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BCU - Lausanne

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Geſhichtt

Stadt 4 dandſchaft Baſel,

von

Peter $$ Öberftsunftmeifter 1797.

eiebenter Band.

Bafel, in der Schweighauſer'ſchen Buchhandlung 1821.

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Gefdidtte bet

Stadt unb Landfhaft Baſel—

Siebenzehnte Periode

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Siebenzehnte Periode,

Zeitraum der Aemter Sucht. 1649— 1691.

t

. 1649—-1652, 9fbfenbung nad) Wien.

Kay 2, 1653, Bauren Yuffland. 98, 1654—1655. Duraeus, 4d, 1656—1657. Einheimifcher Krieg, 56. 1658—1661. fBunb mit Frankreich, 6. 1662. Der Syllabus controversiarum. 7. 1662—1615. 8. 1675, Formula consensus, | 40, 1680, Feflung Hüningen. 41, 1681— 1690. 12. 1691. Bürger Aufſtand. 183, Oefebgebung u. f. m, 44, Univerſität u. ſ. n, , 15, Kicchenfachen. _ 16, GStrafgerechtigfeit. 17. Bürgerrecht. . 1$, Nachleſe.

Gicbengebnte Periode,

. *

Bon 1649 Did und mit 1691.

*

RAemter⸗Sucht.

Einleitung.

Sm man bie feit 1648 big jegt 1797 verlaufenen Zeiten der ſchweizeriſchen Schickſale mit einem Webers Did wmfafet, und fif dann ber Geiff zu bem allges meinfien Begriffen erhebt, fo ragen zwey Hauptergeb⸗ niffe hervor : vom außen, die fortfchreitende Uebermacht Frankreichs; unb von innen bie allmaͤhlige Erſchlaffung der eidsgenoͤſſiſchen Bande.

yv | Cinlettunmqg,

Was unfern Kanton insbefondere betrifft, fo sei; gen (id bv ep enticheidende Abtbeilungen. Die erſte hebt nad) dem weltphälifchen Frieden an, und enbigt fi mit der Revolution von fechszehnhundert ein und neunzig, ober dem fogenannten'ein umb neunziger Vefen; bie zweyte begreift den darauf folgenden, faft Hundert jährigen Zeitraum in ſich, und die dritte fleet in ge: nauem. Verhaͤltniß mit den gleichzeitigen, alles erſchuͤt⸗ ternden Begebenheiten der franzöftfchen Staatsumwaͤl⸗ zung.

Syene erſte Abteilung , die wir ale ſiebenzehnte Pe⸗ riode unferer ganzen Gefchichte, nun antreten, Tann in einigen Ruͤckſichten, durch einen einzigen Hauptzug bes zeichnet werden, und diefer Semi if Aemter⸗ Sucht.

Erfies Kapitel, 1649 1652.

- Abfendung nad Bien.

1649.

Die Vollziehung des weſtphaͤliſchen Friedens wurde gegen und erfchwert. Den 27ften Märzend richteten bie Reichsftände an den Diefigem Rath ein drohendes Schrei ben, und das Kammergericht bezog fi) auf bafelbe in einem Schreiben vom 26. Day. Beyde drangen darauf, daß wir;Geld für dag Vergangene besahlen follten. Den 10, Julii antworteten die Eidsgenoflen, daB felt ihrem Bunde, fie. außer Gott feinem andern Richter, als (id) feloft anerkannt hatten. Sie fehrieben auch an den Sal» fer, der den 29. November eine günftige Antwort über fhidte : „Es liege ihm ob, dahin zu fehen, bag bem Friedens⸗Inſtrument nachgelebt werde.

Die Empdrung der Beſatzung su Rheinfelden, und eines Theile der weimarifchen Armeen , wie aud) bie

s XVII. Periode. 1649— 1601,

vielen Ausreißer, welche Dep dieſem Anlaße fid) hieher begaben, beunruhigten einige Zeit bie ganze Gegend.

Im Namen des Könige von Frankreich wurde die Ausfuhr der Früchte aus dem Elfaß verboten. Doch kamen viele Früchte hieher. Sie durften nur nicht im Kornhauſe öffentlich verkauft werden. Die franzöfifchen Beamten hatten vom Hofe aus Erlaubniß erhalten , Srüchte, unb zwar in beträchtlicher Menge, Dieber zu führen, arzutragen und zu verfaufen. Der Miniffer de Brienne hatte den Unfrigen gleichfalls geſtattet, zu ihr rem Hausgebrauch Früchte im Elfaß zu kaufen; allein der Rath that fein möglichfleg , Daß aud) bem armen Unterthanen des Königs bewilliget würde, ihren Vorrath bieber zu Markte zu bringen, und felber zu verfilbern. Er berief fid) Daher auf bie Erbverrein mit dem Haufe Oeſtreich, in deſſen Fußſtapfen, fehrieb ev, die Stone Frankreich getreten wäre; gleichwie zu diefem Ende auf bie Erklaͤrung der fraizöfifchen Bevollmächtigten zu Müns ſter vom 2. November 1647. Allein es war vergeblich. Die füniglid)en Beamten fanden einträglicher den Korn⸗ handel am fid) zu ziehen, und ben Fruchtpreis niedrig im Clíaf, und höher in Baſel zu Kalten. Go oft iff e8 in der Folge die geheime Urfache der angelegten Fruchtſperre gewefen, daß wir uns ein für allemal mit biefer Anzeige einer Fruchtfperre begnügen. Ob ed aber Bürger gab, die auch zu Zeiten Antheil durch ihre Geld⸗

L Kay. Das Saft 1650. 9

vorſchuͤſe, am dergleichen Spekulationen nahmen, font weder beiahet noch verneinet werden. Dergleihen Ge . rüchte wurden oft verbreitet, aber nachtheilige Gerüchte find wehrentheild nur Verlaͤumdungen des Partheygeiſtes. Zudem hatten viele Basler Geld bey den Bauern im Elſaß angelegt, die bep Zruchtiperren in Abflattung der Zinſe, theils wegen zu niedriger Preiſe im Elſaß, theils wegen Mangel an Anlaͤßen ihren Vorrath zu verſilbern, fid) faumfelig zeigten, Dieß erbitterte mod) die Gent» ther mehr. Theures Brod und vüd(ünbige Zinfe wa ren Urfachen genug , jeden Verdacht aufzunehmen. Das ber läßt fich Degreiflich machen, ba fogar Häupter und ihre Naͤchſten der Anlegung bet Fruchtfperren befchuldigt wurden ; eben zu jenen Zeiten, wo fie zur Aufhebung derfelben arbeiteten, und in diefer Abſicht Vertraulich⸗ feit mit den benachbarten Behörden zu pflanzen fuchten.

Der Marggraf Friedrich machte bier am 31. De, cember fein Teſtament. Was für Geperlid)feite dabey . beobachtet wurden, finde ich nicht aufgezeichnet.

1650.

Eine Schmähfchrift wider den Buͤrgermeiſter Wettflein war ansgetheilt worden. CYn. derfelben wurde ev vorzüglich besüchtiget , als wenn er neben dem Lohnherrn verfucht hätte, den Rathfchreiber Nikolaus Nippel zum Oberſt⸗ zunftmeiſterthum zu befördern. In ber Rathefigung vom

10 XVII. Periode. 1649—1691.

26ffen Sun) befchwerte er fich famt dem Statbfd)reiber hoͤchlich darüber, nicht zu dem Ende, daß Weitläufigfei- ten daraus gemacht, fondern Daß doch bie Gebühr möchte vorgenommen werden. Die fogleich erkannten Kundfchaften, bewieſen nichts. Doch, da ein Schuß: mader, Chriſtian Roth , vor deflen Haufe ein Exem⸗ plar gefunden worden, folches Hin und wieder vielen Leuten zu leſen gegeben , oder in Gefellfchaften ba» von geredt, und befen Anhalt von Wort zu Work ev» zählt, fo wurde er vor Depbe Raͤthe geffelt, und dann über Nacht in einen Thurm gefegt. in gleiches wies derfuhr einem Kürfchner , Jacob Weitnauer , ber (id) an einer Sechſermahlzeit über bie Gegenfände des Pasquills anterhalten Hatte. Ihm wurde aud) befonders einge fcharft, feines Mauls kuͤnftigs behutfamer zu fenn.

Den 28. September ergieng von Seiten des Kam» mergerichts ein Executions⸗Mandat wider bie Basler , deren Kaufleute nebſt ihren Waaren, auf der Frankfur⸗ ter Meile angehalten werden folten. Sie entwichen zu rechter Zeit. Allein zu Maynz und zu Schlettfladt, das noch zum Neich gehörte, wurden verfchledene ihrer Waa⸗ ren mit Arveft belegt , und bann nach Speyr geführt. Auf der Tagfakung vom November wurde gut befunden, den Landammann Zwener von tir) und ben Vürgermeis fer Wettſtein nad) Wien abzuordnen, wo fie den 17ten December anlangten, und den 19ten Audienz beym Sal»

I fap. Das Jahr 1650. - 44

fer erhielten , der ihnen verſprach, J Geſchaͤft zu be⸗ herzigen.

In dieſem Jahre verſpuͤhrte man s. Erdſtoͤße: ben 15. März des Nachts zwiſchen 11 und 12; den 2. May um bie Mittagszeit, wo bie Dachziegel Din und wieder herunter fielen; den 26. Heumonats Nachmittag um 2 Uhr, mit ſtarken Erfchütterungen, und dumpfem Gets fe; den 11. Septemer, eine ſtarke Minute lang, alfo, baf viele Kamine einfielen und die Glocken in den Kirch» thürmen anfdjlugen ; ben 16ten;be8 gleichen Sonata , um 6 Uhr Abends, zwey Stöffe auf einander; den 18 und 20. 9Reinmonatà, und den 9. Wintermonats, mit flat» fem Gemurmel und Gehenl auf dem Felde. Den sten und 15, CYenner , wie aud) den 12. Hornung des fol» genden Jahres verfpürte man nod) Crbffófe. Da nun der Menſch fid) fo feit vor bem Tode fürchtet , als wenn er fich bisweilen unfterblich glaubte, fo war der. Schrecken unbeſchreiblich. Kin außerordentlicher Buß⸗ und Faſttag wurde den 17. November gefeyert.

1651.

Die eidsgenoͤßiſchen Geſandten in Wien bekamen noch dort die erforderlichen Mandata cassatoria und restitutoria, welche alles auffoben, was das Kammer gericht verhängt hatte, und die Vergütung des Schadeng zugleich befahlen. In einem derfelben bemerfe ich fol» gende Stelle: „Eine Stadt Bafel habe dem Wachter, » md übrigen angemaßten Klägern vor ihren Miteidger

12 XVII. Beriode. 1649— 1661.

» noffen gütlich ober rechtlich Rede und Antwort su » geben erböthig gemacht, und Tonne alfo bie Denega- » tio Justitiae nicht praetendirt werden.”

Diefe Stelle, welche wieder auf die alten Privile⸗ gien zuruͤckwies, verdient mit einer Stelle des Wettſtei⸗ niſchen Tagebuchs verglichen zu werden, aus welcher ſich ergiebt, daß man ihm einſt eine Falle legen wollte, wel⸗ cher er aber zu rechter Zeit entkam. Es ſtellte ihm naͤmlich der Ehurmainziſche Kanzler eines Tages vor, daß der Churfuͤrſt gerne ſaͤhe, wenn dem Florian Wach⸗ ter geholfen wuͤrde. Darauf antwortete Wettſtein: „Da » Wachter vermeint, daß ihm zu Baſel gu viel und Un, » recht gefchehen fen, fo werden meine Herren wie vete » Doffentlid) fi) nicht Hefchwären , ihre Procedur- ent» » Weber vor gemeiner Eidgenoßenichaft , ober fonderbas » rem gleichen Gag aus derfelbigen Mitte zu juſtiſteieren, » Ober in Mangel been, fid) zu der Gebühr weifen zu » lafen.” Dieſe entfallenen Aeußerungen waren für den fchlauen Kanzler ein erwunfchter Anlaß, zu beweifen, dag von unfern Urtheilen ein hoͤherer Rekurs ſtatt Da» ben fünne. Strads fagte er darauf, daß es vielleicht ein Mittel wäre, und Bath, Wettſtein, diefe Erklärung durch einen Zettel gewifen von ihm begehrten Abſchrif⸗ ten beyzulegen. Wettflein erwiederte aber: ein. Sod ließ er fid). bereden, es den Larferlichen Bevollmächtigten mündlich zu eröffnen.

I. Kay. Das Jahr 1651. 13

Den 30, Zenner nahmen die Befandten Abfchied, und den 15. Februar war Wettſtein fehon wieder zu. rüd. Die Koſten diefer Wiener⸗Reiſe beliefen fi) bid. auf zehn taufend Reichsthaler. Unſer Rath machte ben übrigen Orten den Borfihlag, daß diefe Ausgaben auf fämmtliche Stande vertheilt werden follten; -— ed wurde ad referendum genommen.

Bor ber Abreiſe aus Wien geſchahen aber an die eidsgenöfifchen Gefandten zwey Anträge von Seiten des Raifere: Der er(fe vom 19. Jenner gieng dahin, bag man dem Mißbrauch, welchen Sranfreich mit den (viel: zerifehen Truppen machte, fleuern wolle; und dann, daß bep der Erneuerung des franzöfifchen Bundes nichts neues eingeführt werden möchte, bad dem Kalfer, dem Reich, dem Haufe Defterreich unb der Erbverein zu einigem Nach« theil gereichen dürfte. Der zweyte Antrag betraf die Schulden , welche bie Basler beym Faiferlichen Hof ans zufprechen hatten. . Schon vor geraumen Jahren war ‚ein fogenanntes Fidejustions Wefen angefangen wor ben, welches fo viel als Reduction fagen wollte. Nun wünfchte der Kaifer, daß man fid mit einer Summe begnügen möchte, die, in meinen Handfehriften gering genannt wird. Die Gläubiger waren übrigen der Stand felber,, bie Armenhaufer und Partikularen. Der Stand zeigte ſich nachgehends (efr geneigt, für feine Forderung die verlangte Nachlaſſung einzugehen.

14 XVII. Periode. 1649—1691;

Das Kammergericht ließ fid) durch die Taiferlichen Mandaten nicht abfihreden, unb e8 erfolgte daraus ein wahrer Federkrieg. Sn einem Schreiben an den Kaifer befannte das Kammergericht offenhersig, daß es das , Expediens mit der Stadt Bafel ergriffen hätte, um fich in etwas zu animiven und zu erfrifchen, indem die Richter gänzlich erfchöpft, enervirt, und ausgemergelt wären; unb im gleichen Schreiben bringt e8 dem Kai fer in Erinnerung, daB ev felber den 27. Märs 1647 feinen Beyfall gegeben Hätte, daß es in diefee Sache (id das allgemeine Intereſſe des Reichs angelegen ſeyn laße. Hingegen machte der Kaiſer in ſeiner Antwort vom 4. Maͤrz unter anderm dem Kammergericht den Vorwurf: » es wäre durch feine ausgegangene Prozeſſe wider bie Stadt Bafel Urſache und Anlaß gewefen, daß mit Hülfe der Kronen bey den allgemeinen Friedens-Traktaten bie Exemption ber Eidgenofenfchaft und der Stadt Ba— ſel beffo beffer durchgetrieben worden (ey,

Der Ehurfürft von Mainz ſchrieb fomobl an die Schweizer Cden 14. Maͤrz), als an den Kaifer, (den 12. Februar.) Die Schweizer antworteten den 24. April. Die Basler Kaufleute, deren Waaren immer nod) üt Verhaft lagen, fdyidten einen Mandatarium nach Speyr, bem aber bie Auswahl unter brep Borfchlägen gelaffen. wurde; entweder nämlich, bie Waareu zu verfilbern , und das Crlóste Bis zum Austrag ber Sache zu hinter

I. Kap. Das abr 1651. 1$

(eget, oder Caution für bie Verabfolgung ber Waaren zu leiſten, ober einen Revers auszuſtellen, daß es mit. Bordehalt der Nechte des Reichs und jedes andern, fo es fenn möchte , gefchehen fen. Indeſſen Hatte man fid an die franzöfifchen Behörden auch gewendet. Der 80» nig fchrieb am die Ehurfürfen gu Mainz und Trier, und befahl den 2. May feinem Miniſter bey ben Reichsſtaͤn⸗ den, dem Baron d'Avangour, fid) auf das dringendfie dahin zu bewerben , Daß die angehaltenen Waaren Der» ausgegeben, unb die Stadt Bafel unter feinem Vorwan⸗ de mehr von dem Kammergericht beunruhiget werde. Den 7. May berichtete uns der franzöfifche Ambaſſador, de la Barde, werde vermuthlich bie Widerfegliche Teit der Kammer fich bald legen, und ba man Curs darauf die gleiche Nachricht wieder erhielt, fo bekam ein hieſiger Bürger , Namens Karl Dieg , den Auftrag , fid) nach Speyr zu begeben. Er war ohnedieß von Geiten ber evangelis (dien Orte, welche [ber Churfürft von der Pfalz zu Pathen eines Kindes genommen Hatte, ernannt worden, um der Zaufbandlung zu Heidelberg in ihrem Namen beyzuwoh⸗ nen. Er meldete (id) den 26. May (vet. st.) zu Speyr bey dem Kammergericht , und den 9, oder 10ten Junii fonnte er mit den endlich verabfolgten Waaren feine Ruͤck⸗ reife antreten. Es gefchah aber erft nad) vielen Umtrie⸗ ben, und das Kammergericht Hatte den Kleinen Soft, daß die. Basler ihre Kofen und Schaden auf fid nehmen mußten; daß es, vole bod) das kaiſerliche Mandat e$ mit

16 XVII. Periode. 1649—1691,

fi) gebracht Hätte, weder 100 Mark Gold zur Strafe eriegte , nod) einen Abgeordneten nach Wien ſchickte; und daß endlich Proteflationen inb Neproteflationen aus ges wechfelt wurden. Es fiheint aus allem , daß «d der

Kammer, den Ehurfürften von Mainz unb Trier, und _

andern Ständen zu Ohren gekommen war, wie autmii» thig im Sy. 1585. , auf einen eldögenößifchen Cprud , die Basler für alte verlofchene Rechte, zweyhundert tati» fend Gulden hergegeben hatten. Der Gburfürft. felber machte feinem Anftand in einem Schreiben an den Kal fer vom 12. Februar zu melden : „Die Kammer habe gehofft die Reicheffände in etwas zu subleviren, und das fíeite Corpus des Kammergerichts vor gänzlicher Dissolution num erf in Portu zu erhalten, und er, Churfuͤrſt, fen auch wegen feines Kammergerichts-Kanz⸗ ley⸗Regals dabey interefirt.” Was folglih im erſten Anfang eine gewiße Abhaͤngigkeit vom Reich wirklich anbahnen, oder vielleicht nur fuͤr hoͤhere Behoͤrden zu einer Art Geißel dienen ſollte, artete zuletzt, wenn man

ſich des Ausdrucks bedienen darf, in eine wahre Beutel

fchneideren ans.

Es war bisher üblich, dad die Hauptprivilegien , oder Faiferlichen Freyheitsbriefe, Sonntag vor Fohanni , aufm Betersplag, vor der Eidesleiflung der Rathsherren, Öffentlich durch ben Stadtfchreiber verlefen wurden. Es waren der Basler ihre Waffen gegen die Bifchöfe. Nun fand der Rath unterm 21, Junii, vorträglicher ^ Biefe

Dor-

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. H. fap. Das Safe 1651. 17

Vorleſung einzuflellen, und dem Buͤrgermeiſter, der bie "gewöhnliche Rede an die Bürger hielt, aufzutragen , gedachte Privilegien nur mit wenigen Worten anzufuͤh⸗ ren, und den Vortrag fo einzurichten, daß alles im gleichen Actu angeseigt werde. Es fcheint aber, daß dieſe Anführung felber bald ganz unterlaffen wurde.

Eine andere Verfuͤgung, die Aus bet gleichen Ab⸗ fichten, wie jene, berfloß, muß hie bemerkt werden Die bisherigen Nokarien qu Baſel, waren Taiferliche Mor tarien. Wenn einer dag Notariat treiben wohte, ſa wur⸗ de er von einem andern Burger, ben ber Kaifer gum Comite palatino ernannt hatte, examinirt, creirt ; unb mit bem ‚gehörigen, Diplom verfehen. Nun wurde im Rathe angebrad)t : „Ob man ferner: fo viele fai» ferliche Notarien bier haben, ımd ob man es nicht, wie an andern Orten in der. Schweiz beobachten , und. die Notarien felber erwählen wolle.” Es wurde aber gut befunden, fid) vorher mit den übrigen Kantonen ‚darüber zu berathen. Man beforgte vermuthlich, baf bie Ges richtöffelen im eich den Inſtrumenten der hieſtgen Nor tarien die gefegliche Kraft abfprechen würden. &o flark war diefe Beforgniß, daß unfre Notarien ſich lange nod) außer der obrigkeitlichen Urkunde, ein kaiſerliches Dis ploma, zur Beybehaltung ihrer Kunden verfchaffen muß⸗ ten. :

VAL. Banb. 8

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18 XVII. Beriode. 16491691.

Eine dritte ‚Verfügung gehört auch Dieer. Der Blutvogt wurde nicht mehr Reichsvogt, fonbern Stadtgerichtsvogt genannt. Unter dieſer Benen⸗ nung erhielt ein Burkhardt Rippel, im J. 1653 den 5. Dir die Stelle.

Sm Sugffmonat fam ber Vorſchlag des ſogenann⸗ ten Ballois bey Vergebung der Aemter auf die Bahn. Er konnte aber nicht durchgeſetzt werden. Man ver⸗ ſtand unter dem Ballot, das geheime Mehr, und den Gebrauch" der Kugeln, Dep Ablegung feiner Stim⸗ me. Die Aemter wurden durch Das offene Mehr be (eit. Wenn es Dienfle betraf, um welche man fich angab, fo wurde das Verzeichni der Garnbibatem abge lefen, und über jeden derfelben abgemehrt, alfo, baf wenn die Stimmen (id) fepe vertheilten, einer mit we. higen Stimmen den Dienft erbielt. Wenn es aber um Aemter zu thun war, für welche man (id) nicht angab, fo geſchah zuerſt eine dreyfache Vorwahl, bald im Rath ſelbſt, bald von Seiten des geheimen Raths, ober am derer Behörden. Im Rath felbft wurde folche alfo vor. genommen. Der Bürgermeifter hielt eine Umfrage und bey jedem Borfchlag mebrte der Stadtfchreiber ab, ob die vorgefchlagene Berfon in fene brepfad)e Vorwahl ges hören follte. Hierauf traten die etwan gegenwärtigen Verwandten ab, und die relative Mehrheit der Stimmen entſchied unter den drey Borgefchlagenen-

II. Kap. Das Yahr 1652, 4

1652,

Die fliegende Armee, welche der Herzog von Lothringen in den erften Monaten ind Elſaß einruͤcken lief, beum ruhigte fo ſehr Baſel und Solothurn, daß die Eidsge⸗ noflen jedem 500 Dann auf die erfie Mahnung verfpra- chen. Den 14, Aprill zogen 50 Mann von Zürich unb 30 von Schaffhanfen in Baſel ein. Bald aber entfern⸗ ten fich bie Zothringer.

RETTET

Zweytes Kapitel. 1653.

Bauern Aufſand.

In den Kantonen Luzern, Bern, Bafel und Co lothurn brach unter den Landleuten ein Aufſtand aus, der endlich die Obrigkeiten zu ſtrengen Mitteln nàtbiate. Der Oberſt von Zweyer aus dem 4. Uri, Johann 9t» dolf Wardmuͤller von Zurich, und Oderſt Sigmund von €rlad), bewirlten ed, baf in Zeit von 3 bie A Mona⸗ ten alle Gefahr aufhörte. Zoͤrnlin von Baſel leiſtete auch Dienfle bey dieſer weitausfehenden Begebenheit.

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20 XVII. Periode. 1640-1691.

| Die Luzerner Bauern , befonders im Entlibuch, machten den Anfang. Daher wurde hier den 19. Hor⸗ nung ein erffer Zuzug von 600 Mans in Vereitfchaft: at» halten. Zugleich bekam jeder Bfarrer auf der Landfcheft bie Weifung ,. feine Gemeinde zum Gehorſam zu vermah⸗ fen. Mehrere ließen fid) aber ſchon durch bie ausge fanbten Bothen der Luzerner verführen. Nur die Untern Aemter, Mönchenflein, Riehen und Kleinhüningen blie ben der Stadt getreu. Der Roth befahl, daß taufenb Mann in der Stadt unb auf ber Landfchaft angeworr ben werden follten. Jeder Angeworbene befam zwölf Batzen Handgeld, und, bis man ihn brauchen wuͤrde, ein wöchentliches Wartgeld von 6 Sagen. Der Kriegs fold wurde monathlih auf 5 Kronen gefegt. Ale An geworbene, fo bald flein Compagnien eingetheilt wa» ven, fchworen den Eid ber Treue; die Fußganger in der Stadt, unb die Reuter vor den Thoren im Felde. Der Oberſtlieutenani Zörnlin erhielt das Commando, Muͤllhauſen fehidte —— Mann hieher.

Auf eingelangte Mahnung von Bern, sogen t die Muͤllhauſer mit zwey basleriſchen Compagnien von. zwey⸗ hundert Mann, den 16. Maͤrz nach Arau. Sie mußten ſich aber zurücziehen, weil die Bauern Sturm lanteten, und bie Brüde über ber Aar abwerfen wollten. Bey Aerlisbach verſuchten ſogar ſiebenhundert Solothurner if» nen den Ruͤckpaß abzuſchneiden.

H. Kap. Das Jahr 1653. 21

Indeſſen hielten unfee Mißvergnügten, an Ofgelegenen Orten, geheime Zufammenkünfte; unter anderm in der Orismuͤhle, Landvogten Lieſtal, welches in einem der Sen» fer dieſer Mühle iff abgefchildert worden. Sie flagten vornamlich über bie Soldatengelder , bie Stockloͤſe, bie Eiegel-Gelder, die zwey Gulden von Hochzeiten, an wel den mehr Berfonen fagen , ald bie gefegliche Zahl, bie Strenge der Landvögte, ben Preis des Salzes, fo die Obrigkeit den Landleuten theurer verkaufte, ald den Buͤr⸗ gern der Stadt. Gegründet war der legte Klaqpunkt. . 98on der Strenge der Landvögte aber iſt es fchwer ein

- Urteil zu fallen; denn bie Frage bleibt imme zu un⸗ terfuchen: 05 bie Strenge in der Volfirefungsart oder im Gefeg felber Tag. Einer von Lampenberg wurde 5 3. aufé Schloß von Waldenburg, mit Striden gebun. ben, in der herbſten Kälte, geführt, unb dann ins fo genannte Loch geworfen, weil er zwey Sonntage hinter einander nicht in die Kirche gegangen war, Die Ver⸗ ordnungen über den Kirchgang Deffümmten zwar nicht diefe Strafen, überließen aber der Winkühr ber Ober» vögte die Rechtfertigung derartiger Vergehen,

Den 15. März hatte eine Nathe-Deputation alle. Amtleute zu Lieſtal zuſammen berufen, und ziemlich be» ruhigende Erklärungen vernommen. Den 21flen trat der große Rath zuſammen, der bie fernere Behandlung des Befchäfts dem kleinen a mit vollem Zutrauen uͤberließ

t

22 XVII Periode. 1649-1691,

Die Anzahl. der Mißvergnuͤgten batte fid) aber in den Obern Aewtern vermehrt, und eine dahin abgeſchick⸗ te neue Deputation erlaubte ihnen, ihre Bittfchriften auf den 30ífen dem Rath einzugeben, Diefes veranlaßte et» ne Landsgemeinde bey GSiffach , und: die Webelgefinnten befamen dadurch einen günffigen Spielraum. Ausſchuͤſſe famen vor Rath, und wollten gleichſam Geſetze vorfchreis ben. Der! Salzbandel folite frey (ep u. (. v. Dan verfuchte vergebens, fie auf andere Gedanken zu bringen, und die Oberamtleute erhielten den Auftrag, vie Ges meinden nochmals gu verhoͤren, und ihre Ausſchuͤſe auf den 5. April vor die Raths Seputation zu weilen. Diele erfchienen, und brachten die gleichen Begehren mit; doch betrugen fich einige derfelben als beſcheidene Maͤnner, und verfprachen Treue und Gehorfom. Den stem lief. bie Nachricht ein, daß die Unruhen im Bernifchen zugenom- . men hätten. Der Rath gab das Soldaten » Geld auf, bewilligte Termine für den Nachtrag der Ruͤckſtaͤnde, verminderte um zwey Schilling den Preis des Küpfleing Salz '), unb verſprach, fi uber einige Abänderungen in ber Landes-Drdnung des Nähen zu berathen. Hies rauf thaten die Ausſchuͤſſe die feyerliche Zufage, allen Umgang mit rebelifchen Untertanen zu vermeiden,

' *) Dder um etwas mehr, falls ble Landleute das Salz felber in der Stadt abholen follten,

II. Roy. Das Jahr 1653. 28

Allein vor ihrer 9tüdtünft Hatten fchon bie Uebel gefinnten freche Ausgelafienheiten ausgeübt. Sie beſtuͤrm⸗ ten Die Häufer mehrerer getrenen Beamten, leerten if» nen bie Brodlörhe und Weinfäfer aud, fchoren einigen zur Schmach die Bärte ganz weg, haueten fogar einem ein Ohr ab, verfihrieen aller Orten die Abfichten der Regierung , fcholten diejenigen, bie e8 mit berfelben hiel⸗ ten die Linden, unb nannten fid) felber bie Garten oder die Gehaͤrteten.

Od nun fehon bie Ruͤckkunft ber Ausfchuffe bero gleichen ſtrafbare Handlungen eingeſtellt, fo Heß fid) der Rath dennoch nicht dadurch irre führen. Zur Beſchuͤ⸗ sung der Öutgefinnten fandte er Zörnlin, zwey Haupt⸗ lente und 350 Dann nach Lieflal, bie fogleich bie Lie flaler Wache von den Thoren wegjagte. Allein den fol» genden Tag, den Eharfrentag , rüdten, auf Mahnung der Lieſtaler Eilboten, taufend bewaffnete Wallenburger Derbep, die zugleich bie Solothurner zur Hulfe anrie⸗ fen. Einer unter ihnen fuͤhrte ein blankes Schlacht⸗ ſchwerdt. Sobald er ſolches in der Hoͤhe hielt, ſchwiegen Ale fin; ſobald er aber ſolches ſin ken ließ, tobten Alle unter einander. Zoͤrnlin verfuͤgte ſich zu ihnen mit dem getreu gebliebenen Schuldheißen von Lieſtal, Namens Imhof. Sie trotzten aber, begehrten den Ruͤckzug der Basler, drohten mit einem Angriff, ſprachen ſogar von Haͤuſer anzuͤnden. Zoͤrnlin und ſeine Hauptleute fanden rathſam Lieſtal zu verlaſſen. Auf ihrem Abzug nach

24 XVII, Periode. 1640-1691.

Baſel, wurde einer ihrer Soldaten, von Fuͤlinsdoͤrfern

‚die auf fie fenerten, verwundet.

Als bie Zeit fid) näherte, wo der außerordentlich angeſtellte Buß und Bettag, zu welhem Bern ung ein» ' geladen Hatte, gefenert werden folte, beforgtem bie Re hellen , mon möchte fie in den Kirchen überfallen, ſtell⸗ ten deswegen Hochwachten aus, und befuchten mit bem Seitengewehr den Gotteóbienff.

Indeſſen Hatten ihre Anführer den Yuffat eines

Bundes mit ben Nebellen der Kantone Bern, Luzern

und Solothurn wie aud) zur Beſchwoͤrung deffelben , eie ne Sufammentünft von Ausſchuͤſſen zu Hutweil verabredet. Gedachte Anführer beriefen ‚su biefem Ende auf den 13 diefes Aprilmonatd ale Untertanen der aufrührifchen Vogteyen unferá Kantons zufommen. Der Sanmelplatz war ber fogenannte alte Markt oberhalb Lieftal. Dort ſprachen die Heuchlerifchen Wortführer guerft vom Ger horſam gegen die Obrigkeit, und, um die Schwachen, und wohl qud) die Gutgefinnten beffo leichter zu verfüh: ren, gaben fle gerne zu verfichen, al wenn es nur au fer den bereits Hewiligten Begehren, um einige Punts

ien mehr du thun wäre. Hierauf fam ber Aufſatz des

Bundes zum Vorſchein; dann wurde die Nothwendig⸗ feit den Hutweiler ^ Landtag (wie fie ihn nannten) zu befichen, lebhaft abgeſchildert. Ohne Zeitverluſt fchritt

man quc Ernennung der abzuordnenden Vothen. End:

IL Kap. Das Jahre 1653, 25

fid) trieben die Raͤdelsfuͤhrer ihr fehlanes Spiel fo weit, daß fie dreymal mit dem Volle auf die Kniee fielen, und den Sepffanb des Erlöferd anflebeten. Nach diefer Landsgemeinde, hielten fie fchon am 2. May eine ande re, bey welcher fid) wohl tanfend junge gente einfan ben, die alle Stöde hatten, woran weiße Tücher ge bunden waren. "m |

Borher aber mußte der Rath in Erfahrung brins gen, daß felber in der Stadt manche Bürger, beſon⸗ ders unter den Metzgern, durch ihre Neden fid) ald Gon ner oder Verteidiger ber Webelgefinnten aufn Lande bar» gaben. Gogleich ließ mam die verzeigten Bienz, ben Metzger, Kuͤndig, einen neuen Burger, auch Metzger, und einen Bleicher, Namens Linder, beyfaͤngen, und wegen ihren unvorſichtigen Schmaͤhungen ſtrafen.

Eine ſolche Stimmung bewog ihn auch die Zuͤnfte und die drey Geſellſchaften der kleinen Stadt auf den 20. Aprill zu verſammeln, und durch einige Rathsglie⸗ der beſuchen zu laſſen. Bon dem ihnen gegebenen Auf⸗ trag nur folgendes : Während des dreyßigjaͤhrigen Krie⸗

ges, fe) der Staat um etliche hundert tanfend Gulden heſchwert worden, die ihn noch Hart brüdten. Man fe) ber aͤußern Einkünfte im Sundgau umd andern bes nachbarten Staaten, au Früchten, Wein und Gelb gleich fem. gänzlich entfet worden. Die Landſchaft bezahle nur für 50 Soldaten Soldaten Gelder Den Rebellen.

26 XVIL Periode, 1649 —1691.

fep «8 mue darum zu tun, vole fie die Obrigleiten fo weit einthun und binden möchten, daß alles in ihrer Macht, Gewalt und Verfügung fichen wurde. Die Bürger wurden gemafnt, (id) nachdenklicher Reden zu enthalten, andre davon abzumahnen, und die fid) wies der verfehlen , einem der Haͤupter⸗ zu ruͤgen. Nach geen- bigtem Bortrag wurde von den Abgeordneten Feine Ant⸗ wort ober Gegenrede verlangt; fondern der Meiſter der betreffenden Zunft zeigte blos den Zunftbrüdernan, daß fid) jeder mit feinem ſaubern Unter» und Obergewehr gefaßt ‚machen folle, unb daß man fif) erkläre, als vedliche, getveue und gehorfame Bürger , ben feiner lieben. Obrig⸗ feit, Leib, Ehre, Gut und Blut aufsufegen. Da aber der eine ober andere. wider Verhoffen, anders ges finnet wäre, fo foll der Meiſter, wurde befohlen,, ex anzeigen, auf daß fich ber Rath deſto beffer barnad) zu richten voie." in gleiches geſchah auf dem Rathhauſe gegen bie Hinterfäßen . und Aufenthalter ; der Umgang währte zwey Tage, und aller Orten fiel die einmuͤthige

Erflärung, man wolle mit Leib und Gut zu ui Obrig⸗

keit halten. : | Am 16. April hatte (don ber Rath eine außer⸗ ordentliche Kriegs» Commiflion aus den alten Häuptern (Wettſtein und Hummel) und vier Raͤthen ( Bonifacius Burkhard, Onophrio Merian, Benedikt Socin und Ans tread. Burkhardt) niebergefegt. Sie konnten, (o oft fie e$ nótfig finden würden, den Oberſt Zoͤrnlin zu (i ber -

IL Kay. Das Jahr 1653. 7

rufen, gleichwie Caſpar Munzinger, als einen Kriegs erfarenen Mas. Ihr Auftrag war : im allen vorfal⸗ ienden Sachen, die den Nugen und bie Wohlfahrt der Stadt und be gemeinen Weſens berühren möchten., die erforderlichen Anfalten zu machen, und bie befundenen Maͤngel ohne Verzug zu verbeſſern. Sollte doch etwas von beſonderer Wichtigkeit ſich ereignen, ſo muͤßten ſie es entweder vor die XIII , oder vor den Rath Dritte aen. Zaus endlich ihnen ungute Reden zu Obren fom» men würden, fo follten fe bem alsbald nachforſchen, die Fehlbaren beſchicken, beſprechen, ſtrafen oder dem Rath verzeigen.

Ob man ſchon 800 Mann Fußvolk und eine Com⸗ pagnie Reuter angeworben hatte, wurden außer den Buͤrgern, die Waffenfaͤhigen Univerſitaͤts⸗Verwandten, die fremden Kaufmannsdiener, Handwerkergeſellen und Aufenthalter in Gompagnien eingetheilt , und bewaffnet.

Damit sicht zufrieden, fae man fi um fremde Hülfe um. Benedikt Socin befam den Auftrag an deu General Yuditor Woͤlker in Breyſach zu ſchreiben, um den Herzog von Harcourt und Charlevoix, Guberna-⸗

tor qu Brevfach,, zu fonbivem. Breyſach gehörte noch

den Sranzofen. Zweymal antwortete Woͤlker, daß der Herzog erböthig fen, big 100 Pferde und 300 Mus⸗ euetierá uns zu Hülfe zu fidem. Auf diefe Anzeige ergieng folgende Crfamntnif- : „Sol Herrn General

. 28s XVII. Beriode. 1649—1691.,

Sfubitór durch Herrn Socin gefchriehen werben, daß man fich Diefer wohlgemeinten Dferte zum hoͤchſten er^ freue , unb darfür danke, aud) daß man in feinen 33er» geß fielen würde, dieſe große Gourtoifie und Freund» ſchaft um Ihro fürftlihen Gnade gu allen begebenden Dceafionen möglich. wiederum zu befchulden. Beyne⸗ ben zu bitten, bie angebothene Hilfe in ſtuͤndiger Be⸗ reitfhaft zu halten, damit man felbige, aufm Nothfall, bey der Hand babe möge. Einer CZAslin) wurde bald darauf nach Breyſach geſchickt, um die fränzöffche Hülfe förmlich zu verlangen. Sie langten in Huͤningen an; die Gommanbanten derfelben beflagten (id) aber, bag Niemand füme mit ihnen zu reden, ober ihnen anzuzei⸗ gen, was fie tum folten. Es wurde daher der Kriegs» Gommifion die Beſtimmung überlafen,. wie man fib des Soldes halben, und fonflen gegen die Offtziere und gemeinen Soldaten su verhalten Dátte. Es fam nicht zum wirklichen Aufbruch. Ihre Gegenwart in der Naͤ⸗ De hielt aber bie Unterämter im oum und wirkte auf mehrere in den Oberaͤmtern, die Späher täglich mad) Pratteln, Muttenz, Muͤnchenſtein fchidten. Einem Gol daten gab man einen doppelten Kronreiß, einem Reuter zwey Sonnentronen, und den. Dffisieren nach Adves mant, und fie wurden in, bem erften Tagen des Brachmo⸗ nats abgedantt. Zugleich ergieng ein Dandfchreiben an den Hareourt, um ihn auch gu bitten, im folcher gnaͤdi⸗ gen Affection gegen uns zu verharren. Er antwortete

1. Sap. Das Jahr 1535. . 29.

den 6 Juny in Déffidoen Ausdruͤcken und mit Dandbezen gungen. Am 16. Heumonat wurde die Renumeration des General Auditord, Doctor Wöller, Inder Haͤupter Diferetion geſtellt.

Außer der franzöfifchen Hulfe Hatte man aud) vom Bifchof einige durch vertraute Berfonen begehren Tafen. Er fchidte den 28. May, aus den welfchen Vogteven 150 Dann zu Sufe und 50 zu Pferde nach Laufen, mit dem Befehl, wofern unfre Bürger ausziehen fofften , fid) mit ihnen gu vereinigen, oder fie gar in Beſatzung su nehmen; fie. wurden aber den 9. Juny entfa(fen.

Auch hielt ein fremder Oberſt vierzig Reuter zum Dienſt des Raths in Vereitſchaft. Er wird in einer Handſchrift von Gruͤen, und in einer andern von der Howen genannt.

Bey ſolchen ee unterblieben die Mittel der Güte nicht. Es ſcheint auch, daß man den Aus⸗ gang der im Innern der Schweiz vorbabenden Unterneh» mungen abwarten wollte. Oft wurden Rathsdeputirte in die Dörfer geſchickt, um die Gemüther zu gewinnen , oder wenigſtens den Thärlichkeiten Einhalt zu thun, wel. de mehrmalen fo weit giengen, daß Leute theils ver wundet, theils todgefchoffen wurden. Gefandte von Sil» rih und Schafhaufen fanden fich den 9. Day bier. ein, und ba bie tintertfanen ſich weigerten Ausſchuͤſe hieher in ſchicken, fo ließ man e$ fid) gefallen, in cine Unter ' rung mit ihnen zu Lieffal "zu treten, unb der dortige

.30. . XVII Berlode. 1649-1691.

Bfarrer belan den Auftrag eine bewegliche Predigt vor der Su(ammentunft zu halten; alles war aber vers gebene. Nun forderten die Ausfchufe gänzlichen Nach faf der ruͤckſtehenden Soldatengelder, freyen Salzhan⸗ bel unb eine Dienge andere Sachen. Gie wollten weder die Vermittlung der eidsgenöfifchen Gefandten annehmen, noch vom Hutweiler Bund abffeben. Deſſen ungeachtet gab man ihnen den 14. Pay, Hoffnung zu einigen Begins

fligungen , wenn 6e fii mur ffül aufführen, und den

Bund aufgeben wollten.

| Den 17. May wurde der große Rath zuſammen⸗ berufen, der die bisherigen Verfügungen des Fleinen Raths authieß, und das weitere ibm mit voller Gewalt

anheim ſtellte. In ber gleichen Sitzung wurden aber Er⸗

fanntnife des kleinen Raths über bad Metzgerweſen mite geteilt, und beſtaͤtigt. In Folge diefer Erkanntniſſe follte die neue Schole (Metzg) befchloffen und das Der» eintvagen des fremden Fleiſches, mit dem Vorbehalt, abgefchaft werden, daß wenn Klagen einfámen, man die neue Schole wieder aufrichten laſſen wirde. ')

1) Es wurde auch befoblen : „Die Vürgerfchaft qu allen und jeden Zeiten mit allerhand Bratis und andern

Fleiſch nach Notbdurft zu verfehen.” Allein, menn e$ jedem Bürger cinficle, nur Gebratenef$ und nichts

Gekochtes effen qu wollen, was würden bie Metger

IL Kap. Das Jahr 1653. 81

Den folgenden Tag fand man die Gemüther in den obern Aemtern, außer im WBallenburger- Amt, ziem⸗ fih gelaſſen. Allein, auf eingelangte Mahnungen der Rebellen aus dem Innern der Schweiz, (diidten die Un⸗ frigen den 22. mit fliegender Fahne 100 Dann mad) Dtmarfingen, zwifchen Lenzburg und Mellingen, und verfammelten ſich dann bewaffnet , bie auf etliche Tau⸗ fend Fark auf dem alten Markt vor Liehal. Der Rath fandte ihnen den 25. May einen offenen Brief zu, in weichem gemeldet wurde, daß die Obrigleiten in ber Schweiz zu den Waffen gegriffen hätten, um die Bes drängten zu fdugen, und die Empörung, wann nicht durch Güte erbáltli) , mit Gewalt abzufchaffen. Der Rath befahl, bep Leibes und Lebensſtrafe, daß, aufer den gewößnlichen Dorfichaften, Niemand fi im Ges wehr betreten. lagen, und viehveniger den Durchmarfch

verhindern follte. Zugleich aber verſprach er die Cv» fülfung der getbamen Zufagen und den obrigfeitlichen Schutz, wenn diefer Ermahnung nachgelebt würde. Man findet nit, daß fie einigen Eindrud machte; (m Gegentheil, die Lieflaler und andre fchidten zu den Prattelern und übrigen Angehörigen des Moͤnchenſt einer⸗ Amts, unb liefen ihnen fchriftlich und mündlich mel»

mit einem Theil ihres Fleifches machen? Erfſichtlich ift es, daß matt zugleich eine ganze Zunft und die Übrige Bürgerfchaft zu gewinnen , oder zufrieden flellen wollte.

32 XVII Periode. 1649-1691.

ben, daß wenn fie (i misht auf ihre Seite srflärten, fie ſolche mit Feuer und Schwerdt heimfuchen wollten:

tm biefe Zeit mahnten und die Zürcher eruſtlich: „Ihnen

fen unmöglich dem Schwall der sufanfenben Bauern allein zu reſiſtiren, fie moviren fid) auch, und Lotus eine Diverfion.”

Bald erreichten aber die Sachen ihre Enoſchaft Der Oberſt von Zweyer, Wettſteins Reiſegefaͤhrte nach Wien, trieb, mit feinen 5000 Uenerh , Schweizern, Unterwaldneren, Zugern und Glarnern, die Entlibu⸗ cher und Emmenthaler zu Paaren. Johann Rudolf Werdmuͤller von Zuͤrich, Befehlshaber uͤber 10,000 Zuͤrcher, ſchlug, am 24. May vermittelſt feines qvo» ben Geſchuͤtzes, 22,000 Bauern bey Bremgarten; und "ben. folgenden Tag begehrten diefe ben Frieden von: ihn. Die dort befindlichen Basler nahmen feine Friedensbe⸗

dingniffe am, unb kehrten nad) Haufe gurüd. Den 27.

ließen die Lieflaler und ZBallenburger um Gnade und Verzeihung bitten, wurden aber nicht angehört. Indeſ⸗ fen rücten bie Berner mit ihren welſchen Unterthanen und Verbündeten, Wandtländern, Genfern und Neuenbur⸗ gern, Devan. Ihr Befehlshaber von Erlach, fehidte den 23. May, Bothen an die Basler und Solothur⸗ mer Unterthanen, mit der Anzeige, daß er frenen Zug nach Bafel haben wolle. Am gleichen Tage lieferte cr den Ueberbleibſeln des Aufruhr ein Treffen bey Herzo⸗ genbuchfee, das dem ganzen Aufſtande ein Ende. machte. Hier⸗

—— ——

IL Ray. Das. Jahr 1653. $3

SHierauf fafte der geheime Rath ben Entſchluß, bit in der Stadt angeworbene Mannfchaft in die Landfchaft einrücden zu laffen. Den gleichen Nachmittag führte Zoͤrnlin einen Theil der Reuterey nad) Lieflal, Siſſach, und Geíterfinbén ; die andern Tage folgten noch 200 Reuter , wie auch nebf den Mühlhaufern, 500 Mann zu Fuße. Die Graͤnzen bey Langenbruck, Laͤufelſingen, und Oltingen wurden beſetzt, und nun ſchritt man zur Aufſuchung und Gefangennehmung der Raͤdelsfuͤhrer. Socin wurde nad) Arburg geſchickt, wohin fid) Kriege raͤthe oder Geſandte mehrerer Kantone verfuͤgt hatten. Er ſoll nicht einwilligen, wide ibm aufgetragen, daß ble. Delinquenten anderſt abgeflraft werden, als burdj die Odrigleiten, deren Unterthanen fie ſeyen.

In Zeit von einer "Woche brachte man über 170 Mitſchuldige, tbeiló angebunden, gpeils mit Stricken oder Ketten gebunden in die Stadt. Der einzige Heinrich ye fin, Schultheiß von Lieftal, fubt wegen feine boben Alters in einem Wagen, Det Kath fegte den 4 Sum) eine aufete ordentliche Commiſſion nieder, um bie Klagpunkten und die Fragſtüce aufzuſetzen, unb nach derſelben die Angeklagten qu verhbren. C$ marem Bonifacius Burkhard, Brandmüller, Pauler, Werenfels, Stähelin und Weiß. nr Laufe bed Prozeſſes finder man einige male, bag der Rath den Corte miſſarien aeftattéte, die Goltét anzuwenden. Am 29 Juny übergab die Geiftlichkeit ; unaufgefordert, ein Memorial, in welchem fie eine erafliche Beſtrafung, als böchſt nothwendig nd erforderlich anrieth. Vielleicht geſchah es anf einen gto

Vl. Sand, 6

34 IXVII. Periode. 1649—1691.

gebenen Wink der XIII, bie e mußten, daß die franzöfifche Ambaflade fid) einigermaßen der Schuldigen annahm,

Alle Acten wurden den XII, su Eingebung eines Rath» fchlages , quaeftcüt, unb den 13 Heumonat befam ber Rath diefen 9tatbícblag. Zwey Nechtögelehrte, Doktor Sob. Jakob Burkhard und der Raths⸗GSubſtitut Hand Rudolf Burkhard, hatten die Straffälligen elafifieirt , und wie jede Claſſe zu firafen wäre, vorgefchlagen. Die vorgefchlagenen Strafur- theile wurden fogleich gefällt. Allein, anftatt die Todes» urtbeile durch das gewöhnliche Stublgericht beftätigen zu laffen, fand der Rath angemeflener , vor Bollfiredung bet. felben , den großen Rath auf den folgenden Tag zu verfam- tein, Der große Rath betätigte die ergangenen Urtheile, Ind fogleich fie man die Armen Sünderglode anziehen, und bie zum Tode Verurtheilten auf den Richtplatz führen,

Sechs wurden mit dem Schwerdt, unb einer mit dem Strange hingerichtet. Es waren s Uli Schad , ein Weber, v. Oberdorf, der. bey den Zufammenfünften dad Wort führte, (mitdem Strange); 98. Steff. Stutz von Lieflat, Hand Gy⸗ fin, des Schuldheißen Sohn, aud) von Lieflal, Eonr. Schu⸗ - Yet, ebenfalls von Lieflal, Joggi Mohler, von Dieften , Galli Jenni, Mayer zu Langenbruck, und UN Gyſin, Amts⸗ pfleger von Läufelfingen ( mit dem Schwerdt.) Bon 6 bet Hingerichteten begogen die Kinder 7; beg Vermögens j und vom Tten die Wittwe 25, ')

. . 9) Ein Saffengerücht, fo manche in ihren Tagbüchern ald Wahrbeit aufnahmen, fagte, daB während der Hinrich“ tung ein granfames Getümmel (id aufm Schloß Hom⸗ burg börcn fie, in eben der Kammer, mobin Uli Gy. fin feinen Hausrath geflüchtet batte.

dr. Rap. Das Jahr 1653. 35

Dren andre Aufrührer, Jakob Senn, der Untervogt von Gifad , Hand Crni , von Oberdorf, und Daniel Jen⸗ ni, bet Sattler von Waldenburg , wurden auf die venetia⸗ nifchen Galeeren, wider die Türken, auf Lebenslang verme theilt , damit nichts von ihnen mehr zu beforgen ſey. Ans fonderbaren wichtigen Urſachen, welche aber bad Rathsbuch nicht angibt, wurden fie mit der Todesftrafe verfchont. Als man fie aber den 30, Julii nebfl vier andern '), bie nur auf einige Jahre mit der Galcerenfirafe belegt wurden , nach Dalmatien führen wollte, wurden fie unterwegs, durch Öftreichifche Bauern , zwiſchen Sedingen und gauffenburg , den Führern mit Gewalt abgenommen und auf freuen Fuß gefteltt. Etliche famen hieher zurück, und wurden nur, big auf S5egnabigung, ehr- und wehrlos erklärt.

Am 22. Heumonat ließ der Rath einem Namens Jakob Schaub, von Tenniten, am Halseifen, durch den Scharf⸗ richter ein Ohr abíd)nciben, weil er ein gleiches einem aco treu gebliebenen Landmann getban batte, und mußten ibn, als Handlanger des Henkers, die zwey haften, bie ihm qu jener Mißhandlung waren bebülflic geweſen, Joggi Re⸗ cher und Hand Dalcher. Die Gemeinde mußte außer dem 50 fl. bem Mißhandelten begablen.

Dem Sammel Merian, Schlüffelwirth qu Lieſtal, hatte man unter anderm vorzumerfen, bag er den Landtag zu Out, weil befucht, und vor 14 oder mehr Jahren einem gefagt

1) Hans Schaub von Tennifen, Georg Marty, der Gers ber von Bukten, Iſaac Dettwiler, von Langenbruc , und Hand frager, von Sampenberg.

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36 XV, 9gerlobe. 1649—1691.

batte, er fónnte wohl berichten , was von Alters ber die Privilegien in ieffal gemefen wären. Das Urtheil war : foll zwey Jahre in ber Sefangenfchaft (aufm Rheinthor) Biete ben, ibm täglich mehr nicht ald eine alte Maaß Wein ge⸗ reicht , ohne Erlaubniß Niemand zu ihm gelaffen, und der dritte Theil feiner Güter confidcirt werden. Im folgenden Jabr, den 30, September, wurden die ubrigbleibenden 9 Monate von der Gefängnißftrafe ihm nachgelaſſen.

Su einer sweniährigen Gefangenſchaft nebſt Eonfisca- tion ber Hälfte feines Vermögend , wurde auch Hans Gy. fin, bet Wirth unb Amtöpfleger zu Hölftein, verurtbeilt, Er batte. Gelder vorgefchoffen, und in feinem Haufe wurde bie Annahme des Hutweiler Bundes befchloffen. Dem Wert Bove gab er feinen eigenen Degen nach Olten, famt dem Reiſegelde. Heinrich Onfin, einer der Schuldheifen von Kies fla , wurde ald Haupt der Mebellen feiner Stadt bezeichnet, verwirkte aber, rückfichtlich feines hoben Alters das Leben nicht. Die Hälfte feined Vermögens wurde aber zu obrig- Seitlichen Handen gezogen, und er mußte ſchwören, für fein Lebenlang in dem Haufe eines feiner Söhne, bcd. Schmides in der Aefchemer Vorſtadt zu bleiben; wie auch ame als Geiftliche zu empfangen,

Verwieſen wurden drey: Martin Hoch, von Lieftal, bet einer von denen geweſen, bie das ganze Werk führten; Hans Cafob Syfin, ber Nothgerber von Siffach, ber mit Sammel Merian, und Michel Strübin qu Hutweil gemweien, Joggi Schweiger , von Oberdorf, in deſſen Haufe viele faule Pra⸗ ticken ángegetteft worden, Feder mute noch einen Theil fei» ned Vermögens einbüfem.

II. Kay. Das Jahr 1653. 3T

Ang Schellenmwert wurden 10 gefchlagen: Jakob ffe, ber , von Ormalingen, der zur Einnahme des Schlofies Farns⸗ burg geholfen, Joggi Necher, Hans Dalcher , Bantal. Hei- nimann, von Lieflal, Hand Denger , von Siffach, der bas Schloß Farnsburg einnehmen balf, und Pulver daraus ente wendete, Hans Gafob Fürchter,, von Böckten, ein Beſtürmer des Schloffes Farnsburg, Friedlin Tſchudi, der Trommel» ſchläger von Lupfingen , Heinrich Freyvogel, von Arikiorf , Hans Cglin , von gdufelfiugen , und Hieronimus Waldner , von Buften.

Cbr. und wehrlos wurden 7 erflärt. Jakob GSingeiſen, der Schmid von Lieſtal, der noch den vierten Theil (eines Bermögens hergeben mußte, Jakob Weber, von Ormalins gen, der zugleich in eine Strafe vou 100 fl. verfällt wurde , Hand Brüderlin, ber Metzger von icffal , der auch 300 fl, . Strafe eríegte, Hand Gyſin, von Oltingen, der zu dem 200 fl. besablte , Martin Schneider , der außerdem das Bier . tel feines Vermögens einbüßte, Wernli Sufer, der auch 50 fl. erlegte, und Claus Schneider, der einem Amtspfleger cine Maulſchelle gegeben batte, und in eine Strafe von 200 fl. verfällt wurde,

. Sieben Angeflagte wurden ind Haus bannifirt C das tft, befamen Haudarreft ) , unb mußten Geldſtrafen erlegen , Deine. rich Seiler , der Stadtmüller von Liehal, Hans Gerſter, von. Gelterfinden, ein trogiger Gefell, Michel Strübin , ber Hut- macher von 2ieftal, Jakob Senn, der Feldmüller von Lieltal, Jakob Stutz von Liefial, Bafchi Senn, der Müller von Gif, fad), und Bafchi Wirk von Gifad.

Nur Geldſtrafen mußten zwey erlegen, Hans Fluebacher von Lampenberg, der geſagt hatte, man folle bis Austrag

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38 XVII. Periode. 1649— 1691.

der Sache, ber Obrigkeit nichts bezahlen; unb Hans Sid ter von Sódten, der, nach des Landvogts Ausſage, vieles bey diefem Unweſen getban babes jeder bezahlte 100 fl.

DBerreffend mehrere, Tief man es bey der ausgeflandenen Gefangeníd)aft Demenben : Hans Jakob Geiler, der Balbie- tet von Lieſtal, Bartin Schupfer , von Ormalingen,, Rudi Mayer, der Schloffer, von Waldenburg, $9, Caf. Tſchopp von Waldenburg, Kaſpar Märklin, von Lieſtal, Jakob Am⸗ finger, von ba, Jakob Suter, aud) von da, Wiegand. Schu- ler, gleichfalls von ba.

Die Uebrigen wurden gleich anfangs theils fchon au Lie⸗ ſtal, theils hier entlaſſen, weil keine förmliche Anklage wi⸗ der ſie Statt hatte. |

Bam weiblichen Befchlechte lie man Niemand ſtrafen, und man begnügte fid) den 16 Juny mit folgendem Beſchluß: » Die Weiber zu Lieſtal follen in der Kirche, oder anf dem Rathhauſe, anfammengefordert , und ihnen in Benfenn des Leutprieſters (ber auch das Geinige zu tbun wiſſen wird), durch zwey Deputirte eingebunden werden, (id) ber bisher wi- . ber die Obrigkeit, und fonft noch ausgelaffenen, böfen, leicht⸗ fertigen Reden, bey höchſter Strafe zu enthalten, und ihrer Männer Sache dadurch nicht ärger machen. |

Weil aber bie Stadt Lieflal fid) bey diefem Auf: Fand beſonders hervorgethan , und den Hutweiler Bund mit ihrem Siegel befräftiget hatte, wurde fie aud) be. fonders geffraft. Während der peinfid)en Proceduren, wurde der Schultheiß Ehrikof Imhof, der mit Gyſin das Schultheißenamt abwechslungsweiſe Bebleidete , auf

I. Kap. Das Jahr 1653. $9

Lebenslang einziger Schutheiß, unb die XIII. bekamen den Auftrag ſich über bad weitere zu Deratben. Erf am 7. Septb. wurde dem außerordentlich verfammelten großen Rathe die Rathſchlaͤge der XIIL zur Beſtaͤtigung vom Tleinen Rath vorgelegt. ") Der Styl derfelben war mehr als leidenfhaftlih. Darinn liest man z. $8. : » Der Lieffaler eingebilbete Brafumption, Hochmuth und Vermeſſenheit, fnb die Lirfachen alles Uebels und Lime raths, ja, bie vechte Wurzel und Urfprung der Rebel⸗ liom. . .. Es ſey nicht das erfle, fondern das dritte Mal, dag folhe um großes Geld erfaufte Keibeigene, an Sort unb an ihrer Obrigfeit treulos unb meineidig gewefen find... Bey allen drey Rebellionen Dat Lieſtal das Direcktorium geführt.” .

Die beflatigten Schlußpunkte waren folgende :

e 1.) Imhof und die Seinigen follen Bürger werden (bas iff Bürger der Hanptfladt.) 2.) Vom Ges riot werden Sammel Merian, Ambrofi Brodbed, Hans Bfaff, abgefest. 3.) Die Benennungu Rath und Rathsherr, ſollen abgethan, und ffatt derfelben Benyfiter des Schultheißen erwahlt werden. Acht von den Treugebliebenen wurden dem Schultheißen nnb dem

i

1!) Nach bem Rathsbuch hatte biefe Beſtätigung erſt ein Jahr fpäter Statt. Manches mar aber fchon vorher, auf Befehl des Ratbs, oder der XIII, verfügt worden,

40 XVIT. Periode. 1640— 1601.

Stadtſchreiber von Liefial Depgeorbnet : Wilhelm Zel⸗ ler, Hand von Arx, Martin Pfir ter, Adam Hate müller, Heinrich Gyſin, Satob Strübe, Wilhelm Hoch und Samml Braun. Wenn ein Beyſitzer fehlt, fo follen Schultheiß und Benfiger drey vorfchlagen, und der hieſige Rath erwaͤhlen. A.) Die Gerichtslente ſollen ſeyn: Jaloh Pfaff, Degerfelden, Syaf. aufer, $an$ Hoch, 9Rided Maurer, Satob Simon, Math. Ehinger, $3. Jal. Spieler, Hein. Baumgart⸗ ner unb Rudi Z(dubi. Wenn Einer des Gerichts fehlt, ſteht die Wahl bey Schultheiß und Benfigern.. .. 5.) Den, Lieſtalern (oll man einen Böler oder 950 fel wieder zufommen fae, um in Fenerdnöthen die o; fung damit zu geben. Das grobe Gefchüg foll hier blei⸗ pe... Die Falbrüden und Thore follen im Stande bleiben, wo es-jett il. ') 7.) Das Silbergeſchirr unb das Siegel ^) folem bier. behalten werben ; und dem Schultheißen überlofen fern , wie die Landvögte c8 thun, fein eigenes Petifchaft zu gebrauchen... 8.) Die Lie ſtaler ſollen ihre Gebäude felber unterhalten... 9268.

wo 0585 09$ 5*8 GE Se

E 2) Die Fallbrücken und Schubgattern waren abgethau worden.

| *) Das Siegel kellte vor einen halben Baſelſtab mit Knö⸗ pfen, und die Umichrift ; S. Givium Civitatis de Liestal,

IL. Kap. Das Jahr 1653, 41

ſtatten, nach Verhaͤltniß been, fo bie übrigen Aemter zu besahlen übernommen haben; unb das Silbergeſchirr kann auf Rechnung angenommen werden. "

Das Waldenhurger Gericht erwäßlte den Waibel, oder Vorfieher, unb war das Apellations » Gericht von Reigoldsweil und von Zyfen. Dieß alles wurde ibm den 18, Oftober 1654 entzogen.

Am Herbfimonat ließ der Rath in den Aemtern die Huldigung zu Lieſtal und zu Siffach vornehmen. Die übrigen 9lemter, die Antheil am Auffland genommen Date ten, mußten auch entwaffnet werden. Gore Fahne, die man mit den Waffen nad) Bafel brachte, war von weis fem Taffet, unb beſtand im der Abfchilderung vor vier Bauern. Der erfie trug fein Seitengewehr und eine Haue in ber Hand ; der zweyte hatte eine große Reuthaue auf dem Rüden; der dritte eine Schaufel ; der vierte hinten drein, umb in alter Schweizertracht , hielt Die rechte Hand in bie Höhe, wie einer der da ſchwoͤrt. Im J. 1655, gab man den Unterthanen, auf ifr infandiges Bitten ihre Gewehre wieder, und fie verfp vachen folche in Ewig⸗

feit nicht wider ihre Obrigkeit zu gebrauchen. An den .

60,000 f, die uber diefen Aufſtand gegangen waren, bezahlten bie Landlente, in Zeit von A Jahren, 23,000 Gulden. Das Amt Farnsburg zahlte y. B. monathlich 310 Pf., und fo die übrigen nach Verhältniß der waf- fenfähigen Mannſchaft. m

42 XVII. Beriode. 1649—1691,

So entgingen wir der gefaͤhrlichſten Regierungsform, die mam , befonders in Ruͤckſicht ber Lage unfer8 an. (on$, erdenken fónnte, Weil bie Landlente £anbégemeins den Dilbeten , (o hätten bie Bürger der Stadt ein glei ches verlangt und erhalten. Da wäre ein ſchwacher Rath zwifchen zwey ganz entgegengefiimmten Pantonar- chien, Landsgemeinden und Stadtgemeinden , fchwebend geffanben , umd Hätte hoͤchſt felten etwas. Gutes ftiften

koͤmen, und viel Uebels gefchehen Iaffen müffen. Die

foll aber zur Warnung dienen, daß bie vollgichende und richterliche Gewalt menfhlich handele, und daß gu die fem Ende die Gefeggebung fi) billig zeige.

Bon andern Begebenheiten diefes Jahres bemerken | wir noch folgendes: | Den 24. Hornung verreiste Joh. Jakob Stodar,

Stadtfchreiber von Schaffhaufen , mad) London, wohin -

er von den -evangelifchen Orten zum Cromwell abgefandt wurde. Er fam zu Ende July des folgenden Jahres zuruͤck, unb. eine Zolge feiner Abfendung war, der Eins. fchluß ber .evangelifchen Stände in den swifchen Cromwell und. ben. vereinigten Niederlanden gefchloffenen Frieden von 1654.

Der Bund mit Frankreich wurde von Solothurn allein erneuert, und Luzern folgte bald dieſem Beyſpiel.

1I, Ray. Das Jahr 1653. 43

Der franzöfifche Ambaſſador war über den Oberſt Zweyer, und ben Vürgermeifler Wettſtein übel zu ſpre⸗ chen, daß fie, wie er mepnte , die übrigen Stände von gedachter Erneuerung abbielten. Und da der Kai⸗ (er, ben 27ſten May, 95. Wettflein einen Adelöhrief überfchidte, nahmen feine Feinde, denn er Datte beven febr viele, einen neuen Anlaß daraus, ifm verdächtig zu machen. Ob nun (don biefeg Adelöbriefes in den Rath⸗ ſchriften feine Erwähnung gefchieht, fo mag er bod) auf den Gedanken gebracht haben, den Dank des Vaterlan⸗ des gegen Wettflein werfthätig zu beseigen. Am 20 Heu⸗ monat wurde namlich eingesogen: „Meines Hrn. B. Wett ſteins, J. E. W. wegen gehadter großer Mühe unb Ars beit, auf beyden Reifen nach Münfter und Wien, nicht zu vergeflen.” Und Hierauf wurde erfamt: „Sind ger orbnet die Hrn. Oberzunftmeiſter Hummel und Wenz, Ihro Gu. St. €. W., unb die Hrn. Zörnlin, Kien, Luͤtzelmann, Benedikt Sein ; fie ſollen ein Bedenken ein geben, wie nam Hr. 3. Wettflein, S. C. W., für uns gedentete gehadte Mühe folle recompenfiren.” Die Sache liegen fie aber mehrere Jahre Liegen. Es feheint auch bej Wenz den Auftrag nicht übernahm, denn zwey Sabre fedter ( 1655), da Hummel geflorben war, wurde an defien Stelle, am 2, July, Wenz wieder genannt.

44 XVII. Periode 1649— 1691,

Drittes Kapitel | 1654 1655. |

Gm run eran nt recurre genre,

Duraͤus. 1654.

P

Der Wachterifche Prozeß fam. wieder sum Sor» ſchein. Vom Reichstage zu Regensburg ergieng den 27. April ein Schreiben an unfern Stat, worinn er ihn aufs forderte , bem Wachter zu besablen , was bad Kammers gericht ihm zuerkannt hatte. Der Reichstag broDete mit Arreften, und wiederholte den Say, daß bie Reichsſtaͤn⸗ de nur unter gewiſſen Bedingniffen, die Eremption von Neich bewilliget Hatten. Er behauptete ſogar, baf die Krone Schweden folche, vor Vollziehung gedachter Bes - dingniffe, nicht garantiven wolle. Den 25. September verfprach der Kaifer, uns bey der Eremption ruhig zu erhalten. -

Cromwell verfiel, nad) dem Benfpiel anderer Regen ten, auf den lobenswerthen Gedanken, die verfchiedenen evangelifchen Secten zu vereinbaren , und fandte zu dies ſem Ende in bie Schweis den Schottländer Johannes Duraͤus, der vierzig Fahre Tang (von 1631 big 1674) an einer folchen Vereinbarung, mit einem unverdrofie nen Eifer, aber vergeblich , arbeitete, Der berühmte

II. &ap. Das Jahre. 1654. 45

Mosheim Hat deſſen Lebensbeſchreibung herandgegeben , und lobt an ihm allgemeine Wohlmeinenheit, , gründliche Srömmigfeit , und tiefe Gelebrfamfeit. Daraus hatte aber , fügte er Ding, mehr Wis unb Gedaͤchtniß, als Urtheilskraft gehabt, und fen den Miftidern und uds Lern etwas günflig gewefen. Uebrigens gab er ald Grund» lage feines Vereinigungs⸗Plans, den apoffolifen Glau⸗ ben, die zehn Gebote, und das Vater Unſer an.

Daraus Iegte im Brachmonat, den zu Aran ver» ſammelten evangelifchen Ständen, Propoftionen vor, Unfer Rath begehrte von der theologifchen Facultät ein Gutachten, welches er den nad) Baden abgeordneten Ger fandten mitgab, um mit den übrigen evangelifchen Or⸗ ten zu conferiren-

Im September verfügte fid) Duraͤus Dieber , und gab dem Rath fein Ereditiv ein, welches von Cromwell, Protektor der Republil in England, Schottland, und Irland, unterfchrieben war. Die Gefinnumgen des Raths, unb der Theologen und Geifllichen, gegen ihn, muffen damals günflig geweſen ſeyn, denn die Theo, logen gaſtirten ihn vor feiner Abreiſe, und ein gleiches thaten die Deputaten, im Namen der Obrigkeit. Laut Ratbs-Erfanntniß vom 11. Oltober, wurde er auch aus dem Lofament gelöfet. "), und von Semanben bis mad)

EERTEEBETEEEEER,

1) Defrawirt, gaftftey gehalten,

46 XVII. Beriode. 1649—1691.

Schafhauſen begleitet, welches Beyſpiel von Verehrung einzig in feiner Art gewefen if,

Am gleichen Tage hatten die Theologen und Geil» lichen, in einem eingegebenen Gutachten, eröffnet, wie bie Vollbringung des Vorhabens, eine Bereinigung uns ter den Proteſtanten zuwege zu bringen, ſehnlich zu wuͤn⸗ ſchen wäre; mur Demerften fie, daß man zur Vermei⸗ dung alles ungünfligen Verdachtd, mit aller Behutſam⸗ feit zu Werke gehen mie.

Allein die Gemüther wurden nachgehends anders geffimmt. Der Antiftes, Theodor Zwinger, der an eti ner ſchweren Krankheit barnieber lag, flarb den 27ſten December, und Defam zum Nachfolger den Oberfihelfer Lukas Gernler , einen 3ojährigen Geiftlichen, über wel» chen Duräus in der Folge bittere Klagen führte, und babe) ben Umſtand feiner Fugend nicht unberührt lief.

Durans Hatte in Zürich zwey verfchiedene Er⸗ Elärungen vorgefihlagen ; die cine von Seiten der Res gierungen, die er Declaratio nannte, und die andere von Geiten der Theologen, bie mit dem Ausdrud Judi- cium bezeichnet wurde.

Sym Laufe des Decembermonats (den 13. oder 20.) teilte ung Zürich den Auffag der erflen mit. Sie führte den Titel: Declaratio amplissimorum Helvetiae re- formatae Magistratuum super negotio pacificatorio reverendi et clarissimi Domini Duraei. In derfels

X l

2

III, fap. Das Cabe 1654. 47

ben wurde ber Wunfch einer Bereinigung mit Nachdrud bezeugt , und bann beygefügt : ,, Ac proinde ut lauda- tissimo huic operi autoritatem et concursum nos- trum commodemus, declaramus ungnimiter curae nobis fore , operamque nos daturos, primum ut praedicti nostri Ministri et Theologi in concioni- bus et caeteris suis operibus, piorum suorum Prae- decessorum more, ab omni verborum acerbitate in eos, qui diversi mode sentiunt, abstineant, et veritatis professionem , atque spiritus unitatem in vinculo pacis retineant : quod ultro bona fide se facturos pollicentur. *) |

Diefe Mittheilung von Zurich wurde nad) einge boltem Gutachten der Theologen, den XIII, zu Einge bung eines Rathſchlags überwiefen, und dann erft den 12. Jenner 1655 beantwortet. In der Antwort recht

RR ERE RUE

1) „Damit wir bicfem höchſt löblichen Wert unfer obrige keitliches Anſehen und Mitwirkung deito ficherer leihen mögen , fo erflären wir einhellig, bag mir zu Herzen fafien, und dafür forgen werden, daß un(te Geiſtlichen und Theologen in ihren Predigten umd andern Werfen, nach dem Benfpiele ihrer frommen Vorfahren, alle bete be Ausdrücke wider diejenigen, die anders denfen, vete meiden, unb in den Schranken bed Friedend das Be⸗ kenntniß der Wahrheit, und die Einheit bed Geiſtes zu⸗ rückhalten werden.

4s XVII. pperiode. 1649-1691.

fertigte der Rath bie Berfpatung derſelben, durch das Abſterben des Antilles Zwinger , und andre eingefallene Verhinderniſſe. Dev Rath fchrieb ferner : Ob ung (don viel lieber gewefen wäre, wenn Hr. Duraͤus bie loͤbli⸗ hen Orte damit verfchont hätte, fo wolle man dennoch die Declaration genehmigen, falls eg ben übrigen Orten gefällig wäre, und diefelbe dergeſtalten eingerichtet wurde, daß weder die evangelifchen Orte, noch deren Theologen gu weit engagirt werden dürften. Dan follte abwarten, was andre veformirte Fürften und Stände qu tbun ge» finnet wären. Der Rath tadelte das DVerfprechen , bie benachbarten evangelifchen Staaten zur Beförderung dies (cà Werks zu disponieren ; man folte limitiren : quo- ties ansa dabitur ad idem propositum suscipien- dum '); das Wort concursus, Mitwirkung, fen zu verbindlich; man folte auch bie Worte: piorum suo- rum praedecessorum more, auslaffen, aus welchen vieleicht die Lutheraner Anlaß nehmen dürften, weiter su arübeln, unb alt vergangene Sachen hervorzuſuchen; Das DBerfprechen endlich : postremo ut in correspon- . dentia super hac re cum aliis pacificis religiose procuranda , ifovenda et propaganda, nihil quod a

1) €» oft (id) der Anlaß ergeben wird, dieſes Wert au unternehmen. Folglich mwollteiman gegen die Luthera⸗ ner des Marggrafenlandes ben erſten Schrist nicht tun"

Je

III. fap, Das Jahr 1524 .. 49.

a nobis proficisci possit negligatur, follte man mit den Worten: suo tempore et loco, restringieren..

Auf dieſe Antwort erwiederten die Zürcher , ben 20, Senner 1655 , daß Bern und Schaffhaufen eingewiligt hätten , daß man dennoch unfre Erinnerungen in gebuͤh⸗ rende Obacht nehmen würde. Zugleich fprachen fie aber von dem Judicium , b, i. von der Erklärung der Theo» logen. Sie baten und, woir möchten unfre Theologen , mit gebührender Erinnerung und freundlich dahin vere leiten, daß fie fich gu einem gemeinen Judicio aller evan⸗ gelifcher eidgenöfifcher Kirchen vertraulich erklärten, die übrigen hätten darin eingewilligt; amd febr bedenklich wäre eine Abſoͤnderumg. Hierüber Haben unfre Theolos - gen ben. 31. Jenner ein Gutachten viri, ^ Der Rath wat : aber mit demſelben unzufrieden, unb trug den Deputa⸗ ten auf, mit ihnen zu ſprechen. Den

der Bericht der Deputaten dahin, baf d

Judicium dem Duraͤus (don zugeflelt

bey demſelben gaͤnzlich bleiben af |

Theologen ber übrigen Orten angenomm

men Judicio nicht beppflichten koͤnnen.

Aehnliche Anſtaͤnde gab es auch, da aiti üt Maͤrzmonat, im Namen aller evangeliſchen Orte, ein Empfehlungs⸗Schreiben, wegen bed Duraͤiſchen Geſchaͤfts/ an die Churfuͤrſten von Brandenhurg und von der fal, .

VII. Sant. o

50 XVII, Periode. 1649—1691.

wie auch an den Landgrafen von Heſſen abgehen laſſen wollte.

Den 22. May fam Duraͤus wieder hieher, und Bat eines der Haͤupter um eine Antwort auf das Schrei⸗ ben des Proteftors Cromwell, wie auch daß den Diefi gen Theologen zugefprochen werden möchte, damit fie fd fein Gefchäft angelegen ſeyn ließen. Den folgenden Tag erkannte der Rath: „Soll ein Gegenereditiv Hn. Duraͤo zugeflellt , darneben mit den Theologicis ge vedt werden , ihn aufs baldigſte fo immer möglich, a6» aufertigen. Dan fol aud) das Koſtgeld für rm. Dir raum bezablen, wo es nicht lange währt.” Den 30(fen flete die Deputaten ihm die Antwort an Gromell de und wünfchten ihm gluͤckliche Reife.

Qm %. 1662 Fam Duraͤus wieder in die Schweit: Den 1. September wurde im Rath ein Schreiben vin Zuͤrich verlefen, worinn die dortige Regierung meldete: „Duraͤus babe feit 1655 in bem Religions:Friedendges ſchaͤfte mit befanntem Eifer und Treue gearbeitet; et fen wieder bey ihnen angelangt; er habe eröffnet, was er für Neigung bin und wieder angetroffen habe, ev wolle die übrige Zeit feine: Lebens daran wenden.” Zürich teilte und auch feine Relation mit, und fchloß mit dem Wunfch : der allerhoͤchſte Gott verleihe zu bit» (m hohen Gefchäft -feinen aine Beyſtand und heiligen Segen!

II. Kay. Das Jahr 1654. 51

Den 27ſten September, auf ein Gutachten unfrer Theologen hin, ſchrieb der Math an die Zürcher, taf . fie ihm darüber. nichts weiter zumuthen möchten, Inden man fif des Gefchäfts nicht mehr beladen werde. Allein fhon am ıfen October berichtete Zürich, daß Duraͤus um cine Gonfereng mit ben Theologen der vier evangeli⸗ ſchen Städte bitte, unb. fehlägt zugleich sue Wahlſtadt Brad vor. Allein der Rath ließ es bey der vorigen Erflärung mit bem Suíag bewenden, man fände die Eonfereng weder müglich nod) anſtaͤndig.

Im December diefes Jahres (1662), fehrieb von Bern aud Duraͤus unfrem Rath, in lateiniſcher Spra⸗ de, um fih i beſchweren, daß unfee Geiſtlichkeit nichts thun wolle, und daß ausgeſtreut worden ſey, er lebe in der Schweiz auf Unkoſten der Kirche: „Etiam si in negotio irenico *) ‚Clerus vester nihil quicquam egere velit.... Me in Helvetiam venisse hoc fine, üt solis helveücarom ecclesiarum sumptibus et auctoritate negotium cum Lutheranis traetaretur."

Drey bis vier Fahre fpäter , finden wir ihn wie der Safe. Den 26. Zuly richtete er ein in. (tango ſiſcher Sprache abgefaßtes Schreiben an den Rath. Da rin führt ev Klagen über den Antiſtes Gernler, und bittet um eine Eonfereng mit einigen Abgeordneten,

1) Irenico von Irene, eine Hore des Friedens. 9 3

#2 XVII. Periode. 1649-1691.

Je me sens obligé de prier vos Seigneuries inagnifi- ques, de vouloir bien ordonner quelques uns en qualité de Députés pour deux choses principalenient : 1.) Pour comprendre le vrai but de l'état de l'affaire comme il est à présent, ainsi que Seigneurie de Zurich et delle Berne ont fait. 2.) Pour obvier aux inconvéniens qui ar; riveroient , si la concurrence ne se fait pas avec eux apré$ (vermuthfich avant) mon départ; et pour aider à öter les inconvéniens qui se présentent en ma négociation ici, si je dois partir d'ici et de la Suisse, sans autre résolution que cclle qui m'a été notifiée jusqu'à . présent. ^ Mag auf diefes folgte, weiß‘ id) nicht,

Das letzte Dial, wo feiner Dep uns gedacht wurde, war aus Anlaß eines Schreibens an den biefigen Rath, v. 5, Merz 1668: Er war damals in Meefenheim. Er berief (ia auf ein Schreiben v. 10 Juny 1667 ; worin er wider | zwey unſrer Doktoren, Herrn Gernler und Herrn Zwinger, proteſtirte; er halte ſie fuͤr untuͤchtig in dem Geſchaͤfte zu handeln, oder einige Meynung zu haben; der Herzog von Zweybruͤclen habe es ihm aud) gefagt ; fie haben zu Zweybrüden, im Herzogthum Simmer und anderswo , die Gemüther praeoccupirt ; durch biefe zwey werde alle Frucht feiner. vichjährigen Arbeiten verloren geben, Zugleich enthielt diefes Schreiben , als Beylage, bie 915» fehrift eines, den 7. Auguſt 1667, an den Prinzen Vik⸗ tor Amadaus von Anhalt Bernburg gerichteten Schreis bens. Der Prinz hatte ihm gefagt, daß die Basler zur Bereinigung nicht geneigt wären, und nun berichtete er dem Prinzen, wie die Sachen befchaffen wären.

UL Kap. Das Jahr 1654. T

Il y a deux docteurs en Theologie à. Bále, ( Gernler et Zwinger) jeunes gens , qui ont des opinions singuliéres . touchant la négotiation pacifique, qu'ils ont conques de l'opiniàtreté des Luthériens académiques. Ils ont persuadé au Magistrat de leur République, que l'affaire est impos. $ible, d'autant que l'accord des églises lutheriennes et des autres n'a jamais eu lieu en aucun endroit du monde, Ils empéchent leur Magistrat de concourir avec les autres Ma. . gistrats de la Suisse réformée, de vouloir autoriser leur ministére en chaque Canton, de considérer l'harmonie des confessions de la foi protestante, qui leur fut présentée en une assemblée de Députés à Bruck en Janvier 1666. Ceux de Zurich , de Berne et de Genéve sont entiérement con. sentant à ma demande..,, Peutr étre ces deux Docteurs s'estiment.ils infaillibles.,,.» Uue de mes dissertations au. roit du étre imprimée à Bäle. Le Docteur Wettstein, qui partage point les procédés des deux autres , y avoit consenti comme doyen de la faculté, Mais l'un de c:ux. ci étant Recteur, supprima le livre de sa seule autorité, aprés que plusieurs exemplaires en. avoient déjà été ven. dus. Quand je voulus m'enquérir du motif, la réponse fut que le magnifique Recteur ne vouloit pas qu'un Écrit, con. traire à son opinion, fut imprimé. - J'en informai Zurich et Berne qui avoient vu l'écrit et l'avoient approuvé... Cette République (de Bále) et l'Église sont deux Gouvernemens differens , qui semblent étre en état de crise, à cause des factions qui y sont, A quoi peut.étre le premier Chef du Ministére, qui gouverne les autres ecclésiastiques &

baguette !) contribue quelque chose...... Ces Docteurs

—— d 7) Gn einer Ueberſetzung, fo die Kanzley für den Rath verfertigte, wurde dieſe Stelle ſo verdeutſcht: „Der die andern Ecolesiasticos gleichſam absolute gubernirt,”

54 XVII Periode. 1649-1691.

ne visent pas à l'avancement de l'Éyangile de Christ, mais à l'intérét d'une certaine cabale, Je parle des Academioiede gcholastiques.

Ein Vertrag über die Zollfreyheit zwiſchen Defler- reich unb ber Schweiz wurde su Baden aufgefegt , und zu Bregenz beflätigt.

Beford , welche die Parthey der Prinzen noch befaß, mußte fid) den Löniglichen Truppen übergeben, ungeachtet der Herzog Karl von Lothringen fold)à zu entíegen füchte- Baſel wurde von den freifenden Trup⸗ yen febr beunruhigt. Der Marfchall de la Ferté Se- néterre hatte zwey Kanonen zur Belagerung von 2e ford begehrt, welche ihm abgefchlagen wurden , unter dem Borwande, daß man es pbne Vorwiſſen der uͤbri⸗ gen brit nicht thun koͤnne.

1655. |

Den 13ten Oktober brachte eines; der im Rath an, wie verlauten wolle, ſollte man auf franzoͤ⸗ ſcher Seite, Vorhabens ſeyn, nicht nur die Huͤninger⸗ Schanz, wie fie vormals. geweſen iſt, zu repariren, ſondern gar ein Real - fort allda aufzurichten. Hier auf befam der Stadtlieutenant den Auftrag , fi) des Nihern zu erkundigen; hernach folite man an den Gu bernator zu Brenfach fehreiben, aud) auf der Tagfagung

‚mit den eigsgenöffifchen Gefandten davon reden. Die Verfolgung der Evangelifchen in den Piemon⸗

teſer Thälern erregte die Theilnahme der evangelifchen Orte, und war [ange Sabre noch ein Gegenfland ihrer

Pr

II. Kap. Das Jahr 1666. 66

Berathſchlagungen. Den 11. May wurde bier deßwe⸗ gen ein Bettag gehalten, und nach der Predigt eine Steuer eingefammelt: Der Rath lieh aber den Geiſtli⸗ chen anfagen, nur im allgemeinen der Verfolgung zu gedenken, und in Feine befondern Umſtaͤnde einzutreten.

Eine gleiche Verfolgung war der traurige Anlaß zu einem Bürgerkrieg in der Schwei, Im September flohen fede Familien von Art, im Kanton Schweis , die fid) zur reformirten Religion befannten, nad) Züs vid, Für diefe Vertrichenen wurde den 19, Septem⸗ ber des folgenden Jahres eine Steuer bier erhoben, die fid) auf 1457 Bf. 15 6. 3 2. belief. Schweiz nahm ihre Guter in Verhaft, erflärte die Ausgetretenen des Todes würdig, und begehrte von Zurich ihre Ausliefe⸗ rung. Die Gemüther entflammten fid) immer mehr, und den 27ften (ober 29(fen) December erklärte Zurich, im Namen der ſechs evangelifchen Orte , den Krieg. Den 10. December waren vorher Abgefandte von. Luzern,

Url, Unterwalden und Zug vor ımferm Rath erfchler

nen. Gie rechtfertigten fid), daß vier Perſonen bey 0 nen waren hingerichtet worden. Der eine hätte nie fas gen wollen, weſſen Glaubens, ob er ein Cbrift, oder was er-fey? Ein anderer , 60 Jahre alt, hätte feinen Glauben fo weit verloren, baf er aud) das Vater um fer nicht bethen Tonnen. Der dritte fen fatboli(d) ges ſtorben. Endlich fey eine alte Gram hingerichtet wor ben, die feinen andern Glauben gehabt hätte, als daß

46 XVIL Beriode. 1649-1601.

"e8 mad) biefem Leben kein anderes geben werde. Sie : fagten, daß die Motus, die (id) von Seiten Zuriche er zeigten, feinem richtigen Beweggrund hätten; (ie ſchloſſen aus allen Umſtaͤnden, daß etwas anderes dahinter (fedem müfle ; fie erflärten, daß ihre bern bey der ausgeſchrie⸗ benen Tagſatzung nicht erfcheinen würden ; fie bathen ung, zu vermitteln , daß Zürich vom Begehren des freven Zugs abffeben möchte, und endigten ihren weitläufigen

Vortrag mit diefen Worten: » Kann es aber nicht fepn,

fo fol man woiffem , daß uns das Herz nicht entfallen feg.^ Man erſuchte fie, bie Tagleiftung befucben zu laſ⸗ fen, unb ihre Obern zu gütlichen Mitteln, oder zum eidsgenöffchen Stet zu bereden. Den 14ten hierauf begaben fich aud) Gefanbte von Zürich hi eher, die in Cu» innerung brachten, daß man zu Schweiz Leute gemar tert und hingerichtet Hätte, die durch fleifiges Kefen im Evangelio einen beffern Unterricht in Glaubensfachen ers halten hatten; fie drangen auf den freyen Zug ; fie ba: ten , daß man auf ber nächft zu haltenden Tagſatzung, Schweiz nicht freundfchaftlich antworten follte ; und daß unfes re Sefandten bevollmádjtiat werden möchten , fid) nach Bruck zu begeben, um dort mit den übrigen evangeliſchen Ständen eine tapfere Refolution abzufafen. Der Rath; ermahnte (le, ihre Obern zu bereden , bafi, wenn ein leidentliches Temperament in Anſehung "des freyen Zugs erfunden werden Könnte, fie fid) folchem nicht widerfegen möchten. Auf der Sufammenfunft zu Brud belamen unfee Geſandten den Befehl, es ju verpüten ,

IV. Kay. Das Jahr 1656, 81

ba aus dem Streit, swifchen Zurich ;und Schweiz, ele ne gemeine eidsgenoͤſſiſche Sache gemacht werde; und bod) wurde von Seiten der Zürcher, ein Kriegs⸗Manifeſt auch im Namen ber. Basler gedrudt und Fund gemacht.

Viertes Kapitel.

| Einheimiſcher Krieg. 1656.

Zu Anfang des Jahres waren Zuͤrich und Bern auf einer Seite, und fuͤnf katholiſche Orte auf der an⸗ dern Seite ſchon zu Felde gezogen. Den 14. Jenner litten die Berner bey Vielmergen eine Miederlage 5473 Todte, 396 Verwundete und 66 Gefangene wurden von den ihrigen gezaͤhlt; und von den Luzernern blieben 189 Mann. Zürich mußte den. 24. die Belagerung von 9tap« perſchwiel aufgeben ; inbegem aber hatten fich Die. übrigen Orte in’d Mittel aefchlagen , und waren darin von der franzöfifchen und ſavoyiſchen Geſandten mit Nachdrud unterſtuͤtzt worden. Ein Stillſtand wurde eingegangen, und obſchon nach demſelben einige Angriffe noch vorſie⸗ (m, fo wurde dennoch der Zrieden am 25. Februar uns fergeichnet, der übrigens nach dem Sinn des Kantons Schwyz ausfiel und zudem in dem Staatsrecht der Schwels

58 . XVII. Periode 1649—1651.

eite wichtige Veränderung zuwege brachte: Jede Obrig⸗ keit erhielt die uneingeſchraͤnkteſte Judicatur in ihrem Lande.

Bey dieſen kriegeriſchen Auftritten ließ der hieſige Rath gleich Aufangs drey Compagnien von 120 Mann anwerben, dann bewafnete er wieder, wie weiter oben gemeldet worden, die Landſchaft, und ſetzte auf die eins actommene Mahnung von Bern, vom 2. Jenner, einen erfien Auszug von 600 Dann in Bereitfchaftl. Der: Große Rath wurde am 3, zufammenberufen, der alles dem kleinen Rath überließ. Zurich mahnte und den 5. sum Aufbruch, ber Rath fie indeffen ale Eremplarien des Zurcher Kriege Manifefls einziehen, und bem Nach bruder deflelben anzeigen, bap, im Sal etwas Ungele⸗ genheit deswegen der Stadt zumachfen dürfte, man ſich an ihm erholen wurde. Alle Staliener wurden aus der Stadt fortgefchaft, indem man fie für gefaßrliche Spionen anfahe. Taufend Dann Fußvoll und brey Contpagnien zu Pferde fanden bald zum Aufbruch bereit, und mam - unterhielt dabey öffentliche Werbpläge; bie Diefigen Geſand⸗ ten, die den Frieden vermitteln halfen , waren, der Buͤr⸗ germeifter Wettftein und Andreas Vurckhard des Raths. Semen hatten Zürich und Bern dazu befonders erfucht, fie baten auch. daß man ihnen den Rathfchreiber Johann Rudolf Burckhard als Legations⸗Sekretaͤr zuordnen mods te, welches bewilliget wurde. Und da, in Folge des Sriedenstraftats , mehrere Punkten durch Saͤtze erörtert

IV. Kap. Das Yahr 1656. 6)

werben follten , fo wurde auch Wettſtein ju einem ber felben angenommen.

Als das Friedens » Snffrument am 1. May dem Rath überfcict worden, flößte dem Stadtfchreiber ge rechte Dankbarkeit folgenden Bortrag des Protokolls ein: Wie Gott dem Almächtigen für biefe feine unvergeßliche Gutthat ewiges Lob und Dank zu fagen iff, alfo iſt auch derſelbe inbruͤnſtig zu bitten, daß er das Werk vollende, unb alles zu feines heiligen 9tamend Ehre, unb des mer» then Vaterlandes Ruhe unb Wohlſtand ausführen wolle. ""

WVon dieſem Buͤrger⸗Krieg fnchte, voie. e8 fcheint, das Kammergericht von Speyer einigen Nugen su sieben. Der wachterifche Prozeß wurde noch Deroorgefud)t , und der Buͤrgermeiſter Wettſtein bekam einen Brief, von ei⸗ nem Advokaten von Speyer, Namens Philipp Chriſtoph Haman, der ibm berichtete, daß Florian Wachter, be» fen ‚Anforderungen. (d) nun auf bundert taufend Gulden beliefen , folche an den Herzog von Lothringen, an ans bere Fuͤrſten, und aud an die Krone Schweden vers Eaufen wolle. Der wohlmeinende Haman both feine Ver: mittlung an, und machte (id) anbeifchig bie Cade mit 55 oder 56,000 Gulden za berichtigen. Allein der Her⸗ sog Carl von Lothringen, gleich wie der Churfürft von der Bfalz, an welche man fi wendete, fchrieben auf eine beruhigende Weiſe. Wachter batte fich wirklich beym Herzog angemeldet, aber fein Gehör gefunden. Und

I

60 X VII. Beriode. 1649—1691.

von nut am finden fid Feine Spuren eines Wachte rs oder Reichskammergerichts in den Rathsſchriften mehr, -

Der Roth brachte in Erfahrung, daß naͤchſtens die Flachslandifchen Erben, burd) die franzöfifche Renierung zu Breyſach, in den Befig vom Dorf Großhüningen eins gefegt werden follten. Es wurde daher in Berathung gesogen, ob micht von unfrer Seite Jemand hinunter ges ſchickt werden follte., der die Gerechtfame der Stadt » Docierte, unb Deswegen mit der vorbabenden Immission » einuhalten begehrte, oder wenigfiens darwieder in » meliori forma proteflirte. " Dieß wurde am 6. December qut. befunden, und Rathsherr Zaslin mit bem Rathsſchreiber J. R. Burckhardt bekamen den Auftrag, ſich nach Breyſach zu begehen, den Guͤltbrief auf Huͤnin⸗ gen der dortigen Regierung vorzuweiſen, und zu begeh⸗ ren, daß die Stadt bey ihrem Unterpfand manutenirt werde, Sollte man einwenden, daß man fid) Kiervor auf ein anderes Lnterpfand hätte barum ausweiſen laf» fen , fo werden fie e8 gebührend ablehnen , oder wider die vermeinte Immission befter Form protefliven.

Dem Churfuͤrſten von Sachſen wurde erlaubt 26 Mann zu ſeiner Leibwache anzuwerben.

V. fap. | Das Jahr 1657. 64

Sünftes$ Kapitel 1657—1661.

Franzoͤſiſcher Bund, 1657.

Der fronzöfifche. Bund war (dom (eit 1654 mit den katholiſchen Orten erneuert’ worden. Dieſes Jahr wurde bie Erneuerung deſſelben mit' den evangeliſchen Ständen von Seiten des franzoͤſiſchen Ambaſſador ſtark betrieben. Sie konnten fid) aber über verſchiedene Punkte, wie s. B. über die su genießenden Rechte im Elfaß nicht ver» gleichen. Da ber Ambaſſador (de la Barde) eines Unwillens genen diefe Kantone verdächtig war , fo wen. dete man fid) am den Herzog von Longueville, und Albrecht Faͤſch von Baſel bekam den Auftrag, ibm die noͤthigen Schriften, nebſt einem Schreiben an den Koͤ⸗ nig, und einem an den Miniſter, ben Cardinal Mazarin zu überbringen. Durch des Herzogs Vermittlung erhielt Faͤſch eine Andien vom Cardinal, der ale Urſachen des Auffchubs von dem Ambaſſadorn abwaͤlzte. Er verlangte - aber, baf Faͤſch fid) genugfame Vollmacht verſchaffen follte , fo wolle er bie un Stunden | tigen.

Indeſſen war Kaiſte Ferdinand der n, Md: 2, April mit! Tode abgegangen. Es iſt nod) ein Schreiben

62 XVII, Periode. 1640—1691,

des Buͤrgermeiſters Wettſtein an den Dberfi Zweyer von Ury vorhanden, über die Achtung, fo man bey Bchands lung des franzoͤſiſchen Dienſten, gegen den Kaiſer zu haben verpflichtet waͤre. Zweyer war uͤbrigens ſeit meh⸗ rern Jahren Dep den katholifchen Orten ſelber in Ver⸗ dacht einer zu großen Anhaͤnglichkeit an die evangeliſchen Orte gerathen, und durfte die Tagſatzungen nicht mehr beſuchen. Auf des Kaiſers Abſterben folgte ein Zwiſchen⸗ reich von: mehr als fünfzehn Monaten, und Frankreich benutzte biefen Zeitraum , tvit tr ad folgenden Sabre vernehmen werden.

Die forten Schuldforderungen, welche bie, Stadt ouf den Herzog von Würtemberg, das Hans Baden, bie Abtey St. Blaſien und die Stadt Straßburg hatte, bewogen den Rath , da man nichts erhalten fonnte, von ber Tagfakung Gefandte zu begehren, die mit ben ſei⸗ nigen diefe Schulden - eintreihen -follten. Es wurde bes TNIP r aber ohne Erfolg. Doc) fiehe das Jahr 1660.

1655,

Der feanzöfifche Bund wurde mit Ludwig dem xlv, auf feine umd feines Sohnes ‚Lebenszeit, ven Seiten der eoangelifchen Sagfagung zu Aran, im Maymonat, auf aleichem Zuße, wie der von 1602, gefchlofien , und vom dazu bevollmaͤchtigten Ambaſſador de la Barde, unter⸗ fchrieben. Die feyerliche Beſchwoͤruug deſſelben gieng aber zu Paris erſt im J. 1663. vor fih. Man bemerkt te, daß auf jener Arauer Tagſatzung der Buͤrgermeiſter

V. fap. Das Yahr 1658, 63

Wettſtein Frank wurde, und von Arau verreifen mußte Der Rath ordnete Hierauf den Rathfchreiber Burchardt dasin ab, wo Benedikt Socin, ale Mitgefandter von Wettſtein geblieben war. Die Krankheit war aber von Feiner langen Dauer, wie wir es gleich vernehmen werden:

Am 10. Brachmonat wurde der große Rath jut Ratification des gefchebenen sutammenderufen, und biefe Sitzung fleht im Rathsbuch woͤrtlich alfo befchrieben.

» Dem mehbrern Gewalt wurde durch. meinen Hrn. Bürgermeilter Hrn. Joh. Rudolf Wettſtein J. E. W. ums ſtaͤndlich und ausführlich von Mund aus vorgetragen, mado, gebends auch aus verfchiedenen Abfchieden gelefen: Was nach Expirirung der von gemeinen XIII. Orten (obf. Eiddgenoffen- fchaft mit Heinrich dem IV, König au Granfreid) ꝛc. glor» würdigen Andenfend , im Gabr 1601 aufgerichteten Bünd- nife$ und Verein, (eit Anno 1652, fo wohl auf gebaltenen Badiſchen Tagleitungen , ald anf Arauiſchen Gonferengen mit dem franzöfifchen Herrn Ambafladorn de la Barde, welches bie Erneuerung gemeldter Bündniß ganz eifrig ſollicitirt uud getrieben , von Zeit qu Zeit tractirt und gehandelt worden fen. Welcher Geftalten auch ( obwohl man (id) anfangs ein- mütbig gegen einander erflärt batte, daß man fteif und fed beufammenbalten, und fein Ort hinter den andern durchge- ben , oder etwas ohne gemeinen Eonfens uud Zuthun abbate dein unb fchliefen wolle,) deſſen jedoch umerachtet , nicht lange hernach, auf gedachten Ambaſſadorn unabläßiges Nach⸗ ſetzen, und gebrauchte allerhand liſtige Grife unb Ränke, erflich zwar von den katholiſchen nur ein Ort, aber bald darauf auch die übrigen alle, nach und nach von obberühr⸗

4 .

64. XVII. Periode. 1649-1601.

tem heilfamen Schluß und Nefolution abgewichen, unb (id. alfo von den evangelifchen Orten -gänzlich gefündert haben; und mic endlich auch diefe, im verwichenen SUtagmonat , mit dem Hrn. Ambaſſadorn das Bündniß gleicher Geſtalten, bis an ben das Elſaß betreffenden Artickel, ( bedmegen zweyer⸗ ley Projecte, das Eine wie es der Hr. Ambaſſador haben wollte, das andere aber iie es die evangeliſchen Orte be- gehren, nach Hofe gefdoidt worden (inb, unb worüber man noch ded Könige Erklärung gewärtig fen, ) befchloffen ba- beu. Auf dieſen Vortrag find abgelefen worden ; ſowohl das aufgerichtete unb mit gewiſſen Borbebalten: unterfchriebene une: SEN als auch beybe beſondere Beybriefe.

Die hieruͤber ergangene Erkanniniß lautet wie folgt: . » Nach gehaltenen Umfrage haben meine Herren die Sechs - alles was Bis daher verhandelt und verrichtet - worden ift, fid wohl gefallen. laſſen; daffelbige auch ihres. Theils durchaus Deffütige und gutgeheißen, zumal was ben biefem Gefchäft , bis e8 gar zur Vollkommenheit ges Kracht , weiter zu thun feyn werde, meinen Gu. Herren - beyden Räthen lediglich heimgeſtellt und überlafen.

Unſere Gefandten erhielten über unfere zen fprachen auf bie Krone folgenden Berbrief:

„, Louys, par la grace de Dieu, Roi de France et de Navarre , à tous ceux qui ces présentes verront, Salut ! Mettant en considération que la. pension, que nousavons promis de "faire payer à nos trés-chers amys, Alliés et Confédérés de la Ville et Canton de Basle, n'est pas si tende que celles que nous faisons distribuer, em suite du

renou.

V. Kap. Das Jahr 1667. 68

reucuvellement d’alliance, à quelques aütres Cantóne, nous

avons agréable , outre la dite pension, de leur faire payer

par chascun an, en attendant qu'une paix, ou longue treve se fasse entre nous et le Roy d’Espagne, une cernse d'ar. gent, que le dit Canton a presté aux Rois nos prédéces. seurs lequel payement a été interrompu par la nécessité des affaires de la France; à cause des guerres domesti. ques et étrangéres que le Roy defunt, notte trés.honoré Seigneur et Pére,; de ttés pieuse et glorieuse mémoire, et Nous, avons en dedans et eu dehors nos Etats, auquel payement nous satisfairons doresndvant ponctuellement, Car tel est notre plaisir, en témoignage de.quei, nous avons fait mettre notre scel à ces dites présentes«- Donné "A Calai$, le dix rieufieme jour de Juillet, lan de grace mille six cent cinquante huit, et de notre Régne le seiziàa me; |

| LOUIS Par le Roy. " | 1j

DELOMENIE-

Das Verſprechen wurde ſchlecht gehalten, tmb die Rathsſchriften zeigen, daß man umſonſt bald Abgeord⸗ nete nach Solothurn zu den Ambaſſadoren ſchidte, bald dringende Schreiben an fie richtete. Einſt antwortete €i» ner: Er Babe Hu. Zaͤßlins Commiſſion verſtanden, und ‚möchte wünfchen, daß die Zeit gelegener wäre, Satis⸗ faction zu verſchaffen, und daß feine Recom manda—

1) Großes Inſiegel in einer ^ Mies Kapſel. WLEen* 0 75

66 XVIL Perlode. 1649-1691.

tion gültiger wäre, als fie es il. Ein andermal wurde geantwortet: Ans ber Antwort des Hofes erfehe e , fep jegt nicht Zeit unfre Brätenfionen qu follis eitiven, wir follten deswegen bis " bequemgre Zeit Ge» bulb tragen.

Drey andere Benbriefe für die evangeliſchen Stäns be unterfchrieb de la Barde , den Alten Brachmonat. Ihr Inhalt war wichtig Weil fie aber zur allgemei⸗ nen Gefchichte der Schweiz gehören , fo begnügen wir ung mit folgendem Auszug : Der 2oſte Artidel des Bundes fagte : „Es folen auch mad) Inhalt des zwi⸗ ſchen der Krone Frankreich und gemeiner Eidsgenoffens ſchaft aufgerichteten ewigen Friedens, unfre, der Eids⸗ genoffen, Kaufleute, mit Exforderung ber Zölle, unb in allen andern Sachen , in unfern C des. Könige) Lan- den nicht andere gehalten, und weiter von ihnen ge^ fordert noch genommen werden, als wie von altem Der

vey welchem fie aud) ungefteigert Bleiben folen. Dieſel⸗

ben unfre beyderfeitige Sauffette ,' Bilger , Bothen, und alle andere, fo im unferer : beiderfelts Landen handeln, ſollen aud) mit Leib und Gut frep, ficher, und unver ſucht wandeln und handeln, mach ihrer beſten Gelegen⸗ heit, doch fid) feines Betrugs und iff hierin bedienen.”

- Der. Benbrief Iautete beſtimmter: „Wir König Ludwig

erllären , daß die gedachten Kaufleute von den Drten und Zugewandten genieffem follen für alle ihre Waaren, fowop die fo in der Eidsgenoſſenſchaft fabricirt und zu⸗

V. Kap. Das Jahr 1657. 6

bereitet werden, als andere, welche nad) dem Trakta des ewigen Friedens. von 1516, der gemeldten Zoͤlle unb Auflagen befreyt fepn follen, ſowohl die aus Frankreich hinaus, als die ſo hinein gehen, aller Privilegien und Freyheiten, die ſie zu genieſſen, in Kraft beſagten Trak⸗ tats bed ewigen Friedens. Die gedachten Kaufleute "fols len auch nicht weiter angefochten, oder in einigem fig wie e8 ſeyn möchte, den gedachten Freyheiten zuwider, bekuͤmmert werden. Sie ſollen auch die aus ihren Waa⸗ ren erloͤſenden Gelder transportieren gen ? bod)" fid barum anmelden, und bie nothwendigen File nehmen:ꝰ

Gegenſtand

Ate Artickel

à Mir ſollen

md offen hal

er unverfperr

yülfe kommen

wo unb an welchem Ort es fen, und unfern Freunden

Benftänd tfun." Der Beybrief ſchrieb aber Deutlicher

vot is Die Partey, fo den Paß fuͤr bewaffnete Trup⸗

pen von der andern begehren wird, ſoll ſelbige deſſen

vor erſten berichten, damit der Durchzug mit Vorwiſ⸗

ſen, auf das kommlichſte, als es ſeyn kann, fuͤr die

einte oder andere Partey geſchehe; und ſoll der Theil,

von welchem der Paß begehrt wird, fuͤr die Herberge

und, die Lebensmittel, gegen Bezahlung nach laͤuſigem 62

Jm —— X d

és XVII. $ieripbe, "1649-1691.

Preiſe/ Ordnung verſchaffen.“ Dieß bezog (id) worzis⸗ Ki: anf: Muͤllhaufen Straßburg und Genf.

eU vod

Dierlwuͤrdig war auch ein anderer Artidel des m ten. Beybriefs, kraft deſſen ; Wenn es in der Eidgenof

| fenfcbaft ju einem Kriege fommen follte, von wegen der

Religion, ober aud) um was Gachen. willen es fenn möchte, ber König, weder an Bolt noch an Geld ,. dem einen oder andern Hülfe tun, fonbern fi d einſchla⸗ det, werde, den Frieden und Verſohnung aller Orten wieder zu vermitteln.

Ein Beybrief noch, aber fie die ganze Eidgemfe ‚betraf die Rechte derfelben im Elſaß. Ein Vorſchlag darüber wurde ı Hofe gefhidt.: von ben Ständen , der à —* vom ftanibfi» (hafter. Den 19, Suly: 1 6 bet. König eis s Brief qué , in welchem er folgendes ertlärte:

Ja bienveillance que nous avons pour les 5 A l'exemple des Rois,nos prédécesseurs avec lesquels ils ont eu alliance depuis le Roi Charles VII jusques à nous, | avec, qui ils ont aussi nouvellement fait alliance , "nous con. vie à les traiter favorablement dans toutes les terres de "notre óbéissance et'particuliérément dans celles: qui sont téituéég dans leur -voisinege , comme sont Zuftgauw, Alsace, Brysach et ce qui en dépend. | ‚A ces causes....». ‚nous. plait leur faire, ‚par noup, nos ‚Gouverneurs, Lieute. nants généraux , ou autres officiers es dites "Terres, Pays "et Lieux , un traitemient, autant ou plus favorable que cé. a ox

V.Kap. Das Syaby 1657. 6p

jui qu'ils. ont recu des Princes de la maison d'Autriohe, quand ils les poss@doient‘, et singuliéórement que les péa. ges, qui s'eXigent en notre ville et forteresse de Brysach, ‚et en nos pays d'Alsace et de Zuntgauw, soient levés à Vegard des Marchands. des dits Cantons, négociant et fai- -sant passer et repasser leurs marchandises par le Rhin ét les dits pays 5 selon l'ancien tarif, tel qu'il étoit avant ‚la derniere güerre d'Allemagne ; lorsque les dits pays étolent 'entre les mains des. dits Princes de la: maison d'Autriohe Faisaht trés-expresses défenses et inhibitions aux Fermiers, ou Receveurs des dits pdages de rien exiger davantage, à peine de restitution aux dits Marchands , dépenédse , domma. ges et interets, «t autres peines ‘que de.ralsun. Si’ doh. "aons en mandement aux gens tenauts le Cousbil Souverakı ou Régime en nos villes d'Ensisheiin «et de Brysach, que tes présentes qu'ils: ayent'à faire régiswbr.ós xceylutres du "dit €onseil ou Regime‘; et à les faire. obseyver selon leur forme et teneur, oar'tel est notre spkdisir. " on

re HD (079 . OM Sft e

Dieſe Lettres patentes wurden aba damals nicht einregiſtrirt. Erſt im Jahr 1664, ben 2. Jenner, ge⸗

(hab es zu Metz, im Folge eines Befehls des Koͤnigs vom 17. November 1663, der Surannation und Re; lief. d'adresse genannt woirb.

——— et Relief. d’Ädresse sur les patentes accordées ‚aux Marchands des Cantons des Ligues des hautes AI. lemagnes sur le sujet des péages.

s Louis, par la grace de Dieu, Roi de France et de

Navarre, à nos amés et féaux Conseillers les gens tenants

notre Cour de et de Metz, salut. Par nos lettres

ec E 4

go. XVH. Periode, 1649-1691,

patentes du 19 Juillet 1658, pour les cousidérations y.con.. tenues nous aurions voulu accordet. aux Marchands des Cantons des ligues des hautes Allemagnes, An .traitement autant ou plus favorable que celui qu'ils pnt recu, des Prin. ces de la maison d'Autriche, lorsqu'ils possédoient les vil. les et Forteresse de Brisac, et les pays d'Alsace et Zunt. gau, et pour cet effet ordonng. que les péages qui s'exi- :geht és dites villes et pays seroient levés à l'égard: des 'dits .Marchands, négotiant et faisant passer et repasser leurs. .marchandises par le Rhin et les dits pays, confarménient ‚a lusage.ebseryé avant la derniére guerre d'Allemague, avec. défenses,fpés.exprbsses aux Fermiers ou Receveurs .des dits péages:de:rien, exiger davantage, à peine de ‚resti- ‚£ution aux! dits Matchands, dépens, dommages et intéré eis et autres peines; que ide raison , et d'autant que. vous pour- : riez fiiberdifficulté de procéder à l'enrégistrement de ngs dites lettres patentes tant pour ce qu'elles ne vous ont pas été présentéeszdois l'an , que parce que par obmission ou autrement, elles ne ybus ont pas été adressées à ces causes, .deil'avis de notre Conseil, nous: vous" mandons et ordon. ons par ges présentes signdes de notre main, qu'encore que nas.dittes lettres-patentes du 19. Juillet 1658, cy attachées sous le contre scel de notre chancellerie $oient. suranjiées, et que l'adresse ne vous en ait pas été faite, ‚vous ayez . néanmoins à procéder incessamment à leur enrégistrement pour avoir lieu. Enjoiguons à notre procureur general en notre dite Cour de faire pour dit enrégistrement toutes diligences et réquisitions nécessaires. Car itel est notre plai. sir. Donné à Paris le 17 jour de Novembre l'an de grace 1663, et de notre reigne le. vingt uniöme.

Par te Roi: | LOUIS. ... De LioNNE,

V. fap. Das Jahr 1657: - 74

Les présentes lettres, tnsemble les patentes attachées sous ie contre scel, ont été régistrées en régitres du Greffe dc la Cour, pour étre exécutées suivant leur forme et te, neur, et l'arret de vérification d'icelles , de ce jourd’hui, deuxiéme Janvier 1664.

BOLLIOVD.

111 Extrait des Régistres de Parlement.

Vu par la Cour les lettres patentes du Roi... (Folgt bet abgekürzte Inbalt der Briefe vom 19. Julii 1658. und 17. November 1663, ) Conclusions du Procureur général du Roi, oui le rapport de Mr. Bertrand conseiller, tout con. sidere , la cour a ordonné et ordonne que les dites lettres.

seront régistrées au Greffe d’ivelle-pour étre exécutées, et en jouir par les impétrans, suivant leur forme et teneur.

Fait à Metz en Parlement le 2. Janvier 1664.

Collationne :

*

P E, BOLLIOVD.

Mit dieſem Ertraet war folgender Bolzen u vereiniget :

Lovıs par la G. de D, Roi de France et de Navarre... au premier notre huissier ou sergent, ou autre huissier, sergent, ou officier des lieux sur ce requis, salut! Nous te mandons à la requéte de nos alliés et confédérés les. Cantons des ligues des hautes Allemagnes, faire pour l'exé. ' cütion de J'arrest de notre cour de Parlement je Metz du

^w 2,2me de ce mois cy attaché, sous le contre scel de notre - Cháncellerie et de nos lettres patentes mentionnées en ice;

12 XVII. Periode. 16491691,

lui, tous exploits, significations, et actes requis et néces. saires. De ce faire te donnong pouvoir. Car ainsi nous plait, - Donné à Metz, le 5.£me jour de Janvier, l'an de grace 1664, et de notre régne le 21.&me. ren le conseil: LrrEBURE, (Kleines bangendes Sichel, gelbes Wachs, ohne Capſel, 3 Lilien)

Exploit de signification des dites lettres patentes, et arrét du Parlement, faite à un des admodiateurs généraux des Fermes d'Alsace, aux forges de Béford, ce 17 Janvier 1664. En présence des Sieurs Jerosme Dienast, Ecuyer, demeurant à Basle en Suisse , et Charles Rennelle, deineu. rant à Metz, à ce requis,

e m 45 2o» o

Von ber Gommiffion , bie vor etlichen Jahren‘, we⸗ gen der vorzufchlagenden Belohnung des Bürgermeifters Wettſtein niedergefegt wurde, waren zwey Mitglieder mit Tode abgegangen, unb zu den überlebenden Raͤthen eii tzzelmann und Socin, gefellte man am 12ten December 1657, Hans Safob Zörnlin, Hand Balthafar Burd: hardt und Hans Heinrich Zäslin. Im folgenden Fahre 1658. den 18 September gaben fie ihre Borfchläge ein. Es folkten namlich bem 95. M. Wettſtein, die von ben Aebten zu Wettingen in der Schweiz herrüßrenden Be⸗ vaine zu Richen und zu Bettigen, für dreytauſend Gul⸗ den verkauft werden. Die. Commiſſion fügte aber fols gendes Hinzu: » Wenn Herr 9. M. Wettſtein, für diefe Gefälle , welche ſonſt in. großer Confuſion und tig*

v.Rap: Das Jahr 1660. 13

rid)tigfeit , und bewegen bent gemeinen Gt Yon weni⸗ gem Augen find, drey tauſend Gulden bezahlen ſollte, fo würde er ‚für feine uͤbergroße Mühe, Arbeit, umd Sorgfalt , aud) is feiner langen Abweſenheit erlittenen Schaden und Verſaͤumniß, faf gar. nichts qum Dow tel und - zur Ergöglichleit Dabem Wettſtein ſtellte alles dem Bath anheim; bat mur , in Auſehung der Eintreibung der Ertangen , man moͤchte ibm Die, ob» rigfeitliche Hiütfehand Fräftig bieten, umo - Ihus batis ber eine Urkunde ertheilen. Der Rath trat. "T ime tanfend Gulden jene Beraine ab. -

Zu der Geſchichte biefeà Jahres gehört pod, taf ber Bfalzgraf fein Teſtament Bier machte, und daß man e$ den 4. December im geheimen Gewölbe "hinterlegte.

1659,

Auf ber am 5. Kenner eröffneten Zuſammenkunſt der evangeliſchen Orte, wurde ber Bund mit Frankreich ratifieirt. Der Ambafador begehrte zwey Kegimenter , und begnügte fih in der Zolge mit acht Gompagnien,

1660.

Meber das Schuldenwefen gegen das Würtembergis (de, fam den 10ten Öftober ein Vergleich zu Stande. Statt der alten nerfallenen Zinfe begablten die Würtem Berger. ein für alle mal, drey und Halb vom Hundert. Der fünftige ins. wurde auf bre) vom Hundert, - ffatt fünf, Bernntevaefegt , und eine Abzahlungsfriſt von sehen gubreg wurde zugegeben, - Sollte dem. kein Genüge ac

74 XVII Seriode. 1649-1691.

Teiftet werden; fo: wirde bie Stadt Bafel und die ihri- gen an irem DBerfprechen nicht gebunden ſeyn. Unſre zwey Abgeordnete, Hans Rudolf Wetiflein und Hans Ru⸗ dolf Burckhardt, erfchienen im Namen des Standes, der Univerſitaͤt, ber Kloͤſter, der Stiftungen, der Armen⸗ bäufer und verfchiedener . Partikularen. Die Beweggründe su einem. fo beträchtlichen Nachlaß waren: der lang fort» gewährte, geundverderbliche Krieg, und die vielen baraus entſtandenen Galamitüten und. Befchwerden. Die Abge⸗ orbneten des Herzogs Eberhard waren : Fridrich Ben⸗ jamin von Moenſigen, und Sifolaus Muͤller und die Stellvertreter der Geiſtlichkeit und Stände waren: So hann Cappel, Praͤlat zu Alſperſpach Johann Wilhelm Schwarz, Johann Malch. Zritſcher, und Adam uid

Schmidlin. | u

Die paͤbſtliche Stiftung ber Univerſitaͤt wurde ges feyert, und ber SReftor der Wniverfität, Lukas Gernler, - ber zugleich . Antiſtes und Profeſſor der Theologie war, hielt eine weitläufige Rede, in welcher er den Urſprung der Aniverfitäten bis auf die Zeiten der Patriarchen, und bis Noah zurhefbrachte. ) Bon diefer Zeit fehreibt

1) Oratio dicta à Luca Gernler.... 1660. Programma p. 3. Patriarckis , amicis Dei, | prima hic laus debetur, quorum aedes pietatis fuerunt officinae, literarumque. Debetur orbis Instauratori Noaccho , qui

post diluvii vastitales, &xa in Latio sede, puttioum

Va Kap. Das Yale 1661. 77

ſich Die Uneinigkeit zwiſchen der. Obrigkeit: und. den Unis verfität her. Letztere teäumte nur von paͤbſtlichen Privi⸗ legien, und vergaß, was im Sehe 1532. war. TE | 6 6 4:5 |

Sn 16, Dftober Tan. ber bn von | Sfagacin amd feine Gemahlinn hieher, und bezog den Doubof. Den folgenden Tag wurde. er butd) ‚Abgeordnete Des .KIEr S9tatbó complimentirt, befebentt und gaſtirt. Auf ter Pfaͤlze ſtanden die Stine, die man bey ‚jeder ati» gebrachten. Gefundheit losbrennen ließ: :Er. ventre dem Nath ein Seed goldene Löffel, Gabel: und Meſſer, de en. fig 3er. Garbinal: Mazarin bedient. hatte, wie auch einem der: Oberſizunftmeiſter eine Medailſe von vier Dur vlone suit. des Koͤnigs Baldniß. Der Rath lic das Geſchenk in das obere Scheibe legen. Dabey ‚zeigte ber Buͤrgermeiſter an, dab bey der Makkait, wegen des gro⸗ fut Gelaͤufs, und beſonders von weißes und jungfraͤu⸗ lichen Berfonen, merkliche Eonfufion geweſen. Man habe bald nicht gewußt, um was für eines Hands werks willen fie fi) dort. eingefunden, außer daß fie fte. ventlich in das Gonfect und andere Speiſen gegriffen .

Vetuloniae Gymnasium, docendis divinis hu. manisque juribus, et mathematum artibus , aperuit, Suam post Kirjath Sephar, id est, Civitatem literarum Isaelitarum - Principes fundarunt: :

76 XVIL Seriode. 4640—4691, Hätten, (6 daß gar nichts fier geweſen ſey. Uebrigen⸗ vemertte man in ver Folge, daß Jem Mese um Pergog ermieftn , größer als bie Freundſa fen , die man vou ihm empfieng.

Bir haben in der 16. Periode von dem Mege dur bie untere Hard: nach Kembs, auf damals :öfferreichi» fhem Boden, Erwähnung gethan. In dieſem Jahre -4661 ,..fam-ber Gegenſtand wieder vor ⸗—Gs erhel⸗ tet aus dem Aufſatz einer ‚Antwort: des Raths an: den Oberamtmann zu Bandfer vom 2, October ,^ bajo v$ ums vblag, den Weg zu unterhalten:, daß aber Dagegen gt» faͤlltes 01 uns geblibrte 5. allein , wir wollten nicht adf "franzöfifcher: Bothmaͤßigleit, und in ben koͤniglichen Wal⸗ dungen eimige Faͤllung ohne Grlaubniß vornehmen. Wenn dieß alles aufgehoͤrt haben moͤge, iff. mir unbefannt:;: Un⸗ begreiflich iſt es indeſſen, daß von: dergleichen ſo —— Rerkmale ——— worden

po" 7 8 apitel.

Der Syllabus controversiarum.

0662

Die bren Profeſſoren in der Theologie, worunter Einer , Gernler Antiſtes war, 7) tiefen. in bits

er zwey andern hießen Johaun sugteif. und Rudolf Wettſtein.

V. Kan. Das Jahr 1662, TT

fen Fahr den Sillabus controversiarum , ba$ beißt, Verzeichniß der beſtrittenen Glaubenslehren , mit ihren entfcheidenden Urtheilen, deuden. ') Wer der Baſeli⸗ then Gonfeffton zugethan war, hieß nur -Steformitter. y Diitglied der Bafelifchen Kirche; wer fich aber an den Silabwm anſchloß, Die. Orthodox.

Dieſes Sud) enthaͤlt 20 Sanptfüde. Jedes zerfaͤut in mehrere Quaestiones, oder Fragfuͤcke , 538 an der Zahl. And viele won Biefen Fragſtuͤcken, haben noch Unterabtheilungen. Nach jedem Sag wird das gefällte Urtheil mit den Wörtern affirmo , (ich bejahe), oder nego (ich verneine J bezeichnet. Dan folet gemeiniglich das Wort contra (wider )- mit: ber Benennung der ait» geblichen ober wirklichen Irrlehrer. 3.8. nego contra Pontificios, . . ..affirme contra Lutherenos.

In der erſten Frage beaten. bic. Berfaßer , daß e$ eingeborne Begriffe, congenita notitia, idées innées, gebe. ?)

Auf ber Aten Seite wird gefragt, ob der Leib Chriſti unoͤrtlich, unausgedehnt, unter einem untheilbaren Punk⸗ ten verftedt / in ———— pue wirklich, aber

' ) Syllaba *X Su; —— aber Verzeichniß.

2) Der berühmte Engländer god , batte damals ſein vor⸗ treffliches Werk ; de ihtellectu humano, od) nicht her⸗ aus gutter. -

b cus

78 XVII Periode. 1649-1691.

unerörtlicher weife,. gegenwärtig iff, ohne "- Selbſt⸗ Vervielfachung? ') - Nego, -

Ob Gbriffus im Himmel mod) feine fünf Narben beybehalte, damit er fe am jinafin Gericht moͤge? Nego. *) --

Pag. 22. Ob es in - Rrathſchluſen Gottes dite ervige Verwerfung gewiſſer Menſchen gebe ? Affirmo con- tra Huberianos ?)

Bag. 10. Ob bie Ewigkeit Gottes Theile babe, . unb eine Zeitfolge von v.or und nad) fep: ober ob fie antbeilbar ſey, und in. allen Unterſcheidungen der Zei» tem, wenn fe find, : ganz gleichzeitig beſtehe? Erſteres yerneine id), und letzteres bejabe ich. )

1) An Corpus Christi sit illocatum, inextensum sub puncto indivisibili latens in locis a se discretis actu praesens illoealiter, citra sui multiplicationem ? Nego.

2) An Christus adhuc in coelis retineat quinque cica. trices, ostendendas in ultimo die judicii? Nego,

Sy An detur in’consilio Dei deterna guorumdam repro.

batio? | Affırmo -contra' Huberianos,

Bor ungefähr 70 Jahren, in ihrer Antwort auf de

* beleidigende Predigt des Pfarrers von Röteln, hatten die

hiefigen Theologen nad m. s be

hauptet. . 1) An Aeternitas Dei habet partes et süccessjongm tem. poris per prius et posterius; an vero sit indivisibilis $

VII. Kap. Das Yahr 1662. .19

Bag. 16. Ob bie Erde.unbeweglich, und der Hims mel und die Geſtirne beweglich erichaffen worden (inb, ober ob jener die Fähigkeit (id) zu bewegen, und biefen hingegen bie Ruhe befcheret worden ſehyn? Erſteres bejae be i, und letzteres verneine id), wieder. ‚Die Coperni⸗ caner. )

Der 48 $. ber Seite 34 fotu von uns nicht über fest werden. Die Feder fallt ung ans den Händen. ?)

Siebentes Kapitel.

1662 1674. |

| 1662 |

Zu Sefandten nad) Paris wegen bed Bundesſchwurs

wurden den 11. Merz, Benedidt Socin, alt Oberzunft⸗ meiſier, und der Stadtſchreiber Hans Rudolf Burckhardt

et tota coexistat singulis temporum differentiis, cum " illae existunt? Nego prius, affirmo posterius.

1) An terra immobilis ; coelum et sidera mobilia con. dita; an contra ilii facultas sese movendi, his quies creatione indita fuerint ?Affirmo prius, nego posterius

' contra Copernicanos. |

*) An Maria Ohristum enixa eit, sine apertione uteri ? Nego,

so XVII: Periode. 16491691.

ernannt. Dieſe Gefandtichaft gewann aber, aus niit (itv bekannten Srunden, erſt im Oetober des folgenden: I red, ihren Fortgang.

Zwiſchen VorderHeflerreich und afa wurde, den 14. Brachmonat, ein Vergleich getroffen, ") der auf mehrere , zwifchen Kaiſer⸗ und Bafel-Augft nebſt Gies Dead), über den Weidgang der Genteinben ,- ble Schuf beerde des Wirths zu Baſel⸗Augſt, die Aderig oder Ci chelmaͤſtung, und die Fertigung der Güter bey Hand» . änderungen, fid) erhobenen Anftande , Bezug Hatte. Bon Seiten des Erzherzogs Ferdinand Karl, erfchienen auf der zu BaſeldAugſt angeſtellten Sufammentunft, Johann Heinrich Veſt, Regierungs⸗Rath, und Nicolaus von Grand» mont, Kämmerer und Oberſter Hauptmann der vier Waldſtaͤtte. Bon unfrer Seite befuchten die Conferenz, Buͤrgermeiſter Wettflein, Oberflleutenant J. S. Zörnlin, Theodor Falkeiſen des Raths, und Rathsſubſtitut Hang Rudolf Burkhardt. Daß Wettflein (id) zu derglei⸗ chen Verhandlungen, über die Zahl der Schweine, z— $5. , welche die Basler Augſter in die Aderig ihrer 9tad Parm ſchicken fümntem, gebrauchen Heß, mag fo erklärt werden. Nichts, das zu Amteverrichtungen - gehört ‚if erniedrigend ; dann bewies er vielleicht gerne, durch ſei⸗ ne ai , feine Zuneigung für sc ; drittend

" . 4f

1) Bruckners Merkwürdigkeiten , vag. 2708.

VII fap. Das Jahr 1662, 81

it es nuͤtzlich, daß Raͤthe ind Häupter Sefanntfdaft mit . den benachbarten Beamten machen, und ihr Vertrauen gewinnen; endlich wär einer ber behandelten Gegenflän be, bie Fertigung der Güter bey Handänderungen rein diplomatiſch. Iſt fie eine Felge ber Niedern⸗Gerichte? Gehört fie zur Hohen Gerichtsbarkeit? Iſt fie in naher Verbindung mit der Landeshoheit? Sind: Verträge vor handen, bie zu einer Trennung des Rechts der Ferti⸗ gungen unbedingt berechtigen? And, wenn nur Uehun⸗ gen angeführt werden, in wie weit mögen fie gelten

Uebrigens wurde der Bergleich, von Seiten des "9n nur bre) Jahre fpater vatificitt.

Ludwig XIV. faubte Abgeordnete zu uns. So wird es im Rathsbuch vom 12. Heumonat vorgetragen:

Vom König gu Frankreich. it ein Grebitips Schreiben derlefen worden, darinn er feinem Stat. unb Sefibenten, ik Deutſchland, Herrn 9t, Friſchmaun, Befebl gibt, bey M. Gn. Herren, in Ihro Majeſtät Namen, Anbringen zu than, und dieſelben Ihrer königlichen Wahlgewogenheit zu verfichern. Der Rath enfannte, dab er. durch Hrn. Hans qat. Burdbarde und. Hrn. $9. Georg Zäsſslin, abgebokt werden folle; Dießlgeſchah. Der Reſident Hr. N. Friſchmann wurde in bie Rathsſtube begleitet. Sein Anbringen beſtand ſubſtanzlich in folgendem : , O46 Ihro Majeſtät alle Ders aute Benachbarte ihrer aufrichtigen Freundſchaft verfichere 5 derſelben Gerechtigfeiten und Befugſame für. heilige und utt derbrüchliche Gränzen balte , und fie bey folchem allen, wie auch beym weſtphäliſchen Frieden in mátineitireu gencigt fe

VIL San. Ei

82 XVII, Beriode. 1649——1691.

Zwar hätte biefelbe mit Bedauren vernommen ,- daß argwöb⸗ niſche Leute ihre Reiſe in Deutichland auf eine ungute Weife

ausgeſchrieen haͤtten, als ob in ſolcher, vermittelſt ihrer Ge⸗ walt, fie die Schranken ber Gerechtigkeit zu überſchreiten Willens wäre, ba fie doch ſolches niemals in Gedanken ge⸗ nommen. Gleichwohl nach dem verl auten wollen, ob würde Ihro Majeſtät dadurch Anlaß geben, baf der Kaiſer mit Türken Frieden machen müßte, hat Ihro Mayeſtät ibro vot. gehabte Reife. eingeftellt,, und erbiete fich gegen.biefige Stadt . gu allem Guten , und verſiehet (ij, dab man ſolches dieſer ete binmiederum bezeugen werde:

. Auf diefen Vortrag folgte. folgende Ertanutniß:

» Die zwey Herren Deputirten ſollen, im Namen des Raths, gegen Hrn. Friſchmann, qu Handen Ihro Maie- ſtät, zum fleißigſten für die gethanen Offerten und bezeugte Wohlgewogenheit danken, und anzeigen, obgleich MEHrn. in Ihro Majeſtät niemalen einigen Zweifel geſetzt, ſo thue doch dieſes fie deſto mehr erfreuen, unb bitten Ihro Maje⸗ ſtät geruhen, in ihrer gefaßten gnädigſten Affection zu ver⸗ harren, anb gleiches auch bey ihren Beamten anb. Miniſtris au verſchaffen. Da bingegen DM. Sn. Herren gegen Ihro Majeſtät (id) aller bereitwilligften Dienfle, unb gegen den Hrn. Nefidenten aller Freundſchaft erbieten. Er fol defray⸗ ter, ihm aud) ein Recreditiv eribeilt werden. T 9Uitbe werden ihm Geſellſchaft leiſten. |

Aum 21. Vrachmorat- war d um bie eines Ralhaͤherrn zu Schmieden zu thun, bie dem neuen Rath allein gebuͤhrte. Unter den Sechſern dieſer Zunft bes | fand ſich $$. ubiv. $rug, bet. Eifenhändter, Tochtermann d Virgermeiſers Wetiſtein, und folglich fraft des Ge⸗

VII. Kay. Das Jahr 1662. $3

ſetzes, welches verbietet‘, Schwaͤher und Tochtermann in den Rath zu evfiefen, nicht wahlfähig. Allein der Rath machte eine Ausnahme , und ernannte Krug. Auf nach fiehende Weife motivierte der. Schreiber die Ansnahme (Schwarzes Buch pag. 216.) : Dabey reiflich betrach⸗ tet worden, was maafen Herr Bürgermeifter. Johann Rudolf Wettkein, Sy. St €. 28. , einem E. Regiment bereits zwey und viergia Sabre, und unter ſolchen fünf sehn Fahre als ein. Mitrath, , die übrigen fiehen unb zwan⸗ ja Hhre aber als ein Haupt: weisäch.and wehl vor⸗ geſtanden, aud) folche Zeit. über, in allerhand Vorfallen⸗ heiten , fonderlich zu vielfältigen, hochwichtigen, imb theils Ionggewährten , befehwerlichen Legationen und Ge⸗ fandtfchaften, unſerm gemeinfanen Vaterland adglidge und erfprießliche Dienſte geleilet ; nicht: weniger ges tüfrter Her Hans Ludwig Krug ſeibſt, ſeit gerau⸗ men Fahren verfchiedene Ehrenämter , als Stadt unb Ehegericht, wie aub €. E. Sant git. OC. Leouhard, für einen Beyñtzer dergeſtalten abgewartet, daß er fei» nes aufrichtigen Gemuͤths und herrlichen Qualitäten von mönniglich rühmlichee Gezeugniß habe 1.” Der Kath, erlaubte fid) aber nicht nur Diefe Ausnahme , fondern eto theilte (id) aud) das Stet , Eünftigs, in aͤhnlichen Faͤllen ein gite wieder su "" > teirigené wurde ann

hs -

O3) „Daß, E. Stati jedergete vordehalten fenn » in die Chphur zu thun, men er der Stadt Baſel, ie nad ede .

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34 XVIL Periode. 1649— 1691.

Tage: fodter dieſe ve, von. beoben Raͤthen -— ES | 6 63,

Der ———— , der nun ohne unter⸗ |

eiet der Kantone und der Religion, in einem einzigen Inſtrument befand, wurde im Septembermonat , dem’ Ambaſſadorn beſiegelt nad) Solothurn, durch ein Raths⸗ glied 18b. den, Gtadtſchreiber uͤberbracht.

Sie begehrten zugleich die Bezahlung der alten Schul⸗ den, welche der Rath und die Buͤrger auf Hünfhgen, Die Serrfchaften Lanfer unb. Pfirt, die elfagifchen Lande und die chenorige Kammer zu Enſisheim, zu fordern: Battem. Kraft des weitphälifchen Traktats Batte ber Koͤ⸗ nig uͤbernommen, zwey Drittheile daran zu zahlen, und das uͤbrige Drittheil ſollte vom Hauſe Oeſterreich und der Landſchaft abgefuͤhrt werden. ie Antwort war: „es werde der König, zur Liquidation gedachten. Schulden ; das Hans Oeſterreich einladen. laſſen, Gommifarien zu

: © bald bei "e werde sas

genpeit der Gad a am fuglichten bebintt." " Wnb hang weiter: „Daß diefe fet vorgegangene Ermählung. in ‚feine Conſequenz gezogen werden fole , c8 müte denn Sache, daß füttftider Zeiten , "wegen anderer Perſonen, gleichförmige Argumenta, Gründe und Urſachen einge bracht werben fónnten, In welchem Salle €. €, Rath, wæas ipm am füglichſten und aufländigken, bedünte/ vor⸗ nehmen mig. X |

feyn, wolle der König mit Vergnügen die Befriedigung der Städte Bafel und Solothurn -auf fid) nehmen. " Allein von öftreichifchen Gommiffarien, und von einer ges meinfchaftlichen Liquidation findet man nichts , viel wer niger von irgend einer Bezahlung.

Hierauf verreifeten die Gefanbren von allen Orten mit einem Gefolge von-mehr als 200. Berfonen im Oe tober nach: Paris, wo fie den 9. .Nonember ihren. Ein zug hielten, und den Bund mit vieler Feyerlichleit ſchwo⸗ ren. Die biefigen Gefandten: waren., der Oberſtzunft⸗ meifter Benedikt Socin, und der Stadtſchreiber J. Ru⸗ dolf Burkhard. Sie hatten ſechs angeſehene Buͤrger zu Begleitern, Bediente, zwey Reiter mit der Standesfar⸗ be, und drey Kuticher, uud Pferdeknechte. Sie bekamen goldene Ketten mit Medaillen vom König '), unb Ge (fente von ber Stadt. Paris. Zurlauben erzaͤhlt, daß "an. ben Heinen Dauphin, eig lea Kind ab»

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T Les médailles représentoient d'un cóté le buste du roi en habillement romain avec cette legende : Ludv. ' XIV. D. G. Fr, et Nav. Rex; : et de l'autre on y voyoit à la droite le roi et le dauphin , et à la gauche les ambassadeurs suisses, qui juroient l'alliance aveé cette legende à l'entour : Nulla Dies sub me natoque haec foedera rumpet. Et au bas on y lisoit les mots: Foe. dere helvetico instaurato. ; Hee milit. des Suisses. Tom, Vi. p. toes 105.

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86 XVII. Periode, 1649—1691.

gerichtet hatte, den Gefanbtem , bey Darreichung de Händchens, su fagen: Ami, mon ami. In der gros fen Gallerie zu Verſailles, Dat der berühmte Mahler, - Rebrun, bie Zenerlichkeit des Bundes abgeſchildert.

Den 15, April berichtete Zürich das Abſterben des Erzherzogs Ferdinand Carl. Sein Nachfolger, Sigmund Franz, lief durch ben Waldvogt 65 Goldftuͤcke, :jedet von 20.Dufaten, auf Abfchlag der verfprochenen Erb⸗ einigungs«Gelder, besahlen. Wir begehrten in Antwort unſere Quotam. (Antheil)

Der Biſchof Conrad von Roggenbach trachtete auf dem Reichstag, ſich Goͤnner wider uns zu verſchaffen. Es fiel ibm und feinem Kapitel zu Sinne, das Muͤn⸗ fter zu Baſel, einen fogenannten Schatz in demfelben , und andere Gegenftánbe anzuſprechen. Geheimnißvoll wur⸗ be c8 damals betrieben. Lnbegreiflih mußte uns aber vorfommen , daß ev (i nicht mur an ben Laiferlichen , fondern aud) an den franzdfifchen Gefanbten wendete , eben zu einer Zeit, wo der König fld mit der Schweiz verbunden hatte, unb auf diefen Bund einen großen Werth zu legen (chien, Wollte ber franzoͤſiſche Gefandte, als er dem Biſchof Gehör gab, ihn mur ausforfchen, pder lief er ſich durch Religionsparteylichkeit hinreiſſen, oder wollte er das Waſſer truͤben, damit denn em Herr vermitteln fónnte?

Der Marggraf Friedrich von Baden fam ben 27. Februar Dieber , unb Fehrte in feinem eigenem Sof, in

VIL Kap. Das: Jahr 1664. 6T

der neuen Sorffabt, ein. Auf ber Zunft in m den wurde ihm eine Mahlzeit gegeben. |

1664

. Der Kaifer begehrte im Jenner Hülfe gegen. bie Türken. Die Antwort der Zagfagung war, daß went fie ind Reich eindringen follten, man (id) einer angemefe fenen Huͤlfe nicht entziehen würde. Im Märzen kam - ber faiferlidóe Kriegshofrath Freyherr von Schmerzen born sad) Baden, und verlangte im Namen bes Kaifers Gb, Doll, Erlaubniß zu werben, und allenfalls die Winterquartiere. Die Gefanbten liefen ih zu einem Geſchenke von taufend Gentnern Pulver bewegen. Fuͤr die Stadt Bafel traf e$ 25. Centner. Man entichloß fib nachgehende auf, 6000 Wann in- Bereitichaft qu halten, wozu Bajel 200 Dann und se ge - ben (ollte. | - ,

Den 9. April erhielt der Biſchof bie Erlaubniß vom hieſigen Rath, feinen Antheil Huͤlfstruppen wider die Tuͤrken durch die Stadt uͤber die Rheinbruͤcke nach Deutſch⸗ land ziehen zu laſſen. Es waren 150 Mann. Der Frie⸗ den wurde aber den 10. Auguſt geſchloſſen, und der Kaiſer berichtete es den Schweitzern. Uebrigens hatte Frantreich aud) 6000 Mann dem Kaiſer zu Huͤlfe gefihidt. 7

Den 20ſten May wurde mit dem Kiofier Olbverg über verſchiedene ſtreitige Punkte ein Vergleich edid.

85 XVII.Periode. 1640 1601.

tet. ) Zu demſelhen gaben ihre Einwilligung, im Na⸗ men der Aebtiſſinn und Conyent, die Border-öfferreichis ſche Regierung zu Freyburg, als Schirmöherr und Kaſt⸗ vogt, und der Abt zu Luͤtzel und Maulbrunn, Bernhar⸗

binud , als Sif tator. - nfte' hetrafen Waldungen und perfchiet ifforf / Baſel. Olsberg, Hersberg unb i : wie, daß ‚die Anzahl der Häufer allezeit gleich bleiben muß, bie €i dj vermehren 7 phe vermindern. CS f «8 Kloſters, auf welchem ber Vortheil Brennholz zu

empfangen , And Vieh w

Joh. Rudolf grey , ein Biefiger , frat in | feanzöfifchen - Dienſt, und zeichnete ſich ſo aus, daß er im folgenden Jahrhundert Brigadier wurde: eine fritas Auszeichnung für unfern Kanton, |

Die jährlichen Meiſterwahlen auf den Zuͤuſten, was ren nur Beflätigungen der bereits ernannten Meiſter. Weil aber immer zwey Sechſer zugleich genannt wurden, um einen dreyfachen Borfchlag , dem Namen nach, zu Pilden „und bie Handlung mit einem Eide Begleitet war, fo mußten, . eft gewiſenhafte Leute fid) in Verle⸗ genheit riter. Es ſcheint aud), daß man auf einer

Bruckners Sestmirigsen pag. 2338, 2349, 2364 it. 2381. |

-

VIE. Kap. Das Jahr 1666. 89

-

Zunft die Amevibilitaͤt einführen wollte und ſich beg Borwandes der Fränklichen Umſtaͤnde eines wieder zu ber fatigenden Meiſters bediente. Der Rath verordnete aber, daß der Eid fünftigs unterlaffen , und ber alte Meifler wieder, zum Meiſterthum befürdert werden follte; bod) nur wenn nach gehaltenen Umfrage oder Genfur, e$ fid ergeben würde, daß er durch Lafer, oder andere Unge⸗ buͤhr, fid nicht ſelbſt untüchtig gemacht Hätte. Eg di bemertenswerth, mie der ffeine Rath ſich getraute über fo wichtige Theile der Verfaſſung eigener Gewalt .Gefe ge zu errichten. ....... Cin anderes mal, erzählt eine Handſchrift, hatte die Zunft zum Himmel. (Mahler, | Gíafer und Sattler), einen neuen Meifler erwählt, wel’ hen die Vornehmften im Rath (etliche Hohe. Herren, wie die Handfchrift fid) ausdruͤckt) nicht Deffütigen wol. ten, .weil er. ein unehliches Kind geihacht .Dátte. Sat auf ſtellte er ſich aber ſo rauw, daß ſie die Einfuͤhrung des neuen Meiſters geſchehen laſſen mußten. Damit er ihnen aber ab den Augen kommen moͤchte, ſo übertrug man ihm „die Landvogten Homburg, und dem Daniel Burkhardt, der bereits dahin erwaͤhlt gewefen, gab man die Landvogtey Mönchenflein. Geltfante Ausmittlung, beſonders fuͤr die Töchter, des Homburger Amts! 4666.

Zwey Haͤupter verloren die Basler in den vier erſten Monaten dieſes Jahrs, Nikolaus Rippel, im Maͤr⸗ jm, und Joh. Rudolf Wettſtein, den 12. April, Rips

90 XVII. Beriode. 1649-1691,

pei anfangs Rathſchreiber, dann Stadtfchreiber, Oberſt⸗ : zunftmeifter , und feit 1660. Bürgermeifler , Hatte fid) immer a(8 Freund und Bertheidiger von Wertflein ges zeigt. Wettſtein im Sy. 1594. geboren, genoß bie Ehre, fi) felber gebildet zu Haben. Sein Vater, "eim neuer Bürger, von Ruſſikon im Kant. Zurich, wurde Spittal⸗ meifter ') , wie aud) nachgehends Sechſer auf feiner Zunft. Gein Sohn, ein fleißiger Zoͤgling des Gymna⸗ ſiums, ſtudierte in ſeiner Jugend vorzuͤglich die elaſſi⸗ ſchen Schriftſteller, und wurde hierauf in den Kanzleyen zu Ifferten und Genf angeſtellt. Dann trat er als Hauptmaun im J. 1616, und fuͤr etliche Jahre in ve⸗ netianiſche Kriegsdienſte. Seine politiſche Laufbahn faͤngt mit 1619 am Zu einer der vier Haͤupter Stellen ges làngte er als Oberfizunftmeifter im J. 1635. , und dann al Buͤrgermeiſter im 3. 1645. Er beſuchte mehr als hundert Tagſatzungen und evangelifche Sufammeitünfte , | und verfah mehreremale das ſchiedsrichterliche Amt. In feiner Leichenpredigt, lief der Pfarrer (Lukas Bernler) einige Stellen wider feine Feinde einfchlieffen. „Es iſt zu forgen, fagte er, e8 werden die Zeiten Tommen, da man dieſes Herrn übel mangeln, und undaukbare fente es erſt erkennen werden. .... Man fehe mehr vor fid) als hinter fid). Man rede lieber von der Sache, als baf man die Berfonen, bie in dem Herrn ruben, ſchimpflich

1) Defnungsbuch von 1605,

VIE Kay. Das Jahre 1666. 91

durchziehen wolle...... Man huͤte ſich vor Factionen, Trennungen und Spaltungen.... Sol denn das Haus unfers Regiments Deffeben, fo mug man fuͤrwahr fid mit einander vergleichen:, und beſcheidene, friebfertiae , vernünftige Rathfchläge sufammentragen.. .. : Man Dite fd) vor ungebuͤhrlichen Wrotiden , und afe EM den Andern neben fi) auch gelten. "

um Johanni wurde der Stadtſchrelber Joh. Ru⸗ dolf Burckhardt, Buͤrgermeiſter. Der Oberſtzunftweiſter ‚Benedikt Socin, der. nun Bürgermeifter hätte werden follen ‚war. vor. mehr als einem Jahr mit Tode abge⸗ gangen. Zum neuen Oberſtzunftmeiſter erwählte mon den Rathsherrn Joh. Jacob Burckhardt. Da nun der alte Oberſtzunftmeiſter, Andreas Burkhardt fief; fo batte mas drey Haͤupter vom gleichen Namen und Geſchlecht. Es mußte um fo mehr ben Familten⸗Neid reitzen, da «es dieſes Jahr fein viertes” "fut and, weil Wettflein um. Johanni alt geworden wäre, und man folglich feine Stelle nit wieder befegte. Außer biefém drey Haͤup⸗ tern foßen aber noch im beyden Räthen vier bes. Namens Burkhardt.: Ben einem folchen Uebergewicht einer Fa⸗ milie, die noch im S. 4633. nur ein einziges Mitglied in beyden Raͤthen zaͤhlte, entfanden Anklagen von garten» lichkeit, Beſorgniß vor Oligarchie , und allgemeines Mißs vergnügen. . Don nun au wurde von Pratiden , Mid _ branch dee Gewalt, Meineid , Veränderung in der Ver fofimg, auf den Samen, in bec Ratheſtube, im’ go

9 XVII. Periobe. 16491691

meinen Umgang gefbroden, Bis es enblich im J. 1690 in ‚einen gefährlichen Buͤrgerauſſtand ausbrach.

, Cerere Verfaſſungsgeſetze wurden: in dieſem Sabre errichtet... Das erſte oom 9. Juny betraf den Ausſtand der Berwandten: ben Beſtellung der Ratheämter ,. und gear, wie das Gefeg lautet, um allerhand Unordnun⸗ gen unb gefährlicher Anzüge willen. Das andere her mebrte mit einigen Claufeln beg Eid welchen diejeni⸗

gen ablegen mußten, bie ^ à1 ejn Amt bewarben. Ein dritted verordnete, di ith jaͤhrlich die Ord⸗ nung wider die Pratiken m, und bie dawider Handelnden mit ernſter ne Anfehei det Bars

fon) veäifertigen folte. 2 Viertens wurde fadt

L Diefes: Gefet forderte zugleich auf, alles Mißtrauen, Unfreundſchaft und böſen Willen fallen zu laſſen, ein⸗ ander wohl unb freundlich qu meinen, mit wahrer Ein⸗ trächtigfeit alle Rathſchläge au richten... .. um fo viel mehr, fügte c hinzu, weil Gott der Allmächtige

(o eenftiid bey und anklopfe, in bem feit weniger "Seit zwey Häupter aus diefer Vergänglichkeit abgefor- bert worden, und das dritte in Gottes Gewalt Täge, Man yerbanb mit dem Sterbefalle. eines Haupts befan- dere. Begriffe. Als eine Anzahl Bürger, wie wir es im vorigen Bande gefehen haben, der Herzoginn von Par-

ma entgegen reiten follten , mißrieth der Oberfipfarrer diefen 9titt; ans der Urfache, ba ein Ehrenbanpit fh «auf bem Sterbbette befande. Ein anderes Mal,

da ein Haupt furg vor dem: Tage ber Rathseiuführung

VII. Kay. Das Jahr 1666. 93

daß nach ber Crfonnimif von 1523, die im ſchwarzen Buch eingefihrieben wäre , Tein Haupt Dreyerherr ſeyn fone, und daß wenn ein Dreyerberr zum Haupt erko⸗ fen wird, er fein getragenes: Dreyeramt aufgeben , und tie Schlüffel auf den Tifch legen folle. Diefes bezog fid auf die verfforbenen Rippel umb Wettſtein, bie bis auf ihr Abflerben Dreyerherren geblieben waren. Allein bie zwey netten. Häupter , bie num auch am Dreperamt vae ren"), und ferner daran bleiben wollten, auferten. fidy

ziemlich foröde : ,, ie hätten (i) nicht in dieſes Amt eingedrimgen ; begehren auch noch nicht fi in daſſelbe einzudringen ; wenn man es zu verbeffers wife, ober

führung, mo auf allen Zünften Mahljzeiten gehalten werden, mit Tode abgegangen war, geſchah die Anfrage im Rath wie man es in Anſehung der Zunftmahlzeiten gehalten haben wolle, und es ergieng die Erkanntniß, daß weil die Mahlzeiten- nicht mehr abgeſtellt werden konnten, man folche war halten würde, aber in bee. Stille, uud mit der Bedingniß, tag Feine Bläſer auf den Zünften Angenommen werden , unb bag bie Gäſte id fünf Uhr fid) nad Hauſe begeben ſollten. |

1) Die Erneuerung des Geſebes vot 1533 gefchab. vom beyden Raͤthen vor Johanni. Deſſen ungeachtet ,. gab der nene Rath, tad) feines Einführung amo) Stellen des Dreyeramts den neuen. Häuptern. Allein der. alte Rath ließ den T, Jul einem, Einzug dawider einbri, gen.

x

94 XVII. Periode. 1649—1691.

man ihnen .die Ehre nicht aönne‘, fondern an. ihnen Kar tuiren wolle, was in fo vielen Jahren wicht. gefchehen ſey, fo wollten fie gerne von. diefem Amt woragcbeg. Die wirkte augenblicklich fo viel, baf man die Cade bis auf bie erſte Stadtrechnung ausſtellte. Als nun aber biefe Rechuung den 17 December eingegeben wurde, er gieng die Erkanntniß, daß an der neuen SHäupter (att, andere Dreverberren erwählt werden follten, und ben 22(fen wurden wirklich. Hans Ludwig Krug und Ema⸗

mel Socin dazu ernannt. Eis fünftes Geſetz verordnete

den A. April, daB alle SYabre eine Stadtrechnung vor: gelegt werden ſollte. Es war nämlich furg vorher bem geheimen Rath aufgetragen worden, einen Rathſchlag einzugeben , warum feit etlid) und fünfzig Jahren die - Stadtrechnungen in Abgang gefommen wären , und in feiner Antwort vom 31. März, wußte er Leine andere Urſache anzuführen, als daß bie Häupter wider den Ju⸗ halt des ſchwarzen Buchs Dreyerherren geworden wären; bag man alfo die alte Ordnung wieder Derftellen , unb - zugleich eine Stadtrechnung ‚verlangen follte. Endlich ges ſchah am: 20. Junii, bey vorgenommener Ernennung ber auf. bie Tagfagung beflimmten Gefandten, die Crümes rung, daß die Verrichtungen der eidsgenöfifchen Sachen nicht auf einem oder zwey allein beruhen, fondern daß, je nach Erheifchung der Sachen, aud) andere: zu ber gleichen Gefandtfchaften gebraucht werden follten , und diefe Erinnerung: wurde als Geſetz eingefchrieden:

* VIL $ap. Das Jahr 1667. 95

1067. J

Es ſchloß der Rath mit dem Herzog von Lothrin⸗ gen eine Capitulation uͤber eine Compagnie. Emanuel Zoͤrnlin wurde Hauptmann, Hans Ludwig Lichtenhahn Lieutenant, und Emanuel Maͤrkt Faͤhndrich. Sie ſchwo⸗ ren alle drey, am 24. Auguſt, vor Rath den Eid, von welchem wir in der vorhergehenden Periode ſchon das Formular mitgetheilt haben. Nur findet ſich folgende Abaͤnderung, ſo die Umſtaͤnde mit ſich brachten. Statt der Worte: „wider die koͤnigliche Majeſdͤt zu Grant reich, noch auch wider das roͤmiſche Reich, desgleichen beyde Haͤuſer Oeſterreich und Surgumb " ſtand: „dſou⸗ dern einzig und allein, dem Inhalt der mit Ihro fuͤrſtlicher Durchlaucht Abgeordneten aufgerichteten, und von J. F. Durchlaucht ſelbſt unterſchriebenen Capitula⸗ tion gemaͤß, jur Beſchuͤzung J. F. D. Perſon unb ha bender Feſtungen, euch gebrauchen lagen”.

