen er selber und sein Amtsgenofs, damals Consistorial-Assessor, Frirprıcn Lange durch eigene Lehrthätigkeit nach. Auf den Bänken dieser Anstalt zeichnete sich der Knabe Jonannes dergestalt aus, dafs er bald die allgemeine Aufmerksamkeit seiner Lehrer auf sich zog. Mathematik, wie er selber berichtet*, und Zeichnen, das sich ihm später so nützlich erwies, waren ihm die liebsten Unterrichtsgegen- stände. Doch muls er auch in den alten Sprachen einen guten Grund ge- legt haben, da er als Übersetzer und Ausleger des Prarox und ArıstoTeLes sich stets mit Sicherheit bewegt hat, seine Gewandtheit im lateinischen Aus- druck, durch die Disputatorien, die er als Privatdocent in Bonn hielt, noch erhöht, aber sogar das Urtheil hervorrief, er schreibe besser lateinisch als deutsch. Seine Arbeiten waren stets die besten und wurden oft als Muster hingestellt und vorgelesen. War er aber auch, was bedeutende Männer, vielleicht durch die Schuld ihrer Lehrer, nicht immer sind, ein Musterschüler, so verrieth sich seine ungewöhnliche Begabung doch bereits in der Selbständigkeit aller seiner Strebungen, der eigenen Kraft, mit der er jeden dargebotenen Stoff verarbeitete, und der Emsigkeit womit er, wenn dieser ihm nicht genügte, seiner Wifsbegier die hinreichende Nahrung zu verschaffen wuflste. Zu Hause verschlang er Goerue’s Schriften, die da- mals in Schwung kamen, und bestimmt waren, einen entscheidenden Ein- flufs auf einige seiner Jugendarbeiten zu üben. In Feld und Wald entging und frühere Jugend. 31 nichts seiner Beobachtung; er sammelte früh Schmetterlinge und Pflanzen, ja sogar Zergliederungen von Thieren soll er damals schon vorgenommen haben, obwohl er sonst eine zarte, leicht widrig erregte Sinnlichkeit besafs, die ihm z. B. den Anblick von Spinnen selbst zu einer Zeit noch ungern er- tragen liefs, wo man ihm über den Gang und die Augen dieser Thiere bereits umfängliche Aufschlüsse verdankte°. MÜLLER’s Studienjahre bis zu seinem ersten Aufenthalt in Berlin. Während Mürter von seinen Jugendgenossen: immer so angesehen wurde wie Einer, der berufen sei sich über die alltäglichen Lebensverhält- nisse hoch emporzuschwingen, hatte ihm sein Vater, in schlicht bürgerlicher Denkungsart, keinen gröfseren Fortschritt über seinen eigenen Stand zuge- dacht, als den zum Sattler. Mürzer’s Mutter jedoch, die nicht ohne Ehr- geiz war, unterstützte in ihrem Sohn die Neigung zum Studiren, und. Hr. JOHANNES SCHULZE, der in den von ihm selbst ertheilten Unterrichtsstunden, in denen Homer gelesen wurde, seine Fähigkeiten erkannt hatte, drang in seinen Vater, einen Knaben, der zu so grofsen Hoffnungen berechtige, nicht der Wissenschaft vorzuenthalten. Zunächst indefs mufste Mürter, nachdem er im Herbst 1818 das Gymnasium verlassen, gemäfs der damals erst eben in’s Leben getretenen und, wie es scheint, noch sehr drückend eingerichteten Preufsischen Wehrverfassung, ein Jahr in Coblenz als Pionir dienen. End- lich nahte der Zeitpunkt, wo der achtzehnjährige Jüngling die kaum gestif- tete Rheinische Friedrich-Wilhelms - Universität im benachbarten Bonn be- ziehen sollte; noch aber schwankt er in seinem Entschlufs, welches Studium er ergreifen werde. Durchmustert man die Lebensbeschreibungen berühmter Naturfor- scher, so wird man bald gewahr, dafs es zwei am Beginn weit auseinander- gelegene Wege giebt, auf denen diese Männer sich demselben Ziel genähert haben. Die Einen führt ein gebieterischer Instinet sogleich zur Beschäfti- gung mit den Naturgegenständen. Der unbedingte Reiz, der dem Krystall, der Pflanze, dem 'Thier, wie den sonderbaren Geräthen und dem Hauch des Laboratoriums, für manche Naturen innewohnt, leitet sie unmittelbar zur Beobachtung und zum Versuch. Harmonischer und vielleicht tiefer be- gabt, suchen Andere zuerst mit jugendlicher Inbrunst das All begreifend zu umfassen; an den nie gelösten Räthseln des menschlichen Daseins zerarbeitet 33 MÜLLERs Studienjahre sich eine Zeitlang ihre Kraft, bis sie, Schritt für Schritt auf dem Wege vom Glauben durch den Zweifel zur Entsagung gelangt, sich endlich mit einem Arbeitsplätzchen an dem, gleich einem Korallenstock langsam zwar, aber breit und sicher emporwachsenden Bau der Erfahrungswissenschaften begnü- gen. Hier treffen sie jene schon längst emsig bemüht, und es kann kom- men, dafs sie ihnen an technischer Fertigkeit zeitweise, ja dauernd unterlegen bleiben. Wenn aber unter ihren Gaben eine gesunde Sinnlichkeit und na- türliches Geschick auch nicht fehlen, wie bald überflügeln sie dann der Er- steren mehr handwerksmäfsiges und beschränktes Thun; und wie setzt sie der Gedankenreichthum, dessen Drang ihnen erst gefährlich ward, nun bald zu Meistern über jene ein! So sollte auch Mürrer’s Gang sein. Erst auf langen, wenn auch rasch zurückgelegten Umwegen kam er bei der Naturwissenschaft an. In früher Jugend hatte die ernste Pracht des römischen Cultus den träu- merischen Knaben mit der plastischen Phantasie dergestalt angezogen, dafs er sich damit trug, ein Diener der Kirche zu werden. Auch jetzt noch, im Begriff seine Studien zu beginnen, ist er zweifelhaft, ob er nicht der Theologie sich widmen solle. Es heifst, dafs er sich mehrere Tage in sein Zimmer verschlossen habe, um mit sich zu Rathe zu gehen, ob er dazu den wahren Beruf fühle, und mit dem Entschlufs daraus hervorgetre- ten sei, Mediein zu studiren. „Da weifs ich doch was ich habe und wem ich „diene ,” äufserte er gegen den Freund, dem wir die meisten dieser Nachrichten verdanken‘; und kurz darauf, im Verfolg der jetzt in ihm siegreichen Re- action gegen jene Jugendeinflüsse, und unter dem ersten mächtigen Ein- druck des Lichtes, das die Anatomie auf die Räthsel der Organisation zu ’ werfen scheint: „Was nicht unter das Messer fällt, ist nichts;” ein Aus- spruch, den er in der Folge freilich zurücknahm. Dies war im Herbst 1819, und nicht volle zwei Jahre darauf, am 3. August 1821, ertönte bereits die Bonner Aula von dem Drommetenstofs, der dem Studiosus Jonanses Mürrer aus Coblenz den ersten von der medi- cinischen Facultät der neuen Hochschule ausgesetzten Preis zusprach. Die gestellte Frage betraf die seit Harver’s Zeiten noch immer mit so vielem Dunkel umgebene Athmung des Foetus, und die Antwort ist in der That gleich merkwürdig, man möge nun die darin entfaltete literarische Kenntnifs, oder die allseitige Erwägung des Gegenstandes, oder endlich die Mannigfal- bis zu seinem ersten Aufenthalt in Berlin. 33 tigkeit und die rücksichtslose Kühnheit der Versuche ” mit der Jugend des Verfassers vergleichen, der, mit gewöhnlichem Mafse gemessen, ja noch kaum Zeit gehabt hatte, den ersten Blick in seine Fachwissenschaft zu thun. Gleichwohl brachte bereits das 1. Heft der Isis von 1822 eine neue Abhandlung von Mütter: Über die Gesetze und Zahlenverhältnisse der Be- wegung in den verschiedenen Thierklassen mit besonderer häcksicht auf die Bewegung der Insecten und Polymerien, zu deren genauerer Zerglie- derung er vielleicht gerade durch den Abscheu geführt ward, den die Betrachtung der wühlenden Asselfüfse ihm einflöfste. Denn in seiner Gei- stesart lag es, dafs dieser Abscheu selber sich ihm sofort wieder als physio- logisches Problem entgegenstellen mufste. So pflegte er in den Stunden, wo er, noch in Coblenz, als einjähriger Freiwilliger Wache stand, an den Mauern neben dem Schilderhäuschen das Treiben der Spinnen zu be- lauschen. Um aber in die Norm jener durch ihre Schnelligkeit dem Auge verschwimmenden Bewegungen einzudringen, hungerte er die Thiere in Schachteln wochenlang aus, bis ihre Bewegungen so langsam wurden, dafs er ihnen mit dem Auge folgen konnte. Den Inhalt dieses Aufsatzes, bedeutend vermehrt durch fernere Stu- dien in derselben Richtung, benutzte Mürter zu seiner Inaugural - Disserta- tion: De Phoronomia Änimalium, die er am 14. December 3 desselben Jahres 1822 vertheidigte, und so, nach erst eben zurückgelegtem sechsten Semester, die medicinische Doctorwürde erwarb. Charakteristisch ist bereits in diesen Schriften die Sorgfalt, mit der die Function, um die es sich handelt, durch alle zugänglichen Glieder der Thier- reihe verfolgt wird. Zugleich aber zeigen sie uns, ein bemerkenswerther Umstand, den jugendlichen Jonannes Mürter gänzlich versunken in dem Traummeer jener mit polaren Gegensätzen spielenden falschen Philosophie der Natur, die während des ersten Viertels dieses Jahrhunderts der deut- schen Wissenschaft tiefere Wunden schlug als aller Kriegslärm des westlichen Eroberers. Das Leben in der Bewegung ist ihm „eine organische Säule; „die Pole sind Beugung und Streckung, oder die Kreisbewegung und die Be- „wegung in der Längenform: — beide auseinandergerissene Hälften der pa- „rabolischen Linie, auf welcher das Leben spielt.”° Mit solchem Ingrimm blickte Mürter nachmals auf diese Verirrungen zurück, dafs er selber die- 2 34 Mürzzr’s bedrängte Lage. ser Arbeiten nie wieder gedachte,‘ und jedes Exemplar derselben, dessen er habhaft werden konnte, aufkaufte und verbrannte. Die Anzeige von Mürrer’s Dissertation in der Isis begleitete Oxen, wohl noch aus besseren Gründen als weil die darin herrschende Philosophie auch die seinige war, mit dem Wunsche, „die Verhältnisse des Verfassers „möchten ihm erlauben, sich den physiologischen Wissenschaften zu wid- „men, in welchen er gewifs etwas erspriefsliches leisten würde”;!! ein Wunsch, dessen Erfüllung damals ernstlich bedroht erschien. Mürter stu- dirte erst im zweiten Jahre, als sein Vater starb, und ihn und die Seinigen in höchst bedrängter Lage zurückliefs. Seine Mutter wollte das Geschäft ihres Mannes fortführen, war aber darin nicht glücklich. Jonanses Mür- ıer’s kleines Erbtheil, dann die seiner Geschwister, hatte er bald ver- braucht; andere Schulden folgten, wenn auch nicht so peinlicher Art, doch nicht minder drückend; und von hier ab bis zu einer Zeit, wo er bereits eines europäischen Rufes genofs, hat man ihn sich als fortwährend im Kam- pfe mit den quälendsten Nahrungssorgen zu denken, denen die Unterstützun- gen seitens der Behörden seiner Vaterstadt und der Regierung, die ihm oft und reichlich zu Theil wurden, ihn doch nur vorübergehend zu entheben vermochten. Es ist rührend, in einem gegen das Ende seines ersten Berliner Aufenthaltes geschriebenen Briefe zu lesen, wie der grofse Mann mit kind- licher Demuth die geliebte Mutter um noch wenige Thaler bittet, wenn sie dieselben ohne Schaden missen könne, „und doch lebte ich in der letzten „Zeit so eingeschränkt, um eben auszukommen, dafs ich mir alle Bequem- „lichkeit versagte.” Diese glückliche Mutter lebte noch, die volle Höhe zu sehen, die ihrem Sohn zu erreichen beschieden war, und von ihm auf Händen getragen zu werden. Einstweilen liefs sich Mürrer diese Noth nicht anfechten, son- dern voll jener inneren Zuversicht, die, wie Sterrens bemerkt hat, ein Attribut des Genius ist, fuhr er zunächst fort, seiner geistigen Entwickelung nach allen Richtungen mit äufserster Anstrengung zwar, aber mit vollkom- mener Freiheit obzuliegen. Jede Sprache, in der Philosophen und Natur- forscher schrieben, wird bewältigt; und von Arısrtoteues bis zu Bacon, von Praron bis zu dem flammenden Bekenner Gıorpano Bruno und dem nüch- ternen Tiefdenker Srınoza, schöpft er sich den Trunk für seinen Wissens- durst frisch vom Quell, wie zugleich sein unermüdetes Auge Tag und Nacht Renrvgs’ Bemühungen für ihn. 35 der Secirnadel unter der Lupe in’s Innere der tausendfältigen Mikrokosmen folgt, und Form um Form sich aneignet. Und doch findet er noch Zeit, heute als guter Gesell den Kreis der Commilitonen durch die wunderlichen Verzerrungen seines mächtigen Gesichtes zu ergötzen, an dem er (jenen un- verständlich) jeden einzelnen Muskel vor dem Spiegel der Willkür zu ge- horchen gelehrt hatte; morgen durch seinen Tact, seinen überlegenen Charakter in dem Vorstand der Burschenschaft eine entscheidende Rolle zu spielen. Unvergessen aber bleibe nun hier die über jedes Lob erhabene Hand- lungsweise des damaligen aufserordentlichen Regierungs-Bevollmächtigten bei der Rheinischen Universität Psuıcıpe Josepn von Reurues, von der schwer zu sagen ist, ob sie mehr seiner Menschenkenntnifs oder mehr sei- nem Herzen Ehre macht. Vom Jahre 1821 an bis zu der Zeit, wo MüLrer nach Berlin gerufen ward, wird Renrvzs es nicht müde, den Minister von ALTEnsTEin in unzähligen Zuschriften stets von Neuem auf die rasch und rie- senmäfsig wachsende Bedeutung erst des Studiosus, nun des Doctors, dann des jungen Docenten und Professors Jonanses Mürzer aufmerksam zu ma- chen, dem er mit sicherem Blick die höchsten wissenschaftlichen Erfolge weissagt. Bald beantragt er für ihn eine Unterstützung, bald die Bestrei- tung der Druckkosten seiner. Dissertation, bald die Erlassung eines Vor- schusses, bald Reisegeld, bald endlich eine dauernde und gründliche Verbesserung seiner Lage; und nicht einmal der Besoldungs-Etat der katholischen theologischen Facultät ist vor ihm sicher, wenn es gilt, die Mittel zu diesen Hülfsleistungen für seinen Schützling zu beschaffen. Könne denn Geld für die Universität zweckmäfsiger verausgabt werden, als für die Heranbildung tüchtiger Lehrer? Ja so weit geht Renururs in seinem Eifer, dafs er auf den politischen Vortheil hinweist, der dem Staate daraus er- wachsen werde, dafs man in Mürzer einem Kinde der Stadt. Coblenz zu Hülfe komme, die mehr als jede andere der neuerworbenen Provinzen auf die aus ihr hervorgehenden Talente stolz sei, und deren für den Staat ge- wifs nicht unwichtige Stimmung durch solche Mittel am sichersten gewon- nen werde. Wem das gemessene Wesen des Mannes erinnerlich ist, das wie ein Anflug der ihm so vertraut gewordenen spanischen Volksart erschien, kann für den Eindruck, den Mürrer’s Persönlichkeit auf ihn übte, wohl nichts bezeichnender sein als dafs Reuruzs, indem er dieselbe dem Minister 9* 36 MÜLLER's erster Aufenthalt in Berlin. vorzuführen versucht, äufsert, „es werde ihm wirklich nicht leicht, seine „Feder in den Schranken der Geschäftsbehandlung zu halten.” Nicht min- der wohlthuend sind die rege Theilnahme und das einsichtige Wohlwollen in den vonHrn.JoHANNEs SCHULZE, der mittlerweile in Berlin zu einflufsreicher Stellung gelangt war, abgefafsten Entgegnungen des Ministers, und ganz ge- eignet, uns einen Blick zu eröffnen in das Geheimnifs der von Beiden zwei Jahrzehnde lang im Verein geübten Kunst, die preufsischen Universitäten mit einer Schaar talentvoller und für ihren Beruf begeisterter Lehrer zu be- völkern. MÜLLER’s erster Aufenthalt in Berlin, bis zur Habilitation in Bonn im Jahre 1824. Zunächst handelte es sich nun darum, dafs Mürrer Gelegenheit werde, in den Sammlungen einer gröfseren Stadt seine Anschauungen zu er- weitern und sich im Verkehr mit bedeutenden Männern seines Faches zu ent- wickeln. Mürrer’s Streben war damals nach Paris; Arrexstein aber, in- dem er ihm die von Reururs beantragte Unterstützung gewährte, knüpfte daran die Bedingung, dafs Mürrer sich behufs seiner Ausbildung für das akademische Lehrfach unverzüglich nach Berlin begebe. So traf denn Mürrer hier im Frühjahr 1823 ein, und fand bei Rv- porrpnr eine Aufnahme, deren herzerwärmender Eindruck noch durch die Gedächtnifsrede klingt, die er ihm zwölf Jahre später an dieser Stelle hielt. Anderthalb Jahre genofs er seinen Unterricht, seinen Rath, seine väterliche Freundschaft; Ruporrar, sagt er, habe seine Neigung zur Anatomie zum Theil begründet und für immer entschieden'’; seiner habe er überhaupt bei allen Bemühungen zur Erkenntnifs der Natur, ja bei jedem Schritte fast in diesem Fortgange, höchst dankbar zu gedenken'”. Im anatomischen Museum und, was viel mehr sagen will, in dessen Vorrathskammern voll noch ununtersuchter Gegenstände, in Runporrnr’s Privatsammlungen, seiner einzigen Bibliothek, durfte Mürrer heimisch werden, und als er Berlin verliefs, beschenkte ihn Ruvorrnr mit einem englischen Mikroskop, wel- ches, wenn es auch heute vermuthlich sich auf keinem Jahrmarkt sehen las- sen dürfte, doch zu jener Zeit von grofsem, und auf alle Fälle für Mürzer von unerschwinglichem Werthe war.'* In gleicher Weise eröffneten ihm Liıcarenstein und Krvc die Schätze der zoologischen und der entomologischen Sammlungen, während er in der Sein Verhältnifs zu Rvporpns, Hrerr und Anderen. 37 Thierarzneischule mit Hrn. Gurtr, der damals schon den Lehrstuhl der Anatomie und Physiologie bei dieser Anstalt inne hatte, Verbindungen anknüpfte!°, und auf der Anatomie mit dem Meister des Scalpells, dem seiner Taubheit halber etwas langsamen aber sinnigen Frırprıcn SchLemMm, zusammentraf.'' Dem mächtigen Staatsmanne, seinem Gönner und Wohl- thäter, in dessen Hand er sein Schicksal gelegt sah, dem Minister vox Ar- TENSTEIN, durfte er persönlich seinen Dank und seine Wünsche aussprechen; aber vielleicht noch höher schätzte der Jüngling das Glück, das ihm in Horxer’s Hause zufällig zu Theil ward, dem damals gröfsten vergleichenden Anatomen Deutschlands, Josann Frieprıcn Mecker dem Jüngeren, von Angesicht zu begegnen.'” Auch bei Sersecr verkehrte er viel, in des- sen Familie noch erzählt wird, wie bei einem nächtlichen Gartenfest der als Zigeuner verkleidete Dr. Mürzer durch seine blitzschnelle Handlung, während Alles rings versteint war, das Leben einer jungen Dame rettete, deren Kleider sich an einem Wachtfeuer entzündet hatten. Nach einer gelegentlichen, mir wohl eingeprägten Äufserung Mörrer’s zu urtheilen, glaube ich dafs es irrthümlich ist, wenn man Hecer’s Vorle- sungen einen wesentlichen Einflufs auf seine Entwickelung zugeschrieben hat. Möürrer war zu klug, um den Minister diese Vorlesungen in den Berichten vermissen zu lassen, die er ihm von Zeit zu Zeit über seine Studien abstat- tete.!° Er war aber in seiner Bahn als empirischer Forscher schon zu weit vorgeschritten, als dafs die Hrerr’sche Lehre bei ihren abstracten Ausgangs- punkten sich seiner hätte bemächtigen können; und während man von einer Einwirkung dieser Lehre selbst in seinen nächstfolgenden Schriften keine wei- tere Spur findet, als dann und wann einen Anklang an Hzcer’sche Termino- logie, ist es ganz klar, dafs er sich nach wie vor am meisten angezogen fühlt durch die Betrachtungsweise Gıiorpano Bruno’s, dessen kosmologi- sches System sich in der neueren Philosophie nur wiederholt und weiter ent- wickelt habe. Dieselben Schlagworte aus den Dialoghi dieses Jonann Huss der philosophischen Reform, die als Wahlspruch vor Mürzer’s Inaugural-Dis- sertation vom Jahre 1822 stehen'?, kehren mit gleichem Nachdruck wieder in der letzten Auseinandersetzung über metaphysische Dinge, die er im Abschnitt vom Seelenleben in seinem Handbuch der Physiologie im Jahre 1840 gab.?° Der wahre Gewinn, den Mütter aus seinem Aufenthalt in Berlin für seine allgemeine Bildung zog, bestand vielmehr darin, dafs Ruporrsı ihn 38 Müızer's Studien bei Rvporpnı von der sogenannten naturphilosophischen Richtung zurückbrachte;’! ob- wohl er vollständig davon erst durch den Einflufs von Berzerıvs’ Schrif- ten genas.”” Was er diesem hierin schuldig zu sein glaubte, sprach er noch nach langer Zeit einmal in einer Rede aus, die er bei dem Festmahl hielt, welches das gelehrte Berlin Berzerius am 25. Juni 1845 gab. Dann aber ist in den Studien, die er bei Ruporpnı auf dem Berliner anatomischen Museum, der zukünftigen Stätte seiner ruhmvollsten Leistungen, unternahm, unmittelbar der Keim vieler seiner späteren Arbeiten zu suchen. Für den Druck vollendet hat er in dieser Zeit nichts. Statt dessen sieht man ihn mit einer Art wissenschaftlichen Heifshungers, mit einer Begier als solle er keinem dieser sein ganzes Wesen entzündenden Gegenstände je mehr nahen, sich mit der Anschauung der ihm dargebotenen Schätze aus allen Naturreichen sättigen, und mit gewissenhaftester Treue jeden Augenblick ausnutzen, um nach allen Richtungen seine Kenntnisse zu erweitern und zu vertiefen. Vieles Anatomische wurde nach eigenen Präparaten gezeichnet, Einzelnes sogar, nach der dilettirenden Sitte der Zeit, die wohl durch die Seltenheit geschickter Künstler geboten war, von ihm selber in Kupfer ra- dirt. Mit Sezgeck entwarf er den Plan zu lange fortgesetzten Untersuchungen über den Einflufs des farbigen Lichtes auf die Lebenserscheinungen der Pflanzen, welche aber, trotz der besonderen Theilnahme, die der Minister daran äufserte, unvollendet geblieben sind. Ein grofser Theil der Forschun- gen, die Mürrer später in der vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes niederlegte, wie die über das Doppeltsehen und über den Unterschied der Gesichtsvorstellungen des Menschen und der Thiere, über das Sehen der Insecten, Spinnen und Krabben, und über den menschlichen Blick, wurde in Berlin zur Reife gebracht. Ja sogar viel spätere Arbeiten, wie die über den Berr’schen Lehrsatz und über das Blut, wurzeln in hier begonnenen Studien. Auch suchte er bereits, im Hinblick auf die in Bonn seiner war- tende Lehrthätigkeit, sich das Nöthigste eines Apparates für die Physiologie der Sinne theils selbst zu verfertigen, theils anderweitig zu verschaffen. Endlich bestand er, im Winter 1823—24, in rühmlichster Weise die medi- cinisch-chirurgischen Staatsprüfungen. Doch vergönnte ihm Arrenstein, auf Ruporrars Fürbitte, noch einen Sommer ungestört seinen Studien leben zu dürfen, und so kehrte er erst im Herbste 1824, unermefslich bereichert an Kenntnissen und Anschauungen, in jeder Beziehung gefördert und ent- und Habilitation in Bonn. 39 wickelt, ja mit Stoff beladen dessen Verarbeitung allein hingereicht haben würde ein nicht unbedeutendes Forscherleben auszufüllen, nach Bonn zu- rück, wo er sich sofort, am 19. October, für Physiologie und vergleichende Anatomie habilitirte. Sehr bald darauf erschien Mürrrr’s erste, im engeren Sinne anatomi- sche Abhandlung, in der er bei der riesigen Gespenstheuschrecke (Phasma ‚ferula Fase.) Verbindungsfäden zwischen den Eierstöcken und dem Rückengefäfs beschrieb, die er für die seit so langer Zeit vergeblich gesuch- ten Verästelungen des Rückengefäfses hielt. Diese Arbeit wurde 1825 in den Nora Acta der Leopoldino-Carolina veröffentlicht, welche damals ihren Sitz in Bonn hatte, und sich von allen gelehrten Gesellschaften Mürter zu- erst, unter dem Namen Brunerzı, am 28. November 1824 als Mitglied ein- verleibte.°” Bis zum Jahre 1830, wo die Akademie, im Gefolge ihres Prä- sidenten Ners von EsenBeck, nach Breslau übersiedelte, versah Mürter bei derselben die Geschäfte eines Secretars. MÜLLER’s subjectiv-physiologische Arbeiten. Die ‚Vergleichende Physiologie des Gesichts- sinnes” und die „‚Phantastischen Gesichtserscheinungen”. Wir kommen nun zu derjenigen grölseren Arbeit Mürzer’s, welche zuerst die allgemeine Aufmerksamkeit der Gelehrtenwelt auf ihn lenkte, und zugleich als der Ausdruck seiner eigensten Bestrebungen in dieser ersten Periode seiner Entwickelung erscheint. Dies ist das im Jahre 1826 er- schienene Werk: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Thiere nebst einem Versuch über die Bewegungen der Augen und über den menschlichen Blick. Mürzer selbst, in viel späterer Zeit zurückblickend, nannte dies Werk die Frucht ausdauernder Ansitren- gungen?*: dennoch folgte ihm auf dem Fufse das oben bereits erwähnte, sich unmittelbar daran lehnende: Uber die phantastischen Gesichtserschei- nungen. Eine physiologische Untersuchung mit einer physiologischen Urkunde des Aristoteles über den Traum, den Philosophen und Aerzten gewidmet. Dem ersten Werke vorauf geht eine Vorlesung: Von dem Bedürfnifs der Physiologie nach einer philosophischen Naturbetrach- tung, die Mürter bei Gelegenheit seiner Habilitation öffentlich vor der medicinischen Facultät hielt, und in der er, wie er dem Minister schreibt, bemüht ist, als in einem Organon der Physiologie jede einsei- 40 MÜLLERs wissenschaftliche Grundsätze im Jahre 1824. tige, in der Geschichte der Wissenschaft dagewesene, oder überhaupt mögliche Behandlung der Physiologie zu bezeichnen. DieseVorlesung deutet uns eine Rast des allmählig und mühsam zur Rlar- heit Emporstrebenden an, der, wie entfernt er auch noch vom Ziele weilt, doch auf jene frühere naturphilosophische Phase bereits als auf einen überwundenen Standpunkt zurückblickt.”° Eine andere Sirene hat ihn jetzt abseits gelockt: er hat sich dem einschmeichelnden Zauber Gorrue’schen Lehrvortrages gefan- gen gegeben. Bis in die äufsere Anordnung sind manche Abschnitte der verglei- chenden Physiologie des Gesichtssinnes, besonders aber die phantastischen Gesichtserscheinungen, der Gorrnr’schen Farbenlehre nachgebildet. Mür- rer huldigt dieser Lehre nicht allein, was die Grundanschauungen über das Entstehen der Farben, sondern sogar, was die darin geltend gemachten Grundsätze der Forschung betrifft. Gleich Gorrtarz preist er die Beobach- tung, — sie sei „schlicht, unverdrossen, fleifsig, aufrichtig, ohne vorge- „fafste Meinung” — und verdächtigt den Versuch als „künstlich, ungeduldig, „emsig, abspringend, leidenschaftlich, unzuverlässig”?°; ja der künftige Ur- heber der experimentell-physiologischen Richtung in Deutschland geht so weit, Masenpie’s schöner Beobachtung des Retinabildes am leukaethiopi- schen Kaninchenauge”” zu spotten°®, wie auch darüber, dafs der französische Physiolog es für nöthig gehalten habe, sich bei Gelegenheit einer Staarope- ration durch den Versuch zu vergewissern, dafs die Nervenhaut des Auges keinen Schmerz empfinde.°” Es ist nicht unnütz, uns dieser Dinge zu er- innern, die von Einigen allzu vergessen sind, die, auf seinen Schultern ste- hend, sich gröfser dünken als er; uns zu erinnern, dafs es in Deutschland eine Zeit gab, Mürrer’s Jugendzeit, wo die Überwucherung der Wissen- schaft durch die Aesthetik®' eine solche Verwilderung herbeigeführt hatte, dafs sogar ein Talent ersten Ranges gleich ihm der Gefahr der Verirrung nicht entging. Für uns ist Mürrer Sieger geworden in diesem Kampf; dies Land, das wir fröhlich bauen, hat er von den Drachen befreit und urbar gemacht; wehe uns, wenn wir nicht weiter wären, als er! Die vergleichende Physiologie des Gesichtssinnes enthält eine au- fserordentliche Fülle wohlbeobachteter und wichtiger Thatsachen über das Sehen des Menschen und der Thiere. Die Bemerkungen über den mensch- lichen Blick gehören zu dem Geistreichsten, was Mürter geschrieben hat, und kein Maler und Schauspieler sollte sie ungelesen lassen. In einem Die „Vergleichende Physiologie des Gesichtssinnes”. 41 Anhang, überschrieben: „Aussicht zur Physiologie des Gehörsinnes — Fragment”, findet sich die Entdeckung des Gehörorgans der Grylien. Den Glanzpunkt des Buches bildet indefs der Abschnitt über das Sehen der Insecten und Krebse mit zusammengesetzten Augen. Freilich sind in neuerer Zeit, namentlich auf Grund der Beobachtungen von GoTTscHE, Zweifel an der Richtigkeit der Lehre vom musivischen Sehen erho- ben worden.’! Immer würde es eine sehr feine Leistung bleiben, die das tiefste Eindringen in die Bedingungen des Sinnes verräth, eine Art angegeben zu haben, wie die bildende Natur, wenn es ihr anders be- liebt hätte, auch wohl noch hätte ein deutlich sehendes Auge schaffen können. Was Mürıer an der Gorrar’schen Betrachtungsweise der Farben be- sonders anzog, war das Ausgehen von den subjectiven Erscheinungen. Goerar hatte dieselben zuerst mit Nachdruck in ihr Recht als physiologische Phänomene eingesetzt. Schon war damals Hrn. Puskıse sein dunkles Seh- feld ein Erntefeld merkwürdiger Entdeckungen geworden. Müurer stellte, mit der Gewalt eines Reformators, an die Spitze der Sinnesphysiologie die Lehre von den specifischen Energieen der Sinnsubstanzen, welche unab- weisbar aus den drei Thatsachen fliefst, dafs ein und dasselbe Sinnesorgan, auf irgend welche Art erregt, stets auf die nämliche Art antwortet; dafs die verschiedensten Sinnesorgane, auf die nämliche Art erregt, jedes in seiner eigenen Art antworten; endlich dafs ein jedes Sinnesorgan aus inneren Grün- den, als phantastische Sinneserscheinung, seine eigene Art der Empfindung hervorzubringen vermag: eine Lehre, welche auf dem Boden der Erfah- rung dem Fıchte’schen subjectiven Idealismus auf dem der Speculation ent- spricht, und wodurch sich Mürzrr, die Thesis aus seiner Dissertation be- wahrheitend: „Psychologus nemo nisi Physiologus”, auf dem Pfade phy- siologischer Forschung mitten in’s Herz der tiefsten psychologischen Probleme geführt sah. Die letztere Art der Sinneswahrnehmung, die phantastische Sinnes- erscheinung, machte nunmehr Mürzer an seinem eigenen Auge zum Gegen- stand unablässiger Beobachtung, indem er dieselbe von ihren unschein- barsten Anfängen bis zu einer Stufe verfolgte, die nur wenigen besonders begabten Naturen zugänglich ist; von dem feinen Lichtstaub, der den schwarzen Sammet des ruhenden Gesichtsfeldes für gewöhnlich mit golde- 3 43 Die „Phantasiischen Gesichtserscheinungen”. nem Schimmer überzieht, bis zur vollendet scharfen, farbig leuchtenden Einbildung sonderbarer Menschen- und Thiergestalten, die er nie gesehen, erleuchteter Räume, in denen er noch nicht gewesen. Dergleichen seit früher Jugend ihm freundlich gewohnte Bilder in seinem dunklen Sehfeld auftauchen, sich bewegen und verändern, verschwinden und wiederkehren zu sehen, gelang ihm nicht allein vor dem Einschlafen, sondern zu jeder Zeit, wenn er sich gedankenruhig im Finsteren hinsetzte, und mit einem Ge- fühl von Abspannung und gröfster Ruhe in den Augenmuskeln, jedem Ur- theil abwehrend, sich ganz in die Dunkelheit des Sehfeldes versenkte. Diese Erscheinungen sind einerlei mit denjenigen, die auch den am wenigsten dazu Neigenden aus dem Traum bekannt sind; sie gehen beim Einschlafen über in die Traumbilder, wie umgekehrt diese oft noch nach dem Erwachen eine kurze Zeit im Sehfeld haften, worauf sie allmählig in Licht- und Nebelflecken erlöschen, verscheucht durch die stärkere Anregung der Sehsinnsubstanz von Aufsen, wie schon Srınoza dies an sich beob- achtet hatte. Am leichtesten traten bei Mürrer diese Phantasmen ein, wenn er ganz wohl war, wenn keine besondere Erregung in irgend einem Theil des Orga- nismus geistig oder physisch obwaltete, besonders aber, wenn er gefastet hatte, wo dieselben alsdann eine wunderbare Lebendigkeit erreichten. Von hier aus ward es ihm leicht, ein unverhofftes Licht auf jene lange Reihe dunkler, immer wieder verbürgter und immer wieder bezweifelter Erschei- nungen zu werfen, welche unter dem Namen der Götter- und Geisterge- sichte, des Teufel- und Gespenstersehens, des second sight, in der profa- nen wie in der heiligen Geschichte, bei allen Völkern und zu allen Zeiten, eine so wichtige und oft so verderbliche Rolle gespielt haben. Der Mönch, der nach langer Askese den inbrünstig gerufenen Heiligen endlich in leuch- tender Wolke zu sich herabsteigen sieht; das abergläubisch buhlerische Weib, dem sich der Versucher zuletzt wirklich vor Augen stellt: sie sind für Mör- ver nur noch Opfer der leidenschaftlich erregten Zustände ihrer Sehsinnsub- stanz, deren Gaukelspiel sie nicht, wie weiland Nıcorar in Tegel, in seiner objectiven Nichtigkeit zu erkennen vermögen. „In der neuern Zeit”, fügt Mörrer hinzu, „hat Niemand mehr Visionen; die Wunder der Religion sind „zu den Wundern des Magnetismus geworden. An die Stelle des Geister- „sehens ist das magnetische Hellsehen getreten”.°* Mürter als Docent in Bonn. 43 Übrigens gebot Mürter nicht willkürlich über jene Bilder; trotz dem unaufhörlichen, einen ganzen Abend hindurch fortgesetzten, quälenden Be- mühen, ein lebhaftes Roth im Sehfelde zu sehen, gelang ihm dies nur ein einziges Mal, und nur auf Augenblicke. Gorrur hingegen besafs die Gabe, sich eine Blume, die bunte Rosette eines gothischen Fensters willkürlich einbilden zu können. Hatte er aber dergestalt das Thema angegeben, so erging sich gleichsam seine Sehsinnsubstanz in Variationen darüber, indem die Blume, die Rosette sich unablässig von Innen heraus veränderte, völlig wie die Bilder der erst später erfundenen Kaleidoskope, ohne dafs es ihm je gelang, die hervorsprossende Schöpfung zu fixiren.°” „Ein Unterschied „zweier Naturen”, sagt Mürter, der sich einige Jahre später mit GoETHE hierüber besprach, „wovon die eine die gröfste Fülle der dichterischen Ge- „staltungskraft besafs, die andere aber auf die Untersuchung des Wirklichen „und des in der Natur Geschehenden gerichtet ist”.’* MÜLLER als Docent in Bonn. Seine äulsere Lage daselbst; seine Heirath und Krankheit im Jahre 1827. Schlufs der subjectiv-philosophischen Periode. Inzwischen, und trotz diesen, wie man hätte denken sollen, sein ganzes Wesen absorbirenden Studien, hatte Mürrer doch zugleich mit der vollen Energie, welche alle seine Schritte bezeichnete, begonnen in Bonn die ausgedehnteste und fruchtbarste Lehrthätigkeit zu entfalten. Vom Sommer 1825 bis zum Winter 1832-33, wo er zum letzten Mal in Bonn las, finden sich in jedem Bonner Lectionskatalog in der Regel vier, ausnahmsweise nur drei Vorlesungen von ihm angezeigt. Gleich im ersten Semester trat der 23jährige Docent auf mit Encyklopädie und Methodologie der Mediein, specieller und vergleichender Physiologie, vergleichender Anatomie und lateinischen Disputirübungen über medicinische Gegenstände. Nach und nach erstreckten sich seine Vorlesungen nicht allein auf alle Zweige des ana- tomisch - physiologischen Wissens, zu denen er die Lehrmittel zu beschaffen vermochte: auf Physiologie und vergleichende Anatomie der Sinnesorgane und des Nervensystems, Physiologie der Stimme und Sprache, der Zeugung und Entwickelung, allgemeine und pathologische Anatomie, die Lehre von den Eingeweidewürmern in naturgeschichtlicher und medieinischer Hinsicht ; sondern auch, über seine Fachstudien hinaus, auf allgemeine Pathologie 3 44 Mütter als Docent in Bonn. und Semiotik, Augen- und Ohrenkrankheiten, Augenheilkunde, ja sogar Augenoperationen. Der Erfolg von Mürrter’s Vorlesungen wird in den Berichten sei- ner damaligen Zuhörer sowohl als in denen von Renrues an ALTENSTEIN als ein aufserordentlicher geschildert. Alle rühmen sie die Schönheit, Klar- heit, Gedrängtheit seines Vortrags, der durch die Neuheit der Gedanken und der mitgetheilten Forschungen unaufhörlich überrasche. Obschon Möürrer, der damals in Bonn herrschenden Sitte gemäfs, einen Theil der Vorlesung dictirte®’, wodurch die Wirkung der freien Rede sehr beein- trächtigt wurde, hing Alles an seinen Worten und Blicken, und begab- tere Naturen wurden unauflöslich an die wissenschaftliche Welt gefesselt, deren ganze Tiefe er vor ihnen eröffnete. Durch geschickt vorgeführte Versuche, die man bis dahin in physiologischen Vorlesungen bei uns kaum gesehen hatte, und durch eine Fülle anatomischer Demonstrationen, zu denen er das Material grofsentheils auf eigene Kosten erwarb, wulste er die Anziehungskraft seiner Vorträge zu erhöhen, während ihm sein offenes und freies, aber zugleich tact- und würdevolles Benehmen das unbegrenzte Ver- trauen der Studenten sicherte, die ja in ihm fast noch einen Altersgenossen erblickten. Kein Wunder, wenn in seinen öffentlichen Vorlesungen sich gleich anfangs achtzig Zuhörer drängten, für Bonn damals eine ungeheure Zahl, und wenn es einige Zeit dauerte, bis die Störungen ausgeglichen waren, die das plötzliche Emporschiefsen des jungen Riesen in dem erstaun- ten Gehege der medicinischen Facultät, als deren vornehmste Zierde er bald weit in die Welt hinausragte, nothwendig anrichtete. Dem Beifall, den Mürrer bei der studirenden Jugend erntete, folgte bereits im Beginn des Jahres 1826 die Anerkennung der Regierung, die ihn, trotz der Regel, wonach ein Privatdocent erst nach zweijähriger Thätig- keit zur Beförderung vorgeschlagen werden konnte, zum aufserordentlichen Professor ernannte, leider jedoch ohne bestimmten Gehalt, womit ihm mehr als mit dem Titel geholfen gewesen wäre: denn noch flofs die Einnahme von seinen Privat-Vorlesungen nur äufserst spärlich. Vermuth- lich um sein Einkommen etwas zu vermehren, unternahm er um diese Zeit die Übersetzung der schwedischen Jahresberickte über die Fort- schritte der Naturgeschichte und der anatomisch-physiologischen Wissen- schaften, die aber nur zwei Jahre fortgesetzt wurde. Auch versuchte er Seine Heirath. 45 es nebenher mit der ärztlichen Praxis. Zwar stiefs ihn einerseits die wissen- schaftliche Halbheit ab, bei der die Bestrebungen des Arztes meist stehen blei- ben müssen; andererseits wurde seiner Gemüthsart die mit dem ärztlichen Beruf verknüpfte schwere Verantwortlichkeit oft zur unleidlichen Pein. Er selbst pflegte wohl zu erzählen, dafs der Tod eines Freundes, der ihm an Darm- durchbohrung zu Grunde ging, ihn zum Aufgeben der Praxis bestimmt habe. Mag indefs dies Ereignifs auch zuletzt entscheidend auf ihn gewirkt haben, Mörter war schwerlich der Mann, sich auf einem als richtig und nothwen- dig erkannten Wege durch solche Rücksichten irren zu lassen. Der wahre Sachverhalt, wie ihn zur Zeit Mürrer selbst Ruporrsı und Rearues dem Minister schrieb, ist vielmehr der, dafs in dem kleinen Bonn bereits zwei Physici, mehrere andere Ärzte und beinahe sämmtliche Mitglie- der der medicinischen Facultät, im Ganzen 18 Ärzte, die Praxis versahen, so dafs auf eine schleunige Aushülfe, auf die es doch allein Mürter ankom- men konnte, von dieser Seite gar nicht zu rechnen war. Inmitten dieser in so wenige Jahre zusammengedrängten Fortschritte war doch in Mürrer die rein menschliche Seite nicht in den Hintergrund getreten. Über den phantastischen Gesichtserscheinungen spürt man das Walten einer „Muse”. Ein aus jener Zeit erhaltenes Gedicht in elegischem Versmaafs legt Zeugnifs davon ab, in wie erhobenem Schwunge damals sein Jünglingsleben einherbrauste. Prophetisch verheifst er, indem er das wun- derbare Büchlein ihr zu Füfsen legt, der Geliebten Unsterblichkeit im Bunde mit ihm. Langgehegten poötischen Jugendempfindungen nahte nun ihre Erfüllung, und im April 1827 führte Mürrer in seiner Vaterstadt Marıa Anna Zeitter, Tochter eines Kreis- Directors aus Simmern auf dem Hunds- rück, als Gattin heim. Doch sollte ihm das ersehnte Glück des häuslichen Heerdes zunächst noch verkümmert werden. Den übermäfsigen Anstrengusgen, denen er sich jahrelang, die Nacht in den Tag, den Tag in die Nacht verwandelnd, un- ausgesetzt hingegeben hatte, erlag endlich vorübergehend seine sonst so zähe Natur. Vorzüglich scheinen es jene subjectiven Beobachtungen, mit denen schon Ruvorrar ihn ungern beschäftigt sah °°, jenes Sichselbstbelauschen sei- ner Sinnesorgane, gleichsam ein Verdoppeln derselben, gewesen zu sein, die zerrüttend auf ihn wirkten: wie denn in Folge ähnlicher Versuche Hr. Prarrau ganz erblindet, Hr. Fecuner an den Rand des nämlichen Verder- 46 Mürzers Krankheit im Sommer 1 827. i bens geführt worden ist. Nur Hrn. Purkıse ist es vergönnt gewesen, dem Naturgesetz, welches sich hierin ausspricht, ungestraft zu trotzen; wie GoEruE von ihm sagt, in sich hineinzublicken, ohne sich zu untergraben.’” Genug, Mürzer verfiel in einen Zustand nervöser Reizbarkeit, worin er unter anderem kleine Stöfse in den Fingern empfand, sobald er die Hand und die Finger zu sehr anstrengte°®, verbunden mit einem Gefühl äufser- ster Abspannung, welches ihm jede etwas anstrengende körperliche Bewe- gung unmöglich machte, ja sogar das Gehen erschwerte. Gleich allen phan- tasiereichen und an Gesundheit gewöhnten Menschen, wenn sie einmal krank werden, vorzüglich aber wenn ärztliche Bildung sie befähigt, schreckliche Krankheitsbilder an das leiseste subjeetive Symptom zu knüpfen, malte Mürter seine Lage sich in’s Düsterste aus. Er glaubte an einer Krankheit des Rückenmarkes zu leiden, welche mit gänzlicher Lähmung der Beine, ja mit dem Tode endigen würde, und gab in traurigster Entmuthigung seine bereits begonnenen Vorlesungen im Sommersemester 1827 wieder auf. Unter diesen befand sich ein neues Publicum: „Über die physiologischen Grundsätze der Physiognomik”, welches er nicht wieder angekündigt hat. Übrigens scheint er, wie tief er sich auch ergriffen fühlte, das Arbeiten doch nie ganz aufgegeben zu haben. Die später ausführlicher zu erwähnende Ab- handlung über das Eingeweide-Nervensystem der Insecten wurde während seiner Krankheit ausgearbeitet, und die Vorrede zu dem kleinen Grundrifs der Physiologie ist vom Juli des Sommers 1827 gezeichnet. Die Kunde von Mürrer’s Leiden verbreitete sich rasch, und gelangte, wunderlich entstellt, auch bald zu Ohren seiner Berliner Gönner. Auf den Bericht, den Mürrter’s Arzt, Prıtıpp Fareoeıcn von WALTHER, damals Di- rector der chirurgischen Klinik in Bonn, dem Minister erstattete°®, erhielt Mörter Urlaub und eine Unterstützung zu einer Erholungsreise. Ein Einspänner wurde gemiethet, auf dem Mürrer, selbst die Zügel füh- rend, mit seiner Gattin vier Wochen lang in’s Oberland und nach den näher gelegenen Universitäten fuhr, bis der leicht gewordene Seckel zur Heimkehr mahnte, und zugleich die nervöse Verstimmung in ein behag- liches Wohlbefinden sich aufgelöst hatte. Tägliches Schwimmen im Rhein, auch als schon der Strom mit Eis ging, und Reiten vollendeten seine Genesung. So ward er der Wissenschaft wiedergegeben, aber nicht als Schlufs der subjectiv-philosophischen Periode. 47 der frühere Mürzer: denn eine ernste Wandlung hatte sich in seinem Inne- ren zugetragen. f Hier nämlich endet die subjectiv- philosophische Periode von Mürter’s Entwickelung, als welche man den bisherigen Zeitabschnitt bezeichnen kann, um der objectiv - physiologisch -anatomischen Platz zu machen. Eine tiefe Scheu vor der Beschäftigung mit übersinnlichen Dingen, vor der Betrach- tung seiner selbst, vor seiner eigenen Phantasie, hat sich seiner bemächtigt. So leicht und gern er sich früher in seinen Schriften zu weitumblickenden Gedankenflügen erhob, so karg und streng erscheint er fortan in allgemei- nen Äufserungen. Er läfst die Speculation auf sich beruhen, nicht etwa, weil er über die eine oder die andere Weltanschauung mit sich einig gewor- den,wäre, sondern weil er, ein ächter Naturforscher, dem unlösbaren Pro- blem gegenüber sich bescheiden gelernt hat. Die Phantasie legt er, als gelegentlich unschätzbares Werkzeug der Forschung, zurück in der Rüst- kammer seiner Fähigkeiten.” Dem ihm eingepflanzten Triebe zur Beob- achtung aber ertheilt er mit verdoppelter Gewalt die gesunde Richtung auf das mannichfache Objective der Natur. Doch wir werden ihn bald selber seine neuen Grundsätze entwickeln hören. Genug einstweilen, hier fängt der Jonanses Mürzer an, den wir gekannt haben. Aber hinter diesem gleichsam neugeborenen Josannes Mür- LER, dem scheinbar so gleichmäfsig nüchternen und maafsvollen Erforscher des Wirklichen, wie er selbst sich nennt, barg sich noch immer, nur durch einen kräftigen Willen in Fesseln gehalten, die phantastisch brütende Natur des Jünglings, welcher einst den Gang in die Tiefen der Sinnenwelt, zu den Müttern unserer Erkenntnifs, gewagt hatte, und den, als eben sein magi- scher Schlüssel an den Kern der Erscheinungen rührte, eine Katastro- phe dem gemeinen Tageslicht wiedergab. Diese verhaltene Gluth, die in seinem wunderbaren Augenpaar loderte, war es, die seine Gegenwart so bedeutend machte, wie man mit mehr Theilnahme zum schlummernden Vulkan, als zu einer aus wässrigen Niederschlägen gehäuften Gebirgskuppe emporblickt. Von hier ab ergiefst sich stetig, ja noch manches Jahr wachsend an Fülle und Klarheit, der Strom von Mürter’s Schöpfungen, in zwiefachem, oft verschmolzenen Bett; in morphologischer Richtung nämlich, und in ex- perimentell-physiologischer, eines bedeutenden Seitenarmes nicht zu ver- 48 Das Eingeweide -Nervensystem der Insecten. gessen, der die pathologische Richtung innehält. Von hier ab wird es uns unmöglich, mit dem Gange seines Forschens im Einzelnen auch nur einiger- maafsen Schritt zu halten. Die vier letzten Bände von Meerer’s Archiv für Anatomie und Physiologie; die Nova Acta der Leopoldino - Carolina ; Oxen’s Isis; Tiepemanss und der beiden Trrvıranus Zeitschrift für Phy- siologie; Fronızp’s Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde; die Annales des Sciences naturelles; die Philosophical Transactions, ent- halten während der nun folgenden fünf Jahre, bis zu seiner Übersiedelung nach Berlin, eine Unzahl von Abhandlungen, oft mehrere in einem Bande, über Gegenstände der menschlichen, vergleichenden und mikroskopischen Anatomie, der Zoologie, der Entwickelungsgeschichte und Experimental- Physiologie; und ferner fallen in diesen Zeitraum noch fünf selbständige Schriften von gröfserem oder geringerem Belang. MÜLLER’S anatomische und objectiv-physiologische Arbeiten bis zu seiner Berufung nach Berlin. Zunächst hat die Morphologie das Übergewicht. Eine Gruppe von Aufsätzen bezieht sich noch auf jenen früh ergriffenen Lieblingsgegenstand, den Bau der Augen bei den Wirbellosen. Eine andere behandelt die Me- tamorphose des Nervensystemes in der Thierwelt überhaupt, besonders das der Gliederthiere, und bringt die alte Frage nach der morphologischen Be- deutung des Bauchstranges dadurch zur Entscheidung, dafs der von Lyoxer und Swammerpam beschriebene unpaare Nervus recurrens auf der Speise- röhre jener Thiere als die einfachste und am wenigsten ausgebildete Form eines ganz allgemein vorhandenen eigenthümlichen Nervensystemes erkannt wird, welches dem Sympathicus der Wirbelthiere zu vergleichen ist, wonach also für den Bauchstrang nur der Vergleich mit dem Rückenmark übrig bleibt; eine Vorstellung, die später durch Newrorr’s Entdeckung der Zu- sammensetzung des Bauchstranges aus einem oberen ganglienlosen und einem unteren ganglienhaltigen Paare von Strängen sehr an Halt gewann.*! Hieran schliefsen sich die zum Theil bereits in Berlin angelegten Arbeiten über die Anatomie der Scorpione, der Scolopendren und der Spinnen. Allmählig aber sieht man Mürrer, in vergleichend anatomischer Bezie- hung, sein Interesse mehr den Wirbelthieren, und zwar zunächst den Amphi- bien, zuwenden. Einzelne Bemerkungen deuten darauf, wie er sich tief und tie- Natürliche Eintheilung der Amphibien. 49 fer in den Bau und in die Systematik dieser Thierclasse einarbeitet, bis ihm, im Frühling 1831, im Museum zu Leyden, jene entscheidende Beobachtung von Kiemenlöchern am Halse einer jungen Coecilie gelingt, wodurch die letzten Zweifel beseitigt wurden, die noch über die Stellung dieser Ge- schöpfe im System der Amphibien gehegt werden konnten. Da die Coeci- lien eine Metamorphose durchmachen, so bilden sie, ihrer schlangenähn- lichen Gestalt und der Spuren eines Schuppenkleides, die einige Arten zeigen, ungeachtet, keinen Übergang von den Schlangen, und somit den beschuppten Amphibien, zu den nackten Amphibien; sie sind ganz den letzteren beizuzählen, und diese nunmehr, wie schon Merrem wollte, als eine den beschuppten Amphibien insgesammt, den Schlangen, Eidechsen und Schildkröten, gleichwerthig gegenüberstehende Abtheilung der Wirbel- thiere aufzufassen. Während Mürter dergestalt sich einen Platz unter den systematischen Zoologen erwarb, erschien er zugleich als ebenbürtiger Mitarbeiter auf dem Felde der Entwickelungsgeschichte. Einen Glanzpunkt in seinen Vorträgen über menschliche Anatomie bildete nachmals stets die Erklärung des Bauch- fells. Dazu legte er jetzt den Grund durch seine Untersuchung über den Ursprung der Netze. Die von Wirrıam Hunter schon früher einmal gesehene Membrana capsulo-pupillaris im Auge des Säugethierfoetus entdeckte er von Neuem, und überliefs dieselbe seinem Zuhörer und Freunde, Hrn. Henxte, zur Beschreibung in dessen Inaugural - Dissertation.*” In seiner Habilitations- schrift als ordentlicher Professor vom Jahre 1830: „De Ovo humano atque Embryone ÖObservationes anatomicae” beschreibt er menschliche Früchte aus ungewöhnlich frühen Stadien der Entwickelung. Seine Hauptbestrebungen in dieser Richtung waren jedoch der „Bil- dungsgeschichte der Genitalien” zugewendet. Das unter diesem Titel gleich- falls im Jahre 1830 veröffentlichte Werk sichert ihm eine hervorragende Stelle neben Hrn. von Baer und Hrn. Rarnke unter den Nachfolgern Caspar Frieprıcn Worrr’s, den er über Alles verehrte. Doppelt bemerkenswerth mufs uns dies Werk sein, weil Mürrer in der Vorrede, zum ersten Male seit seiner Habilitation im Jahre 1524, sich über die allgemeinen Grundsätze äufsert, die ihn bei der Forschung leiten. Es sei ihm, sagt er, die Gelegenheit willkommen, dies auf eine etwas bestimmtere und für ihn selbst befriedigendere Art zu ihun, als damals. 4 50 Möürzezr’s wissenschaftliche Grundsätze im Jahre 1830. Wenn er jetzt nur seine Erfahrungen und Beobachtungen in einer so schwie- rigen Sache ohne weitere Reflexion zusammenstelle, so sei dies nicht, weil er aufgehört habe, ein Freund von einer mit Methode angestellten, gedan- kenvollen, durchdachten, oder, was auf dasselbe hinauslaufe, philosophi- schen Behandlung eines Gegenstandes zu sein. Damit aber meine er nicht eine solche, die ohne hinlängliche erfahrungsmäfsige Begründung zu einem Resultat kommen könne, oder die sogenannte naturphilosophische Manier, die so verführerisch für das verflossene Zeitalter geworden sei, und die uns in die Zeiten der Ionischen Philosophie zurückversetzte. Vor allen Dingen verlange er, dafs man unermüdet sei im Beobachten und Erfahren; dies sei die erste Anforderung, die er an sich selbst mache und unausgesetzt zu erfüllen strebe. „Wie ist nun”, fährt er fort, „die gute Erfahrung, das gute Experiment beschaffen? Vor allen Dingen „es mufs sich bestätigen. Denn wenn sich die Experimente nicht mehr „zu bestätigen brauchen, so würde ich vorschlagen , lieber solche Experi- „mente zu machen, wie einst ein berühmter Arzt”, — Weısnoro in Halle ist gemeint” — „der das Rückenmark eines Thieres durch ein Amal- „gam von Metallen ersetzte, und die Kühnheit hatte zu erzählen, wie das „Lhier noch einige Momente seine Orts-Bewegungen fortgesetzt hätte. Ich „wünsche Erfahrung, die sich in allen Fällen wiederholen läfst, die immer „dieselben Resultate giebt, wie man es von einem jeden guten physikalischen „Experimente zu fordern gewohnt ist. Jeder Unpartheiische und Unbefan- „gene wird mir zugestehen, dafs man diefs von sehr vielen, ja den meisten „der beliebten physiologischen Experimente nicht sagen kann”. Er fordert ferner, dafs man in jeder Erfahrung das Wesentliche vom Zufälligen unterscheide ; dies sei die wahre Beobachtung, wovon die Ärzte immer mit Recht sagten, dafs sie so selten sei. Und nun spricht er zum ersten Mal einen Gedanken aus, der ihm äufserst wichtig geworden sein mufs, da er ihn nicht allein in späteren Schriften öfter wiederholt hat“*, sondern auch in seinen Vorträgen über Physiologie besonders betonte. „Beständen alle „unsere Erfahrungen aus solchen Beobachtungen, so wäre alles weitere Theo- „retisiren unnöthig, und die Theorie wäre eine schlichte Erzählung der That- „sachen, von denen eine die Consequenz der andern ist.” Aber noch kehrt, in Mürrer’s neuem Codex der physiologischen Forschung, worin nunmehr, wie man sieht, dem Versuch, wofern er nur gut ist, sein Recht neben der Bildungsgeschichte der Genitalien. 