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GESCHICHTE

DE.S

LTERTHÜMS

VON

EDUARD MEYER.

ERSTER HAND.

iESOHlCHTE DES ORIENTS BIS ZUR BEGRÜNDUNG DER

PERSERREICHS.

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STUTTGART.

VERLAG DER J. G. COTTASCIIEN BUCHHANDLUNG.

1884.

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: wird gebeten, den ProHptfkt auf der 2. und J5. ^eiie d«B \3ißa^^"aj®&. - neiie Zeitschrift für Allgumeina Geüchic\\te, \tu\\.MX-, \AV and Kun^tfreschichfo. zu beachten. Ble Ver\a^%\iAaAi:Q^&%*

Alle Rechte vorbehalten.

Druck von Gebrüder Kröner In Stuttgart.

SEINEM LIEBEM LEHREE CSD VÄTERLICHEN FREUNDE

HERRN

DIRECTOR DK- JOHANNES CLASSEN

IN HAMBURG

IN DANKBARER TREUE

GEWIDMET.

Vorwort

Als vor mehr als vier Jahren die Verlagsbuchhandlung die Aufforderung an mich richtete, eine umfassende Darstel- lung der Geschichte des Alterthums zu unternehmen, welche zugleich das historische Material in handbuchartiger Form enthalten sollte, hat mich, dieselbe anzunehmen, in erster Linie der Umstand bestimmt, dass es mir durch den Gang meiner Studien vergönnt war, auch auf orientalischem Ge- biete fast durchweg aus den Originalquellen zu schöpfen. Für den ersten Theil, die Geschichte des alten Orients, musste es meine nächste Aufgabe sein, die Eigenart der einzelnen Völker möglichst bestimmt hervortreten zu lassen und der kritik- losen Vermengung alles » Orientalischen c, welche die ältere Auffassung von der Geschichte, dem Leben und dem Denken der ganz verschiedenartig veranlagten Nationen beherrscht hat und auch jetzt noch in weiten Kreisen die Herrschaft be- hauptet, nach Kräften entgegenzuwirken. Erst im Verlaufe der Arbeit erkannte ich, dass es wissenschaftlich zulässig und damit zugleich geboten war, über dieses Ziel hinauszu- gehen, die internationalen Beziehungen, welche schliesslich zu der grossen Völkerverschmelzung geführt haben, in der Politik wie im Culturleben nicht nur in den allgemeinsten Umrissen, sondern vielfach auch im einzelnen zu zeichnen und damit den einzelnen Völkern ihre Stellung in dem grossen Ganzen des historischen Lebens anzuweisen. So ist die Anlage des

VI Vorwort.

vorliegenden Werkes entstanden. Es wurde dadurch ein freierer, umfassender Standpunkt gewonnen, der hoffentlich auch der Geschichte der einzelnen Völker zu gute gekommen ist. Gar manche auf den ersten Blick isolirt dastehende Notiz hat sich einem grösseren Zusammenhange eingefügt, die Wechselwirkung der äusseren und der inneren Zustände konnte vielfach in ein neues Licht gerückt werden. Wie umfang- reich die Lücken sind, welche in der Geschichte der einzelnen Völker ebensogut wie auf dem eben berührten universaleren Gebiet klaffen, wie vielfach wir nur tastend auf wankendem Boden vordringen können, habe ich auf Schritt und Tritt empfunden. Gar manche Frage, die sich uns aufdrängt, wird das uns erhaltene Material nie zu beantworten gestatten ; doch hoffe ich, dass in vielen Fällen gerade die von mir gewagte zusammenfassende Behandlung die Anregung zu weiteren Untersuchungen geben wird, deren Resultate weit über das hier Gebotene hinausführen.

Bis zu welchem Umfange es erstrebt worden ist, das Material vollständig zu geben, wird der Leser leicht erkennen ; dass dies Ziel auch nur annähernd erreicht worden sei, wage ich nicht zu hoffen. Dagegen ist es nie meine Absicht ge- wesen, die neuere Literatur über einen Gegenstand in biblio- graphischer Vollständigkeit zusammenzustellen; mit wenigen Ausnahmen habe ich nur Schriften citirt, die ich selbst in Händen gehabt, und die mir eine Förderung der Wissenschaft zu enthalten schienen. Gar manche werthvolle Werke und Aufsätze, die ich gern benutzt hätte, sind mir freilich hier unzugänglich geblieben, manches andere werde ich übersehen haben. Was mir von neuentdecktem Material während der Ausarbeitung bekannt geworden ist, habe ich möglichst nach- getragen; dagegen wird man mir verzeihen, dass ich um- fassendere Werke über die hier behandelten Gegenstände, die mir erst während oder nach der Vollendung der betreffenden Abschnitte zu Händen gekommen sind, nicht mehr berück- sichtigt habe, z. B. Hommel's Semiten, 1882, Reuss' Geschichte der heil. Schriften Alten Testamentes, 1881, Milchhöfer's

Vorwort. VII

Anfange der Kunst in Griechenland, 1883. Dagegen bedaure ich, Duhm's Theologie der Propheten, 1875, dessen Auffassung sich mit der meinigen in vielen Punkten berührt, nicht recht- zeitig eingesehen zu haben.

Nur mit grossen Bedenken habe ich den Abschnitt über das Avesta und die Entwickelung der iranischen Religion ge- schrieben, da ich mich mit dem Zend nie näher beschäftigt habe. Ein Eingehen auf die äusserst verwickelten Fragen, die hier ihrer Beantwortung harren, war durch den Plan des Werkes geboten, und wie wenig es möglich ist, sich hier den gangbaren Ansichten einfach anzuschliessen, weiss jeder, der sich auch nur oberflächlich mit diesen Dingen befasst hat. Wenn zukünftige Forschungen ergeben sollten, dass das Avesta doch in weiterem umfange als Quelle für die ältere Zeit be- nutzt werden darf, als ich es thun zu dürfen geglaubt habe, so wird die hier gegebene Darstellung dadurch insofern nicht geschädigt werden, als sie nicht umgestossen, sondern nur weiter ins Detail ausgeführt und lebendiger gestaltet wird. In der Geschichte ist überall, wo wir keinen festen Boden unter den Füssen haben, ein zu wenig besser als ein zu viel.

Von sonstigen Einzelheiten will ich nur noch erwähnen, dass ich bedaure, bei der Darstellung der aegyptischen Re- ligion nicht, wie bei den übrigen Religionen, von der Volks- religion, sondern vom Cult der Lichtgottheiten ausgegangen zu sein.

Der zweite Band dieses Werkes soll die griechische Ge- schichte und die Zeiten des Perserreichs, der dritte die helle- nistische Zeit behandeln; ich hoffe dieselben in nicht allzu grossen Pausen folgen lassen zu können. Ob es mir möglich sein wird, auch noch die römische Geschichte zur Darstellung zu bringen, muss der Zukunft überlassen bleiben.

Allen, die mir mit Rath und That bei dieser Arbeit geholfen haben, sage ich hier meinen besten Dank. Eine Reihe werth- voUer Bemerkungen verdanke ich den Herren Chr. Bartholomae, Friedrich Delitzsch, Georg Ebers, H. Hilprecht, Th. Schreiber. Ganz besonders verpflichtet aber bin ich meinen lieben Freunden

VIII Vuiwoil.

Adolf Erman und Hermann Güthe, von denen jener die auf Aegypten bezüglichen Abschnitte revidirt und mir speciell be- IrelBFs der Transcription sehr werthvolle Bemerkungen gegeben, dieser eine Correctur des ganzen Bandes gelesen und mich an zahlreichen Stellen zu prägnanterer und klarerer Formu- lirung meiner Ansicht veranlasst hat.

Zum Schluss sage ich Herrn Pfarrer G. Pleibel in Zazen- hausen bei Gannstatt für die sorgfältige Ausarbeitung des Index meinen besten Dank.

Leipzig, den 17. November 1883.

Eduard Heyer*

Inhalt.

8«it«

Einleitung 1

Elemente der Anthropologie §. 1 10. Anthropologie und Ge- schichte $• 11. 12. Inneres Wesen der Geschichte S* 13 16. Aeussere Bedingungen der Geschichte. Das historische Material $. 17—19. Allgemeiner Charakter der Geschichtsschreibung §. 20. Chronologie §- 21. 22. Geschichte des Alterthums §. 23—27.

Erstes Buch. Geschichte Aegyptens bis zum Ende der Hyksoszeit.

Quellenkunde zur aegyptischen Geschichte 29

Die Hieroglyphenschrift §. 28. Denkmäler und Schriftsteller S. 29-32. Chronologie §. 33-41.

L Die Grundlagen der aegyptischen Cultur 47

Die Aegypter und ihre Nachbarn. Alter und Charakter der aegyptischen Cultur §. 42—45. Anfänge des aegyptischen Staates §. 46—49. Organisation des Staates §. 50—53. Religion der Aegypter §.54— 69 (DerTodtendienst §.61— 64. Moral. Priester- schaft. Theologie und Mysterien §. 65—69). Materielle Cultur. Kunst und Literatur §. 70—74.

11. Das alte Reich von Memphis 91

Vierte und fünfte Djrnastie §. 75—79. Kunst und Literatur §. 80. 81. Religiöse Entwickelung. Anfänge der Osirisreligion §. 82—85.

IIL Die Uebergangsepoche ...,.• 102

Sechste bis zehnte Dynastie §. 86 90. Culturentwickelung. Ausbildung der monotheistischen Geh et ml ehre §. 91—94.

IV. Das alttbebanische Reich 113

Elfte Dynastie §. 95. 96. Zwölfte Dynastie §. 97—101. Literatur und Kunst §. 102-104.

X Inhalt.

8eiU

V. Verfall des thebanischen Reichs. Anarchie und Fremdherrschaft. 126 Dreizehnte Dynastie §. 105—107. Die Fremdherrschaft §. 108 bis 112. Gulturentwickelung. Abschluss des Aegypterthums §. 113-118.

Zweites Buch. Altbabylonische Geschichte.

Quellenkunde zur babylonisch-assyrischen Geschichte 145

Die Keilschria §. 119. 120. Quellen und neuere Werke §. 121 bis 124. Chronologie §. 125-127. I. Geschichte Babyloniens bis auf die Herrschaft der Kossaeer . 156 Das Land und seine ältesten Bewohner §. 128 130. Semi- tische Invasion. Die Chaldaeer §. 131. 182. Aelteste Staaten §. 133. 134. Elamitische Eroberung §. 135—137. Einheimische Könige §. 138. 139. Herrschaft der Kossaeer §. 140. 141.

II. Die Cultur Altbabylon iens 172

Nationalität §. 142. 143. Religion §. 144-152. Literatur §. 153

bis 157. Kunst §. 158-161.

Drittes Buch.

Die Semiten. Geschichte Yorderasiens im Zeitalter der aegyp-

tischen Eroberungen.

Quellenkunde zur Geschichte Syriens 194

Die hebraeische Literatur §. 162—169.

I. Die semitischen Stämme 206

Syrien und Arabien. Charakter und Religion der Semiten

§. 170—175. Die VolkssUmme Syriens §. 176-180. Anfänge der Assyrer §. 181. 182.

II. Handel und Cultur der syrischen Länder 221

Der Landhandel Syriens und Arabiens §. 183-189. Seehandel

der Phoeniker §. 190—194. Politische Verhältnisse Syriens §. 195. Cultur. Schrift. Industrie §. 196—198. Kunst §. 199 bis 204. Religion der syrischen Stämme §. 205-209.

III. Die aegyptiscben Eroberungen 253

Allgemeiner Ueberblick. Umgestaltung des Kriegswesens §• 210

bis 212. Vertreibung der Hyksos §. 213. 214. Die achtzehnte Dynastie §. 215—225. Reformationsversuch Chuenatens. Durch- führung des solaren Monotheismus §. 226 229.

IV. Das Reich der Cbeta und die neunzehnte Dynastie 275

Aufrichtung des Chetareichs §. 230—232. Die Kriege der Ae- gypter gegen die Cheta §. 233-238. SUat und Cultur der Ramessidenzeit §. 239—243.

Inball. XI

Seit«

Y. Die Kleinasiaten und die chetitischen Eroberi^ngen . . , 292 Die Volksstämme des kleinasiatisch - armenischen Hochlandes §. 244—249. Die Westkleinasiaten §. 250—254. Die Eroberungen der CheU §. 255-258.

Viertes Buch. Tom Ende des zwölften bis zur Mitte des neunten Jahrhunderts.

I. Untergang des Chetareichs und Verfall Aegyptens 311

Reaction der Hellenen gegen die Phoeniker. Angriffe der See- Völker auf Syrien und Aegypten §. 259. 260. Wirren in Ae- gypten. Ramses III. §. 261. 262. Untergang des Chetareichs. Die Philibler §. 263—266. Die späteren Ramessiden. Aufrich- tung der Priesterherrschaft in Aegypten §. 267—269.

II. Das erste Assyrerreich 325

Babylonien und Assyrien bis auf Tiglatpileser I. §. 270 272. Tiglatpileser I. und seine Nachfolger §. 273—276. Innere Ver- hältnisse und Cultur Assyriens §. 277. 278.

IIL Die BlQthezeit Phoenikiens 836

Zurückdrängung der Phoeniker durch die Hellenen §. 279. Die Fahrten der Phoeniker nach Westen §. 280—282. Das Mutter- land. Vormacht von Tyros §. 283—286.

IV. Die Hebraeer in Palaestina 346

Verhältnisse Syriens §. 287. Occupation Kana'ans durch die Stämme der Hebraeer §. 288—292. Bedrängniss durch die Nachbarstämme. Anfänge des Königthums §. 293. 294. Herr- schaft der Philister. Die Kriege Saul's und David's §. 295-300. Das Reich David's und Salomo's §. 301—305. Bürgerkriege und Auflösung des Reichs §. 306—308. Religion §. 309-314.

V. Aegypten unter der Herrschaft der Söldner 380

Die tanitischen Könige und die Oberpriester von Theben §. 315. 316. Die libyschen Söldner und die zweiundzwanzigste Dynastie §. 317-320.

VI. Israel unter der Herrschaft des Hauses *Omri 389

Politische Geschichte der Hebraeer und ihrer Nachbarstaaten §. 321—325. Anfänge des israelitischen Monotheismus §. 326 bis 329. Literatur §. 330. 331.

Fünftes Buch.

Die Zeiten der assyrischen Grossmacht.

I. Die Begründung des grossen Assyrerreichs 405

Ueberblick §. 832. Die Eroberungen Asäurnä^irpars und Sal- manassar*s II. §. 333—339. Die Nachfolger Salmanassar's II.

XII Inhalt

Seit«

Das armenische Reich §. 340—343. Staat und Cultur der As- syrer §. 344—349. II. Aegypten und Syrien bis auf die Eroberungen Tiglatpileser's II. 425 Das Reich von Napata und die Eroberung Aegyptens durch die Aethiopen §. 350—353. Damaskus. Israel. Phoenikien §. 354 bis 357. Israelitische Culturentwickelung. Ausbildung des jah- wistisch-prophetischen Monotheismus §. 358—364.

III. Die Eroberung Syriens und Babyloniens durch die Assyrer . . 446 Tiglalpileser IL §. 365—371. Salmanassar IV. §. 372. Sargon's Feldzöge §. 373-376.

rV. Assyrien auf der Höhe seiner Macht 460

Das Reich Sargon*s §. 377—380.- Sanherib und Assarhaddon §. 381—389. Die Assyrer in Aegypten. Abzug der Aethiopen §. 390—392. Assyrien unter Assurbanipal §. 393—395.

V. Vorderasien zur Zeit des assyrischen Reichs 483

Die Nachbarstaaten Assyriens: Elam, Armenien, Kleinasien §. 396—400. Handel und Verkehr. Das Sabaeerreich §. 401 bis 403. Die Seeherrschaft. Phoeniker und Hellenen §. 404 bis 407. Kunst §. 408. 409.

Sechstes Buch.

Die iranischen Stämme, die Bestanrationszeit nnd die Be- gründung des Perserreichs.

Quellenkunde zum sechsten Buch 497

Denkmäler. Schrirtst eller. Chronologie §. 410—413. Die reli- giöse Literatur der Iranier. Das Avesta §. 414—420.

I. Die Stämme der Arier 511

Das iranische Hochland. Die nichtarischen Stämme Westirans S. 421. 422. Die Arier §. 423-427. Religion der arischen Stämme §. 428-434.

IL Die Iranier und die zarathustrische Religion 526

Die iranischen Stämme §. 435—438. Die Ahuramazdareligion §. 439—447. Die Verbreitung der Religion und die Gottheiten des Volksglaubens §. 448—451.

(IL Die Invasionen der Nordvölker und die letzten Zeiten der as- syrischen Herrschaft 543

Die Kimmerier in Kleinasien §. 452 455. Assurbanipars spätere Zeit. Kriege mit Elam §. 456—460. Die Skytheninvasion und das Vordringen der Iranier §• 461—466.

IV. Die Restauration in Aegypten und Juda und der Untergang

Assyriens 561

Aegypten unter Psammetich und seinen Nachfolgern S. 467—471.

Inbalt. Xill

8«ita

Das Gesetzbuch von Juda §. 472—479. Der Fall Assyriens. Necho in Syrien §. 480—483.

V. Die Zeiten des neubabylonischen Reichs . 579

Das medische und das lydische Reich §. 484—489. Das Reich Nebukadnezar*8 IL §. 490 493. Nebukadnezar und Aegypten. Der Fall Jerusalems §. 494—497. Nebukadnezar's Nachfolger. Amasis §. 498—500.

VI. Die Begründung des Perserreichs 601

Kyros§. 501-506. Kambyses §. 507-510. Darius §. 511-515. Schluss §. 516.

KOnigsIisten.

Aegypten.

Vierte und fQnfte Dynastie S. 95. Sechste bis zehnte Dynastie S. 107. Zwölfte Dynastie S. 122. Dreizehnte Dynastie S. 129. Achtzehnte Dynastie S. 274. Neunzehnte Dynastie S. 315. Die tanitischen Kö- nige und die Oberpriester des Aroon S. 383. Zweiundzwanzigste Dynastie S. 389. Uebersicbt der gleichzeitigen Dynastien der Ae- thiopenzeit S. 479. Sechsundzwanzigste Dynastie S. 601.

Babylonien und Assyrien.

Die älteren Könige S. 329. Bis auf Tiglatpileser U. S. 419. Bis auf Assurbanipal S. 472. Die Könige Neubabyloniens S. 598.

Israel, Tyros,Damaskos.

Von Salomo bis Jehu S. 397. Bis zur Zerstörung Samaria's S. 434. Die letzten Könige von Juda S. 595. Die späteren Könige von Tyros S. 596.

Abkürznngen.

ÄZ. = Zeitschrift fOr aegyptische Sprache und Alterthumskunde.

Ak. = Akademie.

Ber. =5 Berichte (Monatsberichte).

Delitzsch, Par. = Delitzsch, Wo lag das Paradies? 1881.

J. = Journal.

J. As. = Journal Asiatique. J. As. VII, 15 = Journ. Asiat 7"** s^rie,

tome 15. JRAs. Soc. = Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and

Ireland. Lepsius, D. = Lepsius, Denkmäler aus Aegypteni Nubien und Aethiopien,

in 6 Abth. I R., HR« u. s. w. = Rawurson, Guneiform Tnscriptions of Western

Asia, 5 Bde. RA. = Revue arch^logique. RAn. = Revue arch., nouv. s4rie. RP. = Records of the Past, 12 Bde. ScHRADER, KAT. = ScHRADER, Die KeiÜnschriften und das alte Testament,

2. Aufl. 1883. ScHRADER, KGF. = ScHRADER, Keüinschriften und Geschichtsforschung, 1878. Tr. = Transactions. TrSBA. = Transactions of the Society of Biblical Archeology. (Proc. SBA.

=: Proceedings of the Soc. of Bibi. Arch.) Z. = Zeitschrift. ZDM. = Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft,

Transcription.

Die Grundlage der in dem vorliegenden Werk befolgten Transcription bildet naturgemäss das semitisch- aegyptische Alphabet. Ueber die Laute des aegyptischen Alphabets ist man noch Decennien nach dem Abschluss der eigentlichen Entzifferung der Hieroglyphenschrift im Unklaren gewesen, da die Transcriptionen griechischer Namen , von denen man ausging, aus einer Zeit stammen, in der der Lautbestand der alten Sprache längst völlig umgewandelt und überdies das Schriftsystem in eine rebusartige Spielerei ausgeartet war. Es ist das Verdienst von H. Brugsch, in seinen geographischen In- schriften (1857) zuerst den Lautwerth der Zeichen in allem wesent- lichen richtig bestimmt und zugleich die fast völlige Identität des altaegyptischen mit dem semitischen Lautbestande dar- gelegt zu haben. Nach vielfachem Widerspruch hat sich jetzt die Erkenntniss des richtigen Sachverhalts ziemlich allgemein Bahn gebrochen und es steht zu hoffen, dass auch die wenigen noch beibehaltenen und den Laien aufs ärgste verwirrenden Ueberreste der alten Schreibung, namentlich der Gebrauch von t und k für d und g und von ä für 'ain, bald völlig verschwinden werden. Ich lasse jetzt zunächst eine üeber- sicht des von mir angewandten Transcriptionsalphabetes folgen, wobei ich von dem hebraeischen Alphabet ausgehe.

XVI Transcription.

{< aeg. 1 ^) Spiritus lenis, nur wo Irrlhümer zu befürchten

waren, durch * oder - bezeichnet.

3 . J b.

J » S g.

n » ra h.

1 ^ -2^, ^ w, ü (aeg. u).

j fehlt aeg. *) z (tönendes s, wie im franz.).

n a) = arab. p^ aeg. X h ^[starkes h).

b) = jj jr ® ch (rauhes ch des oberen Gaumens).

10 fehlt aeg. t (emphatisches t).

aeg.

OD

r\ j (unser j), i.

k.

^ fehlt aeg. P).

D aeg. Jü^si m. I jj /vwwA n.

D » I , H— s (immer scharf) *).

y j, 0 ' Cain, ein dem Semitischen und Aegyptischen

eigenthümlicher Kehllaut) *).

') Ob das aegyptiscbe Zeichen sieb wirklieb mit (^ genau deckt oder vocaliscbe Bedeutung bat, ist nicbl sicher.

') s. unten bei T*.

•) Das aegyptiscbe jg^, das man gewöhnlich mit 1 umschreibt, ist das Silbenzeicben ru. Das Zeichen r vertritt im Hierogl. zugleich das 1 fremder Sprachen. Nur ein paar mal, z. B. in Sapalel §. 232, ist die alte Schreibung durch Versehen stehen geblieben. Richtig wäre Saparuru = ass. Sapalulmi [sprich §apalulroi].

^) In Transcriptionen entspricht aeg. s manchmal auch dem sem. ^, z. B. in 'Aslarla = nlnK^JJ, Tamsqu = piI^Dl , Asqaruna

*) Den Unterschied zwischen *ain und ghain habe ich nicht be- rQcksichtigt. obwohl er auch in Palaestina in der Aussprache vorhanden war, vgl. nTJ?! TaCa, aeg. Gasatu u. s. w.

-\

1

»

p

35

n

»

Z'

J5

n

7>

Transcription. XVU

aeg. i p.

1 s (emphatisches scharfes s) *).

^ q (emphatisches k).

<=r> r (vertritt im Aeg. auch 1, s. o.).

r-rrn s (unser seh).

^ l«).

Dazu kommen die kurzen, von der semitischen Schrift gar nicht, liieroglyphisch nur in einzelnen Fällen bezeichneten Vocale a, i, u, femer e und o. In der Regel müssen dieselben beim Lesen nach unserer Kenntniss der Sprache ergänzt werden, und es ist daher auf aegyptischem Gebiete sehr häufig und mitunter auch auf semitischem fraglich, ob wir den richtigen Vocal eingesetzt haben. Es hat sich in vielen Fällen sogar zweifellos eine falsche Transcriptionsweise herausgebildet; z. B.

hat man sich in Folge der falschen Umschreibung des .. ß

durch ä gewöhnt, in allen Wörtern, die dieses Zeichen ent- halten, ein a zu sprechen, obwohl die griechischen Inschriften und das Koptische vielfach ganz andere Vocale aufweisen, z. B. Amenemha't 'A|i(jLsvi|iYj<;, Neferkara' Ne(psp-/dpY)(; u. a. Im all- gemeinen war es daher, zumal da gründliche Vorarbeiten noch ganz fehlen, unmöglich, eine correcte Schreibung auch nur zu erstreben, und ich habe meist an der alten und am wenigsten verwirrenden Gewohnheit festgehalten, da wo ein Vocal nicht geschrieben oder, wie in den mit Har beginnenden Gompositis, sicher überliefert ist, einfach e zu setzen.

*) Das Zeichen ( entspricht in Transcriptionen gewöhnlich dem , z. B. ^iduna, Saru, l^amar, Sarpta, Sa'nu (Tanis), aber gelegent-

i

ich, z. B. in Gasatu = Gaza, auch dem f. Der correcte Werth des aegyptischen Zeichens scheint weder s noch z, sondern ein dem d näher stehender Laut gewesen zu sein.

') Den Buchstaben s==^, der schon früh mit t zusammengefallen ist, habe ich von diesem nicht geschieden; in Transcriptionen vertritt er ein Q. Mehrfach entspricht ein aegyptisches t dem semitischen "| d, z. B. MakU - njD, Tamsqu - plTDl. Maktar = ^XD-

XVllI Transcription.

Bei der Transcriplion des Assyrischen umschreibe ich den etymologisch dem hebraeischen ^ entsprechenden Laut mit s, den dem Q entsprechenden mit s. Schrader (Ber. Berl. Ak. 1877, 79 flF.) hat erwiesen, und seine Aus- führungen sind durch die zuversichtlichen Behauptungen Haüpt's (Gott. Nachr. 1883, 85 flf.) in nichts erschüttert worden, dass diese Aussprache ursprüngh*ch in Assyrien (daher Assur = lllE^N) -Und zu allen Zeilen in Babylonien geherrscht hat. Dagegen haben die beiden Zeichen im Laufe der Zeit in Assyrien ihre Bedeutung gewechselt, das alte s ist s, das alte s als s gesprochen worden. Daher schreiben die späteren Assyrer Same- rina, Asdudu, KQsu (Kus, dagegen babyl. Kusu NR. 19) u. s. w., die Hebraeer prnDN» j1i*1D "• s. w. Es entsteht dadurch für uns ein unangenehmes Dilemma, sobald es sich um die Umschreibung fremder Namen handelt. Wenn z. B. die armenischen Inschriften Ispuinis, Tüspä(e) und ebenso die Assyrer Turuspä oder z, B. Parsua u. ä. schreiben [nach unserm Transcriptionssystem] , so kann kein Zweifel sein, dass sie damit Ispuinis, (Tuspä Turuspä), Parsua ausdrücken wollen. Wo assyrische Texte vorliegen, habe ich trotzdem durchweg die etymologische Umschreibung beibehalten, da- gegen die Namen der armenischen Inschriften nach der Aus- sprache umschrieben. Sollte gelegentlich ein Versehen vor- kommen, so bitte ich dasselbe nachsichtig zu beurtheilen ^).

Im übrigen ist zu bemerken, dass das assyrische m zugleich das w etymologisch vertritt. Wenigstens in Babylonien ist das- selbe im Inlaut jedenfalls als vv gesprochen worden, vgl. oaoTj §ame, oacoc samas, V^1{< amil, aber "IllD Marduk u. s. w.

Die Umschreibung der arischen Laute schliesst sich der der semitischen an. Den sog. lingualen Zischlaut, unser seh, um- schreibe ich mit s, die palatale Tenuis mit ts. Leider habe ich

') Vielleicht wäre es auch rathsam gewesen, bei den babylonischen und assyrischen Namen die einzelnen Glieder der Gomposita durchweg durch Bindestriche zu trennen. Leider habe ich mich durch Haupt verleiten lassen, das A-A geschriebene Zeichen mit A zu umschreiben, obwohl es, z. B. in Na-na-a-a = NÄvaia >J3, sicher den Lautwerth ai bat.

Transcription. XIX

aber versäumt, fär die entsprechenden tönenden Laute recht- zeitig ein eigenes Zeichen einzuführen, und habe daher tönendes seh (das franz. j) mit zh, die palatale Media (das engl, j) mit dsch [gelten tlich auch mit dj] umschrieben. Die Epenthese Im Zend,die lediglich auf dem liturgischen Vortrag der religiösen Texte zu beruhen scheint, habe ich bei der Transcription weggelassen, ebenso die durch Svarabhakti entstandenen Vokale.

Eine Frage, die überhaupt theoretisch nicht zu lösen ist,

wohl aber jeden, der ein wissenschaftliches Werk über fremde

und namentlich orientalische Geschichte schreibt, einiger-

maassen zur Verzweiflung bringen kann, ist die, wie weit die

wissenschaftlich genaue Transcription durchgeführt werden

darf. Dass man ohne arge Geschmacklosigkeit nicht Sa'ul,

Dawid, Slömö schreiben darf, liegt auf der Hand, während

kein Grund vorliegt, seltene und wenig bekannte Namen nicht

auch correct zu transcribiren. Im einzelnen habe ich mir

hier manche Inconsequenzen zu Schulden kommen lassen.

Die Bezeichnung des ^ain habe ich als für niemanden störend

fast nirgends weggelassen. Jeden Ässyriologen muss es

schmerzen, wenn er die von den Masorethen geschaffenen

ünformen Tiglatpileser, Sanherib, Assarhaddon oder gar Ne-

bukadnezar (neben Belkudurriusur) schreiben muss, zumal wo

so schöne griechische Transcriptionen wie Sevaxijptßex; und

Napooxo8pöaopO(; vorliegen; aber hier wird man von dem

usus nicht abweichen dürfen ^); Auf der anderen Seite wäre

es vielleicht passender gewesen, wie bei Ramses für Ra'messu,

so auch bei Thutmosis für Dhulmes die griechische Form

beizubehalten. Die von den Modernen geschaffene Unform

Tutmes freilich hat gar keine Berechtigung.

0 Die masorethische Vocalisation sehr vieler nicht ganz geläufiger fremder and zum Theil auch der einheimischen Namen ist rein willkQhrlich und ohne irgend welchen Werth. Vielfach bewahrt LXX noch die cor- recten Formen, üeberhaupt würde eine umfassende Bearbeitung der Tran- scriptionen in LXX, die meines Wissens noch nie unternommen ist, nach mehr als einer Seite hin, z. B. auch für die Sprachgeschichte, interessante Resultate ergeben.

Nachträge nnd BericMigangeu.

S. 54, ZI. 19 ff. ser findet sich bieroglyphisch nur als einheimischer Adelstitel; das vielfach för ser gehaltene Zeichen, welches fremde Dy- nasten und die Fürsten der Ma (§. 317) bezeichnet, ist immer ur zu lesen.

S. 64, ZI. 14 lies : Unut fQr Unnut.

S. 69, ZI. 2 V. u. lies: des Osiris.

S. 138, ZI. 1. Ra'*aqenen Apepi findet sich auch auf der Opfer- tafel för den Sutech von Auaris bei Mariette, Mon. div. 38.

S. 153, §. 125. ZI. 5. Die Angaben Qber die babylonische Schal- tung beruhen auf einem Versehen. Der zweite Elul findet sich als Schalt- monat neben dem Veadar vielfach auf den Contracttafeln des sechsten Jahrhunderts. Zu der in der Anmerkung erwähnten Tafel aus Kyros* Regierung s. §. 498 Anm.

S. 160, ZI. 17 lies: der Name Ghaldaeer ist vor den assyrischen Inschriften des neunten Jahrhunderts bis jetzt nicht nachweisbar u. s. w.

S. 168, ZI. 7 V. u. Ein Siegel Gamilsin's hat Schrader, Ber. Berl. Ak. 1879. 288 ff. publicirt.

S. 169. Die Thontafeln aus Warka aus den Regierungen des Nur- ramän, Rinisin, Ghammurabi und Samsuiluna sind jetzt von Strasshaier, Abb. Berl. Ür. Gongr. I, publicirt.

S. 214, ZI. 12 lies: §. 231 für 237,

S. 278, ZI. 6 lies: Ruka für Buka. Die Bemerkung Qber Ka$en ist zu streichen. Das Wort findet sich als aegyptischer Titel unter Ramses 11. bei Sharpe, Eg. Inscr. 11, 31.

S. 318, ZI. 7 V. u. lies: die auch geographisch unmögliche Ansicht.

S. 839, ZI. 8 V. u. lies : das 2inn.

S. 453. Dass Salmanassar iV. ein Sohn Tiglatpileser's IL war, ist lediglich Vermuthung.

S. 506. Zur Literatur Qber den avestischen Kalender ist nachzu- tragen de Harlez, Abb. Berl. Orient. Gongr. II, 238 ff.

S. 582. ZI. 21 lies zulässige für zuverlässige.

Einleitung.

ELemeiite der Anthropologie.

§. 1. Die Wissenschaft von der Entwickelung des Menschen (Anthropologie) hat durch die Forschungen der neueren Zeit eine festere Gestaltung erhallen und ist aus dem Bereiche logischer Deductionen hinweg auf den Böden sicherer That- sachen gestellt worden. Die Sprachwissenschaft führt uns nicht nur in Zeiten hinauf, in denen die ethnographischen Verhältnisse in ganz anderer Weise gestaltet waren, als in den ältesten historischen Epochen, und lässt gel^entliche Schlag- lichter fallen auf die Völkerbewegungen und Culturrerhältnisse weit früherer Zeiten , sie ermöglicht uns auch, zwar nicht his zum Ursprung der Sprache vorzudringen denn dies ist ein rein psychologisches, keiner historischen Forschung zugängliches Problem , aber doch zu erkennen, wie mit und in der Sprache zugleich die menschliche Vernunft wächst und sich bewegt, immer freier sich ausbildet und für jede neue Wahr- nehmung und für jeden neuen Gedanken sich neue Formen schaff. Die prähistorischen Funde gewähren uns einen Ein- blick in die langsam fortschreitende Geschichte der Werkzeuge, der Wohnungen und Lebensmittel. Die vei^leichende Eth- nologie sucht die primitivsten Formen des Lebens, der Sitten ond Bräuche zu ermitteln und die Gesetze aufzuzeigen, denen ihre Entwickelung unterliegt. Die allgemeine Entwickelungs- theorie endlich gibt uns zwar über die geistigen Anlange des Mensc; n keinen Aufschluss denn indem sie denselben sich

K*7*r. a«Ktil<lite dea AllfrUmnu. 1. 1

2 Einleitung.

aus den nächst verwandten organischen Wesen herausbilden lässt, postuhrt sie ein Geschöpf, dessen inneres Leben auf das es der hislorischen Erkennlniss allein ankommt uns niemals erschlossen werden kann. Aber indem sie den Menschen in den grossen Zusammenhang der organischen Wesen einordnet, Ifissl sie auch in seiner EntwickeliiHK die- J selben Bedingungen erkennen, welche diese beherrschen: eine I fortwährende Differenzirung und eine fortwährende Änpassnng. 1

Die >Prriude der Spracbbildang« oder wie man sie sansl nennen will (Wuriel Periode u. a.) ist Lritisclier (d. li. historischer) Forschung niemals erreichbar; diese hat es immer, auch wenn sie eine um ungeiflhUe Jahrtausende tturQck liegen de Sprache conslruiren kannte, mit einer fer- tigen, in sich völlig abgeschloesenen und sich stets nach denselben Ge- setzen weiter entwickelnden Sprache iu Ihuiv. Die BebauptungeD SiTHLEjcHEn's , dass Spi-acbbildung und Geschiebte sich ablösende Tbaiig- keiten des menschlichen Geistes seien und dass die Sprache in geschicht- lichen Zeiten verfalle, sind viellnicbt das Verkelirtesle , was je über Sprache gesagt isl, und beruhen auf der sehr gewöhnlichen Verwechselung der Sprach wisseniicbafl mit der rein mechanischen Wissenschaft com Lautwandel.

g. 2, Der Mensch, d. h. nicht der abstracte »Ur- mensch«, sondern der concrete, ethnologisch und geschichtlich gegebene, steht niemals isolirt da. Er ist fhati xo^tttx^v Cijiov und kann nur extstiren in einem grösseren staatlichen Verbände, d. h. in einem auf Interessengemeinschalt beruJien- den ftislbegründeten Verhältniss zu anderen. Ein seiner Natur nach nicht durch zufällige Schicksale slaatloses Wesen ist, wie Aristoteles richtig sagt, entweder mehr oder weniger als ein Mensch, d, i. ein Gott oder ein Thler, Die landlänlrge Anschatiung, welche die Familie logisch und hi^loriscli dem Staate vorangehen lässt, ist falsch. Denn sie fasst die Familie ja nicht als pjiysische Gemeinschaft von Mann, Weib und Kind, sondern als eine ethische Institution; aus der patriarcha- lischen Familie, in der das Haupt über Söhne und Enkel und über die Schaaren der Knechte gebietet, lässt sie durch den Zusammentritt mehrerer zu einem Ganzen den Staat her- vorgehen. Eine solche Familie aber kann nur existiren, wenn

Elemente der Anthropologie. 3

sie nach aussen und innen anerkannt ist, wenn sie als ge- heiligte und unverletzliche Institution gilt und ein Element eines grösseren, sie respectirenden und schützenden Verbandes ist; sie setzt also das Bestehen staatlicher Gemeinschaft voraus. Ein gleiches gilt von der Sprache; denn diese entwickelt sich nicht etwa aus dem Verhältniss der Eltern zu den Kindern wie man wohl gemeint hat, aus dem Lallen der Kinder, das lediglich ein Versuch ist, die gehörte Sprache sich anzu- eignen — , sondern sie beruht auf dem Mittheilungsbedürfniss (Äichstehender und durch gemeinsame Interessen Verbundener. Ebenso ist alle Entwickelung der religiösen Anschauungen, der Werkzeuge, jeder Fortschritt des Lebens nur möglich durch die Wechselwirkung der Individuen in einer geschlossenen, in fortwährendem Verkehr sich unterstützenden und fördernder^ Gesaramtheit.

Jede Theorie Ober den Ursprung staatlicher Verhältnisse dies Wort ist hier durchweg in dem oben definirten umfassenden Sinne zu verstehen ist falsch, da wir einen Menschen ohne Staat nicht denken können. Auch hier können wir nur eine Entwickelungsreihe von primitiven zu immer complicirteren Formen aufzeigen. Noch seltsamer freilich ist es, wenn neuere Forscher über den Ursprung eines historisch gegebenen Staates Theorien aufstellen und den römischen z. B. aus einer freien Vereinigung von Familienhäuptern sich in logischer Folge ent- wickeln lassen, dabei sich Ober die alten Gelehrten weit erhaben dOnkend». die viel correcter, wenn denn einmal von einem Ursprung die Hede sein sollte, den Ursprung der Staatsordnung auf einen Willensact seines Be-^ gründers zurückführten.