Am Tage der Raths Einführung ') geſchah von Seiten der Geifllichleit ein ungewohnter Schritt. In

1 Hänpter waren erigit Andreas Burckhardt, Bürgermeiſter, bisheriger Oberſt⸗ —cognfrmeifter, deſſen Nachfolger J. 2. Krug wurde, (€t ſollte als Bürgermeiſter Montags den 1. Heumonat ein⸗ geführt werden. Er farb aber den 31; Brachmonat.) J. 8L. Krug Oberſtzunftmeiſter. . * Queb. Rud. Burckhardt, alt Bürgermeiſter. Joh. Jak. Burckhardt, alt Oberſtzunftmeiſter.

96 XVII. Periode. 1649—1601;

bem Augenblick, wo die neuen Raͤthe ihre Sitze bezo⸗ den, und den Eid abgelegt Hatten, erfchienen‘, -im Na» men der ganzen Geiſtlichkeit, der Oberſtpfarrer, Lukas Genfer, und bie Pfarrer Bonaventura von Brunn unb Theodor Richardt. Sie legten zwar Gluͤckwuͤnſche zur ‚angetretenen Regierung ab, gaben aber zugleich eine weit- laͤuſige wider. ME ds dn 2]

9 Sie war acht folio Seiten, mit fleitien Buchftaben ; ſtark. Darin wurden viele Stellen aus der heiligen Schrift angeführt (Exod. 23, 8. Deuter. 16, 19, Ge»

. m$. 40, 11. Rum. 16, 45, Cb. 15, 3, 4, 1. Sam. 12, 3) und 8, 3. 2, Paral. 19, 7. Ger. 1, 23. und 56,

. 10, wie atid) 58, 4. Jerem. 1, 10. unb 13, 49, Ezech. 31, 1. und 3, 18, Zach. 5, A. Hof. 5, 1. Math. 2, 11.

Luc. 8, 3, 4, Cot. 9, 14. uud 2, Cim. 4,2.). Git führten auch aus römifchen Civil⸗Rechten bie 8 Novelle des Kaiſers Juſtinian, in pref. et Gap. 7. Cie bezo⸗ gen (id) ferner auf alle verftändige Politici, die dafür - halten, daß es ein gewiſſes und Fundliches Zeichen ei. nes zum Ende nabenben Regiments fey, meam würden Aemter und Dienfte gleichſam feil gehalten und um Gerd verkauft werden. Endlich. widerlegten fir. die ge»

. wöhnliche Einwendung , bag Leute von Verdienſt durch Geld befördert werden müſſen, menn es anders nicht

geſchehen Tann, mit der Stelle aus der Epiſtel am die Römer (3,8) : Dan fol nicht. Böſes thun, damit Gutes daraus komme. > Eine andere Einwendung wurde n ein —— ME » Ds iino

! age

VIE. Kap. Das Jahr 1667. 97

und erklärten fid) infonderheit dahin, daß, weil die Do- rophagia, oder Oabenfrefferep, die bisweilen in Beſtellung ber Aemter vorgienge, ein -fchändliches affer tin einem Freyſtande wäre, man ihre Strafpredigten nicht übel aufnehmen werde. Schließlich eröffneten fie auch den Vorſchlag, bie eriedigten SMemter immer, fobald möglich nach eröffneter Erledigung, wieder zu beſtellen.

Diefe Anklage, fo woeitlänfig fie aud) war, über gieng aber Betrachtungen, die eben fo wichtig find, ald die Seilheit ber Wahlſtimmen; wie da find, Ruͤckſichten der Verwandtſchaft, des Stolzes, des parthenifchen An⸗ hangs, der Gunſt, der Freimdfchaft, des Sedtengeifles

. unb, gewiß nicht weniger , das Mittet der Anſchwaͤrzung verdienſtvoller Mitwerber.

Als nun gedachte, Schrift, , nachdem bie Verfaſſer fich entfernt hatten, in Berathung ‚gezogen wurde, e gina ber Rathaſchiuß: "- wichtige Sache fo

ſage man, tóunen Niemand nahmdaft iden, der (dut.

big ſey. Die Antwort war : „die Nennung kann wit.

° ftem Ordini wicht angemutbet werden. Wir find Wäch⸗ - ter. Nun follen die Wächter, fo‘ baid Seer ausgeht,

' fermen blafen , um die Leute aufsumeden, Yan Tann Innen: aber nicht zumuthen, anzuzeigen wer Feuer eingelegt babe, Die Bürgerwacht wird angefragt, ob.

fie Mordbrenner oder adi Boſewichter atigettoffen B 0. en mw N

VIL Band, o

98 XVIL Periode. 16491691.

von meinen gnädigen Herren den XIII. mit. aen eis int Ernſt berathſchlaget werden.”

Die Veranlaſſung zu dem gegenwaͤrtigen Schritt der ditat war übrigens , daß ber Oberſtzunftmeiſter Andreas Burkhardt, ber nun am Wettſteins Statt, in bie Buͤrgermeiſterſtelle ruͤcken follte, ben Sag vorher ge⸗ fforben war, und daß, da der nen erwählte Oberſtzunft⸗ meiffer Hand Ludwig Krug, vieleicht, dadurch Dátte Buͤr⸗ germeifler werden können, es in diefer Borausfegung , um bie Erwählung eines Oberfizunftmeifters zu thun ge wefen wäre. Es war ‚aber im gegenwärtigen Galle ein Umſtand, den fein Gefe nod) erörtert hatte. Andreas: Burkhardt farb zwar nach der Aemterbefegung, aber. . vor ber Rathseinführung. Die Frage. war allfo : ob man ibn als ein Mitglied des alten oder des neuen Raths anfehen müge. Im erfen Fälle follte die erle⸗ - bigte Häupterffele gleich "wieder béftellt werden, im an , dern Falle aber hätte man, nach der hergebrachten Lie-

bung , noch zwey Jahre warten müffenz-welches wer ganze volle Syabre. von Intriguen beforgen Heß: Die XIII oder geheimen Näthe ; bekamen außer dem oberwähnten Auftrag, tod) diefen, einen Rathſchlag über diefe Frage” einzugeben; und e wurde bie Wiederbeſtellung auf zwey Fahre ausgeſtellt. Die angegebenen Grunde waren vere mutbíid), daß bie Haupterwahlen nur Dep ber Raths⸗ beſetzung üblich wären ; daß bie Rathsbeſetzung nie an ders als einmal im Jahre, und vor Syobanni, vorges

"S

VIL Kap. Das Jahr 1667. 99

noinmen werben koͤnne; und dag bir Verſtorbene ſchon auf oem Petersplan den Rathseid, als neuts Haupt ab⸗ geleat Haste, Dem fen aber wie ihm wolle, erſt im J. 1669, wie wir fo eben gemeldet haben , wurde die Wahl vorgenommen, und fe fiel auf den Dreyerherrn Cue nmel Socin, al8 Oberſtzunftmeiſter, und Inh. Ludwig Krug, ald Buͤrgermeiſter.

Bon diefem Jahre ſind noch die Verheerungen bei Bet zu bemerken. Auf 409 Geburten zaͤhlte man 1651 Sterbefälle in der Stadt: Siebenzig :ganze Chen farben an der Seuche aus. Der Rath blieb aber erfdjont; denn er verlor nur ein Mitglied ; und. dieß mußte Dey der damaligen Denkungsart einen für ifm vortheilhaften Eindruck beymm Voll machen. Ban glaubte uͤbrigens, daß ein Schuhmacher im Augſtmonat dieſe Peſt mit ei⸗ ner Anzahl alter Schuhe, bie er im Sundgau fanfte ; iw die Stadt gezogen haͤtte. Inter den Verordnungen‘, die aus diefem Anlaß gemacht votrben , verdient die an⸗ gefühtt zu werden, welche denjenigen, die Steuern oder Almoſen bezogen, auferlegte, den an der Peſt Frank lie⸗ genden Perſonen, gegen Bezahlung, abzuwarten. Jeder Einwohner wurde aüdj etmabut , fd mit. Gott in ves. föhnen , und fidy gu dieſem Ende des heidniſchen Tanzeng, und unzuͤchtiger Spiele su enthalten. Da die benachbar⸗ ten Bauern nicht in die Stadt Formen durften, ſo wur⸗ de auf den Sränzeh ein Marktylag mit Schranten abe gehedt, Dort Beachten die Dorſleute ihre Lebensmittel,

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100 XVII. Periode | 1649—1691.

und das Geld warf man ihnen in den Hut, ober in ei, nen Züber mit Waller, welches ſodann abgefotten wur: de. Zur Quarantaine für bie Waaren, ließ der Rath zwey mit Schranken einaefaßte Niederlagen ordnen: die eine am Schuͤtzenhauſe, vor dem Spablentbor , die am dere jenfeits beym neuen Hauſe. E

1668.

. . Sm $ormung bemächtigte fif Ludwig XIV, der Sraffchaft Burgund , welcher Vorfall bie Schweiz febr beunruhigte, theils weil e8 ihr. an der Neutralität die⸗ fee Provinz gelegen. war, theils weil die katholiſchen Orte, anfer der allgemeinen Verpflichtung der Erbver eine: von einem getveuen Auflehen, auch in Folge des fpanifchen Bundes , zur Beſchuͤtzung derfelben gehalten waren. ‚Der König wurde aber vermöge der Trippels Allianz, durch den Achner Frieden vom 2, May ge gmungen , jene Provinz den Spanien zuru zu geben.

Indeſſen war gegen Ende Hornung das ſogenannte Defenſionale, woran die evangeliſchen Orte ſchon lange vergeblich arbeiteten, endlich auf der Badiſchen Tagſa⸗ gung su Stande, gekommen. Der erfie Auszug der gam den Schweiz wurde auf 13,400 Mann, mit fechszehen ‚Kanonen, geſetzt; der gmepte auf 26,800, und der dritte ‚auf 53,600; in allem auf 93,800. Bafel foll zum er» fen Auszug 600 Dann mit einer Kanone liefern. Zum andern 1200, und zum dritten 2400. Doch wurde

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VIL Kap. Das Jahr. 1668. 104.

bald dieſes Contingent um ein Drittel vermindert. Diefe 400 Mann des evffen Auszugs machen, was wir Piquet nennen, aus. Kraft einer ſchon im Jahr 1647 gehal tenen Abrede, foll Safe aud) bem Oberſt Feldzeugmei⸗ fter. (fellen. Auf 100 Dann ‘Hat jeder Ort bren Reuter zu geben. Allein der Kanton Schwyz wollte im dieſes Defenfionale wicht. eintreten. ; und mehrere demokratiſche Kantone fanden in ber Folge davon ab. Uneroͤrtert blieben immer die Fragen : wenn trifft der Fall der Ab⸗ ſendung der Eontingenter wirflih ein? Wer. entfcheidet über den Nothfall? Wie. zwingt man einen Ort, ‚den | Berpflichtungen des Defenfi ionale nachzuleben ?

Da nun die Franzofen im Maͤrzen (id) gegen um fte Gegend annáperten , wurden verfchledene Sicherheits⸗ Anflalten getroffen. Man arbeitete an den Schanzen. An ber vom St. Johannis Thor arbeiteten j. B. aud) Landleute, geben Mann vom Wallenburger Amt. Die Wacht sog doppelt auf, und jeder Bürger perfönlih. Von Haus zu Haus lief man die Gewehre befichtigen. Dreh Stadtthore, St. Johannes, zu Steinen und Gt. Alban blieben. befchlofen. 800 Mann von der Landfchaft ders färkten. bie Beſatzung. Die Lermen-Feuer und Lafungs« Schuͤſe auf den Waͤllen wurden angeordnet. Das in 2 Compagnien getheilte Piquet bekam zu Hauptleuten Wer⸗ ner Huber und Hieronimus Dienaſt, die, auf Ratifica tion des Raths, die uͤbrigen Oficiere nannten. Vey die⸗ ſem Anlaß wurde auch befohlen, daß jeder Unterthan,

102 XVII. Periode. 1649—1691.

bee zum Tiſch des Herren gebet, Ober⸗ unb Lintergewehr halten fol. Dieß alles geſchab vorzuͤglich, weil ben atte fcheinender Gefahr, den naͤchſtgelegenen Orten es oblag, alle Paͤſe zu beſetzen und zu bewahren, und von dem übrigen Orten Kriegsraͤthe zu verlangen.

Die Peſt hatte im Winter nachgelaßen, ſie fieng aber beſonders im Sommer von neuem an zu herrſchen, und verbreitete fi auf bie Landſchaft. Viele Kranke wurden vor ihrem Tode ganz rofend. Gm December vergpührte man nicht mehr von dieſer Krankheit, Die "Anzahl der Gefforbenen. mar nicht beträchtlich. In al lem vourben in ber Stadt nur 716 Berfonen begraben. Der Pfarrer Heinrich Bruckner verhielt ſich in der klei⸗ nen Stadt gegen die Kranken ſo herzhaft und troͤſtlich, daß ihm die dortigen drey Geſellſchaften einen See mit ihrem Wappen. verehrten. | 5f .166 9. b

Der. Maraaraf der den af gegen - und wieben geöffnet hatte, wurde in bed Rathsherrn Zaͤslins Haus durch die XIII. bewillkommet und gaſtirt, Kanonen auf der Pfalz erwiederten die ausgebrachten Geſundheiten.

Den 6. Oktober wurde die geſchwinde Wiederbe⸗ tung ber Aemter eingefuͤhrt, ; bod atfo , baf die Ers wählten bie sur. bisher üblichen Zeit des Antritts ihrer Stellen , mur befi ianfet heißen würden. Es geſchah nach eingeholtem Gutachten der X, worunter vier

VIE Ko Das Jahr 1669, 103

das Ballot anriethen; „denn, fagten fie, durch die ges fehwinden Beſtellungen werde dem fo Dart eingewurzel⸗ ten Mebel nicht aus dem Grunde abgeholfen ſeyn; das Werk werde in feinem verderhlichen Stecken verbleiben ; man werde immmerfort wicht dem Verfänglichfien, fondern etwann biefem ober jenem zu Gefallen, um Genuſſes, Freundſchaft, Furcht und Gchredens willen, ſolches in andern Gelegenbeiten wiederum entgolten gu baben, die Stimme geben.” Zugleich erkannte der Rath, für alles was bis dahin mit Practiciren,. Gaben geben und nef» nen, oder fonft auf andere Welle vorgegangen war, el» ne allgemeine Amneſtie.

Bey der SSefígnafme der Graffchaft Surgunb im vorigen Jahr, hatte der Hauptmann. Stoppa, ein bief- ger Bürger, eine freye Compagnie aufgerichtet, und war mit derfelben, bem König zu Hülfe, im gedachte Pros vinz gesogen. Er wurde um 450 Louisthaler geftvaft. Der fransöfifehe Reſident Mousliers befchwerte fid) ſebr darüber, und brachte, wie man glaubte , .die Sachen dahin / daß die Ausfuhr der Früchte unb anderer Lebens mittel aus dem Elſaß verboten wurde.

ACHT. .

Nicht nur bie allgemeinen Begebenheiten in Euros .. pa, fondern auch werfchiedene Verfuche in der Schweiz, ließen beforgen, ba man im Geheim wieder an der Un⸗ terdruͤckung der Proteſtanten arbeitete, und daB Ludwig XIV. feine Macht dazu gebrauchen ließ. Daher war jede

104 | XVII. Periode. 1649— 1691.

Bermehrung bérfelben ein Gegenffanb neuer Sorgen. Sein Cinfall in Lothringen, Das im September und Ok⸗ tober ganz verloren ^gieng, veranlaßte Vertheidigungsan- fialten bey und, und vielfältigen Briefwechſel mit den evangeliichen Ständen. Der Heriog von Lothringen war ben 17. September in Rheinfelden, von wo aus er und den Grafen von Arberg ſchickte, um fid) der Stadt be ffens zu empfehlen. Der Rath Datte ihm im 3. 1667.

eine Compagnie bewilliget,, die wirklich auch unter bem Hauptmann Zörnlin nach Lothringen gezogen war, vie er aber nachgehends bem Prinzen von Arenberg, um in ſpaniſche Dienſte zu treten, überließ.

Der Biſchof von Bafel batte , wider die Vertraͤge mit Bern, es verſucht, die katholiſche Religion ins Düne fterthal einzuführen , und trieb nod) diefes Vorhaben mit. aller Wärme. Nun ruͤckte auch das Capitel das damais zu Freyburg im Breisgan refidirte , gemeinfchaftlich mit ibm gegen uns hervor. Fm Märzmonat ſchicten fe zwey Abgeordnete *) hieher mit zwey beſondern Schrei⸗ ben, in welchen ſie den Kirchenſchatz des Muͤnſters, der in einem befondern Gewoͤlbe des Muͤnſters fid) befünbe, - als ihr Eigenthum anſprachen, und zugleich verlangten, daß man ihn den Abgeordneten vorweiſen moͤchte. Die

NEN

E ) e waren ein pu Kammer. Seetenie m ber Regiſtrator des Domcapitel$. .

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VIL'fap. Das Jahr 1670. 105

fehriftliche Antwort vom 5teh gieng dahin, daß man nicht glaube fchuldig au fenn , im dieſes Begehren einzu treten. Darauf erfolgten aber den 25. Day (on wie der zwey Schreiben, in welchen fie nicht nur gedachten Gas von neuen abforderten, fondern fogar das Muͤn⸗ fev felbf, das fie ihre Mutter: Kirche nannten, förmlich anfprachen. Dieß wurde aud) beantwortet. Allein ben 13. Augſt langte eine fpipige: Widerlegumg vom Biſchof ein, in welcher er, aufer dem Kirchenfhag, und bem Muͤnſter, noch Haͤuſer, wie auch die Gefälle an Zehn, ten unb Zinfen von der BurgQmnotidian und Domprob⸗ fien: Verwaltungen begehrte, Gefandte wurden nad) 3i» vif, Bern und Scaffhaufen abgefertiget. Nachgehends famen die evangeliſchen Städte su Arau beyſammen. Bis dahin war alles beym ſtrengſten Stillſchweigen und mit eingeholtem juridiſchem Gutachten behandelt worden. Nun verſammelte man den 26. September den großen Rath, der das fernere dem kleinen uͤberließ. Wie ſchwer ſiel es aber nicht, als am 3. December ein Schreiben der katholiſchen Orte einlangte, in welchem fie beſtimmt meldeten , baf die Anfprachen des Bifchofs. gegründet waͤ⸗ ren, und durch unſre Antworten nicht umgeſtoßen wer⸗ den koͤnnten; daß ſie alſo fuͤr das beſte hielten, wenn der Cade in Guͤtigkeit ahgeholfen wuͤrde. Dieſes Schrei⸗ ben wurde aber nicht beantwortet, weil der ‚Bifchof jetz nes Schreiben, welches die, evangeliſchen Staͤdte an ihn abgeben liefen, nicht beantwortet hatte, . Erſt im abr

106 XVII Beriode. 1649—1691,

1672, den 27ſten July, fam das Gefchäft wieber vor. Bischof und Kapitei überfchirften, nebft Widerlegung un frer Grunde, eine Broteffation. An der Gegenprote(fatiom wurde im J. 1674 gearbeitet, unb mit ber Abgebung derfelben den 21. Hetober eingehalten, und zwar bis zur Stüdfunft der Gefandten , bie der Biſchof dem Verneh⸗ men mad) an den Kaifer abgeordnet haben follte. Sie gieng das folgende Jahr ab, und blieb unbeantwortet. So gerieth das Geſchaͤft in eine Art von Stillſtand, nachdem «8$ eine wahre Beſtuͤrzung bey ums erregt hatte, indem man vornehmlich fürchtete , es möchte Frankreich den Biſchof beguͤnſtigen, umb alle unfre Einkünfte im El⸗ fa$ mit Arreſt belegen. Bey dieſem Anlaß ließ der Rath. eine Narratio facti oruden, die feit dem well phalifchen Frieden fehr leicht zw verfertigen war. 1671. | .

Ueber den Rheinzoll ber Weißweil wurde am 23. Juny ein Vergleich mit dem Marggrafen Friedrich von Baden und Hochberg getroffen.

Drey Compagnien, jede von 200 Mann, traten im October in franzoͤſiſchen Dienſt. Die Hauptlente wa⸗ ren Stoppa, Daniel Burckhardt, und Emanuel Faͤſch, die vor Rath den Eid ablegten. Vor ihrem Ab⸗ zug wurden die Unteroffiziere und Soldaten in Gegen⸗ wart einiger Rathsdeputirten aufm Petersplatz in Eid genommen. Die Capitulativn hatte der Rath vor der Anwerbung gutgeheiſſen, und der Eid gieng hauptſaͤch⸗

VII. fap. Das Safe teri. 107

Ji) dahin, daß fie wider Oeſterreich, die Herrſchaft Burgund, und unfre Slaubensgenofjen nicht dienen wuͤr⸗ den.

Schreckhaft war es am 7ten December für einen großen Theil der Buͤrgerſchaft, als das Geruͤcht am fruͤ⸗ hen Morgen ſich verbreitete, daß ein Buͤrger in Ge⸗ beim, auf Befehl des Raths, durch den "Scharfrichter ums Leben gebracht worden war. Die ganze Stadt ers wartete zwar ein. Todesurtheil, allein , dig Art wie es vollzogen wurde , ängfligte. Heute fonnte das Urtheil gerecht gewefen ſeyn; morgen würde es vielleicht. unver dient ausfallen. Die Namen der vier Häupter wurden am gleichen Abend am Galgen angefchlagen. ') Theodor Falfeifen, ein Buchdrucker und Buchhändler, Sohn des Rathsherrn Peter Falkeifen, Hatte vor ungefähr zehn Fahren, wegen aͤrgerlichen und verfchwenderifchen Les benswandeld , wie aud) wegen mit feinem Schwager Mangald über den Drud einer Bibel gehabten Strei⸗ tigfeiten, f) ein Relegationsuriheil zugezogen. Kraft der von ihn befchwornen , unterfchriebenen und befiegel ten Urphede verfprach er, fid) nad) den Niederlanden zu begeben , und dort fechs Jahre zu verbleiben. Allein ex gieng nicht nad) Holland, fondern befchwerte (id) beym Churfuͤrſten zur Pfalz und bann beym Kaiſer. Im fei» ner Klagfhrift an den Kaiſer, die gedrudt wurde, be ‚> Johann Ludwig Krug, Emanuel Soein, Joh. Rudolf

Burckhardt uud Joh. Jakob Burckhardt.

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108 XVII. Periode. 1649—4691. |

fand fd) eine Schmähfchrift wider den hiefigen Kath‘, und das Anfuchen, alles was im Reich feinen Wider: fahern gehören möchte, mit Arreſt zu belegen. Beym Herzog von Lothringen, den franzoͤſiſchen Behörden und dem Maragraf von Baden fand er aud) geneigtes Ge hör. - Allein er begieng am 3ten Detober 1671. Abende halb adt Uhr, bie Unbefonnenheit , zum Trotz der Die: figen Regierung , hieher mit einem Gefolge zu fommen ; und zum Storchen einzufehren. Sein Sod war mit Gold und Silber aeffift; Federn prangten auf feinem Hut, und zehn Bis zwölf Reuter begleiteten (fm, Go» bald die Häupter es vernommen , liefen fie ihm im der Nacht anhalten und einfegem. Die Siebner beſprachen ihn fechs bis fieben Male, und waren bevollmächtiget , ibit mit doppeltem Gewicht aufzusiehen. Den 29. Nov. gaben die Stadteonfulenten Doctor Peter Megerlin und Docktor Niklaus Paſſavant ihr juriffifches Bedenken ein. In demſelben trachteten ſie aus zwoͤlf Rechtsgruͤnden zu beweiſen, daß Falkeiſen ſich des Crimen laesae majestatis ſchuldig gemacht Hatte, und nachſtehende Strafe verdiente. » Er ſollte auf den Richtplatz geſchleift, mit glühenden Zangen aepfebt, geviertheilt , fein Weib und Kinder an Vettelſtab gewiefen, all fein Hab und Gut confiseirt, und aud) nad) feinem Tode fein * daͤchtniß verdammt werden.”

Allein, in Betrachtung” einiger mildernder Umftaͤn⸗ de ſchlugen ſie vor, daß er nicht mit gluͤhenden Zangen geriſſen, noch geviertheilt, noch ſein unſchuldiges Weib

VII. Kay. Das Jahr 167% 109

11 Kinder an den* Bettelſtab gewieſen, fondern daß. et «uf. den Richtplag gefchleift , und au ben Galgen acbentt werden folite.

Der Rath begnuͤgte fid) aber mit diefem Gutach⸗ ten nicht, fondern theilte es famt den dahin gehörenden Acten, dem ganzen Minifterium C der Stadt) mit, um förderlich ein Bedenken einzugeben. Den 6. Dezember wurde folches vorgelegt. Der Antifles Gernler hatte. ed aufgefeßt , ober wenigftens unterfchrießen, "Zu demfelben wurden dreyerley Verbrechen erwähnt ; Meineidiger Un⸗ gehorſam, Beraubung feineg Nebeumenfchen., und mam cherley Grade bed Crimen laesae Majestatis. - Was die Beſtrafung betraf, fo bentetem die. Geiſtlichen auf die Todesftrafe, s. 3. im 2 Buch Mofed 21, 17. ſtehe: „Mer feinem Vater oder feiner Mutter Rust, der foli des Todes flerben. „Nun fep der Fuͤrſt Vater des Vater⸗ landes. (Qui maledixerit Patri 810. morte morietur, at Princeps pater est patriae.")

Auf dieß Hin ergieng folgendes Urtbeil:

„Weil Theodor Falkeiſen das Crimen laesae Ma- jestatis vielfältig begangen, foll berfelbe mit bem Schwerdt vom Leben zum Tode. gerichtet, dieſes auf morndrigen Tag (und zwar in Betrachtung der Ehren Freundſchaft

und ihrer Fuͤrbitte, Morgens vor. Tag im Werkhof) exequirt; dieſes Hrn. Antiſti, um ‚wegen der Prediger Anſtalt zu machen, in der Stile notifzixt werden. We⸗

410 . XVIL Beriode: 1649-—1691.

gen bed Nachrichters foll der Oberſtknecht die Anſtalt machen ; der Lieutenant mit einem dutzend Soldaten der Cade beywohnen , fonft außer denen, fo dazu gehoͤren, Niemand eingefaifen , im übrigen in allem bep dem Cibe Häling gehalten werden.”

Bas von ber Verwandtſchaft hier gemeldet wurde, hatte folgende Bewandtniß. Nachdem das Gutachten. der Geiſtlichen abgelefen worden, und vor der Berathſchla⸗ gung zeigte der Bürgermeiffer an, daß die Frau bed Inhaftirten und bie Verwandten, gebeten hätten, ange Hört. zu werden. Die wurde bewilliget- Die Frau und ihre ‚vier Kinder fußfälig, und bie nächflen Verwandten, worunter zwey Ratheglieder waren, legten eine fchriftlis che Zürbitte ein. Doch war man in ber Folge über zeugt, daß bie befchleunigte , und in geheim volljogene Himichtung zur "einzigen Urſache die Beſorgniß Hatte, ed dürften Fuͤrſten unb andere fremde Behörden fid) des Miffethäterd annehmen.

1572.

Die legten Ueberbleibſel einer ehemaligen Oberherr⸗ lichkeit des deutfchen Reichs , wurde den 27. März abges ſchaft. Der Rath fand nämlich vatbfam , die Stelle et nes Vogts am dieffeitigen Gericht aufzuheben. Dan nannte ihn bald Reichsvogt, in Ruͤckſicht des Urſprungs ſeines Amts, und Blutvogt, weil er bey Fried und Frevel⸗, und in Malefſitzfaͤllen den Vorſitz hatte, und die Verurs theilten auf Die Richtſtaͤtte zu Pferde begleitete. Seine

VII. fap. Das Jahr 1672. 111

Berrichtungen trag man dem Schuldheißen des Gerichte der mehrern Stadt auf. m Rathſchlag des geheimen Raths ober ber XIII., bie es vorfchlugen das Amt abe snfchaffen , fand ausdruͤcklich, daß es gefchehen muͤſe, weil viele unwiffende Berfonen in bem falfchen Bahn ftänden, als wenn biefes Amt einige alte Vestigia oder Edjatten einer Subjection oder Dependenz vom Reich an fid) e Der Bahn war nicht ſo falſch!

Die dinteem öten April geſchehene PER Ludwig XIV. wider die vereinigten Provinzen, und die Folgen davon, find befannt. Den 17. April fchrieben bie General» Staaten, bafí man es verhindern möchte, daß die Schweizer wider fie zogen. Im Brachmonat fam der Graf von Dohna, als brandenburgifcher Ge ſandter, und befchwerte fid), daß unſre Truppen fic) gegen Holland gebrauchen. liefen. Es wurde den evan⸗ gelifchen Hanptleuten sugefchrieben, ihrem Eide nachzu⸗ fommen, und wider feinen Glaubensgenoſſen zu dienen. Da nun ber Kalfer im gleichen Monat einen Bund mit. den Holändern geflogen Hatte, (o bekamen unfee Ge-- genden ein Friegerifches Anſehen. Die Stadt (ebte ſich in gehörige Faſſung, und bekam abwechslungsweiſe von einigen Orten einen "Zusug. von .200 Mann. Es Dine. berte aber nicht, taf zweymal fremde Truppen ihren Boden betraten. Im Augſtmonat führte der Graf von Fuͤrſtenberg 900 dentfche enter. über das Bruderholz,

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112 XVII. Beriode. 1649-1691,

beym St. Alben Thor vorben nad) Rheinfelden, und zwar unter. dev. Aufficht. einiger Raͤthe. Ein gleiches ge» ſchah den 13 Hftober. Drey lothringifche Regimenter zu Pferde bey.tuufend Mann ſtark, die: Durch das Bi⸗ ftum kamen, wurden von den Raͤthen auf den Graͤnzen empfangen , und bie ins Rheinfeldiſche über das hieſige Serritorium begleitet. And als den 28 Dezember zwey Gompagnien kaiſerlicher Reuter. in Weil ungelommen wa⸗ rem, wurden zwey Hauptleute beordert; um fie anzufuͤh⸗ ten, falls fie ihren Weg über den Basler. Boden nehmen folten. Der hotländifche Malapert Diet. ſich hier auf

Am Bettage vom 25. April, trug der Oberſtpfa⸗ rer Lukas Gernler, verſchiedenes Dep Anlaß der franzoͤ ſiſchen Werbungen, auf der Kanzel vor, fo ungute Ge danken bey der Buͤrgerſchaft wider Den Rath ermedte. Es waren Geid)niffe , in Form eines Wunfches , bie sur Mißtrauen einflößen Connten. Um fo ahndungswürs biger fanden e8 bie XIII. ; daß man ibm im größten Gebeimnif ,^ die Gründe anvertrauet hatte; warum man dem Kynig von Frankreich die Werbungen nicht hätte abſchlagen füónnen. Vermuthlich war ed wegen ben An- ſprachen des Biſchofs. Die XIII. hielten es dem Gern⸗ fer vor. Cr betheuerte aufs hoͤchſte, daß er es wicht dahin gemeinet hätte. Dennoch bekam’ die Geiftichkeit am 4. May die fchriftliche Weifung : » Daß, wofern bie Prediger kuͤnftigs etwas, fo den obrigleitlichen Stand

T ohne

VL ‚Kap. Das Jahr 1672. 413.

ohne Mitte) beruͤhre, zu erinnern haͤtte, fie ſolches nicht auf den Kanzeln, dahin dergleichen Sachen ohne das nicht gehören, noch vor denen, welche: damit eigentlich nichts zu thun haͤtten, fondern den. Haͤuptern ober - den Raͤthen anbringen ſollten.

SE s 4:434

Folgendes eibi Zurlauben CT. III. p. 124. )

über das Betragen gegen die Schweiger Truppen in Frankreich. B

(yy be AT. Mays: le Roi, iau XiW, à Yiset; prés de, Mastricht ; le Prince. de Condé vint dire à S. Maj. que le régiment d'Erlach,. qui étoit dans son armee, ne vouloit pas servir contre la Hollande. Le Roi fit ordon- ner à Pierre Stuppa, Capitaine 'aux gardés Suisses, de pars ler aux capitaines, et ils ne firent pas diBiculté de passery . lorsqu'ils eurent entendu les raisons qu'il leur allégua. Le Régiment servit 'au siöge de Nimcegue eh Juillet. Il fut détaché avec l'armée du Prince de Condé, -pour "entrer dans duché de Cleves. Mais étant arrivé à Kaiserswerth, il refusa de passer le Rhin, à cause des traités de son Cantom avec la maison d'Autriche. Le Prince de Condé ajoutant des effets aux menaces, : 5i entoura de: troupes 1e , Regiment, et lui signifia, que s'il ne passoit le ileuve ; il le feroit táiller en piéces. " Le: Régiment se’ vit forcé d'obéir, mais il protesta. Le Canton. de ‘Berne $e plaig®

nit'à la cour de cette violenpe etle Roi desarona la cons duite du Prince.

167 de 2 Zu des Aprils aogen zwey Compagnien d UE TT EF E

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114 XVII. Beriobe. 1649—1091.

unfere Stadt, welche Zuͤrich und Bern nad Strafsmi :

Im 9Wapen fiel ber Bericht, bap 4000 Mann un. ferm Baron d'Allamont (i) in den Waldſtaͤtten verſam⸗ melten, und dann einen Weg nach ber Grafftbaft Burgund fuchen follten. Der feanzöffche Ambaſſador de 5t. Ro. main mahnte und, biefen Feinden feines Könige, den Durchmarſch nicht zu geſtatten. Baſel, Solothurn und der Biſchof ließen eine Zuſammenkunft zu Arlesheim bes ſuchen, wo fie an d'Allamomt ſchrieben, feinen: Marſch anderswohin zu nehmen, und da Baſel und Solothurn (d) zur Wehre ſtellten, und Zuͤrich, Bern und Luzern jur Bereithaltung ihrer Zuzuͤger erben, di sog (id) d'Allamont ancid,

8 gubwig XIV. im Auguſt (i in. bás qo bes gab, fdjidte ev einen Hrn. de St, Aubin hieher, mit dem Begehren, keinen Durchpaß feinen Feinden, die fid) in Schwaben verfammelten , zu geflatten. Der geheime Rath antwortete ihm, daß auf letzter badiſcher Taglei- fung «8 ſchon verabredet worden wäre, feinem Durch. marfch ‚zu. bewilligen. Hierauf fam er den 20. Augufl mit der Königin nad) Breyſach. Luzern, Baſel, Co lothurn sab Mülhaufen besten Gefandte dahin geſchickt, die ben 21(fen Audienz erhielten, und freundſchaftlich empfangen wurden. Die unfrigem waren Bürgermeifter 4305. Rud. Burkhardt, Oberfsunftmfr. Joh. Rud. Burk⸗ Hardt, und Dreyerbsrr Chriſtof Burkhardt, die zum

VIL Kap. Das Jahr 1674. 115

Dollmetſcher, Doktor Niklaus Baflavant, hatten. Sie fuhren den 19. Auguſt, anf dem Rhein, nad) Breyſach binab.

Der König gab chnen die Verſicherung, daß er die Buͤnde genau beobachten, und Proben davon bey Gele⸗ genheit ſehen laſſen wolle. Die Gefandten ſtatteten aud) bey de Pomponne und de Louvois Beſuche ab. Lou- vois begleitete fie die Treppe hinunter His in den Hof. Es wurde ihnen aus der Küche des Königs aufgewar; tet, der fie auch im feiner ganz vergoldeten Leibkulſche abholen, und jedem ein Geſchenk von 50 Louisd'or ji» (fede lij. Die Gefanbten von Bern, die zu (pot ass Few trafen ibm bol) zu Rapperſchwier mod) am. ud

Dan 13, Hornung erhöhete der Rath das Welnum⸗ geld anf der Landſchaft. Die Weinzäpfer mußten, wie in der Stadt, vom Saum achtzehen Maaß, und die Las vernenwirthe vier unb zwanzig Maaß in Gelb abfuͤhrtu Zugleich wurde aber and) der Stadt Lieſtal ein zweyter Schuldheiß, und zwar aus ihrem Mittel gegeben. .

Den 3. December wurde die Schanz bep Großhuͤ⸗ ningen von bem Deutfchen eingenommen. Sm Sommer commandirte dort ein Peter Tieri.

| 1674

In den Monaten Hornung bis Junius unternahm

und vollendete Ludwig XIV. die Eroberung der Graf

52

416 XVIL Beriode. 1649-1691,

fhaft Burgund. Das Elſaß war der Schauplatz des Krieges.

In der Nacht auf den 12. oder 13. Jenner sii Graf Maximilian von Starrenderg in Rheinfelden 500 Mann Fußvoll und 50 Reuter auf Schiffe, landete beym Ausfluß des Birsſluſes auf Bafelboden am, unb zog in Zeit von einer halben Stunde bey St. Jakob vorbep in das Biſtum Dinein. Der Rath berichtete fogleich dieſen Vor⸗ fol mad) Zuͤrich, Bern. unb Luzern, und befam dag Verſprechen eines getreuen Auffehens. Hierauf weigerte fi der Marquis de.Vaubrun, der im Elfaß comman- bitte, uns die hieſigen Zehenden und Bodenzinfe verab- folgen zu laffen. Die öflerreichifche Regierung und der General de Caplier verficherten, daß der Durchzug ohne ibr Wiffen gefchehen wäre. Der Graf von Starreuberg hätte, ihrem Vorgeben nach, gedachte Bölfer für. Spa mien angeworben, und dann wider dad gegebene Wort, und einen won ihm ſelbſt geſtellten Nevers , ‚den beimlis dier Marſch gemacht. Allein der franzöfifche Ambaſſa⸗ bor ließ fid) um fo weniger Defanítigen, daß er fchon den 7. Senner, gleichwie der Commandant zu Lande» Front , unfern Rath gewarnet hatte. Baſel begehrte Zu züger von ben übrigen Kantonen, Dep welden anfangs die Meynungen getheilt waren Zürich fchidte den 20. April Sefandte hieher, Statthalter Heidegger, und Subſtitut Holzhalb, um fid) über die Lage der Sachen zu erkundigen. Der Rath ließ unfern Bürgern anzei⸗

VII. Kay. Das Jahr 1674, ur

gen , daß wenn eidsgenöfifche Völker zu ung kommen würden , fie folche freundlich traetiven folten. Er ließ auch den Geifllichen bedeuten, von der Kanzel herab , auf die papiffife Religion nicht zu fchanden. Ferner ergieng ber Befehl, aufm Lande die franzöfifchen Wer⸗ bungen in der Stille abyuffellen. Der große Rath wur de den 22flen verfammelt , der alle Vorkehrungen des Raths guthieß. Am gleichen Abend famen bie Sujliger von Luzern fchon an, und zwar in brepfad)er Zahl, und nach und nach bie übrigen. Der Kanton Schweiz , der dag Defenfionale nicht billigte, ſchickte dennoch, obfchon fpät, mehr gente, als fein verhaͤltnißmaͤßiges Gontingent mit fd brachte. Andere Stände Hingegen fandten die be, fimmte Anzahl nicht. Dev ganze Zuſatz war ungefähr von 2000 Mann. Im die obern Aemtern wurden 300 Hann, und das übrige (m bie unterm Aemter und in die Stadt verlest. Den 27. Day eröffneten ‚die Officiere ben. Wunfch , da feine Gefahr vorhanden wäre, mad) Haufe gelaffen zu werden, welches fie aber dem biefigen: Stand, als in deſſen Commando fie fanden, dubeim flells ten. Die von Zürich und Bern blieben big gegen Mitte des Brachmonatd. Die Univerfität tractirte die eidsge⸗ nöfifhen Dficiere im obern Collegium, an einem Dols to: Mahl, wo man bey Trompeten und Pfeifen tangte- Der Rath gab ihnen auch ein Gaſtmahl, und verehrte jedem Hauptmann 1 Golbftüd von 10 Dukaten. Jeder Lieutenant erhielt ein Goldſtuͤck von 5. Dukaten, der Kühn:

118 XVII. Beriode: 1649 1691.

drich eines von drey, und jeder Wachtmeiſter und Sol⸗ det einen Baſelthaler.

Der Marſchall von Turenne hatte (id) mit einer Arc mee im Sundgau einige Donate aufgehalten. Er wurde den 20ften April zu Häfingen bewilfommt. Seine Ab» fibt war, es zu verhindern, daß deutſche Völker nad der Graffhaft Burgund, in welche der König eingefal: jen war, zu Hülfe zögen.

Das Begehren eines eidsgenöfiiichen Zuſatzes wurde Bey den Deutfchen verfchieden ausgelegt. Die einen fag» ten, man babe folchen wider bie Franzofen verlangt, ame dere wider Deflerreich und Spanien, um den Weg nad) Burgund zu verfperren. Ein Malthefer-Ritter fagte hier in einem Wirthshauſe aus‘, daß die Basler für bie ftro» ne Frankreich fehr geneigt wären, weil fie einen Maul⸗ efel mit Geld (mpfangen hätten. Er befam Hausarreft und wurde in feinem Zimmer von Soldaten bewacht, qub Dierüber abgehört. Da er fid num damit entſchul⸗ digte , baf er dieſes qu Padua in Ftalien vernommen, unb er dießorts Feine höfe Ahficht gehabt Hatte, fo wir⸗ de er gegen einen von ſich geſtellten Reverg wieder ent⸗ laſſen. |

Auf den 19. November wurde, wie su Zürich und Bern, ein Beitag angeíegt, und wiederholt wurde dem Antiſtes bedeutet, e8 zu verfchaffen , daß in ben Predig⸗ ten und Gebeten man die Papiſten doch nicht allzuſehr choquire, und vo nicht zu viel partienlarifiere

VIL fap. Das Jahr 1674 119

Gegen Ende des Monats follten fich die Kriegsraͤ⸗ tbe der Kantone zu Aran verfammeln. Dem unfrigen vourbe unter anberm über die Justitz in criminalibus in Inſtruktion gegeben, daß ber Rath feiner Seite folche auch den Kriegsraͤthen überlaffen wolle. Meltinger, des Raths, war Sriegératf aetoefen. Er ſtarb, und es wur: de ihm. der Oberſtzunftmeiſter Socin zum Nachfolger ge geben. Die Ladendiener und Handwerkägefellen bekamen Hauptleute, und wurden bewaffnet und erercirt.

qm Novemb. näherte fi) im Elſaß die Caifertide und verbündete Armee unfrer Gegend. Den 23. wurde ein Adgefandter der drey Churfuͤrſten zu Brandenburg , zu der Pfalz unb zu Braunfchweig vor Rath angehört. Er verfprach freundfchaftliches Betragen; begehrte aber, daß man Frankreich feine Merbungen geffatten, und dag Bolt, das fchon iu franzöfifchen Dienften (id) befünde , wider fie unb das Neich nicht ziehen laden wolle. Den 28(fem darauf erfchien ein Abgeordneter der Herzogs von Bournonville , General-Feldmarfchal der Alürten, der auch Freundſchaft suficherte, uno aber bie Erlaubniß bes gehrte, den Soldaten ihre Bedürfniffe in der Stadt eins Laufen zu fafem. Bald meldete der franzöfifche Ambaf, fabor, baf die Armee bed Marfchalld Turenne wieder in Anmarfch wäre. Baſel begehrte von den Eidgenoffen eis nen Zufag von taufenb Dann in Bereitfchaft zu halten. Folgendes verdient erwähnt zu werden. Der franzöflfche Ambafador de St. Romain patte einen Herrn de-1a

in dieſer Schlacht.

420 XVII Periode. 1649—1691.

Loubére hieher geſchickt, um bem Rath etwas muͤnd⸗ lich vorzutragen. Der Rath ließ ihn nicht nur durch ein 3tatfeglieb aus bem Wirthshaus abholen , ſondern aud) zwiſchen bem neuen und dem alten Bürgermeifter Aigen. La Loubere fegte aber , da er gefeffen war , feinem. out euf. Die Státüe , die fid) febr Aber biefe Ungezogenheit mwunderten , ſetzten auch ſogleich ihre Amtshuͤte auf.

Den 30. December fie ein Lieutenant, Namens Mitter, in unb durch bie Stadt: Laiferliche Soldaten zie⸗ hen. Der Vorfall wurde nach Zurich, Bern und Luzern berichtet, und die Zürcher fchrieben: fie wünfchen, daß Des Ritters. Berantwortung angenommen , und nur Er

hefchuldiget werde, Er wurde caffirt, über Nacht einge:

fest, und mit deu Urphede entiaten , fich feiner Wachten mehr anzunehmen.

In diefem Jahre ſiel am 10. ober 1. Auguſt, bie. blutige Schlacht bey Senef vor. ) Das Regiment Stuppa zeichnete fid) febr ans. Der Hauptmann Daniel Burdhardt von bier, und viele andern Offizier blieben

1675. mE Nach der Schlacht bey Gürffeim , unweit Colmar vom 5. Jenner, sogen fid) die Deutfchen über den Rhein

X) Sener, ein Dorf ip Flandern, zwiſchen Marimont and Nivelle. In einem Umfange von zwey Stunden pute den ungefähr 27,000 Leichname hegrahen.

VIL ; Kap. Das Jahr 1675. 121

zuruͤck. qm Hornung ließ Turenne das iftum beſetzen; die catholifchen Orte fchidten dem Biſchof 700 Mann zu Hülfe, und Solothurn begehrte von und Zusüger. Allein die Franzoſen verließen bald das Biflum. Den 6. Hornung fehrieb der damalige Commandant von Groß⸗ Büningen,. Namens La Brosse, wm fich zu befchwes ren, daß ein badifcher Offizier , mit 3unamen £a Roche, dern das Landgut Klibe, oberhalb Kleinhuningen achörs te, es litte, daB bie Kaiferlichen dort eine Wache Bins geſtellt hätten. Er begehrte, daß wir folche abfchafften , oder wir folten nicht übel aufnehmen, wenn er es fel» ber zu thun fid) gemuͤſſiget fände,

Zwiſchen dem zweyten und dritten May ereignete fid ein bedeutender Vorfall. Es fuhr in der Nacht von Rheinfelden ..ein Schiff mit Faiferlichen Soldaten, unter der hieſigen Bruͤcke Dinburd), ohne daß bie Wache das Rermenzeichen gegeben hatte. Die Mannſchaft flieg bey Großhuͤningen aus, (tefte das Dorf aller Orten in Brand, tn) febete dann auf der andern Seite des Rheins über unfern Boden nach Rheinfelden zuruͤck. Die von fram» fifcher Seite eingebrachten Klagen fonnte man durch den Umfand beantworten, daB der Rhein fehr groß gewe⸗

fen, nicht wahrgenommen bat - te. in fie durch einen Mas jet , 't hiefige Stand. ſich aus dem e$ alsdann feen werde,

wen ft gegen Oeſterreich ahn⸗

122 XVII, Periode. 1649-1698.

den, und jedem fünftigd su beforgenden Vorfall ein meh: reres vorbeugen würde.

Hierauf wurde befohlen, daß bey folchen Verſuchen alles ſchieſſen und Laͤrmen machen ſollte. Zu dieſem Cr» de geſchahen folgende Verfuͤgungen. Eine Schildwache auf der Letzi zu St. Alban; 3 Mann und ein Conſtab⸗ ler auf dem Thurm mit Loſungsſtuͤcken; die Wache bey St. Germanskapelle unweit davon; zwiſchen der Cart⸗ haus und der aͤußern Mauer, eine Schildwache auf der Baar, und auf dem Thurm 3 Mann, 1 Conſtabler und Lofungsffüde; eine Schildwache am Käppelein auf den Rheinbruͤcke, bas Stud zu löfen ; eine zweyte beom Schilderhaͤuslein; zu St. Johannes Fiſcher und Schiffe - leute auf dem Rhein, um Wache su halten, und alles Verdächtige zu berichten. Endlich wurde aud) dem Com» mandanten zu Augſt Defoflem , wenn etwas bedenkliches auf dem Rhein vorfiele, es ſchleunig berichten zu laffen.

Den 9. oder 1oten darauf wurde das Dorf Gren⸗ sach abgebrannt. Der Verdacht fiel auf die Zranzofen. Man fchrieb an Vaubrun , an den franzöfifchen Ambafe fador, an Zurich, Bern und Luzern.

Der ˖ Marggraf erhielt den 3. Day die Erlaubnig, 15 Dann von den hieſigen anzuwerben, und folche mit einem Officier nach Zriedlingen, einem Schloffe am. Rhein, unweit Kleinbaͤningen i verlegen.

VII. Ray. Das Safe. 1675. 123

Chaurpfal; fischte bey ben evangeliſchen Ständen ein Anlehen, worüber aber auf einer Gonfereng zu Yaran im Dezember gerathfchlagt werden follte. Der Rath inſtruirte feine Gefanbten, Buͤrgermeiſter Johann Rudolf Burk⸗ bacbt, und Meiſter Chriffof Burkhardt, dahin, daß fie das Begehren ablehnen folten. Allein Chriſtof Surf» hardt fam eben deswegen von Arau zuruͤck, um dem Rath andere Geſinnungen benzubringen, und erzählte was ein Doktor Kirchner, im Namen des Churfürken , ihnen, Baslerifchen Gefanbten , zu Arau privatim ente bedt haͤtte Da bey den Ciben, über das ganze Ger ſchaͤft Häling gebothen wurde, fo finden fid) diefe Ente deckungen nicht aufgezeichnet.

Endlich ertheilte der Rath auf folgende Weiſe feine Einwilligung: „Unſre Gefandten (oen. (id) von üb» rigen evangelifchen Orten im dieſem Paſſu nicht trennen , fondern zu diefem Anlehen, für unfere Quota, gleichwie . im Jahr 1667. gefchehen iff, big auf viertaufend Reiche thaler concuriven. Dabey aber follen fie die anweſenden Gefanbten freundeidsgenoͤſſiſch erfuchen, daB wenn ung, biefe8 Gefchäfts wegen, von Frankreich einige Ungele⸗ genheit erwecket werden wollte, (ie ung alsdann nicht (fe ben (laſſen), fondern auf allen Nothfall mit Hülfe und Rettung tröftlich beyſpringen möchten.

Es wurde in biefem Fahre ein Buch wider bie fran⸗ söffchen Bünde herausgegeben , worauf eine Antwort ums

124 XVII, Beriode. 1649—4691.

tee dem Titel von Gegen»Reflerion erfolgte. Diefe war eine Widerkegung der andern , unb erFlärte den Gag: „Sind die Schweizer des franzöfifchen Ruͤckens beraubet,

fo fómmen die übelgewogenen Herren bald das AME :

trüben.” Achtes Kapitel.

Formula consensus.

s EEE ZT

1675,

Während dieſer Kriegsunruhen, Hatten die auf der Univerſitaͤt zu Saumur in Frankreich, über. verfchiedene Slaubensichren ,.: be(onberó über | die allgemeine Gnade , bie Gnadenwahl, die Erbſuͤnde vorgetragenen Säte in

der evangelifchen Schweiz , wo damals Meinungen

berefchten , die gang davon abwichen , einige Gaͤhrung erregt. Die evangelifche Seffion trug im Sy. 1674 den Theologen und Geiſtlichen ‚ihrer Städte auf, in einen Briefwechfel mit einander n treten, und (id) zu vergleis de ——

un erídienen vor Kath , den 6. Mär; 1675, im Na⸗ men des ganzen Predigtamts der Stadt, totius Minis- terii, Johannes Zwinger, Theologiae Doctor, Bo naventura von Bruns, Pfarrer zu St. Peter, Peter

Werenfels, Pfarrer zu St. Leonhard, und Matthenus

*

VIIL Kap. Das Sabe 1675. 128

Merian, Pfarrer zu St. Theodorn. ^) Sie gaben nebſt einer Empfehlungs » Schrift, das Refultat ihrer Arbeit ein, wovon aber Sob. Heinrich Heidegger von Svid , Profeffor in ber Theologie, der Haupt» Redattor, wo nicht einziger SSerfaffer war. Dieß iff, wa$ man For- mula consensus naunte. Folgende Auszüge find. aus dem Iateinifchen Aufſatz gezogen, indem bie deutſche Lies berfegung , die übrigens fehlerhaft gewefen fepn (oft, nicht mehr vorhanden iff.

In der Vorrede wird geruͤhmt, daß Gott den gnaͤ⸗ digen Herren , - die uns vealeren , den Geiſt der Wahr⸗ bet, der Weisheit, der Kraft verlieben habe. -.. - « Aus Befehl und Gewalt der Ober, fen dem Irrthum ein ſtarker und beiliger Damm entgegengefegt worden.

Das Werl felber enthielt 26 Canones oder Res dein. | | ^ Sit brey erften betrafen die bebräifchen Punkten oder -

Selbſtlauter. Sie Yen göttlicher Weiſe eingegeben wor - den, ?)

. 1) Der Oberft Pfarrer Lukas Gernier, war einen Monat vorher , den 9. Hornung geftorben. Peter Werenfeld

. wurde erfi den 11. May fein Nachfolger, u

: 2) Ludwig Cappel , Brofeffor zu Saumur, batte in (eio

- fitt Critica sacra behauptet, dag die Punkten eines fpä- tern Urſprungs wären. Gn ben Noten eines Lanfaners iu der Formula wird verfichert, bag Luther, Zwingly, Calvin, Dlivetan, Pellican, Sealiger auch dieſer leto nung geweſen.

126 .XVIL Beriode. 16491691.

Her IV. Canon enthielt die Lehre der Gnadenwahl, amb zwar in den ſtärkſten Ausdrücken: „Gott bat vor Grün. dung der Welt, in Chriſto Jeſu unferm Herrn, den ewigen Rathſchluß (propositum saeculorum vrpoüeciy alavay) ge- fat, in welchem aus bloßem Gutfinben feines Willens (ex mero voluntatis suae beneplacito ) ohne einine Vorberfe- Hung des Verdienſtes der Werke oder des Glaubens (sine ülla meriti operum vel fidei praevisione) zum Lobe feiner glorreichen Gnade (ad laudem gloriosae graciae suae ) er eine gewiffe und beflimmte (certum ac definitum nümerum ) Anzahl Menſchen erwählte, bie imber gleichen Maſſe und ge⸗ meinem Blut von Verderbniß liegen (in eadem corruptio- nis massa et communi sanguine jacentium , adeoque pec. ' cato coruptorum ), und folglich durch die Sünde verdor- ben find, in der Zeit, durch Chriſtum, dem einzigen Bür⸗ gen und Vermittler (sponsorem et mediatorem ) zum eif geführt ( producendum ) , und durch deffen Verdienſt, und die mächtigſte Kraft des wiedergebäbrenden (regenerantis) |. heiligen Geiftes wirkſam (efficaciter ) berufen, wieder gebo⸗ ren, und mit Glauben und Buße begabet werden. follten, So feste Gott, ( constituit Deus ) in diefer Sache fett, fci» ne Herrlichfeit (gloriam) (o zu beleuchten und zu offenba⸗ "reti (illustrare) , daß er berorbnete, zwar guerft den mien» fchen unſchuldig (integrum) zu erfchaffen, nachgebends ſei⸗ nen Fall zu erlauben (lapsum permittere ), und fid) end⸗ tid) über eine gewiſſe Anzabl von den Gefallenen zu erbar⸗ men (ex lapsis quorundam misereri), und fie alfo zu et" wählen ; die übrigen aber in der verdorbenen Maſſe au laſſen, und fie endlich einem ewigen Unglüd qu wiedmen. (aeter- ‚nöque tandem exitio devovere, )') ^

1) Sp wurde nun der Rathſchluß der Verwerfung (De-

. VIII. Kap. Das Jahr 1675. 127

- SWt V. Canon iff dunkel, und berührte bie Frage, ob ^ bet Natbfchluß der Gnadenwahl Älter war, att jener bet 9(bfenbung Jeſu Chriſti.

| Der VI. Canon war ganz wider diejenigen gerichtet, bie unter der Bedingniß bes Glaubens, an bie Univerſal Gnade glaubten. )

Der VIL Canon bezog (i auf die Erfchaffung des Men» fchen. „Der Menich wurde dem Bund der Werke unterwor- fen (conditum hominem foederi operum subjecit ),

Der VIII, und ber TX, Canon heſtimmten, bag der in dem Suftanb der Unſchuld geblichene Menfch, ohne Sterben in den Himmel angenommen worden wäre, und nicht auf ewig im Paradieß gelebt hätte,

Der X. Canon fptad) von der Erbfünde, die durch ein

geheimes und gerechtes Urtheil Gottes, ber ganzen Nach-

- fommenfd)aft Adams PM cnn wurde. Sn Dei ar. cano et justo.)

In den XI. und XII. Regeln wurde gelehrt, bag e$ zweyerley Erbfünde gebe, bie beygemeſſene und bic

cretum reprobationis ) beitimmt ausgeſprochen ‚dee in der bafelifchen Confefion nicht berührt wird,

2) Die Verfaſſer der Formula fibergiengen aber mit Still ſchweigen folgende Stellen aus der heiligen Schrift, Ezech. XXXIII. v. 14. Job. III. v. 16. 1. Timoth. II. d. 4, und 6. 2 Petti TIT, v. 9. Röm. XI. v. 2. Hebr. JI. 9. 9. 1. Joh. II. v. 2, Röm. V. v. 18, 2. Petri II.

EE A 1; Hebr. X, * 29, T

128 XVII. Beriode. 1649—1691.

erblich anflebende C pecoatum. eriginale haereditarium inhaerens), .. prn. S

Der XII. Canon behauptete , Jeſus fey nur für die Auserwäblten geftorben, (pro solis electis , ex degretorio patris . . . . diram mortem oppetiit ... . solos illos in sinum gratiae restituit, solos Deo patri offenso reggnoiliavit). -

Die XIV. XV. unb xvite Regeln, are den nebmlichen Satz.

Der XVII. Canon lehrte, daß die Berufung zum geil nach den Zeitumſtänden BD nie aber iia fe.

Der XVIIL, Canon [itf in Zweifel, ob die Heiden fe fig werden fonnen, wider die Meinung von Zwinglin, Bucerus, Gnaltberus.

Der XIX. weitläuffige Canon, bet die Lehre über die Auserwählten, mit der Lehre über ben änßerlichen Ruf vete einbaren ſollte, iR und unverſtändlich.

Der XX. Canon enthielt den Cai, daß Gott diejeni⸗ sen nicht zum Heil berufen, denen dad Evangelium nicht geprediger wird,

Der XXI. Canon Iehrte, daß diejenigen, denen das Evangelium geprediget wird , noch von bem geiflfichen Tode auferſtehen müßten. (nisi ex spirituale morte, ea potentia, qua Deus ex tenebris. lucem exsplendescere jussit , res. ‘suseitentur).

‚Der XXIIte Canon wollte, daß das Unvermögen zu glauben, fein moraliſches ſondern ein naturliches Unvermö⸗ 0 beißen ſollte! u

Die

VII. Rap. Das Jahr 1676. 429

Die XXIII, XXIV, und XXvfien Regeln betrafen bie Anzahl ber Bünde. Es gebe nur zwey derfelben : der Bund der Werfe mit Adam, und der Bund der Gnade mit ben einzigen Anserwählten. Nicht aber drey Blinde : der natür- liche, der gefeßliche unb der evangeliſche.

Im XXVI. und letzten Canon verfprachen bie Theologen unb Beiftlichen qu Ichren, mas in dieſer Formula consen. sus, in der belvetifchen Eonfeffion , und in ben Artikeln der Dortrechter Synode enthalten if. ')

Die begleitende Empfehlungs » Schrift vüfmte bie Vortheile der Steinigfeit in der Lehre, und der Einmuͤ⸗ tbigfeít der Lchrer und Kirchendiener. Allein einfchleis chende unb im Gang gehende irrige Meynungen Hätten bie lautern Vruͤnnlein Iſraels etlicher maafen trüb ges macht. Die Verfaſer klagten vorzüglich über den Amy- raldismus ^), im Bezug auf die Gnadenwahl. Sie haͤt⸗

ee

1) Durch bic Annahme der Formula nahm folglich der Rath, in (folge dieſes 26fem Artikels, die beivetifche Confeffion förmlich au, Das war das er(te und lebte mal; und in der Folge wurde die Formula ganz abge» (daft. Siehe die Jahrgänge 1686 und 1722.

?) Amyraldus (im frangöfifchen Amyrault) aus ber Tou. raine in Frankreich, farb im Jahr 1664. ald Profeflor der Theologie, auf der berühmten Afademie der Refor⸗ mirten zu Caumur, und binterlieh unter andern Ar- beiten, ein Wert über bie Prädeſtination, in weichen

VIL Sand. n

„130 XVII, Beriode. 1649—1691.

“ten mit den Geiflichen der drey andern ewangelifchen

"Städten gefunden, daß eine Special » Formel den hohen

Obrigkeiten zur Ratification vorgelegt werden müfe, das

mit fie hiedurch gleiches .Anfehen mit den Confeffionen

befonumen , unb eben fo verbindlich feyn möchte, Der Schluß ihrer Schrift lautete wie folgt:

ne... als Haben wir Ewr, Gnaden diefe Formu- Jam hiemit demuͤthig vorlegen wollen, o6 Ew. Gnaden geruhen wollten , diefelbe, Dafern fle auch Ihro belieben möchte, aus obrigkeitlichem Anſehen und Gewalt zu san- ciren, und zu einem Geſetz zu machen, Kraft beffem efle diejenigen , die da in Ew. Gnaden Botmaͤßigkeit zu Stadt und Land, in Kirchen, Hohen unb niedern Schus - len Gott dienen, und ing fünftige dienen werden, ſchul⸗ big und verbunden fepn follen, derfelben gemäß zu ef» ven, nichts widriges, weder heimlich nod) öffentlich vors subringen , und um mehrerer Sicherheit willen zu unter ſchreiben; auch da einer umd anderer, die darinn ent. haltene Lehre nicht gutheiffen,, oder diefelbe zu unters

er fid) der Lehre ber Lutheraner etwas näherte. Er war ein Schüler von Cameron, einem Schottländer von Gc» "Butt, und febr geſchätztem Profeſſor zu Saumur. Die fer fchriehb über bie Gnade, und; war überzeugt, daß Katholiken auch felig werden fónnten: welches ihn beu manchen feiner Glaubensgenoſſen (cbr verbaft machten

VII. Kay. Das (afe 1675. 131

ſchreiben Bedenken tragen möchte, er Diemit zu einem Dienft in Kirchen, hoher und niederen Schulen nicht tüchtig fenn follte. Gott gebe feinen Segen zu biefem Werke u. f. w. |

Nachdem nun dieſe Schrift vorgelefen war, fchritt man zur Ablefung der Formula consensus ſelbſt. Hier⸗ auf ergieng folgender Beſchluß:

» Meine gnábigen Herren und bern (beyd 9t tbt) haben die abgefaßte Formulam consensus hiemit obrigteitlich sancirt, und zu einem befländigen Geſetz gemacht ; baben erkannt, daß alle, welche in unfrer Stadt und Landfchaft Fünftigs dienen werden, derfelben gemaß Ichren , und darwider, weder heimlich nod) öffentlich nichts vorbringen, diefelben auch um Sicherheit willen unterfchreiben ; derjenige aber , fo die darinn enthaltene Lehre nicht autheißen, noch bie unterfchreiben wollte, zu einigem Kirchen» ober Missions nicht tüchtig ſeyn fol»

Neuntes Kapitel.

1676.

Gin falſcher Graf von Broglio, , Stamené du Breuil; ber ein Prieſter geweſen (eon foll, un ſich bier eins | 3 2

3

192 . XVII, Beriode. 1649-1691.

Zeit lang aufhielt, wurde als Spion, auf franzoͤſiſchem Boden, den 10. April angehalten. Die fransöfifchen Behörden begehrten feine fier liegenden Schriften heraus, um fo 'gegründeter, wie fie fagten, ba er ein franz. Un» terthan wäre. Berfchiedene Fuͤrſten, der Holländifche Res fibent, und felber der Kaiſer verlangten hingegen, taf man ihnen ſolche uderliefern follte. Malapert fagte fo» gar, baf an diefen Schriften den hohen Alliirten ſehr viel gelegen wäre. Sie wurden verfiegelt , und dad Ges fchäft erwuche vor bie Tagſatzung. Eine Nacht abet, nämlich vom Affen auf den 2ten Oktober, wurden die Siegel abgebrochen, unb die Schriften entwendet- So fam der Rath and dem Geſchaͤft, weil, wie es fcheint, fein Verdacht eines Einverfländniffes auf ihm ruhete.

Als bie Kaiferlichen PBhilippsburg den 17. Septem⸗ ber erobert hatten, wurde der Schauplak des Kriegs in un(e Gegend verlegt. Der Herzog von Lothringen fam nach Rheinfelden, und der Marſchall von Luxem⸗ Burg in Breifach, nachgehends aud) nad) Hagenthal um» weit Baſel. Dort ließ er eine Schanz bey Großhunin« gen anfwerfen, und mit zwölf Kanonen befegen. Er mahnte ung zu wiederholtenmalen, unſere Spáfe und den Rhein wohl zu verwahren. Dieß geſchah. Der Befehl war. fchon im Heumonat gegeben worden, ans allen $a» nonen fowohl , ald aus dem Tleinen Gewehr, auf alle Schiffe Feuer zu geben, bie den Nhein herab fámen, und nicht anlanden wollten. Daher bemerkt Zweifels

IX. fap. Das Sabe 161.. 133

ohne Hainaut (pag. 814.) : Mr. de Luxembourg étoit sous Brisac, et sa bonne contenance jointe à la fidélité des Balois, qui refusérent des pas. sages au duc de Lorraine, empécha ce Prince de passer le Rhin, et d'exécuter les projets qu'il avoit sur la Lorraine et sur la Franche-Comté. Den 27. September famen die Kriegsraͤthe der Kan⸗ tone in Baden zuſammen. Ban hatte den 23flen an die Kantone gefchrieben, indem ein Herr Barbaud, im Nas men des Herzogs, uns ſchon vorher anfgefordert hatte, bie Belrelung unſers Bodens den Kaiferlichen zu ver» wehren fonft müßten bie Franzoſen trachten dene: ſelben zuvor zu kommen.“ Luzern antwortete ung, es wolle uns zwar einen Zuſatz fibiden ; allein fo lange wir nicht wirklich würden angegriffen werden, fo folten wir ihm auf unfere Koften Brod und Bein geben.

Den 25. October befanden fi bier ble Laiferlichen Generale v. Schulz, Graf v. Starrenberg und Graf von Sturm, wie auch der franzöfifche General Mon- clar, nchf andern Hohen Dfisieren. Sie begegweten einander fo höflich, daB Monclar die Öffreichifche Gene rolität auf einer Zunft (zu Safran) gaftirte, und etliche Tage nachwaͤrts die Laiferliche Generalitàt auch ber (ram söfifchen mit einem Gaffmal aufwartete.

Indeſſen Hatte der Vürgermeifter Krug, nebfl einem Nathsdeputierten dem Herzog von Lothringen bey - Augſt, und dem Herzog von Luremburg zu Rixen im

134 . XVII. Periode; 16491691,

Sundgan, die Eidgenoſenſchaft empfohlen. Auch waren

auf der Tagſatzung Zuzuͤger zugeſagt worden. Den 4. 5. und 6. Dftober, famen wirklich von Zürich 300, von Bern 500 und von Luzern 300 Mann Dieber. Die

übrigen fanden in Bereitſchaft. Sie Echrten aber den |

9. 10. 1. 11 November (jon wieder nach Haufe zuruͤck. Der hollaͤndiſche Reſident, de Malapert, farb hier. den 9. Auguſt. Beyde Raͤthe, bie Brofefforen , die Geiſtlichen, die graduirten Perſonen und die Mitglieder des großen Raths, gaben feinem Leichenbegangnig das (Seleite. Seiner Wittib wurde im Namen der. evanges lifchen Orte durch ein Rathsglied und den Rathfchreider das Berlcid bezeugt. | Schmidtmann von bier, Oberflisutenant im ſchwei⸗ zeriſchen Regiment Greder in Frankreich, wurde biefeó Jahr wirklicher Oberfllientenant des Regiments Sa lis.

1617.

Im Brachmonat fam der Herzog von Sachſen €i» fenach mit zwoͤlftauſend Mann das Elſaß herauf, trich Montclar zuruͤck, nahm die Hüninger Schanz (die Re⸗ boute genannt wurde) nebft dem fo geheiffenen Maus—⸗ thurm ') weg, ſchlug eine Schiffprüde uber den Rhein, lagerte fid) und verfchanzte fein Lager, Den 1. oder 2. Heumonats (drieb er und indeflen , aus feinem Haupt⸗ quartier von Vartenheim, wu Dat um einen bequemen

7?) Machicaulis, '

IX. Kay. Das Jahr 1677.- 135

Ort in der Stadt, wo ec den Proviant aufbewahren koͤnnte, fo von jenfeità Rheins feiner Armee zukommen ſollte. „Dieſes Petitum , melden aber die Rathsſchrif⸗ ten, wurde mit möglichftem Glimpf abgelehnt.” Am folgenden Tag begehrte in feinem Namen ein Hofrat, Mauritz Gebhard, im Rath felber angehört zu werden. Es war eben am Tage der Einführung bed neuen Rathe.. Er wurde durch zwey Raͤthe in feiner Herberge abge Bolt, und bis in bie Rathsſtube begleitet. Nachdem er gefeffen war , legte er einen Gruß ab, und wünfchte den neuen Raͤthen zum Antritt ihrer Regierung Giüd. Hier⸗ auf eröffnete er, daß. der Herzog ſich unferen Graͤnzen nähern würde , unb erfüche und , man möchte feinen Leuten Lebensmittel CVivres), oder anderes , fo; der. Neutralitaͤt nicht zuwider wäre, gegen -Daare Bezahlung verabfolgen lafen. Zugleich fügte ev bingr, daß wenn feine Armee unvermeidlich gewife Derter unfeee Botmäs figfeit beruͤhren müßte, wir folches nicht übel aufneh- men follten. Sie würde allentyalben gute Ordnung fat» ten, und es würde bey Leid unb Lebensftrafe verboten fep, Land oder Leute zu befchädigen. Hierauf erlaubte der Rath, auf feilem Markt und bey den Bürgern ein . gufanfen, was der Neutralität gemaß fey, und bie Bis. dee bekamen den Befehl bie Brodlauben mit genugſamem Brode zu verfehen. Doch follten unter den Thoren überds mal nicht mehr als 200 Mann herein aelaffen werden. ' Was aber die Betretung des hiefigen Bodens betraf, ſo

136 XVII. Periode. 1649—1691,

war die Antwort: „Man verboffe, in Folge der Neu⸗

tralitaͤt, und befonderd der kaiſerlichen Deklaration, Ihro Durchlaucht wuͤrde unſer und uͤbriger Eidsgenoſ⸗ fen Territorium unberuͤhrt ſeyn fafen

Den ten ließ der Generalmajor eva p (dj Bitten; dag man ibm die Ausreiffen ausliefern möchte. Der Be⸗

fhluß war: „Sollen gegen einen Revers in gewohnter Form, diejenigen r fo fih in der Stadt aufhalten, mit Ausnahme der Eidsgenoffen, ihren Offizieren ausgeliefert

werden, mit dem Beding, daß den Ausgelieferten nichts

am Leben gethan, und fie alfo abgeflraft werden follen, daß fie als Soldaten zum Dienft nicht untüchtig gemacht werden.

Am gleichen Tage wurde wegen des unanſtaͤndigen Auslaufens, ſonderlich der Weiber, in das oͤſtreichiſche

Lager, den Buͤrgern, Aufenthaltern und Fluͤchtlingen/

eingebunden, den Soldaten weder die abgemaͤheten Fruͤch⸗ te, noch anders abzunehmen, oder abzukaufen, bey Strafe einer Dart Silber und der Conſiskation der Sache.

Die. Franzofen ruͤckten aber wieder herauf den 31. Cup, und den 1. Auguſt gab es Scharmütel bey Blotz⸗ heim, zwiſchen den SKatferlichen und Franzoſen, und Monclar fchlng fein Lager bey Burgfelden und Michel felden. Zu Stadt und Land wurde befohlen, fi in flünelid)er Bereitſchaft zu halten, und alle Nebenwege

zu verhauen. Es wurde auch in Ruͤckſicht der Fluͤcht⸗

IX. fap. Das Jahr 1677. ! 137

linge befohlen, daß wenn germen oder Sturm geläntet wird, fie zu Hanfe bleiben, und ihnen ihre Gewehr ab» genommen werden follen. Der Ambaflsdor de Grevel fchikte einen Herren Vigier hierher, mit einem Schreiben , worin er meldete , daß er bey gegenwärtigen Läuffen nothwendig fande, ben Ueberbringer bier feiourniven zu fagen, und daher den Rath erfuche,, demſelben Glauben beyzumeſſen. Ungern (ab der Stadtfchreiber blefe (vans söfifchen. Auffeher,, denn er rubricirte am Rande der Sei⸗ te, diefen Artitel mit den Worten: des franzöfifchen Ambafadorn ver meinte Nothwendigleit.” Bald darauf - wurde einer. unfrer Soldaten, bie ihre Patronille vere fahen, durch Fransofen erſchoſſen. Man führte Klagen und begehrte Genugthuung. Allein der Baron de Monclar antwortete hoͤniſch: der Franzoſen Stüde und Kanonen gehen nur gegen ihre Feinde. Wenn nun unfer Bürger unter dieſen geweſen fen, fo fe9 «8 beffo ärger für fic. (die Grangofem. » |

Denn 28. Auguſt oben die Kaiferlichen in der Nacht ihr Lager auf, begaben fid) über den Rhein, und fchlugen für einige Zeit ein neues Lager bey Grieblingen auf. Monclar zwang fie aber, weiter hinab zu ziehen.

Merkwuͤrdiger als ale diefe Vorfälle, war die Ein nahme von Freyburg, welches fi) den 14. November dem Marfchal de Crequi übergab, und unter rango» Äfcher Gewalt bis in das Jahr 1697 blieb.

185 —— XVIL Periode. 1649-1691.

Dieß befreyte inbefen unſre Graͤnzen gegen das Frickthal von den Streifereyen der ſogenannten Schnapha⸗ nen, die von Rheinfelden aus, wo ſie in Beſatzung lagen,

ſich alles erlaubten. | =. 1678,

Die Cagfagung vom 7. Hornung befchäftigte (id) mit einem Neutralitätsplan für bie Waldflätte, und einen Bezirk Land von zwey Stunden herum. Der Kaifer. wollte fie aber halb mit feinen Trupen und halb mit Schweiz zern Defegt haben; Frankreich wollte fie hingegen nur mit Schweizern befegt willen. Allein das Neutralität, Wert fam nicht zu Stande, |

Der Marfchal de Créqui, ber mit einer Armee von 30 Taufend Mann (wie man fagte) fid) zu Hals tingen auf der Anhöhe gelagert hatte, brach unvermu« thet mit einem Theil derfelben auf, uud zog den 18. Sun) bey Riehen vorbey über den Diefigen Boden , ge gen Rheinfelden gu , das nachgehends belagert wurde. Ueber die Verletzung unfers Gebiets beſchwerten fich auf» tragámáffig Zaͤslin unb Faͤſch, Deybe des Raths, beym Marquis de Choiseuil , der fid) auf den Marfchal de Créqui berief. Créquii antwortete , die Waldftätte hätten viel geſchadet, faiferlid)e Truppen wären noch zu Mags ben Can unſern Gränzen im Frickthal). Um die nehmli⸗ che Zeit fluͤchteten fünfzehn Kaiſerliche von Inzliugen nad) Riehen, und baten man möchte fie hier durchlaffen. Der Raty lief ihnen am 19. Juny ſagen, fich in Stille fe gut fie Tonnten, fort zu begeben.

IX. fap. Das Yahe 1678. 139

Die Tagſatzung ſchickte Abgeordnete qum Marquis de Créqui, der hier den 25. anlangte. Den 30. fam der vierte Theil des eidsgenoflifchen erflen Auszugs, 2650 Mann an der Zahl, unb wir Ilefeu den Schaden fchagen,, fo die Franzofen zu Riehen bey ihrem Durchs zug angerichtet Hatten. Auf Gutbefinden der eidögenöfs fifchen Kriegöräthe wurde die St. Jakober Schanz nebfl einigen Linien aufgeworfen. Die Eidsgenoſſen wollten den 2. Sul in einem Lager campieren. Die mei(teu wurden aber auf die Grenzen an der Ergols, und an ber Bird verteilt. Dem 25. Sun) fiel bey Warmbach jenfeità des Rheins unb auf der Rheinfelder⸗Bruͤcke, ein Blutiges Treffen vor, und Créqui mußte fid) nad) Huͤ⸗ ningen gud ziehen. Dort wollte er auf bem Theil der Schuſter⸗Inſel fo unà gehört, Verſchanzungen ans legen. Auf gemachte Borflellungen, lie er fie den 2ten Sui cinreifen , und zum Zeichen der Gran Scheidung eine Stange einfleden. Hierauf den sten zog er fid) ae» gen Offenburg Hinunter ; einige Wochen nachher Lehrten bie Eidsgenoſſen nad) Haufe zurüd , und mit Bedauren mußte man wahrnehmen, daß fid unter denſelben Leis ne vom Kanton Schwyz befanden. Bedaurungswuͤrdi⸗ ger war es noch, da auf der Taafakung vom 13. No» eember, Ury unb. Unterwalden ob dem Wald aus bem Defenfionale traten.

Den 17. September trat Spanien durch den Nimweger-Frieden , die Grafſchaft Burgund an Frank⸗ reich ab.

440 XVII. Periode. 1649—1691.

Das Bafelifche Domkapitel, das feit der Reforma⸗ tion zu Freyburg im Breißgau vefibirte, entfchloß fich, im November den Stiftsfig bieffeità des Rheins, nach Arlesheim im Biſtum, eine ſtarke Stunde von bier zu verlegen , und dort eine Dombirche nebſt übrigen erfor» derlichen Gebäuden aufinführen. Die Domberren wuß⸗ ten vermuthlich (don , daß Frankreich Freyburg behale ten würde. Sie theilten unferm Rath diefen Entſchluß mit, und bathen um Befreyung vom Soll. für ihre Fuh⸗ ren, welches man ihnen den 30, November bewilligte,

Die gefhwinde Beſtellung erledigter Aemter wurde von beyden Räthen bem 6. Februar abgefchaft, und auf Cof. Baptift, wie von Alten fer verlegt; weil, wie ba? Rathsbuch bemerkt, umnverfchämte Leute ihre prac tifen und Seläufe Tag und Nacht, vor dem Abſterben der Raͤthe und Beamten, oder fobald einer derfelben ertraut· "a nur deſto frecher getrieben hätten.

1679.

Den 5. Zebruar wurde der Frieden zwifchen grant» reich und dem Kaifer und Reich Ceinige Fürften ausge nommen) ju Nimwegen gefd)loffen. Frankreich behielt Breiſach, Freyburg tnb jene Städte im Elſaß Caußer Straßburg) die beym weftphälifchen Frieden bem Reich geblieben waren. Die Berner hatten vier Compagnien in Straßburg , als Zufagvölfer ; 5 dieſe kehrten den 3teu Day hier durch zurüd. |

VIL. Rap. Das Jahr 1679. 241

Bald daranf verbreitete. fi) das nicht ungegründete Gerücht , ald wenn zu Hüningen , flatt der bisherigen Schanz ober Reboute , eine förmliche Feſtung angelegt werden (ole. *) Als mun im Maymonat ber Minifter de Louvois fid) im Elfaß befand, wurde der Oberſt⸗ zunftmeifier Eman. Sozin, und der Dreyerherr Chris Kof Burkhardt, gu ihm abgeordnet, um einen Gluͤck⸗ wunſch bey ibm abzulegen, und ihm ben biefigen Stand zu empfehlen. Er empfieng fie fehr höflich, und Dot if» nen alles Gute famt der Freundfchaft bed Königs am Ben biefem Anlaß befragten fie ihn aud) um den vore babenden Feſtungsbau qu Hüningen. „Darauf fagte ev, wie bie Worte der am 14. Zunli abgelegten Relation lauten: „daß defwegen noch nichts vefoloirt fey, und daß wenn: auch etwas gefchehen fofite, es jedoch nur eine Schanze ſeyn follte, fo etwas größer als die jegige, Er "wolle daher nicht hoffen, bag man den König etwas

einzuwenden habe.” Dieß wurde nach Zurich überfchries

ben. Louvois fam nad) Bafel, wurde mit Wein, $aber und Fifchen befchentt, und nahm ein Gaſtmahl an. . Einige Tage nachher brachte man in Erfahrung , daß Steine unb Arbeiter ſchon Deffelft wären, um bie Arbeit einer Feſtung anzufangen. Sogleich wurde an

T) Richtig berichtet affo Zurlauben (Tom. VII, p. 136.) „Ce fut en 1697, que le Roi ordonna la coristruc. tion d'une forteresse sur le Rhin. " a niu * * nämlich. )

‚142 . XVII. Periode. 1649—1691.

den Ambaſadorn und an die Schweizer geſchrieben. Den 6ten Auguſt fam Vauban ſelbſt in Hüningen am, und antwortete bent ait. ihn abgeſchickten Rathsherrn ZA slim, daß es eine Feſtung mit fünf Baſtionen geben werde, daß er aber wegen dieſes Baues nichts an den König bringen Tonne. Am 10. September begab (id der In⸗ tendant vom Elſaß, de la Grange, hieher, wurde durch drey Käthe eomplimentirt , und verficherte, daß ver König fid entichloffen Hätte,- den vorhandenen Bau nicht fo nahe gegen und; fundern ven Büchfenfchiffe unter Der Kirche weiter vornehmen zu laſſen.

Abel Socin von Safe war nad) Paris mit einem Schreiben an den König gefchiekt worden. Ludwig ers theilte ihn zur Antwort : „Er [affe biefe Feſtung zur St cherheit feines Landes Dauem. Die Herren Schweizer follen feine Ombrage fchöpfen. Es fe vielmehr gu ihrem und der Stadt Baſel Bellen. Er wolle mit ih⸗ wen im Srieden leben. Um dieſes zu Dezeugen, Habe er Befehl gegeben, Daß die Schanz weiter von ihren - Grängen binunter gefegt werden fole.” Socin wırde anbey mit einer goldenen Halskette, woran eine Medaille mit des Königs Bildniß Dieng , Defd)enft. Ein nochma» iger Verſuch bey dem Ambaflador Tief auch fruchtlos a6. Er wollte nichts verfprechen, und weigerte fid) ein zweytes Schreiben an den König abgehen zu laſſen, un⸗ tec dem Vorwande, daß einige Ausdruͤcke und angeführt,

ten Umſtaͤnde ihm darinn au nachdenklich. ſchienen. Es

IX. Kap. Das Jahr 1679. 143

Wurde mit der Arbeit fortgefahren, und den 4. No vember berichtete der dort sum Gommandanten bereits verordnete Marquis de Puisieux, daß man wegen des Nimweger Friedens, in ihrer Schang zu Hüningen, bad Te Deum laudamus fingen , die Kanonen lo6brennen, und ein Freudenfeuer anzünden werde, Worüber man fib nicht befremben folle, In der Folge ſtreute man and, daß Frankreich eine gewilfe mächtige Perſon zu Baſel Deffod)en Hatte, um diefen Feſtungsbau zu begüns figen. Waldkirch (T. II. p. 271.) bat ſchon ben Un finn eines folchen Gerüchte geahndet. Allein da folches fib im J. 1631 immer flärfer verbreitete, fo legte fid) der Bürgermeifter Joh. Rudolf Burkhard, ben es bes trof, zu Bette. Der Rath erwog den 29. Sftober bie Umftände einer fold)en Anklage, und erklärte ihn einhels - lig als einen aufrichtigen Patriot unb unfchuldig ; lief ijm ben Wunfch feiner baldigen Genefung zugehen, und befahl, beo fchwerer Strafe zu Stadt und Land, ſich aller verlaͤumderiſchen Reden zu enthalten. ap"

Indeſſen atten Bern und Luzern, im Sommer 1679, ung durch Zurich ſchreiben lafen, ob nicht bey folder. Befchaffenheit der Dinge, wir, als welche biefeg Geſchaͤft, nicht allein in algemeinen Rüdjichten, fondern end) in specie berühre,, nicht nothwendig fünden, wenn es bie Majora mitbrächten , eine forderliche badifche Zur ſammenkunft anszufchreiben , um fo viel mehr , weil deu Ambafador felbff dazu Andentung gethan hätte. Mag

EDT XVIL Periode 1649—1691.

begehre hierüber im eidgenößtfchen Vertrauen unfer Sen - timent. Die Antwort war falt und gieng dahin aus: Dan werde fid) zu allem gerne verfichen , was die’ Ma⸗ jora mitbringen. Webrigens fen Herr Marquis de Pui- sieux , ald Kommandant der Feſtung, bereits angekom⸗ men.” Es war gleichfam , als wenn der Rath den Koͤ⸗ nig nicht Deleibigen , und folglich fi nicht im Vorpo⸗ fien zeigen , fondern gerne hinter ber Mehrheit der Kan⸗ tone verſtecken wollte.

Die gewoͤhnliche Tagſatzung trat zuſammen, und veranlaßte das Schreiben, fo Abel Socin nach Paris uͤberbrachte. Zuͤrich meldete nachher, baf die Mehrheit der Orte fchlechte Luft zu einer nachmaligen Zufammen- Zunft hätte. Zürich ſchickte zugleich zwey Aufſaͤtze eines Schreibens an den König, und überließ e8 uns nach Belieben barinm gu ändern. Der eine Sfuffag war von Zürich, ber andere vom Gecretär der Ambaſſade ges ficit. Die XIIL ſchlugen dem Rath vor, den zwey⸗ ten Auffag anzunehmen und es mad) Zürich zu berich⸗ ten. Mlein beu 22. November meldete Suri : Bern und Luzern fanden, bag, weil das Vorhaben des Fe⸗ fiungbaues nicht abzuändern wäre, das Schreiben zu fpät fommen , unb biemit feinen. oder einen fchlechten Effekt thun wuͤrde. Man koͤnne auf einer sufünftigen Cagfagung von biefer Sache reden. Hierauf erkannte der Rath: Sol Zurich überlaffen werden , wie weiter dn biefem Gefchäfte zu verfahren fey.” | $e

IX. Rap. Das Yale. 0679. 248.

^ St Befehl Feine Soldaten ohne Paß ind anb Tonimen zu Iaffen, wurde den 3. May aus einem trau⸗ rigen Anlaß erneuert. : Ein juuger Landmann von May⸗ ſprach, ber das beſte Lob Hatte, wurde von einem kai⸗ ferlichen Soldaten , ber mit zwey andern zu -Zeiningen im Frickthal einquartiet war, und im Wirthehaufe gu. Mayſprach trant, erfiochen. Der Thäter nahm die Flucht‘ mit. einem feiner Gefährten, und der. dritte wurde ans gehalten, Dieber geführt unb verbört, Den Graf von Sarrenderg .erfuchte man , uns die jen Entwichenen zum Rechten liefern zu laſen; aber ohne Exfolg: Ruſſinger von Baſel, in franzoͤſiſchen Dienſten, erbielt den 18. Decemb. bie Compagnie Wirk, im Regiment Stuppa. Im J. 1690, wurde (v Oberſt⸗ lieutenant dieſes Regiments; und im J. 1692. in der blutigen Schlacht bey Steenkerken, einem Dorf im eno ] negau, Defam er eine toͤdtliche Wunde, woran er In - wenigen Tagen flarb.

| 23ebntes Kapitel Sefiung Hüningen.

1680

Im vorigen Jahre hatte mad qu Huͤningen ade im Grunde gewühlt, und bie Waͤlle aufgeworfen, nid VII. Baud. 8

246 XVII. Periode. 1649—1091:

fieng man am , am dem Mauerwerk zu arbeiten, und den

^ 19. Merz wurde der erffe Stein gelegt. Die meiſten

Steine find am Grenzacher Horn oberhalb Baſel gebro⸗ dien, unb von dort aufm Rhein nach Hüningen abge « fahrt worden. Im Augfimonat fam Louvois felber das

, bin, und nahm fid) der Arbeit mit großem Eifer an.

Aweifels ohne forgte er auch dafür , daß folgende Auf⸗ fehriften über den, Thoren angebracht wurden. aa dem Elfafer Thor liest man:

‘Hunin gam firmum Alsatiae munimentum Anno 1680. Ludovicus XIV. erexit , intra unius anni;

fere spatium, incredibili cum studio inceptum atque .

perfectum, ^y Auf dem Basler Sore ilei man:

. Ludovicus M. Rex christianissimus, belgicus, sequanicus, germanicus, päce Europae concessa, Huningam arcem, socis tutelam, hostibus terro- rem, extruxit

T) Das beißt: „Ludwig ber XIV. hat Hünigen, Elſaßes fees Bollwerk, das mit einem unbefchreiblichen Eifer, innert kaum einem Sabre angefangen und vollender wot» ben, im Jahr 1680, aufgeführt.” -

X. Kap. Das Jahr 16s0, . 247 MDCLXXX.') | )

Goldene und füberne Medaillen wurden außerdem

gepraͤgt. Auf denfelden faf man Huͤningen (n der Ger

ſtalt einer Frau, die der Ballas (ber Göttin des Kriegs)

bem Borriß ber neuen Feſtung anbotb,. und ben Gott

des Rheins der feinen Beyfall ertheilte. Auf der an

dern Seite las man die Worte: Muniti ad Rhenum fines. Huningo condita 1630, ?)

| Ein hieſtger Bürger bekam eine diefer goldenen Des

daillen. Nach feinem Tode ließ fle der äftere Sohn ſchmelzen, und den Werth davon den Armen zuſtellen. Dieß führs te zwar zu nichts, brüdte aber vieles aus,

) Das beißt :„ £ubivig der Große ‚der allerchriſtlichtte König ber Belge, der Cequaner , der Germaner, bat, nod» - bem er Europa ben Frieden gewährte, die Feftung Hit ningen , feinen Verbündeten zur Schutzwebr, feinen Fein, den zum Schrecken aufgebaut.” Er nennt (i Belge, Se⸗ guaner, Germaner, weil er in den Niederlanden wo Belger vor Zeiten mobnten, Eroberungen gemacht, fd der Graffchaft Burgund , des alten Baterlandes der Se, quaner bemächtiget , und mehrere Plätze bed deutfchen. Reichs eingenommen hatte. Die alten Römer legten ſich gerne, bie Namen der von ihnen belegten Vöter ara Zunahmen bey, NE

a) Das ift: „befefligee Grenzen am Rhein, gebautes Hi Bingen 1680,” E |

$2

248 XVII. Periode. 1649—1691.

Es follen auch auf einer Kanone im Zeughauſe die Worte zu leſen ſeyn:

„Si tu te remues,

. » Pàle, je te tue,

Nicht umfonft bie bie Geffung Zwing-Bafel. Uebrigens war e$ nur im 3. 1692. daß die Feflung mit ihren SSormerfen, nach Vaubans Planen, ganz ausge bauet wurde.

Als Zürich und berichtete, daß der König in Frank⸗ reich die Eidsgenofenfchaft in .den mit dem Kaifer und bem Könige von Spanien getroffenen Frieden eingefchlo» fen Hätte, wurde im Rath den Oten Juny bemerkt, dag in diefer Einfchließung der zugewandten Orte nicht gedacht worden wäre. Diefe wichtige Bemerkung wurs be den XIII. zur Abfaſſung der Inſtruction für die Tage fagung überwiefen

GrängStreitigfeiten mit Solothurn , betreffend bie Schafmatte und den Hauenflein, veranlaßten den 3. Nor vember einen für unfre Dertlichfeiten Iehrreichen Rath⸗ ſchlag; 3. 9. über bie fogenannten Schneefchmelzenen, die Bannbäge , die ganbmarden, die Herrlichkeitsfleine. ER Be en a En Bee IL MEM IM ee Rp er MET e u are] Eilftes Kaptel. 1681-——1691.

: 46 8 4. Den 2. Zuly wurde dem Rath angegelat , daß Mon-

XI, Kay. Das Jahr 1681. 249

clar und ein franzöfifcher Ingenieur, am Baunſteine auf dem Süninger Zeld etwas abgeflochen Hätten , und daß die Rede gienge, es folte da eine Gitabelle aufgerichtet werden. Die Zaafagung war damals verfammelt. Der Rath über(d)rieb diefes feinen Gefanbten , und trug if» pem auf, mit ben Gefanbtem der evangelifchen Stände zu conferiven , und ihren Rath zu begehren.

Am St. Ludwigsfelt des Jahrs 1681. machte der fürchterliche Knall der Stüde auf den Waͤllen der Fe fung Hüningen,, den Benachbarten die feherliche Einwei⸗ Dung dieſes Ortes bekannt.

Es wurde auch vor der Feſtung eine Bruͤcke uͤber den Rhein bis auf die Inſel geſchlagen, dann ein Theil derſelben mit einem Hornwerk befeſtiget, wie auch der alte Rhein uͤberbruͤcket und mit einer Vorſchanze bedecket. Doch wurden dieſe Werke im SY. 1699, kraft des Ryßwicker⸗ Friedens geſchleift und die Bruͤcke zerflört.

Den21. wohn fam die unvermuthete Nachricht ein, daß der General Monclar, mitten im Frieden Straß» burg eingefchlofen und berennt hätte, Die Uebergabe folgte bald darauf. Die Tatholifche Religion wurde in Diefer

Stadt wieder eingeführt, unb das Weünfler bem Bi '

fchof, deſſen Sig feit 150. Kahren zu Molsheim war, eingeräumt. Die Beſtuͤrzung war bier fo groß, daß der Rath die Wachten verdoppeln ließ. Uebrigens hatte Louvois , der auch bie Eapitulation unterfchrieb , jemans den nach Baſel im größten Geheim geſchidt, mit bem

250 XVII. Periode. 1649—1691.

Auftrag, eine gemiffe Stunde auf der. Rheinbrüde zur zubringen, alles forofältig zu beobachten, und ifm ges freue Nachricht eilenbó zu Hinterbringen, Es gefchah. Der Bothe berichtete: „Ich babe nichts fonderliches bes merkt, nur daß eine Dalbe Stunde nachdem ich mid) auf bie Rheinbrüde begeben, ein Unbekannter von der klei⸗ nen Stadt ber angefommen, mitten auf der Brüde nord» wärts an die Lehne gegangen, dreymal mit feinem Stock auf diefelbe gefchlagen unb dann wieder weggegangen fe" Hierauf antwortete Louvois; » Es iff aut ; Straß burg iſt uníer." ') |

Den 24. September berichtete uns der -Marquis de Puysieux diefe Nachricht, und zeigte sugleich am, daß der König und der Dauphin nad) Hüningen fom,

men würden. . Vier Gefandte nebft dem Stadtfchreiber Harder , wurden ernannt, um den König qu complimens tiren. Den 26. langte (don ein Schreiben von den Zürchern ein. Sie werden einen Abgeordneten hierherſenden, und hätten eine Gagfagung auf den 29, nad) Baden zuſam⸗ mem berufen.” Unſer Rath ernannte ſtatt vier Abge⸗ ordnete, nur zwey, nehmlich Surgermeiffer Krug und Dberftsunftmeifter Burkhardt. Doc begleiteten diefels ben nachgehends Rathsherr Zaͤslin, als einer , der mit den franzöfifchen Behörden in autem Einverfländniß fand , unb Stadtfchreiber Harder als Legations Sekretaͤr.

[C e)

1) Dieſe Anekdote iſt mir vom B. Zurlauben sahen worden,

XI. fap. Das Jahr 1681. 351

J Alle dieſe Nachrichten, wie auch noch die, daß ein fliegendes Lager bey Altkirch aufgerichtet werden ſollte, verſetzten bie Stadt in Beſtuͤrzung. ) Man ſchrieb in die Schweiz, beſchied 200 Mann vom Lande in die Stadt, verſtaͤrkte die Wache zu Augſt um zehn Mann; ließ den erſten Auszug in ſtuͤndlicher Bereitſchaft halten, befahl daß die Buͤrgerſchaft Tag und Nacht doppelt wa⸗ chen ſollten; bewaffnete die Bedienten und Geſellen, trug den benachbarten Orten an, die Lermen⸗Zeichen gegen einander aufzuſtellen, unterſagte ohne Noth zur Stadt hinauszugehen, und zog in Berathung, ob nicht der große Rath zuſammenberufen werden ſollte.

Den 8. langte der Koͤnig in Enſisheim dirklich an. Von jedem Kanton hatten ſich hier zwey oder ein De⸗ putirter vereiniget, die alle nun auf Enſisheim fuhren, und den Iten Audienz beym König, der Koͤniginn, dem Dauphin und Per Dauphine erhielten. n als ler Namen führte der Surgermeiffer. von Zürich dag Wort; unb der König, indem er ihnen allen bie Hand both, verfprach bey allen Begebenheiten Beobachtung der

) Die Beſtürzung muß bod) bey mehrern bald nachgelaffen baben. Der Bürgermeifter fíagte am 1. Dktober im Rath: „Dan babe bey Vifitierung der Stuͤcke befun⸗ ben, ba an verfchiedenen Orten Leute dazu ausgelegt worden, die nicht damit umgugebn wüßten; und daß an etlichen Orten , die dahin gegebene Munition um Puls

- ver nicht mehr une (en.

232 KVIL- Periode. ^ 1649—1601.

Sraftotem, Den 10. verfügte fi auf Mittag der Kös mig nach Hüningen. Drepmal wurden auf unfern Waͤl⸗ len fechsia Kanonen losgebrandt, ') und die eidgenoͤſſi⸗ fhen Geſandten legten. nochmal Bep ibm. einen Gili» wunſch ab, unb blieben dort bis auf den Abend.

Unſere Gefandten bekamen Gefchente * ) al. Zei⸗ chen der Föniglichen Gnade; ber Buͤrgermeiſter Krug 50 gouidb'or, und der Oherſtzunftmeiſter Joh. Jakob Burd» hardt eben fo viel, Ferner der Dreyerherr Zaͤslin gleich fang 50 Louisd’or, unb der Stadtfchreiber Harder als egationsGiefvetàe 30 ouisb'or. Sie legten ihre Ge - fchente auf, den Rathstiſch, die ihnen aber zu eigen ger . laſſen wurden. Allein der Buͤrgermeiſter Krug ſchickte das Seinige in den Spital, und der Stadtſchreiber Har⸗ der ließ die ihm verehrten 30 Duplonen dem armen ei.

lern auf Burg zuſtellen.

Nach der Abreiſe des Könige wurde die qu Ba⸗ den angefangene Zaafagung bier fortgefekt- Der Rath wiligte in den Vorſchlag der Häupter ein, daß weil diefer Tag eine Fortfegung des Badiſchen wáre , Zürich qub nicht Bafel, das Prafidium führen follte. Diefem

T) Schwerlich wird man glauben, daß wir ſechzig Stüd befaßen; dürfte wohl ſechdzehen heißen.

s) Der Introducteur des Ambassadeurs, der ihnen fol- che zuſte (it, hieß de Bonoeil. |

Kr

XL Kay. Das Jahr 1651. 253

Betragen verdient das Verfahren der Reichsſtaͤnde ento gegen geſtellt zu werben , bie auf bem dießjährigen Frank⸗ furter Congreß, folche Schwierigkeiten wegen Legitima⸗ tionen , Rangftreit und Titulatur ervegten, daß die Haupt face, bie Sicherheit des Reichs, Taum zur Sprache font, men fonnte. E 1683,

Das Jahr 1682. zeigt nichts erhebliches. Die Türs Ten belagerten Wien den 14. Zuly 1683, und die Schweis zer gaben dem Kaifer tauſend Zentner Pulver.

Ludwig XIV. fam im Brachmonat wieder ins El⸗ fef. Drey Deputierte von Bafel, Oberfisunftmeifter So⸗ ein, Dreyerherr Burckhardt und Stadtfchreider Harder, vonrden nad) Colmar im Namen der ganzen Schweis abs geſchickt. Den 16. rühmten fie im Rath die erhaltene .gnábige Aufnahme umb Audienz. Sie fagten, wie der König unter anderm fid) mit diefen Worten vernehmen Jaen : C'est avec bien de la joie que je vois les Deputes des Cantons. J’aime tout ce qui vient do leur part, et vous leur‘pourrez dire , que je leur témoignerai dans les occasions l'affection que - jai pour eux," Jeder Depntierte -befam 50. Dups Ionen die der Rath ihm überließ. Am ande bed Bros tofollé fdrieb Die Kanzley bep den Worten des Königs, verba lactis, (Milchworte, füße Worte,) und bey bet Erwähnung der Gefchenfe, aurum in faotis, ( Gold in den Thatfachen. ) |

264 XVII. Periode. 1649-1691.

Indeſſen arbeiteten die Franzoſen auch an einer Schanz, oder vielmehr an einem Hornwerk auf der Rhein⸗ inſel, die vor Zeiten Frauenwoͤrth, dann Kaͤlber⸗In⸗ ſel, und endlich Schuſter⸗Inſel genannt wurde, Der Kleinere Theil derfelben iſt Baslerboden. Anfangs hat⸗ ten die Franzoſen aud) einen Theil beffelben su ihrer Cans fehlagen wollen. Auf gefchehene Vorſtellungen

aber führten fie den bereits aufgeworfenen Grund weg,

und die Basler richteten Pfähle auf der Grenze auf. Nun entffonb die Beforgniß, fie möchten auch eine Brüs

. de verfertigen. Einige Raͤthe, die fid) deſſen erfundig

ten, berichteten am 15. Jenner des folgenden Jahres ,. baf nad) des Commandanten Aeußerungen, es dießmalen von einer Rheinbruͤcke die Frage nicht fen , daß aber in Kriegszeiten eine Schiffbruͤcke wohl dort gefchlagen werden fónnte,

Den 10. November empfieng man ein. Schreiben von. Zürich des Inhalte: „Weil in den Orten Ury, Schwyz, Unterwalden und Zug, das Geſchrey wider

fie Cole Zürcher) noch immer. fortwährte, als 05 fie den

Tuͤrken, zu Zortfegung des Krieges wider den Kaifer,

Geld vorgeſtreckt Hätten , wären fie genöthigt geweſen, von jenen Orten zu begehren, auf die auctores folches Geſchrey acht zu geben, und diefelben ihnen nahmhaft gu machen, damit fie gu gebüfvendem Rechtsſtand ge⸗ faßt werden moͤchten.

XI. Kap. Das Jahr 1684, 255 1 6 8 4.

Der Krieg swilchen Frankreich. und Spanien war ‚fchon im November bed vorigen Jahres in den Nieder landen wieder ausgebrochen; und man erwartete, daß er auch mit dem Kaifer Leopold von neuem angehen würde, indem er nicht nue im Fahr 1682. einen Bund mit Spanien gefchloflen , fondern auch im J. 1683. ‚den 6ten Februar, ein neues Buͤndniß mit Spanien, Schweden und Holland. getroffen Hatte. Die Waffen⸗ übungen nnb das Zielfchteßen wurden ben uno zu Stadt und Land befördert und angeordnet. Allein der Angriff der Zhcfen im vorigen Fahre, und bad Waffengluͤck der Franzoſen in diefem Gelbguge, worauf der zwanzig. jährige Stillſtand mit Spanien am 10. Auguft erfolg te, nöthigte den Kaiſer und das Reid, am 16. bar» auf einen gleichen Stillſtand zu Regensburg einzugehen , und dem König Straßburg und Kehl zu überlafen. Sn bem Traktat wurden. die Mitgenofen des weſtphaͤli⸗ fchen Friedens einbegriffen. In Folge eines andern Ars tifeld deſſelben, ließ der Kaifer die Schweizer angehen, die Gewaͤhrleiſtung nebſt andern Staaten auf fid) zu neh⸗ wen, welches aber abgelehnt wurde,

Zu Anfang dieſes Jahrs famen reformirte Fluͤcht⸗ Inge aus Frankreich, die von den Verfolgungen der Ca» tholicken traurige Befchreibungen machten. Sie wurs - den nad) MöglichFeit verforgt, unb zur Anhörung und

2566 . XVII. Periode 1649—1691.

Verpflegung dem Stadtfchreiber , dem Öberfipfarrer und dem franzöfiichen Prediger überwiefen. Man bemerkte uter den Jeſuiten im Bisthum eine außerordentliche Thätigkeit, und in ihren Predigten die giftigfen Ang - fälle wider bie Lutheraner und Reformirten,

Cn biefan Jahre ‚verglichen fid Bafel und Solo .ffurn über verfchtedene Punkte. Solothurn trat feine ‚Rechte an einen Theil der niedern Gerichte zu Oltingen, im Zarneburger Amt ab, und Baſel that Verzicht auf feine Hobeitsrechte des Maleſiz, Hagens und Jagens, wie. auch auf ein Stuͤck Wald zu Nonningen , bey Bretz⸗ wil, im Ramſteiner oder Wallenburger Amt. ') Das folgende Jahr wurde in Gegenwart bepderfeitiger 95» geordneten , das Hochgericht zu Nonningen zerflört und bie Grenzſteine anders gefegt.

168%

Wir haben gefehen wie der Bifchof und bad Doms fapitel im Sabe 1670. Kirchenfhag und Muͤnſter, Häufer und Cinfünfte angefprochen Hatten. Sie wie derholten diefed Fahr am 13. May die gleichen Anfor⸗

L|

. X Bruckners Merkwürdigkeiten, vag. 1851, und pag. 2459,

XI. Kay. Das Jahr 1685. 257:

derungen. ") Die evangelifchen Orte wurden zu Rath: gezogen. Den 15. Suío ließen wir die Antworten abe gehen. Bifchof und Eapitel wiederholten im Dezember: ihr Begehren. Den 17. wurde der große Rath ver’ fommelt, und die legten Schreiben des Bifchofs unb. des Capitels blieben , wie es fcheint,, unbeantwortet, Der Bifchof verfuchte es, den fransöffchen Hof auf ſei⸗ ne Seite zu bringen, und ber Domdecant befand f wirklich in dieſem Jahr in Baris.

Allein der geheime Kath eröffnete fich vertraulich, genen poen franzöfifchen Ambaffadoren , den Herrn Tam- bonneaux , und feine Antworten gaben gute Hoffnung. Er rüfmte die Treue und Großmuth ſeines Herrn an, und gab zu verfichen, daß er fid) mehr auf den Kan⸗ ton ale auf das Biſtum verlaffen Tonne, welches vom 9teid) abhienge. Diefe Unterredung geſchah im Sep⸗ tember wo Tambonneaux ſich in Huͤningen befand.

7) So trug es der Nathſchreiber in das Protokoll ein : Hr. &abltr , Seeretarins bed Domkapitels, fammt dem GStiftspfarrer apostolico, und dem Amtöfchreiber zu Birſeck, als Zeugen, die er zu folem Ende mitgebracht, bat zwey Schreiben vom Bifchof und vom Capitel eite gegeben, worinfie ihr voriges Lied anſtimmen, und das Münfter , ben Kirchenſchatz famt den Höfen und Gefällen abfordern ; unb. entweder eine fchriftliche Aut⸗ wort, ober ein Recepisse begehren , wurde erkannt: Sollen mit einem Recepisse a6geferti get werben.”

258° XVII. 16494601,

Er wurde eingeladen fich nach Baſel zu begeben , ids tig eingeholt, und eben fo prächtig qum Wildenmaun mit feinem Gefolge tractirt. . Nach der Mahlzeit legten bie Franzoſen die Krägen der geheimen Näthe an, unb > elengen damit zur Mucke, Cöffentlichen Bibliotheck) bann in der Stadt Derim , und ſogar bid nach Hüningen, Der gutmeinende Chroniker, der diefen Umſtand erzählt, | bemerkt. daß «8 betrunkener Weiſe gefchehen fep.

Die Hiefigen Schifflente und Fiſcher hatten (id ge⸗ nen die Unternehmer der Bauten zu Hüningen verpflich⸗ tet, ihnen ein Fahr fana die Mauerſteine aus dem Stein⸗ bruch zuzufuͤhren. Darüßer wurden fie von ben übri- . gen Bürgern getadelt und oft befchimpft, und fie ſtell⸗ ten allen weitern Dienft ein. Die Unternehmer führten, Klagen beym Rath, und diefer. erfannte daß bie Be . Hagten Kalten follten was fie verfprochen hatten.

. Den 22. Oftober widerrief Ludwig XIV. das Edit, welches Heinrich der IV. zu Nantes, im S, 1598. zu Gunften der Neformirten ergeben lief; und vor Ende des Jahres waren ſchon 500 Flüchtlinge bier angekom⸗ men. Die evangelifchen Orte hatten fid) verabredet, alle Vertriebene unter fi gut Verpflegung zu vertheilen ; und da der Churfürft von Brandenburg, gleich mad) der Widerrufung des Edicdtes von Nantes, Verfügungen zur Aufnahme ber Refugianien getroffen hatte, fo wurs

|

Kl. Kay: Das Jahr. 1686. 269

ten fie tuit. guter Gelegenheit mach umd nach Ind Bran⸗

denburgiſche geſandt.

Die franzoͤſiſchen Ausreiſſer wurden ohne Schwie⸗ rigkeiten ausgeliefert. Ein Recepisse von Montauver, Aide-Major der neuen Zeflung Hüningen vom 27ten April iff. noch vorhanden, gleichwie ein Schreiben beg Puysieux vom 30. Dezember , folgenden Inhalts: Unter dem Vorwand ber Religion fepe 12 bi 15, theils Sergeanten , theils Soldaten von der Garnifon durchgegangen ; er bete, daß man denjenigen die Hand biethe , die auf feinem Paß ſie verfolgen; baf man die fe auf Betreten anhalte, und ihm einliefere ; daß ends fid der Befehl am allen Paͤſſen und Dertern unfter Landſchaft erfriſchet werde, die Ausreißer anzuhalten. a wurde bewiliget.

1686.

Am Jahre fatte man im October 6 Gom. pagnien der Militz, das ik, 1200 Mann gemuflert und ergänzt. Sm diefem Jahre wurden aud) Werbungen ans aeffelt , und monatliche Gelder von den Bürgern, ohne

Ausnahme eingesogen. Ein jeder erklärte (id) freywillig

zu einem monatlichen Beytrag. Es waren ben evange⸗ fi(den Orten wiederholte Warnungen suaefommen , und die franzöfifchen Anfprachen auf einen Theil der pfaͤlzi⸗ fhen Erbſchaft, ließen einen neuen Ausbruch bed Krieges beſorgen. Aus Borficht befahl der Rath dem Poſtmei⸗

\

260 XVII, Periode. 1649-1601.

ſter, der die Hiefige Zeitung herausgab, fi babep mit Klugheit zu Denebmen , und nichts anzügliches wegen.

der Religion oder fonffen darin zu fegen.

Die Verfolgung der Reformirten oder ſogenannten Thalleute und Waldenfer in Piemont, befchäftigte die ^

evangelifchen forte. Eine Gefanbfd)aft wurde nad) Tür

rin vergeblich abgeordnet. Der franzöfifche Ambaſſador

erklaͤrte, tag wenn man die Thalleute unterflügen follte, der König ed für einen Friedensbruch aufnehmen und

den Krieg ankündigen würde. Es wurde álfo lediglich -

gegen die piemontefifchen Flüchtlinge einige Jahre lang

die gleiche Milde, als wie gegen die franzöflfchen ausge

übt. Cin bemerfenstverthed Unterfangen von Seiten dies fee Unglüctichen muß bier angeführt werden. Es wel,

gerten fid) 350 ſolcher Thalleute in's Brandendurgifche -

fortzugiehen , und verfammelten (id wohl bewehrt bey der St. Johannes Iufel , berwärts der 3iblbrüde. Sie hatten ihre Familien in den piemontefifchen Thälern gu»

tüdgelafen, und ſagten, daß man fie nicht freywillig

zum Abzug bringen würde, bie der Herzog von Sa vopen ihnen ihre Weiber und Kinder nachgeſandt Bátte,

Da das alte Hüninger Dorf, welches oberhalb ver dießmaligen Feſtung lag , bald follte abgebrochen, and dagegen das jegige Neudorf weiter unten angelegt werden, fo. wollte der franzöfifche Ambafador , daß der

Rath von Baſel, als Zehntenherr und GCollator , bie.

|

XL Kap. Das abr 1686. 161

nee Kirche unb das neue Pfarrhaus auf eigene Kos fen bauen ſollte. Der Rath machte Vorſtellungen, und der König verfprach bie Hälfte daran Beyzutragen ; wir machten nene Borflelungen über die Ungerechtigkeit deß Sugemutbeten , indem die bamalige Kirche und das Pfarre haus fich im Deffem Zufande befünbeu. Den 7. Augufl ließ der Intendant durch den Dreyerherrn fagen, die Ue⸗ berfchläge der Banten beliefen (id) auf 2000 Reichstha⸗ ler, der König wollte die Halfte daran zahlen. Bald "darauf fchried er, daß man bie befleenbe Kirche und Pfarrhaus abbrechen follte, Louvois habe es geſagt. Der Oberſt Stuppa, an welchen man (id) gewendet fat» te, fchrieb von Paris aus, taf Mühe koſten würs be, den vom König gefaßten Schluß abzuändern. Die Sranzofen beforgten indeſſen alleg , und da wir bie 1000 Reichsthaler nicht abgeführt Hatten, belegten fie im Sy. 1688. unfern Zehnten mit Sequeſter.

Zu Ende Dezembers wurde mit der Anlegung ei; ned Werkes, auf dem margaräflichen fer des Rheins, der Kaͤlber⸗Inſel gegen über, von Seiten der ramo fen der Anfang gemacht. Als fie im J. 1683. dag Hornwerk auf der Inſel aufführten,, behauptete der Koͤ⸗ nig, wie c8 wenigſtens der Commandant auéfagte, bie ganze Inſel gehöre fein. Wie fomnte ev aber ein glei» ches vom jenfeitigen fer nur mit einigem ea FR tens. behaupten ?

VII. Band. | EE.

162 XVI. Beriode 1649—1691.

. Weber die Gatechifation Hatten die Theologen und ffafforen den 27. Merz Borfihläge dem Ruth eingeges ben. In dem begleitenden vom Antifles Peter Werenfels unterfchriebenen Memorial: , fagten fie den. Rathen : » Daben wollen wir in Unterthänigkeit bitten, das dies fes uuſer Judicium Benfall finden moͤge, daſſelbe quà obrigfeitlidem Anſehen zu befräftigen und zu ſanciren, und aud) insgemein nach ihrem erleuchteten Verſtand und gottieligem Eifer basjenige zu erfennen nnd zu orb» nen, was Sie felbft für gut und dienflich erachten wuͤr⸗ den.” Wenn man diefe Worte mit den, fünf Jahre fpäter geführten Klagen der Bürgerfchaft und der Geiſt⸗ lichkeit felber vergleicht , fiele fo es einem fchwer, zu ur⸗ theilen wer Recht hatte, wofern nicht, gleich im fol ‚genden Fahre der Rath fid) felber angeklagt hätte.

Wir Haben unterm J. 1675. von der Einführung der formula consensus Erwähnung gethan. Nun vid)» tete in diefem Fahr der Churfürft von Brandenburg, Friedrich Wilhelm, an bie evangelifchen Orte ein nach» brudiides Schreiben, um fie zur Abfchaffung berfelbem u bewegen.

„Mehr als jemals follten die Lutheraner unb die - Reformirten zuſammen halten, und gedachte Formel (ey ein Stein des Anflofies.” Diefes Schreiben machte bey den Geiftlichen von Zurich unb Bern wenigen Eindrud. Unſer Rath uͤberwies ſolches am 20. Merz den Theolos

XL Kap. Das Jahr 1686, 163 gen. Der XIII. Rath fand aber hoͤchſt nöthig, den Oberſt Pfarrer Peter Werenfels, durch den Stadtſchreiber erfuchen zu faffen, auf bie interfchrift nicht mehr zu drin, gen; und er ſowohl "ale: die übrigen Theologen und Pa⸗ foren der Stadt, gaben in Suidfiót der Gefahren , in welchen die Reformation fchweßte , dieſem Anſuchen Gehör. Der Marggraf foll in einem vertraulichen Schreis

ben an die Häupter , feine Freude und Theilnahme dns rüber bezeugt haben.

41.687,

Den 16. April berichtete der franzöfifche Commiſſa⸗ ring, daß nad) eingekommenem Befehl des Könige, bie Defger der Häufer des: Dorfs. Huͤungen, ^ (olde unges faumt bis auf den 4. May abbrechen follten. Da nun mehrere Basler Häufer dort heſaßen, fo lieh der - Kath -fogleich Fund machen. . Bald babauf Tam Louvoia nach Hüningen. Mit einer Kleinigkeit verſoͤhnte et^ unfre Bürger. Sie hatten eis unbedentendes -Waidgangsrecht auf. franzöfifchem Boden , in der: Blotzheimer Au. Die dortigen Unterthanen eines fo mächtigen Königs, mach⸗ ten ibnen aber dieſes Recht flveitig. . Man führte tla gen darüber bey Louvois, und er verſprach, was man begehrte. Die zwey Vorflähte (Spahlen und Gt. So» bannes , ) welche dieſes Waidrecht genoßen, bezeügten " eines "e ihre Freude. Ja, den

(gal

164 XVII. Beriode. 1649—1691,

24. Dezember erhielt man vor Louvois ben Töniglichen Beſchluß, baf ber König gedachtes Waidwerk anerfen- pe, und nicht frünfen loffem werde. Wie mußte bans erſt mit die Freude groß geweſen ſeyn? Uebrigens fchrieb , im September des folgenden Jahres ber In⸗ tendant, daß der König bie obgedachte Hälfte an den Baukoſten nachgelafen Hätte, und bie in Beſchlag ger nommenen Gefäße wurden fre gelaſſen.

168.8,

Den 27. Brachmonats entfchloffen (id) beyde Räthe dad Ballot bey den Beſtellungen einzuführen. Ein trau⸗ riges Geffanbni legten fie, im Eingange des darüber - ergangenen Geſetzes, über fid) felbev ab. Sie fagten: „daß bie ungefchent von Tag zu Tag einreißenden,, gro» ben, unverantwortlichen, auch Gotts⸗ aller Ehren» und Eids veraefienen Mißbraͤuche, nicht allein zu Stadt, ſon⸗ dern auch zu Lande, ja an allen umliegenden Orten, zu des ganzen Standes nnb. der lieben. Poſteritaͤt hoͤchſter Disreputation männigtih kundbar wären.“ Sie fagten: „dag man bald:nicht mehr Gott, fondern die Menfchen fürchten müge, als welche, durch vielfältige ifte, Griffe, Raͤnke, Lauffen, Rennen, Spendiren , Ver: heißungen, Drohmmgen , Vorſtellungen, allerhand In⸗ terefie mit Heurathen, Promotionen und Beförderungen, es mit ihren Fagdhunden, Käufern und Läufferinnen, dahin ‚gebracht Hätten, bag Niemand bald ohne Sage Daftigfeit fein Votum frey geben, ja, fein ehrlicher

XI fap. Das Jahr 1688. 165

Mann, wegen feiner Tugend und Meriten eine Befoͤr⸗ derung mehr verhoffen Lönne.“ Sie fagten: „daß ein genaues Anffehen, auf die Jagdhunde, Läufer und Läufferinnen ffatt Haben folte, bie, fo Tags fo 9tadté, nicht nur in Beſtellung der Aemter, fondern auch in Verwaltung der Juſtitz, und in anders Sachen, an ‚allen Orten und Enden fih gebrauchen liefen, und den Nähen unter dem Natbhaufe , zwifchen dem alten ffatb '), gat ordentlich aufpaften, fle fogleich am firengten, und zu allerhand ungebührlichen Sachen vete feiteten,, auch fogar, was ber eine ober andere, im Diefer oder jener Sache, : gerathen oder vathen follte, eypoftulietet oder zunnutheten, s |

lieber bie Art, wie das Ballot gebraucht werden folle, wurde .eine Commiſſion son acht Raͤthen und dem Rathſchreiber niedergefegt. Sie gab ihre Sore Tehläge nach und nad) ein, und beyde Räthe beflütigten fie alle. Durch das Loos wurde elit Drittel der Waͤh⸗ leiden ausgeſchloſſen. Die übrigen gaben (m Geheim

1) Zwiſchen dem alten Math, das id, mährend der alte Math (id) gue Abfaſſung' feiner Vorſchläge, in ehe obere Ratbäftube verfügt, und inzwifchen die des neuen Raths in der vordern Rathsſtube, obne die Häupter,

. verweilen, und (i dber die angehörten Vorträge mie

"einanbet befprechen.

168 XVII. Periode 1649-1691.

hinter einem Mmbeng; vermittelft gewiſſer Kugeln .ntib Kifteinen , ihre Stimmen. . Das, Ternarium, :poer der vorhergehende Drenfache Vorſchlag, wurde benbepalten ; bey. der Ernennung eines Jeden. der drey Vorgeſchla⸗ genen mußte aber, wie bey. der Hauptwahl, das fond jedesmal. bem auszufchließenden dritten Theil. der Was leuben von neuem beflimmen. uebrigens war. es immer bie,. relative Mehr heit, welche entſchied. Wegen dee drenfochen Voxrſchlages machte man, ‚einen: Unerſchied zwiſchen Aemtern, um voclde man. 6d . nicht. angab, und Aemtern , um welche man fich angeben. mußte, und daher erbetene Dienſte heißen. In Anſehuug dieſer Ies . teen gab es kein Ternarium, ſondern man ſchrit for gleich zur Hauptwahl. In Anſehung der erſten aber machte man wieder: ‚einen Unterſchied zwiſchen jenen Aemtern, die ber. ganzen Vuͤrgerſchaft snfieten , und jenen ». die ausſchließlich einer beſtimmten Anzahl von Regierungsgliedern jufamen. Im erſten Falle wurden in eine. einzige Lade, zu Bildung des Ternarium ges fehriebene „zettel geworfen; im andern Falle. aber, wur: den fo viel Kiſtlein binter den Umbhang geflelt, als es Wahlfähige gab, unb es wurden die guten Kugeln in Dos Kiflein ‚gelegt, ‚das, den Namen desjenigen „hatte, den man in das Ternariym, ‚Drängen wollte; War ed, sum Beyſpiel, um die Erwaͤhlung eines Haupts qu tbun, fo ſtellte man zwey und. fechsig: Kiſtleinen - hinter ‘dem Umbhang, adf weichen bie Ramen der Mitgiieder ipe

XI. fap. Das Jahr 1688. 167

Käthe "), umd ber Vorfleber der Canzley gefchrieben waren. Bar es um die Erwählung eines Rathsherrn qu thun fo ſtellte man nur zwolf Kiflleinen, weil e$ sur auf jeder Zunft zwölf Sechſer gab, unb bie Gd fer das ausſchließliche Recht genoſſen, zu den Raths⸗ fielen ihrer Zunfte au gelangen. Außer diefen Vorkeh⸗ rungen wurden aud) neue Cibe eingeführ.. Wer ein nicht erbethenes Amt erhielt, mußte vor dem Antritt deffelden beſonders ſchwoͤren, daß er nichtd gegeben nod verfprochen hatte a f. w. *): Wer fid) um einen Dienft

. 4) Außer den noch vorhandenen Hauptern. |

3) Der. Wableid mar: „Wir fchwören qu bem allwiſſenden Gott, daß wir zu bet vacirenden Stelle, denjenigen noo miniren, ernennen und er wählen wollen, welchen wir nach unfrer Achtung den tauglichſten und verfänglichiten zu feyn befinden , und das nicht laffen wollen, Niemanden zu Lich noch zu Keide, durch Freundichaft noch Feind⸗ haft, Furcht, Neid» Hab, Mieth, nod) Miethwahn, noch um. keinerley Gefäbhrde willen: das ſchwören wir, als uns Gott beife.* Gn Anfehbung der Mi tbe, oder der Geſchenke, machte die Gommiffíion ben Unterfchied, der angenommen. wurde; Ungewobnte Gefche:fe. fenen ein ſtummes Anfprechen, wie 4. B Meß⸗ und andere Kräme, Würkheten. Die Neujahrsnefchente könnten

erlaubt werden; bod) daß berentmegen die Billigkeit 06. fervirt werde , und daß die gefammte Verehrung fich, in dem Werth, bis auf vier, oder höchſtens ſechs Ne tbaler erfirede. Die Eommiffion fügte bingu: „Wenn Dennoch dem Uebel nicht vorgebogen wäre, fo wüßten

168 XVIL Periode: 1649-1691.

bewarb „mußte vor der Befſtellung ein gleiches tbum. Endlich wurde biefe neue Wahlart auch auf die Bes ſtellungen der Brofefforen , Geiſtlichen und Schuldienſte angewendet, In dem darüher verfertigten Gutqchten fad man zum Beweggrunde angeführt: Beil fowohl bey der Regenz, als in andern Wahlen, bie Practiken eben wohl, und das häufig genug , eingefchlidhen find.

Den 2Aſten September erklärte der König in Franke veich dem Kaifer und Reich den Krieg, und verheerte tie untere Pfalz. Auf unferee Geite zogen fid) bie Franzoſen partbepemveife in das Frickthal und beunru⸗ Digtem bie Schwei. Am 17. October fehlug fie taber ben. Friegführenden Mächten vor; bie Waldſtaͤdte imb Conſtanz, neb(f einem Bezirk Landes, in bie Steutvali tät einzufchließen. Frankreich willigte den 22. October mit ber Sebingni ein, daß Schweizertruppen ollein biefe Plaͤtze befegem würden. Der Kaifer begehrte.aber ben 22. Nov. einen Volksaufbruch, und wollte bie Ein» wiligung dev Reicheſtaͤnde vorerſt einholen. Allein die

wir Fein anderes Mittel, ald nach gemachtem Ternarfo,

in der Hauptwahl per sortem, oder dad blinde Loos zu

verfahren.“ Was das Anfprechen betrift, fo wurde, bey

erbetbenen Dienſten, denjenigen , die (id) barum emat,

ben, aber ihnen allein erlaubt, nur einmal, und vier

Wochen vor der —" fib beo den Rathen zu empfehlen.

4 XL Say. Das afe 1685. 169

Schweizer faßten inbeffen den Entfhluß, im Nothfall, die Städte Rheinfelden und Laufenburg felber gu Des -fegen. Die im October gehaltene Zagfagung verordnete, daß jeder Canton und zugewandte Ort 50 Mann, unter einem Lieutenant und Wuchtmeifter gegen Augſt oder Ba⸗ fel verlegen, zugleich Luzern und Baſel, jedes einen Of⸗ fígier, Bern und Ury aber einen Ge(anbten dahin (iden würden. Sie folltem auf die Erhaltung der Waldflädte wachen, und bey andringender feinblid)er Macht, das vorhandene Volk in biefe Städte werfen, und ſogleich on Serm, Baſel unb Solothurn die Gefahr berichten. Würde aber feine Armee den eidsgenöfifchen Boden bes treten , und wären fie nicht flark genug, den Feind abs zußalten , fo follten fie fid) in Rheinfelden werfen, and ſich dort fo lange Halten, bis man fie entfchätte. Ein folher Entſchluß laͤßt (id nur durch bie Vorausfekung erflären, daß er lediglich bis auf bie einzugehenden Ants - worten des Kaifers und des Konigs gelten follte. Das ber auch, als die Zramzafen den 10. December Waldes hut einnabmen, und fogar auf zwey Schweizer über ben Rhein (doen, es Feine andre Folge hatte, als daß man auf eine Genugthuung drang, bis der Graf von Elers mont, ber die Truppen anführte, fid fchriftlich eutſchul⸗ digte, unb jedem verwundeten Schweizer bundert Sun i fen zuftellen tief. Der Marquis de Puysieux begehrte vier Schiffe. Der Rath verſchaffte fie ihm, und ſchrieb, man vete boffe, daß wir auch Dagegen Deffer werden conſideriret

176 XVII. Periode. 16491694

werden. Uebrigens wurde darüber bey den Eiden $e fing gebothen.

Der Marggraf von Baden» Darlach ließ feine i bliothef, und frine koſtbare Sammlung von Gemälden, . Medaillen und Antiquitäten Dieber flüchten. Der Marg⸗ graf fam auch feiber den 12. November. Er ließ feine Ankunft anzeigen, und wurde durch den Oberfisunftmeis fier Braunfchweiler , fünf andere Räthe und den Stadts fhreiber complimentirt - |

In dieſem Kahre beſchaͤftigte ſich die Taaſahung im Maͤrzen mit der Erneuerung des Defenſionals. Der Eingang des badiſchen Abſchiedes vom 18. dieſes Monats gibt, zur Veranlaſſunmgedachter Erneuerung, nicht nur ben Einfal der Franzoſen in die Grafſchaft Burgund an, fondern aud), das wider die allerhand ungleiche Reden und Drohungen fallen und fließen taten. .

Bor allem verfprachen Die Gefanbten einander, „ein⸗ müthig , je ein Ort den andern wider mánnialid) ; wer es auch immer feyn möchte, in feinem frenen Stand, bey allen innhabenden Landen, Leuten, Zrenheiten und Gerechtigkeiten, mit Leib und Gut, ohne Vorbehalt, . faut. sufammenhabender Bünde und Bäraerrechte, getreu⸗ lich zu fehügen umb zu fchirmen, und fd) von feinerleg Urſache willen davon abwendig machen zu laffen.“ Dann wurde erkannt, ‘daß die drey Auszüge in -— Bereitſchaft gehalten werden folten , mit Wehr und Waf⸗ fen, Krant und orf. Die Contingenter zu einem erſten

XL Kap. Das Jahr 1688. . 1m

Auszug bon 13,400 Mann wurden befimmt ). Ye bet der zwey andern Auszüge fol zweymal ſoviel De» tragen, tnb jedem Sete vorbehalten fepn, noch mehrere Stufe als das Doppelte, mad) Belieben mitzuführen. Jede Compagnie wird aus 120 Musquetiren, 30 Spieß knechten mit Harnifh, 30 bloßen Spiefen, und 20 Hallbartern beſtehen. Jedoch (oll Fein Ort an diefer Armatur verbunden, ſondern dieſelbe einem jeden ftem» geftent ſeyn. Die folgenden Artikel betreffen die Fahnen, den Sold 2), die Fälle von anfcheinender Gefahr, von zunehmender Beforgniß eines. feindlichen Ein» ober tte» berfall3 , von ent(tebenber Gefahr an zwey verfchiedenen Drten. Die Auszüge follem in zwey Armeen abgetbeilt werden 3), Der 13. Artikel -beftätiget die zu Baden, im S. 1647 Aber bie oberflen Stellen gutbefundene Austhei⸗ lung *). Der 14; Artikel verfügt über das Schanzzeug. Der 15. über bie Kenterey. Es wird berfelben uͤber⸗ laſſen, mit aller Beſcheidenheit zu fouragieren. Der 16: Artikel Handelt, doch aut allevfeit obrigfeitliches Gefal⸗ len, vom Kriegs» Rath, und feinen: Befugniſſen 8), wie auch von der Fufliz Pflege 9. Der 17. Artikel betrift die zugewandten Orte in Bündten und Wallis; worin ausdruͤcklich gemeldet wird, daß fie den Ab ſchied von 1647 Angenommen hatten.

Den 19. May im gleichen Jahre, wurden auch su Boden mehrere Zufäge theild gut befunden, theils von ber Tagſatzung vom Märzen vorgefchlagen unb nun De

472 XVII. Beriobe. 1649—1691.

fätiget; unb zwar über die Kriegs » Drdinang 7) snb die Eidesformeln der Kriegsräthe, der obevffen Hauptieute , der oberſten Rittmeifter und Hauptleute, der Fahndrichen und der übrigen Amtleute und Knechte °) ; dann über bie Formulare der General » Schirmbriefe, fo die Tagfagung ausflellte ?), und der Particular⸗Schirm⸗ briefe, fo jeder Ort den Seinigen gu geben Hatte '°). Der von Baſel ernannte Sriegévatb, war Oberflsunft meifter Emanuel Socin, und der Oberſt über bie Artil⸗ ferie war Joh. Ludwig Krug , des Raths, dem nach gehends Werner Huber, aud) des Raths, zum Statthal⸗ | ker gu. geordnet wurde.

Die nad dem Sabe 1647 am Defenfional» Berl erfannten Erläuterungen , Zufäge , Abweichungen , fin bet man in ben Abfchieden von 1673 [18. Septemper] '"); 1674 [May zu Baden), noch 1674 [October und No⸗ vember) 7), wieder 1674 (beyde male durch Krieges raͤthe unb hohe Offiziere zu Yaram) '?) 1675 [20, Sum], 1676 [October und November, gu Aarau ducch bie Kriegsräthe und hohen Offre], 1677 Lim Februar unb Marz) '*), wieder 1677 [ben 27. May] 5) fet» ner 1677 [23. 9lugu(f]'^). Endlich in der folgenden Qeriobe, 1702 (beg 7. September] 7), mb 1743 Qu 11. December 9).

Xl. Kap. Das Jahr 1688. 473

Noten zu dem vorhergehenden Bericht der badiſchen Tagſatzung.

4) Ungefähr wie im Jahr 1647, doch mit folgenden Abweichungen : 400 Mann von Baſel und 2 Etuͤcke; gleich⸗ falls von Schaffbaufen ; 1000 Mann vom Abt St. Gallen; 400 Dann ven Lauwis; 100 Dann ven Mendris; 100 Mann von Meinthal; 600 Dann vom Thurgau ; 200 Dann von der Braffchaft Baden , und 200 Mann vom Rheinthal.

2) Gebem Soldat täglich ein Commisbrod von 1", Pfund, and wöchentlich V, Louis. (vermuthlich Louisblanc-)

3) Stt der einen gebörten: Zürich, Luzern, Schwung, Bafel, Solothurn, Appenzell , Stadt St. Gallen, Thurgau, gaumied unb die freuen Aemter. Zu der andern gehörten ? Bern, tiry, Unterwalden, Glarus, Frenburg , Schafbatts (m, Sürf von St, Gallen, Biel, Baden, Rheinthal, ar» ganó, Luggarus und Mainthal.

4) Für das erfle Corpus, ober Afle Armee follen be^ fiellen: Zürich, Luzern, jeber einen oberften Feldhaupt⸗ mann; Schwyz, Zug, jeder einen. oberfien Feldwacht⸗ meifter, Baſel, einen Oberſten über die Artillerie; So⸗ lothurn einen oberfien Quartiermeiſte; Appenzell einen oberfien Brovos; Stadt €t. Gallen einen ober. flen Wagenmeifter. Für das andere Corpus, ober die 2te Armee , follen beftellen: Bern, Urn, jeder einen oberften Feldhauptmann; Unterwalden, Glarus, jeder einen. oberfien Feldwachtmeiſter; Freyburg einen Oberſten über bie Artillerie; Schafbanfen einen oberfien Quartiermei⸗ fter; Abt St. Gallen einen oberfien Provos; Biel ei» nen oberfien Wagenmeiſter. Nach diefen Beſtimmungen wurde bic Meinung oder Hoffnung bengefügt: daß jeder Ort zu

17A XVII, Periode. 1649— 1694;

ſolchen hohen Stellen qualificitte "— förderlich er» wählen werde,

5) „Daß vin jeder Ort, fammt ben Zugewandten, ine eualificiete Ctanbedperfon,. aud ihrer Mitte, zu einem Kriegsrarb erwählen und fegen , aud) neben demfelben , den zu erwählen habenden hohen Dffisier darzu verordnen werde. Gbr Amt und Gewalt (oll ſeyn, „die hohe Obrigkeit qu tt» präfentiren , und alles das miteinander getreulich und aufs richtig. beratbfchlagen zu beifen , was fie beo Ehre, Eiden und Gewiffen, dem gemeinen Tieben Vaterlande vortbeilig,. für fländig und erfprießlich erachten mögen. Und was alfo im Kriegsrath befchloffen worden, ſoll den Feldoberſten überlaſſen werden, anf das beſte ald immer möglich, auch mit böchtter Treue nnd Fleiß werkſtellig zu machen.“ „Es fo auch beo bem alfo formirten Kriegsrath das Di- rectorium aller Sachen und Händeln fleben; im Namen. aller Orten bin und wieder, was fie ratbfam- befinden, gu fchreiben; desgleichen Geſandtſchaften mit aller nothwendiger Inſtruction, und wohin es die Nothdurft erfordern möchte, zu verordnen. Item den Feind zu ſuchen, anzugreiffen, gu, fchlagen , nachzujagen, auch in feinem eigenen Lande zu vet» folgen ; nicht weniger Anſtand der Waffen (Waffenſtillſtand) zu machen ; auchden Frieden ſelbſt, jedoch anderer Geſtalt sicht, ald auf obrigfeitlide Ratification,, zu fchließen. Er⸗ meldter Kriegs. Rath fol auch . Befehl (Auftrag) und Gewalt baben , in wichtigen und fchweren Sachen, ben ben nächſt⸗ gelegenen Orten und Obrigfeiten Rath und Gutachten eil fertig einzuholen; zumalen alle getrene varerfändiiche Offi⸗ ziere unb Soldaten, deren man fi) im einten und andern su bedienen für räthlich fände, au fi) zu sieben, und was fie alfo rathen, handeln ,. Ichliehen und machen, daben follen fie. in allweg von den hoben Obrigkeiten getreulich geſchirmt,

XI. Kap. Das Jahr 4688.. 276

snb wider allen Tadel unb Ungelegenheit befter maafen ae» bandhabet werden, weiles allein in Gottes Hand flebet, bet Sachen Xustrag nah Wunſch zu ver. leiten. Zu Haltung des Kriegsraihs, foll ben den Sch fionen die Form gebraucht werden, mie in eidsgenöſſiſchen Tagleilungen, n.bmlich , eines jeden Orts beyde fritafe tütóc, der Gefanbte. und der bobe Offizier, ber Gewohn⸗ beit nach , beufammen figen, je ein Ort nach dem andern.®

„Die geordneten Feldoberſten ben jedem Corpus follen, der Kriegsordre halber, (id) alternatim oder Abwechſelsweiſe zu vergleichen haben.“

6) „Die Juſtiz dannethin belangend, fol dieſelbe einem jeden Ort uͤber ſeine Soldaten von den Offizieren, aus allen denſelben Compagnien, denen der jüngſte Hauptmann beg wohnen fol. ve walten su laffen übersehen, unb die Appel lation vor befielben Orts Kriegsräthen und übrigen Haupt Ienten zugelaſſen (enn; mit Vorbehalt der Fälle, fo Leib und Lchen berühren , welche, mit einer gründlichen Beſchrei⸗ bung. des Handels eigentlicher Beſchaffenbeit, den Obrigkei⸗ ten lediglich, famt beu Fehlbaren, ſollen überwieſen werden. Seer Obrigkeit wird hiebei überlaſſen, ibren Kriegsräthen and Hauptleuten deshalben mebrere Gewalt zu ertheilen. Gleichmäßige Ueberweiſung an die Obrigkeiten fol auch gt» fcheben, aller Offiziere Verbrechen , bis auf den Furier, es treffe aleich bie Ehre ober ben Leib am. C$ wird and) el nem jeden Orte , fo nur eine oder zwen Gompaonien im Felde bat, überlaſſen, biefe Zuftig mit einem Basen Orte, nad Belieben , gemein gu haben.“ |

„Beiden löbl. Orten, Zürich und Luzern, wird über. Inffen, in jedem Orte einen verftändigen qualificirten me Secretarium anf gemeinen often au beſtellen. K

176 "XVIL theriode. 1646101.

T) Die Kriegsordinang enthielt 15 Artikel. S. B. 3) „Ber den Sidsgenoffen féilen Sauf und Proviant zuführt, welcherley Waare e8 aud) fen, deſſen Leib und Sur foll bey allen Eidsgenoffen (bet fenn.“ 4) „Kein Eidsgenoß fot von dem andern abweichen, weder in Schlachten, Stuͤrmen, noch andern Köthen; unb mer (id) fchändlicher Weife im die Flucht begeben würde, foll an (id felber baden, was vol andern deswegen ibm widerfahren möchte, fo e8 auch fein eigenes Leben betreffen thäte.“ (Folglich wurde er Vogelfrey

erklärt.) 5) „Keiner fol weder in Städten, Schlöffern, Dörfern ohne ZFeldfchlachten unterteben zu plünbern, zuvor und epe der Ort erobert it, unb ed bie Hauptleute erlau⸗ ben.“ 6) „Huch einige Kirche, noch geiftliche Perfonen, noch Klöſter, weder heimlich nod) äffentlich, befchädigen, ‚noch angreiffen , auch feine Mühlen, noch Backöfen verder- ‚ben , e würden denn die Feinde der Enden, betreten mete den. Die mag man wohl angreifen , jedoch fo viel möglich der Kirchen verichonen.“ 8) „Männiglich (ell (i vor un. . ‚ordentlichem Effen und Trinken hüten, fonderlich wenn er feine Gunction und Wacht begeben foll, auch vor allem Spiel, woraus anders nichts, als großes Unglüd unb Ungelegen- heit erwachſen.“ 9) „Den Frauen und Fungfern fol man verfchonen , auch allen alten Leuten und jungen, Kindern; ‚man fei fie weder fchänden , mißbandeln, nod) verlegen, fie ſtellten (id) denn zur Wehre mit fchlagen, werfen, verbin- dern, ptacticiten , verrathen, Wortzeichen geben, oder mit ‚gnordentlichem Geſchrey.“ In weichem Falle fie wohl, nad) Geſtalt der Sachen, mögen geflraft werden. .10) „Kei⸗ ner foll fruchtbare Bäume, weder auf den Feldern, mod) in den Gärten, umhauen, die Weinreben verderben, die Pflüge hinwegnehmen, bey gebührenden Strafen.“ 11) „Keiner foll des andern Quartier einnehmen, and) weder das Zei. chen, noch die Schrift an den Pforten durch wiſchen, bey

XI. füp. Das Yahr 1688. 177 Verluſt feines Soldes. Huch (oti ein Jeder feiner Fahne folgen , bis in bas vorgezeigte Quartier. 12) Keiner (of ab der Schildwacht geben, unabgelößt, auch auf derfelben nicht fchlafen; unb was ibm in diefem Kalle widerfähren möchte, an fid) felber baben. Wenn es auch von einem of» fenbar würde , (otl er alsbald dem Nichter geleitet, und von demfelben gebührend abgeftraft werden. 13) Keiner fol in der Eidsgenoſſenſchaft tauben, noch nehmen mögen , mee der Kernen, Haber, Roggen, Gerſten, noch andere Früchte; auch nichts aus Häufern austragen, ohne 9totb , unb bag er es gebührend bezahle. 14) Wer von der Wacht, niit Erlaubniß des Offiziers, (d in fein Quartier begibt, ſoll es thun ohne Murbmillen , fingen und fchrenen. 15) Auch fol Keiner weder Tages noch Machts im Felde obne Notd feine Büchſe abichteßen, Die Artikel 4. 2, und 7. betref- fen die Benbebaltung gegenfeitiger Eintracht, in Anfebung des Vnterfchiedes der Süeligion, der Partheyen von Fürſten unb Herren u. f. w.,/ dann bie Rottirungen und Streithändel.

8) Der Gib der Kriegsräthe und oberſten geldbaupt. leute lautete wie folgt: |

„Ihr folt ſchwören, im Namen und an Statt der o^ ben Obrigkeiten allerfeits, in gegenwärtigem Kriegszug, alle vorfalende Händel unb Sachen, init einander getreulich, brüderlich und aufrichtig beratbfchlagen, unb alfo fchließen zu beifen, wie ihr es bey Ehre, Friede und Gemiffen dem gemeinen lichen Baterlande vortbeilig, fürftändig snb erſprießlich erachten werdet, auch daben euern eige nen Leib und Leben aufgufeBen ; auch alles in höchſtem Ge⸗ beim und Verſchwiegenheit zu haben s\desgleichen feine von Fremden einlangende Briefe abfonderfich au eröffnen, fon. dern unerbrochen dem Kriegsrath vorzulegen, getreufid) und

VII. Band, à 9

178 XVII. Periode. 1640-1691.

ohne Gefübrben, Ferner follet ihr, die Herren oberen Feldhauptleute, fchwören , alles dasjenige, was der geotbe nete Kriegsrarh , mit euch jederzeit beilfam und nothwendig finden und befeblen wird. gehorſamlich und im allerbeftens Treue, ie nach Beſchaffenheit der Sachen, au erftatten, unb u erequiven. Desgleichen euer anvertrautes Voll in guter Drdnung und Hut zu halten, alles fo fern (weit) ipe kön⸗ net und möget, und euer Leib und geben gereicht; Br id und ohne alle Gefährde.“

9) Ein General⸗Schirmbrief wurde von der Tagſatzung and im Namen der XIII Orte, ſamt Abt. und Stadt Gt. Gallen, und der Stadt Biel ausgeſtellt. In bemfelbem wurde die Veranlaffung zur Einrichtung eines Defenfional- Weſens, umd eined Sriegótato$ , dann die Sócfugnifie befe felben erwähnt, unb ging der Schluß dahin: „In Kraft defielben nun zufagen und ‚verfprechen wir biemit , befagten- gemeinen Kriegsräthen und oberiten Feldhanptleuten gemein» lich unb fonderlich , im beßter Form Cwenn gleich ihre auf ‚Wichtige Treue und wohlgemeinten Actiones dein erwünſch⸗ ten Werk nicht entfprechen, oder, davor Gott ſey, mißlin- gen follten, weil allein im Gottes Hand gute Actiones zu fegnen find) wider allen Tadel, Nachrede, Verweis und Yngelegenheit, gegen wen es immer die Norhdurft erfordern möchte , mit obrigfeitlichem Anfehen, Macht und Gewalt, an Ehre, Leib und Gut zu- fchügen, zu fchiemen, und gu retten, auch gegen die Urheber mit folcher Strafe qu vet. fahren, als wenn es die Obrigkeiten felber, bie mau reprä- fentirt berührte. Deffen zu mehrerer Kraft und Urkunde, df dieſer Schirmbdrief mit aller unferer Orte Obrigleiten Inſiegeln befräftiget,. und bem Kriegsrath übergeben wot» den, den 20, Mir 1668,

XL Rap. Das Jahr 1688. 179

. 10) In dem Schirmbrief , fo jeder Ort ben Seinigen gab, wurde, gleichwie im General-Schirmbrief, Wort für Wort, Schus und Schirm verfprochen. Dann folgte Nach, ſtehendes: Sol der General. Schirmbrief von ber Canzley Baden in Bergament und in duplo verfertiget. von jedem forte. befiegelt, das Haupt Inſtrument bey löbl. Vorort Zü—⸗ rich aufbebalten, und im Falle eines Auszugs, dem Kriegs. rath sgngeftellt werden. Jeder Ort aber foll den Geinigen eine authentiſche Abſchrift davon, zu ihrer Nachricht ein» Bändigen, und fie mit bem martifufar Schirmbrief auch vet» feben. Die Juris belangend, obwohl im Defenfional- Werk ver(eben iſt, bag die Maleſitz Perſonen, fo Leib und Leben eermirft, jeder feiner Obrigkeit nach Haufe verfchicht, unb. von derfelben gerechtfertiger werden foll, bat man jedoch, bemwegender Wrfachen halben , beſſer feun befunden , den Obrigkeiten binterbringen, und fie dahin zu erinnern diefe Ereentionen den Kriegsrätben jedes Orts über die Seinen im Felde zu Äberlaffen, meil ein gleiches unter den eidsge⸗ nöffifchen Regimentern in fürftlichen . Dienſten practict werde, aud) theils Im Sempacher Brief verfeben (eo, und das um fo viel mehr, weil bereits etlicher Orte hohe Offi- ziere diefe Gewalt empfangen haben, damit durch bie Un⸗ gleichbeit hierüber Feine Confuſion unb Ungelegenbeit erwach⸗ ^ tue." Es fcheint aber, ba bie Mehrheit ber Gantone

e$ nicht annahm , denn diefer Vorfchlag wurde im J. 1674 von ben Kriegsrätben zu Aarau erneuert, und im Abſchied von 1702 wurde er ganz naciones.

11) 3. $5. bet 3. Artikel: „Da aber der eine ober andere Grenzort, als wie Bafel, Schafbaufen, Abt St. _ Ballen und andere, dergleichen- anrückende Gefahr verfpüihrte, und zur Ablehnung derfeiben, nur von Jedem der übrigen

| M 2 id

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180 XVII. Periode. 1649— 1691.

:Drte, zu einem Vorzeichen unb Gezengniß der eidsgendffifchen Einigkeit, einen Zufa von einiger

Mannfchaft begehrte, (oU ſolcher, (aut Defenfionals, nach proportion und pro rato des erfien angelegten Auszugs je»

des Orts, nicht verweigert werden. Wenn alfo 550 Mann

begehrt würden, trefe es, als fünf vom Hundert des erfteg Auszugs. Zürich für 70 Dann.... Biel für 10 Mann, Und alfo fort an Multiplioando , wie .€$ von einem oder an⸗ dern Gränzort begehrt. werden möchte, ba der vollfommene erſte Auszug nod) nicht von nöthen, folglich Niemand von den gemeinen Herrfchaften, noch von Wallis und Bündten, noch viel weniger von Genf und Neufſchatel. 5. Artikel

iſt auch abgeredt, daß dieſe Völker unter dem Dbertommanbe

des Orts, wohin (ie gefchickt werden, fend follen, und ſoll anch jedes Ortes Landvolk an allen Päſſen avisirt werden, _

daß fie folche Succurs Völker, mit. Aufweifung ihrer Paten. ten, obne Anfhalten paſſiren laſſen folen.“ Folgender

40. Artikel if merkwürdig : „Es follen auch alle Landvögte,

bey biefen Conjuncturen, mit den Wntertba-

nen, mit Befcheidenbeit verfahren.“ Der 21. Ar⸗ tifel betrifft Conkang: „dato bat man fid) auch eidsgenöſſiſcher

Seits erklärt, gegen. bic. Stadt Conſtanz feinen Feinden anf eidsgenoſſiſchen Boden Läger noch Antritt au geſtal⸗

ten, in dem Verſtande, daB aus der Stadt Gonflang der

. Eidsgenoffenfchaft nichts wibriges zugefügt , noch zugelaſſen

werden folle.^ Der 26, Artikel bezieht fi auf die Flücht⸗ linge : „Der Bälle fremder Fürftenvölfer halber, it einhel⸗ lig .-befd)loffen worden, bag wenn SFlüchtige von den Ar- meen , wer ed wäre, fommen würden, man alle abweilen, und. ihnen feinen Paß geſtatten foe, aud) feine vou gt» fchlagenen füchtigen. Truppen ,; fall die am. unfere Grenzen fommen foliten, au f die andere au zichen, Paß geben, (ou. dern fo fi desgleichen ereignete, ua(eve Bälle mit genug-

XL Kap. Das Jahr 1688. 281.

famen Wachten bewahrt unb verfeben werden follen." Das Wort Paß in diefem Artikel bedeutet nicht passeport, fondern Durchpaß, Durchzug, die Derter felber, durch welche man siehen fau. |

12) 3.8. „Weil man auch eine Arietseaſa für nothwendig erachtet. Ward „als ein bequemes Mittel befunden, bag. fo viel Soldaten jeder Ort ins Feld führe, er fo viel halbe. Thaler in die Kriegecafia für. ben Anfang berfchießen folle." Anderes Benfviel: „Kein Spieß foll minder [aug fenn, als fünfzehn Wert Schub.“ Drittes Benfpiel : „diefem had) wurde bed Defenfional - Befchäftes halber , ferner gefchloffen: Wenn beyde Corpora beyfammen find, foll das Commando auf allen vier oberfien in der Alternativ be⸗ ſtehen.“

43) 3. B. Baſel und Solothurn, als an ben Grenzen gelegen, baben (id) dahin erflärt, wenn der Notbfall fich - ben und um ihre Städte erböbe, alle ihre habende Artillerie williglich nach erfcheinender Nothdurft bargugeben,

44) Abſchied von Baden vom: Cy, 1677. Cim Februar unb März). Mit- Bedauern mußte man folgende Erfiärung der Gefanbten des Eantons Schwyz vernehmen: „daß fie feinen. Befehl von dem Defenfional- Wefen etwas gu reden ' hätten , fondern es dahin geſtellt (eom laſſen, weil ihre Her⸗ ren und Obern unb die Landleute folches nicht den alten Gebräuchen gemäß befunden. : Wohl aber menm ein Ort mit Gewalt angegriffen werde, nach Anleitung eidsgenöſſicher Bünde, getreulich beyzuſpringen, und: ben Angegriffenen mit . éuferftee Möglichkeit retten beifen wollen.“ Um deſto em⸗ pfindlicher mar biefe Erklärung, da man das vorige Fahr (1676 10. October) in einem badiſchen Abſchied nachſtehende Worte las: vObwobl dieſe TOME in a Miis Fünden 4

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182 XVII. Periode. 1649—1691.

nicht erläutert (inb, fo gebe der gefunde Verſtand berfelben iu, bag man bey fo großem Unterſchied der alten und jetzi⸗ gen Zeiten, ungleicher Manier heutigen Tages zu kriegen, und weit Härferern Armeen , ald vor altem an unfern Greene sen geweſen, nicht mehr marten könne, bis ein Dre wirk- lid) angegriffen, überenmpelt, und dann alle Hülfe zu (pit

werden , fondern bey Zeiten mit tröftlicher Hülfe und Zuzug, zu wahrem Kennzeichen, daß man gefinnet (e, einander getreulich beyzuſtehen, erfcheinen müſſe.