51 Beobachtung eingeräumt wird, ein Anklang an die früheren, minder ein- leuchtenden Bestimmungen in einer Satzung wieder, über deren Werth die Meinungen getheilt sein können: „Dann fordere ich, dafs man die Erfah- „rungen, wenn sie die hinlängliche Breite und gröfste Genauigkeit erlangt „haben, nicht blofs zusammenstoppele, sondern dafs man, wie die liebe „Natur bei der Entwickelung und Erhaltung der organischen Wesen „verfährt, aus dem Ganzen in die Theile strebe”, — der Ausdruck findet sich bei Gorrne"? — „vorausgesetzt, dafs man auf analytischem Wege das „Einzelne erkannt und zum Begriff des Ganzen gelangt ist”. C. F. Worrr’s Theorie von der Generation, Anpseas Snıaperzeis Theorie der organi- schen Wesen, G. R. Trevıranus Biologie sind ihm die höchsten Muster physiologischer Forschung. Schliefslich äufsert er den frommen Wunsch nach einer wissenschaftlichen Weltliteratur, wie damals Gortse den nach einer aesthetischen. „Eine deutsche, französische, englische Schule für eine „medicinische Wissenschaft ist Barbarei. Doch kann in Deutschland von „diesem Übel kaum die Rede sein, und bei uns scheint die Idee einer isolir- „ten englischen oder französischen Naturgeschichte, Physiologie, Medicin „eben so barbarisch als die Idee einer preufsischen, bairischen, österreichi- „schen Physiologie und Medicin”. Was das Werk selber betrifft, so enthält es vor Allem die Entdeckung | der Urnieren bei den nackten Amphibien, wo Hr. Raruxe danach vergeblich ı gesucht hatte. Bei den Fischen fehlte es Mürzer an Gelegenheit, selber die! Urnieren zu finden, er sagte nur ihr Vorhandensein da voraus, wo sie ein Vierteljahrhundert später von Hrn. Reıcserr wirklich beobachtet wurden.‘ Jene Entdeckung war deshalb von grofser Bedeutung, weil mit derselben Hrn. Raruke’s Vermuthung eines ausschliefslichen Bezuges der Worrr’schen Körper, die seitdem die MürLer-Worrr’schen genannt werden, auf Amnion und Allantois fiel. Da aber bei den nackten Amphibien die Urnieren weit von der Stelle liegen, wo die Dauernieren und die keimbereitenden Ge- schlechtstheile später unterschieden werden, so war zugleich dadurch die Ansicht widerlegt, als dienten die Urnieren diesen Gebilden zur gemein- schaftlichen Grundlage. Vielmehr gelang es Mürter zu zeigen, dafs die Worrr’schen Körper wahre Absonderungsorgane sind, welche während der ersten Zeit des Foetallebens die Rolle der später auftretenden Dauernieren spielen. Auch ward er der Entdecker eines zarten Gebildes, welches in 4* 59 Bildungsgeschichte der Genitalien. Form einer oben blinden Röhre über den äufseren convexen Theil des Worrr schen Körpers verläuft, ohne damit zusammenzuhängen, wohl aber dem früher vorhandenen, viel stärkeren kurzen Ausführungsgang des Worrr’- schen Körpers entsprungen scheint. Dies Gebilde, der Mürzer’sche Fa- den genannt, wandelt sich beim Weibe zum Eileiter um, während es nach Mürwrer beim Manne zum Schwanz des Nebenhodens werden soll. Doch lassen die Neueren dasselbe hier zum Horn des seitdem von Hrn. East Heiszicn Wepger entdeckten männlichen Uterus verkümmern. Wie aber Mürrer in der vergleichenden Physiologie des Gesichts- sinnes die aufgefundenen Gesetze der Augenbewegungen sofort auf deren pathologische Störung, das Schielen, praktisch anzuwenden suchte, so ver- fehlt er auch jetzt nicht seine Entdeckungen zur Sichtung der noch mit so vielem Dunklen, ja Fabelhaften untermischten Lehre vom Hermaphroditis- mus zu benutzen; und das Werk, welches ihn uns scheinbar in den Tiefen der Bildungsgeschichte verloren gezeigt hat, schliefst mit einem Vorschlag zur chirurgischen Behandlung der Hypospadie. Erwägt man nunmehr, dafs Mürzer, und zwar, wie gesagt, mitten in jenem verhängnifsvollen Sommer 1827, noch einen Grundrifs der Physio- logie, und 1829 einen solchen der allgemeinen Pathologie herausgab,, und "dafs er aufserdem seinen Vorlesungen in der beschriebenen Weise oblag; so sollte man meinen, dafs dies Alles zusammen auch für eine sehr ungewöhn- liche Arbeitskraft bereits das äufserste Maafs der Leistung hätte vorstellen einssen. So wenig aber war dies der Fall für Mürrer, dafs vielmehr alle Vjene Arbeiten gewissermafsen nur eine Nebenbeschäftigung waren, womit er die Mufse ausfüllte, die ihm die Vollendung des immer noch in demsel- ben Jahre 1830 erschienenen berühmten Buches „De Glandularum secernen- tium Structura peniliori earumque prima Formatione” liefs; eines Werkes, welches ganz allein hingereicht haben würde, ihn unter die ersten Anato- men aller Zeiten zu stellen. Es hält uns Jüngeren schwer, uns das volle Verdienst dieses Werkes zu vergegenwärtigen. Wir sind so sehr in den Grundanschauungen erzogen, die dadurch erst festgestellt worden sind, dafs wir uns in den Zustand der Wissenschaft vor demselben eben so wenig hineindenken können, als etwa das jetzt aufwachsende Geschlecht in den Zustand des Verkehrs, ehe es Dampfschiffe und Eisenbahnen gab. Mürrer ist überhaupt der Entdecker De Glandularum Structura penitiori etc. 53 einer grofsen Menge von Dingen, die sich jetzt dermafsen von selbst zu ver- stehen scheinen, dafs dies seinem Ruhm als Anatom und Physiolog, seitdem er aufgehört, sich innerhalb der gangbareren Disciplinen neue Ansprüche zu erwerben, förmlich Eintrag gethan hat. Was die Drüsen betrifft, so war deren Bau damals noch ein verschlossenes Buch, welches lange allen Be- mühungen zur Entzifferung getrotzt hatte. Zwar hatte in einem einzelnen Falle, an den Speicheldrüsen nämlich, Hr. Ersst Heiveıcan Weser bereits die blinden traubenförmigen Anfänge der Ausführungsgänge entdeckt ,‚*” und durch die von Dvrrocner wiederaufgefundenen und ihrer physiologischen Bedeutung nach zuerst richtig gewürdigten 'Thatsachen der Hydrodiffusion war Ruysc#’s Annahme eines unmittelbaren Überganges der Arterien in die Ausführungsgänge überhaupt unnöthig gemacht.‘® Indessen haftete an dieser Vorstellung immer noch Harrter’s Ansehen, der sich für Ruyscn gegen Mar- PIGHI aussprach.*” Mürrer jedoch war durch zahlreiche Beobachtungen des Kreislaufes an durchsichtigen Theilen, insbesondere an der Leber junger Sa- lamanderlarven, auf’s Bestimmteste davon überzeugt, dafs es keine andere’ Endigungsweise der Arterien gebe, als durch Blutkörperchen führende Haar- gefäfse in Venen. Er unternahm daher jetzt das Riesenwerk, an allen Drüsen aller ihm zugänglichen Thiere den Ursprung der Ausführungsgänge und ihr Ver- hältnifs zu den Blutgefäfsen aufzuklären, wobei er theils durch Einspritzung und theils durch Untersuchung der verschiedenen Entwickelungszustände der Drüse, sei's am nämlichen Thier, sei’s in der Thierreihe, und stets, was damals noch minder allgemein war, unter mikrometrischer Messung der Theile, ver- fuhr. Natürlich konnte er nicht überall gleich glücklich sein. Die Leber und die Nieren insbesondere setzten ihm Schwierigkeiten entgegen, die erst später, zwar unter seiner Mitwirkung, jedoch nicht durch ihn selber be- siegt worden sind. Indessen ging aus seinen Forschungen nunmehr mit Gewifsheit hervor, dafs alle bekannten Drüsen mit Ausführungsgängen im Wesentlichen nichts weiter sind, als blinde Einstülpungen der Häute, mit denen die Ausführungsgänge verschmelzen; dafs auf den Wänden jener irgendwie beschaffenen blinden Enden die stets viel feineren Haarge- fäfse sich verbreiten; und dafs die mannigfaltigen inneren Anordnungen der Drüsen zunächst aufzufassen sind als eben so viele Arten, das von Hrn. Ernst Heıneıch Wr&er ausgesprochene Princip der Vervielfältigung der Ober- fläche im beständigen Raum zu verwirklichen‘’, ohne dafs die Verschieden- 54 De Glandularum Structura penitiori ete. heit der Drüsenabsonderungen daraus abzuleiten wäre. Zieht man in Be- tracht, dafs Mütter bei dieser Untersuchung, die sich nothwendig über Stellvertreter der wichtigeren Unterabtheilungen aller Thierclassen, wo möglich in verschiedenen Stadien der Entwickelung, erstrecken mufste, sich auf seine eigenen Mittel beschränkt sah; dafs er, zur Erwerbung anatomi- schen Materials, sich und die Seinen thatsächlich einmal vom Allernothwen- digsten entblöfst hat; dafs ihm zu seinen mikrometrischen Messungen zwar ein für jene Zeit vorzügliches Instrument von Urzschxeiver und Fraunno- rER°!, dies aber, als dem naturhistorischen Seminar gehörig, nur in dem eine Viertelstunde von seiner Wohnung entlegenen Poppelsdorf zu Gebote stand: so verdoppelt sich das Staunen über seine Leistung, und man weils nicht, was man mehr bewundern soll: ob die Spannkraft, die solchen An- strengungen gewachsen war; ob die Hingebung, die solche Entbehrungen trug; ob den Umfang und die Gedankenstärke des Kopfes, der unaufhörlich eine solche Fülle von Thatsachen und Anschauungen, von Schlüssen und Mei- nungen leicht verarbeitete, oder endlich die untrügliche Sinnenschärfe , die ihm ohne Unterlafs zur Seite stand. Für das Drüsenwerk erhielt Mürrer (A titre d’encouragement) von der Pariser Akademie der Wissenschaften eine der an Stelle des Prix Monrron de Physiologie experimentale auf das Jahr 1832 von derselben vertheilten goldenen Preismedaillen.>* Kaum aber hat Mürrer sich der Bürde dieser gewaltigen Schöpfung entledigt, so sieht man ihn, weit entfernt eine Spur von Ermüdung, geschweige Erschöpfung, zu verrathen, mit frischer Kraft einem ganz neuen Gebiete gleichsam zustürzen und auch hier als starker siegesgewisser Streiter auftre- ten. Mit dem Jahre 1831 nimmt die Reihe seiner experimentell- physiolo- gischen Arbeiten ihren Anfang. Die Lehre von den Nerven und die vom Blute sind es, die zunächst von ihm gelichtet werden sollen. Macenxpıe bemühte sich damals vergeblich, durch Versuche an Säuge- thieren die Richtigkeit des Berr’schen Lehrsatzes zu erhärten. Mag man nun die Schwankungen, denen seine Meinungen in Bezug darauf von 1822, wo er zum erstenmal, bis 1547, wo er zuletzt sich darüber äufserte, unterlegen haben, ihm zum Ruhm, wie Hr. Berxarv°’, oder zum Nachtheil, wie Hr. Loxser’* will, deuten: es steht fest, dafs, als Mürter im Frühling 1831 den Ge- genstand aufnahm, wohl Niemand den Berr’schen Lehrsatz für mehr, als Versuche an den vorderen und hinteren Wurzeln. 55 für einen sinnreichen und auch einleuchtenden, aber nicht hinlänglich be- wiesenen Gedanken hielt. Schon längst hatte Mürrer diesem Punkte seine Aufmerksamkeit zugewendet. Im Jahre 1823 hatte er auf Ruporrnr's Ver- anlassung und unter seinen Augen in der hiesigen Thierarzneischule viele Versuche zur Prüfung der Berr’schen Ansichten über den Nervus facialis und trigeminus angestellt;°° und seitdem waren Katzen und Kaninchen häufig, aber vergeblich, von ihm geopfert worden, um die Wirkungen der Wurzeln der Rückenmarksnerven zu erforschen.°’° Endlich kam Mütter auf den Gedanken, Frösche zu diesen Versuchen anzuwenden; einen Ge- danken, der jetzt freilich sehr nahe liegen würde, zum Theil aber nur, weil Mürrer ihn damals gehabt hat. Denn mit der thierischen Elektri- eität und den galvanischen Reizversuchen war im Anfang des Jahrhunderts der Frosch als physiologisches Versuchsthier in Vergessenheit gerathen, und wurde erst von hier ab wieder häufiger angewendet. Jedermann weils, von wie glänzendem Erfolge Mürten’s Versuche nun gekrönt wurden; und von Paris, wo er selber in Hrn. Herxte’s Begleitung sie Cuvıer und Hrn. vox Humsorpr zeigte, bis Stockholm, wo Hr. Rerzıus sie in der Facultät vor BerzeLıus wiederholte’, wurde jetzt sein Name auch als der eines experimentirenden Physiologen gefeiert. Wenn es aber seitdem den französi- schen Vivisectoren gelungen ist, die grofsen Schwierigkeiten des Versuches an Säugethieren zu besiegen, so nimmt dies Mürter nichts von seinem Ver- dienst, den Versuch zuerst in entscheidender Art angestellt zu haben, und noch dazu in einer Weise, wie er nicht allein in jeder Vorlesung ohne grolsen Zeit- verlust, sondern auch von jedem Mediciner auf der Stube mit Leichtigkeit nach- gemacht werden kann. Was die von MAcenpiıe und den Hrn. Loxser, Frov- RENS, Bernarp zum Berr’schen Gesetze hinzugefügte Lehre von der rück- läufigen Empfindlichkeit betrifft, so gehört wohl ein gewisser Grad persön- licher Betheiligung dazu, um derselben eine solche Wichtigkeit beizulegen, wie dies in einer neueren Schrift geschehen ist.°® Auch Möürrer’s so folgenreich gewordene Arbeiten über das Blut und die verwandten Flüssigkeiten, zu denen wir nun kommen, reichen, wie schon bemerkt, bis zu seinem ersten Berliner Aufenthalt hinauf. Im 2. Hefte der Isis von 1824 findet sich von einem Ungenanmnten eine auf eigene Beob- achtungen gestützte Kritik des Werkes „, Über den Lebensprocess im Blute” von Hrn. Car, Hemeıcn Scnurrz-SchuLtzesstein, welche die Tradition 56 Entdeckung der Lymphherzen der Amphibien. Mürrzer zuschreibt, und deren Stil an seinen damaligen Stil erinnert. Jetzt bot ihm zunächst, im Winter 1831 — 32, ein Krankheitsfall in der chirurgi- schen Klinik des Hrn. Wurzer die aufserordentliche, ja kaum dagewesene Gelegenheit dar, die Lymphe des Menschen zu untersuchen und zu beschrei- ben. Daran knüpfte sich die glückliche Wahrnehmung, dafs es ein leicht zugängliches Thier gebe, bei dem man sich in jedem Augenblick mit gröfster Bequemlichkeit reine Lymphe verschaffen könne, nämlich abermals das alte unschätzbare Versuchsthier der Physiologen, den Frosch. Nun konnte sich jeder mit der Natur und den Eigenschaften der Lymphe bekannt machen, dagegen man bis dahin keinem Arzt einen Vorwurf machen konnte, wenn er in seinem ganzen Leben eine Flüssigkeit nicht gesehen hatte, deren Namen die Ärzte doch fortwährend im Munde führten, und die sie in ihren Syste- men die gröfste Rolle spielen liefsen. Die aufmerksame Betrachtung des Lymphgefäfssystemes am lebenden Frosche führte Mürrer sogleich noch zu einer sehr schönen Entdeckung, nämlich der jener vier vom Herzschlage und den Athembewegungen unab- hängig pulsirenden Schläuche, die bei den Amphibien der Fortbewegung der Lymphe dienen, und von ihm die Lymphherzen genannt worden sind. Sie wurden kurze Zeit darauf, unstreitig selbständig, auch von Panızza gefun- den; doch ist Mürrer in der Priorität. Diese Entdeckung trug damals nicht wenig dazu bei, den allgemeinen Begriff eines Herzens, als einer wo immer gelegenen, mit quergestreiftem Muskellleisch belegten und sich selbstthätig zusammenziehenden Gefäfsstrecke, auszubilden und zu befestigen; während sich jetzt die Wichtigkeit derselben verdoppelt hat, wegen der verschiede- nen Abhängigkeit, in der die Lymphherzen und das Blutherz vom Nerven- system stehen. Um Mörren’s Arbeiten über das Blut gehörig zu beurtheilen, mufs man sich den damaligen Zustand der Kenntnifs dieser Flüssigkeit verge- genwärtigen. Zwar hatte Wırrıam Hewson, gleich Harrs eines jener experimentellen Genies, die, unbeirrt durch gelehrten Ballast wie durch abstracte Speculation, England stets einen Löwenantheil an den jederzeit möglichen Entdeckungen gesichert haben, Hrwsox hatte bereits von der Constitution des Blutes im Wesentlichen eine richtige Vorstellung ge- habt. Er hatte nicht allein die Eigenschaften der Blutkörperchen und ihr Verhalten unter verschiedenen Umständen nach Mafsgabe seines Hülfsmittel Mürrzzr’s Arbeit über das Blut. 57 mit bewundernswerther Schärfe richtig beschrieben, sondern er wufste auch so gut und sicher, wie nur heute wir, dafs die Blutkörperchen nichts mit der Gerinnung zu schaffen haben, dafs der flüssige Bestandtheil des Blutes gemischt ist aus einer von selbst gerinnenden Lymphe und aus dem durch die Hitze gerinnenden Serum; dafs im entzündlichen Blute die Gerinnung langsamer erfolgt, so dafs die Blutkörperchen Zeit haben, sich zu senken, wodurch die Speckhaut entsteht; ja er hatte in einem solchen Falle, vor dem Eintreten der Gerinnung, die klare farblose über den gesenkten Blut- körperchen stehende Flüssigkeit mit einem Theelöffel abgeschöpft, und darin gerinnen sehen, auch nachträglich das Serum aus dem Gerinnsel ge- prefst. Hrwsox wufste, dafs der Zusatz gewisser Salze, wie Glaubersalz, Chlorkalium, Chlornatrium, Salpeter, zum Blute die Gerinnung desselben verhindert; dafs dieselbe bei Wasserzusatz jedoch eintritt; und er hatte mit Blut, dem Neutralsalze beigemischt waren, den eben beschriebenen Versuch mit dem Unterschiede wiederholt, dafs er, um das Gerinnen der abgeschöpf- ten Blutflüssigkeit zu bewirken, Wasser hinzugefügt hatte.’® Dies Alles war bereits in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhun- derts geschehen. Allein dermafsen vorauf ihrer Zeit waren diese Arbeiten vermuthlich gewesen, dafs 1817 Macenvır in Frankreich die Blutkörperchen für ein Hirngespinnst ausgeben durfte°°; dafs 1818 Baver und Home in Eng- land selbst die Gerinnung vom Aneinanderkleben der ihrer gefärbten Schale beraubten Kerne der Blutkörperchen ableiteten‘!; dafs das geistreiche Genfer Forscherpaar, Pr£vosr und Hr. Dumas, dieser Meinung beitrat‘°’; und dafs- unter uns noch im Jahre 1830 Hr. Eanst Heinsıch Weser in der 4. Auf- lage der Hırpesranpr’schen Anatomie eine ähnliche Ansicht vortrug.°' Mütrrer hat das Verdienst, die Lehre Hıwson’s selbständig wiedergefun- den, sie mit neuen Stützen versehen, in vielen Stücken erweitert, in man- chen berichtigt, endlich sie so eindringlich vorgebracht zu haben, dafs wenigstens ihr Einflufs in der Wissenschaft sich rein von ihm herschreibt. Fast jede Zeile seiner Arbeit enthält eine wichtige Beobachtung. Sein Verfahren, sich durch Filtriren mit Zuckerwasser verdünnten Frosch- blutes ein von Blutkörperchen freies Gerinnsel zu verschaffen, giebt heute noch einen der besten und lehrreichsten Vorlesungsversuche ab. Den Ver- such Hrwson’s über die Nichtgerinnung von Blut, dem Neutralsalze zu- gesetzt sind, änderte er dahin ab, dafs die Gerinnung nur verzögert, nicht {9} 58 Mürter's Arbeit über den Chylus ganz verhindert wurde, und erzeugte so künstlich eine Entzündungskruste. Durch gut angestellte Versuche zerstreute er die Fabeln, die Dvrrocner, dem er wohl zu hohes Lob spendet, wenn er ihn einen Beobachter ersten Ranges nennt, über das elektrolytische Verhalten des Blutes berichtet hatte. Den Kreis dieser Arbeiten schliefst eine Untersuchung des Chylus, in der Mürter gegen GmeLiw und Hın. Tıepemann das Dasein eigenthüm- licher mikroskopischer Elemente, der Chyluskörperchen, im Chylus, neben den darin schwebenden in Aether löslichen Fetttheilchen, behauptet. Hier finden sich auch die beiden so bekannt gewordenen Versuche, über die Schnelligkeit der Hydrodiffusion durch dünne thierische Häute, wie die Harn- blase des Frosches, mit Eisenchlorid und Ferrocyankalium, und über die Unfähigkeit der Nerven, die Wirkung der Gifte fortzuleiten. Der eine Fufs zweier Frösche taucht in Opiumlösung mit dem Unterschiede, dafs an dem einen Frosch der Fufs mit dem Rumpf nur noch durch den Ischiad- nerven, an dem anderen nur noch durch die Gefäfse zusammenhängt: jener bleibt unvergiftet, während dieser sehr bald die Opiumnarkose verräth. Beim Lesen dieser Aufsätze kann man nicht umhin zu bewundern, wie rasch es Mürrer, trotz seiner mangelhaften Vorbildung, und bei der Unzahl anderer Forschungen die er gleichzeitig betrieb, gelungen war, sich in die physiologische Chemie der damaligen Zeit einzuarbeiten, die freilich noch grofsentheils auf blofse Diagnose der Stoffe durch Fällung mittels verschiedener Reagentien beschränkt war. Mürrer’s Arbeit über das Blut wurde der Gegenstand eines Angriffes von Seiten des Hrn. Cart Heıssıcn SchuLTz-SCHULTZENSTEIN, welcher nachzuweisen suchte, Mürrter habe heimlich seine Einsicht bei Hrwson geschöpft, sei aber in der Kenntnifs des Blutes hinter Hrwsox zurückgeblie- ben, weil „er sich zu der höheren Lebensansicht, welche schon Hrwsox vom „Blute gehabt habe, nicht über die gewöhnlichen chemischen Vorstellungen „habe erheben können.” °* Doch dürfte wohl kaum Jemand zweifelhaft sein, an wem von beiden, an Jonanses Mürrer oder Hrn. ScuurLtz, Herwson, wenn Hrn. Senurrz’ Anklage begründet wäre, den besseren Ausleger gefunden habe. Hrn. Scaurrz’ Meinungen über das Blut gehören längst nur noch der Ge- schichte der Mediein an. Was jene Anklage betrifft, so kann man zwar, wenn man Mürrer's und Hrwson’s Abhandlungen zusammenhält, den Wunsch empfinden, Mürrter möchte die Verdienste seines Vorgängers ausführlicher und Streit mit Hrn. Scuvrtz über das Blut. 59 erwähnt uud deutlicher anerkannt haben. Inzwischen liegt, abgesehen von Allem, was Mürrer selber über diesen Punkt, wie man sich denken kann, mit einiger Lebhaftigkeit vorgebracht hat‘, ein ganz objectiver Grund dafür vor, dafs Müruer zur Zeit seiner Arbeit Hrwson’s Schriften nicht oder nur unvollkommen kannte. Mürrer führt nämlich Hrwson als den Urheber der Ansicht an, wonach die Bildung einer Speckhaut die Folge der verzögerten Gerinnung des Blutes sei. Den hierfür entscheidenden Versuch aber, der sich gleichfalls bei Hzwson findet, das Abschöpfen nämlich des Plasma’s mittels eines Löffels worin dasselbe gerinnt, schreibt Mürzer einem viel späteren Beobachter, Bagınston,°® zu. Auch dem hämischsten Tadler würde es schwer fallen, einen Grund anzugeben, den Mürrer gehabt haben könnte, diesen Fehler absichtlich zu begehen; unabsichtlich aber konnte derselbe ihm nicht begegnen, hätte er Hrwsow’s Werke mit der Sorgfalt studirt, die die Art der Benutzung voraussetzt, deren man ihn verdächtigt hat. Dafs er in diesem Falle, gegen seine Gewohnheit, das Studium der Literatur ver- säumte, erklärt sich aus zwei Umständen. Erstens sollte Mürzer’s Abhand- lung einen Zusatz zum entsprechenden Abschnitt von Burvacn’s Physiologie als Erfahrungswissenschaft abgeben, deren gelehrter Herausgeber die ge- schichtliche Behandlung des Gegenstandes selber übernommen hatte. Für’s zweite darf man nicht vergessen, dafs uns jetzt Hrwson’s Arbeiten, weil sie durch Mürrer bestätigt wurden, in einem ganz anderen Lichte erscheinen, als dies früher der Fall sein konnte, wo sie noch in der unübersehbaren Menge anderer Schriften über das Blut verloren waren, und wo für Mürrer um so weniger ein Grund vorlag, sich gerade diese genauer anzusehen, als Burvaca fälschlich Hrwson als den Urheber der Home»’schen Theorie der Gerinnung bezeichnet hatte, was Hr. Schurtz mit Unrecht läugnet.°’ MüÜLzer’s Berufung nach Berlin im Jahre 1833. Es ist Zeit, wiederum einen Blick auf Mürrzr’s äufsere Geschicke zu werfen. Durch eine so dicht gedrängte Reihe stets bedeutender, oft bahn- brechender Arbeiten war er nun schon an die Spitze der gleichalterigen Fachgenossen gelangt. Allmählig hatte seine Lage sich gebessert, und unter- stützt durch die Regierung ward es ihm vergönnt, sich etwas freier zu be- wegen. So besuchte er im Herbst 1828 die Naturforscherversammlung in Berlin, wo er Hrn. von Baer und Hrn. Rarıke begegnete ‘°, und seine Un- $) 5 ’ 9 60 Mürrer als Ordinarius in Bonn (1830). tersuchungen über die Drüsen und über die Worrr’schen Körper vorlegte.°° Mit Schmerz las er auf Runorpurs tief verändertem theuren Antlitz, dafs er ihn zum letztenmale sche.’° Auf der Rückkehr besichtigte er in Halle die Mecker’sche Sammlung, und hatte in Weimar mit Gortue die früher erwähnte Unterredung. Im Frühjahr 1831 haben wir ihn bereits die Schätze des Leydener Museums mustern, und im Herbste desselben Jahres in Paris mit Hrn. von Humsoror und Cvvier in Verkehr treten sehen, denen sich LaurıtLarn, Sruauss-Dürkseım, DuvrrocHet, die Hrn. Mırse- Ev- WARDS, VALENCIENNES und noch manche Andere anreihten.’! Hier ereignete sich das charakteristische Geschichtehen, dafs Mürzer einem namhaften Pariser Gelehrten, der, nicht begreifend wen er vor sich habe, ihm voll aufgeblasener Mifslaune die Thür wies, den Kopf nochmals hinein- steckend zuherrschte: „Aber die Coecilien haben in der Jugend Kiemen- „löcher am Halse!” ein Zauberspruch, der seine bezähmende Wirkung nicht verfehlte. Mürrer’s Thätigkeit als Lehrer trug reiche Frucht. Aufser Hrn. Hexte waren in dieser Zeit noch die Hrn. Tsropor Lupwiıc Bischorr, Nasse d. J. und Scawann seine Zuhörer. Sein vertrauter Umgang war Carr Winpisch- mann, nachmals Professor in Löwen, dessen frühen Tod im Jahre 1840 er im Archiv mit den Worten beklagte: „Ein Mensch kann nicht mehr in einem „Freunde verlieren, als ich in ihm.”’? Im Juli 1830 wurde Mütter, auf seine durch Renrurs befürwortete Bitte, ohne dafs eine Nominal-Professur erledigt gewesen wäre, zum ordentlichen Professor ernannt, und dadurch theils ge- wissen Beschränkungen enthoben, die ihm das Verhältnifs als Extraordi- narius zu den ordentlichen Facultätsmitgliedern auferlegte, theils für den Verlust der Secretarstelle bei der Leopoldino-Carolina entschädigt. Zwei Jahre darauf erhielt er einen Ruf nach Freiburg, an Stelle des nach Greifs- wald abgegangenen Hrn. C. Aus. Sıcm. Scaurrze. ÖObschon dieser Ruf, namentlich in Ansehung des verhälnifsmäfsigen Werthes des Geldes in Bonn und in Freiburg, ein sehr vortheilhafter war, lehnte Mürrer ihn dennoch ab, und zeigte dies Renrurs einfach an mit dem Bemerken, dafs, wenn er auch als Familienvater auf Verbesserung seiner Lage bedacht sein müsse, sein Verhältnifs zur preufsischen Regierung es ihn doch als eine Verletzung der Pietät betrachten lassen würde, wenn er den augenblicklich sich dar- bietenden Vortheil nicht der Rücksicht auf das, was er Preufsen schulde, Rvoorrnrs Tod, und dadurch herbeigeführte Verhandlungen. 61 zum Opfer bringe; worauf der Bevollmächtigte in Berlin anf eine ansehn- liche Gehaltserhöhung und auf Anschaffung eines vorzüglichen Mikroskops für Mürter antrug. Inzwischen nahte bereits die glücklich entscheidende Wendung für Mirrer’s Laufbahn. Ruporrnı war schwer erkrankt; und die Gewils- heit seines baldigen Endes, indem sie in Mürrrr die Hoffnung erweckte, in nicht allzu langer Frist sein Nachfolger zu werden, und dadurch den höchsten Wunsch seines Lebens erfüllt zu sehen, an die Spitze einer grofsen Anstalt gestellt zu sein, hatte ihn, wie er Rust schrieb, aufser seiner An- hänglichkeit für Preufsen, vorzüglich bestimmt, den Ruf nach Freiburg aus- zuschlagen. Am 29. November 1832 erfolgte Ruvorrnrs Tod, und der vornehmste und einträglichste Lehrstuhl der Anatomie und Physiologie in Deutschland war erledigt. Die Berliner medicinische Facultät, die unter ihren aufserordent- lichen Professoren bereits einen berühmten Beobachter besafs, scheint die Berufung eines auswärtigen Lehrers an Ruvorrur's Stelle anfangs kaum für nöthig gehalten zu haben. Doch war bereits eine Anfrage an Hrn. Tırpr- mann in Heidelberg ergangen, als sich, von unerwarteter Seite her, eine gewichtige Stimme für Jonannes Mürter erhob. Hr. Eırnarp Mırscnertich, der einen Theil des Winters 1831-32 in Bonn verlebt hatte und dort Zeuge von Mürzer’s Wirken gewesen war, veranlasste nämlich die philosophische Facultät, deren Dekan damals Hr. Boscku war, sich bei dem Ministerium für die Berufung Mürrer’s zu verwenden. Es sei dies mehr als eine blofse Facultäts-, es sei eine allgemeine Universitäts- Angelegenheit, und überdies die philosophische Facultät besonders dabei betheiligt. Die neuere Zeit habe in der Physiologie eine neue Richtung entstehen sehen, die des Versuches, durch den neue Erscheinungen geschaffen werden. Mit einem Beobachter sei es nun nicht mehr gethan. Hr. Tıepemann (der eben mit Lrororn Gmeuin „die Verdauung nach Versuchen” herausgegeben hatte) und Jonanses Mürter seien die hervorragendsten Vertreter jener neuen Richtung. Allein Hr. Tıepemann sei nicht mehr jung und in Heidelberg bereits so gestellt, dafs wenig Aussicht sei, ihn zu gewinnen. JoHAnNEs Mörrrr, in eben erst gereifter Manneskraft, gleich erfolgreich als Lehrer, bewundert als Forscher, geachtet als Mensch, sei der Mann für die Universi- tät, für die Akademie, für Berlin. 62 Stimmen für MÜLLER's Berufung. Es ist gewifs bemerkenswerth, dafs in diesem Schreiben Mürrer we- sentlich als experimentirender Physiolog aufgefafst wird, während man sich neuerdings, als er sich wieder mehr der Beobachtung zugewendet, daran gewöhnt hat, ihn vielmehr als den ersten Vertreter der morphologischen Richtung anzusehen. Aber noch eine zweite Stimme ward beim Minister für Mürrer’s Be- rufung laut; in der That, wie fern eine solche Selbstempfehlung auch sonst unserer Sitte liegt, keine andere als Mürter’s eigene. Dieser folgte natür- lich der Entwickelung der Dinge mit der Spannung Eines, der die höchsten Ziele seines Lebens auf dem Spiel sieht; und im Gefühl seiner Würdig- keit, und der ganzen Bedeutung eines nicht wiederkehrenden Augenblicks, richtete er am 7. Januar 1833 ein Schreiben an den Minister, worin er die Ansprüche darlegte, die er auf Ruporrnr's Stelle zu haben meinte. Das Ungewöhnliche dieses Schrittes erscheint in viel milderem Lichte, ja der- selbe fällt kaum mehr auf, wenn man erfährt, dafs Mürrzr seit seinem ersten Aufenthalt in Berlin nicht aufgehört hatte, in naher Beziehung zum Mi- nister zu stehen. Er erstattete ihm regelmäfsig Bericht über seine Thä- tigkeit, seine Fortschritte; und so knüpfte sich auch diesmal jener vielbe- sprochene Brief an die Übersendung der Arbeit über die Lymphe, das Blut und den Chylus. „Der Tod meines väterlichen Freundes hat mich hart betroffen. Sein „grofses Beispiel hatte mich einst den ganzen Ernst der Begeisterung für „meine Wissenschaft fühlen lassen. Meine Verehrung, meine Dankbarkeit „folgen ihm über das Grab und bis an das meinige. Indem ich dem Verlust „eines so theuren Mannes entgegensehen mufste und nachdem ich und so „viele und die Wissenschaft ihn verloren, ist es mir lange schwer geworden, „an mich selbst zu denken und meine Wünsche. Schon lassen sich mannig- „fache Gerüchte vernehmen, wer seinen Platz zu ersetzen berufen oder „würdig sei. Ferne und hiesige Freunde spornen mich an, auch Schritte „zu thun, und noch hatte ich es nicht gewagt, Ew. Excellenz meine ehrer- „bietigen Wünsche in dieser Angelegenheit vorzulegen. „Alle mit dem Stand der Wissenschaft und der Verdienste Bekannte „werden darin einstimmig sein, dafs von den älteren Anatomen keinem die- „ser Rang gebühre, als Mecxer. Unter den jetzt lebenden Älteren ist er es „allein, der der Wissenschaft einen grofsen und mächtigen Impuls gegeben Mürrzzr's Brief an Artzxstrın. 63 „und neue Wege betreten hat. Er hat grofse Sammlungen gegründet, aber „nicht gewöhnlicher Sammlersinn hat ihn belebt. Die grofse Masse der „Thatsachen, die vor ihm lag, hat er geistig durchdrungen. Während ehren- „werthe Männer um ihn her längst betretene Wege mit Fleifs, Ausdauer „und Sammlersinn gegangen sind und sich Verdienste erwarben die Keinem „fehlen, welcher mit Treue die Natur beobachtet, ist MeckerL von wenigen „einer gewesen, vor welchen bei einer grofsen Geschäftigkeit die Gegen- „stände nicht wie Stückwerk liegen bleiben. Da er so vieles für die phy- „siologische Anatomie geleistet, wer würde es ihm zum Vorwurf machen, „dafs er nicht zugleich der Physiologie seine ganze Thätigkeit gewidmet hat. „Sollten Verhältnisse von Mecker abzusehen nöthig machen, so kann ich „freilich bei aller Anerkennung begründeter Verdienste anderer älterer Ana- „tomen vor keinem die Ehrfurcht haben, die ich gegen ihn hege, und ich „dürfte dann vielleicht in den Augen Ew. Excellenz einige Entschuldigung „finden, wenn ich es wage, von mir selbst zu reden. Man weils recht gut „und allgemein, dafs sich die Anatomie in der neuern Zeit durch eine sehr „eigenthümliche Richtung verherrlicht hat, welche für den Zweck der ana- „tomischen Arbeiten erfordert, dafs man auch mehr als Anatom, nämlich „Meister in physiologischen Untersuchungen sei. Neue Hülfsmittel sind er- „funden worden, die mikroskopische Anatomie der Theile des Menschen, „die Entwickelungsgeschichte, die grofsen Resultate derselben zeigen, dafs „die bisherige anatomische Topographie ein nothwendiges Gebälk ist, inner- „halb welchem aber die schwierigste Arbeit beginnt. Aufserordentliches ist „in dieser Art geschehen. Der 4. Band von E. H. Weser (Prof. Lips.) Ana- „tomie, oder dessen Bearbeitung der Anatomie von Hırpesranpr giebt eine „Zusammenstellung, was und von wem etwas in diesem schwierigsten Theile „der Anatomie geleistet worden. In Deutschland allein ist dies vollbracht „worden, und unter den Anatomen Preufsens sind es v. Baer und ich, wel- „che das ihrige hier gethan, eine Gesellschaft die mir nur sehr zur Ehre ge- „reichen kann. Ew. Excellenz kennen die Fortschritte unserer Wissenschaft „so gut wie wir selbst und beurtheilen, was dem Zustand der Wissenschaft „vor 20 Jahren und was heutzutage angemessen ist, Ew. Excellenz wissen „diesen Zustand in dem Überblick der anderen Wissenschaften wohl noch „besser als wir selbst zu würdigen. Hochdieselben haben gewifs in Er- „wägung nehmen wollen, ob dieser Impuls der Wissenschaft, auf welchen 64 Mürzzr's Brief an ALTENSTEIN. „man in Deutschland, Frankreich, England mit freudiger Anerkennung hin- „weiset, nicht auch bei der Besetzung von Runorrur's Stelle Beachtung ver- „dient. Es könnte nicht gleichgültig für den Zustand des wissenschaftlichen „Lebens bleiben, wenn Jemand diesen Sitz einnähme, welcher dieser Ver- „vollkommnung der Anatomie und der Physiologie gänzlich fremd geblieben „ist. Schon Ruporpsı war ihr fremd geblieben, aber durch Alter, und der „hatte in seiner Jugendzeit Grofsartiges genug geleistet. Indem in unserem „Staate schon durch C. Fr. Worrr vor 80 Jahren diese Bahn gebrochen, aber „durch unglückliche Verhältnisse vergessen wurde, nun aber vorzüglich wie- „der durch Anatomen unseres Staates mit glänzendem und allgemein freudig „anerkanntem Erfolg durchgeführt worden, kann Berlin allein gleichsam die „Verpflichtung erfüllen, durch seine grofsartigen Hülfsmittel eine dieses „Aufschwunges und der ferneren Früchte würdige Stätte abzugeben. ’® „Ew. Excellenz kennen meine hiesigen Verhältnisse. Hochdieselben „haben immer gnädig anerkennen wollen, wie viel hier mit wenig Mitteln gelun- „gen ist. Befreundete des Inlandes und Auslandes und ich selbst halten mich „für berufen ein grofses Institut zu leiten, am hiesigen Ort wird sich niemals „eine Gelegenheit für meine ganze Wirksamkeit eröffnen. Indem ich nun „in voller Kraft des jugendlichen Mannesalters fühle, was ich zu wirken fähig „wäre, fühle ich mich verpflichtet und gedrungen an Ew. Excellenz mit tie- „fer Ehrerbietung mich zu wenden und mich Ihrer Aufmerksamkeit bei einem „so äufserst wichtigen Schritt zu empfehlen, der über den Geist vieler Jahre „entscheiden wird, der von Berlin’s grofsartigen Instituten ausgehen kann, „und der billig von denselben im Vergleich des grofsartigen Lebens in den „übrigen Naturwissenschaften erwartet wird. „Ich bin jung, wird man vielleicht hören, aber diefs ist es, was ich „mit einer Jugend voll Arbeit und Erfahrung in die Wage lege gegen das „Alter, da ein älterer Gelehrter, der über gröfsere Materialien, über ein „Museum schon längst disponirt hat, doch nur seine bisherige Wirksamkeit „fortsetzen und es mehr oder weniger beim Alten und bei der Vermehrung „der Vorräthe lassen wird. Handelte es sich darum einer bewährten Thätig- „keit einen Ehrenplatz zu gewähren, den bisherigen Gang der Anstalten „blofs zu erhalten, so wäre die Sache anders. An einem Ort wie Berlin, „von welchem man das höchste erwarten mufs, kann dies nicht die erste „Rücksicht sein. Der Einflufs dieser Stellung auf das ganze wissenschaft- Möürrzzr's Brief an ALtzxstei1». 65 „liche Leben in Berlin ist zu grofsartig. Gerade in der Form drängt sich „die Betrachtung sogleich auf, dafs Berlin auch in den anatomischen und „physiologischen Wissenschaften den Rang einzunehmen genöthigt ist, auf „den es nach Cvvıer’s Tod berufen ist. „Ein Museum vollkommen entsprechend der grofsartigen Leitung, „unter welcher die wissenschaftlichen Anstalten unseres Staates gestellt sind, „welche Früchte wird es bringen, wenn man nicht allein den Sinn hat, „Schätze zu sammeln, die Cataloge zu vergröfsern, sondern sie zu grofsarti- „gen wissenschaftlichen Unternehmungen zu benutzen, unter einem Mann, „der das Interesse der menschlichen, vergleichenden, pathologischen Anato- „mie zu vereinigen und durch eine erfolgreiche Thätigkeit in der Grundlage „der ganzen Mediecin, der Physiologie, den ganzen medicinischen Unterricht zu „beleben versteht. Welche aufserordentliche Gelegenheiten bietet die Thier- „arzneischule zu physiologischen Untersuchungen dar. Anatomie, chemisch- „physiologische Experimente, mikroskopische Untersuchungen, Entwick- „lungsgeschichte, alles dies mufs nun einmal dem Physiologen gleich zugäng- „lich sein. Der Ruhm unseres Vaterlandes begeistert mich in diesen Be- „trachtungen, und mögen Ew. Excellenz gnädigst entschuldigen wollen, wenn „ich mich in dieser ehrerbietigen Vorstellung selbst zu diesen Empfindungen „hinreifsen lasse. In den Anstalten Berlins, in dem Verkehr mit den ersten „Physikern und Chemikern sehe ich die Quelle für eine mit Cuvier’s grofs- „artigem Wirken zu vergleichende Thätigkeit, die dasjenige durch Betreibung „der anatomischen Materialien für die Physiologie leisten wird, was Cuvıer „einst durch Application der Anatomie für die Zoologie gewonnen. Berlin „ist der einzige Ort dazu. Was Dausenton, Vico -D’Azrr und andere mit „unermüdetem Sammlerfleifs der grofsen Wirksamkeit Cuvırr’s vorgebahnt, „ist in Berlin geschehen. Aber nun ist der entscheidende Augenblick, dafs „die Vergröfserung der Sammlungen und der Inhalt derselben herrliche „Früchte bringe unter einem Chef, welcher talentvolle Menschen um sich „nicht blofs zu dulden, sondern anzuziehen, zu beleben, zu beschäftigen „und zu fördern versteht. Dann werden auch diese Institute bald ein Leben „hervorrufen, wie man es zu Cuvirr’s Zeit nur in Paris zu finden gewohnt „war, und wie es jetzt auch dort mit ihm erloschen ist. „Mit dieser tiefergebenen Vorstellung, zu welcher mich ein entschei- „dender Moinent aufruft, wende ich mich an Ew. Excellenz und empfehle 6 66 Mürrezr's Berufung nach Berlin „mein Schicksal Ihrer Weisheit und Fürsorge. Ich hoffe und vertraue in „bescheidener Ergebenheit darauf, dafs Ew. Excellenz diesen Schritt durch „das Aufserordentliche der Umstände und durch Ihren gnädigen Antheil an „mir selbst, huldreichst entschuldigen wollen. Aber lassen Ew. Excellenz „mich es wiederholen dürfen, dafs vor Allem die tiefgefühlte Empfindung „mich hiezu nöthigte, dafs sich in der Wendung dieser Angelegenheit das „Schicksal meines Lebens bestimmt, nämlich ob ich hier am Ort für immer „in meiner Thätigkeit halb paralysirt bleiben soll”. Der Ton dieses Schreibens, männliche Klarheit athmend bei heifsem schöpferischen Jugenddrang, traf sympathisch v. Arressteiw’s grofsen Sinn. „Eine ausgezeichnete Schrift”, lautete seine Randbemerkung mit Bezug auf die Arbeit über das Blut, „aber auch ein ausgezeichnetes Schreiben durch „die Auffassung der Aufgabe für den Vorsteher der Anatomie”. Und als kurz darauf Hr. Tıevemans ablehnend antwortete, er fühle sich zwar durch wahrhafte Neigung nach Berlin gezogen, gegenwärtig dem lichtesten Punkte in Deutschland, allein er fürchte für die Gesundheit der Seinigen das rauhere Klima der norddeutschen Hauptstadt; da ward Hrn. Jonannes Schurze die Genugthuung, den Mann, dessen Bedeutung er einst zuerst erkannt, unter dem Beifall aller Einsichtigen auf den ihm gebührenden ersten Platz zu heben. Wenn aber wir, von unserem in der Zeit bereits weit entlegenem Stand- punkt aus, und mit der seitherigen Entwickelung der Menschen und Dinge vor Augen, die Geschichte dieser Berufung überdenken, so erscheint uns Eines wunderbar, dafs nämlich desjenigen Mannes als Mitbewerbers keine Erwähnung geschieht, den Mürrer selbst dem Minister gleichsam zum Preis- richter vorschlägt, Hrn. Ersst Heinrich Weser’s nämlich, der, nur sechs Jahre älter als Mürrer, damals schon seine bahnbrechenden Arbeiten über die Wellen, den Puls, die Drüsen, den Tast- und Gehörsinn veröffentlicht, und, neben der Bearbeitung des Hırpzsranpr’schen Handbuches, als anato- mischer Schriftsteller in Mecxer’s Archiv mit Mürzer an Fruchtbarkeit ge- wetteifert hatte. Ostern 1833 trat Mürrer die hiesige ordentliche Professur der Ana- tomie und Physiologie an, die er genau ein Vierteljahrhundert bekleidet hat. Das Jahr darauf, am 16. Juli 1834, ward er Mitglied dieser Akademie. So gelangte er, noch nicht volle 32 Jahre alt, in eine Stellung, welche ihm nicht allein einen ausgedehnten Wirkungskreis als Lehrer, eine ebenbürtige und neue Lage daselbst. 67 Umgebung als Forscher, sondern auch die äufseren Hülfsmittel gewährte, deren er zu seiner vollen Entwickelung bedurfte. Die Grenzen seines Wirkungskreises zu ziehen, so wie sein Verhält- nifs zu seinen neuen Amtsgenossen zu regeln, hatte ihm der Minister, gewifs eine seltene Begünstigung, selbst zu thun verstattet, „damit er nicht mit zu „vielen zerstreuenden Amtsarbeiten überladen und dadurch an der strengen „Verfolgung seines eigentlichen wissenschaftlichen Berufes gehindert werde”. Aber noch mehrere Umstände vereinigten sich, Mürrer’s neue Lage zu einer besonders bevorzugten zu machen. Am 10. Mai 1832 hatte GroncE Cuvıer, vor der Zeit dahingerafft, den Thron der organischen Naturwissenschaft leer gelassen. Mecker, dessen altberühmter Name einen Augenblick gedroht hatte, Mürrer gefährlich zu werden, starb noch im Jahre von Mürrer’s Berufung, am 31. October 1833. Das zuletzt von ihm herausgegebene Ar- chiv für Anatomie und Physiologie, 1796 von Reır in Halle gegründet, wo schon 1790 durch Gren das Journal der Physik entstanden war, fiel nun leicht in Mürrer’s Hände, und folgte der älteren Schwester - Zeitschrift nach Berlin. Es ward für ihn ein um so mächtigeres Werkzeug der Hegemonie, als zu gleicher Zeit, ganz wie es sich für die aus Gnenx’s Journal hervorge- gangenen Annalen der Physik und Chemie ereignete, die übrigen deutschen Zeitschriften ähnlichen Inhalts, Hrn. Tiepemann’s und der beiden TrEvIırAnUs Zeitschrift für Physiologie, und Hevsıncer’s Zeitschrift für organische Physik, eingingen, so dafs über ein Jahrzehnd das Archiv das Feld allein beherrschte. Dem Titel des Archivs fügte Mürter die Bezeichnung „für wissenschaftliche Medicin” hinzu, und in der That war der Zeitpunkt, um von der Anatomie und Physiologie aus auf die Medicin zu wirken, ein vor- zugsweise günstiger. Die Ohnmacht der ärztlichen Kunst einer weltver- heerenden Seuche gegenüber hatte das Vertrauen in den Empirismus tief erschüttert, während thörichte theoretische Auswüchse, wie die Homöopa- thie, wohl geeignet waren, die besonnenen Aerzte auf den Urquell alles ärztlichen Wissens, die Physiologie, zurückzulenken, als deren glänzendster Vertreter und glücklichster Bearbeiter der jugendliche Mürter erschien. Sodann, wenn auch der Stofs der Juli-Revolution noch in seinen Nachschwingungen gefühlt wurde, war es doch bei uns eine Zeit politischen Stillstandes und friedlichen Ausbaues gegebener Zustände, wo die Wissen- schaft im Staatsleben noch eine Geltung besafs, die sie in Zeiten politischer 6* 68 Mürtzr's neue Lage in Berlin. Erregung, vollends kriegerischer Stürme, nur zu rasch verliert. In der von Seiten der Staatsbehörde der Kunst und den verschiedenen Zweigen des menschlichen Wissens geschenkten Aufmerksamkeit bemerkte man ein Gleich- mals, welches später manchmal vermifst worden ist. Hrn. v. Humsoror’s Einflufs, der sich erst kürzlich, nach seiner sibirischen Reise, dauernd in Berlin niedergelassen hatte, entfaltete sich mehr und mehr segensreich, und eine seltene Vereinigung ausgezeichneter Männer jedes Faches, die den Gip- fel des Ruhmes theils schon erreicht hatten, theils seitdem erstiegen, schickte sich an, Berlin in dem vierten und fünften Jahrzehnd dieses Jahrhunderts in kaum minder hellem Glanze schimmern zu lassen, als dies in dem vorher- gehenden Zeitraum für Paris der Fall gewesen war. Endlich dem geistigen Aufschwung entsprach die Entwickelung des Verkehrs, der dem beschreiben- den Naturforscher den Stoff seiner Arbeiten zuführt; der vervielfältigerden Künste, die seine Ergebnisse darstellen; und der Mechanik, die ihm sowohl als dem Experimentator neue Organe der Untersuchung schafft. Dies waren die günstigen Elemente, von denen Mürrzr’s Dasein fort- an glücklich getragen wurde. Als ob es ihm aber gleichsam an nichts fehlen sollte, hatte ihm das Schicksal in ScuLemm einen Gefährten gegeben, der, zufrieden mit einer nicht leicht übertroffenen Virtuosität im beschränkten Kreise der gewöhnlichen menschlichen Anatomie, ihm hülfreich zur Seite stand, ohne jemals seine Eifersucht reizen zu können. Bis zu beider Tode dauerte diese innige Genossenschaft, der die ausnehmende Verschiedenheit beider Männer ein eigenes Gepräge verlieh: da Schtemm, durch eine sonder- bare Fügung des Geschicks, Mürzer nur wenige Wochen überlebt hat.’* Aus Bonn folgten Mürrer bald zwei jüngere Männer, die ihm dort bereits ver- bunden gewesen waren, Hr. Henze, der, als D’ Arrow Mecker’s Nachfolger ward, die Stelle als Prosector, und Hr. Schuwann, der die als Gehülfe am anatomischen Museum einnahm; während aus dem reichen Zuflufs talentvol- ler Jugend, den jedes Semester unseren Hörsälen bringt, fast ohne sein Zu- thun ihm Schüler um Schüler erwuchsen, deren aufkeimendes Ansehen seinen eigenen Ruhm erhöhte. Hatte so das Glück für Mürrrr das Seinige gethan, so darf man sagen, dafs selten Einer sich solcher Wohlthat würdiger gezeigt hat als er. Denn gewissermafsen nun erst fing er an, seine gewaltigsten Kräfte aufzubieten ; 5 sich scheinbar nicht blofs zu verdoppeln, nein sich zu vervielfachen als aka- Vorzüge derselben. 69 demischer Forscher auf den mannigfaltigsten Gebieten, als Lehrer, als Vor- steher der anatomischen Sammlung, als Herausgeber der anatomisch - physio- logischen Zeitschrift, als Geschäftsmann bei den Staatsprüfungen und in der Facultä. Im Winter, wo er die übelriechende Höhle, welche in Berlin die Stelle eines Anatomiegebäudes vertritt, durch seine Arbeiten verherrlichte, las er menschliche Anatomie und öffentlich Anatomie der Sinnesorgane, zu Anfang des Halbjahres neunstündig, später sechsstündig, und leitete mit ScuLemm die Secirübungen. Aufserdem hatte er täglich min- destens eine Stunde Staatsprüfungen abzuhalten. Im Sommer, wo er auf dem anatomischen Museum arbeitete, las er sechsstündig Physiologie, mit Einschlufs einer öffentlichen Vorlesung über Zeugung und Entwickelung, vierstündig vergleichende, und bis zum Jahre 1856, wo Hr. Vırcnow berufen ward, dreistündig pathologische Anatomie. Von 1851 an leitete er aufser- dem noch im Sommer in Gemeinschaft mit mir physiologische Übungen. Dazu kamen noch die Facultätsprüfungen, die ihm einen grofsen Theil seiner Abende zerstörten. Obwohl es ihm, im Drange seines Forschungseifers, mehreremal begegnete, nicht in’s Colleg zu gehen, wie er auch wohl gänzlich der Mahlzeit vergafs, läfst sich eine gröfsere Pflichttreue, als die seinige war, im Allgemeinen nicht denken. Und trotz dieser Überbürdung mit Berufs- geschäften hat er es möglich gemacht, in der Zeit von seiner Berufung nach Berlin bis zu seinem Tode neun selbständige Werke, worunter seine be- deutendsten, zum Theil allerdings in Verbindung mit befreundeten Gelehr- ten, an’s Licht zu fördern. Von den in demselben Zeitraum erschienenen 25 Bänden unserer physikalischen Abhandlungen, ist, wenn man das Mittel zieht, nicht einer, der nicht eine gröfsere Arbeit von ihm enthielte; unter den 23 Bänden unserer Monatsberichte nicht einer, der nicht mehrere kleine Aufsätze brächte, endlich unter den 25 Bänden des Archiv’s für Anatomie und Physiologie nicht einer, von dem nicht dasselbe gölte. Aufserdem hat er in der ersten Zeit die Medicinische Zeitung des Vereins für Heilkunde in Preufsen; das Encyclopaedische Wörterbuch der medicinischen Wissen- schaften, als dessen Mitherausgeber er von 1834 an genannt wird; in den Jahren 1837 bis 1846 das Wırcmann- (nachmals Erıcuson -)sche Archiv für Naturgeschichte, mit vielen, mit einzelnen Mittheilungen aber auch noch Hrn. Pocsennorrr’s Annalen der Physik und Chemie, die Sitzungsberichte der Wiener, die Comptes rendus der Pariser Akademie und verschiedene andere 70 Das Handbuch der Physiologie. Sammelwerke bereichert. Eine so unermefsliche Thätigkeit kann hier na- türlich nur flüchtig umrissen werden. Indem wir aber zur Betrachtung von Mürrer’s Arbeiten zurückkehren, setzen wir zugleich seine eigenste Lebens- geschichte fort, in so fern dieselbe von hier ab, wenn man von einigen nicht nachhaltig wirksamen Zwischenfällen absieht, wie bei den meisten grofsen Gelehrten und Künstlern, durchaus mit der Geschichte seines rastlosen Schaffens zusammenfällt. Das ‚‚Handbuch der Physiologie des Menschen für Vorlesungen”. An Bedeutung obenan, und der Zeitfolge nach unmittelbar an die zuletzt erwähnten experimentell-physiologischen Arbeiten sich reihend, steht unter Mürver’s jetzt zu nennenden Werken das berühmte Handbuch der Physio- logie des Menschen für Vorlesungen, dessen erste Abtheilung kurz nach Mürer’s Übersiedelung nach Besl, im Herbste 1833, ausgegeben wurde, dessen Vollendung sich aber bis zum Jahre 1840 hinzog. Der Plan dessel- ben umfafst, gleich dem der Harrrr’schen Elementa, nicht allein die voll- ständige Darlegung alles bis dahin über die thierischen Verrichtungen sicher Ermittelten, sondern auch die vergleichende Organologie, und die gesammte damalige Gewebelehre, sowohl im mikroskopischen als im chemischen Be- zuge. Den Gedanken dazu mag er zeitig gefalst haben, und alle seine frü- heren Leistungen sind mehr oder weniger als Vorarbeiten zu diesem Denk- mal seines encyklopaedischen Strebens und Wissens anzusehen. Doch gleicht der bereits erwähnte Grundrifs der Vorlesungen über die Physiologie vom Jahre 1827 dem späteren Handbuche nicht mehr, als eine Seesternlarve dem entwickelten Echinoderm. Der Plan ist ein ganz anderer, und die Abwei- chungen lassen auf eine ereignilsreiche Metamorphose schliefsen. Obschon im enfahrangsiälsigen Stoff, und auch sonst noch, das Handbuch mit dem Grundrifs nothwendig Vieles gemein hat, hat es doch die alten mumificirten Kategorieen der Reproduction, Irritabilität und Sensibilität, die noch den Grundrifs beherrschen, glücklich abgestofsen, und an vielen Punkten ist an Stelle eines öden Schematismus ein lebendiger Inhalt getreten. Mürren’s Physiologie ist das Werk, von dem man sagen kann, dafs er darin ebenso die Eigenthümlichkeit seines in voller Reife stehenden, zu klarer Objectivität erstarkten Mannesalters ausgeprägt habe, wie einst in der ver- gleichenden Physiologie des Gesichtssinnes die phantastische Subjeetivität Hervorragende Bedeutung desselben in der Wissenschaft. 