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GERMANIA

VIERTELJAHRSSCHRIFT

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DEUTSCHE ALTERTHUMSKUNDE.

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FRANZ PFEIFFER

LWÖLFTER JAHRGANG.

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WIEN. VERLAG VON CARL GEROLD’S SOHN. 1867. =

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INHALT.

Über Konrad von Würzburg. Von Franz Pfeiffer: I. Partonopier und Meliur. . . oo... IH. Zum Alexius . . . . en Zwei ungedruckte Minnelieder. Von Franz pr eiffer . Zum guten Gerhard. Von Reinhold Köhler. . . . . Akrostichon. Von Franz Pfeiffer. . . Vagantenpoesie. Von Hoffmann v. Fallersleben . Bruchstück eines unbekannten Lehrgedichts. Von Hoffmann v. Fallersleben Nachtrag zu Germania XI, 287 fl. Von Artur Köhler . . Altdeutsche Handschriften der fürstlich Starhembergischen Bibliothek, früher zu Riedegg, jetzt zu Efferding. Von Franz Pfeiffer: I. Wilbelm von Orange. . » » 2 ev τ nn nern. Π. K. Ludwigs des Baiern Rechtsbuch . . . » 2 > 222.0. IH. Schwabenspiegel . . . 2 2 0 2 nr Een nenne Bruchstück einer Legende vom heil. Andreas. Mitgetheilt von J. Lambel Tristan und Isolde und das Märchen von der goldhaarigen Jungfrau. Von Felix Liebrecht . . . . . ΝΕ ΕΞ Kleine Mittheilungen. Von Karl Barts ch. Fa Ε 0.0. Bruchstück eines unbekannten Gedichtes aus der Mitte des 12. Jahrhunderts Von K. A. Barack . . 2.2 2 2 ee nn ee. Zum Eulenspiegel. Von A. v. Keller . . 2 2 2: 2 2 2 nr nn nn. Nachtrag zu Baldur. Von Theophil Rupp. . . » 2... . Zur Inschrift des Erfurter Tristan- und Isolde-Teppichs. Von Reinhold Bechstein Beschreibung der Person Christi in niederdeutscher Sprache. Von H. Martens Zu „Die Holden am Niederrhein“. Von W. Crecelius.. .. Der innere Reim in der höfischen Lyrik. Von Karl Bartsch. . . .. . Bruchstücke aus Wigands von Marburg Reimchronik. Herausg. von K. A. Barack Geistliches Volksschauspiel im Schwarzwalde nach dem westfälischen Frieden.

Von E. v. Kausler . . . PER Zur Kudrunsage. Von Karl Bartsch ne. Dunkelstern. Von Franz Pfeiffer - 2 2 2 2 rn 2 2 2 e 2 2 0. Lieder aus dem 14,—15. Jahrhundert. Von W. Crecelius . . 2...

Ein Ulfilasfragment in Turin. Von Η. Ο. ν. ἃ. Gabelentz. . ....x Ein altes Kindergebet. Von Konrad Maurer . . ον .

Artus. Von Adolf Holtzmann .. . Todtentanzsprüche, Von K. J. Schröer. Zum guten Gerhard. Von Th. Benfey

Φ Φ Φ Φ Φ . Φ

Zu Gottfrieds Tristan. (Zwei Fragen.) Von Reinhold B ec he 8 te ein.

Mittelniederdeatsche Sprachproben, Von Karl Schiller Die Aussprache der Brechungen und der übrigen mit I beginnenden Diphthonge,

oder der Laute IA, IO, IU im Altnordischen.

Der syntaktische Gebrauch des Infinitivs im Gothischen, Recepte aus dem 12, Jahrh. Von I, V. Zingerle.

Von Franz Dietrich,

Φ . 9. . Φ

Zur Kunde altdeutscher Ortsnamen. Von I. Petters . . Eine Conjectur zu Walther, Von R. Bechstein.

Meiner Sechs. Von Adolf Bacmeister.

Ein Zeugniss für Rudolf von Ems, Von Franz Pfe e if fe er.

LITTERATUR.

Recensionen:

Heinzel, Marcus, Deutsche Weihnachtspiele in Ungarn.

Φ

Von Artur Köhler

Kirchhofer, Th., Die Legende vom 12jährigen Mönchlein. Von J. Lambel.

Obermüller, Wilh., Deutsch-keltisches, geschichtl..geogr. Wörterbuch. Von Franz

Stark. . . .

Merzdorf, Th., Des Bühelers Königstochter von Frankreich, Von Jos, Strobl

Φ Φ Φ

Altnordische Wörterbücher. Von Konrad Maurer, . Jeitteles, Adalb., Neuhochdeutsche Wortbildung. σου Ἢ. Bec h 8 t ein

Sveinssonar, P., Krökarefssaga, Gunnarssaga Koldtaguöpefiie og Ölkofra pättr.

Von Konrad Maurer .. .

Lübben, Aug., Reinke de Vos. Von Jos. Strobl. en.

BIBLIOGRAPHIE.

Bibliographische Übersicht der Erscheinungen auf dem Gebiete der germ, Philo-

logie im J. 1866. Von K. Bartsch. ..

Φ Φ Φ Φ Φ . Φ

MISCELLEN.

Zur Geschichte der deutschen nn ologie: I. Briefe von J, Grimm. C.

H, Briefe von C, Lachmann und J. A. Schmeller.

III. Briefe von Wilh, Grimm . . . ..

Verzeichniss der Mitarbeiter und deren Beiträge in den ersten zwölf Jahrgängen

der Germania. . . x: 2...

Register zum X,—XII. Jahrgang der Germania,

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Von J. A. Schmidt

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Von K. J. Schröer.

Seite 257 284 310 318 323

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503

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG.

VON

FRANZ PFEIFFER.

I. PARTONOPIER UND MELIUR.

Das Verdienst, in den von Bodmer in seiner ‘Sammlung 'kri- tischer οἷο. Schriften’ (Zürich 1743) VII, 36—46 und im dritten Theile von Müller’s ‘Sammlung deutscher Gedichte des XU.— XIV. Jhds. (Fragmente S. XII— XIV) abgedruckten Bruchstücken eines Gedichtes von Partonopier und Meliur zuerst ein Werk des Konrad von Würz- burg erkannt zu haben, gebührt nicht, wie ich einst glaubte (s. Germ. III, 67), Lachmann, sondern J. Grimm, der schon in der Grammatik I? (1822), 776* kurz darauf hingewiesen hatte. Lachmann’s Zustimmung erfolgte später (1836) in den Anmerkungen zu den Nibelungen Strophe 682. Der etwas versteckte Ort und die lakonische Kürze mögen Schuld “sein, daß die Entdeckung den meisten Philologen von Beruf verborgen blieb: außer K. A. Hahn (8. Otte zu V. 421, S. 103) und Haupt (zu Engelhard 134, S. 216) hat meines Wissens Niemand Notiz davon genommen. Maßmann, der die deutschen Bruchstücke, mit denen einer mittelniederländischen Bearbeitung vereinigt, in einem besondern Buch herausgab (Partonopeus und Melior. Berlin 1847), wusste nichts davon, und Wilhelm Wackernagel hat, unabhängig von seinen Vorgängern, dasselbe von Neuem wieder finden müßen (8. Litt.-Geschichte 5. 213), in ähnlicher Weise, wie eine vor zwölf Jahren von mir gemachte kleine Entdeckung (s. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Neue Folge. Nürnberg. 1854, 32) neulich in der Zeitschrift für deutsches Alterthum XII, 321 323*) abermals ist gemacht worden.

*) Beiläufig sei hier bemerkt, daß das ebd. 5. 330- 335 abgedruckte Blatt mit den Königsberger (Grundriß 342 f.), den Hoffmann’schen (altd. Bl. I, 238 ff.) und den

Wiggert’schen Bruchstücken (Zeitschrift V, 423 ff.) zu einer und derselben Hs. gehört. GERMANIA XII. 1

2 FRANZ PFEIFFER

Und doch war eine sichere Bestätigung jener Entdeckung J. Grimm’s längst erfolgt, indem Herr Chorberr Jodok Stülz in St. Florian schon im J. 1829, gleichzeitig mit dem Neidhart-Codex, in der fürstlich Star- hembergischen Bibliothek zu Riedegg eine vollständige Handschrift des Gedichtes auffand, worin Konrad sich als Verfasser nennt. Freilich ist davon nichts in die Öffentlichkeit gedrungen, weil der Entdecker sich damit begnügt zu haben scheint, Laßberg, damals noch in Eppis- hausen, unter Mittheilung einer ausführlichen Inhaltsangabe und reich- licher Auszüge, von seinem Funde in Kenntniss zu setzen, ohne daß dieser die Sache für wichtig genug hielt, um weitern Gebrauch davon zu machen. Gleichwohl hätte man die Existenz wenigstens der Hs. seit Jahren schon aus Ühmel’s “Österreichischem Geschichtsforscher', Bd. L 1838 erfahren können, wo sie auf S. 154 verzeichnet und An- fang und Ende daraus abgedruckt ist. Doch auch diese Notiz entgieng der ‚Beachtung der deutschen Philologen und ich selbst gewann erst nach meiner Übersiedelung hierher Kunde davon.

Seitdem war mein Streben unablässig dahin gerichtet, des wich- tigen Fundes habhaft zu werden. Dabei schreckte mich nicht die mir mündlich gewordene Versicherung, daß sich, einer genauen Nachfor- schung zufolge, die Hs. dort nicht mehr vorfinde; denn sie brauchte darum noch nicht verloren zu sein: der Verwalter oder Amtmann, oder wer sonst damals in Riedegg die Aufsicht hatte, konnte sie bei ihrer Zurückgabe leicht verstellt haben, und dann war in einer so an- sehnlichen Sammlung von alten Büchern meist großen Formats schwer genug darnach suchen. Weit mehr geeignet, mich zu entmuthigen, war die Schwierigkeit, Eintritt in die Bibliothek zu erlangen. Der erste Versuch im J. 1861 misslang vollständig; eben so erfolglos war der zweite im vorigen Sommer. Heuer endlich war ich glücklicher und sah meine Beharrlichkeit gekrönt, indem mir durch gütige Vermittelung des ersten Entdeckers der Hs., des hochwürdigen Herrn Prälaten von St. Florian, Jodok Stülz, die Pforten der jetzt nach Efferding, ober- halb Linz, übersiedelten alten Riedegger Bibliothek nunmehr bereit- willig geöffnet wurden. Am 20. Sept. in der Früh fuhren wir mit ein- ander dorthin und eine Stunde nach Betreten der Bibliothek war, zu unserer großen Freude, die gesuchte Hs. bereits gefunden. Das ehrende Vertrauen des jetzt regierenden Fürsten Camillo von Starhemberg er- laubte mir, sie mit hierher zu nehmen, und setzt mich in den Stand, ausführlich und genau darüber berichten zu können.

Die Handschrift, Papier, groß Fol., trägt die Nummer I. 204. Sie ist durchaus wohl erhalten und umfasst 197 erst von mir gezählte

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 3

Blätter, von denen jedoch Bl. 1—4, 52, 53, 186--- 197 unbeschrieben sind. Den Inhalt bilden zwei besondere Werke: 1. die Geschichte der schönen Melusina dnd 2. Partonopier und Meliur. Erstere reicht von Bl. 5—51, letztere von Bl. 55—185. Beide rühren von einem und.dem- selben Schreiber her, der sieh am Schlusse jedes Werkes nennt:

Bl. 51* oben: „Et sic est finis huius historie scripte per m. ἢ. w. Anno domini etc. Septuagesimo primo In oppido Hallisual- liseni.“

Bl. 185* Mitte: „Finito isto laus detur Jhesu Christo. Scriptum per me .H. Wincklär Arc. wacc. (= artium baccalaureum) In hal- lisuallisem Anno domini etc. Septuagesimo primo 2* feria post festum _ Assumpcionis gloriose virginis Marie. Amen“ (dies Wort von an- derer Hand).

“Hallisualliseni’, so steht mit Ausnahme der beiden letzten Buch- staben, die man auch ‘in’ oder ‘m’ lesen könnte, genau in der Hand- schrift. “Hallisualliseni' wird indes richtig sein, nur muß das Wort, denn eine Stadt dieses Namens gibt es nicht, in seine einzelnen Theile zerlegt werden: “Hallis vallis eni’ (= 'Oeni’) das ist: zu Hall im Innthal. Dort ist sie wirklich geschrieben, denn auch der Dialekt weist auf’s. Bestimmteste nach Tirol und an ein ganz in der Nähe ge- legenes Frauenkloster ward die Hs., noch im 15. Jhd., geschenkt: ein in Anbetracht des für fromme Gemüther wenig passenden Inhalts aller- dings auflallendes Geschenk. An zwei Stellen, zu Anfang und zu Ende der Handschrift (Bl. und Bl. 185°), findet sich nämlich folgende buchstäblich gleichlautende Notiz:

„Das püch hat Kristoff Ruether geben in vnser frawentall zu Vol- depp vnd man vindet darinn geschriben von ainer merfrawen genant Melusina. vnd darnach von ainem Grafen genant Partonopier.“ Frauenthal ist das im J. 1267 durch Ulrich von Freundsberg ge- stiftete, im J. 1782 aufgehobene Dominikaner - Frauenkloster Maria-

Thal bei Voldep im Brandenbergerthal, Rattenberg gegenüber, am linken Innufer.

I. Die schöne Melusina. Bl. 6°—51*, in Spalten zu 43 Zeilen.

Da in den Erneuerungen dieses Volksbuches die litterarisch wich- tigen Stellen theils weggelassen, theils nur unvollständig wiedergegeben sind, mögen Anfang und Ende hier eine Stelle finden. Von der im

bernischen Amt Nieder-Simmenthal gelegenen Burg Ringoltingen, nach ]

4 FRANZ PFEIFFER

der der Bearbeiter sich nennt, sind nur wenige, kaum sichtbare Über- bleibsel noch vorhanden.

Anfang: °

„Die, historj von Reymunden vnd Melusina“ (roth).

(S)Eydmalen daz der groß naturlich maister Aristotiles spricht an dem anfang vnd in der vorred seines ersten puechs Metba- uisice. Ain igleicher mensch der pegert von natur vil ze wissen etc. Vnd darunben so hab ich During von Ringgoltingen χὰ Pern In Vechtlandt ain gar selezame vnd fromde histor(i)en In fran- czoyscher sprach vnd welischer zungen funden eren vnd ze dinest dem edeln vnd wol geporn herren herren Marckgraffen Ruedolfen von Hochberg, Auch her Rottellen vnd Sewsen- burg, meinem genedigen herren Teüczscher zungen pracht vnd transliert nach meinem pesten vermugen Vnd ob ich nun den sin der materj nicht gancz nach dem welischen puech geseczt hab ich doch die substancz so ich pest chund pegriffen vnd ist daz puech von ainer frauen genant Melusina die ain merfraw gewesen ist. wan sy ist nicht gancz nach menschleicher natur gewesen Sunder si hat durch gottes .... ain gar selczame vnd fromde natur an ir gehabt vnd wie wol ir wandel wunderleich gewesen ist so hat si doch naturleich vnd eeleich wol zehen Sün geporen die auch grosmachtig chunig fursten vnd herren (6°) gewesen sind der nach- komen man auch noch hewt vindet In Frangkreich In Uzipperen In Armenia In Engellandt In hollandt In Norbegen In Behaim auch In etweuil teutzhen landen Daz auch ain yder mensch sollechs dester pas gelauben mag vnd sol Spricht dauid Im psalter Mirabilis deus in operibus suis Gott ist bunderpar in seinen wercken vnd das pe- weiset sich auch In diser histori Wie sich aber die penannt Melu- sina zum ersten erczaigt Vnd von was geschlecht si komen wie auch ir muter Persina ain merfraw vnd ain chunigin gewesen sey wirdest dw hernach horen mit worten auff das kurczest pegriffen. vnd ist ain soleiche schone histori liepleich lesen vnd ze horen wann als dy rosen vnd all wohl gesmach pluemen gepreist werden also auch wirdet chunst vnd abentewr pilleich vber ander czeitleiche ding gelobt.“

Bl. 50° Schluß:

„Also hab ich nun daz puech von welischer in deütsche zung pracht mit der hilf gottes durch pet vnd pegeren meins vorgena(n)- ten genedigen herren von Gartenach (so) vnd volendt am nagstem

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. B

phincztag nach Sand Vinozem des heiligen martres tag nach christi vnsers lieben herren gepurd Tausent (vierhundert) vnd In dem sechs vnd funifizigisten Jar. Ich hab auch das puech schlecht vnd an reym nach der substancz oder materi als ich pest kund und mocht In deutseh geseczt wann ich solhes getichts oder ain sprachen in die andren pringen nicht ain maister pin, noch auch mich solhs vormalen nicht gepraucht hab. Ich pitt auch mein genedigen herren vnd besunder ain yglichen der deutsche sprachen pas dann Ich kan, gar diemütigklichen wo der histori reformierens oder corrigierens not sey, das er die nach seinem versteen pesser. hab ich sey(t)- malen auch vor ainen des geslechts gesehen mit namen den von Erlach der ouch In (50°) vil geslossen so Melusina hat erpauen lassen gbesen ist als Lusinien, Pauent und den turn Maxencz vnd Rotschell hat auch gesehen das gesloss darjnn der graf vom Vorst gesessen ist den Geffroy todt vellt. Er hat auch ge- sehen die kirchen die Melusina χὰ Lusinien het pauen lassen. Ich bab verlesen vil deutscher puecher vnd historien als von kunig

Artus, von sein Ritter vnd chnechten von der taflrund als waren her Ybein, herGabein, herLanczelat, her Tristramb, her Parczeval vnd von vil andern der vasst yglicher ain pesunder sag hat. Ich hab auch gelesen vom Ponthus, vom Wilhalm vom Orlens vnd vondem Merlein vnd vindt nindert als kain frombde vnd abenteürliche historj als die ist. Ich halt auch vil mer ‚[dann] von der dann andern, versach, wan die nachst pemelten gros- sen geslecht vast alle irn anfang habent vnd herkoment mit gepurdt etbeuil von Lusinien So mag auch daz puech fur ain warhait geschriben vnd verlesen werden.

Ich hab auch von dem pemelten von Erlach gehort die grafen von Sand Pauls In Frangkreich sind auch des stambs vnd das sy In Irn wappen fueren Melusinam die merfrawen In maß (51°) vnd form als sy all sambstag was als nämlich von dem napl auff ain mensch vnd weiplichs pild vnd vnder dem napl hinab ain grosser vnd langer wurm etc.“

DO. Partonopier und Meliur *),

Das Gedicht beginnt Bl. ὅδ᾽ und reicht bis Bl. 185, umfasst also 131 Blätter; diese sind in Spalten zu 38— 50 Zeilen geschrieben, der

5) Für Leser, die mit dem Verhalt nicht bekannt sind, sei hier bemerkt, daß das altfranzösische Original, nach welchem das hochdeutsche und niederländische Gedicht

6 FRANZ PFEIFFER

Umfang des Ganzen beträgt mithin gegen 22000 Verse, und ist, nächst dem Trojanischen Krieg, das größte Werk, das Konrad gedichtet. Die roth geschriebene Überschrift steht vereinzelt voran auf Bl. 54° und lautet:

„Hie hebt sich an ain hubsche Abentewr von dem Edelen Graffen vnd Ritter vnd Jungeling Graffen Partonopier vnd hat sich ergangen Als man zalt nach Christi vnsers lieben herren gepurde Tausent zway hundert vnd darnach In dem Sibenvndsibenczig Jaren etc.“

55* (HS ist gar vil nucz ding Das ain peschaiden iungling Geticht geren höre Vnd er nyemant swäre Der singen vnd reden chan 5 Do leit vil hohes nuczes an Vnd ist auch guet fur furdrucz Ich zel euch dreir hande nucz Dew rede pringt vnd sanck Das δίῃ ıst das ir süeßer klanck 10 Das ore frawt vnd genucht Das ander ist hoffezucht Ir lere ein herczen virt Das dritte ist das dy ezunge w’t Gesprochen sere von in czain 15 Ich pin des chomen vber ain Das payde frewd vnd ere Sanch vnd rede sere Den leyten pringen vnd gebent Dy nach ir czwayr rate lebent 20 Vnd jn paiden volge mitte Sy leren hoffleiche sytte Vnd all tugentleich tate Wie sol der nur weisen rate In seinem müt geschliessen 25 Der sich des lät verdriessen Das man singet oder sayt.

bearbeitet sind, durch G. A. Crapelet unter dem Titel: “Partonopeus de Blois’, Paris 1834, in zwei Bänden herauskam. Eine ausführliche Inhaltsangabe steht in Maßmann’s oben erwähntem Buche 8. 132—206,

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. | 7

Was die hier erscheinende Jahreszahl zu bedeuten hat, wird sich später herausstellen. Zuvor gebe ich, um in die Beschaffenheit der Hs. einen Einblick zu gewähren, einen buchstäblich genauen Abdruck der Einleitung und stelle ihm den vorläufigen Versuch einer kritischen Bearbeitung zur Seite.

Oben auf Bl. 55*° steht, wie ich noch bemerken will, der be- kannte, hier jedoch aus den Fugen gerathene Pentameter :

„Assit In principio meo sancta virgo Maria. Amen.“

Bz ist gar ein nütze dinc, daz ein bescheiden jungelinc getihte gerne horre und daz er niemen store, der singen unde reden kan. 5 lit vil höhes nutzes an und ist ouch guot für urdrutz. ich zel iu drier hande nutz, die rede bringet unde sanc. daz eine ist, daz ir süezer klanc 10 daz öre fröuwet mit genuht; | daz ander ist, daz hovezuht ir lere in deme herzen birt; daz dritte ist, daz diu zunge wirt gesprzche sere von in zwein. 15 ich bin des komen über ein, daz beide fröude und öre sanc unde rede söre den liuten bringent unde gebent, die näch ir zweier räte lebent 20 unde in beiden volgent mite. si lörent hoveliche site und alle tugentliche tät. "wie sol der iemer wisen rät in sinen muot gesliezen, 25 der sich des l®t verdriezen, daz man singet oder seit

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FRANZ PFEIFFER

Von aller der peschaydenhait Dy weylent pflagen die

Der lieb nach hochen eren hye Mit fleize chunden werben Sein wirde nucz verderben Der guet geticht smächen wil Man vber tugent vil

Dy nit czü liecht burden pracht Ob sanges vnd rede gedacht Nye wär In tewczscher czungen Gesprochen vnd gesungen

Dy maister hant so rechte wol Das man guet pilde nemen sol An ir getichte schöne

Ir red vnd ir gedone

Ist nuczper vnd fruchtig Recht als ain pawm genuchtig Durch seiner tugende guet Gibt ob es nach der plüed Sus w’t geticht mit genucht Nach schoner plued fruchte

Die merket wie ich mayne Die plued schöne vnd raine Die von erst getichtet wirt 3 Das ist die churczbeil guet Die sich alsam des mayen plued In das gemuete strebent Vnd In sein augen frawet Dy guet geticht horet Wan es ir trawen storet Vnd alle sorge mit gerucht Was mayn ich dann mit diser frucht Dy nach tichtes bluete gat Das ist der nucze beyse rat Vnd auserbelte bilchafft , Dy payde mit ir lere chrafft Cze pessrung pringet die Dy willikleichen merkent hie

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ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG.

von aller der bescheidenbeit, der wilent pflägen alle die, der lip näch höhen ören hie mit flize kunde werben?

sin wirde muoz verderben,

der guot getihte sm&hen wil. man üebet tugende harte vil, die niht ze liehte würden bräht, ob sanges unde rede gedäht nie were in tiutscher zungen. gesprochen und gesungen

die meister hänt rehte wol, daz man guot bilde nemen sol an ir getihte schoene.

ir rede und ir gedene

ist nutzebzre und frühtic: reht’ als ein boum genühtic durch siner tugende güete

git obez näch der blüete,

sus birt getihte mit genuht näch schaner blüete süeze fruht.

Hie merket wie ich meine. dıu bluot schoen’ unde reine, die von Erst getihte birt %

daz ist diu kurzewile guot,

diu sich alsam des meien bluot in daz gemüete ströuwet

und im sin ougen fröuwet

der guot getihte hoeret,

wan ez im trüren stoeret

und alle sorge mit genuht.

waz meine ich danne mit der fruht, diu näch getihtes blüete gät? daz ist der nütze wise rät

und üzerweltiu bischaft,

diu beide mit ir l&re kraft

ze bezzerunge bringent die

die willeclichen merkent hie

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FRANZ PFEIFFER

Was man In singet oder sait

Wol tichten mit peschaidenhait

Das ist ain nucze frewdenspil

Wann das ir worden ist czevil 70 Dy tichten wanent chunnen

So mochte man vil wunnen

Mit sage vnd auch mit reden han Gretichtes lob mues abegan

Wann es ist so gemaine 75 Das man dar auff so chlaine

ΝῺ a’chten auff der erden

Der lerchen sanck vnberden

Muz von den schulde all frist

Das also der lerchen ist 80 Die dy welt pedonen

Sy czierent vnd schonen

Dy hayde mit ir gesange laut

Vnd ist doch nit ain chraut

Als ob si wer nicht so vil 85 Leydet aller hande spil

Des man czu vil getreibet

Es dichtet vnd schreybet

Rede vnd sanck manig man

Der also vil richten chan 90 Gesingen vnd gesprigen

Als ich mit plue brechen

Chan durch ain quader flins

Da von ist hocher frewden zins

Nu worden gar nichte 95 Die wielent gab getichte

0 wie geren ain chunstreich man Wil tichten waz er guetes chan So ist der tumben also vil Der ygleicher tichten wil 100 Denn edel chunst vnd edel syn Das der geswaygen müs vorhin Dem edel chunst vnd edel sin Want in seinem herczen pey Was aber nu der tumen sey

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG.

swaz man in singet oder seit. wol tihten mit bescheidenheit daz ist ein nütze fröuden spil: wan daz ir worden ist ze vil, die tihten wsnent künnen,

möhte man vil wünnen

mit sange und ouch mit rede hän. getihtes lop muoz abe gän, wan ez ist gemeine,

daz man dar üf vil kleine

wil ahten üf der erden.

der lerchen sanc unwerden muoz von den schulden alle frist, daz alsö vil der lerchen ist, die die werlt bedoenent.

si zierent unde schonent

die heide mit ir sange lüt, und ist er doch niht alse trüt, als ob sin ware niht vil. ez leidet aller hande spil,

des man ze vil getribet.

ez tihtet unde schribet,

rede unde sanc vil manic man, der alsö vil ze rehte kan gesingen und gesprechen,

als ich mit blie brechen

kan durch einen quäderflins. von ist höher fröuden zins πῇ worden gar ze nihte,

die wilent gap getihte.

Dwie gerne ein künste richer man

wil tihten waz er guotes kan, ist der tumben alsö vil,

der iegelicher tihten wil,

daz der geswigen muoz vor in, dem edeliu kunst und edeler sin

wont in sime herzen bi. swaz aber der tumben si,

70

75

80

85

90

95

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11

12

FRANZ PFEIFFER

Dy tichten wellen noch

Ain maister sol nit lassen doch Dar vmb sprechen vnd sanck Wie luczel man In wisse danck Seiner maisterleichen chunst So chere doch hercze vnu’nuft Auff edel done vnd edel wort Wer solte rainer chunste hort Dar vmb län verderben

Ob tugentleich verderben Nyemand wolde wider in

Het ich peschaydenleichen sin Der nucz vnd edel wäre Vngeren ich sein enpäre

Im herczen vnd Im muette gar Dur das man sin czechlain war Name vnder tumbem lewtten Im holcze vnd Im gerawten Dye nachtigal singet

Ir gesanck vil offt erklinget Do nyemant horet seinen klang Si lat darumb mit irn gesanck Das man syn do luczel gert

hat in selber also wert

Vnd also lieb tag vnd nacht Das sy durch wunnikleichen bracht Ir liebe grossen schaden tuet Den der duncket sy also guet Vnd also recht mynniklich

Das sy czü tode singet sich

Bye mag ain chunstreicher man Wilde vnd bischaft nömen an So das er kunste nicht enber Durch das man ir so luczel ger Vnd also gerf chlaine ruche Der sein kunst nicht sueche Dur tugentreichs herczen sitte So mach im selben doch da mite Freyde vnd kurczbeil guet

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ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 13

die getihten wellen noch, 105 ein meister sol niht läzen doch

dar umbe sprechen unde sanc.

swie lützel man im wizze danc

siner meisterlichen kunst,

Βὸ köre doch herz’ und vernunst 110 üf edele dene und edeliu wort.

wer solte reiner künste hort

dar umbe län verderben,

ob tugentliche werben

niemen wolde wider in? 115 hat’ ich bescheidenlichen sin

der nütze und edel wre,

ungerne ich sin enbzre

in herzen und in muote gar,.

dur daz man sin ze kleine war 120 neme under tumben liuten.

in holze und in geriuten

diu nahtigale singet;

ir sanc vil ofte erklinget,

d& niemen hoeret sinen klanc. 125 si lät dar umbe niht ir sanc,

daz man sin lützel gert:

si hät in selber alsö wert

und alsö liep tag unde naht,

daz si durch wünneclichen braht 130 ir libe grözen schaden tuot,

wan der dunket si guot

und alsö rehte minneclich,

daz si ze töde singet sich.

Hie mag ein künste richer man 135 bild’ unde bischaft nemen an, daz er künste niht enber, durch daz man ir lützel ger und alsö kleine ruoche. der sine kunst niht suoche 140 dur tugende riches herzen site, mache im selben doch mite .fröud’ unde kurzewile guot,

FRANZ PFEIFFER

Durch seinen freyen hubschen ınuet

Sigen vnd sprechen zu aller czeit 145 55° Was liste In seinem herczen leit

Den versmäche durch das nicht

Das man dy kunst so kune sicht

Mit willikleychen augen an

Den selben list ich da chan 150

Wie chranck der sey so wil ich ‚doch

In vben fleyssikleichen noch

Durch das ich lange stunde

Mit herczen vnd mit munde

Mir selben chürczen muesse 155

Vnd ich mit worten suesse

Den hübschen trawren store

Wie man vngern höre

Sanck vi suesse rede noch

So vindet man dye lewt noch 160

Dy durch ir tugentreichen syn

Nicht werfen guet geyticht hin

Wo man es singet oder sait

Es hat noch maniger edelkayt

Vnd also raines herczen gir 165

Das er sein ore nayget mir

Wenn ich entsluesse meinen list

Ich waiz ir ain wisse christ

So tugentleichen garttet

Das sein gemuete warttet 170

Auff guet getichte geräie

Der selben laute steren

Der weyset In auff eren ratt

Der selbe dicz gefueget hatt

Das ich In tewcz getichte 175

Dicz puech von wälsche richte

Vnd es reyie leitte

Mit hocher wirdikaitte

Gebluemet stet sein raines leben

Gott hat Im ritters muet geben 180

Vnd ain milde herczen ger

Den ich hye maine das ist der

Schaler mein her Peter

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG.

durch sinen frien hübeschen muot

sing’ unde spreche z’aller zit. 145 swaz listes in sim herzen lit,

den versmahe durch daz niht,

daz man die kunst küme siht

mit willeclichen ougen an.

den selben lıst, den ich kan, 150 swie kranc der si, wil ich doch

in üeben flizeclichen noch,

durch daz ich lange stunde

mit herzen und mit munde

mir selben kürzen müeze 155 und ich mit worten süeze

den hübeschen trüren stoere.

swie man ungerne here

sanc unde süeze rede, doch

vindet man die liute noch, 160 die durch ir tugende richen sin

niht werfent guot getihte hin,

swä man ez singet oder seit.

ez hät noch maneger edelkeit

und alsö reines herzen gir, 165 daz er sin öre neiget mir

swenn’ ich entsliuze minen list.

ich weiz ir einen, wizze Krist,

tugentlichen gartet,

daz sin gemüete wartet 170 üf guot getihte gerne.

der szlden leitesterne

der wiset in ff ären rät.

der selbe diz gefüeget hät,

daz ich in tiutsch getihte 175 diz buoch von wälsche rihte

und ez ze rime leite.

mit höher wirdikeite

geblüemet stöt sin reinez leben;

got hät im ritters muot gegeben 180 unde eins milten herzen ger.

den ich hier meine, daz ist der

Schaler, min her Päter.

16

δ6"

FRANZ PFEIFFER

Der tugende strasse get er

Vnd ist auff eren pfad getreten Er hat wasel nit gepeten

Daz ich dicz berch volende

Mit seiner gebenden hende

Hat er dar auff gebeyset mich Das mein tumber he’re sich

Vil chumers angenomen hat

Von wirezburg ich conradt

Er fulle geri seinen muedt

Dicz märe dancht In also guet Vnd des tugent also prait

Von dem dise antburt sait

Das er durch seinen rainen syn Mich hat gelernt das ich pin

Auff diez puech mit vleise chumen Ich ha mich des werchs an genumen Mich durch sein milde handt Auch hat mich heinreich ma’schant Auff diez werch gestewret wol

Ob es volendet werden sol

Des hilfet er mir sere

Sein ratt mein suesse lere

Czü weyssent vnd pawtet

*

Von walhisch mir in tewcz wort Er hat der zwair sprach hort Gelernt als ain beyser man Fronczois ich nit vernemen kan Daz tewczet mir sein chunstig mund Da pey so tuet mir hilfe chund Arnolt der fuchs spat νῇ frue Wann er sich fleysset dar ezä

Das fur sich ge diez werch von mir Mit willikleiches herezen gir

Want er mir dick vi offte pey Durch das ich so wetrechig sey Daz ich der abentewr gar

Als o’denleichen mit war

Daz sy mit lobe nem ain czil

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GERMANIA XII.

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG.

der tugende sträze get er und ist üf &ren pfat getreten. er hät ze Basel mich gebeten, daz ich diz werc volende.

mit siner gebenden hende

hät er dar üf gewiset mich, daz min tumbez herze sich vil kumbers an genomen hät. von Wirzeburc ich Kuonrät erfülle gerne sinen muot.

diz mare dühte in alsö guot und des tugent alsö breit, von dem dis äventiure seit, daz er durch sinen reinen sin mich hät gelöret, daz ich bin üf diz buoch mit vlize komen. ich hän des werkes an genomen mich durch sine milte hant. ouch hät mich Heinrich Marschant üf diz werc gestiuret wol.

ob ez volendet werden sol,

:des hilfet er mir s£re.

sin rät mir süeze l£re

zuo wiset unde biutet.

daz buoch er schöne diutet

von wälsche mir in tiutschiu wort. er hät der zweier spräche hort gelernet als ein wiser man. franzois ich niht vernemen kan, daz tiutschet mir sin künstic munt. bi tuot mir hilfe kunt Arnolt der Fuhs spät’ unde fruo, wande er flizet sich dar zuo,

daz für sich g& diz were von mir. mit willecliches herzen gir

wont er mir dicke und ofte bi, durch daz ich betrehtic si, daz ich der äventiure gar

als ordenlichen mite var,

daz si mit lobe neme ein zil.

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18 FRANZ PFEIFFER

Der lere ich ger volgen wil

Ob ich chan vn ob ich mag 225 Wer edeles herczen ie gepflag

Der beitte alh’r daz ore sein

So wirt im ain hystori schein

Dy paide war ist vnd guet

Von ainem Ritter hochgemuet 230 Der nie last’ mail gewan

Hye sol die red vachen an.

Bye vor ain kung was genät Ologiers der het in seiner δὰ Charlingen ane widerstreidt u. 8. w.

Was in dieser nach mehreren Seiten belangreichen Einleitung unsere Aufmerksamkeit zumeist in Anspruch nimmt, sind die Namen dreier Männer, welche den Dichter bei seiner Arbeit aufgemuntert und unterstützt haben und die ohnedies schon ansehnliche Reihe seiner baslerischen Gönner um ein Beträchtliches erweitern helfen. Alle drei können urkundlich nachgewiesen werden.

Unter den edeln Geschlechtern Basels während des 13. und 14. Jahrh. eines der reichsten und mächtigsten waren die Schaler (Scalarii, von scala, Stufe, Leiter, die sie auch in ihrem Wappen führten), die lange Zeit hindurch die angesehensten Stellen im Staate bekleideten und mit ritterlicher Tapferkeit an der Seite von Fürsten und Königen kämpften (8. Ὁ. A. Fechter in "Basel im 14. Jhd. S. 25. vgl. Ohbron. Alb. Argent. bei Urstisius II, 99, wo sie neben den “Mönchen’ milites Basileenses excellentiores genannt werden). Unfern der Burg, in der ebmaligen Spiegel-, später Augustinergasse, wo jetzt das untere Collegium und das blaue Haus stehen, standen einst ihre von Reichthum und Macht zeugenden ‘Höfe. Bei weitem der Bedeutendste des Geschlechtes war Peter der Schaler, eben der Gönner unseres Dichters, dessen ihm gespendetes Lob kein erkauftes, schmeichlerisches, sondern ein wohlverdientes ist. Durch volle sechzig Jahre sehen wir ihn in dem öffentlichen Leben seiner Vaterstadt eine hervorragende Rolle spielen, und die Würden und Ämter, die das Ver- trauen seiner Mitbürger ihm übertrug, sowie seine Beiziehung zu allen wichtigen Angelegenheiten der Stadt geben Zeugniss von seiner per- sönlichen Tüchtigkeit und seinem Einfluß. Das Chronicon des 8. g. Albertus Argentinensis (richtiger des Matthias Neoburgensis) nennt ihn miles valentissimus und meint: De huius Scalarii com-

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 19

der löre ich gerne volgen wil,

ob ich kan und ob ich mac. 225 swer edeles herzen ie gepflac,

der biete alher daz öre sin,

wirt im ein historje schin,

diu beide wär ist unde guot,

von eime ritter höch gemuot, 230 der nie laster meil gewan.

hie sol diu rede vähen an.

Hie vor ein künec was genant Clogiers, der hete in siner hant Kärlingen äne widerstrit u. s. w.

mendatione integra historia esset opus (8. J. Trouillat, Mo- numents de l’Histoire de l’ancien Evöche de Bale. Porrentruy 1854. T. U, 425). Dieselbe Quelle, die Vorstehendes zum J. 1286 von ihm berichtet, nennt ihn a. a. OÖ. Petrus Scalarii senior, so daß es fraglich ist, ob wir unter dem Peter Schaler, der urkundlich zuerst im J. 1236 (s. Trouillat II, 37) genannt wird, und dem, der zuletzt noch im J. 1308 erscheint (s. ebd. III, 128), eine und dieselbe Person zu verstehen haben. Zwar geben die Urkunden zu einer Scheidung in Vater und Sohn keinen sichern Anhalt und unmöglich wäre es nicht, daß Peter das hohe Alter von 80—90 Jahren erreicht hat. Doch ist es kaum glaublich, daß Peter der Schaler, der sich an dem Aufruhr von 1308 betheiligte, dabei den Nicolaus zen Kinden verwundete und aus der Stadt flüchten mußte, der alte Peter war. Es wird sein Sohn gewesen sein und dieser ist wohl jedesfalls in den Urkunden von 1298, 1305 und 1306 (8. Trouillat III, 86. 93. 104) gemeint. In der bereits er- wähnten Urkunde von 1236 wird dem Petrus Scalarıus, und darin erblicke ich ein Zeichen, daß er damals noch jung war, erst gegen das Ende der Zeugen eine Stelle eingeräumt; aber schon im J. 1241 (Trouillat II, 58), ferner 1245 (ebd. 68), 1253 (s. Ochs, Geschichte der Stadt und Landschaft Basel. 1786. I, 334) finden wir ihn als Δα- vocatus, Reichsvogt, und später, in den Jahren 1271 (Trouillat II, 212), 1275 (ebd. 266), 1292 (ebd. 519. 526) als scultetus, Schultheiß. An der zuletzt citierten Stelle heißt es: „Wir Heinrich von Gundols- dorf Schulteize an mins hern P£ters des Schalers stat tuon kunt“ etc, In den übrigen Urkunden fehlen solche Bezeichnungen und wird er einfach 1245. 1264. 1270. 1271. 1286. 1298. als Petrus Scalarius, miles (Trouillat II, 60. 149. 204. 210. 366. 425. III, 10. 86) oder 2*

90 FRANZ PFEIFFER

1269. 1271. 1281. 1282. 1296. als “her Pöter der Schaler (ebd. II, 189. 191. 212. 220. 336. 356. 613), öfter in Begleitung seines Bru- ders Otto (1253 auch Schultheiß) und einmal (Trouillat II, 68) seines Bruders Johannes angeführt. Sein Tod erfolgte wie es scheint im J. 1296, wenigstens gibt Trouillat seinen Todestag in einer Anmer- kung zur Urkunde vom 7. Febr. 1296 (II, 613) aus dem ‘Liber vite Ecclesiz cathedralis Basileensis’: Idus Octobres Petrus Scalarij, miles, obüt.

Dies also Herr Peter der Schaler, auf dessen Wunsch und Bitte Konrad, von seiner milden “gebenden’ Hand dazu ausgerüstet, das Werk unternommen hat.

Der zweite Gönner, der, zweier Sprachen Hort gewaltig, ihm als Dolmetsch des wälschen Buches zur Seite stand, Heinrich Mar- schant (vielleicht von französischer Abstammung: marchand?), kommt ebenfalls urkundlich vor; das erste Mal in einem Kaufbrief vom J. 1273 als letzter der Zeugen: „Herr Henrich Merschant,“ das zweite Mal in einer Schenkungsurkunde vom 14. Aug. 1296, die ausgestellt ist pre- senie Henrico Merzchand. Welche von beiden Schreibweisen, Marschant, wie im Gedichte, oder Merschant, wie in den Urkunden steht, die richtige ist, lässt sich deshalb nicht mit Sicherheit entscheiden, weil beide letztere nur Copien sind. Wichtig ist die Sache auf keinen Fall. Wie das in der deutschen Urkunde seinem Namen vorgesetzte ‘Herr’ beweist, gehörte auch er dem Ritterstande an

Der dritte im Bunde, Arnold der Fuchs, der sich, entweder aus eigenem Antrieb, aus Freundschaft für den Dichter und Theilnahme an dessen Arbeiten, oder auf Wunsch Peters des Schalers, die Auf- gabe gestellt hat, die poetische Flamme in Konrad zu schüren und ihn zur Vollendung der Arbeit zu treiben, ist mir nur einmal begegnet, als Zeuge in einem vom Basler Magistrat (Petrus advocatus, Otto scultetus dicti Scalarıi milites’ an der Spitze) ausgestellten Kaufbrief vom J. 1253 (abgedruckt bei Ochs I, 334): “Arnold Vulpis’. Voraus gehen hier zwei 'milites’, dann folgt "Ludovicus, institor’ und erst auf diesen unser Arnold der Fuchs. Er scheint demnach ein Bürgerlicher gewesen zu sein. Gleichwohl gab es zu derselben Zeit in Basel ein edles Geschlecht dieses Namens: im Sept. 1245 schenkt Domina Guota, relicta bon@ memorie Ruodolfi militis, qui Vulpis dicebatur, de volun- tate atgue consensu filiorum eius Johannis, Ruodolfi, Cuonradi et filie su@ Πα ein in der Stadt Basel, vor dem Haus, welches „vulgo Schur- lunhüs dicitur“, gelegenes Grundstück an die Kirche St. Leonhard da- selbst (Trouillat II, 60). Der eben genannte Rudolf wird mehrere

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 9]

Jahre später, in einer Urkunde vom 5. Aug. 1263, aufgeführt, aber gleichfalls nach den Rittern, unter den bürgerlichen Zeugen.

Dies ist, was ich mit den mir hier zur Hand liegenden Hülfs- mitteln über die drei Männer habe auffinden können. Ich zweifle nicht, daß Forschungen an Ort und Stelle besonders über die beiden letztern weitere Aufschlüsse ergeben würden. Für meinen nächsten Zweck wird das Beigebrachte genügen.

Eine genaue Bestimmung über die Entstehungszeit der Partono- pier lässt sich daraus nicht gewinnen, da die obigen Jahrszahlen, mit Ausnahme etwa des Jahres 1273, wo Heinrich Marschant zuerst ge- nannt wird, einen gar zu weiten Spielraum gewähren. Glücklicher Weise leistet uns hiefür die oben mitgetheilte Aufschrift willkommene Hülfe. Darin wird gesagt, daß sich die Geschichte von Partonopier im J. 1277 nach Christi Geburt ‘ergangen’, ἃ. h. zugetragen habe. Im ersten Augen- blick klingt dies wie ein schlechter Spaß, denn das ist in jeder Weise klar, daß ein Roman aus dem kärlingischen Sagenkreise nicht in diese Zeit, ins Ende des 13. Jhds. verlegt sein kann; natürlich ist im Ge- dichte davon auch nirgends die Rede, und es fehlt darin an jeder Veranlassung zu solch albernem Missverständniss. Aber aus der Luft gegriffen ist die Jahrszahl gewiss nicht, schon deshalb nicht, weil sich kein vernünftiger Grund dafür denken ließe. Wie ich glaube, lässt sich die Sache ganz einfach dadurch erklären, daß der Schreiber eine da- tierte Handschrift vor sich hatte, worin am Schlusse gesagt war, daß. das Gedicht von Partonopier im J. 1277 sei vollendet worden. In seiner Greedankenlosigkeit, von der er überall glänzende Beweise gibt, hat er, was nur von dem Werke Konrads gilt, auf die Geschichte selbst be- zogen. Die Möglichkeit dieses Verhalts wird, hoff? ich, einleuchten. Sie kann noch in anderer Weise erhärtet werden.

An Handschriften aus dieser späten, aber auch noch aus früherer Zeit, worin uns alte Gedichte in verwahrloster, oft bis zur Sinnlosig- keit verderbter Gestalt überliefert werden, ist kein Mangel. Viele dieser Entstellungen beruhen natürlich auf der Fahrlässigkeit und dem Stumpf- sinne der betreffenden Schreiber, aber eben so viele auch auf Miss- verständnissen und Willkür, die sich von Abschrift zu Abschrift fort- pflanzen und vermehren. Beispiele absichtlicher Änderungen dürften sich in der Riedegger Hs. mit Sicherheit kaum nachweisen lassen, um so häufiger sind die Fälle grober Nachlässigkeit und Unwissenheit, und die Zahl der ausgelassenen Zeilen übersteigt alles Maß. Größerer Unsinn, und zwar an Stellen, die dem Verständniss nicht die geringste Schwierigkeit darbieten, ist niemals niedergeschrieben worden; er lässt

99 FRANZ PFEIFFER

sich nur dadurch erklären, daß der Schreiber seine Vorlage vielfach nicht hat lesen können: bei einem Baccalarius artium doppelt auflal- lend, da es doch sonst ganz gewöhnliche Schreiber an Lesefertigkeit auch in älteren Handschriften nicht haben fehlen lassen. Die Vor- lage war also wohl von eigenthümlicher Beschaffenheit und kaum mit den kräftigen deutlichen Zügen der uns bekannten Reinschriften des 13. oder 14. Jhds., sondern ohne Zweifel mit feiner, schwer leserlicher Schrift geschrieben, mit einem Wort: es war das Autograph des Dich- ters selbst. Von keinem einzigen Dichter des Mittelalters besitzen wir mit Wissen auch nur eine Zeile seiner Hand. Aber Schönschreiber waren sie wohl sammt und sonders nicht, sondern sie werden sich einer Art Cursivschrift bedient haben, einer Schrift jedesfalls, die zu rascher Aufzeichnung dichterischer Eingebungen besser geeignet war, als die mehr gemalte als geschriebene, schwerfällige gothische Minus- kel unserer Handschriften. Ebenso wenig wird es an Üorrecturen und andern eine richtige Abschrift erschwerenden Dingen gefehlt haben.

War nun, wovon ich fest überzeugt bin, die Vorlage unseres H. Winkler wirklich die eigene Handschrift des Dichters und trat ihr Zustand mit der eben gegebenen Schilderung irgend überein, so erklärt sich Alles: auf der einen Seite die große Zahl von Missver- ständnissen und Lesefehlern des mit dieser Art Schrift wenig vertrau- ten Schreibers vom J. 1471, auf der andern die Aufnahme der vom

. Dichter beigefügten, auf die Vollendung des Werkes gehenden Jahrs-

zahl, so wie die Vortrefflichkeit des Textes überall dort, wo der Ab- schreiber nur halbwegs seine Schuldigkeit gethan oder richtig zu lesen verstanden hat. Daß es sich mit dem Texte wirklich so verhält und daß er aus bester Quelle geflossen ist, ergibt sich aus ihm selbst, aber auch aus einer Vergleichung mit den gewiss ebenfalls sehr guten Bod- mer’schen Bruchstücken, die nicht allein im Wortlaut meist damit stimmen, sondern mehrfach aus der Riedegger Hs. können verbessert werden (z. B. Maßmann ὃ. 25, 18. 19: het an ir frouwen kunt getän. er müeste flüeche ein wunder hän. 26. smehen ttewiz. 49, 9. werder. 27. si phlägen näch ir müedekeit. 51, 2. in ietwederm teile u. 8. w.).

Darf es als höchst wahrscheinlich gelten, daß die Riedegger Hs. unmittelbar auf dem Originale beruht, so ist das Jahr 1277 als das Jahr der Vollendung des Gedichtes noch weniger anzufechten, da es mit den oben verzeichneten Daten in keinerlei Widerspruch steht. Aut diesem neugewonnenen sichern Grunde können wir weiter fortbauen und das Alter, wenn auch nicht aller, doch mehrerer Gedichte Kon- rads mit ziemlicher Sicherheit feststellen.

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 23

Nur bezüglich des trojanischen Krieges, des umfangreichsten seiner Gedichte, ist man bis jetzt im Reinen, weil wir wissen, daß es sein letztes Werk ist, über dessen Vollendung er starb, nach den An- guden des bereits angeführten „Liber Vite“ (8. Hahn, Vorrede zu Otte m. d. Bart S. 10) und der Oolmarer Annalen (8. die Ausgabe von Ch. Gerard und J. Liblin. Colmar 1854. S. 130) am 31. Aug. 1287, also gerade zehn Jahre nach Beendigung des Partonopier, und daß Dietrich am Orte, Domcantor zu Basel, dem Konrad das Gedicht widmete, erst vom Mai des J. 1281 an unter diesem Titel urkundlich auftritt*). Nicht vor diesem Jahre, aber, in Anbetracht des gewaltigen Umfangs, auch nicht viel später kann Konrad den trojan. Krieg be- gonnen haben.

Nach dem Partonopier, in den Jahren zwischen 1277 und 1281, sind die beiden Legenden von Pantaleon und Silvester entstanden. Auch dies glaube ich urkundlich wenn nicht geradezu beweisen, doch wahrscheinlich machen zu können.

Den Silvester hat Konrad bekanntlich auf Wunsch und Bitte des Leutold von Rötenlein **) gedichtet:

von Reetenlein her Liutolt

der hät mit sinen gnäden

mich tumben Kuonräden

von Wirzeburc dar üf gewent, daz sich dar näch min herze sent, daz ich diz buoch verrihte

*) Früher und später begegnet man Dietrich am (an dem) Orte (in oder de Fine) sehr vft, zuerst 1264, dann 1265. 1269. 1270. 1271. 1278 (8. Trouillat II, 137. 138. 158. 159. 189. 191. 192. 196. 204. 206. 210. 212. 286), bis zum letztgenannten Jahre entweder ohne weitere Bezeichnung, aber gleich hinter den Würdenträgern des Domes, oder dann als „tuomherre von Basile.“ Entweder noch in diesem Jahre, oder doch bald hernach, scheint ihm das Ehrenamt, das vor ihm, von 1251 an (8. Trouillat II, 68), ΄ Erkenfried von Rixheim bekleidet hatte, übertragen worden zu sein. Erkenfried’s Todes- jahr ist nicht genau festzustellen, aber jedesfalls war es nicht 1273, wie Trouillat II, 71 angibt, da er noch am 29. December 1276 urkundlich genannt wird (Trouillat II, 275). Als Cantor oder Sänger erscheint Dietrich viermal in Urkunden, zweimal im J. 1281 (s. Trouillat II, 337. 338: „Dietrich am Orte der senger“ (so, nicht „singer“, steht immer), dann je einmal 1283. 1284 (Trouillat II, 378. 406). Im J. 1294 war er bereits todt und wird seiner am 17. Jan. als eines Verstorbenen gedacht (Trouillat II, 564).

**) Dies ist die richtige Schreibung, nicht Rötenleim, gegen welche Form Wilhelm Grimm (8. 3. 4. 169) mit Recht sich gesträubt hat, denn Rötenlein (zuweilen auch Roten- lein, oder assimiliert Rötellein, Rotellein) wird in allen Originalurkunden geschrieben (s. Trouillat Π, 431—433. 503. 580. 670. 705. 726. III, 10. 135. u. 8. w.).

4 FRANZ PFEIFFER

und ez in tiusch getihte

bringe von latine,

durch die bete sine

tuon ich ez als ich beste kan.

der selbe tugende riche man,

der mich hier umbe alsus erbat,

der hät ze Basel in der stat

zuo deme :tuome phrüende V. 8093.

Am Schlusse gedenkt er seiner nochmals:

dar umbe ich z’allen stunden wil räten stille und überlüt, . daz man den werden gotes trüt (Silvester)

mit ganzen triuwen ere und man des wünsche söre Liutolde von Reetellein, daz im der fröuden honicsein zuo lauge müeze sigen

und daz er künne stigen ze himel üf der szlden berc, wand er gefrumet hät diz werc mit bete beide und mit gebote ze prise dem vil werden gote, der sunder ende und äne zil richsen unde leben wil. V. 5204—5220.

Leutold von Rötenlein gehörte einem vornehmen adelichen Ge- schlechte an, dessen Stammschloß, jetzt Rötelen genannt, wenige Stunden von Basel in der badischen Gemeinde Thumringen, Amt Lör- rach, auf der westlichen Bergseite des Wiesenthales lag. Einer seiner Vorfahren gleiches Namens, vielleicht sein Oheim, oder Großoheim, war von 1191— 1213 Bischof von Basel (s. Ochs I, 274— 281. Trouillat II, 33. 34. 36. 42. 735). Er selbst bekleidete nach einander die höch- sten Ehrenämter an der dortigen Kathedrale. Vom J. 1281— 1284 war Lieutold Archidiaconus oder Erzpriester (8. Trouillat Il, 337. 338. 378. 406), von 1286 an pr&positus (Probst) des alten Benedictiner-, nach- mals Chorherren-Stiftes Moutiers-Grandval im bernischen Jura, doch mit dem Sitze in Basel (8. Trouillat II, 431. 433. 485. 503. 507. 512. III, 473. 687. 694), von 1291 bis zu seinem Tode zugleich auch pr2- positus Ecclesie Oathedralis Basiliensis (Trouillat II, 497. 529. 580. 582. 584. 669. 670. 672. 703. 726. III, 10. 28. 93. 119. 131. 135. 191.

en

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 25

196). Wie diese Stelle dem Bischof die nächststehende ist, so war er auch in dessen Abwesenheit wiederholt sein Stellvertreter, d. h. bischöf- licher General-Vicar; so im J. 1292 und 1298 (s. Trouillat II, 580. 669). Ein Jahr lang war Leutold, der in hohem Grade das Vertrauen der Domberren wie der Bürgerschaft genoß, sogar selbst Bischof (8. die in dieser Eigenschaft von ihm ausgefertigte Urkunde vom 13. Oct. 1309); allein die Wahl ward angefochten, vom Pabst Clemens V. durch Bulle vom 23. Jan. 1310 als ungesetzlich erklärt und der Geistlichkeit und dem Volke der Stadt und Diöcese Basel verboten, Leutold an- zuerkennen oder ihm Gehorsam zu leisten. An seine Stelle wurde Gerald von Wippens, bis dahin Bischof von Lausanne, eingesetzt. Leutold starb am 19. Mai 1315 und liegt in der Marienkapelle der Domkirche begraben. Er war der letzte seines Geschlechts und Röteln fiel an den Gremahl seiner Base, den Markgrafen Rudolf I. von Hoch- berg-Sausenberg, dessen Nachkommen sich dann auch Herren von Rö- teln nannten (vgl. vorn S. 4).

Da Konrad von Leutold bloß aussagt, daß er an dem Dom zu Basel eine Pfründe habe, so ist nicht wahrscheinlich, daß er damals schon im Besitze eines der genannten höheren Ämter war, weil sonst der Dichter gewiss nicht unterlassen hätte, ihm, wie Dietrich am Orte oder dem von Tiersberg, den gebührenden Titel, Erzpriester oder Probst, zu geben. Leutold wird also zur Zeit noch einfacher Oanonicus, Dom- herr, gewesen sein, und als solcher kommt er von 1264 (hie noch ganz zu Ende der Zeugen) bis 1279 vor (Trouillat II, 138. 139. 159. 206. 208. 232. 312). Mithin ist der Silvester vor 1281 gedichtet, aber doch wohl nicht lange vorher, nicht früher, als Leutold im Besitz einer höheren, besseren Pfründe war.

Den Antrieb zum Pantaleon emfieng Konrad durch Johannes von Arguel:

von Arguel Jöhannes,

der Winharten tohter kint,

geschuof, daz siniu (Pantaleons) wunder sint alsus getibtet schöne.

mit siner miete löne

bräht’ er si von latine

ze tiuscher worte schine,

dar umbe, daz die liute

vern&men dran ze diute,

daz er (Pantalenn) kan trüren stoeren.

26 FRANZ PFEIFFER

die diz getihte heren

und swer die marter sin verneme,

die wünschen heiles alle deme,

der diz were gefrumet hät*) V. 2140—2153.

Die von Arguel waren Ministerialen der Bischöfe von Basel und führten ihren Namen von dem im St. Imerthal (bern. Amt Courtlari) über Sonvilliers auf einem Felsen gelegenen Schlosse (jetzt Erguel), das sie bis zum J. 1264, wo Otto von A. darauf verzichtete und es vertauschte (8. Trouillat II, 148), als Burglehen inne halten. Johannes (wahrscheinlich ein Sohn Otto’s und Bruder der mehrfach vorkom- menden Peter und Wilhelm von Arguel, s. Trouillat II, 475. 668. IH, 759) wird zuerst im Chronicon des s. g. Albertus Argentinensis, in Verbindung mit Peter dem Schaler, zum J. 1286 genannt (s. Trouil- lat II, 425). Von da an tritt er in Urkunden öfter auf, theils als Zeuge, theils selbstthätig. So am 4. Dec. 1294 als Schiedsrichter in einer Streitsache (Trouillat II, 577), ferner am 13. Juli 1298 als Mittels- person bei der Übergabe von Gütern an drei Söhne des Wilhelm von Arguel, Heinrich, Richard und Simon, Chorherrn von St. Imer (Trouil- lat II, 668); als Zeuge: 1302, 1305 und in der bereits erwähnten von Leutold von Reettenlein als Bischof ausgefertigten Urkunde vom 13. Oct. 1309, gleich nach Peter dem Schaler (Trouillat III, 28. 93. 659). Er wird abwechselnd civis Basiliensis, dominus und miles genannt, gehörte also dem Ritterstande an. Sein spätes Vorkommen erlaubt nicht, den Pantaleon früher zu setzen, als höchstens in die Jahre 1277—1281, er ist wahrscheinlich nach dem Silvester, unmittelbar vor dem troj. Krieg gedichtet.

Vor den Partonopier dagegen fällt ohne Zweifel und als Konrads frühestes in Basel entstandenes Gedicht zu betrachten ist die Legende vom hl. Alexius, die er auf Veranlassung zweier Basler Bürger, Jo- hannes von Bermeswil und Heinrich Isenlin, gedichtet hat. Von letz- terem weiß man nur, daß er noch im J. 1294 Pfleger des großen Spi- tals zu Basel war (s. W. Wackernagel, die altd. Hss. der Basler Uni- versitätsbibliothek, S. 4), von Johannes von Bermeswil ist gar nichts

*) Daß die darauf folgenden fünf Verse unecht sind und das Reimwort auf hät nur Kuonrät war, ist zweifellos. Aber eben so sicher ist Lachmann’s Vorschlag (Zeit- schrift 6, 85. 580), an die Stelle zu setzen: der ist geheizen Kuonrät und damit das Ge- dicht zu schließen, missrathen, denn es liegt auf der Hand, daß derjenige, der diz werc gefrumet hät nicht Konrad von Würzburg, sondern Johannes von Arguel hieß (vgl. Silvester 5216).

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 97

sonst bekannt. Beide waren wohl nur einfache Bürger und kaum in der Lage, den Dichter in erheblicher Weise zu unterstützen. Davon ist auch in den Schlußzeilen keine Rede, vielmehr heißt es, sehr im Gegensatze zu den entsprechenden Stellen in den andern Gedichten, nur, daß er ihretwegen das Märe von Latein in Deutsch gedichtet habe, weil sie ihm rehte liebe getän haben. Es liegt darin der Ausdruck für freundliche Aufnahme und Behandlung, und dies scheint mir auf Konrads frühesten Aufenthalt in Basel zu deuten. Erst später gelang es ihm, die Gunst höher stehender, angesehener, reicher Männer zu gewinnen, sich darin festzusetzen und mit deren Hülfe ein eigenes Haus- wesen zu gründen. Das Meiste und Beste dazu wird Peter der Schaler gethan haben.

Man muß es den Baslern zum Ruhme nachsagen, daß sie schon während des Mittelalters, wie später und heute noch, über den zeit- lichen Interessen die geistigen nicht vergaßen, daß sie es vielmehr von jeher in nicht gewöhnlicher Weise verstanden haben, mit dem Streben nach materiellem Erwerb die Liebe zu Kunst und Wissen- schaft schön und erfolgreich zu verbinden. Und gewiss muß es mit Achtung erfüllen vor der Tüchtigkeit eines Gemeindewesens, wenn man sieht, wie zu Basel einfache Bürger, reiche, mächtige Patrizier und die höchsten Würdenträger der Kirche mit einander wetteiferten, der Poesie eine gastliche Stätte zu bereiten, sie liebevoll zu heben und zu fördern in einer Zeit, wo man ihr in den höhern Kreisen der Ge- sellschaft, auf Burgen und in Schlössern, widerwillig den Rücken kehrte und die öffentlichen Zustände, die Lage des Reiches, nichts weniger als angethan waren zur Pflege der Kunst und Dichtung.

Von Würzburg nach Basel ist Konrad über Straßburg gekommen, vermuthlich gegen Ende der sechziger Jahre. Dort jedesfalls ist der Otte wit dem Barte gedichtet; dies erhellt in unzweideutiger Weise aus den Versen:

Hie sol diz mare ein ende geben

und dirre kurzen rede were,

daz ich durch den von Tiersberc

in rime hän gerihtet

unde in tiutsch getihtet

von latine, als er mich bat

ze Sträzburc in der guoten stat,

dar inne er zuo dem tuome

ist probest unde ein bluome

schinet maneger ären. V. 748—757.

98 FRANZ PFEIFFER

Der hier genannte Gönner des Dichters, mit seinem vollen Namen Berthold von Tiersberg, war im J. 1247 noch Canonicus am Straß- burger Dom (s. Hahn, Vorrede zu Otte S. 36) und es wird immerhin mehrere Jahre gedauert haben, bis er zur ersten Stelle nächst dem Bischof vorrückte. Gegen die Annahme Hahns, der auf diese Grund- lage hin den Otte in das J. 1260 oder noch etwas später setzt, ist daher nichts einzuwenden.

Ebenfalls in Straßburg mögen auch die beiden Gedichte, in denen des Gottfried gedacht wird, die goldene Schmiede und das Herzmäre, entstanden sein, während der Weltlohn leicht noch in die Zeit seines Aufenthalts in Würzburg fallen könnte. Für seine früheste Arbeit halte ich den Turnei von Nantes, wenn anders das geistlose, eines so ver- ständigen und sinnigen Kopfes, wie Konrad doch war, unwürdige Ge- dicht wirklich von ihm herrührt und nicht vielmehr, wie es sehr den Anschein hat, das Werk eines Nachahmers ist, der ihm seine Manier abgeguckt und sie nicht ohne Geschick in Anwendung gebracht hat *). Beim Engelbard und dem Schwanritter fehlt zur Fixierung von Zeit und Ort der Entstehung jeder feste Anhalt, aber ın Basel ist wohl keines von beiden gedichtet.

Wie es sich für einen „Meister“, einen bürgerlichen gelehrten Dich- ter, gebührt, war Konrad, wiederholter eigener Aussage zufolge (s. Engel- hart 212. 6493. Otte 753. Silvester 87. Alex. 1363. Pantaleon 2145), der lateinischen Sprache mächtig. Dagegen wird der bisherigen Ungewissheit, ob er auch französisch verstand (8. W. Grimm, gold. Schmiede ὃ. ΧΝ ἢ, durch ihn selbst ein Ende gemacht, indem er ın der Einleitung V. 212 von sich bekennt: franzois ich niht vernemen kan und zugleich erzählt, wie und durch wen ihm der Sinn des wälschen Buches erschlossen wurde **).

Daß bei dieser Art zu arbeiten hier und da ein Missverständniss unterlief und insbesondere die zahlreichen französischen Namen nicht immer in durchaus richtiger Form wiedergegeben sind, ist begreiflich. _ Auf der andern Seite gewährte sie aber dem Dichter den Vortheil, daß er sich ungehinderter bewegen und sein Talent freier entfalten konnte.

*) Schon die Wiederholung von 22 gleichlautenden Zeilen, Turnei Str. 77—70 und Schwanritter 906—928, macht dies höchst wahrscheinlich, denn in solcher Weise hat Konrad von einmal Gesagtem nie wieder Gebrauch gemacht.

**) Ob er bei dieser Gelegenheit sich die Kenntniss des Französischen soweit an- eignete, daß er später, ohne fremde Beihülfe, daz alte buoch von Troye von welsche in tiuisch gelihte richten konnte (troj. Krieg 266 f. vgl 305), oder ob diese ihm auch hier in derselben Weise wie beim Partonopier zu Theil ward, bleibe dahingestellt.

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 29

Und von dieser Freiheit der Bewegung hat denn Konrad auch überall reichlich Gebrauch gemacht, so daß seine Arbeit nicht sowohl eine Übersetzung, wie es die mit ängstlicher Treue an’s Original sich an- schließenden niederländischen Bruchstücke wirklich sind, als vielmehr eine selbständige Bearbeitung zu nennen ist. Dies hat aus den wenigen oberdeutschen Zeilen schon Maßmann (Partonopeus S. 129) gefolgert, und auch seine weitere Vermuthung, daß „der deutsche Bearbeiter die lange Geschlechtsableitung des Helden von Troja bis zum Könige Clod- wig von Frankreich (über 350 Verse) und andere Breiten der fran- zösischen Schilderung schwerlich wiedergegeben habe“, trifft vollständig zu: das langweilige genealogische Register hat er in der That weg- gelassen und an dessen Stelle die oben mitgetheilte Einleitung ge- setzt, die sich zwar ım Inhalt und den Gleichnissen mit der zum troj. Kriege vielfach berührt, aber vor dieser den Vorzug hat, daß sie älter und hier nicht Wiederholung ist.

Trotz dieser und anderer Kürzungen, die von des deutschen Be- arbeiters Geschick und Geschmack zeugen, ist jedoch das Gedicht, bei Konrads Neigung zur Breite und Redseligkeit, unter dessen Hand nicht kürzer geworden, sondern übersteigt das französische Original an Umfang fast um das Doppelte. Allerdings betreffen die Erwei- terungen meist solche Partien, durch deren breitere Ausführung Konrad auf den Beifall seiner Leser rechnen durfte: Beschreibung von Ritter- spielen, Gefechten und Schlachten, insbesondere aber die Ausmalung innerer Seelenzustände und die Schilderung von der Liebe Lust und Leid. Und in die letztere zumal deutsches Gemüth und deutsche Innig- keit zu legen und beide zu schönem Ausdruck zu bringen, ist dem Dichter vielfach gelungen, und gerade darin besteht in unsern Augen der eigenthümliche Werth, der die Bearbeitung vor dem Original aus- zeichnet.

Als Partonopier, mitten im Taumel des höchsten Liebesglückes, sich der Heimat und seiner Angehörigen erinnert und der Wunsch in ihm erwacht, diese, die nicht wissen wo er weilt, wiederzusehen, da weiß auch der französische Dichter diese Sehnsucht entsprechend aus- zudrücken; aber seine kurze Schilderung hält doch keinen Vergleich aus mit der ergreifenden Weise, womit dies durch den deutschen ge- schieht, der mit folgendem Gleichniss schließt:

er tet alsam daz vogelin,

daz wider in die schene senet: swie vil man ez gemaches wenet bi den liuten anderswä,

30 FRANZ PFEIFFER

wzre ez doch vil gerner dä,

von dannen ez kam dar geflogen;

swä der mensche wirt erzogen,

weizgot, strebet im der sin

ie ze jungest wider hin,

als in den walt daz wilde tier. Bl. 70".

Ich glaube nicht, daß das Heimatsgefühl jemals wahrer und in- niger ist ausgedrückt worden, als in diesen wenigen einfachen Zeilen. Wer dergleichen in solcher Art niederschreiben kann, der spricht aus eigener Empfindung und Erfahrung. Wohl gieng es Konrad gut in Basel, aber dennoch, wie oft mag er nicht aus dem „Gemach“, an das man ihn dort gewöhnt hatte, in seinem Herzen sich gesehnt haben nach dem Lande, wo er erzogen war?

Auch anderwärts fehlt es in dem Gedichte nicht an Stellen, wo wahre Herzenslaute, Töne tiefer Empfindung hervorbrechen. Eine Probe mag dies darthun: die Klage der Meliur, als Partonopier auf den trügerischen Rath seiner Mutter und des ıhr verbündeten Bischofs das strenge Gebot, sie vor dem von ihr anberaumten Tage mit Augen zu sehen, übertrat und in Folge dessen das Unheil über beide herein- bricht. Obwohl sie ihm seine Untreue und Schwäche mit herben Worten vorwirft und ihn, als Störer ihres Glückes, zu hassen vorgibt, klingt doch ihre tiefe, zärtliche Neigung zu ihm mächtig durch, und von all dem manigfachen Leid, das aus seiner Unbeständigkeit für sie entspringt, ist doch ihr größtes das, daß sie sein für immer entbehren muß. Auch hier überragt der deutsche Dichter bei weitem das Original.

99° Partonopier als er gesach, daz ir lip, der &ren dach, wünneclicher schoene wielt, daz im daz herze niht enspielt von leide in tüsent stücke, 5 daz was ein gröz gelücke gar seltsen’ unde wilde. sin wünneclichez bilde wart alsam ein töte bleich. sin maht und ellen im gesweich 10 und alle sine witze. 99% gar in tötlicher hitze

8 wunnickleich 4 spielt 7 seltsame 9 sam 'ain (οὐδ 10 mächtig ellent jn 11 all.

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 31

wart diu lucerne zehant

von im geworfen an die want,

daz si ze manegen stücken brach. 15 mit zorne rief er unde sprach:

‘nü var enwec in gotes haz!

min muoter, diu dich ie gemaz

und ze samene brähte,

diu werde in tiuvels ähte 20 versenket iemer und begraben;

der bischof müeze unszlde haben,

der mich daz ie gel£rte,

daz ich gar verkerte

die triuwe und die gelübde min. 25 verwäzen sol diu schuole sin,

dar inne er wart wise,

daz er mich üz dem prise

der ren hät gevellet.

hie mite wart geswellet 30 im der muot üf herzeser

vaste, daz er doch niht mer

gesprechen mohte ein kleinez wort.

mit leide viel er an daz ort,

lac er ais ein töte. 35 was ouch iegenöte

der frouwen sin geswunden.

oft’ und ze manegen stunden

viel diu szlege ın der naht

erbermecliche in ämaht. 40 diu schoene wart beswaret gar.

ir liehten ougen spiegelvar

von leide ir überwielen.

ir blanke hende vielen

nider üf den wizen lip. 45 wart als ein verscheiden wip

gevärwet von riuwe.

ir herze daz getriuwe

begunde in jämer sliefen.

13 von jm z. 14 Dar gew. 18 genas 19 same 20 tewfel 22 müs

vnsalde 39 salge.

25 geholde 26 Verbaßen. sollal 27 er fehlt 35 Do. 37 sein.

32 FRANZ PFEIFFER

der langen und der tiefen siuften holte si genuoc.

50

mit herzewazzer si twuoc

ir liehten wängel rösenvar.

100" ‘dö mich diu muoter min gebar”, sprach über lanc diu blunde, 55

“daz was ein übel stunde, diu von gote was;vertän. ach des daz ich mir selber ‚den schaden üf getrochen, daz an mir ist zebrochen triuwe, stzste und re!

ich was üf kranke löre

ze snelle und alze wacker. vil tumbes herzen acker hät min sin gebüwet.

hAn

60

65

wes mohte ich hän getrüwet,

daz mich der sus verriete, den ich üz aller diete mir ze friunde hete erkorn ?

got herre, waz sol ich geborn? 70

war zuo sol ich πῇ für baz

leben ?

daz mir der töt niht si gegeben,

daz müeze den erbarmen, des lip für mich vil armen an dem frönen kriuze starp.

75

und ow&, daz ich niht verdarp

in miner muoter libe. *

wart al min werdekeit benomen. &n’ alle mine schulde komen 80

bin ich ze leides riuwen. _ verräten an den triuwen sint mir al min £re.

muoz ich iemer m£re ze töde sin geswachet. min trüren ist gemachet

52 herezer w. vgl. Parz. 783, 3 53 wangel 72 daz)da 75 fron 77 meinener 78 fehlt

85

54 Da 58 Alles 79 war.

63 baker

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 33

ze bitter und ze herte. vor solhem ungeverte got alle frouwen warne, des valsch in sime garne 90 mich hät gevangen als ein tier. ach herzefriunt Partonopier, vil süezer unde werder lip, durch waz hästü mich armez wip 100? geworfen in die stzten klage, 95 daz ich gar alle mine tage belibe in sorgen swebende, tief’ in der schande lebende? sprich, waz habe ich dir getän, d& mite ich hie verschuldet hän, 100 daz mich häst geschendet? hän ich des ıht verendet, daz wider dime muote st, daz mich aller &ren {τῇ gemachet häst rehte gar’? 105 ich nam doch ie dins willen war, swä mite ich kunde, sz&lic man. häst mich geworfen an sunder schulde dinen haz. hat’ ich umb dich verdienet daz, 110 daz mich soldest miden, wolte ich gerne liden von dir laster unde leit. πῇ bin ich dir, mit statekeit gar inneclichen holt gesin: 115 πῇ hästü gar die triuwe din engegen mir zebrochen. waz hästü, friunt, gerochen an eime wibe, diu noch nie deheinen valsch an dir begie?” 120 Mit disen worten unde alsö sweic reht’ eine wile diu jämerhafte künegin.

91 hatjlat 95 staten 98 schanden phüle. lebende fehlt; oder fehlen zwei Zeilen? 99 sprach 103 deinen 106 nan dich des deinen 107 kunde fehlt 110 umb dich fehlt 111 fehlt 116 trewen 120 chainen.

GERMANIA XI. 3

ως ΓΝ 4

FRANZ PFEIFFER

in einen mantel härmin diu reine guote sich want; 125 ir wängel röt mit wizer hant begunde #8’ underleinen: ersiuften unde erweinen die rede ir üz dem munde nam. und diu süeze wider kam 130 ze worten und ze muote, sprach diu reine guote bescheiden unde wol gezogen: “friunt, herre, wie bin ich betrogen an diner liehten varwe! 135 ich wände, daz garwe 100° vor valsche wzrest lüter, man dich, herre trüter, wünneclich erkande. wie schane maneger hande 140 an dime libe lage, daz man triuwen phlzge, daz was billich unde reht. schinest üzen harte sleht und bist gerüchet innerhalp. 145 wändest, herre, daz der alp unde ein tiuvel trüge dich, mich unsihteclich fünde, werder kristen. nein, ich schuof mit listen, 150 daz mich niht enszhe. war umbe daz geschzhe, daz merke, süezer jungelinc. ich wil dir läzen miniu dinc werden üf ein ende schin. 155 Ein keiser was der vater min, der zepter unde kröne truoc mit ören schöne ze Cunstenopel in der stift. der hiez mich lEren alle schrift 160 124 ain m. härmlin 125 sy do vant 127 Pegundens 136 grawe 141 lage

(: phlage) 142 trawren 143 war 148 vosichtl. 149 Frewnde 157 vnd der chr. 159 Constantinopel

. ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 35

durch wiser liute rzte. wand’ er niht sunes hzte, der sin lant beszze, dühte in vil gemzze, daz er mich lören hieze, 165 swenn’ er daz riche lieze näch sime töde in miner hant, daz ich liute, ®r’ unde lant, berihten künde deste baz. hie mite gienc ich unde saz 170 in die schuole s& zehant. die besten meister, die man vant, die wurden mir gewunnen. der selben liste brunnen, von deme fliuzet allıu kunst 175 begunde ich sere mit vernunst schephen in daz herze min. ich wart ein houbetmeisterfn 100° der buoche maneger hande. ze rehte ich wol bekande 180 gesteine und edele würze. daz ich die rede kürze, verstuont ich wol von art swaz ie her geschriben wart von allen den prophöten, 185 den zirkel der planäten erkande ich unde ir umbesweif. nigromancıam ich begreif für manegen list besunder, d& mite ich fremdiu wunder 190 machte swenne ich solde. und min vater wolde gewinnen kurzewile, wart in sneller ile näch mir schiere gesant, 195 daz ich dar keme zehant in ein gaden sitzen.

161 rate (:hate) 162 sunes ]schoners 171 so 173 gebunnen 174 selb 175 Von der 176 vernufft 179 puecher 186 Der 191 schode 194 w. dojn . 195 schie do 196 daz] Vnd. cham so 197 Vnd in

3}

36 FRANZ PFEIFFER .

ich schuof mit zoubers witzen, daz in bedühte, er sahe vil manic wunder spahe 200 von zame und ouch von wilde. min goukel manic bilde worhte vor den ougen ein: den lewen und daz eberswin, den grifen und den helfant 205 liez ich d& werden im erkant und alliu tier besunder. der wilden merwunder vil ze kiesenne im geschach. als er es danne gnuoc gesach, 210 liez ich in beschouwen von bergen und von ouwen, von wazzer und von heide die schensten ougenweide, der ie kein mensche wart gewar. 215 dar näch liez ich komen dar ein tüsent ritter oder zwei, die sament einen turnei d& triben oder einen strit. ich liez in sehen bi der zit 330 swaz ie gekrouch od ie geflonc. mit listen ich in betrouc,

101" daz in des dühte, ez were wär swaz ich stille und offenbär der lügelichen dinge treip. 335 reht’ alsö wart ich und beleip der swarzen buoche ein meisterin. swaz üf der erde mac gesin von zouberlichen sachen, daz künde ich wol gemachen, 230 und wolde dieh üf disme 88] vor minen liuten über al verborgen hän δὸ tougen,

198 mot 20 auch Δ. 8909 vilde 908 Forchte von 209 gesach Y1d ware UT mmton 991 waa gestaub oder oder getlog; vgl. ich hän von

allem dem gelmon ΠῚ lv wollda und getloue te). ÄAricy 19058 £ 9293 wär fehlt 225 digen Yu Noolt und /erst YNT awaren puccher 230 chund 231 disen

101"

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG.

daz dich mit sinen ougen nieman hzte alhie gesehen

biz an die zit, daz dir geschehen solte sin des heiles kraft, daz”ich vor miner ritterschaft dich offenliche hate erwelt

und z’eime herren mir gezelt

für alle man besunder.

mit zouber ich daz wunder wolde alhie gemachet hän. friunt, πὰ häst ἀἢ widertän

mit diner künste minen list,

*

und er niht krefte mer enhät. der höhen kündekeite rät,

daz ich von dir gesehen bin,

der füeget mir den ungewin,

daz mich hilfet niemermö&

kein starkiu zouberie als &. nigromancie kan ich noch

wol üeben unde enhilfet doch

an mir noch diu selbe kunst:

si wart erleschet von der brunst der kerzen, diu brante,

mich din ouge erkante,

daz mich ze schaden hät gesehen. daz heil mir niemer kan geschehen für dise veige stunde τοῦ,

daz min zouber müge als & gehelfen unde für getragen. wenn’ ez beginnet morgen tagen, wirt ez wol bewzeret

und schöne geoffenbzret,

daz πῇ min kunst vervähet niht, wan dich hie schouwet unde siht al min ingesinde gar.

37

235

240

245

250

255

260

265

244 du nu h. w. 245 ainer 246 fehlt; etwa: daz er gar erleschet ist, 252 min starkiu? 260 nieman 262 zawbrey 265 pebaret 268 Ὁ. nie die ch. 269 Als.

vgl. V. 256

38 FRANZ PFEIFFER

niht langer mac ich noch getar 270 dich verbergen, süezer lip.

dich kiesent man, dich sehent wip

und alle, die bi mir sint:

künege, fürsten, gräven kint

die wizzent allez, daz wir hän 275 mit einander hie getän

von minneclichen dingen.

ze liehte muoz hie dringen

unser tougenlichez dinc.

und ow€, süezer jungelinc, 280 daz laster mir geschiht,

daz man mit den ougen siht,

daz min friunt gewesen sist,

bringest mir unde gist

δὸ bitterliche swre, 285 daz ich begraben wzre

noch lieber in der helle

dann’ ich, vil trüt geselle,

müez’ an den ören veigen.

ez wirt ein vingerzeizgen 290 üf uns beide mit der hant.

ze töde wirde ich hie geschant

vor allen minen kunden.

min heil daz ist verswunden

drivaltecliche, szlic man. 295 ᾿ daz eine ist, daz niemer kan

min kunst getragen für als 6;

daz ander ist, daz iemer

gehenet muoz min leben sin;

daz dritte leit von disen drin Sid daz ist dia nöt ob aller klare,

daz ich din, herre, al mine τῷ τὸ

muoz Jdarben iemer unde enbern.

swaz ἀὰ mich leides maht wewern,

daz akte ich harte kleine, 03

τὼ karır 271 verperzea IT? sachen 2S2 mich ja den 20 wir ξὺν wit

323 deren mabst wur want yariier

ZI ΤῈΣ τὸ 9:5] cesicht

BUnmermer

‘2 Jr 5 Ι͂: ἐπ PQ 1, ἐω “ὦ, 4,

312 pstat. smerzen 818 w’t enbert 316 dorben mein 323 pist m. 829 vor meinen 338 mir fehlt

319 stäte

101°

biz an die swxre aleine, die ich vil herzenlichen dol, daz ich din &weclichen sol hän bresten unde mangel. des grimmen tödes angel stichet in min herze,

mich best&t der smerze,

daz ich din, herre, wirde entwert.

diu sorge als ein gelüppet swert mich snidet durch die sie min, swenn’ ich beginne darben din und dich ze töde hän verlorn. ich hete dich ze friunde erkorn mit ganzer und mit stzter kraft: muoz ich iemer vientschaft von dir öweclichen haben.

min fröude lac an dir begraben: bistü miner wünne slac.

an dir min höchgemüete lac: daz köret sich ze leide.

bist min ougenweide

für alle man gewesen ie:

soltü werden niemer hie güetliche von mir an gesehen. ich hän dir lobes vil gejehen: muoz ich schelten s£re dich. min liehter meie wünneclich bistü gewesen al her:

muote ich für dich unde ger

‚des kalten winters alle frist.

min röse gewesen bist:

soltü werden hie min dorn. ich hete dich mir ze heil erkorn: wirst min unsalekeit.

an dich min öre was geleit:

diu ze laster ist gedigen.

min leben an dir solte ligen:

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG.

39

310

315

320

325

330

318 dein. frewd 339 vsalickait

40 FRANZ PFEIFFER

πῇ bistü mines herzen töt, der mich begrabet in der nöt, dar üz ich niemer komen sol. 345 ouch mahtü wizzen selbe wol, daz dich der schade niht vergät: man dich morne ersehen hät, wirt din angest bitter. ich hän manegen ritter, 350 der dines ungewinnes gert, daz man dich schiere hät gewert des grimmes tödes strenge: wan ob ich sin verhenge, wirst zerhouwen und zerlidet; 355 101° ob dich min helfe niht befridet, man schrenzet dich ze stücken, gelingen und gelücken müeze dir, geselle guot, baz danne din unstzter muot 360 wider mich geworben habe. ich bin der ören komen abe, der ich zer welte solde leben. » dem wilden helleröste, 365 durch daz ich mich erlöste üz der vertänen schande, diu mir maneger hande künftic ist mit riuwen. häst mich an den triuwen 370 verräten alsö söre, daz ich muoz iemer möre hie klagen üf der erden. min wange niemer werden sol trucken noch daz ouge min. 375 ich muoz ein armiu frouwe sin, diu daz von herzen weinet, daz mir häst erscheinet 848 morgen 351 deines 352 Da man 353 strengen 354 verhengen 8356 pefidert 868 Dich zerbelte 464 fehlt; etwa: zwäre ich wolde mich

geben 368 mir]mit 369 chumftte 372 f. Das mus ich chlagen ymermere Hye auff diser 6. 375 So t. n. d. augen m.

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 41

rehte lügenlichen muot.

ach, herre, liebez herzebluot, | 380 wie gar din tugent ist gelegen!

von dir ze sere ist widerwegen

min triuwe lieht karfunkelin

mit swacher stzte kupherin.“

Soviel zur vorläufigen Nachricht über ein Gedicht, das als eine wirkliche Bereicherung unserer alten Litteratur zu betrachten ist. Alles Weitere darf füglich der vollständigen Ausgabe vorbehalten bleiben.

WIEN, Anfang November 1866.

II. ZUM ALEXIUS.

Zu diesem Gedichte besitze ich seit geraumer Zeit eine Anzahl Lesarten, die mir Herr Alois Lütolf, damals Ouratpriester in Luzern, aus einer in Sarnen aufgefundenen Handschrift freundlich mitgetheilt hat. Sie mögen bei dieser Gelegenheit für den Text verwerthet werden. Die Hs. befindet sich im dortigen Frauenconvent Benedictiner Ordens ; sıe ist kl. Fol., Papier, spaltenweise, im J. 1478 von Heinrich Kramer, Lehrmeister in Zürich, geschrieben, und besteht aus zwei besonders foliierten, erst später zusammen gefügten Theilen verschiedenen Inhalts, aber von derselben Hand herrührend. Der Alexius steht in der ersten Abtheilung Bl. 57? 62°; die Verse sind unabgesetzt.

An Werth steht die Sarner Handschrift noch unter der Inns- brucker, auch hier ist der Text vielfach willkürlich verändert und über- dies durch zahlreiche, meist unechte, spätere Einschiebsel größern und kleinern Umfanges entstellt. Dies schließt jedoch nicht aus, daß sie manche beachtenswerthe Lesart bietet und zur Herstellung des Echten dient. Ihr größter Werth beruht jedoch darin, daß sie die in der Inns- brucker Hs. fehlenden Reimzeilen (eilf an der Zahl) in willkommener Weise ergänzt.

Aus der nicht unbeträchtlichen Zahl von Lesarten werde ich nur diejenigen auswählen, die mir für den Text von Belang zu sein scheinen, mit Weglassung aller gleichgültigen oder offenbar nur auf Willkür und

380 leibes herezen pl. 382 wider geben 383 leicht 384 state.

49 FRANZ PFEIFFER

Nachlässigkeit 'beruhenden Abweichungen; dies um so mehr, als Lütolf’s Vergleichung insofern keine ganz vollständige ist, als er von der Angabe der Varianten, „wo sie nur in jüngern Sprachformen oder in unbedeutender Wortumstellung bestehen, Umgang genommen hat.“ Wo daher im Folgenden keine Abweichungen angegeben sind, gilt dies im Allgemeinen als Bestätigung des Hauptischen Textes, nach welchem die Vergleichung gemacht wurde. Auch auf die Zusätze werde ich in der Regel nur dort Rücksicht nehmen und sie vollständig mitthbeilen, wo die Echtheit oder Unechtheit in Frage kommen könnte.

Die Überschrift lautet: „Diss ist die’ legend von sant Alexius“ und unmittelbar darauf beginnt, mit Weglassung der Eingangsverse 1—56, die Erzählung: „Ze Rom ein edel herre sas Der in sin reines hertze las Milte vn gantze barmhertzikeit Gros wund’ hat gott an in geleit Von richtüm vnd von wird Sin müt vnd sin begirde Vor schanden gar lutter warent Er dienot“ u. s. w.

71 hatte 72 Im dienoten ouch aller weg 73 ouch fehlt. 74 Die semit und siden an trügent 84 die tisch—=]. 85 dar inne 91 milte 92 reines m. 100 hatte inen dz fröod= 1. Nach 114 ein Zusatz von 16 Versen, eine müßige Wiederholung und Erweiterung des Voraus- gehenden:

Die fröw minnenkliche

Batt got von himelriche

Das er si gewerte

Des ir herize gerte

Si machet manig bildelin (1. bilde fin) Geschaffen als ein kindelin

Von silber und von golde

Dz si geben wolte

Zu gottes hüsren werden

Durch das si uff erden

Got gewerte dz si süchte

Vnd das er geruchte

Mit helffeberenden sachen

Ir hertze fro machen

Vnd inen geruchte ein kind geben Dz noch erfröwen sölte ir leben.

Nach 120 abermals ein Zusatz von 30 Zeilen, worin die Gewäh- rung der Bitte, die Geburt und Aufziehung des Kindes ausgemalt wird. Dafür fehlen die Verse 129—152.

171 Gegeben in dem tempel hus —=1.

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 43

180 Semit und pfeller vf das grüene gras und darnach sechs wei- tere Verse:

Vil harte schon wart geleit u. 8. w.

191. 192. Sun uil liebes hertze trut

gang vnd schöwe dine brut

Nach 220 ein Einschiebsel von 130 Versen, worin Alexius seine Braut in directer Rede zur Tugend und Keuschheit ermahnt.

232 gezierde | stuchen 241 vnd alles m. bl. 249 Beliben an dem d. σ΄; statt an liest I ir, Haupt und 274 In der statt 278 Er üebte 280. 281 In andacht und mit sorgen.

Dar in wz de hertze sin begraben Darauf folgen statt 282. 283 vier Zeilen, welche diesmal das Richtige bieten: ein swachez kleit (vil) gar beschaben daz nam an sich der jungelinc. daz edele und daz riche dine, daz er von guote brähte dar, daz gap enwec der süeze gar.

In I sind die beiden ersten Zeilen ausgelassen, die dritte lautet genau wie in der Sarner Hs., mit dem Reimworte dinc, welches von Maßmann, dann auch von Haupt, zur Herstellung des Reimes auf begraben, in haben verändert wurde.

Nach 334 wird die Rede des Alexius in 10 Versen weiter fort- gesetzt. 342 Des leid ir hertz vil große pin 344 gadem ] kamer ; nicht gadem, sondern gaden, wie zahlreiche Reime beweisen, ist die bei Konrad übliche Form. 360 der zarte were, so ist wohl besser mit S gegen das unmittelhochdeutsche war hin komen ware in 1 zu lesen.

365—369 lassen sich nach S also herstellen:

gescheiden was von ir alsö. diu reine, sin gemahel, sprach ir swehere zuo mit klage: “ἢ wizzet, herre, ἃ. 8. W.

374 friunde | fridel, vgl. 592. 409. 410 Pflag ze allen ziten gebettes Beide wines und ınettes. Diese beiden Zeilen sind danach, in theilweiser Übereinstimmung mit I, zu lesen:

zallen ziten pflac gebetes.

beide wines unde metes

wnic tranc sin kiuscher munt. Die beiden von I in verderbter Gestalt überlieferten Zeilen 423. 424 lauten in S:

44 FRANZ PFEIFFER

der himelischen gnäde wenen. man hörte in siuften unde senen 440 Es was ze wunsche wol gevar 466 selikeit 467 —469 liest S, im Allgemeinen übereinstimmend mit I: Der dinge michel wunder den gloggenere besunder in herzen unde in muote nam

473 üf | üz, so zu lesen. 434 wart | was, so zu lesen. 482 Da von 80 kerte er vnd gie 485 Jemerlichen vnd bat 505 gloggner ; gloggenere wird auch hier, statt messenere, zu lesen sein, wie an den übrigen Stellen 445. 468. 497, da Glöckner und Messner in großen Kirchen nicht immer identisch sind. 512 melde | wirde und dies ist das Richtige, I hat wilder.

528 Die fehlende Zeile lautet in S:

| Sin hertz wz verbrennet und die folgende: dz es in der gottes minne wiel. daher wohl: sin herze was enbrennet daz ez in gotes minne wiel. 543 fehlt. 555 wesen ] verswenden 565 vnvermeldet 578 vl gach

586 fehlt. 588 jäar tag 618—620 mit der fehlenden Zeile lauten nach 8:

sus hiez er einen zuo zim gän, dem er bevalch den bilgerin. er sprach: 'dü nim ze rehte sin u. 8. w. 653 fehlt. 657 die] so 669 υἱΐ wänie und vil kleine; durch diese Lesart wird hier der Hiatus vermieden (vgl. zu Engelhard S. 239). 671 liest S, mit Anschluß an 1: was an im und diu hüt dar obe. . 674. 675 stimmen, entgegen dem kritischen Text, mit I: ab dem wart der gottes degen alsus gefüret hie, nämlich: in solcher Weise wurde A., nach dem Befehle seines Vaters, von dessen eigener Tafel gespeist. Also: ab dem der werde gotes degen wart alsus gefuoret hie. 694 fehlt. 719—721 fehlen. 725 und] noch 748 ist ohne Noth

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 45

von I abgewichen, die Hinzufügung eines d vor ich hätte genügt; es ist = Καὶ zu lesen: daz dich got selic mache.

764 wird Haupt’s Verbesserung von machte in mälte durch S be- stätigt, welche malet liest, aber dannoch ist mit S in dar näch zu ändern. 767 Was ]| were 770—772 liest S mit I:

den spott die smacheit und den schimpf der im gebotten wart alda der wart bescheidenlichen da 774 fehlt. 776 der hoche man 778 fehlt. 786 vil fehlt. 799 zuch ]

in, dies wird die richtige Lesart sein, denn es ist der ip gemeint. 808. 809 lauten in S:

vil strenger forchte si do gewunnen warent by der selben frist. Ä Diese letzte Zeile fehlt in I, aber in der ersten liest sie ähnlich wie S: δὲ gewan, und dies deutet weit eher auf gewon als auf gedon, wie nun im Texte steht; also: vil strenger vorhte si gewon wären bi der selben frist. 813 ist mit S zu lesen : und er in wolte wenden 814 helfeberenden 819 bi dirre frit 824. 825: ich wil iu tuon sin ende kunt vil gar mit offenlicher sage: 828 lies = ὃ: got die marter durch uns leit; in I fehlt durch uns, Haupt ergänzte statt dessen g. die vröne m. l. 832 lies mit ὃ: als si diu stimme gotes bat. 836 lies: den si niene funden niena S, nienan 1, niender Haupt. 885. 886. Die das römsche riche hieltent und doch des rechten wieltent 889 komen | kerren 892 Vns seit die ware hystorie 897 lies =S: sine knehte sante für 906 Den fehlenden Vers ergänzt S: durch daz würde erkennet. 932 durchgründen 936 den gottes lichnam her 952 bi der τ 1. 965 gesten]gesinde 977 heilige 978 Sus g. 983 hohen st. 999 er ] man Statt 1004. 1005 liest S:

48 FRANZ PFEIFFER

daz entslozzen wart sin hant, der brief lac inne dö.

1009 Im siner hende die geschrift. ? üz siner hende im die ge- schrift 1011 winkte er mit zühten unde rief; so wohl besser, sonst zuo zim. Nach 1012 schiebt S sechs Zeilen ein, worin gesagt ist, daß A. an seiner Hand noch einen Fingerring hatte, den er niemand lassen wollte.

1016 mit dem in I fehlenden Verse 1017 lautet in S:

den brief bedüte er unde las bescheidenliche unz üf ein ort.

1022 angestberen 1024 neten | sorgen 1027 bitterlich, vgl. 681. 1029 brach | τοῦ 1032—1034 lauten in S besser:

er zarte mantel unde roc vil sere und ouch vil harte. bi stme schonen barte roujt er U. 8. W.

Nach 1052 hat S noch sechs ohne Zweifel echte Zeilen, an die

sich 1053 und folgende besser anschließen: dich machtest minen ougen (S vor m. 0.). diu rede ist äne lougen, daz di mir häst ze herzen vil siuften unde smerzen gesenket alliu miniu jär. ich wände stille und offenbär, daz ich sehe noch die stunt, daz mir lebende würdest kunt unde ich herren solde dich. hät ez sus gefüeget sich u. 8. w. 1062 wird durch S ergänzt: von leide sol ich niemer 1068 dar in gegossen (gestözen?) liebes kind. 1070 ff. können aus S folgendermaßen verbessert werden: vil trürens wart von im getän umb des töten herren lip. sin muoter, daz vil reine wip, αὐ si vernam diu mare daz ὃ" sun were ἰδὲ funden zuo dem mäle, wart üf grimme quäle geraizet ır vıl höher muot.

ÜBER KONRAD VON WÜRZBURG. 47

1073—1081 lauten nach Oberlin (in der Straßburger Hs.): st tete alsam der lewe tuot der sinen schaden richet und daz riet zerbrichet, dar in er ist gevallen.

riet bedeutet im Mhd. nur Ried, Schilf, was hier nicht gemeint sein kann. I und S lesen übereinstimmend netz und dies ist (da mit Oberlin an riet = lat. rete niemand denken wird) ohne allen Zweifel das Richtige; wahrscheinlich stand so auch in der Straßburger Hs. und rietzebrichet ist bloßer Lesefehler (ri= n) für netze brichet

1089 ist mit I södenvarwez här ın den Text gesetzt; die Straß- burger und S haben sidenvalıwez, seidenblondes, und dies ist herzu- stellen, vgl. Lanz. 4755: södeval (: zal)

1110 Den minnenklichen der da δῶσε 1111 m. hertz (= 1) und ouch. Haupt’s Änderung werzel für herze ist gewiss unrichtig und so hat wohl auch in der Straßburger Hs. nicht gestanden, da das Wort Öberlin sonst kaum entgangen wäre. 1121—1160 fehlen. 1161 alsus]alsö und der in I fehlende Vers lautet:

klagte diu (vil) reine dö.

1168 nam ] zwang 1170 engelschlichen; lies engelischen, vgl. 934. 1167 elaren 1199 hie verhal =I. 1235 pfeller 1236 minnekliches = 1. 1252 truren. Nach 1258 folgen in S noch 18, die Klage der Braut fortsetzende Verse, die zum Theile echt sein könnten:

beid’ offen unde tougen.

der spiegel miner ougen

ist zerbrochen 8676.

min fröude und al min ere sint versenket und begraben.

vil strenge sweere sol ich haben, diu mir än ende wirt gegeben. die wile daz ich mac geleben, muoz ich sin an fröuden töt durch daz jämer und die nöt, daz ich stille und überlüt

vor mir sach min liebez trüt und ich des niht erkande.

ow& vil maneger hande

leides daz mir ist geschehen

in leit muoz man mich temer sehen,

48 FRANZ PFEIFFER

min wunne sol verderben und al min fröude ersterben, sit daz u. 8. w. Ä 1262 Durch alle die welt g., lies: für al die werlt gemeine. Darnach abermals ein größerer Zusatz von 22 Zeilen, worin unter Beziehung ᾿ auf das Einschiebsel nach 1012 erzählt wird, wie A. seiner Braut den Ring sich habe von der Hand nehmen lassen. 1287. 1288 lauten: vil manig ussetziger man nam an sich reinikait und craft also etwa: vil manic üzsetziger nam an sich reinekeite kraft. Nach 1300 wieder ein Zusatz von 8 Zeilen. 1309 Aeiliket 1313. 1314 sind nach S zu lesen: mit in die bäre tragende. waz touc hie (Hs. duchte) me ze sagende? 1320 niht | mit =L 1323 sicher ] schiere ; etwa: wart in daz münster schiere bräht, sin schöne wart gedäht ? 1329. 1330 lauten nach S besser: mit gesange und mit gebete. und diu woche ein ende hete, 1331 wart mit höhem flize starc bereit ein wünnechcher (= 3) sarec. 1341 gutes smackes, also statt von süezem ruche entweder süezes ruches oder süezes smackes. Den fehlenden Vers 1359 ergänzt S: die sich üf sine gnäde länt. danach wird im Vorhergehenden das Wörtchen in in si oder die zu ändern sein; wie S hier liest, ist aus Lütolf’s Angaben nicht er- sichtlich. Die Schlußverse 1365 —1384 mit den Namen der beiden Basler Bürger und Konrads fehlen.

WIEN, 15. November 1866.

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ZWEI UNGEDRUCKTE MINNELIEDER.

—nnen

L.

1. Wol dir, meie, diner grüene, wan bringest werden liehten schin. ΝᾺ sint 8’ aber ir sanges küene, ich mein’ allıu kleiniu vogelin. Sit daz wunnecliche wät 5 hät mit bluomen wol diu heide, manegez leide trüren gar zergät. 2. Ei wie sol ich überwinden swzre, die ich von der lieben dol? Sol ich nibt genäde vinden, entuot der sumer mir niht wol. Sit mich vremden sol ir gruoz, δ buoz wirt miner swzre nimmer, want ich immer an denken muoz. 3. Ich rät’ ia, gemuote leien, die πὰ tragent ir jungen stolzen lip, lät ıu s’ in dem herzen meien, ich mein’ alliu minneclichiu wip. Sit ir güete tresten kan, 5 man, ir wervet umbe ir hulde! von ir schulde trüren ınuoz vergän.

II.

1. Ich wil allen guoten vrouwen klagen den minen senelichen ungemach. Ich bin in den ἰδὲ verhouwen von der schensten, diech mit ougen ie gesach. Wünschet daz mir wol gelinge 5 noch an ier.

L 1, 2 di wan da 8 sint aber 7 manig’ laie 2, 1E 2 swer 7 püz so wirt mir swer 7 gedenchen 3, 1. 2 Ich rat eu wol gemuete laien, ich main die nu tragent ir

iungen leip 11. 1, 4 schonisten die ich 5 ir wüschet 6 ir. GEUMANIA XII. 4

50 FRANZ PFEIFFER

mich entra&stet wan gedinge: w:er’ der niht, an vreuden müeste ıch sterben schier. 2. Lieplich kus von rötem munde tuot dem sendem herzen innerclichen wol. Würde mir der z’einer stunde, wzr’ al min sendez herze vreuden vol. Waz kan trüren baz verswenden 5 dan ein wip, | unt ir spilden vreude senden? immer szlic si ir triutelohter Πρ. 3. Herze, trüren swinden umbe ein wip, diu tugent ein wundr unt Ere hät, Unt Ἰὰ dich ın vreuden vinden, sit ir lip ist fri vor aller missetät: Kiusche, wol gezogen, reine, 5 minneclich. swie si mich doch trestet kleine, in der werlde fund’ man ninder ir gelich.

Diese beiden, meines Wissens noch unbekannten Lieder sind auf dem mit verschiedenen Notizen versehenen letzten Blatte (eigentlich einem Vorsetzblatte) der Riedegger Handschrift des Neidhart u. s. w. von einer Hand des 14. Jahrh. eingeschrieben. Sie mögen der zweiten Hälfte des 13. angehören. Unmittelbar darauf folgt von anderer Hand ein drittes Lied:

Der mai der hat den vogulein sein guet erzaiget wol. Der walt der hat auch glanczen schein u. s. w.,

das ich jedoch, weil die Schrift vielfach abgerieben und ohne Anwen- dung chemischer Hülfsmittel kaum noch ganz zu lesen ist, nicht ab- geschrieben habe.

Nach einer neuerlichen Behauptung (s. Deutsches ‚Heldenbuch. 2. Theil. Berlin 1866 S. XXXIV) soll diese "Handschrift bekanntlich nicht mehr zu finden sein. “Bekanntlich?” ich wüsste nicht, daß solches irgendwo öffentlich ausgesprochen wäre. Jedesfalls ist die Nachricht

7 mich nicht wan guet gedingen; entroestet fehlt 8 schir 2, 1 Liepeleich 3 noch z, 3, 5 cheusche unt rein unt wol gezogen unt minechleich.

ZWEI UNGEDRUCKTE MINNELIEDER. 51

zum Glück eine irrige, denn die Handschrift ist noch vorhanden, in demselben, leider mangelhaften und verwahrlosten Zustand, wie sie einst Benecke und W. Grimm vorgelegen hatte. Nur befindet sie sich jetzt, seit ein paar Jahren, im fürstlich Starhembergischen Schlosse zu Efferding, wo die alte Riedegger Bibliothek durch die Sorgfalt des gegenwärtigen Besitzers, des Herrn Fürsten Camillo v. Starhemberg, eine ihrem Werthe angemessenere schöne Aufstellung erhalten hat. Sie trägt die Nummer I. 202 und ist auf schönes starkes Per- gament größtes Formats in Spalten zu 48 Zeilen geschrieben. Die Gesammtzahl der erhaltenen Blätter belauft sich auf 137, wovon je- doch das letzte nicht ursprünglich zur Handschrift gehörte. Es fehlen zu Anfang, vom Iwein, 7 Blätter = V. 1-- 1330; zwischen Bl. 24 und 25 (= Iwein 5953—6144\, 94 und 95, 134 und 135 und am Schlusse je ein Blatt. Der Inhalt vertheilt sich folgendermaßen anf die Blätter, die erst von mir durchlaufend sind gezählt worden. 1. Bl. 1*—35*: Hartmanns Iwein. Swa ir lip blozzer schzin. da sah si d’ herre ywein. πη da was ir har νῇ ir lich. so gar dem wnsche gelich. Daz im ir minne. vercherte die sinne. Daz er sin sz1bes vergaz. vn daz vil chvme versaz. So si sich rovfte vnde slvch. wie vngerne er daz vertrvch u. s. w. Bl. 35°: Hie was div vrow Iinete mite. nach ir diensthaftem site. Div het mit ir sinne. ir beider vnminne. Braht zallem güte. als si in ir müte. Lange hete gegert. ir dienest was wol lones wert. Övch win sis also genoz. daz sei des chvmbers niht verdroz. bricht ab (die letzten acht Verse = 8159 8166 fehlen), der übrige Raum der Spalte ist leer. Nach Benecke’s Ansicht (s. Beiträge S. 495) ist diese Aufzeich- nung, aus der er sich nur eine beschränkte Anzalıl von Lesarten no- ἀν

68 | FRANZ PFEIFFER

tierte, für die Textkritik ohne Belang. Ich erlaube mir hieran zu zwei- feln und meine, daß eine so alte Handschrift eine vollständige Ver- gleichung unbedingt verdient.

2. Bl. 35°—48°. Des Strickers Amis.

Hie vor was vrovd vn ere. geminnet also sere. Swa ein hofsch man ze hove qvam. daz man gerne von im vernam u. 8. w. Bl. 48°. Daz im daz ewige leben, nah disem libe wart gegeben. Hie endet sich der phaff amis. vn hebt sich an h’n neitharts weis (roth).

3. Bl. 48°—62°. Neidharts Lieder.

Owe svmer zit daz dir min hilfe git. waz dir | hazzes vn nit aber vf dinem rvcke lit. e | der winder sinen strit. an dir gar vol ende. || u. 8. w.

Bl. 62°. Sann (so) er want daz ich da heime lzge. | νὰ ich im sines din- gelines phlzge. warf | ich den pal. in des hant von Riwental an | der straze d’ chvmt mir wol ze maze. ||

Darauf folgen 16 ausgekratzte lateinische Verse; der übrige Raum

des Blattes ist unbeschrieben.

4. Bl. 63°—102. Dietrichs Flucht.

Welt ir dar zv stille dagen. so wil ich iv chvrzlich sagen. Do der wolf her Dietrich. gelebt het vil wunnechlich. Driv iar vnt vunf hvndert iar daz ich iv sage daz ist. war Do starp der ellenthafte man u. s. w. Bl. 102°. Sie chlagten in ir mitte. die edelen rekchen gite. Vnd swer ovf dem wal da v’schiet hie mit endet sich daz liet.

δ. Bl. 102°—136°. Rabenschlacht. Hie hebent sich div liet von dem grozem | strite und wie vro'n Helchen sune tot | gelagen und Diether von Witegen | (roth).

ZWEI UNGEDRUCKTE MINNELIEDER. 53

WEiIt ir in alten m&ren wnder horen sagen u. 8. w.

Bl. 135°. Owe do chofi vns div mare ᾿ daz d’ schade vmb div chint ergangen wre.

Über die beiden letzten Stücke aus der Deutschen Heldensage hat Benecke in auffälliger Weise vollständiges Stillschweigen beob- achtet, vermuthlich um v. d. Hagen nicht auf diese Fährte zu leiten. Übrigens hatte im J. 1845 Ritter Anton von Spaun, von der Raben- schlacht kurze Nachricht gegeben im 8. Bericht über das Museum Francisco - Carolinum zu Linz, S. 443, die indes, merkwürdig genug, den deutschen Philologen abermals entgangen ist.

Über das Alter des Riedegger Codex habe ich noch Einiges zu sagen. Benecke sowohl als W. Grimm setzen ihn in die Grenzscheide des 13.—14. Jahrh. Gewiss mit Unrecht, denn nicht allein die Schrift- züge, sondern mehr noch die Sprache gestatten keinen Zweifel, daß er noch im 13. Jahrh. geschrieben ist. Die österreichischen Urkunden lehren uns, daß um 1300, in einzelnen schon um 10—15 Jahre früher, die um die Mitte des 13. Jhds. beginnenden Laut-Veränderungen der baierisch-österr. Mundart, nämlich des in et, des iu in eu, des (ou) in au, sich im Ganzen und Großen vollzogen, d. h. festgesetzt haben, und daß von da an die alten Laute ἢ, ix, ἃ, ou nur selten mehr und spärlich, und dann stets mit den neuen vermischt, noch auftreten. Um sich von dieser Thatsache zu überzeugen, darf man nur das nächste beste Urkundenwerk zur Hand nehmen und sich die Originalbriefe darin ansehen. Z. B. das Urkundenbuch von Kremsmünster. Wien 1852. Die erste hier abgedruckte deutsche Urkunde ist vom J. 1286. ὃ. 142. Sie zeigt durchaus nur ?, auch ie, kein οἱ (sines, sine, sten, Achlieten, Mertines), dagegen nur eu : zeug (dreimal), Zeutold, und für und ou nur au: goteshaus, auch (zweimal), chauffen, hausvrauwen. Die zweite S. 146 vom J. 1288 durchwegs nur ei, eu, au: Hainreich, mein (öfter), beleib, Dietreich, Vreie; deu steur, gezeug; hausvrowe, goteshaus. In der dritten S. 150 vom J. 1291 kommen auf ein iu in anderiu vier eu: zeug (dreimal) und neunzkisten, dagegen nur ei und au vor: Üolreich (öfter), sein (öfter), mein (öfter), Seibrant, pei, beleibe, Hainreich, Reichher; goteshause, auf (öfter), tausentisten. In der vierten S. 150 vom J. 1292 fallen auf etwa fünf sechs δὲ, auf zwei :u eben so viele eu und für ὦ, ou steht nur au. In ungefähr gleicher Weise schwanken diese Vo- cale in der Urkunde von 1293, S. 151, während die von 1300, Κ΄. 158 gegen fünf iu nur ein eu, dagegen lauter ei und au zeigt. Vollkommen

54 FRANZ PFEIFFER

durchgedrungen sind ei, eu, au in der zu Wien ausgestellten Urkunde 1303, S. 139, worin der gleich zu erwähnende Albero von Kuenring zweimal genannt wird. Von da an gehören die alten Laute zu den großen Ausnahnıen.

Da nun in der Riedegger Hs. umgekehrt diese letztern weit über- wiegen und ei, es und au verhältnissmäßig selten erscheinen, so folgt mit Nothwendigkeit daraus, daß sie noch im 13. Jahrh. und zwar nicht später als in den achtziger Jahren, eher noch früher, geschrieben ist.

Hiefür kann noch ein weiterer Beweis beigebracht werden. Oben auf dem Blatte, welches die beiden Minnelieder enthält, steht folgende Notiz eingeschrieben :

„Ego Otto de Hakenberch et de Rabenspurch Dilecto Consanguinco suo. Alberonj de Chvnring.“*

Das ist offenbar eine Widinung: Otto von Hakenberg schenkt dem Albero von Kuenring die Handschrift. Die Schriftzüge sind um ein Beträchtliches jünger als die der Handschrift und tragen eher den Charakter des 14. als des 13. Jahrh, *)

Die von Hakenberg waren österreichische Ministerialen. Ihr Stamm- sitz ist das heutige Schloß und Dorf Haggenberg im Viertel Unter- Manhards-Berg, westlich von Asparn an der Zaya. Otto, der erst- geborne Sohn Heinrich I. v. H., wird urkundlich zuerst genannt im J. 1276, dann 1286, 1289, 1290, 1294, zuletzt 1295 (s. Wissgrill, Schau- platz des landsässigen n. ö. Adels vom Herren- und Ritterstande, IV. . Wien 1800. S. 118. Fontes rerum Austr. XXI, 259. 262. III, 293. 609.) Geboren um 1230—1235 scheint er das Jahr 1300 nicht erlebt zu haben. Die Herrschaft Rabensburg, nach der er sich in zweiter Reihe nennt, hat er in den achtziger Jahren vom Stifte Zwetl käuflich erworben (8. Das Stiftungenbuch des Kl. Zwetl. = Fontes rerum Aust. III, 293). Das Schloß liegt in demselben Viertel an der March, nörd- lich von Hohenau (vgl. Sickingen, Topographie V. U. M, B. Bd. II, 224—232). In Matth. Fischers Topogr. sind beide Schlösser, Hakenberg und Rabensburg, abgebildet.

Albero von Kuenring (im Viertel Ober-Manhards-Berg, wesilich von der Stadt Eggenburg) ist der sechste dieses Namens, aus der Linie von Weitra; er kommt in Urkunden häufig vor, ist um 1270 geboren und starb-1340 (8. Wissgrill a. ἃ. O. II, 65—68).

*) Die Nachweisung der nachfolgenden Notizen verdanke ich zumeist der Güte meines verehrten Collegen Dr. Andreas v. Meiller,

ZWEI UNGEDRUCKTE MINNELIEDER. 55

Otto v. Hakenberg nennt ihn seinen Schwager, weil Wulfing II. von Chaja, der Bruder von Ötto’s Gemahlin, Hedwig, mit Adelheid v. Kuenring, Albero’s VI. Stiefschwester, vermählt war.

Also die Hs. wurde schon vor 1300 verschenkt, sie ist mithin noch im 13. Jhd., gewiss vor 1290 und ohne Zweifel in Niederösterreich geschrieben. Für das Alter von Dietrichs Flucht und der Rabenschlacht ist diese Thatsache von Wichtigkeit.

WIEN, 26. November 1866. FRANZ PFEIFFER.

ZUM GUTEN GERHARD.

Als ich unlängst das mir bisher unbekannt gebliebene, aber sehr lesenswerthe Buch ‘Fellmeier’s Abende. Märchen und Geschichten aus grauer Vorzeit. Von A. Μ. Tendlau. (Frankfurt a. M. 1856) durchlas, fand ich darin S. 110 ff. zu meiner Überraschung folgende Geschichte:

„Der fromme Metzger oder der Genosse im Paradies.

Ein sehr frommer und gelehrter Mann betete einst zu Gott, er möchte ihm zu wissen thun, wer einst sein Genosse im Paradiese sein werde. Da ward ihm in einem nächtlichen Traume die Antwort: "Der und der Metzger wird Dein Genosse sein. Als den andern Morgen der fromme Mann erwachte, kränkte es ihn sehr, daß er einen so ge- meinen, ungelehrten Menschen zum Genossen haben sollte, und er fastete den ganzen Tag und betete abermals vor Gott. Und in der- selben Nacht ward ihm abermals die Antwort: ‘Du hast es bereits vernommen, daß der Metzger Dein Genosse im künftigen Leben sein werde. Als der Mann das hörte, schrak er auf, seufzte und weintc sehr. Da hörte er eine Stimme vom Himmel: “Wahrlich! wärst Du nicht ein so frommer und gerechter Mann, ‚Du hättest den Tod ver- dient. Was verdrießt es Dich, daß der Metzger Dein Genosse sein soll? Kennst Du ihn? Weißt Du, was er gethan? Ob er vielleicht gute Werke vollbracht, die nicht jeder Mensch zu vollbringen vermag? Wabrlich! sein Stand und Ansehen ist groß im Jenseits!

Den Morgen darauf in aller Frühe stand der fromme Mann auf und gieng in die Bude des ihm genannten Metzgers. Der Metzger erhob sich voll Ehrfurcht vor dem angesehenen, gelehrten Manne. Dieser aber begrüßte ihn, bat ihn, sich nieder zu setzen, und da die Bude noch leer von Käufern war, setzte er sich zu ihm und sprach: “Mein Freund! ich habe eine Bitte an Dich. Sage mir, was Dein Leben und Treiben

56 REINHOLD KÖHLER

ist, und besonders, was Du Gutes schaffst auf Erden’ Da ant- wortete der Metzger: ‘Mein Herr und Meister! Du siehst, was mein Geschäft ist. Meinen Verdienst aber theile ich in zwei Hälften; die eine gehört den Armen und den Nothleidenden, von der andern leben ich und die Leute meines Hauses.

Es gibt viele Leute’, sagte der fromme und gelehrte Mann, die noch größere Wohlthätigkeit üben. Sage mir, ob Du je etwas voll- bracht hast, was nicht jeder Mensch zu vollbringen im Stande ist.

Der Metzger schwieg lange Zeit, endlich sagte er: ‘Mein Herr und Meister! ich erinnere mich heute einer That, die ich vor langer Zeit gethan!

“Was ist es?” fragte der Weise: “erzähle mir’s, da es noch frühe und stille ist.

‘Es sind schon viele Jahre’, erzählte der Metzger, "da stand ich eines Tages mit meiner Arbeit beschäftigt. Da zog eine Schaar fremden Volkes vorüber, die viele Gefangene mit sich führte. Unter den Ge- fangenen war auch ein junges Mädchen, das bitterlich weinte. Ich trat zu dem Mädchen hin, es mochte etwa zwölf Jahre alt sein, und sprach: Meine Tochter, warum weinst und jammerst Du so? ‘Ach’, seufzte das Mädchen und konnte kaum vor Thränen und Schluchzen sprechen, “meine guten Eltern zogen mich auf in der Verehrung des einzigen Gottes, und es ist mir bange, daß diese Heiden, welche unsern Ort über- fallen, meine Eltern getödtet und mich mit Gewalt hinweggeführt haben, mich zwingen möchten, Gott zu verläugnen und, gleich ihnen, Götzen zu dienen. Ach, ich hoffte, es sollte auf unserem Wege ein guter frommer Mann kommen und mich aus ihrer Hand erlösen. Die Worte des Kindes rührten mich sehr. Ich erbarmtse mich desselben und sprach zu ihm: Sei ruhig, mein Kind! und vertraue mir, ich werde Dich auslösen. Ich gieng nun zu dem Herrn des Zuges und kaufte ihm das Mädchen um einen hohen Preis ab, der fast über mein Ver- mögen gieng, brachte dasselbe in mein Haus, kleidete es und speiste es und hielt es wie mein eignes Kind, bis es herangewachsen war.

‘Nun hatte ich einen einzigen Sohn’, fuhr der Metzger fort, “einen Jüngling von ein und zwanzig Jahren. Eines Tages nahm ich den- selben allein und sprach zu ihm mit herzlichen Worten: Mein Sohn! nimm meinen Rath an und erfülle mir einen Wunsch, den ich schon lange hege, daß es Dir wohl ergehe diesseits und jenseits.’

“Was ist es, mein Vater?” antwortete er, “sage mir Dein Verlangen, ich werde weder rechts noch links davon abweichen.

Ich wünschte, mein Sohn, sagte ich, Du möchtest das brave

" ZUM GUTEN GERHARD. 57

Mädchen, das ich erkauft und bisher erzogen habe, und das ich wie mein eignes Kind liebe, als Weib heimführen, ich werde für Euch Sorge tragen und Euch reichlich ausstatten. ‘Ich bin nur da’, ent- gegnete mein guter Sohn, “um Deinen Willen zu vollziehen’

‘Ich freute mich außerordentlich, daß mein Wunsch auf keinen Widerspruch stieß, besorgte sogleich alles Nöthige, beschenkte Braut und Bräutigam mit prächtigen Kleidern und allerlei Schmucksachen, stattete sie in meiner Herzensfreude, wie ich versprochen, reichlich aus, und schon auf den nächsten Tag bereitete ich das Hochzeitsmal und lud alle Bewohner der Stadt dazu ein. Ich hatte Niemand über- gangen, arm wie reich, und selbst die Bettler, die ich getroffen, hatte ich eingeladen, und ich setzte diese nun absichtlich zerstreut unter die Einwohner der Stadt, daß sie sich nicht zu schämen hätten. Speise und Getränke waren in Fülle da, Alles und trank und war fröh- lichen Muthes; nur an einem Tische schien es den Leuten nicht zu schmecken. Ich trat hin und sprach: Meine Lieben! warum seid Ihr nicht mit den Andern fröhlich? Habt Ihr an den Speisen oder Ge- tränken irgend Etwas zu tadeln gefunden ? "Behüte Gott!” antwortete man mir, ‘wir haben nie ein köstlicheres Mahl gesehen; aber hier der arme junge Mann, den Du zu uns gesetzt hast, weint und seufzt und stöhnt, seitdem er da sitzet, so daß Niemand von uns am Tische vor seinem Seufzen und Weinen zu essen Lust hat! Ich nahm den jungen Mann bei der Hand und führte ihn hinaus und sprach zu ihm mit freundlichen Worten: Mein Freund! Warum thust Du mir das? Warum störst Da mir meine Freude und betrübst das Hochzeitsmahl meines Sohnes? Drückt Dich irgend eine Schuld, bedarfst Du des Greldes, ich will Dir gern vorstrecken, so viel Du bedarfst. ‘Ach’, sagte er, 'mich drückt keine Schuld, und ich bedarf keines Darlehens. Ich weine um des Mädchens willen, das Du mit Deinem Sohne jetzt vermählen willst. Dasselbe ist mit mir in einer Stadt geboren; seine Eltern, die mit meinen Eltern befreundet waren, hatten das Mädchen mir schon frühe zugesagt und mit mir verlobt. Seitdem dasselbe ge- . fangen und weggeführt worden, zog ich ihm umsonst nach, um es aufzusuchen, bis ich es heute als die Braut Deines Sohnes hier ge- funden! Ach, noch befindet sich der Verlöbniss-Pakt in meiner Hand. Bei diesen Worten zog er den Pakt hervor und zeigte ihn mir. Ich nahm denselben, las ihn durch, und als ich ihn in Richtigkeit fand, sagte ich zu dem jungen Manne: Kannst Du mir ein Zeichen geben, daß das Mädchen dasselbe ist? “Wohl’, sagte der arme junge Mann. ‘Ich habe das Mädchen einmal in seiner Eltern Haus gesehen, da habe

58 REINHOLD KÖHLER

ich ein Muttermal an seinem linken Oberarm bemerkt.. Von der Wahrheit seiner Worte überzeugt, sprach ich nun zu ihm: Beruhige Dich, Du sollst befriedigt werden. Hierauf nahm ich meinen Sohn allein und sprach zu ihm: Mein Sohn! Du warst sogleich bereit, meinem Herzenswunsch nachzukommen; ich habe nun eine andere Bitte an Dich und hoffe, daß Du nicht weniger bereit bist, sie mir zu erfüllen. "Was ist es, mein Vater?’ sagte mein Sohn, “ich werde nimmer Deinem Worte ungehorsam sein’ Mein Sohn, sagte ich, Deine Braut ist bereits seit ihrer Kindheit mit einem Andern verlobt, ich habe den Verlöbniss-Pakt gesehen, und Du mußt als rechtschaf- fener und frommer Mann Verzicht auf’ sie leisten. Der junge Mann, mit welchem sie verlobt ist, ist hier, aber in dürftigen Umständen. Ich wünschte nun, daß Du demselben nicht nur seine Braut zurück- gibst, sondern auch alle Kleidung und alle Kostbarkeiten, die ich für Deine Ausstattung bestimmt hatte, überlassest. Thue so, mein Sohn! bat ich, und Gott wird Dir’s sicher vergelten, und auch ich will das Meine thun, Dir deinen Verlust möglichst zu ersetzen. 'Thue’, sagte mein guter Sohn, 'thue, mein Vater, was Du für gut hältst, ich werde Dir stets in Allem folgen.

Ich gieng nun und holte den armen jungen Mann herein und führte ihn zu dem Mädchen, das sich nun auch bald seiner wieder erinnerte. Ich theilte den Gästen die Sache mit und ließ die Trauung zwischen beiden auf der Stelle vollziehen. Die Hochzeitsfeier, nur auf kurze Zeit unterbrochen, gieng fröhlich von Statten, und nachdem die Neuvermählten noch einige Monate vergnügt bei mir verbracht hatten, zogen sie, reich von mir beschenkt, wieder nach ihrer Heimat und ihrer Vaterstadt. Von Zeit zu Zeit erbalte ich Nachricht von ihrem Wohlergehen. Das ist, schloß der fromme Metzger seine Erzählung, ‘die besondere That meines Lebens, deren ich mich heute auf‘ Deine Anfrage, mein Herr und Meister, wieder so lebhaft erinnere. Da reichte der gelehrte und fromme Mann dem rechtschaffenen Metzger die Hand und sagte: ‘Wahrlich, Du bist ein Mann Gottes! und wohl mir’, setzte er leise hinzu, ‘daß ich einen solchen Genossen im Para- diese haben soll.’

Soweit die jüdische Erzählung, welche gewiss jeden, der den guten Gerhard’ gelesen hat, sofort an dies Gedicht erinnert haben wird. Zwar betet dort der Kaiser Otto nicht, daß Gott ihm seinen Genossen im Paradies offenbaren möge, sondern er will nur wissen, was er zum Lohn haben solle für das, was er um Gottes willen gethan, worauf ihm eine himmlische Stimme verkündet, er habe sich

ZUM GUTEN GEBHARD, 59

durch sein eitles Selbstrühmen um seinen himmlischen Lohn gebracht, und ihm den guten Gerhard in Köln als Muster vorhält, der nie Fürsten- namen getragen habe, dessen Name jedoch durch sein Almosen im Buch der Lebendigen verzeichnet stehe. Der weitere Verlauf aber ist in beiden Dichtungen im Wesentlichen derselbe: der Kaiser sucht den guten Gerhard auf, wie der fromme und gelehrte Jude den Metzger und was Gerhard von sich erzählt, stimmt, von Ausschmückungen und Erweiterungen abgesehen, mit der Erzählung des Metzgers überein: auch der gute Gerhard hatte eine Jungfrau aus heidnischer Gefangen- schaft losgekauft und stand eben im Begriff, sie seinem Sohn zu ver- mählen, als während des Festes der frühere, verloren geglaubte Bräu- tigam in Bettlergewand erschien und sich dem guten Gerhard auf dessen Aufforderung zu erkennen gab, worauf dieser sofort seinen Sohn zur Verzichtleistung auf die Jungfrau bewog und ihre Hochzeit mit dem älteren Bräutigam feierte.

Da in ‘Fellmeiers Abenden’ die Quellen der einzelnen Erzählungen leider nicht angegeben sind, so wandte ich mich deshalb brieflich an Herrn Tendlau in Frankfurt a. M., und derselbe hatte die Güte, mir alsbald zu antworten, daß die Erzählung von dem frommen Metzger von ihm aus einer Sammlung rabbinischer Geschichten übersetzt sei, welche den Titel Chibbur japheh mehajeschuah, d. h. Opus perpulchrum de salute vel salvatione*), führt und von einem Rabbi Nissim herrühren soll, nach einigen (Zunz, Gottesdienstliche Vorträge der Juden S. 132) von Nissim ben Jacob um 1030, nach andern (Jost Greschichte des Judenthums I, 2, 402, Steinschneider Üatalogus libro- rum hebr&orum in Bibliotheca Bodleiana ὃ. 608, Nr. 3876, und S. 2066, Nr. 6677) von Nissim ben Ascher ben Meschullam im 13. Jahrhundert.

Mit der Geschichte vom frommen Metzger, wie sie in der Nis- sim’schen Sammlung erzählt ist, stimmt nur in Bezug auf den Eingang, nicht, wie man nach Zunz a. a. Ο. S. 144 annehmen könnte, durch- aus die Erzählung von Josua ben Illem und dem Metzger Nannas, welche sich in einer ältern Sammlung von Geschichten zu den Zehn- geboten (Steinschneider a. a. O. S. 588, Nr. 3752) und daraus in dem jüdisch-deutschen Maase-Buch und in Jechiel Heilprin’s Seder ha- Dorot findet. Auch hier wird, wie mir Herr Tendlau mittheilt, dem

*) So gibt schon De Rossi De typographia hebrso-ferrariensi, ed. II, Erlangs 1781. 8, 47, den hebräischen Titel richtig wieder, während noch Grässe Literär- geschichte II, 1, 335 nach Bartoloccius Bibliotheca rabbinica IV, 413 und Wolf Biblio- theca hebraica I, 915 die falsche Übersetzung “Compositio pulchrior salute’ hat.

60 AKROSTICHON.

Rabbi der Metzger als sein Genosse im Paradies angezeigt, und der Rabbi sucht den Metzger deshalb auf, aber die Erzählung des Metz- gers hat nichts mit der Erzählung bei Nissim gemein: das Verdienst des Metzgers Nannas besteht nur in der großen Verehrung, die er seinen alten Ältern zollt.

Da die meisten der Erzählungen in Nissim’s Sammlung sich, wie Zunz a. a. O. S. 132 bemerkt, in ältern rabbinischen Werken wieder- finden, so wird auch für die Erzähluug von dem Metzger und dem losgekauften Mädchen eine freilich noch nicht nachgewiesene ältere jüdische Quelle anzunehmen sein, auf welche wohl auch die Dichtung vom guten Gerhard zurückzuführen ist.

Was den Wunsch betrifft, zu wissen, wer der Genosse im Para- dies sein werde, so bemerkt Tendlau S. 110 in der Anmerkung, dieser Wunsch ‘finde sich häufig in morgenländischen Erzählungen’. Er findet sich auch in einer Erzählung des “Conde Lucanor’, cp. 4, welche be- reits Simrock (Der gute Gerhard und die dankbaren Todten S. 35) mit der “einrahmenden Erzählung’ im guten Gerhard verglichen hat.

WEIMAR, Herbst 1866. REINHOLD KÖHLER.

AKROSTICHON.

Ach werde ersam maget also reyne

In allen genaden ryke alleyne

Cusghe iunckfrowe al pur lutter ewighliken

Neynman also dogentliken

ÖOtmodege nıoder Jhesus namen vrunde saget

To eyner cusgen werden maget

Benedide ere num ewigen du iunckfrowe clar

To allen tiden vele :ar.

Nu moten vrowen lof iumer ere reden

In benediden werden steden

Erlike truwe benedide ere na ewigheyt

Dyme Jhesum Cristi iruwe warheyt

Sote frucht rechte vrundinne

cum to uns sonerinne.

Aus dem Göttinger Rathsarchiv von Herın Dr. Gustav Schmidt

mitgetheilt. Die Anfangsbuchstaben der einzelnen Wörter bilden den englischen Gruß. F. P.

VAGANTENPÖOESIE. -- BRUCHSTÜCK etc. 6l

VAGANTENPOESIE.

en

Signa Quindecim horribilia de fine Mundi Et extremo Judicio. S. 1. et a. 8°. Am Ende: Quid est mundus? Terrarum flebile pondus. Quid est venter? Pellis mendica frequenter. Quid est vacca? Dans lacca plurima cacca. Quid est panis? Sine potu victus inanis. Quid est vinum Liquor optimus ante caminum. Quid est pratum ? Locus aptus ad ocia vagum. Quid est ludus? Cum virgine ludere nudus. Quid est pascha? Cum vino nobilis esca. Quid est mulier? Post mortem vile cadauer. Quid est nummus ? Rex coram iudice summus. Quid est stramen Miserorum sepe inuamen. Quid est Lucidius sole? Deus in sua maiestate. Durius ferro ? Cor superbum. Leuius vento? Beata cogitatio cet Molestius demone ? Mala mulier. Nota. Si non frangantur pira poma vilificantur. Uirgoque matura nisi nubat erit peritura. HOFFMANN v. FALLERSLEBEN.

BRUCHSTÜCK EINES UNBEKANNTEN LEHRGEDICHTS.

Ein Pergamentblatt in kleinem Formate, Schrift des 13. Jahrh., schön geschrieben, auf der ersten Seite 28 Verse, auf der zweiten 27. Von Vers 35—55 sind die Anfangsbuchstaben abgeschnitten und hier durch ÜÖursivschrift ergänzt. Vier Wörter sind verbessert: 3. diue in deue, 15. richte in rechte, 19. wil in wel, 26. nergen in nirgen, indem nach alter Art der richtige Buchstabe über den unrichtigen gesetzt ist. 1. lies ende 13. 14. 1. nie 14. 1. wedervart 16. 1. vasten ? 80. 1. overwerpen 31. 1. mencliken 36. 1. wel 4l. die zu tilgen 44. ]. over 49. 1. nedere 50. 1. hovewart 51. 1. uivart.

Der Schreiber schwankt zwischen niederländischen, nieder- und

6 HOFFMANN v. FALLERSLEBEN, BRÜCHSTÜCK etc,

hochdeutschen Formen: niederl. ende hem te niet dief lief u.s. w. Aus den Reimen ist die Ursprünglichkeit des Textes nicht mit Gewissheit zu ermitteln δ. togen (19. zeigen) ist reinmnl. ohof (16) wohl ouhof, Wiesenhof.

Das merkwürdige Blatt ist vor einiger Zeit in meinen Besitz

gelangt. SCHLOSS CORVEY, 5. Nov. 1866. HOFFMANN v. FALLERSLEBEN.

Dat is sin vroude ande sin spil Dat bi dat gut dar op wil hain So heuet hi gelich den deue gedain Alse die den mantel ombe kerde 5 Ende sin stelen merde Swe hi des wogers is auegestain Ende wil doch sattunge hain Die heuet den wogere gemeret Ende den mantel ombe gekeret 10 Ende sich helen wil alse dief Dat unrecht gut dat is lief ΝῺ manigen de sin vil hait Dat hi vor dode neit ne lait Hine wil neit an die weder ward 15 Hi dut rechte alse en houewart Die in enen wasten ohof gait Ende man hem vor dat dore stait Mit ener stangen ombe dat Ende wil hem togen sulken hat 20 Dat man in wil werpen ombe So hi ΜῈ siet de dumbe Wes man in wil beduingen So begint hi hoge springen An den züne an maniger stat 25 Des wirt hi doch te iungest sat So hi nirgen ouer mach comen Ende hem die trost dan wirt benomen So kert hi engegen die stangen Da wirt hi dan untfangen 30 Dat hi sich owerwerpen mut Den vnt man mentliken grut

*) Allem Anscheine nach war er hochdeütsch und, öhof ist nicht Wiesenhof sondern steht wohl = ouhof, Schafhof. Pr. ;

ARTUR KÖHLER, NACHTRAG. 63

Mut mit willen liden Alse hys niene mach vermiden Dan dut gelich en owel man 35 Die niemanne des gevolgen kan Dat bi sich dYy des gudes af Dat hi mit vnrechte heuet gehat Des volget hi vil selden Dat weder geuen ende dat gelden 40 Dat is en gruwelike stange Dat hi se die vlovwet also lange De wil mit anderen dingen Na godes hulden ringen Hi nimt dat crusce oueir mer 45 Ende wil da meren godes her Swi hoge die selue sprunc si Hine wirt der sunden so niet vri So hi da ge wert ende herwedere So is hi hinder sich dar niedere "50 willen alse die howewart De suket en ander utwart Er dat hi vanden gude ge So vert hi oec hin romen e Ende vert oec to sente iacobe 55 Swe vil hi got mit verden loue

NACHTRAG

zu Germania XI, 287 ff.

In der Arbeit „Über den syntaktischen Gebrauch des Dativs im Gothischen“ im 3. Hefte des 11. Bandes der „Germania“ ist auf S. 287 f. von dem Gebrauche des Dativs beim Passivum, entsprechend dem grie- chischen Dativ für ὑπὸ c. Gen. und dem Lateinischen für a. ὁ. Abl., die Rede. Als einzige Beispiele dieses Gebrauches sind angeführt Matth. 6, 1: δ. 16. 18. und habe ich der Ansicht Grimm’s (Gramm. IV, 699), die freilich nicht bestimmt ausgesprochen, sondern nur aus der von ihm gegebenen Übersetzung abzunehmen ist, den Vorzug ge- geben, weil keine entsprechende Stelle für diesen Gebrauch bei einem anderen Verbum gefunden werden könnte. Bei nochmaliger genauerer

84 statt Dan lies dem 37 heuet gehat)] = habe? Pf.

64 ARTUR KÖHLER, NACHTRAG.

Durchsicht des Ulfilas aber habe ich noch zwei Verba gefunderi, welche in derselben Weise den Dativ bei ihrem Passivum aufweisen: bigitan und ataugjan (letzteres auch reflexiv), wobei aber zu beachten ist, daß an sämmtlichen Stellen auch im griechischen Texte der Dat. beim Pass. steht. Für bigitan sind zwei Stellen zu notieren: Rom. 7, 10: jah bigitana varb mis anabusns, καὶ εὐρέϑη μοι ἐντολὴ und II Cor. 12, 20: jah ik bigitaidau izvis svaleiks, sve ni vileib mik, κἀγὼ εὑρεϑῶ ὑμῖν οἷον οὐ ϑέλετε. Die Stellen, wo ataugjan sik für φαένεσϑαι steht *), kommen für unsere Frage nicht in Betracht; von Wichtigkeit aber ist die Übersetzung von ὁρᾶσϑαι durch aiaugjan sik, weil der Dat. hier durchaus dem griech. Dativ beim Passiv entspricht. Der gothische Übersetzer scheint gefühlt zu haben, daß er seiner Sprache etwas ihr eigentlich Fremdes zumuthet, wenn er den Dativ beim Passiv setzt, und darum das Reflexivum vorgezogen: I Cor. 15, 7. 8. ataugida sik Jakobau bahroh- Pan apaustaulaim allaim und ataugida sik jah mis für ὥφϑη Ἰακώβῳ, εἶτα καὶ τοῖς ἀποστόλοις πᾶσιν und für ὥφϑη κἀμοί. Diesen Stellen können wir noch anfügen Matth. 27, 53 jah ataugidedun sik managaim, wofür im Griechischen ebenfalls der Dativ beim Passiv, statt ὑπὸ c. Gen. steht: καὶ ἐφανίσθϑησαν πολλοῖς. Sonst hat Ulfilas des Passivum von ataugjan mit dem Dat. gesetzt, der bei der eigent- lichen Bedeutung dieses Verbums „sichtbar machen, vor die Augen bringen“ zur Bezeichnung des entfernteren Objects dient: Marc. 9, 4: jah ataugibs varp im Helias mib Mose zur Übersetzung von καὶ ὥφϑη avrols Ἠλίας σὺν Μωύσεϊ und I Tim. 3, 16: ataugids verb baim ag- gilum, ὥφϑη ἀγγέλοις. Besonders interessant ist I Cor. 15, 5 u. 6, wo für ὁρᾶσϑαι erst das Passivum von ataugjan und dem von gasaihvan verwendet ist: jab-patei ataugids ist Kefin jah afar hata haim ainlibim; haproh gasaihvans ist managızam hau fifhundam taihun tevjam brobre suns, καὶ ὅτι ὥφϑη Κηφᾷ, εἶτα τοῖς δώδεκα. ἔπέιτα ὥφϑη ἐπάνω πεντακοσίοις ἀδελφοῖς ἐφάπαξ. Wir haben also bei ataugjan nicht so- wohl den sogenannten Dativ beim Passiv anzunehmen, als vielmehr den ganz regelmäßigen, durchaus nicht auffälligen Dativ des entfern- teren Objects, und zu constatieren, daß Ulfilas den Dativ beim Passiv thunlichst vermied. Nur scheinbar gehört hieher Rom. 14, 18 vaila galeikatp gupa jah gakusans ist mannam, εὐάρεστος τῷ ϑεῷ καὶ δόκιμος τοῖς ἀνθρώποις, da gakusans hier völlig adjectivische Geltung hat, wie auch II Cor. 10, 18 und II Tim. 2, 15, wo es beidemal für δόκιμος steht und ungakusans ausschließlich als Adjectiv für ἀδόκιμος vorkommt. DRESDEN, 2. Dec. 1866. ARTUR KÖHLER.

*) c. Dat. Marc. 16, 9 und absolut Luc. 9, 8.

ALTDEUTSCHE HANDSCHRIFTEN

DER FÜRSTLICH STARHEMBERGISCHEN BIBLIOTHEK, FRÜHER ZU RIEDEGG, JETZT ZU EFFERDING.

Obwohl mein Besuch in Efferding, dem schon im Nibelungen- liede Str. 1320 erwähnten freundlichen Städtchen, zunächst nur der Auffindung der alten Neidhart-Handschrift und dem Partonopier galt und ich meinen Zweck über Erwarten schnell erreicht hatte, so habe ich doch begreiflicher Weise nicht unterlassen, den übrigen Hand- schriften der alten Riedegger Bibliothek (die in einem Saale nebenan aufgestellte Efferdinger enthält nur Druckwerke meist aus neuerer Zeit) einige Aufmerksamkeit zu schenken. Leider konnte dies, da mein Aufenthalt dort kaum anderthalb Tage dauerte (20.—22. Sept.), nur flüchtig geschehen; dennoch glaube ich nicht, daß mir etwas Wich- tiges entgangen ist. Die Zahl der Handschriften belauft sich auf 204 Nummern. Weitaus die meisten gehören dem 15. und den folgenden Jahrhunderten an. Predigten, Erbauungsbücher, Ascetica, deutsch und lateinisch, nehmen einen ziemlichen Raum ein; diesen zunächst steben Rechtsbücher (Nr. 137—161) und Arzneibücher (Nr. 105— 113). Der Handschriften historischen Inhalts sind nur wenige, alle aus später Zeit, aus dem 16. und 17. Jahrh.

Mein Hauptaugenmerk habe ich natürlich den altdeutschen Hand- schriften zugewendet und zweien darunter eine genauere Untersuchung gewidmet: einer schönen Handschrift aller drei Theile des hl. Wilhelm und dem Rechtsbuche K. Ludwigs des Baiern, diesem nicht sowohl um seiner selbst willen denn es kommt unendlich oft vor*) —, als wegen des historischen Anhanges, den ich ganz abschrieb und unten mittheilen will.e Die vier Schwabenspiegel-Hss. konnte ich nur ganz obenhin verzeichnen. Die Nachweisung ihrer Existenz reicht vorläufig hin, denn wenn die Frage über die Entstehung dieses Rechtsbuches und sein Verhältniss zum Sachsggspiegel endgültig festgestellt werden

soll, so ist eine genaue Untersuchung sämmtlicher erhaltener Hss. un- erlässlich.

WIEN, 27. Nov. 1866. FRANZ PFEIFFER,

*) Auf der Münchner Bibliothek mehr als dreißigmal (s. die deutschen Na schriften der k. Hof- und Staats-Bibliothek. München 1866. 8. 606). ad.

—me

GERMANIA XII,

66 FRANZ PFEIFFER

I. WILHELM VON ORANGE.

I. 38. Perg., größtes Fol., 13.—14. Jahrh., 151 Blätter in drei Spalten zu 65 Zeilen. Initialen abwechselnd roth und blau.

1. Bl. 1—25. Erster Theil, von Ulrich vom Türlin.

1" Äller wisheit ein anevanc Sit hertze müt vnd gedanc Dir nigent vnd vnd’tenic sint So gedenke süzer meide kint Daz du mensch mit vns ware Vnd sünde doch verbzre Mit den wir vervallen sin u. s. w. 1" Ich vlrich von dem turlin Han ich kunst div was v’borgen Durch valscher rede sorgen Der nach dienste nu div welt pfliget u. s. w. 25° Da mite pflege vnser daz hymlisch her Da wir ewiclichen Wonen mit gote dem richen Da vraude ist ane entwichen. ame.

2. Bl. 26-- 615, zweiter Theil, von Wolfram von Eschenbach.

26" Ane valsch du reiner. Du drier doch einer. Schepfer über alle geschaft. An vrhap din st»te kraft. Ane ende auch belibet Ob die von mir vertribet Gedzncke die verlüstic sint So bist du vater vnd ıch kint u. s. w. 26° So behüete auch vor schanden Mich Wolfram von Eschenbach Was ich von Parzifal gesprach Daz sin auentüre mich wiste

*) Flier wie zu Anfang des 2. und 8, Theils ein großer, zehn Zeilen einneh- mender, roth und blau verzierter Initial.

ALTDEUTSCHE HANDSCHRIFTEN etc.

Etlich man daz priste

Ir was auch vil die ez smahten

Vnd baz ir rede wahten

Gan mir got so vil der tage

So sage ich mi[n]ne vnd ander chlage u. 8. w. 61° D’ marcgraue güt geleite dan

Gap. dem groz gelobten man

Vn swaz man toter künge da vant

Sus rumte er prouenzalen lant.

3. Bl. 61-151 dritter Theil, von Ulrich von Türheim.

61" Hurre Geist vat’ vnd kint Div driv gar an dir eine sint Dv bist gedriet doch in ein Vnd hiezze den stern daz er shein Vnd die dri künge wiste u. s. w. 62° Swer sines getihtes hat gelesen daz der wise wolfram do sprach Man nante ın von Eschenbach Ez waz süze vnd meisterlich Ich von Tärheim Vlrich Mit vorhten mich dar binde Daz ıch mich vnderwinde Daz er gestecket hat sin zil Dar vmme ich doch nit lazen wil E. sie werde volle tihtet Er hat vnz dar berihtet Daz ist gnugen wol bekant Sus rumte prouenzalen lant u. s. w. 127° Nv begunde er aber wesen vro Wan ez stat in der welt so Daz ien& todes minne Je in des mannes sinne Sich sliuzet aller t=gelich Ich von Turbeim Vlrich 127° Han so vil vriunde verlorn Möhte ich von leide han erkorn Den tot ich wre lange tot Des künges tot shüf mir die not Daz vr&eude mir kunde entwichen

FRANZ PFEIFFER

Ich meine künc Heymerichen

Des han ich ymmer shaden

Do verlos ich an zwein Cünraden

Daz ich niht wol überwinden kan

Was niht wol ein gepriset man

Von Wintersteten der Shenke

Daz got an im nit wenke

Ern höre die engel. singen

Do was der von Erringen

Daz er nit tivrer mohte wesen

Die hat der tot hin zu im gelesen

Mine besten vriunde die ich ie gewan

Ich selbe nit entwenken kan

Ich müze varn nach in

Got herre gıb mir den sin

Daz ich dine hulde erwerbe

Vnd nit in sünden sterbe

Vnd mine herren von Nyfen

Swaz sie mohten begrifen

Daz was alles hin gegeben

Daz sie niht bede solten leben

Des hilf mir reine szlig maget

Von diner gnaden ist vns betaget

Swaz div welt wunnen hat

Min trost an diner helfe stat

Vnd alle die kristen sint genant

Heriv vrawe nu wis gemant

V‘ber alle die sündsre

Nu wil ich wider an daz mxre

Komen. da ich .e. liez u. 8. w. 146° Welt ir πὰ hören mzre güt

So twinget hertze vnd mut

Daz siez gerne hören

Ich wil doch shiere hören (so)

Daz ich kein getihte mache

Ich wil leben mit gemache

Vnd nymmer büch getihten me

Wizzet für war ez tüt we

Swer groze mzre tihtet

Nu hat sich min sin verpflihtet

146"

ALTDEUTSCHE HANDSCHRIFTEN ete.

Daz ich diz bich volle spreche Vnd ez mit worten zeche

Daz ez sol ein ende nemen

Daz kan zu tünne mich gezemen Nu getruwe ich gotes güte

Daz sie mir min gemüte

An süze sprüche twinge

Daz ihz anz ende bringe

Daz ez blibe ane shame

Ich wörhte sanft’ an d’ rame Vnd het ich in der kintheit Minen vliz dar an geleit

Danne ich süze tihten sol

Ich weiz für war daz got vil wol Kan der sinen shone pflegen Wie rehte hat erz gewegen

Daz willehalmes geswigen was Vnd ein wort nieman von im las Vnd seite nit wan von Malfern Nu enwil got des niht enbern Er ensi der abentüre wirt

Daz im daz büch wider wirt Rehte in der blünden zit

Dar an vil siner szlden lit

Daz alles daz in vreuden stat Daz wehset oder daz leben hat Daz kumt auch mir zu güte

Ich wil mit gütem müte

Daz min kunst vnd auch min sin Zu rate werden vnder in

Daz ich daz ende so gesage Daz ez gote vnd iv behage Wan ez get nu an div mzre Div zu hörn werdent sware

Sie sagent von grozen leiden Sich wellent zwei gelieben sheiden Die so geliebet waren

Daz sie beidiv gar verbaren Swaz leit dem andern fügte

Ir ietweders sich nie genügte

69

70

FRANZ PFEIFFER

Des andern süizer minne

Mit hertzen vnd mit sinne

Ir triwe was ane ahte

Daz sich ir liebe ie mahte

Von ein ander gesheiden

Die liebe was an in beiden

Daz ein wunder lag dar an

Keinem wibe wart nie lieber man

Noch gewan man nie lieber wip

Sie zwei heten einen lip

Sus warn sie gar vereinet

Ir leben was so gereinet

Daz niht lebten lieber zwei

Awe vnd heya hey

Daz die gelieben süzen

Sich nu sheiden müzen

Der reine vnd div vil reine

Nu höret wen ich hie meine

Ez ist Kyburg vnd der Markys u. s. w. 151’ Nv rite ich von paris da ‘her

Die rehten straze vnd daz er

Mir vf dem wege niht bekam

Des ist min müt an vrauden lam

Weste daz der künc Loys

Da wir waren in Paris

Dar. waz an im ein vnfüg

Daz er mirz nie gewüg

Herre ez waz im vnbekant

Er kam erste in daz lant

Da wir in Paris lagen

Vnd grozer sorgen pflagen

Biz daz iwer künfte trost

Das letzte Blatt ist ausgeschnitten,

ALTDEUTSCHE ΗΠΑΝΌΒΟΗΕΙΕΤΕΝ etc. 7

IL K. LUDWIGS DES BAIERN RECHTSBUCH.

L 140. Pergament, 31 Blätter in kl. Fol, Mitte des 14. Jahrh.

Bl. 1°. Wie man rihten sol (roth).

„Wır Ludweich von Gotez genaden. Margraf ze Brandenburch. Wir Stephan. Ludweig vnd Wilhalm von gotes genaden Pfalntzgraf bei dem Rein vnd Hertzog in Bayern. Haben an gesehen den gepresten den wir gehaben in vnserm land ze Bayern an dem Rehten. vnd da von 80 sein wir ze rat worden. mit vnserm herren. vnd vzterlein. Keyser Ludweig. \n da setzen wir τῇ bestaeten allez daz hernach geschriben stat. Da von gebieten wir bei vnsern hulden. allen vnsern Rihtern. vnd amplauten in vnserm land ze Bayern überal. in Steten. in Maergten. vi auch auf dem land. daz si di selben reht also halten bei irm ayd. die δὶ vnz dar vns oder vnserm Vitztüm swern Müzzen. vn daz si dar nach von wort ze wort. von stuck ze stuck armen vi Reichen vngevaerlich richten. Daz man niemant nöten sol keiner clag (roth).

Dez ersten setzen wir. vn gebieten vestichleichen“ u. 8. w.

Bl. 27°. Vm die fvnf (roth).

„Waz fur reht kvmpt. daz daz püch niht hat. da sol der Rihter. an der Schrannen finf nenne die pesten. die da sein dez tagez. vnd sie sullen also stille sitzen. τῇ sullen sich dar vm niht besprechen. vnd sol si der Rihter fragen auf ir ayd. waz si reht dar vm dunch. nach enz anclag. vn enz widerantwrt vnd werdent die ἔστι en eyn mit ir vrtailn. da mit hat der behabt dem daz reht gevellet. So (27°) sol der Rihter haben ein laerz püch. vnd sol an daz selbe büch haizzen schreiben. die ansprach vnd die antwurt. vnd waz dar vber ertailt sei Waer aber daz die funf sich niht verainten. vnd daz ainz oder zwair vrtail besunder stünden. So maz ener der minner vrtail wol gaen hof dinzen. fur den vitztüäm. Vn da sol man im dann. anclag. antwurt τῇ vrtail geschriben geben. vn sol daz der Rihter an sein bü:h niht haizzen schr‘iben_*

Darauf von anderer nicht viel späterer Hand:

„Daz recht Püch hat der Römysch Kayser Lüdweiz gemacht der waz. Hertzog ın Pairen.“

72 FRANZ PFEIFFER

Bl. 28* (von anderer gleichzeitiger Hand): „Ez was ein herzog, der hiez herzog Ott, und was Oberpairen und Niderpairen sein und was pfalenzgraf bei dem Rein, und hat di stat guot brif von im. Der selb herzog lie zwen sun, der hiez ainer herzog Lutweich und der ander herzog Hainreich, deu pauten ein purch auf den Geirsperch bei Regensburch und chriegten mit der stat. Do was ze Pehaim ein chunich, hiez chünich Otakcher; der chom der stat ze hilf und chom mit einem grozzen gesinde in daz lant ze Pairen gein Weichs auf daz velt. do riten die herzogen ze Pairen in di stat ze Regensburch und taitingten mit der stat, daz di purch zeprochen wart, daz man weder märcht noch purg neus inner zwain meilen umb di stat nimer paun scholt. Herzog Ludweich der het ein hausfraun, di was von Prabant, der slug er ze Swawisch- wert den hals ab und zwain junchfraun mit ir, und het einen sun, der hbiez Ludweich, bei ir, der wart ze Nüerenberch erstochen an dem stechen. Dar nach nam er chunich Rudolfs tochter von Habspurch, der da chunich Atakcher ze tod ersluch in Pehaim, und gewan im Östereich und di Stairma(r)ch an und lech di seinem sun herzog Albrechten. Bei der selben fraun het er zwen sun, do hiez einer herzog Rudolf und der ander herzog Luodweich, und lie in ir vater obern Pairen und di Pfalenz. Do 116 der alt herzog Hainreich in nidern Pairen zwen sun, herzog Otten und herzog Stepfan. Do di zwen herren sturben, do liezzen si drei sun, di zwelijn hiezzen Hainreich und der ain Ott, und enpfulhben di chint und daz lant herzog Ludweigen irem vetern ze Pairen. Do wurden di lantheren di pesten in nidern Pairen da (?) und luden herzog Fridereich von Östereich ber auf mit einem grozzen (28°) volch. Do was Lantzhuot di stat und alle stet in nidern Pairen mit herzog Luedweigen und chomen ze samm ze Gamelsdorf in nidern Pairen und striten mit einander. Do gesiget berzog Lnedweich in obern Pairen vnd vie die herren in nidern Pairen und di Östereichär alle sampt und wurden (ἰ. wart) vil volchs erslagen, und der Unger der entrunnen vil gein Regens- purch in di stat, di behilten di pürger in der stat, unz daz si haim mochten chomen, Dar nach über ein jar starb ein kaiser, hiez kaiser Hainreich von Lützelburch. Do welt man herzog Luedweigen in ὑἢ obern Pairen ze chünig: der pischof ze Mainz und der von Pehaim und der von Trir. Do welt herzog Ruodolf, herzog Ludweigs pruder, herzog Fridereichen von Östereich ze chunig und der von Ühölen und der von Sagsen. Do was herzog Luodweig der chunich da und gewan seinem pruder herzog Ruedolfen daz lant an ze obern Pairen

ALTDEUTSCHE HANDSCHRIFTEN. 73

und traib in von dem lant und di (ἰ. der) Pfalenz. Do chriegt chunich Luedweich mit herzog Fridereichen von Österreich wol sechtzehen jar umb daz chünichreich, und was grozzer unfrid an dem Rein und in Swaben und in Franchen und in Pairen, und was Ache und Franchenfurt mit chunich Luedweigen, wann er da gewelt was und geweicht ze Ache. Dar nach sampt sich herzog Fridereich von Östereich mit ein (l. eim) grozzen her und sampt sich chünich Lud- weig in obern Pairen noch mit einem grozze(r)n her und half chunich Ludweigen herzog Hainreich in nidern Pairen, sein veter, und cho- men ze samm datz dem Dorenperg bei Müldorf und striten mit ein ander. Do gesigt chunich Ludweig herzog Fridereichen von Oster- reich (295) an und vie in und furt im gein Regenspurch in di stat, und do was er über nacht, und fuert in da gein Trausnicht, und do lag er drew jar gevangen, und di andern sein herren die würden alle beschatz(t) von chünich Ludweiges helfzrn und dienzrn. Dar nach leit sich chunich Ludweig für Purgaw mit den herren, di zue dem reich gehorten, und mit den steten Auzburch und Ulem und ander des reich(s) steten. Do het der vorgenant herzog Friderreich von Östereich zwen prüeder, herzog Leupolten und herzog Albrechten, di sampten sich ze Ostereich und an dem Podemse und ze Swaben mit einem grozzen volch und wolten mit im gestriten haben. Do entweich in chünig Luedweig gein Swäwisch - wert in di stat. Do taitingt er mit herzog Fridereich von Östereich, der ze Trausniht in seiner vanchnüzz lag, daz er im swuer ze helfen di weil er lebt und im des reiches heilchtum autwürt. Do starb im sein hausfraw di chüniginne und lie im zwen sun, hiez ainer herzog Ludweig und der margraf von Meigsen. Do (ἰ. da) hat er drei sun bei und ein tochter, di hat des pürchgrafen sun von Nüerenberch. Dar nach pot ebunich Luedweich ein hof gein Chölen in di stat. Do (l. da) nam er des tochter von Hengaw, die chronet man ze Roemischer chu- niginn ze Ache. Dar nach fuer chünich Luedweich und di chüni- giune gein Lantparten und vie den herren ze Mailan in der stat und het di stat und daz lant inne mit gewalt, und leit sich da für Peis mit einem grozzen volch und lag do vor wol ein halbs jar und gewan di stat, daz si im hülten und swueren. Dar nach zoch er mit einem grozzen volch gein Rom in di stat und muest im der chünich von Püllen dar ouz entrinnen, und machet einen pabst ze Rom und kardinäl mit der Römzr rat und weichten chünich Lued- weigen ze kaiser und sein hausfraun zue einer kaiserinne (295). Also was er ein jar ze Rom in der stat und sust zwai jar in dem lant

72 FRANZ PFEIFFER

ze Lantparten und ze Tuschkan. Do chünt in der pabst in den pan in allen tautschen lanten. Do wart di kaiserinne eines sunes swanger ze Rom in der stat. Dar nach fuer der kaiser und di kaiserinne her auz gein tautschen lanten und genas die kaiserinne des suns ze Münichen und hiez man in Luedweigen den Remzr. Da trug si hin gavz (?) in tautschen lanten herzog Albrechten und herzog Wil- halm und herzog Otten,. und zwo töchter; aineu hat den jungen chunich ze Ungern und αἱ ander den Hunt von Peren. Und do der kaiser und die kaiserinne chomen gein Regenspurch, do enpfie man si erleichen, di pfafheit und di pürger mit dem hailchtum; dann di predigar die wolten niht si(n)gen, di (l. do) wolten auch di pürger di preger (= prediger) niht lazzen neten, daz si sungen. Do gab der kaiser der stat guet brif über ir freiung und recht. Dar nach chunt man in ze Pehaim in den pan und in nidern Pairen. Do was der chünich Johans ze Pehaim und der herzog Hainreich in nidern Pairen und chriegten mit dem kaiser Luedweigen von des pabst(s) wegen. Do sampt der kaiser Luedweig ein groz her von allen lanten, herren und steten und chom gein Regenspurch zue der stat. Do gab man im chost umb sein dun (Ὁ) im und allen den seinen. Dar nach zoch er für Lantzhuet dem herzog Hainreichen und prant im daz lant und zoch ab gein Landaw. Do was der chunich von Pehaim und sein aidem herzog Hainreich ze Landaw in der stat mit irem volch. Do schatzot (man) di herren, kaiser Ludweigs volch, auf sechs tousent helem. (30°) Do was dreu tausent grozzer vertakchen (l. verdackter) rosse dar under. Also prant er herzog Haimreichen daz lant, daz ez im herzog Hainreich noch der chunich von Pehaim niht erweren mochten. Do bericht sich der herzog mit dem kaiser und wurden guet freunt. Dar nach starb herzog Hainreich und sein sun und sein pruder und wart daz lant kaiser Luedweigen. Dar nach chriegt er mit der stat ze Regenspurch und wolt di gewunnen . haben durch ein loch, daz er graben hat durch die pürchma(w)r; daz (l. des) wurden di pürger inne und behabten di stat, und dar nach bericht sich di stat mit im freuntleichen. Dar nach in churzen jaren do reit er an dem g(j)ait umb München und νἱ(6}} ab dem pfärt und starb gechling. Do lie er hinder im herzog Luedweigen dem eltern di gra(f)schaft ze Tiral und obern Pairen; do lie er herzog Stephan und herzog Albrechten nidern Pairen; do lie er herzog Ludweigen dem Reemer di march ze Prambürch und herzog Otten: do lie er herzog Wilhalm Hengöw und Holant und Selant. Do was der chunich Karel ze Pebaim und nam sich daz chunich-

ALTDEUTSCHE HANDSCHRIFTEN etc, 75

Φ

reich an und was ze Franchenfurt niht gewelt, und ze Ache weder chront noch geweicht. Der chom in den acht tagen nach des kai- sers tod gein Weigs auf daz velt und pat die pürger ze Regens- purch, daz si in enpfie(n)gen für einen Roemischen chunich. Do en- pfie man in als man ein chunich sol. Do verschreib er der stat alle ir freiung und zoch mit gewalt gein Nüerenberch, do enpfie man in auch; also wart er Remischer chünich von der stat wegen ze Regenspurch. Also zoch er gein Rom und was do nür über nacht, und do (30°) weicht man in des morgens von des pabst(s) wegen ze kaiser und sein hausfraun ze kaiserinne und must des selben tages her wider auz. Also was er nür ein halbs jar (so) darin und chom her auz ze tautschen lanten und chom gein Regenspurch; da enpfie man in als man einen kaiser von recht scholt. Do verschraib er der stat all ir freiung. Also was er ze Rom nür einen tag, daz er herauz’ muest auz der stat ze Rom,“

Unmittelbar darauf folgt, von einer Hand des 15. Jhds., eine Notiz über die verschiedenen Namen der Stadt Regensburg, die ich nur wegen der Bemerkung über den offenen weiten Mund des Gäu- volkes theilweise hier mittheile.

Bl. 80".

„Nach Christi gepurt in dem sechzehendem jar erwelten di Romär Tiberium, des kaisers Julij stiefsun, und in dem achzehendem jar seins reichs wart unser herre Christus gemartert. In dem selben jar Tiberius hub an ze pawen di stat Regenspurg und wart nach im genant Tiberina. Dar nach als si ganz gepawt was, da hies man si die vieregket stat, wann ir erster grund wart auf ein quadrangel gelegt, also daz ir mawr und mawrstain geviert was. Dar nach als gros zuvart da hin wart von allen däwtschen landen, di man haist Germania, wart si gehaißen Germanshaim, daz bedawt haimung der Däwtschen. Dar nach ze dem vierden mal wart si latinisch gehbaißen Hyaspolis von grober sprach wegen mit offen weiten mund, als man nach hewt heart von dem geuvolk“ etc.

76 J. LAMBEL

II. SCHWABENSPIEGEL.

1. I. Nr. 153. Papier, Fol., 93 Blätter in Spalten, 14. Jahrh. Bl. 1 6. Capitelverzeichniss. » 7 -- 72°. Landrecht. 384 Cap. 72° 93°. Lebenrecht. 169 Cap.

2. I. Nr. 145. Papier, Fol., 109 Blätter vom J. 1455. Bl. 1 -- 10. Register.

» 11 --- 84". Landrecht. 387 Cap. 84° 108°. Lehenrecht. 168 Cap.

3. I Nr. 141. Papier, Fol., 112 Blätter, 15. Jahrh. Bl. 1 79%. Landrecht. 79 112°. Lehenrecht.

Stimmt in der Capitelzahl und Ordnung mit dem Vorhergehenden.

4. I. Nr. 154. Papier, gr. Fol., 162 Bl. vom J. 1475. Bl. 1 105. Register. .3" 98°. Landrecht. 390 Cap. , 98 121”. Lehenrecht. 169 Cap. , 121°— 162. Herz. Friedrichs v. Österreich Rechtsbuch für die Neuenstadt,

BRUCHSTÜCK EINER LEGENDE VOM HEILIGEN ANDREAS.

MITGETHEILT VON

δι LAMBEL.

Eine deutsche poetische Bearbeitung der Legende von dem Apo- stel Andreas ist meines Wissens mit Ausnahme der im alten Pas- sional (ed. Hahn 200, 38 212, 38) bis jetzt nicht aufgetaucht. Durch die Güte meines Freundes Dr. Εἰ. J. Födisch, gräfl. Özernin’- schen Bibliothekars in Petersburg in Böhmen, bin ich in der Lage, allerdings nur ein Bruchstück eines solchen Gedichtes mitzutheilen. Er löste dasselbe von einem Buchdeckel ab und theilte es mir bei einem Besuche mit; an das Buch konnte er sich nicht mehr erinnern.

BRUCHSTÜCK EINER LEGENDE VOM HEIL. ANDREAS. „7

Trotz dem geringen Umfang es ist nur ein vierspaltig beschriebenes Pergamentblatt in Quart und trotzdem, daß mehr als eine Spalte bis zur vollständigen Unleserlichkeit abgeschabt ist, wird es doch noch einiges Interesse in Anspruch nehmen dürfen durch sein Alter. Denn Sprache, Reim und Stil weisen ihm gleichmäßig seinen Platz an unter den Gedichten des 12. Jhds. und die Hs. selbst, zu der das Bruch- stück gehörte, muß noch in derselben Zeit geschrieben sein. Den sprach- lichen Erscheinungen wie e für a: tregit Sp. a, Z. 17, für αἰ: werin Sp. δ, Z. 12, gebe Sp. ἃ. Z. 16, den häufigen i statt der durch Schwä- chung entstandenen in componierten Partikeln und Flexionen, zvbre- chin Sp. ἃ, 2. 8, der 3. pl. praes. mit abgeworfenen t: rufin Sp. a, Ζ. 11, der Pronominalform unse Sp. a, Z. 11 und der Form menie statt menige Sp. d, Z. 18; diesen Erscheinungen zufolge, von denen einige freilich auch alemannisch sind, ist das Gedicht eher in den mittleren als oberen Gregenden Deutschlands geschrieben. Genauere Feststellung ist bei dem geringen Umfange nicht möglich.

Daß unserem Gedichte eine lateinische Quelle zu Grunde lag, bezweifle ich nicht. An zwei Stellen findet sich Übereinstimmung mit der bei Surius 6, 619—622 gedruckten Legende, mit der die beiden in den Handschriften der Wiener Hofbibliothek Nr. 552. 51’—59 und 694. 6°*—7* übereinstimmen, womit ich aber, der weiteren Vergleichung zufolge, so weit sie möglich ist, nicht behaupte, daß uns darin die wirkliche Quelle vorliege. Ich theile übrigens die beiden Stellen unter dem Texte unseres Gedichtes zur Vergleichung mit.

Im Folgenden gebe ich einen getreuen Abdruck der Handschrift, so weit sie mittelst Anwendung des Giobertischen Reagens lesbar wurde. Die Verse lasse ich unabgesetzt wie sie in der Handschrift stehen. Am oberen Rande ist wenigstens eine Zeile abgeschnitten, von Buch- staben ist aber außer dem untern Haken eines g in Sp. b. nichts mehr sichtbar. Ein- für allemal sei noch bemerkt, daß die großen Anfangs- buchstaben, die jedesmal bei Beginn eines Reimpaares stehen, rubri- ciert sind.

Sp. a. den. Do intfienc er die men nischeit. d. .z den...... ane let . 2:2 2220000. bitrogin hat . d‘ dir mit...

5 ge gelogin hat... .. .

gin in also dv giredit . . in were daz dv der war heite nicht inu’stast . Iz

78 J. LAMBEL

was sin selbis wille . . . 10 mite ... . .. Nv rufin vnse sunde . vz deme abgrunde . Zv dir h’re herre.din or& dv h’re kere . Daz sie ane denkin 15 de βίῃ. die stimme d’ din ge min. Wiltu mine sun de achtin . w’ tregit sie h' re trechtin . So müz min sele irtrinchin . in d’ helle 20 irstinchin . Mit samit de lichamen . des bischirme vns sente andreas ame. ndreas xPi famul® d’ heilige apls . Do 25 er daz cruce v’rist ane ge sach . do viel er nid’ unde sprach . wole dv cruce Sp. Ὁ. tu vaste. O wole dv liebis cruce . wie dicke ich din gerete . Nv intfach dv sinen fungerin . d’ an dir δ wart irhangin . An dir wart gemartiret prius. magist’ ms xPc . Andre as der güte. d’ bat vil ge note. Daz sie ime ker 10 tin w’de . daz hovbit zv d’ er den. An daz cruce suze . da sinem meist’e d(ie) füze . We rin ane genagelot . vnz zv

23 Rothe Initial. 25 vgl. Pass. H. 209, 64. do er daz crüce an ge- sach aller verrest aldort stän. Surius 6, 621 Cumque pervenisset ad locum ubi crux parata erat, videns eam a longe exclamavit voce magna dicens: salve ΟΙΌΧ. .....66 securus ergo et gaudens venio ad te 118 ut et tu exultans susci- pias me discipulum ejus qui pependit in te quia amator tuus semper fui et desideravi amplecti te. O bona crux...... diu desideratsa, sollicite amata, sine intermissione qu®& sita..... accipe me etc. Sp. ὃ. 12 Von i und e, die durch ein Loch im Pergament ausgefallen sind, ist nur der un- terste Theil sichtbar.

BRUCHSTÜCK EINER LEGENDE VOM HEIL. ANDREAS. 79

tale runne daz blüt.. Die 15 heidin do tatin . also er sie

gebetin hate . Sie bund&

in zware . vfi hiengen in

dare ες

zwen tage er . .ὄ . ..... 20 sie des morgenis fru . als

indemep. ......e

gras . an deme dincstüle

gesaz . Do quamfn die

burg’e dare . mit einer kref 25 tigen schare . . . . in vil (ὃ)

ime . wie güt er .

8.

SP Be... 2.0.0. 0.88 dv en . des war B.2..2.20202020. g(). per

.... . nicht . den lip.do : riefin man νῇ wip.. Wid’ gip vns mä. . den 10 g.... inlaz in nicht irtotin . Sch Andream. . Den güte ioch den rechtin . den min nit vnser trechtin . Con 15 sul egeas . vil harte forch... der da2.Der..g.... MM... 20... gine.. er zv . san . en 20 Do man. ... .siean gesach . on sprach. .......1s tü.. . ΝΞ 25. se. w.

80 7. LAMBEL, BRUCHSTÜCK EINER LEGENDE VOM H. ANDREAS.

Sp. d. len. mochte gestillen . Daz rüfin daz sie tatin . vi ın al liz ane lose batin . Do in des richt‘es holden . ga . losin

5 wolden . Do inmochtin sie in gerürin . giledig& noch gefurin . Die bende nicht zvbrechin . zv rucke sie wi chin . Sie irgquamin vil

10 sere . sine torstin in getraw® niwet mere . Andreas der güte . den heiden er Pdigo te. Daz sie im gelovbin nicht in v’liezin . d’ h’re

15 gehiez ἴῃ. Daz himilriche vrone . daz gebe in got zv lone . Andreas vf zv gote sach . Zv d’ menie er sprach. Genediclichir trehtin . nu

20 intfach dv den kneht din. Zv iungist an mineme ende . die sine hiez er we sin gesunde . Do v’schiet . . . schone . completa

25 beatione . Die engile qua min eriste . . . . ne(?) ge een... . sie hine

3 77. Surius 6, 622. mittentes autem manus ad crucem carnifices non poterant penitus pertingere eum. et subinde alii et alii ingerentes se ut solverent eum et nullus poterat pertingere ad eum, stupebant enim brachia eorum qui- cumquo se extendisset ad solvendum eum. 20 vgl. Pass. H. 211, 27. ge- rüche, herre, wider geben an mir der erden ir reht und nim zu dir dinen kneht.

WIEN, im Juli 1866.

81]

TRISTAN UND ISOLDE UND DAS MÄRCHEN VON DER GOLDHAARIGEN JUNGFRAU. .

Zu Reinhold Köhler’s anziehendem Aufsatz, welcher diese Über- schrift führt (oben Bd. XI, S. 389 ff.) habe ich einen Nachtrag hinzu- zufügen, der sich auf den Grundzug des in Rede stehenden Märchens bezieht, ἃ. ἢ. auf das „schöne lange Frrauenhaar“, dessen Besitzerin ein König aufsuchen lässt, um sich mit ihr zu vermählen. Wir begegnen der ältesten Gestalt desselben in dem bekannten egyptischen Märchen „von den zwei Brüdern“, wo nämlich erzählt wird, daß der Fluß (der Nil) sich in die Frau Satu’s verliebt und der Akazienbaum, in dessen Blüthe Satu’s Herz verborgen ist, gibt dem Flusse, um ihn zufrieden zu stellen, eine Haarflechte von der Schönen. „Der Fluß steigt nach Egyp- ten nieder und lässt auf seinen Wogen die Haarflechte schwimmen, die einen wunderlieblichen Geruch verbreitet. Er kommt zu den Werk- stätten des Königs; ein herrlicher Duft verbreitet sich alsbald in allen Zeugen. Niemand kennt die Ursache, man streitet heftig darüber hin und her, Der Aufseher über die Arbeiter aber bemerkt, als er einmal hinausgeht, die Haarflechte, welche auf dem Wasser schwimmt. Er nimmt sie auf und bezaubert von ihrem Duft, beeilt er sich, sie dem König zu senden. Da ließ man die Weisen Pharaos versammeln, die alle Dinge wußten. Sie sagten dem Könige: „„Diese Locke gehört zum Kopfschmuck einer Tochter des Sonnengottes, des Herrn der beiden himmlischen Zonen und des Wassers, vom Wesen aller Götter ist etwas in ihr. Laß Boten ausgehen in alle Länder, um sie aufzusuchen; wer ins Thal der Akazie geht, muß, um sie herbeiführen zu können, einen Haufen Kriegsvolk zur Bedeckung bei sich haben.““ Pharao antwortete ihnen: „„Was ihr gesagt habet, ist gut;““ und er ließ die Boten aus- gehen. Als die Tage sich darnach vervielfältigt hatten, kamen die Leute, welche die Erde durchzogen hatten, zurück, um dem Könige Rechenschaft zu geben; aber die, welche nach dem Thal der Akazie gegangen waren, kamen nicht zurück; Satu hatte sie getödtet. Nur einer war übrig geblieben, um dem Könige dies anzusagen. Der König ließ alsbald einen Haufen Bogenschützen und Wagenkämpfer ausrücken, um das Weib herbeizuführen. Der Zug kam zurück und brachte die Frau des Satu. Die Schönheit der Sonnentochter setzte ganz Egypten

in Erstaunen. Der König fasste zu ihr eine brennende Liebe und erhob GERMANIA XI... 6

82 FELIX LIEBRECHT

sie zum königlichen Rang.“ Auf ihren Antrieb wird die Blüthe des Akazienbaumes, worin Satu’s Herz wohnte, gebrochen, so daß letzterer in wenigen Augenblicken stirbt. 5. Zeitschr. f. deutsche Mythol. 4, 237 £. vgl. 243 f. Ich will hier auf keine weitere Vergleichung zwischen der egyptischen und Tristansage eingehen, wobei namentlich auch der Um- stand zu beachten wäre, daß die Frau neben dem eigentlichen Ehemann auch einen unrechtmäßigen (einen Liebhaber) besitzt, sondern nur bei dem Theil, der sich auf das Haar bezieht, stehen bleiben. Daß dieser Zug sich auch in dem aus Indien stammenden kalmükisch-mongolischen Siddhi-Kür findet, habe ich bereits bei anderer Gelegenheit angeführt (s. Ebert’s Jahrbuch für roman. u. engl. Litter. 3, 83). Es wird dort nämlich in der dreiundzwanzigsten Erzählung berichtet, daß, als die Heldin derselben sich eines Tages badet, einige Haare ins Wasser fallen und von des Königs Magd aufgeschöpft werden, worauf der König ein Heer schickt, um die Schöne zu holen, die ihm auch zugeführt wird, obwohl sie bereits anderweit vermählt ist. Die der Hauptsache nach vorhandene Übereinstimmung der indisch-mongolischen mit der egyp- tischen Erzählung in der genannten Beziehung lässt sich kaum ver- kennen, ebensowenig wie die mit den europäischen Märchen, nämlich mit dem jüdisch-deutschen des Maasebuches, dem tschechischen und dem deutschen (bei Pröhle), so wie mit der Tristansage.