15) 3. 8. die Klagen der katholiſchen Orte und beſon⸗ ders des Cantons Schwuz über das Defenfionale, betreffend bie Magasine , die Errichtung einer Kriegdcaffe, die Sabe nungen und Hülfe wor mwürklichem Angriff, den Eid ber Kriegsräthe und hoben Dffiziere, bie Gewalt und das Di, rectorium der Kriegsräthe, welches ben. Obriafeiten und Ständen an ihrer bochobrigfeitlichen Regimentsform und Ge⸗ walt etwas nachtbeiliged gewähren könnte. Betreffend fete. ner den Ort der Tagleiſtungen, den Beyſitz der Pannerher⸗ ten u. f. m. im Kriegsrath, bie Beſetzung der Grenzen in den gemeinen Herrfchaften. Dann folgen die Antworten der übrigen Orte. 3. B. Gm Fall die Meinungen der Herren Kriegsräche entzwenet würden (welches bod) ben unfern Vor⸗ fahren in gemeinen Kriegen niemals gefcheben , und man nicht glaubt, es werde jemalà gefcheben) auf den unverhof⸗ tem (id) ernebenden Gall aber, foll jeder Löbl. Ort bey ſei⸗ nen altbergeb:achten Freybeiten, Rechten und Gerechtigfeis ten, wie im Eingang des Defenfionals nerfchen if, Vibia

verbleiben,"

16) Haben die auf bem Tag iu Baden | Herren Ehren⸗ Geſandten löbl. Eidsgenoſſen ſchaft (Caußer Schwor und Glarus katholiſcher Religion) fi) Aochmalen.

XL Ray. Das Sav 1688. 183

zu aufrichtiger Obſervanz und Haltung des Schirmwerks et. flátt, und es bey der im letztverſtrichenen Majo gemachten Erläuterung bewenden laffen.

17) Das Deienfionale von 1647. wurde zur Grundlage angenommen, unb Erläuterungen, näbere Beſtimmungen, Abweichungen. augefegt, 3. $5. daß. wir uns aufrichtig unb - ehrlich neutral uud unpartheyiich baften, feiner Parthey wi⸗ der die andere Über unfer Territorium ag, noch Durching zu nehmen, oder darauf posto zu fallen, mod) fi) gu vete fammeln geſtatten wollen; und falld es jemand, wider Ver⸗ hoffen, mit Gewalt zu thun (id) unterfichen würde, Gewalt mit Gewalt abyutreiben. Wir haben auch einhellig befchlof fen, bag wenn Flüchtige von ben Armeen, wer e8 wäre, fout? en würden, man fie alle abweifen, und ihnen feinen Bag geſtatten folle ; . auch feinen von geichlagenen flüchtigen Trup⸗ ven, fo bic an unfre Grenzen kommen folkten, auf die aus dere zu sieben, Paß geben, fondern fo (id) dergleichen ereig- nete, unfre Bälle mit genugfamen Wachten bewahrt und vete feben werden folie, Die Hochmachten, Feuer⸗ und Sturmzeichen , (amt dazu gehörigen Wachten, und zwey Mörfel, darans goce Schäffe auf den Fall gefcheben follen, Boften zu Fuß und zu Pferde in folcher Bereitſchaft geſtellt werben , bag auf begebenden Fall alles unvermeilt feinen würflichen Effect zum Guten des Vaterlandes haben möge. ' Cn ber Meunung ba biefe Feuerzeichen und Schüffe nicht angezündet, und gefcheben follen, bis die Gefabr ben erften Ausſchuß er(orbere; und mens der andere auch von 9tütbett, wieder biefe Zeichen gegeben; unb zu dem dritten Ausfchuß auch alſo. Und follen neben ben Feuerzeichen und Schüffen, gleichwohl die Fuß⸗ ober seitenben Pollen, von dem Noth⸗ der Gefahr Teidenden Orte, fo deu Lermen. gemacht, an den .nächfigelegenen Hauptort in der Eile ablaufen und fortan

184 XYVIL Periode 1640-1691.

au dem einen und ändern; and Gíoden und Sturmzeichen aller Orten angeftelle werten, fonderlich an ben Grengorten, damit, wo die Gefahr fo arog, alles was Wehr Dat in felbi-- ger Revier gleich auf fey , unb bie Nothleidenden defendiren, bis. bie weit entlegenern, Taut Abfcheiden fommen werden ; snb wenn bie Feuerzeichen angezündet werden, (oen die Merordneten Auszüger wohl bewehrt, unb mit aller Noth⸗ wendigfeit verfepen, fid) auf den beffimmten Sammelplag begeben , und da warten, bis der Bericht, wohin fie ziehen ſollen, durch bie Bothen ankommen wird, damit fie alsdann unverweilt abmarfchiren Tönnen.“ (Sn unferer Stadt 925 es nur eine Hochwacht,. die mit der auf der Schauenburger Sube correſpondirte. Sie befand (id) auf bem Bollwerk des Aeſchemer Thors, oder vielmehr zwifchen dem 9e(d)emer und dem Steinen Thore. Gie wurde 4, 3, während des ſpani⸗ fchen Erbfolge - Krieges mit allem erforderlichen verfeben.) Der lebte Artikel des Abfchiedes betraf die Frage, ob der Bischof von Baſel, Neufchatel und Genf nicht zur Verthei⸗ Digung der Rheingrenze Zugüger geben follten. Der ad re. ferendum, genommene Borfchlag bfieb aber obne Erfolg. Ue⸗ ber. die Fälle von bürgerlicher Gerichtspflege und Polizey wurde folgendes feſtgeſetzt „Wenn ein Bürger oder Einwob⸗ ner des Orts, etwas Klage, Forderung oder Zufpruch ba- ben würde, (oll er vor den eidsgenöffifchen Hauptleuten bas Recht gu ſuchen haben: hingegen wenn einer von den eids⸗ genöſſiſchen Zufägern an einen Bürger oder Einwohner ſelbi⸗ gen Orts etwas Klage, Gorberung oder Zufpruch baben würde, foll er fid) desbhalben bey der Obrigkeit des Orts anzumelden haben.“ Da mebrere Orte (id) zu dem Defenfionale nicht verfteben wollten, ſo wurde bernach der ere Ausıng anf 8200 Daun. herunter gefegt, und weil Baſel einen 3ufat pon 600 Mann nerlangtihatte, folgende Repartition gutbe- funden; Zürich 405 Mahn: Bern 1505 Lucern 90; Baſel

4

XL Kap. Das. Jahr. 1688. 185

30; Freyburg 60 ; Solothurn 45; Schafbauſen 30; Ahr Gt. Gallen 75; Stadt Gt. Gallen 15; unb Biel 15.

18) Ein Artikel betrifft Baſel und. die dort fchon bes Aindlichen Nepräfentanten.. -.. „Wenn dann wider befferes Verhoffen, alle Anfuchungen und Remonstrationes ftucbtíof ausfallen, und in Wind geichlagen würden, fo mae bet Auftrag eine förmlich - ſolemniſch⸗ und feyerlichie Protesta. tion einzulegen , zumal zu beefariren, bag man Gewalt mit Gewalt abtreiben, und durch die ganze Eidsgenofienfchaft den Landfiurm ergeben laſſen werde. Fals nun über diefe Declaration hin, der Durchpaß nichts beflo weniger wirklich genommen , oder posto auf dem eldögenöffifchen Grund und Boden gefaßt wurde, foll löbl. Stand Bafel, fo eilends als möglich , feine Landmiliz zu den Zuzugs⸗Volkern flofen, die Sturmgloden Täuten, die Fenerzeichen anfteden ‚- die drey Loßſchüſſe tbun, und die Fuß⸗ und reitenden Bothen an ben nächiigelegenen Srt verſchicken Taffen,“ |

Sortfegung des Textes.

1689

Die Franzofen ſchlugen eine Brüde von Hüningen aus in ihre neue Werke auf der Infel, bis ing Marg⸗ gräfifhe. Sie fingen aud) an, eine Stebbute Deom Gränzacherhorn zu bauen, unter dem SBormanbe, bie dortigen Steinbrecher zu beſchuͤten. Sie wurde [aber auf Befehl des Hofes weggeſchafft. 2

186 , XVII. Berlode. 1649—1691.

Den 7. May verſprach der König 3000 Schweizer zu bezahlen, um die page des Frickthals gu verwahren "):

Die Anzahl der Zusüger belief fich im Brachmonat auf 2520 Mann, wovon 360 in der Stadt lagen. Im Stovember hatten wir noch 2000 berfelben , wovon aber . 1500 bald sad Haufe gelaffen wurden.

Die Kriegsräthe waren Heidegger von Zuͤrich, Schmidt von Ury, Emanuel Faͤſch von Baſel, und an⸗ dere, die ſich mehrentheils zu Lieſtal, oder zu Augſt aufhielten. Um Faͤſch zu belohnen, ernannte ihn der Rath, ober fion Sechſer auf der Zunft zu Schmieden war, Rathsherr von der Zunft zu Hausgenoflen , wo eine Rathsſtelle Tedig wurde, | | Die felt. einiger Zeit vorhabende Erwerbung des c Frickthals und. der bieffeitigen Waldſtaͤdte kam nicht zu Stande.

Es war ür dieſem Jahre, am 12. Jenner, daß

dem beruͤhmten de Villars, als er des Nachts an das

E: Der Marſchall und Herzog von Noailles ſchreibt von 6000. ,,Louis XIV, soudoya en 1689. six mille Suis. ses uniquement employés à garder les postes et dé. files du cóté de Bäle. Cette dépense, en leur don. nant la paye comme en temps de paix, qui est de 16 Livres par mois, montoit par mois à 96,000. et

p' RUrorE lieu qu' autant que la nécessité le demande- í

poit. ^ Campagne de 1743. T. 2. p, 75 80.

D

XI Kap. Das Jahr 1690. 187

&t. Alban Thor anfam, und in bie Stadt hereingelaf fen zu werden begehrte, dasjenige voiberfubr, wovon er in feinen Memoires Erwähnung thut. Während man die Erlaubniß cinfolte, das. Thor zu Dffnemn , war er, wegen ber Kälte, vom Pferde abgeffiegen , und ging auf und ab um fh ju wärmen. Allein da e$. ſehr (infer war, fo fiel ec, bod) ohne Schaden, in den Stadtgraben hinunter, | 0

Felix Platter von hier, Hauptmann im Regiment Stuppa, wurde im December 1689 Oberf-Lieutenaut. Johann Rudolf Frey auch von bier, empfing im Tref⸗ fen bey Valcourt in Zlandern , eine gefährliche -Wunde,

1690

Kraft des auf einer Tagleiffung zu Baden genom⸗ menen Entſchluſſes, wurde die St. Jacober Schans durh den Hauptmann zur Kandten, aus. Kreyburg, pub Georg Fr. Dreyer von Bafel, in einen wehrbaren Stand gefegt; aud) auf der Hülften Schanz, flatt des hölzernen Wachthauſes, ein feinernes gebauet, unter. der Aufficht der Kriegsrathe Heidegger und Meyer, fud) des Obriſt Faͤſch von Baſel. |

Granfreid) fand im Kriege mit. (at. allen. giten Europens, und die kaiſerlichen, ſpaniſchen engliſchen und hollaͤndiſchen Geſandten waren um die Wette daran, daß die Schweiz ſich von Frankreich trennen follte. Der heftigſte war Peter Vallenier, Geſandter der Ge

i

188 XVII. Periode. (649 M.

neval » Staaten. Ben feiner erſten Audienz auf der Tage fagung zu Baden, im Novembermonat, flellte er Lud⸗ wig XIV. gleichfam auf der Schandbühne vor. Amelot, franzöfifcher Ambaſſador, ‚befchwerte fich darüber, Val⸗ fenter verantwortete fi) durch eine gedrudte Schrift, die feinen mündlichen Vortrag noch überftieg.

Außer einem mehrflündigen Scharmügel beo Fried lingen im Kenner , fiel Fein. Eriegerifcher Auftritt in un. (eer Nachbarfchaft vor. Die. Franzofen behanpteten, daß die Kaiſerlichen ihren Rüdzug über biefigen Boden genommen hätten; bie Kaiferlichen wollten es aber nicht eingeſtehen.

Das Vorhaben der Oeſterreicher laͤngs den Gren⸗ $e des Frickthals, am Violenbach, eine Redoute ans zulegen, unb der Anfang dieſer Arbeiten beunruhigte ſehr die Basler, weil die Franzoſen taͤglich droheten, ſich dahin uͤher unſern Boden zu begeben, um das An⸗ gefangene zu zerſtoͤren.

Weit bedenklicher war der Plan, die Feſtungswerke von Huͤningen mit aͤußern Werken bis an unſere Bann⸗ ſteine zu erweitern, alſo daß die Franzoſen von dort aus nicht nur die Stadt bombardiren, ſondern aud bie Rheinbruͤde hätten wegſchießen koͤnnen. Schon wur» den im September die Werke ausgeſteckt. Der Rath ſchickte einen Riß davon den Eidsgenoſſen, und die dar⸗ auf erfolgten Börhehungen bewirkten die Aufgebung oed

Ganzen,”

XI. Kap. Das Jahr 1690, 189

Da der franzdfifche Ambafador die Erklaͤrung von ſich gab, daß er die eidsgenoͤſſiſchen Zuzuͤger nicht làn» ger bezahlen würde, fo nahmen einige Gantone ihre Völker zuruͤck (10. September). Die evangelifchen Orte aber ließen die ihrigen ſtehen. Hierher gehört vieleicht was May in feiner Militar » Gefchichte (T. 1. p. 505.) berichtet: „Die Cantone Zürih, Bern, Scafhanfen unb Appenzell A. R. errichteten für Oeſterreich ein Re⸗ giment von 1700 Mann, das mut zur Vertheidigung von Breyſach, Freyburg, den Waldflädten und Con, fang dienen ſollte. Heinrich Bürkli von Zürich wurde Oberſt. Zede Compagnie befland aus 170 Manu. Der Wiener Hof banfte aber dieſes Regiment im S. 1696 ab, c

Die Früchte waren fehr tBeuer. Louvois ertheilte bie Erlaubniß, wöchentlih 400 Säde aus dem Eifaß auszuführen, und in Burgund etliche taufend Gentner einzuhandeln. |

Regenguͤſe verurfachten im Heumonat einen gro» ben Schaden im obern Theil des Cantond. Haͤuſer wurden weggeſchwemmt, und eilf Perſonen ertrauken im æinzigen Wallenburger Amt.

Der Dauphin fam in das Elſaß. Der Rath ‚ordnete den Bürgermeifter Socin, den Dreyerherrn Weiß, den Rathsherrn Zaͤslin und den Stadtfchreiber Harder , nebit einem Dolmetfcher, dem Schultheißen Harder, Sohn des Stadtfhreibers, zu ihm ab. Den 21. September vourben ‘fie ihm zu Breyſach vorgeſtellt.

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« 190 XVII. Beriode. 1649—1691.

Sie fuhren bis in den Hof. Er bot die Hand und drücte ihnen die ibrige. Er fegte den Hut nicht auf, bis fie den Titel gegeben. Der Gluͤckwunſch wurde durch den Dolmetfcher ins Franzoͤſiſche überfegt. Er ante wortete: Es freue ihn, baf die Stadt Bafel ihn durch ihre Abgefandten babe wollen complimentiren, und fe lieitiren laſen; ev- erkenne e für eine bundsgenöffifche Sreundfchaft, die er bey vorfallenden Begebenheiten bes zeugen werde. Der Commandant Chetardon Ind unfere Adgefandte zum Mittageffen ein , weil der Daupbin fo» gleich verreifen würde. Der Generallientenant kam und fagte: man follte, nach Gewohnheit , dem Ge fandten goldene Ketten verehren, er wäre aber damit nicht verfehen, deswegen wolle er den Werth dafür ges ben, woraus man, fid) nad) Gefallen die Ketten machen laſſen koͤnne. Hierauf befam jeder Gefandter ein Pas quet mit 150 Duplonen, der Dolmetfcher eines von 50 , und die Diener eines von 30. Nach ihrer Rüds Eunft legten (ie folche auf den Nathötifch , und überlies fen dem Rath , damit nad) Belieben zu disponiren. Wider ihre Erwartung aber erkannte der Kath, daß diefe Geſchenke theils unter die Armen in der Stadt, teil unter diejenigen aufn Lande ausgetheilt werden foßten , bie durch das große Waller vor Kurzem Scha⸗ den gelitten Hatten. Was den Rath dazu bewog, wa⸗ ven die Reden zweyer Offisiere von Hüningen, die al» ler Orten mit: prablerifchen Ausdrüden nicht nur den ehrenvollen Empfang, fondern auch die fofibare Be

XI. fap. Das Jahr 1690. 191

handlung ruͤhmten. Allein, bie Deputirten befchwerten fid, daß, der bisherigen Gewohnheit zuwider, ihnen dieſe Gefd)enfe, zu ihrer nicht geringen Befchimpfung, weggenommien worden wären. Hierauf erkannte der Kath, bag, weil gedachte Gefchenfe die. fonft üblichen um ein Nahmhaftes überfliegen, die Deputirten nur die Hälfte. für fid) behalten, und die andere Hälfte unter bie rechten Hausarmen der Stadt austheilen Taffen foll» ten. Den diefem Vergleich wurden alfo die Weiber und Kinder ber. verunglüdten Landleute vergeſſen. Es waren aber Unterthanen und Leibeigene. |

Der Oberſt und Ratheherr Emanuel Faͤſch bekam eine goldene Kette mit daran hangenden Medaillen vom Baron von Landfer, Faiferlichem Bothſchafter, für eis nen Gnabenpfenmnig, wegen been, fo er vor zwey ohren, mit den eidögenöffifchen Grenzuölfern, den Waldſtaͤdten zu Gutem, geleiftet Hatte. Er legte den 10, December diefe Kette auf den Nathstifch, und fie wyrde int. fogleich wieder zugeſtellt.

. Sie erfien Bewegungen, die den Buͤrgeraufſtand vom folgenden Jahre nad) fich zogen, eveigneten ſich in ben legten Monaten dieſes Sabres. Wir werden fie ober im nächfien Kapitel anführen.

198 XVIL fBerióbe. 1649-1601. Zwölftes Kapitel. .

Bürgers Yufftand, oder das ein uiib neunziger Weſen.

1691.

Der Schauplatz des Krieges war von unſern Gren⸗ sen ſehr entfernt. Deſto urruhiger ging es bey uns zu. Die Buͤrger der Stadt lehnten ſich auf, nicht um ge⸗ meinſchaftliche Sache mit den Landbuͤrgern zu machen, ſondern um die Herrſchaft uͤber dieſelben zu theilen. Unter dieſem Geſichtspunct verliert das Beſtreben der Buͤrger nach Grundſaͤtzen der Gleichheit ihren ganzen Werth. |

Schon ini Augſtmonat des vorigen Jahres herrſchte in der Stadt eine Art Gaͤhrung. Einer unferer Gee fandten fam von der Taofakung und begehrte Verhal⸗ tungsbefehle über ein wichtiges Geftbüft. Der alte Rath ſchlug bie Sufammenberufung des großen 30058 vor. Allein die geheimen Raͤthe mißriethen diefen Schritt, und machten dabey folgende Bemerkung: „Inzwiſchen folte der eine ober amdere Herr eines Ehren. tegi» ments , etwan bey bürgerlichen Conventiculis und Zus fammentünftea , wo mithin ungute Discoursen getrie⸗ ben werden , fich befleißen, ^ folche vielmehr abzulegen, ale aber fie zu fovieren, unb ſelbſt zu veranlafen.“

Li

XI. Kap. Das Jahr 1691. 493

"Die :swen vorzuͤglichen Beweggründe oder Vor⸗ wände zum Aufftand waven bie Feilheit der "Stimmen bey Aemlerbeſtellungen nad der. Abgang ber. Kirchendüs ter. Weil.aber vielfältige Eide die Vergebung der Aem⸗

„ter begleiten, fo hatten die Geiſtlichen, unter bem Ges

fichtepunkt des Meineides, Stoff genug, fid) auf ben Kanzeln gegen den Rath herauszulaſſen, nnd fie benutzten ſowohl diefe Umſtaͤnde, daß fie. als bifetften And eigents lichen Urheber der Unruhen angeſehen wurden, ob ſie es gleich nicht in Der Abſicht thaten, wie fie es nachgehends verſicherten, daß die Autorttaͤt des Raths geſchmaͤlert werden folte. Zu Den: beſchwerte man: ſich (eb? über den Hochmuth und die Aufgeblaſenheit einiger! im Rath Berve ſchender Familien, ſowohl von Handwebkern als: von Her⸗ ren: Nun mußte aber Stoßpihnen um fd mehr ſchuden / da ohnehin vin boltr Grad. der Eiferſucht bey den voti nehmſten Mißvergnuͤgten ead. Huuptiriebrad ihres Be

‚merbens wär. . Der Neid votefte vielleicht miehr als ale;

Ein Daniel Falkner, der zwar Rathsherr feiner Zunft

“war, der abet zu feiner der Würden, bie feine Mit

räthe vergdben, gelangen konnte, wie jene des Conſu⸗ laté, des Tribunats, des XIII. Raths, des Dreyer Amts, Diefer Fallner fagte einft in einer. Ziufammens funft von Sechfern: „Es (e am Stand Bafel von der Sußfohle bis aufs $aupt, nichts geſundes.“ . Ein Doc

tor Betri, in feinem Baſel⸗Babel, erzählt nicht nue (pP. 60.), daß fein Uraͤhne von ‚Kalfer Karl 5 in den

. VIL Band. LE | 9$

494 XVII: Periode. 1649 —1691.

Stand der rittermäßigen Reichsedellente erhoben, und fein Großvater vom Kaifer Matthias J. sum Ritter. gefchla- gen werben, fondern ſpricht auch mit Leidenfhaftlicher Verachtung (p. 16.) von dem Urſprung : einiger Fami⸗ lien , „deren Boreltern erfi, weiß nicht wie viel Jahre . bernach, aus Italien, oder ab dem Schwarzwald, oder fonft aus einem Findelhaus nach Bafel entloffen find, und welche bod) aus feitheridem angemaßten Hochmuth, und Gewalt vermeinen , fie hatten alle geiſt⸗ und weltli» he Stadtgüter nunmehr zur freien Verfügung, auch fie 6d und die Ihrigen allein, gleichſam zum Erb⸗ oder Stammichen bekommen.“ Unſers Orts find wir über zeugt, daß vieles uͤbertrieben wurde; daß man ihnen

manches zur ga(f legte, fo ihre Vorfahren, bie Zeitums .

fände und bie Ungerechtigfeit. unferer Nachbarn verberbt hatten; daß endlich bey veränderter ‚Lage der Dinge, fie nicht mehr auswirken fonnten, was vorher thumlich war ; wie 3. B. die perfönlichen Arreſte Nn Fremden in ———

Der Zufall wollte, daß der Buͤrgermeiſter Johann Jacob Burkhardt, ben f. November mit Tode ab» sing. Damals war eim folcher Sterbefall ein Anlaß von Gabrung. Der Oberfisunftmeifter Franz Robert Brunſchweiler wurde, wie von Rechtswegen, Bürs germeifter, allein den Dreyerheren Hans Balthaſar Burk⸗ bardt, ernannte ber Rath zum Oberffgunftmeiffer, unb en defien Stelle Lucas Burkhardt zum Dreyerberrn.

xU Kap. Das Jahr 1691. 198

18. November 1690 —25. Jenner 1691, Bom 17. November 1690 bis zum 25. Kenner 1691 war der Rath nue mit den Großräthen in Ser» wiürfeiß, und an einer unmittelbaren Einmiſchung der Bürgerfchaft war fein Gedanke. Zwar trieben die Buͤr⸗ ger allerhand Reden über die Beflechungen, über den Umlauf der geringbaltigen fremden Scheidemuͤnze, über Die Fruchttheuere, über das Vorhaben der Franzoſen die Werke der Feſtung Huͤningen au - erweitern; allein e8 ging nidt weiter, unb wenn man den Schreiern den Ernſt zeigte, fo froden fie bafb zum Kreutz. Cin Apotheker, Brandmuͤller, und ber Chirurgus Soc tor Fatio zeichneten fid unter denfelben aus; fie wur» den aber zur Rede geſtellt; die Düupter Banden befon, ders dem legtert ein, feines Mauls Fünftigd 6e» hutfamer su. fenn; und fie batben um Verzeihung.

Die Verſammlung des großen Raths vom 18. November 1690 war eigentlich der Anfang der Revo⸗ lution. Wir ſagen Revolution, weil der nachherige Buͤrgeraufſtand ſich mit der Einfuͤhrung einer andern Staatsverfaſſung endigte. Der Rath war durch die Umſtaͤnde genoͤthiget worden, den großen Rath zuſam⸗ men zu berufen. Die franzoͤſtſchen Behörden Hatten im October den Plan einer Erweiterung der Feſtung wie⸗ ber betrieben; die ganze Schweis war darüber pdf - aufgebracht ; die evangelifchen Stände verfammtelten ſich

N 2.

196 XVII. Periode ^ 1649—1 691.

su Bern, umb. eine Allgemeine Tagſabung fo im No⸗ vember gehalten ul

T" ET fatte fid) aber eine vertsantice von Gechfern gebildet , die mit dem Vorhaben, die Verfaſ⸗ fung abzuandern, umgingen. Sie waren fünfsehn ou der Zahl, und hatten zwey Rathsglieder, den obgenann⸗ ten. Daniel Fallner, einen Rectögelehrten, und Cbriffopg Ffelin, ‚einen Kaufmann, an ſich gezogen. Andere wollen , daß diefe zwey Rathsglieder fd)om vot» ber einen folchen Blan mit zwey von biefen Sechfern im größten Geheim behandelt , oder entworfen Hatten. Un⸗ ter den Sechfern waren die thätigflen, Doctor Jacob Heinrich Petri, ein Rechtögelehrter, Johann Rudolf Burkhardt der Salzherr, Jacob Wettflein d& Wechsler, und Johann Jacob Muller der Weißger⸗ ber. Burkhardt, ber fre von allem Familiengeifl war, batte (on die Folgen der Rache verfpliven müffen. Ein anderer Burkhardt, Sohn oder Verwandter ei nes der Häupter, folite feine Stelle eines Salzherrn bes fommen; allein dies wurde ausgeſtellt. Er erhielt fo» gar eine Verlängerung , weil er., als erfler Gechfer der erfien Zunft, das Wort im großen Rath, gleich mad) den Klein Räthen führte, unb es bisher üblich war, baf das Votum des evífem Sechſers, welches von den übrigen Großräthen befolgt wurde, das Ge(debene be» lobte, unb dag Weitere dem Kleinen Rath überließ. Die legte Zufammenfunft, Abends vor bem 18. November,

4

XI. Kap: Das Jahr: 1691. $97

bielten die Verſchwornen beym Doctor metet. eine Sitzung. Sie blieben, bis ſpaͤt in der Nacht beyſam⸗ men, und das Wetter, . bemerkte man. in der Folge, war außerordentlich ſtuͤrmiſch geweſen. Dort wurde befonders viele von einem Weiberrath „gefprochen , der aus zwey Schweſtern nnd ihren Anhängern beſtand. Sie hießen vom Gefhleht Schönanuer, und waren mit zwey Haͤuptern vermaͤhlt, die eine mit Srune ſchweil er unb die andere mit einem Burkhardt.

Vorher aber Hatten die Geißlichen die Gemüther vorbereitet. Denn ed war nod) die hoͤchſte Frage, ob die übrigen Großräthe. fo. leichter Dingen ben, obgedach. ten Sechfern beypflichten wuͤrden. Am 9. November, in der gleichen Woche wo man, am 3. dieſes, Hand Balthafar Burkhardt zum Oberſtzunftmeiſter erwählt batte, wurde von allen Kanzeln wider an und Beſtechung berab gedornert. |

‚Den andern Tag bekam der Reathſchreiber den Safe trag, im Namen des Raths, mit bem Oberſtpfarrer, nach dem naͤchſtens iu haltenden großen Rath zu foveo

chen, und ihn zu befragen, ob und was die Geiſtlichen von den Meineiden wuͤßten, wider welche fie gefchrien, Hätten. Der Oberſtpfarrer (Peter Werenfels) wartete. aber, nicht fo fange , unb fiellte fid) den andern, Tag- ſchon beym Buͤrgermeiſter Emanuel Socin ein. Auf die an ihn gerichtete Frage, wer bie. Fehlbaren wären,

| gab er zur Antwort , daß fie (die Geiſtlichen) zwar

keine fiihern Particularia wuͤßten, daß aber flavfér Ara -

wohn dennoch vorhanden wäre, imb daß man es daher nicht Abel nehmen folle wenn’ fie ihre !Bredigten nor verfchärften. Hierauf fing er an‘, ^ von Kleiderpracht und von Einſchraͤnkungen der 'Tofffpieligen Mahlzeiten manches anzubringen, woraus fid) deutlich zeigte, daß man nur den gemeine Dann und bie wenig ten aufzuhetzen trachtete. |

$m 18, November wide dan die erwartete Vers des großen Raths gehalten. Es war ſchon untder dem Volke ausgeſtrert worden, daß die Wache Depnt Rathhaͤuſe, "in einer Nacht, ein großes Gepolter, fo man die Haſenjagd manne, aufm in Ber großen · Ratheſtube gehoͤrt hätte:

Der Praͤſident hfnete bie Sikung mit ber

lung deſſen, was in Anſehung der Feſtung Huͤningen, den ungefaͤhr zehen oder eilf Jahren, vorgegangen war,

und bemerkte ſehr gründlich, daß die ganze Eidsgenoſ⸗

ſenſchaft, gleichwie das ganze Reich, in apprehen- slon des Könige‘ großer Macht, Hätten zuſehen

muͤſen. Ein Sechfer'von’ ber Schererzunft foll bei die‘

fe oder einem andern Anlaß oft wiederhoit haben, Vaf" man ble Feſtung raſſiren muͤſe. Und ba das fran⸗

sbfifche Wort raser, für Bartſcheren, fowohl af$

für Feſtungſchletfen, gebraucht wird. f erwiederte

XII. fap. "Das Fahr 1601, 199

eines’ der Haͤupter, daß damn die Schererzuuft 66 marſchfertig halten (ote. " Hierauf (a8 man einen Aus⸗ zug aller in dieſes Gefchäft einfchlagender Schriften. 9(fiein , bey ber Umfrage wurde das Gefchäft bald bey feitö gelegt, und von ganz andern Gegenfländen '), von mehrerer "Vertraulichkeit: mit dem großen Rath, vont den allgemeinen Klagen, von bem Ungluͤck der Zeiten, von ben. ordnungswidrigen Beflellungen, von Nieder fegung einer gemeinfchaftlichen Conmmiffon, vieles und heftig gefprochen. Der Schluß war, daß man in An⸗ fehung der Feſtung Hüningen, das Weitere dem Tleinen Kath uͤberließe, unb ihm die Grflärung gäbe, daß er alles gethan Hätte, was zu thun möglich war. Allein, in Anſehung des ferner Angebrachten wurde nichts Be⸗ ſtimmtes erfannt. Die eingetragene Erlanntniß meldet, es hätten etliche Großraͤthe eröffnet , daß: fie entfchloffen wären, jemanben and ihrem Mittel auszufchießen, um - dasjenige anzubringen, was fe zu erinnern Dátten; daß ber Buͤrgermeiſter Soein geantwortet babe, es werde der Rath mit evftem, ber: Nothdurft sad) , darüber des liberiren; und ba man damit in Gottes Namen von einander geichieden fe.

Don nun an war das Betragen der Berfchwornen ganz conſtitutionewidrig. Nie hatten bie Großraͤthe eine

1) €$ war wider alles Herfommen in der Berfaffung , daß andere Gegenſtände behandelt wurden, als aber die, weiche der Kleine Rath vortragen Vieh,

200 XVII Seriode. 16491691,

befondere Berfammlung ohne bie: Kleinraͤthe gebildet; und viel weniger, wie es gleich. darauf geſchah, Apsſchuͤſe exnannt , die in. ihrem Namen: haudelten. Die Ver⸗

han der. Hand einige pon jeher Zunft. ei oe felfcbaft, zu. fich Berufen. Fuͤnf bekamen den Auftraq, fd fowohl bep den vier. Hauptpfarrern, als Dep ;den ‚Haͤuptern zu ‚melden. Der Oberfipfarrer Perer Mer Aes fel; empfing. fie mit ber lebhafteſten Freude. &y lohte ijr Unternehmen; er wuͤnſchte ihuen den gluͤchlich⸗ (n. Erfolg; dazu; er rühmte ax (einen Mitgeiftlichen , daß fie sur. Bewyerkſtelligung des worbabenben, Reformations⸗ werks nicht wenig beygetragen hätten; ev bath, daß man weder erfalten norb nachlafen folle, bis das Unkraut famt deſſen Wurzeln ausgerottet: werde; er beſchwerte ‚fich Ben dieſem Anlaß über bie Berwaltungen der Stir» (dengüter, ie ben Seifllichen Spreuer . anflatt Korn, und -Bier ober Eſſig anflatt: Wein gáben, enblid) ſchlug .er bie Bibel auf, nad las aus bem Sammel (2. 21, 6.) ‚folgende Stelle. vor: „Gebet uns fieben Maͤnner aus ‚Seinem: Haufe.,; daB we fie aufhängen dem Deren an Gibna Sauld, des Erwählten: des Herrn. Der König ſprach: Ich will ſie geben." Hier fragt (ib, ob fein zvortrefflicher · Sohn, Sammel Werenfels, damals Profefor im der Wohlredenheit, micht einen andern Zeyt „nufgefchlagen | hätte; 4. B. eine Stelle im 1. Buch Moſis, "18. Kap. 8.32. ott. aber ſprach: Ich will (le nicht ‘perderben ; um der iin. Gexechten willen.

XII. fap. Das Jahr 1691, 201

Als bie abigen fünf fich zu den Häuptern begaben, terfiderten Re, daß: fie ganz nichts fuchten , wodurch der obrigkenlichen Autoritaͤt zu nahe getreten werden fónnte; fie begehrten aber, ba der Rath (id über die vorgebrach- ten Beſchwerden barathen, und den großen Rath näch- fiens verfammmeln möchte. Und da Breunfchweiler auf dem Sterbebette lag, fo begehrten fle. aud), daß vor gehaltenen großen Rath , bie Süuptermabl, fallá er (tete ben. follte , nicht vorgenommen werden fohte. Spice. Begedren , die nicht einmal von einer Verſammlung der Großrüthe autgeheißen worden, unb von Ausſchuͤſſen vor» getragen wurden, bie einige Unberufene abordneten, mussten billig befremden. Allein der Rath gab am fob. genden Tag (22. Roy), aus Liebe sur Eintracht, wie er fagte, in den wichtigen Puncten nach. Er verſprach bie Ausſtelung der Haͤunterwahl, ex berief den. großen ‚Rath auf den 1. December, und er woilligte ein, bof man ihm vorfchlagen würde, Ausſchuͤſe von den- Großs rätben in befcheidentlicher Anzahl gu ernennen. Den 25, November aber kamen die Verſchwornen im Kreuzgange des Münfter zuſammen, und ließen. dem Geckelmeiſtern jeder Zunft und Gefell(haft fagen, ihre Großräthe Befonberd zu verfommeln, zweg Aus Ihrem Mittel ernennen-zu laſſen, und ſolche den 28. auf bie Schmisdesunft zu fenben, Die Abfichk mar vermuthlich durch diefen Schritt, ‚die Gemoͤther nach ‚ihrem Plan auf den 1. December vorzubereiten. Hierin: wurden fie burd) bie Feyerung des Buß» unb. Bettages, der auf

502 XVII. Periode. 1649--i691

den 27. fiel, und an welchem die Prediger fie Tchr un. terflügten, ohne dies fion beguͤnſtigt. Die:36 Aus fihuffe wurden abgeredter Maaßen ernannt, Sie fo men den 28, zufammen, und den 1. December begehr⸗ ten die Großraͤthe, ohne Umwege mehr, die Gewalt des Tleinen Raths zu theilen. - Sie werficherten zwar; daß fie wider bie Rechte und Souveränität der Degben Ab⸗ theilungen des kleinen Raths gar nichts fuchten , fie be riefen (id) ‚aber auf bie Benennung Herren des meh rern Gewalts, weldhe man oft den großen Raͤthen beylegte. Sie beriefen fíd) auf alte Gunbamentalgefepe, Fraft welcher , fagten fie , bie Stadt Bafel durch Klein⸗ und Großräthe regiert werden folle, amd fügten hinzu, baf Fundamentalgeſetze ſich nicht verfchlafen, noch ge ändert werden koͤnnen. Die Folgen von diefer Sigung waren, daß eine Kommiffion niedergefegt wurde. ie beffanb aus Deputirten , die der Kleine Rath aus feiner Mitte befonders ernannte, und aus 18 Grofräthen, welche bie Großräthe, ohne. Zuthun des Tleinen Mathe, erwählten. Ihre Vorfchläge zur Abfchaffung der Miß⸗ Hräuche und Anftellung guter Ordnung follten dann den vereinigten Klein» und Großräthen zur Beſtaͤtigung (ad yatificandum): vorgelegt werden.

Wir übergehen die Anflande, welche das Secreta⸗ viat, die getheilten Meinungen bey den Deputivten bed - nämlichen Theils, unb die Auswahl der Ausdruͤcke vere anlaßten. . Schon. den 23, December wurde einbellig

XIL Kap. Das Jahr 1691, 203

von Klein» und Großraͤthen, "auf eingegebenes Gutach- ten der Commiffion, feffgéfegt, 1°. „Son bie hoͤchſte obrigfeitliche Gewalt 1051, Stadt Baſel beflchen in dem Fleinen und großen Rath, wenn folder ordentlich ‘con vociet und verfammelt iff, diefer auch miteinander faim» methaft das Recht haben, Sunbamentalgefege und Ord⸗ nungen zu machen, und wenn fie, mit Berlauf bee goi, wegen der Welt leidiger Eorruption, nicht mehr wig unb fürträglich erachtet werden, felbige wiederum aufsnheben, und am deren Statt andere aufzurichten! 2°. „Sollen, zu Bezeugung fuchenden allgemeinen Nur heſtandes und vertraulicher Einigkeit teagender Begierde, ins Tünftig alle 9femter zu Stadt und Land Baſel von Klein und Grofem Rath zugleich beſtellt werden.“ "Dies fem zweyten Punkt Hatte ber Rath fid ſtark widerſetzt, und beſtimmt erfannt, daB er feines Orts aud) an⸗ bere Refolntionen faffen müßte; wodurch er zweifelsohne die Dazwifchenkunft ber Cantone verftanb,

Auf biefe8 folgte nod) keine Ruhe, umb bie Gaͤh⸗ rung vermehrte fid) tm Ienner 1691. Bald fagte may, daß ber Ober und Rathsherr Faͤſch fid) Hätte ver. lauten laſſen: „Man foüte ihm mur 400 Mann geben, fo wolle er bald der Vürgerfchaft das Maut ſtopfen.“

Bald erzählte man von bedenklichen Reden, bie auf der Straßburger Meſſe zwifchen Sebaſtian Spein unb dem Marquis d'uxelles follten vorgefallen ſeyn. Jener Verdacht Fand infonberüeit Teichten Eingang, als 6009

204. XVII. Periode, 4649—1691.

Franzofen einfimals in Hüningen einrüdten. Man ers innerte ſich, daß im vorigen. Monat der Commandant. Von. Hüningen. mit: 12 Reutern die Bird beangenfcheis gigt., und bij dortigen Einwohner über manche Um⸗ Gande befragt. hätte. Und obſchon gedachte 6000, uͤber die, Hüninger Rheinbruͤcke jenſeits bis auf Warmbach, und dann. zuruͤck wieder.über diefe Brüde, und ins El⸗ ſaß gegen Befort zu gejogen. waren, (o verblieben bene -

noch bie Bürger. in den. Gedanfen ,,— der Rath wolle, : durch, Hülfe ‚fremder Truppen feine "T Gewalt tits der: "-—"-—

Jndeen hatte man. Ventheidigungẽe Anſtalten ger feoffen... Vierhundert Mann von der Landſchaft wurden in die Stadt berufen. Und da bedenkliche Nachrichten. von Seit ju Zeit wieder einliefen, . fo entſchloſſen (id bie 9tátfe, auf bie eingegebenen Vorfchläge ber großen Commiflion,, Repräfentanten von- Zuͤrich , Bern, Luzern

und Solothurn, außer den zwey Kriegsraͤthen ‚die fi) ^ Bier befanden, zu begebrem, und Die Zuͤnfte und Ge⸗ ſellſchaften auf den 25, Jenner gu verſammeln, um fie anzumahnen, ſich zur Vertheidigung der Stadt in Be⸗ reitſchaft zu ſetzen. Es iſt noch zweifelhaft ob die Ge⸗ fahren, womit die Bürger fid) dieſen ganzen Monat.

bedroht glaubten, einigen Grund gehabt haben, oder. ein angemachtes Spiel von irgend einer Parthey heißen konnten. Wahr iſt es auf einer, Seite, daB Anhänger des Raths ſchlimme Rachrichten pn: eben ".

XIL Kay. Das "abr i604, 206 wahr iff ed aber auch, daß der Worfchlag, Repraͤſen⸗ antem zu begeßren, und bie Zünfte zu verſammeln ſelbſt von einem Ausſchuß der Großräthe bey ber Commiſſion exöffnet wurde, wie auch, daß im den Ratbsbuͤchern die Schreiber mit Vergnuͤgen bemerkten: „der franzoͤſi⸗ ſche Ambaſſador halte den Rath fuͤr zu klug, daß er dergleichen Geruͤchte glauben werde, und es erhelle aus einem Schreiben von Muͤhlhauſen, daß die hier laufen⸗ den Zeitungen nur Grillen waͤren.“ Waͤhrend alles deſſen hatte bie Commiſſion in ihren Arbeiten fortge⸗ fahren, und alles hervorgeſucht, um den kleinen Rath zu erſchrecken, zu demuͤthigen, zu necken. Sie hatte ihm auch durch den großen Rath manches Recht ent⸗ zogen. So weit war man gekommen, daß der Ober; | pfarrer Peter Werenfels, feber vor bem arofen Rath erfhien, um weitern Eingriffen Einhalt zu thun. „Man müfe, fagte er, die Obrigkeit in Anfchen eve halten , indem fie fonf für nichts gu achten wäre. |. Die Großräthe fónntem wohl etwas nachgeben. Wenn man bie 9tafe zu Dart. (d)neuge, fo Tomme gemeiniglich Blut heraus.“ Unter den Neuerungen, die dem Rath am fchwerften fielen, war bie am 6. Kenner gutbefundene Errichtung. der Eommiflion der Heimlicher, die alle Vebertretungen der beflchenden Ordnungen, welche man ihnen entdeden würde, bem großen Rath zur Beſtra⸗ fung vorzeigen (olfte. Es waren vier Seimlicher, zwey vom Heinen Rath, und zwey von ben großen Raͤthen.

25. $enner 14. Februar.

Die Zunfte und die Gefellfchaften der Kleinen Stadt Waren am 25; Senner verfammelt. Beyde Oberſtzunft⸗ meifter Chriſtoph Burkhardt.und Hans Sal» tbafar Burkhardt, nebſt zwey Raͤthen, Lucas Burkhardt und Daniel Galfner, waren abate ordnet, um die baldige Berichtigung der zwifchen den Klein» und Grofrütfen fchwebenden Geſchaͤfte anzuzei- gen, die gefährlichen Zeiten abzufchildern, bie Ankunft eidsgenöffifcher Repräfentanten angufünbigen, Einigkeit und Vertrauen zu empfehlen, und endlich zu verneh⸗ men, weſſen die Obrigkeit fi zu der Würgerfchaft zu verfehen haben möchte. Zum Schlüffel und zu Webern - lief bie Handlung günflig ab. Auf die Anfrage: „Ob fie es mit der Obrigkeit "Halten wollten?“ hoben alle thre Hande auf, und antwortete mit Deller Stimme: Ca. Auf den andern Zunften aber wurde von altem Freyheiten und Privilegien gefprochen, ober etwas Bes dentzeit begehrt. Einige betrugen (id mit ziemlicher Bermefienheit. Zum Himmel unterbrach der Kupfers ſtecher Thurnenfen einen der Oberſtzunftmeiſter in feiner Anrede, ſchlug ibm an bie Achfel, und fagte: „zuvor muß der Meineid ansgerottet feyn.“ Worauf der Oberfisunftmeifter einige Thränen vergof. |

Dennoch am gleichen Abend kamen einige Vuͤrger sum Doctor Petri und ſagten ihm, daß fie verloren wären, wenn man fie nicht unterſtuͤtzte. Diefe Beſorg⸗

XIL fap. ‚Das abr 1601. 207

sie, welche fie Degeuaten , gründeten fid) auf bie An⸗ funft von Steprüfentamteu, und auf bie umborfitigen Brahlereyen verfchledener Rathsglieder, die ſchon bros beten, und auf die andern Cantone gleihfam pochten. . Petri gab jenen Bürgern. den Rath, Ausſchuͤſſe von "Bürgern zu ernennen. atio, Müller, Moſes und einige andere beforgten fogleich bie Ausführung die ſes Raths. Bier Bürger von jeder Zunft verſammel⸗ ten fid) (don am 26. und 27. auf der Safran Zunft "),

SERIEN ED

1) Die Ausſchuͤſſe der Zunftbrüder waren: om Schlüfe fel: Hans Ludwig Iſelin, Hans Jacob Gilbernagel,- Jacob Góp. Bom Bären: Martin Stor, Gebeon Bavier, Nicolaus Uebelin, Adolf Stidner. Bon Weinleuten: Albrecht Falkner, Abrabam Schäfer,

Friedrich Ochs, Cbriffopb Stupanus. Bon Saffran: Cobann Debary, Emanuel Merian, Gobann Müller, Gacob Dttendorf.e Bon Neblenten: Doctor Johann Satio, Hans tri Gaffer, Hans Heinrich Falfner, Jacob Meyer. Bon Brodbeden: Hank Gacob Wer- tenberg, Johann Beckhel, Johann Studer, Oswald Munzinger. Bon Schmieden: Franz Fatio, Rein⸗

bard Siegfried, Adam Heinrich Schwingdenhammer, Iſae Schäfer. Bon Schuhmachern und Oct. bern: Hieronimus von Kilch, Jacob Cbinger, Peter

Segiſſer, Franz Baumann, Bon Schneidern und Kürfchnern: Johannes Knauer, Franz Basler, Hein⸗ rid Riedmann, Georg Geymüller. Bon Gärtnern: Walther Merian, Sfaez Friſchmann, Natthis Coinget,- Johann Braun, Bon Metzgern: Gregorius Schu⸗

"208. . XVIL Perlode. 16494-16B4.

Sie nannten Betri, ob er ſchon Sechfer war ,. zu

ihrem PBräfidenten, und er führte Hey ihren IZufammen fünften die Feder. Nach ihm ") den 25. Hornung nahmen fie Johannes atio, . Doctor in der Arzney⸗

E Funde unb Chirurgus zu ihrem Syndicus an, und bes

'ffatigten den Notarius Lauterbach zum Schreiber. Die tbatiaffem Ausfchüfe und andere Mißvergnuͤgte waren gedachter datio, Theodor Burfhardt, de: Zeughaͤndler, ein Neffe des Oberſtzunftmeiſters Chriſtoph Burkhardt und Better des Doctor Petri, der aber nachgehends ihre Parthey verließ, dann Johannes Müller ber Weißgerber, Johann Conrad Moſis der Chirurgus, Johann Lucas Iſelin ber Zinngiefer, Johann Jacob Bartenſchlag, und Johann Der bary der Zeughaͤndler, der ihnen inſonderheit Geld vorſtreckte. Die Sitzungen der Ausſchuͤſe wurden int»

ler, Burkhard Lotz, Jacob Mäglin, Heinrich Bienz. Bon Spinnwettern: Gobaun Jacob Brunner, Baltha⸗ far Frech, Jacob Müller, Jacob Pack. Vom golde- nen Stern und Himmel: Philipp Wenk, Johann

Jakob Thurneyſen, Johann Conrad Moſis, Notarius

Rob. Rudolf Lutherburg. Bon Webern: Emannel

Linder, Jacob Gebelin, Balthaſar Schlichter, Theodor Burkhard der ältere: Bon Schiffleuten und Fi— (detn: Jacob Steiger , Chriſtoph Brändlin, Emanuel Bfannenfchmied , Heinrich Alt.

2) Er batte (id) um die Rarpfchreiberfelle weh. ches ipu verdächtig machte.

P4

XII. Kap. Das Yahr 1691. 209

mer, gleichwie bie des großen Raths, und die des fiel» nen Raths, mit einem Gebet eröffnet, dus gedrudt wurde. ') Sie verfammelten fid auf der Schmiedens

1) So lautete folches; „Herr! Allmächtiger, grundgüti⸗ ger, gerechter Gott und Vater, der du, durch deinen Tieben Sohn , den Mund der Währbeit , und verfichern laffen, daB too zwey ober breg in deinem Namen ver» fammelt find, du mitten unter ihnen (eon wollet. Wir bitten dich von Grund unferer Seele, du wolleft bey diefer unfrer au Rettung deiner Ehre angeftellten bür« gerlichen Sufammentunft , diefe und fo gnädig getbane Verheißung auch widerfahren laſſen; fintemal Dir, Her- sensfündiger, befannt, daß all unfer SBotbaben zu nichts anders angeſehen, als daß mir die große uns bisher erzeigte Gnade der geiſt⸗ und Teiblichen Freyheit noch ferner geniegen, und, als wahren Chriften gebührt, [ta ben möchten. Segne Du, o Du Engel des großen Raths, alle unfere Rarbfchläge, und gib, wie bem Qo» fep unb Daniel; Hierzu in dem Anfang, Vittel und Ende, Deinen Seegen, damit dein beiliger Name ewig gepriefen, die Ruhe und Wohlſtand umnfers geliebten Vaterlandes erhalten, in bemfelben der obrigkeitliche Stand, die Gerechtigkeit immer blühen, und wir alfo, unter, unferm Weinftod und Feigenbaume, chriftlich leben; anbey unfern Nachlömmlingen mit gutem Creme pel vorfeuchten, Gib und gufammen den Geift der Ei⸗ nigfeit, Friedens, Nüchternheit und Mäßigfeit, auch guter Berftändniß, auf daß wir alle deine, und nicht unfere Ehre ftetd vor Augen haben, unb alfo, mie rech- ten Chriften gegiemt, in deinen Wegen untadentlich eine VIL. Band. 0

210 XVII. Periode. 1649—1601.

sunft, ließen gu Zeiten auch bie übrigen Bürger auf den Zunften und Gefelfchaften zuſammentreten, - verfas Den ihre Wortführer mit einer Vollmacht, fetten Bitt⸗ fchriften auf , liefen folche bald der großen Gommiffon, - bald dem großen Rath feibft überreichen , verdoppelten zu Zeiten die Anzahl der Ausſchuͤſſe, zogen bey wichtis gen Anläfen zu zwey und zweyen auf den Gaffen eins ber, und erfchienen einigemale in ganzer Anzahl aufm Rathhaͤuſe. Gleich in den erſten Tagen begehrten fie fhriftlih , daß die Sunftbrüber bie Meifter und Sech⸗ fer ihrer Sünfte erwählen follten; dann verlangten fie - die Einficht der alten Laiferlihen Brivilegien; nachher wollten fie, daß funftigó die große Commiſſion, alle vorgufd)lagenbe Zundamentalgefege, che fie sur Katifie catiom vor den großen Rath gebracht wurden, ihnen mittheilen möchte; endlich drangen fie darauf, daß die bisherigen Verhandlungen ihnen auch theilhaftig gemacht werden möchten. Nicht minder eifrig zeigten fie fid, in Anfehung der Beflrafung des bey Wahlen begange⸗ nen Meineides. Sehr erbittert waren fie darüber, daß ein Srepgebner Herr, der furg vor feiner Beſtellung zwey mit Silber befchlagene Stöde Gerftenzuder, und eingemachte Citronen, zwey andern Nathögliedern ale

bergeben und wandeln. Erböre und, o bu Gott des Friedens und aller Ordnung, um deines Lieben Go. nes unfers Fürfprechers Jeſu Chrifii willen. Amen.“

XII. Kap. Das Jahr 1691. 211

Meßgeſchenk verehrt Hatte, nebſt der Entfehung vom geheimen Rath, nur mit einer zweyjaͤhrigen Stillſtel⸗ lung: von der Rathsſtelle war geſtraft worden. Cile (didten Deputirte zum Oberfipfarrer, um Erkundiguns gen über die begangenen Meineide einzuziehen. Diefer wid aber der Antwort damit aus, daß, voie er fagte: „Die Wächter auf den Thuͤrmen zwar fchuldig wären, wenn Feuer in der Stadt aufgehe, e$ zu melden, aber nicht in welchem Haufe es aufgegangen ſey.“

Die Großräthe ffanben nicht lange an, es einzu⸗ feben , daß fie an den-Bürgern vieleicht größere Wie ‚derfacher haben würden, als an den Kleinräthen. ^ Sie ließen Anfangs den Kath befragen, warum er die Buͤr⸗ ger zufammen berufen hatte. Hier muß bemerkt wer den, daß nur die große Conmi(fion diefe Zufammenbes rufung angebracht hatte, und baf ber Statb, nad) ber fonders darüber gehaltener Berathfchlagung, und ohne SSeffátiqung des großen Raths, die Bürger, im Namen des großen Raths, den 25. Jenner verfammeln lief. Ob man etwas darunter gefud)t Habe, ober ob ber Rath e$ gerne fae, daß die Verwirrung sunähme, lafen wir, aus Mangel glaubwürdiger Anzeigen, das hir geftent feyn. Die Großraͤthe gingen weiter. Sie erfannten zwenmal, daß Petri den Charakter eines Sondicus ablegen (ollte. Zweymal erkannten fie auch, und einhellig, daB bie Bürgerausfchüfe aller Sufamuen:

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. 212 XVII, Berivde. 1640-1691.

fünfte ſtillſtehen, fid zur Ruhe Begeben, und ihrem ‚Berufe abwarten folten. Allein vergeblich. Die Geiſt⸗

lichteit war gleichfalls barüber unzufrieden. Schon den

8. Februar fehrieb der Oberfipfarrer folgendes an dem Oberſtpfarrer Klinger gu Zurich: „Das Anfehen ber Obrigkeit liegt im Koth, und bie Diener des Wortes

Gottes werden nicht gehört. Predigen wir wider die -

Obrigkeit , fo fpottet man unfrer 5; predigen wir ‚wider bie Exceſſen der Bürgerfchaft, fo fagt man, daß wir beftochen find, daß wir zwey Zungen haben, daß

wir umfatteln. Die friedfertigen Bürger werden nicht -

gehört. Das Volk Defigt bie Gewalt. Einige glatt ben, daß wenn ber Meineid Deffraft feyn werde, fie woblfeileres: Brod bekommen. Andere find unruhige Köpfe, die bie Einfalt des gemeinen Volls mifbraus chen. Andre find arm, und hoffen vieles von. Neues rungen. Armuth unb Muͤſſiggang theilen böfe Rath fihläge aus. Alle verfichern aber, daß fie zu ben Waf⸗ fen nicht greifen wollen. Diefe Anarchie iff die Strafe, . baf man bis zum Himmel ben babilonifchen Sünden, thurm erhöhet habe.“

€$ waren brep Gewalten, die ihre Anfprüche auf

rechtliche Gründe flügten. Der Lleine Rath besog fid) nicht nur auf Gefege und ein Herlommen von 160 ohren, |ondern auch auf den Urfprung der Republik, indem der Rath alter, als bie Verſammlung der Sech⸗ fer unb die Errichtung der Zünfte felber wäre. Die

N

1

XI, Kap. Das Jahr 1691. 213

Großraͤthe beriefen fid) auf das Fahr 1529 und auf bie Zeiten der St. Zaeober Schlacht, unb einige an⸗ dere. Benfpiele, wobey fie aber. verſchwiegen, ba ihre Einmiſchung auf Zuſammenberufung von Geiten des Keinen Raths Statt hatte. Die Buͤrgerausſchuͤſſe ſtuͤtz⸗ ten fid) gleichfalls auf das Sepfpief von 1629, wo Zu⸗ bothen, vier von jeder Zunft, den Großraͤthen zuge⸗ ſellt wurden; und da ſie weder dieß noch ein mehreres, wie fie perhofften, in den kaiſerlichen Privilegien fans den, fo-fprachen fe vom: allgemeinen Beſten,, und gin⸗ gen aud) von dem. Satz ans , daß: dir Grofräthe nur im Namen der Bürger einige Gewalt ansühten. Alle grändeten: aber vornehmlich ihre. Bchauptungen auf Die; SDefórberumg ber Ehre Gottes; Sanbbnbuna guter Orbe nung , und Abwendung des Schadens der Stadt. - Keine: Partey aber dachte an die Landhuͤrger uud au die Hin⸗ terſaßen, die von ahnnn abſtamuten. Daher verdient: die ‚Antwort hemerſt ju merden, walcht dem,; Buͤrgen⸗ meiſter Socin, bep eur Umertteduuge mit einigen Ausſchuͤſen, entfiel Sie. foxadiomonemnn. Freyheiten der Bürger uund, laiteten (pide. py. sud) dem: Natur, recht, elk aus :»ofitinen, QUIDAM DN Gr erwirderte ihnen: „Wohlan!, ſo warden wir auch das Land hinein berufen.“ ‚Eine. Antwart ^ bie ſie aber: nicht verſtanden, und als eine Drohaug erklaͤrten,die Laudiente wider die Stadt zu hewaffnin.

Anzwiſchen Waren den: 28. ‚und 29, Jenner, eidegenöfffehe Repräfentanten angekommen, amid): -

MA XV Periode. 1649—1691,

Rathsherr Wilhelm Blarer von Zuͤrich, Oberſt Kris ſching von Bern, Oberſt Joſt von Fleckenſtein von Luzern und Franz Ludwig von Staͤffis von So⸗ lothurn. Der Wunſch des Raths war, daß fie wo mit als Schiedslente, wenigſtens als Mittelömänner angenommen werden möchten. Schvn vor.dem 9. Fa ner hatte er auf, gebethene Schiedsleute gedeutet, "und: den ::19:: trug ct fogar der Vinfoevfitàt auf, fih über die. Aufnahme von Mediatoren: oder Mittelsperſonen gu. borathen. Allein der Auftrag wurde ausgewichen, ehen⸗ der als verworfen; und die obgedachten Repraͤſentanten etſchienen als Rathgeber, und zwar. mehr in Rüdkcht auf die Kriegslaͤuffen, altiauf die innerlichen Unruhen. Ju⸗dem Vortraug: en Rathodeputirten, auf dem Zuͤnf⸗ tenumgang? vom 25, Jenlier, Finder man. die Anzeige: ihrer Aukunftonalſo⸗ aufgezeichnet: „Kaum waren bic zwiſchen Klein: und Großraͤthemuſtroitigen Puncten groͤß⸗ tentbeil- zur s8Berichtigung ‘gelangt, - fo: ſind bedenkliche Zeitungen: in Outre f dir Franzoſen eingefommen. Dieß: har: die unentbehruthe Fuͤrſorge nach fich gezogen, im⸗ fete getrelle. llabe EMS -- art Bundehenvſſen, "um belles bige Repraͤſenhanten anzanehen,n Adoſtha, Dep dieſen ſorg⸗ fügen Zeiten, Bafek-umd::ile tuͤbrige Schweiz Durch Ihre ſorgfaͤltige Aufſicht trachten fonte zo oor fermerei Un⸗ gemach zu fügen. Allein ein · rhrſamer Rath hat mit. Bedauern vernehmen muͤſſen, duß ungute Reden und mißtrauiſcher Argwohn e sine —— ausgefrent werden. ze

XI. Kap.” Das Jahr 1691. 215

wurden gedachte Reprafentanten den 10. Ge bruar in den großen Rath eingeführt. Blarer Dicit die Anrede, und fagte unter anderm: „Wegen ber Aufe ferlihen Gefahren ſeyen nicht allein Loofungs» und Lermengeichen , fondern auch bie Hulfsvölfer in Bereits ſchaft. Allein aud unfre Innerliche Gefahren fenen if» nen fehr anaefegem , als welche von Stunde zu Stunde fid) immer gefährlicher anlaffem wollen. Sie (epen be»

wegen in diefer Seffton erfchienen, um die nachdenkli-

hen Con(equengen ung zu Gemuͤthe zu legen, und ung dazu alle ihre möglichen Officia anzubieten. Allge⸗

meine Sicherheit feo bte Bafis ber eids—

genöffifhen Bünde. Sie fónne aber nicht allein durch fremde Potenzen, ſondern aud) durch inneclid)e Gährung im —— then, und alles vas Gefabr brobe, fep der Miteidsgenoffen freundliher gürforge un» terworfen.“ Der Oberft Friſching beflätigte bie fen Vortrag , unb die zwey übrigen ermahnten zu einer. vertranlichen Zufammenfegung und Einigkeit.

_ Nachdem fie mum die Berfammlung verlafien Date ten, erging die Crfanntnig , „daß die Unterſu⸗ chungs⸗ Commi(flon ferner mit Eifer aübeiten follte, um

auch in ben unberichtigten Buncten des Einen zu wet» den. Auf den Gall aber, es fidó im dem einen umb andern foßen möchte, fo follten. alsdann die Repräfen tanten C deren Anerbiethen man hiermit qu Dank ans

rg

216 XVII Periode. 1649—1691,

nehme) aud) dazu gesogen, unb fie um ihren auten Rath zu der Cade Beylegung erſucht werden.“

Nach und nach vereinigten ſich Klein» und: Groß⸗ raͤthe. Dagegen aber wurden die Buͤrgerausſchuͤſſe nur geneigter, ihre Begehren zu vervielfaͤltigen, und ſie brachten es aud) dahin, Daß Klein⸗ und Großraͤthe, den 14, Februar , folgende von Geiten der Commiſſion vorgefchlagene Erfiarungen beflätigen mußten: ——

„Weil, fo viel die Contenta diefed Punctens anbetrifft, derfelbe (über die Errichtung ber Fundamentalgefene) albe⸗ reit in der erſten großen Raths Verſammlung, und deren erſten Artikel, eroͤrtert, auch eonfirmirt und beſtätiget iſt, ſo dahin gehet, daß der höchſte obrigkeitliche Gewalt löbli⸗ cher Stadt Baſel beſtehen ſolle in dem kleinen und großen Rath, wenn ſolcher ordentlich convocirt und verfammelt ifty dieſer auch mit einander ſammethaft das Recht habe, Funda⸗ mental-Geiege unb Ordnungen zu. machen, und menm fie mit Verlauf der Zeit, wegen der Welt Ieibiger Eorruption, nicht mehr nig und fürträglich erachtet werden, felbige wig- berum aufzuheben, und an deren Statt andere aufzurichten, als laſſen es die Herrn Deputirten gleichfalls ben biefem Schluß gänzlich und allerdings bewenden. Doch wenn, in das künftige, Bündniffe und Einungen mit fremden Potenta⸗ ten, Herren unb Ständen, item, in Kriegszeiten gemeine Auszüge, oder aber, nach Befchaffenheit der Zeiten, Con. tributioneg unb gemeine Auflagen, auch neue Zölle, oder Erhöhung ber alten, follten anfgefegt unb gemacht werden, daß alsdann was bierin der große Math dem gemeinen We fen für gut unb níglid) befindet , ebe es befchloffen wird, ci» ner Ehren Bürgerfchaft zu ibrer Nachricht und Ber. balt communicirt werden. follte,“

XIL fap. Das Jahr 1601. 217

uf die Vefätigung diefer Er Färungen folgte

der Zuſatz, ba wenn kuͤnftigs bie Eide geändert wers den müßten , folche auch der Bürgerfchaft zu ihrer Nach⸗ richt epmmunicirt werden follten.

Sn Rücficht aber auf das Begehren, daß die Zunft. brüder ihre Meiſter unb Sechfer erwählen follten, ers klaͤrte (id) der große Rath dabin, daß bey dergleichen Beftellungen , aud) die Gemeinde in gewiſſer Anzahl ihr Botum und Stimme , nach der Ordnung und Manier

Baben follte, wie folche alsdann für gut würde befun⸗

den werden.

Dieß alles befchloß aber bic Anzeige an die Bürs-

ger, fich damit zu erfättigen, ohne weiteres Zuſammen⸗

sehen fid) zuc Ruhe zu begeben, und ein "" feinem Beruf geflifien abzuwarten.

Den folgenden Tag (den 15. Hornung) wurden

nach ber Morgenpredigt, indem es ein Sonntag wat,

auf allen Zünften obige Erklärungen. unb ‚gemacht. Sie find übrigens , mad) Stillung des Aufflandes, nie

in Ausubung gekommen, wein man den. Artikel über

die Meiffer + und Sechferwahlen ausnimmt, welche eine furge Zeit bey den Sunftbrübern blieben. Auf diefelben bezog fid) bennod) bie Verkommniß vom 23. Heumonat,

bie weiter unten vorfommen wird, aber mit Ausdrüden, welche. eine andere Auslegung geflatteten, Daber mas

4

*.

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218 XVIL Periode. 1649—1691.

ren aub gedachte Erklärungen ein Staatsgeheim⸗ Wig, unb das Gebeimnif wurde fo wohl gehalten, daß manches Mitglied des großen Raths fib in. der Folge auf die SSerfommnif mit Draufenbem. Eifer berief, ohne zu bebenfen, daß die achte Befolgung derfelben den gro» fen Rath um den beſten Teil feiner Gewalt gebracht hätte.

2 e / a 45, Hornung 24 Mary} un)

Die vornehmften im Rath Hatten nun ihr Haupt Abſehen dahin gerichtet, daß das Wahlrecht, welches der große Rath (id) zugeeignet Hatte, eingefchränft, und daß die fernern Unterfuchungen über bag Betragen ber Rathsglieder eingeftellt werden möchten. Allein bie Buͤr⸗ gerausſchuͤſe wollten Abfegungen und Strafen. Den 20. Hornung vüdten fie wider den Stadtfchreiber Harder Here ans. Cle fagten unter anderm, daß er feit langem in allen Beflchungen und Vorfallenheiten Hände und Füße gehabt hätte; und er mußte feine Demiffion geben. Sie . brofeten den Broßräthen mit dem Ungeſtuͤm der Buͤr⸗ gerfchaft , wenn jene fie nicht untev(fügten ; fie flagtem die Heimlicher an, daß fie verfchwiegen , was ihnen angezeigt wurde; fie begehrten, daß alle, wider welche etwas ans gebracht worden wäre, der Rathsverſammlungen ſtillſte⸗ ben folten; fie fekten bie Ernennung außerordentlicher

Eraminatoren durch, die im drey Kleimwäthen, dry - .

Sroßräthen und drey Bürgern beffanben; fie befchwere ten fid) bald, daß ber Präfident die Befprechungen mit

XIL, Kay. Das Jahr 1601. 219

Partheylichkeit vornähme. Umſonſt bothen die Repraͤ⸗ fentanten, in einem unterm 20. Februar an den großen Rath gerichteten. Schreiben, (d) zur Erzielung des its nern Friedens an. Umſonſt ließ die Taafakung, von Baden aus, am 24. ein Schreiben an klein und großen Rath, und gemeine Buͤrgerſchaft abgeben, in welchem . fie unfern Stand. das einte Auge des eidegenöflifchen Lei bes nannte, und ihre Fürforge für diefes koſt bare Auge zu Gemuͤthe führte, zugleich aber auch erklärte, baf wenn ihr freundfchaftliches Anfinnen nicht Platz ſin⸗ den follte., fie fih, nad) obfabenben Pflichten, und den Binden gemaͤß, gemüffiget fehen würde, mad) folchen Mitteln zu trachten y. wie wider unrubige Geiler bie Res gierung in hergebrachten Stand , und bie Eidsgenoſſen⸗ ſchaft im. Nude unb Frieden bewahrt werden. möchten: Umſonſt Tieß man die: Zunfte, am 27., verfammeln, um sad) dem Begehren der’ Tagſatzung, bie Buͤrger Mann für Mam qu vernehmen ; fo erklärte (i) die einzige Zunft sum Schluͤſſel, nebſt 39 Bürgern von den andern Zünfe ten zu Gunſt der Obrigkeit. Alle übrigen ſtimmten in Gegenwart. des Seeretairs der Taofakung, einer vers fénglid)en Antwort bey, welche bie Ausfchüffe Tags vore ber aufaefebt Batten, und nannten von der Zeit an alle Diejenigen ,.bie eg mit dem Rath Hielten, bie Raudi⸗ gen, die auch zugleich von den Bürgergehoten ausge, fhlofen wurden. Schon den 5. März , aber vergeblich, langte eim -abermaliges Schreiben von ber, Tagſatzung ein, mit der Anzeige, daß der Buͤrgermeiſter Aeſcher

ne

pond

220 XVIL. Beriode 1640—1691.

von Zürich und ber Schultheiß Dürler von Luzern fd bieher begeben würden. Bergeblich ließen auch die Des reits bier befindlichen Neprafentanten, ben 6, und den 42., wiederholt erfuchen, man möchte alles bis auf jener Ankunft unverändert lagen, Die fchärfften Inquiſitionen wurden. fertgefegt , Schmähfcheiften, ausgeftreuet, und. endlich am 24, März Klein« und Großräthe aum Rathasr/ baufe, durch etliche Hundert Bürger, die bie eiſernen Batter des Hofes befchloffen hatten, eingefperrt.. Eben fo viele fanden vor der Saffranzunft zur Beyhuͤlfe im 9totbfalle bereit. Sie hatten zu gleicher Zeit bie Stabtthore befchließen, und die Martinsaaffe, wie auch Das Martinsgaͤß⸗ lein mit Wachen befegen laſſen. Es war um die Entlaſ⸗ fung von 29 Standesgliedern zu thun. Der große Rath— batte ſie abgeſchlagen, und das eidsgenoͤſſiſche Recht an⸗ gebothen. Er beſtaͤtigte num dieſen Schluß, und obl die Verſammiung auf. 948. aber bie Mitglieder deflel« ben, bie Häupter an ihrer ipe, je zween ze zween in feyerlicher Ordnung zum Rathhaufe hinausziehen woll« ven, fo exbob fich :ein Gefehrey: „Die Gatter zu!“ Diet erfien im Anzuge wurden mit Gewalt von den Bürger) zuruͤckgeſtoßen. Der große. Rath mußte fich. wieder im feinen Saal begeben, bie. kegte Haͤupterwahl aufheben,: und die legte Entlafung von Oberſtzunftmeiſter Chriſtoph Burkhardt, und von achtzehn Mitgliedern des kleinen Raths, unb von zehn Großraͤthen erfennen. O Do--

mine, fchrieb der Stadtfchreiber in das Protokoll, in

quae tempora nos reservasti" In der Folge nannte:

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XII. Kap. Das Jahr 1691, 234

ten die Ausſchuͤſſe diefen Tag „den großen Kuͤrchlin

Tag,“ und die Räthe „den wilden Dienflag.“

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25. Mar; 20. April. Die angekündigten Nepräfentanten trafen den 3.

April Hier eim ,. unb wurden ben Tag darauf in dem,

großen Rath eingeführt. Wefcher fagte: „Wenn Gott

der Allerhoͤchſte bie Obrigkeit bier auf Erden mit fei».

u

nem eigenen Namen betitelt, und wenn die Obrigfeiten

aud) Vaͤter ded Baterlandes genannt werden, fo wird

dadurch nicht allein die Würde diefes Standes beſcheint,

fondern aud) die hohe Ehre angedeutet, fo Gott der

Obrigkeit gibt, und Obrigkeit nnb Untergebene ihrer Pflichten und Schuldigfeit babep erinnert. Denn, find fie Götter, fo follen fie in Gottes Art fchlagem. - . : Sind fie Väter beg Vaterlandes, fo follen fie fr ihre Umtergebene forgen. - » + Hingegen abermal find fie

Götter, fo follen auch bie Lintergebenen fie lieben, eh⸗

ren , fürchten, vefpectiven , und ihnen Gehorfam leiffen, nad) dem fo Paulus fagt: Eine jede Seele fen Inter than. der Obrigkeit.“ Nach diefem Eingange (prad) er von dem unglücklichen Zuflande der benachbarten Gegen ben, nnb von den Gefahren, die bie Schweiz, und

befonders unfern Stand, der für das rechte Auge

und Hand der Eidsgenofenfchaft schalten werde, bes droßeten. Schließlich erklärte er, „daß fein Auftrag

dahin ging, nicht unfere Souveranität, Regierungs⸗

Zepter, Judicatur und Gewalt anzugreifen, ſondern

322 XVIL SBeriobe. 164969115

allein dag Gepbfeitige Anliegen zu vernehmen, snb üben bie Wunden, woraus ein unbeilbarer Brand. entfichen. möchte , das Pflafler der Liebe, Vertraulichkeit und Eis nigkeit zu legen, und damit: folche wieder zu curiren.“ Nah ihm nahm Dürler das Wort: -Er beflätigte. Aeſchers Vortrag, und fügte Hinzu: „Er erinnere fid, daß fchon im alten Teſtament Gott der. Herr den Sonam den Propheten aus dem Bauche des Walfifches und dem Schoofe des Meeres geordnet habe, wm den Ninivitern ihre annahende Gefahr gu eröffnen, und fie zu wahrer Buße zu verleiten. Sie, die Abdgefchidten, wären freylich Leine Propheten, bod) aber ehrliche Mäns ner, die zwar auch nicht aus dem Schooße des Meeres, fondern aus ber Limmat und der Neuß, (o (id) mit bent Rhein vereinbaren, bieher abgeorbnet worden. .. ... Wenn er fid) erinnere, was unfre auf ben eidsgenoͤſſt⸗ fchen Sufammenfünften gewefene Ehren » Gefandten, feit zwey unb drittehalb Fahren, für Deilfame Rathſchlaͤge angebracht, mit was für Eifer fie daran geweſen, daß die Einigkeit in der Eidsgenoflenfchaft, zu Derfelben ein⸗ ziger Erhaltung, ungefräntt fortgepflanzt werde ^) fo Tonne er Teine andere Gedanken haben, ale daß wir ſaͤmmtlich mit gleichmaßigem Eifer noch eben diefer Mey⸗ nung fenn werden.“. Als Depbe diefe Reprafentanten num abgetreten waren, nahm ber große Rath, durch eine

T) Ein folches Zeugniß verdiente doch einige Ermägung.

XII. Kap. Das Jahr 1691. 223

fürmliche Erkanntniß ihre Mediation an, und erfuchte fie, folche aud) der Buͤrgerſchaft anzutragen. Allein mit dem Worte Mediation wurden verfchiedene Begriffe verbun⸗ den. Es iſt fein Zweifel, bag mehrere im Rath ein wirklie ches Schiedsrichter Amt darunter fuchten,, andere nichts ans ders, als das Recht, einen anten Rath zu ertbeilen daben verffanben, andere endlich eine folche Vermittlung im Sinne Hatten, welche die flreitenden Parteyen in contra dictorio anhört, und einen Spruch wirklich ergehen laßt, der aber nur von der nachherigen An⸗ nahme der Parteyen feine Rechtskraft erhält.

Schon am gleichen Tage, bey früher Morgensgeit, waren die Ausfchüfle in einfacher Zahl gu den Repraͤ⸗ fentanten gegangen, und hatten ihnen auf eine verdedte Art zu verfieben gegeben, baf fie die Sachen lieber ale lein ausmachen möchten. - Sie begeugten ihr Leidweſen über die Mühe, bie man ihnen verurfachte. Fatio fagte: „es verdrieße ibm, daß fie Augenzeugen der ein» beimifhen Scham werden fofiten. Gerne wünfchte bie Buͤrgerſchaft, fie Tönnte felbige Debeden, wie Sem, umb Sapbet ihrem Erzvater Noah gethan hätten.“ Deffen ungeachtet begaben fid) die Nepräfentanten den 6. April auf die Zunft zu Schmieden, wo bie Ausfchüfe in achte facher Zahl fid) einfanden, ubergaben denfelben ihr Cree ditio, und bothen ihren Rath bey gerechten Begehren an, nehft bem Serfpreden , Leinen Eingriff in die Ju⸗ bicatur der Obrigkeit zu thun. Die Antwort

> 95 x

90% XVII. Periode. 1649-1601; wurde ouf Einholung der Meinungen der Buͤrgerſchaft

1. a

ausgeflelt, unb den 13. famen Ausihüfe zu den 9te

praͤſentanten, mit der Anzeige, daß ihre Mediation

nicht angenommen. worden wäre. Verfchiedene Groß» rütbe Hatten felber dazu verholfen. Mefcher Tfonnte

den folgenden Tag fein Mißtrauen nicht verbergen, und

in einer feharfen Unterredung mit Depitirten des gro» Ben Raths entfielen ihm folgende Ausdrüde: „Die Bürgerfchaft Hätte aus dem eidsgendffifchen Schreiben nur das Gift gezogen. Die Eidsgenofenfchaft hätte andre Mesures und Mittel vor bie Hand nehmen mif fet. Dan babe das Wort Mediation in der ganzen Stadt für ein folches Thier ausgedeutet , als wenn tii ſ. w. Die Bürgerfchaft habe eine Erklärung gebracht , bie weder Talt noch warn fep, weder ja noch. nein fage. Sn derfelben fen der Repräfentanten mit feinem. Worte gedacht worden, als wenn fie ärger wären als Sürfen und Tartaren, ober von Galicut hieher gekommen tod» ven. Sie fepem vom ganzen löblidhen Corpore bet ganzen Eidsgenofienfchaft hieher aefchift worden. ie fühen nicht, daß man fie ihrem Charakter gemäß traf

tive. Dan halte fie nur für gemalte Leute“:

- Zufälliger weife waren fie vor biefer Unterredung bey der Frau Marggraͤſin von Baden gewefen, bie fid) bier aufhielt, und bey welcher bie vornehmften Raths⸗ glieder oft zufammenlamen. Es erwedte bey den Aus⸗

ſchuͤſſen allerley Verdacht. Unvermuthet kamen nun. tiefe

XI. Kay. Das Jahr 1691, 225

einige Tage nachher, den +13. April, vor den großen >

Rath, und begehrten, nebſt der Entlaffung von ſechs Státben und zwey Sechfern, aud) die Entlafung vom Dreyerherrn Hans Balthafar Burkhard , der sum 6er» zunfemeiſter war unlaͤngſt defignirt worden, den fie aber fon durch bie am 24. März erhaltene Aufhebung der legten. Haͤupterwahl, um biefe Würde gebracht hatten:

Sie erhielten blefe Entlaffungen vom großen Rath ziem⸗ |

lich gefhwind, entweder aus Furcht wieder eingefperrt zu werben, oder weil fie fi bed Sun(tariffd bedienten, eine Amneſtie für ade übrige Mitglieder des Tleinen und großen Raths, , wie aud) für bie Canzley, ym veo fprechen, wenn man ihnen nur noch gedachte Entlaſſun⸗ gen bewilligte. Uebrigens Hatten fie feit einem Monte mehrere Abfegungen und Beſtrafungen beym stoßen Kath durchgeſetzt. ine der fchönflen Weiber jener Zeit , die Oberflzunftmeifterin Burkhardt, eine geborne Schoͤnauer, mußte ſechs tauſend Thaler erlegen, don dem Vanne einen Zuſpruch bekommen, und fuͤr vier Jahre in ihr Haus verbannt werden, innert welcher Zeit aber ER "um vor Gram. geflorben - fell.

21. April 2. Man.

Die Reyraͤſentanten ließen anzeigen, daß ſie ſich zur Abreiſe entſchloſſen haͤtten. „Sie wollten nicht laͤn⸗ ger ledige und muͤßige Zuſeher eines ſolchen Spekta⸗ kels ſeyn; das koͤnnten ſie gegen die Eidsgenoſſen nicht

VU. Band. 89

Lo »,

226 XVII, Periode, 1649—1691.

verantworten; fie fenen nicht gewohnt, fib von fol. den Leuten beichimpfen zu laflen, wie die, welche im kleinen fowohl, als im großen Rath hinter biefen Sachen ffedten.^ Hierauf verfuchte man es noch, Die Bürger zu bereden, ihre Mediation anzunehmen. Die obrigleitliche Parten verlangte nur, daß die Repraͤſen⸗ tante den DBerathfchlagungen der aroßen Gommiffion beywohnen, und ihre Meinungen babep eröffnen möch- ten. Die Bürgerausfchüfe wollten aber nichts davon wiſſen, und fih mur vorbehglten haben, fid) bep ihnen über den einen oder andern Punct freywilig Raths zu erholen. Die Geiſtlichkeit ermabnte die Bürger mund» lich unb fehriftlih, sur Annahme der Mediation, fie lie zu biefem Ende eine weitläufige Abhandlung. brut» fen '). Sie begleitete auf allen Zünften eine Rathsdepu⸗

1) Sie fagte darin: „Gott babe dag Schwert der Obrig-

keit angegärtet (Röm. 13, 4.) ; wer außer der Obrig- feit dag Schwert nehme, der folle durch das Schwert umfommen (Matib. 26, 52.); die Obrigkeit (ey Nie mandem ald Gott Rechnung zu geben fchuldig, Wenn grobe Sünden vorgingen, fo follen die Prediger ernft- lich damwider predigen, und die Obrigkeit ihres Amtes, erinnern. Die einzige Pflicht ber Untergebenen be tube darin , daß fie über die Gräuel der Stadt feufzen, nnb Gott um guábige Vergebung, rvechtfchaffene Buße, - ftomme Regenten, und treue gebrer aneufen.... Wenn Bürger mehr tbäten, fo griffen fie in ein fremted Amt (4, Betr, 4, 46.). Durch das unbefugte Beginnen

XIL Kap. Das Jahr 1691. 227

tation, welche die Stimmen von neuem einſammeln mußte, und befrüftigte ben Vortrag des Stadtſchrei⸗

ber Bürger würden die Strafen Gottes nicht abgewen⸗ bet, fondern vermehrt, weil auch die Sünden verdop- pelt werden. Das Wort Gottes lehre, dab bie Knechte auch munderlichen Herren geborchen, und die Kinder .aud)- göttlofe Eltern ehren follen (1. Betr. 2, 18.), Ein gottloſes Negiment müſſe man für eine wohlver⸗ . diente Strafe der. Sünden balten (Gfaj. 3, 1. 2. 3.4.) . Die Prediger bätten freylich den Meineid als einen lautern Atheismum vorgeſtellt, aber nicht die Bürger in Harniſch gebracht, (onberm die Bürger hätten bert Harniſch von ſelbſt augelegt. Privatperſonen hätten keine andere als ihre eigenen Sünden qu verantivartem,. ;, Benn die Bürger fi des ohrigfeitlichen Gemaltó .. anmaßen wollten, und die Obrigkeit hingegen aus Furcht eines Aufſtandes, den Bürgern pariren müffe, fo fei e$, als wenn einer mit den Füßen denken, und auf dem Kopf geben wolle. Die Obrigkeit fen, wie Bes itus. fie befchreibt , eiie mienfchliche Ordnung ; und be⸗ ſtehe aus fündlichen Menfchen, nicht aber aus Engeln, Wenn man unter lauter engelreinen Leuten ſeyn wollte, fo müßte man eine Leiter anftellen, und in den Himmel ‚Reigen. Gleichwie das Brod und Fleiſch, fo die Ra— ben dem Propheten Eliä gebracht, eine eben fo gute und nabrbafte Speiſe gemefen, als bad Gerſtenbrod, .'' fe ihm von bem Engel war dargeſtellt worden, alfa fónne Gott gute consilia denjenigen (Negenten) in Sinn geben, die da, des Lebens halben, bey bem Bot nicht den befien Stamen hätten.“ , i

228 XVII. Periode. 1639—1091,

berö, der das Wort führte, mit--eigenen Bemerkungen. Als dieſer Sünftenumgang auch fruchtlos abgeloffen war, fo erdachte man eine neue Art, die Meinungen der

Bürger einzuholen. Diefe fohten nämlich, den folgen» -

den Tag, es war ein Dienflag, den 28. April, fich des Nachmittags in der Barfüßer Kirche verfammeln, und dort Kirchſpielsweiſe von den. Bfarrern über bie Frage der unbedingten Annahme der Mediation Dann für Mann vernommen werden. Die Pfarrer follten bie gefallenen Antworten, wie auch bie Namen der Ans wefenden, dem Rath eingeben, des Morgens aber ihre Dienfiagspredigten darnach einrichten. Allein der ganze Tag war ein Tag ber Verwirrung. Schon der Got; tesdient wurde am Morgen faff nur von Weibern be fut, die noch, als bie Pfarrer von der Mediation zu reden anfingen, zu den Kirchen hinaus liefen, und faut fchrieen: „O! daß Gott erbarme! was wil man mit unfern Männern machen?“ Den Nachmittag ver» fügte 6 nur eine kleine Anzahl Bürger in bie Barfuͤ⸗ fer Kirche; die übrigen Degaben fif auf bie Zunfte, und bie Ausfchüfe drangen auf die Zufammenberufung des großen Raths auf den folgenden Tag. Es war den’ 29. April. Der Gegenfland der Seratbung war das Begehren der Ausfhüfe, daß bie erledigten. Stel qeu wieder befegt werden follten. Die Stepvüfentanten erfchienen in der Sikung , und mißriethen ed. Nach ihrem Austritt famen die Ausſchuͤſſe felber, wiederbol⸗ ten das Begehren der Wiederbeſtellung, und verlangten

? * Ph,

XII. fap. Das Jahr 1001. 229

bey der ertheilten Amneſtie gefchügt zu werden. Hier unter verflanden fie eine Crfanntni$ vom 22., welche⸗ die am 20. von Seiten der Bürger allen Regierungs gliedern verfprochene Amneſtie, nicht nur vom großen Rath beurfundet, fondern auch von Seiten deſelben, auf die Bürger felber wechfelfeitig ausgedehnt wurde,

Zu biefem neuen Begehren waren die Ausſchuͤſſe durch

bie Drohungen der Entlaffenen vornehmlich bewogen worden, die fid) meiftená aufer der Stadt aufbielten,

und oft aufm Birsfeld, einem Landgut ofnmeit der Stadt, zuſammenkamen. Der große Rath (lellte bie Entfcheidung über bic Wiederbeflellungen bis nach ein» geholtem Rath ber Repräfentanten aud , und beflätigte | die Amneftis, mit der Bedingniß, daß bie Ausfchuffe

ihn mit fernern Begehren verfchonen würden. Den fol genden Tag Cden 30.) verlangten nochmals bie Auss ic, ſchuͤſe, unter andern Begehren, daß die erledigten Stel

len wieder Defegt, und bald darauf, daß die Meiſter | unb Sechſer von ben Sun(tórübern, und bie Oberſt⸗ zunftmeifter von der ganzen Bürgerfchaft erwählt werden möchten. Indeſſen war der große Rath durch eine bes trächtliche Anzahl Bürger, die mit dem Untergewehr bewaffnet , in den. Hof fürmten , wieder im Rathhauſe eingefperrt worden. Dennoch willigte 'er nur im bie Wiederbeftellung der Rathsherrenſtellen ein, welche aud) | den gleichen Nachmittag von ihm vorgenommen wurde. Am folgenden Tag, ben 1. May, erhielten die Aus⸗ / ſchuͤſe, ohne langen Widerſtand, bag die Meifter und

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230 XVII. Periode 1649—16901, Sechfer auf den Zünften von der ganzen Zunft, 9tatbt,

gliedern, Sechfern und Zunftbrüdern, für dießmal ers .

wählt werden follten, und den gleichen Nachmittag wur⸗ den die erledigten Stellen alfo Defept. Kin Harter

Kampf war aber auf den 2. May aufbehalten. Es ber’? _

traf min die Erwahlungsart der Oberſtzunftmeiſter. Auf feine Weife wollte es der große Rath bewilligen, daß bie Bürgerfchaft Hauptermahlen vornehmen follte. Zu wichtig wären biefe Stellen, und zu feiner Zeit fe) e$ gefchehen. Die Repräfentanten ließen den großen Rath erfuchen, alles ohne weitere Innovation , Abänderung oder Neuerung in Statu quo zu laſſen, und fprachen wieder von ihrer Abreife, eine Drohung, die fie aber ohne Erfülung zu oft wiederholt Darten, ‚daß die eini⸗ gen Ginbrud Hätte machen Zónnen. Die Ausfchuffe ev fuͤllten indeffen alle Stuben, Gaͤnge und Treppen des Rathhaufes. Der große Rath ließ die Reprafentanten wieder um ihren Rath anfragen. Cie antworteten, daß man der Gewalt weichen, aber aud) dawider be ſtens proteſtiren folle, Kine Träftige Proteffation wurde aufgefeßt, angenommen, den Bürgern abgelefen, und dann vom großen Rath zum Weberfluß wieder Deffáti» get. Allein bie Ausfchüffe hatten ihr gewöhnliches Mit tel ber Einfverrung wieder .erariffen: Alle Gatter und

. Zugänge des Rathhaufes waren beſchloſſen, verfperrt, - bewacht. Vergebens- liefen die Repräfentanten Ausfchüft

vor fich befcheiden,, und fprachen ihnen von David, ber Belegenheit gehabt Hätte, den Saul üt der Höhle mit

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XIL Rap. Das Jahr 1691, 231

feinem Spieß zu erflechen, und es aber nicht that, weil er feine Hand an ben Ge(albten des Herrn nicht legen wollte. Es war aber auch ohne Erfolg, daß fie es verfuchten , felber aufs Rathhaus zu fommen. Kaum erblickten die Bürger ihren Wagen, als ein allgemeineg Geſchrey: „Die Gatter zu!“ fid) Hören ließ. Alle ds bes wurden zugemacht, und die Saupttbore der Stadt befchlofen. Die Mitglieder des großen Raths hoben : bie Sikung anf, und begaben (id) im ble verfchiedenen Säle des Rathhaufes. Sie wollten einige Speifen bes ffellen , durften aber nur Brod Tommen laflen. Sie et» hielten zwar bie Erlaubniß von den Ausfchuffen, einige Kanten Wein aud bem Keller des Ratbhausknechts zu fordern, bie Bürger aber flopften dag Schloß der fel; lerthüre mit Sand, und erhoben, als bie Magd ohne Wein zuruͤck fam, ein allgemeines Gelächter. So blieb es bis gegen acht Uhr des Abende. Da entfchloß fid) endlich der große Rath, bie begehrte Ertenntniß uns ! ter dem großen Inſiegel den Ausſchuͤſſen zuftellen zu laf fen. Sie wurde aber einige Male zurüdgefchidt, und immer wieder mit den begehrten Abanderungen oder Zus fügen von neuem ausgefertigt. Anfatt Montag mußte - der folgende Tag, ber ein Sonntag war, zum Wahltag beffimmt ; anffatt dieß mal mußte jegt unb gu ewigen Zeiten ausgebrüdt; anffatt möchten, mußte follen gefchrieben werden. Hierauf sogen bie Ausfchufe und Bürger jauchzend in der Stadt herum. Viele begaben fid) bann auf ihre Zunfte, unb feften

232 XVII, Beriode. 1649—1691

zum Triumphzeichen die Zunftfahnen zu den Zenflern hinaus. Die zu Webern warfen den Igel, ihr bishe riges Wappen, auf die Straße, und riefen aus: „Der Greife foll unfer Wappen ſeyn.“ Indeſſen fchrieb der GStadtfchreiber mit beflemtem Herzen folgendes in das Raths⸗Protokoll nieder. „Diefer leidige Kampf und Einfperrung hat gewährt von Morgens sehen, bis Nachtg um neun Uhr. Die Crfanntni$ Bat auf ihr Nachgruͤ⸗ bein und befehlen fünf im fechs Malen geändert werden müen. Doc bebanpten fie, daß fie gehorſame Bir: ger find, unb der Obrigkeit in ihre Zudicatur nicht eingreifen wollen. Gott erbarme fid) unfer!

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($1eid) den folgenden Tag, an früher Morgens⸗ zeit, verreifeten die Repräfentanten, und der Tag wurde mit den zwey Dberfisunftmeifter «Wahlen zugebracht. Bon 1133 Stimmen erhielt Bey der erſten Beſtellung Johann Heinvih 3áelim 865 "), und von 1078

9) Folgendes fchrieb einft Zäslin an eine franzöſiſche Be⸗ börde: „Il est vrai que j'ai été appelé par la commune voix de notre hourgeoisie, assemblée avec leurs Su- perieurs dans les tribus, laquelle élection a été con- firmée le lendemain par le grand et petit Conseil; et il est vrai aussi que cela a été fait dans un temps o6 notre ville étoit agitée de troubles fort extraordinai, res; desquels si nous youlons chercher ja sourde,

XIL Rap. Das Sabe 1601. 233

Stimmen bekam bey der zweyten Beſtellung Martin Stebelin 757 Stimmen. Den Tag darauf fchritt der große Rath zur Wahl eines Buͤrgermeiſters; denn von den vier Häuptern war nur ber Vürgermeißer C»ocin übrig geblieben. Er mußte aber vorher bie zwey obigen Wahlen befätigen , und vielleicht that ev es nicht ungern. Zugleich forgte ev auch dafür, daß die vier Haupter nicht von den Bürgern gegeben wur -

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c’ est premiérement nos péchés en général, mais en aprés il faut avouer aussi, que c'est l'extréme cor. ruption dans le Gouvernement, et le parjure exé. crable, par lequel on usurpa les charges et autres cho. ses de l'état, et qui à la fin il étoit venu à un tel de. gré, qu'on ne le réputa presque plus pour péché, quoique nos ministres ne fissent presque rien autre, principalement un peu avant ces troubles, quede crier contre l'énormité de ce crime , en appelant ceux qui en étoient infectés des athées pires que les diables mémes, C'est encore l'opiniátreté de ceux qui, lors. qu’on devoit punir, corriger et abolir ces abus met. toient tout en oeuvre ponr en empécher l'execution, Je ne veux pas croit qu'un honnéte homme me puisse soupconner dans ma vieilesse d'avoir voulu profiter de la chüte des autres, y ayant longtemps que Javois renoncé aux dignités dont on m' a chargé, étant trés - certain que je les quitterois avec plus de plai. sir que de regret, si par je pouvois rendre la: pa- trie heureuse et. tranquille, pour finir aprés. mes jours . en. paix," | |

. 284 XVIT. Periode. 1649—1691.

ben, indem ev nicht, voie bie bieherige Verfaſſung und Uebung es mit fid) brachten, einen Oberfisunftmeifter sum Bürgermeifter ernannte, fondern feine Wahl fiel auf ein anderes Rathsglied, auf Lucas Burkhardt.

Nachdem nun die Bürgerausfchüfle die Regierung, wie fie fagten, alſo gefänbert hatten, trieben fie evt mit Crn(f, vermittelt ihrer Supplifen, die Fortfegung des fogenannten Reformations-Werls. Solches betrach⸗ teten fie unter dem vierfachen. Geſichtspunet von Deco» nomie, Polizey, Juſtitz und bürgerlichen Freyheiten. Unter Polizey verflanden fie aber eigentlich Verfaſſungs⸗ geíege, Regierungsbefugniffe, SBertbeifumg und Einfchrans tungen der obrigfeitlihen Gevwalr. £56 fie (don mans che widerfprechende , fchadliche und ungereimte Begeh⸗ ren anbrachten, ob (le (d)on durch bie Menge derfelben, welche fih wohl bis auf mehr als A50 belief, bie Ausübung der obrigkeitlichen Gewalt gleichfam gefeffelt, . und aufer Stand gefegt hatten, Gutes zu wirken, fo rügten ſie dennoch viele umverantwortliche Mißbraͤuche, die fonft ungeruͤgt geblieben wären, und thaten- mais hen nüglichen und Beilfamen Vorſchlag. Zu Hleicher Seit waren verfchiedene Klein» und Großrathe am mei» ſten mit der nähern Beftimmung befchäftiget- gewefen,. was für Gefchäfte der Kleine Rath allein ausmachen, und was für Gefchäfte ausfchließlih vor Klein» und Großraͤthe gehören -— ie gingen babep mit: ziem⸗ licher Eintracht unb wechfelfeitiger Nachgiebigkeit zu

XIL fap. Das Jahr 1601. 235

Werke, und (dienen fi immer näher mit einander zu vereinigen, um beffo flarfer wider die Buͤrgerausſchuͤſſe su fepn. Allein bie Zurüdgabe von irgend einem Recht war nicht in ben Abfichten der Mehrheit der Grofiräs then, umb ein wichtigere Punct flörte Bald öffentlich bie bisherige Eintracht. Es war um die Frage zu tun, ob fünftigó die Buͤrgerſchaft jährlich dem Kleinen Rath, wie bisher , ober dem großen Rath, das if, Klein» und Großraͤthen zujammen, ſchwoͤren follte. Bon der-Huls bigung ber Unterthanen Fam nichts vor.

Merkwuͤrdig if es, tag nicht nur bie Ausſchuͤſe, fondern auch die Bürgerfchaft f auf den Zunften,

am 23. Junii, faf einhellig su Gunften des Statbó er⸗

Härten. „Sie wollten nicht, fagten mehrere, zwey Obrigkeiten haben. Zudem fáfem manche im großen Rath , die faum vor sechs Jahren Leibeigne geweſen wären.“ Die Großrathe willigten den folgenden Tag aud) ein, aber bedingnifweife. Sie willigten nämlich mit dem Vorbehalt ein, bag die Ausſchuͤſſe alle ihre

nod) fabenben Angelegenheiten vor dem nächflen Sonn «^

abend eingeben, und der Decifion des großen Raths le» diglich überlaffen würden. Sie behielten (d) ferner ihre bisher erhaltenen SSefugnife vor, wo nicht, ſchloſſen fie, würden fie um eidsgenöffifche Saͤtze anſuchen. Das bep bedienten fie Qd) aber eines Ausdruds, der Gitel feit zu verrathen fchien, und das Gleichheitsgefühl der Bürger febr Fränfte, Sie fagten, daß wenn diefe Vor⸗

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236 XVIL Periode. 1649-—1691.

behalte gehalten würden, fie feine weitere-Difkeultät machen wollten, den Zahreid mit unb neben der Burgerfchaft abzulegen. Dan fafte daher den Ver⸗ badt, daß fie mir aus der Urſache Schwierigfeiten ges macht Hätten, weil fle nicht in die gleiche Claſſe mit den übrigen Bürgern geboöͤren wollten. |

Hierauf Heß der Rath, am 25., eine Erklärung 57; auffegen, und den Großraͤthen zuſtellen, in welcher er die Rechte nannte, welche kuͤnftigs von Klein» und Großraͤthen ausgeuͤbt werden follten. Der Rath führte darin bie Sprache eines uneingefchränften Herrn, der freywillig von feiner Gewalt abgetreten hatte, und in dem Rathsbuch finden (id) vor gedachter Erklärung fot, gende Worte: „Hierauf if in Deliberation gezogen worden, was den Großräthen zu placibirem, und wie bie Antwort einzurichten ſeyn morte, alles allein zu Beruhigung unſers Standes.“

Inzwiſchen waren die werreifeten Repraͤſentanten, und die Entlaffenen nicht müßig geblieben. Jene ſtat⸗ teten, nad) ihrer Heimkunft nachtheilige Berichte über die Diefíge Lage der Dinge ab, nnb diefe fehrieben nicht nur alles was man fid) giftiges vorflelen Tonnte, in bie Stände, fondern ſchickten auch einen der ihrigen, den entlaffenen Sechſer und Schultbeifen Harder, in die Orte felber, um die Regierungen zu bewegen, fid) ihrer

| anzunehmen. Bern, wie man verficherte, Hätte (dijon

XIL Kap. Das Jahr 1691. 237

im Sinne gebabt 6000 Mann. dem Rath zur Unter flügung anzubiethen. Zufammenfünfte wurden zu El⸗ gan, Luzern. und in der Gegend von Freyburg. zwiſchen den benachbarten Orten , gehalten. Es war. allen Re⸗ nierungen daran gelegen, daß man, in Rüdficht der Rechtmäßigkeit einer Regierungsform, nicht von dem Grundfab des Herfommens abginge. Zurich both bie eidsgenöffifche Dlediation von nenem an, alfo. daß jeder Theil einige Mediatoren felber ernennen wuͤrde. Zurich. drohete babeo mit Ergreifung anderer Mapregeln, zu welchen das gemeinfchaftliche eidsgenöfffche Suterefie ni» thigen durfte. Der große Rath nahm diefe Mediation an, die Vürperansfchäffe aber verwarfen $e, und ma war die Zagfetung zu Baden mit unſern ten befehäftigt.

au der Stadt ſelbſt zeigte ſich in. jubet ‚Fällen, befonders in Ruͤckſicht der Nachbarn, eine wahre Anar⸗ chie. Dazu geſellten (id) Zaͤnkereyen, Drohungen, Se ſchimpfungen, Trotz. Die Furchtſamen entfernten ſich. Nie wurden Baͤder und Meſſen zahlreicher beſucht, als tn dieſem Sommer; und ſogar bie Rathsverſammlun⸗ gen beſtaͤndig mur aus einem kleinen Theil ihrer Mit⸗ glieder. Der unerfchrodene Socin blieb aber, und gab die Hoffnung nicht auf, das Anfeben bes P" wieder Lisssiok

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288 - Periode. 1649 - 1601.

26. Junii 23, Julii.

MNMun ſtanden anf einer Seite der Rath und die Bürger, und. anf der andern die Großraͤthe. Diefe bes ſchwerten (id) nicht nur darüber, daß die Bürgerfchaft bem Rath fehwören folite, fondern auch, daß der Rath in feiner Erklärung ihnen weit ‚weniger Rechte: zugeſtan⸗ den hätte, als “ihnen vor der Ernennung der Bürger ausfchüffe war. abgetreten worden: . Ein dritter "Grund sum Mißvergnuͤgen traf jebt ein, Es wat die Zeit att» geruͤckt, wo jährlich bie Aemterbeſatzung, Rathsverkuͤn⸗ bung, Rathseinfuͤhrung und Burgerhuldigung vor ſich gingen. Die Ausſchuͤſſe drangen darauf, daß dieſe Feyerlichkeiten vorgenommen werden ‚möchten. Es wat ihnen daran gelegen, daß die neuerwaͤhlten Standesglie⸗ der ihre Stellen bezogen. Die Großraͤthe widerſetzten fih.,. und die Raͤthe Defolgten .fo: febr den: Wunſch ber Ausſchuͤſſe, daß ſie die Zuſammenberufung des großen einigemal den Grofehtten Me x

Bemerlenswerth ift die Berathung des Nathe vom 4 26. Junii. Die Frage war aufgeworfen worden, ob an bie bisherigen Feyerlichkeiten de: Aemterbeſetzung beobachten follte, undı es wide erfannt, duß alles; more solito, nach bisheriger Uehung, yorgenommen-:werden follte. Es war eine flinfchweigende Proteſtation wider die eingeführten Neuerungen. Den 27. fehritt alfo der | Rath jur Aemterbeſetzung. Er erwäßlte, bem Schein

XIL Rap. Das Yahr. 1691. 239 nach, Häupter und Rathsherren, die er ‚nicht erwaͤhlt

Hatte. Den 28. gefchab ihre Verkündung aufm Pe

ter$plag, und bann ihre Eidesleiflung, wobey der Rath fíd) wohl gefallen lief , bag, nach dem Wunſch der Aus⸗ ſchuͤſe, folgendes dem Eide bengefügt wurde: „ſonder⸗ lich alle die Ordnungen, Geſetze und Statuta, fo bey dem Anno 1691. heilfam befundenen Reformationsge fchaft, dem gemeinen Weſen zu Gute, gemacht worden, zu ewigen Zeiten handhaben, und ohne Vorwiſſen und Wilen der Bürger nicht ändern.“ In der gewöhnlis hen Anrede an die Bürger trug dee Stadtfchreiher

Faͤſch fein. Bebegfen Gott zu danken, daß nunmehr

€, €. Regiment vos ‚aller Seffedung des Meineides ge⸗ reinigt, und daß dieſes Reformations Bert fo glücklich. und fo weit ju Ende gebracht worden wäre. Er vet» fiherte babep, daß man bey allem was erörtert mote den, ewig verbleiben wole, und daß man jest darauf fhwören wärde. Den gleichen Nachmittag wurden auf

. den Zünften die Meifter und Sechfer beflätiget, und

ihre Namen. bem Rath eingegeben, der aber. einen der Sechfer nicht beſtaͤtigen wollte, weil er Streitigkei⸗ ten mit den Ausfchüffen gehabt Datte 'D. Den folgens

den Tag (bem 28. Junii) gefchah die Rathseinführung. ^7:

Ehe aber bie Raͤthe fid in den großen Rathsſaal bes

3) Das war ein fein ausgefüchter Anlaß, das Veftätigungss tet in Anſehung der. Sechſer einzuführen.

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^. 240. XVII. Periode. 1649—169 1.

‚gaben, liefen fie den Großrathen anfagen, daß wenn fie den nicht beflätiaten Sechfer aufnehmen follten, cbe. feine Sache erörtert wäre, fie nicht zu ihnen hinaufge⸗ Den würden. So hatte (id) ber. Ton geändert, ſeitdem Kath nnb Ausfchüffe eine Partey aucmachten.

Indeſſen Hatte den 26. eine Anzahl Großräthe ?) eine Klagſchrift an die Sagfagung gefchidt. Sie ber ſchwerten (i. über die Ausſchuͤſee, die weltfundiger Ma⸗ fen den. Wagen ganz aus dem Geleife gebracht, unb. bie Räthe und Großraͤthe in leidige Ab» und Umwege aefübrt hatten. Sie Flagten, daB man das Necht ume tamentafgefege zu errichten, ihnen disputirlich machen wolle, und daß die Ausſchuͤſſe ihnen ſpoͤttlich ſagen dürften, daß fie ihre Mediatoren jet feyn wollten. Sie. bemerften, daß fie in folchen Sohn und Spott gerathen wären, daß man ihnen allbereit mit Fingern auf den Gaſſen zeigte. Sie beseugten ihr Befremden,/ daß die Ausſchuͤſſe fic mit der Abſetzung bedrohet haͤtten, falls fie der ungereimten Rathsbeſatzung und Rathseinfuͤhrung nicht benpflichteten, „zweifelsohne festen fie noch Hinzu, damit diefe Herren unfere Plaͤtze beziehen, unb: ihre

2) Hans Frans Sarafin, Hans Jacob gd fco, Peter Raillard, $ausStubolf Schlecht, Seremiad Ort. mann, Nicolaus Bernonulli der ältere, Hans Sacob Müller, Daniel Mitz, Philipp Dienaft und €i. mon Battier Stadsfchreiber der mindern Stadt:

XIL Kap. Das Jahr 1691. 241

Eier, wie der Gudguck, im unfre Neſter legen. koͤnn⸗ ten.

Hierauf ließ die Tagſatzung den Wunſch dußern, man möchte alle in Statu quo laſſen. Dieß machte, baf ber Buͤrgerſchwoͤrtag ausgefteht wurde, und daraus ent(tanben nene Unruhen. "Alles wurde den Bürgern ver» daͤchtig. Und ber Verdacht vermehrte (id), nicht nur ald fie vieles von den feharfen Inſtructionen der Mitglieder der Tagſatzung, gleichwie ihre drohenden Schreiben anhörten, fondern auch als fie bie Bewegungen (üben, die man fid gab, um die Annahme der von der Tags fagung gleichſam anbefohlenen Mediation durchzufegem Den 2. Julii nahmen Kleine und Großräthe felbige /: an, und fühnten fi) alfo mit einander and. Den 3, / unb 4 wurde fie vom mehrern Theil der Bürgerfchaft; - mit Einfluß der Univerfität , aud) angenommen. Den 5. erfuchten Klein» und Großräthe die Sagfagung, bert ^^ Buͤrgermeiſter Johann Heinrich Aeſcher von Zürich, den Oberſt Samuel Friſching von Bern, ben Schult⸗ Heiß Johann Rudolf Dürler von Luzern, unb den Rathsherrn Franz Ludwig Blaͤſt von Stäffis, Herrn in Molloding von Solothurn zu Mediatoren Dleber zu fenden. Auf das geauferte Begehren von Luzern wurden noch vier Mediatoren begehrt, der Landamman Luffi von Unterwalden, der Landamman Zweyfel von Glarus, ber Bürgermeifter Tobias Holländer von Schafhanfen und der sandrepormeiiier Fidel 3 m

VIL Band. "i

242 XVII. Periode. 1649—1691.

Thurn vom Abt St. Gallen. Cie wurden alle förms lich als Säte begehrt, falls eine gütige Vermittlung fruchtlos ausfallen follte. Unerhoͤrt war es aber, daß Saͤtze mur von einer Partey ernannt wurden; denn Klein⸗ unb Großräthe begehrten fie alle Acht gemein fchaftlich von ihren Ständen, und nicht die Bürger. Die Ausſchuͤſſe liegen ſich aber dadurch nicht abfchreden. Sie verfammelten am 7. bie Bürger auf den Zünften, und legten ihren biöherigen Auftrag, zu Händen der Bürserfchaft, nieder, Die Bürger, die (id) als verlafe fene Waiſen anfahen, erfuchten fie das Ausſchuͤſen⸗Amt wieder zu übernehmen. Die Ausſchuͤſe willigten ein, aber mit der Bedingniß, daß die Bürger fid) gegen fie verfchreiben, und ihnen angeloben würden, Mann für Dann qu ffeben, unb Leib, Ehre, Gut

und Blut aufzuſetzen. Dieß geſchah, unb fo hat⸗ ten bie Ausſchuͤſſe, bur einen feinen Theater » Auftritt bie Annahme der Mediation voleber vereitelt. Als mum '. ber große Rath den Bürgern anzeigen lieh, daß er noch vier Mediatoren erfucht hätte, fid) Dicber zu De» geben, erklärte fid) der mehrere Theil dahin, daß fie Feine Diediatoren brauchten. Hierauf fehrieben bie Aus⸗ ſchuͤſſe an bie evangelifchen Stände, daß die Mediation nicht angenommen wäre, indem die Rathsdeputirten f$ das erſtemal, den 25. Jenner, auf eine zweydeu⸗ tige Art gegen die Bürger ausgedrüdt Hätten. Cie machten infonderheit Einwendungen wider die Berfon des Buͤrgermeiſters Holländer, der (id) einmal zu Ba⸗

XIL Kay. Das Jahr 1691. 243

den verlauten laffen, man müffe den Rebellen die Köpfe

vor die Füße legen. Diefer langte aber fchon den 16... bier an. Allein feine Gollegen-famen nur den 29. Dies ber, unb im biefer Zwifchenzeit entſtand ein gefährlicher Aufruhr: Die Ausſchuͤſſe waren nämlich befonders ba^ mit befchäftigt, bag die bereits erlangten echte der Burger , und bie vorbehaltene Unterfuchung ihrer Frey: heiten erhalten werden möchten. Indeſſen entdedten fie, daß einer der entlafenen Raͤthe, Namens Koͤll⸗ net, ein Stilet von ungewöhnlicher Form, Dbeftellt hätte,. wie auch daß 15 gläferne mit Pulver angefüllte Granaten fid) in feinem Haufe Defünben, Bald Dev nad, auf Anzeige eines der ihrigen, eines gewiſſen Herbſters von der Heinen Stadt, brachten fie in Erfahrung, daß Dep ben Gebruͤdern Hans Georg und Peter Ochs, Unterfchriften für ble Obrigkeit eingefams melt wurden. Diefe hatten ſchon mit Hülfe ihrer Sreimde, Conrad Wieland, Schafner des Stifte Gt: Beter, Speter ud 8, und Paulus Spörlin, bey vierhundert von den angeſehenſten Bürgern bewogen, ihre Namen darzugeben. Die Abſicht war, eine Mehrs heit zu erhalten, und das Verzeichniß derfelben,, der Mediatoren vorzulegen. Nun brachten die Ausſchuͤſſe die Entdeckung des obgebad)te Gilet bey den Häups term an; allen Koͤllner machte (i bald aus dem Staube. Nachher verseisten fie am 22. Zunii, vov| - ^

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gefefenem Rathe, die Gebrüder 8, nebſt den drey Q2 B

244 XVII. Periode. 1649—1601,

andern , und fíagten fie an, als wenn fie durch Gelb, Effen und Trinken die Anzahl der Lnterfchriften theils zufammen gebracht hatten, theild zu vermehren fuchten. Sie begehrten, daß man fie auf der Stelle beyfängen follte, Zudem aber der Rath fid) daruber berath⸗ fihlagte, vourben auf Veranflaltung der Ausſchuͤſſe nach sub nad) bie Zugänge des Rathhauſes Defegb, und wie, verlautete , bie Stadtthore befchlofen. Hierauf wieder bolten fie das Begehren, baf bie verzeigten Bürger an gehalten werden möchten. Der Rath ließ fie aber nur vor fich beſcheiden, und ba fie verficherten, daß fie Bloß ftepwillige Unterfchriften, und feine durch Beſte⸗ hung eingeholt hätten, erkannte er zwar, daß fie bie unterfchriebenen Zettel einliefern, daß aber bie Aus⸗ ſchuͤſſe auch alles ruhen laſſen, und Niemanden anfech ten follten. Zugleich flellte der Rath die Beſtrafung des Herbſters, als eines falfchen Anklägers , aus. Allein atio unb andere drangen auf bie Benfangung ber obgedachten Bürger, und verlangten auch, baf ber ‚große Rath auf den folgenden Tag zufammenberufen werden möchte, Erſteres blieb unbeantwortet , letzteres wurde unter der Bedingniß sugefagt , daß man die Buͤr⸗ ger nicht auf den Zünften verfammeln würde. Inzwi⸗ fen ertönte aus Anlaß eines Streits auf dem Korn markt, das Gefchrey: „Ihr Bürger ins Gewehr!“ Ei nige rührten bie Trommel, andere fprengten bie Thüre- der Wachtſtube unterm Rathhauſe mit Böden auf, und bald war alles unter den Waffen, was sur Barten ber

XI. fap. Das Jahr 1691. 245

Ansfchüffe gehört. Die Näthe Hatten fid) aber gleich anfangs nach und nad) wegbeneben. Als die Häupter nun zur Rathsſtube auch hinaus wollten, vourben fie von den bewaffneten Leuten umringt und darum angegangen, daß die Berzeigten eingefegt werden follten. Giej ante worteten ,. daß der Rath fle unfchuldig gefunden Hätte, und man fie folglich micht zur Strafe ziehen koͤnne. Hierauf wurden fie dennoch hinaus gelaflen, obſchon einer der Anweſenden den Degen aussog, Lernen vief und von Verraͤtherey (rad). Auf die erſte Nachricht des entflans denen Tumults waren aber die Berzeigten, welche fid) noch aufm Rathhaufe befanden, auf Befehl des Raths, durch eine. hintere Thür ber Rathsſtube, in ben oberften Theil des Rathhaufes zu ihrer Sicherheit geführt worden. Allein fie blieben nicht lange dort, und entflohen über die Dächer, bis fie einen Zufluchtsort irgendwo gefunden hatten. Zwey ergaben (id um Mitternacht, und flells ten fich bey einem Nathöheren ein, der fie unter Bes befung in das Gefaͤngniß führen ließ. Zwey andere wurden er den folgenden Tag, des Nachmittags, durch die Aufrührer in Kerker geworfen. Spörlin fam in ein abſcheuliches Loch, und Wieland flursten fie in den Waſſerthurn auf einen Bengel, wovon fie den Hass pel von oben herab Haufen ließen. Betr Ochs war - aufm Rathhauſe nicht erfchienen, unb fonnte fih, als

man fein Haus flürmte, noch gu rechter Zeit flüchten. Während dem und den ganzen Nachmittag, übten bie Aufruͤhrer unzählige Gewaltthatigkeiten aus, und vete

246 XVIL Periode. 1649-6911.

breitete aller Drten Schreien und bange Beſorgniſſe vor Mord, Zeuer und Raub. Sie mißbandelten. mehrere: mi Grauſamkeit, und fchleppten fie unter Fluͤchen, 2e fhuldigungen und Drohungen aller Orten in die fred lichſten Kerker. Sie Drachen mit Gewalt in verfchiedene Hänfer ein, um. ihre Widerfacher aufzuſuchen, oder (id an ben Interfchriebenen zu rächen. Die Haͤuſer der Ges bruder d$ (zum Aaflein) und dee Spörling wur ben aeffürmt, unb alles was darin war, vertheilt, zer: riffen oder zertreten. Bon den Folgen ihrer Mißhand⸗ Jungen farb im wenigen Tagen der Rathzdausknecht Faͤſch, umb der Schaden den fie in allem anrichteten, belief ſich auf einige Kunderttaufend Gulden, Inzwi⸗ (dien Hatten (id) bie Ruͤthe nerfammelt , fie waren :aber ohne Anſehen, und mußten von ihren Genftern aus dem Tumult Falthlütig. zuſehen. Auf der Saffranzunft Dinger gen befanden fid Fatio unb andere Ausſchuͤſſe, die eine ſtarke Wacht zu Gebotbe hatten, Befehle austheil⸗ ten unb bie vorgeführten Bürger Defpradyem. Cinem fagten fie fogar hoͤhniſch, dieß fen der Bürger Sache, fie hätten damit nichts zu tbun. Ihr Swed war, bey Anſtellung dergleichen Auftritte, den folgenden Tag einen durchgängigen Vergleich durch Zurcht zu erzwingen , und dann die begehrte Dazwifchentunft der Mediatoren, al8 dermalen unnöthig, widerrufen zu laſſen. Sie nerfehlten aber ihren Zweck, Klein» und Grofrátbe verglichen fid, und fie bahnten ſich durch diefen Tag den Weg theils

XIL Kap. Das Jahr 1691. 247

zur Richtſtadt, theils au andern Arten von Beſtrafun⸗ gen an.

Der große Rath wurde bann, verfprochenermas fen, am 23 Heumonats, verfammelt. Die Ansichüffer: «5, welche durch Bewaffnung der Bürger, Bereithaltung ei nes Reſervecorps in der Fleinen Stadt unter Anführung des bereits genannten Herbfters, Aufſteckung der Zunft fahnen, Beſetzung aller Thore und Pollen, Verſtaͤrkung ber Wachten, und Anflelung ſtarker Patrouillen, ihre Herrfchaft anzeigten, erfchienen vor dem großen Rath, und begehrten unter anderm folgendes: „Sollte der große Rath die ſchon [ange eingegebenen Begehren der Bürger fchaft beantworten, oder beffátigen, fid) mit bem Lleinen Rath vergleichen, und den bereits vorgefchlagenen Buͤr⸗ gereid annehmen, damit er am naͤchſten Sonntag abge» legt werden möge; zweytens follte eine allgemeine Amne⸗ fiie ertheilt, befiegelt und Lund gemacht werden.“ Nach einer langen Berathfchlagung , erhielten fie faf alles, was fie verlangten. Der große Rath beantwortete, bes flätigte oder (efte zu einer nähern Unterſuchung die laͤngſtens eingegebenen Begehren aus; die wechfelfeitigen Befugnifle des Fleinen and des großen Raths wurden mit beydfeitiger Einwilligung verglichen und feffaefegt; man verfprach den Bürger» Fahr» Eid nächflens abzunehmen, doch mit ber Bedingniß, baf die Ausſchuͤſſe vorher ihre Berrichtungen aufgeben volrten ; man ertbeilte endlich | bie angefuchte allgemeine Amneſtie, und (ette eine Strafe

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248 XVII. Periode. 1649—1691.

von 50 Gulden wider Diejenigen ans, bie einem etwas vom Gefchehenen rigen oder vorwerfen würden ). Hier⸗ auf wurden bie Gefangenen des geflrigen und heutigen Tages auf freyen Fuß geflellt, und bie Ruhe augen blicklich, ober dem Außerlichen Schein mad, ‚Wieden Weit ' S98 widtigffe, aber auch das einzige, das "Yon Diefem Tage, von diefem 23. Julii übrig blieb, war ber | zwifchen den Klein» und Großraͤthen getroffene Vergleich. Er wurde febiglid) bie Berfommmniß genannt, - und wir haben fein anderes fürmliches Fundamental⸗Geſetz. Ben der fchließlichen Errichtung deſſelben, machte. bie Vertheilung des Wahlrechtd den größten Anfland aus. Die -Kleinräthe und die Großraͤthe hielten darüher her fondere Sitzungen , uud ernannten nachgehends eine ge⸗ meinſchaftliche Commiſſion ^). Cublid) traten die Klein⸗

" Pj Von ber Amneſtie wurden doch, auf Begehren der Aus⸗

ſchüſſe, bie beyden Harder, Bater und Sohn, näm⸗

lich bet Stadtfchreiber und ber Schultheiß, bis auf wei⸗ tere Unterſuchung, ausgefchlafen,

P Während ihrer Berathung erſchienen die Ausſchuͤſe, | welche vorber dem großen Rath weniger als er anfprach, aber mehr als ber Nach zugeben wollte, einzuräumen verlangt hatten, nun aber anzeigten, daß fie mit deu Erflärung des Fleinen Raths vom 25. Junii wohl zu. feieden, und daß folche ihrer Intention conform wäre,

XII. Kap. Das Jahr 1691, 249

raͤthe einige Beſtellungen ab, die fie (i in ihrer Erklaͤ⸗ rung vom 25, Junii vorbehalten hatten, und der Vergleich Fam zu Stande. Diefer Vergleich tun, biefe Verkommniß, dieſes Sunbamentalgefeg lautete wie felat :

Crfanntnif Meiner Gnábigen Herren bed | Kleinen 9tatbà,

| betreffend dasienige, mas Eünftigs vorm Großen Rath . beftellt und tractirt werden fol.

„Nach dem, wegen allerhand eine Zeit babero eingerif- ſenen Miäbräuchen, zwifchen dem Kleinen und Großen 9tatb unterfchiedliche Mißverſtandniſſe ent(tanben , find felbige , mit beyderſeits gutem Willen, endlich dahin gütlid) vereinbart unb verglichen worden ; |

Erſtlich, follen diejenige Sachen , fo von ber höchften Unſeres Standes Importanz und WBichtigfeit (inb , und mel» de das Gemeine Weſen und beffen Wohlfahrt, und eined ‚jeden verbürgerten in(onberbeit betreffen, allein‘ von dem Großen Rath vorgenommen; zumalen darin nach ber den Bürgern gethanen Erflärung verfahren und gefchloffen ‚werden : Als da mit Namen find, wenn Bündniffe, Verträge, Eynungen und Serfommniffe mit fremden Herren, Zürften und Ständen zu machen; wenn einige neue Steuer, Com . tributionen, 9(ccifen und Umgeld, nach erbeifchender Noth⸗ burft, etma anzulegen, oder Alte zu erhöhen; Item wenn neue Eide angurichten oder altlübliche zu verändern: Nude jüge in Sriegsnöthen zu erlauben, und daranf wieder Fric«

ben zu machen; auch neue Statuta, unb unfers Standes Fun⸗ ^ bamentalgefeó de novo anzuordnen. Wie dena, moun in

250 XVII. Periode. 1649—1691.

der gleichen Materien , Sachen und Stüden, jener benambſt der große Rath legitime und ordentlich convorirt und zuſam⸗ menberufen ſeyn wird, er nicht allein die größte Obrigkeit der Stadt Bafel ſeyn, fondern auch was in folchen Sachen als bann per majora erfannt wird, felbiges befländig blei- ben, und obne beyderfeitd Willen, nicht geändert noch mus titt werden fol.

Ingleichen gibt man von Seiten des kleinen Raths gerne zu, bag binfünftig die Herren Bürgermeifter, Oberſtzunft⸗ meiſter, 9tatbós auch Dreyerberren, Deputaten, Stadt. und 9tatbéfd)rcibers ingleichen die Landvogteyen, Nechenräthe, alle Sefandtichaften; ferners Director über bie Schaffneyen; wie auch die annebmenben neuen Bürger ') vor dem großen Rath ermäblt; aud) die Melationen und Abfchiede) der Eidsgenöſſiſchen Verrichtungen vor eben diefem Rath abge⸗ legt werden ſollen.

Ferneres eedire der kleine Rath williglich, daß hier künftig die Landvogteyen Homburg und Mönchenſtein (denn wegen Ramſtein die Sache noch reiflich deliberirt werden muß). mie auch von den Ehnetbürgifchen Luggarus, Men⸗ dris unb Meyenthal unter die Herren des großen Raths und gemeiner €. Bürgerfchaft fallen. Zumalen zu jenigen Aem⸗ tern, als dem Waifenamt, Kaufhaus, Küfer-Amt, Stall amt, BauAmt, Zeug-Amt, Keller-Amt, Salzamt, Korn⸗ markts⸗Amt, Unzucht, Reformation und Laden Amt auch

Do d

1) In der Folge wurde ed and) auf die neuen Bürgerin- nen ausgedehnt,

? In der Folge mußten auch die Inſtructionen von Sei⸗ ten des großen Raths gegeben oder beſtätiget werden.

XI. Kay. Das Jahr 1691. 251

allegeit jemand vom großen Rath gezogen, Doch bag dieſe und alle vorige Aemter und Dienfte zu beftellen, und was fonften zu verhandeln, wie e8 immer Namen baben möchte, dem 9tegiment bed Fleinen Raths, wie bis autero, alfo auch noch fürbaß, zu beftellen , qu tractiren, und darin nach alt fiblichem Gebrauch, Herfommen und Gemobnbcit zu verfab- ren und zu erfennen gänzlich anheim geſtellt und überlaffen werden folle. Actum den 23. Julii 1691,

L| 4 254 Den 24 und 25, Julii,

Die entlaffenen Haͤupter, Raͤthe und Sechfer bif deten eine befondere Partey aus, Die auf ihre Wieder einfegung vornehmlich Hinausging, und bie übrigen Res gierungen der Schweiz, welchen bie gegebenen Benfpiele bedenklich vorfommen mußten, ganz auf ihre Seite qe» bracht Hatten. Man fagte auf der Tagſatzung und aller Drten, daß der Poͤbel die beflen Blumen aus Baſels Kranz weggeriffen hätte. Man vühmte ihre vor Zei» ten auf den Tagſatzungen gegebenen NRathfchläge, und bezeugten thätigen Eifer. Man warf vie Frage auf, ob kuͤnftigs Bafelifche Gefandte nicht von den Tagſatzun⸗ gen ausgefchloffen werden follten. Diefe Partey zaͤhlte unter den ihrigen Leute, die fih grobe Drohungen, Reden und Schreiben erlaubten, über welche ber ge meinffe Mann, in der grimmiaften Wuth der Leidens (daft, vielleicht ſelbſt erröthen würde. Sie hatte ame fangs ihre Zufammenfünfte aufm, Birsfelde gehalten, und mur Diet fie folche theils aufm Mönchenfleiner

en

252 XVII. Beriode 1649—1691.

Schloß, deſſen Landvogt Namens Frey, ihr ergeben war , tbeilé zu Riehen, wo mehrere Mißvergnuͤgte (id) aufhielten. Die bewilligte Amneſtie wurde von den Entlaffenen, die in der Stadt geblieben waren, öffent lid) getadelt. Diefe sogen hierauf aus ber Stadt, unb begaben (id) zu den übrigen, die einen mad) Riehen, bie andern auf Drönchenflein. Bald verbreitete (i dag Gerücht , daß in der Nacht vom 30. auf den 31. Feuer an vier Orten in der Stadt eingelegt werden follte ; Daß der Landvogt Frey vorhabens wäre, alsdann mit 400 Dann gegen bie Stadt anzurüden, und durch das Aſchemerthor, welches die Mitverfchwornen eröffnen würden, Dineim zu ziehen; daß er (id 6 Stüd grobes Geſchuͤtz angefcbafft, und folche wirklich ſchon gegen ble Stadt gerichtet hätte. Herbſter fagte allen Leuten, er hätte fie felber gefehen. Die Ausfchüffe ſchickten zwey Spionen gegen Moͤnchenſtein, und ba bie Schloßwache einen derfelben fef gehalten, fo lie ihn der Landvogt, unb zwar mit unnöthigen Drohungen , einfeßen. Der andere ritt aber in die Stadt queüd , und zeigte den Ausfchüfen den Vorfad an. Mitten in der Nacht bes gehrten einige Ausfchäfe vom Bürgermeifler Socin, daß fünfzig Vürger mit dem Stadtpanner, sur Befreyung eines Bürgers (Heber war fein Name) nad) Moͤn⸗ chenftein gefchict werden möchten, Socin jog die Sache in die Länge, unb fonnte noch vor Anbruch des Tas ges den Landvogt warnen laſſen. Der Landvogt fehte den Heber auf freoer Fuß, unb ging dann mit den

XII fap. Das Jahr 1691. 253

Mißvergnügten nach Arlesheim. Heber fam nad Bafel gurüd, unb erzählte wundervolle Sachen. Die Trommel wurde gerührt. Hundert und fünfzig Dann zu Fuß und adt zu Pferde zogen auf Mönchenflein, fanden muc des Qanboogtó Tochtermann, Barthens fhlag, und eine alte 9Xagb , fledten das Stadtpanner oben hinaus, und befeGten Das Schloß. Vielleicht glaubt jegt der Leſer, daß fie ble Unterthanen von der Leib» eigenfchaft Defrepen, ihnen Bürgerrecht, Aemterfaͤhig⸗ feit, Gewerböfrenheit ertgeilen werden. Mit nichten.

Am Nachmittag des gleichen Tages fchidten die Ausſchuͤſſe 19 bewaffnete Klein» Basler, unter der Ar führung des Herbſters nach Riehen, mu die dort befindlichen Entlafenen gefänglich einzuholen. Sie fuch- ten folche aber anfangs vergeblih. Endlich famen (le in das weißiſche Landgut, wo bie Entlaſſenen unter einem Heuſtock verfiedt lagen. Herbfler wußte c8, beforgte aber, daß die andern in der Raſerey, mit einem Spieß oder Degen darin. flechen möchten. Ev hielt fie von fernerm Nachfuchen ab, und wußte fie fo wohl zu befanftigen, daß fie rubig in die Stadt zuruͤck⸗ kehrten. Verſchiedene der übrigen Mißvergnügten aber, die fid) in bem Haufe befanden, Hatten den Herbſter vorher zu fich berufen lagen, ihn geheißen neben ihnen fige, und ibm zu eſſen umd zu trinken gereicht. - Diee ‚fes Boflid)e Setragen hatte Folgen. Der nämliche $erb(fer wird in einigen Monaten den atio unb

C

954 XVII. Periode. 16491691. andere feiner Mitausfchäffe auf -das Blutgeruͤſte fühs

te.

9tad) dem Abzug der Klein: Basler begaben fid die Entlafenen über den Rhein, durch das Frickthal und das Lieſtaler Amt nad) Moͤnchenſtein, zum Lands vogt Fren, und wurden dort, unb auf ben Grünen, wie zu Arlesheim, von ihren Freunden aus der Stadt haͤuſig beſucht.

Den 26. NT 9, | Den 25. halte man Abends um fünf Uhr die

z Amneſtie, wie aud) bie erörterten unb nod) zu berichtl-

genden Puncte den Bürgern auf den Zünften abgeles fen. Den 26. wurde der Bürgereid in der mehrern Stadt, und den 27. in der mindern Stadt abgenoms men. Die Ausfchüfe glaubten, daß dadurch feine Mes diation mehr von Nöthen wäre,

Die Mediatoren Iangten aber den 29. mit 30 Dienern and AO Pferden an, und blieben bier Dig auf den 9. September: Während diefer Zeit war es eb eentiid) um: die Annahmen ihrer Mediation, in dem Verſtand wie fie e8 meinten, su tbum. Cie h erflärten _ fid) bald unverholen, daß wenn gütliche Vermittlung nichts feuchten ſollte, fie als Schiedsrichter oder Saͤtze fprechen würden; eine Behauptung, bie, wie bereits

bemerkt worden, bem eidsgenöfffchen Recht ganz gui» . der lif, indem Säge immer zu gleichen Theilen von

XIL Kay. Das Jahr 1691. 255

den flreitenden Barteyen erwäßlt werden muͤſen. In den erflen Wochen war ein Theil des großen Raths aud) anf feiner Hut, und diefer Theil Deffanb vornehms lich aus den neuerwählten Haͤuptern, Räthen und Sech⸗ fern. Aeſcher ‚Hatte den 5. Auguſt im feiner Anrede an den großen Rath aefagt, taf fie bie Punkten, die man für richtig und erörtert anfahe, ihnen noch ganz unvolllommen wären , unb daß wir einem Kranken ähn lich fähen, der des Arztes bedürfe, und fich dennoch

nicht helfen laffen wolle. In einem Memorial vom "

Auguſt fprachen fie von aufzsurichtendem Anſe⸗ ben der Obrigkeit, von ungebemmterm Gang der Suffig, von Tröflung eines jeden, web ches auf die Entlaffenen gemeint war. Dennoch, ba fie in einer fernern Zufchrift, fi erklärten, daß fi nichts vorhätten, das zum Nachtbeil derjenigen, die ſich nunzumal in dem Stande (in Aemtern) befänden,

gereichen fónnte, fo wurden fie vom großen Rath, als -

Vermittler, und wo nötbig, als Säbe angenommen.

In Anfehung der Bürgerfchaft Hatte es aber eine andere Bewandtniß. Schon bey der Bewillkommnung gab atio, in einer fonft febr angemefienen Rede, zu vernehmen, bag er fie mur als folche anfabe , die bie eidsgenoͤſſiſche Gewaͤhrleiſtung für die berichtigten Punkte ten. anbieten follten, fonff, faate er deutlich, hätten fie feine Urſache fich ‚hierin einiger Weife zu bemühen. Viermal wurden bie Stimmen der Bürger cingefammelt

256 XVII. Beriode. 1649—-1691,

and im Grunde wußte man jedesmal nicht vet, was die Mehrheit angenommen zu haben durchgängig glaubte. Die Ratbefchriften , und andere Berichte ber obrigkeit⸗ iden Partey melden zwar jedesmal, daß die Mehrheit guͤuſtig ausgefallen ware, andere Berichte Tauten aber anders: Die Ausfchüffe behaupteten gleichfals das Ger gentheil, und gewiß iſt es, daß die Diedintoren vor ihrer Abreife felber fagten: „Ihr habet alles verfaumt, ba ihr unfre Mediation verachtet babet, und folche nicht annehmen wolltet.“ Alles rubete auf einem Mißver⸗ (anb. Die große Mehrheit wollte Feine Säke, die ihre Sprüche mit Gewalt handhaben follten, fie wollte viel weniger, daß diefe Sprüche das bereitd Bewilligte aufheben, oder minder oder mehr abändern koͤnnten. Allein wenn man die Stimmen fammelte, fo (prad) man nicht vecht deutlich, und mancher verfland unter Mediatoren nur Rathgeber, bie höchflens den Berathuns gen über die unerörterten Punkte beywohnen, und et» wann uber das Gefdebene auch irgend einen Borfchlag eröffnen möchten. Dem fen aber wie ihm wolle, fo wurde die VBürgerfchaft ben 9. Auguſt, anffatt auf Zünften, im Muͤnſter mit der Uniwerfität verfammelt, Aeſcher trug ihre die Mediation an. Er fprach mit Ernſt: © - - . »Da, fagte er, der leidige Catan den Saamen der Zwietracht in diefe Stadt ausgeſtreuet babe, fo follten fie zuſehen, daß nicht dieſes Glied, ‚welches ein Ange der Cibégenoffenfd)aft fep, von dem übrigen Körper abgeriſſen werde. Er that aber nut

XIL Kay. Das Jahr 1691. 257

Meldung von Vermittlung und von. den Punkten, bie noch nicht erörtert waren; zuletzt fagte er, nach eini» sen Berichten, daß bie Bürger ihr Wohlgefallen ntit lauter Stimme bezeugen, die übrigen aber fb zur Rire che hinaus begeben follten. Andere melden, Daß erſt nachdem die 7^ oder % Ka gerufen hätten, er die Worte ausfprad) : , Gebet nur beim, und es fegne euch . ber. Herr.“ Die Ausſchuͤſſe fagten ohnedieß auch bald hernach, daß Hinterfaßen, Buben. und Roßknechte uns ter den Zuhörern geweſen wären. : Daher verfuchten «d bie Mediatoren einen andern Weg einzufchlagen. Sie verfantmelten (id den 11. Auguſt aufm Rathhauſe mit.?/ ber : großen Unterfuchungs » Commiffion , und bie Vorge⸗ ‚festen jeder Zunft ſollten, nad) erhaltenem Auftrag, ihnen ihre Sunftórüber. anführen, damit ein jeder. bes ſonders vernommen werben Fönnte. Allein, als der Zug angegangen war, machte fi) auf bem Wege, bet eine nad) dem; andern heimlich fort, unb Taum ſtellten ſich, eins ins andre gerechnet, ‚Acht Bürger von jeder Zunft vor den Stebiatoren-. Surg darauf erhielten bie Ausſchuͤſſe einen andern Sieg. Die bisherige Unterſu⸗ chungs Gommiffion wurde aufgehoben, und eine andere. von 24 Perſonen niedergefeht: Sie befland aus den ‚vier Hänptern, Stadt» und Statbfdireiber , ſechs $i» ten, fechE Großräthen und ſechs Ausſchuͤſſen. Dario ber bezeugten die Mediatoren, am 13. Auguft, ein gro⸗ des Mißfallen. „Ihre Gegenwart fep. unnüt. Qe wol⸗

VII. Bond ee ee R

vo

258 XVII. Periode. 1649—1691,

len verreifen. Sie lagen die Folgen Gott und der Zeit empfohlen fern.“ Dennoch blieben fie ferner bier. Sie begehrten fogav den 14. Augſt die Mittheilung der Al⸗ ten, auf welche die Entlaffenen ihre Stellen hatten vers laden müfen, wie aud) daB man diefe alsdann vov

ben Richter weifen möchte. Sie fprachen- wieder von der Mediation, unb beflimmten als Gegenflände derfel«

ben, alle ihnen zugeſtellte Artikel. „Sie werden, fags ten fie, beyde Parteyen anhören, unb eine gütliche Ver⸗ einbarung verfuchen ; ſollte fie nicht erhältlich ſeyn, fo werden fie fprechen; und wenn man diefen Entfchluß nicht annehme, fo wollen fie verreifen.“ Dieß bewog den großen Rath die Bürger wieder vernehmen zu laf»

5 fem. Nun gefhah ed den 15. auf den Zünften, "in

—— M

Benfenn der Vorgeſetzten, und durch bie Ausfchüffe. Der Bericht fiel im Rath , daß die Mehrheit der Zünfte erflärt Hätte, damit zufrieden gu (eor. Es famen aber Gatio und andere Ausfchufle vor den großen Rath, und eröffneten, daß, weil mum bie Bürgerfchaft zufrieden wäre, der große Rath folded aud), "durch eine Er⸗ kanntniß bezeugen ſollte. So bedürfe man feine Dies biation mehr. Diefe unbegreifliche Auslegung des eins gelommenen Berichts , fol billig Defremben ; es möchte denn auch dießmal ein Mißverfland anf den Sünften obgewaltet, ober die Vorgeſetzten feinen Achten Bericht abgeftattet haben. So viel iſt gewiß, daß man den 21. Augſt einen nochmaligen Verſuch bep den Bürgern machte. Sie wurden nun auf eine andere Art befragt.

XIL Kap. Das Yale 1601. 209°

Es geſchah Quartiersweiſe und. von Haus zu Haufe. Das Refultat war folgendes: 586 nahmen bie Media⸗ tion an; 282 waren nicht zu Haufe: wer liefen fid verlaͤugnen! 141 machten Vorbehalte, und 234 ſchlu⸗ gen geradesu die Mediation ab. Mas war aber hun nit Weiter gerüdt ald vorher, benn, wenn bie Aus⸗ ſchuͤſe die 282 Stimmen ber. Abweſenden für fid) zähle ten, fo war bie Mehrheit um 71 Stimmen auf ihrer. Seite. Der große Rath Iegte aber::dies Sache anders ans. Allein, bey bem er(fen Berfikk::.edrer. gütlichen medintorifchen Handlung, wo ed imm die: Vuͤrgerbeſtaͤti⸗ gung ber vom großen Ruth angenommenen Borfchläge ber Diediatoren zu than war, zerſchlug Ach.ailed.: Die Bürger Tiefen andeinander fort: Es hatte ſreylich der große Rath erkannt, dag fant Annahme mme Anzeige; weiſe gefcheben folte. Allein, unerhoͤrt war ef. daß beg einem gütlichen., oder recht lichen Vergleich die eint Partey allein bie Borfchläge der: Vermittler annehmen; | und die andern fur einen Zuhoͤrer dieſer Annahme ads ' geben folte Es erfolgten hierauf Auftritte. Die Yuda ſchuͤſe erhielten ‚dennoch xintn fogenannten Pacificationds Eid. Die Ablegung deſſelben wurde aber ünterbrodjen und die Repräfentanten verreiſten den -9; September, a Vorher hatten fie ſchon den’ 2. dem Rath ſchriftlich ge⸗ meldet, daß fie ihren Obrigkeiten alles was vorgefallen, berichten wollten, und daß fie dennoch ihre ‚Sorgfalt - für unfere —- fortfeten 2 und auf-Kiveiliges id 0423 C

260. XVII. Beriode. 1649-1691.

ven mit Hülfe, Rath umd That," ruft eidsgenoͤſſiſcher Bünde. nicht .abfenn würden, in ber Erwartung aber, hag vordeift Der ;hiefige Stand ſelbſt fein Amt, und feine Obliegenheit zur Sepbebnitung des obrigfeitlichen Gewalts und Anſehens vorfeDren , und alle Möglichkeit . ‚dazu anwenden werde." Am. Tage ihrer Abreife fags ten fie einem: ber Ausſchuͤſſe, Johannes Müller, der nachgehends enthauptet wurde, frevmäthig: „Sie erken⸗ nen ibn für einen- verſtaͤndigen Mann. Sie glauben amb, daß feine Gebanfen nicht. auf Boͤſes geflanden. Er werde .aber- (eben, wenn es zum. Ende Tommen fol, baó man nicht bie, fo rauhen: und pländern wollen, - fondern die. vornehmſten und verfiändigften bey ben Koͤp⸗ fen nehmen werde.“ Eine wichtige Frage bietet fi. dar. Warnum entfernten fich ble Nepräfentauten zu eio

ger. Zeit, wo Verwirzung und Gahrung ehender zuzu⸗ nehmen, als ſich zu legen fchienen.? Verreiſeten fie, weil bie Rolle maͤßiger Zuſchauer ihres Auftrags uns - würdig war; oder. weil. fie mit einem Theil der Raths⸗ verſammlungen, gleichwie mit einem Theil der Bürger ſchaft, Böchft unzufrieden. fegu mußten, oder weil fie Durch den Eindruck, welche ihre Abreife bey manchem machen würde, die obrigkeitliche Sparte) zu vergrößern hofften, oder endlich weil ſie Kenntniß von dem bevor fichenden Ausgang: der Dinge Hatten, und allem Ver⸗ badt einiger unmittelbaren Einmifhung ben ſtrengen Vorkehrungen mad’ Gerichtspflege, wie aud) bingenen - aller Dazwifchenfunft zur Milde und sur Segnabigung,

XII. Kay. Das Jahr 1691. 261

andweichen wollten? Allein die Quellen der Gefchichte Beantworten diefe Fragen nicht.

Uebrigens verreifeten fie nicht fo ganz unverrichtes ter Dinge: Denn, wenn gleich in den erfien Wochen ihres Aufenthalts die Parten der Ausichüfle fid vers ſtaͤrkt hatte, fo verminderte fie fid) bakd hernach. Die Abnahme ihres Einfluffes zeigte fi bey mehrern Faͤl⸗ fen. Es wurde den 16. Augſt eine Art 9fufffanb oder 207 Aufammenlauf wider Fatio in der Tleinen Stadt er» regt, über welchen er fo wenig Genugthuung erhielt, ba feinen Widerfachern in allgemeinen Ausdrüden ges fattet wurde, den verdaͤchtigen Perſonen den Eingang in ihre Stadt zu verfperren. Der dortige Schultbeiß, Bernard Burkhardt, war ein Verwandter von einis gen Entlaffenen. Den 22. Augſt gelang es zwar einem Theil der Ausfchäfe, einen Tuchmann, Namens Joh. , Zudwig Ffelin '2, ben der Rath, als Schreiber eines

1) Seine Ehefrau zeichnete (id) baben als eine tapfere Goto gattin aus. Sie gab ihrem Manne und feinen madjte babenben Freunden Yufferte und türkiſche Säbel. Sie bewaffnete (i) mit zwey Piſtolen, trat zum Fenſter,

und fchrie den Vorbeygehenden ans vollem Halfe: „EI gefchebe ihrem Manne Nothzwang; er werde über ſei- nen Brief Auskunft geben; Sechſer hätten auch einen Brief, die Quelle des gegenwärtigen Unbeils gefchrie« bens man me ibn mit diefen En u. ſ. w.

262 XVIL Seridde. 1649—1691.

Briefes wider bie Nepräfentanten, und über die Nicht annabme der Mediation, Depfüngen laſſen wollte, in feinem Haufe zu bewachen, bis er fich pflichtig machen fonnte. Allein er wurde ertappt, eingefegt, befprochen, haͤrter geſetzt und geſtraft, ohne daß irgend jemand ſich regte, wm ihn zw befreyen. Die Verwandten mußten beym Rath einfommen, und um Begnadigung bitten. Gleichfalls fonnten es die Ausfchüfe nicht bintertreiben, daß die Medigtoren vom großen Rath, (don den 17. Augſt, erſucht wurden, über alle bisherige Ber Handlungen ihe Gutachten einzugeben, worauf biefe inſonderheit die Zunfts und Volkswahlen der Oberfe zunftmeifter, -Smeiffer unb Sechfer febr tadelten, und nachgehends anriefhen, die Erwählung der Sechfer den Zunftbruͤdern zuruͤckzunehmen. Eben fo wenig fonnten e8 die Ausfchüffe verhindern; daß die Sache ber Cnt» offenen nicht: betrieben wurde. Sie begingen fogar bie Schwachheit eine Glaffification derfeiben vorzufchlagen, allem Anfchein nad), in der Hoffnung die Benbehaltung der Voltswahlen beffo leichter von den Repräfentanten zu erhalten: Sie fahen aber nicht ein, Daß die bloße Möglichkeit, Leute, die nur von Rache und Umſturz der neuen Dinge ſprachen, wiedereingefegt zu fehen, manchen feigen oder furchtfamen Bürger von ihrer Par ten nach und mach entfernen würde. Der große Rath foßte den 2. September einen förmlichen Schluß gu Gunften der: Entlaflenen , die theils als supernumerarii angenommen, theilg mit Anwartfchaften getroͤſtet, theils

XI. fap. Das Jahre 1601. 263

für Aemterfaͤhig erklärt, theils endlich mur für zwey Fahre von der Aemterfähigkeit ausgeſchloſſen werden folten. Die Bürgerfchaft wollte swar den folgenden Tag bie Anzeige davon, wie von andern Bunlten, nicht einmal anhören; der Schluß blieb aber. erkannt.

Auch Hatten bie Ausfchüfe ein wichtiges Hinderniß zu

Deben ; es war bie Fruchttheure, welche bie von Oi ten Oeſterreichs ſowohl als von Seiten Frankreichs ver» Dángte Sperre veranlaßte. Die Ausſchuͤſſe fagten zwar, baf die Fruchtfperren ein angemachtes Spiel ihrer Geinbe wären. Sie fprachen viel von Kornjuden , und perzeigten fogar den Bärgermeifter So cin und andere Rathsglieder. Mein, mum fühlten fie er ihre Schwaͤ⸗

che, da aus der angeflellten Unterſuchung nichts geunds -

liches herauskommen wollte. Sie firandeten gleichfale bey einem andern Gegenfland, ber mehr als einem am Herzen lag. Es betraf die Bezahlung , oder Vergütung der flarf aufgelaufenen Unkoſten fo vieler Sitzungen auf den Zünften mb Gefehfchaftshäufern , und anderer Vor⸗ februngen. Niemand wollte, oder fonnte länger Dor»

gen. Zweymal begehrten bie Ausfchuffe bie Vergütung -

des gebabten Aufwandes, und zweymal flellte man bie Antwort and. Endlich Hatte bie Abichwörung des et» haltenen Baeificationseides einen. doppelten Zweck, die Beſtaͤtigung der bewiligten Punkte, und bie Sicherheit ber Ausfchüfle; und biefe Abfchwürung, es möge aus Mißverſtand, ober durch geheime Raͤnke der fchlaueflen

unter ihren Gegnern gefchehen ſeyn, wurde am 8. Sep.

264 XVII. Berlode- 1649-1691.

tember tummltuavifch vorgenommen, und faum von bem vierten Theil geleiflet. Zu dem allem konnte einigen unter ihnen die Muthmaßung nicht entgehen, baf mag. diem Entlaſenen oder Anhänger der .chevorigen Der faffung bie unbedingte Annahme der Mediation , obfchon ans weit gudern Gründen, aud) eigentlich, fowohl als ihnen, zuwider ſeyn mußte. In dergleichen Berfaf- fungsgefchäften, wenn die Sachen einmal weit gefom- men find, fprechen felten eidsgenöffifche Bermittler einer Partey alles durchaus ab; und die Deftigtem von der Gegenpartey wollten nicht nur alles abgefprochen haben, fondern auch Rache ausüben und ſtrafen.

10. 19. September.

Die Abſchwoͤrung des Paciſications« oder Verſob⸗ pungs » Eides war num der Zankapfel, Man ſtehet ge meiniglich im falfchen Wahn, als wenn die Obrigkeit Diefelbe aufrichtig gewünfcht Hätte, und man überlegt nicht, daß alle Klein. Basler , bie fchon gewonnen was ren, folche abfchlugen, und daß der Rath die Hand» lung der Eidesleiſtung durch die Ableſung einer Schrift anfangen ließ, welche bey naherm Nachdenfen , noth⸗ wendig bie Vollspartey aufbringen mußte, indem. fie ben Umſturz der ganzen Revolution vorbereitete.

Es Hatten nämlich den 5. September Die Aus⸗

| ſchuͤffe unter anderm zwey Haupthegehren angebracht :

gum erſten, daß die bewilligten Reformatlongpuntte,

XIL Kap. Das Jahr 1691, 265

wie fle folie hießen , in rechter Korm benvfunbet , mit dem großen Inſiegel verwahrt, unb der Bürgerfchaft zugeflellt werden möchten. Das zweyte Begehren war ein Pacificationseld und General-Amneflie. Letzteres wie man leicht einfiebt, folte fid auf das erfeve beziehen. Der Berfiand war, daß die Bürger gegen Ausſtellung gedachter Urkunde, ſich zur Ruhe begeben, unb ben Bürgerlichen Gehorfam wieder leiten würden. Sogleich veriprach der Rath die Ausfertigung ber verlangten lite Üunbe. Allein dadurch, wie man es weiter fehen wird, legte er nur ben Ausfchuffen eine Falle. Das Begeh⸗ ten des Verfühnungseides und ber allgemeinen Amneſtie uberwies er einer nähern Berathung, gab aber zu oleis

cher Zeit gute Hoffnung zur Willfahr. Schon den 7.. /

wurden die Auffäße der Verföühnungseide, und einer Vorrede zu denfelben, nach gepflogener Unterredung mit den Repräfentanten und einigen Ausſchuͤſſen, dem gro⸗ sen Rath vorgelegt, unb nach erfolgter Beſtaͤtigung def felben, einigen Ausſchuͤſſen wieder mitgetheilt, bie noch von ben Neprafentanten eine Glaufel erhielten, welche eine Art Gewaͤhrleiſtung von Seiten der Eidsgenoſſen⸗ fchaft abgab. Den gleichen Nachmittag verfammelten bie Vorgefegten der Sünfte ihre Sunftbrüber, unb zeige ten ihnen an, daß .der folgende Tag zur Abfchwörung der Verſoͤhnungseide, die ihnen vorläufig verlefen vont» den, angefegt worden wäre, und baf eine Rathsdepu⸗ tation, in Regleitung der Mediatoren, den Eid abneh⸗ men würde Allein die Bürger faßten ſchon einigen

-

E . | 266 XVII, Beriode, 1649—1691.