74 seiner Jugendperiode. Es ist zugleich das Werk, wodurch er unbedingt den gröfsten Einflufs auf seine Zeit geübt hat. Es wurden dadurch die theils kurz vorher, theils gleichzeitig von Anderen gemachten Versuche, die Gesammtheit der damals vorliegenden physiologischen Erfahrungen im Lehrvortrage darzustellen, in vergleichsweise Unbedeutenheit gedrängt. Physiologen von Fach schlugen noch die Lehrbücher von Macexvie, Tae- vıranus, RuporpHı, BurpacH, Hrn. Tıepemans, Hrn. Arnorp, Hrn. Rv- DoLpu WaGner nach; aus Mürrter’s Physiologie aber haben wenigstens in Deutschland unläugbar alle seitdem nachgerückten Geschlechter von Aerz- ten und Physiologen hauptsächlich ihre Bildung geschöpft. Ja während sonderbar genug die Deutschen sich in anderen Fächern, z. B. der Mathe- matik, der Physik, vorzugsweise der französischen Lehrbücher bedie- nen, worin ihre eigenen Entdeckungen oft so schmählich bei Seite gesetzt sind, hat Mürrer’s Handbuch seine eindringende reformatorische Gewalt sogar über die deutsche Sprachgrenze. hinaus geübt, da es durch Barx in’s Englische’®, durch Jounvan in’s Französische’° übertragen ward. Seit dem Erscheinen der einzigen Auflage des zweiten Bandes der Physiologie sind bereits 18, seit dem der vierten Auflage des ersten Bandes 14 Jahre verflossen, während welcher fast alle Zweige der Physiologie durch unerwartete Entdeckungen von Grund aus umgestaltet sind, ja das ganze Wesen der Wissenschaft ein anderes geworden ist. Mürzer’s Buch erscheint demgemäfs heutzutage nothwendig veraltet, und für den Anfänger ist es in manchen, wenn nicht den meisten Abschnitten, geradezu unbrauchbar ge- worden. Von verschiedenen Seiten her sind Versuche gemacht, die Phy- siologie in ihrer neuen Gestalt darzustellen. Die Hrn. Varentın, Lupwıs, Fuske unter uns, Lonser und Mırne Epwarps in Frankreich, Donvers in Holland, Carpenter in England haben sich auf diese Bahn begeben. Aber wie unschätzbar auch manche dieser Bestrebungen erscheinen; in wie reinem kalten Aether physikalischer Betrachtung auch Hr. Lupwıs weile, während Hr. Mırse Eopwarps mit Geschmack und Sachkenntnifs Schätze wohlgeordneter Gelehrsamkeit häuft: Mürter’s Handbuch ist nicht nur noch immer in Aller Händen; es gilt nicht nur, kraft des Ge- setzes der Trägheit und des Rechtes der Einbürgerung, von Stockholm bis Turin, von Kasan bis Boston, noch stets für den Kanon der neueren Physiologie; sondern da es sich von den älteren Werken viel mehr unter- 72 Das Handbuch der Physiologie. scheidet als von den neueren und als diese unter sich, so hat es auch in der Geschichte der Wissenschaft wirklich eine tiefere Spur hinterlassen, als dies voraussichtlich eines dieser neueren Werke thun wird. So hat dieses Buch für unser Jahrhundert eine ähnliche, ja wenn man den ungleich rasche- ren Fortschritt der Wissenschaft erwägt, fast eine gleiche Bedeutung erlangt, wie Harzer’s Werk für das verflossene; und das deutsche Volk hat es Jo- HANNES Mürter zu danken, dafs durch ihn zum zweitenmal auf lange hinaus die philosophischste der Wissenschaften, wie es sich ziemt, zu einer deutschen Wissenschaft zar &Zox,zv gestempelt ist; trotzdem dafs die beiden gröfsten Thatsachen der Physiologie, der Kreislauf des Blutes und die Verrichtung der Wurzeln der Rückenmarksnerven, brittischen Ursprunges sind; und trotz dem beispiellos glücklichen Entdecker, der in unseren Tagen Aller Blicke auf den Vivisecirsaal des College de France gerichtet hält. Seinen äufseren Vorzügen verdankt das Handbuch diese Erfolge nicht. Abgesehen von der bis in die letzte Auflage fast schimpflichen Ausstattung und dem Mangel erläuternder Abbildungen, durch welche die englische und französische Übersetzung sehr an Brauchbarkeit gewonnen haben, mufs man gestehen, dafs auch die Darstellung selber viel zu wünschen übrig läfst. Zwar an der allgemeinen Anordnung dürfte nicht so viel auszusetzen sein. Keine Wissenschaft bietet bekanntlich in dieser Beziehung gröfsere Schwierigkeiten als die Physiologie. Ja in so fern ein untadelhafter Lehr- vortrag nach dem Vorbilde des mathematischen keine Annahme machen sollte, die nicht von selbst verständlich, oder nicht schon erwiesen wäre, kann man von vorn herein sagen, dafs ein solcher Vortrag in der Phy- siologie unmöglich ist. Es handelt sich um die Darlegung des Spiels einer Maschine, in deren Wesen es liegt, dafs die Wirkung irgend eines Theiles derselben stets durch die anderer, wenn nicht aller Theile bedingt wird. Ganz wie beim Beschreiben einer Dampfmaschine, wenn man mit der Feuerung anfing und das erstemal mit dem Kolben an den Boden des Stiefels gelangt ist, die Einsicht in die hier eingreifende Function der Steue- rung fehlt: ganz so fehlt, wenn man, wie Mürrer, in der Physiologie mit dem Kreislauf, der Athmung, der Ernährung anhebt, bei jedem Schritt das Verständnifs des überall eingreifenden, bald treibenden, bald hemmenden Factors, des Nervensystems, und des, mit der Diffusion und der Flimmer- bewegung, sämmtliche Massenverschiebungen vermittelnden Organcomplexes, dussere Mängel desselben. 75 der Muskeln. Hr. Lvpwıc hat geglaubt, auf geringere Übelstände zu sto- fsen, wenn er, bei Darlegung der thierischen Maschine, die Geschichte des Nervensystemes vorweg nähme. Ich theile, nach meiner Erfahrung als Lehrer, diese Ansicht nicht, sondern halte dafür, dafs ein richtiger Instinet Mürrer geleitet habe, als er, obschon ihm die Bedeutung des Stoffwechsels völlig fremd war, der nur aus dem Principe der Erhaltung der Kraft ver- ständlich wird, die alte Harrer’sche Anordnung beibehielt, und die Erklä- rung des Kraftquells der der Kraftverwendung voraufschickte. Es ist hier nicht der Ort, auszuführen, wie sich meiner Meinung nach dem dieser An- ordnung so eben vorgerückten Mangel abhelfen lasse. Wenn ich an dem von Mürrer befolgten Gange etwas tadeln wollte, so würden es mehr Einzelhei- ten sein, wie z. B., dafs er bis in die vierte Auflage die thierische Wärme in den Prolegomenis abhandelt, anstatt, wie es sich gehört, daraus ein Co- rollar zur chemischen Athmungslehre zu machen. Ein anderer Vorwurf, den man Mürrrr’s Darstellung in der Physio- logie machen hört, hat gleichfalls seinen Grund in der Natur des Gegen- standes. Die Physiologie ist nämlich wohl die einzige Naturwissenschaft, in der man gezwungen ist, auch von dem zu reden, wovon man nichts weifs. Die Chemie braucht von keiner unbekannten Verbindung, die Physik von keiner unentdeckten Naturkraft zu handeln ; Botanik und Zoologie kümmern sich nicht um was noch von Thieren unbeschrieben zwischen unbeschriebe- nen Pflanzen in unerforschter Wildnifs sich bewegen mag. In der Physio- logie dagegen ist ein bestimmter Kreis von Dingen vorgezeichnet, die durch- aus besprochen sein wollen. Die Milz z. B., zahlreiche Hirntheile, Gang- lien, Nerven, das Labyrinth des inneren Ohrs: alles dies ist einmal da, und mufs der gangbaren Vorstellung gemäfs auch zu etwas da sein. Häufige Muthmafsungen über die Verrichtungen dieser Theile sind durch noch häu- figere Versuche halb gestützt, halb widerlegt worden, und haben an Stelle vollkommener Finsternifs ein an Sicherheit nicht, nur an Täuschungen rei- cheres Helldunkel gesetzt. Durch dieses mu[s der Darsteller unserer Wis- senschaft den Leser, den Zuhörer nur zu oft den ängstlichen Weg führen, und zum Dank die empfundene Abspannung, die vielleicht nur dem Gegen- stande zur Last fällt, sich vorhalten lassen. Dann lassen sich die vernehmen, denen jedes Schweifen über die handwerksmäfsige Belehrung hinaus lästig däucht; die nicht begreifen, dafs, m 74 Das Handbuch der Physiologie. gäbe es auch keine Krankheit, die Physiologie nichts an ihrer Berechtigung verlöre; deren Klage ist, dafs Mürrer sich zu wenig von praktischen Ge- sichtspunkten leiten lasse, dafs die vergleichende Anatomie am Kranken- bett nichts nütze sei. Diese können hier nicht berücksichtigt werden. Es sind dieselben, die jetzt, wo an Stelle der vergleichenden Anatomie in physiologischen Lehrbüchern mitunter eine Formel auftaucht, auch nicht zufrieden sind, und denen nicht zu helfen sein wird, es sei denn, die Phy- siologie unterliege einer regressiven Metamorphose, und schmiege sich wie- der unter die Botmäfsigkeit der Medicin, von der Mürrer sie befreien half; ?7 obschon gerade er, wie wir schon zu bemerken Gelegenheit hatten, viel- leicht mehr als irgend ein anderer Physiologe, die Verbindung zwischen Physiologie und Mediein sorgsam im Auge behielt, selbst wenn er in schein- bar noch so grofser Ferne beschäftigt war. Auch dafs, wegen der Fortschritte der Wissenschaft zwischen dem An- fang und der Vollendung des Werkes, die letzten Abschnitte mit den ersteren oft in Widerspruch oder aufser Zusammenhang gerathen sind, gehört zu den Mängeln, denen in erster Auflage kein physiologischer Lehrbuchschreiber entgeht. Allein abgesehen von dem Allen zeigt sich in Mürrer’s Handbuch denn doch wirklich ein etwas zu kleines Mafs literarischer Ansprüche. Sein im ersten Gusse nicht sehr gefälliger Stil entbehrt sichtlich der Feile. Der Fortschritt der Darstellung leidet unter zahlreichen Wiederholungen und Abschweifungen. Oft verliert das Handbuch fast ganz den Charakter eines solchen, und nimmt sich mehr aus, wie eine lockere Sammlung von Abhand- lungen. Keine Inhaltsübersicht, kein Register weist den Uneingeweihten in diesem scheinbaren Labyrinth zurecht. Kurz, wenn in der vergleichen- den Physiologie des Gesichtssinnes, trotz der von Mürrer selbst ausgehäng- ten Gorrue’schen Warnungstafel”®, der Gehalt ohne Methode nicht selten nahe an die Schwärmerei führt, so sieht man dagegen im Handbuch der Physiologie nur zu häufig den Stoff ohne Form zum beschwerlichen Wissen anschwellen. Das classische Gleichmafs der Behandlung, die sorgfältige Gliederung des Stoffes, die Kunst der Übergänge, welche aus den Harzer’schen Ele- menta einen bis in’s Kleinste vollendeten Riesenbau machen, sucht man hier also vergebens. Obschon aber ferner Mürrer die tiefste Belesenheit besafs, und die Literaturgeschichte jedes Kapitels in ihren wesentlichen Zügen meist dussere Mängel desselben. 7) mit treffender Schärfe zeichnet, hält doch auch in dieser Beziehung das Werk mit den Elementa nicht den Vergleich aus, in denen die ältere Literatur bis in Kleinigkeiten und unter Anführung der Quellen wahrhaft erschöpft ist, während Mürrer sich häufig mit Auszügen in Frorızr’s Notizen oder des Dänen Lunp Preisschrift: „Physiologische Resultate der Vivisectionen neue- rer Zeit”? begnügt. Mörrer selbst kannte diese Schwächen seines grofsen Buches wohl. Er nannte es scherzend die Rumpelkammer der Physiologie. Wodurch ist es nun, dafs dasselbe, trotz diesen Mängeln, seine ungemeine Wirkung geübt hat? Zunächst ist zu sagen, dafs es eine solche Bedeutung erlangt hat und für immer behalten wird durch die aufserordentliche Fülle eigener Unter- suchungen des Verfassers, welche theils an sich vom hervorragendsten Wer- the sind, theils wenigstens ihn zu einer so einsichtigen Beurtheilung der Ergebnisse Anderer befähigten, wie sie eben nur auf dem Wege eigenen Forschens zu erreichen ist. Fast überall befand er sich, in vergleichend anatomischer Beziehung, auf schon bekanntem Boden, dem er selber früher manches Stück hinzugefügt, oder manche neue Ansicht abgewonnen hatte. Gleichzeitig mit dem physiologischen Handbuche brachte er fortwährend vergleichend anatomische Arbeiten von gröfster Bedeutung zur Reife, von denen später die Rede sein wird, und die ihm gleichfalls hier zu statten kamen. Wer aber hätte, im eigentlich physiologischen Gebiete, besser als damals bereits er, die Abschnitte vom Blut und der Lymphe, von den Drüsen, von den Bewegungs- und Empfindungsnerven, von den Be- wegungsgesetzen in der Thierwelt, von den Sinnen überhaupt, insbe- sondere aber vom Gesichtssinn, von der Entwickelung zum Theil, zu schreiben vermocht? Eine grofse Menge anderer Versuche und Beobachtun- gen über einzelne Gegenstände, die, bei Gelegenheit der Vorlesung ent- standen, zwar noch nicht weit genug gediehen waren, um als selbstän- dige Arbeiten zu erscheinen, war doch gewifs schon bereit und tauglich, dem Handbuch einverleibt zu werden; und wo es ihm noch an eigenen Un- tersuchungen gebrach, wurden jetzt dergleichen angestellt, bei denen ihm meist Hr. Schwann zur Hand ging, der schon als Studirender in Bonn ihm bei den Versuchen über die Wurzeln der Rückenmarksnerven und über das Blut behülflich gewesen war. So entstanden die Versuche über die Athmung 7* 76 Das Handbuch der Physiologie. der Frösche in verschiedenen Gasarten, über die Wiedererzeugung der Ner- ven, über die Magenverdauung, über die Wimperbewegung bei den Fischen, und noch viele andere. Es war die Zeit, wo, in Folge des von SerLiGur, OnevArıer und Hrn. Amıcı ausgegangenen Anstofses, das Mikroskop plötzlich nicht nur sehr ver- vollkommnet, sondern auch viel allgemeiner zugänglich gemacht worden war. Gleichen Schritt mit der Erweiterung der optischen Hülfsmittel hielt die Erforschung der pflanzlichen und thierischen Gewebe, und führte zuletzt unter Mürrer’s Augen, im Jahre 1838, zu jener eben so glücklichen wie kühnen Verallgemeinerung, die Hrn. Schwann’s Namen unsterblich gemacht hat, und mit deren Ausführung im Einzelnen die Histiologie noch heute beschäftigt ist. An dieser Entwickelung betheiligte sich Mürrer auf das Lebhafieste, indem er theils selber arbeitend eingriff, wie in der Lehre vom Knorpel- und Knochengewebe, dem Gewebe der Rückensaite bei den Knorpelfischen, theils in seiner Umgebung Arbeiten hervorrief, wodurch einzelne Punkte aufgeklärt wurden, wie die Untersuchung von EuLenBerG über das elastische Gewebe°’, die von Hrn. Jorpan über das damals soge- nannte contraclile Zellgewebe der Fleischhaut°', welche jetzt freilich über Hrn. Varentin’s und Hrn. Körrırer’s Entdeckungen vergessen ist, die von Hrn. Miescher über die Wiedervereinigung der Knochen.°* Mütter ist es, der an Stelle des von Alters her gebräuchlichen Namens des Zellgewebes den des Bindegewebes gesetzt hat°°, dessen zur Bindesubstanz verallgemeinerter Be- griff in der neueren Histiologie eine so grofse Rolle spielt. Alles dies wurde in das Handbuch hineingearbeitet, so dafs die Wissenschaft darin unter Mür- zer’s Händen fast durchgängig eine ganz neue Gestalt annahm. Nirgends jedoch tritt dieser Charakter mehr hervor, als in dem von Mürrrr zuerst so überschriebenen Abschnitte, „der Physik der Nerven”. Hier sahen die Physiologen und Aerzte mit Erstaunen das, was bis dahin nur ein Chaos vereinzelter Thatsachen und grundloser Theorieen gewesen, durch Mürrer’s schöpferischen Kopf gezwungen, sich zum erstenmal zu einem “ wissenschaftlichen Ganzen ordnen, an dem Licht und Finsternifs deutlich geschieden, das Feste vom Schwebenbleibenden abgeklärt war. In der allgemeinen Nervenphysik hat Mürrer das Verdienst, die Vorstel- lung vom sogenannten Neryenprineip und dessen Verhältnifs zur Elektrieität, nach der damaligen Sachlage, besonders scharf gefafst, und die seit Harzer Gehalt desselben an eigenen Untersuchungen Mürtzr’s. Zn. fast vergessene Frage nach der Fortpflanzungsgeschwindigkeit jenes Agens, wie die sonst noch kaum erwogene nach der ein- oder doppelsinnigen Leitung beider Fasergattungen, in bestimmter Gestalt zur Sprache gebracht zu haben. Von dem Hort hieher gehöriger Erkenntnifs, der versunken mit dem zu Anfang des Jahrhunderts gescheiterten Fahrzeug der thierischen Elektrieität, erst in unseren Tagen wieder geborgen wurde, hat übrigens Mürter, so wenig als sonst damals Jemand, eine Ahnung gehabt. Ich weils, dafs er selber viele vergebliche Versuche gemacht hat, elektrische Wirkungen durch die Nerven zu erzeugen, wovon der Artikel „Thierische Elektrieität” im Encycelopaedischen Wörterbuche nur eine Andeutung enthält. Ein früher auf dem anatomischen Museum befindliches, aus Glasröhren gebogenes Multiplicatorgewinde verrieth, wie Mürter daran gedacht habe, ob nicht das Nervenprincip vielleicht nur durch Flüssigkeiten abgeleitet und zur Wir- kung auf die Magnetnadel gebracht werden könne. Von wie verändertem Standpunkte wir auch heute auf diese Bestrebungen blicken, man darf nicht vergessen, dafs sie später Mürrer in Stand setzten, als ihm durch Hrn. von Hovnmsoror der Nosırrsche Froschstrom in Hrn. Marteuccr's Essai bekannt wurde, darin die Spur zu wittern, die hier zu Besserem führen konnte, an deren Anfang er dann mich stellte.®* Gewährte das Berr’sche Gesetz, welches Mürter fast das seine nen- nen durfte, ihm in der speciellen Nervenphysik bereits einen sicheren Er- klärungsgrund und einen leitenden Faden für die Zusammenordnung unzäh- liger Thatsachen, wie noch kein Vorgänger einen solchen besessen hatte: so war dies in kaum geringerem Grade der Fall mit dem Princip der Reflexion in den Bewegungen nach Empfindungen, wodurch die früher angenomme- nen Sympathieen beseitigt, und eine Schaar von Wirkungen im gesunden wie im kranken Körper, vom leisen Spiel der Augenblendung in Licht und Schatten, bis zum Wundstarrkrampf oder den Wadenkrämpfen in der Cho- lera, mit einem Schlage erhellt wurde. Mütter ist zum Studium der Re- flexbewegungen höchst wahrscheinlich im Verfolg der früher erwähnten Ver- suche über Resorption an Fröschen geführt worden, wobei er sich des vorzüg- lichsten Reflex-Narkoticums, des Opiums, bediente. Zwar hatte, worauf Hr. Prröser aufmerksam gemacht hat®’, Procuaska bereits im Jahre 1784 jenes Prineip richtig ausgespr ochen, } ja dasselbe Bild einer Zurückwerfung, Reflex- ion, angewendet, um den Übergang der Erregung von centripetal leitenden auf 78 Das Handbuch der Physiologie. centrifugal leitende Nerven zu versinnlichen.°° Eben so weit war, wie ich ge- funden habe, übrigens Des Cartes, der gelegentlich auch schon das nämliche Bild gebraucht.°” Auch hatte, um ein Kleines früher als Mürrer, Mansnaut Harr jene alte Lehre wiedererweckt. Indessen ist zu bemerken, dafs in Pro- cHaska’s eigener Physiologie oder Lehre von der Natur des Menschen vom Jahre 1820 die Reflexion weder der Sache noch dem Namen nach vorkommt, sondern die Reflexe mit Hülfe des „Consensus Nervorum” und der „polari- schen Wechselwirkung der Organe” erklärt werden;°® so dafs also wohl bei jenen früheren Äufserungen Procnaska selber nicht gewulst hat, was er that, als er die Reflexion so treffend definirte. Was Marsrarı Harı betrifft, so kann kaum die Frage sein, wer von beiden, er oder Mürtzr, diese Lehre rich- tiger erfafst, oder besser verwerthet habe. Marssarz Harz vermischte sehr bald mit dem Thatsächlichen seine Hypothese eines excitomotorischen Sy- stems, und hat bis zuletzt die Reflexbewegungen narkotisirter Thiere mit den Bewegungen gereizter enthaupteter Thiere verwechselt; während Mürzer wenigstens später dieselben in seinen Vorlesungen wohl zu trennen pflegte. Auch die Lehre von der Mitbewegung, in welcher Darwın und Reır Vieles dunkel gelassen hatten, und die von der Mitempfindung finden sich bei Mürrer zuerst im richtigen Zusammenhange vorgetragen und auf das Geistreichste erläutert, wobei seine eigenthümliche Begabung für die Be- handlung der subjectiven Seite derartiger Phänomene sehr bemerkbar wird. Diese Auseinandersetzungen kann man auch heute nicht ohne den höchsten Genufs lesen; und in der kahlen Dürftigkeit einiger neueren Darstellungen derselben Lehren wird es Einem alsdann freilich schwer, den Fortschritt zu erkennen, dessen ihre Verfasser sich rühmen zu dürfen glauben. In der Mechanik der Empfindungen hat Mürrer die sogenannte excentrische, besser g der den Nervenstamm treffenden Gefühlsein- Oo drücke in derselben Art aus der Sphäre der zufälligen Sinnestäuschungen in peripherische Erscheinun die des Gesetzmäfsigen entrückt, wie dies GoETHE, GavITHUVIsEn und An- dere einst für die früher sogenannten Augentäuschungen thaten. So ist Mürrenr’s Name auf’s Innigste verknüpft mit denjenigen drei grofsen Errun- genschaften der Nervenphysiologie, welche nicht allein zur natürlichen Grundlage der neueren Nervenpathologie in der Gestalt geworden sind, die Hr. Ronsens ihr ertheilt hat, sondern auch überhaupt die gröfste praktische Wichtigkeit in der Heilkunde erlangt haben: mit dem Bzır’schen Gesetze, Gehalt desselben an eigenen Untersuchungen MüÜLter’s. 79 mit der Wechselwirkung empfindender und bewegender Fäden in den Cen- tralorganen, und mit dem Gesetze der peripherischen Erscheinung der Ge- fühlseindrücke: ein Umstand, der zu seinem Ruhme um so mehr beigetragen hat, je weniger es gelungen ist, den wichtigsten seitherigen Fortschritten der Nervenphysik eine ähnliche Bedeutung abzugewinnen, was vielleicht erst wie- der für die von Hrn. Bernarn angebahnte Entdeckung der vasomotorischen Thätigkeit des Sympathicus glücken wird. In dem nun folgenden Buche von den Bewegungen, welches den zwei- ten Band eröffnet, erscheint der Abschnitt über die allgemeine Muskelphy- sik in mancher Beziehung als einer der schwächsten des Werkes. Indessen bietet doch auch dieser ein ungewöhnliches Interesse dar durch die darin niedergelegte Untersuchung des Hrn. Scuwann über die Art wie die Kraft des Muskels mit seiner Verkürzung abnimmt, wodurch zum erstenmal eine unzweifelhafte Lebenserscheinung mathematischen in Zahlen ausgedrückten Gesetzen unterworfen ward;°” und es fehlt nicht an einzelnen Bemerkungen, in denen sich Mürrer’s aufmerksame Kritik zeigt, wovon sein Einwurf gegen Pıvr Erman’s Versuch über die Volumsabnahme des Muskels bei der Verkür- zung ein Beispiel giebt, dafs da das Aalstück nicht unter einer tropfbaren Flüssigkeit zugerichtet worden, die beobachtete Abnahme vielleicht nur von Luft herrühre, welche in die an der Schnittfläche klaffenden Arterien einge- drungen sei; ein Einwurf, der bekanntlich seitdem durch Marcnanp und Hrn. Epvarn Weser beseitigt worden ist.?° Den höchsten Glanz verbreiteten indefs, und halfen ganz besonders dem Handbuch seine hervorragende Stellung erobern, die im Gefolge der Bewegungslehre darin mitgetheilten Untersuchungen über die Stimme. Die Vollendung derselben fällt in das Jahr 1837 ; der Grundrifs der Physiologie vom Jahre 1827 und das Verzeichnifs der von Mürzer in Bonn gehaltenen Vor- lesungen zeigen aber, dafs das Interesse für diesen Gegenstand bereits viel früher in ihm rege war. Auch erlosch dasselbe nicht, wie dies sonst wohl der Fall zu sein pflegte, mit der Herausgabe des darauf bezüglichen Ab- schnittes der Physiologie. Zwei Jahre später, 1839, liefs Müruer diesem einen Nachtrag in Form eines eigenen Werkes: „ Über die Compensation der physischen Kräfte am. menschlichen Stimmorgan, mit Bemerkungen über die Stimme der Säugethiere, Ve ögel und Amphibien” folgen, und in so fern sich daran wieder seine letzte physiologische Arbeit, das erst s0 Das Handbuch der Physiologie. im Jahre 1856 veröffentlichte Bruchstück: „Über die Fische, welche Töne von sich geben und die Entstehung dieser Töne” anschlofs, kann man sagen, dafs er nie ganz aufgehört habe, sich mit diesem Lieblingsthema zu beschäftigen. In diesen Untersuchungen sah man Mürter, den man bisher nur als Anatomen und als physiologischen Experimentator gekannt hatte, trotz sei- ner geringen Vorbildung, plötzlich mit aller Sicherheit auf dem Gebiete des physikalischen Versuches erscheinen. Das Feld, auf dem er auftrat, war freilich besonders für ihn geeignet, und zwar, wie paradox dies klingen möge, zum Theil gerade vermöge dessen ungeheurer Schwierigkeit. Die Verhältnisse, unter denen das Stimmorgan seine Töne erzeugt, sind, wie fast überall im Thierleibe, wegen der unregelmäfsigen Gestalt der Theile, ihrer unreinen Aggregatzustände, und der Mittheilung der Schwingungen zwischen ungleichartigen Massen, so verwickelter Art, dafs eine wirklich strenge Zergliederung der Vorgänge aufser den Grenzen der Möglichkeit lag, und was zu ihun war, sich auf die experimentelle Verfolgung des Gegenstan- des an der Hand jenes inductiven Verfahrens beschränkte, welches ein Ge- meingut aller für die Erforschung der Natur organisirten Köpfe ist. Über die Tonerzeugung im Kehlkopfe lag bereits eine grofse Menge von Erfahrun- gen und Vermuthungen vor; auch der richtige Weg, auf dem man fortzu- schreiten hatte, war bereits angedeutet: nämlich durch Versuche am ausge- schnittenen Kehlkopf und durch künstliche Nachbildung desselben. Wo- rum es sich aber vorzüglich handelte, war, die Gesetze der Tonwerke mit häutigen Zungen zu ergründen, welche die meiste Ähnlichkeit mit dem Stimmorgan zu zeigen schienen; wozu übrigens Hrn. Wırnerm Weser’s Un- tersuchung über die Tonwerke mit starren Zungen die nöthigen Anhalts- punkte bot. Des so gehäuften Stoffes bemächtigte sich Mürzer mit dem bren- nenden Eifer, dem biegsamen Geschick und der erschöpfenden Ausdauer, die wir ihn bereits auf so vielen Punkten haben entfalten sehen. Er lehrte den ausgeschnittenen Kehlkopf passend befestigen. Die bisher nur qualita- tiven Versuche verwandelte er in quantitative. Obschon im Prineip unbe- kannt mit diesem Kunstgriff der physikalischen Methode*®', suchte er mit sicherem Instinct die Tonhöhe des Kehlkopfes als Function der verschiedenen Variabeln zu bestimmen, die darauf von Einflufs sind: der durch Gewichte Gehalt desselben an eigenen Untersuchungen Mürtzr’s. 81 bewirkten Spannung der Siimmbänder, des manometrisch gemessenen Druckes in dem Windrohr u. s. w. Dieselbe Art der Untersuchung auch auf die häutigen Zungenpfeifen angewendet, führte zu dem entscheidenden Ergebnifs, dafs diese sowohl wie schon nach Liskovıus der Kehlkopf®*, sich von den starren Zun- genpfeifen dadurch unterscheiden, dafs ihr Ton mit der Stärke des Anblasens steigt, worauf die Möglichkeit und Nothwendigkeit einer durch entsprechende Abspannung der Stimmbänder bewirkten Compensation am Kehlkopfe beruht. Schwierigkeiten blieben bestehen, wie z. B. die von Hrn. Rınsz genauer erör- terte, dafs der Ton des Stimmorgans von der Länge der im Wind- und An- satzrohre mitschwingenden Luftsäulen unabhängig ist, während der der häu- tigen Zungenpfeifen sich in dieser Hinsicht dem der starren Zungenpfeifen ähnlich verhält.°° Doch ist im Allgemeinen die Natur des Stimmorgans als einer häutigen Zungenpfeife seitdem stets anerkannt worden, und so ab- schliefsend haben sich überhaupt diese Untersuchungen Mürrer’s erwiesen, dafs bisher an seinen Ergebnissen nur wenig gerührt und geändert worden ist, ja dafs die Erfindung des Kehlkopfspiegels, die die Physiologen sonder- barerweise einem Künstler zu machen überlassen haben, bisher nur zu ihrer Befestigung gedient hat. An die Arbeit über das Stimmorgan schliefst sich der Zeitfolge der Vollendung sowohl wie der Natur der Aufgaben und der Art der Behand- lung nach die über das Gehör, deren Anfänge sich übrigens schon in der vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes erkennen lassen. Wie in der Erforschung des Sehens Mürrer durch ein an Schärfe in Nähe und Ferne, an Ausdauer und an Reichthum des inneren Sinnes besonders begabtes Auge begünstigt war, so schien er auch für das Eindringen in die Geheimnisse des Gehörsinnes von der Natur vorbestimmt. Nicht nur besafs er ein musikalisch richtiges und dabei so feines Gehör, dafs ihm auch eine im Nebenzimmer leise geführte Unterhaltung nicht entging (von der er freilich nur ein Wort zu erlau- schen brauchte, um zu wissen, wovon die Rede war), sondern er vermochte auch, wie seine äufseren, seine inneren Ohrmuskeln willkürlich zu bewegen, so dafs Nahestehende das Knirschen der Gehörknöchelchen vernahmen.?* In der Untersuchung über das Gehör hat vielleicht Mörter noch mehr Scharfsinn und Erfindung aufgeboten, als in der über die Stimme, und wenn sein Erfolg ein geringerer geblieben ist, so liegt dies an der fast hoffnungslos dunklen Natur des Gegenstandes. Seine schematischen Versuche über die Bedeutung des 8 69) Das Handbuch der Ph ‚siologie. Trommelfelles, und dessen Spannmuskels, über die doppelte Schallleitung in der Paukenhöhle, sind nicht allein fundamental, sondern sie scheinen zu- gleich den einzigen Weg zu zeigen, auf dem hier weiter fortzuschreiten sein würde. Trotz den durch Hrn. Corrı angebahnten Entdeckungen über den feineren Bau der Schnecke, und trotz Hrn. Envarn Weser’s neuer Theorie der Fortpflanzung der Schwingungen im inneren Ohr, läfst sich behaupten, dafs es kaum ein Gebiet unserer Wissenschaft gebe, welches noch so wenig seine ihm von Mörrer ertheilte Gestalt verändert hat, wie die Physiologie des Gehörs. Aber sogar das Buch vom Seelenleben findet sich bei Mürrer vielfach mit eigenen Gedanken bereichert, wie denn dieser Abschnitt überhaupt von ihm mit einem Ernst und einer Tiefe der Auffassung behandelt wird, die demselben in physiologischen Lehrbüchern nicht immer zu Theil werden, und in denen sich die seit der Bonner Katastrophe zurückgedrängte innerste Natur des Mannes verräth. Es genüge zu erwähnen, wie hier zum erstenmal die Lehre von den Phantasmen und somit vom Traum in’s rechte Licht ge- stellt ward, und wie Mürrer an die Stelle der alten Lehre von der Association der Ideen die des Schwankens der Begriffe vom Concreten zum Abstracten, von diesem zu einem anderen Concreten zu setzen versucht. Die eingehende Behandlung der Frage nach der Thierseele erinnert an das Interesse, welches Mürrer an den Lebensgewohnheiten der Thiere, als dem Ausdruck ihres geistigen Wesens, nahm. Die Zootomie hat niemals in ihm, wie so häufig in den Einzelnen und in der Wissenschaft im Allge- meinen, die Naturgeschichte, das Studium des todten nie das des lebenden Thieres verdrängt. Seine frühe Schilderung der Spinne in der Isis ist Bur- ron’s würdig; aber noch viel später konnte er sich z. B. in die Beobachtung der Manieren eines grofsen Hundes vertiefen der sein Hausgenosse war, um die das Thier bewegenden Strebungen zu entziffern. Gegen die Thorheiten des thierischen Magnetismus und der Schädel- lehre hat Mürrer sich stets mit dem Ernst und gelegentlich mit der Schärfe und Derbheit ausgesprochen, die dem müheyoll nach Wahrheit strebenden Forscher gegenüber dem leichtfertigen Selbstbetruge oder Betruge Anderer, er geschehe wissentlich oder nicht, wohl anstehen.”° So brachte Mürrer’s Handbuch also nicht sowohl die Physiologie wie sie damals war, als vielmehr sofort fast auf allen, wenigstens den wichtigsten Grund seiner reformatorischen Wirkung. 83 Punkten, eine ganz neue Physiologie. Inzwischen war es nicht dies allein, es war zugleich die Art dieser neuen Physiologie, die dem Werke seine aufserordentliche Wirkung eintrug; und hier wie so oft gelang die Wirkung deshalb, weil die Zeit reif dafür, und die wirkende Ursache eben nur eine Ausgeburt der Zeit war. Liest man die Arbeiten der bedeutenden Physiologen der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, z. B. des italiänischen Zwillingsgestirns SparLan- zanı und Fontana, so mufs man sich sagen, dafs diese Männer im Allgemei- nen bereits durchaus die nämlichen Ziele und in der nämlichen Art verfolg- ten, wie nur das neueste, auf seine Methoden und seine Erfolge so stolze Ge- schlecht von Forschern. Obschon nicht frei von vitalistischen Vorurtheilen, gingen sie doch bei ihren Untersuchungen nach den Regeln einer gesunden In- duction, rein als physiologische Physiker und Chemiker, zu Werke, und die Mittel der damaligen Physik und Chemie standen ihnen in vollem Umfang zu Gebote. Mehrere Umstände vereinigten sich, dem raschen Fortschritt unserer Wissenschaft, den man danach hätte erwarten sollen, ein Ziel zu setzen. Do- radogleich hatte in den neunziger Jahren Garvanı’s Entdeckung Aller Sinn auf sich gelenkt. Zu Hohes, für alle Zeiten vielleicht, war gehofft worden; zu Schwieriges, für jene Zeit wenigstens, wurde versucht; ganz Anderes, als was Garvanı selber und nach ihm die Aerzte und Physiologen geträumt hatten, wurde schliefslich erreicht. Eine tiefe Entmuthigung der Experi- mentatoren war fast überali die Folge. Da stand Cuwvırr auf, und leicht prägte sein mächtiger Geist der organischen Naturforschung auf ein Men- schenalter hinaus die fast ausschliefsliche Richtung auf die Erkenntnifs der Bildungsgesetze der belebten Natur ein. Unermefsliches war hier zu leisten und ward geleistet. Aber wie wir es heute am Einzelnen erleben, dafs die mogzphologische, die Formen beschreibende Richtung sich nur schwer mit der theoretisch- experimentellen, auf die Zergliederung der Vorgänge zielen- den paaren läfst; dafs beide verschiedene geistige Kräfte und Neigungen voraussetzen, verschiedene Kenntnifse und Fertigkeiten beanspruchen; dafs jene, weil sie es mit dem schwierigsten Theile der organischen Vorgänge zu thun hat, leicht dem Vitalismus in die Arme fällt, während diese, in stetem Umgang mit den allgemeinen Begriffen über Materie und Kraft, und der Dunkelheiten, an denen auch die unorganische Natur reich ist, sich besser bewufst, zur Einheit der Weltanschauung strebt; dafs über dem unendlichen 5* 34 Das Handbuch der Physiologie. Zudrang der Gestalten und dem Ordnen und Beschreiben derselben der Morphologe nicht selten ganz das eigentliche Ziel der Forschung, das Be- greifen des Organismus, aus den Augen verliert: so sieht man auch damals die allgemeine Richtung auf die vergleichende Anatomie Hand in Hand gehen mit dem unbedingten Sieg des Vitalismus, und die theoretische Wissenschaft von der organischen Natur darniederliegen. Dazu kam bei uns, wie Jeder- mann weils, sonderbarerweise gleich begünstigt durch die romantische Re- action gegen den Gorrur’schen Hellenismus, wie durch diesen selber, die Herrschaft der falschen Naturphilosophie, der die morphologische Schule zum Theil eine eben so leichte Beute ward, als manche Galvanisten. Und nichts zeigt vielleicht besser, ein wie leeres Blatt in der Geschichte der Phy- siologie das erste Viertel dieses Jahrhunderts vergleichsweise blieb, als der Umstand, dafs gegen die Mitte dieses Zeitraumes die gröfste physiologische Entdeckung seit Harvey, die Lehre von der verschiedenen Natur der Wur- zeln der Rückenmarksnerven, theoretisch hingeworfen werden konnte, und dafs zwanzig Jahre verstrichen, ehe Mürrer den ersten sicheren Beweis dafür lieferte. Allmählig indefs, nach langem Stillstand, bereitete sich der Um- schwung vor. Was von den Aufgaben der Morphologie im ersten Anlauf sich bewältigen liefs, war abgethan. Im Gebiete der mit unbewaffnetem Auge oder der Lupe anstellbaren Beobachtungen fing man an einzusehen, dafs zu weiterem Fortschritt in den Deutungen, ja zur Sicherstellung des bereits Erworbenen, es der schwierigen embryologischen Forschungen bedürfe, die noch heute weit entfernt sind, Jedermanns Sache zu sein. Das Mikroskop eröffnete ein zwar lockendes, aber bei der allgemeinen Un- erfahrenheit noch sehr gefährliches Feld der Untersuchung. Von der Physik und Chemie herüber kam der Anstofs zur erneuten Prüfung der allgemeinen Anschauungen. Anurire’s Entdeckungen, der Magnete aus einem in sich gleichartigen Stücke Kupferdraht wickeln lehrte, entlarvten das Trugbild der Polarität. Berrzerivs’ ernstes Beispiel wies die Physiologie auf das nüchterne Tagwerk des Laboratoriums hin. Immer lauter, von immer mehr Seiten her, erhebt sich der Ruf nach exacter Forschung, und die Rückkehr zum physiologischen Versuch, in Frankreich durch Macenpie auf dem Wege der Vivisection, bei uns durch Hrn. Puzkıne auf dem der subjectiven Beobach- tung angebahnt, gestaltet sich um so fruchtbarer, je mehr neue Hülfsmittel Grund seiner reformatorischen Wirkung. 85 sich mittlerweile in der Physik und Chemie gehäuft haben, die es sich ver- lohnt auf die Erforschung der Organismen anzuwenden. Wie Mürrer, zu Anfang seiner Laufbahn, in jene Wildnifs verstrickt wurde; wie er sich mühsam, allmählig, zur Klarheit hindurchwand; wie er zuletzt als Sieger ungeschwächt aus dem Irrsal hervortrat: dies ist der Faden gewesen, an den sich unsere bisherige Darstellung geknüpft hat. Er, der Schü- ler Kastner’s und jenes Ners von Esengecer, dessen Auseinandersetzung über die Farben der Blumen GitserT, der erbarmungslose Verfolger der falschen Naturphilosophie, in seinen Annalen zum Spott und zum warnenden Beispiel abdrucken liefs;?’ er, der einst in gläubiger Minderjährigkeit den Versuch und die verständige Zergliederung in der Physiologie verkeizert hatte: er hat sich jetzt an die Spitze derer aufgeschwungen, die kein anderes Princip der Naturforschung gelten lassen, als die Induetion, und die in der Mor- phologie nicht den Zweck der Forschung, sondern nur eine nothwendige Vorstufe, die Grundlage aller Erkenntnifs des Lebens erblicken, auf der mit Hülfe der Beobachtung und des Versuches, unter Zuziehung aller erdenk- lichen Hülfswissenschaften, die Thätigkeit des Physiologen erst beginne. Der Ausdruck seines Strebens, und somit jener doppelten Reaction, de- ren Banner er trug, ward das Handbuch der Physiologie. „Die vergleichende „Anatomie,” hatte noch Ruvorrnı gesagt, „ist die sicherste Stütze der Phy- „siologie, ja ohne dieselbe wäre kaum eine Physiologie denkbar”.?® Niemand verkennt heutzutage die unschätzbaren Aufschlüsse, die wir allerwärts der vergleichenden Anatomie schulden, und doch wer unter den jüngeren Phy- siologen, die ihre Bildung auf Mürzer’s Handbuch zurückführen, möchte jenen Satz unterschreiben? So trägt denn dieses Buch, im Gegensatz zu den, bei aller Skepsis und aller Gelehrsamkeit, mehr naturgeschichtlich gehaltenen Werken Runorpnıs, Treviranvs’, ja selbst Hrn. Tıepemann’s, den Stempel eines ruhelosen Forschens nach den letzten Gründen. Durch die eigene Uebung im Versuch ist der dort schon bemerkbare nüchterne Geist naturwissenschaftlicher Kritik hier vollends zur aufmerksamsten Schärfe erweckt und gesteigert. Alle Thatsachen, die das enge Sieb der Harzer- schen Kritik durchgelassen hatte, und alle seitdem hinzugekommenen, wer- den zur Musterung herangezogen, und keine erhält den F reipafs, die nicht vor der strengsten Prüfung Stich gehalten hat. Nichts wird auf Treu und Glauben hingenommen, nichts als fertig hingestellt. Keine Frage wird ver- s6 Das Handbuch der Physiologie. absäumt, keine Schwierigkeit verschwiegen. Nie verdriefst es Mürrer, als das Ergebnifs einer noch so langen und mühsamen Erörterung, den altschot- tischen Wahrspruch: „Ignoramus” niederzuschreiben. Es dünkt ihm hin- länglicher Gewinn „dafs die Wichtigkeit des Problems, die Beschaffenheit „einer genügenden Erklärung, und die Unmöglichkeit sie beizubringen, ein- „leuchte”.°” Kein Mittel der Untersuchung wird verschmäht, keins bevorzugt. Morphologie im weitesten Sinne, auch auf die Pflanzen sich erstreckend, Physik und Chemie; die subjectiven Erfahrungen; die Pathologie: Alles ruft er herbei die grofse Aufgabe zu fördern, in einem Mafs und mit einem Erfolg, wie es seit Harrer’s Werk in gleicher Weise nicht gesehen worden war. Und so hat also sein Buch Epoche gemacht, weil eben damals eine Periode ablief, und eine andere begann, die sich im Voraus darin abspie- gelte; eine Periode skeptischen Rüttelns an allem mit Recht oder mit Un- recht längst sicher Geglaubten; erneuten Versuchens nach allen Richtungen ; des Angreifens altehrwürdiger Probleme mittels bisher ungeahnter Künste des Versuches, denen sie fallen wie mittelalterliche Burgen vor den neuen Kriegsmaschinen; eine Periode endlich so unverhoffter Erfolge und so rascher Fortschritte, dafs Mürrer selbst sehr bald davon überholt ward, und dafs es nach kaum zwanzig Jahren nicht überflüssig erscheint zu untersuchen, worin das Geheimnifs der Wirkung seines schon veralteten Buches einst lag. Wenn aber die nicht unbillige Frage erhoben würde, warum für den Helden jenes Befreiungskampfes, für den Choragen der neuen Schule, gerade Mürrer gelten solle, der auf so langem Umwege sich in’s Rechte fand, und so früh wieder den Kampfplatz verliefs, warum nicht lieber Hr. Pvr- KINE, von dem so viel Grofses ausgegangen, oder Hr. Eaxst Heısnıcn We- BER, dessen Leistungen von Anfang an bis heute in gleichmäfsig fleckenloser Reinheit strahlen: so könnte die Antwort, mit den Worten der Schrift, nicht ohne tiefen Sinn lauten, weil eben im Himmel über Einen Sünder, der Bufse thut, Freude sein wird vor neun und neunzig Gerechten, und weil es eben in der menschlichen Natur liegt, dafs der Tag von Damaskus aus dem grimmigsten Verfolger den eifrigsten Bekehrer machte. Die klar- sten und feinsten Köpfe sind nicht immer zugleich am meisten befähigt, als Reformatoren zu wirken. Man denke sich des Erasmus hellen durch- dringenden Geist in das Augustinerkloster zu Erfurt gebannt: nie wird aus ihm der gewaltige Mönch werden, der den Medicäer im Vatican aus seinem Kritik von Mürzzers Theorie des Lebens. 87 aesthetischen Quielismus rüttelte.. Zum Reformator gehört, aufser der Gunst der Umstände, auch noch der Hafs gegen den Irrthum, der im Ver- hältnifs zur Mühe steht, mit der man ihm entrann; und zudem ein gewisses, zur Wirkung nach Aufsen und zur Herrschaft über die Geister drängendes Element der Leidenschaft, welches Mürzer keinesweges fremd war. Und wie sich den Eroberern zuletzt immer etwas von den Eigenthüm- lichkeiten der Ueberwundenen anhängt; wie die Reformatoren einen Theil der Irrthümer, die sie bekämpften, in die geläuterte Lehre mit hinübernah- men, so ist es, in gewisser Beziehung, auch Mütter, als siegreichem Refor- mator in der Physiologie, ergangen. Eine Schilderung seiner Wirksamkeit als Physiologe würde nicht vollständig sein, wenn darin unberührt bliebe das Verhältnifs, welches er zu den grofsen Principienfragen unserer Wissen- schaft, nach dem Wesen der Lebensvorgänge und der dabei thätigen Kräfte, behauptet hat. Jedermann weils, dafs Mürzer stets entschiedener Vitalist gewesen und bis an sein Ende geblieben ist. Bekanntlich nahm Mürrter eine einfache Lebenskraft an, die, von den physikalischen und chemischen Kräften durchaus verschieden, in den Organismen als Ursache und als oberster Ordner aller Erscheinungen nach einem bestimmten Plane wirksam sei. Vor dieser Kraft liegen alle Räthsel der Physik offen. Im Tode verschwindet sie, ohne eine entsprechende Wirkung hervorzubringen. Sie wird vermehrt durch das Wachsthum, in- dem Pflanzen organische Stoffe bilden und beleben, 'Thiere wenigstens das letztere thun. Ohne dafs sie selbst etwas einbüsste, lösen sich bei der Zeu- gung dem Ganzen gleichwerthige Bruchtheile von ihr ab, um auf den Keim des neuen Geschöpfes überzugehen, Hier kann die Lebenskraft, wie z. B. im Wei- zenkorne, lange schlummern, um gelegentlich unter dem Einflufs der Lebensreize die Entwickelung einzuleiten. Im vertrockneten Räderthiere, im Scheintode überhaupt, im Rausch, ist sie unterdrückt, „latent”, und kann nach Beseiti- gung der hemmenden Ursachen wieder ihre Wirkungen äufsern. Der Stoff- wechsel bleibt ein unerklärtes Räthsel. Doch neigt sich Mürzer zu Vor- stellungen ähnlich denen, die AnpreAs SnIaDEzKı in seinem, wie schon Hr. Lorze bemerkt hat!‘’, von Mürzzr über die Gebühr gepriesenen Werke ent- wickelt hat. Die Organismen sind übrigens zwar physikalischen und chemi- schen Einwirkungen zugänglich, allein die Art ihrer Reaction auf diese Ein- wirkungen unterscheidet sich nach Mürrer von der physikalischen, wobei 88 Das Handbuch der Physiologie. der eine Körper auf den anderen seinen Bewegungszustand überträgt, und von der chemischen, wobei die Eigenschaften beider Stoffe in einer dritten untergehen, dadurch, dafs die Reize am Örganischen nichts zum Vorschein bringen, als die Eigenschaft des Organischen selber, dessen „ Energie”. In diesen Vorstellungen verräth sich, wie man sich nicht verhehlen kann, die mangelhafte theoretische Grundlage von Mürrer’s Bildung, welche auch sonst in dem Handbuch der Physiologie bemerklich wird, wo physika- lische Anschauungen nicht zu entbehren sind, wie in der Haemodynamik, der allgemeinen Muskelphysik, der Lehre von der Diffusion, von den Athembewegungen, von den Gelenken, und an solchen Stellen mehr. Eine etwas genauere Bekanntschaft mit den Grundbegriffen der analytischen Me- chanik würde ihm das Unstatthafte offenbart haben, das in der Annahme einer Kraft liegt, die an kein bestimmtes Substrat geknüpft, auf keinen bestimmten Punkt wirkt; die Billionen von Molekeln auf’s Mannigfachste verschiebt und doch Eine sein soll; die zur Materie hinzugefügt und wieder davon getrennt, die ohne Wirkung vernichtet, und ohne Stoffverbrauch vermehrt werden kann. Wäre er nicht so von vorn herein von der gänz- lichen Verschiedenheit des Organischen und Unorganischen überzeugt gewe- sen, es hätte ihm auffallen müssen, dafs eine Repetiruhr genau wie ein Nerv, ein Muskel, eine Mimose, so oft, und gleichviel durch welche als Zwischen- glieder benutzte Vorgänge, sie ausgelöst (fast hätte ich gesagt, gereizt) wird, ihre „Energie” in gleicher Weise äussert. Was sich endlich Mürrer unter einer Kraft gedacht habe, die nach einer ihr vorschwebenden Idee den Organismus erzeuge und nöthigenfalls ausbessere, und der dabei eine vollen- dete Kenntnifs der Physik zu Gebote stehe, Attribute, die doch nur einem mit Bewufstsein handelnden, persönlichen Wesen zukommen können, möchte schwer zu sagen sein.!'! Allein wie sehr auch Mürrer in dieser Beziehung auf überwundenem Standpunkte stehen geblieben ist, er hat auch hier Verdienste charakteristi- scher Art. Er hat nämlich die Lehre von der Lebenskraft mit einer solchen Schärfe und Klarheit ausgesprochen, dafs er dadurch wesentlich denjenigen vorgearbeitet hat, die dieses Dogma kritisch prüfen wollten. Aus dem Nebel vitalistischer Träumereien tritt sein Irrthum hervor mit Hand und Fufs, Fleisch und Bein zum Angriff bietend. Mufs, wie aus Mürzer’s Be- trachtungen folgt, die Lebenskraft gedacht werden als ohne bestimmten Sitz, Kritik von Mürzers Theorie des Lebens. 89 als theilbar in unendlich viele dem Ganzen gleichwerthige Bruchtheile, als im Tode oder Scheintode ohne Wirkung verschwindend, als mit Bewulstsein und im Besitze physikalischer und chemischer Kenntnisse nach einem Plane handelnd, so ist es so gut als ob man sagte, es giebt keine Lebenskraft; der apagogische Beweis für die andere Behauptung ist geführt. Die neuere physiologische Schule, Hrn. Schwann an der Spitze, hat den Schlufs gezogen, zu dem Mürrer dergestalt die Vordersätze geliefert hat. Sie ist dabei wesentlich unterstützt worden durch drei Errungen- schaften, welche Mürrer erst in einem Alter erlebte, wo tief wurzelnde, mit dem ganzen geistigen Dasein verwebte Ueberzeugungen nicht leicht mehr aufgegeben werden. Ich meine erstens Hrn. Scnwann’s Entdeckung der Zusammensetzung des Thier- und Pilanzenleibes aus selbständig, obwohl nach gemeinsamem Prineip, sich entwickelnden Elementen, welche die Vorstellung einer den Gesammtorganismus beherrschenden Entelechie, wie Mürrrr ihr anhing, aus dem Gebiete der vegetativen Vorgänge verdrängte, und die Möglichkeit einer dereinstigen Erklärung dieser Vorgänge aus den allgemeinen Eigen- schaften der Materie von ferne zeigte. Ich meine zweitens die näheren Auf- schlüsse über die Natur der Nerven- und Muskelwirkungen, deren Reihe mit Hrn. Schwann’s vorher erwähnter Untersuchung über die sich mit der Verkürzung ändernde Kraft des Muskels begann, und wodurch an Stelle der früheren Wunder der Lebenskraft auch hier ein Molecular- Me- chanismus gesetzt ward, dessen Verwickelung unserer Bemühungen zu seiner Enträthselung vielleicht noch lange spotten wird, der aber darum nicht min- der eben nur als ein Mechanismus erkannt ist. Ich meine drittens die Lehre von der Erhaltung der Kraft, in so fern dieselbe den Schlüssel zur Erklärung des Stoffwechsels in den Pflanzen und Thieren lieferte. Durch die Einsicht dafs die Kraft, mit der wir unsere Glieder bewegen, wie nach Geoncr Srr- PHENSON die seiner Locomotive!"’, nichts ist, als durch die Pflanzen ver- wandeltes Sonnenlicht; dafs die hochoxydirten thierischen Auswürflinge es waren, die bei ihrer Verbrennung diese Kraft, und nebenher die thierische Wärme, das &uburov Seguov der Alten, erzeugten: durch diese Einsicht ist über den chemischen Mechanismus des Thier- und Pflanzenleibes eine Ta- geshelle verbreitet, welche das blasse Gespenst der früher hier spukenden Lebenskraft gar nicht mehr sichtbar werden läfst. 9 90 Das Handbuch der Physiologie. Die erste dieser drei Gruppen von Thatsachen, die Lehre von den Zellen, war zur Zeit der Herausgabe des zweiten Bandes der Physiologie Mürren bereits völlig bekannt, und er selber hat daselbst die allgemeinen Folgerungen daraus zu entwickeln gesucht. Für einige niedere Organismen, wie die Fadenpilze, die Naiden, liefs er die Scawanv’sche Theorie gelten. Weil er aber bei der Anwendung derselben auf die höheren Thiere auf zu grofse Schwierigkeiten stiels, gab er sie für diese auf, und hielt an seiner Vorstellung einer organischen, das Ganze beseelenden Kraft fest, die er denn auch in der vierten Auflage des ersten Bandes unverändert vorträgt; wo- durch seine Anschauungen in dem Mafse verdunkelt erschienen, als sie an innerer Folgerichtigkeit verloren hatten.!° Hätte Mürrter in früheren Jahren die Theorie der Organismen auf Grund jener neuen Thatsachen durchdenken können, er wäre schwerlich Vitalist geblieben. Denn in seiner Physiologie zeigt sich überall das na- türliche Bestreben, die Erscheinungen physikalisch aufzufassen, d. h. sie unter den Gesichtspunkt eines einfachen ursächlichen Zusammenhanges von Wirkung und Gegenwirkung zu bringen. So hat er zuerst im Geiste gens angeschaut, und bis in die Lehre vom Seelenleben verpflanzt er mit Hersarr das der Mechanik entlehnte Bild einer Statik der Leidenschaften. Inzwischen ist zu bedenken, dafs dies Gebiet von Fragen ganz nahe an das grenzt, auf die Lehre vom Nervensystem als die Physik des unbekannten Nervena dem die innersten Ueberzeugungen nicht mehr durch Gründe des Verstandes allein, sondern nicht minder durch das Gemüth, durch ethische und aes- thetische Gründe, ja durch unauslöschliche Jugendeindrücke bedingt wer- den. Erwägt man, wie oft über diese Dinge bereits mit Sonnenklarheit das Rechte gelehrt wurde, so kann man daran zweifeln, ob hier die Wahrheit überhaupt bestimmt sei, Gemeingut zu werden. Mit Behagen mag man sich alsdann zu den „Wenigen” zählen, „die was davon erkannt”; nie aber sollte man vergessen, dafs die Gröfse der wirklichen Leistungen mit diesen allge- meinen Anschauungen sehr wenig zu thun hat, wovon, nach und neben so vielen anderen, Mürrer auf’s Neue ein ehrfurchtgebietendes Beispiel giebt. An den Streitigkeiten, die während des letzten Jahrzehnds in der Physio- logie über die Theorie des Lebens, oft lauter als wünschenswerth für die Ehre des Hauses, und zum Theil von solchen geführt wurden, die sich deshalb auf diesen Gegenstand zu werfen schienen, weil sie sonst nur geringe Erfolge aufzu- Mürzer als experimenlirender Physiolog. 9 weisen hatten, nahm Mürrer keinen Antheil. Er war dazu viel zu sehr in seine thatsächlichen Forschungen vertieft. Er hat sich auch nie gegen mich über die unumwundene Kritik seiner Lehre geäufsert, die ich in der Vorrede zu meinen Untersuchungen über thierische Elektricität gewagt hatte. Doch glaube ich, dafs er, ohne dadurch überzeugt zu sein, sich in seinen Meinun- gen erschüttert und geneigt fühlte, die Berechtigung der Gegenparlei zuzuge- ben. Denn ich kann nur hierauf die Aeufserung beziehen, die er einst gegen mich that, als ich in Erwiederung der freundlichen Art, wie er von dem eben erschienenen zweiten Theil meiner Untersuchungen sprach, ihm sagte, wie- viel ich ihm zu schulden glaube: „Oh gehen Sie doch, Sie stehen auf einem ganz anderen Standpunkt!” Hatte Mürzer, als Denker über allgemein physiologische Gegenstände, bei weitem nicht über den Stoll zu verfügen, wie heute wir, so hat er es dage- gen als Experimentator noch besser gehabt. Fast überall in der Physiologie haben die Fragen überraschend schnell eine aufserordentlich verwickelte Ge- stalt angenommen, bei der oft die gröfsten Anstrengungen nur noch ver- gleichsweise unbedeutende Fortschritte bewirken. Mürter bedurfte noch nicht der langen Vorbereitungen und der feinen Beredungskünste, die jetzt schon nothwendig sind, um die Natur zu weiteren Zugeständnissen zu bewe- gen. Er konnte noch, wie Faust, gerade darauf losgehen, ohne sich viel um Mephisto’s welsches Recept zu kümmern. Die Kunst der mathematischen Auffassung und Zergliederung der Aufgaben, die Vertrautheit mit den Hülfs- mitteln der Mechanik, welche beide dem Physiologen heute so nöthig wie dem Physiker sind, besafs Mürter noch nicht. Seine chemische Bildung war auf dem früher bezeichneten Standpunkte geblieben. Was wir die Aes- thetik des Versuches nennen, war ihm fremd. Seine Art zu experimentiren war roh in den Nebendingen, aber grofsarlig. In raschen Sprüngen erreichte er irgendwie sein Ziel, unachtsam der kleinen Hindernisse auf der Bahn, wie der glänzenden (nicht immer goldenen) Aepfel, die, ähnlich Atalante’s Freier, der verfolgte Gegenstand bei jeder Untersuchung fallen läfst, gleichsam um den Forscher abzulocken und zu zerstreuen ; und so ist auch seine Darstellung nicht inductorisch, und daher für den angehenden Forscher minder bildend, sondern dogmatisch nach Art eines mündlichen Lehrvortrages, indem die im voraus irgendwie gesicherten Hauptergebnisse voraufgeschickt, und dann durch angehängte Bemerkungen erläutert sind. g* 93 MÜLLER als experimentirender Physiolog. Es ist ein geläufiger Vorwurf gegen Mürrer als experimentirenden Physiologen, dafs er nicht genug Vivisectionen gemacht habe, und man pflegt anzunehmen, er sei davon durch eine Art von Scheu abgehalten wor- den. Sollte Mürrer vor unnützen oder leichtsinnig unternommenen Vivi- sectionen sich gescheut haben, so wird ihm dies hoffentlich nicht zum Tadel gereichen. Ob er Recht daran gethan, dafs er in seinen Vorträgen keine Vivisectionen an warmblütigen Thieren vorführte, kann dagegen wohl die Frage sein. Es ist wahr, die ersten Vivisectionen an Kaninchen und Hun- den, die wir gesehen, sind die, die wir selber gemacht haben, und es hat uns hierin an einer Schule gefehlt, wie sie z. B. in Paris mindestens schon aus Lrearroıs’ Zeit herstammt. Dafs aber Mürrer selber je eine Vivisection an einem Warmblüter gemieden, wo er geglaubt habe, etwas daraus lernen zu können, möchte schwer zu beweisen sein. Es ist kaum denkbar, dafs er als erfahrner Anatom und auch Wundarzt eine Scheu sollte empfunden haben, von der er als ganz junger Student nichts gewulst. In Wahrheit hat er, sobald es ihn interessirte, dergleichen Versuche angestellt, z. B. über die vorderen und hinteren Wurzeln an Katzen und Kaninchen 1%, über die Contractilität des Ductus thoracicus an der Ziege !'’, des cavernösen Gewebes am Pferde, Schafbock, Hund!