§. 3. Jeder Mensch betrachtet sich als den Mittelpunkt der ihn umgebenden Welt Alle Erscheinungen interessiren ihn zunächst nur so weit, als sie ihn berühren, und umgekehrt, in jeder Wahrnehmung, die sich ihm aufdrängt, sucht er eine persönliche Beziehung zu sich selbst. Wie er in sich den Gegensatz des inneren und äusseren Menschen empfindet, jenen als Triebfeder, als Ursache der Handlungen des letzteren wahrnimmt, so denkt er auch in jedem Dinge und als Ursache jeder Bewegung der Aussen weit ein inneres Agens, das er sich dem eigenen Wesen möglichst conform vorstellt. Auf

4 Einleitung.

dieser Grundlage beruht die primitive Denkweise des Menschen, die man nach ihrem prägnantesten Ausdruck als die mythische bezeichnet. Erst allmählich und schwankend bildet sich der Begriff des Unbelebten, der immer und immer wieder durch die alte Vorstellungsweise zurückgedrängt wird. Da nun die Menschen überall von der Aussenwclt abhängig sind, suchen sie diese in ihr herrschenden Mächte zu beeinflussen, sich günstig zu stimmen, behandeln sie wie sie ihre Mitmenschen behandeln. So .entstehen die Anfange des religiösen Gultus, Zauberformeln, Opfer, Gebete. Ihre individuelle Gestaltung erhalten diese iÄ- schauungen in der Gemeinschaft, welche Wirkungsart und Namen der Sai[xove(; und die Formen des Gultus bestimmt. Je weiter sich aber diese Vorstellungen ausbilden, je complicirter und detailHrter das Ritual wird, desto weniger ist der Einzelne im Stande, es zu beherrschen, den richtigen Verkehr mit den Geistern zu führen. Nur diejenigen, welche sich ganz dieser Aufgabe widmen, das Detail ihres Berufs von den Vätern lernen und ihren Kindern und Schülern überliefern, und welche nament- lich im Besitze der geheimniss vollen, der Masse verborgenen Formeln und Riten sind, welche die Herrschaft über die Dämonen gewähren, sind dazu befähigt. So entstehen zu- gleich die Anfange eines mehr oder weniger geschlossenen Priesterstandes.

Nähere Ausführungen üher die Grundzöge der religiösen Entwicke- lung folgen in der aegyptischen Geschichte. Dort ist auch üher den »pri- mitiven Henotheismus« das Nöthige heraerkt (§. 59). Namen wie Fetischismus, Animisnius u. ä. habe ich durchweg mit Absicht vermieden. Im Qbrigen bedarf es wohl kaum der Bemerkung, dass die hier vor- getragenen Ansichten über die Entwickelung der Religion in erster Linie auf den grundlegenden Arbeiten Steintiial^s beruhen.

§. 4. Jede Generation steht auf den Schultern ihrer Vorfahren, sie übernimmt von diesen Anschauungen, Lebens- weise, Sitten. Wenn nun auch jedes Geschlecht Neues schafft, so ist doch die Summe des Ueberkommenen bei weitem grösser als alles w^as neu hinzutritt. So steht jeder Mensch unter dem Banne der Tradition, und je bedeutender ihr Inhalt ist,

Elemente der Anthropologie. 5

namentlich je mehr materielle Leistungen (in Gewerbe, Kunst, Wissenschaft) sie enthält, desto grösser muss das Bestreben sein, sie unverfälscht durch willkürliche Aenderungen Einzelner fest zu halten, sie rein von allen neuen Zusätzen zu bewahren. Sie erscheint als etwas Heiliges, Uebermenschliches , von den ausserirdischen Mächten Ueberkoramenes, und die Ahnherren, welche sie gelernt oder geschaffen haben, als weit weiser und glücklicher als die gegenwärtige Generation, die etwas Der- artiges aus sich selbst nie zu leisten vermöchte. In Wirklich- keit ist diese überall herrschende Anschauung nur der my- thische Ausdruck des Satzes, dass der Inhalt der Tradition (dies Wort im weitesten Sinne genommen), eben weil sie das Werk zahlloser Individuen und Geschlechter ist und sich all- mählich den sich ändernden Verhältnissen angepasst hat, nie- mals von dem Einzelnen oder der neuen Generation, die selbst überall unter ihrem Einfluss steht, umgestossen, durch etwas Neues ersetzt werden kann, oder in anderen Worten, dass es unmöglich ist, die Continuität der historischen Entwickelung zu durchbrechen. Je mehr man nun aber die Tradition be- stimmt zu fixiren, rein zu erhalten sucht, desto mehr verliert sie die Fähigkeit, das zu leisten, was sie leisten soll. Da die äusseren Bedingungen des Lebens sich zwar häufig sehr lang- sam aber doch stetig ändern, muss die Tradition sich den- selben anpassen; und das kann sie nicht mehr, sobald sie unabänderlich geworden ist. Entweder also entsteht hier ein Conflict, der in die tiefsten Lebensbedingungen eingreift, oder die Tradition erlangt den völligen Sieg und führt dann zu fester, undurchreissbarer Einschnürung des gesammten Lebens, zum Aufhören aller Entwickelung, d. h. zu Stillstand und Tod. §. 5. Die nächste Aufgabe des staatlichen Verbandes ist der Schutz des Lebens und Eigenthums seiner Angehörigen gegen äussere Feinde, d. h. die Kriegführung, und die autori- tative Entscheidung über Mein und Dein im Falle eines Streites unter den Angehörigen selber, d. h. die Rechtspre- chung. Weitere Aufgaben können hinzutreten ; wird Viehzucht oder Ackerbau nicht von den Einzelnen, sondern von der Ge-

6 Einleitung. ^^^H

sammtheit betrieben, sind Wanderziige zu unternehmen ii. a., so lie^t auch hier die Leitiini» dem Staale ob, Die Gestaltung desselben kann mannigfach verschieden sein. Zwar die Krieg- führung erfordert immer eine einheitliche Leitung, aber ob der Häuptling auch im Frieden die herrschende Stellung ein- nimmt, oder ob der Staat im wesentlichen auf einer Eini- gung freier, gleichberechtigter Elemente beruht, ob die »Ael- testen« der Geschlechter zusammentreten, um Recht zu sprechen und zu bcrathen, oder ob sie lediglich den Beiralh des Pursten bilden, das beruht auf den zahllosen Bedingungen, welche durch Wohnsitz und Lebensart, durch Grösse und Geschichte des Stammes gegeben sind. Im allgemeinen herrscht bei no- madischen Völkern, wo jeder die Waffen führt und sofort zur Vertheidigung bereit ist, wo man den Wohnsitz leichten Her- zens aufgibt, die freiere Organisation, während feste Ansiede- lungen und Ackerbau auch eine weniger achwankende und stärkere Staatsform erfordern.

Dass uräprQnglich ledifrlicli die Civil Jurisdiction Aufgab? des Slaales ist, während er die Verfoleung von Verbrechen ausser wenn sie direcl gegen den Staat gerichtet sind äberall erst sehr spfit vor sein Forum zieht, ist bekannt.

g. 6. Mit dem üeliergang zum festen Wohnsitz und zum Ackerbau vollzieht sich überhaupt eine tief einschneidende Umgestaltung aller Lebensverhältnisse. Mit dem Eigenlhum selbst ist auch dessen ungleiche Verlheilung nothwendig ge- geben, und überall finden wir Wohlhabende und Arme, Herren und Knechte, Die Ungleichheit des Grundbesitzes aber, die überall da eintreten muss, wo nicht das Ackerland in be- stiinmten Fristen immer wieder gleichmässig unter die Ge- meinde vertheilt wird, schafft den neuen Gegensatz der grossen Grundbesitzer, welche ihre Felder durch Knechte und Tage- löhner bestellen lassen und sich ganz dem Krieg, dem Staals- leben oder der Müsse widmen können, und dem kleinen Bauern, der sein Land selbst pllügen muss und für andere Dinge wenig Zeit hat. Von Generation zu Generation erweitert sich die Kluft, Die Herrensöhne sehen sich durch einen weiten Ab-

Elemenle der Anthropologie. 7

stand getrennt von den Bauernkindern, die ihren Vätern bei

der Arbeit helfen, sie fühlen sich zu einem anderen, edleren

Usnif geboren; es entsteht der Unterschied der Stände,

Andererseits vermehren sich die materiellen Bedürfnisse; wer

den Pflug zu führen versteht, kann ihn noch nicht schmieden, noch

niclil sein Haus bauen. Das sesshafle Leben, das Zusammen-

schliessen in Dörfern und Städten bietet die Gelegenheit zur

weileren, sorgfaltigeren Ausbildung der Handwerke und Künste.

Auch kann man jetzt daran denken, den Göltern ein würdiges

Haus zu bauen, die Priester können ihre Wissenschaft weiter

ausbilden, andere wie Medicin, Sternkunde, Geometrie begannen

sich von derselben abzuzweigen. Genug, überall tritt Arbeils-

Iheitung ein. Neben die Adligen, Priester und Bauern tritt

<1er neue Stand der Gewerbt reibenden und seine nothwendige

Ergänzung, die Händler und Kaufieule.

§. 7. Jede grössere staatliche Genossenschaft zerfällt in Unlerablheilungen, die je nach der Lebensweise als Geschlech- ter, als Gauverbände, als Dörfer erscheinen, und durch lie- sondere Institutionen, namentlich specielle religiöse Culte, ver- einigt sind. Das Ganze aber wird durch das Gefühl der engen Zusammengehörigkeit in Sprache und Sitte, durch die Gemein- samkeit der Tradition zusammengehalten; die Einzelnen be- Lracblen sich meist als Nachkommen eines Ahnherrn, Der Stamm selbst aber gehört immer einem grösseren Verbände an. Seine Nachbarn sprechen im wesentlichen die gleiche, nur dialektisch abweichende Sprache, sie haben dieselbe Le- bensweise, fast gleiche Anschauungen und Culte. Häufig hat sich ein aller Stamm in mehrere neue aufgelöst, mehrere sind zu einem politischen Bande vereinigt worden. So weit diese Gleichartigkeit reicht, herrscht auch trotz aller Kämpfe und Gegensätze ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, des gemein- samen Ursprungs: erst wo andere Sprache und Sitte beginnt, ist die Grenze des Volkes. Ursprünglich ist dies Nationalge- fühl nur äusserst schwach, oft fehlt sogar ein Name für die grosse Gesammtheit. Aber namentlich in sesshaften Zuständen, I Handel und Verkehr sich entwickeln, wo das Bedürfniss

g Einteilung. ^^^1

eines friedlichen Verkehrs mit den Naclibarn weit stärker auf- tritt, und andererseits die festere Ausbildung der staatlichen Formen in vielen Fällen speciell die Eniwickehin^ des Adels zu einem besonderen Kriegersfande Eroberungen erleichtert, Irill das Streben nach Einigung, nach Aufrichtung eines geschlos- senen nationalen Staates immer stärker hervor. Bei manchen Völkern, wie denAegyptern, den Persern u. a., ist derselbe beim Beginne historischer Kunde schon im wesentlichen vollendeti bei anderen, wie den Griechen, den Hebräern, den Germanen, bildet er den Hauptinhalt der geschichtlichen Enlwickelung.

Die Sprachforscher operiren iu der Regel mit den BegrifTen eines Urvolkes und einer einheitlichen, erat spSter in Dialebte zerrallenden Ursprache. Gesebichllieh sind heide BegriRe falsch; eine einheillichOH Ursprache gibt es nirgends, sondern Qberatl nur zahlreiche, sich ImmeB gegenseitig beeinfluasende Dialekte, von denen die geographisch, sieb berQtarenden sich auch sprachlich am nächsten stehen. Wie der Nalio- nalstaat das letzte Resultat der politischen, so ist die Einheitsspraetift (Schriftsprache) das letzte Ziel, nicht der Ausgangspunkt der sprachlichen EntWickelung. Im Ohrigen vergleiche man die trotz vieler unrichtiger Einzelheiten für die richtigere Auffassung der sprachlichen Vertvandtschafl bahnbrechende Schrift von Jon. Schuidt Die Verwandlschaftsverhältnis» der indogermanischen Sprachen, 1874.

§. 8. üoberall denkt sieh der Mensch die übernatürlicba; Welt als Abbild seiner Umgebung; dieselben Formen, welchtf sein Verhällniss zu seinen Mitmenschen regeln, walten daher auch unter seinen Gottheiten (Arlsl. Pol. I, 2). Ueber die Masse der Dämonen erheben sich eine oder mehrere grössere Mächte, welche unter ihnen Ordnung halten, ihre Uebergriffe zurückweisen, jedem seinen Wirkungskreis zuschreiben, welche, überhaupt die einmal besiehende Gestaltung der Dinge hervor- gerufen haben und erhalten; sie sind die Urheber und Schirmet* der Tradition. Denn wie für jede Erscheinung, deren Ursache nicht unmittelbar auf der Hand liegt, der Grund in einer übernalürltchen, verborgenen Einwirkung gesucht wird auch wir retten In solchen Fällen je nach der Wichtigkeit de» Gegenstandes entweder vom Zufall oder von göttlicher Fügung - so auch für die Gesammtheit der Erscheinungen. Zunächst

Elemente der Anthropologie. 9

werden in der Regel diese höchsten Wesen sehr unbestimmt gedacht; eben weil sie in der Gesammtheit wirken, treten sie im einzelnen wenig hervor, berühren das Individuum kaum so der grosse Geist der Indianer, der II der Semiten u. s. w. SpecieUere Gestalt und mächtigere Wirkung erhalten sie erst da, wo die Lichtgottheiten in den Vordergrund der religiösen Anschauungen treten, wo man in Sonne und Mond, im Lichyiimmel den Urgrund, das bewegende und belebende Element aller Dinge zu erkennen glaubt und ihnen vorwiegend die Verehrung zuwendet. Ueberall bezeichnet das Hervor- treten der Lichtgottheiten, neben denen die älteren Anschauungen namentlich für die Masse des Volkes durchweg bestehen bleiben, schon eine höhere Stufe religiöser und intellectueller Ent- wickelung. Natürlich aber ist, dass hier die mannigfachsten Anschauungen neben einander auftreten und sich zunächst vertragen, dass femer in demselben Volke an dem einen Orte diese, an dem anderen eine andere Gottheit oder dieselbe mit sehr verschiedenen Attributen versehen verehrt, und wenn die Richtung der Religion monarchisch ist, als die herrschende, die einzige betrachtet wird. Daraus ergibt sich mit der Zeit die Nothwendigkeit einer Ausgleichung, der Versuch, ein System aufzustellen, und damit gelangen wir in das dritte, das theo- logische Stadium der Religionsentwickelung.

§. 9. Die moralischen Anschauungen beruhen auf den Forderungen und Bedingungen des socialen Zusammenleben?, die sich mit zwingender Nothwendigkeit überall geltend machen. Nach den Formen des Lebens ist auch ihr Inhalt verschieden ; die Moral eines Ackerbauvolkes ist eine andere als die eines Wüstenstammes, von der Höhe der religiösen und intellectuellen Anschauungen ist auch die Höhe der Moral abhängig. Ueberall aber bildet sie einen Hauptbestandtheil der geheiligten, ererbten Tradition und steht wie diese unter göttlicher Sanction. Denn ihre Sätze beruhen ja auf dem Gefühl der durch die Gesammt- heit der Lebensverhältnisse gegebenen Nothwendigkeit; dies Gefühl aber findet seinen Ausdruck in dem Glauben an die weltordnende Gottheit (§. 8). Dagegen in dem Verhältniss

10 Einleitung.

der einzelnen Götler und Dämonen zum Menschen haben moralische Anschauungen ursprünghch gar keine Stelle, Eine Aenderung tritt hier erst ein milder Entwickelung einer Lichl- religion. Die Ltchtgötler sind vorwiegend segenspendende, den Menschen ivohlwoilendo Mächle, sie sind zugleich die eigentlichen Weltherrscher, von denen also auch die Moral- gebote ausgegangen sind. Es bildet sich die Anschauung, dass sie zunächst den Menschen freundliche, ihr Bestes erstrebende, dann schlechthin gute Wesen sind. Dies ethische Postulat, dass die Gottheit moralisch gut sei und die Welt (für den Menschen) vollkommen geschaffen habe, steht freilich im schroffsten Gegensalz sowohl zu den alten Anschauungen über die Götter, wie zu den faclisch bestehenden Verhältnissen und führt .so zu einem unlösbaren Conflicl der Anschauungen. Im übrigen fällt diese moralische Wendung der Religion, wo sie überhaupt eingetreten Ist, überall erst in den Beginn der eigentlich historischen Zeit, und vollends die Empfindung und Discussion des Conflicles gehört einer geistig noch weiter fort- geschrittenen Epoche an.

§. 10. So lange wir überhaupt einen Blick in das LebeD> der Völker zu werfen vermögen, herrschen zwischen ihnen nicht nur feindliche, sondern auch friedliche Berührungen' mannigfacher Art. Die Producte des Landes werden ausge- lauscht, die Kunsterzeugnisse über die Grenze verhandelt, neue Entdeckungen, wie z. B. das Bronzewerkzeug, dringen voa einem Volke zum andern. In ähnlicher Weise werden auch dii epochemachenden Errungenschaften uralter Zeit, wie die Ent- deckung des Feuers, d, h. seine Nutzbarmachung zu mensch- lichen Zwecken, sich von einem bestimmten Ausgangspunkt über die ganze Erde verbreitet haben (Laz. Geiger Kl. Abhand- lungen). Es ist t}ekannt. wie vielfach prähistorische Fund» einen Einblick in die ältesten Verkehrs Verhältnisse gewähren,' Auch geisliger Austausch fehlt nicht; ist doch jede ncueKunsl- ferligkeil, die erworben wird, zugleich eine Bereicherung de» geistigen Lebens. Ebenso können Gottheiten und Cullusformen, die bei einem Slamme in hervorragendem Ansehn stehen und

Anlliropnlogie und Geschichte.

11

als besonders mächtig gelten, auch zu den Nachbarn dringen, doch ist bei Annahme eines derartigen Austausches besondere Vorsicht anzuwenden, da kein Volk sich leicht entschliesst, aar rettgiösem Gebiete etwas Fremdes neben oder an die Stelle des Allbewährten zu setzen. Um so bedeutender ist der in- direcle Einfluss, den Handel und der Austausch materieller Güter auf das Leben der Völker auch auf geistigem Gebiete zu allen Zeiten ausgeübt haben.

Anthropologie und Geschichte.

§. 11. Während die Anthropologie die allgemeinen Grund- zügi' menschlicher Entwickelung zu erforschen, die in ihnen Ijerreclienden Gesetze darzulegen sucht, ?etzt die Geschichle ilirc Ergebnisse als gegeben voraus. Die Geschichte beschäfÜKt sich niemals mit dem Menschen, dem Staate, dem Volke im allgemeinen, sondern stets mit einem räumlich und zeitlich beslimmten Volke, das unter dem Einfluss nicht allgemeiner Gesetze, sondern bestimmter, für den einzelnen Fall gegebener Verhältnisse steht. Daher hat die Geschichte zunächst das Vorhandensein einer Ueherlieferung zur äusseren Voraussetzung. Nach den Anfangen eines Volkes hat die Geschichte niemals zu fragen; da, wo die Kunde beginnt, setzt sie ein und ent- wirft ein Bild der in diesem Momente bestehenden Zustände. Auf die zunächst vorherliegenden Zeilen gestalten innere und äussere Verhältnisse oft noch einige Rückschlüsse. Indessen was darüber hinausgehl, verliert sich in die Unendlichlfcit, die äusseren Bedingungen der Enlwickelung entziehen sich jeder Erkenntniss. Von den Griechen der homerischen Zeit zu den Indogermanen führt keine Brücke und diese selbst gehören nicht in den Bereich der Geschichle. Denn weder lassen sich die bei der hier eingetretenen Entwickelung ver- flossenen Zeiträume auch nur annähernd bestimmen, noch die l-oealilät derselben feststellen, noch ermilleln, welche Gestattung nach aussen und innen das Leben des Volkes gehabt, welche i Schicksale dasselbe betroffen haben. Ebenso schwebt eine

Einleilunf.

Schilderung der CullurverhällnissG der Indogermanen von alten andern Bedenken abgesehen historisch völlig in der Luft, da ihr die räumliche und zeitliche sowie die staatliche Grundlage fehlt. Dagegen für die Schilderung der Verhält nisse der homerischen Zeit sind die Ergebnisse der Sprach* forschung von bedeutendem Werlhe; es ist z. B. von Wichtigkeö zu wissen, dass der Gott Uranos in die indogermanische Zeil hinaufragl, dass wir es also hier mit einer verblassenden uralt« und nicht mit einer neu sich bildenden Vorstellung zu tbii! haben, u. a. m.

§. 12. Indessen auf dem Vorhandensein einer Uebep lieferung beruht nur die Möglichkeit, nicht das Wesen der Geschichte. Von den Schicksalen mancher Negerstänunef besitzen wir genaue Kenntniss, und doch gehören sie nui der Ethnologie an. Ein gleiches gilt von den Aclhiopen, obwol sie eine Lileratur und geschichtliche Aufzeichnungen liesitzen Diese und zahlreiche andere Völker werden von der Geschieht* nur berijcksichligt, wo sie mit historischen Völkern in Berührun) kommen. Umgekehrt sind die Inder ein eminent historische! Volk , obwohl die geschichtliche Ueberlieferung über äusserst geringfügig ist. Es ist die Aufgabe zu erkennen, worin dieser Gegensatz besteht, auf welchen Factoren das >historische Leben< eines Volkes beruht, wodurch es dem J Bereiche der Ethnologie enthoben wird und seine Schicksale 1 auf den Namen der Geschichte im engeren Sinne des Wortes Anspruch erhol}en können.

Inneres Wesen der Geschichte.

g. 13. Die gesammte organische Welt zeigt neben demJ beharrenden Element, welches in den typischen Formen dei Arten und Rassen hervortritt, einen Ditferenzirungstrieb, dem die specifische Eigenart jedes Einzelwesens beruht. J^ höher ein Organismus steht, ein desto grösserer Spielraum Ist4 dem letzteren gelassen, desto mannigfaltiger sind die Formen, J in denen er Ausdruck findet. Das gleiche gilt vom MenschenJ

Inneres Wesen der Geschichte. 13

Auch hier Irill uns eine fortschreitende Individualisirung ent- gegen, und zwar sowohl des einzelnen Volkes (resp. Stammes) gegenüber den anderen, wie des einzelnen Menschen gegenüber der Masse. Ursprünglich tritt der Einzelne nirgends aus seiner Umgebung hervor. Zwar darf nie übersehen werden, dass die ganze Entwickelung der Sprache, der Religion, der Sitten im letzten Grunde immer auf dem Zusammenwirken der einzehien Menschen beruht und der rein subjective Factor, die Auffassung und Thätigkeit des Individuums immer eine Rolle gespielt hat. Aber dasselbe steht in seinen Anschauungen nicht im Gegensatz zur Gesammtheit, die Masse ist noch homogen. Erst allmählich tritt der Einzelne zunächst unbe- \nisst, dann mit vollem Bewusstseln den ihn umgebenden Anschauungen und damit zugleich der Tradition, in der er aufgewachsen ist, entgegen. Er sucht aus sich selbst heraus die Dinge zu gestalten und zu begreifen, als eigenartige Persön- lichkeit, nicht in der Weise, wie es jeder andere an seiner Stelle auch könnte, Einfluss zu üben. Auf staatlichem, auf künstlerischem Gebiete können wir überall dies Erwachen der Individualität verfolgen, nirgends aber tritt es stärker hervor als in der Religion. In der That beruht jeder weitere Fort- schritt derselben und schon die ganze Ausbildung einer Licht- religion (§. 8 f.) auf der Wirksamkeit Einzelner, welche die ursprüngliche Auffassung zu rectiflciren oder zu ergänzen suchen, wenn auch die von ihnen erzielten Resultate wieder Eigenthum der Masse werden und in die Tradition übergehen. §. 14. In gleicher Weise bilden sich höher entwickelte Völker als Ganzes eine Individualität aus, die ihnen ein speci- fisches Gepräge gibt, sie von allen anderen bestimmt unter- scheidet. Auch hier wird die allgemeine Gesetzlichkeit und Gleichmässigkeit der Entwickelung durchbrochen, das Volk gewinnt sich eine charakteristische Form des Lebens und Denkens. Wenn daneben nicht als Gegenströmung die Op- position des Einzelnen gegen die ihn umgebende Masse sich entwickelt oder behauptet, so kann eine derartige Entwicke- lung wieder zu einem festen, traditionellen Typus führen, der

14 Einleilung.

keine Abänderung mehr duldet, wie in Aegypten. Mit vollem 1 Bewusstsoin ist die Individualisirung der Nation von den Israe- | liteo seit dem Beginn dt-r jaliwisliscli-prophelischen Bew^mig erstrebt worden. Auch in Griechenland herrscht daäselbe Streben, nur weniger einseitig und sciu'off, und findet sein Gegengewicht in der immer freieren Ausbildung der Person- liehkeit, die schliesslich zum absoluten Gegentheil der Erstarrung, zur Setbslzersetzung der Naiiou geführt hat.

§. 15. Alte Individualisirung ist zugleich ein fortwährender Conflict, ein Kampf sowohl gegen die Macht der Tradition und die Wucht der lierrschenden Anschauungen zu Gunsten des Fortschritts und der individuellen Freiheit, wie gegen die allgemeinen und uniformen Gesetze der Entwickelung zu Gunsten eigener Gestaltung des Geschicks der Gesammtheit und des Einzelnen. In diesem Kampfe besieht das historische Leben, auf ihm beruht die geschicht- liche Entw icke! ung eines Volkes. Nach beiden Smlen sind ihm bestimmte Grenzen gesteckt. Wird die Individualität erstickt, so tritt überhaupt keine Geschichte ein; führt sie zur Ausbildung eines festen Typus, der dann die Alleinherrschaft gewinnt und alle weitere freie Bewegung untersagt, so tritt das Volk mehr und mehr ans der Reihe der historischen Nationen heraus, wie die Aegypler im Alterthum und die Mohammedaner der Gegenwart. Durchbricht sie dagegen alle Schranken, sucht sie die Tradition zu vernichten und, alle Eni Wickelungsgesetze läugnend, die Welt nach ihren eigenen Ideen zu gestalten, wie in der französischen Revolution, so entfesselt sie die elementarsten Gewalten, hebt alle Bedingungen des individuellen Lebens und eigener Gestaltung auf und unter- wirft die Nation vollkommen der Herrschaft des Naiurgeselzes. Innerhalb dieser Grenzen aber hal der Widerstreit zwischen Freiheit und Nothwendigkeit, zwischen dem Einzelnen und der Gesammtheit freien Spielraum. In den Grundzügen der Ent- wickelung erkennen wir die allgemeinen Gesetze, in der Ge- staltung des Einzelnen die Wirkung der Individualität des Volkes und der handelnden Personen, welche die gegebenen Umstände

Aeussere Bedingungen der Geschichte. 15

richtig oder unrichtig verwerthen. Dass die Entwickelung der deutschen Geschichte in diesem Jahrhundert zu einer Einigung der Nation führen musste, erscheint uns als geschichtliche Nothwen- digkeit; dass sie sich in den Jahren 1866 und 1871 in der Form eines Bundesstaates mit 25 Mitgliedern vollzogen hat, be- ruht auf der Individualität der geschichtlich wirkenden Factoren. §. 16. Die Geschichte lässt sich daher, obwohl sie all- gemeinen Gesetzen unterworfen ist, doch niemals auf solche reduciren oder einfach in Formeln auflösen. Sie ist noth- wendig mannigfaltig, kein Abschnitt dem anderen gleich. Während die Anthropologie sich beschränkt, das Gesetzraässige und Allgemeine aufzuweisen, herrscht in ihr daneben der Zufall und der freie Wille des Einzelnen *). Die Wissenschaft der Geschichtsschreibung gehört daher nicht zu den philoso- phischen und naturwissenschaftlichen Disciplinen , und jeder Versuch, sie mit dem Maasse dieser zu messen, ist unzulässig. Mit beiden berührt sie sich, denn sie hat die Aufgabe, die allgemeinen Gesetze und Formen historischen Lebens zu er- forschen und die Verkettung von Ursache und Wirkung im Einzelvorgang nachzuweisen. Aber ihr eigentlicher Beruf ist, ins Detail hinabzusteigen, die Entwickelung im einzelnen zu verfolgen; sie beschäftigt sich zwar auch mit den typischen Formen, aber vorwiegend und in erster Linie mit den Varietäten.

Aeussere Bedingungen der Geschichte. Das historische

Material.

§. 17. Ihrem Inhalte nach beginnt somit die Geschichte da, wo die Individualität zuerst als eingreifender Factor im Leben eines Volkes hervortritt. Indessen in Wirklichkeit

'j Dabei ist es völlig gleichgüilig, wie man philosophisch Aber beide Begriffe denkt. Die Geschichtsschreibung spricht nicht in einer philo- sophisch construirten Sprache, sondern in der des täglichen Lebens. Und fjiese verbindet mit beiden völlig klare Anschauungen und setzt sie überall als Fundamentalbegriffe voraus.

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Cinleilutig.

vermögen wir nirgends so weit hinaufzudrliigen. Die charak- teristische Geslailung der acgyptischen Cultur hat lange vor Menes oder gar den Pyramidenerbauern liegonnen, die Peruaner und Mexicaner haben eine Geschichte durchlebt, die für un» fast völlig verschollen ist. Die ganze Geschichte der Ueber- lieferung, auf der die Möglichkeil historischer Kunde beruht, ist vom ersten Anfang an vom Zufall beherrscht; auch hier hat die Forschung es mit einem rein individuellen Elemente zu thun, das sich jeder Gesetzlichkeit entzieht. Da mündliche Tradition in kürzester Frist den Inhalt einer Begebenheil vollkommen umgestaltet und daher für weiter zurückliegende Epochen kein historisch verwerthbares Material bewahrt, ist die Schrift die nolhwendige VoraussetKung einer zuverlässigen Ueberlieferung. Ob aber und in welchem Zeitpunkt seinei Geschichte ein Volk schreiben lernt, ist lediglich vom ZufaS abhängig. Erfunden ist die Schrift, so weit wir sehen können, abgesehen von den Schriftantiinpen der amerikanischei Völker an drei Stellen, in Aegyplen, in Babylonien und in China. Von diesen Ländern aus hat sie sich dann all- mählich und mit mannigfaltigen Vnriationen zu immer ent- fernteren Völkern verbreitet. Zwischen China und Aegypten; ist eine historische Uebermittclung undenkbar. Dagegen mag die babylonische Schrill von der acgyptischen abhängig scinj als Mittelglied sieht zwischen beiden vielleicht die altsyrischi (ham athenische, chetilische) Schrift.

g. 18. Die Schrift dient zunächst rein praktischen Bedürf- nissen, der Abfassung von Urkunden, gerichtlichen Documenten, Anordnungen und Berichten von Verwaltungsbehörden u. s Daneben treten Aufzeichnungen von religiösen Formeln und Satzungen, von wissenschattlichen Beobachtungen, von Lie- dern und Erzählungen , die Anlanse einer Literatur. Wm von derartigen Denkmälern bis auf uns (gekommen ist, i währt einen Ginblick in das Leben und Treiben des Volkes, in seine Anschauungen und häutig auch in seine Schicksal^ Aber selbst wo dies Material so reichlich lliessl, wie z. B. iq Aegypten, reicht es fär die historische Erkenntniss nie aus«

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Aeussere Bedingungen der Geschichte. 17

Jede Urkunde wir können hier unter diesem Worte auch die literarischen Werke mit umfassen gibt nur ein Augen- blicksbild, bezieht sich nur auf einen bestimmten Vorfall, und selbst wenn nicht nothwendig zahllose Lücken in der Reihe Yorkämen, Hesse sich doch aus ihnen nur ein sehr abgeblasstes Bild der Bewegung des historischen Lebens gewinnen. Um zu einem solchen zu gelangen, bedürfen wir einer zusammen- fassenden, die fortschreitende Entwickelung verfolgenden Dar- stellung, die auf gründliche Eenntniss der Einzelvorgänge basirt sein muss und dann in ihren Details durch die Documente coQtrollirt werden kann.

§ 19. Die historische Literatur entwickelt sich von zwei entgegengesetzten Ausgangspunkten her. Auf der einen Seite liegt den Handelnden selbst daran, von ihren Thaten den Zeitgenossen und daneben auch den Nachkommen einen genauen Bericht zu geben, ihren Ruhm der Welt zu verkün- digen. So finden wir an den meisten orientalischen Höfen eine officielle Historiographie; und der Tendenz nach wenig verschieden sind die Stadtchroniken Griechenlands. Schliessen sich derartige Aufzeichnungen ohne Unterbrechung an ein- ander an, so erhalten wir Annalen, welche die äusseren Schicksale des Volkes und das Leben der Könige ziemlich vollständig erzählen, dagegen die innere Entwickelung der Nation natürlich nirgends in den Bereich ihrer Betrachtung ziehen. Auf derartiger Grundlage beruhen z. B. die Königs- bücher von Israel und Juda und die Quellen, aus denen Berossos und Manetho den historischen Theil ihrer Geschichten geschöpft haben. Der Masse des Volks dagegen liegt nichts an einer Aufzeichnung der gleichzeitigen Begebenheiten; sie haben diese ja selbst miterlebt und jeder kann davon erzählen. Ihr Interesse richtet sich auf die älteste Geschichte des Volks, auf die Zeiten, in denen noch Götter und Menschen mit einander verkehrten, in denen die Ahnherrn lebten, von welchen alle bestehenden Einrichtungen herstammen, da das Volk selbst und seine Religion entstand. Die Ur- und Sagengeschichte

wird eifrig durchforscht und bearbeitet und immer weiter aus- Meyer, Geschieh te des Alterthnms. I. 2

18 Einleitung.

gebildet. Von der Gegenwart mit air ihrer Noth trennt sie eine weite Kluft, dieselbe erscheint doppelt klein und degene- rirt im Lichte der Vergangenheit. Bei den historischen Zeiten verweilt die Betrachtung nur da, wo sich die Kunde von grossen Helden des Volkes, von mächtigen Herrschern, von einem glücklichen Zustand erhalten hat, und die Phantasie die Traditionen immer übertriebener und unhistorischer aus- malen kann. Dann wird wohl auch der Versuch gemacht, das Ganze zusammenzufassen, die Lücken auszufüllen, natürlich nach den Anschau ungen und Forderungen, mit denen die Gegen- wart an die Vergangenheit herantritt. Ueber diese Auffas- sung ist die Geschichtsschreibung des Orients nie hinaus- gekommen und auch die griechische hat zuerst auf demselben Standpunkt gestanden. Erst die gewaltigen Begebenheiten der Perserkriege erschienen der nächsten Generation nicht den Zeitgenossen bedeutend genug, um aufgezeichnet und der Vergessenheit entrissen zu werden, und darauf fussend hat zuerst Thukydides sich die Aufgabe gestellt, die Geschichte seiner eigenen Zeit planmässlg zu erforschen und der Mit- und Nachwelt zu überliefern.

Auf die Grundsätze, nach denen die Geschichtsforschung dies Ma- terial zu bearbeiten hat, einzugehen, ist hier nicht unsere Aufgabe; darüber vor allem Drotsen, Grundriss der Historik. Eine Uebersicht der griechischen Historiographie wird in Bd. II ff. folgen. Hier bemerke ich nur, dass die gangbar gewordene Auffassung, jeder spätere Historiker habe seine Vorgänger einfach abgeschrieben (gewöhnlich setzt man noch ein paar Floskeln hinzu), grundfalsch ist. Wer die antike Historio- graphie nach Com pendien und Schulbüchern oder einem Sammelwerke wie dem Diodor's beurtheilt, verkennt ihre Bedeutung vollständig. Ebenso ist die landläufige Beurtheilung des Livius (die sich übrigens sehr mit Unrecht auf Nissen beruft) mindestens schief und einseitig.

Allgemeiner Charakter der Geschichtsschreibung.

§. 20. Die Aufgabe des Geschichtsschreibers ist, aus der Fülle des überlieferten Materials diejenigen Thaisachen aus- zuscheiden, welche historisch bedeutend sind, Jen Zusammen-

Chronologie. 19

hang der Entwickelung darzulegen , die massgebenden Strö- mungen hervortreten zu lassen. Er bedarf dazu allgemeiner Ideen und leitender Gesichtspunkte. Alle Geschichtsschreibung ist nothwendig subjectiv; objectiv sind nur die ungeordneten Thatsachen, ist nur das wirkliche Leben der Gegenwart, nie das zusammenfassende Abbild der Vergangenheit. Die Zeit des Historikers und seine eigene Individualität muss sich in seinem Werke abspiegeln; sonst erhebt sich dasselbe nicht über eine trockene Aneinanderreihung von Begebenheiten. Ohne Beziehung zur Gegenwart ist keine Geschichtsschreibung denkbar ; die Vergangenheit erscheint ihr als eine Vorstufe der jetzt herrschenden Zustände, und nur aus einem in der Gegen- wart möglichen Ideenkreise können die Gfesichtspunkte genommen werden, welche der Darstellung zu Grunde liegen. Unsere kritische Zeit unterscheidet sich nur dadurch von früheren Epochen, dass ihr diese Abhängigkeit klarer bewusst ist ; aber voraussetzungslos kann kein Historiker sein. Das Goethe'sche Wort vom Geist der Zeiten ist, seiner ironischen Fassung ent- kleidet, durchaus richtig, aber enthält keinen Vorwurf gegen die Geschichtsschreibung. Dieselbe ist eine Darstellung und Beurtheiiung der Vergangenheit im Lichte der Gegenwart.

Chronologie.

§. 21. Alle Geschichtsschreibung ist Darstellung einer Folge von Begebenheiten; sie bedarf mithin eines Mittels, um den Abstand derselben von einander wie von der Gegenwart zeitlich genau fixiren zu können. Die Grundlage eines jeden chronologischen Systems ist die grösste Zeiteinheit, das Jahr. Bekanntlich wird jedoch die Länge desselben bei den einzelnen Völkern verschieden bestimmt. Historisch geht dem Jahr überall als erstes Element der Zeitrechnung der Monat voraus, d. h. zunächst der von einem Neumond zum nächsten ver- laufene Zeitraum von 29 bis 30 Tagen. Nach zwölf Monaten sind die Sonne und der Kreislauf der Jahreszeiten annähernd wieder auf den Ausgangspunkt zurückgekehrt; doch macht

20 Einleitung.

sich der über 10 Tage betragende Unterschied zwischen zwölf Mondmonaten und dem Sonnenjahr sehr rasch fühlbar. Hier gibt es zwei Mittel des Ausgleichs: entweder man behält den Mondmonat bei und gleicht das Mondjahr durch Ein- schaltung eines dreizehnten Monats in bestimmten Jahren immer wieder mit dem Sonnenjahr aus, oder man geht ganz zum Sonnenjahr über und ersetzt den Mondmonat durch einen rein conventioneilen Monat, etwa von 30 Tagen. Dass das Sonnenjahr ungefähr 365 Tage enthält, musste man sehr früh wahrnehmen ein Jahr von 360 Tagen hat es nie gegeben ; in dem zuletzt angenommenen Falle mussten also noch fünf überschüssige Tage am Schluss der zwölf Monate hinzugefügt werden. Die Erkenntniss, dass damit die Länge des Sonnen Jahres noch nicht genau fixirt sei; führte dann zu weiteren Ausgleich- versuchen durch Einschaltungen oder zu einem Wandeljahre.