Argwohn. Sie begehrten bie Reformationspunfte. Man ermahnte fie aber zur Ruhe, und betheuerte ihnen, daß fie folche fchrifttich beffätiger tnb in befter Form beur⸗ funbet, über acht Tage bekommen folten. Nun ger wann bie morndrige Handlung dadurch eine andere Ge⸗

Kalt. Der Pacificationdeid durch bie Vorrede erläutert,

band ben Bürgern folcher Geffalten die Hande, daß fie unmöglich, nach deffen Ablegung , ohne einen neuen Yuffland , auf bie Herausgabe gedachten Urkunde hätten hoffen Türmen. Die Ausſchuͤſſe hatten gewiſſermaßen wohl im die ihnen mitgetheilten Auflage einwilligen koͤn⸗ nen, um fid zu rechtfertigen, unb den Wunſch einer baldigen Wiederherffelung des vobrigkeitlichen Anfehens zu beweifen; allein, es fonnte nur in ber Vorausſetzung gefchehen , daß bie Bedingniß, namlich bie Weberreichung der beurkundeten Punkte, vorangehen würde. Daher ging, am folgenden 8. September, alles auf den Zuͤnf⸗ ten in der größten Unordnung zu; unb dieß mußte man erwarten. Schon auf der Spinnwetter Zunft, mit welcher der Anfang, wie gewöhnlich, gemacht wurde, als der Rathfchreiber die Eidesformel abfchwören lafen wollte, lief der mehrere Theil davon weg. Es fd)wor faun der vierte Theil der großen Stadt, und Niemand jenfeits. Man wurde überfchrien; Drohungen liefen fi vernehmen ; die einen fanden den Eid zu fehwer; andere wollten, daß man das Gefchäft des Kornhan⸗ bel$ zuerſt unterſuchte. Ueberall ertónte das Gefchrep:

XIL Kap. Das Jahr. 1691. 267

„Man fol vor allem bie exörterten Reformationspunttg zuſtellen.“

Nun wurden denn im Laufe der Woche dieſe Punkle abgeſchrieben. Der Rath ließ drey Exemplare verfer⸗ tigen, und mit dem Stadt⸗Inſiegel bekraͤftigen: dag eine wor für das eidsgenoͤſſiſche Archiv zu Zürich, das

andere für bie Buͤrgerſchaft, und das dritte für die Dien ——

fine Kanzley beffümmt. Diefe Urkunde, welche ein zwey⸗ fed Gunbamentalgefeg abgeben. follte, war eine Samm⸗ [ung von 178 Begehren oder Vorträgen der Aus⸗ (due, und unter jedem bevfelben , fand (id) die Ant» “wort oder ber Beſchluß des großen Mathe. 38 derſel⸗ ben betrafen die economie *), 95 bie Polizey *), 29 die Suflig ?) , unb 16 bie Privilegien *). Sie wur

1) Zum Benfpiel, Nr. 37., daß die Herren Häupter gleich andern den Zebenden von ihren Gütern geben follten, Erfannt: „Sol gefcheben.“

?) Zum Beyſpiel, Ar. 2 , daß tünftigé in dem Kirchen gebet der Bürger vor ben unterthanen gedacht werde. Erkannt: „Iſt willfahrt.“

2) Zum Beyſpiel, Nr. 4. Die Titel der untern Gerichte zu ſchmählern, um den deßhalben entſtehenden Hochmuth zu verhüten. Erkannt: „Der Titel gibt und nimmt der Sache nichts; und hoft man auch nicht, daß deßwegen dieſe Herren hochmüthig werden ſollen.“

9 3. 9$. Der erſte Artikel verlangte, bag man,“ wie Ver Zeiten, ohne Unterſchied, bie Fremden in unferer

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268 XVII. Periode. 1649—1691.

Den am naͤchſten Sonntag, den 13. September, den Zünften zugeſtellt, und darauf follte zum Abſchwoͤrung des Paciſicationseides gefchritten werden. Allein dieſe Handlung lief nicht fo ab, wie man es meinen follte. Manche, und infonberbeit die Entlaffenen, waren nicht erfchienen, Der mehrere Theil der Anwefenden weigerte fid) die Verſoͤhnung zu beſchwoͤren, unb unter denfelben befanden (id) Großräthe und Ausfhüffe Die einen vete Jangten , daß die Entlaffenen und ihre Verwandte vore her fchwören follten; andere fanden die Eidesformel zu Kart, oder baf einige Reformationspunkte auf Schraus ben geftellt wären; andere nod) winfchten eine Abaͤnde⸗ rung in einem der Bunkte über die Polizey, Wenn man bedenkt, wie fehr es den Häuptern der Volkspar⸗ tey daran gelegen ſeyn mußte, bag diefer Tag wohl ablief, fo kann man fich des Verdachts nicht enthalten, daß ein geheimer Einfluß diefe Verwirrung wider den Hauptzweck der Bürger erregte. Gchon der timffanb, daß die Entlaffenen und ihre Verwandten nicht (dmi

Stadt, für ‚Schulden und andere dergleichen Anſpre⸗ eben, follte verarreiliren dürfen. Die Antwort mat: „Dieſes Privilegium ift eine fchöne Freyheit, unb foll frenlich gehalten, aber, in Ertheilung der Arreiten, die Sache jemeifen wohl beobachtet, und darin mit feiner auten Gemabrfame verfahren werden, damit nicht et» man aus einem gar geringen Anlaß dem ganzen Stand eine große Ungelegenheit könnte zugezogen werden,“

XII. Kap. Das Jahr 1691. 269

ren, befätigte den. Verdacht... Daß aber Großraͤthe und Ausſchuͤſſe zur Berwirrung beytrugen, beweifet nichts darwider, indem die Folgen der Kurzüchtigkeit, der Feilheit, des Leichtſinns und der Furcht dieſes leicht erklaͤren. Im Laufe der. Woche war man übrigens da⸗ mit beſchaͤftigt, diejenigen, Pie den Eid nicht geleiſtet hatten, sur Abſchwoͤrusg deſſelben anzuhalten, oder auf

zuzeichnen, unb da ber naͤchſte Gonna, ber 20. Sep 7 -

tember, das fogenannte Frohnfaſtengeboth war , fo ſoll⸗ ten bie Ungehorfamen an biefem Tag pur Ablegımg bed Verſoͤhnungseides aufgefordert werde

J

Den 20. und 21. September. -

Der Erfolg war von geringer" Bedeutung. Wei nige , beſonders von der Eleinen Stadt 7^ bequemten fid | dazu. Die übrigen fagten, fie hätten unlängft den Fahr eid abgelegt, andere, man folle zuvor den Fruchthandel und anderes unterfuchen. Dabey blieb ed; unb noch am gleichen Tage nahmen die Sachen eine ——— Wendung.

Schon in der Nacht vom 49. 2 den 20. war der Anfchlag gemacht worden, id) ber :Berfon des Fa⸗ tio zu bemächtigen. Nur die Werkzeuge des Anſchlags, worunter der mehrgedachte Herbſter ſich auszeichnete, werden in den hinterlaſſenen Berichten angegeben, die Urheber aber nicht. Sie laſſen ſich aber leicht erra⸗ tbe. Es gehörte qum Plan, bag der Rath dem Ver⸗

870: "XVII, Periode. 16491691.

ſohnungseide getreu zu ſeyn (hien , und gleichfam vont Bolt fanft, dem Anfchein mad), zur Strenge - | get werben. ſollte.

In gedachter Nacht hatten de nämlich 30 bis 4 | Kleinbasler auf bem Vlömlein, wo gatio wohnte verfammelt‘, inm ihn, wenn er bey früher Morgenszeit ausgehen follte, heimlich wegzunehmen. Es ſchlug Ihe wen: aber fehl. In der folgenden Nacht, vom 20. auf bei 21: , hielten fic wieder Wacht, und zwar in grös ferer Anzahl, vor feinem Haufe Einer der Entlafes nen, der Meifter Brenner, war der Anführer. Ein Schrotgießer , ein Nagler, ein Weinfchent und andere

dieſer Art fi In ber Nachbarſchaft wurde ihnen y reichlich zu eſſen und ju trinken à u Morgen ſchlugen fie Lermen. De fid. In ber kleinen Stadt rührt: rommel. Hierauf lies

fe die Kleinbasler durch einige der ihrigen den Rath bittet, den Fatio bepfümgen zu (afe. Nach bem Rathsbuch gaben fie zur Urfache an, daß ev, Dinters tüd$ der. Buͤrgerſchaft, ben Pacificationdeid begehrt Hätte. Nach ändern Berichten beſchuldigten fle ibm ai. derer Vergehen: er habe Das Verſprochene nicht gehal⸗ tens er habe von dem Kornhandel Wiſſenſchaft gehabt, und die: eade " nad) - T unterfuchen laf; m "

XII. Kap. Qus Jahr 1691. 271:

Die Blicht bed Raths war vor allem diejenigen gu ſtrafen, die ohne gefegliche Erlaubniß Lernen zu zwey Malen gefchlagen hatten. Er trug zivar jeder mann anf, fib zu erkundigen, wer Dintet der Sache . ſtecken möchte, unb. lieh den Kleinbasiern anzeigen, alles Bis auf weitere Erkanntniß anfleben zu laſſen. Allein er fügte Hinzu, daß wenn jemand etwas zu Hagen Bätte, er e$ an bem gebührenden Ort tun. folte. Bald er⸗ fehlenen wieder einige Bürger, bie das Anfuchen, man möchte atio anhalten lafen , wiederholten... Der Rath ließ es dem Zatio anzeigen, und begehrte eine Antwort .von ifm. Fatio berief: fi auC bie Amne⸗ fic unb ben Berfühnungseid, begehrte einen salvum conductum, und begab fi auf das Rathhaus. Der Rath begnuͤgte fich mit der Grfanntnif, daß mem je manb über ihn oder andere, etwas zu Klagen haben moͤchte, er fid an der Audienz anmelden ſollte, und daß man darüber maͤnniglich Recht verſchaffen würde. Hieranf ging der Rath auseinander, und Fatio war noch aufm Rathbauſe. Nun theikten (id) die vot dem Rathhauſe verfammelten Bürger. Die einen singen zum Buͤrgermeiſter Socin, mm auf bie Bepfängung Fatio nochmals zu dringen. Die übrigen be wachten das Rathhaus, und da ihre Anzahl fic) nach und nad) vermehrte, fuchten. $e iu im Ratbbenfe auf) verfolgten ihn and einem Saal. in bem andern, bis er fi ergeben, und felber. antragen mußte, ſich in ehte Sefangenfchaft zu begeben. Es geſchah. Sein Schwa⸗

272 XVII. Periode. 1649— 1681.

ger Conrad Moſis und einer feiner Freude begleite⸗ ten ihn auf den Aeſchemerthurm. In Enrger Zeit wurde tort von der Partey der Entlaffenen eigenmächtig eine Macht ausgeſtellt. Und fo traten jet Diejenigen, die

vor: einigen Monaten fo viel vom odrigfeitlichen Anfo ^—

" verlanten - , «ben dieſes d mit Füßen:

DU

22. 2 8, September. ; a8 it diefen fieben Tagen ſich zutragen wird,

kann der Leſer von ſelbſt erathen,

Die Volksparteh verſuchte zweymal den atio zu befreyen. Den Dienſtag (22.) Abends kamen 40

von denſelben in dieſer Abſicht, auf dem Barfuͤßerplatz

zuſammen, allein die Gegenpartey hatte 200 in der Domprobften , bie es verhinderten. Hierauf wurde ya» tio auf die Befomgenfchaft. des Rheinthors gebracht, und von den Kleinbaslern bewacht: In ber Nacht beg Mittwochs. anf. den Donnerſtag wiederholten aber feine Freunde den Verfuch. "Etliche Hundert Buͤrger follten fi) nach und nach asm. Barfüßerplag : verfammeln, das Zeughaus einnehmen, die Zugänge sum Kornmarkt beſetzen, Die Rheinbruͤcke abdeden,; die Hauptwache enb toafnen, einige Höfe ſtuͤrmen, und während dem, das Gefaͤngniß aufmachen. Johannes Müller wurde wb der feinen Willen, auf vieles Sieben ihr Anführer. eillein, er beging bem unbegreiflichen Fehler, daß er gegen Deittevnacht , che gedachte Vorkehrungen getroffen

XIL fap. Das Jahr 4691, . 273

. waren, mit einigen Bürgern fi) zum Buͤrgermeiſter Socin, der im Bette lag, verfügte, unb zwar in der Hoffnung die frepwoillige Befreyung des Fatio . auszuwirken. Als er nun, auf bie bekommene abfchlä- gige Antwort, fid) wegbegeben patte, ließ Socin in affer Stille feine Gollegen zu (id) berufen, und wäh rend fie alles zur Abwendung des Anfchlags verabredes ten, eine Rathsverſammlung anſtellen. Der Rath war bald beyfammen. Die Entlaflenen, die Vertrauten der obrigkeitlichen Partey, die Univerfitatdangehörigen, Die Stadtfoldaten besogen ihre angewiefenen Poſten. Zwey Kanonen, die zur Vorforge immer unter der Raths⸗ ſtube in Bereitfchaft Handen, wurden gegen den Kor markt herausgeruͤkkt. Es erging ein Aufruf an die Bürger. Man theilte unter biefelben Kennzeichen aus. Endlich follte Landmilis von den nächften Dörfern eins rüden, welcher Befehl bod) nur nach Riehen gu rechter Zeit abgehen fonnte. Diefe Hülfe war aber überflüfs fis. AS Johannes Muller bie verfchiedenen Haufen feiner Partey ausgefandt batte, um den unter Ihnen verabredeten Anfchlag auszuführen, fanden fie alles be» fest. Einige Schuͤſſe wurden zwar gegenfeitig logge brannt. Eine Kugel traf einen am Bein, die andern in die Mauern eines Haufes. ') Allein es Hatte feine weitere Folgen; alles war in Zeit einiger Stunden -

' * Diefes Haug wird sum Hund genannt. i VIL Sont. —— - 6 ^

274 . XVII. Periode. 16049 1691.

vorbey, und Muͤller und andere mehr fonnten. ohne, Wi⸗ derſtand eingeſetzt werden.

Indeſſen war ein Criminalprozeß wider Fatio ſchon angebahnt worden. Sechs ganz gemeine Buͤrger, die noch in einem uͤbeln Ruf ſtanden, traten den Diem fing Morgen als feine Ankläger vor Rath auf; fie: brachten an; daß feine Anhaltung auf Beranflaltung des mehrern. Theil der Sirgerfdjaft gefchehen (ep, fie ba» then, daß man ihn als einen obrigteitliden Gefangenen annehmen möchte, fie begehrten auf den folgenden Tag die Zufammenberufung des großen Raths. Der Rath willigte in alles ein, und trug fogar den Gefellfchaften - ber kleinen Stadt auf, ihre Angehörigen zu vernehmen, and ale einfommeneen Anklagen wider atio, fchrift lid und unterfchrieben ,. vor den großen Rath bringen su lagen. Auffallend muß es vorkommen, daß der Rath, ber nad) ber Berfommniß und dem Inhalt des Bacificationseides, die Criminal Fuflig, wie vor Zeiten, allein ausüben follte, fi mum diefes Rechts in dieſem Galle fo leiebter Dingen begab. Allein, es mußte ihm daran gelegen feum , daß die Anzahl: der Theilnchmer en dem gerichtlichen Mord vermehrt wurde, daß man fif) über die gewöhnlichen Formen Hinausfegte, und baf bie Revolution, in Rüdficht des großen Raths ſelbſt, als nicht beendiget angefehen werde. Den Mitte woch ward alfo großer Rath gehalten. Die vorgetras genen Klagpunkte aingen dahin, daB gatio in mam

XIL Kap. Das Jahr 1601. 275

chen Stüden, und befonders im Anfehung der begeht

ten willkuͤhrlichen Entlafungen, ohne Auftrag und Wiſ⸗ fen der Buͤrgerſchaft, nehandelt hätte. Ein günfiger Siugenblid fchien aber ‚für Fatio beroorleuchten su wol» len. Einige Großraͤthe, bie ſich vermuthlich noch erin⸗ werten , vole der große Rath von der ‚bewaffneten Buͤr⸗ gerfchaft,: und niche won atio allein; war mebrmae len eingefperet worden, und wie "bie gleiche Bürgers ſchaft, "nad. ben. vorgegangenen Entlaſſungen, fo wenig an Einwendungen. Dachte‘, daß fie die erledisten Stel⸗ ken mit. großer Ungeduld .theils felber Defegte, teil durch den. großen Rath befegen ließ, einige Großraͤthe, fagen wir, brachten an, daß die Kleinraͤtbe ben Back ficationgeid ſchwoͤren ſollten, und es mußte audi wirk⸗ lich auf der Stelle geſchehen. Allein, Balb fief dieſer Eifer nach. Ciner. behielt ſich die-an im gefehehenen Mißhandlungen vor, und der Vorbehalt wurde ange nommen. Man fehloß von der Verſammluimg aus, alle neulich Erwählte, die Ausſchuͤſe geweien waren. Und anfatt der gewöhnlichen Eraminatoren, wurde eine Come’ miſſton nitbergefegt von, vier Rathsgliedern, mit Inbe⸗ griff des Stadtfchreibers, der das Eramen führen (olite, Wnb von zwey Grofrütfen, und einigen von der Ges

fneinbe , als Zuhörern. Den 25., am Freytag, um 7

zwey Uhr wurde Gatio befprochen- Man Hatte ihr dom Nheinthor auf den Eſelthurm geführt, weil auf bem Rheinthor feine Werkzeuge zur Folter vorhanden

e 23

276 XVII. Periode. 1649—1691. waren. Gleich bep diefer erfien Befprechung mußte. ev

ſich auf den Folterſtuhl fegen, und ber Stadtfchreiber

fob mit folgender Anrede an: „Unſern Gnädigen Herrn und Obern, if das Scepter ihrer Regierung feit etwas Zeit her, durch Gotts- und: Ehrvergefiene Buben aus der Hand geriſſen worden, alfo daß eine E. Bürgers fhaft aus den Schranfen der Barition :gefchritten itf.

Du bif ihr Rädlinsführer, Inſtrument und Werkzeug

pavefen. Du Hättefi das Regiment gänzlich zerruͤttet, und uber einen Haufen geworfen, wenn Gott.ed nicht geändert, und uns auf den Hentigen Tag feiner Gnade Helle hätte (deinen faffen, Es Hat eine €. Bürger fchaft der mehrern und mindern Stadt unterfchiedliche Punften wider bid) eingegeben. Daber du aud, auf felbiger Anhalten ,. bandfefl gemacht worden Dit, und Deputirte ben. Befehl bekommen haben, dich darüber

u eraminisem Man hofft, du werdet die Wahrheit

fügen , und dein Herz räumen, damit man nicht, dem habenden fharfern Befehl nach, dich per torturam dazu bringen muͤſſe.“ Hierauf folgten fünfzig Haupts frosküd, unb bie Cntoidelung "€

Da der ganze Aufſtand in (outer öffentlichen Hand lungen befanden, fo fonnte ev nur in feinen Antwor⸗ ten theils die Tächerliche Anklage der Eigenmächtigkeit ablehnen, theils fi minder ober mehr deutlich durch ba$ DBenfpiel der Großraͤthe, und die Anfforderungen

A

XII. Kap. Das Jahr 1691. 277

derfelben und der Geiftlichleit entfchuldigen '). Geine befte Antwort war diefe. Als man ihn über bie Privilegien befragte, welche er aus. Familienfchriften zu beweifen zu wollen fid) rühmte, erwiederte er: „Ich habe ja den Bürgern fchöne Zrepheiten suwege gebracht. Ich glaube nicht, daß an einem Drte in der Welt c8. fehönere gäbe. Wer fi) damit nicht begnuͤgt, i(f derfelben nicht werth.* Bon den Klagpuntten verdient aber jener be» merkt zu werben, daß er fi einf verlauten laſſen, graufe ihm jedesmal, da er in den Zufammenkünften ber Ausfchufe, die Schuhmacher um ihre Meinung De fragen muͤſſe. Dieſer Klagpunft wurde ihm auch vore gehalten. Uebrigens Heß ihm die Commiſſion den Scharf richter an ‚die Seite fielen, und ihm nachgehends in eine härtere Gefangenfchaft als bie vorige, in den fogeheißes nen Henkersthurm Bringen. Umſouſt berief er fid auf bie befchworne Amneſtie. Man wollte die Haupttrieb- rüber von ihm willen. Den folgenden Morgen (Sonns abend), wurde das Berhör dem großen Rath vorgelegt, der zwey von den. Beftigfien Entlaſſenen, Chriſtoph Surf» hard und Balthafar Burkhard abholen fief, und ihnen Gig und Stimme gab, weil, meldete die Erfanntniß,

e$ um eine hochwichtige &tandesfache zu thun wäre,

2) Als et auf eine der gefchebenen Fragen geantwortet hatte; Vox Populi vox Dei; erwiederte einer der TP minatoren: Vox Populi vox Diaboli.

278 XVII. Beriode. 1649—1691,

und man tiefer beyden Herren gute Consilia Huch vor nöthen Hätte. Nach einer Berathung von mehrern Stunden wurde ex zwar als Friedensflörer und Raͤd⸗ linsführer ſchon erflärt; man befahl aber ein zweiteg Berhör, unb ließ mehrere Bürger beyfängen. Er wurde fegleid) befprochen, und auf der Folter zweymal ge

fbíagen, das erfte Mal ohne Gewicht und das zweyte

Mal mit Gewicht aufgegogen '). Um drey Uhr war der große Rath (don wieder verfammelt, und er. ließ dieſe zweyte Befprechung ablefen, Er wollte-eine dritte fogleich erkennen, fand aber, auf gemachte Vorſtellun⸗ gen der Eraminatoren , davon ab. Er gab ihnen biers auf den Auftrag den Johannes Müller, wie auch des Fatio’d Schwager Johann Conrad Moſis, ju bes fprechen, und alles auf den folgenden Morgen, nach der Predigt, vorzulegen, Es geſchah. Müller be rief fid) auf den Oberſtpfarrer, der öffentlich gepredis get hätte, „daß wenn ein Feuer aufgebe, Jedermann löfchen ſolle“ Mofis fid auf die Knie nieder, und bemerkte , daß mancher, der im Rath (dfe, ſich aud)

P?) Nach Petri's Bericht (Bafel Babel p. 78.) fehalten ihn die Examinatoren bald einen Teufels bald einen Höllenhund. Sie follen fogar dem enfer ind Amt ge- griffen, und durch höchſt ſchmerzhafte Quassationes (Zerqueiſchungen) beu G atio am Geil noch mehr ge peiniget gaben. Er iff wicht der einziger der Dielen Umſtand erwähnte, |

XIL ftp. Das Jahr 1691. 279

unterſchrieben hätte, mit Gut und Blut für einen Mann zu fiehen. Der große Rath vourbe denn am folgenden Tag, an. einem Sonntag, nach der Morgenprebigt, verfammelt. Mehrere weigerten fich ‚an diefem Tage, zu einem Endurtheil zu helfen. Der Oberft Emanuel Säfch unb der Hauptmann Chriſtoph Imhof bezeugten, daß ſelbſt aufm Schlachtfelde nie Biutgerichte an einem Sonntag gehalten würden, und daß die Türken und Heiden an ihren Feyertagen kein Todesurtheil fprächen.

Sie fanden aber Fein Gehör. Es fcheint daß bie

Machthaber entweder Bewegungen Deforgtem, ober eine

N

Dazwiſchenkunft, eine Gürbitte von Selten ber Media

toren befürchteten. Man darf nicht vermutben, Daß eine folche Webereilung aus gierigem Blutdurſt entfprang. Fatio, Müller unb Mofis wurden zum Tode vers urtheilt, und den folgenden Morgen fd)on, ohne Bes

ſtaͤtigung des gewöhnlichen Stuhlgerichts , aus ihren .

Gefaͤngniſſen mit Trommel und Pfeifen abgeholt, und,

nicht auf bie gewöhnliche Richtflatt, fondern auf den Sornmarft, wo ein Gerüft aufgerichtet war, und vor das Rathhaus, wo. die Räthe an den Fenſtern flans ben, geführt. Dort empfingen fie durch des Scharfe richters Schwerdt den Todesſtreich. Zatio’s Kopf

. Winde aber am einer eifernen Stange, oberhalb dem

Uhrwerk des Rheinthors ansgefledt '). Moſis ae

—. D Petri erzählt in feinem Bafel Babel (p. 79. ) dag ein abgeſetzter Rathsherr mir diefem Kopf, mie mit

280 XVII. Periode, 1649—1691,

rieth wor feiner Hinrichtung in eine Art Raferey. Die - zwey andern aber erregten durch ihre gelaſſene Ergeben⸗ heit ein allgemeines Bedauern, und heiße Thraͤnen ſahe man fließen, als Fatio bie Richtbuͤhne beſtieg.

20, September 31. December, .

Die Stadtthore blieben einige Tage lang verfchloß fen, und Todesſtille berichte in der ganzen Stadt, Die getroffenen Sicherheits: Anflalten wurden lange fort: geſetzt, und bie Garni(on vermehrt, Eine Menge Strafs urtheile falte während beffen der große Rath. Er er Fannte Gelbffrafen yon 100 Pfund bis 800 Reichstha⸗ leen, Verwirkung des Buͤrgerrechts, Landesverweiſun⸗ gen auf einige Jahre, Hausarreſte von 6 Monaten bis bier Fahre, Baleerens, Zuchthaus⸗ und Schellenwerk⸗ ſtrafen, Entſetzungen, feyerliche Abbitten, Unterſagung aller oͤffentlichen Oerter, Verboth das obere Gewehr zu tragen, Ehr⸗ und Wehrlos⸗Erklaͤrung und ſo wei⸗

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einem bintigen Ballen, auf der Rheinbrücke gefpickt bätte. Andere hätten dem Kopf fo viele Tritte gege- ben , bag die Augen heraus zu ftebeu famen. Gic tva» ren aud) (cor. bemüht gemefen, das Haupt fo fteden zu laſſen, bag es nicht gegen den Himmel fchauen follte; - worauf bet Scharfrichter ihnen. fangen müſſen: „Sie möchten es felber (leden, wie fie es haben wollten.“ In den fechdziger Jahren diefes Jahrhunderts wurde in einer Nacht unb. in Gebeim diefer Kopf abgenommen, und verlochet.

XII. Kap. Das Jahr 1601, 281

ter. Ben dem feyerlichen Abbitten, die im gefeffenen großen Rath gefchahen, mußte der Supplilant dag line Knie vor den Hänptern und. Kleinräthen biegen, Die Weiber warden aud) nicht vergefien. Es wäre flabtfunbig , meldete eine Erkanntniß, daß fie zu ben Unruhen das meiſte beygetragen, und an allen Orten snb Enden unverautwortliche, Gotts⸗ und Ehrvergef fene Reden getrieben Hätten. Es wurde ihnen von Haus zu Haus angezeigt, ihre Maͤuler im Zaum zu Betten, und vor Zorn befam eine derſelben gefährliche Gidter. Die Raͤthe lichen muthwiligen Knaben, bie webrlofe Geſchoͤpfe fo gerne „quälen umd plagen. Am

44. Dctober wurden bie Protokolle ber Ausfchuffe auf '

dem fogenannten beißen Stein ') durch den Scharfrich» ter verbrannt. Die meiften Ausfchüfe, die in den Heinen oder großen Rathe waren befördert worden, ber famen ihre Cntlafumng. Sonderbar fiel‘ aber die wider Johannes Debary ergangene Erfanntniß aus. „Meine Gnaͤdigen Herren , fagte fie, behalten fid) wider ihn - das obrigkeitliche Nefentiment vor.“ Er Hatte den Ausfchüffen Gelder vorgefchoflen. Zu feinem Gluͤck 6e fond er fi, wo (atio angehalten wurde, wegen fel» nes Tuchhandels auf der Frankfurter Diele. Am Nos

") Vor dem Ratbhauſe, unweit des Kornmarkts- Brun⸗ nens. Der Ort fon, (eit der höfen Faßnacht von 1376 da 13 Perſonen dort hingerichtet wurden, alfo genannt worden ſeyn.

| 282 XVIL Periode 1649—1691.

vernber Monat, den 4, wurden, außer einem einzigen, bie. während der Revolution entlaffenen Standesglieder entweder in die erledigten Stellen eingefegt, oder mit Anwartfchaften, ober Dienften getröftet, oder durch ein fogenanntes Alterniern alfo wieder Deforbert, daß fie von ſechs zu ſechs Monaten mit denjenigen abwechfelten, die ihre Stellen erhalten Hatten. Lange beunruhigte aber Qetri den Rath, der ihn als erfien Gefchäftstrager ber Buͤrgerſchaft nachdruͤcklich (vafe wollte, um fo viel mehr , da er der erffe war, der die Ernennung der Ausſchuͤſſe vorfchlug Er Hatte (i entfernt. Fuͤr ihn verwendeten fid) vergeblich: Zurich, die übrigen evange⸗ liſchen Orte, der Taiferliche Minifter ; und der hollaͤn⸗ difche Sefondte. Er wurde im contumatiam zum Tode verurtheilt, Wald darauf gab er feinen Bafel Bas bel, eine Schmähfchrift, Heraus, bie den Rath Höchft aufbrachte. Sie wurde im Rathsbuch ein gottlofeg, leicht⸗ fertiges und verflichtes Traktätlein, und er ſelbſt ein gáffer» Qotter» und Schandbuben genannt. Petri's Bild wurde durch die Stadt gefchleift und an den Gal gen gehentt; feine Nachkommen aber von männlicher 916» ſtammung zu ewigen Zeiten von allen 9femtern . ausge fchloffen. Bey allem dem getrante man fich noch nicht, die an die Bürgerfchaft gefchehenen Adtretungen zu - voi» derrufen, und es wurde fogar den 20. November foͤrm⸗ fid erkannt, daß die erledigten Sechſerſtellen auf die Art ergänzt werden follten, vole man es bewilliget Hatte. Doch wurde auf eine inbirecte Seife der Widerruf jener

XIL fap. Das Jahr 1691. 283

Abtretungen vorbereitet, oder wirklich vollbracht, Als, am 21. Maͤrz des folgenden Jahres, nachdem Tags vor» her eine Art Amneflie war Fund gemacht worden, der sroße Rath Abfchriften von der Verkommniß ohne der bürgerlichen Punkte zu gedenken, allen Zünften abs geben ließ, wodurch er, indem er die Rechte der Bürs ger mit Stillſchweigen überging , feine eigene Gewalt vor bem Fleinen Rath ficher flellte.

So endigten fid) jene Unruhen, welche man feither das ein und neunziger Weſen nannte. Der Oberfipfars rer Klingler von Zurich druͤckte (id) nad)gebenba über die felden, in einem von ihm herausgegebenen Buch, alſo aus: „Wie If ed nicht eine Zeit ber fo mißlich geſtan⸗ den um die mitberbünbete Stadt Bafel, in welcher eine Iandesverderbliche Verwirrung und Aufſtand der Uns teen wider die Obern fich ereignete? Nur, weil man die von Gott empfangene obrigkeitliche Autorität fo Dod) gefponnen, und weil etliche wenige allein vegieren, und das gemeine Gut unter (id) allein zertheilen wollten.“ Unfer Rath begehrte von Zurich eine Gatisfaction. il» rich antwortete: „Er ffelle der Reflerion des hiefigen Standes anheim, ob nicht ein folches vielmehr bie Auf fuchung und Begierde dieſes Buchs im und außer Landes verurfachen würde, als wenn man Hingegen den darin enthaltenen Begriff mit dem Buche liegen und unbeachtet verbleiben ließe.“ Allein unfer Rath hatte Feine Ruhe, bis Zurich wenigfiens bie Abänderung gebachter Stelle, durch beg Drud befonderer Bogen, angeboten hatte,

284 | XVII Periode. 1649—1691. Drepzehntes Kapitel Sefekgebung u. f. w.

1648 den 12. July erkannte der Rath, baf fein Melfcher mehr, Bürgerrechts halben, angehört werden folte, Diefe Verordnung wurde aus Anlaß eines Re⸗ fugianten, eines Goldarbeiterd von Maria» Kirch, Na - mens Pierre Villomet, erneuert, Er verfprad) nur mit Gold, unb nicht mit Silber zu arbeiten; wurde doch abgewiefen. | |

1649 den 18, Juny, , erging eim Geſetz über bie Auswanderungen der Unterthanen. Einer von prat» teln wollte im Marggraͤſiſchen, zu Sudingen, ein Gut Taufen, und fid) dort niederlafen. Der Rath fihlug ihm DManumifion und Abſchied ab, und befahl den . Randodgten (26, Day) Feine Fürbittfchreiben wegen Manumiffionen der Untertanen kuͤnftigs au ertheilen.

1651. Der XIIIr. Rath Hatte kein Protokoll, und gab feine Rathſchlaͤge nicht fchriftlich ein, fondern der neue Bürgermeifter eröffnete mündlich im Rath dag . Befinden der XII. Am 3, December erkannte der _ Rath, ba ber Stadtfchreiber ein Protokoll über der Herren XIII. Rathfchläge führen ſollte. 5

1654 (16, December). Ein Bürger zeigte an, daß feine 24jaͤhrige Tochter, bie fi bievor etwas Zeit su Büren, ſolothurner Gebiets, im Pabſtthum aufgehal⸗ ten Hatte, jet vom Teidigen Satan eben Bart unb.

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XIII. Kap. Geſetzgebung u. f.vo. 285

heftig geplant und angefochten werde. Er bat deswe⸗ gen um die Aufnahme derfelben in den Spital, und erhielt es.

1656 (16. Juny). Kein Rathsglied fol zum Bürgen angenommen werden, eben fo wenig, als ein Schaffner , der felber Bürgen haben muß. mE

. 1662 (6, 9(ugu), Es wurde eingesogen, ob nicht etwas Ordnung zu machen wäre, bafi die intet» thanen nicht ven ihren: Ereditoren überfloßen würden. Die Auflöfung einer folchen Zrage if wohl eine der fchwerften Aufgaben des Civilrechts. Daher wurde auch die Beantwortung ausgeſtellt, um ſich mit Gelegenheit barüber zu berathfchlagen. R

1665 (19, April). Weber die Verlegung bed. $e lings wurde eingezogen: „Weil er leider fchlechtlich ob» feroivt wird, unb bald Fein ehrlicher Rathsfreund im Kath mehr freymüthig reden darf, fondern, wie Des reits mehrern widerfahren iff, Verweiſe gewärtig ſeyn muß, fo folte man, um Gottes Willen, auf vechtfchafe fene Einfehen bedacht fenn.“ Erſt zwey Monate (ps ter wurde biefer Einzug berathen. Man lie e8 bey der Ordnung, unb der Drohung, Die transgressores mit Ernſt abzuſtrafen, bewenden.

1666 (16. May). „Wenn Unterthanen über die Landvoͤgte zu lagen haben, fo follen fie angehört, nnb dem Landvogt auch dazu gebothen werden.” Am

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286 XVII, Beriode; 1649—4691, -

47. December wurde die Jahrrechnung vor bem Rath. abgelefen; welches feit 1615 nicht gefchehen war.

Im gleichen Jahr beſtimmte der Rath die Falle des Ausſtandes, und feine Befiimmungen find, was wir das Abtritts » Täafelein nennen.

„Ordnung, wie man im Nach und Gericht der Stadt: Basel, Verwandtniß und Freundſchaft halben austre⸗ ten foll, T |

. Der Vater wegen feines Sohns.

. Der Sohn wegen feines Vaters.

Der Schwäher wegen feines Tochtermannd, Ein Tpchtermann wegen feines Schwähers. Ein Bruder gegen den andern.

Schwäger, die dermaßen Schmäger find, da zween zwo

Schweftern,, oder einer des andern Schweſter hat.

Zweyer Brüder oder zweer Schweſtern Söhne.

Wo einer mit des andern Fran Gefchwifterfind, oder beyder Ehemeiber Seichwifterfinder (inb, |

Zween Gegenfchwäger gegen einander, oder da eintmeders Cheweib mit dem andern rechte Gegenſchwieger iit.

Großvaters und Großmutter Bruder oder Schweſtermann, gegen ihrer oder ihrer Weiber Bruders oder Schweſters Großſöhne unb Groftochtermänner, und bie(t binwie- berum gegen fie,

Wie nahe fonft einer bem andern verwandt iſt, foll er fen bleiben,

1668. Bon allen Strafgeldern fo die Landvögte bezogen, wurde ber Antheil des Staats auf das Drit- tel beſtimmt. Vorher blieb fuͤr die Oberbeamten alles waverrechnet, was unter zehen Pfund war.

AUL Kap. Geſetzgebung u. ſw. 287.

Die Landvogtey des Schlofles Ramflein, die nur zwey Dörfer, Bretzweil unb Lauweil unter fid) Hatte, wurde aufgehoben, und anfangs zum Amt ieffal, dann aber, im 3. 1673, zum Amt Wallendurg gefchlagen.

1669. Rüdfichtlih der Frage, ob Kinder über die fünftige Nachlafienfchaft der Eltern Verträge. ervidj» tem, und dann auf diefelbe verzichten koͤnnen, beflätigte der Rath ein jnvidifches Gutachten, fo die Frage ver» mente. „In Frankreich und in Sachen, fehrieben bie Verfaſer deſelben, Hätten zwar dergleichen Verträge volle Kraft. Allein es flehe nichts dergleichen in uns fern Statuten, noch in den Gewohnheiten. Wenn et» was in den Statuten fehlt, fo müffe das gemeine Recht zur Regel dienen '). Nun fenen nach den römifch «fai» ferlichen Rechten dergleichen Renunciationes der Kitts der auf die Verlaſſenſchaft ihrer noch lebenden Eltern nichtig und ungültig. Sollte man andere Grundſaͤtze annehmen, fo fónntem Eltern durch ihr Anfehen - ben Srundfag der Bleichheit im Erben umgehen; oder uns bedachtfame , verfchwenderifche Kinder (id) ganz zu Grunde richten.

7) Quod in Statuto est omissum remanere debet sub dispositione juris communis. Warum meldeten denn einſt die Zuriften , über die obrigfeitlich beſtätigten Adoptionen, daB folche Fein Bürgerrecht ertheilten?

. 288 XVII. ®eriode, 1649—1601.

u 1672. Ein Stadtbürger, der von Unterthanen erbte, zahlte für den Abzug fünf vom Cffatt . sehen).

16713 (15, —— Das Wein⸗Umgeld aufm Lande ‚wurde erhöhet. Wer beym Maaß aussäpfte, mußte, wie fon feit langem in der-Stadt üblich war, tie fünfte Maaß entrichten, d. i. von dem Saum 18 Maaß. Die Tavernen Wirthe aber mußten, außer bun, die Bisher gewohnten 6 Maaß, im allem folglich 24 Maaß vom Saum, abführen; welches alles uͤbri⸗ gens noch Dent zu Tage beflchet. |

(5. April.) Ein Untertfan, der Stadtbuͤrger wurde, bezahlte den Abzug von "— befigenden Ver⸗ mögen.

(21. 9tob) Die Vodenzinſe verjähren nicht, wenn auch eine Auskuͤndung vorgegangen waͤre.

1674 (T. Nov). „Edelleute, die bier Haͤuſer kau⸗ fen, ſollen ſolche, gleich andern Buͤrgern, verwachen.“ Dieß wurde den Junkern von Rothberg , von Ulm,

von Rothberg⸗ Wenzweiler, und Hannibal von Bären

feld angezeigt. Allein, letzterer erklärte, daß er fid) zu keiner Wacht verfiehen, und ehender auf ihn erequiren, and Bänder austragen laffem würde, Dennoch lief er nun um einen Auffchub bitten, damit er in der bis ſchoͤſlichen Canzley nachfchlagen‘ könne, ob nicht bie vier adelichen Haͤuſer, Reich, Eptingen, Baͤrenfels

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XII. Kap... Geſetzgebung u.fw. 289

und Schoͤnau Hütens unb Wachens frey wären. Der Rath lic ibm bedeuten, „daß ec; feinem Beruͤhmen gemäß, dieſe Befreyung beweifen, oder feine ctfaufte Behaufung wieder Täuflich Dingebem folle. Wenn. er nicht das Haus inmittelft verwachen lae, (o fol er gewärtig ſeyn, daß der Rath ihm den Schub gar auf» fagen werde.“ Er fand aber nichts,

Weber die Appellationen, in Rechtshaͤndeln von Buͤrgern gegen Buͤrger verordneten beyde Raͤthe im Jahr 4676 folgendes:

„Nachdem unfre gnädigen Herrn und Obern, ein ehrſa⸗ inert, wohlmeifer Ratb dieler Stadt, aus einem gemiffen Anlaß, bie nachfolgenden Quaestiones in reife Deliberation . gezogen i erſtlich, ob nicht der untere Herr Nichter, auf Be⸗ gehren der hohen Obrigkeit, bevor ab menn, wegen ausge⸗ fallener Sentenzen, Streit vorfiel, derſelben Ätrfachen, Gründe, Rationes und Motiven einzugeben, und alfo der ergangenen Urtheile halben, Rede und Antwort zu geben ſchuldig fenn (offe. Darnach , ob nicht ein Bürger , welcher am Stadtgericht Durch das Endurtheil aperte lädirt zu ſeyn bermeinte, unb folches augenfcheintich, ar und offenbar doeiren wollte, feine Zuflucht zu der hoben Obriafeit neb⸗ men, derſelben feitie Noth und Anfiegen Tíagen, imb bey Ihro ferneres Recht fnchen könne: haben darüber bocher- meldte unfre gnädigen Herren in benden Räthen einbellig erfannt , ba bevordrift beyde ehrſame Stadtgerichte hiediß⸗ und jenfeità Rheins, ald von der hoben Obrigkeit, nnd aff bero Statt und Stelle fubdelegirte Upterrichter, berfetben, auf ihr jeweilige Begehren, die Rationes und Motiven ihreg

ETE Band. 1

290. XVIL Periode. 1649-1891.

ausfprechenden Urtheile uud Grfanntniffe zu eröffnen, and) barum Rede und Antwort zu geben, fchuldig und verbunden find; zumal einem Bürger , der augenfcheinlich, flar unb offenbar zeigen mill, bag ibm an dem ergangenen Urtheil ungütlich gefcheben ift, fich vor feiner Obrigkeit zu beflagen, und allda fein 9ted)t ferner’ zu dociren unbenommen fern, ohne bag er dadurch gleich obue Unterichied feinem bürgerli⸗ chen Eide zuwider gehandelt Gaben folle, e$ wäre denn Sa che, daß (id) darunter eine muthwillige Troleren , unrecht mäßiges Gefudb; und Verfchimpfung des Richters entdedte und bervor tbütez in welchem Gall Ihro Gnaden, firenge, ehrſame Weisheiten deraleichen Leute, andern zum Crempet, bärtiglich abauftrafen nicht unterlaffen würden. Und ift biefe Crfanntnif beyden Stadigerichten, zu ihrem beffern Verbalt, zu infinuiren befoblen. Mittwochs den 13ten Septembris Anno 1676. TAM | Canzley Baſel.

Dieß nannte man Reviſionen. Hieruͤber wurde drey Jahre ſpaͤter (1079 26. April) verfuͤgt, daß bey bewilligten Reviſionen, außer den Schriften, die be⸗ reits dem Richter vorgelegt wurden, man weitere und neue Documente nicht annehmen koͤnne, ſondern ſolche, von hoher Obrigkeits wegen, zu weiterer Ventilirung und Erforderung wiederum vor den untern Richter weiſen ſolle. Ferner wurde feſtgeſetzt, daß wer ſeinen Recurs unb Zuflucht an den Rath nehmen wolle, er es innert den zwey nächflen Monaten thun folfe, Allein das folgende Fahr (1680 14. July) erkannte der Rath, daß Feine Revifionen mehr angenommen werden follten. Zugleich ließ ev aber den Gerichten beyder Städte zus

XIII: Kap. Geſetzgebung u. f. m. 201

fovefen, vorfidtig, betádtlid unb bermaas fensuverfabren, bag Niemandem Unrecht gefhehe

. 1677 (12. May). In einem vom Rath einge holten Gutachten eröffneten die Profefforen in der Theo» logie und bie Paſtoren, bie Hiefigen Grundfüge über die Einfegnung der Ehen, und zwar bey folgendem 9fnlaf. Eine hieſige Wittwe Hatte vor dem Hinfcheld ihres Mannes mit einem Bürger in Chebruch gelebt, und fogar ein Kind erzeugt: Beyde wurden im bey - Folge im Münfterthal (biſchoͤſlichem Gebiet) mit einans der getranet. Diefe vorgebuhlte, ehebrecheriſche Che fegte den Rath, wegen der erfolgten Einfeanung, in Berlegenheit: Die Theologen riethen an, die Ehe für full unb nichtig zu erklären, welches der Rath beflas tigte: „Die Ehe, fehrieben fe, fen Fein Sacrament j die prieflerliche Einfegnung mache feine Ehe; fie fey aud) Fein wefentliches, Stud der Ehe 7); fie (e tue ein Geiliger, nuͤtzlicher Gebrauch, wodurch vechtmäßige - Ehen offenbar gemacht, beftätiget, inatigerivt, unb dem lieben Gott durch das Gebet) tnb den Segen empfoh⸗ fen werden.“ Manche Einwendungen, die man aus dem alten Zeffamient entlehnen Tonnte, widerlegte bey Berfaffer des Gutachtens, Profeſſor mno Antiſtes Peter

7) Non est de essentia conjugii, aut forma cofjugik

'& 3

292 XVII, Beriode. 1649—1691.

Werenfels alfo: „Bott babe biefe Sachen zwar nicht gebilliget, aber bod) tolerirt, und den Erzvatern aus Gnade vergolten. Es mar die Zeit der göttlichen To⸗ lerang und Geduld, bie Zeit der Unwiſſenheit.“

1677 (23. Juny). Es wurde eingezogen, daß, zum großen Schaden der Gottshäufer , die Briefe (Oblis gationem von vortheilhaften Cvortheilfüchtigen) at» ten, bin und wider aufgefucht und abgelöfet, hingegen aber andere, gegen 4 und 372 vom Hundert, ausge⸗ lieben wurden. Hierauf folgte der Beſchluß, daß auf der Landfchaft feine Obligationen anders ald um 5 vom ‚Hundert , verfertiget, nod) befiegelt werden. follen.

1678 (16. Detober)d. Wenn ein Waiſe im Wais fenbanfe farb , fo gehörte fein Vermögen bem Armen» hauſe, fans ein anderes nicht verabredet wurde. Gturb aber ein Züchtling, fo gehörte nach Bezahlung der Sos fien , fein Vermögen den Erben.

1679. Ein Mandat über die Berfäßrung de flimmte , daß der Befiger bona fide befeffen haben foffe, das iff, in auter Treue geglaubt, daß er recht, mäßiger Eigenthuͤmer wäre. |

41680 (7. Gebr.) Grofbüninger, die Bier wohn ten, entrichteten nicht im Elfaß die Föniglichen Abga⸗ ben, und der Intendant der Provinz gab dem Amt⸗ mann von Lanſer, unter welchem Huͤningen ſtand, den Befehl, ſie hier zu exequiren. Der Amtmann erſuchte den Rath ihm zu erlauben, ſolches auf noͤthige Weiſe

XIIL Kap. Geſetzgebung u. ſ. w. 293

zu thun, bis ſie bezahlten. Der Fall war, beſonders in Ruͤckſicht der Folgen, mißlich. Daher ließ der Rath den Hüningern. anzeigen, fid) mit dem Amtmann abzu⸗ finden; widrigenfals man ihnen den Schub auflunden würde. |

.1681 (24. September.) In beyden Räthen wurde einhelig erkannt, daß Lünftigs alle Geſandtſchaften niv» gend anders wo, als vor Beyd⸗Raͤthen gemacht,. und die Ordnung, kraft welcher man mit den Gefanbteit umzuwechſeln habe , genau beobachtet werden folle. Sonſt aber, wenn dergleichen hoͤchſt wichtige Sachen vorfies let, bie anders Verzug leiden möchten, follten bie XIII. ſolche nicht über fíd) nehmen, fondern an Depbe Räthe Bringen. Schon im Jahr 1667 und vorher aud, hatte man (effgefegt , daß bie Gefandtfchaften umgewech⸗ felt werden follen damit aud) andere von den Sachen Biffen haben mögen, Wiederholt wurde im J. 1672 zweymal erfannt, daß unter den abzuord⸗ nenden Gefandten , deren auf alien Fall wenigſtens ſechs an der Zahl feyn werden, jeweilen eine ordentliche Abs wechslung - gehalten werden fole, damit die Standes faden, unb derfelben Wiſſenſchaft nicht auf einen oder ime allein beruhen mögen.

Den 22. September wurde erkannt, daß in Pri⸗ vathänfern Leine Hochzeiten. gehalten werden ſollen.

1682 den 7. Semmer verfügte der Rath über bag Poſtweſen.

294 XVII. Beriode, 1649—1691,

Den 3. May feste man fell, ba feine neue Rathsglieder bie noch nicht:alt gewefen find (b. i, Mitglieder des alten Raths) Gefandte ober Des ‚putirte werden Tonnen,

Den 27. Juny beffümmte der Rath, daß auf der Landſchaft, wenn einer an einer Gant etwas Fauft, feit Zugrecht (fatt haben Tonne. Den 20. Septem⸗ ber befahl er aud, daß an Ganten die Schultheißen, Obervoͤgte "unb Schreiber nichts faufen dürfen, fo we nig als Falliments » Schulden erhandeln.-

eher bie fremden Ausreifer verordnete man den 45. July , daß fünftigs, wenn Ausreiſſer betreten wers den, fie. zur Haft gezogen, und vor ihrer Auslieferung durch die VII befprochen werden follen. Die Veran- laſſung dazu war die Anzeige, daß ein nach Huͤningen letztens gelieferter Deferteur ein Cibsgenof, und von einem evangelifchen Orte geweien (ep, wie auch daß er, noch vor ber Crecution , sum Abfall verleitet wors den wäre,

qu den ton 1682 (den 20. Sep⸗ tember) und 1684 (14. Maͤrz), welche verbieten. Gelb unter 5 vom Hundert gu leihen, wird ber fünfer Zins ein hriffliher Zins genannt. Diejenigen, die zu 4 vom Hundert Geld auf der Landfehaft anlegen, find eigennüsige , vortheilhaftige Cvortheilfüchtige) , fehädliche - Berfonen, die -zum großen Nachtheil der Gottshaufer, Spitäler, Kirchenguͤter, und sum ungusbleiblichen Scha⸗

XIIL Kap. Geſetzgebung u.f.w. 295

den und Ruin vieler avmer Wittwen unb Waiſen, if» ren uner(attticben Geiz ‚befördern. Die Strafe iſt die Gonfiscation der Anlage; wovon zwey Drittel für bem Fiskus, ein Sechstel fuͤr den Angeber, und ein Sechs⸗ tel fuͤr den Oberbeamten. „Wofern auch, meldet die Verordnung von 1684, ben begebenden Todfaͤllen, und darüber vorgehenden Inventationen und Theilungen, (id befande,, daß einige Gulten vorhanden wären, mit wel» hen dergleichen Hinterliſt ")- verübet worden, follen die SQotarien , und insgemein Diejenigen, fo den Inventa⸗ rien benwohnen, e8 bep ihren Eiden rige, und bant bie Confíécation flatt haben.“

1688 den 18, Jenner Datben franjöfifche Eher leute, Capitaine de Eourrelle und feine Ehefrau, bie einen wahnfinnigen Sohn, und einziges Kind Hatten, um bie Erlaubniß , ein testamentum reciprocum, und zwar ohne Solennitäten , bier aufzurichten. Nach ein geholtem rechtlihem Gutachten wurde es ihnen geflattet, aber mit der Bedingniß, daß fie den Sohn zum Uni⸗ verfal » Erben einfegen follen-

Den 15. Augſt aefchah der Einzug: „Die Herren Raͤthe folten mit ihrem Seitengewehr, fo ein Zei- den großer Frevheit if, in dem Rath erſchei⸗ nen.“ Der Einzug wurde angenommen.

=) wie). $5, der rRückzins von einem vom Hundert, als freye Schenkung.

296 XVII. Periode, "1649-1691.

1689. Auf Gefandtfhaften folen die XIII, Her« ven den Rang haben, .- t, ohne Ruͤckſicht auf den Rang ihrer Zunft, unb wielleicht auch ohne Ruͤckſicht auf ben Rang der Dreperherren unb. der Deputaten.

ueber das Ceremoniale, ſo man gegen Fremde, bie etwas im Rath anzubringen hatten, beobachtete, habe ich folgende Auszuͤge mitzutheilen

41658 den 24. Oetober. Als der Abt zu eie fein Bürgerrecht gu erneuern begehrte, wurde er durch zwey Herren abgeüolt, Er ſaß awiichen den gen Bürgermeiftern. Die zwey Gonventualen aber, unb ber Ammann. von Lanſer, die mit ihm gekommen waren, ließ man fen. 1673 den 18. Auguſt. Monſteur be St. Aubin toͤnialicher franzoͤſi ſcher Geſandter, hatte Audienz vor den XIII. Er wurde wie im Rath em⸗ Sfängen , und (af zwiſchen den Buͤrgermeiſtern. 1674 den 23. Nov. Als der von den Herren Ehurfürften von Brandenburg und Pfalz, wie auch von dem Herrn Herzog von Braunſchweig und Pünebürg , hieher, wie auch an gefammte loͤbl. Eidsgenoffenfchaft, abgeſchickte Thomas von Kneſtenberg vor Rath feine Propofition than wollte,‘ wurde. en durch zwey Herren abgeholt. Dan ſtaud ihm auf, unb er faf zwifchen den Bürger meiftern. 1674 den 26. December. Iſt v. be fa £oubere von Hrn. Ambaffadoren de Cit, Romain ges hit worden. Cv wurde durch einen Herrn aus dem Wirthshauſe in beg Rath gebolt, und zwiſchen Die

XIII. Kap. Gefeggebung u, rw, 207

Bürgermeifler gefegt. Dan fand ibm aber nicht auf; und weil Hr. be la Lonbere, gleich da er gefejen, ſei⸗ nen Hut aufgefeßt , fo haben fogleich alle meine gnadie gen Herren aud) die Hüte aufgeftgt. 1676, 23. Sep⸗ tember. Iſt Hr. Barbaud vom Herzog von Lurems burg bieher geſchickt worden. Zwey Herren holten ihn. ab; ihm. wurde aber nicht aufgeftanben; Doch fof er zwiſchen den Bürgermeiffern. Aus ber vorigen qe riode haben wir vom. Jahr 1613, 29, Nov, folgendes nachzuholen. Gefandte von Muͤhlhauſen wurden aus der Herberge. abgeholt, allein fie wollten nicht auf ber rechten Seite geben, und mad) der erhaltenen. Audienz, weigerten fie ſich, wieder begleitet zu werden. te brigens machte man -feit langem folgende Glaffifícation ; Abgeordnete, die man zwar gen Heß, für welche ‚man aber micht aufſtand, unb Abgeordnete die man ſtehen lief, wie die der Univerſitaͤt, fcit deu Reformation, und der Städte Laufenburg , Rheinfelden, . Pruntrut, Dellſperg, Freyburg im Breisgau, Neuenburg om Rhein. Zu der erften Claſſe gehörte Straßburg, Ber nedig u. f. w. Zu ber zweyten Biel, Genf, " Gal⸗ len, dag Domenpitel u. f. w.

In einem iueidifchen Gutachten vom Stadt» Con fulenten Brofeffor Sebaſtian Faͤſch und feiner Coll gen, an den Rath, liest man, daß „Nach Beſage aller Rechte eine hohe Obrigkeit, ſo die Statuta gemacht und eingefüprt Dat, ſolche qui in begebenden Fallen,

208 . XVIL Periode. 1649-1691.

aus erheblichen Lrfachen, auch befugt fep, zu moderi⸗ ren, und darüber gu dispenſiren, oder folche gänzlich abzufchaffen und zu verändern.“ Da jede Abtheilung des Lleinen Raths abwechslungsweife,, bald allein, bald mit Zuziehung der andern Abtheilung , feit- langem. bie defeßgebende Gewalt ausübte, fo war. unfer Rath al lerbings berechtigt ; die Gefege gu verändern, oder ganz lich absufchaffen Allein, Toll man ein gleiches ohne Unterfchied vom Moderiren, vom Dispenfiren,, von Auss nahmen behaupten? Gewiß if e8, bag in bürgerlichen Rechtshaͤndeln der Buchflabe der beftehenden Geſetze ges nau befolgt werden muß, wenn nicht die Gefege felber dem Richter einen gewillen Spielraum anweifen. Ge wiß iff es aber auf einer andern Seite auch , taf wenn in Straffällen der Richter immer dem dürren Buchſta⸗ ben alter Gefege fuedtif folgen wollte, er oft einen graufamen - Richter abgeben wurde. Ein berühmter Kanzler in Frankreich fagte einft: „Unſere Gefege find in der That grauſam, durch bie. Sitten aber werden fie gemilbert.^ ') Damit wollte: er fagen, daB eine mildere Denfungsart dem Richter gleichfam verbietet, das harte Gefeg anzuwenden; den Fürflen oder Geſetz⸗ geder dahin bringt, baf er dazu fehweige, und beym fPublicum, ungeachtet des Tadels einiger oder mehres

-- À (CAE ees

| ) Nos loix sont à la vérité barbares, mais nos moeurs - ,.les$ adoucissent. . me

. XIV. Kap. Univerſitaͤt ic. 299

‚rer, den Beyfall helldenkender Bürger mad) (id zieht. Dan wendet ein, warum nicht eDenber das Beleg ab» ändern? Allein es gibt Seiten, wo Die milderen Grundfäge, ohne vorbereitende und. langfam- fchreitende Abweichungen Gefahr liefen , zu unterliegen, Mit ei⸗ nem Worte, bie Anwendung der Gitrafaefege fol nie firenger ſeyn, als der Buchſtabe, aber wohl milder, wenn. der Zeitgeift es mit (id) Bringt. Was aber bie übrigen Fächer der Regierung und. befonderg die aud» waͤrtigen Verhaltnife betrifft, fo Tann nach unfern Ans fihten Feine Regierung, : vorzüglich in einem kleinen Staat , ohne die Befugniß der Ausnahmen, mit gutem Erfolg Deffebem; biefe Ausnahmen muͤſſen aber nothwen- „dig feo, und auf einen nüglichen Zweck führen , oder ein drohendes Uebel abwenden.·

Vierzehntes Kapitel. Univerſitaͤt u. ſ. w. Die p rofeſſoren.

In dieſer Periode wurden Profeſſoren, unb zwar in der theologifchen Fakultaͤt: Johann Buxtorf, bes ruͤhmter Sohn des beruͤhmten Johannes Burtorf, ſowohl in der hehraͤiſchen und andern orientaliſchen

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800 XVII. Periode. 1649 - 6041.

Sprachen als in der Theolsgie); utat. Gernler, nachheriger Dberfipfarrer ; Johannes Zwinger ?), Sohn des Oberſtpfarrer Theodor Zwinger, und Bas ter des nachherigen Hberfipfarrers . Yobann Rudolf Zwinger; Beer Werenfele, nachheriger Oberf« pfarrer , und Vater des vortrefflichen.. Profeffors 5a» muel Werenfels; Johann Rudolf Wettſtein, Sohn des Bürgermeifters, and Johann Rudolf Wettflein, Sohn des vorigen.

Zweytens in der juridiſchen Facultaͤt: Jacob Brandmuͤller ?), Nicolaus Paſſavant, Johann Jacob Burkhardt ), Johannes Wettſtein, Groß⸗ Sohn des Buͤrgermeiſters; Lucas Burkhardt; Ol mon Battier; Sebaſtian à (d, der im Jahr 1706 Stadtſchreiber wurde; und Bonifacius Faͤſch.

*) Auf der öffentlichen Bibliothek befinden (id) zwolf Bände von Briefen, bie an ibn gerichtet wurden, und unter denfelben viele von Rabbinern. |

*) Die Athenae rauricae nennen ihn duram Pontificiorum flagellum, d, 1. bie harte Geißel der Päbſtler.

$ Die vielen Deutfchen, bie bleber Tamen, um ihn qu , bören, bemeifen, ba6 feine Lehrart gut war,

% Er vereinigte freywillig die Lehre des canonifchen Rechts, mit dem Unterricht in den Pandecten. Es fcheint , daß fcit ber Reformation bad. ranonifche Necht pernachläffts ger wunde,

XIV. Kap. tiniverfitát ic. 804

Drittens in der mebicini(en Facultaͤt: ) Jo⸗ Bann Rudolf Burkhardt, Sohn des Bürgermeifters S; S. Burkhardt 2; Jacob Roth, der fid) während der Peſt von 1667 und 1668 um die Armenhuufer bod verdient machte ; Nicolaus Eglinger; Johann Gacob Harder, des Stadtfchreibere Sohn, der nad) mebrern Berichten , ein unvergleichlicher 9Inatomicu war; Sob. Heinrich Glaſer.

Viertens in der philofonhifchen Fakultät: Außer denen , die in bie höhern Fakultäten befördert wurden, und bie in biefer oder in ber folgenden Periode ver»

.. V) Eine benachbarte Stadt fragte beym biefigen Rath an,. ob ein Doctor Medicinae auch 9(potbefer fenn tonne, Die Decanus UNd Assessores des Collegii medici "be jabten, in ihrem darüber eingegebenen Bericht, bic Anfrage. Denn de Kunſt, die Arzneyen au bereiten, fen der dritte Theil ber practifchen Arzneykunde. Allein ber Rath antwortete: er hätte bie 9(potbefer fon. vor Gabren auf eine gewiſſe Zahl beruntergeſetzt. Betref⸗ fend bit Medicos, fo nähmen fie (i) der Apothekerkunſt nicht an ; aufer wenn fie etwan chemifche Arzneyen, oder außerordentliche Gad bereiten, weiches ihnen under, boten fey.

*) Bernhard Verzascha, Mitglied des Heinen Raths, war zugleich Stadtarzt. Nach feinem Tode wurde J. NR. Burkhardt Ctabtargt, unb im Gabr 1650, ben 28, Cung, erkannte der 9tatb , daß die Ctabtürgte jeweilen and dem Collegio mebieo genommen werden (oliten,

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302 XVIL Periode. 1649-1691

fommen, Haben“ wir nachflehende Namen anführen: Peter Falkeiſen, Doctor in ber Arznepfunde, ber. feit 1655 die Mathematik lehrte; Jacob Rudin, ein Geiſtliche; Joh. Georg Mangold, ein Arzt; Matthias Harfcher, ein Arzt; Chriffof Sed, ein Geifffider : Johann Friedrich Burkhard, bepber Rechte Doktor; Chriſtoph Faͤſch, Sohn des Bürgers meiſters J. Rudolf Faͤſch, beyder Rechte Doktor ; Samuel Burkhardt '), beyder Rechte Doctor; Theo⸗ dor Wolleb, Sohn des Oberſtpfarrers, ein Geiſtli⸗ cher; Joh. Jacob Hofmann, ein Geiſtlicher; Hein⸗ rich Kiſſelbach, aus dem Mainziſchen, ein Franzis⸗ kaner Moͤnch, der den Glauben aͤnderte; Johannes Wolleb, ein Arzt; Samuel Eglinger, ein Arzt; Petrus Megerlin, beyder Rechte Doktor, von Kemp⸗ fen ^); Jacob Bernoulli, geboren 1654, geſtor⸗ ben 1706, des geiſtlichen Standes, der die weltbe⸗ ruͤhmte bernoulliſche Periode eröffnete ?); Reinhardt

. V) €t wurde im J. 1659 Profeſſor der Logik, oder Ver⸗ nunftlehre. Vorher aber änderte bie 9tegeny an dem Syſtem des Unterrichts und an der Lebrart. Allein in

beti Folge wurde der VBrofeffor wahnfinnig, und man mußte ibm im J. 1683 einen Bicarius geben. Man fchließe nicht darans, daß die Logif den Verſtand vere rüde. : |

. 53) Er wurde Profeſſor ber Mathematik und Stadtconſulent.

3) Nebenfichende feine Gefchlechtstafek wird mancher gerne feben, n

Nikolau b. 1623, geſtorb. 1708,

Jakob geb. 1654. geſtorb.

Er war eigentlich ei licher. Er hatte zum Wa angenommen: invito p

$ieronimus

glied geboren 1669.

Er war Pharmarent. Seine Abflämmlinge haben Handlung getrieben, nnb Aem⸗

dera verso, Worte, di ter beffeidet. ton von Phobus feiner Sein Sohn fagte. Auf feinem eit ließ er eine Linea spir i garithmica, in einem i ' einge(d)toffen, einhaue i | ber Benfchrift: eadem | | tresurgo. d Grit Sohn "T ? - Nirolau En Wat ei : ror Mee a NEN ue, Stiftete eine ſchöne Semm⸗

a, lung von Naturalien, mit den afet dahin einfchlagenden Büchern, on welche fein Sohn Hieronimusg har geb. 1745. reichlich vermehrte,

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XI. Kay. Univerfität X. 803

e felin, bepber Rechte Doktor; Johann Jacob Sure torf, Theolog unb Profeffor der hebraͤiſchen Sprache,

Carl Patin von Paris, ein bekannter Arzt, der mehrere Werke, vorzüglich über die Antiquitaͤten hinterließ, Dielt fi eft Hier, im den Jahren 1073, 1674 md 1675, anf, unb erhielt den Aufenthalt für fremde Kupferfiecher, die ihm zur Herausgabe zweyer feiner Werke behuͤlflich feyn folten. Das eine dieſer Werte hieß: Suetonius ex numismatibus illustratus, Basileae 1675, in 4°. ; das andere: Quatres rela- tions historiques de divers voyages en Europe, Bàle 1673, 2egtere&. eignete er unferm Rath zu, und in der Zueignungsfchrift bemerten wir folgende Stelle: ,Votre République, si sage et si éclairée . . .. a deux caracteres, qui la distinguent des autres, ou aumoins qui l'élévent sur celles dont j'ai quel- que connoissance. Le salut du peuple que vous. gouvernez fait la principale de vos loix, et la seconde, à mon sens, est fondée sur l'amour que vous avez pour la vertu.

Bon den vier Neifebefchreibungen , die tas Buch enthält, iſt die dritte an ben Marggrafen Friedrich von Baden» Durlach gerichtet, und betrifft größtentheilg unfern Canton. Darin fpricht der Verfaſſer von der

304 XVIL Periode. 1649—1601.

Stadt überhaupt ">, und von Augſt ^), dann vom der Amerbachifchen Sammlung 3), von der öffentlichen Bi bliothet, von dem fäfchifchen Gabinet *), von bem Bloterifchen Cabinet °), und vom Todtentanz. Er ſpricht such von mehrern Gelehrten feiner Zeit, von Plater °),

1 à 4 men,

. T) Bäle est la ville j'ai les gens de meilleur sens, | sans faire tort aux autres. On y aime les lettres et -. Ja probité, 5) Bon ben Medaillen, oder Münzen, die et von den Randleuten abfaufte, befchreibt er eine fo : une médaille de Dalmatius neveu de Constantin, avec le labarum . et Ja marque de J. €. Dans le paiement que je leur en fis, ils regarderent a deux fois mon argent; ils avoient peur que quelquetemps aprés, il ne se chan. geät en feuilles de chéne,

3) Si les siecles futurs oubloient, ce Mr. Amerbach, l'Uni. versité de Bäle, qui posséde sa bibliothéque et son cabinet, auroit assez dequoi les eonvaincre d’ingrati« tude,

9 Je dirai un mot à V. A. S. des honétetés que m'a fait Mr. Fesch, Il m'a .permís de prendre à la plu« me toutes les médailles rares. C'étoit me procu. ' rer un petit trésor sans diminuer le sien, et s' acqué- rir sur moi une obligation éternelle,

5) On y conserve un reste précieux de la couronne d'épine de notre seigneur J, C.

7$) C'est un médecin, fort galant homme et fort savant.

Il es: fils, petit -fils, et je crois arriére petit . fils de médecin,

. XIV. ap. Univerfität ꝛtc. 305

Sebaſtian qa(d D, Surtorf 9, Wettſtein D, Bauhin 7), tnb Battier "0. Augleich tout. er Erwähnung von Erasmus, Bonifacins Amerbad und Hollbein.

Zu der Facultät ber Philoſophie ober frepen Kuͤnſte, geſellt fid) fuͤglich die Malerey. In dieſer Kunſt zeich⸗

f) Il à cette douceur de conversation , que les Grecs appeloient Eutrapélie, ce qui ne s’accommode pas avec ce qu'on dit des Suisses,

8j Mr. Buxtorf répond dignement & la réputation que Mr. son pére s'étoit aquise, d'étre le plus habile hom me du Monde en hébreu,

9 Si Mr. Wettstein sait autant de théologie que de belles lettres , on peut dire, qu'il la sait toute en; tiere, Au reste c'est l'homme du monde le plus oblis geante

10) Le célebre Professeur Mr. Bauhin s'est fait assez connoitre par se$ ouvrages, sans qu'il ait besoin ici de moi; aussi ne lui ferai - Je point d'éloge qu'en le faisant connoltre pour un des plus polis hommes du inonde, qui m'aime, qui aime mon pére, et qui esé eimé de toutes les personnes d’ honueur,

"y Mr, Battier sait peut^Étre autant de choses fines que Suisse en aitjamais sü, et ila fait un fort bon usage des années qu'il a demeuré à Paris dans la con; versation de geng doctes et partigulittement de Mr: Juste.

^VIL Band. u

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306 XVII. Periode. 16491691.

nete. fid) ein Biefiger Bürger Gregorius Brandmüls ler aud. Er lernte zu Baris unter Carl le Brun, und fol ihm’ in feinen Werfen Debülflid) gewefen (epi. Gn der dortigen Academie gewann er drenmal den Preis. Er malte Hiſtorien und Portrait. In der Kapuzinerkirche zu Dornach, unweit Bafel, fiebt man die Abnehmung Chriſti vom Kreuz, in lebensgroßen Figuren, von feiner Hand. Er ffarb im S. 1691 im 30. Lebensjahre. : Fuͤßli Cim feinem Künffler » Lericon) füllt folgendes Urtheil über ihn: „Man fieht in feiner Arbeit eine regelmaßige Zeichnung, wie auch eine Ich» hafte, fráftige, umb doch zärtliche umd dauerhafte Far bung, mit welcher er das Nadte ſehr natürlich nach⸗ ahmte.“

Streitigkeiten mit der Univerſitaͤt.

1655. Die Univerſitaͤt durfte, ohne Erlaubniß des Raths, keine Verheyrathete zu academiſchen Buͤr⸗ gern annehmen, und dennoch hatte die Regenz einen gewiſſen Doetor Obrecht als ſolchen anerkannt. End⸗ lich zeigte der Rector einem der Haͤupter an, daß ſie dieſen Obrecht den Schutz zuruͤckgenommen haͤtte. Der Rath erkannte (den 17. October), daß man ed nicht ungern vernommen habe; daß der Obrecht zur Zeit feines Eheſtandes nicht mehr unter ihren Schub gehörte , und daß fie Lünftigs Feine dergleichen Perſonen, die eigenes Feuer und Licht gebrauchen, im ihre Mas

AVL Kap. Univerfität ic. 807°

trífe( aufnehmen, fondern ſolche vor ven Rath weiſen follen. -

1657. 9, May. Der Rath Hatte feſtgeſetzt, daß anfer dem Oberſtpfarrer, Tein Pfarrer zugleich Mite alied der Regenz fern könne. Dennod) Hatte die tini» verfität den. Prediger zu St. Martin, Theodor Wol⸗ (e6 neuer Dingen zum Regentialen erwählt. Die De putaten bekamen den Auftrag, Wolleb vor fh be fcheiden zu lafen, und von ihm zu vernehmen, ob er Diefe Wahl angenommen habe. Seine Erklaͤrum war, daß er den bey ber Regenz gebabten Sig und Aem⸗ ter gebührend niedergelegt habe, und entfchloflen fen, feinem Bredigerdienft einzig und allein abzuwarten. Man ließ babe) bewenden, trug aber den Deputaten auf, den Academicis anzuzeigen, wie dev Rath ein ſchlech⸗ tes Gefallen trage, daß wider deſſelben Intention, Willen und Erkanntniß, fie den Hrn. Wolleb zu einem Regentialen erwäßlt Hätten, da ihnen doch mehr als wohl befannt fep, baf ber Rath durchaus nicht haben, noch geflatten wolle, daß einige aus bem Minifterio, außer dem Antiſtes, in der Regenz ſeyn fohen. Die Deputaten follen fie feunce vermahnen, daß den Statu- tis treulid) nachgelebt werde, die der Univerſitaͤt im Cy. 1532 unter dem Nectorat des Doctor Oswald Bär, gegeben wurden, umb worauf fie amd) damals geſchwo⸗ ren; daß and) der Rath mit widrigen Attentatis Vorſchuͤtzung bey fon 128 Jahre Pun alten d

*

308 XVII. Periode. 1649—1691.

vilegien , Tünftigs verfchont werde. Den 11. Sun) wurde der Auftrag erneuert. Die Regenz foll. Feine weitere verdrießliche facienda machen. . Die Hänpter feit So. Bart. 1656 waren Koh. Rudolf yaf, Cob. Rudolf Surfbarbt, Sob. Rudolf Wettſtein and Hans Heinrich Falkner.

1665. (24. May.) Die Regenz verlangte: die

Handhabung der vorhandenen Reformations » Ordnung -

Ciber Sitten, Aufwand u. ſ. w.), fo viel es die ibri» . gen Detváfe. Der Rath willigte ein, doch nur für fo lange e8 ihm belieben werde, und bergeftalten, daß fie obiefe Handhabung nur gegen ihre Angehörigen, derſel⸗ Pen Weider und Kinder, die mod) in väterlicher Ges walt fänden, und in deren Haufer wären, ausuben ſollten. Der Dienfiboten aber, auch der Handwerker, die mit Serfertiqung verbotener Kleider '), der Ord⸗ mung zuwider handelten, follten fie fid) nicht annehmen; ‚nicht weniger des Lebertifchens an Hochzeiten und Nach» hochzeiten, des Auslaufens auf die Dörfer, und was fon in bee Ordnung bey fünfzig Gulden Strafe vet» - boten wäre. Auch ber der Borden folten | Ld " "— |

1) Es will nicht fagen, daß Schneider zur Univerſität ge börten , fondern bag wenn bie Negenz von ihren Ange-

börigen wegen verbotener Kleidungsart (irafte, fie auch

den Schneider firafen wollte, der folche Kleidung vete fettiget hatte.

' XIV. Kap. Univerfität 1c. . 809

1668 (20. May.) Zwey Studenten Batten des Nachts Ungebuͤhren begangen, und wollten (id) vor das Quartier nicht (fellen. Zweymal wurden fie vor Rath geladen, unb erfchienen nicht. Der Rath lie die Sta- tuta von 1532 verlefen, und erfannte: „Son ihnen zum dritten Mal wieder geboten werden, und woferne fie nicht erfcheinen, alsdann mit Dienern oder Solda⸗ ten aus den Haufern genommen, unb zur Haft gezo⸗ gen werden.“ Zugleich fegte der Rath über die Unis verfitätöangelegenheiten eine Gommifflon nieder, um eis nige Ausichuffe von der Regenz aufm Rathhaufe naher anzuhören, und einen Bericht absuflatten. Es waren Hans Rudolph Surfbarbt, Emanuel Socin, Jo⸗ Dann Dausmann, Hand Heinrich Webelin, und Johann Conrad Harder. . |

Die Univerfitat beſchwerte fid) über die Erkannt⸗ ni vom 9. Day 1657. und bie im gleichen Sinne abgefaßte vom 10. Juny des nämlichen Jahres, durch weiche fie am die Statuten von 1532. gewiefen wur⸗ den. Sie Halten fid) nicht am die Citatuta von 1532, . fondern an ihre alten Privilegien. von 1460. . Die Con». miſſion gab dem Rath ein umfländtiches Gutachten un⸗ term 22. Auoft ein. Cie bemerkte darin, daß wenn im S. 1532, man den damaligen Profefforen den Scep⸗ tec, die Bücher und andere Sachen der ehemaligen Univerfität zuſtellte, man bie Urkunden der Privilegien - zuruͤck Debielt , und ihnen dagegen Statuta gab, die fie

210 XVIL .Beriode 1649—1691.

Befchwören mußten. Bey diefem Anlaß theilten: fie die Entbedung mit, daß die Academici, von geraumen Kahren ber, den erkannten Eid nicht nur unterlaffen, fondern gewiffe Juramenta unter fid) eingeführt Dat fe , deren Inhalt niemals zur Kenntni des Raths gelangte, In biefem ober in einem andern Gutachten, fagte die Connniffion , Daß die Privilegien von 1460. in Zeiten des abergläubifchen idis: begeben worden fenen.

Hierauf erkannten beyde Raͤthe folgendes:

„Es fol allerfordrilt .ben ber den 10; July 1657. ergan⸗ genen 9tatyserfanntnig fein ungeändertes Werbleiben haben, und. foll biefelbe , famt bem im Jahr 1532. der Univerfität gegebenen Staruten, auf welche damals Rector und Regen⸗ ten einen Jeiblichen Eid gefchworen, und was ihnen feither pou Einem Ehrſ. Rath gegeben und bewilliget worden , bite niit nochmals - confwemirt und beſtätiget ſeyn. Das alte im Jahr 1460. der Univerfität gegebene, zur Zeit der Nerorma-

tion im Cy, 1529. wiederum abgethane Brivilegium foU aber,

d

fütbad, unb zu ewigen Zeiten abolirt und abgetban feyn and bleiben. Eine löbl. Univerfität fol bey hoͤchſter obrig- feitlicher Ungnade fid) enthalten, fülches (Privilegium von 4460) den neuerwählten Häuptern und Deputaten: weiter zu infinuiren. Nicht: weniger foll diefe (bic Univerfität) der- gleichen Inſinuationen bey aleicher Ungnade von Niemanden

“annehmen '). Sodann follen zum andern bie Herren Depu-

tirten, mit den von der Uniperſität vergröneten Herru, fete

um ————!

*) Wied 98. vom Bifchef,

XIV. Kap. Univerfität ꝛc. $11

ner freundliche Vinterrebung pflegen , bie Juramentsformeln ber Univerſität, ihrer GCollegien, und andern in Original einfeben, mit Fleiß erdauern , und ſowohl darüber, als über der Univerfität angeführte ſpezial Gravamina, ingleichen dasjenige, (o von Seiten unfrer gnädi:en Herrn und Obern bepber Käthe) bamibet zu abnben wäre, benfelben remon- firiren , und daraufhin beyden Räthen das Befinden gründ⸗ lich referiren.*

10670 (10. Sept.) Eine der erfien Fragen, die gut Sprache famen, war der Stand derjenigen, deren Väter zwar der Lniverfität zugethan. geweſen, doch feine Bürger waren. Der Grundfag herrſchte, daß ‚wenn fie fi) im die Ehe begeben, und in den Statum politicum. treten, fie dennoch für feine Bürger angefer ben werden fonnen, fie Dáttem denn das Bürgerrecht som Rath erhalten. Cine Ausnahme machte man für Sob. Burtorf, ven Buchhändler unb feinen Bruder S. 3. Buxtorf, Profeſſor in der hebraͤiſchen Sprache, weil ihr Vater und ihr Großvater fif) um unfre Stadt und Univerfität wohl verdient gemacht hatten, unb bem ſelben von großem Augen geweien waren. In einem Gutachten der Univerfitäts + Commiffion vom 15, Octo⸗ ber, befindet fi) ber Vorſchlag zu zwey Gefegen, die der Rath annahm: |

Die fo von Altem her theils bey einer Zunft, für Zunftbrüder angenommen, theils zu Aemtern befördert ware den, biemit durch die Präſcription (Verjährung) für Bür⸗ ger zu halten waren, follen auf ibt Anſuchen bin, ind Bür⸗ gerrecht eingefchloffen werden. Die übrigen find aber nicht Bürger. Weder tragende Aemter, noch die Immatricula⸗

I

312 XVII. Beriode: 0648 —1691.

tion ertheilen einiges Bürgerrecht , e$ hätte denn bey irgend giner Predicatur , Profeſſur, ober. im Gymnaſio, einer (id) por andern fo kundlich verdient gemacht, dab der Rath ver, anlaffet würde, ibm dad Bürgerrecht qu veregrem , oder an. den Gebühren etwas nachzulaffen, worinn aber der Rath offen Hand baben folle, (id nach feinem obt igleitlichen Wobl⸗ aatis zu entichließen.

Sm gleichen Gutachten bemerkte die Gómniffon, baf zur Zeit bed Pabſtthums die Academici nichts am» ders waren, als Schiemsverwandte , die in der hohen Obrigkeit Schub und ficheres Geleit aufgenommen tva» ren. Zugleich: führten fie das treffende Benfpiel des Pro- fefforg Cridenmeiß, der, als er im Jahr 1485 ſein Buͤrgerrecht erneuerte, verſprechen mußte, alles das zu lei⸗ fen, was ein Buͤrger zu leiſten pflichtig iſt, auch‘ ſich der Schulfreyheit nicht, ſondern des Bütgerrechts ju gebrau⸗ hen; worauf er wirklich den Buͤrger⸗ und Zunfteid Ge» ſchwor. Nach der Reformation und den Statuten von 1532. hätten bie Academici, die von ihren Weltern das Buͤr⸗ gerrecht nicht erblich Bergebracht hakken, weder "durch ihre bep ter. Univerfität getragenen Sfeimter , noch durch bie Matrikel das Bürgerrecht. erworben. ^ Sie -muften (8, auf ihr unterthäniges Bitten, vom Rath erlangen. Sp erhieiten e$. im Gabe 1535: Sebaſtian Münfer; im S. 1504; Dri Koch für fif umb feine fünf Söhne; im J. 1572. Adam von —— für 08 und feine sieh ims u. id

XIV. fap. Univerſitaͤt ic 313

1671. ° In dieſem Jahre beffimmte der Rath durch fünf andere Erkanntniffe die nähern Verhaͤltniſſe der Umiverfität. Den 10. May wurde, auf Anrathen der Commiſſi ion, folgender Eid vorgefehrieben,

Gib, welchen Reetor und Regenten, wie auch die übrigen Glieder der Univerftät , bey der. jährlichen Einführung . e .. e$ Steetor$ ſchwören müftn. -—

Ihr werdet ſchwören, daß ihr unſern Herrn, dem Bir germeifter, dem Oberſtzunftmeiſter und beri Rath, aud) euctu Rectori Wüb. Regentiae, von dis Narbe wegen, getreu, hold, geborſam nud gegenwärtig fenn, unſerm heillgen chriſt⸗ Tien Glauben, wie foi? den and Gottes Wort erlernet, ge Kiffen Wind: eifrig, desgleichen unſrer Herren aufgegaugene Neformation, Mandata , Ordnungen und Cefanntniffe, mie die von denfelben gegeben find » oder künftigs gegeben mere den, ſamt Buͤndniſſen and Sinmägen getretilich Hatten, Leine” Rottitung nod) Berſammlung mit Jemanden machen, auch verbotener Kriegsdienſte aud) müſſigen, ſondern mit der Stadt Rich und Leid theilen; euer Umgeld und andere bürgerliche Pflichten (fo fern ide deren nicht abſonderlich beſreyet), wie ſelbige nunzumal entrichtet oder künftigs anfgefegt werden, getreulich abftatten , euer Cary allhier fm unſerm Galzbhauſe ‚tanren , und ſonſt anders Salz nicht gebrauchen ; auch fein Mehl iod) Brod, das hier nicht verumgeldet worden, von anßen herein bringen; und falls "ihr einigen Kauft thäten, ' oder jemanden fäben, mit Leuten, Die nicht unfre Bürger wären , forches damit der Stadt ihr Pfundzoll, der fie bod) “und tbener ankommen, nicht entzogen werde, jeweilen dem Schreiber im Kaufbauſe rügen ; zumal feine Kaufmannſchaft noch Burer, ſo von fremden Orten ber in unſre Stadt ge⸗ führt werden , hinter ench nehmen, noch behalten, - fondern

344 XV: Periode, -1649—1091,

diefelben ins Kaufhaus verfchaffen , und euch deren nicht un. ‚terzieben; in gerichtlichen Händeln vor Schultheißen und Berichten dieß. und jenfeits Rheins, wie aud) vor euerm "Consistorio , je nachdem der Beklagte geſeſen, Recht ge⸗ ben und nehmen , auch ben den Urtbeilen, fo afta ergehen, verbleiben und davon, gemeiner Stadt mohl bergebrachten Freybeiten, Exemption und Herfommen zum Nachrheit, nicht ‚ziehen , noch appelliren n: auch ehe und bebor ibr ben 66» wöhnlichen Abzugseid gefchworen umb geleiftet, euer Bürger- ‚recht keinesweges verzieben, mod) aufgeben ; fa danır, daß ihr, bic in der Regenz geordneten, nicht ‚allein dieſen Gib ‚jährlich ſchwören, fondeen zugleich die übrigen löbl. Univer⸗ fitt Sugetbanes., fo Hausväter. und Bürger ,. oder foni in officio. find, mit und neben cud) 5 unb ba. einer ober. der andere, Leibesindispofitian ,. oder höchſt nuvermeidlicher Befchäfte halben, nicht zugegen wäre, benfelben, fa bald ev ‚wieder ausgehen, und sur Stelle ſeyn kann; nicht weniger wofern einer oder der andere aus euern Angehörigen, ſo die⸗ fen Eid zuvor nicht präſtirt, fid) iu bic Ehe begeben, den alsdald ebenmäßig über alle dieſe Puncten in leiblichen Gib nehmen, und insgemein, ihr alle insgeſammt, und jeder an ſeinem Orte abſonderlich, dieſer Stadt Nutzen, Ehre und Frommen fördern, und ihren Schaden wenden Nep: alles dünne , ebrbarlich und ohne Gefährde.

Nach diefem Formular befahl der Rath, daß bey naͤchſter Einführung des neuen Rectors „in. 1. Gegenwart

"'

y Dies beziehet fich nur, wie Betannt / auf fremde ge. richtöftellen. Saber, als in ber Folge die Univerfirät fidó um dad Recht de non appellando MES / fi (d nicht auf. dieſe Eidesformel berief,

XIV. Kap. Univerfitaͤt 1c. 313

der Herren Deputaten, ale Univerfitäts » Verwandte, fo Hausvaͤter und Bürger, oder fonft in officio má» ren, fchwören folten. In der Folge wäre die Gegen wart ber. Depntaten nicht .erforderlib. Die Prediger aufm Land würden diefen Eid nur einmal semel pro semper, fo lange fie draußen wären, leiften.

Den 12. Sul) war e8 um die Synoentatiomem zu thun. Der Rath beflätigte eine Erklärung von 1624, Traft welcher die Uniperfitàt ber verftorbenen Academi- corum Berlaflenichaften, wenn fremde Erben und Teine liegende Güter vorhanden find, imventiren möge. ie fof aber auf den gebührenden Abzug vigiliren , und folchen ang Brett liefern ; ferner dafür forgen, daß die fremden Erben ihr besichendes Erbe jedesmal auf Gabr unb Tag verbuͤrgen.

Die Maſſen der Falliten, fo hieſige Univerſitaͤts⸗ Verwandte find, ſollen durch bie Gerichtsämter beſorgt werden. Doch mit der Erlaͤuterung, daß, wenn zwi⸗ ſchen den Creditoren, Erben, oder ſonſt jemand Streit vorfiele, welche gerichtlich ausgetragen werden müßten, dieſe vor dem Gonfifforio entichieden werden follen.

Weber bie Händel und Frevel erfannte der Rath am 27, December C 1771.) bod) mit Vorbehalt ander- wärtiger beliebiger Verordnung, daß wenn ein Univer⸗ ftätd Verwandter die Wache oder Schildwache frevente lid) angreifen würde, dieſes Vergeben ohne Mittel vor ben Rath zur Beſtrafung ‚gebracht werden, (offe ;. ‚gleich

* -

316 XVII. Periode. 1649—14691,

‚falls, wenn gegen Andere gefrevelt worden , und Die Wundſchau erflart, daß die beygebrachten Streiche,

oder Verwundung, eine Wundthat fep. Die übrigen

Händel folem dem Richter des Delinguenten uͤberwie⸗

fen und dort nach Befinden geflraft werden. Die Bor

unterfuchung (oll aber durch. den Hauptmann des Quar⸗

tier, nebſt einem Quartierherrn, und zwey Berordnes

ten der Regenz vorgenommen werden. Dieß Dat man

in der Folge Chambre mipartie genannt.

Am gleichen Tage (den 27. December 1671.) wurde den Deputaten die Cn(pectiom über die Biblio⸗ thel aufgetragen, welches in. den Eid berfelbem einge: vüdt, und vor kurzem noch von drey Stadtfchreibern, als Deputaten,, befchworen wurde Die Univerſitaͤts⸗ Gommiffion hatte namlich in diefem Jahre (1671.) ei» nen fehr ahndungswuͤrdigen Mißbrauch entbedt, den bie Profeſſoren ſich zu Schulden fommen loe. Die Regentiales hatten aus der ihnen anvertrauten Biblio⸗ thek verfchtedene Bücher unter (id) ſelbſt verfäuflich hin⸗ gegeben, unter dem Borwande , ^ fie befänden fid) dort in mehrfacher Anzahl. Es wurde: befohlen, den 27. December, daß die Regentiales den Herren Deputa ten eine ordentliche Specification aller von ihnen vers kauften Bücher, wie auch derjenigen, bie fie nod) weis ter verkaufen möchten, fchriftlich behändigen follten, mit der Anzeige, wer folche gefauft und was von Gtüd zu GStuͤck erlöfet worden. Vey diefem Anlaß ließ der

XIV. Kap. Aniverfität se - 317

Rath ihnen anzeigen, daß fie ihre tragenden Professio- nes gefliffentlich und fleißiger, als von etlichen bisher gefchehen, verfehen follen. Sie werden dazu obrigfeit lid) angemabnt. Den Herren Deputaten habe man anbefoblen,, auf folches und alles andere, gefliffene Ache tung zu geben, und im oll verfpührender Saumfal ober anderer Mängel, es gegen fie, Amtöhalben gm abnben, aud), wo von Nöthen, dem Rath gebührend zu berichten , nicht weniger in Specie die Inſpection uͤber die Vibliothel zu beſorgen.

Eine andere Beſchwerde oder Gravamen, ſo die Univerſitaͤt angebracht hatte, betraf die ſogenannten De- ductiones oder Proceſſionen. Es widerfahre hierin, klagten fie, den Academicis, ſonderlich bey Begraͤb⸗ niſſen, ziemliche Beſchimpfungen, indem bald Jeder⸗ mann ſich vor ihnen eindringe. Die Commiſſion be⸗ ruͤhrte in dem Gutachten vom 22. Augſt 1668. kaum dieſen Artikel. Es ſcheint unter anderm, daß die Doe⸗ toren, ob ſie ſchon kein Amt bekleideten, den Vorrang vor den Gerichtsherrn verlangten. Im Gutächten vom 27. December 1671. fagte die Gommiffion, und beſtaͤ⸗ tigte ber Rath: „Anlangend die Deductiones und üfe fentlichen .Processiones , weil, bey vorgehabter Reme⸗ dirung ber einer» unb anderfeits geflagten Incogrui- töten, allerhand erhebliche Bedenflichkeiten fid) ereignet, fo wollen derowegen Ihro Weisheiten die Cade im bisherigen Stand fernen verbleiben Toffen.*

318 XVII. Periode. 1649—1691,

Erſt im Jahr 1683 (17. Febr.) auf einen Rath, ſchlag der XII. und aus Beranlaffung der Leichen folge eines Standes» Hauptes verordnete der Rath fol» gende: |

» Wenn in. einer folchen öffentlichen Deduction 9nGOSrn. die Herrn Häupter, "und Rath, famt der Canzley wab den Bedienten, den Borrang genommen haben; foll alsdann zwar loͤbl. Univerfität folgen, bar» unter aber allein, und mehr nicht, als ber Hr. Mag- nificus Rector, die Herren Professores, Pfarrher⸗ ren und Helfer, aud) etwan ein Fremder ſich bier auf» haltender Doctor, gemeint ſeyn; und wenn diefe Stel» ben, mit dem Pedellen und dem Notario der Univerſi⸗ tät, beſchloſſen if, alsdann darauf die Gerichte von heyden Städten, wie fie aus den Hrn. der Raͤthe und der Gemeinde befichen, famt ihren Amtleuten, imme biate und complet nachfolgen. Im übrigen foll der bisher gehaltene Gebrauch, da bey der Hrn. Deputa⸗ ten Begraͤbniſſen die Zünfte vor ber Univerſitaͤt, und bep der Hrn. Academicorum Beſtattung, bie Univer⸗ ſitaͤts Verwandten vor den Zünften ju "m pflegen, ferner beobachtet werden.

Die Regierung beguͤnſtigt die Wiffenfchaf- ten unb [hönen Künfe

Wenn die Regierung jenen Anmaßungen der Pro: fefforen, die nicht nur dem Lehramt unbehuͤlflich, (ow -

XVI, Kap. tiniverfitdt ꝛc. sn

dern auch ſogar hinderlih waren, ein Ziel (ege, fo - begünftigte fic ‚Hingegen die Wilienfchaften und qM | Kuͤnſte. Auf einen Vorſchlag der Regenz ſtiftete der Rath im J. 1647. einen dritten Lehrſtuhl in der theologi⸗ ſchen Facultaͤt, unb übertrug denſelben Johann Bux⸗ torf, der zugleich die Profeſſur der hebraͤiſchen Spra⸗ (pe verſah. Dieſe dritte Profefur war zweyfach: die der gemeinen Derter, locorum comunium, oder Dogmatik, unb die ber befirittenen Artikel, . contraversiarum , oder. Bolemil. Zwey Bürger hatten fchon Vermächtuiffe zu diefem Ende verordnet, . ein Specirer, Guͤnzer, vermachte tanfend Pfund, und ein Kaufmann Gogel zweyhundert. Hier iſt der Ort nicht zu umterfuchen,. ob eine Profeſſur uber die. Pole mit nicht zu Sánferepen , Uneinigkeit, Verlegerungsfucht _ führe, und das verwegene Seffreben nach (id) ziehe, über Sachen dogmatifch zu entfcheiden, die zum Heil nicht gehören, ober bie der Schöpfer unſrer Urtheils⸗ kraft überließ.

Zu Folge der Wuͤnſche der Regenz und nach - gegebenen frepwilligen Benfpiel des Prof. Chriſtoph Faͤſch, fliftete der Rath im J. 1659. einen Lehrſtuhl für die Geſchichte.

Im J. 1661. Taufte der Stat für die Univerfis tät, die Bonifacius Amerbachifhe Sammlung von Bis den, Handfchriften, Antiquitäten , Gemälden und qi

328 XVII Periode. 1649-1691.

dern ˖ Seltenheiten, für neuntauſend Reichsthalet, woran die Regenz ein Drittel zahlte ). Die Verkäufer was ren die Erben des Doctor Bafılius Iſelin. Einer ber . Tochtermänner des Bonifacius Amerbach war ber Profeſſor Ulrich Iſelin.

^7 ^ wr Syabr 1662. (9. April) wurde das obrigkeit⸗ Wide Gebäude, bie Mucke, zur öffentlichen Bibliothek beſtimmt. Ban hätte gerne die Fruchtfpeicher des Done kapitels, unter der Linde, dazu gekauft, und zu die fem Ende wurden bie Domberren, die in Frenburg refidirten , barübet fondirt; allein fie jeigten fchlechten Villen dazu. Neun Fahre vorher Hatte der Rath über die St. Ulrich Capelle Leberfchläge geben lafen, und (bon im 3. 1649. (5. Merz) bath die Stegeng, man möchte ihr einen bequemern Platz Als der bisherige im Intern Collegium , wegen bevorſtehender großer Gefahr des Einſturzes, verfchaffen. ^ Unterſuchungen wurden ans geſtellt, aber damals ohne Erfolg.

Eine flebente Glaffe im Gymnafium, für einen befondern Unterricht in der Iateinifchen Sprache, ſtif⸗ tete der Rath im Cy. 1666. Die Regenz hatte vorge ſtellt, daß die Tugend in diefer Sprache nicht Dinlángs ' fid) geübt werde, wodurch fle bey ihren Lünftigen Stu⸗

dien in den Facultaͤten merklichen Nachtheil verfpühre:

*) Sach den Athenae rauricae p. 122. bezahlte der Rath 8000 Thaler, unb die Univerfität nur 1000 daran.

. XIV. Kap. Univerlität ꝛe. 391

Der verfiorbene Buͤrgermeiſter 9ttpbef Bübe- zu dieſem Behuf- 1500 fl, vermad)t; und eben’ fd viel, -nebft einer Behauſung, zwey andere Perſonen. - Die Negenz wuͤn⸗ (be, daß die Deputaten, grae 150.4. Zins für ben Lehrer, gedachte 3000 fl. uͤbernehmen möchten. . Der. Rath willigte ein, Heß eine neue Stade bauen, "und vermehrte das Einkommen des Lehrers mit zwoͤlf Biern⸗ sein Korn aus den obrigkeitlichen Vorräthen. Ob er aud) die Behauſung unterhalten lie , wird nicht beute lich gemeldet. Der eve, der diefe Tte Glage war der Gymnaſiarche felbfl, Seiler,

Die Regenz Batfe den Wunfch ‚geäußert, ‚daß eine Neitfchule errichtet werden möchte. . Der Rath bewils figte 150 Centuer Heu, 50 Saͤcke aber, und. 300 Wellen Stroh, mit Vorbehalt offener. Hand; unb. dann semel pro semper 100 Reichsthaler für Koſt und S9lusvüffung. Der Bereuter, Namens: Hagel, war von Liebenzell im Wuͤrtemberger Lande. (1681. )

. Sm S. 1682. wurde bie Anflellung , einer inte in Klein» Huningen geſtattet, - unter der inti des Pfarrers jenſeits. NE

Einige Schriftfieller Wurden nr ihrer Werte belohnt. Im J. 1659. dedicirte dem Nath der Prof. Sob. Buxtorf Abhandlungen (Exercitationes) über die arca foederis, ignis sacer, Urim und Thumi- dm mana, petra in deserto, serpens aeneum,

VH. Band. T

3222. XVII Periode 1649—1691.

und belam eim vergoldetes filbernes Gefchire von 50 Bis 60 Loth Gewicht. Sm S. 1677. dedicirte bent Rath Doctor Mägerlin: Stadteomfulent. ’) ,.. eine chronologiſche Tafel, und erhielt zwanzig Reichsthaler. Im S. 1668;: bebicirte Doctor Verzascha fein seam terbud) den dreyzehn Orten, und bezog von dem Die gen Stand zweyhundert Reichöthater. Im Sy. 1683, bebicirte der obgedachte Mägerlin unferm Stat. eine Abhandlung über ‚dag divinum regimen , unb der Rath ‚verehrte ihm achtzig Reichsthaler , . umd - Saum alten Wein.- |

Der Rath beguͤnſtigte auch ‚die dramatifche $unf, bie für bie gebildeten Glafen, feit den alten - Griechen ber, einen ausnchmenden Reiz Dat.

qm x, 1651. (30, Day) wurden auf bre) Wos hen Commóbiantem angenommen. m 254 1652, bes fand fid) hier eine Cidyanfpieler » Gefeltfchaft,, welche die uͤberſetzten Theaterflüde der Engländer vorflellte, und Daher die englifdien Eomödianten genannt wurde, €$ war in England die Epoche des beruͤhmten Sha⸗ feópeat, Den 21. Zuly erhielt fie für vierzehn Tage

. HD: Mägerlin war von Kempten oder bortiger Gegend, ,fam wegen Glanbensänderung hieher, beyratbete eine Saltnerin und wurde Stadtfonfulent mit Doctor N. Paſſavant. Bende verfertigten uiii gründliche recht- lide Gutachten.

- XIV. Kap. Univerfitaͤt ac. 323. die Erlaubniß ihre, Stuͤcke aufführen: Ob nun ſchon

jeder -Zuichauer nur. zwey Schilling zahlte, . fo waren -

fie noch am 43, Augſt: hier uud erhielten eine Verlaͤn⸗ gerung. Zugteich machten fie ſich gegen die Näthe ev

bötig , ihnen su-fondern Ehren, ein beſonderes Stuͤck

zu. fpielen, wenn fie num bed Tahes dnb Der Zeit veru fiandiget ‚werden Tonntem; : So lantete Die Erfanninißs Iſt ihnen Tünftigen Montag gegen bren Uhr ernamſet, und ben Herrn Haͤuptern uͤberlaſſen worden, was ihnen

für eine Verehrung gethan werden möchte; babe ber .

williget, daß fie mod) bie kuͤnftige Woche ihre Comoͤ⸗ bien halten mögen: doch nichts aͤrgerliches.“ Uebrigens waren die damaligen: Haupter, Sobane Ritdolf Faͤſch, Leonhard, Wenz, Johann Rudolf Wettſtein und Jaeob Hummel. Sm, 1656 (28. July) wurde hochdeutſchen Komödiauten, wie fic genannt wurden, geſtattet auf vierzehn Tage Tang hier. zu ſpie⸗ Jen. Den 9. Augſt (ef man ihnen anzeigen, ſich an Sonntagen des Agipens gi emhalten. Im Cy. 1665.

(5. Auguft.) Cin: Camddiant von Hamburg, der au -—

einem: folgenden Tage etwas ſonderbares zu agiren Wil—⸗ less war , vermuthlich mit ſeiner Geſellſchaft, lud ben Rath unterthaͤnig Dazu «vin, s CS wurden ihm fünf Reichsihafen verehrt. Im J. 4667. C17. July)

bat ſchriftlich der: Director: Der churpfaͤlziſchen Gef ^

ſchaft Kamodianten Namens: Hofmann, um die Er⸗ mit iine Geſellſchaft ihre Theaterſtuͤcke vor⸗ Es $ F. dr à 23: u E

an

423 XVIL.SBeviobe. 1649-1691.

suelen, Zugleich bat ev Die Räthe, wegen feines ibm zu Straßburg gebornen Töchterleins, zu Taufzeugen. Heut zu Sage, was würde man etwa erfennen ?: Zwei⸗ felsohne : voivb iu feinem unverſchaͤmten Begehren abge; wieſen. Nun leſe man bie damals ergangene Erfannts wif: „Der Rathſchreiber foll ihm, im Samen meiner gnädigen Herrn, wegen ber Gevatterfchaft, ſechs Du. caten zu einer Verehrung uͤberſchicken; dabey verkleiden, es fen der Compagnie ihre Comoedias zu agiren, drei Wochen aus :Onade vergünfliget ; doch daß fie am den Sonntagen nicht ſpielen,! und von ber Perfon mehr nicht als einen Duplex C2 f.) fordern follen.“ Den . 40. Augſt erfchienen zwey Gomödianten vor Rath, im . Yamen der. übrigen, und Inden die Raͤthe zu einer Co» mödie ein, welche fie, nach ber Raͤthe Belieben, kuͤnf⸗ tige Woche zu präfentiven Willens: wäre, zugleich übers gaben fie etliche eingebundene : : Eremplare des Stuͤcks. Der Schluß war: „IM den Herren Näthen darin un gehen freygeſtellt, babep auf Donnerflag gedeutet, und - werde man fid nach der Hand entſchließen, was ihnen (ben. Schanfpielern) deswegen zu verehren ſeyn möchte:® Qm J. 1670,.(13. Zu) wurden Schaufpiefer ble fid meiftens im Badifchen aufhiekten , für bre) Wochen angenommen, doch follten fie nicht: an Sonntagen ſpie⸗ Yen, nichts wider die Ehrbarkeit vorſtellen, von jeder Berfon mur. zwey Schilling fordern und die legte Cim nahme dem. Almoſenamt zukommen laſſen. Zweymal noch kommer hie Schaufpieler s Gefell()aften in den

XV. Kap. Kirchenfachen, 825

Rathsbuͤchern vor, 1670. unb 1688. Das erſtemal zeigt einen ſonderbaren Ausdruck. Die Geſellſchaft hatte 15 Comoͤdien geſpielt, und bat um drey Vorſtellungen mehr, die eine fuͤr die Armen, und die zweyte dem Rath zu Ehren. Der Rath nahm die zweyte an, er⸗ ließ den Schauſpielern die erſtere, beſtimmte aber, daß er die geben Reichsthaler, die er ihnen geben wollte, ben Armen zukommen laſſen würde, und biefe Vorſtel⸗ hung, die für den Rath beſtimmt war, nennt der Schreiber die obrigkeittihe Comodie,

EEE EEE, Fuͤnfzehntes Kapitel Kirchenfachen.

EEE

Theodor Zwinger ") war zu Anfang diefer Ber ríobe, bis den 27. December 1654, wo er Hard, noch

) In einem feiner Werke bebandelte er die vermegene Stage: „Was fromme Seelen von dem Heile unſrer bot der Reformation im Schoofe des Pabſtthums leben⸗ den Borfabren halten follen.“ Zn einem andern be Bauptete ee, mie die Katholiken, aber in einem ate

.— bern Sinne, daß obne den wahren Glauben feine Hoff⸗ nung zur Seligkeit (tatt babes könne. In einem dritten noch, baf bad bloße Gutfinben Gottes, ohne Vorberſe⸗ bung 2 Glaubens die Wrfache der Auserwählung fen;

326 XVIL Berlode. 1649-1691

Döerfipfarrer, Auf ihn folgten, den ^11. December 1655. bis den 9. Februar 1675. Lucas Gernler, und den 11, May 1675, bis sum 23. * 1703. Peter Werenfels. | :

Die Vereinigung einer theologifchen mit dem Antiſtitium, welche ſchon im Sy. 1618. zur Spra che gefommen war, wurde ben 5. December 1655: , nach vingeholtem Rathſchlag der XIII wieder behan bett, Nachtheilig fep; fagten fie, dieſe Vereinigung; ber Pfarrer im Minſter werde gleichfam vor der Zeit

t " i

wie auch in einem ferneen Werke, bag die moralifchen

Werke der nicht miebergebornen Menfchen Sünden (inb.

Quid de salute majorum nostrorum , qui olim, ante

gusceptam reformationem in gremio vixerunt papatus,

piis mentibus sit statuendum. Redarguantur Aca.

. demici quos yocant, qui existimant, quemvis in qua-

vis religione Servari posse. Perinde, ut adunantor

' est, hominem simul in aqua et igne vivere posse, aut '

per alimentum juxta ac veneuum: its fieri non pot.

est, ut in hac pariter et illa religione servari possit.

Est enim üna tantum vera religio ac fides, qua ex.

c£ussa , nulla potest superesse spes salutis, Solum

. Dei placidum , Csine fide praevisa) electionis causam

esse asserveramüs. Omnia irregenitorum hominum

* . epera moralia peccata sunt, quaméunque demum boni

Us $peoiem prae: se ferant, . Wenn dieß alles Gedächtniß-

- fütfe, Belebrfamfeit heißen foll, fo werden mir mit dem

Heiland ausrufen : Selig Sub , bie ba. geiſtlich armi find, on Mena Himmelreich iſt ihr.

XV, Kap. Kirchenſachen. 327

abgemattet und andgemergelt. Im Nüdficht aber der dadurch vermehrten Befoldung , lie man e$ einfiweilen, und mit Vorbehalt künftiger Abänderungen, Bep ber bisherigen Ordnung bewenden. Doch erfanns ten die Raͤthe folgende Ginfdrantungen : Falls der kuͤnf⸗ tige Oberſtpfarrer Profeſſor würde, fo foll er mit als let regentialen und andern Nebengefchäften verfchont bleiben, und das nur verfehen, was vom Pfarrdienfle und von der Profefur inseparabiliter und ohne Mittel abfange; und dan, dafern die Lniverfität etwas vor Kath zu ſchaffen gewönne, fo follte er fid) der Sache, weder wenig noch viel, beladen und annebmen, ſon⸗ ‚dern fid De —— muͤhigen und RIPE:

Heber. eine Bereinigung, die der Pfarrev im Münfter mit dem Antiffittum und dem Archidecanat beftätigte der Rath; am 8. May 1675, einen Rath» fhlag der XIII. woraus folgende Auszüge : » Zwifchen der Erwählung des Pfarrers in einer Gemeinde (und folglich auch der Gemeinde des Muͤnſters) und bie Cr» nennung eines Antifitis nnb Oberſtpfarrers, welche nicht allein den übrigen Miniſtris der Stadt vorgehen, und in den Zufammenkünften prafidirt, fondern auch auf der Landfchaft den perpetuum Decanatum epers citt, befindet fi) ein großer und merklicher Unterſchied. Indem, einen Pfarrer zu erwäßlen, ber Gemeinde, . ex jure patronatus, oder aus einem altgepflogenen Gebrauch und Herfommen gar wohl: gebühren Can.

328 XVH. Periode. 1640— 1691,

Gineit Antistidem und Archidecanum aber zu dene miniren, koͤnne Niemanden anders als einer hohen . Obrigkeit allein, ex jure episconatus zufehen, um fo vielmehr, ba ber Pfarren des Muͤnſters das Praͤſidium anfönglich nicht: anmeetivt , fondern ſolches, mit Vor⸗ yoife einer hoben Obrigkeit, damals durch eine vier» teljaͤhrige Alternativam von einem Pfarrer nach dem andern, verrichtet, ‚zumal ſchon im vorigen saeculo, bey Erwählung, Herrn Doctoris Jacobi Grinaei, : die Sachen gar wohl unterfchieden, und er, Hr. Grynaͤus, von der Gemeinde zu einem Pfarrer, von hoher Obrig: feit aber, erſt eine geraume Seit Dernad), su einem Antistite befignirt- worden. Was alfo (eit gedachten Doctoris Grynaei Ableben, mit Hrn. Wolleb, Swinger und Gernler, aus lauter und purer connivenz fid) zugetragen bat, kann dem obrigfeitlis chen Juri feinem Anſtoß verurfahen Daher denn

MESH. die XIII, bey jegmaliger Beſtellung, eine noth⸗⸗

yoenbige Separatipn bepber Aemter machen, und zwar der Gemeinde des Muͤnſters ihr Dabenbed Recht zu eperciven , und an des abgelebten Stelle, einen andern Pfarrer zu erwählen, vergünftigen, der hohen Obrig⸗ feit aber, ifr durch den Religionsfrieden wiederum zu⸗ geeignetes und allein flehendes Jus episcopale, (fraft - been fie einen supremum pastorem. et antistitem in der Stadt, wie aud) ben Archidecanum auf der Landfchaft zu denominiven Dat) befter Maaßen reſervi— ven wollen. Deraskalten, daß bevordrift meine Herren

XV. Kay. Kirchenſachen. 329

Depntaten die ausgefallene Pfarrerswahl beyden Räthen eröffnen ſollen, und alsdann bep Ew. Sn. fliehen werde, entweder den erwählten Pfarrer im Muͤnſter, oder Se mand anders aus bem Miniſterio zu einem Antiftiti und Archidecano auf'm Lande zu erwählen, oder aber an ders zu verfahren, je nachdem es Cw. Grm. gefallen, und (i folded dem Stand, wie auf der Kirche, am nuͤtzlichſten su fenn befinden möchte.

In Folge dieſes genehmigten Schlufes , zeigte am . 12. des gleichen Monats, der Stadtfchreiber, im Nas men der übrigen Deputaten , an, daß geflrigen Tages (Dienfiag) ; mad) der Predigt, Diejenigen fo bendes, Amtshalben und als Kirchgenofien, der Wahl eineg Pfarrers im Muͤnſter beywohnen ſollen, in das Capitel⸗ haus) berufen worden, wo man zuſammengeſeſſen und die Pfarrherren zu St. Peter, St. Leonhard und St. Theodoren in die Wahl gefchlagen Habe. Hierauf fey Hr. Magiſter Peter Werenfels bisheriger Pfarrer zu St. Leonhard, mit einhelliger Stimme, zu einem Pfarrherrn im Münfler erwählt worden. Diefe Anzeige veranlaßte folgenden Beſchluß: „Meine Gn. Herren unb Dbern (Beyd⸗Raͤthe) Haben biefe vorgegangene Wahl hiemit von Obrigkeitswegen confirmirt und beftätiget; dabey für das andere, ihm; Hrn. Werenfels , das An- tistitium und Archidecanatum , famt allem, fo fols

Gen

) Dee jegige Doctor » Saal beo Chor des Münſters.

330 , XV. Periode. 1649—1691.

diem Antistitio anfangt , conferirt, und für das dritte ferner erkannt, daß folches kuͤnftigs, in Vergleichen Be gebenheiten, jeweilen alſo beobachtet, auch fonft, fo oft eim Pfarrer oder Helfer in der Stadt erwahlt wird, bie Wahl jeweilen durch die Herren Deputaten M- Gir, Herren rveferirt, und Die Confirmation denfelben über laffe werden fete"

Benfpiele von Streitigkeiten über die —— oder Beſitz von Kirchenſitzen oder Kirchenſtuͤhlen im Münfter, bey St. Beter und bey St. Leonhard findet man in den Brotocollen von 1667, 1671. 1673. 1676. 1680. 1685. und 1688. bie Rathöglieder, fo Pfleger im Muͤnſter und zu St. Leonhard waren, fahen fid) . genöthigt, die dieförtigen Anflande vor Rath su brins gen. Wenn dieſes mit Vergnügen auf bie Befuchung des Gottesdienftes (liegen laͤßt, fo erregen tod) eini⸗ ges Mißtrauen auf den Erfolg biefev Befuchung, die Umſtaͤnde der Streitigkeiten. Dort wird von Genf, Schaͤnden, Schmähen, gegebenem Aergerniß gefprochen; bier wird über Stoͤße und Schläge geflagt; anderswo über eine Fran, bie einer jungen Tochter bie Kutte get» rifen habe, Verſchiedene Verordnungen wurden dadurch veranlafet. Z. B. „Diejenigen, fo.eine achtjährige Poſ⸗ ſeſſion ununterbrochen zeigen koͤnnen, ſollen bey ihrer Beſitzung geſchirmt werden.“ „In ſtreitigen Sát» len ſollen diejenigen, die zum Kirchſprengel gehoͤren, vor denen, ſo in andern Kirchſprengeln ſitzen, conſide⸗

KV. Kap. Kirchenfachen. 331

rirt werden,“ Zwifchen Töchtern und Sohnswei⸗ bern, follen bie Töchter vorgesogen, wenn aber feine Töchter vorhanden find, alsdann aud) bie Sohnsweiber nicht verdrungen werden.“ Wenn man in Seud(idt der fireitigen Stühle der gegebenen Sentenz der miles aer nicht pariren will, fo follen Diefe e8 bem Rath um verzuͤglich zu gebüßrender Abſtrafung rügen,“ » Fu . einem Weiberfiuhl ſollen mehr nicht als acht Perſonen fingen,“ „Wenn etliche Berfonen um einen Platz (trei tig find, foll nur Eine, und zwar abwechslungsweife, den Platz befisen, Dep Verluſt der etwa Dabenben Gee rechtigkeit.“ Die fonderbarfie Anmaßung betraf einen fogenannten adelichen Weiberſtuhl im Muͤnſter, ben vor Zeiten einige Weiber vom Adel, die bier wohnten, be feffen Hatten. Im J. 1671. fprachen einige Ausbürger vom Adel diefen Stuhl für ihre Weiber an. Der Rath fette eine Commifiion nieder, von den Pflegern, unb -— den Näthen des Banned, deren Sitzungen der Antiftes auch beywohnen folte. Die Rechte der dermaligen Bes fiter waren unbeftveitbar. Allein, bie Commiſſion fand, baf Weibern , bie einen weiten Weg machten, um bier zu communiciren, Sitze verfchafft werden follten. Der Rath überließ denfelben den angefprochenen Stuhl, und befahl , daß ein anderer den biöherigen rechtmaͤßigen Beſitzern fofort eingeräumt, oder wohl neu verfertiget werden follte. | | Nun folgen Notizen in chronologifcher Ordnung. 1650. den 4. December, geſchah im Stat) der

332 XVII. Periode. 41649—1691.

Einzug: „Die annoch fid) albier Definbenben Papiſten ſollten abaefchafft (ausgeſchafft) werden“ Der 3e fin war aber: „Man foll nod) ein paar Monate, und bis der größte Winter vorben fen wird, / mu ihnen Geduld tragen.“

1650. Um biefe Zeit zeigte man (m Nath an, faf der Pfarrer der kleinen Stadt obrigkeitliche Vers ordnete auf eine febr ehrenrührige Art in einer Predigt angezogen hätte. Die Deputaten befamen den Auftrag, dieſen Seiftlichen vor fid) Hefcheiden zu laſſen, ihm bag große Mißfallen der Regierung zu bezeugen, und ihm anzudeuten, daß er wohl anders hätte dießorts verfah⸗ ven fonnem, als die Sache auf die Kanzel zu bringen.

1651. Berfuche zur Bereinigung der Lutheraner mit den Reformirten , auf eröffnete Wunfche ber Schwer den, beichäftigten die enangelifche Schweiz.

1657. In diefem unb in ben Kahren 1658, 1665, 1668 und 1686 fihlugen die Geiſtlichen mans ches über bie Verbefferung der Catechifation oder Kits derlehre vor, welches Beyd⸗Raͤthe als ein autes und nugliches Vorhaben bewilligten. 3.8, daß bep St. Be ter, Ct. Leonhard und St, Clara, wie im Munffer, am Sonntage aller vierzehn Tage öffentlich Kinderiehre gehalten werde; daß der Geiſtliche nicht vor dem Als tar, fondern von der Kanzel herab den Unterricht vers richte, u. f. w.

. XV. Kap: Kirchenſachen. 333

4664. Ein Particular Hatte einen Grabflein im Muͤnſter beym Hintern Thor des Kreusganges wegtra⸗ gen lafen, um einen andern, zu einem Familiengrabe hinzulegen. Die Tradition war aber, daß jener Stein, ber Leichenſtein eines gewiſſen Domprobſtes, Namens Ezelius, geweſen fep, der die St. Leonhardtskirche im J. 1002. geſtiftet haben fol. Man fab auf der Gruft das Bildniß eines, mit einem langen Rock bekleideten, und ein Buch in der Hand tragenden Mannes, nebſt einer lateiniſchen Inſchrift, die ſo viel bedeutete als: Hier liegt nach der Kunſt ein Plato, nach dem Leben ein Gato, und nach der Beredtſamkeit ein Cicero: ber Leib nähret bie Würmer, der Geift wohnet im Him⸗ mel“ Sobald nun der Rath das Vorhaben jenes Particularen in Erfahrung gebracht hatte fo lief er ihm ein anderes Grab anweifen, und den weggekom⸗ menen Stein am feinen alten Ort wieder legen.

1661. 4, Sept. Zu den Mahlzeiten der Kirchen« SSifitationen follen , nach einem Rathsbeſchluß, nur bie berufen werden, bie Amtshalben dazu gehören. Was aber bie Untervögte, Meyer, Amtspfleger, Bannbruͤder und Gefchworne betrifft, follen ihnen, flatt ber Mahl⸗ zeit, mad) dem Gutfinden der Herren Abgeordneten, bre oder aufs Höchfle vier Batzen gereicht werden.

1662. wurde zum erſtenmal der Hohe Donnerſtag gefeiert. Der Rath erfaunte namlich, den 8. März, daß feine Läden am jenem Tage geöffnet, fondern daß

/

334 XV. gerióbe, 16491691.

derfelbe wie der Sonntag gefenert werden fole, C8 .- geſchah aus Anlaß eines Schreibens von Zurich. Kein Hort darüber findet (i) aber weder in dem Schreiben von Zurich, noch in der Antwort, Während ber, Oe rathfchlagung muͤſſen alfo die Beweggruͤnde dazu ange⸗ bracht worden ſeyn. Giche übrigens die naͤchſtfolgende Periode.

Im gleichen Jahre, den 22. Jenner, zeigten die Deputaten an, was fuͤr eine hoͤchſt aͤrgerliche Sache fid) mit dem Pfarrer von Moͤnchenſtein zugetragen hatte '), Nach dem Verlangen des Raths, gab das ſaͤmintliche Miniſterium (vermuthlich der Stadt) mit Zuthun der Deputaten ein Gutachten ein, worin wir folgende Stelle

bemerken: „Hat der Pfarrer. bie auf ibm geklagten

ſchaͤndlichen Sachen begangen, ſo hat er unſerer Kirche, h

und der ganzen evangelifch « veformirten Religion einen flinfenben Schandflecken angehenft, worüber die Wider⸗ wärtiger in der Nachbarſchaft, ſo der Abgoͤtterey erge⸗ Ben find, gewalug triumphiren und frohlocken werden. Es heißt fiat justitia. et pereat mundus. Zulebt wurde er ſeines Amtes entſetzt.

nd einem Rene, des ganzen Yin |

N

em

^ Gr batte unter "m » Frau und eine andere Frau ungebübrlid) betaſtet. Er hatte fünf

miannbare Töchter , als et (ie jum Empfang des’ Abend»

mahls unterrichtere, mit Ruthen geftrichen, m: ſ. w.

XV. Kap. Kiechenfachen. 935

ri unb ber Deputaten vom 5. Sept; meldeten fie: weil die öffentlichen Beiſtunden, welche feit 1634. Mitt woch und Freytag Abends, im Muͤnſter und ben St. Clara gehalten werden, fchon von 20 unb mehreren Sabre ber, in merflihen und bey fremden Leuten fhimpflihen und ärgerlichen - Abgang geraten, dem bann bisher burd) vielmahls gefchehene Erinnerungen, fo zu Zeiten in allen Pfarren gefchehen find, nicht hat Tonnen geholfen werden, wolle man unfern Or. Her ven diefen unmaßgeblichen Vorſchlag in aller Unterthaͤ⸗ migfeit gethan haben, die Betſtunden auf den Samſtag Abends, inb amar in jeder Pfarre zu verlegen. Mich hätte alfo aud) vier Betſtunden in der Stadt, und das Gebeth wirde wider den Erbfeind und bie hedrängte Kirche angeflelt werden.“ Dieſe Verlegung der Set» fiunden genehmigte der Rath, ober, wie der Beſchluß lautete ; lae man f gar wohl gefallen.

4666. Es wurden Gebetbe für die Wache einge: führt, bas. eine für bie aufsichende Wache lautete wie folat: | i;

„Herr, allmächtiger Gott, bimmlifcher Vater, dieweil wir allbier find, unferer fchuldigen Pflicht nach, diefe Stadt und unfer gelichtes Vaterland , wider feindlichen: Auffak und Ueberfall unferer Widerwärtigen, mie auch fonft vor Andern zu bewahren, fo verleibe uns, bag mir in anferm Beruf und Dienft treu, aufrichtig, gefliffen, unb unverdroffen feyen, alles das zu verrichten, was, unferer Bflicht balben, zuſte⸗ bet, Gib und aud), baf mit fonderlich in unferm Gemüth,

336 XVII, Periode. 1649-1691.

and an. unfern Seelen wachtbar feten in Nüchternheit, Gott fcligteit, Gebanfen , Worten und. Werken und Thaten, die dir gefäligfind. Weil aber der Wächter gang umſonſt wacht, wenn bu, der Herr der Heerfcharen, die Stadt nicht felbfl bewabteft, fo molleit du mit deinen heiligen Erineln und um. lägern , feine feurige Mauer fenn, nicht allein um biefe Stadt, -fonberm aud) um unfer ganzes gelichte® Vaierland, und biemit alle Gewalt von ung abmenden, alle bore blutige . Sraectifen und liſtige Anfchläge, To wider ung vorgenommen, aerftóren, und gu Schanden machen, unb biemit gnädiglich ferner, wie nod) bisher, bey der Freyheit deines heiligen Mortes, unb unfers Gemiffenó, unb geliebten Waterlandes fchirmen und erhalten, bis bag du endlich deine und unfere Seinde zum Schemel deiner Füße wirft gelegt haben, und wir aus biefem tedifchen eben zu dir: in die himmliſche ‚Freude wufgenommen werden, durch Jeſum Chriſtum unfern ‚Herrn und Heiland, welcher ung alfo bat gelehrt dich anru⸗ fen unb bitten, Unſer Vater m. f. w.“

Das Gebet für die abziebende Wache war folgenden Inhalts: „Barmherziger Gott und Vater, ein Brunnen at^ led Guten,? wir danken dir von Herzen, daß bu und diefe . Nacht Kraft und Stärke, und-alles anderes, fo zur Erſtat⸗ . tung unferer Pflicht erforderlich, fo gnábiglid) verkichen, ſelber für und gewachet, unb alles Uebel von und abgemanbt

Daft. Wir bitten bid) von Herzen, bu wolleſt aud) füropin mit deiner göttlichen Gnade unb Segen, mitten unter ung wohnen, unb und unter deinen Schirm, wider alled Toben ‚und Wüthen unferes Feindes erhalten, auf dag mir dir in quter Ruhe und Frieden (idjer und friedlich, in reiner ebre und beiligem Wandel, allejeit dienen mögen, durch Jeſum Cbriſtum unſern Herrn und Heiland, welcher uns alſo bat gelehrt, dich anrufen und bitten, Vater Unſer u. ſ. w.“

XV. Kap. Kirchenfachen. 347.

41665. (17, Zum) Der Kirchenvath (dug vor, daß auf ber Landfchaft Die Unterthanen des Abende, . ffatt des Zielfchiefens mit einem exercitio sacro bes - ſchaͤftigt werden folten. Folglich würde aufer der Miorgenpredigt und der Kinderlehre/ noch eim dritteg Erercitium als etwa ein 9 6enbaebetb, mit Adlefung der heiligen Schrift ffatt Haben. Allein, die Landde⸗ cane viethen e8 ab, und bemerkten überbief , daß das zweyte Erereitium noch nicht einmal in durchgehende Richtigkeit wäre gebracht worden. Sie hätten Depfü» gen koͤnnen, daß e8 in den beflen Dingen ein Ueber⸗ maaß gebe, und ba Uebermaaß oft Gefahr Taufe, .um ‚das Gute des Gemäßigten ſelbſt zu bringen. Bey bie fem Anlaß vernimmt man, daß vor Zeiten bis auf 1660, nur zu vierzehn Tagen, wie auch nur im Contes mer, b. i. von Oſtern bis Michaelis, catechifirt wurde. Die damaligen Borfchläge Hatten für Stadt und Land ein allgemeines Verbot des Keigelns am Sonntag. - unter anderm zur Folge C8 war gleichfam, als wenn in alten Zeiten man fid) vorgenommen hätte, die Res ligton: Chriſti verhaßt zu machen, fein Sod) unerträgs lich zu belaſten und alle Fröblichleit aus den Gemuͤ⸗ thern des Volks zu verbannen. |

1667. Der Rath nahm dem Antiffes drey Wo⸗ chenpredigten ab, die dem Oberſthelfer uͤbergeben wur⸗ den, doch mit einigen anderwaͤrtigen Erleichterungen fuͤr dieſen.

VII. Band. P]

338 XVIL Periode 1649—1691.

1667. (45, Zum.) Der Marggraf ſchrieb, taf er der Wittib des Marggrafen Caroli Magni, ftatt der bis dahin zu Friedlingen gehabten Wohnung, ſei⸗

nen Hof in ber neuen Vorſtadt zum Wittumsfig über»

geben Habe, und empfahl fie dem Schu und Schirm der hieſigen Regierung. Dem Hofmeifler wurde aber angezeigt, daß fie das Religions» Erercitium wohl zu Haufe Halten möge, doch nur mit Domeflicis, und Anslafung aller Fremden. | 1663. Der franzöfifchen Gemeine wurde das Ehor des Dominicaner Kloſters eingeräumt, mit ber Beding⸗ mi, tag fie bic Genfer repariren und erhalten, daß aber das Dad) unb anderes Hauptweſen von bem Klo ftev verfehen werden, unb die Grabflätten ihm zuſtehen ſollten. 1670. Die Wiedertaͤufer hatten ſich im Canton Bern vermehrt, und die dortige Obrigkeit ſchrieb dem hieſigen Rath über dieſen Gegenſtand. Dieß veranlaßte ein Gutachten von den Theologen und Paſtoren, was fuͤr Mittel, um dem Uebel zu begegnen, vorgeſchlagen werden koͤnnten. Der Magiſtrat von Rotterdam, der ſich der Wiedertaͤufer annahm, hatte der Stadt Bern die Relegation mit Verabfolgung des Vermoͤgens vor⸗ geſchlagen. Aus gedachtem, vom Antiſtes Gernler um terſchriebenen Gutachten theilen wir in der Note einige Stellen mit . 3) „Da wird nun Anfangs au. (eben ſeyn, bag beyde Ep teemitäten vermieden bleiben, anb nicht von uns geſagt

XV. Kap. fitdenfaden. 839

1671. Eine befondere Gattung des Practleirens bot ber geiftliche Stand dar. Die Deputaten Flagten;

werden koͤnne, entweder bag wir die Gewiſſen zwingen, und den Glauben mit dem Schwerd fortpflangen wollen, welches unfere Religion an den Bapiften billig (raft Cabndet) , ober bag mir fchlafen, und den Feum, das Unkraut, auf dem Ader des Heren immerhin vermeb⸗ ren laſſen. Die Wiedertäuferen perachtet ben obrigkeitli⸗ chen Stand.“ „Man müffe zuerft anwenden die Con. versionis media (Belehrungsmittel) , dann die Coercis tionis media (die Straf- oder Zmangsmittel.“) „Die Belehrungsmittel wären: erbauliche Predigten, SBrivatzufprechen der Prediger, Berfertigung eines Trac- tätleins, ekemplarifches Leben der Vorgeſetzten, unb ein freundliches Neligionsgefpräch. Dan könne die Wieder täufer dabey zu erſcheinen nótbigen. Ein anderes feu -den Menfchen zwingen, den Gíauben anzunehmen; ein anderes den Menfchen zu den äußern Mitteln zwingen. Hieher gehöre der Befehl Luc. 14, 23. Nöthige fie herein zu fommen,* „Eoereitionis. Mittel wären: die Sue fammenfünfte mit Ernft abſtellen; die Halsftarrigen nach dem Grade der Hälsftarrigfeit und des Verbrechens, mit obrigfeitlichen Strafen belegen $ einen Linterfchied zwifchen den Verführern unb den Verführten machen ; zwifchen denen fo aus Bosheit, unb folchen bie dus Cin» fait und Mangel Berichtd, bem verkehrten Haufen an» bangen; gwifchen bet Bar -Täufern, die die täufes riſche Religion verfteben, und in ihrem itrenben Gewiſ⸗ fen für wahr halten , und den Halbtäufern, bie nue dag obrigfeitliche Joch von dem Halfe zu werfen, oder

$2

340° XVII, Periode, 1649—1691.

im Namen des Kirchenraths, „daß wenn einer in den dDrenfachen Borfchlag zu einem Pfarrdienſt, fo ihm nicht gefiele, kaͤme, er practicire um nicht erwäßlt zu wer

barum , daß fie vor dem Chorgericht erfcheinen follen, abtreten, nur Liceng und Freyheit fuden, im übrigen von der wiedertäuferifhen Religion, vielleicht nichts oder wenig wiſſen; swifchen denen, die, fo man duget. ich wahrnimmt , ein ehrbares Leben führen, und be. ten fo in Trunkenheit, Ungehorſam gegen die Obrigkeit, Hureren und andern Laftern (lefen, mie dann die Heu⸗ cheley folcher Leute, wenn man recht Achtung gibt, fid) bald offetibaret."

„In der 9tebellion der bernerifchen Unterthanen (offen vor 17 Fahren die Wiedertäufer die Haupturfächer ge weſen fenn.“ Viele leben im Cmmentbal im Goncus binate.“

„Einfchließung in das Zuchthaus, Anbaltung ad ope- ras publicas (bey und das Schellenwerf genannt) , Res Vegation , dabey ihnen ihr Gut völlig verabfolgen laſſen, oder nad) Erforderung der Geredtigfeit, - und auf andere Weife, je nad Geſtaltſam des - Verbrechen. Auf welchen Fall chriftlicher Obrigkeit gleichwohl die pdbíti(de Tyranney und Gewiſſenszwang nicht wird imputirt werden fónnen, weil diefe Sertiree nicht um der Religion, fondern um Verachtung bes obrigfeitlichen Standes, und der auf gewiffe Fälle (als mwiderwärtige Gewalt von dem Vaterland abzutreiben, von ihnen beharrlich profitirter Widerfeglichfeit, und dazu fchlagender anderer Laſter Willen) mit Strafe be⸗ legt a /

XV. Kap. Kirchenfachen. 34

den, er dinge fib aus der Wahl aus, er lauffe. bett Beruf ab. Dieß fep eine frafliche, Unordnung, Unge⸗ horfam , Hoffart, Kigenfinnigleit. Ein Candidatus Ministerii fep ein Verlobter Gottes , er fol Gott dem Herrn fid) überlaffen, er foll bereit. fepn su gehen, wo» bim er gefanbt wird. Eine Practik (ey es eben fo wohl/ wenn man einen Kirchendienft ablauft, als wenn man- einen folchen erlauft.* Der Rath, bezeugte fein Miß- fallen über bie gerügten Unordnungen, und erfannte,, daß man dergleichen Berfonen in andern Wahlen übers. gehen, und etwas Zeit warten laſſen folle, ., 7

4

1671. Die Wittwen und Kinder fremder Predi⸗ ger , die durch einen rechtmäßigen Ruf zu einer oder andern Predigerſtelle hieher gefommen waren, : wurden Abzugsfrey erklärt, gleichwie bie Prediger felber, die bey Lebzeiten wieder ins Ausland sieben follten.-

1673, Der Rath verordnete, daß kuͤnftigs auf ber Landfchaft bie Kirchmeyer, beym Abendmahl den Kelch nicht mehr reichen follten-

1673. Der Halbe Leitner CEmporbühne) im Muͤnſter gegen die Cangel wurde den fremden Cubes ten, unb die andere Hälfte gegen die Orgel den Bür- gerfühnen angewiefen, denen e$ Standes halben anfändig fep. Was der Rath mit diefen Worten eigentlich beftimmen wollte, iſt nicht leicht gu erllaͤren.

4674. Die Deputaten und das Miniſterium (ver muthlich bic Pafioren) belkamen, am 5. Juny, die

342 XVII. Periode. 1649—1691.

Weiſung, bey Beſtelkungen der Predigerdienſte Cauf der ganb(djoft) und wenn Ganbíbatem in bie Wahl (Bow wahl) gezogen: werden follten , derjenigen Gandidaten Rechnung zu tragen , die am lanoffen eraminirt worden fiib, Acht Fahre fpüter (1682. 17. Merz) rühmte die Geifflid)teit diefen Rathsbeſchluß. „Jeſus habe erfl in 30. Jahre fein Lehramt angetreten, welches das dem Prieſterthum gefete Alter war. Die Kirchen. bienffe feyen der Pflug, davon fid) Diejenigen, welche dag Studium theologiae für ihre Profeſſion erwählt haben , naͤhren müffen. Sie baten, daß gedachte Cr» kanntniß nicht nur auf die. Ternaria, fo bie Herren Des putaten und die Pfarrer (bie 4 Baflores der Stadt) zu machen haben, angewandt würde, wie bey den Pre⸗ Digerdienften auf der Landfhaft, den Helferenen im _ Minfer, den. Siliolbienften bey St. Margrethen und €x. Jacob; fondern auch auf alle übrige, welche in heyden Städten das Jus haben: dergleichen Ternarios, in welche Sandidaten gezogen werden, zu machen; auch auf bie Pfleger der Carthaus, bie den gemeinen Helfer zu erwählen pflegen.. Es follte nebft der Tuͤchtigkeit, das Alter der Ganbibaten in Confideration gezogen wer⸗ den.“ Dieſes Begehren wurde vor die XIII. gewie fen , deren von Beyd⸗Raͤthen am 18. April angenoms menen Rathſchlag den Beſchluß vom 6. Sun) 1674. mit bem Anhang beftätigte, daß bey allen Wahlen, darin- einige Raͤthe und andere figen, dieſer Beſchluß beobachtet werden (oll. - F | |

XV, fap. Kirchenfachen- 343

1681. (15. Detober.) Während ber. Dienflags- predigt follen die Handwerker nicht arbeiten, die Wels ber feine Göbel tragen, "nb die Karren vor ber Muͤn⸗ ſterlirche nicht fahren.

1682. (15. Zuly) Sm Rath wurde eingesogen,

baf unfre Bürger zu den Cyecutiomm nad Huͤningen herunter Tiefen, und da zum großen Yergerniß , bevm Salve Regina auf die mice fielen. Der Rath vers both es bey hoͤchſter Ungnade.

1682. (Auguſt.) Sm der franzoͤſiſchen Kirche et» eignete ſich ein. ſchreckliches Aergerniß. Die began⸗ gene Gottloſigkeit drang den Leuten durchs Herz, und trieb ihnen die Thraͤnen aus den Augen. Es ſollte nämlich ein Geiſtlicher, Namens du Pleſſis, bey dem heiligen Abendmahl, als der andere, Namens Prince, ihm das gefegnete Brod reichte, mit vers ächtlichen Gebebrben ein wenig davon gebrochen, und das tlebrige auf den Tifch geworfen haben. Du Pleſ⸗ fis Hatte die formula consensis unterfchrieben, und Brince nicht. Ueber dem ganzen Handel -berrfchte aber tingemifbeit. Aufgeforderte Zeugen 3. B. fasten and, (ie Hätten nichts gefehen. Prince wurde ab» gewiesen (ausgefhafft); und Du Pleffis für vier Bochen lang noch geduldet, worauf er feine Valetpre⸗ digt (Abſchiedspredigt) Halten, und mit einem ehrlichen Viatico dimittirt werden follte. Indeſſen verloren aus diefem Anlaß die Hausvaͤter der franzöffchen Gemeinde

344 ' XVIL Periode, 16491691.

das Recht ihre Geifflien ju. ernennen, und der Rath erkannte , daß kuͤnftigs bey Erwählung der fransöfifchen Prediger (auper den Aelteſten) die Herren Deputaten, neben Herren 9intiffe, von Obrigkeitswegen bewohnen ſollten; welches. Deut. zu Tage noch beobachtet wird.

. 410683, Es wird oft aeffvitteg, wem die Unter⸗ haltung eines Kirchhofes obliege. Den 7. April wurde erkannt, daß zu Lieſtal die Gemeinde die prefibafte Mauer des dortigen Kirchhofes wieder herſtellen folte. Zu diefem Ende verkaufte fie eine halbe Fucharte Als ment,

1633. (26. Sept.) Aus Anlaß des Weinumgeldes, fo die Beiftlichen aufm Lande von ihrem qusgezänften Einkommens Wein, zu bezahlen fid) weigerten, vernahm man , daß Manche den Vuͤrgereid nicht geleiſtet hatten. Daher wurde erkannt, bof in Gegenwart der Deputa⸗ ten, fie, ein» für allemal, semel pro semper, bird ben Rector in Eidespflicht und Huldigung genommen werden follten.

4684, (23, Febr.) Es wurde verordaet, daß beym Gottesdienſt der Segen nach dem letzten Geſang ge⸗ ſprochen werden ſolle, BR die Leute nicht vor dem ' Gefang weglaufen. -

1680, (20, April.) Die wegen den ben hieher gefluͤchteten Marggraͤfer hatten durch lutheri⸗ ſche Pfarrer Kinder taufen, und das Abendmahl in Privathaͤuſern reichen laſſen. Der Antiſtes und ein

XVI, Kap, Strafgerechtigkeit. 345

Pfarrer von Brunn flatteten einen Bericht darüber ab. Der Rath ließ, ums Bellen willen, das Vergangene on feinem Ort berufen. Den marggräfifchen Beamten. wurde aber angezeigt, dergleichen Sachen nicht mehr vorzunehmen, widrigenfalls würde man es mit mehre rem Ernſt refpentiren.

Sehsschntes Kapitel Strafgerechtigfeit.

Su den frafwürdigften Mordthaten gehörte die vom Sy, 1680, wo eine Grau von Gibenad) vier Eher männer, vier GStieffinder und fünf andere Berfonen mit Mänfegift vergeben hatte. Sie wurde lebendig. verbrannt , vorber aber ließ man ihr bie rechte Hand ab(dagen. ine Handfchrift bemerkt, daß fie im. Feuer nicht gefchrien, fondern nur mithin gegiret hätte, wie die Mäufe thun. Ein anderer Word wurde . m S. 1678. fo beſtraft: einer von Zeglingen, der des Nachts feine Fran im Bette todfaefchlagen Hatte, wurde anf einer Schlitte gebunden, zum Hochgericht geführt, unb dort lebendig gerädert, und bann auf das Rad geflochten. Zwey Kindermoͤrderinnen, beyde won bier, wurden enthauptet (1688, 1665.) Die eine hatte reiche Eltern. |

346 XVII, Periode, 1649—1691.

Wegen Gobomitere) wirden acht oder meum Pers fonen enthauptet, und dann mit bem Bich zu Afche verbrannt. Ben einem diefer Vorfälle erhielt der Buͤr⸗ germeifter Wettflein (1654. 8, März) ba man den verurtheilten Buben nicht im Hofe fühlen , fondern ge raden Weges vom Gefaͤngniß auf bie Wahlſtatt führen, und die Schulfnaben in der Schule behalten würde. Wenn man fein Verzicht Öffentlich ablefen follte, würde es gar drgerli feyn, und allevley Gedanken erweden. So geſchah es aud) im folgenden Jahre, um weniger Gefd)re) und Weſen su veranlafen.

Ein alter Sigriſt bey St. Peter, ber die Opfer, flöde mehrere Male beſtohlen batte, wurde im J. 1661. hingerichtet. |

Mehrere Seldfimorde -finde ich aufgezeichnet. Die Wittwe. eines Beamten fchnitt fih aus Schwermuth die Gurgel ab, umd wurde bey St. Elsbethen begra⸗ ben. (1678,) Einer; vom Lande erhentte fid) (1676.). Der Rath fief ihn Durch den Wafenmeifler von Tennis ten abnehmen , beym Siſſacher Galgen verfcharren, umd fein Vermögen wurde zu obrigkeitlihen Handen ges gegen. Der Schulmeifler zu Siſſach flürzte fi vom - Thurm der Kirche Berab. Sein Leichnam wurde gegen Abend in der Stile auf dem Kirchhofe an einem abges fonderten Orte begraben. Ein 7Ojähriger Wann, ber eine junge Frau gebenrathet Hatte, mit welcher er aber übel lebte, erbenfte fi) , und wurde unter dem

XVI. Kap. Strafgerechtigkeit. 347

Galgen begraben. (1668.) Einer von Hemmilen, der fonft eines eingezogenen Lebens und gottesfürchtigen Be⸗ tragens war, erhenfte Ah. Der Rath ließ ihn an einen abgefonderten Ort, unweit des Kirchhofes , sur Erde beflatten. (1674) Ein Fremder von Cited» born, der immer eines guten und flillen Wandels ges we(en, fchnitt (id) bie Burgel ab, und wurde im Clingen⸗ thal in der Stille beerdiget. (1632.) Ein Gefange - ner erhenkte fid, (1673.) Ein anderer, der Seiden⸗ bander geſtohlen Hatte, erhenkte (id) gleichfalls, und wurde in einem Faß, mit der Weberfchrift an einem Blech, Schalt tenti über die Rheinbruͤcke geworfen.

Die Paſſauer⸗Teufels⸗zauberiſchen Kuͤnſte kommen oft vor. Ein Tſchopp von Liedertſchwiel war der große Verſegner, bey welchem man ſich Raths erholte, und dieſer hatte einen Schmid aus dem Solothurniſchen zum Lehrer gehabt. In dem daruͤber eingeholten Gutachten der Theologen (1664.) findet man, daß er zwar nicht eines ansdrudlichen Bundes mit dem böfen Zeind übers wiefen fep, daß aber die Stüde, deren er fid) theilhaf- tig gemacht, ungöttlich , zauberiſch, abergläuhig waren. Cyn Bellrafung bed SBolfe8 fe) der Rath Gottesdiener und Statthalter. . . . Diefes affer nehme auf der Landfchaft ſchrecklich überhand. Hier gelte die Regel⸗ crescentibus delictis crescant et poenae, Das

Strafurtheil des Raths ging dahin: Tſchopp wurde

548 XVII. Periode, 1649—1691,

feiner Aemter entfegt. Er follte verbannet werden, und während der Srcommunication den Lafterfleden tragen, unb an einem abgefonderten Orte beym Gottesbien(t (tes ben. Ein Buch, deſſen er fid bedient. hatte, wurde in Gegenwart des Lundvogts "- den Wafenmeifter perbrannt,

In einem Gutachten der juridifchen Facultaͤt (1676.) über Unzucht und Ehebruch, drangen bie SBerfaffer auf den Unterfchied zwifchen delictis momentaneis und delictis successivis, Ein delictum momentaneum Dat flott, wenn einer ein abfonderliches Verbrechen bes geht; und delictum successivum, da eben das vo rige Berbrechen wiederholt, und alfo feit anderes de- lictum, begangen wird. . Wer mit einer Perſon zehn Male, ja hundert Male die Ehe gebrochen, foll nicht anders geffraft werden, als der (i nur ein mal verfehlte.

Als man nengemachte Cpripen im: Werkbof ver⸗ ſuchte, (1672.) begab es ſich, daß einer der Arbeiter, Nußbaum, ſeinen Geſpann, Baumann, mit Waſſer be⸗ ſpritzte, Baumann DoD einen Stein auf, und warf auf ben Nußbaum, fehlte feiner, und traf Einen, Namens Strauß , der am dritten Tag davon (farb. Baumann machte fid aus dem Staube. Allein Nußbaum wurde bre) Tage unb bre) Nachte in ben Waſſerthurm geſetzt, weil er mit feinem Cprigen zu dieſem Sobesfall Anlaß gegeben Datte, .

[

XVII. Kap. Strafgerechtigkeit. 349

Ans Anlaß eines untreuen Ladenjungen, deſſen Aeltern aber alles erfegten, zeigte der Bürgermeifler an, daß, vermöge alten Herkommens, die Herren Haͤup⸗ ter wohl Gewalt hätten, einen benfängen zu laffen, nicht aber wieder zu entlaſſen. (1660. 4. enter.)

Eine Wittwe von Bettifen hatte ein vermeintes Geſpenſt, vermöge fogeheißener zauberiſcher Mittel, durch einen Dann von Dornel , aus ihrem Haufe verbannen laſſen. Sie wurde in der Kirche öffentlich vorgeffelit,

Ein Schußfnecht, Namens Wiedmer aus dem Gans ton Zurich, wurde eines Mordes angeklagt, fiebenmal an die Folter gefchlagen unb dann entbauptet, (1661.) Die Züricher nannten die ganze Procedur eine barbari» fehe Tyranney, ‚und waren wider die Basler fo erbit» tert, daß der Buͤrgermeiſter Wettflein, der damals we⸗ gen obrigkeitlicher Geſchaͤfte zu Zurich war, in hoͤchſte Lebensgefahr gerietb, und fid) heimlich von da wegbe- geben mußte, indem die Bürger ihm aufpaften, |

Ein Sottminger hatte beym Wein Gott geläftert, auch einft gefagt, Daß der Teufel nichts thue, oder Niemand Dole, er frage ihn denn zuvor; bann kämen ihm feine Engel auf dem Schlienger Berge zu Huülfe. Er wurde für 6 Monate an das Schellenwerk gefchlas gen und dann in ber Kirche ‚öffentlich vorgeſtellt. Die Juriſten hatten nur das Vorfielen und nicht das Cdjel lenwerk vorgefchlagen. Das Gutachten der Theologen lautete aber anders. Sie Inben vor allem den Rat,

850 XVII. Periode 1610-1691.

daß der Angeklagte in eine Harte Sefangenfehaft gelegt worden, und daß man ihm den Scharfrichter am bie Seite fehlte ; dadurch babe der Nath feinen obriateittis chen Eifer an. den Tag gegeben. Sie laden zu fernern Cuquifitionen ein. Sie tadeln, daß bie Juriſten nur bie Vorſtellung angerathen Haben. Das Gluden unb Schwören fol nicht mur mit dem Schlüffel, fon dern auch mit. dem Schwerdt, das ifl, mit ber obrige Leitlichen Gewalt an Leib, Ehre und Gut geflraft wer

ben... Die Luft des Vaterlandes fey verumreinigt wor⸗ den. .. Die Obrigkeit foll alles anwenden, was zur Dffendarung der Sache beytragen Tonne. Die Ehre Gottes und Gottes Geſetze erfordern es (Deuter. cap. 17, v. 2, 3, 4, cap. 19. v. 16, 17, 18, cap. 13, v. 12, 13, 14. „Du follff fleißig fuchen und forfchen

und fragen.“ (1668. 4, Nov.) |

«m S. 1684. farb Einer, Namens Jenni, in der Wanne zu Langendbrud. Als er ben 23. Gul begraben werden folite , begehrten feine Schweflern ibn noch einmal zu fehen. Darauf vedete eine ber(elben ibn fo an: „Ach, mein Herzliche Bruder, wie iff eg bir ergangen, bag du fo gefchwind gefforben biſt? So⸗ gleih gab der Todte ein Zeichen von fih, und fdof ibm Blut zur Naſe haufig hinaus: Wenn die Schwer fcn bey Seite fahen, fo hoͤrte e$ auf. Sobald fie aber bie Augen wieder auf ihn wandten, floß das Blut wieder. Das gefchah zum fünften mal. unb»

XVIL Kay. Bürgerrecht. 351

fehafter wurden hierüber durch den Landvogt abgehört, unb der Verdacht eines gewaltthätigen Todes entſtand bey den Leuten. Der Rath, ober die Häupter ertheil⸗ ten aber den Befehl den Todten zu begraben.

Sichenzehntes Kapitel. Bürgerrecht.

Sn bium Zeitraum wurden 345 neue Bürger angenommen 3. B. Jacob Chriſt von Marfirch, 1649, Sacob S9taillatb, 1649. Ewig, 1649. Hans Caspar $ aufer von Straßburg, 1650, Conrad Werdenberg von Alſchwiel, 1651. Chriſtof Imhof von Lieffal, 1654, Philipp citt» Gürflenberger von Muͤhlhauſen, 1656, Se cob Weitnauer von Dltingen, 1658. Gtupa von Cento im Engadin, auf Empfehlung des franzöfls hen Ambafladoren, 1659, Jacob Munzinger, Oeculiſt, 1661, Ewig, 1664. Samuel Fürs fenberger.von Muͤhlhauſen, 1665. Bintel- bled, 1667, Hans Georg Diet von Lörrach, 1669. Cof. Burtorf, 1670, Johannes Ry⸗ biner, 1670. Griebrid) Seiler, Gymnaflaccha, 1670, M. Rapp, 1671. Leis ler von Grant» futt, 1675. Carl Baravicin von Chur 1677, Engler, 1677, Rohner, 1077. Benedikt

353 XVII. Periode. 16491691.

Eglin von Diesbach, 1679. Valentin von ber Muͤhl von Herborn, 1681. Reinhard Würz 1684. Sob. Schönauer, 1689. Hang Serm hard Hagenbach, von Duisburg 1679.

- Cn den legten Jahren des Jahrhunderts befamen noch unter anderen das Bürgerrecht, der Convector Baravicinins Aus dem Beltlin, 1695. Franz de In Cheual, 1698

Ueber die Annahme mener Bürger ergingen in ben Jahren 1652., 1667. und: 1676. befondere. Berords nungen. Son, ben legterm heben wir folgende aus: „Wer fidy um das Bürgerrecht bewirbt, (oll von red⸗ lichen dentfchen Geblüte, und von ehrlichen Eltern ente forofien fepm, fid) jeweilen wohl verhalten haben, fid) zu unferer veformirten Religion bekennen , feinem nach. fagenben Herren mit Leibeigenfchaft verbunden fen; doch mit dem heitern Vorbehalt , ba, wenn von dern. Nationen fid) auch Perfonen melden würden , die von befondern Qualitäten, auch unferer Stadt eine Ehre und Ruhm, und derfelben nüslich und erfprießlich zu ſeyn, würden erachtet werden, man biefelben vor Beyd⸗Raͤthen anhören Tonne. ine Mannsperfon fol hundert Gulden, und eine Weibsperfon fünfzig Gulden . Begablen. Der neue Bürger fol ein eigenes Gewehr

und fechshundert Gulden freyes Vermögen beſitzen. Doch- koͤnnten ihn die NRäthe davon frenfprechen, wenn er or andern nüglid) und anftändig feyn würde. Er fol .

" XVII. Kap. Bürgerrecht. 353

fid) erklären, was für ein Gewerbe unb Handthierung er Eünfrigs zu treiben gefonnen fen, damit er gu jener Zunft, dahin feine Handthierung gehört, gewiefen, und ihm, bey Verluſt feines Buͤrgerrechts, etwas anderes au treiben verboten werde; und (allá er in ber Folge ge» dachte, ein anderes Gewerbe zu treiben, fo (oll ev es vor Rath anbringen , und ohne be(felben Vorwiſſen und Einwilligung dießorts Feine Aenderung vornehmen.“ Das Bürgerreht wurde mit Einwilligung des Raths aufgehalten *). MWebrigens findet man in einem Rathſchlag vom S. 1672. folgende. Stelle: „Bor ge raumer Zeit wurde bald Niemanden das hiefige Buͤr⸗ gerrecht aufgehalten; nachgehends aber allein wohlvers dienten, anfehnlichen Perſonen, aud) fowohl Geißlichen als Academicis, und denen, fo fich in erlaubten Krieges dienſten befanden.“ | Wer Bürger zu ſeyn aufhüren wonte , mute das Bürgerrecht abſchwoͤren ^).

1) 1679. 20. Auguſt. n Dem Rudolf Euterburger, dem

. ontrafaitet, der mit. Weib und Kindern für. cine Zeit lang nach Bern (id) begibt, weil er mit feiner Kunſt bier nicht wiſſe fortzufommen, urbe das Bürgerrecht für ihn unb feine Frau unb Kinder, zwey Jahre lang aufgehalten.“ Rathsprotokoll.

2, Samuel Henz gin, genannt Laroche, Oberſtlieu⸗ tenant unb defignirter Landvogt zu Luggaris, kündet

VIL Bond. 008^

854 XVII Periode. 1649—1691.

Sogenannte Ausburger , bie ein Haus kaufen wol ten, mußten um die obrigkeitlihe Einwilligung anhals ten ').