‘, über den Erfolg bei Reizung des N. vagus am Hunde’, des N. splanchnieus an Hunden und Kaninchen !%, über die Wiedererzeugung der Nerven an denselben Thieren!”, über den Einflufs der Nierennerven auf die Harnabsonderung!'’, des N. vagus auf die Magenverdauung''', über den Erfolg der Reizung des Ganglion coeliacum !'? am Kaninchen, u. a. m. Die Sache läuft also wohl darauf hinaus, dafs Mürrer, namentlich in späterer Zeit, mehr auf solche Fragen geführt worden ist, zu deren Beantwortung er nicht nöthig hatte, lebende Thiere zu öffnen, und dafs er allerdings nicht, wie heute Einige thun, für das nothwendige Attribut eines Physiologen hielt, dafs seine Hände täglich von Hundeblut rauchen. Für das Handbuch der Physiologie erhielt Mürter vom Könige die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft. Mit dem Abschnitt über die Stimme bewarb er sich bei der Pariser Akademie der Wissenschaften um den in den Jahren 1535 — 1843 für die Bearbeitung dieses Gegenstandes wiederholt ausgesetzten Preis; jedoch konnte seine Arbeit, als bereits ge- druckt, nicht berücksichtigt werden. Der Preis wurde übrigens von der Akademie keinem der anderen Bewerber zuerkannt.''3 Mürter's Jahresbericht. 93 MÜLLER’S sonstige Arbeiten bis zum Jahre 1840. Der Jahresbericht. ‚Ueber den feineren Bau und die Formen der krankhaften Geschwülste”. Entdeckung der Ranken - Arterien. Neurologische Studien. „Vergleichende Anatomie der Myxinoiden”. Als ein wie riesenmäfsiges Werk auch das Handbuch der Physiologie erscheint, wir sind schon gewohnt, Mürrer stets zu gleicher Zeit die Lei- stungen Vieler vollbringen zu sehen. Während derselben Jahre 1833— 1840, die die Herausgabe des Handbuches dauerte, hat er eine grofse Zahl theils vergleichend, theils pathologisch-anatomischer, theils systematisch - zoologi- scher Arbeiten geliefert, und überdies einen Jahresbericht über die Fort- schritte der anatomisch - physiologischen Wissenschaften verfafst. Berzerivs’ glückliche Erfindung, wodurch die Nachtheile der stets wachsenden Journal-Literatur in den Naturwissenschaften minder fühlbar gemacht werden!!!“ hatte früh in ihm den Plan eines ähnlichen Unternehmens für seine Fachwissenschaft entstehen lassen. Schon 1828, als er die Jahres- berichte der Schwedischen Akademie über die Fortschritte der Naturge- schichte, Anatomie und Physiologie der Thiere und Pflanzen übersetzte, hatte er die Absicht, dieselben auf eigene Hand fortzuführen. Dies wurde nun in’s Werk gesetzt, indem er sofort im Jahre 1834 den ersten Band des Archivs ‚für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin mit einem Bericht über die Fortschritte der anatomisch-physiologischen Wissenschaften im Jahre 1833 eröffnete; und zwar begnügte er sich nicht mit einer blofsen Chronik der Leistungen, sondern lieferte meist sehr eingehende Beurtheilungen, wobei er Gelegenheit hatte, den erstaunlichen Umfang seiner Sachkenntnifs zu entfalten. Wurde er auch durch diese Thätigkeit in manche Unannehmlichkeit ver- wickelt, so trug dieselbe doch wiederum nicht wenig dazu bei, seinen Einflufs auszubreiten und sein Ansehen zu heben: denn damals war das Schreiben eines Jahresberichtes noch nicht etwas so alltägliches, wie es seitdem geworden ist. Vom Jahre 1838 an nahm Mürrer bei dieser Arbeit Hülfe an, indem er den Hrn. Hente, C. Krause, Tr. L. Bıscaorr, Toustvar, v. StesorLp, ReıcHerT, Hannover nach und nach die Berichte über physiologische Pathologie und pathologische Anatomie, menschliche Anatomie, Physiologie, Physiologie der Sinne, vergleichende Anatomie der Wirbellosen, mikroskopische Ana- tomie und skandinavische Literatur abtrat. Am längsten behielt er den Be- richt über die vergleichende Anatomie der Wirbelthiere, bis er zuletzt auch diesen, vom Jahre 1845 an, fallen liels, da, wie er mir damals, bei Entste- 94 Mürrzr's pathologisch-anatomische Arbeiten. hung des Jahresberichtes der physikalischen Gesellschaft, sagte, das Bericht- erstatten ein Geschäft sei, welches Jeder, mit welchem Eifer er auch daran gehe, nach kurzer Zeit satt bekomme. Um so bewundernswürdiger erscheint also hier Berzerivs, der diese Thätigkeit über ein Vierteljahrhundert lang mit gleicher Frische fortgesetzt hat. Mit besonderer Wärme sind unter den von Mürrer verfafsten Berich- ten die beiden einzigen pathologischen Inhalts, über 1833, und über 1834 und 1835, geschrieben. Angeregt durch das schon seit Warrer in der anato- mischen Sammlung gehäufte, und durch v. Grarrz und Dierrengacn, Hrn. Jüngken und Hrn. Frorıer sich täglich mehrende Material an Mifsbildungen und Geschwülsten, hatte in der That Mürrr um diese Zeit ein lebhaftes Inte- resse für pathologische Anatomie gefafst. Er unternahm es, diese Disciplin von der Beschreibung der äufseren Formen und ihrer mehr rohen malerisch bildlichen Darstellung zu einer mit chemischen Prüfungen gleichen Schritt haltenden mikroskopischen Untersuchung der einzelnen Formelemente zu erheben. Er begann die Geschwülste, von denen ihm 400 zu Gebote stan- den, vorzüglich die der Knochen, in dieser neuen Art zu untersuchen. Wie natürlich, richtete er dabei besonders sein Augenmerk auf die Unterschei- dung der gutartigen, durch Ausrottung heilbaren Formen, von den bösartigen, die nach der Ausrottung in demselben Organe oder an anderen Orten wieder- kehren. Es gelang ihm bald, unter den gutartigen Schwämmen eine besonders charakteristische Form abzugrenzen, die er das Enchondrom nannte, weil da- rin eine Neubildung hyalinen Knorpels stattfindet. Bei der chemischen Unter- suchung dieses Knorpels fand Mürrer, wie er mir erzählt hat, zuerst jene be- sondere, von ihm durch ihre Reactionen, von Hrn. Mvrver später auch durch die Elementaranalyse unterschiedene Leimart, das Chondrin, die er darauf noch in den perennirenden Knorpeln und den Knochenknorpeln vor der Verknöcherung entdeckte. Ueberhaupt hängen diese Untersuchungen eng zusammen mit den vorher erwähnten über das Knorpel- und Knochenge- webe, welche ihrerseits in der allseitigen Betrachtung wurzeln, der er da- mals, wie wir bald näher sehen werden, das Skelet der Wirbelthiere unterwarf. Während Mürrer diese Studien verfolgte, trat Hrn. Scawannw’s Ent- deckung an’s Licht, und sofort bemächtigte sich Mürrer der neuen Gesichts- punkte, welche daraus auch für die Erforschung der krankhaften Neubildun- Ueber den feineren Bau der Geschwülste. 95 gen entsprangen. Während er selber und Andere schon früher Körner, Zel- len und geschwänzte Körperchen in manchen Geschwülsten beobachtet hat- ten, ohne deren Beziehungen zu durchschauen, wies er nun die Ueberein- stimmung der pathologischen und der embryonalen Entwickelung nach, indem er die Entstehung der meisten parasitischen Geschwülste aus Zellen, und in vielen Fällen die endogene Zellenbildung erkannte. Ja er zeigte, dafs es überhaupt in Geschwülsten keine anderen mikroskopischen Elemente gebe, als solche, die sich auf die verschiedenen Entwickelungsformen der Zellen zurückführen lassen, und sich somit der äufseren Form nach nicht von den normalen Gewebe-Elementen unterscheiden; und dafs die normalen Ge- webe und die Geschwülste in der ersten Bildung meistens einander gleichen, und erst in der weiteren Entwickelung Verschiedenheiten erkennen lassen. Auch die chemische Constitution der Geschwülste fand er nicht sehr von der der normalen Gewebe abweichend.''5 Von dem Werk: Ueber den fei- neren Bau und die Formen der krankhaften Geschwülste, worin Müter, im Jahre 1838, diese Entdeckungen darlegte, ist nur die erste Lieferung erschienen, aber von dem Anstofs, den es gegeben, schreibt sich die durch Reısmarp, den jüngsten Mecrer, G. Sımon und Hrn. Vırcnow auf die An- ) Anatomie her. Möürrer selber hat seitdem nur noch in seiner Abhandlung über das wendung des Mikroskopes gegründete Berliner Schule der pathologischen Osteoid, die Knochengeschwulst mit glutingebender Grundlage, vom Jahre 4843, und wenn ihm der Zufall Beobachtungen aufdrängte, wie die der Psorospermien, und der sonderbaren, von mir aufgefundenen Pilze in den Luftsäcken der Vögel!!°, das pathologische Gebiet berührt. Ihn zog es jetzt immer gewaltiger, immer ausschliefsender, zur Erforschung der Bildungsge- setze der Thierwelt hin. Doch müssen wir, um uns seinen Gang zu verge- genwärtigen, uns nochmals in die ersten Jahre seiner hiesigen Thätigkeit zurückversetzen. Eine Zeitlang interessirte ihn der Bau der Geschlechtswerkzeuge, indem er hoffte, in Bezug auf den Mechanismus der Erection zu neuen Aufschlüssen zu gelangen. Ganz nahe glaubte er sich diesem Ziele, als er, im Jahre 1835, die Ranken-Arterien im cavernösen Gewebe des Menschen und einiger Thiere entdeckte, und dies ist vielleicht das einzige Beispiel davon, dafs er sich zu einem voreiligen Urtheil über die Tragweite einer Beobachtung hat hinreifsen 96 Entdeckung der Ranken - Arterien. lassen. Die Ranken-Arterien haben zwar siegreich mancherlei Anfech- tungen überstanden, und sind sogar von Hrn. Hykrz im Hahnenkamm und in den Carunkeln am Halse des Truthahns entdeckt worden, und so werden sie wohl mit der Erection irgend etwas zu schaffen haben. In- zwischen sind sie bisher aufser Stande gewesen, einen Einflufs auf die Theorie der Erection zu gewinnen, und die Art ihres Vorkommens im Individuum nicht minder als in der Thierwelt macht es überhaupt wenig wahrscheinlich, dafs ihr Antheil an dem Phänomen ein wesentlicher sei. Möürter hat daher wohl sein Glück im Entdecken unterschätzt, als er den Tag, an dem er die Ranken-Arterien fand, einen der glücklichsten seines Lebens nannte.!!7 In diese Gruppe von Arbeiten gehören die über die sogenannte Schürze der Buschmänninnen, wo sich Mürrer auch als ethnographischer Forscher zeigt, über zwei verschiedene Typen im Bau der erectilen Organe der straufsartigen Vögel, über die Dammmuskeln und die von ihm entdeckten organischen Ner- ven des cavernösen Gewebes. Die letztere Arbeit führt uns zu den neuro- logischen Studien, denen Mürrer gleichfalls um diese Zeit oblag. Schon 1832, im letzten Jahre seines Bonner Aufenthaltes, war er als Schiedsrichter zwischen SchrLemm und Hrn. Frıeprıcn Arnorn aufgetreten. SchzemMm hatte die gangliöse Natur des, wie es scheint, von Sanrorını, PA- LETTA, OomPAnerTı bereits gesehenen, von Hrn. Arworp aber wiederent- deckten, genau beschriebenen und von ihm sogenannten Ohrknotens, ferner die nervöse Natur des N. petrosus superfieialis minor, endlich den Ursprung des N. Musculi Mallei interni seu Tensoris Tympani aus dem Knoten geläug- net. Dieser Zweig sollte nach Schtemm vielmehr aus dem N. pterygoideus internus entspringen, und den angeblichen Knoten nur durchsetzen. Damit wäre, selbst wenn sich letzterer wirklich als Ganglion erwies, Hrn. As- norp’s Entdeckung doch gleichsam die Spitze abgebrochen gewesen, in so fern der Ohrknoten ja gerade die automatischen Bewegungen des Tensor Tym- pani, wie der Augenknoten die der Iris, beherrschen sollte.''? Während Mürrer mit seinen wichtigen Arbeiten über das Blut und die Lymphe, und über die Systematik der Amphibien beschäftigt war, und die Herausgabe der Physiologie vorbereitete, fand er gleichwohl Zeit und geistige Ruhe genug, um sich hinzusetzen und durch häufige Präparation sich ein eigenes Urtheil in dieser schwierigen Sache zu bilden. Er gab Hrn. Neurologische Studien. 97 Arnorp Recht gegen Scutemm, was die Natur des Knotens und des N. pe- trosus superficialis minor, SchLemm dagegen, was den Ursprung des N. Ten- soris Tympani betrifft. Weitere Untersuchungen, an denen sich noch meh- rere Anatomen betheiligten, haben indefs gezeigt, dafs auch hier Hr. Ansorp in so fern im Rechte war, als der N. Tensoris Tympani sich aus zwei Fäden zusammensetzt, einem wirklich, wie Hr. Arnorp wollte, vom Ganglion kom- menden, und einem minder beständigen, der Schremm’s Angabe gemäls vom inneren Flügelmuskelnerven stammt. !!? Mörrer’s Schiedsrichteramt, zu dem beide Parteien ihn berufen hat- ten!”°, trug keine guten Früchte. Denn als er das Jahr darauf den leicht verzeihlichen, so eben erst Hrn. Arwor» selbst begegneten Fehler beging, ein zweites, im N. glossopharyngeus über dem Ganglion petrosum gelegenes Knötchen als ein neues zu beschreiben, welches schon 1790 EnukentıTtTer in der Salzburger medicinisch-chirurgischen Zeitung einmal erwähnt hatte, wurde er von Hrn. Arsorp in einem Tone zurechtgewiesen, für den sich wenigstens in Mürrter’s gedruckten Aeufserungen kein Grund auffinden läfst.'?! Auch in dem Streit über das Blut, der in dieselbe Zeit fällt, erschien Hr. Arnoro in dem jenseitigen Lager :!”? da denn zuletzt Mürrer, im Jahre 1837, den Handschuh aufnahm. Die „Historisch-anatomischen Bemerkungen” geschrieben zu haben, hat Mürrer, als in späteren Jahren sein Gemüth weicher geworden war, oft leid gethan. Doch hat dies Ereignifs das Gute gehabt, dafs er seitdem, trotz seiner ausgesetzten Stellung in der Literatur, mit Fehden verschont geblieben ist.!”° Was den oberen Knoten an der Wurzel des N. glossopharyngeus be- trifft, so bleibt, was Mürzer darüber beobachtete, verdienstvoll und wich- tig, auch nachdem Enrenkıtter von Hrn. Arnorn in sein Recht, als erster Entdecker desselben, wieder eingesetzt ist. Indem nämlich Mürrrr zeigte, dafs nur ein Theil der Wurzelfäden des N. glossopharyngeus zu jenem Knöt- chen anschwillt, während ein anderer daran vorbeistreicht, stellte er den Platz dieses Nerven im physiologischen System der Hirnnerven fest, als eines doppeltwurzeligen Nerven von gemischter Function gleich dem N. trigeminus, und das Ganglion jugulare inferius seu petrosum erschien nun nicht mehr als Analogon des Ganglion jugulare N. vagi, sondern als das des Plexus gang- lioformis desselben Nerven.!** 10 98 Wundernetze an der Leber des Thunfisches. Für die Angriffe, die Mürrzr jetzt, wo sein Glücksstern culmi- nirte, in Deutschland von mehreren Seiten erfuhr, entschädigten ihn die wachsenden Freundschaftsbeziehungen zu den skandinavischen Anatomen Escuricnr und Rerzıus, die in ununterbrochener Innigkeit bis zu seinem Tode dauerten. Mit dem ersten derselben beschrieb er im Herbste 1835 in Kopenhagen die Wundernetze an der Leber des Thunfisches, von denen er vermuthet, dafs sie in Beziehung zu der von Hrn. Jonn Davr beobachte- ten hohen Eigenwärme dieses Fisches stehen; '*” eine Vermuthung, für die jetzt ein neuer Grund darin gefunden werden könnte, dafs, wie uns Hrn. Craupe Bersarp’s Untersuchungen über die Temperaturtopographie des Thierkörpers gelehrt haben, die Leber ein vorzüglicher Sitz der Wärmeent- wickelung ist.!*° Alle diese Arbeiten waren indessen nur die Früchte von Nebenbe- schäftigungen, zu denen er in den Augenblicken überging, die er von der Vollendung des grofsen vergleichend anatomischen Werkes absparte, wel- ches er, als morphologisches Seitenstück zum Handbuch der Physiologie, in dieser Periode zur Reife brachte, des berühmten Cyklus von Abhandlun- gen nämlich, der unter dem Titel „Vergleichende Anatomie der My«inoi- den, der Cyclosiomen mit durchbohrtem Gaumen”, eine der vornehmsten Zierden unserer akademischen Schriften bildet. Als er beim Antritt seiner hiesigen Stellung die nunmehr unbeschränkt in seine Hände gefallenen Schätze der anatomischen Sammlung mit brennen- der Entdeckungsbegier durchsuchte, stiefs er unter einer Sendung von Ta- felbaifischen auf ein einzelnes, zwar der Haut beraubtes, sonst aber vortreff- lich erhaltenes Exemplar des merkwürdigen, Myxine verwandten Fisches, den Forster zuerst von Neu-Seeland mitgebracht und beschrieben, und dem Dun&sız wegen der Zahl seiner Kiemenöffnungen den Gattungsnamen Hepta- irema in so fern fälschlich ertheilt hatte, als diese Zahl sogar innerhalb der Spe- cies schwankt. Amphioxus lanceolatus stand damals noch unter den Weich- thieren, als Zimax lanceolatus seines Entdeckers Parras, und die Myxinoiden erschienen somit noch als die letzten und einfachsten Fische. „Unter allen „Thieren müssen aber”, sagt Mörrer, „vorzugsweise diejenigen die Neugierde „nach der Kenntnifs ihres innern Baus erregen, welche an der Grenze „einer Classe stehen und, indem sie einen Theil der Charactere der Classe „zu verlieren scheinen, uns gleichsam den Typus der Classe am allereinfach- Vergleichende Anatomie der Mysxinoiden. 99 „sten zeigen. In dieser Hinsicht mufste die Anatomie des Schnabelthiers „und der Echidna für die Classe der Säugethiere, die der Proteideen und „Coecilien für die Olasse der Amphibien, die der Cyelostomen für die Olasse „der Fische, der Lernaeen für die Crustaceen von grofser Wichtigkeit sein. „Die Cyelostomen mufsten den Anatomen in doppelter Hinsicht interessant „sein, einmal weil sie an der Grenze der Fische, das andremal, weil sie an „der Grenze der Wirbeltbiere überhaupt stehen”.!?” Zur Kenntnifs derselben hatten bereits durch die Anatomie der Petromyzonten vorzüglich Hr. Rarr- x£, durch die der Myaine Hr. Rerzıvs den Grund gelegt. Mürrer beschlofs nunmehr, das Bdellostoma ForsTErt, wie er jenen Fisch wegen seines Saugermaules und seines Entdeckers nannte, seinem Bau nach vollständig zu beschreiben, indem er Schritt vor Schritt und Schichte vor Schichte von der Oberfläche gegen die Tiefe vorzurücken, und von jeder Muskellage, die er zur Untersuchung der tieferen T'heile wegzunehmen hatte, nach ge- nauer Präparation Zeichnungen zu entwerfen gedachte. Dies schwierige Unternehmen war schon ziemlich weit gediehen, als es ihm durch die Einsicht erleichtert wurde, dafs Myxine glutinosa der nordischen Meere, die ihm seine Freunde, die Hrn. EscusıcaHr und Rerzıvs, in gröfserer Menge verschaflten, im Skelet- und Muskelbau völlig mit seinem Bdellostoma übereinkomme. Auch erhielt er vom zoologischen Museum noch ein zweites kleineres, und später aus der im Jahre 1836 für die hiesi- gen Museen angekauften Sammlung von Lamare-Pıovor noch ein drittes, wiederum gröfseres Bdellostoma, beide gleichfalls vom Cap herrührend. Eine gröfsere Anzahl Exemplare dieses seltenen Fisches sandte erst im April 1845 Hr. Prrens vom Cap ein, als Mürten’s Arbeit bereits abge- schlossen war.!”® Mit so beschränkten Mitteln also fuhr Mürrer in seinen Untersuchun- gen fort, deren Ergebnisse er in dem Malse, wie sie gewonnen wurden, der Akademie vorlegte. An die Beschreibung der einzelnen organischen Systeme bei seinem Fisch knüpfte er vergleichend anatomische Betrachtungen, die sich zwar vorzugsweise auf die Fische, oft aber auch auf das ganze Wirbel- thierreich erstreckten, und in denen er seine tiefen Anschauungen der Orga- nisation dieser Thierclasse ausprägte. Diese Mittheilungen erstreckten sich über eine Reihe von acht Jahren. In der Osteologie und Myologie der Myxinoiden, die bereits im December 10* 100 Vergleichende Anatomie der Myinoiden. 1834 gelesen ward, beschäftigte sich Mürter zunächst mit der Uebereinslim- mung der perennirenden Zustände der Wirbelsäule in den Cyklostomen mit deren vorübergehenden Zuständen in den übrigen Wirbelthieren, und mit derselben Untersuchung in Betreff des Schädels. Hier hat er seine Ansichten über die Wirbeltheorie des Schädels niedergelegt, die er gegenüber Gorrue und Okzn für Josann Peter Frank in Anspruch nimmt;!*” und ganz ver- tieft erscheint er hier in das Labyrinth der Deutung der Schädelknochen, insbesondere der Schläfengegend, woraus nur Ein Faden führt, an dem es damals noch vielfach gebrach, der nämlich der Entwickelung bei den einzel- nen Thierclassen. Hier findet sich ferner wohl zum erstenmal mit einer ver- gleichend anatomischen Untersuchung verbunden die mikroskopische und chemische Prüfung der Theile, welche Gegenstand der morphologischen Be- trachtung sind, des Knorpel- und Knochengewebes durch das ganze Wirbel- thierreich. In der Myologie sucht Mürrzer die im sogenannten allgemeinen Plane der Wirbelthiere liegenden Gruppen von Muskeln auf, betrachtet ihre verhältnifsmäfsige Entwickelung und Reduction in den verschiedenen Olas- sen, und die Analogie der Muskeln in den verschiedenen Gegenden des Rumpfes. Diese Betrachtung führt ihn von den Bauchmuskeln der Myxinoi- den bis zu denen des Menschen, von den Rücken- und Seitenmuskeln der Fische bis zu den Rückenmuskeln des Menschen. Und so waren es diese anscheinend so entlegenen und abgezogenen Forschungen, — ein Wink für die, welche Lehrer zu berufen haben — worauf nachmals die Vortreff- lichkeit seiner Erklärung der Rückenmuskeln in der gemeinen menschlichen Anatomie beruhte, wo uns das Licht, das er über die scheinbare Verwirrung all der zahllosen Fleischzipfel ausgols, nicht minder in Entzücken, als die rasche Sicherheit in Erstaunen versetzte, mit der die Pinzette auf den zu be- zeichnenden Dornfortsätzen, wie der Virtuos auf den Tasten, umherklopfte. Die zweite Mittheilung, vom April 1836, behandelt den Bau des Gehörorganes bei den Cyklostomen, und enthält aufserdem Betrachtungen über die Sinneswerkzeuge bei den Myxinoiden überhaupt. Während das aus Einem halbzirkelförmigen Canal bestehende Gehörorgan der Myxinoiden das sämmtlicher Wirbellosen an Ausbildung übertrifft, besitzen sie nur höchst unvollkommene, vermuthlich nur zur Unterscheidung von Hell und Dunkel geeignete Augen, und gar keine Augenmuskeln. Denn wie der Mensch durch den Verlust eines Sinnesorganes einen Theil seiner Aufsenwelt Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. 101 verliere, so werde auch umgekehrt die Natur die Sinnesorgane beschränken, wenn sie die Aufsenwelt eines Thieres in enge Grenzen setze. Die Myxinoi- den, die als Parasiten in’s Innere des Dorsches und Hornhaies dringen, be- dürfen bei dieser Lebensart der Augen nicht. Die Unpaarigkeit des Ge- ruchsorganes, wodurch sich die Cyklostomen (und der damals noch nicht hinlänglich gekannte Amphioxus) von allen Wirbelthieren unterscheiden, erklärt Mürver daraus, dafs zum Riechen ein Impuls nöthig sei, der bei den Fischen sonst durch die beim Athmen entstehende Bewegung des Was- sers in der ganzen Umgebung des Kopfes vermittelt werde. Die Cyklo- stomen bedienen sich entweder gar nicht des Mundes zum Einathmen, oder wenigstens nicht beim Ansaugen, vielmehr mufs alsdann das Ein- und Ausathmen durch dieselben Oeffnungen der Kiemen geschehen. Da nun die Lage der Kiemen und des Geruchsorganes hier der Art sind, dafs das Ath- men nur geringen oder gar keinen Einfluls auf die Erneuerung des Wassers an letzterem haben kann, so erhellt die Nothwendigkeit einer eigenen Ven- ülationsvorrichtung für das Geruchsorgan. Diesen Zweck habe der Spritz- sack der Neunaugen und der segelartige Ventilator am Gaumen der Myxinoi- den. Weil aber die gleichzeitige Erneuerung des Wassers an zwei Geruchs- organen hier vermuthlich einen zu grofsen Aufwand an organischen Theilen verursacht haben würde, habe sich die Natur mit nur Einem begnügt. Diese auf die sogenannten Endursachen zielenden Betrachtungen, von denen Mür- LER sagt, dafs sie den letzten Grund der zu erklärenden Formverhältnisse ent- halten, sind bezeichnend für den Standpunkt, auf dem er mit seinen allge- meinen Anschauungen zu dieser Zeit seiner höchsten Blüthe sich befand, und ohne Zweifel stehen geblieben ist. Die vergleichende Neurologie der Myxinoiden, vom Februar 1838, beschäftigt sich vorzüglich mit der Deutung der Hirntheile, mit der Analogie der Hirn- und Rückenmarksnerven und mit der Ersetzbarkeit des N. sympa- ihieus durch andere Nerven, indem den Cyklostomen jede Spur dieses Ner- ven abgeht, und der unpaarige Ramus intestinalis N. vagi dessen Stelle ver- tritt, ähnlich wie es nach Hrn. Erssr Heimeıch Weser bei den Schlangen sein sollte, wo indefs Mürrer den Fall anders auslegt. Der angiologische Abschnitt, vom Ende des folgenden Jahres 1839, enthält, abgesehen von der allgemeinen Morphologie des Gefäfssystemes, auch noch Mürrer’s ebenso vollendete als umfangreiche Untersuchungen 1023 Vergleichende Anatomie der My«inoiden. über die Nebenkiemen, auf die er nicht weniger als 282 Gattungen von Knochenfischen untersucht hatte, über den Choroidalkörper im Auge der Knochenfische, den Blutgefäfskörper der Schwimmblase und andere Bildun- gen der Art, endlich über die Wundernetze überhaupt, deren vollständiges morphologisches System er gegeben hat, ohne dafs es ihm gelungen wäre, irgendwo mit Sicherheit in ihre physiologische Bedeutung einzudringen. Den Schlufs dieses grofsen Werkes bilden endlich die im Juni 1842 vorgetragenen „Untersuchungen über die Eingeweide der Fische”. Hier ragen an Interesse hervor der Abschnitt über die Nieren, deren Bau bei den Myxinoiden den inzwischen durch Hrn. Bowmanx entzifferten Bau der Nie- ren bei den höheren Thieren wunderbar vereinfacht wiederholt '3°, so wie der über die Schwimmblase, der die Entdeckung eines Springfederapparates an der Schwimmblase mehrerer Welse enthält. Eine vom ersten Wirbel jeder- seits ausgehende federnde Knochenplatte drückt den vorderen Theil der Schwimmblase zusammen; ein Muskel, der die Platte zurückzieht, vermag den Luftbehälter wieder zu erweitern. Dadurch wird diesen Fischen mög- lich, den vorderen Theil ihres Körpers specifisch leichter zu machen, und so ihren Kopf nach oben zu stellen. Läfst der Muskel nach, so mufs sich der Kopf wieder senken, und der Fisch wagerecht schweben. Ein Anhang zu diesem Abschnitt, „Ueber die Statik der Fische”, zeigt uns Mürzer noch einmal als sinnigen Experimentator, indem er die Veränderungen in den Be- wegungen der Fische untersucht, welche auf die Entfernung einzelner Flos- sen folgen, so wie die merkwürdigen Augenbewegungen, womit die Fische auf Drehung um ihre Längsachse oder um eine auf die Längsmittelebene des Körpers senkrechte Queraxe antworten. In der vergleichenden Anatomie der My.xinoiden, namentlich in deren ersten Abschnitten, herrscht, wie in der Bildungsgeschichte der Genitalien, im Allgemeinen eine grölsere Vollendung der Form, als sonst in Mürrenr’s Schriften. Und wenn es nicht genug zu beklagen ist, dafs es Mür- LER, so wenig wie Cuvier, vergönnt ward, den Plan eines Lehrbuches der vergleichenden Anatomie auszuführen, was er sich für die Zeit versparte, wo er nicht mehr würde selber beobachten können, ja dafs nicht einmal seine Vorlesungen, wie die Cuvıex’s, gesammelt und herausgegeben wurden: so darf man, was die Wirbelthiere betrifft, in der vergleichenden Ana- tomie der Myxinoiden eine Art von Ersatz sehen für das, was Mürrer in Mürrer's vergleichend- anatomische F' orschungsgrun dsätze. 103 einem solchen Lehrbuch anders als Andere gegeben haben würde, jeden- falls aber, seinem eigenen Ausspruch nach, ein Beispiel von dem, was er un- ter vergleichender Anatomie verstand.'?! Es waren in ihm die Gegensätze versöhnt, die in Cuvıer und GEoFFRoY DE Saıst - Hıraıne einander so schroff entgegenstanden, und über deren Zusammenstofs einst GEorrsoyY’s Vorläu- fer in Deutschland, Gorrur, das welterschütternde Getöse des Julikampfes vergafs.'?? „Betrachtet man”, schrieb Mürrer zur selben Zeit, wo er den ersten Theil der Myxinoiden herausgab, „die Controverse zwischen den beiden „berühmten Mitgliedern der französischen Akademie über die Methode in „den Naturwissenschaften, unabhängig von ihrem nationalen Interesse, so „erleidet es keinen Zweifel, dafs die Methode Cuwvizr’s es ist, welche den „Naturwissenschaften dauernde und reelle Früchte bringt. Diese Methode „ist so wenig blofs empirisch, dafs, obgleich sie vor der Aufstellung von Ge- „setzen Scheu trägt, doch die Analyse der Facta von einer beständigen, ex- „acten, logischen Operation des Geistes abhängt. Dagegen der berühmte „GeEorrror durch das Streben nach Analogien und Gesetzen trotz allem „Talent, Geist und Verdienste, sich oft und stark geirrt hat. Es ist jedoch „nicht zu verkennen, dafs der unsterbliche Cuvies in jenem Streite nicht Ein- „mal ungerecht gewesen und zu weit gegangen ist. Die Methode, welche er „bekämpft, hat in Deutschland, wie in Frankreich oft unfruchtbare Specu- „lationen hervorgebracht. Aber die erhabene Gestalt, welche die Anatomie „durch die Entwicklungsgeschichte und vergleichende Anatomie in philoso- „phischem Sinne in der neuern Zeit vorzüglich in Deutschland erlangt hat, „entspricht sehr wenig den Mängeln der Prinzipien, welche Cuvırr bekämpft. „Es ist wirklich nicht zu läugnen, dafs die Natur bei jeder grofsen Abthei- „lung des Thierreichs von einem gewissen Plane der Schöpfung und Zusam- „mensetzung aus theils verschiedenen, theils analogen Theilen nicht abweicht, „dafs dieser Plan allen Wirbelthieren zu Grunde liegt, dafs sie sich Reductio- „nen und Erweiterungen der Zahl nur nach der individuellen Natur der ein- „zelnen Geschöpfe ausnahmsweise erlaubt.” 1°3 Dies ist die Art der Betrachtung, welche die vergleichende Anatomie der Myxinoiden, wie überhaupt die Arbeiten Mürtzr’s beherrscht, wo die Erkenntnifs der Bildungsgesetze ihm Hauptzweck ist; während er in den zootomischen Einleitungen zu den einzelnen Capiteln der Physiologie, die 104 Beschreibung des Amphioxus lanceolatus. er deshalb auch gelegentlich als „Organologie” der entsprechenden Werk- zeuge des Körpers bezeichnet, mehr die Behandlungsweise Cuvızr’s vorwie- gen läfst. Als mit den Myxinoiden eng verknüpft, oder gar als Ergänzung dazu ist zu betrachten Mürrer’s Untersuchung „Ueber den Bau und die Lebenser- scheinungen des Branchiostoma lubricum Costa, Amphioxus lanceolatus YARRELL.” seines Bdellostoma zu beschäftigen, ward Amphioxus von Hın. Costa in Neapel wieder beobachtet und als einfachster Fisch und mithin einfachstes Wirbelthier erkannt. Nachdem von verschiedenen Forschern Mittheilungen Zur selben Zeit fast, wo Mürrer anfing, sich mit der Anatomie - darüber eingelaufen waren, die die Merkwürdigkeit des Thierchens immer mehr in’s Licht stellten, auch Mürrer selbst bereits von Hm. Rerzıus über- sandte Weingeistexemplare untersucht hatte, begab er sich endlich im Herb- ste 1841 mit Hrn. Rerzıus in die Einsamkeit der Scheeren von Bohus-Län, in der Schwedischen Landschaft Göteborg, wo er binnen zwölf Tagen eine so erschöpfende Beschreibung des erwachsenen Amphioxus zu Stande brachte, dafs, wenn man von der Riechgrube, welche Hr. Körriıxer'‘, und von dem lichtbrechenden Apparat, so wie den kolbenförmigen Endigungen der Haut- nerven, die Hr. Armanp pe Quarnerages'? beobachtete, absieht, er seinen Nachfolgern kaum etwas Wesentliches zu thun übrig gelassen hat.!?6 MÜLLER’s morphologische Periode. Forschungen im Gebiete des lebenden und fossilen Wirbeltbierreiches. System der Plagiostomen. Der glatte Hai des ARISTOTELES. Bau und Grenzen der Ganoiden und System der Fische. Guacharo und System der Passerinen. Der ‚‚Hydrarchus”. Das Jahr 1840, in dem Müırer die Physiologie vollendete, führt einen neuen Wendepunkt in seiner Entwickelung herbei. Obschon er näm- lich nach dieser Zeit den ersten Band der Physiologie noch einmal auflegte, auch gelegentlich einige physiologische Arbeiten lieferte, wie die schon er- wähnten über die Bewegungen und die Töne der Fische, die Versuche über die Unterbindung der Leber bei Fröschen'’’, und die über die elektromoto- rische Unwirksamkeit des pseudoelektrischen Organes im Schwanze des gemei- nen Rochen'3®, kann man doch sagen, dafs von hier ab sein Interesse für die Physiologie in den Hintergrund trat. Anfang von MüÜrrezr’s rein morphologischer Periode. 105 Einem verschlossenen Sinn, wie dem seinigen, in die Gründe einer solchen Wandlung zu folgen, ist nicht leicht. War es sein freier, mit Bewufstsein und Ueberlegung gefafster Entschlufs, dafs er der Univer- sal-Monarchie, die er so lange angestrebt und jetzt nahe erreicht hatte, entsagte? Fast hat es, nach der Phase schwermüthiger Verstimmung, die er um diese Zeit durchmachte, zu urtheilen, den Anschein. Der Auf- schwung, den die physiologische Chemie, die mikroskopische und patho- logische Anatomie, die Entwickelungsgeschichte damals nahmen, mufste es ihm nachgerade unmöglich erscheinen lassen, im Wettkampf mit Allen zugleich noch stets der Erste zu bleiben. Die Physiologie bot zudem nur ein beschränktes Gebiet der Forschung, wenn auch von grenzenloser Tiefe, dar, auf dem er auf Punkte hätte zurückkommen müssen, die er schon ein- mal abgemacht hatte, was er so wenig wie Berzerius mochte. Vielleicht indefs hat eine solche Ueberlegung gar nicht bei ihm stattgefunden. Viel- leicht folgte er nur, indem er von hier ab reiner Morpholog, und zwar der erste seiner Zeit, wurde, theils dem äufseren Anstofs, der ihm aus seiner Stellung als Vorsteher einer der bedeutendsten Sammlungen erwuchs, theils dem natürlichen Hange seines Talents, welches doch vielleicht mehr in der Richtung plastischer Betrachtung, als in der theoretischer Zergliederung lag. Bezeichnet wird dieser Umschwung in Mürrer’s Laufbahn, was auch dessen Ursache war, durch sehr umfangreiche systematisch-zoologische Arbei- ten. Hervorstechend ist in denselben, wenn ich mich nicht täusche, das Bestre- ben, durch Auffinden absoluter Merkmale die praktischen Vorzüge der künst- lichen mit den theoretischen der natürlichen Systeme zu verbinden. Die künstlichen Systeme gewähren unstreitig die gröfsere Leichtigkeit und Sicher- heit der Bestimmung, aber sie befriedigen nicht die Anforderungen des Ver- standes, denen die natürlichen Systeme ihrerseits zwar Genüge leisten, aber nur indem sie, bei der in verschiedenem Sinne stattfindenden Abstufung der Merkmale, deren Gesammtheit ihnen zu Grunde liegt, nicht selten den Sy- stematiker bei seinen Operationen im Stich lassen. Dem Ideal eines Syste- mes nähert sich wohl am meisten des Asıstorteugs und Linnaevs verschmolze- nes System der Säuger, welches ein künstliches ist, in so fern es vom Gebifs und der Fufsbildung ausgeht, zugleich aber ein natürliches, in so fern Gebifs und Fufsbildung, wie Cuvıer so schön entwickelt hat!3?, die ganze Natur des Thieres bestimmen. Mürrer schlofs sich denen an, welche Merkmalen nach- 11 106 Mürters Methode in der Zoologie. spüren, die, wenn auch nicht wie bei den Säugern Gebifs und Fufsbildung aus bekannten, doch gleich denselben aus unbekannten Gründen, zur Gesammt- organisation in einem so wesentlichen Bezuge stehen, dafs die blofse Unter- suchung auf diese Merkmale ausreicht, um die natürliche Verwandschaft der Geschöpfe durch alle nur scheinbaren äufseren Unterschiede hindurch erken- nen zu lassen. Er suchte in einem solchen absoluten Merkmal gewissermafsen ein Reagens auf eine Thiergruppe, wie die Chemie dergleichen auf Stoffe besitzt. Oder, wie er selbst es wendet, „die vergleichende Anatomie führt „in ihrer vollkommenen Gestalt zu solchen nothwendigen Consequenzen, „dafs sich für die Organisationen Ausdrücke finden lassen, welche dem Aus- „druck einer Gleichung ähnlich sind. Sind diese Ausdrücke erst gefunden, „so müssen sich im gegebenen Fall, wie in einer Gleichung, aus den bekann- „ten Grössen die unbekannten berechnen lassen.”!*" Schon in Mürrer’s frühe- ster systematischen Aufstellung, über die natürliche Eintheilung der Amphi- bien, vom Jahre 1832, findet sich der Keim dieses Verfahrens, indem er die froschartigen Thiere nach dem Bau ihrer Gehörwerkzeuge in drei Familien vertheilte; und wir werden bald noch andere Beispiele derselben Methode kennen lernen. Die erste der grofsen zoologischen Arbeiten, die Mürrer jetzt vollen- dete, ist die im Verein mit Hrn. Hexte im Jahre 1841 herausgegebene „Systematische Beschreibung der Plagiostomen.” Hr. Hıxrr hatte sich schon früher mit der Systematik der elektrischen Rochen beschäftigt. !*! Mütter seinerseits war bei seinen Untersuchungen über das Kopfskelet der Myxinoiden vielfach zur Betrachtung der Knorpelfische, namentlich der My- liobatiden, geführt worden. Beim Auspacken eines Fasses sieilianischer Fische, die Hr. A. W. F. Scaurrz dem Museum geschenkt hatte, und beim Durchsehen der Sammlung ostindischer Fische von Lamare - Pıqvor, stiefsen im Jahre 1836 Mürrer und Hr. Hexte, als sie die darunter befindlichen Plagiostomen nach den vorhandenen Hülfsmitteln bestimmen wollten, auf grofse Schwierigkeiten, zugleich aber auch auf mehrere noch unbeachtete Kennzeichen, die für die Systematik von Nutzen zu werden versprachen, als da sind bei den Haien die Anwesenheit oder der Mangel einer Nickhaut und der Spritzlöcher, bei den Rochen die Form der Nase und Nasenklap- pen; und so ward die Nothwendigkeit, die neuen Erwerbungen zu ordnen, Anlafs zu jener gemeinschaftlichen Arbeit, die als eine Beschäftigung in 2 Systematische Beschreibung der Plagiostomen. 107 Mufsestunden begonnen, in dem Mafse, wie immer neuer Stoff zuströmte, an Ausdehnung gewann. Zum Zweck der vollständigen Sammlung der dazu gehörigen Materialien unternahmen beide Forscher Reisen nach den grofsen Sammlungen des Auslandes. Unter anderen besuchten sie im Herbste 1837 zusammen Holland und England, wo Mürrer hoch gefeiert ward. Durch das so ermöglichte Studium der Original- Exemplare und durch sorgfältige Ver- gleichung vieler Exemplare derselben Art gelang es ihnen, sich einen sicheren Weg durch eine verwirrte Synonymik zu bahnen, während sie ihre gröfseren Gruppen auf tiefe anatomische Unterschiede, ihre Gattungen zum Theil auf jene neuen Kennzeichen, ihre Arten aber fast durchgängig auf Forinverhält- nisse gründeten: da sie die aus der Färbung entnommenen specifischen Merkmale bei den Plagiostomen überhaupt, und die der Hautbekleidung und den Zähnen entlehnten bei den Rochen insbesondere, als trüglich erkannt hatten. An diese Arbeit knüpft sich die so berühmt gewordene Abhandlung Mürrer’s über den sogenannten glatten Hai des Arıstoteres. In seiner Ge- schichte .der Thiere erzählt nämlich Arıstoretes unter anderen Beobachtun- gen über den Bau und die Fortpflanzung der Knorpelfische, dafs es unter den Haifischen eierlegende und lebendig gebärende, und unter den letzteren auch solche gebe, bei denen der Foetus mit dem Uterus, wie bei den Säu- gern, durch einen Mutterkuchen verbunden sei. Obgleich im Jahre 1673 der Däne Stensox an der Küste von Toscana eine ähnliche Beobachtung gemacht halte, war doch der yareog Asizs des AkıstoTELEs völlig räthselhaft geblieben, und es hatte sich seit Srexson, dessen Hai selbst nicht bestimmt werden konnte, bei keinem der Haie des Mittelmeeres etwas der Angabe des Atıstoretes Entsprechendes wiederfinden lassen. Im Verfolg seiner Arbeiten über die Anatomie der Knorpelfische hatte Mütter, einige Jahre zuvor, einmal die Verbindung eines Haifoetus mit den Wänden des Uterus durch eine Dottersackplacenta beobachtet. Bald darauf lernte er die Nachrichten des AcısroteLegs und des Srenson kennen; allein der Fisch, auf den sie sich beziehen, war jedenfalls ein anderer als der sei- nige. Dieser nämlich gehörte zu den Carcharias, wo auch schon der alte Pater Dureeree und Cuvırr eine Anheftung des Dottersackes am Uterus wahrgenommen hatten, während die Carcharias sich unter denjenigen Fischen befanden, die es gelungen war, durch entscheidende Merkmale von der Be- 145 108 Der glatte Hai des Arıstotzues. werbung um die Einerleiheit mit dem Fisch des Srexsow oder des Arıstore- res auszuschliefsen. Jetzt aber ward Mürter’s Wifsbegier in Betreff dieses Punktes rege. Hr. Perers, der damals nach Nizza ging, um für das anatomische Museum zu sammeln, übernahm den Auftrag, dem räthselhaften Galeus laevis des Stenson nachzuspüren, und von allen vorkommenden Haifischarten Em- bryen im Uterus einzusenden. Fast ein Jahr lang blieben alle Bemühungen vergeblich. Endlich aber brachte die im Frühling 1840 von Nizza abgegan- gene Sendung den gewünschten Aufschluss, indem unter einer Anzahl Eiern der Gattung Mustelus mehrere waren, an denen eine solche Verbindung des Dottersackes mit dem Uterus stattfand, wie bei den Carcharias. Es stellte sich heraus, dafs es im Mittelmeer zwei leicht zu verwechselnde Mustelus- Arten gebe, von denen die eine sich den lebendig gebärenden Haien ohne Verbindung mit dem Uterus, den Vivipara akotyledona, anschliefst, die an- dere aber jene Verbindung zeigt. Daraus erklärte sich zugleich, weshalb diese Sache so lange hatte im Dunkel bleiben können. Der Zufall hatte den Beobachtern anfangs immer nur die erste Mwustelus-Art, die man M. vul- garis nennen kann, in die Hände gespielt, nach deren Untersuchung dann die der Exemplare der anderen, äufserlich schwer zu unterscheidenden Art, deren Eier am Uterus angeheftet sind, überflüssig erschien. Jetzt gelang es auszumachen, dafs dieser letzteren, M. laeris zu nennenden Art, zweifellos der von Srenson beobachtete Fisch angehörte, und es wurde wenigstens äufserst wahrscheinlich, dafs sie es auch gewesen, auf die sich ArısrtorTELes’ Angabe bezog. Gleichzeitig wurden übrigens, wie dies bei Mürter nicht anders zu erwarten war, alle Verschiedenheiten in der Art der Fortpflanzung bei den Haien und Rochen genau ermittelt und in systematische Ueber- sicht gebracht. Seit seiner Jugend, wo er des Stagiriten Lehre vom Traum ver- deutscht und in ihr geschichtliches Recht als physiologische Urkunde wieder eingesetzt hatte, war in Mürrrr ein lebhaftes Interesse für das Studium des griechischen Altmeisters wachgeblieben. Wie freute es ihn jetzt, dessen Physiologie dies Denkmal zu errichten, welches zugleich ein Denkmal seiner eigenen seltenen Gelehrsamkeit ward. Mürrer’s tiefgehende Untersuchung der Knorpelfische hatte ihn natür- lich in häufige Berührung mit den Knochenfischen gebracht, in deren Syste- Bau und Grenzen der Ganoiden. 109 matik, trotz den Arbeiten Cuvırr’s und Hrn. VArEncıennEs’s, und Hrn. Acassız’s, noch ein grofses Dunkel herrschte. Durch Hrn. Acassız’s palae- ontologische Entdeckungen war die Verwirrung, was die lebenden Fische betrifft, in mancher Beziehung nur gesteigert. Hr. Acassız hatte unter den fossilen Fischen die Ordnung der Ganoiden, als durch ihre mit Schmelz überzogenen, rhomboidalen Schuppen gekennzeichnet, und den älteren For- mationen bis zur Kreide angehörig, unterschieden, und zugleich die genaue Uebereinstimmung im Schuppenbau zwischen zwei jetzt noch lebenden Fisch- gattungen, dem Polypterus aus dem Nil und dem Zepidosteus aus den Strömen Nordamerika’s, und den Ganoiden, erkannt. Er hatte dadurch auf die systematische Stellung dieser beiden Fische, welche Cvvırr, wenig be- friedigend, unter seine Clupeiden gebracht hatte, ein grofses Licht gewor- fen, und denselben, als den vereinzelten Trümmern einer unzählbaren Schaar, welche einst die Meere der Vorwelt belebte, ein besonderes Inter- esse gesichert. Ein wie grofses Verdienst aber auch Hr. Acassız sich durch diese bahnbrechende Aufstellung erwarb, die Art seiner Studien hatte ihn mehr auf die Beobachtung derjenigen Kennzeichen der Fische gelenkt, welche die Umwälzungen der Erdrinde überdauern, wie Schuppen und Skelet, und vorzugsweise nach diesen urtheilend, hatte er noch einige an- dere Familien von Fischen unter die Ganoiden aufgenommen, welche mit denselben nur in solchen mehr äufserlichen Merkmalen übereinkommen. Dadurch entsprangen, wegen der augenfälligen inneren Verwandschaft dieser Fische mit solchen, denen diese Merkmale abgehen, neue Verlegenheiten, und der Begriff der Ganoiden drohte so verwirrt zu werden, dafs Niemand mehr hätte sagen können, was denn eigentlich ein Ganoid sei. Jetzt warf sich Mütter, in seiner Abhandlung „Ueber den Bau und die Grenzen der Ganoiden und über das natürliche System der Fische” vom Jahre 1844, mit seinem ganzen Scharfsinn, seiner ganzen Uebung, und einem seit Jahren gesammelten Material, auf die Entwirrung dieses Knotens. Er begriff sogleich, dafs der Schwerpunkt der Frage in der genauen Begrenzung des Begriffes eines Ganoids liege, und dafs diese wiederum nur durch die vollständige Untersuchung und Vergleichung des inneren Baues der noch lebenden unzweifelhaften Ganoiden und der übrigen, mit Recht oder Un- recht zu denselben gebrachten Fische zu erreichen sei. Zwar hatten sich, aufser Hrn. Acassız, schon GEoFFroY DE Saınt-Hıraıke und Cvvier selbst, wie 110 Bau und Grenzen der Ganoiden auch die Hrn. Varentın und van Der Horven, mit der Zergliederung des Po- Iypterus und Lepidosteus beschäftigt. Mörter, der den letzteren Fisch im Herbste 1844 im Pariser Pflanzengarten untersuchte!?, zeigte jedoch, dafs die- sen Forschern gewisse Eigenthümlichkeiten entgangen seien, welche beiden Fischen zukommen, und sie von allen übrigen lebenden Fischen trennen, mit Ausnahme der Störe und der Spatularien, die er somit allein unter den lebenden Fischen noch für Ganoiden gelten liefs. Unter diesen Eigenthümlichkeiten obenan steht der Bau des Arterien- stieles des Herzens, der nicht nur bei den Ganoiden wie bei den Knorpelfischen mit mehreren, aber noch zahlreicheren und längeren Klappenreihen, ähnlich den Eimern einer Baggermaschine, besetzt ist, sondern auch aus quergestreif- ten Muskelfasern besteht, und daher als wahrer Herztheil anzusehen ist; wäh- rend der Wulst an der Kiemenarterie der Knochenfische, wie Mürter zuerst darthat, kein schlagender Herztheil, und nur aus glatten Muskelfasern gewebt ist. Dadurch allein ist zwischen den Ganoiden und Knochenfischen eine Grenze gezogen, so scharf wie zwischen den nackten und beschuppten Amphibien, von denen die ersteren ein Aortenherz besitzen, die letzteren keins. Die Ganoiden besitzen ferner ein Chiasma der Sehnerven, eine Spi- ralklappe des Darmes, freie Kiemen mit einem Kiemendeckel zugleich mit abdominalen Bauchflossen, und aufser diesen absoluten Merkmalen noch viele andere von geringerer Beständigkeit, wie z. B. eine respiratorische Kie- mendeckelkieme, die von Hın. Acassız sogenannte heterocerke Schwanzflos- senbildung der Haie, Spritzlöcher, u. a.'m. Die Beschaffenheit der Schup- pen aber, von der Hr. Acassız bei Aufstellung der Ganoiden ausgegangen war, fiel merkwürdigerweise nunmehr unter diese minder beständigen Merk- male. Ja ein ächtes Ganoid kann nach Mürrer, wie die Spatularien, schup- penlos sein. So hatte also Mürrer seine Aufgabe gelöst, Kennzeichen zu finden, welche über alle äufseren Formverhältnisse hinaus die Fische nach ihren fun- damentalen inneren Verwandschaften zusammenführen. Die von Cuvier einst verlangte und vermifste Grundlage, um das unübersehbare Heer der Fische in Unterclassen mit festen und sicheren Charakteren zu vertheilen, war gewonnen. Die Ganoiden gingen aus Mürter’s Untersuchung hervor als eine Unterclasse der Fische, gleichwerthig den Amphioxus, den Cyklo- stomen, den Knochenfischen und den Flagiostomen, zwischen welchen letzte- und System der Fische. 111 ren sie aufzunehmen sind, indem sie Merkmale beider in sich vereinigen. Und wie erst Hrn. Acassız’s palaeontologische Forschung das Verständnifs der lebenden Schöpfung ermöglicht hatte, so vermochte nun Mürter umge- kehrt die Reihen der von Hrn. Acassız aufgestellten fossilen Ganoiden von manchen Eindringlingen zu säubern. Für die neue Charakteristik der Ganoiden fand sich bald eine Gele- genheit, sich zu bewähren. Hr. Carr Vosr beobachtete bei Amia calva, die Cuvıer unter die Clupeiden gebracht und Mürtzr darunter gelassen hatte, einen Bau des Herzens, wie er nach Mürter nur einem Ganoid zu- kommen kann, glaubte aber, dafs Amia von Sudis und Osteoglossum, Knochenfischen mit zwei Herzklappen ohne Muskelbeleg des Arterien- stiels, nicht getrennt werden könne, da sie sonst zu ähnlich seien.'*° Mür- LER jedoch fafste die Sache so auf, als habe Hr. Vogr in Amia vielmehr ein neues Ganoid der Jetztwelt entdeckt, und er sagte voraus, dafs sich Amia auch in den übrigen Punkten als Ganoid verhalten werde. Auch behielt er im Wesentlichen Recht, obschon es sich dabei fand, dafs einige Merkmale der Ganoiden, die er für absolut gehalten hatte, dies nicht seien, da Fran- Que dieselben in der Amia, bei der unter Mürzer’s Leitung angestellten Un- tersuchung, vermifste.!** Die Amphioxus, die Cyklostomen, die Plagiostomen, die Ganoiden hatte nun schon Mürrer durch seine Untersuchungen erläutert. Es blieb ihm übrig, von den fünf Unterclassen der Fische die zahlreichste, die der eigentlichen Grätenfische, in ihre Ordnungen und natürlichen Familien besser als bisher zu spalten. Dies unternahm und vollbrachte er jetzt. Als Vorar- beit dazu aber diente ihm die Erörterung des relativen Werthes der verschie- denen Charaktere, die einer solchen Eintheilung zu Grunde gelegt werden können; welchen er überdies durch Beachtung der Nebenkiemen, der unte- ren Schlundknochen und des Baues der Schwimmblase mehrere neue und wichtige hinzufügte. So sah man Mürrer, freilich nach jahrelanger Vorbereitung in der Stille, plötzlich unter den ersten ichthyologischen Systematikern Platz neh- men. Eine Zeit lang machte es ihm Freude, diese Stellung zu behaup- ten, und er begann mit Hrn. TroscneL seine „Horae ichthyologicae” in zwanglosen Heften herauszugeben, von denen aber nur drei, in den Jahren 1845—1849, erschienen. Das erste und zweite enthalten eine Monogra- 112 Anatomie des Quacharo. phie der Characinen, einer Familie die Mörter denen zugesellte, welche die von Hrn. Erst Heiseıcn Weser entdeckte Verbindung der Schwimm- blase mit dem Gehörorgan haben. Inzwischen sann er bereits auf neue Eroberungen. Unter den Wir- belthierclassen, in deren Systematik es noch etwas Erhebliches zu thun gab, waren die Vögel bisher bei ihm vergleichsweise leer ausgegangen. Seit seinen Untersuchungen über die Strausse vom Jahre 1836, hatte er nur einmal, im Jahre 1841, das ornithologische Gebiet berührt in seinen „Anatomi- schen Bemerkungen über den Quacharo”, den von Hrn. von Humsoror in der Höhle von Caripe in den Missionen der Chaymas entdeckten lär- menden feisten Nachtvogel. Hrn. von Humsoror’s Exemplare waren mit einem Theile von dessen Sammlungen durch Schiffbruch an der afrikani- schen Küste zu Grunde gegangen, und da bis 1834 kein neues Exem- plar nach Europa kam, hatte Cvvier, trotz Hrn. von Humsoror’s Anga- ben im Recueil d’Observations de Zoologie et d’ Anatomie comparee, in seinem Rögne animal des Steatornis nicht erwähnt. Jetzt erhielt Hr. von Hunmsoror durch r’Hermmier, Arzt auf Guadeloupe, Exemplare seines Vo- gels zugeschickt, die Mürrer beschrieb, wobei er Hrn. vox Humsorpr’s Ausspruch bestätigen konnte, dafs Steatornis caripensis sich von den Ziegen- melkern, denen er beim ersten Anblick nah verwandt scheint, ansehnlich entfernt. Unter anderen bietet er das nahezu einzige Beispiel eines doppel- ten Kehlkopfes dar, indem, statt der Luftröhre selber, jeder Bronchus einen solchen besitzt, so dafs, wenn Steatornis nur kein Schrillvogel wäre, er würde zweistimmig singen können. Doch war die Systematik der Vögel schon längst Mürrer’s Augen- merk gewesen. Cvvıer hatte, Mürter’s Ueberzeugung nach, diesen Theil seines Aögne animal ganz unangebaut gelassen. Die Familien der Dry-skin philosophers, wie der Jäger aus dem fernen Westen, Avpuson, die nur balg- gelehrten Ornithologen nannte, waren nur irrationale Haufen, und fielen deshalb bei den verschiedenen Vögelkennern verschieden aus. Nirzsc# frei- lich und seine Nachfolger, und mit Maccırrıvray’s Hülfe Aupuson selber, gingen von ernsten Forschungen über den Bau der Vögel aus, aber ihre Be- strebungen waren zu vereinzelt, um zum Ziele zu führen. Mit Recht im All- gemeinen beklagte man sich darüber, dafs die im Vergleich zu den anderen Wirbelthierclassen so grofse Einförmigkeit in dem Bau der Vögel die Syste- System der Passerinen. 