Das reine Mondjahr der Mohammedaner scheint ursprünglich nir- gends vorzukommen und ist ja auch an sich absurd, da der Begriff des Jahres an den Sonnenlauf oder vielmehr den Wechsel der Jahreszeiten anknOpfl.

§ 22. Um in der anfangs- und endlosen Reihe der Jahre jedes einzelne bestimmt bezeichnen zu können, genügt eine Benennung desselben nach Ereignissen, Namen, Regierungs- jahren u. s. w. offenbar nicht; es bedarf einer Aera, d. h. einer Jahrzählung vorwärts und rückwärts von einem will- kürlich gewählten aber festen Anfangspunkte aus. Für unsere Zeitrechnung ist dieser Ausgangspunkt die Mitternacht vom 31. Dez. 1 V. Chr. auf den 1. Jan. 1 n. Chr. Das Jahr, nach dem wir rechnen, ist das julianische Sonnenjahr von 365 Tagen 6 Stunden (alter Stil); daneben wird vom Jahre 325 n. Chr. (Concil von Nicaea) ab auch nach gregorianischen Jahren von 365 Tagen 5^ 48' 48'' gerechnet (neuer Stil). Auf diese Aera ist jedes überlieferte Datum zu reduciren.

Bei chronologischen Untersuchungen legt man vielfach auch die von Scaliger gebildete julianische Periode von 7980 Jahren zu Grunde, die im Jahre 4713 v. Chr. beginnt. Die Astronomen wählen nicht einen Zeitpunkt, sondern ein ganzes Jahr, das Jahr 1 v. Chr. (astron. mit 0

Geschichte des Alterthums. 21

bezeichnet) als Ausgangsepoche, und bezeichnen z. B. das Jahr 828 v. Chr. durch 822. ^ Im allgemeinen s. das noch immer vorzQgliche Werk von boxR, Handbuch der Chronologie, 2 Bde., Berlin 1825.

Geschichte des Alterthums.

§. 23. Je weiter ein Volk in seiner Entwickelung fort- schreitet, desto grösseren Einfluss übt es auf seine Nachbarn« Diese suchen sich seine überlegene Cultur anzueignen, werden ?on den bei ihm herrschenden Anschauungen beeinflusst; die festere Ausbildung der Staatsform, die Entstehung erobern- de Reiche führt zu ununterbrochenen politischen Beziehungen. Noch vielseitiger wird die Entwickelung, wenn zwei ursprüng- lich unabhängige Culturen in Berührung treten, sich gegen- seitig beeinflussen und auf neutralem Gebiet mischen, immer neue Nationen in den Bereich ihrer Einwirkung ziehen. So entstehen grosse, sich immer weiter ausdehnende, zu immer ge- steigerterer Wechselwirkung der einzelnen Glieder auf einander fortschreitende Culturkreise. Schliesslich haben sich in der alten Welt zwei solche Kreise gebildet, die zwar auch nicht ohne Berührung mit einander geblieben, aber doch im allge- meinen bis auf die neueste Zeit herab jeder seinen eigenen Weg gegangen sind. Es sind der ostasiatische mit den Centren China und Indien, und der der Mittel meer Völker um ihn mit einem kurzen, annähernd zutreffenden Namen zu bezeichnen mit den Ausgangspunkten Aegypten und Babylonien. Der letztere umfasst alle Völker Nordafrikas, Europas und Vorder- asiens bis an die Ostgrenze des iranischen Hochlandes. Den ersten grossen Hauptabschnitt seiner Entwickelung bezeichnen wir als Geschichte des Alterthums. In neueren Darstellungen hat man auch die Inder in den Bereich der letzteren gezogen, indessen mit Unrecht. Denn die Inder sind zwar mit den Iraniem und den Indogermanen Europas verwandt, und ihre Sprache, ihr ältestes Culturleben, ihre ursprüngliche Religion ist für die Erkenntniss der Entwickelung dieser, namentlich der Iranier, von Bedeutung; aber in der historischen Ent-

22 Einleitung.

Wickelung sind sie ganz andere Wege gegangen. Ihre Gultur ist von der der westlichen Völker zunächst garnicht und auch seit der hellenistischen Zeit nur vorübergehend beeinflusst worden, eine dauernde politische Verbindung mit denselben erst durch die mohammedanische Eroberung herbeigeführt. Dagegen ist die religiöse Enlwickelung Indiens bekanntlich für ganz Oslasien maassgebend geworden. Der Buddhismus ist das Bindeglied zwischen Indien und China, die Grundlag^e der Culturen der Mongolen und Tibetaner wie der hinter- indischen Völker. Daher bleibt von unserer Darstellung die indische (.ieschichte ausgeschlossen.

§. 24. Die Geschichte der Miltelmeer Völker zeigt uns, zunächst in Aegypten und Babylonien die Entstehung hoher, von einander jedenfalls in allem Wesentlichen unabhängiger. Culturen. Mindestens seit dem zweiten Jatirtausend v. Chr. be- ginnen diese in die weiten zwisclieiiliegenden Gebiete friedlich, und erobernd überzugreifen, es entwickelt sich hier eine vorder- asiatische Gesaramlcultur, die durch Handel und Schiffahrt an alle Küsten des milteliändlschen Meeres getragen wird. Gleichzeitig entstehen erobernde Reiche, die vergeblich sich ab- mühen, die verschiedenen Völkerschalten, welche sie ihrer Macht unterwerfen, zu einem Staate zusammenzufügen, und in fort- währenden Kriegen ihre Kräfte erschöpfen. Auf geistigem Gebiet führt gerade die Höhe der Gultur zum Stillstand, Sieg der Formel ; überall erhalten fest ausgebildete religiöse Systeme die Herrschaft. So gehen die Nationali tälen äusserlicll und innerlich zu Grunde, und schliesslich werden alle Völkä des vorderasiatisch -aegyptischen Kreises von dem zuiclzt zu historischem Leben erwachten und frischesten , den Persern, zu einem gewaltigen Weltreiche vereinigt, das zusammenhält, bis ein Stoss von aussen es über den Haufen wirft.

§. 25. Inzwischen entwickelt sich In Hellas in sleteoi Zusammenhange mit dem orientali sehen Leben und vielfacl| von demselben beeinflusst, ein neues, weit höher fortschreitendes Gullurleben, in dem die Individualität in ganz anderer Weis« sich entfaltet als im Orient. Eine kurze Zeil lang führt t

Geschichte des Alierihuras. 23

ZU einem gewaltigen Aufschwung der Nation, aber nur um so schärfer treten dann die inneren Gegensätze hervor und fähren zu ihrer politischen Vernichtung. Die äberschüssigen Kräfte fliessen nach aussen ab, unterwerfen ganz Vorderasien den griechischen V^affen und der griechischen Cultur. Ein unendlich reges und mannigfaltiges Leben, ein grossartiger gei- stiger Gährungsprocess ist das Ergebniss dieser Völkermischung. Indessen zu politisch dauerhaften, fest auf sich selbst ruhenden Schöpfungen erweist sich die Zeit um so unfähiger. Es bedarf einer neuen, geschlossenen staatlichen Form, welche die Kräfte der Nation in Krieg und Frieden einigt und sie unüberwindlich macht Darauf, dass sie diese gefunden haben, beruht die Grösse der Römer. Nachdem sie Italien unter ihrer Supre- matie geeinigt, fallt ihnen in hartem Ringen die Herrschaft über den Westen, dann in raschem Siegeslaufe der westliche Theii des Erbes Alexanders zu, während der Osten sich los- löst und noch einmal seine alten Wege einschlägt.

§. 26. Nach einem langen, von den gewaltigsten Krisen begleiteten Zersetzungsprocess entsteht aus der Weltherrschaft der Republik das römische Kaiserreich, der grossartigste Staats- bau, den die Geschichte kennt. Eine zweihundertjährige*kaum getrübte Friedensperiode folgt seiner Begründung. Indessen unter seiner Herrschaft vollendet sich nur der Zersetzungs- process der antiken Völker und des antiken Lebens. Alle Na- tionen sind vollkommen nivellirt; das nationale Leben erlischt, der Staat arbeitet als Maschine, deren Gang von der Regierung geordnet wird, während die Masse der Unterthanen nirgends in ihn eingreift und alles Interesse am staatlichen Leben verliert So bricht der gewaltige Bau urplötzlich in sich zu- sammen; mit einem Schlage vollzieht sich nach dem Tode äes Commodus der Uebergang zur vollkommenen Anarchie. Alle Versuche, den Staat aufs neue zusammenzufügen, sind Tergeblich. Dadurch wird das Reich zugleich unfähig, den äusseren Feinden kräftig zu widerstehn, ein Stück nach dem andern erliegt dem Ansturm der Barbaren. Hand in Hand damit geht der Zerfall des Geisteslebens. Alle Anschauungen

24 Einleitung.

sind ausgelebt, der ganze Kreis der Ideen ist durchmessen, die religiösen Vorstellungen der früheren Zeiten sind sinnlos geworden und genügen niemandem mehr, die Philosophie, welche zeitweilig an ihre Stelle getreten war, vermag auf die Dauer die Masse nicht tu befriedigen. In diesem Gahrungsprocess entwickelt sich eine neue Religion, welche von überall her die bewegenden Ideen in sich aufnimmt und mit dem Anspruch auf Universalität auftritt. Sie erringt den Sieg, hat aber weder Staat und Gultur neu gestaltet noch die Weltherrschaft be- hauptet. Der Unterschied der Denkweise des Orients und des Occidents, welcher lange geschlummert, bricht in tausend Gegensätzen hervor ; überall sind die Völker bis in ihre untersten Tiefen hinein aufgeregt. Der schroffste Gegensatz fuhrt auch die Katastrophe herbei. Der semitische Geist empört sich gegen die philosophische Religion der hellenistischen Welt. Eine neue Religion, die seine Anschauungen wiederspiegelt, gewinnt den Sieg und zerreisst die bisher geeinigte Welt der Mittelmeervölker in zwei Hälften. Mit dem Siege der Germanen im Westen, der Araber im Osten endet die Geschichte des Alterthums. Die specifische religiöse Färbung, welche beide Bewegungen angenommen haben, bestimmt den geschichtlichen., Charakter der nächsten grossen Epoche.

§. 27. Die Geschichte des alten Orients war bis in den Anfang dieses Jahrhunderts ein völlig dunkeles, kaum hier und da durch einen Lichtstrahl erhelltes Gebiet. Erst die gewal- tigen Entdeckungen der Neuzeit, die Erforschung der Monu- mente und Literaturen Aegyptens, Assyriens, Babyloniens, Persiens haben uns die Möglichkeit genauerer Erkenntniss gewährt. Das Verdienst, zuerst die Ergebnisse dieser Forschung zusammengefässt , auf Grund des neuen Materials ein Bild der Entwickelung der einzelnen Völker und ihrer Beziehungen zu einander gegeben zu haben, gebührt Max Düncker's Ge- schichte des Alterthums. So vielfach wir auch in einzelnen Fragen von ihm abweichen, in anderen über die von ihm gezogenen Grenzen hinausgehen werden, überall stehn wir auf seinen Schultern, haben ihn als den Wegbahner anzu-

Geschichte des Alterthums. 25

erkennen. Neben ihm verdienen für Vorderasien die namentlich an colturgeschiehtlichem Material sehr reichhaltigen Arbeiten George Rawlinson's genannt zu werden. Alle anderen mir bekannt gewordenen Darstellungen am besten und lebendig- sten darunter ist das auf einer eingehenden Eenntniss der einheimischen Literaturen beruhende Werk Maspero's tragen einen wesentlich populären Charakter und entbehren nur zu sehr der gesicherten kritischen Grundlage. Auch das gross angelegte, reich illustrirte Werk von FaANgois Lenormant Histoire ancienne de l'Orient jusqu'aux guerres m^diques, wekbes vor allem die monumentale Geschichte in grosser Ausführlichkeit wiedergibt und daneben viele Literaturproben enthält, trägt im wesentlichen denselben Charakter.

6. Rawluvson, The five great Monarchies of the Ancient Eastern Worldy 3 Bde. Dazu seine History of Herodotas, 4 Bde., mit zahlreichen sachlichen Anmerkungen und Ezcursen. Maspebo, Geschichte der morgenl. Völker im Alterthmn, übersetzt von Pietschmann. Von älteren Werken verdienen vor allem Heereii*s Ideen Ober die Politik, den Verkehr und den Handel der vornehmsten Völker der Alten Welt, Bd. 1 u. 2, hier Erwähnong.

Geschichte des Alterthums.

Erster Theil.

Geschichte des Orients bis zur Begründung des

Perserreichs.

Erstes BucL

Geschiclite Aegyptens bis zum Ende der

Hyksoszeit

Quellenkunde zur aegyptischen Geschichte.

Die HieroglyphenschrifL

§. 28. Die Grundlage unserer Eenntniss Aegyptens bilden die einheiipischen Denkmäler und die Ueberreste der alten Literatur des Landes. Dieselben sind uns verständlich ge- worden, seitdem J. FRAN901S Champollion im Jahre 1822 die Entzifferung der Hieroglyphenschrift gelungen ist. In derselben sind drei Elemente zu einem harmonischen Ganzen verbunden :

1) Buchstabenzeichen, d. h. beliebig gewählte Bilder, welche lediglich einen bestimmten Laut darstellen, ohne Rücksicht

auf die Bedeutung, z. B. ^^^ a, .^^ m, a^/wna n, I s, © eh. Die kurzen Vocale werden meist nicht geschrieben. Die Ent- deckung des Lautes als des einfachsten Elementes der mensch- lichen Rede ist Eigenthum der Aegypter ; die Keilschrift kennt denselben so wenig wie die Chinesen.

2) Ideogramme, d. h. Bilder, welche nicht dem Laute als Zeichen dienen, sondern den Begriff bildlich darstellen. Ent- weder treten dieselben als Determinative hinter die laut- liche Schreibung, z. B. .^^1 X Jr^ssa?^ mshu »Krokodil«,

30 Erstes Buch. Aegyptische Quellenkunde.

A/VNA^A

O ^^^^"^^ ncht »stark« (der bewaffnete Arm bezeichnet die Kraft

oder Gewalt), I <=:> U sehr »Plan« (die Schriftrolle bezeichnet das Abstractum) ; oder die lautliche Schreibung ßillt ganz weg^ das Ideogramm stellt zugleich Laut und Bedeutung dar. So

bezeichnet die menschliche Figur 21 je nach Umständen das Wort se »Person«, rot »Mensch«, a »ich, mein« oder tritt als Determinativ hinter das phonetisch geschriebene Wort,

z. B. g > ^ rt Mensch.

3) Aus den Ideogrammen entwickeln sich die Silbenzeichenf d. h. Bilder, welche einen Lautwerth ohne Rücksicht auf die

Bedeutung bezeichnen, z. B. 6 nfr (eig. »Laute«, dann ledig- lich Lautzeichen auch in dem Wort nofer schön, nofer Fällen u. ä.); ^*^ mh (eig. »Gürtel, Band«, dann auch zur Schreibung der Worte meht Nordwind, meh voll u. a. ver- wandt). Aus ihrem Ursprung erklärt sich, dass die Silben- zeichen meist polyphon sind, d. h. auf verschiedene Weise ausgesprochen werden können, z. B. -^2>- ar und mer (Aug- apfel und Auge, aber auch ar machen); ^ (Binse, Zeichen des Südens) res und qma' (Süden, vertritt aber den Laut- werth qma' auch in der Bedeutung »singen«) u. ä. Dieselben können zur Verdeutlichung ein »phonetisches Complement« zu

sich nehmen, z. B. schreibt man gewöhnlich a/vw/v mn(n), Ö <=> nfr(fr) , S res, r qma' u. ä. Dahinter tritt dann das ideographische Determinativ, z. B. ö <=> U nfr »schön«,

i <=> ^ nfr »Füllen« u, ä.

Das Wesen der Hieroglyphenschrift ist auf den ältesten Denkmälern dasselbe, wie in der spätesten Epoche; nur in der Wahl der angewandten Zeichen herrschen bedeutende

Die Denkmäler. 31

Unterschiede. Wann und wie sie entstanden ist, entzieht sich YölUg unserer Kenntniss; nur das lässt sich aus den ältesten Denkmälern mit Sicherheit folgern, dass man ursprunglich vorwiegend rein phonetisch mit Buchstaben schrieb und die Determinative und Silbenzeichen erst allmählich in grösserem Umfange zu weiterer Verdeutlichung anwandte.

Zum Schreiben auf Papyrus [und Leder] bediente man sich ge- wöhnlich einer aus den hieroglyphischen Zeichen abgekürzten Cursivschrift, der sog. hieratischen Schrift Aus derselben hat sich später eine noch mehr abgekürzte Schreibart entwickelt, die man im ersten Jahrtausend ▼. Chr. zur Schreibung der damaligen Volkssprache, des sog. Demotischen, verwandle. Dass die gangbare Annahme, welche in den Silbenzeichen den Ausgangspunkt der Hieroglyphenschrift sieht, falsch ist, lehren die neuentdeckten Pyramideninschriflen.

Denkmäler und Schriftsteller.

§. 29. Unter den Denkmälern Aegyptens sind rein historische Urkunden, wie Siegestafeln, Grenzstelen, Vertrags- urkunden u. ä. verhältnissmässig selten. Bei weitem die meisten sind Grab- oder Tempelinschriften, und dürfen daher nur mit Vorsicht historisch verwerthet werden. Der Natur der Sache nach wird nur Rühmenswerthes berichtet, das Nachtheilige verschwiegen, und überhaupt nur die für den Verfasser inter- essanten Momente hervorgehoben. Am zuverlässigsten sind im allgemeinen die Biographien, die sich in den Gräbern finden; dagegen haben die Könige wenigstens der späteren Zeit sich häufig nicht vor den ärgsten Uebertreibungen und Entstellungen gescheut. Es kommt hinzu, dass die Könige des Neuen Reichs sehr allgemein dem Brauch huldigen, ältere Monumente für sich zu usurpiren, d. h. einfach an Stelle des alten Königs- namens ihren eigenen auf dieselben eingraben zu lassen. Im übrigen liegt es in der Natur der Sache, dass uns Monumente in grösserer Anzahl nur aus den Epochen vorliegen, in welchen der Staat sich wohlgeordneter Zustände und grösseren Wohl- standes erfreute und überdies der in Tempel- und Grabbauten entfaltete Luxus besonders gross war, während in den historisch

32 Erstes Buch. Aegyptische Quellenkunde.

SO wichtigen Zeiten des Verfalls und ebenso des neuen Empor- strebens die monumentalen Quellen selten werden und wiederholt völlig versiegen. Es kommt der äusserliche Umstand hinzu^ dass abgesehen von Tanis Monumente in grösserer Anzahl ausscliliesslich in der Todtenstadt von Memphis und in Ober- aegypten erhalten oder doch bis jetzt gefunden sind, also für die Epochen, in denen der Schwerpunkt des Reichs im Delta lag, das Material bedeutend zusammenschrumpft. Eine Ergän- zung der aegyptischen Monumente durch die anderer Völker, vor allem der Aethiopen und Assyrer, kommt natürlich nur selten vor, ist dann aber um so werthvoller.

Im allgemeinen vgl. Wiedemann, Gesch. Aegypt. von Psammetich L bis auf Alexander, nebst einer Kritik der Quellen der aeg3rpt. Geschichte, 1880.

§. 30. Eine zuverlässige historische Darstellung, deren wir zur Ergänzung der Denkmäler so nothwendig bedürften, fehlt uns fast völlig. Wie weit sich eine wirkliche historische Literatur in Aegypten entwickelt hat, welchen Charakter die ivaYpay at der Priester trugen (Her. II, 100 ; Diod. I, 46, 7 u. a.), ist nicht völlig klar. Im allgemeinen scheint es, dass man sich mit kurzen Regentenlisten wie der des turiner Eönigs- papyrus (§. 36) und Erzählungen von interessanten Epi- soden begnügte; so sind uns Bruchstücke einiger weniger, lange nach den Ereignissen geschriebener und in volksthümlich- märchenhaftem Ton gehaltener Erzählungen erhalten, vor allem die vom Hyksoskönig Apepi. Jedenfalls war die Ge- schichtsüberlieferung in Aegypten lange nicht so entwickelt wie in Babylonien und Assyrien (§. 121), und stand wie überall unter dem Einfluss des priesterlichen Schemas. Ein übernatürlicher Pragmatismus tritt durchweg an die Stelle des natürlichen. Niederlagen, welche Aegypten erlitten hat, werden wo möglich vertuscht (wie die assyrische Eroberung), oder wo dies nicht möglich ist, die Gegner als Götterfeinde in den schwärzesten Farben geschildert, wie die Hyksos und die Perser, zahlreiche Anekdoten, Sagen, Wundererzählungen ver- drängen die historischen Nachrichten. Daneben finden wir Traditionen, welche an die Entstehung und Erläuterung der

Hanetho. 33

Monumente anknüpfen, vor allem die Tempelgeschichlen. Aus derartigem Material hat unter Ptolemaeos II. (285—247) der Priester Manetho von Sebennytos seine drei Bücher AlyMtuaxd D3ropi^(JLata zusammengestellt. Das Werk, welches von den Griechen nicht beachtet zu sein scheint, ist von den jüdischen und christlichen Gelehrten (Josephus, Julius Africanus, Eusebius) für ihre chronologischen und all testamentlichen For- schungen vielfach verwerthet worden. Die bei ihnen erhal- tenen Bruchstücke stimmen nicht durchweg überein, was sich namentlich daraus erklären dürfte, dass alle uns erhaltenen Schriftsteller nicht das Original, sondern nur Auszüge benutzt zu haben scheinen. In christlicher Zeit sind dann dem Manetho auch eine Reihe von Fälschungen, »das Sothisbuch«, »die alte Chronik«, untergeschoben worden. So weit wir nach den Fragmenten urtheilen können, hat Manetho zwar die allge- meinen Umrisse der aegyptischen Geschichte richtig gegeben daher waren seine Königslisten für die Anfänge der aegypto- logischen Forschung von unschätzbarem Werth aber alles Detail trägt den oben gekennzeichneten Charakter und ist für uns nicht verwerthbar.

Manetho's Fragmente sind uns erhalten : 1) bei Josephus c. Ap. ein paar zusammenhängende Bruchstücke; 2) die Dynastien- und Königsliste, welche Julius Africanus, der Vater der christlichen Chronographie, in seine bis 217 n. Chr. reichende Chronik aufnahm; dieselben sind in Synkellos Chronographie und theilweise in der mit dem Namen Excerpta Barbari (ed. ScHOENE in seiner Ausgabe des Eusebius) bezeichneten Chronik er- halten; 3) die Dynastien- und Rönigsliste des Eusebius, welche von der atfrikanischen Recension vielfach abweicht und fast immer eine schlechtere Version gibt. Plutarch de Is. kennt nur ein theologisches Werk Manetho's («pa ßißXo<;?). An Manetho knüpft eine sehr umfangreiche neuere Literatur, die zahlreiche phantastische und wissenschaftlich werlhlose Werke enthält. Von brauchbaren Arbeiten nenne ich hier: Böckh, Ma- netho und die Hundssternperiode, 1845 (auch in Z. f. Geschichtswissen- scbaft n, 1844). MOller, Fr. Hist. gr. II, 511 fF. Lepsius, Chronologie, I. 1849. Lauth, Manetho und der Turiner Königspapyrus, 1865 (s. §. 36). Ü5GER, Chronologie des Manetho, 1867 [wonach die Fragmente hier cilirt werden]. Krall, Composition und Schicksale des manelhonischen Ge- schieh tswerks, Ber. Wien. Ak. 95, 1879 [nur mit grosser Vorsicht zu be- nutzen], -r Ueber Manelho's Chronologie s. §. 88.

Meyer, Geschlclite des Altertbnms. I. 3

34 Erstes Buch. Aegyptische Quellenkunde.

§. 31. Noch weit geringeren Werth hat Alles, was die Griechen von der Geschichte Äegyptens erzählen. Als dieselben sieh seit der 26, Dynastie (Psommeticli) zahlreich in Aegyplen angesiedelt hatten , verlangten sie von den Aegyptern nicht nur Auskunft über die Monumente, tJesehichte, Religion des Landes, sondern da die Aegypter sich ihnen gegenüber mit dem Nimbus uralter geheimniss voller Weisheit umkleideten, wollten sie auch über ihre eigene Geschiebte, über die Her- kunft ihrer Gölter und Culte, über den troischen Krieg, über Proteus u. s. w, genaueres erfahren. Die Aegypter waren natürlich um eine Antwort, die den Fremden zusagte, wenijf verlegen. Dazu kamen dann Anekdoten und Erzählungen, in denen sich die griechische Auffassung der ihnen so fremdartigen Verhältnisse ausspricht, so z. B. die Erzäb- lungen über die Pyramidenerbauer, über Rhodopis, über die Dodekarchie u. a.; endlich eine Reihe von Sagen, die an historische Ereignisse anknüpfen (Moeris, Sesostris, Rhampsinit), Auch an einfachen Missverständnissen fehlte es nicht. Nament- lich die zahlreiche Kaste der Dollmetsclier, die als Fremden- führer dienten, hat diese Traditionen gepflegt und ausgebildet. Auf diesem Material das dann durch Autopsie ergänzt ward fussen die kurze Skizze, welche Hekataeos von Milet (um 520) von Aegypten gab. die ausführliche Schilderung- Herodol's {um 450), und ebenso die späteren Darstellungen wie die des Ephoros, Auch in der Ptolemaeerzeit, in der vor allen Hekataeos von Abdera (um 300), die Hauptquelle Diodor's i ersten Buch, hervortritt, wurde es nicht wesentlich andera, Den gegenwärtigen Zustand Äegyptens lernte man genauer kennen, obwohl auch hier vielfache Missverstündnisse, nament- lich der Geheimlehren, nicht ausblieben (vgl. §. 114), ab« die Angaben über die Geschichte des Landes blieben gleich schlecht wie früher. Nur einzelne gelehrte Forscher, von denen kaum mehr als der Name auf uns gekommen ist, z. B. Ptole- maeos von Mendes [bei Mülleh, Fr. Hist. graec, IV, 4S.j], scheinen richtigere Kenntnisse gewonnen zu haben. Daher sind die griechischen Angaben von historischem Werthe nur für die

Die Griechen. Neuere Werke. 35

letzte Zeit der aegyptischen Geschichte (26. Dyn.), von der sich eine in den Grundzügen richtige Ueberlieferung bei den im Lande ansässigen Griechen erhielt, und in der Schilderung von zur Zeit des Schriftstellers herrschenden Zuständen, namentlich soweit sie auf Autopsie beruht. Hier ist der oft unterschätzte Herodot unzweifelhaft der wichtigste und zuverlässigste.

Im allgemeinen Tgl. v. Gutsghmid, De rerum aegypt. scriptonbns graecis, im Philologus X, 522 ff.

§. 32. Die Grundlage aller neueren Forschungen über Aegypten haben die Publicationen der die Expedition Napo- leons begleitenden Gelehrten gebildet. Als dann Champollion die Entzifferung der Hieroglyphen gelungen war, hat zuerst, auf der von ihm gegebenen Grundlage fortbauend, Rosellini (Monumenti dell'Egitto e della Nubia, 1832 flf.) ein Bild der altaegyptischen Geschichte zu entwerfen gesucht, das trotz der sorgfaltigen Arbeit des Verfassers doch gegen- wärtig überall überholt ist. Bünsen (Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte 1845 flf.) suchte dann die aegyptische Chronologie zu reconstruiren und die Stellung der aegyptischen zu den asiatischen Gulturen zu bestimmen. Inzwischen gab Lepsiüs die Grundlage zu aller weiteren Forschung durch sein gewal- tiges Denkmälerwerk (1846 flf.). Er theilt zugleich mit E. DE RouG^ den Ruhm, zuerst eine sichere methodische For- schung in die Aegyptologie eingeführt, den phantasiereichen Dilettantismus aus der Wissenschaft hinausgewiesen zu haben ; überall haben seine zahlreichen einzelnen Untersuchungen ein- schneidend und aufklärend gewirkt. Den nächsten Fortschritt bezeichnen Brügsch's geographische Inschriften (3 Bde., 1857 flf.), seitdem hat jedes Jahr grössere und kleinere Einzeluntersuchungen (vor allem sind E. de Roug^'s Recherches sur les monuments qu'on peut attribuer aux six premiäres Dynasties de Man^thon, in M^m. de TAc. des Inscr. XXV, 1866, zu nennen) gebracht. Hiezu kommt die bedeutende Erweiterung des Materials theils durch die ununterbrochenen Ausgrabungen A. Mariette's und Dümichen's Publicationen, theils durch die Publication und Entzif- ferung zahlreicher Papyri (BmcH, Chabas, Goodwin, Ebers u. a.).

36 Erstes Buch. Aegyptiscbe Quellenkunde.

Zusammenfassend hatBRUGscH zuerst 1859 (Histoire deT^ypte) die aegyptische Geschichte bearbeitet; demselben verdanken wir neuerdings eine Zusammenstellung des von den Denk- mälern gebotenen Materials in vielfach poetischer Uebertragung (Geschichte Aegyptens unter den Pharaonen, 1877). Die zahl- reichen mehr oder weniger populären Arbeiten, welche fort- während über Aegypten erscheinen, bedürfen hier keiner Er- wähnung.

Von sonstiger Literatur ist hier zu nennen : Wilkinson, Mannersand Customs of Ihe ancient Egyptians, 3 voll., 1837. Second Series 2 voll. 1841 (in zweiter Auflage herausgegeben von Birch, 3 Bde., 1878). DuMicHEN, Geschichte Aegyptens (erscheint seit 1878 in der Oncken^schen Sammlung). Ebers, Aegypten und die Bücher Mose's, I, 1869. Brügsch, Dictionnaire g^ographique, 1878 ff. v. GüTSCHMm. Beiträge zur Geschichte des alten Orients, 1858 (Kritik des BiJNSEN*schen Werkes). Die Texte in Ghampollion's Monuments (4 Bde., 1840 fT.) finden sich fast sämmtlich auch bei Rosellini und Lepsius und sind daher im fol- genden nicht besonders citirt. Eine Ergänzung dazu und zugleich einen trefflichen FOhrer durch die Monumente Aegyptens bilden GiUMPOLUoif, Notices descriptives, publikes par de Roug£, 2 Bde.

Chronologie.

R. Lepsius, Ghronologie der Aegypter I, 1849. Ders., Königsbuch der Aegypter, 1858. J. Lieblein, Recherches sur la chron. 4g. d*apr4s les listes g^n^alogiques, 1873. Femer s. §. 30. 34.

§. 33. Bei der geschilderten Beschaffenheit der Quellen ist es begreiflich, dass wir eine sichere chronologische Grund- lage der aegyptischen Geschichte nicht gewinnen können. Die allgemeinen Umrisse derselben hat Manetho richtig bewahrt. Er theilte die Könige von der Begründung des Reiches durch Menes bis auf den Sturz des letzten Darios in 31 Herrscher- häuser, Dynastien. Historisch richtig scheint seine Einthei- lung nicht immer zu sein, namentlich macht der Turiner Papyrus bei den ersten Dynastien vielfach andere Abschnitte. Indessen Manetho's Ordnung ist längst allgemein recipirt, und aus praktischen Gründen empfiehlt es sich, dieselbe auch femer beizubehalten.

Epochen der aegyptischen Geschichte. 37

Die 31 Dynastien sondern sich in mehrere Gruppen. Vier Höhepunkte treten hervor: Das Alte Reich von Mem- phis, Dyn. 4. 5 (Pyramidenzeit); das altthebanische Reich, Dyn. 12, oft als das mittlere Reich bezeichnet; die Blüthe- zeit des Neuen (thebanischen) Reiches, Dyn. 18 20, die Zeit der asiatischen Eroberungen; und die Restaura- tionszeit der 26. Dyn. (Psammetich und seine Nachfolger). Zwischen diesen Höhepunkten liegen dann lange Zeiträume des Verfalles und des erneuten Aufschwunges, oft auch der Fremdherrschaft. Wir gliedern daher die aegyptische Geschichte folgendermassen :

1) Anfange des aegyptischen Staates. Djn. 1 3.

2) Das Alte Reich von Memphis. Dyn. 4. 5.

3) Uebergangsepoche. Dyn. 6—10.

4) Das altthebanische Reich. Dyn. 11. 12.

5) Verfall des thebanischen Reichs. Fremdherrschaft (Hyksos). Dyn. 13—17.

6) Das Neue (thebanische) Reich. Dyn. 18—21.

7) Libysche, aethiopische, assyrische Fremdherrschaft. Dyn. 22—25.

8) Restaurationszeit. Dyn. 26.

9) Perserzeit. Dyn. 27-31.

§. 34. In der Zeitrechnung haben die Aegypter schon sehr früh den natürlichen Monat aufgegeben und sind zum reinen Sonnenjahr fortgeschritten (§. 21). Der conventioneile Monat \vird zu 30 Tagen gerechnet; damit indessen die Sonne wieder zu ihrem alten Stande zurückkehrt, müssen noch fünf weitere Tage verfliessen, die am Schlüsse des Jahres ausser- halb der Monate stehen (die sog. Epagomenen). So wird ein Jahr von 365 Tagen gewonnen, das vom Mondlauf völlig un- abhängig ist.« Dieses Jahr ist zu allen Zeiten die Grundlage des aegyptischen Kalenders geblieben. Es ist aber bekannt- lich ein Wandeljahr, und bald musste man zu der Ent- deckung kommen, dass sich bei demselben der Jahresanfang alle vier Jahre um einen Tag zurückverschob. Den An-

3g Erstes Buch. Aegj-pUscbe Quellentunde.

fangspunbt des Jahres (1. Thoth ^ 20. Juü julianisch) IjU- dete der Tag, an dem in Millelaegyplen (Parallel von Memphis) um die Zeit der Sommersonnenwende der hellste Stern des aegyptischen Himmels, der Sirius oder, wie die Aegypler ihn nennen, die Solhis, der Stern der Isis, zuerst wieder am Morgenhimmel erschien und zugleich den Beginn der Ueber- schwemmung verkündete. Dieser Frühaufgang der Solhis, so fand man, erfolgte nach Verlauf von vier bürgerlichen Jahren jedesmal um einen Tag später. So gewann man ein Sothis-«! jähr von 365'/* Tagen, und die Gleichung: 14(50 Sothisjahre' = 1461 bürgerliche Jahre. Das wirkliche, feste, Sonnenjahr hatte mnn so allerdings nicht gewonnen, sondern ein etwas grösseres [in 100 Jahren beträgt die Differenz 18 Stunden 40 Min.]; indessen in Folge der Praecession der Nachtglelcheil blieb der Frühaufgang der Sothis viele Jahrhunderte hindurch ziemlich in demselben Maasse wie das. julianische Jahr gegen das [gregorianische] Sonnenjahr zurück, so dass die Differenz zwischen beiden überhaupt nicht bemerkt zu sein scheint. Im vierten Jahrtausend v, Chr. fiel der Sothisaufgang am 20, Juli juüanisch mit der Sonnenwende ziemlich zusammen Jahre 2782 v. Chr. fallt er auf den 28. Juni gregorianisch im Verlaufe der aegyptischen Gesuhichte blieb er schliesslich fast um einen Monat liinter derselben zurück. Aus Cen- sorin, de die nal. 21, 10 (u. a.) wissen wir, dass eine Sothis- periode (wjvinö; xux^it) in den Jahren 136 139 n, Chr., die vorhergehenden also 1325—1322 v. Chr., 2785—2782, 4245—4242 abgelaufen waren. Damit ist uns indessen weni( gedient, da wir nicht wissen, unter welchem Herrscher eine dieser Epochen abgelaufen war. Der Mathematiker Theofl (bei Lepsius, Königsbuch 123) bezeichnet die Sothisepoche 1322 v. Chr. als Aera ätt^ MsvitppEMc; welcher König indessca mit diesem Menophros gemeint sein soll, ist uns völlig un- bekannt. Ebenso wenig ist überliefert, in welche Zeit di< Regulirung des aegyptischen Kalenders hinaufreiclil. Die fön! Epagoraenen kommen monumental zuerst im altthebanischen Reiche vor. Es hindert indessen nichts, die Fixirung des

Das aegyptische Jahr. Die Sothisperiode. 39

365tägigen Jahres und die Entdeckung der Sothisperiode, die, sobald man einmal das Jahr von der Natur losgelöst hatte, sehr nahe lag, in die hochcultivirte Zeit vor Entstehung un- serer ältesten Monumente zu versetzen; auch machen es die vorhin erwähnten astronomischen Thatsachen wahrscheinlich, dass sie vor das Jahr 3000 v. Chr. gehört. Das feste Jahr ist vorübergehend zuerst unter Ptolemaeos III. im Jahr 238 v. Chr. (Dekret von Kanopos), dann dauernd seit Augustus, 29 v. Chr. (Jahr der Alexandriner), eingeführt. Früher scheint man die Einführung desselben verpönt zu haben, um nicht durch die Gestattung von Einschaltungen die Möglichkeit einer Kalender- verwirrung zu schaffen, jedenfalls sind mannigfache Schalt- versuche der definitiven Regelung des aegyptischen Jahres vor- angegangen — sondern die Zeitrechnung völlig von allen äusseren Einflüssen zu emancipiren (s. Nigidius Figulus in den schol. ad Germanicum p. 88, ed. Breysig). Es versteht sich von selbst, dass daneben das natürliche Jahr, d. h. die Folge der Jahreszeiten, nicht nur die Grundlage des Landlebens blieb, sondern man auch, ebenso wie jetzt die Mohammedaner, manche Feste, z. B. den Frühaufgang der Sothis, nach dem- selben feierte, unbekümmert um das Wandeljahr, ebenso wie das Neu- und Vollmondsfest unabhängig vom dreissigtägigen Monat gefeiert wurden.