Das Ansburgerrecht wurde im allgemeinen nicht fo Teicht anerkannt. Friedrich von Baden, Commen⸗ tur zu Beuggen, begehrte die Grlaubnif ein Haus zu Laufen , und behauptete, daß feine Kamilie von undents lichen Jahren ber bier wohn» und ſaͤßhaft gewefen "wäre. Das Begehren wurde abgelehnt. Die XIII batten dem Rath vortragen laffen: „Im S. 1446. (en ein gewifler von Baden Bürger der Stadt gewefen. Die von diefem Gefchlechte Hätten aber (eit hundert und mehr Fahren Der, das Bürgerrecht weder erneuert noch continuit (fortge(egt) , und Hätten auch Hier feine els gene Behauſung Defefje. Im J. 1526. fe) ein Dans dat kund gemacht worden, Traft beffen Niemand eigene

fchriftlich die Vogten auf, unb begibt (id in Kriegs.

bienfl, Der Rath erfennt, bag er fein Bürgerrecht vor

$tat6 in Perfon abfchwören folle, 1670. Rathsproto⸗

fol. Cr wurde beym Marggrafen von Baden. Durlach

angeftellt , wie es das Protocol v. 24. Sept. bed Nähern, angibt.

7) Sunfer Arnold von Roth berg Bitter um die Erlaub⸗ niß ein Haus in der nenen Vorſtadt zu kaufen, und fid) bier mir feiner Familie nicderzulaffen. Der Be fchluß mar; „Iſt ihm der Schuß als einem Ausbnrger bewilliget.“ 1667. 19. Juny. Rathsbuch.

XVIII. Kay. Nachleſe. 355

Höfe und Haͤuſer befigen follte, er wäre denn Stadt bürger. Ben diefem Mandat follte es verbleiben, zu Berhütung beforgender Confequenzien, und um allerhand wichtiger Urſachen willen. 1677. 13. Juny.“ Raths⸗ buch.

Achtzehntes Kapitel. Nachleſe.

Aufwand m. ſ. w. Ueber den Aufwand, Trach⸗ ten und Luſtbarkeiten geſchahen zu Zeiten Einzuͤge im Rath. 3: B. (1650. 18. Sept.) „Wegen gegenwaͤr⸗ tiger truͤben Zeiten, und noch immerhin ſich erzeigender Erdbeben, ſollten alle Ueppigkeiten, wie aud) das 3€» chen, das Auslaufen in die Doͤrfer, das Tanzen und Springen mit allem Ernſt abgeſchafft werden.“ Es wurde erfannt. „Sol auf allen Zunften ein kurzes Mandat Fund: gemacht werden.“ u

(1661, 11. Gept.) „Der Buͤrgermeiſter Wett ein brachte an, daß die Todtenbahren der verflorbenen edigen Knaben oder Töchter, mit Kränzen und Mayen

(Blumenſtraͤußen) faff aanz bedeckt umb. überfegt wären.“ Cie wurden bey Strafe von zwey Marl Silber verbos tem Es verfchafte bod) der Gartnerjunft einigen Ver⸗ bien(t, |

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356. XVII. Periode, 1649—1691,

1664. (25. Juny.) Es wurde eingegogen: „Weil die Herren Raͤthe, eine Zeit Der, im ber von Alters ber gewohnten Kleidung fid) nicht mehr einffellen, das her zwifchen denen vom geifllichen und weltlichen Stande: bald Fein Unterſchied mehr zu feben iff, als folten die Käthe ermahnt werden, bey funftiger Einführung der Regierung, und forthin, fich mit ihren Stoden und Degen einzuftelen. _ Der Befchluß war: „Die Herren Raͤthe follen bey ihren Amtspflichten mit Ausnahme be. ren, welche Leid tragen, hiezu erinnert werden. We⸗ gen ber Gerichtsroͤcke fol berathfchlaget werden, ob fie nicht wieder in usum gu reoocirem wären.“ |

1671, (28. Sunp.) Eingezogen: „Man fange an große unb gar weite Hofen zu tragen, follte man es bep den alten patriotifchen, und etwas engern Hofen beenden laſſen“ Der Einzug wurde der Reformation überlaffen. |

1685. (17. März) Eingezogen: „Die über». machte Köfttichkeit wolle bey allen Sachen einreißen. Den angeſtellten Hochzeiten werden Montage morgen, weiß nicht wie viel Dutzend kleine Paſtetlein, auf des Hofmeifters Namen abgeholt; zumal ihm ein Foftlicher, mit gang goldenen Bandern gezierter Mayen gegeben.”

Bader. Die Bader find, laut einem yergamens denen Brief von 1364., zu Scheren zunftfäbig. 1659. md 1669. |

XVII. Kay. Nachleſe. 357

$alfenbaus. Die Zunft zu Webern errichtete im J. 1059. ein Ballenhaus.

Bandfabriten Die Verfertigung der Bänder gehörte in einigen Rädfichten zum Handwerk der paf famenter der Weberzunft "). Allein fie Tonnten in mans» chem Fache bie Eonceurrenz mit den remben. nicht mehr aushalten, und Fauften zum Wiederverfauf Bänder vom Auslande , anftatt folche felber zu verfertigen. Sie was ren alfo Krämer und nicht mehr Handwerker. Daher mag wohl im J. 1659. (22. October) erfannt worden feyn, daß die Paſſamenter, die offene Läden hätten, die Safranzunft haben follten. Dennoch fuhren fie mit ihren befchwerligen und einfchränkenden Gilden Gebräus chen fort den Kunftfleiß zu hemmen. Dieß bewog me» rere Bürger" diefen Gewerbzweig ohne Zunftzwang zu betreiben, geſchickte Arbeiter anzuſtellen, und den Ges brauch der fogenannten Kunftlühle, Baͤndelmuͤhlinen einzuführen ^), Dagegen widerfeßten fich bie Baffanıens ter aus allen Kräften, befonders in den Jahren 1666. bis und mit 1681. Sie nannten bie Arbeiter der Ga»

1) Die Sattung bed. rohen Stoffes fonnte bie Sache ſtrei⸗ tig machen. War es Lein, mar es Wolle, war Seide?

2) Folgende werden in den Alten genannt: Iſaak Sato tier, Gafob be Lachenal, ein gatio, Chriſtof SG (clit, Hand ur Iſelin und Emanuel Hofmann,

der taffcte Bänder machte,

358 XVII. Periode. 1649-1691.

brifanten faules Gefind, das ihnen das Brod vorm Maul weofchnitte. Die XIII bemerften aber in einem Rath⸗ fchlag, daß wenn man aud) den PBaffamentern will: fohrte, ihnen nicht würde geholfen werden, und dage⸗ gen verlöre zugleich der Staat ungefähr 1500 Pfund an Zöllen, und viele Familien in der Stadt und auf dem Lande, Die Paſſamenter behaupten in einer. ans dern Klagfchrift (1670) daß die Einführung der Kunſt⸗ fühle wider die chriffliche Liebe (itte, weil auf etli⸗ chen wenigen folcher Bandmühlen fo viel Arbeit qe» macht würde, als auf Hundert und mehr einfachen Stühr len ') Die Fabrilanten erwiederten, daß wir Die Kunſtſtuͤhle an andern Orten nicht abfchaffen koͤnnen, und folglich ohme Kunftflühle Gefagr Tiefen, diefen Zweig der Handlung gang zu verlieren. Uebrigens bezahlten die Fabrifanten eins vom Hundert als Auflage auf den Kunftfiühlen, und den Pfundzoll von einem Kreuzer für den Gulden *).

» Es if fo zu ſagen, als wenn man den Pflug abſchaf⸗ fen wollte, weil ein Knabe und zwey Stiere mit einem Bos? mehr in einem Tage ausrichten, als in zwey ga» gen fünfzig Togläbner mit Sparen und Hauen.

-, *) Rathserkl. vom 18, Man 1670, und vom 15. November 1671. „Was aber in die Märkte oder Meſſen acbet, bleibt tit bisher bom Pfundzoll fren. Doch bag das Eine pro Gento,. als welches fein Bfundzol , fondern eine Auflage auf die Sunfiftüble iit, von den daranf fa» brigirten Waaren qetreufich entrichtet werde.” Non den Waaren fo in die Meffe oder Märkte gingen wurde der Pfund⸗ zoll nur entrichter, wenn die Waaren abgefegt wurden, und gar an Fremde,

XVII. Kap, Nachleſe. 389

Sanntritt. Im % 1685. wurde verordnet, anf. inftánbige8 Begehren der Geiſtlichen der Stadt, daß die Mahlzeit des Bannrittes in der Stadt erft nad) ber Abendprediat, auf'm Lande aber nach der Morgens predigt gehalten werden folte. Es wurde aber nicht lange beobachtet. |

Deputaten» Amt. Schon im J. 1652. Flags ten die Deputaten, daß ihre Verwaltung nicht mehr fortfommen fónne, Der Ruth ließ ihnen taufend Pfund bezahlen. |

Ehegericht. Das Ehegericht hielt ſeine Sitzun⸗ gen im obern Collegium, wo nicht nur die Studenten, fo die Collegien beſuchten, ſondern aud) vorzüglich bit Alumnen, die da wohnten, Anlaß hatten, viel unſittli⸗ ches zu erfahren. Im Jahr 1659. wurde ihm einſt⸗ weilen das Gerichtshaus der kleinen Stadt angewieſen, und im' Jahr 1660. wurde es im bie ehmalige Stube eines Theils der Achtbürger Gefchlechter , sum Geufsen genannt, vorgelegt. Der Rath hatte diefes Haus deswe⸗ wegen gelauft und erneuern lae,

Erdbeben. Sechs Sabre vor diefem Zeitraum wurden durch Erderfchütterungen bezeichnet. Sm J. 1650. den 6. May um 12 U. liefen. fi) bie Gioden Hören, Ge gend Abend in der Nacht und am folgenden Tage vere fpürte man wieder Erpflöße. Den 11. Sulp fielen von einer folchen Erfchütterung bie Schornfleine ein, und Diegier gel von den Dächern herab. Auch wurden: die Glocken

360 XVII. Beriode, 1649-1691.

bewegt. Ein neuer Stoß ereignete ſich am: folgenden Sorgen um 4 Uhr, wie auch zweymal am 16. dieſes Monats. Die Erderfchütterungen wiederholten fíd im Oktober, den 9, 10,13, 16, umb 20, qm Sabe 1653. den 14 Jenner, umb des Nachts mad) 12 Uhr, ent(anb ein Erdbeben, welches ataufam genannt wur. be. Im S. 1656. im Augfimonat , wurden in ei» ner Nacht vier verfchiedene ſtarke Erdſtoͤße verfpührt. Im Fahr 1674. ben Oten Dezember an einem Sonn tag, und während ber Morgenpredigt , ereignete fidi ein Crbffof , welcher zwar im Münfler und be» Gt. Leonhard Schreden verurfachte, zu St. Peter und Git. Theodorn Hingegen nur fchwach verfpührt wurde. Aus zenen zwey Kirchen Tiefen aber Drangsweife viele Leute zu ben Thüren hinaus, und flürgten gleichfam über. ein- ander , bey welchem Gedränge Leute übel getreten, und Sachen theild verloren , theild zertreten wurden. Sn der Kirche hey St. Leonhard begab fid) der Pfarrer (We⸗ renfel8) vor Schrecken von der Kanzel Herunter , be» flieg fie aber nachgehends wieder. Im Muͤnſter aber flüchtete fich Hingegen vor Angft eine Jungfrau Bateria Battier anf die Kanzel zum OBerfipfarrer Gernler , der nicht nur auf der Kanzel blieb , fondern aud) aud dem: Stegreif feine Predigt mit: einem. auf das Erdbeben gerichteten Vortrag , embigte. Bald darauf, den A9ten Februar 1675. farb: er aber an einem Bitigen Sieber, im. 49ften, Lebensjahr. : „Wer follte es glauben ?” fo drückt fich ‚eine Handfchrift darüber aus: „das Erd»

XVII, Kap. Nachlefe. 361

beben war zweifels ohne ein Vorbothe bed. Teidigen Hinfcheidend des Oberfinfarrerd Gernler, und anderer wohlverdienter Gelehrten.” Alſo, was vermutblid) Urfache war, wurde ale Vorbothe betrachtet. Sm Gar 1680. am 13. Zuny um eilf des Nachts, ereig⸗ nete. fid ein Erdbeben, das erfhredlih genannt wird, welches wohl nur fo viel fagen will, daß es die

Leute erfchredte. Endlich verfpuhrte man im Jahr

1682. den 10, May gwifchen drey und vier Morgens ein ernfillihes Erdbeben, bey welchem eine Gode im Muͤnſter einen lanten Ton von fid) gab.

(ife. $m S. 1681. (Juny) wurde im Rhein ein Stör, (0 80 Pfund wog , gefangen. Sm Jahr 1664.. war der Fang der Nafen fo reichhaltig, daß zweyhundert mal taufend Stüd eingethan wurden. Das Stud koſtete einen Rappen.

Kenersbrunf. Im Sabe 1666. Brad aufm Nadelberg eine Feuersbrunft aus , bey welcher zwey Häufer übel befchädiget und zwey angegriffen wurden. Sm %. 1667. wurde der Drathzug des Rahsherrn Krug, bis auf ben Mauerſtock und die fleinerne Schnes dentreppe ganz abgebrannt. Im J. 1686. den 27ften November brannte die Hammerfchmiede vor dem Ries hen Thor gänzlich ab.

Suarnifon. Im % 1668. wurde verordnet , daß Leine andere Soldaten zur Stadtgarnifon angenom« men werden follten, als ledige. Sobald einer fid) pere

we

962 XVII. Periode. 1640 - 1691.

heyrathet, ſo wird man ihn ohne alles Mittel caſſiren. . Eine andere Frage fam aber zur Sprache. Sollen Die Soldaten biefíge oder fremde fepn ? Es wurde der Diferetion. (Gutfinden) des Gommiffariata überlafen.

Geburt Caufordentliche.) Zwillinge , weiblichen Geſchlechts, bie mit dem Nabel an einander gewachfen waren, wurden getauft, und nachgehends durch ben Doctor (atio von einander gefondert. Ein Kupfer wurde darüber geftochen. (1689.)

Gíafer. Wald- und Tafelglas muß der Fremde ins Kaufhaus bringen, wo die hieſigen Glaſer, von ei⸗ ner Veſper zur andern, das ausſchließliche Recht haben zu kaufen. Nachgehends haben es die Kaufleute, doch von einer Veſper zur andern haben noch die Glaſer das Zugrecht. Die Fremden koͤnnen in der Meſe und in . den Frohnfaften-Märkten fell. halten. Die hieſigen Glas fer follen in der Arbeit und des Breifes ‚halten , ſich gegen ihre Mitbürger fo Ieidentfich Halten, das die Obrigkeit nicht gemüfliget werde, eine Aenderung vorzu⸗ nehmen. 1583, 1606, 1663, 1648, und 1688.

Den Apotheckern wird geftattet., allechand große und fine Glaͤſer für fid) zu Fanfen, wie, und wo -— beliebt, 1089.

/— $anbmerter. * udi ſollen leute nicht Herren, ſondern Meiſter genannt wer⸗ den. 1682.

XVIII. Kay. Nachleſe. 363

$utmader. &ieffafer. Die Hutmacher von Lie ſtal dürfen ihre Waaren verkaufen, wie und wohin fie Tönnen. Gie follen aber folche Niemanden in Commiſ⸗ fion zu verkaufen geben. 1685.

Leihenbegängnif. Im J. 1689. war der Baron Tergii, marggräfifcher Stallmeifter , catholiſcher Religion, bier gefforben, und die Haupter hatten .bie Síbfübrung des Leichnams mach Inzlingen , einem bes nachdarten catholifchen Orte, zur Beflattung bewilliget- Allein, die Fadeln, bie durch die Stadt bey der Se gleitung getragen wurden , famen ber Bürgerfchaft hoͤch ſt ärgerlich vor. Der Rath mußte mehrere Perfonen zur Verantwortung sieben, z. 9. bie Aeltern der fieben Lehrjungen,, fo die Gadelm getragen hatten, und den. Doctor Bauhin, daß er diefen ungereimten und ärgere lichen &eremonien beywohnte. Fa es wurde fogar über. bie Wittwe des verſtorbenen Stallmeifters , die Üvant

darnieder lag, verordnet, daß wann fie zur Gefundheit: ·

wieder gelangt, fie vom Pfarrer ihrer Gemeinde, mit Zusiehung eines der Näthe bed Banns, in feine Woh⸗ nung berufen, ihr dort ihr Unrecht zu verfichen geges ben, und ihr ferner angezeigt werden follte, daß man. von Seiten einer hohen Obrigkeit , wohl Urfache hätte, e$ gegen fie empfindlich zu reſſentiren.

Naturereigniffe Bon der Hälfte Dezember 1652. bi$ im Jenner 1653. erſchien ein Comet, be(» fen Lauf (nell aus Sudoft nad) Nordoſt gerichtet war /

364 - XVII Beriode. 1649—1691,

und ole Tage 126 dentfche Meilen gurüd legte. Eine Handfchrift fügt Hinzu: „Darauf folgte der gefährliche Aufſtaud ber Landlente von Luzern, Bern, Solothurn unb Safe" Am %. 1653. am: 19. Day, von 11 big 11% Uhr, und bey Dellem Wetter, ſah man um die Sonne , und in einem weiten Umfang einen großen, gleichfam gewoͤlbten, auf einer Seite feuerrothen,, und auf der andern bleichen Ring. Ein folder Ring foll aud) in den Jahren 1020. und 1157. gefehen worden feyn. Im Jahr 1659. vom 3. November bis den 12. Februar 1660. herrſchte bey faſt Deffünbigem Rel» len Wetter und wenig Schnee eine ſolche Derbe Kalte, baf bey vielen Leuten der Wein im Keller überfror. Sm S. 1664. den 7. Segember , Morgens um 4 Uhr erídjien , meldet eine Chronick, ein fchredlicher Comet, mit einem lang ausgebreiteten Schweif. Geit 1618. war nichts dergleichen gefehen worden. Daher wurde am 5, Jenner 1665, ein Fafl-, Beth: und Bußtag ges halten. Im Sommer 1669. war die Trödne fo bes fchaffen , bag nur drey Raͤder in ber kleinen Stadt ge trieben werden fonntem. Leute von Colmar, Schlett⸗ ſtadt, Bennfelden, famen hierher um mahlen zu laffen. Am G. 1678. am 5. November Tief der Birfig fo Dod) auf, daß fünf daran floßende Häufer einſtuͤrtzten. Sm Sabe 1680. im November faf man einen fehr großen Gomet, mit einem langen und ausfchweifenden Schweif. Eine Handfchrift fügt hinzu: » Darauf am

wielen Orten , wegen zugeſchloſſener Paͤſſe, fo großer:

Y

XVIII. Kap. Nachleſe. 365

Mangel an Brod entflanden, daß viele gente Hungers farben.”

Obſtbaͤume auf den Feldern. Sm Jahr 1661. wurde erkannt, bie vielen Obſtbaͤume auf den Wie fen und 9efern. wegzuthun. Im 3. 1697. wurde aber wieder erlandt, auf den 3elgen, ffatt der abgehenden Obſtbaͤume, andere zu (egen. Allein im Jahr 1700. wurde den 24. Jenner (effge(ebt, bag feine Kirſch⸗ baume ohne obrigfeitlid)e Erlaubniß gepflanzt werden follen. Mon behauptete daß die Bäume bem Zehntens

herren und bem Befiter des Waidrechts nachtheilig wä- ren.

Baffetenbeder. Ein Bürger beffimmte feinen Sohn zum Handwerk eines, Paftetenbeders, und Batte fon einen Meiſter gefunden; die übrigen Meifter wis

derfegten fib, unb wollten bie PS ber Meifter vers mindern. 1082.

Pfalz. Das Ufer der Pfalz wird vom Strom des Rheins beſpuͤhlt, und man beforgte nicht ohne Grund, es fónnte einſt das Fundament diefer ſchweren Mafle Steine untergraben werden. Diefe Beforgnif heaten fchon unfere Vorfahren vor hundert vierzig “Jahr ren. Deßwegen ließ der Rath, unter der Anleitung des Burgermeiſters Wettflein, ald Bauherrn , und nach eingeholtem Rath eines erfahrnen Waſſerbau⸗Verſtaͤndi⸗ ‚gen von Rheinfelden, im Sy. 1661. (October und Nor venbermonat) , am Que der Pfalz eine Salmwage

366 XVI Periode. 1649 1691

aulegen. Sie ſollte durch ihren Vorſprung im Fluß, den Strom brechen und zuruͤck prellen. Den Sten es Druar des folgenden Jahres wurde : über die DVertheis lung der Salmen verfügt. » Die Fifche follen verkauft, darüber Rechnung gehalten, umb ber Zehnte für bie Obrigkeit voraus genommen werden. Man wird ben Fiſchern ihren Anteil , und was ihnen vom Stuͤck voraus ge» buͤhrt, nehmlich fechd Sagen, auf Rechnung Bin, von Zeit zu Zeit reichen. Wenn der obrigfeitliche Theil ganz beyſammen iff, fo wird man räthig werden, wie dag Gelb zu theilen, und was etwa ben Herren Räthen davon wiederfahren zu laffen wäre.” Uebrigens effe het diefe Salmwage lange nicht mehr. Sie foll durch Grundeis oder Cis(d)ollen zerflört worden ſeyn. Auch folfen die Fifher und die Gigentfümer anderer Salmwa⸗ gen, wie aud) bie Kleinbasler, gegen deren Ufer ber Strom fid) zw lenken, (don anfleng, bie Aufrichtung einer andern Salmwage bintertrieben haben.

Poſtweſen. Sm Jahr 1682. 7ten Jenner et» fannte der Rath, daß das oberländifche und niederläns difche Poſtweſen als ein ohrigfeitliches Regale ihm gaͤnz⸗ lich gehöre, und den gefammten Kaufleuten, b. i. dem Direktorium der Saufmannfdjaft, übergeben und anver» traut werden folte. Die Kaufleute Hatten wider den Meiffer Socin, bem das Poſtmeiſter Amt vor mehr al zwanzig Jahren war übertragen worden , Klagen ge

führt. Es (eint, daß er Tradtaten mit Frankreich zu

XVIII Kap. Nachlefe. 367

Straßburg und mit Bern gefchlofen batte, mit welchen unfre Kaufleute unzufrieden waren. -

Pratteln. Im Jahr 1675. Aten Auguſt, wur⸗ den die Pratteler und Muttenzer fuͤr Mitbuͤrger gegen einander erklaͤrt.

Reben und Wieſen. Im Jahr 1664. wurde verboten, Aecker zu Reben oder zu Matten einzuſchla⸗ gen, auch ſonſt die Geſtalt der Guͤter zu veraͤndern, unb einiges Stuͤck einzuhagen. Das Verbot wurde im J. 1670 n. 1688. erneuert. Es wurde fogar den Obervoͤgten verboten, nicht mur Neben Einfchläge zu bewilligen, fondern and) die Erlaubniß dazu dem Rath zu verfchreis ben.

Rheinmaner. Am Sobanniter Haufe fiel (1673) ein Stuͤck Mauer, fünfzig Schub lang im ben Rhein. Der Gommentfur wollte nicht bauen. Da aber ber Kath die Stadt nicht offen [afen wollte, lie er eg durchs Bauamt machen, und bie Koflen ams dem Cr» trag der Gefälle des Commenthurs einziehen, Zunf Sabre vorher hatte der Rath alle Ausgänge anf den Rhein in beyden Städten, ohne Unterfchied beſchließen laſſen. |

Sattler. Lieflaler. Die biefigen Sattler vers langten, daß wenn einer zu Lieſtal Meiſter werden Wols te, er fih bier bep der Zunft anmelden, und auch die gebrjungen bier aufgedungen und ledig gefprochen were den follten. (1683, 8. und 22. Auguſt.)

368 XVII. Beriode. i649—1601.

Schafneyen. Im Q. 1668. wurde eine Gomes miffion nieder gefegt, um bem Zuſtand ber Schafneyen zu unterfuchen. Die Namen ihrer Mitglieder zeigen , daß wenn man im Jahr 1691. die bre) Familien Burdhardt, Socin und Harder vorzüglich befchuls digen wollte, als wenn fie Urſache an der Abnahme ber Kir hengäter gewefen wären, die Vefchuldigung höchft über» trieben gewefen. Die Mitglieder gedachter Commiſſion waren Emanuel Socin, Chrifof Burdhardt, Hand Heinrich Uebelin und der Stadtfchreiber Sat. der. Die langwierigen Kriegsiahre hatten bie Entrich⸗ tung ber in den benachbarten Staaten fälligen Zehnten und Bodensinfen oft gu nichte gemacht, und hingegen beträchtliche Ausgaben an gerichtlihen Mahnungen , ‚Reifen zu den fremden Behörden und Bereinigungen veranlaffet. Indeſſen mußten die Befoldungen der Geifl- lichen, der Lehrer und anderer Beamten abgeführt , und das Bauweſen auf das allernothwendigfle beforat wer. ben. Die Pfleger Fündeten Gapitalien auf, und griffen das Haupt gut am. Go weit war e$ gefommen , daß andere Verwaltungen den Schafneyen mit Beytraͤgen beygeſprungen hatten ; nehmlich, bad Dreyeramt und das Salzgamt mit 40,000 Pfund , das Deputatenamt mit 50,000 Bfund, der Stadiwechfel mit 20,000 Pf. die obrigfeitlid)em Kornboͤden mit 20,000 Viernzeln Grudt ; unb die obrigleitlichen Keller mit 50,000 Saum, und das Lohnamt mit Bauten. Indeſſen ver(d)wieg die

Commiffíon

XVHL Kap. Nachlefe, 369

Commiſſion einen Mißbrauch nicht, der (i) doch durch tie Umſtaͤnde gleich nach der Reformation erklären läßt. Sie rügten nemlih,. daB in einem einzigen Dorf mehrere Schafner , fogar eilf die Gefälle eingezogen , ba einer alles Hatte beforgen fónnem. Gleich nad) ber Reformation und lange nod), waren die im Auslande fälligen Einkünfte ber Kirche eines ungewiſſen Beſitzes; daher wurden die Einkünfte jedes Gotteshauſes, Stifts, Kloſters befonders verwaltet und es Tonnte wohl ges fchegen, dag in einem und demfelben Dorf eilf Gotteds häufer eigene Gefälle einzuziehen Hatten: Seit bem weftphälifchen Frieden aber war diefe fofffoietige Vor: forge überflüffig. Sn Folge deſſen fchlug die Gommifs fion vor, 13 Schafneyen in 5 derfelben zuſammen zu ffofen , und beyde Raͤthe genchmigten einhellig den Vor⸗ flag. Ohne Benfpiel war es übrigens nicht. Vor 50 Jahren 'war die Schafney iu Glingentbal mit der Zinsmeyſterey, unb im J. 1659. die Schafney zu dem Auguſtinern mit ber zu St. Martin. verciniget worden. Allein durch biefe Einrichtung verloren die SRatbe 16 . Pflegerſtellen unb die Burger 8 Schafnerdienſte. Des⸗ wegen machte die Gommiffion folgende Bemerkung : » Manche, die vielleicht auf dergleichen Veneſicia Rech⸗ mung gemacht, werden darüber flagen, und es eine Steuerung nennen.” Es waren die von Ct. Alban, Auguſtinern, auf Burg (Muͤnſter), Carthaus, Glara , Clingenthal, Gnadenthal, Leonhard, Martin, CBie

VI: Band. Ya xe

370 XVII. Periode. 1649—1691.

ſchon mit den Auguflinern vereinigt war , oder werden follte ) Praͤſenz, Predigern, Steinen unb Domprob⸗ fie». Folglich ließ man abgeſondert den Spital, das - Aumofenamt , die ellende Herberge ; C. Jakob, dag Stift St. Peter, die Quotidian.

Scherer. Die Zunft zu Scherern erhielt, daß fein Geſell zum Examen zugelaſſen werde, er habe denn, mad) aüsgeſtandener Lehre, ſechs Sabre in der Wan⸗ derſchaft völlig zugebracht. Sie erhielt auch, daß ftis nem Meiſter erlaubt fein folle mehr als einen Lehrjuns gen auf einmal anzunehmen. : Beydes aber mit der Bedingniß, baf ohne Einwilligung des Raths feine

Ausnahme ffatt haben follte. 1678. |

&dol (neu. Im Jahr 1681. (Jenner) wir» den Zleifchbänfe (bie neue SchoD im Nüdengäßlein für die fremden Metzger aufgeführt. Vorher ſtanden dort Waſchhaͤuſer.

Schreiner. Im Jahr 1673. zaͤhlte man hier 26 Schreinermeiſter. Die Verordnung vom 23 Nov. 4607 über die fremde Arbeit wurde beflätiget: » Den fremden Schreinermeiftern iſt verboten Bettladen, Troͤge, Tiſche, Stuͤhle, Kaͤſten und dergleichen Werke auf den Markt zu fuͤhren oder ſonſt zu verkaufen, außer der Basler Martini Meſſe und den Jahrmaͤrkten, (welche den Fremden mit gebuͤhrlichen Kaufen und Verkaufen, gleich Andern, zu gebrauchen freygeſtellt wird), bey Verluſt des vierten Theils der eingefuͤhrten Arbeit, was

XVIIL Kap. Nachleſe. 371

nemlich folche gegolten und verkauft worden, unb welches die Webertreter der Zunft zu den Spinnwettern bezahlen follen. Gemeiner Bürgerfchaft Bleibt aber uns verboten , an andern Orten. nach ihrem Gefallen zu verdingen und hierher zu führen, doch daß Dlemit Kein’ Mehrſchatz aetvieben , ‘oder fonff andere Vortheile hiers unter gefucht werden. Betreffend die übrige Schreis nerarbeit ^ fo an gewiflen Drten des Haufes ange meſſen, bezeichnet , eingefchnitten , eingemacht, eingerich® tet werben ; namentlich Fenſterrahmen, Tafelwerk, gd» den, Thüren, Gattern und was dergleichen mehr, follen fremden Meiftern in der Stadt abzumeſſen und hieher. zu führen , bey obiger Strafe gänzlich verboten ſeyn. ‚Verboten iff auch den Bürgern ihnen (olde Arbeit abe sunehmen: Da aber von ber Bürgerfchaft fehr geklagt wird, daß bie hieſigen Schreiner ihre Kunden nicht nur über die Gebühr aufhalten, fondern auch in dem Preiſe fo unbillig tractieren, daB man unter dem hal⸗ ben von Fremden die Arbeit haben fónnte: fo foll if» nen angezeigt werden, falls fie hierin wider Verhoſſen verharren folten , fo würde bie Obrigkeit den Bürgern’ zugeben, alle Schreinerarbeit ohne Unterſchied bey Frem⸗ den machen zu laen." Die Veranlaſſung zu der Erneu⸗ erung jener Berordnung, war ein Schreiner von Großs hüningen, ber behauptete, ev habe etlichen Herren Ihre Kunſtſtuͤhle verbeſſert, welche die hiefigen Schreiner vere - i "-

Ya

372 XVI. Beriode. 1649-—1601.

Seforgni$ von Spionen. unge Franzofen, os runter ein Better des Marquis de Louvois gewefen feun fol, Hatten (1683, Zuly), zu Waldenburg die Fel- fen hinauf geflettert, eine Schreibtafel in Handen gehabt, und etwas darinn gezeichnet; wie auch einem gewiſſen Oberer , der ihnen den Weg auf den Felfen zeigte, fünf und zwanzig Schilling Trinkgeld gegeben. Der Rath ließ den Dberer zwey Tage unb Nächte einfegen ,. und der Gemeinde anzeigen, kuͤnftigs Niemanden dergleichen Päf- fe und Gelegenheiten zu weifen.

Strumvffabrifanten. Gn den Fahren 1677. und 1685. befchäftigten die Streitigkeiten zwifchen den Strumpffabrifarbeitern und dem Handwerfe der Hofens lismer oder Striker.

Tanz. Sm S. 1650. (9. März) wırde das Tan» zen wieder erlaubt , aber nur bey ehrlichen Hochzeiten , blos auf 3ünftem , und für micht länger als bis 10 Uhr. Alles bey einer Strafe von sehen Bfund, fowohl von den Tänzern als von den Spielleuten. Zwey Arten von Tanzen wurden aber bey hoher Ungnade verboten. Gie heißen, ta8 Umſchanzen, und das Saffatumge» ben: Ausdrüde, bie uns jet unverſtaͤndlich find. Cin(t Hatte ein Unterſchulmeiſter fich als Spielmann beym Schaffner im Klingenthal zum Tanzen gebrauchen laf» fet, unb bief wurde im Rath angezeigt. Da fland der Burgermeifter Krug auf, um fid in den Ausfland zu begeben, und begehrte, wie ein zweyter Brutus, man

XVIIL Kap. Stachlefe. 373

möchte die GSeinigen, die dabey gewefen waren , nicht ſchonen. Dem Schulmeiſter wurde befohlen, ben Verluſt feines: Dienftes , alle diejenigen anzugeben , denen er in der Stadt wie aufm Lande aufgefpielt hatte. Sm Sy, 1685. wurde anf einen Ratbfchlag der XIIL, baf man den: jungen Leuten , die Tansfreude csi folite , ‘die oberwähnte Erfanntnig von 1650. erneuert, aber auch zugleich dahin verfchärft, baf die Thüren verſchloſ⸗ fen. (eon, und feine Gaͤſte, die der Hochzeit nicht be» gewöhnt hätten, tanzen foten.

Zabatrauhen Was wir feit langem Tabafran- hen oder Schmauchen nennen, hieß im vorigen Jahr⸗ hundert Tabaktrinken, vieleicht weil beym Rauchen auch getrunfen wurde. Giebenmal in diefem Zeitraume befchäftigte fi der Rath mit diefem Gegen(fanbe. Am J. 1650, (7. Auguft) wurde auf allen Zünften das Za» baktrinken in den Scheuern verbotben. Im 3. 1652. (28. Jenner) auf den Einzug das Zobaftrinfen befon- ders den Soldaten zu unterſagen, ergieng der allgemei» ne Befehl, bey einer Strafe von zwey Gulden des Ta; baktrinkens mufig zu gehen. Im S. 1653. (26 Zen ner) wurde erfannt, bof aller Orten, befonders unter. den. Thoren, das Zabaftrinfen abgefchafft werden folte. Im J. 1654 C18 Dftober) wurde das Verbot erneu⸗ ext; allein der Anhang ſchwaͤchte ſolches: „und bie fo an gefährlichen Orten Tabat trinken, zur Strafe geo» gen werden” Im S. 1664. (14. May) wurde das

$74 XVIL Beriode. 1649-1601.

Berbot erneuert, Gleichfalls un J. 1669. qm 20:06 tober. Im Kaufhauſe follen Die Kauibquaberren ſtrafen, An den Vorſtaͤdten die Vorgeſetzten der, Geſellſchaften, und ſonſt die. Unzuͤchter Im J. 1672. den 27-Quup- en friſchte man das Verbot. Eben fo im Jahr 1672. den 14. December , mit bem Befehl, alle, die zu ſtra⸗ feu, die Tabak, rauchen würden. Ein Landgeiftlicher predigte aud) im Sinne des. Raths oder der Mehrheit deſſelben. „Wenn ich, fagte ex. cin , wenn ich. Mäylar fte, die Tabak rauchen, fo iſt es mir, als fahg,ich.ehen fo viele Gamine (Schornfleine) der Höfe.” Diefer vier. fen Verbothe ungeachtet, gab es gaublegte gu. Kleinhün. ingen und zu Witifpurg , bte Zabat pflamten. Daher wurde im J. 16085., den 22, July, bag Tadatpflad« zen in allen Aemtern verboten. Giner von Witiſpurg, Namens Zbomen ,. babe zu. diefem Ban eine. Wieſe und Buͤndten beſtimmt. Der Landvogt frhrieb aber, baf bit» . fer kleinen Nutzen dabey habe, und von ſelbſt aufhören würde. Von diefen Zeiten ſchreibt ſich die Entſtehung der Kammerlein her. "Da man es nicht auf: ben. Sumg» und Geſellſchaftehaͤuſern Anfangs wagen durfte öffentlich zu rauchen, fo mietheten Freunde des Tabads kleine Zi, ‚mer in Partitularbaufern, die, wie jet noch, für.ges ſchloſſene Geſellſchaften befimmt wurden. Der Genuß Des Zabafé und des Thees verminderte um ein vieles : ben Gebrauch des Weins. Uebrigens findet. 6d) Teine Spur, tof je der Schuupftabat verdothen worden fey-

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XVII. Kap. Nachleſe. 375

Trillmeiſter. Sm S. 1672. ( Dezember) ließ der Rath, zur Bildung auter Trillmeiſter, eine Anflalt in biefiger Stadt einrichten. Es waren Ausgefchoßene vom. Lande, die von der Gemeinde etwas für ihren Un⸗ terhalt bezogen. Erfahrene Wachtmeifter gaben ihnen , unter hoͤhrrer Aufficht, täglich Bor: und Nachmittags und an einem gefchloffenen Orte, den erforderlichen Unter⸗ richt.

Tuhhändler. Einer, der Fein Tuchmacher oder Wollweber war, batte einen Tuchladen aufaeridtet, und die Zunft zu Webern empfangen. Die Zunft sum Schlüfs fel führte Klagen dawider, und der Rath erkannte, daß wenn der Seflagte den Tuchgewerb fortfegen wolle, er auf der Zunft zum Schlüffel Hoch unb nieder dienen foll» te. ( 1688.) Weber die Artidel, fo die Sud): und Sci: denhandler verkaufen dürfen , verfügten Rathsbeſchluͤſſe von 1677 unb 1679, wie aud) ein alterer 1619. Schwer fühlt es zu glauben, daß dieß alles dem gemei⸗ nen Wefen vorträglich war. 3. 3. die Seidenhändier folle die leichten und dünnen Ratines feil haben , die übrigen Ratines aber follen die Tuchhändler ausſchließ⸗ lich verkaufen |

Umzüge Die Umzuͤze der drey Geſellſchaften jenfeits wurden im Sy. 1666. aeffattet, doch follen ihre Borgefegte und Offiziers fie anführen; fie follen nicht in den Gaſſen, fondern auf den Plaͤtzen ſchießen; die Zrommeln und Pfeifen folle fie zu Mittag um 12 Uhr

376 XVII. Beriode. 1649-1691. niederlegen ; endlich follen fie Lunftigs den Rath anfra⸗

gen. Den Haͤuptern wurde überlaffen, bie Umzuͤge der’

Gefelfchaften in der mehrern Stadt zu bewilligen, bod) baf fie gleichfans von ihren Offizieren angeführt were den. | | | Unbarmherzigkeit. Die Tochter des Pfar⸗ rer zu Diegten die zu Buus verhenrathet war , gieng in Gefchäften nach Bafel, und befam auf bom Münfter: plag Geburtsſchmerzen. In der Angft trachtete fie in

den einen oder andern Hof eingelaffen ju werden, aber vergeblich. Die tinglüdiid)e mußte auf dem offenen

Pla genefen, und es war im Winter am 14. Jenner. Endlich wurde fie in des Oberfllientenants Zörnlins Hof gelafen, wo fig ihre Genefung vollbrachte. Bon tort fam (ie in das. Spital, Wenn aus der Aehnlichkeit ber Namen fid) etwas fchließen läßt, fo mag wohl ihr vorheriger Lebenswandel die tirfad)e einer folchen Hart»

berzigfeit geweſen fepn. Allein fie war wegen ihrer Aufs. führung geftraft worden unb. trug unter ihrem Herzen

ein unfchuldiges Kind, (1652.)

Waiſenhaus. Im J. 1665. beſchaͤftigte man fd mit der Errichtung eines Waiſenhauſes. Der Ans fang war die Einräumung eines Kleinen Theild des Stei⸗

menfíoffers. Erſt im Jahr 1669, wurde bie Carthaus:

Dazu gewiedmet; und im J. 1677. befam Die Verwal⸗ tung das Gotteehaus St. Jakob, an der Birs, mit defs fen. Befisungen und Gefüen. Die Zünfte wurden im I: 1672. qu einem freywilligen Beytrag aufgefordert ,

—— | ig

XVIII. Kap. Nachleſe. 377

unb fie verpflichteten fid zur folgenden: jährlichen ep hülfe: Schlüfel, 75 Pfund, Bären, 20 Pfund, Wein leute, 25 Pfund, Safran, 100 Pfund, Stebleute, 12 Bund 10 Schiling , Beer, 10 Befund, Mebger vier Zentner Fleiſch, Spinnwetter, 20 Pfund, Scherer, .10 Pfund, Schneider, 37 Pfund 10 Schilling, Schußr mader, 10 Pfund, Gerber, 20 Pfund, Schneider , 15 Pfund, Kürßner,, 10 Bfund, Gärtner, 25 Pfund, Himmel, 7 Pfund 10 Schilling, Weber, 37 Pfund 10 Schilling, Fiſcher, 10 Bfund, und Schiffleute 6 Pfund, mit bem VBerfprechen , die Knaben, fo üt die Wanderfchaft ziehen, unentgeldlih bis nach Straße burg zu führen, wenn ein Gefährte fein- wird. Der am Wennachtsfeft in den Kirchen -gefammelte Allmoſen, ber fd)on zu Anfang des Jahrhunderts für-die zu St. Jakob aufgenommenen Waifen Deftimmt war , * ) wurde auch, mit. der Webergabe von Ct. Jakob, der Verwal tung zu Theil. Aus dem Allmofenamt wurde für je» des Kind täglich 1% gaiblein Brod und v, Gägi Mues oder ‚Suppe geholt. Der Auffcher oder Meiſter war ein Pofamenter , der den. Kindern fein Handwerk lef» rem follte. Er wurde Wachtfrey erklärt, und bezog wöchentlich 2 Pfund 10 Schilling vom Allmofenamt , vole auch außer Holz und Wellen, jährlich aus den obrig« nu TR ; 7 Saͤcke Kernen und 6 Saum

sd

a) Es erbellet deutlich aui den are eines ernnnnatpro⸗ zeſſes jener Zeit.

378 XVIL Periode. 1649—1691

Bein. Jetzt werden zu großem Befremden der Reiſen⸗ ber, in das gleiche Gebäude, obſchon im einer andern Abtheilung, Straflinge von jedem Alter gethan, -und dieſe Abthellung wird Zuchthaus genannt. Sonderbares Schickſal unfrer Waiſen! Anfangs wurden fie im Sie⸗ chenhaus bep St Jakob mit den Ausfägigen, umb jetzt mit Verbrechern gefellet ; .dort mit Leuten, bie phyſiſch . verborben waren, bier mit Leuten, die es moraliſch find.. Vermuthlich if e8 im Jahr 1669. nicht fo ges meint gewefen. Das jegige Zuchthaus war im erflen Anfang nur für ungehorfame und verwilderte Kinder beſtimmt, denn bie erſte Veranlaffung zur Errichtung eines befondern Waifenhaufes mag wohl im J. 1664. gefucht werden. Den 9. November wurde berathen, wie mit einem ungerathenen Buben. von 12 Jahren, Sohn eines geſtorbenen Praͤceptors, der. dem Allmofenamt zu verforgen Deimgefallen war , und an welchen feine Zuͤch⸗ tigung verfangen wolle, zu verfahren wäre. Der Rath lie ihn zwar in dem Spital aufnehmen , an eine Kette mit: einem Bloche fehmieden ,- unb zum Wollenſtreichen anhalten. Allein der Rath mußte wohl einfehen, daß. es nicht bie Beflimmung des Spitals war; und in der That liest man im gleichen Befchluß folgende Worte :

des Zucht: und Waifenhaufes : ) foll man mit Gele genheit auch eingebenf feyn.” Doch ift nit ohne, Daß im Jahr 1067. den 15. Syunp, wo der Vorfchlag des

7) Das ifi, der Errichtung einer folchen Anſtalt.

XVIIL Kap. Nachleſe. 379

Antiſtes Gernler und übriger Abgeordneter des Raths angenommen wurde, die Kinder am Sonntag des Morgens nach St. Eliſabethen, und Mittags ins Muͤn⸗ ſter in feiner Ordnung fuͤhren zu laſſen, in dem Vorſchlag ſelbſt folgendes zu leſen iff: „nicht bie Qa» ſterhaften, welche von unfern gn. Herren. in dieſes Haug als in ein Gefaͤngniß eingefperrt werden, auch nicht Diejenigen Kinder, welche erſt Dineinfommen, und fid rob und wild erzeigen, fondern die, welche (dom am das Cod) gewohnt find, und (id) gefchlacht und bemile thiger erzeigen.” Nur iſt die Frage, ob unter dem Worte Lafterhafte mue Kinder, Jünglinge , oder auch Sträflinge von jedem Alter, Verbrecher verflanden worden ——

Weinleſe. Die Weinlefe im J. 1666. fiel veich und gut aus. In beyden Städten erzielte man 4063 Saum, weldhes um 143 Saum mehr war als im J. 1599. Der Schaffner des Stifts St. Peter verkaufte im Badifchen 100 Saum (a für 100 Saum Wein,

Ende der fiebengebmnten Beriode,

*

Geſchichte bet

Stadt unb Zanb(daft Bafel.

Achtzehnte Periode.

—— Periode.

- geram bes Boite

Einleitung.

4, Say. 1692—1748, .

2. %o08 zu Stet, 1718.

98, 1179—41740.

4A, Roos zu Sechſen, 1740,

58. 4141-1777,

6. Bund mit Wranfreib, 1777.

7. 1778-1788.

8. Säupter des XVIII, Emmen 9, Univerſttät u. ſ. -

10. Kirchenſachen.

11. Verbrechen.

12. Bürgerrecht.

13, Finanzweſen.

14. GStatiflifche Berechnungen,

16. Zetziige Verfaſſung. F

Achtzehnte Periode

1692-—1788.

Zeitraum bes Wohlftandes.

Einleitung.

Cin Alter fagte eint: „Glücklich der Staat, der wenige Gefege Dat!" Diefer Ausfpruch erfordert eine naͤ⸗ here Erörterung. Die Menge der Gefege qualt zwar den Bürger , macht die Regierung verhaßt, unb Kat bie natürliche Folge, daß diejenigen, die benfelóen gehor⸗ chen follen, fie entweder nicht kennen, oder fie bald vere geilen: Dagegen zieht der Mangel an Gefegen nach fij, daß der Bürger fi) fchädliche Handlungen ober tinter» laſſungen erlaubt, und daß Regenten unb Richter täglich einfchreiten müfen, und oft willkuͤhrlich, leidenſchaftlich entſcheiden.

Jener Spruch mag fo ausgelegt werden: Gluͤcklich der Staat , ber wenige Gefege bedarf! Allein bier if ein dreyfacher Unterſchied möthig. Er bedarf. wenige Geſetze, weil ihm gewiſe Verhaͤltniſſe ganz fehlen. Der:

384 | Einleitung.

Staat, der 3. B. feine Bergwerke, Feine Schifffahrt, kei⸗ nen Seehandel, feine Feſtungen, feine fichende Truppen Dat, fanm aller auf diefe Gegenflánbe fid) bezichenden Geſetze entbehren. Unter dieſem Gefichtspunft iff. aber ^ nicht einguíeben , warum Mangel an Geſehen ein Gluͤck

heißen koͤnnte.

Ein Staat bedarf zweytens wenige Geſetze, wenn die beſtehenden, fo einfach, deutlich, unb mit dem Nas turrecht fo übereinffümmenb find, daß bio mit Hulfe des gefunden Menfchenverfiandes, alle daraus entfpritts genden Borfchriften leicht eingefehen werden. Endlich bedarf ein Staat wenige Gefege , wenn alle Bürger rechts fchaffen benfen , und bie dadurch beffimmten Sitten, fe fentlihe 9Xteynung , Gebräuche und Gewohnheiten, matte che Gefege erfegen , und uberflüfig machen. Wie bent aud) fen, fo wimmeln unfre feit 1694 zuſammen getras genen Sprotofofle von Gefegen. Die Haupturfachen bae von find, das Recht der Anzüge im Großen Rath, und das Gefeg, laut welchem alle Ordnungen der Beamten, ohne Anterfchied, und derfelden Einkommen im Großen . Rath beffimmt werden müfen. Eine Menge geringfügis ger Gegen(fanbe dienen dadurch um Stoff Tangwieriger Berathungen, indem , je geringfügiger eine Sache 1f, je leichter bie Meiſten ihre Vorfälle an den Tag legen Füns nen. Und doch fehlt ung ein Geſetzbuch über die Pros zefordnung in Citraffallen, und beträchtliche Lüden finden fif in wichtigen anderwärtigen Sammlungen von nen Geſetzen.

Einleitung: 385

Durch dieſes Kennzeichen einer fruchtbaren Geſetz⸗ gebung koͤnnten wir dieſe Periode von bem übrigen unterfcheiden. Allein es giebt ein atideres erfreulicheres Merkmal: €8 if jenes des Wohlſtandes, ber su Stadt und Land Derr(te. Den Grund bag. hatte (don der Kleine Rath in der vorigen Periode gelegt ‚„ indem er ungeachtet der vielfältigen. Einwendungen der zuͤnfti⸗ gen Boffanienter, die Stun(t(füble erlaubte, und den Land» leuten geflattete für die biefigen Bürger und Fabrikan⸗ ten zu arbeiten. Der Verdienft des Herrn und feiner Leute vermehrte den allgemeitten Reichthum, und belebte alle übrige Zweige der Handlung und des Sun(fleifes.

Inter den Fabrikanten und andern Sanbeléleuten ; die als Beförderer des gemeinen Weſens angeführt wer den, ſinden wir die Namen : Bachofen , Battier , Ber⸗ noulli, Birr, Bed, Biſchoff, Blum, Brenner, Bram, Burkhardt, Ehrifl, Debary, Dienaſt, Edenflein, Ehin- der, Faͤſch, Forkart, Frey, Fuͤrſtenberger, Genutfeus ; Hagenbach, Häusler, Harſcher, Hofmann, Huber, Im⸗ hof, Iſelin, Keller, Laͤmlein, Laroche, Legrand, Dieyer, Merian, Ochs, Preiswerkh, Paravicini, Paſſavant, Raillard, Reſpinger, Ritter, Ryhiner, Roſchet, Sara⸗ fin, Schweighauſer, Steiger , Strampfer, Streckeiſen/ Socin, Staͤhelin, Thurneiſen, Weiß, Wieland, Wer⸗ themann, Viſcher und Zaͤßlin.

YIL Band. 95

386 Einleitung. |

Bas aber in den Augen jebeó billig bentenben Menſchen, jene Bürger erhöhen mug, iſt die Gewiſſen⸗ haftigkeit, mit welcher fie auf Treu und Glauben ihre Abanben zahlten. Wir find fieben Jahre, Kraft unſers Amtes, im Falle geweſen, davon urtheilen gu Tonnen, und oft, iſt und der Ausruf entfalen:. „Nein, nie wird. der Himmel: eine fo rechtfchaffene Buͤrgerſchaft verlaſ⸗ fin!” 99 j

Qrfte$ Kaviteh 1692 1718,

| 1692.

Das Betragen des Raths, im Brachmonat, (eint tnerflärbar. Den 18, Sung ergieng eine Erkanntniß, welche die bürgerlichen Vunkte, als folche erklärte, die in voller Kraft bleiben folten: Da es namlich am- fol» genden Tage. um. die Erneuerung ber Meiſter auf den Zünften zu thun war, unb es feine erledigte Stelle gab, fo wurde die gewohnliche Feyerlichkeit der Einfegung be alten in die Stelle des neuen Meiſters für das inſtehen⸗ be Negierungsiahr zwar Deffátiget , allein der Gemeinde jeder Zunft berichtet, tag wenn kuͤnftigs der Fat einer Erledigung eintreffen werde, es. bey der ferndrigen Jah⸗ res gemachten Orduung durchaus verbleiben, und als dann gemeine Zunftbrüder , mit und neben den Vorge⸗ feßten, dazu Ihre Stimmen Haben follten. .Der Rath gieng. aber nod) weiter. Einer der bürgerlichen Punbkte, (der 15te über die Polizey) beflimmte, bag am gleichen Tage: eine Genfur uͤber bie Sechſer ergehen foll, und der Rath beſtaͤtigte es mit diefen Worten : „Es foll die Bemeinde in Gegenwart allen Sechſer, In. Kraft. ber

952

388 XVII Periode. 1692—1718.

bürgerlihen Punkte, vordrift befragt werden, ob fie wider den einen oder andern etwas ungebührliches wiſſe, um folches zu eröffnen, und damit folgende bie Borgefegten in der Confirmation fi) darnach zu richten wiſſen mögen.”

Wenn nun die bürgerlichen Punkte, ungeachtet der Beflrafung ihrer Stifter, in Rechtöfraft erwachfen wa» ren, warum firafte man biefe Ungluͤcklichen? Wären fie etwa bloße Schlachtopfer ber Rache gewefen ? Man behielt das Werk, weil man, es nicht zerſtoͤren Fonnte , man ermordete aber feine weil man das Wert

ſelbſt Dafite.

Hingegen zeigte fi) ber Rath, am 27. am Tage feiner Einfuhrung ſehr grüblerich gegen die Groß⸗ Raͤthe. Diefe dachten, daß, wie vor einen Fahre, der Rath feine Einführung nicht unter (id) begeben, fondern auch im Großen Nach erfcheinen würde: Der Rath, der überdieß alle ehevorige alte Feherlichkeiten genau bes obachtete, dachte anders. Die Groß⸗Raͤthe hatten fich in ihren Saal, nad) gefchehener gewöhnticher Begleitung ber Raͤthe, begeben und warteten bis auf die Ankunft des Raths. Dieſer lie ihnen aber durch den Oberſt⸗ Tnecht ſagen, daß man auffiehen und nad) Haufe geben würde. Die Großräthe antworteten : „Dieß fen wider ‚eine vor ungefähre einem Jahre ergangene Erfanntniß. "Zudem hätten fie etwas vorsutragen.” Der Rath wollte

aber nicht nachgeben und nach mehrern und dan.

I. Kap. 1692. 389

gen Umfragen, zwey Rathsglieder mit dem Stadtfchrels ber zu den Großräthen, um ihnen su eröffnen: „Es fenen jeunder feine wichtige Sachen, wie vor einem: Sabre obfanben. Allein diefe ordneten vier von den. Ihrigen an den Rath ab, welche fid. dann auf eine. Erkanntniß des Kleinen Raths beriefen, und ferner ans seigten,, daß die Groß⸗Raͤthe etwas wichtiges vorzutra⸗ ge hätten‘, und Daß die neuen Sechfer den Eid ablegen follten,, welcher vor einem Jahre für die Groß: Räthe eingeführt worden war. Der Buͤrgermeiſter erwiederte .. „Er wife von einer folchen Erkamtniß nichte. Wenn Großraͤthe etwas anzubringen wüßten, fo hätten fie ſich gekern vor der Audienz melden folle." Syene fagten. ba» anf: „Sie wären feine Partenen , und wenn Kleine und Groß: Rathe beyſammen fäßen, fo bildeten fie ein einziges Corps.” Als fie fid) num zu den übrigen volts der verfügt Dattem, beriethen fid) bie Raͤthe nochmals über den Gegenſtand, unb mur die Mehrheit erkannte ende lid: ,, Su Gottes Namen fol man hinauf gehen, und mit den Großraͤthen niederfigen.” Es gefchah. Vieles wurde vorgetragen, aber alles auf eine naͤchſte Bere fommlung ausgeſtellt.

Den 2. November verordnete der Rath, baf von Seiten der Unterthanen Feine Abfindung und Bezahlung von Capitalien, bie auf fie ſtehen, beſonders gegen Ar menhäufer , Kirchen und Schulen, aud) Wittwen und Baifen, Statt haben ſollte, e8 könne denn der Schulds ner darthun, bag er felbige voͤllig aus feinem eigenen

390 XVII. Periode. 1692—1718,

Mitteln abfloßen möge, und weder wenig noch viel att derwärts dazu aufnehmen muͤſſe. Zugleich wurden die Mandate vom 20. Sept. 1682, und 14. Merz 1684, - Kraft welcher nichts unter fünf om hundert angelegt werden ſoll, beſtaͤtiget.

In der Schlacht bey Steinkerke, vom 3. auf, litt das Regiment Stuppa ungemein. viel. Der Obriſt⸗ lieutenant Ruffinger, und die Hauptlente Balthafar. Burkhardt, und Abel Sozin, alle ere) von Baſel, wurden getóbtet, oder flarben bald an ihren Wunden, Die ruͤhmlichen Umſtaͤnde diefer Sterbefälle erhoben fof» che zu allgemeinen. Borfallenheiten, Morlat von Bern und Jakob Segtin von Bier, warben für den hollaͤn⸗ diſchen Senf, ohne. Wiffen ihrer Regterungen, jeder eb ne Compagnie von dreskundert Mann; fünf Sabre fpi.

Wr ‚wurde die Compagnie Segutn abáebantt.

Mit Einlaſſung ' Batte De Grand-mai- - don, franzöflfcher j, viele Freundſchaft er« wieſen. Er wurde Baſtmahl (zum Bären), ' eingeladen. Ben fe ib zum Kopf, Heß man

ibm mit zwey mitgebrachten Offisieren in einer obrigfeit» Vien Kutfche abholen, und nach der Mahlzeit in eben

: Pieftr Kutsche wieder führen. Die XIII, nebſt Stadt

: and Rarbfehreiber fpeifeten mit ibm,

Pr P 1693. | | Wverſchiedne Kirchenguͤter wurden gegen ewige os densinfe in Geld verfauft, „Die Domberren des ehemali⸗

I, fap. 1692. _ 391

gen Eapiteld Baſel, die jegb zu Arlesheim vefibirten , . proteflieten dawider , und fandten im Jenner, unb wies der im April unferm Rath ihre Breteflationen ein.

Die Zunftbrüder verloren den 21. November dad Recht, ihre Meiſter unb Sechfer zu erwählen. "y Es geſchah von Seiten bed großen 9tatbé , auf einen einges

gebenen Rathfchlan des geheimen Raths, ber zwey Haupts nriachen dazu angab; zum erſten, daß die neue Wahlart nur Verwirrung veranlaßte, unb zwehtens, daß man da⸗ rauf ſehen muͤſſe, faͤhige und tuͤchtige Perſonen in den

Rathsverſammlungen zu bekommen. Es Hatte ſich kurz | vorher auf der Saffranzunft ein Erledigungsfall zugetra⸗ gen. Auf Befehl der Haͤupter ſtellten die Vorgeſetzten der Zunft die Beſtellung aus Mehrere Zunftbruͤder, ze⸗ hen an der Zahl, drangen auf die Wiederbeſtellung, und fprachen etwas frey. Man ließ fie vor den großen Rath befcheiden. Sie entſchuldigten fid), und zwar erbärmlic

ſchlecht, und wurden eingefegt , beſprochen, und dann beſtraft. | |

3) Dicimat wurde ihnen A ein. Heiner Antbeil an m Wahlen noch gelaffen. Die Vorgeſetzten machten, mit vier Zunftbrüdern, die fie durchs Loos erwählt hatten’

Cif Ternarium. Dann traten diefe vier, nebit jenen Vorgeſetzten ab, die etwa mit einem der brey Borges

- "fdfagenen verwandt waren. So viel Borgefebte nun übrig blieben, fo viel Zunftbrüder zogen fic) auch durch

das 2009 zur Hauptwahl.

802. XVIII. Periode. | £692—1718.

Das Gerücht Hatte fid) verdreitet, als wenn bie Franzoſen Werte und Schangen. auf. der Schufler Snfel anführen, und eine Brüde über den Rhein fchlagen wolle ten. Am 29. Dezember hefamen ber. Dreyerherr Zaͤs⸗ lin und ber Stadtſchreiber den Auftrag, benm Mar⸗

quid « twas auf unferm Gebie tteten den 5. Jen⸗ ner 1 Schanze merde: in dem n des Rheins ge: | madii n vor vielen Jah⸗ ren d | die Kleinhunin, ger b n Margaräfifchen fheils auf dem marg⸗ graͤſiſ elegt; achtzig oder hunde feine, Hätten bie Franz ifzuwerfen. Nach des P Me Erbauung der

Scan; par ordre du Roi, ber gar wohl und gewiß . wäre, daß. ber Werdt ihm gehöre; bod) werde an bem fte, fo wir anfprádjem, nichts gebauet, fondern nur Grund ausgeworfen, um dem Waller zu wehren, damit folhes die Arbeiter nicht hindere , wenn fie mit bem Fun⸗ dament aus dem Boden fommen werden; ſolches alles werde alsdann wieder. zugemorfen und in den alten Stand gerichtet werden, Was die Nheinbrüde beträfe , hätte ber Marquis gefagt , daß man niemalen im Sinn gehabt Habe, eine folche su bauen‘, wohl aber möchte im Fall eines Kriegs, eine Schiffbrüde geſchlagen werben.”

X. Kap. 1694, 1695, 393

fhf dieſen evífatteten. Bericht, trug man dem Befandten _ nach Arau auf, mit den übrigen Eidsgenoſſen über die - Wichtigkeit ber Sache zu (preden, unb es wu i begehren.

16 9 4,

Conrad Hertlin von bier, ber die Nuffingerifche Contpagnie befommen fatte, verlor i der Schlacht bey Nerwinden, von 1693 , durch einen Flintenfchuß ein Aus ge, unb trat dieſes Jahr (1694) al8 Oberſtlieutenant (n das Regiment von Schelenberg. Er wurde im Fahr 1702. wirflidyer Oberfkiteutenant des Regiments Brand le, und flarb im Fahr 1705, zu tirlemont, wo fein Regiment in Befagung lag: Á

4 6 9 5,

Die Berner ſchrieben unſerm Rath!» Mir (inb indem Merk begriffen, die gefährliche, und dem obrigfeitl. Stand zuwidrige Sekte der Wiedertäufer völlig auszutilgen, und bae ben zu dem Ende wider derfelben Anhänger wor etwas Zeit Öffentliche Edikte publicieren unb ergehen laffen, anderen Bolls siehung man nach aller Vigor arbeiten thut.” Der Zweck tar, daß umfere Buchdruder feine Bücher auflegen, und in ihre Landſchaft werfen follten, bie su ihrer Citte dienten. Sie verzeigten eiyen Buchdrucker Schwarz, bey . welchem. bie Froͤſchauer⸗Bibel, nach dieſer Secte verfehrs „ter Auslegung , unter ber Preſſe ſtehe. Dan möchte ba; für forgen , ba diefer Bibeldruck unterlafen, oder wies der supprimirt werde. Bir antworteten ; man wiſſe

a t. '] . LJ

394 XVIII. Sjerobe. 16921718.

von diefer Bibel -nidité ; unb Schwarz fey nur ein Buch» binber, bem, allem Anfchein nad), bie zur Auflegung eines folchen Bibelwerfs erforderlichen Unkoflen viel zu ſchwer fallen wuͤrden. | TEE 1 6 9 6.

» Ein Geft6. vom. Sten Septemher ſtellte ben großen Rath unter feinem rühmlichen Gefibtepuntte bat. Nach⸗ demer bie b (6 herigen Bürgerrechte + Gebühren von 100 Reichsthalern für ‚eine. Dannsperfon , unb von 50 Reichsthalern für eine Beibsperfon , Deftátiget , und fev ner verlangt, hatte , daß ein neuer Bürger taufend Reichs⸗ thaler, und eine neue Buͤrgerinn fuͤnfhundert Reichstha⸗ ler im Vermoͤgen haben ſollte,ſo erkannte er foͤrmlich, ba „Unterthanen nicht ohne fonderbare, erhebliche Ra. » tiones und Motiven " jum Bürgerrecht gelangen foli» ten. don im Jahr 1693. hafte‘ er beffimmt , daß ein Unterthan, der das Buͤrgerrecht ‚erhielt, die Manumiſ⸗ ſtonsgebuͤhren, und den Abzug zu sehn vom Hundert fei» tied Vermoͤgens entrichten ſollte, welches (con hinlaͤnglich war, Manchen vei Bürgerrecht abzuhalten; aber nie hätte man erwarten follen, daß zu eben der Zeit, wo die Großräthe fid) durch Einführung democratiſcher Grund, füge, qu einer Gewalt empor geſchwungen hatten , Die fie niemals beſaßen, fie eint" Stheidewand zwifchen Un⸗ terthanen und Bürgern ſtaͤrker ale jemals aufführen voti» “den. So verwandelte fid) die-voriibergehende Oligarchie einiger Familien in eine erbliche Meifotrati von c (e hlchiern aus der Hauptſtadt. |

I. Kay. 10697. 395

1697,

Der zu Ryßwick in. Holland, den 30. Oktober, zwifchen dem Reich unb Frankreich gefchloffene Friede, geichnet diefes Fahr aus. Die Schweiz wurde. in. den, felben eingefchlofen,, und Frankreich Herrſchaft bekam durch die Abtretung von Breyſach und Freyburg, den Rhein in unſeren Gegenden zur Grenze. Bafel hatte fich vergeblich darum bemüßt ‚. daß Hüningen gefchleift wuͤr⸗ be. Der große Rath erfannte den 30. September, in beffimmten Ausdrüden, bof der geheime Rath an Dit tín denen folte, daß doch biefe bocit befchwerliche Fe ffung weggebracht und demolirt werden koͤnnte. Der fran zoͤſiſche Ambaſſador ſagte aber, daß dergleichen Pro- positiones dem König unangenehm fein mürben , unb baf e darinn feine . Officia praestiren toͤnne. mE

Der Ambaffader war. Michel Amelot , Marquis de Gournay. Er brachte bier den 12. unb 13. Sch tember zu. Zwey große Mahlzeiten, Ehrengefchente an Wein, Haber und Lachsfifchen, unb bie Koflfrenhaltung su Stadt und Land foffeten über 2000 Gulden. Das genen fle er am Svinfgeloern für mehr al8 den Werth von 200 Duplonen austbeilen. Siebenzehn junge Ced» fer ‚warteten ben der Tafel in der Amtiskle idung ab. Bey der. Bewillfommung des XII. Raths und der SBorffeber "der Kanzley, führte der Stadtſchreiber dag Hort ín deutfcher Sprache : der Secretaire-Interprete überfegte bie Amede, und der Ambaſſador antwortete.

» * o.

396 XVII. Seriode, 1692—1718.

1698,

Bir Daben unterm Fahr 1693. geſehen, daß bie Sunftbrüber gleihfam das Recht verlohren hatten, ihre. Meifter und Sechfer zu erwöhlen; nun wurde es if» nen den 29, Desember ganz entzogen, und der Große Rath (egte ble Sache wieder in den alten Stand; bie . engeaebene Urſache war , wie bereitd gemeldet, daß die neue Wahlart mur Unordnung nach fif zöge Er be gnügte fid) aber nicht damit, er entjog auch der Buͤr⸗ gerfchaft die Beſtellung der Oberffgunftmeifter , und eig» nete ſich folche gu. Der Rathſchlag des geheimen Raths, der e8 ihm vorfchlug , führte sum Grunde an, daß diefe Wahlen durch Gewalt wären abgedrungen worden, Ends lid) ſchloß er von den geifflichen Wahlen diejenigen , bie vor der Revolution feinen Antheil davon Datten, aus.

Der Spallaff des Marggrafen von Baden, in der neuen Borfladt geriet in Brand, unb litt beträchtlich. Der Marggraf rettete ſich mit feinen Angehörigen in das Stiftshaus St. Peter. Diefer Zürft war fo beliebt, ba man ibm bre) Jahre vorher die Errichtung einer Reitbahne auf dem Peterplage , dieſem Spaziergang der Bürgerfchaft, aeffattet fatte.

Die Stadtgarnifon , ble nur am Tage die Wachten verſieht, wurde den 10. Septemher auf fünf und fies benzig Mann herunter geſebt. |

Die vom Rath bisher erhaltenen Bewilligungen , ohne Zeugen und einige Solemnitäten qu teſtiren, fchränfte

L fap. 1698. 397

der Rath felber, am 19. Oftober, ein. Sat Weibs⸗ perfonen wurde ein folches Privilegium für das kuͤnftige gänzlich abgeſtrikt, weil fie insgemein, fagt bie Cv» kanntniß, des Schreibens fchlechtlich erfahren, und fei» nen fatten und gewiſſen Buchflaben haben, daraus Ihre “Hand eigentlich zu erkennen (e. Was die Mannsperſonen betrifft , fo wurde ihnen biefe Privilegium, nach bed Raths Gutachten, ferners ertheilt werden Tonnen, Se bod) ſollte babeo eim Lnterfchied - der Perfonen gemacht werden; und dazu nicht. ein jeder, auch gemeiner und einfältiger Dann, ber etwan des Schreibens nicht wohl erfobren wäre, admittirt werden. Darneben fol der Teſt aber, ber folches Privilegium erhält, fib diefer praecautionen gebrauchen , bag er entweder feinen legten. Willen durchaus mit eigener Hand fehreibe, oder. denn von einem Notarius auflegen laſſe; er aber dabey feinen Namen nicht nur zu Ende des Teffamentó, fom» dern auch bey jedem Artilel deſſelben, wenn folches im Artikeln, wie gemeiniglich gefchieht, abgetheilt, unter zeichnen, damit man daraus willen möge , daß ihm das Teflament von Artitel zu Artikel vorgelefen worden - fen.

1696,

Bisher wide bie Taufe im Chor, unb nur in (Gegenwart einiger dazu eingeladenen Weiber, ertheilt. Die Stadtgeifllichkeit wünfchte aber ben dieſer Handlung mehr Oeffentlichteit, und ließ ein Memorial durch ben

308 ^. XVII periode. 1602-1718,

Antiftes Peter Werenfels auffegen unb überreichen. „Da meldete fie, ohne S3ormiffen, Gutheißung und Verord⸗ nung Eurer Gnaben, als einer evangelifchen hohen Obrigkeit; aud) in Sachen, fo den Gottesdienſt betrep fen, feine Aenderung, ober feine Einführung anderer Kirchengebräuche kann und follen vorgenommen were den... fo bitte ficu. f. w. ^). Diefes Memorial wurde den 18. November den Geiftlichen wieder übers. wiefen, um mit Zuthun der Deputaten, und der Yelte fien jedes Kirchfprengeld , Vorfchläge, wie die Sache einzurichten wäre, einzugeben. Es geſchah. Und fchon den 2. Kenner des folgenden 1700 Jahres, wurde bie Taufe, in Angeficht der ganzen Gemeinde, und vor bem Altar, nad) der Predigt, zum erfien Dal verrichtet.

1700.

Ob man (fon mit Ertheilung des Buͤrgerrechts ſehr ſparſam gewefen war, fo wurde bennod) deu 2ten

1) Unter. andern Gründen zu einer Abänderung führte “fie das bisherige Betragen der eingelndenen Weiber an. „Diefe (ietlen (id nicht fo fehr ein, um ein Werk bes Gottesdienftes zu verfeben, als um die Kindebetterins au ehren, ihr gu gratuliren, unb in der Adminifiration der Taufe ſelbſt, mehr auf die Gevatterieute, wer fie (eget, wie fic gekleidet, wie (ie fich gebehrden , Ach⸗ tung zu geben; Batt bag (ic, bey Abfprechung der Agenden, hören, und die Gebetbe in Hiller Andacht nach- fprechen ſollen, pflegen fie mit einander zu ſchwatzen.“

I. Kap. 1700. 399.

April erkannt: daß feiner, wer der aud) wäre, innert den fechs nächften Fahren zum Bürger angenommen Wers den folte. Die leidige Erfahrung fagte man, läge vor Augen, daß neue Bürger allerhand Meinungen Blag qe» ben, und alte Bürger auf ihre Meinungen zu leiten fuchten. Im Jahr 1706. den 2ten November flellte

man die Annahme neuer Bürger noch auf. 10 Sabre

aus, bod) mit dem Vorbehalt der Ausnahme für aualifis eirte Giubjecter , woben aber feffaefet wurde, daß fol»

che zehntauſend Reichsthaler im Vermögen haben, und

daß mur die Großſohne in den Großen Rath, unb die Enteln in den Eleinen Rath ſollen gelangen Tonnen.

Was übrigens die Weiber betrifft, fo erſtredte ſich die

Verfuͤgung nicht auf dieſelben. |

Diefe Abneigung vor Neuerungen hinderten doch nicht, daß man fid) endlich dieſes Jahr entfchloß , bem im %. 1582. vom Paſt Gregoriud XII, verbeferten Kalender anzunehmen... Mit wahrer Schonung mußte man aber beym Volk diefe neue Zeitrechnung eins führen; und was vielleicht bie Sache am meiften eve leic)terte, war der Umſtand, daß man die gregorianifche

Derechnungsart felber auch um einen Tag verbeſſerte; alfo daß anſtatt zehn Tage, eif Tage überfprungen , und im deutfchen Neich gleich nad) dem 18. -Hornung

der (ie Tag Maͤrzen gesäplt. wurde. In der Schweiz fieng der Neujahrstag von 1701. mit dem 12. Kenner an, .:Diefe Berichtigung geſchah auf eine Einladung

B

400. XVII. Periode, 1692—1718,

der evandelifchen Stände des deutſchen Reiche an die evangelifhen Orte der Schweis. Doch behielten den alten julianifd)eu Kalender Glarus, Appenzell A. 98. , die Stadt St. Gallen und gemeine tre Bünde,

1701.

Den 6tem JZuly uͤberſchwemmte der Birfid die une tere Stadt: Die Pabſtglocke wurde ehige Stunden lang angesogen: Das Wafler flieg beym Rathhaus Dalb Manns hoch, etliche Soll Höher als im J. 1530. und trieb den heißen Stein in die Höhe. Es hatte aud) das Steinen Thor und die. Brüde zerſtoͤhrt.

Cm Augſt ordnete inán Bernhard Burkhardt

nach Paris zum König ab, um. die Aufhebung der Fruchtſperte auszuwirken; er konnte aber feine Audieng erhalten, und kam umverrichteter Dinge zuruͤck, weil,

- meldet eine Handſchrift, man wider ihn gearbeitet Date te, vermuthlich von Seiten ber fraͤnzoſiſchen Ambaſſadoren⸗

1702,

be ſpaniſche Gucceſſions⸗Krieg batte (dio im vo⸗ rigen Jahr ſeinen Anfang zwiſchen Frankreich und dem öoͤſterreichiſchen Hauſe genommen: In dieſem Jahre wurde er faſt allgemein. Bayern und Köln ſtanden für Frank⸗ teid); Holland, England und das Reich für Deflerreich: Die Schweiz befand fid) in einer miplichen Lage. ub» wig XIV. verlangte, daß man feinen Groffobn, Phi⸗ gs u$ -

I. Kap. 1702. 401

lipp V. unb der Kaiſer Leopold Hingegen, daß man feinen jüngern Sohn, Erzherzog Sarl, sum Könige in Spanien erfennen folte. Die Verlegenheit vermeprte fió dadurch, daß der bisherige foanifche Gefanbte, al Gefanbter des Philipp's bereits acereditirt war , und bie bepbfeitigen , der Eaiferliche und der franzöfifche Both⸗ ſchafter, während diefed swölfjährigen Krieges , einen dringenden , und oft hoͤchſt beleidigenden Ton annahmen. Dazu gefellten ſich nod) die zwifchen dem Abt Cit. Gal» fen unb der Landfchaft Toggenburg entflandenen Streis tigfeiten , die man überall als Folgen eined fremden Einfluffes betrachtete, und bie endlich in einen innerli⸗ dn Krieg in der Schweiz ausbrachen,

Oeſterreich erhielt von mehrern Ständen in der Schweiz die Erlaubniß, zwey NRegimenter, jedes von 2400 Dann, anwerben zu laflen, um folde in bie MWaldfladte zu verlegen: Die Capitulation wurde hier den 23. März angenommen. Der Rath ernannte zu Hauptienten S. Weiß, Hand Georg dà, 1705.) ud Merian. Den 28. Auguſt willigte der Große Rath auch in einen Aufbruch für Frankreich, had Inhalt des Bundes, ein. Dabey wurde Stillſchweigen über alles auferlegt, fo für unb wider war gefagt wor⸗ den, | Die Kaiferlichen legten beym Friedlinger Schloß, gegen Hüningen über , eine Sternſchanz auf dem Wie

Ce

402 XVII. Beriode. 1691-1718.

lerfeld an. Hingegen richteten ble Franzoſen (n. Hünins gen die alten Feſtungswerke auf der Rhein-Inſel, und dann auf dem marggráfiffen Ufer wieder auf, ohne ba bie Deutfchen fie daran Dinberten. Im September. näherten fid) die Armeen. Den 13ten Oftober giengen die Franzoſen mit 40 Fahnen uͤber den Rhein auf die Inſel, unter ſtarkem Canonieren, und blieben dort die Nacht durch. Den 14. am Morgen zogen ſie in das Hornwerk, und von ba, unter des Marquis de Villars Anfübrung, «uf das marggraͤſiſche Ufer. Sie hatten eine Schiffprüde gefchlagen. Darauf folgte bie bekannte Friedlinger Schlacht, ") und die Einnahme der. Sternſchanze. Nach diefer Schlacht famen viele Sund⸗ gäuer Bauern in das Margaräfifche, und es wird bee merkt, be fie mehr Schaden, mit Rauben, Brennen, einfehlagen der Thuͤren nnb Zenfler anrichteten, alé die Soldaten.

E Das Schlos Otlikon, gwifchen Klein Baſei und dem marggräfiſchen Dorf Weil, wurde im drenfigiährigen Kriege zerſtört. Nach dem weſtphältſchen gricben Tie es der Marggraf Friedrich IV. wieder aufbauen, snb nannte cd Friedlingen. Allein im Jahr 1678. get»

ſtörten e$ die Franzofen von Brund aus, C6 wurde bod von neuem aufgeführt, denn in. diefem 1702ten Cabre batte e8 eine Beſatzung, unb nach der Friedlins ger Schlacht wurde durch bie Franzoſen wieder zerſtöhrt. Hist. Zaringo.Badensis T. I. P, 3, p. 239. und T. IV. p, 325,

I. Kay. 1702, | 403

Indeſſen waren Repräfentanten oder Kriegsraͤthe 'y von Zürich, Serm, Luzern und Freyburg: bicher gekom⸗ men, die im geheimen Rath ſaßen. Mehrere Kantone fbidten tauſend Mann Zuzuͤger. Ale sogen aber, vom 14. November an, nach und nach wieder ab. „Sie hatten, meldet eine Handſchrift, fie hatten alle uͤberaus ſchoͤne Meyen, (Straͤuße) auf den Huͤten, nach⸗ dem fie Montags vorher den 13ten, Magnifice und Cautissime zum Schlüffel gaffiert worden, da man big Nachts 10 Uhr mit zwölf Stüd jeder Gefundheit Freude gefchoffen. Sie find mit großem ihrer und meiner gnaͤ⸗ digen Herren conteritement von bier abgereifet,, nachdem fie vielfältig aerügmt, wie man ihnen düerfeit8 viel Gutes gethan. Sonderlih Haben duch die gemeis nen Soldaten bezeugt , fie fenem bey biegen Bürgern fer wohl teactiet worden, und haͤtten meiftens an ib» rem Tiſch aegeffen, ba man ihnen nichts ale Waſſer aber das Brod anzurichten fchuldig gervefen ſey.“

2) Der Statthalter Wertmüller von Zürich (oll bes beſondern Auftrag gehabt haben, für die Beſchützung (vermuthlich foll e$ Schonung heißen) des badiſchen

Oberviertels zu ſorgen. Er wohnte im marggraffchen Hofe mit einem Seeretair und fSebiettet wurde betto . lich tractirt, und bezog täglich vom Marggrafen eine -

Ducate, €$ war um die Auffahrtszeit, und währe nicht lange, |

662

404 XVIII. Beriode. 1692—1718,

Die von Schweiz batte vorher an bie badifche Tagſatzung vom 26. Oftober gefchrieben, daß fie (id) des Defensionals gänzlich entfchlagen , und daß fie deſſel⸗ ben ein für allemal entfchlagen haben wollten. Von der vorhergehenden Tagſatzung aus, Hatte unfer Geíanbter fchon folgendes bem biegen Rath berichtet. „Uebrigens iff zu menagieren , was ich melde, daß theils I. Orte viel von ben Koflen reden, wenn es lange währen und auf den Frühling wieder angeben follte, und wenden vor, ber Zeit abgemattet zu ſeyn; theils wolle die 915» theilung difputieren , fo jegt bie vechte Zeit if, und was - der Händel mehr gibt, bie unfre Schwachheiten anzeis gen, und biemit zu verdeden find. Ein Canton brachte auf bie Bahn, daß man den Krieg führenden Maͤchten bie Bezahlung der Zuzüger aumuthen folle, welche, zur Berbütung eined Durchmarfches, auf bie Paͤſſe verlegt wären. Andere Orte fanden aber, „daß es und mehr zum Spott ausgelegt, und wir nichts erhalten wurden. Yuch würde dadurch der ganzen Welt funbbar gemacht werden , daß wir fion müde, uud nicht im Stande wären nur etwa 6 Wochen lang eine fo geringe Manns

{haft zu erhalten.” WBaͤhrend deffen Hatte Trautmannsdorf auf der Taafogung vom 2. July fcharfe Borträge , inſonder⸗ heit wider bie katholiſchen Orte gehalten. Worauf ber franzoͤſtſche Bothſchafter, Marquis de Puysieux, Die Bemerkung machte : „Es müffe bie Art, mit mele cher er gegen die Schweizer vebe, denſelben hochtragend

L fap. 1702. 405

und ganz feltfam vorkommen. ine folhe werde ehen⸗ der von einem Souverain gegen feine Unterthanen, als gegen feine Bundsgenoſſen gebraucht , und er rede mit den Schweizern, als wenn fie noch im 12ten Jahrhun⸗ dert wären. " Den 13. September Eimdete Traut⸗ mannsdorf in aller Form die Erbverein auf, und geigte an, daß nach sehen Tagen alle eidsgendfifche Waa⸗ ren als Contrebanbe angehalten werden follten. Diefem Streih wich der franzöflfche Bothſchafter bald durch dem Antrag eines neuen Bundes aus, im welchem, wegen der Auffündung des Erbvereins, das Haus Defterreich nicht vorbehalten (eon würde. Nun folgten aud) Verle⸗ tungen. des Schweizerbodend. Defterreicher famen von Rheinfelden aus in unſern Canton zwifchen Lieſtal, Wale denburg, Dltingen und St. SYafob, unb: paßten dem franzöflfchen Reifenden und Gonrieven auf, Kurz daranf ließen fie Schiffe, mit Mannfchaft und Steinen geladen, unter ber Rheinbrüde bintnter fahren, mm die Hünins ger Srüde gu befchädigen. Dagegen berüßrten oder De nußten die Franzoſen vor der Friedlinger Schlacht, auf der Schuffer Inſel den bafelifchen Antheil. Während ihres Durchmarfches ergiengen zwey Schuͤſſe gegen Bas fe , und wurden einige marggräfifche Pferde, bie auf Basler Boden weidelen,, mit Gewalt weagenommen. Aus Anlaß der darüber geführten Klagen, brachte Puy- sieux den fonderbaren Say hervor, daB Me ganze In⸗ fi dem König, als Landarafen vom Elſaß, zugehoͤre.

406 XVUT, Periode. 16921718.

1703

Der Gebertrieg der fremden Bothſchafter währte immer fort, Puysieux fchrieb ben 31, Jenner: , Si quelques Cantons continuent & se laisser traiter par l'empereur comme ces sujets, et avec la mé- me rigueur qu'ils étoient traités lorsqu'ils secoué- rent le joug .de la maison d’Autriche, ils n'auront pas lieu d'étre . surpris, si le roi ne les regarde plus comme alliés; tant que par de telles toléran- ces ils dérogeront à leur souveraineté ; et semble- vont dépendre absolument des ennemis de sa ma- jesté' " Hingegen brüdte fi Trautmannsdorf über Puysieux auf folgende Art aus: Kaum chut ein fol» cher forbonifcher Ruysieux das Maul auf, oder bie Fer bep anlegen, fo ver/pährt unb, hört man ihn (bon von weitem, gleichwie in: Frankreich. bie armfeligen -"-— mit ihren Holzfchuhen. "

Weit Debenflid)er. aber war bie Entdedung eines Befondern Bundes, welchen der 90t von Gt. Gallen, das Fahr vorher, am 28. July. mit dem Kalfer ge» £chlofen Hatte. ine werhfelfeitige Hülfe von 4000 Mann, war darinn verfprochen. Die Tagſatzung vom 4. July erklärte folchen für gefährlich und weit ausſe⸗ hend. Kraft dem Landrecht mit Schwyz und Glarus, fónne der Abt fein Bürgerrecht, Landrecht, nod) Schirm nehmen; bie Erbverein von 1511. werde falich ausge⸗ legt; ber. Katfer bebielte (ib, in dem jegigen Bund mit St. Galen, die aboeriſenen Ort (ors endlich werde

I. Kap. 1703, 407

das Gotteshaus ein Neichslchen genannt. Der Abt wurde auf der Tagſatzung vom 9. Dezember angemahnt, von diefem Traktat freywillig abzufichen. Uebrigens fcheint ein (older Schritt von Seiten des Abts ble Dieynung zu widerlegen , als wenn der König von Frankreich ben innerlichen Krieg, der ans Anlaß der St. Gullifchen Händel nachher entllanden , angefacht hätte. ') Daß aber der Kaiſer fid) micht damit begnuͤgte, mm bie oͤſterreichi⸗ fche 9Barteg in der Schweis zu vermehren, beweifet die im Jahr 1702 gefchehene Erhebung eines eidgenößifchen Abtes, des Abts Muri, in ben Reichsfuͤrſtenſtand. Diefe Erhebung Defrembete fehr bie Kantone. Es wurde auf der Tagſatzung bie Frage ad referendum genommen: „Deßwegen der fo fchädlichen Conftauemgen , welche ber»

1) Gd) fage, ſcheint, weil man Ach auf das Zeugniß des großen Friedrichs beruft. Siche die Lebensge⸗ fdjid)te des Bürgermeikers Joh. Caſpar Eſchers, vom David Wyß von Züri (1789) p. 45, „Daß de Luc, (nachberiger franzdfifcher Ambaſſador) vieleicht gar das Kriegsfener unterhalten babe, fcheint beunabe außer Zweifel, ba ſelbſt Friedrich ber Große, deſſen Ad⸗ lerblid durch jedes Gewebe von Hofränfen in gan Eu⸗ topa drang , in feinen unfterblichen Werfen fagt: » Du. rant la guerre de la succession d'Espagne, le Comte de Luc, ambassadeur de Francé en Suisse y suscita sous le "prétexte de la religion, une guerre intestine,

, pour empécher cette république de se méler des trou. bles de l'Europe." Oeuvres posthumes de Frédéric II. Berlin 1788. T.I. p 80,

408 XVIII Periode. 1693—1718.

gleihen Grabuationen nach Ach zögen, feine andern Gra» buationem und Chrentitel in Loͤbl. Eidgenofienfchaft des flattet werden follten, als welche von den Loͤbl. Orten ſelbſt erteilt werden.” Und im gleichen Jahre bat uns Bern die Abgebung eines Gluͤckwunſchſchreibens an ben Abt anszuftelen, und die Luzerner erflärten fib, daß fe dem Abt nicht gratulieren würden, fondern ihn bloß im feiner alten Würde halten wollten.

Befondere 9itteffate mußten nach folgenden Formu. laren, zur Aus und Einfuhr der Waaren, gegen dad deutiche Reich ausgeſtellt werben.

N.” 1. Formular der fchweizerkfchen obrigkeitlichen Atte⸗ Raten, für das, fo aus dem Reich in die Schweiz geht.

Wir 9t. BSürgermeifter mb Rath der Stade N 9t. thun Fund biemit, daß heutigen Tags vor Uns erfchienen Unſer Lieber Bürger und Handelömann N. , und bat tius zu vet. nehmen gegeben : Was maßen er aus N dem Meich oder öflerreichifchen Orte fo viel Bf, Kupfer, Stahl, Meſſing, 1€. ( nominetur die Quantität und Qualität der Waare, ferne alsdann nocent oder innocent ) unter Spedition N. auf allbero kommen zu Tagen bedacht.

Wenn nun obaedacht unſer Bürger bey feinem gefchtwor- ‚nen leiblichen Eid audfagt unb beſtätiget, daß erwähnte Waare N. fein eigenthümliches Gibgenogifd)e$ Bürger Gut sen, unb allein Hier’ in diefer Stadt unb bero umgebenem Revier ve debitirt und verbraudt, nicht aber in andern berum gelegene Eidögenößifchen Kantonen und Orten, nod) weniger an isanzöffche Unterhändler, oder deren Eonfinen

I. ftay. 1703. 409

und Conqueten, sod) an andere Ihrer kaiſerlichen Majeſtät und bed Reichs Feinde, weder durch ihn unfern Handeld- mann, noch durch andere unb dritte Hand, ſaumb⸗ auch ſtückweiße, directe vel indirecte verführt werden folle, it» gleichem daß fein verbotbened noch andern Kanflenten zuge- böriges Out mit untermiſcht, zumahlen aber, bag der von Unſerm wiederholten Handelsmann bierauf geleitete Eid kei⸗ ne andere Waare als bie(e angebe, auch Fein verborgener Verſtand begriffen (eye ; als haben auf fein Bitten i deſto mehrerer Beglaubigung gegenwärtige Attenation TA

So befcheben 1e...

N.’2. Formular der Attefiationen über die aud der Schwitz in den Creis gehenden: Waaren.

‚Wir Wt Bürgermeiſter und Rath der Stadt N, thun Fund biemit : Wie daß auf heutigen Tag vor Uns erſchie⸗ nen, Unfer Bürger N, R. und beg feinem Eörperlichen bie» tum abgelegten Eide bebauptet , daß jenige$ Faß, Ballen, Kitten se. mit nachſtehendem Zeichen und N.* darinnen nach» folgende Waare, (NB. die Waare ift specie einzurijcken) erhalten , und durch Fuhrmann N. N. nach N. verfenden ‚wolle, fein eigen unb feinem andern angehöriges Gut fent , und daß die Materie davon in unferm eigenen. (wenn neme lich dem alfo i, widrigenfalls muß cd auf nachfolgende Weiſe ae(ebt werden , „in Sero boben atliirten oder in an- dern erlaubten Landen” ) urfprünglich ermachlen; und davon berfommen , zumalen nirgend anderswo als in unferm gate de fabrigitt, danebenſt kein verbotbenes, noch andern Sauf» Yenten gehöriges Gut mit untermifcht, infonderheit aber , eben auf folches verfendende, und Fein andered Ctt. , diefer fein Eid gemeinet, amd) im übrigen fein anderer Verſtand,

40 XVIII Beriode, 16921718,

noch fonft einige Gefáprbe damit umterioffen ſeye, noch ge⸗ Braucht werden folle.

Gelanget demnach an alle und jede ꝛc. Und das biefe unſere ere , andere. und brirte Atteftation auch gewöhnlicher Eansien Hand (ege, wird mit Vordrückung Unſers Canzley Sigels biemit beſtätiget.

Go beſchehen N., den N.

1704.

Die Annäherung der franzoͤſiſchen Armee erwedte Beforgnife. Den 11. Day fam ein Repräfentant von Solothurn Hieher , Sofepb Befenwald. Der andere Stepráfentant war von Bafel. Die Armee entfernte fid) ſchon den 14ten, und Befenwald Lehrte nach Colo» turn zuruͤck. Es wurde ihm zum Andenken eine Dies daille von fünf Dukaten verehrt, und eine zweyte von zwanzig Oufaten, weil, wie die Erfanntniß fagte, er in gutem Credit fee (das beißt beim franzoͤſiſchen Am⸗ baſador.) |

1705.

Ruzein that den Antrag auf der Tagſatzung vom. 29. Kenner , daß man die Krieg führenden Mächte zum Frieden einladen folte. „Der Himmel habe oft, um große Sachen zu wirken, fi ſchwacher Inſtrumenten bebient. Ein folded. chriflliches Werk (e9 Gott. gefällig, und barum werde ev auch beo ehender feinen Seegen dazu verleihen.” Diefer Antrag machte nachgehends in den Rathsverſammlungen Auffehen, Einige glaubten, baf et von Seiten Frankreichs wäre eingeflößt worden. Allein auf

Lap. 1705. 411

ber Tagſatzung vont 5ten Zuly, Demerften Zurich unb Bern: „Wir ſollten zuerſt die innerlichen Zwiſtigkei⸗ ten beylegen. Sie fuͤrchteten den Verweis, daß ſolche erſt berichtiget werden ſollten, ehe man die aͤußere beizulegen gedenke.” Auf die Aufhebung des St. Gallis ſchen Bundes mit dem Kaifer vourbe immer mod) ge drungen. Schwak, Glarus und Appenzell begehrten, daß ber Beyſitz den äbtifchen Geſandten verweigert werde.

Der neue Bifchof von Baſel, Johann Konrad von Reinach, ließ den letzten October den Huldigungs⸗ Eid zu Arlesheim abnehmen. Zu dieſem Ende zogen nach eingeholter Erlaubniß, durch unſre Stadt, aus dem jenſeitigen Gebieth dreyhundert Mann, mit Unter⸗ und Obergewehr. Es wurden aber übersmal nur 150 Mann Hier durch gelaffen. Sie mußten die Diusgueten unter dem Arm tragen, und durften Leine Trommel rühren. Cim Weberrenter mit der Farbe ritt vorber, und ein Diefiger Soldat begleitete fie auf der Weite.

1 7 0 6.

Cn. einem Schreiben vom 18. März mahnte Puysieux zur Eintracht. „Frankreichs Feinde, fchrieb er, trad» teten heutiges Tages Eure Eintracht zu zerflöhren. Weil fie ſehen, taf Ihr alle Vorſchlaͤge, die Euch in den allgemeinen Krieg mit einziehen fónnten , ausge⸗ ſchlagen babet, fo fuchen fie Euch wieder einander zu ‚verbittern / und Euch bued) einen innerlichen Krieg zu zerſtuͤfſeln. Den 10. July erfchlen er auf der Tagſa⸗

412 XVIII. Beriode. 1692—1718.

tuna, unb theilte felber bie Nachricht der franzöfifchen Niederlagen mit. Er fügte aber Ding: Craignez les fausses caresses dont on vous flatte; mépri- sez les vaines menaces dont on veut vous éton- ner; fuyez les pieges qu'on vous tend; ne sé- paréz point vos intérets communs; resserrez entre vous les lieus de votre Confédération mutuelle ; attachez vous plus que jamais; à l'alliance solide du Roi, mon Maitre; et ne vous laissez point : épouvanter par la peinture outrée qu'on vous fait de ses partes, Quelles soient, elles ne troub- lent point sa grande ame, elles ne concertent point ses conseils, elles n'épuissent point ses finances, elles ne refroidissent point le zéle de ses Sujets, Il ne se laissara point de combattre pour la liberté de l'Europe, jet il n'épargnera rien pour conserver la vötre, si elle est jamais attaquée,"

Der Bifchof von Bafel fuchte mit den Bernern anzubinden. Er verlangte daß das Muͤnſterthal ihm unbedingt huldigen follte, und firafte einen Beamten ,. der das Bürgerrecht mit Bern vorbehalten hatte. Bern ſchickte ung zwey Räthe, Heß aud) 1500 Mann anti den. Der Streit wurde aber erft im S, 1711. den 9, Zuly, auf dringende Empfehlungen des Churfürften vonder Pfalz und des franzöflfchen Ambaſadoren Comte | de Luc, gütlich bepgelegt. uebrigens ſchrieb die Stadt St Galle im S. 1711, folgendes: „Der St Gui»

I fap. 1706, 413

und Pruntrutiſche Zufammenmandel möchte etwas tüdis ſches mit (i führen. Der Landshofmeifter Ring babe fif in bie vier Donate zu Pruntrut aufgehalten.”

Die evangelifchen Orte liefen zu Zurich durch den Scharfrichter ein Buch verbrennen, das (n den Gt. Gallifden Landen, und befonders zu Rorſchach öffent» lid) ausgetheilt wurde. Der Abt verfuchte e$, fid) durch feinen Canzler mündlich zu entfchuldigen. Der Titel des Buche fagt alles: „Kurzer Beweisthum , daß bie lutheriſche, ealvinifche und zwingliſche Reformation nichts anders fep, als ein von vielen faulen, flinfenden, alten, Teterifchen Fleden, Lappen und Lumpen zu⸗ fammengeflidter Sette» oder Cied)enmantel. Heraus⸗ gegeben von Chriſtian Catholikus. Gedrudt im Fahre da Luther von dem Teufel erwürgt. Calvinus an der Laufefucht gehorben , und Zwinglius qu Capp. ver⸗ brandt war.”

Der zweyte Satz des nachſtehenden Geſetzes vom 2ten November kwird zweifelsohne den Leſer be⸗ fremden. Ein außerhalb ſitzender Buͤrger, fo eine Hand» lung , Zabride oder einen andern einträglichen Beruf hat, fon jährlich bem Publico (das if, öffentlichen Schatz) sehn Reichsthaler, unb feiner Zunft für gutes Jahr und Heitzgeld zwey Reichsthaler Species entrichten. Wor⸗ unter auch die auf der Landfchaft figenden Bürger, des nen das hieſige Bürgerrecht noch aufgehalten wird, und

4A XVII. Periode. 4692 —1718.

welche ber Enven ifr Eommliches Gewerbe treiben, nicht weniger gemeint und berflanden find.” Was die gemei⸗ ne Handswerksleute betraf, fo wurden dieſe tinterbal» tungsgebühren des Bürgerrechte auf drey Reichsthaler für den Staat, unb einen für die Zunft beſtimmt.

170%

Die Herzogin von 9temouré, Fuͤrſtin von Neuſchatel, ffarb den 16. Juny in bem 83ten Sabre ihres Alters. Unter den fünfzehn, bie diefe Erbſchaft anfprachen, ſtellte fid) ein Bauer , im Namen des Kantons Ury, ein. Die Stände erfannten den 18ten November das Sürftentbum dem König von Preußen zu. Grantveid) befchwerte fid) darüber, unterfagte alle Gemeinfchaft mit den Neuenburgern, und droßete mit einem Ueberfall. Zuͤrich, Bern, Baſel und Schafhaufen verfammelten fich ben 11, Dezember zu Langenthal. Der preufüfche Geſandte Graf von Dietternich fand fid) auch dort ein, nebſt Deputirten von den Ständen und von der Stade. Bern (dug ver, Mannfchaft in Bereitichaft su halten, und ben freyen Handel für Neuenburg, wie auch eine evangelifche Unterredung von Frankreich zu verlangen. Zürich und Bafel wollten daß diefes Ge fchaft anf eine allgemeine Tagſatzurg gebracht würde. Bafel wollte auch nicht daß in unterm Namen an den Ambaſſadoren abgeordnet werde. Unſer Gefanbter bat, „mit diefem praeliminari verfehont zu werben , maßen bekannt wäre, wie die Stadt Bafel Urfache hätte, die

L fap 1707. 415

Krone Frankreich, ans beflens befannten Gründen, zu menagieren. Indeſſen wären Ihre on. Herren und Obern gefinuet, wenn es zum Ernſt käme, and Bern leiden follte, alles mit möglichen Kräften beysutragen, was die Bünde erfordern.” Doch, anf Erfuchen der. Berner , wurden minder eingefchränfte Verhaltungsbe⸗ fehle eingeholt, und erhalten. Die Geſandtſchaft an den Puysieux hatte ihren Fortgang. Seine Antwort vom 18. December war aber gwendentig. |

Den Sten März brachten zwey franzöfifche Offi. dere von Großhüningen, ' ) auf unferm Boden, vor. mebrern Zeugen , unweit Kleinhüningen, einen Schaf banfer um, *) und wurden eingefeht. Bald ließ ver Intendant de la Houssaye web Ladenbedienter nt Straßburg auch einfegen, wovon einer von Safe, und einer von Schaffhaufen war. D Sie wurden vn der Magd eines Schneiders angeklagt, als wenn fie ſolche en einem abgelegenen Orte, bey nächtliher Welle, rothgezwungen Hätten, indem fe ihr ben Mund mit einem Schnupftuch geflopft ale folten. Der St

?) Der eigentliche Thäter von diefen zweyen mar Haupt. mann Jean de la Vallette, gebürtig von Uscz it Lan. guedoc,

?) Er mat ein Hoſenſtrickergeſell, Conrad Ziegler, Sohn bes Gerichtfchreibers von Schaffpaufen.

3) Jakob Geymüller, von hier, und Jakob Yan ger von Schaffbaufen.

416 XVIII. Periode. 1692—1718.

tendant both uns ihre Auslieferung gegen die Ausliefe⸗ rung gedachter Offisiere an. Puysieux fchrieb , daß diefe zu den vornehmen Familien in Frankreich gehoͤr⸗ ten, welche es hoch aufnehmen würden, weun es if» nen übel ergeben ſollte. Nachgehends fchrieb er noch, daß der König gefagt hätte, es gefchehe ihm ein Ges fallen, wenn man fie entliefe. Was machte der Rath? Er. ließ ein Bedenken vom Stadtfchreiber unb ben zwey Stadteonfulenten abfordern ; und Diele bewiefen, fo gut fie Fonnten , daß der Hauptthäter fein. eigentlicher Mörder wäre, daß er nur dag Moderamen inculpate tutelae überfchritten hatte. ") Hierauf wurden die Straßburer Gefangenen den 13. April, gegen biefe Offi⸗ ziere ausgewechfelt, und von jenen bezeugte der Basler bod) uno theuer, daß er gedachte Schneidersmaad nie berührt noch gekannt hätte, Doch wurden die Offiziere verwiefen, und mußten die gewöhnliche Urphede ſchwoͤ⸗ ren. |

- Den 18. October wurde verordnet, daß die auf. ſerhalb fitenden Wittwen oder Kinder der im Auslande verflorbenen Bürger ier nicht bevögtiget werden folltn. Es fey weder bilig mod) thunlich, daß bier gefeflene: Dürger u Vogteyen von auslaͤndiſchen Wittwen und | Kindern

1) Der Stadtſchreiber Sebaſtian (di, wollte e feine . Uebertretung des Moderamen fordern citi quasi-mode- ramen genannt haben,

$a 1707. AT

Kindern befchwert werden.” Alfo wurden Witwen und Waiſen zu eben der Zeit , wo fle am meiften Rath und Hülfe bedürfen, einem blinden Zufall uberfafen. Doch geſchah Folgende Ausnahme: „Wenn fic Bier Mittel

liegen haben, foll darüber ein Boat geordnet werden.”

Federmann wurde den 15. Zuly verbothen, one des Raths Vorwiſſen, Gonfend und Bewilligung , einis gem Fremden fein Haus ober liegendes Stud zu vere Laufen, oder fid) bejen in Handlung mit Jemanden su begeben oder einzulafen. Die Strafe war die Rich» tigfeit des Kaufe, 25 Gulden Buße, oder auch font eine ernfllichere , nach Gehalt der Sachen und der (6 ereignenden Umſtaͤnde. Das Wort Jemand zeigt wie gefährlich bie buchſtaͤblichen Anslegungen oft ſeyn koͤn⸗ men. Beym Wort Jemand hatte gewiß der Eoncipiff nur Fremde vor Augen. Mebrigens "war fchon im Jahr 1636. ein ſolches Verbot ergangen. Nur muß man Woifen, daß unter Fremden bie Untertanen auch verffanden wurden.”

Syr Margaraf von Baden hatte einen fer bered⸗ ten Hofprediger, und groß war der Zulauf der Buͤr⸗ ger ihn zu ‚hören. Einige Geiftlid)e führten Klagen dar über, umd die Sache wurde vor Rath gebracht. Dies fer erfannte aber den 16. Juny: „Sol noch zur Zeit mit einem Verbot eingehalten, und jugefebem werden , wie ſich die Sachen anlaffen.

VIL Sand, m

dis XVIII Periode, 1692—1718,

1708.

„Um mm Zeit, meldet eine Handſchrift, war bad Braktizieren,, Cpenbieren , Rennen und Laufen um alle Aemter im hoͤchſten Grade. Man refpektirte weder Gott noch ben theuren Eid. Die reichen Leute durften zur Stelle eines Rathsherren oder Meiſters in die fuͤnftau⸗ ſend Thaler ſpendiren, und gab man oft fuͤr eine gerin⸗ ge Ballotier Kugel 800 fl.” Ben den Beſtellungen des großen Raths Hatte man dreyerley Kugeln eingeführt. Schwarze, die vom Wahlrecht ansfchloffen ; weiße für bad Ternarium , und vergoldete für die Hauptwahl. ")

Obſchon jene Geldangaben übertrieben fern mögen, (o beweist bod) ein Gutachten, fo im großen Rath den 26, Oktober 1705. , verlefen wurde, daß der Gbracig ſich vieles erlaubte. Es wurde unter anderem gerügt, daß mon fd felber die Kugeln oder Stimmen gab, daß man fic für Verwandte in bie Kifichen einlegte, Daß man mehr als eine Kugel herausnahm, und folglich eintegte, baf man Kugeln verwechfelte, daB man hinter bem Un⸗ bang, oder am feinem Site, oder ‚zuvor, complottiere, u. ſ. w.

1709.

Der Merciſche Durchzug, vom 20. Auguſt, war Zweifels ohne fuͤr die Basler, wegen der Beſorgniße, die er erregte, die wichtigſte Begebenheit dieſes Krieges.

) Geringe Ballotier Kugel wollte eine weiße andenten.

—lL am 170p. 419

Die Deutſcheu landen vor den. Lauterburger Linien, ub fuchten durch einen umverfehenen Einbruch in das obere Elfaß eine Diverfion zu machen. Zu biefem Ende i0 gen am 20. Augufl , Dep angebender Nacht , über un⸗ fern Boden, von Rheinfelden aus nad) dem Elfaß, und unter der Anfuͤhrung des Baron von Mercy, zwey bie dreytauſend kaiſerliche Reuter. Der Commandant von Rheinfelden, Baron von Unruhe, gab ſie ſechstauſend ſtark an. Unſere Leute berichteten, daß ed: zweytauſend Kuͤraſſere und vier hundert Huſaren geweſen waͤren. Der.Rath ſchaͤtzte fie anf 17 Standarten, mit Huſaren und vier Heerpauden, Sie nahmen ihren Weg oberhalb Augſt, durch die Ergolz, vor Pratteln und Muttenz vorbey, durch bie Bird beg St. Jalob, dann über die Aecker gegen die Gundeldingen , durch ben Birfid und ende fid) Über das Holee nad Haͤgenbeim zu. Sie fiengem die franzoͤſiſchen Poſten zu Burgfelden auf, und brachten fie zu St. Lonis in baldige Flucht. Ein Theil über» nachtete zu Hegenheim , die übrigen titten gegen Ott marsheim ju, mo eine Schiffprüde zum uebergang meh⸗ rerer Truppen, die jenſeits des Rheins auf ſie warte⸗ ten, geſchlagen werden ſollte. Erſt zwiſchen 5 und 6 Uhr bed Morgens wurden drey Stuͤcke zu Hüningen, jum Lofungsgeichen abgelöfet. Ein Bürger von Zürich , Bürkli, war bey bem Seren während des Durch⸗ marfches. Wenigftens verfichern es mehrere Berichte, und die Orte "e es nachgehends ungefgeut nt 2 |

425 XVIII $eriode. - 1602-1718.

auf ver Tagfagung. Mercy BE 46 am Rhein, Neuburg gegen über.

‚Allein die Franzoſen brachten eilends eine Armee von zehen bis zwoͤlf tauſend Mann, unter dem Graf du Bourg zufammen, der gegen Merey den 26. anrüdte, tub ihm des Nachmittags, nach einem blutigen Treffen, bey 3tumeréfeim auf's Haupt ſchlug. Dreptaufend wur. den getödtet oet gefangen, und ber General Bruns» ner, ber fid) vermittelſt der Nenburger Schiffbruͤde, mit Merey vereinigt batte, Düfte das Leben ein. Die übrigen ergriffen bie Flucht, oder zogen fid) über die Bruͤcke, die (e bann zerfiörten, nach Deutfchland zuruͤck. Biele Tamen den gleichen Abend, mit blutigen Köpfen; vor unfere Thore, theils obne Pferde, theild ohne Cats gel und Waffen. Sie vontbem aber zuruͤckgetrieben ober auf bie Landſtraße gewieſen. Es wurde fogat auf bit gt» ſchoſeen, welche fid am den befeptem Paͤſen, auf ber Landfchaft sicht abweiſen laflen wollten , alfo daß fie Nebenwege gebrauchen muften. Mercy fand Mittel ſich mit SBenigen feiner Leute nach Rheinfelden zu retten. —- Man glaubt daß es burd) das Bisthum umb unfereii Canton geſchehen (eo; welches glaublicher ik, als die _ anverbürgte Erzählung , daß man ihn in Geheim durch die Stadt gelaſſen haben folle. Eben fo unverbuͤrgt iff die Nachricht, Daß während des Mercifchen Durchzuges eine: Kanone anf den hieſigen Wällen, zum Lermgeichen tou einem Kanonier abgefenert worden fep, daß man ihn eingefieft Habe, weil e$ ohne Befehl geſchehen war,

I Kap. 1709. . —. 421

und baf diefer Cononenfduf im koͤniglichen Rath zu Berſailles bie. Stadt Baſel von einer: vorbabenden ernſt⸗ lichen Beſtrafung befvenete , weil, wie einer der Mini ftev. bemerkt Haben ſollte, fie alles dadurch geleiſtet haͤt⸗ te, was in ihrem Vermögen fand. Beleidigend war übrigens im hoͤchſten Grab die Art, wie gedachte De tretung unſers Bodens vor fd) gieng: Um 20fen, des Abends um 8 Uhr, beo Beſchließung ber. Thore , mde bete fid. ber Baron von Unruhe, geweſener Vicecom⸗ mandant zu Rheinfelden beym Buͤrgermeiſter an, und trug vor: »&8 babe ber Baro vor Merey ihm angtte zeigen befoblen, daß auf Befehl- dep. Kaiferlichen Gene - saliffimi ‚des Churfürfien gu Hannover, cine Anzahl Late ferlicher Volker von fechstaufend Daun, durch unfere Landfchaft paieren , aber niemand. beſchaͤdigen, fondern den wider Berhoffen erfolgenden Schaden erſetzen würde. Der Churfuͤrſt werde felüer diefes Unternehmen: nächlleng fhriftlich vechtfertigen. Als num der Buͤrgermeiſter ſich ‚lität, das Eidgenoſ⸗ " Ungele⸗ von Un⸗ te: „Eins dato über die Trup⸗ n flánben," neifer vom e offizielle

422 XVIII Beriode. 1692-1718,

Nachricht dason bald felber empfangen mußte, Der ae heime Rath wurde berufen; er blieb bie 3 Uhr in ‚der Nacht bevfammen 5 er ſchickte Deputirte und befondere fSotben , bie aber Miemanden mehr fanden; .er zog Mi⸗ Ne in die Stadt; er berichtete alles an die Taafakung nach Baden: allein: ber Durchinarfch war vollzogen und Merchn fagte nachgebende , er habe alles ohne Höheren Befehl tnb. von (ib. ſelbſt getan. Der kaiſerliche Both⸗ ſchafter gab einer Deputation der Tagſatzung zur Ant wort: „Vermuthlich wiſſe der Kaiſer nichts davanz..onn England und Hollund werde ber Auſchlag hergekommen ſehn; auf Empfehlung von England und Holland:!haͤtte der Churfuͤrſt: tas: Kammando bekonimen Eñdlich Ichrieb der Kaiſer; „Die am Rhein ſtehende Armade "gehöre ihm, bem Kaiſer, nicht allein, ſondern auch bem Neich: zu, und, iler! wäre bad Commando beim. ‚ur furſten zu Sanover aufgetragen worden.“ |

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ſchen uns v fen. fan i angem wie ſi daß 3 nzeigten "che

o Ep 470, . 433

giengen weiter. Auf der Taafakung vom Oktober und Novensber blieben die Tatholiichen Orte gm and, und ber Abfchied enthält folgende Stelle: „Weil nun ſaͤmmt⸗ liche Herren Ehren » Gefandten Elärlich verfpühren koͤn⸗ nen, daß die katholiſchen Orte biefe Tagfagung barum nicht befucht haben, weil fie, allem bisherigen Anfchein nach, die Anliegenheit der Stadt Bafel wenig beherzigen, fondern vielmehr unter der Hand, den Unwillen, welchen bit Krone Frankreich gegen 8. Stadt Bafel, (eit bem Merenfchen Durchgang , bezeugt, zu unterhalten getrachtet:, fo war iuégemein gut befunden , daß unter fammtlich anweſen⸗ den Herren ‚Ehren » Gefanbten Namen, das Ausbleiben der fatfoli(en Orte ‚geahndet werden: folle, " „Alles übertraf aber den Zorn des franzofifchen Ambaſſadoren. Er begeürfe zu wiederholten Malen. eine Satisfaction gegen. die Basler ;. ex befchuldigte fie in einem. fcharfen Schreiben au die Tagſatzuug, ‚einer indigne partialite, unb verficherte, daß ſein König zwiſchen getreuen und ungeteeuem Sunbógeno(fen. ben Unterſchied wohl mere de machen wiſſen; er (aote, ba. Mercn an der Hulfs ten⸗Schanz, anffatt. einer Wacht, Wegweiſer gefunden haͤtte; unb. als einer der. Bürgermeifter an ihn nach So⸗ lothurn geſchickt wurde, um ihn zu befanftigen, vief et mehrere Dale aus: ,, Ne me dites rien de votre état! * Ein franzoͤſiſches fliegendes Lager von 5000 Dragonern tüdte gegen -unfere Gränzen unweit Michelfelden, um den 10. Septemb., und drohete öfters mit einem Durchs marſch nach Rheinfelden. Zwey Repraſentanten J von

424 XVIII. Periode. 1692-1718,

Schaffhauſen und Abt St. Gallen, famen. mit achthun⸗ Pert Dann and verichiedenen Cantonen hieher, wo fie Dis auf ben 7 9tovember blieben. ') Und obfchon bie. franzoͤſiſchen Truppen dieſe Gegend Hald verließen, unb man einige Hoffnung wieder fchöpfte, fo mußte man dennoch, durch bie 9tiditbeantwortung dir ag ben. Staat&- tini ſter gerichteten. Schreiben, und einer bjaͤhrigen ‚Frucht ſperre, bie Folgen des Merenfchen Durchzugs verſpuͤh⸗ get. So weit trieb es der franzoͤſiſche Ambaſſador, baf ec im S. 1712. einem hieſigen Bürger, dem Obriſtlieu⸗ tenant Kraͤmer von hier, den Charakter eines Con- seiler vom König: zuwege brachte, und dabey anseigte, daß man fich Fünftige: im alten Sachen beffelben bedienen folle, weldye der. Rath mit dem Ambaffador zu verbam. deln bekommen möchte. Einſt behauptete ev, man Babe bie VBeweife des. mif. Mercy nehabten Einverſtaͤndniſſes wirklich entbedt. Sie -befünden fb in einem unter des Mercy’s Sachen gewefenen Kiſtlein. Als man aber biefe Beweife begehrte, gab er zur Antwort, daß er elit Mann des Friedens waͤre, und nicht bie Orte unter fidy noch mit dem König au brouilliren ſuche. Hierauf wur de ausgeſtreut, ba man in gemeldtem Kiflein, ein an bie enangelifchen forte , oder an einige nm tetes Schreiben: gefunden Wn. !

(OSEE LUMINE IRRE

: 13) Der Gtadtfchreiber d (di war, mic es ſcheint, über elleá über qu fprecóen, denn’ er fchrieh im Protokoll, Valeant nec redeant, (Gig leben wobl, " kammen aber nicht wieder.)

1. Kay. 1700. © 425

Berfchiedene. Umftaͤnde Hatten übrigens den Verdacht eines wirklichen Einverſtaͤndniffes veranlaſſet, oder vere anlaſſen koͤnnen. Es herrſchte bie allgemeine Meinung, daß man beym allgemeinen Frieden Frankreich noͤthigen wuͤrde, das Elſaß wieder abzutreten. So ſehr nahm dieſe Meinung ju, daß am 42.. yum) der Rath ſich wirklich mit dem Vorhaben beſchaͤftigte, einen Geſandten nach Holland abzuorbnen, ber auf das hiefige Intereſſe bey einer ſolchen Abtretung wachen wuͤrde. Im Fruͤhjahr entdeckten zweymal die Franzoſen, daß die Oeſtreicher fi unſers Bodens nach eigenem Gefallen bedienten. Es wurden gegen Ende Aprills in der Gegend von Beford fieben mit Piſtolen und Bajonetten bewaffnete Kaiſerliche angehalten, die von Rheinfelden aus, über das hiefige Gebiet bis gegen Beford gekommen waren. Einige Zeit darauf, im Brachmonat ſchickten bie Franzoſen acht als Bauren verkleidete Soldaten, mit einem bededten und von einem Pferde gezogenen Karren, in ben Canton , um kaum waren fie im der Sardt, als ffe. kaiſerliche Soldaten ober Fäger antra(em. Sie fchofen auf dieſel⸗ ben, unb jede Parthey beſchwerte ſich. Den 18. Augſt überbrachten den Häuptern der Platzmajor von Hünins gen und der Schatzmeiſter ein Schreiben des Ambaſſa- boren, in welchem er fie evfucbte, auf guter Huth zu fep, unb die Paͤſſe wohl zu verwahren, weil, fügte ex Hinzu, bem Anſehen nad), die Feinde feines Königs es verfuchen würden, in befelben Lade durch unfer Terri» torium einzudringen. Der geheime Rath ſchidte den. 19.

426. XVII. Beriode. 16921718:

einen Lientenant nad). 9fug(t um die dortige Wacht zu verdoppeln, der aber feinem einzigen. Dann ben der Hülftenfchang ausfellte, wo man doch ein neues Wacht- Baus unlaͤngſt hatte bauen aem. Der geheime Rath ffidte aud Späher mad) den Waldflätten, bie aber den Bericht surüchrachten, daß dort, nicht ‚mehr Truppen als gewöhnlich fügen. Nur einer berfelben blieh aus, unb e8 war eben ber , welcher bie Kaiferlichen, sub jar bem 20ten, bey ber Yhten St Blaſten an« traf, unb erf den 22, zurüd fam, weil, fagte man, Wu Kaiferlichen ihn angehalten. hatten.

Zufaͤlliger Weite fand fi) damals, oben turz vor⸗ ber eines der. Haͤupter, der Oberfisunftmeifter S95. Fat.

. Merian, in der Abtey St. Blaflen, und wenn er aud)

Bod) und theuer nadigebenbé verficherte , daß bie Auges kegenheiten feines. Tochtermanns, ber des Abts Amtmann ober Stentmeiffee- zu Baſel war , feinen dortigen Auf⸗ enthalt zu der Zeit veranlaſſet haͤtten, fo konnten viele . fid dennoch wicht aus dem. Sinne, ſchlagen, bog es eig verabredeter Aufenthalt geweien war; und zu Solothurn wurde unferm Gefandten wirflich vorgeworfen, taf waͤb⸗ venb feines sehntägigen dortigen Befuches, bie Consilia beg. Durchmarfches waren angefvonnen worden. : Endlich am 20, Aug: ‚des Abends, gad) Beſchließung der Thore, bes fand (d. bier: ein Franzos, Namens Jourdain, der um Die Eröffnung. der Thore bey den. geheimen Rüthen an halten lie , und. ungeachtet der erhaltenen Erlaubniß, nicht hinaus gelaſſen wurde. Die Bürger, weiche das

I, Kap. ‚1740. ; n 427

Thor. Beachten ,. wollten. dem Befehl fein Gehör geben, und als den folgenden Tag, ber Hüninger Commiffar ſich darüber befchwerte, fo Degmügte fid) der Rath mit der Entfchuldigung , baf alles: in. ber Conflernation gewefen wäre. Dem fe) aber, wie ihm wolle , es wurde num auf allen: Zünften.eine Verordnung verlefen, in welcher man den Buͤrgern befahl, fid) des Geſchaͤfte der Krieg führenden Theile in nichts, anzunehmen , fondern fic » allem " Neutralität au beſleißen. | | 471090.

E der Nacht vom 12. auf den: 13, Hornuug fe m pic Korferlichen auf: dem Rhein, von Rheinfelder ber , ‚Biö.ouf.Gränzach Hinunter, und landeten dort .an- Hierauf luden fic ihre. Schiffe auf Bereits beſtelte Wa⸗ gen guf, und führten ſolche über die Schorrenbrüde; durch. ben, Wieſenwald, daun über die Wiefenhrüde in Marggraͤſiſche. Die geheimen Raͤthe Tamen um 2 Uhr in ber Nacht bepfammen. Es feheint , daß dieſe Serie sung der hieſigen Neutralitaͤt ſehr geheim vor fid) gieng, und eben ſo geheim ‚gehalten werden Connte , denn ed Jangten vou Seiten " franzoͤſiſchen Behoͤrden E Kla⸗ gen ein.

Die Sefigungen der Basler im Elſaß, (owobt des Standes als der Buͤrger, waren von Abgaben frey; nun wurden fie mit ſolchen belegt. Außer Michelfelden und den Loſiſchen Guͤtern, waren die Beſitzungen des Standes alle geiſtliche Güter. Die Elſaͤßiſche Geiſtlich⸗ . Veit. war, im obern Elſaß, um 2000 Franken angelegt

428 XVIII, Periode. 1692—1718.

worden / und fie hatte unſern Antheil auf 142 Franken fefigefegt. Der Rath machte Vorſtellungen, und berief fid) beſonders auf“ eine Erklärung des franzoͤſiſchen Am- bafladoren de Ia Borde von 1658. Die am 19, Des zember in der Abtey Pairis verfammelte Geifklichkeit / gab folgende Erflärnug von ſich: C'est par irradver- tance et méprise, que la ville de Bäle a été com- prise dans la dite répartitión poür les biens qu'elle possede sous la domination du Roi, de laquelle somme la Clergé l'a déchargée, Was die Vartikularguͤter beteift. fo finde ich nidt vecht beſtimmt, eb fie auch die Stenerfrenheit benbebielten. Ein biefiger ‚Bürger, ber fid) über bie neuen Auflagen befchwert Bate 4o wurde vom franzöfifchen Ambaſſadoren verklagt, als wenn er von dem König und der franzoͤſiſchen Nation deſpectirliche Reden geführt hatte. Der Rath ließ ihn ur Rede flelen. Er laͤngnete e8, und verſicherte, daß «t hingegen die Eifäßer jeweilen von dergleichen Reden abgemahnt, wid wenn die Bauren fid) über die über triebenen ſchweren ‚Auflagen erklagt, er fie jur Geduld anfgemuntert, nnb auf das. Fönigliche echt gewieſen hätte, welches der Prophet Samuel den Iſraeliten, als He einen König begehrten, vorbielt.

Den Rleim-Hüningern , die bisher den Gottesdienſt ie der kleinen Stadt befuchten, wurde geffattet, eine eigene Kirche zu haben. Zu dieſem Ende ließ man eis ge freywillige Steuer einfammeln, und die fehlenden

I, Kap. 1710. 429

2566 Pfund bezahlte Balb das Depntaten-Amt, unb bolb bag Steinen Kloſter. Witten unter den damali⸗ gen Kriegsunruhen, wurde bie von Grund aus erbaute - Kirche auf's feyerlichfle, den 23. November engeweibet- Die Häupter , bie übrigen XllIr., die Deputaten und bic Sauptpfarrer fuhren dahin. Der Oberfipfarrer Hie⸗ ronimus Burdbardt, Dielt eine (aff. brepftünbige Einweihungspredigt. Alles paradierte, und die Tonkunſt erfihalte im nenen Tempel. Der Tert war C I. Reg. VIII $3, 62 und 63): „Und Salomo opferte 22000 Ochſen und 20000 Schafe; alfo weiheten fie das Hans des Herrn ein.” Der Sanptinhalt der Bredigt ſollte beweifen , daß alles im Tempel Salamonis. eine Anſpie⸗ Jung auf den Heiland war, und daß die rechte Lieblich⸗ feit des Hanfes Gottes darinn beſtand: der weiße Marmor fehlte bie Unſchuld Chriſti vor; das Forces bolz, den Leib, zwar gerbrechlich, aber wicht verwes⸗ lich; das feine Golb, die Gottheit Chriſti; ber. Vor⸗ bang mit roſin⸗rother Seide, ben biutrünfligen Se fu; die Bundesladen, Chriſtum, der die rechte _ abe des neuen Teſtaments fen; der Gnadenſtuhl, aud) Chriſtum vor befen Zulle wir Gnade und Gnade nehmen; bie zwey Eherubim, das alte und das neue Ceffament ; der eherne Keffel und das Meer, die Tanfe ; bie 12 Ochfen, bie 12 Apoflel; bie 10 Tiſche, das Nachtmahl; bie Lammiein, Chriſtum, baó Lamm Gottes,” Se(rembenb . mußte es befonders vorkommen, vole viel. Ausfaͤlle wider die catholiſche Re⸗

=

439 XVII, Periode. 1692—1718.

digion und politiſche Seitenhiebe *) der Redner ſich er⸗ laubte, da Kleinhuͤningen ber Feſtung Huͤningen, wo nur Catholicken waren, gegen über ſteht. Befremdend “mußten auch die am die Einwohner des Dorfes gerich⸗ teten Worte vorfommen: „Ihr genießet, neben : der leiblichen, aud der geifllihen unb Gewiffen ds Freyheit.“ Die leibliche Freyheit, von Keids eigenen; die geifiide Freyheit von Leuten, die idt einmal dem Intherifchen- Gottesdienſt beywohnen durften! Dieſe Formel iſt unlaͤngſt bey einer Huldi⸗ ‘gung der Landsvogtey Farnsburg gebraucht worden. So gehet es wenn das Gedaͤchtniß uns nur Worte und Teine anwendbare Gedanken beybringt. Endlich fand ſich eine Stelle in gedachter Predigt, die nichts recht⸗ fertigen kann, zumal wenn die Feyerlichkeit des Anlaſ⸗ ſes in Erwägung gezogen voirb. *) Uebrigens erhielt

1) 8. B. „Da bey dieſen letzten böſen Seiten da faſt alle Liebe erkaltet, aller Eifer erloſchen, alle Furcht Got⸗ tes verſchwunden, ein großer Theil der Mächtigen die⸗ . fet Erde alle ibre Gedanken und Sorgen dahin richten, , . wie fe ihre Gränzen erweitern , Land und Leute bezwingen , und (id) alfo vor dee Welt formidabel und entfegfich machen mögen.” Die war gewiß fein Mittel

den Meren’fchen Durchzug zu verſüßen.

) „Das Gebeth ſagte der Redner, ik um fo viel kräf⸗ tiger, wenn ihrer Viele zugleich dem Himmelreich Ge⸗ walt anlegen. Wenn cin anſebulicher Mann, von

e^ tiner Menge Bettler umvinget wird fo kann cr nicht

"ER 17114. Pr

vr Oberfpfarrer von ber Regierung, gum Geſchenk ein ſilbernes vergoldeted Bassin. und Aiguyere , fe 200 ° oth wos

17 N 1. Se:

Man PETE fid) mit dem Blan, eine Linie zwiſchen Augft nnb Baſel zu errichten. Die Zagfetung (dite im Augſtmonat ben Oberſtlieutenant Berdmü b ler von Zurich, mit zwey Ingenieurs auf ben Augen ſchein.

Ein mit Genf gefchlofenes Concorbat über den Concurs in Fallimentsfaͤllen, bewog bie Genfer. den Alt⸗Syndikus S. PB. Tremblet hieher zu fenben, indem wir ſolches anders auslegten als ſie. Er erſchien vor Rath, und fein Vortrag war ſehr ſchmeichelhaft.)

anderfi , er wirft ihnen ein Stüd Geldes dar, nur bae ‚mit er ihrer 108 werde: alfo umringen tit gleichfam unſern Gott, wenn mir in der Gemeinde den anrufen, und nöthigen, unb zwingen ibn, daß er ung erbören, und einen Segen hinter fid) lagen muß.”

)) 3. B. „Je félicite Vos Excellences de cette trau. quillité dont elles jouissent de cette face riante qui se présente aux yeux, & de cette prospérité répan. due dans cette ville & dans l'étendue de ses terres ,

qui ne permettent pas de douter, que tous ces avan. tages, aprés la bénédiction de Dieu, ne soient des effets sensibles de la prudence et de la sagesse de Vos Excellences." €t brachte auch, mit dankbaren Ge»

. fühlen in Crinterung, ben Abſchied won. 1544. bee nod

433 XVIIL Periode 1692—1718.

Da die Alten febr unvollkändig (mb, fo werden. wir uns mit der Anführung der Grundſaͤtze begnügen, nad) wel chem die Genfer das Concordat beurtheilten. „Le con- cordat porte qu'il y aura une égalité entiére en- tre vos Bourgeois (les Bàlois ) et les. nótres (les "Genevois). dans: les discussions, soit dans l'une soit dans l'autre ville, et que pour cet effet toute préférence sera enlevée de part et d'autre.— Ce Concordat établit nécessairement par, cette éga- lite deux choses, L'une, qu'aucun d'un cóté ni d’autre ne pourra se. procurer par des saisies des effets de la discussion; les uns au préjudice des au- tres : autrement il n'y auroit plus d'égalité ; quainsi il faut que chacun rapporte à la masse de la discussion , tous les effets qu'il pourroit avoir saisis, suivant méme les réglemens particuliers de l'une et de l'autre ville, La seconde chose que ce Concordat. établit nécessairement, c'est que les Genevois obliges dans une banqueroute arrivee à Bäle, e suivre les réglemens de la vil- le de Bäle; et MA par réciprocité les Bälois, dans une banqueroute arrivée à Geneve, suivent les réglemens de la ville de Genéve. "

- bey int 1e Départ de Bäle genannt wurde; bie in J. 1589, gelichenen Gelder ] und den Traftat von St. Julien vom 3. 1603, |

1712.

I, Kap: 1712. 5... 433

| 0. 41742 E rie in bie(em Jahre ausgebrochene Krieg Siri und Ber auf einer, und den fünf katholiſchen Orten, Luzern, Ury, Schwyz, Unterwalden und 3ug auf der andern Seite ; die Kriegserflärung vom 12ten April; die Schlacht bey Bremgarten, den 26. May; die Belagerung und Eroberung von Baden am -1. Sue np; der. Araner Landfrieden vom 18.. July; die am 20, ſchon ‚wieder angefangenen Feindſeligkeiten; die Villmer⸗ ger Schlacht vom 260. July, mad der zu Arau den 12 Auguſt unterſchriebene Friedens⸗Traktat, gehoͤren in Die allgemeine Geſchichte der Eidgenoſſenſchaft. Seit der im Qui 4534, geſchehenen Aufhebung des ſogenannten Buͤrgerrechtt bec evangeliſchen Staͤdte, waren bic Vaster, in Folge. dest eidgenoͤßiſchen Bundes von 1501 ‚verpflichtet, keinem Theil » ‚Huͤlfe zu leiſten. Sie: konnten im, gleich wie die uͤbrigen unintereſſirten Orte, ihre guͤtliche Dazwiſchenkunft ob. Ber⸗ mittlung antragen, unb: an der Wiederherſtellung des Friedens arbeiten. Es geſchah. Baſel ſchrieb im April, eine Gagíagung aus, bie im Map an zwey beſonderen Orten, Arburg ˖und Olten, gehalten wurde. Bey den Friedensunterhandlungen zu Arau hatte die Stadt jedes⸗ mal, ihre Geſandten. Es waren der Buͤrgermeiſtet 98; Balthaſar Burkhardt, und der. Deputat Chriſtoph Burkhardt -Akein ungeachtet jener Neutralitaͤtsgrund⸗ fige, mußte mas fd zum Kriege gefaßt machen, die | sum. in dem T üben, einen - derſelben in $e

Ao. XVII. periode. 1692- 1718,

reitfchaft Halten, tie Bürger der Stadt zum. Selbſtwa⸗ chen anhalten, die Barnifon mit. Landtenteh vermehren, und gegen das Solothurniſche aufm. Hauenſtein zw Lane genbrud, und auf der Schafmatte bey Diten ſtarle Po⸗ Ken auszuſſellen. Auf. der Schafmatte wurde. eine Ver⸗ ſchanzung aufgeworfen. Die Solothurner hatten. zuerſt ihre Grenzen gegen und bewachen, und mehrere Wege verhauen laffen. Die. Kaiferlichen Iteßen gleichfalls das Aloſter Olsberg und Kaiferaugf (don. im Aprilmonat fort beſetzen. Man beforgte immer ;. daß wenn einer der neutralen Stände,, ober Die gemeinſamen Vogtehen, fif aus Religionseifer zu den fünf: Orten ſchlagen ſoll⸗ ten, wir uns nicht. entziehen koͤnnten, den Voroeteh 3d» ih unb Bern gu Huͤlfe zu ziehen... Serm. erfüchte: ung, bie itoliänifchen Vogteyen von jeder. Theilnahme an beri Krieg. abzuhalten. . Subem waren bereits den 16. Aprill Schreiben von- Zürich und Bern eingelangt , welche -uns erfachten, ein -getrenes Aufſehen zu babes, und bey ef treffenden Vorfallenheiten, ihnen fo fráftig beyzuſtehen als ed bie zuſammenhebenden Bände unb. Verträge, und befonders das Band ber Religion gemeinfam erforder, .. enc Sie wiederholten gleich. darauf o8 Anfurhen-, und yaabnten und , in Rüdficht ber 9tbeinsáfe und der Ouid» barſchaft, alle.erforderliche Wachſamkeit anzuwenden; und ihnen alles Bedenkliche mitzutheilen. Den 26. May er» innerten fie ung," ein wachfames: Age auf Solothurn und auf den Biſchof zu haben, unb uns zu einem "toáb lichen Zuzug bereit zu halten. Den 26. July langten

L $ap 112° 435

wieder Schreiben von Zurich und Bern ein, ba wir; in Kraft. der Bunde und um der Religion ‚willen , einen thaͤtlichen wirklichen Zuzug in Bereitfchaft halten möche ten, damit er. bey erfler Anmahnung tröflich erfcheinen koͤnnte. Bern dankte in den erfien Tagen des Augſtmo— nats, bath mit ben: getroffenen Anſtalten fortzufahren , und bemerkte, ta man in bey Nachbarfchaft gute Wir⸗ fusa davon verfpähet Hätte. Zudem war man nicht gam ohne Beſorgniß eines. fremden Krieges. Im Brachmo⸗ nat- nahm fid) der Faiferliche Bothfchafter des Abtes St: (alles an, fprach von Reichslehen, und erMärte fchon zum voraus ale Verträge des Abts mit den Toggenbur⸗ Bern für nichtig." Hingegen verfprach bieranf der (rat zoͤſiſche Ambaſſador den Vernern die Hülfe des Koͤnigs, wider jede Macht, die fid) für den Abt intreſſiren wir: be. Go febr er aud) wuͤnſchte, daß der Abt, als An⸗ Hänger des Kaiſers, geftraft wuͤrde, fo ungern fübe et t$, daß die Fatholifchen Orte, ‚die dem König febr ev» geben: wären, von den evangelifchen Ständen unterdrüdt - werden. därften. Er :hatte auf der Tagſatzung vom 3, Aprill, durch eine warme Empfehlung zur Eintracht‘, dem Ausbruch des Krieges zuvorzukommen getrachtet; als er. aber mad) dem Ausbruch deffelben feine Folgen. Wwohl vorfehenTonnte , ließ er fid) auf dem ‚Tag zu Ar⸗ vurg dahin vernehmen : „Es fep dem König febr viel daran gelegen, ba mit fernern ThätlichFeiten- eingehal⸗ ten werde; widrigenfals der König verurfacht feyn wuͤr⸗

€e2

436 XVII. Periode. 169247 18,

de, dem unterbrüdten Theil zu Huͤlfe und Troſt behzu⸗ ſpringen.“ Und nachdem im Heumonat die Feindſeligkei⸗

ten den 20. wieder angegangen waren, fagte er beſtimmt den Bermittlern : „man möchte bed) günfligere Bedingniſſe für die fünf Orte zuwege bringen ; ber Kaifer fe ente ſchloſen dem Abt unb feinen Helfern beyzuſpringen; er gebe zu ‚bedenken, ob ein Schwyzer, ein Urner, ein Zus

ger, nicht Iteber, in ber letzten Noth, fid) dem Kaiſer, als aber den Orten Siri) tu Bern wuͤr⸗

den.“ Endlich mupte-eà hier, den. 10 Auguſt ſehr "-"

lich vorkommen, als ber Rath einerſeits in Erfahrung

hrachte, taf Huſaren und andere Truppen ins Frickthal einrüden ſollten, und anderſeits ben. Bericht von Ram⸗ ſtein bekam, daß die Franzoſen ſtark durch das Colo: thurniſche zoͤgen, und vorgaͤben, fie wollten auf Luzern. Gluͤcklicherweiſe waren zu Arau, in der Stadt. vom 9. Auguſt, die Artikel des Friedens mündlich verabredet

worden. Den 12tem erfolgten in der ‚allgemeinen Cis. bung die Ynterfchriften, und den A5ten wurden bey. und

alle Krieasanftalten aufgehoben. Es war eine Folge von ber Schlacht bep Villmergen, vom 25. July. Dur

ten Arauer Frieden verlohren die fünf katholiſchen Orte,

namlich. Luzern, Ury, Schwyz, Unterwalden und Zug, alle Mitherrſchaft über die iiie Baden. md die freyen nn

L fap. 1713. 4357

17138

pun batte, zu Utrecht mit faſt allen Nächten | den Frieden geſchloſen. Der Krieg mit dem Kaifer wur⸗ de fortgeführt- Der Marſchall de Villars eroberte den 22. Auguſt Landau, und den 21. November Freyburg. Diefe Kriegsbewegungen beunruhigten wieder unfer. Ger ‚genden: Bon Menſchengedenken flüchteten nie fo viele. Reute aus der Nachbarſchaft hieher. Den 3ten Öftobe verfammelte fih die Tagfagung zu Baden. Zurich fchidte uns einen. Repräfentanten, Rathsherr Johan. Efcher. Die Luzerner, bie die Reihe aud) traf, feinen. Zuzuͤ⸗ ger bekamen wir von Zuͤrich, Bern und Solothurn; von Zuͤrich waren es 80 Mann. Da aber die Armeen ſich den 13, December. nach ihren Winterguartieren begaben,, kehrten fie alle nach Haufe zuruͤck. Der kaiſerliche Bote:

ſchafter unb der Generalfeldgengmeifter- Buͤrkli, Hatten. -

bie Schweiger um die Beſchirmung der Waldflätte, beg. Frickthals und der Stadt Conſtanz gebeten , und (id), auf: bie Erbverein berufen. Die Antwort wiederholte unter anderm die Worte des Abfchiedes. vom Oktober 1688, daß was geſchehen fep, nicht: aus erbvereinifcher. Schul, digkeit, fondern zu der Eidgenoffenfchaft eigener! Sichere, bet und Erhaltung. auf damaliger Zeiten Beſchaffenheit, gerichtet war. Der franzöfifche Bothſchafter nahm das Mißtrauen gegen Frankreich, welches bep diefem Anlaſe Buͤrkli, der ein Züccher war, einzufläßen trachtete, ſo uͤbel auf, bof er. ben. 3. Oktober in einem Schreiben an Siri, fid) folgender Ausdrüde dediente; „Je venois

438 XVIII. Periode. 1692—1718.

d’etre saigné, quand on me remit la lettre, que vous avez pris la peine de m'écrire, le 28, sep- tember, par un exprés.— Mes incommodités m'auroient pas empéché d'y répondre ,. si je me connoissois capable de guérir les terreurs pani- ques;- Mais le‘ Tout - Puissant s'étant reservé ce droit, je n'ai garde-d'oser entreprendre une cho- se, qui tiendroit de: la’ temerite, Je ne puis qué m'affiger pour: vous; 'quand je pense qu'il suffit qu un chétif frélon vienne vous siffler aux oreil- pel tpour que vous cróyiez tout perdu" + - In dieſem Sabre wurde eine Biefige "Bürgerinn > Geſchlecht, bie Tochter eines Gerichts⸗ amtmanns, eingesogen- und geflraft ; Die in einem Zeit raum vor 27 Jahren, drey Cfemánner , Dante W ag» Her, den Kirfehner / Johannes Debary, aud Kirſch⸗ ur, und Abraham Hindermann, bun" Schwarzfaͤr⸗ Ber‘ mit Gift vergeben Hatte. Erſt nach dem dritter Todesfalle wurde dem Burgermeifter angezeigt, daß eis niger Verdacht obwaltete: Er ließ den Diakonus der Ges meinde St. Leonhard, wo (ie wohnte, Joh. Rd. 38 ett» fein , erſuchen, fie auf kluͤgliche Art auszufragen. Da ſie ziemlich verworrene Antworten gab, von Flie⸗ genwaſſer forad), das fie ben Maͤuſen gegeben Hätte, und aus ihrem Angeſicht und Geberden ſich ſchließen ließ, daß etwas anderes vorgegangen ſe yn moͤchte, ertheilte ter Buͤrgermeiſter den Befehl, fie beyzufaͤngen. Anfangs wollte fie ben Verhoͤrrichtern nicht bekennen und ſollte anf

fap. 1114 439.

bie Folter gefchlagen werden. Als aber der Scharfrich» ter das Folterſeil zubereitete, geftand fie alles ein. Man ließ fie vom Rathhauſe weg auf bie Richtſtatt fchleifen,- und unterwegs mit. glühenden Zangen, das erſte Mal an der einen Bruſt, und das zweyte Mal an der andern fegen. Bey ber Richtflätte wurde ihr. die eine Hand abs gefchlagen, und fie dann lebendig verbrandt. Auf dem Scheiterhaufen fuchte fie eine Viertelſtunde lang unaufe boͤrlich das Feuer. vom Gefichte abzuwenden. In den Verhoͤren waren ihre Entfchuldigungen , daß der erfie Mann eft befoffen und dann böfe geweſen; daß ber zwey, te wenig nach ihr gefragt haͤtte; unb denn daß der dritte ibr nidt folgte. Sie ſtellte fid), als wenn fie. glaubte, kein fo großes- Verbrechen begangen zu haben; und bod) bemerkte man, gieng fie oft in die Sire, empfieng das Nachtmahl, und las in der Bibel, welches aber nur be» *otifet, daß fie fid) minder verdächtig i P hoffte. | 4714, DS "s | Am 7. Seplember wurde, zu Baden: im Ergaͤn 1 der Frieden zwiſchen Kaiſer und Reich an einem, und Frankreich am andern Theile geſchloſen. Schon den 5 und 10. April haben die Bothſchafter des Kalfers ib Königs angezeigt; daß der Congreß zu Baden gehalten werden folle. Einer der franzöflfchen Bevollmächtigten, der Marquis de Saint-Conteste fangte den -30. May ‚in $ünitgem an. : Er wurde von einigen SRatbd » Depi tirten dort begruͤßt, und: dan durch -Die Stadt -bis-An

440 XVII. ꝓeriode. 1692—1718,

bie. Grenzen des Kantone nach Oltingen begleitet, wo man ihm eine Mahlzeit gab. Bey feiner Einfahrt in Die ‚Stadt lie der Rath dreyſig Kanonenſchuͤſſe losbrennen. In Folge des Sriedenstraltats „wurden die Schansen, die gegen Hüningen hinuͤber auf ber deutſchen Seite des ," Rheins, unb auf der Schuſter⸗ Inſel gebant worden, fammt ber Bruͤcke niedergeriſſen. Freyburg und Alte Srenfach wurden aud) Oeſtreich wieder gegeben. s, Der Oberſtpfarrer und .einige andre Geiſtliche Date . fen. beym Kleinen. Nach um den Zutritt vor den Großen Rath gebeten , und folchen erhalten. Dort hielt jener , ben. 29. Oktober , einen ernfllichen Vortrag über das gewiſ⸗ fenlofe Prakticieren bey Aemter⸗Beſtellungen, und ſchlug das Blinde ood zu dreyen, als eim unfchuldiges., und - unparteyiſches Mittel vor. Diefmal ließ c8 der große. " Rath bey der bisherigen Hebung bewenden, unb ernann⸗ . te eine Gommiipn um bie geruͤgten Mifbräuche gu. une terſuchen. Sollte aber diefes Mittel den erwunfchten Cu —folg nicht erreichen, fo ſollte nad) Berfließfung von 2 oder ..9' Zahren, ohne Mittel gerathſchlagt werden, 0b und wie das. blinde 2008 einzuführen. (eng, möchte: - : , Einer Namens F aͤſch hatte von einem. Spruch bed -onfüfforiums Cd. i. des Civil⸗Gerichts der Univerſitaͤt) die Appellation. ergriffen. ‚Der Profeſſor Jalob Chriſtof Iſelin, unb drey andere. Cb: Dattiev, Hs. Rud. Bed, unb Sl. Battier) erſchienen vor. den XIII., ‚und behaupteten, daß das Privilegium de non appel- ; Jando ihnen iom, Hieranf ließ man aus dem Ap⸗

\

[.. Kap. 1715. Adi

pellations⸗Protokoll Beyſpiele vom 22. May 1572. und vom 9. Dezember 1676. ablefen , bie wider ihre Bes hauptung ſtritten. Sie machten die Cinwendung , daß, wegen der Länge ber Zeit, das Venfpiel von 1572. ab- solet feg. Doch wurde den 24. Jenner des folgenden

Jahres die Fäfchifche Appellation bewilliget. -

Den 12. November erkannte der große Rath, taf der Oberſtzunftmeiſter, der mit einem verfiorbenen Buͤr⸗ germeifter in gleicher Regierung aeftanben, kuͤnftigs ohne Wahl unmittelbar zum Buͤrgermeiſterthum gelangen und - ernannt werden füllte, | Dieb war feit der Reformation ſchon Beobachtet worden; allein bey bem eingeführten

Ballot hatte es fehlen koͤnnen.

Den 3, diefes Monats ufurpirte der Große Rath einen Theil der Strafgerechtigleit „- indem er erfannte,

daß bie Hebertuetungen der Wahlordnungen, went fie bie

Ehre und mehreres betreffen wurden, immediate vor den Großen Rath zur Abſtrafung gewielen werden folls ten. Bald werden wir Hingegen vernehmen, daß der Kleine Rath Strafgeſetze über Diebflähle , Meinelde und-

andere Verbrechen ausgeben ließ. Alſo wurde der Ges -

ſetzgeber zum Richter, unb der Richter zum "— umgeſchaffen. 1715. Beſtuͤrzt war die ganze Stadt, als man verneh⸗ | men mußte; daß der König von Frankreich, Ludwig - XIV, einen befondern Bund mit den katholiſchen Or⸗ ten ſammt Wallis ſchließen wollte, wie. c8 aud) wirtiih

42 XVII Periode. 1692 - 1718.

xn 9ten May zu Solothurn. geſchah. Der Ambaſſador Graf du Luc war der Urheber davon und führte als fo eine Scheidewand auf, die mehr als jemals bie fa: tholifchen von ben enangelifchen Ständen in der Schweiz - feheidete. Der 5tg Artikel des Bundes war hoͤchſt be⸗ benflid) : „Wenn hingegen bie Loͤbl. Eidgenoſſenſchaft, oder etwelcher Ort oder Stand insbeſondere, von einer fremden Macht angegriffen, oder merflich beunruhiget wuͤrde, wird in dem erſten Falle Ihro Majeſtaͤt der⸗ ſelben mit ihrer. Macht verhüfflich ſeyn, nachdem es die Nothdurft erfordere, und Ihro Majeſtaͤt von den Orten wird erſucht werden. In dem andern Falle aber wird Ibro Majeſtaͤt, als deren gemeinſamer Freund, unb Bundesgenoß, oder die Koͤnige, derſelben Nachfahren, auf Erſuchen des beſchwerten und bedraͤngten Tbheils, alle freundlichen Officien anwenden, um bie Partey⸗ en dahin ju vermögen, daß fie einander reciprocirliche St; flig Halten; unb wenn durch folchen Weg, Der verlangte Effect nicht. völlig erlanget würde, werden Ihro Ma⸗ jeſtaͤt, wie auch bie Könige, bero Nachfahren, ohne ef» was vorzunehmen "fo diefes Buͤndniß umfoßen möchte, fonbern im Gegentheil, folches in feinem wahrhaften Bere fand zu vollziehen, bie von Gott Ihro gegebene Macht, in ihren eigenen Koften, anwenden, um bem. Beleidiger zu verpflichten, fi wiederum den Res aci gu unterwerfen, welche in den Bundniffen, fo | bieOrteugb Verbuͤndeten unter ſichhaben, vor - geſchrueben ſin d. Ihro Majefät, und die Könige, dere -

2 I. Kap. 1715. ‚i48

Nachfahren, werden fib erklaͤrn, Garant, oder Gewaͤhrsmann sufenn fürdieienigen Tractaten, weldje zwifchen.den I. Orten möchten aufgerichtet werden , im Fall Gott zuließe, daß unter ihnen einige Entzweyung ent(tánbe. ".

Außer Diefem Artikel waren andere , eben fo gefaͤhr⸗ lide, im Wurfe. Es wurden nämlich bem XIIIr Rath acht geheime Artikel vertraulich mitgetheilt, $4. 98. über

deu Bifchof von Bafel, Neuenburg, Baden, Genf. Man

glaubt aber, daß es mur ein Entwurf war, ber, we gen des am 1. September Darauf. erfolgten - Todes di Königs, zu Feiner Wirklichkeit gelangte.

Die verſchiedenen Mandaten, die der ‚Kleine Rath don Zeit zu Zeit über Sitten, Gottesdienſt unb Verbre⸗ hen ergehen laſſen Hatte, ") ließ er nuin, mit Abaͤnderun⸗ gen und Zuſaͤtzen, zuſammen tragen, drucken und Lund machen. Diefe 48 (olio ‚Seiten fiarfe Sammlung führte den Titel: Ehrifliche Reformation und Bolisey Ordnung der Stadt Baſel.“ Nach dem Cingang 2.)

famen folgende Titel:. Bom Gottesdienft 3.) Bon Got⸗

teslaͤſerungen, Meineid, Fluchen, Schwören und Sat

) €$ mater 4. 3. im J. 1695, 1708, 1714, dergleichen - . Stenteten. in diefer Periode verfertiget worden. Es wur⸗

de aber denſelben ſo wenig als der dießiährigen Sammlung durchgangig nachgelebt. Unter manchem Guten, waren doch in vielen Stücken, die Vorſchriften zu ſtreng, und traten dieſelben in zu viel. Einzelheiten. Der Bürger

will, nach einem aemifen Alter geleitet; unb nicht ge⸗

. . güngeit, mob dich weniger eingewindeit werden.

%

t

44 XVII. Periode. 1692—1718.

bereyen 4) Bom At der Kinder gegen ihre Aeltern 5.) Bon der Strafe ber Hurerey und des Ehebruchs 6.) Vom Diebſtal 7.) Von den Kirchengütern und Rechnun⸗ gen 8.) Bon Voͤgten unb Vormündern 9.) Von wuche⸗ riſchen Traftaten 10.) 380m Fürkauf 11.) Bon Feld bibere 12.) Bon Bervortheilung im Kaufen und Vers faufen 13.) Bon Muͤſſiggaͤngern und Vergeudern ihrer Güter 14) Bon Faliten und Bankerottierern 15.) Don Verlaͤumdungen, Schmach und Famosfchriften 16.) Von übermäßigen Trinten 17.) Vom nächtlichen Gafenlatp fen 18.) Bom Spielen 19.) Hochzeit » Ordnung 20.) Vom Tanzen 21.) 5503 überflüffigen. Mahlzeiten 22.) Kleis ber. Ordnung 23.) Bon Köflichkeit ber. Kindbetteren, Kindstaufen, Einbündeten u. ſ. w. 24.) Von Leichenbe⸗ gaͤngniſſen 28.) Don: ERROR vafe Polijzey bod nung 26.)

Noten zu der fo eben j Verordnung.

2) Der Rath flagt, daß bie vielen Mandaten, die er andgelaffen batte, fchlechtlich befofgt., fo vom großen Theil, gar beyſeits gefegt, unb in Wind gefchlagen worden ſeyn.