Köhler führt aber außerdem noch einige andere Märchen an, in denen der letztgenannte Zug mit dem Haar sich jedoch nicht mehr findet, obwohl sie sonst diesem Kreise angehören. Zu diesen füge ich noch ferner das neugriechische „von dem jungen Jäger und der Schönen der Welt“ (Hahn no. 63), wo ersterer im Auftrage seines Königs, den der Großvezir anreizt, für ihn die Schöne aufsuchen muß und sie auch mit Hülfe von vier wunderbaren Menschen, welche die ihm von der Schönen gestellten Aufgaben ausführen helfen, dem Könige bringt, der indeß nebst dem Vezir von ihr ermordet wird, worauf sie sich mit dem Jäger vermählt. Von den genannten Aufgaben aber bezieht sich die dritte auf. das gesonderte Auflesen einer großen Masse verschiedener durch einander geschütteter Getreidearten, welches durch die Unter- thanen des halb als Mensch, halb als Ameise gestalteten Ameisen- königs ausgeführt wird, während die vierte und letzte in dem augen- blicklichen Herbeiholen eines Apfels besteht, der auf einem vierzig Tagereisen entfernten Apfelbaume wächst. Beiden Aufgaben begegnen wir auch in dem von Köhler angeführten Grimm’schen Märchen no. 17 „Die weiße Schlange“; jedoch berührt sich das neugriechische Märchen auch mehrfach mit Grimm’s no. 71 „Sechse kommen durch die ganze

TRISTAN UND ISOLDE οἷο, 83

Welt“. Vgl. hierzu meine Bemerkungen in Benfey’s Or. et Occ. 3, 375 zu Simrock no. 40 „Die sieben Gesellen“. Ferner gehört zu dem in Rede stehenden Märchenkreise Hylten- Cavallius och G. Stephens Svenska Folk-Sagor S. 37 ff. No. 3, C. Guld-Hästen, Män-lyktan och Jungfrun 1 Trollburen, wonach ein König von einem seiner Diener auf Antrieb des ältern Bruders desselben verlangt, daß er ihm das Goldpferd, die Mondleuchte und die von einem Riesen geraubte Prin- zessin verschaffe, was denn auch dem Diener durch eigene List und ohne fremde Beihülfe gelingt, worauf der König ihm die Jungfrau zur Frau überlässt, da er sieht, daß sie nicht ihm selbst, sondern seinem Diener vom Schicksal bestimmt ist. Nach einer Variante dieses Mär- chens (S. 458 ff.) bestehen die von dem Könige geforderten Dinge aus den zwei Goldböcken, den Golddirnen (gull-tärnorna, wozu die Heraus- geber ein Ausrufungszeichen setzen) und der Königin, welche sämmt- lich dem Könige seit lange abhanden gekommen waren und sich in der Gewalt einer alten Hexe (troll-käring) befanden. Hier hat der jün- gere Bruder bei seinen gefährlichen Unternehmungen die nützlichen wenn auch sehr einfachen Rathschläge eines Rosses, Namens Lifven-grä. Von einer Verheirathung des treuen Dieners ist jedoch nicht die Rede. Bemerkenswerth sind in letzterer Version das zweimalige Herbei- holen von Frauen (wobei die Golddirnen an die sonst vorkommende goldhaarige Jungfrau erinnern), so wie die Goldböcke. Letztere sind vielleicht ein Missverständniss einer ältern altnordischen Fassung dieses Märchens, worin von boekr (Bücher, Runenstäbe oder gestickte Ge- wänder) die Rede sein mochte. Auf diesen Gedanken bringt mich näm- lich die zu K.M. no. 126 (3°, 208) gegebene Erklärung der in diesem deutschen Märchen vorkommenden Schriften. Endlich gehört noch hierher Asbjöürnsen und Moe Norske Folke-Eventyr no. 37 „Grims- borken“, wo ein junger Bursche in Folge des Neides der andern Hof- leute die von einem Troll geraubte Tochter des Königs zurückholen und dann noch zwei weitere Aufgaben ausführen soll, was ihm auch mit Hülfe seines klugen Rosses gelingt, worauf er die Prinzessin hei- rathet. Was die neidischen Hofleute betrifft, so treten, wie wir gesehen, in andern Wendungen dafür ein untreuer Bruder oder ein Vezir oder, wie in dem von Köhler angeführten neugriechischen Märchen vom Königssohn und dem Bartlosen (Hahn no. 37) ein treuloser Diener ein; alle diese entsprechen den treulosen Ältesten des Maasebuches so wie den Weisen in dem oben erwähnten egyptischen Märchen, so daß dieser Zug sich also schon in der ältesten Fassung vorfindet und nicht erst später hineingekommen ist, wie Köhler meint, indem er das

6*

84 FELIX LIEBRECHT

neugriechische Märchen aus zwei ursprünglich verschiedenen Theilen zusammengesetzt glaubt. Endlich will ich noch auf Skirnisför hinweisen, welches eddische Gedicht eine Reihe von Zügen enthält, die hier eine besondere Hervorhebung verdienen. Zuvörderst erinnert Gerda, deren leuchtende Schönheit Luft und Meer und alle Welten erfüllte (Str. 6 u. Gylfag. c. 37), an die Schöne der Welt in dem neu- griech. Märchen, so wie an die Frau Satu’s, die Tochter des Sonnen- gottes, deren Schönheit ganz Egypten in Erstaunen setzte. So wie ferner in den verschiedenen Märchen der König, zu dem der Ruf einer schönen Prinzessin gedrungen ist, diese durch einen Diener oder sonst niedriger Stehenden herbeiholen lässt, wobei sie zuweilen aus dem Ge- wahrsam, in welchem sie sich befindet, befreit wird, so sendet Freir seinen Diener Skirnir in gleicher Absicht zu der wohlbewachten Gerda, deren Schönheit er von Hliäskialf aus erblickt hatte. Skirnir besiegt alle seiner Fahrt entgegenstehenden Hindernisse gleich den andern Abgesandten in den Märchen, wobei ihm das von Freir geliehene Roß ebenso zu Statten kommt, wie manchem der letztern das seine. Die Äpfel, die Skirnir der Gerda bietet, finden, wie wir gesehen, ihr Ana- logon in dem Apfel bei Grimm no. 17 und Hahn no. 63, und schließ- lich erreicht Freirs treuer Diener seinen Zweck ebenso wie dies in allen betreffenden Märchen der Fall ist. Sollte also zwischen dem Ge- dicht der Edda und dem in Rede stehenden Erzählungskreise des We- stens und Ostens wirklich eine mehr als äußere Verwandtschaft Statt finden (und ich möchte fast glauben, daß dem so sei), dann müßten freilich die bisherigen Deutungen von Skirnisför allem Anschein nach eine Abänderung erleiden. Wie dem aber auch ist, so zweifle ich durchaus nicht, daß der genannte Kreis bei fortgesetzter Forschung sich noch bedeutend erweitern dürfte, ganz abgesehen von seinen viel- fachen Berübrungen mit andern Sagen, Mythen und Märchen; zunächst indeß zeigt sich (und dies ist von ganz besonderer Wichtigkeit), daß ein Zug der Tristansage mit den ältesten Erzählungen des Ostens in Verbindung steht, wie wir gesehen. Aber auch andere Theile desselben weisen nach Osten und zwar nicht nur in dem bekannten Umstand mit dem weißen und schwarzen Segel (s. Dunlop 8. 83), sondern auch noch in weiterer Beziehung. Tristan nämlich, der eigentlich seine ganze Liebe und Treue der Isolt von Cornwall schuldet, verletzt diese gleich- wohl, indem er sich mit der weißhändigen Isolt von Bretagne vermählt. Da ihn jedoch von einer Wunde, die er im Kampf erhalten, nur die erstere zu heilen vermag, so sendet er an sie einen Boten, dem es auch gelingt, sie zur Überfahrt nach der Bretagne zu bewegen. Tristans

TRISTAN UND ISOLDE etc. 85

Gattin tauscht diesen indeß auf die oben erwähnte Weise, so daß er seinen Geist aufgibt, in Folge dessen die aus Cornwall anlangende Isolt beim Anblick seiner Leiche gleichfalls vor Schmerz verscheidet. Eine fast gleiche Sage nun theilt Parthenius c. 4 mit, wonach Alexandros (Paris) seine erste Liebe der Oenone schenkt, dann aber ihr untreu wird und Helena zum Weibe nimmt; von Philoktet ver- wundet, sendet er gleichwohl zu Oenone, die ihm vorausgesagt, daß dies so kommen würde und nur sie allein ihn zu heilen vermöchte. Sie schlägt seine Bitte ab, begibt sich jedoch trotzdem heimlich auf den Weg zu ihm. Durch den Boten von ihrer Weigerung in Kenntniss gesetzt und so der Hoffnung, geheilt zu werden, beraubt, stirbt indeß Alexandros, worauf auch Oenone bei ihrer Ankunft, seine Leiche er- blickend, sich ums Leben bringt. LÜTTICH. FELIX LIEBRECHT.

KLEINE MITTHEILUNGEN.

VON

KARL BARTSCH.

ee

I. Zu Wernher’s Marienleben.

Das Bruchstück von Wernher’s Maria in ihrer ursprünglichen Gestalt, welches Mone im Anzeiger für Kunde des deutschen Mittel- alters 1837, Sp. 156 - 164 abdrucken ließ, findet sich in Nr. 71 der aus St. Peter stammenden, jetzt in der Karlsruher Hofbibliothek auf-. bewahrten Handschriften. Bei einem kurzen Aufenthalte daselbst im September 1862 habe ich es mit dem Abdrucke verglichen und be- richtige Folgendes. Lies Zeile 3 derstunt (in einem Worte). 28 burden. 36 hercze. 38 irn. 51 begonde. 67 genese. 70 zu. 71 begink. 93 krumme. 106 di flucht. 107 enmochten. 126 derluste. 131 entsament. 140 schutte. 150 kunftigen. 166 sichtumes. 169 rechte. 191 nach di ist noch der An- fang eines g am Schluße der Zeile sichtbar, wahrscheinlich di g[rim- men] iuden. 203 ni kann auch in sein; nach e scheint ein r oder n gestanden zu haben. 208 nach g, wie es scheint, auch ein r oder n. Feifalik 4687 den herren gruozten si sus; demnach hieß die Zeile di werlt g[ruozte] in aleus. Wenn man 202 die Lücke ergänzt durch e[rkan]ie, so ist di werlt wie so häufig im Mittelhochdeutschen gemein-

86 RARL BARTSCH

sames Subject zweier Verba. 207 di. 211 ander stunt. 235 mit der schließt die Zeile, deren wirkliches Ende abgeschnitten ist; es fehlt das Subst. zu der. Feifalik 4715 der arme; τὸν aber ist vur zu lesen. 240 das i von riche ist noch vorhanden; auch von m in milten 242 noch der größere Theil; ebenso 247 e von Zufte, 250 el von swebel, dagegen 252 von nimmer ist nur nmer übrig. 256 ist d von di noch zu erkennen. 278 1. di. 289 suftzen. 311 brengen. 323 wache, n ist weggeschnitten. 331 (ZZ) ist unrichtig; es steht nicht ὁ, sondern o, es muß also er- gänzt werden (D)o Feifalik 4809. 333 oster hat Mone gelesen, Feifalik 4812 bat priester; was wie ein o erschemt, ist der Schluß des p, es war abgekürzt geschrieben p'ster, wie 341 ebenfalls abgekürzt steht. 339 vor in sind Reste eines k zu erblicken; es hieß also truck in irm gezelte. Feifalik 4819 hat erzeigte. 343 steht in der Hs. mar- terie. 350 von geistlichen ist n noch erhalten. 368 vor wol scheint gestanden zu baben; also und si gruozte wol, Feifalik 4848 hat υἱζ wol.

Auch sonst, wo die Handschrift im Stiche lässt, sind die Lücken zum Theil zu ergänzen. 196 1. [urnmer] dar in gevelet. 213 wird der Anfang eines sein, hät er sin gerichte Feifal. 4695. 218 1. ir lo[n al]lso rechte. 231 1. [di win]ster zeiget; Feifalik 4711 hat di« lenke. 245 1. und [unser helfelnde pflege. 265 1. den an|dern be]duten. 292 1. nluichel] (: ungeswichen).

Der Abt Philippus Jacobus kaufte die Hs. Nr. 71 für das Kloster. Sie stammt aus Nürnberg, und zwar aus dem Predigerkloster daselbst ; die in meinem Besitze befindlichen, ohne allen Zweifel zu derselben Handschrift gehörigen Blätter müßen daher ebenfalls früher dort ge- wesen sein.

In einer andern Handschrift von St. Peter fand ich drei Streif- chen einer Pergamenthandschrift des Freidank aus dem 13. Jahrh.: auf einem derselben stand der Spruch 165, 21. 22, auf dem zweiten 168, 3. 4, mit der Lesart behadt = AMNOaBL,), die ich für die richtige halte: W. Grimm liest mit GH JQ behalten.

Io.

Das sehr lückenhaft erhaltene Bruchstück einer Dichtung des 12. Jahrh., welches Mone im Anzeiger 1839, Sp. 47—51 abdrucken ließ, bedarf mancherlei Berichtigungen und Ergänzungen. Zeile 21. noh nehein din [dinc] zechest. 9 1. neicte (: breitte) für nichte, vgl. 188. 14 1. den für dem. 20 1. [er hete] wunder gesehen. 25 1. widern englel hörje (: sere). 3% 1. d|jö sante] er vil dräte, M. el....er, was wie οἱ aussieht, ist ohne Zweifel ein wirkliches d oder für d verschrieben.

KLEINE MIT'THEILUNGEN. 87

49 1. zu [ir nilftelen; gedruckt steht zu.../relen. 55 1. [aln dem ir libe; die folgende Zeile ist vom Schreiber verderbt, indem er auf 54 zurücksprang. Es hieß ohne Zweifel daz gescach nie wile. 57 1. daz wals ein wälrez zeichen; gedruckt steht wa....roz. 581. der zu ne muge wir niht gelichen, gedruckt niht geueken (Ὁ). 59 1]. al [daz] anderes gescach, “alles was sonst geschah’, von gelichen abhängig. 74 1. [daz wi ich] iu nu sageln]. 76 1. die f[riunde in wolten. 84 1. in diner Igeburlte (: antwurten). 86 fehlt stuont nach vater. 117 muß in zwei Zeilen zerlegt werden; dieselben werden gelautet haben er sprach: gesegenet sistu h|örre, got der Israheles], aber vermuthlich mit einer Abbreviatur geschrieben. Auch 119 muß zerlegt werden genädechliche gezec|het unser urlösunge. | 124 ]. wärliu] lazen. 125 1. [djes herren relde was] υἱἱ. 131 1. daz [isch serje belange. 133 vielleicht fil geistliche unge[swich] ende. 145 1. vor allen fiande[n]; gedruckt steht sande.. 1481. jane wart nie nieman [innen]; M. bezeichnet keine Lücke. 149 ]. gebäre (M. gebard), und in der folgenden Zeile ie [wäre]. 153. 154 sind so zu theilen und zu ergänzen: [do delr guote sanctus Johannes gewuohs zeinem manne, wätet er |den lip] sin.

III. Zu Tyrol und Fridebrant.

In der Zeitschrift für deutsches Alterthum 1, 13—20 hat J. Grimm einige Bruchstücke abdrucken lassen, welche einem Gedichte von Tyrol und Fridebrant angehören. Ich versuche einige der beträchtlichen Lücken zu ergänzen; freilich ist es unmöglich, den Zusammenhang in größeren Stücken herzustellen. S. 13°, Z. 111. solden zwöne rise[n tragen], denn dies war der Reim auf die letzte Zeile der Strophe (: sagen). S. 14*, Z.T....zu dem [kunige s|prach: ich wene mir [liber ni gescalch» denn was i vor ch scheint, wird nur das Ende des a sein. Z. 15 1. [der misselwende nie begie. 14°, 6 fi. sind vielleicht so zu lesen:

was von vremden landen breit [manich riter unde man]ich meit, ouch de landes herren [und ir| wip.

88 , KARL BARTSCH

In der ersten Zeile hat die Hs. niet für breit, ın der zweiten... icheit. 15*, 11. höchvertige statt hochgeuertige der Hs.; ebenso in der folgenden Zeile διῶ statt gebuz. Z. 13 derselben Spalte muß gelesen werden δὲ der hant als wol gezam, die Hs. hat als wol sich hochvart gezam. 15°, Z. 9 l. wa[rt] d& be h[anden ouch genomen]. 16°, Z. 20 1. beguam er ile de]n liuten; ın der folgenden Zeile muß nicht gestrichen werden. 17°, Z. 6 fehlt sie nach mir. Z. 10 1. wätsecke. Z. 16 zw& dromedare [de r]iten sie. 17°, 7-13 waren die erhaltenen Worte so auf die Strophe ver- theilt:

Sin ysenkra[ge der was lanc,]

swelch ende [er..... ] gedrane,

da sl[uc er alsö grimmecllich

..er swertes |... .umbe sich]

d[en] schilt dfen truc der kune degen]

da mit [er ......

...schirmens |..... pflegen.] 18°, 1 1. lie nicht gewinnen [mäl; ez was noch] herter den ein [stäl. e]in tubel im etc. 16 1. in de [hant. de...] sint von röre starc. 18, 19 ]: nie in tjoste, die Hs. nie toste. 19", 2 1. nu seht; seht hat der Schreiber ausgelassen. 20", 13 1. [v]rage er ballde quam. in] ein capelllen.]

IV. Zu Walther und Hildegund.

In der ersten Strophe der von Karajan herausgegebenen Bruch- stücke (vgl. Zeitschrift für deutsches Alterthum 2, 217—222) hat die vierte Zeile die falsche Cäsur siten; aber es ist klar, daß siten nur ein Schreibfehler ist für @ren, und es muß gelesen werden daz ir uns leitet näch den iwern Eren, "wie es eurer Ehre gemäß ist’. 8, 1 muß gelesen werden nu hoert ouch wie der reke frumt üz sime lant; die Hs. hat /rot i...lant; Wackernagel (Lesebuch 569, 1) liest fröute...lant. 10, 3 die Ergänzung daz sin sin ist wegen des üblen Lautes nicht wahrscheinlich; eher daz sin s|tän in der] fremde. In dem zweiten Bruchstück ist 5, 4 so zu ergänzen [daz man lobes muo]se jehen [vroun Hilde]gunde [der edelen june]urowen sint. 7, 3. 4 lies [und mit] der ieslichen (= ieslichem) wol tzwei hundert man, die mit de[n ze tilsche chomen solden. 8, 21. v[il ma]nic tyer wilde der hellde 416] enkalt. 9, 4 [si] hiezen allle desie] snelle[r gähen]. 10, 4 die [guotler rosse gewunnen; die Hs. hat ross; die erste Zeile der Strophe, von der nur E übrig ist, wird etwa gelautet haben E daz der fürste riche mit in ze tische saz. In der eilften Strophe

KLEINE MITTHEILUNGEN. 89

hat Hagen (Germania 5, 119) schon im Wesentlichen das Richtige getroffen. Man lese:

[Stine höc]hzite Walther ge|böt,

80] der walt geloubet |waere| und daz die bluomen [röt

stjüenden allenthalben [üf deln wisen breit,

daz im [danne] sine geste koemen: [waere] allez bereit. Die Hs. hat allerdings in der ersten Zeile d’ ge, aber der kann hie nur Schreibfehler sein. In der zwölften Strophe muß die zweite Zeile lauten h[et ouch] nu [vrouw] Hildegunt boten heim [gesant]. Statt boten hat man gelesen kom. 14, 2 ist sagte wohl unmöglich richtig. Ich lese wol [ge]sach |man] recken σίου [üf r]ossen un[gesplart; statt ziere hat die Hs. wol geziret und statt sach liest man sagte. Der Schluß des Bruchstückes endlich ist so zu ergänzen:

wold ich dar [mit minen recken riten, als es mir lobeliche stät]. Denn darauf weist die meist gereimte Cäsur der vorigen Zeile (höh- ziten) so wie der Schlußreim (rät).

Auch in dem Grätzer Bruchstück, das Weinhold im neunten Hefte der Mittheilungen des histor. Vereines für Steiermark veröffentlicht, lässt sich einiges vervollständigen und der Zusammenhang herstellen.

sprach [αἷμ kuneginne: "zwju solde dir din lip?

[war taete du die slinne? wem liezest [du din wip,

diu] din mit solhen öfren hie gebiten] hät.

si waere wol [ein richiu kjeyserinne; die sold [.....deist] min rät. In der vierten Zeile hat die Hs. δὲ ir er wol, was aber entschieden unrichtig ist. Die folgende Strophe begann 126 [sprach der herre| Walther. Die verstümmelten Strophen der Kehrseite sind so abzutheilen:

läzen, trouigeselle |min,

und ist] daz ich von hiun|en müese scheiden, daz wil ich] umb dich diende [sin . sprach] der starche Hage[ne: "ich hän daz] wol vernomen.

V. Bruder Hansens Marienlieder.

Es scheint noch Niemand bemerkt zu haben, daß eine zweite Handschrift der von Minzloff herausgegebenen Marienlieder Herr Barrois ın Paris besaß, über welche Bethmann in der Zeitschrift für deutsches Alterthum 5, 419 421 Nachricht gab. Er beschreibt sie als “eine hübsche Pergamenthandschrift in Octav, im 14. Jhd. von &iner Hand seschrieben. Es fehlt in derselben das mehrsprachige Einleitungs - gedicht, Minzloff S. 1—15, V. 1—180, und die erste Reihe von Acro-

90 . K.'A. BARACK

stichen, V. 181-880; sie beginnt: mit 881 Ave vil werte zuesse, ebenso enthält sie die folgende Reihe, V. 1581, wo 1585 uyser (l. üz) truger eerten für uysz nuygher erten die richtige Lesart ist; ferner die fünfte, V. 2281, die sechste V. 2981, und die siebente, V. 3681, aber diese nicht vollständig, indem sie mit V. 4400 in dem unvollendeten Ave Maria abbricht. Vielleicht lässt sich ermitteln, wohin bei dem Ver- kaufe von Barrois’ Bibliothek die Handschrift gekommen ist.

VL. Peter von Arberg.

In einer Pergamenturkunde im Archiv des germanischen Museums vom 17. Juni 1348 bekundet ‘Peter von Arberch purchgraff ze Taufers’ und sein Bruder Chunrat, daß .er, mit Einwilligung seiner Hauswirthin Anna, dem “Hainreichen von Luchdach und Agnesen seiner wirtimen (sic!)' einen Hof, ‘gehaizzen ze Pirch um vierzig march guoteu und gaebeu gewonleiche munzze, ie zehen phunt fur ein march ze raitten’, unter üblicher Gewehr verkauft habe. Der verkaufte Hof ist 'lehen von der herschaft von Tyrol’. Zeugen sind 'Autte von Moresch, Ulreich der Payr, zuo den zeiten richter ze Taufers, Hainreich hern Johansen sun von Uhemnat, Fridreich-,sein .prüder, Perchtolt der reutter, zuo den zeitten schreiber auf Taufers, ‘Jacab, Perchtoldes sun von Mull, Rudolff von Payren und ander erber leute genuog. Die Zeit der Ur- . kunde würde zu der Angabe der Limbnrger Chronik stimmen, wonach um. das Jahr 1348 (genau 1356) die Tageweise ‘O starker got’ (m. Meisterlieder der Kolmarer Handschrift Nr. 181), welche in der Kol- marer Handschrift dem Grafen Peter von Arberg beigelegt wird, ge- sungen wurde. Es könnte also in dem urkundlich vorkommenden Burg- grafen sehr wohl der Dichter des Liedes gefunden sein.

᾿ nn

BRUCHSTÜCK , EINES UNBEKANNTEN GEDICHTES AUS DER MITTE DES X]. JAHRHUNDERTS.

MITGETHEILT VON Κι A. BARACK.

- Der Dichtung, zu welcher das folgenide Bruchstück gehört, aut die Spar, zu kommen, ist mir. trotz allen Bemühens nicht gelungen. Ich ‚muß sie daher als unbekannt bezeichnen, hoffend, daß es nach Veröffentlichung dieses Bruchstücks einem" glücklichen Forscher ge-

BRUCHSTÜCK EINES UNBEKANNTEN GEDICHTES εἰς. 9}

linge, sei es mit Hilfe des bereits vorhandenen Materials, sei es durch neue Funde von weiteren Bruchstücken, Licht über dieselbe zu ver- breiten. Die eine Vermuthung will ich nur beifügen, daß das Gedicht möglicherweise eine der Quellen ist, aus denen der Verfasser der Kaiserchronik geschöpft hat, obwohl ich einen ‚sichern Anhaltspunkt hiezu in dieser nicht finden konnte.

Ich zweifle nicht, daß das Bruchstück aus dem genannten Grunde, dann auch wegen seines Alters und der Eigenthümlichkeit seiner Sprach- formen die Leser dieser Zeitschrift in hohem Grade interessieren wird. Dasselbe steht auf 3 Pergamentblättern, zwei zusammenhängenden und einem inhaltlich zwischen sie gehörenden Einzelblatt, die, ursprüuglich in klein Quart, durch starkes Beschneiden Octavform erhalten haben. Leider hat der Text durch das Buchbindermesser, besonders am untern Rande, und außerdem noch durch das Ausfallen von Pergamentstückchen Schaden gelitten. Die Schrift ist kräftig und deutlich, nur an einzelnen Stellen, in Folge der Verwendung der Blätter, mitunter stark verblasst. Sie zeigt, außer bei einigen lateinischen Wörtern, keine Abkürzungen. Die Verse sind fortlaufend geschrieben und nur durch einen Punkt, der jedoch manchmal fehlt, manchmal auch unrichtig gesetzt ist, von einander geschieden. Den Schriftzügen nach dürfte die Entstehung des Codex in die Mitte des 12. Jahrhunderts zu setzen sein. Auf eine frühe Entstehungszeit des Gedichtes weisen die freien Reime und das langgestreckte Versmaß. Was die Sprachformen betrifft, sei nur be- merkt, daß solche vielfach mit der Straßburger Handschrift des Ro- landsliedes (Schilter, Thesaurus Il) übereinstimmen. (Vgl. noch: Müllen- hoff u. Scherer, Denkmäler, Vorrede S. XVIIL) Die Mundart fällt jedenfalls in das westliche Mitteldeutschland, wohl in das Mainzische oder Trier’sche. Der Abdruck geschieht genau nach der Handschrift.

(Die in ( ) stehenden Buchstaben sind Ergänzungen der Randabschnitte und Ausbrüche.)

Bl. ....... scolde g..willen.

thaz ire lichnamen um... wollen. Gemischet wurthe χὰ ther erden.

uon tber here geboren wolde werthen. Inmitten ualle Josaphat ist ire graf.

thaz man iemer sint gotes dienestes plach. Wir bitten dich genathen heilige 'urowen. wande wir tbir also wol getruwen.

vnde wir thaz les(en) offenbarlich.

10 thaz thu sist kuniginne in himelrich.

or

92

Bl. 1".

K. A. BARACK

vnde din güte sun thie durch uns groze pine gedolet. dich turch thaz ze sinem riche gehalete. Thaz thu thar an siner anwurten sist. unde unses thinges mit ime gethen.. 15 Thure thaz iz urowe. thure thine güte. un(de) gedenche unser sundiger lute. Tho thie apostoli also wir sageten under thie irden. manich ungemach lithen. 20 In omnem terram sie tho uvren. unde predigoten uon unserem herren. | vnde qu®men sumeliche in fines orbis terre. | also in gebot unser herre. | In antiochiam vür petrus. 25 corintbiam paulus. Sint quamen sie beithe ze rome. thar gemart(erot) wurthen uon nerone. Petrum liez her an eine cruce han. paulo thaz houbet abe slan. 30 vber ein iar an them selbem dage. slüch man paulo thaz houbet abe. S...220....T gaget. (ther) uon in gescriben habet. Thize te. .nere..uon ther....unses herren. 35 tho . . . ..nero thar nah lebete. sint her t(hi)ce getan habete. Andreas vur inachaiam. thar her got thaz uole gewan. 40 Tho liez in marteren egeas. inther burch zepatras. An ein cruce liez her in han. ther wis liez er in slahn. (a)n them cruce her zwene dage lebete. 45 unde them uole uon gote sagete. Jacobus iohannis bruther also wir gesaget haben. wart mit herodis gebote geslagen. Sint. wart sin gebeine so sumeliche sagen. in ispaniam gedragen. 50 Sumelich thaz sagen.

BRUCHSTÜCK EINES UNBEKANNTEN GEDICH'TTES etc. 93

her. wurthe uon herode thar geslagen. Jacobus alfei then thie ivden. unses herren bruther sagen. er wart gestozen uon einer ho murin.

55 tho er predicot uon unserm herren. Bi templo domini wart her nither gescoben. thar wart her uon then cristenen begraben. Pbylippus incytiam gekerte. thar her uon gote lerte.

60 (z)e ivngist tet her sin ende. in asia them lande. Thar wart her gesteinot.so sie sagen. vnde wart an ein cruce geslagen. Inthem selbem lande.

65 thet ouch iohannes apostolus sin ende. In (e)pheso also ich sagete. tbo her ahte unde nigenzich iar gelebet habete. Johannes baptist(a) (w)art under ther ivden. mit herodes gebote geslagen.

70 Tho her ime uon sines bruder wibe sag(en.) (th)az her sie mit... ..

Bl... ...... elich dinc uerkuren.

thaz sie thie sele nieht neuerluren. Thie hie grozes gemac(h) nieht neplagen. al mohten iz sumelich wol haben.

δ Thie turch gotes minne. uerkuren thise wunne. vnde zu maniger wis turch thie selen. thisen lif hir gequalen. wol wart then selen.

10 ther lichnamen thaz hir uerdienent. Thaz sie beliben müzen (i)n gotes riche. al newerthent sie tben heiligen nieht gelic(he.) Also sedulius ouch scribet. wol ime thie an then ende thar belibet.

15 Güther heile wart sie hie geboren. thiv zegotes genathen much *) (?) uaren. Thie turch got h(iJr thaz gelithen. thaz sie doch an einem ende thar beliben.

*) much, zwischen dem Eindstriche des u und dem h ist ein dem c ähnlicher Strich oben, wie es scheint, eingeflickt. [muh ==> muz, mit dem alten z=h? Pf.|

94 K. A. BARACK

Laurentius mohte ther gotes genathen gewis wesen. 20 uon them wir groze martiria lesen. Ther uon decio unde uon sinen luten. wart also ein visch gebraten. Thie pine her nieht neclagete. want her thie gotes genathe gewis habete. 25 Sines lichnamen quale was manichualt. sine sele wart geluteret alse ein silber unde also e(in) golt. Thize viwer thaz gedolet her hir. thaz her nequs&me in thaz helle (vi)w(e)r. wir uerdolen ouch groze nothe. 30 sumelich ubel ἀφοῦ] ρα livte. Also pilatus thie thar..... Bl. 2°. g..den thaz sie sich bekennen noch. ..newolden. 35 Thes wurthen sie geslagen unde uerbrant. unde uerloren thar ire lant. Thaz in selbe unser herre uor saget. Tho her sie unde ire stat clagete. Tho her wein unde sprach. 40 ierusalem ther stat. Wie lutzel thu nu weist ierusalem. thaz man dich süchen scal heim. wie luzel thu nu weist umbe thie gröliche dinc. thie thir zo wrdes sint. 45 Wie lüzel thu weist thie grozen schaden. thie tbu uon dinen sunden scalt haben. Thie nu mit friden sitzest. unde thise wereletlich güt izzest. Thu scalt uon thinen vianden beseszen werden. 50 thie dich sculen uerderben. Thaz thiner nechein stein sament nebelibet. unde man thin uolce zersleht unde uerdribet. Tho quam iz al na sinen worthen. want sie thaz romische thiet zevürte. 55 Tho sie ire osteren scolden began. inther stat ierusalem. Also sie thar [sie thar] inguamen uon allen landen. so wurthen sie thar in beuangen. von them romische here also ich saget.

BRUCHSTÜCK EINES UNBEKANNTEN GEDICHTES etc. 9

60 thaz zuuene houbet man habet. Tytum unde uespesianum. einen uather unde einen sun. Thice scolden sie mit gelichem urteile ane gan. want sie wither then uather unde then sun habeten (getan.) 65 An . ες . besazen. .unde sie then mennischen azzen. Thiv müter ire kint. thaz waren unbarmliche dinch. 5 Sie azzen vil manigen dach. thaz strö-unde thaz chahf. Ther thaz selbe neuant. her nam iz them anderen uz ther hant. Them uader ther sun ivnge. 10 nam iz uon the(m) munde. Thiv müder them kinde. thaz quam uon sundelichen thingen. Iz nemach niema(n) them anderem gesagen. wie groze not habeten thie ivden. 15 Thie burc sie tho gaben. na then grozen ungenaden. Tho wart ire thie zwei teil geslagen. unde uerbrant. thaz dridte teil gienc inhant. vnce sie an unsen geziden uon then cristen uerraten. 20 verraten unde ueruohten. also iz wolde unser drehti(n.) Nu waren ouch tempora nationum volle gan. thaz sie then heithen scolden sin under dän. Wande iz unser herre habete wor gesaget. 25 so uns lucas uor gescriben habete.

Bl. 3°.

Abe them geslahte ther ivden.

thie tho zelibe beliben.

Sancta helena ierusalem uant.

thie turch thaz heilige cruce quam inthaz lant. 30 Then sie gebot thaz sie ire sageten.

war sie thaz heilige cruce uerborgen habeten.

Sie sageten thaz sie tho nieht geboren newzren.

tho man marterot then herren.

Sancta helena sie auer ane sprach.

96 K. A. BARACK, BRUCHSTÜCK EINES UNBEK. GEDICHTES.

35 unde sie vil minneclich bat.

Bl.3. ..un ire nechein nebehilde then leben. Sie scolden lebendich uerbrinnen. iz newzre daz sie ire untrunnen.

40 vnde gebot thaz sie sich bespr=chen. unde sie iz ire nieht nebesuigen. Jvdas ther ther aldest in allen tho sagete. einen alder uader ich habete.

Ther hiez zacheus.

45 ther saget minem uader symoni sus. Man scal unser after komen. thie in dirre stat sculen wonen.

In grozem gethuange haben. thaz sie uon them cruce sagen.

60 Sagent sie daz. so zeget unser euwe inther stat. vnde sie selbe werthent uerdriben. of sie ouch behalden then leben. vonder in sie tho gelobeten.

55 thaz sie iz ire nieht nesageten.

Also sancta helena thice gehorte.

so trowet sie in auer harte.

vode sprach daz sie brinnen scolden. nu sie iz ire sagen newolden.

60 van ivda sie ire tho sageten. waz sie uon ime uernomen habeten. Then wolden sie ire geben. thaz sie ander behilden then leben. Jvdam sie auer bat unde gebot.

65 thaz her iz saget ane not.

Wie mohte ich thize wizzen sprach iudas. ther thannen nieht geboren was.

vnde thes ouch zwei hunderet iar sint uergan. thaz thise dine wurthen getan.

70 Ther urowen her iz nieht nesaget er sie in [in] ein ertgrübe legete.

DONAUESCHINGEN, im October 1866.

97 ZUM EULENSPIEGEL,

Lappenbergs Ausgabe des Ulenspiegel gibt mir Anlaß zu einigen Bemerkungen.

S.1 scheint die vorgeschlagene Änderung von nun in nur nicht nöthig. Nün, mhd. niuwan = nur ist im 14. Jhd. schon üblich. Vgl. Spiegel der Minne in Wackernagels deutschem Lesebuch 1?, 898, 13. 900, 21. Häufig in Ulrich Krafts Reise und Gefangenschaft , häufiger vielleicht, als in Haßlers Ausgabe des Buches gedruckt ist; z. B. 8. 367: es wäre ein feins büchlin, wans nun nit mit einem gelben brielin iberdeckt wär. So S. 428. So noch heute schwäbisch no = nur.

S. 5 lies gauklerei wie S. 24.

S.8 möchte ich nach mit nicht dem brot einschieben; mit ist = damit, wie noch heute schwäbisch in gleichem Zusammenhang.

S. 14 ist nicht nit einzuschieben; ich würde lesen: das ist mir umb ein braten thür. Auch die Änderung us dem wirtshaus statt us des wirts haus scheint nicht nöthig.

S. 16, Ζ. 4 ist t nicht etwa Pronomen,, sondern gehört zu dem Worte, wetietend. (ἡ. 13 dann einzuschalten, ist nicht zu rathen.

S. 17 möchte ich nicht van, sondern von ergänzen.

S. 25, 16 wie der iar ritt) lies daß dich der mar rit! Vgl. Laurem- berg 5. 28: wo mich echters disse nacht de mare reet.

S. 26, 17 lies meister. 18 büdel.

5.28, 3 lies die sonn scheint nun.

S. 32 möchte ich nicht geh statt se lesen. se hin findet sich hänfig; 2. B. S. 57. 59. 63. 64.

5. 33, 7 möchte ich lesen: bübery, also daß im.

S.36 darf ein nicht in drei geändert werden. Vgl. Fastnachtspiele, Nachlese 260, 34: ein grossen oder drei. Grimmelshausens Springinsfeld ὟΝ. 40 f.: ein jahr oder sechs. Ebendaselbst H 2, 21: ein tag oder vier- zehen. Zorns Wormser Chronik S. 178: ein tager drei oder vier. Stadens Reise 8. 131 bei Klüpfel: vor der hütten stund ein kopf oder fünfzehen auf reideln. Amadis 1, 219: ein tag oder drei. So noch schwäbisch 9 iäger vierzeha, d.h. ein tag oder 14.

5. 38, Ζ. 11 lies hon ich mich nit bekümmern wollen.

S. 39.. Vgl. die Fragen im Kaiser und Abt. Fastnachtspiele aus dem 15. Jh. S. 199. 1490 £. Denselben Stoff behandelt Pauli in Schimpf und Ernst 1, 54. Bl. 12. Liebrechts Dunlop S. 491.

S. 44 möchte ich des nicht in die ändern; der (= si quis) ist col-

lectiv. Auch müßte dann Aet in den Plural gerückt werden. GERMANIA XI. 7

΄

93. A. v. KELLER

S. 51 fragt Eulenspiegel die Landfrau: Wöllen ir sie (nicht sie ir) nit neher geben?

5. 54, Z. 2 ist die Lesart bicken festzuhalten; dicken, schwäbisch bäcken, heißt husten. Das vorgeschlagene brecken wäre nicht hochdeutsch.

S. 56 scheint gleichfalls die Lesart des Originals drüsen vorzu- ziehen; druos, drüese ist eine Krankheit, die man einem anwünscht. „Dafür sollen sie fünf Drusen befallen!“ Weiter unten ist vielleicht zu lesen: und was des σῷ friden, daß er nun mehr wanderte von dan.

S. 63 das er in das wolt machen] 1. daß er im u. 8. w.

5. 76, Note 3 lies laß in daruf.

C. 52 in der Überschrift 1. verdingt.

C. 60, S. 87 züg] 1. zog. So ist noch öfter u oder o statt zu lesen. S. 89 nutz. S. 95 kupfer. S. 103 rumor.

S. 93 lies und liefen, daß in die zung u. 8. w.

S. 94 und hieß den koufman] 1. und ließ u.s. w. Die Schreibung inhen soll wohl das Wort Ainein repräsentieren, süddeutsch ine.

S. 101, 2.2 das sie also| 1. des u. s. w. wie S. 56 und wie gleich nachher: des der buer ouch τῷ friden was.

Die C. 71 erzählte Geschichte von den Blinden findet sich auch ım Conde Lucanor und bei Heinrich Julius Herzog von Braunschweig.

S. 108 ist die vorgeschlagene Einschaltung einer Negation nicht erforderlich. Es heißt: er hörte und sah, was er noch nicht wusste; er fand Befriedigung für seine Neugier.

Auch S. 109 möchte ich die Lesart nicht ändern. „Ich habe ihm nach eurem Geheiß gethan“ hat einen pleonastischen Dativ, der aber auch sonst, zumal bei thun, vorkommt. Schwäbisch sagt man: er thut ihm recht, ἃ. ἢ. er handelt recht daran.

S. 120, Ο. 81 ist beidemal heiß, nicht reiß zu lesen. Der Name Mornhinweg kommt wirklich als Familienname noch heute in Tü- bingen vor.

C. 82 möchte ich zörit nicht „herrlich“ deuten, sondern = zört, d. h. zart nehmen. zert gebraucht man noch jetzt schwäbisch als Ad- jectiv, 3 zerts fleisch u. dgl. Der 2“ Satz des Capitels wird durch andere Interpunction klar werden. Als nun Dienspiegel bei dem jüer saß und drank der kannen (da het die fraw den hund darzu gewent, wan sie bier drank, so müst sie dem hund auch bier in ein schüßel geben, daß er drank), als nun u. 8. W.

S. 122, 0.83, 2.8 lies daß ir im so gram seind.

S. 130, 2.5 v. u. lies wan ie nun ir einer.

5. 134 kann die Liesart kanten ganz gut stehen bleiben. Diese

;

ZUM EULENSPIEGEL. 99

Form des Wortes ist im Schwäbischen noch heute üblich. Statt vortreilger möchte ich nicht voreterliger lesen, sondern etwa bloß das zweite r tilgen. Vortheilig, vörtelig heißt noch jetzt = pfiffig, betrü- gerisch, eigennützig. Weiter ab liegt schon vorträglich nützlich, hier ironisch für unnütz. Grimmelshausen im Joseph (K 2, 529) sagt: „daß diese ehe dem Potiphar nicht vorträglich sein konnte“.

S. 135, Z. 5 v. u. lies Je statt Je. Dagegen S. 36 u. 86 lies Ja statt Ja, jerig statt ierig u. dgl.

S. 145 in der Überschrift des Auszugs aus Copland lies after statt asler.

In der Aufzählung der Ausgaben des Eulenspiegels S. 214 u. 218 fehlen die aus den zwanziger und dreißiger Jahren stammenden Reut- linger Drucke.

S. 220 wäre das in Stuttgart unter L. Pfaus Leitung durch meh- rere Jahre erschienene Spottblatt „Eulenspiegel“ nachzutragen.

Die Angabe, daß das Buch aus dem Sächsischen neulich ins Hochdeutsche übersetzt sei, gibt nicht zuerst die eilfte Ausgabe (S. 172. 221. 347), sondern ebenso die zehnte (8. 170), welche freilich ebenfalls in das Jahr 1839 fallt.

Die Parallelen zu den einzelnen Erzählungen, welche Lappenberg beibringt, ließen sich, zumal nach Liebrechts Arbeiten, leicht ver- mehren. Auch Österley wird bei seiner demnächst erscheinenden Aus- gabe von Paulis Schimpf und Ernst dazu weitere Beisteuer liefern. Zu Hist. 17 (S. 238) bemerke ich, daß dieselbe auch in dem von mir herausgegebenen spanischen Erzählungsbuch Conde Lucanor sich findet.

Die 8. 242 zu 8. 30, 16 gegebene Erklärung ist unrichtig. Schmolt kommt nicht von schmelzen, sondern von schmollen her.

Hist. 28 (S. 245) ist dramatisch behandelt in dem von mir heraus- gegebenen Fastnachtspiel vom Kaiser und Abt. Fastnachtspiele aus dem 15. Jh. S. 199. 1490 f. Liebrechts Dunlop 5. 491. (Liebrechts Name ist, beiläufig gesagt, S. 249 unrichtig geschrieben, wie S. 251 der Gödekes).

Hist. 34 (S. 249) erinnert an Boccaccio, Decam. 1, 2.

Hist. 78 (S. 276. 115) ist bei uf die hart nicht an den Harz zu denken. Hart ist eine auch in Schwaben häufige Waldbezeichnung.

Zu 8. 116, Ζ. 9 u. 26, 8. 276. Daß die Sachsen ehedem als wackere Trioker berühmt waren, zeigt auch die Schilderung des sächsischen Freiers der Porzia in Shakespeares Kaufmann von Venedig A. 1, Sc. 2: Nerissa: How like you the young German, the duke of Saxony's nephew ?

7*

100 TH. RUPP

Portia: Very vilely in the morning, when he is sober; and most vilely in 'he afternoon, when he is drunk u. 8. w.

Von dem in Hist. 9% S. 136 erwähnten Todtenbaum macht sich der Herausgeber nach S. 289 eine unrichtige Vorstellung. Eine An- schauung der alten Todtenbäume ist noch möglich; die Ausgrabungen bei Oberflacht haben mehrere zu Tage gefördert, welche in die Samm- lungen des württembergischen Alterthumsvereins in Stuttgart über- gegangen und in den Schriften desselben abgebildet sind.

S. 313 ist Reinmar von Zweter wohl nur durch Druckfehler zu einem Reimer geworden. Ebenso ist S. 316 der Name ÜOrescimbenis verunstaltet. Von ähnlicher Unbill gegen neuere Autoren war vorhin die Rede.

Zu den Nachweisen über das Wort Spiegel S. 343 wären auch die Spiegel des Meisters Altswert nachzutragen.

S. 366, Z. 5 lies heilsamen. S. 413 sind die zwei letzten Zeilen der Seite obenan zu stellen. S. 430, Str. 17, Z. 4 lies partirem. S. 431, Str. 19 lassiam, dieiam. Str. 21 Io.

Im Glossar S. 463 ist fälschlich ein Wort ymen aufgeführt. Der Nominativ lautet im. Vgl. 5. 10: das ist der best im. So noch jetzt

schwäbisch. TÜBINGEN A. v. KELLER.

NACHTRAG ZU BALDUR.

(Germania ΧΙ, 424—435.)

Die Bedeutung, welche der Mistel (viscum album) in dem ger- manischen Alterthum gegeben wurde, lässt voraussetzen, daß die eigen- ihümliche Art ihres Daseins schon sehr früh beobachtet wurde. Sie erschien den Kelten wie vom Himmel gesandt (Plinius XVI, 95) und schon deswegen heilig und wunderkräftig.

Alle Versuche, sie in der Erde zum Keimen zu bringen*), sind misslungen, deswegen kann, Völ. 36 das „völlum haeri“ (hoch auf den Feldern) nicht missverstanden werden. Sie keimt und wächst nur auf Bäumen und wo sie ihrem Ernährer gegenüber mächtig genug auftritt, zerstört sie sein Leben. | Schon im Embryo ist ihre Entwicklung verschieden von der an- derer Pflanzen **). Die Mistel sucht das Licht nicht, 'sie scheut es sogar,

*) Drapiez Dictionnaire classique des Sciences naturelles, Bruxelles 1837 Art.

Gui blane. ες **) Annales des Sciences naturelles, Paris, 2. Serie ΧΙ. 116. ΧΠΙ, 297.

NACHTRAG ZU BALDUR, 101

wie sich dies nach Dutrochet*) schon in der Wurzelbildung zeigt; darum spfossen und wachsen ihre Äste auch abwärts, so oft ihr Stamm unter einem Ast Wurzel gefasst hat*). Ihre Frucht blüht und reift ‘im Winter, und ihre Blätter fallen nicht im Herbste ab, sondern im Sommer und zwar im zweiten nach ihrem Entfalten. Nach De Oan- dolle*) nimmt sie kein Wasser, also. auch keinen Thau in sich auf und wird somit keiner der Wohlthaten theilhaftig, welche Baldur auf seine Geschöpfe ausgießt. Auch die Mistel konnte von Baldur sagen, wie die Thöck, er bringe ihr keinen Nutzen. Nach Kuhn (Die Herab- kunft des Feuers u. s. w. 234) wurde u. a. die Mistel als eine Verkör- perung des Blitzes gedacht. Eine beliebte Form des Blitzes **) aber war der Pfeil, die Lanze u. s. w., wodurch die zerstörende Ranke auch mit einer Gewitterscene in Zusammenhang gebracht werden könnte.

Ihrer Unselbstständigkeit und Unscheinbarkeit wegen, was mit „zu jung“ ausgedrückt wird, wurde die Staude beim Eidabnehmen über- gangen und, da sie weder Erde noch Thau, weder Licht noch Wärme bedarf, konnte sie unter Hödurs Herrschaft entstanden, durch diesen zum Werkzeug des Todes für den Lichtgott Baldur geschaffen, ge- dacht werden.

REUTLINGEN, Jan. 1867. THEOPHIL RUPP.

ZUR INSCHRIFT DES ERFURTER TRISTAN- UND ISOLDE-TEPPICHS.

Der im Erfurter Dome aufgefundene Teppich mit Darstellungen aus der Geschichte Tristans und Isoldens, beschrieben von A. von Eye im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit (N. F. 13. Jahrg. 1866. Nr. 1. Sp. 14 fig.), ist bereits zweimal in der Germania erwähnt werden: von Reinhold Köhler in seinem Aufsatze „Tristan und Isolde und das Märchen von der goldhaarigen Jungfrau u. s. w.“ (Germ. 11, 390) und von J. Lambel in seiner Anzeige der Dissertation von A. Bossert „Tristan et Iseult“ etc. (11, 493. Anmerk.). Lambel folgt der Angabe Eye’s, wenn er sagt, daß der Erfurter Teppich ebenso wie der bekannte Wienhäuser "niederdeutschen’ Ursprungs sei. Das scheint mir ein Irr- thum, den ich berichtigen möchte. Zwar bemerkt Eye sehr richtig (S. p. 20), daß in der Sprache der Inschrift auf dem Wienhäuser Teppich der Charakter des Plattdeutschen entschiedener hervortrete als auf dem

*) Dictionnaire des Sciences nat., Paris, T. XX. 68. Art. Gui. *#*) Die Mistel war dem Donar geweiht und heißt noch jetzt Donnerbesen. Perger deutsche Pflanzensagen, 8. 65, Stuttg. 1864.

102 R, BECHSTEIN, INSCHRIFT etc.

Erfurter, aber dennoch gilt ihm auch die Sprache auf letzterem für niederdeutsch, und daraus schließt er auf niederdeutschen Ursprung.

Die Inschrift des Erfurter Teppichs ist nach Eye folgende: hie. hebit. sich. Jye. materie. vom. tristram. vunde. von. der. schon. ysalden. he. ersleit. he. den. worm. hie. brengit. der. rote. ritter. daz. hobt. vor. den. kong. hi. vint. yzalde. tristäm. in. dem. rore. hi. wist. iristär. die. sungen. dem. konge. hi. vurt. tr’stram. die. schon. ysalden. mitem. heym. czu. lande. hi. rit. tristram. von. houe. hi. kumt. yzolde. zu. tristrä. in. den. garte.

Daß die Sprache dieser Inschrift nicht oberdeutsch ist, sondern namentlich in den Vocalen viele niederdeutsche Elemente enthält, be- darf keine Auseinandersetzung. Daneben aber erscheinen Formen, welche nicht niederdeutsch, sondern hochdeutsch sind, wie hebit (nicht heft, hevit); daz (nicht dat, det); zu, zeu (nicht to, te). Jene niederdeutschen Elemente können ebensogut mitteldeutsch sein und sie müßen es sein, wenn der Consonantismus hochdeutsch ist. Der Teppich wurde in Er- furt aufgefunden, die Sprache der Schrift ist mitteldeutsch, darum können wir seinen Ursprung in Thüringen suchen.

Eye hat an einer Stelle der Inschrift Anstoß genommen, welche uns vielmehr ganz klar und verständlich scheint. Er sagt: „zweifelhaft bleiben in dieser Schrift die Worte: vurt...mitem heym, welche, da sie dem Orte nach auf die Ankunft des liebenden Paares beim Könige sich beziehen, mehr nach dem Sinn, als nach den Buchstaben gelesen worden. Vielleicht verursachte diese Unklarheit ein Schreibfehler des Zeichners, der sich auch sonst einige Male, sowohl in der Schrift, wie in den Bildern geirrt hat und gewöhnlich durch die stickende Hand verbessert worden ist.“

Der Satz: hi. vurt. ir'stram. die. schon. ysalden. mitem. heym. zcu lande. bezieht sich, wie mir scheint, nicht oder nicht bloß auf die An- kunft des liebenden Paares beim Könige, sondern überhaupt auf die Überfahrt und insbesondere auch auf den Abschied von der alten Isolde. Auf der beigegebenen Abbildung ist Abschied und Ankunft zugleich dargestellt; die drei Figuren Tristan, Isolde und Brangäne sind in einem Schiffe doppelt vertreten, einmal der alten Isolde zugewandt, welche der Brangäne den Minnetrank überliefert, das andere Mal dem Kö- nige Marke, welcher seine Braut begrüßt und ihr aus denı Schiffe helfen will. Unter dieser Darstellung stehen die Worte ir’stram. die. schon. ysalden, zu denen hi. vurt. und mitem. heym. gehören. Es heißt ganz einfach: hier führt (vürt, vürit, vuoret, vüeret) Tristram die schöne Isolde mit sich (mitem, mit em, mit im) heim zu Lande.“

JENA, December 1866. R. BECHSTEIN.

108

BESCHREIBUNG DER PERSON CHRISTI IN NIEDERDEUTSCHER SPRACHE.

Die hier mitgetheilte Beschreibung findet sich in einem wahr- scheinlich aus der ersten Hälfte des 15. Jahrh. stammenden durchweg‘ niedersächsich geschriebenen Gebetbuche. In sprachlicher wie sachlicher Hinsicht dürfte sie vielleicht nicht ohne Interesse sein. Die Abschrift stimmt mit dem Original genau überein; die Interpunction ist der leichteren Übersicht halber von mir hinzugefügt.

Welk mynsche sik ouen wil an desser na screuenen wise, de mach dar van komen to groter beteringhe sines leuendes vi wert beghauet myt ynnighen tranen der medelydinghe. To den ersten so scal me vor sik setten vor de oghen sines herten eyn bilde van aldus daner ?) stalt- nisse, alse vnse leue here ihesus cristus was, do he to siner martere ghan wolde, alse eyn scon langhe persone myt langhen brunen haren vi myt enen wol to maten?) barte, wat lichter van varwe wan dat har sines houedes; eyn scone brunlik antlat myt vormengheder rode na rosen wise, myt den lippen nicht alte dicke; eyn scone slicht vn recht euendrachtich vorhouet vn de nese slicht vn sunder hauer’); sine oghen klar ὙΠ reyne ὙΠ sin sichte*) leflik; sin stant was recht vp myt enen othmodighen °®) ghebogheden halse; myt wytten suuerken handen vi myt bloten barueden 6) voten; nicht νὰ] van vlische an sinen Iychamme, men”) vrome sterke lede®), vn sine senen rechter manlicheyt; vn sin sprake scone van lude lustich to horende; sin rok blaw brun var alse fiolen edder ackeleyen®) blomen; vn alle sin ghelat vn bere'®) leflik othmodich alse eyn lam in aller dult. Vn wan eyn mynssche dyt bylde cristi aldus denne inwendighen ansut !!) myt den oghen sines herten, so 808] me dat so langhe ansen, so dat he dat lef krige νῇ bekenne, dat id sin vader sy. Vn so scal de bescouwende mynsche des Iydendes, dat he leden heft, den merken vn ouerdencken, wo dat vnse leue here ihc χ in also daner wise vi sconer staltnisse heft ghe- wesen, vi wo mystaldich 12) dat he do wart in den daghe vnser ver- losinghe; vi 868] den ouerdencken sin bitter Iydent, vn scal eme des dancken myt allen vlite, Amen.

BREMEN, Januar 1866. H. MARTENS,

1) gethaner. °?) = ebenmäßigen. 5) —= hover = Höcker. *) = Blick 5) demüthig. 9) = barfußen. 7) == aber. 3) = Glieder. ?) = Aquilegia vul- garis. 1%) Gelaß und Geberde, d. i.- Haltung und Bewegung. '') = ansieht. 12) missgestaltet.

104

ZU „DIE HOLDEN AM NIEDERRHEIN“

>

Die in der Germania 11, 412 f. besprochene Schrift über die angeblichen Geistererscheinungen auf einem Hofe bei Duisburg scheint im Anfang des 16. Jahrh., vielleicht auch schon zu Ende des 15., sehr beliebt gewesen zu sein. Weller verzeichnet im Repertorium typogra- phicum vier Ausgaben davon, nämlich drei Straßburger von 1500 (S. 15 no. 160), von 1505 (bei Mathis Hüpfuff, S. 37 no. 330) und von 1515 (bei demselben, 5. 111 no. 927), ferner eine Kölner von 1509 (bei Henrich van Nuyß gedruckt, S. 61 no. 523). Eine andere Kölner Ausgabe liegt mir vor („Gedruckt vff synt Marcellen straißen by Seruais Kruffter* am Schluß). Der Titel lautet: „VAn Arnt busch- | man vn Henrich sym alden vader dem | Geyst, Eyn wonderlich My- rackell, dat geschyet | ys yn dem land van ÖOleue by Düyß- | berch tzo Meyerich.] [Holzschnitt.| Gedruckt vp sent Marcellus straißen.“ Die Schrift beginnt gleich auf der Rückseite des Titelblattes: Hier beginnet eyn mirakel gotz van eynem geyst, datt geschiet is in dem lande van Oleue onder dem Uresem van Oollen by einer stat geheischen Duißberch, in eym dorp geheischen Meyerich. Im jair vns heren. M. ccce. xxxvij. in aller hilgen Maend“. Sie umfasst 5 Bogen in 4°. Die Rückseite des Schlußblattes nimmt ein Holzschnitt zum größeren Theile ein. Mit der Kölner Ausgabe von Heinrich van Nuyß scheint sie im Ganzen ziemlich genau zu stimmen.

ELBERFELD, Dec. 1866. W. CRECELIUS.

Ä LITTERATUR.

Deutsche Weihnachtspiele in Ungarn. Geschildert von Marcus Heinzel. Wien, Pichler's Witwe & Sohn. Mit dem Titel 31 Seiten. 8.. Selbstverlag des Verfassers.

Das Vorliegende ist eine Doctordissertation, in Folge deren der Verf. unter dem Decanat eines Germanisten von der Universität Zürich promoviert wurde *). Der Gegenstand war für mich anziehend, hatte ich ihm doch selber viele Mühe zugewandt und unter einem mit Obigem fast gleichlautenden Titel

*) Wie es in dem in Abdrücken vertheilten Diplom heiftt: „nropter dissertationem qu& studii in velustas cantilenas theotiscas que in Hungaria servantur specimen edidit doctoris dignitatem etc. detulit,“

LITTERATUR. 405

vor acht Jahren ein kleines Werk erscheinen lassen *). Mit dem. günstigsten Vor- urtheil nahm ich die Blätter in die Hand; ich war bald enttäuscht und erstaunt zugleich, hier einmal schwarz auf weiß zu sehen, was man, dem Forum einer Universität als Doctorand bieten darf, um dafür noch im J. 1866 mit dem Doctor- hute gekrönt‘ zu werden! Ich mußte umsomehr erstaunt sein, da die Schrift, die auf 30 Seiten mich oder mein Buch 40- bis 50mal citiert, jeden, der sie beurtheilen will, nöthigt, dasselbe einzusehen und da, sobald dies geschieht, die Unwissenheit und Charlatanerie des Verf. dann augenblicklich erhellen mußte. Daß H. keinen Buchstaben eines Liedes „gefunden, der altdeutsch genannt werden konnte (die Bauernhandschrift, die er ‘den Codex’ nennt, ist von 1808—-1810, also aus dem 19. Jahrh.!), und daß man seine neuhochdeutschen Kirchenlieder velustas cantilenas theoliscas nennt, ist wohl verwunderlich genug; man hätte aber _ Schlimmeres noch gefunden wenn man sich die Mühe genommen hätte, dem Gegenstande doch ein wenig gründlicher nachzugehen. Nur wenige Proben. Seite 12 theilt H. das Lied mit: "Kaiser Augustes leget an’ und bemerkt dazu (am Schlusse einer Anmerkung) triumphierend!: „Weinhold kannte Schröers Weih- nachtspiele nicht und beide nicht die vollständigen St. Johanner Spiele und Lieder!“ Nun habe ich Seite 31 meines Buches die ersten Strophen dieses Liedes, die Zahl der übrigen Strophen und zugleich auch das gedruckte Gesangbuch angegeben, dem es entnommen ist! Seite 18 sagt H., ich hätte von dem Liede: „Singen will ich aus Herzensgrund* nur zwei Strophen mitgetheilt, „obgleich es 14 sind“ und Seite 21 von demselben Liede: „hätte Schröer dieses ganze Lied gekannt!“ Seite 32 habe ich nun in meinem Buche gleichfalls mitgetheilt, daß das Lied 14 Strophen hat und daß es in demselben gedruckten Gesangbuche enthalten ist, wie das andere! Seite 20 führt Herr Marcus H. eine corrupte Stelle an und setzt mit drolligem Ernst hinzu: „so der St. Johanner Codex!“ ohne zu beachten, daß ich dieselbe Stelle in meinem Buche, Seite 178, als von Hans Sachs herrührend nachgewiesen und dort auch correct mitgetheilt habe ! —- Seite 23 und 27 gibt er Lieder, aus Cornert und Leisentritt und vielen neueren Gesangbüchern hinreichend bekannt, er konnte aus meinem Buche Seite 92, 167 sehen, daß sie mir vollständig bekannt waren. S. 30 führt H. eine Strophe an, die ich nicht haben soll; ich habe sie aus einer älteren Hs». in besserer Lesart mitgetheilt in meinem Nachtrag zu den Weihnachtspielen, den H. Seite 6 eitiert! Seite 18 theilt er 3 Strophen mit, die man bei mir „schmerzlich vermisst‘; die erste und dritte steht bei mir $. 59, die zweite Nachtrag 8. 8. Wir kennen aus solchen Zügen den Herrn Marcus H. aber noch immer nicht genug. Das könnte man noch Oberflächlichkeit, Flüchtigkeit nennen und, wenn er vom Vers der Weihnachtspiele, die der Hauptsache nach dem 16. Jahrh. angehören, sagt: „der Versbau ist der des 13. Jahrhunderts‘, so könnte man das mit der Unschuld bodenloser Unwissenheit entschuldigen. Schlimmer ist, wenn er mir thörichte Äußerungen unterschiebt, die mir nie in den Sinn gekommen, um über meine „vorschnellen Aunahmen“ (S. 4) und be- gangenen „Fehler“ (85. 4) sich breit zu machen, wie z. B. daß ich „den voll- kommensten Text entdeckt zu haben glaube“ (S. 4), daß ich „den Bruchtheil über das Ganze setze‘ u. s. w. Das Alles konnte man aus aller Ferne sehen, wenn man die Ahhandlung mit prüfendem Blicke betrachtete. Daß Herr H.

*) Deutsche Weihnachtspiele aus Ungarn, geschildert und mitgetheilt von K, J. Schröer. Mit Unterstützung der kais. Akademie der Wissenschaften gedruckt, Wien 1858. W. Braumüller.

106 LITTERATUR.

gar nicht weiß, worum es sich hier handelt, so deutlich dies aus meinem Buche erhellt (s. Zarncke’s Centralbl. 1858, Nr. 8), nämlich nicht um die in den Text eingestreuten neuhochdeutschen Kirchenlieder, sondern vielmehr um das Ganze des volksmäßigen Schauspiels, wie ich es, unbeeinflusst von moderner Cultur (im Gegen- satz zum Öberammergauer Passionsspiel), noch in alterthümlicher Weise beim Volke lebendig angetroffen und geschildert habe, lasse ich auf sich beruhen. Damit man aber sieht, wohin man mit der Doctorwürde kömmt, wenn sie auf diese Weise verliehen wird, so will ich hier noch eines Umstandes gedenken, der freilich aus der Schrift selbst nicht völlig ersichtlich wird. Herr H. hat alles, was er mittheilt, einem Andern zu danken, den er auf das Undankbarste aus- gebeutet hat, wohlweislich, ohne ihm die gedruckte Abhandlung, so sehr er dazu sich verpflichtet fühlen mußte, mitzutheilen, nämlich demselben Herrn Professor Stachovicz, Benedietiner-Ordenspriester, den er Seite 5 als einen „Herrn Lehrer“ im Vorbeigehen zu erwähnen so gütig ist. Die Treulosigkeit hat sich gerächt. Stachovicz zeigte ihm bei Mittheilung des „Codex“ unter Anderem zugleich eine Abschrift des 1617 gedruckten Erbauungsbuches von J. Boor: Geistlicher Glücks- hafen (s. Goedeke, Grundriß 285). Das hält nun H. gleichfalls für ein Volks- schauspiel und renommiert damit 8. 7 als mit einem „Spiele“, das ich auch hätte

entdecken sollen wenn ich nämlich so gescheid gewesen wäre, wie er! WIEN, December 1866. SCHRÖER.

Die Legende vom zwölfjährigen Mönchlein. Inaugural-Dissertation zur Er- langung der philosophischen Doctorwürde von Theodor Kirchhofer. Schaffhausen 1866. 8.

Das vorliegende Gedicht gehört durch die unschuldige Naivetät seiner Darstellung unstreitig zu den anziehendsten seiner Gattung und war daher gar wohl des Versuchs einer kritischen Herstellung des Textes werth, so wenig auch die Überlieferung in den beiden späten Handschriften dazu gerade verlocken mochte. Eine gute Anzahl Verse hat schon vordem Pfeiffer hergestellt in seiner Recension der Ausgabe von Maurer von Constant (Schaffhausen 1842), die aber eigentlich nur ein Abdruck nach der Schaffhausner Hs. war, in den Münchner Gel. Anz. 1843, Stück 156. Mit Benützung dieser Arbeit Pfeiffer's bat nun der neue Herausgeber einen im Ganzen ziemlich lesbaren Text geliefert. Daß nicht alle Stellen gleich glatt sich lesen, begründet bei der Beschaffenheit der Überlieferung keinen Vorwurf gegen den Herausgeber.

In der Einleitung bespricht Herr Kirchhofer die Handschriften, den In- halt der Legende und die Entstehungszeit. Eine Quelle des Gedichts hat er so wenig bieten können als Pfeiffer; bezüglich der Entstehungszeit müßen wir ihm beistimmen, wenn er im Widerspruch zu Wackernagel, der es ins 15. Jh. setzen will, es höher hinauf ins 14. rückt. Weiter aber als in den Anfang dieses (kaum in das Ende des 13.) Jahrhunderts wird es nach Versbau und Reim nicht zurückfallen. Die Kürzung wissag (Z. 1) lässt sich nicht bloß erst aus dem Anfang des 14. Jhde. und in Prosa, sonderu schon am Ende des 13. in Gedichten nachweisen, z. B. Helbling 2, 1147. Auch andere ähnliche Kürzungen wie herzog, mägzog u. ἃ. sind in dieser Zeit nicht auffallend. Jedenfalls hindert eine solche Erscheinung nicht, das Gedicht in die genannte Zeit zu setzen.

LITTERATUR. 107

Im Folgenden sei es gestattet, einige Bemerkungen zum Texte mitzutheilen. Sie mögen dem Herausgeber zeugen von der Aufmerksamkeit, mit der wir seine Arbeit durchgiengen. V. 1 hätte die Kürzung wer ich, da sie in der Senkung steht, auch graphisch ausgedrückt werden sollen. 11. gemeit braucht nicht nach F. in wol g. geändert zu werden, da doch im Allgemeinen δ΄ das größere Vertrauen verdient, und daher nicht ohne Noth von ihr abgewichen werden soll. steht ganz in derselben Weise V. 28. 13 ist zur folgenden Zeile zu ziehen und in 14 umzustellen begunde si, wie der Herausgeber in der Anm: vermuthet. Die Emendation wen statt was der Hs. S scheint nicht ganz sicher. F. liest darnoch, was vielleicht auf dannoch als das richtige führt. 15 wird metrisch lesbarer, wenn man im Anschluß an 4, gabe liest statt bescherie. 27. an ir selden art ist kaum mhd., ist s@lden varı zu lesen? Der Herausg. vermuthet in der Anm. selic, was auch nicht unpassend ist; jedenfalls aber darf in, was 5. bietet, nicht nach F. in an geändert werden, vgl. Nibel. 13, 1.

28 ff. sch wil minen sun zart in ein münechen klöster geben, daz er vertribe sin leben von keiner sünde eni£ret, und wurd diu buoch gelerei, dar näch min herze söre tobt, wurde got von im gelobt.

Der plötzliche unmotivierte Wechsel des Tempus erregt hier Anstoß. Es war wieder unnöthig, von S. abzuweichen, die ganz richtig liest: wurd er die ὃ. g. Natürlich muß dann nach 31 stärker interpungiert werden. 91 war, um die Senkung vollends einsilbig zu machen, besser gemälten zu schreiben. 93. begunde für das handschriftliche tet ist keine glückliche Änderung, es über- fallt den Vers; auch schuof scheint mir nicht das Richtige. Ich halte es für unnöthig, überhaupt zu ändern und diesen Beleg für den sonst allerdings sel- tenen auxiliaren Gebrauch von iuon zu tilgen. 102. Ziehe ich unbedenklich zum Folgenden. Nach 103 ist (,) zu setzen. 120. 121. Das Christkind erscheint

reht als ein kint niu geborn, daz küme sibennehlig ist.

So liest der Herausgeber” mit Pfeiffer nach A., bemerkt aber in der Anmerkung “das Christkind ist freilich erst eine Nacht alt’. Was δ. bietet, ist allerdings, wie es dasteht, unmöglich, führt aber vielleicht auf das echte:

reht als ein kint daz niu geborn in der selben nehte ist (Ὁ)

122 ist di nach $. herzustellen: wenn man sagt bi den tagen, bi den ziten, 80 hat auch bi der frist nichts anstößiges. 127. ist das verstärkende alsö ebenso unnöthig iu vil geändert, wie oben 11 86, 132. von liebe ist nach 5 her- herzustellen. 137. behendeclich (nach F.) ist, da einen Vers vorher hende steht, nicht ohne Bedenken. Die Lesart von 3. und gar schnelleclich ist aber ohnehin ganz unanstößig. 163. 164. Hier scheint die Lesart von F. vorzuziehen;

menlich hin ze köre dranc ein gestüele, daz was fin.

108 LITTERATUR.

181. ist das Correlativ swes zu setzen. 186. Die zwei Verse, die F. nach diesem allein hat, sind ohne Zweifel echt und aufzunehmen:

von daz münechlin gemint in rehter liebe sunder haz mit den ougen sin vergaz der zile und der buochstaben.

Dadurch wird der letzte jetzt überfüllte Vers lesbar. 215. 1. sin nach $S. 227. 1. weinden. 230. wis zu streichen, um den harten, in dem Gedicht überhaupt seltenen zweisilbigen Auftact zu entfernen? 6. mhd. Wb. 1,906", 36. 244. }. sterbens nach S aus metrischen Gründen. 249. 50. 1]. her : ker. Solche Kürzung begegnet in dem Gedicht öfter V. 8 hätle): rät, 238 bereit(e): breit; es ist also nicht nöthig, vier Hebungen bei klingendem Reim anzunehmen, was freilich gar nichts Auffallendes hätte. Warum her besser passen soll, ist nicht einzusehen. 261. in die nach 4, ist vorzuziehen. 270. Als das Mönchlein das lebendige Brot empfangen, kam ein liehter sunnenblic got selber durch daz ober dach. In dieser Fassung ist die Stelle unmöglich und der Heraus- geber zweifelt selbst an ihrer Richtigkeit, aber sein Besserungsvorschlag in liehtem s. genügt nicht. Ich vermuthe kam lieht als ein s. Statt ober dach ist zu lesen obedach. 281. ist loplich zu schreiben. Das : der flexionslosen Form der Adjectiva auf -lickh gebraucht unser Dichter sonst durchweg kurz, s. das Reimverzeichniss S. 45°. An dieser Stelle ist ungenaue Quantität im stumpfen Reime anzunehmen, wie öfter. 285. ist zum Vorhergehenden zu ziehen. Der Knabe wird von den Engeln mit Gesang begraben; 1. mit gesanc. 288. 89. Der Schluß des Gedichts ist in den Hess. zwar sehr unzuverläss- lich überliefert und daher nicht vollends herzustellen; an dieser Stelle scheint aber doch eine Besserung möglich. Ich lese mit Entfernung eines einzigen Buchstaben: ditz wunder[ti] frouwen und ouch man vernämen an Kristes naht.

WIEN, 9. Juli 1866. J. LAMBEL.

Deutsch-keltisches, geschichtlich-geographisches Wörterbuch zur Erklärung

der Fluß-, Berg-, Orts-, Gau-, Völker- und Personen-Namen Europas, West-Asiens und Nord-Afrikas im Allgemeinen, wie Deutschlands insbeson- dere nebst den daraus sich ergebenden Folgerungen für die Urgeschichte der Menschheit von Wilhelm Obermüller. Leipzig. Ludwig Denicke. 1866. Erste Lieferung (8. 1—96). '/, Thlr.

Der Verfasser des hier genannten Wörterbuches hat sich vorgenommen, Personen- und Ortsnamen, die auf unserem Erdball angetroffen werden, gleich- gültig ob sie indischem, assyrischem, griechischem, römischem oder germanischem Boden entsprossen sind, zu erklären, und glaubt dies einzig durch willkürliche Benutzung einiger keltischer Wörterbücher zu Stande zu bringen. Ein trau- riges Unternehmen, da die verwendete Mühe vergeudet und eine solche Arbeit in den Händen Vieler geeignet ist, Irrthum statt Wahrheit zu verbreiten. Daß der Verfasser nicht die leiseste Vorstellung von Sprachforschung und wissen-

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schaftlicher Methode hat, zeigen unter Anderem seine Erklärungen germanischer Personennamen, deren einige der Sonderbarkeit halber hier eine Stelle finden mögen. 8. 3: Abbo, Obbo, Uffo, Ovo ἃ. i. ambha (Mensch, Mann); 5. 12: Adel- gunde d. i. ail, ealgh, ealdh (edel, adelig) und cedni (Jungfrau); Adelbert d. i. Sohn (bert) des Edlen; Berta ἃ. i. Tochter’, von bearaim (tragen, gebären); 8. 46: Albrecht ἃ. 1. al (hoch) und rath, reidh oder braiht, braht (Reisiger, Soldat), also "hoher Kriegsmann’ ; 8. 57: Alibert ἃ. i. ail (fremd, lat. alienus) und dert (Sohn), also "Sohn des Fremdlings’; 8. 45: Alboin, breitere Form für Albin, Alban und Albert (großer, hoher Sohn) d. i. al (hoch) und bin (Sohn, arab. ben); ὃ. 52: Alfons = Alboin d.i. "großer Sohn’ ; Alfred = Albret, ver- setzt für Albert; 8. 39: Alarich d. i. al (groß) und righ (König); Vodalrich d. i. uad (edel). al (groß) und reach (Mann, Vasal), also “edler Dienstmann’; S. 45: Audoin ἃ. i. aith- duin (hoher Mann); $. 47: Alcuin ἃ, 1. ealg (edel) und al oder duine (Mann); 85. 24: Garibald ἃ. i. earc (Herr, Fürst) mit ver- setztem c und giol, gold, galt (Diener) ; 5. 25: Tassilo ἃ. i. ius, tuis, tuath, duais (Fürst) und il (groß); T’heudo ἃ. 1. ebenfalls tuath (Fürst) ; Hugibert ἃ, i. “Sohn (dert) des Oghan oder Ughon (Jünglings)’ ‚oder, wenn man Hugi für Ego, Ecco, Egon nehmen will, als ‘Sohn des Reiters’ von each, ech (Pferd) und al, o oder an (Mann), zusammen eachan (Pferdemann, Reitersmann); Bilitrud d. i. bill (klein) und truadh (arm, elend, gemein) ; ; Plictrud ἃ. i. blagh (Prahlerei) und truadh (elend), also “elende Schwätzerin’; ; 8. 46: Kunimund ἃ. i. cean (Haupt- mann) und mund oder muath (adelig); Rosamunde ἃ. i. oros —= was (edel) und muath, gleichfalls edel; 8. 9: Odin, Adonis, Adonai ἃ. i. y oder a (kymbr. Ar- tikel) und duin (Mann, Herr, Fürst, Gott). 8. 12 wird der gallische Name Adiatorix als ‘Herr der Stadt’ durch aiteas und τὶς erklärt und 8. 18 werden Osiris durch ais oder as, uisge (Wasser) und air (Mann), dann der indische Gott Varuna durch bior (Wasser) und an (Mann), also beide als “Wassermann vorgeführt FRANZ STARK.

Des Büheler’s Königstochter von Frankreich mit Erzählungen ähnlichen Inhalts verglichen und herausgegeben von Dr. J. F.L. Theod. Merzdorf. Oldenburg, Schulze’sche Buchhandlung, 1867. 260 Seiten 8°.

Des Büheler’s Diocletianus gehört unstreitig zu den besseren Gedichten aus dem Spätherbste mittelalterlicher Poesie und mußte diejenigen, welche sich mit ihm beschäftigten, reizen, auch das ältere Werk desselben Verfassers, die bisher nur in wenigen alten Drucken vorhandene und aus dürftigen Auszügen bekannte Königstochter kennen zu lernen.

Daß Merzdorf daran gieng, das Gedicht zugänglicher zu machen und neu herauszugeben, ist gewiss ein dankenswerthes Unternehmen; dasselbe bietet manche nicht unwichtige und interessante Seite.

Auch damit, daß der Herausgeber die Orthographie seiner Vorlage bei- behielt, kann man im Allgemeinen einverstanden sein, wenn auch dieselbe, wie hier, nahe an hundert Jahre jünger ist als ihr Original *).

*) Durch Grüninger. Es wird durch diesen Druck zugleich die Angabe Wein- holds, Gramm. 3. 103 „die Grüningerische Druckerei hält noch 1500 am alten fest“ berichtigt. Er zeigt nämlich schon häufig ei für i, doch nur vor n.

110 LITTERATUR.

Dazu kommt, daß der Straßburger Druck von 1500, welcher als erster wie billig die Grundlage uuserer Ausgabe bildet, eine Mundart zeigt, die, von der des Dichters nur in wenigen Einzelheiten sich unterscheidet. Eine 'Thatsache, welche allerdings Merzdorf nicht erkannt zu haben scheint, der über die Sprache des Dichters, die ja nun, da beide Werke von ihm vorliegen, zu bestimmen war, beharrlich schweigt. Im Gegentheil bewegt sich seine Vorrede, in welcher er sich über die von ihm befolgten Grundsätze zu rechtfertigen sucht, in Allgemeinheiten, welche theils abgebraucht, theils trotz ihrer Prätension schief und unrichtig sind und nur beweisen, wie wenig er mit sich über seine Auf- gabe im Klaren war. Der Abdruck selbst ist flüchtig, es fehlen an verschie- denen Stellen Verse (so nach V. 2739. 3654. 6621. 6950), ohne daß wir erfahren, ob sie auch im ÖOriginaldrucke fehlen. Sinnstörende Unrichtigkeiten der Vorlage werden meist weder bemerkt, noch zu verbessern gesucht und die beigegebenen „erläuternden“ Anmerkungen suchen, was sprachliche Unkenntniss anbelangt, ihres Gleichen. Sie stehen meist dort, wo der Sinn ohnehin klar ist, und fehlen, wo man sie brauchte. Einige Proben möge man mir erlauben.

Vers 327 lautet: Μὲ grosser sorgen sie da wielt. dazu in der Note die Parallelstelle: mit gedanken er do wülte in im selber. Pass. Köpke 61,80.

V. 482. Alles Iyden was gar ein wind. N: winde = Schmerz!

V. 1007 und 1008. Ir mügent selber an sie gebern, Wesz sie üch dann wölle gewern. N.: nu fürhte ich...den grimmen töl daz er mit swere an mir ge- bere Wealth. 123, 9. sich zeigen, sich benehmen! Offenbar ist statt gbern des Druckes: gern oder begern zu lesen. 8. Grimm, ἢ. Wtb. 1, 1289.

V. 2064 wird das praet. geböt mit „Gebieter“ übersetzt!

V. 2867 f. So wil ich üch noch thum schin (: kemerlin) Vnd auch sagen bessere mer. N.: schöne (zu schin!). daz si im heiten grüezen δ rehte schöne getän Nib. 104, 4.

V. 4486 f. Wir sind zwen arme betieler, des almuosen wir uns begond. N. begän, suche zu erwerben. friuntliche liebe swer die kan begän Nib. L. 1174, 2.!! (Diese Anmerkung dürfte wohl die schönste sein.)

V. 4799 f. Wann der knab kund sich verschulden Das er bleib in mengclichs hulden. N. verhalten, betragen; von verschol : wande er hete ez 86 versolt, daz si im alle wären holi Mai u. Beafl. 69, 27.

An ‚diesen Stellen, die sich leicht um’s doppelte vermehren ließen, sei es genug, genug um zu beweisen, daß des Herausgebers sprachliche Kenntnisse auf einer Stufe stehen, deren nähere Bezeichnung man mir erlassen mag. Wenn jemand in einer Sache irrt, die er zum erstenmal behandelt, so kann man ihm verzeihen, wenn aber ein Mann Dinge, die im mittelmäßigsten Wörterbuche stehen, nicht weiß, oder wenn schon dies der Fall, zu bequem ist, sich dort Raths zu erholen, so ist das eine Beleidigung und Missachtung der Wissen- schaft und ihrer Vertreter, eine Beleidigung, die nicht scharf genug getadelt, nicht energisch genug zurückgewiesen werden kann.

Es kann nicht meine Aufgabe sein, alle verderbten Stellen des Gedichtes hier zu besprechen und zu bessern. Einige haben bis jetzt allen Versuchen getrotzt, andere sind mir vielleicht gelungen; ich setze die sichersten hieher.

V. 958 lies weste für das sinnlose und reimstörende gesie.

V. 1138 statt Mit den üweren geschwecht sein zu lesen: An den (Ὁ) iren Eren.

V. 2619 statt randi zu lesen dranc (: sanc).

LITTERATUR. 11]

V. 3421 statt des Beistriches ein Punkt zu setzen und im folgenden Verse der Punkt zu tilgen.

V. 4202 lies gehän für gethan.

V. 4762 statt sireben zu lesen sweben.

V. 5155 statt da habe : daz selbe.

V. 6294 hat Merzdorf das mir des Druckes ohne Noth in πὲ verändert, indem er die Bedeutung von wen als warum nicht übersieht.

V. 6618 statt des unpassenden winden ist worten zu lesen oder seitenspil in vederspil zu ändern.

V. 6710 lies rünete statt rumete.

V. 6750 vielleicht: Da willt der künig ınen beiden statt Da will u. =. f.

V. 7487 statt m& lies ie und in der folgenden Zeile statt das : dö. ι

VV. 7918 u. 7919 sind zu streichen als Zusätze eines Schreibers. Ohnehin stehen sie im Original am Rande und fehlen im Drucke von 1508.

vV. 7935 ist gelücke in ungelücke zu ändern und. sonst der Text unver- ändert zu lassen, vgl. Diocl. 3912.

V. 8056 lies hart für hat.

V. 8062 ist zu lesen: Vnd sie noch dan was in der mecht.

Aus einigen der hier angeführten Verderbnisse geht bereits hervor, wie willkürlich die Vorlage an einzelnen Stellen geändert sein muß), weshalb es auch oft sehr schwer ist, eine sichere Besserung zu finden.

Über die litterarhistorische Einleitung gehe ich hinweg, sie enthält eine bloße Zusammenstellung verschiedener Versionen derselben Sage und zeichnet sich durch ungebührliche Breite aus.

Zum Schlusse noch Einiges über den Dichter. Er nennt sich selbst mit seinem vollen Namen im Diocletian Vers 9435 ff.:

Hienäch ouch geschriben stät wer ditz buoch getihtet hät: Hans von Bühel man mir giht*)

Wenn also Merzdorf Seite 49 behauptet, es finde sich der Name Hans v. Bühel nicht in seinen Werken, so hat er den Diokletian entweder gar nicht oder sträflich flüchtig gelesen.

Als Abfassungszeit ergibt sich für die Königstochter der Februar des Jahres 1400. Sic ist also, und das mag manche Wiederholung im Gedichte verzeihen, mitten unter dem Eindruck der französisch - englischen Kriege ent: standen. Im Jahre 1328 begannen diese und dauerten bekanntlich mit manchen Unterbrechungen das ganze 14. und einen Theil des 15. Jahrh. fort. Einem englischen Parteigänger des 14. Jahrh. verdankt wohl die Quelle unsers Ge- dichtes ihre Entstehung, welcher die Ansprüche Englands, indem er eine alte Sage mit ihnen in Verbindung bringt, bekräftigen will.

Der Umstand, daß unser Dichter, welcher wohl schon damals in der Nähe von Köln sich aufhielt, gerade diese Version benützt, zeigt neben manchem Andern, wie damals am Rhein noch wie zu Anfang des Kampfes die Stimmung den englischen Königen günstig war.

Vergl. Als einem keiser beschah, Octavianus man im sprach, Diocl. 3986.

112 LITTERATUR.

Die Heimat unsers Dichters scheint jedoch anderswo gewesen zu sein und zwar im Elsaß. Von dort eingewandert, hat er allerdings der niederrhei- nischen Mundart, die ja mit der elsäßischen manches Verwandte hat, in einigen Puncten nachgegeben. Eine Darstellung der in den Reimen beglaubigten Formen mag meine Ansicht erweisen helfen.

Abgesehen von Quantitätsverletzungen im Reime (mit Ausnahme von «u: ἢ), im einsilbigen wie im zweisilbigen, mache ich Folgendes namhaft:

a:e: har: dar K. 597. 604. 7786. brennen : dennen K. 1468. ich erzale:

in dem sale D. 7052. entlede : rede D. 5764. rede : ich entlede D. 6990.

α 10 .:vor:zwar K. 8226. ach : noch D. 931. darvon : gän D. 1911 rät: er geböt D. 7372. ertöt : missetät K. 5594. 78 : fr6 D. 2722. Als Localpartikeln häufig τοῦ und ἀδ.

e:@: her:mer K. 652 her: swer K. 2120. were: verre K. 1364. her : were D. 8450. sehen : gesmehen D. 8644. So häufig, daß ich mich mit diesen wenigen Beispielen hier bescheide.

i:ie : mir: schier D. 689. zier: ir D. 5976. dir : ich verlier D. 8375.

: ἴω : zwifel: tiuvel K. 3774. D. 5566. 5618.

u:uo : Im Reime sun : tuon D. 699 K. 6682 sehr häufig, aber auch: gesuont : kunt D. 3798. an der stunt : ir tuont D. 5950. umb : richtuom D. 7775. sun : ruom D. 2202. In diesen Fällen also bloß im Diocletian.

w:o : Im Reime sun : von K. 2550. K. 4008. Ὁ. 1648. Ὁ. 5194. sun: gewon D. 2044. davon : nu D. 4308. überkon (= komen) : sun D. 713. verkunt: wont D. 1268. sun : kun (Inf.) D. 6388. komen : zetrumen D. 6432. zuo stunt: er wont D. 7618. zuo stunt : si komt D. 7781, vgl. auch D. 5256, 5286 u. 7781.

0o:uo : davon : tuon D. 5600.

Ο: : komen : sümen D. 8445.

iu : : bediut : hüt (n. 8.) K. 1973. büwen : mit triuwen D. 264. riuwen: büwen K. 3594.

iu: ü: fründe : urkünde D. 308. verkünden : fründen D. 1264. türe : ich verlüre K. 656. fründ : ich ergründe K. 2099.

ou: öu : geschouwet : vröuwet D. 565. houwen : gefröuwen D. 1068. abge- houwen : fröuwen D. 3534.

2: üe (Ὁ) : türen: vüeren K. 2574.

u:ü: gestunden : ergründen K. 4248.

ei: δὲ (ὅπ) : eigen : erzeigen K. 7074. neiget : erzöuget D. 673. vröude: beide D. 9182. 9294.

e:ebe : gende: hende D. 6266. Hier wiederhole ich die schon oben an- geführten Formen: überkon (Inf.) : sun D. 713. sun : kun (Inf.) Ὁ. 6388.

οὗ τῷ : sprach : besach (besag) K. 3511. lacht’ : nacht D. 5442. nacht: gelacht (gelegt) D. 8481.

d:t: besunder : munder K. 3529. gnäden : beräten D. 380. lande : nande D. 7637. zäten : Üden D. 7448.

h (Abfall ausl.) her : überzwer K. 3051. enphalk:: al Ὁ. 1100. aldö : D. 6900. ᾿

: οὐ : mich: ich sich K. 5960. ich sich : mich D. 483. sprache : sache D. 513.

m :n : In sehr großer Anzahl, weshalb nur einige der hervorragendsten Belege hier stehen sollen: tuon : ruom K. 464. an der ram : gelän K. 538.

LITTERATUR. 113

alleine : heime K. 2414. dahin : von im K. 3555. vor imme : sein sinne K. 4892. plan: kam K. 6941. hin: mit im Ὁ. 2372. heim : clein D. 2162. getän : kam D. 4410. kumpt : munt Ὁ. 5256. kumt : stunt D. 5286 u.e. f..

n (inl. Ausfall) : damit : unbesyt (sint) K. 2798. heisz : keisz (keinez) D. 3784.

n (aus). Abfall und Reime von e : en) : darzuo : wil kunt tuo K. 3932. (st [Inf.] : δὲ Κα. 3055?) ick two : zuo D. 3452. 6842. ruo : suon’ D. 3594. davon : nu D. 4308. kamen : verneme K. 4430. alle : kallen (Inf.) Ὁ. 3026. bestellen : die quele D. 3148.

r für s : er verlor : tor K. 486. ich verliere : schiere Ὁ. 4860. 7815. dir: ich verlir D. 8375. fure : ich verliure Ὁ. 6638. vor : erkor D. 5826.

8: sch : armbrust : verlust K. 2981. erwust : kust D. 8891.

812 häufig, ich setze nur folgende Belege, in denen die Reimfreiheit in lautend sich findet, her: messe : vergezze K. 2395. ir wizzen : hindernisse K. 5632. messen : ezzen D. 114.; ferner du häst : du enläst K. 1982. du häst : du läst D. 8335. vast : undersast D. 4325.

δ: χί : an miner statl: gesatt D. 4168, 4234. 5264. 5596. 7729. 7751. statt: er sat!’ D. 4096.

Von niht finden sich folgende Formen nebeneinander: geschiht : niht Καὶ. 3535. niht : gesiht D. 134. 245. 685. 777. ich bit: nit K. 1062. Ὁ. 60. 8021. δι: nit Ὁ. 774. Der Königstochter allein gehören: lüte: nüte 1178. lüt: nüt K. 3697. Vom geschlechtigen Pronomen lautet der Nom. und Acc. sing. f. und Nom. und Acc. pl. m. sie, wie sich aus den Reimen ergibt. Der Nom. sing. f. des De- monstrativums lautet: hie: die K. 3710.

In derDeclination bemerke ich eine bedeutende Ausdehnung der schwachen Formen. Trotz des oben nachgewiesenen Reimes von e: en stehe ich doch nicht an, diese Behauptung aufzustellen, weil solcher Reime, wo sie sich nicht auf diese Weise oder wie unten bei der Conjugation erklären lassen, sich nur zwei finden. (Siehe oben.)

dingen (acc. pl.) : vol bringen K. 6692. lupperteschen (dat. sing.) : geweschen K. 1654. zuoschriben: mit ..wiben (sing.) Ὁ. 1728. bi der müren : türen (Inf.) D. 5896. mit cluoger sachen: machenD. 5936. δῖ miner krönen : lönen D. 7430. üf der erden: werden D. 8599.

Conjugation.

1. Sing. eben : die wil ich leben K. 1824. ich kummen : du hast vernomen K. 1394. ich getruwen : geruwen D. 228. ich läzen:üf der strassen D. 250. ich kallen : gefallen D. 2838. ich meinen : zu weinen D. 3660. ich erzelen : Israhelen D. 7719. Brechung: rechen : ich sprechen K. 3629 (üf der erden : ich werden D. 8557).

2. Pluralis auf nt: ir sprechent : gerechent D. 577. zu hant: ir länt D. 7428. kintzir sint K. 756. 2278. 4744. Ὁ. 64. 6648. 6472. 7258. ir hänt : sie stänt K. 3476. verbrant:ir hänt K. 6166. ir hänt:erkant K. 6560. ir hänt : gemant Ὁ. 5110. ir hänt:geschant Ὁ. 6374. 6446. ir hänt: gesant D. 7799. ir gäbent: ir habent D. 8687. (Dagegen rät : ir hät D. 2952. stät : ir hät D. 5895.) an der stunt : ir tuont D. 5950. hant : ir verstänt Ὁ. 9176.

Auf en, das, wie Weinhold S. 888 u. 368 richtig behauptet, in elsäs- sischen Schriften besonders häufig ist. Auch in unsern Gedichten überwiegen diese Formen an Zahl die andern auf nt um ein bedeutendes. (5. oben nur zwei sichere Beispiele der starken Conjugation, keines der schwachen.)

GERMANIA XII, 8

114 LITTERATUR.

ir tragen: sagen (Inf.) K. 3708. ir keren:eren K. 106. ir nemen : schemen K. 108. ir senden : wenden K. 7298. ir gebieten : nieten K. 7754. ir enbieten: nieien D. 224. ir räten:sie täten D. 388. ir wizzen : gevlizzen D. 871. (siben) wisen : ir prisen D. 4976. ir verharen : beteeren D. 5762. ir geleiten : heiten D. 6286. armen : ir erbarmen D. 6756. ir schemen : nemen D. 6758. ir hazzen : in gazzen D. 7442. ir geben : eben D. 7490. ir gesehen : jehen D. 7502. ir leben : geben D. 9344. armen : erbarmen (Imperativ) Ὁ. 9238. verdriezzen : ir liezzen K. 6218. ir haben : knaben D. 1064. 1394. 5772. ir wellen : gesellen K. 968. gesellen: ir wellen K. 3960. ir wellen : widerstellen D. 178. gesellen : ir wellen D. 4176. ir wellen : gesellen D. 6240. (Dagegen ir welt : gefelt D. 3786.)

Die 3. Pluralis praes. wirft D. 146: die wisen : sie prisen das t ab, wäh- rend die 3. Pl. im pret. t annimmt K. 4720: si zugent : jugent K. 4428. si zugent : al ir vermugent. Einzelne Verba, so weit ihre Formen noch nicht Be- rücksichtigung fanden, mögen hier folgen.

Haben.

1. Plur. pres. si stänt:: wir hänt K. 2270. wir hänt: Engellant K. 5838. :ermant K. 6714. : lant K. 7578. knaben : wir haben D. 3064.

Pr&t. ind. wetten : si heiten D. 2900. Nach diesem beweisenden Reime können die Formen in den Gedichten vielleicht geregelt werden, wiewohl auch hatte Geltung zu haben scheint.

Neben haben finden sich auch: gehebt : swebt K. 6072. lebte : er behebte D. 4962. leben : sich geheben D. 927.

Sin.

1 Pl. wir sind : kind K. 6907. 7600. D. 619. 1638. : er vint D. 26.

Part. prat. min :gesin K. 3081. 6534. gesin: kleinetlin K. 602. schifelin: gesin K. 2648. gesin : hin Ὁ. 2114. 2334. min:gesin Ὁ. 4402. 6952. 7308.

Tuon. wir tuont :stuont D. 3342. Prat.: tette, tät οἷ]. tete. Gän.

Conjunctivformen: gange :lange K. 180. 2755. zergange : lange K. 1368.

lange :gange D. 2024. Imperat.: gang: sprang K. 4416. lant:günt Ὁ. 6314. Wizzen. Pret. si wisten : fristen K. 2440. ist: wan ich wirt! K. 3099. neste : si weste D. 7454. leste:er enweste D. 6332. Wellen. wir wöllent :wir söllent K. 2230. Stän.

Conj. stande : von lande K. 2354. Ὁ. 7390. Imper. geschant : verstant D. 3824.

Rückumlaut findet sich: wart : verzart K. 3804. gestalt :erzali K. 1852. zerzart : gespart D. 6376. zezart : wart D. 888. zart : verkäri D. 8701 und die oben angeführten Formen gelacht : nacht D. 8481 und lacht’ : nacht D. 5442.

Aus dieser Zusammenstellung, in welcher ich nichts auf die Frage Be- zügliches übersehen haben werde, geht hervor, daß der Verfasser seiner Heimat nach dem Elsaß angehört habe. Sein Aufenthalt am Niederrhein hat seine Sprache beeinflußt, daher einige dieser Gegend angehörige sprachliche Formen.

WIEN, im Jänner 1867. JOSEPH STROBL.

115 MISCELLEN. Br

ZUR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN PHILOLOGIE. I. Briefe von Jacob Grimm.

C. an L. Uhland, K. A. Hahn, K. Frommann, Th. Vernaleken, K. J. Schröer und A. v. Ipolyi-Stummer.

I. J. Grimm an L. Uhland.

1.

Cassel 22. apr. 1829.

Hochverehrter herr, da ich eben an herrn Schwab schreibe, kann ich nicht umhin dieses blatt an Sie beizulegen, es soll bloß für die schönen per- gamentblätter *) danken, die Sie mir vorigen winter zu übersenden die güte gehabt haben. Sie sind aus dem gedicht des pfaffen Chuonrat, das mein bruder herauszugeben beabsichtigt und waren ihm sehr willkommen. Eben hat er die zeugnisse für unsere deutsche heldensage in einer besonderen schrift, die bald ausgedruckt sein wird, umständlicher als bisher geschehen war, bearbeitet. Dem gerücht nach (ich weiß es bloß aus briefen von Lassberg) haben wir von Ihnen bald ein werk über unsere alte poesie zu erwarten, worauf ich mich sehr freue.

In den literaturzeitungen überschlägt man vieles; ich darf Sie daher auf eine hübsche recension Meusebachs von Hallings gl(ückhaftem) schiff in der hallischen nr. 55. 56 aufmerksam machen, die ich vor einigen tagen gelesen habe. Halling hatte mich letzten herbst hier besucht und mir persönlich viel mehr gefallen als seine arbeit in diesem buch. er ist auch von Meusebach freundlich aufgenommen worden. Sie müßen darauf gefaßt sein einige anspie- lungen ‘in der rec. jetzt noch nicht zu verstehen, es geht mir ebenso. Auf den werth des Fischart’schen gedichts selbst geht Meusebach nicht recht ein, ich habe es ihm und Halling ehrlich gestanden, daß ich es unter meiner erwartung gefunden habe. denn es war mir noch ganz unbekannt; aus dem schönen stoff hätte jeder heutige dichter viel mehr zu machen gewußt und selbst Hans Sachs würde ihn beßer behandelt haben; Sie haben vollkommen recht, daß Fischarts hauptschrift der Gargantua ist und dem zu gefallen verdient er auch vollständig heraus gegeben zu werden, (aber)**) der Eulenspiegel reimweis bleibt unter dem gegenstand.

Mit wahrer verehrung Ihr ergebenster Jacob Grimm.

Oassel 22 apr. 1829. |

2.

Cassel 31. dez. 1839. Meine wege gehen auf Ihre straße, aus der Sie aber auch gern in jene abzulenken pflegen.

Ich übersende hier die ausgabe zweier angelsächsischer gedichte ***), deren

S. XXIV. **) Hier ist mit dem Siegel ein Wort abgerissen. " Pf. ***) Andreas und Elene. Cassel- 1840. Pf,

8*

*) Es ist bloß Ein Blatt, s. W. Grimm, Einleitung zum Ruolandesliet. Gött. 1838. Pi.

116 MISCELLEN.

stil schon an sich merkwürdig ist und ınanches aus Beowulf näher erläutert. Vielleicht achten Sie auf ein paar mythologische bemerkungen, in denen ver- sucht ist, den abweichungen des angelsächsischen cultus von dem altnordischen beizukommen. Daß uns die Edda über Osci und Omi im dunkel lässt, mag eben im hervortreten dieser äußerungen derselben gottheit bei andern deutschen stämmen begründet sein, wenn mich die aufgefundenen spuren des Vunse und Vöma nicht zu weit verleitet haben. Ich möchte darin eine etwas geistigere stufe des Wuotan erkennen als die sinnliche fassung des Odinn ist. Auf allen fall scheint mir die festere anknüpfung und der zusammenhang des alten lebens von wichtigkeit.

Haben wir nicht bald Ihre untersuchungen tiber Odin zu erwarten? Doch freue ich mich eben so sehr auf die, welche Sie jetzt zunächst dem volksliede zu theil werden lassen. Ganz Ihr Jac. Grimm.

3. Berlin 13 juli 1847.

Es wird Ihnen, verehrter freund, wie mir von Dresden aus die einladung zugekommen sein, über einen dichterpreis zu entscheiden, der von Tiedge oder zu Tiedges andenken gestiftet worden ist. Solch ein urtheil vermögen Sie nun weit richtiger zu fällen als ich. Mir ist der gedanke gekommen, ob wir nicht denselben Ihrem landsmann Mörike zuwenden sollten. Vor einiger zeit las ich seine Idylle vom Bodensee mit wolgefallen (ist der gute spaß mit der im walde spöttisch angestellten hochzeit in schwäbischer volkssitte begründet?). Wenn Sie meiner ansicht sind, so melden Sie mirs, oder geben Sie noch bessere an; denn ich folge Ihnen willig.

Seit Sie mich vorigen herbst zum Tübinger posthaus geleiteten, habe ich Sie noch oft in gedanken gesehen. Im postwagen saßen nur drei württember- gische schulmeister, die nichts von Ihnen wusten.

Unterdessen bin ich nicht faul gewesen und habe schon den ersten theil meiner Geschichte der deutschen sprache gedruckt vor mir liegen, von der ich Ihnen redete. Er soll aber erst ausgegeben werden, wann auch der zweite voll- endet sein wird, und bis dahin werden Sie sich schon gedulden.

Die herzlichsten grüße an Sie und Ihre frau. Jac. Grimm.

I. J. Grimm an K. A. Hahn.

1. Göttingen 19 jun. 1833.

Ich bin auf alle weise verhindert gewesen, Ew. Wolgeboren zuschrift vom 23 mai früher zu beantworten. Es ist nicht leicht aus der ferne über die zweckmälßigste einrichtung eines studiums, das die meisten als bloße neben- sache betreiben, rath zu geben. Indessen leuchtet aus Ihrem briefe so viel ernste liebe zu unseren älteren sprachdenkmalen, daß Sie mit dieser auch ohne mich den rechten weg finden werden, und ich Ihnen vielleicht mit nutzen einige lei- tende vorschläge machen kann. Es gibt überhaupt viele methoden, die im grunde gleich gut sind, und nach den neigungen, anlagen und vorkenntnissen eines jeden bestimmt werden müssen. Weniger liegt daran, unterwegs alle irrthümer und fehler zu vermeiden, als sich mit ausdauernder lust auf der bahn fest zu halten. Hauptsache ist, die quellen oft und viel zu lesen. Dabei habe ich mir

Δα.

MISCELLEN. 117

das, worauf mein augenmerk jedesmal gerichtet war, in einzelne collectaneen eingetragen, versteht sich nur das wichtige was sich gerade ergab, oder das schwierige, was nicht gleich beseitigt werden konnte. Ein gutes, erweckendes mittel ist auch das | sorgfältige copieren guter handschriften. man darf sich die mühe nicht verdrießen lassen, das abschreiben ist mechanisch und langweiliger als das lesen, aber weit sicherer; man sieht dabei genauer zu und lernt unver- merkt, davon abgesehen, daß man sich den näheren besitz eines ungedruckten, vielleicht nicht sobald im druck erscheinenden denkmals erwirbt. Sie befinden sich dazu an einem höchst günstigen ort. Wählen Sie sich etwa Philipps Maria (cod. 394) oder Tantarias (370) oder Lanzelot (371) oder wozu Sie sonst lust tragen. Absicht zur herausgabe braucht nicht dabei zu sein. Es ist gut, irgend einen deutschen dialect genauer zu lernen, und der des 13. jh. zieht unter allen am meisten an. Zu studieren rathe ich vorzüglich Lachmanns ausgaben, namentlich des Wolfram von Eschenbach, Berlin 1833; der dichter ist schwer aber der arbeit werth. Meine grammatik ist nicht für den unterricht berechnet, sie schreitet oft zu unsicher, oft zu weitläuftig, nicht selten auch zu | kurz vor; ich habe selbst noch vieles zu lernen, bevor ich ein tüchtiges lehrbuch zu schreiben vermag. Nachgelesen und daneben gebraucht kann sie aber werden. Ulphilas und Otfried (nach Graffs ausg.) würde ich monate lang dazwischen vornehmen, das mhd. aber zum mittelpunkt meiner studien machen. Ihre auzulegenden collectaneen können sich beziehen 1. auf wortverstand; 2. auf grammatik; 3. auf metrik; 4. auf den inhalt des gedichts. Sie müssen selber darüber mit sich einig werden, welche dieser rücksichten Sie vorwalten lassen wollen; am wenigsten die letzte. Ergebenst Jac. Grimm.

2. Lieber freund,

Sie erklären sich das sonst unbegreifliche von selbst, wie ich für Ihre zueig- nung *), die schon über sechs wochen in meinen händen ist erst heute danke. Sie langte an als die gefahr über Wilhelms schwere krankheit, die uns ein vierteljahr lang betäubt und bestürzt hat, noch mitten in der entscheidung lag und aus einer gestalt in die andre übergieng. Erst seit 14 tagen dürfen wir ihn als gerettet betrachten, aber nur halbe tage verlässt er das bett und hat sich der freien luft noch gar nicht aussetzen dürfen, was doch seine völlige genesung fordert. In dieser ganzen trüben zeit, während welcher ich auch ein paar wochen das bett hüten muste, war ich froh, meine vorlesung halten und die nothwendigsten academischen pflichten erfüllen zu können; der briefwechsel muste ruhen.

Der beweis von freundschaft, den Sie mir durch die widmung Ihres buches geben, hat mich herzlich erfreut. Genau und allerwärts habe ich es noch nicht gelesen, was ich aber prüfen konnte, bezeugt mir aufs neue ihren fleiß und Ihre gründliche einsicht. Ich bin natürlich auch in der flexionslehre seit 1822 weiter vorgeschritten, wie meine neue auflage beweisen wird; die declinationen namentlich hatte ich bereits in Göttingen meinen zuhörern nach den | drei vo- calen a, i, u geordnet und zurückgeführt, so daß ich Ihrer darstellung bei-

*) Mittelhochdeutsche Grammatik von K. A. Hahn. Erste Abtheilung. Laut- und Flexionslehre. Frankfurt a. M, Brönner 1842. Pf. |

|

118 MISCELLEN.

pflichte; in einer vorlesung bei der academie suchte ich vor einiger zeit weiter suszuholen und die lat. und griech. paradigmen den deutschen gleichzustellen, wobei ich besonders annehme, daß die erste decl. (im subst. und adj.) drei ge- schlechter scheidet, die zweite und dritte aber masc. und fem. zusammenfallen lässt. die lat. erste und zweite ist natürlich ein und derselbe typus.

Ihr Titurel thut uns allen noth und soll willkommen sein; auf den Engelhart warte ich schon eher. Durch den buchhandel habe ich Ihnen zwei alte gedichte zugehen lassen, worin noch einige dunkle ausdrücke aber merk- würdige götternamen vorkommen. Der fund wird alle überraschen.

Wilhelm grüßt und dankt.

Berlin 14 merz 1842. Jacob Grimm.

ΠΙ. J. Grimm an K. Frommann.

1. Cassel 30 nov. 1838.

Es darf Sie nicht wundern, lieber freund, daß auf Ihren brief so späte antwort folgt. manche erkundigungen musten eingezogen werden, und im nctober geschah der überzug Wilhelms von Göttingen hierher, mit all unserm hausrath, und zumal meinen büchern, die nun hier aufs neue aufgestellt und geordnet sein wollten, bevor an ruhe zu denken war. Dazwischen aber schlugen mehr- fache besuche ein, die uns nicht recht zu athem kommen ließen, und einige der nöthigsten geschäfte stockten.

Ihre freundliche einwilligung hatte ich vorausgesehen, und doch bin ich Ihnen den lebhaftesten dank dafür schuldig, daß Sie mitten unter eigenen ar- beiten so bereit sind die unsere zu fördern. Schon habe ich einige 30 mit- arbeiter gewonnen. Den H. Sachs hatte sich gleich von anfang an Haupt er- beten, wenn Sie aber Wieland und Klopstock übernehmen wollen, wäre das erwünscht. | Aber der ganze Wieland für einen ist zu viel und zu lästig; was Sie von ihm nicht übernehmen wollen, melden Sie mir nur, damit ichs andern zutheile. Die excerpte geschehen auf sedezblätter, wie beiliegendes, so daß der ausgehobne ausdruck in der ganzen phrase, die ihn hat, abgeschrieben wird, damit alles verständlich sei, und der satz nicht nachgeschlagen zu werden brauche. Außer dem citat der bandes und seitenzahl kann auch noch ein citat des gedichts beigefügt werden, wenigstens bei reichen autoren wie Göthe und Wieland. Sie haben nun aber für diese auszüge das ganze jahr 1839 zeit, denn vor 1840 kann nicht einmal an den beginn der redaction gedacht werden.

Das dafür zu entrichtende honorar ist vielleicht am füglichsten zu er- mitteln, daß Sie eine vergütung fordern, wie sie im privatissimis für die in gleicher zeit verwandte bemühung zu entrichten wäre. dieser forderung wird die verlagshandlung genügen. Ich weiß, daß Sie sich dem guschäft hauptsächlich aus liebe | zur sache selbst unterziehen. Auf Ihre übrigen lexicalischen col- lectaneen soll dann späterhin, wenn Sie es erlauben, recurriert werden; vor- läufig denke ich das werk blaß aus dem planmälig zus. kommenden material der excerpte au bearbeiten uud auf meine eignen samlungen und ansichten zu stützen; es wird aber schon die zeit kommen, wo ich auch gern noch andere

Hahn wird wohl noch diesen monat hierher kommen. er war, nachdem er Wien verlassen, au Berlin, und ist jetzt in Halle. Ohne zweifel wird er

MISCELLEN. 119

uns auch helfen. Seinen Otte bart hat er mir eben gesandt, er ist noch beim buchbinder.

Nehmen Sie vorlieb mit diesen zeilen. gelange ich wieder einmal in Ihre gegend, so reise ich nicht vorüber, und vielleicht geschieht im frühjahr ein neuer ansflug. Mein bruder grüßt.

Freundschaftlichst Ihr Jac. Grimm. | haben Sie die güte einliegenden brief nach Erlangen weiter laufen zu lassen.

Die neue ausgabe von Wackernagels lesebuch mit der eingelegten scharfen abführung Ziemanns*), wird auch dort angelangt sein. Ohne zweifel hätte uns W. ein weit besseres wb, geliefert, das ihm nun verleidet ist; warum ließ er aber darauf lange warten? Z. freilich hätte noch warten können, «eh er vortrat,

doch schelte ich seine arbeit nicht überall, die letzte lieferung hatte sich ge- bessert.

2. Cassel 10 apr. 1839.

An der verspätung meiner antwort sind Sie diesmal, werthester freund) eigentlich selbst schuld durch die mir vorgelegte frage über die vocale im wel- schen gast. Da sich nemlich so etwas nicht schlichten lässt ohne genaue er- wägung der sache und der eigenthümlichkeit des dichters, die mir nicht mehr frisch im gedächtnis lag, so nahm ich mir wirklich vor, in einer freieren stunde das buch durchzugehen. solcher stunden sind mir aber jetzt gar nicht beschieden und ich bin in eine menge dringender arbeiten verwickelt, so daß ich Sie bitten muß, mir entweder frist zu lassen, bis ich bei umarbeitung meiner gramm. an die mhd. vocale gelange, oder noch besser sich selbst mehr zu vertrauen als mir, und mit Ihren reicheren hilfsmitteln eine bestimmung | zu treffen; im all- gemeinen kann ich nur sagen, daß mir die für & bedenklicher anwendung scheinen, und daß ich dem ausländer manchen verstoß und manches schwanken zutraue.

Für die bereitwillige förderung unsrer auszüge bin ich Ihnen recht dank- bar, und finde ganz unbedenklich, daß Sie Klopstocks oden nach der Göschen-, schen ausg. von 1823 excerpieren. Bis jetzt möchte ich von dem termin 1840 noch nicht abweichen, wir wollen sehn, was später geschehn muß oder kann.

Der druck meiner neuen lautlehre hat begonnen, geht aber bei der allmäh- lichen ausarbeitung nur langsam. Noch größere freude machen mir die schneller vorschreitenden | weisthümer, welche hoffe ich viel neues und frisches bieten sollen. Außerdem dürfte es noch zu einigen kleineren sachen kommen. Auch Haupts ἔτος wird im laufe des sommers gedruckt werden.

Den münchner Roth, dessen ungebärdigkeit übeln eindruck macht, hat eben schon Vilmar in seiner hübschen untersuchung über Rudolfs von Ems weltchr. (Marb. 1839) gut abgewiesen. Ziemanns erwiderung kann höchstens uneingeweihte bestechen, obwohl auch Wackernagel vielleicht seinen ausfall besser unterdrückt hätte **); er sollte sein mhd. wörterbuch an die stelle der

*) Vgl. die Anmerkung zum folgenden Brief. Pf,

ἘΠῚ jis sind damit die Flugschriften gemeint: I. „Einige Worte zum Schutz litt. Eigenthums. Von W. Wackernagel.“ Basıl im Aug. 1838. ΤΙ. „Rechtfertigung gegen Hrn. Wilh. Wackernagel. Von Adolf Ziemann,“ Quedl, u. Leip. im Nov. 1838. Pf.

120 MISCELLEN.

ziemunmischen schlechten arbeit setzen, das wäre die verdienteste | und zugleich empfindlichste züchtigung. Gelegentlich ersuche ich um die mir noch unbekannte schrift Donauers. Mein bruder grüßt. von herzen Ihr Jac. Grimm.

3. Berlin 15 jan. 1852.

Ihr brief, werthgeschätzter freund, hat mich erfreut und betrübt, er gab mir endlich einmal wieder kunde von Ihnen, Ihrer lage und Ihren aussichten, wies aber nach, daß alle opfer und entbehrungen Ihnen noch keine gesicherte, Ihren ansprüehen gemäße stellung zu wege gebracht haben.

Was anders konnte ich thun als an den herzog selbst schreiben und mich dringend für sie verwenden ? das schreiben geht erst heute ab, weil verlautete, er sei nach Wien gereist; nun wird er zurück gekehrt sein. möge der schritt gewünschten erfolg haben *).

Mich freut, daß von Ihnen Conrad, der Stricker und anderes zurück be- halten worden ist. am welschen gast hat Rückert redlich das seine gethan **), doch auch die prosa der inhaltsanzeige hätte er dem Thomasin beilegen und etwas mehr pflegen sollen.

Ich stecke in einem haufen von artikeln und muß diesmal kurz sein. Wilhelm grüßt schönstens, Ihr Jac. Grimm.

4.

Hochgeehrter freund, ich antworte spät, weil es mir schwer fällt in meine fortrollende arbeit briefe einzuschieben, die sie unterbrechen. mich freut sehr dasz Sie sich in Nürnberg scheinen wol zu fühlen und die alten studien wieder vornehmen; erwünscht ist es mir von Tübingen aus zu hören, dasz Conrad von Würzb. kommen soll, das wird eine erwünschte gabe sein.

Dasz Sie auszerdem eine neue zeitschrift für deutsche sprache übernehmen wollen ist überraschend; zudem da Sie in ein nest einrücken, das eben ein andrer mit nicht groszer kunst gebaut hatte, wenn Sie es auch vielfach ändern und fester anlegen. Sie fordern von mir beiträge, der ich jetzt alle lieblings- arbeiten, die mir am herz liegen, aussetzen musz; ich kann Ihnen unter solchen umständen nichts versprechen. sollte einmal etwas neben abfallen, so habe ich, wie Sie denken können, den besten willen, Ihnen gefällig zu sein.

Schönsten dank für die zuletzt gesandten | auszüge. durch Ihre stellung bei dem germanischen museum sind Sie im stand manche seltne alte schrift einzusehen und daraus wichtige beiträge fürs wb. zu schöpfen. ich bitte sehr darum.

Voigtmann aus Coburg hatte mir sein programm gesandt, ich bin so auf- richtig gewesen ihm zu antworten, dasz mir seine behandlung der sprache ver- kehrt scheint.

*) Er hatte gar keinen; nicht einmal eine Antwort erfolgte. Pf. *®) Der wälsche Gast von Thomasin von Zirklaria. Herausgegeben von Heinrich Rückert. Quedlinb. u. Leipzig 1852.

MISCELLEN. 191

Sein Sie so gut herrn Weydner für seine mittheilung in meinem namen zu danken, ich habe durchaus keine zeit ihm darauf zu antworten. Mit herzlichen grüszen Ihr freund

6 nov. 1854. Jac. Grimm.

ὃ. Berlin 8 jan. 1856. Lieber Frommann,

ich danke Ihnen von herzen für Ihren redlichen glückwunsch zu meinem ge- burtstag; ich fühle, dasz das alter anhebt mich zu drücken und meine brust- häute werden so empfindlich, dasz sie mir bei der geringsten verkältung heiser- keit zuziehen, gut nur, dasz die lunge selbst sich das nicht anfechten läszt. In Göttingen sind voriges jahr vier hauptmänner unter den professoren gestorben und Sie würden das jetzige Personal fast nicht mehr kennen. vorigen herbst kam ich seit 18 jahren zuerst wieder einmal bin, Sie denken sich, wie mich das bewegte.

Ein nächstesmal wünsche ich in Ihren briefen | ausdrücklich zu lesen, dasz Sie nun in einen hafen eingelaufen sind und den weggang von Coburg keinen augenblick bereuen. zwar sehe ich, dasz den beamten im museum fast zu viel dienststunden vorgeschrieben sind, doch selbst die da vorzunehmenden geschäfte haben ihren reiz und für die eignen studien wird doch musze auf- tauchen. das museum scheint mir, obgleich der fond günstig anwächst, noch nicht völlig gesichert, die zeit musz erst darüber kommen, sie wird manchen anspruch mindern, dagegen auch neue, unberechnete aussichten öfnen. an regle- ments und maschinerie läszt mans nicht fehlen, es wäre mir fast zu viel. Das museum musz sich bescheiden, überall nur sparsame nachlese zu halten, da in allen deutschen hauptstädten bereits bibliotheken und archive bestehen, die sich des kostbarsten besitzes erfreuen und ihn fortwährend zu mehren glänzendere mittel in händen haben. Was die abschriften und repertorien angeht. so will ich auch erst, | bevor ich urtheile, abwarten was sich ausführen läszt, schwierig- keiten der ausführung lassen sich in menge denken.

Man hat mir den anzeiger in einzelnen numern gesandt; so dankbar ich.

dafür bin, empfienge ich ihn doch lieber viertel oder halbjährlich durch die Leipziger buchhandlung. ich komme doch nicht gleich zum lesen und abgesehen von dem kleinen porto kriegt man ein gebrochnes, verdorbnes exemplar.

Der troj. krieg wird hoffentlich dieses jahr zu drucken angefangen, wenn Sie und Roth ordentlich stand halten; möglich eröfnen sich noch andere gün- stige aussichten für ihn.

Melden Sie mir doch einmal, wiel viel kinder Sie haben und in welchem alter diese stehen, damit ich etwas genauer von Ihrem hausstand unterrichtet werde. Ihr freund Jacob Grimm.

6.

Berlin 12 apr. 1857. Lieber Frommann, ich danke sehr für die beson- dern abdrücke der idiotiken, welche so bequemer zu gebrauchen sind, als wenn man die zerstreuten stücke aufsuchen musz. Hofmanns nachträge bedeuten nicht viel, aber das Berner wb. ist willkommen, zumal in artikeln wie nase und ähn- lichen, ganze redensarten zusammenstellenden. Nur hätte Tobler genauer alpha-

122 MISCELLEN.

betisch anordnen sollen, man hat beim aufsuchen immer ganze spalten durch- zulesen. Seite 3 rühmt er seine zusammenstellung von nasy, aber der artikel fehlt gänzlich.

Den werth Ihrer zeitschrift habe ich, nachdem nun drei theile gebunden vorliegen, genauer einsehen lernen, es war ein fruchtbares unternehmen, dem wir reichliches, werthvolles material verdanken werden. beiträge zu liefern haben viele in allen gegenden Deutschlands lust und sind auch von selbst dazu ge- rüstet; an manchen orten, die noch nichts lieferten, scheint man gleichsam die erste scham noch nicht überwunden zu haben. im kleinen landstrich von Henne- berg hat Reinwald samen ausgestreut, von dem viel aufgeht. Ausgezeichnet sind die beiträge von Woeste, lobenswerth die von Lexer und Vonbun, einige andere würde ich weniger loben. in Baiern hat der gewaltige Schmeller das beste vor- weg genommen; noch ergiebiger als der baierische ist der schweizerische dialect, den weder Stalder noch Tobler erschöpfen, ich wünsche Ihnen fleiszige samler aus Graubünden und Wallis. von allen niederdeutschen ländern wird Westfalen das reichhaltigste bleiben. Was Niederdeutschland sonst vermag hat jetzt Groth dargethan, doch haben die abgezwickten, verschluckten formen dieser mundart für mich etwas unangenehmes. zur empfänglichen aufnahme des Quikborn trug das mitgefühl für Schleswigholstein bei, ich finde sonst eine überschätzung darin und Hebels alemannische lieder stehen mir an poesie und darstellung unendlich höher.

In der letztern zeit habe ich mich mit vorliebe syntactischen untersuchungen zugewandt. das ist ein weites feld, das man billig erst betreibt, nachdem die formen festgestellt sind, doch kann nicht ausbleiben, dasz ergebnisse in der syntax auch auf die formlehre zurückwirken.

Einen posten, wie ihn Pfeiffer jetzt in Wien tragen soll, hätte ich Ihnen auch gegönnt; die österreich. ministerien sind besser auf deutsche sprache be- dacht, als unsere oder andere. Pfeiffer ist ein feiner, aufgeweckter kopf, ihn begünstigt, dasz er, worauf seit dem concordat strenge geachtet wird, catho- lisch ist, und der arme, sonst für diese stelle auch geeignete Weinhold dauert mich, auf die länge wird ers dort nicht aushalten. doch die ultramontanen, .hoffe ich, sollen sich in diesem puncte wie in andern teuschen; denn belebt sich die liebe zu Deutschland einmal höher, so musz das fremde papstthum abnehmen und sinken. In Östreich und Baiern blühte deutsche sprache und diehtkunst im 13. jh., während Norddeutschland öde und finster lag; die re- formation hat alles dort weg hierher getragen. schön wäre, wenn umgekehrt die wiedererweckung heimischer literatur dort auch eine neue reformation zur folge hätte. Bei uns in Preuszen heutzutage, nachdem die patriotische auf- wallung nachgelassen hat, hört man ziemlich auf, das einheimische fach zu be- günstigen und für den augenblick gelten nur zwei parteien, die fromme und die classische, welchen beiden altdeutsches studium auszer dem weg liegt.

Wir Deutschen sind und bleiben pedantisch, in kleinigkeiten schwierig und groszes unbeachtet fahren lassend. meine autorität in deutschen dingen schlage ich gering an, seit ich nicht einmal vermochte, das elende ss neben ß zu stürzen und zopf samt haarbeutel von allen fortgetragen wird.

Die naturgemäsze auflösung sz zog ich bedächtig vor, weil dem langes [ ausscheidenden typus widerspricht und weil in den druckereien ß fehlt, sz stets vorräthig ist, zu geschweigen, dasz in majuskel ß unausdrückbar bleibt.

MISCELLEN. 123

Fast noch schlimmer als mit der deutschen schreibung steht es mit der deutschen aussprache, die blosz vor faulheit und lässigkeit auf abwege geraten ist. das greift freilich auch in die schreibung ein, brauchte aber, um dargelegt zu werden, eigner abhandlungen.

Jeckas verstehe ich ebensowenig als Sie. doch wäre nachzusehen, ob nicht ein S gemeint sein und der scheinbare circumflex über den e nicht zum zug des S gehören könne. die rede ist von einem darein geworfenen hindernis, da fällt mir secke, sachs, seges ein und dasz man bildlich sagen dürfte ein beil, messer, eine axt dazwischen werfen, eine sache aufhalten, hemmen. doch fehlen mir für die ausdrucksweise bestimmte belege. Bei Jeckas an geck, geckerei, posse, oder an gaksen, gachsen, schwatzen zu denken geht kaum an.

Mit herzlichem 'grusz Ihr freund

Jac. Grimm.

Als mein brief fort war, fiel mir ein, dasz es doch bei jeckas bewenden müsse und die vermuthung seckas falsch sei. jeckas, als ein ansbachisches wort, wird ganz aus der Nürnberger sprache zu deuten sein. da nun Hans Sachs einen kargen bauer häufig kargas oder karges benennt und auf was reimt, z. b. Π. 4, 6. 7; eben so den bauernnamen G’rampas II. 4, 11. 12. 13 darbietet (wofür Schmeller 2, 110 .grampus und grampas popanz), so wird er auch jJeckas für geck gesprochen haben und wiederum steht bei Schmeller 2, 26 gogkeisel, nugivendus, nugivendulus, gogkeislein, ziegelstein und gottkeisl ziegel- stein. zum überflusz hat auch der andere Nürnberger, Ayrer, den namen Carches statt jenes karges, kargas, ich weisz nicht, ob auch Grampes und Jeckes.

Aber jeckas ist nicht anzugreifen und die wahl steht frei zwischen den deutungen

einen jeckas darein werfen, einen possen dazwischen werfen,

einen ziegel dazwischen werfen, beides im sinn von hindernis. dem jeckas für jeck, geck und warum man für eine ziegel geck genannt hat, sowie der endung as in andern wörtern müssen Sie dort in Nürnberg weiter nachspüren. vielleicht kann herr pfarrer Rüdel danach suchen helfen, den grüszen sie doch von mir.

T.

Lieber freund, heute habe ich Ihr neustes heft erhalten und melde, dasz ich so eben an prof. Löher nach München, durch den mich der könig zu vor- schlägen auffordern liesz, schreibe und die unterstützung Ihrer zeitschrift drin- gend anempfehle. ich hoffe den besten erfolg, es wäre schade, wenn Ihr durch die beiträge von allen seiten wie durch Ihren eifer gerechtfertigtes unternehmen stocken sollte. Dies in eile.

5 πον. 1857. Ihr ergebenster freund

Jac. Gr.

8.

Es thut mir leid, lieber Frommann, dasz meine empfehlung in München keinen bessern erfolg hatte, von mir war dem Löher auch vorgeschlagen worden, dasz die regierung, wie hier z. b. mit Haupts zeitschrift geschieht, 50 exem- plare abnehmen und (an) die schulen und gymnasien austheilen lassen könnte. ich denke mir schulmeister besonders geeignet um auf die mundart des volks zu achten und sie getreu zu sammeln.

194 MISCELLEN.

Die verlangten empfehlenden zeilen folgen anbei, ich war die letzten tage immer gehindert sie abzusenden.

Dass Sie nun auswärts drucken lassen wollen, falls es nicht wie bisher in Nürnberg geschehen kann, bat sein unbequemes. ich habe mich neulich bei anderm anlasz gegen die von Schmeller eingeführten verkehrten buchstaben er- klärt, sie verwirren die schrift und lehren nur was jeder Deutsche von selbst weisz.

Ich musz schon aufhören. Ihr

Berlin 29 jan. 1858. Jac. Grimm.

Herrn Dr. Frommanns zeitschrift für deutsche mundarten hat alle sprach- forscher überrascht, nemlich gezeigt, welche schätze es jetzt noch (später lange nicht so leicht) möglich ist aus unsern volksmundarten zu heben. Das deutsche publicum hat eine doppelte pflicht, einmal beiträge zu liefern, wie gezeigt ist, dasz sie sein sollen, dann aber das unternehmen zu sichern und fortdauernd zu machen. Wäre sein werth bereits so lebhaft erkannt worden, wie man er- warten sollte, es bedürfte nicht erst meiner empfehlung, die ich mit voller über- zeugung gebe.

Berlin 29 jan. 1858. Jac. Grimm.

9. Lieber freund, hierbei empfangen Sie meine beiden jüngsten abhandlungen mit dem wunsch, dasz etwas Ihnen brauchbares darin enthalten sein möge. sie wären schon früher in Ihre hände gelangt, wenn mich nicht eine wiewol kurze badefahrt und was ihr voran gehn oder folgen muste abgehalten hätte.

Gefreut habe ich mich über den nun gesicherten fortgang Ihrer mund- arten, doch wird mir lieber sein, wenn Sie jetzt aufhören, mir ein freiexemplar zu schicken, was bei einem unternehmen, dem Sie so viel opfern müssen, gar nicht in der ordnung ist. nur bitte ich mir zu melden, ob zum vierten jahrg., den ich bis zu p. 440 habe, schlusz und register noch erschienen sind oder erscheinen sollen.

Gegen Schmellers umgestürzte buchstaben habe ich mich verschiedentlich, zuletzt in Michaelis anordnung des alphabets. Berlin 1858. p. 42 ausgesprochen. es sieht gar zu elend aus und lehrt beinahe nichts, d. h. in den wenigen fällen, wo darauf ankäme, könnte leicht anders geholfen werden, der verschwendeten mühe beim schreiben, setzen und corrigieren zu geschweigen. |

Sein Sie doch so gut bei Aufsesz zu bestellen, ich hätte einen mir zuge- fertigten pergamentrotul noch nicht zurück gesandt, weil ich mich bemühe aus dem Elsasz, wohin er gehört, einige örtliche aufschlüsse einzuziehen. unterdessen bleibt alles wol aufgehoben.

Ich bin stark über dem wörterbuch und bald soll ein heft E erscheinen.

Unter herzlichen grüszen Ihr

25 oct. 1858. Jac. Grimm.

Sehade dasz Roth den troj. kr. nicht wie er begonnen hatte ausführte ; es ist darüber etwas ungleiches ins werk gekommen und Keller dadurch in grosse mühe gestürzt worden.

ich lege noch ein ex. meiner schrift über den urspr. der spr. hinzu, die Sie vielleicht nicht besitzen.

MISCELLEN. 125

10.

Lieber Frommann, hierbei folgt der aufsatz von Künsberg zurück, der mir nicht recht für Ihren anzeiger geeignet scheint. er ist nicht ohne einsicht abgeiasst, schweift aber in vermutungen, die kaum haltbar sind. die keltische sprache leiht sich gar schnell dazu her.

Das pergamentblatt bitte ich dem museum, mit meinem dank für die mittheilung, wieder zuzustellen. ich hofte aus dem Elsasz nähere auskunft über die darin vorkommenden örtlichkeiten zu erhalten, habe aber vergebens darauf gewartet. melden Sie mir doch mit zwei worten den richtigen empfang des documents.

Wenn nach allen gethanen schritten Ihre zeitschrift wieder aufhören musz, so ist das recht schade, obschon die gelieferten jahrgänge fortdauern werden. Neulich hat ein Waldeker Ph. Wille eine nicht übel angelegte | wochenschrift unter dem titel Pappollere (schmetterling) angefangen herauszugeben. (Arolsen 1859). es ist allerorten viel zu sammeln. Sie haben das muster und den antrieb dazu gegeben. eigentlich war ja verabredet, dasz Sie mir keine hefte mehr zu- senden sollten. doch schicken Sie mir wieder das zweite von 1859. musz alles aufgegeben werden, so nehme ich auch noch die übrigen an, und hoffe cs auf andere weise gut zu machen.

Lieb ist mir freilich, dasz Sie sich nun angenehmern und lohnendern ar- beiten hingeben dürfen, und nicht wieder andern zu überlassen brauchen, womit Sie sich lange beschäftigt hatten, namentlich den tr. kr. (= trojanischen krieg). ich habe das gedicht nun durchgelesen und vielfache belehrung | daraus gezogen. Wackernagels hypothese von dem Basler haus ἢ) ist doch seltsam, obgleich aller- dings viel schweizerische wörter und formen im gedicht vorkommen und keine fränkische, so daß Conrad, wenn er aus Würzburg stammt, sein vaterland früh verlassen und seine angeborne mundart verlernt haben mus2.

Das wörterbuch hält mich hin und ich werde es nicht so leicht vom hals abwerfen, wie Sie die zeitschrift. Wilhelm ist verreist, ich kann also seinen grusz nicht melden. Freundschaftlichst Ihr

B. 27 aug. 1859. Jac. Grimm.

IV. J. Grimm an Th. Vernaleken.

Berlin 30. decemb. 1857.

Hochgeehrter herr professor, Sie haben mir eine schöne erfreuende weih- nachtsgabe **) zugehen lassen, wofür ich herzlichen dank erstatte. der haupt- sache nach anmutige Schweizersagen, meistens an ort und stelle dort von Ihnen treu gesammelt, alles wie es recht ist und sein musz. In der Schweiz liegen noch schätze von poesie und sage geborgen, mehr als in andern deutschen landstrichen, obschon keiner ohne ausbeute läszt. Sehr überrascht hat mich auch in diesen tagen Corrodis liebliches idyll; es musz Sie noch nach vielen jahren wundernehmen, aus allem zauber der alpenwelt an die Donau versetzt

*) ΚΑ. Germania 3, 257 fi. Pf. **) Alpensagen. Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- uud Niederösterreich. Wien, Seidel 1858. Pf,

198 MISCELLEN

zu sein. möge Ihnen dafür anderer ersatz geboten werden. Man scheint jetzt auch in Tirol auf die sage zu achten und Panzers bairische sagen müssen in dem von grund aus ähnlich gestimmten Östreich zur nacheiferung anregen. in Mähren hat neulich Kulda füchtig begonnen.

Der nun nicht mehr lebende Götzinger hat die übernommene sammlung von beiträgen zum wb. aufs nachlässigste behandelt, nur weniges geliefert und alles unordentlich und verworren, so dasz es mich verdrieszt daran zu denken. ich wuste nicht dasz er auch Ihnen einzelnes material verdankte. Für Ibr freund- liches neues anerbieten bin ich verbunden, weisz | aber gegenwärtig gar nicht, welchen der bezeichneten schriftsteller ich Ihnen auftragen kann. alle sind sie schon von andern übernommen worden und ich musz erst untersuchen oder kunde einziehen, was und wo es zurück geblieben ist. auch liegen berge von zetteln da, deren haufen ich mich eigentlich zu überladen scheue. Wenn Sie auffallende Ihnen aufstoszende wörter allmälich und mit rücksicht auf die nächst an die reihe kommenden buchstaben anmerken wollten, wäre es mir am liebsten.

Es ist hübsch, dasz wir gewissermaszen landsleute sind, da ich ein Hesse bin und Volkmarsen zu Hessen geschlagen wurde, wahrscheinlich erst später, nachdem Sie es bereits verlassen hatten. mich führte eines schönen sommers eine fuszreise von Cassel über Wolfhagen und Arolsen auch in das arme städt- chen, dem es unter cölnischem krummstab damals besser gegangen sein mag. Wie deuten Sie Ihren namen? das pr&fix Ver meint sonst frau, wie in Verhilde frau Hilde, kann aber Naleke verkleinerung eines frauennamens sein ?

Hochachtend und ergebenst Jac. Grimm.

V. J. Grimm an ΚΕ. 1. Schröer.

Berlin 3 febr. 1858.

Hochgeehrter herr, Sie haben mich auf weinachten mit weihnachtspielen *) beschenkt, wofür ich schönstens danke, es ist eine angenehme ergänzung des buchs von Weinhold und man sieht mit welcher lust das volk diesen vorstel- lungen ergeben war. so weltlich die geistlichen gegenstände auch gewandt sind, würden doch von grund aus weltliche, nationale stoffe in sprach und sitte tiefer eingreifen. es ist seltsam, dasz den leuten der gedanke nicht beifiel sich un- abhängiger von der unvermeidlichen überlieferung auch in andern spielen zu versuchen. selbst in ihrer steifsten zeit haben die meistersänger niemals lustige scherze ganz ausgeschlossen, doch weder Sie noch Weinhold haben spuren einer ungeistlichen volkskomödie angetroffen, der streit zwischen sommer und winter sollte mindestens zur aufführung gelangt sein und wie mancherlei aus der thier- fabel hätte sich dargeboten. vielleicht gabs doch ein spiel vom alten Hildebrand, wie es das märchen noch zu erkennen gibt, der katholische glaube stimmte die leute traurig **).

Sie haben grosze sorgfalt auf die erläuterung gewandt und darüber nur

*) Deutsche Weihnachtspiele aus Ungarn geschildert und mitgetheilt von Karl Julius Schröer. Wien 1858. VIII u. 219 Seiten.

**) Das hat wohl der protestantische weit mehr gethan als der katholische, früher wie heute noch, und der Grund, warum das Volk hier und anderwärts den geistlichen Stoffen den Vorzug gab vor den weltlichen, liegt gewiss anderswo. Pfeiffer.

MISCELLEN. 127

zuweilen etwas ganz leichtes verfehlt. so s. 113 bedurfte ja herum hantieren keines fragezeichens, wir sagen noch heute so, hantieren hier wie vagieren. |

Das gefundene fragment von Laurin oder Luarin*) ist zu klein, als dasz sich viel damit anfangen liesze, es ist aber löblich, dasz Sie auf alle solche überreste achten. wuotunc scheint mir doch zu gewagt in der stelle, ich würde wuetend vorziehen.

Was Sie über Ihre stellung und die der Deutschen in Ungarn überhaupt schreiben betrübt mich, da im ganzen das deutsche element unter der östr. regierung gegenüber Slaven und Ungern vorschreitet, so sollten die deutschen unterthanen sich gehoben und nicht gedrückt fühlen. auch glaube ich dasz es mit den Deutschböhmen besser steht. aber es ist und bleibt ein leidiger grund- zug unsers volks auf seine nationalität wenig stolz zu sein; einem häuflein Fran- zosen oder selbst Slaven schlägt auch in der fremde das herz immer noch nach der heimat.

Desto schöner sind die ausnahmen. die vaterlandsliebe der Siebenbürger zeigt sich doch erfreulich und so lange einzelne gleich Ihnen auch in Ungern, mitten unter begünstigten Madjaren oder Slaven deutsch fühlen, ist noch nicht alles verloren. durch | samlung der deutschen provinzialismen, wie Sie mit dem ungr. bergland bereits begonnen haben, wird der zerstreute gemeinsinn wieder angefacht, auch durch samlung von sitte, sage und märchen, wie es die Sieben- bürger wiederum zeigen. groszes lob verdienen Kuldas mährische samlungen aus einer gegend, die an das deutsche kuhländchen grenzt, wo schon Meinert sich für die volkspoesie begeisterte. Für die sprachforschung insgemein ist die aufmerksamkeit auf lieder und märchen heilsam geworden; indem nıan nunmehr in Finnland, Lappland, Littauen, ja sogar in Afrika märchen niederschreibt, kommt man hinter die natürlichen gänge der sprache weit besser als dadurch, dasz man die evangelien steif und ängstlich in sie überträgt.

Mit herzlichem wunsch für Ihr künftiges wolergehen Ihr ergebenster

Jac. Grimm.

Ihr freund Ipolyi, an den ich meinen grusz zu bestellen bitte, sollte auch darauf denken einfache niederschreibung ungr. sitte und sage zu veranstalten oder von andern besorgen zu lassen, in der weise wie Kulda oder Leoprechting und Schönwerth, vorerst | oder nebenbei in deutscher sprache, weil man in Deutschland kein ungrisch liest und die Ungern selbst nur für Petöfi u. 5. w. sinn haben.

Sie erbieten sich mir zu hilfreichem dienst; wolan den Ungern ist Csikös (oder Tsikös) ein pferdehirt, soll aber eigentlich einen menschen bezeichnen, dem bei der geburt zufällig ein fohlen zwischen die beine gerathen ist. csikö ist fohle. gibt es darüber nichts näheres bei Ungern, Deutschen, Slaven? heiszen auch andere kinder als hirten csikös? es kommt mir nicht auf die hirtensage | an, sondern auf das wort csiköe oder was ihm ähnlich ist.

Ferner, wie drückt ein Unger aus hochdeutsch? falls er sich mit dieser vorstellung irgend abgegeben hat?

*) Ein Bruchstück des Luarin (Programm der Presburger Ober-Realschule) 1857. 10 Seiten 4°.

128 MISCELLEN.

VL J. Grimm an Arnold von Ipolyi-Stummer zu Zohor in Ungarn.

Hochwolgeborner herr,

Das jahr darf nicht verstreichen, ohne dasz ich Ihnen meinen innigen dank für das übersendete ausgezeichnete werk erstattet hätte *), auf dessen er- scheinung mich bereits vor einigen jahren herr von Mednyänszky **) aufmerksam machte. Damals fühlten sie sich krank, jetzt sind Sie wieder zu meiner freude hergestellt und haben nun die welt durch eine treflich gelungene arbeit über- rascht. Leider verstehe ich noch nicht ungrisch genug, um es leicht lesen zu können, es wird mich aber antreiben sprach- und sachstudien zu verbinden; sehr zu hilfe kommt mir dabei, dasz Ihre magyarische mythologie, worauf ich stolz zu sein ursache habe, ganz nach dem plan meiner deutschen eingerichtet ist. Aus dem inhalt lerne ich auch die worte. ich zweifle nicht, dasz Ihre lands- leute Ihre untersuchungen mit groszem beifall aufnehmen, und dasz neue sam- lungen und entdeckungen folgen werden.

Ich habe die ehre mit vollkommenster hochachtung zu sein

Ihr ergebenster

Berlin ‘31 dec. 1854. Jacob Grimm.

*) Magyar Mythologia. Irta Ipolyi Arnold. Pest (Heckenaszt Gusztäv) 1854.

**) Baron Dionys Mednyänszky, Mitglied der ung. Akademie der Wissenschaften und Obergespan des Trencsiner Comitats, der dazumal anf der Berliner Universität hospitierte. Er benachrichtigte Grimm . davon, daß Ipolyi nach dem Vorgange seiner Deutschen Mythologie eine Ungarische Mythologie, die von der ungarischen Akademie der Wissenschaften in Pesth mit einem Preis gekrönt wurde, verfasst habe, an deren Aus- gabe er damals durch eine längere Krankheit verhindert war. Grimm erfüllte die Nach- richt mit besonderer Freude, daß seine mytholog. Forschungen in Ungarn einen An- klang und eben hier die erste Anwendung in der Fremde, wie er sich ausdrückte, gefunden haben. Er ließ es auch Ipolyi nicht an Aufmunterung fehlen und sendete ihm als Ge- schenk aus seiner eigenen Büchersuammlung zwei Schriften, die von Ipolyi im Wege des Buchhandels nicht aufgetrieben werden konnten: nämlich Heinrich Schreiber, Die Feen in Europa, und Ludwig Frauer, Die Walkyrien der skandinavisch-germanischen Götter- und Heldensage mit Randbemerkungen nnd Notaten von Grimms eigener Hand.

v. L-8t.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK.

VON

- KARL BARTSCH.

Die Unterscheidung von inneren und Endreimen in den Iyrischen Strophengebäuden gehört zu den schwierigeren Oapiteln der deutschen Metrik. Das hat Lachmann richtig erkannt, wenn er sagt*): „Wer an Herausgeber mittelhochdeutscher Lieder die Forderung stellt, innere Reime überall von den Endreimen zu unterscheiden, der sollte sie uns erst mit Sicherheit erkennen lehren.“ Und in der That zeigt ein Blick in unsere bisherigen Ausgaben, wie oft die Herausgeber gegen die Gesetze des innern Reimes gefehlt haben. Ich will hier nicht von Hagen’s Minnesingern reden, wo fast in jedem Liede mit Inreimen Verstöße begegnen, sondern von andern Männern, die nach Lach- mann’s Vorgange mit Methode und Kritik die mittelhochdeutsche Lieder- dichtung bearbeitet haben. Und wie sollte man sich darüber wundern, da Lachmann an der angeführten Stelle selbst seine Unsicherheit be- kennt und seine Ausgaben in diesem Punkte mancher Berichtigung bedürfen.

Wir werden von folgenden Arten des inneren Reimes handeln:

I. Inreim, d. h. ein oder mehrere Reimwörter in einer Zeile, die aber nicht auf einander oder mit dem Schluße reimen, sondern in einer der vorhergehenden oder folgenden Zeilen gebunden werden.

II. Mittelreim, d. h. das Reimen eines in der Zeile stehenden Wortes mit dem Ende derselben Zeile, wenn beide Reimwörter durch wenigstens eine Hebung von einander getrennt sind.

ΠῚ. Binnenreim, ἃ. ἢ. zwei reimende Worte innerhalb einer Zeile, die durch wenigstens eine Hebung von einander getrennt sind.

IV. Schlagreim, ἃ. ἢ. zwei oder mehrere unmittelbar auf einander folgende Reimwörter innerhalb eines Verses.

*), Zu Walther 98, 40. GERMANIA XII, 0

130 - KARL ΒΑΚΤΒΟΠ

V. Übergehender Reim, d. h. zwei unmittelbar auf einander fol- gende Reimwörter, von denen das eine den Schluß einer Zeile, das andere den Anfang der folgenden bildet.

VI. Pausen, d. h. zwei Reime, von denen der eine am Anfang, der andere am Schluß eines ganzen Stropbengebäudes oder Strophen- theiles oder einer einzelnen Zeile der Strophe steht.

Von allen Arten solcher Reime, mit Ausnahme der ersten, hat W. Grimm in seiner werthvollen Abhandlung „Zur Geschichte des Reims“ (Berlin 1852) S. 54 66 gehandelt. Da indessen diese Dar- stellung keineswegs vollständig ist, und da sie keine festen Gesichts- punkte über die Kennzeichen des innern Reimes aufstellt, so ist es auch nach ihm nicht überflüssig, diesen Gegenstand zu untersuchen. Wir beginnen mit der Darlegung der Kriterien, welche für die Unter- scheidung von inneren und Endreimen sich ergeben, da in ihnen die Begründung für die dann aufzuführenden Arten und Belege derselben liegt. Solcher Kriterien lassen sich acht entdecken, die ich hier erst insgesammt aufzählen will.

1. Die Symmetrie im Bau der Strophe, und beim Leiche im Bau der Leichabsätze.

2. Die Ähnlichkeit oder Gleichheit mit andern im Strophen- gebäude vorkommenden Versen ohne innern Reim.

3. Die Beobachtung des Auftaktes in den verschiedenen Versen eines Strophengebäudes,

4. Die Elision.

5. Der Wechsel des Reimgeschlechtes.

6. Der Wechsel in der Stellung von Reimen.

7. Die Nichtdurchführung von Reimen durch alle Strophen eines Liedes.

8. Das Enjambement.

Meist vereinigen sich mehrere Kriterien, und es dient alsdann das eine zur Stütze des andern. Wir betrachten nun jedes derselben für sich.

IL. .Die Symmetrie des Strophenbanes.

Nach dem Gesetze der Dreitheilung zerfällt bekanntlich in der Regel jede Strophe in zwei unter sich gleiche, und einen von jenen verschiedenen Theil (Stollen und Abgesang). Die beiden Stollen müßen sich, was Zahl und Stellung der Endreime, so wie das Geschlecht der- selben betrifft, genau entsprechen. Findet sich nun in dem einen Stollen ein Reim, dem nichts in dem andern entspricht, so ist es ein innerer

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 131

Reim. Dieser Fail ist so klar, ist auch von ällen Herausgebern be- achtet worden, daß ein paar Beispiele anzuführen genügt. Konrad von Altsteten (MSH. 2, 64°):

Wer sol mir nu wenden

min sendez ungemüete ?

Sit ez niht wil enden

ir reinen wibes güete. Gottfried von Neifen 3, 1:

Owe, winter, din gewalt

Wil uns aber twingen ! und die entsprechenden Zeilen des andern Stollens:

06 klag ich den grünen walt

und der vogele singen. Von Haupt nicht beachtet bei demselben Dichter 14, 34:

Beschiht des niht, muoz ich eine

sterben in vil kurzer vrist.

Sit du bist diu süeze reine

diu mir fröide geben sol.

Hilfa, helferichez win,

8 daz mir der lip verderbe:

süeziu frowe, 80 tuost du wol;

wo auch die beiden letzten Zeilen unrichtig abgetheilt sind. Vgl. unter andern Fällen noch Neifen 38, 26. 46, 17. 47, 10. MSH. 3, 46°. Meister- lieder der Kolm. Hs. 38, 6. 198, 1.

Wie zwischen den beiden Stollen vollkommene Gleichheit, so herrscht zwischen den Stollen und dem Abgesange Verwandtschaft und Ähnlichkeit. Über diese habe ich in meiner Abhandlung über den Strophenbau (Germania 2, 291 ff.) gehandelt. Wir beginnen mit der geringeren Verwandtschaft und steigen zur größeren auf.

l. Die Schlußzeile der Stollen ist gleich der Schlußzeile des Ab- gesangs, unterscheidet sich aber durch inneren Reim; und zwar steht:

a) Der innere Reim im Stollen. MFr. 244, 63, von den Heraus- gebern in drei Verse getheilt, lautet die Schlußzeile der Stollen:

unbetwungen sint die jungen, äne reht wir leben. in dem lande menege schande. uns ist vür fröide gegeben, und die Schlußzeile des Abgesangs: diu kirche ist ade, ir sult den pfaffen suochen anderswä. Beim Marner, Hagen 2, 241°: Stollen: Mariä met und muoter doch dar under. Abgesang: dich habent erliuhtet gotes dri persöne. 0"

132 KARL BARTSCH

Derselbe Fall Meisterlieder 35, 5. Hagen 3, 22”, und bei ein- zeiligem Stollen, Liederdichter 14, 264. Bemerkenswerth ist eine Strophenform von Friedrich dem Knecht, Hagen 2, 168°, wo die Schluß- zeile der Stollen lautet:

daz ist wär, hie niht langer sin. elliu jär liehter bluomen schin; und im Abgesange der man schoene bi der güele giht.

Hier gilt also die durch den Reim entstehende Pause für die feh- lende Senkung. Daß aber die beiden kurzen Zeilen im Stollen zu- sammen zu fassen, ergibt die Strophenform desselben Dichters 2, 169° (11)

b) Der innere Reim steht im Abgesang. Schenk von Limburg, Liederdichter 44, 1, im Stollen: kleinen vogelen, bluomen und ouch mir. Abgesang: leitlich sache, lache mir und dır. Bei Walther 109, 7, von Lachmann nicht als Inreim erkannt; im Stollen : mirst gehoten, daz ich singen muoz. Abgesang: unde senden fröide manicvalı. Bei dem Schenken von Landegg, Hagen 1, 351”; Stollen: wan du vröuwest manic herze, daz trürie was; Abgesang: höchgemüce get ir wibes güee mir gein ir. Ebenso noch bei Ulrich von Wintersteten, Hagen 1, 167* (36), Hug von Werbenwag 2, 68°, Walther von Breisach 2, 142*, dem tugend- haften Schreiber 2, 148°, und Hadloub 2, 285”. 292",

c) Der innere Reim in Stollen und Abgesang, aber verschieden. Bei Neifen 15, 6, wo so zu schreiben:

Waz vervähet mich des wunnenclichen meigen zit,

der uns nähet unde manegen herzen fröide git?

bluomen unde vogele sanc

der beider tröst ist leider miänen fröiden alze kranc.

2. Die beiden letzten Zeilen von Stollen und Abgesang ent- sprechen sich in der Form. a) Der innere Reim steht im Stollen; bei Walther 93, 20 hat die vorletzte (ἃ. ἢ. die erste) Stollenzeile Inreim : Waz hät diu welt ez gebene liebers danne ein wip, daz ein sendez herze baz gefröwen müge? Schluß des Abgesangs, in welchem nur das Reimgeschlecht der vor- letzten Zeile abweicht:

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 133

ist ganzer tröst mit fröiden underleinet:

disen dingen hät diu welt niht dinges obe. MPFr. 140, 32 bei Heinrich von Morungen, Stollen:

Uns ist zergangen der liepliche summer;

| da man brach bluomen, lit nu der sne.

Schluß des Abgesangs:

swenne ich gedenke an ir wiplichen wangen

diu man ze fröide gerne απ 88. Bei Reinman von Brennenberg, Hagen 1, 338":

St jehent daz diu minne

sanfte line, swem si guotes willen si.

Abgesang: si kan ez allez wan daz eine,

daz si mit ir meine

mich niht meinet als ich si gemeinet hän.

Die Annahme eines Inreimes in der ersten Zeile des Abgesangs ist nach Analogie der andern Zeilen wahrscheinlich. Derselbe Fall noch bei Ulrich von Wintersteten 1, 169°, Hadloub 2, 288", 292°, 302", bei dem Meißner 3, 108°. Noch ist zu erwähnen Hagen 1, 95’, wo der Stollen im Bau, aber nicht in der Reimbindung, ganz gleich den beiden letzten Zeilen des Abgesangs ist und einen Inreim hat. Beim Tanhauser (2, 91°) ist die letzte Zeile des Stollens gleich der letzten des Abgesangs und hat in jenem Inreim; die vorletzte hat im Stollen männlichen Ausgang, im Abgesang weiblichen und Inreim. Endlich bei Rumsland (2, 371*) füllt der Binnenreim wiederum die Senkungen aus, die im Abgesange stehen:

man sach meien dach, blüete maniger hande ist die erste Zeile des Stollens, die vorletzte des Abgesangs lautet ohne Binnenreim: wol im der den sumer ein vil reinez wip erkiuset, während die Schlußzeilen auch im Reim sich decken. b) Der innere Reim steht im Abgesange; bei Heinrich von Rucke, Liederdichter 10, 23, Stollen: Diu werlt wil mit grimme zergän nu vil schiere: ez ist an den liuten gröz wunder geschehen. Schluß des Abgesangs : nu sprechent genuoge, war umbe ich sus truobe, den fröide geswichet noch danne mir. Bei Gottfried von Neifen 16, 9, vom Herausgeber nicht beachtet; Stollen:

134 KARL BARTSCH

Selie selic si diu wunne, selic st des wunnebernden meigen zit. Schluß des Abgesangs: mer dann ich erdenken kunne. tanzen springen suln die jungen widerstrit. Bei Ulrich von Lichtenstein 507, 11, von Lachmann übersehen; der Stollen: Swem der winder höchgemüete swendet, der muoz ofte trürie sin. Der Abgesang lautet: Swie ez witeret, vrö vrö vrö. von ir güele stiget min gemüete für die liehten sunnen hö. Beim Schenken von Limburg, Hagen 1, 133°; Stollen: Swaz der sumer vröuden bringet, daz dien kleinen vogelen sanfte tuot. Schluß des Abgesangs: diu wil twingen mich ze sere: dur ir ere singe ich niuwen sanc. Bei Hartmann von Starkenberg, Hagen, 2, 73°; Stollen: Mit maniger hande varwe mischet sich diu heide und ouch der plän. Der Abgesang lautet: Al die wile unz an den tuc, daz ich der lieben selhiu ınere

und mine swaere enbieten mac. In der zweiten Strophe aber ist die Schlußzeile zu schreiben üf den handen wolt ih’n tragen,

statt ich in.

Bei Hadloub 2, 295", wo abzutheilen; Stollen: δὲ tet imz kunt vriuntlich mit umbevange und ouch mit manigem brüsteldrucke dö.

Schluß des Abgesanges : mir vröut den muot din minneelichez triuten, tuot mir we deich von dir muoz zehant.

Daß in der ersten Stollenzeile Inreim anzunehmen, lehrt die Ver- gleichung mit dem Bau der übrigen; denn die ganze Strophe besteht aus Versen von fünf Hebungen, indem der Anfang des Abgesanges so zu schreiben ist:

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 135

Der herre guot ir weckens bevant ;

er sprach: mirst wol und mir ist leit erkant. Auf diese Weise wird die zwölfzeilige Strophe in eine achtzeilige ver- wandelt.

Ebenso Inreim im Abgesange noch bei Hartmann von Starken- berg 2, 74*, bei dem von Buchein 2, 97", dem von Öbernburg 2, 227°; Hadloub 2, 291*, Gervelin 3, 35*, Sigeher, Liederdichter 63, 1, Hein- rich von Stretlingen, Liederd. 61, 1. Wohl auch bei Reinmar, MFr. 179, 3, wo jedoch das Reimgeschlecht der ersten Stollenzeile männlich, ın der vorletzten des Abgesanges weiblich ist. Stollen:

Als ich werbe und mir min herze ste alsö müeze mir an vröuden noch geschehen.

Abgesang: Diw ist mir verboten gar. nu verbieten alsö dar und hüeten daz si sich erwüeten ! we wes nement si war?

c) Der innere Reim steht in den Stollen wie im Abgesange, ist aber verschieden. Bei Bernger von Horheim, MFr. 115, 27; Stollen: Nu lange ich mit sange die zit hän gekündet:

swanne δὲ vie, al zergie daz ich sanc. Schluß des Abgesanges: ich singe unde sunge, betwunge ich die guoten

daz mir ir güete baz taete. sıst σιιοί, Bei Gottfried von Neifen 40, 25, vom Herausgeber nicht beachtet Stollen: Nu siht man die heide breit

wol beschanet mit den liehten bluomen manicvalt. Schluß des Abgesanges: mac man schouwen rösen röt.

ach dur got, lide ich aber seneliche nöt. Bei König Konrad, Hagen 1, 4*; Stollen:

Sol ich nu klagen die heide, dast ein jämer gröz

gein mäner nöt in der ich stete brinne. Der Abgesang lautet vollständig:

Wie solt ich iemer vröude alsö gewinnen?

der ich vor allen vrouwen her gedienet hän,

diu wil. mich län verderben näch ir minnen. Daß hier die letzte Zeile von Stollen und Abgesang so zu schreiben wie ich gethan, lehrt der Vergleich mit der ersten des Abgesanges; vgl. Germania 2, 291. Man vergleiche noch Heinrich von Rucke,

136 KARL BARTSCH

MFr. 101, 15, Gottfried von Neifen 14, 36 (vgl. oben S. 131), den Düring, Hagen 2, 27*, Hadloub 2, 284°. Ein Unterschied des Reim- geschlechtes in der letzten Zeile beim Düring, Hagen 2, 26*: Schluß des Stollens: scheen unde wär, die hören tugende riche. des Abgesanges : wirt mir der tröst von ir, min sorge ist hin. 3. Die drei letzten Zeilen des Abgesanges entsprechen dem Stollen. a) Der innere Reim steht im Stollen; bei Hadloub 2, 302”, Stollen: Sich vröut üf die edelen naht ein geslaht' minneere harte, des sin vrouwe ruochen il. Schluß des Abgesanges: er spricht: edeliu vrouwe, jä, tuo mir üf, vil wunnen riche, daz ich dich al umbevä. Ebenso beim Tanhauser, Hagen 2, 96°, bei Konrad von Würzburg, Hagen 2, 329°, und in Frauenlobs goldenem Tone, 3, 350°, und m. Meisterlieder 34, 1. b) Der innere Reim steht im Abgesange ; bei Gottfried von Neifen 29, 36, vom Herausgeber nicht beachtet. Stollen: Nu siht man aber die heide val; nu siht man valwen grüenen walt; nu hert man niht der kleinen vogele singen. Der Abgesang lautet: Der nöt klag ich, und δὲ mine swoere, die mir diu herzeliebe tuot: von bin ich ungemuot. nust si doch guot diu liebe unwandelbere. und derselbe Fall 38, 4, wo der Stollen lautet: Owe winter, daz din kraft an uns ist sigehaft ! ow& kleiner vogelline singen ! und der Abgesang zu schreiben ist: nust der walt sis grüenen loubes äne. wäfend! ist mir dicke we und anderswä. daz tuot mir diu liebe wolgetäne. Die große Verwandtschaft im Baue der beiden Strophen springt in die Augen. Ferner bei Hadloub, Hagen 2, 291°:

rn

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 137

Wunne wil unwunne schön verdringen, daz manz lwert und siht wol, swers nimt war; seht, ob daz müg manc herze vröuden wern. er Schluß des Abgesanges aber ist zu schreiben: dien stet ez δ dams in niht mac gemuoten; ich gloub in δὲ mir, wan mich lät sin ouch in sender nöt diu vrouwe min. rıd bei demselben Dichter nochmals 2, 289”.

c) Der innere Reim steht in Stollen wie Abgesang, aber ver- chieden. Bei Gottfried von Neifen 21, 3: Ich hoer aber die vogele singen, in dem walde suoze erklingen; dringen siht man bluomen durch daz gras. Schluß des Abgesanges: tuot mir wol diu minnencliche, seht, 80 wirde ich fröideriche, sunder nöt vil maneger sorgen fri. Beim Düring, Hagen 2, 25° ist der Stollen zu schreiben: Werder meije, sit din schoene, liehter summer, bluomen und der vogele dene selchen kummer niht erwendent, der mir tuot we. Schluß des Abgesanges: des leb ich in ungewinne, sit ich steeteclichen in ir güete brinne: Minne, hilf enzit, sit daz ich sten genäden bar. In einem unechten Neidhart, Hagen 3, 186° ist zu schreiben: Arger winder, bald hin hinder muostu streben, sit diu heide vr? vor leide ist gestalt; man hoert süezer vogelin kel erklingen. | und der Schluß des Abgesanges: siht man gamillen blüende aber schöne üf ge, \ wol ze schouwen in dem anger lit der kle: Ä aber als & den jungen müez gelingen ! Xbenso bei dem Püller, Hagen 2, 70* (IV), bei Konrad von Würz._ | burg 2, 323", m. Liederdichter 69, 1. | 4. Die vier letzten Zeilen des Abgesanges entsprechen dem Stalle | a) Der innere Reim steht im Abgesang, bei Konrad von Ni | burg, Hagen 2, 319*, Stollen: rZ-

|

138 KARL BARTSCH

daz liehte morgenröt was durch den grüenen hac gedrungen und diu vogelin sungen, rief ein wahter an der zinnen. Schluß des Abgesanges: der im ze lange δὲ gelit. wil er niht [von] hinnen balde keren, wil er verseren sin trüt an Eren und an sinnen. und bei demselben Dichter 2, 323° (XXIT). b) Der innere Reim steht in Stollen und Abgesang. Ebenfalls bei Konrad 2, 322", wo so abzutheilen : Ich solt aber singen von den rösen röt und des meien güete, der mit siner blüete zieret wilden hac; denn der Schluß des Abgesanges lautet: die sich in der schande klösen hänt getän: ich enwil niht kösen hiure von den rösen üf dem grüenen plän. Und in einem Walther mit Unrecht beigelegten Liede, Hagen 1, 267‘, wo zu schreiben : Got in vier elementen sich erscheinet, ob wir den niht rehte erkenten, der uns hät gereinet,

aller sünden smittien wuosch uns abe sin bluot. Schluß des Abgesanges : nu kumt sin erbarmen uns ze tröste,

sit daz er den vröuden arınen gnedeclich erlöste von des tievels keten üz der helle gluot.

5. Der Stollen ist gleich dem ganzen Abgesang, beide unter- scheiden sich durch innern Reim. Burkart von Hohenfels, Hagen 1, 202°; Stollen: |

Näch des aren site ir Ere höhe sweimet und ir mußt. Abgesang: Swer ir gruoz nimt, derst vor schanden banden vri, sist selden wer.

Derselbe Fall bei Walther von Metz, Hagen 1, 310".

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 139

6. Die Verwandtschaft von Stollen und Abgesang zeigt sich nicht am Schluße, sondern am Anfange des letztern.

a) Die erste Stollenzeile gleicht der ersten des Abgesanges, und jene hat den innern Reim. Hadloub 2, 287*.

Stollen: Minner herze viht ze ganzer state. Abgesang: Minne klemmet rehte alsam ein zange.

b) Der Stollen ist gleich der ersten und dritten Zeile des Ab-

&gcsanges. Rudolf von Rotenburg, Hagen 1, 87". Stollen:

Alinnecliche ich von der minne sunge,

lönde si mir mänes sanges baz2. Abgesang:

Daz ich bin der ich vil menge stunde

lop gehahen kunde,

liez eht si beliben minen sin. Daß so zu schreiben, ergibt der Vergleich mit der Strophenform, Hagen 1, 33* (Ὁ. Derselbe Fall bei Kristan von Lupin, Hagen 2, 21", wo abzutheilen ist:

Sit daz al min heehste vröude an dir stät,

liebe trüte mine. Abgesang:

Machen kan vil kluogiu herzen sinnelös.

ach ach, herre got, wie rehte lös

sach ich von ir ein lachen.

c) Der Stollen ist gleich der zweiten und dritten Zeile des Ab- gesanges. Der Dürner, m. Liederdichter 90, 1:

Sie der winter kalt, daz ich wol sihe,

vogele deene krenket und der bluomen schin. der Abgesang :

rösen röt. gesiröit üf-wizen sn&

sint der lieben under ougen; swiez erge.

7. Zwischen Stollen und Abgesang besteht sehr häufig das Ver- hältniss, daß der letztere dem ersteren gleicht, und außerdem noch einen Theil des Stollens nochmals wiederholt enthält. So ist bei Ulrich von Lichtenstein 446, 1 die zweite Zeile des Stollens metrisch noch- mals am Anfange des Abgesanges wiederholt, und diese erste Zeile des Abgesanges hat Inreim, Lachmann macht zwei Zeilen daraus.

Stollen: Warnet iuch gar, junge und alde, gegen dem winder : des ist zit. Abgesang: Lät die schilde stille ligen. it tu selben kleider milde: st mügt ir im an gesigen.

140 KARL BARTSCH

Derselbe Fall bei Heinrich von Morungen, MFr. 137, 27; und bei demselben Dichter nochmals, Liederd. 14, 28, nur daß hier nicht die zweite, sondern die erste Stollenzeile wiederholt wird; die Herausgeber des MFr. machen aus der Zeile mit Inreim zwei Verse. Die Wieder- holung der ersten Zeile auch bei dem von Trostberg, Hagen 2, 72".

Stollen: Wol dir, meie, wol dir, wunne,

du vröist aber diu vogellin ! Abgesang: Nit und haz ἰδὲ nu gename:

der muoz mir sin widerzeme;

vrouwen yruoz mir tete ba:. Die beiden ersten Zeilen des Stollens erscheinen im Abgesange ver- doppelt bei Ulrich von Wintersteten, und in dem ersten Paare (der ersten Zeile des Abgesanges) findet sich ein innerer Reim: m. Lieder- dichter 38, 342.

8. Nur Verwandtschaft im Bau des Stollens und des Abgesanges findet sich bei Konrad von Würzburg, Hagen 2, 320°, wo der Stollen lautet:

Heide mit kleide

zieret sich gar äne we,

wunnen m&

bringen uns der meie wil; der Abgesang:

Walt dar under

wunder loubes an sich leit; daz gevilde wilde röte rösen treit,

die sint maniges herzen spil.

9. Der Abgesang zerfällt in zwei gleiche Theile, die aber durch

den Inreim sich scheinbar unterscheiden. Steinmar, Hagen 2, 157": Mich hät enzunt ir röter munt mit der minne viure, daz betwinget swen δὲ wil, und ist doch gehiure.

Beim Leiche herrscht bekanntlich das Gesetz der Zwietheiligkeit für die einzelnen Absätze vor. Oft nun unterscheiden sich die beiden Hälften durch die Art und Weise des inneren Reimes. Aber auch verschiedene Absätze lassen sich, wenn man den innern Reim zu Hülfe nimmt, als verwandt oder gleich im Bau darstellen, während sie sonst oft gar verschieden aussehen. So sind beim Taler (2, 146*) die Leich- absätze I—7 und 9—11 in zweizeilige zu zerlegen und alle einander gleich:

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 141

1. Die bluomen springent, vogele*) singent aber als ἃ.

diu heide hät vil kleide, bluomen unde kle. 2. Zit schoene, süezer doene ist aber vol der walt; diu it vil vröuden οἷὲ, sist wunneclich gestalt. 3. Wir müezen grüezen aber die wunneclichen zit; die heiden kleidn weln sich schöne wider strit. 4. Diu bluot tuot in den ougen und in herzen wol; der walt gestalt ze vröuden ist der doene vol.

Ein Beispiel von Theilung eines Leichabsatzes in zwei Hälften, von denen die eine Inreim hat, die andere nicht: Herman der Damen, Hagen 3, 161‘, 22:

Gedenke, vrowe, daz du vrö were,

du gebere dinen sune Jesum Krist

Mit grözer vröude und äne sware,

der da herre und künec ob allen künegen ist. Vzrl. noch die Leiche von Rudolf von Rotenburg, Hagen 1, 81", 5 mit 81’, 17; Ulrich von Wintersteten 1, 1375", 25 ff. mit 33. 34, und 138", 35; demselben 1, 142”, 5 = 143", 15; 1, 146°, 44 —= 147", 45; Hadloub 2, 305°, 1 = 306*, 8; dem wilden Alexander, m. Lieder- dichter 71, 73 und 71, 81.

U. Analogie mitandern Versen der Strophe.

In Bezug auf dieses Kriterium lassen sich allgemeine Gesichts- punkte nicht aufstellen; jeder Fall ist von dem anderen etwas ver- schieden. Wir begnügen uns daher, eine Reihe von Beispielen an- zuführen.

Bei Konrad von Kirchberg, Hagen 1, 24" lautet der Stollen:

Hoerent wie diu vrie nahtegal

süezen schl durch welde in ouwen ἀφ εἰ. und der Abgesang:

Berge und tal mit maniger blüete wilde,

die man sach von rifen grä,

viol bla man vindet. üf gevilde. Durch die Annahme des Inreimes werden alle Zeilen der Strophe trochäisch (vgl. Kriterium 3), und außerdem, mit Ausnahme der vor- letzten Zeile des Abgesanges von gleichem Versmaße (fünf Hebungen). Bei Wernher von Teufen (Hagen 1, 1095) ist die erste Zeile des Ab- gesanges mit Inreim anzunehmen Bluomen wiz dur grüeniu ris, weil

*) Hs. entspringent die vogel.

142 KARL BARTSCH

der Stollen mit einer ebenso gebauten Zeile, aber ohne Inrcim, beginnt: Vröut iuch beide, junc und alt. Bei Heinrich von Rucke (MFr. 110, 26) ist in der zweiten, vierten, sechsten Strophenzeile Inreim anzunehmen, weil der Vers von vier Hebungen gerne mit dem von fünf Hebungen

verbunden wird, und nach Analogie dieser auch in der achten Zeile.

Bei Kristan von Lupin, Liederdichter 92, ist die erste Zeile des Auf- takts mit Inreim zu schreiben, weil sie der zweiten (ohne Inreim) gleich gebaut ist:

Müz mir doch iemer me der liepste sin. 852 röt wart nie niht noch enwirdet niemer.

Bei Hezbolt von Weißensee (2, 225) ist die erste Zeile des Stollens gebildet wie die erste des Abgesanges (vgl. Kriterium I, Nr. 6) und hat Inreim; daß auch die zweite Zeile des Stollens mit Inreim als zehnsilbiger jambischer Vers zu schreiben ist, lehrt die ursprüngliche Identität des zehnsilbigen dactylischen und jambischen Verses: die ganze Strophe also ist zu schreiben:

Könd’ ich erwerben ein lachen dur zart,

88 wer bewart min sendez ungemach.

Ich muoz verderben sin welle alsö

mich machen vrö der ich daz beste ie sprach. Daz wer an vröuden ein vrelicher vunt.

zwär, solt ich sterben, und sehe ich den munt noch zeiner stunt, ich würde wol gesunt.

Bei Winli, Hagen 2, 29*, ist die Versabtheilung so zu machen:

Afaniger leije blüete güele wa’tet

und enthaltet sich aldur den sumer vrö.

78 80 singent schöne

vogelin in ir düne willeclichen hö: Abgesang:

Üf der heide manigem kleide vröude git

ouch der meije maniger leije; Ä

küene grüene lüt der anger widerstrit.

Bei demselben Dichter 2, 30° ist im Stollen zweimal Inreim anzunehmen, wodurch die Verbindung des trochäischen zehn- und elfsilbigen Verses entsteht. Bei Neithart 28, 5 muß der Schluß der Strophe geschrieben werden:

mit vreuden leben den meien !

ir megede, ir sult iuch zweien.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 143

Bei Walther 97, 34 beweist die Zusammenfassung der ersten Stollen- zeile der Vergleich mit der zweiten, die alsdann denselben Bau hat (sechs Hebungen, aber ohne Auftakt). Bei demselben Dichter (Lieder- dichter 22, 859) wird der Inreim in der ersten Zeile des Stollens durclı das Vorkommen des Verses von fünf Hebungen ohne Inreim (zweimal in der Strophe 865.867) bewiesen; nach dieser Analogie und außerdem wegen der Elision ist auch die zweite Stollenzeile mit Inreim zu schreiben. Bei Rost Kirchherr von: Sarnen (2, 133°) besteht, wenn man Inreim annimmt, die Strophe aus lauter Versen von fünf und sechs Hebungen: |

Mir ist ein grüezen worden von der süezen, und ist doch min nöt noch unverslizzen ; Wan miniu pfender ich tumber, ellender

an gesuoche noch muoz lenger wizzen,

Daz ich eines niht dar ab erlesen mac.

saeh ab ich die stunde daz mir von ir munde

würd ein küssen, wol wer ich enbizzen. Ebenso besteht bei richtiger Zusammenfassung bei Walther von Breisaclı (2, 141°) die Strophe aus gleichartigen Versen:

Noch hare wisen rät: der tag Üf gät,

und lät diu naht ir vinster vorw als ie; vil schene wip, bewar daz er wol var der gar an mine huote sich verlie.

Der Stollen hat Verse von sieben und acht Silben; es ist bekanntlich im deutschen Strophenbau sehr gewöhnlich, daß am Schlusse der Strophe längere Zeilen eintreten. Beim Marner (2, 242°) sind die ersten Zeilen beider Stollen in eine zu vereinigen, d. h. in einen Vers von sieben Hebungen; darauf führt der Umstand, daß diese Versart in der Strophe noch viermal vorkommt. Dazu kommt, daß Str. 9, 5 Elision stattfindet. Allerdings hat in Strophe 12 die zweite Hälfte Auftakt; aber dieser eine Fall kommt gegen die auftaktlosen Verse der übrigen Strophen nicht in Betracht, denn Str. 14 muß betont werden ünd wolten ein künic weln, und Str. 9 wird man lesen dürfen swer niht hät, der ist unwert. Bei Hadloub (2, 280”) ist der Stollen zu schreiben:

vund man sament 88 manic liet?

man vunde ir niet im künigriche

als in Zürich an buochen stät. Dieselbe Strophenform kehrt 283° wieder, und auch 282°, wo aber die Verse auftaktlos sind, und der regelmäßig stehende Auftakt in der

144 KARL BARTSCH

dritten Zeile (bei Hagen) die Zusammenfassung recht deutlich be- statıgt: |

Minne ist wunderlich,

st kert sich an iumbe, wise,

alte, junge twinget 87. Bei demselben Dichter (2, 288°) sind die kurzen Verse so zusammen- zufassen :

Herbst wil aber sin lop niuwen,

er wil briuwen manigen rät;

wan daz stät dien sinen ren wol.

Bei Wizlav von Rügen (3, 83°) ist die Schlußzeile jedes Stollens und des Abgesanges mit Inreim versehen und entspricht dann den beiden ersten Zeilen des Abgesanges:

daz ist mir von herzen leit; sie hüeten al ir besten weite die sie truogen.

Beim Meißner (3, 925) begegnet die Form eines Verses ohne Inreim zweimal in der Strophe und bildet, mit, Inreim, den Schluß jedes Stol- lens und des Abgesanges. Bei Ulrich von Lichtenstein (456, 25) lehrt die Vergleichung mit dem Verse der Stollen, daß im Abgesange In- reim anzunehmen, die Strophe demnach zu schreiben ist:

Swer mit schilt sich decken wil vor schanden, Der sol ez dem libe wol enplanden.

Des schildes ampt οἷ Ere, im ist bereit werdekeit: st muoz ab kosten sere.

Darauf deutet auch die Elision in der dritten Zeile hin, wo Lachmann schreibt imst. Daß bei weiblichem Ausgange der Inreim männlich, bei männlichem weiblich ist, ist ein häufig vorkommender Fall. Bei Frauenlob (Liederdichter 79, 255) bildet den Schluß jedes Stollens und des Abgesanges ein zehnsilbiger Vers mit einem Inreim nach der vierten; ohne Inreim erscheint diese Versart noch viermal in der Strophe. Vgl. auch meine Meisterlieder 46, 6, und außerdem noch Hagens Minnesinger 1, 351°. 2, 132". 2, 231". 2, 237” (III). 2, 242° (XIV). 2, 203", 2, 321". 3, 94°. Liederdichter 87, 188.

Namentlich bei den Leichen kommt dieses Kriterium nicht selten in Anwendung, weil bei ihnen das Gesetz einer regelmäßigen Strophen- bildung in Bezug auf die Absätze unter einander nicht besteht. So ist bei Otto von Botenlauben (Hagen 1, 205) die Anwendung acht- silbiger Verse, theils mit, theils ohne innern Reim, theils mit verschie- denem Inreim zu erkennen. Ebenso bei Rudolf von Rotenburg (1, 74°)

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 145

die Anwendung des Verses von sieben Hebungen in verschiedener Gestalt durch innere Reime, verbunden mit dem von vier Hebungen. Die Absätze 1—3 sind zu schreiben:

Kund ich geloben die vrouwen min

als ich entstän ze rehte wol, mit triuwen ich daz late. der ich muoz temer möre sin gar undertän, min herze sol ir tragen wernde stete.

Der vierte besteht aus vier Zeilen wie die folgende:

Waz schäte mir en swacher nit ob mir diu schene gunde. Der fünfte ist so zu gestalten:

Ἐξ ist eın reiner site σοί an vrouwen da2e δὲ minnent ie | gar äne strit, mit steetem muote stent in ir gebende; und ebenso ist die zweite Hälfte gebildet, wie auch die beiden folgen-

den Absätze. Der achte ist gleich dem vierten, der neunte aber ist so zu schreiben:

Si enpflege mäze, von der sträze muoz ich üf den smalen pfat. sprichei mir diu sorge mat: 580 muoz ich vröude miden und grözen kumber liden.

Und ebenso sind der 10.— 13. Absatz zu schreiben. Der fünfzehnte gliedert sich so:

Dekeiner Ip, man alder wip, die minne unrehte pflegen,

der nider char die namens war: daz die vor kirchen legen! Ihm entspricht genau der sechszehnte, und auch der siebzehnte, nur daß hier die Langzeile nur einen innern Reim hat. Der achtzehnte besteht aus vier Langzeilen, deren erste lautet:

Min reht ist daz ich von im dulde kumber unde haz.

Die Absätze 19 und 20 gleichen wieder der früheren Reihe 9 14- In dem Schlußabsatze sind ebenfalls immer zwei kurze Zeilen in eine Langzeile zu vereinigen, wobei aber der weibliche Inreim hier wie oft metrisch dem männlichen gleich gerechnet wird. Es ist ersichtlich, wie auf diese Weise der ganze Bau des Leiches ebenso vereinfacht wird, wie viele Strophengebäude in Liedern durch unser erstes Kri- terium. Man vergleiche noch in dem Leich Ulrichs von Wintersteten (Hagen 1, 142) die Absätze 31. 40. 41 mit einander. Auch in Walther’s Leiche werden durch Zusammenfassen kürzerer Verse in längere die

Absätze einfacher und einander entsprechend, vgl. Germania 6, 187 bis 191.

GERMANIA XII.

10

146 KARL BARTSCH

I. Beobachtung des Auftaktes.

Da die lyrischen Dichter von einer gewissen Zeit an, etwa seit 1200, Verse mit und ohne Auftakt meist sehr genau unterschieden, so kann auch die Beobachtung des Auftaktes nicht selten zur Erkennt- niss des innern Reimes dienlich sein.

1. Wenn nach einem männlichen Reime regelmäßig Auftakt folgt, während die übrigen Zeilen der Strophe keinen Auftakt haben, so ist in der Regel jener männliche Reim als Inreim anzunehmen. So beim Schenken Ulrich von Wintersteten (Hagen 1, 168°), wo der Stollen zu schreiben ist:

Sumer zieret heide und. anger und den walt;

von manic herze balt den lip cunrieret. Dadurch werden alle Verse auftaktlos und die beiden Zeilen, aus denen der Stollen besteht, in ihrem Maße gleich, was die Zusammenfassung für die erste Zeile bestätigt.

Derselbe Fall bei Gottfried von Neifen 47, 17, wo die zweite Zeile des Abgesanges lautet vogele sanc mit fröiden doenet, und da- durch dem Maße der übrigen Verse gleich wird. Ebenso bei Hadloub (2, 282°), auf welche Strophenform schon oben (ὃ. 144) hingewiesen worden ist. Bei demselben Dichter (2, 293°) ist die Strophe so zu schreiben:

Manic belangen ist ergangen näch der zit, diu nu uns ougen wunnen vil;

von wunder wirt dar under kute vrö; ich wer 80 wan daz min vrouwe enwil.

Waz vrümt mich, swie schoen ez ist,

ob si wunnen mir niht gunnen wil von ir? ist mir als dem gar wunnen brist.

2. Wenn nach weiblichem Reime in einer Strophe regelmäßig der Auftakt fehlt, während die übrigen Zeilen der Strophe den Auf- takt haben, so ist jener Reim ebenfalls in der Regel als innerer Reim zu betrachten. Dieser Fall bei Hezbolt von Weißensee, Hagen 2, 24", wo so zu schreiben:

Grüz ist min höchster tröst ;

grüz der kan machen mich vil senden rich; Grüz hät mich sorge erlöst,

dar näch ein lachen gar dursüberlich.

Ach, swem ir grüzen wirt durch röten munt,

dem kan ez säzestunt den lip durchsüzsn daz er wirt gesunt.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 147

Bei Wolfram (Liederdichter 22, I) ist zwar der Auftakt kein fest- stehender, aber der Vers, der auf den von mir angenommenen innern Reim folgt, ist immer auftaktlos, nur einmal (22, 27) findet Elision statt. Daher ist der Stollen zu schreiben:

Sine kläwen durh die wolken sint geslagen, er süiget Üf mit grözer kraft.

Bei Heinrich von Rucke (MFr. 110, 26) sind alle Verse mit Auftakt versehen; die zweite, vierte, sechste, achte Zeile hat innern Reim, auf welchen, weil er weiblich ist, niemals Auftakt folgt. Der- selbe Fall findet sich in meinen Meisterliedern, 162, 8, wo nur die zweite Hälfte des mit klingendem Inrein: versehenen Verses des Auf- taktes entbehrt.

3. Wenn bei dactylischem Versmaß auf einen männlichen Reim regelmäßig ein zweisilbiger Auftakt folgt, so ist jener männliche Reim ein innerer. So bei dem Grafen Wernher von Honberg (Hagen 1, 64"):

Ez ist ein spdt, wart ie herze von leide verseret; sam αάξ mine? minne, daz ist din getät;

und ebenso sind der zweite Stollen und der Schluß des Abgesanges zu schreiben. Derselbe Fall in der fast ganz eben so gebauten Strophe des Schenken von Limburg (1, 132°), wo sich der Abgesang bei An- nahme von inneren Reimen so darstellt:

Mir des erban, ob ich vrö gerne were.

wip unde man, wünschet daz si mir ringe die sweere,

der s’äne schulde von herzen mir gan.

Der gleiche Fall findet sich schon bei Friedrich von Hausen, Lieder- dichter 8, 23, wo die erste Zeile des Abgesanges lautet: von der ich bin alsö dicke äne sin. Und bei Heinrich von Veldeke, Liederdichter 7, 133, wo der Anfang des Abgesanges an ir genöz wan ir blischaf is gröz; hier hat indes die zweite Strophe ausnahmsweise nach dem männlichen Inreim nur einsilbigen Auftakt (7, 140), wenn nicht zu lesen der min nıuot.

4. Wenn bei dactylischem Versmaß auf einen weiblichen Reim regelmäßig ein einsilbiger Auftakt folgt, während die eigentlichen Vers- anfange regelmäßig keinen Auftakt haben, so ist jener Reim als innerer anzunehmen. Dies ist der Fall bei Ulrich von Lichtenstein, Lieder- dichter 33, 73:

Wol mich der sinne die mir ie gerieten die lere daz ich sie minne von herzen ie langer ie mere; daz ich ir re 10*

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reht als ein wunder, sunder, söre, minn’ unde meine, sie reine, sie selic, sie höre. Ebenso bei Burkart von Hohenfels, Liederdichter 34, 1:

Wir sun den winder in stuben empfähen.

wol üf, ir kinder, ze tanz sun wir gähen!

volgent ir mir,

80 sun wir smiern und zwinken und zwieren näch lieplicher gir. Ferner bei Hezbolt von Weißensee, Licderdichter 93, 1. Aber auch, wo das Fehlen des Auftaktes am wirklichen Zeilenanfang nicht streng beobachtet wird, entscheidet die strenge Beobachtung des Auftaktes nach einem klingenden Reime für inneren Reim. So in dem schon erwähnten Liede Heinrichs von Veldeke, Liederdichter 7, 129, und beim tugendhaften Schreiber, ebendas. 24, 1, wo der Abgesang aus drei Zeilen mit Inreim besteht:

Sist worden geile, swer sich ir wil nieten, dem ist si veile, kan er höhe mieten: bt selhem meile wils ab nu gebieten.