Die vorstehenden AusfQbrungen beruhen vor allem auf Biot's Unter- sachungen (namentlich: Sur Tann^e vague des Egyptiens, in M^m. de l'Ac. des Sciences^XIII, 1835) und Lepsius' Chronologie, und scheinen mir durch die neueren Versuche, ganz andere Systeme aufzustellen, in keiner Weise erschüttert. Namentlich Riel, Das Sonnen- und Siriusjahr der Rames- siden, 1875; der Doppelkalender des Papyrus Ebers, 1876 [er will den- selben in den Anfang der römischen Zeit setzen, obwohl schon die Palaeo- gnpbie beweist, dass er um den Anfang des Neuen Reiches geschrieben ist]; der Thierkreis und das feste Jahr von Dendera, 1878, sucht (wie ^er Brugsch) eine EinfOhrung des festen Jahres mit vierjähriger Schaltung zu Anfang des Neuen Reiches zu erweisen, setzt den Sirius- aurgang auf den ersten Thotb, hält die Aufstellung der Sothisperiode ^ späten Ursprungs u. s. w. Herodol's Angabe II, 4 beweist nur, dass derselbe von Astronomie und Chronologie nichts verstand; vgl. I, 32. Hält er doch auch die Erde fdr eine Ebene! Die sehr

40 Erstes Buch. Aegyptische Quellenkunde.

schwierige, aber ebenso lohnende Aufgabe, die zahlreichen kalendarischen Angaben der aegyptischen Monumente zu bearbeiten, ist noch nicht gelöst; Vorarbeiten in: Brugsch, Mat^riaux pour servir ä la reconstruction du cal. des anc. Eg., 1864 [dazu de Rouge, ÄZ. 1865, 73 ff.]; Lauth, Zo- diaques de Dendera, 1865; DCmichen, Altaeg. Kalenderinschr. ; Gensler, Theban. Tafeln stOndl. Sternaufgänge, 1871; Brugsch, Drei Festcal. von Edfu, 1877, u. a. Nebenbei bemerke ich, dass in den Annalen Dhutmes*III., Lepsius D. III, 32, 13, keineswegs nach dem festen und dem Wandeljahre neben einander dalirt (Brugsch, Gesch. 377), sondern nur angegeben wird, dass der astronomische Neumond im Jahre 23 auf den 21. Pachons fiel. ^Tabellen der Sothisperiode s. bei Brandes, Abb. zur Gesch. des Orients. Das aegyptische Jahr von 365 Tagen ist von den griechischen Astronomen in Alexandria adoptirt, und dieselben haben die astronomischen Angaben der Babylonier darauf reducirt.

§. 35. Während das Jahr seit uralten Zeiten fest ge- ordnet war, gibt es eine feste Aera im alten Aegyplen ebensowenig wie sonst irgendwo im Alterthum. Man datirte nach den Regierungsjahren des jedesmaligen Königs. Dessen erstes Jahr beginnt natürlich mit dem Tage seiner Thronbe- steigung (vgl. Brügsgh, Gesch. Aeg. 290), so dass das Re- gierungsjahr mit dem bürgerlichen nicht zusammenfällt. Später machte sich hier das Bedürfniss einer Ausgleichung geltend, die dahin getroffen wurde, dass man dasjenige bürgerliche Jahr, in welchem der König den Thron bestieg, als sein erstes rechnete, mithin seinem Vorgänger das Jahr, in dessen Verlauf er ge- storben war, nicht mehr in Rechnung brachte. So wurden jedem Könige nur ganze Jahre zugerechnet. Diese Rechnungs- weise ist wohl jedenfalls in der 26. Dynastie schon üblich gewesen und liegt allen chronologischen Angaben der Griechen zu Grunde. In älterer Zeit indessen kannte man, wie der Turiner Papyrus zu lehren scheint, dieselbe noch nicht, son- dern musste die überschüssigen Monate und Tage jeder Re- gierung mit in Rechnung bringen.

Dass unter der 26. Dynastie in der angegebenen Weise gerechnet wurde, machen die Angaben mehrerer biographischer Inschriften dieser Zeit (BöcKH, Manetho 345 ff.; Wiedemann, Gesch. Aeg. 117 f.) sehr wahrscheinlich.

§. 36. Die Grundlage der aegyptischen Chronologie bilden daher die Königslisten. Unter diesen ist am wichtigsten die

KOnigslisteD. Der Turiner Papyrus. 41

des Turiner Papyrus. Derselbe ist, so scheint es, unter Ramses m. geschrieben; der Name dieses Königs kommt in den Rechnungen auf der Rückseite vor. Er enthält ein Ver- zeichniss der aegyptischen Könige voran gehen die Götter- dynastien — mit Angabe ihrer Regierungsjahre und theilweise auch ihres Lebensalters. Leider ist der Papyrus vollständig zerbröckelt, neben zahlreichen kleineren Fetzen sind nur wenige grössere Rruchstücke erhalten. Doch ist es möglich, im all- gemeinen die Anordnung des Papyrus wieder herzustellen und den wichtigsten Fragmenten ihren richtigen Platz zuzuweisen. Er umfasste falls nicht am Schluss Seiten abgerissen sind lOColumnen von durchschnittlich 27 28 Zeilen und gab im ganzen etwa 220 Königsnamen von Menes bis vor oder in die Hyksoszeit (§. 112, Anm.). Dieselben sind in Dynastien eingelheilt, welche theils durch ein Rubrum, theils auch nur dadurch, dass hinter dem Königsnamen das Wort »regierte« wiederholt wird, gekennzeichnet sind. Nach grösseren Ab- schnitten finden sich Summirungen. In den wenigen Fällen, wo wir die Zahlen des Papyrus mit Hülfe der Denkmäler controlliren können, sind dieselben correct. Dagegen hat sich der Verfasser bei der Summirung der 12. Dynastie einen argen

Irrthum zu Schulden kommen lassen (§. 101).

Der Turiner Papyrus ist von Champollion entdeckt, von Seyffarth geordnet, von Lepsius (Auswahl der wichtigsten Urkunden), und mit dem Veno das bei der Reconstruction immer berücksichtigt werden muss Ton WiLKiHsoN (Hieratic Papyrus of Turin 1851) publicirt. Eine er- schöpfende philologische Bearbeitung fehlt noch ; einzelnes ist von Hincks (Tr, See. Literature, 2 Ser, III, 1850) und de Roug^ (Six prem. dyn.) trefflieh behandelt. Lauth, Manetho und der turiner Königspapyrus, ent- hält neben vielem Guten auch grosse Willkörlichkeiten und Irrthumer, ^ie namentlich aus dem Bestreben hervorgegangen sind, überall im Pa- pyrus und bei Manetho die gleichen Angaben wieder zu finden. Leider ^>Dd mehrere derselben auch in Unger's Ghron. des Manetho übergegangen. Ob der Papyrus die Königsliste bis auf die Zeit seiner Abfassung fort- führte und die letzte Seite völlig verloren ist, lässt sich nicht entscheiden.

§. 37. Theilweise ergänzt werden die Lücken des Pa- Pyrus durch die uns erhaltenen monumentalen Königstafeln.

42 Erstes Buch. Äegyplische Quellenkunde.

Dieselben tragen sämtnllich einen funerären Charakter: e: späterer König {oder Privatmann) bringt den alten Herrschei

die Todtenopfer dar. Daher enthalten alle diese Listen nuE eine mehr oder minder correct geordnete Auswahl; illeg oder unbedeutende Künige werden übergangen. Historisch wichtig sind drei Listen:

1) Die Tafel Seti' I. in Abydos (entdeckt 18Ö4), voll ständig erhalten, umfasst 70 Namen. Von ihr ist die TaEe Ramses' II. (jetzt in London) nur eine Copie.

3) Tafel Dhutmes' IH. aus Karnak, jetzt im Louvre, sei zerstört und völlig willkijrlich geordnet, umfasste 61 Namei

3) Tafel aus dem Grabe Tunrei's in Saqqara (unt) Ramses II., entdeckt 1860) umfasste 52 Namen, von denen 41 erhallen sind.

Konigslareln: Die von Karnak und die Ramses' IL bei LEPsrui', wähl und Abh. Berl. Ak. 1852 (über die 12 Djn,); Nr. 1: ÄZ. 18« Maiuette, Abydos n. a.; Kr. 3: HAri. X, Mahiette, Mon. div. 57; Nr, 1 u. i auch bei de Ropge, Sic pr. dyn. Ueber die Tafel von Karnak E. DE Smilcy, Etüde 9ur la serie des rois inscrils a la salle des ancäträ de Thouthm^s III. (Mfm. de I'Ac. irap. de Metz 1863.) - Auf ein artige Tafel ^ehi wahrscheinlich die Liste von 3S (urspr, 81) thebnniachei Königen zurücli, welche Synkelloe aus Apollodor und Eratoslbenes erhaltn hat und über deren Echtheit viel gestritten ist (s, u, a. Fmr.cE, Rhein Mus. XXIX; pjfcxs, Rhein. Mus. XXXI, 1). Grösseren hislorischen Wert] hat dieselbe nicht.

g. 38. Neben diesen Urkunden steht die manethonisd Liste in ihren verschiedenen Redaclionen. Man hat langi geglaubt, durch Herstellung derselben in ihrer urprünglicbei Gestall auch eine sichere Grundlage der aegyplischen Chrono logie zu gewinnen. Indessen eine genauere Untersuchung lehrt dass Manetho für dieselbe nicht zu gebrauchen ist: wo in der älteren Zeit seine Zahlen controUiren können, sind sk fast ausnahmslos falsch, und zwar keineswegs etwa nur durcl die Schuld flüchtiger Abschreiber und Excerptoren; überdie kommen in der Namensfolge häufig Verwirrung und Lückeq vor. Zahlreiche Beispiele werden sich später aus der Vep gleichung Manetbo's mit den Monumenten ergeben. Erst etw

Unmöglichkeit einer gesicherten Chronologie. 43

?on der 20. Dynastie an scheinen seine Zahlen einiger- maassen zuverlässig zu sein. Ein anderer Umstand kommt hinzu. Nach Manetho's Anschauung sind die Dynastien in der Ordnung, welche er gibt, aufeinandergefolgt, wie daraus her- vorgeht, dass er in der 17. Dynastie ein thebanisches und ein gleichzeitiges Hirtengeschlecht zusammenfasst, nicht jedes als ein besonderes Herrscherhaus rechnet. In Wirklichkeit haben aber solche Nebenregierungen wiederholt stattgefunden, und es müssten mithin die manethonischen Daten, selbst wenn sie correct wären, reducirt werden; König Mena würde nicht mit Manelho [nach ünger's Rechnung] ins Jahr 5613 v. Chr., sondern um ein Bedeutendes später anzusetzen sein.

Lepsius u. a. haben angenommen, dass Manetho selbst eine Anzahl Ton Dynastien als Nebendynastien bezeichnet und den Umfang der aegyp- tischen Geschichte auf 3555 Jahre bestimmt habe (vgl. Abb. Berl. Ac. 1857) ; demgem3ss gewinnt Lepsius fQr Menes als angeblich manethoniscbes Da- tam das Jahr 3892 v. Chr. Indessen die bei Synkellos p. 98 überlieferte Gesammtsumme von 3555 Jahren stammt nicht aus Manetho, sondern, wie der Wortlaut lehrt, aus dem gefälschten Sothisbuch (§. 80), ist also lustoriscb werthlos. Dass Manetho's Regierungszahlen unter dem Ein- flösse eines chronologischen Schemas [der Sothisperiode] ständen (Bögkh), ist nicht erwiesen.

§. 39. Somit müssen wir die Gewinnung absoluter Daten als hoffnungslos aufgeben und uns auf eine approximative Abschätzung der Zeiträume der aegyptischen Geschichte be- schranken. Wesentliche Dienste leisten dabei die Genealogien sowohl der Herrscherhäuser wie von Privatpersonen; wo wir einen Stammbaum durch längere Zeiträulne verfolgen können, ennöglicht er eine ungefähre Abschätzung nach Generationen. Auf diese Weise können wir Minimaldaten gewinnen, mit denen wir uns bis auf weiteres begnügen müssen. Für die grossen, fast völlig denkmälerlosen Zeiträume von Dyn. 7 11 und 14 17 werden dieselben freilich nur äusserst problema- tisch ausfallen, und die Ansätze, welche im folgenden für die 12. Dynastie, die Pyramidenzeit und Mena gegeben werden, sollen weiter nichts besagen, als dass dieselben nicht wohl später angesetzt werden können, während es dem Be-

44 Erstes Buch. Aegyptiscbe Quellenkunde.

lieben eines Jeden überlassen bleibt, ihre Zeit weit höher hinaufzurücken.

Zahlreiche Stammbäume hat namentlich J. Lieblein in seinem Die- tionnaire des noms hi^rogl. zusammengestellt und in seinen Recherches sur la chron. für die Chronologie zu verwerthen gesucht. Dass diese Methode eine sehr unsichere ist, braucht nicht erst bemerkt zu werden; aber wir haben keine anderen Mittel.

§. 40. Zwei astronomisch -kalendarische Daten würden, wenn sie für uns präcise genug gefasst wären, der Wieder- herstellung der Chronologie einen festen Anhalt bieten. Die- selben sind:

1) Das Fragment einer Opferliste in Elephantine, Lepsius Denkm. III, 43 e, nach der das Fest des Sothisaufgangs auf den 28. Epiphi fiel. Berechnet für den Normalparallel der Sothisperiode (Memphis und Heliopolis) ergäbe dies Datum die Jahre 1473 1470 v. Chr., für den Parallel von Elephantine, unter dem der Siriusaufgang etwa 5 Tage früher beobachtet wird, etwa 1457 1454 v. Chr. In dem Fragment findet sich kein Königsname, wohl aber auf dem [verwandten, Lepsius Denkm. III, 43 f., der Dhutmes' HI. Vielleicht gehört also die Inschrift seiner Regierung an, die demnach in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts v. Chr. zu setzen wäre was mit der von uns befolgten approximativen Rechnung ganz gut stimmt.

2) Der Kalender auf der Rückseite des Papyrus Ebers, wonach im 9. Jahre des Königs Gerh(?)-?-ra' das Neu- jahrsfest des festen Jahres auf den 9. Epiphi fiel. Dies ergäbe 1553—1550 oder 3013—3010 v. Chr. Leider ist der König völlig unbekannt; der Papyrus ist aber zweifelsohne um den Anfang des Neuen Reiches nicht nur geschrieben, sondern auch verfasst (§. 114). Nun ist die Königsfolge des N. R. von A'ahmeS; dem Besieger der Hyksos, an bekannt; in der ein- zigen Epoche, wo wir vielleicht nicht alle Königsnamen kennen, der Zeit nach Chuenaten's Reformation (§. 229), wird man doch schwerlich eine mindestens neunjährige Regierung, von der wir sonst gar nichts wissen, unterbringen können. Demnach

Minimaldaten. 45

gehört der unbekannte Herrscher wahrscheinlich in die Hyksos- zeit und das Neue Reich beginnt nach 1550 v. Chr.

Das Kalenderfragment von Elephantine wollen Bruosgh, Reisebriefe 244» und Ghabas, Mölanges, II, 16 ff., einer späteren Zeit, etwa der Ramses II., zu- weisen (vgl. Unger, Ghron. des Man. 193), was an sich sehr wohl möglich ist, indessen diesen König zu hoch hinaufzurOcken scheint. Die An- nahme von DüBocHEN, Ebers, Lepsiüs (ÄZ. 1875, 146), der König des Pap. Gbers gehöre ins Alte Reich, wird dadurch unmöglich gemacht, dass derselbe in seiner Titulatur als gegenwärtig regierend (^anch i^et) be- zeichnet wird, andererseits aber das im Papyrus enthaltene medicinische Sammelwerk aus sprachlichen (p. 47, 18) und sachlichen GrQnden nicht im Alten Reich verfasst sein kann. Die astronomischen Darstellungen der Königsgräber sind chronologisch nicht verwerthbar, s. Lepsius, Königs- boch 152 ff. gegen Biot, Rech, de quelques dates absolues, in M4m. de TAc. des Sciences XXIV, 1854, und vor allem Le Page Renouf, Tr. Soc. Bibl. Arch. lU, 400 ff. (nach dem das den Stemtafeln der Ramessiden zu Grunde liegende Original um 1450 v.Chr. verfasst wäre). Aus dem Festkalender von Medinet Habu (Lepsius, Königsbuch 162) folgt viel- leicht, dass unter Ramses III. der Sinusaufgang in den Monat Thoth fiel, seine Regierung also zwischen 1325 und 1206 v. Chr. anzusetzen wäre ; ^l darüber jetzt Dümichen, die kalend. Opferfestlisten von Med. Habu, 1881, der aus denselben ein festes Jahr zu erweisen sucht.

§. 41. Auf dem angegebenen Wege gelangen wir zur Auf- stellung der folgenden, im Verlauf welter zu rechtfertigenden

Minimaldaten.

3180 V. Chr. Mena.

2830 Snefru; Altes Reich von Memphis. 2530, ev. weit früher, Pepi.

2130 Amenemha't I.; altthebanisches Reich.

1930 13. Dynastie.

1780 Hyksoszeit.

1530 A'ahmes; Anfang des Neuen Reichs.

U80-143O Dhutmes III.

1320 Ramses I., Seti I.

1300-1230 Ramses II.

1180—1150 Ramses ffl.

1050 Priesterkönige und 21. Djmastie.

930 Sesonq; 22. Dyn.

46 Erstes Buch. Aegyptische QuelleDkunde,

Das letzte Datum, die Herrschaft Scsonq's, des Eroberers Jerusalems zur Zeit Rehabeam's, ist das erste, welches durch fremde Zeugnisse wenigstens annähernd (d. h. mit einem Spiel- raum von etwa 20 Jahren) feststeht. Tiefer als 3200 v. Chr. wird man nach dem angefahrten Mena nicht herabrücken dürfen; wieviele Jahrhunderte früher er regiert haben mag, das zu beurtheilen fehlt jeder Maasstab.

Sowenig die hier aufgestellten Daten den Anspruch auf mehr als eine gewisse Wahrscheinlichkeit erheben, so mag doch bemerkt werden, dass, wenn wir Dhutmes III. um 1450, Ramses II. um 1300 ansetzen, der Aufbruch des ersteren zum syrischen Feldzug Ende Pharmuti seines 22. Jahres ebenso wie der des letzteren am 9. Payni seines 5. Jahres um den 15. April (julianisch) fallen würden; vgl. Lieblein, Recaeil de travaux rel. k la philol. ögypt. et assyr. I, 63. 95. 141 ; Abh. Berl. Orient Gongress III, 92.

I. Die Grundlagen der aegyptischen Gultur.

Die Aegypter und ihre Nachbarn. Alter und Charaicter der

aegyptischen Cultur.

§. 42. Aegypten (aeg. Qemt) ist der schmale Streifen fruchtbaren Landes, welches der Nil durchströmt, nachdem er beim ersten Katarakt zum letzten Mal sich unmittelbar zwischen den Felsen hindurch seinen Weg gebahnt hat. Der grösste Theil des Landes ist kaum zwei deutsche Meilen breit und wird rechts von den kahlen Höhen des arabischen, links von denen des libyschen Wüstengebirges eingeschlossen. Erst in dem von zahlreichen Stromarmen und Canälen durchzogenen Mündungs- gebiet des Nil gewinnt das Culturland eine grössere Aus- dehnung.

Der Volksstamm der Aegypter diesen Namen haben ihm die Griechen gegeben, eine einheimische Bezeichnung haben die Bewohner von Qemt nie gekannt steht mit den übrigen der kaukasischen Rasse angehörigen Volksstämmen Nordafrikas, vor allen den Kuschiten (§. 43), den Libyern und den Mauren (Berbern) in einem in seinen Einzelheiten noch nicht genauer dargelegten Verwandtschaftsverhältniss. Dagegen sind diese »nordafrikanischen« Völker der mehrfach für sie gebrauchte Name Hamiten ist unpassend und irreführend von den übrigen Bewohnern Afrikas, speciell den nubischen und den Negerstammen, scharf gesondert. Allerdings hat sich gegen- wärtig in Folge der fortwährenden Kreuzungen der aegyptische Typus dem rein afrikanischen mehr genähert, so dass man

48 Erstes Buch, erster Abschnitt.

von naturwissenschaftlicher Seite den Ursprung der Aegjrpter aus dem inneren Afrika hat ableiten wollen; indessen die monumentalen Darstellungen vornehmer Aegypter namentlich aus dem Alten Reich widerlegen diese Vermuthung vollständig. Im übrigen zeigt die Sprache der Aegypter im Wortschatze und im grammatischen Bau eine unverkennbare, wenn auch entferntere Verwandtschaft mit den semitischen Sprachen. Nicht unwahrscheinlich ist es daher, dass die Aegypter und ebenso die übrigen Nordafrikaner einmal aus Asien nach ihrer späteren Ileimath gewandert sind. Man hat weiter vermuthet, dass die Einwanderer den Herrenstand bildeten, die Masse der Leibeigenen auf die unterworfene afrikanische Urbevölke- rung zurückgehe; dass jenen die höheren Elemente der aegyp- tischen Cultur, diesen die niederen, namentlich die Verpflan- zung des in Afrika weit verbreiteten Thierdienstes nach Aegypten, zuzuschreiben seien. So viel Ansprechendes diese Hypothesen auch enthalten, beweisbar sind sie nicht ; und sie beziehen sich auf Zeiten, die sehr weit jenseits aller geschicht- lichen Kunde liegen. In historischer Zeit sind die verschie- denen Elemente jedenfalls längst vollständig mit einander verschmolzen, von einem Bewusstsein, dass es innerhalb Aegyptens verschiedene Rassen oder Nationalitäten gäbe, findet sich keine Spur.

»Aegypten ist das Land, welches der Nil bewässert, und Aegypter sind alle, welche unterhalb Elephantiue's wohnen und Nilwasser trinkenc, Herod. II, 18. Woher der griechische Name AlfünTO? und der semitische Musr, Misr (hehr. D'^HVO ist eine Locativbildung, kein Dual) stamroeD, ist unbekannt. Ueber die Herkunft der Aegypter s. Ebkrs, Aeg. B. M. 40 flf. u. Afrikanischen Ursprung derselben hat namentlich R. Hartmann, Z. f. Ethnol. I, zu erweisen gesucht. Nach Lepsius' Vermuthung (Nub. Gramm.) wären die Aegypter ober den Isthmus von Suez, die Kuschiten Ober den arabischen Mb. nach Afrika gekommen. Die Hypothese einer Mischung asiatischer und afrikanischer Bestandtheile in Aegypten ist neuerdings von TiELE und Ebers ausgesprochen worden. Natürlich betrachten die Aegypter sich als Autochthonen und als die ältesten Menschen; der Angabe Diodor's III, 3, die Aegypter und ihre Cultur stammten aus Aethiopien, liegt ausser der [falschen] Annahme, das untere Nilthal sei erst in historischer Zeit angeschwemmt (Herod. H, 4), die Thatsache su

Libyer, Nubier, Kuschiten. 49

Grand«, dass das priesterliche System später in Aethiopien weit voll- itlndii^r durchgefQhrt war als in Aegypten.

§. 43. Die westlichen Grenznachbarn der Aegypter werden YOQ diesen unter dem Namen der Temchu zusammengefasst and auf den Monumenten durch ihre weisse Hautfarbe als eine Ton der rothen aegyptischen gesonderte Rasse dargestellt. Zu ihnen gehören zunächst die Tehenu an der Westgrenze des Delta, wo sie vielleicht schon seit den ältesten Zeiten (nament- lich in Sais) neben den Aegyptern ansässig waren, dann die Hasauasa (§. 234) und in Eyrenaika die Rebu (Lebu), nach denen die Griechen alle diese Stämme unter dem Namen der Libyer zusammenfassen. Auch die Bewohner der schon früh- zeitig von Aegypten abhängigen Oasen gehören zu ihnen; gememsam ist ihnen allen die Sitte der Tättowirung. In ähnlicher Weise sind die Wüsten östlich vom Delta und, wie es scheint, auch das öde Gebirgsland östlich vom Nil (aeg. ^An oder »das rothe Lande) von Nomaden semitischen Stammes besetzt, die oft genug gegen das Gulturland andrängen und wahrscheinlich schon seit den ältesten Zeiten einen bedeutenden Theil der Bevölkerung des östlichen Delta bildeten, ünver- mischt treffen wir die Aegypter nur im sudlichen Delta und im Nilthal bis in die Nähe des ersten Katarakts. Hier be- ginnt das Land der Neger (Nehesiu), der Vorfahren der heu- tigen Nubier, die in dem engen und zunächst wenig frucht- baren Nilthal bis zum dritten und vierten Katarakt hinauf Ackerbau und Viehzucht treiben und in zahlreiche Stämme zerfallen, unter denen die üaua besonders hervortreten. Eine höhere Cultur haben sie nie entwickelt; nach Aegypten wurden sie seit den ältesten Zeiten wie gegenwärtig in Masse als Sklaven und Lohnarbeiter importirt. Scharf von ihnen ge- sondert, dagegen den Aegyptern verwandt, sind ihre öst- lichen Nachbarn, die Bewohner des goldreichen und in seinen oberen Theilen auch culturfahigen Landes östlich vom Nil. Die Aegypter nennen sie Kas, wir pflegen sie nach der he- bräischen Form des Namens (l^D) gewöhnlich als Kuschiten

Meyer, Gwohlohte deg Alfcerthuma. I. 4

50 Erstes Buch, erster Abschnitt.

ZU bezeichnen. Es sind dies die AIäCottsc der Griechen, die aUmählich immer weiter gegen die Neger des Nilthals vor- dringen, hier seit den Zeiten des Neuen Reiches als Grenz- nachbarn der Aegypter erscheinen und schliesslich die grossen Reiche von Napata und Meroe gegründet haben. Von ihnen völlig verschieden ist das Volk, welches in christlicher Zeit den Namen der Aethiopen angenommen hat, die semitischen Bewohner des Hochlandes von Habesch; mit ihnen sind die alten Aegypter, wie es scheint, nie in Berührung gekommen, erst in der römischen Zeit treten sie in den Bereich der Ge» schichte ein.

Im allgemeinen : Brugsch, Geogr. Inschr. II. lieber die Libyer vgL Stern, Augsb. AUg. Ztg., 4. Juni 1882. ÄZ. 1888, 1 ff. Ueber die Oasen: DOhichen, Die Oasen der Hb. WQste, 1877. Brugsgh, Reise nach der gr. Oase el-Khargeh, 1878. Semiten im Delta: Ebers, Ae. B. M. I. Ueber das »rothe Lande (ta de§er; daher bei den Griechen der Name des erythräischen Meeres) und das Land ^An s. Brügsch, Dict. göogr. 111 ff., 965 ff., vgl. §. 241. Ueber die Nubier und Kuschiten s. vor allem die Ein- leitung von Lepsius, Nubiscbe Gramm., 1880, dessen weitgehenden Com- binationen über die Wanderungen der Kuschiten, Ober Puna Poeni und Hyksos, über Kefa und K-r]<pe6c ich allerdings nirgends zu folgen vermag. Dadurch, dass in der jahwistischen (§. 177) VOIkertafel, Gen. 10, 8, KuS als der Vater Nimrods erscheint offenbar ist dabei an die Kossfter oder Ka§§i in Babylonien (§. 140) gedacht und dass dann der Elohist in V. 7 dem Kus alle möglichen arabischen Stämme zu Söhnen gibt (im Widerspruch mit Gen. 10 > 28. 25, 2), ist der Name Kuschiten einer dei unheilvollsten auf dem Gebiete der alten Ethnographie geworden. Die altaegyptischen Kuschiten (Ka§) sind nach Lepsius die Vorfahren der heu« tigen Bedja, Verwandte der Falascha, Galla, Somali u. a.

§. 44. In ausserordentlich fräher Zeit herrscht im unten Nilthal bereits eine hohe Cultur. Durch den zufälligen Um. stand, dass spätestens etwa um das Jahr 3000 v. Chr. be den Grossen des Hofes von Memphis die Anschauung dfi Herrschaft gewann, der Todte bedürfe, damit es ihm wohl ergehe, einer gewaltigen, allen Stürmen der Zeit trotzende^ und dabei durch Bilder und Inschriften reich gezierten Wob: nung, sind uns von diesem Zeitpunkte an zahlreiche Zeugnis^ aegyptischen Lebens und Denkens erhalten. Es unterließ

Alter und Charakter der aegyptischen Cultur. 51

indessen keinem Zweifel , dass wenn irgend ein Zufall uns Jahrtausende vorher einen Einblick in dasselbe gestattete^ wir eine zwar vielfach anders gestaltete und weder soweit fort- geschrittene, noch so scharf charakterisirte Gultur, aber doch einen Zustand wahrnehmen würden, der über das uncivilisirte Leben der Nachbarstämme weit hinausragte. Zur Zeit der Erbauung der Pyramiden sind Industrie und Gewerbe hoch entwickelt, die Kunst ist über ihre Anfange längst hinaus und erreicht gerade damals einen Höhepunkt, der später nie wieder ge- wonnen wurde, das Staatswesen ist seit langer Zeit in fester, während der ganzen weiteren Entwicklung Aegyptens kaum geänderter Weise geordnet. Der Ursprung der Schrift, die Ordnung des Jahres (§. 34), die Anfange der Wissenschaften, der Literatur fallen weit vor den Beginn unserer historischen Kunde, und längst haben damals das Denken und die An- schauungsweise der Aegypter die Richtung erhalten, welche für alle Folgezeit die herrschende geblieben ist; nur die weitere Ausbildung vermögen wir hier noch zu verfolgen.

§. 45. Die aegyptische Cultur hat sich, soviel wir sehen können, völlig selbständig entwickelt. Auf die Nachbarvölker hat sie wohl Einfluss ausgeübt, ist aber, abgesehen von den spateren Zeiten, in denen das eigentliche Aegypterthum längst zum Abschluss gekommen war, nie wesentlich von ihnen beeinflusst worden. Daher kommt nirgends schärfer als in Aegypten der allgemeine Satz zum Ausdruck, dass eine Cultur desto stabiler wird, je höher sie sich materiell ent- wickelt. Jeden Fortschritt, jede neue Entdeckung sucht man ängstlich festzuhalten, man zwängt sie in bestimmte Regeln, die für alle Zeiten bindend bleiben und als heilige, uralte Weisheit den Nachkommen überliefert werden; jede Abwei- chung von ihnen ist auf das strengste verpönt. Daher wird alle Selbständigkeit, alle Individualität erdrückt; die einmal gewonnene Höhe der Kenntnisse, der Technik wird zwar con- servirt, auch das Detail noch weiter ausgebildet, aber das geistige Leben erstarrt vollständig. Zur Pyramidenzeit finden ^ diese Richtung der Cultur bereits in voller Entwicicelung;

52

Erstes Bucli, e

mit dem Anfang des Neuen Reichs hat sie die volle Herr- schaft erhallen.

Ein Zweites kommt hinzu. Alle Cultur entspringt dem unmittelbaren praktischen Bedürfniss, dem Strehen, das Leben angenehmer, reichhalliger zu gestalten; auch die höheren^ geistigen Elemente derselben, die in Kunst und Literatur, Wissenschaft und Theologie ihren Ausdruck Gnden, entstammei denselben Trieben, Hier aber haben die Aegypter sich ni^ wie die Hellenen und die occidentali sehen Culturen, über dl< zunächst gegebene materielle Grundlage zu erheben und dei Begriff einer geistigen Cultur zu erfassen vermocht; übera] ist die rein praktische Aufgabe nicht nur der nächste, sondei der einzige Zweck der geistigen Thäfigkeit. Daher sind ihn Leistungen am bedeutendsten auf dem Gebiet der bildend« Künste, soweit dieselben praktischen Zwecken dienen - das thun sie in Aegypten ausnahmslos , da hier Zweck um Material immer das herrschende Element sein müssen. Dagegei ist es den Aegyptem nie gelungen, sich in der Sprache vt^ den Fesseln des Wortes und des Wortbildes, in der Religioi und Speculalion von den Fesseln des mythischen Symbols s befreien, oder auf wissenschaftlichem Gebiet zu theoretischi Formulirung und Behandlung der Probleme fortzuschreitei Wenn die Griechen und manche unter den Neueren vielfad anders geurlheill haben, weil sie die phantastischen Lehre der aogyptischen Priester über das Leben nach dem Tod( über die Gottheit und die menschliche Seele für abstracti philosophische Speculationen hielten, so ist dabei übersehei dass diesellien für den alten Aegypter nichts weniger als diel sondern äusserst wichtige praktische Fragen und Ideen wai bei denen seine ganze irdische und zukünJlige Existenz ax dem Spiele stand, und dass die ihnen gegebene philosophiscll Einkleidung durchaus unaegyptisch ist.

Anf&Qge des aegyptischen Staates. 53

Anfänge des aegyptischen Staates.

E. DE RouGi, Recherches sur les monucnents qu*on peut attribuer MX six premiöres dynasties de Man^thon, in: Mto. de TAc. des Tnscr. nv, 2. 1866.

§. 46. Die Grundlage des aegyptischen Lebens bildet zu allen Zeiten der Ackerbau. Wie heutzutage die Fellachen, so bilden im Alterthum die Bauern und Hirten den Grundstock der Bevölkerung, und dem entspricht es, dass die Masse der Aegypter immer durchaus unkriegerischer Natur ge- wesen ist. Der Grundbesitz ist nicht in den Händen eines freien Bauernstandes, sondern reicher Familien, unter denen der Erbadel die höchste Steile einnimmt. Häufig finden wir zahlreiche Guter und Dorfschaften in den Händen eines hohen Adligen (rpa") vereinigt, und die Zahl der ihm gehörigen Leibeigenen (hen), Rinder und Heerden von Kleinvieh grenzt oft ans Unglaubliche. Auch Handwerker, Schiffer, Händler finden wir im Dienste der grossen Herren so gut wie Acker- knechte und Hirten. Die Hauptsitze der Industrie und des Gewerbes sind indessen die zahhreichen Städte des Landes, die sich wahrscheinlich meist aus Ansiedelungen um die Gultus- stätten der Hauptgötter des Distrikts entwickelt haben. Wie weit sich hier ein freier Mittelstand entwickelt hat, lässt sich leider nicht verfolgen. Die Städte sind der Mittelpunkt des politischen und geistigen Lebens der Landschaft; hier haben die hohen Adligen ihre Wohnhäuser, die Götter der Land- schaft ihre Tempel, um die sich die Priesterschaft versammelt. So zerfallt das Land in zahlreiche kleine Gruppen, die später dem Gesammtstaate als Gaue (vojiöc, aeg. hesep) untergeordnet sind, aber ursprünglich jedenfalls völlig selbständige Gemein- wesen bildeten. Sie entsprechen den Stämmen, den localen Gruppen, aus denen wie überall, so auch in Aegypten der geeinte nationale Staat erwächst. Jeder Gau hat seinen ihm ögenthümlichen Cultus, seine speciellen Gottheiten, Feste und heiligen Thiere. Auch die Sorge für die Regulirung des Nil-

54 Erstes Buch, erster Abschnitt

Stroms und der Ueberschwemmung^ die Anlage von Ganäl die frühzeitige Eatastrirung des Grundeigenthums sind An legenheiten des Gaues, wenn sie auch später theil weise vt Gesammtstaat übernommen werden. An seiner Spitze sb der Gaufürst ,(^® t^i sa), dessen Würde sich in der Re vom Vater auf den Sohn forterbt und der noch unter < 12. Dynastie eine fast königliche Stelle einnimmt.

Die Angaben der Grabinschriften ober den gewaltigen Umfang Grundbesitzes und Viehstandes einzelner vornehmer Aegypter für Ql trieben zu halten [so Mariette und Maspero], liegt kein Grund vor. Der Titel rpa^ bezeichnet den höheren Adel, und verbunden mit ha' [d Amtstitel der höchsten Beamten, z. B. des Nomarchen, des Commandan des Nord- oder Südlandes u. a.] die höchste Glasse des Erbadels, ist charakteristisch, dass Männer wie Ptahhotep, Ptah§epses, Ti, l trotz ihrer hohen AVürden diesen Titel nicht führen. Sie sind el keine »Standesherren« gewesen, ja Ti scheint niederer Herkunft wesen zu sein (de Rouge, Pr. Dyn. 812). Allerdings kann die Würde rpa' ha' auch vom Könige verliehen werden. Eine allgemeine Bezei nung des Adels scheint sa'h zu sein; ser dagegen (ein in Aegyp uralter Titel, der daneben von den Dynasten oder Scheichs der asiatiscl Stämme gebraucht wird und hier dem hebräischen *lt£^ Fürst [phi T*lt£^]i assyrisch sarru, König, entspricht) ist kein so hoher Titel (vgl. Unainschrift). Ueber die Stellung der Nomarchen erfahren wir naueres durch die Grabschriflen von Benihassan (12. Dyn.^ §. 97). l steht hinter ihrem Namen wiederholt der sonst nur dem König xuk« mende Segenswunsch : »Leben, Heil, Gesundheit!«, auch wird nach ih Jahren datirt. Ueber die Geographie Altaegyptens und die Nomen< theilung s. Brugscu, Geogr. Inschriften altaeg. Denkmäler, 3 Bde., 1^ J. DE Rouo£, Textes g^graphiques du temple d'Edfou RAii. XI Ders., Monnaies des nomes de TEgypte in Rev. numism. XIV. Bruos Dictionnaire g^graphique de Tanc. Eg., 1879. Ferner DOmichen, 6ei Inschriften, 2 Bde., nebst erl. Text, u. a. Wir besitzen in Tempelinschriften theils vollständig, theils fragmentarisch eine gn Anzahl von Nomenlisten von der Zeit Dhutmes III. abwärts; dazu komi als Hülfsmittel für die Identificirung der Gaunamen die Angaben der übri Inschriften und der Griechen und die in der Kaiserzeit von den Nor geprägten Münzen. Es ergibt sich, dass die Zahl der Nomen nicht imi dieselbe war, gelegentlich einzelne getheilt oder mehrere vereinigt wurd In der Regel werden in Oberaegypten 22, in Unteraegypten 20 Nor gezählt. Die geographische Feststellung der letzteren ist noch nicht vQ durchgeführt.

Die Nomen und die beiden Lande. 55

§. 47. Die Nomen mit ihrem Adel und ihrer Priester- schafl sind immer die einfachsten Elemente des Staatslebens in Ae^ypten geblieben; ihre politische Selbständigkeit haben sie indessen längst vor dem Anfang historischer Kunde verloren , über ihnen hat sich ein nationales Königthum erhoben. Zu- nächst haben sich zwei Staaten gebildet: Oberaegypten (»das Südlandc ta-res, spater mit Artikel pa ta-res, daher hebr. D1*in9)f das ganze Nilthal vom ersten Katarakt bis unterhalb

des Faijüms umfassend, dessen Herrscher den Titel T suteni

führt und die weisse Krone V trägt; und Unteraegypten (»das Nordlandc ta-meh), das Gebiet von Memphis mit dem Delta,

dessen König iSW . . . ti heisst und die rothe Krone W trägt. Dies sind die »beiden Lande«, in die Altaegypten zerffillt; jedes steht unter dem Schutze" einer besonderen Gottheit : der Süden unter dem der Mondgöttin Necheb, der Herrm von Eileithyia, der Norden unter dem der Usit, die in Buto verehrt wird. Die Legende berichtet dann später, wie der Kampf zwischen Horus und Set von ihrem Vater Qeb oder von Ra' dem Götterkönig dadurch beendet wurde, dass man Aegypten zwischen beide theilte. Gewöhnlich ist Horus der Herr des Südens, Set der des Nordens; vereinzelt findet sich auch die umgekehrte Auffassung.