- 3) Die Beweggründe zum Beſuch des Gottesdienſtes, find bier. wohl aud einander gefent. Aber, baf derjenige, der denſelben nicht oft befucht, Gott verachte, ift eine em» pörende 9fengerung. Einer der Sird)envater , Hiero tt i^ mus, ſchrieb eint: „Gott if zu Jeruſalem, nidt näber als an andern Orten. Er ift am nächſten bey denen die ibn wahrhaftig und im Geiſte anbethen. uebrigens ermah⸗ net der Artikel der Verkündigung des göttlichen Wortes, und ſonderlich bie Weibsbilder in ehrbarer, ganz ſchwarier

I. $ap 41718, - 45 | aleidung ; fleißig. beygumobnen , befcbige mit. -Waprer An⸗ dacht anzubören dem gemeinen, Gebeth und Lobgeſang, bis zu völligem Schluß, mit Mund unb Herzen beyzuſtim⸗ men, unb wor ‚dem abgefprochenen Segen , nicht aud der Kirche zu gehen, geſtalten man inſonderheit durch wife bie zu beftellte Berfonen hierauf vigilieren, ' die uebertreter vorzeigen , und biefe andern qum Geempa firafen werde. Bey dem h. Nachtmahl tollen die: Diannsperfonen inigagg ſchwarzer Kleidung unb Krägen .... bie Weibsbilder fo vermöglich ſind, in Stürtzen und $ouptfddlein , bie aber. kundlich dürftig And, in Hauben unb Umfeläglein erſchei⸗ pen, woben bod) die Weibsperfongn.. «(0 ihre Tüchlein au Stürtzen nach Belichen öffnen fännen, feu Barbierern wird vergönnt, fremde an Sonn, und Feſttagen ankommen⸗ de Perſonen zu bedienen, und den Pañetenbeckern, wenn fie die Fruͤhpredigt angehört, ihre Nabrungtardeit. bey halb⸗ verſchloſſenen Läden gu verrichten. Während der Morgen amd Abendpredigt Toll Niemand’ auf den Gaſſen berum fpa» jber müßig vor den Hauſern ſtzen und fitis. |

Verboten wurde cd an Sonn⸗ und Feſttagen zu den Tho⸗ ren hinaus zu gehen, oder zu fahren, ohne Erlaubnißſcheine der. Reformationsherren 5- Diefesfollten. aber ohne wichtige und erhebliche Mrfache, feine Zettel geben , , . . bie Wirthe g. f. w. follen des Nachmittags bey guter Zeit die, Irte ma⸗ (en ,-bie, Gañfte zur Kirche: autreiben, und die alsbald um drey Uhr aufchliehen,

UA)... c „Derſelbige Gottesfäfterer (otl , anf anſer des Mache‘ Ermeſſen und Erfanntniß, entweder am Leben, oder - - font an Leib, Ehre-und Gut ernitlich abaefiraft ; unb auch

jet, fo ſolche Gottestäfteruinig "gehört, babe und daneben geweſen, aber folche verfchwiegen , zur willführlichen Stras fe ; ohne alles fehlen, gezogen werden.” Ein ſolches Alternativ zwiſchen der Todesſtrafe und Geldſtrafen, bitte

y: XVIII. Beriode. 46921718.

doch dem Soßen Ermeſſen beb Raths nicht anheim gedeitt werden. follen. Im Berzeichniß der in der Verordnung ber» atytoiten ftraffälligen Läſterungen, findet man diejenigen: anges führt, die man tiber bie Glaubensartikel ausgie⸗ Sen würde. Wie weit kann dieſes nicht hinreißen, um fo viel

leichter/ ba bey dergleichen Fällen aud) von ben Theologen ein Gutachten begebrt- wurde. Werden diefe Theologen nur die Sasler-Eonfeffion im Auge haben, ober wohl auch bit helvetiſche Confeſſion, die dordrechter Synode, den Sylla. bus controversiarum ;- Die Formula consensus? Sonderbar tff es auch, bab in gedachten: Verzeichniß Läfterworte wider die Menfchheit Jeſu Chriſti > worden fi n nicht aber wider die Gottheit, ^

, Bir wollen die gewöhnliche Strafe 7] Meineides eli da ift tuit Ruthen ausſtreichen, oder Abhauung der beuden Finger, beneben der Landesverweifung künftigs behalten.” Jeder die Verhalter bey Verkäufen oder Einfegingen Viegeie der. Güter wurde folgende Strafe feſtgeſetzt: GO Pfund, von tragenden Ehren und Aemtern abgefegt, vor. der Gemeinde geheilt. ‚und die Geldſchutd beigblen. Ao

cun „Aufden Fall aber fle" jest benannte Siraffummen ad erlegen," nicht verinbgtid) wären, ſollen ihmen ;' je nadj Schwere. oed Verbrechens, "bit. zwey vordern inger von . wt vechten Hand abgehauen werden.” Hier zeiden ſich el⸗ nige Schwierigkeiten. Die eigentliche Geldürafe wär nur von GO. Pfund, welcher; Abſtand zwiſchen 60 Pfund und bem Veorluſt von zwey Fingern? Man wird aber ſagen,daß bad Wort Straffummen im Plural ſteht, und folglich bie Geldſchuld mit ben 60 Pfund. bezeichnet. Allein bie Abtra⸗ gung einer Schuld ig keine Strafe, und dang war: bad mn am Ende des Woris C umma- für bie fchwanfende Ortes araphie fener Zeiten, Fein MIRA et Zeichen der. meia

I. Kap. ars 0. Aa

erh Zahl. Kerner erregen bit Worte nach Schwere des Verbrechens , einigen Anftand. Bezog fi der Ausdruck Schwere, auf bie Größe der Summe, ober auf bie Art ber Angabe beym Verhalten? War die Angabe unbedingt?

fer geſchah fie ben Trene und Glauben an Cibete art, oder mit einem aufgehobenen Eide, wie das - Gefeg (id) ausbrüdt?" „Die fid) mit Zanberey abgeben,

follen an Leib, Ehre, Habe und Gut , ja aud) am Leben ie mad) Gehalt und Befindung ibres Vebertreteng ., oue Gnade abgeſtraft werden Diejenigen aber ,. die innen nad» laufen, unb fic zu 9tatbe ziehen ſollen excommunicirt, und wenn feine Beſſerung ſich erzeigt, mit mehrern und bärtern Strafen, entweder mit bem Thurm, ober mit Gelb ? je nad Veſchaffendeit der Mißbandlung, angeſehen wer⸗ den.” iN

5) In diefem Artikel wird auch der Phichten der Aeltern gegen die Kinder gedacht .... „Wenn bit Kinder\jum findierem nicht tüchtig (inb, oder am Unterhalt dazu einiger Mangel fenn würde, follen fie gu ehrlichen Handwerfen oder Handthierungen befördert Aeltern nicht ſelbſt mit tigen Unterhalt verichaffi tvegen die Gebühr der 9 In allen diefen Fällen b vor, um nach Geſtalt bi jene. Kinder an Leib und Leben gu beitrafen,, die ihre Ael⸗ tern verflucht, oder Hand angelcar hätten. Schließlich. mel⸗ bet der Bath, daß er unter dem Wort Aeltern nicht: nur die natürlichen, auch Stief- und Schwieger⸗Aeltern, ſondern auch alle ˖ hohe Obrinfeiten, bero Räthe, Beamte und Be fehlshaber y item Pfarrherren und. Kicchendiener, Schul⸗ meiſter und Aelteſte, auch Vormünder, Herren und Frau⸗ «t, verſtehet. „So wollen wir hiemit männiglich ermahnet

448. XVIII fBeriobe, -1692—1718,

haben , benfelben Vorgeſetzten alle gebührende Ehre, Treue, Liebe und. Geborfam zu erzeigen, amd ba im gall einige Klage deöwegen vorkommen, und ‚jemand wider geiflliche und weltliche Vorgeſetzte, was der oder auch die wären, . etwas ungebührliches reden: würde, alsdann nach Geſtaltſam bed Verbrechens, ernſtlich gegen ſolche verfahren werde,”

6) Der Rath bezieht ſich auf die Ebhegerichts Ordnung, klagt aber, daß bie Laſter der Hurerey und des Ehebruchs/ und allerley Bubereyen, bey dieſen armſeligen traurigen Zeiten, jt länger je mehr überhand nehmen.” c

oT „Würde Jemand fid des Stehlens, und anderer vor⸗ weiliger Vractiquen zum Nachtheil ſeines Nächſten befleißen, um, deſſen conbineirt und überwieſen werden,. (o foll. ac- gen. denfelben, nach Gekaltfame des Spit, eniti. | ME werden.” 0

* $), „p Dieweil der Kircjenraub und Die ungetreue Verwal- | tung ber geiftlichen Güter, . ſchwerer als andere Diebflähle,, hi wodurch bet gerechte Gott im Himmel heftig erzürnet | wird, vermöge defien., was im den. Sprüchen Cialamonis , wm 20, Capitel zu leſen: „Es ift bem Menschen «in Strid, das. Heilige zu verſchlingen, und darnach Gelübde gu fig chen.“ Die Sanctio poenalis fehlt ganz. Folgen nur Vor⸗ ſchriften über die Zeit und der Ben und | Abnahme.

::9): Bontdiefer been: " T : jet: Vogt foll feine Vogtskinder zu chriſtlicher Auferziehung ctxeulich verſehen, ſie nicht verlaſſen, nod) verſäumen; auch ju. amb außerhalb Nechtens, fie nach feinem: Vermögen bes fchirmen.” Alſo war ein Vogt mehr als ein- bloßer Cute» for, et dar auch ee n 8t T von den liegenden een E Aim E

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L fap. 1715. —— 49

Gütern, Zinfen und Gülten ber Vogts⸗Weiber und Pflege⸗ ‚Kinder, ohne vorfallende Noth und. Vorwiſſen ber Vorge⸗ festen, aud) nächken Anverwandten , nichts verfanfen noch befchweren.” Was bier Vorgefebte genannt wird, find die Borgefegten ber Sünfte, ber bre Geſellſchaften der Klei- nen Stadt und der Conventus Decanorum der üiniotri» tät. „Er (oll die- abgelösten nambaftigen Sauptgelder ebener Geſtalt mit Consens und Willen der Vorgeſetzten, tic and) ber nächſten Anverwandten anderwärts anlegen.” Die Worte ebener Geſtalt beweiſen, bag der im voe rigen Satz vorkommende Ausdruck Vorwiſſen, ſo viel ſa⸗ ‚gen ſoll, als Consens und Willen. Falls die Borges festen fowohl in Verordnung ber Vögte, als Fährlicher.

' Mebernehmung der Rechnung, nicht wie obftebet, das ihrige thun, fondern fich dießorts faumfefig erzeigen würden , fot e$ abermals bey ung der Obrigkeit eben, je nach Befinden. ben Dingen, entweder zu erfennen, bag. dem hierdurch zu Schaden gebrachten Pupillen , der Crfag von. ſolchen Corporibus , Rathsherren, Zuuft⸗ und Geſellſchaftsmeiſtern, wie. aud) Sechſern, fo hieran ſchuldig, unb deren Erben. ‚geforbert , oder aber ans jenigem Gut, fo. dem. Eorpori, Zunft unb Geſellſchaft gehörig , fchuldige Satidfaction gc» than, ein gleiches auch bey unb gegen löbl. Univerficät ob⸗ ſervirt werden "oti, ud ! |

10.) y Nicht allein die Juden, ſondern auch (welches abſcheulich qu hören) unter den Chriſten ſelbſt; ja, gerade eben unter uns, befinden ſich viele dergleichen ſchändliche Leute ( Wucherer). Folgt ein Verzeichniß der verſchie⸗

denen Arten von Wucher, die getrieben wurden. Bey

genugfamer Verſicherung follen höchſtens fünf. vom Hundert, oder ein Halber per Monat genommen werden. Die mito cherlichen Verträge follen unfräftig ſeri. Nur bie Halfte

VIL Band. Sf.

450 ^ XVII. Periode. 1692-1718.

des ausgelichenen Geldes, (amt dem gebührenden Zinfe, foll dem Wucherer gegeben werden; ein Viertel fällt dem obrig- feitlichen gistus anheim, unb das andere Viertel für den Verseiger. Der Notarins ober Schreiber verwirker fein Notariat und S(mt , unb wird wie die Mebertreter gefttaft.— Die ledigen Handichriften folles nach SOMHAUM en. wer⸗ | ben. Was iſt bier Billigkeit )

1, » Alle Monopolia , betrügliche , gefährtiche und ungebührliche Gürfdufe , - find indgemein verboten , inſon⸗ berbeit aber wegen der Victualien, Welche Unbeſtimmt⸗ beit!) .... Man foll. feinen. Wein vor dem Herbſt und an den Heben , aud) feinem Saamen und Früchte vor der Erndte unb ouf bem Gelbe, um einen genannten gewiſſen Preis faufen , verfaufen , eintaufchen , durch Verleihung Geldes erhandeln .... wer c8 übertritt, fol nad 9e. finden der Dinge, andern zum Abfchen , ernſtlich am Leibe, ober aud) mit Eonfisfation abgeftraft werden. Der Rath klagt über bic, fo Wein, Korn, Käfe, Anken, Unfchlitt , Speck und andere Victualien mehr, wenn biefelben wohl: feil inb, auf den Märkten oder nächfigelegenen Dörfern auffaufen.— Die unfrigen follen weder Frucht, Wein, nod) anderes‘, aufer was fie qu. ihrem unentbehrlichen Hausge- brauch von Nöthen hätten, innerbalb breg Meilen, Schel- denweiſe um die Stadt, beſtellen noch faufen ; bey Strafe der Eonfisfation,; und an Leib oder Ehre, je nach Ermäßi- gung der Obrigkeit. - . . Wer außerhalb den Sant meilen, ‚einen Vorrath an Früchten , Wein, oder andern Vietnalien an ſich gebracht hätte, (oU auf .unverfeheng ent. ſtehende Theurung, den. halben Theil des. Vorraths, in der Stadt, unter bic Bürger, nach unferem, der Obrigkeit gemachten Tag und Preiſe, gegen einen billigen. Gewinn, hinzugeben fchuldig feym, Doch mit Vorbehalt, nach Ge⸗

I: Kap. 17165. 451

ſtalt erfcheinender North , - biefen Salben Vorrath an zu ziehen, und damit nach unſerem Beliehen und Gefallen zu disponiren.“ Solche Verfügungen, bid nur den beach» barten Händlern zu Statten kamen, konnten nicht [ange bes feben. Sie (picite in die Hände "jener fremden Händler den Berdienft , fo unfre Bürger hätten’ machen fónnen, Und - Tenn die Zeiten zu wohlfeil find, gereicht e$ nicht sum am, gemeinen Betten, daß die Eigenihilmer Abnebmer finden ?

^49.) , Die geringen Feldfrevel follen’ bit Gefcheide,

befindenden Dingen nach ; ſtrafen. Was aber größere Ver . brechen find, ald Beraubung der Pflüge im Feld, auch ms men ( Bienenkörbe ) und Fifchweiden, Erbrechung und Be raubung der Gartenhäuslein, Entwendung bed Getreibed im Gelbe, beg Weind im Herbiten, und andere dergleichen, fo für malefiziſch qu achten, wollen. wir abzuſtrafen, ung vorbehalten haben. Untreue Knechte Mägde und Tag- föhner, wie auch ihre Nathgeber , Gehllfen und Hehler, oder Abnehmer, follen, nach Geflalt- und Gelegenheit des Diebſtahls, gebührend gefttaft, und falls ſie zum öftern über⸗ ſehen hätten, von Stadt und Land verwieſen werden”

Su Anfehung der Fabrifanten unb Kaufleute, 1 de⸗ nen ihre Angehörigen Waare oder Geld ſtehlen, wird ein Un⸗ terſchied zwiſchen den Jungen und Dienern, die etwan von ehrlichen Häuſern (iub, unb aber von bbſen Leuten ſich ver» führen laſſen, unb den übrigen Dienfleuten gemacht. Was die.erften betrifft, fo wird den Herren und Patronen frei ſtehen, ihrer Diskretion nach, gelinder zu verfahren, oder fie dem Richter zu verzeigen. In Rückficht auf Letztere, und ihre Hehler, wurde feſtgeſetzt, daß fie, geftalteren Sachen nach, at Leib und Leben geftraft werden follen.”

13) „gene, die mit Gewicht, Elle and Maaß fälſchlich umgeben, allerdings für mal eſtziſch. zu achten fee

$f2

452 xvii, Periode. 16921748,

. jene, bie^ibre Baaren aufs Höchke treiben... Sand» —— incetéfente ;- bie bald feine Theurung wollen empfinden, fone bern. menm Korn » Wein und andere Sachen aufichlagen , alsbald auch ihre Arbeit und Lohn, ihres Gefalleng feigern. ... Wirthe und Gaſtgeber, fo die Fremden. mit ber Zeche unbillig halten... Die, welche abgedrungene Güter um ein Gerin es an ſich Faufen.....Die anf Bew gantung der ihnen verfsgien Unterpfänder zu febr bringen. Der zugefügte Schaden foll tbeil$ zum Erſatz für den oin. tergangenen dienen ; tbeiló der Obrigkeit beim fallen, und auch der Uebertreter mit andern parten Strafen, an Ehre oder Gut, MS Beſchaffenheit der nel angefchen wer⸗ den,”

44.) „Die Wirthe ſollen keinen Unterthanen über einen Bulden an bie Kreide fommen lagen , (tas if Horgen. )— Den Bergendern (oll man Curatoren verordnen.” ;

15.) „Wofern einer nicht ans findlichem zugeſtandenem Unfall (denn wider dieſe, als ven Alters her gebräuchlich u. handeln ) ;. fondern durch übermäßige Pracht , übeles Haushalten, und unordentliches Verſchwenden, auch freve⸗ les Handeln, zum Verderben und ins Abnehmen gerathen, und bey vierhundert Gulden ober darüber, nicht: bezahlen fónnte, (oll ber von. Stadt und Land verwiefen , oder nach Geſtaltſam verübten, mebrfaltigen Berrugs, auf die Galee⸗ ren verfchisft werden. Und falls er (id) in der Folge mit feinen Stänbigern fid) betragen, alfo wieder in die Ctabt, tub zu häuslicher Wohnung Fommen fónnte, dennoch fein Lebentag über zu feinen Dignitäten, 9lemtern und Ehren mebr gezogen unb gebraucht werden. Falls aber ein feld) arger , böshaftiger- verfchwenderifcher und betrüglicher Menfch ein taufend Gulden, oder darüber, nicht zu bezahlen hätte, be diefer, welcher Enden er betreten jut Haft ger

OR 1. fap. 1715. 453

nommen, unb. um folcher Beträgeren willen, welche bin hoch. ſtrafbaren Diebſtabl, wo nicht an Bosheit übertrift,; bod) felbigem wohl zu vergleichen it, andern zum ( Schreden, an Leib und Leben,. oder fonfl ernſtlich, "m „aniver erii. gung geſtraft werden fol.”

16. „Ein jeber foll Sch alles Eorepmigens Schma⸗ hens und GSchändens, mit Worten, Singen, GSchreven, Huspfeifen,. Klopfen und alle anderd WegE, unfere ſchwere Ungnade und Strafe zu vermeiden ‚"durchaus enthalten... Wofern aber Jemand vof eines andern ſtrafwurdigen Ver⸗ halten Wiſſens trüge, foll er folches uns, der Obrigkeit’ um bic Verbrecher qu verwirfter Strafe zu ziehen, nambaft machen. Wer Jemanden durch Schmachbricfe, die er aut» breitet, und fid) mit feinem rechten Tauf- und Sunabmen nicht unterſchreibt, unfchuldiger Weile ſolche Paiter oder Ue⸗ bei zumifiet, bag, wo bie mit Wahrheit erfinden würden, der Gefchmähete an feinem Leib, Leben ober Ehre, peinlich gehraft werden möchte, derfelbige bosbaftige Laͤſterer ſoll, nach Erfindung ſolcher Uebelthat, mit der Poen geſtraft werden, in welche er den unſchuldig Geſchmäheten, durch feine unwahrhafte Läſterſchrift hat bringen wollen. Soll demjenigen, der einen Pasquillanten entdecken würde, ob er auch gleich daran mitgearbeitet hätte, qut Necompens einhun⸗ dert Reichstbaler gegeben und feines Namens verſchont wer⸗ den.” Ä

AT) .... „Ebener Geftalt, da auch gleich Jemand ſeine begangene Sünde, als Todtfchlag , Hurerey, Ehebruch und. “andere ungiemliche und verbotbene Thaten, mit übermäßi- ger Trunkenheit zu entfchuldigen (i unterfichen würde, fo (oll derfelbe biemit nicht gehört werden.” |

48.) „Weder am. Sonnabend noch Sonntag, fol bey eruſtlicher, und wohl gar bey Thurmſtrafe geſpielt werden.

464 XVII. Periode 1692—1718.

[ man nur zur Kurzweil fpielen. ein Recht gehalten, und der Ge⸗ ie wieder herausgeben , halb für ven Angeber. Die Eaffeebäufer - Das Ballenhaus, der Billard, Te mögen für junge Leute Scars beißt- einer jung?)

19.) Mehr qii: ‚fünf Folio Seiten nimmt diefer Artikel ein. Er betrifft. vor: allım die Eheringe und Hochzeit Ge- ſchenke. „Die ſaͤmmtlichen Ringe, die ein Hochzeiter zum Eheſtand gibt, ſollen unter en véruigli ^ft» und anſehnlich⸗ fen Berfonen, den Werth von 150 Reichsthalern nicht über⸗ ſteigen.... Dem Hochzeitmabl ſollen nur 36 Perſonen bey⸗ wohnen... Die Weibsperſonen ſollen nicht, ſonderlich beym Tanzen, mit übermäßig pudrirten Haaren, weit ausgeſchnit⸗ tenen Tſchöppen, furyen und vielfarbigen Zunten : und wei⸗ é foffüaren Fürtüchern aufgezogen. kommen. Die erlaubte -

^ Kursweile 5.9 Tanzens iſt bi um 11 Uhr vergónnet ;. Die übermäßige Anzahl von Paſtetlein wird unterfagt..-. Die

Masques oder Mummereyen, als eine höchſt gefährliche Sache

(2) wurden, bey Leibes und Lebenöftrafe (77) verbothen. PN Die andern köſtlichen und überflüfigen Mahlzeiten follen

gänzlich abgefhafft fen. Wer nun wider obiges, eines und das andere, etwas zu tbun fid) unterſtehen würde, der (ou von uns jeweilen, nach Geſtaltſame beo Verbrecheng’ mit willkührlicher Strafe unfeblbarlich belegt werden.”

20. „Wird den Standesperfonen , auch andern aufebtte

lichen, vermöglichen Bürgern wohl erlaubt, filberne Maffiv-

Knepfe und Degen zu tragen. Gemeine Bürger aber,

Schlechte Krämer Handwerksleute, und andre ihres gleichen

famt ihren Weihern, Söhnen und Töchtern , follen (id) im ihren Bekleidungen des Sammets, Atlaſſes, Damaſtes, Taf

et

I. fap. 41716. | 455

(ct$ und anderen foftbaren Zeugs , wie auch der guten fel» denen Strümpfe allerdings enthalten.” Uebrigens wim⸗ mein die vier Folio Seiten diefes Artikels von kleinfügigen und unbeſtimmten Detaild. Den Weibern wurden 4.2. die allzugroßen Stoße (Müffe) verbotben, Wenn fängt cine. Muffe an, allzugroß zu werden? Bald werden die neuen Moden, bald nur die neuen üppigen und leichtfertigen Mo⸗ den verbothen.

24.) Man ſoll nur drey ———— nehmen, und von | jedem ber(elben nichts Mchekmäßiges eingebunben merben.

/ 22.) Sollen in dem Giterbebaufe feine Leidtächer auf⸗ gefchlagen werden. —. Nur den Dienſtbothen, die. in dem Sterbehanfe dienen, wird erlaubt, Leid qu tragen , unb aud)

. fut wenn es um verftorbene Eltern oder Kinder qu thun iff.

Die unnöthige Pracht der Kränze und: Mayen ( Gtráuée) , ben den Begräbniffen unvereblichter Perſonen, oder junger Kinder, fol gänzlich unterbleiben , oder ‚die zur gebührenden Strafe gezogen werden,

23.) Alle Behörden werden aufgefordert alles zu ſtrafen was vor fie gebört.. Weber die fonftigen Fälle find bie Re⸗ formations⸗Juſpektoren, und bey der. Univerfität der Con-. ventus Decanorum gefeßt. Den Richtern fol die oie. der Strafgelder zukommen. |

Ara 6.

Eine neue Sekte, die der ſogenannten Pietifen , machte feit mehrern Jahren Proſeliten. Daß übrigens das Wort Pietiſt, fo von pietas, Srömmigfeit, abge

leitet ift, und folglich eine lobenswuͤrdige Eigenfchaft

bezeichnet, zur Benennung aller derjenigen: gervorden (ff, die in irgend einem Bunkte des Glaubens, ber Hier:

456 XVIIL Sieriube, 1691—1718. archie, des Cultus, ber Gittenlehre. von ung abgewi⸗

chen, i nidt Teicht zu erklären. Auf ein eingegeber

ned Memorial der Geiſtlichkeit, entfete ter Rath eis nen Schulmeiſter feines Dienfies , als einen, ber bem gefährlichen Pietismo anbieng. Es ſcheint daß man fie, infonderheit wegen ihrer eingebildeten Vollkommen⸗ heit , Wiedergeburt und Gnudenflandes gefährlich fand, weil einige daraus den Schluß "sogen, daß fie eigent⸗ fid) nicht. mehr fündigten,- und folglich auch feinen Rich⸗ | . ter. mehr bedurften. Ein gewifer Bony von der Landſchaft, ale er vor mehreren Jahren zu Rede ge ficit wurde, ſagte gam offenhersig: » O5 er (don. für feine Berfon noch nicht ganz vollfommen wäre, fo ‚sweifelte er bod) mit, daß er, vermittelt des in ihm wictenben Geiſtes, baͤldeſt dahin gelangen würte." "Der. Rath errichtete den 29: Jenner 1718. eine Religious⸗ kammer, damit keine Irrthuͤmer bey uns einſchleichen, und zu dieſem Ende den Leuten alle irrige und gefaͤhr⸗ liche Buͤcher moͤchten aus den Haͤnden gebracht werden. Sie beſtand aus den vier Hauptpfarrern und den vier De⸗ putaten Die Berner hatten auch eine ſolche von vier Klein-Räthen ,. vier Groß⸗Raͤthen und vier Geiſtlichen zuſammen gefest: Im Jahr 1720. famen. bernerifche Pietiſten hierher, die vorgabem, baf fie in den Himmel und im bie Ole gefahren wären, und daß wenn bie Leute fld) innert: ſechs Fahren nicht befehrten, fo würde Gott alles verheeren, und die "e iu Grunde vids ten.

L fap. 1716, |. 457

Mehrere Fahre noch befchäftigte dieſe Sekte die Regierung um fo viel mehr, da fie zum Schisma oder Sevaratismus führte. Die einen fagten, fie fühlten fich nicht .rein genug, um gum Tifch des Herren qu gehen. - - Andere befuchten die Kirchen nicht, weil. fo viele Gott» loſe fid) barinm fönden, ober weil. ber Lebenswandel - der Geiſtlichen mit ihrer Lehre nicht überein flimme. Auch hatten mehrere einige Grundfüge der Wietertäufer angenommen; fie wollten nicht dee Obrigkeit ſchwoͤren, oder wollten fid) nicht in den Waffen üben ; Chriſtus haͤtte es nirgends befohlen. Mit Prophezeyungen gaben fif aud) einige ab. Eine Prophetin , die fid) zu Ries ben aufhielt., und welcher viele Leute gufiefen , wurde förtgewiefen. Wer aber am meiffen beunruhigte, war eine Frau von Blanta aus -Graubündten , die das Schloß Binningen bey der Stadt bewohnte. Sie ſchuͤtzte und beherbergte einen gewiſſen Pauly, geweſenen In -⸗ theriſchen Prediger, der der irrigſte Lehrer genannt wurde. Sie behauptete baf er in ihrem Dienfle fep, fie bezog ſich auf das. Voͤlkerrecht, fie pochte auf ihre Familie. Deffen ungeachtet profcribirte man ion, und ließ die proscription fund machen. Kurz darauf fchidte ihr Bruder Mainord Planta von Wildenberg, eine Klagſchrift unſerm Rath, der ihm lediglich durch die XIIT. antworten ließ, bag aus erheblichen Urſachen dreymal der Schug dem Pauly aufgelündet worden wäre. Be fonnt ift c8 , daß vor mehrern Fahren die Berner in ijr Sacramentum consociationis (Serment d'assos

458 XVIII Periode. 1692—1718.

ciation). fo eigentlich wegen ber Formula consensus aufgefegt wurde, das Verfprechen bie aa "idt. i zu unterflügen, hatten einrüden laſen. et

Es wurde in dieſem Jahre ein Anzug wegen unf rer finlenden. Haushaltung , und wie derfelben gu Del fen wäre, gemacht. Den 25. July feßte man. ‚eine Commiſſien nieder. Die Mitglieder waren die neuen Häupter ^ der Deputat Harder, der Meiſter Falk ner, der Dreyerherr. Ffelin, und der Dreyerherr $agenbad) vom Kleinen Rath; bann von Groß-Rüs . then, der Schultheiß Wettſtein, ber Schuitheiß jen ſeits, Socin, Emanuel Müller und Hand Heinrich Ryhiner, famt dem Stadtfchreiber und dem Rath. fihreiber. Sie follten Bedenkens Haben, wie alles in ‚guten Stand zu richten feyn moͤchte. Da unſer Staat klein iſt, und man im J. 1691. affe möglichen Unter⸗ ſuchungen angeftellt hatte, ſo konnte man Veſchleunigung erwarten. |

Allein einige Mitglieder perfielen auf bar Gedanten, des Standes Oekonomey de novo anzuord⸗ nen, das iff ein neues inam» Syſtem einzuführen. Die veronlaßte Verzögerungen. Gerne Báttem wir bie Verhandlungen der Gommiffion mitgeteilt, allein. fie wurden, wie e8 feheint, nicht aufgezeichnet. Nur fo viel weiß man, das die Berathungen mehr ald Digig waren , und daß jede Claſſe ald das Deffe Syſtem anfah, wenn fie wenig bezahlte, und deſto frepgebiger: die andern

I. Rap. 1716. 459

zahlen ließ. Endlich wurde gutbefunden , das bisherige Spitem beyzubehalten, und. nur dahin zu ſehen, wie bie befiehenden Rubriken der Einnahme geäufnet , und die der Ausgabe vermindert werden fónntem. Diefe Art zu verfahren , die für Partikularen unentbehrlich i ; mag bod) für einen Staat nicht ganz anwendbar fepn. Bor allem muß unterfucht werden, was ber Zuffand der Ei vilifation, auf welchem man zu flehen wuͤnſchte , koſten duͤrfte, und dann erſt berechnen, ob von den Einkuͤnf⸗

. ten unb Berdienft fammtlicher Bürger , ohne drüdende

Laſt und qualende Segugéart , das zur Beſtreitung der erforderlichen Auslagen . abgezogen werden koͤnne. WIN ein Bolt Leine Lehranflalten, feinen Zufluchtsort für den in Armuth fchmachtenden Greifen , feine. Vertheidigungs⸗ und Sicherheitsmittel, keinẽ gebahnten Wege, gepflafterte ind beleuchtete Straßen 2c., fo werden freplid) bie Bedauͤrf⸗ mie des Staats gering fepm ; allein dieſes Volk wird aud) im der Stufenleiter der Staaten, eine febr niedrige . Stufe einnehmen. Wir haben geſagt ohne quälende Be» zugsart; denn lieber das Doppelte mehr zahlen, als den Gegenfland eines inquiſitoriſchen Fiskus abgeben. Dem ſey aber wie ihm wolle, dieſe Verzoͤgerungen machten es im J. 1718, daß man den 16. Februar, im Klei⸗ nen Rath, und dann den 22. darauf im Großen Rath zu dieſer Commiſſion jene XIIIr unb Haushaltungsher⸗ ven geſellte, die noch nicht Davon waren, mit bem Auf⸗ trag zu erwägen, wie von mum am, bie Einnahme zur

- 460 xym. Periode. 1692—1748.

Beſtreitung der Ausgaben zu vermehren, und die ie ta ben zu vermindern. wären. A

47417.

Das Recht der Anzüge im großen Rath wurde den 17ten Zuly förmlich anerkannt, und alfo beſtimmt: „Wenn Einer; in der Zeit al8 die Frage an ihm iff, etwas erhebliches anbringen würde ,. foll dieſes, inſofern

es der Verkommniß gemaͤß i£, ad Protocollum genoms mem, und. darüber den naͤchſten großen Rathstag des weitern berathfchlaget unb gefchlofen werden.” Bisher fatte man über Anzüge zu Zeiten Erkanntniſe ergehen laſſen. Allein die Klein⸗Raͤſhe faben. es als einen Eins geiff in ihre Befugniſſe an, ‚weil. vor dem Jahre 1691 der Große Rath; nur die Gegenſtaͤnde behandelte, ſo der Kleine Rath ihm vorlegte. Jenes Geſetz war alſo eine

. f)frt Sieg für bie Groß-Räthe, und es wurde ſogar auf

allen Zünften und auf den drey RACHEN der. Heinen Stadt Fund gemacht.

Es wurde auch erkannt, daß man die Verkomm⸗ nif von 1691. jährlich im Großen Rath, bey Einfuͤh⸗ rung eines Ehren Regiments, verkefen, und daß fic auch auf den Zuͤnften und Gefellfhaften fund gemacht wer» den follte, Man veränderte aber eine wichtige Stelle das rin. Sn dem Berzeichniß der Aemter, fo der Große ‚Rath zu vergeben hatte, fand: fidy in ber Verlommniß von 1691, die Würde eines. Oberflsunftmeiftere nicht, weil die Buͤrgerſchaft fie übertragen follte. Nun wurde

L fap. 1717. 461

fie, ohne Bedenklichkeit, und ſogar ohne Erkanntniß des Großen Raths, in die kund zu machende, und jaͤhrlich abzuleſende Abſchrift eingeſchaltet. Ob die Haͤupter, oder bie Kanzley allein, ed wagten, fo etwas zu ändern, fin» ben wir. nirgends aufgezeichnet.

Eine vom „Kleinen Rath rewibierte Ebegerichtbord⸗ nung war gedrudt worden. Groß.Räthe klagten daruͤ⸗ ber: Sie wurde folglich dem Großen Rath vorgelegt, und vom demfelben: in- der gleichen Sitzung (13, Sep⸗ tember) beftütiget. Um diefe befchleunigte Befätigung zu erhalten ‚. hatten die Häupter bie Wünfche ‚einiger Geift» ‚Hohen angebracht, und ber. Deputat Harder, ald Mits -glieb des Kirchenraths hatte bie Nothwendigkeit der Ber fätigung Jedermann ans Herz gelegt. Uebrigens wurde ſie im Jahr 1747. von neuem revidirt. Siehe T€ Jahrgang. | | ——————

zweites. Kapitel. _ Loos

1718.

In den erſten Tagen des Decembers 1717. war. der Bürgermeifter Emanuel Socin mit Tode abgegangen, und ber. große Rath wurde - am ten ver(ammelt.

| De Oberſtzuuftmeiſter Hans Jakob Merian be⸗ kam, laut Geſetz, und ohne Ballot, die erledigte Wuͤr⸗ de. Nun war «4 dann um die "— "— Oberſt⸗

Pd

462 ° XVIIl Beriode, 1692—1718.

zunftmeiſters zu thun. ‚Die ſchwarzen Kugeln fchloffen einen Drittheil des Großen Raths von dem Wahlrecht aus, die weißen Kugeln brachten ins Ternarium den Deputat Joh. Rudolf Wettſtein, den Deputat Nico⸗ laus Harder, unb den Meiſter Senebift Socin, und bie vergoldeten Kugeln fielen alfo vertheilt: 60 für Wett⸗ fein; 40. für- Harder, und 23 für Socin. Bett fein wurde: alfo Oberſt ʒun ftmeiſter.

Allein bald verbreitete ſich das Gerücht; bof inc | förmlichkeiten vorgegangen wären. Der. Große. Rath verfammelte ſich den 7. Jenner 1718., umb es wurde in Umfrage gebracht: „Wie bod) den gar uͤberhandgenom⸗ menen Pratifen, unb: leichtfertigen Corruptionen gefleuert werden, und ob tus blinde Loos nicht zu introduciren. ſeyn möchte.” Das Refyltat war die Niederfegung einer Eommifion von. Klein- und Groß⸗Raͤthen, mit dem Aufs trag ein Bedenken einzugeben : „Ob unb wie zur Ab ſchaffung ber leichtfertigen Pratiquen und Corruptionen , nicht nur der Eid bey Beſtellungen ber Aemter wieder introducirt, fondern aud) eine loͤbl. Ordnung ‚der Aem⸗ ter Beſtellung wegen fónnte gemacht. werden. " Man ‚hatte vor mehrern Fahren den Wahleid abgefchafft, da mit uber Meineide nicht: geflagt werden follte. Die Geiſt⸗ lichen, wie es ſcheint, merlten aber wohl die geheime Abſicht, ſie zum Stillſchweigen zu bringen; ſie klagten freylich nicht mehr uͤber Meineide, allein die Kanzeln ertoͤnten von Beſtechungen und Pratiquen. Die, niederge⸗ ſetzte Commiſſion beſtand aus folgenden Perſonen. Vom

II. op. 2008 zu Dreyen. 1718. 468

Cleinen Rath.: Wieland, Müller, Schnell, Sat bin, Frey, Faͤſch, Stadt: und Stotbfd)reiber, und von Groß ⸗Raͤthen: Mitz, defignirter Rathsherr, $a» genbach, Schult heiß Iſelin, Rohr ner md Oed. —— . Den .3. Februar feate die Commiſion zwey Veden⸗

ken ein. Das erſte von drey Mitgliedern, die Das -2008 mißriethen , ‚und das andere von den übrigen Mitglie⸗ dern, die ſoiches vorſchlugen. ergieng folgendes ($efeg :

NE Sol das 2008 , nach a verwänftiger . 8800, -hiemit in allen Ehrenftellen , erbetenen Aemtern und Dienften, ſowohl im dem weltlichen als geiſtlichen Stande, und löblicher Univerſitaͤt, von dem Oberſten wn bis anf ben Unterflen, obne Exception Diemit evfannt, und eingeführt «werden. Der Modus elegendi. aber von ben Deputirten iveiter deliberirt, und Meinen gnaͤ⸗ digen Heren und Ober naͤchſtens referirt werden. Gleichwohl find ausgenommen worden : 1. Eines Herrn Buͤrgermieiſters Stelle, fo jederzeit auf den Herrn Oberſt⸗ sunftmeifter unmittelbar fallen foil, (o0 mit dem verſtor⸗ benen Herren Bürgermeifler in gleicher Regierung geſtan⸗ den iſt. 2. Die Ehren Geſandtſchaflen ſo. viva voce beſtellt werden follen,

Die Art, wie die vorgehende peinänftige Wabl ge⸗ macht ‚werden ſollte, beſtimmte ein anderes Geſetz vom 22ſten. Die Waͤhlenden ‚machten einen dreyfachen Vor⸗ ſchlag, oder Ternarium, und das Loos wurde dann

| 464 XVI Beriode. | 1692—1718.

? unter. die. drop Vorgeſchlagenen, oder Ernannten, m fen; weswegen aud) man dieſe neue Wahlart dad Loos su Drenen nannte. Der drenfache Vorſchlag geſchah aber im Großen Rath, im Kleiner Rath und in fici .-mern Collegien, nicht auf gleiche. Weiſe. In Heinen Goles. gien hatte jedes Mitglied eine Stimme für ben brepfachen

Vorſchlag. Im Kleinen Rath war die Hälfte deffelben y bep

“jeder Beſtellung, durch bad Loos, vom Wahlrecht auae» fhlofen , und im großen Rath wurden ebenfalls durch das Loos zwey Drittel ſeiner Mitglieder ben jeder Beſteſlung vom Wahlrecht entfernt. Dieſe Ausſchließung wurde vermittelſt ſchwarzer und weißer Kugeln vorgenommen. Die wei⸗ . fen Kugeln gaben das Wahlrecht, und hießen deswegen gute Kugeln. Die anten. Kugeln waren aber mit 3 Nummern, 1,.2 und 3. bezeichnet, Alle bie, welche Kur geln von der gleichen Nummer erhielten, ernannten einen ber drey Vorzuſchlagenden, - jeder in Geheim, binter ei nem Umhang , und vermittelſt eines. geſchriebenen Stt» tel. ‚Die relative. Mehrheit entfchied ; und Bep gleicher Anzahl der Stimmen, mußte das 2008 den Ausſchlag ge⸗ ben, welches man den Stich nennet.

Aus dieſem allem erhellet, tof, was bier vernänfs tige Wahl genannt wurde ; in ben Ernennungen befland; welche eine Fleine Anzahl von Wählenden , die ein Dope pelter Zufall vereinigt hatte, vornahmen, Wir wollen ber Fall einer. Rathsherren Wahl zum Benfpiel anfuͤh⸗ ren, ju welcher Stelle zwoͤlf Perſonen, das find die 12 Sechſer der Zunft gelangen konnten. Gefegt , e8 wären

unter

II, Kap. 2008 su Gegen. 1718. 466

boy - einer Beellung:::im Großen Rath 180 Mitglieder geſeſſen. Die ſchwarzen Kugeln fchloßen 120 aus. Blie⸗ ben 60. Das 2008 vertheilte biefe, ‘durch bie numerir⸗ ten Kugeln, in been Elaflen, jede .alfo von 20. Die 20 welche die mit 4. bezeichneten Kugeln befommen Gatten, ernannten hierauf Den erflen , der: in bad. Ternariunt gezogen werden: folte, Von den 12 Sechſern nun betae inen 8, jeder 2. Stimmen, und 4. jeder t.Stimme. So mußte ‚unter den acht dag 2008 entfcheiden ;: derjenige, ben es traf, fam in das Ternarium, und er fomnte danır , ohne weitere. Wahl, durch Das einzige. Wos, Rathsherr werben, folglich war e& leicht möglich, daß bey einer Berfammlung. von 180: Wahlmänners ,. ein

Sechſer, mit zwey Stimmen, zur Stelle eines Satz» herrn gelangte. Der Leſer ſieht leicht. ein, daß Am Hauptzweck dieſer Veraͤnderung in: der Verfaſſung, dahin gerichtet war, jede herrſchende Partey au ſchwuͤchen. Dieß kounte aber nur durch Ausſichten fuͤr die mindere Zahl geſchehen, daß ſie aud) von den ihrigen anſtelen Tonne. Zudem fagte man, iff derjenige, der die Hofe nung: hegt, mit wenigen Stimmen befördert zu werden, geneigten ſich zu bilden, als feine Zeit auf. die. Erwer⸗ von Goͤnnern gu 2 Beſremdend wird

5

er

* 2) Dagegen wurde aber auch "Opere, dag einer; der mit . wenigen Stimmen etwas werden fans, (d) wenig um den. Ruf eines —— und gelehrigen v " kümmert.

| VII, Bast. e | 063g

466 XVII Periode. 16921718,

es (repli vorkommen, daß -anf einmal das blinde Zoo und die mindere Zahl Rd) vereinigen fohten, um. Wuͤr⸗ ben und Aemter zu vergeben. Allein in Sachen der Ges ſetzgebung muß man ſich Telten bie Menfchen vorſtellen, wie fie (cpm ſollten, fondern vole fe (inb. Das Loos, wollen wir zugeben iſt blind ‚aber der Gieiff ber Caba⸗ ien, des Anhangs, der Verwandtſchaft, iff. noch blin⸗ ber;. denn er: df. Teidenfchaftlich. : Die mindere 3abf ſcheint frepfi fein Vorrecht zu haben „etwas anzuſpre⸗ den; allen die Mehrheit Hat. nicht felten kein anderes Recht, als das Recht des ‚Stärkern. | Wie oftatritt bey Fall nicht: ein, wo ein unpartheyifcher Drittmann, mot Shen der Majoritaͤt unb Minorität, entfcheiden follte! Dieſer Drittmann nun war. das Loos. Die. Wahlmaͤn⸗ ner, beg ben beſten Abfichten, find manchmal: in Verle⸗ genheit, voeem fie unter Mehreren ihre Stimmen geben muͤſſen: der Eine von dieſen Dat mehr Talente, bet An⸗ dere mehr Gelehrſamkeit, der Dritte mehr Erfahrung , das Loos entſcheidet. Die neue Wahlart befriedigte aud) ‚mehrere Mitwerber. Täglich hören wir ſagen: Ich biu in die Wahl gesogen worden; was Tonnte id) mehr ver langen? Kein Neid, feine Eiferfucht. gegen den Beguͤn⸗ fligten , das Loos wollte e$ fo haben. Endlich ward je he Wahlart ein Damm wider aufallende Beſtechungen. ‚Wir wollen unfern befondern Glauben Nemanden , auf "bringen, taf, wenn man ale Mittel vergebens erſchoͤpft habe, den Mißbräuchen zu feuern, bie Vorſehung dag 2008 lenke. Wir wollen auch mit Stilfchwelgen übers

IL Kap. 2008 zu Dreyen. 1748. 467

(foin, daß das Loos ſowohl der erblichen Arifigksatie als der ausſchließlichen Ariflofratie einer Claffe vorben⸗ ge. Wir begnuͤgen uns nur mit der Erwaͤhnung einer Klage, die vor der Einführung des Looſes allgemein war. Die Raͤthe, die geſtuͤtzt auf die wahrſcheinliche Mehrheit ber: Stimmen, fid) (gm. einbildeten ,- auf der hoͤchſten Stufe zu glänzen, wpren mit Weib, Kindern und Ges finde , hochmuͤthiger als die wirklichen Häupter (elber / und gegen bie Mitraͤthe, fo vieleicht auch mad) höher Stellen firebten , im hoͤchſten Grade abfolb unb unver⸗ tröglich. Mit bem Loofe hörte bief alles auf. Uebrigens wurde das Loos nicht ohne einen langen und heftigen Widerſtand eingeführt: Zum Beyſpiel: Einer ſprach viel von der heiligen Schrift, die nach ſeiner Meynung, ad Loos bey den Deftelungen vorfchriebe: Ein anderer fiel ibm gs, Wort,: unb fragte ihn, ob er ba8 alte ober bas neue | ge Unt mepne, Senec: antwortete , aufé Gerathewohl fim, das alte. Nunmehr erzählte fein Gegner, wie cas muel bg Saul durch bag blinbeffe. gon. uum König - gewaͤhlt haͤtte, und gab zu bedenken, ob es rathſam waͤre, ein ſolches Beyſpiel zu befolgen. Er wollte ein Mehreres ſagen, als Einer, Namens Ritz, mit don⸗ Herder Stimme eriwiederte : „Wir find Chrifen und keine Juden man leſe die Apoſtelgeſchichte im neueh Teſtament, imb man wird finden, bof eine vein E bem $008 "e T

DON

6532.

465 XVIII $eriobe. 1692—4718..

Den 11. November fam die Annahme neuer Buͤr⸗ ger, welche im Jahr 1700, und dann 1706. ausgeſtellt wurde, in Berathung ; ; unb nun erkannte ber Große Rath beftimmt , daß von jest am, und kuͤnftigs, teint neue Bürger angenommen, und bof ein Verzeichniß der Geſchlechter vorgelegt werden (dio! Er verböt, frenide Weibsperſonen zu heyrathen, die flit 2000 Reichstha⸗ ler, wenn ſie ſich mit Herren vermaͤhlten, oder 300 Reichsthaler, wenn Handwerlsleute fie zur Ehe ehren folitei , um Vermögen haben würden. Der Grud welchen bie Commiſſion die das Geſetz vorſchlug) ar fuͤhrte, war, daß des Vaterlandes wirkliches Geſchlecht nicht in die Verachtung fallen, und bintangeſetzt wer⸗ den ſollte, und daß es oft einem Menſchen beſer waͤ⸗ re, mit einem hieſigen ehrlichen, und zur Arbeit gezo⸗ genen Weibsbild, das iu 2 bis 800 Guten Hätte, - fib zu begnügen, als aber ein: fremdes mit" Wi (o viel Mitteln hieher zu bringen. LS |

98 Seitenſtuͤck koͤnnen wir folgendes enitftu, $a 10, Februar ließ der Preteur royal FT Straßburg, , Klinzlin, durch den Rathſchreiber um die Erlaub⸗ niß bitten, das aufm Rathhaufe aufbewahrte Hollbei⸗ niſche Gemälde von den Leiden Chriſti abmahlen zu Inf Ten. Der Rathfchreiber aber bekam den Auftrag das Begehren glimpflidh abzulehnen, und, wurde das vor Zeiten ergangene Verbot erfrifchet, dergleichen Copien zu bewillinen. Nun wiederholten aber , den. 18. einer der Bürgermeifter und einer- Namens Herf, das Be

IE. Kap. 2008 zu Dreyen 1719. 469.

gehren. Herf, von Straßburg aebürtig, ein neuer Bürger , war Tochtermann des Stadefchreibers Faͤſch, imb ‚Groß » Tochtermann: des Buͤrgermeiſters Burd« bardt. Allein, fie fügtem bem Anfuchen bey, ba ein Bernoulli aud) Gopiaó davon gerogen, Dátte-i, Bft . ergieng die Erkanntniß: „Sof der Rathsſubſtitut or ein von feinem Tochtermann alle.von der Paſſione ger machten Eopias alfegleich bestehen; dieſe, während. der Sitzung zur Eanzley geliefert, alsdann folche wohl vers wahrt, und bey dem Original aufbehalten werden. Von dem Original abet, oder von den angezogenen Copiis, foll niemand. einige Copey zu nehmen bewilliget, nnd hierauf von Seiten. der Canzley, alles Fleißes, zu Ver⸗ meldung Meiner, Gnädigen bochſter / vigilirt werden. | E .— - Außer dem wichtigen Ge ber das ood noch unter anderm den 28. April das Verfaſſungsgeſetz errichtet, daß an. dem. erfien Montag jedes Monats, ohne außerordentliche Zufäße ^. Brofer-- Math ‚gehalten werden (ollte. - Vorher: geſchah ed nur wenn der Kleine Rath den Großen Rath zuſammen berufen. fief. | "c" Kapitel ATI ATA

| AT 19. | sd ' edo ben 10. December des gates. hats ten die Lehrer wb Diener am Wort. Gottes und der

E

B

ATO .XVIIL. Periode. 16621718.

fonum Schule, wegen der Jubelfeyer der Reformation

am 4. Jenner 1719. ein Memorial eingegeben, . €6 geſchehe, ſchrieben fe, auf Aufforderung des Ministerii von Zurich, fo gefinner fen, mit Guibeifen ihrer Git, DOpkigfeit;, unb zum Andenken des aud den biden Fin⸗ freeniffen des. Pabſtthums bey: ihnen hervorgebrachten bij des Evangelit, den 1. Jenner gu feyern. Der Märh: willigte. ein, und befahl alle am Neujahrstag uͤblichen Luſtbarkeiten, Anſchießen, Umzüge, Mahlzeiten

vinzuſtellen. Der Oberſtpfarrer hielt am 1. Jenner

citi gelehrte aber. zwedwidrige Predigt. Andere Geiſt⸗ Wide hrauchten zu grelle Farben, und beleidigende And» druͤcke. Wahr iſt es aber aud), taf die Catholiken ed

wicht beſſer machten Doch koͤnnen wir zugeben, daß

man keck reden muͤſſe, damit die Gegner nicht glauben möchten /man fuͤrchte ſich vor ihnen. Uebrigens hatte Der: Rath bow. Kirchenrath inſinuiren laſſen, er ſaͤhe aeefie , daß dieſe Feyer Ur der ebangeliſchen Eidsgenoſ⸗ ſenſchaft gemeinfamtiih geſchaͤhe. Bern entſprach diefem _ WBunfhe nicht, well: die Reformation dort , " " * 1528. allgtmeitelltqefitet wurde.

7 Zwen Bürger, ber deflgnirte- Rathsherr Huber, und der Oberſtlieutenant Hand Rudolf Krämer beka⸗ men Handel mit einawer’-Suher gab, wie e8 fcheint, den Krämer einige Stodfchläge, ohne daß bie eigents lichen Umftaͤnde je recht befannt wurden. Krämer 6er behauptete, daß jener ihnThätte ermorden wollen. ^^ ‚erfolgte eine Unterfuchtuiie" ^ Act der franzöfthe

Mmbafador Marquis d’Avaray, nahm fk des Kraͤ⸗ mer an, und begehrte zu Anfang des Jahres eine Satisfaction fuͤr denſelben. Der große Rath an wel⸗ chen er fein Schreiben und. die Nachherigen immer. rich⸗ tete, lehnte das Geſchaͤft von ſich ab, und uͤberwies es der Judicatur des Kleinen Raths. Dieſer ſahe ſich endlich im September wieder genoͤthiget, wider ſeine Ueberzeu⸗ gung , ben Rathsherrn Huber foͤrmlich abzufegen. Als aber den 22.. Zuly des folgenden Jahres ein Schreiben des franzoſiſchen Mmbaffabgren einfam, j.,baf ber König zufrieden wäre, unb approbiren twicbr, ; Wenn moi Huber begnabigte , und ih - wieder. eiufegte , (o gab im ber große Rath die Anwartſchaft auf die erſte er ledigte Rathsſtelle ſeiner Zunft, dun wies ihm inbefen außerordentlich Sig nnd Stimme im alten Rath as. . Den 6. Februar erfannte der Grofe Rath: » ‚Son von gun an Niemand. mehr fid) unterfichen zu reden, ed komme dann die Stimme an ibn; auch Niemand mehr wider bie Majora reden; viel weniger von ber : Sefion - austreten unb. fortgehen.,. es werde ihm dann von dem regierenden Haupt erlaubt. Wer nun hier⸗ über fehlbar erfunden würde, der foll: alſo gleich abtre⸗ ten, und im puncto über beffen Fehler gerathen werden. - $iexrum fol folche Erkanntniß als ein beſtaͤndiges 8ta- tutum jährlich bey Einführung eines E. Regiments nbgelefen werden.” _ In dieſem Jahre wurde bie noch befichende Ges richtsordnung gedruckt und kund gemacht. . Der Kleine

4 XVIII SBerlode 4692-1788.

Rath hatte He jufühmentragen , ergähjen und’ * laſſen, und ter Größe Rath beſtaͤtigte fi. c

war der Schultheiß Wertflein der bie Nedaction E forgte, und dafür mit ber Bewohnung eines gegen febr mäßigen Miethzins zu besiehenden obrigkeitlichen Hauſes, belohnt wurde. Das Bert führt sum Titel: Dee Stadt Safe Statuta und Gerichtsordnung. Es enthält aber mue einen Theil der bürgerlichen Ge fee ber, Stadtbürger, Die übrigen über, dag Mein and Dein , baden amber ‚Gerichte, wie die Gefdeibe , bad Fuͤnferamt, das Ehegericht, die Kaufhausherren, das Stallamt, zu. handhaben. Das Ganze zerfällt in fünf Adtheilungen. Die erſte handelt von der Or⸗ "ganifatioh des Gerichts unb von bem Rechtögang; ') die weyte von den Vertraͤgen; bie dritte vom letzten Willen; bie vierte von der Crbfolge; und die fünfte vor den VNDE X 3m Veſchluß wird geſagt,

E Her Bräfdene des heißt Schuldheiß. Er

"wohnt aber den Berathſchlagungen der Richter nicht

* che Die Richter begehen (id) nad) angehörten fot»

.. V$tüatn. deu Parteyen, in eine befondere Stube, fo die

Denkſtube, (von denken, bedenken) genannt wird.

.. Steben bie Stimmen der Richter inne, fo wird der

ESchuldheiß herein berufen, und diefer giebt bem Aus⸗ Um flag. c

» Bon bem allen nur etliche Brnuchſtuͤcke: „Die Richtet

ſchwören feine Partey anderſt als vor Gericht pad

gen, und Feiner zu rathen, auch zu verſchweigen/ 10$

br ur III. Kay. 4719 473°

daß. in. den Fallen, bie in der Ordnung nicht abfonbet» lich entfchieden: (inb; nach unfrer Stadt altem - Serfonts

bey 9ibfaffung eines Urtheils, von einem oder anderem Richter wäre angebracht worden.” Genera. opo» tbeden werden nicht anderſt geachtet , als andere ge⸗ meine Handfchulden.” „Das von Seiten einer Ebe⸗ frau, deren Dans fallit worden iſt, berrübrenbe Ver⸗ “mögen, mem e$ mod) in natura vorbanden ift, fof ihr, . bet allen andern Gläubigern, ugeſtellt werden. Was aber nicht mehr it natura vorfinden ift, gehört in bie vierte Uaterabtheilung der dritten Collocations⸗Claſſe.“ ^^ »But Verjährung gebört, von Seiten des Schuldners . bona fides”— „Kauf gebet vor Miethe, ober es wäre auddrüdtich anders bedingt worden.” Die Fideieom- miffa find erlaubt.” „Wer in auf« oder | .. Rinic eheliche Notherben bat, : Tann nicht teftiren. " „Die Eltern fünnen ihre ‚Kinder, gan oder zum geil, nur aus folgenden Urſachen enterben. Vorſetzliche Schläage; eine ſchwere Schmach; eine peinliche Anklage €e8 wäre dann die Uebelthat wider bie Obrigfeit un ternommen worden); Zauberen; Stellung nad) bem ge. ben ; Blutſchande, mit der Stiefmutter, oder mit bem Stiefvater 5 Verrath der Aeltern; Verlaſſung gefange- . ner Meltern; Teichtfertiges und üppiges Leben; Unbarm⸗ berzigfeit gegen mangelleidende Aeltern; wenn die Kin- der eines verdammten wnchriftlichen Glaubens wären, andere dergleichen fchivere Unthaten; menm ein Kind fid wider der Aeltern Willen vereblicht , bod mit ei. nigen Ausnahmen; wenn ein Kind ein Prodigus nnd Vergeuder tft, doch zu Gunſten bet Groffinber', und c." it Vorbehalt bet Nutznießung. „Di Kinder‘ Finnen

414 XVIII. Wero. it D

men unb Obſervanz, und in deren Abgang, nad) den

. gemeinen Rechten geurtheilt werden (olle. . Wie miflid)

ihre. Aeltern von ihrer Nachlafienfchaft. nicht. ausſchlie⸗ fen, wenn. nicht zur Enserbung genugſame Urſachen find.

. Die Einkindſchaft (unio prolium), von. welcher die Römer. nichts wußten, die aber and den alten deutfchen echten herfließt, wird in bed Zten Theils Sten Titel erlaubt.. Bon. ber Arogation und Adoption fine

. det fid). aber. nichtg darinn. Hierüber meldete. beu 7ten Ottober 1769. cin Dutachten des Waiſenamts folgendes: „Die Gerichtsordnung befchreibt die Form ber- Cinfinbe ſchaft. Obfchon wir von bet Annehmung an Kindesflatt

, feine ausdrücklichen Geſetze finden ^. fo ift diefelbe and) niemals ausdrücklich abgeſchaft worden , unb wir zweifeln alfo nicht, bag fierauch bey uns Statt babe.— Wir fónnten einige Beyſpiele von Fällen anführen, da ‚mit eitzer Sinkindfchaft eine Annebmung au ſiindesſtatt verbunden worden zu ſeyn ſcheint, unb dieſe kommen unter dem Namen von Adoptionen vor. Der Unterſchied zwiſchen Adoptionen und Einkindſchaft em beſteht unter anderm darin, bag die Einfindfchaften, wenn

in der zweyten Ehe feine Kinder erzeugt werden, oder die Erzeugten während derfelben wieder geſtorben, als»

- bann verfallen und verfofd)en (inb; die Adoptionen aber geben den Kindern erſterer Ehe dad Recht, es mögen aud der zweyten Kinder, vorhanden ſeyn oder nicht, . , dre gemachten Aeltern nichts deſto weniger aqu ete ben, als wenn dieſelben von ihnen ſelber geboren wä⸗ ren.” Bon. den erwähnten SSegfpielen mag folgendes von -1753. (11. Augſt. ) angeführt. werden, Cin hiefiger

. Bürger heyrathete eine Winwe won Rieben, und bath

-- IM. Kap. 1720. 475

if e$ nicht, ihr Herkommen und Obfervanz ald Huͤlfsquel⸗ fen anzugeben, im einem Lande, wo bey Appellationen und Revifionen nichts Öffentliches gefchieht,, oder nichts gedrndt wird! Wie gefährlich i es nicht , bie gemii» nen Rechte 72 als .eine gente Huͤlfsquelle anzugeben, in einem Lande, wo fo wenige Richter. dieſe Rechte (tuv diert haben; und wenn man bedentt, daß die roͤmiſchen Geſetze, die canoniſchen Rechte, und die Entſcheldungen der zip grer fo viele Widerſpruͤche darbieten.

1720. Auf allen Zuͤnften gibt es Handwerker; ui allen befinden fid) aber nicht Bürger, die kein Handwerk trei⸗ ben, "e wie man ſie nennt, une. Die

um die ihre Tochter an Kindeskatt anzuneb⸗ men. Das bierüber gefragte Waiſengericht rieth an; den in der: Eheabrede über die Adoption ſtiyulipzeu Ar⸗ tifef zu befräftigen. Der Rath folgte zwar diefen Schluß, aber mit dem 9(npang, bag diefes adoptirte Töchterlein jederzeit allbier als eine Fremdinn angefehen werden folle, Ein ferneres Beyſpiel von 1754: (6. Kenner. ) Ein Bürger hatte (id) mit einer Wittwe, auch SSürgerinn, verlobet, und wollte ihren Sohn an Kindesſtatt annch- men. Der Rath erkannte: „Wenn Feine Notberben vorhanden find, if bie Adaption bochobrigfeitlich tati» ficirt.^ Da sum gedachter Sohn, Erbe. oder Miterbe bed gemachten Vaters wurde , fo fragt c8 ſich, o6 dad Erbrecht fich auf eniti bec Erblehen, und Feuda erſtreckto. | | ae

476 XVIIL Periode; 1692—1788,

die nur Handwerker babe y ſind ſechs an der. Sabi, naͤm, lich: die Brodbecken; die Gerber und Schuhmacher; die Schneider und Kuͤrſchner; die Metzger; die Scherer, Maler und Sattler; und die Fiſcher und Schiffleute. Doch hatten bie Schneider noch im S. 1691. einen Vor- geſetzten, ber fein Schneider war. Sechs Zunfte haben folglich wirkliche Handwerksleute im Kleinen und Se fen: Rath zu Stevertretern.

Nun entfiand auf der fogenannten Spinnwetterk- . gunt, wo Maurer, Zimmerleute, Schreiner, Küfer , Hafner u. f. w. zünftig find, eim weit ausfegender Streit, Die dortigen Handwerker wollten auch gleichen Vorzug mit den obigen Zünften genießen. Sie fanden gerecht, daß ein Handwerk behandelt werde wie das andere, und empfanden diefes um fo lebhafter, da einige ber obge⸗ dachten Zuͤnfte, faſt ſo viele Repraͤſentanten als Zunft⸗ angehoͤrige hatten. Die F von der Zunft ſagten hingegen‘, baf es Bier feine Mechtsfache, wo ed um das Mein‘ Sido Dein su thun (en, fondern eine Standesſache waͤre, wo das Herkommen und das gemeine Beſte ent⸗ ſcheiden muͤßten. Sie bezogen ſich auf das Herkommen; jetzt wären unter den 16 Vorgeſetzten nur fünf Hand⸗ werker, und ſchon vor mehr als 100 Jahren wäre bet Bürgermeifler Sebaſt. Spoͤrlin, der fein Handwerks⸗ | mann gewefen, von diefer Zunft ausgegangen. Cie besogen fi) auf Küdfichten des gemeinen Beflen; man muͤſe Al Tuͤchtigſten zu ben Nemtern befördern ; die Res de) koͤnne nicht aus lauter Handwerlsleuten beſtehen;

om Kap. 1720; 477

wenn diefe die Herren von der Spinmvetterzunft' vers drängten, fo würde es mit gleichem Rechte auf denen uͤbrigen Zünften auch gefchehen, und bod) wären Buͤr⸗ ger, bie feinem Handwerk zugethan find’, eben (orobt Bürger als die Handwerker. Diefer innere Zunfiſtreit endigte fid). durch‘ Vorſchlaͤge zu einem Vergleich: Dfe Handwerker begeftten , daß von den 16 Vorgeſetzten 8 Handwerker‘, die Herren aber vermeinten, mur von ben 12 Sechſern, 6 Handwerler feum ſollten. Sie brach ten mm bite "Séorfdjüdt amr 12. FJenner vor den’ Gros fen Rath, unt bari pr entſcheiden. Diefer wichtige Ges genſtand gehörte unter alten Ruͤckſichten in das Fach ber Fundamental⸗Geſetze Die Frage war : „Sollen Stadt und Landfchaft ; von der ehemaligen Herrfchaft der $6 ſchoͤffe, des Kaiſers und des Ritter⸗Adels, mum unter bit Herrfihaft einer faſt erblichen Handwerker » Ariftofratie verfallen? " Dennoch‘ lehnte der Große Ratb die Ente feheidung von fid aD, unb erkannte folgendes-:: Die Sache ift wieber wor die Herren : Vorgeſetzten ie Vie mögen ſich vergleichen,’ ob (Falls) fie wollen.

Auf allen Fall aber foll die Säche nicht mehr an bit fen hochloblichen Ort gebracht werden.” Allem Auſchein Tad), beforgten diejenigen‘, bie einen folchen Veichluß'zue —- wege brachte , daß ivgend ein Vergleich dieſer Art beo einer feurigen Berathung , ach für die übrigen’ Sünfte, wo fich Herren befaliben , "bisfchgefeht werden möchte, ohne dennoch auf die mehr gedachten fechs Juͤnfte out» gedehnt gu werden, die keine Herren unter ihren Bor -

478 XVIII. Periode. 1692—1788.

H

geſetzten und Zunftbruͤdern zͤhlten. Ohne eine volllom⸗ mene Umgießung des ganzen Zunftweſens, tonnte man nur Flickwerk erwarten, und. kein Geſetz— verhoffen, das

den. Ehrgeltz und wg bet. Handwerfer der Hanptkadt, mit t Übrigen, Bürger, mit dem Intereſſe bet bie nichts mehr haften, als. ben Zunftdruc 1 Wohl bed Staats vers einigen würde, 4 m waren, af die Vor⸗

geſezten ſich endlich den 21. Sep. 1748. dahin verglichen eine: vollfommene sogenannte Sparitát. einzufuͤhren. Acht Vorgeſebte ſollen tuͤnftige $erren ,. Au. eben: fo vielt Handwerker feyn; und von bicfen.16 „wirden die vier Nathsglieder, pone. unterſchied des Berufs, aus den zwoͤlf Sechſern gezogen ‚Werden, alin daß zum Beyſpiel— wenn alle. vier. aus einer Glaff gengmmen worden: waͤ⸗ E Es wurde in bleu Jahre ein Verglech mit dem Biſchof von Bafel über Zölle, und andere Gegenſtaͤnde et. richtet. Bey dieſem Anlaß verſuchte es einer unſrer Ge fandten, jedoch ofne Auftrag, den Muͤnſter⸗ Schar und zwar theuer anzubringen. Ein. Domherr bemerkte; | daß dem Vernehmen nach, dieſer Schatz von feinem gro⸗ gen Werth feo. folle... Der. Gefandte wollte hierauf vom geheiligten Urfprunge , und befonders vom. Werth dei Reliquien etwas in Anfchlag bringen. Allein jener Doms heit. erwiederte:„, Das kann nicht mehr berechnet. werden Keperhände haben alles entbeiliget ,. and dann wiſſen wir nicht, ob udi Borfahren Richt die ächten Reliquien mit

III. fap. 1721. 419.

falfchen..vertaufahk haben. ".— Dieſer Schatz wurde auf . Befeht des, Rathe, ben 8. März 1555 , bur) Gad» - kundige geſchaͤtzt, bie nur den. Werth. von ungefähr fünfs sehntaufend.. Pfund (14932. "^ wn Währung: berandbradien, á | Du | 4724. | | "T ereiguete ſich in dieſem Jahre dag, ae T foie, ,. wohin ein unbaͤndiger Charakter, und zuͤgellpſe Triebe der Wolluſt führen koͤnnen. Hund Rudolf Mes rian, 1674.:geboren, Sohn eines rechtfchaffenen Hute machers, Emannel Meriaug, trat, nach viden Ber weifen eines ſtrafwuͤrdigen Betragens, in Kriegsbienft, und wurde in Daͤnnemark als Rittmeiſter angeftelit, doch ein. Jahr; darauf abgeſetzt. In Berlin kam er ind Ge⸗ faͤngniß. Nach feiner Rüdlunft war feine Auführung fo ſtrafwuͤrdig wie bisher. . Er wurde verwieſen, ließ eine Schmachfchrift gegen Die Hiefige Regierung beiden, gerieth, Hier in Gefangenfbaft , wurde auf Lebenslang ing Zuchthaus geführt, entwich aber, und flüchtete fid) nach: Stpaßburg.: Bald erhielt der Rath. feine Auslie⸗ ferung, und verurtheilte ibn. zum Tode. Eigentkich wur⸗ de er als Gotteslaͤſterer geſtraft. Er ſagte einſt, wo er noch im Zuchthauſe war, dem Diakon Matheus Me⸗ tiam, der ihn ouf Wege der Bekehrung leiten wollte: » Wenn die. Prozedur, ſo man mit ihm vornebme, vedi feo; fo glaube er feinem Gott mehr, und verläugne hie» mit den Sohn Gottes und den Heiligen Geil, und glaube alles diefes ſey falſch und erdichtet. Wenn er nicht los

;

480 XVIII. Periode. 1602-1788.

werde, fo muͤſſe ihn ſelne Zunge los machen; denn e wolle Gott fo lange laͤſtern, bisndaß Himmel— und €t de erzittern. Ja, ev wolle-fo Tange bem: Teufel rufen, bis daß er Ihn erwuͤrge. Es - werde auch noch ein · Quar⸗ tiec für ihm in der Hoͤlle ſeyn.“ Daher wurde vor der Verurtheilung dieſes Wahnſinnigen und Wüthrichen, ein Gutachten: von den" Theologen and Paſtoren üßgefordert. In demfelben verglichen Ae den Gefangenen‘ mH einem’ Bafllieken ;: und mit dem feuevfpepenben Berge Veſuvio, und fchlofen mit den Chryſoſtomo: Dit Daft nicht Gott geſchadet, tabu ihn: läftertet fondern du haſt das Schwerdt wider dich. ſelber gekehrt.” y Nach gefcheher ner Verleſung biefed- Gutachtens, aut. £7. May, 'K&( das Urtheil: Er fol naͤchſten Rathetag - etg: der Gefaugen⸗ ſchaft ohne den fon üblichen Hofprozeß,ſogleich zur Richtſtaͤtte hinaus geſchleift, und ihm“allda ble Zunge geſchlitzt, und Dec. Kopf Abgehauen werden. Allein den 2 iſten erhielt feine Familie, vor Vollſtreckung des’ To⸗ desurtheils, daß er des: Schiitzens der Zunge erlaſſen wurde. Einige Jahre nach der Hinrichtung erfuhr mari, daß er im Holſteiniſchen, zu Itzehoe, Vie: Witwe: eined Offiziers geheyrathet, und ſie Dod) ſchwanger verlaſſen ect wie auch, daß fie nachher eines Sohns geneſen

Aum S. 1725, fom die angluͤckliche Frau: mit ei⸗ m ah DEM u-

^1) Non Deo nocuisti, si i Basement, sed plidiim in ipsum. conyertisti.-

4 a fot

Wat

HL Rap. 1722. 41

dert Pfand, und kehrte mach Ihrer Heimath zuruͤck. Im der Folge zeichnete fid) diefer Sohn, Anfangs in daͤni⸗ fen , und dann in preußiſchen Kriegsdienften aus, Gr urbe Generalmajor „Obriſt eines Gürafier-Regiments, und Ritter des Kriegsverdienſtes. Cr farb unbeerbt den 2 Maͤrz 1784, im Tiften abr bon Alert,

1722

Man hatte keine Junker, aber mehrere fleigen an, Charakter ober Ehrentitel'von Fürften anzunehmen, die, wenn fie auch nur perfönlich waren, doc mit tee Zeit, zu erblichen Unterfcheidungen hätten führen koͤn⸗ nen. ') Es wurde geahndet; unb in Folge beffen legte der kleine Rath am 20. April dem großen Rath einen Rathſchlag der XIII. vor. Nach einer fangen Verathung | ergieng folgendes Gefeh :

» Son in das fünftige diei: welcher einer (rent

"den. Polem, Fürfen ober Herren, mit einem- Charakter,

Eid, Dienſt, Penſion oder Titel zugethan (allein die in erlaubten Kriegsdienften ſtehenden Dfisiere, laut der den 6. Sun 1718. ‚ergangenen iini angenommen)

[4

| 9 Einer der t aif einen ſolchen fremden tiui siet einbilbete , behauptete bey einer Leichenbegräbniß , daß ihm der Hang vot den Gerichtöherren gebühre. Er fot fogar mit bem Mecontentement des Fürften gebroi baben,. ber ibm den Titel ertheilte.

VIL Bam. 0877 7 $5

482 XVIH. Serlode. 1692—1758.

gu feinen Aemtern, weder im Kleinen nod) im Großen Rath, Gericht oder ſonſt zugelaſſen werden. Was die Academicos , bie in Aemtern Heben, angehet, follen . biefelben , ehe fie einigen Charakter oder Titel annehmen, ſich vorher vor C. €. Kleinen Rath deswegen anmel⸗ den. Betreffend aber ble , welche dato mit derglei⸗ chen Charaltern ober Titeln begabt find, und in Aem⸗ teen ſtehen, ſollen die in diefer Stunde, oder auf naͤch⸗ fien großen Rathstag fid) erflären, ob fie ihre Charal⸗ - tere ablegen , oder die ihnen anvertrauten Sfemter , Raths⸗ oder Gerichts » Stellen aufgeben wollen; und im erflen Falle einen Eid abfchwören. Was die. auf fer Aemter ſtehenden Bürger betrifft, follen biefe gegen ihre Mitverbiürgerten , and ſonſt alhier im geringfien der erlangten Charaktere fid) nicht Bedienen, fondern in allen vorfallenden Begebenheiten als andere Bürger (id)

aufführen; vor denfelben ſich allhier feine8 Vorrechts, oder Prärogativen anmafen; und bey etwa ent(fepenben Streitigkeiten, mit ihren Mitbürgern alhier, in Kraft des jährlichen Buͤrgerrechts, ‘das Recht geben unb nef» men, aud) fonft wider den Stand und ihre Mitbürger - nichts negocieren.” Die Gormel des abzulegenden Eides

lautete, wie folgt:

Sr werdet ſchwoͤren: Wi i lüe euch hiemit heiter erklaͤrt, den fremden Ehrankter. oder Dienſt, (ammt als len davon Dangenben Rechten oder Bortheilen abzule⸗

gen, unb euch deren in das Künftige nit mehr ju

II, Kap. 1722. 483

bedienen; Feine Intercessionalia oder andere Mittel, ſo dieſem Entſchluß zuwider ſeyn koͤnnten, begehren, noch annehmen, auch weder heimlich noch Öffentlich richte bte iu beytragen.

Diefen Eid leiſtete wogleich der Schultheiß Wett⸗ ſtein , der (don ein Diplom eines geheimen Raths auf ben Rathstiſch gelegt Hatte. Ein gleiches that_der obi»

herr Burkhardt, zwey andere folgten Beyſpiel ei⸗ | nen andern Rathstag.

. Bom % 1691. war in Anfehung ber Värgerfchaft noch im Sabe» Eide die Stelle: nad der Euch ge tanen Erflarung, übrig geblieben. ") Sie wırde ben 3. Juny, ohne den geringften Anſtand, auf Crfannte mif be8 Großen Raths in demſelben als unnöthig Durch» geſtrichen.

Ein ſonderbarer Auftritt hatte den 5tem Ottobre (1722) im Großen Rath ſtatt. Bey Anlaß der Finan⸗ zen behaupteten Einige, beſonders die Dreyerherrn, man ſtehe beſſer, als immer vorhin. Andere verſicherten, daß | ſeit 20 Jahren man um ein merkliches zuruͤckgekommen waͤre. Eine ſolche Ungewißheit bewieß, daß die große bfonomi(d)e Commifion wenig Licht verbreitet hatte. » Vielfältige, ſchrieb der Stadtfchreiber, und ziemlich bl» pige Reden Haben fid) Hören laſſen.“ Der Beſchluß war :

1) Siebe das Jahr 1691. ben 14, Februar, $52

484 ^ XVIII Periode. 1692—1755.

„Soll der Heling, betreffend die. hitzigen Reden , fo heut ausgefloßen worden find, und fo oft über diefe Materie der Einnahmen und der Ausgaben gebandelt wird, ge bothen feyn. 1723, mE | Die legten Spuren der Formula consensus !) finden ſich in den Rathsſchriften dieſes Sabres, Im Aprilmonat des vorigen 3. 1722, war ein Schrei» ben des Königs von England an die evangefifchen Orte eingefommen *), und ein gleiches vom König von Preußen

P) Siehe die Zahrgänge von 1675. unb 1686. *?) Diefes Schreiben Tautete wie folgt:

-.'" Georgius Dei gratia... fidei defensor..., Illustribus.... -salutem, ' Hlustres atque amplissimi Domini , amici nostri charissimi, Quum nihil nobis exoptatius conti. ' gerit, quam ut firma stabilisque inter omnes. veram fidem profitentes, unio, quantum fieri poterit, promovea- tur, non sine aegra animi sollicitudine facti sumus - certiores quod scriptum quoddam Formula consensus nuncupatum, et in nonnullis locis Pagorum helveti. .corum aliquam multis abhinc annis receptum , jam plurimum difficultatis et molestiae apud Germaniae pro. testantes excitet, gravemque eorum mentibus scrupu- lum injiciat, qui maximo sit inipedimento quomi.

“. nus animi fratrum. in: püra ac sincera religionis pro-. fessione , caeteroquin consentientes artissimis , uti par est, concordiae vinculis astringentur ; nositaque pro aequabili, quo ferimur in vos et vestras promo. vendas studio, ne qui vimus, quin vos amice ac uni-

x

x

II. Kap. 1723, 485

an Sürid) unb Bern. Beyde meldeten, daß biefe Formula dem beilfamen Werk der Vereinigung der Proteſtanten finberlid) umb deswegen abjuftellen fey. Diefe Schrei ben nebſt dem Begleit- Schreiben von Zürich wurden uns term 16. May ben Brofefforen in der Theologie, den

versim hortaremur , potissimumque Pagos Tigurinum et Bernensem , ut velitis paci ecclesiae reformatae id concedere, ne aliquis ad.signandam formulam consen. sus supradictam , contra usitatem vestrum in rebus . hujus modi indulgentiam adigatur, verum & contrario, -ut a vobis interdictum sit potius, ne quis sub verae fidei confessionis propagandae praetexta , tranquillita- tem ecclesiae conturbet, et controversiis intempesti. vis super re nimis ardua et obscura, et, utnonnulli aes. - timant, ad verum aeternae salutis scopum minus spec. tante, religioni et reipublicae multum efferat incom. modum, Quam utile sit hoc consilium, quam salyta- ye, et, nac praecipue tempestate, quam necessarium summa vestra pietas et prudentia vos facile mone. bunt, cum et vestris propriis rebus et communi Pra. ' testantium causae in eo exequendo aequae prospicia. . tur. Neque et quod subitemus quin idem lubentissi, me amplectamini, cum et nobis simul pergratum fe- ceritis, et quieti salutique ecclesiarum reformatorum . optimae consulatis, Quod reliquum est vos vestraque - omnia supremi numinis tutelae ex anima commenda. mus, Dabantur in palatio nostro divi Jacobi , 10 die mensis Aprilis Anno 1722. regnique nostri octavo, - Vester bonus amicus, - Ad reformatos Helvetiae Qzokcorius , Rex, Cantones et confoederatos, Carteret, -

486 XVIII. Periode, 1602-1788.

‚Bfarcherren, und den Helfern (Diaconis) der Stadt zugeſtellt, um auf das baldigfie ein Gutachten darüber einzugeben.

Den 27. Day wurde diefes Bier mitgetheilte Gut⸗ | achten im Rath abgelefen und behandelt, -

„Wir haben bie von €, On. und communieirte Schrei- ben oro königl. Majeflät in Großbritanien an die fämmtl, FöbL, Orte enangelifcher. Eidsgenoflenfchaft, und danıı auch das Schreiben Ihro preug. Majeſtät an die beuden Stände Sürich und Bern, anfamt dieſer (060, Stände Antwort, mit erforderficher Attention, und gebührender Ehrerbietigkeit überleſen, und dann gleich. daranf in Unſerm befmegen at baltenen Conventu, nach Berufung. göttlichen Beyſtandes, Über den Juhalt angereater ſehr wichtiger Schreiben , Un⸗ fere. einfältige. Gedanfen zufammen getragen, and fenn bit» felben ganz einmüthig ausgefallen, wie folget:

Wir halten erülid) für allerdings unſtreitig, daß die 9(.^ 1675, in enangelifcher Eydsgenoſſenſchaft Aufgerichtete nnd angenommene fogenannte Formula consensus von kei⸗ nen folchen Punkten handle, bie ba den Grund des Glan. bens und Hauptwerk beg Chriſtenthums antrefen, ſondern nur von Nebenpunften und folchen Meynungen, darüber von den Theologio in den Schulen bifputitet wird. Daher bann auch die melíten unter den reformirten Chriften , aud)

viele derjenigen, welche fonfen in ihrer Religion wohl un.

tereichtet find, von biefen Streitſachen nichts willen, und viele unfähig find, felbige recht qu begreifen.

Es mird 3. G. darin gefragt, wie alt und von was für Autorität die Hebräifehen Punkten fenen, und ob der von den Juden empfangene bebräifche Tert alten Teftaments an allen Orten. fo correft ſeye, daß barinn ganz nidt$ zu

=

II. Kap. 1723, 487 s verbeſſern? Ob dem unbedingten Willen Gottes dic nao

de des Glaubens nur etlichen Menichen zu geben, cin all, semeiner doch bedingter Wille beroorgebe , alle und jede Menfchen durch Chriſtum felig zu machen, und ob man Fraft dieſes allgemeinen Willens (agen möge, Chriſtus (eo für alle Menichen geftorben?

£95 das gänzliche Unvermögen des Menſchen, ohne et

vermeldte Gnade, recht an €pritum zu glanben, pbynſch

oder moraliſch zu nennen fey?”

Ob bic Sünde Adams feinen Nachksmmliugen sut ſo

zugerechnet werde, daß gemeldte Rachkömmlinge der ewigen Verdammniß unterworfen ſeyen; wegen der Verderbniß, ſe

fie von Adam ererbet; ober ob fie dieſer Berdammmiß unter⸗

würfig ſeyen, unmittelbar wegen ber Sünde Adams, fo bag fie alle angefeben werden, als Hätten fie alle in Adam eben ſowohl als er ſelbſt dieſe Sünde begangen ?

£96 €oritus Alles, was Er gutes und gefegmäßiges ge -⸗· tban, am unfet Gitatt gethan, (o daB dieſes uns chen (de - wohl zugerechnet werde, als was er für und, unb an unfer

Statt gelitten?-

$96 Adam im Stande der uuſchuld die Verheißung ei· nes himmliſchen Lebens gehabt, im welches er hätte ſollen aufgenommen werden, wenn er den von Gott. beſtimmten

Lauf des Gehorſams vollendet hätte?

x Ao E, NS " "

Diefes (inb beyläufig, wo nicht alle, bod die wichtig

fien in der Formula consensus decidierte Punkte Daß un⸗ . a

ser diefen fein einiger Hauptpunkt chrifilicher Religion feuti ^.

fichet gleich ein, jeder, der einen wahren Begriff vom Chri⸗

ftentbum bat. Fa es wird folches in bee Formel ſelbſt gleich

in dem Eingang, mit deutlichen , ausdrücklichen, unb ſehr

kräftigen Worten eingeſtanden, wie aus Beylag zu ſehen.

488 XVIII. Periode. 1602— 1788.

Dieſem na. halten wir: auch einmüthig dafür, baf , warn

bicít lauter ftreltige Nebenpunkte in (id) begreifende Formel, an der Bereinigung der protefirenden, daran. man bent zu Tag fo fehr arbeiter, einge Hinderniß brächte, daß man, fagen Wir, in diefem Fall anf Benbebaltung einer folchen Formel nicht beharren, fondern biefelbe lieber abgeben laf» fen ſollte, als zugeben, daß dieſes Herrliche Wert einiger.

maßen dadurch geſtört unb gehindert mürbe. -Die Urſache

it. Mar. Denn wenn man auch in Diefem Salle, auf derfek ben bebarren würde ; wäre ed eine gemiffe Anzeigung , daß uns

an denen in ber Formel enthaltenen Streitfragen mehr, als.

en der fchon lang gewünfchten Vereinigung, und folglich auch an.der davon abbangenden Erhaltung der proteilirenden Kirche gelegen feye , melches hoffentlich fein reformirter Chrift mill , gefchweigen ein Theologus fid) jemals wird nachreden laſſen.

Diefeh aber muß man nicht unrecht verſtehen. Unfere

Nennung ift nicht, daß wenn einer die Formula consensus für wahr halter, er, um bed Friedens Willen, feine Men-

sung ändern, unb (ie für falfd) oder zweifelhaft halten fol- -

fe, und dad darum, weil fie nut 9tebenpuntte. in fid) be-

greift; denn diefed Fan Feiner mit autem Gemifen thun Die Formula consensus abgeben faffen, beiffet wicht fie für -

falfch halten oder audid)renen fondern bie, fo widriger

Meynung find - tolleriren, and fie be&megen von dem Pre⸗

digtamt micht ausſchlieſſen. Dieß kann einer, der die gore mel für wahr ‚halter, wohl und mit gutem. Gemiffen thun , wann biefe Formel nun Nebenpunfte in fid) enthaltet, iq,

wenn dieß der allgemeineFriede ber chriftlichen Kirche erfordert, - i e e$ Gewiſſens halben, fchuldig und verbunden su thun.

Wenn nun endlich alled auf tiefe Frage anfommt , 9b denn wirklich unb in ter That die Senbebaftung der For- mula canpensus dag cHangelifche Friedens⸗Werk in einigen

IH. Kap. 1723, 489 -

Be; T fören und yu hindern —— fee, fo können wir, die Wabrheit qu ſagen, nicht ſehen, wie dieſes ſoll in Zweifel gezogen, geſchweige allerdings geladugnet werden.

Ins Gemein von dieſem Friedens. Werk zu reden, ſo beſtehet es nicht darinn, daß bie ſtreitenden Varteyen zu einer gänzlichen Uebereinſtimmung in allen Haupt⸗ unb Ne⸗ benpunkten gebracht werden, denn, wer nur die Menſchen ein wenig kennt, wird einen ſolchen Frieden nimmer mehr hoffen, ſondern dieſer Friede muß dann einig und allein ge⸗ ſucht werden, daß man einen Unterſchied mache zwiſchen FundamentabArtifeln, oder Hauptpunften chriſtlicher Reli⸗ gion und Nebenpunften, und bag man, wenn man nur im den Hauptpunften einig iſt, alddann den Dissens und Un⸗ terfchied in den 9tebenpunften am einander tollericre. Das gefchiebes aber nicht. mit bloßen Worten, wenn man einan⸗ der nur Brüder nennt, fondern in der That und in dem Werk ſelbſt. Wenn man feinen. Interfchied macher zwiſchen einem Bruder , der allerdings mit uns eins it, unb einem andern

Bruder, der etwa in einem Stebeüpunfte eine differente Mey.

nung bat, fondern einen Bruder tractitet, eben wie den att» dern,

Iſt nun dem atfo, fo it dem fo lange gefuchten Neli- alondfrieden nichts mehr zuwider, als wenn man aus Ne⸗ benpunfte Hauptpunkte machet, oder , welches .gleichviel gil⸗ tet, wenn man für 9tebenpunfte fo ſtark eiferet, (id derent⸗ bafben ſo bemühet und beweger, als wenn es lauter Haupt» punkte wären; oder menn man auch die, fo nur in Neben- ‚punkten different find, fo tractiret, ald wenn (ie das sun.

dament bed Glaubens umfloßeten. :

Als lang die Theologen, fo wohl der einten als der att- dern Parthey, fo gefinner find, und diefer_Eifer von den bo,

490 XVII, Periode. || 1692—1788.

bes. Obrigkeiten nicht gemáfiget und zurück gebalten wird , fo id in der ptoteftitenben Kirche von feinem Frieden zu reden ; vielmehr Dat man noch täglich neue da⸗ sinn zu befahren.

Was infonderbeit die consensus beirift ſo wiſſen die evangeliſch⸗lutheriſchen Theologen febr, wobl, daß die Formula hauptſächtlich unb vornehmlich aufgerichtet if, wider den ſogenannten Universalismum, oder die Lehre von der allgemeinen Gnade Gottes, welcher Universalismus aber der Punkt i£, dafür. heut zu Tage gemeldte Theologen vot allen andern eifern. Wenn fie alfo (eben, bag man in der ſchweizeriſchen Kirche alle Universalisten von dem er. und Predigt: Amt ansichließet , können fie nicht anders darand fchließen , als bag man ihn bicfen Kirchen den Universalis- mum, dem fie fo fehr zugethan find, anfehn, als einen gro⸗ ben Irrthum, der an einem Lehrer oder Prediger zu to» leriren fene ; und if bier wohl qu bedenken, bag die evan⸗ gelifch-Tutherifchen Theologi, in ihrem Univerſalismo viet ‚weiter geben , ald die reformirten Theologi, deren Lehre in der Formel verworfen wird; ja, daB diefe eigentlich nur dem Schein mad) Univerfaliften find. Wenn man alfo, müßen die evangeliſch⸗ lutheriſchen -Dillig gebenten, in ben reformirten Kirchen nicht einmal den Schein des Univerfa-- lismi am einem Prediger vertragen fann, mas für einen Adfchen muß man bana an und und unferer Lehre baden, bie wir in ber That und in der Wabrbeit Univerſaliſten find, und wenn man einen’ folchen Mbfchen ab unfter Lehre bat, mie darf man vorgeben, man balte ung für Brüder , bie im Fundament nicht irren, ba wir bod) nach der tefot» mirten Meynung neben blefem verbaßten Univerfalismo noch viefe andere Irrthümer an ung vn

. I: Kap. 1723. 401

Wie verbaßt aber die Formula eonsensus bey den Lu⸗ tberanern ſey .... bezeugt das Schreiben des Churfür⸗ flet von Brandenburg Friedrich Wildelm, an bie evangelifiben Orte von 1686, wie auch das Eihreiben fei- ned Nachfolgers, Friedrich, an bie Geiſtlichkeit zu Genf von 1707, darinn et fo [obet, bag fie mit Abſchaffung ber Formulae consensus, nach dem Benfpiele der Basler , die vornehmſte Hinderniß , fo die: Vereinigung beyder Kirchen bätte fiören fönnen, and dem Wege geräumt, und biemit gleichfam bie Schweidewand zwifchen beyden Parteyen nieder» geriffen hätten . . . . Daß diefe Formul in Abgang gekom⸗ men, war eine Wirkung des Schreibens des Churfürſten, an die evangeliſchen Orte von 1686, und die große Gefahr, in welcher die reformirte Kirche war. Es war mit der Kirche in Fraukreich ganz ans. Es (diem, als Hätten bie machtigſten Potentaten aller Orten den Reformirten den Uns tergang gefchmoren. England und die churfürfiliche Pfals bekamen fat auf einmal catbolifche Oberbäupter. Diefe 0b. fchwebende Gefahr , gab dem gedachten Schreiben ein groſ⸗ ſes Gewicht, und unter anderm auch bey den Theologis ſel⸗ ber, die zuvor zu der Formula am eifrigſten geholfen, die⸗ ſelbe defendirt, bie darinn approbirten Meynungen in ihren Schriften öffentlich verfochten , mie fie denn aud) in dieſen Meynungen bis an ihr Ende geblitben find. Weil abet biefe Theologi gefeben, daß bie Formula consensüs 908 den vote nehmſten Stügen ber Kirche, als eine Hinderniß, zur böchft nötigen Union der Protestanten angeſehen werde , fangen fie an, fi ein Gemifen zu machen, etwas der Kirche fo nachtbeiliges ferner zu treiben und zu urgieren , fondern fie bielten dafür ,. das beßte der ganzen protedtitenben Kirche müffe allem voran geben, unb man müſſe auf andere uns ſchädliche NUR bedacht ſeyn, bie Reinlichkeit der ‚gefunden:

492 _ XVIII. Beriode. 1691-1788.

Lehre unter uns zu erhalten. Die Verfaffer biefes Out. achtens eröffnen quiet, daß, mo fie ihre Stellen angetre» ten , die Formula consensus längften abgegangen vat . . .. daß fic bis auf bicfe Stunde bie. Sache gelaffen, wie (ic fe gefunden hätten. Sie bätten es nicht berenet, unb Feine Urfache gebabt nach der Formula zu ſeufzen.... feit mehr ale 35 Fahren werde die Einigkeit und Reinlichkeit der Lehre erbalten Defien dann C. Gnaden ſelbſt uns Das Zeugniß geben tónnen , indem fie deßhalben mit uns nichts wie etwa anderswo geſchehen di, zu thun und fchaffen gehabt haben. And wären mir. wobl alüd (elige Leute, wenn in allen andern Stüden und Blichten unfers ſchweren Amts‘, chen fo wenig als bierinn an und qu deſi⸗ beriren wäre. Die beiten Mittel . . - . zu Erhaltung brü⸗ derlicher Einigkeit, find, nach unferm Urtheil, wenn Pre biger und Lehrer mehr auf Gottes , als auf ihre eigene Ehre fehen ; alles was nicht sur Erbauung dient , beufeits fepem; in unnützen Speenlationen und Subtilitäten feinen. eiten Ruhm ſuchen; alles in ihren 2ebren und Bredigten forgfältig meiden , daran- fid) andere Brüder flofeu fónuen; endlich, vor allen andern Dingen, das Hauptwerk des Corifentbums immer treiben , und von Nebenfachen Tein großes Werk ma» dit. v ms Er. Sn. 6t. F. €. 9. Unterthänigh gebovfame Bürger, die Theologi , Pfarrer und übrige Diener am Wort Gottes, Hieronimus Burckhardt, Doctor, Samuel Werenfeld , Doctor , Jakob Chriftiof Iſelin, Doctor , Kobann Ludwig Frey , Doctor ,- 3. 9. Gernler, Pfarrer bey St. eter,

HL Kap. 1723, | 498

J. Nud. Wettſtein, Pfarrer bey St. Leonhard,

Andreas Merian, Plarrer bey Gt. Theodorn,

Nicolaus Rippel, Oberſthelfer, Thbeod. Falkeiſen, Prediger bey St. Martin, Friedrich Battier, Pfarrer bey St. Alban,

Theodor Gernler, Prediger bey St. Elsbethen,

Simon Gtöcklin, Pred. bey den Barfüßeen, und im

‚Spital,

Theodor Burdhardt , Helfer bey St. Peter ,

J. C, Bendner , Diaconus Petrinus, m

«. 8. Wettſtein y Diac. Leonhardinus,

ob. Stöcklin, Diac. Minoris Basileae,

Marbäus Merian, Diaconus. j Den 4. Juny fandten oberwäßnte Theologen und Geiſtliche folgenden Nachtrag zum Gutachten vom 27. Map:

» C ftit etlid) und dreißig Fahren werde die Un⸗ terfchrift der Formula consensus von Niemand verlangt. Dieß fen im Julio 1719. (d)on dem Erzbifchof von Cautor- Bero, Primat von England berichtet worden. Der Erz biſchof habe gefchrichen , wir folten nach dem Benfpier fei- nes Königs, zu der Union der Proteftirenden das tinftige benytragen, und uns einander dulden , in ber Lehre degratia . wniversali und andern dergleichen ſchweren Punkten darin, wie er fchrieb, auch die beſten unb gelehrteſten Theologi nie mals allerdings übereinfommen. Obne eine folche Tolerang werde keine Union unter den Proteſtirenden jemalen Statt haben. Vos igitur fratres serio haecus par est, conside- rate. Nec a nobis a plerisque. aliis reformatis etiam a .vestri autecessoribus novis ac durioribus impositio nibus secedite, (Betrachtet bod) dad, liebe Brüder, unb trennet euch nicht von uns und vielen andern Steformirten, ja voi euern Vorfahren (eb, durch allzu harte Auflagen). Die

404 XVIII Periode. 1692— 1788.

Vrofeſſoren and Geiſtlichen tadeln mit Necht in dem vorge⸗ fchlagenen Antwort- Schreiben von Zürich: „daß die Formula consensus , als nad) der Eonftitution unfrer Kirche und Re⸗ giments böchſt erforderlich und nüslich annod) fub(idtite."— Sie fügen hinzu: Insgemein find alle Formulae in Sachen

die ben Grund und das Fundament des Glaubens nicht an -

treffen, böchſt ſchaͤdlich. Sie bindern nicht nut die Union unter den Lutheriſchen und Reformirten, fondern fie find vermögend die Reformirten felber je länger je mehr von einander 48 trennen.

Wie fdüblid) e$ der. Kirche fen, bie Anzahl bet Glaubens⸗ Artikel zu vermehren haben unſre Alten wohl erkannt. Da⸗

ber dann gekommen if, daß in unferer alten Liturgia, wenn bad Symbolum: apostolicum abgefprochen worden , dieſe Worte alsbald dazu gethan werden : „Liebe Ehriften, dn Sachen des Glaubens follen wir uns diefer Artiteln be . gnügen, nnd Niemanden der ſolche freventlich ur⸗ theilcn.”

als das Hauptgutachten im Kath behandelt mot»

ben ‚fand er angemeſſen, alles vor bem qvofem Rath zu bringen, unb. bief geſchah am 1. Juny. Zugleich fie ev den Auffag ablefen, nad) welchen er Zurich arte worten wollte; wie auch ein, von den auf bem Reiche tage zu Negensburg verfammelten Deputirten der Chur fürften, Fuͤrſten und Städte von evangelifcher Religion, an Zurich und Serm ebgegangeneó Schreiben. Der Beſchluß des großen Raths fiel dahin aus: » Sol an Zürich berichtet werden, dag man aus hoͤchſt erhebli⸗ chen Urſachen, mit ihrem, und überfandten Concept , ‚wie S. f. britaniſche Majeſtaͤt zu beantworten wäre, nicht concuriren koͤnne. Man fen. aber wirklich

IL Kay. 1723. 495

in Deliberation begriffen, auf was Weife ihnen naͤchſtens unfre Gründe und Rationes umfländlich zu überfenden ſeyen: „Zugleich übertrug der große Rath den XIII, eine folche ‚Antwort, nach eingeholtem Gutachten er Geiſtlichteit, vorzuſchlagen.

Der Vorſchlag wurde ſchon den 8. Juny einge⸗

geben unb angenommen. Man ſchrieb an Zürich: „In

der. Formel. ſeyen nur Nebenpunkte enthalten; wir ſey⸗ en nicht im Stande dem König zu fchreiben, daß wir

die Formel nicht fallen laſſen können; mad) Abthuung

der Formel, fepem bie Artikel berfelben nicht für falfch , aussufchreyen ; feit der Einführung der Formel, fen mehr Streit entffanben als vorher; feit langen Jahren fen fie be) mns nicht unterfchrieben worden; wir wol. fen: von ihnen (den 3ürderm) vernehmen, o5 fie in gemeinfchaftlihem Samen unfre Gedanken unterfchreiben wollen, oder ob wir fie abfonderlich » unſeren Ort an den König gelangen laſſen ſollen.“ " |

Diefer -abfonderlihen Antwort zu entgehen, brachte Zürich das Geſchaͤft auf bie Tagfagung in einer evan⸗

gelifhen Sitzung. Bir übergehen mande Umſtaͤnde,

die eigentlich zur Gefchichte von Zurich oder von Bern gehören, und theilen folgende Schreiben der Könige von. England und von Preußen vom 3O0ten a und vom Oten April 1723, mit,

Georgius Dei. gratia magnae Britanniae , Franciae et '

Hiberniae Rex, Fidei defensor, Mus Brunevici et Lune.

A

;-—D— heile item

496 XVIII Berlode. 1692-—1788.

burgi, sacri Romani Imperii archithesaurarius et princeps * elector etc. etc. Illustribus atque amplissimis Consulibus, : Scultetis, Landammannis .et Senatorilus Cantonum Helve. tiae evangelicorum "Tiguri, Bernae, Glaronae, Basileae, Schaffhusif , Abbatis cellae, St. Galli, Mullhusii et Bien. nae, amicis nostris, charissimis salutem.

Quamquam ea, qtiam nebis testantur litterae vestrae 29. die mensis Septembris . proximi - , praeteriti datae, ad . unionem inter omnes reformatos conciliandam , animorum vestrorum propensitas grata ad modum nobis sit, qui hu. jus modi concordiam communi omnium saluti non tum uti. lem esse censemus, quam plane necessariam; tamen non possumus non dolere , quod vos adeo tenaces reperiamus in tuenda illa vestra formula consensus, quae. et ıbajori Protestantium parti, tanto est offendiculo, et à quibusdam inter vos ipsos, Pagis. ea de causa penitus aboletur, quan. tis contentionibus haec constitutio his proximis annis, suh. ditis vestris, praesertim ‘in Pago Bernensi, occasionem dederit, sumo cum dolore audivimus." Et quamvis mode: .atione illa, qua erga plurimos eruditissimos Professores atque Pastores, prosolita- vestra prudentia in illius sub. scriptione exigenda usi estis , conscientias eorum aliqua. tenus sublevaveritis ; eosque quanquam alieno a formula 'illa animo, in suis officiis atque ecclesiis retinüeritis, non dum tamen etiam illis adeo plene vos satis fecisse com. | perimus , quin adhuc vim aliquam suis conscientiis fieri sentiant, a qua uti penitus liberari optant, itaa vestra erga - universos $ubditos vestros aequitate, id tandem sibi con; cessum fore non diffütentur. Hauc igitur libertatem adeo vobis utilem ,' nobis gratam, ut eorum & vestris exemplo, qui necessitatem hujus formulae subscribendae prorsus ab. s b. d x ' ^ stülerint;

III. Kap. 1723, 497

stulerint, etiam caeteri omnes Pagi subditis suis conce. derent, non possumus non iterato vobis commendare. Articulos in hac formula. determinatos, et in se admo. dum obscuros esse, nec ad salutem creditu necessarios, eruditissimi viri, quibusoum de hac re communicavimus, uno ore aflırmant : diversitatem in ea sustinenda, quam ‘inter vos ipsos esse nobis significastis, de fraterna, quae inter vos viget, cbaritate, ne minimum quidem derogare agnoscitis? nullum ex hac formula impedimentum lauda. .tissimis consiliis de unione ecclesiarum in Germania agita. tis injiocit deberi pie atque prudenter judieatis : illud unice „nobis optandum, vobis agendum restat (quodquam parum "sit vos ipsi judicate) ut publicae paci; ;nostraeque intera cessione concedatis , ne qua omnino subscriptio formulae illius ab aliquo exigatur, neque de ipsius articulis aliqnis i; alteri aut controversiam moveat, aut litem intentet. In quo statuendo rem nobis pergratam, vobis honorificam , . subditis vestris utilem, omüibus unionis, et concordiae. in. ter protestantis amatoribus desideratissimam , nemini gras vem facietis. Hoc igitur a ‚vestra amicitia , pietate atque prudentia jure speramus, Nos, pro nes(ro in publicum ecclesiarum evangelicarum comınodum studio, nihi] omit- temus , quo, sepositig omnibus seditionis causis ac. mäte- riis, eas in aretissimo pacis et concordiae vinculo invicem . conjungamus. Deus nostris conatibus, vestris consiliis benigne annuat, et religionem reformatam suae gloriae , nostrae consolationi , ab omnibus hostium i jpeius machina. , tionibus tutam conservet, eamque in dies «mliet et ex- tendat! Quod reliquum est, vos, vestraque, omnia su. premi numinis tutelae ex animo commendamus, Daban.

^3

VIL San. 00° gi

498 XVIII fjerigbe. 16921788,

tur. in palatio nostro diyi Jacobi, trigesimo die mensis Ja. nuarii, Anno Domini 17?75, regnique nostro nono, ( Vester bonus amicus, Georcıus, Rex, ' Catteret.

Bohlgeborne u. f. w.

Ob mir und zwar (ef. promittiert, ed würden die be. weglichen repraesentationes , welches des Königs von Groß- brittanien Majeflde, wir, und das gefammelte corpus evan- gelicorum $t Regensburg vor einiger Zeit den Herren über bie befatinte Formulam consensus zu thun, der Nothwen⸗ digkeit ermeflen, die gängliche Aufbebung fotbaner Formel effectuirt baben ; fo müflen wir bod) mit nicht geringem Leidweſen vernehmen, welcher Geſtalt unfre Deshalb gefchönfte gute Hoffnung, obgleich diefelbe anf der Herren bekannte prudenz, und für die Wohlfahrt ber Kirche Gottes rühm⸗ Vi bezeugenden Eifer fid) gegründet, dennoch in fo weit fehlgefchlagen, taf an verfchiedenen Orten ber löbl. Eidge⸗ noſſenſchaft, bieft Formulam beyzubehalten, und bio den modum , deren deßhalben vorbiu geforderten Benflichtang , auf gewiſſe, jedoch nicht zulängliche Maas zu temperiren, bie Eutſchließung gefaßt worden. Nun find wie zwar ‚nicht gemeint, deu Herren bierunter einiges Ziel und Mans zu (een , fondern laſſen alles, was fie bejbalben flatuieren , and den Ihrigen anbefehlen wollen, in derfeiben unbefchränf: ser freyer Wilführ unb Gutfinben Tedigfich beruhen. Die Herren gernben aber auch bochvernünftig zu confiberiten, wie daß gleichwohl die meiften in mehrgedachter Formel 5e. griffenen Artifel fo uuVeutlich und obscur gefaffet, bag $c unmöglich für ein in der heiligen Schrift flar gegründee tes Corpus doctrinae zu achten ſeyen; bag aud) bit evange⸗

liſch Reforinirten, ſelbſt unter fid, Über folche Punkten bif. ſentieren, und ba , ipie die Erfabrung ſchon mehr als zu viel gelehrt, die Einmärbigkeit im Gíduben, melde die Herren mittet ſolcher Formel, Bey den dortigen evangeli⸗ ſchen Kirchen und Gemeinden zu fliften intendieren, dadurch keinesweges erlangt werden könne, fondern im Gegeutheil - allerhand Urfache, Haß unb Berbitterung nothwendig entſte⸗ ben müſſe, und daß es aud) Eine der chriflichen Liebe und wahren enängelifchen Freyheit zuwider lauffende/ und nach | dem vormaligen unerträglicheh Zoch des Pabſtums ſchmecken⸗ de Sache fe, Jeinanden an dergleichen zu bem Grunde bed Gíaubend und der Seligfeit an unb für fid) ſelbſt, gar nicht gehörenden inb mit imendlichem Zweifel und Diffieuftäten vermwicelten Menſchenſatzungen binden, und dadurch einen Gewiſſenszwaug aber feinen Nebenchtiften ausüben qu wol⸗ len, da doch der Höchſte allein über die Gewiſſei der Sen. . ſcher berrſchet, und Niemand ohne fid eines fchweren Eins griffs in die göttliche Almacht und Gerichte fchuldig zu mas chen, (id) beffen ntitetfangen kann Bey fo geſtalten Sas che leben wir aud) der guten Zuverficht, die Herren werden iu gaͤnzlicher Aufbebüng inchraedachter Formel arnech fich reſoldieren, zumal da dieſelbe nicht nur den enangelifch-Tu- tberifchen , “fondern atich Vielen unter den ewängelifch-res forniirten ſehr anſtößig ít, und von Uebelwollenden daher Gelegenbeit genommen wird, die fo febr zu wünfchende nda "bere Zuſammenſetzung und völlige Vereinigung Bender evatia - gelifcher Theile. gu verbinbern und aufzuhalten 3: au. defchwei- gen der. detestabein, Consequenzien ; (6 von dergleichen Störern bed Kirchenfriedens ans diefer Formel gezogen, und den Reformirten, genen ihre wahre Gntention. ünd Viennudg angedichtet un aufgebürdet werden wollen, welche aber durch

dia

)

600 XVIII. Periode. 1692-1788.

bie Einziehung ſothaner, zu nichts in der Welt dienenden , fondern blos und allein zu Zank und Haß gereichenden (ot, mer, auf einmal werden destenirt und widerlegt werden Tonnen. Wir erfuchen auch dannenber die Herren oie» mit nochmals, unb. zwar ganz inkändig, fie wollen nicht Yänger tarbieren , - mit gänglicher Abfchaffung fotpaner For⸗ mel nunmehr zu verfabren, unb baburd) alle, fo daran Intereſſe nehmen, abfonderlich aber ‚diejenigen von bero Unterthanen völlig zu berubigen, welche mad) der Befrey⸗ ung von diefer ihrem Gewiſſen fat qu fchwer fallenden 2aft , unb ihnen baber zum öftern zugefloßenen unverdienten Ver⸗ folgungen , fchon viele Jahre ber, geſeufzet und verlanget baden. Die Herren thun daran an Gott. ein wohlge⸗ fälliges und allen vechtichaffenen Evangeliichen zu größerer Eonfolation gereichendes Werk; uns aber wird es infonbet beit fehe freuen, wenn wir feben, daB dieſe unfre wieder. bolte, wohl unb aufrichtig gemeinte Vorſtellung etwas bey» getragen, unb die Herren zu einer fo beilfamen Entfchliei- fung qu bióponieten, die wir auch im übrigen denen Her⸗

ven mit fónigl. Huld und Gnade wohlgethan verbleiben.

. Berlin, den sten Aprilis 1723. Der Herren. guter Freund, Allirter und Bundesverwandter. Fr. Wilhelm

M. £. von Printz. | Die Beantwortung diefer Schreiben veranlaßte eine evangelifche Sitzuug. In einem von Zürich vorgefchlas genen Aufſatz fand, daß wen die Vereinigung der evan⸗ geliſchen Staaten zu Stande kommen werde, ſo ſollte die Signatur der Formel, im den evangeliſchen Can» tonen gunzlich aufgehoben feyn. Sym diefem Aufſatz wurde end) angebracht, daß bie Formel feine Giaubendartitel

anfdringen felle, fondern nir Einfoͤrmigkeit in der: Lehre bezweckt abe. 908 gedachter Aufſatz am Sten Septem- ber 1723. im Großen Rath- verlefen wurde, ließ er : Zurich er(ud)en , vor der Ausfertigung des Schreibens , die Worte einsufhalten: » Was Maaßen die Signatur diefer Formel (dou (eit vielen Fahren bey einigen evan⸗ gelifchen.. Orten der Eidgenoſenſchaft wicht mehr erfor dert werde.” Welches auch geſchah, wie die Antwort von 3ürid) am den König von England vom 17. Sue nm) 1724, im Namen. der evangelifhen Hrte Zurich, Bern, Glarus, Baſel, Schafhaufen, Stadt St. Gal» (en, Mulbaufen und Biel, es des mehreren. zeigt: e Declaramus , unione stabilitate; formulae sub- $criptionem, quae re ipsa, multis abhinc annis, .

in quibusdam Cantonibus non amplius etiam .- caeteros penitus abroga, turos esse.” Durch diefe Annäherung von Zürich und. Bern wurde an T": Geſchaͤft befeitiget, F

f.

1724.

De Fuhalt ber Scheidemünge wurde vom Grofen | Rath auf folgenden Fuß erkannt: Es ſollen einfweilen sehntaufend Thaler in dreyerley Scheidemünge geprägt erden. Halb Sagen 194 Stuͤck auf eine Mark vom 47 gotb feines Silber; ganze Batzen 106 Stüfe uf eine. Darf: von 5 otf ; drey Baͤtzner, 50 Stüde m eine. u von 1% Roth.

x

502 XYIII, Beriobe 1602—1788.

. Ein gewiſſer Bronner, hatte. 6d) unter aubeen für bie Landvogtey Mendris anaraeben. Als aber big Ernennung im großen Rath vorgenommen werden follte, wurde er aus dem Verzeichniß der Bewerber burger ſtrichen, weil er des PATER Tochter» mann war,

St feit dem 16. März 1722. ermählte Stadt fhreiber Chriſt, war Profeffor in den Rechten gem. fen, (Institutionum et Juris publici) unb fein groͤß⸗ tec Wunſch war bie Wiederanfnahme unferer Univerſitaͤt. Er brachte es durch feine Freunde dahin, daß unterm ien Man 1724. folgendes im Großen Rath erkannt wurde; 49a mM. ©. Herren und Oberen bedaurlich vorfomme , daß nicht nur das Gymnaſfium anf Surg, fondern eine loͤbl. Univerſitaͤt felber, die eines der ſchoͤn⸗ fen Kleinodien unfrer Stadt (ep, in siemlichen Abgang geraten , fo i$ 99, (9 Hrn. unb Oberen ernflicher Wille und Meynung , daß hierinn auf das fchleuniafte , - fo viel möglich, geholfen merde. Wollen alfo von®, €. Regen; vernehmen, was bie Urfache eines Ver⸗ fals, und wie am beſten zu helfen wäre, ^

Disfer Auftrag wurde von dem größten Theil der. Profeſſoren übel aufgenommen. Darauf mag vieleicht Die Stelle in der Athenae rauricae Bezug haben, wos rinn der Verfaſſer oon eben biefem Stabtfchreiber bri fl bemerkt, daß er eine geläufige Zunge hatte. ( promta lingua praeditus.) Anſtatt ju eröffnen, was auf der

Il. Kap. 1724. 503

Univerfität fehlte, anffatt zu verfprechen mehrere Lehr ſtunden zu geben , unb eine dadurch verdiente Erhoͤhung ber Befoldung zu verlangen, fo verfertigte bie Regenz eine weitläufige Schrift, worinn (le von vermehrter An» zahl bet Lehrfiunden unb der Lehrfächer Leine Sylbe bes ruͤhrte, oder hoͤchſtens won einer Reitfchule ſprach. Das gegen führte fie die pábfllide Bulle ihrer Stiftung an, und fuchte dem Großen Rath weiß zu machen, daß bey der. neuen Gründung der Univerſitaͤt nach: der Steforma» fion, die Regierung fie dadurch in bie päbflichen " vilegien wieder eingeſetzt hatte.

Dann ſprach ſie von dem geringen Einkommen der Lehrer, und endlich von dem Wahn, als wenn ſie in Verfall gerathen waͤre. „Indeſſen, waren ihre Worte, kann E. E. Univerſitaͤt allhier, in einem Verfall zu ſeyn, nicht gehalten werden, wenn man die Profeſſores der⸗ ſelben, und deren Erudition anfiebt. Denn es befinden (b fo gelehrte und vortrefliche Männer bey derfelben , daß deswegen Diefige Univerfität Feiner in Dentfchland etwas nachzugeben Katz ja; in vielen Stüden nicht wer piger übertreffen thut.” Bey diefen Lobenserhebungen , die die Brofeforen fid) ſelber gaben, Konnte Niemanden entfallen, daß fie nur von Gelebrfamfett (welches in einem. hoben Grade gegründet war), unb nicht von Lehrpflichten Meldung thaten. Bey diefem Anlaffe wur de ihr Plan geoffenbaret. Die. Iniverfität follte Tele ne gebranftalt mec fen, fondern eine 9 cabemie

504 XVIII Periode. 16921788,

ber Wiffenfhaften abgehen. Die Mitglieder ders ſelben würden nach gefälliger Laune arbeiten, die. Bes foldungen als bloße Wartgelder Deyieben, und indeſſen . gerichtliche Sachen, Geldanlagen, Boateigchen und bie Verwaltung von Zehnden und Befälfe, wie beym Stift . €t. Peter, qum Zeitvertreib haben. - Wie dem auch fen, fo bekam an diefem Tage ble Regenz, wit Zusiehung der Deputaten den Auftrag, über eine beilere Einrichtung des Gomnaſiums ein Bedenken abzufaſſen. Da die Profefs ſeren nicht Lehrer. im Gymnaſium find, fo war zu Bof» fen , daß fie etwas gedeihliches vorſchlagen würden. Dieſes Bedenken wurde den 19. December eingegeben, | Der große Rath fegte aber eine Commiffion nieder , die mit Zuziehung der Deputaten und den Ausgefchoffenen. der Regenz die eingegebenen‘ Vorſchlaͤge pruͤfen ſollten. In die Commiſſon wurden gezogen, der Oberſtzunftmeiſter at Falkner, bre Klein» Raͤthe ud drey Md tbe.

Im Augſtmonat. fuf Me Braut. ed fardinifihen Eröpringen eine Prinzeſſin von Heſſen⸗Rheinfels, hier⸗ durch... Das: ihrentmegen aufgeſetzte Ceremoniale unter⸗

c fiheidet den Sol, we die Prinzeſſnm ihre Ankunft vore

ber-;netificiegen ‚würde, von bem Falle, too fie. es nicht nethan hatte. In der erſten Vorqusſetzung wurde bee ſtimmt, daß die XIII, en corps fie bewillfommen, uno ihr zwey mit. Gonfegt ,- Gitromnen und Pomeranzen ge» fuͤlte Köche, wie auch eine Anzahl Vanteillen fremder

IH. Kap. 1725. 505 .—

eine fchenten würden. n Lieſtal befam fie noch ‚Sitm J linge, Salmen, Forellen und Wildprett. Alles unnd. thige nn wofür die Höfe feinen Danf wiſen. |

| s 74 12 5.

Es wurde für die Landſchaft eine Art Reſorma⸗ tions⸗ umb Polizey · Ordnung, wie für Stadt und Land von 1715, vom Großen een und Tundges macht. Sie enthielt 12. Artikel: 1.° Vom Stunden / Schwoͤren, Gotteslaͤſtern 1: Meyneld "i Zauberwerk. ') 2 Vom —— 2 8, dem Kinderheriht. 9. .

4 ) Niemand fol —— Babrfagern, Teufelsbeſchwö⸗ ;"- feu, Schasgräbern, Segnern inb andern Berrügern , .. - Wie auch. den fogenannten Heiden oder Zigeunern, ins

oder außerhalb des Landes ‚- nachlaufen, unb dieſelben

, Natböfragen. Die diesorts ſchibar Befundenen ſollen

aan Leib, Corey Habe unb Gut, ja auch am Leben,

Je nach Geſtalt und Beſindung ihres, Uebertretens ohne ‚Gnade abgeſtraft werden.

2 ) „Der Gottesdienſt ſoll Sonntags Morgens in der Pre⸗ "'' bigt, Nachmittags bey der Kinderlehre, desgleichen . Dienſtags, und mo es Herfommens ift, Mittwochd und Donnerſtags, wie auch Camflags Abends in der. Bet- fiunde, von. Jedermann, Fungen; und Alten, Elteru ‚und Kindern, Herren, Meiſtern und grauen , Knech⸗ ten und Mägden... qu rechter Zeit, und gtpar in gezie⸗

mender Kleidung... befucht werden.... Wo Jemand

aus Fahrläßigkeit, Verachtung , der fonft ohne Leibes- , noth, oder andere rechtmäßige Entſchuldigung ausblie⸗

£06 XVII, Sferiobe. 1692—1788. -

Son bem heiligen Nachtmabl, ^) 5.9 Bon Zortpflan.

zung der wahren Religion, wie amd von Schulen unb

be, ber (oll nad) Ocbübt , obne Verfchonen abgeftraft wer, den. . .. Wegender Sorge der inter unb der Hüte des Vie⸗ bes unb bed Haufes , foll man eine Hauskehre ate ordnen.” Alfo, wenn Einer 4:8. am Sonnabend aufm

Belde eine halbe Stunde won dee Kirche arbeitete, fo _

mußse er nach Hauſe kehren, (id) anderk aulleiden, in bie Kirche gehen, nach dem Gebet (id zu Haufe wieder anderfi anlegen, und bann die unterbrochene Arbeit von neuem anfnüpfen. Was Wunder, baf dergleichen. 6t fege nicht befolgt wurden?

4, ) Kinderbericht , ainderlehre oder Die jungen Leute, die ſchon eommunicirt baben, ſollen deſſen ungeachtet, wenn fie auch verehlichet wären, bid In dag 24ſte Fahr, nicht nur ber Eatechifation am Sonntag beywohnen, fondern auch wie die übrigen Kinder befragt, und qum Ant⸗ worten angehalten werden. Die eltern Tollen, außer

^. btt Beſuchung bet Morgenpredigt , die Kinderlebre auch

- befuchen. Daranf follen infonberbeit die Wächter fe- ben, unb bie mutbmillig Ausbleibenden dem Pfarrer att zeigen, damit felbige zur Rede oder auch nad

. Gebühr geſtraft werden.

4.) Wer fid) am Tage zuvor ben bet wicht einfindet, und er es nicht vermittelſt einer erhebli⸗

den Entfchuldigung von feinem Seelſorger erhalten

Tann, (HU fid) nicht unterfangen zum heil. Abendmahl zu geben.

5.) Von den Schulmeifern wird. nur verlangt, daß (ic Le⸗

ſens und Schreibeng tvob( berichtet find. Die Kinder |

* ER —— ——— —— à

UT. Kap. i725, 0. 607

Schulmeiſtern. *) 6.°Bom Bann, nnb non ben Bann Brüdern. 5) 7.^ Wie und was man Ach mit ben Wie⸗ dertäufern halten folle, 7) 8.° Bom Auslqufen auf Kirch⸗ weihen unb Nachtirchweihen. 3) 9." Vom Spielen. ?) 10. Von Hochzeiten. 11. Bon den Wirthen. 12, Don | der Felddieberey.

. Sn ben Eingang werben nicht nur die Untertha⸗ nen, fondern auch bie auf der Landſchaft (penben Buͤr⸗ ger angeredt, Diefe Verordnung foll. abwechslungsweiſe

(ellen vor allem das Gedruckte leſen lernen. Die Spree diger ſollen die Schulen wöchentlich befuchen. -

6.) Die weltlichen Strafen, als Geld und andere, wer- den dem weltlichen Amtienten lediglich überlaſſen. Die Sänne fünnen bie Feblbaren warnen, frafen, beſchel⸗ ten, vermahnen, auch nach geſtaltſamme der Sachen. von ben heil. Sakramenten abhalten.

7) Wer der wiedertänferifchen Sekte ..... fich unterzieht, oder (ont auf andere Weiſe (ido von unferer wahren Kirche trennen and abfondern würde, (oll in Beyweſen des Obst» amtmannes durch den Prediger unterrichtet werden... falls ev beffen ungeachtet fortführe, yon unferer Kirche f abzuföndern , fremden Schwärmern Aufenthalt is geben , oder verführeriſche Meynungen auszuftreuen , fo fall er einem €. Kleinen Rath unverzüglich verzeigt wer⸗ den, mm dergleichen Uebel in Zeiten zu ſteuern.

8.) Und an Sonntagen wird dieſes Auslaufen verbothen. 9.) Das Spielen mit Karten und Würfeln, wie auch das grobe und habe Wetten, follen allerdings abgeſtelt ſeya.

608 XVII. Periode. 1692—1788.

mit der Basler⸗Confeſſion von bre qu drey Mo⸗ naten von der Canzel abaelefen und swar behy be ——

Die im vorigen Jahre wegen des Symnafum nie dergeſetzte Commiſſion flattete, den 5ten Merz, ihren Bericht ab. Ihre Borfchläge wurden angenommen. Es geſchah aud) was dergleichen Anfalten dauerhaft machen kann. ‚Die Commiſſion erhielt vom Großen Rath, ba eim befonderes Inſpektorat errichtet würde, und bag . Sohannes Bernoulli, gegen einen Gehalt von 400 Bulden, 6 Saum Wein, und 6 Viernzeln Korn, die fed Infpeltorat bekommen (olite , mit ber weitern Voll macht, die Pensa ſelber zu betimmen, und die Ein⸗ theilung der Schuͤler vorzunehmen. Dieß mißfiel aber ber Regenz. Ein jeder ruͤhmte zwar in kurzer Zeit den guten Exfolg der Einrichtung: Allein bald fanden Tad⸗ ler auf, umb unter tem Vorwapnde, daß die Aufficht von Bernoulli mit- etwas Ausgaben verknüpft: war, that einer im 3. 1727. den Anzug, ob noch ein Inſpektor noͤthig wäre. . Diefe ſeltſame Frage uͤberwies man einer Commiſſion, und 1731. wurde die Inſpelktion von neu⸗

em der: vielfbpfigen. Schul-Regenz übertragen.

17295 -

Nach der Verkommniß von 1691. mußten zwar die Sefandten zur Tagſatzung und zum Syndikat ihre Re⸗ lationem beym großen Rath abflatten ; diefe empfiengen aber ihre. Inſtrultionen nicht vom Großen Rath , fon

HL Rap.- 4727. —— 509

bern vom Kleinen Rath. Widerfprechend war es frey⸗ lich; e war aber werfafungemáfig. Der erſte Verſuch einer Abanderung geſchah den 1. Sulp, wo feſtgeſetzt wurde, daß vor der Relation bie Juſtruktion des Kleis nen Raths auch im Großen Rath verlefen werden folls te. Allein den 14. November wurde beſtimmt erfonnt , daß die Inſtruktionen vom Großen Rath ausgehen foll» ten: | | „Wollen Meine Gnädigen Herren und Obern den - Ehren Gefanbten , welche fie in Gefchäften, die faut der Verkommniß €. €, Großen State. suffeben , verfenden werden, dasjenige, was fie hauptſaͤchlich auszurichten ‚haben, anbefehlen, und darüber bie Inſtruktion abfa(» fen; was aber alsdann geheimes und fpeciale zu tvattierem feyn wird, felbiged Deinen gnädigen Herten den XIII. allein zu berathfchlagen uͤberlaſſen haben, bie Inſtruktion nach Anleitung beffen, was C. C. Großer Rath in der. Hauptfache wird erkannt haben, au formiren.

1727. Den 24. November wurden die Survivances oder “Anwartfchaften auf Aemter von nun an gänzlich aberfannt, Die Leichenpredigten waren im vorigen Jahr, den 28. November , abgefchaft worden. ') Den 22. Sep

. 2) Mnd zwar mit folgenden Worten : Sollen insfünftige feine abſonderliche Leichenpredigten gehalten, fondern die Verſtorbenen, fofern man felbige nicht in den geo ‚gewöhnlichen Predigten, allwo doch alle Perſonalien

610 XVIII Periode 1692-L1788,

tember dieſes Jahres las man im Grafen Kath Vor⸗ ſtellungen darwider, von Seiten der Geiflichkeit. Der Geſetzgeber ließ es dermalen bey dem N: bewen ben. |

Das Berboth der —— aber. war von feiner langen Dauer. Sie wurden den 21. May 1731: wieder gefattet 5 aber (ii Anfehung der Perfonalien mif der Sebinghif ; daß ohne einige Ruhmrede, fie nichts‘ andres. melden würden, als bed Verſtorbenen Geburt, Eltern, $epratb, Kinder, -gefrägene Aemter und Ab fferben.

17138

Den sten Oktober geſchah im Gtofen Kath citi feltfamer Anzug: , Sollte unterfucht werden, woher es komme, daß hieſiger Stand bey den Miteidgenoſſen, nicht in gar zu gutem Crrdit ſtehe, auch wie zu reme⸗

—— © white iem taſen, oͤhne großes Geprän⸗ ge dergeſtalten qur Erde beſtattet werden, daß dicienigen, "welche der Leiche nachgefolgt, in bie Kirche fid) verfü- gen, und allda son dem Herrn Prediger cine kurze C£. innerung und Gebet, welche beyde in cine abfonderliche -Kormel. gebracht und gebrudt werden follen, abgelefen werden, Webrigens (ollen die Weiber von dem Leichenbe⸗ . gängmiffen gänzlich ausgelaſſen, und bey Beſtattung jum ger, Kinder, ble nód) nicht communieirt hatten, nur die . . Ote (Sanfpatben ) und jene Verwandte, die Tat dem Abtrittstafelein in den Ausſtand sen eingeladen To f NON

II, Kap. 1738. 511

dieren.” Der Ort wo diefer Anzug geſchah, war übel ausgefucht, allein bie Sache ſelbſt nicht ungegründe. Im geheimen oder XIIIr. Rath war (jon den I6ten September bie Nede davon geweſen. So ſtehet es im Xillr, Protokoll eingetragen: » Ward einiges fo auf lebter eidgenöflifcher Tagleiſtung 4u Baden, von dem fehlechten Crebit , in weichen hieſiger Stand bey eini⸗ gen feiner Miteidgenoflen feet, vernommen worden, iu Herzen gesogen unb. beratbfchlaget, wie biefort mod te vemmediert werden. Gott gebe feinen, Gee gen! Sette der Schreiber Hinzu, Die Urſachen bdo von waren folgende. Der Mereifche Durchzug [ag bey der: franzoͤſiſchen Ambaffade zu Solothurn Immer nodj in geoffüchtigem Andenken, und die Solothurner und ans dere Eantone flimmten den franzöfifchen Klagen bey. Ob es imi Ernf war, ober ob mur aus Gefaͤlligkeit geſchah, vwigen wir nib Um mum die catholifchen Gantone zu gewinnen, ‚betrieben unſre Hänpter und Raͤthe ‚mit Eifer das Refitutionsgefchäft. " ). Dadurch Beleidigten fie aber Zürich und Bern, nnd fo fanden fie in feiner Bartey Freunde, N

In diefem Jahr wurde das Verhaͤltniß des Silbers sum Golbe al(o beſtimmt: 147% Mark Silber galt (d

*) Das ik die Zurückgabe der im Gabr 1712. geſchebenen Eroberungen von Zürich und Bern, an Luzern, Tii, Schwyz, Unterwalden und Zug,

512 XVIIL Periode. 4692-1788.

viel als eine Mark Gold; und eine Mark feines Gil; ber gieng ungefähr auf 19% Gulden.

1729.

Cm. Dezember des vorigen Jahres wurde von ver⸗ trauter Hand im XIIIr. Rath der Bericht abgeleſen, daß bie catholifchen Orte, den 25. October, zu Schwyz, ihren Bund unter. einander und mit Wallis erneuert und befchworen hätten, - und daß es bey den Regierun⸗ gen zu Zurich und Bern Auffchen erregte. |

In Folge deffen , fcheint ed, fle mam ein Verzeich⸗

nif der waffenfähigen Mannfchaft aufnehmen. Es wa» ven im May 1729, 2477. Mann in der Stadt, Bürs

. get umb Hinterfäßen. Darunter befanden fid) aber

516 Befrepte, 68 im der fogenannten 13ten Rotte, und 290 Hbers und Unterofficiere, der. Stadt fowohl, als ber Landmilitz; (o bag die Zahl der wirklich bie» nenden Gemeinen etwa 1600 Dann ausmachte. Auf der Landſchaft zählte man 3715 Wann, davon 115 Dragoner im zwey Gompagniem. Die Übrigen ^ 3600 bildeten zwey Stegimenter, jedes von 9 Gompagnien zu 200 Dann. ‚Zur jedes Regiment wurden 100 Gre : nadiere ausgefegt. ei,» .

| Den 30. May Fam der Erbprinz von Baden utto . feine Gram Gemahlin Hieher- Man .fchenfte ihm 2 Bierling Bein von 3 Saum, halb rothen - und Bald vom b. 6 von einem der beßten Gewaͤchſe | im

"*

^ CH fap. 1720. 00 13

im Sundgan; ferner 12 Saͤcke Hader, und 2 Salmen. Der Erbprinzeſſin verehrte man 2 Körbe Confeckt und italienifche Früchte, für den ungefähren Werth von 12 &ouisb'or. Dagegen gab der Prinz eine Mahlzeit. Doc veranlafite das Gevemoniale einigen Anfland. Um die hohen Gáffe zu bewillfontmen , : hatte man die zwey als ten Haupter, 6 XIII. oder geheimen Raͤthe, ben Stadt⸗ fehreiber und den Rathſchreiber ernannt. Ex verlangte aber, daß der ganzen XILIr. Kath kommen folte, wie es gegen feinen Vater beobachtet worden wäre. Es wurde geantwortet, daß zwifchen dem Vater wib dem Sohn eim Unterfchled gemacht werden muͤſſe. Endlich verglich mam fid) dahin, daß flatt bet älten Häupter ; die neuen fommen würden. Der GStadtichreiber führte das. Wort, unb hielt zwey Defonbere Anreden, die eine für den Prinzen, die andere für die Sprinjeffin.

Seit einiger Zelt wurde oft im Großen Kath T dem Ambulieren der Aemter gefprachen. ' ) Dir Aus⸗ druck wollte ſagen, daß die Aemter nicht auf lebens⸗ lang, ſondern auf eine gewiſe Anzahl Fahre verlielien werden follten. Im allgemeinen war der Gedanke (i$ (id; denn die Nemter , welche Grfábtung und Uebung erfordern, koͤnnen nicht anders als zum mS

| F) Ambutieren 008 ambulare, fpagieren see / ewm " ‚hen, abgewerhfelt werden, . a

VIL Band. Te

514 XVII. Periode. 1692—1788.

gemeinen Weſens, denjenigen gu Ber Zeit entzogen wers den, wo fie erf beydes erlangt haben. Die Gemiütber waren fehr gefpaunt. Endlich wurde den 1dten Sep⸗ tember erkannt, daß das Ambulieren in gewiſſen Aem⸗ teen und Dienflen eingeführt werden ſollte; zugleich wurde auch .einem Collegium aufgetragen , ein Gutach⸗ ten einzugeben, in was für Aemtern und Dienfen, unb auf was Weile ſolches vorgumehmen wäre. Gedachtes Geſetz folgte auf ein anderes Gutachten in: getheitter Meynung. Die eine Meynung empfahl bie Ambulation. Diefe wurde, Die es, zum Fleiß und Eifer anfpotnen, in der Zurcht, der Nachfelger werde die geführte Con- duite unterfuchen , imb einige Verantwortung über ben Hals Inden; untüchtige Richter würden weniger fchaden, weil fie nicht lebeuslaͤnglich am Amt bleiben; faͤhige Leute hätten ehender Hoffnung, ein Amt zu erlangen, das ihren Fähigkeiten angemeſſen wäre; die Staatsge- fchäfte würden mehreren befannt _werden. Die Ambu⸗ lation würde die übermäßige Gewalt, den Hochmuth , bie Rachgierde, die Privatzuneigungen hemmen, und die Aemter⸗Sucht bámpfen ; vor alten Zeiten endlich. wech ſelten bie Regierung, und bic davon abhangenden Aem⸗ ter jährlich ab. Die andere Meinung des Gutachtens mißrieth bie Ambulation, aber mit folgenden Worten: » Aus triftigen und höchft bedenkenswerthen Urſachen fatte man dafür, baf e$ ben bem von unfern lieben Altwors bern, für unfern Stand ſowohl bedachten, und bis auf ung erwachfenen Systemate, fein ungeänderted Bere

11. Rap. 1729. 316

- blieben haben ſollte.“ Mehrere von denen, bie das Ge gentheil öffentlich oder unter der Hand betrieben hatten, fanden im Verdacht, ba fie nach hoͤhern Stellen ſtreb⸗ ten. Allein den 5tem. December wurde in Anſehung der Hänpter, der XIIIv. Herren, u. f. w. gleichwie in Anfehung der Klein» und Groß-Räthe, der Gamlen der PBrofefforen, der Prediger, ber Schuldiner , und der allzu geringen Dienfle baton abgeflanden. Mur wurde damals die Amtsdauer der Drepyerherren und der Depntaten ayf 8 Jahre eingefchräntt. Allein, zwei Cabre daranf, den 10. May 1731: ohne eingeholtes Gutachten, inb auf eine bloße Umfrage wurde erfamıt ; » Sind alle foit eingeführtem Loos ambulant gemachte €. Stellen, Aemter und Dienfle wieder in alten Stand geſetzt, dergeſtalten, daß ſelbige ad dies vitae "- vergeben werden.”

Ein anderes Berfaffungegefet wurde den 7. ger⸗ nung errichtet. Der Große Rath ſetzte fef, daß mo» natlich eine zweyte Sitzung ſtatt haben follte. Der ers ſte Montag ſollte uͤberhaupt fuͤr die Verwaltungsgegen⸗ ſtaͤnde, und der dritte Montag des Monats fir bie Bes handlung der, in den vorhergehenden Sitzungen gemach⸗ ten Anzüge, beffimmt feps, tief wird mod) beobachtet, ‚wenn auch feine Anzüge mehr zu behandeln find.

Endlich fómnem wie einen, dem Echein mad, ge tingfügigen Gegenfanb nicht unberührt lafen, weil et

882

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516 XVII. Periode. 1692—1788,

einen ſchaͤdlichen Grundſatz in der Verfaſſung voraus: ſetzte. Es betraf die Peruͤckenmacher. Dieſe wurden angewieſen eine Zunft anzunehmen. Sie meldeten ſich Pep der Zunft zu Scheerern, weil fagten ſie, viele if» Tet Angehörigen fic) aud) bed Peruͤckenmachens untergó» ht. Sn der That feine Zunft ſchickte (i mehr für diefed Handwerk , als die der Barbierer und der Bas der. Denn diefe Zunft fiens fon an, bie Wundarp te, die nicht zugleich als Barbierer aufgedungen wor; en waren, ungern zu febem. Die Sache wurde vor den Großen Rath gebracht, und diefer erfannte: ( Den 21. März 1729.) „Sollen bie Peruͤckenmacher, innert naͤchſter Monatfriſt, fraft der den 29. December letzt⸗ ‚bin von einem E. Kleinen Rath gegebenen Erkanntniß, fh auf dieienige Zunft begeben, wo fie gerne wollen aufgenommen werden.” Die Zunft zu Krämern oder ‚zum Coran, o6 fie fdon fehr zahlreich if, machte feinen Anftand das Beyſpiel von Aufnahme su geben.

1730.

Eu fhreiten num zu ber Erwähnung jener Vers folgungen , die ber Geifflihe Johann Jakob Wett fein, Helfer bey St. Leonhard, von Geiten der tbeo, Togifchen Zacultät, und vorzüglich von Geiten der Pro feforen Johann Jakob Iſelin und Jakob Ludwig Frey, ausſtand, und die fange mod) bey allen Pro» keſtanten viel Auffehen erregten. Wir fagen Erwaͤh⸗ nung, denn eine gründliche Erͤhlung wuͤrde uns zu

HL Kap. 1730. 517

weit führen. Wettſtein, im Jahr 1693. geboren, war ein Urenkel des beruhmten Bürgermeifters Johann Rudolf Wettſtein, und ein Sohn des ſehr geſchaͤtz⸗ ten Pfarrers bey eben ‚der Kirche St. Leonhard, wo er den Helferdienft verfah. G8 fcheint, daß er (id) für bie Lehre der allgemeinen Grade zu offenhersig erklaͤr⸗ te, unb vorzüglich, daß er nicht glaubte, bie theologi⸗ ſche Facultaͤt fep, bie einzige und uneingeſchraͤnkte Ge» bieterin über unferen Glauben.

.^. Syr Anfang diefer Verfolgungen findet fich in un⸗ fern Roathöfchriften, unterm 26. Zuly 1729. aufgezeich⸗ net. Im XIIIr. Protokoll liest man:

| „Die auf der Tagfakung zu Baden gewefenen Ges fondten eröffnen, was Geflalten die Gefandten von Sii» rid) und Bern ihnen in Geheim angezeigt Hätten, daß Herr Diakon Wettſt ein nicht fo gar orthodor predige, und bie Drudung eines neuen griechifchen Teſtaments vorhas be, darinn einige gefährliche Stellen begriffen wären. Diefe Eröffnung hätten bie Gefandten zum voraus Hrn.

- Diacono Fund gethan, und fo wurde zugleich fein fhrift: lider Bericht verlefen, Er Habe wider die Orthodoxie niemalen etwas auf. die Kanzel gehracht; ber Drud des neuen Teflaments fep ein muͤtzliches, ja gar nöthiges Werk; neben bem fep der Plan diefes Werks Niemand befannt.” Hierauf liefen die XIIL at die geheimen Ras the von Zürich und Bern ſchreiben: .... Wenn etwag näheres "n n" Sache Bun bewwut waͤre mid

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518 XVIIL, periode. 1692— 1788.

ten fie es commumiciren, Den 12. September lad man bie Antwort der Berner : fie wüßten feine nähern Um⸗ fände, üderließen uns alfo, ob wir bie Sache dahin ge: ftent ſeyn, abet ferner unterfuchen laſſen wollten. Allein ſchon den 22. Auguſt war eine in einem andern Sinne abgefaßte Antwort der Zürcher abgelefen worden. Das Geſchaͤft wurde hieranf durch einen der obgedachten Ges fandten den 17. September vor Rath gebracht, und von num an geriethen die XIII., bie Deputaten , bie Theologen, bie Geiſtlichen, nnb fogar ble Siebnerher⸗ ren, in eine traurige Thätigkeit, Endlich am 13, May 1730 wurde ein Statb(dlag der XIIIr und der Deputaten vertiefen, worinn fie fid) in. ihren Meynungen getheilt Dat» ten. Der mehrere Theil viet) die Entlafung an, und ber mindere Theil war für eine bloße Stillſtellung, und tie Ernennung eines Vikars, für fo lang, bis Wetts fein genugſam Proben feiner aufrichtigen Belchrung , und veinen Lehre ‚von fid) gegeben, und befen ein Teſti⸗ monium würde aufgewwiefen haben. Hierauf ergieng von Seiten des Kleinen Raths, folgendeg Urtheil: „IE Herr Oiof. Wettſt ein feines Helferdienfles zu St. Leon⸗ hard entlaſſen, und foll an feine Stelle ein anderer Helfer nach der Ordnung erwáblt werden.” Hier iſt aber gu bemerken, ba alle feine Verwandte, nnd die Berw andten derjeni gen, die von feiner Gemeinde eine Sittfdrift unterfchries ben hatten, fich in den Ausfland wahrend aller feiner Berhandiungen begeben mußten; da die Verwandten der. Theologen, bie nicht mue feine Anklaͤger waren, ſon⸗

IL fap. 1730. u 619

dern gleichſam als Richter erſter Inſtanz, ihn vom Stadt» kapitel ausgefchloßen hatten, vom Anfang Bis stm Eu de, im Rath fiten blieben.

Hierauf reifete er nach Holland, wo einer feiner Verwandten, Namens Wettſtein, VBuchdruder war, und wurde Profeſſor in Amſterdam bey den Arminia» nern. Im J. 1731. beſuchte ex feine Altern ; den 22, September beſchwerte er ſich beym Rath, über die wl» der ihm publiciertem Alten. Der Rath trug den XIII. und den Deputaten auf, ibm zu vernehmen. . Dort wies derhohlte er, daß er unfrer Basler Confeffiom zugethan f. Den 15. December gaben die XIII. ihren Rathe (lag ein: „Es fep zwar nicht gu laugnen, daß ev, abfonderlich wegen einiger gehaltenen theologifchen Gol» fegien, durch nicht gebrauchte, genugfame Vorſichtigkeit, und etwa gehegter Begierde, neue Mennungen su unter fuchen, Anlaß zu dem wider ihn entſtandenen Prozeß ges geben, weswegen. er auch empfindlich angefehen, und von feinem Amt und Einfommen. entlaffen worden. . vx d 9 Serre pflegen aber nicht, ihre Ungnade für immer fortzuſetzen: Er follte eine umſtaͤndliche Erklärung tote legen, befonders über Diejenigen Punkte, wegen welchen - einiger Anfland gewefen , daß er in denfelben nicht ot» thodox ſey.“ Diefem Schluß Teiflete Wettſtein Folge, und bie Deputaten bekamen den Auftrag, bie eingegan» genen Erklärungen den Theologen mitzutheilen. Allein ben 26, Jenner 1732, überbrachten die. Deputaten bie unbegeifliche , wider dan Geiſt der Reformation und ip»

620 XVIII Periode. 1692—1788.

rer Entfiehung fireitende Erklärung ber Theologen: „Dieſe wollen uͤber Streitigleiten in Glaubensſachen oh⸗ ne Zuthun der Deputaten, ihre Gedanken eroͤffnen, und gin Bedenken abfaſſen. Sie haͤtten (on eines aufgeſetzt, ‚aber. fie wollten es nicht in Conventu (mit den Des putaten) ableien laffen. Uebrigens wärden ſie «8 ver⸗ ſchloſſen dem Buͤrgermeiſter einhandigen .... ?— Auf diefen „Bericht ergieng der Beſchluß: Sollen bie Depus taten das verfchloffene Bedenlen su Handen nehmen, 68 in Gonventu eröffnen, und ablefen laffen, fodann mit den Theolagis über beffem Inhalt fid) unterreben , umd den Schluß ‚hinterbringen.” Der Hauptinhalt diefes Bes ‚Denkens war: daß dem. Wettſtein fein. Glauben. augu» ſtellen fep, daß. er (id durch allerhand Liſt und Betrug ‚in den Stand. verfegt hatte, baf ihm nicht zu trauen wäre., Mas in feinen Erklärungen gefagt worden, fey nichts neues, u, ſ. vo. Nach eingeholten Rathfchlägen der „XIII. unb der Deputaten , erkannte. der Rath: „Wenn der. geweſene Here Dialonus Wettflein, vor Seinen - Gnädig. Herren Depber Näthen - feín Glaubensbekenntniß, unb bie von M. Gnaͤdig. Herren ben XIIT, jüngft eins gegebene Declaration und Deprecation aus freyem, un- gegwungenem Biflen, ſelbſt mündlich ablegen wird, foll eo ipso zu dem Predigtant, und zur Verrichtung aller geiftlihen Funckionen admittirt werden.” Den 24. März gefchah es auf big Befriebigenbffe Weife, Er fügte unter anderm Bep, daß er in der Erklärung uͤber die

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HL Kap. 1730. ., 821

Verſuchung Ehrifi, niemals unferm Heilande did Ge banteu zugefchrieben habe.

Das folgende Jahr 1733. erſchien er den 20 Sap yor Rath „, und klagte, daß die Theologen ibn nicht nır für feinen Amtsbruder, fondern auch nicht einmal für ein Glied der reformirten Kirche erkennen wollten. Sei⸗ ne Klagfchrift enthielt aber beißende Perfonalitäten wol» der einige feiner Feinde. Und wen follte es befremden, wenn man z. B. vernimmt, daB im Novemb.. 1732 ein. Pfarrer , Namens Zwinger, auf der Kamel, zu der Zeit, wo 23ettftein (m der Kirche war, ihn, oj ne ihn zu nennen, dennoch unter den unverantwortlich⸗ ffen Kennzeichen. zu fi gnalifiren trachtete. 1)

Der Rath konnte die Anzuͤglichkeiten nicht unge» abnbet laſſen, lie& ihm das obrvigfeitlic)e Mißfallen be zeugen , unb wies bie ganze Klagfchrift vor die XIIL, Indeſſen wurde ibm befohlen, den Aufſatz und bie et- wann gemachten Abfchriften einzuliefern, und ing Publi⸗

fum nichts davon auszuſtreuen. Die angezogenen Perfos

1) Es fehlte, fagte Zwinger, zu -unferm gänglichen Un⸗

. fergange nichts mehr, als bag ber Teufel eine falfche Lehre indie Kirche bringe, dag ein Wolfin den Schafſtall Chriſti komme, und ein Irrgeiſt auftrete, der Gott Id" fiere , bie Gottbeit Chriſti verläugne, den heiligen Geiſt ſchmähe, ben Verdienſt Chriſti verwerfe, die Unſterblich—⸗ keit der Seele in Zweifel ziehe, unb qu einem atheiſti— ſchen Weſen Thüre und Angel öffne.” Und fein Theolog ahndete einen ferra A iferaud ber Kangel! |

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822 XVII. Beriode. 1692—1788.

nen ihre Verwandte und Anhänger, erfüllten bie Stadt mit ihren Klagen und fprachen von Genugthuung Den 23. May wurde der Rathſchlag ber XIII. verliefen. Sie fprachen darin von einer nnanflandigen Site, unb von ben unbefonnenen Redensarten , bie er Hätte einfließen laſſen. Der Rath erkannte: „Sol ibm über fein unan« flandiges und infolentes Vetragen, nebff Verengung des hochobrigkeitlichen Mißfallens, eine fcharfe Genfur im Rath gegeben ; die eingegebene Schrift zerriſſen, und ihm vor die Füße geworfen; auch ihm angezeigt wer» ben, fid) befcheidener und anfändiger aufsuführen, und aller geiflichen Funktionen ſtill zu fichen.

Am Rathstage (27. Day) wo die erkannte Cenfur ihm gegeben werden (ollte, erfchlen er nicht. Man fchidte in des Vaters Haus einen StadtEnecht, der ihn nicht antraf. Der Bruder aber, Ganbitat Peter Wettſtein, wonon bald ein mehreres, fagte dem Stadtknecht: „daß fein Bruder Tags vorher fchon , mit einer (er angenehmen Gelegenheit von Hier verreifet wäre.”

Auf diefen Bericht erkannte der Rath:

„Sol die Schrift ald calumnios, und ale wenn fie nie vorgelegt: wäre , erklärt, verpitſchiert, und in dag Dreyergewoͤlbe verwahrlich gelegt werden. Die Genfur ift eingeſtellt bis er fid) Hier wieder einfinbe." Er fand ſich aber nicht wieder ein.

Zwar ließ ihm der Rath in der Folge bie Profeſſur ber hebräifchen Sprache antragen; er nahm fie aber nicht. (ut. Er wurde nachher Mitglied der preußifchen Ge⸗

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HL Kap. 1731. |... 82

ſellſchaft der Wiffenfchaften, wie aud) der englifchen Go- cietat, und farb (m Sy. 1754, unberbedrathet in Am⸗ ſterdam.

734,

‚Nicht nur mit dem Diacon Wettſtein, fondern auch mit feinem Bruder, dem Candidat Peter Wett (cin geriethen die Theologen in Streit. Sie hatten ihn wegen einiger wider fie ausgeſtoßener harten Reden fuspendirt, und ihm nachgehends abgefchlagen , ihn über feine Lehre zu eraminiven. Den 30, Jenner erfchien er vor Rath ub Bath, man möchte ihn in feinen vos rigen Stand wieder einfegen. Er. wolle fid) dem, Exa⸗ men der Theologen von Zürih, Bern und Schaffhaus fen unterwerfen. Die XIIL und Deputaten berichten ten, daß Wettffein beym Oberfipfarrer ' ) habe Abs bitte thun wollen, daß aber die Theologen verlangten, es gefchehe im Convent. Der Rath erfannte: Mit . ber Deprecation (Abbitte) beym Antifles follen bie Theo⸗ do gen fich begnügen.” Auf ihre Weigerung erlannte der . 9tatb, den 28, April, „daß fie Cdie Theologen und

drey Bakoren) Din. Sn. Herren das hoͤchſte Necht In

Kirchenſachen freitig machen wollen, und deutlich Dee haupten, von dem fo fie Defd)lofen , Tonne nicht an den Rath provocirt werden; wie auch daß fie allein über

1) Hieronimus Burckhardt, der auch Proſeſſor der Theologie war.

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524 XVIII. Periode, | 1602— 1788,

die Ganbibaten bie Judicatur pretendiren , Tonnen. M. (5, Herren: weder das eine, nod) das andere gelten Jaffen. Meiner Gu. Herren ihr hoͤchſtes Recht in Kits chenfachen (ey zu wohlgegründet. Bon feinenr andern Eon» vent über die Candivaten wife man fich gu erinnern, als von dem Conventu ecclesiasticos, welchem bie. Her» ren Deputaten, Namens Dir. En. Herren, beywohnen. Wollen 3X. G. Herren daß bie Reception und bie Recht fertigung der Candidaten micht anders als mit Zuzie⸗ bung der Herren Deputaten vorgenommen werde.” Su, gleich befamen die Deputaten den Auftrag es zu voll, ‚ziehen, umb ben Wettſtein, im Gonoent mit 3uiiee Bung der Deputaten anzuhoͤren.

Den 2. März zeigten fie dem Rath an, daß ſie die Erkanntniß vom letzten Rathstag den Pastoribus und Professoribus Theologiae in einem Conventu ecclesiatico eröffnet hätten. Diefe Herren hätten fid) darauf erflärt , daß ihre Intention im gerinaffen nicht dahin gehe, Mr. Gm. Herren hoͤchſtes Recht in Kirs chen- Sachen anzugreifen, werden fid) auch darüber fo erklären, bag 90. G. Herren, ein fattfames ‚Veranügen haben werden. Was nun den Candidat Peter Wett ſte in betrafe, fo Tönnten fie von der feinetwegen ge nommenen Refolution Gewiffenshalber Teineswes ges weichen. Die 9tátbe aber ,. die auch Gewiſſens⸗ - Balder die Unterdruͤckten (utem follten, befablen, daB die Theologen den Ganbibat Betr SBett(fein bie .

HL Kap. (741.5 .. 828

Pfingſten fchriftlich oder mündlich exkaminiren, und bem . Rath wieder berichten follten. Den 16th May fam aber. Wettflein vor Rath, und eröffnete, daß die Theologen ihn vor feinem Convent hätten berufen laſſen. Daher lege er feine Erklärung über feine Lehre ſchrift⸗ lich ab. Sn der Erklärung meldete er folgendes: „So Tann ich euer Gnaden verfichern,. daß id) unſerer Basleri⸗ ſchen Confeſſion aufrichtig und von Herzen zugethan, umd noch bin, und alles glaube und annehme, was darinn gelehrt unb angenommen wird,. unb alles vet» werfe was darinn verworfen if. u. f. w.” Hierauf ließ er feine Meynungen über. die ihm vom Oberſtpfar⸗ ver zugeſtellten Punkte ablefen. ? -)

Der Rath erkannte, daß die Suſpenſion des Can⸗ didaten Wettffein aufgehoben fep, und er auch zum: Genuß der den Ganbibaten angedeyhenden Vorrechte dem Catalogus der Gandidaten wieder einverleißt werden ſollte. Allein im October , wo es um den Vorſchlag zur Wiederbeſtellung eines Pfarres zu Ariſtorf im Con- ventu ecclesiastico zu thun mar, wollten bie Theolo⸗

PENNE M | | I, Es waren 15 Bunfte an der Zahl, wovon wir diefe mittbeilen wollen. Ster Punkt: „Ob Gorifus in feiner Verſuchung von böfen Gedanken und Gelüſten ſey tentirt worden”? Antwort : » IH glaube bafi Ehrifins vom Sette fel oder von den böfen Gebanfeti bes Teufels ſey verſucht worden, wie es der Text beiter und Klar ntit (id) bringt;

526 XVIII. Beriode, 1692—1788.

“gen und Paſtoren, daß der Name Wettſtein im Ber zeichniß der Candidgten nicht abgelefen würde. Die. Syeputaten, berichteten es dem Rath. um überfchidten die Geiſtlichen, unter dem 20, October, ein Memorial, in welchem fie meldeten, es follte tiefer junge Geiſtli⸗ che burd) den Rath dahin angehalten werden, die zu St. Leonhard wider fie ausgefloßenen harten Reden wieder surüd zu nehmen, und fein Unrecht zu evten» nen; fie wären alsdann bereit, wenn ev onberff in dem

denn Chrifius hat nie eine Sünde gethan. (1. Petri .9, 22.) €t war heilig , unſchuldig, und unbefledt. (Hebr. 7, 26.) Es wäre alfo eine Gottesläfterung, bem Herrn Ehrifto eigene böfe Gebanfen zugufchreiben.” 11tee - nit: „Ob in einem großen Nothfall erlaubt ſey, fich auch mit Lügen, Betrügen, Ablänugnen heraus zu helfen, und ob Paulus folches getban ?” Antwort: „Paulus Vere: (Röm. 3,8.) Dan (oU nichts Böſes tun , bag . Gutes baraus fomme". A2ter Punkt: „Ob man aus beifiger Schrift gewißlich verfichert ſeyn fünne, bag die Scele des Dienfchen gleich auf den Tod, den Xm. fang ihrer Belohnung oder Strafe, auf eine empfind- liche Weile empfangen, oder ob diefelbe, ohne einige Empfindung , bis auf den Tag des Gerichts gleichfam ſchlafe?“ Antwort: Ich glaube, daß die Seelen der Menſchen, gleich auf den Tod den Anfang ihrer Bes lebnung oder Strafe auf eine empfindliche Weife, em⸗ fangen. (Luc. 23, 43. Wpoft. 14, 13, Phil, 1, 23 Lue. 10.)

examine , der Lehre halben, richtig. befunden wird, al» kd vorige zu vergeffen.” Der Rath überwied dieſes Memorial den XIII, und ben Deputaten, und befahl ins deſſen, mit der Ariſtoͤrfer Vorwahl einzuhalten. Das weitere if mir unbelannt. Im Jabre 1733, war er feinem Bruder, wie wir es bereits gemeldet haben, zu feiner Flucht behuͤlſlich geweſen. Am gleichen Sabe wurde er Schloßprediger zu Farnsburg, bann Pfarrer zu Siſſach, unb zuletzt Decanus des Farnsburger Gas piteld, Sein untadelhaftes Betragen, fein beredter Gans zelvortrag, feine Gelehrſamleit und fein launiger Wit machten im überall beliebt, Wenn man ihm von fci» nem Bruder fprad), fo nannte er ihn ſcherzweiſe: „Mein Herr Bruder, der epe."