IV. Elisıon.

Dies Kriterium ist eines der am sichersten entscheidenden. Wenn bei vocalischem Ausgange eines klingenden Reimes das nächste Wort vocalisch anlautet und im Auftakt stehen würde, die entsprechenden Verse der andern Strophen aber keinen Auftakt haben, so ist das ein Zeichen, daß der vocalische Aus- und Anlaut durch Elision zu ver- einigen sind. Da nun aber Elision über den wirklichen Versschluß hinüber fast niemals vorkommt, so ist jener klingende Reim als ein Inreim zu fassen, was in den meisten Fällen auch noch durch andere Kriterien bestätigt wird. So bei Heinrich von Veldeke, Liederdichter 7, 84 liehter varwe erbleichet garwe, denn die entsprechende Zeile der ersten Strophe lautet wal gedäne, . valsches ἄπο (7, 73). Bei Wolfram, Liederdichter 22, 27, in dem eben (S. 147) erwähnten Liede; und bei demselben (22, 59), wo die Zeile ohne Elision lautet:

wi ich gän, in lagewise sanc verbern, und nur bei vocalischem Auslaut der vordern Hälfte die zweite vo- calisch anlautenden Auftakt hat: 62 tougenliche, und obe sie prise ir minne wern.

73 wil ich aller wahter triuwe an werden man. 75 solt du, vrowe, an scheidens riuwe künfte wän. 86 der sie klagen ungerne hörte. ez sprach sin munt. 88 irüren nie gar zerstörte ir vröuden funt.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 149

Lachmann macht daraus je zwei Zeilen. Bei Walther 14, 19 swenne ir güeie erkennet min gemüete, während in den andern Strophen die zweite Hälfte keinen Auftakt hat; bei Lachmann in zwei Versen. Bei demselbem 109, 15 swie si wolde, unz ichz an ir bevant, und 110, 11 daz nie manne an liebe baz geschach, auch hier macht Lachmann zwei Verse daraus. Nochmals bei Walther, Liederdichter 22, 862. swiez erwinde, ez dunket mich alsö gestalı.

875 daz er mit swere an mir gesweere.

893 mach & mich reine min unreine. Bei Neidhart 13, 30 gerne sehen die vriunde mine uns pilgerine, denn in allen andern Strophen hat die letzte Zeile keinen Auftakt; 13, 27 fehlt den in C daher ganz mit Recht. Bei demselben Dichter, Lieder- dichter 25, 88, wo noch andere Gründe entscheiden, Haupt aber die Zeile in drei Versen gibt. Ferner Ulrich von Wintersteten, Hagen 1, 134°, wo der achte Absatz zu schreiben ist:

Were lihte, οὗ ich die biähte hete getän, mir bezzer noch vil danne ich were lange in sweere, und ich niht künde wizzen daz zil; also in jeder Zeile einmal Elision, aber an verschiedenen Stellen. In demselben Leiche (1355) kehrt 12 dieselbe Versart nieder, und auch hier hat die erste Zeile Elision, in der zweiten aber ist zu lesen und ouch din güete, der got hüete. Auch Absatz 21 (135”) ist in Langzeilen

zu schreiben, und die zweite hat Elision: von trüret unde süret mir der muot und ouch daz leben. junge und alde, erteilent balde, ob si mir helfe süle geben. Im zweiten Leiche desselben Dichters (136°) entsprechen sich in Ab- satz 14 die Zeilen: Niht me wan we, sit minne mir geböt deich kunne unwunne und seneliche nöt, wo also noch ein anderes Kriterium hinzutritt. Im dritten (140°) be- steht Absatz 31. 32 aus achtsilbigen Versen, darunter zwei mit Elision: an wibe löbe und ouch ir muot, und ir wirde girde ist un- betrogen. Im vierten (143*) besteht der elfte Absatz meist aus Versen von fünf Hebungen, und die erste Hälfte ist zu schreiben:

Ich künde sünde die du tuost an mir, sit das du mich bünde in selhe σῦν. ich schine in pine, daz ist leider wär

üf die besten triuwen mine;

also in der zweiten und dritten Zeile Elision. Im 31. Absatz (145") wiederum bei achtsilbigen Versen zweimal Elision got wolde, solde

150 KARL BARTSCH

ir mündel röt, und minne in sinne mir geböt. In einem Liede des Dichters (1, 158°) bestehen die Stollen aus Versen von sechs He- bungen, dabei fünfmal Elision:

2, 3 ougent an mir iuwer güete und iuwer zuht. als diu röse in meijen touwe ist iuwer lip, und der gilje in wunne blücte an siner vrulht.

3, 1 wunneclicher ougen weide ich nie gesach.

5 sist vor allem herzeleide ein schirm, ein dach.

In dem Refrain eines andern Liedes (Liederdichter 38, 348): in dem muote ist mir diu guote; denn alle Verse heben auftaktlos an. Ferner bei dem Schenken von Landegg, Hagen 1, 355* im zehnsilbigen Verse daz ichz beweine ob ἔν tröst mich nu lät. Bei Kristan von Lupin, Hagen 2, 22° läz mir gelinge an dir, vil werde. Beim Düring (2, 265) hebt ein Lied an: In äre bernder blüete ich mine vrouwen vant, wo durch die Zusammenfassung sich auch die Gestaltung der fol- genden Zeile mit Sicherheit ergibt und mit gleicher Versbildung hebt das fünfte Lied an (2, 27"):

Ich was in minnen üähte und ir gevangen gar. 1, 4 E mich ze sinnen brähte ir lieplich umbevanc. 6 Ich sold, wolde ir ἴορ von wären schulden.

2, 1 Ob allem golde vgimme ist ir vil werder lip. 4 Ja ἰδὲ als ich wolde stimme und ir vil werder gruoz. Bei Konrad von Altsteten (2, 64°) sind je zwei kurze Zeilen in &ine

zu verbinden, wie man aus 3, 9 daz si zwäre in eime järe ersieht. Derselbe Fall beim Püller (2, 605), wo es die Anfangszeile des Liedes lehrt; bei Hartmann von Starkenberg (2, 73°) und min swere en-

bieten mac, in der zweiten Strophe muß man lesen üf den handen

wolt ihn tragen. Beim tugendhaften Schreiber (2, 151°) sind die beiden ersten Zeilen zu verbinden, wie man aus der Elision in der ersten Strophe sieht, ebenso die dritt- und vorletzte, wie die dritte Strophe (der minne sträle und al ir kwäle) lehrt. In einem Tone des Mar- ners (2, 242°) müßen die beiden ersten Zeilen jedes Stollens verbunden werden; Elision findet sich Str. 9, 5 (2445); vgl. oben Kriterium II. Bei Konrad von Würzburg (2, 315", V) sind die beiden ersten Zeilen des Abgesanges zu vereinigen, wie die Elision der zweiten Strophe beweist. Sende swere ein sendebere. Bei demselben Dichter (2, 324°) genau der gleiche Fall: Elision in der zweiten Strophe bei demselben Versmaße, mit Unrecht setzt Hagen in in Klammer. Bei Wizlav (3, 845) Elision in der ersten Strophe, in der vorletzten Zeile; in einem unechten Neidhart (3, 288°) in der siebenten Strophe, wo

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 151

noch stärkere Gründe entscheiden. In einer anonymen an Schlagreimen überreichen Strophe (3, 418") (wie garwe ir varwe erkwicken kan). In meinen Meisterliedern 6, 842. 7, 244. Bei Ulrich von Lich- tenstein 457, 17: des schilles amt güt Ere, ım ἰδέ bereit;

Lachmann schreibt imst und macht zwei Verse aus der Zeile. Ferner im Leich bei Otto von Botenlauben (Hagen 1, 29°) im achten Absatz (vgl. Absatz 3):

üf den gedinge und selchen tröst daz mir gelinge und werde erlöst. Ebenso im zwölften, der so zu schreiben ist: Min gemüeie ist worden kranc, ich verwüete näh ir güete An allen danc; vgl. Absatz 11. Im 26. Absatz ist zu schreiben: | Ob ich genende und ich ir sende disen sanc. ir ἰοῦ, ir ere ich gerne möre, in vremdiu lant.

Im Leich bei Rudolf von Rotenburg (1, 355), Absatz 13: af äventiure ich diene ir hiure, vgl. 9—12. Ebenso 1, 76°, Absatz 10, mit zweifacher Elision:

Gelit nähe und umbevähe ich si, daz läzen äne zorn; vgl. Absatz 7 ff. Auch im 12., der ebenso gebaut ist, begegnet Elision. Dieselbe Versart (von acht Hebungen) mit drei innern Reimen 1, 81‘, Absatz 5 und 6, in letzterem Elision. Im Leiche bei Heinrich von Sax (1, 91"). im 12. Absatz; bei dem Tanhauser (2, 86°) wiederum in dem Langverse von acht Hebungen.

von oriente unz ze occidente wart nie schoner wip geborn. Endlich beim Taler (2, 1465) im Verse von sechs Hebungen (vgl. oben Kriterium II).

Bei dactylischem Versmaß muß in diesem Falle auf den vocali- schen Auslaut des Inreimes zweisilbiger Auftakt folgen. So bei dem von Kolmas, Liederd. 13, 5:

diz leben ist unstöte als ir wol hät gesehen. 35 wir suln dureh niht läze enbereiten den wirt. Bei Heinrich von Morungen, MFr. 101, 20: wand ich mich kere an ir löre ze vil. 28 ach ich vil arme, nu’rbarme ich si niet. 30 sit ich ir dienen begunde als ich kunde. Bei dem von Sachsendorf, Liederdichter 39, 3. wan daz mir diu wise an der kunst ist ze snel. 6 der stöt wol ir rise und ir snöwiziu kel.

159 KARL BARTSCH

Bei Hezbolt von Weißensee, ebendas. 93, 1: Nu wunschet alle der süzen daz sie mich noch meine in der

liebe als ich sie und ebenso noch 93, 6. 10. 12.

ΨΥ. Wechsel des Reimgeschlechtes.

Wenn in einem Liede an entsprechenden Stellen einer Strophe oder mehrerer Strophen ein Wechsel von männlichen und. weiblichen Reimen eintritt, so ist fast immer innerer Reim anzunehmen. So bei Heinrich von Rucke, MFr. 106, 24, wo drei Strophen männlichen, eine weiblichen Inreim hat, so daß sich entsprechen die Verse:

δὲ hät der sn& gemachet bluomen eine an einem sinne, der ist iemer stlete. Bei demselben Dichter, Liederdichter 10, 7, entsprechen sich die Zeilen: sich des vlizet daz er bizeete der im niht entuot. daz stüende in wol. ir lachen sol mich selten dunken guot. Bemerkenswerth ist hier, daß bei stumpfem Inreime der Vers mit Auftakt anhebt. Bei Neidhart, Liederdichter 25, 106:

ir sit TÖt vil kleiner nöt, ist iu der ermel abe gezart, während in den übrigen Strophen die Form: mit den kinden zuo der linden üf den anger ich doch muoz,

woraus Haupt drei Zeilen macht. Bei Gottfried von Neifen 15, 6 ist die letzte Zeile des Abgesangs zu schreiben:

der beider tröst ist leider mänen fröiden alze kranc, denn in der fünften Strophe lautet sie (16, 5): scheit den strit und hilf eneit: bin ich wol gesunt.

Haupt macht daraus drei Verse. Daß hier bei männlichem Inreim ein Wechsel im Auftakt eintritt, ist wie in dem eben citierten Liede des von Rucke. Wenn Haupt in der Anmerkung (zu 16, 6) es auffallend findet, daß die Zeile scheit den strit der mit einer Hebung der beider entsprechen soll, so verschwindet diese Unregelmäßigkeit durch die Annahme innern Reimes. Es hat dann ein Wechsel in der Stellung stattgefunden, wovon mehr beim folgenden Kriterium. Neifen bietet noch einen Beleg (48, 19), denn hier bilden die vier letzten Zeilen einen Vers:

siht man gras, von touwe naz (nu*) brüevent daz) die

bluomen und den kle.

*) nu habe ich ergänzt.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK, 153

In der zweiten Strophe mit weiblichem Inreime: hin gegen dem meigen. megde, leigen, wir sun reigen al den sumer lanc; al fehlt in der Hs., Hagen, dem Haupt folgt, schreibt den lieben sumer. Die Zusammenfassung ergibt sich aus dem Vergleiche mit dem Stollen, der genau der Schlußzeile, wie wir sie in der zweiten Strophe anneh- men, entspricht.

Bei Wolfram (7, 41) hat die dritte Strophe weiblichen Inreim in der ersten Zeile der Strophe, wo die entsprechende des Abgesanges und die andern Strophen männlichen haben.

Ferner bei Ulrich von Wintersteten (Hagen 1, 150*) entsprechen sich die Zeilen:

Sumerwunne, du dine liehten tage erglenzen wilt.

Vrouwe, ich bin din eigen diener iemer sit her gewesen.

Bei Hadloub (2, 293") die Verse: Nu wil der sumer hinnen, owe dast mir leit. Kein dinc mac guot sin, man vindet wol dar an; Die Hs. hat Enkein, und im andern Stollen Wan αἷμ schaene vrouwe min, wo man Wan streichen muß. In einer anonymen Strophe (3, 418") sind einander gleich: von art bewart ir kiuscher lip. der lösen kösen ist gehiur. In einem unechten Neidhart (3, 186°) hat die dritte Strophe männ- liche Reime in der ersten Zeile, welche geschrieben werden muß:

3, 1 Des Strüzen horn tuot mir zorn, sende nöt.

3, 8 Sin winterkorn wirt verlorn, slah ich in töt; welchen Versen entspricht:

l, 1 Arger winder, bald hinhinder muostu streben.

Dabei ist zu bemerken, daß je nach dem Geschlechte des Binnenreimes wieder ein Unterschied in Auftakt stattfindet (vgl. 5. 144. 152) und daß trotz des männlichen Binnenreimes nicht mit einer Senkung fortge- fahren wird: auch dafür haben wir schon Belege kennen gelernt. In einem andern Neidhart (3, 286°) haben die dritte und sechste Strophe männlichen Inreim statt des weiblichen. Man kann hierher auch noch ziehen Hagen 1, 342‘, wo bei Albrecht von Rappertswil sich ent- sprechen: min swegre were gar hin, und ich sig ich nig ir üf den fuoz;

aber hier ist vielmehr Elision anzunehmen (sige, nige). Auch im Leiche kommt dieser Gebrauch vor, so bei Otto von Botenlauben (1, 295),

154 . KARL BARTSCH

wo der 3. und 8. Absatz sich metrisch entsprechen; ferner beim Taler (2, 1465), Absatz 3 und 4. Auch Ulrich von Lichtenstein kennt diesen Wechsel,

18, 5 Wibes güete niemen mac 26 Höhen muot ich von dir hän. 12 Ein wip mich des betwungen hät,

hier auch mit Wechsel der Stellung. Aber auffallend ist, daß der ersten Zeile entsprechen soll min herze blüet nu mangen tac d.h. güete: blüet sollen reimen. Nicht zufällig ist es, daß der zweite Vers Auf- takt hat; es ist wieder der Wechsel im Auftakt nach dem Geschlecht des Inreimes. Daher ist auch Lachmann’s Vorschlag Wibes güet

nieman enmac nicht glaubhaft; eher Wibes güeie et nieman mac; denn das in der Elision stehende güete kann im Inreim mit blüet reimen.

VL Wechsel der Stellung.

Es findet sich zuweilen, daß ein innerer Reim in einer Strophe auf eine andere Hebung des Verses fällt, als in den andern: auch dieses Vorkommen ist ein Beweis für den innern Reim. Wir haben eben diesen Wechsel an einem Liede Ulrichs von Lichtenstein kennen gelernt, wo die Zeilen Ä

Ein wip mich des betwungen hät, und J)iner reine tresst ich mich

sich entsprechen. Auch bei Neifen 15, 6 (vgl. S. 152) fanden wir das- selbe. Ferner findet er sich beim Dürner (Liederd. 90, 20), wo die Zeilen

kunden, gesten disiu mere diu sag ich.

mit zwein blüenden esten umbevienge mich. die entsprechenden zweier Stollen bilden. In einem unechten Neidhart (Hagen 3, 306°) lauten die entsprechenden Verse zweier Strophen:

daz wil der mei iu mit geschrei nu jungen; wil er errecken wecken gar ὥς trüren*)

guk guk schrie ruk unt wan diu zart sonieret. mit einer meit, bekleit in einer schouben.

ouch hät si pfliht, ir angesiht ze pflanzen.

ander mündlin ir die hende boten;

wo sich also die verschiedensten Abweichungen darbieten. Beim Truch- seßen von Sanct Gallen (Liederd. 30, 1) entsprechen sich die Verse:

*) Bei Hagen daz wil der mei wider[rekken] wekken gar üz truren.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. . 155

Ane got enkan mich niht getresten wan ir eine. wizzet daz, ich wirde vür, wirt δὲ von iu niht ringer. des kan ich tuch wol gewisen, nemt ir mich ze räte.

und ebenso:

lät selchen spot, deswär ich ahte üf iuwer klafen harte kleine. ich sage iuz baz dur selche nöt verlür ich niht den kleinen vinger. verdenke ich mich, als ich doch sol, volge ich iu des räles späte. Wackernagel-Rieger S. 224 ist nur der erste Inreim bezeichnet; vgl. Liederdichter, Anmerkung zu 30, 5. Wahrscheinlich findet auch bei Walther 98, 7 dieser Wechsel statt, wenn ınan abtheilt:

Nu bin ich vedoch frö und muoz Li fröiden sin. min schin ist hie noch : 86 ist ir daz herze min Vor den merkeren kan nu nieman liep geschehen.

Auch in Leichen ist dieser Wechsel mehrmals anzunehmen. Bei Ulrich von Wintersteten (Hagen 1, 146°) entsprechen sich Absatz 40 und Al, in jenem aber lautet die erste Zeile: Tuo, vrouwe, sorgen mir noch buoz, in diesem Sit ich dich prise, vrouwe guot. Noch mehr Wechsel in dem Leiche des Talers (2, 146*), wo folgende Zeilen sich entsprechen: Die bluomen springen, vogele singent aber als &. diu heide hät vil kleide, bluomen unde kle.

diu zit υἱΐ vröuden git, sist wunneclich gestalt. wir müezen grüezen aber die wunneclichen zit. diu bluot tuot in den ougen und in herzen wol.

der walt _gestalt ze vröuden ist der dene vol.

VII. Nichtdurchführung von Reimen.

Wenn ein Reim nicht durch alle Strophen eines Liedes hindurch- geführt wird, so kann man mit Sicherheit annehmen, daß es ein in- nerer Reim ist. So ın dem schon erwähnten Liede des Truchseßen von St. Gallen (Liederd. 30, 1), wo der eine Binnenreim nur durch die drei ersten Strophen, nicht aber durch die vierte und fünfte, geht; beim Dürner (Liederdichter 90, 1), wo ebenfalls ein Inreim nur durch die drei ersten Strophen geht, in der vierten und fünften fehlt, wäh- rend zwei andere auch in diesen sich finden. In einem unechten Neid- hartliede (Haupt XLVIII, 24) erstreckt er sich nur auf die erste und zweite Strophe, während das Lied deren fünf hat. Auch in einem an- dern Neidhart (Hagen 3, 306°), welches wir beim vorigen Kriterium erwähnten, ist ein Reim nicht durch alle Strophen geführt. In einem Tone Raumlands (Hagen 3, 61") haben die ersten Strophen in der An- fangszeile der Stollen Binnenreim, nicht aber die folgenden (4—11),

156 KARL BARTSCH

erst in der zwölften kommt er nochmals vor. Bei Hermann dem Damen (Liederdichter 78; Hagen 3, 162°) geht ein innerer Reim der dritt- letzten Zeile nicht durch alle Strophen; wenn er sich findet, bindet sich mit ihm die Schlußzeile, die sonst anderweitig gereimt ist. Er steht in Strophe 2, 3, vielleicht auch 4, wenn man liest ir sanc vil ehen (: geweben) gemezzen stät; und in Strophe 9. In dem unechten Neidhart (3, 286°) haben einige Strophen einen Inreim mehr als die andern. Die zweite Stollenzeile hat nämlich die Form: daz min sanc der werlde wil niht mer gemeine sin; dafür in der vierten Strophe: und ein dince des die wisen wären ungewon; Str. 5 der sol komen gein Botenbrunne üf einen anger dar. 6 pumper drin daz man ez here ein gröze mil hindan.

Vielleicht auch in der siebenten, wenn man liest:

wer die sin, die hr dort mit dem bläwen himel gänt.

si gebent schin, ir sper daz ist mit siden schen gevant. In einer Strophe in Marners Weise (3, 451°) hat die vierte Zeile jedes Stollens einen innern Reim, während ihn die andere Strophe nicht kennt. Bei dem von Sachsendorf (Liederdichter 39) geht der Inreim der dritten und sechsten Zeile nur durch die beiden ersten Strophen. Bei Heinrich von Rucke (MFr. 101, 15) hat die sechste Strophenzeile in den beiden ersten Strophen einen Inreim mehr als in der dritten, wo er außerdem im Geschlechte abweicht.

In meinen Meisterliedern kommt dieser Fall nicht selten vor. Ein Gedicht in einem Tone Boppens (Nr. 124) hat in der Schluß- zeile einen Binnenreim, den die andern Stropben nicht kennen; und wiederum einen andern Inreim das folgende Gedicht (Nr. 125) in der Schlußzeile der zweiten Strophe, deren Inreim (nach der achten Silbe) mit dem Inreim der viertletzten Zeile sich bindet. In einem Liede auf Brennenberger’s Weise (Nr. 133) hat die zweite und vierte Zeile des Ab- gesanges Inreim nach der vierten Hebung, während in andern Liedern dieses Tones (Nr. 132. 134) dieser Inreim sich nicht findet. Ein Lied in Stollens Almend (Nr. 142) bindet die sonst reimlose vorletzte Zeile mit dem Inreim der drittletzten, und derselbe Fall kehrt Nr. 144 wieder. In einem unechten Tone Wolfram’s (Nr. 154) hat die zweite Strophe in der Schlußzeile der Stollen Inreim, die beiden andern nicht. Ein anderes Lied in der Almend (Nr. 198) lässt die beiden ersten Zeilen des ersten Stollens in der Uäsur reimen. Auch gehört hieher, daß in vielen Nachahmungen Reinmars von Zweter (Meisterlieder Nr. 129 bis 131) die Schlußzeile des Stollens mit einem Inreime geschmückt wird.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 157

VII. Enjambement.

Die Trennung von Worten, die ihrer Natur nach innig zusammen- gehören, durch einen Reim zeigt häufig an, daß dieser Reim ein in- nerer ist. Allerdings kommt, wie bekannt, das Enjambement auch am wirklichen Schluße von Versen vor, und allein kann es kein Kriterium abgeben, wohl aber andern Kriterien zur Stütze dienen. So die Tren- nung von Adjectivum und Substantivum, Possessivum und Substantivum, Verbum und Pronomen personale, Präposition und der von ihr regierte Casus. Man vergleiche folgende Beispiele:

alse hät si mich gehazzet sere Hagen 1, 338°.

sit daz al min hoechste vröude an dir stät 2, 21".

heiz mir din _rötez mündel geben rät eb.

ach, dur got, wie rehte zartlich wende 2, 22.

man seit, swä man ringe näch, des werde. 2, 22°.

ich hän min herze 2, 64.

wart in dem touwe 2, 64”.

noch hät minne werden man, der wirbet vrouwen gruoz 2, 237°.

ein geslaht minnere harte 2, 302°.

swanne 8 daz tor entsliuzet 2, 303*.

des enkan ich niht volspehen ib.

ez wer ir lösen lib niht vor behuot Liederd. 87, 171.

sit dur dine glanzen schine 2, 320".

swer zerbrichet einen spiegel, der gesiht 2, 322”.

Kristes muoler, süeze maget, gedenke 3, 53”.

swer nu kluoge tenze welle schouwen 3, 287".

ich wil an die reinen muoten Liederd. 32, 87.

und gar schön in drivaltikeit Meisterl. 1, 6.

Hierber kann mıan auch die Zerreißung zusammengesetzter Wörter rechnen, die freilich auch am wirklichen Versschluß vorkommt:

ich sihe den morgen- sternen glesten. Hagen 2, 319”.

ich bin ein wurze- garte Meisterl. 6, 547.

die pine- line und jämer quäl 7, 244.

In den bisher gegebenen Beispielen sind bereits alle Arten von inneren Reimen vorgekommen. Wir gehen nun zur Betrachtung der einzelnen Arten über, indem wir der Beweise, daß innerer Reim an- zunehmen, uns enthalten, und auf das bisher Gesagte verweisen.

1. Inreim.

Wir betrachten zunächst die Art und Weise, wie Inreime mit einander verbunden werden. Wenn sie, wie sehr gewöhnlich, in den

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beiden Stollen stehen, so ist der häufigste Fall der, daß sie in den entsprechenden Zeilen der Stollen stehend auf einander reimen. So bei König Konrad, Hagen 1, 4*:

Sol ich nu klagen die heide, dast .ein jämer gröz

gein niiner nöt in der ich stete brinne. Ich muoz verzagen, vor leide sten ich vröuden blöz, ir munt röl beroubet mich der sinne.

Oder bei Heinrich von Frauenberg 1, 95°:

Ach miner nöt! ich klagender man,

wie solz ergän ze jungest mir?

Ein sender töt. der wont mir an,

sit ich der liehen hulde enbir. Und so an zahllosen Stellen; vgl. noch Hagen 1, 150*. 158°. 160", 388", 351". 2, 20". 21". 22°. 24°. 26°. 27". 64°. 91". 96°. 128", 1325. 225°. 284°. 287°. 293°. 295°. 301°. 302°. 317°. 322*. 329°. MFr. 100, 12. 101, 15. 115, 3. 140, 32. Wealth. 93, 20. Liederd. 22, 1. 60. 21, 860. 39, 3. 69, 34. 90, 1. Neifen 40, 26. Lichtenstein 18, 5. Meisterlieder 34, 3.

Zuweilen wird auch noch der Abgesang hineingezogen, so daß ein

dreifacher Inreim entsteht: so bei Wernher von Honberg, Hagen I, 64": ΕΣ ist ein spot, wart ie herze von leide verseret saın daz mine? minne, daz ist din getät. Ebenso gereimt ist auch der andere Stollen, und der Schluß des Ab- gesanges: ach richer got, hät si minne den zouber geleret? möht ich den gebrechen, min wurde guot. rät.

Eine andere sehr gewöhnliche Art, den Inreim zu binden, ist die, daß man ihn mit dem Schluße der vorhergehenden Zeile reimen lässt. Und zwar gibt es zwei Fälle:

a) Der Inreim und Schluß der vorhergehenden Zeile reimen nicht weiter mit andern Versen der Strophe, so daß der Schlußreim der vor- hergehenden Zeile reimlos dastände, wenn er nicht mit dem Inreim gebunden wäre. So bei König Konrad, Hagen 1, 4":

der ich vor allen vrouwen her gedienet hän, diu wil mich län verderben näch ir minnen. Bei dem Schenken von Limburg 1, 133°: diu wil twingen mich ze sere; dur ir Ere singe ich niuwen sanc. Bei Ulrich von Wintersteten 1, 173°: wanne sol ich geleben die lieben stunde? nieman kunde mich getresten baz.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 159

Bei Hug von Werbenwac 2, 68°: Ja hästu die werlt vil gar gescheenet, vri gekroenet vogellin. Bei Hartmann von Starkenberg 2, 73°: daz ich der vil lieben selhiu more und min swoere enbielen mac. Bei Rost von Sarnen 2, 182". Liehte sumerwunne, αἷμ nu winters wewen mit ir grüenen klewen vrilich widerstrebt. Bei Gottfried von Neifen 14, 36: sterben in vil kurzer vrist.

sit du bist diu süeze reine. 15, 3 hilfä, helferichez wip,

daz mir der lip verderbe. 40, 31 in den ouwen

mac man schouwen rösen röt.

Ebenso noch bei Steimar, Liederdichter 76, 120, dem von Öbernburg, Hagen 2, 227°, dem Marner 2, 231", Hadloub 2, 280”, 282", 284°, 288°, 288, 289°, 293°, 302°, 302°, Liederd. 87, 155. 189; bei Raumsland, Hagen 2, 311", Wizlav 3, 83°. Nicht selten ist es die vorletzte Zeile des Abgesanges, welche auf diese Weise reimlos dastehen würde, und das ist keineswegs Zufall, sondern hängt mit den Gesetzen der Strophen- bildung zusammen. b) Die beiden Reime sind noch anderweitig gebunden. So bei

Konrad von Kirchberg, Hagen 1, 24": |

Hoerent wie diu vrie nahtegal

süezen schal durch welde in ouwen deoenet ; denn der zweite Stollen hat dieselben Reime. Ulrich von Winter- steten 1, 160":

da lit nu der rife kalt.

Ich wird alt von selken dingen; wo kalt, den Schluß des zweiten Stollens bildend, mit dem des ersten reimt. Bei Neifen 30, 6:

die mir diu herzeliebe tuot.

von bin ich ungemubot.

nust si doch guot diu liebe unwandelbeere. Beim Marner, Hagen 2, 241°:

Marid, vrouwe here,

der seelden wuocherheit,

Mariä, ἰοῦ und ἔνε

160 KARL BARTSCH

dir iemer mere si geseit, Mariä, meit und muoter doch dar under. Ebenso noch bei Hadloub 2, 291*, 292", Konrad von Würzburg 2, 319*, 421", 322", bei Kelin 3, 22°, Raumsland 3, 61", Meißner 3, 92", Heinrich von Morungen, Liederd. 14, 32; Meisterlieder 35, 5; Hagen 3, 186°. Das Umgekehrte, daß der Inreim mit dem Schlußreim der fol- genden Zeile gebunden wird, kommt seltener vor. Auch hier lassen sich dieselben zwei Fälle unterscheiden. a) Nicht anderweitig gereimt: bei Burkart von Hohenfels, Hagen 1, 202°: diu kan si reine sinne leren ; bi üz ir herzen blüejet diu vil süeze minne. Der von Trostberg, Liederdichter 75, 5: Reht alsame diu frowe min hät diu tugent, der wibes name. In einem namenlosen Liede, Hagen 1, 267": Got in vier elementen sich erscheinet, ob wir den niht rehte erkenten. Konrad von Würzburg, Liederdichter 69, 38: Dar in senkent sich diu vogellin, diu gedone lüte erklenkent. Ulrich von Lichtenstein 446, 5: lat die schilde stille ligen, sit iu selben kleider milde. In einem unechten Neidhart, Hagen 3, 290": daz weer ich, würde baz. Auch hier ist der Inreim mehrfach mit der vorletzten Zeile des Aus- ganges gebunden. b) Von noch anderweitigem Reimen in diesem Falle kenne ich nur einen Beleg: bei Heinrich von Morungen, MFr. 137, 31. Hab ich dar an missetän, die schulde rich, daz ich lieber liep zer werlie nie gewan. Hier reimt letztere Zeile noch mit den Anfangszeilen der beiden Stollen. Wir führen nun noch einige seltenere Fälle von Bindung der In- reime auf. In zwei auf einander folgenden, durch den Reim gebundenen Zeilen reimen die Inreime auf einander; so beim Truchseßen von St. Gallen, Liederd. 30, 1: hulfe ez iht, ich swüere ich daz iu niht kan wan die rihte, 80 sult ir niht verkunnen iuch dar umbe guoter zuoversihte.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 161

Neidhart XLVII, 30:

umbe ein kint dar alle mine sinne

gewendet sint. erwirbe ich sine minne. Heinrich von Sax; Hagen 1, 91*: |

Ir umbevanc mich schiede wol von sender nöt

mit armen blanc, ich kuste ouch gerne ir mündel röt. Der von Kolmas, Liederdichter 13, 1:

mir ist von den kinden her mine tage

entflogen mit den winden, deich von herzen klage. Heinrich von Morungen, ebendas. 14, 264:

Di vil güte, daz sie sölic müze sin!

We der hüte di man tüt der werlde schin. Ebenso noch bei Ulrich von Lichtenstein, Liederd. 33, 73, Burkart von Hohenfels 34, 1, Schenk von Limburg, Hagen 1, 132*, Düring 2, 26°, Marner 2, 237° (III); Meisterlieder 6, 655. 198, 1.

Ohne daß die beiden Versschlüsse mit einander reimen: bei

Hadloub, Hagen 2, 295°: |

mir vröut den muot din minneclichez triuten ;

88 (μοί mir we deich von dir muoz zehant. Ebenso bei Konrad von Würzburg, Liederd. 69, 39, dem Düring, Hagen 2, 25°, in einem unechten Neidhart 3, 273°.

Drei mit einander reimende Zeilen mit drei inneren Reimen: beim

tugendhaften Schreiber, Liederd. 24, 5:

Sist worden geile, swer sich ir wil nieten, dem ist si veile, kan er höhe mieten: bi selhem meile wils ab nu gebieten.

In zwei aufeinander folgenden Zeilen, beide mit Inreim, bindet sich je ein Inreim mit einem Endreim: bei Ulrich von Wintersteten, Hagen l, 168°:

Sumer zieret heide und anger und den walt;

da von manic herze balt den lip cunrieret. Ebenso bei Reinmar, MFr. 179, 8:

nu verbieten alsö dar. und hüeten

daz si sich erwüeten! we wes nement si war? Bei Ulrich von Lichtenstein 456, 27

Welt ir die zit vertriben ritterlich,

eren roch wert ir von guoten wäben.

In zwei auf einander folgenden Zeilen reimen die Inreime, die

mit einem andern Paar von Reimen in diesen Zeilen grammatische Reime bilden, bei Konrad von Würzburg, Liederd. 69, 2. In zwei

GERMANIA ΧΙ. 11

162 KARL BARTSCH

auf einander reimenden Zeilen, die aber durch eine andere Zeile ge- trennt sind, reimen die Inreime anf einander bei Sigeher, Liederd. 63, 7, bei einem Anonymus, Hagen 3, 466*, und derselbe Fall bei Konrad, Liederd. 69, 8, nur daß hier die Inreime mit zwei, Endreimen gram- matische Reime bilden. Drei Inreime in drei Zeilen, aber nicht un- mittelbar auf einander folgend, sondern immer eine Zeile dazwischen, bei Frauenlob S. 20, 14, 2. Zweifacher Inreim in zwei auf einander reimenden Zeilen bei Hezbolt von Weißensee, Liederd. 93, 1. Paar- weise Bindung von Inreimen in einer sehr künstlichen Strophenform Frauenlobs, Liederd. 79, 314.

Der Inreim der ersten Zeile der Strophe reimt mit dem Schlusse der Strophe: bei Konrad von Altsteten, Hagen 2, 64* Wer sol mir nu wenden daz klage ich ir. Diese Art und Weise kann schon als Pause betrachtet werden. Der Inreim der Schlußzeile des zweiten Stol- lens reimt mit dem Inreim der Schlußzeile des Abgesangs, Meister- lieder 38, 6. Der Inreim der vorletzten Zeile des Abgesanges reimmnt mit der ersten Zeile des Abgesangs, die sonst reinılos wäre, Hagen 2, 70".

Wir sahen, daß der Inreim gern mit dem Schlusse der vorher- gehenden Zeile gebunden wird: dies ist der Fall Hagen 3, 186°, nur steht hier eine Zeile dazwischen ; zwei Verse dazwischen, Meisterl. 46, 6. Ebenso bei Bindung mit der folgenden Zeile: ein Vers dazwischen, Liederd. 90, 6.

Schließlich wollen wir ein Paar Beispiele von Strophen mit sehr vielen und sehr künstlich gebundenen innern Reimen verschiedener Art anführen. Dahin gehört ein Tagelied Konrads von Würzburg, Hagen 2, 319°, und noch viel künstlicher ist das Lied 2, 326* gebaut, welches Wort für Wort gereimt ist. Auch ein Lied des Dürings (2, 27*) ist an inneren Reimen sehr reich; künstlicher noch eine Strophe desselben Dichters, wo auch jedes Wort gereimt ist (2, 25"), deren Anlage sich am besten so darstellen lässt:

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK.

Spil vil war gar minnen sinnen kwam nam wunder wunder gi- δὲ

vol- wol win sin bringen ringen den den man υἱΐ wisen entrisen jiet riet ze mäle Pareiväle ie 16 die Venus δὲ 8u8 wiben liben verschriet riet der swer iriuwen niuwen texl heil prisen wisen ir . wir A- sam. ere here dam schöne kzöne Sampsüöne Salmöne ich dich in ir ziten Daviten spe ze bouc trouc ἰά- wirde künde girde 80 in ir schoene gehoene sterke merke si selden ein melden die hie gen wiben an ir liben mich sich vervieng ergieng. hän gän ver- er- laden— schaden

Der Text scheint mit manchen Fehlern behaftet, was bei einer

so überkünstlichen Form nicht Wunder nehmen kann. Wir betrachten nun die Versarten, in welchen Inreim vorkommt, und die Stellung, die

er in den einzelnenVersarten einnimmt. 1. Der Vers von zwei Hebungen mit Inreim kommt nur in einem

unechten Neidhart, Hagen 3, 290° vor: daz wer ich. 2. Der Vers von drei Hebungen hat den Inreim an keiner festen

Stelle. Bei trochäischem Fall steht derselbe nach der ersten Hebung der arge winder Hagen 3, 273°, wo in der vierten

männlich (daz

Strophe zu lesen ist sunder vär) oder weiblich (zieret er hie wolde Frauenlob S. 20), und weiblich, der

3, 466", winden

aber metrisch nur männlichem gleichgerechnet wird (meie

nu den anger

den grüenen

walt Konrad von Würzburg, Hagen 2, 317°). Nach der zweiten He- 11*

"164 KARL BARTSCH

bung: wart in dem touwe, Konrad von Altsteten 2, 64", aber nicht in allen Strophen gleichmäßig. Bei jambischem Falle nach der ersten Hebung bei Frauenlob: ze 86 daz sich vil wunne Liederd. 79, 315; oder nach der zweiten: mit vreuden leben den meien Neidhart 28, 5; gar sunder swanz belibet Frauenlob S. 19, 12, 2. 4, und weib- lich ich bin ein wurze- garte Meisterl. 6, 547. Bei Frauenlob auch in der ersten Senkung, d. ἢ. im Auftakte: δ wip, trüt violgarte Liederd. 79, 314 fi.

3.:Der Vers von vier Hebungen hat in der Regel den inneren Reim nach der zweiten Hebung.

a) Bei trochäischem Falle und männlichem Ausgange fallt der Inreim männlich nach der dritten Silbe:

we mir we, wes vröuwe ich mich Liederd. 38, 342. reht alame diu frowe min 75, 5.

hänt verwunt daz herze min Hagen 2, 227°.

höhen muot ich von dir hän Lichtenstein 18.

b) Bei trochäischem Fall und weiblichem Ausgange: nach der dritten Silbe stumpf: nit und haz sint nu geneme Hagen 2, 72" (IV). st kert sich an tumbe und wise 2, 282". sit du bist diu süeze reine Neifen 14, 36. ein geslahh' minnere harte Hagen 2, 302°. c) Bei trochäischem Fall und männlichem Ausgange: nach der vierten Silbe, weiblich:

vri gevroenet vogellin Hagen 2, 68°.

und ınin sweere enbieten mac 2, 73°.

mac man schouwen rösen röt Neifen 40, 32. er wil briuwen manigen rät Hagen 2, 288°. schwner vrouwen mangen tanz 2, 289°.

üf die rösen ἀπὸ ἐμ Liederd. 69, 35. wibes güete niemen mac Lichtenstein 18, 5. lät die schilde stille ligen 446, 5.

unde möret nine klage Hagen 1, 29°.

d) Bei trochäischem Fall und weiblichem Ausgange: nach der vierten Silbe, weiblich: walt und ouwe und diu heide Hagen 1, 171°. wol dem meien, wol der wunne 2, 64”. tou mit vollen aber triufet Liederd. 69, 34. e) Bei jambischem Fall und männlichem Ausgange: nach der vierten Silbe, männlich:

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 165

ach miner nöt, ich klagender man Hagen 1, 95*. 80 seelice man enwart ich nie MFr. 100, 12.

si frägent mich war mir si komen 115, 3.

ein wahter sanc: diu naht wil hin Hagen 2, 128°. du zederboum, du balsemsmac Liederd. 63, 7. und gar schön in drivaltikeit Meister]. 1, 6.

f) Bei jambischem Fall und weiblichem Ausgang: männlich nach

der vierten Silbe: ἐμοὶ er wol und sint sin &re Hagen 1, 167". man vunde ir niet im künicriche 2, 280”.

g) Bei jambischem Falle und männlichem Ausgang: weiblich nach

der fünften Silbe. die si mir machet nunde git Hagen 1, 29°. vil gerne ich schouwe dinen gruoz 1, 146°.

h) Bei jambischem Falle und weiblichem Ausgange: weiblich

nach der fünften Silbe. sin trüt an ren und an sinnen 2, 319. ich sihe den morgen- sternen glesten ebd.

Nun die seltener vorkommenden Fälle: bei trochäischem Fall nach der ersten Hebung, männlich: swint vertänez winterleit Liederdichter 69, 8; weiblich: singent süezen sumersance Hagen 2, 317", Dasselbe bei jambischem Falle, männlich: der klane in tal in lüften schal 1, 65"; nnd Lichtenstein 18, 12. Meisterl. 6, 655; weiblich: two, vrouwe, sorgen mir noch buoz Hagen 1, 146°. Nach der dritten Hebung: bei trochäischem Falle, männlich: owE, winter, din gewalt Neifen 3, 1. daz mir der lip verderbe 15, 4; weiblich: löuber unde blüete guot Liederd. 69, 2. Endlich bei jambischem Falle in der ersten Senkung, als Auftakt: der sunnen nim! si gar den pris Liederd. 79, 295. wort sprach ze mir mins herzen trüt Meisterl. 6, 656. Mehrfach durch innern Reim getheilt erscheint diese Versart bei Ulrich von Wintersteten: Liederd. 38, 320:

ich wird alt von selken dingen. Hagen 1, 164* swer το blä röt grüen gel schouwen.

Der dactylische Vers von vier Hebungen hat ebenfalls in der Regel den Inreim nach der zweiten Hebung, und zwar gewöhnlich klingend, mag nun der Endreim stumpf oder klingend sein. So bei Heinrich von Veldeke, Liederd. 7, 129:

In dem aberellen, die bluomen springen, louven die linden und grünen die büchen; haven ir willen die vogel und singen,

wan sie minne vinden aldär sie sie süchen.

166 KARL BARTSCH

Ebenso bei Heinrich von Rucke, Liederd. 10, 28; und bei trochäischem Anfange: Heinrich von Morungen, MFr. 140, 32, und Burkart von Hohenfels, Liederd. 34, 1. Dieselbe Art des Inreims bei stumpfem Ausgange, Liederd. 13, 1. 39, 3. MFr. 101, 15. Bei Bernger von Hor- heim hat diese Versart einmal dreifach inneren Reim, nämlich außer dem Schlagreim noch Inreim, wodurch der ganze Vers in vier Theile nach den vier Hebungen geschieden wird: MFr. 115, 27: Nu lange ich mit sange die hän gekündet. ich hange an gelwange: daz git diu dich sündet, wo die Herausgeber den dritten innern Reim übersehen haben. 4. Der Vers von fünf Hebungen: auch hier ist der Inreim nach der zweiten bei weitem der gewöhnlichste. a) Bei trochäischem Fall und männlichem Ausgange: Inreim nach der dritten Silbe, selten vorkommend:

sunder nöt ουἱΐ maneger sorgen fri Neifen 21, 11. daz si mir noch günne heiles vunt Hagen 2, 285*. wan daz stäl dien sinen Eren wol 2, 288”.

üf dem sal der scheide sich enzüt 2, 319°.

Ὁ) Bei trochäischem ‚Falle und weiblichem Ausgange: nach der dritten Silbe.

süezen schll durch welde in ouwen demnet Hagen 1, 24°.

daz ich bin der ich vil menge stunde 1, 87°.

nement war wie winter gegen uns ziehe 1, 151*.

78 si kan ez allez wan daz eine 1, 3385",

aber als & den jungen müez gelingen 3, 1865.

herre män, und törst ich dich gebitten 3, 28".

eren rich wert ir von guoten wiben Lichtenst. 457, 1.

c) Bei trochäischem Falle und männlichem Ausgange: 'nach der vierten Silbe.

dur ir ἔνθ singe ich niuwen sanc Hagen 1, 133%.

nieman kunde mich getresten δας 1, 173°.

unde senden fröide manicvalt Wealth. 109, 7.

und ouch armen biz üf mänen töt Hagen 2, 291".

dar in senkent sich diu vogellin Liiederd. 69, 38.

d) Bei trochäischem Falle und weiblichem Ausgang: nach der vierten Silbe.

sumerwunne, nic dem süezen meijen Hagen 2, 30°.

owe winder wie du häst betwungen 3, 286°.

e) Bei jambischern Falle und männlichem Ausgange: nach der vierten Silbe.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 167

ich hän vernomen, wer sprichet hie ze mir 1, 28°.

ir liehten schin, swer kan versinnen sich 2, 22°.

er spricht: ich mac mich einen sanft begän 2, 283.

der ümbevän ist noch manicvalt 2, 302°.

ich mein Künrät den helt von Wirzeliure Liederd. 79, 267.

der sinen clage ich niht üz mezzen kan Meisterl. 34, 33.

der niht enkan dan daz er wirt gelert 46, 6.

f) Bei jambischem Falle und weiblichkem Ausgang: nach der vierten Silbe.

gein miner nöt in der ich stete brinne Hagen 1, 4*.

si hät der ne _gemachet bluomen eine ΜΕΥ. 106, 25.

nust si doch guot diu liebe unwandelbere Neifen 30, 8.

schen unde klär die hören tugende riche Hagen 2, 26".

mirst wirs dan we näch der vil minneclichen 27°. gewendet sint. erwirbe ich sine minne Neidh. XLVII, 31. vür kunftic let, vür starkes misselingen Hagen 2, 128*. Mariä meit und muoter doch dar under 2, 241”.

min ungemach huop sich süezecliche 2, 2885".

dien stet ez 80 dams in niht mac gemuoten 2, 291”. mir vröut den muot din minneelichez triuten 2, 295*. sie habent erkorn ein wunder daz si vellet 3, 22”.

daz er iuch tuo vri vor der helle luoder 3, 92*.

du minne got und Er in zallen ziten 3, 350°.

daz heilic rich stuont manic jär ellende Meister]. 1, 43.

g) Bei jambischem Falle und männlichem Ausgange: nach der fünften Silbe.

mis herzen wunden die tuont mir we Hagen 1, 354°. muoz mir doch iemer me der liepste sin Liederd. 92, 5. gruoz der kan machen mich vil senden rich Hagen 2, 24". trüt liebe reine, ich wünsch iemer din 2, 24”.

kel unde hende wizer danne ein sn& 2, 25".

swaz winter truobte, daz tuot sumer klär Liederd. 87, 149. und ouch schoene, bi minneclich Hagen 2, 301”.

ein Avenliure, daz ist merken swert 3, 109”.

h) Bei jambischem Falle und weiblichem Ausgange: nach der fünften Silbe.

est an dem morgen, volge er miner lere 1, 167*.

an einem sinne, der ist iemer stete MFr. 106, 35.

daz si mich leren wie ich si behalde 110, 27.

die selden richn minne ich sender tougen Hagen 1, 351”.

loup von den esten riset Üf die heiden Liederd. 76, 121.

168 | KARL BARTSCH

Man sieht, daß unter b, f und g die meisten Belege sich finden; und das ist keineswegs zufällig. Wie die Dichter überhaupt einen Wechsel zwischen klingendem und stumpfem Reime lieben, so auch bei Inreim und Endreim: bei stumpfem Inreim weiblichen Ausgang, und umgekehrt. Auch daß die Inreime dieser Versart nach der zweiten Hebung fallen, ist kein Zufall: dort hat dieselbe bekanntlich in der romanischen Poesie ihre feste Cäsur.

Ausnahmsweise kommen andere Stellen vor. Nach der ersten Hebung trochäisch nur bei weiblichem Inreime ein paar Mal.

danne diu der ich nie vergaz Hagen 1, 173°; in derselben Strophe lautet die erste Zeile des Abgesangs Wanne sol ich geleben die lieben stunde, wo der weibliche Inreim metrisch nur für eine Silbe zählt. Derselbe Fall bei Konrad von Würzburg (2, 3175) dringent in touwe durch den grüenen kle. Bei jambischem Fall männlich: Hagen 2, 295* sin häin vor tage dan gescheiden sich, oder weiblich: dar inne lernent goteliche liebe Meisterl. 6, 574.

Nach der dritten Hebung: männlich bei trochäischem Fall swie der winter kalt, daz ich wol sihe Liederd. 90, 1; minner herze viht ze ganzer steete Hagen 2, 287"; weiblich wan heert aber klingen durch den walt 2, 132". loterrüter, boese pfliht geselle 3, 52°, und dieselbe Strophenform mit jambischem Anfang Got in vier elementen sich erscheinet 1, 267°, ebenso unsteter muot der krenket wibes schoene 3, 452*, und welt ir die züt vertriben ritterlich, Lichtenst. 456, 27.

Nach der vierten Hebung: männlich bei trochäischem Fall nu verbieten alsö dar und hüsten MFr. 179, 8; die hän ich vil wol er- kant: mich vriuset Hagen 2, 371*; daz ist mir von herzen leit: sie hüeten 3, 83°; und bei jambischem gen berge klimment näch ir παν

die geize Frauenl. S. 15.

Durch mehrfache innere Reime gebrochen erscheint diese Versart MS. 3, 468°:

grüzen willen uns diu vogelin; beim Düring, wo außer dem Schlagreim noch ein Inreim, Hagen 2, 27: ich solde wolde ir lop von wären schulden; und noch mehr getheilt bei Hadloub 2, 306:

kan doch noch mangem wilden muot und sinne.

Der dactylische Vers von fünf Hebungen hat, entsprechend dem trochäischen und jambischen, den Inreim nach der zweiten Hebung. So bei Wernher von Honberg, Hagen 1, 64*:

Ez ist ein spot wart ie herze von leide verseret ; beim Schenken von Limburg 1, 132":

Ein wunder gröz ιοἱΐ ich künden, swenn ich bin entsläfen;

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 169

und weiblich bei Ulrich von Lichtenstein, Liederd. 33, 73.

Wol mich der sinne die mir ie gerieten die lere.

5. Der Vers von sechs Hebungen sollte, entsprechend dem von fünf und dem romanischen Alexandriner, den Inreim nach der dritten Hebung haben; in der That findet sich derselbe, aber ebenso häufig der nach der zweiten.

Bei trochäischem Bau steht er männlich nach der fünften Silbe bei Heinrich von Morungen (Liederd. 14, 32) mir ze unstatin sten mac sie dan rechin sich; weiblich nach der sechsten häufiger:

Sol ir wiplich güete mich in sorgen län Hagen 1, 355".

aller sünden smitten wuosch uns abe sin bluot 1, 267°.

daz si noch tuo hügnde min gemüete kranc 2, 132°.

swer nimt scheener vrouwen dureh ir wunne war 2, 284°.

daz si sich erwüeten! we& wes nement si war? MFr. 179, 10.

ich solt aber singen von den rösen röt Hagen 1, 322°, wo im Abgesange die Stellung des Inreims wechselt. Bei jambischem Bau fällt der Inreim nach der siebenten Silbe; von der sechsten ist mir kein Beispiel begegnet:

mit iemer wernder güete si mich zir gebant 2, 26".

nu wil der sumer hinnen, owe dast mir leit 2, 203".

waz hät diu welt ze gebenne liebers danne ein wip Wealth. 93, 20. Nach der zweiten Hebung, namentlich oft bei weiblichem Inreim in trochäischem Bau, also nach der vierten Silbe:

Sumer ziert heide und anger und den walt 1, 168%. sanfte line swem si quotes willen si 1, 8385.

äne schulde si min vröude hät ersterbet 2, 25”.

und enthaltet sich aldur den sumer vrö 2, 29".

und üf heiden _maniger leije wunne vruot 2, 30°.

der ich leider dise naht gehüetet hän 2, 302”.

wol ze schouwen in dem anger lit der kl& 3, 186. tanzen springen suln die jungen widerstrüt Neifen 16, 16. di vil güte ἀξ sie sölic müze sin Liederd. 14, 264.

sine kläwen durh die wolken sint geslagen 22, 1.

vogel doene krenket und der bluomen schin 90, 2.

Bei jambischem Bau entweder männlich nach der vierten Silbe: ir umbevanc mich schiede wol von sender nöt Hagen 1, 91*. der voglin gruoz entwichen ist von sender nöt 2, 27°.

oder weiblich nach der fünften: swaz ich gesinge daz vröut mich in herzen niht 1, 91". und ouch diu heide valwet von dem kalten sn& 2, 91".

170 KARL BARTSCH

ich seh in gerne langer hie: des mac niht sin 2, 237°. du gebere dinen sune Jesum Krist 3, 161*. ez waere uns allen einer hande selden nöt Walth. 97, 34.

daz si zem winde IA der stete sin gezalt Liederd. 21, 860. Nach der ‘vierten Hebung: trochäisch nach der siebenten Silbe bei stumpfem Inreim:

hab ich dar an misseläin, die schulde rich MFTr. 137, 31; nach der achten bei klingendem:

ich wil der vil lieben singen disen sance Hagen 1, 158.

die sich in der schande klösen hänt getän 2, 322”; wo die entsprechende Stollenzeile den Inreim nach der sechsten Silbe hat.

trüren nie gar zerstörte ir vröuden funt Liederd. 22, 88. Nach der fünften Hebung: trochäisch nach der zehnten Silbe bei weib- lichem Inreim: nur einmal bei Frauenlob (18, 9, 8):

muost er bi des grimmen tödes hunden scharf.

Wie die letzten Arten jambisch nicht vorkommen, so trochäisch nicht der Inreim nach der ersten Hebung: nach der zweiten Silbe bei dem von Obernburg, Hagen 2, 225°:

ich wil daz man mir dur die guoten si gehaz; nach der dritten bei dem Püller 2, 70*: ir blicken mir gröz ungemach erwenden mae. sie reine sie vil schöne herzeliebe güte Liederd. 92, 1.

Auch hier hat bei weiblichem Inreime der Ausreim fast immer männ- liches Geschlecht.

Mehrfacher innerer Reim in dieser Versart bei König Konrad (Hagen 1, 4*) sol ich nu klagen die heide, dast ein jämer gröz; bei Düring (2, 27°) ich was in minnen ähte und ir gevangen gar, und ebenda Inreim und Schlagreim: gel ich des bin, sin und der muot mir vliuget hö.

6. Der Vers von sieben Hebungen hat seine natürliche Cäsur nach der achten Silbe, und wirklich ist auch der Inreim an dieser Stelle am häufigsten. ich wolde ouch rehter vuore pflegen und wilde valsche län Hg. 2, 231”. lop si dir höhem got gesagt üz al den sinnen min 2, 329°.

drivaltic name der goteheit, Krist, bistu genennet 3, 35*;

wo die entsprechende Zeile des Abgesangs einen zweifachen innern Reim (Binnenreim) hat. Zugleich mit dem Schlagreim verbunden bei Ulrich von Wintersteten (1, 137°):

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 171

ich möhte, töhte mir min sanc, noch möre hän gemachet von ir diu mir tuot vröude kranc und mäne sinne swachet. Von jüngern Belegen vgl. noch meine Meisterlieder 38, 6. 125, 33. Bei trochäischem Bau natürlich nach der siebenten Silbe: so bei Konrad von Würzburg, Hagen 2, 329°: diu sich undermischet hät mit drin persönen vaste. Seltenere Stellen des Inreims sind: bei trochäischem Bau nach der dritten Silbe, in einem unechten Neidhart (3, 286°): daz min sance der werlde wil niht mer gemeine sin, wo zuweilen noch ein zweiter Inreim nach der achten Silbe: und ein dinc des die wisen wären ungewon. Bei weiblichem Inreime nach der vierten: Hagen 2, 25°: selhen kummer niht erwendent der mir tuot we waz vervähet mich des wunnenclichen meigen zit Neif. 15, 6. wol beschoenet mit den liehten bluomen manicvalt 40, 26. Nach der dritten Hebung weiblich; bei trochäischem Bau nach der sechsten Silbe: Hagen 2, 237°: noch hät minne werden man, der wirbet vrouwen gruo2. 576 wart er gehangen vür der sünder missetät 2, 61°; bei jawbischem nach der siebenten: Hagen 3, 242°: Jesus der wunderere, du bist einer, du bist dri. der min gelücke störte mit unselden kumberlich 2, 320". Auch hier ist bei weiblicbem Inreim der Endreim meistens männlich, und umgekehrt. Mit mehreren Inreimen versehen beim Truchseßen

von St. Gallen (Liederd. 30, 1):

Wizzet daz, ich wirde vür, wirt si von iu niht ringer, und bei Konrad von Würzburg, Liederd. 69, 3: wunder güete bluot des meien der welte bar,

zugleich mit grammatischen Reimen. Bei dactylischem Versmaße weiblicher Inreim nach der dritten und fünften Hebung bei Hezbolt von Weißensee, Liederdichter 93, 1: Nu wunschet alle der süzen daz sie mich noch meine in der liebe als ich sie.

7. Der Vers mit acht Hebungen kommt, weil er überhaupt nicht häufig ist, auch selten mit Inreim vor: Ulrich von Wintersteten (Hagen 1, 150°) hat ihn bei trochäischem Bau weiblich nach der vierten Silbe:

Sumerwunne, du dine liehten tage erglenzen wilt, in der vierten Strophe aber männlich nach der dritten. Mehrfachen Inreim hat der Truchseß von St. Gallen (Liederd. 30, 12) nach der zweiten und fünften Hebung:

ich sage iuz baz, dur solche nöt verlür ich niht den kleinen vinger,

12 . KARL BARTSCH

aber der zweite wechselt seine Stellung. * Rudolf von Rotenburg in einem Leiche (Hagen 1, 81) nach der zweiten und vierten Hebung: schoene sinne die gerieten daz si kan des besten warn, oder mit verändertem Geschlechte: sol mich vergän ir gröze güete die min ouge an ir ersach, oder mit dreifachem Inreim: si kan näch eren wol verschulden lobes vil den man ir tuot.

2. Mittelreim.

Der Mittelreim findet sich nicht selten zufällig und ungesucht, namentlich bei Versen von vier Hebungen nach der zweiten und vierten: so bei stumpfem Reime süezen schal der nahtegal Liederd. 85, 7; der klane in tal in lüften schal Hagen 1, 65°; dann einen man der des niht kan Weingartn. Hs. 100, 13; diu driu nieman gescheiden kan Hagen 2, 185°; nu gip du mir, gib ich dir 2, 241"; bei

weiblichem: doch ist schane dicke heene 1, 154°; in der minne hitze brinne 1, 359°’; süeze minne, mine sinne Neifen 29, 14. In einem längern Verse sin welle dinen senden kumber swenden Lieder-

dichter 81, 43.

Beabsichtigt steht er:

l. im trochäischen Verse von vier Hebungen: bei stumpfem Reime nach der dritten und siebenten Silbe:

wol gestalt und niht ze balt Hagen 1, 109".

wäfenä 7ἃ ist mir Neifen 38, 11.

tage klälr und mange var Hagen 2, 292°. Bei klingendem nach der vierten und achten:

wal gedäne, valsches äne Liederd. 7, 73.

in dem muote ist mir diu quote Hagen 1, 171. diu kan machen herzen lachen 2, 65*.

nust diu heide in liehtem kleide 2, 69.

und wil singen af gedingen 2, 74".

wil diu reine. diech meine 2, 91”.

min gemüete baz ir güete 2, 9".

wil diu reine, süeze alleine 2, 151”.

sende swere ein sendebere 2, 315".

nu wil schande in manger hande 2, 324".

in den lüften οὗ den klüften Frauenl. S. 260. minnen drücke ein ungelücke Hagen 1, 145°.

wecke üf, minne, spehe sinne Liederd. 71, 81.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 173

2. im jambischen Vers von vier Hebungen: bei stumpfem Reime nach der vierten und achten Silbe:

mir hät ein wip herz unde lip Hagen 1, 29".

mich hät enzunt ir röter munt 2, 157*.

μη üf den μος ich nigen muoz 1, 146”. Bei weiblichem Reime nach der fünften:

von oriente unz ze occidente 2, 86".

hie minne tougen sunder lougen 2, 319”.

dar zuo diu linde süeze und linde Liederdichter 21, 861, zugleich rührende Reime.

3. im jambischen Verse von fünf Hebungen: bei stumpfem Reime nach der vierten und zehnten Silbe:

ein meister ls troum unde spiegelglas Liederd. 21, 859. Bei weiblichem nach der fünften und elften:

danc habe der meie, der hät maniger leie Hagen 2, 90”.

mir ist ein grüezen worden von der süezen 2, 133°; einmal auch trochäisch: Lichtenst. 507, 24:

von ir güete sliget min gemüete.

4. im dactylischen Verse von vier Hebungen: bei stumpfem Reime nach der vierten Silbe:

an ir genöz, wan ir blischaf is gröz Liederd. 7, 133.

von der ich bin alsö dicke äne sin 8, 23.

deich mich verlän hän ze verre üf den wän MFr. 101, 36. Bei klingendem nach der fünften:

daz tuot diu minne, diu nimt mir die sinne MFr. 101, 19; oder bei Auftakt nach der sechsten:

nu sprechent genuoge war umbe ich sus truobe Liederd. 10, 28.

Seltenere Fälle sind: der achtsilbige trochäische Vers hat den Mittel- reim nach der zweiten Silbe: sinne wie ich sender brinne Hagen 2, 132*, wo sinne zugleich übergehender Reim ist. Derselbe Fall beim sechs- silbigen: minne iresterinne 2, 132". Beim zwölfsilbigen nach der achten Silbe: daz sis nie vor mangen stunden baz begunden Neidhart“ 13, 11. Beim zehnsilbigen jambischen Verse nach der sechsten: noch λων wisen rät: der tac gät Hagen 2, 141", als übergehender Reim fortgesetzt; und ebenso 2, 142". Beim elfsilbigen nach der siebenten: sus würket got diu wunder σαν besunder Meisterlieder 6, 62.

3. Binnenreim. Dieser kann naturgemäß nur bei längeren Versen vorkommen. Zufällig findet er sich Liederdichter 81, 41 ir herze, ir muot kein schatehuot vür switzen. Beabsichtigt steht er:

174 KARL BARTSCH

1. im Verse von fünf Hebungen nach der zweiten und vierten: süeze dene gegen der schene din Hagen 1, 351°; und zugleich mit Schlagreim: durh Ere kere noch von sere mir 1, 143°; bei jambischem Bau und männlichem Binnenreim: ouch hat si pfüiht ir angesihtt ze pflanzen 3, 307”. 2. im Verse von sechs Hebungen, nach der zweiten und vierten. üf der hide manigem kleide vröude git 2, 29°. owe leider, ich bin beider überladen 2, 1485. manic belangen ist ergangen näch der zit 2, 293°. arger winder, bald hinhinder muostu streben 3, 186°. Bei jambischem Bau und männlichem Binnenreim: ez ist nu tac, des ich wol mac mit wärheit jehen Wolfr. 7, 41, wo in der vierten Strophe (8, 21) weiblicher steht: st beide luste daz er kuste st genuoc, und in dieser Form noch: ob ich genende und ich ir sende disen sanc Hagen I, 305. die bluomen springent, vogele singent aber als 2, 146". Bei dactylischem Rhytbmus: δῦ sun wir smieren und zwinken und. zwieren näch lieplicher gir Liederd. 34, 4. 3. im Verse von sieben Hebungen nach der zweiten und vierten sich des vlizet daz er bizet der im niht entuot Liederd. 10, 7. unbetwungen sint die jungen, äne reht wir leben MFr. 244, 63. aller güete voller vlüete vlöz in gnäden strämen Hagen 3, 61. Bei jambischem Rhythmus: daz stüende in wol. ir lachen sol mich selten dunken guot Lieder- dichter 10, 14. er ıst ein leben dem niht ist neben daz sich im müge gelichen 3, 35". daz ist min rät als ez mir stät, so enmac ir niht gelingen ΜΕΥ. ΤΊ, 17. in Eren ganz ἄπ αἰΐθη schranz mac höher ren walten Meisterl. 124, 54. In dem zweiten Beispiele auch mit Wechsel des Geschlechtes: war umbe ich schäne in dirre pine, esn mac mich niht beträgen MFr. 71, 34. Und derselbe Wechsel in diesem Leich, MFr. 76,8 ff. In demselben tritt auch der Fall ein, daß nach dem männlichen Binnenreime die Senkung fehlt:

mänen sin der ich bin undertän mit triuwen 71, 29.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 175

Vgl. 76, 16. 71, 17, und bei Raumsland, Hagen 2, 371°. man sach meien dach, blüete manger hande. Bei weiblichem Binnenreime noch: daz man dar under hie besunder vrö mich dicke siht Liederd. 61, 7. 4. im Verse von acht Hebungen, ebenfalls nach der zweiten und vierten: Liederdichter 25, 106. ir sit ἰδὲ υἱὲ kleiner nöt, ist iu der ermel abe gezart, sonst aber in diesem Liede weiblicher Binnenreim: üf dem rise in manger wise singent wünneclichen schal 88. Wie auch in folgendem Beispiele: Hagen 1, 134°: were lihte ob ich die bihte hete getän mir bezzer noch vil. 5. im Verse von neun Hebungen, nach der zweiten und vierten: swaz Isatas Jeremias haben gesprochen von Kristes gebürte Hagen 3, 94°, wo in andern Strophen der Auftakt zuweilen fehlerhaft nach dem zweiten Binnenreime steht. 6. im Verse von zehn Hebungen nach der vierten und achten: alsö redele ein vrowe schöne. wol ichs an ein ende köme, wan diu huote Liederd. 2, 29; in einer der folgenden Strophen mit männlichem Binnenreim: an der al min vroude stät. wie sol des iemer werden rät? joch wäne ich sterben 31. Seltener fällt in dem Verse von sechs Hebungen der Binnenreim nach der ersten und dritten Hebung, wie beim Taler, Hagen 2, 146°: diu heide hät vil kleide, bluomen unde kle. diu zit vil vröuden gi, sist wunneclich gestalt. Und dieselbe Stellung im Verse von sieben Hebungen, bei Gottfried von Neifen 15, 11:

der beider iröst ist leider inen fröuden alze kranc; oder nach der zweiten und fünften: Hagen 1, 351°: höch gemüete gi ir wibes güle mir σοίῃ ir.

IV. Schlagreim.

Wir unterscheiden Schlagreim, bei welchem der Endreim außer Betracht bleibt, und Schlagreim, bei welchem der Endreim mit hinein- gezogen wird. Denn daß durch den letzteren Fall die Wirkung des Schlagreims aufgehoben werde, wie W. Grimm (S. 57) will, kann ich nicht anerkennen. Jede Art des Schlagreims kann wiederum einfach (d.h. aus zwei auf einander reimenden Worten bestehend) oder mehr- fach (aus mehreren bestehend) sein.

178 KARL BARTSCH

l. Schlagreim, bei welchem der Endreim außer Betracht bleibt. a) einfacher Schlagreim, und zwar zunächst α. klingender Schlagreim, welcher der häufigste ist. Dieser kommt vor: im Verse von drei Hebungen: versinne Minne : sich Walther 47, 17. ir schene hene stille Hagen 3, 418°. Im Verse von vier Hebungen: auf der ersten und zweiten: hundert wundert wer si si Liederd. 38, 347. schane doene in rich beöjac Meisterl. 6, 881. niden den muoz diu reine Hagen 1, 207°.

vrouwen schouwen tougenlichen 1, 148", wofür in dem ersten Absatze des Leiches: nim war wie gar mine sinne.

Bei jambischem Bau:

ich minne, sinne, lange zit Walth. 47, 16.

daz mine pine wider dich Hagen 1, 134°.

vil süeze, büeze mir den pin 1, 137°.

swer wunne kunne rehte spehen 1, 140°.

got wolde, solde ir mündel röt 1, 145°.

üf esten gesten sich niht m& 1, 342".

flüzzic düzzic höher rät Meisterl. 7, 216.

durch vinster dinster nebel dicken Frauen]. S. 260. Auf der zweiten und dritten Hebung:

eteswenne denne ouch sehen Walth. 47, 34.

si vl süezee miüeze gar Hagen 2, 312°.

Im Verse von fünf Hebungen auf der ersten und zweiten: deich kunne unwunne und seneliche nöt Hagen 1, 136”. von minne sinne mir zerinnen wil 1, 142°. ir biedz bredez jleisch den val empfienge Meisterl. 7, 239.

Oder mit einem dritten Inreim: durh ee kere noch von sere mir Hagen I, 143. ich solde wolde ir lop von wären schulden 2, 21".

Oder mit metrischer Unregelmäßigkeit, indem der klingende Schlag-

reim dem stumpfen gleich gerechnet wird: ir ougen vil tougen mir blickent dur min herze 1, 137*.

Auf der zweiten und dritten Hebung: wie si schnee löne miner tage Walth. 47, 18. leitlich sache, lache mir und dir Liederd. 44, 15. sit der winter hinter (δί verdrungen Hagen 1, 346”.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 177

Auf der dritten und vierten Hebung:

manger leje blüte güete waltet 2, 29". Im Verse von sechs Hebungen: auf der ersten und zweiten:

küene grüme lit der anger wider strit: 2, 29".

diu heide leide ist worden bar, man hart 2, 151”.

wir müezen grüczen aber die wunneclichen zit 2, 146". Oder mit metrischer Unregelmäßigkeit:

heide mit kleide zieret sich gar äne we 2, 320”. Auf der zweiten und dritten Hebung:

walt dar under wunder loubes an sich leit 2, 820". Τὴ Verse von sieben Hebungen: auf der ersten und zweiten:

nu wende und ende mine klage: mir an dir " gelingen 1, 137% oder mit noch einem innern Reime mehr:

ich möhte, töhte mir min sanc, noch möre hän gemachet 1, 1375. Endlich bei dactylischem Rhythmus: beim Verse von vier Hebungen auf der ersten und zweiten: MFr. 115, 27:

nu lange ich mit sange die zit hän gekündet: oder auf der zweiten und dritten: in demselben Liede

ich singe unde sunge, beiwunge ich die quoten 32. reht als ein wunder, sunder, sere Liederd. 33, 76.

wand ich mich köre an ir löre ze vil MFr. 101, 20.

ß. Stumpfer Schlagreim: dieser kann zweifacher Art sein. Ent- weder es reimen zwei auf einander folgende Hebungen, zwischen denen die Senkung steht, oder es reimt eine Hebung und die darauf folgende Senkung, oder umgekehrt die Senkung und die darauf folgende Hebung:

Es reimen zwei Hebungen auf einander: im Verse von drei He- bungen: Ä ww der sch übr al erhillet Hagen 3, 418°. τον το Im Verse von vier Hebungen: auf der ersten und zweiten:

wer ist der die swaeren zit 3, 290”.

ich hin den win der mich niht lät 1, 134°: :

den sin gewin wir, herre, dir Meisterl. 7, 246.

daz mir von dir 88 tougenlich Hagen 1, 342°.

Oder auf der zweiten und dritten Hebung:

der tougen mir von dir geschach 2, 26”.

Im Verse von fünf Hebungen: auf der ersten und zweiten: τς κὲλ οι wan τοῦ sit minne mir geböt 1, 136°. oder auf der zweiten und dritten:

süezer schal übr al des: muoz zergän 2, 298”. GERMANIA XII,

12

178 ͵ KARL BARTSCH

minne mich und dich vereinen sol 3, 290". dur daz min här ich tar gelichen heize Frauenl. 15. Im Verse von sechs Hebungen: auf der ersten und zweiten: der walt gestalt ze vröuden ist der dene vol 2, 146. si hät den rät den man heizet wibes güete 1, 137”. Auf der zweiten und dritten, bei unterbrocbenem Rhythmus: ἀαρ si mir bi tugentlichen were 1, 342*, wo in der zweiten Strophe zu lesen valsches ein diu rein ist ob allen dingen. Auf der dritten und vierten: anger unde walt bestalt sint wunneclich 2, 292°. Im Verse von sieben Hebungen: auf der ersten und zweiten: min muot ist guot, wie tumb er si gein dir, dast äne lougen l, 1375. Im dactylischen Verse von vier Hebungen: nach der zweiten und dritten: swanne si vie al zergie daz ich sance MFr. 115, 28. Der zweite Fall, daß zwischen den beiden stumpfen Reimen keine Silbe steht. Im Verse von drei Hebungen: swer der niht enhät Hagen 1, 145". Hier steht der in der Senkung des Verses. Ebenso

hi bi mac man merken 3, 468". Im Verse von vier Hebungen: dur dich: sich har an miniu leit 2, 147“.

daz was ein seliclicher funt Meisterl. 6, 623, wo der erste Reim in der Senkung steht. Im Verse von fünf Hebungen: auf der ersten und der dann folgenden Senkung:

wann δ δ: tugenden wonent alse schöne Hagen 2, 305*. kan doch noch mangem wilden muot und sinne 2, 806".

Oder auf der zweiten Hebung und der folgenden Senkung: meien schin, din kunft vröut mich vil kleine 2, 21",

Im Verse von sechs Hebungen: auf der ersten Hebung und der fol- genden Senkung: ich dich seldenbare in senden riuwen sach 2, 26°. diu bluot tuot in den ougen und in herzen wol 2, 146“. b) Mehrfacher Schlagreim, und zwar: a. Mehrere Paare nach einander. Dasselbe Paar durch zwei Verse gehend: diz wunder under wilen tuot besunder munder mir den muot 3, 418.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 179

Zwei Paare verschiedener Schlagreime in derselben Zeile: helfet mir, ir leien, mein klagen, oder in pin- ruo tuot heide Liederd. 77, 36. 40. Oder drei Paare verschiedener Schlagreime: wol üf, ir kint, sint vrö, _muo2 buoz sorgen sin Hagen 1, 146°.

ß. Derselbe Schlagreim mehr als einmal wiederholt. Dreifacher

Schlagrein::

du wir grser ἴδ funt Meisterl. 7, 222. Und mit metrischer Unregelmäßigkeit: nu wende, volende und swende die nöt, deswär ald ich verdirbe

lagen 1, 138".

Und bei männlichem Schlagreim: Frauenlob S. 19: swaz er mit ger in der prophöten krämen, ist nu Dot und Guot und tuot uns sorgen bar Hagen 1, 147°, mit Elision in den beiden ersten Reimwörtern. In der zweiten Art männlicher Schlagreime:

nuo zuo vruo din hinnevart Frauenlob S. 260.

Δ vw 8 stet des meijen blüete Hagen 3, 84". Vierfacher Schlagreim:

nemt war gar dar war mir daz herze meine 1, 144°, wo also zwei in die Hebung, zwei in die Senkung kommen.

Ich führe noch ein paar Belege von Strophen mit besonders zahl- reichen Schlagreimen der verschiedenen Arten an. Walther 47, 16. Liederd. 77, 36. Frauenlob S. 260. Hagen 2, 326". 3, 418". Die vor- letzte, eine Strophe des Reimkünstlers Konrad führe ich hier an:

Gar bar kit wit walt kalt,

ne we μοί, gluot 8 bi mir.

Gras wa 6 kl spranc blanc,

blut gut schan: en hag flag ir. Schene dene klunen jungen liuten,

Irtuten inne minne merte;

sunder wunder boere sweere wilden bilden heide, weide rerte,

vrö säzen die

dee ge lin spil wi hie. 2. Schlagreim mit Hineinziebung des Endreimes. a) Klingender Schlagreim. die bluomen üf gesprungen, drungen Meisterl. 6, 847, 12"

180 KARL BARTSCH

noch mit dem Ende der folgenden Zeile reimend. Derselbe Fall Meisterl. 7, 257 der fluoch wart gegeben eben. und solt ein man gevallen allen 107, 13, aber hier nicht anderweitig gereimt. Im dactylischen Versmaße: süt ich niht mäze begunde nochn kunde MFTr. 101, 22. b) Stumpfer Schlagreim. Frauenlob S. 20: Adam biltsam

vernam; er gram. . im kam ein siuche, diu niht lebenden zam. Ebenso Hagen 1, 135*: Sumerzit uns gi äne widerstrit.

Hagen 1, 342" vogellin als ouwe (: πιῆ).

1, 351” höchgemüete git ir wibes gülle mir gen ir. Und bei unmittelbar auf einander folgenden Reimsilben :

her get des tages glanz spranz (: ganz) Meisterl. 7, 35.

in irer jugent guot Fruot 7, 406.

Mehrfacher Schlagreim mit Hinzuziehung des Endreimes :

din vachen krachen swachen Meisterl. 7, 220.

wie die dene schene _ loene Frauenl. S. 13.

in wünne glanze spranza kranze (: ganze) Meisterl. 7, 133.

der kunde best bedenken lenken schrenken (: schenken) 309. Dreifacher innerer Schlagreim mit dem Endreim der folgenden Zeile verbunden :

üz miner cröne f/röne schöne glesten (: löne) Meisterl. 6, 800. Bei stumpfem Schlagreim: swaz ich sag, doch trage ich klage Liederd. 38, 147. din munt verwunt wöl tüsentstunt Hagen 2, 146°. Die zweite Art desselben: si bar gar κᾶν (: schar) Frauenl. S. 19. de wse gar clär σαν (:zwär) Meisterl. 7, 249. Dieselbe Art bei vierfachem Schlagreime: min mut gut fruot (μοὶ Frauenl. S. 8, reimend auf die Endreime ἐμοί : luot : vluot.

Endlich haben wir zu erwähnen den Schlagreim, welcher die Fort- setzung des übergehenden Reimes bildet. Auch dieser kann klingend oder stumpf sein. Klingend in meinen Meisterliedern 6, 668:-

in minem dienste alle beclibet, | r . bübet, ribet, schribet an tuch minen gruoz.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 181

Stumpf bei Winli, Hagen 2, 29":

und enthaliet sich aldur den sumer vrö.

78), 8δὃ singent schöne. bei Wizlav, Hagen 3, 84°:

vrö 80 δίδέ des meien blüete,

gülte süele oh merke in vröuden etc. bei Düring, Hagen 2, 26":

ich hän selchen tröst besunnen,

wunnen sunnen glich ist δὲ gestalt, wo das erste und dritte Reimwort rührenden Reim bilden. Und in einem unechten Neidhart, Hagen 3, 309":

da ist vröude wunneclich

rich: wich sorgen, man und vrouwen. Der umgekehrte Fall, wo Schlagreim als übergehender Reim fortge- setzt wird, in meinen Meisterliedern 7, 255:

daz sie viel in sünde, künde

fünde σαν in swoere bünde. Die letzteren Fälle bilden den natürlichen Übergang zu der folgenden Gattung innerer Reime.

5. Übergehender Reim.

Wir unterscheiden übergehenden Reim, der noch mit andern End- reimen gebunden ist, und solchen, wo nur ein Schluß- und Anfangs- wort zweier Zeilen auf einander reimen.

1. Das Schlußwort einer Zeile reimt mit dem Anfangswort der folgenden, und diese beiden nur unter sich.

a) Klingender Reim:

Swer ir gruoz nimt, derst vor schanden

banden vri, sist selden wer. Hagen 1, 202".

gevilde

wilde stuont geraset 2, 317”.

twinget daz gevilde,

wilde rösen liehigevar 2, 323*.

lüte doenet under,

wunder- licher stimme klanc 2, 323°.

helfet mir, ir leen meien klagen,

tragen. sun wir gegen den argen rifen nit Liederd. 77, 36, wo klagen : tragen als klingende Ausgänge gelten.

Winder, din unsenftikeit let uns allen bringet;

182 KARL BARTSCH

singet ntemer nahtegal;

schal der kleinen vogelin ist gesweigel. Zeiget uns die rösen rötl

nöt si hät betwungen,

sprungen bluomen manicvali.

Wult hät siner niuwen kleider ninder Hagen 3, 2905. daz wir dich st@te ane sehen.

spehen mao man an mir alle güete. JFrüete wil ich &wiclichen leben. streben sol nieman von mäner gunst Meisterl. 6, 661,

wo sehen, geben auch klingend gebraucht sind. Man vergleiche noch Hagen 3, 309, Frauenlob 85. 18, 8, 7. 19, 10, 4. 9. 20, 13, 4. 9.

b) Stumpfer Reim.

α. Das zweite Reimwort steht in der Hebung des folgenden Verses. hiure jemerlichen twano:

krano ist nu sin iwingen, vröut iuch, junc und alt Hagen 2, 69". dien kleinen vogelen ist benomen ir gesanc: lanc mac in wol sin αἷμ sware 2, 70°,

wo aber in den andern Strophen noch der vorhergehende Endreim als dritter angeschlossen ist. dringen siht man bluomen durch daz gras. was diu sumerwunne in leide Neifen 21, 4. diu uns nu wahset zuo. vruo gieng ich an ströude Hagen 3, 468". daz was ein seecliclicher funt, bunt af giene, des wart der leide gehermet Meisterl. 6, 623. des tages schän, fin, der sicherlich tuot ofenbär T, &. Vgl. noch die vorhin angeführte Strophe, Hagen 3, 290° und 3, 309. β. Das zweite Reimwort steht in dem Auftakt des folgenden Verses. lieben kint,

sint vrelich vrö engegen der lieben sumerzit 1, 108". ich was in minnen ähte und ir gevangen gar,

bar manger vröuden, kumber muost ich dulden 2, 27". nieman vol- loben vrouwen kan,

wan ei bi tugenden wonent alse schöne 2, 305°. val was diu heide breit;

treit si nu liehten schin 3, 221*.

Vgl. noch 3, 309° und Frauenlob 8. 260.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 183

2. Der Schlußreim eines Verses und der Anfangsreim des folgenden sind mit noch andern Reimen gebunden. a) Klingend.

Swie diu zit sich wil verkören,

seren muoz daz sende herze min; wil min vrouwe mich niht Eren, mören muoz min seneclicher pin Hagen 1, 71*,

und noch einmul im Abgesange (lören). rife wil si twingen; singen muoz ich aber von des winters krefte 1, 151*, im andern Stollen verdringen : bringen, und ebenso im Abgesange ziehe: schiehe : vliehe. des leb ich in ungewinne, sit ich steleclichen in ir güete brinne; Minne, hilf enzit, sit daz ich sten genäden bar 2, 26°. Ich hoer aber die vogele singen, in dem walde suoze erklingen ;

dringen siht man bluomen durch daz gras Neifen 21, 2. Sumer, nu wil din gewalt walt den anger und die heide

beide kleiden : dast dien kleinen vogelen nöt 38, 26, die entsprechenden Reime im andern Stollen (meide : reide). Bei dem- selben Dichter (42, 35) ist der dritte Reim (büezen) durch drei da- zwischen stehende Zeilen getrennt. Vgl. noch Hagen 1, 133". 2, 324", 3, 468°. Frauenlob S. 16, 2, 2. 18, 9, 4 Der übergehende Reim be- steht in der Wjederholung desselben Wortes bei dem Truchseßen von St. Gallen (1, 293°), wo die Stollen lauten: Wie gern ich mit vröuden were,

ware unvröude niht 88 wert; nu ist den richen vröude ummere, mare ist, swer ir rehte gert.

b) Stumpfer Reim.

α. Das Anfangswort der nächsten Zeile in der Hebung. Außer dem schon erwähnten Belege aus Gottfried von Neifen (38, 26), wo der stumpfe Reim zugleich rührender ist, noch bei Heinrich von Stret- lingen (Hagen 1, 111°):

ach, üf genäde, swie si mir ἐμοί, habe ich muot,

guot lip unde leben

ir ergeben;

184 KARL BARTSCH

und bei Brunwart von Aukheim 2, 76°: seht wie heide und anger aber schöne lit 81, der winter muoz dem sumer läzen, wo Zt als Schluß des zweiten Stollens noch mit dem des ersten und des Abgesanges reimt. | ß. In der Senkung: Järlane von dem kalten an& valwent bluomen unde kle; δ58ἰλὲ man grüenes loubes in dem walde niht 2, 323. Der walt und anger lit gebreit mit wunnen richer varwen kleit;

reit sint der süezen vogelin dane 3, 84". πιο zuo vruo din hinnevart ] wart zuo dir, zart,

daz werde gekart Frauenlob S. 260. Vgl. noch meine Meisterlieder 1, 15. 7, 116. 7, 125.

3. Der Anfangsreim bildet nicht die erste Silbe des Verses, son- dern die zweite, so daß zwischen beiden Reimsilben eine andere ein- geschoben ist. Wir haben diesen Fall schon beim Schlagreim kennen gelernt.

man hörte vogele sanc, der klane in tal in lüften schal 1, 65". der tag üf gät

und lät diu naht ir vinster varw als 2, 141”. Manc höher muot

der tuot sich aber under 2, 298”. j dik vrouwen guot | den muot σοίμοη wol bi und & ἀας wol enpfähent 2, 303°. sam vrouwen wolgetän, daz kan nieman verkeren 2, 303°. Vgl. noch Frauenlob S. 20, 15, 2. 3. Meisterlieder 7, 5. Bemerkens- werth ist ein Fall bei Ulrich von Wintersteten, Hagen 1, 161*, wo das so gereimte Wort nicht die Hebung des zweiten Verses bildet, sondern in der Senkung steht: der ich bin mit triuwen undertän. ich lin mich an ir genäde sicherlichen; und bei zweisilbigem Reime: | diu der winter twinget alle tage: nöch trage ich in minem herzen grazer swere.

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 185

Es kann in diesem Falle der übergehende Reim auch klingend sein: loup von den esten riset Üf die heiden: dien leidn rifen bin ich gram Liederd. 76, 121; in der dritten Strophe mit schwebender Betonung: diu näch dem pfluoge muoz dicke erkalten, schalten den wagen so er gestät 137. der dar von herzen ahtet und trahtet völleclich 2, 3035. rösen üf der heide mit leide siht man swinden aber als 3, 466”. daz bit ich dur din triuwe, verniuwe mir den bunt Meisterl. 162, 7, und endlich an folgender Stelle, wo der klingende Reim der dritten Zeile metrisch dem stumpfen gleichgerechnet ist: der walt sich hät aber gegerwet, geverwet wol gen der wunnebernden sumerzit Hagen 2, 223°.

4. Ein bemerkenswerther Fall von übergehendem Reim findet sich bei Wizlav, der ihn von dem Schluß einer Strophe auf den Anfang der nächsten erstreckt: Hagen 3, 83°:

Winder, daz ist ungevuoch von kulde. Hulde swüer ich gerne di, wo in Folge dessen der Schluß der letzten Strophe reimlos dasteht.

6. Pausen.

Von Pausen können wir folgende Fälle unterscheiden:

1. Der eine Reim steht am Anfang, der andere am Schluß der- selben Zeile. Dabei kann der erste Reim in der Hebung oder in der Senkung stehen.

a) Er steht in der Hebung:

hät er vröuden vollen rät Hagen 3, 2005.

sd daz du sist herzenlichen vrö Lichtenst. 518, 6.

hät ein vrouwe missetät 571, 11.

b) In der Senkung:

ein _ klösenere, ob erz vertrüege? ich wene, er nein Wealth. 62, 10. δὲ nimt mir vreude, diu mich sorgen solde machen vri Lichtenst. 399,13. Hier ist, was ein seltener Fall, die Pause noch mit einem dritten Reime am Schlusse der Strophe (: 5%) gebunden.

dem gefüegen wirt gelönet Licht. 553, 27.

186 KARL BARTSCH

2. Der. eine Reim am Anfang einer Zeile und der andere am Schlusse der darauf folgenden: Waltber 66, 25: dee habet ir von eohulden grezer reht dan €: welt ir vernemen, ich sage iu wes, Ebenso: hät vreude sich verborgen ? die envinde ich hie noch Lichtenst. 420, 2]. 3. Derselbe Fall, nur daß der erste Reim nicht auf die erste, sondern auf die zweite Hebung fällt:

nement war wie winter gegen uns ziehe: leider, kreftie ist sin schar Hagen 1, 151". reht alsame diu frowe min

hät diu tugent, der wibes name Liederd. 75, 5.

4. Anfang einer Zeile und das Ende der nicht unmittelbar darauf

folgenden, sondern ein Vers dazwischen:

οὐδ ἀαξ ich ie vil gebat

und geflöte an eine siat

da ich genäden nienen se T,iederd. 14, 80. Hier steht der erste Reim in der Senkung des Verses.

5. Anfang und Ende der Strophe:

Hi, wie wunnenclich diu heide

sich mit manegem spahen kleide

gegen dem meigen hät bekleit !

loup gras bluomen vogelin beide,

die man sach in manegem leide,

gar verswunden ist ir leit.

alsö mehte ouch mir verswinden

sorge, diu von fröide ie swant;

wolde fröide sorge enbinden,

sit daz fröide ie sorge enbant,

wurd ich von sorgen fri Neifen 9, 26. Ebenso bei Ulrich von Lichtenstein in einer Strophe von zehn Zeilen, 449, 11; bei Gottfried von Neifen nochmals 8, 23 in einer achtzeiligen Strophe, zugleich als rührende Reime Walt heid anger vogele singen mit dem Schluß frowe Minne, daz ist allez din gewult.

Selten ist das weibliche Geschlecht der Pausen wie überhaupt, so auch in diesem Falle. Es kommt vor bei einem ungenannten Dichter, Hagen 3, 466":

Rösen üf der heide mit leide δ} man swinden aber alse;

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 187

kleiner vogelin singen wil twingen järlane rif und kalter n£. We we, röter munt zieret nu den anger? ach ach der leiden stunt ! smieret er niht langer gen mir, trast mich doch sin kösen. Beim Lietschauer (3, 465) liegt der Reim nicht auf der ersten, sondern auf der zweiten Silbe, weil der Vers jambisch beginnt: Man sach hie voren die alten herren Eren pflegen; die letzte Zeile der dreizehnzeiligen Strophe lautet: der herre sich wol vröuwen mach. Häufiger bildet der Anfangsreim den Auftakt des ersten Verses: so bei Hawart (2, 162°), wo die erste Zeile lautet /ch wil dir, herre Jesus, der vil reinen megede kinde, und die letzte (von vierzehn) vür den ungelouben suln die rehten segenen sich. In einem unechten Neidhart (3, 221*) lautet die erste Zeile der ebenfalls vierzehnzeiligen Strophe

Hin ist der winter kalt, und die letzte anders niht wan leit ıst nän gewin. Eine Strophe unter Niunes Namen (3, 331°) hat sieben Zeilen: ‚So liebez ich mir nie gesach

als tr, vil selic vrouwe, sit;

Ir sult min senedez ungemach

vertriben daz mir nähe lit:

88 möret ir der welte heil.

vil meniges lip von minen vröuden wurde geil, wurd ich von tuwer helfe vrö.

Frauenlob’s neuer Ton bindet die erste Silbe der fünfzehnzeiligen Strophe mit dem Schlusse der letzten (Liiederd. 79, 268).

Bei Brunwart von Aukheim (Hagen 2, 75") wird der erste Pausen- reim nicht von der ersten Hebung, sondern der darauf folgenden Sen- kung gebildet; da ihn Hagen ganz übersehen hat, so setze ich eine Strophe hierher:

Järlanc valwent üf der heide liehte bluomen unde kle,

Winters grimme tet in leide, kalde rifen unde sn&,

Die enkunnen mich betwingen

in enwelle vrelich singen

der vil lieben niuwen sanc.

188 KARL BARTSCH

Genau derselbe Fall in einem Liede Neifens 14, 8, wo die erste Zeile der neunzeiligen Strophe lautet Sich hät aber diu süeze verkeret, und der Schluß konde werden miner swere rät.

Eine Ausnahme ist es ebenfalls, wenn der erste Pausenreim nicht auf die erste, sondern die zweite Hebung fällt, wie bei Neifen, der dieses Reimspiel unter allen Lyrikern am meisten geübt hat, 42, 1:

Sumer, din gewalt wil swinden, mit der Schlußzeile der zehnzeiligen Strophe: sorgen vil dem herzen min.

Derselbe Dichter lässt einmal auch den ersten Pausenreim auf die der zweiten Hebung folgende Senkung fallen (47, 10) Nu siht man die grüenen heide; die Strophe hat nicht weniger als zwölf Zeilen, und der Schlußvers lautet s@t der liebe sumer ist hie.

Ebenso ungewöhnlich ist es, wenn der erste Pausenreim auf der dritten Hebung des ersten Verses ruht, wie bei Neifen 3, 1, wo der Anfang ow£, winter, din gewalt, und der Schluß der elfzeiligen Strophe son klagte ich niht die vogele noch der liehten bluomen schin. Derselbe Fall 38, 26 Sumer, nu wil din gewalt, in einer neunzeiligen, sehr kunstreichen Strophe mit dem Schluß näch dem triutelehten libe, owe wan were er min!

Die Pausen umfassen aber manchmal nur einen oder zwei der drei Theile, in die die Strophe sich gliedert. So steht der erste Reim am Anfang des ersten, der zweite am Schluß des zweiten Stollens in einem unechten Neidhartliede (3, 290°), ausnahmsweise wieder mit weiblichem Geschlechte:

Winder, din unsenftikeit leit uns allen bringet ; singet niemer nahtegal, schal der kleinen vogelin ist gesweigel. Zeiget uns die rösen röt! nöt hät δὲ betwungen, sprungen bluomen manicvali. walt hät siner niuwen kleider ninder. Derselbe Fall in einem andern anonymen Liede (3, 468°), wo der erste Reim wieder in der Senkung steht: Ich sazte minen vuoz an des sumers kle, der was gestalt mit mangem süezen ruche,

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 189

der den liuten kumt an. Hän sol winder süche, er ist nider valt

hin ist wec der sn®,

'sint er von reht wol muoz, daz sag ich iu werrlich.

Auch in demselben Stollen beide Reime: der erste als zweite Hebung des ersten Verses, der zweite als Schluß des vorletzten Verses von dem sechszeiligen Stollen (Meisterlieder 79, 1) Ein richer was, der het verzert (: besaz). Vielleicht kann man diesen Fall kaum noch unter die Pausen rechnen. Die Pausenreime bilden Anfang und Schluß des Abgesanges: so

bei Burkart von Hohenfels, Hagen 1, 202":

Wan min vriheit sich vür eigen

neigen der vil lieben kan;

was hier mit dem oben unter Nr. 2 aufgeführten Falle identisch ist, weil der Abgesang nur zwei Zeilen umfasst. Ferner bei Kristan von Lupin (2, 21°), weiblich reimend:

Machen kan vil kluogiu herzen sinnelös.

ach ach, herre got, wie rehte lös

sach ich von ir ein lachen ! Bei Brunwart von Aukheim (2, 76°) ist der Anfangsreim des Abge- sanges zugleich übergehender Reim:

Sit der winter muoz dem sumer läzen

sinen strit; seht, vröude ist üf den sträzen,

die uns der vil wunnecliche meie giüt. Obne den Reim sit würden hier, wie oft, Stollen und Abgesang durch denselben Schlußreim verbunden sein.

Auch bei Frauenlob (Liederd. 79, 324) ist der Pausenreim zu- gleich übergehender Reim: der zweite Stollen schließt nämlich nein, des enweiz ich nicht, und daran knüpft sich Zieht werde spiegelsunne, schließend mit dem Verse lob_ werdez angesicht. Lichtenstein in einem Tageliede (m. Liederd. 33, 270) bat folgenden Abgesang:

Wie der tac üf gät der wahter von der zinnen

ist gegangen. iwer vriunt sol hinnen:

ich fürht er si ze lange hie. Endlich hat auch Neifen (43, 31) dieselbe Art und Weise der Pause, in.der. ersten Strophe mit gebrochenem Reime wip- lich güete, scharne und Ere, auf reimend.

190 KARL BARTSCH

Der zuletzt erwähnte Dichter hat an dieser Stelle den Pausen- reim auch in der Senkung nach der ersten Hebung: järlane tete sanfte ein umbevähen mit dem Schlußreim des dreizeiligen Abgesangs umbevanc 20, 1. Derseibe Fall bei Hadloub (2, 298"):

Ein wip _schene und here liebt si mir sere und niht ir mich; von 8% sich mir vremdet, ach, mich twinget ouch ir lip. Statt der ersten Hebung in der Anfangszeile des Abgesanges kann auch die zweite den Pausenreim enthalten. So bei Rudolf von Roten burg, Hagen 1, 87°: Daz ich bin der ich vil menge stunde lop gehoehen kunde, liez eht si beliben minen sin. Bei dem von Trostberg, 2, 72": Nit und haz ist nu gename, der muoz mir sin widerzeme; vrouwen gruoz mir late baz. Bei Singuf, Liederd. 67, 7, in einem siebenzeiligen Abgesange bei jam- bischem Anfang: Er ist als alt alsö der man- und vert durch manigen touben walt. Bei Kristan von Hamle, Liederd. 32, 59: Swä lace vil toup diu heide, siht man schoen ougen weide: nust min liehter meigen tac. Bei Ulrich von Wintersteten, Liederd. 38, 342, beginnt der Abgesang we mir we, wes fröwe ich mich, und schließt mit fröwet, son gesunge ich niemer m&, worauf noch der dreizeilige Refrain folgt. τοῦ schließt sich aber auch an den Schlußreim der Stollen an; es ıst also derselbe Fall, wie oben bei Brunwart von Aukheim und bei Frauenlob.

Nicht die zweite Hebung, sondern die darauf folgende Senkung bildet den Pausenreim bei Ulrich von Wintersteten, Liederd. 38, 320: Ich wird alt von selken dingen:

noch klag ich ein ander nöt,

daz diu liebe mich wil Iwingen

der ich mich ze dienste ie böt.

ich wil singen zören bringen

daz ich näch ir jämers won. Endlich verlegt Neifen (32, 23) den Pausenreim aus der ersten Zeile des Abgesanges in den Anfang.der zweiten:

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN LYRIK. 191

noch klag ich die sehulde daz diu seldebeere enterbet mich ir hulde.

daz sint mine sware,

dis ich von ir dulde. Minne, wende ir süezen haz.

Am Schlusse unserer Betrachtung kommen wir noch auf zwei allgemeine Punkte zurück, wovon wir im Verlaufe der Untersuchung an verschiedenen Stellen Belege gegeben haben. Der eine betrifft den Fall, daß der innere Reim in die Senkung zu stehen kommt. Seiner Natur nach sollte der Reim immer auf die Hebung eines Verses fallen, sei es die letzte oder eine im Verse. Wir haben bei den Schlagreimen, übergehenden Reimen und Pausen zahlreiche Ausnahmen von diesem Gesetze kennen gelernt. Wir führen hier noch einige weitere Beispiele an, die nicht den drei erwähnten Gattungen innerer Reime angehören. So bei Ulrich von Wintersteten in einem Leichabsatze (Hagen 1, 145°, 31), der aus vier achtsilbigen Versen besteht und so zu schreiben ist:

Got wolde, solde ir mündel röt mich erlän herzeclicher nöt! minne in sinne mir geböt

daz ich hän kumber üf den töt.

Sehr viele innere Reime, die fast alle in die erste Senkung, den Auftakt, fallen, hat Frauenlob’s goldner Ton, Liederdichter 79, 295:

wip, trüt violgarte, ἰδ swelt dins lobes kröne u. 8. w. Bei dem Truchseßen von St. Gallen, Liederd. 30, 5: äne got enkdn mich ntiht geiresten wan ir eine.

lät selchen spöt, des wär ich dihte üf iuwer klaffen harte kleine. _ Bei Bernger von Horheim im dactylischen Rhythmus, MFr. 115, 31: mich näch ir_ αἷμ mir betwinget den muot, wo es dem Wesen des dactylischen deutschen Rhythmus widersprechen würde, zu betonen mich näch ir diu mir.

Bei Hermann dem Damen, Liederd. 78, 15, er bi richen kunigen ranc, wo aber der Inreim nicht durch alle Strophen geht und auch seine Stellung wechselt. Bei Hadloub 2, 303* in einem Leich, welcher beginnt

Swem sin muot stös ἢ} minne gar, und der gear dik vroumwen guot den mut getuon wol bi, in der ersten Zeile; und derselbe in einem andern Leich 2, 305:

199 KARL BARTSCH

: Nieman vol- loben vrouwen kan, wol in, wol iemer, des wünsch ich. Noch stärker widerstreitet der Inreim dem Versrhythmus_ bei Kristan von Lupin, Hagen 2, 21*: Sit daz al min hoechste vroude an dir stät heiz mir din _rötez mündel geben rät; hier könnte man annehmen, daß män : din, wiewohl Inreime, in die Sen- kung fallen; aber die zweite und dritte Strophe lassen sich nicht so lesen: Swer alsö klär küssen gar dursiuberlich

wol tüsent ὦ, müest er vröulich vröuwen sich. vil gröz gedane ἰδὲ mich nu vil selten vri

din kel bLlance und din lip liep mac si; in der ersten Zeile hat allerdings die Hs. ir küssen, aber die Verglei- chung mit den andern führt auf obige Besserung.

Der zweite Fall, den wir betrachten, betrifft den weiblichen In- reim. Dieser steht, wie wir an mehreren Beispielen sahen, nicht selten metrisch dem männlichen gleich, d. h. er wird nur für eine Silbe im Verse gezählt. So bei Ulrich von Wintersteten, Hagen I, 137*, 28:

Ir ougen vil tougen mir blickent dur min herze. ir lachen kan machen mir bitterliche smerze;

denn dieser Leichabsatz ist seinem Bau nach vollkommen gleich dem vorhergehenden und folgenden, die männlichen Inreim haben. Und in demselben Leiche nochmals (1, 1385) Absatz 36:

nu wende, volende und swende die nöt, deswär, ald ich verdirbe.

ich dulde äne schulde näch hulde den töt ob ich ir niht erwirbe;

denn der Absatz entspricht im Bau einer Reihe anderer in diesem Leiche, 21—23. 26—27. 30. 34. 35, die nur durch den inneren Reim sich unterscheiden. Bei demselbem Dichter in einem Liede I, 173° die Zeile: Wanne sol ich geleben die lieben stunde?

wo wanne für nur eine Silbe gilt. Bei dem jungen Meisner 2, 223° geverwei wol gen der wunnebernden sumerzit; bei Konrad von Würz- burg 2, 317° Meie den grüenen walt Zreie sich jung und alt; bei demselben 320° Hade mit kleide zieret sich gar äne we; beim Kanzler, Liederd. 77, 41 lade, dar zuo dem anger we.

Daß der innere Reim in der I,yrik der nördlichen und südlichen Franzosen ebenfalls eine bedeutende Rolle spielt, wird nach dem in- nigen Zusammenhange derselben mit der deutschen schon von vorn-

DER INNERE REIM IN DER HÖFISCHEN ΓΥΕΙΚ. | 193

herein nicht zu bezweifeln sein. Ich glaube sogar, daß manche Arten desselben von den Romanen entlehnt sind. Bei dem Umfang, den unsere Untersuchung schon gewonnen, müßen wir uns versagen, auf diesen Punkt näber einzugehen, wollen aber doch schließlich wenig- stens an einem Beispiele zeigen, daß die Erkenntniss des innern Reimes für die romanischen Poesien dieselbe Wichtigkeit hat, wie für die deutsche. Eine Strophe des Troubadours Arnaut Daniel stellt Raynouard (Choix 5, 39) und nach ihm Mahn (Werke der Troubadours 2, 77) in siebzehn Zeilen so dar: Si m’anpara e m trai a luctz d’auzir eilh qu’es de pretz capduelh; dels quecz precz cay dedins arencz Ver fort rendutz clars mos pessars; qu'ieu jora mortz, max fa ın sofrir Üerpers, ygue m crey, que m grey; c’aiso m ten leyt e baut, que d’ als jauzir no m val joys una poma; während in richtiger Anordnung der In- und Endreime, wie ich’ sie in meinem provenzalischen Lesebuche (S. 70) gegeben, die Strophe als siebenzeilige häufige Form sich so darstellt: δὲ m’ampara eilh quem tralutz, d’auzir eilh qu’es de pretz capduelhs, dels quetz pres cui dedins a rencs, ler fort rendutz clars _mos pensars; qu'eu fora moritz, mas fam sofrir l’espers quel prec quem grei, caisscm te let e baut, que d’als jauzir_ nom val jois una poma. Die beiden Stollen bestehen jeder aus zwei achtsilbigen Versen mit verschiedenen inneren Reimen; im Abgesange treten wie oft län-

gere Zeilen ein, und derselbe umfasst drei Verse von zehn, resp. elf Silben.

GENMANIA ΧΙ. 13

194 K. A. BARACK

Wird man es tadeln wollen, daß wir uns bei diesem Gregenstande so lange aufgehalten? Daß er zum Verständniss der Form unserer älteren Lyrik sehr wesentlich ist, wird wohl niemand leugnen können. Wie man mit Recht von jedem, der sich mit den Chorgesängen Pındars oder der griechischen Tragiker beschäftigt, verlangen darf, daß er zu erkennen wisse, wo ein Vers sein Ende hat, so muß auch jeder, der lyrische mittelhochdeutsche, provenzalische oder altfranzösische Texte kritisch behandelt, unterscheiden können, wo das wirkliche Ende eines Verses und wo nur innerer Reim anzunehmen ist.

ROSTOCK, 11. December 1866.

BRUCHSTÜCKE AUS WIGANDS VON MARBURG REIMCHRONIK.

HERAUSGEGEBEN VON

K.A. BARACK.

Die ım Jahre 1394 entstandene Reimchronik des Wigand von Marburg ist uns nur in einer lateinischen, vielfach kürzenden, ungenauen und nicht selten unklaren Prosaübersetzung vom Jahre 1464 bekannt, welche neuerdings eine mit ausführlichem Commentare ausgestattete vortreffliche Ausgabe*) im 2. Bande der Scriptores rerum Prussicarum, herausgegeben von Theodor Hirsch, Max Töppen und Ernst Strehlke (Leipzig 1868) gefunden hat, während der deutsche Originaltext schon längst, wahrscheinlich für immer verloren gegangen ist. Der letzte Gelehrte, der diesen noch benützt und uns hiebei einige Fragmente durch Aufnahme in seine „Preußische Chronik“ erhalten hat, ist der Danziger Secretär Caspar Schütz, der sein Werk im Jahre 1592 an die Öffentlichkeit gab. Seitdem ist jede Spur der Originalchronik selbst und deren Benützung für die Geschichtschreibung verschwunden, wie auch am Ende des 17. Jahrhunderts Christoph Hartknoch in der Vor- rede (Blatt 5°) zu seinem Buche „Alt und Neues Preußen, Franckfurt und Leipzig 1684“ zu klagen hat: „Ich habe dieses Chronicon nicht kömnen zu Gesicht bekommen, ob ich mich auch gleich sehr darum bemübet.*

*, Ihr gieng voraus die Ausgabe „Chronicon seu Annales Wigandi Marburgensis Eauitis et Fratris Ordinis Teutonici. Primum ediderunt Jo. Voigt et Ed. Com, Raczynski. Polonice et latine. Posnaniae (Leipzig) 1843. 4”.

BRUCHSTÜCKE AUS WIGANDS VON MARBURG REIMCHRONIK. 195

Die von Schütz erhaltenen 5 Bruchstücke der Originalchronik umfassen im Ganzen 110 Verse, welche sich in der oben genannten Ausgabe δ. 482, 486, 532, 534 ff. und 615 abgedruckt finden. Die erste Spur einer Handschrift der Originalchronik zeigte sich erst wieder am Ende der dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts, als der verdiente Vicedirector des Κρ]. Haus- und Staatsarchivs Εἰ. von Kausler in Stutt- gart 2 Pergamentblätter in kl. Quart, welche als Umschlag eines Papier- heftes dienten und auf jeder Seite 31, im Ganzen 124 Verse der Chro- nık enthielten, im dortigen Staatsarchive auffand. Sie wurden von Kausler ın den „Mittheilungen aus dem Gebiete der Geschichte Lirv-, Est- und Kurlands“ T. III (Riga 1845) S. 129—133 veröffentlicht, die Pergamentblätter selbst sind jedoch bedauerlicherweise seitdem abhanden und, wie Kausler vermuthet, mit andern Deutschordensarchivalien in das Deutschordensarchiv nach Wien gekommen. Die nähere Beschrei- bung der Blätter findet sich auf S. 441—442 (2. Bd.) der Scriptores, in welchen sie auch S. 468—471 nach dem obigen Abdrucke mit kri- tischen und sachlichen Erläuterungen wiedergegeben sind.

Ein weiteres Bruchstück einer Handschrift mit 34 Versen und 16 Versanfängen hat Dr. Eduard Krömecke, früher in Warburg, zur Zeit ın Pömbsen bei Nieheim entdeckt und solches zuerst im „An- zeiger“ des germanischen Museums in Nürnberg, Jahrg. 1858, Spalte 335—336 und nachher in den „Neuen Preußischen Provinzialblättern“, Jahrg. 1858, 2. Band, S. 357 bekannt gemacht. Somit waren bis jetzt im Ganzen 268 Verse nebst [6 Versanfängen bekannt.

Im Folgenden kommen zwei weitere Bruchstücke mit 274 Versen zur Veröffentlichung, die beide, das eine mit 134 Versen von mir in fürstlicher Hofbibliotbek dahier, das andere mit 140 Versen von Herrn Pfarrer und Stadtbibliothekar Dobel in Memmingen im Laufe dieses Jahres je an einem theologischen Buche in kl. 8°, zu deren Einband sie verwendet waren, entdeckt worden sind. Sie sind Eigenthum der fürstlichen Hofbibliothek dahier, nachdem es mir gelungen ist, die der Memminger Stadtbibliothek gehörenden 2 Schwesterblätter der hiesigen durch freundliche Vermittlung des Herrn Pfarrers Dobel tauschweise zu erwerben *). Daß die Memminger Blätter Schwesterblätter der von mir aufgefundenen, d. h. daß beide Bruchstücke einer und derselben Handschrift angehörten, ist auf den ersten Blick erkennbar; denn nicht

*) Ich habe inzwischen auch das Bruchstück des Herrn Dr. Krömecke für die fürstliche Hofbibliothek erworben, so dal nun sämmtliche handschriftliche Überreste der Originalchronik hier vereinigt sind.

13*

106 K. A. BARACK

bloß Schrift und Format stimmen vollkommen mit einander überein, selbst die Ecken der Blätter beider Fragmente sind so gleichmäßig in der Tiefe eines Zolles abgeschnitten, daß diese unzweifelhaft von einem und demselben Buchbinder, dessen Messer wohl der ganze Codex zum Opfer fiel, verarbeitet worden sind.

Während also die beiden Donaueschinger Bruchstücke, A und B, einem und demselben Codex entstammen, hat die Vergleichung des ehemaligen Stuttgarter und des Krömecke’schen zu dem Resultate ge- führt, daß beide zwar je einer Handschrift in Quart, keineswegs aber einer und derselben angehörten (8. Scriptores 11, 442). Dagegen dürfte mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen sein, daß das Stuttgarter und die beiden hiesigen Bruchstücke Überreste eines und desselben Codex sind, da die in den Scriptores 11, 441 gegebene Beschreibung des erstern bis auf wenige unwesentliche Verschiedenheiten mit der Be- schaffenheit der letztern übereinstimmt. Eine Verschiedenheit der 3 Bruchstücke besteht darin, daß das Stuttgarter 31, das Donaueschinger A 33 und 34, das Donaueschinger B dagegen 35 Zeilen auf der Seite hat, was sich damit erklären lässt, daß der Schreiber im Verlaufe seiner Arbeit, wie nicht selten vorkommt, mehr Zeilen auf die Seite zu bringen suchte. Daß jener überhaupt auf die Gleichmäßigkeit der Zeilenanzahl nicht gar sehr bedacht war, geht aus dem Umstande hervor, daß auf einem und demselben Bruchstücke, dem Donaueschinger A, eine Ver- schiedenheit derselben stattfindet. Auffallender ist, daß, während das Stuttgarter und Donaueschinger Bruchstück B liniiert sind, so daß jede Zeile zwischen 2 Linien steht, das Donaueschinger A nur die 2 ober- sten Zeilen von solchen Linien eingerahmt hat. Es hat den Anschein, daß der Schreiber, nachdem er zuerst nach den Linien geschrieben, später den Versuch machte, ohne solche zu schreiben, zuletzt jedoch wieder auf die erste Methode zurückgekommen ist. Zur Erklärung dieses Verfahrens erinnere ich an die Zeit der Entstehung der Hand- schrift, die letzten Jahre des 14. oder wahrscheinlicher die ersten des 15. Jahrhunderts. Dagegen sind bei allen 3 Bruchstücken senkrecht gezogene Linien, in der Weise, daß der ganze Text und dann noch die Anfangsbuchstaben der Zeilen, 1, 3, 5 etc. von einer rückwärts gezogenen Linie eingerahmt, während die Zeilen 2, 4, 6 etc. weiter eingerückt sind und hinter der zweiten Linie beginnen. Sämmtliche Anfangsbuchstaben von A und B (in der Beschreibung des Stuttgarter Bruchstückes ist hievon nichts erwähnt) sind durch einen rothen Strich für das Auge bemerkbarer gemacht. Erwähnt mag noch werden, daß bei A und B die 2 Seiten, welche am Bucheinbande naclı Außen zu

BRUCHSTÜCKE AUS WIGANDS VON MARBURG REIMCHRONIK. 197

stehen kamen und dadurch, wenigstens bei A, ziemlich stark abgeblasst erscheinen, vom Buchbinder mit ornamentalen Querlinien versehen worden sind.

Beide Bruchstücke, A und B, bestehen aus je 2 zusammenhän- genden, aus verschiedenen Lagen stammenden Pergamentblättern in kl. Quart, von denen die des erstern am obern Rande ziemlich stark, am untern nur wenig beschnitten sind, wie die von B. Letztere geben den fortlaufenden Text, bildeten also die 2 innern Blätter, während die von A Zwischenblätter einer Lage waren. Die Schrift ist kräftig und sauber, nur an wenigen Stellen so verblasst, daß sie durch An- wendung eines Reagens wieder hergestellt werden mußte.

Von Wichtigkeit für das Verhältniss von A B zu dem Krö- mecke’schen Bruchstück ist, daß jene sämmtliche Verse des letztern bis auf 7 enthalten, indem A vom Fragment IV (Scriptores II, 512) Vers 8— 17 (Ende) und das Fragment V (ebend.) ganz, B dagegen vom Fragment VI (ebend. S. 518), das nur die Versanfänge enthält, die vollständigen Verse und einen dort fehlenden Vers gibt. Die Ver- gleichung beider Texte und der Schriftzüge lässt erkennen, daß das Krömecke’sche Bruchstück einer von A B abweichenden, etwas spätern Handschrift angehörte. Die Textverschiedenheiten sind angemerkt. Der Abdruck des folgenden Textes geschah genau nach der Handschrift, auf kleine Abweichungen von dieser wird besonders hingewiesen.

Was den geschichtlichen Werth der Chronik betrifit, so sagt Kletke (Quellenkunde der Geschichte des Preußischen Staats I, 82 —83): „(Die) verloren gegangene deutsche Reimchronik gehörte zu den ältesten Greschichtswerken Preußens, und selbst die mangelhafte lateinische Übersetzung derselben ist nächst Peter von Dusburg, dem alten Chro- nisten von Oliva und Johannes Lindenblatt die wichtigste Quelle für die ältere Geschichte Preußens.“ Näheres über sie, den Verfasser, die lateinische Übersetzung und deren Ausgaben enthalten, außer Kletke, Quellenkunde etc., Voigt, Geschichte Preußens, 5. Band, dann Töppen, Geschichte der Preußischen Historiographie S. 28 ff., vor allen aber die neueste Ausgabe der lateinischen Chronik und der bekannten deut- schen Fragmente im 2. Band der Scriptores rerum Prussicarum, die mit eingehenden und höchst sorgfältigen Untersuchungen über unsern Chronisten und sein Werk ausgerüstet ist.

Hat dieses von Seite der Geschichtschreibung bereits die verdiente Würdigung gefunden, so ist es fortan auch an den Germanisten, ihm . die gebührende Beachtung zu Theil werden zu lassen.

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Bruchstück A.

(Bl. 15) Cap. 34. Den brudern gelucke wart bekant Das bruder Heynrich Dusemer Prusen landes homeister Des ordens dutschen huses 5 Jerusalem des spitalis In der czit eyn reyse wart σα hant nicht lange gespart Vor Littower lant Vf des velt Augken genant 10 Man do selbes weder kart Czu hant wart eyn ander vart Dy man dor noch tet als ee Vf dem velde Germedie Dy reyslute wedir karten 15 Want sy des woren warten Das der reysen keyne Den dy czwu alleyne Des winters mochten geschen Cap. 35. Nv moget ir wundir hy spen 20 Do vor loufen worn gar Tusent vnd dryhundirt iar Vumf vnd virczik darvf αὐ czal Was vnsers herren obir al An dem dvnnerstage czu mitage als ınan gyt 25 Der gemeynten wochen in der czyt So man dy selen al begat Jerlich mit gebete bestat Czu der czit als man seide Der heyden konige beide 30 Algart dorczu Kynstut Dy konige obil gemut Czu Rastenburg quomen yn gerant Gar menlich ir kant Mit geczoulicher hant getat

1 S. Scriptores etc. II, 507. 2 Heynrich, die Eigennamen, in der Hand- schrift klein geschrieben, erhalten im Drucke große Anfangsbuchstaben. Die wenigen 8, ἃ, ἃ, vn, um, yn, d’ wurden en, an, un, vnd, umm, ynn, der.

BRUCHSTÜCKE AUS WIGANDS VON MARBURG REIMCHRONIK. 199

(Bl. 1”) 35 Quomen sy in dy stat Do sy vingen vnd slugen Was yn was czu vugen Wol vumf vnd virezik gut man Vor dy stat τῇ eynen plan 40 Se dy balde leten Dy heyden mit yn beyten Do selbest vf dy stunde Dy man vor dy hvnde Se hyben vnd slugen 45 Mit vil vugevuegen Dy stat vorherten vnd branten Ouch gevangen von dannen santen Wip kynt vod dy man Vurten sy von dan 50 Das heren von mittage Durte in der lage Hyn abe in dy nacht Dy konige mit aller macht Wedir iageten czu lande 55 In der ezit das irkande Bruder Heynrich Dusemer Der do was homeister Sont Johans burg das hus Tet er buwen czu genus 60 Vf das viys de Pysse Dy rede sint gewisse Cap. 36. Dor noch in dem andern iore Als man vns saget vor wore Do tusent vnd dryhundirt 65 In den czyten besundert Dy czal vnsers berren was Siben vnd virczyk als ich las

(Bl. 1°) 50, 54, 55, 56, 60, 67 mußten mehrere Wörter und Buchstahen durch ein Beagens aufgefrischt werden. 67 Zwischen Blatt 1 und 2 fehlen Cap. 86, 37 und die größere Hälfte des Copitels 38, welche auf den zwei, wahr- scheinlicher noch auf den vier innern Blättern der Lage standen.

200 K. A, BARACK

(Bl. 2°) Cap. 38, Mitte.

en cristen do czu vromen Merclichen daz eys czu brach Vf dem vlise gevroren swach Dor ynne dy heiden irtrunken 5 Von wasser do vor sunken Dy cristen dar obir al Gvngen an müsal Vnd obir dy toden Do se ir slagen woden 10 Mit trucken vusen obir vurten Keynen schaden ny gesparten Sust nam der strit eyn ende Des vns got von sunden wende Dor noch in der selbin czit 15 Do gewest was der stryt Czu Littowen vf der Streben Nv merket hy gar eben Durch dy segehaftykeit Dy got do der cristenheit 20 Hat von gnoden gegeben In dem strite vf der Streben Vm das der meister Dusemer Vnd dar czu alle gebiteger Wurden mit rate in eyn 25 Wy sy Marien der reyn Czu lobe vnd czu eren ton Eyn lobelich dinst machten schon Ouch meister Dusemer in der czit

Von Danvelt brudir Syfryt

1 Vers 1—10 stimmen überein mit Fragment IV, 8—17 (Scriptores I, 512). ezu, A (A hier = Ausg. in Script. II, 512) zu. 2eys, Ais. A zubrach. 3ge vroren, A gefroren. 4 Dor ynne dy, A inne di. Die Linien 3 und 4 mußten fast ganz aufyefrischt werden. 5 wasser, A wazzer. T Gvngen an, A gingen äne. 8 Vnd, A unde. dy toden, A ditöten. 9 A disiirslagen höten. 10 trucken vusen, A [trocjken vüzen. vurten, A vurte. 20 Vers 20—36 entsprechen dem Fragment V (Scriptores II, 512—513). 21 strite, A strit. 22 Um das, 4 Umme daz. 23 Vnd dar czu, A unde darzü (darzu, als richtig bestätigte Con- jectur von Bartsch). gebiteger, A gebitiger. 26 Czu, A zu. vnd czu eren, A unde zeren. 27 lobelich, A loblich. 28 czit, A zit. 29 Danvelt brudir, A Dänfelt bruder.

(Bl. 2°)

(Bl. 25) Cap. 88.: 30 allir gebiteger, A aller gebitiger.

RUCHSTÜCKE AUS WIGANDS VON MARBURG REIMCHRONIK.

30 Mit allir gebiteger vulbort Eyn juncvrowen closter so vort Machten czu Konisberg in der stat Vnd haben das alsampt besat Ouch in dem closter rente 35 Czu eynem wissem presente Gemacht vnd gegeben Dy wile das sy leben Mit gebuede wol angericht Dor ynne wonen czu guter pflicht 40 In dem closter ist so getlıan wesen Das dy iuncvrowen singen vnd lesen Ouch halden do dy tage czit In ere als is ist geseyt Vnd dynen gote von allir macht 45 Do selbist beyde tage vnd nacht Nach sinte Bernbardes orden Des swestern sy sint wurden Noch des heiligen vaters lere Halden se den orden here 50 Do von sy ouch nicht wauken In allen eren gedanken Dor vf seczezen se ewiclich Gote dinen steticlich Do das closter yn der czyt 55 Was bereyt als man gyt Ouch in dem andern iore Als man sagit vor wore Meister Dusemer by siner czit Als got der herre do ıyt 60 Bruder Heynrich Dusemer Meister vod dy gebyteger Von der gotis gnade Vnd mit syme rade Stifte eyn closter czu Welow 65 Gote czu lobe vnd schow

closter, A junevrouwenclöster. 82. οζὰ Konisberg, A zu Konigisberg. alsampt, A daz alsamt. (Bl. 2°): 35 czu, A zu. wissem, A wizzem. 36 vnd, A unde.

201

31 juncvrowen

33 das

02 K. A. BARACK

Von dem orden der mynner bruder Gote vnd syner liben muder

Bruchstück B.

(Bl. 1*) Cap. 43. Öuch in derselbin wart Der Littowen her hart Quamen dar by abendes czit An dy Gylge als man gyt 5 Vnd jageten mit gewalt Obir daz Kvrische Hab balt Vnd hyn czu den landen De sy do irkanden (V)ngewarnt worn 10 Aldo’ ir by iorn Vf dy vastnacht geschach Daz ir her an vumf brach Cannsken das vlis vf ranten Dy ersten czu schaden wanten 15 By Schoken se quomen Dy heiden do vor nomen Schoker lant vor herten Si ouch nicht das werten Do is allis was gethan 20 Wip kynt vnd man Ouch vingen mit vngevugen Ane dy se irslugen Der was do besundert Wol vf seben hundert 25 De andir partye vf jageten Das vlis Sokuskem vnd lageten Wy sy di cristen vellen Kvnden mit eren gesellen Von dannen dy heyden sich wanten 30 In das lant Powunden ranten Do vingen mit vugen Czu tode vil irslugen

-

1 Die Übersetzung beginnt S. 516 unterste Linie (Scriptores etc. II). 9 Die Stelle des V ist durchlöchert. 18 Cannsken, A Canusken. 26 lageten, wohl so; der erste Buchstabe ist verblasst.. 28 gesellen, wohl so; der Buchstabe nach ge ist verwischt.

BRUCHSTÜCKE AUS WIGANDS VON MARBURG ΒΕΓΙΟΉΒΟΝΙΚ.

(BI. 1°)

Gevangen heym santen Was se gut irkanten 35 Dy dritte partye der konig hys

Vf iagen Cacte das vlis Do sprengten se czu Kaymen yn Mit eyme mechtigen here schyn Das lant von yn gar wart vorbrant 40 Do nomen sy czu hant Dy gevangen mit vngefugen Ouch sy er vil irslugen Dy man do rechent in der czal Vumfhundirt was ir obir al 45 De se czu lande sanden Gar in hjarten banden Dy vir|de heyden schar Rante v|jf dy Deyme dar Dar hlerten vnd branten 50 Hyn vndiher dorynne ranten Do vinjgen se wip vnd man Dy se vurlten von dan Der czjal was besundert Me den | virhundert 55 Das vulmfte teil hilt en abe Do czu diem Kuryschen Habe Dy hatten grosen such Wy se | obir eyn bruch Mochtjen noch erem vromen 60 Ane schajden hyn komen In der | ezit czu vorn Was | is nicht bevroren Ouch was is weich vnd nas Dy heiden do wurden las 65 Das bruch nichten vorten Kvnden weder korten Hyn czu eren landen

203

36 Cacte, A Tacte. 46 Vers 46—62 enthalten das Fragment VI, das jedoch nur die Versanfänge gibt (Scriptores II, 518). Es ist durch einen Strich bemerkt, wie weit die Versanfänge gehen. 52 Dy se vurten, A di si vir...

54 Me den, A mörten. 55 Das vumfte, A daz vilmfte]. 57 Dieser Vers fehlt im Abdrucke der Scriptores. 58 Wy se obir, A wi si dö. 62 Was, A wö.

czal, A Der z. 56 czu, A zu.

53 Der

204 K. A. BARACK

Mit pynlichem anden Dor noch der konig von Smalen«z 70 Quam iagen als eyn wilder gencz

(Bl. 2") Hyn nahen vor Lahio Dy cristen worn vnvro Der konig vru mit dem tage Darezu in sneller iage 75 Quam dar gar vor dy slege Der kvmpthur alle wege Bruder Hennyng Schyn de kop Den heyden eynen weder klop Hot vor stalt veste vnd hart 80 Das der konig czu der vart Ayndirt obir dy rycke Das macht der slege stricke Der kvmpthur was en allis by Dem konige vor den slegen vry 85 Aldo wolden dy heyden Ouch nicht lange irbeyden An dy Deyme vf das vlıs Also sich der konig stis Das er in dy Deyme vil 90 μὰ lif ym vol der gil Den konig do vor strencte Der heyden vil vor sencte Do er czal was Vumfhundert als ich las 95 Aldo dy Deyme Heyden vurte yn dem seyme Ayn verre in das Wilde Hab Von dannen vurte ze hyn ap Bruder Heynrich do sach vor wor 100 Der konig nam des wassers kor Vnd was in groser not Do snel vor truncken tot Bruder Hennyng vs der Deym Brochte den konig vnd sante yn heym 105 Er legete en vf eynen sleten

-79 Hot, wohl so, indem vom ersten Buchstaben nur der vordere Strich erhalten ist.

BRUCHSTÜCKE AUS WIGANDS VON MARBURG REIMCHRONIK. 205

(Bl. 25) Mit vrolichen seten Vnd wolde Kynstut eyn dinst thnn Vınme das er was syns bruder son Mit eyner fruntschaft sante 110 Czu grosem presante Do er czu Welun wart bracht Hort von der heyden dacht Dy closen worn ym abe gehonwen Eyn frunt begunden schouwen 115 Wunder von eynem toden ınan Das em dy smoheyt was ir gan Noch der Littowen art Lis en vorburnen czu der vart Ouch den tag ey alle gemeyn 120 Hetten gehert vnd ylten heym Bynnen der czit dy konige woren Beyde als ich han ir varen In dem lande do logen Dy heyden ey vmme czogen 125 Do herten vnd branten Dy heyden do wedir wanten Czu den konigen beyden Als yn was bescheyden Want ezu Kaymen Kynstut lag 150 Algart ouch den selbin tag Hilt in dem lande Labiow Der heyden her quomen do Czu sammen al hyn an Der beyden konig von dan 135 In des erstens slofens kennen Jageten do balt von dannen Hyn dan mit den gevangen Dy sy in groseın twangen Vurten vnd roubes vil 140 Des sy hatten ane czil

DONAUESCHINGEN, im December 1866.

140 Reicht bis zum Schlißsatze „Trater Scindekop‘‘ etc. des Cupitels 43.

206 E. v. KAUSLER

GEISTLICHES VOLKSSCHAUSPIEL IM SCHWARZWALDE NACH DEM WESTFÄLISCHEN FRIEDEN.

Das geistliche Drama, wie es aus den kirchlichen Mysterien des Mittelalters hervorgegangen ist, hat sich bekanntlich in einigen Thälern der deutschen !) und, dem Vernehmen nach, auch der Schweizer?) Hoch- alpen unter der dortigen katholischen Bevölkerung noch bis auf den heu- tigen Tag forterhalten 5).

In der übrigen katholischen Welt ist es dagegen, mit einer oder zwei Ausnahmen ?), gerade so vollständig verschwunden, wie unter den Protestanten, bei denen es, eben mit dem Eintritte der Reformation und in Folge derselben, besonderer Pflege sich zu erfreuen hatte und zu längerer, weitgreifender Bedeutung gelangte °).

Der Zeitpunkt seines Erlöschens fällt gleichwohl bei beiden Theilen, wenigstens für Deutschland, in eine und dieselbe Periode, nämlich in die Katastrophe des dreißigjährigen Krieges, welcher der Entwicklung

Ich verweise, soweit es überhaupt hier nöthig ist, auf Hase, das geistliche Schauspiel (Leipzig, 1858. 8.), S. 1283—145 und die dort angeführte Litteratur (die in München 1859 erschienene Schrift von Prechtl, das Passionsspiel zu Oberammergau [gr. 8.], kenne ich nur dem Namen nach). Gelegentlich sei übrigens hier bemerkt, daß der bei Hase 8. 131 erwähnte eigenthümliche Dialog zwischen Gott-Vater und Adam nicht aus einer älpler Bauerncomödie, sondern aus „Seb. Sailer’s Schriften im schwä- bischen Dialecte. Gesammelt und mit einer Vorrede versehen von Sixt. Bachmann. Buchau, 1819.“ 8. „Schöpfung“, dritter Aufzug, S. 49 stammt.

?) In Wallis, vgl. Ticknor, Geschichte der schönen Litteratur in Spanien, deutsch mit Zusätzen herausgeg. von Julius (Leipzig, 1852. 8.) II, 8. 298, Anm. |, Zusatz.

8 Wenn der kundige Verfasser des Werkes über das Drama des Mittelalters in Tirol, A. Pichler (Innsbr. 1350. 8.), im ersten Hefte des neuesten Bandes dieser Zeit- schrift (Jahrg. XI), S. 99 versichert, daß das Tiroler Bauerntheater oder Bauernspiel, wie es sich aus dem vorigen Jahrhundert in die Gegenwart fortsetze, mit dem Drama des Mittelalters nichts zu schaffen habe, sondern, wie er demnächst nachweisen werde, seinen Ursprung von den Jesuiten ableite, so wird dies doch vor der Hand wenigstens von den dargestellten Stücken, nicht aber von der Gewohnheit, solche aufzuführen, ver- standen werden dürfen. Die Jesuiten pflegten gerne an schon Bestehendes anzuknüpfen.

4 Nach Ticknor a. a. Ὁ. Rom und Mexico. Das dort aus Rom angeführte Beispiel ist aber einfach ein kirchliches Mysterium.

δ) ver Gödeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung (Hanover,

1859. 8.) 1, S. 94, $. 92 und dazu das ganze sechste Capitel von S. 295 an; ferner Hase, δ. 118.

"αὶ αἰ κρασ.

GEISTLICHES VOLKSSCHAUSPIEL IM SCHWARZWALDE. 207

des volksmäßigen Schauspieles überhaupt und damit auch seiner ur- sprünglichen Grundlage im geistlichen Drama verderblich wurde®).

Daß dadurch Ausnabmen, welche die bezeichnete Grenze da und dort mehr oder weniger lang überschritten, nicht ausgeschlossen waren, liegt in der Natur der Sache und ergibt sich zum Theil schon aus den oben angeführten Beispielen.

In Nachstehendem darf ich mir nun wohl erlauben, den Leser mit dem Inhalte einer handschriftlichen Quelle bekannt zu machen, welche nicht nur: für einige weiter vorhandene Beispiele der bezeich- neten Art Zeugniss ablegt, sondern auch die Litteratur des geistlichen Schauspieles um einen Beitrag bereichert.

Sechs Jahre nach dem westfälischen Friedensschlusse, also 1654, erbat sich und erhielt nämlich, laut der darüber geführten Original- verbandlungen, das protestantische Städtchen Schiltach, an der Kinzig, im Schwarzwalde, also ebenfalls in einem abgeschlossenen Gebirgs- thale liegend, von 1289 an bis 1389 halb, von da bis 1810 ganz zu Wirtemberg und seitdem zu Baden gehörig, von seinem damaligen Gebieter, dem Herzoge Eberhard III. (1628 f 1674) die Erlaubniss, altem Herkommen gemäß, wonach die Gemeinde von sechs zu sechs Jabren „eine geistliche Comoedien zu agieren sich beflissen, die Comeoediam Ahasveri und seiner beiden Königinnen Vasti und Esther“ zur Feier des glücklich wieder eingekehrten Friedens aufführen zu dürfen, indem es seiner Bitte zugleich die beiden Prologe, sowie den Epilog des Stückes als Probe beilegte.

Dies der wesentliche Inhalt der Verhandlungen, die ich mir hiemit gestatte, sammt den beigegebenen Musterproben, erstere mit Weglas- sung einiger Curialien, in wortgetreuem Abdrucke folgen zu lassen, um daran, theils unter dem Texte, theils am Schlusse, noch einige Bemerkungen anzureihen.

Ich füge hinzu, daß ich die großen und kleinen Anfangsbuch- staben, die i und 7, die % und v, sowie die Unterscheidungszeichen nach der heutigen Schreibweise geregelt habe.

‚4. Bittgesuch der Gemeinde Schiltach.

Durchleichtiger, Hochgebohrver etc. gnädiger Fürst und Herr. Weilen unsere Vorältern seeliger Gedächtniß zue Lehr nnd Underricht sowohl der Alten alß der Jugendt, gemeinglichen zue 6 Jahren aine

8) Vgl. Gödeke, II, 5. 419, 8. 189.

208 E. v. KAUSLER

geistliche Commediam zue agieren sich beflißen, alß haben wür zue Nachfolg deren Exempel solchen Gebrauch und Gewohnhait nicht ußer der Acht laßen und vor Occupation Euer fürstlichen Gnaden Landen ußer dem Buoch Ester die Commediam Ahasveri und seiner beeden Konigin, der Vastj und Ester, agieren. Welche aber damahlen die Herrn Beampte, usser Anlaithung etlicher unßer Mißginstigen, ohne E. f. G. gnädige Bewilligung nicht zugeben wollen, deßwegen bey hochermelt E. f. G. wür dannzumahlen supplicando underth. einkomben, die unß dann solche zu agieren gnädig concediert?!). Nachdeme aber selbiger Zeithen die Krüegsläuff sich immerzu ye lenger ye mehr ge- fährlicher und beschwehrlicher angelassen, wür auch’ continuierlichen mit Quartieren’ und andern ohnerträglichen Pressuren belegt worden, haben wür solcher Ursachen solche Commediam auch wider unsern Willen nicht zue Werckh setzen khönnen; und weiln wür nun durch Gottes Gnad den edlen und lieben Friden wider erlangt, seind wür zum thail noch vorhandene alte, und auch ietzige junge Burger mit E. f. G. gnädiger Concession entschloßen, solche Oommediam, Gott und E. f. G. zue underthönigen Ehren und Dankhbarkeit (wie dann die Materia der Commedj ußer beyligender Abschrifft deß Prolog; gnedig abzunemben; undt bey hievornen gedachten underthönigen Supplicieren in Originale zur fürstl. Cantzley underthönig eingeschickht, auch gnedig placediert worden), in dißem nechst herbey kombenden Monath Mayo 8) zubaltten, waruff wür unß auch beräiths darzue umb etwas vercöstiget.

Weiln nun solche zur Lehr und underricht, bevorab der lieben Jugendt, angesehen, hoffen wür E. f. G. solche auch nicht endtgegen sein, sondern derselben vil mehrers Belieben, daß mit selbiger forth- gefahren werde. Mit noch fernerem underth. Pitten: weiln unß noch etwas von hierzue taugenlichen Klaidern ablaufft, zweiffels frey aber bei der selbigen fürstl. Gewölbsverwaltung noch dergleichen alte An- tiquiteten (welche hierzue dienlich) wohl vorhanden sein möchten, daß hocherleicht E. f. G. unß darmit behilftlich sein und gegen gebühren- der Caution uff etlich wenig tag, in gnaden anlehnen wolltten, welche nach volzogenem Werckh alß gleich mit underthönigster Danckbarkait, ohne Verletzung, ihrer Behörde wider zue recht überliffert werden

Diese Angabe ist nach dem unter Nr. 2 folgenden Beiberichte des Vogtes dahin zu verstehen, daß die Bewilligung schun von dem Vater des Herzogs, an den diese Bitte gerichtet ist, H. Johann Friedrich, ertheilt wurde. (Vgl. Anm. 9.)

5) 1654 fällt das Pfingstfest auf den 24. Mai. Das Schauspiel könnte daher eine Frühlings- und Pfingstfeier zugleich bedeutet haben.

GEISTLICHES VOLKSSCHAUSPIEL IM SCHWARZWALDE etc. 209

sollen, deren gnädigen wihlfährigen Resolution wür gehorsamblich warten. Anbey zue Dero mültfürstl. Hulden und Gnaden unß gantz underthönig befehlen. Datumb Schiltach, den 26ten Aprilis, Anno 1654.

E. ἢ, G. underthönig gehorsambe Dem : durchleichtigen, hoch- Schultbaiß, Burgerinaister, Gericht gebohrnen Fürsten und Herrn, und gantze Gemeinde daselbsten.

Herrn Eberhardo, Hertzogen zu Wöürttenberg und Teckh, Graven zue Momppelgardt, Herrn zue Haidenhaimb u. s. w. unßerm gnädigen Landsfürsten, und Herrn.

2.

Beibericht desVogts vonHornberg, in dessen Stab das Städtchen Schiltach gehört.

Durchleuchtig: hochgebohrner, gnediger Fürst und Herr. Nach- deme ich von der Burgerschaft zue Schiltach (welche vorhabens aine Commediam, vom König Ahasvero zue agieren) belanget worden über Deroselben aufgestelten underthönigen Supplication auch meinen under- thönigen Amptzbericht darüber zu erstatten; alß habe deren Anwer- bung, welche ich nach meiner Einfalt für christ: und billich angesehen, nicht zue recusieren gewußt; auch Dannenhero Ursach erlangt, E. f. G. neben denselben nnderthönig zue pitten, ob dieselbige in Gnaden ge- ruehen wolten, denselben in ibrem Petito gnedig zue willfahren. Und hat denselben vielleichten dermahlen dises zue ihrem Vorhaben Ursach und Anlaitung gegeben: weilen E. f. G. in Gott seeligst ruohender geehrter Herr Vatter, weylandt der auch durchleichtig, hochgeborne Fürst und Herr, Herr Johann Friderich®), Hörzog zue Württemberg und Teckh, Grave zue Mümppelgardt, Herr zue Haidenhaim u. 8. w. glor- wirdig: und seeligen Angedenckhens, denselbigen hiebevor solche zue exercieren, gnedigen Consens erthailt, auch seit erlangten lieben Fridens in diser Refier, bäpstischer Orthen, etliche dergleichen Commedien ge-

29. Januar 1608 + 18. Juli 1628. Wird nach den sechsjährigen Zwischen- räumen von 1654 an rückwärts gerechnet, so ist die erste Bewilligung wahrscheinlich 1624 erfolgt. Darauf deutet auch die Anführung im vorigen Actenstücke, daß dieselbe vor Occupation der fürstlichen Lande (1634) geschehen. Sahen auch die Zeiten 1624 allerdings schon ernst genug aus, so wurde doch Wbg. und der Schwarzwald, insbe- sondere Schiltach, von den Schrecken des dreißigjährigen Krieges erst später, nament- lich nach 1634, heimgesucht. Es wird demnach nicht nöthig sein, auf 1618 zurück-' zugeben.

GERMANIA XII.

11

210 E. v. KAUSLER

halten worden, mit ihrer vorhabenden Materia auch einist fürzueschreiten. Ob nun Hocherleicht E. f. G. denselbigen hierinn auch zue willfahrn gnedig incliniren, das stelle zue deroselben gn. Belieben, und thue dor- mitb zue mehr Hocherleicht E. f. G. stetswehrenden f. Hulden und Gnaden mich, wie iedesmahlen, gantz underthönig befehlen. Hornberg, .den 27sten Aprilis, Anno 1654. E. f. G. underthönig gehorsamb Aufschrift wie bei Nr. I, mit verpflichter Diener

dem Beisatz: fürstl. gehaimen Johann Abraham Woolffsfurter. Regimentsrath.

3. .

Gutachten des fürstlichen geheimen Regiments- raths.

An E. f. G. konımen Schultheiß, Gericht und ganze Gemeinde zu Schiltach mit u. Bitte ein, umb gn. Erlaubnuß, daß sie bey ihnen eine geistliche Comoedj vom König Ahasvero, die ihnen bereits vor- längsten von dero Herren Vattern, hochseeliger Gedächtnuß, erlaubet, durch das eingefallene Kriegswesen aber gehindert worden, nach dem Exempel ihrer Vorältern halten möchten, neben ferners angehefftem u. Ansuchen, ob nicht zu solchem Ende E. f. G. gn. geruhen wolten, ihnen hierzu in etwas von dazu vielleicht vor diesem gebrauchten Kleidungen sub Cautione uf ettlich wenig Tage zu lehnen. Ob nun wol Subsignirter u. Erachtens, die Zeiten annoch also beschaffen, das obnnöhtige Costen wol möchten in etwas zurückgestelt werden, weil dannoch die Supplicanten allegiren, das sie uff eben diese Comoedj schon längsten gn. Bewilligung erhalten, das solches bey ihnen von 6 zu 6 Jahren allezeit bräuchig gewesen, und das es zu gueter Under- richtung der Jugent principaliter angesehen, so stellen dieselbe’ zu gn. Belieben ob E. f. G. zu willfahren geruben nit weniger dieses, ob mit u. gebettenen Kleidungen ihnen zuo helfen. Thun dabey etc.

In Consilio, den 3. May 1654.

D. Ayhin. Zorer. D. Rümelin. 4. Entschließung des Herzogs (auf demselben Aoctenstücke).

Unser gnädiger Fürst und Herr will zwar denen Supplicanten die Haltung einer Comoedj vor dißmal in Gnaden be#illiget haben, “wegen u. verlangender Kleydungen aber, so ietzmals nicht vorhanden,

GEISTLICHES VOLKSSCHAUSPIEL IM SCHWARZWALDE etc. 311:

kan ihnen der Zeit nicht willfahret werden. Decretum in Consilio se- creto. Stuottgarten, den 3ten May 1654. Eberhard H. z. Wbg. 5. | (Auf dem Rücken steht:) Bechler. ist der Resolution gemeß auf innvermeltes Datum außgeschriben worden.

6. Verzaichnuß und Abschrift der zway ersten und dan deßletsten, Spruch, so in disser Comedi, von ein Knaben und dan dem Herolt gesprochen werden.

und seindt in solcher Comedi auf die 76. Pershonen verhafft, die selbige zu agieren verordnet.

Ein Knab in weissen Klaider, nach dem er sich genaigt hat, spricht also:

Man sagt und ist gewisslich wahr, Daß kain Monath im gantzen Jahr, So lieblich und holdsellig sey,

Als gleich der fraidenreiche May. Da unß die liebe clare Son Widerumb bringt Fraid und Wohn. Es fräut sich waß auf Erden lebt, In Wasser und in Lüften schwebt, Laub und Graß gruonet uiber all An allen Ort zu Berg und Thall. Die wol riechenden Kreitellein

Und die lieblichen Bliemellein Wachxen in Gärten und in Matten. Die Vögel in dem kiehllen Schatten Holdsellig und so lieblich singen, Daß es in dem Wald thuot erklingen. Solches erfrayet jederman.

Darumb wier auch nit wolten lahn, Zuor Kurzweil und der Fraiden Zihl Zu halten hie ein gaistlich Spil, Wie ier dan ohn all Beschwerden Von Herolt solt berichtet werden. Dan hie wirt klerlich fürgemalt, Wie die Frumen so manigfalt.

[8. 2.

Ἰω«»».ὕ..

14."

219 E. v. KAUSLER

Durch Angst, Spott und Triebselligkait,

Durch Kreitz, Verfolgung, Haaß und Neit

Mit Jamer, Ellend auf der Erden

Probiert, bewert, erkennet werden.

Sellig ist der so in Unschuld

Verfolgung leidet mit Geduld.

Sellig ist der solchs recht erkent.

Und sich nit von seim Schepfer wendt.

Aller selligst ist aber der,

So Gott seim Schepfer gibt die Ehr.

Ja wer also traut seinem Gott,

Der wirt nimer zu Schand noch Spott.

Dan im hilft ja endlich der Herr,

Auß aller Not, Angst und Gefehr

Und gibt im für sein Angst und Laid

Preiß, Ehr, Ruohm und all Herligkait.

Darumb so lehrnet teglich sterben,

So megt ier Gottes Huld erwerben.

Lebt nit nach eywers Hertzen Lust,

So wirt an euch nit sein umb sust

Daß bitter Leiden unssers Herren,

Wan sich die Sel vom Leib thuot kehren. [S. 3.] Wer deß begert auß Hertzen Grund,

Der knie jetzunder zu der Stund

Und bitt in seinem Hertzen Gott,

Daß diß geraich zu kainem Spott,

Sonder zu Ehr des hösten Namen.

Wer des begert der spreche: Amen.

Nach dem Gebet zeicht man ab. Dan kumpt der Herolt, naigt sich und spricht also:

Dem aller hösten Gott unt wöerhten

Schöpfer Himmels unt der Erden;

Jessu Christ, seim einigen Sohn;

Unsserm Haylland, der Gnaden Thron,

Gott, bailigen Geist, in Wolcken weit,

Zu Lob der hailigen Dreyfaltigkait;

Dem durchleichtigen, hochgeboren

Fyrsten und Herren, ausserkohren,

Hertzog Eberbarden, so lobreich,

Und ierer Gnaden Brieder gleich;

GEISTLICHES VOLKSSCHAUSPIEL IM SCHWARZWALDE etc.

[S. 4.]

[5. 5.]

Deren Gmahllin und Kinder frum; Dem fyrstlichen Haus in gleicher Sum; Den erwirdigen, wol gelehrten,

Edlen, strengen und hochgeehrten

In hoch gaistlich und weltlichem Stand, Die uiber uns zu herschen hant;

Auch eim erbarn, wolweissen Rat Alhie zu Schiltach in der Stat;

Einer ersamen Burgerschaft ;

Und werhten Frawen, tugethaft;

Jung, alt, gewaltig, arm und reich, Den Herrn Nachtbar deß selben gleich Haben wier zuor Kurzweil und Lehr, Dem hösten Gott zu Lob und Ehr, Une zu halten für genummen

Ein Comedy von der frumen

Ester und auch ohn Verdruß

Von dem König Ahassaverus,

Welcher hatt under seiner Hand Hundert siben und zwantzig Land, Und dessen beden Königen,

Der Ester und der Vastien.

Auch dem Haman und seim Gesind Und Mardachey, der Juden Frind, Welcher dan die Ester auch

Zu im nam nach altem Brauch

Bis sie zu ieren Tagen kam,

Wart sie vom König gnumen an,

Der ier als bald die Cron thet geben, Darfür sie Gott auch danckhet eben. Von denen mier dan die Geschicht Spillen wollen zu eim Bericht,

Bevor ab weil Gott durch sein Gnad Daß Strafschwert von unß gwendet hat, Und Hail gesant, daß sich so fern Die Potentaten und grossen Hern

In gaist- und weltlichem Stand

Im Reich zuom Früd gewendet hant. Da wier bißber in dreyßig Jahr

Mit Krieg außgstanden manche Gfahr,

213

214 E. v. KAUSLER \

Darinnen man gar manche Stat Dörfer und Flecken verderbet hat. Welches vil fram christliche Hertzen Erfabren hant mit grossem Schmertzen. Da man mit Plundern und mit Brenen Eim jeden thet daß seinig nemen. Daher groß Hunger ist enststanden, Nit allein hie, auch andern Landen. Weil dan nun Gott in disser Zeit Unß widerumb den Friden geit

Und wier, wie Mardache der Freind, Wider vom Krieg erlesset seind,

Han mier nit könen underlahn,

Den Anfang hie zu machen than.

Da ier dan alle, on Beschwerden, Solchs sehen und auch hören werden. Deßhalb so bitt ich eich allsam,

Daß ier hie die Comediam

Anhören wolt mit stiller Ruoh,

Daß man kainen veriren thuo.

So könen ihrs dest besser hören

Und darauß vil nutzlichs lehren.

Setz sich ein jedes an sein Ort.

Und merket auf deß Königs Wort, Der jetzund gleich wirt fohen an, Darumb schweigt alle Fraw vnd Man.

Naigt sich, geht ab.

Wan die Comedy ier End erreicht, kumpit) der ganz Aufzug herauß, tritt der Herolt mitten ein und naigt sich und spricht also:

Disse Commedy ist vollent Und lauft nun frellich zu dem End. Dabey so habt ier all gesehen Grleichsam in einem Spiegel stehen [5.7.1 ΝῊ schöner lehren, die zugleich Autreffen bedes arm und reich, \Waß einem Alenschen ansteht wol, Und widerumb auch meiden sol. Dan kain Mensch selber wissen kan, Waß im thuot uibel stehen an. Aber an andern in der Welt Kan er wol sehen πα im fehlt.

[S. 6.

Lummues

GEISTLICHES VOLKSSCHAUSPIEL IM SCHWARZWALDE etc.

IS. 8]

Der halb hat man des Nutzes vil Wa man helt solche Fraidenspil, Dan Jeder kan darinnen sehen:

Waß im am besten thuot anstehen. Drumb wil ich die Commediam,

Die unß zugegen lehrt allsam, Fiehren in die zehen Gebott,

Da werden wier, ohn allen Spott, Unß gnuogsam wol bespieglen könen, Lehrnen, besehen und ersinnen, _ Waß man sol meiden und underlohn. Hergegen aber sollen thon. Gleichfahls bei dem ersten Gebott: Ich bin allein dein Herr und Gott, Kain andern solt neben mier han; Welchs die Haiden nit haben than. Bey dem andern sol man lehren, Daß man nit sol so leichtlich schwehren. Wie der Haman bat gethan.

Beym dritten sollen wier verstahn: Daß man solle an dem Feyrtag Gottes Wort hören wie ich sag,

Daß selb schließen ins Herz hinein Und nit sogar vermessen sein.

Daß wier wie Haman nach Ehr und Geit (so!) Nit sollen trachten in der Zeit, Sonder wier sollen nach Gottes Ehr Trachten je lenger und je mehr. Zuom fierten man gedenckh dabey, Daß man den Eltern ghorssam sey, Deß Vastj uibertretten hat,

Da sie königlich Mayestat.

Ihrm Herren ungehorssam wahr. Darumb sie auch gestrafet zwahr, Daß sie muost zu dem Land hinauß Und kumpt ein andere ins Hauß.

In dem finften Gebott, für wahr,

Sol man lehrnen ganz offenbahr . Bei dem Theres und dem Bigthan, Die bed sich understanden han, |

216 E. v. KAUSLER

[S. 9.] Den König zu tödten am Bett, Darumb sie Gott auch strafen thet, Daß sie bede wurden gehenckht.

Bey dem sechsten man gedeuckh,

Wie Vastj ierm Herrn und Ehman

Sein Gebott verachten than.

Deßhalb ier wart die Cron genumen,

Und wart umb ieren Herren kumen;

Muost auch also bald zu hand

Weichen auß deß Königs Land.

Beym sibenten sollen wier verstohn,

Daß man nit solle steblen thon

Wie Haman gethon den Soldaten.

Drumb es im uibel ist geraten.

Zuom achten Gott verbieten thet.

Daß man kain falsche Zeignuß redt

Widern nechsten auß Neid und Haaß,

Welchs auch Haman gethon fürbaß

Und Mardache den frumen Man

Beym König felschlich geben an.

Den Gott doch entlich thet erhören

Und für Unglickh groß Glickh beschören. [S. 10.] Zuom neinten und zehenten sol,

man gleichfabls dabey lehrnen wol,

Daß man des nechsten Guot und Hab,

Sampt seinem Weib und waß er hab,

Nit sol begehren, welches Gott

In die Leng nit ungestraft lott,

Welchs als uibertretten Haman,

Der solches stets begehren than;

Darumb in Gott strafet geschwind

Sampt seinem Weib und auch sein Kind.

Dabey wier wol abnemen könen,

Daß Gottes Straf nit bleib dahinen.

Den frumen aber wirt er schon

In seinen Nöten auch nit lohn,

Und wan er sinckht biß an den Mund,

So last er in nit gar zu Grund,

Sonder er zeicht in wider rauß,

Gibt im vil Fraiden uiberauß,

GEISTLICHES VOLKSSCHAUSPIEL IM SCHWARZWALDE etc. 217

Wie wier dan hie zu sehen han

An Mardachey dem frumen Man,

Und an der Königin Ester,

Die geben haben alle Ehr

TS. 11.] Dem lieben und getreyen Gott,

Darumb er in auch half auß Not. Wan wier dan auch solches werd (I. solchs werden) thon Und von den grossen Sünden. lohn,

So wirt er unß auch endlich geben .Hie Glickh und dort daß ewig Leben.

Hie mit so danckhen wir mit Fleiß,

Reichen und armen gleicher Weiß, Hoch und nider Standspershonen,

Den Herren als den Underthonen,

Daß ier unß allen sampt zuor Ehr Hierzu demmietig geben Kher (G’hör?). Wa wier solches zu jeder Zeit,

Gegen eich in Gebihrligkait, Verdienen könen, so wollen wür,

Unß finden lassen in Gebühr.

Allein wüer bitten eich daneben,

Wa etwaß nit zugangen eben,

So wolts ier uns nit uibel deiten, Besser wirt es zu andern Zeiten.

[S. 12.] Gott wol zugegen jederman

Mit seinen Gmnaden schauen an,

Und unsser Seel an unsserm End,

Zu im nemen in seine Hend,

Wers begert sprech in Christi Namen, Von Grund seins Hertzen mit unß: Amen,

Naigt sich, da spilt man auf und zeicht mit Gesang ab. End.

Was nun bei der hier zunächst hervortretenden Frage, in wie weit wir es in unserem Falle mit einem wirklich volksmäßigen geist- lichen Drama zu thun haben, hauptsächlich in Betracht kommen und so ziemlich als entscheidend anzusehen sein wird, das ist, ein- mal, die sowohl in der Bitte der Gemeinde als in dem geheimräth- lichen Vortrage zur Erwähnung gebrachte Berufung auf den von den Vorältern ererbten Gebrauch, sodann die Anführung des Vogtes in

218 E. v. KAUSLER

seinem begleitenden Berichte, daß „seit dem erlangten Frieden in jener Revier (d. ἢ. in der Gegend um Schiltach) päbstlicher Orten, etliche dergleichen Comodien gehalten worden“ 10); endlich auch die an der Spitze der Prologe enthaltene Angabe, daß „in solcher Comödi auf die 76 Personen dieselbe zu agieren verordnet seien“.

Alle diese Umstände zusammengenommen lassen wohl keinen Zweifel übrig, daß hier in einem Theile des Schwarzwaldes das geist- liche Volksschauspiel von Alter her zu Hause war und noch in Blüthe stand, als es anderswo bereits ziemlich allgemein sein Ende erreicht hatte. Auch wird ferner die Annahme nicht zu kühn sein, daß eben das protestantische Herkommen ein Erbstück aus der vorprotestan- tischen Periode gewesen.

Wie aus den mitgetheilten Verhandlungen weiter erhellt, sollte das Schauspiel, dessen Eingang und Schluß uns erhalten geblieben ist, in Verbindung mit diesen Bestandtheilen, um mindestens drei Jahr- zehente früher (1624) zur Aufführung kommen 11), was der Zeitverhält- nisse wegen unterblieb. Daraus geht zunächst wenigstens soviel mit Sicberheit hervor, daß Schauspiel und Zugaben nicht späteren Ursprunges sein können. Ob nun aber diese noch in den Anfang des XVII., ob nicht schon in das XVI. Jahrh. und zwar, was nicht unwahrscheinlich ist, schon in die Mitte desselben zu setzen seien, ob die Dichtung eine ausschließlich für die Gemeinde Schiltach bestimmte, von den zahlreichen übrigen Bearbeitungen desselben Stoffes 12) unabhängige

1%) Die Hinweisung auf das Beispiel der katholischen (nicht württembergischen) Nachbarn in einem amtlichen Berichte, der doch wohl empfehlend wirken sollte, dürfte, nebenbei bemerkt, bei der Schroffheit der damaligen confessionellen Verhältnisse, immer- hin merkwürdig erscheinen.

ı!) Der Name des regierenden Herzogs (Eberhard III.) und die Strophen auf den beendigten, drangsalvollen, dreißigjährigen Krieg und den glücklich wieder eingekehrten Frieden sind unbedeutende Abänderungen und Zusätze für 1654. ᾿

.2 Gödeke zählt deren, soviel ich entdeckt habe, nicht weniger als zehn auf, nämlich: Bd. I. 5. 297, Nr. 23: Haman, von Chryseus (Wittenb. 1556), Nr. 24: Hamanus, von Mercurius und Posthius (1556 96), Nr. 25: von Lindtner (1607), Nr. 93: von Meurer (Zürich). Es ist dies (nach Gödeke) das bei Mone, Schauapiele des Mittel- alters (Karlsr. 1846. 8.), in dem Verzeichnisse handschriftlicher Schauspiele des XVI. Jahr- bunderts (Bd. II, 8. 422, Nr. 175) angeführte „Spiel von der Hester* von 1566.

8. 308, Nr. 138 (Magdeb. 1537), S. 309, Nr. 155, von Pfeilschmidt (Frankf. a. M. 1555), S. 317, Nr. 251 (nach der Bemerkung dort wurde Esther in Ballstett, bei Gotha [vor 1619] gegeben), 8. 321, Nr. 277 (Ahasverus und Esther 1381 in Windsheim aufgeführt), 8. 324, Nr. 297, 10: Hsman, von Mavritins« (Leipzig 1607),. 8. 409, 4, 1, die enate der 1620 0. Ο. erschienenen (von den englischen Comödianten in Deutschland aufgeführten)

GEISTLICHES VOLKSSCHAUSPIEL IM SCHWARZWALDE etc. 919

gewesen, oder mit irgend einer darunter übereinstimmte, von wem sie verfasst worden, alle diese und ähnliche mögliche Fragen müßen hier aus leicht begreiflichen Gründen auf sich beruhen bleiben '°).

Insoweit übrigens die auf uns gekommenen Proben zu einem Schlusse berechtigen, müßte wohl (den gleichen Verfasser der Natur der Sache nach vorausgesetzt) der eigentlichen dramatischen Bearbei- tung, sei sie nun eine verlorne oder der noch erhaltenen eine, im Voraus eine bevorzugte Stellung unter denselben zuzuerkennen sein. Wenig- stens sind die erhaltenen Überreste und namentlich der erste der beiden Prologe, welcher uns an Hans Sachs erinnert, nicht ohne poetisches Verdienst und scheinen hinter den bessern Versuchen aus der oben für die unsern als möglich angenommenen Entstehungsperiode keines- wegs zurückzustehen. Somit dürften wir in denselben immerhin einige lebensfrische Schosse an dem jugendlichen Stamme der eben zu kurzer Blüthe aufgekeimten dramatischen deutschen Volkspoesie begrüßen.

Ich habe bereits (vgl. Anm. 8) darauf hingewiesen, daß der 20. Mai des Jahres 1654, auf welchen die Vorstellung bestimmt war, wenige Tage vor Pfingsten fiel, und daß dieselbe daher vielleicht als eine Art periodisch wiederkehrender Frühlingsfeier 12), zugleich als Vorfeier zum Pfingstfeste betrachtet wurde.

| Was diese Vermuthung einigermaßen begünstigt, ist die schon oben bemerkte sehr bedeutende Zahl der im Stücke auftretenden Personen.

Die Vorstellung nahm daher ohne Zweifel mehrere Tage hinter- einander in Anspruch und das Pfingstfest würde diesem nach, wenig- stens im Jahre 1654, so ziemlich unmittelbar auf dieselbe gefolgt sein.

Doch möchte ich damit hier nichts weiter als eine gelegentliche Vermuthung auszusprechen mir erlaubt haben.

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englischen Comödien. Einige dreißig Jahre vor unserer Sehiltacher Darstellung (un- gefähr gleichzeitig mit der früher, 1624, beabsichtigten) dichtete bekanntlich Lope de Vega seine schöne Esther (La hermosa Ester; Comedias [Madrid 1621], Bd. 15) und ungefähr die gleiche Zahl Jahre nach derselben (1659) Racine die seinige.

18) Nur der Band „Englische Comedien und Tragedien u. s. w. sampt dem Pickel- hering u. s. w. zum andernmal gedruckt im Jahr M.CV.XXIV.“ o. O., kl. 8., welche gleich unter I „Comoedia von der Königin Esther vnd hoffertigen Haman“ enthält» stand mir zu Gebot, hat aber weder Prolog noch Epileg und ist in Prosa geschrieben.

Die Feier des Frühlings auf Pfingsten kehrt bekanntlich sehr vielfach wieder (vgl. Grimm, Deutsche Mythologie U, 8. 738-748) und ich werde vielleicht selbst später Gelegenheit haben, von einer ziemlich eigenthümlichen F'eier dieser Art zu berichten.

220 KARL BARTSCH

Was als feststehend anzusehen sein wird, das ist, daß, in Folge der glücklich erlangten Bewilligung, die Schiltacher Gemeinde, ein wirkliches geistliches Volksschauspiel, nach alt hergebrachter Sitte, auf den bezeichneten Tag, möglichst würdig und feierlich, wenn auch ohne die erbetenen „Antiquitäten“ aus dem fürstlichen Kleidervorrathe 5), zur Aufführung brachte.

Dabei wird aber zum Schlusse noch auf einen Punkt. aufmerksam zu machen sein.

Die Kosten, womit die öffentliche theatralische Darstellung für die Gemeinde verbunden war, scheinen die oberaufsichtliche Fürsorge . des fürstlichen geheimen Regimentsratbes, in der annoch geldklemmen Zeit, welche überdieß alle äußere Schaustellung, bevorab in geistlichen und dahin einschlagenden Dingen, für sündhaften Luxus zu erklären anfieng, stark auf die Probe gesetzt zu haben. Auch würde das Ergeb- niss vielleicht immer noch sehr in Frage gestanden sein, wäre nicht die frühere herzogliche Bewilligung nun einmal thatsächlich vorhanden gewesen und würde sich nicht der Nutzen für das heranwachsende Geschlecht bei der pädagogischen Zeitrichtung als glückliches Aus- kunftsmittel hinzugesellt haben.

So wurde die erbetene Erlaubniss zwar „in Gnaden bewilligt”, aber mit dem ausdrucksvollen Beisatze: „vor dießmal“.

Ob der Gebrauch nach den nächsten sechs Jahren, ob er je sich wiederholte, darüber waren keine Spuren zu entdecken.

STUTTGART. E. v. KAUSLER.

ZUR KUDRUNSAGE.

Fräulein Amalie Krüger in Rostock verdanke ich eine Mitthei- Jung über die Kudrunsage, welche in hohem Grade die Freunde des deutschen Alterthums zu interessieren geeignet ist. Es handelt sich um nichts geringeres als um das Fortleben der Sage mit allen ihren Einzelheiten im nördlichen Deutschland. Der schriftlichen Aufzeichnung, welche die genannte Dame auf meine Anregung und meinen Wunsch machte, entnehme ich Folgendes:

15) Von 25 Prinzen und Prinzessinnen, die Eberhard III. aus seinen beiden Eher hatte, befanden sich 1654 neune am Leben (fünfe waren vorher wieder gestorben, die übrigen wurden erst später geboren). Man könnte versucht sein, den aßgeführten Ableh- nungsgrund als buchstäblich gemeint anzusehen.

ZUR KUDRUNSAGE. 221

„Als ich vor einigen Jahren mit Gudrun bekannt wurde, war der vordere Theil des Gedichtes, der in Irland spielt, mir völlig neu, und ich erinnere mich auch nicht, früher jemals von dem Inhalte des- selben etwas gehört zu haben. Anders aber war es mit dem Haupt- theile: die Erzählung selbst, die vorkommenden Namen, die einzelnen Scenen, Alles erschien mir eigenthümlich bekannt, wie etwas, das ich längst gewusst. Nach einigem Besinnen erinnerte ich mich endlich, daß ein Mädchen, welches im Verlaufe der Jahre 1826—1828 in Hagenow, ım Hause meiner Eltern, diente, den Inhalt des genannten Gedichtes im Volksdialekte zuweilen zur Unterhaltung in der Kinderstube er- zählte. Leider verstand ich damals noch nicht, den Werth einer solchen Mittheilung zu würdigen. Ich achtete wenig auf solche Erzählungen und habe als wörtliche und bestimmte Erinnerung nur drei Momente daraus im Gedächtniss behalten. Erstens: „Da kommt der alte Wate von Sturmland (de oll Wär”) van Stormland). Diese Worte wurden jedesmal mit gehobener Stimme und mit demjenigen Nachdruck ge- sprochen, mit welchem man eine bedeutende Persönlichkeit in die Er- zählung einführt. Zweitens, ebenfalls mit besonderer Betonung ge- sprochen: „Da kommen sie an auf dem Wulpensande“ (nicht Wülpen- sande). Und drittens, erinnere ich mich deutlich, wie die Scene ge- "Ὁ schildert ward, als Gudrun**”) und ihre Gefährtin am frühen Morgen, ehe sie zum Meeresstrande gehen, sich in das Vorzimmer der bösen Her- zogin schleichen und dort an der Thüre lauschen, ob dieselbe schon er- wacht sei und sie ihr die Bitte vortragen können, Strümpfe (nicht Schuhe) anziehen zu dürfen.“

Als ich diese wichtige Kunde erhielt, war es mir natürlich vor allem darum zu thun, zu erfabren, ob die Erzählerin noch am Leben sei. Herr Gymnasiallehrer Dr. Krüger, der Bruder meiner Gewährs- männin, reiste deshalb Ende September vorigen Jahres nach Hagenow; leider aber war die alte Magd vor mehreren Jahren gestorben, und ibr Bruder, ein verkommener Mensch, wusste von dergleichen Dingen nichts, schien vielmehr bei den an ihn gerichteten Fragen zu glauben, es handle sich um eine Erbschaft für ihn. Auch Erkundigung bei an-

3) Ich bezeichne durch das r mit einem Punkte darunter jenes halbvoealische r, welehes in der mecklenburgischen und andern norddeutschen Mundarten aus d hervor- ist.

52) Dunkel meint sich Frl. Krüger zu erinnern, daß von der Erzählerin der Name Gurrun ausgesprochen wurde; indes bei der Gewissenhafligkeit, mit der sie nur ganz Sicheres geben wollte, wagt sie das Vorkommen des Namens der Heldin nicht geradezu zu behaupten.

229 KARL BARTSCH

dern Personen in Hagenow hat zu keinem Ergehniss geführt. Somit bleibt nur geringe Hoffnung, den ganzen Schatz zu heben, von dem nur obige karge Trümmer übrig sind; es ist schmerzlich zu denken, daß er vor wenigen Jahren noch zu retten war und wohl unwieder- bringlich verloren ist.

Dem Leser wird sich begreiflicher Weise zuerst der Zweifel auf- drängen, ob nicht die Erzählung des Kindermädchens indirect aus dem mittelhochdeutschen Gedichte, das wir besitzen, entsprungen sei. Die Unwahrscheinlichkeit eines solchen Zusammenhanges darzuthun, lasse ich Frl. Krüger zunächst eine Schilderung der damaligen örtlichen Verhältnisse entwerfen.

„Hagenow, das jetzt als Knotenpunkt zweier Eisenbahnen, der Berlin-Hamburger und der Mecklenburgischen, eine ziemliche Bedeu- tung erhalten hat, war zur damaligen Zeit ein einsames, stilles, von der Verbindung mit der übrigen Welt fast ganz abgeschnittenes Land- städtchen. Durchreisende sah man äußerst selten und zwei Posten, eine Hamburger und eine Schweriner, deren jede wöchentlich zweimal durchgieng, genügten vollständig für den Verkehr mit der Außenwelt. An ein Fortschreiten der Einwohner mit der Zeitbildung war kaum zu denken, und die Bekanntschaft mit der damaligen Tageslitteratur ward allein vermittelt durch einen Lesezirkel, den die Honoratioren unter sich bildeten und der durch eine Schweriner Leihbibliothek mit veralteten Zeitschriften und mittelmäßigen Romanen versorgt ward. Von dem Dasein altdeutscher Dichtungen hatte mıan nicht die entfern- teste Ahnung. Wie sollte unter solchen Umständen ein Gedicht, welches ‚selbst ın der gegenwärtigen Zeit nur den Gebildeten bekannt ist, in die Hände eines Mädchens aus der dienenden Classe kommen

Noch unwahrscheinlicher wird eine soJche Annahme durch den Umstand, daß die geringen Leute dortiger Gegend durchaus nicht ge- wöhnt waren, andere Bücher zur Hand zu nehmen als Bibel und Ge- sangbuch. Die Meisten von ihnen hatten noch Mühe, die technischen Schwierigkeiten des Lesens zu überwinden, und außerdem war die Schriftsprache ihnen fremd und unbequem. Ein ungemischtes Platt- deutsch war die allein gebräuchliche Sprache der unteren Stände, und auch die Mädchen, welche in vornehmeren Häusern dienten, behielten die Mundart bei, denn die Sitte, mit den Dienstboten hochdeutsch zu sprechen, fand dort zu jener Zeit noch nicht Eingang. Bei solcher Lage der Dinge ist es nicht denkbar, daß ein Mädchen,. welches in keiner Beziehung sich über die Standesgenossen erhob, ein langes Ge- dicht in einer halbfremden Mundart sollte durchgelesen haben.

ZUR KUDRUNSAGE. 223

Zu den beiden angeführten Beweisgründen füge ich noch einen dritten, den ich eigener Erfahrung entnehme. Wer, wie ich, längere Zeit bindurch sich mit Mädchenunterricht beschäftigt hat, wird wissen, welche Mühe es erfordert, junge Mädchen, selbst die Töchter gebil- deter Familien dahin zu bringen, daß sie eine gelesene Erzählung so vollständig auffassen und sich aneignen, daß sie dieselbe fließend und ohne Lücken im Zusammenhange wiedergeben können. Selbst begabten, sonst in der Unterhaltung, im Berichten eigener Erlebnisse gewandten und beredten Mädchen fallt dies schwer, und selten wird man eine genügende Wiedererzählung von etwas Gelesenen, ohne Unterstützung durch zeitweises Einhelfen erlangen, wenn man nicht ein vollständiges Auswendiglernen ganzer Sätze beansprucht. Die Hagenower Erzählerin aber trug ihre Geschichte von Gudrun in fließendem Plattdeutsch und lebendigem Ausdrucke vor.“

Die Triftigkeit der angeführten Gründe wird jedem einleuchten. Was hier von den Schwierigkeiten im Wiedergeben einer längeren Erzählung gesagt ist, gilt in noch höherem Grade vom 'Wiedererzählen einer epischen Dichtung. Das ımittelbochdeutsche Gedicht wurde erst 1820 durch den Abdruck in Hagen-Primissers Heldenbuche bekannt. Zwischen 1820 u. 1826 fallt, soviel ich habe ermitteln können, keinerlei populäre Bearbeitung des Stoffes, etwa als Volksbuch. Und selbst wenn diese nachgewiesen würde, so wäre bei dem Zustand der Dinge, wie er oben geschildert wurde, wenig wahrscheinlich, daß eine solche Bearbeitung der Erzählerin in die Hände gefallen oder von Nutzen gewesen.

Es kommen aber noch weitere Gründe hinzu, die den Charakter einer Volkssage für jene Erzählung bestätigen. Der vordere Theil des Gedichtes fehlte ganz in ihr, also gerade diejenigen Parthien, welche ich (S. XIV meiner Ausgabe) als von dem Dichter zur Volkssage hinzugefügt bezeichnet habe. Das kann unmöglich ein Zufall sein. Im Übrigen bietet der spärliche Inhalt, des Erhaltenen zu wenig Verglei- cbungspunkte; statt der normannischen Königin finden wir eine böse Herzogin, statt der Schuhe bitten die beiden Mädchen um Strümpfe, und sie treten nicht in das Schlafgemach ein, sondern lauschen vor der Thür (vgl. Kudrun 1200). Diese Abweichungen sind aber so ge- ring, daß sie hier ebenso die treue Anlebnung des Kudrundichters an die Volkssage bestätigen, wie das Fehlen des vorderen Theiles die ursprüngliche Volkstbümlichkeit desselben widerlegt.

Endlich ist auf die Namensform Wär zu achten; ich bemerkte schon vorhin, daß r hier einen halbvocalischen Laut babe. Es kann

994 FRANZ PFEIFFER

nur aus d erklärt werden, weist also auf die niederdeutsche Form Wade,

dessen a sich verlängert hatte. Mir scheint diese Namensform am ent- scheidendsten dafür zu sprechen, daß wir es hier mit einer Volkssage zu thun haben.

Ich würde mit der Veröffentlichung dieses Fundes noch länger gezögert haben, um weiter nachzuspüren, wenn nicht die zweite Auf- lage meiner Kudrun gedruckt würde und ich nicht in deren Ein- leitung ein Wort darüber hätte sagen wollen. Da aber dort nicht Ge- legenheit gewesen wäre, näher auf die Sache einzugehen, so gebe ich schon jetzt, was zu ermitteln war.

Es ist mir aber dieser Fund und das Bedauern über den Unter- gang der vollständigen Überlieferung ein Anlaß gewesen, zur Samm- lung mecklenburgischer Sagen, Märchen und Gebräuche Hand anzulegen. Ich habe vor zwei Monaten mit Lisch zusammen einen darauf bezüg- lichen Aufruf erlassen, welcher zu meiner Freude schon jetzt manig- fache Mittheilungen aus allen Gegenden des Landes nach sich gezogen hat. Gerade im gegenwärtigen Augenblick, wo in Folge der Neuge- staltung Deutschlands so vieles Alte in Mecklenburg zu stürzen droht, möchte es höchste Zeit sein, diese volksthümlichen Überlieferungen zu sammeln, und ich habe daher, wiewohl mit andern Arbeiten über- häuft, die dem Kreise der Sagenstudien ferner liegen, dieser patrio- tischen Pflicht mich nicht entziehen zu dürfen geglaubt.

ROSTOCK, 22. März 1866. KARL BARTSCH.

DUNKELSTERN.

Dirre tunkel sterne, sich, der birget sich. als tuo dü, frouwe schene, sÖö sehest mich.

so lautet der Anfang der dreizehnten Strophe des Kürnbergers in “Des Minnesangs Frühling’ 10, 1—4. dirre ist von Lachmann, aus metri- schen Gründen, an die Stelle des handschriftlichen der gesetzt. Allein diese Änderung ist von der Metrik nicht durchaus geboten und sie legt der Stelle einen Sinn unter, den sie nicht hat, indem durch dirre auf einen bestimmten, im Gesichtskreise des Dichters und seiner Ge- liebten stehenden Stern hingewiesen wird, was sehr unwahrscheinlich ist. Bei einem so alterthümlichen Dichter darf wohl ohne Anstand dunkelsterne mit vier Hebungen ohne Senkung gelesen werden.

DUNKELSTERN. 225

Auch sich ist gegen die Hs. zugefügt, ebenfalls nicht glücklich. Ich lese: Der tunkelsterne, same der birget sich, als tuo dü, frouwe schene: sehest mich, diniu ougen gen an einen andern man: son weiz doch lutzel ieman wiez undr uns zwein ist gelän. tunkelsterne wird nach Wackernagels Vorgang allgemein durch Stern der Dämmerung, Abendstern, erklärt, sicher falsch, und doppelt, wenn man mit ihm Der tunkele sterne liest, denn solche Benennung wäre für den schönen hellglänzenden Stern eine sehr unpassende. tunkel- sterne ist ein richtiges Compositum, aber nicht der Abendstern ist damit gemeint, sondern ein Nebelstern, ein lichter, von einem Dunstkreis um- gebener Fixstern. Folgende Stellen werden dies außer Zweifel setzen. Ein tunkelsterne kleine der mac lichtes mE gegebin denn al di frouwen, die lebin und noch üf der erden geborn sullen werden. Bartsch mitteld. Gedichte S. 16, 531. Und ebd. 8. 15, 611 ff.: Ir lip der was geschönet mit der gotlichen craft und mit wiser meisterschaft, daz al di seben planäten ir licht zu samene täten, daz were kein ir schönde gar alsam ein sterne tunkelvar kein sunne und kein dem mönin.

Ferner in einer ungedruckten Stralsunder Chronik:

Ein nie sterne. A. dom. 1472 umme enen trent Fabiani und Seba- stiani ghink üp tiome Sunde Ene nie sterne, de sik hadde (aussab) alse ne dunkersterne, de under öme swerke (mnl. swerc, nubes: Gramm. 1, 499) sith, und gap Enen dunkeren sträl van sik alsö lank alse Ene sträte lank. Vgl. Frisch 2, 332’: „ein dunkler Stern als ein Nebel, stella nebulosa“ Nebelfleck, ein mit neblichtem Licht umgebener Stern.

WIEN, 8. Febr. 1867. EBANZ PFEIFFER.

GEEMANIA XI. ]

or

220

LIEDER AUS DEM XIV.—XV. JAHRHUNDERT.

I.

1. Begirlich in dem hertzen min mit ichter lieb in stetikeit hab ich gedacht din eigen sin *) dz weistu nit dz ist mir leit doch müs ich also liden mich biß dz ich innen bring dich dz als min hoffen an dir lit

R. Ich wolt du wistest min begir wie gar senlich verlangt mir min eigen hertz erkönnen git.

2. fröwst du mich vn weist dz nit do von müs ich belangen han von senen mir min hertz zerbricht selt ich dich dz nit wissen lan so wil ich vnmüt mir gesellen vn all min fröd in truren stellen biß glück **) bringet gnaden zit

3. Ob es glück fügen möht dz ir von mir möht werden kunt wie gar besunder usßerwelt hab ich dich in mins hertzen grunt so wer mir heils vil beschert vi mich (801) von vnmüt gar ernert vomüt wönt mir verr vi witer.

Do.

1. Ich stand in ellend nacht vnd tag ob ich wol frölich sing oder sag so han ich heimlich liden biß ich dich sih frisch fro gesunt der selben stund

*) sind Hs.

**) Der Accent über dem u ist in der Hs. meist ein nach unten geöffneter Halbkreis und von dem Striche, welcher das m oder n ausdrücken soll, oft gar nicht zu unterscheiden; er ist hier durch ü (= iu), und wieder gegeben.

LIEDER AUS DEM XIV.-—XV. JAHRHUNDERT.

verlanget mich so bitterlichen ser si ist mir leider fer ich dörft dz su mir neher wer

so wolt ich im hertzen frölich sin.

2. Min hertz nit frölich wesen mag es kumt ein zit dz ich dir clag min ellendes langes miden dz mich verlangen hat verwnt senlich entzunt dz ich frölich wird niemer me

war ich mich ker, war ich mich ker

ez si den dz ich hör mer

dz ich sol kummen ir hin. 3. Din frömdikeit die ich trag

vn in dem ellend birg vn iag

solt dz min hertz nit versniden

dz ir versprochen hat min munt

daz blib in punt

mit gantzer truw in steter wer

kein falsch ler

ich hoff es bringet mir kein bös geuer

gen der libsten fröwen min.