Die Zweitheiiung Aegyptens besteht bis auf den heuligen Tag; daneben haben die Ptolemaeer und Römer zu administrativen Zwecken «ine Dreitheilung vorgenommen, weiche aber die altgeheiligte Ordnung nicht beseitigt hat. Das Symbol des SQdlandes ist die Binse oder der

Lotus ^r ü /fl>, das Unterägyptens der Papyrus 1), oder der Hanf «^ Theilung zwischen Horus und Set : mein Set-Typhon, p. 80. 34 CT., theil- weise, namentlich in der Uebersetzung von peseSt zu berichtigen nach GooDwm bei Chabas, M^langes ögyptol. III, I, p. 281 fT.; vgl. Brugsch, Dict. S^., p. 754. In dem hier besprochenen Text, der Copie eines älteren '^tiiea aus der Zeit Sabako^s, wird dem Set das SQdland, dem Horus das Delta zugewiesen (ebenso in dem Text aus Edfu bei Bruosch, Dict. ^r., 1382); sonst liegt gewöhnlich, namentlich Pap. Sali. IV, 29 Athyr, ^•D. ni, 146 b, die umgekehrte Vertheilung vor.

56

Erstes Buch, erster Abschnitt.

§. 48. Auch die Zeiten, in denen beide Reiche nebeD einander bestanden, sind für uns verschoilen. Wir kennen nur ein geeintes Aegypten , dessen König die > Antheile«- (pesesl) des Horus und Set beide besitzt und beide Kronen auf dem Haupt tragt. Ein Hauplehrentitel der Könige ist ztfc allen Zeilen sam taui >der Vereiniger der beiden Lande«, wie dem Könige Itonimt derselbe natürlich auch dem eigent' liehen Nationalgotte, dem Horus, zu. Die Einigung muss von Südreich ausgegangen sein, da ausnahmslos in der Titulatai und in allen politischen und religiösen Aufzählungen der Süden dem Norden vorangeht. Nicht undenkbar ist, dass der Nani Mena, mit dem unsere Königslislen beginnen und den nicht fSi historisch zu halten kein Grund vorliegt, den Herrscher I zeichnet, der zuerst das geeinte Reich geschaffen hat. Nach dOj manethonischen Ueberlieferung (ebenso Eralosthenes) stammtl er aus Thinis, der Nachbarstadt des altheiligen Abydos, un^ mehrfach schreibt ihm die Sage die Gründung der erstec Hauptstadt des Gesammtstaates, Memphis, zu.

Von der allmählichen Entstehung des Einheitsstaates weisl natürlich unsere Ueberlieferung nichts. Sie führt die Einthefc lungen des Landes auf witlfcörliche Akte zurück so wäri die Nomeneinlheilung nach Diod. I, 54 ein Werk des Sesoosis An die Spitze der Geschichte setzt sie die lange Herrschafl der Gölter nach ihrer Reihenfolge im System. Dann komm die Dynastie der »Nachfolger der Horus« (semsu Hör, in dei manethonischen Ueberlieferung växusc ■^[il&coi), an die un- mittelbar Mena's Herrschaft anschHesst,

Henes grQndet Uemphis: Herod. 11, 99: hei Manelho ist der zweit KOnig, Alhothis. der Gründer des Palastes In Memphis. Grundfalsch ia Diodor'a Darstellimg I, 50, Memphis sei jünger als Theben. Ueber dl äemsu Hör s. De Roliub, Six pr. djn., 373 f. Bei den griechische Schriftstellern werden sie nicht ernühnt.

g. 49. Auf König Mena lassen unsere Listen elw| 24 weitere Herrscher folgen, von denen uns Inschriften nicJii erhallen t-ind. Dagegen lassen sich ihnen mit ziemliche Sicherheit mehrere Monumente der Todtenstädte von Mempbii

Mena und seine Nachfolger. 57

zuweisen, so die drei ganz verfallenen Pyramiden von Abu Roäs mit ihrer völlig zerstörten Nekropole im N., die ältesten Pyramiden von DahSür im S. der Stadt, vielleicht auch die rithselhafte Stufenpyramide von Saqqara. Auch der gigan- tische, aus dem Felsen gehauene Sphinx von Glze war nach dem Zeugniss einer allerdings späterer Zeit entstammenden Inschrift (de RoügiS, Pr. dyn. 565, Mariette, Mon. div. 53) schon zu König Chufu's Zeit vorhanden. Ferner sind einzelne dar Gräber von Saqqara wegen des archaischen Charakters ihrer Sculpturen und Inschriften dieser Epoche zuzuweisen.

Manetho theilt die ältesten Könige in drei Dynastien, von den^ zwei aus Thinis, eine aus Memphis stammen, während der Turiner Papyrus nur einmal einen Abschnitt zu machen scheint. Der letzte König der Reihe ist Huni, »Als er zur Ruhe gegangen war,c heisst es im Pap. Prisse, »da erhob sich König Snefru als wohlthätiger Herrscher über das ganze Lande ^). Snefru ist der erste König, dessen Name uns auf den Denkmälern begegnet ; aus der Zeit seiner nächsten Nach- folger besitzen wir dann ein so reichhaltiges monumentales Material, dass es möglich ist, die Umrisse der damaligen Ge- staltung A^^tens mit Sicherheit zu zeichnen.

Manetho schreibt den Bau der Pyramide von Kochome (Kaqem) in

Saqqara dem vierten Könige zu. Gräber der ältesten Zeit: Mariette,

RAn, XIX, 18. Die Angaben Ober die literarische Thätigkeit der ersten

Könige s. §. 74. PQr die aegyptische Ueberlieferung ist charakteristisch,

dass ein roedic. Pap. in Berlin (Brugsch Recueil p1. 99) auf König Qusapti

onmittelbar Senda folgen lässt, während nach den Listen sieben Könige

zwischen den beiden lagen. Der Versuch von Krall, Gompos. des

manetb. Geschieb tswerk es 1879, die ältesten Könige als unhistorische

Priestererfindung zu erweisen, ist durch nichts begründet, seine Ueber-

setzong der Namen p. 16 f. fast ausnahmslos falsch« Zusammen-

stellang der Königslisten bei de Rouge, Pr. dyn. 239. Lieblein, Rech.

^ la chronol. Taf. L Der Turiner Papyrus zählte von Mena bis Snefru

ncl. wahrscheinlich 24 Namen und machte beim 20. (resp. 21.) I^eser

einen Einschnitt. Manetho*s drei erste Dynastien umfassen 26 Könige

^1769 Jahren; die vierte beginnt mit Soris = Snefru. Ueber die

Chronologie s. §. 79.

^) Aehnlich in einem Petersburger Papyrus : Golenischeff, ÄZ. 1876, 109.

Erstes Buch, erster Abschnitt.

Organisation des Staates.

§. 50, Schon die ältesten Inscliriften zeigen uns einen völlig ausgebildeten Bcamtenstaat. Die ganze Vei'waltung und ebenso die Rechtspflege wird schriftlich erledigt. Letzlere ist fest geordnet und unzweifelhafl auf schriftliche Gesetzbücher begründet, und unendlich oft werden in den Inschriften aller Zeiten die Mitglieder der höchsten Gerichtshöfe des Landes und die Oberrichter erwähnt. Die höchste Instanz bildet König selbst, an den zu suppliciren jedem freizustehen scheint. Königlictie Beamte gebieten in den Städten und Nomen, wenn, auch ihre Würde in der Regel von Geschlecht zu Geschlecht forterbt (§. 40). lieber ihnen stehen die vom Könige ernannten Coramandanten der beiden Reichshülflen (vgl, de Rouge, Pr. dyn. 345, 348), Aller Walirsclieinlichkeit nach wird schon seit den ältesten Zeiten eine regelmässige Grundsteuer für difl; Bedürfnisse des Staates erhoben ; nur das Gut der Götter und dafl Besitzthnm der Priester ist zu allen Zeiten steuerfrei geblieben. Die Aushebung der zu Vertheidigung und Angriff nölhigen Trup- pen wird vom Könige angeordnet, er ernennt die Befehlshahtf derselben. Im übrigen fallen natürlich die Interessen des Köni^ und des Staates vollständig zusammen; für die Bauten, die « den Göltern oder für sich selbst errichtet, z. B. für die Errichtung seiner Grabpyraraide, werden die Kräfte des gesammten Landen; hl Anspruch genommen, und für jeden Aegypter ist es die höchste Ehre, dabei dem Könige gedient zu haben.

Das reiche Halerial. welches die aegypliscben Grabinschrilleii fOB die Verwalluiig des Landes bieten, ist noch wenig geordoet, viele TiUl' sind noch eicht erklärt. Am meisten bietet nE Roug^, daneben vgl, DDuir.HEN, Resultate der preuss. Expedition 1869. u. a. Eine umfang» reiche Liste der Verwallungsbeamlen enthalt die GrabschriEl des Uns,, ZI-ITIT. UeberdieRichterlilels, BnuoscH, Wflrlerbiich,Siippl.S.389ff. Viel^ Titel und Aemter harren noch der Erbl&rung. Dass die Priester steuerfreji waren, berichten Gen. 47, 22, Harod. 11, 168. Diod. I. 73. Dann sagt' Herodot, dass die jiif.jiBi,, das ist der aus den SOldneni hervorge- gftngene Kriegerstand (g. 317). 12 Morgen Landes steuerfrei besessen hStlen,

Stellung des Königthums. 59

woYOD GeD. 47, 20 26 und bei Diodor nichts erwähnt wird; es mag iodessm die BestimmuDg hier als unwesentlich übergangen sein. Die Genesis schreibt bekanntlich die EinfAhrung einer Grundsteuer Ton 20^0 dem Joseph zu.

§. 51. Das Centrum alles politischen Lebens bildet der Hof (per *a »das hohe Haus«, daher njjl£5 Pharao; auch hat 'at »das grosse Hause). Der Adel ist in Masse in den Hofdienst getreten, daneben erhebt der König wen er will zu den höchsten Stellen im Reich. Zahllos sind die Titel, denen wir hier begegnen: »Der Vertraute« (sechmer ua^ti), »der Geheimrath« (hri sesta), »der erste am Throne des Königs« (^ap nest suteni) u. ä. Daneben die Staatsämter: »Geheimsecretär«, »Vorsteher der Bittschriften aus dem ganzen Lande an das Herz seines Herrn«, »Verwalter des Bücher- hauses«, »Schatzmeister«, »Vorsteher aller Arbeiten des Königs«, »Aufseher der Arbeiten«, »Domäneninspector« (cherp sochet), »Bergwerksinspector«, »Vorsteher der Schlachtopfer« u. s. w. bis ZQ den niedrigeren und niedrigsten Hofchargen hinab. An der Spitze der Hofrangordnung stehen natürlich die »Königlichen Verwandten« (rech suteni), vor allen die Prinzen und Prin- zessinnen, unter denen wieder der »Königssohn vom Mutterleibe an«, d. h. der icop^opoY^vviQToc , den Vorrang einnimmt. Die Königskinder werden mit den Söhnen vornehmer Aegypter zu- sammen erzenen (de Roug^ p. 284), die Töchter mit den Lieb- lingen des Königs vermählt. »Das Herz seines Herrn zu erfreuen jeden Tag«, »geehrter zu sein beim König als irgend ein anderer Diener« erscheint als das höchste Ziel des Beamten.

Eine Herstellung der aegyptischen Hofrangordnung in ihren Grund- zögen ist im allgemeinen ganz wohl möglich. Bei den Aufsichtsbeamten scheint mer die höchste Stelle zu bezeichnen; dann folgt ur (»der Orosse«), schliesslich cherp (>der Aufseher«). Einzelne häufige Titel wie

4 vJ (ein Schatzbeamter ?) Ib^ ' (gewöhnlich in Verbindung mit iner nut »Stadtcommandant«) u. a. sind noch nicht erklärt.

§. 52. Das Staatsoberhaupt selbst ragt empor über alle Ünterthanen wie der Adel über seine Leibeigenen. Eine

I

{jQ Erstes Buch, erster Abschnill.

Leibgarde beschützt ihn, nur in feierlicher Procession zeigt er sich dem Volk, Wer sich ihm naht, wirft sich zu Boden, nur die Höchstbegünstigten haben die Erlaubniss, statt dessen die Kniee des Königs zu umfassen (de Rouge p. 286). Er ist der Inbegriff aller staatlichen Ordnung, durch den allein die Pflege der Gereclitigkeit, die Sicherheit von Leben und Eigen- thum möglich ist, »Den Herrn der Gerechtigkeit», (neb ma'at), d. h. den, der jedem Unterthan zu seinem Rechte verhilft, nennt sich schon Snefru, und seinem iVamen folgen wie dem aller späteren Pharaonen die Worte »der Verleiher von Schuli, Dauer, Leben, Gesundheit, Herzensfreude, der Herr der Ewi^ keit«. Mit den Göttern steht der König in unmittelbarem Verkehr, von ihnen wird er geleitet, ja er ist selt>st »der grosse Gotl*, die Incarnalion der Gottheit auf Erden, tot allem des Horus, des thatkräfligen lebendigen Golles, der seine Feinde besiegt , Aegypten geeint , den Thron seines Vaters wiedergewonnen hat (g. 55. 57), ferner des Ra', des ewig leuchtenden Sonnengottes, des eigentlichen Welthcrrschers. Die Pharaonen gelten als Nachkommen der Ra', von dem sich in männlicher oder weiblicher Folge die Herrschaft von Genera- tion zu Generation forterbt. »Der goldene (Sonnen-)Honis* und »der Sohn des Ra'* sind ständige Titel der Pharaonen, seit der 5. Dynastie wird es Gebrauch, neben dem Eigennamen einen Thronnamen anzunehmen, der fast immer eine Eigen* Schaft des Ra' auf den König überträgt. Daneben erscbefail der König, als Besitzer aller Macht auf Erden, auch als Incar- nation des Horus und Sei, d. h. des Ltchls und der Finstemias, des Guten und des Bösen. Mit dem Tode geht der König ZQ den Göttern ein und ein regelmässiger Cultus wird für ihn eingerichtet (g, 64).

Thronforge der Töchter: ManeUio Djn. II. 3 u. n. Ueber die B«-

leichnung des KAnigs als ^^ /^ Ijar-Sel e. m. Sel-Typhon p. 31. Da KOnig und Gott slekhatelieii , sind die aeg^tlachen Person eoDUnra sehr hluflg auch von dem Nomen des regierenden oder eines veralor* henen KAnip «bgeleitet.

J

Verhältnisse der UnterthaneD. 61

§. 53. Dass sich unter diesem Beamtenstaate Aegjpten zu hohem Wohlstande entwickelte, dass die Verwaltung eine wohlgeordnete war, dass das Eönigthum in kraßigen Händen ruhte, zeigen die gewaltigen Monumente der Pyramidenzeit nicht nur durch ihre Wandgemälde und Inschriften, sondern schon durch die Thatsache ihrer Existenz. Im übrigen geben natfirlich diese durchweg officiell oder halbofficiell gehaltenen Darstellungen über die Lage der Bevölkerung nur ungenügende Auskunft und auf viele Fragen suchen wir vergeblich eine Antwort. Wie der Landadel sich in die Herrschaft des Eönigthums fügte, wissen wir nicht; spätere Thatsachen lehren, dass die locaien und autonomistischen Strömungen keineswegs erloschen waren. Die Analogie anderer Entwickelungen und einzelne Andeu- tungen (§. 46 Anm.) lassen vermuthen, dass das Königthum dem Adel gegenüber sich vielfach auf die niederen Stände gestützt hat und diese an sein Interesse fesselte. Wie weit indessen die Bildung eines freien, Handel und Gewerbe trei- benden Mittelstandes, namentlich in den Städten, etwa von oben herab gefördert worden ist, darüber ist nicht einmal eine Muthmassung möglich. Nur das ist gleich hier zu betonen, dass von einem Kastenwesen in Aegypten trotz der Berichte der Griechen keine Rede sein kann. Allerdings übernahm wie fiberall, so auch hier in der Regel der Sohn das Gewerbe seines Vaters und der Adel war natürlich erblich. Indessen zahllose Ausnahmen beweisen, dass die Wahl des Berufs völlig frei war, und von einer Abgeschlossenheit z. B. des Priesterstandes kann keine Rede sein. In der Restaurations- zeit der 26. Dynastie mag man allerdings versucht haben, auch hier eine feste Theorie aufzustellen und praktisch durch- zuführen.

Religion der Aegypter.

§. 54. Kein Factor greift tiefer in das Leben und in ^ie Geschichte der Aegypter ein, als die religiösen An- schauungen, und es ist denn auch ausser den Indem kein

62 Erstes Buch, erster Abschnitt.

Volk religionsgeschichtlich interessanter als sie. Freilich ist die aegyptische Religion zu einem so complicirten Gebilde erwachsen, dass eine Darstellung ihrer Entwickelung und der in ihr herr- schenden Grundanschauungen mit den grössten Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Im Folgenden soll der Versuch gemacht werden, ihre älteste Gestalt in kurzen Umrissen zu zeichnen, wobei alles ausgeschieden ist, was der Geheimlehre [nicht zu verwechseha mit Mysterium!] angehört. Die Entwickelung der letzteren hat zwar unzweifelhaft schon vor König Snefru begonnen, indessen zur Herrschaft gelangt sie erst allmählich zur Zeit der Pyramidenerbauer, und jedenfalls ist ihre Aussonderung für das Verständniss der aegyplischen Religion durchaus erfor- derlich (vgl. §. 62 Anm.). Die Anordnung ist im folgenden nach praktischen Gesichtspunkten gegeben; es ist aber nie ausser Augen zu lassen, dass die einzelnen Elemente der Religion Priester und Laien, Lichtgötter und Dämonen, Todtendienst und Festcultus, locale und Reichsreligion durchweg in engster unauflöslicher Beziehung zu einander stehen und sich fortwährend gegenseitig beeinflussen.

Literatur: Pietschmann, Der aegyptische Fetischismus und Götter- glaube, in Z. f. Ethnologie 1878, 153 ff. Le Page Renouf, Vorlesungen über Ursprung und Entwickelung der Religion, erläutert an der Religion der alten Aegypter (aus dem Engl.), 1881.

Herodot II, 87 (ol Al'^o'KXioC) Oxooeßee^ fcspLaad>(: eovte? }idXioxa icdcvtcov ÄvO-pcüTCüiv. Als Quellen sind in erster Linie die Texte der Pyramidenzeit^ von religiösen Werken das Todtenbuch zu verwerthen. Die Angaben der späteren Zeit, auch der Griechen, Qber bestehende Institutionen, Feste, Localgottheiten u. s. w. dürfen daneben herangezogen werden, obwohl hier natürlich vieles, namentlich im Ritual, sich erst später ausgebildet hat. Im übrigen stehen alle Texte des Neuen Reichs völlig unter der Herrschaft der Geheimlehre und behandeln alle Gottheiten nach dem Schema der Sonnengötter. Die ausführlichen mytliologischen Texte der Ptole- maeerzeit geben die letzte späteste Gestalt der Sagen, ganz euhemerisUsch und schematisch behandelt und von späteren Zusätzen vielfach durchsetzt. Die Griechen endlich haben in ihre Darstellungen der aegyptischen Mythen sehr viel eigenes hineingetragen und sie häufig missverstanden, dürfen daher nur mit grosser Vorsicht benutzt werden. Eine Kritik der modernen Bearbeitungen würde zu weit führen; ich hebe hier nur folgende Punkte hervor: 1) Es ist grundfalsch bei Betrachtung irgend

Die Sonnengötter. 63

einer ReHgion von kosmogonischen oder gar philosophischen Gedanken aaszugehen. 2) Die Göttersysteme und Genealogien sind secundftren Ur- spmngs and gehen üherall auf den mit Bewusstsein unternommenen Versuch zurück, eine Ordnung in -die Ueherlieferung zu bringen. Nur die nächsten Verwandtschaftsgrade: Vater, Mutter, Sohn, Bruder gehören dem Mythus an. 8) Die Aufgabe der Kritik ist es, die einzelnen Mythen mOglichsi von einander zu sondern, aufzulösen, nicht zu verbinden. Keine Religion ist ursprünglich ein System, selbst die höchstentwickelten haben es nur allmählich zu einem solchen gebracht, und in keiner ein- zigen ist die volle Durchführung desselben möglich. 4) Die Sterne spielen in der aegyptischen Religion und Mythologie wie überall ausser in Babylon nur eine ganz untergeordnete Rolle. 5) Die aegyptischen Sonnenmythen beziehen sich auf die täglichen Schicksale der Sonne, nicht auf den Jahreslauf, an den dagegen die Feste der grossen Natur- göttinnen und die Feldculte anknüpfen. 6) Von fremdem Einfluss, fremden Göttern u. a. kann in Aegypten, abgesehen von den nach- weisbar in historischer Zeit eingeführten Gülten, keine Rede sein.

§. 55. Die grossen Gottheiten Aegyptens sind vorwie- gend Lichtgottheiten, und sie sind es, an die zunächst die gesammte Mythologie und Symbolik, dann die Theologie und Speculation Aegyptens anknüpft. Obenan steht der Sonnen- gott, der Leben und Kraft verleiht, aber auch durch die feurige Gluth seiner Strahlen sengt und vernichtet, von dessen Laufe das Schicksal der ganzen Welt abhängt. Wie er »am Morgen geboren wird am Horizonte jeden Tag«, wie er gross wird und über den Himmel fährt, die sich ihm entgegen- thürmenden Wolken besiegend, bis er an die Pforten des Westreichs kommt, sei es um den Mächten der Finsterniss zu erliegen, sei es um auch hier den Eingang sich zu er- kämpfen und das Westreich, .die Unterwelt, zu durchziehen, wie er dann am nächsten Morgen wieder siegreich, »triumphirend über seine Feindec am Horizonte hervortritt, derselbe Gott wie der gestrige, und doch sein Sohn, sein Nachfolger und Rächer, das ist in tausend Variationen der Hauptinhalt der aegyptischen Mythologie.

Ausserordentlich zahlreich sind nun aber die mythischen Formen, imter denen die Sonne aufgefasst wird, und die Namen, die dementsprechend der Sonnengott führt. Ganz

64

ErsUs Buch, erater Abachnilt.

Aegyplen verehrt ihn in den Gestalten des Ra' und Honia (Har »der hohe« superus). Ra' isl der ewige Gott der lichleiL Sonne, welcher tagtäglich seine Feinde, vor allem die grosse Wolkenschlange 'Äpep besiegt, der den Tod nie leidet, auA wenn er in die Unterwelt hinabsteigt um dort zu ruhen od« zu heiTschen. Nach der gewöhnlichen Anschauung fährt er in einer Barke über den Himmel, von kräftigen Ruderern g^ fahren; doch auch in einem Schlitten wird er häufig tob Schakalen gezogen, oder er wandelt einher auf den »Stützen di äui, des Luflgottes, oder steigt die grosse Himmelstr^ipa empor (^Todtenb. 17, 3, Brucsch, Rec. I, pl, 7, 1); oder i Himmel wird als eherne Feste (ba) angesehen, über die dahin schreitet. Auf dem Haupte trägt er die Sonnnenscbeilii an deren Spitze die Uräusschlange [Unnut, die Göttin »Stunde«] die vernichtende Gluth der Sonnenhitze darstellt, Er vor allen ist der König und Herr der Götter, das Vorbild, der Ahnherr der irdischen Könige. Er wird daher gebikkt wie diese, und alle Attribute Ra''s kommen den irdiscfaei Herrschern zu. Völlig identisch mit Ra' ist Tum Sonnengott von Heliopolis. Durch den Einfluss der Priestos dieser Sladt ist sein Name weit verbreitet worden (g, wird immer dem Ra' völlig gleichgesetzt.

Im Gegensatz zu der Majestät des Ra' ist Horus der bfr wegliche, der ewig kämpfende, »der starke, siegreiche« Golt. Er durcheilt den Himmel als Sperl>er mit leuchtendem G^ fieder ; oder die Sonne ist sein rechtes Auge , der sein linkes (die beiden Usaaugen ^^ ^§)- Als »fliegendAI Horus« (Har BeliedlJ, Localgott vo» Edfu, aeg. Dbu. ApoUinopolil magna) kennzeichnet ihn die gcflögelle Sonnenscheibe <^ das gewöhnlichste Symbol des Sonnengottes. Jeden MontcB' wird er neu geboren am Hoiizonte als schöner, fröhücbir Jüngling (Harpechrod, »Horus das Kind«, gr. Harpokrtle« davon abgezweigt Ahi, der in Tentyra verehrte Gott der Fert- freude). Seine Mutler Hathor (»das hohe Haus«), die Hii melsgöltin, gebiert ihn am Horizonte, säugt ihn und ziebt 30 gross. Und dann, wenn er zum Manne herangewachsen

dM

Ra^ und Horus. g5

des Himmels steht; vermählt er sich mit der Mutter^ um mit ihr den neuen Gott des nächsten Tages , d. h. sich selbst zu %ügen. Horus ist aber undenkbar ohne seinen ewigen Feind, den Dämon der Finstemiss, seinen Bruder Set (»der niederec, der Erdgott, der das Licht verschlingt, in Unteraegypten ge- wöhnlich Sutech genannt). Jeden Morgen besiegt und ver- nichtet er ihn, aber immer aufs neue gewinnt Set die alte Kraft zuräck und beginnt den Kampf wieder. Auch die Sonnen- und Mondfinsternisse sind ein Kampf beider Mächte, dem die Aegypter wie alle Naturvölker mit höchster Spannung folgen. Set in Grestalt eines Ebers verwundet das Auge des Horus, dieser reisst ihm die Hoden aus, endlich schreitet der Mond- gott Dhuti ein, macht dem Kampf ein Ende und heilt die Wunden. Daher opfert man in Aegypten beim Vollmond ein Schwein. Set und Horus sind polare Gegensätze, keiner ist je der vollständige Sieger; jener bezeichnet alles Feindliche, Verderbliche, ist daher auch der Schirmherr des Auslandes, der Feinde Aegyptens, Horus der nationale Held. Beide Eigen- schaften zusammen werden daher auf den König übertragen, um den Vollbesitz der Macht zu bezeichnen (§. 52). In der spateren Entwickelung wird dann Horus naturgemäss der gute Gott, Set der Inbegrifif des moralisch Bösen.

Horus und Ra^ sind nicht identisch, aber berühren sich so vielfach, dass nicht ihre Mythen, wohl aber ihre Attribute seit frühester Zeit vielfach mit einander verschmolzen sind. Bride Götter werden vereint zu der Gestalt des Ra^ Harmachuti

«

(Ra Harmachis, Ra* der Horussperber an den beiden Hori- zonten ^/. Ihm zu Ehren errichtete man die Obelisken als Sinnbilder der Sonnenstrahlen, schlanke Spitzsäulen, deren jede ihren eigenen Namen und Priester hatte. Sein Sinnbild ist ^ liegender Löwe mit Menschenkopf und den Attributen der Königswürde, der Sphinx. Es ist nur natürlich, dass man demgemäss auch den König, die Incarnation der Gottheit auf Erden, in dieser Gestalt bildete.

tteyer, Oeechiclite des AlterthumB. I. 5

68 Irrstes Buch, er'stpr Abschnitt. ^^H

Im allgemeitien: LefiS.bure, Le raylhe osirien. I. L-^s yeuü d'Hon Par, 1874. II. Ogiria 1874. Mein ,Set-Typhon, Leip;[ifr 1875. ur die Bemerlimigen ÄZ. 1877. 15.5. Navli.le, Textes relatifs «ii myth» d'Rorua. Bbdi.sc.h, Sngv vun der gellOgelten Sonnensclieibp, Ahh. GOtt. Ces, 1869, DasB Tum rIb Gott der Abendsonne hMeichnel wird, ledigliuli Kpnieres S<^bemR, von dem kein alter Text etwas weiss. bpmerke noch, dass Tod ten buch 17, 24 ff. mit dem Goramenlalor auf die SonnrnfinslerniBs, niclil. wie ich fnlher annahm, auf die Mondfinslemi» zu beliehen ist. Die jAhrliche Bahn der Sonne, die man so vteiraeb Eur Ericlfiriinfi herangezogen hat, spielt hei der Entstetiung der Sasen gar keine Rolle und dTirfle t. B, im ToJlenbuch schwerlich vorkoromeo, Ueberal! ist nur von den täglichen Schicksalen der Sonne die Rede. Eral in spaterer Zeit, als der Sinn der Sagen langst entschwunden war, hal man auch den Jahrestauf der Sonne in das mythologische System zogen; vgl. i. B. Brdosoh, ÄZ. 1881. 105 ff.

g. 56. Neben den Sonnengöttern stehen die Göttinnen des Himmels, Nut, Hallior, Isis, Mut-urt »die grosse Mutier« und andere. Nut ist der Hlmmeisocean, die Gemahlin des Erd- gottes Qeb, mit dem sie das Licht erzeugt; auf ihrem Leibe glänzen die Sterne, sie »breitet ihre Arme aus über den Spros* des Qeb«, auf ihrem Röcken (ahrt Ra'-Tum dahin. Sie wia Hathor lieisst >Herrin der Sykomore*, d. h, des Himmels- baumes, »aus dem Ra' hervortritt«. Sonstwerden diese Göt- tinnen vor allem als Kühe gedacht, zwischen deren Hörnern der mythischen Auffassung des gebirgigen Horizontes diä Sonnensflieibe hervortritt (rOil.

Aber wenn der Sonnengott mächtig am Himmel strahlt; dann ist er nicht mehr der Sohn, sondern der Gemahl de* Himmel?göltin. Er ist »der kr-iftige Stier« (ka necht, ge«! wohnlicher Beiname des Horus). welcher den Sonnengott da9 nächsten Tages von ihr erzeugt ; oder ein gewaltiger Skarabäu»^ käfer das Treiben dieser Thiere erschien den Aegyptertl als hoch geheimnissvoll der Gott Chepera rollt sein E' über den Himmel, um die Göttin Nut zu befruchten. Ja der Sohn »vermählt sich mit seiner eigenen Mutter«, oder wie es von Horus heisst, »er setzt sich auf den Sitz seines VaterB«-^ Der Sonnengott ist vorwiegend der Männliche, Kräftige, Erzeuger. Man sieht, wie alle Gottheiten des Geschie

Die Himxnelsgöttinnen. 67

lebens und der Zeugung zugleich zu Sonnengöttern werden (§. 58). Unendlich oft wird der Sonnengott als Stier oder Widder be- zeichnet, der heilige Widder von Mendes wird für eine In- eamation des Sonnengotts Osiris erklärt, alle heiligeu Stiere und Widder werden ähnlich gedeutet.

Es ist natärlich, dass von hier aus sich die Ansätze ergeben einmal zu einer Systematisirung, einer Genealogie der Götter und zu kosmogonischen Speculationen so ent- wickelt sich aus der Nut das männliche Urwesen Nuu, »der Vater aller Götter«, der Himmelsocean , aus dem alle Götter geworden sind, das Chaos andererseits die crassesten Wider- sprüche unvermittelt neben einander stehen. Horus ist Sohn des Qeb und der Nut , oder der Isis und des Osiris , Gemahl oder Sohn der Hathor, ein Kind oder ein männlicher, kri^erischer Grott; die spätere Zeit unterscheidet mindestens acht Horus von einander. Tum, Ra', Qeb, Nuu u. s. w. sind alle die ältesten, ursprünglichen, schöpferischen Götter. Nimmt man die zahllosen Namen und Unterschiede im Cultus hinzu, so ergibt sich von selbst, dass man in jedem Nomos anders lehrte und glaubte, und dass von hier aus sich den beiden grossen Factoren jeder mythisch -theologischen Ent- wickelung, der fortwährenden Diflferenzirung und der fort- währenden Identificirung der Götter, der weiteste Spielraum öffiiete.

Die Griechen, denen die Neueren sehr mit Unrecht fast durchweg gefolgt sind, haben die Kuhhömer mit dem Diskus fOr eine Abbildung des Mondes gehalten, während Isis, Hathor u. s. w. durchweg Himmels- göttinnen sind und als solche später (Philae, Dendera, vgl. DOhichen, Baourkunde von Dendera, 20 ff.) zu Sonnengöttinnen werden. lieber den Himmelsbaum s. ÄZ. 1877, 157; Todtenbuch c. 59. 109. Ueber die Bedeutung des Skarabäus vgl. Plut. de Is.1t 10. 74. Zur Ver- naählung mit der Mutter vgl. Herod. II, 64. Die acht Horus sind: , Harmachis, Harpokrates, IJarur (MpooYjspK:, Horus der ältere), flar behedti, ?ar-supd (der Herr des Ostens), Horus der Sohn der Isis, Horus der flacher seines Vaters, Horus der Vereiniger der beiden Lande.

§. 57. Der berühmteste aegyptische Sonnengott ist Osiris (Asar) geworden. Sein Cultus war ursprünglich local beschränkt.

6g Erstes Bach, erster Abschnitt.

Seine eigentliche Heimath sind AbydosCAbdu), die heiligste Stadt Aegyptens, und Busiris (d. i. pe-Asar, »Haus des Osirisc) im Delta [vergl. v. Bergmann, ÄZ. 1880, 89]; beide rühmen sieb das Grab und den heiligen Leib des Gottes zu besitzen. Durch die Geheimlehre ist er dann mehr als irgend ein anderer Gott (Her. n, 42) über das ganze Land verbreitet. Osiris ist der Sohn des Qeb und der Nut, der Bruder des Set. Er »schreitet mächtig hervor aus dem EUmmelsocean«, aber am Ende sdner Laufbahn erliegt er der Tücke des Set, der ihn ermordet und die Welt seiner Harrschaft, der Nacht, unterwirft. Die Schwestern und Gemahlinnen des Osiris, Isis und Nephthy% die Göttinnen des östlichen und des westlichen Horizontes, stehen klagend an seiner Leiche. Indessen in Honis, seinen Sohne von der I$is, ersteht ihm ein Rächer; er besiegt den Set, tritt die Finstemiss nieder, steigt als jugendliche Gott auf am Horizonte und gewinnt den Sitz seines Vaters. Osiris selbst aber, der bestattete Sonnengott von gestern (Todteob. 17, 5 tX der Gott, »dessai Herz stillsteht«, herrscht im West- reich in Frieden, sich fnniend über den Sieg seines Sohnes, der seiner Sache zum Triumphe vertiolfm hat

Wie alle mythischen Vorstellungen wandelt sich auch die von Osiris« der^n ursprüngliche Bedeutung in den älteren Tejiton und namentlich im Todtenbuch noch fiberall klar fo^ lieirt« aus der Auflassung eines natürlichen, alltaglichen Vo^ gangs allmählich um in die Elrxahlung von etwas einmal vor langer Zeit G\\^^hehenem« sie wird eine historische Erzählangi decvn Zeit« Ort und eiuelne Cmstände schliesslich bis ins kleinste IVtail ang^v^^J^^^*^)^^ Ztira Andenken an die Be- gebenheiten iles Kanin^ weiden daim an den Jahrestagen des- s<iben die Tmuer^^ml F^r>Hidenfeste gefi^ert, die or^prunglicb aus ikr xmmittelhäinm Theilnahn>e des Menschen an den Vo^ gtn^vn disr Xatur erwachs^m sind. Zuletzt werden OsiriSi Set* Horus «r^lische KC^iige Ae^ryptenss die daim zu den GM- ten\ ülvfTpty;Atv^^n :^;nil. Zugkieh aber ist der Lichtgott der :i^KW und Verth^^ii^sr alWef^ Guten und Erstr^miswertbeiii d^her s. B. aiK-^ \ter ^^|:^»K)er %)er Nilfluth ^ dem der

^ Osiris, Die flhrigen »JoUheilen. t)9

Mensch nachzueifern, dessen Gebote er zu befolgen lial, wenn er will, dass es ihm Rut pehe,

Oass Oairis .ScnnengoU ist, hat luerst Lepsics, L'eber den ersten uffptischen Gotterkreis. Abb, Berl. Ak. 1S51, bdonl. Dass Osiris ein 'jüngerer* Gott sei als Hodere, ist gruudfalscli ; seine i^tellang in der Rtihenfolye des Gaiterkreiaes (g. 69) beweist dalür natdrlicb gar nicbta. Ebeneo wenig enthült die Sage Iremde Elemente (Eheil«, Ae. B. H. 237), obwohl sie in späterer Zeil mit Jur Aiioriissagu von Bybios conlaminirt ■inl. Die letzte Fassung der Sage und die «späteren Deiituniiun gibt bckanoUicb Plularcb de Is. et Oe. Trauerfeal um Osiris Tod in Busiris Berod. II. Gl. Bestaltung des Osiris II. 86. Der Osirismytlius als Hj- iteriam: $. CT.

§. 58. Neben den besprochenen Göttern stehen zahl- reiche andere, deren Gull zutn Theil weit verbreitet ist. Vor allem die Gottheilen der Zeugung und Ernte, die wie überall im Gült der Landbevölkerung eine Hauptrolle spielen, immer ilhyphall gebildet, häufig als Böcke oder Stiere gedacht werden (daher werden sie im System dem Sonnengolte gleichgesetzt ä. 56); so vor allem Min (Amsi), der Gott von Panopolis und Koptos, der den Aeckern Fruchtbarkeit gibt und unter Bäumen, namentlich der Cypresse, verehrt wird. Ferner Cbnum (Chnubis, Kneph), der Gott von Elephantine, Ammon von Theben, der Bock von Mendes u. a. Dann der Nilgott Ha'pi, liargestellt als ein Mannweib mit schwellenden Brüsten, der Bringer alles Segens; die Ernl^öttin Rannut; die grossen üöltinnen der Natur, der schaffenden und segensreichen wie der finsteren, verderblichen, die eng verwandten Göttinnen Sechet, Pacht, Bast, die namentlic^n Unleraegypten, in Bu- basüs und Memphis (hier ist Sechet-ßl^die Gemahlin des Plah) zu Hause sind. Sechet und Pacht, die ^k^chtenden Göttinnen, werden als Löwinnen, Bast, der man^^Bubastis ein rau- scliendes F'reudenfesl feiert, als Katze genaehl. Auch Neit, »die PfadöfTnerin«, die grosse Göttin von Sais, scheint in diesen Kreis zu gehören. Dann die Mondgötter Dhuti (Thoth), Cbunsu (in Theben), A'ah »der Mond*, von denen der erste in dem Sagenkreis des Horus und der Osiris eine grosse Rolle feit. Wie den Indogermanen (mäns der »Messer«), ist der

70 Erstes Buch, erster Abschnitt.

Mond auch den Aegyptern der Gott des Maasses, von dem die Zeiteintheilung und dann überhaupt jede Regel und Satzung, ja die gesammte Weltordnung abhängt. So wird er dann der Gott der Intelligenz im allgemeinen, der Erfinder der Schrift, der Lehrer der Künste und Wissenschaften, der Verfasser der helligen Bücher. Dass sich auch an den Mond zahl- reiche Mythen knüpfen, ist natürlich. Vor allem aber ist er der ursprüngliche Zeittheiler, an dessen Phasen alle Hauptfeste an- knüpfen, dessen neues Erscheinen in der Abenddämmerung eben- so wie der Vollmond regelmässig durch Opfer gefeiert wird, Zb den Mondgottheiten gehört auch die in Eileithyia (Elkab) verehrte Necheb, eine geierköpfige Göttin, zugleich die siegverleihende Schirmherrin Oberaegyptens (§. 47). Schliesslich Ptah, der Hauptgott von Memphis, wo er der Gemahl der Bast-Sechet, »der grossen Geliebten des Plahc, ist. Seinem Wesen nach ist er vielleicht auch ein Lichtgolt, da die Griechen ihn Hephaestos nennen und er wie Tum den Beinamen »der Schöngesichtige« führt. In unseren Texten erscheint er indessen durchweg ab eine abstracte Gottheit, als der Aelteste, Ursprünglichste der Götter, als der Bildner des Himmels und der Erde sein Nante iK^zeiclmet ihn vielleicht als den Schöpfer oder vielmebr >Eri>ffner€ der Welt (so Jambl. de myst. Aeg. 8, 3 ed. Parthbt) ihm werden dann Prädicate beigelegt, die nicht mehr der ursprünglichen Auffassung, sondern weit fortgeschrittener Spectt- lation entstammen. Neben ihm, vielfach mit ihm identificirt, stehen die memphitischen Götter Tarien und Sokar (letzterer wini auch dem Osiris gleichgesetzt)« über deren ursprüngliclies Wtsen sich g;ir nichts sagen lässt.