Der Antiſtes Hieronimus Burkhardt hatte am Bettag im. September diefes Jahres, auf Specialitaͤten alludirt, von gefährlishen Gorrefponbengen und fchadlichen - Unternehmungen , im ‘gleichen von neuen Sünden Anre⸗ gung getban. Die XIIIr. trugen dem Rathfchreiber «uf, von ihm vertraulich zu vernehmen, was ihm dieß⸗ ert$ im Willen wäre Seine Antwort war; „Er Dritte » ge nichts auf bic Canzel, befen er nicht fichern Bes » richt babe; es ſtehe ihm micht zu, weder al8 einen . » Ankläger fi) darzuſtellen, noch aud) an Tag gu bri » gen, was ibm als einen Geifllichen etwann in Vers » frauen angezeigt werde. Er trage gegen Din Gn. Herren , an fduibigen Refpert und veneriere deren hohe

528 XVII. Seriode 1692-1788,

» Autorität; bethe aber, wolle M&Herren- den in » Schwung gehenden Eünden und Gräueln vorbie » Gui." Wie vieles lie fib über eine, ſolche Antwort bemerken ! Wie würde man Den firafen, der ein Libell in unbeflimmten Yusdrüden gegen Ungenannte, ohne vorhergehendes richterliches Verhör , unter das Bolt austheilte! und dieß von einer Canzel herab, vor welcher keine Widerlegung, keine Aufforderung auf de weifeleiffung flatt haben fann !

17832,

Seit 1728. arbeitete der frangöfifche Ambahſador, . Marquis de Bonnae, daran, daß anſtatt des Burns des mit bem catholifchen Orten, ein allgemeiner Bund mit der ganzen Schweiz. gefchloffen werden möchte. Die Catholiken waren nicht geneigt dazu, es wäre denn , daß man ihnen das im J. 4712. eroberte zuruͤck od, be. unfer Ganton willigte fdon im S. 1729. in bie Anbahnung der Unterhandlungen ein, als einen Anlaß die Berichtigung verſchiedener Anftände su erhalten; al fein es wollten Zürich und Bern, daß der Aarauer Friede von 1712. als ein Praeliminare voraus ge fegt würde , und fie nahmen e8 den Baslern febr übel auf, wie wir fion gemeldet Haben , daß feit einigen Jahren, au Gunſten ber fünf Orte, jene Wie tergabe empfahlen. Sie fehörften ben Verdacht alg wenn. Baſel, auf ihre Unloſten , die Aufhebung der gegen

ME Kap. 1732, 6529

gegen Frankreich In Zole und Kruchtfachen habenden Belchwerden vom Ambafadoren erhalten möchte. Bern hatte DVerfchiedenes, in Anſehung ber Sólle und Paten⸗ ten, zum großen Nachtheil des Hiefigen Handels, ver fuͤgt; fogar den Tranfit des Tabads durch ihr Gebiet verboten , tnb ſtrenge Conſtscation der Waaren unab⸗ laͤßig verhaͤngt. Zuͤrich unterſagte auch den Tranſit des Weins und der Muͤnzen. Im Jahr 1732. wurde die Erneuerung des Bundes ſehr ſtark betrieben, und ba Bonnac das Sar vorher die Mittheilung der fuͤh⸗ renden Beſchwerden verlangt hatte, fo bekamen unſre Geſandten eine weitläufige Inſtruction, in welcher be fonders das Schuldwefen ' ) und die GSchleifung der Seftung Hüningen zu bemerken. find. Doch war in Suidfdt des legten Punktes der Auftrag , fich vorher in articular . bey den Abrigen evangelifchen Geſand⸗ ten zu erkundigen, ob folches nicht diesmal zu trei» ben , unb defwegen in Sessione ein Antrag zu thun wäre. Allein ein folder Auftrag, wovon der fruchtloſe Exfolg Hatte Handgreiflich vorkommen folen , und der fchwerlich geheim bleiben fennte, diente qu. nichts anders, als den Mißgoͤnnern des biefigen Wohl⸗

. T) 323000 Sonnen Aromen , von bed Carls IX. Schuld mit Inbegriff. der Zinfe 5 128000 Gulden von Maximi⸗ Hans Schuld auch mit Inbegriff der Zinfe ; 150000 Species Thaler für 50 Jahrgelder.

VIE Band. EET

530 | XVIII Perlode. 1692—1788.

ſtandes, einen Anlaß qu ‚geben, die Basler bep ber franzoͤſiſchen Behörden anzufchwärgen , als wenn der Taiferliche Bothfchaftee ihnen einen folchen Auftrag unter den Zuß gegeben Hätte Die evangelifchen Orte fonnten. (id aber über den Juhalt einer gemein» ichaftlichen Antwort an ben Ambafladoren nicht verſtehen. Zürich drang anf acht praͤliminar Punkte: Vorbehalt des Aarauer Friedens von 1712, Frankreichs Neutra⸗ litaͤt bey Bürgerlichen Kriegen in der Schweiz, u. ſ. w.

iteber die bisherige Berwaltung der Juſtitz legte

. ben 17. November, eine niedergefegte Gommiffion, beym Großen Rath, folgendes nichts weniger als erbauliches Bekenntniß ab: » Ungeachtet der neuen Gerichts⸗Ord⸗ nung (eint es nicht, daß bie Juſtitz befier als vor» Bin werwaltet, snb einem jeden das Seinige zugetheilt werde. Im Gegentheil, man hört tägliche Klagen, daß man in den Broceffen’ zu Teinem Ende kommen Tonne, taf man im allerhand Koflen geſtuͤrzt unb herunterges zogen werde, daß man die Ordnungen herumzerre, eis ser diefen Verſtand denfelben geben wolle, der. andere aber einen andern SSerffanb, alfo af in gleichen Sas hen auf verfchiedene Weife geſprochen, Dicmit nicht unpartbenifches Recht gehalten werde, und was dergleis chen und andere etwan noch bedenklichere Klagen find. Es füllt jedermann in die Augen, daß Hier in der Ver⸗ waltung der Juſtitz, Mißbraͤuche vorgehen, an deren Abſtellung mit aem Eifer gearbeitet werden follte-”.

II, Kap. 1733. 531 u

Sm einem andern Gutachten, vügte fie einen Gebrauch ‚der einem. faf. unbegreifli) worfümmt. Das Succum⸗ benzgeld des Appellanten, wurde, wenn er unterlag, unter die Appellationg » Richter vertheilt. Und wie (mad) ‚zeigte man fich nicht, bey ber Anzeige dieſes Mißbrauchs! Der große Rath ſchaffte ihn nur für bie kuͤnftigs gu» - erwählenden Richter ab, und flellte lediglich den bereite erwäblten frey, das Succumbenzgeld noch ferner zu genießen , oder dem Zisco zu uͤberlaſſen. Die zwey als ten. Häupter waren die. erfien Mitglieder Des Bela tionsgerichts.

1733.

Seit mehrern Jahren ſuchte auch Oeſterreich, un⸗ ter dem Vorwande die Erbverein zu erlaͤutern, einen foͤrmlichen Huͤlfsbund anzubahnen. Der erſte Verſuch dazu wurde im Jahr 1726. dem Abt von St. Bla. fien aufgetragen. Durch die Erhöhung der Zölle und andere Neuerungen wider den Anhalt der Erbverein, trad)tete man die Nothwendigkeit fühlbar zu machen, fole zu erneuern und zu durchgehen. D’Avaray ſchrieb uns insbeſondere vom 7. September: L’Abbe a plu- töt cherché á vous en imposer par ses discours, quà vous persuader par ses bonnes räisons.”. Nach des Abts Abferben, fam der Graf von xti denffcin im Jahr 1728, und fprad) unter anderm

&I2 .

632 XVIIL Periode. 1602—1788.

von einem Securitaͤtsdiſtrickt , welchen die Schweitzer zu

vertheidigen, uͤber ſich nehmen ſollten. Nach ſeinem Vorſchlag haͤtte derſelbe, von Bregenz an bis nach Steinenſtadt, oder dem Heilersheimer Bach, etliche Stunden unterhalb Baſel in bie Länge; und drey Meilen ungefähr in die Breite fid erſtreckt. Er (vrac) ferner von einem Artikel, daß die in Frankreich dienenden Truppen nicht nur in jenen Landen, bie Defterreich in der Erbverein von 1511. begriffen Dat» te, fondern auch iw allen dermal befitenden und noch acquirirenden Landen, fid) alles Angriffs enthalten fol ten.

Mein die Tagfagung wollte vor affe vom Soli wegen geredet haben, und Zürich (prad). mit Ernſt unb Nachdruck. Nach dem Rüdeuf des von Reichenfein, trug der Kalfer Earl VL im J. 1733. dem egationg» Secretair Herrmann auf, ber Sagfagung zu eroͤff⸗

\

nen: „Der Kaifer wolle die angefangene Behandlung,

respectu der Erbverein , oder deren Exrneuer- und Ex⸗ tendirung fortfegen , und baburd) bas erbvereinigte enge Band unb gute Vernehmen nach der Sachen Er forbernif , mehreres zu Defeffigen, nicht ans der Acht lofen." Er fügte Hinzu, daß er im Stande wäre, en 'mehreres zu eröffnen, und allenfalls in eine weitere Handlung einzutreten. Die Antwort der Tagſatzung war, daß bie Gefandten nicht inſtruirt wären. Da man aber gemeinſchaftlich zu nichts gelangen Connte,

AU. Kap -1733, 533

fo fehloßen bie Basler in diefem Jahre einen befondern Zoftractat mit Deflerreih, der den Adten October im Großen Rath vatifieirt wurde. Sie brachten die Beſchleunigung deffelben Dadurch zu Wege, daß fie mit vielem Eifer auf ‚die Mittel fanuen, die Rheinfelder Straße durch die Oltinger Straße über die Schafmatt, und die Frepburger Straße durch die Rheinſtraße im Elſaß, zu erſetzen.

Soll. Tractat *)

emit dem durchlauchtigſten Hauſe Oeſterreich von 1733.

Der Legations Seeretariud von Herrmann und der vorderößerreichifche Kammerrath Spengler, waren die Abgeordneten des Kaifers,

In der Einleitung wird verabredet, daß wenn durch einen Vergleich mit der Eidgenofienfchaft j betreiben. eit oder mehrere Vortheile gumachfen würden ) deffen auch bet Stand Baſel (id) zu erfreuen haben folle.

Art, 1.) Die im J. 1727. projeetitte . . . . und von Gro K. Cath. Majeſtät gnädigſt angenommenen, sub 975, 1. biebey angefchloßene Zollstarif foll fet befteben) 7) auf - bie fämmtlichen vorderöfterreichifchen Solltátten (id) extendie⸗ ten, und alle nicht nur in der Eidgenofienfchaft erzeugend

?) Diefer Vertrag it weder gedruckt, nod) in handſchrift⸗ lien Sammlungen, fo vict mir bewußt, vorfindlich.

3) Giehe weiter unten nach dem Tractat ſelber.

534 XVIII, Periode. 1692—1788..

. amd fabricierem, fondern auch die von ben eidgenäffifchen Handelsleuten per commissionem, oder zu Spedierung über- nehmenden Waaren betreffen. Anbey diefe Tarif nicht al. lein qu der vorderöfterreichifchen Zollbeamten Beobachtung unb Nachlebung, fondern zu männiglichd Nachricht in Druck gegeben, und mit der Verzollung nach deren Inhalt auf den eriten Kenner des nächſt eenen 1734ten Jahres der Anfang gemacht werden.

2.) In Anſehung des Bezirks, als auf welchen erſt berührte Tarif zu Waſſer und Land allein gerichtet, iſt es dahin klar zu verſtehen, daß ſelbiger in den vorderöſterreichi⸗ fchen Breisganifchen Landen obenherunter von Waldshut anfangen, und über Bafel und refpertive unter Kentzin- gen nnb Niederhanfen (id) enden folle; und damit feine Späne noch Irrungen (id) äußern möchten, if ferner mobr erläutert worden, daß menm von obenherunter Waren , (mit der Ordre oder Avis, daß felbige non Bafel durch ba$ Breißgan bis Frankfurt follen. fpebirt oder verführt Werben ) , in dem Sauf^ oder Waanhaufe zu Bafel ankom⸗ men, felbige auf feine andere Route verleitet, fondern den geraden Weg durch das Breißgau, und auf die itt der Bey⸗ lage N°. 2. bemerften Reichszollſtätten (weil non den Für- fen und Ständen des 9teid)$ eben barum die ganbfltafen mit großen Kofen repariert, unb. ihre Brerd- und Wagen- zölle merklich moderiert worden) yon Baſel aus verfender werden ſollen.

3.) Haben Ihro K. Cath. Majeſtät um diejenigen, welche Waaren von obenherab zu ſchicken haben, zu Ge. brauchung der öſterreichiſchen Route deſto mehr anzufriſchen, ſich gnädigſt erklärt, daß wenn die einmal zu Waldshut Lauffenburg oder Rheinfelden, den num exniedrigten Soll

\

II Kap. 1733. 535

davon abgeführt, fie, Bey deren weiterer Spedition butdg das Breißgan, am feinen Faiferlich-Öfterreichifchen Zollkät« ten, weiter. etwas davon qu besahlen haben follen. Einen gleichen Verkand bat e$ aud) , wenn bie Waaren von ute ten berauf fommen , und Aber oder von. Bafel durch bie Waldſtätte weiter werfenbet wÄrden, daß menu von ſolchen Baaren, bey ben antera. üfterreichifchen, breißgauifchen Zöl⸗ fen (Zollſtaͤtten) der Soll bezahle, gegen prodneierende Bes fcheinung von den Untergollern , in den Warldflätten eben⸗ falls fein weiterer Soll abgeführt werden ſolle.

4.) Wird das Basterifche Direesorinn allen möglichen Vorſchub geben, daß bie Basler Kauflente , vorgehörter Route durch das Breißgau fd) auch mit ihren eigenen Waa⸗ ren bedienen, in der gänzlichen Zuverficht, daß neben Breiß⸗ sau, auch bic Übrigen betreffenden Chur⸗ und Fürften, aud) Stände bed Reichs, mit fincerierter Erbaltung guter, wandelbarer Landſtraßen unb cingeflanber Sol, und Manth- Moderation behalten und eontinmiten werden.

5.) Wie denn auch von dem Baslerifchen Kauf⸗ und ffBaagbaus die von den darin (id befindlichen beeidigten Beamten ertheilte Urkunde, Reſpecta der Baslifchen eige⸗ nen und Speditiond-Bfiter und Waaren, nad) beugcehendens Sormular, 9tum. 3, je und allegeit bergeftalt den Fuhrlen⸗ ten mitzutheilen qugefagt und verſprochen worden, bag dars aus, fo wohl die Gattung der Waare, als derfelben wab⸗ res Gewicht zu erfeben feyn folle. Welchemnach die Waar; wie fchon vorhin eingeflanden worden, am den üfterreichi- (den Zolftätten nicht nach dem leichten, fondern nach dem Wienergemicht, nämmlich, mit Abzug von 20 Procento, oder des Fünftels vom Centner, mit Einbegriff bee Tara verzol⸗ jet werden (ole, mig dem weitern Beyſatz und Erklären ,

536 XVII. Beriode. 1692—1788, :

bag wenn von einen Güterwagen, von oben herab ober von unten beranf kommend, in Baſel viel oder wenig ab» geladen worden , und in Baſel bleiben ſollte, ſolche Waa⸗ ren in der von dem Fuhrmann mitbringenden Urkunde, ordentlich vor dem Kaufhauſe attefliert, unb zu den auf bett gleichen Wagen Tadenden andern Waaren eine abfonderliche autbentiiche Urkunde mitgegeben, ober auf die alte Urkunde von dem Sauf, ober Waaghauſe attefiert merden follen,

6.) Sumabten follen die Fuhrleute dieſes audj mobi und genau beobachten , und es ihnen bie Kaufleute unb Speditores ernflich einbinden , bag menn ein Güterwagen von oben ober unten feine vollfonimene Ladung determinir« ser Waaren auf Bafel hat, er, der Fuhrmann, für die , nur nad) Bafel gewidweten Waaren, Die dießfalls nöthig babende einige Urkunde bey der erft betreffenden vorderöſter⸗ reichifchen Zolfätte, dem Zoller zurücklaſſen. Falls aber defien anbero mit bringende Waare, annoch zur weitern hinauf oder hinab Spedition gewiedmet wäre, dießfals foídje Waare mit zwey Urkund-Scheinen verſehen, und nach Zurücklaſſung der erftern sum Behuf des Zolled der andern die unterfchriftliche Beſcheinung, daß der Zoll da- von abgeführt fen, angebenft, und biefe Waare bernach an der obern oder untern legten Zolflätte, gegen producieren ind Hinterlaffung diefer einten Urkunde, welche die fchon einmal erfolgte Bezahlung befcheins , frey gelaſſen, umd weiter nichts davon abgeforbert werden folle; wobey ferner erläutert , bafi im Galle die Waaren von einem Orte, da feine Urkunde zu erhalten, berfümen, die Zubr-, Zoll- oder Frachtbriefe, anſtatt der Urkunde dienen; dieſelbe aber auch die Declgration der Waare in ſich enthalten, oder ba es unterlaſſen würde, ſolche nicht deelarierte Waaren mit dem böchſten Zoll der 15 fe, per den Centner verzollet,

m. Kap. 1733, 637

auch die Fracht. oder Sapebriefe von dem öfterreichifchen Zoller, wegen bezahltem Zoll atteſtiert werden follen,

T.) Sft bey diefer Verabredung dem L. Canton Bas fel zugefagt worden , das die in der Eidgenoffenfchaft ge⸗ machfenen , ergehgten oder fabricierten Waaren , der Zeug ‚oder Materie. fen gleich darin gewachfen, ober von andern Orten bergeführt, mat Namens bic haben mögen, anfer denjenigen, welche zu Nahrung des Krieges dienen, und Durch die öfterreichifchen in des Feindes Land verfübrt wer⸗ ben follten, für feine Conterbande angefeben; fofern aber ‚einige zur Nahrung bed. Kriegs dienliche oder fremde Waa⸗ re von Seiten Ihro K. Carb: Dateflät, ober bero Durchl. Hanfes Oeſterreich, als Gonterbanbe etwan Declariert wer den wollten, da vom Löbl. Canton Baſel jur bebörigen Barnung , vorber bie Notification ertbeilt werden: folle. Wohin nach, wenn fid) dawider ein Sauf» oder Handeld, mann oder Speditor verfehlte, er, gleich dem, fo um. Bortheil einige Waare falfch beclarierte, Dey vorfebrender Eonfiscation, den Schaden (id) ſelbſt gu imputieren , hin⸗ gegen aber, wenn bie Waare verbotene Abwege, gu Ab⸗ fabrung des 3ole$ verführt würde, der Fuhrmann ſolches allein zu büßen, unb die aufhabenden Waaren nicht bad geringite babeg zu Teiden haben ſollen. Falls aber ein Kauf⸗ oder Handelfmann, aus feinen Mrfaden , bie Quantität (eis ner verfendenden Waaren zu declarieren einen Anſtand bätte, biemit nut bas Gewicht angeben würde, und Fein Argwohn vorhanden, daß fid) dabey einige Conttebanben ‚befinden, Cderentwillen zu Verhütung des Argwohns der Kaufmann and Spebitor bey feinem Eide. in dem Kanfbaufe «0 anzuzeigen bat, damit folches den Urkunden beygeriickt . werde,) Sol eine ſolche Waar nicht abgeſtoßen, noch be.

rentwegen einige Beſchwerde erwecket, fondern fic auf. dem

63$ . XVII. Periode 1602—1788.-

höchſten Fuße in bem Tarif benamfet nämlich, . qu 15fr, der Ceuntner, vergoflet werden; und ſintemal

8.) Die Fuhrleute unterwegs ein oder anderes aufzu⸗ laden mebrmale pflegen, welches dann in die Haupturfunde nicht einverleibt werden fans, fo. foll durch eine vorberge- bende Publication, bie Warnung allen Fuhrleuten durch feine Behörde gefcheben, dag wenn bie Zuhrleute unterwegs Baaren- aufnehmen, und felbige an den Zolftätten verſchla⸗ gen würden, die gebührende -Beflrafang, befindenden Din⸗ gen nad), vorgekehrt, unb ba der Kaufmann oder Spedi- tor bierin falls feinen Antheil ober Schuld tragen follte, demſelben die Baar gesen Bezahlung des höchſten Zolls zu 15fr. per Centner verabfolgt, jedoch in allweg die un- ſchuldig befundene Waar deffen nicht entgelten, noch auf» gehalten werden folle, und indem nicht minder

9.) öfters eine Waar, die an einer vorderöflerrei- chiſchen Zollſtätte fd)on einmal vergollet , ein und andern . Monat unverändert auf dem Lager bleibt, oder von Mef- fen , oder. andere woher unverfauft mieder gutüidtommt, wird biemit respectu folcher Waaren eingeflanden , baf ae» gen gemifienhafte fchriftliche Deelaration des Kaufmanns oder Speditoren, dem ſolche Waare zugehörig, nämlich, daß Feine Abänderung mit unterloffen, und bag felbige (don vorher den Zoll bezabhlt, folche obne neue Zollsabfor⸗ derung paſſiert. Ingleichen

. 40 Die auf nächſt angränzende Märkte von beydſei⸗ tigen Handwerkern und geringen Krämern bringende Waa⸗ ren und Güter mit neuen Zöllen von keinem Ort beſchwert, ſondern ebenfalls von dergleichen frey ein⸗ und ausgelaſſen werden. Dagegen, wegen den jedem Orte oder Stadt von altem her zukommenden Brück. und Weggeldern, auch Pfund⸗

. IH. fap... 1733, 539

zoͤlen und andere Gebübren au Waller und Land, e$ bey ber alten Obſervanz, in foweit deriey zu Facilitierung die- fet Route gegen Frankfurt hinunter, nad) ob allegierter Bey⸗ lage 91. 2. nicht moderiert, fein pölliges Verbieiben babet, und wenn auch ein. oder anderfeits eine Erhöhung vermiß⸗ fid) gefeben wäre, folche gleichfalls abgeſtellt werden follen.

11.) Wird die gnädigſte Vorfehung gefcheben, daß tie Kaufmannichaft und Fuhren, weder im Krieg- noch Frie⸗ denszeiten von den Commandantichaften und Officiers mit Partienlar - Egnetionen nicht ne werden folle 5 und gleichwie

12.) in Frankfurt bereits angeordnet iſt, daß zu beſſerer Conſervation der Landſtraßen und Brücken, die Güterwagen allein mit dem Fuhrgewicht per 50 oder höch⸗ ſtens 60 Centner Basler. oder Frankfurter⸗Gewicht beladen werden follen, alfo ift auch vom Löbl. Canton Baſel, bey dem Kaurhaufe ober Waaghauſe ein gleiches bereite regu⸗ liert worden.

13.) Haben die Kaiſerlichen Herren Abgeordneten an⸗ gebracht, bag um die Reichs⸗ und öſterreichiſche Route floriſſant zu machen, Seine K. Cath. Majeſtät zu Frank⸗ furt das erforderliche von ſelbſt gnädigſt vorkehren, und die alldortigen, auch übrigen Neichs⸗ und öſterreichiſchen Fuhrleute dahin halten werden, daß ſelbige in dem auf- und abfahren diefer Route (id) gebrauchen C bedienen ); auch ebenfalls mit gleichförmigen Urkunden, welche die Frankfurtiſche Handelfchaft mit bebóriger Sicherung ohne dieß zu verfchaffen mifien NU verſehen follen; bey melo dem allen

14.) Noch diefes Specialiter bedungen morden, bag die Gontanti J Gold unb Silber nicht declariert werden fetten.

50 XVIII Beriode. 1692-1788;

Eudlich foll der teciprociertid) freye Handel und Wan⸗ dei allegeit beyderfeits geſtattet fem nicht weniger bem at^ lerdurchl. Erzhauſe Oeſterreich, gu allen Zeiten, anf be- (dicbene Anmeldung alle durch den Kanton Bafel führende Munition, Proviant und von bero Cameral⸗Aemtern etwan transportierende Früchte, Wein, Viernalien unb derglei- den, in der Dar, Ein. umd Ausfuhr, von allen Zöl⸗ Yen und andern Auflagen freu paffiert. merden 5 wogegen dann dem Gantón. Bafel ebener Magen nicht nur für die Munition, die ber Löbl. Stand für fich ſelbſt gebraucht, fondern auch, wie in dem Anbang des zur Bafis bicfed Vergleichs dienenden mobderierten Zoltarifd des mehreren enthalten, für bie Victualien, Früchte, Wein m. f. w. fie mögen im Oeſterreichiſchen fallen, ober mur durchgeführt werden, den ungebinderten Paß, unb die gänzliche Zolls⸗ freyheit zu allen Zeiten sugeflanden wird ; unb find bierun- ter auch infonderheit begriffen, die dieſem Canton und dero Angehörigen zuſtehenden Zins, Zehnten und andern der⸗ gleichen Gefälle und Einkünfte, welche in den öſterreichiſchen Landen fallen, oder durch bas Öferreichifche paſſieren. Welch dieſer gütlichen und nachbarlichen reſpective Verſtändniß und Verabredung auch beyzurücken iſt, daß, weil wegen den untern Waſſerzöllen auch eine Anregung ge⸗ ſchehen, das Directorum ber basliſchen Handelſchaft, werde (i nicht entgegen ſeyn laſſen, wenn allenfalls bie Waſſerzölle unter Frankfurt von den Chur⸗ und Fürſten in bebörige Schranken geſetzt würden, ſich auch wiederum der Waſſer⸗ Route in die Niederlande zu gebrauchen, | Welches vorftebendes alles bann feft und flät, bi$ etwan eine General⸗Einverſtändniß mit gefammt Löbl. Eidgenoffen- fchaft erfoigen wird, beobachtet, unb diefe al(o moderierten Zölle, unter feinem. Vorwande, weder in Kriegs⸗ noch Friedenszeiten, nicht erhöhet, mod) geficigert werben follen.

III. fap. 1733, 641

Qu Urkunde beffen haben, auf gnädigſte Natification (fo von Seiten 2961, Standes Baſel innert ben nächſten brey, Monaten erwartet wird, um allerfeitd das Benöthigte iu . tempore vorfehren zu Fünnen) fich ſo wohl bie obangesoge- nen Beyde von Yhro K. Catb. Majekät abgeordneten , als auch bie Deputirten von der Stade Bafel eigenhändig wt» terfchrieben, unb ihre gewöhnlichen Pettſchaften beygedruckt. So gefcheben , Baſel den 7ten Auguft 1733.

L. S, Franz Joſeph Herrmann,

L. S. F. Jochaim Spengler,

L. S, Jeremias Raillard,

L. S. Jakob Chriſtof Frey,

L, S, Niclaus Harſcher.

Wir Bürgermeiſter, Klein und Große Räthe der Stadt Baſel, beſcheinen hiemit, daß, nachdem uns vorſtehender, den 7ten dieſes, mit Ihro Kaiſerl. und K. Catholiſchen Ma⸗ jeſtät Herren Committirten getroffenen, und von denſelben, auch unſern Herren Deputirten unterſchriebener Vergleich vorgelegt worden, Wir denſelben unſerſeits zu ratificieren keinen Anſtand genommen, wie wir dann denſelben, kraft dieſes, in beſter Form ratificieren und genehm halten, zu bein Ende unſer größeres Inſiegel bier aufdrücken laſſen. Den 17. Auguſt 1733.

(L. $.)

Daß Soto K. Cathol. Majeftät dieſen bevorſtebenden Vertrag, in all feinem Begriff, zu Folge des allbereits, unterm 16. September verfloffenen 1733ten Jahres, an den Hrn. Legations-Secretarium Herrmann ergangenen Allere gnädigfien Rescripts, vollfommentlich beſtätiget, mitbin ibm . Hrn. Secretario. meiter aufgetragen haben, fotbane heraus⸗ gegebene gnädigſte Ratification feiner Behörde gebührend: be» kannt zu machen, unb zu intimieren, tbun, als dermalen bey Löbl. anweſender iud Bothſchaf⸗

Blech von Sturz oder Eifen

Blatteiſtlin, Buͤckinge, Häringe, unb andere dürre oder

542 XVIII. Periode: 1692—1788.

ter biemit, zur Steuer der Wahrheit, atteftieren, und bie. |

(e$ 9ittedatum mit meiner eigenen Handunterſchrift, und

. bengedrndtem angebornen Juſſegel befräftigen. Geben zu

Baden im Ergan den 14. Man 1734. (L. S, ) Marches von Prié,

Vorderoͤſterreichiſcher moderirter Zoll⸗Tarif.

Vom Zentner

| | Kreutzer

Agath gearbeitet 15 roh 5 Agſtein, gelb oder ſchwarz 15 Anis 5 (aum | | 5 Atlas und Damafl | | 15 Arfenifum 10 Antimonium 10 Aders-Noß oder Stute Ä 8 Belzwerk, (Pelzwerk) fein 45

mittelmäßiges, als Diter, Jitiß, Steinmarder,, Bä- renbaut, Fuchs , Schoben, Gaftor , Biber, Wolfshaut 10

gemeined, als Sammá^ und Gützenfelle, robe und unverarbeitete - QU

Baumwolle und Tochten

Baumwollene Waare umb Geſpunſt | p^

Baumwollenes Halbgejeug

Bettwerl oder Federn fo fein find

Bay, Bentteltuch, Barchet, Bonaſin

bei

vnrunasusuu

Bien verarbeitet oder unverarbeitet Baumöhl Bleyweiß oder Bolus

geſalzene Fiſche 3

III Kay. 1755. 543

Brantwein, fo aus der Schweiz gebe, dr Sum 10

Band, moflene . - b Burſet 10 Burat 10 Buchsbolz 3 Büffelleder 10 Blau ober Schmalten . | 5 Berſtlauer NRöthin : E; Cameloth von Cameelhaar und Geide 4 Corallen | 15 Cochenille 15 Criſtall gearbeitet | 45 _ umgearbeitet 3 Kaffee 45 Gonfedt von Zucker oder Lebkuchen ‚40 Citronen, Capris 3

Erämeren - Waaren, fo vermiſcht, darunter aber weder Gold, Silber noch Seidenwaaren begriffen ſeyn ſol⸗

len | 10 Cameelhaare 10 Camlot von Wolle oder ——— anjetzo Hananer 10 Carduan | 45

Cadiß | s 10

Ganefaf | 5 Cibeln, ſiehe Früchte I Carten 5 Decken, wollene, Bettdecken wie die ordinari wollenen

Tücher | 40

Drath von Eifen . | | $8. dito 908 Meffing | TE 15 dito yon Kupfer 430

Dachs- Haut | | 6

Degenbebänge | 40

N

544 XVIII Beriode. -1602—1788,

Diſtillirte Waſſer und Liquores von allerhand Sorten 10 Droguerie, allerhand Gattung, Gummi, Maſtix, Weib

| rauch, Myrrhen, 9(potbeder Gewürze und fredutet,

Die mceiffen davon werden bep ihren befondern Buch-

fiaben genannt, die andern aber verfichen (id) unter

diefem allgemeinen Wort der Droguerie 15

Dorures, allerband Gattung Waaren, Franfen anb Su

(pun(t von Gold, Silber oder Seide 15 Eifen, rob 3 Verarbeitet, als Senſen, Gicheln/ Sagen 5 Eiſenfarbe 3 Eſſig vom Centner 3 Endich, ſiehe Indigo Eau de la reine d'Hongrie 15 Erdegefchirr von Frankfurt, Hanau Ww. 3 Ecarlatte oder Scharlach 15

Eventails oder Stucke von Schildkrott, vetſenbein und

dergleichen feine 45 : dito, gemeine, von Holz und Papier | 5 Echarpes yon Gold, Silber oder Seide 45 Floretſeide, verarbeitet in Bänder, Strümpfe, und as derm . 10 rohe ober Galleten | 8 Fiſchangel 10 Flachs und Riſten T | 5 Fiſchſchmalz | | 5 Federn, gemeine | 6 Federkiel 10

Selle von Rindern, Gtieren, üben , ülberm , Gitzen, Geißen, Schafen, Böden, m Roßbaute ungear⸗ beitet 5

Ferbtraut

II Ray. 1733. 546

Färbkraut | | u 3 Flore, feidene 45

—— , mwollene 10 Fiſchbein 10

Flandra, oder niederländiſche Zeuge, ais Moceade, gilla) Wollendamaſt, Camelot, und andere ſonderbare nicht

ſpecifieirte Waaren . 10 Flintenſteine 8 Faden, holländiſcher, weiſſer | 15 ‚mittelmäßiger MEX 10 at gemeiter 5.

Früchte, ald Bruniolen, Oliven, Mandel, Meertranben, Roſinlein, Feigen, Weinbeeren, Cibeben, Haſelnüſſe,

u. ſ. w. 5 Ferandinos | 10 Faſtenwaaren, (itbe SHateitia Gold und GSilberwaaren M un 45 Galanterietoaaten , feine, von Gold unb Silber 45. —. gemeine b, 10 Granaten, acarbeitete | AES * 45

Galläpfel 40 Orübling, ober Trieffen | . 40 Glaswaare ^ 4 Glättier 3

Grapp und Gummi 4 Garn, p | 10 tib mE "m 5 weiß, weſtphaͤliſch aud) baieriſch, ſchwet ud Landgarn 3 Gewehr oder Rohr Gaſen von Faden unb Seide genähe. ' 145 on Schweizer Sabriaue 10. Gallmey 10

546 XVIII Beriode. 16921788.

Glocken, oder Glockenſpeiß 5 Grünnſpann | 40 Gallat, ſiehe Floretſeide | Genferringe und Steine, falſche J 15 Gansauge | ! 10 Hengft oder Pferde, das Stüd mE 15

- Haarhüte, fein, als Caſtor 15 Hüte von allerhand Wolle x |. 40 Honig | || 40 . Handſchube, lederne 10

Holzwaaren, Boden, Tabackbüchſen , Schachteln , Löffel

und andere Verchtoldegadenwaaren 7 | $onf, roher | Ph Hark z 4 Hirſchen Geweihe 3

^4.

Hm - | | u " Helfenbein | 40 Haare und Berufen 22 M 10 Indigo, oder Endich 45 Indienne, gemeine, gefärbte und gedruckte 10 Imber Juwelen, vom Seth Juchten Kupfer Kiüchenruß Knopper Kupferwaſſer Kuder Kreide Klary Käſe, fo aufer den Ethlanden d ber iss. gemacht wird ‚Klingen Bajonets, Site | 0 $9

€1 €) C) Qi tQ OV C9. €1 CA

\

II. Kap. 4733, .— 54

Suche - 3 Keflelbraum | ' ; 5. xd Kalberzeug 5 Kragen für Frauenzimmer, gehört unter Galanterie —* Knöpfe von Gold, Silber, Seide 15 Knöpfe von Cameelhaaren oder halb Seide 10 Kämme von Horn ^ 15 Kupferſtuͤcke "t . 10 Leinwath, zartı als niederl. | 45 Leinentuch, geneinie E 10 gar fehlechtes JE MA n | .9 -Leim 8 . &cinenbanb oder einten 5 Lein ſamen 5 Mouſſeline, feiie E 45 gemeine . 40 Meſſing, gearbeitet 45 ungearbeitet 40 Minien 40 Materialiſtenwaare, feine, ald Muscat, Bi sefofene" Perlen, u. ſ. w. . 45° ‚gemeine, als Nabarbara 40 die übrigen die bierinn nicht fpeeifieleret, - nach Proportion qu diſtinguiren p 'Staferey 40. Metall , geläntert 10 rohes m Mühlinlauf | P | & Mereurius 40 Meſſer, , feine, mit Schildktott nii Selfenbeinernn Seften 10 gemeine Ze 5 .Moirés , vide Seidenwaaren 7

? ^. 4 Nr H E M m 2 k 2 s *

"T

548 XVIII Periode. 1692— 1788.

Stürenbergee Waare von Meſſing, Stahl, Eifen, Spiegeln, 46. , welche zuſammengepackt, und nicht wohl diſtiuguirt

werden können Nadeln oder Gufen Nägel ‚Nudeln Nürnberger Gpitzen Neſtel von halb Seide von Leder

Noster, pater noster, ti. andere Noster von Corrallen

von Agſtein und Sperimutter on Holz, iion und Bein Orleans

$0 von Geſchmack sur Arzney

Orseille Berfienne und facon Berfienne

Pfeffer

Pulver, Schießpulver Pomeratizen

Porzelain, fein

gemein

Podaſche

Pantoffel von Gold unb Silber

gemeine

Plumage auf $t und Federbüſche Plüche von Seide

von Cameelbaaren

von Geißhaaren

Pantoffelholz

Quincaillerie oder Eiſen und andere Waaren, ec gar gemeine

Roß zum Reiten, das Gud

von Nüffen, Leewath, Lein und Magſaamen

18

‚40

5 ac

10

5 10 10

I, Kay. 1733. 649

" Qtebelfiein. 3 Regenſchirm Rubans, oder Bänder von Gold⸗ ite und Gite 45 von Zloret und Halb Seide j 40 Rofbaare, gefotten - 8 glatt, 9108, Kühe und Sanhanre 3 Safran 15 Sammet | 45 Seide und Seidenwaare, Taffet 15 Saflor | 10 Stammet EMT 40

. Spahngrün | , 40 Süßholz 10 Galpeter | 8 Schwefel | 5 Seife $ Steiuengefchirr 3

Stahl 8 Sayan und Eampecheheft $ Schmalten

Scherter B Schwänme 40 Scheiben, weiß oder ſchwarz fein 15 mittelmäßig 10 gemeine 5 Schleyer, feine, von Seide‘ 15 gemeine von Leinen 10

GStruſſi 10

Gerges 10

Spiegel 10

Schlupfer nach ber welnwaaren zu 15, 10 und 6 eite REN 15.

650 XVIIL Periode, 1692—1788. Bpezereywaaren, feine, als Zuder, Zimmer, Nägelein,

Mußkatennuß, Mußcatbluſt, Sinnober 10 Schuhbe, Weiberſchuhe aus fremden Landen von Gold und Silber | 15 gemeine; bie nur mit Seide brodirt 10 Spitzen von Gold unb Silber | 15 vergüldet oder von Meffing oder Kupfer 40 ‚Garn von groben und gemeinen SMEMAN 2 t1 5 —. von Mittelgattung - 040 don niederländifchenm feinem 15 SGeide, Stepp- unb Nähfeide 45 Schnupftabak 5 Tücher, feine, als engliſche, hollãndiſche und chederlan— | diſche 15

Norder und andere, gemeine engliſche, franzoſſche

niederländiſche unb deutſche 10

m A und andere grobe mollene , fächfifche und P halblein, balbbaumwollene 5 "Tabak zum Schnupfen und sum Rauchen 5 Terpentin 075 Trilch, gemeiner -5 niederländifcher 10 Sripp Cammet, fiebe Plüche Tapezerey, feine aus und Niederlanden 15 Dtbinati 10

' &abafipfeifen 3 . Tabatiéres , feine ^45 mittelmäßige | .10 ſchlechte von Holz oder Horn "^8 . Trüfften, ſiehe Otübling Tiggal . 3 Thee, fein 15 gemein 10

4

HL Kap. 1723. |" 7 8t

Vitriol 3 Unſchlitt 3 ioren unb Uhrengehäuſe | 45 Umbra, eine dantelbranne Erdfarbe - E Wachs unb Wachslichter . | 10 Weyrauch EL 40. Wolle Ä | 8 Wollene Strümpfe EE 10 Westtein = 3 Wollenſtreichen = 8 Weinttein à " "o x Kein, frangöf., als Muscat, St. Laurent , Ebampaguner, Burgunder und dergleichen, der Centner . 40° x;

ryeiniſcher, Nedar, Mosler, Tyroler 3 Warten von Seide 40°... von Floretſeide | 3B Wand | | 2. 8$ Waagſchaalen, feine , von Meſſing 10 Kengel von Cifen E 5 Zinn VS | "5 Zunder "E * 5

. Bwild) ' 5

Folgt das Verzeichniß jeniger Sachen , wofür 1. Stand Baſel die völlige Zollfreyheit zugeſtanden worden: '

Victualien, als alferbanb Gattung Gerreide, Feld-Baum⸗

und Gartengemächfe, dürr ober^grüm, Alle Gattungen Klau-

envieh. Salz , verficht fic) dasienige, welches in die Clo» ?

genoſſenſchaft, qu derſelben eigenem Gebrauch, nicht-aber zu weiterer Verhandlung verfender wird. Neid: Käfe, Anken/ Butter), Fiſch, mit Ausnahme der zollbaren Faſtenſpei⸗ fch.-.. Wein, Frickthaler, Maragräfer, Elſaͤßer, Italieni⸗ ſcher und Schweizer. Bier. Brenn» und Bauholz, Fäſſer, 9teije und Saugen, Latten, Kohlen, Rebſtöcke, Schindeln,

552 X VIII. Periode, 4691—1788. | Siegel 1c. und alle Baumaterialien, Steine. Bücher, Pa⸗

pier, Lumpen, Hardes, Hausrath ober Mobilien. Erben.

Geſchirr, gemeined, aud der Nachbarfchaft; foraun das fämmtriche bier verarbeitete Leder, auch bie gtobe Kirfchner- von Git» Geiß⸗ Schaf⸗ und Boctfellen. ——

Urkunden Formular. Bafelden...... 1733, Durch Fuhrmann N. N. enden folgende derten nach granffurt 1c. A. A. 1 Ball von den Herzen A. A. an Waaren, kei⸗ ne Contrebande, wiegt , biefges Gewicht. Wie⸗ ner Gewicht. | |

N. N. 2 Kiften Floret Bänder von "E. | ben Herrn NN... ,- 8 Eentner “Herrn N.N. . 038 ?. P. 1 Faß Indigo von Herrn P,P.2 AS —— 10, Eentner.

(L, S.) Kaufhaus daſelbſt. Reoute durch das Breisgauiſche.

Designation derjenigen Orte, wodurch die von Bafel nach Granffurt a6. augebenden Fuhren zu paſſieren haben:

Freyburg, Emmendingen, Kenzingen, Herbolzheim, Et⸗ tenbein, Rinken, Saſpach, Offenburg, Ackeren, Otten⸗ ſchwier, Frießenbeim oder Kippenbeim, Bibl, Steindach, Ops, Raſtatt, Dimlingen, Müllberg, Graben, Pbilipps— burg, bey dem Wagbänfel , Hoggenen , Ladenburg, Gaffen ,

Heppenbeim, Bentzheim, Zwingenberg , Darmſtadt, Langen und Springlingen.

IIL fap, 1733. 553

Bas auf dieſer Route in den angegebenen Orten an Weggeld, Brücdengeld unb Pferdezoll su entrichten if, bt läuft (id) auf fl. 22. 177 tr.

Fortſetzung des Jahrs 1733.

Die im September ffreitig ausgefallene Koͤnigswahl in Bohlen veranfaßte einen fo fchleunigen Ausbruch des Kriegs , zwifchen Frankreich und dem Kaiſer, baf (on im Oftober die Franzoſen auf einer Cite in das Herz zogthum Mailand einfelen, und auf der andern Seite bie Neichsfeflung Kehl einnahmen.

Die Sranjofen ſchlugen eine Brüde über den Rhein ben Hüningen , und wollten auf dem Baslertheil der Schuſter⸗ oder Kaͤlberinſel Zelten auffchlagen. Sie flam den zivar davon qb, behaupteten aber wieder, wie vor Zeiten, daß diefer Theil ihnen zugehoͤre. Ba⸗ fel begehrte eidsgenöffifche Repräfentanten und 400 Site züger. Eine Tasfagung fam zu Baden den 13teg Nos vember zuſammen. Oeſtreich ließ eine venlerbvereinte Hulfe Begehren; fein Lenationd.Seeretair nannte den Koͤ⸗ mig von Frankreich einen liſtigen und übermächtigen Zeind, und ſprach von deſſelben undrififiem Verfah⸗ ven. Zulegt begehrte er, man möchte bie Waldſtaͤtte, . Conffans unb Bregenz befegen. Man verlangte von ihm - eine Erklärung , ba der Kaiſer die Neutralität der Schweiz refvectiven, und die freye Ausfuhr der Grid)» te nicht fperven werde. Vom franzöfifchen Ambafator begehrte man die Neutralitaͤts Erklärung für die Wald»

554 XVIII. Periode. 1692—1788,

ſtadte und das Frickthal. Er machte aber unfern Ge» fondten allerlen Vorwürfe: C8 werden wider ben König, unb die Ambaſſade, im Kleinen unb im Großen Rath, aud) bey der Buͤrgerſchaft/ allerhand unanſtaͤndige Res den getrieben, zu Deren Verhuͤtung man nicht genugſa⸗ me Sorge nehme; man hätte beym Marſchall de Ber wick , Gowerneur im Elfaß, fein Bewillkommungs⸗ Sompliment abgelegt, da es beym Faiferlihen Gouver⸗ neue zu Freyburg gefchehen ware; man bätte, als bie franzöfifchen Kriegsoölker fih dem Rhein näherten, ab. lerhand Anflalten getroffen, germen geblafen, und die ganze Schweiz aufgewedt; endlich ſchloß er dahin, daß wenn wir unfer Betragen nicht andern ſollten, fo dürfte ung das wohl widerfahren, womit man und wegen des Merciſchen Durchzugs im J. 1799 brofete. ')

‚» Der Ymbafador batte ſch eigentlich ftärfer au2gebrüdt, Er hatte nämlich gefagt, daß bie Bombe, weiche A.“

4709. nad) dem merriichen Durchzug, wiber uns gefülft worden war, nod gerüfter fen. Als die von der Tagſa⸗ gung zurückgekommenen Gefandten diefed im XIII. Rath eröffnet hatten , und ein im gleichen Sinn abgefaßtes Schreiben des Ambaffadorn verlefen worden, fo wurde die Frage aufgeworfen, ob dieß alles in der Relation dem großen Rath mitgerbeilt werden folfte, und bie XIII. erkannten, daß es Ibedenflich wäre, vor dem Großer Rath ale Umſtände, EN wegen der a be ansubringen,

II. fap. 1733. .— 555

Da mm Berwick den 22. November fih zu Die ningen befand, wurde er ſogleich von 5 Räthen und dem Stadtfchreiber bewillommet. Die Reprafentanten , die den 2 und Steg December hieher Tamen, waren Z Dor manm von Bern, and Balthaſar von Luzern.

Der Marggraf Carl von Baden Durlach lief durch den ganboogt ‚von Roͤteln, Baron von Leutrum, den 8. Oftober eröffnen, daß er gerne hieher Fame. Die ibm durch Stadt⸗ unb Rathfchreiber überbrachte Antwort war im Grunde: Die Gegenwart Sr. fuͤrſtl. Durchlaucht würde ums lieb und angenehm ſeyn, in der Hoffnung, es werden Hochdiefelben alles verhüten, was- Bier einige Ombrage veruefachen möchte” Er kam hen 19. Oftober qii, und gab nach der Bewilllommung ein Saftmahl. Solches wurde auf der Zunft zu Schmie den erwiedert: Zwölf junge Herren von bier warteten. ibm an der Tafel auf. und Raͤthe holten ihn und fein Gefolge in 5 Kutfchen ab. Er machte (id durch zwey Sachen fer beliebt. 9tad) Johanni 1735. und folglich. mad) der Einführnug des neuen Raths, ffattete er in Hoher Berfon ben ben neuen Häuptern, zu Handen des Raths, einen Beſuch ab, unb wünfchte ihnen zur ange tretenen Regierung Gluͤck. Bier GeheimRäthe wurden abgeordnet, um ihm Dafür zu danken. Das zweyte fo die Bürger fehr freute, waren fchöne Gaben, namlich 7 goldene und 203 filberne Medaillen, 1135 Gulden Werth, die er zum Verſchießen im Brachmonat 1736 der Bür- gerfchaft zuſtellen lief. Doc) fette ein Begehren voir ifm

555 XVII, Periode, . 1600 —1785.

den Rath in einige Verlegenheit. Der badiſche geheime Rath Wieland eröffnete den Häuptern-am 17. Auguſt 1735, im Namen feines Fuͤrſten, daß diefer einen Gar» ten (den Garten der Wittwe des verfiorhenen Doctor Theltäffon), unter dem Vorbehalt der Genehmhal⸗ tung des Raths gefauft bátte, Die Haͤupter zogen die XIIL zu Rathe. Der Anſtand war diefer. Ein neues Geſetz, nämlich vom 7. Zuly 1721. , fihrieb vor , daß den Fremden kuͤnftigs Feine Laudguͤter, weniger Haͤuſer in der Stadt, ohne des Großen Raths egprefe Erlaub⸗ nif zu kaufen erlaubt ſeyn (offte, Nun wußten die XIII. bag nicht mur der franzoͤſiſche Ambaſſador, fondern auch der Taiferliche Miniſter, Marchese de Prié, über den langen Aufenthalt des Maragrafen zu Bafel, Bemerfuns gen gemacht hatten; unb fie beforgten, möchte im Großen Rath Heleidigende Aenfferungen fallen. Daher geriethen fie auf den fonderbaren Ausweg, dem Kath vorsufchlagen, den Kauf gegen einen Revers aus der Miro fache zu beflätigen '2, well ein Garten weder eim

ar v

2) „Die Erfanntnig des Großen Raths Tónue nicht (tricte nach deren Worte qu- urtbeilen , auf den dießmaligen Casum applicirt werden. Sie rede von Häuſern und Landgütern, und von Landsfremden. Der Gar ten fen weder ein Haus in der Stadt, noch ein Land- gut. . Und der Marggraf könne nicht für einen Lande» fremden , fondern gleichfam für einen einheimifchen Her- ren angefchen werden, Hiemit bann außer allem Zwei⸗

II Kap. i733; 581.

Landgut noch ein Haus wäre. Dieß wurde nun

im Rath angenommen: Als aber das folgende Fahr

es um den fogenannten Melkeriſchen Garten in der fottergade, nebſt Gebäuden, wie asd) um die Austau⸗ fóung des Hollſte iner Hofes gegen den Ortman- tifdet zu thin war, fo mußte der Ankauf und Taufch den 26. Febr. 1376. vor den Großen Rath gebracht werden, ber übrigens beydes bewilligte. Nun vourbe ein befonderer Revers ausgeſtellt. Ban ließ aud) dem arg grafen einen laufenden Brunnen und Abwaſſer zukom⸗ men. Außer den zum Verfchießen verehrten Medaillen, fchenkte ferner der Marggraf dem Rath zwey ſchoͤne

fel können Ew. Sn. in diefer Occaſion, eben wie Dero

Vorfahren, in dergleichen innocenten petitis gnädige Willfahr ertbeilen. Das fürkliche Haus Baden. Dure

lach, ſey fchon feit fo mancher Sacculis , mit der Stadt Baſel in benachbarter, vertraulichſter Bündniß unb Ein- muig.geftanben , auch die beyderfeitigen Landſchaften, einer. der andern que Hälfe und Nahrung die Hand bie the, in bem Frieden zur Freude, in gefährlichen Sei» ten aber zum Cup und Schirm diene, Wer weiß nicht » bag Cm. Gnaben Vorvordern (don, eben mie biefelben , jeder Seit fo viele Hochachtung für dieſes bochfärftliche Haus getragen, fo daß folches keineswegs füt Landsfremde, fondern für Befreundete, Vereinig⸗ te, Nächſtbenachbarte, ja gar bier fidet und vertrat. (id) wohnen, Auch weit höher als snfte Cives hono. rarles Achtend gehalten werben." -

-

N 558 XVII, Periode. 1692—1788.

| Pferde, die em: für bie "— beſtimmt Maren.

Diefer Revers, had dish gemeinfchaftlich ndi brachten Abaͤnderungen, fautete wie folgt:

, f$lit Earl von Gottes Gnaden, Marggraf zu Baden und Hochberg 1c. urfunben biemit für uns und anfere fürſtl. Nachfahren: als auf unfer freundliches Anfinnen der Here Bürgermeifter und Räthe der Stadt Bafel, unfere Herrem Bundsgenofien und Gevattern, den in der fogenannten got. tergaffe zu Baſel gelegenen Thellufonifchen Garten, einfeits neben Herrn Gerichtsberen Martin. Stähelins Garten, anderfeits aber neben bem Melkeriſchen Gar. ten gelegen, au erfaufen, und ganz geneig(t Demilliget, daß deswegen wir für und und unſere fürſtl. Nachfahren und Erben, in Kraft dieß gegen wohlgedachte Herren Bür⸗ germeifter unb Räthe der Stadt Bafel, und, unb diefelbe unſere Nachkommende, beiter und klar referbieret und vet. bunden haben wollen, baf wenn Wir nicht in der Stadt Baſel wohneten unb uns darinn aufhielten, Wir Niemand der unfrigen, auch fonften feine fremde Handwerksleute, fondern: einig und allein bafelifche Bürger in diefen Gar- ten ſetzen, auch Wir unb unſre fürflliche Nachfahren, fo oft bicfer Garten an einen unferer Successorum, der nicht der evangelifchen Religion beygetban wäre, gelangen wür⸗ de, iemeilen von einer Stadt Bafel den Eonfend begebren, und ba derfelbe wieder alieniert und. verkauft werden woll⸗ *tt dieß an feinen Fremden, fonder allein an Bürgern der Stadt Baſel gefcheben folle,

Zu Urkund dieß haben wir diefen Revers und; der ung and unfre fürſtliche Nachfahren kräftigſt binden folle ,. einer

\

UL Kap. 1734. - 559

Stadt Bäfel unter unfrer eigenhändigen Unterſchrift und aufgedrucdtem fürftlichen Seeret. Inſiegel zuſtellen und ge⸗ ben den 6. September 1735.

Carl M, v, Baden, E (S, L.) | 1734

Die kaiſerliche Legation erhielt von der Schweu die Anwerbung von zwey Regimentern, zur Beſetzung der Waldſtaͤdte, auf gleichem Fuß wie Anno 1702. Baſel willigte ſchon den 27. Jenner ein. Die Capi⸗ tulation wurde den 27. Maͤrz auch hier angenommen und der Eid ber angeworbenen ben 4. April feflgefegt: Bafel ſtellte zwey Compagnie, die eine erhielt Remi⸗ gius Frey, und bie andere Carl Wilhelm und Zohann Caſpar Ochs, die ihre Compagnie einem Capitain⸗ Gommandant Hans Caſpar Battier übertrugen.

Gn Diefem Fahre wurde der Marcheſe de Prié als $. K. Reſident bewilfommt.

Die Reprefentanten von Bern und Luzern waren ſchon den 14, Jenner verreifet. Im Februar wurde von Freyburg der Hauptmann von Alt als Repreſen⸗ tant angekuͤndiget.

Sardinien hielt es in dieſem Krieg mit grant reich. Der Hauptmann Lucas Faͤſch diente in Pie mont unterm Megiment Roguin, Er begehrte den 6, Marz die Erlaubniß noch etliche und dreyßig Dann, bie ihm fehlen , bier qu werben. Der Rath bewilligté e$ ibm, bod) fo, daß er Feine Bürger, Hinterſaͤßen

560 XVIII. Verlode. 1692— 1788,

od unterthanen , ſondern nur Bettler, Strolchen inb anderes berrenlofes Geſind nehmen würde, Allein, ſo eingeſchraͤnkt diefe Erlaubniß aud) war, To wurde fie doch ben Stem vom Großen Rath aufgehoben. Man ffanb in feinem Bund mit Sardinien, und der Mar- quis de Prié , der oft hieher Fam, " ) Llagte fehr wider die fardinifchen Werbungen. Frankreich wollte bie Neu⸗ tralitat der Waldſtaͤdte nicht verfprechen, man wollte denn, fügte Bonnac, im April, auch die Sicher, ſtellung des Sundganes verfprechen:

Der Marquis de Prié (ue immer fort dag Wort getrenes Auffehen ander erklären zu wollen , als man e$ in den 3: 1726. und 1728, und vorber (doti bep mehrern Anläffen eidögenöfifcher Seits ‚gethan bat» te. Allein man betrachtete feine Memorialien alà bloße einfeitige biplomati()e Deductionen. Im May wurden die SicherheitsAnflälten vermindert. Die Armeen Dat» ten fid) febr entfernt, unb bie beyſeitigen Botfchafter beruhigende Verſicherungen gegehen. Von diefer Self an War der Krieg nur ein Anlaß für die Gewerbsleute gute Gefchäfte zu treiben; unb (don den 3tem October des nächflfolgenden Jahres gieng der Kaifer geheime Sriedenspreliminarien mit Frankreich ein:

és

- 5j €t miethete im Novembermonat tin Haus und tefiiette. sewöhnlich hier. Sein Geſchlechtsnamen mar Turinetti.

III. Kap. . 41734, 561.

. €$ wurde bem Rat den 1. September ange zeigt, daß zu Bern Unterhandlungen eröffnet worden wären, um das Frickthal zu verkaufen. Zürich wußte nichts davon. Bern antwortete: „es hatte der Gen ral Dorat, Namens des Kaiſers, ſondirt, 08 Bern nicht zwey Millionen Gulden auf die vier Waldſtaͤdte and das Frickthal darleihen wollte. Daher hätte man ihm zu verfichen gegeben, bag ein ſolches Anleihen uns überwindliche Schwierigkeiten Haben wurde. Man muͤße ‚nun von Wien aus nähere Berichte abwarten.” Man fießt leicht ein, daß es zu einer Tänflichen Abtretung führen folte, daß aber bie Unterhandlung Verſchwie⸗ genheit erforderte, damit gewifle Stautone nicht. dawider arbeiten möchten. Allein den 6ten September wurde (don im Großen Rath angezogen, daß man trachten follte, von biefiger Seite an den Unterhandlungen Theil zu nehmen. Und bey diefem umgeitig eröffneten und gleichfam oͤffentlich geaͤußerten Wunſch blieb es auch ſte⸗ hen.

Frankbreich ‚begehrte von und, zwey neue halbe Compagnien anwerben zu laſſen. Die XIII. ſchrieben an die geheimen Raͤthe von Bern: „Wir ſehen nicht wohlein, wie wir, die am meiſten erponirt find, Diefed Begehren abfchlagen Tonnen ; anderfeits (e9 auch Dedentich in Frankreich SBolfer zu geben, . ohne daß man mit diefer Krone in Buͤndniß hehe, noch die Früchte

VII. Band, mE 9$ u

662 XXVI. Periode: 1692—1788.

davon genieße, vielmehr allerley Beſchwerden Teide. Doch berwiligte der Große Rath bie Anwerbung ges dachter halben Compagnien. Der Major Hans Jalob Iſelin und bee Faͤhndrich Daniel Ryhiner erhielten ſolche, jeder mit dem Titel und Rang eines Hanpt⸗ manns. |

! Auf einen Rathfchlag der XIII. vom Sten Ge

bruar belohnte der Große Rath den - Stadtfchreiber Cbrif mit der Stelle eines Gitabtconfulenten , die et- was eintrágt, Der Rathſchlag erhielt folgende Be⸗ weggründe: Seine beym letzthin verlefenen Abſchied gezeigte Arbeit, und andere (dom ruͤhmlichſt an Tag gelegte Labores . . . bey verfchiedenen Jahren babe er in den Gefchäften, womit der Stand mächtig über haͤuft worden, nicht minder in den Gefchäften des Dee putaten⸗Amts und des Spitals feinen unermüdeten Fleiß, auch bie mit vortrefflihen Studien bekleidete Prudenz und Dexterität werfthätig befcheinet. Eben auch im vere fhiedenen causis criminalibus habe er dem Rath fei me febr wohl elaborierte Consilia juridica, nach beret Juhalt verſchiedene Uebeltbáter vom Leben qum Tode hingerichtet worden, geſtellt.“ Doch bate

te bie XIII. oder ijr Schreiber, ber Rathſchreiber

Gernler dem legten Zug eine andere Wendung wohl geben fónnen. Wurde fein Unſchuldiger durch diefe wohl elaborierte Consilia juridica gerettet?

|

:IU. Kap. 1736... ° . 63

CJ 2418 5. Seit zwanzig Fahren hatte ber Große Rath

i unb nach die Verfaſſung um ein merkliches veraͤn⸗ dert. Obſchon die Secfommnif jährlich abgeleſen wurde , fo hatte er dennoch, durch eine Folge von Erkenntniſſen, die als Stantsverfaffungsaefeke galten ) feine Befugniſſe (o vermehrt; bag eine Menge gering fügiger Sachen bey Ihm behandelt wurden: So lange der Buͤrgermeiſter Emannel Soein am Reben war; blieb nicht nur die Verlommniß in’ Kraft, ſondern der Kleine Rath ſchien vielmehr ſie bisweilen zu vor⸗ thellhaft für fid) ausgelegt gu haben, und vielleicht naͤhr⸗ te mancher die Hoffnung, ſie allmaͤhlig als eine Frucht der Rebellion von 1691. in Abgang kommen zu laſen.

Allein von dem Jahr 1717 an, in welchem am öten

December Socin mit Tode abgieng , herrſchte ein anderer Geiſt: Geiſt der Nachgiebigkeit im Kleinen Rath, Geiff ber eigenen Gewalt im Großen. Schon folgte die Einführung des Looſes gei nd feinem Tode.

In diefem Jahre 1735. trieb e8 der Große Rath aufs hoͤchſte. Cv gab dem Rath Eenforen unb Anzei⸗ ger. Die Hänpter (Ehrenthalben und pro forma, ')

=

n 7) Daß t$ nur pro forma war, bewies die Folge. | Kein Haupt beſchwor eie; : ien Vorſteber der Kanzley aber

9»02

und die Vorficher der Kanzlev Cdas ik, der Stadt fóreióer und der Rathſchreiber) befamen den 7ten Mär; , die in folgender Erkanntniß enthaltene Ob» liegenhelt: „Sollen von feinem Collegium mebe Großen: Ratbi Erfanntniffe umaeftofen , und Falls folches gefcheben wollte, es in Sefione Yon 2,86. den Her» ren Häuptern, unb meinem Seren Stade und Rath» fhreiber geahndet; auch (old)e Umſtoßung, ba eine ge fchehen ſollte, für null und nichtig gehalten, diejenigen Herren die dazu geholfen aufgezeichnet und Meinen Gu. Herren und Obern vorgelegt werden.” |

Sin Folge dieſes Eides gefchahen nur zwey Male Anzeigen dieſer Art im Großen Rath. Das erfle Mal im Fahr 1761. vom Rathſchreiber S felim, und dag zweyte Mal im 3. 1784, vom Rathſchreiber O che.

Bemerkenswerth if ed, wie man in ber Folge

bie Gültigkeit des gedachten Eides zu fehwächen trad» tete: » Der Ausdrud Umſtoßen fe unbeflimmt; ein Befe wider welches, nach Maasgabe der Umflände elo

i

mußte fogleich nach (einer Erwählung in gefeffenem Groſ⸗ fen Rath, einen förmlichen Eid darüber ablegen, Dieß geſchah im Fahr 1744, den 16, November vom Ratb⸗ ſchreiber Baffavant, im 3. 1756, den 22. Kenner 1 yom Ratbfchreiber Iſelin, im Jahr 1782, den 19ten : Anguft vom Rathſchreiber Ochs, im Jahr 1783. vom Stadtfchreiber Andreas Merian, und im Jahr 1790,

bea 22, July vom Rathſchreiber GA (do...

II Kay. 1735, 865

nige Male gefprochen wurde, koͤnne deßwegen sticht füe umgefloßen gehalten werden; das Belek erfirede fid nicht auf nüglide Ausnahmen, und auf die casus gratiabiles ; die Eriminal⸗ und andere Juſtitzfaͤlle (eg en, durch die obere Judicatur des Raths, eo ipso von der Cenſur ausgenommen; endlich fehle dem Ge ſeß der wichtige Theil, die sanctio poenalis,

Bon diefem Sabre mögen noch folgende brey Ge fee angeführt werden. Das erfle vom 10ten Jenner Betrift den Zinsfuß: „Die Untertanen und Hintere ſaͤßen zu Stadt und Land follen fein Geld unter fünf vom Hundert: bey Strafe der Confiscation aufnehmen.” In einem Gutachten des vorigen Monats, wurde über bie Frage, warum die Landlente von den Verwaltuns gen bed Deputaten- Amts wenig entiehnten, folgende Auskunft gegeben: weil der Landmann mehr Rah und - Hülfe zu erwarten bat, wenn er einem anfebnlichen Schuldherrn fchuldig iſt, als von einem Gottshauſe.

Am 2ten Februar wurde erkannt: „Den Colle- gis publicis wird niedergelegt, einige liegenbe Güter auf der Landfchaft zu erlaufen ') SHiefige Bürger

. 1) In Folge defien wurde der Kauf eines Alphofes für die Univerfität aufgehoben. Es mar die Erneuerung ei⸗ ned alten und böchſt nüglid)en Geſetzes. Sonft hätten bie Col.

legte und Famitien-Fideicommiffe nach und nad) die beiten Güter des Kantons verfchlungen. Das dd wich

560. XVIII. SWerobe, 1692—1788.

mögen ferner Güter auf der Randfchaft von hieſigen Buͤrgern kaufen, ohne daß die Landleute ſich einiges Zugrechtes dazu anmaßen koͤnnen. Hieſige Buͤrger moͤ⸗ gen ferner von den Landleuten Guͤter an ſich kaufen, «ber mit dem bisherigen Vorbehalt des —— die Gemeindsgenoſſen. |

Inter dem gleichen Datum erſchien das dritte Ge⸗ ſetz: „Iſt den auf der Landſchaft wohnenden geiſt⸗ und weltlichen Beamten nicht erlaubt, waͤhrend ihrer Be⸗ amtung einige unter denſelben liegende oder dazu gehoͤ⸗ rige Guͤter zu verkaufen. Doch moͤgen Collegio pub- lica, geile und weltliche Beamte auf der Landſchaft, auf (olde Güter, fo ihnen Pfandsweife verfchrieben find, und an eine Öffentliche Gut. gefchlagen” worden, fo weit ihre Forderung geht bieten, allein mit Vorbe⸗ halt des gewöhnlichen Zugrechts, Falls ber Züger den Ereditoren volllommen bezahle und ſchadlos halte. 2

1736,

Ueber die zweyte Inſtanz an welche von den Ur⸗ theilen des Fünfer-Gerichts , der Gefcheide, des Waiſen⸗ gerichts und des Ehegerichts recourrirt werden koͤnne, verfuͤgte der Große S "m 12ten Jenner folge:

alled. Da man Fremde zu Sennen oder gebenfeutes anftellen kann, fo hätte unfre Landfchaft flatt Landsfin- der, nur Fremde , und ftatt Eigenthümer nur Dienfbo- ten gezählt.

I, Kap. 1736. 861

des: der Kleine Rath bleibt biefe qwepte Juſtanz. I Anfehung der Fatalien, ded Juramenti calumniae und der Bezahlung ber Koſten wird das beobachtet, fo wegen der Steviflon von Stadtgerichtsurtbeilen georde net id. Doch, was die Cürridjter wegen Beſtrafung der vor dieſelben gehörigen, und deutlich überwiefenen Laſtern geurtheilt, davon fofi nicht weiter gesogen wer» ben unb bic Revifion kann einer mur begehren, wenn e um Eheanſprachen, Eheſcheldungen oder andere Gitreitigteiten , an welchen viel gelegen oder da der Caſus zweifelhaft unb umdentlih if. In Fuͤnfer⸗Sa⸗ der iff das Baunamt Nevifor, b. ik es unterfucht das Gefchäft, Hört die Partheyen an, mnb gibt bem Rath zum Cat(deib fein Gutachten ein. Betreffend das Succumbenz- Gb, fo if ſolches im Fuͤnfer und Geſcheids tietbeilen nur von sehen Gulden.

Das Ende dieſes Jahrs if durch einen Lachsfang⸗ fireit mit franzöfifchen Unterthanen voller Beſorguiſſe für bie Basler gewefen. E

An dem Ausflufe der Wiefe in den Rhein bey Kleinhuningen , beſaß Baſel ben ausfchlichlichen Lachs⸗ fang. Schon mehreremale verfuchten die Neudörfer, oder ehemaligen Großhuninger Fiſcher, einen Antheil daran zu bekommen. Das vorige Sabe Hatten fie foe gar mit Gewalt einen, ganzen Tag gefiſcht, fünfilg Neudoͤrfer zur Sebedung genommen, (fid) unfers Ufers bemachtiget , das | Garn den unfrigen weggenommen,

668 XVIII. Berlode. 1692-1788.

Helfer und Wenden abgehauen unb Feuer angezuͤndet. Allein auf eingelangte Vorkellungen bed. Raths, der. ble Frevler hieher citirte, legte damals der franzoͤſiſche Com⸗ mandant von Huͤningen, der Marquis .d'Herouville, den koͤniglichen Unterthanen das weitere Fiſchen nieder. Es geſchah aber nur fuͤr das Jahr, und ohne Abbruch der habenden Anſprachen derſelben; deswegen er auch die Stellung der Frevler abſchlug. Ein Commiſſair, Namens Payen, der uns ſehr unguͤnſtig war, erhielt den Auftrag dieſe Sache zu unterſuchen. Die franzoͤ⸗ ſiſchen Unterthanen fuͤhrten einen Vergleich an, der im Fahr 1459. zwiſchen den Groß⸗ und Kleinhuͤninger Fifchern wäre getroffen worden. Dagegen behauptete der Nach das’ Cigentfum der Lachsweide als ein 9e gal, weiches er im Jahr 1640. mit dem Ankauf von Kleinhüningen von dem Marggrafen von Baden erwor⸗ ben Hätte Die Rechtsfrage blieb umentfchieden. Der Rath fdjfte zwar den 18ten Februar eine Deduction über unſre Rechte dem Kommandanten und dem Inten⸗ Danten. Allein die Anerkennung derfelben folgte nicht darauf und der Commiſſair ließ Hingegen kurz vor ber. gewöhnlichen Zeit des Fiſchfangs bis Auskunft der Sache, die gemeinfchaftliche Ausübung des Fiſchrechts vorſchlagen. Der Rath wollte aber diefes nicht einges ben und proteftirte wider alles, As gu un(erm Scha⸗ | den vorgenommen werden fbrte: ^

Die Jahreszeit, wo der i8 gefangen wird, erſtredt fid) vom Allerheiligen Tage bis St. Andreastag,

X ? II. fap. 1736. 568

bende des alten Style. Der erſte Fiſchtag faͤllt alfo . euf ben 11. November. Nun wiederholten diefes Jahr eigenmächtiger Seife die Neudörfer dem Auftritt des vorigen Jahres. Allein diefes Mal gewann der Aufs tritt eine ernſthaftere Wendung. Ob die Föniglichen Bes amten aufrichtig glaubten, daß die Neudörfer ein ges gründetes Recht anfprächen, ober ob fie geheime Ger ſchenke erwartet Hatten, oder ob fie uns aus Bosheit, Widerwillen, Pladerepfucht, nur quälen und beunruhi⸗ gen wollten‘, lafe id) dahin geſtellt (epu,

. Die Steuborfer famen den Iiten in ihren Nachen pinüber, 24 an. der Zahl, und warfen ihr Garn Din» aus, Den 12, famen fie wieder. Allein, num wider festen fid) die über den Frevel erbitterten Basler⸗Fi⸗ (be. Es erfolgten Scheltworte und Schlaghaͤndel. Die Trommel zu Kleinhüningen wurde gerührt, ein Theil, oder alle aus. dem Dorfe verfammelten fid am Wer bed Rheins unb vertrieben Die Neudoͤrfer. Sehr verfchieden wurden die nähern Umſtaͤnde biefed Zuſammen⸗ laufs erzählt. Die wichtiaften derfelben betrafen aber bie Frage: oB der gefchehene Widerfland, oder bie Abs freibung der Neudörfer, anf Befehl oder ohne Vorwiſ⸗ fen der Obrigkeit oder ihres Landvogts gefchehen war. Drey fonff ehrliche Männer behaupteten Anfangs taf der Landvogt einem der dortigen Wirthe befohlen hätte, - kaͤrmen zu ſchlagen. Einer derfelben wollte aber nach gehende nicht eidlich abgehoͤrt werden, und die ———

570 XVIIL Beriode 1692—1788.

wo ich nicht irre, beharrten nicht anf. ihren Ausſagen. Dem fey aber wie ihm wolle, die framjofifóeu Seam» ten berichteten nad) Straßburg und nach Paris, daß es eine vorbedächtliche Mordthat,, un assassinat pré- médité, eps Seiten des Raths oder feines Oberamten, gewefen wäre. Der Rath ließ aller Orten betheuern, „daß weder er nod) der Landvogt den geringfien Antheil daran gehabt hätte; der Rath Hatte vorher. (wie e3 denn wirflih auch alfo war.) den Kleinhüningern bes fohlen, Falls die Neudorfer den vorjäßrigen Verſuch wiederholen follten, fie gütlich afzumaßnen, fid) aber aller Gewaltthätigfeiten zu enthalten, und ehender den Plaz zu verlafen. Endlich Hätte der Landvogt von den entffandenen Handeln nichts gewußt, und wäre auf den erften gehörten Trommelfchlag fogleich herbey geeilet, um die Leute aus einander zu bringen.” Allein, wenn

auch der Widerſtand anf obrigkeitlichen Befehl ſtatt ges

Habt Hätte, mit was Zug Rechtens wuͤrde man e$ der

‚Regierung vorgeworfen haben Tonnen, dag (ie fremde Räuber vou ihrem Gebiet abtreiben ließ, da fie vielmehr bte

fuat gewefen wäre, fie ale anhalten und firafen zu laf»

fen. Der Fremde raube ein Recht oder eine Sache, Fiſche und Garn, oder Geld und Geldeswerth, es ik gewiß alleins. Und wenn die Räuber fid) in flarfer

Anzahl betreten laſſen, (0 muß wohl die Trommel ge

‚rührt, oder ein anderes Lermzeichen gebraucht werden,

damit ſchleunige und hinlaͤngliche Huͤlfe an die Hand

‚gebracht werde. Deſſen ungeachtet ertheilte der Rath

IL Kap. 1736. ..— 571

dennoch den Befehl Erfundigungen einzuziehen , umb mehrere ber unfrigen beyzufaͤngen, die ſich am thätige Ken bey dem Auflauf gezeigt hatten. Was gefchal aber auf bie Beranflaltung der Töniglichen Behörden? Go bald die Nachricht von dem Vorfall nach Straßburg uͤberbracht worden, ergieng der Befehl von Seiten des Marſchalls du Bourg und des Intendanten de Brouelle alle Gemeinfchaft mit Bafel aufzuheben. Drey Basler, bie fid im Elſaß Hefanden, wurden fogar gefänglich angehalten, und nad) Straßburg in die Gitabelle ges führt. Und bald darauf fonnte in Paris fein Basler mehr , der nad) Haufe reifen wollte, einen Paß erhals ten der nicht wiederholt vernehmen mußte, daB bie Basler dem König den Krieg erklaͤrt hätten. Ein einziger Cder madjBerige Rathsherr Deucher) gelangte bag, aber durch bie Verwendung eines geſchickten Tonkuͤnſt⸗ lers, der einer Tochter eines Miniſters Unterricht gab. Ale Vorſtellungen halfen nichts. Zwey Deputirte wur den vergeblich nach Straßburg abgeordnet. Der frame zͤſiſche Legations Gecretair Mariaune beharrte darauf,

daß der Landvogt, wo nicht der Rath ſelbſt, fehlbar wäre. Der Ambaſſador, der fi feit einiger Zeit zu Baris befand, und an welchen der ganboogt fid) (drift Hi wendete, fehlen nicht: günflg zu ſeyn. Und ber erfle Staatsminiſter, der Cardinal de Fleury , ſchrieb und unter andern ben 13ten Dezember "): = Hat

?) Aus dem Schreiben ſieht man Übrigene auch, mas er

672 XVII. Veriode, 1692-1788,

mein Herr der König allen Handel mit eurer Stadt gefverrt, ja aud) von eurem Bürgern in Verhaft genomes men, vie Dátte er wohl weniger thun können, ium euch fein gerechtes Empfinden, über diefen vorbedächt- lid) angerichteten und mit bewebrter Hand volljoaeneg Schimpf zu bezeugen,” Sn der ganzen Provbinz Elſaß und bey den Miniſtern gu Versailles war mur eine - Stimme: „Die Basler Hätten dem König Zro& bieten wollen.” (braver) Der Rath Hatte indeflen auch feine Zuflucht zu den übrigen Kantonen genommen, aber zu feiner größten Berwunderung mußte er wahrnehmen, baf mebrere mit hoͤchſter Gleichguͤltigkeit feine Lingelegenheit anfabem, und er beforgte daher, fie möchten wohl unter der Hand alles vereiteln, was andere Gutes zu wirken trachteten. So tief fafte er ein ſolches Betragen zu Herzen, daß feine Gefandten auf einer Taafagung im 3. 1738. den Befehl erhielten folgende Stellen aus ib⸗ ven Inſtructionen mitzuthellen: „Nun haben wir zwar an einer Loͤbl. Eidsgenoſſenſchaft unfre fo (were Anges legenheit gelangen laſſen, wir Dabeu damals nicht fo

füt falfche Berichte befommen batte." Der König mel« deterer, glaube auch, er babe feiner Seits in Rückſicht der Lachsweide Urfache genug, das Gegentbeil unferer ‚Behauptung gu vertbeidigen, unb dießfalls wäre niemals etwas. eigentlich ausgemacht worden. Ferner meldete er, - man wäre überein gekommen , daß der 2adjsfang med» ſeloweiſe gefchehen follte ; und biefed wäre * getreu⸗ lich bis dabin gebalten. worden,

II, Kay. 1736. 673

viel Gehör gefunden‘, als der Zuſtand unſrer Sache erfordert hätte; daher haben wir fo viel möglich getrach⸗ tet, uns au helfen, und alle Mittel dazu zu ergreifen : wir find endlich fo glüdlich gemefen, daß das Geſchaͤft mad) bem Rechten zu unfrer Gunft zu Ende gefommen iſt. Wir verboffen denn aber, daß wenn je im das Künftige unfer, oder ein anderes Loͤbl. Ort eine folche ſchwere Bedrängniß treffen folte, man demfelben tröfts licher Begegnen, und unter die Arme greifen werde.” Me Orte zeigten Ach aber nicht fo gleichgültig. Es langten nach einigen gemachten Anſtaͤnden den 6ten und 4Tten December , Reprefentaten von Glarus und Schaf haufen bier an, Friedelin Blumer und DBalthafar Pfiſter. Sie erfundigten f über die Beſchaffenheit des Gefhäfts, und erkannten, bof unfre Rechte, in Ruͤdſicht der Erwerbung fowohl, als des Beſitzes ges gründet wären. Den 22ten ſchrieb der Rath an den | König und an ben Miniſter. Dem 24tem meldete der Legations⸗Secretair Mariaune vom Solothurn: „Jai ordre du Roi de vous demander de rechef la satisfaction que vous lui devez, et de vous de. clarer en méme temps que la modération sa Majesté larestreint à ce que l'Auteur de l'insulte faite, soit puni, et que les personnes qui ont été arrétées , restent en prison, jusqu' à ce que 3a Majesté trouve bon, qu'elles soient mises en liberté." Den 27. verfügte fi) der Ritter Schaub

674 XVIII Periode. 1692—1788.

bieher. ") Er war der Sohn eines. Biefigen Notarius, der fid) aber in England ausgezeichnet Hatte, nnb im biptomatifdjen Zach angefleht war. Er victi dem Lands vogt Frey fid) nad) Paris zu begeben. Diefer willigte ein, und trat den 29ten Dezember vor ben Großen Kath mit der Erklärung und Bitte: „Er Habe fd entfchloffen , - fib ganz freywilig für das gemeine Beſte darzugeben. Cr bethe, mau möchte ihm erlauben , fif zu den Füßen des Cardinals de Fleury zu tet fen, fid) entweder bey S0ro. Eminenz mit der bloßen Wahrheit zu vertheidigen, oder wenn es demfelbe fo gefällig , in efrerbictigftem Stillſchweigen und Gehorfam

3) Schaub war Secretair des auferordentlichen Ge⸗ fandten der Krone England in der proteftantifdoe& Schweiz, Abraham Stadians, und bernach ebenfatié Secretair des englifhen Ambaſſadors zu Wien, Lord €o1b amt, zuletzt aber großbrittanifcher Gefchäftsträger daſelbſt geweſen. Im 3. 1720. batte Georg ihn zum Stitter gefchlagen. Su ber Folge wurde er ald Bevoll⸗

miächtigter des enalifchen Hofes , mit den wichtigſten .: Aufträgen nach Spanien , Gtanfreid) und Polen at» ſandt, und erwarb Ach aller Orten durch feine Thätig- . keit, feinen Scharfſinũ und feine anmuthsvolle Bered⸗ ſanmlkeit die größte Achtung. Im J. 1740. heyrathete er die Wittwe des Generals von St. Saphorin, “and erzeugte mit Ihr zwey Töchter, Er ſtarb im Jahr ' 4758. in einem Alter von 68 Jahren. Giche auch Ott» 309, pag. 138. de cruditis basiliensibus 22 exteros Borentibus.

IU, Kay. 1736. 675 zu erwarten, was ein fo gerechter und großmuͤthiger Miniſter über ihn erkennen werde. Sebod) alles mit - flarem Vorbehalt , daß diefes fein eigenwilliges Unter» nehmen weder der Diefigen hoben Souverainitaet , noch den Refolutionen , welche eine ganze Loͤbl. Eidsgenoſſen⸗ feft ergreifen möchte, den geringflen Praejuditz verurfachen felle," Der Große Rath ertheilte einbel Lig (eine Einwilligung dazu. Schaub berichtete folded dem Cardinal mit folgenden Worten:

» J'avoue , Monseigneur, que je n'ai pu Étre insensible à la détresse de mes Compatriotes, et songeant aux moyens d'y remédier d'une maniére convenable à la dignité du Roi, il m'a paru quil y seroit Satisfait . . . . si, outre Ja dé. tention des prisonniers, le Baillif y res s’offroit volontai. rement à telle punition qu'il plairoit à Votre Eminence delui dicter, C'est ce que je lui ai conseillé: en ami, I! y a déféré sans balancer, et dés hier matin il a demandé trés instamment au grandConseil la permission d'aller se jetter aux piedsde Votre Eminence soit pour lui faire un recitnaifde la vérité, sielle l'avoit pour agréable , Soit pour attendre et subir dans le plus respectueux silence et la plus parfaite résiga nation, ce que votre Eminence voudra ordonnerde lui. Cette permission lui a été accordée unanimément. Mais il lui reste encore à obtenircelle de Votre Eminence d'aller se Femettre entre ses Mains, "Je lasupplie tr&s- humblement de vou. toir me faire savoir sa volonté dessus , par Mylord Wal. .degrave. Les ordres de votre Eminence seront ponc. tuellement obéis, et Monsieur Frey commeucera à y marquer, son entiere soumisson par s'abstenir des As. semblées du Conseil. Je me flatte, Mon seigneur, que vous daignerea agréer ce témoignage de mon aéle pour

876 XVIII. Periode. 1662—1788,

lhoneur du Roi ‚et de ina confience en l'humahité de Votre Eminence."

In banger Erwartung der Antwort des Cardinals endigte fid) alfo das Jahr. Mancher uͤbertrieb laͤcher⸗ fid) bie ängflichen Ausfichten. Vielleicht wird auch mans cher eingefehen haben, dab Schaub dem Cardinal im Grunde einen groͤßern Dienft feifete als uns. Mit Chr ren hätte der Miniſter lange. mehr nicht bey der über eilten Beguehmigung: der im Elſaß genommenen Maas⸗ regeln beflehen koͤnnen. Seit vierzehn Tagen lieh man übrigens (dom bie Sundgauer nach Baſel kommen. 2 (537 Die fintwort des Carbinalá an Schaub langte ein:

„Je n'enterai dans aucun détail, Monsieur, de ce qui a causé le mécontentement du Roi contre la ville de Bäle, & quand vous aurez les informations circonstanciées qui furent faites dans le moment de l'action, je me flatte

que vous conviendrez vous méme, que Sa Majesté n'a qu'un trop légitime sujet de s'en plaidre. Eile consent

que Mr. le Baillif Frey vienne ici, & j'en ai d'autant plus

de joie en mon particulier, que cela me procurera le plaisir de vous voir, & de vous renouveller les assurances de tous mes sentimens pour vous» Je joins ici le Passe Port

pour Mr. le Bailif Frey, & à votre arrivée vous:

navcz qu' à prendre la peine de venir chez moi, & je serai fort aise d'avoir l'honneur de vous voir,"

Die Freude über diefe Antwort und ben überfchickten Paß war f groß, baf mam (don am 16ten Jenner s dem

-

HL Kap. 1736. ı 87

Chevalier Schaub eine außerordentliche Stelle (m Klei⸗ nen und geheimen Rath dergeflalten übertrug, daß wen er fremder Herren Dienſte verlafien und (i hler ale - ein anderer Bürger feßen ‚würde, er diefe Stellen oh⸗ ne weitere beziehen. koͤnne. Auch wurde ihm .oder einer Berfon aus ‚der Berwandtichaft, bie er nennen wide, auf Lebenslang bas. Lehen Ramflein ohne Ents geld verliehen. Cv nannte dazu ſeinen Schwager J. Hein⸗ tid) Wettſtein.)

-. fen 18ten ſchrieb der 9tatb an den König und an die -Königinn von England, um die geleiſteten Dienke Schaubs anzurüuhmen, zu verdanfen und ARE Reife nach Paris zu entichufdigen.

- Den ATten war die Tagfakung- in Baden zuſammen gekommen. Schwyz, Ury, Unterwalden, Zug, Appen⸗ gel katholiſch und Viel erſchienen nicht: Schwyz fibügte die ‚harte Bitterung vor. Ein Empfehlunasfchreiben am den König für den- &anboogt Frey ‚wurde enfarfeht., und. ad. referendum genommen: ©. |

Sven und Schaub verreifeten dann. nad Paris. €i wurden viele Thraͤnen vergoffen, und ein Schulmei⸗ ſter nannte ſogar den Landvogt Frey einen zweyten Ro gulus. Greg wurde vom Cardinal fremmdſchaftlich eme

*) Man ließ es aber in der Folge dabey nicht bewenden, Wenn je Schaub die erwähnten Rathoſtellen beziehen ſollte, fo wurde feſtgeſetzt, daß cr vor allen Räthen, ‚gleich nad) den-Hänptern, Gig unb Rang haben würde.

VIL, Band. Ä |, >

£78 XVIIL Periode. 1692 1788.

fangen. : Er fom im. Hornung zuruͤck und uͤberbrachte geo Schreiben vom 9ten, das eine vom Kardinal und - das audere von Schaub, auf welches ber Garbinal ſich bezog. Sp jenem fand unter anderm: -

.»» Et que vous avez permis au sieur Frey, votre conseiller .et. bailif , de venir: se jetter entre lés mains du Roi par mon entremise, ef de ne mettre .aucune borne à sa soumission. Sa Majesté toujours porté à la douceur et à la clémence aprés avoir requ par mon ca. nal les assurances les plus formelles de sa soumission à tout ce qu'elle voudroit lui prescrirc, a bien voulu , par un effet de sa générosité naturelle, oublier tout ce qui s’est passé, et vous le renvoyer. dans votre ville sans exi- ger. de lui, une plus ample satisfaction,

Die Folgen’ waren, ba mam die zu Straß⸗ burg gefangen ſitzenden Basler auf frepen Zuß fellte, und Handel und Wandel wieder ihren freyen Gang befamen. Beyderſeits wurden auch Commiſſarien ernannt, um das Fiſchrecht zu unterfuchen, und die Gränzen auf der Kaͤl⸗ ber» oder Schuſter⸗Inſel zu bezeichnen. Dieſes geſchah im Heumonat als Schaub wieder fam, und ed wurde feſtgeſetzt, Daß die Neudoͤrfer fid) der Lachsweide auf unſerm Theil des Rheins enthalten wuͤrden, gleichwie aber Hingegen die Basler auf bem franzoͤſiſchen Theil : que le milieu du Rhin seroit désormais la borne im- muable entre les pechers de Bécard des deux Huningues, et que sauf le mois de Novembre la péche du Rhin demeureroit tout le reste , de l'en-

" ; „*

née libre, comme elle l'a été jusqu'à présent, Uebrigens hatte fi der Kardinal in feinem Schreiben - som 9. Hornung des Ziteld Puissants bedient, er fagte nicht magnifiques seigneurs, fondern magnifiques et puissants seigneurs. Schaub befam den Auftrag, - uns darauf aufmerkfam gu machen s... L’intention de son éminence est que l’adresse de sa lettre serve dorénavant de modele et de régle à tous les mi nistres et officiers de Frange qui auront occasion de vous écrire, Nous avons tàché de ne rien né- glger de tout ce que vos Excellences ont bien voulu. commettre à nos soins. War e$ Eruſt pom Hinter , oder follte nod) haͤmiſcher Spott fi pum. Mißbrauch der Uebermacht aefeffen? Meinte ev, daB man das ironiſche davon wicht einmal bemerken wurde ? a fiheint aber, daß es irgend ohne eine Deleibigenbe Ab⸗ Äh unb auf des Raths Begehren ſelbſten geſche⸗ ben war, Der vermuthlich ‚Ach: über. bie Titulatur bet Schreibens vom 49ten Derember beſchwert Kate te , welches nur von -Messieurs und Magistrat ere wahnte. Was den Landvogt betrift, ſo wurde er gleich - nach feiner Ruͤckunft, den 13. Gebr, -ofne ood qu der Stelle eines Geheimen Raths und zu jener eines De - putaten befördert. Dieß veranlaßte vou Seiten eines fti» nee Freunde, des franzöfifchen Pfarrers Rocques „ee - nen fehershaften Gluͤkwunſch: „mon ami, - & encore une sottise, et vous vojlà. chef." , Á

Oo 2

580 XVII. Verigde. 1692—178&

1138,

Suisin Stupanus, Doktor oder giceciat; firent Exemplare von emem - gedrudten ibeff aus , und oq man Verdacht über ihm ſchoͤpfte, mußte er (id) aus. dem Staube machen. Die. benachbarten, Behörden wurden um feine Anhaltung erfucht, unb au Groß huͤnningen ließ ihn der dortige Commandant wirklich einziehen. ‚Allein ber Marſchall de Bourg, Gouverneur der Provinz Elſaß, ſchlug die ‚Austieferiung ab. Der Kleine Rath brachte den 8. December das Geſchaͤft vor ben: Großen 9tatb, - in einer außerordentlichen Zuſammenberufung. Der Gro⸗ ße Rath erlärte das Libell als famos, aufruͤhriſch und höchft verwerfl ch, unb überließ das Ganze den Verfuͤ⸗ gungen des Raths. - Dreymal wurde Stupanus ge ſtuͤhlt ), unb. feine Schrift zuletzt auf dem heißen Steine durch den Scharfrichter Hffentlich verbrannt. Erſt im J. 1755. den 15. Jenner wurde er begnadiget, im? ' fam wieder zuruͤck. Das Standeshaupt, (o er vorzuͤg⸗ lich: im Auge gehabt ‚hatte, lebte nicht mehr. Das £i» Befí, fo alles damals in Bewegung fegte, Deffanb aud - .87 Quartſeiten, unter dem Titel: „Treue und wohl» -meinende Erinnerung etlicher patriotifcher Gemäther an eine hochanfehnliche Ehren Bürgerfchaft der Stadt: Bar ſel! Sn. tiefer Schrift übergeher ex nichts. Nachdem &

MN

' Yy Das ift, dreymal am Stubfgericht, im Hofe bet Kathe hauſes, zur perfonticen Stellung berufen.

. IH. fap. 1735. 881

die bitterfien Vorwuͤrfe über Die Juſtitzpſlege, die Aemterbe⸗ flelungen, die Beſtechungen, die DVerwaltungsurt , den Sochmuth , die Rachgierde ber Raͤthe sufammen getra⸗ gen, zufter aud: „Hernach kommen fie noch angellochen mit ſcharfen Ordnungen, daß man Maͤntel, fo Sommers al$ Wins terszeit in der Kirche tragen muffe , famt andern vielen gleich unvernünftigen Sasungen mehr, obne Zweifel, um zu erfahren, wie tief die armen Schafe fid) tod) werden in das Bockshorn Kineinzwingen lagen. Hier noch eini- ge Stehen : „Eine unfveitige Probe der Freyheit if, wenn man alles leſen und fehreiben darf; finden ſich bis⸗ weilen SSerláumbungen, fo Debt der Mißbrauch den Gebraud) nicht auf ;. unb find diejenigen. ver⸗ bunden. dafür gu (feben, welche fie boͤswillig ausſtreuen, nehmlich vor einem gehörigen Tribunal, mit nichten aber dadie Angeklagten fh felber zu Richtern auf werfen Das Lefenoder Drusdender Schriften freyen Leuten unterfagen, ift ein Mißbrauch der Gewalt. Andrer Raͤthe Vota werden ungefcheut, ja offenbar (unter dew nichtigen Vorwande des, neuen Sabres , Geſchenke und f. w ) mit Wein, Zucker, Geld, Darlehen ohne Zins, Verſprechungen, Beſchuͤtzung, Hoffaung, ſamt unzaͤhli⸗ gen andern Kunſtgriffen, von gewiſſenloſen Klein Rüthen erkauft. Solches giebt die erífe Urfache des ganz une ertraͤglichen Hochmuths ber gemeinen KleinRaͤthe ab, von welchen dieſe merkwuͤrdige SRebensart. gegen Bürger, denen fie abgemeigt find, oft. mit hönifchem Gelächter ate bört wird: Er foll nur einen. Prozeß haben.“

*.

*

» . .

. 582, XVIII Beriode, 1692-1788,

kN ) !

Ludwig von Bochat, ein Raufanner, gab (n diefem Fahr zu Laufanne und gu Genf, über ben fremven Kriegsdienſt folgendes Werk heraus: „Ouvrage pour ‘et contre les services militaires étrangers, consi- dérés du cóté du droit et de la morale," Der Landammann von Schwyz Bath fehriftlich unfern regie- renden Bürgermeifter , den Verkauf davon zu uuterfas gen. Diefer entfprad) dem Begehren nur in (o weit, daß Fein Buchhändler es feil both.

I 1739.

An ber Erneuerung des franzoͤſiſchen Bundes wurde bitftó Fahr minder gearbeitet. Bonaf war im Diefer Abſicht surüdberufen, und der Marquis de Courteille zum Amdaffadoren nad) der Schweiz gefandt worden. Auch hatte der Chevalier Schaub nom Carbinaf Fleuri den Auftrag, die Gemuͤther in den Kantonen dahin zu fenfen. In einem Brief an feinen Freund den Meifer und Lundvogt Frey, bezeugte er aber wenig Hoffnung dazu: „Nai trouvé en Suisse , meldete er den 27. Ge» bruar , tant d’anciens préjugés en mon chemin; tant d'honnétes gens à demi éclairés et roides, qui s'acharnent sans savoir pourquoi ; tant de gens foibles et timides qui n'osent s'éloigner des no- tion populaires; tant d'esprits factieux qui pren- nent indistinctement le contre pied de leurs rivaux en crédit; tant de fripons qui cherchent à se pré-

. valoir de tout cela pour parvenir à se faire ache- ter de rechef, Les grands objets dont on de-

IN. Kap. 1739. 683

vroit s'occuper sont: 1.) d’exötter, e. à, d. de n'a- voir pas une existence aussi précaire que l'est la notre, 2.) d'exister avec quelque poids , et quelque considération dans le monde. Tendons-y en pre- mier lieu, et toutes les convenances subalternes seront immanquablement à leur suite, "

Seit mehrern Fahren berrfchten Unruhen zu Prun⸗ trut. Die Mißvergnügten hatten fid) am uns gewendet, unb bie alten Bürgerrechte wieder erneuern wollen. Cie fanden aber fein Gehör. Der Rath befürchtete fehr ges gen Ende 1736. und Anfangs 1737, im (tárfffem des Lachsſtreits, daß der Kaifer e8 verfachen würde, Huͤlfs⸗ teuppen über unfern Boden dem Biſchof zusufchiden. Diefes Fahr ſchloß aber ber Bifchof einen- Bund mit Frankreich, daß bey inmerlichen Unruhen er franzoͤſiſche Hülfe anrufen würde. Er erhielt auch das folgende Jahr ein Regiment Dragoner und 200 Grenadiers.

Den 9, September zeigte der Kleine Rath eine (eit langem ungewohnte Energie gegen die GroßRaͤthe. Sm einer Sitzung wollten einige etwas durchſetzen, das wi»

der die Berfommmß war. ). Auf einmal fanden die

ı) Die Veranlaffung war folgende: der Kleine Rath hatte einer Wittwe erlaubt einen verheyraiheten Geſellen zu halten. Friedrich Weitnauer der Glockengießer, ob er (don der Schwager diefer Wittwe mar, miberfcore (id) Der ertheilten Erlaubniß, fagte, daß ed wider die büt»

H y

684 XVIII. Periode. 1692—1788, Säupter , die Klein Raͤthe, der Stadtſchreiber und der

Raͤthſchreiber auf, und fo war bie Sitzung aufgehoben. ' Den 24flen wurde die ganze Cigung mit Bemerkungen

über die Verkommniß zugebracht. Der Schluß war aber ; „Laſſen es meine Gnaͤdigen Herren und Dern bey der Verkommniß, und deren Berffand, wie bíefelbe bis anhero angefehen unb beobach⸗ tet worden, lediglich bewenden.

Die wuͤrtembergiſche Schuld, uͤber welche im Jahr

4652. ſchon eine Reduction war bewilliget worden, und (id)

nun auf 98275 Gulden belief, ‚wurde auf drey Viertel beruntergefegt, und ber am zu 2 vom Hundert an⸗ m |

uen Muni , und infonberbeit wider bie Pri- vilegien der Handwerker Tiefe, unb begehrte vot bem Großen Nach angehört zu werden. Das präfidierende Haupt berichtete mas im Kleinen Rath vorgegangen war , und zeigte zugleich an, daß diefe Sache nicht wor den Großen Rath. gehöre, Allein etliche Großräthe, bie Weitnauer anfgemabnt hatten, ungeachtet aller ge» machten Vorstellungen bebarrten darauf, baf Weit- > Baier angehört werden ſollte, und da ſtand der Kleine Rath auf

IV. fap, 1740. 686 Viertes Kapitel ] £008 zu Sechſen—

| cum md

1740.

Diefes Jahr (felt zwey wichtige Veränderungen (t der Verfaſſung dar. Die erfle betraf die Haͤupterſtellen, und die andere die Einführung des Kopfes qu Sechſen. Die alten Haupter faßen feit wenigftens vier Jahrhun⸗ derten gewöhnlich im neuen Rath, das iſt in der regis- renden Abtheilung des Kleinen Raths. Dadurch wurde fo viel möglich etwas Einheit in ber Regierung beybe⸗ halten. Nun erkannte aber am 4 99ter ber Große Rath, daß die alten Haupter im neuen Rath weder Stimme mod) Sig haben , fondern fid) zu den AltRaͤthen verfus gen folten. Die Ausübung diefeg Gefeges wurde aber ur auf bie Fünftig zu wählenden Häupter angewendet. war eben an diefem Tage um die Erwählung eines Oberſtzunftmeiſters zu tun; und ber erwählte Felix Battier, mute gleich fid) eidlich verpflichten, daß er unter feinem SBorwanbe dawider handeln würde. Diefes Verfaſſungsgeſetz, wider welches vergeblich dag Schwarze Buch (1530, 26. Juny) angerufen wurde, dieſes Ge⸗ ſetz, das uͤber dieß, auf einen bloßen Anzug, und ohne eine vorausgeſchickte Berathung irgend einer Commiſſion ergangen war, zog mehrere Folgen nach ſich. Der Wett⸗ eifer zwiſchen beiden Abtheilungen des Kleinen Raths,

586 xvm. Periode. .1602—1788.

war mut leichter zu ftiften und zu unterhalten. Wider die Ungleichheit der Negierungsart von einem Jahr zum zum andern war auch Feine gefetliche Borkehrung mehr vorhanden, als die einzige Kanzley, durch ihre Se vidite, Erinnerungen und Ahndungen. Das Verhaͤltniß der Handwerker zu den Herren im neuen Rath änderte fid) uͤberdieß zum Bortheil der Handwerker, indem die Haupter aus der Claſſe der Herren gemeiniglich gegogen wurden, ‚Endlich wenn die neuen Häupter wegen Krankheit, Schwäs che des Charakterd, Mangel an Einfichten ober Talen- fen, die Regierung aus Handen fallen liefen, welches bey zwey öfteren der Gral feyn mußte „als vorher , foflel das Rus der bes Staats abwechslungsweife in ‚die $ünbe kleiner Parteyen, die eben ſo kleine wetteifernde Oligarchien bil⸗ deten. Uebrigens geſchah dieſe Abaͤnderung nicht ohne Kampf. Die Färkfien Beweggruͤnde dafür waren folgen⸗ de: Ein Haupt, das einen überwiegenden Einfluß genoß, berrfchte in Henden Abtheilungen des Kleinen Raths, qub folglich feine ganze Lebenszeit, bald freylich zum Guten, Hald auch oft zum Böfen. Zweytens, wenn ein Haupt in der Abtheilung, welcher es vorſtand, (eint Meinung nicht durchgefet Hatte, fann es auf Mittel e8 in der andern Abtheilung zu bewirken. Ein‘ Beyſpiel wurde, (doch ohne Jemand zu nennen, und. ald ob c8 etwas altes wäre) davon angeführt, C6 wollte nämlich ein Bürgermeifter den Sohn eines Landmannes, der ihm ein Gapital richtig zu fünf vom Hundert vergiuste , vom Schel⸗ lenwerk befreyen. Dieß konnte ex von feinem Rath nicht

IV:Rap. 1740. 587

erhalten, wei‘ alle Raͤthe die Umſtaͤnde bes Verhrechens fo wohl aus einander fſetzten, daß der regierende Buͤr⸗ germeiſter, der das letzte Votum hat, ſich das Mehr nicht verſchaffen konnte. Allein vier Monate ſpaͤter, wo die andere Abtheilung regierte, und folglich gedachter Buͤr⸗ germeiſter nicht das letzte, ſondern das erſte Votum hat⸗ te, wußte er die Milderungsgruͤnde fo Heraus zu ſtrei⸗ chen, unb die Umſtaͤnde des Verbrechens fo zn ſchwaͤ⸗ hen, und wohl auch in Zweifel zu ziehen, daß die Begnadigung durch bie Mehrheit der Stimmen erhalten wurde Eine legte Folge von der getroffenen Abaͤn⸗ derung war auch ') daß in Abwefenheit des regieren, . den Buͤrgermeiſters, oder in Fällen des Ausſtandes der Stadtfchreider , ober wenn biefer nicht gegenwaͤrtig iff, der Rathſchreiber äfterer ald jemals Stadthalter des Bürgermeiflers wurde. .. Diefes Recht der Kanzley iſt (er alt, wurde aber, fo lange der Alt Buͤrgermeiſter Sig und Stimme im neuen Rath Hatte, felten anwend⸗ bar. Eine andere nod) wichtigere Seränderung, fo in der Staatsverfaſung gefchab, war die Einführung des Looſes zu Sechfen, oder des Senariums ffatt des bid» herigen Qoofe8 zu dreyen, ober ternariums.

) Der Oberfisunftmeifter if im Kleinen Rath nicht Statt- halter des Bürgermeiſters, ob er e$ fchon im Großen Math, im XIIe Rath, an der Haushaltung unb an der Appellarion i£, weil ee noch im Kleinen Mach aid

Haupt ber Neiſter der Zünfte ſitzt.

\

598 XVII, Periode. 1692—1788,

Den I5ten Hornung diefes Jahres wurde im Guofe fen Rath olei) Anfangs, bey ber Umfrage über bie Anzuͤge von verfchiedenen Mitgliedern geahndet, daB das Pröticieren und Eindringen in die 9femter und Dienfe anf den hoͤchſten Gipfel geſtiegen, und Anlaß zu Mein⸗ eiden gegeben, vole denn die Rede gehe, daß bey fete terer Beſtellung eines Meifters auf. der Zunft-zu Des den einige Unordnung vorgegangen wäre. : C3 (ey ba» ber umgänglich nöthig daß vemediert werde.

Bas bier won der Zunft zu Beckern gefagt wurde, war ein Vorwand. Der eigentliche Beweggrund war der. naͤchſtens zu erwartende Sterbefall bed. Oberſtzunft⸗ meiſters Forcard. Diefer farb wirklih bald, und ben Aten März fdovitt man sur Ernennung feines 9tadjs folgerd, efe man das Senarium hätte einführen fón» nen. Sonderbar If es, daß das 2008 zu Dreyen eben das auswirfte, was man durch bas. Senarium abwen« den wolte, nemlich, daß zwey Schwaͤger Häupter welches die vorhabende Abaͤnderung beguͤnſtig⸗

. Das Ternarium war nemlich folgendes: ——

di u Frey as und per sortem. oT

1) Das will fagen, daß von den 25 Bahlmännern , dit weiße, mit der Nummer bezeichnete Kugeln gezogen . hatten, Greu zeben, daß aber ein anderer auch sehen Stimmen befommen batte, und bag. zwiſchen beyden ba$ Loos entfhied, oder nach bem biefigen Dialeet , das Frey durch den Stich ber erſte din der dd "ernarium wurde.

p

IV. ap. 1740, éib

Zohaun Rudolf Burkhardt "U^; mo Meier Bat⸗

tier 4). Nun fiel aber Das Loos zu Gunſten des Battier ans, der Schwager beg Oberſtzunftmeiſters

Die oberwaͤhnte Sitzung des Großen Raths vom Löten Hornung beſchaͤftigte ſich den ganzen Morgen mit ben über Practiken bey Aemterbeſtellungen gemachten Anzügen. In derfelben wurde fchon vom Gendrium vie

und mit Nachdruck geſprochen. Einer ſagte deutlich:

»&8 koͤnne fein ehrlicher Buͤrger beym Ternarium zu einem Aemflein gelangen, wenn «ev nicht ein Verwandter oder eine Creatur der Häupter wäre,” Beym Ausdruck ehrlicher Buͤr ger ertonte ein lautes Gelächter, Für das Senarium erhoben , infonderheitdie halben Zunfte i6, Te Stimmen. Da auf halben Zünften nur feche Sch» fer fi befinden , fo. hätte Feine Wahl flatt gehabt, Das Loos hätte einzig mmb allein entfchieden : mer Statbépere über Meiſter werden follte Doch wurde damals nichts ausgemacht, Der Große Rath überließ dem Kleinen Rath den gerügten Vorfall der Zunft zu Sáfcr fit beſeitigen, übertrug aber. einer beſondern Commiſſion die Frage, wie in der Zukunft dem Uebel vorzubeugen wäre, zu berathſchlagen. Die Mitglieder der-nun-niebere

?) Batt ier war Schwager des ſeit 1736. erwählten Oberſt·

v anftmeifters Faͤſch. Gener Hatte Giüber H d$ geheyra⸗

: ne, md Gáfd Helena Ochs, cine ioter Schwe ern. |

M

50 XV Berlode. 1002-1788.

dergefehten Commiffion waren der Oberſt zunſtue itet Faͤſch, ſechs andere Klein⸗Raͤthe, der Staͤdtſchreiber und ſechs Groß⸗Raͤthe. Die dießortigen Artenſtuͤce fuͤl⸗ len. einem Folio Band ans." ) Es war am 13ten Juny daß das Senarium, aber nur im Allgemeinen fuͤr eini⸗ ge Beſtellungen, Dienſte unb Aemter erkannt wurde. Yen weichen Beflellungen aber , unb vole es (att haben follte, mußte. die Gommiffior. näher unterfuhen Fol⸗ gendes. war das Refultat von ihren Arbeiten imb den Beſchluͤſen des Großen Raths. Das Ternarium . bee hielt der Geſetzgeber fuͤr die Beſtellungen der Profeſſo⸗ zen, Pfarrer, Schullehrer und Kanzley-Officianten, nicht aber der Kanzley-Vorſteher bey. Fuͤr alle übrigen Aem⸗ ter, doch mit Ausnahme der Stelle eines Buͤrgermei⸗ ſters, au welcher ber Oberſtzunftmeiſter vou Rechtswegen gelangte, und mit Ausnahme faſt aller Militaͤr⸗Stellen führte der Große Rath das Senarium ein. Im Grofe fen Rath if die Hälfte der Wählenden, vermittelſt weißer und fehwarzer. Kugeln, die .fie ‚unmittelbar vor jeder Beſtellung aus einem Sad ziehen, von der Wahl ausgeſchloſſen, unb bie andere Hälfte theilt fid). vermite telſt der numerivten Kugeln in ſechs Abtheilungen , bt

1) Die Sitzungen des Großen Statt, die ein mebretet darüber. angeben, find folgendes 7te und 18te April, '80tt Day, 13te und 20de Sung, 18 July, Aſte Auguſt/ "6, 19, 22 wb 26fe September, 19, 17, unb 24áe Orte

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! : IV. Say. 1740, Zu: 591

ren jede mod) einander durch die relative Mehrheit und mit geheimer Ablegung geſchriebenen Zettel einen ber fechs ernennt, unter welchen das Loos entſcheiden fol. In einem Sad werden bie Namen ber. Vorgefchlagenen in eigene Capſeln gethan, in einem andern Sad der Name des zu befielenden Amts, und fünf andere weiße Zettel, afe in Capſeln eingefd)oben. Der Sürgermeis - ſter zieht aus bem erften Sad eine Capfel nad). der andern , und der Oberfizunftmeifler die des zweyten Gods. - Wenn der Name des einen der vorgefchlagenen , aleidjo

feitig mit dem Namen des Amts Derausgegogen wird, fo bat jener das Amt. Der Bräfident bekommt drey - gute Kugeln, aber für. verfchiedene Nummern, die das Qood anweiſet. Im Kleinen Rath werden zwey Tere narien gemacht, für jedes derſelben Halb ſchwarze und halb weiße Kugeln Defonberó gesogen, umd dann were den die durch die zwey Ternarien Borgefchlagenen Sechs dem entfcheidenden 2008 übergeben. . Bey jedem Ternarium bekommt der Präfident eine durch baó Qood ibm ange» wiefene gute Kugel. Auf den Zuͤnften giebt es keine ſchwarze Kugeln, und zwey Ternarien werden, wie im Kleinen Rath gemacht, ſo daß Wäblende zwey Stimmen Dat. E

Anfangs -blieben bie Wahlen * ) geheim ; "ani hends wurden Abſchriften ſtillſchweigend und bald ange

1) Diefer Ausdruck bebeutet unter anderm Dey und daß Verzeichniß oder Tableau, der in jeder Nummer au

692 XVII Periode. 16921788,

drüdlich erlaubt. ' ) Darauf folgte die Gewohnheit , fi) für die erhaltenen Stimmen zu. bedanken. ^) Die - Kundmachung der Wahlen wurde durch diejenigen ver- aulaßt, die fälfchlich dem Erwählten zu verſtehen aa» ben, ober vielmehr weiß machten, als wenn fie ihm ihre Stimmen gegeben hätten, daraus ent(lanb Streit, ‚oder wenigſtens Murren gegen denim a von. Aene vinee Stimmpg erwartete,

Die Handhabung dieſer FREE nach aͤltern Beyſpielen einem Collegium von ſechs Klein Raͤ⸗ then und ſechs Groß⸗Raͤthen, die alle halb Jahre ab⸗ wechſelten, anvertraut. Das Collegium heißt die Vigi⸗ "" von vigilare , wachen ; und bie Mitglieder defelden

| | Bigllanze

fünmen berechtigen Wählmänner,, und ble Namen der- :jenigen, bie Stimmen erhielten , nehft der Angabe der erhaltenen Stimmen. Alfo daß man vermittelſt ciniged Nachforichens leicht wiffen fann, von wen man Stim- men erbalten habe,

^3) Die Entzifferung der Wahlen gibt oft Aufſchluß über bie Denkungsart und die Verhältniſſe ber Wablmaͤnner. Doch muß auch hier vor verwegenen urtheilen gewarnet werden.

t. à). Dieſe Dankbarkeitsbeſuche haben ihren anten Nupen. Nicht nur geben fie dem Wahlrecht einen bobern Werth, ‚fondern verfchaffen nähere SSerübrungspunfte unter den Bürgern, unb find Antäße für fie, einander befier zu

kennen, dnb manches ungünſtiges Vorurtbeil abzulegen.

IV. Kap. 1740. 593

Bigilanz⸗Herren. Sie werden durch das blinbeffe Loos ohne Borwahl erwählt. - Es wurde aud) eine Belob» nung von hundert Gulden für denjenigen aucgefegt , * ) ber das Beweisthum leiften würde, daß Einer, der zu einer Wahl zu reden Hatte, wider feinen gefchwornen Eid Geld oder Geldeswerth genommen, daß er ange forochen , oder ibm etwas. verfprochen worden, ohne baf er c8 zur rechten Zeit angezeigt, oder bag Semand, der nad) einem Dienſt oder Amt getrachtet, : Geld oder Geldeswerth gegeben, oder verfprochen, oder fonff angefprochen Hätte. Die auf eine folche Webers tretung der Loosordnung gefehte. Strafe war Entfegung der tragenden Aemter ,. lebenslängliche tinfágigteit. st berfelben, | umb Vorſtellung in bet Kirche vor der Ge meinde- Dieſe Strafe iff. aber... wo. dd). nicht ire ‚niemals. angewendet voorben.

So endigte ſich ohne Bewalttpätigfeiten « eine fo wichtige Abänderung, - und. von id Zeit an hoͤrten

-

Ey Sobald » fagt das Geſetz, der. Angeber fein Beweis⸗ tóum geleiſtet, follen die hundert Gulden aus.dem Fisco gereicht, das Bezablte aber aug des Fehlbaren Mitteln wieder bem Fisco erſetzt, oder wenn er; "ber Feblbare,

ſolches zu bezahlen nicht im Stande ſeyn würde, cis folcher , . neben ber. (enit auf ihn fallenden Strafe. am Leibe mit bem Schellenwerk oder ſonſt beſtraft werben,

"VIE Bent Eu 2%

694 XVII. Periode. 1692—1788.

alle Klagen über bie Beſtellungen auf. Vergeſſen koͤn⸗ nen wir auch nidt, bag wir durch das Loos zu Sech⸗ fen einen Ratbicheeiber Iſaae Iſelin, einen Bürger meiſter Debary, einen Dreyerherrn Muͤnch, einen. Buͤrgermeiſter Mitz, amb fo viele andere verdienſtvolle Raͤthe und Beamte belamen.

Es hatte, das vorige Jahr unb im gegemvärtis gen, der Große Rath von den Deputaten einen Bericht über den Suffanb der Iniverfität, und über die Mittel fie wieder in Thätigkeit zu bringen verlangt. Diefer Bericht wurde den 16. Map eingegeben. In demſelben brüdten fich bie Deputaten offenherzig aus, Tonnten aber wenig Hoffnung geben. » Wir fónnen, fagten fie, gum vor» aus verfichern,, daß e$ Dep ber Univerfität an gelehrten und qualificierten Profeſſoren Leinen Mangel habe, und daß die meiſten wohl im Stande wären, bie von ihren fBrofefuren abhangenden Verrichtungen ruͤhmlichſt su verfehen. Wie haben aber bemerkt, daß im einigen Facultaͤten wenige Collegien gehalten werden, gewiſſe Exercitia publica abgefhafft find, und überhaupt fehr viele Seriem, über die bey Einrichtung der Univerſitaͤt bemilligte Anzahl eingeführt worden, ‚welches die Thaͤ⸗ tigkeit. nicht wenig Dinbere." . Die Deputaten ‚hatten nit der Regenz eine Ynterrebüng gehabt. Die Ant Worten derfelben waren aber abfchredend. 3. $9. „Es ſey noch eine Frage ob es der Miiverfität gut feyn wuͤrde,

eX. Raps i174 0: 506

wenn zu viel Fremde bier wären, und ob nicht dadurch allerhand Unordnungen und eim wüfles Leben entfichen dürften. Die Profeforen haͤtten ihre Stellen mit den bisherigen Ferien angetreten, und könnten nicht mit Recht ohne Vermehrung. des Einfommens zu mebrerem angehalten werden. Die Brofefforen hätten andere wich tige Geſchaͤfte Dep der Verwaltung ihrer Fiscorum, Abhoͤrung ber Vogts⸗Rechrungen, Erörterung der ent(te henden Streitigleiten u. |. vo. weswegen öfters bie ec» tionen eingeſtellt werden müßten. |

Fünftes Kapitel. 174-1776.

^4 741.

Sieronimus Linder, ald Hauptmann in Dienſten der General⸗Staaten, erhielt den 9ten May bie Erlaub⸗ . Mif, 200 Mann anzuwerben. Im Brachmonat ſchrie⸗ ben und die Geweral-Stanten ,-doß diefe Compagnie nie in das Künftige Dep dem Diefigen Kanton verbleiben, und jeweilen einem Officier von bier su Theil werden ,: . dud) „aller der Rechte genießen follte, fo die übrigen Epmpagnien in dem Hirzelifchen Regiment genießen ,. auch daß von derſelben ein mehreres nicht. werde abge $»2

696 XVIII Periode 1741—1788.

fordert werden, als von andern ſchweizeriſchen Völkern, in der Hoffnung , daß gleichwie der hieſige Stand bie Anwerbung erleichtert babe, er fidj auch entfchließen werde die Ergänzung gu befördern. Go lieb war ba» mals dem Großen Rath diefe Erklärung , daß er bem Befehl gab das Schreiben wohl zu verwahren. Allein andere Grundſaͤtze traten in der Qyolge ein: Am Ate December 1747. wurden: die Werbungen abgeſchlagen. Der franzöftfche Ambaſſodor eiferte wider diefen Dienf, fo wie unfere Hauptleute in Frankreich bittere Klagen führten, daß ber hollaͤndiſche Dienſt bie Rekruten vet» theuerte.

Das oͤſterreichiſche Haus (send (ct langem ver fhiedene Rechte in den badifchen und angrenzenden Ortſchaften, wie zu Grenzach, Röteln, Schopfheim, an. Sıe waren und eigentlich nicht bekannt, veranlaßten aber in Kriegszeiten manche Verdrießlichkeiten, eben weil ſie nur unbeſtimmt waren. Nun ſchloß der Marggraf einen Vertrag mit Maria Thereſia, als Herzoginn von Oeſterreich, und gab ihr, gegen Abtretung gedach⸗ ter Rechte, 230,000 Gulden.

Die noch beſtehende FuͤnferOrdnung wurde durch den Druck kund gemacht. Sie betrifft die Streitigleiten über das Bauweſen, und wird Fuͤnfer-Ordnung ges nonnt , weil das Gericht urſpruͤnglich fünf Richter zaͤhlte. | |

V. Sap. 1742, . - | 897

1142.

Das im Cabe 1740, vorgefallene Abſterben des Kaiſers Carl IV, des legten oͤſterreichiſchen Abkoͤmm⸗ lings vom maͤnnlichen Stamme, und die darauf den 24ten Jenner 1742. auf Frankreichs Anſtiften erfolgte Erwaͤhlung des Churfuͤrſten von Bayern, Carls des VIT. zum Kaiſer veranlaßte einen Krieg, der erſt im J. 1748. durch den Achener⸗Frieden bengelegt wurde. ,Die Seanzofen hatten fchon eine Schiffbrüde voa Großhüningen aus über ben Rhein 'gefchlagen , und Seftungswerke, theils auf dem badischen Theil der Schu, Her Insel, Theile auf dem anderfeitigen auch badiſchen Geſtade, nebſt einer T Hee auíe | geworfen.

Gegen Ende des Jahres ſtellte man das Piquet von 400 Mann, oder erſten Auszug ber 9Xilig in Bereitſchaft, weil bie Spanier fid. dem Genferſet näherten,

1.743.

Auf angelangte Klage der Königin und Erzherzo⸗ sis Maria Therefin, wegen zwey Faͤſchen, bie für Spanien warben, wurden beyde mebt einem Mi⸗ ville den 18. Fehr. beſtraft, und auf-dringende Borflelluns - gen des üflreichifchen Botbfchafters ihre Strafe den 20: _ Februar verſchaͤrft. Da er aber nod) nicht zufrieden -

698 ^ XVIIL Periode 1741—1788.

war, erklärte man fie am 4 März des Bürgerrechte verluflig, und im Map wurde ihnen die Velretung des Diefigen Bodens unterfagt. Allein fie erhielten im November ſelbſt auf des Priuzen gast von Lothringen, ihre Begnadigung.

am Auguſt und Sepiember waren die Armeen am Rhein und in unſern Gegenden. Der Prinz Carl von Lothringen wurde num den 15. Auguft in Freyburg be tvillfommt, Den’ 24ten kam er felber mit mehreren andern öfterreichifchen Generaͤlen hierher, aber incog- mito, und befuchte ‘den Öfterreichifchen Bothſchafter, den Marquis de Price. Bon Seiten Frankreichs befanden ſich den’ 2:-September in Hüningen der Marſchall von Coigni und der Vrinz von Condé, bit beyde auch be⸗ west wurden. -

| Zwey anßerordentliche Tagſatzungen wurden zu Ba⸗ * gehalten, die ein? am Sten Auguſt, und die andere am 9ten Ceptember.

Die Cantone ſchickten auch im Augſtmonat Repraͤ⸗ fentänten und Zuzüger Hierher: Die Anzahl: der- Zuzuͤ⸗ ger belief ih auf 2040 Mann, nemlih von Züri 340 , Bern. 500 , Luzern 300 ; Bafel 100, Freyburg 200, Solothurn 456, Schafhanfen 100, Abt Git. Gallen 250, Stat e. Gallen 50 nnb Biel 50. Es wurden :615 - in die Siadt und 1425 aufs Land ver⸗

V. Kap. 4744. 699

legt. Im November blieben nur 500, Bie auch um das neue Fahr. nad) Haufe kehrten. Die Repräfentans ten entfernten fh im November , unb Bafel befam von Zürich ein Patent, mit der Vollmacht im gemeinfamen Namen der Cibégenoffen(doaft zu handeln: Die erften Repraͤ⸗ fentanten waren von Freyburg und Solothurn, auf fie. folgten zwey von Zürich und vom Abt Ct. Gallen. Im Auguſt Hatte bet General ⸗Lieutenant Graf. von Beausobre einen Bertheidigungsplan . für die baſeliſche Grenzen dem Herzog von N oailles vorgelegt. Er brachte drey Linien an. Die erſte an der Ergolz, von Augfl bis Wallenburg; die zweyte an ber. Bird von Baſel bis auf Delfperg ; und die. dritte an dem Birfed, und an dem Doubs, vos -Bafel, Vottmingen, ganbéfrou, Pfirdt ... Bis auf Pruntrut uud Franquemont, Zwifchen den Linien follten die Schloͤſer gue Unterflügung , Ruͤckzug und ber £inien s Boflen. bie nen, |

» 4 7 "n n

Kepräfentanten von Luzern (Rathherr Salt Safe t tnb: von der Stadt St. Gallen (Buͤrgermeiſter Girt a⸗ ner) langten gegen Ende des Maͤrz hier an. Sie reiſeten den 18. May wieder weg. Auf der außeror⸗ dentlichen Zagfagung vom 9ten Februar wurde das Beschren von Deflerreich quen. Regimenter zur Beſchuͤ⸗ Kung der Waldſtaͤdte anzuwerben, behandelt, ‚Der Graf

| 600 XVIII. Beriode, 17411788.

von Frohberg, (Montjoie) Botbfchafter des Stai» fers Carl des VIE, und. der fransöfifche Ambaffador wi» derſetzten fid) diefem Begehren. Sie behaupteten, daß mit der Erlöfchung des ;öflerreichifchen Stannes(tamnies , die Erbverein aufgehört hatte. Baſel Hatte feine Ges fandten gu Unterhandlungen bevollmaͤchtiget.

Den 9t November Fam Ludwig XV. Nach⸗ mittags um 3 Uhr in Hüningen an, unb verreidte von Dort den andern Morgen. Ben feiner Ankunft und Adreife Heß man zu Bafel 50 Canonen dreymal los⸗ brennen. Man hatte aber bie Höflichkeit gehabt, bie. erfien Schuͤſſe nur alsdann abfenern gu laſſen, als der- König die Wälle von -Hüningen Defafe, ba, nad) einer: mit "dem Commandanten getroffenen Abrede, eine 90a» fete zum Zeichen aufgieng. Bey diefen Ehrenbezeugun⸗ gen zerfprang Caber ohne Schaden anzurichten) eine dreipfündige Canone. Der König lente die ihm ange - tragene Semillfommnung ab. Der Ambafador hatte fchon ber Tagſatzung vom 16ten September von Straßburg aus gefchriehen, taf der König Feine Deputaten von einzelnen Ständen annehmen, und daß er allgemeine Deputationen nur in foweit empfangen wirde, daß bie Schweizer , in Anfehung des Eeremonield vom Hut aufs . (m, abſtehen ſollten. Der König ließ den 10, dem regierenden Buͤrgermeiſter durch feinen - Introducteur des. Ambassadeurs , . de Marquis Verneuil. mel.

IV.&ap. 1745, 60.

ben, en haͤtte die Deputation nicht angenommen , weil er wie im Fahre 1681. empfangen ſeyn wolle, und nicht davon weichen koͤnne; er Hätte tie Hiefigen Des putirten gerne gefehen, er. fenne bie Geſinnungen jedes Cantond , er fey mit dem Canton Bafel zufrieden, ev werde ihm ake Erkenntlichkeit und Fönigliches Wohlwol len bezeugen , und er hätte feinen Introducteur des Ambassadeurs hieher abgeorbnet, um die abfchlägige Antwort zu verfüßen Cpour adoucir par cette decla- rätion l'amertume du refus) Hierauf begehrte de Verneuil zu beferem Semeife der Hegenden Freunds fhaft, beym Vürgermeifter zu Mittag zu ſpeiſen. Es geſchah. Die übrigen Haupter nnb die zur Bewillkom⸗ nung ernannt gewefenen Deputirten waren von der Mahl⸗ zeit , die übrigens wie billig , auf obrigkeitliche Koften | gegedeg wu rde. Die Waldſtaͤdte und Freyburg ger'ethen, erſtere im Herbſtmonat, und letztere im November nach einer zwey monatlichen Belagerung in franzoͤſiſche Gewalt, Den 10. October ergab fif) auch die Stadt Konflanz-

1174 5.

Im Kenner fuhren zwey Schiffe unter der Rhein: brüde mit Kriegsmunition von Rheinfelden , fo jegt ben Franzoſen gehörte , nach Großhuͤningen.

Der Marchese de Prié führte Klagen, Mf Cidworiger.ruppen fid) bep ber Belagerung von Frey⸗ burg. im uen hätten brauchen laſſen.

602 XVIIL Beriode. 17411788,

Die Königin Maria Therefia heyrathete im Jahr 1736. ber Herzog Franz von Lothringen, der den 13ten September zum Kaiſer erwahlt wurde. De Prie zeigte «m , bafi er als kaiſerl. Bothfchafter feine Berrichtungen forte fegen werde, und den Siflen Oftober legten " ihm | bie XIII, ihre Gluͤckwuͤnſche ab.

Den 18, wurde im Rath eingegogen: „Es beſin⸗ den fih Hier Miſſionaͤrs von Herenhut , fo Hiefige Leute debauchiren wollen , folte darauf vigilirt werden.” Die darauf ergangene Erkenntniß lautete fo: „Sol “Here Antiftes ein Kapitel verfammeln, und von. den Herren Geifllichen vernehmen, was ſie davon willen, und was fie davon halten. Die Herren Sieben follen auch Information aufnehmen, und Falls fid) Einige hier befänden, follen fie fortgewiefen werden. —. Am 21. darauf gaben die Pastores, Theologi und Ministri fon ihren Bericht ein, der dahin gieng:

.- ».€$ wolle zwar verlauten, als wenn (id) deren bier befänden; mer (ie aber fenen , und wo fie fid) aufhalten, ba» be man in Feine gewiſſe Erfahrung bringen können, deſſen fd aber um weniger zu verwundern, weil (id folche Leute gemeiniglid) gang heimlich einſchleichen, iot Weſen im Berborgenen treiben, dag Sofament oft ändern, unb bald bey einem, bald. bey einem andern von Ihren Gönnern oder Anhängern (i aufhalten. Was fie aber von folchen halten, fo bezeugen fie hiemit einmüthig, daß fie derfelben Thun gar nicht gutbeigen , fondern daran ein großes Miß« fallen haben. Es wolle fid) je mehr und mehr ergeben, daß die fogenannte. herrenhutiſche oder zinzendorſiſche Ge⸗

V. fap. 1746. 603

meinde bafjenidt bey meitem nicht (en, wofür fie (id aus gebe. Es werde da: vieles, fo ber reinen: Lehre Chriſti gänz⸗ lid) zuwider, unb dem wahren Chriſtenthum höchſt nach⸗ tbeilig (ey , gelehrt nnb. getricben. Sie gehen aud) ue damit um, wie fie bemittelte Berfonen an fich zieben mögen. Solche Emissarii fliften mehr Boͤſes ald Gutes. Mithin mde re qu wünſchen, bag fie, mie c8 anderwärts geſchieht, entweder von biefiger Stadt und Landſchaft zurückgehalten , oder, fo bald $c daeingefchlichen , auf das foͤrmlichſte wieder urücgefchaft werden. Dadurch würden viele Mißhelligkei⸗ ten, Zerrüttung und tinorbuung in der Kirche, unter der Bürgerfchaft und in den Familien verbütet werden, welche bereits von denfelben verurfacht worden, und noch zu be⸗ ſorgen feyen. ?

Nach ſolchem angehörten Bericht der Geiſtlichkeit . befahl ber Nath der Bürgerfchaft Fund zu machen, bof Niemand folche Leute beherbergen folle.

1746.

". ftm SXenner befchwerte fid) der englifche Miniſter Burmabi, über die, feiner Ausfaze nad), vorhabende Einfhiffung ber Schweizertruppen nach England, pm Dienfte des Prätendenten. Die XII. eröffneten dem Rath, fie wollen hoffen , es werde nicht gefchehen; und da vorgefchlagen worden war Monitoria , (Abmahnungs⸗ Briefe) an unfre Offiziere zu ſchicken, daß fie fid nicht dazu gebrauchen laſſen ſollten, antworteten die XIIE, Daß dieſer voreilige Schritt Teihtlih gu einer Offenſio wieder Frankreich gemacht werden foute.

604 XVII Periode. 1741—1788,

€$ Hatte ſich mit Crlanbni des Raths eine ſehr nuͤtzliche militärifche Geſellſchaft gebildet ; bie man die freye Compagnie nannte, und nod) nennt. Es iſt eine Bereinigung von jungen Bürgern , die (id) in den Wafı fen üben, und mit der Zeit gute Offiziere für die Lands mili abgeben. In diefem Jahre, den 13. Sum, flelle ten fie eine Belagerung vor. Die einen dertheidigten bie €t. Jakober Schanz, und die andern belagerten folche. Nach einem Heftigen Feuer geſchab die Uehergabe.

Maria Josepha , Tochter des Churfürften vvn Sach⸗ sen unb Könige von Polen, Zriedrih Auguſts, war mit dem Dauphin verlobet , und follte im Jenner zu Straßburg anfommen. Der Rath ordnete eine Ger fandtfchaft dahin, und am 28. des Monats Dielt der Oberſtzunftmeiſter Faͤſch, in franzöffcher Sprache, fol» gende Anrede:

Madame!

Dieu par sts décrets immuables, non seulement à - déterminé de toute éternité les événements; mais il con. tinue encore par sa bonté et par sa. sagesse infinie d'en diriger les moyens de la maniére à les.faire parvenir à ses fins,

Telle, Madame, fut sans doute la conduite du tout .Puissant, et son dessein, quand en formant Votre Altesse royale, il prit plaisir de lui prodiguer ses graces toute di.: vines, et de l'orner de mille vertus éclatantes, de la con.’ duire par ga main céleste au pied des autels, pour l'unir

.V. fap, 41741, —— 608

. & ce jeune Héros tout charmant, ‚qui déjà fait l'adimira. tion de l'univers, en suivant à grands pas les traces glos rieuses de son auguste Pire.

Veuille le grand Dieu présider par sa grace toute puisa eante à un hymen illustre] Veuille le ciel répandre seá bénedictions les plus précieuses sur une alliance que lui, inéme a formée pour le bonheur du monde, ^ : i

Ce sont là, Madame, les voeux aussi ardents quà sincéres que fait à cette grande occasion l'État de Bàále, suppliant votre Altesse royale d'avoir pour agreahles leg. témoignages de son profond respect et de lui faire la grae ce de l'honorer de votre royale protection à une Cour dont vous allez faire l'ornement , l'amour et les délícee,

Ehe aber die Abgeordneten, oder Envoyés extrae ordinaires, wie fie im Ereditio genannt wurden, vot - der Bringeffin erfcheinen Tonnten , erhoben fid zwey Sin» fände. Der erfie, daß der Introducteur des Ambas» sadeurs, Lieutenant-general des armées du Roi, Namens Des Granges, fij weigerte , fie vorzulaffen, indem in feinen aufhabenden, von Paris mitgebrachten Inſtruktionen, fid) nicht Sefünbe, tof er die Gefaubten von Bafel zur Audienz empfangen folte, daß. ihm viele mehr empfohlen worden, feine fremden Fuͤrſten oder de ren Miniſter, anders als incognito vorzulaſſen. Folgene den Ausweg flug er aber vor: man möchte ihm eism Schreiben vom Ambaffadoren in der Schweiz vorweifen. Unfere Gefanbten, die in Otmarsheim geblieben waren, ſchrieben an den Ambaſſadoren. Subeffen hatte Des Gran- ges den Befehl, die Abgeordneten von Bafel zu empfan⸗

606 XVIII. Periode. 1741—1788.

gen, erhalten. Allein das Schreiben vom Ambaſſadoren veranlaßte einen zweyten Anſtand, und zwar uͤber den Titel. Des Granges wollte ſie nicht als Envoyés ex- traordinaires anerkennen, ſondern nur "anf dem Fuße einer Deputation. Da legten ſich ins Mitiel der Bri» gadier de la "Touche, ber Marfchall de la Fare, bie Hersogin von Brancas, und. der Profeſſor Schöpfe [in Sie erbielten .enblid) folgendes: „Die Basler Ab⸗ geordnete ſollen ald-Envoyds extraordinaires. gehalten, in einer koͤniglichen Kutſche von des Granges zu ber ; Audien abgeholt, in den innerſten Hof des Pallaſtes ge⸗ fuͤhrt, und. bey der Föniglichen Tafel, wo der Narſchall de la Fare fpeife, behalten werden.” Dieß alles wurs de befolgt. Die Dauphine empfieng unfere Geſandten auf einem Fauteuil ſttzend, zu der rechten Hand war die. Herzogin von Brancas auf einem Tabourer, und bins ter dem Sautenil fand der Marſchau de la Fare.

gm November Hatten die.. Generalfianten. m Stand: vier Compagnien von 150, oder wenn man e$ vorzöge, von 100 Wann -angetragen,.umd der Miniſter von Haaren hatte fein Creditiv übergeben. Der Capis tain Lieutenant Joh. Rudolf Wettſtein fohte eine Coms pagnie haben, gleihwie Hieronimus Linder, ber au fer feiner. Compagnie , eine zwente, als Obriſtlieutenant befommen würde. Die vierte Compagnie behielt fid) dei Statthalter zu vergeben vor, Lukas Faͤſſch war dazu

»*

. V. Kap. 1747. 607

Sehtinmt. Allein anf einen Rathsſchlag der XIIT, lehn⸗ te, am 4. Dezember, der große Kath den Antrag ab, Die Gründe des Rathſchlags giengen kurz dahin: „ins fee Situation, bep dießmaligen Conjuncturen, geftatte nicht, aus verfehtedenen. Gründen, bie in. ehemaligen Zeis ten gleichfalls oßwalteten, und des Großen Raths hoher Einficht nicht entfallen, in die Werbung eingmoilligen. "

Folgende Erzählung Bietet einen feltenen Vorfall bar. Ein franzoͤſiſcher Ausreiffer von der Feſtung Hüningen war ſchon auf dem Basler. Theil der Schuffer Inſel, und da ſein Hauptmann den Degen gegen ihn zuckte; kehrte er wieder zuruͤß. Der Rath beſchwerte fid) bate uͤber, und erhielt vom Marſchall de Camp Moueon- seil, daß der Ausreiſſer auf die Grenze voit ftleinbün» singen würde. geführt , und ung ausgeliefert werden. Der Landvogt und der Ratbeherr Stupanus, ſo die Unterhandlungen mündlich gepflogen hatten, empfiengen. ben Ausreiſſer, gaben ihm feyerlich bie Freyheit zu ge⸗ Ben, wo es ifm gefallen werde, und Hefen ihn durch Süfillere , mit aufgepflanztem Bajonet, bie an den Da» Difchen Grenzſtein begleiten. Ein zweyter Vorfall diefer Art ereignete fid) bald darauf. Ein anderer Ausreiſſer entrann durch das Waſſer. Cin: Offisier verfolgte ihn, aber ohne Erfolg mit 2 Füfilieren Bis zu dem Schlag⸗ baum von Kleinhünningen, und folglich etwas auf un⸗ fem Boden. Der Lieutenqnt du " iu Großbüningen, Ä

608 XVIIL Periode. 1741788.

d'irimon , ließ den Offizier einfieden , bis der Nat (jm feine Meynung würde wiſſen laſſen. Diefe Sp nung war, voie leicht zu denken, des Cfi ctiers.

Den 18ten September. ließ der x Große Kath die

revidierte Ehegerichts-Drdnung von 1717. durch den Druck funb machen. Hiervon einige Bruchſtuͤcke: 5, »Das Ehegericht beſteht aus fieben Richtern, nemlich drey Klein.Räthen, zwey Geiflichen der Stadt und zweg Groß⸗Raͤthen. Die drey Klein-Näthe hießen die Gehe i⸗ men, und der erſte unter ihnen Obmann, Richter, Dberfl.Eherichter. Diefe follen.die Streitigkeiten unter den Eheleuten fchlichten , unb die Verdächtige Aufführung eines Ehegatten ahnden. Sie geben aber , zur Ehre der Familien, unb sut Benbehaltung des Hausfriedens weiter , und fprechen über Ehebruchsfälle. Ein unebeliches Kind folgt der Matter. ‘Sie verliert aber alles Recht auf eine Entſchädigung für den Unterhalt des Kindes , wenn der Schwän⸗ gerer ein Ehemann war, L oder wenn fid) ihre Anklage ei "idit

Y) Yet. 2 21. n * war a römifchen Gefegen gemäß. Lec. auth, eX complexu &c. Cod. de incest. nupt,,

. et Nov. 89. c. fin. Allein im Jahr 1787. ( 28, März) wurde ein juribi(d)ed Butachten der Stadteonfulehten über diefen Gegenſtand abgelefen, in welchem fie anrie⸗ then, daß wenn bie Mutter nicht am Leben, ober ſehr arm wäre , der ebebrecherifche Water das Kind bid an Dag

wwölfte Jahr feines Alters, mit nöthigen Alimenten vete (eben follte. Dieß war nad) dem Geiſte der canonifchen Rechte. C. 5. X. de eo qui duxit, c. nasci, Sto dist.

V. Ray. 1747. 609

nicht innert den (edo Monaten'nach der Schwängerung an« . gebracht hätte. Unter den. Gefchwiltert Kindern iit die Ehe verboten, ben Verluſt des Bürgerrechts und beo Strafe der Verweiſung. Verboten ift e$ auch einem Witwer vie Schweſter fe ser verfiorbenen Grau zu Depratben s gleichwie einer Wittwe, fi mit bem Bruder ihres verftorbenen Che. manns zu vermäblen Die Scheidu.g zu Tiich und Bett zieht die Abrheilung der Mittel nidt nad) fid. Das Ehegericht kann bie Ehefcheibung erkennen , wegen Chebruch, muthwilliger Berlaffung, Verſagung der ehelichen Pflichten, und wegen einer begangenen Mifferbat, die das Leben vet» wirfet , und wovon der Thäter (id Nüchtig gemacht. Das Gericht kann aud) eine be nichtig erfennen, wegen eric. (ener Untüchtigkeit zu ehelichen Werken, wegen anſteckender - Krankheiten, die vor der Ehe fchon beftanben. In allen übrigen anußerordentlichen: Fällen foll das Thegericht den Nach at. fragen. Wer Hurerey: begeht, foll für das erſte Ma! auf Waſſer und Brod einge(ept, und geben Brand bezahlen. Iſt e$ cine Mannsperſon, fo fann fie innert einem Jabre zu feinem Amt gelaſſen werden. Hat fie fd)on ein Amt, fo wird fie für ein Fahr dit geñellt. Iſt cd ein Geiſtlicher., fo wird er enrfegt, unb au einigem Kirtchendienſt unfähig erflärt. „Sollten aber ſolche Perſon ſich des vierten Mals uͤberſehen, wollen wir, ſagt der Rath, daß ein ſolcher oder eine ſolche an den Pranger geſtellt, mit Ruthen ausgeiri,

56. Jenes Gutachten wurde aber bem xii. Rath übers toiefen, der feinen Rathfchlag nie eingab, oder nad dem bey uns üblichen Ausdruck, das Geſchäft auf dat Schäftlein legte.

VIL Band. m "T

X

610 XVIII Seriode. 1741— 1788.

chen und vermiefeu werde; umb mo weiter be Verbrechens fein Ende wäre, felbige gar an Leib unb Leben gefiraft wer«

Die Strafe des Ehebruchs ift für das erſtemal fünf» sig Gulden, unb daß die verurtheilte Perſon durch zwey Diener vom Ehegericht bió zur Kapelle auf der Rheinbruͤcke,

und von ba über den Kornmarft in die Gefangenfdjaft ge»

führt , unb darinn drey Tage unb drey Mächte auf Wafler

' snb Brod gelafien werde; der Mann in des Waſſerthurms⸗

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Boden, unb das Weib in ben Hegen-Käfg. Man kann Nevifionsweife an ben Rath recurriren, bod) nicht in An⸗ febung der Beßrafung der vor das Ehegericht gehörigen unb deutlich überwichinen Laſter, fondern nur wenn ed um Ehe⸗ verſprechen, Ehefcheidungen oder andere zwifchen Parthenen entſtandene Streitigkeiten, an welchen viel gelegen, oder ba der Eafus zweifelhaft unb undeutlich it, zu thun ſeyn würde. Die Richter hatten einen .Untbeil an den Strafe geldern. Es wurde im 3. 1725. engere! , und bao is bot im J. 1747, beftatiget, |

3m gleichen Jahr erſchien, den Ten Aprill ‚eine Vogtsordnung. fuͤr die Stadtbuͤrger, wie auch drey Jah⸗ rt fpäter (4250. den 18ten Day), eine befondere Ord⸗ zung für das: "— Ld - un Allmofen Amt we: is us 4748 quie Dffietere in nicht avouirten hollaͤndiſchen Com« pagnien Wurden ausgeſchafft, und konnten zu keinen Aem⸗ tern und Dienſten gelangen. Died hinderte nicht, daß am Ende diefes Fahres , nad) Mayers Berechnung, Holland in feinen Armeen 20,400 Mann aus der rt» formirten Schweiz zählte.

V. Kap. 1749. | 611

Die Borgefebten der Schmieden-Zunft füßrten. die Baritat unter den Sechfern ein, daß nehmlich bie Hälfte aus Herren , und bie andere Hälfte aus Handwerkern befteen folte. Das Gelchäft fam den 5tem und den 9ten Detober vor Rath. Im Jahr 1758 aber wurde die Paritaͤt auf alle fechsschn Vorgeſetzte ausgedehnt, unb ihr Vergleich vom Rath den 13tem " tiget.

Das fürfliche Haus de la Tremouille , welches dag Königreich Neapolis anfprad), war, in Ruͤckſicht deffel- ben, mit dem Achener Frieden nicht zufrieden, . und fdjidte ung befmegen eine 9Broteffation , die im Rath den 23ten November verlefen wurde. | Sie befchäftigte ihn aber weniger als die Paritätöfrage der Zunft ju Schmieden. Die Erkanntniß war: „Laßen es meine Gnädigen Herren dabey bewenden. "

1749,

Es wurde ju Bern eine Gonfpiration von Bürgern der Stadt wider die regierenden Gefchlechter entdedt. Ore) Bürger , der Stadt-Lieutenant Fueter, der Hauptmann Samuel Henzi, und einer Namens Wer⸗ nier wurden entüauptet , und mehrere mit andern Strafen belegt. Bern bath' den hiefigen Rath drey Flüchtlinge

Gabriel Fueter, Gottfried Kuhn und Daniel ues

ter anhalten, und ausliefern su laſſen. Bern verfprady tanfend Thaler demjenigen, der einen dieſer deep liefern

£42

^-

' 612 XVIIL Periode, 17411788,

wirde. Man erfuhr daß fie in Kleinhüningen waren. Die Hänpter ſchickten in einer Nacht zwölf Soldaten mit einem Wachtmeiſter um fie aufzuheben. Sie hatten fid) aber aus dem Staube gemacht. Ungern fabe man bier, daß die Bürger Vertheidigungs⸗Schriften für bie Berfihwörer austheilten, unb man lie unter der Hand dieſe Schriften fo viel möglich einziehen. In einer bete felben Tas man folgende Stellen: „Jeder Tropfen. Dies fe8 foffbaren Sfutd Cder Hingerichteten) wird in unfere Herzen rinnen , um daſelbſt unter der Afche folang belebt zu bleiben , bió eine andere gün(figeve Gelegenheit erfcheint. Wenn der Schweiser unter der Laſt feiner Ketten uns empfindlich wird, fo wird das Grab der Freyheit aud) jenes von dem Glanz des Baterlandes fem." Die Schrift, welche aber. unfre Hänpter am. forgfältigfien zu unterdrüden fuchten, war eine, im Grunde fehr ab» geſchmackte Befchreidung vom Hifprung der meiſten Neo gierungs⸗Geſchlechter.

Bey unmittelbarem Verluſt des vuͤrgerrechts wur⸗ de den 21. April verboten, mit fremden Staaten‘, Fuͤr⸗ fen oder Herrn, oder deren Dliniftern, ohne Erlaubs uif des Raths, einige Konvention ober Capitulatiom zu errichten , oder Patenten anzunehmen um in der hieſigen Sotkmäßigkeit ein Regiment, Compagnie oder fonff ei» - an ansumerben. 17590, Der Große Rath erlaubte den 1610 November ,

V. fap. 1750-82. . 618.

ben Abtauſch der anatomifden Profeſſur, die Daniel Bernoulli verſah, gegen den Lehrftuhl der Phyſick nebft einer jährlichen Zulage von 210 Pfund , und der Venbehaltung des Ranges im Collegio medico, wie auch des Sitzes und Stimme beym Stift St. Peter. Zwey Sabre vorher hatte auch: der Große Rath, (üt. einen Bernoulli, einen andern Abtaufch. beftatiget. Johann Bernoulli war PBrofefor der Wohlreden- heit und Doktor Ramſpeck Profeſor der Mathenias thik durchs Loos gu Dreyen geworden. Beyde tauſchten ihre Lehrfaͤcher mit einander. Der Große Rath er kannte, außerdem, dem Johann Bernoulli eine Zulage von 62 Bf. 10 ß., nebſt 4 Vierteln Korn und 4 Saum Wein zu. Diefe perfonfid)e Zulage Batte fein Vater, aud) Johannes genannt, im Jabr 1706 er⸗ halten.

1754.

3s Ende diefes Jahres wurden bie Fetungs · Werke auf der Schuſter⸗Inſel, und auf dem badiſchen Geſta⸗ de, Großhuͤningen gegenüber, niedergeriſſen. Die uit» damente des Hornwerks auf der Inſel ließen aber De Sranzofin ftehen.

175 2, : Eine Vogtöverordnung für bie Unterthanen Defotbete

te in diefem Fahre ber Große Rath durch ten. Drud, Die Oberamtleute und die Landfchreiber (mb Aufſeher

614 XVII Periode, | 17411788.

der Waifen. Die Hberamtlente ernennen die Voͤgte, und nehmen fie ind Geluͤbde. Die nachflen Anverwands ten lagen folche , durch bie Ynterbeamten den Oberbe⸗ amten vorfchlagen. Bey den Landfchreibern legen die Bogte, in Geqenwart der nächflen Anverwandten , we- nigftens alle. brep Jahre ihre Rechnungen ab. Bevoͤg⸗ figet müffen werden bie Wittwen , bie unverhenratheten Töchter , bie unverhenratheten Söhne unter 25 Fahren, bie Albernen , und die Greie, die Alterswegen ihre Bermögen nicht verwalten koͤnnen. Der jüngere Sohn befommt einen befondern Vogt, in Ruͤckſicht feines Vor⸗ —— auf das vaͤterliche Haus.

| 0753. | |j

Johann Carl von Marſchall wohnte zu Bafel als Faiferlicher SRefibent big 1769, wo er Joſeph von . Nagel gum Nachfolger befam. | Die Pietiſten, infonderheit die Separatiſten, zogen

die. Aufmerkſamkeit der Regierung und der Geillichkeit auf fi, um fo viel mehr, ba im Canton Bern eine gefährliche Sefte, die Drüggler Cette, aufgekommen

^ mar. Dieſe lehrte: „Wenn der: Menfch einmal ein

Kind Gottes geworden fep, fo foune er nicht mehr fümbigen. Es fey ihm dann nicht Sünde, wenn er fhon Werte ber Unmäßigfeit und der Unreinigfeit bet» übe Diefes feyen mur Handlungen des Fleiſches, wor “an die Seele feinem Theil Habe, unb. die E einem nicht zurechnen werde.” * !