III. Eberli du bist so gar ein güter man

wen du gedrinkest so lastu Eiberlins buntschü an

mich wundert ser wer dir si helf machfen|. Wen du gedrinkest vn gelebest in dem sus wz du in krusen findest dz trinkstu dz lachent vn spottent vnser güt gesellen.

Wen du gedrinkest vn gelebst gar hoch gemüt

vi vf gesetzest dins wibs roten hüt

an der gassen kanstu niemant entwichen. So sind im doch die füß sin gar sinwel

vi gent och vf den gassen swenken her γῇ her

einer lachen kan er nit entwichen.

So kam ich öch in vij nehten nie herhein

Eiberlins hosen het ich gebunden an minen beinen

dz müsent min kleinen kint erdai’ben (60).

Bis got wilkum du ichter wines sluch

15 *

227

228 W. CRECELIUS

wz wir bedü gewinnent dz hört m dinen buch du darft nit sorgen wem vnser güt sol werden. Ach swige lieb fro vn la din zürnen sin

vi mach vns beden ein bet so legent wir vns darin va laß vns früntschaft mit eynander triben. Noch hinaht streb..ent*) δύ vf der betstat hin vn her Eberlins hosen het gern geton enweg

do kund im de.**) nestels nieine finden.

Ach hör lieb fröw vn lasz din süchen sin

ich wil dir noch zeigen den nestel min

er lit mir oben ferr in der stirnen.

Morgens früg do wolt er der kirchen gan do fant er sinen gesellen an dem weg ston liber gesell wie ist es dir neht ergangen.

Was weis ich truter zart gesell min

do kam ich nechtent spot als vol von dem win von miner fröwen ward ich ser vbel enpfangen. Mir tüt min houpt vi min stirn als we

lieber gesell hetten wir des nechtigen elsessers me liber gesell las vns ein pfenwert köffen.

Hettent wir einen gessellen oder zwen

vil liht wird vns dez nehtigen elsessers me lieber gesel laß vns ein wert köffen

liber gesel laß vns ins elsas louffen.

IV.

Ich lob ritter va frölin fin

vn laß die steltzer krüppel sin

frum ritter dienent frölin zart

adels tugent in hoher art

die steltzer könent triegen die lüt su tribent gil vn anders müt (!. nüt) Wer lobt dz steltzers roten munt der het fröwen er verwnt

jch wolt wer also tihtens pfleg

dz im ein steltz im magen leg

wer schentlich singt von fröwen nam

*, Der fehlende Buchstabe scheint ein zu sein, welches aus früher dastehendem 8 gemacht ist. *#*) Der letzte Buchstabe des Wortes besteht aus einem gerade heruntergehenden Strich.

LIEDER AUS DEM XIV.—XV. JAHRHUNDERT.

der werd an allen vr.en lam

die welt ist also gemüt

man singt dz böß vn lot dz güt

dz bekennent reinen iuncfröwelin fin vn allü zarte frolin fin

dz uwer huld ein schriber il

vn lönd die steltzer krüpel sin

dz steltzers lied durch witü land ist fröwen νὰ rittern ein schand

dz lied dz fröwen er we

dz sönt wir gesingen niemer me Νὰ gedenkent fröwen ir man wir sönd ein ander liedlin han

dz vns kan geben fröd vn müt

ὙΠ aller fröwen er behüt

der steltzer hat ein krumben gang wir söllent han besser gesang

diß diht cänrat*) süch den gedanck.

Υ. Gluck vnd alle selikeit vil güter iar in wirdikeit ich aht **) clein wem es si leit zart libstü frö dz wünsch ich dir der nuw geborn der helf mir dz es dir frölich werd zu teil. Wan du vil bessers wirdig bist wiplicher güt dir nit gebrist dz selb min hertz in truren frist dar vmb ich dir on endes zil in gantzer truwen dienen wil gelich dem meigen macht mich geil.

vI Was sol ich fürbas fohben an dz sich min fröd werd meren Sid ich dich nüme sehen kan vfi lieplich dir keren.

*) Nach meiner Abschrift hat die Hs. cürat. ἘΠ Hs. ein.

W. GRECELIUS

vo.

Fruntlich ban ich gescheiden mich von der aller liebsten min

die zit (?) von zit verlanget mich dz ich bi ir nit mag gesin

dz machet mich an fröden laß das ich si iemer miden müs

Es ist so lang das ıch si sach dar vınb ich grossen kumber tolle. Wolt sich min glück fügen mir so möht es alles wesen güt

wie dz ich schönes liep kem dir so wird ich frisch vfi wol gemüt Wie möht mir iemer bas gesin wan do mich müt vfi lust hintreit so wird erfullet der wille min

do Ζῇ zwinget mich ir stetikeit ich wunsch ir glück vn alles heil der aller liebsten fröwen min

do sy mit eren werd behüt

in iırem dienst zwor ich wil sin,

VII,

Der falschen kleffer ist so vil “dz ich kein lieb σὰ in mag han wele frowe ir ere bewarnen wil die darf nit allen red gestan *) sp mag st doch wol stete bliben dz wünsch ich der aller liebsten min mit der ich wil min zit vertriben jn irem dienst zwor ich wil sin.

ΙΧ. Ich weis ein hubsches minnecliches fröwelin dz ist mir lipp vn libet mir vf minen eid Wen ich sihe sa ist verswunden als min leit an iren dienst wil ich alzit sin bereit

Ils. aller redgesta.

MM.

LIEDER AUS DEM XIV.—XV. JAHRHUNDERT. 231

dz sol mir glöben *) wol ır Jip ist aller tugend fol Jar σὰ kan δά mir geben fröd vn hohen müt ist mir liep vn liebet mir für alles [glüt Ach fröwen nam du edeler stam kein man darf din öch nit enscham wo fröwen sint do ist lust vn aller fröd spil su gent vns lust gemüt va kurtzwil vil. Ich wolt das niene kein fröwe uf diser erden wer het denne alles dz ir liebes hertz begert dz wolt ich ir mit gantzen truwen gewunschet han sprechent wol den fröwen ir tugenthaftige man ich wolt wer fröwen**) sprech dz es got selber an im rech so wird verswigen manges vnnützes wort dz man von zarten fröwen spricht hie dort R. Ach fröwen nam du edeler stam etc,

Die vorliegenden Gedichte finden sich in einer Hs. der Darm- stadter Hofbibliothek, welche, meiner Erinnerung nach, von manig- fachem Inhalt aus dem Anfang des 15. Jahrb. stammt. Die Zeit ergibt sich aus folgendem Eintrag: „Item dis büch wart gescriben do man zalt von gebürt 1410 ior.“ Über den Liedern 1—6 steht die Melodie (bei Nr. 4 nur die Notenlinien), doch ohne daß der Text untergelegt wäre. 7—9 stehen auf einer Seite ohne Trennung hintereinander ge- schrieben; ich habe sie in 3 Lieder oder Liederfragmente zu scheiden versucht. Hinter 9 findet sich noch eine Strophe, die indes nicht mehr im Zusammenhang entziffert werden kann.

Ich habe die Lieder buchstäblich abdrucken lassen, kleine Än- derungen sind in den Noten angezeigt. Eine durchgehende Recension oder auch nur Hinzufügung der Interpunktion hielt ich hei dem höchst einfachen Inhalt derselben für unnöthig; hier und da würde sie auch nur bei stärkerer Änderung verdorbener Stellen durchführbar gewesen sein.

*) Hier fehlt das Subj. zu sol (wohl si). Ebenso fehlt auch in der enispre- chenden Zeile der zweiten Strophe ein Wort. *#) Hier fehlt in der Hs. ein Wort: etwa ubel.

232 H. C. v. d. GABELENTZ

In derselben Handschrift stehen noch folgende Sprüche: l. Armüt mich ezwingt ellend mir ringt armüt tüt we ellend noch fil me. . Hüt dich vor Rottenburger rette ὙΠ vor tüwinger kelre vn vor rüttlingen rossen vn vor vimer wiben wiltu by glück vnd selden bliben. 3, Manig man treit banzer est viribus quasi cancer, ELBERFELD, im Dec. 1866. W, CRECELIUS.

19

EIN ULFILASFRAGMENT IN TURIN.

Vor ungefähr Jahresfrist brachte die Augsburger Allgemeine Zei- tung (1866, Nr. 60) die Notiz, Dr. Reifferscheid habe auf der Turiner Uni- versitätsbibliothek ein Palimpsest mit neuen, bisher unbekannten Bruch- stücken aus Ulfilas’ gothischer Bibelübersetzung entdeckt. Dies regte in mir sofort den Wunsch an, nach Turin zu reisen und an Ort und ‘Stelle nähere Einsicht von diesem interessanten Fund zu nehmen. Ich setzte mich daber alsbald mit Hrn. Reifferscheid, der damals noch in Rom war, in Correspondenz, und nachdem ich von demselben bereit- willigst die gewünschte nähere Auskunft erhalten hatte, würde ich im Beginn des Frühlings die Reise nach Turin angetreten haben, wenn nicht der schon damals drohende Ausbruch des Krieges mich daran verhindert hätte, Nach dessen Beendigung aber bin ich gegen Ende September in Turin gewesen, wo ich bei den Beamten der Bibliothek, dem Präfecten Gorresio und dem Bibliothekar B. Peyron, die zuvor- kommendste Aufnahme fand und Gelegenheit erbielt, die fraglichen Fragmente an zwei auf einander folgenden Tagen zu prüfen und soweit thunlich zu copieren. Es sind im Ganzen zwei Doppelblätter, die laut einer auf der ersten Seite dreimal von verschiedenen Händen wieder- holten Aufschrift als Umschlag zu der Regula Sancti Patris Benedicti gedient haben, aber als zweite, meistens noch ziemlich leserliche Schrift "Fragmente Gregor’s des Großen "super Ezechielem’ enthalten, und zwar die Hälfte des zweiten Quaterno, während das auf der Ambrosiana

EIN ULFILASFRAGMENT IN TURIN, 233

in Mailand befindliche Fragment derselben Handschrift, welches Ul- filanische Palimpseste enthält, mit dem dritten Q@uaternio anfängt. Dieser Umstand ist es gewesen, der Herrn Reifferscheid auf die Ver- muthung geführt hat, auch das Turiner Fragment möchte ein solches Palimpsest enthalten, was sich ihm bei näherer Ansicht sofort bestätigt hat. Die Spuren der gothischen Schrift sind auch, wie ich mich über- zeugt habe, unverkennbar, einzelne Buchstaben noch ganz deutlich er- halten, das meiste aber gänzlich verwischt. Es ist mir nicht gelungen, auch nur mehr als zwei Worte in Zusammenhang zu lesen, noch we- niger zu ermitteln, welchem Theil der Bibelübersetzung die Fragmente angehören mögen. Da das Mailänder Fragment mit dem 6. Capitel des Römerbriefs beginnt, so ist man wohl auf die Vermuthung ge- kommen, daß hier ein Theil aus dem Anfang dieses Briefes vorliegen müße; vielleicht ist diese Vermuthung auch durch den Umstand her- vorgerufen worden, daß auf der ersten Seite des Turiner Fragments am unteren Rande vier Buchstaben stehen, von denen die beiden ersten deutlich als PO zu erkennen sind, während die beiden folgenden wie uA aussehen und vielleicht für MA gehalten worden sind. Allein dem Anfang des Römerbriefs gehört das Fragment jedenfalls nicht an. Auf der ersten Seite sind oben in 7 Zeilen noch einzelne gothische Buch- staben, die ich, wie auch die übrigen noch sichtbaren gothischen Frag- mente, durchgezeichnet habe, aus denen ich aber durchaus kein Wort zusammenzusetzen im Stande bin. Auf der zweiten Seite ließen sich nur noch wenige ganz schwache Spuren des Gothischen erkennen, aus denen gar nichts zu machen ist. Auf der dritten Seite sind am Schluß der ersten Zeile die Worte nnTenıa deutlich zu lesen, sowie sich überbaupt auf dieser Seite noch die meisten Spuren des Gothischen erhalten haben. Das letzte, was ıch davon entdecken konnte, war AMen, woraus man schließen möchte, daß auf dieser Seite irgend ein Buch des N. Test., namentlich ein Paulinischer Brief, beendigt worden sei. Allein auf der dem Amen vorhergehenden Zeile sind die Buch- staben yAAa....IA...... kA sichtbar, die ich mit keinem Schluß eines Paulinischen Briefes in Übereinstimmung zu bringen weiß.

Auf der vierten Seite waren leider nur in der obersten Zeile einige ganz verschwommene Spuren des Gothischen sichtbar, auch nicht ein einziger Buchstabe deutlich zu erkennen, sonst hätte man hier vielleicht die Überschrift des nun folgenden Stückes gefunden. Auch auf der fünften Seite waren nur an einer einzigen Stelle ein paar gothische Striche sichtbar, die etwa ın zu lesen sind. Auf der sechsten Seite schimmern oben ganz schwache Spuren, in der vierten

234 KONRAD MAURER

Zeile treten die Buchstaben arm (wahrscheinlich Überreste des Wortes svegnjan oder svegn’ba) ziemlich deutlich hervor, weiter unten ver- schwindet bis auf ein paar einzelne Striche jede Spur des Gothischen. Die siebente Seite zeigt auf ihrer oberen Hälfte nur ganz einzelne Spuren des Gothischen, unten etwas mehr, namentlich auf der letzten Zeile aın...... vu... sehr deutlich hervortretend.

Dies ist die ganze Ausbeute, die ich bei meiner Prüfung des Palimpsests davon getragen habe. Allerdings war während meiner An- wesenheit in Turin sehr trübes Wetter, auch habe ich keine Reagentien angewandt; indes zweifle ich doch, daß auch bei der günstigsten Be- leuchtung und unter Anwendung von Chemikalien erheblich mehr zu entziffern sein wird. Denn so düster war es nicht, daß ich nicht auf meinem Platz unmittelbar am Fenster Alles, was überhaupt sichtbar war, hätte erkennen können, auch hatte ich zum Überfluß eine Loupe zur Hand, Allein während einzelne Buchstaben oder Striche sehr deut- lich hervortraten, feblte unmittelbar daneben auch jede Spur der frü- heren Schrift, so daß die Möglichkeit, durch Conjecturen und Com- binationen das Fehlende mit einiger Sicherheit zu ergänzen, völlig be- nommen war. Was aber die Anwendung von Ühemikalien anlangt, so war damit schon an einer Stelle ein Versuch gemacht worden, ohne daß jedoch dadurch die frühere Schrift auch nur im Geringsten zum Vorschein gekommen wäre. Ich glaube indes, das Wenige, was ich gefunden, mittheilen zu sollen, wäre es auch nur, um die durch die erste Zeitungsnachricht bei Anderen, wie bei mir, erregten Erwartungen auf ihr Maß zurückzuführen. Vielleicht aber ist auch ein Anderer glück- licher als ich, um aus dem Wenigen, was noch zu lesen ist, doch viel- leicht einen Schluß auf den muthmaßlichen Inhalt des Ganzen zu ziehen-

H. C. v. ἃ. GABELENTZ.

EIN ALTES KINDERGEBET.

ne:

Reinhold Köhler hat unter dieser Überschrift im fünften Bande der Germania, S. 448—56, eine Reihe von Gestaltungen eines Grebetes ınitgetheilt, für welches trotz aller Abweichungen in der Detailaus- prägung doch immerhin die Bezugnahme auf eine Anzahl von Engeln ‚charakteristisch bleibt, welche den Betenden umgebend gedacht werden. Im eilften Bande, 8. 435—45, hat derselbe Verfasser der ursprüng-

EIN ALTES KINDERGEBEKET. 235

lichen Sammlung sodann noch eine reiche Nachlese folgen lassen; an diesen Nachtrag aber möchte ich auch meinerseits wieder eine Be- merkung anknüpfen.

In der am Schlusse des 14. Jhds. aus älteren Materialien zu- sammengeschriebenen Flateyjarbök findet sich eine (Grebetformel, welche von hier aus auch in die von Rafn compilierte Ausgabe der F:ereyinga saga, Cap. 56, S. 257—8, übergegangen ist und welche nach dem norwegischen Abdrucke jener Ha., Bd. II, S. 400, folgender- massen lautet:

„Gangat ek zinn ut fiorir mer fylgia

fim guds zinglar ber ek bzn firir mer bzn firir Kristi syng ek salma. VII.

siai gud bluta minn.“

Die Bezugnahme auf die begleitenden Engel ist also bereits hier gegeben, freilich in etwas anderer Weise als in den von R. Köhler mitgetheilten Gebetformeln, und aus diesem Grunde mag denn auch von diesem jene Stelle unberücksichtigt gelassen worden sein, während doch sonst auf nordgermanische Fassungen des Gebetes von ihm ein- gegangen wird; eines Nebenpunktes wegen dürfte aber immerhin die Vergleichung auch dieses Citates von Interesse sein. Die Flateyjarbök erzäblt nämlich, wie der junge Sigmundur Leifsson, welcher bei dem mächtigen Häuptlinge brändur i Götu erzogen wurde, von seiner Mutter pöra gefragt wurde, was er von diesem seinen Pflegevater gelernt habe? Der neunjährige Knabe antwortet zunächst, er habe Rechtsunterricht genossen, und die Bußtafeln sowie die Klagformularien kennen gelernt. Nun fragt die Mutter weiter, was er οἱ helgum fredum“, ἃ. ἢ. an Religionskenntnissen gelernt habe, nnd er antwortet, er habe das Unser- vater und den Glauben gelernt („kuezst numit hafa pater noster ok kredduna“). Als die Mutter Beides zu hören verlangt, kann der Junge sein Unservater einigermaßen richtig hersagen; statt des Glaubens aber kommt bei ihm die obige Gebetformel zum Vorschein, und als nun pöra den alten pränd über dieses wunderliche Glaubensbekenntniss zur Rede stellt, antwortet er: „damit steht es so wie du weißt, daß Christus 12 Schüler hatte, oder noch mehrere, und jeder von diesen wusste sein eigenes Credo; nun habe ich mein Credo, und du dasjenige, das du gelernt hast, und es gibt viele Credos, und es ist dergleichen nicht

238 LITTERATUR.

bloß auf eine einzige Art recht“. Das Gespräch hatte unmittelbar vor pränd’s Tod statt, also im Jahre 1035; damals also fand auf Ge- bete wie die obigen bereits die Bezeichnung „Kredda“ Anwendung,

welche heutzutage noch auf Island für abergläubische Formeln gilt,

deren man sich zum Besprechen u. dgl. bedient. Die mündliche Tra-

dition auf den Fxröern hat des alten Häuptlinges Oredo noch treuer bewahrt als die schriftliche isländische Überlieferung, in welcher augen- scheinlich die erste Verszeile ausgefallen ist (vgl. Rafn’s Vorwort, S. IV,

sowie Niels Winther, Fsröernes Historie, S. 256—8, beide nach Pastor Schröter’s Hs.); die Flateyjarbök dagegen zeigt, daß das Gebet ur- sprünglich wirklich als Credo gelten sollte. Auffällig aber ist, und darum durfte hier der Sache Erwähnung gethan werden, daß auch eine französische, der Landschaft Berry angehörige Überlieferung,

welche R. Köhler, Bd. XI, S. 443, mitgetheilt hat, auf das betreffende

Grebet die Bezeichnung „Credo-le-Petit“ anwendet. Woher diese Be-

zeichnung für Formeln, die doch mit dem wirklichen Credo nicht das |

Mindeste gemein haben ? MÜNCHEN. KONRAD MAURER.

LITTERATUR,

Altnordische Wörterbücher. In Nr. 12 des Anzeigers für Kunde der deutschen Vorzeit, Jahrgang 1863, habe ich seinerzeit über die Geschichte der altnordischen Lexicographie, soweit gedruckte Werke dabei in Frage kommen, Bericht erstattet. Eines der dort besprochenen Wörterbücher ist inzwischen wacker fortgeschritten, nämlich das des norwegischen Pfarrers Johann Fritzner, dessen 8. Heft, das letzte, welches mir zugekommen ist, mit dem Worte „yfir- gjarnligr“ schließt. Von Heft zu Heft hat diese treffliche Arbeit an Reichthum des Stoffes und Reife seiner Verwerthung gewonnen, und die damit nothwendig verbundene Ungleichförmigkeit der Behandlung ihrer verschiedenen Parthien wird sich bei einer zweiten Ausgabe leicht beseitigen lassen, deren Bedürfniss nur recht bald sich ergeben möge. Von den dazumal als in Aussicht stehend be- zeichneten Werken ferner liegt das von Konräd Gislason übernommene noch immer in nebelgrauer Ferne; dagegen ist begründete Hoffnung gegeben auf das baldige Erscheinen des von Richard Cleasby angelegten Wörterbuches. Die Bearbeitung desselben, scit längerer Zeit in die erprobten Hände Gudbrandur Vigfüsson’s gelegt, ist nunmehr bereits soweit vorgeschritten, daß mit dem Drucke begonnen werden konnte, und nach einer mir gefälligst mitgetheilten Probe verspricht dieselbe an Vollständigkeit, zumal auch bezüglich der mitge- theilten Belegstellen für die einzelnen Worte und Wortformen, wie an Sorgfalt in der Bearbeitung Alles übertreffen zu wollen, was in dieser Richtung bisher

DB

ΤἹΤΤΕΒΑΤΟΝ. 237

geleistet worden ist. Endlich aber hat sich den früher von mir angemeldeten Lexicen nunmehr noch ein weiteres angeschlossen, nämlich das „Altnordische Glossar“ von Theodor Möbius (Leipzig 1866), und über dieses, welches nicht lieferungsweise, sondern sofort als ein abgeschlossenes Ganzes ans Licht trat, mögen hier einige Worte verstattet sein.

Schon auf seinem Titelblatte bezeichnet sich das Werk als ein „Wörter- buch zu einer Auswahl altisländischer und altnorwegischer Prosatexte“, und in der That ist es, trotz seines nicht unbeträchtlichen Umfanges (XII u. 532 SS. 8.) ursprünglich nur auf ein ziemlich beschränktes Ziel berechnet, nämlich darauf, als Hülfsmittel zu dienen zum Verständnisse der Prosatexte in den Analecta norröna von Möbius, dann in den von ihm und Guäbrandur Vigfüsson edierten Fornsögur, endlich in des letzteren Ausgabe der Eyrbyggja und meiner Ausgabe der Gullpöris saga. Glücklicher Weise hat sich indessen der Verfasser an diese Enge seines anfänglichen Planes keineswegs ängstlich gehalten, und so kann denn seine Arbeit in der That in viel weiterem Umfange mit Vortheil gebraucht werden, als dies bei strengerer Einhaltung der ursprünglich ihr gezogenen Schranken hätte der Fall sein können. Im Übrigen wird nicht nur, wie billig, das Hauptgewicht „auf die Bestimmung des Sinnes und der Bedeutung der Wörter“ gelegt, sondern sogar auf die Wortbiegung, die Schreibweise u. dgl. nur selten, auf die Vergleichung mit verwandten Sprachen aber so gut wie gar keine Rücksicht genommen, außer etwa soweit es darauf ankam, die Verschieden- heit der Bedeutung eines altnordischen Wortes von der eines stammverwandten deutschen hervorzuheben. Der Verf. beabsichtigt das in beiden Beziehungen Fehlende mittelst einer in Aussicht gestellten gesonderten Arbeit zu ergänzen, und wird in dieser wohl auch Aulaß finden die Etymologie mehr zu berück- sichtigen, als dieses in seinem Glossare geschehen ist. Unstreitig wird sich in dieser Weise kürzer, systematischer, und insoferne auch gründlicher vorgehen lassen, als bei einer gelegentlichen Mitberücksichtigung jener Gesichtspunkte in einem Wörterbuche; aber doch möchte ich sehr bezweifeln, ob dadurch für das Interesse des Publicums im Ganzen besser gesorgt sei. Wer als Anfänger in das Verständniss isländisch-norwegischer Texte sich erst hineinarbeiten will, oder wer, ohne gerade Philologe von Fach zu sein, um historischer oder juristischer Zwecke willen die altnordischen Quellen zu studieren genöthigt ist, wird immer wünschen, in einem Wörterbuche unter jedem einzelnen Worte die betreffende Aufklärung beisammen zu finden, und selbst der streng geschulte Sprachforscher wird sich gerne die Mühe mehrfachen Nachschlagens und steter Transpositionen der Stämme aus einem Dialekte in den andern erspart sehen; warum sollte man aber bei der Anlage von Wörterbüchern den Bedürfnissen jener ersteren und der Bequemlichkeit dieser zweiten Kategorie von Leuten nicht Rechnung tragen, da der Mehraufwand an Raum durch die Ereparniss an Zeit und Mühe beim Gebrauche denn doch reichlich ersetzt wird? Sehr dankenswerth ist die fleißige Mittheilung von Belegstellen, in welcher meines Erachtens mindestens der halbe Werth eines’ Wörterbuches liegt; doch wäre zu wünschen gewesen, daß bei den aus den Analecta genommenen nicht bloß die Seitenzahl dieser Anthologie, son- dern auch die Quelle angegeben wäre, aus welcher das betreffende Stück ent- lehnt ist: die rasche Unterscheidung des verschiedenen Zeiten und Orten an- gehörigen Sprachgebrauches wäre dadurch sehr erleichtert. Im Ganzen sind, soviel ich zu beurtheilen vermag, die bei den einzelnen Wörtern gegebenen

238 LITTERATUR.,

Deutungen richtig und es fehlt dabei nicht an vielfachen, ebenso feinen als selbständigen Bemerkungen, wie dies von dem trefflichen Verfasser nicht anders zu erwarten war; nur wäre vielleicht hin und wieder etwas größere Präcision zu wünschen, wo es sich um die Feststellung der specifisch technischen Bedeutung einzelner Worte handelt, und in einigen wenigen Fällen dürfte auch wohl ge- radezu ein Irrthum mit untergelaufen sein. Für Beides mögen hier ein paar beispielsweise Belege stehen. Das Wort „fjallganga“, oder, wie es öfter lautet, „fallgöngur“ ist durch „tö ganga d fjöll, ἃ. i. sel“ weder genügend noch richtig erklärt. Wörtlich den Berggang bedeutend, bezeichnet dasselbe auf Island (und nur hier kommt es meines Wissens vor) technisch nicht etwa die Auffahrt auf die Almhütten (sel), sordern das Begehen der Hochweiden (afröttir), welches alljährlich im Herbste stattfindet, um das während des Sommers auf ihnen wild- laufende Galtvieh zu sammeln und heimzutreiben; in diesem Sintte braucht z.B. die Jönsbök im Landsleigu B. $. 46 u. 49 das Wort, und in diesem Sinne ist dasselbe auch noch bis auf den heutigen Tag herab gebräuchlich, vgl. z. B. die Hreppstjörnarmanna-Instrüx vom 24. November 1809, 8. 55. Nr. 1. Der Ausdruck r£tt, plur. rettir, ferner bedeutet zwar allerdings „Gehege für das Vieh“; aber er wird insbesondere auch für die Pferche gebraucht, in welche man bei den soeben besprochenen Fjallgöngur die gesammelten Thiere treibt, um sie hier unter ihre verschiedenen Eigenthümer zu vertheilen, und von hier aus kann dann das Wort, ebensogut wie das Wort Fjallgöngur, auch wohl für das ganze Ge- schäft des Einsammelns der Thiere stehen. In diesem Sinne sagt die Jönsbök, ang. O., 8. 49: „hvert sinn er lögr£tt skal vera & haust“, und bemerkt noch der heurige isländische Kalender zum 13. September: „rettir byrja“; nur in diesem Sinne kann es aber auch in einer vom Verf. 8. v. rett angeführten Stelle der Eyrbyggja heißen: „petta haust ἀξία menn rett fjölmenna“, und erledigt sich damit das von ihm diesen Worten beigesetzte Fragezeichen. Wiederum bezeichnet der Ausdruck frjalsgjai zwar in einigen norwegischen Rechtsbüchern den Frei- gelassenen, in der isländischen Grangans dagegen, soviel ich sehe, immer nur den Freilasser, und in keinem andern Sinne steht er denn auch in der ersten der beiden vom Verf. citierten Stellen. Unter kw ist nicht schlechthin „Stall, Viehgehege* zu verstehen, sondern zunächst nur ein Pferch, welcher, an der einen Seite weit offen, allmählich enge zusammenläuft und welcher gebraucht wird, um das Vieh zusammenzutreiben ; von hier aus wird der Ausdruck dann auch für jede andere ähnlich gestaltete und benützte Örtlichkeit verwendet, und nur in diesem letzteren Sinne wird derselbe in der vom Verf. angeführten Stelle der Eigla gebraucht; nur in diesem Sinne steht ferner auch in der von ihm eitierten Stelle der Vatnsdsla das Zeitwort ad kvia, wie es denn hier augen- scheinlich ein Vorsprung eines Landsees ist, welcher von den Treibern der Schweine als Kvi benützt werden will. Das Wort kvirdr darf nicht mit „Zeugniss, Zeuge“ übersetzt werden, wofür vielmehr die Ausdrücke vättr und vättord, dann vitni oder vetti gelten; richtiger wäre dasselbe durch „Geschworene“, dann Verdict“ oder „Wahrspruch“ zu übertragen und dürfte überdies bemerkt werden, daß Wort und Sache lediglich dem isländischen Rechte eigen, dagegen dem nor- wegischen völlig fremd ist. Der Ausdruck mundr wird richtig erklärt; aber wenn dabei von einer „mödir mundi keypt“ die Rede ist, so hätte doch wohl be- merkt werden sollen, daß diese Bezeichnung, oder die andere „kona mundi keypt‘', technisch die rechtmäßige Ehefrau, beziehungsweise die eheliche Mutter bedeutet,

LITTERATUR. 239

indem in der Erlage des mundr das entscheidende Moment für die Eingehung einer rechtmäßigen Ehe liegt. Unter strütr dürfte nicht eine „spitzzulaufende, goldene Hutverzierung‘ zu verstehen sein, sondern vielmehr eine Binde, gleich- viel von welchem Stoffe; eine solche mochte als Verzierung eines Hutes dienen, und so figuriert sie in der Jömsvikinga s., aber auch als Halstuch (vgl. Eirikur Jönsson, h. v.); von einem weißen Streifen, welcher um ihn herumläuft, trägt ein in der Nähe des Surtshellir gelegener Berg den Namen Strütr, und sonst bezeichnet man mit ihm auf Island heutigen Tages Hunde, welche einen hellen Ring um den Hals auf dunkler Grundfarbe haben: daß das Wort in dieser letzteren Anwendungsweise schon der alten Zeit geläufig war, lässt sich daraus schließen, daß es bereits in einer Strophe des Hallfreär vandredaskäld als Hunds- name auftritt (Fornsögur, S. 106). Die Erklärung der veizla als eines vom Könige an seine Hofleute vertheilten Kostgeldes wird sich denn doch kaum halten lassen; vielmehr bezeichnet das Wort Güter und Einkünfte, welche zu einem lehensähnlichen, wenn auch vom eigentlichen Lehen unterschiedenen Rechte geliehen waren. Den Ausdruck bingınark definiert der Verfasser als „das abge- grenzte Thinggebiet‘‘; was aber unter diesem zu verstehen sei, lässt er unerklärt, und es ist dies um so mehr zu bedauern, da die Geltung des Wortes bisher eine sehr bestrittene war. Dahlmann (Geschichte von Dänemark, II, 8. 207. 8.) will darunter das godord des Häuptlings verstehen, welchem die Dinghegung zusteht, pördr Sveinbjörnsson (Glossar zur Grägäs, h. v.) gar den ganzen Ding- bezirk, und Schlegel will vollends dem Ausdrucke an verschiedenen Stellen eine ganz verschiedene Deutung einräumen (Einleitung zur Grägäs, 8. LXXXIX, Anm.); mir aber will nicht nur diese letztere Meinung völlig unhaltbar vorkommen, son- dern auch keine der beiden ersteren zulässig erscheinen, und zwar schon aus dem sehr einfachen Grunde, weil weder godord noch pingsökn zur Zeit des Freistaates überhaupt geographisch abgegrenzte Bezirke waren. Meines Erachtens ist vielmehr unter dem pingmark die ganze Örtlichkeit zu verstehen, welche den Zwecken der Dingversammlung zu dienen berufen war, also neben dem pingröllr, d. h. der eigentlichen Dingstätte, von welcher dasselbe einmal ausdrücklich unter- scheiden wird (Vigslödi, cap. 57, 85. 96, ed. Arnam.), auch noch der Raum, auf welchem die Dingbuden standen, die Almende, auf welcher die Pferde der Ding- leute weideten u. dgl. m. Nur unter dieser Voraussetzung erklärt sich, daß dem ganzen pingmark derselbe Grad von Heiligkeit beigelegt werden kann, dessen der pingvöllr selber genießt (Vigsl. ang. O.); daß das Verlassen des pingmark als ein Verlassen des Dinges selbst galt (pingskapap. 8. 23, S. 44—5; $. 58, S. 100, ed. Finsen); daß endlich zwei verschiedene Frühlingsdinge in demselben pingmark gehalten werden konnten (pingskapap. $. 83, S. 140; ebenso Kaupab. cap. 66, S. 483, ed. Arnam.), sofern nämlich solche ja auch auf einem gemein- samen pingvöllr zusammentreten mochten (pingskapap. $. 50, 8. 87 u. $. 62, S. 115), und weil die Grenzen des Dingfriedens, der während der Diugzeit galt, durch die Grenzen des pingmark bedingt waren, erklärt sich auch nicht minder leicht, warum bei der feierlichen Dinghegung jedesmal diese letzteren besonders bekannt gegeben werden mußten (pingskapap. $. 56, 5. 97), und warum bei der Wahl einer neuen Dingstütte nicht nur deren Name, sondern auch die Grenzen ihres pingmark am Allding öffentlich verkündigt werden sollten (ebenda, 8. 59, 3. 107—8). Die Grenzen des pingmark bezeichnet aber die Pluralform pingmörk und diese steht denn auch an den beiden zuletzt angeführten Stellen;

210 LITTERATUR,

der Verf. hätte somit nicht diese Bedeutung übersehen, und die letzte dieser Stellen für die Bedeutung „Thinggebiet‘“ citieren sollen. In derselben Bedeutung, also für die Grenzen des pingmark, steht ferner die Pluralform auch in der letzten unter den vom Verf. angeführten Stellen, nicht in der von ihm angenommenen Bedeutung von „formule comitiales“‘. Wenn nämlich die unter dem Namen der jüngeren Melabök bekannte Recension der Landnäma, und ich füge bei auch die ältere Recension der pördar saga hbredu, cap. 1, von einer Hegung des All- dinges „med pessum ordum ok pingmörkum“ spricht, so findet diese Angabe ihre Erklärung in dem durch eine soeben angeführte Stelle der Graugans be- zeugten Gebrauche, bei der Hegung eines jeden Dinges auch die Grenzen seines pingmark besonders anzusagen; der Begriff von formul® comitiales dagegen liegt in dem Worte pingmörk nicht und kann wohl auch seiner Etymologie nach nicht in demselben liegen. Der Ausdruck bingheigi endlich kann zwar unzweifelhaft die Bedeutung „Dingfrieden‘““ haben, welche der Verf. ihm beilegt; das einfache helgi, dann die Zusammensetzungen dagshelgi, fridhelgi, hofshelgi, mannhelgi, örskotshelgi kommen in entsprechendem Sinne vor, und selbst für die Zusammen- setzung pinghelgi lässt sich jene Bedeutung durch Sturlünga, I, cap. 17, S. 30, belegen. Aber an den beiden vom Verf. angeführten Stellen möchte ich das Wort doch lieber in etwas anderer Weise deuten, nämlich als Dingheiligung oder Dinghegung, also in der Bedeutung, in welcher sonst pinghelgun steht. Die Worte „godi s& er pinghelgi ὁ“, können meines Erachtens, wenn pinghelgi hier für Dingfrieden steht, nicht den Sinn „welcher den Dingfrieden zu über- wachen hat“, und überhaupt keinen Sinn geben, wogegen alles in Ordnung ist, wenn ich übersetze: „welcher die Dinghegung hat“, d.h. welchem die Verkün- digung des Dingfriedens obliegt. Daß der Ausdruck wieder andere Male den durch den Dingfrieden geschützten Bezirk, also das pingmark bezeichnet (z. B. „ztladi at verja alla pinghelgina“, in der Sturlünga, I, cap. 20, S. 38 und cap. 23, S. 42; „tjalda & brottu or pinghelgi“, in der Hs»nsapöris s., cap. 14, S. 172; „peirt jöldudu Agst berbergi vid pinghelgi“, in der Ljösvetninga s., cap. 26, 5. 98), bemerke ich nur im Vorbeigehen.

Diese wenigen Bemerkungen mögen als Beleg für das oben Gesagte ge- nügen. Auf eine Bemängelung des großen Verdienstes, welches der Verf. durch diese seine neueste Leistung sich wiederum erworben hat, ist es bei denselben natürlich in alle Weite nicht abgesehen, vielmehr erkenne ich mit Freuden an, welche kräftige Förderung sein Wörterbuch, so zu sagen das erste in deutscher Sprache geschriebene, dem Studium der isländischen Sprache bei uns zu ge- währen verspricht. Aber darauf glaubte ich aufmerksam machen zu sollen, daß es zumal ein genaueres Eindringen in die materiellen Zustände des alten und neuen Lebens im Norden ist, wodurch die Fortschritte auch der altnordischen Lexicographie bedingt erscheinen.

MÜNCHEN. KONRAD MAURER.

241

MISCELLEN.

ZUR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN PHILOLOGIE. II. Briefe von Carl Lachmann und Joh. Andr. Schmeller Ἔν, Il. Carl Lachmann an L. Uhland.

l.

Berlin 8 Oct. 1826. Mein verehrter Herr und Freund,

Es wundert Sie wohl nicht, wenn ich in unsern gemeinschaftlichen Stu- dien um Ihre Unterstützung bitte. Sie wissen, daß ich zu Walther von der Vogelweide lange vorgearbeitet habe: jetzt habe ich den ganzen Apparat zu- sammen, Heidelb. 857. 350., Würzburg. Codex: eine Collation der Pariser be- gehre ich nicht: die Colmarische ist verschwunden: mir fehlt nur die Wein- garter; alle Strophen die sie nicht hat sind schon ins Reine gebracht. Ich glaube mich zu erinnern, daß Sie mir an dem glücklichen Tage, den ich in Stuttgart verlebt habe, sagten, Sie hätten von der Handschrift aus Weingarten Abschrift, und ich frage daher, ob Sie die Güte haben wollen, sie mir auf eine Woche zu leihen. Aber ganz aufrichtig nur unter der Bedingung daß Sie nicht etwa selbst die Absicht haben Wealthers Lieder herauszugeben: in diesem Falle erhalten Sie auf das erste Wort, das ich davon höre, meinen ganzen Apparat und eine reine Abschrift des grösten Theils. Nehmen Sie diese Alternative von Bitte und Anerbieten so einfach als sie mir würklich scheint, und entschließen Sie Sich frei, denn mir ist beides gleich lieb.

Von einzelnen Strophen Walthers außer jenen Handschriften weiß ich nur drei Strophen in Docens Miscellaneen 2, 200. 202. 207, eine in Ulrichs Frauen- dienst (die Sie auch angeführt haben) $. 119. und Stücke von zweien im Liede vom edeln Möringer, Bragur 8, 207. 3, 411 f. Vielleicht haben Sie noch andre bemerkt.

Ihre „Geschichte“, hören wir, naht schon ihrem Ende: Sie glauben nicht wie begierig ich darauf bin. Haben Sie öfter den Gebrauch gefunden, daß der Dichter thut als sei er bei den erzählten Begebenheiten zugegen gewesen? Iwein 5421 (Müller) hat eine Hds. dock hörte ich in niene klagen, 6221 die florentinische Quch nam ich statt Ouch wurden si sin gewar. So auch Eneit 6639. Ecken Ausf. 80 (nach Hagens Heldenb. von 1811). Diese Stellen habe ich zu Beneckens und meinem | gemeinschaftl. Iwein angemerkt, den ich Ihnen längst mit den Nibelungen geschickt hätte, wenn nicht Beneckens Anmerkungen noch fehlten, an denen er aber jetzt arbeitet.

Bekker, der sich Ihrer oft und mit wahrer Liebe erinnert, ist jetzt ver- reist, man weiß nicht genau wohin außer nach Wien, Salzburg und München: vermuthlich geht er jetzt auch nach Venedig. Es ist dismahl eine Vergnügens-

Lachmanns wie auch Schmellers Briefe sind alle mit deutscher Schrift ge- schrieben.

"GERMANIA XI. 16

242 MISCELLEN.

reise mit seiner Frau. Er hat große Lust zu meinem Ferabras aus Wallerstein ich will nur wünschen, daß wir bald dazu kommen.

Hrn. Prof. Schwab bitte ich Sie auf das freundlichste zu grüßen. Ich habe ihm noch nicht einmahl gedankt für die große Gefälligkeit, mit der er sich vor zwei Jahren meiner beinah verlornen Sschen angenommen und mich so schnell getröstet hat. Leben Sie wohl und antworten Sie bald

Ihrem ergebensten C. Lachmann.

2. Berlin 7 Merz 1827.

Ich begreife selbst kaum, mein verehrter Freund, wie ich so unverzeihlich lange versäumt habe Ihnen für Ihre unschätzbare Abschrift zu danken. Es kam aber so. Ihre Abschrift mit dem lieben Briefe kam an und am selbigen Tage eine Abschrift des Weimarischen Codex von Grimms und Beneckens Anmer- kungen zum Iwein, desgleichen von Grimms und Benecke viel Einzelnes zum Walther. Nun hatte ich vollauf zu thbun mit dem Walther und dem Iwein. Ich war in der Arbeit ganz selig über die viele Liebe, zum Antworten war aber keine Zeit. Ich meinte, der Iwein würde noch vor Ende des Jahres fertig und der Walther wenigstens angefangen: mit dem Iwein wollte ich schreiben. Nun ist er bei aufgehaltnem Druck erst jetzt fertig und ein Exemplar davon sammt den Nibelungen an Sie bereits abgeschickt. Wenn es möglich ist, verzeihen Sie mir daß ich durch das Hinhalten des Druckes mich zum Hinhalten der Antwort habe verleiten lassen. Ich kann wohl sagen, ich hoffe daß Ihnen der Iwein gefallen wird, denn das Wichtigste, der Apparat und die Erklärung, ist von Benecke. Einige Anmerkungen, die von mir sind und dem Urtheil Ihrer „Geschichte“ mit Verlangen entgegensehn, werden Sie leicht erkennen. Damit Sie nicht meinen, es würde mich kränken, wenn Sie meine gewissenhaften wenigstens, aber gewiß oft irrigen Untersuchungen widerlegen, will ich voraus- sagen, daß ich auch beim Walther (deßen Anfang eben gesetzt wird) in den historischen Deutungen mich Ihnen nicht selten widersetzt habe. Es hat einen unbeschreiblichen Reiz in die einzelnen Verhältnisse, persönliche und politische, einzugehn, und als ich erst angefangen hatte, bin ich mit immer mehr Lust, je deutlicher mir das Historische ward, in das Studium der Quellen eingegangen und habe die historische Erläuterung aum Hauptgegenstand meiner Anmerkungen gemacht. Wenn Sie hier wären, wie gern hätte ich manches mit Ihnen be- sprochen! Schriftlich kommt immer nicht viel heraus, weil einen immer nur die hingeworfenen plötzlichen halbwahren Einfälle weiter bringen, selten aber das was man sich getraut schriftlich festzustellen.

Ich hoffe Sie nicht mißverstanden zu haben: so haben Sie’s doch gemeint, daß ich Ihre Abschrift bis zur Vollendung des Druckes behalten darf. Ich bin so sicherer nicht zu irren, wenn ich beim Druck noch die Abschrift mit meinem Text und meinen Anmerkungen vergleichen kann. Sobald der Druck fertig ist, kommt auch die Abschrift wieder. Von den freien Reimen bei Walther kann ich mich nicht überzeugen. Die Hds. hat sie ein paarmahl nur und immer gegen mehrere übrigens nicht sehr übereinstimmende Handschriften, so daß ich glaube, es sind meistens Lücken gewesen in dem Original, die der Schreiber der Weing. Hds. nicht geschickt ergänzt hat. Es ist schön daß der Weing.

MISCELLEN. 243

Codex gedruckt wird, aber alle Liederhandschriften sind so nachlässig geschrieben daß wohl ein berichtigter Text nöthig ist, und der Abdruck wird zeigen daß, wenn man die Lieder des 13? Jh. nicht bloß als Sprachdunkmahle lesen will, sondern als Gedichte, das, was ich mit dem gewöhnlichen Ausdruck kritische Constitution des Textes nenne, wohl nötbig ist. Mancher aber versteht mich unrecht und meint, ich spräche den Abdrücken alter Handschriften ihren Werth ab. Hagen zeigt niemand was von seinen Minnesingern gedruckt ist, sagt aber es sei schon viel. Namentlich soll er schon über W. v. d. V. hinaus sein, ich weiß aber daß sein Apparat sehr unvollständig ist. Bekker ist wohl (ob er sich gleich neulich ein Steatoma über dem Auge hat ausschneiden lassen). Grüßen Sie Schwab herzlich von Ihrem . C. Lachmann.

Mein verehrter Freund,

Jetzt endlich kommt Walther zu seinem Herrn zurück: ich meine nicht nur die Abschrift, sondern die Lieder, die erst durch Sie uns andern recht eingeleuchtet haben und mich zu den Anmerkungen gespornt, wenn diese anders etwas gutes enthalten. Daß ich Ihnen darin manchmal widerspreche, werden Sie sicher so aufnehmen wie ichs gemeint habe. Was meine Kritik betrifft, so ist mein höchster Wunsch, Sie mögen finden daß einige Lieder sich jetzt erst in ihrer ganzen Schönheit zeigen, und zugeben, daß, so wenig auch Abdrücke von Handschriften zu tadeln sind, doch, wenn dem Dichter kein Unrecht ge- schehen soll, auch eine eigentlich kritische Behandlung nöthig ist.

Wie begierig bin ich auf Ihr neues Buch! auch zumahl über das was Sie von den Nibelungen sagen werden, an die ich jetzt wieder gegangen bin um den versprochenen Band Anmerkungen zu liefern.

Ich hoffe deutlich zu machen, wo die 20 30 Lieder, aus denen das Ganze besteht, anfangen und aufhören und welche Strophen eingeschoben sind. Die Widersprüche nicht nur werden dadurch beseitigt, sondern hauptsächlich das Motivlose und der Mangel des innern Zusammenhangs. Die Kraft der Samm- ler war allzu schwach, was der Volksgesang nicht ausführte hinzu zu setzen.

Das Bild habe ich unbenutzt gelassen: ich fürchtete, durch das vielfache Copieren möchte vom Charakter des Originals das meiste verloren gehn. Auch bringt ja Laßbergs Ausgabe ein echteres Bild. Es hat mich gleichwohl sehr erfreut und ich schicke es eben so dankbar zurück als die Abschrift.

Bekker arbeitet jetzt am Ferabras: wenn er abgeschrieben ist, werden wir ihn zusammen lesen und dann weiter sehn was sich machen läßt. Wenn Sie einmahl Zeit und Lust haben zu schreiben, so möchte ich gern wissen, ob Otto v. Bodenlaube auch nach der Weing. Hds. (Strophe 2. p. 24 u. MS. 1, 15°) von einem verlornen Schatze sagt Zoche Mt er in dem Rine. Ich glau- | be nämlich, es muß heißen ze Löche nach Nibel. 1077, 3 er sancte in ze Löche allen in den Rän.

Bei der Abschrift muß ich noch entschuldigen, daß sie, obgleich ich sie möglichst geschont habe, doch Spuren davon trägt wie oft ich die einzelnen Blätter umgeschlagen habe. Ich wollte sie erst binden lassen, nur wuste ich nicht ob es Ihnen recht war, Vielleicht ist es etwas zu leichtsinnig, wenn ich

16”

244 | MISCELLEN.

mich damit tröste, daß Sie nach Lafßbergs Ausgabe die Abschrift wenig mehr brauchen werden. Leben Sie wohl, theuerster Freund, und in ungestörter freudig schaffender Kraft. Erinnern Sie Sich zuweilen mit Liebe Ihres ergebensten Berlin 15 Juni 1827. C. Lachmann.

Berlin 20 Oct. 1827.

Die beifolgende Abschrift, mein verehrter Freund, kommt gar zu spät, und ich fürchte Sie werden es für keine Rechtfertigung nehmen, daß ich es erst aufgeschoben habe, weil Sie doch verreisten, und nachher, als ich das Ganze längst fertig war, vergessen abzuschicken. Es thut mir leid, und ich wünsche nur daß Sie keinen Schaden davon haben. Die Reise wird ja doch glücklich und vergnügt beendigt sein, und hat gewiß Hübsches eingebracht, in die poetischen Scheuren gewiß, vielleicht auch in die litterarischen. Nun, das wird sich ja zeigen, je eher je lieber. Ich komme in den Nibelungen nicht recht vom Fleck und habe jetzt seit Monaten wieder aufgehört. Es ist auch besser daß hier das Einzelne mit großen Zwischenräumen von neuem angesehen werde, um nicht immer alles nur von einer Seite her zu sehn. So bin ich denn jetzt wieder an den Parzival gerathen, und habe dabei das Vergnügen daß es nach der langen Vorbereitung und bei schönem Apparat ziemlich geschwind geht. Aber außer den Vorlesungen noch andre Geschäfte lassen mich nur selten ganze Tage ungestört bei Einer Sache und ich finde mich schwer in getheiltes Arbeiten. Mit der Zeit muß man dies aber doch lernen und muß auch etwas fertig werden, sogar auch ein Docenscher Lichtenstein, zu dem ich jetzt würklich Hoffnung fasse.. Heute aber rufen mich andere Sachen ab und ich kann nur eben noch in aller Kürze einen herzlichen Gruß für Sie und für Schwab hinzasetzen und mich Ihrer fernern Freundschaft empfehlen.

Ihr C. Lachmann.

Berlin 16 Aug. 1831.

Mein verehrter Herr und Freund,

Ich habe noch keine Gelegenheit gefunden Ihnen zu Ihrem neuen Wür- kungskreise in Tübingen Glück zu wünschen. Sie können glauben daß ich herz- lich daran Theil genommen habe. Die jetzige Bewegung war freilich damahls noch nicht zu vermuten, die jetzt den gewöhnlichen Gang der Studien wo nicht hemmt, doch wenigstens ändert und unser ganzes Wesen spannt. Möchten Sie beifolgende Kleinigkeiten freundlich aufnehmen! Ich wünschte nichts mehr als daß sie beitrügen Ihr längst ersehntes Werk endlich in die Welt zu bringen. Erinnern Sie Sich zuweilen mit Wohlwollen

Ihres ergebensten C. Lachmann.

MISCELLEN. 245

6. Berlin d. 2. Jan. 1837.

Erst zum neuen Jahre, mein hochverehrter Freund, schicke ich Ihnen mein Buch (wie es J. Grimm nennt) zen Nibelungen. Ich habe es nicht eher geschickt aus Verdruß über die durch Wackernagels Polypragmosyne (niugerni) nöthig gewordene Anmerkung unten auf dem Titel.e Die halbierte Herausgabe hat mir meine Arbeit so widerwärtig gemacht, daß sie mir selbst nicht gefällt und ich ordentlich das Bedürfniß fühle mich dafür loben zu lassen. Wie viel scharfsinniger Sie große Beziehungen zu finden und wie viel anmütiger Sie sie darzustellen wissen, habe ich bei Ihrem Thör lebhaft gefühlt, und bin Ihnen für dieses liebe Buch sehr dankbar. Auch von einer andern Seite bin ich in der letzten Woche immerfort freundlich an Sie erinnert: denn ich habe Flore Blanceflor in Ihrer Abschrift gelesen, die Sie, wie ich höre, Hoffmann ge- schenkt haben. Schade nur daß die Handschrift (nach dem Deutschen und Nieder- ländischen zu urtheilen) zum Theil nur Auszug ist, und einmahl auch (bei dem Gaukler und der Löwengrube) wohl interpoliert. Ich schreibe in diesen Tagen nach Heidelberg um den zweiten deutschen Codex, um das deutsche Gedicht aus beiden in erträglicher Gestalt herauszugeben: das französische über- | lassen wir wohl besser den Franzosen, die zwar, wenn sich auch noch eine vorzüg- lichere Handschrift finden sollte, doch wohl bei ibrer schlechten Kritik bleiben werden. Ich wünsche Ihnen Freude und Heiterkeit im neuen Jahre. Bleiben Sie gewogen Ihrem getreu ergebenen

C. Lachmann.

T.

Berlin 4 Nov. 1848, Mein hochverehrter Freund,

Die zweite Ausgabe vom Walther stellt sich Ihnen mit einem Vorblatte dar, das ganz in demselben Sinne, wenn auch vielleicht mit etwas andern Worten, schon vor der ersten hätte stehn können, wenn mich nicht eine Art jugendlicher Blödigkeit davon abgehalten hätte. Möchten Sie nur mit den Zu- sätzen der zweiten Ausgabe wenigstens nicht ganz unzufrieden sein! Sie sind wenigstens mit Liebe gemacht, und thun mir nur als verlassene Kinder weh, weil ich sehe daß die Fortsetzung, “des Minnesangs Frühling’, wie ich auf Tscherningische Weise die Lieder des 12. Jh. zu nennen vorhabe, in meinem nächsten durch die Läppereien des Rectorats verkümmerten Jahre wohl nicht zu Stande kommen wird. Wenn Sie es wüsten oder Sich bestimmter deutlich gemacht hätten, wie Bekker und ich es schmerzlich empfunden haben, daß Sie nicht entweder nach | Berlin gekommen sind oder uns nach Leipzig beschieden haben, so hätten Sie uns beiden das nicht zu Leide gethau. Und wenns nicht um uns war, so hätten Sie doch wenigstens Ihren (ich kann fast mehr sagen, meinen) Feind Meusebach sehn können, was Sie nicht würde gereut haben. Indessen wir sind noch alle vier jung genug um das Versäumte gut zu machen. Inzwischen empfehle ich mich in herzlichem Zutrauen Ihrem Wohlwollen als

Ihr ergebenster C. Lachmann..

9468 MISCELLEN.

I. Carl Lachmann an K. A. Hahn.

1. Berlin d. 25. Febr. 38. Ew. Wohlgeborn

setzen mich durch Ihr zutrauenvolles Schreiben vom 14. d. in nicht geringe Verlegenheit. Ich möchte Ihnen nicht gern abrathen nach Berlin zu kommen, und doch kann ich auch, unter den Umständen, so weit ich sie kenne, durch- aus nicht zurathen. Sie wissen sehr gut daß man in Berlin theurer lebt als an den meisten Orten in Deutschland. Ohne etwas mitzubringen kann man hier gar nicht anfangen. Denn bei dem großen Andrange und bei der Größe der Stadt und der Zerstreutheit aller Verhältnisse ist es selbst bei den besten Em- pfehlungen schwierig bekannt zu werden, wenn man etwas sucht. Worin Sie unterrichten können, haben Sie mir nicht geschrieben. Unterricht der Kindern oder Studierenden gegeben wird, trägt selten mehr ein als 5 Sgr. die Stunde: zu einer besseren Bezahlung gehört schon Ruf. Nur Musikunterricht und in neuern Sprachen wird so bezahlt daß er lohnt; aber auch nicht, wenn der Unterricht nicht ausgezeiehnet | oder der Lehrer nicht bekannt ist. Das An- erbieten des Abschreibens werden Sie bei näherer Betrachtung ganz aufgeben. Abschriften, die einen kundigen Schreiber verlangten, kommen selten vor: für gewöhnliches Schreiben ist Ihre Hand nicht zierlich genug, zu sparsam, vielleicht auch zu wenig rasch; und wer will Zeit und Kräfte mit dem Schmieren ver- derben, wo man doch mehr haben kann? Das Einzige möchte sein, daß Sie nicht ohne einige Baarschaft herkämen, Sich durch einige wenig einbringende Stunden hälfen, dann aber so bald als möglich das Schulamtscandidaten-Examen machten; wo Ihnen dann freilich noch ein einjähriger Dienst ohne Bezahlung bevorstünde. Die Ausnahme der Zulassung der Ausländer ist häufig genug, aber, wie Sie wohl sehen, auch dieser Weg eben nicht lockend. Er hat den Vorzug, daß Sie durch Examen und | den Probeunterricht bekannt werden und so zu einem Verdienst noch wohl eher Mittel finden. Auf andern Wegen gelingt es wenigen: und daß auch auf jenem außer Kenntnissen auch noch Geschick und Gewandtheit nöthig ist, versteht sich in einer großen Stadt von selbst. Als ich vor 22 Jahren hieher kam, war das Gedränge noch nicht so groß, ich war promoviert, konnte ein Buch fast fertig vorlegen (den Properz) hatte als frei- williger Jäger gedient, ward mit den bedeutendsten Männern schnell ohne mein Verdienst bekannt, und doch muste ich jenen Schulweg machen, freilich damahls noch ohne das Probejahr, welches erst später eingeführt ist. Sie schrei- ben mir nichts Ähnliches, das Ihnen etwa zu Gute kommen könnte: es wäre möglich, daß etwas der Art Ihre Aussichten günstiger machte.

Sie sehen daß ich Ihnen aufrichtig geschrieben habe, weil ich glaubte Ihr Vertrauen, das mich sehr gefreut hat, nicht durch ungegründete Anreizungen zu einem zum wenigsten zweifelhaften ®Unternehmen teuschen zu dürfen. Ich bin aber gern erbötig Ihnen auf weitere Anfragen Bescheid zu geben, und bitte Sie mir ferner Ihr Vertrauen zu schenken, als

Ihrem ergebensten C. Lachmann.

MISCELLEN. 947 2.

Berlin Charlottenstr. 40 den 9. Aprill 1843.

Mein lieber Herr Doctor, ich bin Ihnen für mehrere Gaben den Dank schuldig geblieben, aber nicht aus Undankbarkeit oder Mangel an Theilnahıme: die Nachlässigkeit wird Ihre Freund- schaft entschuldigen. Daß ich etwas gegen Sie habe, hätten Sie nicht daraus schließen sollen: im Gegentheil freue ich mich Ihrer Sorgfalt und Ihres Fleißes. Freilich möchte ich manches gern anders haben. Nicht nur hätten Sie für Ihr Leesebuch *) einen besser gedruckten Text des Iweins haben können, wenn Sie michs hätten wissen lassen (nun werden Sie ihn mit neuen Anmerkungen erst in „mehreren Wochen bekommen: warten Sie darauf, und schaffen ihn sich nicht etwa an, wenn er nach der Unart der Buchhändler eher im Laden zu haben sein sollte), sondern ich hätte auch gern gesehen, wenn ich das Buch statt des theuren von Wackernagel hätte zu Vorlesungen brauchen können; dann aber müste die Rücksicht auf die Geschichte der Poesie der grammatischen vorge- zogen sein. Das ist es überhaupt worauf Sie wohl mehr aus sein müssen, eine größere vollständigere Auffassung, und nicht die Lust an kleinen wenig bewür- kenden Bemerkungen. So genügt mir Ihre Darstellung der sprachlichen Eigen- heiten des Strickers**) nicht, weil sie mehr allerhand Auffallendes zusammen- trägt als mich lehrt wieweit dieser Dichter eine Besonnenheit und Absicht in seiner Kunst gehabt hat, ob etwa zu dieser Zeit mehr | als zu jener. Das würde sich bei Auffassung größerer Massen und bei mehr Vollständigkeit ge- zeigt haben. Ein anderes Beispiel. Was soll ich mit Ihrer Bemerkung anfangen, daß doch bei Gottfried von Straßburg wohl klingende Verse von 4 Hebungen sein mögen? Sind die angeführten Beispiele alle, oder sind es wenigstens die gefährlichsten? Bei dem einzigen etwas scheinbaren sind nicht einmahl die an- gegebenen Varianten berücksichtigt. Die Frage war, Müssen sie corrigiert werden? oder bat Gottfried sich einmahl einen Fehler entwischen lassen? Wenn das letz- tere, ist das eigentlich wisesenswerth? Man müste es denn in einen Zusammen- hang mit etwas auders bringen. Sind sie aber zu corrigieren, was ist an solchen kleinen Berichtungen gelegen? Der bloße Zweifel, es könnte so oder so sein, giebt keine Befriedigung und giebt nichts zu lernen. Zur Entscheidung gehörte eine ausführliche Betrachtung der zweisilbigen Auftacte bei Gottfried. Dieses Unfertige, das sich noch oft in Ihren Arbeiten findet, macht sie weniger würk- sam und erfolgreich als sie es bei dem großen darauf verwandten Fleiße ver- dienten. Diese wahrhaftig wohl gemeinte Erinnerung haben Sie mir, durch den Argwohn daß ich wohl etwas gegen Sie hätte, abgedrängt, weil der Argwohn mich rührte und so zur vollen Wahrheit brachte. Übrigens weiß ich recht gut daß Sie mich auf der Stelle nicht ganz verstehen werden, weil jeder Mensch des andern Reden erst in die ihm geläufigen übersetzen und sich so sein Theil Wahrheit daraus nehmen muß. Das werden Sie aber meinen Worten wohl an- sehn daß | ich Ihnen nicht damit weh thun will, sondern Sie nur auf den Fleck

Übungen zur mhd. Grammatik. Mit Anmerkungen und einem Glossar. Von K. A. Hahn. Frankfurt a. M. Brönner, 1843. Pf.

**) Kleinere Gedichte von dem Stricker. Herausgegeben von K. A. Hahn. Quedlin- burg und Leipzig. Gottfr. Basse. 1839. Pf.

248 MISCELLEN,

weisen wo Sie Sich selbst und Ihrer Würksamkeit nach meiner Ansicht schaden Ich scheue mich daher auch gar nicht an die Erinnerung eine Bitte zu knüpfen. Der Dr. Emil Sommer, dessen Gute Frau Sie kennen, eine sehr schöne Arbeit, hat sich mit dem Flore des Flecke näher beschäftigt und wünscht das Gedicht mit Vergleichung des französischen u. s. w. herauszugeben. Da ist nun die Frage, die ich gern bald von Ihnen beantwortet sähe, ob Sie die Güte haben wollen ihm die Heidelbergische Handschrift zu vergleichen. Er würde Ihnen eine Ab- schrift der hiesigen zuschicken, in welche Sie dann so gütig wären die Heidel- bergische mit anderer Tinte hinein zu tragen. Ich mache dabei zur Bedingung daß Sie mich wissen lassen mit wieviel man nicht Ihre Gefälligkeit aber Ihren Fleiß und Zeitverlust Ihnen einigermaßen vergelten könnte: daß Sie es richtig und prompt erbielten, würden Sie meine Sorge sein lassen. Eine baldige und günstige Antwort würde ich nicht nur als einen Beweis Ihrer Freundschaft an- sehen, sondern auch darin die Versicherung finden daß Sie das was ich hier geschrieben so wie es gemeint ist aufgenommen haben. Ich sehe aus Ihrem Lesebuch daß Sie angefangen haben zu docieren, und wünsche Ihnen dabei den besten Erfolg. Bleiben Sie freundlich gewogen Ihrem getreuen C. Lachmann.

II. Johann Andreas Schmeller an Hoffmann von Fallersleben.

l. Nach Breslau. München 3. April 1831.

Es gibt manchmal Tag und Stunden im Leben, wo man die tausend kleinen Geschäfte, die, mit ihren Aufängen und Enden verwirrt in einander greifend, keine rechte Besinnung aufkommen lassen, mit Gewalt wegwirft, um einen Augenblick blos Mensch zu seyn.

Was in solchen Momenten der Erholung mich am meisten stärkt und er- hebt ist die innerliche Aufzählung der Guten, mit denen ich mich freuen darf auf irgend eine Weise, besonders aber auf geistige Art in Berührung gekommen zu seyn. Alle Zeichen eines oft unverdienten Wohlwollens, das sie mir ge- schenkt, gehen an mir vorüber, aber, statt Lust, Schmerz erregend, wo ich mich schuldig zu finden glaube, den wenn auch herzlich gefühlten Dank zu seiner Zeit nicht gehörig ausgesprochen zu haben. Und es drängt mich, ohne weitern Aufschub nachzuholen das Versäumte, selbst auf die Gefahr, daß solch ein ganz unerwarteter Anlauf einige Verwunderung errege. Also kurz ver- ehrter Mitarbeiter im Weinberge des Herrn, diese Zeilen wollen nichts weiter, als ihren Schreiber neuerdings so gut als möglich rehabilitieren vor Ihren Augen. Und glückt ihnen dieß, so ınögen sie noch die Bitte anbringen, daß es Ihnen gefällig sey, auch bey Ihrem Freunde, dem wahrhaft wackern Wackernagel, von dem ich ungewiß bin, ob Er fortwährend mit Ihnen dieselbe Stadt bewohnt, mir das Wort zu reden.

Ihre Fundgruben sind ganz was der Name besagt und noch etwas mehr. Das meiste was sie liefern ist ja schon durch das Blähaus einer sinnigen Kritik gegangen und glänzt uns als reines Metall entgegen.

Bis übers Jahr hoffe ich eine klare Übersicht auch der hiesigen Schätze zu haben u. geben zu können. Indessen siud die Arbeiten des Amtes den Privat-

MISCELLEN. 249

arbeiten sehr breit in den Weg getreten. Noch immer ist der 3te Theil des bayr. Wört.b. nicht über 6 S hinaus, u. auch das Glossar zum Höliand steht erst am J. Dazu manche Unbehaglichkeiten der Vierziger Jahre, so daß mich manchmal die Sorge beschleicht, es möchte dieß u. das ungeschlossen übrig bleiben. Doch, nur nulla dies sine linea, das Weitere babe ich nicht zu ver- antworten.

Nun denn, wiederholt sey an Sie u. Wackernagel der herzlichste Gruß

An Hrn. Prof. Unterholzner Ihres Verehrers gelegentlich alles Schöne & Gute. Schmeller. 2. Nach Breslau. München 8. July 1832 Tag der Grundsteinlegung zum neuen Bibliothekgebäude.

Ihre werthvollen Geschenke erhielt ich gerade zur Feyer des ersten May, u. sie haben dieselbe nicht wenig erhöht. Daß ich nicht, wie sichs gebührt hätte, den Empfang u. meinen herzlichen Dank u. die Bestellung des an H. v. Aufseß Gerichteten sofort versichert, darf ich auf Rechnung eines Buchdruckers setzen, der mich seit Wochen auf einen besondern Abdruck des in Buchners Neuen Beyträgen erschienenen alliterierenden Bruchstücks, das ich Ihnen bey- legen wollte, warten u. noch immer vergebens warten läßt.

Die rastlose Thätigkeit, die schon durch so viele dem großen Publicum zu gut kommende mührvolle Arbeiten beurkundet, muß ich wahrhaft bewundern. An solchem Maße darf ich, wenn ich nicht den Muth verlieren will, meine Kräfte nicht messen. Um nur ein paar bestimmten Aufgaben zu genügen, für deren Vollendung allerley körperliche Mahnungen Besorgniß erwecken, sehe ich mich gewissermaßen verpflichtet, alles was irgend außerhalb des Weges liegt, wäre es auch noch so lockend, unaufgenommen zu lassen. 80 habe ich, was meine Privatzeit betrifft, damit diejenige meiner Unternehmungen, die, wenn nicht an sich, doch in meinen Augen den meisten Werth hat, nicht etwa ein Bruchstück bleiben möchte, die Zugabe zum Heliand mitten in der Arbeit ab- gebrochen, um vorher den dritten u. letzten Band des bayr. Wörterbuchs fertig zu bringen. Noch ist mir dieses nicht gelungen; doch bin ich, da nur noch die Buchstaben W. und Z. zu überarbeiten sind, nun endlich im Falle, den Druck anfangen zu lassen.

Den weit größern u. bessern Theil meiner Zeit, die Bibliothekstunden, nimmt, unter allerley Nebengeschäften, die dringende Beschreibung der zahl- reichen deutschen Handschriften in Anspruch. Binnen Jahresfrist hoffe ich diese Masse in der Art gewältigt zu haben, daß ein nach Nummern u. nach Ma- terien geordneter Catalog, auf dessen Druck ich antragen werde, und der bey der Mannichfaltigkeit des Vorhandenen gewissermaßen ein Repertorium der pro- typographischen deutschen Literatur seyn wird, vielerlei vereinzelte Fragen mit Einem Male abthun kann.

Hr. Prof. Maßmann, der durch Ihren Gruß a. die Durchsicht des „deut- schen Kirchenliedes“ sehr erfreut war, läßt Sie freundlich entgegen grüßen.

Empfehlung an Hrn. Prof. Unterholzner.

Bleiben Sie mit Nachsicht und Wohlwollen zugethan

Ihrem dankbaren Schmeller.

250 MISCELLEN.

Nach Breslau. (München 1833.)

Es ist der erste May, aber nicht der freundliche von 1832, wo sich unter blauem Himmel, in lauer Luft, durch die begrünteren Zweiggewölbe des englischen Gartens, frische Blumen des Blumenmarktes und unverwelklicher hoffmannischer Forschung u. Dichtung in der Hand, ein einsamer aber seliger Morgenspaziergang machen ließ. Dießmal kein solcher Himmel, kein solcher Spaziergang, u. dazu noch das Gefühl, fortwährend Schuldner zu seyn für so gediegene Gaben, und zum Bezahlen nur meinen guten Willen zeigen zu können, indem ich Bagatellen sende, die für sich sonst kaum einen so weiten Weg finden würden.

Dieser Tage hat Lachmann seinen Wolfram v. E. geschickt. Eine Arbeit beider würdig. So erhalten wir allmählich alle unsere ältern Klassiker in ge- nießbarer Form; Schade, daß das Publicum dafür noch so klein, u. im allge- meinen noch so Kotzebueisch gesinnt ist. Einige Schuld mag auch die Vornehmheit der Herausgeber tragen, die es unter ihrer Würde halten, das ungewohnte u. so wie es ist, unverdauliche Futter, durch Glossare etc. etwas klein zu schneiden*). Wenn Sie dabey an den Heliand denken müssen, so halte ich die Bemerkung vor, daß ich vor Beendigung des bayr. Wrtbchs, das wol niemand nach meinem etwaigen Hin- gang, an Kindesstatt annehmen möchte, alle andern einigermaßen verschiebbaren Privatarbeiten suspendiert habe. Es ist nun gottlob auch der letzte Theil des- selben druckfertig, und der junge Cotta hat zu bestimmen, wann damit ange- fangen werden solle.

Maßmann ist auf Verlegung unsers Kronprinzen nach Neapel, Rom und Mailand gereist, um was sich dort noch an Altdeutschem, Angelsächsischem, Gothischem unausgebeutet findet, nachzulesen und auf den heimatlichen deut- schen Boden zu bringen. Er hat sogar in Sierakowsky’s Fiacsimile der napoli- tanischen gothischen Unterschriften bedeutende Unrichtigkeiten gefunden. Wer Auge u. Hand so, wie M., geübt hat, wird bessere Nachbildungen liefern.

So viel der Spürgeist unserer Tage aufgraben mag, so wird wol doch auch für folgende Geschlechter noch genug zu finden, zu sichten, zu bessern bleiben. Und das ist unsern Nachkommen zu gönnen, denn auch sie werden vielleicht oft mehr Werth legen auf das Finden, als auf das Gefundene.

Doch ich gerathe auf Betrachtungen, die mich zu oft beschleichen bey meinem stillen Thun u. Treiben, besonders wenn ich von der Gasse den Ruf „Hafen binden!“ höre, und meine Thätigkeit mit der des Mannes vergleiche, der sie mit diesen hohlen Worten anbietet u. anempfiehlt.e Neue Töpfe zu machen ist freylich dankbarer. Glücklich preise ich die es können u. so auch Sie. Bleiben Sie dafür gewogen Ihrem Verehrer

| J. A. Schmeller.

*) Diese Ansicht von einem Manne wie Schmeller hier schon ausgesprochen zu finden, gereicht mir zur grösten Genugthuung, insofern sie mit wörtlicher Übereinstim- mung genau dasselbe sagt, was ich seit Jahren als den Hauptgrund bezeichnet habe, der die Verbreitung unserer Textausgaben in weitern Kreisen verhindert hat.

Pfeiffer.

MISCELLEN. 251

4. Nach Wien. München 1. May 1834.

Für die freundlichen Geschenke, was sich ohnehin versteht, meinen herz- lichen Dank.

Ich freue mich auf die Stunde, in der es mir vergönnt seyn soll, Sie persönlich kennen zu lernen. Es wird da über mancherley zu sprechen geben. Namentlich finden wir vielleicht Mittel u. Wege, Jacobs v. Maerlant Alexander in die niederländische u. wol auch deutsche Welt zu schaffen. Ich habe vor ein paar Jahren mit einem Mitglied der holländ. Akademie, s Gravenweert (dieß ist, mein’ ich unnachgesehen, sein Name) darüber correspondiert, aber seitdem nichts weiter vernommen. Vorläufig hab’ ich auch eine Abschrift des Gedichtes besorgt.

Unter unsern übrigen Sachen werden Sie auch das in den Fundgr. er- wähnte deutsche medicinische Buch aus dem XIV Jhrh. finden.

Aus St. Florian hat mir Hr. Stülz durch meinen Freund u. Hausherrn Prof. von Martius neulichst die Abschrift eines Blattes des auf mehrern hie- sigen vorkommenden lateinischen Gedichtes Ruodlieb gefälligst zugesendet. Soll- ten Sie erst von Wien aus nach St. Florian kommen, so bäte ich, Hrn. Stülz verbindlichst zu danken u. das Originalblatt näher ins Auge zu fassen, um etwa später zu entscheiden, ob auch dieses aus dem Codex, dem die hiesigen an- gehörten, herrühre *). Mich interessiert diese seltsame Production des Mittel- alters sehr.

Wegen einer Wohnung kann ich mich natürlich nicht eher umthun, als bis ich von Ihnen bestimmt Nachricht erhalte über die Woche, in welcher die Freude haben wird, Sie zu begrüßen Ihr Schmeller.

δ. Nach Breslau. München 10. Merz 1837.

Lieb war mirs, nach dem Abschiedszuruf aus dem Fenster des Tübinger Gasthauses a°. 34, im J. 37 wieder einmal einen Gruß aus Breslau zu erhalten. Gleich dacht’ ich, mein Pesther **) hat wol irgend ein desiderium. Die durch Prof. Maßmann überbrachten Beylagen, namentlich die zwölf Schlesinger v. 1829 ***) sahen mich an wie Mahnboten an schon für frühere Gaben schuldige Dankbar- keit. Und so können Sie denken, wie bereitwillig ich gestimmt war zu Gegen- gefälligkeiten, die etwa im Brieflein gewünscht seyn möchten.

Jedoch, und ich schäme mich nicht sehr, es zu gestehen, etwas unerwartet kam mir das Verlangen nach Mittheilung des St. Ulrich und des Alexander, gerade zweyer Unica, die, wie Sie denken können, auch Ihr Münchener Collega zu, würdigen weiß. Wenn er, minder glücklich als Sie an Ihrer längst geordneten u. wenig zu thun gebenden Bibliothek, all seine Zeit und geringe Kraft vor

*) Ich hatte bereits Abschrift genommen, welche später Moriz Haupt in Wien drucken ließ in: Exempla poesis latinae medii aevi,

**) Bezieht sich auf eine der vielen Geschichten, womit ich Schmeller auf unserer Reise zu ergötzen pflegte. Ein ‚Wiener begrüßt einen Ungarn: “Wie geht es Ihnen, mein Bester?’ worauf dieser antwortet: ‘Bin ich nicht Pester, bin ich Stuhl- Weißenburger.

ἘΠΕῚ Meine “Monatschrift von und für Schlesien.’

202 MISCELLEN.

der Hand der dringenden Arbeit des Verzeichnens und Ordnens, also der näch- sten Berufspflicht widmen muß, so hat er bisher sich durch die Hofnung trösten und stärken zu dürfen geglaubt, daß ihm wenigstens in der Folge etwas mehr Zeit und noch einige Kraft übrig seyn werde, an einigen nicht eben dringend nach Erlösung schreyenden Dingen, die er vorgefunden, etwas von den süßen Herausgeber-Freuden erleben zu können. Und so liegt er, wie ein neidischer Hund auf solchem Plunder u. knurrt Jeden an, der auch nur darauf hin sieht, gleich meinend, man wolle ihn an jenen süßen Freuden verkürzen. Der Arme spiegelt sich nicht an dem Beyspiele des Nächsten. Er bedenkt nicht, daß man, wenn er irgend ein in sein Fach einschlägiges Anecdoton der Breslauer Biblio- thek sich ausbitten wollte, es ihm ohne anders entgegen tragen würde. Was aber noch unverzeihlicher ist, der Beschränkte erwägt nicht, daß, ohne Rück- sicht auf locale u. drgl. Verhältnisse, schon im Interesse der Wissenschaft, in solchen Dingen der Rüstigere, Tüchtigere ein natürliches Recht über den Schwä- chern hat.

Doch, halt! Das war Nachmittagsschwatz. Nun ein Wort zum Vormittags- Freund H.

Daß sich nichts Altsächsisches gefunden, ist mir unlieb. Iudessen was ich nicht habe, brauche ich nicht zu geben. Das alts. Glossar ist bis auf die 3 letzten Buchstaben fertig u. soll nach Beendigung des Druckes vom b. Wörter- buch, also künftigen May, unter die Presse kommen.

Was die Übersendung des Cod. germ. 94*) betrifft, so wird sie, selbst unter diplomatischer Vermittelung, Schwierigkeit haben, da die hiesige Staats- bibliothek (sie ist verschieden von der Universitätsbibliothek, die sich allerdings in diesem Punkte so liberal als ihre Schwestern erzeigen mag) Unica in der Regel nicht den Wechselfällen einer Versendung preisgiebt. Meine Abschrift des Maerlant’schen Alexander ist, wie Sie wol von selbst errathen, zum Zwecke einer gelegentlichen Herausgabe gemacht worden. Sie bedarf aber noch einer strengen Collation mit dem Original. Diese habe ich, bis sich eine bestimmte Möglichkeit des Abdruckes, etwa durch niederländische Dazwischenkunft **) zeigt, noch immer verschoben. Sollten Sie selbst im Falle seyn, einen Verleger dafür auszuspüren, so bin ich nicht entgegen, mit Ihnen Herausgeber-Gemeinschaft zu machen, Ich liefere den Text, Sie machen ein Glossar u, weitere Brühe dazu. Was aber den Wunsch, Ihnen die Abschrift zu sonstigem Gebrauche auf einige Zeit zu übersenden betrifft, so nehme ich, durch zwei leidige Fälle gewitzigt, einigen Anstand, sie den Buchhändlerweg gehen zu lassen, u. auf der Post sind die Kosten verhältnißmäßig bedeutend. Ich erwarte deshalb be- stimmtere Weisung.

%

*) Ist nachher von Schmeller herausgegeben unter dem Titel: St. Ulrichs Leben, lateinisch beschrieben durch Berno von Reichenau, und um das Jahr 1200 in deutsche Reime gebracht von Albertus. München. lit.-artist. Anstalt. 1844. 8. (XXV. 70 SS.)

*%*) Das ist denn auch endlich geschehen. Bis jetzt erschien: Jac. van Maerlant, Alexanders geesten; met inleiding, varianten van hss. aanteekeningen en glossarium, op gezag van het staatsbestuer en in naam der koninglyke Akademie van wetensehappen, enz., voor de eerste maal uitgegeven door Ferdin. Augustijn Snellaert, Tome 15, Bruxelles, 1861. 8. 447 pp. 3 Rihlr.

MISCELLEN. 253

Durch Cholera und Influenza leidliich durchgekommen hat doch große Ursache bessere Tage zu wünschen Ihr Schmeller,

(Randbemerkung zu Cod. germ. 94): Durch Dr. Eml. Braun haben W. Grimm u. v. Laßberg Abschrift erhalten.

Nach Breslau. München 10. Aug. 1837. Verehrter Freund

Herr Assessor Juppe bringt mir einen Gruß von Ihnen, den ich hiemit dankbar erwidere.e. Was in der Eile mitgeht, wird weder den Hrn. Assessor noch Sie beschweren, es ist leichte Waare. Den Schluß des b. Wrtb. darf ich nicht beylegen, da es ohne den Anfang eine gar schlechte Gabe wäre, ich diesen auch nicht mehr vorräthig habe. Das Glossar zum Heliand ist endlich zu Drucke gediehen. Die Bibliotheksarbeiten sind gar zu ausschließend und er- drückend. Nun kommt noch das Übersiedeln in das neue Gebäude. Doch hoffe ich standhaft auf bessere, müßigere Zeiten.

Doch es sollte in der Eile ja nur ein Gruß seyn von

Ihrem Schmeller.

II. J. A. Schmeller an L. Uhland.

München, 18. Aug. 1837. Verehrter Herr u. Freund!

Beim Herannahen der Ferien meine Schreibmappe durchmusternd stoße ich auf ein Blatt, das ein ziemliches Stück eines an Sie gerichteten Dank- sagungsschreibens für die freundliche Mittheilung der Mythe vom Thor enthält. Das Datum ruft mir die Zeit zurück, in .der ich nebenan Frau und Kind an der Cholera liegen hatte und auch in der eigenen Haut schon etwas von der Russo-Asiatin zu spüren vermeinte. Ich weiß nicht, warum, aber ich begreife, wie überhaupt damals die Epistel nicht zu Ende kommen mochte.

Wenn man sich den dunkeln Mächten einmal so leibhaft nahe glaubt, verlieren die luftigen Gestalten und Namen, die der spielende Menschengeist ihnen beygelegt, gar viel von ihrem Reize. | Und doch hat eben Ihre Darstel- lung uns jenes großartige sinnbildliche Volks- Epos des Nordens vom Werden, Wirken und Vergehen der Welt und ihrer Kräfte freundlich und anschaulich genug gemacht. Und damit mögen wir zufrieden seyn, da von früheren, aus welchem auch diese in ihrem Dogmatismus schroffen und abenteuerlichen Phan- tasiegebilde hervorgegangen seyn dürften, kaum mehr irgend schriftliche Kunde zu hoffen ist. Hätten wir nur auch v. Lappen, Finnen, Letten, Slawen wenig- stens so viel und so Altes, wie vom germanischen Norden*).. Am Ende mag alles mit aus Asien gekommen sein. Doch da schwankt’ der Boden, man schwindelt.

*) Von Anfang bis „Norden“ bereits abgedruckt in „Uhlands Leben“, Stuttgart, bei Cotta 1865, 8. 258. Pf.

254 MISCELLEN.

Wie sich auch der Gang und Übergang solcher Vorstellungen historisch verhalten möge ) immer wird man zu irgend einer Zeit v. der Natur ausge- gangen sein. |

Verzeihen Sie, daß was ich, wie gesagt schon rechtzeitiger zu thun im Begriffe gewesen, erst jetzt geschieht, und bleiben Sie und Ihre treffliche Frau Gemahlin gut Ihrem Verehrer

J, A. Schmeller.

V. J. A. Schmelleran GK Frommann. 1. München 18. October 1838.

Verehrter Herr Doctor,

Das werthe Geschenk (Herbort) ist mir schon im Frühjahr zugekommen, und daß ich erst im Spätjahr dafür danke, bedarf wol vieler Entschuldigung. Ich wollte nicht schreiben, ehe ich das Buch, das besonders durch die Anmer- kungen auch für die Wörtergeschichte ergiebig geworden ist, gehörig durch- gangen hätte. Und immer war Dringenderes dazwischen getreten.

Sie haben dem guten Fritzlarer eine Sorgfalt zu theil werden lassen, die sich ein größerer Dichter nicht in reicherm Maße wünschen kann. Gerne mag man jenem zu gute gekommen sehen daß Sie an ihm Ihre Tüchtigkeit zu solchen Arbeiten erproben wollten. |

Da sich Jacob von Maerlant, der Dichter einer Alexandreis, gestorben im J. 1300, auf ein „Dietsch van Troien“ beruft, so könnte man denken, er habe Herbort’s Arbeit gekannt und diese gemeint, wenn nicht jener selbst auch diesen Gegenstand in Reime gebracht hätte. Auch damals schon citierte man lieber sich selbst als andere, und es ist außerdem die Frage, ob ein Niederländer seine Landsleute auf ein hochdeutsches Product hätte anweisen dürfen oder mögen.

Ich enthalte mich für diesmal in Einzelnes einzugehen; diese Zeilen sollten nur meinen ungebührlich verspäteten Dank nachholen und die Hofnung aus- sprechen, die da hegt, bald von andern Ihrer Arbeiten zu erfahren,

Ihr ergebenster J. A. Schmeller.

Müuchen 16. Febr. 1852. Verehrter Freund.

Nach dem, womit das Vorwort zu Prof. Rückert's Wälschem Gaste be- ginnt freute ich mich denken zu können, daß Sie in der freundlichen Geburts- stadt einer zwar von der frühern verschiedenen aber Sie ganz befriedigenden Thätigkeit sich hingegeben haben.

Ihr freundliches von vorgestern nimmt mir diesen wohlthuenden Glauben; und je mehr mich Ihr Vertrauen erhebt, desto drückender ist mir das Ge- ständniß das ich ablegen muß, daß auch ich im Sinne Ihres Schreibens keinen Rath weiß. Hr. Dr. Gutbier schreibt Ihnen, die Professur für deutsche Sprache und Litteratur an der hiesigen Universität sei erledigt. Daß dies nicht der Fall, muß ich, der bis zur Stunde mit derselben betraut ist, am besten wissen.

MISCELLEN. 255

Vielleicht schloß er darauf aus einer, so viel mir bekannt, ohne Wissen der Universität und vielleicht selbst des einschlägigen Ministers an W. Wackernagel ergangenen Berufung, | zu welcher ich möglicher Weise durch nicht eben officielle Äußerungen, daß mir bei zunehmendem Alter diese Nebenfunction zusehends beschwerlicher falle, Anlaß gegeben haben kann. Nach Dr. Maßmanns Abgang war diese ....*) zwei Jahre lang unvertreten. Dann wurde, um doch etwas für sie zu thun, mir aufgetragen sie, so weit es mein sonstiger Amtsberuf zu ließe, zu übernehmen gegen eine „Functionsremuneration“ von jährlichen 400 ἢ. Die Zahl der Zuhörer für ein Fach, das nicht zu den Brod versprechenden gehört, ist wie überall, eine äußerst geringe, manches Semester kaum ein halb Duzend.

Wie wenig glänzend eine der Art Professur sey, dennoch sind hier in München selbst ein paar jüngere Männer, die ein Auge auf sie haben; einer derselben, Hr. Alexander Vollmer, hat sich, wie ich sicher weiß, schon vor län- gerer Zeit, förmlich, um sie beworben. Wird mir die Last abgenommen, so werde ich froh seyn, und um so froher als tüchtiger der Mann ist durch den es geschieht.

Tentare licet. Wenden Sie sich geradezu an unser „Ministerium des In- nern für Kirchen- und Schulangelegenheiten.“ Es ist immer gut, für sich er- gebende Fälle, wenigstens vorgemerkt zu sein. Es wäre ja möglich, daß man nicht blos für München, sondern auch für andre Orte im Lande in diesem Zweige etwas gethan wissen möchte.

Mögen Sie, das Vertrauen das Sie mir geschenkt, hiemit durch ähnliches erwidert finden von Ihrem ergebensten

J. A. Schmeller.

VI. J. A. Schmeller an Franz Pfeiffer.

München 10. Februar 1846. Verehrter Freund.

Wenn ich, was mir leider öfter wiederfährt, vergessen habe den richtigen Empfang freundlicher Sendungen anzuzeigen, 80 sei dies nun sowohl was die d. Mystiker als was die Marienlegenden betrifft, hiemit nachgeholt. Von meinem herzlichen Danke spreche ich nicht, denn daß ich ihn hege, trauen Sie mir wohl ungesagt zu. Die Mystiker hatte, als sie eben angekommen, R. v. Raumer bei mir gesehen und sich zur Durchsicht ausgebeten, indem er Lust habe derlei Erscheinungen in den hiesigen Anzeigen zu besprechen. Als er nach etwa acht Tagen, in welchen er bei Präsidenten von Roth gewohnt hatte, nach Erlangen abgieng und mir das Buch wieder brachte, zeigte er sich noch ganz jenem Vor- estze getreu, nur bemerkte er, daß dergleichen mit ins Theologische einschla- gende Materien von der Redaction mit einiger Bedenklichkeit betrachtet würden. Diese hält sich nemlich, seit der Dämon der Controverse wieder losgelassen ist, so wie die übrigen eigentlichen Facultäten, insondert die Theologie möglichst vom Leibe. In der That drohen die jüngsten Erscheinungen nahe und ferne die unbefangene Würdigung solcher Denkmäler, wie sie noch vor Kurzem mög- lich war, mehr und mehr zu verkümmern. Es ist als sei das Mittelalter kein

*) Unleserliches Wort. Pf.

256 MISCELLEN.

außer uns liegender Gegenstand der Betrachtung mehr, sondern es sei leibhaft in und unter uns wieder erstanden.

Sie bieten die Marienlegenden in einer Gestalt, die sie jedem Freunde eines netten heitern Buches schon äußerlich empfehlen muß: und mancher der die Texte altfränkisch, | und nicht verständlich genug finden mag, wird schon seine Freude haben an den Inhaltsangaben, deren Haltung auch mich z. B. viel freundlicher anspricht als der Styl Kaltenbaecks in seinen österr. Marien- sagen. Auch die deutschen netten Buchstaben lassen Einem ganz eigens hei- melich zu Muthe werden. Sie sehen, mir macht schon das Äußere Lust, mich in das Innere zu vertiefen, wozu die Mystiker mit ihren langen, gedrängten, absatzlosen Zeilen weniger einzuladen im Stande sind. Bei diesen meine ich auch wieder die Erfahrung zu machen, daß mein, freilich geschwächtes, Auge von deutscher Druckschrift mit ihren vielen größern Anfangsbuchstaben, die als so viele Anhaltspunkte wirken, weit weniger angegriffen wird. In diesem Punkte bin ich ein Conservativer, was auch seit unserm guten Docen gegen die großen Anfangsbuchstaben polemisirt worden seyn mag. So lobe ich mir das althergebrachte bequeme Format unsrer Allgemeinen Zeitung, wie sehr sie in dieser Hinsicht gegen die ungehäbigen englischen, französischen, selbst spa- nischen Blätter abstechen und zurückgeblieben scheinen möge. Europäische Gleichförmigkeit scheint mir durch das Opfer von Eigenheiten, die im Großen wenig Störendes aber für die opfernden dennoch eine fühlbare Bedeutung haben, zu theuer erkauft. Mir sollte es leid thun, was ich auch gegen Grimm ausge- sprochen habe, wenn das versprochene deutsche Wörterbuch in solcher euro- päischer Schrift und Orthographie aufträte.

Gerne wende ich, durch die Druckmuster belehrt, auch in Hinsicht des Absetzens des elegischen Verses mich wieder dem Herkömmlichen zu. Selbst das Spatium nach der Cäsur wird besser wegbleiben. Meine Vorschläge haben über- haupt keinen andern Zweck als 1. Anschaulichmachung des oft kunst- und schwie- rigkeitreichen Baues unsrer Carmina und 2. möglichste Ersparung des Raumes. Dazu wird unter den bewußten Mustern bald A, bald B u. 5. f. besser geeig- net sein, was in jedem einzelnen Fall dem von Ihnen gebilligten Ermessen des Setzers überlassen sein soll ἢ).

Ihr ergebenster Schmeller. Das Porto des in Sachen des lit. Vereins geführten Briefwechsels wird ohne Zweifel vom Vereine getragen. Darum frankire ich nicht.

Die Schlußstelle des Briefes bezieht sich auf den Druck der „Carmina Burana“ (— Bibliothek des liter. Vereins. Bd. XVI. Stuttg. 1847), dessen Überwachung mir da- uals als Vereinssecretär zukam. Pf.

ARTDUS.

VON

ADOLF HOLTZMANN.

Eine vollständige Geschichte der Rittergedichte, welche von König Artus, den Rittern der Tafelrunde und dem heiligen Grale erzählen, kann in unsern Tagen noch nicht geschrieben werden. Ich wenigstens bin nicht im Stande es zu thun. Es fehlt dazu noch an dem Noth- wendigsten; die Gedichte selbst und die dazugehörigen Prosaromane sind noch nicht zugänglich gemacht. Zwar in Deutschland mit Ein- schluß der Niederiande sind die wichtigsten Rittergedichte in guten Ausgaben veröffentlicht, und die noch ungedruckten sind jedenfalls nicht von solchem Belang, daß ihr Mangel die Untersuchung wesent- lich beeinträchtigen könnte. Nur eines wird noch schmerzlich vermisst, eine brauchbare Ausgabe des Titurel. In vieler Beziehung ist es zu beklagen, daß wir dasjenige Rittergedicht, das im 14._und 15. Jahrh. beı uns das beliebteste und verbreitetste war, noch nicht lesen können; es fehlt uns damit eines der wichtigsten Mittel, um den Geschmack, die Ansichten, die Gefühle, die Kenntnisse unserer Vorfahren kennen zu lernen; ganz unentbehrlich aber ist dieses Gredicht für denjenigen, der über die Geschichte der Artusromane ins Reine kommen will.

Unsere deutschen Artusgedichte sind insofern von untergeord- neter Wichtigkeit, als sie nur Übersetzungen romanischer Originale sind; aber sie gewinnen den Werth von Originalwerken, weil die ro- manischen Originale entweder noch nicht bekannt oder gänzlich ver- loren sind. Ulrichs Lanzelet, eines der wichtigsten aller dieser Ge- dichte, tritt an dıe Stelle des verlorenen romanischen Gedichts. Das von Wolfram im Parzival bearbeitete Gedicht ist so völlig verschollen, daß die heutigen Gelehrten Frankreichs behaupten, es sei niemals vorhanden

gewesen, und der Provenzale Guiot sei eine Erfindung Wolframs. GERMANIA XII. 17

258 ADOLF HOLTZMANN

Es sind also, wie es scheint, die ältesten und wichtigsten, fran- zösischen und provenzalischen Rittergedichte verloren gegangen. Aber auch die noch vorhandenen sind großentheils nicht herausgegeben; und die französischen Prosaromane, die nur durchzulesen eine schwere Greduldsprobe ist, die aber in der Entwicklung der Geschichte des Königs Artus ein wichtiges Moment bilden, müßen in den Hand- schriften studiert werden, nachdem die alten, nicht einmal genügenden Drucke längst fast ganz verschwunden sind.

Es werden ferner lateinische Bearbeitungen der Artusgeschichten erwähnt, die sich angeblich in Handschriften des zwölften Jahrhunderts in englischen Bibliotheken finden sollen. Sie sind leider noch nicht ge- druckt. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß die in England ge- schehene Umbildung der Gralssage auf einer verlorenen lateinischen Schrift eines gelehrten Theologen beruht.

So ist also deutlich, daß es für eine Geschichte der Rittergedichte am Nothwendigsten gebricht; das unentbehrliche Material ist zum Theil noch nicht zugänglich, zum Theil noch nicht entdeckt oder für immer verloren. Dazu kommt noch eine andere Schwierigkeit. Die Ritter- gedichte von König Artus sind in den verworrenen Knäuel der bri- tischen Urgeschichte verwickelt. Es hat in neuerer Zeit einer der britischen Pseudokelten es geradezu ausgesprochen, daß es ihm sehr pedantisch vorkomme, die Wahrheit mehr zu lieben als das Vater- land. Nach diesem Grundsatz sind fast alle Geschichtschreiber und Dichter der Kymren verfahren, seit im zwölften Jahrhundert Galfrid von Monmouth einen so schönen Anfang gemacht hat. Zwar sind diese Patrioten keineswegs darauf bedacht, ihren Erfindungen durch Übereinstimmung den Schein der Wahrheit zu geben und die Art, wie der eine den Ruhm des Vaterlands höher schätzt als die Wahr- heit, ist eigentlich nicht zu vereinigen mit der Art, wie der zweite dasselbe thut, aber sie selbst finden in diesen kleinen Widersprüchen kein Arg, und so ist nun durch vielhundertjährigen Patriotismus in der wälschen Litteratur ein derartiges Gewebe von einander wider- sprechenden Erzählungen und Behauptungen, Erdichtungen und Fäl- schungen entstanden, daß es fast unmöglich scheint, den Knäuel zu entwirren, und daß in Folge davon manche deutsche Gelehrten, die nun einmal eine unüberwindliche Vorliebe für alles Verworrene haben, wie verzaubert auf die uralte Weisheit und ganz absonderliche Bildung der Briten hinstarren, und daß selbst nüchterne und hochverdiente Forscher ihre sonst bewährte Besonnenheit verlieren, sobald sie von den Kymren und ihrer Litteratur, oder überhaupt von Kelten, echten und unechten, zu sprechen haben. Ich bin aber nicht im Stande, in

A.

ARTUS. 259

die Irrgänge dieses Labyrinthes einzugehen, weil ich, ohne genügende Kenntniss der Sprache, auf Berichte und Übersetzungen angewiesen bin. Wie wenig aber diese genügen, ja wie sie oft ganz irre führen, hat ein in Deutschland noch wenig beachtetes Buch gezeigt, auf das ich hier gerne verweise. Es ist „Taliesin or the Bards and Druids of Britain, by D. W. Nash, London 1858.

Wenn ich also theils wegen mangelnder Hülfsmittel, theils wegen mangelnder Kenntnisse nicht im Stande bin, die Geschichte des Ritter- romans im weitesten Umfange zu behandeln, so darf ich doch hoffen, einzelne Punkte des weiten Gebietes besser zu beleuchten und einzelne Fragen richtiger zu beantworten, als es bisher geschehen ist. Und die erste, zugleich freilich die wichtigste aller dieser Fragen ist die nach der Heimat des Ritterromans. Zu der Beantwortung dieser Frage will ich zunächst einige vorbereitende Untersuchungen vorlegen.

Nachdem man längere Zeit zwischen verschiedenen Ansichten über die Herkunft des Ritterromans geschwankt hatte, hat man sich jetzt in Deutschland und Frankreich allgemein bei der Lehre beruhigt, die hauptsächlich von San Marte in seiner Schrift, die Arthur-Sage, Quedlinburg 1842, und später von de La Villemarque, les romans de la table ronde, 3°” edit. Paris 1860, vorgetragen wurde. Danach ist die Heimat des Ritterromans bei den britischen Völkern, insbesondere bei den Kymren in Wales zu suchen, bei den fälschlich Kelten ge- nannten frühsten Bewohnern Englands. Die Nationalsagen der alten Briten, zum Theil in Wales erhalten, zum Theil mit den ausgewan- derten Bretonen in das alte Armorica verpflanzt, und dort weiter aus- gebildet, sind die Grundlage und der Inhalt aller der zahlreichen fran- zösischen Gedichte und Prosaschriften, welche von Artus und seinen Helden erzählen. Das steht so fest, daß daran in Deutschland und Frankreich kein Mensch zweifelt. Und dennoch muß ich mir erlauben zu fragen, ob denn diese Ansicht wirklich fest begründet ist. Zur Recht- fertigung eines so kühnen Unternehmens mache ich meine Leser auf den bedenklichen Umstand aufmerksam, daß jene Lehre in England selbst, wo sie doch am meisten interessieren muß, und wo sie am gründlichsten untersucht werden kann, keineswegs die allgemeine ist, sondern von den anerkanntesten Gelehrten wie ein überwundener Stand- punkt, wie eine abgedroschene Redensart kaum noch der Beachtung werth gefunden wird. In dem angeführten Buche von Nash werden 5. 326 die prosaischen Überlieferungen der Kymren betrachtet, und dabei werden ausdrücklich die Geschichten von Artus von der Be- trachtung ausgeschlossen, weil diese keine echten britischen Überlie-

17 *

260 ADOLF HOLTZMANN

ferungen seien. „We speak here only of those romances which do not treat of the exploits and adventures of Arthur, for it is evident that the genuine Welsh traditions knew no more of Arthur than they did of the Druids“. Der Verfasser hat nämlich vorher gezeigt, daß die britische Überlieferung durchaus Nichts wisse von Druiden. Ganz in gleichem Sinne wie Nash hat sich früher Thomas Wright ausge- sprochen, und dieser ist doch ohne Zweifel der gelehrteste Kenner des britischen Alterthums.

Es ist eine unbestreitbare Thatsache, daß die erste uns erreich- bare Erzählung der Geschichte des Königs Artus oder Arthurus sich bei einem englischen Schriftsteller findet, bei dem bekannten Galfrid von Monmouth; und ebenso sicher und unbestreitbar ist die Thatsache, daß die großen Prosaromane vom Gral, von Merlin, von Lanzelot, von Tristan in England verfasst sind. Aber folgt daraus, daß die erzählten Geschichten selbst auf britischen Überlieferungen beruhen? kann der Stoff, soweit er nicht reine Erfindung ist, nicht von auswärts gekom- men sein?

Im Allgemeinen und ehe man die Gründe der herrschenden An- sicht erfahren hat, darf man sich wohl darüber wundern, ja man kann sogar darüber erstaunen, daß der Ritterroman bei den Briten zu Hause sein soll. Bis dahin waren die Bildungselemente der Völker Europa’s die christlichen, die kirchlichen und die römischen und in geringer Bei- mischung die germanischen und die eigenen historischen Überlieferungen. Mit den Rittergedichten gewinnt plötzlich und räthselhaft auftretend ein fremdartiges, ganz neues Bıldungselement großen Einfluß. Man sucht nach einem Volke, das durch eine eigenthümliche und bedeutende Cultur einen solchen Einfluß erlangen konnte. Und kann man nun glauben, in den sogenanten Kelten Großbritanniens dieses Volk gefunden zu haben? Berechtigen die wirklichen historischen Berichte, nicht die einheimischen Träumereien, den alten Briten eine solche bochgesteigerte, eigenartige Bildung zuzuschreiben ? Nicht im Geringsten. Und selbst wenn Spuren einer eigenen, nennenswerthen Cultur des vorrömischen Englands vor- handen wären, müßte nicht diese nationale Bildung unter der langen Herrschaft der Römer, unter der Zucht der christlichen Kirche von der lateinisch-christlichen Bildung völlig verdrängt worden sein? Ist von einer solchen Cultur bei Gildas, bei Beda irgend ein Zeugniss zu finden? und kann der große Lügner Galfrid auf andere als ganz un- verschämt erlogene Beweise einer solchen Cultur hinweisen? Und den- noch soll nun plötzlich im zwölften Jahrhundert von Wales aus eine höhere, feinere Bildung sich in breiten Strömen über ganz Europa ergießen? Ist das nicht zum Erstaunen?

ARTUS. 261

Und der Geist dieser neuen Cultur ist der ganz neue Geist des Ritterthums. Nichts vorher hat diesen Geist geathmet, und man ver- gleiche nur irgend ein Werk der geistlichen Poesie der früheren Zeit, oder selbst der einheimischen nationalen Poesie, etwa eine beliebige französische chanson de geste der früheren Periode, oder auch das Nibelungenlied oder die Gesänge der Edda mit einem Rittergedicht von Artus, und man wird zugestehen müßen, daß nicht nur der be- handelte Stoff ein ganz fremdartiger, sondern auch die Behandlung, die Gefühle, die Sitten, kurz der Geist, den es athmet, ein ganz an- derer ist. Und dieser Geist des Ritterthums soll also bei den sogenann- ten Kelten Großbritanniens zu Hause sein

Es ist wahr, daß man das Ungeheure dieser Consequenz längst empfunden hat. Nur der Stoff der Rittergedichte, sagt ınan, sei von den Kymren entlehnt; aber der Geist des Ritterthums sei französisch und erst in den französischen Bearbeitungen seien die Artusromane zu Rittergedichten geworden.

Aber das ist doch nur eine Ausflucht, deren Unwerth man zu- gestehen muß. Wenn der Geist des Ritterthums französisch ist, so muß er sich doch zuerst in nationalen Werken ausgeprägt haben, ehe er fremde Stoffe sich assimilierte.e Das ist aber durchaus nicht der Fall. Die einheimische Poesie der Franzosen athmet den Geist des ger- manischen Heldenthums, freilich zuweilen in einer Entartung, die bis zur Rohbheit und Verwilderung geht; aber das altgermanische Heiden- thunmı ist sehr wesentlich verschieden von dem Ritterthum der Artus- gedichte. Diese sind die ersten Producte und Zeugnisse des neuen Geistes; sie waren die Lehrbücher, aus denen die Franzosen ebenso- wohl, wie später ihre darin nicht sehr gelehrigen Schüler, die Deut- schen, den Geist des Ritterthums, mit seinen conventionellen Begriffen von Ehre, seiner Pflege der Poesie und seiner galanten Verehrung der Frauen kennen lernten. Sie können daher nicht von den Franzosen er- halten haben, was diese erst aus ihnen empfiengen; sie müßen da zu Hause sein, wo das Ritterwesen zu Hause ist. Wo aber ist die Heimat des Ritterwesens? Die Frage wird noch verschieden beantwortet; aber darüber gibt es keine Verschiedenheit der Ansichten, darin sind selbst die Kymren einverstanden, daß diese Heimat nicht bei den alten Briten zu suchen ist.

Wenn nun trotz dieser sich aufdrängenden Bedenken der Ritter- roman einstimmig und ohne alle Widerrede den alten Briten zugewiesen wird, so muß diese Ansicht auf sehr schlagende, sehr überzeugende Beweise gegründet sein. Und in der That, die Thatsachen, auf welche

2602 ADOLF HOLTZMANN

sie sich stützt, sind völlig überzeugend und jeden Zweifel niederschla- gend, wenn es nämlich Thatsachen sind. Diese Thatsachen sind aber folgende zwei. Erstens: die kymrischen Originale, aus deren Be- arbeitung die französischen Gedichte entstanden, sind noch vorhanden. Zweitens: Die Helden der Rittergedichte, insbesondere Erek, Iwein, Lanzelot, Parzival und vor Allem Artus selbst sind Personen der bri- tischen Geschichte.

Was das erste betrifit, so ist die Rede von den Mabinogion, welche herausgegeben sind von der Lady Charlotte Guest unter dem Titel „The Mabinogion from the Llyfr Coch o Hergest and other ancient Welsh mannuscripts, with an English translation and notes.“ London. 1838 u. fig. in drei Bänden. Wir verdanken dem unermüd- lichen Eifer San Marte’s eine vollständige Übersetzung dieser Erzäh- lungen und der Anmerkungen der Herausgeberin: doch hat diese Über- setzung vielleicht nicht die Verbreitung gefunden, die sie verdient, weil sie nicht sowohl veröffentlicht, als vielmehr in verschiedene Bücher als Beigabe versteckt wurde. In der oben angeführten Schrift: die Arthur- sage, 1842 erschienen: 1. Die Dame von der Quelle (Iwein), 2. Peridur, Sohn des Evrawc (Parzival). 3. Geraint, Sohn Erbins (Erek). In der Schrift „Beiträge zur bretonischen Heldensage, von San Marte, Quedlin- burg 1847“ erschien: 4. Arthurs Eberjagd, Kilhwch und Olwen oder ‘der Twrch Trwyth. Endlich in San Marte’s Übersetzung von Stephens Geschichte der wälschen Litteratur, Halle 1864, wurden die noch feh- lenden mitgetheilt, nämlich 5. Pwyll, Fürst von Dyred. 6. Branwen, die Tochter des Llyr. 7. Manawyddan, Sohn des Llyr. 8. Math, Sohn des Mathonwy. 9. Der Traum des Maxen Wledig. 10. Lludd und Lilevelys. 11, Taliesin. 12, Der Traum des Rhonabwy.

Von diesen Erzählungen berühren sich bloß die drei ersten mit bekannten Rittergedichten, und es wird nun in allen unsern Litteratur- geschichten unbedenklich angenommen, daß die Dame von der Quelle unserm Iwein, der Peredur unserm Parzival, der Geraint unserm Erek zu Grunde liege. Aber was berechtigt zu dieser Annahme? Kann nicht das Verhältniss das umgekehrte sein? können nicht die französischen Rittergedichte in die wälschen Mabinogion verwandelt worden sein? Jene drei Erzählungen stehen in einem Manuscript, welches nach dem Urtheil der Sachverständigen etwa um 1370 geschrieben sein soll, das aber am Ende sogar noch Gedichte des 15. Jhds. enthält. Daß also die Erzählungen vor dem Ende des 14. Jhds. schon vorhanden waren, kann nicht bewiesen werden. Von einer der übrigen Erzählungen, Taliesin, kennt man den Verfasser, Thomas ab Einion, der um 1260

ARTUS. 263

gelebt haben soll. Ein Dichter Namens Jevan, der gegen 1380 lebte, wird im Allgemeinen als Verfasser der Mabinogion bezeichnet. Von N. 4 Arthurs Eberjagd lässt sich nachweisen, daß sie im zwölften Jahrhundert bekannt war, aber daß sie schon im zehnten Jahrh. vor- handen gewesen sei, ist mit der Stelle bei Nennius $. 73 nicht zu beweisen, da einmal dieser Anhang nicht zur Schritt des Nennius ge- hört, und zweitens das Manuscript, auf das man sich beruft, nicht dem zehnten Jahrh. angehört, wie wir weiter unten zeigen werden. Es ist sehr glaublich, daß die Erzählungen nicht alle das gleiche Alter haben, aber daß jene drei Erzählungen, die hier allein in Be- tracht kommen, schon vor den im zwölften Jahrh. entstandenen Ritter- gedichten vorhanden gewesen seien, ist durchaus unerwiesen.

Auf eine Beweisführung aus innern Gründen einzugehen, ist nicht wohl rathsam, wenn man nicht das wälsche Original dabei zu Grunde legen kann. Doch ist wenigstens bei der dritten dieser Erzählungen, beim Geraint, auch in der Übersetzung noch deutlich zu erkennen, daß sie eine französische Grundlage hat, wie dieß San Marte selbst zugesteht. Im Rittergedicht Erec erscheint ein König von Irland, Guivreiz le pitiz. Im Geraint heißt es von ihm: „Gwiffert Petit ist er von den Franzosen genannt, aber die Wälschen heißen ihn den kleinen König.“ Damit ist die Sache deutlich, gerade so wie aus einer Triade, wo von Llawnslot dy lac die Rede ist, deutlich sich ergibt, daß Lanzelot kein britischer Held ist, sondern den Briten durch die Franzosen, die ihn Lancelot du Lac nannten, bekannt wurde.

Man wird also zugestehen müßen, daß jene erste Thatsache keines- wegs gesichert ist, und daß eine Lehre, die sich auf nichts stützt, als auf diese angebliche Thatsache, jedes sichern Grundes entbehrt. Aber um so besser scheint es mit der zweiten Thatsache zu stehen. Wir lassen die untergeordneten Personen vorerst bei Seite, und beschäftigen uns nur mit der Hauptperson, dem König Artus. Damit sind wir nun zu der Frage gelangt, deren Beantwortung der eigentliche Gegenstand unserer Untersuchung sein soll; war König Artus wirklich ein histo- risch nachweisbarer König in England?

Die Sache scheint keinem Bedenken zu unterliegen, alle unsere Geschichtschreiber, auch Lappenberg, zweifeln nicht an der wirklichen Existenz dieses Königs. Dennoch hat er nie gelebt, dieser angebliche König Artus von England ist ein Erzeugniss der Poesie, der Lüge, der Fälschung.

Ich schicke voraus, daß die Form des Namens in den englischen Büchern nicht Artus ist, sondern Arthurus. Es wird später zu unter-

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suchen sein, wie sich diese beiden Namen zu einander verhalten. Es ist nicht unmöglich, daß es wirklich zwei verschiedene Namen zweier wohl zu unterscheidender Personen waren, und daß mit den Namen auch die Personen vermengt und vereinigt wurden. Hier haben wir vorerst nur mit dem englischen Arthurus zu thun. Nichts ist beglau- bigter als dieser ritterliche König, Alles was er that und sprach, alles was von seinen tapfern Rittern auf ihren wunderbaren Fahrten aus- geführt wurde, alle die Befreiungen gefangener Fräulein, alle die Aber- teuer in verzauberten Schlössern, alle die Kämpfe mit fürchterlichen Riesen und kurz der ganze Inhalt der Artusromane wurde von den dazu angestellten Hofhistoriographen, deren Namen uns sogar auf- bewahrt sind, nach den Erzählungen der Helden selbst wörtlich und vollständig aufgezeichnet, und diese ganz authentischen Referate wurden im Reichsarchiv des Königs Artburus zu Salesbury aufbewahrt, wo sie von den Verfassern der großen französischen Romane gefunden wurden. Ja man hat sogar noch eine von Arthurus ausgestellte Ur- kunde, worin er die Privilegien der Universität Oxford bestätigt. Freilich wenn wir weder Romane noch gefälschte Urkunden be- fragen, sondern wirkliche Geschichtschreiber, so sieht es um die Be- glaubigung des Königs Arthurns sehr misslich aus. Gildas, Beda, die angelsächsische Chronik wissen durchaus nichts von dem glänzenden Hofe und den erstaunlichen Thaten dieses Königs, dessen Name ihnen gänzlich unbekannt geblieben ist. Ist nicht damit schon die ganze Frage entschieden? Nicht nur nennen sie ihn nicht, sondern sie lassen auch für jbn und sein Reich durchaus keine Stelle übrig in Raum und Zeit. . Wenn dieses Schweigen derjenigen Geschichtschreiber, die den König Arthurus nothwendig nennen müßten, bereits entscheidend ist, so gibt gerade derjenige Schriftsteller, der die Geschichte desselben zuerst erzählt, ein positives Zeugniss dafür, daß man von diesem seinem Helden in England durchaus nichts wusste, Galfrid sagt ausdrücklich, daß man bis auf ihn von König Arthurus in England nichts gewusst habe, und daß er diese Kunde nicht in England, sondern in einem fremden aus Frankreich kommenden Buche gefunden habe. Ausdrücklich bemerkt er, daß seine gleichzeitigen Geschichtschreiber von England nichts von den einheimischen Königen schreiben konnten, weil sie das Buch, das ihm Walther von Oxford aus der Bretagne gebracht habe, nicht besäßen. Also im Lande selbst wusste man nichts von König Arthurus. Obgleich nun meines Erachtens durch jenes Schweigen und durch dieses positive Zeugniss vollständig erhärtet ist, daß es einen König

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ARTUS. 265

Arthurus in England nicht gab, so wollen wir doch umständlich alle die Quellenschriften, die von Arthurus sprechen, betrachten und prüfen. Und ich beginne diese Rundschau mit den Annales Cumbriae, weil diese von Vielen als das einzige zuverlässige Denkmal betrachtet werden, auf dessen Angaben sie unbedingtes Vertrauen setzen. Sie sind zum erstenmal herausgegeben in den Monumenta hist. Brit. 1848, S. 830 folg. Erhalten sind sie in drei Handschriften, von denen die eine nur bis zum Jahr 954 führt, die andere aber bis zum Ende des )3. Jalhrhun- derts. Man nimmt nun an, die erste Handschrift A sei wirklich um 954 geschrieben, und was die andern mehr enthalten, seien Fortsetzun- gen und spätere Zusätze. Nun finden sich folgende Einträge, wobei zu bemerken ist, daß nach einer Aera gerechnet wird, deren erstes Jahr ohne völlige Sicherheit als das Jahr 444 bestimmt wird. Annus LXXII (also 516?). Bellum Badonis in quo Arthur portavit crucem Domini nostri Jesu Christi trıbus diebus et trıibus noctibus in bumeros suos, et Brittones victores fuerunt. [In illo proelio ceciderunt Colgrinus et Radulphus Anglorum duces.] Das Eingeklammerte sind Zusätze und Lesarten der andern Handschriften.

Annus ΧΟΠΙῚ (= 537?). Gueith Camlann in qua Arthur et Me- draut corruere [Bellum Camlam in quo inclitus Arthurus rex Britonum et Modredus proditor suus mutuis vulneribus corruerunt].

CXXIX (= 573°). Bellum Armterid [inter filios Elifer et Guen- doleu filium Keidiau, in quo bello Guendoleu cecidit, Merlinus insanus effectus est].

UXXXVI (= 580°). Guurci et Peretur [filii Elifer] moritur.

CLI (= 5953). Dunaut [filius Pabo] moritur.

Wenn diese Ansätze wirklich im Jahre 954 geschrieben sind, so ist damit allerdings erwiesen, daß die Geschichte des Königs Arthurus, im Wesentlichen so wie sie Galfrid erzählt, schon im zehnten Jahrh. in England bekannt war, und also wirkliche Geschichte ist. Und dabei macht es keinen Unterschied, ob man den Text von A allein liest, oder auch die eingeklammerten. Es zeigt sich, daß nicht etwa B die Fabel zu der in A entbaltenen Geschichte hinzufügt, sondern daß A eben dasselbe im Sinne hat, was in B stebt. Der erste Ansatz bezieht sich auf die historische, von Gildas erwähnte Schlacht am Berge Badon. Bei Nennius wird bei der achten Schlacht gesagt: Arthur portavit imaginem Sanctae Mariae perpetuae virginis super bumeros, und erst die zwölfte Schlacht ist in monte Badonis. Aber schon Wilhelm von Malmesb. sagt: postremo in obsessione Badonici montis (was an Gildas erinnert, annus obsessionis Badonici montis) fretus imagine Dominicae

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matris quam armis suis insuerat. Auch Galfrid 9, 4 erzählt von der Schlacht ad pagum Badonis: Humeris quoque suis clypeum (adaptat), in quo imago sanctae Mariae dei genitricis impicta ipsam in memoriam ipsius saepissime revocabat. Also die Annalen unterscheiden sich von allen andern Berichten dadurch, daß sie statt des Bildes der Jungfrau Maria das Kreuz erwähnen. Dies ist deutlich genommen aus einer späten Interpolation des Nennius, wonach die Stelle lautet: ın quo Arthur portavit imaginem [erucis Christi et] Sanctae Mariae semper virginis super humeros suos. [Nam Arthur Jerosolimam perrexit et ibi crucem ad quantitatem salutiferae crucis fecit et ibi consecrata est, et per ires continuos dies jejunavit, vigilavit et oravit coram cruce Dominica, ut ei Dominus victoriam daret per hoc signum de paganis quod et factum est.] Die Annalen, auch schon im Text von A, gründen sich also auf die spätesten Interpolationen des Nennius, und kennen nicht nur die Geschichte des Arthur, wie sie Galfrid erzählt, sondern auch den Zug nach Jerusalem, von dem Galfrid noch nichts weiß. Die Annalen sind daher nicht im zehnten Jahrh. geschrieben, sondern lange nach Galfrid, wahrscheinlich erst im 13. Jahrh. Beiläufig_ sei bemerkt, daß der eingeklammerte Satz von Oolgrin und Radulf aus Galfrid 9, 4 genommen ist, wobei Radulphus falsch geschrieben ist für Baldulphus. Erwähnung verdient noch, daß die Annalen zum Jahr 665 setzen: bellum Badonis secundo.

Der zweite Ansatz handelt von dem Tode Arthurs und zwar ganz nach Galfrid oder den spätern Romanen. Von der Schlacht von Camlan, Cambula bei Galfrid, und von Arthurs Neffen Modred gab es bis jetzt keine historische Kunde, und Galfrid selbst findet nöthig, 11,1, besonders zu bemerken, daß diese Nachrichten aus dem fremden Buche genommen, also bis dahin unbekannt gewesen seien. Es ist also sicher, daß auch die Annalen diese Kunde nur aus Galfrid, oder viel- mehr aus den spätern Romanen schöpfen, weshalb sie auch den Namen nicht Cambula schreiben, sondern Camlan, wie er in den spätern wäl- schen Gedichten und Fabelgeschichten lautet.

Der dritte Ansatz zu 573 könnte ın A auf eine historische, sonst unbekannte Schlacht bezogen werden. Da nun aber diese Schlacht auch bei Galfrid nicht vorkommt, wohl aber sehr berühmt ist in den wäl- schen Gedichten und Fabeln, bei den Barden und in den Triaden, und da überall eben dasselbe von dieser Schlacht gemeldet wird, was der Zusatz von B enthält, so hat auch der Schreiber von A gewiss nichts anders gemeint, als eben diese Schlacht der Bardenlieder, in welcher Guendoleu fiel und Merlinus wahnsinnig wurde. Könnte dar-

ARTUS, 267

über noch ein Zweifel obwalten, so wird er zerstreut durch den An- satz zu 580: denn Guurci und Peredur und der zu 595 angesetzte ᾿ Dunaut sind lauter Figuren der spätern Bardenphantasie. Es mögen einige Nachweisungen genügen. Bei San Marte: die Sagen von Merlin, werden die prophetischen Gedichte Merlin’s, die erst im 13. Jahrh. entstanden sein können, erläutert; in allen wird der freigebige Guend- dolau gepriesen und sein Tod in der Schlacht von Arderyd beklagt. Im Gespräch zwischen Merlin und Taliesin erscheinen die sieben Söhne des Ellifer. In den Triaden kommen vor the sons of Eliver, Gwrgi, Peredur, Dunawd Bwr, the songs of Pabo, bei San Marte S. 148. In der vita Merlini, die dem 13. Jahrh. angehört, erscheint ebenfalls der in den Annalen zu 580 erwähnte Peredur. Die Angaben von der Schlacht von Arderit und den Helden derselben führen uns in eine Sagenwelt, die selbst Galfrid noch nicht kannte. Allerdings in unsere Ausgaben der Historia regam Britanniae ist einmal Peredur mab Eridur, IX, 12, wahrscheinlich kein anderer, als der obenerwäbnte Peredur filius Elifer, und ebenda einmal Danaut map Papo, der oben genannte Dunaut; aber dies sind höchst wahrscheinlich Interpolationen, da sie auch im Tysylio fehlen. Die Hoffnungen der Briten auf Vertreibung ihrer Unterdrücker, der Sachsen, knüpften sich anfangs an angebliche Götteraussprüche, welche diese selbst vor ihrem Auszuge erhalten hatten, wonach ihre Herrschaft 300 Jahre dauern sollte, Gildas 23; später ließ man sich diese Hoffnungen durch Merlin, den man in einem orientalischen Buche gefunden und zum Nationalbriten adoptiert hatte, durch untrügliche Prophezeibungen bestätigen; so bei Galfrid und schon bei Nennius; als aber die Kämpfe um die Unabhängigkeit erst nach Galfrids Zeit lebhaft geführt wurden, war dieser Merlin eine beliebte Person, von dessen Prophezeihungen man immer mehr zu sagen wusste. Es war endlich nicht mehr möglich, alles was von Merlin gesagt wurde, an eine Person zu knüpfen, und so unterschied man zwei Merline, und es ist der zweite, Caledonius, der in der Schlacht von Arderyt wahn- sinnig wurde und dessen im Wahnsinn ausgestoßene prophetischen Worte um so wirksamer sein mußten, als bei einem Wahnsinnigen nicht an Betrug gedacht werden kann. Also diese ganze dem 12. und 13. Jahrh. angehörige Sagenbildung ist bereits dem Verfasser der An- nalen bekannt, und es bleibt nichts anders übrig, als entweder die ganze Geschichte Arthurs sammt ihren spätesten Auswüchsen und die ganze Sagenbildung von Merlin als historisch bezeugte Thatsachen hinzunehmen oder zuzugeben, daß die Annales Uambriae, auch im Texte A, erst im 13. Jahrh. geschrieben sind. Ich meinerseits stehe

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nicht an, mich für das letztere zu entscheiden Darin bestärkt mich noch die Wahrnehmung, daß die Annales für das sechste Jahrh. gar keine eigenen Nachrichten haben, sondern Alles aus der Chronik des Tigernach nnd aus Beda nehmen. Es haben also diese Angaben der Annalen über Arthur durchaus keinen historischen Gehalt; sie sind erst im 13. Jahrh. zu einem der leergebliebenen Annus willkürlich bei- geschrieben. Vielleicht gehören zu diesen aus der Sage genommenen, historisch werthlosen Ansätzen auch 565 [Navigatio Gildae in Hybernia] und 570 Gildas [Britonum sapientissimus] obiit. Auch für die Zeit- bestimmung wirklicher Ereignisse möchte ich diesen Annalen keinen zu großen Werth beilegen, wenigstens für die ältere Zeit. Nichts konnte bei der Einrichtung derselben leichter geschehen, als daß der Abschreiber die nicht näher bezeichneten Annus nicht genau zählte und einen Eintrag nach oben oder nach unten um Jahre oder auch Jahrzehende verschoh.

Es ist mir fast betrübend, dieses Urtheil über die Annalen aus- sprechen zu müßen. Man hatte geglaubt, ın diesen Annalen in dem Text A wenigstens doch ein historisches Document zu besitzen, das in den Zeiten der dicksten Finsterniss zum Führer dienen könnte: und nun sind sie in allen eigenen Angaben für die ältere Zeit völlig werthlos. Dabei aber muß es auffallen, warum in einem Denkmal, das ohne Zweifel erst im 13. Jahrh. geschrieben ist, die Ereignisse nicht weiter als bis zum Jahr 954 herabgeführt werden. Es sieht aus wie Absicht; der Codex sollte für eine Urkunde des zehnten Jahrhunderts ausgegeben werden.

Wir wenden uns nun zu der Historia Britonum, über welche ich verweise auf die Monumenta hist. brit., ferner die Ausgabe von San Marte: Nennius und Gildas, Berlin 1844, nach welcher ich citiere, da sie bei uns die verbreitetste ist, und auf Schoell, de ecclesiasticae Britonum Scotorumgne bistoriae fontibus, Berolini 1851. Von den zahl- reichen Handschriften kommen hauptsächlich folgende in Betracht, nach der Bezeichnung bei San Marte oder vielmehr Stevenson.

A, Harleianus, liegt der Ausgabe von Stevenson und San Marte zu Grund.

a, Vaticanus, herausgegeben von Gunn, the historia Britonum, London 1819. |

L, Cantabrigiensis, liegt der Ausgabe von Petrie in den Monu- menta Historica Britannica zu Grunde *).

*) Sehr überraschend liest man bei Petrie 8. 63 von Cantabr. 183, er sei Ende des 10. Jhds. geschrieben, umsomehr, als das dort Angeführte auf Verwandtschaft mit

-τπαακαι»...

ARTUS. 269

Der Vaticanus, in welchem das Werk einem Eremiten Marcus zugeschrieben wird, soll aus dem zehnten Jahrh. sein. Der Cantabr. wird ins Ende des 12. oder ins 13. Jahrh. gesetzt. Der Harleianus soll noch im zehnten Jahrh. geschrieben sein, aber aus keinem andern Grunde, als weil er jenen Text A der Aunales Cambriae, die beim Jahr 954 abbrechen, enthält. Da wir nun gesehen haben, daß diese Annalen im 13. Jahrh. geschrieben sind, so ist also der ganze Codex nicht älter, und der Vorzug, den diese Handschrift ihrem vermeint- lichen Alter verdankte, muß aufhören. Aber es fragt sich, ob nicht zu erkennen ist, aus welchem Grunde dieser Codex sich durch offen- bare Täuschung das Ansehen höheren Alters geben wollte. Nur dieser Codex und einige ihm folgende haben die Genealogien der sächsischen Könige, die in a und auch in L fehlen, wonach Schoell zu berichtigen ist- Doch kannte der Schreiber von L die Genealogien, die er als un- nütz übergangen habe. In diesen Genealogien nun, und also nur in einer offenbar täuschen wollenden Handschrift findet sich jenes berühmte Zeugniss für die britischen Barden des sechsten Jahrhunderts. Tunc Talhaern Tataguen in poemate claruit et Neiren et Taliessin et Bluch- bard et Cian qui vocatur Gueintbguaut simul uno tempore in poemate Britannico claruerunt. Ich denke, daß es diese Interpolation ist, welche Veranlassung gab, einen im dreizehnten Jahrh. geschriebenen Codex ins zehnte zurück zu datieren. Die unterschobenen Gedichte sollten ἴῃ einem alten Codex eine Beglaubigung erhalten. Der Schreiber des Codex Harleianus ist wahrscheinlich kein anderer, als der Verfasser jener Gedichte.

Damit soll aber nicht gesagt sein, daß derselbe Interpolator der Verfasser jener Genealogien sei; es lässt sich nicht beweisen, daß die- selben nicht wirklich im neunten Jahrhundert entstanden seien; nur beruhen sie nicht auf britischen Quellen, sondern auf der angelsäch- sischen Chronik, aus der sie berichtigt werden können, und auf latei- nischen Aufzeichnungen, z. B. Monum. hist. britann. S. 290 aus einem Anhang zu Beda vom Jahr 737: Auno 547 Ida regnare coepit, et 12 annis in regno permansit. Post hunc Glappa 1 anno, Adda 8, Aedilric 4, Theodric 7, Friduuald 6, Hussa 7, Aedilfrid 23, Aedwini 17, Oswald 9, Osuuiu 28, Ecgfrid 15. Damit vergleiche man Nennius 61 und 63, 64, es sind genau dieselben Jahreszahlen; eine eben solche lateinische

dem Vaticanus deutet und den Namen des Consuls Aequitius richtig gibt, der sonst überall falsch Aequantius geschrieben ist. Wie ist es möglich, daß über diesen Codex nirgends sonst etwas zu finden ist?

270 ADOLF HOLTZMANN

Genealogie war die Quelle, aus welcher Nennius schöpfte.e Nennius sagt 8. 60: ipse Pubba habuit duodecim filios, quorum duo notiores mihi sunt quam alıi, id est Penda et Eva. Und nun gibt er an, woher ihm diese beiden bekannt sind: aus drei aufsteigenden Stammtafeln.

1. Eadlit, filius Pantha, Penda filius Pubba: dies ist genommen aus der Chronik zu 704: Aethelred Pending. Eadlit ist also verschrieben für Aethelred. Auch bei Florent. Wigorn. (Monum. S. 630) ist Aethel- red ein Sohn des Penda.

2. Eadlbald filius Alguing, filius Eva, filius Penda, filius Pubba. Die Worte filius Penda sind zu streichen, und die Kenntniss ist ge- nommen aus Chronik 716: Aethelbald wäs Alweoing, Alweo Eawing, Eawa Pybbing.

3. Ecgfrid filius Offa, filins Duminfert, filius Eandulf, filius Ossultf, filius Eva, filius Pupba. Dies ist genommen aus Chronik 755 und die verschriebenen Namen können danach berichtigt werden: Offa Thing- ferthing, Thingferth Eanwulfing, Eanwulf Osmoding, Osmod Eawing, Eawa Pybbing.

Wenn also Nennius seine Kenntniss der angelsächsischen Könige deutlich aus der Chronik geschöpft hat, so ist es um so auffallender, daß er mehreren derselben kymrische Namen gibt. 8. 61 Ecgfrid, ipse est Egfrid Ailguin. Aetan, ipse est Eata Glinmaur. $. 64 Oswald, ipse est Oswald Lamnguin. Will er vielleicht einen Schlüssel geben zu den Bardengedichten, die er selbst gemacht hat, und angeben, wen er mit den Namen Ailguin, Glinmaur, Lamnguin bezeichnet hat? Es gilt nachzusehen, ob diese Namen in den Bardengedichten vorkommen. In den Gedichten des Taliesin ist ein feindlicher König fllamddwyn, oder wie de La Villemarque schreibt Flamzouen öfters genannt. Sollte dies obiger Lamnguin sein? Zwar de La Villemarque, les bardes bretons (1860) S. 31 u. 400 glaubt nachweisen zu können, daß Flamzouen kein anderer ist als Ida. Aber vielleicht kann er mit einigem guten Willen auch nachweisen, daß die Gedichte des Taliesin ebensogut oder noch besser auf Oswald bezogen werden können.

Fragen wir nun nach dem Verfasser, dem Alter und der Be- schaffenheit der Historia Britonum, so soll sie nach der Vorrede im Jahre 858 geschrieben sein. Damit stimmt überein eine Angabe in 8. 16, wonach verflossen sind 438 Jahre + 22x19, also 418, und 2, also 857 Es ist gegen diese Zeitbestimmung nichts einzuwenden; die Schrift enthält nichts damit Widerstreitendes, und sie später zu setzen, ist nicht möglich, weil nur noch in dieser Zeit bei einem kymrischen Schriftsteller begreiflich ist, daß er die Schriften Beda’s nicht kennt.

ARTUS. 971

Schoell ist der Ansicht, die Zeitbestimmung sei unhaltbar, weil das Jahr 858 als das 24. des Königs Merwin bezeichnet werde (und so ıst auch ohne Zweifel in $. 16 statt annum quartum Mervini zu lesen), dieser aber nach den Annales Cambriae schon 844 gestorben sei. Bei der Beschaffenbeit der Annales möchte ich darauf kein großes Gewicht legen. Der $. 16 der Historia beruht offenbar auf Annalen, die in die Annales Cambriae aufgenommen sind, und diese lassen sich aus der Historia verbessern; z. B. in der Historia: a nativitate Columbae usque ad mortem sanctae Brigidae quatuor anni sunt. Dagegen in den An- nalen stehen die Geburt Columba’s und der Tod der Brigida im glei- chen Jahr.

Der Verfasser nennt sich Nennius, Schüler des Elbodus oder Elbodugus; dagegen ist nichts einzuwenden, da Annales zu 768 setzen: Pasca commutatur apud Brittones emendante Elbodugo homine Dei, und zu 809: Elbodg archiepiscopus Gruenedote regione migravitfad do- minum. Nur ist nicht unwahrscheinlich, daß die Ansätze tiber Elbodug, ebenso wie die über Mervin zu hoch hinauf geschoben sind und viel- leicht um 10 oder 20 Jahre tiefer gesetzt werden müßen. Aber unter- schieden muß der Verfasser Nennius werden von dem Nennius, der sich Schüler des Beulanus nennt, dem Schreiber des Üantabrigiensis, der sich öfters kleine Zusätze erlaubte. Der Ort der Entstehung ist also im Allgemeinen bestimmt als Venedotia, das ist der nördliche Theil von Wales.

Der Verfasser gibt sein Werk für nichts anderes aus als eine Compilation: unam hanc historiunculam undecunque collectam bal- butiendo coacervavi. Und eine solche ist es unverkennbar; daher darf es nicht wundern, daß die einzelnen Theile des Werkes sehr verschieden von einander sind und sogar einander widersprechende Angaben ent- halten. Auffallend aber ist es, daß Nennius niemals den Gildas nennt, aus dem doch wahrscheinlich sehr vieles genommen ist, da wir nämlich berechtigt sind anzunehmen, daß wir die Schrift oder die Schriften des Gildas nicht vollständig besitzen.

Eis sei gestattet, hier noch auf eine wichtige Zeitbestimmung auf- merksam zu machen, die bei Nennius zu finden ist. $. 66 wird die Ankunft der Sachsen bestimmt durch das Consulat des Felix und Taurus, und gesagt, das sei das 400ste Jahr christl. Zeitrechnung. Schoell begnügt sich, von der Zahl 400 ausgehend, diese Angaben als völlig werthlos zu bezeichnen. Aber die Zahl ist offenbar unrichtig geschrieben, zu richten hat man sich nach den Consuln; diese ergeben das Jahr 428. Nun wird auch in $. 16 die Zeit der Ankunft der Sachsen bestimmt. A primo anno, quo Saxones venerunt in Britanniam usque

272 ADOLF HOLTZMANN

ad annum quartum Mervini regis supputantur anni 429. Annus quartus vielmehr vigesimus quartus Mervini ist das Jahr, in welchem der Ver- fasser schrieb, also 858. Davon 429 abgezogen, ergibt wieder 429 oder 428. Diese Übereinstimmung ist doch gewiss von großem Gewicht. Bekanntlich gibt es für die Ankunft der Sachsen noch zwei andere An- sätze, der eine ebenfalls bei Nennius, im Consulat des Gratianus und Aequitius also 374, der andere nach Beda etwa 449. Es scheint mir, daß diese beiden Ansätze auf Gildas beruhen, der $. 20 den Brief der hülfesuchenden Briten überschreibt: A&tio ter consuli gemitus Britan- norum. Es war Beda, der nach dieser Überschrift den Brief in das dritte Consulat des Attius, also ins Jahr 446 setzt, und da man nun glaubte, zwischen dieser Botschaft und der Ankunft der Sachsen noch einige Zeit nölhig zu haben, setzte man die Ankunft ungefähr ins Jahr 449. Ein Ungenannter aber, dessen Ansatz bei Nennius Aufnahme fand, gieng ebenfalls von jener Epistel bei Gildas aus; aber bei ihm lautete die Überschrift Agitio ter consuli: er suchte einen solchen Consul, und glaubte ihn in dem Aequitius zu finden, zumal auch ein ter dabei stand, nämlich Gratianus 1II Aeguitius. Sicher ist, daß der gewöhn- liche Ansatz unrichtig ist, da Prosper Tyro schon zum Jahre 441 sagt: Britanniae usque ad hoc tempus varıis cladibus eventibusque laceratae in ditionem Saxonum rediguntur: diese Angabe ist aber sehr wohl zu vereinigen mit dem Ansatz 428. Nehmen wir nun an, es sei wirklich dieses Jahr, in welchem die Briten zuerst vergeblich bei den Römern, dann bei den Sachsen Hülfe suchten, so ist sicher, daß sie ihren Hülfe- ruf nur an Aötius richten konnten, denn dieser war damals Comes in Gallien. Und es ist nur der Zusatz ter consuli, der entweder als un- richtig und unecht beseitigt oder genügend gerechtfertigt werden muß. Jedenfalls scheint es mir sicher, daß der von Nennius doppelt bezeugte Ansatz 428 der richtige ist.

Ich komme nun endlich zur Sache. Im 8. 56 erzählt die Historia von Arthur, der mit den Königen der Briten als dux bellorum in zwölf Schlachten, deren letzte in monte Badonis, die Sachsen besiegt habe. Ich bin geneigt, diesem Stück ein ziemlich hohes Alter zuzuerkennen, gerade weil die darin gegebenen Nachrichten sich nirgends an die durch Beda und die Chronik bekannte Geschichte anknüpfen lassen und mit einziger Ausnahme der von Gildas erwähnten Schlacht in Monte Badonis lauter sonst ganz unbekannte Begebenheiten enthalten. Da aber die Schlacht in Monte Badonis in der Chronik nicht genannt ist, so ist die einzige Quelle, aus der ihre Kenntniss geschöpft ist, die Schrift des Gildas; und man wird nicht umhin können, in

ARTUS. 273

diesem Stücke der Historia einen, wahrscheinlich in Wales erweiterten und mit kymrischen Namen geschmückten Rest der Schrift des Gildas zu erkennen. Gerade dieses Stück schreibt Heinrich von Huntingdon dem Historiographus Gildas zu, während er ein anderes Stück der Historia einem Autor quidam beilegt. Galfrid kennt 4, 20 eine Schrift des Gildas de victoria Aurelii Ambrosi; und Ambrosius wird von Gildas ın der uns erhaltenen Schrift kurz vor der Erwähnung der Ob- sessio Badonicı montis als der Retter des Vaterlandes gerühmt. Es ist also wahrscheinlich, daß die bei Nennius erhaltene Nachricht von der Schlacht ad montem Badonis aus der verlorenen Schrift des Gildas genommen ist. Auch Wilhelm von Malmesb. kann seine Kenntniss des Arthur nur aus einer Schrift genommen haben, die er als das Werk des Gildas betrachtete.

Wenn nun also nach meiner Ansicht dieser Abschnitt des Nennius auf Gildas beruht und also im Ganzen historischen Werth hat, ist damit für den Arthurus Galfrid’s und der Romane ein glaubwürdiges Zeugniss gewonnen? Durchaus nicht. Denn dieser Arthur ist kein König: er ist Dux bellorum; er wird obne Zusatz Arthur oder in a belliger Arthur genannt; die Könige fechten- unter seiner Anführung licet multo ipso nobiliores essent, bemerkt ausdrücklich die älteste Handschrift a. Man kann also durchaus nicht bebaupten, daß Nennius den Arthurus des Galfrid kennt, obgleich der letzte offenbar zu seinem Gemälde einige Stellen ‚des ersten benützte.

Freilich stellt sich die Sache ganz andere, wenn wirklich, worauf de La Villemarque les romans S. 18 großes Gewicht legt, Arthur bei Nennius der Sohn des Uterpendragon heißt. In diesem Falle ist aller- dings der König Arthurus Galfrids eine historisch beglaubigte Person. Wirklich steht bei Petrie, Monumenta, 3.73: ipse dux erat bellorum et ın omnibus bellis victor extitit. Artur, Latino translatum sonat ursum horribilem vel malleum ferrenm, quo eonfringantur molae leonum, mab Uter britannice, filius horribilis latine, quoniam a pueritia sua crudelis fuit. Es ist aber doch deutlich, daß dies nichts ist als eine Interpolation, die sich nur in einer einzigen Handschrift im Texte, in einer andern am Rande gefunden hat. Ja es ist nicht einmal recht deutlich, ob die Worte in. dem Üantabrigiensis wirklich stehen, da Stevenson sie, gar nicht in den Lesarten anführt, und Petrie sagt: marg. B. caeteris :de- sunt; bei Galeus ist die Stelle eingeklammert. Jedenfalls ist diese junge Randglosse ohne allen Werth.

Es findet sich aber noch eine andere Stelle bei Nennius, welche

von Arthur handelt, nämlich 8. 73, wo von Cabal, dem Hunde Ar- GEKMANIA XII. 18

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thurs, und von Anir, dem Sohne Arthurs, die Rede ist. Dieser Para- graph gehört aber nicht zur Historia Britonum, sondern zu einer davon ganz verschiedenen kleinen Schrift de mirabilibus Britanniae. Diese steht nicht im Vaticanus; man hat sie für alt gehalten, weil sie im Harleianus steht; ich habe aber gezeigt, daß dieser nicht im 10., son- dern im 13. Jahrh. geschrieben ist. Alle andern Handschriften sind jung. Es fehlt an jeder Berechtigung, dem Schriftchen ein höheres Alter zuzuschreiben, als höchstens das Ende des 12. Jahrhunderts. Heinrich von Huntingdon spricht von den Wundern Englands, Monum. 8. 694: Er kennt deren vier, worunter Stonehenge, hier Stanenges geschrieben; aber er erwähnt die bei Nennius aufgeführten nicht: es ist also deutlich, daß Heinrich die Mirabilisa nicht kannte; übrigens soll er selbst nach Monum. S. 89 eine Schrift de miraculis Anglorum verfasst haben. Drei von den Wundern des Nennius werden bei Galfrid erwähnt, 9, 6 ist Nenn. 67; Galfrid 9, 7 ist Nenn. 70 und 69. Allein es folgt daraus noch nicht, daß Galfrid die Mirabilia kannte. Beim ersten Wunder hat Galfrid die bei Nenuius fehlende Angabe, daß die Adler, von denen dort die Rede ist, singulis annis convenientes pro- digium quod in regno venturum esset, celso clamore edito notificabant: Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Mirabilia zum Theil aus einer Quelle geschöpft haben, die auch von Galfrid benützt wurde, im Ganzen aber ein jüngeres Werk sind. Jedenfalls fand Galfrid in seiner Quelle Nichts von dem Hunde Cabal und von dem Sohne Arthurs, Anir.

Ehe wir den Arthur des Nennius, den wir für eine historische Person gelten lassen, in der Geschichte wieder zu finden suchen, müßen wir noch zwei wichtige Geschichtschreiber, Wilhelmus Malmesburiensis und Henricus Huntindonensis genauer betrachten. Wilhelm schrieb die Gesta regum Anglorum, nach der Ansicht des Herausgebers, Thomas Duffus Hardy (London 1840) zwischen 1114 und 1123, machte aber später noch Verbesserungen und Vermehrungen. Die Historia novella geht bis 1142. Das Werk ist also geschrieben vor der Historia des Galfrid, erhielt aber Zusätze nach dem Erscheinen derselben. Der Aus- gabe liegt eine Handschrift, angeblich aus dem Ende des zwölften Jahrhunderts zu Grunde. Für das Hauptwerk die Gesta waren Wil- belms Quellen die Chronik, Beda und Gildas. Alle unsere Hand- schriften der Chronik kommen aus Westsachsen; darin sind die Nach- richten über die nördlichen Reiche, wie es scheint, zusammengezogen, abgekürzt. Wilbelm scheint aber eine Handschrift benützt zu haben, welche diese Nachrichten noch vollständiger hatte. Er erzählt 1, 8 Ende. (Hengist) reliquit filium Eisc qui magis tuendo quam ampliando

ARTUS. 275

regno intentus paternos limites nunquam excessit. Consümptisgue annis viginti quatuor filum Oth, ejusdemgue filium Yrmenrieum ha- buit successores, sibi quam avo aut proavo similiores: amborum tem- poribus quinquaginta et tres anni deputantur in chronicis, caeterum si singillatim vel communiter regnaverint, non discernitur. $. 9. Post ıllos Etbelbirtus, Yrmenrici filius, rerum potitus 53 juxta chronica, juxta Bedam 56 exegit. Alle diese Angaben finden sich wirklich in der Chronik mit Ausnahme derjenigen von Oth und Yrmenricus, welch letzterer nur beiläufig in einer einzigen Handschrift zum Jahr 552 er- wähnt ist. Es ist also sicher, daß Wilhelms Handschrift die Nach- richten über die Könige von Kent vollständiger hatte.

Den Nennius kennt Wilhelm nicht. Er sagt ausdrücklich im Prolog: post eum (Beda) non facile ut arbitror reperies qui historias ıllius gentis Latina oratione texendis animum dederit. Viderint alt οἱ quid earum rerum jam invenerint, vel post baec inventuri sint: noster labor licet in quaerendo sollicitas duxerit excubias, frustra ad hoc tempus eonsumpsit operam. Aber er kennt den Gildas, 1, 20: Nam sieut a ma- joribus accepimus Gildas neque insnlsus neque infacetus historicus, cui Britanni debent si quod notitise inter caeteras gentes habent, multum annorum δὶ (Glastoniae) exegit loci sanctitudine captus, wozu die Notiz in de antiquitate Glaston. ecelesiae, Gildas sei 512 gestorben. Wilhelm beruft sich einmal 1, 4. auf Gesta Britonum, bei der Ge- schichte der Tochter Vortigerns, die bei Nennius 8. 39 erzählt wird. Man könnte also glauben, daß Wilhelm. ein Exemplar des Nennius hatte, das wie mehrere erhaltene Manuseripte den Titel führte: Gesta Britonum a Gilda sapiente composita. Aber bei genanerer Betrachtung ist das doch nicht wahrscheinlich. Wilhelm weiß nichts von Brutus: und in jener Erwähnung von Vortigerns Tochter, mit den Worten: denique filiam susm spe regni sollicıtatam stupro fregerat et ex eo filiam tulerat ist leicht zu erkennen, daß er alles, was Nennius von diesem Sobne erzählt in $. 39 und 48, nicht wußte. In den Berichten Wilbelms von Hengist und Vortigern ist die Verwandtschaft mit Nen- nius augenscheinlich, aber es lässt sich diese Übereinstimmung durch Gleichheit der Quellen erklären; und diese können gewesen sein, erstens die vollständigere Schrift des Gildas, und darauf deutet bei Nennius 37 der Ausdruck trans Tythicam vallem, der sieh ebenso findet bei Gildas 19: trans Cichicam vallem, zweitens die vollstän- digere angelsächsische Chronik mit ausführlicheren Berichten über die Thaten Hengists.

Wilhelm nennt den Arthur 1, 8. Eo (Vortimere) extineto Bri-

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tonum robur emarcuit, spes imminutae retro fluxere: et jam tunc pro- fecto pessum issent, nisi Ambrosius, solum Romanorum superstes, qui post Vortigernum monarcha regni fuit, intumescentes barbaros eximia bellicosi; Arturis opera pressisset. Hic est Arthur de quo Britonum nugae hodieque delirant, dignus plane quem non fallaces somniarent fabulae, sed veraces praedicarent historiae, quippe qui labantem pa- triam dix sustinuerit infractasque civium mentes ad bellum acuerit. Postremo in obsessione Badonici montis fretus imagine Dominicae ma- tris, quam armis suis insuerat, nongentos hostium solus adorsus incre- dibili caede profligavit. Contra Angli quamvis vario fortunae lusu ro- tarentur vacillantes suorum acies adventu compatriotarum supplere audentioribus animis in ferrum ruere.. Deutlich ist dies aus Gildas und jenem Stücke des Nennius genommen. Aber die Stelle gehört wahrscheinlich zu denen, die nach dem Erscheinen des Historia des Galfrid verändert wurden. Die Fallaces fabulae, die den Veraces hi- storiae entgegengesetzt werden, sind auf Galfrids Buch zu beziehen. Diese Stelle scheint also zu beweisen, daß Wilhelm von Arthur nichts kannte, als jene Stelle des Nennius, und daß er die Geschichte Gal- frids für Lügen hielt. Aber nun finden sich freilich noch andere Stellen bei Wilhelm, welche zu beweisen scheinen, daß schon vor Galfrid die Geschichte Arthurs,. wie sie dieser erzählt, bekannt war und also glaubwürdige Greschichte enthält.

Auf irgend einem Versehen berubt es, wenn San Marte, Arthur- sage S. 18, aus der Einleitung Wilheln’s die Worte anführt: cum et gesta Arturi et sociorum a multis populis quasi inscripta mentibus et jucunde et memoriter praedicentur. Diese Stelle findet sich nicht bei Wilhelm, sondern bei Galfrid, und zwar ist sie aus der Pariser Ausgabe der Historia genommen.

Dagegen ist es wahr, daß in Wilhelm’s Schrift De antiquitate Grlastoniensis ecclesiae, bei Gale *) S. 307 Folgendes zu lesen ist: Le- gitur in gestis illustrissimi regis Arturi, quod cum in quadam festivitate natalis Domini apud Karlıun strenuissimum adolescentem, filium regis Nuth, dietum Ider, insigniis militarıbus decarasset n. s. w. Es ist un- nöthig, die ganze Stelle herzusetzen; Jedermann sieht aus dem An- geführten, daß derjenige, der diese Stelle schrieb, nicht nur die Ge- schichte Arthurs kannte, wie sie bei Galfrid lautet, sondern auch den Inhalt der Rittergedichte. Das Räthsel löst sich sehr einfach. Jene Schrift De antiquitate Gl. 600]. ist allerdings von Wilhelm geschrieben,

*) Historiae Britannicae scriptores opera Gale, Oxoniae 1691.

ARTUS. 277

und sogar noch vor den Gesta regum; aber in der Handschrift des Werkes, welche bei Gale abgedruckt ist, werden die Namen der Äbte bis zum Jahr 1234 gegeben. Es ist darin von mehreren Schenkungen Artburs die Rede, und von seinem Grabe, von welchem man vor 1193 nichts wußte. Es ist also deutlich, daß die Schrift Wilhelms im 13. Jahrh. überarbeitet wurde, und es versteht sich von selbst, daß man im 13. Jahrh. den Galfrid und die spätern Romane lesen konnte.

Aber auch in den Gesta selbst wird noch einmal Arthur genannt. Im 3. Buch 8. 287 lautet: Tunc ın provincia Walarum quae Ros vo- catur inventum est sepulchrum Walwen, qui fuit haud degener Arturis ex sorore nepos. Regnavit in ea parte Britanniae quae adhuc Walwetha vocatur, miles virtute nominatissimus, sed a fratre et nepote Hengistii, de quibus in primo libro dixi, regno expulsus, prius multo eorum de- trimento exilium compensans suuım; communicans merito laudi avun- culi, quod ruentis patriae casum in plures annos distulerint. Sed Ar- turis sepulchrum nusquam visitur, unde antiquitas naeniarum adhuc eum venturum fabulatur. Öaeterum alterius bustum, ut praemisi, teın- pore Willelmi regis repertum est super oram maris, quatuordecim pedes longum ; ubi a quibusdam asseritur ab hostibus vulneratus, et naufragio ejectus; a quibusdam dicitur a civibus in publico epulo interfectus. Veritatis ergo notitia labat in dubio, licet neuter eorum defuerit famıae suae patrocinio.

Wenn Wilhelm dieses wirklich geschrieben hat, so ist unbegreif- lich, warum er im ersten Buch nicht mehr von Arthur erzählt. Der Herausgeber Hardy gibt den Abschnitt obne irgend eine Bemerkung, aber in der Einleitung sagt er, daß manche Erzählungen in dem Buche wohl Interpolationen sein könnten. Eine solche scheint hier vorzuliegen; oder wenn Wilhelm selbst die Stelle geschrieben hat, so gehört sie doch zu denjenigen, die erst nach dem Erscheinen des Werkes Gal- frids geschrieben sind. Die Worte ruentis patriae casum distulerint erinnern an die oben gedruckten: labantem patriam diu sustinuerit- Man hatte wahrscheinlich unter Wilbelm das Grab eines Mannes ge- funden, der einen ähnlichen Namen trug wie Walwan, Gawein, und obgleich die angegebenen Sagen von dem Tode des daselbst Begra- benen gar nicht auf Gawein paßten, glaubte doch Wilhelm oder ein Interpolator desselben, es sei das Grab dieses berühmten Helden. Viel- leicht war es das Grab jenes Königs Mailcun, dessen Tod die Annales Cambriae zum Jahr 547 melden mit dem Zusatz: unde dicitur Hir hun Wailgun en blis Ros, was heißen soll: longa est quies Maelguin in regia Ros. Hier also ein Wailgun im Lande Ros, dort ein Walwen,

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auch im Lande Ros; das ist wohl derselbe. Man bemerke übrigens, daß man diese Nachricht über Gawan, wenn sie historische Bedeutung haben soll, nicht vereinigen kann mit den Angaben über Arthur. Dieser soll in der Schlacht von Cambula gefallen sein 537. Aber Gawein soll nach harten Kämpfen aus seinem Lande vertrieben worden sein von dem Bruder und Neffen Hengists, von denen Wilhelm 1, 7 erzählt, daß sie von Hengist und Vortigern, also noch in den Zeiten des Frie- dens, bald nach 428, aus Deutschland gerufen, einen Zug gegen die Picten und Schotten gemacht und sich in Northumbrien niedergelassen hätten. Übrigens ist in den Berichten einige Verwirrung. Nach Wil- helm beruft Hengist fratrem et filium (ejus); nach Nennius 38 filium meum cum fratrueli suo, die dann Octba et Ehissa genannt werden, oder nach den Uapitula, Octam filium suum et Ebissam filium Hors fratris sui, nach Galfrid 6, 13 filium meun Octam cum fratre (besser fratruele) suo Ebyssa. Das Richtige hat ohne Zweifel Nennius, der nur wie gewöhnlich den angelsächsischen Namen entstellt, Octha statt Äsc. Ich wende mich zu Henricus Huntendonensis, der nach Monu- ments hist. brit. die erste Ausgabe seiner Geschichte von England bald nach 1135 veröffentlichte, die er in zweiter Ausgabe bis 1148 fortsetzte, und mit einer zweiten Fortsetzung versah bis 1154. Als Quellen gibt er an Beda, nonnulla ex aliis auctoribus und die Chronik. Er erzählt von Brutus und von den Picten deutlich nach Nennius, den er als quendam autorem anführt. Auch er kennt die Geschichte von der Tochter Vortigerns, aber nicht wie Wilhelm, sondern deutlich nach Nennius. In der Geschichte der Sachsen folgt er Beda und der Chronik, deren trockene Angaben er aber offenbar aus damals noch nicht ver- echollenen historischen Gedichten der Angelsachsen zu beleben versteht. Über Arthur hat er offenbar in seinen Quellen Nichts gefunden, als die Stelle bei Nennius, die er wörtlich einrückt mit den Worten: Haec antem bella et loca bellorum narrat Gildas historiographus, quae tamen - omnis loca nostrae aetati incognita sunt. Es ist aber merkwürdig, daß Heinrich diese Nachricht an ganz anderer Stelle in die Geschichte ver- webt, als Wilbelm. Es gab zwei von einander unabhängige Erzählungen, die der Sachsen, welche von Arthur und Ambrosius und der Schlacht montem Badonis Nichts sagte; und eine andere bei den Briten, ursprünglich von Gildas herrührend, von Ambrosius, Arthur und der Schlacht von Badon, in der aber wieder nicht deutlich ausgesprochen war, ob Ambrosius und Arthur zusammengehörten. Es galt nun, den sächsischen Bericht zu Grund zu legen, aber den britischen doch auch zu verwerthen. Wilbelm nun lässt Ambrosius erst nach dem Tode Vor-

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timers anftreten, unter dessen Oberbefehl Arthur beim Berge Badon gesiegt habe. Jedoch fügt er sogleich hinzu, das sei aber doch nicht nach dem Tode Vortimers geschehen, wie er vorher gesagt hatte; sed haec processu annorum, nam vivente Vortigerno nihil contra eos no- vatum. Man sieht, daß er die Nachricht nicht unbenutzt lassen will, und doch keine Stelle findet, wo sie angebracht werden kann. Ganz anders stellt Heinrich die Verbindung her. Er gibt dem Ambrosius nicht den Arthur, sondern den Vortimer zum Unterfeldherrn, und die Stelle aus Nennius bringt er erst viel später an, beim Jahre 527. Man sieht aus diesem Verhalten der beiden gleichzeitigen Schriftsteller, daß vor Galfrid durchaus nichts von Arthur zu finden war, als das abge- rissene Stück bei Nennius.

Es fragt sich nun aber, ob wir nicht im Stande sind, diesen bistorischen Arthur zu fixieren. Es scheint mir, daß die Verwirrung dadurch entstanden ist, daß dieselbe Person in den sächsischen und britischen Berichten unter zwei verschiedenen Namen auftritt und in Folge davon in zwei verschiedene Personen getrennt wurde. Mit einem Wort, Artbur ist kein anderer als Vortimer, der Sohn Vortigerns. Bei Wilhelm ist Arthur, bei Heinrich Vortimer der Unterfeldherr des Ambrosius; da sie aber Arthur und Vortimer für verschiedene Per- sonen hielten, mußte Wilhelm vorber von Vortimer und Heinrich nach- her von Artbur erzählen. Ist nicht sogar der Name derselbe? Es ist wenigstens nicht unglaublich, daß Vortimerus im Munde der Kymren in Arthurus übergieng. Jedenfalls war Vortimerus ein Held, der sowohl von seinen Landsleuten als von seinen Feinden bewundert wurde, ganz geschaffen, der Gegenstand poetischer Verklärung zu werden. Heinrich sagt von ibm: Gortimer, vir vere strenuissimus ex obliquo aciem Horsi disrupit, et ipso Horso interfecto virorum fortissimo reliquiae cohortis ad Hengistum fugiunt, qui cum Ambrosii cuneo invicte confligebat. Totum ergo pondus proelii versum est super Hengistum, et probitate Gortimeri coarctatus, eum diu perseverasset, non sine magno detri- mento, Britannorum victus, qui nunguam fugerat fugit. Scripserunt quidam Hengistum postea inleodem anno ter contra 608 pugnasse, nec potuisse resistere probitati Gortimeri et numero Britonum, sed semel in insulam Teret, semel ad naves fugisse. Anno vero sequenti, regnante Leone imperatore, morbo periit flos juvenum Gortimerus, cum quo simul spes et victoria Brittonum extincta est. Hengist igitur et Esc filius, morte juvenis freti u. s. w. Bei Nennius und Galfrid 6, 14, 8. 43 u. 44 wird von ihm erzählt, er habe die Sachsen öfters besiegt und vor seinem Tode befohlen, ihn am Ufer des Meeres zu begraben,

Zum.

280 ADOLF HOLTZMANN

denn sein Grrabmahl werde genügen, die Sachsen ferne zu halten. Aber man habe diesen Befehl nicht befolgt. Das sieht schon aus wie der Inhalt eines Liedes. Eine Handschrift des Nennius sagt von ihm: tantae magnitudinis esse et virtutis dicebatur, ut si quando iratus in bello dimicaret, accepta arbore cum frondibus funditus extirparet et cum ea solotenus adversarios prosterneret. Cum tale enim arbore Horsam satellitem bellicosum, confractis in alterutrum armis, pene defectis viri- bus prostravit, ceterosque in fugam versos, ut stipulos, terrae allıdit, ex omnibus finibus Britanniae expulit, et per quinquennium postea in- sulam intrare non audebant usque ad obitum Guorthemir. Aus allen diesen Angaben erhellt deutlich, daß Vortimer, der bewunderte Na- tionalheld der Briten, dessen Tapferkeit auch bei den Sachsen Anerken- nung fand, sehr früh der Gegenstand der Sage, der ausmalenden Volks- poesie wurde. In diesen mündlichen Berichten mag der Name die Form Arthur angenommen haben. Schon bei Nennius wird das Nämliche zwei- mal erzählt, zuerst von Vortimer, 8. 43 u. 44, dann von Arthur, 8. 56.

Wenn unsere Annahme, daß Vortimer und Arthur dieselbe Person sind, richtig ist, so sind alle jetzt angenommenen Bestimmungen der Zeit Arthurs und der Schlacht von Badon, die ja jeder soliden Be- gründung entbehren, umgestoßen. Das Zeugniss der Annales, wonach die Schlacht von Badon ins Jahr 516 gesetzt wird, hat, wie oben ge- zeigt wurde, keinen Werth. Heinrich von Huntingdon setzt die An- kunft der Sachsen, von Beda ausgehend, ins Jahr 449. Im siebenten Jahr danach, also 456, oder nach der Chronik 455, wurde die Schlacht von Aeglesthrep geschlagen, in welcher Horsa fiel; also dieselbe, welche bei Nennius 8. 44 Episford, oder Rit Hergabail genannt wird; und noch in demselben Jahre hätte Vortimer drei andere Schlachten ge- wonnen, von denen die letzte die von Badon gewesen sein müßte, wohl dieselbe, die bei Nennius,juxta lapidem Tituli heißt.

Bei Nennius $. 66 haben wir ein Stück, das höchst wahrschein- lich auf Gildas beruht. Es ist die Rede von Ambrosius, den wir nur aus Grildas: kennen, und zwar weiß der Verfasser von einer Discordia Gritolini et Ambrosii, von welcher sonst nichts bekannt ist. Die Jahre werden noch nach Consuln angegeben, was nur bei dem ältesten Schrift- steller Englands, bei Gildas, denkbar ist. Nun heißt es daselbst, von der Ankunft der Sachsen bis zum Decius und Valerianus seien 69 Jahre verflossen. Es lässt sich nichts anderes denken, als daß Decius und Valerianus das Jahr bezeichnen soll, in welchem der Verfasser schreibt. Ich finde diese Consuln nicht, dagegen zum Jahr 498 finde ich Decius Paulinus et Johannes Scytha. Da die Ankunft der Sachsen unter die

ARTUS. 281

Consuln Felix et Taurus, also 428 gesetzt ist, so ergibt 428 + 69 das Jahr 497. Es ist also höchst wahrscheinlich wirklich jener Consul Decius Paulinus gemeint. Nehmen wir nun an, jener Paragraph beruhe auf einem vollständigeren Exemplar der Schrift des Gildas, so erhalten wir also das Jahr, in welchem sie geschrieben wurde. Nun sagt Gildas, daß er im 44. Jahr nach der Schlacht von Badon schreibe, also 498—43 ergibt wieder 455 für die Schlacht von Badon. Dies ist zugleich das Geburtsjahr des Gildas, und dazu paßt die oben angeführte Angabe Wilhelms, daß er 512 gestorbeu sei. Schon im nächsten Jahre nach dem großen Siege, unter Kaiser Leo, der 457 bis 474 regierte, soll Mortimer, also Arthur, gestorben sein. Nach Gildas Worten: cessan- tibus externis bellis, sollte man glauben, daß seit dieser Schlacht, we- nigstens 44 Jahre lange, zwischen Briten und Sachsen Friede war. Das wird allerdings durch die Chronik nicht bestätigt; aber es ist zu bedenken, daß einerseits in der Chronik die Nachrichten über die Schlachten Hengist’s verschoben sein müssen, weil die Ankunft der Sachsen im Anschluß an Beda viel zu weit herabgerückt worden war, andererseits die Sachsen geneigt waren, die Geschichte ibres ersten Helden nicht mit einer Niederlage zu schließen. Bestätigt aber wird die Angabe des Gildas durch die Bemerkung des Wilhelm, daß die Nachfolger Hengists, Eisk, Oth, Yrmenricus in einer Zeit von 77 Jahren friedlich regierten, ohne Kriege zu führen.

Diese doppelte Berechnung der Schlacht von Badon wird auflal- lend bestätigt durch Wilhelm, der, wie wir gesehen haben, für die Geschichte von Kent eine vollständigere Chronik und wahrscheinlich auch einen vollständigeren Gildas benutzte. Er sagt 8. 8, sieben Jahre lang seit der Ankunft der Sachsen sei das Bündniss gehalten worden, dann sei es auf Anstiften Vortimers von den Briten gebrochen worden und die Kriege hätten zwanzig Jahre gedauert, bis zum Tode Vortimers, worauf man Friede geschlossen habe. Setzt man die Ankunft der Sachsen ins Jahr 428, so hat man wieder 428 + 27 = 455.

Im Grunde sind wir mit unserer Aufgabe zu Ende; denn was noch weiter von Zeugnissen für den König Arthur angeführt wird, ist eigentlich nicht der Rede wertb. Doch soll es nicht verschwiegen bleiben. Man beruft sich auf die Vita S. Gildae, gedruckt hei San Marte, Nen- nius und Gildas, S. 116. Sie kennt einen Arturus, rex totius Majoris Britanniae, und weiß, daß ibm seine von König Melvas entführte Ge- mahlin, Guennuvar, durch Vermittlung der Geistlichkeit wieder aus geliefert wurde. Daß diese Vita älter sei als Galfrid, oder daß sie noch im zwölften Jahrh. geschrieben sei, ist eine ganz willkürliche Annshme.

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Sie ist später als der Prosaroman, in welehem die Entführung der Kö- nigin im Wesentlichen übereinstimmend erzählt wird.

Man verweist ferner auf eine Stelle eines späteren Schriftstellers, siehe San Marte, Arthursage ὃ. 2&: nach Ellis (specimens 1, 100) sagt John Price, der mit Leland unter Heinrich VIIL in England die Mönchs- bibliotbeken untersuchte: deinde in eodem libro, ubi vita Si Dubritii recolitur, luculenta fit mentio de eodem Arthuro, et de rebus ab eo gestis ad eundem fere modum, quo in historia ab Gaufredo translata memoriantur. Quam quidem vitam longe ante Gaufredi tempora in ecelesia Landavensi, divi Dubritii memoriae dicata, quotannis ab ipsius ecclesiae cultoribus repetitam fuisse liquet. Es versteht sich von selbst, daß es genügt, diese Stelle der Vollständigkeit wegen nicht übergangen zu haben.

Wichtig ist eine Nachricht bei La Villemarque, les romans S. XXIll. Er verweist auf ein Manuscript des britischen Museums (Faust. B, 6), welches eine lateinische Schrift enthalte, de ortu Wal- wani, nepotis Arthuri. Es ist unverantwortlich, daß man uns über dieses und ähnliche Manuscripte nichts Genaueres mittheilt; aber daß sie gleichzeitig oder älter als Galfrid seien, ist vorerst nicht zu glauben.

Daß der Brut Tyrylio älter sei als die Historia des Galfrid, wird zwar von San Marte und Walter (das alte Wales, S. 46) behauptet; aber ich halte es nicht für nöthig, diese Meinung zu widerlegen. Der Brut ist eine Bearbeitung des lateinischen Werkes, das ist vollkommen deutlich. Die Stellen, die Galfrid aus Nennius, Gildas, Beda wörtlich abgeschrieben hat, die soll er aus dem Brut übersetzt haben? Wie kanı so etwas behauptet werden! Übrigens soll es Manuscripte des Brut aus dem zwölften Jahrh. geben, was doch nicht so ganz erwiesen ist, und die ganze Bardenpoesie schöpft ihre Kenntniss der britischen Geschichte natürlich nicht aus dem lateinischen Original, sondern aus dem Brut. Für die Geschichte der Mabinogion kann es wichtig sein, daß eines derselben in den Brut aufgenommen ist; man sehe, San Marte’s Gottfried von Monmouth 8, 508—511, und San Marte’s Über- setzung von Stephens Geschichte der wälschen Litteratur, S. 519 fig.

Man wird nicht erwarten, daß ich mich bei den Bardengedichten aufbalte. Es ist eine ungeheure Zumuthung, die man uns macht, zu glauben, daß die Briten schon im 6. Jahrh. ihre eigenen Dichter hatten. So weit die lateinische Sprache reichte, dachte damals Niemand daran, daß eine andere als eben diese geschrieben werden könne. Erst im neunten Jahrh. erhob man sich zu dem außerordentlich kühnen Ge- danken, daß eine Litteratur in nichtlateinischer Sprache möglich und

ARTUS,. 283

wünschenswerth sei. Und die Briten, die gänzlich romanisiert waren, sollen schon im sechsten Jahrh. die lateinische Sprache aufgegeben und kymirisch gedichtet haben, als ob das gar nichts Besonderes wäre ? Man sieht, daß der Gedanke in einer Zeit aufkam, als man von der Wichtigkeit und Schwierigkeit der Sache keine Vorstellung mehr hatte, Galfrid weiß nichts von diesen Dichtern, und das ist völlig entschei- dend. Erst Ende des 11. Jahrh. *) beginnt die kymrische Poesie, nach dem Vorbild der angelsächsischen, mit Gedichten zu Ehren der Fürsten. Wie dann das Bedürfniss auch Lieder zu Ehren der Vorfahren zu be- sıtzen, allmäblich dazu führte, daß man im Namen erfundener älterer Dichter zu Ehren der wahrscheinlich zum Theil auch erfundenen Vor- fahren Lieder dichtete, dee kann ich bier nicht ausführen. Gesehen haben wir, wie man durch eine Täuschung diesen ältern Dichtern eine historische Beglaubigung verschaffte. Möglich ist und nicht unwahr- scheinlich, daß man nicht alles erfand, sondern, wie man es mit Merlin machte, alten aber fremden Stoff sich aneignete. Ich behalte mir vor, in dieser Beziehung die Geschichte des großen Barden Taliesin einer Prüfung zu unterwerfen.

Aber die Gesetze des Howelda? die beweisen doch, daß ein reiches poetisches Leben bei den Kymren sebr früh entwickelt war? Auch nicht. Zu Galfrids Zeit hatten die Kymren noch keine Gesetze; sonst hätte er einfach auf diese vorhandenen Gesetze verweisen können, statt den erstaunten Normannen von der weisen Frau Mercia zu er- zählen, deren kymrische Gesetze in angelsächsischer Übersetzung als Gesetze von Mercia noch vorhanden seien. Nachdem Galfrid seinen Landsleuten gezeigt hatte, wie sie sich eine einheimische uralte Gesetz- gebung verschaffen könnten, waren sie wirklich nicht zu träge, den Wink zu befolgen. Das erste Buch der leges Wallise ist für uns höchst wichtig, insofern es eine Übersetzung einer verlorenen angelsächsischen Schrift ist, die in sehr anschaulicher Weise einen angelsächsischen Hof schildert und uns auch über die Stellung, die Pflichten und Rechte eines angelsächsischen Hofdichters belehrt. Der erste Herausgeber dieser Gesetze, Wotton, hat sie richtiger beurtheilt, als seine Nachfolger, Hi- storiker und Juristen, in England und Deutschland.

Das Endergebniss unserer Untersuchung ist also dieses: Die εἴ" zige Thatsache, auf welche die herrschende Ansicht von der britischen

*) Man behauptet, einige kymsische Verse zu besitzen, die im achten Jaheh, geschrieben seien; man hat sich einfach über das Alter der δείν᾽ um εἰαίφε δεν hunderte geist.

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Heimat der Rittergedichte gebaut ist, nämlich die Thatsache, daß der besungene König Artus ein britischer König war, ist nicht vorhanden. Einen britischen König Artus oder Arthur gibt es nicht. Allerdings gab es einen britischen Helden, Arthur, der sich in den Kriegen gegen Hengist auszeichnete, aber die dürftigen Nachrichten, die sich über ihn bei Nennius erhalten haben, sind zwar von Galfrid benützt worden, berechtigen aber nicht zu der Behauptung, daß Galfrids König Arthurus eine historische Person sei. Vielmehr ist der König Arthurus Galfrid’s und der Ritterromame, als König von England betrachtet, eine reine Erdichtung, und es fragt sich nur, ob Galfrid diese ganze Geschichte, außer dem Wenigen, was er aus Nennius nahm, ganz aus seiner Fan- tasie schöpfte, oder ob er sie bereits im Wesentlichen als fremde Ge- schichte in einem ausländischen Buche vorfand und sie nur nach Eng- land verpflanzte, und mit Anknüpfung an jene Nachrichten des Nen- nius in englische Geschichte verwandelte. Ich bin der Ansicht, daß Galfrid allerdings die Geschichte des Königs Artus schon vorfand. Aber für heute sei es genug, gezeigt zu haben, daß die herrschende Ansicht von der britischen Heimat der Rittergedichte jedes festen Grundes entbehrt. HEIDELBERG, im März 1867.

TODTENTANZSPRÜCHE,

VON

K. J. SCHRÖER.

—— αι.

1. Im himel, im himel ist freude vil, da tanzen di lieben engel, si haben spil; si singen, si springen, si loben got, si preisen Maria, di muter gottes.

2. Arm seelchen, arm seelchen stund unter der tür und weinte da von herzen so sehr: „ach seelchen, liebes seelchen, was weinest du? wenn ich dich sebe, so dauerst du mich !“

3. „Was sol ich nicht weinen, mein lieber got! ich hab ja übertreten das zehnte gebot.“ „Hast du übertreten das zehnte gebot, so fall auf deine knie und bete zu got.

TODTENTANZSPRÜCHE. 285

4. Und bete zu got mit allem fleiß, so wirst du komen in’s himelreich (paradeis); in’s himelreich in di ewige stadt, da wo di freude kein.ende hat.“

Dieses Lied (vgl. dazu O. Schade, Volkslieder aus Türingen [Sonderabdr. aus d. weim. Jahrb. III], 83. 57: ‘die armen Seelen’ und den weiteren Nachweis dazu 8. 58) aus Ermland, das Bornowsky in Wolf’s Zeitschr. f. deutsche Mythologie II, 427 anführt, zeigt uns in der lieblichsten Form den himmlischen Reigen der Engel und die ewigen Freuden des Himmels und wenn die arme Seele hier weinend unter der Thür stehen bleibt, weil sie nicht hinzu zu treten wagt im Bewusstsein einer Schuld, so sehen wir deutlich, daß die Volksvor- stellung bier den Reigen, zu dem der Tod abruft, mit den Freuden im Himmelreich in Verbindung bringt, „da wo di freude kein ende hat.“

Ganz deutlich klingt das Lied an an eine Stelle aus dem Volks- buche: „Warhaftige beschreibung des jüngsten gerichts im tal Josa- .phat“, die mir nur aus Görres (die teutschen Volksbücher) 8. 260 be- kannt ist. Sie lautet daselbst (Christus spricht):

Maria, du liebe muter mein,

du solt nemen di megde dein,

di engel und heilgen zwelfboten,

groz ere haben si mir erboten.

Nim hin di heiligen und seelen al,

und füer si hin mit frolichem schal,

du solt si füeren maniglich,

wol in das schone hbimelrich,

da sollen si mit mir und dir gon,

mein vater wird si empfangen schon;

ich wil euch manche trachten bringen, der heilige geist woll’ euch vor singen:

di heiligen engel füeren ir saitenspil, euer freud ist aus der maßen vil, mehr denn alle augen mögen sehn

oder alle mund und oren mögen verjehn, oder aller menschen herzen mögen denken, das alles wil euch mein vater schenken, und das alles hat bereit

die bochbeilige dreivaltikeit®

486 Κ. J. SCHRÖER

Das Bild wird hier reieher, voller, Maria und Jesus erscheinen als Todtenführer zu den himmlischen Freuden und die musicierenden Engel, wie im Volkslied (die übereinstimmenden Verse sind unter- strichen). Görres hält das genannte Volkebuch für eines mit der He. von Sibyllen Weissagung von 1428, die Docen misc. I, 94 angeführt hat *), was ich weiter jetzt nicht untersuchen kann.

Aber das obige Volkslied klingt auch an ein Wiegenlied an, welches wieder an ein Weihnachtslied vom Jahre 1422 erinnert. In dem Wiegenliede heißt es: im himel, im himel sind allerhand leut, da tanzen die lieben engel und haben ir freud etc. Im Weihnachts- liede von 1422:

komen dar der engel epil

und heten freud und kurzweil vil (wie oben in dem Liede aus Ermland und dem Gedichte vom jüngsten Gericht) habe ich den Zusammenhang schon nachgewiesen, „deutsche Weihnachtspiele in Ungern“ 8. 73 f. 80. Sehen wir hier Jesus und Marie als νεχροπομποίέ, so wundert uns auch nicht mehr, wenn Jesus aufspielt zum Todtentanz **).

Gesang und Tanz im Elysium schildern übrigens schon Vergil (Aen. 6, 644) und Tibull (I, 3, 59), wie schon Grimm Myth. 807 be- merkt hat.

Bei alledeın reden „unsere Dichter des 13. Jahrhunderts nie vom Todtentanz, der seit dem 15.—16. Jahrh. zu den populärsten Vor- stellungen gehört.“ Grimm Myth. 807. Ich glaube, daß der Todten- tanz die ausgeprägte Gestalt, die er im 15. Jahrh. durch Bilder und Schaustellungen erhielt (8. Maßmann die Baseler Todtentänze, Stutt- gart 1847. Wackernagel, der Todtentanz, Haupt IX, 302-365) wohl früher kaum angenommen hatte, daß er aber dennoch auf Gebräuchen und Vorstellungen beruht, die, vielfach umgewandelt und von christlichen Anschauungen beeinflusst, bis in die heidnische Vorzeit zurückreichen.

Das Kinderspiel, in dem in aller Unschuld und Innigkeit heid- nische Vorstellungen und Schaustellungen mancher Art sich erhalten haben, gibt uns den Faden in die Hand, den Weg dabin zu finden.

„Unsere Kinder haben ein Fangspiel“, sagt W. Weackernagel 8. ἃ. Ο. S. 338, „wo eines nach dem Rufe: fürchtet ihr euch vor dem schwarzen Mann? und nach der Antwort: nein! den übrigen entgegen

*) Vgl. Wackernagel, Basler Hss. S. 55. **) Bitt hi für mich, daz ich den tanz eines wärhaften lebens trete nach der süßen pfifen dins liebs, Jesu Christi. Wackernagel, Todtentanz, bei Haupt IX, 311.

δ

TODTENTANZSPRÜCHE. 287

lauft und so viele es vermag aus ihnen berauszugreifen und damit sich beizugesellen sucht: ganz der Tod, der aus dem versammelten Reigen einen nach dem andern wegführt und dessen Schaar sich dadurch fort und fort vergrößert.“

In dem gewöhnlichen Texte der Todtentänze sagt das Kind in der Wiege, das der Tod zum Tanze ruft (auf Bildern lockt er es, sich zu ihm niederbeugend mit einer Kinderpfeife):

ow& liebe ınuoter min!

ein swarzer man ziuht mich däbin. wie wiltu mich alsö verlän?

muoz ich tanzen und kan niht gän!

Das Spiel ist ausführlicher besprochen bei Rochbolz Alemannisches Kinderlied und Kinderspiel 8. 376-378, wo denn der Zusammenhang desselben mit dem Todtentanz, d. ἢ, mit den Schaustellungen und Auf- führungen *) desselben ganz deutlich wird.

Nahe verwandt diesem Spiele ist ein anderes, das weitverbreitete Brückenspiel, Rochlolz 8. 373, und ich glaube bier der erste ge- wesen zu sein, der die mytbische Beziebung desselben gedeutet hat (Beitrag zur deutschen Mythologie und Sittenkunde, Presburg 1855, S. 31 f.), siebe Mannhardt in der Zeitschrift f. deutsche Mytbol, IV, S. 315. Die Seelen der Todten reiten über die goldene Brücke. Drüben angelangt, ringen gute und böse Geister um die Seelen, ganz wie's im Muspilli heißt:

sär sih diu sela in den sind arherit

enti si den lihhamun lıkkan läzit,

quimit ein beri fona himilzungalon,

daz andar fona pehhe; dar pägant 651 umpi. Die einen verfallen den Eogeln, die andern den Teufeln, die atws zweifelhaften werden gewogen, Engel und Teufel zichen sich kertuler und hinüber und tanzen ἐπάν μι in Schaaren u. dgl). m.

Solebe Asfführungen, die den Zustand umi das Schikeal der Todten veranschau.ichen sollten, mirzgen wohl auch jour veryianen Cas- mina diabolica um 8. Jahrb. gewesen sein, un mortarnie δότία anper mortuos vulgus face scolei εἰ cachinun um eure unb “»“δήαηέω- tione Dei omsipotentis : Wackeruagel Litteracung, 3. 4 L, Versiche gehören auch die did:mas kicker.

Von ter sches. fr den 8 αἰ 1er Ζα6 “νά. Mat want A ai berichsen.