113 matik wenig unterstütze. Allein MürLer war es nicht entgangen, dafs diese Bemerkung nicht auf alle Organe passe. Die Geschlechtswerkzeuge z. B. machen schon eine Ausnahme, wie er bei den Straufsen gezeigt hatte; vor Allem aber, worauf er vielleicht bei seinen Untersuchungen über die Stimme geführt worden war, das Stimmorgan, in welchem wichtige innere Merkmale zur naturgemäfsen Eintheilung der Passerinen im weitesten Sinne oder der Insessores liegen, selbst wo äufserlich nur Uebergänge zu sein scheinen. Durch Arbeiten, zu denen er lange ein grofses Material von Vögeln in Weingeist, das einzige wahrhaft belehrende, gesammelt hatte, und die sich allein unter den Passerinen der neuen Welt auf mehr als hundert Gat- tungen erstreckten, zeigte Mürter im Jahre 1845, dafs es bei den Passerinen drei wesentlich verschiedene Kehlkopfsformen gebe, die der Polymyodi, die mit vielen Muskeln singen, oder der eigentlichen Sänger, die der Luftröh- renkehler, und die der Spechtvögel mit nur Einem Kehlkopfsmuskel. Unter den früher nach äufseren Merkmalen als ächte Sänger bezeichneten Vögeln sind viele, die den zusammengesetzten Singmuskelapparat nicht haben. Na- mentlich ist dies der Fall für die Gattungen der neuen Welt, daher es sich erklärt, dafs die Wälder des tropischen Amerika viel mehr von Geschrei als von Gesang wiederhallen. Auf Grund der verschiedenen Kehlkopfsbildung allein so ähnliche Vögel zu trennen, wie häufig die sind, welche den Singmuskelapparat be- sitzen, und die, so ihn entbehren, wie z. B. die gemeinen und die Mauer- Schwalben, wäre unzulässig gewesen. Sollte die Kehlkopfsbildung bei den Passerinen eine typische Bedeutung erlangen, so mufsten noch andere Merk- male entdeckt werden, welche stets mit einer bestimmten Kehlkopfsform zusammenfallen. Dies gelang Mürrer schliefslich im Verein mit Hrn. Ca- Banıs. Es ergab sich erstens, dafs mit dem Singmuskelapparat zugleich stets eine mehr oder weniger zusammenhängende Hornbekleidung des Laufes, oft in Gestalt der sogenannten Stiefelschienen, vorkommt, wodurch eine Wahrneh- mung der Hrn. Brasıus und Graf Kryseruıng bestätigt ward; und zweitens, dafs bei den polymyoden Sängern die erste der zehn Handschwingen ver- schiedene Grade der Verkümmerung, bis zum gänzlichen Verschwinden, erleidet, worin bereits Hr. SunpewarL ein Kennzeichen der ächten Sing- vögel gesucht hatte.!* 42 114 MöüÜrrer’s palaeontologische Studien. Die Arbeit über die Passerinen, wodurch Mürrer nun auch der Orni- thologie die bleibende Spur seines Fleifses aufgeprägt hatte, war die letzte gröfsere Bemühung, die er den lebenden Wirbelthieren widmete. Ehe er sich jedoch gänzlich der Erforschung der Wirbellosen hingab, sollte zuerst noch die Geschichte untergegangener Thiergeschlechter einen Strahl aus dem Lichtquell empfangen, den er nach und nach allen Punkten des Gebietes organischen Lebens zukehrte. In dem Ruhmeskranz des deut- schen Cvvırr durfte das Blatt palaeontologischer Entdeckung nicht fehlen. Sein Bestreben, die ganze belebte Schöpfung zu umfassen, führte ihn mit Nothwendigkeit auf diesen Weg. Die geognostische Grundlage zu diesen Studien hatte sich Mürter, nach dem Urtheil von Kennern, so weit ange- eignet, als es ohne selbst im Gebirge den Hammer zu führen möglich ist. Schon bei seinen Untersuchungen über die Ganoiden war er auf dieses Feld hinübergeschweift. Auch hatte ihn Hr. Acassız selber über die Wirbel fossiler Haie zu Rathe gezogen. Endlich hatte er bereits an den von dem unglücklichen Serro aus der Banda oriental dem mineralo- gischen Museum eingesandten Fufsknochen des grofsen fossilen Gürtelthieres, Glyptodon clavipes Owen, seine Hand versucht und bewährt. Da erschien bei uns, im Frühjahre 1847, auf seiner Rundreise durch die deutschen Hauptstädte, ein wunderbares, als riesenhafte Seeschlange, Hydrarchus, wie sein Besitzer, Hr. A. Koch, es nannte, zugestutztes Denk- mal der Vorwelt. Die Gestalt des Thieres, durch willkürliche Zusammen- fügung von Knochen und Knochenbruchstücken erzeugt, schien den Um- rissen von Rerzscn zum Kampf mit dem Drachen entlehnt. Die Länge richtete sich nach der Oertlichkeit, und betrug somit im Ausstellungssaal der Akademie der Künste über neunzig Fufs. Es war nicht das erstemal, dafs ähnliche Reste die Aufmerksamkeit der Gelehrten auf sich zogen. In Nordamerika, aus dessen südlichen Staa- ten sie stammten, in England, wohin zuerst einzelne Bruchstücke davon ge- langten, hatten sie bereits den Scharfsinn der Palaeontologen geübt und ver- schiedene Auslegungen erfahren. Ein Blick auf einen der zweiwurzeligen Zähne hatte dem Verfasser der Odontography genügt, um das von dem er- sten Beobachter, Dr. Harrın, entworfene Phantasiebild eines Königs unter den Sauriern, Basilosaurus, zu zerstreuen, dessen Gebeine hier vorliegen Der „Hydrarchus”. 115 sollten. Hr. Rıcnarp Owen sprach die Ueberzeugung aus, dafs diese Zähne nur einem Säuger, und zwar einem Wale aus der Nachbarschaft der Manati angehören konnten: da ihm nämlich die an die Seehunde erinnernde säge- förmige Gestalt der Krone noch nicht bekannt war. Er schlug dafür den Namen Zeuglodon cetoides vor, der daran erinnern soll, dafs im Querschnitt die Krone der zweiwurzeligen Zähne so aussieht, als seien zwei Zähne mit einander verwachsen oder zusammengejocht.!% Dennoch wurde in Dres- den, wo der Hydrarchus gezeigt wurde, ehe er hierher kam, die Natur des Thieres abermals verkannt, und dasselbe, unter einer Menge wunderlicher Mifsgriffe, von Neuem zu den Sauriern gestellt. Daraus entstand übrigens das Gute, dafs die allgemeine Aufmerksamkeit auch der Nichtgelehrten sich diesem Gegenstande zuwendete, welche sich leichter für ein riesiges Krokodil als für einen Wallfisch der Vorwelt gewinnen läfst, dergleichen es noch heute von nicht geringerer Länge giebt. Mit Leidenschaft ergriff jetzt Mürter die Aufgabe, diese Trümmer wissenschaftlich zu sichten und zu ergänzen, und das Kocn’sche Ungeheuer unter die Gesetzmäfsigkeit der organischen Natur zu bringen. Von frühem Morgen bis spät in die Nacht sah man ihn mit Steinsplittern und Kalkstaub bedeckt an den Zeuglodonknochen bergenden Felsstücken meifseln, bis Fläche um Fläche aus vieltausendjähriger Gruft an’s Licht trat, die Dinge sich zu ordnen begannen, und zuletzt ein fast vollständiges Bild des ganzen Schädels, wie er nicht anders gewesen sein konnte, gewonnen war. Die gröfste Freude hatte dabei Mürrer, als es ihm eines Tages gelang, durch eine glückliche Sprengung aus dem Felsenbein, das in Dresden für einen Gaumenzahn war: gehalten worden, noch die Schnecke des Labyrinthes mit drittehalb Windungen und Spiralplatte in vollkommener Erhaltung dar- zustellen. Während Mürter so das Material, aus dem der Kocn’sche Hy- drarchus-Schädel aufgebaut war, mehreren Schädeln eines delphinähn- lichen Walthieres zuwies, setzte ihm die Wirbelsäule zunächst noch Schwie- rigkeiten entgegen, die er im ersten Anlauf nicht zu bewältigen vermochte. Er konnte den Plesiosaurus-ähnlichen Hals, den Hr. Kocn dem Hydrarchus gemacht hatte, nicht loswerden; nicht, weil er durch die gegenwärtige Auf- stellung befangen war, deren Unwerth er bei der Zersetzung des angeb- lichen Schädels besser als sonst Jemand hatte kennen lernen, sondern 122 116 Der „Hydrarchus”. weil die Wirbel, die den angeblichen Hals bildeten, wenn sie nicht Hals- wirbel waren, als rippenlos, Lendenwirbel sein mufsten, er sich aber nicht entschliefsen konnte, solche Lendenwirbel auf Rückenwirbel folgen zu lassen, wie sich deren zwei unter den nicht zur Aufstellung benutzten Kocn- schen Vorräthen befanden. Ein Hals, wie der des Hydrarchus, bei einem Walthiere wäre ein Vorkommen von grofser Bedeutung gewesen, weil da- durch gleichsam von den Walthieren aus ein Kettenglied gegeben gewesen wäre zur Vervollständigung der Verbindung zwischen den Walthieren und den Sauriern, von der die fossilen Rieseneidechsen von Lyme Regis ein Glied von den Sauriern aus darstellen. In dieser Lage mufste Mürrer die Untersuchung abbrechen, da der Besitzer der Knochen damit weiter gen Leipzig zog. Hier wurden dieselben von Hrn. Burmeister aus Halle untersucht. Indem dieser von der Ansicht ausging, dafs Zeuglodon ein Walthier sei, und die Wirbelsäule der Walthiere mit der des Koc#’schen Skelets verglich, ohne jene beiden Wir- bel und somit den Umstand zu kennen, der Mürrer’s Fortschritt gehemmt hatte, gelangte er zum Beweise, dafs der Hals des Hydrarchus ein Kunstpro- duct sei, ohne dafs er jedoch vermocht hätte, es anders als wahrscheinlich zu machen, dafs der Zeuglodonhals gleich dem anderer Wale ein kurzer, aus platten und miteinander verwachsenen Wirbeln bestehender gewesen sei. Inzwischen wurde der Ankauf der ganzen Kocr’schen Sammlung für das anatomische Museum durch Seine Majestät den König für eine ansehn- liche Leibrente vermittelt, und Mürter konnte in seinen Arbeiten fortfah- ren, die jetzt vorzüglich auf die Wirbelsäule, den Brustkasten und die etwai- gen Gliedmafsen des Thieres gerichtet wurden. Hrn. Burmeiıster’s Behaup- tung hinsichtlich des Halses wurde dadurch zur Gewifsheit gebracht, dafs Mürrer unter den Kocw’schen Vorräthen einen Atlas und einen anderen Halswirbel fand, die zweifellos zu Zeuglodon gehörig, Halswirbeln von Wal- thieren gleichen. Indessen war damit erst der kleinste Theil der Schwierig- keiten besiegt, die hier seiner warteten. Er hatte unter mehreren hundert oft sehr verstümmelten Wirbeln von ganz ungewöhnlicher Gestalt, die von verschiedenen Fundorten, also von verschiedenen Individuen ver- schiedenen Alters, vielleicht gar verschiedener Art herrührten, die am wahrscheinlichsten zusammengehörigen herauszufinden. Nach unendlichem Vergleichen, Ausmessen und Versuchen, wobei allein das fortwährende fe) > 3 Der „Hydrarchus”. 447 Hin- und Hertragen der schweren Steinblöcke für Viele eine aufreibende Leistung gewesen wäre, fand Mürrer eine befriedigende Lösung in der Annahme, dafs er es mit Individuen zweier verschiedenen Zeuglodon- arten zu thun habe, einer mit langen Wirbeln, die er Z. makrospondylus, und einer mit kurzen, die er drachyspondylus nannte. Der Zeuglodon war nunmehr unter Mürrer’s Händen zu einem 60 — 70 Fufs langen Seethier geworden, welches dem Bau nach zwischen Seehunden und Delphinen die Mitte hält, indem es den ersteren die Form der Zähne und manche Eigen- thümlichkeit im Schädelbau, den letzteren die lange Schnauze und den fisch- ähnlich gestreckten Körper entlehnt, dessen Extremitäten auf zwei Flossen reducirt sind. Ob die Panzerstücke, die zugleich mit den Zeuglodonknochen in dem Gestein gefunden worden, dem Thiere angehörten, läfst Mürrer un- entschieden. Auch ohne diese Rüstung mag der Zeuglodon, obschon er den glänzenden Rang, den ihm zuerst die Phantasie einiger Palaeontolo- gen beigelegt hatte, hat aufgeben müssen, für die Mitbewohner der sub- tropischen Meere der Eocenperiode ein schrecklicher Gast gewesen sein. Ungern vermifst man, am Schlufs des grolsen Werkes, worin Mürter seine Untersuchungen über die Zeuglodonreste zusammengefafst hat, eine Abbildung des restaurirten Skelets, und eine Skizze des Thieres, wie es im Leben ausgesehen haben mag. Dafs Mürrer dem Reiz widerstand, eine solche zu veröffentlichen, ist für die Nüchternheit und Vorsicht, zu der er gelangt war, nicht wenig bezeichnend. Denn er hatte meh- rere solcher Skizzen entworfen, an deren „lebensfähigem” Aussehen er sich freute, und die gewils, da die fischähnliche Gestalt des Thieres den Schwankungen des äufseren Umrisses enge Grenzen zieht, sich nicht wei- ter von der Wahrheit entfernten, als Cuvırr’s berühmte Skizzen des Pa- laeotherium’s und Anoplotherium’s in den Recherches sur les Ossemens ‚rosstlescun So zu Hause war damals Mürrer in der Palaeontologie der Wirbel- thiere, dafs er in den Sommern 1846 und 1847, zur Erholung von dem ewi- gen Einerlei seiner gewöhnlichen Vorlesungen, ein Publicum über fossile Fische und Amphibien hielt. Er hatte im anatomischen Museum eine schöne Sammlung davon gebildet, und die Bearbeitung der von Hrn. von Mippex- DORFF aus dem nordöstlichen Sibirien mitgebrachten fossilen Fische, die Re- vision einer Reihe fossiler Fischgattungen, die Bemerkungen über den Arche- 118 Pentakrinus Caput Medusae. „System der Asteriden”. gosaurus aus den Eisensteingruben von Lebach und über Delphinopsis Frererı von Radoboy, aus den Jahren 1848 — 1853, zeigen hinlänglich, dafs er diesen Zweig der Schöpfungsgeschichte nie ganz aus den Augen verlor. Fortsetzung von MÜLLER’s morphologischer Periode. Forschungen im Gebiete der Wirbel- losen. Pentakrinus Caput Medusae. „‚System der Asteriden.” . Die Entwickelung der Echi- nodermen. Die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Letzte Arbeiten MÜLLER’s. Während Mürrer mit diesen Arbeiten im Gebiete der Wirbelthiere beschäftigt war, vollendete er theils, theils vorbereitete er zugleich nicht Ge- ringeres im Gebiete der Wirbellosen. Der Typus der Strahlthiere war es, der ihn von nun ab mit immer ausschliefsenderem Interesse fesseln sollte. Schon im Jahre 1840, als er erst eben das Handbuch der Physiolo- gie und die Arbeit über den glatten Hai des Arıstorergs vollendet, und noch das System der Plagiostomen und die vergleichende Splanchnolo- gie der Myxinoiden in Händen hatte, überraschte er die Zootomen mit einer im Vergleich zu dem, was man vorher besafs, vollständig zu nennenden Anatomie des Pentakrinus Caput Medusae von den kleinen Antillen, des merkwürdigen Thieres, welches allein in der jetzt lebenden Welt übrig ist von einem sonst zahlreichen Geschlecht, dessen Reste in den Schichten der Oolithperiode begraben sind. Aufser dem von Mürrer beschriebenen Exem- plar gab es deren in den Museen Europa’s überhaupt nur sechs mehr oder weniger verstümmelte. Auch an dem hiesigen fehlten die Eingeweide, und die Anatomie der verwandten Comatulen, zu denen die Krinoiden der Vor- welt embryonische Typen in Hrn. Acassız’s Sinne sind!“*, wurde gleichzeitig in’s Reine gebracht, um wenigstens mit grölster Wahrscheinlichkeit jene Lücke zu füllen. Wie aber die Untersuchung über den inneren Bau der heutigen Ga- noiden für Mürrer nur ein Glied einer grofsen, das ganze Heer der Fische umfassenden Musterung war, so gingen auch jetzt mit der Erschliefsung des Baues der Krinoiden höchst ausgedehnte und erschöpfende Studien über die Systematik der Echinodermen einher, die von Mürzer in Gemein- schaft mit Hrn. Troscrer in allen erreichbaren Sammlungen betrieben, und deren Ergebnisse theils in einer grofsen Anzahl einzelner Abhandlungen, theils in dem von beiden im Jahre 1842 herausgegebenen „System der Aste- riden” niedergelegt wurden. Entwickelung der Echinodermen. 119 Allein diese systematischen Arbeiten sollten diesmal nur die Vorläu- fer noch wichtigerer und tiefer reichender Entdeckungen sein. Der alte freudige Griechenruf: OAAATTA! OAAATTA! war damals mehr und mehr das Losungswort aller derer geworden, die mit bewaffnetem Auge neuen Formen und Verwandlungen der organischen Wesen nachspähen woll- ten. In der Mitte der vierziger Jahre begann auch Mütter sich diesem Zuge anzuschliefsen. Gleich bei seinem ersten Aufenthalt auf Helgoland im Herbste 1845 stiefsen ihm bei der mikroskopischen Untersuchung des einge- brachten Seewassers einige ganz fremdartige Formen auf, die sich schlechter- dings in keiner der bekannten Abtheilungen der Thierwelt unterbringen lie- fsen. Die abentheuerlichste darunter war Pluteus paradoxus, wie Mürter, „da einmal Alles einen Namen haben mufs”, dies Geschöpf wegen seiner Aehnlichkeit mit einer Staffelei nannte, über die man ein Gewand geworfen hätte. Ein zartes Kalkgerüst aus zusammenstrebenden, oben durch einen Ring verbundenen Stäben, mit thierischer Masse bekleidet, die sich bogen- und vorhangförmig von Stab zu Stab spannt; eine Wimperschnur rings um Saum und Zipfel des Gewandes, durch deren Cilien die Ortsbewegungen erfolgen ; sonst nur an einer Stelle, wo der Mund zu sein schien, von Zeit zu Zeit eine deutliche Zusammenziehung: so zeigte sich dies Gebilde im Lauf eines Monates fünfmal unter kleinen Algen und Polypen, die von Steinen abgelöst waren, und versagte vor der Hand jeden Aufschlufs über seine Her- kunft, seinen Verbleib, seine Bedeutung. Der nächste Herbst, 1846, sah MüLter, sobald seine Vorlesungen es erlaubten, wieder auf dem Felsen in der Nordsee, mit dem Mikroskop dem räthselhaften Funde nachspürend, der sich auch sogleich wieder, und zwar diesmal viel häufiger, zur Untersuchung stellte. Wie grofs war seine Span- nung, als er nunmehr im Inneren des Pluteus gewisse blindsackförmige Fal- ten keimen, sich erweitern, vermehren und zu einer rundlichen, mit fünf stumpfen Fortsätzen überwachsenen Scheibe ordnen sah, welche frei über die Oberfläche des Pluteus vorragte; wie lebhaft sein Erstaunen, als die Ablagerung von Kalk in verzweigten Figuren in dem neuen Gebilde, wie sie dem Hautskelet der Echinodermen eigen ist, ihm keinen Zweifel mehr liefs, dafs er im Pluteus auf die Larve eines solchen gestofsen sei, welches sich im weiteren Verlaufe der Entwickelung als eine Ophiure erwies. 1230 Entwickelung der Echinodermen. Das Unerhörte dieser Verwandlung aber liegt darin, dafs der Pluteus, oder die Ophiurenlarve, eine vollkommene bilaterale Symmetrie zeigt, ohne eine Spur des dem Echinodermen wesentlichen radiären Typus. In der That nehmen die Arme oder Stäbe der Larve an der Bildung des Echinodermen keinen Theil, ja sie haben sogar ihrer Lage nach keine einfache Beziehung zu dessen Armen; diese und jene sind „heterolog”, und der Pluteus verhält sich, wie Mürzer es ausdrückt, zu dem in ihm entstehenden Seestern, wie die Staffelei zum Gemälde, oder der Stickrahmen zu der darin ausgearbei- teten Stickerei. Das Einzige, was aus dem Pluteus in das neue Wesen ganz aufgenommen wird, ist der Magen. Der Mund wird neu gebildet. Anfangs ist der neuentstandene Stern noch kleiner als der Rest des Pluteus, je mehr aber der Stern wächst, um so mehr erscheinen die Theile des Pluteus nur als Anhänge desselben, bis die letzten Spuren, die frei am Stern hervorragenden Kalkstäbe der Staffelei, endlich auch verloren gehen. Die Uranlage des Sternes, die Staffelei der Larvengestalt mit sich herumschleppend, widerstrebt schon durch die Bewegung der Saugfüfschen jeder Lage auf dem Glase, wo- bei diese nicht gegen das Glas gerichtet sind, und stellt mit ihrer Hülfe die natürliche sohlige Lage her. Nachdem einmal Mürrer die allgemeinen Züge der Metamorphose eines Echinodermen erfafst hatte, gelang es ihm sofort bei seinen mikrosko- pischen Fischzügen noch andere Echinodermen-Larven zu erkennen, und auch diese bis zu ihrer Umwandlung in unzweifelhafte Echinodermen zu verfolgen. Zuerst glückte ihm dies mit einer Form, die noch einige Aehnlichkeit mit dem Pluteus hat, nur dafs sie, statt einer Staffelei, einem auf vier Fülsen ste- henden Uhrkasten gleicht, von dessen hinterer Seite das Mundgestell als Pendel herabhängt, und dafs, zu den Wimperschnüren, mit sehr langen Cilien besetzte Wimperepauletten hinzukommen. An einer der Seiten des Ka- stens, wo das Zifferblatt nicht sein würde, keimt, sonst dem Zifferblatt vergleichbar, diesmal das radiäre Echinoderm. Es wird daraus ein Seeigel, wie Mürrer sogleich errielh, mit Bestimmtheit jedoch erst im folgenden Herbste, 1847, ausmachte, wo er am Sund in Helsingör seine Beobach- tungsstätte aufschlug. Hier wurde wieder eine neue Larve ohne Kalkstäbe beobachtet, die Mürrer wegen ihrer coquett geschwungenen Wimperschnüre vorläufig die Roccoco-Larve von Helsingör nannte, und aus der eine Asterie wird, was Entwickelung der Echinodermen. 421 sich folgendermafsen ergab. Schon im Jahre 1835 hatte der um die Kennt- nifs der niederen Thiere hochverdiente schwedische Pfarrer, unser Cor- respondent Hr. Sırs, bei Florö ein polypenartiges, an dem einen Ende mit vielen Armen, an dem anderen mit zwei Lappen oder Flossen versehenes Seethierchen angetroffen, an dessen ersterem Ende ein Seestern befestigt war, weshalb er das Thier, welches er unter die Akalephen setzte, Bipin- naria asterigera nannte. Lange war diese Beobachtung ganz räthselhaft geblieben. Da sah man eines Tages, im October 1846, den Hafen von Ber- gen so von Salpen und Bipinnarien wimmeln, dafs man nicht ein Glas Seewasser schöpfen konnte, welches nicht eine Menge dieser Thiere enthielt. Die Hrn. Koren und Danıerssen benutzten dies um zu zeigen, dafs sich aus der Bipinna- ria wirklich ein Seestern entwickelt.!”? An zwei Weingeistexemplaren, die eben- daher rührten, gelang wiederum Mürter der Nachweis, dafs Bipinnaria eine höhere Entwickelungsstufe der Roccoco -Larve von Helsingör sei, wodurch deren endliches Schicksal aufgeklärt ward. Der Seestern erscheint hier „am „obern Umfang des Körpers der Larve, über den Armen, so wie man die „Himmelskugel auf den Schultern des sternkundigen Königs Atlas vorstellt.”!50 Der Herbst 1848 ging Müter, weil er Rector war, für diese Stu- dien verloren. Zwar versuchte er, da er für den Winter Urlaub erhielt, im November in Ostende das Versäumte nachzuholen, allein die Witterung war schon zu rauh. Dagegen fand er im Februar und März in Marseille die günstigste Gelegenheit, den abgebrochenen Faden wieder aufzunehmen. Abermals boten sich hier neue Larven dar, die, oberflächlich betrachtet, einem Wappenschilde mit Roccoco-Verzierungen gleichen, und wegen ihrer ohrförmigen Zipfel vorläufig Auricularia genannt wurden. Ein Theil derselben ist durch äufserst zierliche, in den Ohrzipfeln eingebettete Kalk- rädchen ausgezeichnet, wie sie, jene unbegreiflich sonderbaren Guirlanden bildend, in den Hautwärzchen gewisser Holothurien, der Chirodoten, vor- kommen. In der That sind die Auricularien die Larven der Holothurien, wie Mürter in den Herbstferien desselben Jahres 1849 in Nizza ermittelte. Die Metamorphose der Holothurien unterscheidet sich dadurch von der der Ophiuren, Asterien und Seeigel, dafs nicht wie dort eine in der Larve als Minimum angelegte Knospe sich zur Gestalt des Echinodermen entwickelt, sondern dafs die. ganze Larve darin umgewandelt wird. Dies geschieht je- 13 19) Entwickelung der Echinodermen. doch nicht in stetiger Art, sondern auf das bilaterale Larvenstadium folgt hier ein zweites wurmförmig radiäres Stadium, worin die fälschenförmige Ho- lothurien-Larve Wimperreifen nach Art der Anneliden-Larven besitzt. Von den vier grofsen Abtheilungen der Echinodermen, von denen Mürrer die Sipunculiden ausschliefst, blieben nun noch die Krinoiden auf ihre Entwickelung zu untersuchen übrig. Dies selber zu thun war Mürter versagt, weil die Entwickelung der Comatulen in den Juli fällt, wo seine Vorlesungen ihm nicht erlaubten das Meer aufzusuchen. Hr. Wirnerm Busch, der Mürter’s Begleiter auf mehreren Reisen gewesen war, über- nahm es, an den Küsten des atlantischen Oceans, zu Kirkwall auf den Ork- neys und zu Malaga, diese Lücke auszufüllen. Durch ihn erfuhr Mürter, dafs die Larven der Comatulen gleich denen der Holothurien, aber äufserst rasch, das Stadium der bilateralen Form durchlaufen, um in das der Pup- penform mit Wimperkränzen einzutreten. '5! Als Mürrer die Verwandlung des Pluteus beschrieb, waren erst vier Jahre verflossen, seit Hr. Steexstaup eine Anzahl theils neuer, theils bis dahin verschieden gedeuteter oder wenigstens nicht mit einander vergliche- ner thierischer Verwandlungen unter den fruchtbaren allgemeinen Gesichts- punkt des Generationswechsels zusammengefafst hatte. Beim ersten Blick erschien die Umwandlung des Pluteus in die Ophiure oder den Seeigel als ein neues Beispiel des Generationswechsels. Der geschlechtlich erzeugte bilaterale Pluteus erzeugt als Srerxstrup’sche Amme durch innere Knospung das radiäre Echinoderm, aus dem wiederum geschlechtlich die bilaterale Enkelgeneration hervorgeht u. s. f£ Ebenso bei den Bipinnarien oder Roc- coco-Larven der Asterien. Während aber Andere die Sache unbedenklich so ansahen, hielt Mürrer zurück, und sprach sich, was damals fast ge- schraubt scheinen konnte, nur dahin aus, „dals die Metamorphose der Echi- „nodermen der Larvenzeugung oder der geschlechtslosen Knospenzeugung „beim Generationswechsel verwandt sei.... Das Echinoderm entsteht als „eine Knospe, als ein sehr Kleines in dem Leibe der Larve, es wird ein neues „Wesen angelegt, genährt, ausgebildet; aber aufser dem hier offenbaren „Generationswechsel kommt etwas vor, welches unter das Prineip der Me- „tamorphose gehört und nicht unter das Princip des Generationswechsels. „Das durch Knospe entstandene neue Wesen umwächst -den Magen und „Darm des alten. ... Es geschieht also mit Magen und Darm, was mit Entwickelung der Echinodermen. 123 „den meisten Organen, nicht allen, bei der Verwandlung des Frosches ge- „schieht, dafs sie in die neue Form mit hinübergenommen werden.. Und da- „mit ist bewiesen, dafs das Prineip der Metamorphose ebenso unverkennbar „bei der Entwickelung der Echinodermen auftritt, als das Prineip des Ge- „neralionswechsels.”!5? Diese Auffassung des Vorganges, die sich schon in Miürrer’s ersten Abhandlungen findet, erhielt ihre Bestätigung durch die Entwickelung der Holothurien und Krinoiden, deren Verwandlung sich von der einfachen Metamorphose so wenig entfernt, dafs sie einen Uebergang dazu bildet, wie andererseits die Verwandlurig der Seeigel und Seesterne einen solchen zum ächten Generationswechsel darstellt. So bewährte sich hier Mürcer’s wachsames, vorzeitigen Verallgemeinerungen abgeneigtes Urtheil. Mörrer’s Beobachtungen über die Entwickelung der Echinodermen mufs man sich nicht so vorstellen, als habe er alle die beschriebenen Pha- sen, oder auch nur einen Theil davon, am nämlichen Individuum gesehen. Dazu taugen diese ebenso zarten als zierlichen Organismen nicht, da sie schon nach mehrstündiger Beobachtung absterben und zerfliefsen. Son- dern es wurden sehr viele Individuen auf verschiedenen Entwickelungs- stufen, wie sie sich in derselben Jahreszeit immer zugleich im Meer- wasser finden, beobachtet und gezeichnet, und dadurch die ganze Reihe der Entwickelungsstufen festgestellt. Die oft prachtvoll gefärbten Echinodermen - Larven schwärmen, bei stillem und mildem Wetter, das allein zu ihrem Fange geeignet ist, durch ihre Wimpern getrieben, die Pluteus mit den Fülsen der Staffelei oder des Uhrkastens voran, an der Oberfläche des Meeres umher. Der Fang wurde bewerkstel- ligt, indem Mörrer im Ruderboot in die hohe See hinaus- und zurückfuhr, welches ein feines Netz an Stangen mit sich schleppte. Indem das Was- ser das Netz durchströmt, sammelt sich im Netze der sogenannte Auftrieb in um so gröfserer Menge an, je schneller und länger die Fahrt. Der Auf- trieb wird in einem Gelfäfs mit Seewasser heimgebracht, und die Aufgabe ist nun, die zarten mikroskopischen Formen darin ohne Verletzung auf- zufinden, auf den Objectträger zu bringen und auf diesem zu handhaben, wozu Mürrer, im Laufe seiner langen Untersuchungen, verschiedene Kunstgriffe erfand. Die Larven sind nur ausnahmsweise, wie die Bipinnarien, so grofs, dafs sie eine Behandlung mit der Secirnadel unter der Lupe gestatten. Sie 13* ne, Entwickelung der Echinodermen. sind aber im Leben glücklicherweise so durchsichtig, dafs ihr innerer Bau mittels des Mikroskopes bei durchfallendem Lichte erkannt werden kann. 124 Die Ausbeute an Echinodermen-Larven, welche das Fischen mit dem feinen Netze am Ruderboote gewährt, ist sehr veränderlich. Manche Tage und selbst Wochen bringen gar nichts oder nicht das Gesuchte, und dann kommen wieder Tage an denen der Auftrieb so reich ist, dafs der Tag zu kurz ist um das Material zu verarbeiten. Die künstlichen Befruchtungen lei- sten zwar gute Dienste für die jüngeren Stadien des Larvenlebens, ja sie sind unentbehrlich um die ersten Vorgänge der Entwickelung zu beobach- ten und die Species festzustellen, denen bestimmte Larven angehören. Al- lein dies Verfahren schlägt nicht nur häufig fehl, sondern da es trotz allen Wasserwechsels nicht gelingt die Larven weit genug aufzuziehen, so ist das- selbe auch für die Metamorphose in das Echinoderm und die späteren Sta- dien des Larvenlebens überhaupt nicht anwendbar. Nimmt man hinzu dafs, wie schon bemerkt, bei stürmischer See die Larven nicht zu haben sind, und dafs Mürrer, tief im Binnenlande lebend, nur eine kurze und nicht immer die günstigste Zeit des Jahres zu diesen Arbeiten benutzen konnte, so kann man ermessen, wie viel Hingebung, Geduld und Ausdauer er hat auf- wenden müssen, um, wie Hr. Hvxrrr von ihm sagt, zugleich der Corumsus und der Corrzz dieses neuen Gebietes zu werden; um die neue Welt nicht blofs zu entdecken, sondern sich auch sogleich aller ihrer Schätze zu be- meistern.'?3 gehörig erkannt wurden, kann hier nicht die Rede sein. alle diese Formen, der Pluteus, die Bipinnaria, die Auricularia, die Bra- Von einer Anzahl besonderer Entwickelungsformen, die theils von Wie mannigfach chiolaria, die Tornaria, u. s. w. an sich und in ihren Abarten erschienen, Mörrer, theils von Anderen, als verschiedenen Echinodermen-Gattungen an- es gelang Mürrer eine Grundform anzugeben, aus der sie alle vermöge grad- weiser Veränderungen in etwas verschiedenem Sinne abgeleitet werden kön- nen, und so einen allgemeinen Plan in der Entwickelung der Echinodermen Dieser früh, schon bei den ersten Helgoländer Beobachtun- aufzudecken. gen, erkannte Plan setzte ihn in Stand, in dem Gedränge neuer pelagischer Geschöpfe, das ihm nicht selten der Auftrieb im feinen Netze darbot, die Echinodermen-Larven sogleich von den übrigen schwärmenden Thierformen von noch unbekanntem Endziel zu unterscheiden. Deren Bau, Homologieen und ‚fossile Formen. 125 Wie aber die Bildungsgeschichte überall der sicherste Weg ist, um in das Verständnifs der Formen einzudringen, so wurde Mürrer durch diese Untersuchungen zugleich tiefer als irgend einer seiner Vorgänger in den Bau und in die Homologieen der Echinodermen eingeweiht. Die Anatomie dieser Thierclasse nennt er selber, dem an Erfahrung auf den verschieden- sten Punkten des Thierreiches sich nur Wenige an die Seite stellen dürfen, den schwierigsten Theil der vergleichenden Anatomie. „Wer jemals ver- „sucht hat eine Holothurie zu zergliedern,” sagt Hr. Hvxrev, „wird sich des „Gefühls von Verzweiflung erinnern, womit er die verschlungene, schleimige, „ausgeweidete Masse betrachtete, die nur zu oft der Lohn all seiner Mühe und „Vorsicht war.”!°* Aber Mürrer drang auch hier durch, wo ja schon lange vor ihm Hr. Tıepemansw ein Denkmal deutscher Tüchtigkeit errichtet hatte. Die Bedeutung und Entstehung des Steincanals und der Madreporenplatte erklä- ren; die Kenntnils des Wassergefäflssystemes vervollständigen; die Urform eines Echinodermen angeben, aus der sich die Typen aller vier Abtheilungen entwickeln lassen, und die radiäre Gestalt des Echinodermen mit Hülfe ge- wisser Merkmale auf eine bilateral symmetrische zurückführen: das sind einige der Aufgaben, die vor ihm bereits den Scharfsinn manches Naturfor- schers geübt hatten, und die in erschöpfender Weise zu lösen, jetzt Mür- ver’s Ausdauer und Combinationsgabe vorbehalten war. Eine mit Dinte bemalte Orange, die er stets bei sich trug, diente ihm, um das auf die ideale Kugelgestalt reducirte oder mittlere Echinoderm, mit seinem Mund- und Apical-Pol, seinem Bivium und Trivium und Afterfeld zu versinnlichen; da er denn durch passende Drehungen aus dem Echinus, den die Orange bei senkrechter Stellung ihrer Axe vorstellte, vor unseren Augen die ver- schieden orientirten Gestalten der Spatangoiden und Holothurien werden liefs. Hatten diese Untersuchungen, in ihrer ersten Entstehung, einen Be- zug auf untergegangene Thiergeschlechter gehabt, so wurde Mürrer auch im Laufe derselben wieder vielfach auf die Vergleichung fossiler Echino- dermen hingewiesen, von denen der Eifeler Kalk eine ergiebige Fundgrube ist, deren Schätze ihm durch seine Rheinischen Jugendfreunde unaufhör- lich zuflossen. Der letzte Vortrag Mürrer’s in der Akademie, den er in der Classensitzung am 1. März d. J. hielt, betraf neue Krinoiden und Echi- niden aus der Rheinischen Grauwacke und dem Eifeler Kalk. 126 Die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. In Mörrer’s Arbeiten über die Echinodermen mitten hinein fällt eine wissenschaftliche Episode von ungewöhnlichem Interesse, die einen um so gröfseren Wiederhall gefunden hat, je mehr damals die Blicke aller Mor- phologen und Physiologen auf die sich unter Mürzer’s Händen entfaltenden Wunder der Metamorphose der Echinodermen gerichtet waren. Jedermann erräth, dafs von der Erzeugung von Schnecken in Holothurien die Rede sein soll. Schon während der Osterferien 1851 hatte sich Mürrer in Triest be- schäftigt mit einer im feinen Schlamm der Bucht von Muggia in 6—8 Faden Tiefe sehr häufig vorkommenden Holothurie von der Gattung Synapta Eschscn., so genannt, weil zahllose mikroskopische Doppelhaken aus Kalk, die genau die Gestalt eines Schiffsankers haben, ihre Haut kletten machen. Die Art, um die es sich hier handelt, heifst Synapta digitata. Das Thier ist wurmförmig, seine Leibeswandungen sind durchscheinend, im vorde- ren Theile mennigroth. Es besitzt die sonderbare Eigenschaft, dafs ein jedes Stück, an dem noch der unverletzte Kopf sitzt, sich bei unsanfter Berührung, wie Rumpelstilzchen im Märchen, selbst zerbricht; daher man die Synapta nie ganz zu sehen bekommt, sondern die mittlere Länge des Thieres nach der Zahl der Kopf- und Schwanzenden schätzen mufs, die zu der Gesammtlänge gehören, welche man durch Aneinanderlegen aller in einem Fange erlangten Bruchstücke erhält.'>5 Die Synapta ist, nach Hın. pe Quarkerages’ Entdeckung, herma- phroditisch; da sonst bei den Echinodermen die Trennung der Geschlech- ter Regel ist. Im Frühling hatte Mürrer die Zwitterdrüse oder den Keim- schlauch der Synapten von den gelben Eiern strotzend verlassen. Mitte August nach Triest zurückgekehrt, erwartete er nach Hrn. DE QUATREFAGES’ Angabe die Bildung der Spermatozoiden aus den kleinen Zellen des Keimschlauches erfolgen zu sehen. Statt dessen fand er bei einer Sy- napta einen Keimschlauch von ganz abweichender Bildung, der auch Eier von ganz fremdartiger Beschaffenheit enthielt, und kaum hatte er sich dies so ausgelegt, als habe sich Hr. pe Quararrases doch vielleicht in dem Her- maphroditismus dieser Holothurien getäuscht, als ihm Marmas Fausıss, der Zaoleser Fischer, eine Synapta brachte, bei der derselbe unregelmäfsige Keimschlauch lauter Blasen mit wohlgebildeten jungen Schnecken enthielt. Zwischenformen wurden auch bald beobachtet, und es ward gewifs, dafs Das Thatsächliche. 127 die Schnecken sich in jenem Schlauche aus Dottern entwickeln, die durch Samen befruchtet werden, welcher sich gleichfalls in dem Schlauche gebildet hat. Das eine Ende des Schlauches steht mit dem einen Darmgefäfs der S'ynapta in einer höchst sonderbaren organischen Verbindung, das andere, offene hängt in der grofsen Mehrzahl der Fälle frei in die Bauchhöhle hinein. In dem Schlauch stecken die Schneckeneier und die Samenkapseln wie der Schufs, Pulver und Schrot, im Laufe des Gewehrs, die Eier mehr nach der Anheftung am Darmgeläfs, die Samenkapseln mehr nach dem freien Ende des Schlauches hin. Die gereiften und freigewordenen Spermatozoi- den befruchten die Schneckendotter, welche sich zu furchen beginnen, und dann in der Entwickelung fortschreiten, ganz wie sie von anderen Schnecken bekannt ist. Die sich entwickelnden Schnecken, anfangs zu mehreren in Blasen eingeschlossen, die sich um einzelne Gruppen befruchteter Dotter bilden, rücken dem freien Ende des Schlauches zu. Die Schnecken sind eben mit blofsem Auge sichtbar. Sie haben eine spiralige, ;—!, Linie lange Kalkschale von anderthalb Windungen, und stehen der Gattung Na- lica am nächsten. Auch die stecknadelförmige Gestalt der Spermatozoiden weist auf die Abtheilung der Gasteropoden, die Pectinibranchier, hin, denen diese Gattung angehört. Durch Eine solche Tracht kommen gegen 2400 Schnecken in die Welt. Diese Schnecken nannte Mürrer vorläufig, auf ihren wunderbaren Ursprung anspielend, Entoconcha mirabilis. Also Schnecken werden erzeugt in Holothurien; ein Weichthier in einem Strahlthiere. Es ist nicht anders, als ob ein Wirbelthier, etwa eine Maus, ein Gliederthier, etwa einen Schmetterling, erzeugte; es wäre im Ver- gleich dazu etwas Natürliches, von selbst Verständliches, brächte eine Aeffin, und zwar durch unbefleckte Empfängnifs, ein Menschenkind zur Welt. Ein jeder Anatom und Physiolog würde wohl, gleich Mürzer, verwirrt und ge- peinigt, angezogen und abgestofsen zugleich, vor diesem Ereignifs gestanden haben. Der Eindruck davon war, wie er selber berichtet, „keineswegs jene „freudige Aufregung, welche einen fruchtbaren Blick in die Natur oder die „Entdeckung einer verständlichen und Verständnifs bringenden Thatsache „zu begleiten pflegt, vielmehr war der erste und bleibende Eindruck beun- „ruhigend, verwirrend und demüthigend zugleich. Ich fühlte im voraus, „dafs es mir die längste Zeit nicht, oder vielleicht niemals gelingen würde „dasjenige zu verstehen, was das Zeugnifs der Sinne täglich vorführte. Es 1238 Die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. „wurde auch nöthig, die zierlichen pelagischen Larven und die seit vielen „Jahren geübte und gepflegte Fischerei bei Seite zu legen und die ganze „Kraft dem neuen Gegenstande zu widmen.”!3® Zwei Monate stand er so „Schildwacht bei der Hexerei von Schnecken,” wie er es nannte, und vielfach waren die Gedanken, die er sich diese Zeit über durch den Sinn gehen liefs. Er fühlte den Boden unter seinen Füfsen beben, dem er die Mühen seines halben Lebens anvertraut hatte. Er sah bereits im Geiste das Gebäude der zoologischen Systematik, an dessen Aus- bau er sich so eifrig betheiligt, erschüttert und durch tiefe Risse gespalten. Denn obschon von der Physiologie zur Zoologie herübergekommen, kann man nicht anders sagen, als dafs Mürrter einfach den Grundsätzen der herr- schenden zoologischen Schule huldigte, ohne dafs sich in seinen Schriften, wie man es wohl erwarten könnte, eine kritische Begründung seiner zoolo- gischen Forschungsgrundsätze, oder auch nur eine Spur davon fände, dafs er mit sich selber darüber in einem, irgendwie vermittelten Streite gelegen. Mütter lehrte die Bestimmung der Art als des Inbegriffes der In- dividuen verschiedenen Geschlechtes, die mit einander eine fruchtbare, und der Gattung als des Inbegriffes derer, die miteinander eine unfrucht- bare Nachkommenschaft erzeugen. Es störte ihn aber anscheinend nicht in dem Glauben an die prineipielle Bedeutung seiner systematischen Operationen, wenn man ihm bemerklich machte, dafs für die ungeheure Mehrzahl der von den Zoologen und Palaeontologen gebildeten Gattungen und Arten nicht nur der Versuch nicht angestellt, ja nicht einmal anstellbar sei, ob dieselben jener Begriffsbestimmung entsprächen, sondern dafs auch beim Aufstellen der Gattungen und Arten weder er selbst noch sonst Je- mand daran denke, ob die trennenden Merkmale wohl zur Anzeige dienen könnten, dafs diese und jene Thiere fähig seien oder nicht, sich miteinander fruchtbar zu begatten, oder eine fruchtbare Nachkommenschaft zu erzeu- gen, und dafs die Bedeutung der Gattungen und Arten ganz verschieden ausfälle bei den scharf ausgeprägten Säugethieren.z. B. und den unmerklich fein abgestuften Vögeln oder Insecten. Die Discontinuität im System, die darin liegt, dafs dessen höhere Gruppen, die Familien, Ordnungen u. s. w. einer physiologischen Begründung entbehren, wie sie durch jene Begriffs- bestimmung für die Arten und Gattungen gegeben ist, kümmerte ihn schein- bar nicht. MÜLLER’s allgemein-zoologische Anschauungen. 129 Mörrenr lehrte ferner die Unwandelbarkeit der Species, und das palae- ontologische Dogma von den schubweise in die Welt gesetzten Schöpfungen. Es liefs ihn unerschüttert, wenn man zur Sprache brachte, dafs wir aus der Uebereinstimmung auch der ältesten Thiermumien aus den Nekropolen des Nilthals mit den heutigen Thieren derselben Species, ebensowenig auf die Unwandelbarkeit der Species schliefsen dürfen, als aus dem Bogendifferen- tial einer Curve auf die Natur derselben. Es rührte ihn nicht wenn man ihm vorhielt, dafs, was unsere Sammlungen uns von untergegangenen Thier- geschlechtern erzählen, sich zu dem, was einst wirklich gelebt hat, kaum so verhalten dürfte, wie was in unseren Museen von den Kunstschätzen des Alterthumes geborgen ist, zu dem was die Strafsen und Hallen Rom’s und Hellas’ einst wirklich geschmückt. Endlich, da Mürzer Zeuge gewesen war des Falles der scheinbar letzten Bollwerke der Lehre von der Urzeugung, so waren auch in Rück- sicht hierauf seine Ueberzeugungen festgestellt, und es irrte ihn nicht, wenn man ihm zu bedenken gab, dafs die berühmten Versuche der Hrn. Fr. Scuurze,'5? Schwann'®® und Hermnorrtz!’?” doch im Grunde nur bewiesen, dafs in diesen wenigen Fällen, mit wenigen Grammen Substanz, im Laufe weniger Wo- chen kein organisches Wesen entstanden sei, nicht aber, dafs sich nicht im Laufe von beliebig vielen Millionen Jahren, und mit der sonnedurchglühten Oberfläche des Erdballs zum Laboratorium, dies räthselhafteste aller Ereig- nisse habe zutragen können. Genug, wie Mürrer in den einzelnen Organismen Kräfte walten liefs, die der unorganischen Natur fremd seien, so war er auch in der Schöpfungs- geschichte zur Annahme von Kräften geneigt, welche der heutigen Natur fremd geworden wären; und Sir Cuartes Lyerr’s Prineip des „Actualismus” !°0 aus der Entstehungsgeschichte der unorganischen auch in die der organischen Welt zu übertragen, lag seinen Ueberzeugungen, seinem Bildungsgange, vielleicht seiner Natur fern. In den verschiedenen Thierformen glaubte Mürrer nicht allein, was das physiologische Interesse daran ist, die verschiedenen Arten kennen zu lernen, wie die bildende Natur das Problem einer durch Oxydation von Eiweifskörpern, Kohlehydraten und Fetten betriebenen, empfindenden und der eigenen Vervielfältigung fähigen Kraftmaschine löst. In der Systematik sah er nicht blofs ein unentbehrliches Fachwerk, wodurch allein die Uebersicht der zahllosen Thiergestalten möglich wird. Indem 14 130 Die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. er den Verwandschaften der Thiere nachging, hatte er nicht im Sinne, wie wenn man in einem unbekannten Familienkreise die Gesichter mustert, den Grund für einen künftigen Stammbaum des Thierreiches zu legen. Son- dern im natürlichen System der Thiere, wie dessen Ideal ihm vorschwebte, forschte Mürter, mit voller Ueberzeugung, dem allgemeinen Plane nach, den die schaffende Macht von Anbeginn der organischen Welt, von jenen ersten Bryozoen, Krinoiden, Nautileen, Trilobiten, Placoiden unseres noch jungen Planeten an, bis in die menschenbelebten Tage der Jetztwelt ver- folgt habe. Dieser in sich geschlossenen, über das Unerklärliche beruhigten, an dem sauberen Zurechtlegen des Verständlichen sich erfreuenden Orthodoxie tritt nun plötzlich jenes Unerhörte entgegen, wie der Wittenberger Philo- sophie der Geist des Dänenkönigs. Schnecken in Holothurien erzeugt; ein Weichthier in einem Strahlthiere, scheinbar in einem eigens dafür bestimm- ten Organe des Strahlthieres zwar geschlechtlich, doch ohne Begattung, ge- boren: so erschien das Phaenomen beim ersten Anblick, und so stellte es sich dem unbefangenen Beobachter stets von Neuem und selbst dann noch dar, als, was erst in Berlin an mitgebrachten Weingeistexemplaren glückte, in zwei Synapten der „Schneckenschlauch” zugleich mit dem ge- wöhnlichen Keimschlauch dieser Thiere gefunden, und dadurch, ein erheb- licher Fortschritt, bewiesen worden war, dafs die Geschlechtswerkzeuge der Synapta in keiner Beziehung zur Schneckenerzeugung stehen. Sollte dies eine Art sein, fragte sich Mürrer, wie die Natur neue Thiergeschlechter in’s Dasein ruft? „Sie entständen nicht in der Luft und „uicht im Schlamm des Meeres, sondern in einem Organ ad hoc innerhalb „eines schon vorhandenen Thiers, also durch einen schon vorhandenen or- „ganischen Werkmeister, der zwar in seinem eigenen Dienste Gleiches aus „Gleichem erzeuge, aber auch im Dienste einer höhern Gesetzgebung in die „Geschichte der Schöpfung nach Gesetzen eingreife, die für jetzt noch un- „sern Blicken entzogen sind.” !61 Aber es ist noch eine andere Möglichkeit da. „Vergleichbar dem „Schild des Gottfried, welcher die Zaubereien der Armida löste, mufs der „Schild des Generationswechsels und der Metamorphose jedem scheinbaren „Zauber der Natur hartnäckig entgegengehalten werden, so lange eine Spur „von Hoffnung ist, ihn zu lösen... Wir sind schon auf diesem Felde an Verschiedene Erklärungsversuche. 131 „viel Wunderbares gewöhnt, welches sich doch demselben Gesetze fügen „mufs und wir mufsten noch auf starke Stücke gefafst sein.” !°? Also man hätte sich, um dieser Vorstellungsweise einen bestimmten Gehalt zu geben, z. B. zu denken, dafs der Schneckenschlauch, durch Knospung entstanden, gleich- sam den Vorkeim, wie ein solcher bei den Moosen und Farren vor- kommt, für die Erzeugung der Schnecken liefere, dafs die Schnecken wieder Holothurien zeugen u. s. f. Allein wie man sich auch wende, es bleiben bei dieser Deutung der Schwierigkeiten unzählige, und ge- wonnen ist so gut wie nichts: das zoologische System würde auch so auf das Tiefste erschüttert, da Holothurien und Schnecken nicht, wie z. B. die Meduse und ihre polypenartige Sirobila, demselben Typus angehören. Was Schnecken erzeugt, sagte zuletzt Mürter, mufs schlechterdings selbst eine Schnecke sein. Es kann nichts helfen, der Schneckenschlauch ist eine wurmförmige geschlechtsreife verlarvte Schnecke, nicht Schnecken- larve, welche von der Schnecke Alles abgelegt hat: Sinnesorgane, Fufs, Leber, After, Herz und Gefäfse, den Bau der Geschlechtstheile der Ga- steropoden und Mollusken überhaupt; welche in die Holothurie in ir- gend einem Zustande irgendwie eingedrungen ist; welche stets dieselbe An- heftungsstelle an dem einen Darmgefäfs findet, damit in der sonderbarsten Weise verwächst, und die Lebensart der Schnecken verläugnend, vom Blut der Holothurie zehrt. Stellt man sich die Dinge in dieser Art vor, so ist Alles gerettet: man hat es nur noch mit einer neuen Art von Parasitismus zu thun. So abenteuerlich ist indefs die Vorstellung der dergestalt redueirten Schnecke, und so unbegreiflich vor Allem der Umstand, dafs dieselbe, selbst wenn man sie sich bereits in die Leibeshöhle der Synapta. gelangt denkt, stets jene nämliche Anheftung am Darmgefäfs sollte finden können, dafs Mürrer in seiner ersten Mittheilung, vom October 1851, diese Erklä- rung kaum anzudeuten wagte. Allmählig indefs trat dieselbe bei ihm mehr in den Vordergrund, zum Theil vielleicht, weil andere Zoologen, mit gänzlicher Verwerfung der beiden ersteren Deutungen, und unbekümmert an die unsäglichen Dunkelheiten auch dieser letzteren, sich entschieden da- für aussprachen; hauptsächlich aber, weil, wie bemerkt, dies die einzige Vorstellungsweise ist, bei der die Zoologie der Gefahr eines Umsturzes ihrer Grundsätze und der daraus entspringenden Verwirrung entgeht. 142 132 Die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. In dem Werke: „Ueber Synapta digitata und über die Erzeugung von Schnecken in Holothurien”, dessen Vorrede vom August 1852 ist, läuft die Darstellung auf diesen Compromiss mit dem Unbegreiflichen hin- aus. Der aufserhalb des zoologischen Interesses stehende Leser kann jedoch nicht umhin zu bemerken, dafs die bevorzugte Hypothese kaum weniger als die beiden anderen zur Classe derer gehört, die in den theoretischen Na- turwissenschaften nur sehr ungern gemacht werden und eines sehr geringen Ansehens geniefsen, nämlich derer, welche eine Erscheinung aus Gründen ableiten, die lediglich aus den zu erklärenden Wirkungen erschlossen sind. Es ist hier nicht der Ort, und ich würde mich nicht für berufen halten, die Fälle von Reduction der Thierformen und von Parasitismus näher zu erörtern, welche der ungenannte Berichterstatter in den Annals of Natural History für geeignet hält, '°° dem Parasitismus der Entoconcha fast alles Auffallende zu nehmen. Meines Amtes ist nur, Jomannes Mürrer’s wei- teres Verhalten diesem Gegenstande gegenüber zu schildern und dessen Deu- tung zu versuchen. Sonderbar genug: er, der mit höchster Spannung und glühendem Forschungsdrang im Herbste 1851 die Kenntnifs der Thatsachen bis zu dem bezeichneten Punkte geführt, der mit einer Art von Verzweiflung hier nach Licht gerungen, hat keinen weiteren Versuch gemacht, um für eine der aufgezählten Möglichkeiten entscheidende Gründe zu entdecken. Zwar be- gab er sich, im Herbste 1852, abermals nach Triest, jedoch, wie es scheint, nur, um seine Untersuchungen über die Entwickelung der Echinodermen fortzusetzen. Die Synapten mit ihrer unheimlichen Brut wurden ziemlich oft wiedergesehen. Aber von dem Wald von Köpfen, den ihm, sollte man meinen, diese Hydra, jeden Kopf eine Frage, entgegenhielt, hat er auch nicht einen mehr herabgeschlagen. Kommen die Schnecken aufserhalb der Synapta fvei im Schlamme vor? Was sind ihre Schicksale? Wovon leben sie? Wie und was zeugen sie? Was ist die Geschichte des Schnecken- schlauches? Wie entsteht, wie vergeht er? Was sind die Mittelformen zwischen den fast mikroskopischen Schnecken und dem mehrere Zoll langen Schlauche, der angeblich verlaryten Schnecke? Wie gelangen die Schnek- ken in die Synapta? Wie aus der S'ynapta in’s Freie? Oder bleiben sie in der S'ynapta, und was sind dann ihre Schicksale? Was lehrt die Erfah- rung über die gleichartige Synaptenbrut? Und so fort in’s Grenzenlose. Compromiss mit dem Unbegreiflichen. 