V. fap. 1753. | 615

fep und brachte man in Erfahrung , ba bie Schwärmer zwey Leichname, ben einen. im Stadtbanne, den andern auf dem Lande verflohlener Weiſe beerdiget hätten, Mehrere wurden verwieſen, oder ind Zucht. Baus gethan. Der bartnädigfie war Hans Ulrich Miville. Spreng , damals Prediger im Waifenhaur fe, befehrte ihn aber, und wurde dafür von der Obrig⸗ feit belohnt. In der Folge trennten. (i). bie ſogenann⸗ ten Bietiien felten von der hieſigen Kirche, und legten jene fanatifche Lehren ber Sufpiration ab. Nur. be fremder ed, bag fie Fremde in ihren Berfammlungen , su ihren Borftehern, Lefern.oder Sprechern anffellen. Ue⸗ brigens gefchieht e8 mit Erlaubniß der Haͤupter, unter ber Bedingniß, daß fie alles vermeiden werden, was Zwieſpalt nad) fiy ziehen dürfte,

Cine neue Kaufhaus⸗Ordnung wurde kund gemacht. Zwey Punkte in derſelben verdienen einige Erwähnung. Der erſte betrifft den Pfundzoll D, ober die Handels⸗ Abgaben von Waaren und verfertigten Arbeiten, fo Fremde verkauften, oder für Fremde beſtimmt find: Heber viererley Galle verfügt dieforts das Gefeg. Qm erſten Falle ift der Pfundzoll ein Kreuzer vom Gulden, ‚oder 175 vom Hundert des Werths. Sm 2tem Fol if

I) Es gilt bey uns zweyerley Pfundzoll. Der eine if

.- jene Handlungsabgabe worüber die Kaufhausordnung das nöthige beſtimmt. Der andere wird vom verkauften Vieh bezogen, und if alfo eine Wiehmarkts- Abgabe,

N

616 XVII. SNtiobe. 1741—1788.

er von einem Halten vom SKundert. Im dritten ein ‚Biertel vom Hundert, und im legten Salle wird kein Bfundsol entrichtet, Der zweyte Spunft betrifft die fremden Gefelifchafter (Associés), worüber dag Geſetz folgendes verordnet: „Daß feinem Bürger erlaubt feyn fol , einigen Fremden der bier wohne, als Gewerb und Handels⸗Gemeinder anzunehmen. Diejenigen Buͤr⸗ ger aber, die mit einem ſich außerhalb aufhaltenden Sremden in Handlungsgemeinihaft- fliehen, folten von alten, ſowohl fid) felber , als in fotbanem gemeinfamen Gewinn und Berluf von Hieraus an andre Ste (dis denben Waaren, , für diefelben den alten ganzen Pfund⸗ sol’ vom Gulden einen Kreuser bezahlen, was aber für einen folchen aſſoſirten Bürger an Waaren allhier durchgehet, davon foll bis auf weitere Verordnung nur der Trgnfitzol] genommen werden. .” 1754

Der neue Faiferliche Stefient, Marſchall, der bier. refidirte, wurde bewillkommt. | |

Den 24ten April ergieng ein Mandat über bie vers wiefenen Cieparatiffen, und die fremden Lehrer und Lele verinnen. Wer den verwiefenen Separatifien Unterſchleif giebt, ober Borfchub thut wird eine, nad) Befchaffen- lit feines Vermoͤgens und zum Bellen eines Armen⸗ hauſes anfsulegende Geldbuße erlegen, oder in Anfehung der Unvermögenden , eine empfindliche Keibesftrafe ver⸗ wirket haben. Wer fremde verdächtige Lehrer und

V. Rap. 1756. 617

Lehrerinnen Beßerberget oder beguͤnſliget wird eine empfindliche Strafe zu erwarten haben. Derjenige,

ber einen ſolchen nerdächtigen Lehrer oder Lehrerinn entbedt, und anhält, Defommt eine Belohnung von 50 Bf. 1755. u

Der franzoͤſtfche Ambaſſador de Chavigny tam den 26 Auguf in Huningen an. Bier hiefige Raͤthe beſuch⸗ ten ihn dort, und luden ihn zu einem Mittageſſen auf den folgenden Tag ein. Bey ſeiner Ankunft wurde aus 24 Kanonen dreymal geſchoſſen; zwey Quartiere para⸗ dirten; keine Geſchenke aber von Fiſchen, Haber, Wein u. ſ. w. wurden gemacht. Der Stadtlieutenant begehr⸗ te von ihm die Parole, ſo er aber nicht geben wollte.

An Trinkgeldern gab er den Kanonieren 10 alte Louisd'or; den 4 Quartieren (2 beg der. Ankunft, und 2 bey ber Ahreife) 36 alte Louisd'or; den Stadt-Soldas ten, 6 bito; auf der SSibliotbet zwey Thaler; zu Lie fal 20 Mirlitons; "im Waldendurger-Amt, 21 alte Duplonen; und den Dragonern 6 dito. |

1756.

Das zwiſchen Frankreich und Oeſtreich im May: Monat errichtete Buͤndniß wurde von den Bothfchafs tern bender Mächte, von Chavigny umb von Mars ſchall mitgeteilt, Es ficherte biefe Gegenden, wäh. rend des liedenjährigen Krieges (1756—1763) vor allen Folgen unrubiger ünfivittt, deffen ungeachtet wird. in

618 ^ XVIII. Periode. 1741 - 1788.

den Ratbsbuͤchern von gefährlichen. und. betruͤbten Zeiten gefprochen. Es fcheist baf man: einige Beforanife in Anfehung der Religion hegte. ) Im vorigen Fahre batte. bie evangelifche Seſſion, auf der Taafakung fid) über bie Verfolgung der Reformirten im Deflveichifchen, _ Steyrmart, Kaͤrnthen, und dem Land ob der Ens berathen. Man verbreitete auch nun das Geruͤcht, als wenn der König von Frankreich Welſchneuenburg beſetzen laſen wollte Die evangeliſchen Orte waren immer noch ohne Bund mit Granfreid), unb einige Tatholifche Orte forachen douter als jemald, von der Reſtitution des ihnen im Jahr 1712 Entzogenen. in Grenzſtreit

zwifchen den Graubünbnern und den Oberherrn von Sargans, wurde ald eine Religiond.Sache von Seiten ber Katholiten betrachtet. Lnbefonnene Reden in einem Wirthshaus, wo einer von Schwyz fid) ruͤhmte, Schwyz und Zug würden bald Zürich belagern, und ein Prie⸗ fer wetten wollte, daß man in Kurzem dort-im Muͤn⸗ ftr Diele leſen würde, mächten in Zürich einen Ich» haften Ginbrud. Sogar Verſe bie Voltaire über Bern heraus gab , wurden, als. etwas febr bedenkliches , in

£1) In dem Werk: Politique de tous les Cabinets de TEurope, vom Grafen L. P. Ségur, fiest man folgen» I$: „Ce qui attachoit le plus Louis XV à son allian. ce avec l'Autriche, c'est qu'ils' imagenoit, que par cette union la religion catholique s'étendroit dans toute Vallemagne, et finiroit par y anéantir le protestan- tisme. 7

V. Kap. 1756. 619

eine-Chronit aufgenommen, und die daranf erfolgte 9Int» wort eines Berner⸗Landvogts mit beruhigendem Benfall bepaefügt. Das Schickſal zeigte fid) aber durch bie Eiege des großen Friedrichs, und der Engländer güns fliger, als man «8 erwartete.

Ehen fo günftig zeigte fich felbiges auch fchon in diefem Jahre, da, ungeachtet des Looſes zu fechfen bie Stelle eines Ratbfchreiberse, am 22ten SXenner , dem unvergeßlihen Iſaal Iſelin gufiel. Er war Doktor beyder Rechte und Hatte zu Göttingen ſtudiert. Was fonnte in Zriedenszeiten etwas ermwünfchteres gefchehen, als den Verfaffer ber Gefchichte der 9ten(d)Deit , und jener nachberigen Schriften, die nichts als Menſchenlie⸗ ‚be und Begluͤckſeligung der Menſchen lehrten, im eini⸗ gen Verfammlungen der Regierung zu Defigen, feine Rathfchläge anzuhören, und feine Feder gebrauchen zu Tonnen ? |

Sm Auguſtmonat (16 unb 25tem) wurde zwiſchen dem Marggrafen von Baden Durlach. und unferm Rath folgender Vertrag gefchloffen.

Crülid), follen die jeweiligen Beſitzer ber Müpte | Weyl bas Wuhr !) wodurch das Wafler in den Mühle-Teich

.3)) 94$ Wuhr oder bie Wuhr ſiſt cin Waſſerwebr, wodurch das Waffer surüdgebalten, um an einem Ende, fo tiefer liegt, das Waffer zu einem Ganal den mie Teuch,

Tich, Dich nennen, fließen läßt. Jeder Damm heißt eter auch Wuhr.

-620 ° XVIIL ®erlode. 1741—1788.

geleitet wird‘, allezeit in ihren eigenem Soden, nach Anlei- tung und Gut(ünbes der beiderfeitigen Wuhrmeiſter machen, und alfo einrichten daß ein ziemlicher Theil des Wieſenfluſ⸗ ſes offen. verbleibe, unb dem gedachten Fluß der Wiefe-ie- weilen der freie und ungebinberte Lauf, aud) den Fiſchen der freye Zug gelafien werde,

Zweytens, foU diefer Mühle ^ Teuch, fo geliſſentlich als es immer fern kann, in die ordentliche Waage gelegt werden ^, damit der Mühle das Wafler, bey genugſamem Waſſer zu brey Mädern, mebreres aber nicht, fo dann bey mittelmaͤßigem Waffer zwey Rädern, und bey geringen Waſ⸗ fer zu einem Sabe, zukomme. AU dieſes auf die Wenler- Mühle laufende Waller ſoll

Drittens, gleich unterhalb der Mühle, durch den zu foichem Ende gemachten Graben wiederum in die Wiefe ge» leitet, und demfelben von da fein ungebinderter Lauf bis in das bafelifche Wuhr, unb nach Bafel gelaffen werden, Je⸗ doch if

Viertens der Wäſſerung halben, die Abrede genommen worden, daß, angeſehen die Gemeinde Weyl von Alters her allezeit ihre Matten aus dem Weyler⸗Mühle⸗Teuch, mit ge- wiſſer Maaße, zu wäſſern gehabt, ſolches auch noch fürohin geſchehen, und beyde Matten gu Weyl und zu Friedlingen ins⸗ geſarit, dieſer Wäſſerung ſolcher Geſtalt genieſſen ſollen / daß fie den benannten Mühle⸗Teuch allwegen von Samſtag (Sonnabend) Abends um 4 Uhr, bisan den Montag Mor- gend um A Mor dahin richten. Außer jekt beſtimmter Zeit aber deffen gänzlich müßig ſtehen, unb das Waſſer ohne eini- ge Hinderung noch Aufhaltung wiederum feinen freyen Lauf

Y. fap. 1756. | 6n

in bie Wieſe haben und behalten folle; es wäre denn Sache, ba in Zeit vollen Waſſers, mehr Wäſſerung gefchehen köͤnn⸗ te, welchenfalls e8 ihnen nicht verwehrt fen. Außer ſolch ‚vollem Waller aber, bey ben obſtehenden Maaßen limitier⸗ tet Wäfferungszeit durchaus verbleiben folle, Zu dieſem Gn» be, und damit alles in alle Wege ordentlich zugehe, follen in dem Graben die nötbigen und bisher gebrauchten Schutz⸗ Bretter, mit zwey differenten Mablfchlöffern verfchloffen , ta» von ein Schlüfel den Wafermeiftern der mindern €tabt Bafel, umd der andere dem Vogt ju Werl bebändiget, and) Diejenigen, fo mit Wäſſerung, Abkehrung, oder auf andere Weife diefem Vertrag zuwider handeln , von eines jeden Obrigkeit auf das nachdrücklichſte geftraft werden. Und gleich“ wie zum

Sünften, bie Cebenfeute der mindern Stadt Baſel in uralter Uebung bergebracht haben, daß in Zeit großer Dürre, und Waflermangeld, die von Baſel die Wuhren bid. nad) Schopfheim öffnen, das Wafler von den Matten hinwegneh⸗ hen, unb in die Wiefe bis nach Bafel auf ihre Mablgeiwers be Ieiten mögen, einfolglich in folcher Zeit unfre fürftlichen Angehörigen von der Wäflerung ihrer Güter abzuſtehen Dae ben; als (off e$ in dergleichen Fällen alfo gehalten werden , bag fodann die Waflermeifter von Baſcl fic) deßwegen ben unferm Oberamt Nöteln anmelden; diefed aber denfelben mit der obtigleitlicben Hülfe alfo au Statten fommen folle, das mit in derfelben Beyſeyn das Wafler aus dem Wiefenthat nach Bafel geleitet, dortige Ableitungen befchloffen, und biemit das Waffer wirklich in bie Wieſe gelaffen werben mö⸗ ge; zumabhl in folder Dürre gleichfalls die Wäfferung bet Weyler und Friedlinger Matten einge(te(It, und das Waſſer ans dem Mühle⸗Teuch qu Weyl nirgendshin als fradın at»

623 XVIII. Periode. 1741—1788.

fes in die Wieſe geleitet werden folle. uebrigens ſoll es bey den vorhergehenden Verträgen durchaus und ungehindert ver⸗ bleiben. (Einer dieſer Verträge war vom 14ten. Detober 1655.)

Mit chen diefem Marggrafen Carl Friedrid, wurde am gleichen Tage ein andrer Vertrag uber fom» flige Anflande errichtet. Er betraf einen Berain zu or» tad; ein anderes das Defienbacher Berain genannt s einen Antheil am Weinzehnten zu Grenzach fo bent Darfgrafen um f 3300, abgetragen wurde, als Wiee derlöfung. Den Brachzehnten fo das Pfarramt zu Loͤrrach atte " gefprochen «hatte; bad Gollatue Recht der Basler in - mehren Kirchipielen D; den Holscanal fo durch die marggräfifchen Lande gieng; ) bie Freyheit des Handels unb Wandels zwiſchen bepderfeitigen Landen, fo noch um ein mehrered befördert ‚werden fol. Die Goncurde - falle, bey welchen die beyderfeitigen Greditored durchge⸗

1) Aus nachbarlicher. Consideration. geftattete der Marg- graf, daß ein jeweiliger neuer Geiftlicher , mo die Basler Stifte collaturam benificii haben, ‚neben dem, daß cr

- fid mit dem aufhabenden Notifications- Schreiben von dem Oberamt bey dem jemeilem regierenden Bürger- meiſter melde, aud) bey Antritt feines Dienftes dem Präſidenten des Collegii, von welchem die un ab⸗ haͤngt, einen Beſuch abſtatte.

*) Die Stadt werde dafür ſorgen, daß das flöffende vren⸗ holz geſchwind durch die märgsräfifchen Lande RR ai

Y. Kap. .1756, 623

Benbé den inlaͤndiſchen olei) gehalten werden folen 5 den Wiefen-Brüdenzoll '); den Biſchofholz ?); ben fite chemer:Zehnten; den Weinzehnten zu Weyl; und ben Hartmann zu Cimefbingen 9). Bor allem verfprachen bepbe Regierungen einander: „daß fie fid) gemeinfamlich beffreben würden, - die gute Nachbarfchaft wie eDebe(fen je mehr und mehr zu unterhalten und fortjupflangen , qud) daher. die beyderſeits angehoͤrigen Beamten zu be⸗ fehligen, afl dasjenige, was dieſelbe bekraͤnken Kann, ſorgfaͤltig zu vermeiden.“ Der Marggraf unterſchrieb

1) Die Dorfſchaſten Haltingen, Etlingen, Märft, Ball bad, Hammerſtatt, Wintersweiler, Maugenhard, Egis⸗ holz, Mappach, Nebenan unb Eimeldingen, wenn fie nicht um den Lohn und auf Mehrſchatz fahten, begablen nicht den Wiefen-Brüdenzol. Ste follen aber abfühe ren mag fie bisher abgeftateet baben, und zur reparation der Straße von der Ottmard.- SSrüde bis zur Wieſen⸗ Brüde ferner behülflich ſeyn. Jenen Brücden:oll be»

zahle auch weder ber Wargeraf, noch feine fürſtlichen Bedienten,

2) Der Marggraf wird verorbnen, ba die Stadt Baſel bey ihrer possession kräftigſt befhütt werde, wenn fie fich darinn befindet, unb Lud in foro competente docirt haben wird, un.»

3) au ben Verträgen von 14322 nnb 1534 meinte die Stade ein gegründeres Sted)t zu haben, einen Wartmann is

Eimeldingen zu halten. Der Marggraf will cd nicht

behindern, aber fid) nicht au einem weitern erbeifchig machen, Der Rath bebalf fid) dießorts der Verträge.

624 XVII. Periode, 1141—1788,

unb ließ Diefen Sertrag , Der Receß genannt wird, beßegeln; gleich wie auch Bürgermeifter und Kath der Stadt Bafel denfelben durch den Siadtſchreiber beßegeln und unterſchreiben ließen.

1757.

Ein Theil der Civil Geſetze der Unterthanen wur⸗ be unter dem Namen von Landes Ordnung, ge drudt 5 der Appellationsherr und Groß « 9tatf Scweighaufer, der, als Mitglied der Landcommiſſion, bie Redaction beforgte, belam vom Groſſen Rath hun dert Louisd'or.

„Bey Erbfüllen hat unter mehrern Söhnen ber jüngere das. Vorrecht auf das Haus, und menn mf tere Häufer vorhanden find, fo Dat er die Wahl. Die Witwe bat den Wittwenfis, den man Schließ nennt. Sonderbar ift c8, daß der Unterthan, der bey Lebzeiten mit feinem Vermögen, dne Erlaubnif, nicht wegziehen darf, vermittelt. eines Teſtaments, wena er feine Notherben Dat, befugt i, fein Hab unb Out, liegend unb fahrendes, das Minder

3) Sn der Folge, 1763 fam ein Anhang dazu; worinn alle Advocaten unb Anwälde, mit Ausnabme der Schul.

.' Jenutibee an den Landgerichten abgefchafft werden. Wenn bie Partheyen Fürſprecher baben wollen, (o (oL

—— Yen fie (olde aus.der Zahl ber Richter nehmen. Die

.. Landrichter follen aud) teint rechttichen Gutachten eit

-. Boten. und

.,

V. fap. 1757. 625

und das Mehr, davon ganz nichts ausge Dinat, wem und wohin er mill, au vergeben, verwiedmen, verfdenten, und für eigen ver machen, nad feinem Willen und Gefallen, unvecbinbert allermanniglide.”

Ein Bater Tann feine Kinder enterben, wie in der Stadt, allein ee muß die Erlaubniß dazu vom Rath erbalten. Kinder aber koͤnnen ihre Eltern nicht enter» ben. Das Weibergut Dat in Fallimentsfällen Fein . Vorrecht, wie es hingegen bep dem Stadtbürger flatt bat. Die verfehten Liegenfchaften werden gerichtlich eingefd)rieben , welches in der Stadt unbekannt if. Der Zins von gelichenem Gelbe fol, fünf vom Hun⸗ bert, und weder mehr nod) weniger feyn. Der Rich tee fol nad) Gage bie(er Landesordnung Necht fpres dien, unb in andern Sachen, die darinn nicht begrifs fen find, nach feinem beflen Verſtaͤndniß, Willen und Gewifen. Das pbgebad)te Wort Schleiß führt zu ei⸗ ner Bemerkung für die Sammler der Ausdrüde des Schweizer Dialedtd. Sie follten áud) jene Wörter auf nehmen , die zwar wie das Hochdeutfche lauten, aber einen Nebendegriff audbrüden , der in Sachfen ungewöhns lid if. Von diefer Gattung i(t z. B. das Wort aufs Tünden: Man fünbet bey uns eine Perfon aus , das mit ihre Gläubiger fid zu erkennen geben ; man Fündet eine Liegenfchaft aus, damit diejenigen fi) melden, die

VH, Bond RE

626 XVII, Periode. 1721—1785.

eine daranf haftende Schuld oder Dienfibarkeit anzuſpre⸗ chen Haben. Endlich fünbet man ein Amt aus , damit Diejenigen fid). angeben , bie fid) darum bewerben. Man fünbet aber Verlobte nicht aus, fonberu man verk uͤn⸗ bet fie; bod) vor Zeiten wurde ber Ausdruck onte ben für Verlobte auch gebraucht. -

Die Rheinfelder find nur Fiſcher and nicht Schiff lente zugleich, wie die Lauffenburger. Da num jene (i das Schifffahrt, Recht anmaßten , klagten unſre Schiff⸗ leute, und eine Conferenz hatte, von Seiten des Mei— fes Fuͤrſtenbergers unb des Rathſchreibers 3fe lin, mit dem kaiſerlichen Reſidenten von Marſchall flott. Dieſem entfielen Aeußerungen bie etwas befrem⸗ deten: „Die Sperrung der Schiffahrt gegen die Rhein felder , fagte er, fen wider das Natur anb Voͤller⸗ recht; ja wider die Vernunft ſelbſt. Die Fluͤſſ unb die Schiffahrt auf denſelben follen mad) dem Völkerrecht fvey ſeyn. Uebungen, Gewohnheiten, Herlommen, feyen nicht, genugfam, die Freyheiten des Bilferrediti eingufchränfen. Zwiſchen fouverainen Staaten Babe fd ne Verjährung Statt. Er kenne die Schiffleute-Zunft nicht. Man fen nicht verbunden unſre Eonflitution zu wien, noch fid) nach derfelben zu richten. Harte und unanſtaͤndige Drohworte fepen ausgeffofem worden, - fo daß c8 ihnen, öflerreichifcher Seits, übel anſtehen würde, alfo groß zu ſprechen, weil fie groß thun fbme nen. Der Kaiſer Tönne feine Unterthanen qualifici

V. Kap. 4158. 621 ren wie er wolle Die Rheinfelder fenen jetzo nicht nur Fiſcher, ſondern auch Schiffleute. Es waͤre nicht noͤthig, daß wir wuͤßten, wenn und wie dieſe einen ſolchen Charakter bekommen Hätten.”

4 7 5 8,

Es wurde den 20. März im Großen Rath fee geſetzt, daB man neue Bürger ber Hauptſtadt anneh⸗ men wolle. Auf eine nähere Berathung aber lij x = die Beſtimmung der Bedingniſſe ausgeſtellt ſeyn. ergieng bald (den 24. April) unter anderm bie ordnung, daß Edelleute, zu keinen Zeiten, und unter keinem Vorwande, das Bürgerrecht empfangen. foliten , weiches, wie leicht zu denken, von denen verflanden | wurde, die Vorrechte, Rang oder Titel anfprechen volte - den. Gegen das Ende bed J. 1763. wurde (dom bie fernere Annahme neuer Bürger -auf fed)à Jahre ver ſchoben. Sogar hatte der Rath, den 20, Fenner 1762 , eine kleine Schrift des Rathſchreihers Iſelins, der für bie Annahme fib eifrig erklaͤrte, verbieten. laffen DAB Beginnen, fagte die Crfanntnif , fen zwar ‚nicht aus ſchlimmen Abfichten gefchehen ; fónne aber zu vielen Verdrießlichkeiten Anlaß geben. Es frohlodte ber Schuß. macher Meyer, mit feiner Parthey im Rath. Indeſ⸗ fen ‚Hatten 29 PBerfonen das Bürgerrecht erhalten. Im Sape 1770 wurde bie Annahme neuer Bürger fermée. bis me 1780. ausgefieht. Im Jahr 1781. fegte man,

9:2.

f

628. XVIII. geriobe, 1141—1788.

Bedingniſſe feft, und im 3. 1782. gelangten 15 E fonen zum Bürgerrecht, aber ber Zutritt wieder gefperrt wurde.

1759.

Der Große Rath ließ bie Kirchen und Schulord⸗ Kung für bic Landichaft vom J. 1725. mit einigen Abänderungen Fund machen. Gie war gleichfalls wider die Sektierer gerichtet. » Die baóleri()e Glaubensbe⸗ Senntniß fol ferner zwenymal im SYabre , 8 Tage vot Bfingften und 8 Tage vor Weihnachten, von der Care gel unverändert abgelefen werden.” „Weil auch einige . unfrer Unterthanen ehemals in die (riget Ges . danken. gerathen find, mit Verſaͤumniß des öffentlichen Gottesdienſtes, ihre befondern Berfammlungen zu Hal ten, an andere Orte fid gu begeben , und allda ent weder felber zu Ichren, oder bie Reden folcher Lehrer anzuhören, bie. nicht bagt berufen find, woraus bey den im Glauben ſchwach begründeten , verſchiedene Schwaͤrmereyen entfliehen, fo wollen wir... . taf sufre Unterthanen ſich vielmehr befleißen, aufmerkſame und andaͤchtige Zuhörer ihrer Öffentlichen Prediger abzu⸗ geben. Fremde Lehrer und Lehrerinnen aber, Schwärs mer und alte Berionen, fo des Glaubens halber ver» doͤchtig (ub, ſollen bey einer Strafe von 10 Pfund. und Empfindung unferer fernern Ungnade, von Nies. mand aufgenommen noch. beherberget werden. Ein. jeder fol ohne bejonbere Urſache, nicht öfters im einem

V, ap. 1760. —— 629

andern Orte, als in der Kirche, wo er pfarrgenoͤſ⸗ fa id, dem Gottesdienſt beywohnen. " „Endlich wird von den anzuſtellenden Schulmeiflern verlangt, daß fie burd) irgend eine Gemeinfchaft, ober anhaͤngli⸗ hen Umgang mit Seftierern und Irrgeiſtern, fid) niema⸗ len, nur in dem Geringfien verdächtig gemacht abes. "

Was die Lehrfächer betrifft, fo wurde bie Rechen⸗ funf nur in der Schule zu Lieſtal gelehrt. reti) verlangt dieſe erneuerte Schulorbnung für das Land, von den Lehrern, daß fe die erfien Anfänge des .. Rechnens ver(teben ; allein im Stundenverzeichniß diefer

Ordnung befindet fih keine Viertelſtunde fogar für die Rechenkunſt beflimmt. Daher glauben die Schul meiffer, ba wenn bie Lehrlinge Ziffern fchreiben und ausfprechen können, fie ihnen bie erſten Anfänge des Rechnens beygebracht haben.

17060.

Eine Commiſſion wurde niebergefegt, um ben Zu

fand des Gymnaſiums zu unterfuchen , und Verbeſſe⸗ vungs-Vorfchläge einzugeben. Es erfolgte erſt im Jahr 1766. eine neue Einrichtung, bie aber fchon im Fahre 1774. wieder abgeſtellt wurde. Doch im Jahr 1779. - ließ man von neuem an Verbefferungd-Vorfchlägen are beiten: Allein, es fom eigentlich nichts erhebliches qu

Stände. | E | Ueber eine wichtige Frage Heß der Rathſchreiber durch einen Freund folgenden Anzug einfchreiben: „Da

630° XVII. Periode. 1741—1788, j

das Herkommen und Obfervang fo oft widen die Geſetze angeführt werden, und aud) über diefelben flegen, fo, foßlte die Frage entfchieden "werden, wie viel Zeit eg brauche, bis eine Gewohnheit die Kraft eines Geſetzes erhalten babe, und als ein folde8 angeführt werden fone. " Allein/ biefer Anzug wurde den 16, Februar. des folgenden Jahres dahin geſtellt.

Gottlieb Emanuel Haller von Bern hatte, ( wie eö-hier die Sage war) eine Keine Schrift über Wil⸗ beim Tell (Guillaume Tell, fable danoise,) in - feanzöfifcher Sprache herauggegeben. Ury ließ das Buch durch ven Scharfrichter. Öffentlich: verbrennen, und ev» fuchte und ein gleiches gu thun. Der Rath begnuͤgte (id) aber damit, daß er den öffentlichen Verkauf deſſelben verbot.

Die Regenz feyerte bie paͤbſtliche Stiftung der Uni⸗ verfität, nicht ohne beträchtliche Koflen. Der Rath genz, durch den Rathſchreiber einen ſchoͤnen Pockal uͤberreichen; der Rathſchreiber hoffte, daß es eine Ver⸗ anlaſſung zur Aufnahme dieſer Lehranſtalt abgeben wuͤr⸗ de, und ließ ſogar, in eben dieſem Jahre, einen Ver⸗ beſſerungs⸗Plan handſchriftlich umgehen. Die juridiſche Facultaͤt nahm aber es übel auf , und behauptete, Daß ohne der Einwilligung der Suam. , Nichte werden koͤnne.

V. Kap. 1761. 631. 1161, EE

Die Drucker⸗Preſſe ift, wie die Feder des etel Per, und das Sprachorgan des Nedners, ein moralis - (fer Hebet, der Feiner Regierung, noch feinem Buͤr⸗ acr, gleichgültig feyn Tann. Die erfte Frage iſt aber, . ob der Gebrauch berfelbem von der Willkuͤhr eines Genfor$ abhangen, oder ob nur der Mißbrauch, ohne: vorhergehende Genfur, durch den Richter geflraft wers den fol. Die zwente Frage iſt, wo. eigentlich ber free Gebrauch Mißbrauch zu ſeyn anfange Wenn wir fehreiben wollen ,' fo i fein Eenfor ba, ber und, mad . feiner Laune , die Feder fuͤhrt. Wenn wir reden wol» len, fo if fein Genfor da, der unfre Zunge nad) fti nen Anfichten lenkt. Allein, fallà bie Gefege über bem Mißbrauch ber Spree unbeftimmt abgefaßt find, und einen ausgedehnten Spielraum dem Nichter darbieten,

fo möchte. ein vorurtheilloſer Cenfor , dem leidenſchaft⸗ lichen Richter weit vorzuziehen fen. Uebrigens gewiß wird es immer Bleiben, daß wenn ber Menſch nie hätte (re) veben , ſchreiben und drucken dürfen, wir in der Dichteften Finſterniß, und zwar in allen Fächern nod) ſchweben, mod) tappem würden.

In dieſem Jahre den 21. November ließ der Klei⸗ ne Rath eine Verordnung über Das Buͤcherweſen Tund machen, woraus folgende Stellen es verdienen, ange⸗ fügt gu werden: ")

1) Die gae "— sib ans dem Hector der: titii,

632 XVII Periode. 1741—1788.

» Wir verfehen uns zu der Klugheit and Billigkeit Wnfrer geordneten Genforen, daß diefelben den Buchdru⸗ dern und Buchhaͤndlern Feine unnöthige Schwierigfeiten: machen , und dadurch diefelben in ihrem nuͤtzlichen Be⸗ rufe hindern werben, Sie werden baben wien, die vernünftige Mitrelftraße zwiſchen einer überteiebenen Schärs fe und einer alzugroßen Nachficht zu ‚beobachten. Das Buͤcherweſen (off nur der Ausbreitung der Wahrs beit und der Tugend geheiliget feyn.”

verfität, dem Stadtfchreiber, als Eenfor der nolitifchen Schriften und dann vier Decanen. Gie dient auch ur erften Guftamg Über Klagen eined Berfaffers, udo" druckers oder Buchhändlers wider den beiondern Gen fot der cenfirten Schrift. Died bilder aber eine pate tbenifche Behörde, weil alle Mitglieder Eenforen find , oder ed werden Fönnen. Wer mei nicht, daß zwey Brofefforen in der Arzneykunde, der Einimnfung eine Zeit lang zuwider waren? Hätte vor hundert und mehr Jahren, nach der Herandgabe be Sillabus controver- siarum, der Decanus der theologiſchen Faecultät eine Schrift drucken laſſen dürfen, worinn gelehrt worden wäre, daß die Erde ſich um die Sonne drehe? Son⸗ derbar iff e$, mad über beg Druck der Schriften, bie von römifch Fatholifchen oder von andern folchen Schrift. ſtellern berrübren, verordnet wurde. Sie Tonnen bier gedruckt werden. Bon der Eenfur mag aber au $ atte ten Gründen verboten werden, bie .‚biefige Stadt als dem Ort bed Druds iu benennen. Schließlich des merfen wir, baf die Verordnung feine Sylbe über den Nachdruck enthält. |

V. Rap. 4762. 633

Der verdienſtvolle General Major Hieronimus Linder, verließ in biefem Jahre den hollaͤndiſchen Dieuſt, um die übrige Zeit feines Lebens in feiner Vaterſtadt zuzubringen, wo er auch zwey Jahre fpater im 81ten Jahre feines Alters, mit Tode abgieng. Er vermachte feiner Zunft eine Summe, wonon die Zinfen - jährlich auf eine Mahlzeit zur Ehre des fürftlichen Hauſes des Stadthalterg verwendet werben follten. Dieß nennt man das Dranien-Mähli. Am Nachtifh wird auf

die Gefundheit des regierenden Zürften, und zum An⸗ denken des Verſtorbenen getrunken; dann gehet eine Buͤchſe für die Armen, zu freywiligen Bepträgen um. Linder lieh fi im J. 1699. als gemeiner Soldat, im Res . giment des Marggrafen Albrecht non Brandenburg ans werben , und flieg bald, durch feine geleifteten PDienfle: von Stufe zu Stufe. Folgendes Urtheil über ihn füllf Day von Bern in feiner Milttärgefchichte „T. II- pag. 410 unb 411, T. VIII. pag. 221. ) „Officier d'un rare mérite, qui ne devoit son avancement qu'à sa bravoure, jointe aux mem militaires lea plus recherchés, " 1762, | Die Frage über die Annahme neuer Bürger Be fhäftigte, wie wir es unterm Jahr 1758. gemeldet haben , inr entgegengefeten Sinne, alle Gemüther. €» waren bie, in einem den 12ten April eingegebenen Gutachten enthaltenen Gründe wider die Annahme:

634 XVIII Periode 1741-1788 8.) Man habe viele Hinterfäßen, Knechte und Maͤgde;

b.) die Volkszahl nehme auf dem. Lande zu; cO es

ſey bequem in feinem Haufe allein zu wohnen; d.) der wohlfeite Preis der. Häufer (e ein Boribeil für die, welche Häufer kaufen wollen ; e.) bie Handlung bluͤhe ohne nene Bürger ; f.) man fefe einen ſchoͤnen Auf⸗ wachs von jungen Bürgern vor fih; g.) Man follte billig Bedenkens tragen , unfer reines, edles, eidsgenoͤſ⸗ fifch:8 Gebluͤt mit Fremden gu vermiſchen; h.) das Beyſpiel unfrer Altvordern beweife nichts, ba die Stadt burd) öftere Bellen verödet worden fen; 1.) ber Preig "ber Lebensmittel (ey Dod) genug. Kine Frage über Eheſcheidungen swilchen Eheleuten, wovon einer gu den Galeeren relegirt worden wäre, wurde den erflen März vorgelegt. Die Relegation fen feine muthwillige Berlafung ; der andere Theil leide aber fo. viel. und mehr, ale ‚wenn muthwillige Verlaſſung Statt gehabt hätte. Die Antwort war: » Es wird dem Ehegericht uͤberlaſſen, wenn einige Anſtaͤnde (id) ergeben, das Gute finden des Raths einzuholen, welcher nad) der Sache Beſchaffenheit, wie er es für Recht und billig erachten, . von dem Gefeg bidpenfiren wird.”

Wahrend des fiebenjährigen Kriegs wurde unſer

Kanton mit geringhaltiger Scheidemuͤnze ſo uͤberſchwemmt,

daß. der franzoͤſiſche Neuthaler, der ſonſt 36 gute Batzen galt, mehr als 36 von ben fehlechten Sagen num werth mar. Den 25. October erfannte der Große Rath,

V, Kay. 1763, . . 638

pbaf Niemand ben Neuthaler höher als zu 40 Batzen einem aufdringen folte.” Seitdem find die. Baken pad) dieſem Verhältnif geprägt worden, unb daher in den Anlagen und Schuldtiteln der Lnterfchied zwiſchen 9teutbalern zu 36, und Neuthalern zu 40 Sagen, Dex Neuthaler bleibt zwar unverandert , aber die Pfunde bie immer zu 12 Sagen. gerechnet werden, gelten mehr, wenn 36 Batzen auf einen Neuthaler gehen follten, als wenn 4o Sagem dazu erforderlich find. Denm £008. zu Sechfen hätte man. zu verdanken Haben fónnen, daß der Rathſchreiber Ffelin Oberſtzunftmeiſter geworden wäre. Der Bürgermeifter Joh. Rudolf à (dj war gefforben, der Oberfizunftmeifter Hagenbach wurde den 5ten April, von Rechtswegen Bürgermeifter, unb die Erwählung feines Nachfolgers fiel alfo ame. Senarium. Hand Balthafar Burckhardt 5:5; Dreyer Ber Ortmann 7; Dreyerherr Faͤſch 9s; Be nebitt Staͤhelin Vio ;. Rathſchreiber Ifelin "7s; und Meiſter Lucas Faͤſch 7s. Das Loos Deglnftigte den Dreyerherrn Faͤſch. | 1763 Die Eiferfucht der Gerber der Stadt wider die Gerber des Landes veranlaßte ſeit mehrern Jahren zu Stadt und Land eine Gaͤhrung, die im Laufe dieſes Jahres einen hohen Grad erreichte. Schon im Jahr 1761. (21. Dezember) unter bem Vorwand der Der» beferung der Landwirthſchaft, war im Großen Rath

636 XVIII. Seriobe. 41692—1788,

angejogen worden, ob nicht alle werkende Profeſſſonen

und Handwerker auf der Landfchaft abgethan werden follten. ' ) Die Gerber der Stadt flügten ihre Befchwer- den wider die des Landes auf folgende Gründe: „Jh re Haͤuſer, Werkflätte , Geräthfchaften , Hauswefen Nahrung, Kleidung und Dienſtlohn Token aufm gam be weniger als ın der Stadt; fie Befucbet ble benach⸗ darten Zahrmärkte mit weniger Aufwand; (ie geben ihr Leder wohlfeiler; (le miſchen (i auch in den Sat» bd mit Schmacht-Breußleder , und mit Juchten; bey Biehfeuchen und verbotener Einfuhr der Hänte fegen fie das ganze Land in Gefahr ; ; ein rechter Gerber mie auf feinen Beruf minder nicht als 6 bià 10 taufenb IB. ampett ten; für biefe Summe Tönne er fid) ein Bauerngewerb anſchaffen, und bie Viehzucht befördern. Die Stadt⸗ gerber wollten nur 10 Gerberenen, 6 zu Lieflal, jede mit 2 Gruben, und 4 in allem an ben übrigen Orten, jede nur mit einer Grube geflatten, mit der Beding⸗ nif, daß biefe Landgerber Leinen Handel mit Leder, (o fie nicht verarbeitet hatten, treiben folten. Die Lande gerber erwiederten unter anderm, daß fchon im Sy. 1655. ihre Handwerkd-Artifel waren erneuert worden, und daß

1) Im gleichen Geile gefchab um biefe Zeit der felt "fame Anzug , bag die Sennen feine Käfe fondern But⸗ tet machen follten. Er blieb aber ohne Erfolg, ob er

Schon, bey Klagen Über die Theurung der Butter auf dem biefigen Markt , wiederholt wurde .

fe damals 12 bis 15 Meiſter zaͤhlten; die Landgerber vom Kanton Solothurn verkauften auch Leder auf den

benachbarten Märkten. Schließlich begehrten ſie, bey einem Beſchluß des Kleinen Raths vom 16ten April

1749 , geſchuͤtzt zu werben. ") Hieruͤber gab die lands wirthſchaftliche Commiſſion den 5. Dezember ein Gute adten ein. Gie rieth an, es Dep dem Beſchluß vom

Jahr 1749. bewenden zu laſſen und bemerkte, daß

burd) bie Abſchaffung ber Landgerberenen, nicht fo fehr bet biefigen Stadt, als den benachbarten Gerberepen der Nugen zugewendet würde. Der Große Rath fola, te diefem Gutachten, trug aber dem Kleinen Rath auf, in Rüdficht der Anzahl der Gruben , eine Billige Eins

richtung gu treffen. Bald darauf *) machte ein Mit⸗

1) Dieſer Beſchluß bewilligte die Beybebaltung von 8 oder 6 Berbereyen zu Lieſtal, unb von den zu Siſſach,

Waldenburg und Langenbruck beſtehenden Gerberhäuſern

ohne Beſtimmung der Anzahl der Gruben. Er ſchrieb aber den Landgerbern vor, ſich auf der hieſigen Zunft einſchreiben zu laſſen, die Gebühren zu entrichten, ſo

die Schuhmacher von Lieſtal ber biefigen Schuhmacher⸗ zunft entrichteten, und die erforderliche Lohe (id) anger

Landes anzuſchaffen. Betreffend biefen legten Artikel, erbiehten bie Stadtgerber im Fahr 1751. (den 12ten Juny) daß die Landgerber fich der frangöfifchen Lohe enthalten würden, =

*) 9m gleichen Tage, unb im gleichen Geifte wutde ein Anzug wider ben hohen Cup getan, (o der Rath

638 XVIII. Periode. 1741-1788.

glied des großen Mathe , dnb Strumpffabrikant den Anzug: 0b 28 nicht wider die Freyheit der Bürger Cnemlih der Sauptftabt ) lauf., daß die ganbleite Strümpfe fabricieren Cdas if auf eigene Rechnung 2? diefe Frage wurde dem Entfcheid bed Kleinen Raths, . dor welchen ber Anzüger feine Klage anbringen möge, übermiefen. Zugleich aber bekamen die XIIIr. den Auf⸗ frag , einen Rathſchlag über die Frage einzugeben t 505, und wie, Handlungen , Fabriken und: Gewerbe anf biefiger Landfchaft ') erlaubt, oder verboten wers den ſollten.“ Der Rathſchlag gieng dahin: „Man fónne nichts allgemeines verordnen; ed werde aber zum beſtaͤndigen Grundfag feffgtfet , daß bit Fabriken, Hands lungen und Gewerbe auf der Landſchaft, keinesweges zum Schaden der Bürgerfchaft begünfiiget ,. fondern ente weder verwehrt , oder nad) der Silligfeit, und dem darüber vorhandenen Erfanntnifen eingefchränkt werden

einigen. Landleuten ertheilt hatte. Es ſchade, wurde . . $tíagt, den Bürgern die Wein auszuſchenken babet.

Vim diefes- zu verfiehen, mag man mien, ba die Hinterſaͤßen, die nicht unter dem ſogenannten Schuß

. fanben, ihren Wein am Zapfen holen mußten. Dage⸗ gen mar bic Gebühr des Schußes höher als die beg einfachen Aufenthalts.

2) Das heißt: „Bon Selten der Untertbanen.” Denn wenn diefe (id) auch in der Stadt niederlaffen, ſo er⸗ halten fie dennoch fein Recht mehr als die übrigen Unterthanen.

ſollen. Der Kleine Rath werde auf eingebrachte Sla» gen nach Recht und Billigkeit entfcheiden. " Dieſer wurde vom Großen Rath angenommen.

1764

Bir Gatten 6 Compagnien im franzöffchen nd vier zum Regiment Boccard (nachher Salis⸗ Samade) und zwey zum Regiment Jenner (nachher Luͤllin Chateauvieur) gehoͤrten. Johann Zalob fe lin wurde dieſes Fahr sum Grade eines Brigadier er» . Boben, und flarb in feiner Vaterſtadt im Fahr 1772.

Den 3ten November winde eine neue. Capititlatiomn mit den catholifchen Kantonen (Schwytz ausgenommen) und dem Abt St. Gallen, auf 25 Jahre errichtet: Bes ſtimmt erhielt fie daß die Truppen nie eingefchifft were den, und folglich nur auf bem feflen Boden dienen folltet ; und daß die Proteffanten die freye Religions⸗ übung genießen würden. Die Schweizer behielten den Pabſt, den apoflolifchen Stahl, das römifche Reich, das Haus Deflerreih , die Herrſchaft Florenz , ihre Srepbeiten, Bünde, Bürgerrechte aus... Eine. Compage nie zählte 40 Gemeine, Tonnte aber in Kriegszeiten / mit Cinbegrif der Serganten ti. f. w. auf 108 Mann gebracht werden. Die zwey Drittel mußten Schweizer feo. Zeder Hauptmann befam für die Werbungen 2000 Livres jährlich im Friedenszeiten, und 3000 in Kriegszeiten. Die Befoldung des Hauptmannes war in Friedenszeiten 360 Livres monatlich, und in Kriegs -

640 XVIIL Periode. 17411788,

zeiten 4503 er mußte aber feine Unteroffiziere und Soldaten kleiden.

Ein fehr verfchiedener Gegenffanb, die Belenchtumg der Stadt befchäftigte in biefem Sabre den Großen - Rath. Den ten November gefchah der Anzug: » ob nicht zur Sicherheit der Stadt dienen Tönnte,. wenn Nachtlaternen aufgeftellt würden.” Vierzehn Tage nad» ber fam Ddiefer Anzug in Seratbung , und nad) einer Bisigen und faf ffürmifden Umfrage, überwies ihm die Mehrbeit. . . . wer follte e$. glauben? .... dem XIIIv. Rath, unb zwar mit einem Anhang, ber ganz deriforifch war: . Stemlid), daß die XIlIt. beta» then follten, ob und was biefortà ı jebod) obne Seláffigung des Aerariums, und einer C. Bürgerfchaft vorzunehmen feyn möchte. Das derf forifche davon gaben bie XIIIr. in ihrem Rathſchlag vom Aten März des folgenden Jahres, deutlich zu vers fiehen, wenn fie darinn fagten : dieſe Erkanntniß würde . fogleich alle Deliberation bemimen, wenn nicht der verehrungswürdige und bekannte. Eifer unferer quá ‚digen Herren und Obern für das allgemeine Belle, mehr in dem Sinne, als aber in dem bloßen Buchſta⸗ ben berfelben zu finden wäre. In der That, wer würde wohl auf dem Gedanken beharren, daß der ernſt⸗ - Bafte hoͤchſte Gefeggeber demjenigen Collegium ein leeres SBort(piel zu entwickeln überwiefen habe , welches urfprüng-

lich den wichtigſten Angelegenheiten des. Staats ge | widmet

V. Kap. 1765. 444

widmet iſt? der Schluß war eine Lotterie und freywillige Bey⸗ träge. Die Mehrheit des Großen Raths erkannte dag Mittel der freywilligen Benträge. Allein es blieb ohne Erfolg, bagumal und noch jebt. Indeſſen waren tle berſchlage und Plaͤne vorgelegt worden. ') |

1765,

Die Aufwandsgefeke haben in diefem Jahrhunder die Regierung oft beſchaͤftiget, und find in den (oft nannten Neformationss Ordnungen enthalten. °) |

Dft waren die Berathungen über den Luxus ?) nicht nur langweilig , fondern uad) gleihlam ärgerlich. Richt felten blickte Neid, oder die Freude hervor, ci»

15) In der mehren Stadt 170 Laternen, unb 30 in bee mindern Stadt. Entfernung von einer Laterne zur ane So den 100 Schritte. ‚Sieben Schub von der Erde, auf |o einen eifernen Arm fenfrecht befeſtiget. Der evite

Aufwand wäre 1585 Pfund geweien, und der jährliche

- 2450 Pfand; memlich-500 Pfund für 10 Anzünder, - . 450 Pfund für Reparationen, und 1800 Pfund für

Oehl, nad) Abzug der breg Sommermonate. 2) Von 1704, 1715, 1747, 1750, 1754, 1758, 1765. Die .. fpliteren merben wir unten anführen. . 9) Oüfmild in feinem befannten Werf über das liche Geſchlecht, bat (2 Sol. pag. 70 ) alles infante mengetragen, was fid wider den Luxus ſagen läßt. .. S Baron von Bielfeld ſchreibt hingegen in feine

642 XVII. Periode. 1741788,

nen, dem man abhold war zu necken. Nicht ſelten war es handareiſlich, daß man nur ſeinen gewohnten Aufwand als allgemeinen Maasſtaab durchſetzen wollte. Faſt immer herrſchten ſchwankende Anſichten und grelle Uebertrei, bungen. Da nun die Buͤrger in den meiſten Verboten kei⸗ nen zureichenden Grund, und nur Willkuͤhr zu finden glaubten ‚. fo entſtand Crbitterung , und dieſe Erbitte⸗ tung wurde burd) bie Dienge von Verleidern, und den Draufenden Ton: mancher Strafrichter, als wenn es 90» fer und Verbrechen beträfe, nichts weniger als geſtillt.

potiti(den Inſtitutionen (1 Thl. pag. 590 und vag. 90) für denfelben: „ohne Luxus müßen Ackerbau, Stant. facturen, Künſte, Handwerker und Handlung noth⸗ wendig fchmachten. Wer würde bie Arbeiten des Kunſt⸗ fleißes bezahlen, wenn die Reichen ſich aller überflüſ⸗ ſigen Ausgaben enthielten Beſſer iſt es die Menſchen zu beſchäftigen, als Müſſiggängern Allmoſen zu ſpen⸗ den.” Bielfeld aber unterſcheidet zugleich große Rei⸗ che, von Kleinen Staaren von wenigem Kunffleiß, bie, fo gu fagen , aus ihren Sinfen leben De Condillac, in feinem Wert über Handlung unb Negierung C pag. 297.) bemerft febr gründlich, bag das Wort Luxus, in feinem abfoluteu Verſtand nicht anders bedentet . ald Uebermaas (exces); bag wir aber gemeiniglich nut einen relativen Begriff damit verbinden. Was für ein Volk Luxus beißt, fen es nicht immre für cin an» deres; und auch für chendaffelbe' Volt , was cing Lu⸗ gus war, kaun jest aufhören es au. (eon. ^

V. Kap. 1765. „643

| Beabfchtigen tnmen derartige Geſetze folgendes: 4.) daß nicht mehr Geld aus den Lande geführt, als hinein gebracht werde, oder mit andern Bor, ten, baf die Handlungs⸗Bilanz guͤnſtig ausfalle;

2) daß ter Bürger nicht mehr verthue, als ſein Einkommen oder Verdienſt hinreicht;

3.) daß der inlaͤndiſche Kunſtfleiß befördert werde;

4.) daß zwiſchen den Ständen, ‚Berufen, fonfligen

. Elaffen ein Unterfcbieb bemerkbar ſey, oder im Ge⸗ gentheil unter den Buͤrgern das Aeuſſ erliche einer Art Gleichheit herrſche; endlich baf der Weichlichkeit der Sitten vorgebogen werde. Wie fehwer es ſey diefe verfchiedenen Zwecke, ohne Hebertreibung , ohne. quälende Swangmittel , ohne Abfagung bey Bequemlichkeiten und der Vergnügungen | des Labens zu vereinbaren , flebt Jedermann leicht ein. Zwey Umſtaͤnde machen es bey und, daß, der Luxus nicht, gefährlich feyn fanm. Es if das Crb» ‚recht der Kinder zu gleichen Theilen, und bie mäßigen Heyrath » Steuern. Dazu müßte noch das, in. Falliments⸗ faͤllen beſtehende Vorrecht des Weiberguts eingefchränft werden, wenn ber Aufwand der Frau unb des Haus⸗ Meíén8 , mehr oder. minder das Falfiment herbey gezo⸗ gem hätte. In gleicher Abſicht ſollten die verboten ſeyn.

Die Aufwandsgeſetze, die | biefem Monat verlůn⸗ de wurden, bezogen fie auf die Kleidung be dem

& $2

644 XVII periode. 1741—1788.

Gottesdienfte * ), auf das Spielen ^), Gotb md Git ber anf Kleidern, ?) Edelſteinen *), Kroͤnlein und geſtickte Sachen «) (tibene und fammete Mannskleider ° ), Weiberkleider 7), Krönlein auf den Köpfen der Kine ‚der 7), Offiziere ?), Reidtragen "5, Gefindes unb Sinterfüßentracht "5, übermäßige Bracht in Kutfchen und Libereyen "), Mahlzeiten 7), Hochzeiten '*), Bälle und Tänze '), Masquierungen (5), Schießen bey Hochzeiten "), Umzüge n, Handhabung jener Geſetze I).

Noten.

1)5.... Sol Jedermann in ehrbarer, bürgerlicher, Amts» and Standesmäßigen , und die verbürgerten Weibs⸗ períonen , fo bereits zum D. Nachtmahl zugelaſſen worden nd, nicht anders als im fchwärzer Kleidung erfcheinen. Inſonderheit follen bey dem Tiſch des Herren alle verebelichte Manns. und alle Weibsperfonen in fchwarger anfländiger wol- [euet , die Hinterfäßen aber , unb andere, welche fid eine Schwarze nicht anfchaffen Finnen , "e: in —— Klei⸗ dung fid einſinden.

|... 9) Wir verbieten alles Hohe Spielen überhaupt, es ſey⸗

en Glücksſpiele oder andere. Es (oll deßhalben berjenige , der geflattet bat, daß in feinem Haufe, es fen ein öffentli⸗ liches oder Vrivathaus, (olde hohe Spiele getrieben were den , für jebes Mas, ba folches gefcheben if, mit einer Strafe ven zwanzig Pfund, und jeder fo alfo gefpielt pat , mit einer ſolchen von dreyßig Pfund belegt werden. Auch (ell auf , elle Schulden, fo vom Spiel bertübren, fein Recht gehalten werden; dagegen aber berjenige, ber im Spielen Gelb vero.

V. Kap. 1766.. 646 [ete bat, ſolches von dem Gewinner rechtlich zurückzufor⸗ dern befugt ſeyn. Falls auch Jemand anzeigen würde, daß in Gluͤcksſpielen, oder feng durch allzuhohes Spielen, bes. trächtfich von Kemanden gewonnen, oder verloren worden: . wäre, fo foll erfilich das gewonnene Geld eingezogen , bang. die Hälfte davon bem Angeber gugetheilt, und bie Feblbaren nichts beffo weniger, nach Gage des gegenwärtigen Artikels geſtraft werden.” | Diefes wügliche Geſetz, welches ohne Ruüdficht auf. Pracht oder Aufwand, (dom aus poliseplichen Beweg⸗ gründen, für fid) allein beſtehen Kann, überläßt ſehr weislih bem Crmefen des Richters, die Seftimmumng been, fo Hohes Spiel Heißen fol. Alles Tommt auf den approrimativen Bermögenssuffand, und die übrie gen DVerhältnife des Spielerd an. Nur Hätte eine Dee ' fondere Strafe für den Reichen, der mit einem wenig Besüterten hoch fpielt, beffimmt werden follen.

Der übrige Theil des Geſetzes fand aber, wegen des unter Spielern berrfchenden Vorurtheils, bag Spiel-Schufs- den Ehren- Schulden find , Leine Anwendung ; allein, e8 giebt: doch Fälle, wie Sterbfälle, Falimentsfaͤlle, woer den Ael⸗ teen oder Weib und Kindern hätte zu Statten Commen föns nem. j

: 8) „Wir wollen alle goldene anb filberne Stoffe, Gallo» ne, Borden, Spisen, auch alles was von Gold. und Cil» ber.faden, oder Drath verfertiget, ober wo dergleichen ein⸗ gewürfer, ober eingenäber iR, auf allen Kleidungen,, maf Namen fie haben mögen ; (ble Hüte, Hanben, unb mas zur Bedeckung des Hauptes dienet, allein ausgenommen) durch⸗ aus verbothen haben.”

646 XVIII. Periode. 17411788.

4) Wir verbiethen, auffer ben ginget^ 9tingem, jeder⸗ mann alle gute Edelfteine, auch alle gute unb fat(de Perlen; wie mit denn den Weibsperfonen keine andern. Koſtbarkei⸗ ten-an dem Halle, an den Obren und an den Armen qum tragen erlauben, als folche Zieraten bie von Solde, von Agtſtein, von Corallen, von Granaten, von ſchwarzen Steinen, odervon Perlenmutter verfertiget find. Uebrigens ſollen, wie die guten Steine, alle falihe, aufert au Hemder⸗Knö⸗ pfen und Schnallen verbothen feyn.

5) „ir verbiethen alle von Geide ,. von Faden oder von andern Stoffen verfertigte Spitzen oder Krönlein, was Namen fie haben mögen, befonders, oder auch auf andere - Kleidung gendbet, zu tragen. Da mir inbeffen. gern zuge⸗ ben, daß mit Seide, Wolle ober Faden, feincómeged aber mit Gold oder Silber, geftidte Arbeit getragen werde... Wir unterfagen: jedermann die boppelten mens zu " gen. »

6) didi verbietben den Mannöperfonen. alle fammete und ganz feibene Möde, wie auch alle fammeten und taffe- ne Rockfutter; zu Gamifolers und Hofen aber (oll folches für immerhin gejtattet foyn.”

7) Mnfern verbürgerten Weibsperfonen wir * ner die Nachtröcke, jedoch nicht in der Kirche zu tragen, und von keinen ganz ſeidenen Stoffen, noch Mousseline, auch nicht mit allzukoſtbaren, oder von ſonſt verbothenen Sachen verfertigten Sarnimren beſetzt. Ingleichem ſollen die Mantillis, jedoch nur von Leinen, Wolle, Vaumwol⸗ Ic, und einfátbigem feidenen Zeuge ;. keineswegs abet von Mousseline, Gaze oder Gammet , auch ebenfalls nicht mit

V. Rap. 1765, 641

aliqu konbaren oder verbotbenen Garnitüren; und (n denfele ben feine Gutter von Zobel oder anderem koſtbarem Pelz⸗ tert, in der Kirche aber Feine andere als gang fchwarse zu tragen erlaubt ſeyn. Wir wollen auch die Einführung neuer Koftbarfeiten und Kleidertrachten verbotóen haben.”

8) „Wir geflatten für Kinder unter ſechs Jahren den Geo brauch der feidenen und fadenen Müten auf den Köpfen, jedoch mit Empfehlung der Mäsigung.”

9) „Falls hiefige Bürger , die fid) auffetbalb, es fen für fd ſelbſt, ober in Kriegs⸗ und andern Dichfien befinden, in unfre Stadt ober Landfchaft fámen, nm (id einige Zeit da- rinn aufzuhalten, fo ſollen diefelben, nad verflofienen viet» zehn Tagen, fid gleich andern unfern Bürgern, dieſer, wie allen andern unſren Verordnungen ‚gemäß verbaften. Den Offcieren von unfrer Landmilis und der bür⸗ gerlichen Frey⸗ ‚Compagnie aeftatte wir, jedoch nur während. ihrer Amtsverrichtungen, auf ihren Uniformen das dazu qc börige Silber oder Gold fernerbin qu tragen.”

10) „Leid tragen werden nue die. Verwandten in adf.und. abfteigender Linie , die Brüder, Schweſtern, Schwägern, Geſchweyen, Gegenſchwäher und Gegenſchwieger. Doch wenn ein Verſtorbener keinen Verwandten in dieſem Grade hätte, ſo wird dem allernächſten andern Verwandten, oder

dem Erben deſſelben geſtattet, für ihn Leid zu tragen. Von

den Dienſtbothen, und ſonderlich den in den Fabriken at» beitenden Hinterfäßen , follen nur bie Leid tragen, (o im Leidhanfe ſelbſt (id) aufhalten, ober hoͤchſtens ein außer demfelben (id) aufhaltender Handelsbebienter und ein Knecht.

41) „Sollen alle Dienſtmägde die. nicht biefige Bürgerin⸗ nen find, aud) aller Hinterfäßen Weiber und Töchter, we⸗ der feibene nach halbfeidene Kleider tragen; die Hauben

n

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648 XVIIL Periode. 1741—1788.

und Halstücher allein aufgenommen, wozu fie bod) weder Sammer noch Taffen gebrauchen, und weder Gold noch Silber darauf ſetzen follen. ^ s

42) „Wir verbieten alle (eibenen und * Schnüren, auch alles Gold und Silber auf den Kleidern und Libereyen der Bedienten, ingleichem die übermäßige Verbrämung der Rocke, obgleich mit erlaubten Schnuͤren, aud) alles Pelz⸗ wert anf den Kleidern.”

13) „Bey allen Öffentlichen Mahlzeiten verbiethen wir mehr als fünfjig Perſonen einzuladen , und ale ausländifche Berggeflügel, wie auch alle fremden Weine. " |

unter frembem Wein war nicht der Marggräffche,. noch ber. Sundgauer Wein verfianden. |

44) Dieß alles salt auch von den Hochzeitmäßlern. Boch durften auffer den 50 Gäften, Fremde. eingeladen werden, die hier durchreisten. Auf biefe Worte die Bier burd reifen, bildete fid) ber Rathsherr, ber fie vorſchlug, nicht wenig ein. Sonſt, ſagte er wuͤrde man außer den geſetzlichen 50 Gaͤſten, das Oberamt KRöteln (Lörrach) umd alle Officiere von Großhüningen einladen, um beffo galantere Taͤnzer umd Springer zu belommen. |

Ferner wurde verordnet daß zur Abholung der Gite, wenn der Hochzeiter cin Bürger iR, nicht über acht Kut⸗ {hen, und wenn er ein: Hinterfäß if, "ut icy Kutſchen gebraucht ‚werden ſollen.

15): Das Tanzen ſoll zu Gtadt und Land an ben Sonn⸗ an Feſttagen, wie auch an ben Sonnabenden, sub jeweilen

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V. fap. 1765. 649.

acht Tage vor und acht Tage.nach ben hoben Feſttagen, vet» bsthen (en. ^ : Zu andern Zeiten wurde e$ fo erlaubt, daß Hänger. nicht als bis Mitternacht, und nirgendswo als an öffentlichen Orten, und. nicht in Privat⸗Häuſern, getanzt werde, auch jeder Tänzer oder Gaft um feine Irte, doch mit Ausnahme neuer Verlobten, die in ihren Koſten einen. Ball in einem öffentlichen Haufe geben können, gleich wie am Hochzeittage. Das Kutfchenfahren fol. alsdann nur bey ſchlimmem Wetter für das Heimfahren geſtattet ſeyn. Später als ein Uhr nad Mitternacht mußten die öffentlichen Hänfer beſchloſſen feyn.

Es fol kein. Tanzboden sum Lehren, ohne obrigkeitliche Erlaubniß gehalten werden.

- 16) » Wir wollen alle Masquirungen, Vermummungen und Verkleidungen ander Faſtnacht, mie auch ben Hochzei⸗ ten, Bällen und allen andern Anläßen verbotben haben.”

47) Das fogenannte Ehren.Schießen bey Hochzeiten 3 andern Anläßen , wird verbotben.

- 18) BGleichwie die Umzüge der Kinder qut Fapnachtzeit, » Falls aber etwas erwachſene Knaben (id in den Waffen. üben wollen, fo werde der 9tatb ihnen in dem un eid Pfingſten Umgänge erlauben,

19) Die "Strafen befanden affe in Geld, Die ye formationssHerren erhielten bie Vollmacht, außer den obrigleitlichen Dienern , befondere Leute zu beflelen , die ihnen alle anzeigen würden, was fie fehlbares entdedt

hätten. Die Hälfte der Strafen war für die Reformas tions- Herren, ein Viertel für-den Fiskus, a ein Biere "s für ben |

650 XVIII, Periode. 1741—1788,

| Sortfegung des Textes.

Rachträge bekamen dieſe Verordnungen, ben 24ten Oe. monat: „Die Clanentücine (inb, tole andere falfche Steine verboten.” ' Den 24. October und 6ten November: Sollen bie Nachtröde in der Kirche zu tragen , wie die Verbürger- ten und Angehörigen, alfo auch allen Fremden bier in Dien⸗ fien. ftebenden, ſowohl deutfchen als welſchen Weibsperfonen, verboten ſeyn. Allen fremden Mannsperfonen die (id) bier

in Handiungs-, Handwerks. oder andern Dienften befinden ,-

unb denjenigen, bie Fünftigs hieher Tommen werden, wurde eine Monatsfriſt bewilliget, sm (id) nach der Kleider-Ord- sung einrichten zu fónnen Sollten die in bem mittlern Schus ſtehenden Schirme Verwandten (in Anfehnng der Klei⸗ der⸗Ordnung ben Hinterfäßen gleich gebalten ſeyn. Die Contans und Dhrenbehänge wurden ben Hinterfäßen verboten Es wird erlaubt Lamenkrönlein, jedoch mehr nicht als zwer Singer breit und einfach, aber nicht auf Nachtröde oder Kleider, zu nähen und zu ſetzen.

Die ſogenannten Tuchkrönlein, ſo auf Stühlen gewoben werden, ſind geſtattet, inſofern keine koſtbare Pracht damit getrieben wird. Das falſche Gold und Silber ſoll wie das gute angefeben werden. Soll. der feibene Plüſch, nad alle andern Senge von biefer Art, an welchen das poil von Gei⸗ be it, in ben Grab des Sammets, umd nicht anders als wie derfelbe erlaubt fenn. Den 22, Hornung 5766. Sof. len die großen Pelzröcke oder fogenannte Tallars in der Kirche qu tragen nicht geſtattet werden.” Ate Februar

1767. „Sollen die Fafanen als fremdes und ‚in der Ord⸗

nung verbosenes Geflügel angeſehen werden. . Den 17, Ju⸗ n9 1767. Sollen die Klein⸗Räthe und die Profeſſoren, ben einer Strafe von einer Lonisd’or für das Waiſenhaus, in

V. Kap. 1765. | 651

ihrer Amtskleidung am Sonntag den Morgenpredigten bey» wohnen, ] | |

Im Jahr 1768. wurde die Verordnung von 1765, mite der gedruckt, und zwar mit den obigen und einigen andern Zuſätzen. 3. 95. die Geſundheitsſteine, weiche von gefchlif« fenem Stabi (inb, können getragen werden, Die fogenannten Robes à l'angloise werden nur-den jungen Töchtern, bie noch nicht eommunteirt gaben, geftattet, Die übertriebenen allzuhohen Frifnren der Haare, fowohl der Manns. als der Weihsperfonen, mie auch überhaupt die allzugroßen Arten von Kopfputz werden unterfagt. +

Schon das folgende Cy. 1769, ließ der Große Rath die» fe Geíege mit einigen Abänderungen und Sufágen Fund mae chen. 3. $5. Nach Verlauf von fechd abren follen bie Mars saffiten unb Gefundbeitäfteine bey einer Strafe von 5o Pf. suterfagt (egt, Die Räthe und Profeſſoren, wenn fie In der frangöfifchen Kirche den Gottesdienft am Sonntag Morgen beſuchen, brauchen nicht in ihrer Amtskleidung Cin Kröfe nnb Habit) zu erfcheinen. Belangend den Sopíput der Weiböperfonen, fo follen unfre Bürgerinnen bie commite nicirt haben, in ſchwarzen Bafelhauben, oder in fchwarzen Coiffes, auf den weißen Coiffüren , in der Kirche fid eitt« finden; die fo nicht communteirt baben, follen in den ihnen bewilligten gold oder filbernen Bafelbauben , ober aber in weißen Eoiffüren erfcheinen. An den Pelz-Dantillen wird aUe VBerbrämung verboten. Wir verbieten den verbürgerten Weibsperſonen (id) durch Berüfenmacher frifieren qu laſſen. 1)

| 1) Man fprad) viel von einem jungen , fchönen , ſchlan⸗ fen Geſellen, der feinem Meiſter viele Kunden verſchaffte.

652. XVIII. Periode, 1741—1788,

Es wird Jedermann verboten , (i) in auberm als in erlaubs ten Trachten auffer feinem Hanfe ") fees au Taffen, -

Das Leidtragen der Handlungs und andern Bedienen, end) Knechten unb Mägden ift gänzlich aberfannt. ?) Die jenigen bie unter dem Hohen⸗ und Mittelfchug fleben , ſoll⸗ [en nebft den ihrigen, in Anfebung der Kleidung, beu Bür⸗ gern gleich aebalten werben. 3) Aller Sammer und Seide C die feidenen Umbänge von Taffet allein ausgenommen) am Kutſchen und allen andern Cquipagen wird. verboten. Diefe (ole mit Tuch, Mocquet oder Plüfch ausgefütert, obue Vergoldung, es fen gut oder falſch, ohne Bronzierung, ohne

*) Daber geich:cht es mit ſelten, daB in einer Geſell⸗ Schaft die eingeladenen Weibsperfonen, ebenber für Samo merjungfern der Dame des Hauſes, ald für ihre Freun⸗ binnen ange(eben werden fünnen.

3) Statt defien gab. man aber etwas in Geld. Daber wurde geklagt, bag vermittelt dieſes Trauergeldes , bie Wirthe und Weinfchenken den Wollwebern, Tuchfche- tern und Tuchhändlern das Brod vor dem Maule entzo⸗ gen hätten.

3) Mancher Unterthan der die Gefchäfte eined Bürgers beforgt , unb zur Vermehrung oder Benbebaltung feines Vermögens beygetragen , und deswegen auf der Herrn Empfehlung , ben Hoben- oder Mittelfchug erhalten batte , mußte es tief empfinden , wenn jeder nidtémürbige Bürger und defien Weib und Kinder » in

Pet Kirche, oder an andern öffentlichen Orten, ihn mit verächtlichem GSeitenbric über bie Achſela anſahen.

| geſchah bie Abänderung.

Senulde und nor mit zwey Farben "), ohne koſtbares ESchnitzwert. Die Kutſchen ſollen nue mit drey Gläſern verſehen, das Geſchirr weder vergoldet noch verſilbert, und die Leitſeile nicht von Seide ſeyn. Die Gtrafe war 300 Pfund und die Eonfiscation des Gefährtes. Qu der Stadt nnb um diefelbe, follen mur zwey Pferde, und über Land in bicfiger Bothmäßigkeit, wenn e$ eine oder mehrere Stun—⸗ en weit ifi, nur drey Pferde angefpannt werden. Die Sticibung der gioteen (oll von Halbleinen- , Zwilch⸗ unb Wol⸗ Yentud) ſeyn, movon ber Gtaab böchkens auf vier Gulden du chen kommt. Niemand, mit Ausnahme der Häupter, fol bey öffentlichen Mahlzeiten , feinen Bedienten zur Auf⸗ Wartung gebrauchen. Das Aufſtehen der Bedienten auf den Kutſchen wollen wir, bey einer Strafe von 50 Pfund verboten baben , mrit Ausnahme der Shebienten der Häupter, wie auch des Galle$, ba einer unfrer Berbürgerten qut Hochzeit cintabet , and feine Hochzeit hält. Das Verbot ‚amsländifches Berggeſlügel und Faſanen, an öffentlichen Mable zeiten aufsutifchen, und fremde Weine zu geben, Leider bie

‚Ausnahme, wenn frembe Standesperfonen tractirt werden. -

Bir verbieten alles Autfchenfahren nach cilf Uhr des Nachts, es gefchebe denn folches in einem erwieſenen Nothfall.

Cm der Folge wurde, nochmals und jum lebten. Mal, die Sammlung derartiger Gefege im | Sabe 1780, ben 24. Heumonat, durch den Drud funb ger ‚macht. Ein neuer Artifel, von. "P Ein⸗

3) Alſo ſorgte man für bie Flachmahler un, und wicht für die Kunſtmahler,

654 XVIII. Beriode 1741—1788.

,binbeten und Kindbettifchideten, fam. zum Vorſchein.) „In Anfebung der Hochzeitgaben, foll von Niemand etwas ante deres in Gelb, und zwar höchſtens eine neue Dublone (Lonis⸗ Prot) genabt werden; von welchem aber die Eltern und Soufpatben der Verlobten , ald welchen dießorts nichts vote geſchrieben ift, wie aud) die Handwerker, welche etwas von ihrer Berufsarbeit vergaben wollen, ausgenommen find. Auch ‚sollen die Einbindeten in Geld beiteben, und aufs böchke eine neue Suplone ausmachen. Die Kindbettiſchicketen tete den gang verboten, doch iff den Gevattersieuten erlaubt, dem dürftigen Kindbetterinnen, mit Guttbaten, auf Weife tole ſie es gut finden, beyzuſtehen.

Einige Anhaͤnge von dieſem Jahre 780. *) und von 1784. ?) würben nod) gu jener Sammlung ge

1) Hiefe Einfchränfungen waren den Reichen und Wohl⸗ habenen (ebr willkommen, denn Be iine einen id ſpieligen Wetteifer.

2) Oen 20. November erkannte der Otoße Rath „Eind die kleinen Spitlein, oder fogenannten Habnenfüßlein, in ber Breite von. höchtens einem Quartzolle, jedoch nur an Manchettes, Jabots , Tours, Hauben und Halstüchern qu tragen erlaubt.” „Sollen diejenigen, weiche aus Anlaß von Verlobniſſen, oder von Hochzei⸗ ‚ten: vor oder nach der Hochzeit, ben Neuverlobten Ge⸗

ſchenke machen , als Webertreter der Ordnung geflraft

werden, unb follen auf gleiche Weiſe, bie angeſehen werden, weiche anftatt der Kindbettifchiceten , vor oder nach der Kindberte Gefchenfe machen.

3) Die Tanfpathen follen mit ihren Hochzeitgaben die Sum.

V. $a». 1765. 655

ſchlagen. Allein, als man weiter gehen wollte, bemerk⸗ te, den Aflen März 1784, , eine ditiis in ihrem Gutachten: DDa wir von ber Unzulänglichkeit aller menſchlichen Geſetze überzeugt ſind, ſo bleibt uns nichts anders übrig, als den frommen Wunſch qu aͤußern, daß alle Stände‘, bie im Eingang der Verordnung an ben Tag gelegte Meinung beberzigen möchten. Die Bälle find eine unfchuldige €t» ‚gögung m. f. t." Der gedachte Eingang enthielt eine beſtge⸗ meinte Ermahnung sur bürgerlichen Befcheidendeit, und Alle Fändiger Müßigung. Zu den Aufwandsgeſetzen ͤhlen wir noch das Ver⸗ Bot des Caffee⸗Trinkens anf der Landſchaft. Der Ge. nu dieſes Getraͤnkes war gewiß ein flärferer Gegen. fland von Lupus, weil er bald allgemeiner wurde, als die Fafanen , die man vielleicht mit der Zeit hier wuͤr⸗ de felder erzogen haben. Den Aflen Mär 1769. geſchah im Kleinen Rath der unerwartete. Einzug: 5 Das Caffeetrinken auf der Landfehaft ſollte, als eine dem Landmann fo foffbare als fchädliche Sache, gleich dem Brandteweintrinken verboten werden. Gleich wurde

me von einer Louisd'or nicht überfleigen. Die Hinter- füßen unb Dienfiboten follen nicht mehr als brey bis ‚Höchftens fünf Bfund als Hochjeitgabe ſchenken; unb hey

Kindtaufen mehr nicht ; als hüchftens einen "Neuen Thaler einbinden, uw

656 xviii Periode. 1741—1788.

der Canileh befoblen, nach Anleitung ed Einzuges den Aufſatz eines Verbotes zu verfertigen, und naͤchſten Rathstag vorzulegen. Den Aten darauf ließ der Rath bas Verbot Fund machen. Die Strafe. war von fünf fpfunb , wonon ein Drittel dem Angeber; und die Randgeifllichen erhielten den Auftrag, ihre Pfarrgenoſ⸗ ftn vom Caffee abzumahnen. Darauf wurde aber nicht lange gedrungen , inbem der Unterſchied zwiſchen der Stadt und der Landſchaft zu auffallend war. Auch ſagten die Landleute, ſie traͤnken nicht, ſondern aͤßen den Caffee. In der That, da ſie den Caffee mit Milch, Brod ober Erdaͤpfel kochten, fo bedienten fe ſch des Guppenlöfels;

In diefem Sabre 1765. auch. bie Gebit— ren fuͤr das Buͤrgerrecht in den Landgemeinden durch den Rath, der ſolches ertheilt, feſtgeſettt. Ein Aus—⸗ laͤnder bezahlte dreyßig Pfund, wovon 75 dem Gemeinds⸗ ſeckel und 4 dem Armenſeckel. Außerdem entrichtet er gehn Pfund für das Aerarium, und fuͤnf Pfund fuͤr den Obervogt. Auch muß er einen Feuereimer in Natura geben, dagegen von allem Wein⸗ und Brodaustheilen befreyet werden. Was aber den Antheil am Weidgang und andern Gerechtſamen des Orts betrifft, ſo wurde die Beſtimmung deffelben den Gemeinden überlaffen , i6 en aber. Billigkeit empfoblen. Wenn n. einen

Einheimiſchen ,

V. ftap. 1766. 667

Einheimiſchen, der aus einer Gemeine in die andere $56, au thun war, fo behielt (id) jeweilen der Ralf die offene San vor:

47 6 6.

in Commifion von Standesgliedern und Bros

fefforen gab über die GemeindesSchulen und das Gym⸗ naſium -Vorfchläge ein, die der Große Nath den toten März annahm. Sie wurden unter dem Titel Schuls Drdnung der Stadt gedrudt: In den Gemein de: Schulen wurde gelefen , geſchrieben, gerech⸗ net und zum Anterricht in der Religion vorbereitet. Sonderbar iff (8, daß die Methode im Pefen in der Städt verfchieden war, mit der auf bem Lande. Auf'm Lan⸗ be folte Kraft der Kirchen- Ordnung von 1759. mit dem Gedrudten, unb jest in der Stadt niit dem Gefchriebenen der Anfang gemacht werden. )— $m

1) " ber er itdenerintas flrtitbenieft: von 1745 wird E folgendes zur Urſache angegeben: „Die Schulmeiſter ſollen nicht das Gefchriebene allein, wie an etlichen Or⸗ ten dieſer böſe und verfebrte Gchrauch einteife will,

c fonbern aud), und allervorderſt, das Gedrudte lehren;

damit die Leute die p. Bibel, die Blaimenbücer, ba ^——

Rachtmahlbüchlein und andere gottſelige Bücher leſen lemen," :

VIL Baud | €t

658 XVIIL Beriode. 1741—1788,

Gymnaſio lernte man, außer der Fortſetzung im iit terricht der Religion, Rechenkunſt, Geographie, allge» meine Hifforie , Anfänge der Sternkunde, Singlunſt, Yateinifche Sprache , griechifehe Sprache und Tateiniihe Dichtkunſt. Uebungen in der Nutterfprache, nach Gott» feeds Anweifung , vourben jegt eingeführt. C8 waren ſechs Glaffen , in deren jeder der Schüler ein Jahr bici» ben mußte. In allen diefen Glafen wurde Latein geler⸗ net. Nach der Morgenpredige im Sommer. mußten bie Schüler von einem der Lehrer erforfchet werden, ob-fic den Tert, die Abtheilung der Predigt, und einen anges sogenen Spruch behalten Hatten.

Laut wiederholten Aufträgen über die Beförderung der Studien auf ber Hniverfität, wurde den 1. Decems ber ein. Öutachten der Negenz unb ber Deputaten im Großen Rath verlefen , über welches der Rathfchreiber Iſelin übel zu forechen war. Die Profeſſoren fagen nicht darinn , was zur ‚Aufnahme der Stüdien erforderlich wäre, und was fie daben leiffen wuͤrden, fondern fprechen von Ehre unb Cintommen. „Dieß fenen, fagen fie, bie zwey Dinge, wodurch bie Dienfchen angetrieben werden. Wir willen zwar wohl, daß das Gute, an unb für fid) felber liebenswuͤrdig iff; wir finden aber unter ben Unfrigen, wenige dergleichen Leute, welche der flrengen Gelte der alten Ctoifer folgen, und bit Tugend obne alle Adfichten lieben.” Merkwuͤrdig iff, was fie vom Loo⸗ fe fagen: » Das Heilfame Long, iſt der Augapfel unferf

Y. Kap. 1766. . 65g

Freyftandes. Das Loos iſt Bisher heillam geweſen, auch der Univerſitaͤt ſelber nicht übel bekommen. Wir haben ſeit dem Looſe eben ſo viele taugliche Maͤnner, ja vielleicht noch mehrere in den oͤffentlichen Lehrſtuͤhlen ge⸗ habt, als vor deſſelben Einführung.” Zur Ehre des vers . ewigten Daniel Bernoufi, war e8 feine Meinung nicht, . daB man ein forches Gutachten abfaßte. Weberhaupt war . et fein Freund von den zeitverderbenden Beſchaͤftigun⸗ gen, die nur von dem Studium entfernten, und eine Fol⸗ ge von den Privilegien waren. Als man ihn ein(t fragte, warum bie meiften feiner Gollegen nicht fo dachten fo war feine Antwort : Dulcius est imperare, quam discere .et docere, befeblen i(t füßer als lernen und lehren. )

In diefem Zahre fieng die Regierung an, einguíte hen, wie gefährlich bie Beerdigungen in ben Kirchen für . die Gefundheit waren. Den ten Oftober evTannte der Große Rath: „Bon nun an follen weder die Kollegien, nod) die Bartifularen, bis auf fernere Verordnung, fei» se Srabftätten mehr in den Kirchen und deren Chören, - weder veralienieren, nod) verfaufen oder ſonſt veraͤuſ⸗ ſern.

17 6 T. Joſeph von 9tagel folgte, als Faiferlicher Stefibent, auf oom Marſchall. Der fatfolife Gottesdienft üt ihren Häufern, welchen einheimifche und benachbarte Ka: Woliten beſuchten, weranlafte einige Male. Ungebühren. Tt2

560 XVIIL Berlode- 4141—4788.

Aber die Wachfamkeit der Häupter Iegte alles bey. Zum Ruhm des Antiſtes unb ber übrigen Geiſtlichen gereicht es aud), daß ihm in ihren Kanzelvortraͤgen nichts ent, - fiel, was unfere Bürger’ hätte reigen fónnen.

1768.

Die Vorderoͤſtreichiſche Regierung zu Freyburg bes legte, auf allerhöchften Befehl‘, unfere Sefigungen und Einkünfte, mit den fogenannten Dominifal unb Ruri⸗ kal⸗Steuern, und brobete, falls ‚wie bie Faſſionen nicht freywillig einlieferten '), folche durch Commiſſarien auf nehmen zu laffen. Vorſtellungen halfen nichts.

1769, Der Große Rath befchäftigte (i) mit der Verfer⸗ tigung einer Gefcheideordnung für den Stadtbann. Das Geſcheid iff ein elegerit, das vorzüglich die Schei. dungen ber. Güter, unb die Schlichtung der Dieförtigen Streitigkeiten beforgt. Andere Begenflände gehören aud) dahin. ^) Die Stadt hat zwey Gefiheide, eines für Die

2) Dominical-Ötener (von Dominus, Herr, tat bie, (0 die Herrichaften, au welchen die fremden Staaten ‚und Gollegien bezäblt wurden, gesablten. Die Bauern zahlten die Rurical. teuer, (von Rus, Feld, Weder.) Fassion (von fatere, befennen ),, bebeutet die Erklä—⸗ tung ber Beſitzungen und Einkünfte,

*) Die Haupttittel der Geſcheidsordnungen find folgende: Von der Gerichtsbarkeit und Pflichten der Geſcheids⸗

V. fap. . 1769. | 864

große Stadt, und eines für bie Kleine. Der Prafident der erſten heißt Gefdeibamener. Die Landfchaft bat gleichfalls ihre Gefcheide. In den folgenden Stüden une terfcheiden fie fi) von denen der Stadt. Die Gefcheide der. Landfehaft richten auch uber das Bauweſen, unb folglich über die Gegenftánbe , fo (m der Stadt bem Fünferamt gufommen, Sie beforgen nicht gewifie Polis senfalle, wie Schlaghändel , Beherbergung von Fremden, u. f. w., welche in dem Stadtbann, aufer der Stadt, vor die Gefcheide gehören. Drittens Daben fie fein Ge ſetzbuch, und richten bald nad) Örtlichen Uebungen, bald nach Iandvögtlichen Entfcheidungen oder Erkanntniſſen des Raths über Defonbeve Faͤlle, Bald mad) Einſichten der Billigkeit. . Endlih, wenn von ihren - Sprüchen an den Rath recuriert wird, fo iſt das Gefcheid ber mehrern Stadt der Revbiſor b. (., es unterfucht den Gall, und gibt dem Rath ein Gutachten ein. Sonder» . bar iff c8, daß in einem Lande, wo das Quellwaſſer von großem Werth iff, Feine Vorfchriften über” das Ei⸗ genthum der Quellen vorhanden find. Es gibt Beifpiele,

richter, von ben Bannwarten, vom Feldmaaß, von den Straßen und Allmenten, von Flüſſen, Waſſern und Wällerungen, von Matten, Aeckern und Neben, von den Bäumen, van Sdunen und Hägen, von ben Lande ren, von neuen Hänslinen, Einfaffung mit Mauern, , wnb Stöcklinen, von Gräben unb Soaugrnben; von Schlaghändeln und Sannfreotin ; von der Taxrordnung.

562: XVII. Periode, 1741—1788,

wo Einer die anf feinem Gute entfpringende Quelle nicht auffaſſen durfte, weil es den öffentlichen Brunnen hätte fbaben Tonnen. Line gleiche Bewandtniß hat es mit bem Graben des Lättes (Mergels) nicht felten gehabt. Im Safer 1768, (23. März) verbot der Rath, ohne feine Cinvoilligung , auf dem Bruderhols, dem Margres thenderg und in ber Gegend des Alfchwieler Weges, gätt zu graben, weil den Quellen fchaden Fünnte-— Die Beridigungen der Richter haben etwas feyerliches. Sm Kreife der auf dem Felde fiehenden Richter, fchwört unter dem frenen Himmel , unb vor einem großen Feuer, ber neuerwählte Beyſitzer feinen-Amtseid. Das Feuer fol die Hoͤllenſlammen, oder wenigflens , vor altem, bag Fegfeuer vorgeſtellt Haben. |

4770.

Es herrſchte eine große Fruchttheure. Ein Sad Roggen wurde angefchlagen auf 13 Pf.; ein Vierzel (2 Säle) Haher, auf. 10 Pf., unb ein SBiergel Korn (épeautre), auf 13 Pf. Auf eine fer edle Art betrug fih der Rath. Yon feinen Vorräthen liche er Brodfruchte an Nenchatel, 2oce, Lachaudefond, Biel, am den Bis. ſchof von. Bafel unb, an die Stadt Colmar. Der Meis fer Zöfch wurde nach Paris gefandt, um bie Ausfuhr unferer Zehnten und Bodenzinfe zu begehren. Er eve hielt eine gewi(fe Anzahl Zentser. Nach feiner Rudkunft gab man ihm eine außerordentliche Stele im XIIIr. Rath, die lebenslaͤngliche Bewohnung des Schlofieg Ran

V. Kap. 1770. 563

fein, und eine Penſion von fünf und zwanzig Louis⸗ bor. t Im Weinmonat, den Stem, wurde die Dauphine, Marie Antoinette , von Oeſtreich, zu Straßburg von * einer biefigen Deputation bewillfommt. Der Buͤrgermei⸗ fter Debary, ben drey geheime "- begleiteten hielt folgende Anrede:

Madame!

Le droit le plus précieux de la grandeur supréme es# eclui de régner sur les coeurs, La plus haute naissance , ornée de graces toute divines, assure à votre altesse ro- yale !) ce glorieux empire, conduite par la main céleste, pour faire le honheur des nations, et unie par un hymen |. auguste au jeune héros, qui déjà fait les. délices et l'es. pérance de la France, en suivant les traces glorieuses du grand monarque bien. aimé, son auguste aieul. Veuille le eiel répandre sur cette alliance sacrée, toutes ses béné. dictions, et les perpétuer par une glorieuse postérité. C'est en elle, Madame, que brilleront à jamais les sublimes

\

1) Unter der Hand hatte man vertraulich ben Ambafla- doren anfragen laſen, ob man die Daupbine kaiſerli⸗ de Hoheit nennen follte , oder Königliche 90» heit. Seine mündliche Antwort ſtimmte für das Tegtete. Die Dauphine müffe nicht glauben, daß fie mehr feu, als ber Dauphinz die Faiferlicde Würde fen. im deut⸗ (den Neich nicht erblich; das franzöſiſche Königsthum gelte mehr als bag teutfche Kaiſerthum, das nicht viet mehr als ein Titel (ey. | |

564 XVIIT. Beriode 41741 1788,

: vertus héréditaires dans l’augüste sang de la grande Impe- - ‚ratrice.-Reine, qui fait l'admipfation de l'univers. Votre - Altesse roYale est le précieux lien entre .les plus gran-

des puissances de l'Europe, dont l'heureuse union affer-

' mit le bonheur de leurs peuples et de leurs alliés, parmi

lesquels l'État de Basle se glorifie d'étre un des plus an-

ciens. Daignez, Madame, agréer ces. témoignages de son » profond respect, et de ses voeux aussi ardens que sincé- "res, en lui faisant Ja grace de lhonorer de sa bienveil-

lance royale. "

Die Dauphine. empfieng bie Abgeordneten auf bad Tich- xeichſte. Wem ſtößt bier die ſchmerzhafte Erinnerung at ibr nachheriges graufames Schickſal nicht auf?

1771. | Im April Fam. der. regierende Fuͤrſt von Anhalt»

Zerbſt, Bruder ber Kaiferinn von Rußland, mit feiner Gemahlin hierher, und ſchlug feine Wohnung bey uns

auf. Er hatte vorgefaßte Meinungen wider den König von Preußen, unb einige Sonderbarkeiten; ſonſt war er Ientfellg, und eines fröhlichen Gemuͤths. Die vortreffliche Fuͤrſtin verließ und im S. 1791. Gie war

während Ihres ganzen Aufenthalts der Gegenfland von

Bewunderung, und von Empfindungen, bie gleichfam

an Anbetung gränsten. .Huldreich gerubete ‚fie die Zus ‚signung ˖dieſes Werkes anzunehmen.

Im Dezember wurde ben den Schweizerdienſten in Frankreich, jede Compaanie um neun Mann herunter

geſetzt. In Frankreich blenten dama ls 15594. Schweizer.

" ^

y, Kap. 1771, 665

Ueber die Auswanderungen der Unterthanen ließ der Rath vom 25. Maͤrz, eine Publication ausgehen. Sie enthielt vor allem Warnungen; dann ſetzte fie fol- gende Verfügungen feft. Die Werber füllen angehalten, und vom Staff befindeter Dingen nach, geflvaft wer den. Eben fo in Anfehung derjenigen, die ohne Erlaub⸗ nif wegziehen wollen. Die Unterbeamten jedes Orts ſollen die verzeigen, die im Berdacht fliehen ohne Ev,

laubniß wegziehen zu wollen. Wer ohne Erlaubniß wegsieht , wird als tob angefehen, und kann nichts erblich bekom⸗ men: Was er erbt, folk dem nächften Anverwandten , oder falls deren Leine vorhanden find, dem Fiskus und bem Sinmenfed'el gu Theil werden. Iſt ev aber mit Erlaub⸗ nifi ausgewandert-, fo follem bie geerbten Mittel hinter einen Vogt gelegt , und von ihm beforgt werden, bie

- ber 9tatb nach vorhergegangenem gehorfamen Anmelden, und

gehöriger Unterfuchung, die Auslieferung gegen den ſchul⸗ digen Abzug Demillige, oder fonff das Gutfinden dar» über verordne. Werboten if e$, den Wegziehn-Wolen- . den, etwas auf ihr Erb Din voraus zu geben oder ſolches ihnen abzufaufen. Dergleichen Verträge find: unkräfe . tig. Alle Auswanderer mit oder ohne Srlaubniß, vers lieren das Landrecht, und fóunem niemals im daſſelbe wieder aufgenommen werden. Ce find den Landesverwieſe⸗ nen gleich geachtet. Nur Minderjährige , ble das achtzehnte Jahr nicht erreicht haben, Fonnen begnndigt werden.

566 XVIII. Periode. 1741— 1788,

1772. Seit mehrern Jahren Hatte mar in Frankreich an⸗

gefangen, das verhaßte droit d'aubaine ^) gegen die

evangelifche Schweiz guszuuͤben. Dazeyen warfen ung die Franzofen den Abzug oder droit de traite foraine vor zehn nom Hundert wor. Den. 7. Dezember des vorigen Jahres wurde Degbed durch eine Convention, die der Ambaſſador de Blanteville zu Solothurn um terfchrieb , abgethan, und der König lie den 20ten Jenner diefes Jahres feine Lettres de Ratification ergeben , welche den Aten April zu Colmar beym Con- seil Sauverain d'Alsace einyegiffrirt wurden. |

Doch befand fih eine Ausnahme in denfelben. Man behielt bie Hefondern echte der Städte, unb Herrfchaften vor; und die Reeiprocität, oder dad Ver⸗

geltungsrecht wurde wider folche gegeben, falls fie ſich

dergleichen Rechte nich freywillig begeben follten

1) Vermoge deſſelben trat der Koͤnig in die Rechte jedes fremden Erblaſſers, der ſich in Frankreich niedergelaſſen hatte und dort geſtorben war.

3) ... Sans préjudicier en rien aux droits généralement quelconques , affectés aux domaines particuliers des villes, terres, fiefs de leur dominatioii reservant au

! contraire aux souverains respectifs. la faculté d'user du récipróque envers les sujéts. des diteg villes, tere res .et fiefs qui ne voudront pas’ ‘se relächer des dits droits. j

V. Kap. 1774. 563

Diefe Ausnahme bezog fib vornanfi auf mehrere Städte und Cbellente im Elſaß, bie den Abzug, gleich, wie Bafel , von langem Der zu ihren Einkünften ved neten. ing andere Ausnahme betraf die mit der 3v | ventur verbundenen Rechten. ')

Im Dezember langte ein Schreiben des Könige in Polen ein, ber (id uber die Theilung feines Vaters landes befchwert. Es wurde ihm geantwortet : » daß eine (5b. Eidsgenoffenfchaft mad) der Maxime ihren ^ Altvordern im dergleichen Streitigfeiten nicht eintreten koͤnne.

1773.

Gleich wie man im Jahr 1716. eine Gommíffion niedergefegt Hatte, um das Finanzweſen, ober bie Des conomie, des Staats zu unterfuchen,, und Borfchläge zur Berbeiferung derfelben einzugeben, fo wurde im J.

: 4771, den 16ten Dezember zwey vereinigten Gollegien aufgetragen, eine folche LUnterfuchung wieder vorzuneh men, und ein Bedenken abzufaſſen, wie die Einnahme permehrt und die Ausgaben vermindert werden fönnten.

2. «5. „Bien entendu qu'il aura été préalablement fait | inventaire des dites successions par les juges des lieux et seront tenus aux lois, formalités et droits eta- blis dans les états et pays les dites successions au- yont été. ouvertes, "

BR

668 XVIII. Periode. 1741—1788,

Dieſe Colleglen waren die Hausbaltung und die Sere ordneten qum. gemeinen Gut. ") Ihre Arbeit wurde den 15ten November diefes Jahres vorgelegt und bes fchäftigte mehrere Jahre den Großen Rath. Sn den Jahren 1761. bi und mit 1770. betrugen bie außer⸗ ordentlichen SSaufoffem 222000 15.. Weber die Frucht theuye waren in einem Qyabs 108,000 Pfund darauf gegangen, und 30 bis 40000. Bf. geftenert worden. Seit dem Fahr 1740 hatten fíd) bie Rathsſteuern fehr vermehrt, Sie beliefen Ach von 1741 big 1750 auf 8509 Pfund :), von 1751 Bis 1760 auf 35127 Pf. Die Rathsſteuern waren-außerordentliche Allmoſen, die der Nat den Bürgern 5) austheilen ließ, welche außer dem Allmoſen⸗Amt, dem Spital, dem Waiſenhauſe, den beſondern Unterſtuͤtzungen in jedem Kirchſpiel und

) €8 waren nur Zugeordnete von Klein- und Groß⸗Rä⸗ tben , bie bisweilen den Berathungen der Hausbaltung

beywohnten, und ohne welche die Haushaltung in das fogenannte obere Gewölbe nicht geben konnte,

2) Es war alfo im Durchfchnitt jährlich nur 850 Pfund, Alllein im X. 1787. beliefen fie (id) auf mehr als 15,000 S (fünfzebn taufend) jährlich, obne was noch bea

geordneten Armen - Anftalten auferorbenttid) zugeſtellt wurde.

3) Wohlverſtanden den Bürgern ber v— unb nicht . den Uptertbanen,

V, Kap. 1773, $69

brit Wohlthaten wohlhabender Buͤrger noch dieſe Quel⸗

le, das Aerarium, ſich von Jahr zu Jahr ergiebiger

machten. Es herrſchet hierinn ein großer Mißbrauch. Die Rathsſteuern find ein Mittel die. Stimmen der Käthe und Groß, Räthe, am deren Verwandte (t9 benslängliche Penſionen zuerkannt werden , zu gewinnen. Sie pflanzen Muͤſſiggang und Schwelgerey, da jede

andere Ausgabe, fo beträchtlich fie auch fep mag, doch:

. gegen Leute gefchleht, die dafür arbeiten. Sie erſticken endlich bey den Kindern und nächflen Angehörigen alles ‚Gefühl verwandtfchaftlicher Pflichten. Das Gutachten dee Deconomifchen Commiſſion enthielt über. diefen und andere Gegenſtaͤnde; wie 4. B. über bie unnöthigen Dienſte, die geheimen Ausgaben, und die allgemeinen Grunbfage einer guten Wirthfchaft, nuͤtzliche Bemerkun⸗ gen. Keine beißenden Borwarfe famen darinn vov, fondern nur die Sprache desjenigen , der wohlmel nend und von allen Eptremen entfernt nur eine weile Zurathhaltung, ohne in die Kargheit eines Dorfs vid»

zutreten, vorfchlägt. Ben der Behandlung dieſes Gut _

achteng zeigte fld) aber Fein fonderlicher Eifer im Groß fen Rath. Die Sigungen wurden wenig befucht, und e8 Fed Feine wichtige Aenderungen.

17714

Bafel Hatte fid) über bie Gapitation oder Kopf fiener beſchwert, welcher ihre. in Frankreich niedergelaſ⸗

fenen Kanflente anterworfen wurden. Schon im Jahr

- -

670 xvm. Soror. A144 —1788. 1763. Hatte die franzoſiche Regierung eg beſchloſen,

und den Befehl dazu im Jahr 1767. kund machen laſ⸗ fen. Den 3ten April 1774. ſchrieb der König an un. fern Rath. Das Schreiben. war vom König ſelber, und. vom Herzog dAiguillon unterfchrieben,, imb enthielt eine abſchlaͤgige Antwort auf unfere Klagen ,

. und eine einfeitige Auslegung des Oten Artikels des emis

Wet Friedens von 1516... Dann famen darinn fols gende Stellen:

» Les lettres patentes et concessions de Louis XI. de 4481, et de Henri IV, de 1602, ne sont que des effets?mo-

- mentanés du bon plaisir des souverains, dont elles éma.

hent , et comme des récompenses ou des dons passagers, qui ne peuvent avoir de force et de nn que pendant la durée de leur regne.

Nous aávons pour apprécier la longue possession un moyen simple et digne de la bonne foi, qui doit régner entre des alliés fidéles, C'est la possession réciproque et le traitement que nos sujets éprouvent en se domiciliant en Suisse, Les stipulations des traités étant égales et mu. íuelles, leur exécution seroit sans doute la méme de part et d'autre, si elles portoient clairement le sens qu'on leur suppose, Nous recevons des reclamations aussi justes que multipliées, de nos sujets de tous les ordres sur les. quels retombent le poids et les inconvéniens de l'exemp. tion de ceux, que l'appát du gain fixe seul en France. Rien ne peut autoriser la prétention d'étre mieux traité que nos propres sujets, et les personnes ses pius distin. .guées du Royaume. Des concitoyens qui s'expatrient,

&insi ne concourent en rien à la.splendeur, à la force ni

V. fap. 1774... 511

A la süreté de leur patrie, à laquelle ils ne tiennent le plus souvent que par des liens foibles et simu- les.” 1)

Den 17. October biefed Sabre "T im Groß fen Rath folgender Anzug: „Ob nit die hieſigen Uhren mit den Uhren der Benachbarten in Gleichför- migfeit gefegt werden Tönnten. " Kaum war er aud» gefprochen worden, als von vielem ein Gemurmel von Unzufriedenheit 6d) hören lief. Er wurde bod) der Haushaltung zur Berathung überwiefen. Bon diefer Zeit am herrſchte Uneinigkeit unter den Bürgern zwi (ben ber Sparte der neuen Uhr, unb der alten Uhr. Syene nannten dieſe Spießbuͤrger, Lalle Bürger, amd diefe nannten jene Sransmänner, ' Neumödler.. Die Präceptoren unb andere Gelehrte betrugen fi in diefem ganzen Gefchaft wie Kinder. War e$ bloßer Eigenfinn oder blinde Vorliebe für das Alte, oder Schmeicheley gegen den gemeinen Mann, oder Abneigung gegen bie andere Bartey, oder wahre tte

berzeugung, daß die Abänderung nachtheilig wäre, laf ſen wir dahin geſtellt ſeyn. Dan fprad) viel von einer Berechnung des Profeflors Johannes Bernoulli, welche beweifen follte, baf bie vorgefchlagene Abänderung, in

3 Das Wort sunulés bezog fid) auf diejenigen, die ein Bürgerrecht in irgend einem Dorf oder Städtchen der

Schweiz Fauften , um der ee Privilegien theilhaftig au werden.

672, XVII, Beriode. 1741—1788.

den Winternächten, eine Stunde mehr Licht erfordern würde. Es war aber nur ein laimiger Spaß. Die Hauspaltung gab ihre Gutachten erft den 7. April 1777 eift, und fold)có wurde den 23, Nov. 1778. in Sera thung gesögen. Sie vietf) an : „daß alle Zeichen, wel⸗ che mit dem Geläute zum Gottesdienſt, zu den Raths⸗ verfammlungen, und andern gegeben werden, zu gleicher Tageszeit wiederum gegeben werden follten, welche mit der Berechnung der vorigen Tageszeit volfommen uͤber⸗ einfäme; daß z. B. im Sommer, wo man am Sonne - tag um 8 Uhr bisher im die Kirche aleng, es tunftiag Fahr um 7 Uhr fepn würde,” Die Haushaltung Wolle te alífo, daß man fid) nad) dem Laufe der Sonne, und nicht nad) den angewohnten Zahlen richten möchte, Sie fer VBorfchlag wurde vom großen Rath angenommen, ber zugleich erkannte, daß nian am 1. Jenner den An⸗ fang damit machen follte,

Allein wenn die Einen fi, laut dem Gefeg, nach der Sonne richteten fo richteten (i bie andern, aus Gewohnheit oder Muthwilen, nad) der Stundenzahl.— Einft famen zwey verfchiedene Lehrmeifter zur nämlichen Zeit in ein Haus, um ihre Lehrflunden zu geben. Der Cine, weil zehn Uhr bie bisherige Stunde war, und der- Andere, weil flatt eilf Uhr , ev, laut Geſetz, eine Stunde früher kommen mußte. So geſchah ed aud), daß an einem Familieneſſen, der zwente Sphn und.feine Fran ankamen, als der andere Sohn und feine Aeltern am

Nachtiſch

Nachtiſch faden; Schön am vierten Jenner geſchah im Großen Rath der Anzug, daß der. Uhrenſchlag wieder auf den alten Fuß geſetzt werden füllte; unb den 18tem Jemer wurde der Anzug durchgeſetzt.

Sechstes Kapitel 1776, 17710, AT

Bund mit Frankreich. 1775

Der Bräfident de Vergennes , eiit Bruder des Gras fen de Vergennes, Minifterd der auswärtigen Gefchäfs te, tam im Augſtmonat als Bevolmächtigter in die Schweiz. Sein Auftrag war, einem allgemeinen Bund zu fchließen. Gleich mad) feiner Ankunft in Baſel, meldete er fic . bépm Bürgermeifter Debary, unb eröffnete ihm den eigentlichen Beweggrund feiner Abſendung. Gehr frei. mütóig duferte er den lebhafteſten Wunſch, daß die Sache bald. berichtiget werden möchte, nannte ihn feis nen Vater, feinen: Rathigeber , und verheelte nicht, daß. ber Miniſter der Errichtung des Bundes einen großen: Werth Deplege. Debary bemerkte ihm zwar, daß bere gleichen Unterhandlungen nicht fo eilfertig von Statten

VII. M». to qe RW qe

674 XVII, Periode. 1741—1788.

sehen koͤnnten. Er ‚handelte aber mit Offenherzigkeit, ſtellte (id) nicht abgeneigt, um mehrere iebfofungen zu erfchleichen, und übertrieb nicht das Gemälde der zu bee Tampfenden Schwierigkeiten um fid) aus jeder uberwuns denen Kleinigkeit ein großes Verdienſt zu machen. End» fid) verfprad) er ibm alles dazu bepyutragen , daß ein einziges Band die Eidsgenoffen bald vereinigen, und ihnen allen gleichen Schuß zufichern mochte. Debarp hielt Wort , und arbeitete mit feinen Freunden dem - Bürgermeifter Heidegger von Zurich, und dem Schulds heißen Sinner von Bern, an der baldigen Eröffnung der Unterhandlungen. Die catholifchen Orte waren anders geftimmt , als in ben vorigen Zeiten. Zug und Schwyz hatten vor mehrern Fahren eine Zurechtweis ſung von Geiten des Hofes empfangen , die noch im Arndenken fand, und ale waren an den franzöfifchen Dienft zu fehr gewöhnt, daß fie fib lange wiederſetzen Fonnten , wenn es dem Hofe Ernſt war, den Bund alf, gemein zu machen.. Daher fiel der Gedanke von einiger Reſtitution der im J. 1712. gefchehenen Exoberungen bald gänzlich hinweg. |

| Es bildete fíd) zwar in den evangelifchen Kantos

nen eine Partey; die wider die Erneuerung des Bun⸗ des mit ziemlichem Eifer arbeitete. Allein ihre Beweg⸗ gründe worenverfchleden. Zu Bafel, wenn man einige viel» leicht ausnimmt, die des bloßen Widerfpruch-Geifles und einiger Eiferfucht gegen Debary.befchuldiget wir

XI. Kay. 1775. 615

den, war man einſtimmig, bag Granfrei der natür, liche Verbündete von der Schweis wäre. Nur wollten mehrere , Daß man auf bie Handlungsprinilegien , als voraus, bedungene Bedingnife bringen follte. Die Zeiten waren aber . vorüber , wo dergleichen Privilegien länger beſtehen konn⸗ -ten. Weitläufige Deductionen wurden vergebens aufge fest. Ein wahres unb vielbedentendes Wort eines fran⸗ söffchen Abgeordneten im J. 1782. widerlegte alles: Le Roi ne sauroit tolérer, qu'un Francois eüt à regréter de n'éter pas étranger. Zudem war die Reciprocitaͤt, nad) der Franzofen Behauptung, die urfprüngliche Grundlage tiefer Privilegien gewefen. Eine andere Bedingniß bie man aber in Bafel, mit mehrerem Recht Betrieben Haben wollte, war bie Bes zahlung der fransöfifchen Standes: Schulden. Unter feinem Borwande fonnte der König fie unter die vers ſeſſenen Schulden zählen, denn fie waren e$ mur , weil der Staͤrkere fie verfeffen ließ. Die Abführung derfel- ben wäre um deſto billiger: gewefen, da Baſel, mit den übrigen evangelifchen Orten, fid) aller Jahrgelder, nicht nur als Bundesgelder , fondern aud) als Frieden gelder, für bie Zukunft begab. Als aber umte Ges fandten , Auftragsmaͤßig, auf einer Tagſatzung das Schuldenweſen in Wurf bringen wollten, wurde dieſe Sache, als ein geheimnißvolles Geſchaͤft unberuͤhrt ge⸗ laſſen, und auf andere Zeiten verſchoben. Bey dem

4 uw2

676 XVIII. 9geriobe, 4741—1788,

allem begiengen einige bey und den Fehler, daß fie die

Sinforad)e zu Dod) trieben, und wie Notarien gu thun pflegen, eine Moͤglichkeit zu einem Nachlaß gleich An⸗ fange nicht Biden .laffen wollten. Der fchlaue Picamil, erfier Ciecretair der Ambaſſade, bemerkte den Notarien Kniff, und ließ ung mit unferer Rechnung figen. :

Cn diefem Jaßre, ben 11. Dezember , errichtete der Große Rath ein ſehr nugliches Collegiam. Es war die fogenannte ehnerbürgifche Gommiffipn. Die Ange legenbeiten der italienifc;en Unterthanen von den Vog⸗ teyen Lugano, Locarno , Mendrisio: und Valmaggiá wurden ihr übertragen, um folche zu unterfuchen, unb Berichte abzuſtatten, wie aud) um die Inſtructionen abzufafien , welche der Gefandte befolgen füllte, der unter dem Namen eines Syndicators, jährlich al8 Auf: feher der Landvoͤgte und Oberrichter , in gedachte Vog⸗ teyen im Augfimonat abgefhidt wurde. Die Commifs fion Deffanb aus den bre) legten Syndicatoren und dem jeweiligen Rathfchreiber- Sie befam auch einen beffändigen Secretair. In wichtigen Fallen mußte fie aber fid) mit dem geheimen Rath aemeinfchaftlich bes rathen. | mE | j 1776.

Die Verbandlungen über den franzöfifchen Bund wurden mit Eifer betrieben. Unſre Sefandten auf den Deswegen gehaltenen Zagfagungen waren der Bürger

VL Kap. 1776, | 677

meiſter Debary, und ber Dreyerherr Muͤ nch. Im Maymonat traten die Geſandten der evangeliſchen Staͤn⸗ de zuſammen, um ſich uͤber einen vom Hofe eingeſand⸗ ten Aufſatz zu berathen. Die verſchiedenen Anſichten bie dabey eröffnet wurden, "waren wichtig, gehören aber zu einer allgemeinen Gefchichte der Schweiz.

Ein entkandener Streit zwiſchen Zurich und Schwyz über das Schifffahrtsrecht auf'm Zuͤrcherſee veranlaßten eine gütliche Mediation. Der Schuldheiß Sinner von Bern und der Bürgermeifter Debary wurden von Zürich zu Mediatoren ernannt. Diefer verdrießlis che Streit hat bis in bie Zeiten der franzöfifchen Revo⸗ lution "gewährt, Zürich berief id) auf eine Urkunde won Carl IV, ein Vertrag mit Einfiedeln, und das $erfommen. Schwyz aber auf das Naturreht, Eins wendungen wider die angeführten Titel, unb einige Meberbleibfel , als Anzeigungen von einem gehadten Schifffahrtsrecht. Im allgemeinen war man in der Schweiz überzeugt , daß der Bürgermeifter Ott, der dem Zunftgeift feiner Stadt zu febr fchmeichelte, und ber Landammann $eblinger; derfich auf den Lande. gemeinden beliebt machen wollte, den Streit in die dn» ge fpielten. So viel i(£ gewiß, daß nachdem Ott von Alters wegen fid) den Gefchäften entzogen Hatte, und nad) Hedlingers Abſterben, de Streit feine Ends ſchaft erreichte.

678 XVII. Beriode- 17411788,

1777

Auf der Taofakung vom ‚12. Maymonat wurde ber Bund mit Franfreih, von unfern Gefanbten den 30, anterfchrieben. Zürich und Bern weigerten ſich fiit dem 25 oder 26ten den Bund anzunehmen, weil der Hof ben freyen Zuzug der Schweigertruppen nad) Muͤhl⸗ haufen und pad) Genf nicht geffatten wollte, und weil aud) eine Stadt, wie das Gerücht ergieng, nad) eis nem im 3. 1770, gemachten Plan, zu Versoy ange legt werden foüte. Unſre Gefanbten ließen auf dieſen aufgefommenen Anſtand den 27ten um Berhaltungsbefehle anhalten. Zn der ertbeilten Autwort wurden fie be’ gwaltiget zu unterfchreiben, wenn nicht Zurich unb Bern bezeugen würden, daß fie es für das gemeine evangelis ſche Beſte noͤthig eruchteten, die Unterſchrift, aud) von Seiten der übrigen evangelifchen Stände aufsufchieben , oder wenn gedachte übrige evangelifche Stände diefen Aufichub als dem Wohl und der Ehre der evangelifchen Cibégenofen(d)aft vortheihaft anfehen folten. Auf dies ſes bim erfolgte die Unterſchrift wie es folgender Aus⸗ zug eines Vriefes be8 Buͤrgermeiſters Debarn an den Canzley⸗Secretair Dienaft, des mehrern fich zeigt:

» Un ordre absolü de ne pas signer sans Zu- rich et Berne nous auroit mis dans un grand embarras et auroit fait le plus mauvais effet chez Mr. l’Ambassadeur , qui n’attendoit que. nous pour faire partir Mr. son fils à la Cour. Hier

VL Kap. 1777. 679

matin il s'est tenü encore une session des Can tons évangéliques , Zurich et Berne ont répé- les raison qui les empéchoiens de signer d'a- bord ici, en déclarans que les autres ne .devoient pas s’arreter pour cela, que méme cela ne leur paroissoit pas convenable, ni bon pour tous le Corps évangélique. Ainsi nous signerons. avec les autres réformés, aprés la session de ce;ma- tin. Par apostille Nous revenons de chez Mon- sieur l'Ambassadeur ou Glaris protestant ,. Bäle, Schafhausen et la Ville de St. Galle ont signé ensemble l'instrument francais avec le quel le fils de Mr. l'Ambassadeur et Mr, Meunier sont tout de suite partis pour la Cour, n'ayant atten. que notre signature , que les trois autres n'on pas voulu donner sans nous. Il est quasi assuré, que Mr. de Berne reviendront avant la quinzaine pour signer, et alors l'instrument ( qui reviendra de Paris) sera porté par un Secretaire a Zurich il ne trouvera aucun obstacle. |

As nun ber König den 1. July, gleichwie alle Stände, feine Ratiſication ertheilt Hatte, wurde der Bund, nicht zu Paris, wie in alten Zeiten, fondern zu Solothurn , in der dortigen Hauptlicche , den 25ten Auguſt mit großer Fenerlichkeit beſchworen. Jede Ges fandtfchaft erfchlen mit einem Gefolge, Baſel mit. sehen fogenannten Cavalierd, Der erſte Gefanbte von Zurich.

680 XVIIIeriode. 1741 - 1788.

ſprach allein, bey der Handlung des Bundesſchwurs, bie Eidesformel mit lauter Stimme ab. ') Die uͤbri⸗ gen Gefanbten legten nur ihre Hände auf das Evans gelieniych. Der Ambafador berührte mit den Prep Unterfingern der rechten Hand die Anfangsworte des Evangelii S obannis , unb fprad) folgende Worte ans: „Et moi jen fais de méme au nom du Roi, mon Maitre , de Monsieur et des Rois succes- $eurs. '

Die Gefchente welche ber Ambafador im Namen bed Könige, durch ben Legatlons Secretair austheilen ließ „waren: 1.) jedem Geſandten der XIII, Cantone eine vierfad)e goldene Kette, fammt einer Medaille, die nebſt dem Bildniß bed Königs , zur Veberfchrift hatte: . Foedus cum Helvetiis : restauratum et stabilitum 1717. Lud. XVI. Rex Christianis. 2.) Denen von Wallis uud vom Abt St. Gallen, eine dreyfache Kette mit der Medaille. 3.5 Den Städten St Gallen, Mil. haufen unb Biel, jeder: eine zwenfache Kette, fanmt Medaille. 4) Jedem Kanton gum Verſchenken, , vier Fleine einfache goldene Ketten, mit einem Lleinen Pfenning tare

T) „Mir die Befandten der XIII, Cantoné und zugewand⸗

ten Orte, im Namen unfrer ſämmtlichen guadigen Herrn

und Obern, fchmören und verfprechen bie(e Bündniß

in allen ihren Theilen fet und unverbrüchlich qu hal⸗

ten, und nichts dawider au tout , anf feine Weiſe nod) Wege.”

VI, .8ap..— 1777. 681

en, eine große filberne Kette mit Medaille, eine große und fechs Heine Medaillen ohne Ketten.

9tad) Ihrer Ruͤckkunft legten den 15. September unſre Geſandten dieſe Ketten alle auf den Canzley Tuch, des großen 9tatf8 , der ihnen aber ſolche zuruͤck gab. Eine Deputation von zwey 9tütbén und zwey Großraͤ⸗ then wurde jum Bürgermeifler Debary abgeordnet , um ihm den Dant des Großen Raths zu bezeugen , und ber Dreyerhere Mind erhielt cine außerordentlir he Stelle im geheimen Rath. .

Es wird bier nicht umdienlich feyn zu Bemerten , daß man feit einigen Jahren uns auf den Kaifer ov ſeph U. und feine angeblichen geheimen Abſichten, in NRucficht der Schweiz , febr aufmerffam machte. Die bloße Nachricht im diefem Jahre, daß er burd) die Schweiz reifen würde, erregte Beforgniffe, und Half ben manchem nicht wenig, daß er bie Veſchließung des Bundes zu beſchleunigen ſuchte. Er fam den 19. Sw In von. Genf ber des Morgens um 9 Uhr bier am, unter bem Namen eines Grafen von qyalfenffein , und verreißte um 2 Uhr mad) Freyburg. Er fatte zu Lan genbruck übernachtet. Dort (pra. er viel mit dem Meyer des Dorfes, umd bezeugte feine Verwunderung , daß feiner von den Landleuten in den Rath gehen konnte. Er woar ber fehweizerifchen Arifocratie nicht geneigt, Hier empfing er nur den Kupferſtecher von Mechel, mit welchem er bie Saraſiniſchẽ Bandfuhrid,

682 XVII, Beriode. 17411758.

amd die Öffentliche Bibliothek Befaf. Dean Datte: ihm den Natbichreider Iſelin gefihidt, um feine Befehle einzuholen. Er empfieng ihn aber nicht. Vermuthlich beging der Wirth den Fehler, eine Rathsdeputätion , anffatt Sfaac :3felim ansumelden. Denn S (elim war gewiß euer von denen, bie Joſeph fuchte. Den 25. fuhr der Kaifer wierer Hierdurch , aber ohne fid) auf zuhalten. Er fam von Frenburg uber den Rhein, Breifach und Hüningen , und begab fid) nad) Schafs haufen. Bon Mechel begleitete ihn von Waldshut bis zum Rheinfall unb nad) Schaffhauſen, wo der Kaiſer ihn auf bag liebreichſte entlief.

Die Hanptartidel des Bundes enthielten wefentlid) folgendes : EE o»... O06 gegenwärtige Bündniß bat feine andere Abſicht, als den wechſelſeitigen Nutzen, Schu unb Sicherheit zn befördern, ohne demand an beleidigen.) Der vorige Friede von 1516. dient zur Grundlage des gezenwärtigen Bündniſſes mit Ausnahme derienigen Arti- . det, die wieder abgeändert worden ſeyn. ‚Das Bündniß iſt fediglich vertheidigend. (purement définitif.) Im Fall baf die Cibgenoffenfbaft, oder einige Ctaaten derfelben , von einer fremden Macht angegriffen würden, fo werden feine Majeſtät mit feiner Mache, und auf feine Kos

D),,...Alliance,... qui n'a point d'autre but, que l'u- tilité, la défense et la süreté mutuelle & générale , sans Lendre à l'offense (de qui que ce sol.

LI

VI. Kup. 1775. 683

ften ihnen beyſtehen doch nur wenn feine Majefät darum erfucht. (eon werden.

Sollten die Staaten des Könige in Europa überfallen and angegriffen werden . .. . fo verfpricht die Schweiz neue Werbungen von ungesmungenen Colbaten zn bewilligen; nicht über fechstaufend, unb nur zur Vertbeidigung be S0» nigreichs, wie auch in der SBoraus(egung , daß die Eidgenof« fenfchaft in feinem Kriege vermidelt, oder nicht in naher Ste . fabr fenn werde, in einen folchen zu verfallen. :

Der König und bie Eidgenofien ... merben niemals lei den ( souffrir) , daß ihre reſpectiven Feinde nnd Widerſacher (adversaires) ſich in ihren Landen, Gebieten und Herrſchaf⸗ ten feſtſetzen, noch ihnen Durchzug geſtatten, um den andern Verbündeten anzugreifen und zu beunruhigen ( molester), mit bem VBerfprechen , fid) bamibee mit bewaffneter Hand zu feten, wenn bie Noth es erfordert. Dieſes Bündniß foll der. Neutralität im geringften nicht nachtheilig fenn, noch ihr ete mad benepmen. ) Die Eidgenoflenfchaft erklärt auf das nach“ drücklichſte, daß fie die Neutralität in allen Fällen, und ge gen alle Mächte, ohne Unterfchich, beobachten und behaup⸗ ten wolle,

Die Zeitdauer des Bundes fot fünfslg Jahre ſeyn. Kein Theil fol obne Vorwiſſen des andern Friede fchließen, un) foil ihn in den zu fchließenden Waffenſtillſtand einfchließen, falls dieſer e8 verlangt.

Die Schweizer Negimenter werden wie bisber die freue Ausübung der Religion und der Rechtspflege, gleichfalls auch alle andre Borrechte, SSefrenungen und Vortheile (privileges,

franchises et avantages) genießen, fo den cidsgenöfifchen

T") Le traité ne doit prejudicier ni déroger en rien à la neutralité des parties.

684 XVII Periode. 1741—1788,

Kriegsvölkern in Folge der Traftaten und Eapitnlationen zu⸗ gefichert (inb.

Der XI. 9(rtidel berührt die Cibil⸗Anſprachen, und un⸗ terſcheidet bie verfönlichen von den Realklagen. Ben ben pete fönlihen Klagen muß der Kläger den Beklagten, vor defien natürlichen Richter belaugen, e$ wäre denn, das beude Theile am Orte beg Vertrags gegenwärtig wären. oder fid) wegen des Nichterg veralichen hätten, vor welchem fie iore Streitig- feiten erö-tern laffen wollten. Die Nealklagen gehören aber vor ben Richter, unter deſſen Gerichtszwang die Güter liegen. Ein wichtiger Zufaß aber war diefer: Falls ein Schweizer: in Frankreich, obne über -feine dort befindlichen ,- beweglichen Güter verfügt zu haben, mit Tod abgienae, und feine näch- ‚sen Verwandten in der Schweiz wohnhaft wären ; und wegen der Erbsfäpigkeit einiger Streit entítánbe, fo Toll biefe Rechte, fache vor den natürlichen Nichter folcher Verwandten werden. ')

1) 9Ba$ die Privilegien der übrigen in Frankreich wohnen. den Schweizer betrifft, fo wurde diefer Gegenítanb mei» tern Unterhandlungen übermwiefen.

3) Dans le cas néanmoins ,. un Suisse en France, sans avoir disposés des biensmeubles qu'il y pos- sédoit, et ses plus proches parens seroient tous domi- ciliés en Suisse, les difficultés qui surviendroient entre les dits parens , à raison de l'habileté à succéder au dé- funt, seront porté par devant le juge naturel et ordinai- re de ses héritiers et parens; et réciproquement , si la méme question s'éleve entre des parens et héritiers d'un Frangais. décédé en Suisse, elle sera décidée par le juge naturel frangais, dont ils dépendront.

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VI. Rab. 1777. 685

Die Urtbeile des dazu befügten Richters eines Theile, fol- jus im Gebiet des andern Theils vollzogen werden.

Ein betrügerifcher Banferortier , fo ein franzöffcher Une - tertban it, fol, um feine Gläubiger zu bintergeben , feinen Zufluchtsort in der Schweiz finden. Er fann im Gegentheil verfolgt und angehalten werden. Das über ihn ergaugene Ute theil,, in fo weit es bie Civil⸗Folgen betrifft Ceffets civils), foll vollzogen werden. Auf die gleiche Weife fell beu ähnlichen Fällen, gegen einen Schweizer in Frankreich verfahren mer»

den.

Kein Theil wird ‘die Angehörigen bed. andern ſchützen, fondern vielmehr wegfagen, welche fic wegen anerfannter, und erwiefener Verbrechen geflüchtet hätten, oder wegen Mife fetbaten (forfaiture) , oder qualifieirten Delicten, verwiefen tvorben wären. Wenn Staatsverbrecher, Mörder, (assassins) sder andre, die öffentliche und Hauptverbrechen besiengen , (coupables des délits publics et majeurs ) in die Staaten Ted ati» bern Theilsflichen würden; follen fie auf ba erfte Anfuchen aud» geliefert werden ; bod) vorausgeſetzt, daß bie höchſte Gcmalt (souverains respectifs ,) fie als ſchuldig erklärte. Ein glei- ches foll, in Anfehung der Gausbicben, bic mit Einbruch ſtahlen und der Straßenräuber, gehalten werden, Was

m

Einigermaßen wurde alfo der Grundſatz anerkannt, daß die Erbfolge nach den Geſetzen der Heimat des Erblaſſers beftimmt werden (ollte. Allein wie viel Fragen bieten (id) bier dar? Wie mußte e$ in Anſehung der liegenden Git ter gehalten werden? Und wenn der Verſtorbene ein Te⸗

flament. wider die Gefebe feines Vaterlandes errichtet bätte, follte es gültig (eun? Wenn der Erblaffer fine der , oder Aeltern binterlaffen hätte, follten die Geſetze der Heymath ober be Wohnorts que Richtſchnur dienen ?

686 , XVIII. Periode, 1741—1788.

andre- Diebe betrifft, die mit geſtohlenen Sachen (i nach den. Staaten des andern Theils flüchteten, fo wird man nur ba$ Sun einliefern.

Die Auslieferungen werden nicht ſtatt haben, wenn der Verbrecher ein Angehöriger des Staats ift, von mel» chem die Auslieferung verlangt wurde,

Die earbolifchen Kantone, mit den reformirten Thei⸗ fen von Glarus und Appenzell, wie auch die Stadt Biel, behalten die Friedens⸗ und Bundesgelder vor,

Der zu billigen Preifen des prix modérés) gefchlof. fene Ankauf, und die Ausfuhr des. franzöfifchen Salzes wird verfprochen. Gleichwie bie frene Durchfuhr der aus der Fremde beftellten Lebensmittel. ) '

Die Ausfuhr der Sebnten, Bodenzinſe und Erzeugniſ⸗ fe der Grundſtücke, melde verfchiedene Stände im Elſaß beſitzen, wird zollfrey zugeſichert, mit Vorbehalt der außer ordentlichen und dringenden Umſtände. Mit dem gleichen Vorbehalt, werden die Stände Früchte und andre geben» mittel (denrées) zu ihrem Gebrauch faufen köunen.

Im Laufe von zwey Fahren fol über die Privilegien der in Frankreich (id) aufhaltenden Kaufleute unb anderer Schweizer unterbandelt werden.

Falls man in der Folge wahrnehmen würde, daß eiti- ge Artikel bed gegenwärtigen Bundes Erfiärungen bedürfen,

. T) Sa Majesté declare, qu'elle accordera en tout tems le libre passage par ses états, pour toutes les den. rées, que les Cantons et'Co.alliés participant à la présente Alliance, feront venir de l'étranger,

VI. Say. 1775—80, 687

fo iff autbrüdiid) verabredet. worden, daß, um aller will⸗ kührlichen Auslegung auvot zu kommen, man (id) bierliber freundichaftlich vergleichen werde , ohne dießorts etwas vorzunehmen, oder abzuändern '), bis man den Sinn fol cher Artikel gemeinfam wird befimmt haben, :

Siebentes Kapitel 1718—4788.

4718 unb 1779.

Stm diefen zwey Jahren 30g das Stundenwefen, wovon wir weiter oben gefprochen Haben , wie aid) der Ausgang der über die Brivilegien der Schweizer in Sranfreid) verfprochenen Urterhandlungen, die allge» meine Aufmerkfamteit ouf. fib. Uebertriebener Eifer der Richter zu Handhabung der Aufwandsgefege , diente, auch, in ben Gefelffchaften , zur Abwechslung ; und je mehr man Elagte, je drohender zeigten fid) einige Mit⸗ glieder der ſpaßweiſe genannten Chambre ardente.

1 7 8 0, Wie wahr e8 fep, daß veränderte Umſtaͤnde auch in unſern Urtheilen Veraͤnderungen hervorbringen, be⸗ wieß der zwiſchen Ludwig XVI. und bem Biſchof von

) Dieß " in Sachen bey wid. Gefahr im Serie liegt, unmöglich.

688 XVIIT. Periode. 1741—1788.

Bafel, ben 20tem Brachmonat, errichtete Bund. Vor Üunbert Fahren Hätte han im demfelben , und nicht ‚ohne Grund, eine Verfchwörung wider unfern Glau⸗ ben erblidt. Im Jahr 1739. wo aud ein Vertrag mit Ludwig XV. über die Auslieferung der Ausreifler gefchlofen wurde, war man bier in einigen Sorgen, und behauptete , der Vertrag enthalten geheime Artidel, Set aber, ioo ein allgemeiner Bund alle Kantone mit dem König von Frankreich vereinigt bat, fab man in dem. Bund des Biſchofs, wegen des 2ten Artidels , nut eine berubinende Sicherftellung vor Faiferlichen Durch⸗ märfchen. Gedachter Artikel verordnet unter anderm folgendes... | 050. Si les états du Prince-évéque étoient hos- tilement attaqués par quelques ennemis étrangers, ou troublés par des soulévemens intérieures, sa Majesté l'aidera de ses forces et à ses frais, à la premiére réquisition qui lui en sera faité, et sui- vant que les circonstances l'exigeront, soit pour les garantir des agressions hostiles, soit pour y établir le bon ordre et la tranquillité. In bem Aten Artickel ver(prad) auch der Biſchof bie Neutralität. Der Vicomte de Polignac überreichte den 18ten September, als franzoͤſiſcher Ambaſſador auf einer zu Solothurn gehaltenen Legitimations-Tagfatung fein Gres

ditio, und war beauftragt, Die Angelegenheiten der

Schweiger > Privigelien in Frankreich zu unterhandeln. Folgendes

VIL Kap. 1784, 689

folgende Stellen: aus feiner Anrede zeigten gleich aus welchen Geiffe e das Gefchäft leiten würde : „Il est ‚des bases solides et inébranlables dans la täche confiée à nos soins et à notre zele; je n'en nom- merai qu'une , le devoir d'un souverain envers ses

sujets. "Qui sait mieux que vous que le sujet qui

transmet le fruit de son travail et de son écono- mie, pour pourvoir à la süreté de son souverain

et à celle de son royaume, ne pourroit plus sup-

proter ce fardeau pénible mais indispensable des impositioris, si par des préférences ou des graces tröp exagérées, on mettoit des entraves à son in- dustrie? Autant la rivalité dans le commerce excite l'émulation , autant un privilégé exclusif étouffe les arts, et jette l'homme dans le décou- ragememt et daris le désespoir.

Es wurde aber auf ber Tagſatzung nichts ausge⸗ richtet. Schon ergab (id) ein erſter Anſtand. Der Am baffador volte mit fammtlichen Gefandten den Gegen

fand der Privilegien verhandeln, und nicht vorher in ei^

ser vorbereitenden Conferenz mit ben Nachgefandten als lein, 17 8 t. | Durch ein Cbift oom Desember beffimmte einfeitig ber König in Frankreich die Handlungs Privilegien der in Frankreich wohnenden Schweiger. ') à

1) Edit du roi qui régle les priviléges, dont jouiront

VIL, Band. x t

690 XVIII. Periode. 1741—1788.

In dem Eingang wird gemeldet, daß diefe Privis legien mad) dem Geift und dem Buchflaben bed ewigen Friedens von 1516. fid) auf die Grundlage eines voll⸗ kommenen Gegenrechts gründeten, daß aber ble Schweis ‚zer bie Bedingniſſe diefer Steciprocitat nie erfünt hatten dennoch wolle der König gewiſſe Vortheile den Schweis zern gewähren, ohne ein Gegenrecht von ihnen zu vere langen, fo mit ihren Verfaſſungen nicht beflehen fom» nt ^).

Der dritte Artickel fautete wie folgt:

„Les Suisses qui seront domiciliés en Fran- ce, mais qui ne posséderont aucun bien-fonds, et qui n'y exerceront, ou n'y auront exercé aucun com- merce, possession, métier ou industrie, seront exempts dela capitation etautres charges quelconques perso- nelles. Dans cette classe seront compris ceux qui séjourneront dans notre royaume pour vaquer à leurs études, de méme que les marchands

rr dans le royaume les sujets des états du Corps helvéti- que, du mois de décembre 1781, enrégistrée le 24. du méme mois (zu Colmar).

* ) Nous avons préféré de chercherles moyens de conci. lier l'intérét de nos peuples et de nos propres reve. nues avec les. avantages donc nous pourrons faire jouir les suisseg dans notre royaume, sans exiger d'euz ung yéciprocitd que leurs constitulions ne comportént pas.

VIL Kay. 1781, ösi

Suisses, qui y viendront pour y suivre les affai- res de leur commerce, mais sans y établir un do- . micile, et qui n'y feront qu'un séjour passager,.. Art. IV. Les autres seront seulement exempts la milice, du guet et garde, et du logement des gens de guerre, sauf qu'ont à cette. derniere ex- . emption, à étre en cas de foule, assujettis, com- me tous les autres exempts, au dit logement des gens de guerre, Die Artidel IX. X. XT, XI, betreffen bie Einfuhr ber Schweizer Käfe, der Lein und Hanftucher und des Eifendrathg ,, worüber bedeutende Er» leichterungen bewilliget wurden.

Das Forfiwefen zog vorzüglich die SSeforgni(fe der Regierung auf (i, und es wurde eine neue Waldes prbmung dem Drud übergeben. ")

Sie beffütigte den Gag, daß alles was Waltung i, Waldung bleiben fol. Gie verfügte and), daß kein Holz aus den Hochwäldern, nod) aus den Zinshoͤlzern ) für Sachen gegeben werden fol, Die mit Mauer

1) Ein Anhang vom 22. Jenner 1783. betrifft bie Pflan⸗ zung ber Bäume , und das Waiden des Viches an den Landſtraßen.

2) Hochwälder find bie obrigfeitichen Waldungen. Die Zinsbolzer gehören nicht dem Staat; allein weil ein Bodenzins davon entrichtet wird, fo wird der Staat als der Dominus directus derfelben angefehen.

*r2

699 XVIH. Periode, 1741 —1788.

“wert ober. mit Steinen gemacht werben Formen, Wir fehen im allgemeinen nicht genug ein, Daß Holz eines unfrer nothwendigften Lebensmittel fep. Unſre großen Haͤuſer, ihre Berräfelungen und Geraͤthſchaften, das Ein heisen der vermehrten Anzahl. von Zimmern, veranlaßs ten einen großen Aufwand an Holz; gefchweige denn. dei Wagner, Kiefer, Kübler, Hafner, Ziegler, Färder, Bleicher u. f w. Seit einigen Jahren forechen wir viel vor Brodfrüchten, allein der Müller braucht Holz für feine - Mühle, und der Becker für feinen Badofen. Plan fpricht auch viel von Anlegung der Wiefen zur Beförderung der Viehzucht und des Handeld mit Käfen : allein zur Ver⸗ vflegung des Viehes braucht man Stallungen und Diells huͤtten ‚, folglich Bauhols; sur Aufbewahrung des Gt» ters, Scheunen und Heubäustein ‚folglich aud) Bauholz , und zur Verfertigung ber Kaͤſe täglich Brennholz. Einer ber Raͤthe berechnete unlängft , ba von bem Holsland eines Lehens, wenn man e$ ansrentete und urbar mad te, fo und fo viel vom Hundert in Geld bezogen wer⸗ den fónntem.— Der Rathsherr Ruder, der (i mit Sachtenntniß und thätigem Eifer um das Forſtweſen verdient gemacht‘, erwiederte: Was Dülfe uns der pete mehrte Ertrag an Geld, wenn wir erfrören und nicht kochen fünnten? " Man bat die Frage aufgeworfen- ‘wie viel. von‘ der Oberfläche des Kantons für die Be duͤrfniſſe ber Hauptftadt und der Landfchaft zum Holz land werden folite, Zwey benachbarte Foͤrſter

VIL fap. 1787. . 695

Haben fid) Hierüber in ihren Meynungen getheilt. Der . Eine behauptete, daß bep einer forfimäßigen Sorge wir Holzland genug haben follten; der Andere hingegen glaubs te, daB weil der Holswuchs an den Berghalden fehr langfang von flatten gehet, und. die Wafferfchäden ſehr viel Holz erfordern, wir ben vierten Theil unfers Kane fons zu Waldungen einfchlgnen folten. Aus der ob» erwähnten Waldordnung bemerken wir ſchließlich, Daß jte ber Unterthan, der zum erftenmal in bie Ehe tritt, 3 Cidfprünae fegen, und gehörig fchirmen folle, und zwar

bey einer Strafe von zehen Pfund.

1782.

Der Rathſchreiber Iſaae Sy f e Lin ſtarb im Heum. ait einer Bruſtwaſſerſucht. Als Senfmal hinterließ ev die Geſell⸗ fchaft zur Aufmunterung und Beförderung*des Guten und Gemeinnügigen, von welcher er im Sabre 1776. . einer der eriien Stifter, war. Jedes freywilige Mite . glieb berfelben flenert jährlich gwey’ Neuethaler. tube

greiſlich iſt es, wie viel Gutes vermittelſt diefer mái» gen jährlichen Steuer ; und anderer zufälligen Beytraͤge hewirkt wird.

. Sfelins Nachfolger urbe den 19. Auguf Peter Ochs, bepber Rechten Doctor, Berichtäherr der meh» rern Stadt, und Verfaffer dieſer Gefdidte. Das Ger. narium war folgendes: Rathsherr Emanuel Falke BEE Ya, Ingrofift Andreas Merian Vs; At Lands vogt Chriſt 7%, , Weinfchreiber Math. Merian 5 /

N

694 . XVIIL Periode. 1741— 1788,

Doktor und Gerichtsherr Peter Ochs 9%, , Heinrich Wieland "n, Die Anzahl der Mitwerber war beg» ‚sehen,

Der Ingroſſiſt And. Merian erhielt den 10. Mär vont Größen Rath, auf einen Anzug vom 24. Felguar die Anwartfchaft auf die Stadtſchreiberſtelle, mit welcher das Amt eines Depntaten verbunden if. Seit einigen Fahren: befchäftigte (id eine Commiſſion mit der Ver⸗ waltung der Deputaten, und er hatte dabey die Feder gefuͤhrt. Dieß diente demjenigen zum Vorwande, der dieſe Abweichung von der Ordnung vorſchlug. Es veranlaßte unter den Buͤrgern etwas Gaͤhrung und lebhafte Berathſchlagungen im großen Rath. Bey einer derſelben Berathſchlagungen ſagte der Rathſchreiber, das Loos ſey das Palladium unſerer Freyheit. Uebrigens verletzte dieſe Beſtellung oh⸗ ae Noth ſieben Geſetze), und war zweckwidrig, wie es

3) 1) Die Anwartſchaften find verboten, 2.) Die Anzüge » |— míüfem bey Croffnung der Giguugen, in einer befondern ^X. Wmírage, und nicht aulest, too kaum zwanzig Perfonen geblieben waren, gefcheben. 3.) Die Stadtichreiberftele

iſt eine von denen, die man auskündet, und für welche

bie Mitwerber (id) einfchreiben -laffen. 4.) Sechs muß

. btt Große Rath erwählen nnb dad Loos entfcheidet, 6.) Ein befonderer Eid wird vor der Wahl abgelegt. 6.) Der Groß: Rath hatte vor etlichen Zabren bem xni. 9tatb

die Berathung überwiefen , ob nicht ber Rathſchreiber

. in bie Stelle des Stadtfchreibers , ben Erledigungsfäl« jen , rücken fonts, Endlich verfügte das Geſetz vom 1.

f

YII, fap. 1754. 695

die Folge zeigte. Das wirkliche Uebel, fo aber aus diefem allem entiprang, war das woechfelfeitige Mißtrau⸗ en, welches unter den Borflehern der Kanzley von neuem herrſchte. Es war handgreiflich bie acheime Ab⸗ fidt der Erfinder unb Betreiber des ganzen Anfchlags. Einem Bürgermeifler entfielen diefe Worte: » Wenn. Stadtſchreiber und Rathfchreiber es mit einander hielten, fo würden fie ung über den Kopf wachfen. " | Sm Mayen wurde ber Dreyerherr Fuͤrſten ber⸗ ger, nebft bem Rathſchreiber, ber das Wort führte, an den nenerwählten Fuͤrſt Bifchof von Bafel, Frey heren von Roggenbach, nad) Pruntrut abgeordnet, um ihm, nach alter Hebung zum Antritt feiner Regie⸗ rung Gluͤck zu wunfchen, und einen fchönen Bodal zum ‚Zeichen der Freundfchaft und der guten Nachbarfchaft zu überreichen. Im feiner Anrede nannte der Rath fchreiber das Domkapitel, eine Pflanzſchule wuͤr⸗ diger Fuͤrſten. Diefe Zeyerlichfeit Hatte zum letzten Male flatt. | 1784.

Sin. des verfforbinen Oberſtzunſtmeiſters Leysler Stelle, wurde den 15tem April der Dreyerherr An

May 1724, daß das Verbot des Anfprechens fid) auf alle Beſtellungen bezöge, fie möchten durch das Loos, oder obne 2008 gefcheben, und wider diefes Gefet wurde auf eine anfallende Weife gehandelt.

696 XVIII. Periode. 1741—1788,

bread Burtorf Dberzunftmeiller. Das Genarium war wie folgt: Nathfchreiber Ochs Yız, Meiſter Faͤſch is, Burtorf 7», Rathsherr Hieronimus Gemuſeus 7z, Dreyerherr Münch "7s, umd Rathsherr Falkner "Ms

Der Bifchof verlangte die Zolfrenheit vom Cal; das man ihm suführte. Seine angebrachten Grunde wurden widerlegt, und bie Zollfreyheit abgefchlagen , weil. er mit dem Salz handelte, und folches burd) Lohnfubren herbeyſchaffen lafe.

an Sallimentsfallen in der Schweiz wurden die franzöffchen Gläubiger nicht uͤberall mit den Einheimis fchen aleichgehalten. Zu Schaffhaufen brach . 2. ein Falliment aus, bey welchem bie Franzoſen nichts beo» gen , und die Schaffhaufer Hingegen bezahlt wurden: Darüber ließ Ludwig XVI, den 20ten Auguſt, eine Erklaͤrung Fund machen, bie man zu Colmar den 16, September einregifiriete. „Bey Fallimenten in Frank⸗ reich follten die Schaffhanfer erſt nach gänzlicher Bezah⸗ lung der franzöfifchen Gläubiger etwas beziehen , follten jene auch das Recht des Unterpfandes anfprechen Ton» nen. Die übrigen Staaten der Schweis werden mit den Kranzofen coneurriven Dürfen , doch nur gegen Vorweiſung einer Urkunde, worinn die Negierungen verfichern , ba6 bie Franzofen ben ihnen, wie ihre Buͤr⸗ ger unb Unterthanen angefehen werden.”

In Folge feines Amteides, that ben 7tem Juny, im Großen Rath der Rathfchreider folgende Anzeige: -

\

VII. ap, 1784, _ . 697.

» Qd) babe nie fo febr empfunden, mie ſchwer und fireng die Obliegenheiten meiner Stelle ſind, als in dieſem Augen⸗ blicke, und zwar in einer Sache, die indirecte Perſonen betrifft, für welche ich einen großen Grad der Hochachtung oder der Freundſchaft hege. Allein, es geruheten Euer Gn. tn Gott ruhende Amtsvorfahren, unterm 7ten März 1735.

zu verordnen, daß, falls eine Große Raths⸗Erkauntniß um⸗

geſtoßen werden ſollte, ed it Sessione, vor MGHerren den Herrn Haͤuptern, dem Stadt⸗ und Rathſchreiber geahndet , auch eine folche Umſtoßung für nn! and nichtig gehalten; jenige Herren, fo dazu geholfen , aufgezeichnet, und ihre Namen Meinen Gn. Herren und Obern vorgelegt werden ſollten.“ Auf diefe fo beflimmte Verordnung fchwören zwar Ihro Gnaden die Herren Häuptern feinen befondern Eid ab; den Stadt. nnb Ratbfchreiber ift er aber aufere [egt worden. Senfelben babe ich aud) in "dicker fenerlichen Verſammlung abgelegt: ich bin ein Diener-des Staats und Sclave be$ Geſetzes. Nun bat (id , bey M&Herren den

wiffen aufgefordert worden Din, die vorbabenbe Umſtoßung, Cur. Sn Erfanntniffe zufolge , nach meinen Amtspflichten zu abnben, Weilaber , deffen ungeachtet, durch ein Mehr von fünf Stimmen , biefe Umſtoßung vor fid) gegangen if, fo (cóc ich mid) dermalen genöthiget, dem amenten Theil mei» ner Obliegenheit Statt au thun , unb den Vorfall anzuzel- gen. Es ſtebet alfo zu Eur. Sn. hohem Belieben, o5 ich einen umſtändlichern Bericht hierüber Hochdenfelben unter die Augen dermalen feren folle, Weswegen ich fernerer e. fehle in aller ——— und tiefſter Demuth gewärtig iu ! ;

2. Kfein-Räthen, letztern Mittmoch, in dem befannten, . . . Nechte- ' bandel , der Gall ereignet, im welchem Ich durch mein Ge⸗

*

698 XVIIT. Beriode 1741—1788. Die Anzeige wurde anf acht Tage ausgeſtellt, und

dabey verortnet, daß fie in einer beym Eide sufammen-

berufenen Berfammlung beratben werden follte. Der

Tag fam, unb nad) einer langen Sitzung endigte fih

alles mit ber Erfanntuif: „Sehen Mn. Gu. Herren und Obern diefe des Hrn. Doctor Rathichreibers gethane Anzeige mit Vergnügen an; unb iſt diefelbe vor Mei⸗

ne Gn, Herren die Dreysehen und die Herren Depu⸗ tirten ad flatuta gewielen, um einen Ratbfchlag din

geben.” Ein mehreres geſchah nicht.

Nach dem Abſterben des Laiferlichen Kefidenten von Nagel, fam fein Nachfolger von Taſſara, im November hieher.

Daniel gif dmann, ein biefigee Bürger Dat» te unter Lord Clive, in Dienften der englifchsoftindis fehen Compagnie , den Krieg geſuͤhrt, und war zu der

Stelle eines Oberſten geſtiegen. Nach ſciner Ruͤckkunft

wurde er, im J. 1784. Mitglied des Großen Raths. Daß er im einen nicht anerkannten Kricgsdienft ohne Erlaubniß getreten war, wurde als ein Suaenbfebler engefeben , welchen das bisherige vübmlide Betragen defielben , und die Erwerbung eines fchonen Vermögens , fo jet feiner Vaterſtadt zu Theil wurde, wieder gut gemacht Hatten. Sym. aleid)en Kalle befand fich fein ges

. treuer Waffenbruder, Hauptmann Gürtler, Mit ip

nen fam auch hierher ein deutfcher Oberſtlieutenant

Beck, ber aus Freundſchaft gegen beyde, fi) bier am

*IL Kap, 1784-1787. 699

fiedelte,, und ein Haus kaufte. Weit diefe drey nicht nur den Armen Gutes thaten, fondern auch durch ih» ren Aufwand ben Gewerbsienten Nahrung verfchafften , fo nannte man fie Das wohlthaͤtige Kleeblatt.

178 5.

Den 18ten April trug der Girofe Rath ber Sand». Haltung auf, au Ehren des verewigten Profeſſor Leone Hard Eulers, fein Bildni von Marmor aufíellen zu lage. Er lehrte zwar Bier nicht, unb verließ ung fogar im 20ten Fahr feines Alterd. Er war aber eit geborner Bürger und wurde hier gebildet,

1786

Der König von Frankreich verfügte in feinem Staats Rath, über die Salzlieferungen , die Theils in der Graffchaft Burgund, theils in Moyenvic mad) der Schweiz gefcheben folten. Die einen rübrten von (sels d'alliance) Bundes: Sal; , bie andern von Vertraͤ⸗ gen mit den GeneralsPächtern her. Die Cantone gue zern, Ury, Schwyz, Unterwalden, Freyburg und So⸗ lothurn bezogen Bundes « Cal. Baſel hatte dazumal als gekauftes Salz zu beziehen 10,500 Zentner.

1787.

| Die Handwerker der Zunft zu Leinwettern und Webern, wo Nicht⸗Handwerker Vorgeſetzte ſind, und folglich im Kleinen und Großen Rath ſitzen, verlangs ten ein Ähnliches Paritaͤterecht, wie das der Spinnwet⸗

70 - XVIII, Periode. 174 -1785

ter und Schmiede⸗Zuͤnfte ) Sie trieben das Geſchaͤft mit Ungeflüm, und einer ihrer Anhänger brobete fogar mit FlintensSchufen. Allein die Regierung ließ fid) nicht erfchreden. Die XIII. gaben einen. umfland» Iichen Rathſchlag ein, tmb der Rath lie e8, am 29. Odltober, , bey der bisherigen Obſervanz une: j 1788

Ueber das bereits wegen Goncuré - in Follimente⸗ fällen mitgetheilte Ediet von 1784, ließ der König von Frankreich Erlanterımgen kund machen, bie. den 28. Februar gu Colmar. eimregiftvitt wurden. Die Staaten der Schweiz werden in drey Eläffen abgerheilt- Die eine beflehet aus denen, die laut fürmlichen Cv» Flärungen , die Reciprocität in Falliments Fallen verſpro⸗ chen. Es waren Zürich *), Bern 3), Luzern a), Schwyz

|. 1) Siebe die Sabre 17 O unb 1748,

* 2) Die Deelaration: von Zürich nennt nur die Bürger von Zürich, und die der Stadt Winterthur : „Les créanciers, sujets du. roi, seront traité à l'egal de nos Bourgeois et de ceux de la dite ville de Win.

{retour, de Ja méme maniere que S. M, nous a assu» :

qu'ils seront traités dans les mémes susdits cas, de faillite en France, ils jouiront avec les sujets du Roi, d'une parfaite parité de traitement. "

5) Bern macht feinen Unterfchied ; ,, Dans tous les pays de notre domination ı les sujets de la France jouiront du droit de concours dans les décrets, et seront traités comme les nótres, et ceux-là , comme ceux.ci, seront jugés suivant les lois de notre pays.

2 .) Luzern ſpricht auch von Citoyens et Sujets s edu

-

4e

VII Kap. 1788. —— 701

Unterwalden⸗,NRidwald, Zug, Glarus ), Safe, Frey⸗ burg, Schaffhauſen, Wallis, Stadt St. Gallen , Biel 2), Muͤllhauſen, und der Biſchof von Eonflanz s).

Die zweyte Cía(fe befiehet aus den Kantonen Ury und Appenzell , den italienifchen Landvogteyen, den freyen 9lemterm, Sar gans, Thurgau, Graf(daft Bas den unb Rheinthal. Die Angehörigen diefer Theile der Schweiz werden gegen Vorweiiung einer Urkunde SE

‚von Citoyens, Habitans et Sujets, Wuterwmalden » Nid- wald von Patriotes, Habitans et Ressortissans , Zug bon Bourgeois, Patriotes et Ressortissans. _ | 1) Glarus fpricht von Habitans et Sujets, macht aber zwey Ausnahmen, bie uns bier zu weit führen würden. Bas ſel fp:icht von Citoyens, Habitans et Sujets; gleichwie Srenburg und Schaffhauſen. Gollothurn fpricht nur von Bourgeois et Sujets. Wallid von Citoyens, Bourgeois, Habitans et Sujets. GCtabt Gt, Öallen von Bourgeois, mit Ausnahme bes Weiberguted wie ed aud) in Frank, reich gefchebe. Hier verfeblte St. Gallen den Statum quaestionis. Bey dergleichen Eoneordaten iſt e$ nicht um bie Achnlichkeit der Gefepe, fonbern um die gleiche Be⸗ bandfung beidfeitiger Gläubiger qu thun. | 2) Biel fprach von Citoyens , Habitans et Sujets, und Mühlhauſen von Bourgeois et Sujets, | 3) Die Erflärung des Biſchofs von Conſtanz begog fid) auf bit Bourgeois et Mabitans bet im Thurgau und Badi-⸗ {chen gelegenen Städte und. Gemeinden, to er die nito dern Eivil-Gerichte be(ipt, wie Orben, Biſchofzell, Sai ſerſtuhl, Klingnau, Zurzach ꝛe.

702 XVIII Periode, 17411788.

ber Reciprocitaͤt, mit ben Franzoſen concurriren fons net. | d

Die dritte Elafe befichet aus ben Angehörigen des Kantons Unterwalden Ob⸗Wald, des Abts St. Gal ien, und aller Thelle der Schweis, die feine Paritaͤts⸗ Urkunden ausſtellen würden, Die follen von allem Con, rurs ansgefchloßen (fep, und auf feine Schuldtitel, von welcher Art fie auch feyn mögen, wird man efe und bevor Nüdficht nehmen, bis die Srangofen, und bie zur Res riprocitát fähigen Fremden werden bezahlt und befrie⸗ Diget worden fenn.

Diefes Jahr ereignete fich das fegte Beyſpiel, daß in einem Krimihal: Brogeß , nach einer Meynung im Rath, dem Delinquenten mit dem erflen Grade territionis (dee Schreckens) gedrohet werden follte. Die große Mehr⸗ heit ffanb aber davon ab, Es Hatte nemlich, in einem ndgelegenen Thal des Kantons, zu Rauch⸗Eptingen, einer, Namens Tſchudin, nächtliher Weile feinen Vater aus Eiferfucht todgefchlagen, Seine Frau wor fchön , und er glaubte baf der Todtgefchlagene in dies felbe verliebt gewefen wäre. Uebrigens war er von eis nem ungefümen und Branfenden Charakter, Tonnte weder Iefen noch fchreiben, und ſpielte fo wohl den Heuchler, daß der Orts⸗Pfarrer ihn anfangs für utt ſchuldig hlelt. Er laͤugnete lang das Verbrechen ab , wurde aber durch ein ungewohntes Mittel sum Geſtaͤnd⸗ niſſe gebracht. Der Examinator hoͤrte auf, ihn zu be⸗

VIL, Kap. 1788. 703

fragen; erzählte ihm aber alles was er. vor , während und nad) ber Miſſethat gethan Hatte. Die Kenntniſſe aller diefer Umfände ), war das Refultat der ander wärtigen, und der eigenen Abhörungen des Mörders , mit einer muthmaßlichen Verbindung unter gedachten

Amfländen. Es war ihm ald wenn eim unfichtbarer ' Geiſt ihn zwölf Stunden lang begleitet, und alles nach⸗ ber dem Examinator geofenbart hätte. Er fiel auf

bie Kniee, vafelte nicht mehr wie worber mit den Sets ten, unb geffanb alles ein. Die rechte Hand wurde Ähm im, November Monat, aufn Blutgerüffe abgefchlas _ gen, und er fogleich mit dem Schwerdt Hingerichtet. Der Roth ließ auch fein Haus zu Eptingen niederreißen.

An einer müßlichen Anflalt wurde diefes Jahr ge arbeitet. Es war die Errichtung einer Armenkaſſe für die Bandfabri-Arbeiter auf ber Landfchaft. Die bars. - üßer am 14. Hornung des folgenden Jahres erganmgene Kundmachung gibt das Umfländliche barüber zu vernehmen. Der Rath befahl nemlid) , baf von jedem Pfund Ars beitslohn, entweder ein Rappen oder zwey Rp., mad)

1) Der Umfand, anf deffen Meldung er vom Feuerroth , fo er gewefen, plöglich bleich wurde, mar jener der Tratt« ben, tit et zu Baſel gekauft, und in feinen Wagen fort“ fültig aet9an hatte. Nach dem Nachteffen, und da feine Grau fdjon im Bette Tag, veichte er ihr die Trauben , und verlieh dann das Zimmer , um ben Word zu bege⸗

fun.

704 XVIII Periode 17441788

Maßgabe der verarbeiteten Gattung inbehalten, und ' der Ertrag angelegt werden folte. Der Rath werde in Zöllın ber Noth ober der Verdienſtloſigkeit, das er» forderliche nach Befinden ber Umſtaͤnde erkennen. Dieß machte aber anf dem Lande, die Anſtalt etwas ver daͤchtig. Es würden, fagten die Arbeiter, wo es um bie 9kuvenbung zu thun wäre, immer die-PBofamenter den Bersug haben, fo für ia Gobeifonten im Rath arbeiteten.

Ende des 7ten. Kapitels bet XVII, Periode,

on

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