288 K. J. SCHRÖER

Wie gegen den „schwarzen Tod“ getanzt wurde und wie die Tanzseuchen (im Mittelalter bis in die neuere Zeit) zum Todtentanz in Beziehung stehen, das wird aus den Zusammenstellungen von Roch- holz 8. 377 £. ersichtlich, 8. auch Uhlands Schriften, 3, 399 ff. Überall ist es doch nur eine Darstellung des Treibens der Todten, die denn auch, nach einer abgeschwächten Vorstellung, wenn auch nicht mehr in einer andern Welt, so doch bienieden bei Nacht, wie in Göthe’s Todtentanz, auf ihren eigenen Gräbern tanzen.

Was die Todtentänze des 15. Jahrhunderts, wie sie in Bildern mit darunter geschriebenen Sprüchen bekannt sind und die Todten- tanzsprüche ohne Bilder, die zur Darstellung und Aufführung bestimmt waren, gleich den frommen Schauspielen und Fastnachtspielen der Zeit, was diese Todtentänze jedoch von der fortgesetzten Pflege früherer und .späterer Vorstellungen vollständig loslöst, so daß sie als etwas Neues auftreten und, von einer neuen Seite betrachtet, rasch eine entsprechende Entwickelung nehmen, das ist der volksmä- ßige weltbewegende Gedanke der Zeit von der Gleichheit aller Menschen. Nicht früher und nicht später ward derselbe mit solch triumphierendem Behagen behandelt wie jetzt. Alle mythischen Vor- stellungen und alles Beiwerk tritt vor dem einen mächtigen Gedanken zurück, der nun in Schaustellungen, Worten und Bildern überall wieder- holt und gleichsam den Großen der Erde vorgehalten wird: der Tod mache alle gleich! Trostlos sehen die Gefilde der deutschen Dich- tung des 14.—15. Jahrhunderts aus und wenn etwas lebendig darauf sich bewegt, so sind es diese Gestalten der Todtentänze. Die Todten- tanzsprüche sind, bezeichnend für ihre Zeit, wie sie uns erscheinen, so eigentlich die Dichtung dieser Zeit. Sie sind daher mit Recht schon vielfach der Gegenstand gelehrter Betrachtung gewesen und mögen noch weiterer Würdigung empfohlen sein.

Ich kann nicht umhin, hier noch einer Darstellung des Todten- tanzes zu gedenken, die noch heutzutage bei den Sachsen in Sieben- bürgen bei Hochzeiten stattfindet, „um die höchste Steigerung weltli- cher Lust durch ernste Todtengedanken als Bußmahnungen zu mäßigen.“

Ich entnehme meinen Bericht einem Sammelwerke: „Aus Sieben- bürgens Vorzeit und Gegenwart. Mittheilungen von Fronius, Haltrich, Kästner, Malmer, Obert, Schiel, G. Schuller, J. C. Schuller, Schuster, Schwarz, v. St., Teutsch, Wittstock. Zum Besten der Abgebrannten in Bistritz. Hermannstadt 1857“, wo ὃ. 74—80 ein interessanter Auf- satz: „Das Königslied. Ein Beitrag zur Geschichte des Todten- tanzes“, mitgetheilt ist, dessen Verfasser nicht genannt wird.

“TTODTENTANZSPRÜCHE. 289

Die Aufführung ist „von mannigfachen Gebräuchen umgeben, die Grimms von Wackernagel angegriffene Meinung zu: rechtfertigen scheinen, daß darin .ein Fortwirken altbeidnischer Mythen vom Kampfe des Frühlings mit dem Winter stattfinde.* Daß dieser Kampf gleich- falls noch im siebenbürgischen Sachsenlande dargestellt wird, wird hier gelegentlich erwähnt. Über diese letzteren Darstellungen bei den Deutschen des ungr. Berglandes habe ich selbst berichtet, Nach- trag zum Wörterbuch der deutschen Mundarten des ungr. Berglandes, Wien 1859 8. 48 (Sitzungsber. der kais. Ak. ΧΧ ΧΙ, Bd.) [289 f.| und daselbst auch den dabei gesungenen Text aufgeführt.

Wie dem immer sei, so ist diese Aufführung des Todtentanzes, einmal als Beleg dafür, wie solche Schaustellungen üblich waren, dann wegen des echt volksmäßigen, frischen Tones des Textes, in hohem Grade der Beachtung wertb.

Zuerst tritt der Engel auf mit einem weißen Stabe und singt:

Hört zu mit fleiß und merket auf (wohl ursp. schweiget still!) neu zeitung ich euch singen wil

von einem könig reiche:

der Tod auf einem freien markt

dem könig tut nachschleichen.

Der Tod (mit Sense oder mit Bogen und Pfeil, in weißem Linnen oder schwarz vermummt*); dem Tod-zur Seite Apothe-

ker und Doctor, erster mit Medicinfläschhen, letzter mit Dreispitz, Zopf und Tabaksdose.

Glück zu, du edler königsman! neu botschaft ich dir zeige an: dein Tod ist schon vorhanden! meinen reihen must du gön, ich far durch alle lande!

Der König (mit Mantel, Krone, Scepter und Gefolge): Wer bist da denn, du kühner man, ich mit dir schon muß daran? woher, aus welchem lande? bist du ein herr, das zeige an, bestehest sonst in schanden.

*) Über Tod als Jäger s. Mythol. 805. Haupt Zeitschr. IX, 351. Der Tod wurde oft schwarz dargestellt, im ungr. Bergland mit Kohle berußt selbst der Winter! a. a. Ο, GERMANIA XII. 19

290

Κ. J. ΒΟΉ ΒόΕἘΗ ""

Tod: Kennst du mich recht, es wär dir guf, ich brech dir deinen stolzen mut. Tod beißt man mich mit namen, der jungen und der alten leut tu ich gar wenig schonen. König: Vom Tod ich oft gehöret han, nach dir ich nicht vil fragen kan: pack dich aus meinen landen! sonst must du gleich gefangen stän in ketten und in banden! Engel: Der Tod schoß aus in schneller eil dem könig zu mit einem pfeil. Tod: Jetzt wirst du schnel empfinden, o junger stolzer königsman, ob du den Tod wirst binden! Engel: Der könig bald entfärbet sich und sein gewalt wirt jämerlich. König: _ Gott mög sich wol erbarmen! daß ich so gählich sterben muß, du findst ja vil der armen! Tod: Der armen find ich vil zu vil, der reichen ich auch haben wil, die zieren meinen reihen ; prälaten, fürsten, könig groß tun mich alzeit erfreuen. König: Groß ist dein macht. Engel: Der könig sprach wie er nun auf dem bette lag etc. Der König unterhandelt nun mit immer steigender Angst um

Fristung seines Lebens, was an die Unterhandlungen des Herodes mit dem Teufel im Weihnachtepiel erinnert (s. meine Weihnachtspiek

TODTENTANZSPRÜCHE. 920]

S. 121). Er bittet um 12 Jahre und macht Anerbietungen von zehn- tausend Pfund Gold u. dgl., zuletzt um eine Stunde es hilft nichts. Der könig streckt bald seine füß, sein stolzer leib sich ganz entließ, sein mund tat im verbleichen. der würger würgt ohn unterlaß den armen und den reichen etc. Der König wird von Kriegern aufgebahrt, die dazu „sagen“ (so): . Was pocht man auf die throne, da weder macht noch krone kann unvergänglich sein etc. (vgl. m. Weihnachtspiele S. 121).

Darauf berührt der Engel den König mit dem Stab und dieser erwacht.

Engel:

Der berr, der mich zu dir gesant, er ist der herr mit starker hand,

er gibt, er nimt das leben,

so wie du jetzt erfahren hast,

nach ihm must du stets streben!

Jetzt versteht man hierunter eine irdische, ursprünglich stellte man wohl die himmlische Auferstehung dar.

Nun steht der König auf, nimmt die Krone von seinem Hanpt herunter und singt mit der Choralbegleitang:

Dein ist die kron, o herr der welt, der alles kann und uns erhalt!

was ist der mensch? er ist nur staub und schnell des todes sichrer raub. Kein stolz bezeichne unsern stand, er ist für war nur eitler tand,

o herr, für’ uns auf deiner bahn

und nim uns einst in gnaden an.

Hieher gehört eine Stelle des dacianischen oder ungrischen Sim- plicissimus (aus der Mitte des 17. Jahrhunderts; gedruckt 1683), die uns sowohl für eine größere Ausbreitung einer Art von Todtentanz- darstellungen, als auch der Sitte des Todtentanzes bei Hoch- zeiten Zeugniss gibt. Derselbe erzählt im 29. Kapitel: „Was Sim- plicissimus auf dem land und in den stäten bei ungrischen leichen gesehn. Nach disem kam ich mit meinem berrn einsmal auf eine landesherrliche leichenbegängnus. da wurde zulezt getanzt, doch

19*

292 ΚΕ. J. SCHRÖER

nur ganz traurige und mit weinen halbfröliche tänz, wozu etliche klagweiber sungen und weinten. Über eine weil kam ein herr und begerte von seinem windischen spilmanne den: tristo-bdow- tancz, auf deutsch der 300 witfrauen tanz. dises war mir etwas sonderbares zu hören, wozu dann auch gesungen und geweinet unter dem tanz wurde. das war visierlich zu sehen und zu hören, kam mir fast auf heidnische art vor. Des abends fragte ich beim eßen den spilman oder ungrischen musikanten, solte ich sagen (der zu jedem gericht oder tractament seine besondere nota oder sonata zu spielen wuste, als: zum sauerkraut, die sauerkraut-sanat, die huss- sonat zur gans, die petzino-sonat oder nota zum braten und con- sequenter auf jede tracht eine besondere sonat), woher diser tanz der 300 witfrauen seinen namen habe ? der gab mir folgenden bericht wie daß einsmal bei der gold und silberreichen sibenbürgischen grenzstat Nagybania vil schächte im bergwerk eingestürzt und etliche hundert männer in der erd erschlagen, wodurch 300 witfrauen sind gemacht worden. darauf habe ein sibenbürgischer fürst, der dises berg- werk besessen und eben damals in loco gewesen, die verwittibten frauen, nebst allen andern bergwerksbedienten, gastieret und inen räusche anhenken lassen (!), aber dabei verbelet daß ire ınänner tot wären (!), bis endlichen er sie alle 300 auf einmal zum tanzen bracht und unter solchen seinen herren gästen, als magnaten, eröfnet und gesagt: ir herren, das ist ein rarer tanz! und werdet euer lebtag nicht 300 witfrauen auf einmal so lustig und tanzen gesehen haben, als ir bereits sehet (!!!). Worauf ein groß heulen und weinen sich erhoben, weil sie vernommen, daß ire männer durch den einsturz des bergwerks ums leben komen! er hat inen aber getrost zusprechen lassen, in kur- zem sie alle wieder aufeinmal verheiratet und mit geschenken von sich gelassen. Solches ist nun in Oberungern ganz kündig und keine fabel. Sonsten habeich auch in jeder ungrischen stat beieiner leich einen sonderbaren tanz gesehn. Da legte sich einer mitten in die stuben, streckte hand und fuß von einander, das angesicht war im mit einem schnupftuch verdeckt, er lag da und regte sich gar nit. Da ließ man den spilman den totentanz mit der bockpfeifen machen, Sobald dieser anhub, giengen etliche manns und weibspersonen singend und halb weinend um diesen liegenden kerl, legten im die hände zu- sammen auf die brust, banden im die füß, legten in bald auf den bauch bald auf den rucken und triben allerhand spil mit ime, richteten auch solchen nach und nach auf und tanzten mit im; welches gar abscheu- lich zuzusehn, weil sich dieser kerl im geringsten nit regte, sondern eben wie sie ime die glider richteten, also gleichsam erstart, dastund.

TODTENTANZSPRÜCHE. | 393

und habe solches abscheuliche spil auch auf den hochzei- ten, gleichsam als eine recreation oder fasnachtspil prakticieren gesehn, bin aber sicher berichtet worden, daß einmal got einen solchen spiler gestraft und der, so der tote sein sollen, warhaftig gestorben und ligen gebliben.*

Das Aufheben des auf der Erde liegenden Todten erinnert an eine ähnliche Sitte, in der ich schon einmal den Wintergott vermuthete, „In verschiedenen Gegenden Ungerns kommen am heiligen Abend Hirten singend in die Häuser, vier, fünf und mehr. Einer unter ihnen hateinen Strohgürtelum (wie der Winter im Sommer- und Winterkampf des Landvolkes) und unterscheidet sich durch schlechte Kleider, der legt sich auf den Boden und wird von den an- dern mit den Hirtenstäben sowie mit Hebeln aufgehoben.“ Meine „Deutsche Weihnachtspiele aus Ungern“ S. 26.

So wie bei den Wogulen Mythen und Sagen (z. B. über Ein- wanderung aus fernen Ländern) obne Wort, pantomimisch dargestellt werden, so wird das Leben nach dem Tode im Todtentanz vor Augen gestellt. Wir sehen aber aus dem Obigen wieder, wie sich in Ungern und Siebenbürgen so vieles noch erhalten hat, was zur Erklärung alter Bräuche dienen kann und Blicke in die Vorzeit eröffnet.

Solche symbolische Tänze oder pantomimische Darstellungen finden sich (bei Deutschen und Slaven) auch noch anderer Art in Un- gern, was wir bier nicht unerwähnt lassen dürfen, s. meinen Beitrag zu einem Wörterbuch der deutschen Mundarten des ungr. Berglandes (Wien 1858) S. 75 (184); Csaplovics topogr. stat. Archiv des König- reichs Ungarn (Wien 1821) II, 175: „Sie haben (die Bewohner der Gömörer Gespanschaft) auch einige eigene Tänze. So ahmen sie die Hähne mit Musik und Tanz nach Hahnentanz; oder die Enten (auch in der Zips) der Entrichtanz. Bald drücken sie das Säen, Jäten, Sammeln, Stoßen und Essen des Mohns durch Töne und Geberden aus der Mohntanz. Endlich schlagen sie im Tanze mit der Pritschen aufeinander der Lapaten- oder Pritschen- tanz“ ; vgl. noch Bartholomzides comitatus Gömöriensis notitia Leuchovis 1805—1808 pag. 450: „$. 24. Dum in nuptiis choreas ducunt habent sibi proprias eosdemgue pers&pe ab animalibus aut rebus pbysicis vel etiam actionibus oeconomicis denominatos et mu- tuatos gallos gallinaceos musica et saltu imitantur alia vice ad modum anatum se saltare credunt, iterum oeconomos papaver se- rentes etc. exprimunt. Denique colloquiis et aenigmatibus nonnun- quam se oblectant etc.

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Um die Texte der verschiedenen Handschriften und Bildwerke, die Todtentanzsprüche enthalten, hat ein großes Verdienst Maßmann durch sein Werk: Die Baseler Todtentänze, in welchem er dieselben übersichtlich neben einander gestellt hat. Ich theile nun im Folgenden einen Text von Todtentanzsprüchen mit, der von allen den daselbst verglichenen abweicht, also eine von denselben unabhängige Bearbei- tung und auch unter anderm dadurch interessant ist, daß er Ver- wandtschaft zeigt mit der Dichtung: Sibyllen Weissagung oder vom jüngsten Gericht, an die wir bereits oben erinnert wurden,

Die Handschrift, in der dieser Text enthalten ist, hat der hoch- würdige Herr Pfarrer P. V. Hasak in Weißkirchlitz bei Teplitz in Böhmen am 12. Mai 1854 erworben und dieselbe mit zuvorkommender Güte an Pfeiffer zur Benützung mitgetheilt. Es ist eine Papierhandschrift von kleinstem Format (das Blatt 3 Zoll hoch, 3 Zoll breit) und zählt 166 Blätter, von denen Bl. 1—4 jedoch fehlen. Ihr Inbalt ist manig- faltig, meist religiös und von geistlicher Hand geschrieben:

Anfang fehlt. Bl. δ΄. vil sehyr hat verlorn ein man | daß er in langen zeiten gewan etc.

Bl. 6°. (andere Schrift) wer es mit glouben bi sich treyt | mit an- dacht und mit innikeit | dem wirt kein ungewitier schaden etc.

Bl. 75", (leer.)

Bl. 8. Augustinus, O du unfruchtbar holz sage | was tustu an dem jungaten tage | do du fayn einer kurzen frist | ἂψ kawm als eyn augenblick ist | mogest got rechenung geben | wy du zubracht habest deyn leben etc.

der bowm bedewtet das menschlich geschlechie etc.

Bl. 10°. Tempus (roth). Nw merck von der czeyt. von den czwuen meüsen will ich sagen | ἂν an deß bawmen worczel gnagen etc. Die aus Rudolfs Barlaam (ed. Franz Pfeiffer, Lpz. 1843 S. 116 f.) bekannte Geschichte.

Bl. 15°. media vita in morte.

Mitten in dem leben wir seyn mit dem tod umbfangen | Wen suchen wir der uns hilfet gib (20) von dem wir gnade erlangen etc.

Bl. 15°. von eynem wurczgarten.

Jhesu liber here meyn | hilf mir pflanzen eyn schons krant gerteleyn etc. der Schluß Bl. 19": auf das yn der himellische garten werde bekant | Czu komen aws disem elende in das vaterlandi. Amen 1496.

Bl. 19". von der helle.

dy grube dy unter dem bawmen stet | do der drach inne get | das bedewtet der diffen helle grunt etc.

Es ist bemerkenswerth, daß diese einzelnen Gedichte in Bezie-

TODTENTANZSPRÜCHE. 295

hung zu einander stehen; ich habe die auf diese Beziehung hindeu- tenden Worte unterstrichen. |

Schluß des Obigen. Bl. 23°. mit dem gulden munt Sant Johan | der hebet darvon zu sagen an. wer in dise peyn sal gehen der kan.

Bl. 23°. Salue gegrüßet seistu etc. Ä

Alma heilige junkfraw etc.

Bl. 25°. von der cristen leben.

wiltu furen eyn cristenleben | so saltu das merken gar eben | das du lebest in aller tadt | alzo crist dir vorgelebet hat | etc.

Bl. 29°. von der ordenung yn der kirchen.

dy prister gehoren yn den choer | so sollen dy leyen bleiben darvor | etc.

Bl. 30 bemerke ich den niederrheinische Mundart verrathenden Reim: worten : vorchten (]. vorten).

Bl. 82. von ordenung der messe.

Uon der messe müeß sch sagen vort | wan ey ist der cristen leute hochster hort | etc.

Bl. 39*. von der auslegung der messe

Alzo man di messe hebet an | so wirt ein gesang getan etc.

Bl. A5*. von der emeissen.

Uon der ameissen spricht alsus | der meister genant Lucanus | du libes kind sich ewen zu | das di ameiß nicht sey weiser dan du etc.

Bl. 50%. von dem hasen.

Eyne haß der hat sulche art | das er sich allezeit bewart etc.

Bl. 51" (in margine). freunde in der not | gen zwen und dreissigk auf ein lot | wen si einem sollen behulflich seyn | so gen ir vier und sech- zigk auf ein quintein | Nu rat in diser stunt | wievil gen der freunt auf ein pfunt? XI.

Bl. 55%. von dem storche.

des storches natursal man bedewten | der nistet gern unter den lewten etc.

Bl. 61*. von dem pfauen (in margine). hoe non legatur coram secularibus quia non prodest eis sed (Ὁ) religiosis opere pretium est.

der pfawe ist der allerschonste vogel den man auf ertriche | fint es lebet nicht sein gleich etc.

Bl. 67°. von dem hunde.

der hunt ist ein getrewes tir | un! hat schoner tugent vir etc.

Bl. 72°. unten MCCCOSß.

Bl. 725. von einem bußfertigen leben etc.

wer sich zu gote will keren | ein gute list wi ich in leren etc.

BI. 14", di ander bueß.

Bl. 76%. noch seinandere wergk.

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Bl. 80°. von dem gedechtnisse des 0 68.

(di sele, divornunft, David, Augustinus, Bernhardus etc. sprechen.)

Bi. 101°. hie hebet sich an gar ein schon gesprech von der mensch- werdung unsers herren ihu Cristi.

Sich hub vor gotes trone | ein gesprech so recht schone etc. Schluß: Bl. 113. daß wir nimmer ersterben | wir mussen vor gotes hulde erwerben. Amen 1496. Hieran schließen sich unmittelbar die

Todtentanzsprüche Bl. 113°—120*. der ewige Gott spricht eto.

Bl. 120°. Item aus dem leben Seti. Jeronimi.

Bl. 157%. von dem sacrament der ölung.

Bl. 1625. Das Vaterunser.

Bl. 163", unten: MCCCCY.

Eine demnach von geistlicher, frommer Hand geschriebene Hand- schrift, in der sich die freigeistigen Äußerungen der Zeit im Todten- tanz seltsam ausnehmen. Geschrieben ist das Ganze zwischen 1496 bis 1499. Bl. 163° von anderer Hand findet sich noch die Jahrzahl anno domini millesimo quingentesimo primo etc. Hingegen Bl. 166° noch einmal 1499.

Was den Text der Todtentanzsprüche anbelangt, so scheint außer der obigen nur noch &ine Handschrift denselben zu enthalten. Es ist dies die ehemals Kuppitschische Handschrift von 1501, die Mone An- zeiger VIII, 211 angeführt wird. Die daselbst angeführten Eingangs- worte stimmen mit obiger Hs. zusammen. Sollte diese vielleicht mit der von Kuppitsch &ine und dieselbe sein? Die Bl. 163", wie oben bemerkt von anderer Hand, geschriebene Jahrzahl 1501 spricht fast dafür, obwohl dann «llerdings zu verwundern ist, wie die öfter wieder- kehrenden Jahrzahlen 1496 und MCCCCYY übersehen werden konnten, indem die dem übrigen Inhalt der Hs. völlig fremde Zahl 1501 auf- gegriffen ward.

Auffallend nahe stehen unserem Text, wenigstens in der Anord- nung der Personen, die „Dotentanz mit figuren“ betitelten Druck werke, 8. Goedeke Grundriß $. 381: 4. S. 382: 5 und 6.

Diese Übereinstimmung ist keine zufällige; man vergleiche mit diesen drei genannten Fassungen (die insgesammt, so wie unser Text, den Pabst, Cardinal und Bischof voranstellen) mit den anderen (in denen auf den Pabst der Keiser folgt). Näher als diese letzteren steht unserer Fassung dann noch der Manuel’sche (Berlin. 1514—21) und der Denecker’sche (Augsburg 1544).

Wie weit die Übereinstimmung dieser Texte, die von Maßmann

TODTENTANZSPRÜCHE. " 297

nicht mitgetheilt sind, mit dem vorliegenden geht, bin ich zu verglei- chen nicht in der Lage. Ich habe nur noch jener Stelle zu gedenken, in der unser Text mit dem Gedichte Sibyllen Weissagung Verwandt- schaft zeigt, wie schon oben bemerkt wurde, was um so anziehender ist, als wir schon im Eingange in anderem Zusammenhange an diese, gleichfalls denkwürdige Dichtung erinnert wurden. Ich habe die überein- stimmende Stelle unten am Schlusse zu Vers 281 mitgetheilt.

Bl. 112" Derewige got spricht:

1 Nu ir menschen baltet mein gebot das ir moget entrinnen dem ewigen dot, so gib ich euch dar umb zu lon in meinem himelreich der eren cron.

5 Darumb ir menschen lasset euern ubermut, - gebt wider eur unrechtes falsches boses gut, denn ich vor euch an dem creuze leit und ein spere mir mein herz vorsneit.

Dich wirt nit helfen [Bl. 112°.) gut noch leib

10 weder deine kinder noch dein weib, auch weder leut noch alle dein lant; dein leip muß sein mein pfant.

hastu dein guttat also lange gespart biß auf dein ende und auch dein letzte hinfart:

15 du kummest zu spat daß glaub mir

dein herz brich ich ab zu noten dir.

Die menschen antworten:

Barmherziger himelischer ewiger gutiger got

wir menschen hilten billich, herre, dein gebot,

daß erkennen wir, so stet uns unser sin und mut 20 auf die werntliche ere und auf zeitliches gut.

ewiger got laß uns also elendiklichen nit ersierben

laß uns vor dein gotliche gnad erwerben,

Wan uns dein ere ist gewest ein spot

daß vorgib uns baremherziger ewiger got!

Der Tod spricht:

25 Herr bobst, disem tanz müst ir springen, Bl.113* vor alle di ere gewinnen.

2 entringen Is. 11 nach a. d. 1

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35

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K. J. SCHRÖER

ir seit gewest ein irdischer got nu seit ir umbgeben mit dem tod.

Der babstantwort: Sol ich ie? und muß ja sein! darzu enden das leben mein? ist nu streflich gewest mein leben daß wolle mir got vorgeben.

Morsdieit: Auf, mit mir bei der zeit! Wan inzunt (so) dein hofnung nider leit. Wan dir nach gut was gach darumb so volg mir hinden nach.

Der Cardinalantwort: Mocht ich meiner sunden los werden noch hie auf dieser erden! ich hab mich vorgessen sere denn mir lip was zeitlich ere.

Morsdicit: Her der bischof, ich bin der tod hute dich, es tut dir not! dein bistum mustu auf geben und nit lenger laß ich dich leben.

Derbischofantwort:

Bl. 113°. 45 O daß ich ein monch wör gewesen

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55

und het got gedinet mit singen und lesen! und hab underdrucket alweg di armen, das muß es nu got erbarmen.

Mors dieit: Herfür, ir großen tumbern ! ir müst wider zu erden wer’n! und lizt (ir) euer hoffart faren so möcht euch noch got bewarn.

Dertumherantwort: Vil pfrunt und großes gut mir intzunt disen schaden tut; so wil es doch nit anders sein, ow& des todes bitter pein!

TODTENTANZSPRÜCHE.

Der Tod spricht: Ich hab es angeschriben, an dem gotesdinst seit ir nit bliben; eur opfer gut und ere 60 seht ir nu nimer mere.

Der pfarher:

Het ich mein schöflein recht behut

als ein getreuer hirte tut:

si und mich hette bewart!

froliche fuer’ ich dise [ΒΒ]. 1145] letzte hinfart! Morsdicit:

65 Her apt in geistlichem orden

du bist mir nu zu teile worden.

Ir jungen und alten,

ir habt euern orden nit recht gehalten!

Deraptantwort:

Ach got, wozu bin ich geboren! 70 ich hilt nit recht meinen orden; het ich mein 88] recht bewart frolichen fuer ich disse hinfart.

Mors dieit: Ich weiß di orden al zu nennen, ich kan ir awer numer erkennen: 75 euern geist und leben must ir mir alsampt aufgeben!

Der monch antwort:

Ich empfind an meinem alter wol

daß ich sterben muß und sol;

in armut wer besser geendet mein leben 80 dan daß ich bose exempel het geben!

Der Tod spricht:

Ir kont den leuten wol gesagen

wi si mich tod solten vorjagen: deiner sele kan ich nit rat gebn,

du hast vorkurzt manchem sein leben.

60 uw und znymer mer. 69 wueu 73 ed.

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300 Κ. J. SCHRÖER

Derarztantwort:

85 Aller krankeit [Bl.115*.] konde ich rat geben und idem erlengen sein leben. Her! hab ich imant zu kurz getan, des saltu mich, liber her, nit entgelden lan. Mors: Het ir nach recht gestanden 90 und frid gemacht in euern landen so wurde euch gegeben gots huld und das ewige leben.

Der keiserantwort:

Sol und muß ich ie sterben und kan kein fristung nu erwerben:

95 was hilft mich nu mein keiserliche crön? ich müß intzunt mit dem tode gön.

Mors:

Ir salt noch heute sterben als ander leute; got daß orteil hat lassen. werden 100 daß alle menschen wider kumen zu der erden.

Derkonikantwort: Het ich mein lant recht regirt und mit tugent gezirt, so möchte ich baß von hinnen faren got wolle mein s&le bewaren. |

Morsdiecit: 105 Ein herzog bistu gewesen, nimant kont von dir genesen und vorseumest gotes [Bl. 115°.] &re do mit darumb du mir inzunt nachtrit. Der herzog antwort: Sol ich dan nit lenger leben 110 und alle mein herschaft ubergeben? O daß ich nit all mein tage got von herzen gelibet habe!

93 8. uns m. i. y. st. 94 erw. 96 gan. 97 nach hewt. 105 wistu. 111 alle meyn tag. =

TODTENTANZSPRÜCHE. 301

Morsdicit: Trit herfurer graf von edeler art, ich wil euch furen ein wilde fart: 115 Bite got, daß rate ich: daß er dich nit vordurp ewiglich. Der grafe antwort: alle heilgen und gotes leute, erwerbet mir gnade noch heute! ich: will mich bessern und almusen geben, 120 her, frist mir länger noch mein leben! “-Morsdieit: Ritter gib mir dein hant, du must mit mir in ein ander lant! hettestu gefuret dein ritterrecht, . So wurtdein sach inzunt al schlecht.

Der ritterantwort: 125 ich hab meines leibes craft verzeret mit wilder gesel [Bl.115°.] schaft und ich der armen domit vergaß; dorumb get mir hi nit baß. Morsdieit: Edelman, wol auf mit mir! 130 zu kurz ist die zeit gewesen dir und hast kein sorg gehabt auf mich, darumb ich dir nit ubersich.

Deredelmanantwort: Sol ich inzunt rechnung geben von meinem sundigen leben ? 135 Das vergip mir, got, hi auf erden und laß dir mein sele zu deile werden.

Mors dieit:

Mochtestu inzunt ein fürsprech gewinner und mit Tod’ entrinnen: daß wer dir not sicherlich

140 eher du vorseumest daß himelrich.

117 lewt. 118 hewte. 123 ritterschaft. 124 alle schl. 137 fuerspr. 140 himelreich.

302

K. J. BCHRÖER

Antwort desrichters: Unrecht macht ich oft recht, gelt macht alle sach schlecht, wärheit vorkeuft ich oft umb gut das mir dan inzunt schaden tut.

Morsdieit:

145 Du schreibest sontag und feiertag das ist deiner söle ein große clag: nu bist du mein gast worden ich fuer dich in meinen orden.

Der schreiberantwort: Ein freies leben hab ich gehapt 150 und domit mein herz gelabt: mochte ich nu di zeit gewinnen ich wolt mein leben baß besinnen. Der Tod dicit: Ir burger! mit listen ir kondet euch vor mir nit gefristen; 155 ir habt oft arges geraten, das kompt euch inzunt nit zu staten.

Derburgerantwort: Ich hoff als ein cristenmensch zu sterben und gnade bei got erwerben. Hilf Maria, reine meit, 160 daß mein s&le nit werde leit! Mors: Ir handwerksleut, ir erbeit an feiertagen, wi konnet ir gnäde erjagen es ist zu lange vorzogen domit, darumb get her nach meinem trit. Der handwerksmann [Bl. 116°.] antwort: 165 Het ich noch zeit und craft und mit dem tod nit wör behaft, ich wolt lassen mein handel sten gein vesper und zu predigen wolt ich gen. Der Tod spricht: Wie bist du so gar vorplent 170 gedenkestu nicht auch an dein letztes ent? 147 wistu vgl. 105.

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18

190

195

200 172 szo.

TODTENTANZSPRÜCHE.

du must es büßen in der frist, so got di gnade geben ist.

Der wucherer antwort: Konde ich nu bos gut widerkeren, so wolt ich mich mit got erneren; so bin ich kumen in di not, darzu zwinget mich der grimich tod.

Morsdicit: Spiler, du hast übersehn di schanz: und bist kumen an meinen danz. falsches spil hast du getriben und bist bei keiner wörheit bliben.

Der spilerantwort: Spilen ist inzunt ganz gemein den pfaffen, und uns nit allein; ist es sunde [Bl. 117°) des ich nicht enwist, so vorgip mir das, her Jesu Crist!

Der Tod: Vil bosheit hast du begangen mit falscher speis und weinlangen und bist der leut fluchen ein ursach gewesen; wi mag dein sele nu genesen?

Der wirtantwort: Ich suchet zeitlichs gut gleich als der reuber tut; solt ich inzunt nit sterben, ich wolt vor got noch genad erwerben.

Morsdieit: Hettestu got angerufen bei der zeit, so er den menschen nu auf erden gnad geit und gebeten Maria di muter zart so lög es dir inzunt nicht so hart.

Derbauerantwort: Ich vorcht mich, Tod, vor dir, ich kann darzu intzund nicht helfen mir. Ich hab di armen beschwert mit dem das mir got im felde beschert.

173 nw. 183 nichten weyst. 194 geibt.

303

304

Κ. J. SCHRÖER

Morsdiceit: Ich danz dir vor, fraue keiserin! mir näch! [Bl. 117”.] das ist mein sin! hettestu dich langest in gnade geben so hettestu vordinet das ewige leben. Die keiserein antwort:

205 Wollust het mein stolzer leip do ich was eines keisers- weip; nu bin ich mit dem tod umb geben, der bringet mich umb mein leben.

Der Tod spricht: Du must noch auf diser erden

210 widerum zu aschen werden, darvor hilft dich weder silber oder golt; du das bedenken solt.

Dikönigeinantwort: O Maria, gnadereich (rich) erwirb mir von Jesu sicherlich, 215 das ich an meiner letzten stunt nit kume in der helle grunt. Morsdieit:

One zweifel dein leben ist mein,

ich hab lang gewartet dein,

gedenk darnach das du manchen tag

220 must ligen faul in dem grab.

Diherzogeinantwort:

Ich was gehalden lieb [Bl. 118°] und wert

der Tod inzunt meiner begert;

ich was edel unde weis,

nu so muß ich werden der wurmer speis. Der Tod spricht:

225 Wollust der werlt hast du gepflegen dich gotes dinst leichtlich derwegen; es kumpt dir awer inzunt nit zu gut,. wan du dich darvor nit hast behut.

Di grefeinantwort: Ich hab mich ni besorget 230 nu mir der tod nit lenger borget,

201 keyßereyn. 206 und g. d. hast du dich gar 1. derw.

TODTENTANZSPRÜCHE. 305

das macht mein ubermutigs leben, das er mir keine frist mer wil geben.

Mors:

O frau ritterein hart

wie uppig ist gewest dein art, 235 du magst dem danz nit entrinnen

du must mir (nach) vor allen dingen!

Diritterein antwort:

Ich trostet mich der ritterschaft,

awer der Tod nimt mir alle mein craft:

dein danz ist mir unbe [Bl. 118° ] kant 240 do wir hin mußen allesant.

Der Tod: Dein bitten ist inzunt einwicht, du must komen vor gericht und rechnung geben von deim hoffertigen leben.

Diedele frauantwort: 245 Ach, got von himelreich, - ist das meinem leben so ungleich! nu muß ich mich lassen zwingen und mit dem Tode springen! Mors dieit: Euer meit last ir euch nach gan 250 das euch nit ist geboren an: ir müst nu mir nach tanzen es wurt sich inzunt nit anders schanzen.

Diburgerinantwort: Mein liber man zog mich von, ander frauen hilten sich 255 mit schleiern und mit gewant: mit dem Tod awer zu danzen tut mir ant.

Mors: O sunderein, gedenk dar nach das got dein sele selber entpfach, wan du hast weder zil noch frist 260 also lang als [Bl. 119.] ein augenblick ist.

240 sampt. 244 v. allem deynen hoff. und bosen 1. 258 entpfag. GERMANIA XII. 920

806

K. J. SCHRÖER

Dihantwerksfraue antwort:

Wi sol ich dem tod entrinnen?

das ich mocht ein weil besinnen

meine sunde und unrechtes leben,

ob mir von got gnad wurd gegeben. Der Tod spricht:

265 Bis andechtich in deinem gebet;

es sei nu zu resch oder zu spet

und ruf Maria, gots muter an,

di erwerbet dir di ewigen cron.

Dibeuereinantwort: Her, laß michs nit entgelten 270 das ich kum zur kirchen so selten; so wil ich doch di armen stillen mit almusen geben durch deinen willen. Mors dicit: Deine reu ist dir zu spete kumen inzunt brenget si dir keinen frumen 275 du hettest dich wol frid gehalten und nit dein buß in das alter behalten.

Di closterjunk [Bl. 110] frau antwort: Ach wi bin ich betrogen das ich mein besserung hab aufgezogen! wer ich ein rechte closterjunkfrau worden 280 do man gotlichen hilt recht den orden.

Conclusio: So nu diser tanz geschen ist uberal, so kumpt den Crist gein Josaphat in das tal und erscheinet do mit gotlicher gewalt in den wolkelein gar manicvalt 285 und wirt do urteil sprechen und aller menschen sunde rechen. Und di nit teten den willen sein, die wil er schicken in die ewigen pein und wil darnach den guten geben 290 bei im dort das ewig leben. Und wo hin der mensch hat geworben dohin fert sein sele so er ist gestorben;

284 wolkeln. 291 hatte.

TODTENTANZSPRÜCHE. 307

denn do der mensch hin wirpt, ala man tut sagen, do wirt er sein letzte wonung haben

295 und bleibet auch do ewic [Bl. 120*.] lich, es sei in der hell oder in dem himel rich. Darumb er von gotlicher gerechtikeit vorsagt gnad und erbarmung aller menschheit. und di kumen auf di stunt

300 ane reu und auch an besserung, di wirt er schicken ın der helle grunt umb ir missetat und umb ir sunt. Darumb so habt reu und leit vor euer sunt in disem leben so wirt er euch di sunt leichtiglich vorgeben.

Ich gebe den Text unverändert, nur ohne die nichtssagenden orthographischen Eigenheiten der Handschrift. Das urkundliche Wie- dergeben aller dieser cz für z, aller gekh für k, aller w, v für u u. dgl. sieht selbst für den, der mit Urschriften vertraut ist, abschreckend aus; ich glaube, es ist der Verbreitung und dem Bekanntwerden von Sprach- denkmälern geradezu nachtheilig. Mehr für den Text zu thun wagte ich nicht, obwohl die Reime z. B. für Herstellung des für ei sprechen. Wer wollte es aber wagen, aus den vielen, offenbar überfüllten und durch Zusätze verdorbenen Versen mit Sicherheit den ursprünglichen Text herzustellen? Correcte Verse wären bald gemacht, leicht aber auch correcter als sie je gewesen sind.

Einiges Bemerkenswerthe will ich hier noch zusammeristellen:

Zu Vers 2: Hs. entringen für entrinnen, vgl. Vers 235: entrinnen : dingen, dagegen 137 f. gewinnen : entrinnen. |

Zu Vers 7, 40: den für danne, denne. vor in md. Weise für für.

Zu Vers 11, 97: nach für noch, vgl. 211: ader = oder und zu 95.

Zu Vers 34: die Hs. schreibt immer inzunt s. 54. 96. 108. 124. 133. 144. 156. 181. 191. 196. 198. 222. 227. 241. 252. 274.

Zu Vers 95 f.: crön: gan; vgl. 180: worheit. 267 f.: an: crön. 249 gan: an.

Zu Vers 136, niederdeutsche Einflüsse: zu deile vgl. 178. 235. 239: danz. 201: ich danz. 256: danzen und schon oben Vers 2: dot.

Zu Vers 139: ursprüngliches ?: sicherlich : himelreich; vgl. 183: enweist : Crist (insofern als man sieht, wie der Abschreiber gerne i ın ei verwandelt, obwohl hier nicht einmal langes vorhanden ist). 139 f.: zeit : geibt. 201 f.: keiserein : sin. 213 f.: gnadereich : sicherlich. 245 f. himelreich : ungleich. j

296 reich. 300 ane r. u. a. one b. 205

308 K. J. SCHRÖER

Zu Vers 227. 238. 256: awer für aber.

Zu Vers 281: Diese Stelle ist entlehnt aus der Dichtung des 14. Jahrhunderts vom jüngsten Gericht oder Sibyllen wissagunge, von der wir leider noch keine Ausgabe besitzen. Sie wird besprochen von Wackernagel: altdeutsche Handschriften der Baseler Universitätsbiblio- thek. Basel 1836, 5. 55. Eine Bearbeitung in niederrheinischer Mund- art ist vorhanden in zwei Kölner Drucken von 1513 und 1515, die bei Schade „Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jahrhunderts vom Nieder- rhein“ S. 291 ff. wieder abgedruckt sind.

Ich bemerke hier, daß dieses Gedicht zu unterscheiden ist von einer zweiten Dichtung des 14. Jahrhunderts, die gleichfalls der Sibylle Weissagung zum Gegenstande hat, jedoch wahrscheinlich älter ist und aus der dieses Gedicht einige Verse entlehnt hat. Diese andere, noch weniger bekannte Dichtung ist in Strophen abgefasst und zwar in des Marners döne und ist enthalten in der Kolmarer Meistersängerhandschrift, s. Bartsch „Meisterlieder der Kolmarer Handschrift“ 5. 50 (12 Stro- phen), dann in der Wiltener Meistersängerhandschrift, s. Bartsch S. 95 (19 Strophen). Endlich auch in der Heidelberger Handschrift 693 Bl. 36°— 39° (12 Strophen). Ich kenne nur den Text dieser letzteren, der noch während des Kampfes der Gegenkaiser Ludwig und Friedrich gedichtet scheint und Letzterem den Sieg weissagt. Neben Gedichten Heinrichs von Mügeln (Mogelin) s. meine in den Sitzungsberichten der kais. Akad. der Wiss. 1876, Bd. 55, 8. 451 ff. eben erscheinende Schrift: Die Dichtungen Heinrichs von Mügeln S. 498.

Von der von Wackernagel besprochenen Dichtung, die, wie oben bemerkt wurde, von Görres mit dem Volksbuche vom jüngsten Ge- richt für identisch gehalten wurde, habe ich vor mir eine Abschrift Pfeiffer’s aus dem Münchener Cod. Germ, 393 von 1469—1470 und den Druck bei Schade a. a. O.

Daselbst heißt es, nachdem das Auftreten und der Untergang des Antichrist geschildert ist und die 15 Zeichen angegeben sind, die dem Untergange der Welt vorausgehen sollen (und die Kölner Drucke be- ginnen so einen neuen Abschnitt):

Wan alle ding geschehen ubir al

dan kümpt Crist. Zu Josaphat in dem tal,

da erscheint er mit götlicher gewalt

in den wolken mit craft manicvalt.

- -- -- (lch übergehe 14 Verse) Cristus wil da urteil sprechen

und wil alle bosheit rechen,

TODTENTANZSPRÜCHE. 309

di nie geteten den willen sin,

di wil er schicken in di öwige pin

und wil den guten geben

bi im freud und ewiges leben.

- -- (lch übergehe 10 Verse) Wo ider mensch hin wirbet

da fert sin 88] wan er gestirbet

und blibt da ewiglich

ın der helle oder in himelrich etc.

Zu Vers 299 f. Reime wie stunt:: besserung hat das Gedicht Sibyl- len Weissagung öfter, z.B. kint : ding ding : sint genant : gedank stund : ordenung.

Das Thal Josaphat klingt, offenbar aus dieser Dichtung (oder dem ihr verwandten Volksbuche), in den echten volksmäßigen Weih- nachts- und Paradeis- Spielen, an die mich das Gedicht Sibyllen Weissagung vielfach erinnerte, noch heute in diesem Sinne nach, wenn, wie im Salzburger Spiel, mit wunderbarer Einfalt, das Danklied am Schluß versichert: man wolle die Eintrittsgelder nicht verzehren, "es sol davon dem pfaffen zum gottesdienst was ghören und dann:

tut nix vorübel nemen, leicht komen wir wider zeam! Str.5. Wir werden wol zsam kemen dort im tal Josaphat! wie uns got prophezeiet vor tausend jaren hat. Str. 6. Wir werden wol zsam kemen, jung alle, groß und klein: Adam und seine kinder, sie werden dort erschein! Str. 13. Wir werden auch got loben mit der auserwälten schar, so sing wir frölich amen, das heißt: es werde wär! S. meine Weihnachtsspiele aus Ungern S, 148 fl.

Mit dieser milderen Anschauung, die wohl wieder an der Stelle der grausigen und gespenstischen Todtentänze einer bewegten Zeit hervorgetreten, als die Erregung sich legte, wollen wir diesmal von diesem Gregenstande scheiden, so wie wir von ähnlichen Anschauungen die wir in unseren Tagen noch im Volksliede antreffen, wenn sie auch einen tiefen geschichtlichen Hintergrund haben, ausgegangen sind.

310 TH. BENFEY

ZUM GUTEN GERHARD.

Reinhold Köhler hat in XII, 1, 55 ff. dieser Zeitschrift die Ab- kunft des guten Gerhard aus dem Orient überhaupt nachgewiesen. Ich erlaube mir hier nachträglich die speciell indische Quelle und Fassung hinzuzufügen. Um den Leser der Mühe zu überheben , den Aufsatz von R. K. zu vergleichen, will ich die Hauptzüge der dort mitgetheilten jüdischen Fassungen voraussenden:

„Ein frommer, sehr gelehrter Mann betete zu Gott, un zu wissen, wer einst sein Grenosse im Paradies sein würde. Da wird ihm im Traum die Antwort “der und der Metzger‘. Es kränkt den Frommen sehr, daß er einen so gemeinen ungelehrten Menschen zum Genossen haben sollte; er betet nochmals zu Gott und erhält denselben Bescheid. Darüber schrack er sehr auf und seufzte und weinte, Da hörte er eine Stimme vom Himmel ‘Wahrlich wärst du nicht ein so frommer und gerechter Mann, du hättest den Tod verdient! Was, verdrießt es dich, daß der Metzger dein Genosse sein soll? Kennst du ihn? u. s. w. Den folgen- den Morgen geht der fromme Mann in die Bude dieses Metzgers. Dieser empfängt ihn ehrfurchtsvoll und wird nun von ihm gebeten zu sagen, was er Grutes schafft, speciell, ob er je etwas vollbracht habe, was nicht jeder Mensch zu vollbringen im Stande sei.“

Nach der einen Fassung, welche das Vorbild des guten Gerhard ist, hat er ein Mädchen aus der Gefangenschaft gekauft und zu sich genommen; will sie später seinem Solne verheirathen, gibt sie aber, als ihr früherer Bräutigam sich einstellt, diesem zurück.

In der andern Fassung, welche sich in einer noch älteren (leider zweifelhaft, ob schon vor dem 11. oder erst vor dem 14. Jahrhundert abgefassten) jüdischen Sammlung von Geschichten findet, besteht das Verdienst des Metzgers nur in der großen Verehrung, die er seinen alten Altern zollt (R. Köhler a. a. O. 8. 59. 60). Diese Fassung schließt sich eng an die indische und bildet also zunächst das Mittelglied zwischen dieser und der zuerst erwähnten jüdischen. Sie ist unzweifelhaft nicht unmittelbar aus der indischen Quelle ge- schöpft, sondern ruht auf arabischen oder persischen Mittelgliedern, die wobl schon zu der jüdischen Fassung überleiteten, mir aber noch nicht bekannt sind.

Die indische Fassung kenne ich aus zwei Darstellungen , einer sehr ausführlichen im Mahäbhärata III, 13652 ff. bis 14115 und einer

ZUM GUTEN GERHARD. 311

sehr kurzen in der ('ukasaptati in Lassen’s Anthologia sanscritica ed. Gildemeister p. 33, 20 ff. Es ist die Geschichte vom Dharmavyädha, “dein frommen Jäger, welcher nach dem Varäha-Puräna (in Abwei- chung von der Fassung des Mahäbhärata) aus dem Körper des Vasu Königs von Käcmira hervorgegangen war.

Ich wende mich zuerst zu der Erzählung des Mahäbhär. 1. Hier wird a. a. O. 13628 ff. der Weise Märkandeya vom Judhishthira um die ‘Pflichten befragt (dharmapragna). Er antwortet darauf unter anderen (13648): “Wer die Hoffnungen, welche Vater und Mutter auf ihn setzen, erfüllt, der ist der Pflichten kundig (dharmavid); mit wem Vater und Mutter stets zufrieden sind, dem wird hier und im zukünftigen Leben Ruhm und ewige Tugend (dharma) zu Theil; nicht durch irgend welche Opferhand- lungen , nicht durch Manenverehrung (graddhd), nicht durch Fasten, sondern durch Verehrung (gugrüshä) gegen den Ernährer (Vater und Mutter) wird das Paradies (warga) gewonnen. Ich babe das Wort ‘Paradies hier hervorgehoben, weil dieses in der indischen Fassung weniger hervortritt, aber einen der Verbindungs- riuge zwischen ihr und den abgeleiteten bildet. Außerdem hebt der Weise die Verehrung der Frau gegen ihren Mann bervor. Dann folgt als Beleg beider Lehren die Erzählung selbst, von der ich, ihrer Weitläufigkeit wegen, natürlich nur einen Auszug geben kann.

„Ein angesehener Brahmane, welcher die Veden studiert und viele Bußübungen verrichtet hatte, ein frommer, tugendhafter Mann, Namens Kaucika, stand einst am Fuße eines Baumes, die Veden recitierend ; auf diesem Baume hatte ein Kranich sein Nest, welcher seine Excre- mente auf ihn herabfallen ließ; darüber erzürnt fluchte ihm der Brah- mane, so daß er todt zur Erde fiel; als er dies sah, ward er von Mit- leid ergriffen, bereute es und sagte ‘Ich habe, überwältigt von der Leidenschaft des Zornes, Unrecht begangen. Er geht nun um Al- mosen zu sammeln in ein Dorf; er tritt in ein Haus und bittet; die Frau sagt ihm: ‘bleibe. Während sie das Gefäß reinigt, um ihm Speise zu reichen, kömmt plötzlich ibr Mann, ‘von Hunger gequält. Da lässt sie den Brahmanen stehen, bedient ihren Mann mit Fußwasser, Wasser zum Mundausspülen, reicht ihm einen Sessel und alle Arten von Spei- sen ; “sie betrachtete ihren Mann als ihre Gottbeit, näherte sich ihm in That, Geist und Wort an nichts anderes denkend’. Dann erst er- innert sie sich wieder des Brahmanen, und geht hinaus um ihm ein Almosen zu reichen. Dieser frägt sie: “Was das sei, daß sie ihm erst ‘bleibe gesagt habe, dann ihn aufgehalten und nicht entlassen habe.

312 TH. BENFEY

Als die Gute den Brahmanen von Zorn erglühend und von Macht flammend sah, sagte sie schmeichelnd: "Vergib mir, o Weiser! der Gatte ist meine erhabene Gottheit! Auch er ist hungrig und ermüdet angekommen und von mir mit Ehrfurcht bedient. Der Brahmane ant- wortet ‘du hast nicht die Brahmanen, du hast deinen Mann höher ge- achtet; der Pflicht einer Hauswirthin unterworfen, verachtest du die Brahmanen. Selbst Indra verehrt diese, geschweige ein Mensch auf Erden. Stolze! du weißt nicht und hast nicht gehört von den Alten: die Brahmanen sind dem Gotte des Feuers gleich und können selbst die Erde verbrennen. Die Frau antwortet: ‘Ich bin kein Kranich, o erster der Brahmanen! laß fahren deinen Zorn, o Bußreicher! Was willst du mit diesem deinem zornigen Blick mir anthun? Ich verachte die weisen Brahmanen nicht, die den Göttern gleich sind; vergib mir dieses Vergehen; ich kenne die Macht der Brahmanen’ ; von dieser zählt sie einige Beispiele auf und fährt dann fort: ’Ich habe mich der Tugend gewidmet, welche in ehrfurchtsvoller Bedienung des Gatten besteht. Mir ist von allen Göttern selbst der Gatte der höchste Gott; die Pflicht gegen ihn ziehe ich allen andern vor. Siehe was die Frucht der ehrfurchtsvollen Bedienung des Gatten ist: ich wusste, daß von dir aus Zorn der Kranich verbrannt ist. Zorn befindet sich als böser Feind im Körper des Menschen. Wer Zorn und Bethörung fahren lässt, den erkennen die Götter als Brahmanen (im wahren Sinne des ὟΝ orts). Wer auf Erden die Wahrheit spricht, des zu verehrenden (Feuer, Seele, Eltern und Lehrer) Zufriedenheit sich erwirbt, selbst beschädigt nicht wieder schadet, den erkennen die Götter als Brahmanen (im wahren Sinne des Wortes). Wer seine Sinne besiegt hat, einzig der Tugend folgt, dem Studium (der heiligen Schriften) ergeben und rein ist, wer Liebe und Zorn gebändigt hat, den erkennen die Götter als Brahmanen (im wahren Sinne des Wortes). Wer die Tugend kennend und verständig ist, alle Menschen wie sich selbst ansieht, den u. 8. w.. So schildert sie dann noch in mehreren Versen das wahre Wesen eines Brahmanen. Dann fährt sie fort ‘Obgleich verehrungswürdig, der Tugend kundig, dem Studium ergeben, rein, scheinst du mir doch nicht die Tugend ihrem wahren Wesen nach zu kennen. Wenn du die höchste Tugend nicht kennst, o Brahmane, dann gehe nach der Hauptstadt von Mithilä und frage den frommen Jäger (dharmavyädha). Ehrfurchtsvoll die- nend seinem Vater und seiner Mutter, Wahrheit redend, seiner Sinne Herr, wohnet in Mithilä ein Jäger; der wird dir die Pflichten (dhiarma) verkündigen. Dahin gehe sei dir’s ge- segnet wenn du Lust hast, du bester Brahmane. Verzeihe mir alles

ZUM GUTEN GERHARD. 313

was ich zu viel gesprochen; darf doch Niemand Frauen verletzen, der der Tugend folgt. Der Brahmane sieht sein Unrecht ein: “Ich danke dir sei dir’s gesegnet! mein Zorn ist weg; dein Tadel ist mir höch- stes Heil! Gesegnet seist du! ich werde gehn‘. Er kömmt sich nun wie einer vor, der eine Sünde begangen; überzeugt durch das was die Frau von dem Kranich wusste und durch ihre schöne und fromme Rede schenkt er der Frau Glauben und geht nach Mithilä. Hier frägt er nach dem frommen Jäger (dharmavyädha) und erhält durch Brahmanen Auskunft über ihn. Er geht zu ihm und findet ihn mitten im Schlacht- haus (sündmadhye) stehend, Wild und Büffelfleisch verkaufend.

Dies ist der Ring, durch welchen sich die Umwandlung des frommen Jägers in den frommen Metzger erklärt.

Der Jäger, als er den Brahmanen erblickt, der sich abseits von den Käufern gestellt, gieng ihm sogleich voll Eifer entgegen und sagte: ‘ich begrüße dich ehrfurchtsvoll, Ehrwürd’ger! Willkommen, o bester Brahmane. Ich bin ein Jäger; was soll ich dir thun ? gebiete mir! Was dir von der keuschen Frau gesagt ist: ‘gehe nach Mithilä, das alles, weshalb du gekommen, ist mir bekannt. Als der Brahmane diese Rede hörte, war er sehr erstaunt. Er dachte, dies ist ein zweites Wunder (das erste war, daß die Frau den Vorgang mit dem Kranich wusste). Der Jäger findet dann den Aufenthalt im Schlachthause (der Metzgerbude) für den Brahmanen unangemessen und fordert ihn auf, mit ihm in sein Haus zu gehen. Er lässt den Brahmanen vor sich her gehen. Dort wird der Brahmane mit Fußwasser und Wasser zum Mundausspülen empfangen, setzt sich und spricht dann zum Jäger: dieses dein Geschäft (der von den Indern bekanntlich als Sünde be- trachtete Beruf eines Jägers) scheint mir nicht für dich passend; ich fühle schweren Schmerz über dein grauses Geschäft. Der Jäger ant- wortet: “diese Beschäftigung ist in meinem Geschlechte herkömmlich, von Vater und Großvater angeerbt. Zürne mir nicht, daß ich der (mir angeerbten) Pflicht treu bleibe; pflegend meine Beschäftigung, die mir einst vom Schöpfer bestimmt ist, diene ich zugleich ehrfurchtsvoll meinen beiden alten Eltern, spreche die Wahrheit, hege keinen Groll und gebe Almosen nach meinem Vermögen, ich bin Gottheit (Schützer) der Gäste und Diener, lebe von dem was übrig bleibt, schmähe nie, tadle nicht den Mächtigeren. Die früher (in einer früheren Existenz) gethane That verfolgt den Thäter (d. h. was ich in dieser Existenz bin, ist Folge des in einer früheren von mir Gethanen). Ackerbau, Vieh- zucht und Handelschaft sind auf Erden die Nahrungszweige. Durch Herrschaft und die drei Veden besteht die Welt. Handarbeit kömmt

314 TH. BENFEY

der Überlieferung gemäß dem Chdra, Ackerbau dem Vaicya, Krieg der Kriegerkaste zu, frommes Leben, Buße, Veden und Wahrheit dem Brahmanen. Der König herrschet nach dem Rechte; die Unterthanen pflegen ihres Berufs. Die ihrem Beruf untreuen zwingt er dazu; stets soll der König gefürchtet werden; denn er ist der Unterthanen Ober- herr u. 8. w.

Dann fährt er fort: “Übrigens, o Brahmane! verkaufe ich nur ge- tödtete Büffel und Eber, tödte sie nicht selbst; ich esse kein Fleisch, faste stets... Selbst ein lasterhafter Mensch ist tugendhaft, sobald er es geworden, und selbst einer, welcher Lebendiges zu tödten pflegte, kann ein gerechter werden u. 8. w.

Es folgen dann eine Menge moralische Lehren, die wohl ver- dienten mitgetheilt zu werden, aber doch unserer Aufgabe zu fern lie- gen. Ich will nur einen schönen Satz noch hervorheben: ‘der Ruchlose, der Tugend heuchelt, ist wie ein durch Sträucher verborgener Brunnen. Der Brahmane wünscht nun durch ihn die Lebensweise kennen zu lernen, welche gelehrt (vorgeschrieben ist, gishtächär«). Der Jäger gibt dann eine Charakteristik derer, welche diese besitzen, “das vierte Kenn- zeichen derselben ist ehrfurchtsvolle Bedienung der EI- ternund des Lehrers. Welche alle die hervorgehobenen Pflichten erfüllen, bei denen verschwindet das Entsetzliche, was an und für sich in ihrer Berufsthätigkeit (hier dem Verkaufe von Fleisch) liegt; sie kommen in den Himmel (13782); sie erlangen die seligen Welten und auf Erden Glück (13790), gedeihen alle Jahre (13792) u. s. w. Diese Auseinandersetzung der Pflichtenlehre, Seelenwanderung u. s. w. ent- lockt dem Brahmanen den Ausruf "du erscheinst mir wie ein sehr er- habener, himmlische Macht besitzender Seher (13910). Es folgen phi- losophische Lehren, insbesondere die von der Verbindung der indivi- duellen Seele mit der Weltseele (yoga), die Loslösung von allen Be- ziehungen zur Welt u. s. w., unter andern der schöne Vergleich, welcher auch in Platon’s Phädros erscheint: der Körper des Menschen ist wie ein Wagen, die Seele der Wagenlenker, die Sinne gleich Rossen; der Vorsichtige,, Geschickte fahrt mit ihnen glücklich, wie ein tüchtiger Wagenlenker mit guten Rossen u. 8. w. (13942 bis 45). Der Brahmane erkennt an, daß der fromme Jäger mit allem bekannt ist, was die Pflichten betrifft (14001). Nun fordert der Jäger ıhn auf, in das Innere des Hauses zu gehen: ‘Siehe welche Pflichterfüllung von miraugenfällig ist; durch siehabe iichdiese Vollen- dung erreicht; siehe meinen Vater und meine Mutter.

Hier stimmt also die indische Fassung ganz mit der zweit- erwähnten hebräischen überein.

PU

ZUM GUTEN GERHARD. 315

Der Brahmane tritt ein und findet eine prächtig geschmückte Wohnung; da sitzen auf schönstem Sessel, geehrt, in weiße Gewänder gehüllt, wohlgenährt und vergnügt die beiden Eltern; der Jäger, so wie er sie erblickt, fällt vor ihnen zu Füßen. Diese fordern ihn auf aufzustehen: "Steh auf, steh auf du, der Pflichten Kundiger! möge der Gott der Gerechtigkeit dich beschützen! Wir sind erfreut ob deiner Reinheit; langes Leben werde dir zu Theil, Seligkeit, Erkenntniss und höchste Weisheit; von dir dem guten Sohne sind wir stets hoch ge- ehrt; für dich gibt es keine andere Gottheit selbst unter den Gott- heiten... dein ehrfuchtsvoller Gehorsam fehlet nie weder in Geist, noch Wort noch That (14011) u. 8. w. Dann sagt der fromme Jäger selbst “diese meine beiden Eltern sind mir die höchste Gottheit: was den Göttern zu thun ist, das thue ich ihnen; wie die drei und dreißig Götter allsammt, an deren Spitze Indra steht, von aller Welt zu ehren, so sind es diese beiden Greise von mir... Diese beiden sind mir die (heiligen) Feuer, Opfer, die vier Veden... Ich selbst wasche sie und trockne ihre Füße; und selbst reiche ich ihnen die Nahrung; ich spreche was ihnen genehm, vermeide was ihnen unlieb; selbst Unerlaubtes thue ich, wenn es ihnen lieb. Fünf verehrungswürdige Gegenstände (guravas) gibt es für den Mann, der auf sein Heil bedacht: Vater, Mutter, der Gott des Feuers, die (höchste) Seele und der Lehrer. Durch (dieser) Tugendübung Kraft habe ıch den Seherblick erhalten; deshalb hat diese wahrhaft Tugendhafte, welche Verehrung des (iemals als ihre höchste Pflicht betrachtet, dir gesagt: gehe nach Mithilä; dort wohnt ein Jäger, der dir die Pflichten verkünden wird (14031). Nun ermahnt er den Brahmanen: “Von dir, o bester Brahmane! ist Vater und Mutter vernachlässigt; du hast ohne ihren Urlaub das Haus verlassen, um die Veden zu recitieren ; darin hast du unrecht gehandelt; aus Kummer über dich sind deine beiden Eltern erblindet; gehe um ihre Liebe zu gewinnen, damit diese Pflicht dir nicht entgehe. Du bist fromm und hochbegeistigt, auch der Tugend ergeben stets; doch alles dies ist dir unnütz; gewinne schnell dir ibre Liebe; schenke mir Glauben, Brah- mane; wolle nicht anders handeln; gehe sogleich, Brahmanischer Se- her! ich sage was dir zum Heile dient... Gehe zu deinem Vater und deiner Mutter, bester Brahmane; verehre rasch und ohne Zögern deine beiden Eltern: ich kenne keine irgendwelche andere Tugend höher als die (14043). Der Brahmane erkennt die Wahrheit seiner Lehre und dankt ihm : 'Im Begriff zur Hölle zu fahren, bin ich durch dich gerettet (14045) ... Ich werde deiner Rede gemäß Vater und Mutter Ehrfurcht erweisen (14047) Er kann ihn wegen

316 TH. BENFEY

seiner Kenntniss der Tugend nicht für einen Cüdra halten und fragt ihn, durch welche Handlung (einer früherer Existenz) er in diese Kaste gerathen ist. Nun erzählt der fromme Jäger, daß er in einer früheren Existenz ein gelehrter Brahmane gewesen; durch eigene Schuld sei er in diesen Stand herabgesunken. Ein Freund von ihm, ein König, sei ein ausgezeichneter Bogenschütze gewesen; durch dessen Umgang sei er auch selbst der beste Schütze geworden ; er habe den König auf einer Jagd begleitet und durch Zufall einen Seher verwundet; dieser fluchte ihn: ‘du wirst im Schooß der Cüdra geboren ein Jäger werden (14062). Er habe ihn um Verzeibung gebeten und so weit begütigt, daß er den Fluch durch den Zusatz milderte: ‘du wirst der Pflichten kundig sein; wirst deinen Eltern Ehrfurcht erweisen und durch diese Ehrfurcht wirst du Vollkommenheit und Erhabenheit erlangen; du wirst die Erinnerung deiner (früheren) Existenz besitzen und indas Pa- radies gelangen; am Ende deines Fluches (d.h. in einer fol- genden Existenz) wirst du wieder ein Brahmane werden (14068). Der Brahmane tröstet ihn: ‘Halte einige Zeit noch aus, dann wirst du ein Brahmane werden; du giltst mir jetzt für einen Brabmanen; ein Brah- mane, welcher Bösthaten begeht, die die Hölle verdienen, ein heuch- lerischer böshandelnder Weise ist einem Cüdra gleich; bemüht sich aber ein Güdra stets um Sinnenbändigung, Wahrheit und Tugend, dann achte ich ihn für einen Brahmanen ; denn durch sein Thun ist er ein Zwiegeborner (14076). Der Jäger zeigt, daß er keines Trostes bedürfe; Kummer sei unvernünftig; nur die seien glücklich, die weder Schmerz noch Freude kennen (14083) u. s. w. Der Brahmane erkennt an, daß er nicht zu bedauern sei. Dann entfernt er sich, und erweist fortan seinen alten Eltern ehrfurchtsvollen Gehorsam (14115).

Daß diese Fassung der zweiten jüdischen zu Grunde liegt, bedarf wohl weiter keiner Ausführung. Der ganze Habitus derselben zeigt für den Kundigen, daß sie, wie die meisten dieser Art, eine buddhistische Legende ist; hätte ich alle 500 Doppelverse mittheilen können , so würde dies noch augenfälliger sein; für unsere Aufgabe ist es jedoch gleichgültig und wir dürfen um so mehr unterlassen, jetzt näher darauf einzugehen, da wir die entschiedene Hoffnung hegen dürfen, daß aus dem kaum angebrochenen Schacht der buddhistischen Litteratur in nicht “ferner Zeit die buddhistische Urform zu Tage treten wird.

Zum Schluß will ich nur noch die kurze Fassung der (ukasaptati (siebenzig Erzählungen eines Papagay) mittheilen, da diese und ähn- liche Sammlungen, welche leichter zugänglich waren, als das Mahä_

ZUM GUTEN GERHARD. 317

bhärata wahrscheinlich die nächste Quelle für diejenige Schrift oder Schriften bildeten, durch deren Vermittlung die indische Iiegende zu den Juden und durch sie in den Occident gelangte.

Hier sagt der Papagay zu seinem Herrn ‘Wer dem Wege seines Stammes treu, brav, den Eltern gehorsam, ehrlich u. s. w., der erlangt die Tugend’... ‘durch den Schmerz deiner über dich betrübten Eltern fallt ein Thbränenstrom zur Erde; durch diese Sünde wirst du fallen wie Devacarman. Dann erzählt er: Es gibt eine Stadt Namens Pan- chapura; da lebte ein Brahmane Satyadkarma (der wahrhaft Gerechte); er hatte eine Frau Dharmagilä (die Tugendhafte); sein Sohn hieß .De- vagarman (den die Götter beschützen mögen). Dieser, obgleich er Wis- senschaft erlangt hatte, gieng, Wissens wegen, ohne Vorwissen seiner Eltern in ein fremdes Land Siddhistäna (Land der Vollkommenheit). [Und dies ist eine Pilgerfahrtsstätte ").}] Dann verwandelte er aus Zorn durch die Kraft seiner Heiligkeit einen Kranich, der sich auf einem Cincipa-Baum befand, in Asche und gieng hin zu betteln in das Haus eines Brahmanen Näräyana. Als er durch die Gattin desselben, welche einzig dem ehrfurchtsvollen Dienst ihres Gemahls oblag, in Zorn gerieth, wurde er von ihr getadelt: “du Mörder eines guten Vogels! ich bin nicht, wie der Kranich, ein Gegenstand für deinen Zorn. Als er dies hörte, gerieth er in Furcht und Staunen über ihre Kenntniss des Ver- borgenen. Von dieser ward er zum frommen Jäger geschickt und gieng nach Benares, Als er dort den Jäger erblickte, rothäugig, dem Todes- gott ähnlich, Fleisch verkaufend, blieb er in der Nähe stehen. Der Jäger empfieng ihn mit Willkommen, Frage (nach seinem Wohlergehn) und was sonst (dazu gehört); nachdem er ehrfurchtsvoll seine beiden Eltern gespeist, reichte er auch ihm eine aus den besten Gerichten bestehende Nahrung. Dann fragte der Brahmane den Jäger ohne Wei- teres : "Wie so hat die Keusche die Erkenntniss? und wie so hast du sie’? Der Jäger antwortete: ‘Wer stets die durch seinen Stamm ihm angeerbte Pflicht beobachtet, ohne in höchsten, mittleren und geringsten Zweifeln zu schwanken und wer (man lese yalı statt sah) seinen Eltern ehrfurchtsvollen Gehorsam erweist, der ist ein Braver, sei er Haus- vater oder Asket; darum lasse ich so lang ich lebe nicht ab von ehr- furchtsvollem Dienste. Dadurch aber ist meine Erkenntniss entstanden. Du aber, der du deine Eltern verlassen hast und umberirrst, bist nicht werth, dich mit Leuten, wie ich, zu unterhalten. Aber weil du ein Gast bist, habe ich mit dir gesprochen‘. So angeredet, fragte der Brah-

*) Ist wohl eingeschoben,

318 REINHOLD BECHSTEIN

mane ihn, welcher Gehorsam als Höchstes übte*). Er antwortete: “Wer verehret die keiner Verehrung werth, achtet die keiner Achtung werth, der wird so lang er lebt getadelt, und wenn gestorben, kommt er nicht in den Himmel’. Darauf gieng der Brahmane, zur Erkenntniss gebracht durch diesen Jäger und seiner Pflicht eingedenk, nach Hause, wurde reich an der Schönheit der Liebe und dann ein Gefäß des Ruh- mes. “Deswegen (fährt der Papagay zu seinem Herrn fort) gedenke der Pflicht, die für. dich aus deinem Stamm entspringt und betrachte als Höchstes Gehorsam gegen deine Eltern. Wozu nützt ein Sohn, welcher seinen Eltern zum Leide dient.

Daß die verstümmelte Fassung nicht die Quelle der Form sein könne, durch welche die Legende nach dem Öccidente kam, versteht sich von selbst. Natürlich ist es nicht unmöglich, daß mündliche Über- tragung dabei gewaltet hat. Eine Entscheidung darüber wird erst dann gegeben werden können, wenn noch ein Zwischenglied zwischen der

indischen und hebräischen Fassung nachgewiesen sein wird. TH. BENFEY.

-—

ZU GOTTFRIED'’S TRISTAN.

Zwei Fragen.

In Gottfried’s Tristan gewahren wir neben dem silberhellsten Rede- flusse auch betrachtende Stellen von solcher Schwierigkeit, daß wir nur mit Mühe sie zu ergründen vermögen. Sie werden schon den Zeit- genossen keine leichte Lectüre gewesen sein. Inmitten der Erzählung finden sich auch hie und da Wendungen, namentlich Bilder und Ver- gleiche, welche sich dem Verständnisse nicht alsobald fügen wollen. Am seltensten sind aber bei der reichen handschriftlichen Überlieferung, die auch im Allgemeinen eine gute zu nennen ist, solche Stellen, in denen die Schwierigkeit der Erklärung zugleich mit der Unsicherheit des Textes verbunden ist.

Ein Herausgeber wird, wenn er die Wahrheit höher schätzt als den Ruhm der Selbständigkeit, nach der und jener Richtung hin gerne freundlichen Rath in Anspruch nehmen und auch den freiwillig gespen- deten nicht minder dankbar verwerthen. Solcher Verkehr zum Besten eines Buches wird natürlich stets ein vertraulicher sein. Wo aber größere Schwierigkeiten vorhanden sind, wo verschiedene Meinungen und Entscheidungen geprüft und abgewogen werden müßen, ehe die

*) Vielleicht fehlt in diesem Satz etwas. Galanos hat den ganzen Satz nicht.

ZU GOTTFRIED’S TRISTAN. 319

Ausgabe einer bestimmten den Vorzug einräumen kann, da, mein’ ich, ist es am Platze, auch öffentlich eine Anfrage und Bitte um guten Rath ergehen zu lassen.

Vor allen sind es die folgenden zwei Stellen, für welche ich ein gutes Wort einlegen möchte. Ich habe allerlei versucht, aber nichts befriedigendes gefunden. Hoffentlich kommt mein Gesuch noch meiner Ausgabe zu Gute.

1.

Vers 8966 (Maßm. 226, 8): Tristan ist ausgezogen, um den Dra- chen aufzusuchen. Er sieht vier Bewaffnete dahinfliehen; ihrer einer ist der feige Truchseß der Königin, der nur auf Abenteuer ausgeht, um sich sehen zu lassen.

wand er gesach den trachen nie ern k£Erte belde richen ie (Maßm.) belderichen (Groote und Hagen).

Der Ausdruck belde richen oder beiderichen verursacht die Schwie- rigkeit des Verständnisses; die jüngeren Hss. weichen ab: ein Zeichen, daß man schon früher Anstoß nahm.

Hs. M: balderichen. Hs. H: belderichen. Hs. W: balderichen (von Maßm. nicht angegeben. Hs. F: belderichen (nach Hagen’s Correctur [der Müller’schen Ausgabe], die ich besitze; der Abdruck hat helderichen, wie auch die Anmerkungen bei Groote und bei Maß- mann verzeichnen). -— Hs. B: er kerte balde gen &. Hs. N: doch wolde he an der verde sin ey. Hs. O: weder baltlichen ie.

Groote erklärt einfach im Glossar (8. 449): „belderichen, schnell, eilig“, setzt aber bei beitlicher (S. 450) belderichen in Klammern hinzu mit der Bemerkung „vielleicht verschrieben“.

Hagen bespricht das Wort im Glossar (5. 331) genauer: „delde- richen, eine dunkle Form, in allen alten Handschriften, wogegen die leicht auch zu vermuthende Lesart einer jüngeren Hs. baltlichen kaum gelten kann, obwohl sie sinngerecht ist. Das alte balderich, Mittellat. baldringus, baldrellus, Wehrgürtel, Franz. baudrier, Wehrgehänk, lässt hier einen alten sprichwörtlichen Ausdruck vermuthen“.

Im mhd. Wb. I, 82" sagt Müller unter beide stf., Dreistigkeit, welches Wort nur durch ein Citat aus Tristan belegt wird: „hierher gehört wohl auch beide riche (wenn so statt belde rächen zu lesen ist): ern kerte belde riche ie, daß er nicht muthvoll (in ironischem Sinne) immer wieder umgekehrt wäre.

Zarncke setzt dagegen Il 1, 688" das Wort unter die Zusam-

320 REINHOLD BECHSTEIN

mensetzungen mit riche: „belderichen und balderichen lesen alle hss...., aber’es ist wohl zu schreiben beldeclichen.“

Hermann Kurz übersetzt wörtlich und mit Hervorhebung der Ironie:

Denn er erblickte nie den Drachen, Ohne sich mannlich davon zu machen.

Simrock dagegen unbestimmter und freier:

Denn er ersah den Drachen kaum, So floh er mit verhängtem Zaum.

Oder soll der ‘verhängte Zaum’ Übersetzung von balderich in der Bedeutung von “Gürte und dann von ‘Riemen und Zaum’ sein?

Die ‘Ironie, wie sie Müller angibt oder wie er sie vielleicht von Benecke’s Hand angegeben fand, und wie sie auch in Kurz’ Über- setzung so treffend zur Geltung kommt, würde ganz in Gottfried’s Stile sein. Aber die Form balderichen , belderichen will sich dem be- stimmten Vorschlage nicht fügen. Und Zarncke’s Vorschlag beldeelichen ist deshalb bedenklich, weil ein solches Adverbium bei Gottfried sonst nicht vorkommt; dafür würde baltlichen, wie die junge Hs. O hat, ein- treten müßen. Hätte Gottfried das sagen wollen, dann würden die Hss. an diesem gebräuchlichen Worte nichts geändert haben. Ein -richen statt -Zächen, glaube ich, ist sicher durch Übereinstimmung der vier alten Hss.; ein richen ebenfalls statt -riche. Das n lasst sich nicht ohne Weiteres entfernen, in einer Anmerkung wohl, aber nicht im Texte. Wenn nun -richen feststeht, und darum nicht Adverbium sein kann, so ist -n Zeichen eines Uasus, also ist balderöchen oder belderichen Form eines Nomens oder eines Appellativums. In dieser Hinsicht scheint mir Hagen ganz das Richtige getroffen zu haben. Es wird ein sprichwört- licher Ausdruck zu Grunde liegen; ob Hagen mit dem Gürtel Recht behält, ist eine andere Frage. balderich wird im mhd. Wb. I, 79 als stm. aufgeführt, doch könnte das schwache Geschlecht möglicherweise Geltung haben. Der Gürtel könnte alsdann verschieden gefasst werden: als Hosengürtel, als Sattelgurt u. dgl. Es würde eben auf den Nachweis einer bestimmten sprichwörtlichen Redensart ankommen.

Ist balderich oder balderich nicht ein Wort, dann ist es ein Name oder ein Appellativum; hier wahrscheinlich nur letzteres. Ist Balderich vielleicht das Ross des Truchseßen im Anklang an Baldewin den Esel? Oder ist gemeint der Speer, der umgewendet, das Schwert, welches eingesteckt wird? Ist Balderich oder Belderich der Rücken oder der ars, der ja heute den Namen Popo führt,

ZU GOTTFRIED’S TRISTAN. 32]

Aber auch ohne Beziehung auf einen bestimmten Gegenstand kann “den Balderich kehren’ vielleicht soviel heißen als Reiljaus neh- men, wobei das Wort balde durchklingt wie bei Wüeterich das Wort wuot. Solche appellative Wendungen verzeichnet Wackernagel Germ. V, 5. 294 ff.

Welche unter diesen vielen Vermuthungen wird nun wohl das Richtige treffen?

1.

Vers 12220 (Maßm. 307, 22): Wenn ich Liebe und Sehnsuchts- klage in mein Auge fasse und ihr Wesen in meinem Herzen betrachte, dann wachsen meine Gedanken und Muth, mein Heergeselle, als ob er in die Wolken strebe Und wenn ich vollends das Wunder bedenke, das man an der Liebe finden würde, wenn man es suchen könnte, und wie viel Freude in der Liebe läge, wenn man ihrer getreulich pflegen wollte:

86 wirt min herze zestunt grezer danne Septimunt (Maßm.) Setmunt (Hagen) sefremunt (Groote).

Die Lesarten gehen bei diesem Worte auseinander ; eine e genügende Erklärung ist bis jetzt nicht gefunden.

Hs. M: fehlt. Hs. H: sefremunt. Hs. W: senstemunt. Hs. F: setmunt. Hs. B: dan ein setin unt. Hs. N: sette munt. Hs. O: dan seite myn munt. Hs. R: der stette munt.

Groote hält sich systemgemäß in seinem Texte an Hs. H. Im Glossar (S. 524) führt er einige Lesarten an und verweist auf die übri- gen, bemerkt auch sehr richtig, die jüngern Lesarten schienen darauf zu deuten, daß die Schreiber die Stelle nicht verstanden haben. Zur Erklärung wird gesagt: „Seiner Bildung nach ein aus dem Französi- schen oder Romanischen übernommener eigener Name, dessen Erklärung schwer zu geben ist. Am wahrscheinlichsten ist es, daß ein Ort oder ein Gebürge, Siebenbürgen, die sieben Berge (wie das hohe Gebürge bei Bonn heißt), septmount, sev(r)e - sete - siete- mount gemeint ist; wie denn auch in andern Gedichten ganz ähnliche Vergleichungen vor- kommen, z. B. im H. Georg 5. 9, Zeile 816: waere ez (mein Herz) also groz als mons olivet v. darzu von stale. Jedoch bleibt es sonderbar, daß ein so volksthümlicher Dichter wie Gottfried von Straßburg, eine Vergleichung braucht, die sich, wenigstens in ganz gleicher Art, schon

zu seiner Zeit nirgend findet. GERMANIA XI. 2]

399 REINHOLD BECHSTEIN, ZU GOTTFRIED’S TRISTAN.

Hagen gibt im Glossar keine Erklärung. Auch im mhd. Wb. kein Aufschluß.

Groote’s Conjectur scheint Beifall gefunden zu haben, wie vor- sichtig er auch selbst sich geäußert hat. Maßmann behielt setzte- nicht bei, sondern setzte das deutliche septimunt, sah darın wirklich das Siebengebirge bei Bonn und benutzte das als Beweis von der rhei- nischen Heimat Gottfried’s (Einl. S. 1 gleich zu Anfang).

Hermann Kurz übersetzte freier:

So wird mein Herze hoch geschwellt Und größer denn die weite Welt.

In der Anmerkung fügt er die Stelle im Urtext an: .. septimunt (oder setmunt), Siebenbürgen oder, nach einer Andeutung in Maßmann’s Vorrede, das Siebengebirge. Für die Übersetzung war auch dies noch zu eng.“

Simrock dagegen folgt dem Maßmann’schen Texte:

So wird das Herz mir gleich zur Stund Größer fast als Septimund.

Daß hier ein ungewöhnlicher Ausdruck vorliegt, beweisen schon die Lesarten. Aber höchst unwahrscheinlich ist mir der Vergleich mit dem Siebengebirge. Das sieht Gottfried nicht ähnlich. Ein -munt am Ende scheint Bestand zu haben, und daß dieses ‘Berg’ bedeutet, ist wohl glaubhaft, aber der erste Theil des Wortes muß etwas anderes enthalten. Oder sollte -munt entlehnt sein aus mont, mund, mundus, die Welt? Ist das dunkle Wort vielleicht ein astronomischer Ausdruck ? Vorher ist von den Wolken die Rede, zu denen der Muth emporstrebt. Führt sefremunt der Hs. H vielleicht auf sferemunt = speremunt, sphe- remunt, Sphärenwelt? aber wer kann das Wort nachweisen?

Diese beiden Stellen seien also freundlicher Theilnahme empfohlen. Jeder Hülfespendende darf meines Dankes sicher sein.

JENA, Anfang April 1867. REINHOLD BECHSTEIN.

323

MITTELNIEDERDEUTSCHE SPRACHPROBEN,

VON

KARL SCHILLER.

1. Die Bürgschaft.

Eine zu Lübeck am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts gedruckte und in dortiger Stadtbibliothek befindliche moralische Auslegung des Schachspiels (s. Deecke Einige Nachrichten von den im fünf- zehnten Jahrhundert zu Lübek gedruckten niedersächsischen Büchern. Lüb. 1834 Nr. 5) enthält Fol. 80" ff. folgende Erzählung, welche neben den ähnlichen von Franz Pfeiffer in Frommann’s Mundarten 2, 9, Nr. 78 aus der „Seele Trost“ mitgetheilten der Beachtung werth zu sein scheint:

En exempel van twen truen ridderen damon vnde physius.

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En ander wil ik iw tellen.

Et weren enes twe truwe sellen, Damon vnde Physius,

De aller truwe weren en klus.

Id weren eddele riddere twe

Unde weren iunghe Pytagore.

De hadden sik in allen stunden

Myt gantzer truwe also verbunden, Dat de ene lede den dot.

Vor den anderen, were des not.

To enem male dat gheschach,

Dat se vorworuen quaet beiach

By der stat Syracuze

Vor enem michel grotem huse. Wente do se de konink vornam

Van Cecilien, to hant he quam Unde wolde redden dat sulue hus. Seet, dar wart ridder Physius

Van deme koninghe gbevanghen,

To hant wolde en de konink hanghen. Do weren bedrouet de riddere beide, Doch bat he van deme koningbe leyde

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KARL SCHILLER

Unde [dede] em Damon setten to pande, Dat he mochte varen to lande

Unde schicken syne dynghe,

Er he in dem liue vorghinge.

Were dat he nicht wedder queme, Dat men Damon syn Iyff benemie. De koninck vulborde dat.

Damon bleff in syner stat.

Do dat nakede der tyd,

Dat Damon scholde werden quyt, Sın kumpan vil spade quam.

Des worden Damone de Ivde gram Unde schulden ene vullen sere,

Wor vmme dat he also dorde were Unde louede vor synen kumpan, Des moste he nu den doet an ghaen. Nen, sprack hi, ik byn des wys, Dat my myn kumpan truwe is.

Er he my seghe aldus vorderuen,

He scholde leuer sulues steruen.

To hant quam Physius ghereden Unde brochte suluen ene weden Unde dede deme koninge in de hant. He sprack: laet loes myn leue pant; Mach men dyck anders nicht stillen, So do myt my alle dinen wyllen. Do de koning dat vorhorde,

He dede wol, alse em to borde.

Do he sach de groten truwe,

He krech so grote ruwe,

Dat he en beyde gaf dat leuen Unde bat, dat se em wolden gheuen Van erer truwe ene vesen.

He wolde er drudde kumpan wesen Unde wolde se myt truwe menen, Wolden se em myt truwen denen. De riddere loueden dat gheschach, Des leueden se menneghen guden dach By deme koninge in groter ere.

O god van hemmele, leue here,

MITTELNIEDERDEUTSCHE SPRACHPROBEN. 395

Gyf den rechten truwen brot, Bewar se vor den ewigen doet. 65 Wes truwe, du vil eddele ridder, So krichstu menghen guden bydder In der werlt vnde in dem trone Wert dy der hilghen ridder krone, Unde dencke, wor vmme sy dy gegheuen Dyn stolte ridderlike leuen.

Bemerkungen. V.1. tellen = vertellen, erzählen. Br. Wh. 5, 13.

V. 4. vgl. Fol. 28°: He was louich vnde wys van rade Unde aller dogheden ene guldene lade; 34”: Codrus der dogheden vat; 69: menger doget en reynlik seryn.

V. 12. bejach, Erwerb, mhd. bejac. vgl. Fol. 34: Na eren bede en gheschach Se kreghen by em so grot beyach Dat se myt welde wedder toghen to india dar se vorsloghen koning porum vnde alle syn lant Brochten in allexanders hant. Üöln. Reimchr. 925: dat was al ir bejaich ind ir gewin. Ä

V. 14. Lüb. Chr. 1, 219: dar wart en mychel grot strid; 2, 289 Al hadden se grofen mychelken schaden genomen, doch u. 8. w.

Theophilus 380: Unde quam in des duvels schole. Dar sachı ik liggen up einem stole Ein bok, was michel unde grot, Buten swart, inwendich rot.

V.21. Lüb. Chr. 2, 229: Darna in kort let de rad van luneburg leyde werven vor enen prester.

V.25. Cod. Brdb. I, 14, 393: alle dingk, alse vorberoret, helpen schicken, bestellen vnnd vorvoeghen. Lüb. Chr. 1, 179: he sende mit den boden sine manne, de alle ding scholden schicken to voren in spise, in tucht vnde in vrede. Vgl. 326.

V.30. naken, neken, nalen, nelen, nahen, .sich nähern. Bruns ro- mant. Gedd. 92, 11. 3 fand das Wort in keinem Wb. Ich nenne zu. Höfer z. Claws Bur 277 folgende Stellen: Cöln. Bib. Sir. 35, 20: vnde sine byddinghe scal neken tho den wolken; 21: vnde schal nicht ge- trostet werden, beth dath se gade gheneket; Matth. 15, 23: sine disci- pule nakeden sik eme; 30: vnde vele volkes nakede sik to eme. Und so sehr oft; die Lüb. Bib. hat immer nalen. Lüb. Urk. 2, 921: Vortmer welk borgher sich nelet tu der gesthe gut, so wanne men dat in.die

326 KARL SCHILLER

stad dreghet, also dat he dat gut rüret met der hant also dat he wil negber dat gut sin so kopene, wan ein ander, di weddet dri mark suluers. -- Lüb. Chr. 1, 138: alse he sik nalde dem rik, do quam em de bodescap. Sündenf. 1041: Ik wil mit dy hen dalen Dare wy dem paradyse nalen. Vgl. 1529. 1934 u. 2040. Laiendoctrinal 50: We dem pikke nalet, De wert unreine gemalet. Lauremberg IV, 18: de sülkem lof und ehr van widem nicht kan nalen. Dieselbe Bedeutung haben benalen, genalen, geneken. Z. f. Hamb. Gesch. II, 138, 136: De Rychter syck em benalede tor stede, dar he lach. . f. Lüb. Gesch. ‚II, 67: so wy Juw muntliken vnderrichtende werden, wen etlike vnser Juw benalende werden. Lüb. Chr. 2, 14: do ghenalen se sik Lubeke. Wiggert Scherflein 1, 46: dat de vyant my nicht dore genalen efte schaden. Navolginge Jhesu Cristi 1, 20: De sik aff scheydet van sinen bekanden vnde van sinen vrunden, dei ghenalet god vnde de bylghen engele. Schüren 26: do sie dem slotte geneeckden.

V. 36. dorde thöricht, toll, erbittert. Fol. 15: se lep, efte se were dorde. Vgl. Lüb. Chr. 1, 250 u. R. V. 6335.

V.37. loven, sich verbürgen. Hanöv. St. Th. 301: Nen Radman scal loven vor broke; 307: Lovet en borghere vor utlude, de in der stad nicht beseten sin, eme borghere eder Juden eder andersweme de in de stad wonet, queme dat ghelt uppe den borghen (= müßte der Bürge die Zahlung leisten), de scal deme sakewolden sin erve setten eder andere ghode pande.

V. 44. Hanöv. St. R. 497: juravit ad sanctos quod nullo modo propius vellet venire civitatem Hanovere quam diu vixerit, nisı duo mi- liaria per restem, quod vulgariter dicitur δὲ der weden. Vgl. ausführli- cher Grimm R.A. 684.

V. 50. to boren, gebühren, zukommen. Fol. 7°: Wat eme schal vnde mach to boren. Sp. ἃ. Dogede Fol. 32: hyr vmme szo boret eynem yslyken mynschen tho, dat. Vgl. Lüb. Chr. 1, 287. 2, 65.

V.55. vese, Faser. Vgl. Br. Wb. 1, 354. Fol. 84°: Smeken vnde vedder lesen Unde van den klederen theen de vesen Nyge mere brin- gen to houe.

V.57. menen, meinen, lieb haben. Vgl. Hoffmann ὟΝ. z. R. V. s. v. Fol. 20°: Dat van deme stancke vorghinghe Eres (der Jungfrau) liues alle den ghenen De se myt lastere wolden menen. —- Sündenf. 2794: Mit klokem rade wil ik juw denen Unde will juk mit ganzen truwen meinen. Burk. Waldis Vorl. Son 682: Kum her, Else, du bist de

MITTELNIEDERDEUTSCHE SPRACHPROBEN. 327

ik men. Dodendantz De Pawes: Wente de torken vnde ok de vm- mylden Sarracenen De de cristen mit allen vntruwen menen Hebben up de cristen gberouet vnde ghebrant.

II. Zur Tellssage.

Die Erzählung des Saxo Gramaticus (8. Schiller’s Wilhelm Tell, erläutert v. Dr. W. E. Weber, 2. Ausg. $. 306 ff.) gibt die in Lübeck um 1481 gedruckte denscke Kroneke (= Deecke Nr. 2) Fol. M 8 in folgender kürzerer Fassung:

Harald [Blaatand] hadde ock enen rydder by syk, de heth Tokko, de hadde vele de ene hateden dor syner manheyt willen, Desse Tokko zede to ener tyd to synen kumpanen, alze se to hope seten to enem ghestebode, wo he so behende were mit schetende, dat men scolde enen appel, wo klene men wolde, setten vp enen stok to enem rechten schutten male, so wolde he ene raken yo mit dem ersten schote. Do dat de yenne horden de ene hateden, do brochten se dat vor den konink. Do dachte de konink nicht vp synen truwen .denst vnde both bosliken, dat men scholde des suluen Tokkonis sone setten vor den stok vnde legghen em den appel vp dat houet. Were id zake, dat he den appel myt dem ersten schote nicht en rakede , so scolde eme dat houet aff dorch synes römes wyllen. Mit sodanem vnrechte setthe he beyde, vader vnde sone, in de vare des dodes. Des nam Tokko synen myn- nesten sone vnde zede, he scholde syck nicht vruchten vnde holden dat houet stylie, wen he den schote horde. Vp dat be deste myn vruchtede, so kerde he syn antlath van em vnde toch do dre pyle vth deme kokere to rede. Mit dem ersten schoth he den appel entwey. Do vragede ene de konink worumme be de dry pyle vth ghetoghen, na dem male dat he men ens scheten scholde? Do zede Tokko: hadde ik den appel nicht gheraket, so wolde ik dy mede dodet hebben, na deme dat du my alsodan vnrecht vorledest vnde bodest. Darna sette ene de konink noch ens in alsodane vare, vmme den wyllen toghen mennighe van syner rydderschop van em vnde sunderliken desse Tokko vnde zeden, se wolden deme nicht denen, de se vor eren denst setthe in des dodes vare, vnde toghen so to synem sone Swenone.

Fol. N 1: [später in einem kampfe von seinem sohne Sweno überwunden, zog Harald in das Wendland] Harald de samelde to hope wat he konde kryghen van Denen vnde van Wenden vnd strydede enen gantzen dach mit synem sone, doch konde er er neen wynnen. So makeden se enen ronnebom tusschen syk beth des anderen daghes. So scholde Harald spasseren ghan in deme holte, des nam Tokko vorbeth war vmme des vnrechtes willen, dat he em dede, vnde schoth eme ene dothwunden vnde he toch wedder in Went- ‚lande vnde starff dar.

SCHWERIN, April 1867.

398

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT

DER

ERSCHEINUNGEN AUF DEM GEBIETE DER GERMANISCHEN PHILOLOGIE IM JAHRE 1866.

VON

KARL BARTSCH.

I. BegriffundGeschichte der germanischen Philologie.

1. Rückert, H., Die Bedeutung der altdeutschen Literatur und die Versuche zu ihrer Wiederbelebung.

Deutsche Vierteljahrsschrift 1866, Nr. 114.

2. Prutz, H. Ludwig Uhland als Literaturhistoriker.

Deutsches Museum 1866, Nr. 47, 48.

ὃ. Jabob Grimm ’s Briefe an Franz Pfeiffer. 8. (36 S.) Wien 1866, C. Gerold.

Sonder-Abdruck aus Pfeiffer's Germania, Jahrg. XI, 8. 11] 128. 239 256. Unter dem Titel: Zur Geschichte der deutschen Philologie. I. Briefe von Jacob Grimm. A.

4. Zur Geschichte der deutschen Philologie. I. Briefe von Jacob Grimm. B. Jacob Grimm’s Briefe an Hoffmann von Fallersleben.

Pfeiffer's Germania 11, 375—388. 498— 511.

5. Creizenach, Th. Über einen Ausspruch Jacob Grimm’s. Antritts- rede gehalten bei Übernahme des Lehramtes für Geschichte und deutsche Sprache | am Gymnasium zu Frankfurt. |

Neue Jahrbücher für Philologie und Pädagogik 94, 29-36. Uber Grimm’s Worte ᾿ auf der Frankfurter Germanistenversammlung: “Unter dem Geleite der Sprachkunde ᾿ erwächst auch die Geschichte zu frohem Gedeihen; sie wird sachlich vertieft, geistig belebt und in vaterländischem Sinne befruchtet.’

6. Spruchlese aus J. Grimm’s Sprachwerken.

Deutscher Sprachwart von M. Moltke 1866, Nr. 7. "

7. Ferdinand Wolf. Nekrolog.

Allgemeine Zeitung 1866, Beilage Nr, 95.

8. Mussafia, Adolf, Reihenfolge der Schriften Ferdinand Wolf's. 8. (28 S.) Wien 1866. Gerold in Comm. 4 Ngr.

Aus den Jahresberichten über die Wirksamkeit der k. Akademie der Wissen- schaften.

9. Ohly, E., Ottmar Schönhuth, Pfarrer zu Edelfingen im Königreiche Württemberg.

Allgemeine Kirchen-Zeitung 1866, Nr. 52.

BIBLIOGRAPHISCHE ὑΠΕΗΒΒΙΟΗΤ., 399

I. Handschriftenkunde und Bibliographie.

10. Die deutschen Handschrften der k. Hof- und Staats- bibliothek zu München nach J. A. Schmeller’s kürzerem Verzeichniss. 2 Theile. gr. 8. (4 Bl., 666 8) München 1866. Palm in Comm. 3 Rithlr.

Auch unter dem Titel: Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Regiae Monacensis. T. V. VL

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 42. 1867, Nr. 2.

11. Förstemann, Öberbibliothekar Prof. Dr. Ernst, Die gräflich Stolbergische Bibliothek zu Wernigerode. gr. 8. (VIII, 167 8.) Nordhausen 1866, Förstemann. 1'/, Rthlr.

Vgl, Literar. Centralbl. 1866, Nr. 43 (Bechstein.. Die Handschriften enthalten mancherlei Altdeutsches, so ein deutsches Alexandergedicht, welches leider nicht näher bestimmt ist, u. a. ᾿

12. Bodemann, Biblioth.-Seer., Rath Ed., Xylographische und typo- graphische Incunabelu der königl. Öffentlichen Bibliothek zu Hannover. Mit 41 Platten typograph. Nachbildungen der Holzschnitte und Typenarten und 16 Platten mit den Wasserzeichen des Papiers. Fol. (VI, 130 8.) Hannover 1866. Hahn. 12 Rthir.

Vgl. Götting. Gel. Anzeigen 1866, Nr. 24; Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Nr. 6; Nordseezeitung Nr. 20; Illustrirte Zeitung Nr. 1192.

13. Bartsch, Karl, Bibliographische Übersicht der Erscheinungen auf dem Gebiete der germanischen Philologie im Jahre 1865. gr. 8. (51 S.) Wien. Gerold. !/, Rthlr.

Abdruck aus Pfeiffer's Germania 11, 325 374.

14. Bibliotheca philologica, oder geordnete Übersicht aller auf dem Gebiete der classischen Alterthumswissenschaft wie der älteren und neueren Sprachwissenschaft in Deutschland und dem Auslande neu erschienenen Bücher. Herausgegeben von Dr. Gustav Schmidt. 18. Jahrgang, 1865, 2. Heft (8. 75—181), 19. Jahrgang, 1866, 1. Heft (S. 1—69). gr. 8. 9 und 6 Ngr.

15. Grässe, Theodor, Tresor de livres rares et precieux ou nouveau dietionnaire bibliographique.. 34—36. Lief. gr. 4. (VI, 1, 393—543, VI, 2, 1—160). Dresden 1866. Kuntze. 2 Rithlr.

IH. Sprachwissenschaft und Sprachvergleichung.

16. Grimm, Jacob, Über den Ursprung der Sprache. 6. Auflage. gr. 8. Berlin 1866. Dümmler. 10 Sgr. |

17. Wedgwood, Hensleigh, on the origin of language. 8. (165 S.) London 1866. Trübner.

Gegen Max Müller (Nr. 19) gerichtet und für den onomatopoetischen Ursprung der Sprachen kämpfend. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 33.

18. SchleisvonLöwenfeld, M., Über den Ursprung der Sprache, eine physiologisch-linguistische Studie. 8. (758.) München 1866. Kaiser. 16 Ngr.

19. Müller, Max, Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache. Für das deutsche Publicum bearbeitet vom Gymnasial-Prof. Dr. Carl Böttger. 2. Serie. 2. Hälfte. gr. 8. (VIII, 289—606). Leipzig 1866. G. Mayer. 1 Rthir. 6 Ngr.

Vgl, Heidelberger Jahrbücher 1866, Nr. 23 ἢ. ; Deutsches Museum, Nr. 15.

20. Dasselbe Werk. 1. Serie. 2. Auflage (VIII, 436 8.). 1%, Rthlr.

330 . _BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

21. Marle, T.H.A. de, Ursprung und Entwickelung der sogenannten indo-europäischen und semitischen Sprachen in Begriff und Laut. 1. Band, 2. Abtheilung. gr. 8. Hamm 1866. Im Selbstverlag. 2, Rthir.

22. Bopp, Fr., Grammaire comparede des langues indo- europeennes, comprenant le sanscrit, le send, l’armenien, le grec, le latin, le lithuanien, lancien slave, le gothique et l’allemand. Traduite sur la deuxi&me edition et precedee d’une introduction par M. Mich. Breal. Tome I. gr. 8. Paris 1866. La Hachette. 8 fr.

Das Ganze wird vier Bände umfassen. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 39.

23. Breal, Michel, Introduction la grammaire comparede des langues inde - europeennes de M. Fr. Bopp. Extrait du tome premier de la traduction frangaise. 8. (LVII S.) Paris 1866. La Hachette.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 42.

24. Schleicher, August, Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermapischen Sprachen. Kurzer Abriß einer Laut- und Formenlehre der indogermanischen Ursprache, des Altindischen, Alteranischen οἷς. 2. bericht, verm. und theilw. umgearb. Auflage. gr. 8. (XLVI, 856 S.) Weimar 1866. Böhlau. 5%, Rthir.

25. Recherche sur l'origine de la ressemblance et de l’affinite d’un grand nombre de mots qui se retrouvent dans le frangais, le danois, l’islandais, langlais, l’allemand, le latin, le grec et le sanscrit, par B. B. 8. (235 S.) Copenhague 1866 (Leipzig, Brockhaus).

26. Raila, Pfarrpriester Willib., Der Vokal-Akzent, ein bisher unfor- mulirtes Gesez der Sprachen, insbesondere der deütschen Sprache. gr. 8. (48 ὃ.) München 1866. Finsterlin. 8 Ngr.

IV. Deutsche Grammatik.

27.Bornhak, Oberlehrer Dr. G., Grammatik der hochdeutschen Sprache. Zum Verständniss des Althochdeutschen, Mittelhochdeutschen und Neuhochdeut- schen für die obern Klassen gelehrter Schulen wie für das Privatstudium be- arbeitet, 2. Theil: Die Wortbildung. gr. 8. (VI, 300 S.) Nordhausen 1867. Förstemann. 1 Rithlr.

Der erste Theil erschien 1862, vgl. Bibliographie 1862, Nr. 23.

28. Hahn, K. A., Althochdeutsche Grammatik mit einigen Lesestücken und einem Glossar. 2. Ausgabe, von A. Jeitteles. 8. (ΧΙ, 125 S.) Prag 1866. Tempsky.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 52; Allgem. Literatur-Zeitung, Nr. 32.

29. Englmann, Ler., Mittelhochdeutsche Grammatik (Auszug aus den Lesebuch). gr. 8. (16 S.) München 1866. Lindauer. 4 Ngr.

30. Koch, €. F., Historische Grammatik der englischen Sprache. 2. Band: Die Satzlehre der englischen Sprache. 8. (XXIV, 521 5.) Cassel und Göttingen

1865. Wigand. 3 Rthlr. Vgl. Pfeiffer'e Germania 11. 231—235 (Grein); Literar. Centralbl. 1866, Nr. 19.

31. Blomberg, G. J., Bidrag till den Germaniska Omljudsläran med

nufondsakligt afseende pa Forn-Norskan. (74 S.) Upeala 1865. Akademische Abhandlung.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 331

32. Nerger, Karl, Über die tonlangen Vocale des Niederdeutschen.

Pfeiffers Germania 11, 452 ---457.

33. Moller, Dr. Adolf, Die reduplieirenden Verba im Deutschen als ab- geleitete Verba. Eine etymologische Untersuchung. 8. (48 S.) Potsdam 1866. Gropius.

Göttinger Doctordissertation.

34. Förstemann, Ernst, Zur Geschichte altdeutscher Declination.

Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 15. Band 3. Heft (2. Der Genetiv pluralis). 16. Band 2. Heft.

35. Söderwall, Knut Fr., Nägra anmärkningar öfwer de Swenska Ka- susformerna under medeltiden. 4. (17 5.) Lund 1866.

Separatabdruck aus: Acta universitatis Lundensis 1865.

36. Tschischwitz, B., Articuli determinativi Anglici historia. gr. 8. Halle 1867. Barthel. 10 Ngr.

37. Dietrich, Franz, Syntaktische Funde.

Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 124— 138.

38. Köhler, Artur, Über den syntaktischen Gebrauch des Dativs im Gothischen.

Pfeiffers Germania 11, 261- 305. Vgl. Bibliographie 1864, Nr. 43.

39. Rückert, Heinrich, Die gothischen absoluten Nominativ- und Accu-

sativconstructionen. Pfeiffers Germania 11, 415 —423.

V. Deutsche Lexicographie.

40. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Fortgesetzt von Dr. Rudolf Hildebrand und Dr. Karl Weigand. Vierten Bandes zweite Lieferung (Fromm Fül]. Bearbeitet von Dr. Καὶ. Weigand. hoch 4. (Sp. 241—-480.) Fünften Bandes vierte Lieferung [Kind—- Klappen]. Bearbeitet von Dr. R. Hildebrand (Sp. 721—960). Leipzig 1866. Hirzel. ?/, Rthlr.

Vgl. Literar. Centralblatt 1866, Nr. 51.

41. Weigand, Prof. Dr. Friedr. Ludw. Karl, Deutsches Wörterbuch. 3. völlig umgearb. Auflage von Friedr. Schmitthenner’s kurzem deutschen Wör- terbuche. 9. Lief. gr. 8. (2, 609—768.) Gießen 1866, Ricker. ?/, Rthlr.

Vgl. Allgem. Literatur-Zeitung 1866, Nr. 48.

42. Vries, M.de, en L. A. te Winkel, Woordenbook der Needer- landsche Taal. Aflev. 3. 4. roy. 8. (Sp- 321 640: Aans—Achtb.) 8’ Graven- hage 1866. Nijhoff. 16 Ngr.

43. Vries, M. de, en L. A. te Winkel, Woordenlijst voor de spelling der Neederlandsche Taal, met Aanwijzing van de Geslachten der Naamwoorden en de Vervoeging der Werkwoorden. (L, 2, 410 5.) 8. s’ Gravenhage 1866. Nijhoff. f. 1, 70.

44. Doozy, R., Hoogleeraar te Leiden, Oosterlingen. Verklarende Lijst der Nederlandsche Woorden, die uit het Arabisch, Hebreeuwsch, Chaldeeuwsch, Perzisch en Turksch afkomstig zijn. s’ Gravenhage 1866. Nijhoff. 22"/, Ngr.

45. Stratmann, Franc. Henry, A dictionary of the english language of the 13., 14. and 15. centuries. Part IV. gr. 8. (S. 289— 384). Crefeld 1866, Gehrich in Comm. 1'/, Rthir.

332 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

46. Müller, Eduard, Etymologisches Wörterbuch der englischen Sprache. 2.—5. Lieferung. gr. 8. (1. Theil, VIII S. und 5. 177—558, 2. Theil, S. 1 bis 352) Coethen 1865 —66. Schettler.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 8 (Grein).

47. Wheatley, Henry B., A dictionary of reduplicated words in the english language. 8. (104 8.) Berlin 1866. Asher. 1 Rthlr.

Aus den Transactions öf the Philological society. Der Verfasser hat Wörter wie namby pamby, chit chat darunter verstanden und deren etwa 600 gesammelt.

48. Fritzner, Joh., Ordbog over dat gamle norske Sprog. 8. Heft. [tiltoekr-yfirgjarnligr.] (S. 673—-768.) Christiania 1866.

49. Möbius, Dr. Theodor , Altnordisches Glossar. Wörterbuch zu einer Auswahl altisländischer und altnorwegischer Prosatexte. gr. 8. (XII, 532 S.) Leipzig 1866, Teubner. 4 Rthir.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 52.

50. Molbech, Chr., Dansk Glossarium eller Ordbog over forzldede

danske Ord. II. Deel (M—Ö). (341 5.) Kjöbenhave 1866. Der erste Theil erschien 1857.

51. Gatschet, A., Ortsetymologische Forschungen als Beiträge zu einer Toponomatik der Schweiz. 2. 3. Heft. gr. 8. (S. 45—232.) Bern 1866. Halter. 14 Ngr.

Vgl. Allgem. Literatur-Zeitung 1866, Nr. 19; Magazin für die Literatur des Aus- laudes Nr. 21.

52. Bazing, Hugo, Zur Erklärung württembergischer Ortsnamen.

Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde, Jahrgang 1864, Stuttg. 1866.

53. Obermüller, Wilhelm, Deutsch-keltisches, geschichtlich-geographi- sches Wörterbuch zur Erklärung der Fluß-, Berg-, Orts-, Gau-, Volks- und Personen-Namen Europas , West-Asiens und Nord-Afrikas im allgemeinen wie Deutschlands insbesondere nach den daraus sich ergebenden Folgerungen für die Urgeschichte der Menschheit. 1. u. 2. Lieferung. 8. (192 5.) Leipzig 1866. Denicke. Y, Rthlr.

Vgl. Allgem. Zeitung 1866, Nr- 305 fg. Beilage, und Entgegnung des Verfassers Nr. 334; Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitunz 98; Liter. Centralbl, 1867, Nr. 1.

54. Keltische Ortsnamen in Deutschland. Magazin für die Literatur des Auslandes 1866, Nr. 34.

55. Slavische Ortsnamen in der Umgegend von Jena.

Weimar. Zeitung 1866, Nr. 103.

56. Immisch, Rob., Die slavischen Ortsnamen im Erzgebirge. 4. (34 85.) Bautzen 1866. Schmaler und Pech in Comm. '/, Rthir.

Programm. Vgl. Allgem. Zeitung 1866, Beilage 302; Magazin für die Liter. des Auslandes Nr, 45.

57. Liebusch, G., Erklärung der alten Ortsnamen in der Provinz Brandenburg.

Archiv für das Studium der neueren Sprachen 39. Band. 2. Heft.

58. Brandes, Dr. K. H., Die Heiligen und der Teufel mit Himmel und Hölle in den geographischen Namen. 4.

Programm des Gymnasiums zu Lemgo 1866.

Mi

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 333

59. Arnesen, Mart., Etymologisk Undersögelse om norske Stedsnavne. 8. (62 8.) Frederikshald 1865.

60..Stark, Franz, Die Kosenamen der Germanen. I. Lex. 8. Wien 1866. Gerold in Comm.

Aus den Sitzungsberichten der phil. hist. Classe der kais. Akademie der Wissensch. 52. Bd. 8. 257—346. Vgl. Allgem. Literatur-Zeitung 1866, Nr. 50 (K. Roth). Berichti- gungen von dem Verfasser Pfeiffers Germania 1], 512.

61. Weinhold, Karl, Die Personennamen des Kieler Stadtbuchs von 1264—1288. 8. (68 S.) Kiel 1866.

Aus den Jahrbüchern für die Landeskunde der Herzogthümer Schleswig-Holstein und Lauenburg, Band IX.

62. Bergmann, F.G., Origine et signification du nom de Franc. 8. Colmar 1866.

63. Becker, Bernhard, Die Entstehung der Familiennamen.

Illustrirtes Familien-Journal 1866, Nr. 46 (676).

64. Hoffmann von Fallersleben, Braunschweigisches Namenbüch- lein. Einwohner - Namen der herzogl. Haupt- und Residenzstadt Braunschweig

nach ihrer Bedeutung geordnet und erläutert. 8. (VII, 80 8.) Braunschweig’ 1866. Wagner. 10 Ngr.

en

65. Ursprung der Thiernamen. Das Ausland 1866, Nr. 42.

66. Zingerle, J. V., Augenblick und Handumdrehen. Pfeiffers Germania 11, 175-176.

67. Zingerle, J. V., Phenich. Pfeiffers Germania 11, 176.

68. Vernaleken, Theod., der rite. Pfeiffers Germania 11, 174.

VI Deutsche Mundarten.

69. Die deutschen Mundarten und die moderne Sprachwissenschaft.

Die Grenzboten 1866, Nr. 41.

70. Pfeiffer, Franz, Altes Zeugniss über die Mundarten und die Schrift- sprache der Deutschen.

Pfeiffers Germania 11, 320—323.

71. Birlinger, A., Sprachvergleichende Studien im Alemannischen und Schwäbischen.

Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung, 15. Band, 3. 4. Heft.

72. Birlinger, A., Zum Schwäbischen und Alemannischen.

Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung, 16. Band, 1. Heft.

73. Birlinger, A., Zur Kunde der ältern süddeutschen Mundarten.

Archiv für das Studium der neueren Sprachen, 38. Band, 3. und 4, Heft (1865).

74. Birlinger, A., Die Sprache des kleinen Kaiserrechts.

Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung. 16. Band, 1. Heft.

75. Becker, Fr., Die Guttural-Deminution in den alemannischen Mund-

arten. Ein kleiner Beitrag zum schweizerischen Idiotikon. Neues schweizer. Museum 6. Jahrg. 1. Heft.

.

334 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

76. Kok, Joh., Det danske Folkesprog i Sönderjylland, forklaret af Old- nordisk, Gammeldansk og de nynordiske Sprog of Sprogarter. Deel II. 8. (517 S.)

Köbenh. 1867. Gyldendal. Der erste Theil erschien Köbenh. 1863 (433 8.)

77. Linder, Nils., Bidrag till Kännedomen om Allmogemälet i Södra-

Möre-härad af Kalmar-län. 8. (27 5.) Uppsala 1866. Akademische Abhandlung.

78. Schöpf, Gymn. Prof. J. B., Tirolisches Idiotikon. Nach dessen Tode vollendet von Ant. J. Hofer. Herausgegeben auf Veranlassung und durch Un- terstützung des Ferdinandeums. 9. (Schluß-) Lieferung. gr. 8. (XVI, 169 --- 885).

Innsbruck 1866. Wagner. 14 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 31; Augsburger Postzeitung Nr. 65. Das ganze Werk kostet 4 Rthlr.

79. Andreae, W., Sammlung von Wörtern aus der Volkssprache in der Umgegend Erfurts. 1—6 (A—2).

Deutscher Sprachwart 1866, Nr. 20—24.

80. Idiotikon, algemeen vlaamsch, uitgegeven door het taal-en letter- lievend genootschap ‘Met Tyd en Vlyt bewerkt door L. W. Schuermans met de medehulp van P. Du Bois en J. Lambrechts, onder het toezicht van J. David. 8. 1. 2. Lieferung. (96 5.) Louvain 1866. 8 Ngr.

81. Poole, J., A glossary of the old dialect of the english colony in the. baronies of Forth and Bargy. Edited by W. Barnes. 12. London, Smith. 5fl. 60 c.

82. Kristiansen, V., Bidrag til en Ordbog over Gadesproget og saa- kaldt daglig Tale. 8. (XII, 440 S.) Kjöbenh. 1866.

83. Listov, A., Ordsamling fra den norske aesthetiske Literatur siden Aaret 1842. 8. (VIII, 88 8.) Kjöbenhavn 1866.

Alphabetisches Verzeichniss der Norwegismen in der dänischen Sprache der nor- wegischen Belletristik seit 1842.

84. Rietz, Joh. E., Ordbok öfver Svenska Allmoga-Spraket. 9. 10. Heft. (8. 617— 784: Skävla sei Utläng). Lund 1866.

85. Germaniens Völkerstimmen. Sammlung der deutschen Mundarten in Dichtungen, Sagen, Mährchen, Volksliedern etc. Herausgeg. von Joh. Matth. Firmenich-Richartz. 3. Band, 11. und 12. Lieferung [oder 27. und 28. (Schluß-) Lief.], hoch 4. (XII, 801—960) Berlin 1866, Schlesinger. Y, Rthir.

86. Molz, F., Gedichte in bielischer Mundart über bielische Zustände, nebst einigen hochdeutschen Lückenbüssern ähnlichen Inhalts. 2. Auflage. 8.

(IV, 57 8.) Bern 1864. Jenni. 6 Ngr. 87. Gschicht, die, vom Wilhäm Täll. Wie se ne Bärner Schulmeischster

sine Buebe erzellt het. 3. Aufl. gr. 8. (8 8.) Bern 1863. Jenni. 3 Ngr. Dies und das vorhergehende Büchlein finden sich erst jetzt in den Bücherkatalogen.

88. Schild, Fr. Jos., Arzt in Grenchen, Aus dem Leberberg. Gedichte, Sagen und Erzählungen in Solothurner Mundart. Beitrag zum schweizerischen

Idiotikon. 2. Bändchen. 16. Biel 1866. Steinheil. 16 Ngr. Das erste Bändchen erschien 1860. 89. Kron, E. Bilder aus dem Basler Familienleben in baseldeutschen

Versen. 8. Basel 1867. Krüsi in Comm. 16 Ngr.

BIBLIOGRAPIIISCHE ÜBERSICHT. 335

90. Kobell, Fr. v., Zur Charakteristik oberbayerischer und verwandter Dialect-Poesie.

Bayerische Zeitung 1866, Morgenblatt Nr. 60 fi.

91. Klesheim, Ant. Freih. v., ’s Schwarzblatl aus'n Weanerwald. Ge- dichte in der österreichischen Volksmundart. 4. Theil. 16. (159 8.) Wien 1866. Gerold. 1 Rithlr.

92. Proben deutscher Mundarten (Siebenbürgisch-Sächsisch).

Deutscher Sprachwart von Moltke 1860, Nr. 2.

93. Giebelhausen, C. F.A., Nischt wie lauter Hack un Mack, alles dorchenanner-dorch. Ein Denkstein, der alten Mansfelder Mundart gesetzt. 2. Heft. 8. (68 S.) Hettstedt 1865. Hüttig. '/, Rthlr.

94. Bilder und Klänge aus Rudolstadt. In Volksmundart. 8. Heft. 3. vermehrte Auflage. 16. (80 5.) Rudolstadt 1866. Scheitz. Y, Rthlr.

95. Grain Tuig. Schwänke und Gedichte in sauerländischer Mundart vom Verfasser der ‘Sprickeln un Spöne. 2. Auflage. 12. (96 S.) Soest 1866. Nasse. ἢ, Rthlr.

96. Grain Tuig, un süs wat te gnaustern. Schwänke, Gedichte und Lustspiele in sauerländischer Mundart. Vom Verfasser der "Sprickeln un Spöne. 2. Aufl. 8. (251 3.) Soest 1866. Nasse. ?/, Rthir.

97. Gerrgxtz, ’n Ternöster vull Spaß. 8. (III, 144 S.) Münster 1866. Fahle. Us Rthlr.

98. Klenner, de plattdütsche, up dat J. 1866, unner Byhulp van Jan van Buten, Kassen Dukdal, Dr. Swerenoth etc. herutgewen van Karl Friderk B—n. 8. (XVI, 92 S.) Jever 1866. Mettcker u. Söhne. 6 Ngr.

99. Klenner, de plattdütsche, up dat J. 1867, unner Byhulp van Jan van Buten, Kassen Dukdal, Dr. Swerenoth etc. herutgewen van Karl Friderk B—n. 8. (XVI, 92 3.) Jever 1866. Mettcker. 6 Ngr.

100. Piening, Th., Dat Hamborger Döontjenbock. 8. (XII, 132 5.) Hamburg 1866. Hoffmann u. Campe. 12 Ngr.

101. Piening, Th., Luerfritz. En spaaßi Vertelln. 8. (XI, 183 S.) Ham- burg 1866. Hoffmann u. Campe. 18 Ngr.

102. Reuter, Fritz, Sämmtliche Werke. 11. u. 12. Band. 8. Wismar 1865, Hinstorff. & 1 Rthlr. |

Inhalt: 1]. Kein Hüsung. 3. Aufl. (222 S.). 12. Olle Kamellen. 6. Theil. Dörch- läuchting. (VIII, 327 5.)

103. Beccau, Oltfränksche Schnickschnack, ein Zwiegespräch in holstein- scher Mundart.

Deutscher Sprachwart 1866, Nr. 22. Worterklärung dazu Nr. 24.

104. Smaadigte, tre, 1 jydsk Mundart. Af Johanne. 8. (16 9.) Aarhuus 1866. 12 sk. "

VO. Deutsche Mythologie.

105. Winter, A., Walhalla. Mythologie der alten Deutschen. 4. Aufl. 8. (22 8. mit 8 Chromolith.,) Langensalza 1866. Greßler. ἡ, Rthlr.

106. Fürstedler, L., Die Götterwelt der Alten. Kurze Darstellung der Mythologie der alten Griechen, Römer und Deutschen, nebst einer Schilderung der Sitten und Gebräuche des Alterthums. 2. gänzlich umgearb. Aufl. Mit 20 Abbild. 8. (XIV, 208 5.) Wien 1866. Hartleben. *°/, Rthl.

336 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

107. Cortet, E., Essai sur les fetes religieuses et les traditions popu- laires qui sy rattachent. 18. (287 8.) Paris. 3 fr.

108. Plank, Über die Götter und den Gottesglauben der alten Deutschen nach Tacitus Germania.

Jahrbücher für deutsche Theologie XI. Band 1866. 1. Heft.

109. Pogatschnigg, Valentin, Beiträge zur deutschen Mythologie und Sittenkunde aus Kärnten.

Pfeiffers Germania 11, 74—77.

110. Haupt, Jos., König David und der Gott Wuotan.

Mittheilangen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, 11. Jahrgang. Wien 1866.

111. Heer, das wilde, oder Nachtgejaid.

Erheiterungen am häuslichen Heerd 1866, 6. Heft, S. 235.

112. Hölscher, de Irmini dei natuta Germanorumque nominis origine‘ 8. Bonn 1865.

Doctordissertation,

113. Petersen, Chr., Zioter (Zeter) oder Tiodute (Jodute), der Gott des Kriegs und des Rechts bei den Deutschen. Eine rechtsgeschichtliche und my- thologische Untersuchung.

Forschungen zur deutschen Geschichte, VI. Band, 2. Heft. »;

114. Rupp, Theophil, Baldur. Pfeiffers Germania 11, 424—435.

115. Hertz, Wilhelm, Die Walküren. Ein Vortrag. Bayerische Zeitung 1866, Nr. 117 ff.

116. Hertz, Wilhelm, Die Walkyren. Vortrag. Korrespondent von und für Deutschland 1866, Nr. 114 ff. Derselbe Vortrag wie Nr. 115.

117. Müllenhoff, K., Agez und Elbegast. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 182—185.

118. Kaufmann, Alexander, Holden am Niederrhein.

Pfeiffers Germania 11, 411—415.

119. Mannhardt, W., Roggenwolf und Roggenhund. Beitrag zur ger- manischen Sittenkunde. 2. vermehrte Auflage. gr. 8. (XIII, 74 S.) Danzig 1866. Ziemssen. */, Rthir.

Vgl. Allgem. Literatur-Zeitung 1866, Nr. 33; St. Galler Blätter Nr. 29; Wissen- schaftl. Beilage der Leipziger Zeitung Nr. 69; Naturwissenschaftl. Literatarblatt Nr. 2; Volksblatt für Stadt und Land Nr. 46.

120. Wackernagel, Wilhelm, Die Hündchen von Bretzwil und von Bretten. Ein Versuch in der Mythenforschung.

Neues schweizerisches Museum 1865, 4. Heft.

121. Köhler, Reinhold , Der weiße, der rotbe und der schwarze Hahn.

Pfeiffers Germania 11, 85—92.

122. Möller, Fr., Das Veilchen im Frühlingsmythus und seine Bedeu- tung. Eine mythologische Betrachtung. 4. (40 5.)

Programm der Realschule in Friedberg 1866.

123. Richter, H. E., Das Hexenmaal. Ein naturwissenschaftlicher Beitrag

zur Culturgeschichte. Gartenlaube 1866, Nr. 44.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 337

124. Rochholz, E. L, Das Allerseelenbrod. Aus der Geschichte des deutschen Grabcultus.

Pfeiffers Germania 11, 1—29.

Zur vergleichenden Mythologie:

125. Sonne, W., Sprachliche und mythologische Untersuchungen, ange- knüpft an Rigv. I, 50.

Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung, 15. Band, 5. und 6. Heft (Schluß).

VOI. Märchen und Sagen. 126. Köhler, Reinhold, Über die europäischen Volksmärchen. Vortrag.

Weimarische Beiträge zur Literatur und Kuust. Weimar 1865. Böhlau in Comm.

127. Klaiber, J., Das Märchen und die kindliche Phantasie. Vortrag. 8. (44 5.) Stuttgart 1866. Liesching. "/, Rthlr.

Vgl. Allgem. Zeitung 1866, Beilage 252,

128. Schmidt, F., Buch deutscher Märchen. Für Schule und Haus ge- sammelt. 2. Aufl. gr. 16. (V, 236 8.) Berlin 1866, Böttcher. 24 Ngr. Kleine Ausgabe 15 Ngr.

Enthält auch Märchen nicht volksthümlichen Ursprungs, von Brentano, Hauff etc.

129. Bechstein, Ludwig, Neues deutsches Märchenbuch. 6. Auflage. 8. (288 S.) Wien 1866. Hartleben. 12 Ngr.

130. Müller von Königswinter, Wolfgang, Märchenbuch für meine Kinder. gr. 8. (XII, 199 S.) Leipzig 1866. Brockhaus. °/, Rthlr.

Vgl. Über Land und Meer Nr. 18; Allgem. Modenzeitung 1866, Nr. 14.

131. Asbjörnsen, P. Chr, og Jörgen Moe, Norske Folke-Eventyr,

fortalte. 3. Udgave. 8. (XVI, 312 5.) Christiania 1866. 1 Rthlr. 24 Ngr. Die Zahl der Märchen ist gegen die erste Auflage um sieben vermehrt. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 9 (Kuhn).

132. Schenkl, Karl, Zur deutschen Märchenkunde.

Pfeiffers Germania 11, 450—452.

133. Hauswald, F. M., Dornröschen, der älteste deutsche Volksmythus. Ein Beitrag zur Sagenforschung. 8. Berlin 1866. Schulze. 7'/, Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1867, Nr. 3 (Köhler). Allgem, Literatur-Zeitung Nr. 6. Sehr viel Verkehrtes enthaltend.

134. Hartung, Director, Auslegung des Mährchens von der Seele und des Mährchens von der Lilie, nebst einer kurzgefassten Naturgeschichte des Mährchens überhaupt. 4. (14 8.)

Programm des Gymnasiums zu Erfurt 1866.

135. Prutz, Hans, Der Plan zur Sammlung eines Quellenschatzes germa- nischer Volkssage und Volkssitte.

Deutsches Museum 1866, Nr. 26.

135°. Thünen, A.G.v., Graphein. Eine Abhandlung über Entstehung und Fixirung alter Sagen und Überlieferungen. 2. Aufl. gr. 8. (40 3.) Bremen 1866. Tannen 8 Ngr.

136. Heinrich, Georg, Über historische Sagen und Anekdoten.

Bremer Sonntagsblatt 1866, Nr. 7.

1865. Birlinger, Dr. Anton, Zur Legende und Sage.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Sp. 311 fg, Sagenhafte Züge,

aus Handschriften der Münchener Bibliothek mitgetheilt. GERMANIA XII. 929

«αὖ

338 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

137. Grimm, Brüder (J. und W.), Deutsche Sagen. 2. Auflage. Mit einer Abbildung der Sage nach W. νυ. Kaulbach. 3.—8. (Schluß-) Lieferung. gr. 16. (1. Bd., 8. 193—424, und 2, XII, 340 S.). Berlin 1866. Nicolai. ᾿ς Rthlr.

Vgl. Allgem. Literatur-Zeitung Nr. 29; Allgemeine Schul-Zeitung 1867, Nr. 5; Dresd. Journal 1866, Nr. 12.

138. Schultheis, Fr., Volkssagen, aus dem Munde des Volkes gesammelt.

Hausblätter 1866, 2. Heft, 8. 117 ff.

139. Andechs, M. v., Die schönsten Sagen und Geschichten der deutschen Poesie. Ein Buch für Schule und Haus. 8. Nürnberg 1866, Koenecke. */, Bthir.

140. Schoppe, Amalie, Sagenbibliothek. Norddeutsche Sagen, Volks- mährchen und Legenden. 2 Theile. 3. (Titel-) Auflage. 8. (VI, 462 S.) Leipzig 1866 (1851). Schmidt. 15 Ngr.

141. Grässe, Dr. J. G. Th., Sagenbuch des preußischen Staats. 1. Lie- ferung. gr. 8. (80 3.) Glogau 1866. Flemming. !/, Rthlr.

Vgl. Breslauer Zeitung 1866, Nr. 42; Thüring. Zeitung 181; Aachener Zeitung Nr. 45. 331.

142. Braun, Ch., Legendes du Florival, ou la mythologie allemande dans une vallde d’Alsace. 8. (XVI, 212 S.) Guebwiller 1866. 2 fr. 50 e.

143. Brauer, E., Badische Sagenbilder in Lied und Reim. 2. Auflage. 8. Carlsruhe 1867. Braun. °/, Rthlr.

144. Eine alte Gmündener Volkssage.

Europa 1866, Nr. 33.

145. Der todte oder steinerne Mann. Eine Volkssage.

Bayerische Zeitung 1866, Morgenblatt Nr. 145.

146. Kaufmann, Alex., Kleine Beiträge zur Geschichte und Sagenfor- schung des Frankenlandes.

Archiv des historischen Vereines von Unterfranken und Aschaffenburg, 19. Bd., Würzburg 1866.

147. Aus dem oberfränkischen Sagenkreise. Die weiße Frau und Klo- ster Himmelkron. Bayerische Zeitung 1866, Morgenblatt Nr. 162.

148. Zur Sage von der weißen Fran. Korrespondent von und für Deutschland 1866, Nr. 206. 208.

149. Sagen aus Unterfranken.

Münchener Sonntagsblatt 1866, Nr. 7. 11.

150. Herrlein, Adalbert von, Sagen aus dem Spessart.

Hausblätter 1866, 5. Heft (8. 396), 6. (8. 459) und 8. Heft (Nr. 15-17).

151. Bermann, Mor., Alt-Wien in Geschichten und Sagen. gr. 8. (VI, 199 S. mit 7 Holzschnittaf.). Wien 1865. Jolsdorf in Comm. 1'/, Rthir.

152. Preisberg, H.E., Der Curort Radegund, seine Quellen und der Schöckel mit seinen Klüften und Sagen. 16. (23 8.) Graz 1866. Wießner in Comm. 6 Ngr.

153. Drescher, Rud., Die Sagen vom Nachtjäger in Schlesien.

Globus von K. Andree, 10. Band, 8. und 9. Lieferung (1866).

154. Volksthümliches, Sprichwörtliches , Sagenhaftes aus der Ott- machauer Gegend. Von E. W.

Schlesische Provinzialblätter 1866, 8. 616. 609.

1565. Sagen aus Petersburg und Umgegend.

Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen. 4. Jahr- gang. Prag 1866.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 339

156. Sagen aus Hirschberg, mitgetheilt von E. C. Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, 4. Jahrgang.

157. Böhmische Getreidesagen.

Europa 1866, Nr. 21.

158. Halma, Ernst, Die Monstranz in der Kirche zu Zizelitz. Böh- mische Volkssage.

Familien-Journal 1866, Nr. 9 (639).

159. Die goldenen Schwämme. Böhmische Volkssage.

Die Biene 1866, Nr. 30.

160. Hradisch, Johann von, der Jungfernsprung. Sage aus dem Kuh- ländchen.

Die Biene 1866, Nr. 9.

161. Gress, Kurt, Holzland-Sagen (aus Altenburg).

Hausblätter 1866, 10. Heft, S. 315; 11. Heft, S.390; 12. Heft, S.458; 13. Heft. S. 58.

162. Witzschel, A., Kleine Beiträge zur deutschen Mythologie, Sitten- und Heimathkunde, in Sagen und Gebräuchen aus Thüringen. 1. Theil: Sagen aus Thüringen. gr. 8. (XX, 324 3.) Wien 1866. Braumüller. 1°, Rthir.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 51; Allgem. Literatur-Zeitung Nr. 41; Dresd. Journal 214.

163. Zur Lorelei-Sage.

Magazin für die Literatur des Auslandes 1866, Nr. 14.

164. Wirtgen, Dr. Ph., Das Ahrthal. Natur, Geschichte, Sage. 8. (152 8.) Bonn 1866. Henry. 22'/, Ngr.

Auch unter dem Titel: Die Eifel in Bildern und Darstellungen. 2. Theil. Vgl. Literar. Centralbl. 1867, Nr. 1.

165. Wirtgen, Dr. Ph., Aus dem Hochwalde. Geographisch-historische Sagen, Erzählungen und Schilderungen. 8. (X, 112 8.) Kreuznach 1867. Voigt- länder. 12/, Ngr.

166. Kühlwein, August, Die Gründung der Kirche zu Oberstein. Eine Sage. Metrisch bearbeitet. 16. (31 $. mit 1 Steintafel). Saarbrücken 1866. Sie- bert in Comm. 8 Ngr.

167. Sauer, L. Th., Die Wupper in Liedern und Sagen. gr. 16. (X, 103 3.) Barmen 1866. Langewische. '/, Rthlr.

Vgl. Kölnische Zeitung 1865, Nr. 359.

168. Krüger, Altmärkische Sagen.

15. Jahresbericht des Altm. Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie. Salzwedel 1865.

169. Pommerland, das liebe. Monatsschrift zur Hut und Pflege pom- merscher Heiligthümer und pommerschen Volksthums. Im Auftrage des Vereins Pommerania herausgeg. von Pastor W. Quistorp. 3. Jahrgang. 1866. gr. 8. Anclam, Dietze. */, Rthlr.

170. Mannhardt, W., Sagen aus dem Kreise Karthaus.

Altpreußische Monatsschrift 1866, 4. Heft.

171. Asbjörnsen, P. Chr., Norske Huldre-Eventyr og Folkesagn.

2. Udgave. I. (VII, 301 8.) Christiania 1866. Steensbake. Der erste Theil erschien 1859 (XXX, 301 S.).

172. Meier, A., Zusammenhang der indischen und deutschen Thiersage. Pfeiffers Germania 11, 458 fg.

22 "

340 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

173. Die Thierfabeln in liturgischen Büchern.

Kirchenschmuck. Ein Archiv für kirchliche Kunstschöpfungen und christliche Alterthumskunde. 19. Band, 2. Hälfte. Stuttgart 1866.

174. Mayer, Karl Aug., Schicksale eines gefallenen Königs (der Bär in Geschichte und Volksmeinung).

Bremer Sonntagsblatt 1866, Nr. 11 fg.

175. Liebrecht, Felix, Ein Fuchsmythus.

Pfeiffers Germania 11, 99—102.

176. Crecelius, W., Zeugniss zur deutschen Heldensage.

Pfeiffers Germania 11, 310. Ans einer lateinischen Chronik des 12. Jahrhunderts, Attila, Ermenrich und Dietrich betreffend.

177. Liebrecht, Felix, Zur slavischen Wealthariussage.

Pfeiffers Germania 11, 172 fg.

178. Metzerich, W.v., Dietrich von Bern an der Basilica San Zeno zu Verona.

Illustrirte deutsche Monatshefte 1866, Nr. 22, 8. 443.

179. Die Sage über den Ursprung der Hunnen und Ungarn. Die Biene 1866, Nr. 1.

180. Beiträge zur Alexandersage. Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums 1866, April u. Mai.

181. Sachse, Dr., Über Johannes den Täufer im Mittelalter. Berlin 1866.

Jahresbericht über die höhere Knabenschule Potsdamer Str. 3. 8. (20 8.)

182. Kirchhofer, Th., Die Legende vom zwölfjährigen Mönchlein. In- augural-Dissertation. 8. (46 3.) Schaffhausen 1866, Brodtmann in Comm. !/, Rthir.

Vgl. Pfeiffers Germania 11, 100--- 108.

183. Mussafia, Adolf, Beiträge zur Crescentiasage. I. Über eine italie- nische metrische Darstellung der Crescentiasage. II. Eine altspanische Prosa- darstellung der Crescentiasage. Wien 1866. Gerold in Comm. 16 und 10 Ngr.

Aus den Sitzungsberichten der Akademie. Vgl. Literar. Centralbl. 1867, Nr. 1.

184. Hertz, Wilhelm, Heinrich von Schwaben. Eine deutsche Kaisersage. Bayerische Zeitung 1866, Morgenblatt Nr. 152 fg.

185. Liebrecht, Felix, Zur Sage von Romulus und den Welfen. Pfeiffers Germania 11, 166—172.

186. Prutz, H., Heinrich der Löwe. Geschichte, Sage und Poesie.

Raumers historisches Taschenbuch, 4. Folge, 7. Jahrgang.

187. Pallmann, Reinhold, Die Tellsage und die Befreiung der Schweiz im Jahre 1307.

Jahrbücher für Gesellschafts- und Staatswissenschaften von Glaser, 5 Band, 5. Heft.

188. Vischer, Dr. Wilhelm, Die Sage von der Befreiung der Waldstädte nach ihrer allmälichen Ausbildung untersucht. Nebst einer Beilage: Das älteste Tellenschauspiel. 8. (201 8.) Leipzig 1867. Vogel. 1 Rthlr.

Vgl. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Nr. 12.

189. Gould, 8, B., Curious mythes of the middle ages. 8. (242 8.) London. 7 8. 6d.

Enthält die Sage vom ewigen Juden, von der Wünschelruthe, Wilhelm Tell u. s. w.

190. San-Marte (A. Schulz), Über die Volkssagen ı von Ahasverus und

Faust im Lichte ihrer Zeit. Deutsches Museum 1866, Nr. 7.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 341

191. Kühne, Dr., Über die Faustsage. 2. Theil. 4. (37 8.)

Programm des herzoglichen Francisceums zu Zerbst 1866. Vgl. Heidelberger Jahrbücher Nr. 38 (Reichlin-Meldegg).

192. Die Faustsage. Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitung 1866, Nr. 49. 50.

193. Deutschlands Wappensagen. Illustrirte Zeitung 1214—1228.

IX. Volks- und Kinderlieder, Sprichwörter, Sitten und Gebräuche.

194. Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert gesammelt und erläutert von R. von Lilieneron. Zweiter Band. gr. 8. (XI, 585 8.) Leipzig 1866. Vogel. 3'/, Rthir.

Vgl. Deutsches Museum 1866, 34—37; Magazin für die Literatur des Auslandes

Nr. 34; Ergänzungsblätter zur Kenntniss der Gegenwart 1I,4; Literar. Centralbl. 1866, Nr. 52; Allgemeine Zeitung Nr. 46, Beilage; Wiener Zeitung 1867, Nr. 1; Kölnische Zeitung Nr. 44,

195. Uber das Wesen der Volkspoesie.

Magazin für die Literatur des Auslandes 1866, Nr. 13; anlehnend an Uhlands nachgelassene Schriften.

196. Das deutsche Volkslied im 16. Jahrhundert. Europa 1866, Nr. δ].

197. Das deutsche Volkslied und sein Refrän.

Magazin für die Literatur des Auslandes 1866, Nr. 47.

198. Volkspoesie in Prachatitz.

Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, 4. Jahrgang, Prag 1866.

199. Krause, Director K. E. H., Die Handschrift von Mathias Reder’s hamburgischer Chronik und ein gleichzeitiges historisches Lied. Hamburg 1866.

Abdruck aus der Zeitschrift des Vereins für hamburgische Geschichte, 8. (18 8.)

200. Weiland, Dr. L., Beitrag zu den Ditmarscher Volksliedern auf die Schlacht bei Hemmingstedt.

Jahrbücher für die Landeskunde der Herzogthümer Schleswig-Holstein und Lauen- burg. 9. Band. Kiel 1866. |

201. Percy, Thomas, Reliques of ancient english poetry, consisting of old heroic ballads, songs and other pieces of our earlier poets together with

some few of later date. 3 Voll. 12. (CXXVIII, 984 8.) Leipzig 1866. Tauch- nitz. 1Y, Rthlr.

Auch unter dem Titel: Collection of british authors, vol. 847—849.

202. Brodrick, Alan, songs of the people, with preface by the bishop of Oxford. 12. (280 8.) 1866. 6 =.

203. Remains of the early popular poetry of England, collected and

edited with illustrations and notes, by W. Carew Hazlitt. 3 Bände. London. Smith.

204. Gilpin, the songs and ballads of Cumberland: with biographical sketches, notes, glossary and portrait of Miss Blamire. 3. 1866. 7 sh.

205. Glyde, J., the new Suffolk Garland: a miscellany of anecdotes, ro-:

mantic ballads, deseriptive poems and songs, historical and biographical notices etc. 8. (460 S.) 10 5. 6.d.

343 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

206. Volkslieder, norwegische, isländische, faröische, der Vorzeit. In den Versmassen der Originale übertragen von Rosa Warrens. Nebst Anhang: Niederländische und deutsche Volkslieder. 8. (XIII, 431 5.) Hamburg 1866. Hoffmann u. Campe. 1'/, Rthlr.

Vgl. Europa 1866, Nr. 42; Grenzboten 45; Allgemeine Modenzeitung Nr. 46; Volksblatt für Stadt und Land 97; Hamburg. Nachrichten 240; Magazin für d. Lit. des Ausl. 1867, Nr. 6; Novellenzeitung Nr. 10.

207. Köhler, Reinhold, Ein altes Kindergebet.

Pfeiffers Germania 11, 435 —445.

208. Wiegenlieder, Ammen-Reime und Kinderstuben-Scherze in platt- deutscher Mundart. 2. Auflage. Lex. 8. (68 5.) Bremen 1866. Kühtmann. */3 Rthir.

209. Sandvoss, Fr., Zur Sprichwörterliteratur.

Blätter für literarische Unterhaltung 1866, Nr. 50. 51.

210. Latendorf, Fr., Die Ausgabe der Sprichwörter Agricola’s vom Jahre 1548.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Nr. 6, Sp. 207—210.

211. Sandvoss, Franz, Sprichwörterlese aus Burkhard Waldis mit einem Anhange: zur Kritik des Kurzischen B. Waldis und einem Verzeichniss von Melanchthon gebrauchter Sprichwörter. 8. (160 8.) Friedland 1866. Richter.

211". Franck, Subrektor J., Literärische Forschungen. III. Sprichwörter aus Ph. Andr. Burgoldensis discursus historici, 1669.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Sp. 92-94. 137—142.

212. Franck, Subrektor J., Die Sprichwörtersammlung des Friedrich Peters.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Nr. 10; Nr. 11, Sp. 370-374; Nr. 12, Sp. 400-- 408.

213. Wander, K. F. W., Deutsches Sprichwörter-Lexicon. Ein Hausschatz für das deutsche Volk. 12—14. Lieferung. hoch 4. (Sp. 1409 —1792). Leipzig 1866. Brockhaus. °/, Rthir.

Vgl. Blätter für literar. Unterhaltung 1866, Nr. 50 (Sandvoss).

214. Wie das Volk spricht. Sprichwörtliche Redensarten. (Herausgegeben von Edm. Höfer.) 5. Auflage. 16. (XVI, 176 8.) Stuttgart 1866, Krabbe. 24 Ngr.

215. Wurzbach, Dr. C. v., Historische Wörter, Sprichwörter und Redens- arten. 8. (XVI, 428 S.) 2. vermehrte und verbess. Aufl. Hamburg 1866. Richter. 1'/, Rthir.

Vgl. Hamburger Nachrichten 1866, Nr. 34; Kölnische Zeitung Nr.68.

216. Wurzbach, Const. v., Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort. Sprach- und sittengeschichtliche Aphorismen. 2. (Titel-) Ausgabe. 8. (VII, 197 5.; Wien 1866 (1864). Lechner. 16 Ngr.

217. Schwicker, J. H., Essen und Trinken im deutschen Sprichworte. Die Biene 1866, Nr. 9.

218. Die Sprichwörter der Polnischen Oberschlesier. Schlesische Provinzial-Blätter 1866, S. 656—658.

219. Handelmann, Heinrich, Topographischer re aus Schleswig- Holstein. Gesammelt. 8. (68 S.) Kiel 1866. Schwers. 7, N

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 23. Volkssprüche, die ich an Ortsnamen anlehnen, theils aus Volksmund, theils aus schriftlichen Quellen,

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 343

220. Handelmann, H., Topographischer Volkshumor. Ortsnamen in Reim und Spruch aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Lauenburg und Lübeck. Gesam- melt. 8. (67 S.) Kiel 1866. Schwers. 10 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 11 (Kuhn). Ein Beitrag zur Literatur der Neck- und Spottreime auf einzelne Ortschaften. (Mit 219 identisch?)

221. Schlieben, E., De antiqua Germanorum poesi aenigmatica. gr. 8. (36 5.) Berlin 1866. Calvary. ᾿ς Rthlr. Inaugural-Dissertation.

222. Schlesische Volksräthsel. Schlesische Provinzialblätter 1866, 8. 488.

223. Volksbücher, die deutschen. Gesammelt und in ihrer ursprüng- lichen Echtheit wiederhergestellt von Karl Simrock. 13. Band. 8. (XVI, 524 5.) Frankfurt a. M. 1867. Winter. 1'/, Rthlr.

un Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 52. Inhalt: Montevilla, Aesop, Lucidarius, Sibylla,

224. Volksbücher, deutsche, nach den ältesten Ausgaben hergestellt von Dr. Karl Simrock. 46—54. Heft. 8. Frankfurt a. M. 1865—66. Winter.

Inhalt: 46, Thal Josaphat (26 8.) 3 Ngr.; 47. Hirlanda (70 3.) 4 Ngr.; 48. Gregorius auf dem Steine (31 8.) 3 Ngr.; 49. Sieben weise Meister (129 5.) 8 Ngr.; 50. Malegis (224 S.) 12 Ngr.; 51. Montevilla (X VI, 154 8.) 8 Ngr.; 52. Aesop (XV, 2028) 12 Ngr.; 53. Lucidarius (70 S.) 6 Ngr.; 54. Sibylle (62 8.) 6 Ngr. Vgl. Revue eritique 1867, Nr. 11 (G. Paris).

225. Schumann, Dr. Ernst, Johannes Faust, des Zauberers und Schwarz- künstlers Leben, Thaten und Höllenfahrt. Neu bearbeitet und mit einer Einlei- tung versehen. 3. Aufl. 16. (142 3.) Berlin 1866. Reymann. '/, Rthir.

226. Aventures de Til Ulespiegle. Premiere traduction complete faite sur Toriginal allemand de 1519. Precedee d’une notice et suivie des notes par M. P. Jannet. 16. Paris 1866. Picard. 2 fr.

Vgl. Bibliogr. 1865, Nr. 599.

227. Buck, Dr. M. R., Medicinischer Volksglauben und Volksaberglauben aus Schwaben. Eine kulturgeschichtliche Skizze. 8. (VI, 72 S.) Ravensburg 1865. Dorn. 12 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 48 (Kuhn); Göschen, kritische Blätter 1867, Nr. 9,

228. Bavaria. Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern, be- arbeitet von einem Kreise bayerischer Gelehrter. 4. Band, 1. Abtheilung. Unter- franken und Aschaffenburg. Mit einem Trachtenbilde. Lex. 8. (VII, 458 S.) München 1866. Liter. artist. Anstalt. 2'/, Rthlr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1867, Nr. 1.

229. Wurth, Johann, Sitten, Bräuche und Meinungen des Volkes in

Nieder-Österreich. Gesammelt und mitgetheilt.

Blätter für Landeskunde von Nieder - Österreich. Herausgeg. vom Vereine für Landeskunde von Nieder-Österreich in Wien. 1. Jahrgang. Wien 1865. Behandelt Geburt, Hochzeit, Ehe, Tod und Begräbniss, Seelen und Geister.

230. Die Hochzeitsgebräuche der deutschen Bauern in der Iglauer Gegend. p Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, 4. Jahrgang, rag 1866.

344 BIBLIOGRA:ı HISCHE ÜBERSICHT.

231. Witzschel, Sitten und Gebräuche aus der Umgegend von Eise-

nach. 4. (46 5.) Programm dss Gymnasiums zu Eisenach 1866.

232. Primme, Fr. Wilh., Das Sauerland und seine Bewohner. 8. (70 S.) Soest 1866. Nasse. 6 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 46 (Köhler). Enthält viele interessante Volks- überlieferungen, namentlich in dem Abschnitt “Sitten und Gebräuche’ (8. 50—70).

233. Meier, Hermann, Ostfriesische Lebensbilder. I. Das Wettspinnen.

II. Das Klootschiessen. Daheim 1866, Nr. 8.

234. Töppen, Dr. Max, Aberglaube aus Masuren. Einleitung. 1. Die dä- monischen Mächte. 2. Die Zauberei und die Versegnungen.

Altpreußische Monatschrift 1866, 5. Heft, S. 385; 6. Heft, 5. 481.

235. Aberglauben aus Masuren.

Europa 1866, Nr. 42.

236. Schmidt, Wilhelm, Professor’ am k. k. Staatsgymnasium zu Her- mannstadt, Das Jahr und seine Tage in Meinung und Brauch der Romänen Siebenbürgens. Ein Beitrag zur Kenntniss des Volksmythus. 8. (66 S.) Hermann- stadt 1866.

237. Altdeutsche Frühlingsfeier. Illustrirte Zeitung Nr. 1191.

238. Hörmann, L. v., Deutsche Ostergebräuche.

Münchener Sonntagsblatt 1866, Nr. 12.

239. Der Kindlifresserbrunnen und das Eiertüpfen am Ostertag in Bern.

Über Land und Meer 1866, Nr. 26.

240. Ostern und Pfingsten in Natur und Haus.

Europa 1866, Nr. 9.

241. Der erste Mai. Das Walpurgisspiel.

Über Land und Meer 1866, Nr. 31.

242. Meier, H., Der Maibaum in Ostfriesland.

Der Globus von K. Andree, 10. Band.

243. Das Jacobi-Fest in Borrowee. Von A. H.

Schlesische Provinzialblätter 1866, 5. 487—554.

244. Pfannenschmid, H., Erntesitten und Ernteaberglauben in Nieder- Sachsen. (Ein Vortrag).

Deutsche Nordsee-Zeitung 1866, Nr. 159. 161. 170.

245. Das Ostgehen oder die Schnitter des Warthebruchs.

Fliegende Blätter ats dem rauhen Hause, Januar 1866.

246. Drescher, Dr. Rudolf, Das Martinifest in Schlesien.

Schlesische Provinzialblätter 1866, S. 658 fg.

247. Der Sankt Nikolai-Toag.

Augsburger Postzeitung 1866, Beilage 74.

248. Meyer, K. G., Weihnachtsfeier im Erzgebirge des nordwestlichen

Böhmen. Die Biene 1866, Nr. 1; Anzeiger f. Kunde d, d. Vorzeit Nr. 12.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 345

249. Handelmann, H., Weihnachten in Schleswig-Holstein. Kiel 1866.

Schwers. Vgl. Blätter für literar. Unterhaltung 1866, Nr. 44.

250. Christmas mummers in the olden time. Illustrated London News, Christmas- Supplement, 22, Decb. 1866.

251. Weihnachtsgebräuche im Norden. Wochenblatt der Johanniter-Ordens-Balley Brandenburg 1866, Nr. 51. 52.

252. Weihnachten in Schweden. Illustrirte Zeitung Nr. 1225.

253. Zum Passionsspiel in Thiersee in Tyrol.

Bayerische Zeitung 1866, Morgenbl. 100 fg.

254. Birlinger, A., Das Lauinger Passionsspiel.

Bayerische Zeitung 1866, Morgenbl. 231 fg.

255. Deutsche Weihnachtsspiele.

Illustrirte Zeitung Nr. 1224. 1225.

256. Stöcklow, Joseph, Die Weihnachtsspiele im Erz- und Mittelgebirge.

Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, 3. Jahrgang, Prag 1865.

257. Drescher, Dr. Rudolf, zwei schlesische Christkindelspiele.

Schlesische Provinzialblätter 1866, S. 409— 417.

258. Andree, Dr. Richard, Das techische Puppenspiel vom Dr. Faust.

Magazin für die Literatur des Auslandes 1866, Nr. 19.

X. Alterthümer und Kulturgeschichte.

259. Pallmann, R., Die Pfahlbauten und ihre Bewohner. Eine Darstel- lung der Cultur und des Handels der europäischen Vorzeit. Mit 23 (lithogr.) Tafeln Abbildungen. 8. (VII, 219 3.) Greifswald 1866. Akad. Buchhandl. °% Rthir.

Vgl. Literar. Centralblatt 1867, Nr. 8; Allgem. Literatur-Zeitung Nr. 1; Glaser, Jahrbücher VI, 6.

260. Virchow, ‚Rud. , Über Hünengräber und Pfahlbauten. 8. (36 8.) Berlin 1866. Lüderitz. , Rthlr.

Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, 1. Heft. Vgl. Allgem. Literatur-Zeitung 1866, Nr. 33; Magazin für die Literatur des Ausl. Nr. 12; Kölnische Zeitung Nr. 69; Über Land und Meer Nr. 25; Unsere Tage Nr. 89; Deutscher Sprach- wart Nr. 13.

261. Keller, Dr. Ferd., Pfahlbauten. 6. Bericht. (Mittheilungen der an- tiquarischen Gesellschaft in Zürich. 15. Band, 7. Heft) gr. 4. (VIII, 76 5. mit eingedr. Holzschn. u. 17 Steintafeln), Zürich 1866. Höhr in Comm. 1 Rthlr. 11 Ner.

Vgl. Literar. Centralbl. 1867, Nr. 2.

262. Desor, E., Die Pfahlbauten des Neuenburger Sees. Mit 117 in den Text eingedruckten Holzschnitten. Deutsch bearbeitet von Friedr. Mayer. Frank- πὶ a. M. 1866. Adelmann. 1'/, Rthlr.

Vgl. Frankfurter Zeitung 1866, Nr. 20.

263. Haßler, Oberstudienrath Dr. K. D., Die Pfahlbaufunde des Über- linger Sees in der Staatssammlung vaterländischer Alterthümer zu Stuttgart, beschrieben und erläutert. Mit 6 Steindrucktafeln. gr. 4. (20 S.) Ulm 1866.

Stettin in Comm. %, Rthlr. Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben, 17. Veröffentlichung.

346 BIBLIUGKAPHISCHE ÜBERSICHT.

264. Drescher, Dr. Rudolf, Über den gegenwärtigen Stand der Ermit- telungen auf dem Gebiet des schlesischen Heidenthums. 1. Theil: Zur Kenntniss der Fundstätten von heidnischen Alterthümern in Schlesien.

4. Bericht des Vereins für das Museum schlesischer Alterthümer. 4. Bresiau 1866.

265. Virchow, Prof. Rud., Schivelbeiner Alterthümer.

Baltische Studien, 21. Jahrgang, 1. Heft. Stettin 1866. 8.

266. Rougemond, F. de, läge du bronze ou les sdmites en occident, materiaux pour servir l’histoire de la haute antiquite. 8. Paris 1866. Didier. 7 fr.

267. Engelhardt, C., Denmark in the early iron age: illustrated by recent discoveries in the peat mosses of Slesvig. 4. (33 plates.) London 1866. Williams & Norgate. 31 s. 6 d.

268. Rösler, E.R., Däcier und Romänen. Eine geschichtliche Studie- Lex. 8. (84 S.) Wien 1866. Gerold in Comm. 12 Ngr. Aus den Sitzungsberichten der Akademie. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 43.

269. Haas, H., Urzustände Alemanniens, Schwabens und ihrer Nachbar- länder, bei ihrem Ubergang zur ältesten Geschichte Germaniens. gr. 8 (XL, 147 S.) Erlangen 1865. Deichert. %, Rthir.

Vgl. Blätter für literar. Unterhaltung 1866, Nr. 24.

270. Beschreibung der deutschen Gaue. Herausgegeben durch den Gesammtverein der deutschen Geschichts-- und Alterthums-Vereine. 2. Band. A.u.d. T.: Beschreibung des Hessengaues von G. Landau. 2. Ausgabe. 8. Halle 1866. Barthel. 1 Rthir.

271. Die Urbevölkerung der britischen Inseln. Das Ausland 1866, Nr. 6.

272. Nilsson, $., Die Ureinwohner des scandinavischen Nordens. Ein Versuch in der comparativen Ethnographie und ein Beitrag zur Entwickelungs- geschichte des Menschengeschlechtes. Aus dem Schwedischen übersetzt. I. Das Bronzealter. Nachtrag. 2. Heft. Mit 19 Abbildungen. gr. 8. (HI, $. 65—120.) Hamburg 1866. Meißner. 17 Ngr. (Das Ganze 2 Rthlr. 4 Ngr.)

Vgl. Heidelberger Jahrbücher 1866, Nr. 48; Augsburger Postzeitung Nr. 300.

273. Tacitus Germania, für den Schulgebrauch an Gymnasien commen- tirt vom Gymn. Lehrer Weltpriester J. A. Tschofen. Mit einer Vorrede über die Wohnsitze der alten Deutschen nebst Text und (lith.) Kart. gr. 8. (112 5) Triest 1865 (Wien, Gerold). 1 Rthl. 14 Ngr.

274. Huth, Joh. Ferd., Cornelii Taciti de origine situ moribus ac po- pulis Germaniae liber suethice redditus et annotationibus illustratus. Dissertatio academica. gr. 8. (30 5.) Stockholm 1866. Samson u. Wallin in Comm. 6 Ngr.

275. Baumstark, Noch einmal über das Romanhafte in der Germania des Tacitus.

Eos, herausgegeben von Urlichs, Stark, v. Jan. 2. Jahrgang, 4. Heft.

276. Die Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit. Nach den in öffent- lichen und Privatsammlungen befindlichen Originalien zusammengestellt und her- ausgegeben von dem römisch-germanischen Centralmuseum in Mainz durch dessen Conservator L. Lindenschmit. 2. Band, 2. und 3. Heft. gr. 4. (12 Steintaf. und 20 Bl. Erklärungen.) Mainz 1866, v. Zabern. °/, Rthlr.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 347

277. Aretin, C. M. Freiherr v., Alterthümer und Kunstdenkmale des bayerischen Herrscherhauses. Herausgegeben auf Befehl Sr. Maj. des -Königs Maximilian II, fortgesetzt auf Befehl Sr. Maj. des Königs Ludwig II. ὃ. Lie- ferung. Imp. Fol. (10 S. mit 6 Steintaf.) München 1865. Literar. artist. Anstalt in Comm. 12 Rthlr.

278. Scherr, Johannes, Deutsche Kultur- und Sittengeschichte. 3. Auf- lage. gr. 8. (XVI, 599 5.) Leipzig 1866. O. Wigand. 2 Rthir.

Vgl. Reform 1866, Nr. 163; Breslauer Zeitung Nr. 572; National-Zeitung Nr. 579; Hamburger Nachrichten 1866, Nr. 261; ; Zeitung für Norddeutschland 5508; Aachener Zeitung Nr. 317.

279. Freytag, Gustav, Bilder aus der deutschen Vergangenheit. 5. verm. Aufl. 1. Band. Aus dem Mittelalter. gr. 8. (VI, 360 5.) Leipzig 1867, Hirzel. 2'/, Rthlr.

Vgl. Deutsches Museum 1866, Nr. 49; London Review, Supplem. 340; Wissen- schaft!. Beilage der Leipziger Zeitung 1867, "Nr. 1 etc.

280. Gesellschaftliche Zustände im Mittelalter.

Das Ausland 1866, Nr. 45.

281. Bischof, Hermann, Der Frauen-Kultus des Mittelalters.

Deutsches Museum 1866, Nr. 43.

282. Essenwein, A., Über einige mittelalterliche Elfenbeinschnitzwerke und besonders über ein Spiegelgehäuse im Cistercienserstifte Reun in Steiermark.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Sp. 201] - 206. Mit Abbildung einer Minneburg.

283. Freybe, A., Züge germanischer Sitte und Gesinnung. 1. Theil. 4. Parchim 1866.

Gymnasial-Programm.

284. Osterwald, Gymnas. Director Prof. Karl Wilhelm , Die deutsche Treue. Festrede zur Feier des Geburtstags Sr. Maj. des Königs Wilhelm von Preußen in der Aula des Gymnasiums zu Mühlhausen in Thüringen am 22. März 1866 gehalten. 8. (32 S.) Mühlhausen 1866. Heinrichshofen. '/, Rthlr.

285. Die Plackerei in einem Zeitbilde aus dem Anfang des XIV. Jhdts.

Bayerische Zeitung 1866, Morgenbl. Nr. 141 fg.

286. Lau, Thadd., Bilder aus dem deutschen Mittelalter. 12. Der deutsche Ritter.

Das illustrirte Buch der Welt 1866, Nr. 5.

287. San-Marte (A. Schulz), Zur Waffenkunde des älteren deutschen Mittelalters. Mit 13 Abbildungen aus Handschriften zur Parecivaldichtung her- ausgegeben. gr. 8. (XVI, 354 5.) Quedlinburg und Leipzig 1867. Basse. 2”/, Rthlr.

. ἃ. Titel: Bibliothek der gesammten deutschen National-Literatur. Äbth. I, Band ἣν

288. Baron, C. M., Geschichte der Turnkunst von der ältesten Zeit bis auf unsere Tage. 8. Chemnitz, G. Ernesti in Comm.

Enthält auch einen Abschnitt: Ritterstand und Turniere, Fechter und Ballschläger . des Mittelalters, Volksfeste und Volksspiele.

289. Meyer, W. L., Die leiblichen Leistungen der Ritter im Mittelalter.

Deutsche Turnzeitung 1866, Nr. 21.

290. Wassmannsdorff, Die Leibesübungen der deutschen Ritter im

Mittelalter. Neue Jahrbücher für die Turnkunst, 13. Band (1866), 4. 5. Heft,

348 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

291. Wassmannsdorff, K., Das „Messerwerfen“ in deutscher Vorzeit.

Deutsche Turnzeitung 1866, Nr. 41.

292. Wassmannsdorff, K., Das „Kleid-Springen“ und das „Gürtel- springen“ früherer Zeiten.

Deutsche Turnzeitung 1866, Nr. 36.

293. Nordische Schachfiguren des 12. Jahrhunderts,

Ilustrirte Zeitung Nr. 1175.

294. Liebrecht, Felix, Gernde Leute in Schweden.

Pfeiffers Germania 11, 77 fg. Notiz aus dem Jahre 1307.

295. Schultze, Rudolf, Geschichte des Weins und der Trinkgelage. Ein Beitrag zur allgemeinen Kultur- und Sittengeschichte nach den besten Quellen bearbeitet und populär dargestellt für das deutsche Volk. 8. (XXVI, 235 5.) Berlin 1867. Nicolai. 1, Rthlr.

Vgl. Breslauer Zeitung 1867, Nr. 16.

296. Waldbrühl, W.v., Die ältesten deutschen Trinkgefäße.

Illustrirte Monatshefte 1866, Nr. 27 (123).

297. Birlinger, Dr. Anton, Wie man im pfalzneuburgischen Hause Lau- ingen Hochzeit hielt. Culturgeschichtliches Bild.

Bayerische Zeitung 1866, Morgenbl. 172 fl.

298. Laurent, J., Stadtbibliothekar und Archivar, Aachener Stadtrech- nungen aus dem XIV. Jahrhundert, nach den Stadtarchiv - Urkunden mit Ein- leitung, Registern und Glossar herausgegeben. gr. 8. (VI, 455 5.) Aachen 1866, Kaatzer. 1'/, Rthlr.

Vgl. Literar. Handweiser 47; Kölnische Zeitung 1866, Nr. 190.

299. Archäologische Notizen. 1. Tabernakel. 2. Katafalk. 3. Haar- kämme. 4. Primicerius.

Kirchenschmuck. Ein Archiv für kirchliche Kunstschöpfungen. 20. Band. Stutt- gart 1866.

300. Zur Sprache und Sitte der Kirche. 1. Das Kirchenbrot. 2. Vom Bartuche. 3. Brote und Bräzeln auf den Gräbern.

Kirchenschmuck. Ein Archiv etc. 19. Band, 1. Hälfte. Stuttgart 1866.

301. Zur Sprache und Sitte der Kirche. 1. Der Hellegräfe an Kir- chen. 2. Erde als letzte Wegzehrung. 3. Das Glücksrad an Kirchen.

Kirchenschmuck. Ein Archiv etc. 20. Band. Stuttgart 18,6. ᾿

302. Wright, Th., Histoire de la carricature et du grotesque dans la litterature et dans l’art. Traduite, avec l’approbation de l’auteur, par O. Sachot, editee par A. Pichot. Paris.

303. Krühne, Wilhelm, Spottpoesie und Carricatur im Mittelalter.

Illustrirte deutsche Monatshefte (1866), Nr. 24 (120).

304. Buma, W. W., Mededeeling omtrent den oorsprong en de betee-

kenis van de benaming het Moordjaar, voor het 63° levensjaar. De vrije Fries. 11. Deel. Leeuwarden 1865.

305. Muther, Theodor, Aus dem Universitäts- und Gelehrtenleben im Zeitalter der Reformation. Vorträge. 8. (XII, 499 3.) Erlangen 1866. Deichert. 2 Rthlr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 26; Allgem. Literatur-Zeitung Nr. 46; Altpreuß. Monatschrift 1866, Nr. 7.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 349

306. Aus der Geschichte der deutschen Hochschulen. 1. Die Univer- sıtät des Mittelalters.

Die Grenzboten 1866, Nr. 12.

307. Deutsche Studenten in alter Zeit.

Die Grenzboten 1866, Nr. 19—22; enthält u. a. folgende Abschnitte: Der fah- rende Schüler, der Hosen- und Saufteufel, der älteste Trinkcomment.

308. Janicke, Karl, Über Magdeburgische Häusernamen. Ein Vortrag.

gr. 8. (20 8.) Magdeburg 1866. Baensch. 4 Ngr. Vgl. Volksblatt für Stadt und Land 1866, Nr. 94.

309. Häuserinschriften.

Volkblatt für Stadt und Land 1866, Nr. 78.

310. Deutsche Inschriften an Haus und Geräth.

Illustrirtes Familien-Journal 1866, Nr, 36.

311. Lübke, Wilhelm, Über die alten Glasgemälde der Schweiz. Ein Versuch. 8. (58 3.) Zürich 1866. Schlabitz. 12 Ngr.

Ein Vortrag. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 35.

312. Zur Geschichte der Glasmalerei.

Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitung 1866, Nr. 65.

313. Ein Teppich mit Darstellungen aus der Geschichte Tristans und

Isoldens, von Dr. A. v. Eye.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Sp. 14—21. Mit Abbildung. Ein Teppich des 14. Jahrhunderts aus dem Dom zu Erfurt, mit mitteldeutschen Um- schriften: hie hebit sich dye materie vom Tristram unde von der schon Ysalden, he ersleit he den worm, hie brengit der rote ritter daz hobt vor den kung u. 56, w. Offenbar auf Eilhart, nicht auf Gottfried beruhend. Vgl. Germania 12.

314. Cassel, Paulus, Ulbandaus (das Kameel). 8. Berlin 1866. Cal- vary. 8 Ngr.

315. Laband, Professor Dr. P., Die Entwicklung des Handwerker- standes in den deutschen Städten im Mittelalter.

Deutsche Vierteljahrsschrift 1866, Nr. 114.

316. Die Buchdruckerkunst in ihrer welthistorischen Bedeutung von den Tagen der Erfindung bis zur Gegenwart.

Die Biene 1866, Nr. 6 fi.

317. Schultz, A., Urkundliche Geschichte der Breslauer Maler-Innung in den Jahren 1345— 1523. gr. 8. (III, 223 8.) Breslau 1866. Kem. 1" Rthir.

318. Mittelalterliche Eisenarbeiten in der Steiermark. (Mit 5 Holkz- schnitten.)

Mittheilangen der k. k. CentralCommission zur Erforsehung und Erhaltung der Baudenkmäler, 11. Jahrgang, Wien 1366.

319. Chaffers, Will., Glass: its manufacture and examples. Part 1Π- Saxon, arabic, persian, and eariy venetian glass.

The Art-Joursal Nr. L, 8. 57.

820. Weiss, H, Kostümkunde (IIL Abschnitt), Handbuch der Geschichte der Tracht und des Geräthes vom 14. Jahrhundert bis auf die Gegenwart. Mit Illustrationen. 1. Lieferung. gr. 8. (128 8.) Stuttgart 1866. Ebner u. Seubert. 24 Ngr.

Vgl. Bovellenzeitung 1:67, Br. 7.

350 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

321. Müller, Venanz, Über Schmuck und Kleiderluxus der Deutschen

Kulturgeschichtliche Skizze. Bayerische Zeitung 1866, Morgenblatt 217 ff.

322. Andreä, Wilhelm, Die Kleidertrachten.

Illustrirtes Familien-Journal 1866, Nr. 34 ἔν.

323. Zober, E., Stralsunder Kleider- und Hochzeitsordnung vom Jahre 1570. Mitgetheilt.

Baltische Studien, 21. Jahrgang, 1. Heft. Stettin 1866.

324. Zur Geschichte des Mantele.

Kirchenschmuck. Ein Archiv für kirchliche Kunstschöpfungen, 19. Band ). Hälfte, Stuttg. 1866.

325. Grebel, Fr., Über den Gebrauch der Ringe, Brautringe, Brautkränze.

Hausblätter 1866. 6. Heft, S. 474.

326. Ancient brooches and dress fastenings. In three chapters. With illustrations by the author (F. W. Fairholt).

The Art-Journal L, S. 46 ff.

X. Kunst.

327. Förster, Ernst, Denkmale deutscher Baukunst, Bildnerei und Ma- lerei von Einführung des Christenthums bis auf die neueste Zeit. 241.— 258. Lieferung. Leipzig 1866, T. O. Weigel. ἦς, Rthlr.

828. Lübke, Dr. Wilh., Vorschule zum Studium der kirchlichen Kunst des deutschen Mittelalters. 5. umgearb. Auflage. Mit 170 Illustrat. 8. (X, 212 S.) Leipzig 1866. Seemann. 1 Rthir. 18 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 23; zum theologischen Literaturblatt Nr. 89; Grenzboten Nr. 46.

329. Bock, Dr. Franz, Album mittelalterlicher Ornament-Stickerei und Zierde für Kirche und Haus, in Autographien nach ältern uud neuern Muster- vorlagen, mit erklär. techn. Anweisungen herausgegeben. 1. Heft. Fol. (5 Steintaf. und Text VI, und 20 8.) Aachen 1866. Hensen. 1'/, Rthlr.

330. Otte, Heinrich, Geschichte der deutschen Baukunst von der Römer- zeit bis zur Gegenwart. Mit zahlreichen Holzschn. und anderen Abbildungen. 3. Lieferung. Lex. 8. (8. 297—472). Leipzig 1865. T. O. Weigel. 1, Rthlr.

Vgl. Literar, Centralbl. 1866, Nr. 27. Das ganze Werk kostet 3%/, Bthir.

331. Baudenkmäler, mittelalterliche, in Kurhessen. Herausgegeben von dem Verein für hessische Geschichte und Landeskunde. 4. Lieferung. Fol. (IV, 10 8. mit eingedr. Holzschn. und 4 Steintaf.) Kassel 1866. Freyschmidt in Comm. 2%, Rthir.

332. Mithoff, H. W.H., Mittelalterliche Künstler und Werkmeister Nie- dersachsens und Westfalens lexicalisch dargestellt. gr. 8. Hannover 1866. Hel- wing. 1, Rthlr.

833. Kugler, Franz, Handbuch der Geschichte der Malerei seit Con- stantin dem Großen. 3. Auflage. Nach der von Dr. Jac. Burkhardt besorgten 2. Auflage neu bearbeitet und vermehrt von Hugo Freih. von Blomberg. (3 Bde.) 1. Band, 1. Hälfte. gr. 8. (XII, 224 8.) Leipzig 1867. Duncker u. Humblot. 1 Rthir. 4 Ngr.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 351

334. Sighart, Dr. J., Maler und Malereien des Mittelalters im Salz- burger Lande. Mit Holzschnitten. ͵

Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, 11. Jahrgaug, Wien 1866.

835. Tiroler Malereien in Freising.

Mittheilungen der k. k. Central-Commission etc. 11. Jahrgang, Wien 1866.

336. Müller, H. A., Die Bilderhandschriften des Mittelalters in den Bi- bliotheken der Stadt und der Hauptschule zu Bremen. Serapeum 1866, Intelligenzblatt 19—23.

337. Eye, A. v., Zur Miniaturmalerei des 14. Jahrhunderts. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Sp. 132—137.

338. Höfling, B., und Prof. Dr. Merkel, Initialen des Mittelalters, Eine Sammlung von Mustern verschiedener Stylarten aus den Bibliotheken zu Fulda, Bonn, Paderborn, Kloster-Altenberg, Düsseldorf, aus Privatsammlungen zu Cöln und anderen vorzüglichen Quellen. 2—6. (Schluß-) Heft. (26 Steintafeln.) Düsseldorf 1866. Spaarmann. !, Rthlr.

339. Ettmüller, L., Die Frescobilder zu Konstanz. gr. 4. (22 8. und 6 lithogr. Tafeln.) Zürich 1866. Höhr in Comm. 27 Ngr.

Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. 15. Band, 6. Heft. Es sind Bilder in einem Hause zu Constanz aus dem 14. Jahrhundert; sehr anziehend und belehrend. 2] Gemälde haben sich erhalten. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 25.

340. Lübke, Wilh., Ein Todtentanz in Badenweiler.

Allgemeine Zeitung 1866, Beilage 265. 266. Aus der ersten Hälfte des 14. Jahr- hunderts, also von höchstem Interesse. Es sind die drei Lebenden und die drei Todten (drei Gerippe und 3 Könige). Das erste Gespenst:

(Was) erschrik du ab mir? .. Der (l. das) wir sint das werdent ir. 2. Es vervahlet m)ich als klein,

die wurme nag(ent m)in bein. 3... 2. das rat ich dir wul,

die welt ist aller bssheit (vol).

Der erste König spricht: Hilf got von himelrich, wie sint ir uns so ungelich !

341. Scriptorum de musica medii aevi novam seriem a Gerbertina

alteram collegit nuncque primum edidit E. de Coussemaker etc. Tomus Il. fasc. 1. 4. Paris 1866, Durand. 8 fr.

XH. Rechtsgeschichte und Rechtsalterthümer.

342. Meibom, Prof. Dr. Viktor v., Das deutsche Pfandrecht. gr. 8. (XI, 468 5.) Marburg 1866. Elwert. 2 Rthlr.

343. Arnold, Betrachtungen eines Germanisten über die Einführung des römischen Rechtes in Deutschland.

Deutsche Gerichts-Zeitung 1866, N. F. I. Band, 1. Heft.

344. Kaiser, W., Das altdeutsche Gerichtsverfahren.

Sonntagsblatt herausgeg. von Spielhagen 1866, Nr. 34.

345. Bar, L. v., Das Beweisurtheil des germanischen Processes. Ein Bei- trag zur Geschichte und Kritik des deutschen Processes und des deutschen Rechts. gr. 8. (XVI, 286 8.) Hannover 1866. Hahn. 1°, Rthlr.

Vgl. Götting. Gel. Anzeigen 1866, 8. 61—77 (Selbstanzeige); Nordsee-Zeitung Nr. 17; Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitung Nr. 24. Namentlich eingehend ist das schwierige Capitel der gewere behandelt (S. 163-—228),

359 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

346. Brunner, Dr. H., Zeugen- und Inquisitionebeweis der karolingischen Zeit. 8. (165 8.) Wien 1866. Gerold in Comm. 26 Ngr.

Aus den Sitzungsberichten der Wiener Akademie. Die Schrift gibt manchen neuen Aufschluß, namentlich über das Processverfahren der karolingischen Zeit. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 46.

347. Siegel, H., Die Gefahr vor Gericht und im Rechtsgang dargestellt. Lex. 8. (49 8.) Wien 1866. Gerold in Comm. Y, Rthlr.

Aus den Bitzungsberichten der Wiener Akademie.

348. Eschenburg, G., De delicto manifesto jure saxonico. Dissertatio inauguralis. gr. 8. (69 8.) Berlin 1866 (Bonn, Cohen u. Sohn). "ἦς Rthlr.

349. Hefele, Prof. v., Die Mißbilligung der zweiten Ehe im Mittelalter. Sittengeschichtliches aus dem 14. Jahrhundert.

Chilianeum 1866, Nr. 1.

350. Schröder, Richard, Die rechtliche Natur der Lehnsfolge im lango- bardischen Lehnrecht.

Zeitschrift für Rechtsgeschichte 5. Band, 2. Heft.

351. Samson, H., De personarum et judiciorum ordine ex speculo sa- xonico cum eo, qui saeculo XIII. per Guestphaliam vigebat, comparando. Dis- sertatio inauguralis. gr. 8. (80 3.) Berlin 1866. Calvary in Comm. ᾿ς Rthlr.

352. Schröder, Richard, Beiträge zur Kunde des deutschen Rechts aus

deutschen Dichtern.

Zeitschrift für deutsches Alterthıum 13, 139—175. Behandelt u. a. den Rechts- streit im Schwanritter, eine Stelle im Crane 2075 ff., ferner Nibel. 117, 4 Lachm.; den Lohengrin. Mit einem Anhang: Zur Geschichte vom Recht des Besitzes in Deutsch- land (8. 16] --- 175). Vgl. Literar. Centralbl. 1867, Nr. 8.

353. Deuring, Peter v., Beiträge zur bayerischen Rechtsgeschichte nach dem Stift- und Saalbuch über die Hofmark Ponbruck.

Verhandlungen des historischen Vereines für Niederbayern, 12. Band, 1. Heft.

354. Steffenhagen, Emil, Aus Altpreußens Rechtsgeschichte. III. Der Kulmer Oberhof. IV. Lübische Rechtsanweisungen.

Altpreußische Monatsschrift 1866, 3. Heft.

355. Schmidt, Oswald, Das Verfahren vor dem Manngerichte in bürger- lichen Rechtsstreitigkeiten zur Zeit der bischöflichen und Ordensherrschaft. In- augural-Dissertation. 8. (89 S.) Dorpat 1865. Gläser. 24 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 52.

356. Rochholz, E. L., Die Hausthüre im Rechtsfrieden. Nach altdeutschen Quellen. Argovia, 4. Band, Aarau 1866. 8.

357. Die Hausthüre im Rechtsfrieden.

Bayerische Zeitung 1866, Morgenbl. 292. 293.

858. Lambert, Dr. E. M., Das hallische Patriciat. Ein Beitrag zur Ge- schichte der deutschen Städteverfassungen des Mittelalters, eingeleitet durch ein offenes Sendschreiben an Herrn Prof. Laband über Altfreiheit, Unfreiheit und Ministerialität. 8. (XXVI, 101 5.) Halle 1866. Buchh. des Waisenhauses. '/, Rthir.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 51.

359. Walter, Ferdinand, Das alte Erzstift und die Reichsstadt Cöln, ihre geistliche und weltliche Verfassung und ihr Recht. 1. Buch. gr. 8. (XI,

422 S.) Bonn 1866. Marcus. 2'\/, Rthlr. Auch u. d. Titel: Das alte Erzstift und die Reichsstadt Cöln, Entwicklung ihrer

Verfassung vom 15. Jahrh. bis zu ihrem Untergang.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 353

360. Maurer, G. L. v., Geschichte der Dorfverfassung in Deutschland. 1. u. 2. Band. gr. 8. (XI, 378 und X, 496 9.) Erlangen 1865--66. Enke. 4 Rthir. 24 Ngr.

Vgl. Literar, Centralbl. 1866, Nr. 37; Allgem. Zeitung, Beilage 363 fg.; Wester- manns Monathefte 1867. Nr. 1.

361. Die altdeutschen Gehöferschaften oder der frühere „Communis- mus“ im Grundbesitze.

Deutsche Gemeinde-Zeitung 1866, Nr. 40.

362. Gfrörer, Prof. Aug. Fr., Zur Geschichte deutscher Volksrechte im Mittelalter. Nach dem Tode des Verf. herausgegeben vom Prof. Dr. J.B. Weiß. 2. Band. gr. 8. (IX, 392 3.) Schaffhausen 1866. Hurter. 2 Rthir. 24 Ngr.

Vgl. Heidelberger Jahrbücher 1866, Nr. 20; Reusch, theol. Literaturbl. Nr. 16.

363. Lex Frisionum ed. Karolo libero barone Richthofen repetita curis soc. Frisiacae. Acc. recensio baronis B. J. Lintelo de Geer. gr. 8. (L, 195 S.) Leovardiae 1866. Suringar (Haag, Nijhoff). 1 Rthlr.

364. Sohm, Rudolf, Über die Entstehung der lex Ribuaria.

Zeitschrift für Rechtsgeschichte 5 Band, 3. Heft.

365. Gosen, J. v., Das Privatrecht nach dem kleinen Kaiserrechte. gr. 8. (193 S.] Heidelberg 1866. Baßermann. 24 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 40.

366. Rechtsquellen von Basel Stadt und Land. 2. Theil. gr. 8. (VII, 780 83.) Basel 1865. Bahnmaier. 6 Rthlr.

Der erste Theil erschien 1859 (das Ganze 14 Rthir.). Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 41; Götting. Gel. Anzeiger Nr. 1 (Dr. K. Burckhardt); Allgemeine Zeitung, Beilage 116.

367. Rockinger, Dr. Ludwig, Zur äußeren Geschichte der älteren bayerischen Landfrieden. Abhandlungen der Münchener Akademie, histor. Classe. 28. Band, München 1866.

368. Hasenöhrl, Dr. Victor, Über den Charakter und die Entstehungs- zeit des ältesten österreichischen Landrechtes Lex. 8. (43 S.) Wien 1866. Ge- rold in Comm. ἧς Rthir.

Aus dem Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen.

369. Krones, Dr. Fr. X., Deutsche Geschichts- und Rechtsquellen aus Oberungarn. 8. (42 S) Wien 1865. Gerold in Comm. 6 Ngr.

Aus dem Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. Behandelt 1. ein Göllnitzer Stadtbuch aus dem 17. Jahrhundert; 2. ein Rechtsbuch von 1628 in Form

eines Rechtslexicons aus dem Sachsenspiegel u. a. Quellen; 3. Beschreibung einer Schwabenspiegelhandschrift von 1430 in Kaschau. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 52.