1383 Unzweifelhaft wird die Beantwortung vieler dieser Fragen mit ungeheuren Schwierigkeiten verknüpft sein. Allein von keiner derselben heifst es auch nur, dafs deren Erledigung versucht worden und mifsglückt sei. Man würde sich, glaube ich, täuschen, legte man Mürzer’s Trägheit diesen Aufgaben gegenüber so aus, als sei er von dem Parasitismus der En- toconcha jetzt so überzeugt gewesen, dafs er es für unnöthig, oder wenig- stens für unfruchtbar gehalten habe, denselben durch weitere thatsächliche Forschungen festzustellen. Die Art, wie er sich, unmittelbar vor seiner Abreise, in dem erwähnten Buche darüber ausdrückt, schliefst diesen Ge- danken aus. Die vortheilhafte Meinung, die sich innerhalb der Schule kund- gab, dafs es ihm gelungen sei, den Parasitismus der Entoconcha „im höch- „sten Grade glaublich zu machen”, theilte Mürzer selbst nicht. Viel- mehr habe ich Grund anzunehmen, dafs er noch immer die Möglichkeit des Zutreffens einer der anderen Deutungen vor sich sah, und dafs er eine weitere Aufklärung des Gegenstandes deshalb vermied, weil seine tief erregbare Natur vor den Folgen der Thatsache zurückschreckte. Um es auszusprechen, Mürter getraute sich nicht, den Schleier vom Bilde zu heben, und zog es vor, sich wieder in die ruhige, wenn auch vielleicht trügliche Sicherheit zu wiegen, deren er für den Fortbau seiner einmal begonnenen Unternehmungen bedurfte. Er fühlte sich vielleicht nicht mehr jung genug, um die, wie er argwöhnte, ihm angebotene Rolle eines Zertrümmerers der alten Ordnung zu übernehmen, wo er kaum hoffen durfte, selber noch der Hersteller einer neuen Ordnung zu sein, oder auch nur dieselbe zu erleben. Der zoologischen Schule sind solche Bedenken fremd. Ihrer Lehre gewils, weils sie @ priori, dafs Mürzer, einen Augenblick vielleicht älteren phantastischen Neigungen und naturphilosophischen Gedankenwegen folgend, sich durch ein Trugbild hat irre machen lassen; dafs der Schneckenschlauch nur eine parasitische reducirte Schnecke ist. Wird sie aber nichts un- ternehmen, um den Uneingeweihten die Theilnahme an dieser Einsicht zu erleichtern? Wird man noch lange in zoologischen Handbüchern von der „sehr auffallenden rückschreitenden Metamorphose der Entoconcha „mirabilis, die bis jetzt noch ganz isolirt stehe”, als von einer ausgemachten Sache lesen, während noch Niemand ein Mittelglied zwischen den Schnecken und dem Schneckenschlauch auch nur zu beobachten versucht hat? 134 Letzte Arbeiten MÜLLER’s. Im Jahre 1854 schlofs Mürrer die Untersuchungen über die Ent- wickelung der Echinodermen ab. Gleich denen über die Myxinoiden hatten sie sich über einen Zeitraum von acht Jahren erstreckt, auf deren jedes eine Abhandlung kommt, wenn man diejenige hinzuzählt, in der Mürzer von dem Bau der Echinodermen überhaupt handelt. Diese Arbeiten brachten Mör- ver mehr Auszeichnung, als irgend eine seiner früheren Leistungen. Noch in demselben Jahre 1854 erhielt er die Corrrx-Medal der Royal Society, 1% und den Prix Cvviıer der Pariser Akademie,!° der erst einmal, nämlich an Hrn. Acassız für die Untersuchungen über die fossilenFische, ertheilt worden war, und, wegen der Erinnerung an Cvvırr, Mürrer besonders gefreut zu haben scheint.!° Im Jahre 1857 bekam Mürrer auch noch den Sönmzring- schen Preis der Senckenbergischen Gesellschaft. Wir dürfen Mürrer’s Arbeiten über die Echinodermen nicht verlas- sen, ohne noch der wichtigen Beobachtung zu erwähnen, die ihm an den Eiern der Holothurien gelang. Er beschrieb daran einen, die Eihülle senk- recht durchsetzenden Canal, und diese Wahrnehmung ist nach der des Hrn. Keser die erste in der Reihe derjenigen gewesen, aus welchen sich die Lehre von der Befruchtungspforte der Eier entwickelte; ein Fortschritt, an dem sich Mürrer auch noch durch die Entdeckung der zahlreichen, die Ei- kapsel einiger unserer Flufsfische durchbohrenden Porencanäle betheiligt hat. Von 1854 ab verfolgte Mürzer vorzüglich verschiedene pelagische Thierformen, die ihm bei seinen mikroskopischen Fischzügen aufgestofsen waren. Mehrere davon ergaben sich gleichfalls als Larven bekannter Thiere, Medusen, Planarien, Pteropoden; in anderen dagegen, den von ihm soge- nannten Akanthometren, erkannte Mürrer den Thalassicollen und Polyey- slinen verwandte Organismen, welche mit jenen zusammen als radiäre Rhizo- poden den Polythalamien entgegenzusetzen sind. Die Akanthometren sind sphaeroidische, bewegungslose Massen gallertiger belebter Substanz, in wel- chen, wie die Nadeln im Nadelkissen, lange, gewöhnlich vierkantige Riesel- nadeln stecken, die im Mittelpunkt zusammenstofsen. Sie kommen an der Oberfläche des Meeres bei Messina, Nizza, Triest überall da reichlich vor, wo das Wasser völlig rein ist. Ihre Lebenserscheinungen sind noch unbe- kannt. Von diesen Geschöpfen, und den radiären Rhizopoden überhaupt, handelt Mürren’s letzte, erst nach seinem Tode ausgegebene Abhandlung in unseren Denkschriften. Radiäre Rhizopoden und Infusorien. 155 Endlich hatte Mürter über dem vorwiegenden Interesse an den pelagi- schen Thierformen doch auch die mikroskopische Süfswasserfauna nicht unbe- achtet gelassen, deren Unendlichkeit uns durch Hrn. Ennengeng’s Arbeiten aufgedeckt worden ist, von denen er sagte, dafs er ihrer nie ohne Leiden- schaft gedenken könne. Sein Streben, für welches er mehrere jüngere Ge- nossen warb, ging dahin, die Lebenserscheinungen der Infusorien, und die Bedeutung ihrer Organe, tiefer zu ergründen, als dies, inmitten des Andran- ges so zahlloser Gestalten, dem ersten Beschreiber möglich gewesen war, und es gereichte ihm zu grofser Genugthuung, durch Auffindung Spermato- zoiden-ähnlicher Gebilde in der von Hrn. Enrengerg sogenannten Samen- drüse der Stentoren eine glückliche Ahnung seines Vorgängers zu bestätigen. Aeufsere Schicksale MÜLLER’s während der Berliner Lebensperiode. Von Mürrer’s äufseren Geschicken während der fünfundzwanzig Jahre, die von seiner Berufung nach Berlin bis zu seinem Tode verflossen, ist wenig zu berichten. Wie schon gesagt, das Entwerfen, das Ausführen, das Voll- enden seiner grofsen Werke, von denen immer eines das andere drängte: das sind die wahren Ereignisse, nach denen die Abschnitte seines Lebens zu zählen sind. Denn auch die häufigen Reisen, durch die fast allein in dieser ganzen Zeit seine einförmig arbeitsame Lebensweise unterbrochen wurde, geschahen mit wenigen Ausnahmen nur im Dienste der Wissenschaft, zum Zweck des Besuchs von Museen, oder pelagischer Thierstudien. Im Jahre 1841 erhielt Mürzer einen Ruf nach München an Dörın- ser’s Stelle, den er gegen Zusicherung einer Gehaltserhöhung ablehnte. Dreimal ist Mürter Dekan gewesen, zweimal Rector, das letztemal in dem verhängnifsvollen Jahre 1848. Düsteren Muthes sah er den Sturm von Westen heraufziehen, dem er an so ausgesetzter Stelle die Stirn bieten sollte. Mürter war kein Politiker. Wenn er auch den Quietismus nicht so weit trieb, wie Cuvırr, der die Be- schäftigung mit der Zoologie als Mittel gegen die politische Aufregung seiner Zeit empfahl'°’, so war er doch wesentlich Aristokrat der Intelligenz. Er hatte ein Herz für Deutschland, und wenige haben mehr gethan als er, um auch in der Wissenschaft das deutsche Nationalgefühl zu starker Unabhängigkeit zu wecken. Aber er war vor Allem Gelehrter, und er wufste wohl, dafs es 136 Mürzer's Rectorat im Jahre 1848. ein vollkommener Irrthum ist, wenn man die Blüthe der Kunst und Wissen- schaft als abhängig darstellt von dem Mafs der bürgerlichen Freiheit und der Betheiligung der Einzelnen am Staatsleben. Wie für jenen Halcyon der Fabel, mufs sich für die Wissenschaft die Woge des Staatslebens glätten, damit sie sicher nisten könne. Die erste Bedingung für die Zeitigung grofser Werke des Geistes ist die Ruhe, welche aus dem Vertrauen auf die Dauer- haftigkeit geordneter Zustände erwächst, diese mögen sonst beschaffen sein wie sie wollen, wenn sie nur mit keiner unmittelbaren Bedrückung der Gei- ster verknüpft sind. So ward, älterer Beispiele zu geschweigen, gerade die Restauration für die französische Wissenschaft die Zeit des höchsten Ruh- mes. MürtEr war conservativ, wie tief bedächtige Kenner der menschlichen Natur zu sein pflegen, sofern sie nicht selbst bei der Bewegung interessirt sind. Wie er in der Facultät das Bestehende zu erhalten suchte, auch wo es abgelebt ist, wie der Gebrauch der lateinischen Sprache zu Prüfungen und Gelegenheitsschriften, so sah er im Staatsleben mit Besorgnifs Neuerun- gen entgegen, von denen Niemand verbürgen konnte, dafs sie besser sein würden, als das dafür Aufgegebene. Einem Manne von Mürrer’s strengem _ ÖOrdnungssinn war die Anarchie in der Staatsmaschine, vollends auf der Strafse, kein geringerer Greuel als unter den Präparaten des Museums oder in seiner Bibliothek. Das Berufen auf die rohen Elementarmächte der Ge- sellschaft erschien ihm als ein Preisgeben der Cultur mit allen ihren Errun- genschaften. Dazu kam sein besonderes Verhältnifs zur Regierung, gegen die er fast kindliche Verpflichtung empfand. Was ihn aber ganz unglücklich machte, war die lange Störung, ja Unterbrechung, die, wie er mit Bestimmt- heit vorhersah, seinen Studien jetzt bevorstand. Nun war der Sturm da, und bald fand sich Mürrer in die schwierig- ste Lage versetzt: ohne eine andere Gewalt, als die moralische seiner Amts- würde, seines Ansehens als Lehrer und seiner Mannhaftigkeit, berufen eine feurige, im Taumel der höchsten Aufregung hin- und herwogende, den man- nigfachsten Einflüssen preisgegebene, von Parteiungen zerrissene Jugend zu zügeln und wo möglich zu leiten, der er, ein ungewohntes Geschäft, mit eigener Hand Waffen hatte austheilen müssen. Dazu ging ihm eine Gabe ab, die man doch damals an jeder Strafsenecke traf, die der leichtfliefsenden und volltönenden, wenn auch gedankenleeren Beredsamkeit, welche nach Be- dürfnifs schmeichelt, hinreifst, droht. Seine Rede hatte leicht etwas höl- Mürrzer's Rectorat im Jahre 1848. 137 zernes, zugeschnürtes, und der Rector zog nicht selten den Kürzeren im Kampf mit den Commilitonen auf den Rostren der Aula. Seine Qual zu erhöhen, suchten Einige, nicht einmal in der Revolution original, nach dem Schema der Vorgänge in einer anderen grofsen deutschen Hauptstadt, das Universitätsgebäude zum Mittelpunkte von Parteibestrebungen zu ma- chen. Nun sah Mürtzr bereits im Geiste bei irgend einem Zusammenstofs, wie ihn jeder Tag bringen konnte, das Gräfslichste vollendet, die Flammen aus den Bogenfenstern der anatomischen Sammlung lodern, und unersetz- liche Schätze zerstört. Mit dem Degen umgürtet, die Arme verschränkt, finsteren Blicks, hielt er selber Tag und Nacht Wache vor der Thür der Universität; und mancher unruhige Kopf, dem nicht der Rector magnifi- cus, noch weniger der grofse Anatom und Physiolog imponirte, wich in ihm vor dem entschlossenen alten Burschenschafter zurück. Denn, wie verschieden auch die vom Parteihader verdunkelten Berichte aus jener Zeit über Mürrer’s Amtsführung lauten, in Einem Punkte stimmen alle über- ein: dafs, wo es galt, der Rector sich mit gänzlicher Verachtung der Gefahr zwischen das Gesetz und die dawider Anstürmenden geworfen habe; dafs er als Mann von Muth und Ehre überall nach bestem Wissen für Recht und Pflicht eingetreten sei. Sieben Monate dauerte die Folter, als welche Mürrer die Reihe von widrigen Vorgängen empfand, in die er fast Tag um Tag verwickelt wurde. Doch hielt er männlich Stand, und nicht wenig bezeichnend ist, dafs er sogar in dieser Zeit noch Ruhe und Mufse zum Arbeiten gewann. In den Sommer 1848 fällt die Vollendung seines Werkes über die Zeuglodonten, und am 27. Juli dieses Jahres las er in der Akademie die zweite seiner Abhandlungen über die Echinodermen. Endlich rückte der Augenblick heran, der ihn sei- nes Amtes entband. Es war hohe Zeit, denn Mürtrr war dem Zusammen- brechen nahe. Bei beständiger Schlaflosigkeit, schrieb er dem damaligen Mi- nister-Verweser v. LApEnBeErg, indem er um Urlaub für den Winter bat, fühle er sich in einen Zustand sehr grolser Abspannung versetzt, ähnlich dem in ‚welchem er sich im Jahre 1827 befunden, und von dem er, nach jener frühe- ren Erfahrung, voraussehe, dafs es längerer Zeit zu seiner Ausgleichung be- dürfen werde. Noch am Tage des Rectorwechsels verliefs er Berlin, und ging an den Rhein, wohin es ihn immer wieder mit heimathlichen Regungen zog, später, wie schon vorher erzählt ward, an die See nach Ostende und 15 138 Mürzzr’s Schiffbruch. Marseille, um im Umgang mit den vertrauten Wundern der Tiefe das im wüsten Menschenzwist verlorene Gleichgewicht wieder zu gewinnen. Für seine pelagischen Thierstudien war Mürrer sonst, wie bemerkt, allein auf die Ferien angewiesen. Der Abend des Tages, an dem er seine Vorlesungen schlofs, sah ihn schon auf der Eisenbahn, in Begleitung sei- ner Familie oder auch vertrauterer Zuhörer, ohne Aufenthalt dem für seine Forschungen erkornen Orte zueilen. So hat er in acht Reisen die Küsten der Ost- und Nordsee von Flensburg bis Gothenburg und Östende, in elf Reisen die des adriatischen und Mittelmeeres von Triest bis Messina und Cette besucht. Seine letzte Reise war die im Herbste vorigen Jah- res nach St. Tropez im Departement du Var zur Beobachtung der Akan- thometren. Zweimal auf diesen Reisen gerieth Mürrer in die äufserste Lebens- gefahr. Am 6. August 1853, als er mit seinem Sohne und Hrn. Troscaeu über den Gotthard fuhr, stürzte der Wagen in der Nähe des Hospices einen steilen Abhang hinunter. Mütter und seine Reisegefährten blieben unver- sehrt, ein anderer Reisender brach den Arm. In der Nacht vom 9. auf den 10. September 1855 verliefs Mürrer bei schönem Wetter und ruhigem Meer nebst zwei Reisegefährten Christiansand auf dem eisernen Dampfer „Norge”. Als der „Norge” etwa eine Meile in See war, rannte der heimkehrende „Ber- gen” dem „Norge” in die Seite, so dafs dieser nach zehn Minuten mit allen an Bord befindlichen Menschen, etwa neunzig an der Zahl, sank. Ueber die Hälfte davon, darunter der eine von Mürren’s Begleitern, Dr. Scanipr, ertrank. Der andere, Hr. Dr. Schseiver, erreichte schwimmend den „Bergen”. Mür- ter selbst, in schwerer Reisetracht, zuerst durch den Strudel des versin- kenden Schiffes in die Tiefe gerissen, kämpfte sich empor, und hielt sich theils schwimmend, theils an Trümmern, so lange oben, bis ihn das Boot des „Bergen” rettete. Das Knirschen der eingerannten Eisenwände, das Ge- prassel der mit der Feuerung zusammentreffenden See, vor Allem aber das gräfsliche Geheul des auf dem Deck zusammengeballten verzweifelnden Menschenknäuels, sind ihm lange nicht aus dem Sinn gekommen. Schon in seiner Jugend, da er beim Schwimmen im Rhein unter ein Flofs gerieth, war er mit Mühe einer ähnlichen Gefahr entronnen. Jetzt wetteiferten Aka- demie und Universität, ihm durch öffentliche Ehren ihre Theilnahme an seiner wunderbaren Rettung zu bezeugen; und wer hätte nun nicht glauben Mürzer's Fruchtbarkeit. 139 sollen, dafs er uns bis an die natürlichen Grenzen des menschlichen Daseins würde erhalten bleiben. Ich wiederhole es: umsonst. Nur noch sein Ende bleibt mir zu berichten übrig. MÜLLER’s Leistungen als Ganzes betrachtet. Fafst man Möürter’s Leistungen als Ganzes zusammen, so fällt daran, wie bei anderen Talenten ersten Ranges, zuerst in die Augen seine unge- heure Fruchtbarkeit. Die Zahl seiner selbständigen Schriften beläuft sich auf 20, die seiner in Sammelwerken gedruckten gröfseren und kleineren Ab- handlungen auf etwa 250. Ohne die drei neuen Auflagen des ersten Bandes der Physiologie, hat er etwa 800, Alles in Allem etwa 950 Bogen gedruckt, sämmtlich voll wirklicher, sei’s von ihm selber beobachteter, sei’s scharf beurtheilter und sorgfältig zusammengestellter fremder Thatsachen. Dazu gehören etwa 350 grofsentheils von ihm selber gezeichnete Tafeln mit Abbil- dungen. Es giebt einen Begriff von der Summe dieser 'Thätigkeit, wenn man sich denkt, dafs Mürrer von Ostern 1821, wo er neunzehn Jahr alt war, bis zu seinem Tode, d. h. 37 Jahre lang, Jahr aus Jahr ein alle sieben Wo- chen eine wissenschaftliche Arbeit von etwa 3,5 Druckbogen mit etwa 1,3 Figurentafel an’s Licht gefördert habe. Ob Mürrer in dieser Beziehung, wenn man seinen frühen Tod er- wägt, von irgend einem, sei’s älterem, sei’s neuerem Naturforscher über- troffen werde, möchte zu ermitteln sich nicht der Mühe verlohnen. Einzig aber steht er unter den Erforschern der belebten Natur jedenfalls da durch die Vielseitigkeit seiner Leistungen. Wie ungemein er hierin, um bei den Todten stehen zu bleiben, die gröfsten Anatomen und Physiologen der nach- hallerischen Zeit: Fontana, SparLanzanı, Scanra, Joun Hunter, CHARLEs Berr, Brumensach, MeckeL, Sömmering, Ruvorpnt, Teevıranus, Bı- CHAT, GEOFFROY DE Saınt-Hıraıme, Macendie, endlich auch Cvvier über- ragt, bedarf nicht des Beweises. Harzer selber könnte wohl mit ihm in Ver- gleich kommen, in so fern auch er mit seinen Forschungen fast den ganzen Umfang der organischen Naturwissenschaft seiner Zeit umspannt hat; wenn nur dieser Umfang zu Harrer’s mit dem zu Mürrer’s Zeit vergleichbar wäre. Wir haben Mürrer nach einander sich in der Physiologie der Bewe- gung, des Foetallebens, der Sinne; in der Zergliederung der Wirbellosen, 15* 440 Möürter's Vielseitigkeit. insbesondere der Gliederthiere; in der Entwickelungsgeschichte und der Histiologie; in der Nervenphysik und der Thierchemie; in der menschli- chen Anatomie, der Ethnographie und der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere; in der Physiologie der Stimme und Sprache und der patho- logischen Anatomie; in der systematischen Zoologie und der Palaeontolo- gie sich hervorthun sehen, bis ihn endlich die Erforschung der Echinoder- men und ihrer wunderbaren Entwickelung, und der wirbellosen Thierfor- men des Oceans überhaupt, mit überwiegender Macht fesselte. Es liegt in der Natur der Dinge, dafs sich durch Arbeiten von solcher Ausdehnung und Mannigfaltigkeit nicht der Faden einer einheitlichen Untersuchung ziehen, oder der planmäfsige Fortschritt nach einem bestimmten Ziele ausprägen kann, wodurch, namentlich in der theoretischen Naturwissenschaft, manche Forscher-Laufbahn von viel geringerer Bedeutung eine Art von dramati- schem Interesse erhält. Der Plan, dessen Verwirklichung in Mürrer’s Ar- beiten man bewundern mufs, ist eben die Universalität seiner Bestrebungen. Sie entsprang bei ihm nicht, wie man dies heute manchmal sieht, aus der eitlen Sucht zu zeigen, dafs er dieser oder jener Art der Untersuchung auch gewachsen sei, sondern aus dem brennenden Triebe seines Geistes, das Ganze der Lebenserscheinungen mit hochschwebendem Blick zu beherr- schen, und doch wiederum, falkenähnlich, das Einzelne auf das Schärf- ste zu erfassen. Ein unbemeistertes Gebiet der Wissenschaft liefs ihm keine Ruhe, wie Arexanper oder Tamertan ein unbesiegtes Volk. . Bei erster Gelegenheit wurde es seinem Gedankenreich einverleibt; aber ein- verleiben hiefs bei ihm immer zugleich allseitig prüfen, zweckmäfsig umgestalten, bereichern, vertiefen, ausbeuten, in Beziehung setzen, so dafs aus jeder solcher Erwerbung auch eine ihm eigene Frucht erwuchs. Und da er dergestalt an fast allen Punkten des unabsehbaren Gebietes der anatomisch-physiologischen Wissenschaften zu irgend einer Zeit selbst Hand an’s Werk gelegt hat, seinen eigenen Forschungen aber mit we- nigen Ausnahmen gute Quellenstudien zu Grunde lagen, so kann man wohl behaupten, dafs ihm mehr als seit Harrer irgend einem anderen organischen Naturforscher, die wesentliche Summe des bis zu seiner Zeit Erstrebten und Geleisteten, sowie des zunächst zu Leistenden, in bestimmten Umrissen vorge- schwebt habe, während die durch eigene Erfahrung gewonnene Einsicht in die Natur und den Werth der in den einzelnen Feldern üblichen Forschungsmetho- Gleifsmäfsiger Werth seiner Leistungen. 141 den ihm eine Sicherheit des Urtheils verlieh, die schwerlich wiederkehren wird. Freilich hat Mürrter diese Alles beherrschende Stellung nicht bis zuletzt vollständig zu behaupten vermocht. Aber wer möchte an ihm mäkeln, weil er, als ihm die von ihm selber heraufbeschworene Fluth über den Kopf wuchs, sich dahin zurückzog, wo er sicherer Meister war, und wer gleicht ihm denn an Vielseitigkeit, selbst wenn man die Experimental -Physiologie unter seinen Fächern streicht? Obschon natürlich Mürrer’s Arbeiten ‚nicht alle gleich bedeutend sind, so ist doch, trotz ihrer Ausdehnung und Mannigfaltigkeit, kaum eine davon schwach zu nennen, und in jedem Fache, womit er sich beschäftigt hat, kann man von dessen eigentlichen Vertretern sein Lob vernehmen, was bei sehr vielseitigen Gelehrten nicht immer der Fall ist. Es liegt seinen Arbeiten stets vollendete Sachkenntnifs, und ein starker, gesunder Ge- dankengang zu Grunde. Stets wird der Gegenstand mit einem auf das Wesentliche gerichteten Ernst ergriffen, allseitig erörtert und, wo kein glänzendes Ergebnifs zu erzielen war, wenigstens bestimmt gefördert. Die Anzahl positiver Thatsachen, die Mürrer in den verschiedensten Gebie- ten an’s Licht gezogen hat, übersteigt alle Vorstellung, und doch ist es ganz erstaunlich selten, dafs ihm ein thatsächlicher Irrthum, oder auch nur eine unvollkommene Beobachtung nachgewiesen ist. Dagegen ist es mehrmals vorgekommen, dafs die Richtigkeit seiner Wahrnehmungen erst in Zweifel gezogen und nachher doch anerkannt worden ist. Das scharfe unverdrossene Augenpaar, dessen er sich in der vergleichenden Phy- siologie des Gesichtssinnes rühmt,'!°°® hat ihn nie im Stich gelassen, und wenn er im Mifstrauen gegen fremde Beobachtungen stark war, und gemei- niglich erst dann glaubte, wenn er selbst untersucht, selbst gesehen hatte, !°° so trieb er die Zweifelsucht, was seine eigenen Ergebnisse betraf, wo mög- lich noch weiter. In der Regel untersuchte er denselben Gegenstand drei- mal, das zweitemal während er darüber schrieb, das drittemal während des Druckes; und seine Manuscripte und Oorrecturen waren der Schrecken der Seizer. Es liegt in der Massenhaftigkeit von Mürrer’s Schöpfungen, wenn man, wie unwillkürlich jeder thut, seine eigenen „sieben Sachen” damit ver- gleicht, etwas so Erdrückendes, dafs man sich gern nach seiner Art zu ar- beiten erkundigt, in der geheimen Hoffnung, auf irgend einen Umstand zu 149 MÜLLERs Art zu arbeiten. stofsen, der ihm besonders günstig gewesen sei. Aber man entdeckt nichts der Art, sondern neben den Naturgaben, durch die er eben mehr vermochte als Andere, neben einem riesigen Arbeitsvermögen, einem erstaunlichen Gedächtnifs, einer wunderbaren Spürkraft und einem schlagend richtigen Urtheil, nur einen eisernen Fleifs, der mit äufserster Entsagung jeden freien Augenblick zu Rathe hielt. Welche Menge von Vorlesungen und anderen Berufsgeschäften Mürrer’s Zeit verkürzte und zersplitterte, ist be- reits früher erwähnt worden. Er konnte nicht, wie BerzerLıus oder Leo- porn von Buch, ungestört seiner Gedankenwelt leben. Täglich mufste er den Faden seiner Untersuchungen ein- oder mehreremal abbrechen, um die denselben fernliegende Gedankenreihe seiner Vorträge in sich anzuregen, auch wohl diese oder jene Kenntnifs oder Anschauung aufzufrischen. In späteren Jahren freilich kosteten ihn seine Vorlesungen nicht viel mehr. Zeit als sie dauerten. Da er überall selbst untersucht hatte, bedurfte er nir- gends der Vorbereitung, und auf Zeigen von Versuchen im physiologischen Colleg lies er sich kaum mehr ein, seitdem er vorwiegend Morpholog ge- worden war. Allein früher war dies nicht der Fall, und auch so blieb ihm noch der Frohne genug. Es würde um sein Arbeiten schlimm bestellt ge- wesen sein, hätte er nicht wie Wenige die Kunst verstanden und geübt, auch den „Goldstaub der Zeit” zu nützen. In der Viertelstunde zwischen zwei Vorlesungen setzte er sich freien Kopfes hin, und fuhr, leise vor sich hin singend, im Präpariren oder Zeichnen fort. In seiner letzten Periode hatte Mürren die Art, sich jedesmal ausschliefs- lich in den Gegenstand zu versenken, mit dem er gerade beschäftigt war. Er behielt von dem Uebrigen gegenwärtig gleichsam nur, was er für den täglichen Bedarf seiner Vorlesungen brauchte. Alles Uebrige hielt er sich fern mit einer Starrheit, die dem Uneingeweihten als die blasirteste Theil- nahmlosigkeit erscheinen konnte, und die sich in ihrer Wirkung nach Aufsen auch nur wenig davon unterschied. So hat er die vornehmsten Versuche der heutigen Physiologie, über Gegenstände die ihm früher das glühendste Interesse einflölsten, nie gesehen. Das Stereoskop, das von Hrn. Brücke entdeckte Leuchten der menschlichen Augen, die daran sich knüpfende Er- findung des Augenspiegels durch Hrn. HermnoLrz, haben den Verfasser der vergleichenden Physiologie des Gesichissinnes gleichgültig gelassen. Es bedurfte fast eines moralischen Zwanges, um Mürzer zu bewegen, eine MüÜrter’s Art zu arbeiten. 143 Krnperen’sche Sprechmaschine zu besichtigen, die Hr. von Orrers auf meine Bitte die Güte gehabt hatte, vom Königlichen Kunstcabinet an das physiologische Laboratorium abzugeben. Allein auch dies mufs in Mürren’s Jugend anders gewesen sein. In der Zeit seiner gröfsten Leistungsfähigkeit, als er zugleich die Bildungsgeschichte der Genitalien und das Drüsenwerk, zugleich den ersten Band der Physiologie und die vergleichende Osteologie und Myologie der Mywinoiden herausgab, mufs er vielmehr im höchsten Grade das Vermögen besessen haben, sein Interesse zu theilen, und zwi- schen mehreren Gegenständen hin- und herzuspringen. Der einzige Umstand, von dem man sagen kann, dafs er Mürren die häufige Production erleichtert habe, ist seine Gleichgültigkeit gegen die for- melle Vollendung seiner Arbeiten. Obschon Mürrer lebhaften Antheil nahm an Literatur nnd Kunst, auch als anatomischer Zeichner es sehr weit gebracht hatte, und trotz der Einwirkung, die er in der Jugend von GorrHe erfuhr, lag doch in ihm selber kein künstlerisches Element. Es kam ihm auf das Wesent- liche an; war dies festgestellt, so trat er damit hervor, ohne sich viel mit der gleichmäfsigen Ausführung von Nebendingen aufzuhalten, die nur gefäl- lige Abrundung bezweckt haben würde. Wer auch hierin das Vollkommene zu erreichen sucht, weils wie viel Zeit Mürter so ersparte, während viel- leicht seine Arbeiten dadurch um so anregender wirkten. Ebenso nahm es Mürrer leicht mit der Darstellung selber, wie schon bei Gelegenheit der Physiologie bemerkt werden mufste. Er konnte darin Treffliches leisten, wie er dies z. B. in der Einleitung zum Berichte über die Fortschritte der pathologischen Anatomie im Jahre 1835, in der Schilderung der Temperamente, der Geschlechter und der Lebensalter in der PAysiolo- gie gethan hat. Auch sonst liegt, wenigstens meinem Gefühl nach, trotz all den gerügten Mängeln seines Stils in diesem Werke, in der hervorsprudeln- den Fülle von Thatsachen, die ihm in jedem Augenblick zu Gebote stehen, und in der markigen Einfachheit der ganzen Manier, bei aller Nachlässigkeit etwas ungemein Grofsartiges, auf alle Fälle tief Anregendes. Auf unfehl- bare Deutlichkeit des Ausdrucks war er sehr bedacht; er brauchte z. B. häu- fig keine Fürwörter, sondern wiederholte jedesmal das Hauptwort. Auch geschah es, dafs er mir die Beschreibung einer verwickelten Form vorlas, ohne mir den Gegenstand zu zeigen, und mich dann denselben zeichnen liefs, um sicher zu sein, dafs seine Beschreibung die richtige Vorstellung erwecke. 144 Mürrzzr’s Darstellung. Seine Formbeschreibungen pflegen durch treffende Vergleiche erläutert zu sein, worin theils der Reichthum seiner Phantasie sich offenbart, theils Ge- genstände aus seiner täglichen Umgebung erkennbar sind: die Baggerma- schine, die vor seinen Fenstern arbeitete, die Haube der Frau Marihe Schwerdtlein aus CorseLıus’ Umrissen zum Faust, die in seinen Zimmern hingen!’°; zum Zeichen, wie sich für ihn Alles auf die wissenschaftliche Aufgabe, die ihn eben erfüllte, bezog. Hätte Mürrer in Frankreich gelebt, wo er, um auf das für aesthetische Eindrücke empfänglichere romanisch-cel- tische Volkselement zu wirken, gezwungen gewesen wäre, auch dem Aeu- fseren seiner Arbeiten einige Sorgfalt zu widmen, er wäre gewils, gleich Cvvıer, ein Meister des wissenschaftlichen Stils geworden. So aber sind zwar seine Einleitungen meist gut gewendet und klangvoll, bald aber be- merkt man, wie er sich gehen läfst, Fremdwörter und Idiotismen häufen sich, und es ist klar, dafs es ihm nur darauf ankommt, die gewonnenen Er- gebnisse in kürzester Zeit loszuwerden. Man hat, dem Neide ein Trost, bemerkt, dafs Mürter, trotz allen Anstrengungen, genau genommen keine Entdeckung ersten Ranges geglückt sei; keine jener Beobachtungen, die von ganz unbedingter Wichtigkeit und Neuheit zugleich, den Namen ihres Urhebers mit sich sicher durch die Fluth der Zeiten zu tragen versprechen. Die Reflexbewegungen, die Verrichtung der vorderen und hinteren Wurzeln, die Constitution des Blutes gehören ihm nicht rein an. Die Lymphherzen, die Rankenarterien, das Chondrin seien nicht zu vergleichen mit der Flimmerbewegung, der Zellentheorie, der periodischen Reifung des menschlichen Eies, und noch manchem Anderen was Andere neben ihm entdeckt hätten. Endlich die Entwickelung der Echinodermen erscheine mehr als eine Erweiterung der Lehre vom Genera- tionswechsel und der Metamorphose, als dafs ein neues Prineip darin ent- halten sei. Möürrer’s Ruhm ist grofs genug, um das Zugeständnifs zu ertragen, dafs etwas Wahres in diesem Urtheil liege. Ja, er hat im Allgemeinen mehr das von Anderen Angeregte ausgeführt, als selber fortzeugende Gedanken hervorgebracht. Meist hat er sich, wie z. B. in der Lehre von den Drüsen, von der Stimme, von den Geschwülsten, mit glücklichem Taete gehäuften Rohstoffes bemächtigt, der eine reiche Ausbeute verhiels, und mit unver- gleichlicher Arbeitskraft daraus in kürzester Zeit das gemacht, was bei sei- Natur seiner Entdeckungen. 145 nen Hülfsmitteln nur immer möglich war, um dann alsbald zu neuen Un- ternehmungen fortzuschreiten. Entdeckungen ersten Ranges kann der Zufall ganz unbedeutenden Forschern in die Hände spielen. Dafs Mürrer keine solche Gunst begegnet, kann ihm wohl ebensowenig zum Fehl angerechnet werden, als einem durch Fleifs und Unternehmungsgeist reich gewordenen Kaufherrn, dafs er nicht auch das grofse Loos gewonnen. Aber es giebt noch eine andere Art, wie Entdeckungen ersten Ranges gemacht werden. Sie besteht darin, durch unaufhörlich in derselben Richtung geführte For- schung die Möglichkeiten zu vervielfältigen, dafs sich, sei’s in der Sphaere der Beobachtung, sei’s in der Gedankenwelt, ein grofser Fund darbiete. Dafs Mürrer, trotz seinem umfassenden Blick, seinem durchdringenden Scharfsinn und seiner rastlosen T'hätigkeit, auch auf diesem Wege der Lohn einer solchen Entdeckung ausblieb, mag als eine Erneuerung der Lehre gelten, dafs es dem Menschen, sei er noch so bevorzugt, nun einmal versagt ist, über ein gewisses Mafs bei gleicher Vertiefung sich auszubreiten, bei gleicher Ausbreitung sich zu vertiefen. Hätte MürrLer in der Zeit, wo seine productive Kraft in höchster Blüthe stand, anstatt seinem Triebe in’s Weite nachzugeben, sich in bestimmter Richtung so zusammengenommen, wie er später gethan, nach Scrirrer’s Rath still und unerschlafft im kleinsten Punkte die höchste Kraft gesammelt; so wäre er zwar der Wissenschaft nicht das geworden, was er ihr nun noch lange sein wird, das Marmorbild in deren Hain, auf das von allen Seiten Wege führen, und das man hundertfach wähnt, da, wo man immer gehe, man es stets wieder bald näher bald entfernter schimmern sieht: aber es ist wohl aufser Zweifel, dafs er alsdann, statt der Haufen Goldes und Silbers, die er ausgemünzt hat, manchen Edelstein geho- ben haben würde. Es ist z. B. ganz undenkbar, dafs er, bei etwas längerem Verweilen bei dem Gegenstande, nicht den Bau der Niere sollte verstanden haben, von dem er bei den Myxinoiden bereits das einfachste Schema ange- troffen hatte, welches Hrn. Bowman, als ihm jener Schritt gelang, nicht ein- mal bekannt war.!7! Das Fehlen einer Entdeckung ersten Ranges unter Mürrer’s Leistun- gen ist ein Zug mehr der Aehnlichkeit mit Harzer, dessen Alles umfassende Gelehrsamkeit, reformatorische Wirkung und gebietende Stellung um die Mitte des vorigen Jahrhunderts immer wieder zum Vergleich mit Mürzer auffordern. Ohne sich des „Furor biographicus”, wie Hr. Macavzar es 16 146 MüÜrLter mit HALLER und CvrIer verglichen. nennt, verdächtig zu machen, darf man jedoch vorhersagen, dafs Mürter’s Ruhm auch noch in fernen Jahrhunderten, wenn seine Physiologie in der Geschichte der Wissenschaft unmittelbar auf die Elementa zu folgen schei- nen wird, Harrzer’s Ruhm überstrahlen wird. Nicht weil er, wie schon bemerkt, in einer viel kenntnifsreicheren Zeit vergleichsweise eben so gelehrt und vielseitig war wie Harrer in der seinigen, sondern wegen der überlege- nen Urtheilskraft und Auffassung, die er überall bewährt hat. Wo über einen wichtigen Punkt zwei verschiedene Ansichten möglich sind, kann man fast sicher darauf rechnen, Harzer auf der Seite zu finden, die seitdem unterlegen ist. In der Lehre von der Zeugung hat er die Evolution gegen die Epigenese, in der von den Drüsen Ruyscn’s Meinung gegen Marrıchy’s, in der vom Er- brechen Werrer’s gegen Cnırac’s vertheidigt. Die Lehre von der selbstän- digen Reizbarkeit der Muskelfaser ist zwar allem Anschein nach jetzt dem Siege nah, allein auf die Gründe hin, auf die Harrer sie stützt, hätte sie zu fallen verdient. Auch Mürrrr hat geirrt; denn wer irrte nie der Natur gegenüber? Gewöhnlich aber trifft er den Nagel auf den Kopf. Eine Menge hingeworfener Gedanken von ihm, die sich später bewährt haben, wie die Behauptung der Nothwendigkeit eines Zusammenhanges zwischen Ganglien- kugeln und Nervenröhren, eines Darmnervensystems, u. a. m., zeigt, dafs er im Sinne der Natur zu denken gelernt hatte ; und es ist jeder Grund vorhan- den anzunehmen, dafs ihm in den Fächern, mit denen er sich zuletzt beschäf- tigte, noch eine lange Reihe ähnlicher Triumphe bevorsteht. Neben Harrer und Mürrer, als Riesen der Vorzeit, wird aber den auf unsere Tage zurückblickenden späten Nachkommen die ragende Gestalt Cvvıer’s erscheinen, der vor Mürrer das Nämliche voraus hat, was Gariteı und Newron:vor Lartace und Gauss, oder was Lavoısıer vor BERZELIVS: die gröfsten Dinge gemacht zu haben, weil sie eben noch zu machen waren. Wie es nur Ein Weltsystem zu entdecken gab, so gab es auch nur Eine Schöpfungsgeschichte aus ihren Trümmern zu entwickeln. Um gegen die einfache Gröfse von Cuvıen’s Leistungen aufzukommen, mufs der bunte Reichthum von Mürren’s Gaben in die Schale gelegt werden. In der Ge- webelehre, der Physiologie, der Entwickelungsgeschichte hat Crvıer nichts hervorgebracht, und Rvuporruı hat uns eine Aeufserung Cvyızr’s erhalten, aus der hervorzugehen scheint, dafs von der pathologischen Anatomie er kaum den Begriff erfafst hatte. '7° Mürter als Lehrer. 147 MÜLLER als Lehrer. Auch als Lehrer im anatomischen Theater und auf dem Katheder besafs Mürter aufserordentliche Eigenschaften. Er hatte zwar, wie schon bemerkt, keine natürliche Beredsamkeit, wozu seiner Natur das Expansive abging, auch kein Sprachtalent, in so fern es sich durch leichte Aneignung neuerer Sprachen bekundet. Es kann für manchen ermuthigend sein zu ver- nehmen, und mag deshalb aufbewahrt werden, dafs Mürter’s Anfänge auf dem Katheder nicht gerade vielversprechend gewesen sein sollen. Als aber Uebung die ursprünglichen Mängel besiegt und die Vorzüge entwickelt hatte, gehörte sein Vortrag in Berlin wie früher in Bonn zu den besten der Univer- sität, obschon es Mürter, wie Cvvirr, stets etwas an Fülle des Organs ge- brach. '”? Sein Vortrag war nicht von der Art derer, welche durch spru- delnde Lebhaftigkeit fesseln, durch Feuer hinreifsen, durch Witz und Fülle des Ausdrucks blenden, die aber, wenn augenblickliche Verstimmung diese glänzende Aufsenseite dämpft, nicht selten einen Mangel an wahrem Gehalt und innerem Zusammenhang verrathen. Mütrer’s Vortrag war kalt, aber er ergriff durch den Ernst einer tiefen Begeisterung für die Sache, die aus ihm sprach. Er war sich stets gleich an gedrungenem, aus vollkommener Sachkenntnifs zweckmäfsig geschöpftem Gehalt. Mürter verirrte, wieder- holte, versprach sich nie. Während sein durchdringendes Auge durch die Versammlung schweifte, auch wohl einem Eindringling zur Pein aufihm ruhte, flofs aus seinem Mund die Rede ruhig, klar, schmucklos gediegen, so dafs sie, stenographirt, ohne Weiteres hätte in die Druckerei wandern können. Es ist nicht genug zu beklagen, dafs nicht so seine Vorlesungen über verglei- chende Anatomie, in denen er bis zuletzt seine ganze Stärke zu entfalten pflegte, und das nur zweimal gelesene Publicum über fossile Fische und Amphibien erhalten worden sind. Dabei war Mürter ein grofser Meister des Zeichnens an der Tafel. Es war ein hoher Genufs, ihn eine sich ent- wickelnde Thierform durch eine Reihe von Zwischenstufen allmählig zur vollendeten Gestalt überführen zu sehen. Diese aus der unfehlbaren Sicher- heit der Anschauung, die ihm eigen war, entspringende Fertigkeit liefs weder ihn noch seine Zuhörer die in England und Frankreich üblichen Wandta- feln vermissen, welche zwar viel Zeit ersparen, auch durch die Dauer des Eindrucks nützlich sind, dem Zeichnen an der Tafel aber an erläuternder 16° 148 MÜLter als Lehrer. Kraft in so fern nachstehen, als die Zuhörer die Dinge nicht gleichsam vor ihren Augen werden sehen. Möürrer’s Stellung in Berlin sicherte ihm natürlich von vorn herein einen überwiegenden Einflufs auf die wissenschaftliche Erziehung der ärzt- lichen Jugend Norddeutschlands. Allein abgesehen von seiner Wirksamkeit als öffentlicher Lehrer, hatte er zu jeder Zeit noch einen engeren Kreis von Schülern um sich versammelt, die mit Begeisterung an ihm hingen, und von denen Viele jetzt, sich laut zu seinen Jüngern bekennend, überall im deut- schen Vaterlande Lehrämter der Anatomie und Physiologie bekleiden. Dem gewöhnlichen Brodstudirenden zwar, dem Banausier, pflegte Mürter mit geringer Zuvorkommenheit zu begegnen, die an Unfreundlichkeit grenzte. Er mufste dergestalt, überlaufen wie er war, einen Wall um sich ziehen, wollte er die wenige ihm aufser den Ferien übrige Zeit zu Rathe halten. Es war deshalb, wenigstens in früherer Zeit, schwer sich ihm zu nähern. Bemerkte er aber auch nur eine Spur von Talent, von selbständigem For- schungstriebe, nur einen Funken von jenem Feuer, das in ihm selber so ver- zehrend loderte, so war er wie umgewandelt. Dann ward er die Güte selbst, und seine Einsichten, seine Bücher, die Hülfsmittel aller Art über die er gebot, theilte er auf das Bereitwilligste mit. Wie er selbst überall auf eigenen Füfsen stand, so verlangte er freilich auch von seinen Schülern, dafs sie sich selber zu helfen wüfsten. Er stellte Aufgaben und regte an; im Uebrigen begnügte er sich, um ein chemisches Gleichnifs zu gebrauchen, mit einer Art von katalytischer Wirksamkeit. Es bedurfte auch nicht mehr. Er wirkte, wie Gorrue von der Schönheit sagt, durch seine blofse Gegenwart. Es hing um ihn, in den Augen seiner Schüler, ein daemonischer Zauber, wie in den Augen seiner Krieger um den ersten Naror£fon, und das: „Soldats, l’Empereur a l’oeil sur vous” genügte auch uns, um zu den höchsten Anstrengungen zu spornen. Wenn ich ver- suche diesen Zauber zu zergliedern, so scheint er mir darin zu liegen, dafs, wer um ihn war, bewufst oder unbewufst, und ein Jeder nach seiner Art, den hinreifsenden Einflufs einer mächtigen Persönlichkeit erfuhr, die man selber, mit Hintansetzung jeder anderen Rücksicht, jedes Lebensgenusses, jeder Bequemlichkeit, mit einem an’s Düstere grenzenden Ernst und einer Alles besiegenden Leidenschaft, ein ideales Ziel verfolgen sah. Der höchste Lohn für uns aber war, wenn Mürrer in einem verlorenen Augenblick den MüÜrter als Lehrer. 149 Bogen abspannte, und sich auf ein allgemein menschliches Gespräch und auf heitere Scherze einliefs. Enthielt sich Mürter der Einwirkung auf den Gang der von ihm an- geregten Untersuchungen, so liefs er dafür auch seine Schüler in ihrer Ent- wickelung und ihren Neigungen auf das Freieste gewähren. Er ehrte jede Selbständigkeit gleich seiner eigenen. So erklärt es sich, dafs gerade die unter seinen Schülern, die seine eigensten Bestrebungen in der Physiologie fortsetzen, sich mit ihm, wie vorher dargelegt wurde, in einem tiefen und laut ausgesprochenen principiellen Widerspruch befinden konnten, ohne dafs dies je den geringsten Schatten auf das zwischen ihm und ihnen bestehende Verhältnifs geworfen hätte. Und so hat Mürrer, ohne sich darum zu be- mühen, ohne je in Rede oder Schrift sich als Lehrmeister hingestellt, ohne je das Wort „Schüler” gebraucht zu haben, in That und Wahrheit nicht blofs eine, sondern entsprechend seiner eigenen Vielseitigkeit, die er nicht auf seine Jünger übertragen konnte, mehrere Schulen organischer Naturfor- schung gegründet, die in ganz verschiedenen Richtungen fortarbeitend, nichts gemein haben, als dafs die Flamme, die sie hüten und schüren, von seiner Esse ausging, dafs sie sämmtlich die Natur in seinem Sinne befragen. Ich habe vorher die berühmten Namen seiner Bonner Zuhörer aus dem Anfang seiner Lehrthätigkeit aufgezählt; ich brauche jetzt nur die der Hrn. Eoov- ARD OLAPAREDE, HAEcKEL, LacHmann, LiEBERKÜHN, ANTON SCHNEIDER, Max Schurtze, Guıpo WAGEnER, seiner Begleiter an die Seeküsten während der letzten Jahre, zu nennen, um die glückliche Wirkung zu bezeichnen, die er noch zuletzt in dieser Richtung ausgeübt hat. MÜLLER als Vorsteher der anatomischen Sammlung. Mit Mürrer’s wissenschaftlicher Thätigkeit auf’s Engste verknüpft war die Verwaltung der anatomischen Sammlung. In seiner Gedächtnifsrede auf Ruporeur vom Jahre 1835 hat Mürrer selbst hervorgehoben, wie jung diese Sammlung sei, da sie erst seit der Gründung der Universität im Jahre 1810 auf vergleichende Anatomie ausgedehnt wurde, und wie schwer es hier sei, mitten im Binnenlande, bei geringen Handelsverbindungen, und an und für sich beschränkteren Mitteln, den Wettstreit zu bestehen mit den alten, reich ausgestatteten Anstalten in Frankreich, England und Holland, 150 MÜLLER als Vorsteher denen theils durch den Handelsverkehr, theils unmittelbar aus überseeischen Niederlassungen, die Naturschätze aller Welttheile zufliefsen. In den 23 Jahren seiner Verwaltung hatte Runorrnı die vorgefundene Warrer’sche Sammlung um 3964 Präparate vermehrt, so dafs die Gesammitzahl der ein- getragenen Präparate sich auf 7197 belief. Möürrer begann damit, seine werthvolle Privatsammlung, die 500 Nummern enthielt, und die er in Bonn zum Theil mit den gröfsten Opfern zusammengebracht hatte, der Königli- chen Sammlung einzuverleiben, wofür er nur etwas höhere Umzugsgelder bekam. Im Jahre 1835 war die Zahl der aufgestellten Gegenstände be- reits auf 11000 gestiegen. Am 27. April dieses Jahres, am Tage vor sei- nem Tode, trug Mürter in den Katalog des Museums No. 19577 ein, so dafs während der 25 Jahre oder etwa 9000 Tage seiner Verwaltung die Zahl der Präparate sich um 12350, oder im Durchschnitt alle zehn Tage um dreizehn bis vierzehn Nummern vermehrt hat, unter denen aber sehr viele sind, welche ganze Reihen von Präparaten umfassen. Ein ansehnlicher und besonders werthvoller Theil dieser Erwerbungen rührt von der Reise unse- res Collegen Hrn. Prrers nach dem südöstlichen Afrika her, zu deren Un- ternehmung Mürrer besonders förderlich war. Mit wenigen Ausnahmen tragen sämmtliche Gegenstände, von dem riesigen Unterkiefer des Physeter makrocephalus und den mächtigen Trümmern untergegangener Thierge- schlechter bis zu dem winzigsten Vogelskelet oder Schächtelchen voll mikro- skopischer Präparate, ihre Bezeichnung und Nummer in seiner eigenen, zwar nicht zierlichen, aber stets höchst klaren und energisch ausgeprägten Hand- schrift. Hier auf dem Museum verbrachte er, überlegend, ordnend, umstel- lend, vergleichend, bestimmend, eintragend, stets einen grofsen Theil seiner Zeit. Es kann erwähntermafsen keine Frage sein, dafs seine Vertiefung in die Zoologie zum Theil aus dieser Beschäftigung entsprang. Sein Sammel- eifer, seine Gewissenhaftigkeit, der Ehrgeiz, den er für seine Anstalt empfand, liefsen ihn grofse Materialien herbeischaffen, deren Anordnung unter seinen Händen, wie die der Plagiostomen, dann stets sogleich eine neue ward. Mö- gen die Museen in Paris, London, Leyden theils an einzelnen Prachtstücken und Seltenheiten reicher sein, theils durch den Prunk der Aufstellung mehr in’s Auge fallen: die Berliner anatomische Sammlung, Mürrer’s Schöpfung, wie man nach den obigen Zahlen wohl sagen kann, sein Stolz und seine Freude, steht, was Vollständigkeit und systematische Anordnung betrifft, keiner jener der anatomischen Sammlung. 151 älteren Schwestern mehr nach, und übertrifft sie an innerer Bedeutung viel- leicht in so fern, als sie in allen ihren Theilen so zu sagen verwachsen ist mit den Arbeiten des umfassendsten Kopfes, den die organische Naturwissenschaft noch gekannt hat. Hier sieht man, aus seiner Jugendzeit, die Präparate vom Nervensystem der Gliederthiere und die Injectionen der Drüsen; hier die von Hrn. Krause bewunderte Darstellung der organischen Nerven des cavernö- sen Gewebes !?* und die Injectionen der Arteriae helicinae; dort die Mikro- cephalen von Kiwitsblott, und unter den ersten mikroskopisch untersuchten Geschwülsten das Enchondrom, in dem das Chondrin entdeckt ward; hier die Myxinoiden, die Ganoiden, den Amphioxus, den Pentakrinus Caput Me- dusae, die Kehlköpfe der Passerinen; dort die Modelle der abenteuerlichen Staffelei- und Roccoco-Larve der Seesterne, der Wunderschnecke aus der Synapta; endlich dort, langhingestreckt durch die Tiefe des grofsen Ske- letsaals, die endlose Wirbelreihe der vorsündfluthlichen Zeuglodonten. Hier ist der Ort, wo zu wünschen ist, dafs die Zeusähnliche Bildung des Mannes, der dies Alles vollbracht, wie sie von Scuorp’s Künstlerhand erhalten wurde, in würdigem Stoff ausgeführt, dereinst auf das, was im Leben seine Welt war, herniederschaue. MÜLLER aulserhalb der Wissenschaft. Mürrer’s Begabung war, wie Jarosr’s, der Art, dafs sie Einen irre machen konnte an dem Glauben an specifische Talente. So hervorragend bei ihm die Fähigkeiten waren, die ihm als Organe der Forschung dienten, so erhielt man doch den Eindruck, dafs dieser Mann, wenn es ihm anders beliebt hätte, ebensogut in irgend einem anderen Felde menschlicher Thä- tigkeit Aufserordentliches würde geleistet haben. Sein merkwürdiges Ge- dächtnifs erstreckte sich nicht blofs auf organische Formen, Speciesnamen und Citate, sondern auch auf Menschen. Wie Krxos seine Soldaten, kannte Mürter in jedem Semester fast seine sämmtlichen Zuhörer von Angesicht, viele mit Namen, und erinnerte 'sich, obschon ihm doch gewifs sehr wenig daran lag, später bei der Prüfung ob sie fleifsig oder lässig seine Vorlesun- gen besucht hätten. Seine Menschenkenntnifs, Beobachtungsgabe, Selbst- beherrschung, Geistesgegenwart, Vorsicht und Entschlossenheit, beide zu ihrer Zeit, verbunden mit einem feinen Gefühl für das Schickliche, unver- gleichlicher Arbeitskraft und jenem schon mehrmals gerühmten Ordnungs- 152 Mürtzr aufserhalb der Missenschaft. sinn, der sich in der Zeit als gewissenhafteste Pünktlichkeit äufserte: Alles dies machte Mürrer zu einem vortrefflichen Geschäftsmann, der das, was er wollte, stets erreichte, das, was er nicht erreichen konnte, niemals wollte. Ein Bild von Mürrer als Mensch zu entwerfen, ist selbst für solche, die ihm näher standen, äufserst schwer. Das Erste, was sich dauernd dar- bot, war eine tiefe Verschlossenheit, die nicht in sich hineinblicken liefs, und die man in besonderen Augenblicken überraschen mufste, um etwas mehr zu sehen als den gleichmäfsigen Ausdruck der mit einer Art von Schwermuth gefärbten Energie, womit er seine geistigen Zwecke verfolgte. Es war als wenn er gewufst hätte, für wie wenige Tage, wie der Sohn des Perevs klagt, ihn die Mutter geboren, wenn er dem Ruhm nachstrebe, und als könne er doch nicht anders. Jedenfalls waren in seinem Inneren wun- derbare Gegensätze verschmolzen. Dieser scheinbar so harte, gelegentlich so rücksichtslose Mann war andere Male einer Weichheit der Empfindung fähig, die der Gegensatz nur um so wirksamer hervortreten liefs. Er war der zärtlichste Gatte, seiner Tochter und seinem Sohne der liebevollste Va- ter. In der Unterhaltung war er nicht gerade sehr productiv. Dazu war er zu sehr mit dem jedesmaligen Gegenstande seiner Arbeiten gesättigt, auf den unwillkürlich alle geistigen Wege zurücklenkten. Im Schoofse seiner Familie aber, oder in eng vertrautem Kreise, etwa auf seinen Ferienreisen nach guter Ausbeute mit dem feinen Netz und am Mikroskop, konnte er der liebenswürdigste Gesellschafter sein, ja sogar sich kindlicher Ausge- lassenheit hingeben. Unter den Künsten fesselte ihn am meisten die Ar- chitektur; unter den neueren deutschen Dichtern Praren; unter den Musi- kern Gruck. Sein bedeutendes Einkommen, welches er nicht mühlos hohen Ge- halten verdankte, sondern wesentlich seinem Erfolg als Lehrer, verwendete er mit grofsartiger Freigebigkeit zur Förderung der Wissenschaft und jedes edlen Zwecks. Für seine Reisen, seine Bücher, für die Ausstat- tung seiner Werke reute ihn kein Preis. Er hinterläfst eine Fachbiblio- thek, wie sie in den Händen eines Privatmannes nicht wieder vorhanden ist, vermehrt natürlich durch die Geschenke, die ihm als Zeichen der Verehrung fast täglich aus allen Ländern der Welt zuflossen. Es ist nicht genug zu wünschen, dafs diese Bibliothek, durch öffentliche Mittel, Preu- 5 {sen erhalten bleibe. Mürrer aufserhalb der Wissenschaft. 153 Im Verkehr mit seinen Fachgenossen ist Mürzer früher eines über- iriebenen Ehrgeizes angeklagt worden, der es ihm schwer gemacht habe, fremdes Verdienst neben sich aufkommen zu lassen. Wenn er sich dieses Fehlers schuldig gemacht hat, so will erwogen sein, was Diveror von Gaeuzs sagt!7°, dafs Mürter ohne diesen Ehrgeiz eben nicht wäre er selbst gewesen. So malslose Anstrengungen, wie er sie sich auferlegte, können nicht anders als von einer entsprechenden, einer gleich mafslosen Leiden- schaft getragen werden, wie der Wissenstrieb allein, ohne einen Bezug auf das Ich, sie nicht einzuflöfsen vermag. In späteren Jahren aber hatte Mür- LER, wie er überhaupt von sittlichen Strebungen mehr als man glauben sollte bewegt war, in dieser Beziehung jedenfalls sehr über sich gewonnen. Auch war wohl an ihm jenes Sprichwort wahr geworden, dessen bittere zweite Hälfte man gern verschweigt: Was man in der Jugend wünscht, hat man im Alter die Fülle, und macht sich nichts mehr daraus. Jetzt konnte man ihm, wie dem alternden Gorrue, eher die entgegengesetzte Schwäche zuschreiben, fremdes Verdienst, namentlich an der Jugend, allzuleicht zu überschätzen. „Der Neid”, sagte er mir in der letzten Unterhaltung, die ich mit ihm, wenige Tage vor seinem Tode, hatte, „der Neid ist bei mir in „die Bewunderung umgeschlagen. Aber das ist eine Hoheit der Gesinnung, „zu der man erst allmählig gelangt.” Steindruck und Photographie, Pinsel und Meifsel haben gewetteifert, die äufseren Züge Mürter’s zu verschiedenen Zeiten seines Lebens der Nachwelt zu erhalten. Aber kein Bild vermag ganz die bald düstere, bald heitere Pracht dieser Züge wiederzugeben, deren Adel, mit dem glühenden Auge, der braunen Gesichtsfarbe und dem dunklen lockigen Haar, der Fa- miliensage von der Abstammung von römischen Legionaren das Wort zu reden schien. Mürter war von mittlerem, eher kleinem Wuchse, in der Jugend zierlich und mager, in späteren Jahren von angemessener Fülle. Die Breite der Schultern und Lenden, und die Tiefe der Brust stellten das Gleichmafs mit dem mächtigen Haupte wieder her, das ein herrlicher Nacken im erregten Zwiegespräch oder auf dem Katheder stolz aufgerichtet hielt, sonst aber meist nachdenklich zur Seite sinken liefs. So war es Mürrrr, zu so vielem Anderen, auch noch von der Natur gegeben, wie Tıeck von Novarıs sagt, dem geübteren Auge die Erscheinung der Schönheit darzu- 17 154 Mürzer aufserhalb der Wissenschaft. bieten. Doch mufs man, wie dort Tırcr, bedingend hinzufügen, dafs Hand und Fufs bei ihm ohne feinen Ausdruck war.!7° In seinem Auftreten verband Mürrzr die etwas steife Förmlichkeit des’ alten deutschen Professors mit der weltmännischen Gewandtheit des mo- dernen Gelehrten, der es nicht unter der Würde der Wissenschaft hält, auch an seine äufsere Erscheinung zu denken. Seine Sitten waren die ein- fachsten. Seine Mäfsigkeit war erstaunlich. Er bedurfte keiner Erholung von seinen Arbeiten. Von seinen Geschäften und Vorlesungen waren seine Arbeiten ihm die Erholung. Nie sah man ihn erschöpft. Keine Witterung vermochte etwas über ihn, aufser wenn ein bleigrauer Himmel ihm das Licht zum Beobachten oder zum Zeichnen verkümmerte. MüLter war, was man nennt, nie krank gewesen. Er schien über den kleinen Leiden zu stehen, denen sonst wohl ein in geistigen Anstren- gungen seines körperlichen Wohles vergessener Gelehrter unterliegt. Er- kältungen waren ihm fast unbekannt, obschon er stets unbegreiflich leicht gekleidet ging. Es war als hätten ihm die Götter eine ewige Jugend ver- liehen. In der Mitte der vierziger Jahre fing er wieder an, schlittschuhzu- laufen, und so schnellkräftig fühlte er sich noch wenige Jahre vor seinem Tode, dafs er aus einem höflichen Wettstreit, wer von uns beiden etwas aus einem entfernten Theile des Museums holen solle, lachend einen förm- lichen Wettlauf dem Corridor entlang machte. Die erschütternde Kata- strophe seines Schiffbruches war ohne Folgen an ihm vorübergegangen. Und doch bereitete sich innerhalb dieser scheinbar so harmonischen Orga- nisation allmählig eine Störung vor, die unerwartet schnell eine verderbliche Wendung nehmen sollte. Das Ende. In früherer Zeit rühmte sich Mürrer des Vermögens, gleich einem Feldherrn zu jeder Stunde des Tages schlafen zu können, wenn er sich ge- dankenruhig hinlege.'”” Aber schon längst quälte ihn jetzt Schlaflosigkeit. Doch brachte er eine ansehnliche Zeit ruhend im Bett zu, und fühlte sich dadurch gestärkt. Einigemal ward er, unter tiefer Mifsstimmung, von Schmerzen in der Lebergegend befallen, in deren Gefolge auch einmal Gelbsucht erschien. Er deutete dies Leiden auf Krampf des Gallengan- ges, und bekämpfte es erfolgreich durch grofse Gaben Opium. Auch litt Das Ende. 155 er an Herzklopfen, so dafs der Verdacht eines Herzfehlers bei ihm vorhan- den ist. Man erinnert sich jetzt, dafs in den letzten Jahren seine Schläfen- arterien einen sehr geschlängelten Verlauf angenommen hatten. Gegen Ende des Winters 1856—1857 erhielt seine Gesundheit den ersten offenbaren Stofs, indem ein schleichendes Fieber mit gastrischem Charakter ihn zwang, zum erstenmal seit 1827 seine Vorlesungen krankheits- halber auszusetzen. Er war damals sehr um sich besorgt, glaubte einem Ty- phus entgegenzugehen, beschied seinen Sohn, Hrn. Dr. Max Mürrrr, tele- graphisch aus Cöln zu sich, ordnete alle seine Angelegenheiten, und unter- sagte für den Fall seines Todes, gleich Dierrensach, die Oeffnung seiner Leiche. Statt des Typhus entwickelte sich indefs nur ein arthritischer Pro- cefs in dem einen Fufsgelenk, und der folgende Sommer sah Mürter schein- bar ganz wiederhergestellt, wie er denn erwähntermafsen im Herbste darauf der Akanthometren wegen nochmals an das Mittelmeer ging. Im vorigen Winter fing aber Mürrer an, sich über allzuviele ihm auf- gebürdete Arbeit zu beklagen, was er früher nie gethan hatte. Er litt mehr als sonst an Schlaflosigkeit, gegen die er leider wieder grosse Gaben des ver- rätherischen Alkaloids genommen zu haben scheint, welches einst Harzer verderblich ward.'