K<«!&t iWr Itast iu^i^$ti<: Hervni. II. 60. Lunpenfcst der Neit iA(h<«n<>) in Sai« ib. ^- NVheii lUst steht der Xame Bairest, Tielleiebt mir aU Xa»<«ron«. $. ZOM. XXX. 7^7. Im System werden SecW und ll«!»l dor U^wenkC^pti^en Tafuul. der Schwester des LaflgotleB ^ d«»r iJ'^Um dii^r wrt^hr^nden Sonnen^lulh. ^leiohg^nelxt. Uebrigeos wirf xUt SouHi* in dor Tluil ^lejt^ntlich *l* Kater ^eC^sst: Todtenh. 17,47. IVKm l»huti s. \»>r .illeiu ri»nrs«.'«ii\>> . Hermes Trismegistos iurf» 4«>(\pliM*hm. j:rnvli)s**hon und iHienUlifchen UeberliefieraiifeD » 187* IVber Nfvtieh («r. KiIoiHitiä. lAiein*) sl St«5. AZ. 1875. 72. l'<*^

Wesen der Volksreligion. 71

die widderkdpfigen Götter Ammon und Ghnum vgl. Lepsius, äZ. 1877, 8. Wenn über alle diese Götter schwer ins Klare zu kommen ist, da in der llteren Zeit nur ihre Namen genannt, in den späteren ausführlicheren Texten alle Götter nach dem Schema der Sonnengottheiten behandelt werden, so sind wir bei den memphitischen Gottheiten wegen des geringen erhaltenen Materials besonders schlimm daran. Für die spätere Auf- fassung vor allem Gr. Harris pap. p, 44. Die hier anknüpfenden Vor- stellungen von den Elementargöttern (Lepsius, Abb. Berl. Ak. 1856) u. ä. siod noch sehr dunkeL Die naxaixoi Herod. III, 37 sind phoenikische Götterbilder, die offenbar mit Ptah nichts zu thun haben. Eine Auf- lählung der zahllosen kleineren Gottheiten und Gestalten des Volks- glaubens gehört nicht hierher. Eine höchst interessante umfangreiche Götterliste aus der Zeit der 6. Dynastie befindet sich auf einem Altar in Turin: Tr. Soc. Bibl. Arcb. 111, 110 ff.

§. 59. Für die eigentliche Volksreligion treten die Fragen nach dem Wesen und den überirdischen Functionen der Gott- heiten zurück. Der Mensch braucht die Götter, damit sie ihm den Kampf mit der Natur und den Wechselfallen des Lebens erleichtern und bestehen helfen. Er verehrt diejenigen Götter, von denen er weiss, dass sie mächtig sind, dass sie, sei es im allgemeinen, sei es speciell für die Ernte, das Haus, die Geburt, Segen bringen können, oder die bösartigen Gottheiten, welche <ien Menschen vernichten würden, wenn er sie nicht besänf- tigt oder durch Zauber, durch die grössere Macht der guten Gölter bezwingt und unschädlich macht. Daher wird Set, der nie völlig besiegte böse Dämon, an vielen Orten eifrig ver- ehrt, obwohl er den LIchtgöttem verhasst ist und man sich scheut, seinen Namen auszusprechen. Neben ihm stehen zahl- reiche Dämonen; »die Feinde«, »die Bösen«, welche dem Einzebien nachstellen, sein Leben, seine Wohlfahrt bedrohen. Vor allem kommt es darauf an, die richtigen Opfer zu bringen, die Formeln und Handlungen zu brauchen und zu üben, welche die Herzen der Götter gnädig stimmen und das Uebel abwenden. Dann aber haftet die Verehrung oder die Furcht immer an dem Gegenstande, aus dem man sich die Kraft einer Gottheit oder eines Dämons wirkend denkt, in dem sie bitweise oder dauernd ihren Wohnsitz genommen hat. Es sind nicht nur die Bilder und Symbole der bekannten Gott-

72 Erstes Buch, erster Abachnill.

heilen: die ganze Natur ist voll von gültlichen Wesen. Da sind heilige Bäume, Steine, Gerathe, in denen sie wohnen; vor allem aber gilt das Thier in Aegypten wie and^näri» in Afrika als ein geheimnissvolles Wesen, in dem eine öber- menschliche freundliche oder feindliclie Macht verborgen ist. Wie sie heissl, weiss man nicht; will man sie bezeichnen, so redet man in Aegypten wie überall von einem Dämon, einem GoUe, oder dem Gölte. Unendlich oft ist daher in den mystischen Todlenlexten, deren Ausbildung wir später zu tm» folgen haben, die Rede von den »gcheimn issvollen Wesen, deren Namen, deren Ceremoniell man nicht kennlf, die naA Blut lechzen, die den Tod bringen, die als verzehrende Flamtne' umgehen, oder auch von solchen, die Gutes wirken; ihr» Namen zu erfahren, sie zu besänftigen, über sie die Herrschaft zu gewinnen, ist die Hauptaufgabe der Geheimlehre w" Zaul}orkunst. Diese Anschauungen sind natürlich kein An*» druck eines dunklen Bewusstseins von der Einlieit der Gott* heil, eines »primitiven Henolheismus«, wofür man sie so cft genommen hat, sondern das directe GegenUieil davon.

tm allgemeinen hat Qlier diese Dinge Pitn^inKHAN.i, Der ae^ptMcto Fetischisniuä unj Götterglaube, Z. f, Elhnol, 1878, 153 ff., gegenabef * gangharen Darstellungen das RichUge gesagt. Kur übertrigt er mvtii erst in eplterer Zeit aurgekommene Vorstellungen (i. B. den roajM harten Gebrauch der Amulete, der Ulebti's u. S.) schon aul die Ulf* Zeit, die vom Zauber- und Formelwesen weit weniger beherrscht itt W die ipBtpren Epochen. Im Qbrigen Tgl. g. 3. Genau wie im aegjptneM iiuter ((Outti), braucht man liekanntlicb im Griechischen tu allen ZfiH fhi; und tai|uuv. Le Paoe Re.'vol'f (Rel. der Aeg.). der im Anachlius it III Kovot. dmi ursprQnglichen Henolheismus in Aegfpten erweisen ril ebenso Ht^niio in seiner Geschirhte u, a., rerwerthen hier fast dmdv weg spflUre Texte, die von der Geheimlehre beherrscht sind. Zuismnienhnng gebärt auch die in Aegfpten allgemein herrschende SM dar Heschnoidung (H»»!. II, 86. 37. 104. Jos. c. Ap. U. HA». III. -298; Emils Ap. B, H. 27S IT.). Dieselbe ist ein den R liehen DBmonen gebrachtes Opfer vom eigenen Blute, und dOrn« il ITmprunge nach wohl eine Uilderuiig der Casiraiinn sein.

g. 60. Zum grossen Theil haben diese Objecte des Volka glaubet» in die gewissermassen oDicielle Religion ESai$iH

Die Gottheiten des Volk3£laub«ne. 73

Runden. Vielfach werden sie auf Grund irgend welcher Be- UirtiDgspunkte mit den grossen Gottheiten in Verbindung I gesetzt: so ist die Syfcomore der Baum der Hat hör oder Nut

(8.56), die heilige Säule Ded '11, Nilmesser?} von Busiris das Rückgrat des Osiris (Todti?nb. 155, 1), der Ibis unserem Mann im Monde entsprechend das Thier des Dliuli, ebenso der Hundskopfsaffe, Die Katzen sind der Bast heilig, die Kühe der Isis oder Hathor {§. 5ii), der Bock von Mendes ist eine Incamation des Osiris (g. 5t)), der heilige Stier Hapi (Apis) von Memphis ist >das neue Leben (die Incarnation) des Plali« u. s. w. In anderen Fällen entstehen neue Gölter: so finden wir in der Pyramidenzeil häufig Priester des Ded die Säule wird also hier zu einem eigenen Gotle; so wird »hr oft der Gott Chribat[-f, >der unter seinem Oelbaum*, d. h. der namenlose Dämon eines heiligen Oelbaums erwähnt ; so die Kuh Hesit und die Froschgöttin Heqt in Äbydos, so zahl- Imc gute und böse Schlangengoltheiten, Vor allem haben die tiflsartigen Thierc, die an vielen Orten eifrig verehrt werden, w einer Erweiterung des Pantheons Anlass gegeben; das Nilpferd ist die Göttin Apel, an der nubischen Grenze verehrt man die Skorpionengöllin Se!qt. Das Krokodil wird an vielen Orten eifrig verehrt, vor allem in Ombos, im Faijüm, auch in Theben (Herod. II, 69) und führt als Gott den Namen Sebak, ^^fe dann im System mit Ra' identilicirt wird, als Reprä- ^■tatant der vernichtenden Seite der Sonnengluth, HP Auf diese Weise sind die »Götterkreise« (paut, meist aus ^nfeun Göltern bestehend) der einzelnen Nomen gebildet. An ihrer Spitze stehen die »grossen Götter«, die Licht gottheiten Und ihre Verwandten (dies ist wahrscheinlich die so viel genannte sasanut(?) a'at eines Ortes), daran schliessen sich die zahlreiclien Dämonen, die heiligen Thiere und sonstigen »Geisler« des Orts mit ihren Riten, Symbolen und Legenden. Dass hier jeder Nomos seine Localgötter (nuter nuti) hatte und in den Einzelheiten anders glaubte, dass vielfach die trösste religiöse Feindschaft zwischen ihnen bestand, namentlich

74

Grsteä Bitrli, erster Abaclmitl

betreffs der heiligen Tbiere, die oft noch in der römischen Kaiserzeit zu föioilichen Kriegen führte (Herod. II, 69. Diod. I, 8y = Plut. Is. 72, Juvenal. sal. 15), ist durcha« natürlicli; aber der Grundeharakter der Religion ist üben»! genau derselbe.

Drei heilige Kinder auj der Zeit Ckufu's bei J. he BoiiSK, Inacr. 1. i. Eine Liste tliebani^clier lieiliger BSuioe u. 3. im Pop. von Bologna 1: Chabas, Mel. HI, 2, lIJS. Audi die localen Dämonen obne besonnen Namen (z. B. C. Inscr, gr. 4893) gehören hierher. Der späteren gebildet« AurTäsaung ist der Thierdieiist zwar unantastbares, uraltes Hertommen, alwr völlig Unverstand lieh; daher die absurden Legenden bei Plularchi Diodor u, a. (vgl, Herod. II, 65). Ebenso erklärte man die BescUneidung für eine gesund lieilspolizeiliche Hassregel (Herod. It, ^7), Die gang- bare Annahme, dass das Krokodil ein Tbier des Set gewesen sei, iat^ fttlsch; wenigfitenB ist mir kein Beleg dafür bekannt. Seine Thiere sJqi^ Ziegen, Schweine und besonders die Nilpferde. Der Krokoditgolt SebaJl dagegen wird nie dem Set gleichgesetzt, sondern i Dass der >.\'eungi3tterkreis< nicht regelmässig gerade besiebt, ist bekaniil. L'eber die Triaden s. §. 6i).

dem Ra'. n Gattheil

De

Todti

§, (iL Eine Hauptsorge des Ägypters war die um seinti Existenz nach dem Tode. Dass die Existenz eines Menschen mit dem Tode nicht beendet ist, dass gewissermassen eitl geistiger Extract desselben fori lebt, den Ueberlebenden inf Träumen und Visionen erscheint , die alten Stätten seines Schaffens wieder aufsucht, ist ein Glaube, der fast allen Völ- kern gemein ist. Wie in dem Cullusobject ein Gott oder i Dämon, so bat auch im Menschen ein Geist seinen Wohnsitz genommen, der ihn beim Tode wieder verlässt. Man dcnkl ihn sich als ein förmliches Abbild des Lebenden, U Ka, eine Art von Genius, einen Doppelgänger des Menschen, odet

auch als ein vogelartiges Wesen "^^ ha »die Seele«. Nalüi lieh aber hört der Zusammenhang mit dem Körper (chat] nach dem Tode nicht auf. Wenn die Leiche der Verwesun] anheimfallt, ist es um die Existenz des Ka oder des Ba schlecht bestellt. Man sucht sie daher so gut wie möglich zu erhalteik

Der Todtendienst. Die Gräber. 75

es eDtwickelt sich die Kunst der Balsamirung, die übrigens zur Pyramidenzeit noch in den ersten Anfangen liegt. Durchweg wird die Leiche an Orten beigesetzt, die vom Nilwasser auch zur Ueberschwemmungszeit nicht erreicht werden können. Wer die Mittel dazu hat, baut sich ein Grab^ sei es ein ein- faches Gewölbe aus Ziegeln, sei es, wie in *Oberaegypten, ein Felsengrab, sei es, wie in den Todtenstädten von Memphis, einen grossen, viereckigen, oben abgestumpften Grabbau mit schrägen Wänden aus Ziegeln oder aus Kalkstein (die sog. Maslaba's), er legt die Leiche in einen Kasten aus Holz oder aus Stein. Dann aber bedarf der Todte der Nahrung, damit er nicht verkomme. Es ist die Pflicht der Nachkommen, hierfür zu sorgen, und wenn auch nicht täglich, so doch bei besonderen Gelegenheiten, an den grossen Festen, ihm Speise und Trank zu bereiten. Auf der Ausbildung dieser Vorstel- lungen, auf der eifrigen Sorge für das Leben nach dem Tode beruht all unser Wissen von Aegypten, und sie sind auch das eigentlich treibende Element im Geistesleben des Volks.

Im allgemeinen s. vor allem Mariette, Les tombes de Tancien Empire RAn. XIX, 7. 8L Ders., Les mastabas de Panc. emp. , 18iB2 fl'. Ferner Brüosch, Die aegyptische Gräberwelt ( Vortrat') t 1868. Maspero, Et. sur quelques peintures et sur quelques textes rel. aux funerailles Journ. as. VU s6r. 15, 1880, S. 111-170, 365-420 u. a. - Ueber den Ka: Le Page Renouf, Tr. Soc. Bibl. Arch. IV, 494. Maspero, Rec. de ^vaux I, 152 u. a. In der älteren Zeit tritt der Ka durchaus in den Vordergrund, daher auch die Königsnamen Neferkara^ (schön ist der Ka (les Ra'), Nebkara' (Inhaber des Ka des Ra'), Uskaf (stark ist sein Ka) u. a. In der Geheimlehre (z. B. im Todtenbuch) tritt dagegen der Ka gegen den geistigeren Ba, die Seele, (und den Chu) zurück. Dass indessen die Vorstellung 'om Ba alt ist, lehrt der Name des 11. Köni^rs Banuteru (Seele der Götter).

§. 62. Natürlich ist die Heimath der Todten da, wo die grossen Götter zur Ruhe gehen, im Westen, im Grenzgebiet der libyschen Wüste, Das Westland (setet amentit) ist zu- gleich die Unterwelt (augert), das Land des Todes und der Bestattung; hierhin schafft man daher die Leiche, hier er- richtet man die Grabbauten, die nach den Himmelsrichtungen orientirt werden. Und wie hier die Schakale des Nachts die

78

Erstes Buch, i

Grüber utniieulcn, so ist es ein schaltalsköpflger Gott, Anubis, der die Todlen beschützt und beherrscht, »der Herr des Grabes, der dem Todlen die Bestattung bereitet in dem grossen und guten Westlande*, der ihm Speise und Trank gewährt und ihm ermöglicht , dass er »lebendig umhergelie auf seinen Beinen«, hn übrigen sind natürlich hier wie überall die Vor- stellungen vom Leben nach dem Tode äusserst schwankend und widerspruchsvoll. Man hofft sich wieder auf Erden frei bewegen zu können, oder im Grabe der Ruhe zu geniessen, oder weiter einzudringen in die geheimnissvolien Regionen des West- reichs. Anubis ist hier der »Pfadöffner* (ap uat), er gewährt den Todten »zu wandeln auf den schönen Wegen, auf denen i der Fromme (arachu) wandelt«. Wie der Gott über den Himmelsocean nach dem »trefflichen Westen* gelangt, so fahrt der Todte über den »schönen Westsee* nach dem »Ge- filde der Ruhe». Und hier darf er hoffen mit den Sehgea im Gefolge der Gölter zu leben, ihre Herrlichkeit zu schauen und mit zu geniessen. Wie es scheint, wird dem Frommen dieses letzte und höchste Gut gewährt durch die Recitation bestimmter Verklärungsformeln (sechu) von Seiten eines Prie- sters, der den Namen cherheb führl.

Ich habe veraucbl. in diesem Paragraphen alles auf Osirie und dia J Ueht^tm lehre BezOgliche auBZUscheiilen, unj daher namenlüch diejenigetLj^ Gräber rerwerthet, in deneii O.siris, nuler 'a u. ft. noch nicht vorkammei),] Ob der Cliertieb schon mit dem Osiriscullua in Verbiniiiinj; sieht, habe ich 1 nicht sicher ermitteln kGnnen. Amchu heisst nie etwas anderes als ] lal. piua, gr. c^as^i^, und wird daher sowohl vom Verhallniss lu de Gattern wie von dem zum Könige, zum Ehegatten etc. ijehraucbt. - Ueber die Fahrt nach Westen s. Masckro. Journ. as. Vll, 15, 141 IT. Zur Fahrt nach Abydos kann sie erst durch das Eindringen des Oslriscultus gewordea sein, und vor der II. Dynastie ist denn auch meines Wissens nie von dieser die Rede.

§. 1)3, Während der Arme sich mit den einfachstea Massregeln für die Conservirung und Beisetzung seiner Leichel begnügen musste, war es die Hauptsorge des hohen Beamten oder des grossen Grundbesitzers, sich einen würdigen und dauerhaften Grabbau, eine »Wohnung der t^wigkeit* (per

( Das Leben nach dem Tode und der Todtendienst.

n sei ^ «EStoi; olxoi, Diod. I, 51), herzurichten. In den Todtenstädten von Memphis wird der Sarg (»der Herr des Lebens« neb 'anch) mit der Leiche in einem liefen Schachte inmitten der Mastaba geborgen; an ihrer Ostseite, seltener iin Norden oder Süden, befindet sich eine offene Halle, in der die üeberlebenden den Todtendienst verrichten, die Opfer dar- bringen können. Oft sind die Wände mannigfach geschmückt mit Scenen ans dem Leben des Verstorbenen, und aueli mit solchen, die sich auf seine künftige Existenz, z. B. die Fahrt nach Westen, l)eziehen. In einer verschlossenen Seilennische (dem sog. serdäb), in die höchstens durch eine Oeffnung der Opferdampf eindringen kann, bereitet man dem Ka eine be- sondere Stätte, ein Ebenbild des Todten von Stein oder Holz, in dem der Ka jetzt seinen Wohnsitz nehmen kann. Eigene Diener (^^ Priester), die henu ka, werden auf ewige Zeiten ZOT Bedienung desselben angestellt; den Hörigen der einzelnen Dörfer liegt es ob, ihm an jedem Festtage t)estimrate Opfer- gaben darzubringen. Der König seilst trägt bei zum Unter- halt seines verstorbenen Beamten, schenkt ihm einen Sarkophag (Inschr. des Una), weist ihm Einnahmen und Opfergefälle zu; daher beginnt die stereotype Formel, welche sich auf der Haupttafel an der Westvvand der Grabkammern von Memphis befindet, in der Regel mit den Worten »Königliche Opfergabe«, Später wird dieselbe dann auf jeden Äegypter übertragen, auch wo von königlichen Spenden nicht die Rede sein kann. In derselben wird, so scheint es, Anubis der Grabesherr and schon früh neben oder für ihn auch andere Götter aufgefordert, dem Todten die Opfer an Brod, Fleisch, Wein zukommen zu lassen und ihm jegliches Wohlergehen zu be- reiten. Und natürlich gewinnt die Formel hier wie überall ein selbständiges magisches Leben; dadurch dass sie in Stein gehauen und ins Grab gestellt wird, erhält der Todte auch seine Opfer, ohne dass sie ihm wirklich dargebracht werden. Ja seit der »3, Dynastie wird es Brauch, die zufällig Vor- übergehenden aufzufordern, die Forme] für den Todten aua- zuBprechea, ihm »Tausende von Rindern, Tausende von

78 Erstes Buch, erster Abschnitt.

Gänsen« u. s. w. zu wünschen. So konnte man später die Formel jedem Verstorbenen auf den Grabstein schreiben.

Ueber die Kapriester und ihre Bestallung s. Maspero, Tr. Soc Bibl. Arch. VII, 6 ff. J. de Roug^, Inscr. I, 1. Lepsius D. II, 72. Die Formel suten [so geschrieben DOmichen, Result. I, 7 ; Lepsiüs Denkm. II, 112] hetep da etc. erscheint in den ältesten Grftbern noch nicht flberall (sie fehlt z. B. Mariette, Mon. div. 18; Lepsius Denkm. II, 5), Dass in derselben in der That von königlicher Bewilligung die Rede ist, lehren J. de Rouge, Inscr. hierogl. I, 1, ZI. 8. 16. 20; II, 93 unten (vgl. Erman, ÄZ. 1881 , S. 54). Die häufige Uebersetzuug durch Proscyneme ist falsch ; aber eine völlig gesicherte Uebersetzuug lässt sich noch nicht geben. Die Aufforderung an die »Lebenden auf Erden«, die Formel zu recitiren, findet sich wohl zuerst Lepsius Denkm. II, 114; J. de RothsiS, Inscr. I, 2; Mariette, Abydos I, 2. Die Beziehung der Grabdarstel- lungen des A.R. auf das Leben nach dein Tode scheint bei Mariette, RAn. XIX, 81 ff. und Maspero 1. c. mehrfach übertrieben zu sein.

§. 64. Was von den Vornehmen, gilt in weit höherem Maasse von dem König. Auch sein Sarkophag ruht in einem Schacht, aber ihn bedeckt nicht eine Mastaba, sondern eine Pyramide. Gleich beim Regierungsantritt trifft er die Mass- regeln für eine würdige Herrichtung seines Grabes, und je länger er herrscht, desto gewaltiger erhebt sich ihm der Bau. Zu jeder Pyramide, die einen eigenen Namen führt, gehört, wie es scheint, ein eigener, östlich von ihr belegener Tempel, der die Stelle der offenen Hallen der Mastaba's vertritt; die Rolle der Kapriester übernehmen hier die Vornehmsten des Reichs, und den Nachkommen, den späteren Königen, liegt es ob, das Andenken ihrer Vorfahren zu erneuern, ihnen Todtenopfer darzubringen. Ausserdem aber sind die Könige ein Ausfluss, eine Verkörperung der Gottheit, und als solche göttlicher Ehren theilhaflig (vgl. §. 52). Vielfach hat sich dieser Cult der Könige lange, manchmal sogar bis in die Perser- und Ptolemaeerzeit erhalten oder ist in dieser Zeit wieder aufgefrischt worden. So entstanden die grossen Todten- städte von Memphis und seiner Nachbarschaft, die ältesten Zeugnisse aegyptischen Lebens, Meidüm, Gize, Saqqara, Abusir, Dahsür u. s. w. Was vor ihnen liegt, wie die Könige be-

Die Pyramiden. Moral. 79

stattet wurden^ ehe die feste Form der Mastaba sich ausge- bildet hatte, darüber fehlt uns jede Andeutung.

Ueber die Pyramiden: Vtse, Operations carried on at tbe Pyramide of Gizeh, 8 toI^ 1840 (nach Perring*s Messungen) und dazu das Foliowerk Ton PERRiifo, The Pyramids of Gizeb, 1839. Lepsiüs, Ueber den Bau der Pyramiden, in Monatsber. Berl. Ak. 1848, 177 (T. Vgl. femer BXdeker's Unteraegypten. Der Gull der verstorbenen Könige [verschieden von dem Dienste ihrer Pyramiden] wird in älterer Zeit sehr oft erwähnt; bis in spätere Zeit bat er sich erhalten bei Mena und Teta: de Boüg£, Pr. dyn., 251; Senda (2. Dyn.): Lepsius, Ausw. 9; Nebka (3. Dyn): Berlin. Mus. Nr. 1141 und 1142; Statue desKgs. Seser (3. Dyn.) von Usertesen II. errichtet: ib. Nr. 7702; ebenso die des An (5. Dyn.) von Usertesen I.: Lepstos, Ausw. 9. Der Colt des Snefru (4. Dyn.) und Sahura^ (5. Dyn.) wird oft erwähnt. Priester des Chufu, Gha7ra und Ra^iedef in der 26. Dyn.: Lauth. Ma- netho 175, de Kooge, Pr. Dyn. 271.

Moral. Priesterschaft Theologie und Mysterien.

§. 65. Dem natürlichen, d. h. dem mythischen Denken (§. 3. 8) sind überall, wo ein Causalzusammenhang nicht un- mittelbar in die Augen springt, die übersinnlichen Wesen der Grund der Erscheinungen. Daher sind die höchsten Gölter der einzelnen Nomen Schöpfer der Welt, Bildner der Menschen, daher heissen sie »Lebensspender, Herr der Ewigkeit« u. s. w. Sie sind es, welche den aegyptischen Staat geschaffen, den König sich zum Nachfolger gezeugt haben, ihm ihren Schutz verleihen, mit ihm in fortwährendem Verkehr stehen (§. 52). Und wie die politische, so geht auch die sociale, d. h. die sittliche Weltordnung auf sie zurück.

Wie schon früher ausgeführt ist (§. 9), erwachsen die Gebote der Moral aus unmittelbarer praktischer Nothwendig- keit und werden zunächst unbewusst befolgt ; auf einer höheren Entwickelungsstufe beginnt man sie zu formuliren und zu motiviren. Die einzelnen Sätze erläutert und begründet man an praktischen Beispielen; aber in ihrer Gesammtheit gehen sie auf den Willen der Gottheit zurück. Je mehr die Ent- wickelung fortschreitet, desto mehr verwachsen Moral und Religion. Die Gottheit verlangt für ihren Dienst nicht nur

gO Erstes Bucli, erster Ahsrhnitt.

Beinheil des Leibes, somieni auch des Geistes, nicht nur die Uebung ihr angenehmer, die Vermeidung ihr verhasster Hand- lungen, sondern auch die Beobachtung der Moralgebote, Dem Gegensalz von Licht und Finstemiss, von nützlich und schäd- lich, schiebt sich allmählich der von Gut und Böse unter. Im übrigen richtet sich der Inhalt der Moral überall nach der geistigen Enlwickelungsstufe der Völker, und hier stehen die Aegypter der Pyramidenzeil recht hoch. Ein humaner Geist,,. ein lebendiger Sinn für Recht und Gerechtigkeit tritt un« überall entgegen, Vor allem aber ist das Familienleben eio reines und inniges; überall nimmt die Frau eine hohe, geachtete Stellung ein, durchweg herrscht Monogamie (vgl. Herod, II, 92) was natürlich nicht ausschliesst, dass beim. Hofe und gelegentlich auch bei den Magnaien vom Harera und den zahlreichen Sklavinnen desselben die Rede ist.

Da die Horalsaize göttlichen Craprungs sind , aber im Bllgemeii» niclit auf einen beatimmlen Gott zurück gehen, findet sich in den rooral sehen Schriften, z, ß. im Pap. Priese (§. 81), sehr hiufig der unbesLitnm Ausdruck »Gott«. Dass dies kein Monotheismus ist, ward schon hemei^ (S. 59). Moralische Formeln in den Gräbern: Lepsius Uenkm, 11, 43.4

§. 66. Der Einfluss der moralischen Ideen tritt am schärfsten hervor in der Göttin Ma'at, d. h. Recht oder Wahr heit, deren Cult gerade in der Pyramidenzeit sehr in Blütli steht Sie steht in engster Vorbindung namentlich mit Ra dessen Tochter sie durchvpeg genannt wird, und mag vielleicil ursprünglich die Göttin des reinen blauen Lichtliimmels sein. Daher ist sie die Göttin, welche dem Ra' wie den Mensche und den Verstorbenen im Westland »den frischen Hauch da] Nordwindes sendet«. Im übrigen ist sie eine wesentlich ab] stracte Göttin, der Inbegriff der ma'at, d. h. des Begriffes < echten, wahren, reinen und vor allem des positiven Rechts Als solche steht sie mit jedem Gotte und mit dem König in engster Verbindung, sie alle sind »Herren (Inhaber) der Ma'at«, Ihr Bild trägt der Oberrichtor um den Hals (Diod. I. 7.5), Symbol, die Straussenfeder, ist das Zeichen der Gerechtigkeil

Durch die allmähliche Umwandelung der Götter in sittlic)

Ma'at. Die Priesterschaft. gl

Wesen entsteht ein schroffer Gegensatz gegen die ursprung- liche naive Auffassung, gegen die Mythen und Legenden und die sinnlichen Attribute der Götter, bei denen ja mora- lisdie Vorstellungen ganz fem liegen ein Conflict, den keine Religion völlig zu überwinden vermag. Zu helfen sucht man sich äberall, indem man die Mythen und Attribute sym* bolisch deutet, nicht fär etwas Reales, sondern für eine sinn- liche Einkleidung höherer Ideen ausgibt. Im übrigen tritt gerade in der aegyptischen Entwickelung dies Element weit mehr zurück, die symbolischen Deutungen der Sagen in späterer Zeit sind jedenfalls weit mehr ein Product der Griechen als der Aegypter.

lieber die Ma'at vgl. Stern, ÄZ. 1877, 78 ff. Le Page Rekouf, Religion, p. 111 ff. Der oben definirte Begriff des Wortes ist naturlich immer möglichst concret zu fassen: das Recht, die Wahrheit gilt jeder primitiven Anschaumig als ein wirklich existirender , greifbarer Gegen- stand. — Später wird Ma^at häufig im Dual gebraucht, wobei an die Gegensätze von Recht und Unrecht, Wahrheit und Lüge gedacht zu sein scheint (Sterii). Im System ist Ma^at begreiflicher Weise Gemahlin des Dhoti, des Grottes der Intelligenz.

§. 67. Die Pflege des Cultus, die Erforschung und Be- obachtung des Willens der Götter, der Vorzeichen und Wunder, die Ausbildung des Rituals liegt in den Händen der Priester- schaft, d. h. derjenigen, welche sich von Jugend auf dem Dienste der Götter widmen, von ihren Vätern oder Lehrern die genaue Eenntniss des Ceremoniells überkommen haben, und sie wieder ihren Schülern überliefern. Sie pflegen und ordnen die Traditionen von den Göttern, geben Auskunft ober Ursprung und Bedeutung der Feste, der heiligen Bräuche und Zeichen. Wesentlich unter ihrem Einfluss vollzieht sich die allmähliche Umwandelung der vielgestaltigen, schwan- kenden, aber in ihrer Bedeutung klaren Göttermythen in Er- zählungen von einmaligen historischen Begebenheiten in uralter Zeit (§. 57), und diese werden natürlich fortwährend de- taillirter und bestimmter fixirt. Hier bietet sich dann die Gelegenheit, den Ursprung eines jeden Ritus, jedes Festes,

Hey er, Oeschlchte dei Alter thums. I. G

g2 Erstes Buch, erster Abschnitt.

jeder der späteren Zeit unverständliche Anschauung auf historische Begebenheit zurückzuführen. So trägt z. B. einen Kuhkopf, weil ihr Horus, als sie sich in den Kampf Set einmischte, im Zorn das Haupt abgeschlagen imd C dafür einen Kuhkopf aufgesetzt hat. Diese Erzähluc die aiziai des Rituals, sind aber nicht für jedermann, dürfen nur den auserwählten Gläubigen mitgetheilt wer während die Masse des Volkes sich mit dem Anschauen ihr unverständlichen Riten zu begnügen hat. So entstehen geheimen Ueberlieferungen der Mysterien, deren Inhalt in Ae ten wie überall nicht philosophische, moralische oder relij Speculationen bilden, sondern der lsp6<; Xö^o? von Osiris, Horus u. s. w. Daher ist der Zutritt ins Innere der Tei nur den Eingeweihten, den »Wissenden« (rechiu) gesta dem Volke werden die Götterbilder nur an den Festtage feierlicher Procession gezeigt.

lieber die Masse der von den aegyptischen Priestern beobacfa xipaxoL vgl. die charakteristische Bemerkung Herod. II, 82. Mysterium ist, lehren die alten Angaben auf das deutlichste. Das 0 mysterium ist die heilige Sage von Osiris : Herod. II, 61. 86. 132. 170. vgl. II, 46. 62. 65. 81 u. a. Ein Gleiches gilt von den eleusinischen von allen anderen Mysterien. Dennoch ist der Begriff derselben so fa vollständig verkannt worden. Ueber die »Wissenden« vgl. Dümj Bauurkunde von Dendera p. 12. Wie überall, wird natürlich in Aegypten die heilige Geschichte bei den Festen vollständig zur Stellung gebracht.

§. 68. In der Pyramidenzeit ist die Priesterschafl be äusserst zahlreich und angesehen und im Besitze eines gro Vermögens. Die meisten der vornehmen Beamten, vor a aber ihre Frauen, bekleiden die Priesterwürde oft im Die mehrerer Götter. Die Priesterschaft ist streng bureaukral gegliedert, über den niedrigen Priestern, den »Reinen«, Hierogrammaten, den »göttlichen Vätern«, stehen die Ha priester, welche als »Götterdiener« (hen nuter, gr. ^po^r] bezeichnet werden; neben ihnen finden wir noch »Tem Vorsteher« genannt. Die Priester nehmen eine hohe Stel unter den Staatsbeamten ein; unter der 6. Dj-nastie fir

Mysterien, Göttersysteme. 83

mr die »Oberpriester des Sud- und des Nordlandes« und die Tempelvorsteher an der Spitze eines Truppencontingentes neben den Nomarcben und Stadthäuptern und den ersten Hofbeamten (Inschr. des Una, ZI. 18). Der Cultus ist durch- aas Staatssache, seine Pflege eine Hauptaufgabe des König- thums; von ihr hängt ja die Wohlfahrt des Reiches ab. Wenn uns auch keine sicheren Tempel bauten erhalten sind, die über die 12. Dynastie hinaufreichen, so erfahren wir doch durch die Inschriften oft genug von den Tempeln, welche die Könige der ältesten Zeit den Göttern errichtet oder erweitert haben.

lieber die Rangordnung der Priesterschaf l s. vor allem die Inschrift Bokenchonsu*s (Deyebia, Mon. biograph. de Bokenkhonsu, in M^m. de Kbist. Egyptien, I, 1862. Lauth, Der Hohepriester Bokenchons, 1863. BRucrscH, Gesch. S. 564. De Horrack, RP. XII), das Decret von Kanopos, Clemens Alex. Strom. VI, 4; femer Ebers, Aeg. B. Mos. f, 341 u. a.

§. 69. Eine weitere Aufgabe der Priesterschaft ist, Ord- nung in die widerspruchsvollen Göttertraditionen zu bringen, die C!ompetenz der einzelnen Gottheiten abzugrenzen, kurz ein theologisches System zu entwickeln. Hier concurriren natür- lich die localen Anschauungen mit den allgemein aegyptischen und der Reichsreligion wenn der Ausdruck gestattet ist fortwährend. In den einzelnen Nomen ordnen sich die Haupt- gottheiten in der Regel zu Triaden (Vater, Mutter und Sohn oder Tochter, vgl. §. 56), so in Abydos: Osiris, Isis, Horus, in Memphis: Ptah, Sechet, Irahotep ^), in Theben: Amon, Mut, Chunsu*), an den Katarakten: Chnum, Sätet, 'Anuqat'); an sie schliessen sich dann die übrigen in sehr wechselnder Reihenfolge an (vgl. §. 60). Alle diese Gottheiten eines Ortes werden in seinem Haupttempel gemeinsam verehrt; daher sind die griechischen Weihinschriften immer der Hauptgottheit taX tote oovvdoK; ^6ot<; gewidmet. Für die Reichsreligion

0 Griech. Asklepios.

*) Amon §. 58. Mut §. 56, Chunsu §. 58.

») Chnum §. 58. Sätet und *Anuqat (vgl. ZDM. XXXI, 723) sind locale Gottheiten, die in den Ptolemaeertexten der Isis und Nephthys gleichgesetzt werden.

84 Erstes Buch, erster Abschnitt.

haben natürlich die Götter der Hauptstadt, Ptah und s Kreis, den Vorrang; später machen ihnen die thebaniscl Gottheiten erfolgreich Concurrenz. Daneben gewinnen Centren priesterlicher und gelehrter Bildung einen maa gebenden Einfluss, vor allen Heliopolis (Anu), die Stadt i Tum, Abydos, die Stadt des Osiris, Hermopolis (Chmunu), Stadt des Dhuti.

Die Hauptgötter sind naturlich zugleich die elgentlicl Herrscher der Welt, der Ursprung der Dinge. In Memp ist Ptah »der Vater aller Götter, der von Anfang war, i die Menschen gebaut, die Götter gemacht, die Erde gegrünc den Himmel ausgebreitet hatc. In Heliopolis ist Tum ( Schöpfer, der Uranfangliche, anderswo Ra' ; auch Dhuti hei >nicht gezeugte. Gewöhnlich aber denkt man sich als ( fangliche Gottheit den Nuu (§. 56), das Urgewässer, aus d alles hervorgegangen ist. Sein Sohn ist Ra^ der die W< Ordnung geschaffen hat, auf ihn folgen dann die übrigen Gc heiten. Das genealogische Verhältniss ist hier ausserordentl schwankend, so dass z. B. sogar Osiris zum Sohn des I wird. Die Machtbereiche der Götter werden abgegrenzt, 1 Harmachis herrscht im Himmel und leitet das Schicksal i Welt, Osiris und Anubis herrschen über die Todten, die Ei ist, so scheint es, der Wirkungskreis des »grossen« und i »kleinen Kreises der Neungötter«. Daneben bildet sich e Göttergeschichte, deren einzelne Abschnitte in den Myster mitgetheilt werden, und damit verlieren die Götter einen Tl ihres ursprünglichen Charakters, sie werden zu den ers Herrschern des Landes, die sich später aus dieser Welt zurü gezogen haben und von denen die Herrschaft dann auf menschlichen Könige übergegangen ist (s. §. 48). Jede Religi die von mythischen Elementen stark durchsetzt ist, entwicl einen euhemeristischen Zug, der im Laufe der Zeit immer mi zur Herrschaft gelangt.