370. Laband, Paul, Prof. jur., Jura Prutenorum saec. XIV. condita nunc primum 6 libris manu scriptis edita. 4. (22 5.) Königsberg 1866. Koch. 4, Ngr.

Einladungsschrift zur Öffentlichen Vorlesung am 21. Juli 1866.

371. Gengler, Dr. H. G. Ph., Deutsche Stadtrechte des Mittelalters, theils verzeichnet , theils vollständig oder in Probeauszügen mitgetheilt. Neue (Titel-) Ausgabe. gr. 8. (XXVI, 576 5.) Nürnberg 1866 (1852), Korn. 2 Rthlr.

Vgl. Augsburger Postzeitung 1867, Nr. 10.

372. Kürschner, Dr. Franz, Das Stadtrecht von Luditz. Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, V. Jahrg. Nr. 1. Prag 1866. GERMANIA ΧΙ]. 23

354 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

373. Das Landrecht von Burg. Zum erstenmale herausgegeben von G. A. v. Mülverstedt.

Neue Mittheilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen, 11. Bd. Herausgegeben von dem thüring. sächs. Verein etc.

374. Grimm, Jacob, Weisthümer. 5. Theil. Unter Oberleitung von Georg Ludwig v. Maurer herausgegeben von Richard Schröder. gr. 8. (VIII, 764 8.) Göttingen 1866. Dieterich. 4 Rthir.

375. Siegel, Bericht der Weisthümer-Commission. Lex. 8. Wien 1866. Gerold in Comm. 2 Ngr.

Aus dem 50. Bande der Sitzungsberichte, phil. histor. Classe,

376. Pfeiffer, Franz, Reisebericht über die in Salzburg und Tirol an- gestellten Weisthümer-Forschungen. Lex. 8. (32 S.) Wien 1866. Gerold in Comm. Y, Rthlr.

Aus den Sitzungsberichten der k. Akademie.

377. Kittel, Dr., Über den Grad der Zuverlässigkeit der Weisthümer, nebst zweien dahin einschlagenden Weisthümern.

Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. 19. Band, 1. Heft. Würzburg 1860.

378. Welti, E., 33 Aargauer Offnungen gesammelt und nach erbrecht-

lichem Inhalte bearbeitet. Argovia, 4. Band, Aarau 1866.

ΧΠΙ. Deutsche Literaturgeschichte und Sprachdenkmäler.

379. Koberstein, August, Grundriss zur Geschichte der deutschen Na- tional-Literatur. 4. Auflage. 3. Band, 7. Lieferung. gr. 8. (5. 3115— 3300). Leipzig 1866. Vogel. 18 Ngr.

Der Schluß des ganzen Werkes, welches complet 10 Rthlr. 24 Ngr. kostet.

380. Vilmar, A. F. C., Geschichte der deutschen National-Literatur. 11. vermehrte Auflage. gr. 8. (XII, 626 $.) Marburg 1866. Elwert. 2 Rthir.

Vgl. Literar. Handweiser 47.

381. Labes, Dr. Eugen, Charakterbilder der deutschen Literatur nach Vilmars Literaturgeschichte geordnet mit Rücksicht auf die neueste Auflage der Handbücher von Schaefer und Werner Hahn. Ein Buch für Gebildete so wie zum Schulgebrauch für Töchterschulen, Gymnasien, höhere Bürger- und Real- schulen und Privat-Institute. gr. 8. (X, 272 5.) Jena 1866. Hermsdorf und Hof- feld. 20 Ngr.

382. Ettmülller, Ludwig, Herbstabende und Winternächte. Gespräche über deutsche Dichtungen und Dichter. 2. Band. Erzählende Dichtungen de 13.—16. Jahrhunderts, gr. 8. (584 5.) Stuttgart 1866. Cotta. 3 Rthlr.

Vgl. Unsere Tage Nr. 91; London Review Nr, 321; Literar. Handweiser Nr. 52; über Land und Meer 17. Band, 1. Heft.

383. Uhlands Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage. 2. und

ὃ. Band (XI, 592 und XI, 549 S.) Stuttgart 1866. Cotta. ΠΑ Rthlr. Der zweite Band enthält den Schluß der Vorlesungen über Geschichte der deut: schen Poesie im Mittelalter, so wie die Geschichte der deutschen Dichtkunst im 15. und 16. Jahrhundert; der dritte die Abhandlung über das Volkslied. Vgl. Germania Il, 459—467 (Bartsch, über den 1. Band); Götting. Gel. Anzeigen 1866, Nr.41, 1867, Nr.5; Blätter für literar. Unterhalt. 1867, Nr. 7; Deutsch. Museum 1866, Nr. 47; Allgen. Zeitung, Beilage, 324 fg.; Wiener Zeitung Nr. 210; Magazin für die Literatur des Au- landes Nr. 13: Über das Wesen der Volkspoesie ; Augsburger Postzeitung 1867, Nr. 40.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 355

384. Schäfer, J. W., Grundriss der Geschichte der deutschen Literatur. 10. Auflage. gr. 8. (VII, 204 S.) Bremen 1866. Geisler. 12Y, Ngr

Vgl. Cornelia VD, 2; Allgem. Schulzeitung 1867 Nr. 7; Novellenzeitung Nr. 9; Heidelb. Jahrbücher 1866, Nr. 60; Europa 1867, Nr. 9.

385. Lindemann, W., Geschichte der deutschen Literatur. 2.—5. (Schluß-) Lieferung. gr. 8. (VO, S. 145—715). Freiberg 1866. Herder. 12 Ngr. j

Vgl. Allgem. Literatur-Zeitung 1866, Nr. 43; Literar. Handweiser Nr. 47; Neue evang. Kirchenzeitung Nr. 45; Katholik Nr. 12; Schles. Kirchenblatt Nr. 29; Augsburg, Postzeitung Nr. 80.

386. Seinecke, F., Lehrbuch der Geschichte der deutschen Nationallite- ratur. gr. 8. (VII, 276 4) Hannover 1866. Schmorl u. v. Seefeld. 27 Ngr.

Vgl. Westermanns Monatshefte, Decemb. 1866; Grenzboten Nr. 51; Europa 1867, Nr. 9.

387. Hahn, Werner, Geschichte der poetischen Literatur der Deutschen. 3. verm. und verbess. Auflage. gr. 8. (VIII, 335 S.) Berlin 1867, Hertz. 1',, Rthlr.

888. Eichendorff, Jos. Freih. v., Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands. 3. Auflage. 2 Theile. gr. 16. (540 3.) Paderborn 1866. Schö- ningh. 24 Ngr

Auch u. δ. Titel: Eichendorffs vermischte Schriften 1. und 2, Band, Vgl, Allgem, Literatur-Zeitung 1866, Nr. 38,

389. Hamberger, Dr. Jul., Grundriss der Geschichte der deutschen Literatur zum Gebrauche in höheren Unterrichtsanstalten. 2. Auflage. Bearbeitet von Dr. Fr. Beck. 8. (179 8.) München 1866. Finsterlin. 18 Ngr.

390. Dietlein, W., Leitfaden zur deutschen Literaturgeschichte. Mit Berücksichtigung der poetischen Gattungen und Formen für höhere Töchter- und Bürgerschulen herausgegeben. 3. Aufl. gr. 8. (VIII, 136 S.) Quedlinburg 1866. Franke. Y, Rthlr.

391. Reuter, W., Literaturkunde enthaltend Abriss der Poetik und Ge- schichte der deutschen Poesie. Für höhere Lehranstalten , Töchterschulen und zum Selbstunterrichte bearbeitet. 2. Aufl., umgearbeitet und erweitert. gr. 8. (IX, 136 85.) Freiburg 1866. Herder. 12 Ngr.

Vgl. Musik- und Literaturblatt 1866, Nr. 7.

392. Möbius, Direktor Dr. Paul, Katechismus der deutschen Literatur- geschichte. 3. verb. Aufl, 8. (VIII, 219 5.) Leipzig 1866. Weber. 12", Ngr.

Auch u. d. T.: Webers illustrirte Katechismen. Nr. 19. Vgl. Europa 1866, Nr. 16.

393. Taine, H., Histoire de la litterature anglaise. 2. edition. 8. Paris 1866. Hachette.

394. Dietrichsen, L., Omrids af den norske Poesies Historie. I. Norges Bidrag til Fälles-literaturen. 8. (232 S.) 1866. 1 Rd. 40 sk.

395. Grimm, Jacob, Kleine Schriften. 3. Band: Abhandlungen zur Litte- ratur und Grammatik. 8. (V, 428 5. mit 1 Steintafel in 4.) Berlin 1866. Dümmler. 3 Rthlr.

396. Spach, L., Des poetes didactiques allemands du moyen - äge. 12°— 15° siöeles). 8. (31 3.) Strasbourg 1866.

397. Rost, Rudolf, Der deutsche Meistergesang.

Deutsches Museum 1866, Nr. 38.

398. D’Elvert, Über Literaten und Meistersänger in Böhmen.

Mittheilungen der k. k. Mährisch-Schlesischen Gesellschaft in Brünn 1865.

23”

Ν

356 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

399. Koch, E. E., Geschichte des Kirchenlieds und Kirchengesangs der christlichen, insbesondere der deutschen evangelischen Kirche. 3. Auflage. 1. Bd. 1. Heft. gr. 8. (VII, 272 S.) Stuttgart 1866: Belser. 9 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 46.

400. Wackernagel, Philipp, Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts. 15.—18. Lieferung. Lex. 8. (2. Band, S. 625—1056). Leipzig 1866. Teubner. ἦς Rthlr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 47,Sp. 1212—14; Hauck, Jahresbericht Nr. 1, S. 131.

401. Schletterer, H. M., Übersichtliche Darstellung der Geschichte der kirchlichen Dichtung und geistlichen Musik. 8. (VII, 323 8.) Nördlingen 1866. Beck. 1 Rthir. 5 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866. Nr. 45.

402. Geschichte des evangelischen Kirchenliedes für Schule und Haus. Bevorwortet von Dr. m Zimmermann. Neue Ausgabe. 8. (XVI, 164 S.) Halle 1865. Fricke. 71, N |

In Bezug auf die δ. altdentsche Poesie finden sich grobe Verstösse. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 39. |

403. Über das ältere deutsche Kirchenlied. Aus dem Nachlasse Wilh. Arthur Passows. I. II. . !

Deutscher Museum 1866, Nr. 42. 43.

404. Willms, ὟΝ. J., Beispiele vom Stabreim aus der altfriesischen Sprache. Deutscher Sprachwart von M. Moltke, 1866, Nr. 17. |

405. Pfeiffer, Franz, Über die Betonung viersilbiger Wörter im Mittel- hoehdeutschen. Pfeiffers Germania 11, 445 449.

406. Pfeiffer, Franz, Altdeutsches Übungsbuch zum Gebrauch an Hoch- schulen. gr. 8. (VIII, 206 S.) Wien 1866. Braumüller. 1 Rthlr.

Vgl. Literar. Centralbl. 1866. Nr. 16; Jahrbücher für Philol. und Pädagogik 1866, 5, 239—241 (K. Bartsch); Allgemeine Zeitung Beilage 103 (Reinh. Bechstein); Allgeın. Literatur-Zeitung Nr. 46.

407. Schädel, Rector Dr. Karl, und Conrector Dr. Friedr. Kohlrausch, Mittelhochdeutsches Elementarbuch. 2. verm. und verbess. Auflage. gr. 12. (X, 456 8.) Hannover 1866. Hahn. 24 Ngr.

408. Englmann, Gymn. Prof. Lorenz, Mittelhochdeutsches Lesebuch mit Anmerkungen. Grammatik und Wörterbuch. 2. neubearb. Auflage. gr. 8. (W, 294 S.) München 1866. Lindauer. 1 Rthir. 2 Ngr.

Vgl, Allgem. Literatur-Zeitung 1867, Nr. 6..

409. Pütz, Prof. Wilh., Altdeutsches Lesebuch mit Sprach- und Sach- Erklärungen für höhere Lehranstalten und zum Selbstunterricht. 3. verb. Auflage. 8. Coblenz 1866. Bädeker. 12 Ngr.

410. Pütz, Prof. Wilhelm, Mittelhochdeutsches Lesebuch mit Sprach- und Sach-Erklärungen für höhere Lehranstalten und zum Selbstgebrauch. 8, Coblenz 1866. Bädeker. !/, Rthir.

411. Bartsch, Karl, Chrestomathie de l’ancien frangais (VIII— XV’ sitcles).

Accompagnee ἀπ grammaire et d’un glossaire. Lex. 8. (VII, 677 8.) Leipzig 1866. Vogel. 3 Rthir.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 357

Vgl. Literar. Centralbl. 1867, Nr. 4 (Mussafia); Revue critique Nr. 21 (P. Meyer).

Ich führe das Buch hier an wegen der darin enthaltenen Originale zum Pfaffen Lamprecht. Hartmann, Herbort, Wolfram etc.

A. Gothisch.

412. Tischendorf, Constantin, Die Ulfilas-Fragmente zu Turin.

Allgemeine Zeitung 1866, Beilage 147.

413. Uppström, Α., Zu Ulfila.

Pfeiffers Germania 11, 93—96. Brief an den Herausgeber, mit Angabe der be- deutendsten Resultate seiner Collation der italienischen Fragmente.

414. Dietrich, Franz, Runeninschriften eines gothischen Stammes auf den Wiener Goldgefässen des Banater Fundes.

Pfeiffers Germania 11, 177—209.

B. Althochdeutsch.

415. Dietrich, Franz, Die burgundische Runeninschrift von Charnay.

Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 105—123.

416. Hofmann, C., Erklärung der Nordendorfer Runeninschrift.

Allgemeine Zeitung 1866, Beilage 20. Hofmann liest: Loga thore Voden, vigu Thonar, und erklärt: Flamme hemme Wodan, Kampf Thonar,

417. Kuhn, Nordendorfer Runeninschrift.

Bayerische Zeitung 1866, Morgenblatt Nr. 25.

418. Zarncke, Fr., Über Murpilli.

Abdruck aus den Berichten der phil. histor. Classe der k, sächs. Gesellsch. ἃ, Wissensch. 1865, 8. 191 -- 223.

419. Pfeiffer, Franz, Forschung und Kritik auf dem Gebiete des deut- schen Alterthums. II. Lex. 8. (87 S.) Wien 1866. Gerold in Comm.

Aus dem 52. Bande der Sitzungsberichte der phil. hist. Classe der k. Akad. d. Wissensch., S.3. ff. Vgl. Allgem. Zeitung 1266, Beilage 151; Blätter für literar. Unter- haltung Nr. 41. Enthält den neuen Lorscher Bieuensegen, Wiederabdrücke der Regens- burger (unter Benutzung einer neuen Hs.) und der Fuldaer Beichte nach der Hs. in Göttingen) und eine Abhandlung über das Wiener Schlummerlied.

420. Richter, Albert, Ein deutsches Schlummerlied aus dem 10. Jahr- hundert.

Deutsches Museum 1866, Nr. 33.

421. Holtzmann, Adolf, Althochdeutsche Glossare und Glossen.

Pfeiffers Germania 11, 39—69.

422. Fränkische Glosse zu den Evangelien.

Zeitschrift für deutsches Alterthum 18, 192. Aus dem 9. Jabrhundert.

423. Walz, M. A., Althochdeutsche Glossen.

Pfeiffers Germania 11, 305—310. Aus Salzburg.

424. Scherer, Wilhelm, Leben Willirams Abtes von Ebersberg in Baiern. Beitrag zur Geschichte des 11. Jahrhunderts. Lex. 8. Wien 1866. Gerold in Comm. 16 Ngr.

Aus den Sitzungsberichten der Wiener Akademie. Vgl. Literar. Centralbl. 1867, Nr. 3 (Dümniler); Heidelberg. Jahrbücher 1867, Nr. 3.

425. Diemer, Joseph, Beiträge zur älteren deutschen Sprache und Lite- ratur. XXI. Ezzos Lied von .dem Anegenge aus dem Jahr 1065. XXIII. Anmerkungen zu diesem Liede.

Aus den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der phil. hist, Classe, 52. Band, Wien 1866.

358 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

C. Mittelhochdeutsch.

Büheler.

426. Des Büheler's Königstochter von Frankreich mit Erzählungen ähn- lichen Inhalts verglichen und herausgegeben von Dr. J. F. L. Th. Merzdorf. gr. 8. (VI, 260 S.) Oldenburg 1867. Schulze. 1 Rthlr. 26 Ngr.

Vgl. Literar. Centralbl, 1867, Nr. 2; Heidelberger Jahrbücher 1866, Nr. 48; Ger- mania 12, 109 -- 114.

Burkart von Hohenfels.

427. Bader, Dr., Burghart von Hohenfels der Minnesänger, seine Familie

und Heimat. Badenia, herausgeg. von Dr. J. Bader, 3. Band, Heidelberg 1866.

428. Chroniken, die, der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahr- hundert. 4. Band. Auch u. d. T.: Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg. 1. Band. gr. 8. (L, 424 5.) Leipzig 1865. Hirzel. 2*/, Rthlr.

Vgl. Preußische Jahrbücher 17. Band, 1. Heft; Glasers Jahrbücher 5. Bd., 5. Heft (Pallmann); Literar. Centralbl. 1866, Nr. 32; Allgem. Literatur-Zeitung Nr. 39; Deutsches Museum Nr. 17 fg. (H. Prutz); Wissensch. Beilage d. Leipz. Zeitung Nr. 19.

429. Lexer, M., Dietrich und seine Gesellen. Bruchstück. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 377—381. 4 Papierblätter des 15. Jahr- hunderts aus Freiburg. Eckhart. 430. Preger, W., Kritische Studien zu Meister Eckhart. Zeitschrift für die historische Theologie, herausgeg. von Kahnis, 1866, 4. Heft. Erzählungen. 431. Zacher, J., Bruchstück aus einer Handschrift kleiner deutscher Erzählungen. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 329—335. Aus dem Wachtelmäre, Johanns von Freiberg Rädlein, und einem Gedichte, das Z. Christi Ritterschaft benennt. Eustachius. 432. Roth, Franz, Bruchstücke aus dem Leben des heiligen Eustachius und aus den sieben Schläfern. Pfeiffers Germania 11, 406—411. Pergamentdoppelblatt aus dem Frankfurter Archiv.

Frauenlob.

433. Bamberger, J., Frauenlob. Westermanns Monatshefte 1866, März.

Heinrich vom Türlein.

434. H(aupt,) Zu Heinrich vom Türlein.

Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 321—323. Über den unechten Schluß; vgl. jedoch schon Pfeiffer im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1854, Sp. 30 fl.

Heldenbuch. 435. Heldenbuch, deutsches. 2. Teil. gr. 8. (LX, 338 S.) Berlin 1866, Weidmann. 2°, Rthlr.

Inhalt: Alpharts Tod, Dietrichs Flucht, Rabenschlacht. Vgl. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Nr. 9 (Lexer),

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 359

Hesler, Heinrich.

436. Offenbarung Johannis. Augsburger Bruchstück. Mitgetheilt von Greiff.

Pfeiffers Germania 11, 70-74. Ein Pergamentblatt in 4°, 2, Hälfte des 13. Jahr- hunderts,

Hug von Werbenwag.

437. Staiger, Fr. Xav. Conr., Das schwäbische Donauthal. 2. (Titel-) Auflage. 16. (X, 236 5.) Sigmaringen 1866 (1850), Liehner. ἧς Rthlr. Im dritten Anhang: Der Minnesänger Hug von Werenwag.

Konrad von Würzburg. 438. Spach, L., Les Minnesinger: Conrad de Wurzbourg (1250— 1289).

8. (38 58.) Colmar. Extrait de la Revue d’Alsace.

Kudrun.

439. Haupt, J., Untersuchungen zur deutschen Sage. 1. Bd. Untersuchungen zur Gudrun. 8. (XI, 157 3.) Wien 1866. Gerold in Comm. 1”, Rthlr. Vgl, Allgem. Literatur-Zeitung 1866, Nr, 37; Heidelberg. Jahrbücher 1865, Nr. 3. 4.

Minnesänger. ᾿

440. Minnesänger aus der Zeit der Hohenstaufen. Im 14. Jahrhundert gesammelt von Rüdger Maness von Maneck. Facsimile der Pariser Handschrift von Bernard Carl Mathieu. [Mit Geschichte der Manesseschen Handschrift von F. H. v. d. Hagen.] Fol. Leipzig 1866 (1850). Brockhaus. 10 Rthılr.

441. Haupt, Zu des Minnesangs Frühling. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 924 -- 529,

Neidhart.

442. Haupt, Zu Neidhart von Reuenthal. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 175 -- 182.

Nibelungenlied.

443. Das Nibelungenlied. Herausgegeben von Karl Bartsch. 8. (XXVIIL, 456 8.) Leipzig 1866. Brockhaus. 1 Rthlr.

Deutsche Classiker des Mittelalters. Mit Wort- und Sacherklärungen herausge- geben von Franz Pfeiffer. 3. Band. Vgl. Revue critique 1866, Nr. 38 (G. Paris); Literar. Handweiser Nr. 52; Deutsches Museum 1867, Nr. 1; Allgem, Zeitung 1866, Beilage Nr. 151; Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien Nr. 8.

444. Der Nibelunge Noth und die Klage. Nach der ältesten Über- lieferung herausgegeben von K. Lachmann 5. Abdruck des Textes. 8. (297 8.) Berlin 1866. Reimer. °”, Rthlr.

445. Sechs Bruchstücke einer Nibelungenhandschrift aus der mittel- alterlichen Sammlung von Basel herausgegeben von Wilhelm Wackernagel. 4. (48 S.) Basel 1866.

Vgl. Literar. Centralbl 1866, Nr. 21.

446. Das Nibelungenlied. In Romanzen. Von Ferdinand Naumann. 8. (VI, 315 S.) Leipzig 1866. Brockhaus. 1”, Rthlr.

Freie, sehr verkürzte Bearbeitung. Vgl. Literar. Centralbl. 1865, Nr. 51; Litera- turblatt der ‘Presse Nr. 10; Dichtergarten Nr. 41.

960 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

447. Erhardt, Grammatikalien zum Verständniss des Nibelungen-Liedes. 8. (56 S.) Ellwangen 1866 (Tübingen, Fues’ Sort.) 9 Ngr.

448. Lehmann, A., Sprachliche Studien über das Nibelungenlied. Deutscher Sprachwart von M. Moltke 1866, Nr. 1—12.

449. Schn(ellen), E., Der Ursprung der Nibelungensage. Dentsches Museum 1867, Nr.1. Vergleichung mit der persischen Sage (Rustem).

450. Jordans Nibelungen-Epos Sigfridsage.

Der Verfasser dieser interessanten Neuschaffung des alten Nibelungenstoffes hat die Stimmen der Presse’ über sein Werk zusammen drucken lassen. Darunter ist namentlich Pfannenschmid’s ausführliche Darlegung (Zeitung für Norddeutschland 1866, 16. März bis 4. April) bervorzuheben.

451. Lo&@n, A. Freih. v., Aus dem Culturleben der Gegenwart. 18. Dramatisirung des Nibelungenstoffes.

Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitung 1866, Nr. 57.

452. Hosäus, Wilhelm, Kriemhild. Trauerspiel in 5 Aufzügen. 16.

(XIV, 176 S.) Paderborn 1866. Schöningh. Vgl. Volksblatt für Stadt und Land 1866, Nr. 80.

Nicolaus von Basel.

453. Schmidt, Da Karl, Nicolaus von Basel Leben und ausgewählte Schriften. 8. (XV, 343 5.) Wien 1866. Braumüller. 2°/, Rthl.

Enthält S. 1—57 das Leben, 8. 58-70 historische Zeugnisse dazu, S. 71--76 Anmerkungen. Pen übrigen Theil des Buches nehmen die veröffentlichten Schriften ein, auf Grund einer sehr sorgfältigen erst kürzlich in Straßburg vom Verfasser auf- gefundenen Handschrift. Vgl. Allgem. Literatur-Zeitung 1866, Nr. 47 (Bach); Reusch, theolog. Literaturblatt 1867, Nr. 1.

454. Gallus Oheim’s Chronik von Reichenau, herausgegeben von Dr.

K. A. Barack, fürstl. Fürstenberg. Hofbibliothekar. 8. (246 5.) Stuttgart 1866. 84. Publication des litterar. Vereins. Die Chronik, bald nach 1496 geschrieben, erscheint hier nach 8 Hess. herausgegeben, mit Namen-, Wort- und Sachregister versehen.

Ortnit.

455. Müllenhoff, K., Das Alter des Ortnit. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 185 - 192.

Priameln.

456. Birlinger, A., altdeutscher Spruch. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Nr. 280. Aus einem Bamberger Codex.

Reinhart Fuchs.

457. Genthe, J. W., Reineke Vos, Reinaert, Reinhart Fuchs im Ver- hältnisse zu einander. Beitrag zur Fuchsdichtung. 4. (35 S.) Eisleben (Berlin, Calvary) 1866. '/, Rthl.

458. Knorr, Collab , Die zwanzigste Branche des Roman de Renart und ihre Nachbildungen. 4. (42 5.) Eutin 1866.

Gymnasial-Programm. Vgl. Literar. Centralbl 1866, Nr. 25; Revue critique Nr. 18, S. 286—288.

Reinhart von Westerburg.

459. Lehmann, J. G., Geschichte und Genealogie der Dynasten von Westerburg aus Urkunden und anderen archivalischen Quellen. Im Auftrage

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 361

des Vereins für nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung. 8. (251 5.) Wiesbaden 1866. Roth in Comm. 28 Ngr.

Reinmar von Zweter.

460. Meyer, Karl, Untersuchungen über das Leben Reinmars von Zweter und Bruder Wernhers. 8. (120 5.) Basel 1866. Georg. ”/, Rthlr. Vgl. Literar,. Centralbl. 1867, Nr. 12. Schauspiel. 461. Pichler, Adolf, eine Teufelscomödie. Mitgetheilt. Pfeiffers Germania 11, 96—99. 462. Bechstein, Dr. Reinhold, Zum Spiel von den zehn Jungfrauen. Habilitations-Schrift. Jena 1866. 8. (38 5.) Auch in Pfeiffers Germania 11, 12)—166. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 10 Schenk von Limburg.

463. Bauer, A., Der Hohenstaufen und die Schenken von Limburg. Zeitschrift des Vereins für das wirtemb. Franken, 7. Band, 1. Heft. 1865.

464. Hans Schneiders Spruch von 1492. Von Rector Dr. Lochner zu Nürnberg.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1866, Sp. 9—14.

465. Weller, E., Hans Schneider.

Ebenda Sp. 61 fg.

466. Baader, Joseph, Spruch vom schönen Brunnen zu Nürnberg.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Sp. 181 fg. Aus einer Chrorik des 15. Jahrhunderts.

Tristan.

467. Köhler, Reinhold, Tristan und Isolde und das Märchen von der

goldhaarigen Jungfrau und von den Wassern des Todes und des Lebens. Pfeiffers Germania 11. 389— 476. Ein Teppich mit Darstellungen aus Tristan s. Nr. 313.

Ulrich von Zazikhoven.

468. Schilling, G. N., de usu dicendi Ulrici de Zazikhoven. Disser- tatio inauguralis philologiea. 8. (42 5.) Halae (Berlin, Calvary) 1866. !/, Rthlr. Walther und Hildegunde.

469. Osterwald, W., Walther und Hildegunde. Ein dramatisches Spiel in 3 Aufzügen. 8. Mühlhausen 1867. Heinrichshofen. 12!/, Ngr.

Walther von der Vogelweide. 470. Walther von der Vogelweide. Herausgegeben von Franz Pfeiffer. 2. Ausgabe. 8. (I.XII, 338 S.) Leipzig 1866. Brockhaus. 1 Rithlr.

Deutsche Classiker des Mittelalters. Mit Wort- und Sacherklärungen heraus- gegeben von Fr. Pfeiffer. 1. Band.

471. Wilmanns, W., zu Walther von der Vogelweide. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 217 —288.

472. Wackernagel, Wilhelm, Leben und Wirken Walthers von der Vogelweide (Nizza im April 1865).

Einzelabdruck aus den Ergänzungen zu Herzogs Real-Encyclopädie für prote- stantische Theologie und Kirche. Lex. 8. (16 8.)

473. Das Leben Walther’s von der Vogelweide. Blätter für literar. Unterhaltung 1866, Nr. 39.

362 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

474. Walther von der Vogelweide und der Kreuzzug Friedrichs I. Magazin für die Literatur des Auslandes 1866, Nr. 34.

Wartburgkrieg.

475. Der Sängerkrieg auf der Wartburg. Münchener Sonntagsblatt 1866, Nr. 1.

Weisen Meister, die sieben.

476. Gödeke, Karl, Liber de septem sapientibus. Orient und Occident von Th. Benfey, 3. Band, 3. Heft.

Wernher, Bruder, s. Nr. 460.

Wernher der Gartenaere. 477. Keinz, F., zur Helmbrecht-Kritik in Pfeiffers Germania. gr. 8. (18 5.) München 1866. Finsterlin. 3 Ngr. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 26. Vgl. auch noch Nr. 460. 478. Bechstein, R., Die Frage über die Heimat des Meier Helmbrecht. Blätter für literar. Unterhaltung 1866, Nr. 18.

Wolfram von Eschenbach.

479. Haupt, M., zu Wolfram. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 384.

480. Wolfram von Eschenbachs Heimath. Von J. N. S.

Allgemeine Zeitung 1866, Beilage 312. Der Verf. gelangt zu dem Resultate, daß Wildenberg, welches Wolfram erwähnt, seine Burg gewesen (wie schon Simrock „ndeutete), und findet es in Wehlenberg, früher Wildenbergen, eine Stunde von Eschenbach.

481. Hans Mayrs Lobspruch der Stadt Landshut. Mitgetheilt von Jos.

Maria Wagner. Verhandlungen des historischen Vereins für Nieder-Bayern, 11. Band. Landshut 1866.

482. Eckstein, Professor, alte Fastnachtsspiele. Vortrag am 7. Februar

1866 im Leipziger Professorenverein. Grenzboten 1866, Nr. 10.

483. Köhler, Reinh., Zu dem Gedicht von Hans Sachs: "Die achtzehen

schön einer jungfrauen.' Pfeiffers Germania 12, 217—221.

484. Rost, Rudolf, Die Ahnherren des deutschen Dramas (Hans Sachs,

Jakob Ayrer und Andr. Gryphius). Deutsches Museum 1866, Nr. 13. 485. Lützelberger, Karl, Das deutsche Schauspiel und Jacob Ayrer. Album des literarischen Vereins in Nürnberg für 1867, S. 110—155.

486. Rückert, Heinrich, Der Dramatiker Jakob Ayrer. Blätter für literar. Unterhaltung 1866, Nr. 4, 5.

D. Altsächsisch

487. Höliand. Mit ausführlichem Glossar herausgegeben von Moritz Heyne. 8. (VIII, 380 8.) Paderborn 1866. Schöningh. 2 Rithlr.

Auch u. d. Titel: Bibliothek der ältesten deutschen Litteratur-Denkmäler. 2, Band. Altniederdeutsche Denkmäler. 1. Teil. Vgl. Literar. Centralbl, 1866, Nr. 5 (Grein);

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 363

Götting. Gel. Anzeigen Nr. 32 (L. Meyer); Germania 11, 224 (Holtzmann); Literar. Hoandweiser Nr. 44; Zeitschrift für die österreich, Gymnasien Nr. 8. Mit gutem Glossar, der Text mit Unterscheidung von Längen und Kürzen; der Herausgeber hat nicht den Cotton., sondern den Monac. zu Grunde gelegt; indem nun die fehlenden Stücke aus dem Cotton. ergänzt sind, entsteht eine Ungleichheit der Orthographie.

488. Grein, C. W. M., Zur Kritik und Erklärung des Heliand.

Pfeiffers Germania 11, 209—217.

489. Zarncke, Über die Präfatio ad librum antiquum lingua saxonica conscriptum und die Versus de poeta etc.

Berichte über die Verhandlungen der k. sächs. Ges. d. Wiss. Phil. hist. Classe 1865.

490. Hoffmann von Fallersleben, altsächsische Bruchstücke. Pfeiffers Germania 11, 323 324.

491. Glossae Lipsianae. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 335— 348.

E. Mittelniederdeutsch.

492. Eike von Repgow, Bruchstücke.

Pfeiffers Germania 11, 79—81. Vgl. Maßmanns Ausgabe 53 —58. Ein Perga- mentblatt in Fol. aus dem 13. Jahrhundert, mit Bildern.

493. Bordesholmer Marienklage.

Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 238—319. Aus einer Kieler Handschrift.

494. Latendorf, Fr., Zur Frage nach dem Verfasser des Reineke Vos.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Nr. 2.

495. Latendorf, Fr., zur Literatur des Seelentrostes.

Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1866, Nr. 9, Sp. 307—309. Verzeich- nisa der Handschriften und alten Drucke,

496. Chronicon Slavicum, quod vulgo dieitur parochi Suselensis. Niedersächsisch und lateinisch, auf Grund der auf der Lübecker Stadt-Bibliothek erhaltenen Exemplare der Edd. princ. s. 1. et a., herausgegeben von Dr. E. A.

Th. Laspeyres. 8. (LXXX, 380 8.) Lübeck 1866. Asschenfeldt. 32/, Rithir. Vgl. Literar. Centralbl. 1867, Nr. 3. ᾿

Ε, Mittelnıiederländisch.

497. Mittelrheinische und niederländische Gedichte in einer Berliner Handschrift. Von E. Martin.

Zeitschrift fiir deutsches Alterthum 13, 348-377. Zunächst ein niederländisches Gedicht von Pyramus und Thisbe,

498. Kausler, Dr. Ed, v., Denkmäler altniederländischer Sprache und Litteratur. 3. Band. Auch u. d. Titel: Altniederländische Gedichte vom Schlusse des 13. bis Anfang des 15. Jahrhunderts. 2. Theil. Nach einer altniederländ. Handschrift mit Anmerkungen herausgegeben. gr. 8. (XXX, 586 8.) Leipzig 1866. Fues. 3%, Rthlr,

Vgl. Götting. Gel. Anzeigen 1866, Nr. 26 (Liebrecht); Literar, Centralbl. Nr. 26; Allgem. Zeitung, Beilage Nr. 177. Ε

499, Rieu, Dr. W. N. du, Verslag van een onuitgegeven Hs. van Anthonis de Roovere.

Handelingen en Mededeelingen van de Maatschappij der Nederl. Letterkunde te Leiden 1865.

364 BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT.

500. Bisschop, Dr. W., Bijdrage tot de Critik van Ferguut. Handelingen en Mededeelingen etc. Leiden 1865.

501. Boendale, J., Lekenspieghel, Bruchstück.

Pfeiffers Germania 1], 81-85. So nach 8. 256 zu berichtigen, während S. 81 das Fragment Maerlants Reimbibel zugeschrieben ward.

502. Rymkronik von Vlaenderen, naer het Comburgsche Handschrift, in: Corpus Chronicorum Flandriae ou Recueil des Chroniques de Flandre

(publi6 par J. J. de Smet. T. IV). 4. Bruxelles 1865. Hayez. Vgl. Pfeiffers Germania 11, 467—493 (Kausler).

G. Angelsächsisch.

503. Dietrich, Franz, Die Runeninschriften der Goldbracteaten entziffert und nach ihrer geschichtlichen Bedeutung gewürdigt. Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 1—105.

H. Mittelenglisch.

504. Two of the Saxon Chronicles parallel with supplementary extracts from the others edited with introduction, notes and a glossarial index by John Earle. Oxford 1866 (Leipzig, T. O. Weigel). 5!/,; Rthlr.

505. Morris, Rich., Specimens of early English, selected from the chief english authors A. D. 1250—1400, with grammatical introduction, notes and glossary. 8. (650 S.) London 1866. 7 s. 6 d.

506. Adam of Cobsam, the Wrights chaste wife, a tale, from a Ms. in the library of the archbishop of Canterbury at Lambeth, about 1462 A.D., copied and edited by Frederiek J. Furnivall. 8. (IV, 26 S.) London 1865. Trübner. 1 sh.

Vgl. Revue critique 1866, Nr. 41.

507. Morte Athure, edited from Robert Thbornton’s Ms. (about 1440 A. D.) in the library of Lincoln cathedral, by George G. Perry. 8. (XX 144 S.) London 1865. Trübner. 7 sh.

Vgl. Revue critique 1866, Nr. 41. In alliterierenden altenglischen Versen.

508. The book of quinte essence, edited by Fr. J. Furmivall. 8. Lon- don 1866. Trübner.

509. The story of Genesis and Exodus, an early english song, about A. D. 1250, now first edited from a unique Me. in the library of Corpus Christi college, Cambridge, with introduction, notes and glossary, by Richard Morris. 8. (XL, 224 5.) London 1865. Trübner. 8 sh.

Vgl. Revue critique 1866, Nr. 41

510. King Horn, with fragments of Floriz and Blauncheflur and of the Assumption of our lady etc. edited by J. Rawson Lumby. 8. London 1866. Trübner.

511. Lyndesay, the monarch and other poems, edited by Fitzedward Hall. ὃ, London 1866. Trübner.

512. Hali Meidenhad, an alliterative homily, edited by O. Cockayne. 8. London 1866. Trübner.

BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT. 365

513. Piers Plowman, Parallel extracts from 29 Mess, of —, by W. Skeat. 8. London 1866. Trübner.

514. Political, religions and love poems, edited by Fr. J. Furnivall. 8. London 1866. Trübner.

Nr. 505—514 sind Publicationen der trefflichen Early english text society für 1865 und 1866.

515. Chaucer’s, Geoffroy, Canterbury - Geschichten. Übersetzt von W. Hertzberg. gr.8. Hildburghausen 1866. Bibliograph. Institut. Auch u. d. Titel: Bibliothek ausländischer Classiker in deutscher Übertragung. 41. 42. Band. (410 5.) 19 Ngr.

Vgl. Allgemeine Zeitung 1866, Beilage Nr. 356; Weser- „Zeitung 7189.

516. Animadversions uppon the annotacions and corrections of some imperfections of impressiones of Chaucer’s workes sett downe, before tyme and nowe reprinted in the yere of our Lorde 1598, sett downe by Francis Thynne. Now newly edited from the ms. in the Bridgewater library by G. H. Kingsley. 8. (62 5.) London 1865. Trübner. 4 8.

Publication der Early english text society. Vgl. Revue critique 1866, Nr. 41.

I. Altnordisch.

517. Dietrich, Franz, Drei altheidnische Segensformeln nebst einigen jüngeren, auf Runendenkmälern und in Hass. aufgefunden.

Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 193—217.

518. Stephens, Geo., the old-northern runic monuments of Scandinavia and England, now first collected and deciphered. Part I. fol. (364 5.) Cheaping- haven 1866.

519. Edda, den aeldre, norröne ÖOldkvad, oversatte af A. Gjessing. 8. (IV, 80 8.) Kristianssand 1866.

Norwegisch-dänische Ühersetzung der mythologischen Lieder.

520. Rupp, Theophil, Hrafnagaldr Odhins.

Pfeiffera Germania 11, 311—320. Versuch einer mythologischen Deutung.

521. Laveleye, Ed., la saga des Nibelungen dans les Eddas et dans le nord scandinave. Traduction precedee d’une etude sur la formation des &popees nationales. 8. (390 3.) Paris 1866. Lacroix. 1'/, Thlr.

Vgl. Revue critique 18456, Nr. 39, S. 200—202 (K. Bartsch).

522. Skalde-Kvadene i Snorre Sturlesöns Ynglingesaga, meddelte efter Frissbök og gengivne af G. Lund. 8. Aalborg 1866. 36 8.

Schulprogramm. Text und dänische Übersetzung des Ynglingatal von Thjödolf.

523. Kroka-Refssaga, Gunnarssaga, Keldugnüps fifts og Ölkofre- pättr. 8. (VIII, 75 S.) Kaupmannahöfn 1866.

Textausgabe dieser drei kleinen Sagas.

Zur mittellateinischen Poesie:

524. Anonymi Orestis Tragoedia. Emendatiorem edidit Jacobus Maehly. 12. (88 8.) Leipzig 1866. Teubner. 12 Ngr. Lateinisches Gedicht aus einer Berner Hs. des 10. Jahrhunderts, zwischen dem

4. und 6. Jahrhundert verfasst. Vgl. Literar. Centralbl. 1866, Nr. 24; Heidelberg. Jahrbücher Nr. 30.

366 LITTERATUR.

525. Müller, Lucian, Anonymi Orestis tragoedia.

Rheinisches Museum für Philologie, 21. Jah.’gang, 3. Heft.

526. Müller, Lucian, zu Aldhelmus.

Rheinisches Museum für Philologie, 22. Jahrgang, 1. Heft.

527. Müller, Lucian, zu den Räthseln des heil. Bonifacius.

Rheinisches Museum für Philologie, 22. Jahrgang, 1. Heft.

528. Müllenhoff, K., Zwei Fabeln aus dem Karlingischen Zeitalter.

Zeitschrift für deutsches Alterthum 13, 319—321. Aus einer St. Galler Hand- schrift des 10. Jahrhunderts; in Distichen.

529. Büdinger, Max, und Emil Grunauer, älteste Denkmäler der Zü- richer Literatur. Auf Veranstaltung der Züricher vaterländ. histor. Gesellschaft. Lex. 8. (IV, 104 5.) Zürich 1866. Orell, Füssli u. Co. in Comm. %, Rthlr.

Inhalt: Der Poet Amarcius von Büdinger (8. 1—37); Anfang der Züricher Annalen von B. (39— 46); Züricher Todtenbuch von Grunauer (8. 47—102).

530. Zarncke, weitere Beiträge zur mittellateinischen Spruchpoesie. “"

Berichte der k. sächs. Gesellsch. ἃ, Wißensch. Philol. histor. Classe 1865, 8. 58—103. I. Eine dritte gereimte Bearbeitung der 8, g. Disticha Catonis. II. Nach- träge zum Cato novus und Cato rhythmicus,

NITNIINTINI NIT INITINEN

LITTERATUR,

Neuhochdeutsche Wortbildung. Auf Grundlage der historischen Grammatik für weitere Kreise bearbeitet von Adalbert Jeitteles. Wien, 1865. Wilh. Braumüller. 8. XIH u. 157 SS.

Diese Erstlingsschrift bringt einen wohlthuenden Eindruck hervor. Der Ver- fasser, den wir vorher schon als Mitarbeiter an der Germania kannten und der sich seitdem noch weiter auf wissenschaftlichem Gebiete thätig gezeigt hat, be- kundet Fleiß, Strenge und Sorgsamkeit. Wird in dieser „für weitere Kreise“ be- stimmten Schrift auch dem Fachmanne viel Brauchbares geboten, wozu hauptsäch- lich Belege von Wortbildungen aus neuerer und neuester Litteratur zu rechnen sind, so dürfen wir die Hoffnung hegen, daß Jeitteles den erfaßten Gegenstand auch einmal für unsern engern Kreis principiell wissenschaftlich, theoretisch be- handeln werde. DerTitel „Neuhochdeutsche Wortbildung“ läßt auf den ersten Blick etwas anderes vermuthen, als was im Buche selbst zu finden ist. Seine Ten- denz läßt allerdings dann der Titelzusatz erkennen. Bei einer monographischen Behandlung des Gegenstandes wird es darauf ankommen, die für das Neuhoch- deutsche charakteristischen Wortbildungsprocesse in ihren Anfängen nachzuweisen und wo möglich in ihren Gründen zu erklären. Das ganze von Grimm aufgebaute System der Wortbildungslehre mag als bekannt vorausgesetzt werden. Da es sich ausschließlich um das Neuhochdeutsche handelt, so braucht das nicht wiederholt zu werden, was die frühere Sprache bereits ausgebildet hat. In die ältere Periode muß nur in soweit zurückgeblickt werden, als hier einzelne Keime aufzusuchen sind, welche erst die jüngere Zeit entwickelte und zur Reife brachte. Auf der andern Seite würden diejenigen Bildungen hervorzuheben sein, welche sich als

LITTERATUR. 367

Alterthümlichkeiten vereinzelt erhalten haben. Eine solche monographische Be- handlung eines Theils der neuhochdeutschen Grammatik müßte schon das aus- gebreitetste Studium erfordern. Wir erhoffen sie darum nicht in kurzer Zeit, weil vorerst noch die elementaren Partien der Erforschung harren. Wohl aber sind auf dem Gebiete der Wortbildungslehre gar manche anziehende Aufgaben vorhanden, welche als Vorarbeiten für eine allgemeinere und zusammenfassende Darstellung dienen könnten. Um nur einige solcher Vorwürfe zu nennen, so will ich hinweisen auf die Classe der für die moderne Sprache so überaus wichtigen Abstracta auf -unge, -nisse, -heit und -keit, auf den genau zu führenden Nachweis des Übergangs von eigentlicher zu uneigentlicher Composition und umgekehrt, auf das unorga- nische s in der Nominaleomposition, welches Jean Paul so viel Schmerzen ver- ursachte und über welches Jacob Grimm bei aller Sorgfalt doch nur allgemeine Andeutungen gab, die noch im Einzelnen auszuführen, hie und da wohl auch zu berichtigen sind.

In der vorliegenden Schrift wird das ganze System der deutschen Wortbil- dung, mit Hervorhebung der modernen Erscheinungen, in allgemein fasslicher Weise entwickelt und dargestellt. Diese Form war die einzig mögliche, wenn der Verfasser einen weiteren Kreis theilnemender Leser vor Augen hatte. Eine Beur- theilung der Leistung kann daher nur mit Berücksichtigung der Absicht des Ver- fassers geschehen. Finden wir bei ihm viele Worte und Bildungen aufgeführt, welche nicht specifisch neuhochdeutsch sind, so kann dies im Einzelnen nicht An- stoß erregen, sondern beruht einfach in der Anlage des Buches.

Wenn wir im Allgemeinen der kleinen Schrift unsere volle Anerkennung zollen, so geben uns doch einzelne Stellen zu nachtragenden oder berichtigenden Bemerkungen Anlass.

S. 4. Wenn die Brechung des : in e in gewissen Verben auf alle Personen des Praesens übergeht, so ist der Grund nicht bloß ein lautlicher. Solche Verben werden im Nhd. durchaus oder zum Theil schwach flectiert mit wenigen Ausnah- men. Das Praesens geht alsdann ebenfalls nach der schwachen Conjugation.

S. 6. Die interessanten Übergänge von s in r, die gerade für das Nhd. so wichtig sind, hätten etwas genauer besprochen werden sollen.

S. 7. Zu geklungen stellt sich vielleicht Klunker, Quaste, Troddel.

S. 9. Zu klam, klomm gehört auch das Adj. klamm und die Substantive Klamm und Klamme (Sanders Wörterb. d. d. Spr. I, 916. 917).

S. 15. Ritter wird zum Partie. riten, geritten gestellt; dazu gehörte ein Frage- zeichen, denn es kann auch Kürzung aus riter stattgefunden haben (mhd. Wb. II 1, 739).

Ofter hätte Jeitteles bei der Aufzählung von Beispielen und Belegen nach logischen Kategorien trennen sollen. Besondere Abtheilungen erschweren nicht die Übersicht, sondern erleichtern sie. So würde es praktisch gewesen sein, wenn bei den Ableitungen mit L (S. 29) diejenigen zusammengestellt worden wären, welche sich im Unterschiede von den eigentlichen Worten auf -εἰ noch im Sprachbewusst- sein als Diminutiva fühlen lassen.

Ferner sind unter den Ableitungen mit R (3. 32) ganz verschiedenartige Wörter vermischt. Es mußte unterschieden werden zwischen denen, welche sich unmittelbar zu einem Verbum stellen, und den andern, welche aus Substantiven gebildet sind. Nur bei manchen kann man über die Abstammung zweifeln und diese wären dann auch besonders zu nennen. Eine solche Trennung ist gerade dem

368 LITTERATUR,

erwünscht, der nicht tiefere Studien machen will. Eine nur nach äußeren Momen- ten getroffene Zusammenstellung ist immer unlebendig. Der Verfasser hat hier und an andern Orten solche Unterschiede nachträglich oder in besonderen Anmerkaun-

gen berührt, was eben schon die Anordnung ausdrücken kann. Für das Bei- spiel Herzenbilder statt -bildner hätte das einfache Bilder (: Schilder) aus Schiller’s Glocke näher gelegen. Hier wäre auch zu erwähnen gewesen, daß die neuere

Zeit die Bildungen auf -er (aere) nach Analogie weiter ausgedehnt und darüber manche organisch-lebendige Bildungen vergessen und vernachlässigt hat, wie Bäcker statt Becke (Bäcke noch mundartlich, und der Eigenname Beck), Gänger (nament- lich in Vorgänges, Fussgänger) statt genge, Thäter statt taete.

8. 33. ärgern ist zunächst eine Comparativbildung von arg; im Nhd. der jüngern Zeit aber stellt es sich zu Ärger, wäre also hier in Anmerk. 2 gesondert zu nennen und zu besprechen gewesen.

Unerwähnt sind solche Verben geblieben, welche aus Substantiven gebildet sind, welche selbst nicht von Verben, sondern von Substantiven herstammen, wie z. B. schlossern, schreinern, gärtnern. Nach Analogie derselben ist weiterhin auch schneidern eutstanden.

8. 36. Zu albern (statt alber) ist noch sondern und gestern hinzuzufügen, wenn das Schluß-n auch nicht ohne Weiteres als unorganisch aufzufassen ist. Ferner gehört hierher nun, die alte Form erhalten nur in „im Nu“.

8. 37. Bei der Seltenheit der nhd. Worte auf m hätten Odem und Athem nicht übergangen werden sollen.

S. 41. Auch hier wäre eine Trennung der Beispiele nöthig: 1. solche, welche von Substantiven genommen, 2. solche, welche von andern Worten nach Analogie gebildet sind. Jeitteles erwähnt ausdrücklich, daß viele dieser Adjectiva auf -ig erst der nhd. Periode angehören und führt eine Anzahl auf, die aus der alten Sprache nicht nachzuweisen sind. Darum wären hier gerade die frühesten Vorkommnisse in der Literatur zu belegen gewesen.

8. 48. Zu falb gehört auch gelb (mhd. gel, gen.gelwes) und farb (mhd. var, gen. varwes). An gerben reiht sich färben (verwen).

S. 48. Das Capitel über die Ableitungen mit Spiranten hätte sich viel ge- nauer behandelu lassen. Der Ausfall oder die Veränderung der Spiranten 7 und w, was schon sehr früh im mittel- und niederdeutschen Gebiete vor sich geht, ist gerade für das Nhd. von großem Belange.

S. 116. getröst ist kein Adjectivum, welches aus dem Substantiv mit der Partikel ge- entstanden ist, sondern das alte Participium getröst = getröstet, getroestet mit adjectivischer Bedeutung, welche schließlich verblieben ist. Das Par- ticipium lautet uns jetzt nur noch in pedantischer Analogie getröstet. Das selbe Verhältniß finden wir im Adject. gediegen (mhd. Part. gedigen) und im Part. gediehen, ferner in erhaben und erhoben, in bescheiden und beschieden. Solche Worte habe ich mir erlaubt „Zwillingsworte“ zu nennen (Germ. 8, 337. Anmerk.).

Unter die Partikeleomposition (8. 110 fig.) ist manches gestellt, was gar nicht dahin gehört. Bei hinter (S. 1 17) sagt Jeitteles selbst, in mehreren der angeführten Wörter könnte möglicherweise statt der Partikel auch das Adjectiv hinter wirksam sein. Aufgabe des Grammatikers ist aber, zu untersuchen, wo das eine oder das andere stattfindet, und danach muß geordnet werden. Nun ist bei den meisten der angeführten Wörter ganz ohne Zweifel das Adjectiv wirksam. Die Probe kann man leicht machen, wenn man Äinter mit einem ähnlichen Adjectivum

LITTERATUR. 369

wie etwa mittel oder vorder vertauscht. Paßt es nicht, dann ist hinter Partikel und zwar tritt dieselbe als nähere Bestimmung zu einem Verbalbegriff, der in dem Substantivum enthalten ist. Zinter ist nur in folgenden vom Verf. aufgezählten Zusammensetzungen wirklich Adverbium, nämlich in Zinterhali, Hinterlist, Hinter- sasse, die andern 15 gehören vorne hin (8.91) unter die adjectivische Composition.

Diesen Fehler finden wir nun noch öfters. So zunächst-bei nieder (8. 118). Worte wie niederdeutsch, Niederland haben nichts gemein mit Niedergang , Nieder- kunft u. 8. w.

Bei ober (8. 119) bemerkt Jeitteles wieder ausdrücklich, in den genannten Compositis, „die eine räumliche Lage bezeichnen,“ sei es zweifelhaft, ob nicht das Adjectiv ober im Spiele sei. Ich glaube es ist kein Zweifel, daß auch die an- dern, welche nieht eine räumliche Lage bezeichnen, mit dem Adj. oder zusammen- gesetzt sind. Es gibt eben im Hochdeutschen kein Adverbium ober.

Von über (8. 119) kann man füglich nicht sagen, es sei nur eine Nebenform’ von ober. Vielmehr ist über das Adverbium zu oder und wird alsdann auch zur Praeposition verwendet. Ursprünglich mögen sich die beiden Worte noch näher gestanden haben.

Auch bei unter ($. 121) jener Irrthum, daß das Adjectivum mit der Par- tikel vermischt und verwechselt wird. Bestand haben nur folgende: Unterhalt, Unterkunft, Unterlage, Unterlaß, Unierpfand, Unterricht, Untersatz, Unterschied, Unterschleif, Unterthan. Die Worte Untergang und Unterschrift gehören je nach ihrer Bedeutung zu beiden Kategorien, in der Regel wird in ihnen unter Adver- bium sein, weil sie die Substantiva zu untergehen (zu Grunde gehen) und unter- schreiben sind.

$. 122 wird bemerkt, daß in der Composition mit viel wahrscheinlich das der alten Sprache mangelnde Adjectiv viel enthalten sei. Gemangelt hat das Adj. nicht, seine Anwendung geschah nur in Beschränkung auf Nominativ und Aceu- sativ des Neutrums. Aber schon im 14, Jhd. beginnt die Flexion und der eigent- liche adjectivische Gebrauch.

Was von ober zu bemerken war, gilt auch von vorder (#. 123). Vorder ist im Hochdeutschen niemals Adverbium = ultra, wenn es auch Comparativ zu einem Adverbium ist.

5. 124. „Der heute beobachtete Unterschied in der Schreibung (wider und wieder) ist willkürlich und bedeutungslos.“ Willkürlich gewiß, aber diese Willkür ist eine pedantische, welche auf die Scheidung der Bedeutungen ausgeht. Darum kann man jene Schreibung nicht bedeutungslos nennen.

S. 148. Der adverbiale Genitiv nachts scheint mir nicht ein Überbleibsel des goth. Gen. nahts für nahtais zu sein. Es ist einfach die Analogie von morgens, des Morgens; Tags, des Tags wirksam, daher auch des Nachts. Auch Zarncke erklärt eich mhd. Wb. H 1, 8004, 40 gegen jene Deutung.

Möge Jeitteles’ fleißige Arbeit nicht allein in den weiteren Kreisen, für welche sie zunächst bestimmt wurde, sondern auch bei den Fachmännern freund- liche Beachtung finden. Wiederholt sei auch der im Eingang angedeutete Wunsch, daß der Verfasser, wenn er auch nicht allsogleich eine genaue Darstellung der gesammten nhd. Wortbildungslehre vornimmt, einzelne Theile dieses wichtigen und anziehenden Gebietes in wissenschaftlich monographischer Weise bearbeiten möge.

JENA, Ende März 1867. BEINHOLD BECHSTEIRN.

GERMANIA XII, 24

370

MISCELLEN.

ZUR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN PHILOLOGIE. 111. Briefe von Wilhelm Grimm.

I. Wilhelm Grimm an G.K. Frommann. 1.*)

Lieber Herr Frommann, ich übersende Ihren hierbei das Rolandslied, **) und bitte Sie es als ein Andenken an Ihre Studienzeit in Göttingen und da- her auch an mich selbst zu betrachten. Zu den angenehmen Erinnerungen, die ich von hier mitnehme, gehört auch Ihre Bekanntschaft und Ihr schöner reger Eifer für die Wissenschaft, von dem ich in der Folge noch die schön- sten Früchte erwarte. Möge das Schicksal es immer wohl mit Ihnen meinen

Göttingen 27. März 1838. Wilh. Grimm.

2. Cassel 19 Aug. 1889.

Herzlichen dank, lieber herr doctor, für Ihren brief vom 14 Juli und für die freundschaftlichen und theilnehmenden äußerungen, die er enthält. mir thut diese gesinnung in der jetzigeh zeit doppelt wol, und mich erfreut der ausdruck derselben auch da, wo ich sie, wie bei Ihnen, voraus setzen konnte. auch für alles übrige dank, achten Sie doch ferner darauf, wenn sie noch sonst beziehungen zu Freidank finden; ich kann davon bei einer etwaigen neuen auflage gebrauch machen. Von der handschrift za Rom, die Greith nachgewiesen hat, hoffe ich auch eine abschrift zu bekommen, und vielleicht ist aus dieser noch etwas bedeutendes für den text zu gewinnen.

Die goldene Schmiede ist beinahe fertig; ich halte sie für das schwierigste gedicht Konrads, und habe sie erst durch hilfe vieler has. so leidlich heraus- arbeiten können. Auch die einleitung wird ganz neu, ich lasse noch nicht drucken weil ich erst Konrads Silvester benutzen will.

Der runenstein, wovon Sie mir abschrift mitgetheilt haben, ist unbezweifelt ein betrug. Sie finden das nähere darüber in den götting. anz. 1830 st. 194. 195.

Die arbeiten für das wörterbuch haben den besten fortgang, Die auszüge aus Klopstock haben wir richtig empfangen (es that mir leid daß ich den über- bringer nur ein paar augenblicke sah), die sorgfalt und genauigkeit, mit der sie gemacht sind, sieht man auf den ersten blick. mein bruder will Ihnen näher darüber schreiben. |

Ich sende Ihnen hierbei ein kleines geschenk, den Wernher vom Nieder- rhein , eine nebenarbeit über die ich mich mehr freuen würde, wenn der text nicht so verderbt wäre. es war oft mit aller mühe nicht zu helfen. dennoch sind diese gedichte merkwürdig.

Möge es Ihnen wol ergehen, lieber herr doctor. es soll mich freuen wenn Sie mir zuweilen schreiben wollen. der freundschaftlichsten gesinnung können Sie gewiß sein. - Wilh. Grimm.

*) Dieser Eine Brief ist mit deutscher Schrift und großen Anfangsbuchstaben geschrieben. Pf

**) Ruolandes liet. Göttingen 1838, Pf.

MISCELLEN. 371

3. Berlin 22 Nov. 1841 Lennestraße 8.

Ihren brief, hochgeschätzter freund, vom 23 april dieses jahrs aus Rom habe ich durch prof. Berhard richtig empfangen, und danke Ihnen schönstens so wol für die nachrichten über die vatican. hs. Freidanks als für Ihre freund- schaftlichen anerbietungen mir davon abschrift zu nehmen. Wie sehr mich Ihre treue und anhängliche gesinnung erfreut und wie ich sie zu schätzen weiß brauche ich Ihnen nicht auseinander zu setzen. Ich habe Ihnen nicht geant- wortet weil ich, wie Sie richtig urtheilten, nach dieser schlechten hs. weiter kein verlangen trage: jetzt aber, wo ich hoffe daß Sie, reich beladen mit ein- gesammelten schätzen, glücklich wieder in Ihre heimat zurückgekehrt sind und ganz Ihren studien leben, übersende ich Ihnen das längst Ihnen bestimmte exemplar von Silvester, dessen vorrede noch von Cassel, dem letzten tage meines dortigen auf- enthalts, datiert ist. ich hoffe daß es Ihnen für Ihre bearbeitung des troj. kriegs nicht ganz unnütz sein wird. Strickers Karl sehe ich mit vergnügen entgegen. |

Prof. Maßmann war einige monate hier, und reist erst in diesen tagen nach München zurück. man macht sich aber hoffnung er werde ganz wieder in seine alte heimat zurückkehren. Dr. Hahn habe ich im September in Heidel- berg auf einer Rheinreise, die ich mit meiner frau gemacht habe, besucht. er war mit der ausarbeitung einer kleinen mittelhochd. grammatik beschäftigt.

Die vorarbeiten zum wörterbuch und der damit verbundene briefwechsel nehmen einen großen theil meiner zeit in anspruch. Vieles ist bereits einge- gangen, aber nicht weniges auch noch zurück.

Mein bruder und die meinigen grüßen Sie auf das herzlichste; wir hoffen bald etwas von Ihnen und Ihren arbeiten zu hören. mit den besten wünschen für Ihr wolergehen und der freundschaftlichsten gesinnung der Ihrige

Wilh. Grimm. 4. Berlin 24 Januar 1844.

Hierbei, hochgeschätzter freund, übersende ich Ihnen die neue ausgabe des grafen Rudolf. Kürzlich aufgefundene bruchstücke veranlaßten mich zu einer umarbeitung des ganzen, die mir mühe genug gemacht hat: manchen tag habe ich verwendet um aus dem verblichenen und abgeschabten pergament noch einiges herauszubringen,. es ist die erste arbeit, die ich nach meiner krankheit wieder vornehmen konnte, mit deren folgen ich noch den ganzen folgenden sommer zu kämpfen hatte. Sie haben bei jugendlichern kräften gewiß sich schneller erholt und sind jetzt in rüstiger arbeit an der bearbeitung an dem trojanischen krieg. die neue und schöne ausgabe des Alexius von Haupt, der die von Engelhard bald folgen wird, muß Ihnen dabei sehr förderlich sein.

Die vaterländische alterthumswissenschaft scheint hier zu gedeihen wie überhaupt in Deutschland im aufschwung zu sein. ich lese diesen winter über Erek, und bin mit dem fleiß und der aufmerksamkeit meiner zuhörer zufrieden; einige zeichnen sich aus, und widmen sich diesem fach ausschließlich. ich er- warte davon auch eine glückliche einwirkung auf unsere sprache, die von 80 vielen schriftstellern arg mishandelt wird.

Mein bruder hat im vorigen jahr, aber diesmal nicht wissenschaftlicher zwecke wegen, sondern um seine angegriffene | gesundheit herzustellen eine reise

24 *

379 MISCELLEN.

nach Italien unternommen, die sich bis Neapel erstreckte. sie hat ihm wol ge- tan, aber das trügerische wetter dieses winters ihm wieder einige anfälle zuge- zogen, die ihn indessen an seinen vorlesungen nicht gehindert haben. Zu dem neu angetretenen jahr die besten wünsche für Ihr geistiges und leibliches leben und die versicherung der freundschaftlichsten hochschätzung Wilhelm Grimm. δ.

Hochgeehrter freund,

Mit vergnügen habe ich gesehen, daß Sie sich Pangkofers zeitschrift für deutsche mundarten angenommen haben und sie auf bessere wege leiten wollen. für die drei mir zugesendeten hefte danke ich Ihnen recht sehr. Sie haben recht daß es ein zeitgemäßes unternehmen ist, das gute früchte tragen kann. Nach meiner meinung kommt es darauf an daß die mundarten für die grammatik und das wörterbuch gleich ausgebeutet werden, und man mit sprachproben mäßig ist. Firmenichs diekes buch, das so viel parade macht, hat praktisch nicht viel gewirkt und kann es nicht, denn wie soll man aus einem probestück eine mundart gründlich kennen lernen? ich bin gegenwärtig mit arbeiten , die ich nicht aussetzen kann, so überhäuft daß ich Ihnen beiträge nicht zusagen kann: vielleicht findet sich in der folge gelegenheit etwas einzusenden; meiner theilnahme können Sie versichert sein.

Ich bin noch mit einer neuen ausgabe Freidanks beschäftigt. in München befindet sich eine handschrift, zu der ich nicht habe gelangen können, ich weiß auch daß es schwierig ist sie hierher zu erhalten. es ist der cod. germ. 444, papier in 4°; auf bl. 95°--172° steht der Freidank zwischen andern stücken. vielleicht ist es Ihnen nicht schwer den codex zu erhalten und Sie kennen jemand der mir gegen ein angemessenes honorar eine genaue abschrift davon macht; oder vielleicht wissen Sie jemand in München, der dazu geschickt und geneigt wäre. es wäre mir sehr lieb.

Ich höre daß Sie mit Roth in Frankfurt den trojan. krieg herausgeben wollen, das freut mich sehr. lassen Sie uns nicht zu lange darauf warten.

Mit den besten wünschen für Ihr wolergehen und den freundschaftlichsten grüßen der Ihrige

Berlin, 16. Dec. 1854. Wilhelm Grimm.

6. Hochgeehrter freund, ich erneue meinen dank für das mir zugesendete heft Ihrer zeitschrift, das ich mit vergnügen durchgelesen habe: man fühlt gleich daß ein anderer geist darin herrscht. wenn sich einmal gelegenheit ergibt, so will ich gerne etwas dafür beitragen, aber gegenwärtig bin ich mit arbeiten so überladen, daß ich nicht dazu gelange.

Es wird mir sehr lieb sein, wenn Sie so gütig sein wollen die abschrift des Münchner Freidanks selbst zu übernehmen ; ich weiß daß ich auf Ihre genauigkeit bauen kann, und so sehr eilt es nicht damit.

Daß Franz Roth leidend ist, habe ich schon gehört; als er vor einigen jahren hier war, sah er schon kränklich aus. ich wünsche herzlich daß es sich mit ihm bessert. die arbeit würde er mit sorgfalt gemacht haben.

Mit den meinigen erwidere ich Ihre freundschaftlichen grüße und bin mit aufrichtiger hochachtung und ergebenheit der Ihrige

Berlin 14 Febr. 1855. Wilhelm Grimm.

MISCELLEN. 373

T.

Hochgeehrtester freund, für die schöne und sorgfältige abschrift des Münchner Freidanks sage ich Ihnen den herzlichsten dank, Sie haben mir damit einen großen gefallen erzeigt. den neuen text hoffe ich endlich fertig zu bringen, wäre nur die arbeit nicht so unglaublich mühsam , da fast jede hs. eine andere ordnung hat, so erfordert das nachschlagen auch nur einer stelle in den sämmtlichen quellen so viel zeit daß die größte geduld nötig ist.

Auch für das letzte heft der zeitschrift erneue ich meinen dank, ich sehe mit vergnügen wie sie vorschreitet. ich würde Ihnen gerne einen beitrag liefern und ich scheine undankbar , wenn ich es nicht thue, aber in dieser zeit kann ich es nicht, vielleicht wenn der Freidank, für den ich mir des Tags oft nur eine stunde abreißen kann, beendigt ist. außer dem drängenden wörterbuch bin ich auch zu academischen abhandlungen verpflichtet, wovon Ihnen eine über thier- fabeln durch die buchhandlung zukommen wird, ebenso ein zweiter nachtrag zu meiner schrift über Freidank, den mir leider hr. Pfeiffer abgenötigt hat.

Die nachträge zu dem wörterbuch von Bohata sende ich zurück, gegen den abdruck in der zeitschrift habe ich nichts einzuwenden, nur paßt sie dahin, wie Sie selbst bemerken, nicht recht, und dann sind sie gar zu geringfügig. man sollte mit bedeutenden nachträgen kommen.

Mein bruder trägt mir auf Sie zu grüßen.

Meine freunde, wenn sie mir abschrift von handschriften machten, haben immer antheil an dem honorar genommen, ich hoffe daher daß Sie die anlage ebenfalls freundlich annehmen.

Mit der versicherung der aufrichtigsten hochachtung und freundschaft

ganz der Ihrige Berlin 31 Mai 1855. Wilhelm Grimm.

8. Hochgeehrter freund,

ich sage Ihnen den besten dank für die zugesendeten hefte Ihrer zeitschrift. man sieht daß Sie mit liebe und sorgfalt daran arbeiten, und das ist der beste eindruck den ein buch machen kann. anerkennung findet es gewis bei denen die an diesen studien theil nehmen, aber deren sind freilich nicht viel. daher begreife ich wol daß die buchhandlung nicht hinlänglich gedeckt ist. Könnten Sie nicht um eine unterstützung in München bitten? der könig ist ja wolwollend und geneigt für die wissenschaften etwas zu thun. am leichtesten wäre es, daß man jährlich ein paar hundert exemplare abnähme, die dann an die biblio- theken namentlich der gymnasien ausgetheilt würden. man könnte sie auch den weltgeistlichen geben und sie zugleich auffordern auf die mundart ihrer gegend zu achten und sammlungen dafür anzulegen. es käme darauf an daß jemand dort Ihr gesuch unterstützte. vielleicht wäre es auch besser, wenn Sie sich auf drei hefte beschränkten und jährlich nur einen band lieferten. Sie könnten dann die untersuchungen zusammendrängen. übersetzungen aus fremden sprachen in mundarten könnten ganz wegbleiben.

Die arbeit am wörterbuch die ununterbrochen fortgeht, nimmt meine ganze zeit in anspruch, dazu noch die academischen abhandlungen. die mühsamkeit werden Sie leicht ermessen können. beiträge von Ihnen würde ich mit dank

374 MISCELLEN.

annehmen. mein bruder der | Sie schönstens grüßen läßt, sendet Ihnen hierbei einen kleinen beitrag für die zeitschrift.

An Dr. Mannhardt habe ich die einlage gesendet. ich habe ihn in län- gerer zeit nicht gesehen. ich glaube er hat mancherlei sorgen gehabt, ist aber fortwährend fleißig. mit seiner zeitschrift geht es auch nicht nach wunsch, und die buchhandlung hat erklärt kein honorar weiter zahlen zu können.

Mit der besten wünschen für Ihr wolergehen und der versicherung der aufrichtigsten hochachtung der Ihrige

Berlin 14. Febr. 1857. Wilhelm Grimm. Von der zeitschrift fehlt mir von dem zweiten jahrgang noch das Mai- und Juniheft p. 193—288. können Sie mir es noch zusenden, so würde es mir lieb sein.

I. W.GrimmankKk. A. Hahn.

1.

Cassel 29. Juli 1840.

Daß ich Ihnen, werthgeschätzter freund, erst heute auf Ihren brief vom 21 April antworte, daran ist bloß der langsame druck der goldenen schmiede schuld, die Sie hier mit der versprochenen heldensage als ein kleines geschenk erhalten. ich hoffe daß das gedicht in dieser gestalt etwas zum genauern ver- ständnis der übrigen mystischen dichtungen beiträgt.

Die arbeiten am wörterbuch haben guten fortgang, indessen gelangen wir doch nicht so bald als wir dachten, zum ziel, ich meine zu dem punct, wo wir mit der ausarbeitung anfangen können. Sie haben doch, der verabredung σοῦ, mit den auszügen aus Hutten begonnen ?

Die grammatik meines bruders, zumal er daneben die weisthümer heraus- gibt, rückt langsam vorwärts, wenn man nach den fertigen bogen rechnet; es wird aber ein ganz neues werk und es bleibt eigentlich keine zeile des früheren. wenn Sie ihm aus dem Lanzelet seltene wörter und formen | mittheilen wollen, so wird er das dankbar annehmen.

Nach Mones anzeiger 1838, p. 39 befindet sich zu Karlsruhe in der reichenauer hs. no. 176 (99) ein mit runen geschriebenes räthsel. können Sie mir davon eine genaue durchzeichnung (die hoffentlich nicht viel zeit raubt) und einige nachricht über den zusammenhang, in welchem das räthsel vielleicht mit dem übrigen text steht, verschaffen, so würden Sie mir damit einen großen gefallen erzeigen. Mone bemerkte damals, er wolle sie anderwärts mittheilen, ich weiß aber nicht daß es geschehen wäre, und hoffentlich hat er nichts da- gegen wenn ich es thue, da ich zugleich manches andere bekannt zu machen babe. Ich würde an ihn selbst schreiben , aber mein briefwechsel mit ihm ist seit längerer zeit ins stocken gerathen.

Von uns allen die schönsten grüße

der Ihrige Wilh. Grimm.

Berlin 27 Mai 1847 Lennestraße 8. Ich kann Ihnen, hochgeschätzter freund, endlich einen gruß aus Berlin senden , jetzt nachdem ich anfange in ruhe und ordnung zu kommen. es ist

MISCELLEN. 375

fast ein vierteljahr daraufgegangen , aber ein solcher weiter umzug mit einer familie ist keine leichte sache. Sie haben gewiß antheil an der günstigen wen- dung unseres geschickes genommen. es geht uns hier gut, möge uns gott gute gesundheit schenken um die gewährte muße, so wie wir wünschen, benutzen zu können, seit dem 11. d. m. habe ich meine vorlesungen über Gudrun begonnen. ich konnte meinen zuhörern nur Ziemanns schlechtes buch in die hände geben; wie es damit steht, und daß man bei jedem schritt steine dornen und allerlei unrat mit den füßen wegstoßen muß, wißen Sie so gut als ich. ich habe das schon bei meiner vorlesung in Göttingen empfunden und jetzt, wo ich diese vorlesung wahrscheinlich in der folge wiederholen werde, tritt das bedürfnis nach einem beßern text immer dringender hervor. hätten Sie oder Haupt indessen eine ausgabe geliefert, so wäre ich zufrieden gewesen,

Ich arbeite meinen text aufs neue durch, und da habe ich pflichtgemäß daran gedacht mir erst sicherheit über den abdruck bei Hagen zu verschaffen, ich schrieb deshalb an Karajan, er antwortet mir aber der präfect graf Dietrich- stein sei nach Italien gereist, und in seiner abwesenheit sei nicht leicht zu dem codex zu gelangen: ich müße bis zu seiner rückkehr warten. ich könne, meint er, kürzer und schneller dazu gelangen, Sie hätten | bei Ihrer anwesenheit den codex verglichen, gewiß genau da Sie damals selbst eine ausgabe beabsichtigt hätten. Ich frage nun bei Ihnen an ob Sie diese vergleichung mir mitzutheilen geneigt sind, ein jahr warte ich wenigstens noch, sollte bis dahin weder von Ihnen noch von Haupt eine ausgabe erscheinen, und halte ich meine arbeit dann noch selbst des druckes werth, denn man urtheilt über seine eigene arbeit nicht immer auf gleiche weise, so hätte ich dann lust eine, wenn auch nur kleine auflage machen zu laßen.

Ich stelle Ihnen die lage der dinge ganz offen dar, entscheiden Sie sich nun nach Ihrer ansicht. Konrads Silvester werden Sie durch die buchhandlung empfangen haben , ich wollte die gelegenheit nicht vorbei gehen laßen, einen guten codex zugänglich zu machen.

Mein bruder und wir alle grüßen freundschaftlichst mit den besten wün- schen für Ihr wolergehen. Ganz der Ihrige

Wilh. Grimm. II. W. GrimmanLl., Uhland. l.

Cassel, 3 December 1839.

Mit vergnügen übersende ich Ihnen, verehrtester herr, den meistergesang von des Brennbergers fahrt nach Frankreich, der dem auszug in unsern sagen zu grund liegt; mein bruder hatte selbst in Dresden davon abschrift genommen, freilich vor langer zeit, noch unter Napoleonischer herrschaft. Damals umgab, wie Sie bemerken, diese studien noch die frische und der reiz des ersten be- ginnens, indessen hat der fortschritt andere vortheile mit sich geführt, auch die berubigung, daß diese richtung nicht wieder untergehen kann. Es ist ein er- freuliches zeichen daß Haupt mit dem Erec schon auf dieser Stufe beginnt; wie viel aber noch vor uns liegt, zeigt sich eben darin, daß ein so treffliches gedicht bis dahin unbekannt geblieben ist. Daß ich, was Sie indessen gethan baben , namentlich Ihre geistig belebten untersuchungen über Thör, in ihrem vollen werthe erkenne, brauche ich nicht zu sagen. Ich freue mich im voraus

376 MISCELLEN,

auf die sammlung von volksliedern um so mehr, da, wie es scheint, Meusebach sich nicht zu einer bearbeitung und herausgabe seiner sammlung entschließen wird. Wir beide benutzen die uns zugetheilte muße nach kräften. Mein bruder arbeitet den ersten band seiner grammatik um, oder vielmehr er liefert ein neues werk, denn in den eilf bis jetzt gedruckten bogen ist keine zeile der früheren geblieben. Ein band der „weisthümer“ und ein angelsächsisches ge- dicht wird in kurzer zeit fertig sein. Ich habe eine kritische Ausgabe der „goldenen schmiede“ mit einer einleitung zum druck bereitet und sie wird wol zu ostern erscheinen.

Die vorarbeiten zum deutschen wörterbuch haben guten fortgang und schon kann ich fast sechzig mitarbeiter zählen, die uns bei den auszügen bei- stand leisten. Ich möchte nicht gerne zudringlich sein, aber wenn es Ihnen möglich wäre, für dieses werk das seiner idee nach doch ein allgemein vater- ländisches ist, etwas zu thun oder in dem kreis Ihrer bekannten einen und den andern dafür zu gewinnen, so würde ich das dankbar anerkennen. Das nähere über die einrichtung will ich gerrfe mittheilen.

Indem wir beide, mein bruder und ich, Ihrem freundschaftlichen andenken

uns empfehlen verharre ich in herzlicher verehrung Wilh. Grimm.

2. Cassel 18 Jan. 1840.

Mit herzlichem dank erkenne ich, verehrtester herr, Ihre theilnahme und bemühungen in beziehung auf unser wörterbuch, und nehme eben so dankbar die erbietung der herrn an, welche uns in dieser unternehmung, die allerdings noch größere schwierigkeiten hat, als ich voraussetzen konnte, beistand leisten wollen. die hauptwerke sind bereits in den händen thätiger mitarbeiter, auch ist schon eine anzahl sorgfältiger auszüge eingegangen, so daß wir, wenn uns gott muße ‚verleiht, hoffen dürfen unsere aufgabe zu lösen.

Ich habe auf einliegendem blatt*) das nähere über den gesichtspunkt angedeutet, der uns leitet, und in welchem die auszüge müßen gemacht werden, auch einige probeblätter hinzugefügt. Luthers werke sind schon sämmtlich ver- theilt, aber ich kann noch folgende schriftsteller nennen, von welchen mir aus- züge sehr erwünscht sein würden.

Fischarts einzelne werke (ausgenommen Gargantua oder die geschichts- klitterung, die in beschlag genommen ist), | W.Chr. Fuchs ameisen und mucken- krieg, Chr. Kaldenbach, Joh. Rist, Jac. Schwieger, Rempler von Lö- wenhalt, David Schirmer, Sibylle Schwarz.

Wollen Sie so gütig sein den herrn dieses verzeichnis mitzutheilen, und mir dann nur in ein paar zeilen sagen ob und was sie davon gewählt haben. Fischart ist mir allerdings der wichtigste, sowie auch die arbeit dabei am mei- sten mühe machen wird. die andern, glaube ich, sind leicht durchzusehen. wäre hr. bibliothecar Keller geneigt, wenn er sich mit den sieben weisen meistern beschäftigt (die an sich schon außer unsern kreiß fallen) , einzelne wörter, die noch im 16 u. 17 jh. fortgedauert haben, und in der frühern periode, im 13 u. 14 jh. noch nicht vorkommen, gelegentlich auf(zu)zeichnen , so würde mir das sehr lieb sein.

*) Sieh die Beilage.

MISCELLEN. 377

Ein angemeßenes honorar, das ich am liebsten von der bestimmung der mitarbeiter würde abhangen laßen, versteht sich von selbst. |

Die abschrift des Brennberger bitte ich zu behalten, ich habe sie in der absicht gemacht.

Mit der aufrichtigsten hochschätzung und ergebenheit Wilh. Grimm.

Beilage. |

Es kommt bei den auszügen für das wörterbuch, welches die sprache nicht bloß wie sie gegenwärtig ist, noch, weniger wie sie etwa sein soll, sondern so darzustellen bestimmt ist, wie sie sich von Luther bis Göthe gezeigt hat, darauf an daß aus den gewählten schriftstellern alle unhäufigen, ungewöhnlichen, oder in abweichender bedeutung gebrauchten gewöhnlichen wörter ausgehoben werden ; dasselbe gilt von zusammensetzungen , auf deren bildung die neuere sprache am meisten ihr augenmerk zu richten pflegt. bei schriftstellern des 18 jahrh. ist darauf zu sehen, wann ehedem ganz unbekannte jetzt häufige zusammensetzungen wie zb. thatsache und dgl. zuerst vorkommen ; aber auch geringfügige dinge wie partikel, zahlwörter (zb. das fem. zwo) sind zu berück- sichtigen. es kann natürlich keine ganz genaue anweisung gegeben werden, da bei jedem schriftsteller eigene rücksichten eintreten, aber mit philologischem sinne erwirbt man schnell den richtigen tact. im zweifel ist es beßer etwas aufzunehmen als zu übergehen. die jedesmalige orthographie ist beizubehalten.

Die äußere einrichtung ist einfach, auf einzelne duodezblättchen alle von glei- cher größe kommt das wort oben hin, dann wird die ganze phrase darunter gesetzt damit der sinn vollständig erhellt und bei der ausarbeitung nicht nöthig ist die stelle nochmals nachzusehen. eine sichere erklärung, die aus der ausge- schriebenen stelle nicht sogleich folgt, aber aus dem größern zusammenhang sich ergibt, kann gleich in einer klammer beigesetzt werden: theil und pagina des werks werden genau citiert.

Die beiliegenden probeblätter werden dies alles deutlich machen.

IV. W. Grimm an Albert Schott.

1.

Berlin Mai 1842. Hochgeehrtester herr,

Ihren brief vom 16 Febr. nebst auszügen zu dem wörterbuch und dem schönen geschenk, welches Sie mir mit Ihrem buch über die deutschen Colonien in Piemont, und der abhandlung über nationalität und sprache*) gemacht haben, habe ich am 25 märz richtig erhalten. für alle diese gaben meinen aufrichtigen dank. beide schriften habe ich mit theilnahme gelesen und daraus belehrung geschöpft. man sieht es Ihren untersuchungen über mundart und sitten der alpenbewohner an daß sie mit lust und liebe unternommen sind, und diese leben- digkeit gewährt ibnen einen besonderen reitz.

Die auszüge aus Fischart kamen noch zu rechter zeit. so ansehnliche und wichtige vorarbeiten bereits eingeliefert sind, so ist doch noch mancherlei zurück. ich habe dabei ebenso unerwartete hemmungen erfahren zb. durch den tod mehrerer mitarbeiter, als unerwartete förderungen, allein die zeit, wo wir die

*) In Cotta’s Deutscher Vierteljahrschrift. Pf.

378 MISCELLEN.

eigentliche ausarbeitung beginnen konnten, mußte immer noch zurückgeschoben werden. ich selbst bin seit anfang Decembers durch eine schwere krankheit, die mich fast ein volles vierteljahr auf das lager fesselte, von aller arbeit ab- gehalten worden, und erst seit wenigen wochen darf ich die feder in die hand nehmen.

Ihre auszüge aus Fischart scheinen mir sehr angemessen. wie Sie selbst bemerken, es läßt sich bei ihm, dessen willkürlichkeit | in behandlung der sprache nur durch seine originalität kann entschuldigt werden, keine allgemeine regel . geben über das was aufzunehmen und zu übergehen ist, aber Sie sind mit richtigem tact zu werk gegangen, und ich bitte Sie in dieser weise fortzufahren, auch das stück aus dem ehezuchtbüchlein, dessen ursprung zweifelhaft ist, mit aufzunehmen. ich weiß darüber keine auskunft zu geben und halte mich für entschuldigt da hr. v. Meusebach, der größte kenner Fischarts, nichts entschei- dendes zu sagen wußte,

Mit versicherung der aufrichtigsten hochachtung Ihr ergebenster

Wilh. Grimm.

2.

Hochgeehrtester herr,

die abermalige sendung von auszügen aus Fischarts aller practik großmutter ist richtig bei mir angelangt, und ich bitte Sie meinen wiederholten dank für die schöne und sorgfältige arbeit anzunehmen. wie fleißig auch der größere theil der mitarbeiter ist, so sind es doch nicht alle, und da vor beendigung die vor- arbeiten der anfang mit dem werk nicht kann gemacht werden, so würde die fortsetzung der auszüge aus dem ehezuchtbüchlein immer noch in den ersten monaten des künftigen jahrs zu rechter zeit kommen. ich hoffe also daß Sie bis dahin zu der beendigung derselben muße finden.

Auch für die geschichte des Nibelungeliedes*) sage ich Ihnen dank. diese lichtvolle darstellung wird gewiß den lesern der vierteljahrschrift willkommen sein, überhaupt die würdigung des gedichts bei dem größeren publicum fördern. es hat mich besonders gefreut daß Sie gegen Gervinus den werth des vaterländi- schen in dem gedicht hervorgehoben haben. wenn ich bei dem eingang meiner untersuchungen eine vorausgewählte ansicht nicht aufstellen wollte, so wollte ich nur die freiheit der forschung bewahren: es war aber meine absicht darzustellen daß geschichtliche und mytbische bestandtheile in dem Nibelungeliede sich unter- scheiden laßen. weiter mag ich noch immer nicht gehen, weil ich den fuß nicht gerne aufsetzen will, wo ich nicht festen boden unter | mir sehe. ich habe nie die möglichkeit eines mythischen ursprungs geleugnet, doch mir trägt diese ansicht nur früchte wenn sie sich nicht auf vermutungen stützt, sondern sich mit einiger sicherheit begründen läßt, die dichtung erscheint schon in der Edda als heldensage, zu einer zeit wo die deutsche mythologie noch bestand , also müßte man den übergang in eine zeit setzen, wo eine frühere und gewiß sehr abweichende gestaltung des mythus bereits im untergang begriffen war. hier ist alles dunkel, und wir müßen nur rathen.

Sie haben vd. Hagens schrift, die Nibel. ihre bedeutung für die gegenwart und immer, mit stillschweigen übergangen, das ist gewiß nicht z4 misbilligen,

Ebenda. Pf.

MISCELLEN. 379

aber die, welche über seine philologischen leistungen nicht gerne reden, können ähnliche beweggründe haben, und wären dann nicht zu tadeln; ja Hagen selbst hätte nicht ursache, sich zu beklagen. was würde aus seinem neusten werk, der großen ausgabe der minnelieder, werden, wenn man sie mit einiger strenge beurtheilen wollte? mühe und arbeit hat er dabei nicht gespart, überhaupt aber glaube ich nicht daß jemand so unbillig sein wird seinen eifer und seine ver- dienste zu verkennen. allein ich glaube Sie rühmen ihn zu sehr, wenn Sie seine weise andere zu beurtheilen hervorheben. Lachmann hat sich darüber in der einleitung zu den lesarten bei der neuen ausgabe des Iwein scharf ausgesprochen.

Mit aufrichtiger hochachtung und ergebenheit

Berlin 30 Juni 1848. Wilhelm Grimm.

Lennestraße 8.

V. W. Grimm an Franz Pfeiffer. 1.

Nehmen Sie meinen besten dank, hochgeehrter herr, für die zuvorkom- mende güte, mit welcher Sie mir erst die adresse des herrn Michelant und hernach noch einige andeutungen zur beantwortung meiner fragen aus dem ertrag Ihrer eigenen untersuchungen mitgetheilt haben. von dem werk des P. Paris, auf das Sie mich aufmerksam machten, wußte ich im Januar, als ich eine vorlesung über Athis in der academie der wissenschaften hielt, noch nichts: seitdem ist es mir bekannt aber noch nicht zugänglich geworden. indessen werde ich es nächstens erhalten und wenn mir hr. Michelant seine bemerkungen mit- getheilt hat (vorausgesetzt daß er noch weiter dazu veranlassung hat, sonst wäre es mir leid wenn er sich die zeit rauben wollte), so will ich die abhand- lung , bevor sie in den schriften der academie gedruckt wird, nochmals vor- nehmen und Ihre andeutungen dankbar benutzen. Ihrer vermutung daß der dichter des Athis ein anderer sei als Alexander von Bernay bin ich im voraus geneigt; ich habe denselben gedanken gehabt, aber zurückgewiesen weil ich glaubte so weit dürfe man sich auf die behauptungen der französischen gelehrten verlassen; aber sie scheinen auf untersuchungen dieser art nicht viel mühe zu verwenden. es ist ein grund vorhanden weswegen man glauben könnte das fran- zösische gedicht von Athis, wenigstens ein theil desselben, müßte erst im anfang des 13 jh. abgefaßt sein. darum wäre mir eine sichere nachricht von dem alter der handschrift lieb gewesen. |

Die abhandlung meines bruders wird eben in den schriften der academie gedruckt.

Nochmals meinen dank und die versicherung aufrichtiger hochachtung.

Berlin 24 Nov. 1844. Ihr ergebenster Wilhelm Grimm.

2.

Die verschiedenen sendungen, die Sie, hochgeehrter herr Doctor, so gütig waren mir zukommen zu lassen, den Alexander des Lambert li Cors und dic gesammelten sprichwörter, habe ich richtig empfangen: hr. Dr. Zacher wird Ihnen meinen dank schon ausgedrückt haben, ich wollte es bei übersendung des Athis und Prophilias selbst thun; indessen enthält Ihr letzter brief vom 27 Octb., der aber erst kürzlich in meine hände gekommen ist, eine anfrage,

380 MISCELLEN.

die ich gleich beantworte. ich habe den druck von Athis so lange als möglich zurück gehalten, da aber der band der academischen schriften , worin er er- scheint, jetzt beendigt werden muß, so kann ich nicht länger zögern. so lieb mir an sich eine abschrift der entsprechenden stellen aus der französischen handschrift gewesen wäre, so kann sie doch nicht mehr zu rechter zeit ein- treffen: indessen bitte ich Sie den, der mir diese gefälligkeit erzeigen will, nicht abzuhalten : sie wird mir auch dann noch willkommen sein. vielleicht, und das ist ein hauptpunct, wäre es ihm auch möglich etwas sicheres über den französischen dichter auszumitteln , der schwerlich Alexander von Bernay war. von Michelant habe ich nichts weiter gehört.

Der erste band Ihrer Mystiker kam mir erwünscht, wiewohl ich ihn, da er erst vor kurzem anlangte, nicht vollständig benutzen konnte: mich förderte aber die ausstattung, die Sie ihm mitgegeben haben ; wäre doch auch Hahn bei dem Passional so fleißig und thätig gewesen. ich wünsche Ihnen ferneres freudiges fortschreiten auf Ihrer bahn und brauche Sie nicht erst meiner theil- nahme an Ihren arbeiten und meiner anerkennung des schon geleisteten zu versichern. Mit hochachtung und ergebenheit Berlin 7 Dec. 1845. Wilhelm Grimm.

3.

Hochgeehrter herr Bibliothekar,

ich kann mir endlich das vergnügen machen Ihnen den fertigen Athis zuzu- senden, dessen erscheinung sich aus verschiedenen gründen verzögert hat. es war eine gute laune des zufalls, die mir noch ein paar unbekannte blätter zuführte, aber erst ganz vor dem thorschluß,, so daß ich den druck eine zeitlang aus- setzen mußte. ich habe mich bei der einleitung rechts und links umgesehen und allerlei fragen aufgeworfen, es wird sich zeigen was sich in meinen ant- worten haltbar erweist. ich erneue meinen dank für die güte und bereitwillig- keit mit der Sie meine wünsche bei dieser arbeit erfüllt haben.

Mein bruder ist vor kurzem nach Lippspringe, einem bade in der nähe von Paderborn gereist, wie ich hoffe zur stärkung seiner gesundheit, die diesen sommer übrig leidlich war. der arzt treibt auch mich an nach Teplitz zu gehen, ich kann aber erst nach beendigung meiner vorlesungen an der universität. von da denke ich nach Frankfurt zu gehen, wo ich auch Sie zu finden hoffe.

Nehmen Sie noch meinen glückwunsch zu Ihrer neuen stellung, über die ich mich gefreut habe, und die versicherung aufrichtiger hochachtung

Berlin 19 Juli 1846. Ihr ergebenster

Wilhelm Grimm.

4.

Hochgeehrtester herr professor,

Nur mit wenigen zeilen will ich Ihnen die richtige ankunft der schönen abschrift der dortigen hs. Freidanks melden und Ihnen meinen großen dank für dieses geschenk ausdrücken, das mir so sehr willkommen ist. ich werde es näher kennen lernen, wenn ich es bei einer nochmaligen durchsicht des sonst schon fertigen neuen textes benutze. gegen meinen willen muß ich diese arbeit noch einige zeit aufschieben , da mich ein paar academische arbeiten beschäf- tigen, die keine verzögerungen erlauben.

U

MISCELLEN. 38]

Haupt wird in den nächsten tagen hierherkommen um Lachmanns Nach- laß zu ordnen. Wackernagel hatte uns mit einem besuch erfreut, und mit ver- gnügen habe ich von ihm gehört daß er an der vollendung seiner literargeschichte ununterbrochen fortarbeitet.

Mit aufrichtiger hochachtung und ergebenheit

Berlin 19 Mai 1851. Wilhelm Grimm.

5.

Hochgeehrtester herr professor,

Schon längst war es mein wunsch den Jeroschin näher kennen zu lernen, Ihr schönes geschenk so wie die widmung desselben hat mich daher ebenso überrascht als erfreut, und ich sage Ihnen meinen großen dank dafür. wenn man von dem ganzen gedicht, weil es für die sprache so wichtig ist, eine voll- ständige ausgabe wünscht, so entschädigen Sie doch durch das sorgfältige glossar, das einen wichtigen beitrag zum wörterbuch gewährt. die übersicht der reime war mir natürlich sehr willkommen.

Die abhandlung meines bruders über den vocalismus der mitteldeutschen gedichte hat mich keinen augenblick irr gemacht. die sache steht so fest daß es mir kaum nöthig schien darüber weiter zu verhandlen, die denkmäler welche die in der mitte von Deutschland geltende sprache darstellen, sind so zahlreich und die ihnen gemeinsamen eigenthümlichkeiten, zumal was die vocale betrifft, treten so deutlich :hervor, daß man sie nothwendig von den hochdeutschen ab- sondern und als eine für sich bestehende gruppe behandeln muß; auf den namen den man dieser sprache geben will, kommt wenig an. auch das Passional gehört dazu , wiewol in einem entferntern grad: ich hätte gerne einmal die beweisenden reime | zusammengestellt, - wenn sich nur zeit dazu hätte finden wollen. mein bruder leugnet gewis nicht die einmischung des niederdeutschen, aber er nimmt jedesmal eine verschiedene besondere an und verneint das gemein- schaftliche. dies hervor zu heben wäre also die aufgabe einer abhandlung.

Möge der neue abschnitt in Ihrem leben Ihnen glück und segen bringen : nehmen Sie diesen wunsch zu dem begonnenen jahr an, wie die versicherung der aufrichtigsten hochschätzung. der Ihrige

Berlin 17 Januar 1854. - Wilhelm Grimm.

6.

Hochgeehrtester herr professor,

ich hatte die absicht einen sommer in Wildbad zuzubringen, bin aber durch die naßkalte witterung davon abgehalten worden. der arzt riet mir nach Soden zu gehen, wo ich in der reinen und milden luft mich erquickt habe. auf dem rückweg ward ich hier in Hanover ernstlich krank und habe noch nicht nach Berlin 'abreisen können. jetzt ist erst Ihr schon anfangs August geschriebener brief in meine hände gekommen. ich danke Ihnen für die mittheilung Ihres plans zu einer altdeutschen vierteljahrschrift, von der ich nur im allgemeinen gehört hatte. erlauben Sie mir dazu eine bemerkung. Sie stecken sich dasselbe ziel, das Haupt bei seiner zeitschrift verfolgt. diese ist mit einsicht, geschick und sorgfalt angefangen und fortgeführt worden: warum wollen Sie eine neue gründen ? zwei neben einander können nicht bestehen, jene hat einen langen bestand voraus

382 MISCELLEN.

und dauert nur, weil der verleger der wissenschaft mit achtungswerthem sinn ein opfer bringt. Ihre furcht daß eine schule sich bilde, welche jede abweichende ansicht unterdrücken wolle, halte ich für unbegründet. ich bin überzeugt daß Haupt und | seine mitarbeiter daran nicht denken und überall ihre redliche überzeugung aussprechen; sie können in einer ansicht zu weit gehen, sie können irren: dem ist jeder unterworfen. die deutsche wissenschaft hat niemals eine autoritätsherschaft geduldet und freie forschung und rücksichtsloses bekenntnis der wahrheit sich niemals zurückdrängen lassen. ich weiß nicht ob Sie etwas anderes im sinn haben als die verschiedenen ansichten von dem alter der Nibe- langen texte, aber hier hat sich der gegensatz bestimmt genug, nur zu heftig ausgesprochen.

Was meine ansicht über Freidank betrift, so habe ich zweifel und bedenken dagegen ganz natürlich gefunden, und ein nur nicht oberflächlicher widerspruch wäre mir willkommen gewesen. ich sagte ausdrücklich es sei mir lieb daß ein geachteter gegner mit gründen auftrete. es besteht nur der unterschied daß ich im suchen der wahrheit zu meiner ansicht gelangt war, Sie aber in dem zweifel- losen besitz derselben sich glauben. warum wollen Sie Ihre entgegnung nicht gleich in Ihrer zeitschrift abdrucken lassen ? als anonymer recensent hätten Sie den schein gegen sich in eigener sache richter zu sein. der neue text würde nichts wesentliches für die frage beitragen, und ich kann, da ich zwei mir bisher unzugängliche aber wichtige handschriften noch durchzuarbeiten habe, die nahe erscheinung | desselben nicht ankündigen. Sie teuschen sich aber wenn sie glauben die mehrzahl sei in der hauptsache auf Ihrer seite: bei Ihnen steht nur wer von der unmöglichkeit meiner behauptung überzeugt ist, nicht aber wer noch zweifelt und sich nicht entscheiden will. Lachmann schloß damit daß meine hypothese möglich sei, aber nicht wahrscheinlich, und das ist meines wissens auch Haupts meinung. es müßen unbekannte größen sein, welche, wie Sie, in allen meinen behauptungen nichts als irrthümer sehen, die hauptsache für entschieden halten und die fortsetzung des streits als eine ermüdende weit- läuftigkeit betrachten.

Unser friedliches verhältnis ist natürlich nicht gestört, und ich verharre mit der versicherung vollkommenster hochachtung

Ihr ergebenster

Hanover 5 Octbr. 1855. Wilhelm Grimm.

Φ 7.

Hochgeehrtester herr professor,

der prof. Jos. Haltrich zu Schäßburg in Siebenbürgen, der mit geist und sinn die sitten und überlieferungen der dortigen Sachsen erforscht, und dessen hüb- sches märchenbuch Ihnen bekannt sein wird, hat mir eine abhandlung über die stiefmütter, die stief- und waisenkinder zugeschickt, die er in einen: verein vorgelesen hat. sie ist zwar gedruckt, kommt aber nicht in den buchhandel und kann daher als manuscript betrachtet werden. er hat ein zweites exemplar beigelegt mit dem wunsch es Ihnen zuzusenden , weil er glaubt, daß Sie in Ihrer zeitschrift davon gebrauch machen könnten. er hat auch eine übersetzung der in der mundart aufgefaßten volkslieder zugefügt, die ich Ihnen hier gleich- falls übermache. die kleine schrift lasse ich unter band an Sie abgehen. Haltrich bemerkt daß das etwaige honorar dem schäßburger schulfond bestimmt sei.

MISCELLEN. 383

Erlauben Sie mir noch eine bitte. Sie haben in Frommanns mundarten schätzbare nachricht von dem Seelentrost gegeben und bemerkt (1, 75) daß darin N’ 89 eine erzählung von Athis und Prophilias vorkomme; ich kann sie aber in den auszügen nicht finden, Nr. 89 (Mundarten 2, 16) ist etwas anderes*). mir ist daran gelegen diese darstellung der sage zu kennen. könnten Sie mir, ohne daß es Ihnen große mühe;macht, eine abschrift davon zu(kommen) lassen, so würde ich Ihnen dafür sehr dankbar sein; auslagen würde ich gerne erstatten.

Mit der versicherung der vollkommensten hochachtung

Berlin 4 Octbr 1856. Ihr ergebenster

Linksstraße 7. Wilhelm Grimm.

Jacob Grimm’s Briefe an Hoffmann von Fallersleben. Nachtrag.

1.

Nach Breslau. Göttingen 31 dec. 1832.

Der letzte Tag im jahr mahnt nicht länger zu säumen mit dem dank, den ich Ihnen, lieber freund, schuldig bin für die freude, die Sie uns mit zu- eignung der holländ. volkslieder **) gemacht haben. Es ist eine schöne, fleißige sammlung, wodurch die improvisierte, der Sie mit recht nicht einmal eine er- wähnung gegönnt, ganz überflüßig wird. Die besten dieser lieder sind wohl in dem jetzt wieder sogenannten Belgien entsprungen, das sich nun vollends von deutscher gesinnung und gemeinschaft abkehrt. Der fall der eitadelle betrübt mich sehr, ich hätte den Franzosen gegönnt, daß der himmel ihr übermüthiges unternehmen durch eine empfindliche demüthigung gestraft hätte. Doch kann für Holland und Deutschland ein heil aus dem unglück hervorgehen, wenn sie die nothwendigkeit einsehen sich beide aufrichtig und fest zu verbinden. Poli- tische kraft wird in Belgien doch nicht erblühen. Wir Bibliothecare haben nun jetzt die mühe, die beiden länder strenger zu sondern. Absatz in jene gegenden wird Ihr buch nicht sogleich haben können, aber vielleicht später einmal. Ich wollte daß Meusebach nun eine ähnliche arbeit über die deutschen volkslieder zu stand brächte.

Zu Ihrem kirchenlied sind mir noch zwei stellen eingefallen:

Wippo p. m. 466 :: peracta electione —ibant gaudentes, clerici psallebant, laici canebant, utrique suo modo.

Suchenwirt 42, 96: pläsent üf die horn wolüf ir töten, des ist zit!

Gleich unbedeutend ist der beiliegende zettel für Stenzel, ich habe das buch immer noch nicht so wie ieh wollte studieren können. Überhaupt danke ich Gott, daß ich nicht schon vor 15 jahren hierher gekommen bin, dann wäre grammatik und anderes nicht geschrieben worden ; jetzt helfe ich mir damit, daß ich doch ein wenig drin bin und nicht leicht loslassen darf.

In meinen dank ist Wilhelm mit eingeschlossen.

Von herzen Ihr freund

Jacob Grimm.

*) Es ist Nr. 80. Pf.

**) Horae belgicae. Studio atque opera Henrici Hoffmann Fallerslebensis. Pars II. Vratislaviae apud Grass, Barth et soc. 1833.

2 ,.Ὁὃ MISCELLEN.

2. Nach Breslau. Berlin 24 dec. 1842. Lieber freund, ich weiß noch heute über Ihr schicksal nicht mehr als vor vier wochen, wo ich dem überbringer Ihres briefs auskunft zu geben außer stand war. wahrschein- lich ist durch Eiehhorns längere krankheit diese peinliche entscheidung hin- gehalten worden. Wo ich mit frage anklopfe hat man keine antwort.

Auch Ihrem andern wunsche in bezug auf die volkslieder *) fürchte ich nicht entsprechen zu können. ich stehe mit den hiesigen zeitungen außer ver- bindung , doch meine recension könnte leicht auch anderswo erscheinen. Aber das hauptverdienst Ihrer samlung, die genaue aufzeichnung schöner melodien gehörig zu würdigen bin ich ungeschickt. Und was die texte angeht, soll ich nicht hinterm berge halten, so muß ich sagen, ich hatte eine reichere schle- sische samlung erwartet, in art und weise der von Meinert. Sie geben zwar hübsche, vervollständigte, aber dem grund nach doch meist bekannte, allgemein deutsche lieder. natürlich ist auch einzelnes neu und schlesisch, auch jene ver- vollständigung und reine fassung mir willkommen.

Heute weihnachtsabend sollte es uns alle, alt und jung freuen, wenn Sie in unsre stube träten und den baum bei uns brennen sähen. häuser und kinder können Sie auch dort genug erreichen, doch meinen wir es herzlich treu mit Ihnen und Ihrem geschick, und wünschen daß der nächste Christtag Sie wieder ruhig unter friedlichem dache schirme. es kann kaum fehlen, da Sie noch genug kraft und frischen mut in sich tragen müssen.

Den auftrag an Lachmann habe ich ausgerichtet, und sobald Sie wollen oder in unsre nähe kommen können Sie das Ὁ. zurück empfangen. ich glaube nicht, daß Lachmann es übel mit Ihnen meint.

Meine neue mythologie wird tapfer doch etwas langsam gedruckt.

Wollen Sie Ihre gesch. der mhd. literatur vornehmen , sobald Sie über Ihren künftigen aufenthalt sicher gestellt sind? Warum wenden Sie der Haup- tischen zeitschrift keine beiträge mehr zu? Weackernagel hat es endlich gethan und recht hübsch.

Gruß von herzen. Jac. Gr.

3. Nach Weimar. Lieber Hoffmann, | hierbei sende ich was zuletzt von mir im druck erschienen ist, auch eine neue aber unveränderte auflage der abhandlung vom ursprung der sprache, die Sie wahrscheinlich noch nicht besitzen. Unter den besten wünschen für Ihr stetes wolergehn Ihr alter freund Berlin 30 oct. 1858. Jac. Grimm.

*) Schlesische Volkslieder mit Melodien. Ans dem Munde des Volks gesammelt und herausg. von Hoffmann von Fallersleben und Ernst Richter. Lpz. 1842.

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN UND DER ÜBRIGEN MIT I BEGINNENDEN DIPHTHONGE, ODER DER LAUTE IA, IO, IU IM ALTNORDISCHEN,

eine

Die vergleichende Grammatik hat gelehrt, daß in allen Wurzel- silben, in denen die neueren nordischen Sprachen, das Dänische, Schwedische und Isländische ja, 70, ju mit consonantischem Jod haben, ursprünglich als erster der beiden Laute reines i vorhanden war, je- doch nicht als selbständiger Vocal, sondern mit dem folgenden diph- thongisch verbunden zu einem Laute. Die Bestandtheile dieser Doppel- laute verschmelzen ihrer Natur nach nicht so völlig als in den ältesten reinsten Diphthongen αἱ und au, vielmehr behielt einer über den andern das Übergewicht, und zwar im Angelsächsischen und Altnordischen stets der letzte, indem die Betonung des dem goth. iu entsprechenden Diphthonges ags. ed und altnord. :6, ἰώ war.

Eben so verhielt es sich mit dem aus kurzem hervorgegangenen Doppellaut is im Alto. und mit seinem Umlaut, der in den ältesten ° Quellen vorzugsweise io, erst später allgemein ἐδ geschrieben wurde, und dem im Ags. der umlautlose kurze Doppellaut eo entspricht. Das überwiegende Element war das zweite, und das erste war ihm kurz vorgeschlagen, wie J. Grimm es bezeichnete, der zuerst solche gebro- chene kurze ‚Vocale in weiterem Umfang nachwies, wobei natürlich die einen solchen enthaltende Silbe nicht durch die Brechung zwei- silbig wird. In Bezug auf den Silbenumfang kann das altn. idfn, βάν» nicht anders betrachtet werden, als das ags. earm, eald, giefe (ich gebe), fier, welches neben feor und fer auftritt, d. h. es gab im Ags. nicht zwei Silben e-arm, fi-er, fe-or, sondern earm, fier, feor (wie z. B. veo- rold, sveord, in vorold, svord übergeht), und so im ältesten Nordisch iafn, ftarr, d.h. das Übergewicht in ia erhielt das a, welches sich meist weil ursprünglich ein a in der Endsilbe folgte dem Wurzel- vocal beimischte.

Die einzig streitige Frage ist nun, bis wie lange im Nordi-

schen die rein vocalische Geltung der bezeichneten Lautverbindungen, GERUANIA IT, 25

t

386 DIETRICH

zu denen sich weiterhin auch ie, ἐδ, ἰῷ gesellte, woraus je, jö, je ge- worden ist, angedauert habe. Während J. Grimm, aber freilich ohne umständliche Beweisführung , jederzeit für den ganzen Umfang des Altnordischen vocalische Aussprache behauptete, haben sich fast alle nordische Gelehrte und darunter Männer wie Rask, Rafn, Munch, Unger, Egilsson, Gislason, für sehr frühen Übergang zum Consonant 7 entschieden, und die Schreibung ja, 20, ju in ihre Ausgaben der beiden Edda und aller Saga’s eingeführt, wofern nicht die Orthographie der Handschriften in den Ausgaben wiedergegeben werden sollte. Es wird für die unbefangene wissenschaftliche Betrachtung nicht überflüssig sein, aufs neue mit Erwägung aller Erscheinungen zu prüfen, wie weit der Consonant 5 in jenen Verbindungen zurückgeht.

Die Schreibung der Handschriften entscheidet darüber nichts. Die älteren schreiben immer i, und dies bleibt auch späterhin herr- schend; aber wie nach lateinischer Orthographie « auch für v gebraucht wird, so könnte nach derselben lateinischen Weise auch für 7 gesetzt sein. In jüngeren Hss. tritt 7 auf in den gedachten Verbindungen, allein da dieselben auch sichern Vocal, wie z. B. die Präposition © mit j schreiben, wie denn auch in deutschen Hss. des XV. and noch im X VI. Jahrh. jn, jm, jr geschrieben wird, so ist daraus nichts zu ent- nehmen. |

Mit welchen Gründen wird nun das hohe Alter und zwar das Vorhandensein der Aussprache mit 7 bereits im Altnordischen bewiesen ? Bei Munch, der die Grimmsche Lehre von Brechung und Umlaut auf- genommen hat in seiner Schrift: Forn-Swenskans (Svaensku ok Gozku) och Forn-Norskans (Norroenu) Spräkbyggnad, Stockh. 1848, findet sich anerkannt, daß rein vocalische Brechung wie in IAS (st. is, 18]. es, gew. er, der Relativpartikel) und SPIALL noch auf den altschwedi- schen Runensteinen vorhanden sei, während es später in e übergehe, aber das Altnordische lasse das 7 in solchen Verbindungen nach eigen- thümlicher Lautneigung in 5, den Consonanten, übergehen (δ. δ, c p. 10, δ. 27 p. 24, δ. 30 p. 26) mit Verlängerung des zweiten Bestandtheils in den ursprünglichen Diphthongen. Nirgends zeigt sich ein Beweis, außer p. 26, wo für die Betonung des zweiten Bestandtheils die Zu- sammenziehung des angeblichen }ika zu lüka mit Eliminierung des } angeführt wird, und für die consonantische Aussprache des in :& im Altnordischen die Dichtigkeit des 2 in der heutigen norwegischen und schwedischen Aussprache in Fällen’ wie 1728, Ijis, wofür oft nur ja, 786 gehört werde.

Aber das ist es eben, was noch vor allen Dingen bewiesen werden

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 387

muß, daß die herrschende heutige Aussprache des Nordischen in den beregten Lauten auch die der alten Norroenu, des Norwegischen und Isländischen in der Blüthezeit ihrer Litteratur war, zumal da es Dia- lecte gibt, in denen sich die als die ursprüngliche von Niemand ge- leugnete vocalische Aussprache bis auf die-Gegenwart erhalten hat. Doch ist auch auf diese vocalische Geltung des :a, vo, iu im Dia- lect der schwedischen Provinz Dalar und auf der Insel Göthland nichts zu geben. Auf keiner Seite entscheidet eben der heutige Sprachstand irgend etwas über den des Mittelalters. Von heute auf damals zu schließen, das wäre ungefähr ebenso, als wenn man aus der Aussprache des neu- hochdeutschen je, jeglich, jemand den consonantischen Anlaut für das mhd. ie, iegelich, ieman folgern wollte.

Wirkliche Beweisführung muß auf dem Boden des Altnordischen selbst angetreten werden, und dies ist von neueren nordischen Gelehrten geschehen, theils durch die Berufung auf die Verwendung der fragli- chen Silben im Reim. der Skalden, theils durch die Verweisung auf die Snorra Edda, in deren grammatischen Abhandlungen die Behaup- tung vorkommt, daß i for Vocalen Consonant sei. Diese beiden Punkte sind der Beachtung werth, und sollen sofort näher geprüft werden, nicht aber die Einrede, daß in Versmaßen, in denen die Silbenzahl eine bestimmte ist, Wörter wie iafn, fiarr, iörd einsilbig gebraucht werden; denn die Einrede beweist ja nicht, daß jafn, fjarr, jörd ge- sprochen wurde, sondern nur, daß, wer sie vorbringt, kein Gehör für dergleichen noch jetzt in Deutschland und England vorhandene, in schneller Folge gesprochene kurze Doppelvocale hat, und sich keine Vorstellung von der Brechung im Ags. und Altn. überhaupt erworben hat, die nirgends die Silbenzahl vermehrt.

Von Seiten des Reims wird nun so gefolgert: zur Bildung des Reims gehört in der betreffenden Silbe Gleichheit des schließenden consonantischen Elements und Gleichheit des vorhergehenden Vocals; nun findet sich aber in Reimsilben ἐό mit 6, ἐΐ mit gebunden, also ist 26 und gesprochen worden. Zum Vorschein kommt dies nicht nur in Strophen mit Endreimen, sondern auch in den Binnenreimen, welche die 2., 4., 6. und 8. Zeile des gewöhnlichen Drottkvzdi *) er- fordert. Beispiele sieht man in Snorri’s Hättalykill; er hat unter den Endreimen der Rünhenda: glöd : miöd str. 91, sowie lidtt : sdtt str. 93,

*) Diese wenn auch nicht eddische, aber auch bei nordischen Gelehrten einge- bürgerte Benennung des Herrenverses behalte ich bei, nach dem Vorgange von Rask (Verslehre), Munch und Mohnike.

25 *

388 DIETRICH

unter den Binnenreimen des Drottkvedi varr : farr-i str. 35, blöd : ridd-a str. 11. biör : stor-an ebenda; brod-ur : pidd str. 69.

Dazu ist aber zu bemerken, daß das Wesen des Reimes nicht aufgehoben wird durch irgend ein dem betonten Vocal vorhergehendes Element; da nämlich niemand leugnet, daß a in ia, in ἐδ, in id der betonte Bestandtbheil ist, so ist er auch der klingende und reimende, und es ist für den Reim völlig gleich, ob damit ein vorhergehender Consonant verschmilzt oder ein vorgeschlagener Vocal. Einem feineren Ohr wird es allerdings immer besser lauten, wenn volle vocalische Congruenz statt findet, und demnach, unter Voraussetzung rein voca- lischer Aussprache, die Laute ia nur mit ia, ἐδ nur mit ἐδ, nur mit ὅ, und so fort gebunden werden. Zwei Jahrhunderte vor Snorri dichteten Egill Skallagrimsson , Einarr Skälaglam und Eilifr Güdrünarson; in den Endreimen des erstern ist in der That noch stets voller vocalischer Gleichklang, und nicht mit ἐδ gebunden, sondern und dies sind alle hierher gehörige Fälle ἰδᾶ : kvöd, miöd : biöd, hiör : giör, för : spiör, δὶ: miöl, föl: möl, miöt: siöt, und niemals anders in seinem Höfudlausn ; in Einars Vellekla zeigt sich als Binnenreim hiörs: fiörvi, för : görva und einmal hiör: Sörva (Eigenname), in der Thörsdräpa des Eilifr Gu- ärünarson kommt nur völliger Gleichklang in folgenden Binnenreimen vor, welches alle hierhergehörigen sind: driigr: liüäga str. 1, 3; niard: giardar 7, 4; sidlf-: pidlfi 9, 4; hriddendr : piodar 11, 6; jiard : tardar 15, 2; Piöst : briösti 16, 8; idtre : pridti 17, 6; es wird also z. B. ἐό nur mit id gebunden, wie nur mit 6 in bröttar : dtta 10, 8; 8ἰ6 : stödu 12, 6; hög : skögar 19, 2 obgleich die Freibeit besteht, kurzes a mit ö zu binden, wie in gamm : skömmu 2, 2; sagna': Rögnir 3, %; Vargs : lörgu 4, 2; vann : nönnu 5, 2; barna : mörnar 7,6; und abgesehen von hrin-bälkar: gingu (so statt gängu) 13, 4 auch zuweilen kurzes a mit reimt, wie in granhött : kvänar 13, 8; dngr : töngu 15, 6. Immer noch finden sich selbst in Snorri’s Hättalykill wenigstens bei 16 öfter die völligeren Binnenreime mit id, wie in bridir : spiötum 16, 6, vgl. 22, 4. 31, 6.

Doch zu lange schon verweilen wir bei dem Reime, der in den besprochenen Silben, mögen sie lang oder kurz sein, auch dann nicht aufgehoben wird, wenn vor dem betonten zweiten Bestandtheil ein an- derer, ein kurz abgeschnellter Vocal voraus klingt. In der ags. Poesie gibt es nur sehr wenige gereimte Stellen, doch auch da zeigt sich der ähnliche Reim onvgeäh : fäh, Elene 1243. Anders ist es im Mbhd,, wo in den Diphthongen ie, vo der Ton auf dem ersten Bestandtheil i und « ruht, diese können natürlich nur unter sich gebunden werden, wie diet : geriet, und soll niht mit Zieht gereimt werden, was öfter ge-

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 389

schieht, so muß, was etymologisch berechtigt ist, nieht gesprochen werden (Nib. 581*, 1682°), das e fällt nothwendig mit in den Reim, weil die Klanggleichheit mit der Tonstelle davor begonnen hat.

Von Bedeutung ist allein der zweite zu Gunsten des j in den nordischen Lautverbindungen angeführte Grund, nämlich die bestimmte Aussage der Grammatiker, deren Abhandlungen über die Laute und Figuren der Rede an die Snorra Edda angefügt wurden, daß das vor andern Vocalen geschriebene ein Consonant sei. Der grammati- schen Abhandlungen sind drei von verschiedenen Verfassern, die dritte ist von Ölafr hvitaskäld (} 1259), die zweite nach Egilsson von einem andern gelehrten Isländer um 1200 geschrieben, die erste bald nach Ari etwa 1150—1160. Alle drei legen, wenn auch nicht in ganz gleicher Weise, dem : vor Vocalen consonantischen Laut bei. Am bestimmtesten spricht OÖlafr: οἱ und u haben dadurch mehrere Arten, daß sie zu- weilen Consonanten (samhliödendr) sind, wie in diesen Nominibus: αν, uitr, und heißt das u da verwandelt (vend) in der nordischen Sprache.“ Sn. E. (1852) II, p. 78, wobei man sich zu erinnern hat, daß bereits in der der lateinischen vorhergehenden Runenschrift nur u für v ge- schrieben wurde. Der Verfasser der zweiten jener Abhandlungen sagt von dem i folgendes aus: „der zwölfte Buchstab (ἢ) ist ein wech- selnder, es ist ein rechter Vocal, wenn ein Consonant vor und nach ihm ist in der Silbe, wenn aber ein Vocal aufihn folgt, da verwandelt er sich in einen Gonsonant, und bilden sich da durch ihn manche volle Wörter, wie id oder iörd, oder ἐόν Sn. Εἰ. II, 50; (nach seiner Meinung 74. jörd, jor). Lässt man freilich hier das fol- gende weg, und nimmt man aus den Beispielen, die der Verfasser der ersten Abhandlung Sn. E. II, 24 für die ähnliche Behauptung, daß ein Vocal mehr Consonant (samhliödandi) heißen müsse als Vocal, sobald er mit einem andern Vocal verbunden werde, für welche Be- hauptung er die Worte austr, eärn (sic), eir, tür, eyrir, vin (uin zu schreiben) als Beispiele aufführt, nur iärn (Eisen) und ἐών (Euter) nebst uin heraus, wiederum mit Weglassung der übrigen, so scheint nichts klarer, als daß er järn und jür gesprochen haben wollte, und daß so- mit alle drei Grammatiker in dergleichen Lautverbindungen den Con- sonanten 7 gehört und gesprochen haben wollten, daß also wenigstens Ende des XII. Jahrhunderts ---- für früher ist gar nichts bewiesen die rein vocalische Aussprache des ia, id, :% erloschen gewesen sei.

Aber eben ein soicher Schluß muß als unwissenschaftlich, ja als leichtfertig bezeichnet werden, so allgemein auch aus den genannten Äußerungen sogar weit rückwärts die consonantische Natur jener Laute

390 DIETRICH

gefolgert worden ist. Doch ich weiß einen nordischen Gelehrten zu nennen, dem wenigstens Bedenken eingefallen sind, und der offen und ehrlich gesteht, daß die Sache selbst noch für die Zeit der Snorra Edda nicht so leicht zu entscheiden sei.

Es ist Lyngby, der in seiner gelehrten Abhandlung „den old- nordiske udtale uplyst ved den oeldste afhandling om retskrivningen i Snorra Edda“ in ἃ. Tidskrift for Philologie og Pxdagogik 2. Bd. 289 ff. folgendes über unsern Gegenstand 8. 313 aussagt, zu deutsch: „Was die Verbindung eines i mit einem folgenden Vocal in Wurzel- silben betrifft (ia, τά (ip [ig], ἐό, ix), so ist es schwer auszumachen, in wie weit Vocal oder Halbvocal: (ja u. 8. w.) gewesen ist zu der Zeit, da die Abhandlung in der Snorra Edda verfasst wurde; könnte man auf die Äußerungen des Verfassers Sn. II, 24 bauen, so müßte man annehmen, daß edrn (Eisen), ἐών (Euter) ein 2 hatte, ungeachtet dessen, daß es einem e in edrn entspricht. Dagegen ist es sicher, daß man auf dem gemeinsam nordischen Standpunkt io, id u. s. w. mit vocalischem ersten Laut (oder Halblaut, Schwa) gehabt, denn in Dalar und Guth- land ist diese Aussprache bewahrt, und die Hinsicht auf den Ursprung der Laute erledigt die Sache zum Vortheil für diese Formen.“

Entscheidend ist offenbar die allerursprünglichste Gestaltung der Laute so wenig als die heutige für die Zeit des sogen. Altnordischen im XII. Jahrhundert; es fragt sich einzig nach dessen eigener Aussage über sich, und hierüber besteht in der That nicht eine solche Unge- wißheit, daß man nicht ins Klare kommen könnte, wenn man nur die Äußerungen der Grammatiker in der Snorra Edda ganz und in ihrem historischen Zusammenhange auffassen will.

Es wird doch wohl Niemand leugnen wollen, daß die sprachlichen Reflexionen der Grammatiker der Edda durch das Studium der latei- nischen Grammatiker erregt und erweckt sind. Sie bringen zu den lateinischen Kunstausdrücken und Regeln meist gut gewählte Beispiele aus dem Isländischen. Schon der Verfasser der ersten Abhandlung er- wähnt lateinische, griechische, hebräische und schottische Buchstaben. Der lateinische Grammatiker Priscianus wird nicht nur in der vom Redactor des Ganzen vorgefügten Einleitung zu den Abhandlungen, er wird auch von dem dritten isländischen Grammatiker, Ölafr hvita- skäld ausdrücklich citiert (Sn. E. II, 66. 70 76. 84. 88. 90); er folgt ihm, wo er sagt was der modernen Wissenschaft widerspricht daß % kein vollkommener Buchstab für sich, weder Consonant, noch Vocal sei, sondern bloß Aspirationszeichen (eb. 86); er hat den Priscianus offenbar auch vor Augen, wo er über die Vocale handelt., denn er nennt den

Bu

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 391

lateinischen Diphthong oe den vierten (Sn. E. 78), was er nur in der Reihenfolge derselben bei Priscian 1, 9, 50 (ae, au, eu, oe) wirklich ist, während andere anders anordnen da ist denn auch mit Händen zu greifen, woher die Regel kommt, daß vor Vocalen ein 2 sei.

Wenn man dagegen einwendet, daß von diesen 18]. Grammatikern das © vor Vocalen doch auf gleiche Stufe gesetzt werde mit u vor Vo- calen, und da hier der Halbvocal v entschieden sei, dort auch fürs Isländische der Halbvocal, ἃ. ἢ. das consonantische 7 in der Volks- aussprache als vorbanden vorausgesetzt werde, so muß entgegnet werden, daß der letztere Schluß unstatthaft 180, weil alle drei Grammatiker in Bezug auf die Natur des vor Vocalen an denselben und andern Stellen ihrer Abhandlungen sich selbst, d. h. der im Latein geltenden und daraus fürs Isländische angesetzten Theorie indirect aber vollkomnıen widersprechen.

Indem ich diesen Widerspruch nachweise, wobei ich die unbe- kannten Verfasser der beiden ersten Abhandlungen kurzer Hand mit A und B bezeichnen werde, gelange ich zur ersten derjenigen Erschei- nungen, welche positiv für vocalischen Anlaut der in Rede stehenden Lautverbindungen im Altnordischen Zeugniss ablegen, denn die der genannten Theorie zuwiderlaufenden Äußerungen jener Grammatiker betreffen Vocalverbindungen, die im Latein nicht vorhanden sind, so daß ihre Lehren darüber nur aus dem Thatbestand der Volksaussprache entnommen sein können, während die Regel vom Übergang des i und u zu den Consonanten ebenso bei Priscian, ihrem Vorbilde, vorhanden war *).

Beginnen wir wieder mit Ölafr, dem dritten Grammatiker, der auch zugleich Dichter war, und der, wie wir unten sehen werden, in der Praxis des Dichtens nirgends verräth, daß er Anlaute wie ἴα, io von Vocalen unterschieden habe, so finden wir, daß er, wo er in seiner Abhandlung auf die Diphthonge zu sprechen kommt, Sn. E. nach der Ausg. v. Egilsson 1848 p. 177, folgende Laute, jeden mit seiner Be- zeichnung durch Runen, als altnordische Diphthongen (Iıningarstafir) aufführt: oe, au, ei, ey und eo. In der Kopenhagener Ausgabe II, p. 78 ist für den letzten Diphthong „e ok 0“ gedruckt nach dem Üod. Re- gius, der aber auch für ed vielmehr e oki hat, dagegen in der Perg. Hs. Nr. 748, die in derselben Ausgabe später abgedruckt ist, findet sich das genannte eo. Es wird dazu bemerkt, daß diese Hs. über dem eo

*) Priscianus I, 17: Videntur et u cum in consonanies transeunt, quantum ad potestatem, quod maximum est in elementis, alie literse esse, praeter supra dictas, mul- tum enim interest, utrum vocales sint, an consonantes, rell.

392 DIETRICH

ein geschwänztes o, habe, was deutlich der Zusatz eines späteren ist, dem eo fremdartig war.

Daß Ölafr selbst einen wahren Diphthong damit meinte, ein 60, und daß er selbst nicht „e und o“ geschrieben haben wollte, geht un- zweifelhaft daraus hervor, daß er die Zahl der isl. Diphthonge auf 5 bestimmt, eine Zahl, die nur durch Einschließung des eo herauskommt, so wie daraus, daß er kurz nach der angegebenen Stelle die Bestand- theile der Diphtbonge als einer Verschmelzung (Zusammenleimung, samanliming) vorführt, und als erste voranstehende Theile α und e nennt, als nachstehende aber 6, :, ὁ, u; denn er hätte hierunter das o nicht nennen können, wenn er dabei nicht eo als Diphthong vor Augen ge- habt hätte.

Was meint er nun mit diesem #0? Klare Auskunft geben dar- über die Pergamenthandschriften selbst, die eo für und neben zo schrei- ben, wie meoc neben mioc (viel, sehr), sedda@ (sieden), skedia (schießen, werfen) u. 8. w., wofür weiter unten Belege gegeben werden sollen. Der Grammatiker also, der die Verbindung 70, wenn er in diesem Stück consequent war, als vocalisch anlautendes Ganze, als Diphthong nicht aufnehmen wollte, gibt zu, daß es ein rein diphthongisches FO als Variation von 70 gebe, ein Wechsel, der offenbar gegen seine Theorie spricht und Zeugniss ablegt dafür, daß das Volk, in dessen Munde der Wechsel vorkam, bald #0, bald 70. mit zwei Vocalen sprach.

Dies letzte ist directe Aussage des Grammatikers B, nur daß er es auf den Fall eingeschränkt wissen will, daß vor dem IO ein Con- sonant oder eine Consonantenverbindung vorhergeht was nämlich durch die lateinische Regel nicht verhindert wurde*). In der ange- führten Stelle sagt B vollständig so: „Der zwölfte Buchstab (womit i gemeint ist) ist ein wechselnder (skiptingr),, es ist ein rechter Vocal, wenn ein Consonant vor und nach ihm ist ın der Silbe; wenn aber ein Vocal auf ihn folgt, da verwandelt er sich in einen Consonant, und bilden sich da durch ihn manche volle Wörter, wie ἰά oder iörd oder idr; ein anderer Wechsel ist das, daß er ein loser Diphthong (lausaklofi) ist, wie vorher geschrieben ist (nämlich auch ei und ey wurden lausaklofar, eig. lose spaltende, theilende sc. Diph- thongen genannt, im Gegensatz zu den fest verschmolzenen ae, au, 0) dies tritt ein, wenn ein Gonsonant vor ihm und ein Vocal nach ihm steht, wie in bidr oder biörg.“

----......--ὄ.....ςον........

*) Priscian hatte ja gelehrt, daß i vor Vocalen zu einem einfachen Consonanten werde, wenn es zu Anfang eines Wortes stehe, wie in Iuno, Iuppiter.

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGFN IM ALTNORDISCHEN. 393

Natürlich fallen Silben wie biarg, bialfi und bidgr unter denselben Gesichtspunkt wie biörg und biör. Immer aber steht i noch vor Vocalen, wo bleibt da die vorige Regel? Lautlich macht es doch keinen Unter- schied, wenn nicht bloßes ©, sondern bi vor den weiteren Vocalen vorbergeht! Unser Grammatiker kann nicht in Abrede stellen, daß ia in Niardar, ἐδ in fiötur, ἰόν in bior, τώ ın biügr ein Diphthong ist, gleich- wohl soll ia in iardar, ἐδ in iötun, id ın ir, id in ülgr etwas anderes sein, nämlich den Öonsonant 7 enthalten. Aber nachdem der letztere einmal entschieden war, blieb er sich in allen Fällen gleich, wie die neueren nordischen Sprachen beweisen. Sollte wirklich eine so auf- fallende Verschiedenheit in der Behandlung der ia, τό, i& im Mittelalter bestanden haben, wie käme es, daß keiner der andern Grammatiker sie erwähnte? Kann aber nur Gleichmäßigkeit in der Sprache selbst gewaltet haben, so haben wir alle Ursache, uns an diejenige Aussage des B zu halten, welche durch keinerlei auswärtigen Einfluß bedingt sein kann, d. h. die besprochenen Laute waren Diphthonge, deren Be- standtheile sich wie in dem als ein Ganzes, aber mit Hörbarkeit beider Theile gesprochenen ei (was eben nicht ai gesprochen wurde) verhielten. Daß die Beurtheilung des schnell abgestoßenen © vor dem betonten a, ὁ, Gin ia, τό, ἰώ Schwierigkeit machte, erfahren wir durch den Verfasser der ersten Abhandlung.

Mit vorzüglicher Genauigkeit verfährt A in Bezug auf die ein- heimischen Vocale, von denen er nicht nur die langen von den kurzen scheidet, sondern auch von einer besondern mannigfaltigen Nüancierung der vocalischen Laute durch nasale Aussprache redet, und Bezeich- nungen durch die Schrift dafür aufstellt, wodurch er aus den 9 ge- wöhnlichen Lauten a, 4, e, e, i, 0, 0, u, y im Ganzen zu 36 ver- schieden gesprochenen Vocalen gelangt, indem jeder entweder einfach kurz oder nasal, oder lang sei. Bis dahin war noch von Diphthongen nicht die Rede gewesen, obwohl von den fünfen, die Ölafr aufzählt (ae, au, ei, ey, eo), der erste unter den Längen mit vorkam *). Die Stelle nun, welche die einzige ist, in welcher A von den Diphthongen han- delt, muß ganz aufgenommen werden, sie folgt unmittelbar auf die Scheidung der 36 einfachen Vocale und lautet so (Sn. E. 1848 p. 163 Kopenb. Ausg. 11, 24 f.):

*) A spricht genau genommen nicht von einem langen Vocal, den er mit Accent bezeichnet, sondern von einem nasalierten (den er durch übergesetzten Punkt ausdrückt), wo er fer (er empfängt) und veniz (ist zu erwarten) aufführt, ἃ. ἢ, nach gewöhnlicher Schreibung faer und vaeniz.

394 DIETRICH

„Wenn nun eine der 36 Unterscheidungen so wegfallen kann, daß sie in unserer Sprache niemals nöthig wäre, so wie auch wenn sich mehrere finden in der menschlichen Sprache, so bekenne ich zu irren, was sicher möglich ist. Aber es ist gut zu wissen, wie früher bemerkt wurde, daß man jeden Vocal in jeder Sprache so ausspricht, wie er im Alphabet heißt, außer wenn er seine Natur verändert und vielmehr Mitlauter heißen muß als Vocal (heldr samhliödandi enn raddarsiafr. Dies findet statt, wenn er mit einem andern Vocal verbunden wird, wovon hier einige Beispiele sind: austr, eirn (Eisen), οἷν (Erz), ἐών (Euter), eyrir, μία ἢ. Wenn es nun nicht gegen die Erwartung ist, daß mir jemand so entgegne, ‘da ist ein Wort, worin du e schreibst, was die meisten Leute mit © schreiben, wenn es für einen Mitlauter gesetzt wird, da du nämlich kurz vorher edrn schriebst, wofür ich iörn schreiben würde, und so in manchen andern Fällen da antworte ich so: du hast da etwas richtiges bemerkt, und doch nicht alles erwähnt, was ich dir scheinen kann ungewöhnlich geschrieben zu haben, und doch habe ich aus gutem Grunde so in den meisten Fällen geschrieben. Wenn ich eine andere Abhandlung vorhätte, wozu volles Bedürfniss und hinlänglicher Stoff, der gelehrt sein würde, vorhanden wäre, darüber nämlich, welche Laute jedem Wort von Natur zukommen, und auf welche Weise jederlei Laute zu Silben zu verbinden sind, so wäre das ein ganz anderes und viel größeres Buch, und kann ich daher diesen Gegenstand bei dem gegenwärtigen nicht besprechen, jedoch werde ich mit einigen Worten über das &ine Wort antworten, worüber du vorzüglich Rede fordertest. Da der Laut (hliöd n.), den der Mitlauter (samhliddandi) hat, oder der Vocal, der an seine Stelle gesetzt, und mit einem andern Vocal verbunden ist, nicht leicht zu unterscheiden ist, weil er nämlich gering wird (ρυέ at litid verdr), und fast vermischt oder zusammenwachsend wird mit dem Vocal, mit dem er zur Silbe verbunden ist: so ist zu unter- suchen, ob wir dasselbe Wort so gesprochen finden, daß der Vocal von dem andern, mit dem er am öftersten zu einer Silbe verbunden ist,

*) So in der Ausgabe von 1848. In der Kopenh. II, 24 steht nach Cod. Reg. vin (sowie vi für ui als Laut des griech. T). Der Verf. selbst beabsichtigt jedenfalls den Buchstabenlaut, den wir τὸ schreiben, obwohl im Latein. dafür auch v gilt, Denn p. 176 (Kopenh, II, 36) sagt er, man bedürfe den Buchstaben vo im Isl. nicht, „wenn man ihn nicht für u setzen will, für den Fall, daß er mit einem andern Vocal ver- bunden und für einen Mitlauter zu halten ist; doch unterlasse ich es, ihn zu schreiben, denn ich sehe nicht, dafs das « ihn mehr bedarf, als andere Vocale, wenn sie zu Mitlautern werden.

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 395

getrennt wird, und jeder eine Silbe für sich bildet. Die Skalden sind die Urheber aller Lehre und Lautunterscheidungen, wie die Goldschmiede der Kleinode, oder die Gesetzkundigen der Ge- setze: einer aber von denen sprach auf diese Weise oder dem ähnlich: (es folgt eine vierzeilige Strophe, deren letzte Zeile ist:) „gunnbings edrn-hringar“ (des Kampfgerichts Eisenringe).

„Obwohl er nun dem Vers zufolge eine Silbe zerdehnen und zwei daraus machen mußte, damit der Vers in seinem Maß (sc. von sechs Silben) bestehe, so trieb ihn doch keine Nothwendigkeit dazu, die Laute zu ändern, und e für zu geben, wenn vielmehr : als e hätte vorhanden sein müßen, obwohl mir dies nicht zusagt. Wenn aber jemand so hart- näckig. oder widerspruchliebend ist, daß er gegen so manche verstän- dige Leute spricht, die nicht nur behaupteten, daß sie das Wort selbst so aussprechen, wie ich es vorhin schrieb, sondern auch daß sie andere Leute so aussprechen hören, wie oben ge- schrieben ist (sc. eirr), und du behauptest, daß das Wort, obwohl es in zwei Silben getheilt ist, mit und nicht mit e gespro- chen werden müße, da will ich den guten Rath Cato’s befolgen, den er seinem Sohn gab in den Versen: Contra verbosos noli conten- dere verbis, Sermo datur cunctis, animi sapientia paucis.“

Aus dem Ende dieser Auseinandersetzung geht hervor, daß A den trennbaren aber einsilbig gesprochenen Doppellaut ZA neben JA als verbürgte Aussprache des Volkes kannte. Aus der Mitte ergibt sich, daß sich der erste Laut in den Doppellauten dieser Art fast bis zum Zusammenwachsen vermische es kann keine stren- gere Beschreibung eines Diphthongs geben als diese (indem er win damit gleich stellt, sprach er wahrscheinlich Uvin). Und so geht auch aus dem Anfang hervor, daß er reine Diphthonge beschreiben will. Denn da der so feinhörige A unmöglich die blödsinnige Behauptung aufstellen konnte, das a in austr und das e in eir und in eyrir seien Consonanten im gewöhnlichen Sinne des Worts, oder diejenigen Consonanten, die wir Halbvocale nennen, so geht mit Nothwendigkeit hervor, daß er Mitlauter (samhliddendr oder con-sonanies) hier im etymologischen Sinne gebrauchte, wonach a in au, e in ei, nicht für sich allein, sondern erst mit einem andern Vocal zusammen einen Laut ausmachen. Da nun aber mit austr, eir und eyrir die Laute wie in iärn (eärn) und ἐών» (wovon iör gar nicht auszuschließen ist), vollkommen gleich gestellt werden, weil sie unter einander gemischt aufgeführt sind, so ist die nothwendige Folge, A wusste nichts von einem Consonant 2 in ZA, 70, 10. Er gibt darin die Aussprache des

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Volks und seiner Dichter, in welcher die vocalische Geltung des 7A auch durch den Wechsel in EA bezeugt ist, wie die gleiche des /O dadurch, daß noch Olafr einen Diphthong ZO aufstell. Und zwar wird die Verbindung EA (sowie ia) vor der Dizrese als einsilbig voraus gesetzt, da es heißt, viele verständige Leute hätten die Aus- sprache ea, und nichts hätte den Dichter genöthigt, ea statt ia zu spre- chen, um aus einer Silbe zwei zu machen.

Die einzige Stelle, in welcher der Schein entstehen könnte, daß A die Regel vor Augen gehabt hätte, vor Vocalen werde zu j, ist die, wo seine Antwort über idrn (eirn) beginnt: „Da der Laut (hliöd), den der Mitlauter (samhliödandi) hat, oder der Vocal, der an seine Stelle gesetzt und mit einem andeln Vocal verbunden ist, nicht leicht zu unterscheiden ist, weil er (der Laut des ersten Bestand- theils) gering wird“ u. 8. w. .Man könnte hieraus schließen, der Mit- lauter i in varn, an dessen Stelle der Vocal (e) in eurn gesetzt wird, werde von einem Vocal unterschieden, sei also eben als der Consonant jod betrachtet. Dagegen ist aber schon die im Anfang der Stelle eigen- thümliche Bedeutung von Mitlauter, wozu dort a in au und auch e selbst gerechnet ist, und besonders das ihm gegebene Prädicat gering, denn wenn der Buchstabe i in iarn von unserm Grammatiker als volles jod gedacht worden wäre, so hätte er nicht sagen können, daß sein Klang oder Laut durch die Verbindung mit dem a klein oder gering wird (pviat kitid verdr sc. hliöd), da ja doch 7, die Verdichtung des ἡ, ein stark hervortretender Laut ist, und keineswegs daß er ein solcher wird, „der nicht leicht zu unterscheiden ist“ und der „sich mit dem andern Vocal fast vermischt.“ Klein und gering wird der Laut des Buchstabens nur dann, wenn er wie in Diphthongen der gedachten Art überhaupt, und hier vor dem betonten & in idrn insbesondere nur einen flüchtigen, kurz abgeschnellten Klang hat.

Man muß eben hinzunehmen, was im Anfang bemerkt wurde, daß dies die einzige Stelle ist, wo A von den Diphthongen handelt. Daß er die Verbindung von τ mit Vocalen wie in μόν schließlich dazu- rechnet, brauchen wir eben so wenig zu vertreten, als seine nasalen Vocale in Wörtern, in denen kein nasaler Üonsonant folgt oder vorhergeht.

Fassen wir die Ergebnisse aus der Prüfung der grammatischen Abhandlungen der Snorra Edda zusammen, so ist der einfache That- bestand dieser: Der Grammatiker A beschreibt die Laute ἐά, woneben es auch ed gebe, und als Diphthonge, in denen zwei Laute fast verschmelzen. Der Grammatiker B schreibt diphthongische Aussprache

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 397

den inlautenden ia, to, iw zu, und will im Anlaut ja, jo, ju erkennen; der Grammatiker C sagt nach Priscian, vor Vocalen sei 2, zählt aber unter Diphthongen auch eo, den Doppelgänger von io auf; und nicht zu übersehen ist, was der sonst sorgfältige A sagt, der Klang in 7A sei schwer zu entscheiden.

Wer nun nicht zugeben will, was mir klar ist, daß die Übertragung der Regel Priscians ein Irrtbum war, wie so mancher andere, der den mehr zu viel als zu wenig gelehrten Grammatikern, die ihrerseits selbst fern davon sind, sich irrthumsfrei zu erklären, begegnet sein mag, der muß doch wenigstens auf das Gesetz hören und auf die Regel, welche die Grammatiker selbst als über ihnen stehend anerkennen, nämlich den Gebrauch der Dichter. Der Grundsatz, den A ausspricht „skäld eru hofundar allrar r$nni eda mälsgreina® muß auch uns gelten.

Dieser zweite Punkt unserer Untersuchung ist daher die Allitte- ration, in welcher die fraglichen Laute auftreten. Denn darüber, wie ein Anlaut gesprochen wurde, belehrt uns das, was mit diesem Laut im Stabreim oder der Anhörung von Gleichlauten verbunden wurde. Im Altsächsischen und Angelsächsischen, wo reichliche Alliteration vorhanden ist, hat diese über den Werth der Schreibungen ἴα, iu ge- lehrt, daß hierin das nahezu wie weiches g gesprochen wurde, denn sie werden ınit Wörtern, die mit 9 beginnen, häufig gebunden.

Im Altnordischen nun ist das wAs der Stabreim aussagt, ein um so sicherer führendes Kennzeichen, da sich diese Aussage mit der der neueren Zeit vergleichen lässt, indem noch jetzt als Gesetz der Poesie neben dem Reime die Allitteration im Isländischen fortbesteht, und weil die richtige Aussprache am ehesten bei den Dichtern, nament- lich in einem so feinhörigen Volke, wie die Isläander es waren und sind, zu erwarten ist.

Wie finden wir nun von den Dichtern. die fraglichen Anlaute behandelt? Ihr Gesetz ist, alle Vocale können unter sich, aber Con- sonanten nur mit gleichen Consonanten im Stabreim verbunden werden. Im Neuisländischen ist der Öonsonant J entschieden in der Aussprache und in der Schrift, wo die älteste Zeit ta, ἰδ, τό, ἰώ hatte, und bat auch . einige früher einfache Vocale ergriffen. Es gibt also, wenn auch der Worte, die mit J beginnen, nicht sehr viele sind, immerhin Material genug, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Ich stelle zuerst die Schlußreihe auf und beweise dann ihre Theile.

Der Schluß ist dieser. Es ist Thatsache, daß die neuisländischen Dichter ihr jafn, jarn, jörd nur mit Jod in eigenen und Fremdwörtern binden, und niemals allitteriert bei ihnen dieses J mit Vocalen.

398 DIETRICH

Nun gibt es aber eine ältere Zeit der Poesie, in welcher die gleichen mit geschriebenen Wörter iafn, iarn, iörd u. 8. w. nicht ausschließlich unter sich gebunden werden oder nur mit Jod in fremden Namen alli- terieren, sondern vielmehr mit den Vocalen aller Art im Stabreim stehen.

So lange also der gedachte Anlaut wie ein Vocal in der Allite- ration behandelt wird, ist er als ein Vocal, nicht als Jod mit einem folgenden Vocal zu betrachten. Es ist nur die allerdings nicht ganz leichte Frage, wo die genannte ältere Zeit aufhört, und die neuislän- dische Aussprache beginnt, worüber im voraus gesagt werden kann, daß die alte vocalische Natur der 74 u.s. w. weit über die Zeit der Eddalieder hinausdauert. In der Abhörung der Zeugnisse gehe ich von der neuen Zeit rückwärts ins Alterthum fort.

Um der Behandlung bei den neuisländischen Dichtern gewiss zu werden, mußte von einigen derselben alles was sie gedichtet haben durchgegangen werden. Einer der gefeiertsten Dichter der neueren Zeit war Sigurär Petursson, Syslumadr in Kjösar sysla, geb. 1759, seines Amts wegen Schwächlichkeit 1803 entbunden, und gestorben 6. April 1827. Seine Dichtungen erschienen unter dem Titel Ljödmaeli Sigurdar Peturssonar u. 8. w. zu Reykjavik 1844. (Ein zweiter Theil v. 1846 gab zwei kleine Lustspiele in Prosa und nur wenige Epigramme als Anhang.) In diesen beiden Werken zeigen sich nun folgende Allittera- tionsverhältnisse bei den mit J beginnenden Wörtern:

Ödni jafn var Jupiter og jafnvel meiri ad sagan ber. I, p. 66.

fra jörd haldı sinum Jupiter

jarn-reidar prumu-fleigum p. 290

jafnan leikur jaxla bel

jörd, svo dynur, troda eb. p. 128.

Bedste Jomfrü .|' jeg her önsker Dem p. 278

jünkur pvi af Juvenco jata jeg rett se dreigid II p. 179 also ja, jö, j& stets mit 7 gebunden, aber in allen den 294 Seiten der Gedichte, die der erste Band umfasst, und im Anhang des zweiten, die unzählich viele Fälle vocalischer Bindungen gewähren, habe ich das Jod jener Silben ohne alle Ausnahme nie mit einem Vocale allite- rierend gefunden. Wo auf den ersten Schein eine Ausnahme vorzukommen schien, sind kleinere Wörter betont, wie in: Julland medan uppi er alpakid med svinum p. 180, einginn er hans jafni p. 231, allt hvad hann skipur per γῆν jord p. 157, man vergleiche nur: aldrei, er, ofmikit p. 133, elska, er, eintöm p. 246, und für den letzten Fall: til big aptur eg πιά finna eptir daga tvo eda prjä p. 49. Wonach sich auch beurtheilt: allt

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 399

hvad viltu elskan min! jeg eptir ber skal läta p. Il. Gerade dieses in der Prosa hinzugekommene jeg, wofür die neuere Poesie noch archai- stisch eg gestattet, wird, sobald vocalische Allitteration nöthig ist, durchaus/eg gesprochen und geschrieben, wie: morgun kemr eg pig &, eg vil hja ber deya, p. 11 (v. 54), und wie p. 49. 68. 88 und oft.

Ein angesehener Dichter des 17. Jahrh. war Hallgrimr Peturs- son, dem Halfdan Einarson in seiner Litteraturgeschichte das Lob spendet „qui Psalterio Passionali sive hymnis L non historiam tantum sed exegesin nostra laude majorem ita adornavit, ut sine controversia primas teneat“; er berichtet, daß dieser „lepidissimus poeta“ 1614 ge- boren, 1644 das Pfarramt Hvalsnes, 1650 Saurbz bekam, und wegen Krankheit getrennt von seinem Amte 1674 starb. Ich habe, was ich von ihm erreichen konnte, seine „Andlegir Sälmar og Qvzdäi bess... pjudskalds Hallgrims Peturssonar (IX uütgäfa, Videyar klaustri 1838) ganz durchgelesen und für unsere Frage folgende Stellen daraus erbracht:

Jesu jardteikn fyrsta, Johannes segir pad p. 43.

pat Jesu jardteikn annad Johannes hefir sannad p. 45.

Jesus fra Juda lyd ur Jerusalem pa tid p. 53.

jeg vil fyrir pad, Jesu kjaer,

jata ber vegsemd fjaer og naer p. 80.

jeg geng til skips i Jesü nafn p. 84.

yfir Jerusalem Jesus gret,

jafnan äminning heyra let. p. 133.

jeg er ei peirra jafni, sem jördin geymir lik p. 141.

jeg bid: ad!Jesu fridur jafnan stadfestist ydur p. 208.

jeg byrja reisu min, Jesu! { nafni pin. p. 265.

Daneben aber gibt es keinen einzigen Fall, wo Jod mit einem Vocal allitterierte, in Stellen wie: ertu einn swa dkenndur maäur { Jerusalem p- 66, ütgeck öll minn graedir um pad Johannes raedir p. 53, lagdur i jötu asna er, öllum hafnandi seimi p. 109 steht das Jod natürlich außerhalb des Stabreims. Ich bemerke noch, sobald das Wort für Ich (oben jeg) mit Vocalen allitterieren soll, wird auch hier %g gesprochen und geschrieben, wie p. 141. |

Von den Dichtern des XVI. Jahrh., unter denen einer der an- gesehensten Einarr Sigurdarson war, geb. 1539, 7 1626, wegen seiner Odzs Evangeliorum (Hölum 1612) und anderer, in die Visnabök von 1612 aufgenommener, geistlicher Gedichte, ist mir keiner zugänglich. Es ist indes anzunehmen, daß die Sitte, welche wir im siebzehnten Jahrh. fanden, nur eine Tradition des sechzehnten war.

Der modernen Poesie der Isländer steht aus früherer Zeit, sowohl

400 DIETRICH

nach dem volksmäßigen Ton, als nach der volksmäßigen Form, worin Allitteration und Reim verbunden sind, am nächsten die Poesie der sogenannten Rimur des spätern Mittelalters. Gleichwohl ist die Be- handlung des fraglichen I,autverhältnisses eine andere, sobald man das XV. und XIV. Jahrh. betritt. Die Wörter wie ia/n, wörd, welche von . den Herausgebern auch für alle frühere Zeit mit dem (nunmehr angeb- lichen) Jod gedruckt sind, sind jetzt weit entfernt, nur unter sich zu allitterieren, sie werden vielmehr mit allen Vocalen verbunden , und diese vocalische Allitteration ist nicht etwa Ausnahme, sondern Regel. Aus einer Handschrift des XV, Jahrh. sind die römur von Thrymr,

oder die Thrymlur und die von Völsungr herausgegeben in Möbius Edda p. 235—254; sie sind den jüngeren Spracherscheinungen nach eher dem Jahrhundert, in dem sie geschrieben wurden, als dem vorher- gehenden zuzuschreiben. In den 79 Strophen der Thrymlur kommen nicht mehr als sechs Fälle vor, aber sämmtlich vocalisch gebundene, die ich daher auch so schreibe:

viltu nökkut iötuninn eiga

ytum giörir hann kosti seiga? str. 31.

heldr en fara :ötna heima;

öngum giöri ek kost beima. st. 33.

üti stödu zöfna sveitir

allir varu furdu teitir. str. 45.

iarlar veittu wöinum lid

einginn hafdi hnifum vid. str. 60.

undra tök :ötna sveit

dt ok drakk at brüdar leit. str. 63.

Gerade so verhält es sich in den 279 Strophen von Völsungr, deren Zeilen eine um die andere reimen; sie enthalten nur folgende hierher gehörige islandische Wörter der gedachten Art im Stabreim:

pvi var likust innan öll iafnt sem gull at lita str. 9.

_ iafnfram gengu { einar dyr dtta hundrud karla str. 12.

iökst nu af beim ödlings nid aett Häleygja iarla str. 50.

eydast mundi öll hans mekt en Jesu vegr mun standa. 24. In dem letzten Falle ist das Fremdwort Jesu des Stabreims wegen mit Auflösung des 7 zu © gesprochen, was, wie sich unten später zeigt, aus der früheren Dichtung herrührt.

In den Anfang des XIV. Jahrh. oder höchstens Ende des vorher- gehenden gehören die vier gelehrten geistlichen Gedichte Zarmeol,

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN, 401

Liknar braut, heilags anda visur und Leidarvisan, welche Egilsson Videyar klaustri 1844 herausgab. Sie sind im künstlichen Drottkvaedi abgefasst und mit zwei- bis dreifachen Umschreibungen nach Skaldenart überladen. Ich habe sie völlig durchgesehen, sie geben nur vocalische Allitteration; so Harmsöl in 65 Strophen:

en snera eg iafnan minum

illt rad ba er mig velti str. 7.

idskreytandi Ztrum

dttalauss fir dröttni str. 32.

ela vangs bviat einglar

iöfurs skialfa ba siälfir, str. 32.

iöfur vill andar krefja

dstnenninn hal benna str. 62. Das andere Gedicht, Liknarbraut, gewährt nur in seiner letzten 52. Strophe eine hierhergehörige Bindung; elifrar, iöfra, dttlaust. I)as folgende Heilags anda visur str. 3: aflnaegr, öflgu, iöd. Das letzte Lei- darvisan gibt str. 24: Let Jöhannem ftran einn dyrdarmann hreinan, ar i Jordan styrir alls tirar sik skfra, indem die biblischen Fremd- wörter iohannes, iordan gesprochen sind, nicht wie im lat. i-anus und ı-achus statt Janus und Jachus, sondern nach einheimischer Weise mit erhaltener Einsilbigkeit des gebrochenen Vocals, wie in iörd und τόδ. Die anomale Aussprache beruht aber sicher auf der den gelehrten Dichtern bekannten lateinischen Licenz, das Jod zu i zu erweichen. Man konnte damit schon aus der jüngern Edda bekannt sein, in wel- cher Ölafr hvitaskäld am Ende seiner aus Priscianus geschöpften An- weisung über die Redefiguren, aus einem geistlichen Gedichte den Namen des Vaters Davids, Jesse, so gebraucht vorführte in der Stelle: endr at Jesse kindar alls graedari kallast. So verhält es sich auch mit den biblischen Namen in dem aus dem XIV. Jahrh. herrührenden Zusatz zu der eben genannten Abhandlung; man findet darin Jacob und Jöseph (Sn. E. v. Sveinsb. R. 1848 p. 212) vocalisiert im Anlaut.

Keine Abweichung von der oben genannten Regel zeigt sich im

XIII. Jahrh., seine zweite Hälfte sei von Stürla dem Gelehrten (+ 1284) vertreten, für seine erste kann keiner besser zeugen, als der Meister der Sprache und Dichtung Snorri (st. 1241). Alle Strophen, die Sturla seiner Geschichte Hakons des VI. aus seiner Hakonarkvida einlegte ich unterlasse es, die 14 hierher gehörigen Stellen aufzuführen weisen nur vocalische Allitteration auf; wie sie auch bei Snorri selbst herrscht, soll hier aus seinem 102 Strophen umfassenden Hättatal vor

Augen gestellt werden: GERMANIA XII. 26

402 DIETRICH

röst gefr ödlingr tastar (öl virdi ek svo) firdum. str. 25.

auds af tarla prydi ttrs. Var-a siglt til litils. 27. odds bläferla ἑαυ] örbriöt n& skal priöta. 31. ögnsvellir faer allan (iarldom göfugr) söma. 39. öpt solgit faer ylgr (iöfurr gödr vill svö) blod. 51. ryär alda vin odda (bat er iarls megin) snarla. 54. Hverr s&i iofra aegi iarl fiölvitrum betra? 55. bar svo at iarl til dgnar egnir togno sverdi 58. öflugt sverd eyddi fyrdum (iöfri kent) holdi fenta 65. eik m& und :öfri una bruna 72. iarl laetr almaetr ösvipt hünskript 78. ern knä iarl byrna oddum valbrodda

iördä med ielsnördum iadri hraenadra 79. iarla er austan ver 82. opt tekr iarl at fagna vit dtali bragna. 88. eigi hittir aedra mann (iarla beztr) en skiöldung pann. 91. upp er firir yta iarls maerd borin. 97. beir ’ro iöfrar alvitrastir. 99.

Im Ganzen begegnet also ia, die Brechung von ti, bei Snorri 18mal, in einem einzigen Falle, str. 79, könnte der Schein consonantischer Fassung entstehen; da aber 17mal vocalische Geltung in der Allitteration klar ist, so muß auch in jener vereinzelten Strophe das ἐδ, ie, ia als abwechselnder Vocal aufgefasst werden.

Wir gelangen zum XII. Jahrhundert. Ich greife den Jarl Rögn- vald (geb. c. 1100, gest. 1158) und Einarr Skülason heraus, der sein berühmtes Gedicht Geisli 1161 dichtete. In den 41 Strophen Rögnvalds zeigt sich die fragliche Bindung nur wenig, das Folgende ist alles:

iöfri varat aldrklifs akarn vit hers brak. str. 15. hiartad dugdi ἰδ} örum, ytar fylgdu hilmi snörum. 7. dtu ernir af iöfurs dölgum. 19.

Mehr Fälle liegen in den 68 Strophen des Geisli (Heimskr. II, 461—480) vor:

iardar allra fyrda dnaudigr tok danda. str. 3. iöfra bestr i aeztar allz radanda hallar. δ. Jön köllom sva allrar alpydu brag hiyda - 9. audar niötr er ytar iöfurs bein pvegit höfdu 23. iöfurs snilli fremzt alla ungs a Danska tungu 26. l6t iarplitz dtu arnar iöds enn godi 29. mäs let iardar eisu alvalldr fyrir hiör giallda 47.

Φ

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 403

yfirskiölldungr let iöfra oddhridar bar sidan 47. par er of einum ἐδτία undbäru flug väro bl. öllo nytr Olafs milldi iöfurs dyrä höfum skyrda 63. Ölafs höfum iöfri orähags kyni sagdar 66. laust hafom @öfri unnit maerd sem kunnum 68.

Von diesen zwölf Stellen bei Einarr hat eine, str. 9, den aus Johannes sekürzten Namen Jön vocalisch behandelt, wie es nicht anders sein konnte, wo es isländische Wörter, die einen Consonant j gewährten, nicht gab, der fremde Laut wurde weich ausgesprochen, in i verwan- delt, und allitteriert daher mit Vocalen ausnahmsweise, denn regelmäßig stehen solche Wörter außerhalb des Stabreims.

Unter den Skalden des XI. Jahrh. war Sighvatr (st. 1047) der berühmteste; für seine Gedichte ist die Ölafe hölga saga, die ich nach Munch-Ungers Ausgabe durchgegangen habe, die reichste Quelle; darin zeigt sich seine Weise der Allitteration vollständig wie bisher ın folgenden Stellen, deren Orthographie ich der gewöhnlichen an- geschlossen habe:

langr bar ὧδ enn ünga iöfra kund fra sundi Ölafs. p- 17.

pa er ölitill ὠὰ iöfra 1148 a milli 19. Ölafr vantu par er :öfrar ellipta styr fello 22. Erlingr var sva ut zarla att er skioldungr mättid 27. iör renn aptanscöro allsvangr götur langar δ. austr til iöfra brystis Εἰδαβκόρν & leidu " 8l. enn hverr er austr vill sinna vafnvist er pat Lista 82. en bvi at iarla fraenda eins hat er tökt af Sveini 82. yär kved ek iörd er nadut Ulls brödur lid stöduz 82. einn vissa ek ber annan iarls briktöpod likan 106. ykr kved ek iafna bykkia ormlaäds hati bada 106. hafa allframir iöfrar üt sin höfud Knüti 132. Ölafr iöfurr drsaell fara 160. Gorms ber ek opt armi idrnstükur vel luka 160. atti iarl at saetta allframr buendr gamla 161. letad af iöfurr aettmanna fannz,

Jötlanz etaz {lendr at pvi 164. iflaust er bat iöfri arnar för at möti 183. öndurda bad :iardar Erlingr s& er vel lengi 183. iöfurr kreisti δά austan aflfatt medalkafla 215. elbolla sa ek alla Jalfods nema gram sialfan 222. oss dugir Ölafs messo iöfur magnar gud fagna 235.

404 DIETRICH

ollut er at stillir :iörd oc fekk ὀν Gördum p- 236. ofrausn er bat iöfri innan lanz at vinna 239.

Nicht ein einziger von diesen 24 Fällen, neben denen es anders ge- staltete in den 278 Uapiteln der Ölafssaga nicht gibt, kann die Vor- stellung erregen, daß ia, io u. s. w. consonantisch anlaute bei Sigbvatr, und daß seine Zeitgenossen dieselbe Art der vocalischen Allitteration baben, ergibt sich, sobald man die Strophen von Ottarr dem Schwarzen eb. p. 21. 23. 99. 165, von Härekr p. 174, von Hallvardr p. 181, von Biarni p. 192 und von börmödr p. 222 vergleichen will.

Aus dem X. Jahrh. spreche Egill Skallagrimsson, der nahe an 90 Jahr alt 990 stsrb, und durch seine bekannten Hauptgedichte Sonar- torrek, und das Reim mit Allitteration verbindende Höfudlausn sich den größten Namen machte. In dem letzteren finden sich die bespro- chenen Anlaute in mehr nicht als folgenden Stellen:

oestuz undir vid ööfurs fundi str. 7. Ödins eiki 1 iarnleiki 8. iöfurr sveigdi y, flugu unda by 14. verpr af bröndum en iöfurr löndum 17. iöfurr hyggi at hve ek yrkja fat 18. Ödins oegi & & iöru foegi 18.

Im Sonartorrek bindet er: drborinn ur iötunbeimum str. 2, iötuns hals undir piöta str. 3. Ebenso steht es bei Eyvindr Skaldaspillir im Hä- konarmäl: :arla baegi, pu att inni her, und: ἀᾶτ' ἑαίηρόᾶν & auda tröd konungmaär komi; und bei Einnar skälaglam: groer ’örd sem ddan, aptr geirbrüar hapta; Nu liggr alt und :arli /{munbords fyrir nordan; idlks vid öndvert fylki öndr vörp at landi; hadi varl (bars ddan öngr maär und skyranni); hver s& if, nema iofra aettryri god styra. Nicht anders allitteriert in dems. Jahrh. Eilifr Gudrünarson, man vergleiche in seiner Thörs dräpa str. 8. 12. 17.

Der Hauptskalde des IX. Jahrh. ist Ppiodolfr von Hvin, von dessen größeren Gedichten, dem Haustlöng und dem Ynglingatal eine große Anzahl von Strophen erhalten ist. Aus dem ersteren gehört hierher:

EFär of ser, er iötna dtti let ofsöttan. ök at isarnleiki Jardar sunr, en dundi.

In der Ynglingasaga, deren 42 letzte Capitel jedesmal mit einem Vers unseres Dichters schließen, sind die Erscheinungen folgende:

iötunbygär vid öfri gein. c. 15. ba drgiörn /ota dolgi. 18. vard /örundr, hinn er endr of d6. 28.

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 405

ıödäs adal öäru sinni. c. 29. iötuns eykr 4 Agli raud. 30. at eylands :arlar F'röda. 31. Jötska menn innı brenna 35. ok austmarr δὲ svenskum 36. vard παπᾶν /önakurs bura 39. ba er elkaldr his :öfri Gautekum 51.

su drr af iöfri bar. 53.

Die schönsten und wichtigsten aller nordischen Dichtungen liegen vor in Saemunds Edda; sie vereinigt, abgesehen von den in christ- licher Zeit hinzugefügten Zusätzen Gröugaldr, Sölarliöd und Hrafnagaldr Odins, die besten Lieder der heidnischen Zeit vom VIIL— XI. Jahr- hundert. Von den zur Heldensage gehörigen Gedichten werden die beiden Lieder auf Atli dem neunten Jahrh. zugeschrieben, das zweite und dritte auf Gudrun dem elften oder folgenden ; sie stellen die- selbe Behandlung der Allitteration in Bezug auf ia, io wie die Skalden ihrer Zeit; als Beispiel sei die dritte Gudrünarkvida angeführt, die str. 1 hat: hit mundi oedra wörlum pikkja, str. 4: :öfur öneisinn einu sinni, str. 9: ok hon upp um tök iarknasteina. Das zweite Gudrunlied hat neben sechs gewöhnlichen Fällen:

ürughlyra i6 fra ek spialla str. 5, idr bat vissi eigendr ne lifdut eb., Eymödr bridi med Jarizskari 19, inn gengu μά iöfrum likir eb., drsal ullan at :öfur fallinn 25, hat er fyr eldi er ἑάγῃ dreyma 38.

eine Anomalie in der nicht, oder schlecht allitterierenden Zeile: Valdarr Dönum med Iarizleifi str. 19,

wo das w vielleicht mit vorschlagendem u, etwa uwaldar gesprochen wurde; sicher aber ist, daß gar keine Allitteration da wäre, wenn auch 1 in Iarizleifr Consonant gewesen wäre. In der zu den alten Lie- dern gehörigen ersten Gudr. kvida finden sich fünf Fälle nur mit vo- calischer Behandlung der in Rede stehenden Silbe. Im Hyndlulisd erregt den Schein consonantischer Bindung die Zeile: iötna meyjar vid tardar bröm str. 34, aber daß auch hier nur verschieden gebro- chene Vocale vorliegen, lehrt die Vergleichung, denn in allen übrigen 10 Fällen dieses Liedes sind dergleichen Wörter vocalisch gebunden. namlich str. 4. 8. 18. 22. 24. 29. 32. 35. 36. 40. Ebenso verhält es sich Völ. Qu. str. 12. 23. 31, Helgakvida Hiörv. str. 4. 10. 13. 17. 24. 41.

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42. Helgakv. Hund. I, 11. 27. 47. 54. II, 14. 26. 38. 39, SQ. II, 8 11. 14. 37. 60. 61. 62. 64. 65 was schon für die heldensaglichen Lieder genügen kann; natürlich sind auch die Eigennamen wie larn- saxa, Iörmunrekr, Iönakr vocalisch gebunden, die letzteren z. B. Gudrün- arhvöt str. 2. 5. 14.

Reichlichen Stoff gewähren die mythologischen Eddalieder, indem hier so oft von der Erde (iörd) und von den Riesen (iötnar) die Rede ist. Die Fälle aus der Voluspa, deren Strophen ich nach dem Üod. Regius zähle, sind diese:

Ek man :ötna dr um borna. str. 2. iörd fannsk aeva ne upphimin. 3. dmätkar miök or :ötunheimum. 8. aurvanga siöt til Jöruvalla. 14. eda aett iötuns Ode mey gefna. 22. austr sat bin aldna i /drnvidi 39. en annar gelr fur iörd nedan 42. ymr id aldna tr en :ötunn losnar 46. enyz Jörmungandr 1 »ötunmödi 48. gnfr allr /otunheimr, aesir ΤῸ & bingi 50. iörd or oegi djagroena 57.

Wäre öfter gebunden wie in: iörmungandr, iotunmödi, so könnte die vocalische Natur dieses Anlauts in Zweifel kommen; die Gleichheit des allitterierenden Vocals ist eine seltene Ausnahme, sie hat aber ihre Analogie in der Voluspa selbst str. 32: Odins barni orlog folgin; str. ὅθ: baers { drdaga dttar höfdu, so wie im Hävamäl: en elli gefr honom engi friä str. 16, svä er auär, sem augabragä str. 77, vgl. 27. 28. 55. 57; und auch in der dem IX. Jahrh. angehörigen Bindung: imun, iljar, iss in Thiodolfs Haustlöng str. 4.

Das ebenfalls sehr alte Vatprüänismäl ist im Liodahättr abge- asst; es begegnen darin dieselben Allitterationen rein vocalisch:

vid bann inn alsvinnan iötun str. 1. 42. pviat engi iötun ek hugda iafnramman 2. ordum maela z:ötun 4. ok pinna andfanga :ötunn 8. hve sa ἐόν heitir, er austan dregr 13. Jfüng heitir d, er deilir med :ötna sonum 16. hvadan törd um kom eda upphimin 20. or 9mis holdi var w:örd um sköpud 21.

oröfi vetra ddr vaeri iord um sköpud 29. 35.

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 407

Aurgelmir med :ötna sonum 30. sva dx unz vard or iötunn. 31. iötunn I arnar ham 37. fra iötna rünum ok allra goda 42. 43. paer med ötnum alask 49.

Grerade so steht die Sache in Grimnismäl str. 11. 21. 40. 44. 49. 50. Alvismal 3. 10. 11. Hymiskvida 28. 35. Oegisdrekka 3. 13. 21. 23. 58. prymskvida oder Hamarsheimt 1. 2. 5. 7. 8. 9. 12. 13. 20. 21. 23. 26. 28 bis 29. 31. 32, und nicht anders in dem rein gnomischen Hävamal str. 53. 88. 89. 97. 106. 107. 108. 138. 140. 165. In der lang gebauten Zeeile str. 89 sem aki id dbryddum, & {si hälum kann das akt nicht als mit alliterierend angesehen werden, weil es keine der Haupthebungen trägt, indem es im Auftact steht, der auch Vafpr. 4, 5, SQ. III, 62 und sonst ein längerer ist.

Zu besprechen sind endlich noch die Anhänge zur Edda, die nicht in alten Membranen, sondern nur in Papierhandschriften über- liefert sind. Fiölsvinnsmäl str. 20. 46 gibt vocalische Allitteration, ebenso die ihrem Inhalt zufolge nach Annahme des Christentbums ge- dichteten Gröugaldr str. 14 und Sölarliöd str. 76. 77. Sie können immer- hin dem zwölften Jahrh. zugewiesen werden. In dem seinem Inhalt nach bekanntlich äußerst verzwickten Hrafnagaldr zeigen sich Wörter mit dem Anlaut, um den es sich handelt, nur unter sich allitte- rierend, daher unbedenklich Consonant anzunehmen ist, nämlich in den 26 Strophen nur in folgenden Stellen:

Jamt pötti Jörunn jölnum komin str. 15.

fram keyrdi jarknasteinum - 24.

jörmungrundar i jadar nyrdra 25. Aber längst steht auch fest, daß dies Gedicht ein Machwerk neuerer Zeit ist; der letzte Bearbeiter desselben, der gelehrte Isländer Scheving, hat in seiner Ausgabe (Videyar klaustri 1837) p. 18 -24 hinlänglich erwiesen, daß der Verfasser ein Christ war, bekannt nicht nur mit griechischer und römischer Dichtung, sondern auch mit Snorri’s Edda, und daß er Mythologie und Sprache willkürlich behandelte. Nähere Zeitbestimmung ist meines Wissens nicht versucht. Offen wäre die Zeit vom XIV. bis XVI. Jahrh. und vielleicht noch längere; man kennt das Alter der Originale jener sehr jungen Papierhandschriften (des Joh. Erichson, des Geir Vidalinus, des Gunnar Paulson) nicht, die das Gedicht zuerst gewähren. Den Herausgebern der Kopenhagner Edda gilt das Original der Papierhandschrift Suhms für alt, weil sie den Hrafnagaldr nicht hat, so wenig als der Cod. Regius; das Gedicht

408 DIETRICH

ist eine Mystification wahrscheinlich erst des XVI. Jahrhunderts, wenn nicht so spät wie der Gunnarslagr. Genug, für das nordische Alter- thum lässt sich daraus nichts entnehmen.

Wir haben nun von den ältesten der echten Eddalieder an durch die Gesänge der bekanntesten Skalden hin bis zu den Rimur des XIV. und XV. Jahrh. den Gebrauch der fraglichen Silben in der Allitteration verfolgt; diese Geschichte von beiläufig acht Jahrhunderten lehrt, daß in allen Gattungen der altnordischen Poesie von den ver- schiedenartigsten Dichtern die Anlaute ia, :ıö, 16, τώ jeder mit jeglichem Vocal als alliterierender Anklang verbunden wird, wogegen bei jedem Dichter nur vereinzelt und ausnahmsweise jene Anlaute unter sich allitterierend angetroffen werden; daraus ergibt sich die unumgängliche Folgerung, der Klang jener Anlaute war ein vocalischer bis ins XV. Jahrhundert.

Ferner lehrt dieselbe Geschichte, wo von außen her Namen mit dem fremden Jod, wie in der christlichen aus der biblischen Geschichte aufgenommen werden (Jesse, Johannes, Jordan), da wandelt die Poesie ihren consonantischen Anlaut zum vocalischen,, und zwar nicht etwa daß :-drdan gesprochen würde und eine Silbe mehr entstünde, sondern 80 daß nach einheimischer Weise, mit Verschmelzung der beiden Laute zu &inem, idrdan entsteht, wie in ıdr (Pferd). Beide Erscheinungen aber, das einheimische :a, 16, wie der hiernach umgebildete fremde Anlaut entsprechen der dem Nordischen einwohnenden phonetischen Abneigung gegen den Anlaut mit dem Consonant Jod; der Sprachstamm, welcher das J bis zur völligen Abwerfung verdüunte in jdr (Jahr), jok (Joch), jungr (jung), bis daraus dr, ok, üngr ward, verfuhr in völliger Uonse- quenz, wenn er die Anlaute id, id, ἴώ vor der Verdichtung zum ver- schmähten Consonanten rein vocalisch bewahrte, und den in Fremd- wörtern eindringenden Halbvocal, so oft als streng, wie im poetischen Vortrag, zu sprechen war, zum vollen entsprechenden Vocal verdünnte.

Dieser vocalischen Aussprache des iafn, :örd, iör konnte sich im lebendigen halb unbewussten Brauch des Dichtens selbst ein Gram- matiker wie Ölafr hvitaskäld nicht entziehen, der nach seiner von Priscianus hergenommenen Theorie gelehrt hatte, wenn auf © oder u ein Vocal geschrieben folgt (iarl, ulu), so ist Consonant vorhanden und jarl, vin zu sprechen. Der Theoretiker Ölafr hvitaskäld hat in den von ihm uns erhaltenen Strophen (in der Häkonarsaga) selbst fortwährend die genannten Anlaute mit dem angeblichen Jod rein vocalisch behandelt. Er bindet nämlich:

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 409

ord sendi ba :öfri afrendr konungr vida londom. c. 176. ping stöfnudu iöfrar ungir, iarl veitti svör raesi snarla 177.

ttar : iöfrı : austr 182. eigi : örlog : :öfra 199. iöfrar : aestum : iärnfalldit 232.

So mächtig ist der Mund des Volkes, daß der Theoretiker als Dichter seine Theorie nicht zu behaupten vermag.

Vermittelt wurde der Übergang von iafn, iörd zu jafn, jörd in den neunordischen Sprachen wahrscheinlich durch zunehmend schnel- leres Sprechen, durch den seit der Reformation allgemeineren Unter- richt, worin natürlich auf die Eddalehren fortgebaut wurde, und wohl auch durch die bereits im späteren Mittelalter durch das häufigere Übersetzen, wie durch stärkere Völkerverbindung angebahnte umfäng- lichere Aufnahme von lateinischen und deutschen Wörtern ins Dä- nische und theils von da, theils unmittelbar ins Isländische, wodurch manche gerade sehr verbreitete Wörter mit anlautendem Jod einge- führt wurden. Genug, aber die Geschichte hat aus der Allitteration gelehrt, daß erst im Neuisländischen Wörter wie jafn, jörd nur mit 2 gebunden werden; wären sie also auch mit i geschrieben, der Conso- nant ist sicher beurkundet durch die Allitteration seit dem XVI. Jahr- hundert.

Wie sucht man nun diesem in allen germanischen Sprachen sicher- sten Zeugniss über die Anlaute der Wörter wodurch man z.B. er- fährt, daß wenn alts. und ags. iu (quondam) geschrieben wird, dies gu lautet, weil es mit g gebunden wird; dagegen, wenn ags. io = 60 mit Vocalen allitteriert (wie Jofor : ofermädmum B. 2944) dieses 70 vo- calisch ausgesprochen wurde wie will man der ähnlichen Folgerung aus der Allitteration im älteren Isländischen entgehen? Will man sagen, das voraüszusetzende 2 in iafn konnte im Altn. mit Vocalen alliterie- ren, weil es an sich Halbvocal ist, so wäre wohl etwas wahres daran, aber i vor Vocalen ist immer entweder Consonant oder Vocal, nie beides zugleich; ein Uonsonant aber, der so herrschend (wie iafn iörd u. 8. w.) in der Allitteration vocalisch anklingt, ist eben herrschend nicht consonantisch gesprochen. Als Regel kann es ebenso wenig eine Allitteration von Jod mit Vocalen, als von Y mit Vo- calen geben.

Man hat daher, weil es bekannt ıst, daß die Vocale sammtlich untereinander nur dadurch allitterieren können, daß sie einen leisen Hauchlaut vor sich haben, zu der verzweifelten Hypothese gegriffen, auch der Consonant 2 möge diesen Hauch gehabt haben. Dasselbe hat

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freilich schon Ölafr hvitaskäld, wie es scheint, vorgebracht, wo er ein- gedenk der Alliterationen vom Hauchlaut spricht und nach Vorgang der Lehre der Alten von spiritus asper und lenis, denjenigen Silben, die kein Aspirationszeichen vor sich haben, einen leisen Hauch zuspricht, und als Beispiel jörd*) und armr anführt, mit der Bemerkung, in der ‘nordischen Poesie gelte es jedoch für besser, daß Haupt- und Neben- stäbe entweder die Aspiration säınmtlich haben, oder keiner von ihnen. (Sn. E. 1848 p. 179 oder Hafn. 1852 II, 87.) Doch scheint es beinahe, als ob jede nicht mit A, aber mit einem Uonsonanten beginnende Silbe unter die leise gehauchten gerechnet werde! Wenn nun aber heut zu Tage die Hypothese wiederholt wird, daß der Consonant 2 als Anlaut ein leises vor sich habe, heute wo man den für die Lautlehre sinn- losen Satz längst verworfen bat, den Ölafr aus Isidor wiederholt, daß kein vollkommener Uonsonant, sondern nur ein Aspirationszeichen sei da müßte doch aus irgend einer alten germanischen Sprache ein solches leises ἢ) mit irgend einem Beweis versehen werden, wie man z.B. ein leises hv mit dem vollen starkhauchigen Av wahrscheinlich machen könnte. Bis zur Erbringung eines Beweises muß man nach lautlichen Gründen das Hirngespinst, daß ein zu 2 verdichtetes und verdunkeltes ὃ, wenn ein Hauch davortritt, fähiger werde, mit Vocalen in Anklang zu treten, verwerfen, weil es durch den gefabelten leisen Hauch nur noch mehr verdichtet werden würde. Es wäre ungefähr ebenso, als wenn man behaupten wollte, daß die wirklich gehauchten Consonanten / und th mit Vocalen, oder wegen ihres stärkeren Hauchs mit dem Hauchlaut allitterieren könnten.

Wenn ausnahmsweise der andere unserem w entsprechende Halb- vocal v, der regelmäßig nur wieder mit v gebunden wird, im altnor- dischen zuweilen einmal mit Vocalen allitteriert, wie es Häv. 22 brymskv. 28 Harb. 28 der Fall zu sein scheint, so ist der deutliche Grund nicht etwa ein Übergang zu leisem ἦν, sondern, wie gar nicht zu verkennen ist, seine Aussprache mit vorgeschlagenem τὸ (wie im engl. winter) oder, was eben so denkbar, seine volle Auflösung zu u (wonach er ja im Nord. vor u und o völlig verschwinden konnte) vor einem folgenden unhomogenen Vocal. Ebenso ist daher der Ausnahms- fall zu beurtheilen, wenn wirklich consonantisches 2, wie es in Jarisleifr (slav. Jaroslaw) gehört wurde, im Altn. mit einem Vocal in Anklang tritt.

*) So mit dem Consonant Jod, wenn anders Ölafr der Theorie getreu bleibt, daß vor Vocalen Consonant sei, denn geschrieben ist iörd.