!’® Dazu gesellten sich, nicht zu verwundern, hartnäckige Verdauungsstörungen. Schon früher neigte er zu Schwindelanfällen, und pflegte denselben beim Mikroskopiren stundenlang zu trotzen, indem er sich am Tisch festhielt. Diese wurden jetzt so häufig, dafs er sich nicht mehr auf seine Bücherleiter wagte. Abends sah man ihn, theilnahmlos in sich versunken, im Schauspiel sitzen, oder, wie von einer tiefen inneren Angst getrieben, in entlegenen Strafsen umherirren. Düstere Ahnungen kamen über ihn, und waren diesmal nur zu sehr gerechtfertigt. Das Häuschen am fernen heimathlichen Strom, welches er sich oft, und sich darin, umgeben von seinen Büchern, seinem Mikroskop, seinen Lieben, am Abend seiner Laufbahn ein nobile Otium geträumt hatte, es war das Haus aus seiner Schilderung des Mannesalters in der Physiologie, welches man „aufbaut für eine Zukunft, die man oft nicht erlebt”. Die Osterferien dieses Jahres brachten ihm nicht, wie es sonst zu sein pflegte, das Vollgefühl der Befriedigung, eine Zeitlang ungestört seinen Ar- beiten leben zu dürfen. Als endlich das Sommersemester vor der Thüre war, sah Mürrer die Nothwendigkeit ein, etwas Durchgreifendes für seine lyl 156 Das Ende. Gesundheit zu ihun. Er beschied seinen Sohn aus Cöln zu sich, um mit ihm darüber zu berathen, und kam endlich zu dem Entschlufs, das Colleg über Physiologie aufzugeben. Eine Besprechung mit seinem Hausarzt, Hrn. Geheimenrath Dr. Börm, ward anberaumt, um Weiteres zu verabreden. Am Morgen des Tages, wo diese Besprechung stattfinden sollte, des 28. April, ward Mürter todt im Bette gefunden, nachdem er erst zwei Stunden zuvor sich heiter und anscheinend wohl mit seiner Gattin unter- halten hatte. Da die Oeffnung seiner Leiche versagt war, blieb die Todes- ursache unbekannt; am wahrscheinlichsten ist er wohl der Ruptur eines gro- fsen Gefäfses erlegen. Seine Schüler, seine Zuhörer haben ihn unter der Theilnahme Alles dessen, was diese Stadt an Intelligenz beherbergt, nach alter akademischer Sitte zur Ruhe getragen. Wie der düstere Rauch seiner Grabesfackeln durch das hervorspros- sende Grün zog, drängte sich der Laut des Dichters immer von Neuem zu: „Um Frühlingsanfang ist ein Baum gefallen”; und den Worten folgend mufste man zuletzt sich schmerzlich sagen: „Er ging, nun zeigt wetteifernd „eure Gaben! Doch derer, die ich kenn’, ersetzt ihn keiner.” Wenn aber etwas uns trösten könnte über solchen Verlust, so würde es die Betrachtung sein, zu der Wınkermann’s Tod GoETHE anregte. „So war er denn auf der höchsten Stufe des Glücks, das er sich nur hätte wün- schen dürfen, der Welt verschwunden. Und in diesem Sinne dürfen wir ihn wohl glücklich preisen, dafs er von dem Gipfel des menschlichen Da- seins zu den Seligen emporgestiegen, dafs Ein schneller Schlag ihn von den Lebendigen hinweggenommen. Die Gebrechen des Alters, die Abnahme der Geisteskräfte hat er nicht empfunden. Er hat als Mann gelebt, und ist als ein vollständiger Mann von hinnen gegangen. Nun geniefst er im Andenken der Nachwelt den Vortheil, als ein ewig Tüchtiger und Kräftiger zu erschei- nen; denn in der Gestalt, wie ein Mensch die Erde verläfst, wandelt er unter den Schatten, und so bleibt uns Acnırr als ewig strebender Jüngling gegen- wärtig. Dafs Jonanses Mürrter früh hinwegschied, kommt auch uns zu gute. Von seinem Grabe her stärkt uns der Anhauch seiner Kraft, und er- regt in uns den lebhaftesten Drang, das was er begonnen, mit Eifer und Liebe fort- und immer fortzusetzen.” 1. = Verzeichnifs von Mürzer's Arbeiten. 1822 — 1825. 157 Verzeichnils von JoHANNEs MÜLLER'’s Arbeiten. 1822. Beobachtungen über die Gesetze und Zahlenverhältnisse der Bewegung in den ver- schiedenen Tbierklassen mit besonderer Rücksicht auf die Bewegung der Insecten und Polymerien. (Von JOHANNES MÜLLER, Studierenden in Bonn). Isis von OKEn. 1822. Ba. I. Hft. I. S. 61 — 76. (L) Dissertatio inauguralis physiologica sistens Commentarios de Phoronomia Animalium etc. IX.!80 Decembris MDCCCXXN. 4°. Cum Tabula lithographica. Bonnae Typis C. F. Tuormannı. pp. 34. 1823. (IL.) De Respiratione Foetus Commentatio physiologica, in Academia Borussica Rıhenana Praemio ornata. Cum Tabula aeri incisa. Lipsiae, apud C. CnoBro- cHıuM 1823. 8°. pp. 260. 1824. Zur Physiologie des Foetus in FrıEDR. NAsse’s Zeitschrift für die Anthropologie. 2. Vierteljahrsheft für 1824. S. 423 —483. (Recension). „Dr. C. H. ScHULTZz, Der Lebensprocess im Blute, eine auf microsco- pischen[!] Entdeckungen gegründete Untersuchung. Mit einer Kupfertafel. Berlin, 1821.” Von einem Ungenannten. Isis von OKEN. Jahrgang 1824. Bd. I. Hft. II. S. 267 292% (IL) Von dem Bedürfnifs der Physiologie nach einer philosophischen Natur- betrachtung. Eine öffentliche Vorlesung, gehalten auf der Rhein-Universität zu Bonn am 19ten October 1824. Bonn 1825. 1825. Ueber die Entwickelung der Eier im Eierstock bei den Gespenstheuschrecken und eine neuentdeckte Verbindung des Rückengefälses mit den Eierstöcken bei den Insecten. Ver- handlungen der Kaiserlichen Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher. Bd. IV. Abth. II. Bonn 1825. S. 555— 672, und 6 Kupfertafeln. 158 Verzeichnifs von MÜLLER's Arbeiten. 8. > 10. 11. 18. 49. 1826. (IV.) Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Thiere nebst einem Versuch über die Bewegungen der Augen und über den menschlichen Blick. Leipzig bei C. Cnogrocn 1826. 8°. 462 S. 8 Kupfer. (V.) Ueber die phantastischen Gesichtserscheinungen. Eine physiologische Un- tersuchung mit einer physiologischen Urkunde des ARISTOTELES über den Traum, den Philosophen und Aerzten gewidmet. Coblenz, bei Jacos HöLscHER. 1826. X und 117 S. (VL) Jahresbericht der schwedischen Akademie der Wissenschaften über die Fortschritte der Naturgeschichte, Anatomie und Physiologie der Thiere und Pflanzen. Aus dem Schwedischen mit Zusätzen. 1824. Der Uebersetzung erster Jahrgang. Bonn. Bei A. Marcus, 1826. 8°. 228 S. 1827. (VIL) Grundrifs der Vorlesungen über die Physiologie. Bonn, bei T. Hasıchr. 1827-,,8°. . 102.8. 1828. . (VII) Jahresbericht der schwedischen Akademie u. s. w. 1825. Der Ueber- setzung zweiter Jahrgang, Bonn. Bei A. Marcus. 1828. 8°. 216 S. Ueber die Metamorphose des Nervensystems in der Thierwelt. J. F. MECKEL’s Archiv für Anatomie und Physiologie. 1828. S. 1—22. Ueber den Kreislauf des Blutes bei Hirudo vulgaris. MECKEL’s Archiv u. s. w. 1828. S. 22 —28. Beiträge zur Anatomie des Scorpions. MECKEL’s Archiv u. s. w. 1828. S.29—70. 2 Kpfr. Ueber die Athemorgane der Spinnen. Isis von OKEn. Jahrgang 1828. Bd. XXI. S. 707— 711. 1 Kpfr. zum Theil. Bemerkungen über den Netzbau und den Instinkt der Spinnen. Isis von OKEN. Jahr- gang 1828. Bd. XXL S. 711—717. 1829 (IX.) Grundrifs der Vorlesungen über allgemeine Pathologie. Bonn bei T. Hı- BICHT. 1829. 8°. 448. Ueber ein eigenthümliches, dem Nervus sympathicus analoges Nervensystem der Ein- geweide bei den Insekten. Verhandlungen der Kaiserlichen Leopoldinisch - Carolinischen Akademie der Naturforscher. Bd. VI. Abth. I. Bonn 1829. p. 71—108. 3 Kpfr. Fortgesetzte anatomische Untersuchungen über den Bau der Augen bei den Insekten und Crustaceen. MECKEL’s Archiv u. s. w. 1829. S. 33—64. 1 Kpfr. z. Th. Ueber die WoLrF'schen Körper bei den Embryonen der Frösche und Kröten. MECKELs Archiv u. s. w. 1829. S. 65—70. 1 Kpfr. z. Th. Ueber die Nasendrüse der Schlangen. MECKEL’s Archiv u. s. w. 1829. S.70—72. 1826 — 1831. 159 23. Ueber die Augen des Maikäfers. Nachtrag zur früheren Abhandlung über die Insec- ten. MECKEL’s Archiv u. s. w. 1829. S.177—181. 1 Kpfr. z. Th. 24. Ueber den sichtbaren Kreislauf des Blutes in der Leber der jungen Salamanderlarven. MECcKEL’s Archiv u. s. w. 1829. S. 182 — 191. 25. Ueber den Bau der Augen bei Murex tritonis. MECKEL’s Archiv u. s. w. 1829. S. 208— 212. 1 Kpfr. z. Th. 26. Zur Anatomie der Scolopendra morsitans. Isis von OKEN. Jahrgang 1829. Bd. XXII. S. 549 — 552. 1 Kpfr. 27. Sur les yeux et la vision des Insectes, des Arachnides et des Crustacs; Par M. F. (J.) MULLER, Professeur & l’Universit@ de Bonn. (Extrait de l’ouyrage Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes. — Recherches sur la physiologie comparee du sens de la vision. Leipzig 1826.) Annales des Sciences naturelles par MM. Aupovın, An. BRoG- NIART et Dumas. t. XVII. Paris 1829. p. 225— 253 et p. 365— 386 (avec 3 planches), et t. XVII. 1829. p. 73— 106. 28. Sur la Structure des Yeux du Hanneton (Melolontha vulgaris); (Extrait d’une Lettre adres- see aux Redacteurs). Annales des Sciences naturelles etc. t. XVII. 1829. p.107— 112. 1830. 29. (X.) De Glandularum secernentium Structura penitiori earumque prima Forma- tione in Homine atque Animalibus. Commentatio anatomica. Cum Tabulis aeri incisis XVII. Lipsiae Sumtibus Leor. Vossır. 1850. Fol. pp. 131. (Vorrede vom October 1829.) 30..(Xl.) Bildungsgeschichte der Genitalien aus anatomischen Untersuchungen an Embryonen des Menschen und der Thiere, nebst einem Anhang über die chi- rurgische Behandlung der Hypospadia. Düsseldorf bei Arnz 1830. 4°. XVII und 152S. Mit 4 Kupfertafeln. (Widmung an RATHkE vom 1. Februar 1830.) 31. XI.) De Ovo humano atque Embryone Observationes anatomicae. Prolusio academica, qua ad audiendam Orationem quam pro Aditu Muneris Professoris ordinarii in Facultate medica recitaturus est Die I. Sept. H. XII. in Auditorio ma- ximo, Acad. reg. Fridericae Wilhelmae Rhenanae Proceres, Professores, Docto- res, Cives amplissimos, clarissimos, ornatissimos ea, qua par est, Observantia invitat JoAnnES MÜLLER, Med. et Chirurg. Doctor. Bonnae 1830. 4°. pp. XV. 32. Mikrometrische Messungen der Acinı und secretführenden Kanäle der Drüsen im inji- cirten und embryonischen Zustande. MECKEL’s Archiv u. s. w. 1830. S. 51 —62. 33. Ueber den Ursprung der Netze und ihr Verhältnifs zum Peritonealsacke beim Men- schen, aus anatomischen Untersuchungen an Embryonen. MECcKEL’s Archiv u. s. w. 1830. S. 395 — 410. 1 Kpfr. z. Th. 34. Zergliederungen menschlicher Embryonen aus früherer Zeit der Entwickelung. MECKEL’s Archiv u. s. w. 1830. S. 411 —434. 1 Kpfr. z. Th. 1831. 35. Bestätigung des BELL’schen Lehrsatzes, dafs die doppelten Wurzeln der Rückenmarks- nerven verschiedene Functionen haben, durch neue und entscheidende Experimente. Fro- 160 Verzeichnifs von MÜLLEr's Arbeiten. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. RIEP’s Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. No. 646. (17.) März 1831. (No. 8. des XXX. Bandes). S. 1491472 Fortsetzung der Versuche über die Wirkung des mechanischen und galvanischen Rei- zes auf die vorderen und hinteren Wurzeln der Rückenmarksnerven. A. a. ©. April 1831. No. 9. No. 647. S. 129 — 134. Kiemenlöcher an einer jungen Coecilia hypocyanea, im Museum zu Leyden beobachtet. Isis von OKEN. Jahrgang 1831. S. 709 — 711. Ixodes ophiophilus, eine neue Zecken-Art, auf einer Schlange gefunden und beschrie- ben u. s. w. Verhandlungen der Kaiserlichen Leopoldinisch- Carolinischen Akademie der Naturforscher. Bd. VII. Abth. II. Breslau und Bonn 1831. S. 233-242. 1 Kpfr. Memoire sur la Structure des yeux chez les Mollusques gasteropodes et quelques Anne- lides. Annales des Sciences naturelles etc. t. XXII. 4831. p. 5—28. 2 pl. Nouvelles experiences sur leffet que produit Virritation mecanique et galvanique sur les racines des nerfs spinaux. Annales des Sciences naturelles etc. it. XXIII. 1831. p- 99 — 112. j 5 1832. Bestätigung des BELL’schen Lehrsatzes, dafs die doppelten Wurzeln der Rückenmarks- nerven verschiedene Functionen haben, durch neue und entscheidende Experimente. In: Kar BELL’s physiologische und pathologische Untersuchungen des Nervensystems. Aus dem Englischen übersetzt von M. H. RoMBERG u. s. w. Berlin 1832. S.375—388. Beobachtungen zur Analyse der Lymphe, des Bluts und des Chylus. PoGGENDORFF’s Annalen u. s. w. 1832. Bd. XXV. S. 513 — 591. . Zusätze in: BuRDACH, die Physiologie als Erfahrungswissenschaft. Bd. IV. Leipzig bei LEop. Voss 1832. S. 103—136. (Untersuchung der Blutkörperchen, des Faser- stoffes im Blute, des Blutes mittels der galvanischen Säule). Observations sur le sang, extraites d’une Lettre adressee a M. DULONG, Secretaire- perpetuel de l’Acad&mie des Sciences; par M. MÜLLER etc. Annales des Sciences natu- relles etc. t. XXVII. 1832. p. 222— 224. Ueber den Bau der Augen bei Argulus foliaceus. 'TIEDEMANN, G. R. und L. Cnr. TREVIRANUS Untersuchungen über die Natur des Menschen, der Thiere und der Pflan- zen. Bd. IV. 1832. S. 97—105. 1 Kpfr. z. Th. Ueber den körnigen Bau der Hoden bei mehreren Fischen, insbesondere bei Rochen und Haien. TIEDEMANN und der beiden TREVIRANUS Untersuchungen u. s. w. Bd. IV. 4832: S. 106 — 112. Beitrag zur Anatomie und Naturgeschichte der Amphibien. 'TIEDEMANN und der bei- den TREVIRANUS Untersuchungen u. s. w. Bd. IV. 1832. S. 190— 275. 5 Kpfr. Ueber die natürliche Eintheilung der Amphibien. Isis von OKEN. Jahrgang 1832. S. 504 — 510. Ueber drei verschiedene Familien der froschartigen Thiere nach dem Bau der Gehör- werkzeuge. Isis von OKEN. Jahrgang 1832. S. 536— 539. Ueber das Ganglion oticum ARNOLDI. MECKEL’s Archiv u. s. w. 1832. S. 67— 86. Brief an MECKEL, literarische Notizen enthaltend. MECKEL’s ‚Archiv u. s. w. 1832. S. 261. 1831 — 1834. 161 1833. 52. (XII) A. Handbuch der Physiologie des Menschen für Vorlesungen. Bd. I. 3. 5. 52. 39. 56. 97. 58. 99. 60. 61. 62. 63. Abth. I. Coblenz bei J. Hörscher 1835. 8°. VII und 406 S. (Prolegomena, Blut und Lymphe, Kreislauf, Athmung und Ernährung). On the Existence of Four Distinet Hearts, having regular pulsations, connected with the Lymphatic System, in certain Amphibious Animals. Communicated by LEONARD HoRNER. Read Feb. 14, 1833. Philosophical Transactions for the Year 1833. P. I. p. 89 — 94 Anatomische Notizen (1. Defecte Milsgeburt. 2. Angeborne Spalte der Wangen, der Eustachischen Trompeten, der Trommelhöhlen, mit Wolfsrachen bei einem Schäfchen. 3. Eigenthümliches Gewebe der Corpora cavernosa. 4. Eigenthümliche Körperchen in der Milz einiger pflanzenfressenden Thiere. 5. Ueber ein bisher unbeachtetes kleines Knötchen an der Wurzel des Nervus glossopharyngeus beim Menschen). Medicinische Zeitung. Herausgegeben von dem Verein für Heilkunde in Preufsen. 2. Jahrgang. 1833. No. 48. S. 213— 215. No. 52. 235— 236. 1834. (XII) B. Handbuch der Physiologie des Menschen für Vorlesungen. Bd. I. Abth. I. Coblenz u. s. w. 1834. XVI und 445 S. (Absonderung, Verdauung u. s. w., Physik der Nerven). (I.) Vergleichende Anatomie der Myxinoiden, der Cyclostomen mit durchbohrtem Gaumen. Erster Theil. Osteologie und Myologie. (Gelesen am 4. und 11. December 1834). Physikalische Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. [Phy- sikalische Abhandlungen u. s. w.] . Aus dem Jahre 1834. Berlin 1836. S. 65—340. 8 Kpfr. Jahresbericht über die Fortschritte der a physiologischen Wissenschaften im Jahre 1833. MÜLLER’s Archiv für Anatomie, ur uelksis und wissenschaftliche Medicin. [Archiv u. s. w.] 1834. S.1—201. Ueber die Structur der eigenthümlichen Körperchen in der Milz einiger pflanzenfressen- den Säugethiere. Archiv u. s. w. 1834. S. 89—%. Anwendung des Kreosotwassers zur Conservation und Präparation des Gehirns und Rückenmarks. ° Archiv. u. s. w. 1834. S. 95 — 9. Anmerkung zu der Abhandlung von STICKER über die Veränderungen der Kräfte durch- schnittener Nerven und über Muskelreizbarkeit. Archiv u. s. w. 1834. S. 202 — 217. Anmerkung zu der Abhandlung von RETzIUS über den Circulus venosus im Auge. Archiv u. s. w. 1834. S. 295. Ueber die Existenz von vier getrennten, regelmäfsig pulsirenden Herzen, welche mit dem Iymphatischen System in Verbindung stehen, bei einigen Amphibien. Archiv u. s. w. 1834. S. 296 — 300. (Uebersetzung aus den Philosophical Transactions, s. oben No. 53.) Nachschrift zu einer brieflichen Mittheilung des Hrn. Prof. E. H. WEBER an Jon. MÜLLER über die Lymphherzen der Amphibien. Archiv u. s. w. 1834. S. 303 — 304. a. Ueber die äufseren Geschlechtstheile der Buschmänninnen. Archiv u. s. w. 1834. S. 319—345. 1 Kpfr. [Vorgetragen am 18. April 1834 in der medicinisch- chirurgi- 18 162 Verzeichnifs von MÜLLEr's Arbeiten. schen Gesellschaft zu Berlin. Vergl. Journal der practischen Heilkunde. Herausgegeben von C. W. HUFELAND und E. Osann. Bd. LXXX. S. 111.] 63. a. Nachtrag zur vorigen Abhandlung. Archiv u. s. w. 1834. S. 384. 64. Artikel: Thierische Electrieität. Im Encyclopaedischen Wörterbuche der medicinischen Wissenschaften. Bd. X. 1834. S. 522 — 550. 65. Artikel: Erectiles Gewebe; — Erectilität; — Erection; — Erector clitoridis ; — Erec- tor penis. Im Encyclopaedischen Wörterbuche der medicinischen Wissenschaften. Bd. XI. 1834. S. 452 —464. 66. Artikel: Erschlaffer der Paukenfells. Im Encyclopädischen Wörterbuche der medicini- schen Wissenschaften. Bd. XI. 1834. S. 472. 67. Zusätzliche Bemerkungen zu: STEINHEIM, von der Raumveränderung des Blutes, und von der Structur des Herzens, dieser entsprechend, und sie beweisend. Medicinische Zeitung u. s. w. Jahrgang 1834. No. 29. S. 137 —138. 1835. 68. (XIV.) Handbuch der Physiologie des Menschen u. s. w. Bd. I. Zweite ver- besserte Auflage. Coblenz u. s. w. 1835. 856 $. (Die zweite Abtheilung ist aus der ersten Auflage unverändert abgedruckt. Archiv u.s. w. 1836. S. 69.) 69. Gedächtnifsrede auf CArL Asmunp Ruporpur. (Gelesen in der öffentlichen Sitzung vom 6. August 1835). Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1835. (1837.) S. XVIT—XXXVII. 70. ESCHRICHT und MÜLLER, über die arteriösen und venösen Wundernetze an der Le- ber und einen merkwürdigen Bau dieses Organes beim Thunfische, Thynnus vulgaris. (Gelesen am 29. Juni 1835.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1835 (1837.) S.1 —32. 3 Kpfr. 74. Ueber die organischen Nerven der erectilen männlichen Geschlechtsorgane des Men- schen und der Säugethiere. (Gelesen am 26. November 1835.) Physikalische Abhand- lungen 1835. (1837.) 5. 93—140. 4 Kpfr. 72. Auszug aus einer anatomischen Untersuchung über die cavernösen Nerven des männ- lichen Gliedes und ihren Zusammenhang mit dem Plexus hypogastricus des Nervus sym- pathicus. Medicinische Zeitung u. s. w. 4. Jahrgang. 1835. No. 18. S. 77—79. 73. Jahresbericht über die Fortschritte der anatomisch physiologischen Wissenschaften im Jahre 1834. Archiv u. s. w. 1835. S. 1— 243. 74. Entdeckung der bei der Erection des männlichen Gliedes wirksamen Arterien bei dem Menschen und den Thieren. Archiv u. s. w. 1835. S. 202— 213. 1 Kpfr. 5. Untersuchung eines Schildkrötenharns von Prof. MAGNus und Prof. MÜLLER. Archiv u. s. w. 1835. S. 214— 218. 76. Ueber die Kiemenlöcher der jungen Coecilia hypocyanea. Archiv u. s. w. 1835. S. 391—398. 1 Kpfr. 77. Artikel: Felsenknoten (Ganglion petrosum nervi glossopharyngei). Im Encyclopaedi- schen Wörterbuche der medicinischen Wissenschaften. Bd. XII. 1835. S. 109—110. 1836. 78. Ueber die Structur der Knochen. Mittheilungen aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. Erstes Quartal 1836. 16. Februar. S. 6—12. 1834 — 1837. 163 79. (IT.) Ueber den eigenthümlichen Bau des Gehörorgans bei den Cyclostomen, mit Be- merkungen über die ungleiche Ausbildung der Sinnesorgane bei den Myzinoiden. Fortset- zung der vergleichenden Anatomie der Myxinoiden. (Gelesen am 25. April 1836.) Phy- sikalische Abhandlungen u. s. w. 1837. (1839.) S. 15—48. 2 Kpfr. 80. Ueber zwei eigenthümliche Bildungstypen des Gehörlabyrinthes bei den Cyclostomen. Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. [Monatsberichte u. s. w.] 25. April 1836. S. 31—32. 81. Bemerkungen über perlmutterglänzende Harnblasensteinchen des Berliner anatomischen Museums. Monatsberichte u. s. w. 30. Mai 1836. S. 483. 82. (XV.) Rede zur Feier des 42sten Stiftungstages des Königlichen medicinisch- chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Instituts, am 2. August 1836. Berlin bei Ux- GER. 8°.. 27 8. 83. Ueber Verschiedenheiten des Leims der Knochen und Knorpel. Mittheilungen aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin. Zweites und drittes Quartal 1836. 16. August. S. 36. 84. Ueber zwei verschiedene Typen in dem Bau der erectilen männlichen Geschlechtsor- gane bei den straulsartigen Vögeln und über die Entwickelungsformen dieser Organe unter den Wirbelthieren überhaupt. (Gelesen am 17. November 1835.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1836. (1838.) S. 137 —177. 3 Kpfr. 85. Ueber zwei verschiedene Typen im Bau der erectilen männlichen Geschlechtsorgane der straulsartigen Vögel. Monatsberichte u. s. w. 17. November 1836. S. 99 — 101. 86. Ueber den feineren Bau der krankhaften Geschwülste. Monatsberichte u. s. w. 8. De- cember 1836. S. 107 —113. 87. Jahresbericht über die Fortschritte der anatomisch-physiologischen Wissenschaften im Jahre 1835. Archiv u. s. w. 1836. S. I- CCXXXVI. 88. Versuche über die künstliche Verdauung des geronnenen Eiweilses von Prof. Dr. J. MÜLLER nnd Dr. SCHWANN. Archiv u. s. w. 1836. S. 66 —89. 89. Ueber die Structur und die chemischen Eigenschaften der thierischen Bestandtheile der Knorpel und Knochen. PoGGENDORFF’s Annalen u. s. w. 1836. Bd. XXXVIII. S. 295 — 353. 1 Kpfr. 90. Nachtrag zu diesem Aufsatze ebendas. S. 476 — 478. 91. Nachrichten über die beiden Mikrocephalen zu Kiwitsblott bei Bromberg. Medicinische Zeitung u. s. w. 5. Jahrgang. 1836. No. 2. S. 7— 10. No. 3. S. 13 — 18. 1837. 52. (XIN.) C. Handbuch der Physiologie des Menschen für Vorlesungen. Bd. II. Abth. I. Coblenz u. s. w. 1857. (Die Lehre von den Bewegungen, von der Stimme und Sprache.) 246 S. 92. (XVL) A. Handbuch der Physiologie des Menschen für Vorlesungen. Bd. 1. Abth. I. Dritte verbesserte Auflage. Coblenz u. s. w. 1837. 4218. 93. Jahresbericht über die Fortschritte der anatomisch-physiologischen Wissenschaften im Jahre 1836. Archiv u. s. w. 1837. S. I-CXXXXII. 18,7 4164 Verzeichnifs von MÜLLER's Arbeiten. 94. Historisch-anatomische Bemerkungen. Archiv u. s. w. 1837. S.273— 296. 95. Jou. MÜLLER, Ueber die Gattungen der Haifische und Rochen nach einer von ihm mit Hrn. HENLE unternommenen gemeinschaftlichen Arbeit über die Naturgeschichte der Konor- pelfische. Monatsberichte u. s. w. 31. Juli 1837. S. 111 — 118. 96. Ueber die Gattungen der Plagiostomen. Von Jos. MÜLLER und HENLE. WIEG- MANN’s Archiv für Naturgeschichte. 3. Jahrgang. Bd. I. Berlin 1837. S. 394—401. 1838. 52. (XIIL) D. Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. Abth. I. Coblenz u. s. w. 1838. S. 246 — 504. (Die Lehre von den Sinnen.) 92. (XVI) B. Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. Abth. II. Dritte verbesserte Auflage. Coblenz u. s. w. 1838. 446 S. 97. (XVIL) Ueber den feineren Bau und die Formen der krankhaften Geschwülste. Berlin bei Reımer 1838. Folio. In zwei Lieferungen. Erste Lieferung, Bogen 4—15 und Tafel I— IV. 98. (ZIT.) Vergleichende Neurologie der Myxinoiden. (Gelesen am 15. Februar 1838.) Phy- sikalische Abhandlungen u. s. w. 1838. (1840.) S. 171—251. 4 Kpfr. 99. Ueber das Nervensystem der Myxinoiden. Monatsberichte u. s. w. 15. Februar 1838. Ss. 16— 20. 400. Ueber den Nervus sympathicus der Schlangen. Vorläufige Mittheilung aus der ver- gleichenden Anatomie der Myxinoiden. Archiv u. s. w. 1839. S.59—63. 401. Jahresbericht über die Fortschritte der anatomisch - physiologischen Wissenschaften im Jahre 1837. Archiv u. s. w. 1838. S. XCI— CXCVII. 102. Anmerkung zu VALENTIN’s Abhandlung ‚Ueber den Verlauf der Blutgefälse in dem Penis des Menschen und einiger Säugethiere”. Archiv u. s. w. 1838. S. 224 — 226. 103. a. On the generic characters of Cartilaginous Fishes, with Descriptions of new ge- nera. By Prof. J. MÜLLER and Dr. HEnLE. Magazine of Natural History. New Se- ries. Conducted by EDWARD CHARLESWORTH. 1838. vol. II. p. 33— 37. 88 — 91. 103. b. Ueber die Gattungen der Plagiostomen. Von JoH. MÜLLER und HENLE. WIEG- MANN’s Archiv u. s. w. 4. Jahrgang. Bd. I. 1838. S. 83— 85. 1839. 104. (XVII) Ueber die Compensation der physischen Kräfte am menschlichen Stimmorgan. Mit Bemerkungen über die Stimme der Säugethiere, Vögel und Amphibien. Fortsetzung und Supplement der Untersuchungen über die Phy- siologie der Stimme. Berlin. Bei A. Hırschwaın. 1839. 8°. 548. 4 Kpfr. 405. Ueber den glatten Haifisch des ARISTOTELES und die Verschiedenheiten unter den Hai- fischen und Rochen in der Entwickelung des Eies. Monatsberichte u. s. w. 11. April 1839. S. 49— 52. 406. Ueber die Lymphherzen der Schildkröten. (Gelesen am 14. October 1839.) Physi- kalische Abhandlungen u. s. w. 1839. (1841.) S. 31—35. 1 Kpfr. 407. Ueber die Lymphherzen der Schildkröten. Monatsberichte u. s. w. 14. October 1839. S. 150— 152. 1837 — 1840. 165 108. Ueber die Lymphherzen der Schildkröten. (Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 14. Oct. 1839.) Archiv u. s. w. 1840. S.1—4. 109. (ZP.) Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Dritte Fortsetzung. Ueber das’Gefälssy- stem. (Gelesen am 11. Nov. und 9. Dec. 1839, mit einigen neueren Ergänzungen.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1839. (1841.) S. 175—303. 5 Kpfr. 110. Dritte Fortsetzung der Arbeit über die vergleichende Anatomie der Myxinoiden, zu- nächst über Blutgetäfssystem und Lymphgefälssystem derselben. Monatsberichte u. s. w. 11. November 1839. S. 184— 186. 111. Ueber die Natur der Nebenkiemen bei den Knochenfischen. Monatsberichte u. s. w. 11. November 1839. S. 186— 197. 112. Mittheilungen über die Wundernetze zu dem comparativen Theil der vergleichenden Anatomie der Myxinoiden. Monatsberichte u. s. w. 9. December 1839. S. 272 — 292. 113. Ueber Nebenkiemen und Wundernetze. ‘(Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 11. Nov. und 9. Dec. 1839.) Archiv u. s. w. 1840. S. 101 — 142. 114. Sur loorganisation et les fonctions des pseudobranchies et des plexus vasculaires des poissons. Comptes rendus hebdomadaires des Seances de ’Academie des Sciences. 9. Mars 1840. t.X. p. 422. 415. Ueber den Amphioxus lanceolatus YARRELL. Monatsberichte u. s. w. 11. November 1839. S. 197 — 200. 116. Ueber eine eigenthümliche Bewaffnung des Zwischenkiefers der reifen Embryonen der Schlangen und Eidechsen. Monatsberichte u. s. w. 11. November 1839. $. 182 — 184, 417. Ueber eine eigenthümliche Bewaffnung des Zwischenkiefers der reifen Embryonen der Schlangen und Eidechsen. (Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 11. November 1839.) Archiv u. s. w. 1841. S. 329—331. 1 Kpfr. 418. Bericht über die Fortschritte der mikroskopischen Anatomie im Jahre 1838. Archiv u. s. w. 1839. S. CLXXXVII— CCVII 419. Bericht über die Fortschritte der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere im Jahre 1838. Archiv u. s. w. 1839. S. GCVIII— CCXVII. 120. Ueber die Plagiostomen -Gattungen Syrrhina, 'Trigonoptera. Mittheilungen aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschender Freunde. Viertes Jahr. 1839.'' 1840. 52. (XI) E. Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. Abth. II. Coblenz u. s. w. 1840. (Die Lehre vom Seelenleben, von der Zeugung und Entwickelung.) S. 504 — 780. 1 Kupfer. 421. Ueber den glatten Hai des Neistürkke: und über die Verschiedenheiten unter den Haifischen und Rochen in der Entwickelung des Eies. (Gelesen am 11. April 1839 und 6. August 1840.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1840. (1842.) S. 187— 257. 6 Kpfr. 122. Fortsetzung der Untersuchungen über den glatten Hai des ARISTOTELES, zunächst über den Galeus laevis des STENONIS. Monatsberichte u. s. w. 6. August 1840. S. 171—175. 423. Ueber den Bau des Pentacrinus Caput Medusae. Monatsberichte u. s. w. 30. April 1840. S. 88—106. 166 Verzeichnifs von MÜLLER's Arbeiten. 424. Ueber die Gattungen der Ophiuren. Von J. MÜLLER und F. H. Troscaer. (Mit- getheilt in der Gesellschaft naturforschender Freunde am 16. Juni und 21. Juli 1840.) WIEGMANN’s Archiv u s. w. 6. Jahrgang. Bd. I. 1840. S. 326—330. 125. Fortgesetzte Bemerkungen über die Gattungen der Asteriden. . Von J. MÜLLER und F. H. TRroscHEL. WVIEGMANN’s Archiv u. s. w. 6. Jahrgang. Bd. I. 1840. S. 367 — 368. 126. Bericht über die Fortschritte der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere im Jahre 1839. Archiv u. s. w. 1840. S. CLIX—CCXXIL 1841. 127. (XIX.) A. Handbuch der Physiologie u. s.w. Bd. I. Vierte Auflage. Lief. I. Bogen 1 — 14. Coblenz u. s. w. 1841. 128. (XX.) Systematische Beschreibung der Plagiostomen von Dr. J. MüLer, u. s. w., und Dr. J. HENLE, u. s. w., Fol. mit 60 Steindrucktafeln. Berlin bei Veit und Comp. 1841. XXI und 2028. 129. Bemerkungen die Anatomie des Thiers im Nautilus Pompilius betreffend. Monatsbe- richte u. s. w. 28. Januar 1841. S.58— 59. 130. Nachtrag zur Abhandlung über die Nebenkiemen. Monatsberichte u. s. w. 11. Fe- bruar 1841. S. 86— 98. 131. Fortgesetzte Untersuchungen über die Pseudobranchien (Gelesen in der Königl. Aka- demie der Wissenschaften zu Berlin am 11. Februar 1841.) Archiv u. s. w. 1841. S. 263 — 277. 132. Ueber den Bau des Pentacrinus caput Medusae. (Gelesen am 30. April 1840 und 13. Mai 1841). Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1841. (1843.) S. 177 —248. 6 Kpfr. 133. Ueber die Anatomie des Steatornis caripensis v. Humß. Monatsberichte u. s. w. 13. Mai 1841. S. 172 —179. 134. Anatomische Bemerkungen über den Quacharo, Steatornis caripensis v. HumB. (Ge- lesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, am 13. Mai 1841). Ar- chiv u. s. w. 1842. S.1—11. 1 Kpfr. 135. Ueber die Gattungen und Arten der Comatulen als Fortsetzung der Abhandlung über den Pentacrinus Caput Medusae. Monatsberichte u. s. w. 13. Mai 1841. S. 179—189. 136. Ueber die Gattungen und Arten der Comatulen. (Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 13. Mai 1841.) WIEGMANN’s (ERICHsoN’s) Archiv u. s. w. 7. Jahrgang. Bd.I. 1841. S. 139 —148. 137. Ueber einen krankhaften Hautausschlag mit specifisch organisirten Samenkörperchen [Psorospermien]. Monatsberichte u. s. w. 21. Juni 1841. S. 212 — 222. 138. Ueber eine eigenthümliche krankhafte parasitische Bildung mit specifisch organisirten Samenkörperchen (Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 21. Juni und 19. Juli 1841.) Archiv u. s. w. 1841. S.477—496. 1 Kpfr. 139. Fortsetzung der Beobachtungen über die Psorospermien. Monatsberichte u. s. w. 19. Juli 1841. S. 246— 250. 140. Ueber den Bau und die Lebenserscheinungen des Branchiostoma lubricum CosTA, 1840 — 1843. 167 Amphioxus lanceolatus YARRELL. (Gelesen am 6. December 1841.) Physikalische Ab- handlungen u. s. w. 1842. (1844.) S. 79—116. 5 Kpfr. 141. Mikroskopische Untersuchungen über den Bau und die Lebenserscheinungen des Bran- chiostoma lubricum CosTA, Amphioxus lanceolatus YARRELL. Monatsberichte u. s. w. 6. December 1841. S. 396 — 411. 442. Bericht über die Fortschritte der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere im Jahre 1840. Archiv u. s. w. 1841. S. CXLV— CLXI. 143. Nachschrift zu Dr. W. PETERS Uebersetzung von NıLsson’s Entwurf einer systema- tischen Eintheilung und speciellen Beschreibung der Phoken. WIEGMANN’s (ERICH- soN’s) Archiv u. s. w. 7. Jahrgang. Bd. I. 1841. S. 333 — 334. 1842. 144. (XXL) System der Asteriden von Dr. Jonannes MÜLLER, und Dr. Franz HERRMANN TroscHEL. Braunschweig 1842. 4°. XX und 135 S. 12 Kpfr. 445. Bericht über einige auf einer Reise in Schweden in Gemeinschaft mit Hrn. RETZIUS angestellte pathologisch-anatomische Beobachtungen über parasitische Bildungen. Mo- natsberichte u. s. w. 3. März 1842. S. 47 —49. 146. Ueber parasitische Bildungen. Bericht von J. MÜLLER über einige mit Hrn. RETZIUS untersuchte pathologisch-anatomische Gegenstände, gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 3. März 1842. Archiv u. s. w. 1842. S. 193 — — 212. 2 Kpfr. 147. (P.) Untersuchungen über die Eingeweide der Fische, Schlufs der vergleichenden Ana- tomie der Myxinoiden. (Gelesen am 16. und 23. Juni 1842.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1843. (1845.) S. 109—170. 5 Kpfr. 148. Ueber die Eingeweide der Fische, zunächst über die Geschlechtsorgane der Knorpel- fische und über die Schwimmblase, mit Bezug auf einige neue Fischgattungen. Mo- natsberichte u. s. w. 16. Juni 1842. S. 174—186. 149. Fortsetzung der Untersuchungen über die Schwimmblase der Fische mit Bezug auf einige neue Fischgattungen. Monatsberichte u. s. w. 23. Juni 1842. S. 202— 210. 150. Beobachtungen über die Schwimmblase der Fische, mit Bezug auf einige neue Fisch- gattungen. (Gelesen in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 16. und 23. Juni 1842). Archiv u. s. w. 1842. S. 307—329. 151. Beobachtungen über die Geschlechtsorgane der Plagiostomen, mit Anwendung auf eine Stelle in ARISTOTELES Naturgeschichte. (Aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Juni 1842.) Archiv u. s. w. 1842. S. 414 — 4117. 452. Bericht über die Fortschritte der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere, im Jahre 4841. Archiv u. s. w. 1842. S. CGCXVII— CCXXXIX. 153. Bemerkungen über eigenthümliche Herzen des Arterien- und Venensystems. Archiv u. s. w. 1842. S.477—478. 1843. 127. (XIX.) B. Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. Vierte Auflage. Lieferung II. Bogen 15—26. Coblenz u. s. w. März 1843. 168 Verzeichnifs von MÜLLER's Arbeiten. " 154. Beiträge zur Kenntnils der natürlichen Familien der Knochenfische. Monatsberichte u. s. w. 3. August 1843. S. 211 — 218. 155. Neue Beiträge zur Kenninils der Asteriden. Von J. MÜLLER und F. H. TROSCcHEL. WIEGMANN’s (ErıcHson’s) Archiv u. s. w. 9. Jahrgang. Bd.I. 1843. S. 113 — 131. 156. Neue Beiträge zur Kenntnifs der Arten der Comatulen. WIEGMANN’s (ERICHSON’s) Archiv u. s. w. 9. Jahrgang. Bd. I. 1843. S. 131 —136. 157. Beiträge zur Kenntnils der natürlichen Familien der Fische. (Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 16. und 23. Juni 1842 und am 3. August 1843.) WIEGMANV’s (ERICHSON’s) Archiv u. s. w. 9. Jahrgang. Bd. I. 1843. S. 292 —330: 158. Nachtrag zur Abhandlung über die natürlichen Familien der Fische. WIEGMANN’s (ErıcHson’s) Archiv u. s. w. 9. Jahrgang. Bd. I. 1843. S. 381 — 384. 159. Ueber die Wirbel der Haifische, in: Lous AGAssız, Recherches sur les poissons fos- siles etc. tom. IT. Neuchatel 1833 —43. 4°. S.361—368. 1 Kpfr. [Einzeln abgedruckt unter dem Titel: Notice sur les vertebres de Squales vivans et fossiles, par J. MÜLLER et L. Acassız. (Extrait de la 15° livraison des Re- cherches sur les poissons fossiles). Neuchatel 1843.] 160. Bericht über die Fortschritte der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere im Jahre 4842. Archiv u. s. w. 1843. S. CCXXXVIH— CCLXI. 161. Ueber den Bau der Leber. Anmerkung zu: „Dr. AnDoLPH KRUKENBERG, Untersu- chungen über den feineren Bau der menschlichen Leber.” Archiv u. s. w. 1843. S. 338—344. 1 Kpfr. 162. Anmerkung zu „Dr. F. Biınper, Zur Histogenese der Knochen”. Archiv u. s. w. 1843. S. 395. 163. Ueber ossificirende Schwämme oder Osteoid-Geschwülste. (Gelesen in der HuFE- LAND’schen med. chirurg. Gesellschaft am 1. Sept. 1843.) Archiv u. s. w. 1843. S. 396 — 442. 164. Anmerkung zu: „Dr. J. von TscuupI, Vergleichend anatomische Beobachtungen”, betreffend die systematische Stellung der Penelope. Archiv u. s. w. 1843. S. 472. 1844. 127. (XIX.) C. Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. Vierte Auflage. Lief. III. Bogen 27 — 47. Coblenz u. s. w. 1844. 165. Zusätze zu zoologischen Mittheilungen von Hrn. PETERS über einige neue Fische und Amphibien aus Angola und Mozambique. Monatsberichte u. s. w. 5. Februar 1844. S. 31— 37. 166. Ueber den Bau und die Grenzen der Ganoiden und über das natürliche System der Fische. (Gelesen am 12. December 1844.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1844 (1846.) S. 117 — 216. 6 Kpfr. 167. Ueber den Bau und die Grenzen der Ganoiden und über das natürliche System der Fische. Monatsberichte u. s. w. 1844. S. 416—422. 168. Ueber den Bau und die Grenzen der Ganoiden, und über das natürliche System der Fische. (Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am. 12. Dee. 1844.) WIEGMANN’s (ERICHSON’s) Archiv u. s. w. 11. Jahrgang. Bd. I 1845. 5. 91—141. 169. 170. 471. 172. 173. 174. 180. 181. 182. [8} 1843 — 1846. 169 Bericht über die Fortschritte der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere im Jahre 1843. Archiv u. s. w. 1844. S. 50 —67. Synopsis generum et specierum familiae Characinorum. (Prodromus descriptionis novo- rum generum et specierum) Auctoribus J. MÜLLER et F. H. TroschEL. WIEGMANN’s (ErıcHson’s) Archiv u. s. w. 10. Jahrgang. Bd. I. 1844. S. 81—99. Ueber einen neuen Wurm Sipunculus (Phascolosoma) scutatus. WIEGMANN’s (ERICH- son’s) Archiv u. s. w. 10. Jahrgang. Bd. I. 1844. S. 166—168. 1 Kpfr. z. Th. Beschreibung neuer Asteriden. Von J. MÜLLER und F. H. TroscHEL. WIEGMANN’s (Erıcuson’s) Archiv u. s. w. 10. Jahrgang. Bd. I. 1844. S. 178—185. Brief über den Blödsinn an den Geheimenrath und General-Inspector des Taubstum- men-Bildungs-Wesens SAEGERT, vom 20. März 1844. Abgedruckt in: Die Heil- und Bildungs-Anstalt für Blödsinnige zu Berlin u. s. w. Bericht über deren Gründung und Entwickelung u.s.w. Herausgegeben von Dr. HEYER. Berlin 1858. 4°. S.6—7. 1845. (XXIL) A. Horae ichthyologicae. Beschreibung und Abbildung neuer Fische. Von Dr. Jouannes MüÜLLer und Dr. Franz HERRMANN TRroscHEL. Erstes und zweites Heft. 4°. Mit 11 Kupfertafeln. Berlin bei VEır und Comp. 1845. 40 S. Nachtrag zu der Abhandlung über den Bau der Ganoiden. Monatsberichte u. s. w. 13. Februar 1845. S. 33 — 35. Ueber die bisher unbekannten typischen Verschiedenheiten der Stimmorgane der Pas- serinen. Monatsberichte u. s. w. 26. Juni 1845. S. 207 — 221. Ueber die bisher unbekannten typischen Verschiedenheiten der Stimmorgane der Pas- serinen. Auszug aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Juni 1845. Archiv u. s. w. 1846. S. 314— 332. Caracteres tires de la structure du larynx pour la classification des passereaux. (Dank- schreiben MÜLLER’s an die Academie des Sciences für seine Ernennung zum Üorrespon- denten.) Comptes rendus etc. 6 Octobre 1845. t. XXI. p. 821. Jahresbericht über die Fortschritte der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. 1844. Archiv u. s. w. 1845. S. 195 — 212. Physiologische Bemerkungen über die Statik der Fische. Auszug aus dem letzten Theil der vergleichenden Anatomie der Myxinoiden. Archiv u. s. w. 1845. S. 456—464. Ueber die Wimperbewegung in den Harncanälchen der Rochen und den Kiemen der Ascidien. Anmerkung zu: „KÖLLIKER, Ueber Flimmerbewegungen in den Primordial- nieren”. Archiv u. s. w. 1845. S. 520. 1846. Fernere Bemerkungen über den Bau der Ganoiden. Monatsberichte u. s. w. 12. März 1846. S.67—83. Fernere Bemerkungen über den Bau der Ganoiden. (Gelesen in der Königl. Akade- mie der Wissenschaften zu Berlin am 12. März 1846.) W1EGMANN’s (ERICHSON’s) Archiv u. s. w. 12. Jahrgang. Bd. I. 1846. S. 190 — 208. 19 170 Verzeichnifs von MlÜLLER's Arbeiten. 484. Ueber die bisher unbekannten typischen Verschiedenheiten der Stimmorgane der Pas- serinen. (Gelesen am 26. Juni 1845 und 14. Mai 1846.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1845. (1847.) S.321—391. 6 Kpfr. 185. Nachtrag dazu S. 405— 406. 186. Nachtrag zur Abhandlung über die Stimmorgane der Singvögel. Monatsberichte u. s. w. 14. Mai 1846. S. 148 —149. 187. Nachtrag zu der Abhandlung über die Stimmorgane der Passerinen. Archiv u. s. w. 1847.18. 397.— 399. 188. Ueber die Gattung Comatula Lam. und ihre Arten. (Gelesen am 13. Mai 1841 und 8. Juni 1846.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1847. (1849.) S. 237 — 265. 189. Nachtrag zur Abhandlung über die Comatulen. Monatsberichte u. s. w. 8. Juni 1846. S.177— 179. 190. Bemerkung über die Fufsknochen des fossilen Gürtelthiers, Glyptodon clavipes Ow. (Gelesen am 8. Juni 1846.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1847. (1849.) S. 266— 267. 2 Kpfr. 191. Bemerkungen zu dem Hinterfuls des gigantischen fossilen Gürtelthiers der Banda oriental. Monatsberichte u. s. w. 8. Juni 1846. S. 179—181. 192. Bericht über einige neue Thierformen der Nordsee. Archiv u. s. w. 1846. S.101 — 110. 2 Kpfr. [Erste Beschreibung des Pluteus.] 193. (1.) Ueber die Larven und die Metamorphose der Ophiuren und Seeigel. (Gelesen am 29. October 1846.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1846. (1848.) S. 273 —312. 7 Kpfr. = 194. Ueber die Larvenzustände und die Metamorphose der Ophiuren und Seeigel. Monats- berichte u. s. w. 29. October 1846. S. 294 — 310. 1847. 195. Fortsetzung des Berichts über einige neue Thierformen der Nordsee. Archiv u. s. w. 1847. S.156—179. 1 Kpfr. z. Th. 196. Untersuchungen über den Hydrarchus. Monatsberichte u. s. w. 12. April 1847. S. 103 — 114. 497. Ueber den Bau des Schädels des Zeuglodon cetoides Ow. Monatsberichte u. s. w. 20. Mai 1847. S. 160. 198. Ueber die Wirbelsäule des Zeuglodon cetoides. Monatsberichte u. s. w. 14. Juni 1847: 8.185 — 200: 199. Ueber die von Hrn. Kocn in Alabama gesammelten fossilen Knochenreste seines Hy- drarchus. Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 12. April, 20. Mai und 14. Juni 1847. (Aus den Monatsberichten der Akademie.) Archiv u. s. w. 1847. S. 362 — 396. 1848. 200. (IL.) Ueber die Larven und die Metamorphose der Echinodermen. (Zweite Abhand- lung.) (Gelesen am 27. Juli 1848.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1848. (1850.) S. 75—109. 5Kpfr. (Mit Zusätzen von 1849.) 1846 — 1850. 471 201. Ueber die Metamorphose der Echinodermen. Monatsberichte u. s. w. 27. Juli 1848. S. 284. 202. Bemerkungen über die Metamorphose der Seeigel. Archiv u. s. w. 1848. S. 113 — lee 203. Anmerkung zu: „STANNIUS, Versuche über die Function der Zungennerven”. Archiv u. 5. w. 1848. .S. 138. 204. Dr. A. Tu. v. MiDDENDORFF’s Reise in den äulsersten Norden und Osten Sibiriens. Bd. I. St. Petersburg 1848. 4°. Fossile Fische. Bearbeitet von JOHANNES NÜLLER. S. 261— 263. 1 Kpfr. [Einzeln abgedruckt unter dem Titel: Fossile Fische. Gesammelt während Mıp- DENDORFF’s Sibirischer Reise. Bearbeitet von JOHANNES MÜLLER. (Aus MıD- DENDORFF’s Sibirischer Reise Bd. I. Th. L.)] 1849. 205. (XXIIL) Ueber die fossilen Reste der Zeuglodonten von Nordamerica mit Rücksicht auf die europäischen Reste aus dieser Familie. Berlin bei Reimer. 1849. Fol. 37S. 27 Steindrucktafeln. 174. (XXI) B. Horae ichthyologicae. Beschreibung und Abbildung neuer Fische. Von Dr. Jonanses MÜLLER und Dr. Franz HERRMANN TroscHer. Drittes Heft. Mit 5 Kupfertafeln. Derlin. Verlag von Veır und Comp. 1849. Fol. 28 8. 206. Anmerkung zu: „HERRMANN JORDAN, Ergänzende Beobachtungen zu der Abhandlung von GOLDFUSS über die Gattung Archegosaurus”. Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preufsischen Rheinlande und Westphalens. Herausgegeben von BUDGE. Bonn 1849. Jahrgang VI. S. 81. 207. Ueber die Bipinnarien und die Metamorphose der Asierien. Archiv u. s. w. 1849, S. 84— 112. 208. Ueber die Larven und die Metamorphose der Holothurien. Monatsberichte u. s. w. 15. November 1849. S. 301— 331. 209. Ueber die Larven und die Metamorphose der Holothurien. (Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 15. November 1849.) Archiv u. s. w. 1849. S. 364— 399. 1850. 210. (IH.) Ueber die Larven und die Metamorphose der Holothurien und Asterien. (Gelesen am 15. November 1849 und 18. April 1850. Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1849. (1851.) S. 35—72. 7 Kpfr. 211. Fortsetzung der Untersuchungen über die Metamorphose der Echinodermen. Monats- berichte u. s. w. 18. April 1850. S. 140 —141. 242. Anatomische Studien über die Echinodermen. Archiv u. s. w. 1850. S. 117—155. 213. Berichtigung und Nachtrag zu den anatomischen Studien über die Echinodermen. Ar- chiv u. s. w. 1850. S. 225 — 233: 214. Fortsetzung der Untersuchungen über die Metamorphose der Echinodermen. Monats- berichte u. s. w. 7. November 1850. S. 403— 425. 195 172 215. 216. 217. Verzeichnifs von Mürezr's Arbeiten. Fortsetzung der Untersuchungen über die Metamorphose der Echinodermen. Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 7. November 1850. Archiv u. s. w. 1850. S. 452 — 478. Ueber eine eigenthümliche Wurmlarve, aus der Classe der Turbellarien und aus der Familie der Planarien. Archiv u. s. w. 1850. S.485—500. 2 Kpfr. Ergebnis der Revision einer Reihe fossiler Fischgattungen. Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. Berlin 1850. Bd. II. S. 65. 1851. . (V.) Ueber die Ophiurenlarven des Adriatischen Meeres. (Gelesen am 16. Januar 1851.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1851. (1852.) S.33—61. 8 Kpfr. Ueber die Ophiurenlarven des Adriatischen Meeres. Gelesen in der Königl. Akade- mie der Wissenschaften zu Berlin am 16. Januar 1851. Archiv u. s. w. 1851. S.1 —20. Nachtrag zu den Untersuchungen über die Entwickelung und Metamorphose der Echi- nodermen. Monatsberichte u. s. w. 28. April 1851. S. 233— 236. Neue Beiträge zur Kenntnils der Zeuglodonten. Monatsberichte u. s. w. 28. April 4851. S. 236— 246. Ueber die Jugendzustände einiger Seethiere. Monatsberichte u. s. w. 29. Juli 1851. S. 468 — 474. Ueber die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Monatsberichte u. s. w. 23. October 1851. S. 623 — 648. . (IV.) Fortsetzung der Untersuchungen über die Metamorphose der Echinodermen. Vierte Abhandlung. (Gelesen am 7. November 1850, 28. April und 10. November 1851.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1850. (1852.) S.37—86. 9 Kpfr. Nachtrag zu den Untersuchungen über die Entwickelung und Metamorphose der Echi- nodermen. Monatsberichte u. s. w. 10. November 1851. S. 677 —.679. Nachtrag zur Abhandlung über die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Mo- natsberichte u. s. w. 13. November 1851. S. 679 — 680. Anmerkung zu: „AGASSIZ, Ueber die Entwickelung eines Seesterns”. Archiv u. s. w. 1851. 'S. 125. Ueber eine eigenthümliche Meduse des Mittelmeers und ihren Jugendzustand. Archiv u. s. w. 1851. S. 272—277. 1 Kpfr. Bemerkungen über einige Echinodermenlarven. Archiv u. s. w. 1851. S. 353—357. 1852. Ueber die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Archiv u. s. w. 1852. S.1 = 100. Observations sur la. production d’animaux & coquille spirale dans le corps des Synap- tes. Comptes rendus etc. 12 Janvier 1852. t. XXXIV. p. 34—35. Modell der Schale der Synapta-Schnecke. Monatsberichte u. s. w. 22. April 1852. S. 206 — 207. 1850 — 1854. 173 [86] (92) (33) . (XXIV.) Ueber Synapta digitata und über die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Berlin bei Reımer 1852. 4°. IV und 36S. Mit 10 Kupfer- tafeln. 234. Ueber die Entwicklungsformen einiger niederen Thiere. Monatsberichte u. s. w. 25. October 1852. S. 595 — 606. 235. (VL) Ueber den allgemeinen Plan in der Entwickelung der Echinodermen. (Gele- sen am 19. Februar und 28. October 1852.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1852. (1853.) S. 25—65. 8 Kpfr. 236. Anmerkung zu: „GOTTSCHE, Beitrag zur Anatomie und Physiologie des Auges der Krebse und Fliegen”. Archiv u. s. w. 1852. S. 492. 237. Anmerkung zu: „Fr. LEYDIG, Anatomische Notizen über Synapta digitata”. Archiv u. s. w. 1852. S. 519 — 520. 1853. 238. Ueber die Semitae der Spatangoiden. Archiv u. s. w. 1853. 8.1—2. 239. Bericht über ein neu entdecktes Cetaceum aus Radoboy, Delphinopsis FREYERI. Sit- zungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der Kaiserlichen Akade- mie der Wissenschaften zu Wien. 20. Jänner 1853. Bd.X. S.84—88. 240. (VII.) Ueber den Bau der Echinodermen. (Gelesen am 26. Mai, 9. Juni und 18. Juli 1853.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1853. (1854.) S. 123— 219. 9 Kpfr. 241. Ueber den Bau der Echinodermen. Gelesen in der Königl. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin, am 26. Mai 1853. Archiv u. s. w. 1853. S.175—240. [Fort- setzung von No. 212.] 242. (VIL.) Ueber die Gattungen der Seeigellarven. Siebente Abhandlung über die Meta- morphose der Echinodermen. (Gelesen am 17. November 1853.) Physikalische Abhand- lungen u. s. w. 1854. (1855.) S. 1—55. 8 Kpfr. [Am Schlufs die ‚Alphabetische Nachweisung zu den (VII) Abhandlungen über ? Echinodermenlarven”.] 243. Ueber die Gattungen der Seeigellarven. Gelesen in der Königl. Akademie der Wis- senschaften zu Berlin am 17. November 1853. Archiv u, s. w. 1853. S. 472 — 49%. 244. Anmerkung zu: ,„KRroHN, Ueber die Larve von Spatangus purpureus”. Archiv u. s. w. 1853. S. 258— 259. 1854. 245. Ueber den Canal in den Eiern der Holothurien. Archiv u. s. w. 1854. S. 60— 68. 246. Ueber verschiedene Formen von Seethieren. (Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 12. Januar 1854.) Archiv u. s. w. 1854. S.69—98. 