Ueber die Bildung der Gölterfolgen und Götterkreise s. Leps Erster aeg. Götterkreis, Abb. Berl. Ak. 1851. Die älteste erhaltene L stammt vom Turiner Altar des Pepi, 6. Dyn., und gehört vielleicht n

Göttersysteme. Auswärtige Besitzungen. 85

Heüopolis. Von kosmogoniscben und gOttergeschichtlicben Sagen finden sich im Todtenbucb viele Spuren ; ferner gehört nach Erman, ÄZ. 1881, 43, in diese Zeit die Sage von der Vernichtung des sündigen Menschen durch Ra'(NAViLLE, Tr. Soc. Bibl. Arch. IV, 1; RP. VI. Brugsch, Die neue Weltordnung nach Vernichtung des sündigen Menschengeschlechts, 1881). Eine völlig euhemeristiscbe Auffassung der Götter ist zuer;$t nachweisbar aaf der Berliner Hausapotheke aus der 11. Dyn. (Berl. Mus. Nr. 1175), wo vom »seligen König D^uti« die Rede ist ; dann in den Götterdynastien des turiner Papyrus.

Materielle Cultur. Kunst und Literatur.

§. 70. Ein festgeordneter Beamtenstaat mit dem in die Götterwelt hineinragenden König an der Spitze, und eine alle Anschauungen und Thätigkeiten durchdringende und beherr- schende Religion, in der die Sorge für den Todten den Mittel- punkt bildet, das sind die beiden Grundfesten, auf denen die Cultur und die weitere Entwickelung Aegyptens beruht. Nir- gends deutlicher treten uns beide vereint entgegen als in den gewaltigen Monumenten den grössten, die je von Menschen- händen geschaffen sind welche für uns den Beginn der aegyptischen Geschichte bezeichnen. Der König verwendet die gesanamte Kraft seines Reiches, um seiner Leiche ein gewal- tiges und nie zu vernichtendes Wohnhaus für die Ewigkeit ZQ schaffen , und dasselbe Ziel erstreben in kleineren , aber doch immer noch gigantischen Dimensionen die Grossen seines Reichs. Ueberall ist das Streben nach einem friedlichen und behaglichen Lebensgenuss in dieser und jener Welt das trei- bende Element. Dem entspricht es, dass Altaegypten einen durchaus friedlichen Charakter trägt ; Ackerbau und Viehzucht blühen, die Gewerbe sind hoch entwickelt, auf kriegerische Unternehmungen lässt man sich nur ein, wo es gilt feindliche Angriffe abzuwehren odfer sich den Besitz wichtiger Producte der Nachbarländer zu sichern. So hat man die Westküste . der Sinaihalbinsel früh besetzt, um ihre Malachit- und Kupfer- gruben (in Wädi Maghära und Sarbüt el-Chädem) auszu- beuten. Ebenso steht das goldreiche Land der Uaua und der

QQ Erstes Buch, erster Abschnitt.

ihnen verwandten Negerstämme (Nubier, §. 43) wenigstens zur Zeit der 6. Dynastie in Abhängigkeit von den Pharaonen, ihre Häuptlinge sind zu Heeresfolge und Frohndiensten ver- pflichtet. Nach der manethonischen Ueberlieferung , deren Zuverlässigkeit wir bis jetzt nicht beurtheilen können, wären auch die libyschen Grenzstämme seit Alters ünterthanen der Aegypter gewesen. Ebenso wird das Wüstengebirge im Osten Aegyptens, das »rothe Land« (ta deser), von ihnen abhängig gewesen sein. Hier führt die Hauptstrasse von Koptos durch die nachweislich seit den Zeiten der 6. Dynastie bearbeiteten Steinbrüche von Hammamät (aeg. Rohanu) zu dem Hafenort, den die Griechen Leukos Limen nennen (jetzt Qoseir). Von hier aus erhandelten die Nomadenstärame, welche mit ihren Segelkähnen das rothe Meer befuhren, die Producte des gegen- überliegenden Arabien (aeg. Punt), vor allem den Weihrauch Jemen's. Einen directen Handel scheinen die Aegypter hier so wenig betrieben zu haben wie mit den syrischen Landen, wo er durch die Karawanen der Beduinen der Sinaihalbinsel vermittelt wurde.

Aegyptische Bergwerke auf der Sinaihalbinsel: Lepsius, Briefe aus Aegypteu, 336. Ebers, Durch Gosen zum Sinai, 2. Aufl., 144. 459. Ueber die Negerstämnie der Unainschrift (6. Dyn.): Brvgsch, ÄZ. 1882, 30. Punt halte ich trotz Mariette und Brugsch für Arabien, nicht für das Somaliland, vgl. §§. 96. 185. Der Name ta nuter »das Götterland c be- zeichnet die Gebiete östlich von Aegypten ganz im allgemeinen als Länder des Sonnenaufganges (ZDM. XXXI, 728). Ueber den Handel mit Syrien und weiter nach Babylon und die ältesten Einflüsse Aegyptens auf die babylonische Cultur s. §. 158 und Buch III. Dass bisher in den Dar- stellungen der Pyramidengräber fremde, speciell asiatische Producte und Kunstgegenstände nachgewiesen wären, ist mir nicht bekannt, die Frage verdiente aber jedenfalls eine Untersuchung.

§. 71. Die Ausbildung der aegyptischen Industrie und Gewerbthätigkeit im einzelnen zu verfolgen, liegt jenseits un- serer Aufgabe. Im grössten Umfange sind hier die Aegypter die Lehrmeister der übrigen Völker des Alterthums gewesen; fast alles was die classische Ueberlieferung als Erfindung der Phoeniker bezeichnet, haben diese nur den Aegyptern entlehnt.

Industrie und Gewerbe. 87

Speciell hervorgehoben zu werden verdient, dass die Bereitung des Glases wie der Fayence aegyptische Erfindungen sind; detaillirte Darstellungen des Glasblasens finden sich z. B. in einem Grabe der 12. Dynastie (Benihassan). Die Leinen- industrie und Weberei, ebenso die Tischlerei und Töpferei sind hoch entwickelt. Auch gestatten die Denkmäler eine vollständige Geschichte der aegyptischen Moden auf dem Ge- biete der Kleidung und des Hausraths zu schreiben. Die tech- nischen Schwierigkeiten der Arbeit in Stein sind längst über- wunden, selbst den härtesten Syenit vermag man mit bewunderungswürdiger Sicherheit und Schärfe zu bearbeiten, und bereits viele Jahrhunderte vor Snefru hat man den Kalk- stein von Rufu (bei Memphis, gr. Tpota, jetzt Turra), den Sandstein von Silsilis, den Granit von Syene für die Bauten der Könige und die Arbeiten des Bildhauers gebrochen. Vor allem aber sind die Aegypter seit Alters Meister auf allen Gebieten der Metallarbeit , die Phoeniker sind auch hier ledig- lich ihre Schüler, ohne indessen die technische und die künst- lerische Vollendung ihrer Vorbilder je erreicht zu haben.

Ueber die aegyptische Industrie und das Privatleben s. vor allem HosELLiNi, Monumenti civili (mit 1 Bd. Tafeln) und Wilkinson, Manners ^d Gustoms of the ancient Egyptians (vor allem Bd. II. III); ferner zahlreiche Abbildungen in Champollion*s Monuments. Gegenwärtig be- sitzen wir fQr die älteste Zeit weit mehr Material als Wilkinson zu Ge- ^te stand. Eine Scheidung nach den Hauptperioden, eine Geschichte der aegyptischen Industrie würde sehr interessante Resultate ergeben.

§. 72. Die aegyptische Kunst hat, wo wir sie zuerst kennen lernen, längst alle Vorstufen der aufsteigenden Ent- wickelung hinter sich. Auf dem Gebiete der Sculptur besitzen wir einige wenige Werke der allerältesten Zeit, bei denen roan noch von einem archaischen Stil reden kann; dann folgen unmittelbar Meisterwerke allerersten Ranges. Die Holz- statue des sog. Scheich el-Beled, der Schreiber aus Kalkstein im Louvre, die Kalksteingruppe des Ra'hotep und seiner Frau (§■ 75) sind Arbeiten, welche ebenso in ihrer technischen Vollendung, wie in ihrer Natur Wahrheit und scharfen Indi-

gg Erstes Buch, erster Abschnitt.

vidualisirung kaum übertroflfen werden können. Wer erwägt, dass alle diese Bildwerke dem Ka des Verstorbenen als Wohnsitz dienen sollten, und daher eine ernste, würdevolle Haltung- unbedingt geboten war, wird gegen diese Werke den oft- geäusserten Vorwurf der Steifheit nicht erheben, sondern er- kennen, dass der Künstler die ihm gestellte Aufgabe auf das vollkommenste gelöst hat. Daneben stehen die Arbeiten im härtesten Granit, vor allem die Statuen König Cha'fra''s (§. 77)^ bei denen das Material eine feinere Durcharbeitung nicht ge- stattete. Auch das Detail der Wanddarstellungen in den Gräbern ist oft trefflich ausgeführt. Dagegen steht die Ge- sammtcomposition nicht unter künstlerischen Gesichtspunkten» Die Gesetze der Perspective sind noch nicht erfasst. Alles Einzelne soll deutlich gesehen werden , bei dem Menschen werden daher Gesicht und Beine im Profil, die Brust und ebenso das Auge en face gezeichnet. Die Hauptfiguren werden, um als solche erkennbar zu sein, weit grösser ge- bildet als die übrigen. Ein momentanes oder gar ein perspec- tivisches Bild will man gar nicht geben, sondern nur eine Reihe fortlaufender Scenen aus diesem oder dem zukünftigen Leben darstellen. Das Gemälde tritt an die Stelle einer Er- zählung, ist gewissermassen nur eine Variante des Buches. Bekanntlich ist wie die babylonisch- assyrische, so auch die altgriechische Malerei und Reliefbildnerei von den gleichen Anschauungen beherrscht, und erst ganz allmählich bat sich die letztere zu einem höheren Standpunkt erhoben. Es ist selbstverständlich, dass diese Behandlungsweise zahlreicher conventioneller, symbolischer Ausdrucksmittel nicht entbehren kann ; ebenso entspricht es dem Zwecke der Gemälde vollkommen, dass mitten unter die Darstellungen erläuternde Beischriften oder Zwiegespräche zwischen den abgebildeten Personen eingefügt sind.

Zur Geschichte der aegyptischen Kunst im allgemeinen vgl. Schnaase, Geschichte der bildenden Künste, I (der Orient). Semper, Der Stil, I, 105 ff. u. sonst. Prisse d'Avennes, Histoire de Tart 6gyptien, 2 Bde. Tafeln, mit mangelhaftem Text von Marchandon de la Fate, 1879. Ferrot und Chipiez, Gesch. der Kunst im Alterthum I, deutsch von

Bildende Kflnste. Arcbitektar. 89

Peetschmaiih, 1882; Abbildungen bei Prisse und vor allem in de Roug£ et BAjnriLLE, Album pbotographique de la mission remplie en ^gypte 1865. Zu den arcbaiscben Statuen gehören die des 'Amten (Lepsius Denkm. n, 120, a e), die des Sepa und seiner Frau (Lenormart, Hist. anc. de Tor. U, 63) u. a. Die oft wiederholte Behauptung, dass die aegyptische Scolptar »in ihrem Geist und ihrer Ausführung architektonische ge- wesen sei, ist grundfalsch.

§. 73. Das einfachste, formloseste und billigste Bau- material in Aegypten gewährt der Nilschlamm, entweder ein- fach an der Sonne gedörrt oder zu Ziegelsteinen gebrannt. Die höhere Entwickelung des architektonischen Stiles knüpft indessen naturgemäss an den Holzbau und an den Steinbau. In jenem , dessen älteste Formen uns nur durch die Orna- mentik, namentlich der Hinterwände der Capellen in den Mastaba's, bekannt ist, herrschen leichte, oft zierliche, aufwärts strebende Formen; aus ihm haben sich in späterer Zeit die Pflanzensäulen entwickelt, welche in der aegyptischen Tempel- architektur eine so bedeutende Rolle spielen. Die Privathäuser, die Königspaläste, vielleicht auch die ältesten Tempel, wurden durchweg aus Holz oder im Holzstil erbaut. Dagegen wird der Grabbau aus Stein errichtet; er soll in Ewigkeit bestehen und trägt im Ganzen wie im Detail durchweg den Charakter festester Geschlossenheit und feierlichen Ernstes. Daher wird z. B. der Bogen, obwohl er den Aegyptern bekannt war, als maassgebendes Architekturelement nirgends verwendet. Am feinsten und gewaltigsten tritt der dem Grabbau zu Grunde liegende Gedanke hervor in der Form der Pyramiden. Neben das freistehende Grab tritt das Felsengrab (§. 61), welches später die Alleinherrschaft erlangt, und einen eigenen, hoch- ausgebildeten Kunststil entwickelt. Ihm entstammt die sog. protodorische Säule, welche uns zuerst unter der 12. Dynastie in den Gräbern von Benihassan entgegentritt (§. 103).

Ferousson^ History of Architeclure I, 189 ff. Lepsius, Ueber einige ^egypL Kunstformen und ihre Entwickelung, Abb. Berl. Ak. 1871.

§. 74. In die Literatur und Wissenschaft des ältesten Aegypten ermöglicht das erhaltene Material nur in wenigen

90 Erstes Buch, erster Abschuitt.

Fällen einen tieferen Einblick. Dass zur Pyraniidenzeil viel geschrieben wurde, ist schon erwähnt. Auch an Literatur fehlte es nicht ; der Vorsteher des kg], Böcherhauses, das jeden- falls auch das Staatsarchiv enthielt, wird Öfter genannt. Die praktischen Wissenschaften sind hoch entwickelt; wir können nicht zweifeln, dass es mathematische Werke gab, die für die Bauten und die in Aegypten höchst wichtige Landver- messung verwerthet wurden. Ebenso fehlte es nicht an astro- nomischen Beobachtungen, wenn auch die Astionomie nie in dem Grade entwickelt wurde wie in Babylon und von einer Astrologie in Aegypten nichts zu finden ist; %vir wissen be- reits, dass das aegyplische Jahr durchaus auf aslronomische Beobachlangen gegründet und man vom Mondjahr und Mond- monat zu einem Jahr von 3Ö5 Tagen mit conventionellen Monaten zu 30 Tagen übergegangen war, daneben aber auch das Sonnenjahr von 365'/* Tagen kannte. Für die Ausbil- dung der Astronomie legt auch die meist ziemlich genaue Orientirung der Pyramiden Zeugniss ab. Besonders entwickelt war die Medicin. Nicht nur Manetho lässt mehrere der ersten Könige (Atholhis, den Sohn des Mena und Tosorthros. Dyn, III, 2) niedicinische Schriften verfassen, auch nach den Angaben der uns erhallencn medicinischen Papyri sollen mehrere Abschnitte derselben unter den Königen Husapti, Senda (vgl, §, 4Ö), Chufu aufgefunden, ein Haarwuchsmittel für die Mutler Königs Teta (=; Alhothis) verfertigt sein; ebensogut führen, sie freilich andere Mittel, z, B. eines gegen Kopfweh, auf die. kranken Götter Ra', Su u. a. zurück. Von den guten ana- tomischen Kenntnissen der Aegyplor dieser Zeit legen auch. ihre Sculpluren Zeugniss ab. Im übrigen trägt die Medicin, wie jede andere Wissenschaft der Aegypter einen durchaus empirischen Charakter und vermag sich über die nächsten praktischen Aufgaben nicht zu erheben; zur rein theoretischen Formulirung und Behandlung eines Problems, z. B, der Ma- thematik, ist der Aegypter nie fortgeschritten. Dass es neben in der Medicin, l}esonders in späleron Texten, magischen Formeln u. ä. nicht fehlt, ist sehr begreiflich.

Literatur und Wissenschaft. 91

Ferner gab es unzweifelhaft religiöse Schriften, Äufzeich- noDgen des Rituals, der heiligen Handlungen bei den My- sterien u. s. w. ; wir sehen z. B. oft den Cherheb seine Ver- klärungsformeln für den Todten aus einer Rolle ablesen (§. 62). Derartige Schriften sind uns indessen aus dem Alten Reich nicht erhalten, und sie waren wohl jedenfalls noch nicht so complicirt und bis ins kleinste Detail ausgebildet wie die Ritualbücher der späteren Zeit.

Dass die Astrologie lediglich babylonischen Ursprungs ist und nach

Aegypten, das von den Späteren oft als ihre Heimath betrachtet wird,

«st in ptolemaeischer und römischer Zeit gekommen ist, hat Letronng,

Observ. crit. et arch^ol. sur Tobjet des reprösentations zodiacales 1824

und Analyse crit. des repr^ent. zodiac. de Dendera et d'Esne, in: M6ro.

de TAc. des Inscr. XVI, 2. 1846 nachgewiesen. Ueber die raedicinischen

Behriflen der ältesten Zeit s. Ebers in der Einleitung zum Pap. Ebers;

Lepsiüs, ÄZ. 1875, 154 £f. Dass die erhaltenen medicinischen Werke in der

That zum guten Theit aus sehr alier Zeit stammen, geht aus ihrer Sprache

mit Sicherheit hervor.

n. Das alte Reich von Memphis.

Vierte und fünfte Dynastie.

§. 75. König Snefru ist der erste Herrscher Aegyptens, von dessen Thaten wir etwas wissen. Ein Relief mit In- schrift im Wädi Maghära auf der Sinaihalbinsel zeigt ihn uns, wie er die räuberischen Stämme der Wüste, die Mentu, mit der Keule niederschmettert (Lepsius, D. II, 2). Nach den Andeutungen von Inschriften der 12. Dynastie in Sarbüt el- Chädem (ib. 11 , 137g, 144 p. q) scheint es, dass er über- haupt für den Begründer der aegyptischen Herrschaft auf der Sinaihalbinsel (§. 70) galt. Sein Andenken blieb bis in die spätesten Zeiten geehrt; sein Cult wird häufig erwähnt, und auch in literarischen Werken gedenkt man seiner »wohlthätigen Regierunge (§, 49). Bestattet ist er wahrscheinlich in der grossen Terrassenpyramide von Meidüm, deren Eröflfhung vor

92 Erstes Buch, zweiter Abschnitt

kurzem begonnen ist. In einem der benachbarten Graber hat sich auch die Statue ihres Baumeisters Henka gefunden, und wahrscheinlich gehören auch die übrigen Gräber von Meidüm dieser Epoche an.

Grfiber von MeidQm, darunter das des Prinzen Ra'hotep mit den be- rühmten Statuen desselben und seiner Gemahlin Nefert: Mariette, Mon. div. 16—20. Statue des Qenka : Beri. Museum Nr. 7334. Ausserdem gehört das jetzt in Berlin befindliche Grab des ^Amten aus Abusir in diese Zeit (Lepsiüs, D. II, 3 ff., 120 a— e).

§. 76. Snefru's Nachfolger Chufu ist der Erbauer der grössten Pyramide, der Cheops Herodots (Diodorl, 63 Xd(i{iic; Manetho Soö^k; *). Auch Tempelbauten (der Tempel der »Pyra- midenherrinc Isis in Glze und die Anlage des Denderatempels) werden auf ihn zurückgeführt, und die Stadt Mena't Chufu (Minje n. von Hermopolis) trägt seinen Namen, Auch auf der Sinaihalbinsel hat er gekämpft. Vor dem gewaltigen Grabbau des Königs liegen in drei kleinen Pyramiden seine Gemahlinnen oder andere Verwandte bestattet, um ihn herum in den Mastaba's die Grossen seines Hofes. Was die Griechen von der Bedrückung Aegyptens durch Chufu und Cha'fra^ und von ihrer Gottlosigkeit erzählen während Menkaura^ als Erbauer der kleinen Pyramide zum frommen und gerechten Herrscher wird sind ihre eigenen Conibinationen, die sie den Aegyptem in den Mund legen; diesen selbst liegt eine derartige Auffassung völlig fern, und das Bild, welches wir aus den Gräbern von dieser Zeit gewinnen, ist ein durchaus heiteres und freudiges. Sicherlich war jeder Zeitgenosse stolz, an dem Riesenbau mitgewirkt zu haben.

Es liegt kein Grund vor, Chufu nicht für den ältesten Sohn Snefhi's zu zu halten. Die Conslructionen von Naville, ÄZ. 1876, 111 fif., entbehren jeder Begründung. FQr Chufu findet sich in seiner Pyramide und sonst (z. B. Lepsiüs, D. II, 26) auch der Name Chnumchufu. Die griechi- schen Erzählungen über Chufu (Herod. U, 124 flf.. Diod. I, 63 f.) hat auch Manetho adoptirt: o; xal uTcspoKTYjc el? ^eoöc efiveto. Die weitere

*) Im Spätaegyptischen wird ch in der Regel zu §, daher das S bei Manetho.

Die Pyramidenerbauer. 93

Bem^ong, er habe ri^v Upäcv ß(ßXov verfasst, stammt von AfHcanus, der das apokryphe Bach selbst besass. Die ErzUhlung Herodots von der Tochter des Gheops ist ein echt griechisches SeitenstQck zu den Geschichten ?on Rhodopis, Her. II, 134, von Alyattes Grab Her. I, 93 u. ä. Nach Manetho regierte Chufu 63, Gha'fra^ 66 Jahre (nach Herod. und Diod. 50 und 56 Jahre) ; dem steht entgegen, dass dieselbe Dame, Merit- itdSes, die nacheinander dem Harem des Snefru und des Chufu ange- hört hatte, noch unter Gha^fra' lebte (de Rouge, Pr. dyn. 257); zwischen den beiden letzteren liegt noch die Regierung des Ra'dedef. Der Turiner Papyrus gibt dem Chufu wahrscheinlich 23 Jahre, seinem Vorgänger Soe^ 24 (s. §. 79). Ueber die Hofbeamten der Könige der Pyramiden- zeit ist alles Material bei de Rodoi^ zusammengestellt. Ueber die Pyra- miden selbst s. §. 64.

§. 77. Nach der kurzen Regierung des Ra'dedef folgt Cha'fra' (griech. XdypTjv u. ä.), der Erbauer der zweiten Pyra- mide von Gize, auf den wahrscheinlich auch der räthselhafle gewaltige Quaderbau aus Granit und Alabaster im S. der grossen Sphinx zurückgeht; in demselben sind die Trümmer von neun Statuen des Königs gefunden worden. Seine nächsten Nachfolger sind Menkaura', der Mykerinos Herodots, der Erbauer der dritten Pyramide von Gize, und Öepseskaf, über den wir durch die Biographie des in Saqqara begrabenen Ptahsepses genaueres erfahren. Er war zuerst am Hofe Men- kaura's mit den Könijgskindern erzogen worden; unter Sep- sesJLaf wuchs er heran und dieser gab ihm seine älteste Tochter zur Gemahlin, überhäufte ihn mit Ehren und ernannte ihn zum Sekretär aller Bauten, die er auszuführen beabsichtigte. Der Umstand , dass weder in dieser Biographie , noch sonst in den Monumenten dieser Epoche von kriegerischen Unter- nehmungen die Rede ist, dagegen fortwährend von den fried- lichen Beschäftigungen, von Reisen und Festen, vor allem aber von den Bauten des Königs, legt ein deutliches Zeugniss ab für den Charakter der Zeit.

RaMedef wird in den Listen und sonst genannt, fehlt aber bei *I«nelho. Biographie des Ptah§epses: E. de Roug^, Pr. dyn. 284 flf. J. DB RouG^ Inscr. pl. 79—81.

§. 78. Manetho lässt jetzt noch drei in den Inschriften nir- gends vorkommende Könige mit zusammen 38 Jahren folgen und

94 Erstes Buch, zweiter Abschnitt.

beginnt dann mit Usercheres eine neue (die fünfte) aus Elephan- tine stammende Dynastie. Dagegen steht durch die Monumente völlig fest, dass auf Sepseskaf unmittelbar Uskaf (oder Userkaf) gefolgt ist höchstens ganz kurze Zwischenregierungen können eingetreten sein und dass der Prinz Sechemkara' unter den fünf Königen Gha'fra', Menkaura', Sepseskaf, Uskaf und Sahura^ gelebt hat, deren Regierungszeit daher ungefähr ein Jahr- hundert füllt. Dass sei es auf friedlichem , sei es auf gewalt- samem Wege ein neues Geschlecht auf den Thron gekommen ist, ist allerdings sehr möglich; im Turiner Papyrus ist die Zeile, welche wahrscheinlich UskaPs Regierung enthielt, zwischen Fr. 32 und 34 vollständig ausgefallen.

Von Uskaf erfahren wir wenig. Sein Nachfolger Sahura" ist dagegen einer der gefeiertsten Herrscher des AR. Auch er hat wieder im Wädi Maghära gekämpft. Die nächsten Könige lassen sich nicht mit Sicherheit ordnen. Der Turiner Papyrus lässt acht meist kurze Regierungen folgen und macht mit der fünften derselben einen Dynastieneinschnitt; die Listen von Abydos und Saqqara haben nur je drei Namen aufgenommen. Von grösserer Bedeutung sind nur Neferarkara' und besonders An, der erste König, der sich einen Thron- namen (Userenra") beigelegt hat (§. 52). Dann folgen Men- kauhor (reg. 8 Jahre), Assa mit dem Vornamen Dedkara' (28 Jahre), und Unas (30 Jahre), von denen die beiden ersteren ebenso wie An Siegesmonumente auf der Sinaihalb- insel hinterlassen haben.

Lepsiüs, Königsbuch S. 20 will den Zusalz 1? 'FAetpavxivnric von der fünften auf die sechste manethonische Dynastie übertragen. Stein mit Uskafs Namen aus Elephantine: Mariette, Mon div. 54 e. Stele Ded- kara's in Wddi Maghära: Birch, ÄZ. 1869, 26; die übrigen: Lepsius, Denkm. II, 39. 152a. Vase mit Unas' Namen: Prisse, Mon. 49, 6.

§. 79. Mit der langen Regierung des Unas schliesst die erste Epoche der aegyptischen Geschichte. Nahezu 300 Jahre sind verflossen, seitdem Snefru sich seine Pyramide auflhürmte und seinen Sieg im Wädi Maghära feierte. Während der ganzen Zeit ist Memphis der Mittelpunkt des Reichs, sind

FQnfte Dynastie. 95

seine Todtenstädte fast die einzige Quelle unserer Belehrung. Nach dem Tode des Unas ob er in Frieden gestorben oder durch eine Revolution gestürzt worden ist, wissen wir nicht besteigt ein neues Geschlecht den Thron, und der Mittel- punkt des aegyptischen Lebens beginnt allmählich sich zu verschieben. Mit vollem Rechte macht daher der Turiner Papyrus hier den ersten Haupteinschnitt und gibt die Summe sämmtlicher Regierungen von Mena bis Unas ; aber die Ziffern sind für uns verloren.

Unas ist nicht, wie man bisher meinte, in der Mastabat el-Far^ün, sondern in einer der kleineren, neuerdings geöffneten Pyramiden von Saqqara bestattet: ÄZ. 1881, 15. Ich gebe im folgenden die KOnigsliste des Turiner Papyrus (P.) von König ^eser (§. 49, Anra.) bis Unas unter Vergleichung der Tafeln von Abydos (A.), Saqqara (S.) und Karnak (K.) und stelle ihr Manetho gegenüber. Es ist jedoch zu bemerken, dass die Liste der Jahreszahlen im Papyrus zwar mit ziemlicher Sicherheit [s. indessen de Rouge, Pr. dyn. 366 fT.] angeordnet ist (abweichend von den früheren Bearbeitern glaube ich zwischen Fr. 32 und 34 den Ausfall einer Zeile annehmen zu müssen), die Zutheilung der Könige zu denselben dagegen sich, mit Ausnahme der beiden ersten und der drei letzten, nur auf Wahrscheinlichkeitsgründe stützt. Dass die Reihe von l^luni bis Sahura* durch die Angaben der Monumente feststeht, ist schon bemerkt.

Tariner Papyrus. Manetho.

1. 9eser P.A.S.

(Dyaastieeinschnitt) . 19 J. . . 3. Dyn. 2. Toaop^po^ 29 J.

2. ^eser-Teta P.A.S. ... 6J 6. Too^ptaot? 19 J.

3. [Sescs A., Nebkara* S. 0] 6 J. *

4. [Neferkara' A. IJuni S. ')] 24 J. *

5. [Snefru A. S. K.] . . . 24 J. . . 4. Dyn. 1. Ia>pt; . 29 J.

6. [Chufu A.S.] 23 J 2. Soücpt? . 63 J.

7. [Ra'dedef A. S.] . . . . 8 J [übergangen].

8. [Cha^ra' A. S.] . . . . x J 3. Soo^t? . 66 J.

9. [Menkaura' A. S.] . . x J 4. Mevyep-fjc 63 J.

10. [äepseskaf A. S.] ... x J 5. Taxob-rj? 25 J.

6. Biyeptc . 22 J.

7. Seßspx^pfjg 7 J. 8. OafjLcpa-tg . 9 J.

0 Die Identität dieser Namen ist sehr fraglich ; über den Namensresl des Papyrus vgl, de Rouo^, Pr. Dyn. 366 f.

96 Erstes Buch, zweiter Abschnitt.

Turiner Papyrus. Manetho.

11. [Uskaf A.S.] .... ausgefallen . 5. Dyn. 1. O^otpxeptj; 28 J.

12. [Sahura^ A.S.K.] . . . 18-38 J 2. Se^p^jc . 13 J.

Hierher gehören:

18. j Kakaa A. und Monum. 4 J. 8. Necpcpx^p^? ^ J* 14. j Neferra' A. 2 J. 4. Statp-rjc . 7 J. 15.1 Neferarkara^ S. und Mon. 7 J. [wahrsch.

1 Neferarkara'J 5. X^p-rj? . . 20 J.

16.1 äepseskara' S. 12 J. 6. Taa^opfj? 44 J.

17. / NeferchaVa' S. x J. (Dynastie-

I einschnitt)

18.1 Akauhor Monum. 7 J. r^, ,

\ und vielleicbtAhtea (DE ' ' [°bergangen].

19. 1 Rouge, Pr. dyn. 304) x J.

20. [üserenra' An A.K.] . 10— 30 J. . . .

21. Menkauhor P.A.S. . . 8J 7. Mev^cp^j; 9 J.

22. Dedkara'AssaP.A.S.K.O 28 J 8. Tavxipt)«; 44 J.

23. Unas P. A. S 30 J 9. ''Owoc . . 33 J.

Summe von 17 Regierungen: 236— 276 J. Als Summen werden fDr

Dazu 6 Regierungen, deren Jahreszahlen Dyn. 4: 277, für Dyn. 5: 248 J. unbekannt sind. gegeben, abweichend von

der Summe der Einzelposten.

Rechnen wir auf die fehlenden 6 Regierungen die Durchschnitts- dauer von je 15 Jahren, so erhalten wir für die Zeit von Ipeser bis Unas ca. 350 Jalire. Auf die etwa 19 Könige des Papyrus von Mena bis ^eser (excl.) fielen dann etwa 300 Jahre; von Mena bis Snefru (excl.) wären demnach etwa 350, von Snefru bis Unas 300 Jahre verflossen, was zu den Andeutungen der Monumente recht gut stimmt. [Nach den am besten überlieferten Zahlen bei Manetho umfassen die drei ersten Dynastien 769 Jahre, die vierte und fünfte 525 Jahre].

Kunst und Literatur.

§. 80. Die ungestörte, völlig friedliche Entwickelung Aegyptens unter der Herrschaft der grossen Pharaonen von MempWs gewährte der Kunst die Möglichkeit voller Entfaltung und Ausbildung. Ueber die ihr zu Grunde liegenden An- schauungen ist schon gesprochen ; die früher erwähnten Meister-

*) In S. verschrieben Makara\

Kunst nnd Literatur. 97

werke der alten ^ noch nicht in den Fesseln des Kanons erstarrten Kunst gehören in die Glanzzeit der 4. Dynastie. Unter der 5. Dynastie tritt eine grössere Zierlichkeit der Arbeit, eine genaue Durchbildung des Details an die Stelle der kräf- tigeren Züge der älteren Zeit. Ihr gehören als bedeutendste Werke die berühmten Gräber des Ti und Ptahhotep in Saqqara an, femer ein jetzt im Louvre bewahrtes Relief, welches den König Menkauhor in kriegerischem Schmucke dar- stellt Allmählich sehen wir, wie an die Stelle freier, indi- Tidualisirender Behandlung ein festes lebloses Schema tritt. Han sucht die erreichte Höhe dadurch zu behaupten, dass man bestimmte, festbindende Regeln aufstellt, dass das Ver- hältniss der Gliedmaassen, die Anordnung der Theile, die ganze Behandlungsweise durch genaue Regeln bestimmt wird. So bildet sich ein hieratischer Kanon, der, wenn er auch in den folgenden Epochen noch wiederholt in einigen Bestimmungen geändert wird, doch den einzelnen Künstler unbedingt bindet und so die völlige Erstarrung der aegyptischen Kunst herbei- geführt hat.

Ueber den aegyptischen Kanon s. Diodor I, 98 ; vgl. Plato, De legg. n, p. 656 D. Lepsius, Briefe aus Äegypten, 105 ff. Auswahl der wich- tigsten Urkunden Taf. 20 u. 21.

§. 81. Von der Literatur dieser Zeit ist uns ausser reli- giösen Texten wenig erhalten. Einzelne Gräber wie das des Plahsepses (§. 77) enthalten kurze, durch ihre Schmucklosig- feit ansprechende Biographien. Ueber die medicinischen Werke ist schon gesprochen (§. 74). Ausserdem enthält der älteste Papyrus, den wir besitzen, Papyrus Prisse geschrieben etwa unter der 12. Dynastie zwei Werke, die in dieser Zeit entstanden sein sollen. Beide enthalten moralische Be- trachtungen. Das erste, von dem nur der Schluss erhalten ist, soll von dem Stadtgouvemeur Qaqemna zur Zeit des Königs Snefru verfasst sein. Das zweite, vollständig erhaltene, ^ennt als Verfasser den Prinzen Ptahhotep unter der Regie- rung Assa's und beginnt mit einer Klage über die Beschwerden

Ueyer, Oeschlchte de« Alterthnm«. I. 7

f

98 Erstes Buch, zweiter Abschnitt.

des Alters^ der sich dann eine lange Reihe kurzer Lebens- regeln anschliesst.

Ueber den Pap. Prisse: Ghabas, Le plus ancien livre du monde RA. XVI, 1858. S. 1. ÄZ. 1870, 81. 97.

ReligiSse Entwickelung. Anfänge der Osiritreligion.

§. 82. Auf religiösem Gebiete fallt in diese Epoche die Verbreitung und weitere Ausbildung der Osirisreligion. Wir haben bereits gesehen (§. 62), wie in den Anschauungen vom Leben nach dem Tode neben den materiellen auch tran- scendente, mystische Ideen hervortreten, der Verstorbene ins Westreich eindringt, mit den Sonnengottheiten in Verbindung tritt. War doch die Sonnenbahn ein Abbild des irdischen Lebens, die Ruhe der Sonne im Westen das Vorbild des Todes. Kein Sonnengott aber stand dem Menschen näher als Osiris. Er war nicht nur im Westen zur Ruhe gegangen, er hatte den Tod erlitten wie der Mensch und der Sieg seines Sohnes Horus hatte ihm neues Leben und die Herrschaft im Westen verliehen. So kam man dazu, den Todtendienst mit dem Osiriscult zu verbinden, und dadurch hat sich der letztere allmählich namentlich von Abydos aus über ganz Aegypten verbreitet. Die Osirissage war ein Mysterium (§. 67), nur mit Scheu sprach man den Namen des Gottes aus, man nannte ihn gerne »den im Westreich« (Chentamenti) oder »den grossen Gott« (nuter 'a).

Die Geheimlehre lässt nun den Todten nicht nur als »Verklärten« (chu) im Gefolge des Osiris erscheinen, sie spricht es offen aus, dass sein Schicksal nur ein Abbild ist vom Schicksal des Gottes, dass ihm die gleichen Freuden, die gleiche Seligkeit bevorstehe wie diesem, dass er mit ihm identisch ist. Wie der König eine Verkörperung des RaS so ist der Mensch nicht nur ein Ausfluss des Osiris, sondern Osiris selbst. Der Todte heisst daher direct »dieser Osiris N. N.«, Horus ist sein Sohn, der ihm zur Rache verhilft, Qeb erkennt

Identität des Todten mit Osiris. 99

ihn an als sein Fleisch und seinen Erben, seine Mutter Nut, die Himmelsgöttin, breitet schützend die Arme über ihn aus, Isis und Nephthys treten klagend und schirmend zugleich an den Sarg des Todten. Auch Dhuti tritt in diesen Kreis, er ist es, der dem Osiris und folglich auch dem Verstorbenen »zu seinem Rechte verhilft« (sma'a chru-f). Wie Anubis den Ka und den Grabbau beschützt und bewacht, so wird Dhuti allmählich zum Schirmer und Geleiter des Ba, der Seele. Damit aber der Todte dieses Schicksals theilhaftig werde und nicht aufs neue sterbe, ist es erforderlich, dass er wisse, dass er die geheimen Namen der Gottheiten kenne, die ihm Schirm verleihen, (»der, dessen Name verborgen ist«, findet sich schon in den Pyramidentexten, Maspero, AZ. 1882, 129), dass er seine Ansprüche als Osiris geltend machen kann, dass die heiligen Formeln über ihm gesprochen sind. Das Wort ist hier wie immer in ähnlichen Fällen das ent- scheidende Element, mit magischer Kraft behaftet und im Stande, die feindlichen Mächte^ die Dämonen (Ghaftiu) zu be- zwingen. Zu grösserer Sicherheit setzt man daher die ent- scheidenden Formeln, welche dem Todten seine Laufbahn zusichern oder auch von ihm selbst zu sprechen sind, auf den Sarkophag oder auf die Wände der Todtenkammer. Aus ihnen hat sich später die umfangreiche Sammlung des Todten- buehs entwickelt.

Zu verwerthen sind hier lediglich die ältesten Todtentexte vor Dyn. 11, nämlich: Sarkophag des Mykerinos, Lepsius, Denkm. II, 2, und des Apa^anchu, ib. 98. 99, Pyramiden des Merenra^ und Pepi, veröffentlicht Ton Brügsch, ÄZ. 1881, 1 ff. und Birch, Proceedings Soc. Bibl. Arch. 1881 [der Text des Unas war mir nicht zugänglich], femer die Formeln der Todtenopfer. Dass die Identificirung mit Osiris ursprünglich lediglich dem Könige zukam und von ihm erst auf die übrigen Sterblichen über- tragen ist (HiNCKS, BmcH, ÄZ. 1869, 49), wäre denkbar, aber ist wenig wahrscheinlich; schon Apa^anchu heisst ^immer »dieser Osirisc, ebenso IJepa, J. DE Roug6, Inscr« I, 3. Dhuti habe ich in Todlenformeln (suten da hotep) nicht vor Lepsiüs, Denkm. II, 112 (6. Dyn.) gefunden, Seit der 11. Dynastie setzt man in Osiristexten gewöhnlich das Wort ma'a-chru, fem. ma^at-chru, hinter den Namen des Todten, dessen viel- umstrittene Bedeutung einfach ist »der, dessen Wort« (d. h. Process-

100 Erstes Bach, zweiter Abschnitt.

Sache) wahr [gerecht] istc. Später wird das Wort in religiösen Texten sehr häufig hinter den Namen Lebender gesetzt.