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 41]

Für die vocalische Natur der altnordischen Anlaute wie tiafn, .törd lässt sich auch anführen, daß es Namen der Art gibt, deren vo- calischer Anlaut von außen her gut bezeugt ist. Der Jütländer, nor- disch Iuta, hieß ehedem Eota, wie ein ags. Gedicht des VII. Jahrh. beweist; obwohl hier nun später das Jod einzog, so ist doch für die Eddalieder des VIII.—X. Jahrh. und dann auch so lange vocalische Alllitteration fortdauert, die Aussprache iotar, iutar die wahrscheinliche. Noch deutlicher ist dies bei den Namen der Söhne Äpelr&ds (979 bis 1016) in der Saga Ölafs des Heiligen, wie sie Snorri aufzeichnete. Die Namen der vier Königssöhne Edmund, Eadvard, Eädvig und Eaädgär sind zwar nach nordischer Sitte der eigenen Sprache conform gemacht, sie lauten Iatmundr, Iatvardr, latvigr, latgeirr; wenn nun der mit König Eädmund (1016-17) gleichzeitige Dichter Ottar der Schwarze in seinen Versen aussagt:

red aettstudill ddan /atmundar har grundu Ol. 8. p. 20, so liegt ein doppeltes Zeugniss für die vocaliscche Aussprache des tat- vor, das eine ist der vocalische Anklang mit aett und ddan, das andere ist dies, daß der Dichter von den Angelsachsen her nicht so- fort ein j, sondern nur ein e in der Silbe edd- gehört haben konnte, dem nur das sehr nahe stand. Doch wir haben noch einen umfassen- deren Beweis.

Zu dem oben entwickelten historischen Zeugniss aus der Allitte- ration kommt die nicht minder klare und gewichtige Thatsache, daß das vermeintlich consonantische 74 abwechselt mit EA, so wie auch 70. (was nach alter Aussprache neben 16 auch den kurzen Diph- thong ἐδ umfasst), abwechselt mit EO, und nicht weniger das ἐά mit ex.

Es sei im Voraus bemerkt, daß die Erscheinung häufiger im Inlaut als im Anlaut vorkommt, und auch dort im Ganzen eine seltene zu nennen ist, indem die Eddalehrer, durch welche mittelbar auch die meisten Abschreiber von Handschriften bestimmt wurden, das # statt ὁ, und nicht mit Unrecht, als fehlerhaft oder weniger gut bezeichnet hatten. Auf größere oder geringere Häufigkeit kommt es aber auch für diesen Zweck gar nicht an, sondern lediglich darauf, daß der Wechsel im Altnordischen existiert.

Nicht einwenden kann 'man dagegen von vorn herein, daß der- gleichen nur in jüngeren Handschriften vorkomme. Wie alt sind denn die nordischen Mss. überhaupt? Selbst bei den Pergamentcodices ist ja das XIV. und XIII. Jahrh. schon ein selten hohes Alter, und das XII. ist das höchste. Viele der nachfolgenden Belege stammen aug der Suhmschen Papierhs. der Edda, aus welcher die Kopenhagener Quart-

412 DIETRICH

ausgabe, jedoch nur in dem Fiölsvinnsmäl Εἰ, (welches im Cod. Reg. fehlt, aber darum nicht sehr jung zu sein braucht) die abweichenden Schreibungen mit Z aufgenommen hat, die man in neueren Ausgaben vergebens sucht. Andere Beispiele sind aus der Orkneyingasaga (OÖ, nach Jon Jonssons Ausgabe) aus dem Konungsskuggsiä (K. nach der Quartausgabe) und sonst her genommen, ohne jedoch daß irgend- wie eine Vollständigkeit angestrebt worden wäre, da es nur darauf ankam, die möglichen Fälle des Wechsels zu belegen. Sehr reichlich ist die Erscheinung vorbanden, und damit ist ein hinlänglich hohes Alter gewonnen, in der Thidrekssaga (mit Th. in den folgenden citiert, nach Ungers Ausgabe) nach der dritten der fünf verschiedenen Hände (Unger p. XV-XVID, welche an der gegen Ende des XIH. Jahrh. in Norwegen fertig,gewordenen Pergamenthandschrift geschrieben haben. In gewissen viel gebrauchten Wörtern ist derselbe Wechsel auch häufig in den alten norwegischen Gesetzen (N. L., ἃ. ἃ. Norges gamle Love indtil 1387, herausgeg. v. Keyser u. Munch Bd. 1. Christiania 1846), worin für das Gulatbings-Lov p. 1—118 eine Membran aus der Mitte des XIII. Jahrh., im Frostothings-Lov p. 129—156 ein Pergament- codex aus dem Anfang des XIV., sonst der Cod. Resenianus nach Papierhandschriften zu Grunde liegt.

Die Erscheinung selbst ist nun: Erstlich im Inlaut zeigt sich in den genannten Quellen neben dem überwiegenden kurzen ia zuweilen auch EA, so in bearg (mons) F. str. 36. bearga (auxiliari) eb. str. 40. sölbeartr (lucidus) str. 48. bearta str. 43. feall (mons) Th. p. 189. 191. 255. til fealz (versus montem) eb. p. 340. feallzid (montis latus) p. 195. Jearri Th. p. 46.

Nicht minder wenn das a in EA gedehnt ist, wie in fedr (pecu- niz) Th. p. 157. 189. 191. N.L. I p. 12. 13. 23. 25. 66. 112. 148. 152. 153. 383 und 16mal p. 409—434. viä fedrhallde eb. p. 54. fedrhalldz p- 52. /edrlutum eb. p. 134. 143. 417. fedrsökn p. 143. 154. 423. λοά ber (juxta te) Sn. Εἰ. II p. 573. lei (commodare) Th. p. 198. 205. at ec led ber p. 205. sea (mari) Vellekla, letzte Str. und Fornm. sög. 1, 271. sed (816) Th. p. 41. 44. sed (videre) F. str. 44. 45. Th. p. 36. 37. 44. 58. 62. 174. 195. 198. 212. 213. 214 (dreimal). 215. 251. 258. N.L. I p. 117. 145. 340. 341. 431. sed (vident) Th. p. 188. 232. Liknar- braut str. 27. sedi (viderent) eb. str. 43. öforsdall (incautus) Th. p. 176. Ferner in hedlp (auxilium, als Name) O. p. 262. hedälpe (auxilietur) eb. p. 90. freäls (liber) N. L. I p. 140. frealsar eb. p. 130. sedlfr O. p- 260. Th. p. 28. 37. 39. 45. 57 (bie). 159. 164. 170. 193. 214. 231. 233. 249. 255. N.L. Ip. 135. 140. 144. 153. Sn. E. II p. 579. 580.

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 413

hon sedlf Th. p. 162. sedlft Tb. p. 164. N. L. Ip. 133. sedl/s Th. p. 229. Sn. E. II p. 612. sedifrar Th. p. 250. sedlfum eb. p 167. 179. 214. 217. 234. N.L. I p. 581. Thork. dipl. II 20. 63. sed/fri Th. p. 229. sedilfre N.L. I p. 455. sedil/an Th. p. 62. 182. 193. 203. 256. sedlfa eb. p. 229. beir seälfir N.L. I p. 138. Th. p. 158. 188. 232. 247. Ein- mal auch in Ungers Olafss. ἢ. p. 4. sedifa oss, Th. p. 254.

Gleicherweise kommt EO für io, zunächst als Brechung des kurzen e vor, die jetzt herrschend durch ausgedrückt wird, und wo- neben auch au und io erscheint; selten ist in den beiden letzten Fällen e vorhanden, doch zeigt sich geörpir statt giördir (faciebas) F. str. 47, und hinum seaunda statt siönda (septimo) N. Love I 147. Das dafür gewöhnliche io wird durch eo gegeben in: Beort N. pr. f. F. str. 39 (38, statt Biört). feolmennr. eolmennt (multis hominibus constans) Th. p. 46. 220. feolmenni eb. p. 40. 159. 174. feoldi (multitudo) p. 27; 35. 209. 233. mannfeoldi p. 65. brottgeorr (exsul factus) O. p. 142- georpi (faciebat) F. str. 34. georpir (faciebas) F. str. 47. georaz eb. str. 40. geordiz O. p. 324. sättargeord konungssk. p. 47. 48. meoc (multum, valde) Th. p. 46 (dreimal) und sehr oft neben mioc. meoddrekku (mulsi potum) eb. p. 164. seot (sedes) F. str. 1. smeors (butyri) N.L. I p.5. ireo (arbores) Th. p. 167. 245.

Für den langen Diphthong to steht in: feörda (quarto) Th. p. 190. med sva fleöta ferd (tam veloci itinere) eb. p. 175. in ledss (clarus, lucidus) at leö«um degi Th. p. 201. ledst eb. p. 179. 181. 200. 201. ledshärr, leöslitadr p. 179. ledsta (ferire) eb. p. 166. ledälyndr (comis) p. 175. midmeörr (gracilis) p. 174. neösn (exploratio) p. 64. neöta (frui) p. 209. 25]. or reöta (evellere) p. 256. reödr (locus sylv# propatulus) p. 233. 245. Seölandı Th. p. 33. seönir (visus, oculi) F. str. 36. dseöna (adspectus) Th. p. 171. dsednu eb. p. 176. 215. Fornm. sög. 1, 263. sedda (coquere) Th. p. 167. seörenn (mare) eb. p- 165. til sedfar p. 247. {1 sedinn p. 29. skedta üt (projicere) N. L. I 112. raeidskeöta (equorum comparationem) eb. I 363. snedr (nix) Th. p. 229. sneönum (nivi) eb. sned (nivem) Th. p. 174. i snedenn p- 229. beödar (populi) F. str. 1. Peödvarta n. pr. eb. str. 39.

So geht, wiewohl seltener, auch ein Εὖ neben ἰώ her; es er- scheint in: seükr (zgrotus) Th. p. 172 (unten) p. 235. 242. leiga (volant) eb. p. 175. 189. ledgit (mentimini) eb. p. 162. 163. minn lei(u)i herra p. 240.

Alle diese Beispiele erbringen nur inlautenden Diphthong, mit Entfärbung zu ea, eo, eu; es fehlt aber zweitens das # nicht ganz im Anlaut, wo es die genannten .Quellen keinmal zeigen. Zeuge für an-

4]4 DIETRICH

lautendes EA und zwar im Munde der Isländer seiner Zeit, des XII. Jahrhunderts, ist der Verfasser der ersten grammatischen Ab- handlung in der jüngeren Edda durch die Stelle, welche oben voll- ständig aus Sn. E. Il p. 24 mitgetheilt wurde. Er setzt, wo er das edrn für iarn bespricht, voraus, daß dergleichen Fälle manche vorhanden seien, da er den angenommenen Gegner den Widerspruch dagegen so formulieren lässt: „da ist ein Wort, worin du e schreibst, was die meisten (also doch einige nicht) mit schreiben, da du nämlich kurz vorher edirn schriebst, wofür ich ifirn schreiben würde, und so in manchen andern Fällen.“ Er beweist ferner die Zu- lässigkeit der Form durch den Gebrauch derselben bei einem der Dichter, welche die Schöpfer der Regel seien, und er erklärt endlich ausdrücklich das Vorhandensein der anomalen Aussprache im Volke selbst, indem er zuletzt hinzufügt,, daß so manche verständige Leute aussagten, nicht nur daß sie das Wort selbst so aussprächen, sondern auch daß sie andere Leute so aussprechen hörten natür- lich ohne die Dizrese, die dem angeführten Dichter nothwendig ge- wesen war.

Zur Bestätigung dieses Wechsels zwischen anlautendem ta und FA, und seines volksmäßigen Vorkommens dient es nun, daß in der eben genannten Abhandlung selbst das EA außer in eirn auch noch in an- dern Wörtern zu lesen ist, wie in eafn in dem Satze: μά laet ek bann einn iarteina eafnmikit (Sn. E. Il p. 30), und etwas weiterhin heißt es: skolu tvo stafi earteina (eb. Il p. 32), Schreibungen, die um so wahr- scheinlicher vom Verfasser der Abhandlung selbst herrührten, da er wenigstens nicht blind, wie sein Gegner, gegen das ea eingenommen war. Und ohne zu große Kühnheit wird man annehmen dürfen, wo selbst eafn, earn und earteina gesprochen wurde, da wird man zuweilen auch sealf, fearri, georu, feördi u.s.w. gehört haben, obwohl streng nach Ort und Alter der Handschriften nachgewiesen die letzteren Formen besonders für Norwegen im XIII. und XIV. Jahrh. sind. Denn der Isländer Ölafr hv. im XIII. Jahrh. führt eo unter den Diphthongen auf.

Wie ist nun der Ursprung der Nebenformen mit entschiedenen Vocalen wie EA, EO, EU lautlich zu beurtheilen? Was ist als die Gestalt zu betrachten, aus der sie abgeartet sind ? Naturgemäß ist doch wohl so zu schließen: Da wir in allen Endungen, wie in dem -er des Plurals, dem -e der Dative und der schwachen Verba, das E als Abschwächung von : antrefien, was zuweilen noch immerfort auch in Wurzelsilben statt findet, die kurzes haben und häufigen Gebrauchs sind, wie in bedit st. bidit (exspectatum), tegar st. tigar (decadis) und

DIE ΑὔΒΒΡΕΑΟΘΗΕ DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 415

sehr oft in dem Pron. mec, Pec, sec, besonders oft enn, enum, enir st. enr, inum, inir*) so wird das in jenen Verbindungen vor betontem a, 0, u kurz abgestoßene E aus kurz abgestoßenem i entstanden sein, und da ea mit ia, eo mit io, eu mit iu gleichzeitig sind, und von der- selben Hand bald eafn bald ia/n, bald meoc bald mioc geschrieben wird, so weist die Aussprache EA u. s. w. auf gleichzeitige rein vocalische Aussprache der 74 u. 8. w. hin; und gerade je später noch der Über- gang in EA gefunden wird, desto klarer wird die nicht consonantische Natur des 7A im Altnordischen.

Bei der entgegenstehenden Annahme, daß bereits seit der Zeit der Eddalieder oder doch seit ihrer Aufzeichnung ja, jo, ju gesprochen sei, müßte man entweder sagen, der Consonant j gehe in jenen Stamm- silben unmittelbar in e über, was phonetisch unstatthaft ist, oder .es sei dies vermittelst des geschehen in der Reihe 7, ὁ, e, dann wäre aber erforderlich, für das Flüssigwerden des Jod einen Grund anzu- geben, und es wäre willkürlich, vorübergehend die rein diphthongischen Gestalten anzunehmen, als solche, die man sogleich wieder verlassen, und außer den durch geschwächten (Gestalten nicht gehabt hätte.

Wenn sich der geläufige Übertritt der fraglichen Verbindung zu EA auf Gegenden wie Gothland beschränkte, wo noch jetzt alles ia u. 8. w. vocalisch ist, so könnte man die Erscheinung als provincielle Fortdauer aus dem ältesten Sprachstande deuten.

Allein die Flüssigkeit des ia geschriebenen Lautes, woraus das ea hervortritt, fällt in späte Zeit und zwar nach Norwegen und theilweise nach Island, also gerade auf das Gebiet der Norroena, und wenn dabei später Norwegen überwiegt, so ist in Anschlag zu bringen, daß dort die grammatischen Abhandlungen, die den Anhang zur Edda bilden, nicht einheimisch waren.

Zur Bestätigung der rein vocalischen Natur des 74, 70, ID, die sich durch seinen Doppelgänger EA, EO, EU verräth, welcher in den neunordischen Sprachen, seit 7 darin entschieden wurde, aufgehört hat, dienen auch mehrere Spuren von fortdauernder Lebendigkeit der Vocalbrechung im Altnordischen. Einerseits sind die alten Brechungen als solche in der Sprache noch gefühlt und bewährt, da sie zu einem ungebrochenen Vocal zurückkehren können, andererseits entstehen im XIII. Jahrh. neue Vocalspaltungen in wenigen Anfängen, die jetzt zur ständigen Regel geworden sind, was der vocalischen Auf- fassung der alten wenigstens zum Vorurtheil dient.

*) Die Abschwächung des Diphthongs war zusammen mit der Abschwächung des Endvocals in Fällen wie seöorenn Th. p. 165. i sneoenn p. 229 zu finden.

416 DIETRICH

Für die Leichtigkeit der Rückkehr aus dem gebrochenen Vocal zum einfachen will ich mich nicht auf die Flexion berufen, nach der z. B. im Dativ der U-Declination, wo der Nom. ἐδ hat, wieder i vor- handen ist, denn dieser Wechsel kann aus der vorhistorischen Zeit vererbt sein, sondern auf Fälle, wo jede Ausflucht durch Zeitverschie- denheit ausgeschlossen ist, wie wenn ein und derselbe Dichter je nach Bedürfniss des Binnenreims fiarri und ferri ausspricht (wofür wir oben anderwärts auch fearri fanden). Das in der Brechung völlig befestigte fiarri (fern, welches indeclinabel ist) gebraucht Sighvatr z. B. zum Reim mit Snarr Öl. h. 8. p. 183; aber er spricht ferri im Reim mit Aerr, berr, hverr eb. p. 21. 55. 63, und es ist ganz dasselbe Wort. Bei der Meinung, daß fjarri zu Grunde läge, kann daher von einem Umlaut des a zu e nicht die Rede sein, aber auch nicht von einem Übergang des ja in e, der phonetisch unhaltbar wäre. Auf ähnliche Weise findet sich neben einander el und iel (Sturm), spiall und spell (Unheil, Be- schädigung), Jörmunrekr und Ermunrekr (Sn. Εἰ. H, 575 fl.) u.a., ein Wechsel , der auf eine noch in historischer Zeit erbaltene Flüssigkeit der Aussprache des aus i entstandenen e hinweist, wonach es, beson- ders vor den Liguiden r und / bald in den zwei vocalischen Lauten, bald in dem einen abgeschwächten erscheinen konnte, während ein plötzlich zu 2 verhärtetes i nicht nur ein deus ex machina, sondern auch ein Damm gegen den Übergang zum einfachen Vocal gewesen sein würde.

Dazu kommt, daß noch in der jüngeren historischen Zeit eine Vorschiebung von / vor E, AE, zuweilen auch OE vorkommt, welche in der Analogie der alten Brechungen ihre Erklärung findet, aber als Vorsetzung eines Jod sich nicht fassen lässt. In der Saga Olafs des Heiligen, die dem XII. Jahrh. angehört, finde ich zuerst den Plural des zweiten Personalpronomens, ehedem er (ihr), in der Gestalt ier p- 63. 238; die analogen Formen mer, ber, ser, ver zeigen sich im XIV. Jahrh., z.B. in der Saga des ἢ. Magnus, herrschend mier, bier, sier, vier geschrieben, worin offenbar das 6 betont war. Im Gothländi- | schen, worin sich die reinvocalische Natur der betreffenden Doppel- laute noch jetzt erhalten hat, zeigt sich, dem Gutalag zufolge, auch das Verbum ir (ist) in der Form ier daneben, sowie ber (er trägt), fer (er fährt), in der Form bier, fier. War bier die folgende Liquida der Grund der vocalischen Brechung, so ist bei demselben Grund in jenen isländischen Fällen auf dieselbe Folge, ἃ. ἢ. Vocalbrechung in ie zu schließen, und die Aussprache je in der Entstehungszeit jener erweiterten Wortformen, im XIV. Jahrh., abzuweisen.

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 417

Allmählich wird auch das aus a durch Umlaut entstandene e sowie das & jeder Entstehung von demselben Vorschlag betroffen. So lautet in der Saga vom ἢ. Magnus (XIV. Jahrh.) c. 24 mier til skiemtunar, was in der Parallelstelle der Orkneyingasaga (XIII. Jahrh.) mer til skemtunar lautete p. 130, obwohl skemtun (Kurzweil) sowie das Verbum skemta von skammr (kurz) abzuleiten. ist. In eben der Magnus-Saga findet sich hielld, d.h. hielld statt helld (er hielt), let d. h. liöt st. let (ließ), riettr, ἃ. h. riättr st. röttr (recht), sowie vigkiaenn, ἃ. h. vigkioenn st. vigkoenn (kampfkühn), skiaedastr st. skoedastr von skeedr (schädlich), und kiaer st. kaer (lieb), ägiaetr st. ägaetr (berühmt). Etwas früher beginnt das vorgeschlagene in dem häufigen, Verbum gera oder göra, görva (ahd. garawjan und garawen) nebst seinen Deri- vaten gerr, gerla, gerd, gerva (Adv.). Das herrschende ist in Sn. Edda noch e.neben ö; doch zeigt sich der Inf. giörva p. 95 (Ausgb. von 1848), Agiörr p. 26, giörla Ρ. 125. saettargiörd p. 46. nygiörvingar, nygiörfingar 109. 110; häufiger in den grammatischen Anhängen: giörzt hafı 161. giörfir, giörfa, eb. giöra (Inf.), giör: (Con). ), giörvar (Plural des Ad). ἢ) 162, und in dem Formäli: giördi, giöra (Inf.) atgiörfismenn eb. p. 149. giördist, atgiörfi, giöra p. 150. Ähnlich geht das Adverbium gegn, ξ gegnum (durch) über in gögn (obwohl ahd. gagan, gegin) und in giögnum, giognum Barlaamss. (Hs. des XIII. Jahrh.) p. 26.

In solchen Fällen kann das Eindringen des Gaumenvocals i be- fördert sein durch die vorhergehenden Gaumenconsonanten k, 9, ob- wohl dies nicht anwendbar ist auf Fälle, wie liet (ließ) oder siaeng, sieng (Bett) st. saeng, welches auch den Nachschlag eines duldet in saeing Sn. E. p. 18; aber das Eindringen eines consonantischen 2 oder der sofortige Übergang von i in 5 ist unwahrscheinlich, weil hart und unmotiviert. Immerhin freilich muß man zugestehen, daß die Anerken- nung eines vocalischen ? in den behandelten beiden Classen von 'jün- geren Erscheinungen seines Vorschlags durch diese selbst nicht zu erzwingen ist. |

Schließlich aber kommt den bisherigen Beweisen für vocalische Natur auch der alten ia, ἰδ, id, ἰώ, welche theils metrischer, theils grammatischer Natur waren, allerdings auch noch ein augenfälliger Beweis zu Hülfe. |

Bekannt ist der Wechsel zwischen und y in den jüngeren Schriften und Handschriften. Einerseits wird für y der Umlaut von uw zufolge nachlässigerer Aussprache © eingeführt (firir, ifir, dreirt statt fyrir, yfir, dreyri), andererseits tritt für © in vielgebrauchten Wörtern y in die Stammsilbe (mykill, skyckja, byrta statt mikill, skickja, birta,

GERMANIA XII. 37

y

418 DIETRICH

kundmachen) und dies wird nach der vorigen Erscheinung zu schließen, nicht auf einer andern, dunkleren Aussprache des beruhen, sondern lediglich auf einer andern Schreibung. Besonders ausgedehnt, auch auf das der Derivationsendungen zeigt sich diese Sitte in den in Norwegen geschriebenen Handschriften. Dazu gehört der älteste Codex der Barlaams ok Josaphats saga (ed. Keyser og Unger Christ. 1851). Hierin zeigt sich das Adj. mikill in der Gestalt mykyli p. 17. 19. 22. 46. 175. Acc. mykinn 177. mykynn 31. 209. Fem. mykyt 45. 124. Gen. mykyllar 39. Dat. mykylli 46. 110. 198. 205. 211. Acc. allmykylla (a. L. mykla) 159. Neutr. mykyt 24. 32. 39. 46. 111. 175. 176. 177. 190. 199. n. pl. mykyl 188, das Derivat: mykyleikr (Größe) 22. 48. 124. 160. Ferner die Verbalendung -ir in: pykkyr oss p. 21 (bis). bykky mer p. 33. 41. Pykkyzt hann 191. In den norwegischen Di- plomen bei Thorkelin findet sich überaus häufig sylfr statt silfr (Silber) und .herdyrgi st. herbirgi (isl. herbergi), so wie mykill, daneben y auch in der Endung -igr, wie in kunnykt gera II p. 22. 248, an ersterer Stelle: ic uill ἐάν» kunnykt gora; ein anderesmal: siykt sylfr at skyrleika ok stinleika statt slikt silfr at skirleika II p. 21.

Falls nun diese, wenn gleich missbräuchliche, Schreibung des y für auch in den fraglichen Verbindungen mit andern Vocalen vor- kommt, so’ muß der Zweifel an der Vocalnatur des © verstummen. In den gut geschriebenen isländischen Werken ist mir nun allerdings eine Schreibung wie fyall, byörn, myöl, biöda nirgends vorgekommen. Aber ein in Norwegen geschriebenes Buch hat wirklich dergleichen Schreibungen; der Umstand, daß es dem XV. Jahrh. angehört, lehrt die Dauer der reinvocalischen Aussprache festsetzen. Es ist Aslak Bolts Jordebog, ein Verzeichniss von den Grundstücken und Ein- künften des Erzbisthums Nidarös, welches auf Veranstaltung des Aslak Bolt, Erzbischof von Nidarös, zwischen 1432 und 1449 geschrieben wurde; herausgegeben von P. A. Munch, Ohristiania 1852.

Hierin ist y für © geschrieben nicht nur für das einfache i, wie in: myklabölstad (die Nom. propria sind immer klein geschrieben) p. 92. af myklagarde p. 7, myket, myket p. 19. 25. 29. 33. 34. 105. mykin böscap p. 113. gudz myskun p. 113. wynald (n. pr. statt vinald) p. 17. wy hafde p. 113. lotom wy eb. und in der Negation ey statte p.2 sondern dieselbe Schreibung zeigt sich in den gedachten Verbindungen und zwar in folgenden Fällen:

byörn unasson p. 9 statt und neben Biörn p. 37.

byörn a borgsaetre (Ortsname) p. 45.

sira byörns. .dotter Ὁ. 48.

DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN IM ALTNORDISCHEN. 419

byörn gudbrandzsson p. 102.

I pund myöl p. 19 (statt miöl, Mehl).

II pund myöl p. 102. fyrir pund rugmyöl eb.

b(ygt) f(yrir) V vaelt myöls p. 30.

vaett myöls p. 74.

II thueite myöls p. 75.

er peder j myölo gaf p. 13 (Ortsname). |

af ryodom (Ortsname) p. 74. norder ifuer fiaellen a ryodom eb.

neben: til riodha eb.

af berioryode p. 77.

er sira jön byrkibein (Zuname, sonst birkibein).

lauk i iyonda (g. pl. V. tiönd, f. statt tiünd, der Zehent) werith

Ρ. 89.

er sira ifuar a vatzase lauk i tyonda verd herrae pale eb.

einga tyond upbaera gifua p. 114.

kirkiur som iyonder taka p. 114, was vorher lautet: som tiunder

taka.

Durch diese 18 Stellen ist die Schreibung yö, statt ἐδ, fest- gestellt, und damit erwiesen, daß noch 18 zur Mitte des XV. Jahr- hunderts in Norwegen nicht 76, jö, sondern, mit einem vorgeschlagenen ;, rein vocalisch ἐδ, gesprochen wurde, was natürlich auch für ia, :i% gilt, wenn solche Wörter auch nicht in der angegebenen Quelle belegt werden konnten. Es giebt zwar eine Schreibung Archidyaconus (Thork. dipl. I, 12), sie enthält aber nicht die Aussprache des altnord. diikn, sondern nur die des lateinischen diaconus. Wahrscheinlich ist ein altn. id enthalten in den Ortsnamen nyaliid und thyanes des Jordebog p. 13 u. 20, doch bin ich der Etymologie derselben nicht sicher. Völlig ge- nügen können gleichwohl die obigen Beispiele für yö, y6 zum Beweis, daß in allen solchen Verbindungen ein reines i mit dem folgenden Laut zusammenfloß.

Wollte jemand sich der Ausflucht bedienen, das y könne ein Substitut für in allen seinen bisherigen Functionen , also auch für den Laut Jod sein, wie im Englischen in yard, yarn, York, so steht entgegen, daß dort der Buchstabe 7 für den letzteren Laut unmiöglichı geworden war, weil das j wie in journal in den gemischten Laut des ital. giorno übergegangen war, eine Verwandlung, die im Nordischen nie stattgefunden hat. Daß aber gleichwohl im Altnordischen y auch für den Laut des Jod gebraucht worden sei, dies müßte vor allen Dingen nachgewiesen werden. Bis dies geschieht, bleibt zweifellos in Geltung, daß die Schreibungen yö, durchaus vocalischen Klang

27”

420 DIETRICH, DIE AUSSPRACHE DER BRECHUNGEN etc.

haben. -- Der Gegenbeweis gegen die vorhin als möglich bezeichnete Ausflucht liegt darin, daß gerade in der genannten norwegischen Quelle der Laut 7, der in den aus dem Lateinischen stammenden Namen wie Jacob, Jeremias, Jön (aus Johannes) sicher ist, nie mit y, sondern immer mit 7 geschrieben wird, wie in jacob p. 19. 20. 35. 51, in jon Ρ. 4. 7. 8. 11. 20. 24. 27. 31. δῦ. 89 u.o. und dem ebenfalls häufigen jonsson Ὁ. 8. 9. 13. 46. 47. 48. 50. 65 u. o.

Somit ist also unausweichlich für Norwegen erbracht, daß hier noch bis in die erste Hälfte des XV. Jahrhunderts die mehrgedachten Vocalverbindungen auch rein vocalischen Klang hatten. Auf Island lässt sich dies allerdings unmittelbar nicht übertragen, da sich zwischen beiden Erscheinungen der Norroena einige wenige mundartliche Ver- schiedenheiten zeigen könnten; aber daß es dort in diesem Punkte nicht anders stand, das erhärtet der oben gegebene Beweis aus der Allitteration, wonach jene Verbindungen gerade auch bis ins XV. Jahrh, vocalisch anlauten, und der gleichfalls oben aus Hand- schriften des XIII. und XIV. Jahrh. belegte Wechsel des mit in den entsprechenden Verbindungen ea, ed, eö, e6, ei, wovon Zeug- nisse und Beweise auch fürs Isländische vorliegen, da zuweilen wenig- stens die Aussprache sealfr in der Snorra-Edda erscheint (Κορ. Ausg. ἢ, 579. 580. 612), eafn (eb. II, 30), θάνῃ (II, 24), earteina (II, 32), hei (II, 573), und da der Grammatiker Ölafr hvitaskäld unter den isländi- schen Diphtbongen auch eo aufführt (eb. II, 78). Die großartige Über- einstimmung dieser Zeugnisse, welche die Sprache selbst über sich ausstellt, lehrt, daß von einem consonantischen Jod in den fraglichen Verbindungen der Norroena erst seit dem XVI. Jahrh., frühestens seit Mitte des XV. die Rede sein kann. Wem die dichte- rischen Quellen aus der zweiten Hälfte des letzteren und dem Anfang des sechzehnten Jahrh. zugänglich sind, wird aus der Allitteration die Übergangszeit noch genauer feststellen können, als ich vermag.

Aber schon’ jetzt kann jeder, der sehen will, aus den von mir ausgeführten Beweisen, worunter einige nur Nebenbeweise sind, andere aber, nämlich das Verhalten der Allitteration, der Wechsel von ia, ἐδ, ἐδ mit ea, eö, und die ungeheuerliche, aber zu gutem Glück von mir entdeckte Schreibung yö, y6 anstatt ἐδ, (aus den Jahren 1432 bis 1449) durchschlagende Hauptbeweise sind, mit hinlänglicher Über- zeugung ersehen, daß im Altnordischen bis ins XV. Jahrh. hinein die abgehandelten Verbindungen reine Diphthonge waren.

MARBURG, April’ 1867. DIETRICH.

42]

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINI- TIVS IM GOTHISCHEN.

VON

ARTUR KÖHLER.

—,

δ. 1. Der substantivierte Infinitiv.

Grimm beginnt den Abschnitt seiner Grammatik, welcher den Gebrauch des Infinitivs behandelt, mit den Worten (IV, 90): „Von dem substantivisch gebrauchten, seiner Verbalkraft verlustigen Infinitiv ist hier keine Rede.“ Bei der vorliegenden Specialuntersuchung jedoch, die sich auf das Gebiet des Gothischeu beschränkt, erheischt es schon das Streben nach Vollständigkeit, diese Seite nicht ausser Acht zu lassen, zumal da bei der Erklärung einiger Stellen Zweifel aufkommen können. Ganz zweifellos haben wir den Inf., aber ohne Artikel, als Subject des Satzes Phil. 1, 21. 22 abban mis liban Xristus ist jah ga- sviltan gavaurki. ih jabai liban in leika etc.; im Griechischen ebenso, aber freilich weist dieses den Inf. mit dem Artikel auf: ἐμοὶ γὰρ τὸ ξὴν Χριστός καὶ τὸ ἀποϑανεῖν κέρδος" εἰ δὲ τό ξῇν ἐν σαρκὶ κτλ. Eben- falls als Subject begegnet der Inf. Phil. 3, 1 po samona izvis meljan mis svebaup ni latei, ib izvis bvastiha, τὰ αὐτὰ γράφειν ὑμῖν ἐμοὶ μὲν οὐκ ὀκνηρὸν, ὑμῖν δὲ ἀσφαλές. Es scheint aus dieser Stelle hervor- zugehen, daß es im Gothischen nicht beliebt gewesen ist, den Inf. mit einem Adjectiv als Prädicat zu verbinden, sondern dafür begriff- lich verwandte Substantiva zu setzen; den Inf. findet man nur dann bei Adjectiven, wenn diese in Verbindung mit dem Verbum substan- tivum als Impersonalia stehen. Als Subject und zugleich als Object in einem und demselben Verse finden wir den Inf. ohne Artikel für griechische Infinitive mit dem Artikel Rom. 7, 18 unte viljan atligih mis, ib gavaurkjan god ni bigita, τὸ γὰρ ϑέλειν παράκειταί μοι, το δὲ κατεργάξεσθαι τὸ καλὸν οὐχ εὑρίσκω. Als Prädicat, im Gothischen wie im Griechischen ohne Artikel, fungiert der Inf. Rom. 10, 6 bat-ist Xristu dalah attiuhan, τοῦτ᾽ ἔστι Χριστὸν καταγαγεῖν und v. 7 bat-ist Äristu us dauhaim iup ustiuhan, τοῦτ᾽ ἔστι Χριστὸν ἐκ νεκρῶν ἀνα- yaysiv, sowie Rom. 7, 10, wo aber für den Inf. visan im Griechischen nicht der Inf. εἶναι vorlag, sondern das Pronomen αὕτη: jah bigitana var mis anabusns, sei vas du libainei, visan du daubau, καὶ εὑρέϑη

4223 ARTUR KÖHLER

μοι ἐντολὴ εἰς ζωὴν, αὕτη εἰς ϑάνατον. Vulfila gibt hier durch seine Übersetzung den Sinn’ der Stelle deutlicher als das Original durch die Construction des Nom. c. Inf., anstatt deren wir nach Ana- logie der beim Activum gebräuchlichen Uonstruction und anderer Stellen, in denen das Passivum von bigitan auftritt, eher das Partici- pium erwarten sollten; vgl. für das Act. Marc. 7, 30; 11, 2. 4; Luc. 2, 12. 46; 8, 35; 19, 30; Joh. 11, 17 und für das Pass. Luc. 17, 18; Phil. 3, 9; Skeir. VIII, c. Bisher waren die substantivierten Infinitive, denen wir begegneten, sämmtlich ohne Artikel gesetzt, auch wenn sie denselben im Griechischen bei sich hatten; jetzt folgen Stellen, in denen der Inf. mit dem Artikel auftritt. Marc. 9, 10 schreibt Stamm: 'hva ist bata, us dauhaim usstandan? so daß hata Prädicat wäre und näher erläutert würde durch eine Apposition in Form eines Infinitivs. Besser aber faßt man bata nicht als Demonstrativpronomen, sondern einfach als Artikel; steht doch auch im Originale nicht z/ ἐστε τοῦτο, τὸ ἐκ νεκρῶν ἀναστῆσαι; sondern ganz einfach τί dorı τὸ ἐκ v. a. Anders liegt die Sache II Cor. 7, 11, wo es geboten scheint wegen des Wortlautes im griechischen Texte bata als Demonstrativ zu fassen und den Inf. als Apposition zu demselben: saihv auk silbo bata bi guh saurgan izvis hvelauda gatavida izvis usdaudein, ἰδοὺ γὰρ αὐτὸ τοῦτο, τὸ κατὰ ϑεὸν λυπηϑῆναι ὑμᾶς πόσην κατειργάσατο ὑμῖν σπουδήν. Das doppelte Demonstrativ αὐτὸ τοῦτο konnte ein so gewissenhafter Über- " setzer wie Vulfila nicht unausgedrückt lassen. Wir bemerken hier, daß eine für das Lateinische und Griechische allbekannte Regel auch für das Gotbische Geltung hat: daß nämlich ein Nomen, das als Sub- ject oder Prädicat einem Inf. verbunden ist, nothwendig im Accusativ stehen πιὰ, wenn nicht die Structur des Satzes einen anderen Uasus erfordert. Eigenthümlich ist die Erscheinung, daß an zwei Stellen der griechische Inf. mit dem Artikel wiedergegeben wird durch den Ar- tikel und die Präposition du c. Inf., Marc. 12, 33 (der Inf. als Sub- ject) jah bata du frijon ina us allamma frapja...jah hata du frijon nehvundjan sve sik silbun, ınanagizo ist allaim baim alabrunstim jah sau- dim, καὶ τὸ ἀγαπᾷν κτλ. und Marc. 10, 40 (der Inf. als Object) ip hata du sitan af taihsvon meinai aihbau af hleidumein nist mein du giban, τὸ δὲ καϑίσαι .. οὐκ ἔστιν ἐμὸν δοῦναι. Den Stellen mit sub- stantivischem Grebrauche des Infinitivs ist auch I Cor. 5, 12 zuzu- zählen, hva ımik jah dans uta stojan? ti γάρ μοι καὶ τοὺς ἔξω κρίνειν; Löbe bemerkt z.d. St., daß Codex A richtig mik, den Accusativ, gebe: „nam supplendum est kara sive kar-ist (Matth. 27, 4), cui accusativus jungi solet.“ Gerade die Abweichung vom griechischen Texte in Be-

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc. 423

treff des Casus läßt die Ausdrucksweise als echt gothisch erscheinen. Aber man hat keineswegs nöthig, die von Löbe vorgeschlagene Ellipse anzunehmen, um die Abweichung von dem Ausdruck des Originals als eine echt gothische Construction ansehen zu können. Der bloße Inf. in einem Fragesutze, der eine Ablehnung, Abwehrung enthält, paßt sehr gut in den Zusammenhang dieser Stelle; vgl. Grimm IV, S. 90f. Wenn es gestattet ist, einen Seitenblick auf das Lateinische hiebei zu werfen, so kann man die unwilligen, vorwurfsvollen Fragen vergleichen Verg. Aen. I, 37f.; 97f., wo gleichfalls Ellipsen ange- nommen werden können, aber keineswegs angenommen werden müssen. Nicht überall hat Vulfila einen Inf., der als Apposition steht, in seiner Übersetzung durch einen ebensolchen wiedergegeben, sondern in ganz ähnlichen Stellen nimmt er die Conjunction ei sq. Opt. zu Hülfe, so Rom. 7, 3 frija ist bis vitodis, ei ni sijai horinondei, ἐλευ- ϑέρα ἐστὶν ἀπὸ τοῦ νόμου, τοῦ un εἶναι αὐτὴν μοιχαλίδα, und I. Thess. 4, 3 bata auk ist vilja gubs, veihiba izvara, ei σαμαδαΐν izvis af kalki- nassau, τοῦτο γάρ ἐστι ϑέλημα τοῦ ϑεοῦ, ἁγιασμὸς ὑμῶν, ἀπέχεσϑαι ὑμᾶς ἀπὸ τῆς πορνείας. Auch sonst begegnet ein Inf. als epexege- tische Apposition, Eph. 3, 8f., wo in den Worten mis atgibana var ansts so in biudom vailamerjan ho unfairlaistidon gabein Xristaus jah inliuhtjan allans, ἐμοὶ ἐδόϑη χάρις αὕτη, ἐν τοῖς ἔϑνεσιν εὐαγγε-- λέδασϑαι τὸν ἀνεξιχνέαστον πλοῦτον τοῦ Χριστοῦ καὶ φωτίσαι πάντας, die Infinitive vailamerjan und inliuhtjan als Appositionen zu ansis so anzusehen sind, nicht als abhängig von atgikana varb. Etwas weniger einfach ist die Stelle Eph. 1, 10 du fauragaggja asfulleinais mele aftra us/ulljan alla in Aristau. Dadurch, daß Vulfila die Worte dieser etwas dunklen Stelle εἰς οἰκονομίαν τοῦ πληρώματος τῶν καιρῶν. ἀνακε- φαλαιώσασϑαι τὰ πάντα ἐν τῷ Χριστῷ etwas anders gewendet hat, indem er aus der Apposition ἀνακεφαλαιώσασϑαι κτλ. zu οἰκονομίαν τοὺ nA. τῶν x. einen temporalen Zusatz zu usfulleinais mele gemacht hat, ist der Sinn viel deutlicher und faßlicher geworden, als dies bei Luther der Fall ist, welcher folgendermaßen übersetzt hat: „daß es gepredigt würde, da die Zeit erfüllet war, auf daß alle Dinge zu- sammen unter ein Haupt verfasset würden in Christo.“ Wäre dies der Sinn der Stelle, so hätte Vulfila gewiss nicht geschrieben aftra us- fulljan, sondern ei usfulljaidau. Zum Schluß ist noch eine Stelle zu besprechen, in der ein substantivierter Inf. von der Präposition σαν abhängt. Skeir. VII, c. afar balei matjan so managei. So steht in der Handschrift; Maßmann ändert das auf den ersten Anblick”aller- dings befreimdliche batei in pata, ohne aber auch nur die geringste

424 ARTUR KÖHLER

Andeutung darüber zu geben, wie diese Änderung der handschrift- lichen Lesart zu rechtfertigen sei. Unsere Stelle bedarf durchaus keiner Emendation, sondern nur einer verständigen Interpretation und auf diese werden wir geführt durch Marc. 1, 14, wo das Griechische μετὰ δὲ τὸ παραδοϑῆναι τὸν Imavvnv übersetzt ist durch afar Palei atgibans varb Johannes, also μετὰ τὸ c. Inf. durch afar hatei sq. Verbo finito; es liegt also in der Marcusstelle eine Attraction vor, die auf- zulösen ist durch afar bata, hatei. Einfacher noch ist die in Rede stehende Stelle des Skeireins, indem für das Verbum finitum, das wir Mare. 1, 14 finden, der Inf. gesetzt ist als Substantivum, freilich nicht mit der Conjunction, sondern mit dem Relativpronomen batei, abhängig von der Präposition afar. Es ist also diese Stelle mit Ernst: Schulze (im Gothischen Glossar 8. v. afar) zu erklären: afar hatei matjan „nach welchem Essen, d. h. nachdem sie gegessen hatten.“ Auffallend aber bleibt in hohem Grade der Nominativ so managei, für den wir nach dem, was oben über den Casus von Nominibus gesagt worden ist, den Accusativ bo managein mit Nothwendigkeit erwarten müßten. Eine ganz besondere Wichtigkeit erlangt unsere Stelle dadurch, daß sie die einzige ist, in welcher ein Inf. von einer anderen Präposition als von du abhängt, eine Erscheinung, die meines Wissens von Grimm nirgends erwähnt ist.

8. 2.

Der Infinitiv von Verben und Nominibus abhängig.

Es ist mir nicht rathsam erschienen, in der Weise, wie es Grimm gethan hat, den bloßen Inf., den Accusativ mit dem Infinitiv und den präpositionalen Infinitiv in gesonderten Abschnitten zu behandeln, weil bei mehreren Begriffen verschiedene Constructionsweisen neben einander hergehen. Auch von der Eintheilung der Verba, die den Inf. regieren, in solche von auxiliarer und nicht auxiliarer Bedeutung, d. h. solche, welche ohne eine nähere Bestimmung im Inf. keinen aus- reichenden Inhalt haben, und solche, bei denen die auxiliare Verwen- dung nur facultativ ist, sehe ich mich genöthigt, insofern abzugeben, als nur der erste Abschnitt die Auxjliarverben behandeln wird, der Inf. aber, der von nicht auxiliaren Verben abhängt, nach der verschie- denen Geltung, die er hat, einzutheilen ist in den Inf., der die Stelle eines directen Objectes vertritt, ferner in den Inf., welcher die Folge oder Wirkung bezeichnet, und schließlich ın den Inf., der zur An- gabe der Absicht dient. Bei den beiden letzten Arten des Infinitivs wird häufig neben dem einfachen Inf. der präpositionale erscheinen.

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc. ‚425

a) Der Inf. bei Hülfsverben.

Hier sind wieder zwei Unterabtheilungen zu machen, insofern eine Reihe von Impersonalien zu den Hülfsverben zu rechnen ist. Zu- nächst sind in Betracht zu ziehen -

&) Die eigentlichen Hülfsverba.

In erster Reihe stehen die sogenannten Verba zweiter Anomalie. Diese werden ausnahmslos mit dem einfachen Inf. construiert; nur bei skulan findet sich vereinzelt der Acc. .c. Inf., aber aus einem ganz außerlichen Grunde, wie sich bei Sammlung der Belegstellen für dieses Verbum ergeben wird.

magan. Der Stellen, welche dieses Hülfsverbum mit dem Inf. aufweisen, theils mit dem wirklich gesetzten Inf., theils mit einem aus dem Zusammenhange zu ergänzenden, sind so viele, daß ich mich wohl darauf beschränken darf, bloß die in den Evangelien begegnen- den aufzuführen: Matth. 5, 36; 6, 24. 27; 7, 18; 8, 28; 9, 15. 28; Marc. 1, 40. 45; 2, 4. 7. 19; 3, 20. 23. 24. 25. 26. 27; 5, 3. 4; 6, δ. 19; 7, 15. 18. 24; 8, 4. 18; 9, 5; 10, 38; Luc. 5, 12; 6, 48; 14, 26. 27. 33; 16, 2; Joh. 3, 3; 6, 32 und aus dem Zusammenlfange ist ein Inf. zu ergänzen Marc. 6, 19; 9, 18. 22; 10, 39; Luc. 19, 3. Interes- sant ist der Unterschied in der Anwendung des Hülfsverbums magan je nach dem Genus Verbi, das ausgedrückt werden soll; um nämlich das Passivum auszudrücken wird das Part. Prät. mahts angewandt und so dem Inf. Act. passivische Geltung verschafft; vgl. Grimm, Gr. IV, 59, so daß mahts ist giban = potest dari, wobei zu beachten ist, daß mahts visan stets persönlich gebraucht wird. Die hieher einschlagen- den Stellen sind folgende: Marc. 14, 5 maht vesi auk bata balsan fra- bugjan ...jah giban unledaim, ἠδύνατο γὰρ τοῦτο πραϑῆναι... καὶ δοϑῆναι τοῖς πτωχοῖς. Hier zeigt das im Gothischen ausdrücklich hin- zugesetzte Subject hata balsan ganz unverkennbar, daß maht vesi' nicht unpersönlich aufgefasst werden darf; noch deutlich ist die personale Construction in den folgenden Stellen, Luc. 8, 43 jah ni mahta vas fram ainomehun galeikinon, οὐκ ἴσχυσεν an οὐδενὸς ϑεραπευϑῆναι, Joh. 3, 4 und Skeir, II, c hvaiva mahts ist manna gabairan alheis vi- sands? aös δύναται ἄνϑρωπος γεννηθῆναι γέρων @v; Joh. 10, 35 ni maht ist gatairan pata gamelido, καὶ οὐ δύναται λυϑῆναν γραφή, I Tim. 5, 25 jah bo aljaleikos sik habandona filhan πὶ mahta sind, καὶ τὰ ἄλλως ἔχοντα κρυβῆναι ου δύναται, Skeir. VI, unte hvarjatoh vaurde at mannam in sunjai maht ist anbarleikein inmaidjan. Bei dieser Gelegenheit sei gleich erwähnt, daß das Adjectivum mahteigs in der

424 ARTUR KÖHLER

Andeutung darüber zu geben, wie diese Änderunr dem bloßen Inf. lichen Lesart zu rechtfertigen sei. Unsere St ‚Lue. 14. 31: Rom. keiner Emendation, sondern nur einer verstär „19 für das Parti- auf diese werden wir geführt durch Marc. . 3, 7. 1 5 und für das μετὰ δὲ τὸ παραδοϑῆναι τὸν Ἰωάννην δ diupipa nih gaskafts an- atgibans varh Johannes, also μετὰ τὸ « „gubs, οὐ δυνήσεται ἡμᾶς finito; es liegt also in der Marcuss’ ‚sich in Verbindung mit visau zulösen ist durch afar Pata, αι, | Ahr mit dem einfachen, sondern stehende Stelle des Skeireins, ir jr ung von εἰς τὸ ὁ. Inf., Luc. 5, Mare. Ι, 14 finden, der Inf. τῷ ἐν ἔπ, καὶ δυναμις κυρίου ἦν εἰς τὸ mit der Conjunetion, sonder" Könnens schließt sich passend der von der Ρ raposition afar. τὴ μάθη den bloßen Inf. nach valdufni (im Gothischen Glossar uw “μυσίαν ἔχειν, und nach vallufni giban „nach welchem Essen, ΄ Br μ᾿ 6 ahhun ei viteib, batei valdufni λαδαῖ} aber bleibt in hoher “ρι ᾿ ins, ἵνα δὲ εἰδῆτε. ὅτι ἐξ nach dem, was ob at μίση Jravaurhtins, ne ὁτὲ nd ist. den Accusatin = Fi garov ἐπὶ τῆς γῆς ἀφιέναι ἁμαρτίας un | ΕΣ, h οὖν ον Yarc. 2, 10 und Luc. δ, 24; Luc. 9, Ι atgaf ne ganz „Bor: n Ve ullatn unhulbom jah sauhtins gahailjan; der sie die einzige ΄- αν Präp. ufur abhängig gedacht werden; das wäre als von du al FR“ Er Analogie höchst bedenklich anzunehmen, und nirgends er age FE edenfalls den Artikel vor dem Inf. erwarten (vgl. Er ΩΝ r deutlich wird die unmittelbare Abhängigkeit des rd, eh ᾿ jah valdufni aus den Worten des griechischen Textes Ss von ‚yapıv καὶ ἐξουσίαν ἐπὶ πάντα τὰ δαιμόνια καὶ νόσους Es wi er sind hier anzuführen Joh. 10, 18 valdufni habu gethar we” ger. τ ldufni aih haba aftra niman bo; Joh. 19, 10 niu Prap« u I uf αἱ, ushramjan buk jah valdufni aih fraletan buk? weil 4, ᾿ μ niu habuib kasja valdufni bahons us bamma samin daiga in: Kos 9 21) 9, 4 ibai ni habam valdufni matjan jah drigkan? ibai Inf Νὰ uf svistar ginon bitiuhan? Skeir. I, valdufnja pataine d. pr Aabam , galausjan allans us diabulaus anamahtai, überall für &&ov- A ud" c. Inf. Neben dieser Construction mit dem einfachen Inf. ᾿ σαν Zn auch du c. Inf. für den bloßen Inf. des Originals Marc. 3, ᾿ ip 416! μαι valdufni du hailjan sauhtins jah usvairpan unhulbons, 15 7 Ψ υσίαν ϑεραπεύειν τὰς νόσους καὶ ἐκβάλλειν τὰ δαιμόνια, sowic ee, ode Inf. für τοῦ ὁ. Inf. Luc. 10, 19 δαΐ, atgaf izvis valdufni er ufar vaurme jah skaurpjono, ἰδοὺ, δέδωμι ὑμῖν τὴν ἔξουσέαν του

2 zu ἐπάνω ὄφεων καὶ σκορπίων, und 1 Cor. 9, 6 hau ainzu ik jalı Pi bes ni habos valdufni du ni vaurkjan? μόνος ἐγώ καὶ Βαρνάβας ar SF"

Ἔχομεν ἐξουσίαν τοῦ μὴ ἐργάξεσϑαι; Diese’Stelle ist von Wich-

Dr DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc. 427 N

—” x der im engsten Anschlusse an das Griechische, dem X, hgebrauche entgegen, beibehaltenen Negation; sogar ’_n Bu sonst der Sprache manchmal starke Zumuthungen

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der letzten Bedeutung der griechischen Profanlitteratur ıaufig ist. Doch begegnet diese Uonstruction nur zweimal, 14 unte eis ni haband usgildun bus, ὅτι οὐκ ἔχουσιν ἀποδοῦναί und Eph. 4, 28 ei habai dailjan baurbandin, ἵνα ἔχῃ μεταδιδόναι ῳὉ χρείαν ἔχοντι. Ganz in derselben Weise könnte auch Luc. 14, 28 der bloße Inf. stehen; statt dessen finden wir aber du c. Inf., wohl deswegen, weil eine Präposition mit einem Substantiv zu übersetzen war, niu frumist gasitands rahneib manvibo, habaiu du ustiuhan? οὐχὶ πρῶτον καϑίσας ψηφίξει τὴν δαπάνην, εἰ ἔχει τὰ πρὸς ἀπαρτισμόν; Sonst wird haban c. Inf. angewandt zur Wiedergabe des griechischen Futurums, Marc. 10, 32; Joh. 12, 26; Il Cor. 11, 12; II Thess. 3, 4, nnd für μέλλειν c. Inf. Joh. 6, 6. 71. skulan findet sich mit dem Inf., theils für μέλλειν oder ὀφείλειν, theils für unpersönliches δεῖ sq. Acc. c. Inf., Matth. 11, 14; Marc. 8, 31 (neben skulds ist, während für beide Ausdrücke im Griechischen δεῖ vorlag); 9, 11; Luc. 2, 49; 7, 40 (skal bus hva giban, freie Über- setzung von ἔχω δοί τι εἰπεῖν): 9, 22. 31; 17, 10. 25; 18, 1; 19, 5; Joh. 3, 30; 7, 35; 8, 26; 9, 4; 10, 16; 12, 33; 13, 14; 16, 12; 18, 32; 19, 7; I Cor. 5, 10; 15, 2 (diese Stelle muß in dem Texte, der Vulfila vorlag, anders gelautet haben als in unserm heutigen; Löbe bemerkt z. d. St.: „Goth. aliter atque Gr. sie construit: kannja izvis hatei aivaggeli skulup gamunan [indico vobis, ut evangelium de- beatis recordari], legit enim v. 2 pro ei κατέχετε cum. codd. ὀφείλετε κατέχειν) und v. 25; 11 Cor. 2. 3; Eph. 5, 28; 6, 20; Col. 4, 4. 6; I Thess. 4, 1; II Thess. 1, 3; I Tim. 3, 2. 7; II Tim. 2, 6; 4, 1; Tit. 1, 7; Skeir. L, d; IV, a (zweimal); V, c; VI, a. In den Stellen aus dem ersten Briefe an Timotheus ist ein eigenthümliches Anako- louth zu bemerken, indem die von skal abhängige Construction des Nom. c. Inf., die v. 3 und 4 richtig durchgeführt ist, v. 6 überspringt in den Acc. c. Inf., wohl veranlaßt durch die Parenthese v. 5. In gleicher Weise steht v. 7 ganz correct der Nom. c. Inf. bei skal, aber v. 8 und 9 wird, ohne Wiederholung von skulum im Acc. c. Inf. fort-

426 ‚, ARTUR KÖHLER

Bedeutung „mächtig, vermögend etwas zu thun“ mit dem bloßen Inf. construiert wird als Übersetzung von δυνατὸς c. Inf. Luc. 14, 31; Rom. 11, 23; 14, 4; Il Cor. 9, 8; Il Tim. 1, 12; Tit. 1, 9, für das Parti- cipium δυνάμενος c. Iof. Eph. 3, 20; II Tim. 3, 7. 15 und für das Verbum finitum Rom. 8, 39 nih hauhipa nih diupipa nih gaskafts an- hara mahteigs ist uns afskaidun af friabvai gubs, οὐ δυνήσεται ἡμᾶς χωρέδσαι. Das Substantivum mahıts findet sich in Verbindung mit visau nur einmal mit dem Inf. und zwar nicht mit dem einfachen, sondern dem präpositionalen Inf. zur Übersetzung von εἰς τὸ c. Inf., Luc. 5, 17 jah mahts fraujins vas du hailjun ins, καὶ δύναμις κυρίου ἦν εἰς τὸ ἰἄσϑαι αὐτούς. An den Begriff des Könnens schließt sich passend der Begriff des Macht-habens; wir finden den bloßen Inf. nach valdufni haban und valdufni aigan für ἐξουσίαν ἔχειν, und nach valdufni giban für ἐξουσίαν διδόναι, Matth. 9, 6 ραν ei viteip, batei valdufni habaih sa sunus mans ana airbai afleitan fravaurltins, ἵνα δὲ εἰδῆτε, ὅτε ἐξου- σίαν ἔχει υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἐπὶ τῆς γῆς ἀφιέναι ἁμαρτίας und genau dieselben Worte Marc. 2, 10 und Luc. 5, 24; Luc. 9, 1 atgaf ion maht jah valdufni ufar allaiın unhulbom jah sauhtins gahailjan; der Inf. kann nicht von der Präp. vfur abhängig gedacht werden; das wäre bei dem Mangel jeglicher Analogie böchst bedenklich anzunehmen, und außerdem müßten wir jedenfalls den Artikel vor dem Inf. erwarten (vgl. Skeir. VII, c); ganz deutlich wird die unmittelbare Abhängigkeit des Infinitivs von maht jah valdufni aus den Worten des griechischen Textes ἔδωκεν αὐτοῖς δύναμιν καὶ ἐξουσίαν ἐπὶ πάντα τὰ δαιμόνια καὶ νόσους ϑεραπεύειν. Ferner sind hier anzuführen Joh. 10, 18 valdufni haba aflagjan bo jah valdufni aih haba aftra niman bo; Joh. 19, 10 niu vaist, hatei valdufnı aih ushramjan buk jah valdufni aih fraletan uk? Rom. 9, 21 hau nn. habaid kasju valdufni pahons us bamma samin (αἶσα taujan? I Cor. 9, 4. 5 ibai ni habam valdufni matjan jah drigkan ? ibai ni habam naldufnt svistar ginon bitiuhan? Skeir. I, valdufnja bataine gudiskamma galausjan allans us diabulaus anamahtai, überall für ἐξου- olav ἔχειν c. Inf. Neben dieser Construction mit dem einfachen Inf. findet”sich auch du c. Inf. für den bloßen Inf. des Originals Marc. 3, 15 jah haban valdufni du hailjan sauhtins jah usvairpan unhulbons, ἔχειν ἐξουσίαν ϑεραπεύειν τὰς νόσους καὶ ἐκβάλλειν τὰ δαιμόνια, sowie der bloße Inf. für τοῦ c. Inf. Luc. 10, 19 sai, algaf izvis valdufni irudan ufar vaurme jahı skaurpjono, ἰδοὺ, δίδωμι ὑμῖν τὴν ἔξουσέαν του πατεῖν ἐπάνω ὄφεων καὶ σκορπίων, und I Cor. 9, 6 hau ainzu ik jah Barnabas ni habos valdufni du ni vaurkjan? μόνος ἐγὼ καὶ Bapvaßes οὐκ ἔχομεν ἐξουσίαν τοῦ un ἐργάξεσϑαι; Diese”’Stelle ist von Wich-

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc. 427

tigkeit, wegen der im engsten Anschlusse an das Griechische, dem gothischen Sprachgebrauche entgegen, beibehaltenen Negation; sogar Luther, der doch sonst der Sprache manchmal starke Zumuthungen macht, um das Original möglichst getreu wiederzugeben, hat hier die Negation fallen lassen und übersetzt: „oder haben allein ich und B. nicht Macht, solches zu thun?“ Auch einfach haban findet sich c. Inf. für ἔχειν c. Inf., wobei ein Substantiv zu ergänzen ist, das den Begriff der Macht, Gewalt, des Vorraths ausdrückt, ein Gebrauch der ja gerade in der letzten Bedeutung der griechischen Profanlitteratar außerst geläufig ist. Doch begegnet diese Construction nur zweimal, Luc. 14. 1% unte eis ni haband usgildan bus, ὅτε οὐκ ἔχουσιν ἀποδοῦναί co: und Eph. 4, 28 ei habai dailjan haurbandin, ἵνα ἔχῃ μεταδιδόναι τῷ χρείαν ἔχοντι. Ganz in derselben Weise könnte aueh Luc. 14, 28 der bloße Inf. stehen; statt dessen finden wir aber du c. Inf., wohl deswegen, weil eine Präposition mit einem Substantiv zu übersetzen war, niu frumist gusitands rahneih) manviho, habaiu du ustiuhan? οὐχὶ πρῶτον καϑίσας ψηφίζει τὴν ϑαπάνην, εἰ ἔχει τὰ πρὸς ἀπαρτισμόν; Sonst wird haban c. Inf. angewandt zur Wiedergabe des griechischen Futurums, Marc. 10, 32; Joh. 12, 26; Il Cor. 11, 12; II Thess. 3, 4, nnd für μέλλειν c. Inf. Joh. 6, 6. 71.

skulan findet sich mit dem Inf., theils für μέλλειν oder ὀφεέλειν, theils für unpersönliches δεῖ sq. Acc. c. Inf., Matth. 11, 14; Marc. 8, 31 (neben skulds ist, während für beide Ausdrücke im Griechischen δεῖ vorlag); 9, 11; Luc. 2, 49; 7, 40 (skal bus ἔνα gihan, freie Über- setzung von ἔχω σοί τι εἰπεῖν): 9, 22. 31; 17, 10. 25; 18, 1; 19, 5; Joh. 3, 30; 7, 35; 8, 26; 9, 4; 10, 16; 12, 33; 13, 14; 16, 12; 18, 32; 19, 7; I Cor. 5, 10; 15, 2 (diese Stelle muß in dem Texte, der Vulfila vorlag, anders gelautet haben als in unserm heutigen; Löbe beinerkt z. ἃ. St.: „Goth. aliter atque Gr. sie construit: kannja izvis hatei aivaggeli skulub gamunan [indico vobis, ut evangelium de- beatis recordari], legit enim v. 2 pro εἰ κατέχετε cum. codd. ὀφείλετε κατέχειν) und v. 25; 11 Cor. 2. 3; Eph. 5, 28; 6, 20; Col. 8, 4. 6; I Thess. 4, 1; II Thess. 1, 3; I Tim. 3, 2. 7; II Tim. 2, 6; 4. 1; Tit. 1, 7; Skeir. I, ἃ; IV, a (zweimal); V, c; VL a. In den Stellen aus dem ersten Briefe an Timotheus ist ein eigenthümliches Anako- louth zu bemerken, indem die von skal abhängige Construction des Nom. c. Inf., die v. 3 und 4 richtig durchgeführt ist, v. 6 überspringt in den Acc. c. Inf., wohl veranlaßt durch die Parenthese v. 5. In gleicher Weise steht v. 7 ganz correct der Nom. c. Inf. bei skal, aber v. 8 und 9 wird, ohne Wiederholung von skulum im Acc. c. Inf. fort-

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gefahren. Sollte Vulfila durch das im Griechischen hier fehlende δεῖ, das aus v. 7 ergänzt werden muß, sich haben verleiten lassen? An der ersteren Stelle, v. 2ff., ist der Wechsel der Construction leicht zu erklären durch die dazwischentretende Parenthese; an der zweiten aber bleibt nichts übrig, als anzunehmen, daß Vulfila, um sich mög- lichst genau dem Originale anzuschließen, seiner Sprache eine ihr fremde Ausdrucksweise aufgedrängt hat. Geradeso wie bei magan hat auch bei skulan das Part. Prät. die Kraft, dem mit ihm verbun- denen Inf. passivische Geltung zu verleihen; so findet sich skulds visar als Übersetzung von ἔξεστιν, ἐξόν ἐστιν, δεῖ, ὀφείλειν, einmal auch (Luc. 9, 44) für μέλλειν zur Umschreibung des Futurums sowohl per- sönlich, Marc. 8, 31; Luc. 9, 44; II Cor. 5, 10 (ataugjan ohne das Reflexivpronomen sik für das Passivum φανερωθῆναι); 12, 4. 11, als unpersönlich Matth. 27, 6; Marc. 2, 26; 3, 4; 10, 2; 12, 14; Luc. 15, 32; 20, 22; Joh. 18, 31; I Cor. 15, 33; II Cor. 11, 30; II Thess. 3, 7; 1 Tim. 3, 15; Skeir. 6, ἃ, Ein Inf. ist aus dem Zusammenhange zu ergänzen Marc. 2, 24 (taujan) und Tit, 1, 7 (laisjan). Zu bemerken ist der zweimal vorkommende unpersönliche Gebrauch von skal, Rom. 12, 3 ni mais frabdjan bau skuli frabjan, un ὑπερφρονεῖν παρ᾽ δεῖ φρονεῖν, Luther: „daß niemand weiter von sich halte, denn sich’s ge- bührt zu halten“ und Tit. 1, 11 banzei skal gasakan, oVg δεῖ ἐπιστο- μίέξειν, Luther: „welchen man muß das Maul stopfen.“ Merkwürdig ist der bloße Inf. nach dem Substantiv skula in Verbindung mit visar, ganz gleichbedeutend mit skulan, Gal. 5, 3 batei skula ist all vitoh taujan, ὅτι ὀφειλέτης ἐστὶν ὅλον τὸν νόμον ποιῆσαι.

Keine Beispiele sind beizubringen für den Inf. bei kunnan und aiygan; moltan kommt als Verbum in den uns erhaltenen gothischen Sprachdenkmälern gar nicht vor. Dagegen ist Grimm im Irrthume, wenn er dugan und gadaursan unter den Verben zweiter Anomalie mit nennt, neben denen der Inf., obwohl seiner Anwendung nichts ent- gegenstünde, nicht vorkommt. dugan als Impersonale c. Inf. ist be- legt durch II Tim. 2, 14 vaurdam veihan du ni vaihtai daug, un Aoyo- μαχεῖν εἰς οὐδὲν χρήσιμον, wenn man nicht etwa besser thut, den Inf. als Subject zu fassen und daug als Prädicat, in welchem Falle unsere Stelle denjenigen beizuzählen wäre, in denen der Inf. als Sub- stantiv auftritt. Diese Stelle ist noch dadurch von Interesse, daß man aus ihr ersieht, daß Vulfila auch hier einen andern Text als unsern heutigen vor sich hatte, indem aus dem Inhalte dessen, was Timotheus seinen Mitchristen zur Pflicht machen soll, ein besonderer, unabhän- giger Satz gebildet ist; schon im Originale muß die Negation un ge-

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc. 429

fehlt und vor λογομαχεῖν ein Punct gestanden haben. gadaursan :c. Inf. findet sich I Cor. 6, 1 gadars hvas izvara...stojan fram invindaim jah ni fram (veihaim)? τολμᾷ τις ὑμῶν... . κρίνεσϑαι ἐπὶ τῶν ἀδίκων καὶ οὐκ ἐπὶ τῶν ἁγίων; II Cor. 10, 12 unte ni gadaursam domjan unsis silbans aibpau gadomjan uns du baim sik silbans anafılhandam, οὐ γὰρ τολμῶμεν ἐγκρῖναι συγκρῖναι ἑαυτούς τισι τῶν ἑαυτοὺς συνιστανόν- τῶν, Phil. 1, 14 mais gadaursan unagandans vaurd gubs rodjan, περισ- δοτέρως τολμᾷν ἀφόβως τὸν λόγον λαλεῖν.

An einer einzigen Stelle findet sich binah c. Inf., II Cor. 12, 1 hvopan binah, akei ni balizo ist; hier hat Vulfila unbedingt einen an- deren Text als unseren jetzigen vor sich gehabt. Wir lesen jetzt xav- χᾶσϑαι δὴ οὐ συμφέρει wor, Vulfila muß aber gelesen haben καυχᾶ- ὄϑαι δεῖ, ἀλλ οὐ συμφέρει. 8. v. ἃ. Gabelentz und Löbe z. ἃ, St.

munan, welches ἡγεῖσϑαι, λογέξεσϑαι, νομέξειν, οἴεσϑαι bedeutet und nicht zu verwechseln ist mit dem schwachen Verbum munan, das zur Wiedergabe von μέλλειν, als Umschreibung des Futurums dient, findet sich mit dem Inf. HI Con. 10, 2 bizaiei man gadaursan ana su- mans bans munandans uns sve bi leika gaggandans, λογίξομαι τολμῆσαι ἐπί τινας τοὺς λογιξομένους ἡμᾶς ὡς κατὰ σάρκα περιπατοῦντας, bei gleichem Subjecte, mit dem Acc. c. Ιηΐ, wenn ein neues Subject ein- tritt, Rom. 14, 14 niba bamma munandin hva unhrain visan, εἰ μὴ τῷ λογιξομένῳ τι κοινὸν εἶναι, und I Cor. 7, 26 man nu bata gob visan, νομέξω οὖν τοῦτο καλὸν ὑπάρχειν. Aber auch bei gleichem Subjecte begegnet der Acc. c. Inf. trotz des im Griechischen vorliegenden ein- fachen Inf., II Cor. 11, 5 man auk ni vaihtai mik minnizo gataujan haim ufar mikil visandam apaustaulum, λογέξομαι γὰρ μηδὲν ὑστερηκέναι τῶν ὑπὲρ λίαν ἀποστόλων und Phil. 1, 16 munandans sik aglons ur- raisjan bandjom meinaim, οἰόμενοι ϑλῖψιν ἐπιφέρειν τοῖς δεσμοῖς μου, dagegen stand schon im Griechischen der Acc. c. Inf. Phil. 3, 13 broprjus, ik mik silban ni hau man gafahen, ἀδελφοὶ, ἐγὼ ἐμαυτὸν οὐ λογέξομαι κατειληφέναι, wo der Acc. dazu dient, die Person des Apo- stels ganz besonders stark hervorzuheben. Noch ist zu erwähnen, daß zweimal ein Adjectiv im Neutrum von munan abhängt, zu dem der Inf. visan zu ergänzen ist, so daß wir hier gleichfalls den Acc. c. Inf., freilich ohne sichtbaren Inf., haben, II Cor. 9, 5 naudibaurft nu man bidjan brobruns, ἀναγκαῖον οὖν ἡγησάμην παρακαλέσαι τοὺς ἀδελφοὺς, und Phil. 2, 25 aphban barb munda Aipafraudeitu brobar ... sandjan du izvis, ἀναγκαῖον δὲ ἡγησάμην ᾿Επαφροδιτον... . πέμψαι πρὸς ὑμᾶς. Ernst Schulze (Goth. Glossar 8. v. munan) führt diese beiden Stellen unter denjenigen auf, in denen munan mit doppeltem Accusativ con-

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struiert ist und wo an Stelle des zweiten Accusativs ein Infinitiv steht. Wie aber überhaupt die Construction des doppelten Accusativs nichts anderes ist, als ein versteckter Acc. c. Inf., bei welchem das Verbum substantivum zu ergänzen ist, so werden diese Stellen sowohl, als auch diejenigen, in denen munan den doppelten Accusativ regiert, II Cor. 11, 16 und Phil. 2, 3, besser denen mit dem Acc. c. Inf. zugezählt.

haurban c. Inf. findet sich Luc. 14, 18 jak parf galeiban jah sai- hvan hata, καὶ ἔχω ἀνάγκην ἐξελϑεῖν καὶ ἰδεῖν αὐτόν, sowie I Thess. 4, 9. Diese letztere Stelle ist dadurch eigenthümlich, daß der gothische Übersetzer, vorausgesetzt, daß sein Text dieselbe I,esart darbot wie unser jetziger, einen Inf. Act. vorfand, für den wir nach griechischen: Sprachgebrauch nothwendig einen Inf. Pass. erwarten müßten, da wir uns hier mit einem zu ergänzenden allgemeinen Subjecte, zig oder ἄνθρωπος nicht helfen können, sondern den Schreiber des Briefes nothwendig als Subject denken müssen, daß Vulfila aber, um Zwei- deutigkeit zu vermeiden, das Subject veränderte: während nämlich im Griechischen die Gemeinde zu Thessalonike Subject ist und, wunder- bar genug, zu lesen steht οὐ χρείαν ἔχετε γράφειν ὑμῖν, macht Vulfiia den Apostel Paulus zum Subject und schreibt nun jedermann verständ- lich ni paurbum meljan izvis. Ganz dieselbe Vertauschung der Sub- jecte ist noch an einer anderen Stelle des nämlichen Briefes vorge- nommen, 5,1, ni haurbum, ei izvis meljaima, wofür hier im Griechi- schen correct der Inf. Pass. steht, den wir oben vermissten, οὐ χρείαν ἔχετε ὑμῖν γράφεσϑαι. Das Part. Prät. paurfts und das durch Com- position von demselben gebildete Adjectivum naudipaurfts finden sich als Impersonalia mit dem bloßen Inf., dem Griechischen genau ent- sprechend Phil. 2, 25 und H Cor. 9, 5 (beide Stellen unter munan). Einmal begegnet auch der Comparativ von Paurfts als Impersonale mit du c. Inf. für den Inf. mit dem Artikel des Griechischen, Phil. 1, 24 apban du visan in leika, paurftizo in izvara, τὸ δὲ ἐπιμένειν ἐν σαρκὶ ἀναγκαιότερον dr ὑμᾶς.

Zwei Hülfsverba, die nicht zu den Verben zweiter Anomalie ge- hören, sind noch übrig, viljan und duginnan. Wie im Griechischen nach βούλεσθαι und ϑέλειν, im Lateinischen nach velle der bloße Inf. folgt und ein Nomen, das als Pradicatsbestimmung hinzatritt, im Nom. steht, wenn das Subject des Haupt- sowie des abhängigen Satzes eines und dasselbe bleibt, bei verschiedenem Subjecte aber der Acc. c. Inf. eintreten muß oder ein mit einer Conjunction eingeleiteter Nebensatz, so auch im Gothischen. Demnach haben wir den bloßen Inf. nach viljan Matth. 5, 40, wo der Acc. staua und der Inf. niman als Objecte

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS ete. 431

coordiniert sind, und v. 41; 11, 14; Marc. 9, 35; 10, 43; 15. 9; Luc. 1, 62; 9, 23. 24; 10, 22. 24. 29; 14, 28; 15, 28; 18, 13; 19, 46; Joh. 5, 35; 6, 21. 67; 7,1.17. 44; 8,44; 9, 27; 12,21; Rom. 7, 21; 9, 22; I Cor. 10, 27; 16, 7; II Cor. 1, 15; 5, 4, wo afhamon und anahamon als medial anzusehen sind für ἐχδύσασϑαι und ἐνδυσασϑαι; 11, 32; 12, 6; Gal. 1, 7; 3, 2; 4, 9. 17. 20. 21; 6, 12; I Thess. 2, 18; I Tim. 1, 75 6, 9; U Tim. 3, 12; Philem. v. 13. 14; Skeir. VI, a; VII, c. Marc. 15, 9 schreibt Maßmann gegen die Handschrift vileidw fraleitau tzvis bana biudan Judaie, während in der Handschrift der Inf. fraletan steht. Diesen Inf. hat Maßmann vermuthlich deswegen in den Optativ verwandelt, um die gothischen Worte denen des griechischen Textes möglichst entsprechen zu lassen, welche deu Conj. Aor. darbieten, ϑέλετε ὑπολύσω ὑμῖν τὸν βασιλέα τῶν Ἰουδαίων; und um den Inf. Act. für den Inf. Pass. zu beseitigen. Aber diese Änderung ist keines- wegs zu billigen, erstens schon deshalb, weil von der Lesart der Hand- schrift an einer Stelle, die nicht mit Nothwendigkeit zu einer Uon- jectur zwingt, abgewichen ist, und zweitens, weil Vulfila für den bloßen Conjunctiv nach ϑέλειν nie den bloßen Opt. setzt, sondern ausnahmslos ei c. Opt. viljan mit folgendem bloßen Optativ ist eine durchaus nicht erweisbare Construction. Der Inf. fraleitan aber für den Inf. Pass. hat durchaus nichts Auffallendes und Störendes, das beseitigt werden müsste. Vgl. Grimm, Gr. IV, 57 f. Der Acc. c. Inf. nach viljan für griechischen Acc. c. Inf. findet sich Marc. 7, 24; 10, 36; Luc. 1, 62; 19, 14. 27; Rom. 11, 25; I Cor. 7, 7; 10, 1. 20; 11, 3; UI Cor. 1, 8; Gal. 6, 13; I. Thess. 4, 13; I Tim. 2, 4. 8; 5, 145 an mancher dieser Stellen ist visan zu ergänzen. Nach einer Reihe einfacher Infinitive folgt II Cor. 1,16 der Acc. c. Inf. gasandjan mik zu genauer Wieder- gabe des griechischen ἐβουλόμην ... ὑφ᾽ ὑμῶν προπεμφϑῆναι. Neben diesen beiden Constructionen begegnet auch die Umschreibung mit ei sq. Opt., theils für ἕνα c. Conj., Marc. 6, 25; 9, 30; 10, 35; Luc. 6, 31; Joh. 17, 24, tbeils für den Conj. Aor., Matth. 27, 17; Marc. 14, 12; 15, 12; Luc. 9, 54; 18, 41; Joh. 18, 39. Für den bloßen Conj. nnd ἵνα c. Conj. steht ei in einem und demselben Verse, Marc. 10, 51: hva vilei ei taujau pus? τί ϑέλεις ποιήσω or; und kurz darauf δὲ us- saihvau, ἵνα ἀποβλέψω. Ganz vereinzelt ist ei für den einfachen Inf. des Griechischen gesetzt, wo wir bei der Gleichheit des Subjects den Inf. auch im Gothischen erwarten sollten, Rom. 13, 3 abban vileis, ei ni ogeis valdufni? ϑέλεις δὲ un φοβεῖσϑαι τὴν ἐξουσίαν: Hiebei sei gleich erwähnt, daß das Substantiv vilja in der Verbindun g ni vas vilja mit folgendem ei construiert ist, wie auch οὐκ nv ϑέλημα sq. ἵνα, da-

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Andeutung darüber zu geben, wie diese Änderung der bandschrift- lichen Lesart zu rechtfertigen sei. Unsere Stelle bedarf durchaus keiner Emendation, sondern nur einer verständigen Interpretation und auf diese werden wir geführt durch Marc. 1, 14, wo das Griechische μετὰ δὲ τὸ παραδοϑῆναι τὸν Imavvnv übersetzt ist durch afar Patei atgibans var Johannes, also μετὰ τὸ c. Inf. durch afar hatei sq. Verbo finito; es liegt also in der Marcusstelle eine Attraction vor, die auf- zulösen ist durch afar bata, hate. Einfacher noch ist die in Rede stehende Stelle des Skeireins, indem für das Verbum finitum, das wir Mare. 1, 14 finden, der Inf. gesetzt ist als Substantivum, freilich nicht mit der Conjunction, sondern mit dem Relativpronomen batei, abhängig von der Präposition afar. Es ist also diese Stelle mit Ernst: Schulze (im Gothischen Glossar 8. v. afar) zu erklären: afar batei matjan „nach welchem Essen, d. h. nachdem sie gegessen hatten.“ Auffallend aber bleibt in hohem Grade der Nominativ so managei, für den wir nach dem, was oben über den Casus von Nominibus gesagt worden ist, den Accusativ bo managein mit Nothwendigkeit erwarten müßten. Eine ganz besondere Wichtigkeit erlangt unsere Stelle dadurch, daß sie die einzige ist, in welcher ein Inf. von einer anderen Präposition als von dw abhängt, eine Erscheinung, die meines Wissens von Grimm nirgends erwähnt ist.

δ, 2.

Der Infinitiv von Verben und Nominibus abhängig.

Es ist mir nicht rathsam erschienen, in der Weise, wie es Grimm gethan hat, den bloßen Inf., den Accusativ mit dem Infinitiv und den präpositionalen Infinitiv in gesonderten Abschnitten zu behandeln, weil bei mehreren Begriffen verschiedene Constructionsweisen neben einander hergehen. Auch von der Eintheilung der Verba, die den Inf. regieren, in solche von auxiliarer und nicht auxiliarer Bedeutung, ἃ. h. solche, welche ohne eine nähere Bestimmung im Inf. keinen aus- reichenden Inhalt haben, und solche, bei denen die auxiliare Verwen- dung nur facultativ ist, sehe ich mich genöthigt, insofern abzugehen, als nur der erste Abschnitt die Auxiliarverben behandeln wird, der Inf. aber, der von nicht auxiliaren Verben abhängt, nach der verschie- denen Geltung, die er hat, einzutheilen ist in den Inf., der die Stelle eines directen Objectes vertritt, ferner in den Inf., welcher die Folge oder Wirkung bezeichnet, und schließlich ın den Inf., der zur An- gabe der Absicht dient. Bei den beiden letzten Arten des Infinitivs wird häufig neben .dem einfachen Inf. der präpositionale erscheinen.

lo

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc. ‚425

a) Der Inf. bei Hülfsverben.

Hier sind wieder zwei Unterabtheilungen zu machen, insofern eine Reihe von Impersonalien zu den Hülfsverben zu rechnen ist. Zu- nächst sind in Betracht zu ziehen

&) Die eigentlichen Hülfsverba.

In erster Reihe stehen die sogenannten Verba zweiter Anomalie. Diese werden ausnahmslos mit dem einfachen Inf. construiert; nur bei skulan findet sich vereinzelt der Acc. .c. Inf., aber aus einem ganz außerlichen Grunde, wie sich bei Sammlung der Belegstellen für dieses Verbum ergeben wird.

magan. Der Stellen, welche dieses Hülfsverbum mit dem Inf. aufweisen, theils mit dem wirklich gesetzten Inf., theils mit einem aus dem Zusammenhange zu ergänzenden, sind so viele, daß ich mich wohl darauf beschränken darf, bloß die in den Evangelien begegnen- den aufzuführen: Matth. 5, 36; 6, 24. 27; 7, 18; 8, 28; 9, 15. 28; Marc. 1, 40. 45; 2, 4. 7. 19; 3, 20. 23. 24. 25. 26. 27; 5, 3. 4; 6,5. 19; 7, 15. 18. 24; 8, 4. 18; 9, 5; 10, 38; Luc. 5, 12; 6, 48; 14, 26. 27. 33; 16, 2; Joh. 3, 3; 6, 32 und aus dem Zusammenlfange ist ein Inf. zu ergänzen Marc. 6, 19; 9, 18. 22; 10, 39; Luc. 19, 3. Interes- sant ist der Unterschied in der Anwendung des Hülfsverbums magan je nach dem Genus Verbi, das ausgedrückt werden soll; um nämlich das Passivum auszudrücken wird das Part. Prät. mahts angewandt und so dem Inf. Act. passivische Geltung verschafft; vgl. Grimm, Gr. IV, 59, so daß mahts ist giban = potest dari, wobei zu beachten ist, daß mahts visan stets persönlich gebraucht wird. Die hieher einschlagen- den Stellen sind folgende: Marc. 14, 5 maht vesi auk bata balsan fra- bugjan....jah giban unledaim, ἠδύνατο γὰρ τοῦτο πραϑῆναι... καὶ δοθῆναι τοῖς πτωχοῖς. Hier zeigt das im Gothischen ausdrücklich hin- zugesetzte Subject hata balsan ganz unverkennbar, daß maht vesi nicht unpersönlich aufgefasst werden darf; noch deutlich ist die personale Construction in den folgenden Stellen, Luc. 8, 43 jah ni malhta vas ram ainomehun galeikinon, οὐκ ἴσχυσεν an οὐδενὸς ϑεραπευϑῆναι, Joh. 3, 4 und Skeir, II, hvaiva mahts ist manna gabairan albeis vi- sunds? πῶς δύναται ἄνϑρωπος γεννηϑῆναι γέρων av; Joh. 10, 35 ni maht ist gatairan bata gamelido, καὶ οὐ δύναται λυϑῆναι γραφή, I Tim. 5, 25 jah bo aljaleikos sik habandona filhan πὶ mahta sind, καὶ τὰ ἄλλως ἔχοντα κρυβῆναι ουὔ δύναται, Skeir. VI, unte hvarjatoh vaurde at mannam in sunjai maht ist anbarleikein inmaidjan. Bei dieser Gelegenheit ‚sei gleich erwähnt, daß das Adjectivum smahteigs in der

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Andeutung darüber zu geben, wie diese Änderung der handschrift- lichen Lesart zu rechtfertigen sei. Unsere Stelle bedarf durchaus keiner Emendation, sondern nur einer verständigen Interpretation und auf diese werden wir geführt durch Marc. 1, 14, wo das Griechische μετὰ δὲ τὸ παραδοϑῆναι τὸν Ἰωάννην übersetzt ist durch afar batei atgibans varb Johannes, also μετὰ τὸ c. Inf. durch afar hatei sq. Verbo finito; es liegt also in der Marcusstelle eine Attraction vor, die auf- zulösen ist durch afar bata, hatei. Einfacher noch ist die in Rede stehende Stelle des Skeireins, indem für das Verbum finitum, das wir Mare. 1, 14 finden, der Inf. gesetzt ist als Substantivum, freilich nicht mit der Conjunction, sondern mit dem Relativpronomen batei, abhängig von der Präposition afar. Es ist also diese Stelle mit Ernst: Schulze (im Grothischen Glossar 8. v. afar) zu erklären: afar hbatei matjan „nach welchem Essen, d. ἢ. nachdem sie gegessen hatten.“ Auffallend aber bleibt in hohem Grade der Nominativ so managei, für den wir nach dem, was oben über den Casus von Nominibus gesagt worden ist, den Accusativ bo managein mit Nothwendigkeit erwarten müßten. Eine ganz besondere Wichtigkeit erlangt unsere Stelle dadurch, daß sie die einzige ist, in welcher ein Inf. von einer anderen Präposition als von dw abhängt, eine Erscheinung, die meines Wissens von Grimm nirgends erwähnt ist.

8. 2. Der Infinitiv von Verben und Nominibus abhängig.

Es ist mir nicht rathsam erschienen, in der Weise, wie es Grimm gethan hat, den bloßen Inf., den Aceusativ mit dem Infinitiv und den präpositionalen Infinitiv in gesonderten Abschnitten zu behandeln, weil bei mehreren Begriffen verschiedene Constructionsweisen neben einander hergehen. Auch von der Eintheilung der Verba, die den Inf. regieren, in solche von auxiliarer und nicht auxiliarer Bedeutung, d. h. solche, welche ohne eine nähere Bestimmung im Inf. keinen aus- reichenden Inhalt haben, und solche, bei denen die auxiliare Verwen- dung nur facultativ ist, sehe ich mich genöthigt, insofern abzugehen, als nur der erste Abschnitt die Auxjliarverben behandeln wird, der Inf. aber, der von nicht auxiliaren Verben abhängt, nach der verschie- denen Geltung, die er hat, einzutheilen ist in den Inf., der die Stelle eines directen Objectes vertritt, ferner in den Inf., welcher die Folge oder Wirkung bezeichnet, und schließlich ın den Inf., der zur An- gabe der Absicht dient. Bei den beiden letzten Arten des Infinitivs wird häufig neben dem einfachen Inf. der präpositionale erscheinen.

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc. ‚425

a) Der Inf. bei Hülfsverben.

Hier sind wieder zwei Unterabtheilungen zu machen, insofern eine Reihe von Impersonalien zu den Hülfsverben zu rechnen ist. Zu- nächst sind in Betracht zu ziehen -

&) Die eigentlichen Hülfsverba.

In erster Reihe stehen die sogenannten Verba zweiter Anomalie. Diese werden ausnahmslos mit dem einfachen Inf. construiert; nur beı skulan findet sich vereinzelt der Acc. .c. Inf., aber aus einem ganz äußerlichen Grunde, wie sich bei Sammlung der Belegstellen für dieses Verbum ergeben wird.

magan. Der Stellen, welche dieses Hülfsverbum mit dem Inf. aufweisen, theils mit dem wirklich gesetzten Inf., theils mit einem aus dem Zusammenhange zu ergänzenden, sind so viele, daß ich mich wohl darauf beschränken darf, bloß die in den Evangelien begegnen- den aufzuführen: Matth. 5, 36; 6, 24. 27; 7, 18; 8, 28; 9, 15. 28; Marc. 1, 40. 45; 2, 4. 7. 19; 3, 20. 23. 24. 25. 26. 27; 5, 3. 4; 6,5. 19; 7, 15. 18. 24; 8, 4. 18; 9, 5; 10, 38; Luc. 5, 12; 6, 48; 14, 26. 27. 33; 16, 2; Joh. 3, 3; 6, 32 und aus dem Zusammenffange ist ein Inf. zu ergänzen Marc, 6, 19; 9, 18. 22; 10, 39; Luc. 19, 3. Interes- sant ist der Unterschied in der Anwendung des Hülfsverbums magan je nach dem Genus Verbi, das ausgedrückt werden soll; um nämlich das Passivum auszudrücken wird das Part. Prät. mahts angewandt und so dem Inf. Act. passivische Geltung verschafft; vgl. Grimm, Gr. IV, 59, so daß mahts ist giban = potest dari, wobei zu beachten ist, daß malıts visan stets persönlich gebraucht wird. Die hieher einschlagen- den Stellen sind folgende: Marc. 14, 5 maht vesi auk bata balsan fra- bugjan ...jah giban unledaim, ἠδύνατο γὰρ τοῦτο πραϑῆναι... καὶ δοθῆναι τοῖς πτωχοῖς. Hier zeigt das im Gothischen ausdrücklich hin- zugesetzte Subject pata dalsan ganz unverkennbar, daß maht vesi nicht unpersönlich aufgefasst werden darf; noch deutlich ist die personale Construction in den folgenden Stellen, Luc. 8, 43 jah ni mahta vas fram ainomehun galeikinon, οὐκ ἴσχυσεν am οὐδενὸς ϑεραπευϑῆναι, Joh. 3, 4 und Skeir, II, ce λυαΐσα mahts ist manna gabairan alpeis vi- sands? näs δύναται ἄνϑρωπος γεννηϑῆναι γέρων av; Joh. 10, 35 ni maht ist gatairan bata gamelido, καὶ οὐ δύναται λυϑῆναι γραφή, I Tim. 5, 25 jah po aljaleikos sik habandona jfilhan ni mahta sind, καὶ τὰ ἄλλως ἔχοντα κρυβῆναι oVv δύναται, Skeir. VI, unte hvarjatoh vaurde at mannam in sunjai maht ist anparleikein inmaidjan. Bei dieser Gelegenheit sei gleich erwähnt, daß das Adjectivum mahteigs in der

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dovv αὐτῷ πιεῖν ἐσμυρνισμένον olvov, wobei es auflallig ıst, daß trotzdem daß das Object, vein, dabeisteht, der bloße Inf. gesetzt ist, während wir nach Analogie einiger anderer Stellen, die sogleich ihre Besprechung finden werden, die Präp. du c. Inf. erwarten müßten; Luc. 1, 73f. ei gibai unsis...skalkinon imma, τοῦ δοῦναι ἡμῖν... λατρεύειν αὐτῷ, 9, 13 gibip im jus matjan; Π Tim. 1, 18 gibai fravja imma bigitan armahairtein, δώῃ αὐτῷ κύριος εὑρεῖν ἔλεος, Eph. 6, 19 ei mis gibaidau vaurd in usluka munpis meinis, in balbein kannjan runa atvaggeljons, ἵνα μοι δοϑείη λόγος ἐν ἀνοίξει τοῦ στόματός μου, ἐν παῤῥησία γνωρίσαι τὸ μυστήρων τοῦ εὐαγγελίου, wo der Inf. kannjan mit seinem Zubehör als epexegetischer Zusatz zu vaurd zu betrachten ist; Rom. 15. 5 gup . . gibai izvis bata samo Jrapjan izvis in izvis misso bi Xristu Jesu, δὲ ϑεὸς ... δώῃ ὑμῖν τὸ αὐτὸ φρονεῖν ἐν ἀλλήλοις κατὰ Χριστὸν Ἰησοῦν. Diese Stelle ist bemerkenswerth wegen des Acc. izvis beim Inf. und liefert so einen neuen Beweis für die Neigung des Infinitivs, eine zu ihm tretende Nominalbestimmung im Acc. zu sich zu nehmen, oder, wie Grimm sagt, von der accusativi- schen Geltung des Infinitivs. Anders verhält es sich mit dem Acc. c. Inf. bei wechselndem Subjecte nach giban Eph. 3, 16f. ei gibai izvis

. bauan Äristu in hatrtam izvaraim, dem ein einfacher Inf. bei glei- chem Bubjecte vorausgeht ei gibai izvis bi gabein vulbaus seinis mahtai gasvinbnan, ἵνα δώῃ ὑμῖν .. δυνάμει κραταιωϑῆναι ... ., κατοικῆσαι τὸν Χριστὸν κτλ. Wie an allen diesen Stellen, mit Ausnahme von Eph. 3, 17, dem gothischen Inf., beziehentlich Acc. c. Inf. im Griechischen der bloße Inf. gegenübersteht, so auch da, wo wir nach giban dem prapositionalen Inf. begegnen. Es war aber keineswegs der Willkür des gothischen Übersetzers freigestellt, ob er nach gidan, dem Griechi- schen folgend, den bloßen Inf. oder die Präp. du c. Inf. setzen wollte, sondern es ist ein scharfer Unterschied deutlich zu bemerken. Überall namlich, wo wir nach gidan du c. Inf. finden, ist das Object im Acc. angegeben und an der einzigen Stelle, wo es scheinbar fehlt, ist es zu dem ersten der coordinierten Verba gesetzt und somit leicht aus dem Zusammenhange zu ergänzen: Luc. 9, 16 insaihvands du himina gabiupida ins jah gabrak jah gaf siponjam du fauralaojan Pizai mana- gein; Joh. 6, 31 hlaif us himina gaf im du matjan; ib. v. 52 hvaiva mag unsis leik giban du matjan? Uol. 1, 25 bi ragina gups, hbatei giban ist mis in izvis du usfulljan vaurd gups. Der Inf. mit du dient also zur Angabe dessen, was mit der Gabe geschehen soll, wir haben also keinen objectiven, sondern einen durchaus finalen Inf. Deshalb müßten wir eigentlich auch Marc. 15, 23 erwarten gebun imma vein du drigkan, es

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS οἱο. 427

it, wegen der im engsten Anschlusse an das Griechische, dem ‘chen Sprachgebrauche entgegen, beibehaltenen Negation; sogar der doch sonst der Sprache manchmal starke Zumuthungen αὖ, um das Original möglichst getreu wiederzugeben, hat hier die ‚egation fallen lassen und übersetzt: „oder haben allein ich und B. nicht Macht, solches zu thun?“ Auch einfach haban findet sich c. Inf. für ἔχειν ὁ. Inf., wobei ein Substantiv zu ergänzen ist, das den Begriff der Macht, Gewalt, des Vorraths ausdrückt, ein Gebrauch der ja gerade in der letzten Bedeutung der griechischen Profanlitteratur äußerst geläufig ist. Doch begegnet diese Uonstruction nur zweimal, Luc. 14, 14 unte eis ni haband usgildan bus, ὅτι οὐκ ἔχουσιν ἀποδοῦναί 00: und Eph. 4, 28 ei habai dailjan paurbandin, ἵνα ἔχῃ μεταδιδόναι τῷ χρείαν ἔχοντι. Ganz in derselben Weise könnte aueh Luc. 14, 28 der bloße Inf. stehen; statt dessen finden wir aber du c. Inf., wohl deswegen, weil eine Präposition mit einem Substantiv zu übersetzen war, niu frumist gasitands rahneib manvibo, habaiu du ustiuhan? οὐχὶ πρῶτον καϑίσας ψηφίξει τὴν δαπάνην. εἰ ἔχει τὰ πρὸς ἀπαρτισμόν; Sonst wird haban c. Inf. angewandt zur Wiedergabe des griechischen Futurums, Marc. 10, 32; Joh. 12, 26; Il Cor. 11, 12; II Thess. 3, 4, nnd für μέλλειν c. Inf. Joh. 6, 6. 71. skulan findet sich mit dem Inf., theils für weAAsıv oder ὀφεέλειν, theils für unpersönliches δεῖ sq. Acc. c. Inf., Matth. 11, 14; Marc. 8, 31 (neben skulds ist, während für beide Ausdrücke im Griechischen δεῖ vorlag); 9, Il; Luc. 2, 49; 7, 40 (skal bus hva giban, freie Über- setzung von ἔχω 6ol τι εἰπεῖν); 9, 22. 31; 17, 10. 25; 18, 1; 19, 5; Joh. 3, 30; 7, 35; 8, 26; 9, 4; 10, 16; 12, 33; 13, 14; 16, 12; 18, 32; 19, 7; I Cor. 5, 10; 15, 2 (diese Stelle muß in dem Texte, der Vulfila vorlag, anders gelautet haben als in unserm heutigen; Löbe bemerkt z. ἃ, St.: „Goth. aliter atque Gr. sie construit: kannja izvis hatei aivaggeli skulub gamunan [indico vobis, ut evangelium de- beatis recordari], legit enim v. 2 pro εἰ κατέχετε cum. codd. ὀφείλετε κατέχειν) und v. 25; 11 Cor. 2. 3; Eph. 5, 28; 6, 20; Col. 4, 4. 6; I Thess. 4, 1; II Thess. 1, 3; I Tim. 3, 2. 7; UI Tim. 2, 6; 4, 1; Tit. 1, 7; Skeir. I, d; IV, a (zweimal); V, c; VI, a. In den Stellen aus dem ersten Briefe an Timotheus ist ein eigenthümliches Anako- louth zu bemerken, indem die von skal abhängige Uonstruction des Nom. c. Inf., die v. 3 und 4 richtig durchgeführt ist, v. 6 überspringt in den Acc. c. Inf., wohl veranlaßt durch die Parenthese v. 5. In gleicher Weise steht v. 7 ganz correct der Nom. c. Inf. bei skal, aber v. 8 und 9 wird, ohne Wiederholung von skulum im Acc. ὁ. Inf. fort-

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den ersten Worten dieses Verses steht und dort wie hier den Apostel Paulus und seine Anhänger bezeichnet; mit feinem Verständniß ver- meidet Vulfila auf diese Weise eine Ungenauigkeit des griechischen Textes und stellt den richtigen Sinn wieder ber; denn correct müßte der Acc. c. Inf. stehen mit dem Subjectsaccusativ ἡμᾶς. Die Stelle lautet: abban venja jah in mihvisseim izvaraim svikunpans visan uns, ἐλπέξω ὃὲ καὶ ταῖς συνειδήσεσιν ὑμῶν πεφανερῶσϑαι, auch Luther übersetzt richtig: „ich hoffe aber, daß wir auch in euren Gewissen offenbar sind,“ Mit folgendem ei für Griechisches ὅτε findet sich venjan II Cor. 1, 10. 13; 13, 6; Philem. v. 22. ven haban hat bei gleichbleibendem Subjecte den Inf. nach sich, II Cor. 10, 15f. abban ven habam at vahsjandein galaubeinai izvarai mikilnan bi garaideinai unsarai du ufar- assau, ufarjatna izvis aivaggeljon merjan, ni in framabjatim arbardim du manvjaim hvopan, für ἐλπέδα ἔχοντες c. Inf. ogan, poßeioda:, kommt nur an zwei gleichlautenden Stellen mit dem Inf. vor, Marc. 9, 32 und Luc. 9, 45 jah ohtedun ἐπα fraihnan, καὶ ἐφοβοῦντο ἐρωτῆσαι αὐτόν, sonst entweder mit dem Acc. der Person oder Sache, Matth. 10, 28; Marc. 11, 18. 32; 12, 12; Luc. 1, 50; 18, 2. 4; 20, 19; Rom. 13, 3; Gal. 2, 12; 4, 11; Col. 3, 22; Neh. 7, 3, oder mit einem subordinierten Satze, der eingeleitet wird durch ibai aufto, μήπως, II Cor. 11, 3; 12, 20; Gal. 4, 11. /aurhtjan c. Inf. kommt nicht vor. galaubjan begegnet nur einmal in der Bedeutung „für recht, für erlaubt halten“ und zwar mit einfachem Inf., Rom. 14, 2 sums raihtis galaubeib matjan allata, ὃς μὲν πιστεύει φαγεῖν πάντα, Luther: „einer glaubt, er möge allerlei essen;“ ebenfalls nur ein einziges Mal mit Acc. c. Inf., in seiner gewöhnlichen Bedeutung, Luc. 20, 6 triggvaba galaubjand auk allaı Johannen praufetu visan, πεπεισμένος γάρ ἐστιν Ἰωάννην προφήτην εἶναι. Sonst findet sich sehr oft gulaubjan 84. ei, Matth. 9, 28; Marc. 11, 23. 24; Luc. 1, 45; Joh. 8, 24; 10, 38; 11, 27. 42; 13, 19; 13, 10. 11; 16, 30; 17, 8. 21; Rom. 10, 9; I Thess. 4, 14. Nicht den doppelten Acc., wo für den zweiten Acc. ein Inf. steht, wie Schulze (Goth. Glossar 8. v.) annimmt, sondern Acc. c. Inf. mit verschwie- genem Inf. des Verbi substantivi, der wegbleiben mußte, um neben dem schon einmal geschriebenen risan nicht schwertällig zu werden, haben wir nach rahnjan anzunehmen, Phil. 2, 6 ni vulva rahnida visan sik galeiko yupa, wo Maßmann ganz unnöthig den Inf. galeikon ver- muthet und ganz verkehrter Weise risan sik und galeiko durch ein Komma trennt; allerdings ist das Adverbium galeiko neben dem Ver- bum substantivum visan auffällig, erklärt sich aber zur Genüge aus dein griechischem Texte: οὐχ ἁρπαγμὸν ἡγήσατο τὸ εἶναι ἶσα Deo.

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc. 439

Beachtenswerth ist es, daß Vulfila um größerer Deutlichkeit willen, um hervorzuheben, daß Christus nicht die gottverwandte Natur des Menschen überhaupt, sondern sein eigenes unmittelbar göttliches Wesen ion Sinne hat, das Pronomen stk einfügt. Weitere Acc. c. Inf. nach rahnjan bieten sich dar Phil. 3, 7 akei batei vas mis gavaurki, batuh rahnida in Xristaus sleiha visan, ἀλλ᾽ ἅτινα ἦν μοι κέρδος, ταῦτα ἤγημαι δεὰ τὸν Χριστὸν ξημίαν und Skeir. VIII, b ak mais sildaleikjandans Fraujins laisein svikunbaba in allaim alamannam fauravisan rahnidedun ; ebenso nach der verstärkten Form garahnjan Skeir. VII, sve filu auk sve garahnida ins vairban. bugkjan, δοκεῖν (persönlich) in der Bedeutung „glauben“, öfters auch „sich den Anschein geben“ oder für φαίνεσϑαι, „erscheinen“, hat nur an drei Stellen die Conjunction ei nach sich für griechisches ὅτι, Matth. 6, 7; Luc. 9, 11; II Cor. 12, 19, sonst stets den einfachen Inf.: Marc. 10, 42 vitub, hatei haiei hugkjand reikinon piudom, gafriujond im, οἴδατε, ὅτι ol δοκοῦντες ἄρ- χεῖν τῶν ἔϑνων κατακυριεύουσιν αὐτῶν, Luc. 8, 18 jah patei pugkeid haban, καὶ δοκεῖ ἔχειν, Joh. 16, 2 ei... pugkeib hunsla saljan guhba, ἵνα. .. δόξῃ λατρείαν προσφέρειν τῷ ϑεῷ, Gal. 2, 6 abhan af baim bugkjandam visan hva, ἀπὸ δὲ τῶν δοκούντων εἶναι τι. ib v. 9 ραϊεὶ puhtedun sauleis visan, ol δοκοῦντες στύλοι εἶναι, 6, 3 id jabei ριι9- kei hvas ἔνα visan, εἰ γὰρ δοκεῖ τις εἶναι τι, Phil. 3, 4 jabai hvas anbar hbugkeib trauan in leika, ik mais, εἴ τις δοκεῖ ἄλλος πεποιϑέναι ἐν σαρκὶ, ἐγὼ μάλλον, I Cor. 12, 22 ραϊοὶ pugkjand lipive leikeis lasi- vostai visan, paurfta sind, ἀλλὰ πολλῷ μᾶλλον τὰ δοκοῦντα μέλη τοῦ σώματος ἀσϑενέστερα εἶναι, ἀναγκαῖά ἐστιν, II Cor. 13, 7 ni ei veis gakusanai bugkjaima, ak ei jus ραία godo taujaib, ih veis ungakusanai bugkjaima, οὐχ ἵνα ἡμεῖς δόκιμοι φανῶμεν, ἀλλ᾽ iv ὑμεῖς τὸ καλὸν ποιῆτε, ἡμεῖς δὲ ὡς ἀδόκιμοι ὦμεν, Skeir. I, c ne auk buhtedi bau in garaihteins gaaggvein ufargaggan; IV, c jabai in leika visan puhta; VI, a Johanne hausjan buhtedun; VI, jains auk manniskaim vaurdam veit- vodjands tveifjan puhtu. Wenn Schulze (8. v.) meint, pugkjan werde auch in der Bedeutung esse gebraucht, so mag das für Marc. 10, 42 gelten; aber diese Auffassung paßt durchaus nicht für Gal. 2, 6. 9, welche Schulze auch unter den hier einschlagenden Stellen aufführt. Eher haben wir anzunehmen, daß hier δοκεῖν und hugkjan bedeuten „wofür gelten, wofür gehalten werden“, wie denn auch Luther diese Stellen übersetzt 1, 6, „von denen aber, die das Ansehen hatten“ und v. 9 „die für Säulen angesehen waren“; eben so ist Schulze’s Bemer- kung für I Cor. 13, 7 nicht zu billigen, denn wenn auch bugkjan hier für εἶναι gebraucht ist, so ist doch eben durch die Übersetzung der

»....- ....-..-... -

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Sinn ein anderer geworden. hugjan hat zweimal den Acc. c. Int. nach sich wie νομίξευν, zu dessen Wiedergabe es dient, Luc. 2, 44 und I Tim. 6, 5, dagegen für δοκεῖν sq. ὅτε auch patei Joh. 11, 13. domjan regiert den doppelten Acc. Luc. 7, 29 jah alla managei ga- hausjundei jah.motarjos garaihtana domidedun gub für καὶ πᾶς λᾶος ἀκούσας καὶ ol τελῶναι ἐδικαίωσαν τὸν ϑεόν, ferner einen abhängigen Satz zur Erläuterung des Demonstrativpronomens hata II Cor. 5, 14, auch mit dem Acc. c. Inf. Phil. 3, 8 (zweimal) für ἡγεῖσϑαι mit der nämlichen Construction all domja sleiba visan, καὶ ἡγοῦμαι πάντα ξη- ulav εἶναι, und domja smarnos visan allata, καὶ ἡγοῦμαι σκύβαλα εἶναι, wie auch gadomjan Mark. 14, 64 baruh eis allai gadomidedun ina skulan visan daubau, ol δὲ πάντες κατέκριναν αὐτὸν εἶναι ἔνοχον ϑανάτου. Den einfachen Inf., zu dem das unbestimmte „man“ Subject ist, während der danebenstehende Acc. Object zu atgiban ist, haben wir bei gastauan I Cor. 5, 3ff. ju gastauida sve andvair)s pana sva bata taujandan . . . atgiban pana svaleikana unhulhin, ἤδη κέκρικα τὸν οὕτω τοῦτο κατεργασάμενον .... παραδοῦναι τὸν τοιοῦτον τῷ Σατανᾷ, da- gegen II Cor. 2, 1 data, ei sq. Opt. in den Worten abhan gastauida bata silla at mis, ei aftra ın saurgai ni gimau at izvis, wofür der Inf. mit dem Artikel als Apposition zu τοῦτο vorlag: ἔκρινα δὲ ἐμαυτῷ τοῦτο, τὸ un πάλιν ἐλϑεῖν ἐν λύπῃ πρὸς ὑμᾶς. Von Verben des Vertrauens kommt das Simplex trauan nur mit folgendem ῥαΐδὲ vor, gatrauan aber regiert ausser ei, IL Thess. 3, 4, und hate, Gal. 5, 10

‘und mit Attraction II Tim. 1, 12 (jah gatraua, bamınei mahteigs ist

hata anafılı mein fastan für πέπεισμαι, ὅτι κτλ.) auch den Acc. c. Inf. II Cor. 10, 7, der nachdrucksvoller gesetzt ist für den einfachen Inf. des Griechischen, jabai hvas 'gatrauaib sik silban Xristaus visan, εἴ τις πέποιϑεν ξαυτῷ Χριστοῦ εἶναι. vitan, εἰδέναι, γιγνώσκειν, ἐπέστα- ὅϑαι, συνιέναι hat den bloßen Inf. nach sich I Thess. 4, 4 οἱ viti hvar- jizuh izvara gastaldan sein kas in veihipai jah sveripai, εἰδέναι ἕκαστον ὑμῶν τὸ ἑαυτοῦ σκεῦος κτᾶσθαι ark., den Acc. ὁ. Inf. μὰς. 4, 4] unte vissedun silban Aristu ina visan, ὅτι ἤδεισαν τὸν Χριστὸν αὐτὸν εἶναι. sonst ei für Griechisches εὐ I Cor. I, 16 oder ὅτι, Joh. 9, 25; 11, 22; 16, 29; Phil. 1, 19, in allen übrigen, äußerst zahlreichen Fällen batei für ὅτι. Einmal findet sich auch der Acc. eines Part. Präs. neben vitan, wo man den Acc. c. Inf. erwarten sollte, Matth. 6, 3 {Ὁ puk laujandan armaion ni viti hleidumei beina, hva taujip laihsvo beina. Von Verben des sinnlichen Wahrnehmens hat nur gasaihvan den Acc. c. Inf. bei sich, Marc. 13, 29 han gasarhvib ραία vairban, für

‘das Participium im Griechischen, ὅταν ταῦτα ἴδητε γινόμενα, und

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS οἷο. 441

ebenso Job. 6, 62 jabai nu gasaihvih sunu mans ussteigan, ἐὰν οὖν ϑεω- ENTE τὸν υἱὸν τοῦ ἀνθρώπου ἀναβαίνοντα, sonst folgt hatei für ὅτι Matth. 27, 3; Marc. 9, 25; 12, 28; Lue. 8, 47. 53; Joh. 6, 28; II Cor. 7, 8; Skeir. II, c. Das Verbum simplex findet sich weder mit ein- fachenı Inf. noch mit Ace. c. Inf., sondern nur mit doppeltem Acc., Matth. 25, 38. 39. 44, und, wo der zweite Acc. ein Partieipium ist, Marc. 5, 31; 9, 38. Etwas anderes ist es, wenn es Matth. 5, 28 heißt suei saihvib ginon du luston izos, βλέπων γυναῖκα πρὸς τὸ ἐπιϑυμῆσαι αὐτῆς, denn hier ist der präpositionale Inf. rein finaler Natur. Es wird gestattet sein, der Verwandtschaft wegen atsaihvan und insaihvan bier anzufügen, obwohl der Inf. bei diesen Verben wohl eher dem fina- len als dem objectiven zugezählt werden muß. Während saihvan in der Bedeutung „zusehen, ob oder daß nicht, sich hüten, daß nicht u. s. w. verschiedene Constructionen zuläßt, aber nie einfach mit dem Inf. ver- bunden wird, hat das Compositum atsaihvan in derselben Bedeutung neben :bai, Gal. 6, 1, auch den bloßen Inf. nach sich, Matth. 6, 1 atsaihvib armaion izvara ni taujan in andvairbja manne du saihvan im, genau entsprechend dem Griechischen, προσέχετε τὴν ἐλεημοσύνην ὑμῶν un ποιεῖν ἔμπροσϑεν τῶν ἀνθρώπων πρὸς τὸ ϑεαϑῆναι. Ebenso insaihvan, „zusehen, daß, dafür sorgen, daß u. 8. w.“, Luc. 1, 25 in dagam, paimei insahv afniman idveit mein in mannam, ἐν ἡμέραις, αἷς ἐπεῖδεν ἀφελεῖν τὸ ὄνειδός μου ἐν ἀνθρώποις. Bei hausjan ist es möglich, den Acc. c. Inf. anzunehmen, Phil. 2, 26, wo ἤἥκουσατε ὅτι ἠσθένησε übersetzt wird durch hausidedub ina siukan; doch haben wir sonst hausjan nur mit dem Acc. des Particips, Luc. 4, 23; Joh. 7, 32; Rom. 10, 14; II Thess. 3, 11, auch da, wo nicht von unmittelbarem Hören eines Geräusches, Tones, Schalles die Rede ist, sondern von gerüchtweisem Vernehmen, so daß für das Gothische sich eine solche Regel über den Gebrauch des Particips oder des Acc. c. Inf. nicht aufstellen läßt, wie sie für das Lateinische gilt. Auffallend ist es aber doch, daß an den drei zuletzt genannten Stellen im Griechischen der Genitiv steht, dagegen Luc. 4, 23 der Acc. ὅσα ἠκούσαμεν γενόμενα, zu dem sehr leicht sivaı zu ergänzen ist, wie .visan zu den Worten hvan filu hausidedun vaurban. Auch ist es zu beachten, daß wir hier ein Part. Prät. haben, an jenen andern Stellen aber nur Participia Präsentis. Wir dürfen demnach wohl auch die Construction des Ace. c. Inf. nach hausjan für zulässig halten, wenn kein unmittelbares Hö- ren, kein sinnliches Wahrnehmen gemeint ist, sondern ein Vernehmen aus mündlichem Berichte, aus Erzählung.

Viele Verben, die ein Mittheilen, ein Sich-äußern bezeichnen,

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werden mit dem einfachen Inf. construiert, wenn das sprechende Sub- ject auch in dem abhängigen Satze dasselbe bleibt, mit dem Acc. c. Inf., wenn ein anderes an dessen Stelle tritt. In erster Reihe ist hier giban zu nennen. Mit dem bloßen Inf. findet sich dieses nur in Ver- bindung mit der Negation ni zur Angabe eines Verbotes; so Matth. δ, 34 abban ik giba izvis ni svaran allis, ἐγὼ δὲ λέγω ὑμῖν un ὀμόσαι ὅλως, ib. v. 39 ip ik gipa izvis ni andstandan allis bamma unseljin, ἐγὼ ὃὲ λέγω ὑμῖν μὴ ἀντιστῆναι τῷ πονηρῷ, Rom. 12, 3 φίρα auk hairh anst gubs...ni mais frahjan bau skuli frabjan, ak frubjan du vaila frabjan, λέγω γὰρ... um ὑπερφρονεῖν παῤ δεῖ φρονεῖν, ἀλλὰ φρο- νεῖν εἰς τὸ σωφρονεῖν. Enthält der abhängige Satz ein Gebot, so steht ei, Marc. 3, 9; 9, 18; Luc. 4, 3 für ἕνα, Gal. 5, 16 für den Imperativ, Marc. 8, 17 für den Inf.; der bloße Optativ für den Acc. c. Inf. Luc.

9, 54. Zur bloßen Angabe dessen, was gesagt wird oder gesagt wor- .

den ist, steht der Ace. c. Inf. Marc. 8, 27. 29; 12, 18; Luc. 9, 18. 20; 20, 27. 41; Joh. 12, 29; II Cor. 4, 6. Zufolge einer Attraction steht für den Acc. ein Dativ Luc. 15, 12 Ava nu veileih, ei taujau, bammei gipip piudan Judaie? wofür die Attraction schon im Griechischen vorlag, freilich in anderem Casus, τί οὖν ϑέλετε ποιήσω, ὃν λέγετε βασιλέα τῶν Ἰουδαίων; Als Belegstellen für den Acc. c. Inf. nach gipan sind auch die beiden "anzusehen, Rom. 15, 8 und I Tim. 2, 18, in denen zu einem Particip leicht der Inf. visan zu ergänzen ist und im Griechischen der Acc. c. Inf. Nicht hieher zu rechnen ist Skeir. II, b iupabro ban gap Po veihon jah himinakundon yabaurp anbara Pair) bvahl uspulan. . Diese Stelle ist vielmehr denen mit doppeltem Acc. zuzuzählen (Marc. 12, 37; Joh. 10, 35 u. 8. w.), denn gihan hat hier nicht seine gewöhnliche Bedeutung „sagen“, sondern bedeutet „meinen, verstehen“ und zu iupahro ist aus dem Zusammenhange der Inf. ga- bairan mit passivischer Bedeutung zu ergänzen, die Worte aber po veihon jah hininakundon gabaurp unpara als Object aufzufassen zu us- -bulun, so daß die Stelle also folgendermaßen zu übersetzen ist: „unter dem Geboren-werden von oben her verstand er die andere, heilige und himmlische Geburt durch die Taufe zu erfahren.“ Sonst steht zur An- gabe des Inhalts des Gesagten in der Regel paiei, auch die verkürzte Form bei, sogar ei, sämmtlich für ὅτι. Wie von giban hängt auch von meljan der Inf. mit der Negation ni ab, wenn der Inhalt des Ge- schriebenen ein Verbot ist, I Cor. 5, 11 7} nu sai, ımelida izvis πὶ Llandan, jabai hvas ‚brobar namnids sijai hors aibpau faihufriks ..., bamma svaleikamma ni mipmatjan, νυνὶ δὲ ἔγραψα ὑμῖν un συνανα- μίγνυσϑαι, ἐάν τις ..., τῷ τοιούτῳ μηδὲ συνεσϑιειν. Nicht zur An-

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DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES 1NFINITIVS etc. 443

gabe des Inhalts des Geschriebenen, sondern zur Bezeichnung der beim Schreiben gehegten Absicht wird du c. Inf. verwendet, wechselnd mit der Präp. in c. Gen., II Cor. 7, 12, abpan jabai melida, ni in his anamahtjandins, in bis anamahtidins, ak du gabairhtjan usdaudein un- sara, ganz wie im Griechischen, ἄρα εἰ ἔγραψα ὑμῖν, οὐχ εἵνεκεν τοῦ ἀδικήσαντος, οὐδὲ εἵνεκεν τοῦ ἀδικηϑέντος" ἀλλ εἵνεκεν τοῦ φανερω- ϑῆναι τὴν σπουδὴν ἡμῶν. rodjan, λαλεῖν, hat einmal den Inf. bei sich zur Angabe des Inhaltes von Weissagungen, und zwar den bloßen Inf., nicht Acc. c. Inf. wegen Gleichheit des Subjects, Luc. 1, 70 ff. svasve rodida hairh munb veihaize bize fram anastodeinar aiwvis praufete seinaize, giban nasein us fjandam unsaraim jah us handau allaize hize hatandane unsis, taujan armahairliba bi attam unsaraim jah gamunan triggvos veihatzos seinaizos, καϑῶς ἐλαλῆσε.... ποιήσαι ἔλεος μετὰ τῶν πατέρων ἡμῶν καὶ μνησϑῆναι διαϑήκης ἁγίας αὑτοῦ.

gateihan, χρηματίέξειν, „verkündigen“ hat, da die Person, welcher die Weissagung zu Theil wird, in dem abhängigen Satze Subject ist, den einfachen Inf., Luc. 2, 26 jah vas imma gataihan fram ahmin hamma veihin ni saihvan daubu, καὶ ἦν αὐτῷ κεχρηματισμένον ὑπό τοῦ πνεύματος τοῦ ἁγίου μὴ ἰδεῖν Davarov, dagegen andhuljan, „ent- hüllen, offenbaren“, den Acc. c. Inf. wegen des Eintritts eines neuen, verschiedenen Subjects, Eph. 3, 5f. svasve nu andhulip ist..., visan biudos gaarbjans jah galeikans jah gadailans gahaitis is, &xaAvpdn... εἶναι τὰ ἔϑνη συγκληρονόμα καὶ σύσσωμα καὶ συμμέτοχα τῆς εὐαγ- γελέας αὐτοῦ.

afaikan, „leugnen“ hat entweder den Acc. der verleugneten Person bei sich, ἀρνεῖσϑαι, ἀπαρνεῖσϑαί τινα. Matth. 10, 33; 26, 75; Luc. 9, 23, oder es folgt directe Rede, eingeleitet durch patei, ὅτι, Matth. 26, 72; Marc. 14, 68; einmal findet sich nach afaikan auch der Inf., für den im Griechischen bloß der Acc. steht, also eine echt gothische Construction, Joh. 13, 38 unte bu mik afaikis kunnan brim sinpam, ἕως οὗ ἀπαρνήσῃ we τρίς. --- Für die Construction von veitvodjan mit du c. Inf. für sig τὸ c. Inf. weiß ich nur eine Stelle anzuführen, I These. 2, 11 f. bidjandans jah gaplaihandans jah veitvodjandans du gaggan izvis vairbaba gubs, παρακαλοῦντες ὑμᾶς καὶ παραμυϑούμενοι καὶ μαρ- τυρόμενοι εἰς τὸ περιπατῆσαι ἀξίως τοῦ ϑεοῦ. Freilich hat veitvodjan bier nicht seine eigentliche Bedeutung, sondern ist ziemlich synonym mit dDidjan und gaplaihan, etwa: „durch Vorführung von Beispielen ermuntern.“ Beachtenswerth ist der Acc. izvis beim Inf. Sonst folgt auf veitvodjan in seiner gewöhnlichen Bedeutung stets ein abhängiger Satz mit ei, Eph. 4, 17 für ὅτι und I Tim. 5, 21 für ἕνα (final), oder mit

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batei für ὅτι Joh. 7, 7; Rom. 10, 2; I Cor. 15, 15; Gal. 4, 15; 5, 3; Col. 4, 13; Skeir. VI, b. Das Wort für „zeigen“, taiknjan hat na- türlıch den Acc. der Sache und den Dat. der Person bei sich, reflexiv aber in der Bedeutung simulare, ὑποκρίνεσθαι den Acc. c. Inf., Luc. 20, 20 jah afleitandans insandidedun ferjans buns us liutein taiknjandans sik garaihians visan, ὑποκρινομένους ἑαυτοὺς δικαίους εἶναι. Das Com- positum ustaiknjan kommt mit doppeltem Acc. vor, Gal. 2, 18; I Cor. 4, 9; U Cor. 2, 14, aber auch mit dem Acc. c. Inf., UI Cor. 7, 11 in allamma ustaiknideduh izvis hlutrans visan hamma toja, ἐν παντὶ συνε- στήσατε ἑαυτοὺς ayvovg εἶναι ἐν τῷ πράγματι. Bei laisjan, διδά- όκειν, begegnet nur einmal der Iuf., Skeir. V,d ak galeika sveripa us- giban uns laiseih. Das Reflexivum sik laisjan, „lernen“ hat echt gothisch den Inf. für μανϑάνειν c. Part., I Tim. 5, 13 abban samana jah un- vaurstvons laisjand sik hairhgaggan gardins, ἅμα δὲ καὶ ἀργαὶ μανϑά- vovoı περιερχόμεναι τὰς οἰκίας. Ebenso regiert sik galaisjan den Inf. für μανϑάνειν c. Inf., Phil. 4, 11 unte ik galaisida mik, in baimei im, ganohibs visar, ἐγὼ γὰρ ἔμαϑον, ἐν οἷς εἰμὶ, αὐτάρκης eivar, I Tim. 5, 4 galaisjaina sik faurbig svesana gard barusnjan jah andalauni usgiban fadreinam, μανϑανέτωσαν πρῶτον τὸν ἴδιον οἶκον εὐσεβεῖν καὶ ἀμοιβὰς ἀποδιδόναι τοῖς προγόνοις, Skeir. V, a ei galaisjaina sik bi bamma tva andvairhja altins jah sunaus andhaitan; desgleichen leisan, das nur ein einziges Mal überhaupt vorkommt, Phil. 4, 12 lais jah haunjan mik, lais jah ufarassu haban, οἷδα δὲ ταπεινοῦσϑαι, οἶδα καὶ περισσεύειν, Luther: „ich kann niedrig sein und kann hoch sein“, auch σαπίπιαπ in der Bedeutung „lernen“, I Cor. 4, 6 ei in ugkis ganimaih ni ufar patei gamelih ist frabjan, ἵνα ἐν ἡμῖν μάϑητε τὸ μὴ ὑπὲρ γέγραπται φρονεῖν, und ushrohips visan, „unterrichtet, belehrt sein“, d. h. „ge- lernt haben“, Phil. 4, 12 usprobihs im jah sads vairpan jah gredags, jah ufarassau haban jah parbos pulan, μεμύημαι καὶ χορταξεσϑαι καὶ πεινᾷν, καὶ περισσεύνειν καὶ ὑστερεῖσϑαι.

Durchaus objective Geltung hat der Inf. nach den Verben des

Heißens und Gebietens, sowie des Verbietens und Wehrens, des Er-

laubens und des Bittens., Zunächst haitan, κελεύειν, διαστέλλεσϑαι, εἰπεῖν, ἐρωτᾶν : mit Angabe der Person, welcher etwas befohlen wird, im Acc. Matth. 8, 18 haihait siponjans galeiban hindar marein, wo im Griechischen die Angabe der Person fehlt, ἐκέλευσεν ἀπελϑεῖν εἰς τὸ πέραν, ohne Hinzufügung der Person Matth. 27, 64 hatt nu vitan bamma hlaiva und hanu hridjan dag, κέλευσον οὖν ἀσφαλισϑῆναι τὸν τάφον, Marc. 5, 43 jah haihait izai giban matjan, καὶ εἶπε δοϑῆναι αὐτῇ φα- γεῖν, 10, 49, jah gastandands Jesus haihait atvopjan ina, al στὰς Ἰησοῦς

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS οἷο. 445

εἶπεν αὐτὸν φωνηϑῆναι, Luc. δ, 3 haihait ina aftiuhan fuirra staba leitil ἠρώτησεν αὐτὸν ἀπὸ τῆς γῆς ἐπαναγαγεῖν ὀλίγον, 18, 40 haihait ἐπα tiuhan du sis, ἐκέλευσεν αὐτὸν ἀχϑῆναι πρὸς αὐτόν, 19, 15 jah hathait vopjan du sis dans skalkans, καὶ εἶπε φωνηϑῆναι αὑτῷ τοὺς δούλους. Wegen des etymologischen Zusammenhanges füge ich hier mit an ga- haitan, ἐπαγγέλλεσϑαι, „verheißen, versprechen“, das zweimal mit dem Inf. auftritt Marc. 14, 11 jah gahaihaitun imma faihu giban, καὶ &any- yelAovro αὐτῷ ἀργύριον δοῦναι, und I Tim. 2, 10, wo ein Griechi- sches Substantiv durch einen Inf. mit Objectsaccusativ wiedergegeben wird, ak batei gadob ist ginom gahaitandeim σι} blotan hairh vaursiva goda, ἀλλ πρέπει γυναιξὶν ἐπαγγελλομέναις ϑεοσέβειαν, ebenso and- haitan, ὁμολογεῖν, „bekennen“ c. Inf. Tit. 1, 16 σι andhaitand kunnan, ϑεὸν ὁμολοροῦσιν εἰδέναι. anabiudan, διατάσδειν, προςτάσδειν, ἐπιτάσδειν, συντάσσειν, παραγγέλλειν, διαστέλλεσϑαι. ἐντέλλεσθαι, „gebieten“ regiert den Acc. rei Matth. 8, 4; Marc. 1, 44; 10, 3; Joh. 15, 14. 17; II Thess. 3, 4. 10; I Tim. 4, 11; 5, 7, eine Uonstruction, die außerdem noch bestätigt wird durch drei Stellen, wo anabiudan im Passiv auftritt und die gebotene Sache Subject ist, Luc. 17, 10; Skeir. III, Ὁ. Consequenter Weise steht, wenn das Gebotene durch ein Verbum ausgedrückt wird, der Inf., zuweilen mit dem Dat. pers.: Marc. 6, 27 anabaub briggan haubib is, ἐπέταξεν ἐπενεχϑῆναι τὴν κε- φαλὴν αὐτοῦ, 8, 6 jah anabaub Pizai managein anakumbjan ana airbai, καὶ παρήγγειλε τῷ ὄχλῳ ἀναπεσεῖν ἐπὶ τῆς γῆς, Luc. 8, 29 unte ana- baud ahmin hamma unhrainjin usgaggan af bamma mann, παρήγγειλε γὰρ τῷ πνεύματι τῷ ἀκαϑάρτῳ ἐξελθεῖν ἀπὸ τοῦ ἀνθρώπου, ib. v. 31 ei ni anabudi im in afgrundipa galeiban, ἵνα μὴ ἐπιτάξῃ αὐτοῖς εἰς τὴν &ßvooov ἀπελϑεῖν, ib. v. 55 jah anabaud izai oiban mat, καὶ διέταξεν αὐτῇ δοϑῆναι φαγεῖν. und I Cor. 7, 10, wo nach dem Dat. pers. im Griechischen noch der Acc. c. Inf. folgt, dadurch erklärlich, daß die für eine ganze Classe geltende Vorschrift für ein einzelnes Individuum specialisiert wird, während im Gothischen der Dativ wiederholt wird, iD paim liugom haftam anabiuda, ni ik, ak Frauja, genai Jeirra abin ni skaidan, τοῖς ὁὲ γεγαμηκόσι παραγγέλλω. οὐκ ἐγὼ, ἀλλ᾽ κύριος, γυναῖκα ἀπὸ ἀνδρὸς μὴ χωρισϑῆναι. Im folgenden Verse wird im Go- thischen mit dem Infinitiv fortgefahren, im Griechischen dagegen treten Imperative ein. In beiden Sprachen steht nachdrucksvoller der Acc. c. Inf. und im Griechischen auch noch der Dat. pers., I Tim. 6, 13 £f. anabiuda in" andvairbja σι .. . Jastan buk bo anabusn, παραγγέλλω 001 ἐνώπιον τοῦ ϑεοῦ ... τηρῆσαί ae τὴν ἐντολήν. Der Acc. c. Inf. ist vielleicht hervorgerufen durch den langen Zwischensatz, der leicht den

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Dat. 00: vergessen lassen konnte. Neben der Construction mit dem Inf. findet sich anabiudan auch mit folgendem οἱ für ἵνα, Marc. 7, 36; 9, 9; Joh. 15, 17 (hier steht & sowie ἕνα epexegetisch zu dem Ob- jectivsaccusativ hata, ταῦτα : bata anabiuda izvis, ei frijob izvis misso, ταῦτα ἐπαγγέλλω ὑμῖν, ἵνα ἀγαπᾶτε ἀλλήλους); II Thess. 3, 6 für griechischen Acc. c. Inf. und ib. v. 10 für ὅτε; endlich Neh. 5, 14. Nicht hieher gehört Marc. 5, 43 jah anabaub im filu, ei manna ni funhi hata, καὶ διεστείλατο αὐτοῖς πολλὰ, ἵνα μηδεὶς γνῷ τοῦτο, weil der mit ei eingeleitete Satz ganz offenbar rein final ist. Außerdem begegnet anabiudan mit du c. Inf. Luc. 4, 10 hatei aggilum seinaim anabiudiph bi Pduk du fastan buk für τοῦ c. Inf., ὅτε τοῖς ἀγγέλοις αὑτοῦ ἐντελεῖται περὶ σοῦ, τοῦ διαφυλάξαι σε, freilich hat dieser präpositionale Inf. keine unzweifelhaft objective Geltung, sondern scheint final zu sein, indem er als Epexegese zu anabiudib bi buk hinzugefügt ist. Das gleichbedeutende anafilhan kommt nicht mit dem Inf. vor, sondern nur mit folgendem οἱ für παραγγέλλεσϑαι 84. ἵνα. Interessant ist es, daß einmal das Substantivum gagrefts, „Befehl“, den Int. regiert, Luc. 2, 1 urrann gagrefts fram kaisara Agustau gameljan allana midjungard, ἐξῆλθε δόγμα παρὰ Καίσαρος Αὐγούστου ἀπογράφεσθαι πᾶσαν τὴν οἰκουμένην. Als sehr auffällig muß es erscheinen, daß das ent- gegengesetzte /aurbiudan nie eine infinitivische Construction aufzeigt, obwohl Luc. 5, 14; 8, 56; 9, 21; I Tim. 1, 3 παραγγέλλειν mit dem Inf. und der Negation vorlag; an allen diesen Stellen schrieb Vulfila ei ni sq. Opt., wie auch Marc. 6, 8 und 8, 30, wo παραγγέλλειν und ἐπιτιμᾶν mit ἕνα μὴ construiert werden. Für „erlauben“ existiert uslaubjan, ἐπιτρέπειν, einmal auch ungenau für κελεύειν, Matth. 27, 58 hbanuh Peilatus uslaubida giban pata leik, τότε Πιλάτος ἐκέλευσεν ἀπο- δοϑῆναι τὸ σῶμα: nach Marschall’s Vermuthung soll hier uslaubida für das erwartete anabaub aus der Parallelstelle Joh. 19, 38 herüber- gekommen sein. Wie hier, so wird überall uslaubjan, öfters mit Hinzu- fügung eines Dat. pers., mit dem Inf. construiert, Matth. 8, 21. 31; Marc. 10, 4; Luc. 8, 32; 9, 59. 61; I Tim. 2, 12; Skeir. VII, a. Vulfila scheint es vermieden zu haben, zu dem von uslaubjan abhän- gigen Inf. einen attributiven Dativ zu setzen; Gelegenheit dazu bot ihm Luc. 9, 59 ἐπίτρεψόν μοι ἀπελθόντι πρῶτον ϑάψαι τὸν πατέρα μου, wo nach Analogie von Marc. 9, 43. 45. 47 uslaubei mis galei- bandin anafılhan attan meinana hätte gesagt werden können; diese Wendung aber sehen wir vermieden und dafür zwei coordinierte In- finitive gesetzt: uslaubei mis galeiban faurbis jah anafılhan attan meinana, ganz wie Matth, 8, 21, wo schon im Griechischen die aufgelöste Con-

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS εἰς. 447

struction sich findet, ἐπίτρεψον μοι πρῶτον ἀπελϑεῖν καὶ ϑάψαι τὸν πατέρα μου. --- Das Verbum der entgegengesetzten Bedeutung, varjan, „wehren“ kommt nur &inmal mit dem Inf. vor, I Thess. 2, 16 varjan- dans uns du biudom rodjan, κωλυόντων ἡμᾶς τοῖς ἔϑνεσι λαλῆσαι. Mehrfache Oonstructionen begegnen bei didjan. Zunächst haben wir den einfachen Inf. neben dem Acc. der Person, derselben Construction im Griechischen entsprechend, Marc. 5, 17; Luc. 8, 37. 41; Rom. 12, 1; II Cor. 2, 8; 6, 1; 8, 4; Eph. 4, 1; Phil. 4, 2; I Thess. 4, 10 f.; 5, 12; I Tim. 1, 3; 2, 1 oder für den Imperativ des griechischen Textes Luc. 9, 38, welche Stelle von Schulze irriger Weise unter denen aufgeführt wird, die im Griechischen den Inf. aufweisen, und II Cor. 5, 20; ferner mit du c. Inf. für griechisches εἰς τὸ c. Inf.; II Thess. 2, 1 f. abban bidjam izvis... du ni sprauto vagjan izvis, wobei das re- flexive sik vagjan für das griechische Passivum steht, ἐρωτῶμεν δὲ ὑμᾶς... εἰς τὸ μὴ ταχέως σαλευϑῆναι ὑμᾶς, Luther: „daß ihr euch nicht bald bewegen lasset“; I Thess. 2, 11 f. (8. o. unter reitvodjan). Sonst folgt auf bidjan ein abhängiger Satz mit dem Imperativ für den- selben Modus im Griechischen Luc. 5, 8 bidja buk, usgagg Jairra mir, während im Griechischen die entsprechenden Worte für bidja-puk fehlen und es bloß heißt ἔξελθε ἀπ᾿ ἐμοῦ, 14, 18. 19, oder mit dem Optativ, theils für griechischen Imperativ, Phil. 4, 3 und I Thess. 5, 14 (letz- tere Stelle ebenfalls von Schulze falsch rubriciert), theils für den Inf., Eph. 3, 13, oder es folgt asyndetisch der Optativ für griechischen Conjunctiv, an dessen Stelle Schulze irrig den Imperativ angibt, Luc. 8, 28 bidja puk ni balvjais mik, δέομαί δου, un με Basavions, oder ei sq. Opt. für ἕνα oder ὅπως Marc. 5, 18; 6, 56; 7, 26. 32; 8, 22; 13, 18; Luc. 7, 3; 8, 31. 32; 9, 40; 10,2; Joh. 17, 15; I Thess. 4,1; II. Thess. 1, 11; 3, 1, für den Inf. des griechischen Textes Luc. 8, 38, für τὸ c. Inf. IL Cor. 10, 2, für den Acc. c. Inf. II Cor. 13, 7, für εἰς ro c. Inf. I Thess. 3, 10. Die verstärkte Form usbidan (für us- bidjan) hat den Nom. c. Inf. nach sich, weil das Erbetene dem spre- chenden Subjecte zu Theil werden soll, Rom. 9, 3 usbida auk anahbaima visan silba ik af Xristau faur brobruns meinans, ηὐχόμην γὰρ αὐτὸς ἐγὼ ἀνάϑεμα εἶναι ἀπὸ Tod Χριστοῦ ὑπὲρ τῶν ἀδελφῶν μου.

Auch das Verbum für „suchen, versuchen“, sokjan hat häufig den einfachen Inf. nach sich, gleichwie £nreiv, zu dessen Übersetzung 68 dient, Marc. 12, 12; Luc. 6, 19; 9,9; 17, 33; 19, 3.47; 20, 19, Joh. 7, 1. 19. 20. 25. 30; 8, 37, 40; 10, 39; 11, 8; 19, 12; Rom. 10, 3. Für den Nom’. Inf. bei ξητεῖν Joh. 7, 4 καὶ ξητεῖ αὐτὸς ἐν παῤῥησία εἶναι mußte Vulfila nach den Gesetzen seiner Sprache, wenn er das

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Subject des abhängigen Satzes stärker hervorheben wollte, nothwendig den Acc. c. Inf. setzen, jah sokeib sik unkunbana visan. Aus einem anderen Grunde ist Gal. 2, 17 der griechische Infinitiv wiedergegeben durch die Umschreibung mit ei: weil nämlich hier das Passivum nicht, wie sonst so oft, durch den Inf. Act. ausgedrückt werden konnte, ohne Unklarheit und Unverständlichkeit hervorzurufen, abban jabai sokjan- dans, ei garaihtai domjaindau in Xristau, εἰ δὲ ξητοῦντες δικαιωϑῆναι ἐν Χριστῷ. I Cor. 7, 27 hat Vulfila den Inf. angewandt zur Wieder- gabe eines Substantivs: gabundans is genai, ni sokei lausjan, δέδεσαι γυναικί; μὴ ξήτει λύσιν. Auch folgt ein indirecter Fragesatz auf sokjan, Marc. 9, 10; 11,18; 14, 11; Luc. 5, 18. Aus der Stelle Marc. 14, 55 ib hai auhumistans gudjans jah alla so gafaurds sokidedun ana Jesu veit- vodipa du afdauhjan ina, ol δὲ ἀρχιερεῖς καὶ ὅλον τὸ συνέδριον ἐξήτουν κατὰ τοῦ Ἰησοῦ μαρτυρίαν εἰς τὸ ϑανατῶσαι αὐτόν, darf man keines- wegs auf eine Construction von sokjan mit du c. Inf. schließen, denn dieser präpositionale Inf. hat, von der Verbindung des Verbums und Nomens, sokidedun veitvodiha, abhängig, durchaus finalen Charakter.

Ebenfalls zur Bezeichnung eines objectiven Verhältnisses dient der Inf. bei den Verben des Liebens, Wählens, Vorziehens. rijon findet sich nur einmal c. Inf. Matth. 6, 5 unte früond in gagumbim jah vaihstam platjo standandans bidjan, ὅτι φιλοῦσιν ἐν ταῖς συναγωγαῖς καὶ ἐν ταῖς γωνίαις τῶν πλατειῶν ἑστῶτες προςεύχεσϑαι, ebenso valjan, oder besser mais valjan in der Bedeutung von malle, nur I Cor. 5, 8 valjam mais usleiban us bamma leika jah anahaimjai visan at fraujin. Nach dem, was oben über diese Stelle gesagt ist, wird es gerecht- fertigt erscheinen, daß ich ohne Weiteres anahaimjai geschrieben habe. gavaljan dagegen hat die Öonjunction ei nach sich, für ἐκλέγεσϑαι 86. Acc. c. Inf., Eph. 1, 4 svasve gavalida unsis in imma faur gasatein fair- hvaus, ei sijaima vers veihai jah unvammai in andvairbja is in friabvai, καϑὼς ἐξελέξατο ἡμᾶς ἐν αὐτῷ πρὸ καταβολῆς κόσμου, εἶναι ἡμᾶς ἁγίους καὶ ἀμώνους κατενώπιον αὐτοῦ ἐν ἀγάπῃ.

Für den Begriff des Erlaubens, Zulassens erscheint neben dem oben besprochenen uslaubjan noch letan, ἐᾶν. ἀφιέναι. und fraletan, beide mit dem Acc. pers. und dem Inf.; Matth. 8, 22 laistei afar mik jah let bans daubans jilhan seinans daubans, καὶ ἄφες τοὺς νεκροὺς ϑάψαι τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς, Marc. 7, 27 let faurbis sada vairban bata barna, ἄφες πρῶτον χορτασϑῆναι τὰ τέκνα, 10, 14 und Luc. 18, 16 leti) bo barna gaggan du mis, ἄφετε τὰ παιδία ἔρχεσϑαι πρός μὲ, Luc. 4, 41 jah gasakands im ni lailot bos rodjan, καὶ ἐπιτιμῶν οὐκ εἴα αὐτὰ λαλεῖν, 9, 60 let hans daubans usfilhan seinans navins, Joh. 11, 44 andbindip

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc. 449

ἐπα jah letib gaggan, wo der Acc. ina im zweiten Gliede wieder zu er- gänzen ist aus dem ersten, wie im Griechischen αὐτὸν, λύσετε ἀυτὸν καὶ ἄφετε ὑπάγειν, 18, 8 jabai nu mik sokeib, letib hans gaggan, εἰ οὖν ἐμὲ ξητεῖτε, ἄφετε τούτους ὑπάγειν. Ein abhängiger Satz mit ei ein- geleitet, folgt auf letan Marc. 11, 16 für einen ebensolchen mit ἕνα, jah ni lailot, ei hvas hairhberi kas bairh do alh, καὶ οὐκ Npıev, ἵνα τις διενέγκῃ σκεῦος διὰ τοῦ ἱεροῦ, und für den einfachen Oonj. Aor. in den beiden gleichlautenden Stellen Matth. 27, 49 und Marc. 15, 36, let, ei saihvam, ἄφες, ἴδωμεν: einmal auch steht asyndetisch der Ind. Praes. für griechischen Conj. Aor., Luc. 6, 42 let, ik usvairpa gramsta hamma in augin beinamma, ἄφες, ἐκβάλω τὸ κάρφος τὸ ἐν τῷ ὀφθαλμῷ δου. Dagegen findet sich fraletan ausschließlich mit dem Acc, pers. und dem Inf, Marc. 1, 34; 5, 37; 7, 12; Luc. 8, 51.

Ganz vereinzelt stehen anananbjan, „wagen, sich erdreisten“, c. Inf. Skeir. IV, ραϊοὶ ainana anananpidedun giban attan jah sunu, und sik skaman c. Inf., Luc. 16, 3 bidjan skama mik, ἐπαιτεῖν αἰσχύνομαι.

Zum Schlusse sind die Verba zu erwähnen, die ein Fortfahren, Vollenden, Ablassen, Aufhören und Zuvorkommen bezeichnen. Für „fortfahren“ findet sich anaaukan c. Inf. Luc. 20, 11 und 12 jah ana- aiauk sandjan anbarana skalk und anaaiauk sandjan hridjan, καὶ προς- ἔϑετο πέμψαι, dagegen c. Part. Skeir. VI, anaaiauk gibands, wohl dem vorliegenden griechischen Originale nachgebildet, das für uns leider nicht existiert; für „vollenden“ ustiuhan II Cor. 8, 11 jah taujan ustiu- haih, καὶ τὸ ποιῆσαι ἐπιτελέσατε, für „aufhören machen, abhalten“ galatjan Gal. 5, 7 hvas izvis galatida sunjai ni ufhausjan? τίς ὑμᾶς ἀνέκοψε τῇ ἀληϑείᾳ un πείθεσθαι; Ganz gegen die Weise der ger- manischen Sprachen ist hier nach galatjan, einem Verbum, in dem der Begriff des Verhinderns, also ein negativer Begriff enthalten ist, offen- bar unter Einfluß des Griechischen dem Inf. die Negation ni hinzu- gefügt. Ebenso ist mit Nothwendigkeit griechischer Einfluß anzunehmen in der Verbindung von Äveilan, „aufhören“, mit dem Participium, nicht mit dem Inf., den wir erwarten sollten, Col. 1, 9 ni hveilaidedun faur izvis bidjandans jah aihtrondans, οὐ παυόμεϑα ὑπὲρ ὑμῶν προςευχό- μένοι καὶ αἰτούμενοι, dagegen ist bei dem gleichbedeutenden sveiban die griechische Construction verlassen und eine echt gothische ange- wandt, indem statt des Part. der Inf. gesetzt ist, Luc. 7, 45 ni svaif bikukjan fotuns meinans, οὐ διέλιπε καταφιλοῦσα μου τοὺς πόδας. faursnivan, „zuvorkommen“ kommt einmal mit dem Inf. vor, Marc. 14, 8 Jaursnau salbon mein leik du usfilha, προέλαβε uv ρέδαι μου τὸ σῶμα εἰς τὸν ἐνταφιασμὸν, und ein anderes Mal mit du c. Inf., I Cor. 11, 21

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seinamma faursnivib du motjan, ἕκαστος γὰρ τὸ ἴδων δεῖπνον προ- λαμβάνει ἐν τῷ φαγεῖν, freilich keineswegs gleichartig der Construction mit einfachem Inf., sondern in finaler Bedeutung; es ist zu bedauern, daß die ersten Worte des Satzes fehlen, aber schon aus dem erhal- tenen seinamma erkennen wir deutlich die dativische Rection von faur- sniwan.

3. Der Infinitivus effectus s. consequentiae.

Dieser Gebrauch des Infinitivs beschränkt sich auf die Verba, die ein Machen, Bewirken, auch ein gewalts'mes Bewirken, also Zwin- gen, Nötbigen bezeichnen, und auf den Begriff des Werthseins, Wür- digens.

Mit dem einfachen Inf. erscheint taujan Joh. 6, 63 ahma ἐπὶ, saei liban taujib, weil hier kein Object ausdrücklich angegeben ist; der Relativsatz gibt ein substantiviertes Participjum wieder, τὸ πνεῦμα ἐστι τὸ ξωοποιοῦν, mit einem Objectsaccusativ Matth. 5, 32 taujib bo horinon, ποιεῖ αὐτὴν μοιχᾶσϑαι. Ebenso das verstärkte gataujan, Marc. 1, 17 jah gatauja iggis vairban nutans manne, καὶ ποιήσω ὑμᾶς γενέ- σϑαι ἁλιεῖς ἀνθρώπων. 7, 37 baudans gataujib gahausjan jah unrod- jandans rodjan, καὶ τοὺς κωφοὺς ποιεῖ ἀκούειν καὶ τοὺς ἀλάλους λαλεῖν, 8, 25 jah gatavida ina ussaihvan, καὶ ἐποίησεν αὐτὸν ἀναβλέψαι, Luc. 5, 34 ni magud. sununs brubfadis, unte sa brubfads mib im ist, gataujan fastan, un δύνασϑε τοὺς υἱοὺς τοῦ νυμφιῶνος... ποιῆσαι νηστεύειν, 9, 15 jah gatavidedun anakumbjan allans, καὶ ἀνέκλιναν ἅπαντας, II Cor. 9, 10 jah vahsjan gataujai akrana usvaurhtais izvaraizos, καὶ αὐξήσαι τὰ γεννήματα τῆς δικαιοσύνης ὑμῶν, I Thess. 3, 12 appan izvis frauja managjai jah ganohnan gataujai friabvai in izvis misso, ὑμᾶς δὲ κύριος πλεονάσαι καὶ περισσεύσαι τῇ ἀγάπῃ εἰς ἀλλήλους, Skeir. V, svasre auk atia urraiseib daubans jah liban gataujib, VII, bo filusna ana- kuml!.jan gatavidedun, VII, ce svaei ainhvarjanoh, sva filu sve vilda, andni- man is gatavida. In gleicher Weise steht der Acc. der Person und der Inf. bei vaurkjan, Joh. 6, 10 und Skeir. VII, vaurkeib bans mans anakumbjan, ποιήσατε τοὺς ἀνθρώπους ἀναπεσεῖν. Eine merkwürdige Erscheinung ist der Dat. beim Inf. nach vaurkjan, Luc. 9, 14 gavaur- keid im anakumljan kubituns, ana hvarjanoh fimftiguns, κατακλένατε αὐτοὺς κλισίας ἀνὰ πεντήκοντα, Luther: „lasset sie sich setzen bei Schichten, je fünfzig und fünfzig‘. Sollte Vulfila, um zwei allzunahe- stehende Accusative zu vermeiden, hier den Inf. Act. anakumbjan in passivischem Sinne gebraucht haben und den Dat. «m, wie öfters den Dat. beim Passivum (vgl. Germ. XI, S. 287 f.; XII, 63 f.), statt einer

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Präposition mit ihrem Casus gesetzt haben? Dieser Auffassung steht entgegen, daß die Aufforderung, Plätze für die Menge zu bereiten, an die Jünger ergeht, das versammelte Volk aber bei diesen Zurüstungen in keiner Weise betheiligt ist. Ebensowenig darf man den Inf. als Epexegese, zur Angabe des Zweckes „zum Sitzen“ nehmen: dies ver- bietet erstens schon die Wortstellung, vaurkeib im anakumbjan kubi- tuns, und zweitens müßte hier, wo nicht ein einzelnes Verbum, son- dern der ganze Satz dasjenige aussagen würde, was zu einem gewissen Zwecke geschieht, nothwendig die Präp. du beim Inf. stehen. Es bleibt nichts anderes übrig, als den Inf. anakumbjan substantivisch zu fassen : „Gelegenheit zum Sitzen“, so daß kubituns als Epexegese zu dem Inf. erscheint, d. h. „dadurch, daß die ganze Versammlung in einzelne Schaaren, Tischgenossenschaften abgetheilt wird“. Noch eine andere Stelle, in der gavaurkjan das regierende Verbum ist, bedarf der Er- wähnung, Marc. 3, 14 jah gavaurhta tvalif du visan mib sis, καὶ ἐποίησε δώδεκα, iv ὦσι wer αὐτοῦ. Aus der Anwendung der Präp. du, sowie aus der von ἵνα wird ersichtlich, daß das visan mid sis hier nicht Folge, Wirkung ist, sondern die Absicht, den Zweck ausdrückt, daß der Inf. finale Bedeutung hat. Es erinnert die Construction dieser Stelle an die Verbindung von gavaurkjan mit du c. Dat., εἴς τι, 1 Cor. 11, 24 und 25 bata vaurkjaih du meinai gamundai, τοῦτο ποιεῖτε εἰς τὴν ἐμὴν ἀνάμνησιν, wo es ebensogut heißen könnte du gamunan meina oder ei meina gamunaib. Der Sinn der Stelle ist, wie Luther übersetzt: „und er ordnete die Zwölfe, daß sie bei ihm sein sollten.“ Für „nöthigen“ existiert naubjan, das zweimal mit dem Inf. auftritt, Luc. 14, 23 jah naubei innatgaggan, καὶ ἀνάγκασον sigsAdeiv, und Gal. 6, 12 bai naupbjand izvis bimaitan, οὗτοι ἀναγκάξουσιν ὑμᾶς περιτέμνεσϑαι, für „zwingen“ baidjan, ebenfalls zweimal mit dem Inf., Gal. 2, 3 akei nih Teitus, sa mip mis, Kreks visands, baidihs vas bimaitan, οὐδὲ Τίτος ... ἠναγκάσϑη περιτμηϑῆναι und ib. v. 14 hvaiva piudos baideis judairiskon ? τί τὰ ἔϑνη ἀναγκάξεις ἰουδάξειν; Als ein Verbum des Zwingens kann man auch afhugjan, Baoxavsıv, ansehen, das „verblenden* bedeutet, d. h. „durch Vorspiegelung, Verführung, Täuschung jemanden dazu bringen, daß er etwas thut“; es findet sich mit dem Acc. pers. und .dem Inf. Gal. 3, 1 hvas izvis afhugida sunjai πὶ ufhausjan? τίς ὑμᾶς ἐβάσκανε τῇ ἀληϑείᾳ un πείϑεσθϑαι; Ferner gehört hieher ga- hvotjan in der Bedeutung „durch Drohungen jemanden wozu bringen”, Skeir. I, c diabulau hairh liugn gahvotjandin ufargaggan anabusn. Außer bei diesen eben besprochenen Verben kommt ein Inf. zur Be- zeichnung der Folge, Wirkung nur noch vor bei den Verben, die be- 29 *

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deuten „werth-sein“ und „für-werth-halten“. vairbs visan, ἱκανὸν εἶναι, ἄξιον εἶναι, ἀξιοῦσϑαι, hat den einfachen Inf., wie die entspre- chenden griechischen Verba, Marc. 1, 7 und Luc. 3, 16 (Parallelstellen, s. unten); Luc. 20, 35 ὦ} phaiei vairbai sind jainis aivis niutan, ol δὲ καταξιωϑέντες τοῦ αἰῶνος ἐκείνου τυχεῖν, 11 Cor. 3, 5 ni batei vair- hai sijaima bagkjan ἔνα af uns silbam, οὐχ ὅτι ἱκανοί ἐσμεν ἀφ᾽ ἑαυτῶν λογίσασϑαί τι, Il Tim. 2, 2 ραϊοὶ vairbai sijaina jah anparans laisjan, οἵτινες ἱκανοὶ ἔσονται καὶ ἑτέρους διδαξαι, für τοῦ c. Inf. I Cor. 16, 4 jah pan jabai ist mis vairp galeiban, ἐὰν δ᾽ ἄξιον τοῦ κἀμὲ πορεύε- σϑαι, Luther: „so es aber werth ist, daß ich auch hinreise“, ἃ. ἢ. wenn es sich der Mühe verlohnt; dagegen folgt ein abhängiger Satz mit der Conjunction ei für den Inf. des griechischen Textes Matth. 3, 11 pizei ik ni im vairbs, ei anahneivands andbindau skaudaraip skohe is, οὔ οὐκ εἰμὶ ἱκανὸς τὰ ὑποδήματα βαστάδαι und gleichlautend Skeir. III, ἃ; Luc. 15, 19. 21 ju ραπαδοῖρ8 ni im vairbs, ei haitaidau sunus beins, καὶ οὐκέτι εἰμὶ ἄξιος κληθῆναι υἱός σου, 1 Cor. 15, 9 ikei ni im vairbs, ei haitaidau apaustaulus, ὃς οὐκ εἰμὶ ἱκανὸς καλεῖσθαι ἀπόστολος. An den drei zuletzt angeführten Stellen ist es ersichtlich, warum Vulfila die Umschreibung mit ei wählte: er wollte recht klar und unzweideu- tig das Passivum übersetzen. Dieser Grund fällt weg bei Matth. 3, 11 und der Parallelstelle Skeir. III, d, zumal da die andern Parallel- stellen, Marc. 1, 7 und Luc. 3, 16 den Inf. folgen lassen, pizei ik ni im vairbs andhneivands (dieses Wort, sowie κύψας des Originals fehlt Luc. 3, 16) andbindan skaudaraip skohe is (Luc. 3, 16 der Singular skohis is, im Griechischen an beiden Stellen der Plural τῶν ὑποδη- μάτων); es mag also doch wohl der gothischen Sprache die Umschrei- bung mit ei gerechter gewesen. sein, als die infinitivische Rection von vairbs visan. Ganz natürlich ist es, daß Matth. 8,8 und Luc. 7,6 der Inf. vermieden ist,. weil ein anderes Subject eintritt, und aus demselben Grunde mußte auch auch im Griechischen hier ἵνα gesetzt werden, ni im vairbs, ei uf hrot mein inngaggais, οὐκ εἰμὶ ἱκανὸς, ἵνα μου ὑπὸ τὴν στέγην εἰςέλθῃς. vairbana briggan begegnet nur mit dem Genitiv eines Substantivs II Thess. 1, 5. 11; bei vairbana rahnjan aber, ἀξιοῦσϑαι, findet sich der Inf. Luc. 7, 7 dubei ni mik silban vairbana rahnida αἱ hus giman, διὸ οὐδὲ ἐμαυτὸν ἠξίωσα πρὸς σε ἐλϑεῖν. Hicher ist auch zu rechnen gaarman, „sich erbarmen“, im Pass. „Barmherzigkeit er- langen“ und dann „aus Barmherzigkeit für würdig gehalten werden“, das mit du sich findet für einfachen Inf. im Griechischen I Cor. 7, 25 sve gaarmaibs fram fraujin du Iriggvs visan, ὡς ἡλεημένος ὑπὸ κυρίου πιστὸς εἶναι. Auch ein Adjectiv, das nach seiner Bedeutung sich

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anderswo nicht schicklich unterbringen ließ, ist zum Schluß noch zu erwähnen, uwhteigs, „Zeit babend“, c. Inf. für Substantiva im Dativ im Grie- chischen, also eine echt gothische Construction, I Cor. 7, 5 ei uhteigai sijaih fastan jah bidan, ἵνα σχολάξητε τῇ νηστείᾳ καὶ τῇ προςευχῇ.

4. Infinitivus finalis.

Das Gebiet dieses Infinitivs ist ein sehr ausgedehntes und na- “mentlich gibt es eine Reihe von Fällen, in denen ein präpositionaler Inf. nicht sowohl von einem einzelnen Verbum als vielmehr von dem Inhalte eines ganzen Satzes abhängt. Einige dieser Fälle sind schon früher bei passender Gelegenheit besprochen worden und bedürfen hier keiner.nochmaligen Erwähnung.

Zuerst sind es die Verba des Gehens, Kommens, Eilens, die ent- weder den einfachen oder den präpositionalen Inf. zur Bezeichnung des Zweckes zu sich nehmen. Bei gaggan scheint die infinitivische Construction ganz besonders beliebt gewesen zu sein, denn sie erscheint nicht bloß da, wo auch nach dem entsprechenden griechischen Verbum der Inf. steht, Luc. 14, 19 gagga kausjan hans, πορεύομαι δοκιμάδαι αὐτὰ, ib. v. 31 aibpau hvas hbiudans gaggands stiggan vipra anjıarana, πορευόμενος συμβαλεῖν ἑτέρῳ, 19, 12 mans sums godakunds gaggida landis franiman sis biudangardja jah gavandida sik, ἄνϑρωπός τις evys- vns ἐπορεύϑη εἰς χώραν μακρὰν λαβεῖν ἑαυτῷ βασιλείαν καὶ ὑπο- στρέψαι, wobei zu beachten, daß der gothische Übersetzer den zweiten finalen Inf. in ein coordiniertes Verbum finitum verwandelt, Job. 14, 2 gagga manvjan stad izvis, πορεύομαι ἑἐτοιμάδαι τόπον ὑμῖν, sondern auch da, wo im Griechischen ein asyndetischer Imperativ folgt, Mattb. 5, 24 jah gagg faurpis gasiljon bropr heinamma, καὶ vaays, πρῶτον διαλλάγηϑε τῷ ἀδελφῷ σου, Marc. 1, 44 ak gagg huk silban ataugjan gudjin, ἀλλ ὕπαγε, σεαυτὸν δεῖξον τῷ ἱερεῖ, Joh. 9, 7 gayg tvahan in svumsl Siloamis, ὕπαγε, νίψαι εἰς τὴν χολυμβήϑραν τοῦ Σιλωάμ. ἴη gleicher Weise folgt auf den Imperativ hiri ein Inf., während im Grie- chischen ein asyndetischer Imperativ folgt, Marc. 10, 21 jah hiri laistjan mik, nimands galgan, καὶ δεῦρο, ἀκολούϑει μοι, ἄρας τὸν σταυρὸν und Luc. 18, 22 jak hiri laistjan mik, καὶ δεῦρο, ἀκολούθει μοι. hiri ohne infinitivischen Zusatz, aber mit einem Adverbium finden wir Joh. 11, 43 hiri ut, δεῦρο ἔξω, den Dual Marc. 1, 17 hirjats afar mis, δεῦτε ὀπίσω μου, und den Plural mit folgendem asyndetischem Optativ im Gotbischen, Conjunetiv im Griechischen, Marc. 12, 7 hirjip, usgimam imma, ϑεῦτι, ἀποκτείνωμεν αὐτόν. Daß in solchen Fällen, wie Marc. 10, 21 nach dem Imperativ nicht der Inf. steben darf, sondern ein zweiter Impe-

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rativ folgen muß (gagg, sva filu sve habais, frabugei jah gif parbam, ὕπαγε, ὅσα ἔχεις, πώλησον καὶ δὸς τοῖς πτωχοῖς), liegt auf der Hand, denn das, was in den folgenden Iınperativen befohlen wird, ist dem Gehen coordiniert, nicht als Zweck untergeordnet. Noch eine Stelle ist anzuführen, in der gaggan in Verbindung mit dem Inf. gamotjan das Verbum ὑπαντᾶν übersetzt, nach Löbe’s Bemerkung zu I Car. 9, 25 eine ubertas dicendi, Joh. 12, 18 duhhbe iddjedun gamotjan imma managei, διὰ τοῦτο καὶ ὑπήντησεν αὐτῷ ὄχλος. gaggan mit folgendem ei begegnet Joh. 11, 16 für Griechisches ἵνα. Als Composita von gaggan, die den Inf. regieren, sind zu nennen fauragaggan, Luc. 1, 76 Jauragaggis faura andvairbja fraujins manvjan vigans imma, προπορεύσῃ γὰρ πρὸ προσώπου κυρίου, ἑτοιμάσαι ὁδοὺς αὐτοῦ; atgaggan, Luc. 5, 7 ei atiddjedeina hilpan ize, τοῦ ἐλθόντας συλλαβέσϑαι αὐτοῖς, dagegen Marc. 11, 13 mit folgendem ei für εὐ c. Ind. Fut., und usgaggan, aus- schließlich mit dem Inf., Matth. 11, 7. 8. 9; Marc. 3, 21; Luc. 6, 12; 7, 24. 25. 26; 8, 35; 9, 28; 18, 10. yiman kommt ausschließlich mit dem einfachen, nie mit dem präpositionalen Inf. vor, dem einfachen Inf. des Griechischen entsprechend, Matth. 5, 17; 8, 29; 9, 13; 10, 34. 35; Marc. 1, 24; 2, 17; 5, 14; 10, 45; 15, 36; Luc. 1, 59; 3, 12; 4, 34; 5, 32; 6, 18; 9, 56; 19, 10; II Thess. I, 10; I Tim. 1, 15; Skeir. I, a Zur Bezeichnung passivischer Infinitive wird Luc. 3, 12 und II Tbess. I, 10 einfach der activische gesetzt, Luc. 6, 18 das reflexive hailjan sik für ἐαϑῆναι. Beachtenswerth ist die Umschreibung des Inf. Pass. Marc. 10, 45 durch ein von der Präp. at abhängiges Substantivum; der Inf. Act. durfte hier nicht angewandt werden, weil er in seiner eigentlichen Bedeutung unmittelbar darauf folgen mußte und eine Form andbahtnan, wie sie Zahn vermuthet (freilich wunder- lich genug at undbahtnan) nicht existiert; so schreibt denn Vulfila jal auk sunus mans ni gam at andbahtjam, ak andbahtjan jah giban saivalu seina faur managans saun, für καὶ γὰρ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου οὐκ ἦλϑε διακονηϑῆναι, ἀλλὰ διακονῆσαι κτλ. Löbe bemerkt hiezu: „est igitur at andlahtjam (ab andluhti, servitium, munus) ad servitia, sc. 510] praestanda.*“ Grimm hält freilich diesen Ausweg nicht für den glück- lichsten (IV, 58. Einmal begegnet auch der Inf. nach giman zur Wiedergabe des Part. Fut. Act., Matth. 27, 49 let, ei saihvam gimaiu Helias nusjan ina, ἄφες ἴδωμεν, εἰ ἔρχεται Ἠλίας σώσων αὐτόν. Trotz des gleichbleibenden Subjectes folgt ei für ἕνα auf giman Joh. 12, 47, vielleicht hervorgerufen durch die Üonstruction im vorhergehenden Verse, die nothwendig war, weil im abhängigen Satze ein anderes Subject eintritt. galeiban findet sich nur einmal mit dem bloßen

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVB ote, ah

Inf., Luc. 19, 7 patei ἀμ fravaurltis mans galailı in yurıdl nanaljan, ὅτι παρὰ ἁμαρτωλῷ ἀνδρὶ εἰςῆλθε καταλῦσαι. Man NBimplex sum begegnet weder mit dem bloßen Inf. noch wit du Inf, wohl aber die verstärkte Form garinnan ὁ. Inf. Luc. 5, 15 juh yarımmun Jriuhmans managai hausjan jah leikinon fram imma saulte weinuizu, καὶ συνήρχοντο ὄχλοι πολλοὶ ἀκούειν καὶ θεραπούεσθαι ὑπ᾽ αὐτοῦ ἀπὸ τῶν ἀσϑενειῶν αὐτῶν, und das Compositum urrinnan ὁ, Inf. Mauro. 14, 48 sve du vaidedjin urrunnub mib hairum jah trivam yreipan mik, ag ἐπὶ λῃστὴν ἐξήλθετε... συλλαβεῖν με, und für ein von einer Prüponition abhängiges Substantivum Joh. 12, 13 jah urrunnun vilrayamoljan Immu, καὶ ἐξῆλθον εἰς ὑπάντησιν αὐτῷ, sowie mit du c. Iuf., zweimal flır τοῦ c. Inf, Marc. 4, 3 und Luc. 8, 5 urrann sa satanıdn du aulun fraiva seinamma, ἐξῆλθεν σπείρων τοῦ σπεῖραι, und einmal für einen selbständigen, mit καὶ angefügten Satz tom. 11, 26 urrinnil un “im sa lausjands du afvandjan afgudein af Jacob, ἥξεν ἐκ Σιὼν (udpevoy καὶ ἀποστρέψει ἀσεβείας ano Ἰακώβ. Nicht finule Bedeutung hat du c. Inf. Luc. 1, 9 in den Worten Alauts imma urrımn du nuljun, ὅλαχά τοῦ ϑυμιάσαι, „sors ei exiit ad immolandum“, wie Löbe fihernetzt, son- dern ist Epexegese. Verba, welche ein Vorhergehen, Vorhrrkemmen bezeichnen, sind zwei, fauragiman und faurayayyan, Von dienen hat Jauragiman den einfachen Inf. Luc. 1, 17 jah mlba fawrayimil in amd vairbja is in ahmin jah mahtai Haleuns, yavandjan hairlona ΜΠ σώ du barnam jah untalans in unfrodein garaihtaize, mannjan frunjin wmanngyein gafahrida, καὶ αὐτὸς zgoslevasmm . . ἐπκιστρέψων,.,, ἑτοιμάσω κλ.: hei jauragaggan wechselt der einfache Inf. mit du «. Inf. im engsten An- schluß an den Wortlaut des Originals, Ine, 1, T6M. faurayuggin ank fuura andvair ja franjınz, manrjan rigans imma, du yihan kunjı narsintin managein ἴδ... gabarh‘jan pam in rıqıza jah shodan dafs σή γε du garaulıtjun Joana unaırans iM vi 27 σα, πρυπυρεύση , Itoıucaon ὁδοὺς αὐτοῦ" τοῦ δοῦναι γνῶσιν. ., ἐκιφῦνσοε τοί, ἐν σκότει uni MM ϑανάτου παϑηακένοι: τοῦ χατευϑῦναι τοῦ πόϑδιαφ ἡμόνν Hiz ὁδόν εἰρήνης. Wii man suborkıan, „eracheinen“, un den Yarten dar ἴα. wegung rechnen. u „dert. n.eae Berne (7, 74, non Pricg Sir Are Anwendung der P:30. 44 = If, nun dream δεῖν for grerh,arnen τοῦ ς. Inf Ge:n ner won wir faersgumanrjum, gTrhestwreston®, anschlieden. 233 den Ar 4, If nurh «μὴν hat. auersnza mn har Werne genden Su... eise (ana. 7 tens Yet, get, ὧδ daß sie unmür.ch For sent. Zimmern gesehn wen, τ δε κα zweife..os a:3 any. nen Fornnron un δ τ᾽ 42.) 6. Tea le ge ont. standen ist, ınz 1.5. anım Terunın.ch warn, wen nt har ge

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chische Text und die Lutherische Übersetzung Auskunft gäben; die Stelle findet sich II Cor. 9, 5 ei galeipaina du izvis jah fauragamanv- jaina bana fauragahaitanan atvlaugian izvarana, bana manvjana visarı, ἵνα προέλθωσιν εἰς ὑμᾶς καὶ προκαταρτίσωσι τὴν προκατηγγελμένην εὐλογίαν ὑμῶν ταύτην ἑτοίμην εἶναι, Luther: „daß sie voranzögen zu euch, zu verfertigen diesen zuvor verheißenen Segen, daß er bereit sei.“ Die Verba des Eilens finden sich nur mit dem einfachen Inf., snivan I Cor. 9, 25 hvazuh saei haifstjan snivip für das einfache substantivierte Participium πᾶς δὲὸ ἀγωνιξόμενος, sowie sniumjan, I Thess. 2, 17 apban veis .. urfarassau sniumidedum andaugi izvara gasaihvan in managamma lustau, ἡμεῖς δὲ... περισσοτέρως ἐσπουδάσαμεν TO προρῶπον ὑμῶν ἰδεῖν ἐν πολλῇ ἐπιϑυμίᾳ, und II Tim. 4, 9 sniumei giman at mis sprauto, σπούδασον ἐλθεῖν πρός us ταχέως, ebenso usdaudjan, II Cor. 5, 9 inuh bis usdaudjam ... vaila galeikan imma, διὸ καὶ φιλοτιμούμεθα. .. εὐάρεστοι αὐτῷ εἶναι, Eph. 4, 3 usdaudjandans fastan ete., σπουδάξον- τες τηρεῖν κτλ., II Tim. 2, 15 usdaudei puk silban gakusanana usgiban guba, vaurstvjan unaiviskana etc., σπούδασον σεαυτὸν δόκιμον παρα- στῆσαι τῷ ϑεῷ xrA., Skeir. III, ni hanaseihs judaiviskom ufarran- neinim jah sinteino daupeinim brukjan usdaudjaina.

Hieran schließen sich die Verba des Sendens, sandjan c. Inf. I Cor. 16, 3 hans sandja briggan anst izvara in Jairusalem, τούτους πέμψω ἀπενεγκεῖν τὴν χάριν ὑμῶν εἰς Ἱερουσαλὴμ und insandjun c. Inf. Marc. 3, 14; Luc. 1, 19; 9, 2; 14, 17; 15, 15; I Cor. 1, 17; Neh. 6, 19; mit du c. Inf. für eig τὸ c. Inf. I Thess. 3, 5 insundida du ufkunnan galaubein izvara, ἔπεμψα εἰς τὸ γνῶναι τὴν πίστιν ὑμῶν und Luc. 4, 18 ἢ, wo v. 19 mit dem einfachen Inf. fortgefahren wird: in bizei gasalboda mik du varlamerjan unledaim, insandida mik du ga- nasjan, pans gamalvidans hairtin, merjan frahunbanaim fralet jah blin- daim siun, fraletan gamaidans in gahrafstein, merjan jer fraujins andanem, wobei zu beachten, daß im Griechischen keine präpositionalen Infini- tive stehen, sondern lauter einfache, alle abhängig von ἀπέσταλκε, der erste dem regierenden Verbum vorangestellt, den Vulfila mit Hülfe der Präp. du zu gusalboda zieht: οὗ ἕνεκεν ἔχρισέ us‘ εὐαγγελέξεσϑαι πτωχοῖς ἀπέσταλκέ us, ἰάσασϑαι... κηρύξαι.., ἀποστεῖλαι ... κηρύξαι κτλ. Mit folgendem ei begegnet insandjan Marc. 12, 13 für ἵνα und mit duppe ei für sig αὐτὸ τοῦτο, ἵνα Eph. 6, 22 und Col. 4, 8, zwei- mal auch mit folgendem Relativsatz für dieselbe Construction im Grie- chischen, in den Parallelstellen Matth. 11, 10 und Mare. 1, 2.

Von weiteren Verben der Bewegung ist zunächst atsteigan zu nennen, das den Inf. bei sich hat Luc, 17, 31 ni atsteigai dalah niman

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po, un καταβάτω ἄραι αὐτὰ, dagegen Joh. 6, 38 zur stärkeren Her- vorhebung des Beweggrundes beei, das unentbehrlich ist wegen der Negation und des folgenden Gegensatzes, unte atstaig us himina, nih beei taujau viljan meinana, ak viljan bis sandjandins mik, ὅτε καταβέ- ᾿ βηκα ἐκ τοῦ οὐρανοῦ, οὐχ να ποιῶ τὸ ϑέλημα τὸ ἐμὸν, ἀλλὰ τὸ ϑέ- λημα τοῦ πέμψαντός με. Ohne Bedenken könnte der Inf. bei ussteigan stehen Luc. 19, 4, für welchen aber ei (ἵνα) gesetzt ist, usstaiyg ana smakkabagm, ei gasehvi ἐπα, ἀνέβη ἐπὶ συκομορέαν, ἵνα ἴδῃ αὐτόν. Ver- wandter Bedeutung ist ushafjan sik, das mit ἀμ c. Inf. vorkommt, Matth. 11, 1 ushof sik jainpro du laisjan jah merjan and baurgs ize, μετέβη Eusldev τοῦ διδάσκειν καὶ κηρύσσειν ἐν ταῖς πόλεσιν αὐτῶν, dann wsstandan, „sich erheben, aufstehen“ mit bloßem Inf. Luc. 4, 16 ‚jah usstob siggvan bokos, καὶ ἀνέστη ἀναγνῶναι. ebenso innufsliupan, „bineinschlüpfen, sich einschleichen“, Gal. 2, 4 paiei innufslupun bi- niuhsjan freihals unsarana, οἵτινες παρειςῆλθον κατασχοπῆσαι τὴν ἐλευ- ϑερίαν ἡμῶν, auch sik nehvjan, Luc. 15, 1 vesunub-pan imma nehv- iandans sik allai motarjos jah fravaurhtai hausjan imma, ἦσαν δὲ ἐγγί- ξοντες αὐτῷ πάντες ol τελῶναι καὶ ἁμαρτωλοὶ ἀκούειν αὐτοῦ, dagegen anatrimpan, „hinzutreten, sich drängen“, mit du c. Inf. Luc. 5, 1 jah varb mibhanei managei anatramp ina du hausjan, ἐγένετο δὲ ἐν τῷ τὸν 0xAov ἐπικεῖσϑαι αὐτῷ τοῦ axovsıv τὸν λόγον τοῦ ϑεοῦ. Diese Stelle ist noch dadurch von Interesse, daß die griechische Wendung ἐν τῷ c. Inf. als der gothischen Sprachweise zu unbequem und durchaus un- gewohnt, aufgegeben ist und aufgelöst durch einen temporalen, mit miphbanei eingeleiteten Nebensatz. Hieran kann man noch anreihen gavandjan, das sowohl mit als ohne sik bedeutet „sich wenden, um- kehren“ und Luc. 17, 18 den einfachen Inf. bei sich hat ni bigitanai vaurbun gavandjandans giban vulbu gupa niba sa aljakuna? οὐχ εὑρέ- ϑησαν ὑποστρέψαντες δοῦναι δόξαν τῷ ϑεῷ εἰ μὴ ἀλλογενὴς ovrog; Zwar kein Verbum der Bewegung, aber denselben nahe sich anschlie- Bend, ist sitan. Dieses begegnet mit du c. Inf. Marc. 10, 46 sat fuur vig du aihtron, während im Griechischen das Particip steht ἐκώϑητο παρὰ τὴν ὁδὸν προςαιτῶν, ebenso in beiden Sprachen in der Parallel- stelle Luc. 18, 35. Leider fehlt die Parallelstelle hiezu aus dem Mat- thäus. Bei Johannes findet sich dieselbe Erzählung zwar in anderer Fassung, aber doch kommt die Wendung, die uns hier interessiert, auch dort vor, in Form eines Fragesatzes und da findet sich denn im CGothischen wie im Griechischen das Particip, aber auch das Verbum finitum des Relativsatzes, der im Gothischen steht, findet sich im Originale im Particip mit dem Artikel als Substantiv, Joh. 9, 8 niu

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sa ist, saei sat aihtronds? οὐχ οὗτός ἐστιν καϑήμενος καὶ προραιτῶν; Ebenso ist hieher zu rechnen briggan, bei dem beide Constructionen stattfinden, der bloße Inf. Luc. 2, 22 jah brahtedun inu in Jairusalem atsatjan faura fraujin, ἀνήγαγον αὐτὸν εἰς Ἱεροσόλυμα παραστῆσαι τῷ κυρίῳ, und du c. Inf. Luc. 4, 29 für εἰς τό c. Inf., brahtedun ina und auhumisto bis fairgunjis .. du atdrausjan ina bahro, nyayov αὐτὸν ξως τῆς ὀφρύος τοῦ ὄρους... εἰς τὸ κατακρημνίσαι αὐτόν. Vereinzelt steht vlaiton, „umbherblicken“, mit dem einfachen Inf. Marc. 5, 32 7αΪ, vlaitoda saihvan ho bata taujandein, καὶ περιεβλέπετο ἰδεῖν τὴν τοῦτο ποιήσασαν.

Es sind nun noch einige wenige Verba übrig, denen die gemein- same Bedeutung des Veranlassens zu Grunde liegt. Zunächst tinrjan, „ermuntern“ mit du c. Inf. I Cor. 8, 10 πίω mihvissei is siukis visan- dins timrjada du galiugagudam gasalihb matjan? οὐχ συνήδεισις αὐτοῦ ἀσϑενοῦς ὄντος οἰκοδομηϑήσεται εἰς τὸ τὰ εἰδωλόϑυτα ἐσϑίειν; Aus den Worten des Originals, εἰς τὸ c. Inf., ergibt sich, daß wir die Präp. dw mit matjan zu verbinden haben, nicht aber, wie es leicht scheinen könnte, den Dativ galiugagudam von du abhängig denken dürfen. Mit dem bloßen Inf. finden sich gamaudjan, II Tim. 1, 6 in bizozei gamaudja puk anagiujan anst gups, di ἣν αἰτίαν ἀνιμιμνήσκω σε ἀναζωπυρεῖν τὸ χάρισμα τοῦ ϑεοῦ. und gatalzjan I Tim. 1, 20 ei gatalzjaindau ni vajamerjan, ἵνα παιδευϑῶσι un βλασφημεῖν. Dagegen mit du c. Inf. gaskapan, „schaften,“ I Tim. 4, 3 banzei σε gaskop du andniman zur Übersetzung von εἰς ὁ. Acc. eines Substantivs, & ϑεὸς ἔκτισεν εἰς μετάληψιν, auch gafribon, „versöhnen“ Col. 1, 22 ip nu gafriboda in leika mammons is hbairh daubu du atsaljan izvis veihans, νυνὶ δὲ ἀποκατήλλαξεν... παραστῆσαι ὑμᾶς ἁγίους, Bowie ganisan „er- lögen, retten“, I Thess. 2, 16 οἱ ganisaina du usfulljan seinos fravaurl- tins sinteino, ἵνα σωθῶσιν εἰς τὸ ἀναπληρῶσαι αὐτῶν τὰς ἁμαρτίας πάντοτε. Hieran reiht sich gapeihan, eigentlich „gedeihen“, dann „auf- wachsen, erblühen* mit du c. Inf. für ro c. Inf, Phil. 4, 10 unte ju hvan gataihub du faur mik frabjan, ὅτι ἤδη ποτὲ avsdaisıs τὸ ὑπὲρ ἐμοῦ φρονεῖν, Luther: „daß ihr wieder wacker geworden seid für mich zu sorgen“. Ferner zwei Verba mit reflexiver Bedeutung sik skaftjan, „sich anschicken“ mit du c. Inf. für μέλλειν c. Inf., Joh. 12, 4 Judas Seimonis sa Jskariotes, izei skaftida sik du galevjan ina, μέλλων αὐτὸν παραδιδόναι, und gatulgjan, das in Verbindung mit dem Objectsaccu- sativ andvairpi, der ganz dieselbe Bedeutung hat wie das Reflexiv- pronomen sik, zur Angabe des Zweckes du c. Inf. zu sich nimmt, für griechisches τοῦ c. Inf., Luc. 9, 51 jah is andvairpi seinata gatulgida

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS etc, 459

du gaggan in Jairusalem, καὶ avrog τὸ προσῶπον αὐτοῦ ἐστήριξε τοῦ πορεύεσϑαι εἰς Ἱερουσαλὴμ, Luther: „er wandte sein Angesicht stracks gen Jerusalem zu wandeln.“ Hieher gehört noch bandvjan, „ein Zeichen geben, winken“ mit du c. Inf., Job. 15, 24 bandviduh ban bamma Seimon Paitrus du fraihnan, hvas vesi, bi banei gap, für bloßen Inf. im Griechischen, νεύει οὖν τούτῳ Σίμων Πέτρος πυϑέσϑαι, τίς av εἴη, περὶ οὗ λέγει.