3 Kpfr. 247. Ueber zahlreiche Porenkanäle in der Eikapsel der Fische. Monatsberichte u. s. w. 16. März 1854. S. 164 —168. 248. Ueber zahlreiche Porencanäle in der Eicapsel der Fische. (Gelesen in der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 16. März 1854.) Archiv u. s. w. 1854. S. 186—190. 1 Kpfr. z. Th. 174 249. 263. 264. Verzeichnifs von MÜLLEr's Arbeiten. Nachtrag zu der Vergleichung der Larven der Echinodermen, zunächst der verschie- denen Formen der Asterien-Larven. Monatsberichte u. s. w. 16. März 1854. S. 168 — 169. Fortsetzung der Beobachtungen über die Entwickelung der Echinodermen. Monats- berichte u. s. w. 2. November 1854. S. 589 — 593. Anmerkung zu: „„REMAK, Ueber Eihüllen und Spermatozoen”. MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1854. S. 256. 1853. Dankschreiben MÜLLER’s an die Acad@mie des Sciences für den ihm verliehenen Prix CuvIEr. Comptes rendus etc. 29 Janvier 1855. t. XL. p. 238. Nachtrag zur Abhandlung über ein neu entdecktes fossiles Cetaceum aus Radoboy. Sitzungsberichte u. s. w. 15. Februar 1855. Bd. XV. S.345. 1 Kpfr. Fortsetzung der Beobachtungen über die Metamorphose der Echinodermen. Archiv u. s. w. 1855. S. 67—89. Ueber Sphaerozoum und Thalassicolla. Monatsberichte u. s. w. 19. April 1855. S. 229— 2523. Ueber die im Hafen von Messina beobachteten Polycystinen. Monatsberichte u. s. w. 5. November 1855. S. 671 —.676. 1856. Ueber die Fische, welche Töne von sich geben und die Entstehung dieser Töne. (Nach einem in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 10. Januar 1856 gehal- tenen Vortrag). Archiv u. s. w. 1857. S. 249 — 279. Ueber neue Echinodermen des Eifeler Kalkes. (Gelesen am 16. und 19. Juni 1856.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1856. (1857.) S. 243 — 268. 4 Kpfr. Ueber neue Crinoiden aus dem Eifeler Kalk. Monatsberichte u. s. w. 16. Juni 1856. S. 353 — 356. Ueber ein Echinoderm mit schuppenförmigen Tafeln und Echinidstacheln im Eifeler Kalk. Monatsberichte u. s. w. 19. Juni 1856. S. 356 — 361. Einige Beobachtungen an Infusorien. Monatsberichte u. s. w. 10. Juli 1856. S. 389 — 393. Die Thalassicollen, Polycystinen und Acanthometren des Mittelmeeres. Monatsbe- richte u. s. w. 13. November 1856. S. 474—503. 1857. Bemerkungen aus der Entwickelungsgeschichte der Pteropoden. Monatsberichte u. s. w. 19. März 1857. S. 180— 204. 1858. Geschichtliche und kritische Bemerkungen über Zoophyten und Strahlihiere. Archiv u. s. w. 1858. S. 90— 105. 1854 — 1858. 175 265. Ueber die Thalassicollen, Polycystinen und Acanthometren des Mittelmeeres. (Gele- sen am 19. N ogenber und 11. Februar 1858.) Physikalische Apkandlmeen u. Ss. w. 1858. (1859.) S.1—62. 11 Kpfr. 266. Ueber einige neue bei St. Tropez am Mittelmeer beobachtete Polycystinen und Acan- thometren. Monatsberichte u. s. w. 11. Februar 1858. S. 154— 155. 267. Ueber einige Echinodermen der Rheinischen Grauwacke und des Eifeler Kalkes. Mo- natsberichte u. s. w. 1. März 1858. S. 185 — 198. 176 Anmerkungen. 1— 12. Anmerkungen. 1 (S. 26.) Recueil des Eloges historiques etc. Premiere Serie. Paris 1856. p. 107. * 2U(SI2I) Ara. O2S.A9.* ® (S. 30.) De Phoronomia Animalium. Dissertatio inauguralis etc. Bonnae 1822. 4°. p. 42. * * (S. 30.) Ibidem. ° (S.31.) „Gegen Spinnen hatte er die grölste Abneigung. Als er einmal durch das Thor „in’s Gymnasium gehen wollte, hing eine Spinne, eine recht grolse, mitten im Eingange, „und veranlalste ihn, mich, der schon drinnen in nicht grolser Entfernnng war, zu Hülie zu. „rufen; als ich ihm das Unthier beseitigt hatte, wurde er bald von seinen Mitschülern dieser „‚kuriosen Abneignng wegen vielfach aufgezogen und mit Spinnen geneckt.” Handschriftliche Mittheilung von Hrn. Director SEUL. — In dem auch im Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. 1. 3. Aufl. S. 648* abgedruckten Artikel ,,Thierische Electrieität” aus dem Encyclopae- dischen Wörterbuche der medicinischen Wissenschaften u. s. w. Bd. X. 1834. S. 546*, scheint MÜLLER, bei Gelegenheit der Geschichte CoTusno’s mit der Maus (S. meine Untersuchun- gen über thierische Elektrieität. Bd. I. 1848. S. 40), auf diesen Widerwillen anzuspielen. Man vergleiche auch seine naturgeschichtliche Schilderung der Spinne in OxEn’s Isis. Jahr- gang 1828. Bd. XXI. S. 711*. ° (S. 32.) Hr. Ober- und Studien-Director a. D. PETER SEUL zu Urfeld bei Bonn. 7 (S. 33.) „Als Student machte er mit mehreren einen Ritt von Bonn an die Ahr, hier „fand er, als er de respiratione foetus schreiben wollte, eine trächtige Katze. Sie sollte und „mulste zu Pferde mit nach Bonn genommen werden, alle scheinbaren Hindernisse wurden „beseitigt, in einem Sacke band er sie hinter seinem Sattel fest und allem Miauen ungeach- „tet wurde sie in allen Reitarten, Schritt, Trab, Galopp mitgeschleppt; in Bonn angekom- „men war sie wie wüthend und bifs ihn sehr bösartig in die Hand, so dafs er fürchtete „‚wasserscheu zu werden; alles half nichts und wehrte nicht, sie wurde zu seinen Zwecken „lebend zerlegt.” Handschriftliche Mittheilung von Hrn. Director SEUL. ® (S.33.) Auf dem Titel der Dissertation steht der 9., über den Theses defendendae der 14. December als der Tag der Promotion angegeben. Das letztere Datum ist das richtige. % (S. 33.) Isis von OKeEn. 1822. Bd. I. Heft I. S. 61*. '° (S. 34.) In dem Handbuch der Physiologie u.s.w. Bd.I. 3. Aufl. S. 314. und Bd. II. S. 131*, iheilt MÜLLER zwar Einiges von dem thatsächlichen Inhalt jener Schriften mit, jedoch ohne deren Titel anzuführen. 11 (S.34.) Isis von OkeEn. 1823. Bd. II. Hft. IV. S. 987*. '? (S. 36.) Gedächtnifsrede auf CAarL AsmunD Ruporpnur. In den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahre 1835. Berlin 1837. S. XXIIL* Anmerkungen. 13 — 36. 177 13 (S. 36.) I. F. MECKEL’s Archiv für Anatomie und Physiologie. 1828. S. 23*. 1% (S. 36.) De Glandularum secernentium Structura penitiori etc. Lipsiae 1830. Fol. p- 3. 24.* '5 (S. 37.) Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes u. s. w. Leipzig 1826. S. 121*. 16 (S. 37.) MECKEL’s Archiv u. s. w. 1832. S. 69*. 17 (S. 37.) MECcKEL’s Archiv u. s. w. 1828. S. 33*. 18 (S. 37.) Schreiben an v. ALTENSTEIN vom 20. Mai 1824. — Ungedrucktes Curriculum vitae. „,‚Jam vero nunce (Winter 1823-24) Incl. HEGEL philosophiam naturae me docet.” 19 (S.37.) ,„Diro dumque, che la tavola come tavola non & animata, ne la veste come „veste, ne il cuoio come cuoio, ne il vetro come vetro, ma come cose naturali e composte „hanno in se la materia e la forma: sia pur cosa quanto piccola, e minima si vogla, hä in „se parte di sustanza spirituale, la quale, se trova, il soggetto disposto, si stende ad esser „pianta, ad esser animale, et riceve membri di qualsivogla corpo, che comunmente si dice „animato: perche spirto si trova in tutte le cose, et non € minimo corpusculo, che non con- „tegna cotal portione in se, che non inanımi.” GIORDANO Bruno Nolano. De la Causa, Principio et Uno. Stampato in Venetia Anno 1584. 8°. Dialogo secondo p. 48*. 20°(8.37.) A.a.0. S. 513%. 2! (S.38.) Gedächtnilsrede auf C. A. RupoLpaI u. s. w. S. XXVIII®., 22 (S.38.) Gedächtnilsrede u. s. w. S. XXXI*. 23 (S. 39.) Verhandlungen der Kaiserl. Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Natur- forscher. Bd. IV. Abth. II. Bonn 1825. p. VIL* 2° (S. 39.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. Abth. I. 1838. S. 300. * SE(STA0N)E AN 2, 0,5413.,* 2° (S.40.) A.a. 0. S. 20;* — S. auch Vorrede S. XIX.* 7 (S. 40.) Memoire sur Pusage de P’ Epiglotte dans la deglutition ... suivi ... d’un Me- moire sur les Images qui se forment au fond de P’oeil. Paris 1813. 8.* 28 (S.40.) A.a.O. Vorrede. S. XIV.* 2° (S. 40.) Ueber die phantastischen Gesichtserscheinungen u. s. w. S. 7.* MAGENDIE’s Beobachtung steht im Journal de Physiologie experimentale. 1824. t. IV. p. 180, Note. 310 et suiv. * ®° (S.40.) Vergl. R. HAyM, HEGEL und seine Zeit. Berlin 1857. S. 133 ff.* %1 (S.41.) GRUEL in POGGENDORFF’s Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXI. S. 220.* — GOTTSCHE in MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1852. S. 4835.# — LEYDIG ebendas. 1855. S. 443%; — Lehrbuch der Histologie u. s. w. Frankfurt a. M. 1857. S. 258. 259.* — HELM- HOLTZ, Physiologische Optik. (In KArsTEn’s Allgemeiner Encyklopaedie der Physik. 1. Lief. 1856.) S.3.* »2 (S. 42.) Ueber die phantastischen Gesichtserscheinungen u. s. w. S. 69. * » (S.43.) Ueber „Das Sehen in subjectiver Hinsicht, von PuRrKINIE. 1819.” 1821. In „Zur Naturwissenschaft im Allgemeinen”. GOETHE’s sämmtliche Werke in dreifsig Bänden. Stuttgart und Tübingen 1851. Bd. XXX. 8.333. 334. * °* (S.43.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. Abth. 3. Coblenz 1846. S. 567. * % ($. 44.) Briefliche Mittheilung von Hrn. Prof. ScHwANN in Lüttich. ®° (S.45.) Gedächtnifsrede u. s. w. S. XXIII.* 20 178 Anmerkungen. 37 — 39. °7 (S. 46.) Zur Naturwissenschaft im Allgemeinen. A.a. O. S. 327.* 38 (S. 46.) Artikel: „„Thierische Electrieität” im Encyclopädischen Wörterbuche der medici- nischen Wissenschaften u. s. w. Bd. X. 1834. S. 546;* — Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 648.* »> (S. 46.) Ich lasse hier aus den beim Ministerium der Geistlichen, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten aufbewahrten Personal- Acten MÜLLER’s, die mir durch die Gnade Sr. Excellenz des Hrn. Ministers VON BETHMANN-HOLLWEG zum Zweck von Studien für die Biographie des Verstorbenen mitgetheilt worden sind, diesen Bericht wörtlich und voll- ständig folgen. % (Gutachten des Geheimenrathes v. WALTHER über den Gesundheitszustand des Professor MÜLLER.) Hochgeborner Freiherr, Gnädiger hochgebietender Herr Minister! Der Herr Professor WINDISCHMANN hat mir im Auftrage des Herrn Geheimen Ober- Regierungsrathes SCHULZE die Mittheilung gemacht, dals Eure Excellenz von mir ein Gut- achten über den Gesundheitszustand des Hrn. Professor MÜLLER und Vorschläge über die Mittel zu seiner Wiederherstellung 'zu erhalten wünschen. Diesem hohen Auftrage beeile ich mich in folgendem zu entsprechen. Professor MÜLLER leidet schon seit 35 Monaten an einer eigenen Art von Hypochon- drie, welche ich schon mehrere Male bei jungen Gelehrten im Anfange ihrer mit Erfolg begonnenen literarischen Laufbahn zu beobachten Gelegenheit hatte. Da in diesen von mir früher beobachteten Fällen insgesammt zuletzt immer, obgleich sehr langsam, wieder voll- ständige Genesung eintrat, so zweifle ich keineswegs, dafs auch Professor MÜLLER sich wieder ganz erholen, und zu seinen Berufsarbeiten die vorige ausgezeichnete Tüchtigkeit er- langen werde, um so mehr, als sein Zustand sich wirklich schon bedeutend gebessert hat. Früher behauptete er zu allen etwas anstrengenden körperlichen Bewegungen unfähig zu sein; er glaubte an einer Krankheit des Rückenmarkes zu leiden, welche mit gänzlicher Lähmung der Beine, ja mit dem Tode endigen würde. Diese vermeintliche Unfähigkeit zum Gehen bestimmte ihn auch, gegen meinen oft wiederholten Rath, seine bereits begonnenen Vorlesungen wieder aufzugeben. — Gegenwärlig geht er wieder aus, und reitet zuweilen spatzieren. Den günstigsten Erfolg in seinem jetzigen Zustande könnte man sich von einer Reise versprechen, mit welcher er zugleich wissenschaftliche Zwecke verbinden könnte. Eine Reise nach Paris dürfte in jeder Beziehung am angemessensten sein. Da er sich aber nicht entschlielsen wird, ohne die Begleitung seiner Gemahlin zu reisen, so dürfte diese Reise zu grolsen Kostenaufwand verursachen. Bei einer Reise nach Holland wäre dies nicht der Fall, und sie würde wohl denselben Dienst leisten. In tiefster Verehrung verharre ich Bonn, 26. Julius 1826. Eurer Excellenz unterthänigster v. WALTHER, Geheimer Medicinalrath u. Prof, p. ord. Anmerkungen. 39 — 83. 179 I. (Ministerial- Rescript an Geheimerath v. WALTHER, vom 14. August 1827.) Auf Ew. Hochwohlgeboren Bericht vom 26. v. M. hat das Ministerium dem Prof. Dr. MÜLLER behufs einer zur Herstellung seiner Gesundheit zu unternehmenden Reise den er- forderlichen Urlaub und eine aufserordentliche Unterstützung von 200 Thalern bewilligt, und ihn hiervon mittelst des beigeschlossenen versiegelten Schreibens in Kenntnis gesetzt. Das Ministerium fordert Ew. Hochwohlgeboren auf, dieses Schreiben dem p. MÜLLER auf die Ihnen zweckdienlich scheinende Weise einzuhändigen. Auch wird es dem Ministerium er- wünscht sein, durch Ew. Hochwohlgeboren gefällige Mittheilung weitere Nachrichten über den gegenwärtigen Krankheitszustand des p. MÜLLER baldigst zu erhalten, da sich seit eini- gen Tagen das unglückliche Gerücht verbreitet hat, dafs die Krankheit des p. MÜLLER zur wirklichen Tobsucht übergegangen sei. II. (Zweites Gutachten des Geheimenrathes v. WALTHER über den Gesundheitszustand des Professor MÜLLER.) Hochgeborner Freiherr, Gnädiger hochgebietender Herr Minister! Eurer Excellenz beehre ich mich den Empfang des an mich erlassenen hohen Rescriptes vom 14. August unterthänigst anzuzeigen. Die Einlage habe ich sogleich dem Herrn Pro- fessor Dr. MÜLLER zugestellt. Dieser wird nicht ermangeln, Eurer Excellenz seinen unter- thänigsten Dank für die ihm zu Theil gewordene hohe Gnade zu erstatten. Die Gesundheit desselben ist gegenwärtig fast gänzlich wiederhergestellt und sie bedarf nur noch mehrerer Befestigung. Die in meinem gehorsamsten Berichte vom 26. Julius aus- gedrückten Hoffnungen sind auf die erfreulichste Weise in Erfüllung gegangen. Das in Berlin verbreitete Gerücht, dafs die Krankheit desselben in wirkliche Tobsucht übergegangen sei, ist völlig grundlos. Niemals hatte diese, auch zur Zeit, wo sie am hef- tigsten war, einen andern Charakter als jenen einer etwas eigenthümlich modifieirten Hypo- chondrie: und niemals haben die Verstandeskräfte dieses hoffnungsvollen jungen Gelehrten während ihres Verlaufes auch nur im geringsten Grade irgend eine Störung oder Beschrän- kung erlitten. Ich verharre in schuldigster Verehrung Bonn, 22. August 1827. Ew. Excellenz unterthänigst gehorsamster v. WALTHER. “° (8. 47.) Jahresbericht über die Fortschritte der anatomisch - physiologischen Wissen- schaften im Jahre 1835. MÜLLER’s Archiv für Anatomie, Physiologie u. s. w. 1834. S. 4.* »1 (S. 48.) Jahresbericht über 1834. Archiv u. s. w. 1835. S. 83.* = (S. 49.) De Membrana pupillari aliisque Oculi Membranis pellucentibus. Bonnae 1832. 4°.* — MECKEL’s Archiv u. s. w. 1832. S. 262.* — FroriEp’s Notizen. Bd. XXXV. Ja- nuar 1833. No. 769. S. 328.* “3 (S. 50.) Versuche über das Leben und seine Grundkräfte auf dem Wege der Experi- mental- Physiologie. Magdeburg 1817. S. 33. ff. * 20* 180 Anmerkungen. 44 — 63. * (S. 50.) Handbuch .der Physiologie u. s. w. 1. Aufl. Bd. I. 2. Abth. 1834. Vorrede S. VII*; — Bd. II. 2. Abth. 1840. S. 522.* — Rede zur Feier des 42. Stiftungstages des Königl. medicinisch - chirurgischen Friedrich -Wilhelms - Instituts, am 2. August 1836. Ber- lin. S. 4.* » (S. 51.) In der Unterhaltung mit ScHILLER über die Metamorphose der Pflanzen, welche der Anlafs zur näheren Verbindung der beiden Dichter wurde. Annalen oder Tag- und Jahreshefie von 1794 bis 1822. GOoETHE’s sämmtliche Werke in dreilsig Bänden. Stuttgart und Tübingen 1851. Bd. XXI. S. 28. * # (S. 51.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1856. S. 125.* #7 (S.53.) MECKEL’s Archiv u. s. w. 1827. S. 274.* “8 (S. 53.) L’agent immediat du Mouvement vital etc. Paris 1826. p. 216.* “9 (S. 53.) Elementa Physiologiae Corporis humani. t. II. Lausannae 1760. 4°. Lib. VII. Secretio. sect. II. Cola. p. 374 sqq. * 50 (S.53.) MECKEL’s Archiv u. s. w. A.a. O. S. 289. * 51 (S. 54.) De Glandularum secernentium Structura penitiori etc. p. 3. 24. 25%; — ME- CKEL’s Archiv u. s. w. 1830. S. 59.* 2 (S.54.) Annales de Chimie et de Physique. Novembre 1832. t. LI. p. 315. 316.* »3 (S. 54.) Lecons sur les Effets des Substances toxiques et m@dicamenteuses. Paris 1857. p- 24 et suiv.* >° (S. 54.) Trait@ de Physiologie. t. II. Paris 1850. Deuxieme Partie. p. 4 et suiv.* — Man vergleiche auch FLOURENS, Eloge historique de FRANGOIS MAGENDIE etc. Paris 1858. p. 61 et suiv.* — Auf diese Schwankungen hat Hr. EscnricHT bei dem in seinem Werke: Das physische Leben in populären Vorträgen. Berlin 1852. S. 256* gefällten Ur- theile vielleicht nicht hinlänglich Bedacht genommen. 5 (S. 55.) Gedächtnifsrede auf C. A. RuDoLpur u. s. w. S. XXXII. * »° (S. 55.) Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes u. s. w. S. 89. Anm. ;* — Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 650. * 57 (S. 55.) MECKEL’s Archiv u. s. w. 1832. S. 70. 71. Anm.*; — Handbuch der Phy- siologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 656. * 8 (S. 55.) CLAUDE BERNARD, Legons sur la Physiolo_ie et la Pathologie du Systeme nerveux. Paris 1858. t. I. p. 25.* »° (S. 57.) The Works of WırLıam HEwson. Edited with an Introduction and Notes by GEORGE GULLIVER. London. Printed for the SYDENHAM Society. 1846.* 6° (S. 57.) Precis @l&mentaire de Physiologie. Paris 1817. t. II. p. 305.* ,,Je crois „aussi que l’on a souvent decrit et dessine dans les ouvrages des bulles d’air pour des globu- „les de sang; rien du moins ne ressemble davantage ä certaines figures d’HEwSON, par exem- „ple, que de tres-petites bulles d’air qu’on produit en agitant legerement le liquide soumis „au microscope.” 6 (S. 57.) EVERARD HoME, Philosophical Transactions etc. For the Year 1818. P. I. p. 172.* — 1820. P. I. p. 1.* °2 (S. 57.) Bibliotheque universelle etc. Juillet 1821. t. XVII. p. 215%; — MECcKELs Deutsches Archiv für die Physiologie. Bd. VIII. 1823. S. 302.* ® (S. 57.) F. HırLpEeranDr’s Handbuch der Anatomie des Menschen. 4. Ausgabe, be- sorgt von E. H. WEBER. Bd. I. Braunschweig 1830. S. 147%; — Stuttgart 1833. S. 161.# Anmerkungen. 64 — 82. 181 © (S. 58.) Ueber die Hewson’schen Untersuchungen der Blutbläschen und der plasti- schen Lymphe des Bluts, durch die ähnlichen Beobachtungen des Herrn Professor MÜLLER über denselben Gegenstand veranlalste Bemerkungen. Leipzig 1835. S. 34. * °5 (S. 59.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. Abth. II. Coblenz 1834. Vorrede S. VIII;* — Archiv u. s. w. 1835. S. 109.* 6° (S. 59.) Medico-Chirurgical Transactions. London 1836. vol. XVI. P. II. p. 293. * °7 (S. 59.) BurpacH, Die Physiologie als Erfahrungswissenschaft. Bd. IV. Leipzig 1832. S. 95.* ,,Die Gerinnung besteht also blofs darin, dals der Faserstoff, der bisher aus ein- „zelnen Kügelchen bestand, in eine faserige Masse gerinnt, an welcher der Cruor nun auf „ähnliche Weise haftet wie zuvor an den Kügelchen. — Diese Theorie wurde von HEwsoN „in seinen nachgelassenen Papieren zuerst angedeutet, dann aber von HoME vorzüglich ver- „theidigt.” In seiner oben (Anm. 64.) angeführten Streitschrift, S. 35, läugnet Hr. ScHULTZ diese Angabe BurpAch#’s, weil in der, in der Anm. 65. angeführten Stelle der Vorrede zur 2. Abth. des 1. Bandes des Handbuches der Physiologie, S. XI., durch einen Druckfehler ‚,35” statt 99” steht. Auf S. 35. kommt aber bei BurDAcH der Name HEwsoN nicht vor, woraus man ersieht, dals man es mit einem Druckfehler zu thun habe. — Vergl. übrigens über MÜLLER’s Verdienste in dieser Angelegenheit MILNE EDWARDS, Lecons sur la Physiologie et ’Anatomie comparde de l’Homme et des Animaux etc. Paris 1857. t. I. p. 117.* 68 (S. 59.) Bıldungsgeschichte der Genitalien u. s. w. Widmung an Hrn. RATHKE.* 6? (S. 60.) Isis von OKEn. 1829. Bd. XXI. S. 401.* 7° (S. 60.) Gedächtnilsrede u. s. w. S. XXXIIL* ”1 (S. 60.) MECKEL’s Archiv u. s. w. 1832. S. 70. Anm.* "2 (S. 60.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1841. S. 177. Anm.* ” (S. 64.) Im Text steht, was keinen Sinn giebt: „eine diesem Aufschwung und der ferneren Früchte würdige Stätte zu geben”. ”* (S 68.) FRIEDRICH SCHLEMM, geb. am 11. December 1795 zu Gitter in Hannover, starb am 27. Mai 1858. ” (S. 71.) Joun MÜLLER, Elements of Physiology translated by Bary. London 1837; — Second Edition. London 1840—43; — Supplement. 1848. ”° (S. 71.) JEAN MULLER, Manuel de Physiologie. Traduit de l’Allemand sur la qua- trieme Edition (1844), avec des Annotations, par A. J. L. JourpAan. Accompagne& de 275 figu- res intercalees dans le texte, et de 4 planches grav&es. Paris 1845. 2 vol. 8°.* — Eine neue Ausgabe ist 1851 von Hrn. LITTRE besorgt. 77 (S.74.) Rede zur Feier des 42. Stiftungstages u. s. w. Berlin 1836. S. 5.* 75 (S. 74.) Gehalt ohne Methode führt zur Schwärmerei, Methode ohne Gehalt zum leeren Klügeln, Stoff ohne Form zum beschwerlichen Wissen, Form ohne Stoff zum hohlen Wähnen. ”® (S. 75.) Kopenhagen 1825. 8.* °° (S. 76.) EULENBERG, De Tela elastica. Diss. inaug. etc. Berolini 1836. 4°. * ®1 (S. 76.) HERMANN JORDAN, De Tunicae Dartos Textu cum aliis comparato. Diss. inaug. etc. Berolini 1834. 8%;* — MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1834. S. 410.* 2 (S. 76.) MiESCHER, De Ossium Genesi, Structura et Vita. Diss. inaug. etc. Bero- 182 Anmerkungen. 82 — 88. lini 1836. 4°%;* — De Inflammatione Ossium eorumque Anatome generali. Exercitatio ana- tomico-pathologica ete. Berolini 1836. 4°.* # (S. 76.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 1. Abth. 3. Aufl. 1837. S. 428.* °* (S. 77.) E. pu Boıs-REYMOND, Untersuchungen über thierische Elektrieität. Bd. I. Berlin 1848. S. V; — On Signor CArto MaTTEuccrs Letter to H. BENCE JoNES etc. London 1853. p. 13. 85 (S. 77.) Die sensorische Function des Rückenmarks. u. s. w. Berlin 1853. S. 4.* ®° (S. 78.) GEoRGII PROCHASKA etc. Operum minorum anatomici physiologici et pa- thologiei Argumenti Pars II. Viennae 1800. p. 150 sqq.* »7 (S.78.) Les Passions de ’Ame. Par REen£ Des Cartes. A Paris 1649. 8°. p. 21: „A l’exemple de quoy il est ays@ de concevoir que les sons, les odeurs, les saveurs, la cha- „leur, la douleur, la faim, la soif, et generalement tous les objets, tant de nos autres sens „exterieurs, que de nos appetits interieurs, excitent aussi quelque mouvement en nos nerfs, „qui passe par leur moyen jusques au cerveau. Et outre que ces divers mouvemens du „cerveau font avoir ä nostre ame divers sentimens, ils peuvent aussi faire sans elle, que les „„esprits prenent leurs cours vers certains muscles, plustost que vers d’autres, et ainsi quils „meuvent nos membres. Ce que je prouveray seulement icy par un exemple. Si quelcun „avance promptement sa main contre nos yeux, comme pour nous fraper, quoy que nous „sgacbions qu’il est nostre ami, qu'il ne fait cela que par jeu, et quwil se gardera bien de „nous faire aucun mal, nous avons toutefois de la peine & nous empescher de les fermer: „ce qui monstre que ce n’est point par l’entremise de nostre ame qu’ils se ferment, puisque „‚C’est contre nostre volonte, laquelle est sa seule ou du moins sa principale action; Mais que „Cest ä cause que la machine de nostre corps est tellement composde, que le mouvement de „cette main vers nos yeux, excile un autre mouvement en nostre cerveau, qui conduit les „esprits animaux dans les muscles qui font abaisser les paupieres”. An einer späteren Stelle (p- 93: 54*) schildert DES CARTES den ähnlichen Mechanismus, durch den wir uns unwillkürlich einer Gefahr drohenden Erscheinung entziehen, und hier sagt er: „Car cela rend le cerveau telle- „ment dispose en quelques hommes, que les esprits refleschis de l’image ainsi formde sur „la glande, — es ist die Zirbeldrüse gemeint — vont de lä se rendre, partie dans les nerfs, „qui servent ä tourner le dos et remuer les jambes pour s’en fuir; et partie en ceux qui „eslargissent ou estrecissent tellement les orifices du coeur etc”. Es verdient bemerkt zu werden, dals PnocnasxkA a. a. O.p.155*, neben besseren Beispielen, die er zur Erläuterung des Princips der Reflexion heranzieht, nämlich Niesen und Husten, auch das von DES CARTES gebrauchte fast mit denselben Worten anführt: „Si amicus digito suo appropinquat ad ocu- „lum nostrum, licet, persuasisimus nihil mali nobis inferendum esse, tamen jam impressio illa „per oplicum nervum ad sensorium commune delata, in sensorio ita rellectitur in nervos pal- „pebrarum motui dicatos, ut nollentibus claudantur palpebrae, et arceant molestum digiti ad „oculum attactum”. ®8 (S.78.) A.a. O0. S. 92%: „Der Sitz des Seelensensoriums ist vorzüglich das Gehirn, „des Körpersensoriums das Rückenmark und wie es scheint auch die Nervengellechte und „Nervenknoten, das letzte erweisen die Misgeburten ohne Gehirn, welche zuweilen mehrere „Stunden und auch tagelang am Leben bleiben, ihre Gliedmafsen bewegen, Stimme von „sich geben, die Brustwarze anziehen u. d.m. so sieht man auch, dals enthauptete Thiere „zuweilen noch durch einige Augenblicke fortfahren zweckmälsige Bewegungen zu machen. Anmerkungen. 88 — 100. 183 „Vermöge dieser Uebereinstimmung der Nerven ist die Wirkung des Reitzes nicht bloss auf „den unmittelbar gereitzten Nerven beschränkt, sondern sie erstrecket sich auch auf die entfern- „ten Nerven und ihre Organe, welches man den consensus nervorum nennt, wie z. B. der „Reitz in der schwangern Gebärmutter oft Ekel Erbrechen, Kopfschmerzen, Zahnschmerzen „u. d. gl. verursachet. Auf diese Art stehen alle Organe, .welche nicht unter dem unmittel- „baren Einfluls des Gehirns sind, nur durch die Nerven besonders des Intercostalsystems in „Verbindung und in polarischer Wechselwirkung; demnach was immer für ein Reitz die „elektrische Spannung des einen Organs verändert, so wird dieses dem andern durch die „Nerven in Verbindung stehenden Organ mitgetheilt, dessen Spannung auch eine Veränderung „erleidet. ... Die polarische Wechselwirkung der Organe in unserm Körper kann auch, wenn zwey Organe in einen starken polarischen Gegensatz kommen, ohne Nerven durch alle zwi- „schen liegende festen und flüssigen Theile von einem Organ zum andern strömen ... (S. 99.) Dals die polarische Wechselwirkung der Organe, wodurch sie in ihren Verrich- „tungen bedingt werden, unsere Erhaltung zum Zwecke habe, läfst sich aus mehreren Er- „scheinungen darthun: z. B. der Reitz des lebhaften Lichts der auf den Sehnerven wirkt, „bringt in der Regenbogenbaut die Verengerung der Pupille hervor, um den zu starken Ein- „druck des Lichtes zu mäfsigen. Bey dem Annähern eines Körpers zu dem Auge schlielsen „sich die Augenlieder unwillkührlich, um es zu schützen,” u. s.w. — Dies ist die einzige Stelle des Werkes, die auf die Reflex- Erscheinungen bezogen werden kann, Man sieht, dals PROCHASKA hier gerade diejenige Lehre vorträgt, die MÜLLER dreizehn Jahre später durch Aufstellung der Reflex - Theorie beseitigte. # (S.79.) Die Ergebnisse der Untersuchung waren nur in aller Kürze der Naturfor- scher-Versammlung zu Jena im September 1836 mitgetheilt worden. Isis von OKEn. 1837. S. 523. 524. * »° (S.79.) Vergl. E. pu Boıs-ReymonD, Gedächtnilsrede auf Paun ErMmAn. In den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1853. (1854.) S. 20. 21. %: (S. 80.) Vergl. PEcLET, Trait elementaire de Physique. Ame Edition. Paris et Alger 1847. Introduction. p. jj;* — E. pu Boıs-REYMOND, Untersuchungen über thierische Elektricität. Bd. I. Berlin 1848. Vorrede S. XXVI. 9» (S. 81.) Vergl. Lıscovıus, Physiologie der menschlichen Stimme für Aerzte und Nichtärzte. Leipzig 1846. S. 26. 88. 115. * 9 (S. 81.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1850. S.1.* %* (S.81.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 738.* — Bd. II. S. 439. * » (S.82.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 28. 855;* — Bd. II. S. 260.* 9% (S. 83.) Gedächtnifsrede auf RUDOLPHI u. s. w: S. XXX.* — S. auch meine Unter- suchungen über thierische Elektrieität u. s. w. Bd. I. S. 99. 97 (S.85.) A.a. O. 1823. Bd. LXXIV. S. 334.* #8 (S. 85.) Artikel: „Anatomie” im Eneyclopaedischen Wörterbuche der medicinischen Wissenschaften. Bd. I. 1828. $. 378.* ® (S. 86.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd.I. 3. Aufl. S. 751.* 100 (S. 87.) Artikel: „Leben. Lebenskraft” in Rup. WAGneEr’s Handwörterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. Braunschweig 1842. S. LVI.* 184 Anmerkungen. 101 — 119. 101 (S. 88.) Vergl. E. pu Boıs-REYMOND, Untersuchungen über thierische Elektrieität u. s. w. Bd. I. S. XXXIV. ff.; — Die Fortschritte der Physik im Jahre 1847. Dargestellt van der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. III. Jahrgang. Redigirt vom Prof. Dr. G. KARSTEN. Berlin 1850. S. 414; — Ueber thierische Bewegung. Rede, gehalten im Ver- ein für wissenschaftliche Vorträge am 22. Februar 1851. Berlin 1851. S. 25. 26. 102 (S, 89.) The Life of GEORGE STEPHENSON, Railway Engineer. By SAMUEL SMILES. London 1857. p. 468. 469. * 105 (S. 90.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. II. S. 614. 617.* 10% (S. 92.) S. oben Anm. 56. 9 (S. 92.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 279. * 10° (S. 92.) Physikalische Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1835. (1837.) S. 94.* 107 (S. 92.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 664. * 105 (S. 92.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 739. 744. 745.* 10° (S. 92.) Mit Dr. STICKER. STICKER, De Nervorum persectorum Mutationibus deque Irritabilitate Musculorum. Diss. inaug. Berolini 1833;* — MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1834. S. 203. 206. 208;* — Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 412.* — STICKER sagt ausdrücklich, dafs MÜLLER operirt, und er nur assistirt habe. 110 (S. 92.) Mit Dr. PEipERSs. PEIPERS, De Nervorum in Secretiones Actione. Diss. inaug. etc. Berolini 1834; * — Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 468.* 111 (S. 92.) Mit Dr. DiECKHOFF. DIECKHOFF, de Actione, quam Nervus vagus in Di- gestionem Ciborum exerceat. Diss. inaug. etc. Berolini 1835;* — Handbuch der Physiolo- gie u.s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 551.* 112 (S. 92.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. S. 740.* 113 (S. 92.) Comptes rendus etc. 8 Avril 1839. t. VII. p. 550. * 114 (8. 93.) Heinrich Rose, Gedächtnilsrede auf BERZELIUS u. s. w. Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1851. (1852.) S. (LXXIL)* 115 (S. 95.) Vergl. HENLE, im Bericht über die Fortschritte der physiologischen Patho- logie und pathologischen Anatomie im Jahre 1838. MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1839. S. LXIX. LXX.* "1° (S, 95.) Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 3. März 14842. S. 47; — MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1842. S. 193.* 117. (S. 96.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1835. S. 206.* 115 (S.96.) Fr. ARNOLD, Ueber den Öhrknoten. Heidelberg 1828. 4°;#* — Der Kopf- theil des vegetativen Nervensystems beim Menschen u. s. w. Heidelberg und Leipzig 1831. 4°,* —' SCHLEMM, Bemerkungen über den angeblichen Ohrknoten u. s. w. in FRORIEP’s Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde. No. 660. (Bd. XXX. No. 22.) Juni 1831. S. 337.* — ARNOLD, Einige Worte zu den Bemerkungen u. s. w. Ebendaselbst. No. 673 (Bd. XXXI. No. 13.) August 1831. S. 198.* 119 (S. 97.) MÜLLER in MECKEL’s Archiv u. s. w. 1832. S. 67*; — Bericht über die Fortschritte der anatomisch-physiologischen Wissenschaften im Jahre 1833. Archiv u. s. w. 1834. S. 13;* — im Jahre 1834. Archiv u. s.w. 1835. S. 15.*— KrAuse, Handbuch der menschlichen Anatomie. Bd. I. Abth. II. Hannover 1836. S. 976. 999. 1000. 1002*; — derselbe, Syn- opsis Icone illustrata Nervorum Systematis gangliosi in Capite Hominis. Hannoverae 1839. gi ER Anmerkungen. 120 — 138. 185 Fol. p. 9*; — LoNGET, Anatomie et Physiologie du Systeme nerveux etc. Paris 1842. t. IT. p: 144*; — HYRTL, Lehrbuch der Anatomie des Menschen u. s. w. 5. Aufl. Wien 1857. S. 688.* 120 (S. 97.) MECKEL’s Archiv u. s. w. 1832. S. 72. 73. * "#1 (S. 97.) TIEDEMANN’s und der beiden Trevıranus Zeitschrift für Physiologie. Bd. V. Hft. I. S. 175. 181. 182.* ; 2 (S. 97.) Fr. ArnoLD, Lehrbuch der Physiologie des Menschen. 2. Theil. 1. Abth. Zürich 1837. Vorrede. S. VI.* "3 (8. 97.) Hrn. ARNOLD’s Antwort steht in dessen Bemerkungen über den Bau des Hirns und Rückenmarks. Untersuchungen im Gebiete der Anatomie und Physiologie u. s.w. Bd. I. Zürich 1838. S. 170.* — Vergl. Krause in MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1839. S. CVII.* '=* (S. 97.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1837. S. 276.* — Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Aufl. 2. Abth. 1838. S. 614. 662. 793. 794;* — Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1838. (1840.) S. 219. 220.* 15 (S.98.) Joun DAvY, Researches, physiological and anatomical. London 1839. Vol. I. p. 218.*%; — Philosophical Transactions etc. For the year 1844. P. I. p. 57%, — Annales de Chimie et de Physique. 1845. 3m® Serie. t. XIII. p. 174. # 126 (S. 98.) Comptes rendus etc. 18 Aoüt 1856. t. XLIII. p. 329. * 127 (S. 99.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1834. (1836.) S. 65. * = (S. 99.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1843. (1845.) S. 165.* 292 (S. 100.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1834. (1836.) S. 185%; — Gedächt- nilsrede auf RUDOLPHI u. s. w. S. XXIX.* — Seitdem ist bekanntlich die Urheberschaft der Wirbeltheorie des Schädels noch weiter hinaus, bis zu ALBERT dem Grofsen, gerückt worden. POUcHET, Histoire des Sciences naturelles au Moyen Age ou ALBERT LE GRAND et son Epoque etc. Paris 1858. p. 371. 272.* 13° (S. 102.) Philosophical Transactions ete. For the Year 1842. P.I. p. 57.* 151 (S. 103.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1836. »S. LXXXII. * 2 (S. 103.) ,„‚Principes de Philosophie Zoologique par GEOFFROY DE SAINT-HILAIRE”. GOETHE’s sämmtliche Werke in dreilsig Bänden. Stuttgart und Tübingen 1851. Pd. XXX. S.397%*; — ECKERMANN, Gespräche mit GOETHE in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. III. Magdeburg 1848. 5. 399 ff.* > (S. 103.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1834. S.3.* — Physikalische Abhandlungen u. s.w. 1836. (1838.) S. 138.* 15% (S. 104.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1843. S. 32.* '#° (S. 104.) Annales des Sciences naturelles. 3m Serie. Zoologie. t. IV. 1845. p. 2242297228 #6 (S. 104.) Von neueren Untersuchungen, die besonders auf die Jugendzustände des Thieres Rücksicht nehmen, vergl. MAx SCHULTZE in v. SIEBOLD’s und KÖLLIKER’s Zeit- schrift für wissenschaftliche Zoologie. 1851. Bd. III. S. 416* und LEUCKART und PAGEN- STECHER in MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1858. S. 558. * #7 (8. 104.) Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 4. Auflage. Lief. I. 1841. S. 132.* 38 (S. 104.) Vgl. MATTEUCCI in den Comptes rendus etc. 22 Fevrier 1847. t. XXIV. p- 301;* — Die Fortschritte der Physik im Jahre 1837, dargestellt von der physikalischen Gesellschaft zu Berlin. Redigirt von G. Karsten. Berlin 1850. S. 440.* ? 21 186 Anmerkungen. 159 — 155. 139 (S.105.) Recherches sur les Ossemens fossiles etc. Nouvelle Edition. Paris 1821. 4°. t. I. Discours preliminaire. p. XLV et suiv.*%; — Le Regne animal distribue d’apres son Organisation etc. Paris 1817. t. I. p. 76.* 140 (S. 106.) Monatsberichte der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1846. S. 82%; — WIEGMANN’s (ERICHSON’s) Archiv für Naturgeschichte. 1846. Bd. I. S. 205 #. — Der Gedanke ist eine Reminiscenz von CUVIER im Discours preliminaire zu den Recher- ches sur les Ossemens fossiles etc. Ibidem, p. XLVIIL.* — MÜLLER selbst führt die Stelle von CuUVIER in NÖGGERATH’s Uebersetzung an im Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. 1. 3. Aufl. S. 488. * #1 (S. 106.) Ueber Narcine, eine neue Gattung elektrischer Rochen nebst einer Synopsis der elektrischen Rochen. Berlin 1834. 4°.* *? (S. 110.) WIEGMANN’s (ERICHSON’s) Archiv für Naturgeschichte. 1846. Bd I. S. 202. Anm.* #3 (S. 111.) Annales des Sciences naturelles etc. 3”® Serie. Zoologie. t. IV. p. 53.* '** (S. 111.) Amiae Calvae Anatomiam descripsit Tabulaque illustravit HENRICUS FRAN- QUE. Berolini 1847. Fol.* 5 (8. 113.) Vergl. CABAnıs, Ornithologische Notizen, in WIEGMANN’s (ERICHSON’s) Archiv für Naturgeschichte. 1847. Bd. I. S. 186;—308.* — Vergl. Mn in seinem Ar- chiv u.s. w. 1852. S. 47. Anm. * ‘6 (S. 115.) Transactions of the Geological Society of London. 2° Series. vol. VI. p. 70. Foot-note.* — Vergl. BURMEISTER, Geschichte der Schöpfung. 6. Aufl. Leipzig 1856. S. 466.* Hier steht nicht ganz mit dem ursprünglichen Sinn des Namengebers überein- stimmend: ,,Zeuglodon soll auf die enge Commissur zwischen den beiden Keimhöhlen der „bBackzähne hinweisen”. — BURMEISTER’s eigene Untersuchung des Zeuglodon steht unter dem Titel: „Die Literatur über Hydrarchos”, in der Halle’schen Allgemeinen Literatur-Zei- tung. Juni 1847. No. 121 ff.* 147 (S. 117.) Ibidem. t. IH. pl. LXVI.* #5 (S. 118.) An Essay on Classification. Part I. of the first Volume of the Contribu- tions to the Natural History of the United States of North America. Boston 1857. 4°. p. 116.* — The same. London 1859. 8°. p. 174. * 1 (S. 121.) Annales des Sciences naturelles. 3m® Serie. 1847. t. VII. Zoologie. p. 348.* 50 (S. 121.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1848. (1850.) S. 85.* 151 (S. 122.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1849. S. 400. 439;* — Monatsberichte u. s. w. November 1849. S. 331. December 1849. S. 380%; — Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1849. (1851.) S. 66.* "5° (S. 123.) Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1848. (1850.) S. 105. 106.* "53 (S. 124.) Annals and Magazine of Natural History etc. 2° Series. 1852. vol. VII. p2ir 2.* 154 (S. 125.) Ibidem. ° (S. 126.) Es waltet daher hier ein Widerspruch ob zwischen MÜLLER’s Schätzung der Länge der Synapta und seinen Zahlenangaben. Er schätzt jene Länge auf 15— 20”, während sich auf eine Synapta-Strecke von 60—79 Fuls 15—20 Köpfe fanden. Daraus würde aber die wenig wahrscheinliche Länge von etwa 4 Fuls folgen. Der Schwanzstücke, Anmerkungen. 156 — 163. 187 die sich mit den Köpfen gegenseitig controliren müfsten, geschieht bei MÜLLER keine Er- wähnung. 15° (S. 128.) Ueber Synapta digitata und die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Berlin 1852. 4°. Vorrede. S. III. * 157 (S. 129.) POGGENDORFF’s Annalen u. s. w. 1836. Bd. XXXIX. S. 487.* 158 (S. 129.) POoGGENDORFF’s Annalen u. s. w. 1837. Bd. XLIL S. 184. # 159 (S. 129.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1843. S. 453.* 160 (S. 129.) Ich verdanke diesen Ausdruck, der den von Sir CHARLES LYELL in die Wis- senschaft eingeführten Grundgedanken bündig wiedergiebt, meinem Freunde, Hrn. Dr. Jus- tus RorH. 161 (S. 130.) Monatsberichte u. s. w. October 1851. S. 645%; — MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1852. S. 30*. 2 (S. 131.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1852. S. 27. 28%; — Ueber Synapta digitata u. s. w. S.23.* 19° (S.132.) A.a. O. 2° Series. 1853. vol IX. p. 37.103.* Um den Parasitismus der Entokoncha glaublich und verständlich zu machen, führt der Berichterstatter Folgendes an. Die organische Verbindung des Schneckenschlauches mit dem einen Darmgefäls der Syn- apta soll erläutert werden durch das Beispiel der von Hrn. L£on Durour beobachteten Ocyptera bicolor, Hyalomyia dispar und noch einer dritten unbestimmten Dipterenlarve, wel- che in der Leibeshöhle anderer Insecten aufserhalb des Darmcanals schmarotzen, und dadurch ath- men, dafs sie ihre Tracheen theils mit den Stigmen ihrer Wirthe, theils mit deren Lufibe- hältern, wie solche bei den Hymenopteren vorkommen, in Verbindung setzen. Dies geschieht in zweien der angelührten Fälle angeblich durch „‚organoplastische” Verwachsung (Comp- tes rendus etc. 11 Aoüt 1851. t. XXXII. p. 135.*) Inzwischen fehlt es an jeder feineren Unter- suchung dieser Verwachsung, und somit an jedem Beweise, dafs nicht blofs eine Verklebung durch irgend ein Secret stattgefunden habe. Von Hrn. Durour’s Behauptung bis zu MÜL- Ler’s Fall ist noch ein weiter Weg.. Besser wäre es noch sich auf den Parasitismus im Pflanzenreich zu berufen, wo nach Zeichnungen, die Hr. SCHACHT mir freundlichst mittheilte, die Gewebe des Schmarotzers, z. B. Viscum, Orobanche, Rafflesia, sich an die der Nähr- pflanze mit Zellenwand gegen Zellenwand legen, ohne dals jedoch die Lumina der Gefälse verschmelzen. Was sodann die Reduction einer Schnecke auf den Schneckenschlauch betrifft, so beruft sich der Berichterstatter auf das Gesetz, wonach Schmarotzer häufig beim Opfern ihrer Selb- ständigkeit einer rückschreitenden Metamorphose unterliegen, Sinnes- und Bewegungswerk- zeuge verlieren, eine viel unvollkommnere Gestalt annehmen und in ihrer ganzen Organisa- tion aulserordentlich verkümmern (Vergl. v. SIEBOLD, Artikel Parasiten” in Rupd. Wac- NER’s Handwörterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. Il. Braunschweig 1844. S. 642*). Wie die Cercarien erst als lebhaft sich bewegende Thiere sich in die Schleimhaut der Schnecken einsenken und verpuppen, um zuletzt als träge Distomen in der Leber wiederzuerscheinen (STEENSTRUP, Ueber den Generationswechsel. Copenhagen 1842. S. 50%), so solle die pa- rasitische Schnecke bereits als kleiner Schneckenschlauch, wie MÜLLER ihn in einem Falle beobachtet hat (Ueber Synapta u. s. w. S. 11. 14. Taf. II. Fig. 3.h. 4. 5.*), mit dem freien Ende am Kopfe der Synapta festsitzen, auswachsen, mit dem eingestülpten Ende das Darm- gefäls erreichen,damit verwachsen, und endlich die Anheftung am Kopfe aufgeben. Als Bei- 21 188 Anmerkungen. 163. spiel einer auf’s Acufserste getriebenen Reduction dienen dem Berichterstatter die Lernaeo- cera- und Pennella -Weibchen. Inzwischen stehen diese auch noch nicht einmal halbweges zwischen einem Gasteropo- den und dem Schneckenschlauch. Sie haben noch Mund, Magen, Darmcanal und After, An- häufungen drüsenähnlicher Substanz, Saugnäpfe, Eierstöcke und Eierbehälter. Pennella be- sitzt dem Darmcanal entlang zwei Nervenstränge und zudem noch vier Paar verkümmerter Schwimmfülse nebst anderen Körperanhängen (ALEX. v. NORDMANN, Mikrographische Bei- träge zur Naturgeschichte der wirbellosen Tbiere. Berlin 1832. Hft. I. S. 121. 123 *). Diese Thiere haben also noch immer reichlich so viel Organisation wie viele Einge- weidewürmer. Dasselbe gilt von den Strepsipteren, auf deren rückschreitende Meta- morphose mich Hr. ScHauM aufmerksam gemacht hat. Diese besitzen immer noch einen gegliederten, seitlich symmetrischen Körper mit deutlich abgegrenztem Cephalothorax, Rudimente von Kiefern, einen Brutcanal, einen Darmcanal mit Mundöffnung, jedoch blind endigend. Dies ist der einzige Punkt worin hier die Vereinfachung weiter geht als bei den Lernaeoceren; dafür haben die Strepsipteren aber noch ein Stigmen-Paar (V. SIEBOLD, in W1IEGMANN’s [ERICHSON’s] Archiv für Naturgeschichte. 1843. Jahrgang IX. Bd. I. S. 137. Taf. VII*). Dabei ist noch Eines zu bemerken, dals es nämlich ganz falsch ist, sich vorzustellen, weil in diesen Fällen die Reduction so weit gediehen sei, könne sie in einem anderen Falle noch um eben so viel weiter gehen. Vielmehr ist klar, dafs die Reduction nicht mit glei- cher Leichtigkeit immer fortschreiten kann, sondern je wesentlicher die Organe sind, welche zuletzt übrig bleiben, um so schwieriger wird, um es so auszudrücken, dıe Natur das eine oder andere noch entbehren können. Ein verwickeltes Uhrwerk in einem reich verzierten Gehäuse, welches eine Menge künstlicher Leistungen vollführt, kann freilich bis auf eine treibende Kraft und irgend welche Hemmung reducirt werden, aber weiter lälst es sich nicht vereinfachen, ohne dals es aufhört ein Uhrwerk zu sein. Gerade der Umstand, dafs die Reduction der verschiedensten Thiere, Crustaceen, Insecten, Trematoden, fast genau auf der- selben Stufe stehen bleibt, liesse sich dagegen anführen, dals die Reduction überhaupt noch weiter gehen könne. Um auch aus der Geschichte der Mollusken selber ein Beispiel von Parasitismus mit äufserster Reduction beizubringen, führt der Berichterstatter den Hektokotylus an. So glück- lich diese Zusammenstellung desselben mit dem Schneckenschlauch damals (1852) war, so wenig kann jetzt, nach den Beobachtungen der Hrn. HEINRICH MÜLLER, VERANY und VOGT (V. SIE- BOLD und KÖLLIKER, Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. 1853. Bd. IV. S. 1%, — Anna- les des Sciences naturelles. 3”® Serie. Zoologie. 1852.1. XVII. p. 147.*) vom Hektokotylus hier in diesem Sinne die Rede sein. Aber vielleicht ist es bereits mit Rücksicht auf die neue Einsicht in das Wesen der Hektokotylie, dals Jouannes MÜLLER der Möglichkeit gedenkt, dafs der Schneckenschlauch kein ganzes Thier, sondern nur ein Theil von einer Schnecke wäre (Ueber Synapta digitata u. s. w. Berlin 1852. S. 30.*). In der That hat diese Muthma- (sung jetzt, wie man sich sagen muls, von allen denen, die auf Erklärung der Erscheinung durch Parasitismus hinzielen, am meisten Analogie für sich gewonnen. Trotzdem wird jeder unbefangene Beurtheiler zugeben, dals die Entokoncha noch so wunderbar ist, wie am ersten Tage, und in der fertigen Meinung, die ohne irgend einen Anmerkungen. 164 — 179. 189 Beweis in der Schule darüber herrscht, ein Zeichen einer für den Fortschritt unseres Wis- sens stets bedenklichen doctrinären Stimmung sehen. 1°% (8. 134.) Proceedings of the Royal Society of London. November 30, 1854. vol. VII. London 1856. p. 259.* '°® (S. 134.) Comptes rendus etc. 8 Janvier 1855. t. XL. p. 59.* '°° (S. 134.) Ibidem. 29 Janvier. p. 238.* ‚,J’avoue qu’aucun des prix destines par l’Aca- „d@mie a recompenser les travaux des hommes de science n’aurait pu @tre plus satisfaisant „pour mon ambition que le prix CUVIER.” 107 (8S.135.) „Je l’avoue hautement: ces idees n’ont jamais &t& Etrangeres A mes tra- „vaux, et si j’ai cherche de tous mes moyens ä propager cette paisible &tude, c’est que dans „mon opinion elle est plus capable qu’aucune autre, d’alimenter ce besoin d’occupation qui a „tant contribu@ aux troubles de notre siecle”. Le Regne animal etc. Paris 1817. t.L p. XIX. XX.* "68 (S. 141.) A.a.O. Vorrede, S. XVIII*; — Bildungsgeschichte der Genitalien u. s. we #8. 1! 169 (S. 141.) Vergleichende Physiologie des Gesichtssinnes u. s. w. Vorrede, S. XVIII;* — Handbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 1. Aufl. 2. Abth. Vorrede. S. XV.* 70 (S. 144.) Archiv u. s. w. 1850. S.473%*; — Physikalische Abhandlungen u. s. w. 1850. (1852.) S. 70.* 171 (S. 145.) S. oben Anm. 130. 72 (S. 146.) „Es ist wahr, dals Cuvier manches entbehrt, was zum Physiologen noth- „wendig ist; so z. B. ist er nicht Patholog, und hat auch für krankhafte Erscheinungen, „die doch unzählige Mal den gesunden Zustand erläutern, wenig Interesse: ich erwähnte „gegen ihn ein Paar, wie es mir schien, merkwürdige Präparate von kranken Theilen, wo- „rauf er erwiederte, mais ce n’est qwaccidentel.” Bemerkungen aus dem Gebiet der Natur- geschichte, Medicin und Thierarzneykunde, auf einer Reise durch einen Theil von Deutsch- land, Holland und Frankreich u. s. w. Berlin 1804. Th.I. S. 152. 153. * 173 (S. 147.) GEORGE Cuvier’s Briefe an C. H. Prarr u. s. w. Herausgegeben von Benn. Kiel 1845. S.27.* 174 (S. 151.) MÜLLER’s Archiv u. s. w. 1837. S. 31.* 175 (S.153.) In: „Le Neveu de RAMEAU” und in: „„Le Salon de l’Annee 1765”, Arti- cle GREUZE. ,,Nos qualites, certaines du moins, tiennent de pres ä nos defauts.” 176 (S. 154.) NovaALıis Schriften. Herausgegeben von LupwıG TIECK und Fr. SCHLE- GEL. 5. Aufl. Berlin 1837. Bd.I. S. XXVII.* 177 (8. 154.) Handbuch der Physiologie u. s.w. Bd. II. S. 579.* 178 (S. 155.) CONDORCET, Eloge de M. de HALLER, in: Eloges des Academiciens de l’Academie Royale des Sciences, Morts depuis ’an 1666, jusqu’en‘1790. etc. t. IL. A Ber- lin et & Paris 1799. p. 83.* 179 (S. 157.) Die Titel der als selbständige Schriften erschienenen Arbeiten MÜLLER’s sind durch gröfseren Druck ausgezeichnet, und es ist denselben eine eingeklammerte römische Ord- nungszahl beigefügt. Diese Zahlen laufen bis XXIV, während im Texte, S. 139, die Zahl von MÜLLER’s selbständigen Schriften nur auf 20 angegeben ist. Der Unterschied rührt daher, dafs im Verzeichnils die beiden Jahrgänge des Schwedischen Jahresberichtes und die drei neuen Ausgaben des ersten Bandes der Physiologie mit besonderen Zahlen bezeichnet 190 Anmerkungen. 180. 181. sind. — Durch verschiedene römische Ordnungszahlen sind ferner ausgezeichnet die fünf Ab- handlungen zur vergleichenden Anatomie der Myxinoiden, und die acht Abhandlungen über die Metamorphose und über den Bau der Echinodermen. — Für die Benutzung des Verzeich- nisses sei endlich noch bemerkt, dafs MÜLLER, seit der Mitte der dreilsiger Jahre, seine Ar- beiten meist zweimal, oft dreimal, gedruckt hat, nämlich zuerst im Monatsberichte der Aka- demie, dann in seinem eigenen Archiv für Anatomie und Physiologie oder in WWIEGMANN’s (ErICHSoN’s) Archiv für Naturgeschichte, und zuletzt ausführlich und mit Abbildungen in den akademischen Denkschriften. Manchmal sind die Fassungen in den Monatsberichten und in den Archiven genau gleichlautend, andere Male sind gröfsere oder kleinere A'bweichun- gen vorhanden. Aus diesem Grunde ist es räthlich erschienen, diese Duplicate in dem Ver- zeichnils nicht zu verschmelzen. Um MÜLLER’s endgültiges Ergebnils über einen bestimm- ten Punkt kennen zu lernen, muls man die Fassung in den Abhandlungen, und die etwa dazu erschienenen Nachträge, nachsehen. 150 (S.157.) Vergl. oben Anm. 8. ‘51 (S. 165.) Dies Citat ist aus der Vorrede zur ‚‚Systematischen Beschreibung der Pla- giostomen”, vom Jahre 1841, entlehnt; der Jahrgang 1839 der Verhandlungen der Ge- sellschaft der naturforschenden Freunde scheint jedoch gar nicht erschienen zu sein. Alle übrigen Citate sind von mir selber nachgesehen. Inhalt. Einleitung A MÜLLER’s Titel na nn. seine Henn, Raabe nd frühere Jugend. MÜLLER’s Studienjahre bis zu seinem ersten Aufenthalt in Berlin MÜLLER’s erster Aufenthalt in Berlin, bis zur Habilitation in Bonn im Kb 1824 MÜLLER’s subjectiv-physiologische Arbeiten. Die „Vergleichende Physiologie des Ge- sichtssinnes’’ und die ,, Phantastischen Gesichtserscheimungen?? nl en 2 MÜLLER als Docent in Bonn. Seine äufsere Lage daselbst; seine Heirath und Ben heit im Jahre 1827. Schlufs der subjectiv - hrlosophischen Periode . : MÖÜLLER’s anatomische und Be Arbeiten bis zu seiner Berufung nach Berlin . . . Day lendnre MÜLLER’s Berufung nach Berlin i im ati 1833 . us ae. Das ‚‚Handbuch der Physiologie des Menschen für Vorlesunsen? len on MÜLLER’s sonstige Arbeiten bis zum Jahre 1840. Der Jahresbericht. ,‚Ueber den feineren Bau und die Formen der krankhaften Geschwülste”. Entdeckung der Ran- kenarterien. Neurologische Studien. „Vergleichende Anatomie der Myxinoiden” MÜLLER’s morphologische Periode. Forschungen im Gebiete des lebenden und fossilen Wirbelthierreiches. System der Plagiostomen. Der glatte Hai des ARISTOTELES. Bau und Grenzen der Ganoiden und System der Fische. Guacharo und System der Passerinen. Der „‚Hydrarchus” SNK ERKENNE DRS RN Fortsetzung von MÜLLER’s morphologischer Periode. Forschungen im Gebiete der Wir- bellosen. Pentakrinus Caput Medusae. ‚System der Asteriden”. Die Entwicke- lung der Echinodermen. Die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Letzte Arbeiten MÜLLER’S. . . SUN ER Aeufsere Schicksale MÜLLER’s ln 1 Belıe Wehensperiode . MÜLLER’s Arbeiten als Ganzes betrachtet . MÜLLER als Lehrer BR N An MÜLLER als Vorsteher der reihen Sammlung . MÜLLER aulfserhalb der Wissenschaft Das Ende Verzeichnils von ibn en NENNEN 00 oo aa ee Bel ao abi sd —— ED — Seite. 25 27 31 36 39 43 48 39 70 93 104 118 135 139 147 149 151 154 157 176 x ee = en Braiich Kr: PHSKE DR igena ; iss Ya" al Itbs se Dr Erlen Ka Ber as 54 2 PRISL] A