Einige Verba, die sich nicht unter einen der bisher behandelten Gesichtspuncte bringen ließen und die statt von einem abhängigen Satze mit der Conjunction ei gefolgt werden von der Präp. dw c. Inf., sind folgende: inmaidjan, das auch ohne sik reflexive Bedeutung hat, „sich verändern“, Rom. 12, 2, ni guleikob izvis bumma aiva, ak inmaid- jaib frapjis izvaris du uskiusan, Iva αἰαὶ vilja gubs, ἀλλὰ μεταμορφοῦσϑε τῇ ἀνακαινῶώσει τοῦ νοὸς ὑμῶν εἰς τὸ δοκιμάξειν, gavadjon, „verloben“, ΠῚ Cor. 11, 2 guvadjoda auk izvis ainamma vaira mauja svikna du us- giban Äristau, ἡρμοσάμην γὰρ ὑμᾶς ἑνὶ ἀνδρὶ, παρϑένον ἁγνὴν πα- θαστῆσαι τῷ Χριστῷ, und fravilvan, „entrücken“, mit du c. Inf., wofür εἰς c. Acc. eines Substantivs vorlag, I Thess. 4, 17 hai aflifnandans suns mib imma fravilvanda in millmam du gamotjan fraujin in luftau, οἵ περιλειπόμενοι ἅμα σὺν αὐτοῖς ἁρπαγησόμεϑα ἐν νεφέλαις εἰς ἀπάντησιν τοῦ κυρίου εἰς ἀέρα.

Ebenso gibt es noch eine Reihe von Verbindungen von Verben ınit Substantiven, auf welche zur Angabe des Zweckes du c. Inf., nie aber der bloße Inf. folgt. Weil sich diese Verbindungen nicht gut unter streng logisch zu ordnende Gesichtspuncte unterbringen lassen, führe ich sie einfach nach der Reihenfolge der Stellen auf, in denen sie begegnen. Matth. 27, 7 usbauhtedun us paim bana akr kusjins du usfilhan ana gastim, wofür im Griechischen ein Substantiv steht, ἡγο- ραδσαν ἐξ αὐτῶν τὸν ἀγρὸν τοῦ κεραμέως εἰς ταφὴν τοῖς ξένοις. Von Interesse sind die Parallelstellen für den bekannten Spruch: „wer Ohren hat zu hören, der höre.“ Dafür findet sich Marc. 4, 9 im Grie- chischen der Inf. ἔχων ὦτα ἀκούειν ἀκουέτω, während im Gothi- schen das Particip steht saei hubai ausona hauxjandona, gahausjai; ganz ebenso Luc. 14, 35, nur daß für das Simplex hausjandona die ver- stärkte Form gahausjandona gesetzt ist. Anders Luc. 8, 8. Hier folgt Vulfila dem Originale, indem er für den Inf. axovsıv zwar nicht den bloßen Inf., der nach einer solchen Verbindung von Nomen und Verbum ohne alle Analogie wäre, setzt, wohl aber du c. Inf., suei habai ausona du hausjan, gahausjai. Marc. 13, 22 juh giband taik- nins jah fauratanja du afairzjan, καὶ δώσουσι σημεῖα καὶ τέρατα πρὸς

460 ARTUR KÖHLER

τὸ ἀποπλανᾶν. --- Luc. 1, 57 ib Arleisabaih usfullnoda mel du bairan, τῇ δὲ Ἐλισάβετ ἐπλήσθη χρόνος τοῦ τεκεῖν αὐτὴν, ebenso 2, 6 us- fullnodedun dagos du bairan izai, ἐπλήσθησαν al ἡμέραι τοῦ τεκεῖν αὐτὴν und ib. v. 21 jah bihe usfullnodedun dagos ahtau du bimaitan ina, καὶ ὅτε ἐπλήσϑησαν ἡμέραι ὀκτὼ τοῦ περιτεμεῖν τὸ παιδίον. Beach- tenswerth ist hiebei, daß da, wo im Griechischen zu dem Inf. noch ein Nomen hinzutritt, dieses in den Acc. gesetzt werden muß, der gothische Übersetzer aber, trotzdem daß er an anderen Stellen dem- selben Gesetze huldigt, sich ihm hier entzieht, indem er 1, 57 das Substantiv als ganz selbstverständlich fortlässt, und 2, 6 den Satz so wendet, daß aus dem Subjecte des infinitivisch ausgedrückten abhän- gigen Satzes das entferntere Object wird, izai, von usfullnodedun ab- hängig. Luc. 5, 4 athahid ho natja izvara du fiskon, wofür im Grie- chischen ein Substantiv vorlag, χαλάσατε τὰ δίκτυα ὑμῶν εἰς ἄγραν, ebenso Luc. 6, 7 ei bigeteina til du vrohjan ina, wo ein entsprechendes Substantiv für das Griechische fehlte, ἵνα εὕρωσι κατηγορέαν αὐτοῦ. Auch für die griechische Conjunction ἵνα wendet Vulfila die Infinitiv- construction an, wie Joh. 17, 4 vaursiv ustauh, phatei atgaft mis du vaurkjan, τὸ ἔργον ἐτελείωσα, δέδωκάς μοι, ἵνα ποιήσω. --- Rom. 7,5 vinnons fravaurhti, hos ῥαϊγἧ, υἱοῦ. vaurhtedun in libum unsaraim du akran bairan daubau, τὰ παϑήματα τῶν ἁμαρτιῶν ἐνηργεῖτο εἰς τὸ καρποφορῆδσαι τῷ ϑανάτῳ. --- Synonym mit dem oben erwähnten ga- nisan sq. du c. Inf. findet sich ganists vairban in gleicher Weise con- struiert, wofür ebenso gut hätte ganisan gesagt werden können, wenn das Substantiv, das im Originale vorlag, nicht dazu aufgefordert hätte, auch im Gothischen ein Substantivum anzuwenden, Rom. 11, 11 varh ganiste biudom du in aljana briggan ins, σωτηρία τοῖς ἔϑνεσιν εἰς τὸ παραξηλῶσαι αὐτούς. Von durchaus anderer Art, als die Stellen sind, welche den Infinitiv der Verba matjan, itan, drigkan abhängig von der Präp. du aufweisen, wenn ein Transitivum das regierende Verbum des Satzes ist und das Object angegeben wird, welches ge- nossen wird, ist I Cor. 11, 22: denn die von der Präp. du abhängigen Infinitive geben hier nicht an, was mit, sondern was in den Häusern geschehen soll: ibai gardins ni habaib du matjan jah drigkan? μὴ γὰρ οἰκίας οὐκ ἔχετε εἰς τὸ ἐσϑέειν καὶ πίνειν; Auch visan mit einem adverbialen Zusatz findet sich sq. ἀμ c. [ηΐ, II Cor. 7, 3 fauragah auk, batei in hairtam unsaraim sijub du gasviltan jah samana liban, προείρηκα γὰρ. ὅτι ἐν ταῖς καρδίαις ἡμῶν ἐστὲ εἰς τὸ συναποϑανεῖν καὶ συξῇν. --- Weniger von finaler Bedeutung als vielmehr epexege- tisch ist du ὁ, Inf. nach muns fauraist, 11 Cor. 8, I1 ei svasve fauraist

DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH DES INFINITIVS οἷο. 461

muns du viljan, sva jah du ustiuhan us bammei habaip, ὅπως καϑάπερ προϑυμία τοῦ ϑέλειν, οὕτω καὶ τὸ ἐπιτελέσαι ἐκ τοῦ ἔχειν. Hier hat Vulfila in zweifacher Hinsicht frei übersetzt, erstens indem er dasjenige Satzglied, das in Griechischen als zweites Subject (τὸ ἐπι- τελέσαι) dem ersten (ἡ προϑυμέα) coordiniert ist, in derselben Weise wie den ersten Inf. mit Hülfe der Präp. du dem Substantiv muns unter- ordnet und so als eine Fortsetzung des epexegetischen Zusatzes er- scheinen läßt, und zweitens indem er den substantivierten Inf. ἐκ τοῦ ἔχειν auflöst durch einen Relativsatz, us bammei habaib. Zweifel- haft kann es sein, worauf der Inf. mit du Col. 1, 25 zu beziehen ist, phizozei varb ik andbahts bi ragina gubs, pbatei giban ist mis in izvis du usfulljan vaurd gups; er kann ebenso gut aufgefasst werden als finaler Zusatz zu varb andbahts, wie als erläuternde Apposition zu den Worten bi ragina gups; auch der griechische Text kann zur Aufklärung nichts beitragen, ἧς ἐγενόμην ἐγὼ διάκονος κατὰ τὴν οἰκονομίαν τοῦ ϑεοῦ τὴν δοϑεῖσάν μοι εἰς ὑμᾶς, πληρῶσαι τὸν λόγον τοῦ ϑεοῦ, aber Luther faßt den Inf. offenbar als Apposition zu οἰκονομίαν, wenn er übersetzt: „welcher ich ein Diener geworden bin nach dem göttlichen Predigt- amte, das mir gegeben ist unter euch, daß ich das Wort Gottes reich- lich predigen soll.“ Ich hege Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Übersetzung, weil sowohl πληροῦν als usfulljan nicht füglich die von Luther angenommene Bedeutung haben kann, auch οἰκονομία wohl zu eng gefaßt ist, wenn es mit „Predigtamt* wiedergegeben wird; die Thätigkeit des Paulus, zu der Gott ihn berufen, beschränkt sich doch nicht bloß auf das Predigen, wenn dieses auch wesentlich in den Vordergrund tritt. Wäre du usfulljan auf ragina zu beziehen, so müßte die Anwendung von du auffallen, der einfache Inf. wäre in einer sol- chen Apposition weit natürlicher; oder was auch denkbar, aber freilich ohne alle Analogie sollte du gesetzt sein, um dadurch einen Ausdruck zu gewinnen, der dem Dativ eines Infinitivs möglichst nahe kommt? Außerdem erhält die erstere Auffassung eine Bestätigung durch Rom. 15, 8f. φίρα auk Aristu Jesu andbaht vaurbanana fram sunjai gubs du gatulgjan gahaita attane, ib biudos in armahairteins hauhjan gub, λέγω δὲ Ἰησοῦν Χριστὸν διάκονον ᾿γεγενῆσϑαι περιτομῆς ὑπὲρ ἀληϑείας ϑεοῦ, εἰς τὸ βεβαιῶσαι τὰς ἐπαγγελίας τῶν πατέρων τὰ δὲ ἔϑνη ὑπὲρ ἐλέους δοξάσαι τὸν ϑεόν, wo zu dem zweiten Inf. ebenso- wenig du wie im Griechischen εἰς τὸ wiederholt ist. Keinem Zweifel unterliegt die finale Geltung von du c. Inf. Col. 4, 3 ei gup uslukai unsis haurd vaurdis du rodjan runa Aristaus, ἵνα ϑεὸς ἀνοίξῃ ἡμῖν ϑύραν τοῦ λόγου, λαλῆσαι τὸ μυστήριον τοῦ Χριστοῦ. -- Bloß von

462 ARTUR KÖHLER, DER SYNTAKTISCHE GEBRAUCH etc.

Nominibus abhängig findet sich dw c. Inf. II Thess. 1, 5 taikn garaih- taızos stauos gubs du vairbans briggan izvis biudangardjos gups, ἔνδειγμα τῆς δικαίας κρίδεως τοῦ θεοῦ εἰς τὸ καταξιωϑῆναι ὑμᾶς τῆς βασιλείας τοῦ ϑεοῦ. --- Noch ist zu nennen II Thess. 3, 9 ak ei uns silbans du frisahtai gebeima du galeikon unsis, ἀλλ ἵνα ἑαυτοὺς τύπον δῶμεν ὑμῖν εἰς τὸ μιμεῖσϑαι ἡμάς.

An zwei Stellen sind Anakolouthien zu bemerken, indem die begonnene Construction (Finalsatz mit ei eingeleitet) verlassen wird und fortgefahren mit du c. Inf., Phil. 3, 8ff. ei Xristau du gavaurkja habau jah bigitaidau in imma ..., du kunnan ina etc., wo nicht etwa, wie man glauben könnte, der präpositionale Inf. zur Bezeichnung einer Folge dient, die aus dem Inhalte des ersten Finalsatzes sich ergäbe, sondern vollständig coordiniert; ein zweiter, dem ersten untergeord- neter Finalsatz folgt erst v. 11; im Griechischen ist die Construction ebenso: ἵνα Χριστὸν κερδήσω παὶ εὑρεθῶ ἐν αὐτῷ...., τοῦ γνῶναι αὐτὸν κτλ. Ganz dasselbe Verhältniss liegt noch weit deutlicher vor Skeir. IV, ni in bis batainei, ei fraujins mikilein gakannidedi, ak du gatarhjan jah gasakan bo afgudon haifst Sabailliaus jah Markailliaus.

Ein ganz unerklärlicher Inf. steht Eph. 1, 9 kannjan unsis runa viljins seinis. Dieser Inf. kann unmöglich von irgend einem Worte in dem vorhergehenden Verse abhängen, ebensowenig aber den voraus- gehenden Substantiven coordiniert gedacht werden (in allai handugein Jah frodein), da diese Nomina im Dativ stehen, abhängig von der Präp. in. Nach dem Zusammenhange und dem griechischen Texte, γνωρίδας ἡμῖν τὸ μυστήριον τοῦ ϑελήματος αὐτοῦ, müßten wir das Participium kannjands erwarten. Wäre es möglich, den Inf. Act. kannjan hier in passivischem Sinne zu nehmen, „damit uns kund würde“, so wäre der Stelle geholfen; aber dagegen sprechen zwei Gründe: erstens kommt kannjan in dieser Bedeutung niemals vor und zweitens müßte, um die Worte verständlich zu machen, nothwendig die Präp. du zu Hülfe ge- nommen werden. Es bleibt nur die eine Möglichkeit, zu der man frei- lich nur in den alleräußersten Fällen seine Zuflucht nehmen darf, hier ein Versehen des Übersetzers anzunehmen.

Über den Gebrauch des Infinitivs für den Imperativ, sowie über die Verwendung des Inf. Act. für den Inf. Pass. ist es mir nicht ge- lungen, etwas neues beizubringen, das die vortrefflichen Bemerkungen bei v. ἃ. Gabelentz und Löbe II, 2, 8 177, 5 und $ 189, 2 (S. 139 und 156), namentlich aber bei Grimm, Gr. IV, 57 ff. einigermaßen erwei- tern könnte oder auch nur mich auf neue Gesichtspuncte geführt hätte.

DRESDEN, d. 18. März 1867.

«“...»--..........ὕἍΣ-.-- .ὕ.ὅὕὕτπἰὔἰὸὕτῷὧεστισπῷ

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RECEPTE AUS DEM ΧΡ. JAHRHUNDERT.

Die Pergamenthandschrift (in 4°.) Nr. 652 der hiesigen Universi- tätsbibliothek, welche Bl. 72* ff. den Paternosterleich *) und Bl. 74° das Gedicht: „Von der Siebenzahl“ **) enthält, gibt nach der lateinischen Zusammenstellung: David. Spiritus timoris etc. ***) folgende Zeilen Bl. 76": „Septem sunt, que non invenit homo in hoc mundo, etiam si rex sit tocius mundi: vitam sine morte, iuventutem sine senectute, lucem sine tenebris, gaudium sine tristicia, pacem sine distantia, vo- luntatem sine iniuria, regnum sine commutatione. In regno autem dii hec omnia inveniuntur. Hii sunt VII gradus sapientie: Interrogare hu- militer, audire diligenter, credere fideliter, operari utiliter, sperare for- titer, intelligere sapienter, diligere ardenter.“ Darauf folgen Bl. 76° lateinische und deutsche Recepte, die Mone im Anzeiger f. d.K.d. V. 1838 S. 608—611 zum Theile veröffentlichte. Da er aber die lateini- schen größtentbeils zurückbehielt und der Anzeiger vielen Lesern nicht

zugänglich ist, dürfte ein vollständiger Abdruck dieser Recepte in dieser Zeitschrift sich entschuldigen.

(Bl. 76°.) In Ianuario sanguinem ne minuas neque potionem solutionis f) recipias (ca)lidis omnibus utere. In Martio sanguinem ne mi- nuas. potionem sumas, dulcibus utere. In Aprili sanguinem minue, potionem solutionis accipe. In Maio holeribus frigidis

5 et calidis balneis utere, venam epaticam incide, potionem accipe. In Iunio aquam frigidam cottidie ieiunus bibe, lac- tucis, apio et feniculo utere; salviam et savinam bibe et ru- tam et acetum. In Iulio sanguinem ne minuas nec potionem solutionis accipias; ruta et saxifriga et millefolio utere; sal-

10 viam et .absinthium , bethonicam et gamandream bibe. In Augusto malvis et caulis, plantagie et sisimbria utere et po- legium et absinthium bibe. In Septembri cuncta. lac capri- num aut ouinum, sie in Octobri ieinnus bibe, venam latera- nam incide. In Octobri racemis musto et feniculo mta et

15 peretro utere. In Novembri origano saturegia et bacis lauri utere, balneis minue. In Decembri omnibus calidis cibis utere,

*) Müllenhoff, Denkmäler Nr. XLIII. **) Ebendort Nr. XLIV. **#) Ebendort 8. 401,

+) solutionem. Ze.

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I. V. ZINGERLE

spicum canomonium bibe; venam capitaneam et omnes venas bonum est incidere.

Ad dolorem capitis. Wemo daz höbet we tuo, der mule den wegerich cum vino et nezze caput suum cum hoc et faciat illud sepe, statimque liberabitur.

Item. Mule daz ephöwe cum vino et tolle oleum et ace- tum. daz siut alcesamne et unge caput cum eo, statim saluus eriß.

Contra dolorem oculorum. Unge oculos cum felle leporis et cum melle.

Aliter. Daz sot der ruten debes per pannum sihen et cum melle et unge oculos cum eo.

Ad dolorem aurium. Tolle mentam, maden, diedir sin un- der den amezen, unte tröfez infirmo in aures.

Ad dolorem dentium. Tolle piper unde senif et acetum, misce hoc totum. pone super dentes intus (et) fugit morbus. Tolle sal unde den deih die seifan et misce totum, bestrich die wange.

Contra flurum sanguinis de naribus. Dicat sic: Der lange Longinus transfixit xpi latus, statimque fluxit sanguis de latere, in ipsiur nomine stet sanguis iste. Iterum. Deserru rüten einer scala scol man ze pulvere prennen et sufflare cum ar- undine in nares. multum ualet.

Ad elandines. Der nezze sie des nahtes mit temo harne et duhe sie mit demo chalten chiselinge et mane eos tangat cum rore. Iterum. Tolle daz div swin getvon unte rich iz in ignem, ut calidum valde fiat, et pone in pannum vile naz et liga super dentes et fac assidue. ualet.

Qui infirmatur in pulmone. Debet herbam, que dicitur hir- ces zunga, ze pulvere mulen et assidue manducet et bibat polegium cum vino et sanabitur.

Qui dolet in corde. Manducet polegium.

Cui in manibus nocet daz flehten. Laua eas urina et sale. Tolle acetum et pone in eo radicem der menewem, so siut si vile wole in aceto gebezzese, so bestrich dine hente mitter wrzo unte mit demo suren sode.

6 Pfeiffer Arzneibücher 32, 5, 13 Ebendort 37, 32. 21 reiten. Vgl, Pfeiffer Arzneibücher 13, 29.

län.

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RECEPTE AUS DEM XII JAHRHUNDERT. 465

Qui subito obmutuit. Huic pone inter linguam ein espine rinten, et statim loquitur. Den die suren an den hanten sezzent, Der neme daz sot der skellewrze unde bistriche die hende da mit.

Qui in stomacho infirmatur. 1116 debet bibere den andorn unde sevinon cum vino et bibat sepe calidum uinum cum pipere et manducet assidue wizwrz. Mule ovch die wermöte et bibe ieiunans oder siut sie in aqua et pone circa stoma- chum. valet.

Qui infirmatur in den lenden oder rippen. Der mule den mirratich unde legen in ein tuoch unde bindin .. r we sie. Tolle daz ancsmero et ungue te ad ignem unde bistrich dich .. sale unte mit honige.

Qui infirmatur in vecore. Manducet den wolgesmalzten hirse.

Qui dolet in ventre. E dan er nathes geslafen, debet andorn sieden in vino cum lacte caprino unte scol iz zeiungest ezzen.

Der verlenchet wirt in manibus vel in pedibus. Der scol nemen der eiterwrz unte den linsamin unte den pungel, daz scol er samne mulen unte scol iz legan vber daz irlenchita.

Dem diu urfun nocent. Ille debet per integrum annum cot- tidie manducare eine cluft des clofeloches. unte rokkine sni- ten ante quam tangat ignem vel aquam gelichi zimo. & daz iar erge, er scol doch volvaren. vermidet er unum diem in anno, statim incipiat a principio.

Fure die vbilen negle. Zeflözze daz wahs et oleum in der phannen et pone super ungues. Tolle lac der eiterwrze unte tröfe sie under daz flesch zende des nageles unte pindiz cum panno super ungues.

Contra calculum. Brenne daz plöt unte die hüt des hasen unte gibiz demo siechin in vino calido vel in aqua ad biben- dum, so bristet der stein unte chumet vone imo. Des petres- silines wrze scol tu vile diche mezzen, des helphantes pein scol tu scaben, et debes in aqua bibere, so bristet lapis.

Fure di Rovden. Nim ein buntel des peteresiles et nescelen et ringelen et fac pulverem et da ovibus tuis.

Equis quibus vermes nocent. Liga circum collum unum os mortui equi, statim vermes moriuntur.

18 eiterwrz, darüber steht timul. 22 gelichizimo. GERMANIA XII, 30

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δ (Bl. 78°.)

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l. V, ZINGERLE

Quem vermis mordet. Adiutorium nostrum in nomine do- mini, qui fecit celum et terram. Christus in petra sedebat et virgam in manu tenebat et dixit: domine, si vermes isti sunt vivi, moriantur, et si mortui, exeant foras. nonne eo meatu per angelum maiestatis plus escare. Canta pater noster tribus vicibus et dic: Domine, libera servum istum vel an- cillam N. von demo wurme, cancro et talpone et omnibus vermibus. wrm ich gebiute dir bi gotes worten et sanctı Job unte siner heligin chinde, daz tusen man vel di.. wibes mer enbizzest noch tages nohc nahtes.

Contra eadentem morbum. Tolle hirundines de nido et ca- pita eorum abscide et misce album tus cum eo sanguine, unz iz werde also diche, so der deich, welliz al cesamene et, dum primum luna crescat et decrescat, da ad bibendum.

Fure die gelwen suht. Siutb die hedernezzelen cum radice et da sibi ad bibendum novem dies una die ein leflil, in 1]. die ij, in 11] die iij aller tagiliche einis mere, in nono die novem sibi da. Nim die egedehsen unte lege sie viventem infirmo super umbelicum et liga. omnis morbus, qui est in egro, der chumit in die egedehsen.

Si infirmus subito obmutescat. So siut die poleion in aceto et pone ante nares ei, statimque loquitur.

Qui infirmalur in der blatern nec possit urinam solvere. Bibat die swertelen cottidie et sanabitur.

Cui ficus siecus nocet. Der nemo centauriam unte wermöte unte side diu zesamene in uino et bibat, et exurat caput le- poris ad puluerem et bibat in calido vino, et novem dies bibat caprinum lac, alteram carnem interea ne comedat nisi caprinam.

Swer unsanfte dowe. Tollat den alant, den fenichil, beto- nıam, salbeiam, andornes samen. daz mule al zesamene et bibe sepe in vino.

Qui dolet in oculis. Der siede feniculum, zuo demo sode heizer daz honig misken, unte lazze sin ögen hiemit salben. Die scellewirz sieden 860] die nahtes uber diu ögen binden. . ist guot chrut. öbe diu gebört stirbet in demo wibe, trinke iz mit warmen wazer, so vert iz vone ire. Er ist göte

1 ver vermis. 17 tagilcihe. 3b naches,

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RECEPTE AUS DEM XH. JAHRHUNDERT. 467

vur den stechen unte hilfet och den, den der mage swirt. (B)ibinella ist göt zu allen arbaiten des herzen, der si mit eziche södit unte si so niuzet. (G)entiana unte diu hemere gesoteniu mit ezzich ist göte den tobentigen. (S)tainfär ge- nozzen mit prote ist den göte, den lanche we töint. (S)celle- wrze soch ist göt den tunchelen ögen, öbe si getempert wirt mit wine unte mit oleo unte mit wizeme ingiber. (B)ibox ist göte zeme wagante zane, ist dem wibe ze diu göt, da si da genisit. bint irz uf den buch, si geniset sa ze stunte. nim iz habe schire, daz daz innader hiut nachge. (S)enef ge- nuven mit honige gemiscet ist göt ze der uzgebluihten huite. (M)inze ist göt vur di gelust des huris. (E)bom ist göt vur den tröfen, ob er daz e söch trinket. (E)phich ist göt den zornegen liuten unten, den der bube we tuot, ob er in trin- kett in demo bade. (H)uswrze sohc ist göt den, der ubele gehöret, trophet im iz in ore, miciz mit hiuner smalze. Daz galgan ist warmer nature. iz doiewet unte losit, machiet den munt vil suiz stinkent unte bringet den man unte daz wib ze michelen minnen. (Z)itwar ist alsam war, daz iz sterchet den magen ze dem ezzene unte ist göt vur di hechunge der eiterwrm. ist göt vur dei wib. (D)az ingeber ist och warmer nature, ist göt iohc alten wiben unte alten liuten. iz suentet allan den sihtüm, ist ochc göt vur den zandeswern. (B)erth- teram ist göt νὰν daz roz, iz suentaz unte anderen sihtöm des mundes unte der chelen. (N)ux muscata ist warmer na- ture, si sterchet den mennischen, machet suizez kussen, si ist göt fur den sihetom der lebere untes milzes. (P)eonia ist göt fur ze bringen den wiben ir nature blöt. si dewinget unde ist göt fur di gith unte vur die swellunge des libes. (L)iquaricia ist göt vur die hüsten unte vur den brustsweren. (O)ollirium valde mirabile caligantibus oculis, et omnibus doloribus oculorum prodest. Mel coctum absque fumo, oleum olive, dulce acetum, lac femineum, sucus celidonie, sucus feniculi, sucus edere terestris, salis gemme, sucus rüte de

35 omnibus equis ponderibus comisce, in eneo vase dimitte, donec fiat viride, et sic in oculis mitte. probatum est. (R)u- tam siccam et mel atticum equis ponderibus misce et oculos inunge. certum est lacrimas restringere. Ad lapidem ocu-

7 min. 11 gemissceth. 19 mihehelen. 29 unte] vonte.

30 Pfeiffer Arznb. 13, 14.

30 *

468

10

15

(Bl. 79°.)

20

25

30

35

I. V. ZINGERLE, RECEPTE AUS DEM XII. JAHRHUNDERT.

lorum vel ad eos, qui angulos oculorum confractos ab hu- more habent, (R)ose et feniculi radices et ex aqua fontana et olei par coctioni.

(P)robatio Alexandri magni ad matrem suam Olimpiam.

(A)pprehende serpentem pluvialem sive aquaticum et vivum suspende in tecto ligneo in tuto loco per caudam cum fune longo, capite insuper habenti per dies VII et ingredieris ad eum hora v. noctis cum lucerna et sians a longe dic: „Ego sum pro(?) plastus adam in paradyso, da mihi lapidem, quem habes in ventre tuo.* Ista dicas a quinta hora per singulas noctes in septimana et pones subtus vas cum aqua purissima media mane et eiectat lapidem, quem intra se ha- bet, in aquam, quam subposuisti. hanc aquam ipse lapis con- sumit. Tunc accipe lapidem et liga in fustico ydropici et .... eum, ut habeat circa se per dies 11) aut amplius, quo usque omnis liquor exsiccetur. et si uolueris, inter manus tene et eiciet humores. et si volueris probare vim lapidis, imple dolium aqua et liga subtus lapidem et absorbet aquam. In multis enim medicinalibus libris alia et alia inveniuntur, nihil tam mirabile probavi, nec tam cnatum, quam istud. alig. multi (Ὁ) scripta legunt incredentes sed nihil certius cre- das, quam quod Alexander rex manu sua scripsit.

Ad infimirtatem mulierum post partum. (N)im in der hirzis prunfte eines hirzzes gemahte, quod dicitur priapum, unte dariz fil harte unte senidiz file cleine unte pulver iz, unte iz iz nun nath in eine aie, so wir dir sin buz unte wirt dir din liep. (1) 0116 de radicibus salvatoris 1. de regia herba, quod dicitur alant ante (?). iij. dies ... apte. . et cave, ne veniat illa die in domum tuam, altera die seci add radicem ad rotundum et mitte in mel, in dies suspende illam sine fumo, usque siccata sit, et tere usque ad pulverem et benedic illam cum (?) cursiliis et manduca sive bibe pro omnibus do- loribus, sive egrotas intus aut exterius, sive in venis aut in cruribus, sive aliqua infirmitate detineris. bibe illam cum melle et vino calido. valet. (H)erba.. (Hib?)ercion in nocte.. ut stella lucet sic proma, quam qui secum habuerit, nunquam in malum accidit. Tolle testam de capite cornicis ac deinde,

8 ınsü. 18 teneat.

I. PETTERS, ZUR KUNDE ALTDEUTSCHER ORTSNAMEN. 469

quando infans est natum, antequam sugat, illa matris vel alicujus femine exprime maınillas, .. inice matris infantis in supra dictam testam cornicis, admitte ex testa lac in os in- fantis et ita pasce tribus continuis diebus absque alio victu. Audivi abbatem de superiori Scocia cum magna affirmatione dicere, quod postea, quando creverit infans, possit discernere ..1 (vo)ces cornicorum et significationes earum. | I. V. ZINGERLE.

ZUR KUNDE ALTDEUTSCHER ORTSNAMEN.

Förstemann, dem wir trotz den Mängeln in der etymologischen Arbeit seines Namenbuches für seine mächtige Anregung und aus- dauernde Forschung unsern Dank mit Freuden zollen können, hat über das in mehrfachen Spielarten auftretende Suflix -ithi weder im Namen- buch (2, 1366), noch in seinen “Deutschen Ortsnamen’ (S. 227—229) einen genügenden Aufschluß zu geben gewagt. Was seine geogra- phische Ausbreitung betrifft, so stellt es Förstemann als eine friesisch- sächsisch-thüringische Bildung hin, wogegen es in fränkischem, schwä- bischem, bairischem Gebiete nirgends aufzutreten scheint. In Bezug auf die Function des Suffixes erwähnt Förstemann (T). Ortsnamen 228) nur das Eine, ‘daß diese Endung sicher zuweilen angewandt wird, um von Volksnamen den Namen einer Ansiedlung abzuleiten. Englidi geht bekanntlich auf die thüringischen Angeln, Burihtridi könnte eine bruc- terische Colonie sein, Felichidi mag von den Falhen ausgehen. Hersiti könnte die Cherusken verrathen, Ingridi die Engern, Sturmithi die Bewohner des Gaues Sturmi.

Wir meinen, es müßte ein sicheres Beispiel solcher Namengebung, Englidi neben dem Plural Engilin, völlig genügen, um auf den collec- tiven Sinn des Suffixes zu leiten; zum Glück haben wir aber auch noch an einem verlässlichen gothischen Worte eine willkommene Stütze: Johannes 10, 16 ain av&pi, ains hairdeis; 1. Kor. 9, 7 hvas haldip avepı jah miluks (eine Kürzung nach Art von pai reiks Joh. 7, 26, Röm. 13, 3 oder verderbt für milukis von miluk n.?) pis av£pjis ni matjai? av&pi wird sicher, wie faheidai neben fahedai steht, auf aveibi zurückgeführt werden können, dessen ei wie freis neben frija

2 alt”.

470 I. PETTERS

beurtheilt werden kaun. Zweifellos müssen wir bei der Herleitung unsers Suffixes auf das indogermanische Passiv-Participium auf ta zu- rückgehen, dem sich Abstracta und Collectiva in reicher Entfaltung anschließen (Bopp vgl. Gramm. ὃ. 841 ff... Die nächste Berührung mit unserm deutschen -ithi, Stamm -ithja zeigt sich an lateinischen Formen wie avitium, famulitium, servitium, sodalitium, die theils Col- lectiva, theils Abstracta oder beides sind; zu gothisch av&pi stimmt lateinisch equitium, Gestüt, in überraschender Genauigkeit. Dem für das Deutsche aus av&bi zu erschließenden Suffixe -ithi, -idi (Stamm -ithja, -idja) stehen Abstracta wie daubipa, vargipa, armida, kimahhida (auch für cubile), spähida u. s. w. zur Seite, wie dem lateinischen avi- tıium Abstracta: amieitia, justitia u. s. w. In der Geltung entspricht unserm -ithi lateinisches -tum, -etum mit gleicher Häufigkeit: filictum, Ort mit Farnkraut, salictum, Weidengebüsch, Weidigt, ficetum, Feigen- pflanzung, juncetum, Ort voller Binsen u. 8. w. (S. Leo Meyer vgl. Gramm. 2, 520.)

Dies vorausgeschickt suchen wir im Folgenden den Nachweis zu liefern, daß sich eine ziemlich große Anzahl der alten Ortsnamen mit diesem Suffixe auch bei wenigen lexicalischen Behelfen mit genügender Sicherheit deuten lässt. Hätten wir statt des üppig wuchernden natur- historischen Aberglaubens ein möglichst vollständiges naturhistorisches Wörterbuch aus unserer Vorzeit überkommen, so müsste die Deutung unendlich leichter herzustellen sein.

Zuvor mögen noch die verschiedenen Casusformen und Laut- umänderungen zusammengestellt sein, die wir aus einer genauen Durch- sicht von Förstemanns Namenbuch gewonnen haben.

Nominativformen: ithi, ithe; ethi, ethe; idi, ide; edi, ede; -thi, -the; -di, -de.

Genetiv: ides.

Dativ: ithea; ida; eda; -tha. Natürlich lassen sich Formen mit schließendem e so gut für Dative wie für Nominative ansehen und der Nachweis des bestimmten Casus wird oft unmöglich sein.

Im Folgenden ist die alphabetische Anordnung von Förstemanns Namenbuch beibehalten.

Aspithara, Aspethera (F. 115, D. Ortsn. 229) führt mit Sicherheit auf Aspithi (vgl. Tannara, Pahhara Kuhns Zeitschr. 14, 173 £.) von aspa, Espe.

Birithi, jetzt Bierde bei Bremen, gehört mit den ON. Piriheim, Piridorf, Birscachim (vgl. Puochscachun D. Ortsn. 332) zu pira, bira,

Birne.

ZUR KUNDE ALTDEUTSCHER ORTSNAMEN. 471

Collithi, j. Cölleda bei Erfurt, vermuthlich von col, chol, Kohle wie Üolstidi, Choletal, Choleberc, mit einem Adjectivum Colegenberg, Colugunstein. In Böhmen gleichbedeutend ein Uhlist£.

Commede, ]. Kumd bei Coblenz, stelle ich zu ahd. cumi, Kümmel. Weigand hat in seiner gediegenen Abhandlung der oberhessischen Orts- namen (S. 275) Kombach ebenso gedeutet: Bach, woran Kümmel wächst.

Dullide, Dativ Tullida, Genetiv in: actum Tullides (nach latei- nischem Muster), j. Tilleda am Kiffhäuser, zu ahd. tulli, Pfahlwerk oder zu einem Baumnamen wie altnordisch pollr, pöll, pinus.

Dungide, j. Thüngen bei Würzburg und Tüngeda bei Gotha, von dung, Mist und unterirdisches Gemach (Wackernagel bei Haupt 7, 128).

Ekthi, eine Wüstung bei Braunschweig, von &k, Eiche.

Felichide, Velihede in Thüringen, von Förstemann auf den Stamm der Falhen bezogen, lässt sich auch von falcho, Falke ableiten, wie in Böhmen Sokolov von sokol, Falke.

Flenithi, Gau um Gandersheim, nach Grimm zu flen, jaculum, wo diese Waffen in Menge geschmiedet oder gefunden wurden, vgl. Ha- marithi, Gerithi.

Frimida, vermuthlich Dativ von Frimidi und zum Pflanzennamen pfrimmä, brimmä, spartium, genista.

Grrithi, Gerithi, j. Gehrde bei Osnabrück? Entweder zu gir, Geier oder vielleicht zu ger, Speer.

Grifethe, j. Grifte bei Cassel, Wohnstätte eines sagenhaften Greifen ?

Hamarithi, j. Hemert an der Waal und Hemmerde bei Hamm, von hamar. |

Hawide, Howide, Hewede marca, j. Haweda an der Diemel, ein heureicher Wohnsitz, vgl. Senik, Senozaty in Böhmen von seno, Heu.

Heside, jetzt Heisede bei Hildesheim, zu ags. höse, mittellat. heisa, Buschwerk, Gestrüpp; vgl. Förstemann, D. Ortsn. 56. In Böhmen wären die häufigen Ohrast (eines davon Geburtsort von Ludwig Aug. Frankl) und Chrastnice, Chrastnä u. s. w. zu vergleichen.

Honigede, j. Höngeda bei Langensalza (mit dem Umlaut, der sich mundartlich da und dort festgesetzt hat), von honec, honic, wie böhmisch Mednä von med.

Horwiden, j. Horwiden bei Fulda, zu horo, Sumpfboden, Koth. In Böhmen zwölfmal Kalist& mit gleicher Bedeutung; Miklosich Lex. 280: Kkaliste locus coenosus. (Orts- oder Bewohnername im Plural.)

Hramisitha, Hramasithi, Remesethe, j. Remsede bei Osnabrück, stelle ich nicht mit Förstemann D, ON. 74 zu sind, alts. sid, sondern

472 I. PETTERS

zu einem interessanten Pflanzennamen: nd. rämsche, rzmsen, r&msen (Schambach Wörterbuch von Göttingen und Grubenhagen 167), ags. (nach Schambach) hramsa, hramse; vgl. mit erweiterndem Suffix Ram- sern bei Frisch, 2, 85 c, Rämsere f. bei Stalder 2, 256, Ramser m. bei Schmeller 3, 92. Hieher auch die Ramsau in Oberbaiern? Sanders’ Wörterbuch belegt auch eine Form Remas.

Hucrithi, 1. Huckarde bei Dortmund, vermuthlich derselbe Ort wie in der Essener Heberolle bei Rieger, Altsächs. Lesebuch 52 Hu- krötha (für Hukretha, wie Heyne schreibt, And. Dkm. 62). Der Auf- schluß über den Namen liegt vielleicht in Hockerynuß, engl. hickery, Juglans alba (—Großoheim— Bechsteins Forstbotanik 1812, S. 1307).

Hupida, j. Hüpede bei Hannover, stelle ich zu hopfo, mnd. hoppe mit Huphem bei Düsseldorf, Huphinheim bei München (F. 806). In Böhmen Chmelist& von chmel, altslov. chm2li, Mikl. 1092.

Huwido ın Holland im Auslaut etwas bedenklich könnte wie das bei Förstemann davor stehende Huui und Huvenowa, j. Au- fenau bei Salmünster, vom Uhu benannt sein, ahd. hüwo und wohl auch üfo, s. Auf, strix bei Schmeller I, 31. Lexer 12. In Böhmen Vyrov von vyr, Uhu.

Ilisede, j. Isede bei Braunschweig, vermuthlich von der Else be- nannt, die alt ilisa, ilsa geheißen haben wird. Grimm hat im Wörter- buch 3, 417 Else für slavisch angesehen, möglich wäre ein Urzusam- menhang mit olcha, olicha, lith. elksnis. Hätten wir vielleicht in Illa, j. Ill, Nebenfl. des Rheins, Ilara, j. Iler, Nebenfl. der Donau, verwandte Namen? Bechstein gibt für Alnus glutinosa Namen mit a, e und o:

Alder, Elder, Older, Elten, Eller, Else.

Lemede, j. Lehmden bei Oldenburg , altsächs. l&mo, Lehm, vgl. böhmisch Hlinovistz von hlina.

Linnithe, j. Linde bei Braunschweig, mit Linna, Linne an der Maas, vielleicht auch wie Linthi (F. 924) von der Lenne, Acer pla- tanoides benannt, ahd. hlin (Weigand Wörterb. 2, 28), bei Bechstein auch Linn. Böhmische ON. Kleni, Klenove von klen, Lenne.

Metwid (F. 1020): wenn der Ort heute Medum (vgl. Koudum, alt Colwidum F. 1618) heißt, so kann ein genauer entsprechender Dat. plur. Medwidum angenommen werden, gebildet von mätu, m&do, ags. medu, Meth. In Böhmen ein entsprechendes (adjectiv.) Medna. Vgl. Förstemann Namenb. MIDU.

Oride, j. Oehrie (bei Hannover) mit der im Niederdeutschen ge- läufigen Unterdrückung von inlautendem d, gehört unsers Bedünkens

ZUR KUNDE ALTDEUTSCHER ORTSNAMEN. 473

mit Oronbeki, Orana (Orre, Nebenfluß des Kochers), mit Orla, j. Orla- münde an der Orla, zu den Namen für Acer pseudoplatanus (Bech- stein 396): Ohbre, Oehre, Ahre, Arle, Urle u. 8. w. Diefenbachs Gloss. 440 c gibt ohrrenbaum, aern, aern baum, arn holez. Süddeutsche Namen mit ahr-, ahren- werden hieher gehören können.

Palithi, Palathi, Palathe (mit einer ältern Gestalt des Suffixes oder Assimilation nach rückwärts?), auch mit Pol-, Phol-, Pfol-, jetzt Pölde bei Nordhausen, könnte seinen Namen von einem Pfahlwerk führen, wenn es auch nicht, wie Steckborn am Bodensee, alt Steche- boron, nach Förstemanns Vermuthung bei Kuln 16, 96, ein alter Pfahl- bau wäre.

Sneuithi, j. Schneen (mit der geläufigen Unterdrückung von d) bei Göttingen, deutet sich leicht als altes sn&withi aus sn&o. Ähnlich ist

Sturmithi, j. Störmede, nach meiner Ansicht nicht zu "Sturmarii’, Nachbarn der “Holtsati’, "Thiedmarsi’ (die nach Adam. Brem. Hist. eccl. c. 61 Sturmarii dieuntur, eo quod seditionibus illa gens frequenter agitur), sondern unmittelbar zu sturm, procella. Böhmisch Vötrnik von vitr, Sturmwind.

Sulithe, j. Söhlde bei Hildesheim, mit andern bei Förstemann Sp. 1325 f. aufgeführten Namen und oberhess. Sulborg bei Weigand 285 zu sol, Kothlache, volutabrum, dem sich bei uns weidmännisch Suhlung anschließt.

Sumeridi, j. Sömmerda oder Groß-Sömmern bei Weimar (durch Dreyse bekannt), ist wohl der Gegensatz zu obigem Sneuithi und böh- mischem Sn&öne (von snih, Schnee), der Ort, wo der Sommer länger dauert als anderswo.

Thurnithi, j. Dörenthe bei Münster und Dören bei Goslar, gehört wohl zweifellos zu thorn, spina. Gleiche collective Bedeutung hat böhmisch Trni; Trnovany, vgl. Thornethorum marchia F. 1388.

Wallithi, j. Welda bei Arolsen, entweder von wal, agger oder alts. wal, schroff abfallende Seite eines Felsens (anders deutet Weigand 267 Wallä, j. Wallau in Oberhessen).

Wegballithi, j. Wöbbel bei Detmold, mit weg- zur Unterscheidung nach Förstemann, D. Ortsn. 218 (vgl. Straß-Eberbach). Vgl. Balberge, Balinholz, vielleicht auch Bollaha, Bollana, was sich auf die Silber- pappel, Belle, Bolle, Bellbaum, beziehen ließe (anders Grimm Wörter- buch, 1, 1451 unter Belle).

Welmithe (F. 1495) kann von walm, Hitze, Gluth hergeleitet werden (böhmisch Parnik, ON., nach den Wörterbüchern = Dampfloch).

474 I. PETTERS, ZUR KUNDE ALTDEUTSCHER ORTSNAMEN.

Zuletzt mögen noch einige Ortsnamen erwähnt werden, die, wie mich bedünkt, bestimmt an Verba und Adjectiva sich anlehnen.

Helpithi, auch Helphedeburo, kann von helpan abzuleiten sein und einen Schutzort, vielleicht gerade der Burg wegen bedeuten. Bedenk- lich macht kaum der heutige Name Helfelde (auch Helfte und echt thüringisch Helfta, bei Eisleben), wobei vielleicht Feld ins Spiel gerathen ist. Kikthi nahe der Ocker (F. 874), kann einen "Schauhübel’ meinen, von kiken, nnl. kijken, schwed. kika; ähnliche Ortsnamen, auch mit humoristischem Anstrich, führt Förstemann D. Ortsn. 210 auf: Sieh auf, Kuckum, nnl. Kijkuit (in Hoffmanns Gloss. belg. 53: kijckwt specula), Sichdichfür, in einer pommerschen Urkunde von 1228: tres montes, qui circumspicite sive se thie umme nominantur (D. Orts- namen 297).

Zu Adjectiven stelle ich Lengithi, j. Lengden bei Göttingen, von lang, wie oberhessisches Langite, Langte bei Weigand 249. Gelegent- lich will ich auch bemerken, daß unser Suflix, das auf echtgothisch- niederdeutscher Lautstufe mit th auftritt, später im hochdeutschen Ge- biete über d zu t vorzurücken scheint; so stehen heutige schweizerische Formen: Astete, Abfeilete, Gitterete, Zeilete unsern Ortsnamen zur Seite oder geswistergit (ich denke, von einem Adj. geswistrig, vgl. bröpahans neben stainahs) neben geswistergide, geswisterde, geswistride, collectiv wie götide, geveterde u. s. w., s. Weinhold, Alem. Gramm. S. 213 und 209; ob die Dehnung von geswisteride, wie Müller ım Mhd. Wb. schreibt, alt oder jung und ob im erstern Falle gothischem avebi zur Seite stehendes ouwidi als ursprünglich anzusetzen ist, das Grimm Gramm. 2, 252 ‘organisch’ nennt (statt des belegten ouwiti, ewiti), mögen Kundigere in Erwägung ziehen. Ein zweiter ON. un- serer Form von einem Adjectivum ist Sorethe, j. Sürdt im Kreise Köln, das zu md. nd. sör, ags. seär, dürr, trocken, gehören wird und mit lateinisch calvitinm loci, pflanzenleerer Ort, zusammenzubalten ist.

Schließlich noch eine Frage. Könnte nicht das alte Suethidi bei Jornandes (Jordnand nach Stark, Kosenamen 1, 306), statt aus Svi- piod, goth. Svepiuda (Grimm GDS. 743, Zeuß 514), wie unsere Orts- namen mit Suffix -idi gedeutet werden? Finnedi bei Adam von Bremen würde dazu stimmen können. | I. PETTERS.

475

EINE CONJECTUR ZU WALTHER.

Zu den Stellen, welche nicht durch die Willkür und Phantasie der Schreiber, sondern durch ihre Unkenntniss und Rathlosigkeit ver- derbt und verdunkelt wurden, scheint mir der Eingang von Walthers Gredichte an Kaiser Otto zu gehören:

Nu sol der keiser höre fürbrechen durch sin &re des lantgräven missetät.

Was heißt dieses fürbrechen, welches beide Hss. (A u. C) ge- währen? Bei Lachmann (zu 105, 14) keine Erklärung. Simrock (Il, 35) übersetzt dem Sinne angemessen fürbrechen mit ‘verzeihen’; und dies ist auch in der 3. Ausgabe (1862) S. 243 beibehalten. Weiske dagegen übersetzt die Stelle: „Es muß den Kaiser zwingen Die Ehr, an’s Licht zu bringen Nun Landgraf Hermann’s Missethat.“ Dazu ist in der Anmerkung gesagt: „ob fürbrechen hier "verzeihen’ oder “an’s Licht bringen’... bedeutet, kann bei dem Mangel an Belegen nicht entschie- den werden.“ Im mhd. Wb. I, 242 ist für das Wort nur diese eine Stelle beigebracht und die Erklärung gegeben: ‘an das Licht bringen’. Pfeiffer sagt zu 156, 2: „fürbrechen bedeutet als trans. zum Vorschein, an’s Licht bringen; hier jedoch kann der Sinn des Wortes, wenn nicht Verderbniss vorliegt, nur sein: nachlassen, nachsehen.“

Die Erklärung des Wortes ‘an das Licht bringen scheint mir gesucht und gewagt; fürbrechen heißt nicht ‘verzeihen, nachlassen oder nachsehen’, ein solcher Sinn muß aber hier ausgedrückt stehen, also folgt, daß nicht Erklärung und Deutung, sondern daß das Wort für- brechen der Correctur bedarf.

Die Schreiber haben offenbar die ältere Vorlage, die sie nicht lesen und verstehen konnten, möglichst ireu nachgeschrieben, um keine Lücke zu lassen. Darum muß versucht werden, ob man jenem Ori- ginalworte nicht nachkommen kann. Ich habe auf manigfache Weise dies durch Nachmalen, Vertauschen von Buchstaben und dergleichen bekannte Mittel zu erreichen gesucht und habe schließlich auch ein Wort für fürbrechen gefunden, welches meiner festen Überzeugung nach die urkundliche Vorlage gewesen ist, und welches dem Sinn der Stelle, wie er namentlich von Simrock und dann von Pfeiffer präcisiert wurde, vollkommen entspricht. Dieses Wort ist vergezzen.

476 R. BECHSTEIN, EINE CONJECTUR ZU WALTHER.

Das Originallied muß in fortlaufenden Zeilen geschrieben gewesen sein. Am Ende der Zeile stand (= ver). Eine neue Zeile begann mit G. Wer in der älteren Schrift bekannt ist, weiß es, und wer nicht bekannt ist, kann es sehr leicht aus bereit liegenden Facsimiles lernen, daß das große @ sehr oft so aussieht, wie ein mit " (Ab- kürzungszeichen für r mit Vocal). Die alten 3 (2) sind bekanntlich sehr oft für A angesehen worden (8. Einl, zu Wigalois von Benecke 5. XXXIV). Es stand also | Geszen. Das wurde gelesen für | D’ehhen oder | b’ehhen, also vürbrehhen oder vürbrechhen : vürbrechen, fürbrechen. Diese Conjectur ist in diplomatischer Hinsicht nicht die allereinfachste, weil sie es mit zwei wichtigen Buchstabenveränderungen zu thun hat (die dritte ver und vür ist geringer), aber sie ist auch nicht weit her geholt und gekünstelt. Zwischen vergezzen und fürbringen scheint uns jetzt ein himmelweiter Unterschied zu liegen; einst waren sie zum Verwechseln ähnlich.

So sei also die Änderung vorgeschlagen:

Nu sol der keiser here vergezzen durch sin Ere des lantgräven missetät.

JENA, April 1867. R. BECHSTEIN.

MEINER SECHS!

Der Ausdruck hat schon oft zur Deutung gereizt. Man fasste das Wort unter Anderem als Euphemismus für „Meiner Seel I@, etwa wie man statt des Teufels den Deixel anruft, wie aus Gottes Blitz ein Potz Blitz, aus mort de Dieu ein morbleu, ans Sacrament, bairisch Sakra, ein Sachs’n wurde (Schmeller III, 193). Gar nicht übel war die Erklärung meines Freundes, des Pfarrers Eifert in Eningen unter Achalm: Diese Formel sei nichts als ein schlechter Witz, eine Mul- tiplication von „Meiner Treu!“, das wenigstens schwäbisch allerdings gleich „drei“ klingt. Die gewöhnlichste Deutung führt zurück auf das bekannte alte sahs, sachs = Messer, Schwert; meiner sechs bei meinem Schwert! Dieses Sachs als Femininum, meint der vorsichtige Schmeller (III, 196) wäre zur Erklärung freilich bequem und alter- thümlich genug. Zugleich verweist er auf das eben erwähnte Sachs’n. Schmid’s Schwäb. Wörterb. erwähnt des Ausdruckes nicht. Sanders’

ADOLF BACMEISTER, MEINER SECHS. 477

‘Wörterbuch vergleicht das englische by the elevens! Heyses Hand- wörterbuch zieht, jedoch mit Fragezeichen, gleichfalls das alte sachs bei. In Grimms Grammatik u. Gesch. d. deutsch. Spr. finde ich nichts über den Ausdruck. Zuletzt meines Wissens ist er behandelt worden von Hrn. Prof. Kern in dem Programm des Stuttgarter Gymnasiums vom Jahr 1858. Auch Hr. Kern geht in seinen „Etymologischen Ver- suchen“, die wohl besser Spielereien hießen, auf das sächsische sachs zurück.

Diese und jede andere Erklärung muß wohl fortan zurückstehen vor derjenigen, welche mir Hr, Archivdirector v. Kausler in Stuttgart brieflich mittheilt. Sie ergibt sich aus folgenden zwei Stellen.

In einer Urkunde des Klosters Adelberg, a. 1236, erhärtet der Abt desselben „septima manu“ eine vor dreißig Jahren an sein Kloster gemachte Güterschenkung, die von den Erben des Schenkers ange- fochten wird, und die sechs Eidhelfer, die mit ihm schworen, sind namentlich aufgeführt.

Eine zweite Urkunde vom Jahr 1275 sagt: ... Heinricus (Ben- zelin de Ippensheim) manu septima, quemadmodum per scabinos et alios viros discretos qui aderant, diffinitive sententiatum extitis, jura- mentis corporalibus prestitis obtinuit et evicit, nec se, nec uxorem, nec parvos suos ad fratres de Sawnsheim ullo proprietatis titulo per- tinere vel umquam aliquo modo pertinuisse .... Acta sunt in curia nostra (Herbipolensi).

Im Tübinger Stadtrecht von 1388 findet sich folgende Stelle (letzter Artikel):

Item alz wir ez gehort haben von vnsern vordern daz dez frön- ackers recht sy|daz er gefryet sy von küngen vnd von kaysern, allso, wer ainen bring her von den vier straufßen, welchü daz sy vns stellet. In vff den acker mag der Sechs zu Im gehaben, daz er selb sibend ist, die im helffend sweren zu den hailigen daß Er Im vnd dem Land δίῃ schädlich man sy so sol man In töten.

Das also ist, wie Jedermann sieht, der alte Rechtsbrauch der Besiebenung, zu dem ich noch Folgendes beibringe. Grimm, Rechts- alterth. II. Ausg. S. 862 sagt: der beweisführende stellt 21 mann zur schranne und nimmt daraus 6, daz sein hant selbsibent stunt, a. 1436. Ferner vergleiche man Mhd. Wb. unter siben, Grimm Wb. I, 1621 und Schmeller III, 186, welch’ letzterer aus einer Würzburger Ver- ordnung von 1753 anführt: „Die Gemeind-Sibner eines Orts versteinen und marken die Güter ab“; ferner: „Der Sibnergang, jährliche Be- sichtigung sämmtlicher Marken einer Flur durch die Sibener.*“ Einen

478 F. PFEIFFER, EIN ZEUGNISS FÜR R. v. EMS.

übersiebenen, d. h. ihn mit sieben Zeugen überweisen. So noch in einem Gedichte Freiligraths:

Mit deinen Eideshelfern „Berg“ und „Fluß“

Tritt (o Westfalen) vor den Richter der dich richten muß

Und übersiebne deiner Feinde Rügen.

Wie sodann wiederum Hr. v. Kausler mittheilt, bildete die Be- siebenung noch im 17. Jahrh. einen wesentlichen Bestandtheil des Criminalverfabrens. Ein Angeklagter, der in Folge der Tortur ein Verbrechen gestanden, mußte dieses Geständniss nach 24 Stunden feierlich vor einer Anzahl Zeugen wiederholen. Dieser Act hieß die Besiebenung. (Gutachten der Juristenfacultät in Tübingen über die Manuduction in peinlichen Sachen, vom 18. Juli 1621).

Meiner Sechs! ist also die Kürzung der Schwurformel: Ich als siebenter meiner sechs Eideshelfer schwöre; ich. schwöre selbsiebent. Ganz richtig; von sieben, die zusammenstehen, kann jeder Einzelne sagen: wir sind unser sieben; es kann aber auch Jeder sagen: ich bin meiner sechs. (Am klarsten tritt diese Theilung mehrerer Personen hervor in dem Ausdruck „selbander“.) Durch letzteres bezeichnet er sich als die Hauptperson, die andern als Helfer und das waren sie ja auch nach ursprünglichem Rechtsbrauch.

Zum Schlusse habe ich nur noch einmal ausdrücklich festzustellen, daß das etwaige Verdienst dieser Mittheilung nicht mir, sondern Hrn. Eduard v. Kausler gebührt.

AUGSBURG, Juni 1867. ADOLF BACMEISTER,

EIN ZEUGNISS FÜR RUDOLF VON EMS,

In den uns erhaltenen Werken hat sich dieser Dichter, sei es in Akrostichen oder sonst, stets nur mit seinem Vornamen genannt, außer dem einmal, im Wilhelm, noch als einen Dienstmann zu Montfort be- zeichnet. Seinen Geschlechtsnamen dagegen hat er uns verschwiegen und wir kennen ihn bis dahin bloß durch den ersten F'ortsetzer seiner Weltchronik. Daher konnte Lachmann vor nun bald vierzig Jahren in der Auswahl S. IV. wohl mit einigem Rechte sagen; „Rudolfen von Ems hat niemand als sein Fortsetzer und er selbst genannt.“ Dies ist nun aber nicht mehr richtig. Im Wilhelm von Österreich (Heidelb. Handschr. 143. Bl. 885) findet sich folgende Stelle, worauf mich vor Jahren Holtzmann aufmerksam machte:

LITTERATUR. 479

In tiutscher spräch wart mir bekant

nie ritterlicher tihten,

und kund’ ich berihien

86 wol von turnierens spil

als von Ems Ruodolf, der vil 5 hät getihtet diz und genz

in Willehalm von Orlens :

döch gib ich den willen dar,

swie min sin ist kunste bar.

Dieses Zeugniss kann hier um so weniger überraschen, als Jo- hannes von Würzburg Rudolfs Wilhelm, das beliebteste seiner Ge- dichte, offenbar nachgeahmt hat. In der hiesigen, allerdings defecten Hs. habe ich die Stelle vergebens gesucht; ob sie in den übrigen vor- kommt, weiß ich nicht, in der Haager kaum.

WIEN, December 1867. FRANZ PFEIFFER,

LITTERATUR,

Krökarefssaga, Gunnarssaga Keldlughüpsfifls og Ölkofra pättr. Kaupmanna- höfn, Prentad & kostnad Päls Sveinssonar. 1866. (VIII u. 76 SS. 8°.)

Herr Päll Sveinsson, ein aus Island gebürtiger, aber in Kopenhagen wohn- hafter Buchbinder, hat sich bereits vielfach durch die Herausgabe kleinerer isländischer Werke verdient gemacht, wie er denn überhaupt den Mangel eines isländischen Buchhändlers in Kopenhagen nach Kräften zu ersetzen sich bestrebt, und zumal auch allen Liebhabern neuerer isländischer Werke zur Besorgung von solchen von mir auf Grund eigener Erfahrung bestens empfohlen werden kann. Unter den von ihm herausgegebenen Büchern enthalten freilich manche bloße Übersetzungen ausländischer Werke, wie etwa der Stummen Liebe von Mus»us und der Undine von de la Motte Fouque, dem Pilgrim of love Wash- ington Irving’s, oder der Tausend und eine Nacht; andere bringen Gedichte neuerer und neuester isländischer Dichter, wie denn z. B. unter dem Titel „Svava“ eine Sammlung von Gedichten der noch lebenden Poeten Benedikt Gröndal, Gisli Brynjülfsson und Steingrimur porsteinsson (1860), und schon früher eine Sammlung von Gedichten aus dem vorigen Jahrhunderte gegeben wurde (Nockur gaman-kvzdi orkt af ymsum skäldum 18. du öld, 1832), welche unter Anderm die vortrefflliche „Skipafregn“ des im Jahre 1777 ver- storbenen Arni Bödvarsson enthält, oder die „Rimur af porsteini uxafsti“ eben dieses Dichters selbständig erschienen (1858). Aber auch den Druck einiger älterer Sagen haben wir demselben Manne zu verdanken, und dieser Theil seiner

2 y ritterliches. 3 ich dich, 4 von ams. 7 Wildahelm.

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Publicationen ist es, welcher für den ausländischen Leser jedenfalls das meiste Interesse hat. Zuerst erschien die Bragda-Mägus saga med tilheyrandi pätt- um (1858, IV u. 180 8S. 8°); dann die Konräds saga keisarasonar, er för til Ormalands (1859, 46 SS. 8°). Die Textesrecension beider Sagen hat der im Jahre 1861 verstorbene Gunnlaugur pördarson besorgt, derselbe Mann also, welcher auch die Vopnfirdingasaga sammt den an sie sich anschließenden kleineren Stücken, die Grettissaga und die Hävardarsaga Isfirdings für die Nordiske Oldskrifter besorgt, und die pjalar Jönssaga selbständig herausgegeben hat. Beide Sagen gehören zu den willkürlich erdichteten, und beiden liegen ausländische Stoffe zu Grunde; ihr litterargeschichtlicher Werth ist auch was die Art der Darstellung betrifft kein sehr erheblicher, wiewohl die Konrääs saga wenigstens auf eine ziemlich frühe Entstehungszeit zurückgeführt werden muß, da sie bereits in Hss. sich findet, die bis in den Anfang des 14. Jahrh. hinaufreichen (vgl. Arwidsson, Förteckning öfver Κρ]. Bibliothekets i Stockholm Isländska Handskrifter, S. 12—13, 17—18 u. 18—20). Größere Bedeutung dürfen dagegen die nunmehr erschienenen drei Sagen beanspruchen, da sie, wenn auch nicht zu den völlig verlässigen gehörig, doch immerhin wenigstens nationale Stoffe in nationaler Weise behandeln, und auch sonst wenigstens zum Theil nicht ohne allen Werth in geschichtlicher Beziehung sind; ihre Heraus- gabe ist dabei auch insoferne eine dankenswerthe, als die Krökarefssaga bisher nur in den „Ägjztar fornmannasögur“, und der Ölkofrap. nur in „Nockrir marg- frödir sögupzttur Islendinga* gedruckt war, also in zwei von Björn Markuüsson zu Hölar im Jahre 1756 herausgegebenen Sammlungen, welche beide bereits sehr selten geworden sind, der Gunnarsp. aber bisher überhaupt noch nicht ediert worden war. Eine Besprechung ®derselben mag hiernach immerhin für manchen Leser dieser Blätter nicht ohne Interesse sein.

Wer für den Herausgeber die Textesrecensionen bearbeitet hat, wird uns nicht mitgetheilt; die Art aber, wie der Bearbeiter seine Aufgabe gelöst hat, ist, soviel ich zu beurtheilen vermag, zwar nicht ausgezeichnet, aber doch ganz leidlich, und jedenfalls ungleich besser zu nennen, als das bei der Herausgabe der Bragdamägus- und Konräädssaga beobachtete Verfahren. Am Besten ist bei ihm der Ölkofra pättr gefahren, denn es erscheint dieser nach einer vor- treffllichen Membrane gedruckt, welche, als AM. 132, fol. bezeichnet, bereits zu Anfang des 14. Jahrh. geschrieben ist, und vielfach, wenn auch mit Unrecht, unter dem Namen der Kälfalekjarbök angeführt wird (vgl. hinsichtlich dieses Irrthumes, was Gudbrandur Vigfüsson in der Vorrede zu den Fornsögur, 5. IX, anführt). Die kleine Erzählung verdient auch den Vorzug, welcher ihr zu Theil geworden, denn unter allen drei Sagen ist sie unzweifelhaft die werthvollste, wenn auch die kleinste (S. 67—75). Allerdings kann dieselbe, worauf bereits Gudbrandur Vigfüsson aufmerksam gemacht hat (Safn til sögulslands, Ι,8. 489 ---90), als streng geschichtlich nicht gelten. Chronologische Gründe schließen die Mög- lichkeit aus, daß die sechs Häuptlinge, welche als die Gegner des Ölkofri ge- nannt werden, in der betreffenden Zeit sämmtlich gelebt haben können, und überdies ist kaum glaublich, daß der arme Schlucker bei zwei ostländischen Häuptlingen gegen sechs der mächtigsten Ihresgleichen Schutz gefunden, und daß er mit solcher Hülfe ihrer aller sich erfolgreich erwehrt haben sollte; zudem ist auffällig, wie nahe sich die ganze Anlage der Sage mit der der Bandamanns- saga, und wie nahe sich die Schimpfreden, ıit denen sie den Ikeggbroddi die

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sechs Häuptlinge, und dann noch speciell den Gudmundur riki überhäüfen lässt, auch wieder mit den spöttischen Worten berühren, welche die Njäla, cap. 120— 21, den Skarphedinn sprechen lässt. Aber andererseits ist die Darstellung der Sage eine ganz vortreffliche; es fehlt nicht an seltenen Worten und alten Wort- beugungen in derselben, welche in späteren Quellen vermieden zu werden pflegen (vgl. z. B. die Formen vilda, vera, n»da, neitada, statt vildi u. 8. w., 8. 70; die Worte veifiskati, S. 67, klengisök, S. 69; die Form bazt, S. 70); der Ver- fasser zeigt genaue Kenntniss nicht nur der Örtlichkeiten,, sondern auch der verwandtschaftlichen Verhältnisse unter den Personen, die er bespricht, und muß noch von vielen Vorgängen aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrh. Bescheid gewusst haben, deren Erinnerung längst spurlos erloschen ist; endlich beherrscht derselbe auch noch genäu die Rechtsformen der älteren Zeit, und höchstens ein einziges Mal ist die von ihm gebrauchte Terminologie, wie es scheint, eine nicht völlig correcte. Für den durch Handschlag bestärkten Vertragsabschluß nämlich braucht er, Κ΄. 71, mehrmals die Bezeichnung handlag; in der Grau- gans dagegen gelten dafür die Ausdrücke handsöl oder handfesti als technisch, und in der Eyrbyggja, cap. 27, S. 45, hat Gudbrandur mit vollem Rechte die Lesart til handsala des Cod. Guelferb. der Lesart til handlaga der Vatnshyrna vorgezogen. In die Sturlünga, IX, cap. 25, S. 233, mag das Wort aus der norwegischen Rechtssprache herüber gekommen sein, welcher die Formen handlag und handalag sogut wie handaband, handatak, handartak u. dgl. geläufig sind. Schließen schon diese Gründe die Annahme einer späteren Entstehungszeit der Sage aus, so lässt auch der Umstand auf ihre frühere Abfassung schließen, daß mehrfache Schreibfehler in AM. 132 die Hs. als eine bloße Copie eines älteren Originales erkennen lassen; so auf ὃ. 68 die Worte: slikt sendi, wo doch wohl geschrieben stand slik sendibod, oder etwas Ähnliches, dann das Fehlen :der Worte: pess vän, und wieder: svarar, deren durchschossener Druck doch nur ihr Fehlen in der Hs. andeuten kann, da die ältere Ausgabe solche hat. Dem Ende des 13. Jahrh. dürfte die Sage also angehören, und es ist sicherlich auffällig, daß auch die Njäla und die Bandamannasaga, mit welchen sich dieselbe wie bemerkt berührt, und mit welchen sie zumal die Vorliebe für die Erzählung von Rechtshändeln theilt, um dieselbe Zeit entstanden sind. Bezüglich der Njäla, welche, cap. 25, 8. 38, den im Jahre 1245 verstorbenen Kolbeinn üngi nennt, lässt schon die Art, wie solche juristische Formelsammlungen be- nützt und dabei hin und wieder deren alterthümliche Redewendungen missver- steht (vgl. meinen Aufsatz über die Grägäs, in der Allgemeinen Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, Section I, Bd. LXXVII, S. 43, Anm. 80, u. 5. 67), der öftere Gebrauch des Titels lögmadur u. dgl. m., im Zusammenhalte mit der anderen Thatsache, daß einzelne Hss. derselben bereits in die ersten Jahre des 14., oder selbst in die letzten Jahre des 13. Jahrh. hinaufreichen, über solche Entstehungszeit keinen Zweifel; bezüglich der Bandamannasaga aber hat zwar Gudbrandur Vigfüsson (in den Ny felagsrit, Bd. XVIU, S. 158) ein weit höheres Alter behauptet, indessen wie es scheint ohne genügenden Grund. Er beruft sich darauf, daß am Schluße der Sage gesagt wird, von Oddur Öfeigsson stamme Snorri Kälfsson sammt dem ganzen Geschlechte der Midfirdingar ab, und meint, da Snorri Kälfsson & Mel im Jahre 1173 (soll heißen 1175) gestorben sei, werde die Sage wohl kurz nach seinem Tode und zu Lebzeiten seines Sohnes Kälfur Snorrason, der im Jahre 1198 gestorben sei, geschrieben sein; allein,

GERMANIA XII. 3]

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wenn zwar diese beiden Daten durch die isländischen Annalen, dann die Gud- mundar biskups saga, cap. 7, 8.419, und die Päls biskups saga , cap. 20, 8. 147, allerdings festgestellt erscheinen, so folgt aus ihnen doch keineswegs das obige Ergebniss. Einmal nämlich ist aus der Sturlünga, II, cap. 6, S. 52 zu ersehen, daß jener im Jahre 1198 verstorbene Kälfur Snorrason wieder einen Sohn Namens Snorri hatte, und da dieses letzteren älterer Bruder, Vigfüs Kälfs- son, nach V, cap. 21, 8. 145—-6 und den Annalen im Jahre 1233 als ein, wie es scheint, noch ziemlich junger Mann erschlagen wurde, kann der jüngere Bruder recht wohl bis tief in die zweite Hälfte des 13. Jahrh. herein gelebt baben; warum sollte nun dieser jüngere Snorri Kälfsson nicht ebenso gut wie sein Großvater in jener Sage gemeint sein können? Sodann aber lässt die Wort- fassung jener Angabe auch keineswegs erkennen, ob der genannte Snorri gerade als kurz verstorben zu denken sei; daß aber aus der Haltung der Darstellung der Sage sowohl als auch aus mancherlei Bedenklichkeiten in deren Inhalt sehr bestimmte Gegengründe gegen eine so frühe Entstehungszeit hergeleitet werden können, liegt auf der Hand, und ist auch von Gudbrand anderwärts anerkannt worden (Safn, I, 8. 491). Mir will scheinen, daß man auf Island in der Zeit, da über die Annahme der Järnsfda (1271—73) und der Jönsbök (1280—81), dann über so mancherlei Veränderungen an dem letzteren Gesetzbuche (1294, 1305, 1314) verhandelt wurde, auch dem älteren Rechte wieder erneute Auf- merksamkeit schenkte, und daß von hier aus jene etwas affectiert juristische Richtung in die Sagenschreibung kam, von welcher die drei genannten Quellen Zeugnisse geben, welche indessen in unserem Olkofra p. fast mit einem gewissen Humore behandelt und verspottet scheinen möchte.

Die Krökarefssaga, welche die ganze erste Hälfte des Bändchens ein- nimmt (8. 1—37), ist wesentlich nach derselben Hs. gedruckt, welche Jön Sigurdsson seiner Ausgabe der Kjalnesingasaga zu Grunde gelegt hatte; die als AM. 471, in bezeichnete Membrane ist nach des letzteren Urtheil erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. geschrieben (vgl. Islendinga sögur, Bd. II, 1847, 8. XLVIII), und wurde neben derselben für unseren Sagentext nur noch ein Membranfragment, AM. 586, in 4°, sowie an einigen wenigen Stellen eine Papierhs., AM. 554, h, ß, benützt, welche von der Hand des sera Ketill Jör- undarson zu Hvammur (} 1670) geschrieben ist. Hier nun lassen die dürftigen Angaben des Herausgebers über die für die Sage benützten Hülfsmit el einem nicht unerheblichen Zweifel Raum. Es darf nämlich als durch Guäbrfands Aus- führungen erwiesen betrachtet werden (vgl. dessen Vorrede zu seiner Ausgabe der Bärdar saga Snefellsäss u. 8. w., ὃ. IX— XI, und zu den Fornsögur, S. xIV—XVII), daß die Krökarefssaga in jener großen Sammelhs. mit ent- halten war, welche, als Vatnshornsbök oder Vatnshyrna bezeichnet und um das Jahr 1400 herum geschrieben, ihrer größeren Hälfte nach mit der Bibliotheca Reseniana, zu welcher diese gehörte, in dem großen Kopenhagener Brande des Jahres 1728 zu Grunde gegangen ist. Sicherlich wäre es von Interesse zu wissen, wie sich die für die Ausgabe benützten Texte zu der Recension der Sage ver- halten, welche diese verlorene Hs., die älteste unter den bekannten, enthalten hatte; diese Frage aber hat der neueste Bearbeiter der Sage sich, wie es scheint, nicht einmal aufgeworfen. Ohne eigene Einsicht in die Hess. lässt sich dieselbe natürlich nicht mit: Sicherheit beantworten; aber doch mag eine Vermuthung gewagt werden, welche diejenigen, welchen der Zutritt zu jenen freisteht, zu

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weiteren Nachforschungen veranlassen könnte. Arngrimur lardi citiert in seiner Crymogza, 9. 62 (verdruckt 512) zwei Stellen der Kjalnesingasaga (cap. 2, S. 402—4) auf den Namen der Vatnshyrna, welche auch diese Sage enthalten hatte; die Wortfassung aber dieser seiner Citate stimmt nicht mit AM. 471, vielmehr mit zwei anderen Hss. überein, welche von Jön Sigurässon als B, 1 und 2 bezeichnet werden, und die eine dieser Hss., AM. 504, in 4°, ist eben- falls von sera Ketill Jörundarson geschrieben. Man kann hiernach vermuthen, daß auch hinsichtlich der Krökarefssaga AM. 471 nicht, oder doch nicht un- mittelbar die Recension der Vatnshyrna wiedergeben werde, daß dagegen sera Ketils Abschrift auch hier aus dieser letzteren Quelle stammen möge, und es wird diese Vermuthung um so wahrscheinlicher, wenn wir beachten, daß von seiner Hand genommene Abschriften von fast allen Sagen vorhanden sind oder doch vorhanden waren, welche der in Resens Bibliothek gelangte Theil der Vatns- hyrna enthalten hatte, nämlich von der Flöamannasaga (AM. 516, in 4°; vgl. Fornsögur, 5. XXII), Laxdsla (AM. 435, in 4°, jetzt verloren; vgl. S.XIV— XV, ebenda), Hznsapörissaga (AM. 534, a, a, in 4°, jetzt verloren; vgl. Islendinga. sögur, I, 8. XV) und Eyrbyggja (AM. 442, in 4°; vgl. Guäbrands Ausgabe, 5. XXVI), sodaß, wenn wir noch die Kjalnesinga und Krökarefssaga hinzurechnen, die einzige Vatnsd&la ohne solche nachweisbare Abschrift bleibt. Daß sera Ketill den Theil der Membrane, der später an Resen kam, zur Hand gehabt und seinem vollen Umfange nach abgeschrieben hat, darf hiernach wohl angenommen werden; hat es aber hiermit seine Richtigkeit, so liegt auch noch die weitere Frage nahe, ob ein Membranfragment aus dem 15. Jahrh., welches in der kö- niglichen Bibliothek zu Stockholm unter Nr. 8, in 4°, aufbewahrt wird, und welches nach Arwidsson’s Verzeichniss, S. 20—21, mit AM. 471, übereinstimmen soll, nicht vielleicht doch der Vatnshyrna näher stehe, und ob nieht mit Hülfe dieses Fragmentes und sera Ketills Copie eine bessere und ältere Recension der Sage sich hätte geben lassen, als welche uns nunmehr geboten wird. Wende ich mich aber zum Inhalte der Sage, so scheint mir soviel gewiss, daß dieselbe ein frei erdichtetes Abenteuer ohne irgend welche geschichtliche Grund- lage ist. Schon Arngrimur Jönsson hat sie, offenbar aus diesem Grunde, in seiner noch ungedruckten Gronlandia für kaum lesenswerth erklärt (siehe das Excerpt aus seiner Schrift bei Torf&us, Gronlandia antiqua, cap. 25, 5. 193), und pormödur Torfason hat sodann ihre durchaus ungeschichtliche Natur aus- führlich dargethan (Series Dynastarum et Regum Daniz, 85. 25—28, und Gron- landia antiqua, cap. 25, S. 206—12); nicht nur P. E. Müller (Sagabibliothek, I, 8. 358—-59), sondern auch Finnur Magnüsson, der sonst keineswegs über- trieben kritisch ist, hat sich diesem Urtheile angeschlossen (Grönlands historigke Mindesmarker, III, 8. 526—27), und wenn zwar Einarr Eyjülfsson in einer zu Skälholt, 1688 erschienenen isländischen Übersetzung der Gronlandia Arn- grims Ausspruch in einer Weise verändert wiedergibt, die seine Nichtüberein- stimmung mit dessen Urtheil zu erkennen gibt (cap. 7, S. 26), Bischof Finnur Jönsson der Sage wenigstens einen historischen Kern zu vindicieren sucht, der nur freilich so übertrieben ausgeschmückt sei, daß man kaum die Hälfte des Erzählten zu glauben vermöge (Historia Islandix ecelesiastica, IV, Praf., Fol. a, in fine), und sogar Gudbrandur Vigfüsson noch in ganz ähnlichem Sinne sich äussert (Safn, I, 3. 196), so kann ich doch nicht umhin, mich unbedingt für jene erstere Ansicht zu erklären. Darin zwar hat Torf&zus meines Erachtens

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Unrecht, daß er meint, die Worte „üti & Islandi“ in den Eingangsworten der Sage seien darauf berechnet, den Leser glauben zu machen, daß diese außer- halb Islands geschrieben, und somit gerade jener Bericht über Refs Schicksal sei, welchen Gestur bei dessen Abreise aus Island ihn seinerzeit schreiben zu lassen gebeten haben soll (3. 13); es kann ja nicht bezweifelt werden, daß ganz ebenso wie die isländischen Benennungen der Winde bis auf den heutigen Tag herunter von der Lage der norwegischen Küste, nicht Islands selbst hergenommen sind, auch die Ausdrücke üt, ἀπ, ütan auf die Insel stets in dem Sinne angewendet wurden und werden, daß sie als das Nebenland, Norwegen aber als das Haupt- land gilt. Ebensowenig kann ich zugeben, daß bei den Räthselreden Refs und ihrer Deutung durch K. Harald (S. 31—33) eine Verkennung der Gleichheit von Sprache und Sitte in Norwegen und Island zu Grunde liege, die einem älteren Verfasser nicht zugemuthet werden dürfe. Es sind nur die Ausdrücke mysa, feldur und ad vädvirkja, welche als specifisch isländische bezeichnet werden; ich wüsste aber nicht, was der Annahme im Wege stehen könnte, daß sie wirk- lich dem isländischen Dialekte eigen gewesen seien, da ja der Gebrauch der- selben Worte in etwas verändertem Sinne, oder des einfachen Wortes τάδ im Gegensatze zu jener Zusammensetzung mit derselben ganz wohl vereinbar ist. Aber allerdings ist ein Ding der Unmöglichkeit, daß zur Zeit des Königs Häkon Adalsteinsföstri (F um 960) Refur bereits geboren, und doch noch unter der Regierung des Königs Haraldur hardradiı (1046—66) ein höchst streitbarer Mann gewesen sein sollte, der zu einer Verkleidung greifen mußte, um als ein alter Mann auftreten zu können (8. 3, vgl. mit 5. 19, 29 u. 35). Auch das ist unmöglich, daß Refur, nachdem er sich von Gestur Oddleifsson verabschiedet hatte, einen Winter in einem unbewohnten Winkel von Grönland gelegen, einen zweiten Winter bei Björn zu Hlidä zugebracht, und dann acht Winter auf demselben Hofe als dessen Besitzer gewohnt haben (8. 13—15; der im zweiten Winter seines Aufenthaltes in Grönland geborene Schn Steinn heißt demnach nach Ablauf jener acht weiteren Winter neunjährig, 5. 18), dann vier Winter über verschollen gewesen, nach einem weiteren Winter von Bärdur ent- deckt und vergebens angegriffen worden sein (S. 18 u. 20), und nach zwei wei- teren Wintern, deren einen Bärdur in Grönland, deren zweiten er in Norwegen zubrachte (8. 22, 23), Grönland verlassen haben und nach Norwegen gegangen sein soll; nur siebzehn Wiuter würden hiernach zwischen seiner Abreise aus Island und seiner Ankunft in Norwegen liegen, und könnte erstere, da er bei letzterer den K. Harald bereits als Alleinherrscher im Lande trifft, hiernach frühestens in das 1030 fallen, während wir doch aus der Laxdela, cap. 66, 5. 286, wissen, daß Gestur, mögen wir nun rechnen wie wir wollen, doch jeden- falls schon 15—24 Jahre früher verstorben war (vgl. Guäbrand Vigfüsson, im Safn, I, 8. 45054). Überhaupt ist die Art, wie der berühmte Gestur in die Sage verflochten wird, ganz im Geschmacke späterer Erdichtungen, und keine andere Quelle weiß von seiner Schwester porgerdur, die Refs Mutter gewesen sein soll ; keine andere Quelle kennt überhaupt den Namen Refs oder seines Vaters, obwohl am Schluße der Sage ausdrücklich bemerkt wird, daß pormödur Refsson nach Island zurückgekehrt sei und dort eine zahlreiche und angesehene Nachkommenschaft hinterlassen habe. Dazu kommen dann noch die materiell unglaublichsten Geschichtchen, z. B. daß Refur nach einer träg verlebteit Kind- heit mit einem Male im Stande sein soll, ein Seeschiff kunstgerecht zu bauen, ohne irgend einen anderen Behelf als ein kleines Modell, das als Kinderspiel-

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zeug gedient hatte, daß er sieben Jahre in den unbewohnten Theilen von Grönland gelebt und dort eine wunderbar kunstvolle Festung mit Wasser- leitungen u. dgl. gebaut haben soll, daß er neben einer Menge anderer Waaren fünf Eisbären und fünfzig Falken auf einem Schiffe nach Norwegen ' bringen und dann Schiff und Ladung hier vollkommen verborgen halten kann u. dgl. m. Alle diese Uıstände beweisen aber nicht nur unwidersprechlich den durchaus ungeschichtlichen Charakter der Sage, sondern sie mögen auch als Behelfe verwendet werden, wenn es gilt, deren Entstehungszeit festzustellen. Die schweren chronologischen Verstöße, die sich in derselben bemerkbar machen, konnten unmöglich in einer Zeit begangen werden, da man sich so eifrig mit der isländischen und norwegischen Geschichte beschäftigte, wie dieses im 13. Jahrh. auf Island der Fall war. Die höchst abenteuerliche Ausstaffieruug der Sage deutet auf eine Zeit bereits verdorbenen Geschmackes, und die bereits erwähnte, dem Gestur in den Mund gelegte Aufforderung an Ref, einen Bericht über die merkwürdige Reise schreiben zu lassen, die er eben antrete, trägt ebenfalls einen ganz und gar nicht alterthümlichen Charakter. Anderntheils verbietet die Thatsache , daß die Sage in der Vatnshyrna bereits enthalten war, ihre Ent- stehung über das Ende des 14. Jahrh. herabzurücken, und der Umstand, daß im Laufe dieses Jahrhunderts die Vorliebe für auswärtige Sagenstoffe auf Island bereits sehr überhand nahm, lässt sogar vermuthen, daß dieselbe schon in dessen erster Hälfte entstanden sein möge. Vielleicht lassen sich noch zwei weitere Umstände in der gleichen Richtung geltend machen. Am Schluße der Sage wird Erzbischof Absalon von Lund (+ 1200) als ein Nachkomme Refs erwähnt, ein Mann, von dem sonst die isländischen Sagen nur wenig Erwähnung thun, von welchem aber eine kleine Erzählung handelt, die unter dem Titel „Af ägirnd Absalons erkibiskups ok af einum bönda“ im Bd. XI der Fommanna sögur ge- druckt steht; da nun das letztere Stück ausdrücklich als auf Grund der Er- zählungen des Bischofs J6ön Haldörsson zu Skälholt (1322—-39) niederge- schrieben bezeichnet wird, mag sein, daß die Erinnerung an Absalon, welche sich in unserer Sage ausspricht, gerade durch den genannten Bischof wieder auf- gefrischt worden war. Die Erzählungen unserer Sage von der besonderen Kunst- fertigkeit Refs finden ferner in dem, was die pördar saga hredu von ihrem Helden berichtet, ihr einfacheres Seitenstück, welchem selbst wieder der Hreidars pättur porgrimssonar als Muster gedient haben möchte; da nun dieser letztere schon in die Morkinskinna, Hrokkinskinna und das neuere Hryggjarstykki aufgenommen, und somit jedenfalls bereits am Ende des 13. Jahrh. abgefasst ist, und da die erste Entstehung einer pördar saga hredu, wie ich an einem anderen Orte nach- weisen werde, mit ziemlicher Sicherheit dem Anfange des 14. Jahrh. zugewiesen werden darf, würde sich auch von dieser Seite her etwa das zweite Quartal oder die Mitte dieses Jahrh. als die muthmaßliche Entstehungszeit der Krökarefs- saga ergeben. Übrigens bietet diese Sage, obwohl nicht zu den geschicht- lichen gehörig, doch immerhin ein nicht unbedeutendes Interesse, und zwar in zweifacher Richtung. Einmal in lexicalischer Beziehung, soferne sie eine Reihe seltener Worte enthält; ich erwähne z. B. vittlingr ($. 6), wozu ich nur das bei Eirikur Jönsson ohne Beleg aufgeführte „mannvitull“ zu stellen weiß, Iydda (8. 7), welches Eirikur Jönsson nur als neuisländisch kennt, während Fritzner noch das zusammengesetzte „mannlydda“ aus der Elissaga nachweist, blegdur oder blegä (S. 24), ein Wort, das ich in keinem isländischen Lexicon nachzuweisen vermag, welches aber soviel als Zapfen, Stift, bedeuten muß,

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ferner die sonst seltenen Worte eyfit (S. 6), vindgul (8. 20) und gol (S. 27), und erwähne auch noch als einen rechtsgeschichtlich interessanten weiteren Beleg für den ursprünglichen Begriff des Wortes Mord die Wendung: „Narfa kemr i hug, at eigi mun räd at myrda manninn“ (8. 31), im Sinne von „es sei nicht räthlich, den begangenen Todtschlag zu verheimlichen, und dadurch in einen Mord zu verwandeln“. Zweitens aber lässt die Sage in materieller Beziehung eine genaue Bekanntschaft mit Grönland ersehen, und bietet dem- nach einen nicht zu verachtenden Beweis für die im 14. Jahrh. noch ganz lebendigen Handelsbeziehungen zu diesem Lande. Die Küsten des Landes mit ihren tiefen Föhrden und ausgedehnten Fernern, mit ihrem Buschwalde und ihrem guten Graswuchse, werden mit sicherer Hand gezeichnet, und auch des Reich- thums an Wild (ἃ. ἢ. wohl Hasen und Bennthieren) und Wasserthieren, dann an Treibholz, wird gedacht (8. 13); als Handelsartikel aber, die von dort ausge- führt wurden, nennt uns die Sage Walroßzähne und aus ihnen gearbeitete Kunstwerke, z. B. Bretspiele (tönn, tanntafl, tannvöru, 5. 19, 22, 25, 34), eine eigene Art von Stricken, die aus Walroßhaut u. dgl. bereitet waren (svörd, 8. 19, 25, 34, vgl. svardreip, 5. 29 u. 32), Leder- oder Pelzwaaren (skinna- vöru, 8. 25 u. 34), außerdem auch wohl Eisbären (8. 22 u. 34), Falken, zumal auch kostbare weiße (S. 84), und einmal figurirt gar als Geschenk ein reich geschnitzter und mit Gold eingelegter Schädel eines Walrosses, mit allen seinen Zähnen (8. 22).

Die Gunnars saga Keldugnüpsfifls (3.39—63) endlich ist auf Grund einer Papierhs. herausgegeben, welche, als AM. 156, fol. bezeichnet, von sera Jön Erlendsson zu Villingahelt (} 1672) geschrieben ist, und mit welcher nicht nur AM. 158, fol. nahezu wörtlich übereinstimmen soll, sondern von welcher auch AM. 552, 2, 555, F, und 560, B in nur wenig bedeutende Abwei- chungen bieten sollen; dagegen liege in AM. 554, I, ein von sera Ketill Jörund- arson geschriebener Text der Sage vor, welcher eine völlig andere Recension der Sage enthalte. Von dieser letzteren werden auf $. IV—VI der Vorrede ein paar größere Proben mitgetheilt, welche allerdings eine große Selbständigkeit dieser zweiten Becension beweisen; um so mehr ist es zu bedauern, daß nicht auch diese vollständig mitgetheilt worden ist. Membranen sollen übrigens weder von der einen noch von der andern Gestaltung der Sage existieren, und da auch Arwidsson’s Verzeichniss, S. 126, nur eine einzige, zwischen 1650 und 1671 geschriebene Hs. derselben anführt, reicht unser handschriftliches Material für sie nicht über die Mitte des 17. Jahrh. hinauf. Aber allerdings muß die Sage immerhin beträchtlich älter sein als unsere ältesten Hss. derselben. AM. 156 lässt wiederholt einzelne Buchstaben oder Worte aus, was doch wohl darauf schließen lässt, daß sie nach einem älteren, vielleicht .hin und wieder unleser- lich gewordenen Originale geschrieben ist (vgl. S. 50, 52, 53, 55, 61 die Be- merkungen des Herausgebers). Nicht minder deuten die Verschiedenheiten, welche zwischen dieser Hs. und AM. 554 bestehen, auf einen älteren Text hin, der beiden Recensionen, aber freilich wohl nur mittelbar, gleichmäßig zu Grunde lag. So nennt z. B. AM. 156 die Söhne porgrims zu Hörgsland Grimur und por- steinn, AM. 554 dagegen Jökull und Grimur (8. 41 und IV); aber im weiteren Verlaufe der Erzählung legt ihnen auch jene erstere Hs. die letzteren Namen bei (S. 43, 48 und 49). Ich aber besitze als Geschenk des gelehrten Propstes sera Benedikt Vigfüsson zu Hölar eine Abschrift der Sage, welche im Jahre 1800 geschrieben, dann aber mit einem weiteren Exemplare collationiert wurde,

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und auch sie nennt, ohne eine Variante zu notieren, die Namen Jökull und Grimur, obwohl die beiden für sie benützten Texte der Recension sera Jöns durchaus nahe stehen, und zumal die aus der Recension sera Ketils in der Vorrede unserer Ausgabe mitgetheilten Stellen nicht enthalten. Wiederum nennt AM. 156 die Söhne des Griss zu Hörgsdal Hrafn und Jökull, AM. 554, da- gegen Hrafn und Sigurdur (8. 41 und IV); hier aber weicht meine Hs. von beiden ab, indem sie die Namen Hrafn und porsteinn nennt, und ihre Angabe scheint fast die richtige zu sein. Von dem missglückten Angriffe auf Gunnar nämlich, welchen die porgrimssöhne und Grisssöhne unternehmen, lässt AM. 554 neben Jökull und Grimur auch den Griss und porsteinn zurückkommen (8. V, AM. 156, und ebenso meine Hs., lässt nur die porgrimssöhne heimkehren, $. 48); gemeint muß aber nach dem Zusammenhange doch wohl ein Sohn des Griss sein, und es ist demnach der Name Sigurdur in sera Ketills Hs. wohl nur ein Schreibfehler , während in der Hs. söra Jöns die zweiten Söhne porgrims und Griss ihre Namen einfach vertauscht haben. Ein bloßer Schreibfehler muß es ferner sein, wenn in AM. 156 Gunnarr sich dem Skrämur als zwölfjährig vor- stellt, während er doch kurz darauf achtzehn Jahre alt sein will (5. 54 u. 55—56); meine Hs. liest beidemale achtzehn Jahre, was aber in AM. 554 steht, weiß ich nicht anzugeben. Endlich lässt AM. 156 die Helga einmal auf eine früher von ihr mit Gunnarr getroffene Abrede Bezug nehmen ($. 50), und ein anderma den Gunnarr an seine alte Feindschaft mit Örn und pordis sich erinnern ($. 61) während doch weder von jener Abrede noch von dieser Feindschaft vorher irgendwie die Rede gewesen war; eine der aus AM. 554 mitgetheilten Stellen zeigt aber, daß in dieser Hs. wenigstens der Liebschaft Gunnarrs mit der Helga schon früher gedacht worden war (S. IV), und der Zusammenhang der ganzen Erzählung fordert, daß auch von jener Feindseligkeit früher schon in ihr ge- sprochen worden sei. AM. 156 stellt sich hiernach bei genauerer Betrachtung als eine spätere Abkürzung und Überarbeitung eines älteren weitläufigeren, und besser in sich zusammenhängenden Textes dar; diese Überarbeitung kann aber unmöglich dem sera Jön selber beigelegt werden, der nur als einer der fleißigsten und sorgsamsten Abschreiber von Sagen bekannt ist, und muß dem- nach das von ihm benützte Original selbst wieder aus einer älteren Quelle ab- geleitet gewesen sein. Aber doch sehe ich dafür keinen Grund ab, warum P. E. Müller (Sagabibl. I, 5. VU— VIII) die Sage zu den Erzählungen rechnet, von denen man ihrer Kürze wegen nicht zu bestimmen vermöge, ob sie älter seien als das 14. Jahrh., oder warum Finnur Magnüsson (Grönlands historiske Mindesmerker, Ill, S. 521) annehmen will, daß dieselbe bereits im 14. Jahrh. geschrieben sei; ich möchte vielmehr deren Entstehung nicht über das 15. Jahrh. hinaufsetzen, und zwar zum Theil aus denselben Gründen, welche sich für deren geschichtliche Unglaubwürdigkeit geltend machen lassen. Darauf zwar will ich keinen Werth legen, daß einmal die Form styrimann statt styrimadur gebraucht wird (S. 47); der Herausgeber hat bereits bemerkt, daß dieselbe schon in Has. aus dem Schluße des 14. Jahrh. sich finde, und bei Sveinbjörn Egilsson und Fritzner findet man wirklich frühe Belege für dieselbe... Bedenklich ist ferner der Ausdruck „ltr μά verda jardada eptir gömlum sid“ (5. 50), da sonst das Zeitwort ad jarda nur vom christlichen Begräbnisse gebraucht zu werden pflegt, wogegen man vom heidnischen ad heygja oder kasa sagt; ganz unerlaubt ist es vollends, wenn es ein andermal heißt: „var Gunnarr par forıneistari at“ (8. 51). Aber immerhin können beide Ausdrücke recht wohl erst durch einen

ἀ88 LITTERATUR,

späteren Überarbeiter oder Abschreiber in die Sage hereingekommen sein, und wirklich liest an der letzteren. Stelle meine Hs. ganz passend „forsmidur“. Mancherlei Unwahrscheinlichkeiten finden sich in der Sage. So ist z. B. durch nichts die Feindseligkeit motiviert, mit welcher Häkon jarl den Gunnarr behan- delt, der ihm doch auf der Welt nichts zu Leide gethan hat (S. 56— 57); eben- sowenig lässt sich erklären, warum Gunnarr und Helgi zwar zunächst gutwillig sich verstecken, um der Rache wegen des von dem ersteren im Ringkampfe getödteten Sclaven auszuweichen, dann aber, nachdem sie in ihrem Verstecke vergebens gesucht worden waren, ganz offen wieder auf ihren Hof zurück- kehren, um den so mächtigen und ihnen zugleich so nahe wohnenden porgrim durch eine neue Beleidigung noch schwerer zu reizen (8. 44—47). Auch das ist einigermaßen anstößig, daß der verwundete Gunnarr einmal im Wagen heim- geführt wird (S. 48); da indessen auch eine alte Hs. der Njäla, cap. 99, S. 153, und sogar die Grägäs, 8. 199, 8. 109, des Wagens erwähnt, so mag auch dies hingehen, so wenig auch auf Island mit Wägen voranzukommen, und so schwer zumal zu begreifen ist, wie ein Schwerverwundeter den Transport zu Wagen auf dortigen Wegen sollte überstehen können. Wiederum will es zu einer Zeit, da man auf Island noch vollkommen seetüchtig war, nur wenig passen, daß einmal das Loos darüber entscheiden soll, wer von den Schiffegenossen den Mast zu erklettern habe, um Ausschau zu halten (S. 50). Ganz und gar verstößt es aber gegen die Denk- und Gefühlsweise der älteren Zeit, daß unsere Sage den alten porgrim aus Kummer über seine gefallenen Söhne sterben lässt (85. 60), oder daß sie deren Schwester Helga unmittelbar nachdem Gunnarr ihr deren ganz unnöthige Tödtung angezeigt hat, diesem ewige Treue geloben und von ihm den herzbrechendsten Abschied nehmen lässt, ohne der erschlagenen Brüder auch nur mit einem Worte zu gedenken (S. 50); eine Zeit, in welcher die Blutrache als heilige Pflicht gilt, kann von solchen Sentimentalitäten denn doch keine Ahnung haben. Noch weit schlimmer aber ist, daß Gunnarr, nachdem er die borgrimssöhne ohne Beisein eines Zeugen erschlagen hat, sich heimlich davon- schleicht und außer Landes geht, so daß Niemand weiß, wer den Todtschlag begangen habe (S. 50). Durch solche Verheimlichung des Geschehenen wird nicht nur gegen die Sitte verstoßen, sondern auch gegen das Recht, welches die unverzügliche Bekanntgabe derartiger Gewaltthaten forderte, wenn sich nicht, wie oben schon gelegentlich bemerkt worden, der ehrliche Todtschlag in einen schandbaren Mord verwandeln sollte; sogar die Jönsbök sagt noch, Mannhelgi, cap. 10: „En ef hann Iysir eigi βνά vigi, er hann sannr mordingi, ok hefir fyrirgjört f& og fridi.“ Endlich ist auch zu beachten, daß weder von porgrimur zu Hörgsland, der doch ein mächtiger Häuptling gewesen sein soll, noch von porbjörn zu Keldugnüpur und der mächtigen Nachkommenschaft, welche dessen Sohn Gunnarr nach dem Schluße der Sage auf Island hinterlassen haben soll, in der Landnäma oder irgend einer andern Quelle eine Spur zu finden ist. Ebensowenig wird uns Griss im Hörgsdalur oder Geirr zu Geirsland anderwärts genannt, und wenn die Landnäma, IV, cap. 11, 8. 267, die Höfe zu Geirsland und Keldugnüpur nennt, so gibt sie ihnen ganz andere, unserer Sage unbe- kannte Bewohner; umgekehrt nennt sie zwar, IV, cap. 10, S. 265—64, die Geschwister Orn und pordis, aber sie gibt dem ersteren einen ganz anderen Wohnort als ensere Sage, und lässt zu Foss, wohin diese die pordis setzt, in ihrem cap. 11, 8. 265—66 ganz andere Leute wohnen. Aber noch mehr. por- grimur zu Hörgsland soll nach unserer Sage schon zu der Zeit, da Gunnarr

LITTERATUR, 489

geboren wurde, das „godord milli Jökulsar ok Lömagnüps“ innegehabt haben, und nach seinem Tode soll dasselbe auf Gunnarr übergegangen sein, als dieser die Helga porgrimsdöttir heirathete (S. 41 und 60); aber nicht nur wird uns nicht das Mindeste über das Geschlecht gesagt, dem jener angesehene Häupt- ling angehört haben soll, sondern wir können sogar zu allem Überfluße nach- weisen , daß für sein Godord in der betreffenden Zeit und Gegend gar kein Raum war. Als nämlich Gunnarr nach Norwegen kam, soll er achtzehn Jahre alt gewesen sein, und damals soll dort Häkon jarl Sig'rdarson regiert haben (S. 55—56); es mußte also Gunnarr, da Häkons Regierung frühestens im Jahre 962 begann und zweifellos im Jahre 995 endete, um die Mitte oder nach der Mitte des 10. Jahrh. geboren sein. Damals aber und in der nächst späteren Zeit waren die drei Godorde der Skaptafellssysla in der Hand der Freysgydlingar (Landnäma, IV, cap. 10, 8. 264—65), der Sidumenn, beziehungs- weise der Nachkommenschaft des Bödvarr hviti und des Hrollaugur Rögnvalds- son, welche in jenem Hause zusammenfloß (ebenda, cap. 7, S. 255—56, und cap. 9, S. 261—62), endlich des Leidölfur kappi und seines. Sohnes, Hröarr Tüngugodi (cap. 4, 8. 246—47, und cap. 11, S. 268). Der letztere zumal war nahe genug bei Hörgsland gesessen. und überdies sassen in dem nahen Kirkju- bzr auch noch die Nachkommen «ἰ.:: angesehenen Ketill enn fifleki, welche wohl nur darum kein Godord hatten, weil sie dem aus Irland herübergebrachten Christenglauben treu blieben (cap. 11, S. 266); wo sollte da noch für porgrims Godord ein Platz übrig sein? Zum Theil freilich sind diese bedenklichen Umstände der Art, daß sie einer späteren Überarbeitung sich in die Schuhe schieben lassen; zum Theil aber greifen sie doch allzu tief in die ganze Öko- nomie der Sage ein, als daß ein derartiger Ausweg für ihre Beseitigung zu- lässig erscheinen könnte. Dazu kommt aber noch, daß die Sage, wie dies be- reits P. E. Müller in seiner Sagabibl I, S. 352, bemerkt hat, ganz und gar nichts Charakteristisches enthält, vielmehr lauter Züge bietet, die sehr wohl anderen, älteren Sagen entlehnt sein können. Die Aufnahme des fremden Kauf- manns gegen das Verbot des Häuptlinges, dessen Waarentaxe derselbe sich nicht fügen will (5. 47), der Ringkampf mit dem unholdmäßigen blämadur (5. 57), die Heerfahrt und der Kampf mit den Vikingern (S. 58—59) sind aus älteren Sagen längst bekannte Geschichten; auch der Kampf mit dem Bären, welcher die menschliche Rede versteht (8. 51), ist möglicher Weise der Finnbogasaga ramma, cap. 11, S. 246—48, und cap. 17, S. 266, nachgeahmt, und die Fahrt nach dem Meerbusen Skuggi (S. 51) liess sich aus der Orvar-Oddssaga, cap. 21 und 22 (FAS., DL, S. 248 und 250) entnehmen, welche dessen Namen ebenfalls nennt; endlich die Begegnung mit den Unholdinnen Fäla und Gäla sammt ihrem ganzen Geschlechte findet ihr Seitenstück ebenfalls in zahlreichen älteren wie neueren isländischen Sagen, ja der Name Fäla wird geradezu als gemeine Bezeichnung für die Riesinnen überhaupt verwendet (Belegstellen siehe bei Sveinbjörn Egilsson und Fritzner, h. v.). Darf man nach allem Dem mit voller Bestimmtheit annehmen, daß die ganze Sage ohne allen geschichtlichen Werth sei, so kann doch wohl ebenso wenig bezweifelt werden, daß deren Entstehung nicht in eine Zeit fallen konnte, in welcher die geschichtliche Überlieferung noch so lebendig war, wie dies für das 14. Jahrh. immerhin noch angenommen werden τη. 9

Ich habe mich auf diese litterargeschichtlichen Fragen bezüglich aller

490 LITTERATUR.

dreier Sagen darum hier einlassen zu sollen geglaubt, weil deren Herausgeber, dessen Sache dies zunächst gewesen wäre, für deren Lösung gar nichts ge- than hat.

MÜNCHEN, KONRAD MAURER,

August Lübben, Reinke de Vos nach der ältesten Ausgabe (Lübek 1498). Mit Einleitung, Anmerkungen und einem Wörterbuche. Oldenburg, Stalling. 1867. XXII, 347 SS. 8.

Ein unläugbares Verdienst dieser neuen Ausgabe des Reinke besteht in der Mittheilung der prosaischen Glosse, welche Hoffmann bei seinen Ausgaben mit mehr poetischem als wissenschaftlichem Tacte bekanntlich weggelassen hatte. Allerdings ist sie herzlich ‚dürr und trocken, wie sich’s für einen echten 'scholemester unde tuchilerer' nicht anders geziemt, doch wieder in sprachlicher Beziehung wichtig und für die Geschichte der niederdeutschen Bearbeitung von Belang. Das erstere brauche ich wohl nicht erst zu erweisen, das zweite zeigt sich, da wir jetzt bequem die niederdeutsche Glosse mit dem Bruchstücke der holländischen vergleichen können. Dieses hat mit der bei dem entsprechenden Capitel des Reinke stehenden Glosse nichts gemein, es liegt somit die Annahme nahe, daß der Reinsert im Holländischen zu wiederholten Malen mit Glossen versehen wurde. Ein älterer derartiger Versuch läge uns in dem sog. Culeman’schen Bruchstücke vor, ein jüngerer bereits weitergehender mag die nächste Quelle des Reinke gewesen sein. Denn daß der letztere seinem Originale viel näher stehen muß, "als selbst der Brüssler Handschrift gegenüber der Fall ist, will mir wenigstens bei genauerer Beachtung und Erwägung immer wahrscheinlicher werden. Latendorf, welcher in dieser Zeitschrift 9, 451ff. den entgegengesetzten Beweis anzutreten sucht, hat sich auf einige wenige zu gering- fügige Fälle beschränkt, welchen kaum ein besonderes Gewicht zukommen dürfte. Diesen will ich einige Anhaltspunkte meiner Ansicht gegenüberstellen, eine weitere Ausführung derselben jedoch vor der Hand, als zu weit führend, bei Seite lassen.

Reinke bietet allerdings eine Reihe von Abweichungen von der Comburger und Brüssler Handschrift. Diese hätten bei einer solchen Übertragung den Zweck, zunächst die dem Niederdeutschen nicht entsprechenden Reime zu um- gehen (ähnlich wie es bei einigen Umdichtungen von Werken des XII. Jhd. geschieht), was insoferne hier nicht der Fall ist, als die geänderten Reime oft ohnehin dem Niederdeutschen vollkommene Genüge gethan hätten oder ander- seits an andern Stellen wieder stehen geblieben sind.

Dagegen finden sich an den geänderten Stellen oft gerade jene Reime, welche von den Herausgebern als specifisch niederländisch angegeben werden, wie etwa v. 207: werk: stark (gegen Comb. und Brüssl.)

Wollte man auch zugeben, der eine oder andere Reim sei aus dem Ori- ginale aus Versehen stehen geblieben (wobei jedoch stets das oftmalige Vor- kommen solcher Reime bedenklich ist), so ist doch unerhört, daß ein niederdeutscher Übersetzer selbst niederländische Reime gebraucht. Die niederdeutschen Thier- und Personennamen an Stelle der niederländisch-vlämischen zeugen kaum gegen mich, da sie dur äußerst selten ( Anegrunt : Losevunt 2730, wo der letzte Name noch dazu aus Reinaert, Gyremöt : stöt 5729 ; Quakelör : her 4626 mit Beibehaltung des zweiten Reimwortes u. a.) im Reime gebunden erscheinen.

LITTERATUR, 491

Speciell den Bemerkungen Latendorfs gegenüber will ich hier vor der Hand nur auf eine, doch wie mir scheint wichtige Stelle aufmerksam wnachen. Vers 81ff. lauten im Reinke: “her koninc, up dat gi Reinken sin unholt, so enis hir nemant junk noch olt, he vruchtet Reinken merdan ju. Lübben übersetzt: ‘darauf hin, daß ihr jetzt R. unhold seid, fürchtet niemand Reinke mehr (d. h. in größerm Maße) als euch, d. h. ihr seid jetzt gefürchteter als Reinke. Diese Übersetzung widerspricht allem, was wir von deutscher Syntax wissen. Hoffmann: “Mögt ihr auf R. noch so böse sein, jedermann fürchtet ihn mehr als euch. Diese Worte passen unmöglich, in den Zusammenhang. Ein Blick in den Reinaert macht alles klar. Hier steht ‘dor dat ghi Reinaerde sijt onhout, so en es hier jonc no out, hine hebbe te wroeghene jhegen uw. Der Fehler liegt also im Missverständniss von wroeghen, welches Wort sich jedoch an einer andern Stelle im Reinke findet: 5. 72. 2. 1. Wo Reinke openbar wroget unde besecht sinen egenen vader. Wie gesagt sind das, was ich gegeben, nicht viel mehr als Andeutungen, und unser Gedicht verdient nach diesen Be- ziehungen eine genauere Untersuchung.

Doch nun zum Buche selber, das, ich muß es leider gestehen, gegen die Ausgaben Hoffmanns keinen nennenswerthen Fortschritt bezeichnet. Äußerlich unterscheidet es sich wohl zunächst dadurch, daß Lübben den Buchstaben u und o den Umlaut nimmt, was er in der Einleitung zu begründen sucht. Doch scheint er hier zu weit zu gehen. Wo wie hier das Alter des Gedichtes auch nicht annähernd bestimmt werden kann, also der älteste vorhandene Druck des- selben allein maßgebend ist, ist es sehr bedenklich, in einem so gewichtigen Punkte sich ganz von ihm zu entfernen. Der Druck zeigt, daß zu Ende des 15. Jhd. der Umlaut von und u, dessen Eindringen wohl schon früher begann, schon eine bedeutende Ausdehnung gewonnen hat, denn die über o und u stehenden Pünktchen ganz zu ignorieren, ist meiner Ansicht nach ebenso gefehlt, wie ihnen jedesmal eine Bedeutung unterlegen zu wollen.

Das eine geht aus Lübbens Ausführungen hervor, daß Schwankungen in Bezug auf den Umlaut stattfinden. Doch wen wollte das Wunder nehmen? und wer wollte es wagen, wo die Sprache eine buntscheckige Färbung zeigt, eine Einförmigkeit herzustellen? Perioden solcher Schwankungen gibt es in allen Mundarten und zu den verschiedensten Zeiten, wo eben eine neue Lautentwicke- lung beginnt und die alte abstirbt. Wer sah noch nicht auf Bäumen neben grünem Laube herbstlichfalbes? So in der Sprache.

Eben so wenig richtig ist was Lübben s. IX, 7 in Bezug auf die Reime ouw : iuw, wie schouwen : riuwen, vrouwe : gelriuwe sagt, wo eine Nebenform vruwe (wenn sie sich auch im Drucke innerhalb des Verses hie und da findet) anzunehmen schon deshalb unnöthig ist, weil man dann auch eine Form schuwe annehmen müßte. Daß Lübben mit diesen Reimen gar nichts anzufangen weiß (wiewohl sie bekanntlich gar nichts Auffälliges haben), zeigt die geradezu wunder- liche Bemerkung, daß er in ihnen dieselbe Freiheit findet, die sich Wolfram von Eschenbach erlaubt, wenn er rüm : troum reimt.

Seite XI führt L. als Sprachfehler an: werdich des speigels unde kam (für kammes) : stam 4952). Hoffmann ebenso Κ. VIL. Das ist unrichtig, denn

1) So statt 4966. Der Irrtum in der Zahl erklärt sich bald, wenn man Hofim. 8. VII beachtet.

492 VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc. DER GERMANIA.

bei zwei mit und verbundenen Substantivis kann das erste oder zweite die Flexion abwerfen.

Für diesmal folgende Beispiele: in drei tagen und nacht (: pracht) Ottak. cap. 76. Da geböt he beide junk und olden Rein. 419. mit werchen und mit wort (: ze hart) Ottak. cap. 30.

Sonst habe ich über das Buch nichts zu bemerken, als daß Hoffmann zu oft benützt wird, ohne daß der Herausgeber dessen Namen nennt. Die Anmer- kungen sind oft geradezu aus ersterem.

Zum Schlusse habe ich mir vorbehalten, ein artiges Missverständniss zu berichten, das dieser Art zu arbeiten seine Entstehung verdankt. L. sagt X ende werde v. 4306 sächlich gebraucht. An der betreffenden Stelle steht jedoch einen ende. In Hoffmanns Einleitung zur zweiten Ausgabe steht dieselbe Bemer- kung, doch im Texte enen ende. Steigt man noch weiter hinauf zu Hoffınanns erster Auflage, so findet man in der Einleitung dieselbe Bemerkung, im Texte aber En ende. Hoffmann hatte bekanntlich bei seiner ersten Ausgabe den Wolf- schen Abdruck (1711) zu Grunde gelegt, bei der zweiten nach dem Original- drucke die Stelle gebessert, ohne die Note in der Einleitung zu berichtigen. Lübben, der sonst mit Hoffmann so wenig einverstanden ist, schenkt ihm bier volles Vertrauen und wird leider getäuscht. Ja so groß ist dieses Vertrauen, daß L. nicht einmal bemerkt hat, wie in dieser Zeitschrift 9, 452 die Stelle bei Hoffmann von Latendorf berichtigt ward.

Das ist keineswegs ein im Buche alleinstehender Fall, doch ich begnüge mich mit ihm: hoffentlich wird Lübben in Zukunft selbständiger arbeiten und Niemandem blindlings nachfolgen, wäre es auch ein Hoffmann von Fallersleben. Am allerwenigsten sollte er aber einen solchen Mann benützen, um sich das Zettelschreiben zu ersparen.

WIEN, Juli 1867. JOS. STROBL.

VERZEICHNISS

DER MITARBEITER UND DEREN BEITRÄGE IN DEN ERSTEN ZWÖLF JAHRGÄNGEN DER GERMANIA.

nn

Bachlechner, Joseph, München. + dichtes aus der Mitte des XII. Eomaer und Heming (Hamlac). I. II. Jahrh. XII, 90. I, 297. 455. 6. Bruchstücke aus Wigands von Bacmeister, Adolf, Augsburg, Marburg Reimchronik. XII, 194. Meiner Sechs. XII, 466. Bartsch, Karl, Nürnberg Rostock. Barack, K. A., Donaueschingen. I. Aufsätze: 1. Dietrich und seine Gesellen. VI, 25. 1. Die metrischen Regeln des H. Hes- 2. Bruchstück aus dem Tristan des ler und Nic. v. Jeroschin. I, 192. Eilhard v. Oberge. IX, 155. 2. Nachahmung provenzalischer Poe- 3. Antonius v. Pforr. X, 145. sie im Deutschen. I, 480. 4. Deutsche Predigten des 12. Jahrh. 3. Der Strophenbau in der deutschen X, 464. Lyrik. II, 257.

5. Bruchstück eines unbekannten Ge- i 4. Alberic von Besanzon. 1 449,

5. 6.

10.

11,

. Zur Räthsellitteratur. . Zwei Lieder auf Albrecht Achilles.

. Bruchstücke

VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc. DER GERMANIA.

Über Muspilli. III, 7. Über ein geistl. Schauspiel des 15. Jahrh. III, 267.

7. Zu Heinrich v. Morungen. III, 304. 8. 9. Gedicht auf den Zauberer Vir-

Der Rosengarte. IV, 1.

gilius. IV, 237.

Zur Legende vom heil. Nicolaus. IV, 241.

Bruchstück einer Passion des 12,

Jahrh. IV, 245. IV, 308.

ΙΝ, 261.

. Sante Margareten marter. 1V, 440. . Zur

deutschen Liederdichtung, Υ, 67.

. Der Zauberer Virgil. V, 94. . Abor und das Meerweib. V, 105. . Die deutschen Gedichte von St,

Oswald. V, 129. eines niederrheini- schen epischen Gedichtes. V, 356.

. Über Veldekes Servatius. V, 406. . Die Kindheit Jesu und das Pas-

sional. V, 432.

. Zum Speculum ecclesi®. V, 456. . Zum Karlmeinet. VI, 28.

. Zu Walthers Liedern. VI, 187. . Zu Hartmanns Gregor. VI, 372. . Der Dichter der Erlösung. VII, 1. . Über Christians von Troies und

Hartmanns von Aue Erec und Enide. VII, 141.

. Zum Märchen vom Zaunkönig.

VII, 185.

. Althochdeutsche Glossen. VII, 239. . Kleinere Mittheilungen. VII, 267. . Zu Karajans Sprachdenkmalen des

12. Jahrh. VII, 278.

. Das niederdeutsche Hildebrands-

lied. VII, 284.

. Kleine Mittheilungen. VIII, 36.

XII, 85.

. Diu Mäze. Gedicht des 12. Jhd.

via, 97.

. Bruchstücke aus dem Rosengarten.

VII, 196.

a nn

493

36. Das älteste deutsche Passions- | spiel. VIII, 273. 37. Konrad v. Fußesbrunnen und

38. 39.

43 44

Konrad v. Heimesfurt. VIII, 307. Zum altfranz. Erec. VIII, 363. Urkundliche Nachweise zur Ge- schichte der deutschen Poesie. IX, 145.

Zu Genesis und Exodus. IX, 213.

. Flovent. Bruchstücke eines mnl.

epischen Gedichtes. IX, 407.

. Beiträge zur Geschichte und Kritik

der Kudrun. I—II. X, 41. 148.

. Kleine Mittheilungen. XII, 97. . Der innere Reim in der höfischen

Lyrik. XI, 129.

45. Zur Kudrunsage. XII, 220.

II. Miscellen :

Bericht über die Sitzungen der germanistischen Section der XXI, XXIL, XXIH. u. XXIV. Philologenversammlung zu Augsburg, Meißen, Hannover und Heidelberg. VII, 222. IX, 122. 486. X, 498. Käufliche Mss. IX, 379. Eberhard von Groote. IX, 379.

Bibliographische Übersicht der Er-

scheinungen auf dem Gebiete der deutschen Philologie im J. 1862, 1863, 1864, 1865, 1866. VIII, 228. IX, 79. X, 343. XI, 325. XI, 328.

III. Recensionen: 1, 242. 243. III,

244. 375. 381. 383. 481. IV, 124. 247. 377. 501. V, 109. 247. 381. VI, 117. 125 128. 254—256. 494. VII, 113. 367. IX, 55. XI, 102. 224. 459.

Bech, Fedor, Zeitz. 1.

Aufsätze :

1. Sprachl. Erläuterungen zu dem von K. Bartsch herausgeg. Ge- dichte „Die Erlösung“. III, 328.

2. Über Johannes Rothe. I— VIII.

VI, 45. 257. VII, 354. IX, 172. 3. Kleine Mittheilungen. VI, 222. 4. Über Nicolaus von Jeroschin.

VD, 74.

494

5. Zu Wolfram v. VD, 291. 6. Zu Hartmanns Erek. VII, 429. 7. Zu Eberhard v. Cersne, dem Verf. der Minne-Regel. VIII, 268. 8. ZuGenesis und Exodus. VIII, 466. 9. Anthonius von Phor. IX, 226. 10. Zur Sage von Karl und Elegast. IX, 320. 11. Kleine Beiträge. X, 395.

II. Recensionen: IV, 117. 493. V, 226. 488. VII, 481. IX, 352.

Bechstein, Reinhold, Leipzig—Jena.

I. Aufsätze:

1. Beiträge zur Kenntniss der Quaov-

titätsverhältnisse der Thüring. Mundart im 15. Jahrh. III, 885.

2. Zu der Thüring. Chronik des Joh. Rothe. IV, 469.

3. Einiges über silete. V, 97.

4. Zur Aussprache vom mbhd. in. V, 405.

5. Zu Heinrich und Kunegunde. VL 422.

6. Allein. VI, 471.

7. Zu Eulenspiegel. VII, 304.

8. Ein pessimistischer Zug in der Entwickelung der Wortbedeu- tungen. VIII, 330.

9. Die Sprache Heinrichs v. Kro- lewiz. VIO, 355.

10. Zur Geschichte der deutschen Schriftsprache. VIII, 462.

11. Harz. IX, 294.

12. Caspar Lewenhagen. 432.

13. Zum Spiele von den zehen Jung- frauen. XI, 129.

14. Zur Inschrift des Erfurter Tristan- und Isolde-Teppichs. XII, 101.

15. Zu Gottfrieds Tristan. XII, 318.

16. Eine Conjectur zu Walther. XII, 465.

II. Miscellen: Zur Programm - Lit- teratur. IX, 133. Karl From- manus Bibelarbeit. IX. 249. Eine Bibliographie preußischer Schulprogramme. IX, 251.

Eschenbach.

1443. X,

VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc. DER GERMANIA.

III. Recensionen: IX, 370. 376. X, 115. XI, 366. Benfey, Theodor, Göttingen. Zum guten Gerhard. XI, 310. Birlinger, Anton, München. 1. Zum Volksliede. V, 372. 2. Alte Monatreime. VIII, 107. 3. Kleine deutsche Sprachdenkmäler des 11. u. 12. Jahrh. VIII, 298. 4. Kalender und Kochbüchlein aus Tegernsee. IX, 192.

Bouterwek, K. W., Elberfeld. Das Beowulflied. Eine Vorlesung. I, 385. Büdinger, Max, Wien— Zürich. Recension: VI, 123. Crecelius, W., Elberfeld. 1. Zeugniss zur deutschen Helden- sage. XI, 310. Ι 2. Zu „Die Holden am Niederrhein“. XI, 104. 3. Lieder aus dem 14.—15. Jahr- hundert. XII, 226.

Diemer, Jos., Wien. 1. Bruchstücke einer Legende vom heil. Nicolaus. IL, 96. 2. Kleine Mittheilungen. III, 351. 3. Deutsche Predigt-Entwürfe aus dem 13. Jahrh. III, 361. 4. Zu Genesis und Exodus. VIII, 482.

Dietrich, Franz, Marburg.

1. Inschriften mit deutschen Runen auf den hannörerschen Goldbrac- teaten etc. X, 257.

2. Runeninschriften eines gothischen Stammes auf den Wiener Goldge- fäßen des Banater Fundes. XI, 177.

ὃ. Die Aussprache der Brechungen und der übrigen mit I beginnen- den Diphthonge oder der Laute IA, IO, IU im Altnordischen. ΧΙ, 385.

Dolfel, Wilh., Prag.

Die Rede von den XV Graden. VI, 144.

Frommann, G. Karl, Nürnberg.

Herbort von Fritslar und Benoit de

Ste-More. II, 49. 177. 307.

VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc. DER GERMANIA.

Gabelentz, H. C. v. d., Altenburg. Ein Ulfillasfragment in Turin. XII, 232. Gärtner, Franz, Wien—Suez. 1. Zur Gudrun. IV, 106. 2. Über ein Lied Heinrichs von Morungen. VIII, 54. Goedeke, Karl, Celle— Göttingen. 1. Kaspar v. d. Roen. I, 239. 2. Unibos. I, 359. 3. Hermann v. Sachsenheim. I, 361. Goldbacher, Alois, Olmütz— Troppau. Zu Pleiers Garel. VIII, 89. Greiff, Bened., Augsburg. 1. Ein Spiel von St. Georg. I, 165. 2. Zu Wernhers Marienleben. Augs- burger Bruchstücke. VII, 305. 3. Offenbarung Johannis. Augsburger Bruchstück. XI, 70. Grein, C. W. M., Cassel. I. Aufsätze: 1. Kleine Mittheilungen. X, 305. 2. Zur Textkritik der angelsächs. Dichter. X, 416. 3. Zur Kritik und Erklärung des Heliand. XI, 209. II. Recension: XI, 231. Grieshaber, F. Κι, Freiburg i. Rr. + Predigtbruchstücke aus dem 12. Jh. I, 441. Grimm, Jacob, Berlin. + I. Aufsätze: 1. Über die zusammengesetzten Zah- len. I, 18. 2. © ist hv. I, 129. 8. Kleine Mittheilungen. I, 233. 1. Über das Ludwigslied. 2. Der Le am Seestrande. 3. Zum Muspilli. _ 4. Der Graumantel, I, 484. 5. Sindös. I, 485. 6. Johann Lauremberg. II, 298 und 445. 7. Participium Praes. für Krank- heiten. IL, 377. 8. Über einen Fall der Attraction. U, 410. 9. König Heinrichs Lieder. II, 477. 10. Hlid. Scelb. Drep. III, 1. 11. Zu den altd. Gesprächen. III, 48.

495

12. Die ahd. Praterita. III, 147.

13. Der deutsche Instrumentalis. III, 151.

Π. Recension: I, 380.

Heyne, Moritz, Halle.

1. Allitterierende Verse und Reime in den fries. Rechtsquellen. IX, 437.

2. Ein westfälisches Bauernhaus ein altdeutsches Stallgebäude. X, 95.

Hildebrand, Rudolf, Leipzig. Beiträge zur Sittengeschichte des Mittelalters. X, 129.

Hoefer, Albert, Greifswald.

I. Aufsätze:

1. Zur Mythologie uud Sittenkunde aus Pommern. I, 101.

2. Deutsche Namen des Katers. II, 168.

11. Miscellen: J. G. L. Kosegartens handschriftliches niederdeutsches Wörterbuch. X, 121.

Höfler, Constantin, Prag.

1. Zu Reinhard Fuchs. IV, 109.

2. Zum Nibelungenlied. Ein Zeug- niss. IX, 152.

Hoffmann v. Fallersleben, Weimar

Corvey.

1. Niederdeutsche Osterreime. II, 164.

2. Drei mittelniederländisehe dichte. Π, 172.

3. Bruchstücke eines unbekannten τη]. Gedichtes. OH, 428.

4. Die geistl. Lilien. IH, 56.

5. Lieder Herzogs Jan I. von Bra- brant. ΠῚ, 154.

6. Stabat Mater in Duitsche. IU, 161.

7. Angelsächsische Glossen. IH, 221.

8. O Sehnen du viel bittres Kraut. VI, 304.

9. Altsächs. Bruchstücke. XI, 323.

10. Vagantenpoesie. XII, 61.

11. Bruchstück eines unbekannten Lehrgedichts. XD, 61.

Hofmann, Conrad, München.

1. Zum Mythus von Baldurs Tod.

I, 48.

Ge-

496

2. Metrologisches und Geographi- sches aus dem Wessobrunner Co- dex. 11, 88. 3. Zum provenz, Alexanderfragment. I, 95. 4. Die Thierfabel in der Predigt. II. 306. 5. Zu Wernher vom Niederrhein und dem wilden Mann. II, 439. 6. Über die Herleitung des Namens Baier. VII, 470. 1. Gothische Conjecturen und Wort- erklärungen. VII, 1. 8. Über Bruchstücke einer Hs. mit althochd. Glossen. VII, 11. 9. Zum Heliand. VIII, 59. 10. Das Wessobrunner Gebet. VIII, 270. 11. Nasahelm. IX, 228. Holland, Hyac., München. Zu Wolframs Parcival. VI, 467. Holland, W. L., Tübingen. I. Aufsätze: 1. Zur Güdrün. I, 124. 2. Die kurze Wechselrede im Alt- französischen. I, 241. 3. Ein Zeugniss für die Chanson de Roland. I, 486. 4. Zu Hartmanns Iwein. DI, 163. 5. Auch eine Erklärung der Troja- sage der Franken. II, 379. 6. Über e. Hs. von Crestiens Ge- dicht: Li contes del Graal. II, 426. 7. Zur Güdrün. IV. 493. Π. Recensionen: I, 125. 368. 487. Π, 122. 505. II, 244. Holtzmann, Adolf, Heidelberg. I. Aufsätze: 1. Die alten Glossare. I. II: I, 110. ΨΙΠ, 385. 2. Über das deutsche Duodecimal- system. I, 217. 3. Regiert die Pr&position mit den Accusativ? I, 341. Zum Isidor. I, 462. . Der Dichter des Annoliedes. II, 1. . Zur und su. DJ, 214. . Das Grosshundert bei den Go- then. U, 424.

συ σι»

VERZEICHNISS DER MITARBEITER

etc. DER GERBMANIA.

8. Sihora. I, 448. 9. Min im Vocativ. II, 464. 0

10. Nibelungen, Bruchstück R. IH, 51.

11. Meistergesänge des 15. Jahrhd. III, 308. V, 210.

12. Nibelungen Hs. k: Der Nibe- lunger Lied. IV, 315.

13. Aus der Colmarer Liederhand- schrift. V, 444.

14. Das Adjectiv in den Nibelungen. ΥΙ, 1.

15. Zum Nibelungenliede. VII, 196. 16. Das gothische Adjectivum. VII,

257.

17. Zu Beowulf. VII, 489.

18. Der Name Germanen. EX, 1.

19. Das lange A. IX, 179.

20. Zum Hildebrandslied. IX, 289.

21. Althochdeutsche Glossare und

Glossen. XI, 40.

22. Artus. ΧΙ, 257.

II. Recensionen: I, 124. 244. 247. 255. 370. 371. 488. II, 122. 384. IH, 121. VI, 110. 112. VIII, 506. IX, 68..229. X, 113. XI, 221, 224.

Ilwof, Franz, Gräz.

1. Germanistisches aus Shakespeare.

IX, 158. 2. Die ungleichen Kinder Adams und Evas. X, 429. Janicke, Karl, Berlin—Magdeburg. 1. Über Hugos von Trimberg Leben und Schriften. II, 363.

2. Freidank bei Hugo v. Trimberg. H, 418.

3. Hugos von Trimberg Weltan- schauung. V, 385.

Jeitteles, Adalbert, Wien—Gräz. Gauriel von Montavel von Konrad v. Stoffeln. VI, 385.

Kaufmann, Alex., Wertheim.

Die Holden vom Niederrhein. XT, 411.

Kausler, Ed. v., Stuttgart.

I. Aufsatz:

Geistliches Volksschauspiel im Schwarzwalde nach dem westfäli- schen Frieden. XII, 206,

VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc. DER GERMANIA.

Il. Recension: XI, 467. Kelle, Joh., Prag. Die ‘Prager Handschrift der Erlö- sung. ΠῚ, 465. Keller, Adelb. v., Tübingen. I. Aufsatz: Zum Eulenspiegel. ΧΙ, 97. II. Recension: I, 367. Köhler, Artur, Dresden.

1. Über den syntaktischen Gebrauch des Dativ im Gothischen. XI, 261. Nachtrag dazu. XII, 63.

2. Der syntaktische Gebrauch des Infinitivs im Gothischen. XII, 421.

Köhler, Reinhold, Weimar.

1. Aufsätze: . Der nackte König. H, 431. . Die stärksten Dinge. I, 481. . Die dankbaren Todten und der gute Gerhard. II, 199. 4. Rosenblüts Disputaz eines Frei- heits mit einem Juden. IV, 480. . DasGrab und seineLänge. V, 64. . Der Spruch der Todten an die Lebenden. V, 220. 7. Ein altes Kindergebet. V, 448. ΧΙ, 435. 8. Bruchstück eines Gedichtes aus dem Artuskreise. V, 461. 9. Der Bauer schickt den Jäckel aus. V, 463. 10. Zur Litteratur Hans Rosenplüts. VI, 106. 11. Ein Weib und drei Liebhaber. VI 306. 12. Mich wundert, daß ich fröhlich bin. VI, 368. 13. Zu den deutschen Appellativ- namen. VII, 235. 14. Adams Erschaffung aus acht Theilen. VII, 350. 15. Die Erde als jungfräuliche Mut- ter Adams. VII, 476. 16. Quellennachweise zu Hugos von Langenstein Martina. VIU, 15. 17. Zum zweiten Merseburger Zau- berspruch. VIIL 62. GEBMANIA XII.

DD μὰ

δὺ a

497

18. Die Ungleichheit der mensch- lichen Gesichter. :VIII. 304.

19. Ein Bild der Ewigkeit. VIII, 305.

20. Ein Engel flog durchs ‘Zimmer. X, 245.

21. Die Legende von den beiden treuen Jacobsbrüdern. X, 447.

22. Der weiße, der rothe und der schwarze Hahn. XI, 85.

23. Zu dem Gedicht von H. Sachs: „Die achtzehen Schön einer Jung- frauen®. XI, 217.

24. Tristan und Isolde und das Mär- chen von der goldhaarigen Jung- frau und von den Wassern des Todes und des Lebens. XI, 389.

25. Zum guten Gerhard. XII, 55.

II. Recensionen: III, 253. VII. 371.

Kurz, Heinrich, Aarau:

Otto von Turnme. II, 444.

Lambel, Johann, Wien.

I. Aufsätze:

. Zu den Büchern Mosis. .. VI, 230. . Katharinen Marter. VIII, 129. . Zum Hildebrandsliede. X, 338. . Zu Freidank, X, 339. ᾿

. Bruchstück einer Legende vom

hl. Andreas. XII, 76.

II. Recensionen: IX, 245. Σ, 246.

ΧΙ, 493. XII, 106.

Latendorf, Friedr., Schwerin.

1.-Kleine Mittheilungen. 14, IX, 207. 449.

2. Die deutsche Philologie und ihre Vertretung im Schulprogramme. IX, 380.

Leibing, Franz, Elberfeld. Volkssagen aus dem Oberwallis. X, 473.

Liebrecht, Felix, Lüttich.

I. Aufsätze:

1. Beiträge zur Novellenkunde. I, 257.

2. Kleine Mittheilungen. I, 475. 1. Zu Walther v. d. Vogelweide. 2. Zur Geschichte der Passgläser. 3. Frei’s Eber. 4. Gabiläün, gampilün, capelün.

32

σιν οι μα

498

II.

VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc, DER GERMANIA.

Kleine Mittheilungen. IV, 871. v, 419.

. Zu den Nugs curialium des Gu-

alterus Mapes. V, 47.

Zur Virgiliussage. X, 406. Gernde Leute in Schweden. XI, 17.

. Ein Fuchsmythus. XI, 102.

Zur Sage von Romulus und den Welfen. XI, 166.

. Zur slavischen Wealthariussage.

ΧΙ, 172.

Tristan und Isolde und das Mär- chen von der goldhaarigen Jung- frau. ΧΙ], 81. Recensionen: I, 239. 256, V, 120. VII, 497. X, 107.

Lorenz, Ottokar, Wien. Die Sempacher Schlachtlieder. VI, 161.

Lübben, August, Oldenburg.

1. 2

Zu Reineke Vos. VIII, 370. Neues Bruchstück von Albrecht von Halberstadt. X, 237.

Lütolf, Alois, Luzern Solothurn.

1.

4 5. 6

T.

Heimdall und Wilh. Tell. VIII, 208.

. Zur Tellsage. IX, 217. . Urkundliches zu mhd. Lieder-

dichtern. IX, 460.

. Getaufte Thiere. X, 100.

Mailand. X, 102.

. Zur Frau „Selten“ (Saelde). X,

108. Rosengarten. X, 147.

Maack, Karl v., Kiel. Die Insel der Nerthus. IV, 385. Mankopff, Adolf, Berlin.

ΧΙ,

bei Hartmann relativ gebraucht. 26.

Martens, H., Bremen. Beschreibung der Person Christi in niederdeutscher Sprache. XII, 103. Massmann, H. F., Berlin.

1. 2. ὃ.

4.

Verschollene Handschriften. I, 356. Der Bukarester Runenring. II, 209. Die verlornen Blätter des Ulfilas sind wieder gefunden. II, 342. Zum Märchen vom Zaunkönig. VI, 236.

A.

Maurer, Konrad, München.

I.

I.

X, 476.

Aufsätze: 1. 2.

Schneewitchen. II, 489.

Ein altes Kindergebet. XII, 234. Recensionen: VII, 247. IX, 231. XII, 236. 479.

Meier, A., Bremen. Zusammenhang der indischen und deutschen Thiersage. XI, 458. Menzel, Wolfgang, Stuttgart. I. Aufsätze:

1,

2

8. 4.

5.

I.

Das altdeutsche Sonnenlehen. I, .68.

Die Sonnenwende im altdeut- schen Volksglauben. II, 228. Die Heimchen. VI, 129.

Von Thors Müttern und Frauen. VI, 287.

Hacberta, VI, 294.

Recension: II, 119.

Meyer, Leo, Göttingen—Dorpat. 1, Über das deutsehe, insbesondere

goth. Adjectivum. IX, 137.

2. Über den handschriftlichen Text

der goth. Übersetzung des Briefes

an die Römer. X, 225.

8. Andreas Uppström. X, 125. Möbius, Theodor, Leipzig—Kiel. Recension: IX, 337. Möller, Friedr., Gießen— Friedberg. Beide. IX, 456. Müller, Wilh., Göttingen. 1. Die Sage vom Schwanritter. I,

2.

418. Zu Hartmanns Erek. VII, 129.

Mussafia, Adolf, Wien. I. Aufsätze:

1, 2. ὃ. 4. ὅ.

u.

Zum Raparius. VO, 237.

Zum französischen Erec. VIU, 51.

Ein Bild der Ewigkeit. IX, 457.

Zum Cato. X, 101.

Zur Wiener Meerfahrt. X, 431. Recensionen: VII, 117. VIII, 217.

X, 115. Nerger, K., Rostock. Über die tonlangen Vocale im Nie-

derdeutschen. XI, Petters, Ignaz,

452. Prag—Leitmeritz.

1. Ortsnamen auf -arun, -arin. IV, 34.

VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc. DER GERMANIA.

2. Über deutsche Ortsnamen. IV,

376.

3. Zur Kunde altdeutscher Orts-

namen. XI, 469.

Pfannenschmied, Heino, Hannover. 1. Die Tellsage bei den Persern.

IX, 224.

2. Der mythische Gehalt der Tell-

sage. X, 1.

Pfeiffer, Franz, Stuttgart— Wien. I. Aufsätze:

1. 2.

©

19 ὧι ὦ.

. Zum Parzival:

Der Gunzenle. I, 81.

Zum Nibelungenlied. I, 207.

1. Bruchstücke einer neuen Hs.

2. Mittelniederländische Umar- beitung.

. Wernher vom Niederrhein und

der wilde Mann. I, 223.

. Das Märe vom Feldbauer. I, 346. . Herzog Ernst. I, 461.

. Johannes Freund. 1, 483.

. Sammlung altfranzösischer Dich-

ter, 1, 363. Rumolds Rath. II, 81.

. Über Bernhard Freidank. II, 129. . Zwei Lieder Walthers v. d. Vo-

gelweide. II, 470.

. Alswa. Alwec. II. 486. . Des Teufels Netz. II, 21. . Über Gottfried von Straßburg.

II, 59.

. Sprüche deutscher Mystiker. III,

225.

. Bruchstücke aus Iwein und dem

Armen Heinrich. III, 338.

. Predigtmärlein. III, 407. . Uosezzel. III, 480. . Über Hartmann

von Aue. I. Erek. IV, 185.

. Zum Titurel. IV, 298. . Über Walther von der Vogel-

weide. V, 1.

. Diu Wende. V, 208. . Das Märchen vom Zaunkönig.

VI, 80.

. Die Wanderlust der Schwaben.

VI, 109.

24. 25.

26. 27.

. Heinrich v. Rucke. . Mitteldeutsch. ὙΠ, 226. . Drei Predigten aus dem 13. Jhd.

499

Der Schelch. VI, 225.

Herzog Ernst. Bruchstücke des alten Gedichtes. VI, 350. Bruchstücke aus Iwein. VI, 357. Zu einem Spruche Walthers. VI, 365.

. Das Märe von den Gäuhühnern,

vom Stricker. VI, 457. VH, 110.

VII, 330. Mangel. III, 61.

. Ein komisches Recept. VIH, 63. . Prager Bruchstücke des Nibe-

lungenliedes. VIII, 187.

. Die Kanzleisprache K., Ludwigs

des Baiern. IX, 159.

. Niederdeutsche Erzählungen aus

dem 15. Jhd. IX, 257.

. Zeugnisse zur Heldensage. X, 94. . Bruchstücke. XI, 79. . Altes Zeugniss über die Mund-

arten und die Schriftsprache der Deutschen. XI, 320.

. Über die Betonung viersilbiger

Wörter ım Mittelhochdeutschen. ΧΙ, 445.

. Über Konrad v. Würzburg. ΧΠ,1. . Zwei ungedruckte Minnelieder.

ΧΙ, 49.

. Akrostichon. XII, 60. . Altdeutsche Handschriften zu Rie-

degg-Efferding. XII, 66.

. Dunkelstern. XII, 224. . Ein Zeugniss für Rudolf von

Ems. XII, 478.

II. Miscellen :

1. Übersicht der Vorlesungen über deutsche Sprache u. Litt. auf den Universitäten Deutschlands und der Schweiz 1863/64. IX, 253. 1864-

1865. X, 253.

2, Aufruf zur Einsendung biographi- scher Notizen. X, 126.

3. Zur Geschichte der deutschen Phi- lologie. Briefe von Jacob Grimm, Lachmann, Schmeller, W,. Grimm.

82"

δ00

ΧΙ, 111. 239. 375. 498. XII,

115. 241. 370. III. Recensionen:

I, 126. 128. 375. 381. 504. II. 250. 491. III, 484. VI, 115. 116.

235. VIH, 127. IX, 77. 78. 484. Pichler, Adolf, Innsbruck. Eine Teufelscomödie. XI, 96. Pogatschnigg, Valentin, Gräz. Beiträge zur deutschen Myth. und Sittenkunde aus Kärnten. XI, 74. Baszmann, A., Holzhausen bei Cassel. 1. Ein neues Siegfriedsmärchen. VII, 378. 2. Zu Wödan. VIIL 380. Raumer, Rud. v., Erlangen. I. Aufsatz: Die Schrift des Hier. Wolf: De orthographia Germanica. I, 160. U. Recension: II, 109. : Rieger, Max, Darmstadt. 1. Die Nibelungensage. III, 163. 2. Zwei Gespräche zwischen Seele und Leib. IH, 396. 3. Altmitteldeutsche Glossen zu Hein- | rici Summarium. EX, 13. 4. Bemerkungen zum Hildebrands- liede. IX, 295. 5. Das Spiel von den zehen Jung- frauen. X, 811. Rochat, Alfred, Zürich.

1. Aufsätze: 1. Über die Quelle des deutschen Alexanderliedes. I, 273.

2. Wolfram von Eschenbach und Chrestiens de Troyes. III, 81. 3. Der deutsche Parzival, der Conte del Graal und Chrestiens Fort- setzer. IV, 414. II. Recension: VI, 245. Rochholz, E. L., Aarau. - I Aufsätze: . 1. Die Ruthe küssen. I, 134. 2. Zu den vier Dialogen von Hans Sachs. IV, 97. 3. Ohne Schatten, ohne Seele. V, 69. 175. ‘4. Gold, Milch und Blut. VII, 385. 5. Das Allerseelenbrod. XI, 1.

VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc. DER GERMANIA.:

ἢ]. .Recension: VI, 243.

Bodler, Moriz, Wien—Leutschau. Priameln. DI, 368. .

Roth, Franz, Frankfurt a/M. Bruchstücke aus dem Leben des hl. Eustachius und aus den Sieben Schläfern. XI, 406.

Roth, K. L., Basel. {

1. Die Trojasage der Franken. I, 33.

2. Über das Alter des Germanen- namens in der Litteratur. I, 156.

3. Über den Zauberer Virgilius. IV, 257.

Rückert, Heinrich, Breslau.

Die goth. absoluten Nominativ- und Accusativ- Constructionen. XI, 415. Rupp, Theophil, Reutlingen. 1. Fiölvinnsmäl. X, 433. 2. Hrafnagaldr Odhins. XI, 311. 3. Baldur. XI, 425. Nachtrag dazu. XI, 100. |

Schenkl, Karl, Innsbruck—Gräz.

1. Deutsche und griechische Kinder- sprüche. VI, 380.

2. Griechische und deutsche Sagen. VH, 193.

3. Zur Däumlingsage. VII, 384.

4. Das Märchen vom Sneewitchen und Shakespeares Cymbeline. IX, 458.

5. Zum Märchen „Der Gaudieb und sein Meister“. X, 342.

6. Zur deutschen Märchenkunde. XI,

450. Schiller, Karl, Schwerin. Mittelniederdeutsche Sprachproben. XII, 323.

Schmeller, J. A., München. + Überreste einer Vor - Notkerischen Verdeutschung der Psalmen. II, 98.

Schmidt, Gustav, Göttingen. Erdichtete Liebesbriefe des 15. Jhd. in niederdeutscher Sprache. X, 385.

Schröder, Carl, Dresden.

Heimat und Dichter des Helmbrecht. X, 455. Schröer, K. J., Wien. I. Aufsatz: Todtentanzsprüche. XH, 284.

‚VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc. DER GERMANIA.

IH. Recensionen: IX, 477. XI, 235. XI, 104.

Schulz (San-Marte), A., Magdeburg.

I. Aufsätze:

1. Bemerkungen zum Parzival. Π1,84. 2. Über die Eigennamen im Par- zival des Wolfram v. Eschen- bach. II, 386. 3. Wolfram von Eschenbach und Guiot von Provins. III, 445. 4. Wolframs Parzival und seine Be- urtheiler. VII, 55. 5. Vergleichung von Wolframs Par- zival mit Albrechts Titurel in theol. Beziehung. VIII, 421. 6. Schildmaler und Malerwappen. IX, 463. I. Recension: VII, 117. Siegel, Heinrich, Wien. Recensionen: IV, 251. VII, 252. - VOI, 507. XI, 230. Staelin, C. F. v., Stuttgart. Siegfried von Dahenfeld. I, 237. Stark, Franz, Wien.

I. Aufsätze:

1. Uber germanische Personenna- men. 14. II, 473. III, 41. 120. 297.

2. Studien über deutsche Personen- namen. VIII, 113.

3. Zur Farbensymbolik. IX, 455.

4. Zur Kunde altd. Personennamen. X, 92.

5. Zu den Kosenamen der Ger- manen. XI, 512.

II. Recensionen: III, 123. IV, 115. 117. 383. VI, 472. VII, 125. IX, 482 XI, 108.

Strobl, Jos., Wien. Recensionen: XII, 109. 489. Stürler, M. v., Bern. Das bernische Geschlecht der Boner. I, 117. Thausing, Moriz, Wien.

Die Nibelungen in der Geschichte

und Dichtung. VI, 435.

Tobler, Adolf, Solothurm—-Berlin.

Zum romanischen Alexanderlied II,

441,

501

Tobler, Ludwig, Aarau— Bern. Haus, Kleid, Leib. IV, 160. Uhland, Ludwig, Tübingen. 1. Zur schwäbischen Sagenkunde. I. Die Pfalzgrafen v. Tübingen. ], 1. II. Dietrich v. Bern. I, 304. III. Bodman. IV, 35. IV. Die Todten von Lustnau. VIII, 65. 2. Zwei Gespielen. II, 218. 3. Zur deutschen Heldensage. I. Sigemund und Sigeferd. 1I, 344. Π. Der Rosengarten von Worms. VI, 307. 4. Rath der Nachtigall. II, 129. 5. Sommer und Winter. V, 257. Uppström, A., Upsala. Zu Ulflla. XI, 93. Vernaleken, Theodor, Wien. I. Aufsätze: 1. Der Weinschwelg. II, 210. 2. Morgend als Adjectiv. V, 95. 3. Der Regenbogen. V, 401. 4. DieSage vom hl. Georg. IX, 471. 5. Der Ritte. XI, 174. | II. Recensionen: V, 507. VIII, 128. X, 103. Wackernagel, Wilh., Basel. 1. Konrad v. Würzburg aus Würz- burg oder aus Basel? III, 257. 2. Die deutschen Appellativnamen. IV, 129. V, 290. Wagner, Jos. Maria, Wien, I. Aufsätze: 1. Bruchstück einer lat.-ahd. Logik. V, 288. 2. Sante Margareten Marter. VI, 376. 3. Bruder Berthold und Albertus Magnus. VIII, 105. II. Recensionen: VO, 253. VIII, 123. Walz, M. A., Salzburg—Linz. Althochdeutsche Glossen. XI, 305. Werner, Hermann, Dörzbach in West- Franken. + Künzelsauer Weihnachtsspiel aus dem J. 1479. IV, 338. Wolf, Adolf, Wien. Raparius. VII, 43. Wolf, Ferd., Wien. } Recension: VI, 233.

502

VERZEICHNISS DER MITARBEITER etc, DER GERMANIA.

Zarncke, Friedr., Leipzig.

1. 2.

ὃ.

Kaspar von der Roen. I, 53.

Zum Nibelungenliede: Die zweite Müncher Hs. Cod. germ. 31. 1,202. Zum Nibelungenliede. IV, 421.

Zingerle, I. V., Innsbruck. I. Aufsätze:

1.

Die Heimat der Eckensage. I, 120.

, Die Personennamen Tirols in Be-

ziehung auf deutsche Sage und Litt.-Geschichte. I, 290.

. Die Gachschepfen. I, 238.

. Albrecht von Kemenaten. I, 295. . Runze. IH, 213.

. Zur deutschen Heldensage. 11, 434. . Frau Saelde. II, 436.

. Artus und Oswald. Il, 466.

. Die Fresken im Schloße Runkel-

stein. II, 467. Über Garel vom blühenden Thal.

II, 23.

. Ins Gras beißen. IV, 112.

. Beiträge z. Priamellitteratur. V, 44. . Wuotan, Ziu. V, 68.

. Adler und Löwe. V, 99.

. Das goldene Horn. V, 101.

. Eigennamen aus Tirol. V, 108. . Zur Germania des Taeitus. V,219. . Zwei Fabeln des Heinrich von

Müglin. V, 286.

. Zur Tanhauser Litteratur. V,361. . Zum goldenen Horn. V, 367. . Ein Gedicht auf den Zauberer

Virgilius. V, 368.

. Wolfram von Eschenbach und

Heinrich vom Türlein. V, 468.

. Campatille. VI, 44.

Kleine Beiträge zur deutschen Mythologie. VI, 214.

. Beide. VI, 224.

. Der Helle Krieg. VI, 295.

. Der goldene Baum. ὙΠ, 101.

. Becherinschrift. VI, 112.

. Der Rhein und andere Flüsse in

sprichwörtl. Redensarten. VII, 187.

. Was Minne sei. VII, 241.

. Die Partikel A. 257.

. Zu Ruore. VIII, 56.

. Panther. VIH, 58.

. Herze unde ören. VII, 111.

. Biten und Gebieten. VIII, 381. . Frau Szlde, nach Heinrich von

dem Türlein. VII, 414.

. Farbensymbolik VIII, 497. . Die Heidin und Wittich von Jor-

dan. IX, 29.

. Farbenvergleiche im Mittelalter.

IX, 385.

. Röter munt. IX, 402. . Zum Gebrauch des Comparativs

im Mittelhochdeutschen. IX, 403.

. Zu Kudrun. X, 475. .„ Augenblick und Handumdrehen.

ΧΙ, 175.

. Phenich. XI, 176. . Recepte aus

dem 12. Jahrh. XII, 463.

II. Recensionen: I, 502. I, 120. 382.

507. II, 258. IV, 123. V, 124. 375. 383. VI, 113. 246. 382. VII, 128. 254. 380.

REGISTER

503

ZUM ZEHNTEN BIS ZWÖLFTEN JAHRGANG. AUSGEARBEITET VON JOHANN ADOLE SCHMIDT.

A.

a, umgelautet im Nord, 10, 485.

a der schwachen Decl. ab- geworfen 11, 203.

«ἃ, Interjection dem Imper. angehängt 10, 293.

& nord. = &h, Ag, aig (aich) 10, 299.

= au und ai 10, 285.

Accent im Norlisch. 10, 485.

Accusativ absolut im gothr- schen 11, 304. Die gothi- schen absoluten Nomina- tiv- u. Accusativconstruc- tionen 11,415. cum Inf. finitiv im Goth. 11, 290.

Adjectiv attributives, seinem Hauptworte nachgesetzt 10, 266.

Agez 10, 112.

Agilo 10, 6.

ai πα age im ınd. 11, 144.

Akrostichon 12, 60.

Albrecht von Halberstadt, Neues Bruchstück von - 10, 237.

alet 10, 265. 283. 284,

Alexius, zum 12, 41.

alle 11, 146.

Allerseelenbrod, das 11, 1.

Alliteration neben dem End- reim 10, 305.

alsamelichen 10, 243.

Altdeutscher und saturni- scher Vers 10, 502.

Altdeutsche Personennamen, zur Kunde v. a. P. 10, 92.

Althochdeutsche Gilossare und Glussen 11, 40.

Gtlossen 11, 305.

Altnordische Wörterbücher 12, 236. Aussprache der Brechungen ia, io, iu im 'Altnord. 12, 385.

Altsächsische Bruchstücke 11, 323.

Amal Comp. mit 10, 276.

Amicus und Amelius 10,450.

Andreas, Bruchstücke einer Legende vom heiligen A. 12, 76.

Le ee ————ääää———— rin,

angel des Todes 11, 160.

Angelsächsische Dichter, zur Textkritik der a. D., 10, 416.

Antichrist 10, 414.

Antonius von Pforr 10, 145.

Arberg, Peter von 12,90.

Arföl 11, 3.

Arguel, Johannes von 12, 27.

Artus 12, 257.

aspide 10, 309.

at goth. 11, 416.

Attila 11, 169.

Augenblick und Handum- drehen 11, 175.

B.

Bairisch - österr. Mundart im 13.—14. Jh. 12, 53. Baldur 11, 424. Nachtrag zu B. 12, 100.

Barlaam und Josaphat, alt- französisch 10, 115.

bedüten 11, 159.

begeben sich 11, 148.

Begräbnissstätten in heidn. Zeit 10, 291.

beherten 10, 243.

Beowulf 10, 286. 290.

Bericht über die Sitzungen der germanistischen Sec- tion der XXIV. Versamm- lung deutscher Philologen und Schulmänner zu Hei- delberg 1865. 10, 498.

Beschreibung der Person Christi in niederdeutscher Sprache 12, 103.

beste der, ein Bild aus dem Kumpfleben 10, 133.

Betonung, über die B. vier- silbiger Wörter im Mittel- hochdeutschen 11, 445.

bewellen, 10, 400.

bezellen, bezeln 10, 404.

bi ἀμφί 10, 14].

biargrünar 10, ‚272.

Bibliograph. Übersicht der Erscheinungen auf dem Gebiete der germanischen Philologie im J. 1864. 10, 343. 1865. 11, 325. 1866. 12, 228.

binden 11, 183.

Biterolf 10, 150.

boten, sieh poten.

brä, schiere als ein ]J1, 175. 501.

Bıief an die Römer, Über den handschriftl. Text der gothischen Übersetzung des B. a. d. R. 10, 225.

Bruchstück einer Dichtung aus dem 12. Jahrhundert 12, 86; s. auch Gedicht.

b:ütegum 11, 149.

Büheler, Königstochter von Frankreich 12, 109. Hei- mat des Dichters 12, 112 ff.

bulge bylgia 10, 310.

Ο ς. διεὶ Κὶ.

Charlemagne histoire poe- tique de 11, 224.

D.

Dativ, freierer, des Ziels 12, 213. Uber den syn- tactischen Gebrauch des -8 im Goth. 11, 261.

deigan 10, 231.

Demonstrat. persönl. reflex. gebr. 10, 283.

Deutsche, der Name 10, 504.

Dichtung, Bruchstück einer- aus dem 12, Jh. 12, 86.

Dingstätten, isländ. 10, 491.

Diphthong, reiner, im alts, und ags. 10, 270, 284.

dorde mnd. 12, 326.

Drama, 8, Volksschauspiel.

dringen 10, 143.

drungen sw. 11, 108.

dugen 10, 394.

Dunkelstern 12, 224.

dunken ὁ. dat. 10, 243.

E.

e, im md. angefügt, an er und el 11, 145.

ai und ei 10, 235.

eder 11, 136. 149.

Edda, sieh Hrafnagaldr und Fiölsvinnsmäl. "

504

egeslich, 8. eislich.

ei = ege 11, 144.

Eichhörnchen, geopfert zu Ehren Donar’s und Freirs 11, 99.

Rigil 10, 35.

Eigla 10, 482, 498.

Eike v. Repgow, Chronik des- 11, 79.

Eilhart v.Oberge, s. Tristan.

Eindaichteln des Todten 11, 6.

einzec 10, 401.

einzelich, einzelichen 10, 401.

Eis in compp. 10,300, 303.

eislich 10, 800,

Elegast 11, 228.

enelende stn. 11, 149.

Engel, Ein E. flog durch’s Zimmer 10, 245.

englisch, Satzlehre der -en Sprache 11, 231.

entogen, s. dugen.

erben, die alten 10, 340.

Erbmahl, Erbtrunk 11, 3.

ermüte stn. 11, 150.

Ernst, Herzog 10, 148. 153. 157.

Eselein, das 11, 450.

-ete, 8, -826.

Eulenspiegel, zum 12, 97.

Eustachius, Bruchstücke aus dem Leben des heil. 11, 406.

evele 10, 403.

Exeterbuch, das Beimlied des -'s 10, 305. Zu den Räthseln d. -’s 10, 307.

Eyrbyggjasaga 10, 479.

620, Ableitungen auf 10, 395 ff.

FsV.

G.

gabilüin 10, 153.

gaida 10, 301.

Galgen, der Maun vom G. 11, 452.

gamal 10, 266. 269. 284.

gan 11, 148,

Gänsehirtin, die, am Brun- nen 11, 450.

garäti 10, 310.

gartenzere 10, 461.

Gauckelfuhr 10, 248.

Gaudieb, der, zum Märchen ἃ. G. und sein Meister 10, 342.

ge, Vorsilbe 10, 114,

ge, Praefix. 10, 395.

Gedicht, Bruchstück eines unbekannten -es aus dem 12. Jh. 12, 90.

gelüch, glüch 10, 403.

Genesis ags. 10, 417.

Gengenbach Pamph. 10, 447.

Genitiv absol. goth. 11, 303.

genoeten sich, mnl. 10, 133.

Georgslied 11, 387.

ger 11, 183,

gör 10, 301.

Gerhard, zum guten 12, 55. 310.

Germanen, über den Ur- sprung und die Bedeutung des Namens 10, 113, 504.

gernde, Leute in Schweden 11, 77.

gertal 11, 213.

geselle, ein Bild aus dem höfischen Leben 10, 130. 243.

gesellen sich 10, 133.

gesindel&he 11, 108,

geteilen, die 10, 398.

getenge 10, 308.

Getränkzauber 10, 272.

Getwerg, vom Hirten und dem -e 10, 475. Von der Vertreibung der - 10,475.

gezouwen 11, 110.

Giallarhorn 10, 274.

-gid, -ged, als 2. Glied in Namen 10, 300.

Glasberg 10, 433.

Glossare, althochdeutsche Gl. und Glossen 11, 30.

Glossen, althochdeutsche 11, 305.

Gold vunden, wundan 10, 288, bei d. Ostgothen 11, 206

gomul 10, 265.

Gothisch, über den hand- schriftlichen Text der g. Übersetzung des Briofes an die Römer 10, 225. Über den syntaktischen Gebrauch des Dativs im Gothischen 11, 261. Die gothischen absoluten No- minativ- und Accusativ- constructionen 11, 415. Der esyntaktisehe Ge- brauch des Infinitiv im Goth. 12, 421.

Gottfried von Straßburg, s. Tristan.

gouches houbet tragen 10, 340,

REGISTER ZUM X.— XI. JAHRGANG.

Gregor v. Tours 10, 270.

Grimm, Jacob, Briefe von- an Franz Pfeiffer 11, 111. 239. an Hoffmann v. Fal- lersleben 11, 375. 498, an Ludwig Uhland und An- dere 12, 115.

Wilhelm, Briefe von- 12, 370.

Grimmelshausen, Simplicia- nische Schriften 10, 246. Protestant oder Katholik? 246.

grusseleche 11, 108,

gügerel 11, 1883.

Gui,de Cambrai, s. Bar- laam.

Gunzeule 11, 123.

guot tuon 10, 133.

Gymir 10, 434.

H.

h 11, 143.

im Anlaut fehlt 11, 19. 198.

haben 11, 147. praet. latte 11, 145. 150 verb. aux. praet. habete 10, 15l.

haelo 10, 291.

haelu ags. 10, 304.

hagen 10, 507.

Hahn, der goldene, in der ältern Edda 10, 434. 440. der weiße, der rothe uud der schwarze 11, 85.

häl 10, 292. 302.

Halberstadt, s. Albrecht.

halsmene 10, 286. 289.

hälu 10, 291.

Handschriften: Augsburg 11, 70.

Bonn 10, 311.

Bremen ı2, 103.

Corvey (Hoffmann v. F.) 12, 61.

Darmstadt 12, 226.

Douaueschingen 10, 464. 12, 90. 194.

Dresden 11, 405.

Efferding, s. Riedegg.

Frankfurt 11, 406.

Gernrode 11, 323.

Göttinger Stadtarchiv 10,

385.

Rathsarchiv 12, 60

Heidelberg 11, 403.

Hohenzollern - Sigmarin- gen 11, 320.

Karlsruhe 11,59; s. auch St. Peter u, Reichenau.

REGISTER ZUM Χ.--ΧΠ. JAHRGANG.

᾿ Mühlhausen 10, 432. 11, 156. München 12, 308. Oldenburg 10, 237. Petersburg (Böhmen) 12, 76

St Peter 12, 85. 86. Reichenau 11, 30. i1, 64. Riedegg 12, 2. 50. 66. 71. 76. Salzburg 11, 305. Sarnen 12, 41. Sterzing 11, 97. Stuttgart Archiv 12, 207. Turin 12, 232. Weißkirchlitz 12, 294- Wien 10, 101. 10, 102. (Pfeiffer) 12, 79. 81.

Hans Bruder, Marienlieder 12, 89.

Hans Sachs, sieh Sachs.

hantwile 11, 176.

Hartmann v. Aue, 8. nü.

Hauksbok 10, 476.

Hävamäl 10, 271.

have 11, 110.

-he ausgefallen 11, 144.

heäh, ags. 10, 425.

healsbeäh 10, 287.

hechte = haft, nd. 11, 110.

högan, ags. 10, 419.

heigen 10, 392.

heim 10, 507.

Heimdall’s Horn 10, 274.

Heinrich und Kunegunde 10, 432.

Heldensage, Zeugnisse zur 10, 94. Ζ. z. deutschen H. 11, 310.

helede 10, 151.

helfe 10, 138.

Helfen, ein Bild aus dem Familienleben 10, 137. Heliand, Zur Kritik und Er- klärung des H, 11, 209; herausg. von Heyne 11,

224,

helle 10, 207.

Helmbrecht, Heimat und Dichter des H. 10, 455.

her = er 11, 146.

here = herre 11, 136. 150.

hergeselle 10, 140.

hersträze 11, 124.

heseke 10, 507.

Hildebrandslied, zum -e 10, 338.

hippe 10, 248.

hleva 10, 298.

Holden, am Niederrhein 11, 411;zud. H,a.N. 12,104.

Horn, goldenes 10, 282. 293. Hrafnagaldr Odhins i1, 311. hugränar 10, 272.

Hund, myth. 11, 166. 168. hunzen 10, 396.

Hyfjaberg 10, 433. 435. 444.

Ι. 7.

ja 11, 151.

Jacobsbrüder, die Legende von den beiden treuen J.-n 10, 447.

Ja Herre 10, 249.

ichein 11, 151.

ie = ir 11, 151.

imu 10, 270. 284.

in, negat, 11, 108.

in-, als Verstärkung 10, 264. 284.

Infinitiv mit abgeworfenem n 10, 312. 11, 136; -beim goth. Dativ 11, 289.

ingesinde 10, 138.

insath 10, 264.

Inschrift, Zur- des Erfurter Tristan- und Isolde-Tep- pichs 12, 101.

io, interj. 11, 151.

joch 11, 131.

jochen, jöchen, jouchen 10,

is = ist 11, 147.

Isländische Litteratur, zur Geschichte der -n L. 10, 476.

-ite, Ableitungen auf 10, 98

Jungfrauen, das Spiel von den zehn 10, 31l. Zum Spiele etc. 11, 129.

K (C). Karlmeinet 11, 227. Catharinen-Oel 10, 249. Cato, zum 10, 101. kein = gegen 11, 139. Kelten 10, 504.

Kinder, die wungleichen, Adams und Evas 10, 429.

Kindergebet, cin altes 11, 435. 12, 235.

kiuscheheit 10, 340.

Klage nach Todten 10, 137. KlökIn, das K. und die Klöklerabende 1], 76. Conlachn. Cuchullin 10, 338. Konrad v. Würzburg, Über (Partonopier) 12, 1; Alter seiner Gedichte iz 23; zum heil, Alexius 12, 51.

505

Kornopfer 11, 1.

Kort, siner wert to k. 10, 495.

Kosenamen der Germanen, Berichtigungen zu den

11, 512. Crate sw. f. 11, 151. Kredda 12, 236.

Kremelynk 10, 391.

Christus, Beschreibung der Person Ch-i in nieder- deutscher Sprache 12, 103.

krumbe reden, die- 10, 242.

Kuchenopfer 11, 20.

Kudrun, Beiträge zur Ge- schichte und Kritik der K. I, II. 10, 41. II, IV. 10, 148. Zu K. 10, 475.

Kudrunsage, zur 12, 220.

kurz 10, 405.

kvi 12, 238,

kvirdr 12, 238.

Cynewulf 10, 502.

1,

Lachmann Karl, Briefe von 12, 24].

läd 10, 276. 284.

laden swv. 11, 148,

lampel swf. 11, 151.

läzen 11, 148.

Legende vom zwölfjährigen Mönchlein 12, 106.

Lehrgedicht, Bruchstücke eines unbekannten L-es 12, 61.

Lekenspieghel von J. Boen- dale 11, 81. 256.

Lewenhagen Caspar 10, 432.

lib haben 11, 151.

-lich 11, 145.

Liebesbriefe, erdichtete, des XV. Jahrh. in nieder- deutscher Sprache 10, 385.

Lieder aus dem 14.—15. Jh. 12, 226.

loddare, ags. 10, 299.

Loki 11, 434, s. Loptr.

Loptr 10, 441.

losen, st. pte. 11, 108.

loven, mnd. 12, 326.

Ludwigs des Baiern Rechts- buch 12, 71.

Luther. Biblisches Wörter- buch, enthaltend eine Er- klärung der alterthüm- lichen und seltenen Aus- drücke in M. L.'s Bibel- übersetzung 10, 114.

506

Magdeburger Fragen 11,230. Maifeste 1], 428. Mailand 10, 102. mälrünar 10, 272.

Mann, vom starken, mit den Eisenstangen 10, 473 Märchen: Der Gaudieb und

sein Meister 10, 342. Die ungleichen Kinder Adam’s und Eva’s 10, 429. Märchenkunde, zur deut- schen 11, 450, Marienlieder, Bruder Han- sens 12, 89. Marschant, Heinrich 12, 20. Martianus Capella 10, 437. Matok 11, 503. 505. Melusina, die schöne 12,3. mene 10, 286. menen, meinen, mnd. 12,326. menescillingas 10, 287. Menglada 10. 433. 437. 444. Menglöd, s. Menglads, menweke, die hillige 11, 10. Metrik, s. Betonung. mi —= mir 1], 136. mid 10, 264. Mimameidr 10, 440, 442, minne 11, 3.

‚Minnelieder, zwei unge- druckte 12, 49.

Mistel 12, 100.

mit 10, 244.

Mönchlein, 8. Legende.

mor 10, 388.

morne, tagen 10, 390.

Mundarten, Altes Zeugniss über die M. und die Schriftsprache der Deut- schen 11, 320.

mundr nord. 12, 238.

Mythologie, Schriften über 10, 103. Beiträge zur deutschen M. und Sitten- kunde aus Kärnten 11, 74.

N.

n fällt ab 11, 147. naken, neken, mnd. 12, 325. nalen, nelen, mnd. 12, 325. nel, nol, nulle 10, 402. nerjen 10, 151. Neujahrstagsfeier 11, 77. nezzeloehe 10, 402. Nibelungenhds, C, Zur Ge- schichte d. 10, ‚505. Niederdeutsch. Uber die tonlangen Vocale des Νά, 11, 452.

nih = el un 10, 232.

niwen (niun) 10, 151.

Nominativ, absolut im Go- thischen 11, 303. 415,

Nordisch, zur n-en Gram- matik 10, 486.

Norroena 10, 283.

bei Hartmann relativ gebraucht 11, 29.

nüel 10, 402.

nüden, nüwen 10, 402.

niillen 10, 402.

nün niuwan 12, 97.

0.

= au 10, 285.

Odhin 10, 436.

Oesterreich. Volkssprache, Proben eines Wörterbuchs derselben 11, 235.

Offenbarung Johannis 11,70.

öl 10, 306.

ölrünar 10, 272.

Ort, Dietrich am -e 12, 23.

Ortnit 10, 157.

Ortsnamen, Zur Kunde altd. O. 12, 409.

Otte von Konrad von Würz- burg 12, 27.

ougenblie 11, 175.

P,

Pantaleon, Alter 12, 26.

Partieip goth. 11, 417; par- ticipia praes. auf - ende 10, 151; participia praete- riti 11, 287.

Partonopier und Meliur, von Konrad von Würzburg. 12, 1.

Passiv 11, 285. 10, 486.

Person Christi in nieder- deutscher Sprache be- schrieben 12, 108.

Personennamen, Zur Kunde altdeutscher 10, 192.

Peter von Arberg 12, 90.

Pferde, deren Patron 11, 75.

im Nord.

ph 11, 139.

Phenich 11, 176.

Philomena = Philomela 10, 243.

pommes, le dit des trois, altfr. Erzählung 10, 448.

poten sw. v. 10, 399.

Praeteritum 2. Pers. singul. der starken Verba auf es }1, 147.

REGISTER ZUM Χ,-- ΧΙ. JAHRGANG.

Predigten, deutsche, des 12. Jh. 10, 464.

Priester, vom verrätheri- schen 10, 474.

von dem, und der Hexe 10, 474.

pronomen possessiv. 11,127.

Prosaräthsel, ags. 10, 309.

Psalmen, ags. 10, 425.

püllewiz 10, 402.

Q.

Quellencultus 11, 429.

Β.

Räthsel, ags. 10, 428.

Recepte aus dem 12. Jahrh. 12, 463.

Rechtshuch Ludwigs Baiern, s. Ludwig.

Reflexiv im Nord. 10, 486.

Regenstein 10, 109. 413.

Reim, innerer, in der hö- fischen Lyrik 12, 129.

Reimbibel, aus Jacobs von Maerlant 11, 81. 256.

Reimlied ags. 10, 425.

Reimprosa 11, 154.

Reinecke 11, 503. R. de Vous 12, 489.

rekleit, rörouben 10, 400.

Renner, Vers 13647, 10, 401.

rett, nord. 12, 238.

ride 10, 507.

riden, ridan 11, 174.

Ringe auf alten Darstellun- gen 10, 289. 11, 184.

Ritte, der 11, 174.

Rollwagenbüchlein, s. Wick- ram.

Römer, Brief an die-, 8. Brief.

Romulus, Zur Sage von R. und den Welfen 11, 166.

Rosengarten 10, 147.

Rötenlein, Liutold von 12,23.

rün rüna und die Compp. 10, 272. 290.

Runen überhaupt 11, 188; Zweck 10,271; auf christ!. Münzen und Kreuzen 10, 29.

buchstaben auf Schwert- griffen 10, 290.

—, Inschriften mit deutschen Runen auf hannöverschen Goldbraetesten und auf Denkmälern Holsteins und Schleswigs 10, 257.

inschriften eines gothi-

des

REGISTER ZUM Χ.--ΧῚ]. JAHRGANG.

schen Stammes auf den Wiener Goldgefässen des Banater Fundes 11, 177.

lied, ags. 10, 428.

schrift, angelsächsische 10, 278. 281. 290; nor- dische 10, 281; deutsche 10, 282.

steine 10, 290

Ruthe, mythisch 11, 319.

Rymkronyk van Vlaenderen ι1, 467.

s als Nominativzeichen 11, 203.

Sachs, Hans, Zu dem Gedicht von H. 8. Die achtzehn Schön einer Jungfrauen 11, 217.

Sachsen und Angeln 10, 291.

Szxlde, Frau 10, 103.

Sagen: Getaufte Thiere 10, 100; von Romulus und den Welfen 11, 166.

Sagenschulen , isländische 10, 496.

säl, 8:68], ags, 10, 293. 11, 200

Salomon 10, 451.

sälu 10, 278. 287.

Salz als Heilmittel 11, 75.

sän. adv. 11, 152.

Saturnischer Vers 10, 502.

Schaler, Peter der 12, 18.

Schlummerlied 11, 243.

Schmeller, J. A, Briefe von 12, 248.

Schönheiten, die achtzehn, einer Jungfrau, s. Sachs Hans.

Schriftsprache der Deut- schen, altes Zeugniss 11, 320.

: Schwabenspiegel, Riedegger Handschriften 12, 76. schweizeriache Mundart 11,

107.

Schwinger, vom riesenhaften 10, 474.

scillingas 10, 287.

Sechs, meiner $, 12, 477.

Seelenopfer 11, 26.

selben, sw. gen. 11, 136. 146. 152.

Selten, zur Frau 10, 103.

ser, altn. 10, 288.

Sieben Schläfer, Bruch- stücke aus den -n 1],

sige, ags. 10, 302.

sigi, alts. 10, 302.

sigl 10, 286.

sigrünar 10, 272.

Sile, Silete 11, 164.

Silvester, Alter 12, 23.

Simplicissimus, 8. Grim- melshausen.

Sindgund 10, 435.

Sittengeschichte des Mittel- alters, Beiträge zur 10, 129.

smerle 10, 341.

Snorri Sturluson 10, 497.

Sonne und Mond mytho- logisch 10, 104. 435. 437.

Sonnenberge 10, 436. 444.

Sonnenhirsch 10, 111.

Spiel, das, von den zehn Jungfrauen 10, 311; zum- 11, 129 ff.

spottelachen 11, 108.

Sprichwort: Ein Engel flog durchs Zimmer 10, 245.

stän 11, 148.

Stephanreiten, das 11, 74.

ströd 10, 507.

strütr 12, 239.

su = si 11, 136. 146. 152,

sügan 10, 269. 284.

sullen 11, 148. 161.

sunder, sundern, praep, 11, 153.

süp 10, 269.

svep, svip 10, 445.

svurbeäh 10, 287.

swer, swaz 11, 119. 162.

swiri 10, 212.

Syncope 11, 106.

τὶ

tamr 10, 284.

tamul 10, 277.

tavjan 10, 298,

«ἴθ, 8. -Ζ0.

Tellsage, der mythische Ge- halt der 10, 1. 10, 108. Zur T. 12, 327.

Tenuis statt der Media 11, 139.

teol 10, 277.

Teufel, der, und das alte Weib 10, 105.

Teufelscomödie, Eine 11,96.

Textkritik, zur-, der angel- sächs, Dichter 10, 416.

-theo als 2. Compositions- glied in deutschen Namen 10, 276,

Thiere, getaufte 10, 100.

507

Thiersage, Zusammenhang der indischen und deut- schen 11, 458,

thinghelgi 12, 240.

thingmark 12, 239.

Thomas von Britanje 11, 495.

Thör 10, 271.

Thorsmarke 10, 271. 279.

thr& nord. 11, 312.

Thüringische Mundart 10, 312.

tien, nl. 11, 491,

Tiersberg, Berthold von 12, 28.

til 10, 265. 283,

timan 10, 277.

ἰδ, adv. ags. 10, 417. 419. 11, 233.

Todtenhemdchen, 451.

Todtentanzsprüche 12, 284.

toesen 10, 402.

Tonlange Vocale. Über die t-n V. des Niederdeut- schen 11, 452.

Töt 11, 163. |

treten üz dem wege 10, 244.

Tristan, zu Gottfrieds- 12, 318, -und Isolde und das Märchen von der gold- haarigen Jungfrau und von den Wassern des Todes und des Lebens 11, 389. T.u. I. und das Märchen von der gold- haarigen Jungfrau 12, 81. Aus der Heidelberger und Dresdner Handschrift des überarbeiteten Eilhart’- schen Tristan 11, 407. Zur Inschrift des Erfurter Tristan und Isolde - Tep- pichs 12, 101.

Trojanerkrieg, Alter 12, 23.

τη 11, 148.

tunkelsterne, s. Dunkelstern.

twiden, s. zwiden.

Tyrol und Fridebrant, zu- 12, 87.

τ.

überwellen 10," 400.

das 11,

üf 10, 309. Uhland’s Schriften zur Ge- schichte der Dichtung

und Sage 11, 459. Ulila, zu 11, 93; Ulfilas 221; ein Ulfilas-Fragment in Turin 12, 232; s, Rö- merbrief und gothisch,

508

ülfüd 10, 487.

Umlaut im Md. 11, 140.

unde = under, nd. 11, 107.

Ungarn. Deutsche Weih- nachtsspiele in- 12, 104.

unlaed 10, 276.

unse 1], 146.

untamul 10, 277.

Uppström, A. 10, 125.

ur- (für us) goth. 10, 231.

ν 4.

vadderen 10, 387.

faet faeted 10, 288.

Vagantenpoesie 12, 61.

vang, alts. 10, 302.

Federschwinger 10, 250.

veizla 12, 239.

Verb, schwache und starke verb. 11, 107.

vere, adv. 11, 153.

vergeben einem mit guote 10, 243,

vermeistern 10, 400.

ferpel 10, 402.

versehen 10, 248.

Verdoppelung der Vocale im Nord, 10, 485.

verwallen 10, 400.

verwellen, verwilen, ver- willen 10, 399.

vild 10, 302,

Fiölsvinnsmäl 10, 433.

virebilt 10, 403.

Virgiliussage, zur 10, 406.

fjallganga, fj jallgöngur 12, 238.

Flexionslose Wörter 10, 265. viiz tuon einem 10, 242. Vocale, lange, im Nord. 10, 485; die tonlangen V. des Niederdeutschen 11, 452. Voeativ im Goth. 11, 282. Volkslieder, die historischen, der Deutschen 11, 102. Volkssagen aus dem Ober- Wallis 10, 473. Volksschauspiel, geistliches, im Schwarzwalde nach dem westfälischen Frie- den 12, 206. vollee, nl. 11, 488. Völuspa 10, 310. vorıe ze- gän vure 10, 243. Franken 10, 288.

Freidank, zu 10, 339. 12, 86.

vrevel, vrevele, vrevelich 10, 402.

frjälsgjafi 12, 238.

vridebrecher 10, 139.

Friesen 11, 426. 434.

Frigg 10, 437.

vrouwe, pl. 10, 140.

frummian 11, 210.

Fuchs Arnold, der 12, 20.

Fuchsmythus, ein 11, 99.

Fulla 10, 274. 437.

funden, sw. 11, 108.

Υ.

Waberlohe 10, 434. 436.

wachen 10, 137.

wallen 10, 400.

Walthariussage, zur slavi- schen 11, 172.

Walther und Hildegund, zu 12, 88.

Waltherstrophe 10, 315.

Walther von Rheinau 10, 402, ᾿

Walther von der Vogel- weide 11, 18. Eine Con- jectur zu W. 12, 475.

Wasser, myth. 1], 429.

weges, weis 11, 153.

Weihnachtsspiele in Ungarn 12, 104,

wele 10, 389.

Welfensage 11, 169.

wönec 10, 230; wenig iman 11, 153.

wenken 11, 107.

werden, 3. praes. 10, 151.

werlt 11, 145. 507.

Wernbher, Bruder-und Wern- her der Gartenaere 10, 460.

Wernher, zu W-s Marien- leben 12, 85.

Wessobrunner Gebet, Das 10, 310.

Westfäl. Bauernhaus, Das ein altd, Stallgebäude 10, 95.

wi = wer 11, 146.

Wickram,.J., Rollwagen- büchlein 10, 249.

widernüllen 10, 401.

Widofnir 10, 440,

Wieland der Schmied 10, 16.

wirdet

REGISTER ZUM X.—XIL JAHRGANG.

Wiener Meerfahrt, zur- 10, 431.

Wigalois 10, 149.

Wigand v. Marburg, Bruch- stück aus W’s. Reimchro- nik 12, 194.

Wilhelm v. Orange, Riedegg. Handschrift 12, 66.

Williram 11, 499.

Windfüttern 11, 75.

Winkler, H., Schreiber 12,3.

wirtschaftgezouwe, βίη. 11, 154.

witu 10, 507.

Wodan 10, 31. 271. 500, s. Wuotan.

Wolfdietrich 11, 172.

Wolfram von Eschenbach. Parzival, dem Überarbei- der Kutrun bekannt 10, 160. 398.

wollen, md. 11, 148.

worden = wurden, οἷ. impf.; indic. impf. 10, 243.

Wortbildung, neuhochdeut- sche 12. 366.

Wörterbuch, deutsch - kelti- sches, geschichtliches 12, 108.

Wörterbücher, altnordische 12, 236.

wuntan gold 10, 288,

wunne 10, 302,

wünnet mir imps. 10, 302.

Wuotan 11, 13, s. Wodan.

2.

Zahlen: neun, drei, sieben, dreizehn, bedeutungsvoll 10, 480.

Zahlwort 10, 392.

Zauberformeln 10, 271.

Zauberspiegel 10, 410.

Zaubersprüche 10, 272,

-ze, Ableitungen mit- 10, 395. 398.

zerjochen 10, 404.

zogen 11, 107.

zuvorn, nd. 11, 110,

Zwergin, von der, und der Hebamme 10, 475, s. Ge- twerg.

zwiden 10, 389. 11, 214,

Χ'

.

ΕΟ 2 = 1920