§. 83. Der Ursprung dieser Anschauungen fallt in sehr frühe Zeit: die Texte der Pyramiden des Pepi und Merenra* sind nach Ausweis ihrer Sprache und Schrift lange vor der Zeit Snefru's verfasst. Indessen erst in unserer Periode haben sie allmählich weitere Verbreitung gefunden. Keine der älteren Pyramiden weist eine Inschrift auf, die Sarkophage sind mit wenig Ausnahmen unbeschrieben, in den Todtenformeln der älteren Zeit fehlt häufig jede Anspielung auf die Osirislehre. Allmählich wird es dann 'Gebrauch, neben Anubis, oder seltener anstatt seiner, den Osiris in der Todtenformel an- zurufen, sich als einen »Frommen vor dem grossen Gottec zu bezeichnen, und zu Ende der 5. Dynastie fehlen derartige Wendungen wohl in keinem Grabe mehr. König Menkaura's Holzsarkophag ist für uns der erste, der die Formeln derselben aufweist, und es ist bezeichnend, dass seinem Sohne Hardedef die Auffindung oder Abfassung von Todtenbuchtexten zugeschrieben wird ebenso freilich auch dem uralten König Husapti.

Prinz Bardedef: Todtenb. c. 64, vgl. 130; Pap. Anast. 1, 11, 1. Lied aus dem Hause Antefs (§. 102) ZI. 6 »die Worte des Imhotep und Qar- dedef«. Vgl. Lepsius, Aelteste Texte des Todtenbuchs, S. 18; Chabas, Voyage 43 ff. Dass die betreffenden Capitel wirklich so alt sind, ist höchst unwahrscheinlich. Die Angaben der Griechen über Mykerinos Frömmigkeit hängen gewiss mit diesen Traditionen zusammen. Auch dass jetzt in Eigennamen, und ebenso in den Namen der Pyramiden der letzten Könige der 5. Dynastie, so häufig vom Ba, der Seele, die Rede ist, scheint mit der Ausbreitung der Osirisreligion zusammen- zuhängen.

§. 84. Wie mit Osiris tritt der Todte auch mit den übrigen Sonnengottheiten in Verbindung, er fährt in der Barke des Rrf über den Himmel, wird ein Genosse des Tum, er wünscht sich »das Himmelsgewölbe zu befahren mit den voll- kommenen Verklärten (chuu) der Unterwelt« (Lepsius, Denkm. II, 113 e), oder als Morgenstern, als Sirius, als Orion vom Himmel zu strahlen (Pyramide des Merenrrf), er ist nicht nur der Sohn des Qeb und der Nut, sondern auch des Ra^ oder

Allf^meiner Charakter der Geheimlebre. 101

Tum, oder des §u und der Tefnut u. ä. Natürlich, dass hier die Phantasie freiesten Spielraum hat, die stärksten Wider- s|TOche neben einander bestehen können und ein einheitliches System nie gebildet wurde. Auch sind die localen Gulte von grossem ESnfluss; es ist selbstverständlich, dass man den Todten zunächst mit den Göttern seiner Heimath in Verbin- doDg bringt, durch sie sein Heil zu vermitteln sucht. Kein Ort aber ist hier so maassgebend gewesen wie Heliopolis, der eigentliche, schon in den Pyramidentexten als solcher oft ge- nannte Hauptsitz der Geheimlehre, während auffalliger Weise Memphis und seine Götter in derselben kaum irgendwie er- wähnt werden. Daher kommt es auch^ dass neben Osiris vor allem Ra und Tum, die man jetzt schon als wesentlich identisch auffasst, in der weiteren Entwickelung dieser An- schauungen die Hauptrolle spielen.

§. 85. Im übrigen sind alle diese Ideen nichts weniger als transcendentale Speculationen. Das Mittel: das ge- sprochene oder geschriebene (Zauber-) Wort , wie das Ziel : ein genussreiches, von allem Uebel, namentlich dem »Wieder- sterbenc befreites Leben in alle Ewigkeit, sind durchaus materiell gedacht. Der Todte erhält seinen Körper wieder, die ihm bei der Balsamirung ausgenommenen Eingeweide werden ihm zurückgegeben, ebenso Sprache und Beweglich- keit, die Seele (Ba) vereinigt sich wieder mit ihm, so dass er alle sinnlichen Freuden geniessen kann wie auf Erden. Wir stellen das aegyptische Geistesleben viel zu hoch, wenn wir, um die ihm zu Grunde liegenden Ideen verstehen zu können, dieselben von der materiellen Grundlage loslösen, mit der sie immer aufs Innigste verschmolzen geblieben sind. Wenn es einem jeden Volke schwer ist, neue Gedanken wirk- lich ins Leben umzusetzen, die alten zu überwinden und zu beseitigen, so ist das dem Aegypter völlig unmöglich; beide Reihen laufen einfach neben einander fort. So bleiben auch jetzt die Todtenopfer und Todtenformeln dieselben wie früher, ja erhalten erst recht eine magische Kraft (§. 63), so wird dem Ka nach wie vor eine Stätte bereitet, und die Kunst

X02 Erstes Buch, dritter Abschnitt.

der Balsamirung macht, wie die Mumie Merenra^'s zeij (Brugsch, ÄZ. 1881, 7), bedeutende Fortschritte, obwohl di Idee der Osirislehre aller dieser Dinge völlig entbehren könnte Das Resultat dieser Entwickelung ist denn auch lediglich ge- wesen, dass die Masse der Formeln und des Rituals ins Un- endliche vermehrt, der Geist durch sie völlig geknechtet wird, und an die Stelle der frischen, naturwüchsigen, keuschen Lebensauffassung der älteren Zeit, in welcher der Mensch dem Leben unmittelbar entgegentritt und die Götter nur seKen und dann aufrichtig nennt und anruft, allmählich das wirrste, absurdeste magische System getreten ist, welches die Ent- wickclungsgeschichte des menschlichen Geistes überhaupt auf- zuweisen hat.

Von der Wiederbeweglichmachung des Leibes u. s. w. ist in da Pyrainidentexten vielfach die Rede. Vgl. auch das alte »Capitel von der |Iinck|gabc des Kopfes«, Lepsius, Aelteste Texte, pi. 5. Später wird dis Thüinu bis ins kleinste Detail ausgeführt. Vgl. x. B. auch MARirm, Mon. div. 21. Die Opfertafeln fQr Todte sind in Abydos seit Dm 6 Ht*hr gt^wOhnlich, kommen dagegen hier mit dem Neuen Reich ausier (icbnuich: Maiucttk, Abydos 111, S. 506.

ni. Die üebergangsepoche.

Sechste bis zehnte Dyntsiie.

§, S(>. Wie OS solieint, ist die Begründung einer neuen l>Ynaslio nach Tnas' Tode nicht ohne Kämpfe erfolgt. Dn k(^ni|f .\ti, der in) ersten Jahre seiner Regierung im Widi Uuuuuitiuat Stoino für soine Pyramide brechen Bess (Lepsius, »>onkm, IK li:^ ft, ein Könl^ Imhotep, dessen Werkroeisler uloirhlalls hior arlvitoton (ib. ll^^hX während beide sonst nie orwAhnt wonlon. dürfton dii^-r Zeit vieUdcht als Präteo- donlou angx^hiwn. IVr oijivnt.iche Begründer des neoeö Uru M horhansos svlh-.nt Teta :u sein, d«i die Grabioscfarifteo

Pepi und seine Dynastie. 103

des Ptahsepses und seines Sohnes Sabu, der am Hofe des neuen Herrschers in hoher Gunst stand, als den Nachfolger des Unas bezeichnen. Nach ihm nennt die Tafel von Abydos einen König Uskara^, von dem wir sonst nichts wissen. Der nächste Herrscher, Pepi mit dem Vornamen Merira\ ist der mächtigste Fürst dieser Dynastie. Seinem Namen begegnen wir überall in Aegypten, in den Gräbern von Saqqara, von Zawijet el-Meitln (Hebenu), in dessen Nähe er einen Ort Hat-Pcpi gründete ; in Abydos und Ghenoboskion , ebenso in den Steinbrüchen von Elkab, von Hammamät, von Wädi Maghära. Dass seine Herrschaft sich auch über die Neger Nubiens erstreckte, ist schon erwähnt (§. 70). Am Tempel von Dendera hat er gebaut, ebenso bewahrt ein Granitblock in Tanis seinen Namen. Es ist das erste Mal, dass neben die Grabstätten von Memphis auch andere Todtenstädte treten, und überhaupt scheint, wenn auch Memphis Residenz blieb und die Könige hier nach wie vor ihre Pyramiden bauten, das obere Land von jetzt ab eine grössere Bedeutung ge- wonnen zu haben.

Im allgemeinen s. de Rouoig, Pr. Dyn. 223 ff. lieber den Bau des auf Ghufu zorQckgefQhrten (§. 76) Denderatempels durch Pepi s. Dt^icHEN, Bauurk. v. Dend. und ders., Baugescbichte von Dendera, Taf. 1. 2; ^^^tigt wird diese Angabe dadurch, dass Pepi zu Tanis und auf einer ^ase bei Prisse, Mon. 49. 7, »Sohn der Qathor von Ant (Dendera) c heisst. Altar Pepi's in Turin: Bonomi und Birch, Tr. Soc. Bibl. Arch. III. I^enkmäler der Zeit in Abydos : Mariette, Abydos II, pl. 43; ill. p. 88 £r.; über die Gräber in Abydos aus dieser Zeit ib. S. 40. Hauptquelie fQr bliese Zeit ist die Grabinschrift des Una aus Abydos, zuerst publicirt von i>E Rouge, Pr. Dyn. und Marjette, Abydos II, 44, nach besseren Gopien öbersetzt und commentirt von Erman, ÄZ. 1882, 1 ff.

§. 87. Das Ende der Regierung Pepi's ist durch einen grösseren Krieg im Osten ausgefüllt gegen den zu den 'Amu (d. h. den Syrern) gehörigen Stamm der Herusa^ (Wüstenbewohner?). I)ie Mannschaften Aegyptens und die Gontingente der nubischen Negerstämme wurden in Masse dazu aufgeboten. Durch die Grabinschrift des Richters und späteren Gouverneurs von Ober- ^egypten, Una, dem die Leitung (?) der Expeditionen gegen

104 Erstes Buch, dritter Abschnitt.

das Feindesland übertragen war^ erfahren wir, dass man in fünf Feldzügen die feindlichen Gastelle eroberte, die Wein- garten (des petraeischen Arabiens?) verwüstete, zahlreiche Gefangene machte und schliesslich mit einer Flotte noch weiter nach Norden vordrang. Doch lässt sich nicht erkennen, ob dem Kampfe eine grössere historische Bedeutung zukonimt

Pepi's Sohn Merenra^ erscheint häufig auf den Monu- menten, doch erfahren wir Genaueres nur über den Bau seiner Pyramide, für die Una bei Elephantine Steine brechen und den Sarkophag hauen Hess. Er ist in jungen Jahren gestorben ; ihm folgte sein Bruder Neferkara', der zweite oder dritte dieses Namens.

Heber den Krieg gegen die Qerula' vg]. die kQhnen Gombinationen Krall's, ÄZ. 1879, M. 64; 1880. 121. Pyramiden Pepi's und Merenra's: Brugsch, ÄZ. 1881, 1 ff. lieber ihren Stammbaum vgl. Mariette, Abydos I, pl. 2. Vase Neferkara's: Prisse, Mon. 49, 5.

§. 88. Neferkara' (11.) Name und der Dienst seiner Pyramide erscheinen noch einige Male auf den Denkmälern; dann bedeckt völliges Dunkel die folgenden Jahrhunderte. Höchstens einige wenige, inhaltlich unbedeutende Grabstelen aus dieser Zeit sind auf uns gekommen. Die Ueberreste der Königslisten lassen nur die dunklen Umrisse der Epoche er- kennen. Im Turiner Papyrus war zunächst eine Regierung von 90 oder mehr Jahren verzeichnet; sie entspricht der hundertjährigen Regierung des Phiops oder Apappus bei Manetho und Eratosthenes. Dann folgen eine Regierung von 1 Jahr, 1 Monat, und nach einer Lücke von etwa 3 Zeilen vier weitere von 2, 4, 2, 1 Jahren und einigen Monaten. Auch einzelne hierher gehörige Namen sind erhalten, die Königin Neitaqert (Nttcoxptc, Herod. U, 100, der eine Sage erzählt, wie sie den Mord ihres Bruders gerächt habe), ein König Neferkara' (DIO» ^^^ Könige Nefrus und Ab. Dann folgt ein Rückblick bis auf Mena und mehrere Summirungen ; die Zahlen sind leider fast völlig verloren. Manetho schliesst abweichend vom Papyrus mit Nitokris die er die dritte Pyramide bauen lässt die 6. Dynastie. Dann hätten 70 Könige je 1 Tag geherrscht, darauf sei eine neue mem-

Siebente bis zebnte Dynastie« 105

phistische Dynastie, die 8., von 27 Königen gefolgt. Die Namen, welche dar Turiner Papyrus im Folgenden gab, sind fast sSmmtlich verloren, aber die Angabe ist erhalten, dass diese Dynastie aus 18 Königen bestanden habe (fr. 61, 1). Dann folgt ein neues Geschlecht von 6 Königen. Nur die Namen der beiden letzten von diesen sind im Papyrus erhalten; sie erscheinen auch in allen anderen Königslisten und sind uns wieder durch Monumente bekannt.

Ueber die Grabinschriften, welche v i e II e i c h t in diese Zeit gehören, 8.L1SBLEIN, Rech, sor la chronol. ^., 48. 70—72. Die Tafel von Saqqara übergeht diese Zeit ganz; die Tafel von Abydos nennt von den etwa 26 Herrschern des Papyrus nach Neferkara^ IL 18 Namen, unter denen der Name Neferkara^ noch sechsmal (III. VIII.) vorkommt. Der Name eines derselben findet sich in Elephantine, Mariette, Mon. div. 54 f.; der eines hierhergehOrigen Königs Menkara^ unter anderen Namen in Saqqara, Lepsius, Denkm. II, 152 d. Auch der König Hencbeperu (in Elkab, ÄZ. 1875, 72) gehört wohl hierher. Ueber die Fragmente des Toriner Papyrus in diesem Abschnitt s. Hincks, Tr. R. Soc. Literat., U. ser. m, 1860, 128 ff. de Rouo^ Pr. dyn. 364 ff.

§. 89. Man erkennt, dass wir es mit einer Epoche zu thun haben, in der Usurpationen und Aufstände an der Tagesordnung waren, die Thronwechsel rasch auf einander folgten, die Einheit des Reiches aufgelöst war und die Gau- firsten und der alte Erbadel (rpa^ §. 46) sich souverän zu machen suchten. Ja wir können mit ziemlicher Sicherheit Nehmen, dass fremde, syrische Stämme Aegypten angriffen und vielleicht eine Zeit lang das Land oder einen Theil desselben beherrschten. Ein sehr verstümmelter Petersburger Pa- pynis enthält Erzählungen von Kämpfen mit den 'Amu (Syrern) unter den Königen Ghrutl und Ameni, welche dieser Epoche angehören ; Manetho lässt auf die Memphiten zwei Dynastien (9. und 10.) aus Herakleopolis (vielleicht H. parva an der Ostgrenze des Delta) folgen, deren Begründer Achthoes >ge- ^allthätiger war als alle Könige vor ihm und viel Böses that, bis er in Wahnsinn verfiel und von einem Krokodil gefressen wurde«. Wohl nicht mit Unrecht hat man hierin die An- deutung einer Fremdherrschaft gesehen. Jedenfalls gehört

106 Erates Buch, dritter Abschnitt.

dieser Zeit die Erbauung eines grossen Grenzwalles auf d< Isthmus von Sues an, der »Fürstenmauer zur Abwehr ( *Amu«, von deren Errichtung in dem erwähnten Petersburg Papyrus die Rede ist.

Ueber die Herakleopolilen s. Lepsius, Königsbucb S. 22. Ebi Aeg. B.M. 183 ff. Ueber den Petersb. Pap. Gol^iscueff,. ÄZ. 1876, 10 Die Grenzmauer wird auch in der Geschichte des Saneha erwähnt, ' Brugsch, Dict. geogr. S. 52, 1106. Auf die Fremdherrschaft in die Zeit bezieht sich vielleicht auch eine Inschrift im Souterrain des T( pels von Dendera (DOmicheM; Baugesch. von Dend. Taf. III e, vgl. Kiii ÜZ. 1880t 121), in der es heisst, dieser Raum sei von den Oemden, wel« in Aegypten eindrangen, nie betreten, und in einer Liste als solche Sati (Perser), Fenchu (Phoeniker), Nordvölker (unter Mernephtah) i (lerusa^ (§.87), in einer zweiten die 'Amu, äasu (Hyksos) und Nordvöl genannt werden. Um die grosse Lücke in der monumentalen Geschic Aegyptens zu begreifen, denke man sich, wie viel wir unter ähnlicl Umständen von der Kaisergeschichte von Theodosius bis auf Karl d. oder von Lothar bis auf Otto d. Gr. wissen würden.

§. 90. Dass die Einheit des Reiches aufgelöst w wissen wir mit völliger Sicherheit. Der Turiner Papyrus g eine vollständige, die Tafel von Abydos eine ausgewäh Liste nur von den Herrschern, die in Memphis regierten, v den Herakleopoliten Manetho's findet sich daher bei beid keine Spur. Ebenso wenig ist aber eine Herrscherreihe ai genommen^ welche uns die Tafel Dhutmes' III. in Kam bewahrt hat, und welche die Ahnen des thebanischen He: scherhauses umfasst, dem endlich die Einigung Aegypte gelang. Der erste derselben ist der »Standesherr« (rp Antef, offenbar ein thebanischer Gaufürst, der sich unabhänj gemacht hatte. Sein Nachfolger Mentuhotep führt nur den Ti Horus, den wir seinem Werthe nach etwa durch »Herzo wiedergeben könnten, ebenso die beiden folgenden Ant€ (II. und IIL). Von den nächsten dieser Fürsten besitzen \ bereits Monumente und können das Anwachsen ihrer Mac einigermassen verfolgen; die letzten von ihnen sind ( 6 Könige, welche der Turiner Papyrus nach seiner Dynas von 18 Königen genannt hat; sie entsprechen der 11. tl banischen Dynastie Manetho's. Eine chronologische Bestii

Auflösung der Reichseinheit.

107

mung der Dauer der behandelten Epoche ist so gut wie un- möglich. Auf die dunkle Zeit von Neferkara^ (II.) bis zum Siege der thebanischen Dynastie wird man mindestens 250 Jahre rechnen müssen, da die (mindestens etwa 10) thebanischen Fürsten, die dieser Zeit angehören, jedenfalls weit über ein Jahrhundert regierten. Auf Teta Pepi Merenrrf dürften etwa 50 Jahre zu rechnen sein, auf die 6 letzten Könige der (11.) thebanischen Dynastie etwa 100 Jahre, so dass wir von Unas bis AmenemhaU I. mindestens etwa 400 Jahre zu rechnen haben, vielleicht aber auch viel mehr; wenn z. B. die §. 88 erwähnte mehr als 90jährige Regierung historisch ist, so wären schon fast 500 Jahre anzusetzen.

Ich gebe wie in §. 79 die Königslisten nach P. A.S.K. und Manetho; N. bezeichnet die monumental bekannten Namen. Zur Literatur über P' vgl. §. 88 ; die Gleichung zwischen den im Papyrus erhaltenen Zahlen der 6. Dynastie und den Namen ist ziemlich wahrscheinlich aber keines- wegs sicher, s. de Roug^ p. 362 ff. Die Anzahl der Stellen des Papyrus ist ziemlich sicher.

Turiner Papyrus. Manetho.

1. [Ati, Imhotep

nur M.] . . xJ.6M.21T. 6.Dyn.,memph. l.'OO-ö-rjc . . 30 J.

2. [TetaA.S.M.] . x [übergangen].

[Uskara* nur A.] [fehlt ganz]

3- [Merira* Pepi

A.S.K.M] . 20 J 2.^i6c . . 53J.

4. [Merenra* I.

9ar[?]emsaf

A.S.K.M.] . X 3. Mc^jooü^ptg 7J.

5. [Neferkara* II.

A.S.M.] . . 90 + xJ 4.^'uü^ . . 100 J.

6. j Hierher gehören 1 J. 1 M. 5. Mev^ssou^i; 1 J.

7.1 die Namen von 6. Nixwxptc 12 J.

8.1 Fr. 43 des P. - Sa. 203 J.

9.1 Ncitaqert - 7. Dyn. 70 Memphiten 70 T.

10.1 Neferka 2 J. 1 M. 1 T. 8. Dyn. 27 140 J.

n.lNefrus 4J.2M.1T. 9.Dyn. 19Herakleopoliten409 J.

12.Ub 21 IM. IT. 1. 'Ax^ofjc.

13.) IJ. - 8T. lO.Dyn. 19Herakleopolitenl85 J.

Summe und 11. Dyn. IGDiospoliten 43 J,

Dynastien einschnitt. ixsO«' oS? 'AfjLfiev^jiYjg Bvt\ tg'.

X08 Erstes Buch, dritter Abschnitt.

Turiner Papyrus.

14

15

16. Neferkara* P. [ Dynastie

17. Chruti P. . . \ von

(vgl. §. 89) ( 18 Königen.

18. Sneferkara* P. [?]

A. K. (Nr. 25) 19—31. Hierher gehören wahrschein- lich noch die Namen von Fr. 48 P. : X, Neferka, . . nda, . . i, X, und der König Men- cheperu (§. 88, Anm.)

Den Regierungen Nr. 6—31 des Papyrus entsprechen in A. (S. Qbi geht diese Zeit ganz): 1. Merenra' II. Ipafemsaf; 2. Neferkara'; 3. Menkf (vgl. §.88, Anm.); 4. Neferkara' IH.; 5. Neferkara* IV. Nebi; 6. Dedki Maa' . . .; 7. Neferkara' V. Chendu; 8. Merenhor; 9. Sneferka (= Nr. 181 10. Kaenra*; 11. Neferkara' VI. Terru; 12. Neferkahor; 18. Neferkara' Pepi senib; 14. Neferkara* VIII. *Anu; 15. ...kaura'; 16. NeferkauTÄZT" 17. Neferkauhor; 18. Neferarkara' II. Die thebanische Dynastie s. $• 95 i

Culturentwickelung. Ausbildung der monotheistischen

Gelieimlehre.

§. 91. Die hinter uns liegende Epoche ist für die aegyp- tische Entwickelung von der grössten Bedeutung gewesen. Auf allen Gebieten vollziehen sich während derselben tief- greifende Veränderungen. Wie fortan nicht mehr Memphis, sondern Theben die Hauptstadt des Reiches ist, so ist der Charakter der Monumente ein wesentlich anderer. Die Sprache, die Details der Schreibung haben sich geändert; auch der Kunststil ist ein anderer geworden, ein von dem alten abweichender hieratischer Kanon beherrscht Sculptur und Malerei. Die Könige bauen zwar noch Ziegelpyramiden, aber offenbar legt man keinen Werth mehr auf die Aufthurmung eines gewaltigen Grabbaues; in Theben (Drah abu-lnegga) sind sie nur als äusseres Beiwerk vor den meist in den Felsen gehauenen Grabkammern aufgerichtet. In den Privatgräbem

Der solare Monotheismus. 109

Ferschwindet die Form der Mastaba völlig^ man errichtet statt ihrer niedrige Ziegelpyramiden über der Grabkammer. Daneben erreicht der Bau der Felsengräber eine grossartige Ausbildung. Sogar die Personennamen der folgenden Zeit sind zum grossen Theil neu, die der Pyramidenzeit oft völlig verschwunden.

Ueber die Gräber der altthebanischen Zeit s. vor allem Mariette, Abydos H S. 38—49. üeber Drah abu-lnegga §. 95. Anm.

§. 92. Auch in der Religion und Speculation hat eine tiefgreifende Fortentwickelung stattgefunden. Die nahe Be- rührung unter so vielen einzelnen Göttern führte dazu, sie als identisch, die Namen lediglich als verschiedene Bezeichnungen derselben Gk)ttheit aufzufassen, während andererseits ebenso häufig aus einfachen Attributen oder localen Namen neue Gottheiten werden. So hat man Ra^ und Horus seit den ältesten Zeiten gleichgesetzt (§. 55); ebenso Ra' und Tum; seit der 6. Dynastie begegnen wir der Identificirung von Ptah und Sokar. Allmählich werden diese Gleichsetzungen all- gemein; man erklärt Min (§. 58) für eine Form des zeu- genden Horus; der krokodQsköpfige Sebak ist der Sonnengott Ra* in seiner vernichtenden Gestalt, Gleichungen wie Tum- Hamiachis, Sokar-Osiris, Amon-Ra' werden ganz gewöhnlich. Die Zersplitterung des Reiches mag hierbei von wesentlicher Bedeutung gewesen sein^ da jetzt jeder Localgott auf die erste Stelle Anspruch erheben konnte, und man ihm dieselbe durch seine Gleichsetzung mit den anerkannten Hauptgöttem Ra^, Boras, Osiris zu sichern suchte. Indessen es treten auch tiefere Anschauungen dabei hervor. Die grossen Götter sind fast sämmtlich Sonnengottheiten oder lassen sich wenigstens leicht in solche umsetzen; die Himmelsgöttinnen sind bald ihre Mutter, bald ihre Gemahlin (§. 56). Der Sohn folgt dem Vater und nimmt seinen Platz ein; das Kind wächst heran and vermählt sich mit der Mutter; ja wenn der Himmel erst licht wird, wann der Sonnengott sich am Horizonte erhebt, ist dann dieser es nicht, der die Himmelsgöttin, seine

110 Erstes Buch, dritter Abschnitt.

eigene Mutter, erst schafft? Und wenn er, der Siegreiche der immer aufs neue Leben zeugt, zum Horizonte eilt un< die Herrschaft der Nacht zulässt, ist dann er es nicht, dei »die Finsterniss herbeiführt über die Erde«, der sich dei Eintritt ins Westreich erzwingt, um dort ruhen und herrschei zu können, wie der Mensch nach den Mühen des Lebeni eingeht zu den ewigen Freuden der Grabeswohnung? Die» Ideen sind es, welche in zahllosen, oft widerspruchsvollen bald rein materiell gefassten, bald mehr geistigen Ausdrücke! alle weitere Entwickelung beherrschen ; sie führen zur Äusbil düng einer Geheimlehre von dem Einen uranfanglichen ewig^ Sonnengott, der die Welt beherrscht und in ihr sich manifeS' tirt, von dem alle anderen Gottheiten lediglich Formen (ode Namen) sind, von dem auch der Menschengeist (als Osiris] nur ein Ausfluss ist, der nach dem Tode wieder zu ibn zurückkehrt.

»Der dem Ptah Sokar ergehene (amchu)« findet sich zuerst Lepsois, Denkm. II» 118 a und J. de Roüge, Inscr. 92, 4, wo indessen charakteristisch genug die betreffende Person »Priester des Ptah und Priester des Sokar« heisst; in den Gult ist also damals die Verschmelzung noch nicht ein- gedrungen.

§. 93. Der Ausgangspunkt der neuen Lehre ist das unteraegyptische Anu (Heliopolis). Sein Sonnengott Tum (resp. Ra^ oder Ra^-Tum) ist es daher, der als der »Einec, der »Ungeschaflfenec, »der sich selbst schafift«, der »Bildner der Welt, aus dessen Gliedern die Götter hervorgegangen sindc, gefeiert wird. Und gleichzeitig erklärt man den Verstorbenen für identisch mit diesem Gotte; er ist nicht nur ein »Genossec des Tum, er ist es, der die Welt geschaffen hat, der die Finsterniss besiegt, der in der Unterwelt ruht und am nächsten Morgen aufs neue vom Himmel herabstrahlt, den Menschen und Götter anbeten. In ausgeführten Hymnen, welche man dem Todten mit ins Grab gibt, werden diese Ideen ins Einzelne durchgeführt, durchweg mit bestimmtester Beziehung auf die tägliche Bahn der Sonne. Es entsteht so der älteste Kern des »Buches vom Hervortreten [des Todten] bei Tage«, des

Das Todtenbuch. 111

sog. Todtenbuchs. Selbstverständlich aber gelingt auch hier wieder nicht die Emancipation von der materiellen Anschauung (§. 85). Alle diese Hymnen und Todtentexte sind durchsetzt mit zahlreichen Anspielungen auf die Attribute, die äussere Gestalt des Gottes, auf meist locale Mythen und Gebräuche. Und da es in erster Linie gilt, dem Menschen auf Erden, tan Todten nu Jenseits seine Existenz zu sichern, und dies nor durch das »Wissen«, die Macht des Wortes, der Zauber- farmd «reicfat werden kann (§. 82), da ferner die neuen An- admiKiDgen einfiich neben die alten treten, der Todte nicht aar lUf oder Tum (resp. Osiris) werden, sondern auch im Westen ein behagliches Leben führen, oder auf die Erde zu- ruclckehren will und »Gestalten annehmen, welche er will«, so öffnet sich hier der Magie und Phantasterei der weiteste Spielraum. Zahllos sind die Gespenster und Dämonen, welche den Frommen bedrohen, die Krokodile, Schlangen, Popanze 13. s. w., welche ihm im Jenseits mit Marter und neuem Tod drohen, >geheimnissvolle Wesen, deren Namen und Ceremonion unbekannt sind« und die es zu besänftigen (sehotep) gilt; natürlich ist die Theologie auf diesem Gebiete nicht weniger thätlg als auf dem pantheistischer Speculation. So schliessen denn an die Hymnen die abenteuerlichsten, bis ins kleinste Detail ausgeführten Beschreibungen dieser Ungeheuer nebst den zugehörigen Beschwörungsformeln, durch die dem Todten seine Laufbahn gesichert wird.

üeber die Entstehung des Todtenbuchs s. Lepsius, Aelteste Texte des Todtenb. 1867; meinen Set-Typhon p. 7 ff. üeber den Unterschied zwischen den an Osiris und den an Tum-Ra* anknöpfenden Texten vgl. m, Bemerkungen ÄZ. 1877, 155 f. In den letzteren heisst der Todte ursprüng- lich nie »Osiris N. N.«, sondern »der dem Ra* ergebene N. N.«. Das 17. Cap. des Todtenbuchs ist entschieden heliopolitanischen Ursprung?; Osiris ist ihm ursprünglich ganz fremd. Es ist in der 12. Dynastie bereits mit einem zweifachen Commentar versehen. Es enthält 1) die Gleichsetzong des Todten mit Tum, die ZI. 23 [nicht wie Lepsius annahm, ZI. 14] abschliesst; 2) Gleichsetzungen mitHorus u. a., ZI. 24— 49; 3) Zauberformeln, ZI. 50 ff., die zum guten Theil schon unter der 12. Dynastie vorhanden waren, aber später bedeutend vermehrt worden sind. Ein reiner Sonnenhymnus nach Art der im N, R, häufig auf

112 Erstes Buch, dritter Abschnitt.

Todtenstelen vorkommenden ist Gap. 15 (ed. Lef£bdrs 1868); aiK Gap. 79 ist jedenfalls heliopolitanisch und hftlt sich auffallend fM v< crasseren Zauberformeln. Ueber den aegyptischen Honotheismus m was damit zusammenhängt ist im allgemeinen wie im einzelnen onendU« viel Verkehrtes gesagt worden ; so z. B. die vGllig unbegründete Behau tung, die Gottheit werde durch »ich bin ich« bezeichnet (dage^

PlETSCHMANN, ÄZ. 1879, 67).

§. 94. Was von Rsl und Tum, gilt nun aneh m jedem anderen Hauptgott. Osiris, obwohl aoiWütWfuKBdi m »ruhenden Herzens«, ist doch auch der »Herr des UvSm sums« (neb er ter), der König, für den sein ^ohn Hbms § Wissermassen als Minister die Welt regiert; und natfldi bildet sich jetzt die Lehre von seiner Identität mit dem ToA weiter aus, und die Seenen des Lebens nach -dem To werden ins Detail ausgearbeitet ; so wird z. B. die ^^Fahrt na/ Westen« (§. 62) jetzt zu einer mystischen Fahrt nach Abydc der eigentlichen Grabstätte des Gottes (z. B. Lepsiüs Denk n, 127). Ptah gilt in Memphis als der Schöpfer, als d urälteste Gott, der von Anfang an war und alle Götter m Menschen geschaffen hat; im Todtenbuch tritt er dagegi auffallender Weise ganz zurück. Aber Dhuti, Chnum, Mi Horus, oder z. B. in Herakleopolis der dort verehrte Haup gott Hersef (Mariette, Mon. div. 21), ebenso Hathor, Is Nut werden, die einen in diesem, die anderen in jenem Tex als die höchsten Gottheiten gepriesen und spielen auch in d Todtentexten eine bedeutende Rolle. Ja sogar Set, der bc Dämon, wird gelegentlich dem Ra' gleichgesetzt, natürli nur in localen Culten, und selbst ins Todtenbuch hat e Text Aufnahme gefunden (Cap. 44), in dem der Todte si rühmt, sein Sohn zu sein. So kommt es, dass schliessli von allen Gottheiten dasselbe gilt und ausgesagt wird, s alle sind »Herren (oder Herrinnen) des Himmels und der Erd Fürsten aller Götter«, und vor allem werden sie sammtli< nach dem Schema der Sonnengottheiten behandelt. Als dan die Einheit des Reichs wiederhergestellt war und Theb€ seine Hauptstadt wurde, da war es natürlich, dass, die eir

Wesensgleiehheit aller Götter. 113

leinen localen Gottheiten mochten noch so viel dagegen pro- testireiif sein Hauptgott Amon die Erbschaft dieser Entwicke- luog antrat, für den »Einen« erklärt wurde und als »Amon-Ra% £5iug der Götter« an die Spitze des officiellen aegyptischen CdKus trat.

EinzelantersachuDgen, namenüich auf Grund der von Naville zu «wartenden Todtenbuehausgabe , werden noch viele Aufschlflsse über «ien Einfloas der localen Anschauungen geben und auch Bfanches chro- ciologisch genauer fixiren lassen. Soviel läset sich mit Sicherheit sagen, «lasB die Texte des Todtenbuchs zum guten Theil, seine Anschauungen «her durchweg der vorthebanischen Epoche angehören, während sie «ndererseits ebenso evident jünger sind als die Texte der Pyramiden und der Mastaba's. Ich bemerke noch, dass man in dieser Epoche all- mfthlich beginnt, dem Namen des verstorbenen Osiris N. das Wort maacheru, d. h. etwa »der Triumphirende« (§. 82) nachzusetzen; vgl. Todtenbuch Gap. 18. Amon ist lediglich der Localgott von Theben und wahrscheinlich ursprünglich ein Gott der Fruchtbarkeit und Zeugung, daher ithyphall. Aus vorthebanischer Zeit kenne ich ihn nur in dem Kamen Amenif^fas bei Lepsius, Denkm. 11, 27. Nach einer Notiz in der Acad. 10. Juni 1882 p. 428 findet sich Amon-Ra* auf einer Statue König Pepi's erwähnt Die Etymologie ist dunkel. Dass die Priester, welche ihn als höchsten Gott priesen, dabei an den amen ren-f, »den, dessen Name ver- borgen istc (§. 82) dachten, ist sehr wahrscheinlich; a^^-B^törlich ist öas nicht der Ursprung des Namens. /• . ^ '.yv

IV. Das altthebanische Reich.

Elfte Dynastie.

§. 95. Die Monumente gestatten uns einigermaassen, das Mähliche Emporkommen des thebanischen Herrscherhauses, welches schliesslich die Herrschaft über ganz Aegypten gewonnen liat, zu Terfolgen. Die ältesten Denkmäler, die wir von ihm Sitzen, sind der schlichte, in einem unscheinbaren Grabe im N-W. der thebanischen Todtenstadt (Drah abu-lnegga) ge-

Mejer, Oescbicbte des Altorthams. L 8

114 Erstes Buch, vierter Abschnitt.

fundene Sarg eines Königs Antef (IV.), und die in Berlia (Nr. 1175) bewahrte Hausapotheke der Gemahlin eines Königs Mentuhotep (II.; ihr Sarkophag AZ. 1866, 53), wahrschem- lieh dieselbe, die eine Inschrift auf der Insel Säi oberhalb des zweiten Kataraktes nennt (Lepsius, Denkm. II, 149 a; sollte aber wirklich die Herrschaft des Königs so weit hinaufgereicht haben V). Ein König Mentuhotep (II. ?) erscheint auch in den Stein- brüchen von Hammamät und auf der Katarakteninsel Konosso (ib. II, 150 c. d). Von König Antef (V.) ^a d. h. »dem Grossem ist uns die Grabpyramide erhalten, in der eine Stele aus dem fünfzigsten Jahre seiner Regierung ihn von vier Hunden umgeben darstellt ; sein Sarkophag, den ihm sein Bruder König Antef (VI.) herrichtete, wird im Louvre bewahrt. Den Beschluss dieser Reihe bildet Nebhotep sera' Mentuhotep (III.), der auf der Katarakteninsel Konosso den dortigen Localgöttern seine Ver- ehrung bezeugt, wofür ihm diese »alle Lande unter seine Sohlen« werfen (Lepsius, D. II, 150 b).

Bei der Anordnung der Könige habe ich zuerst diejenigen gesetzt, bei denen der Königstitel vor dem einfachen Namen steht; dann folgen die- jenigen, welche den Titel se Ra* »Sohn der Sonne« innerhalb der Gartouehe tragen. Mentuhotep III. hat ausserdem noch den Vornamen Nebhotep in der Gartouche ; seinen weiteren Titel »Herr der weissen Kronec fQhrt auch Ghufu, man darf ihn daher nicht zur Begründung der Annahme von der Reichslheilung verwerthen. Im nächsten Paragraphen folgen dann die sechs Könige, von denen der volle Pharaonentitei, mit dop- peltem Namensring, geführt wird, und die daher wahrscheinlich den sechs in den Turiner Papyrus aufgenommenen Königen dieser Dynastie ent- sprechen. — Ueber die Gräber mehrerer dieser Fürsten werden wir doreb die Processacten über einen Grftherdiebstahl unter Ramses IX. belehrt, die der Papyrus Abbott bewahrt; vgl. BmcH, RA. XVI, 1859, 267 f. Zu beachten ist, dass der Papyrus den Namen Antef durchweg falsch schreibt, Ueber Mariette's Ausgrabungen in Drah abu-lnegga s. RAn. II, 26 f. ; TrSBA. IV, 193 f. Die Texte der drei erhaltenen Särge sind zusammengestellt von BmcH, ÄZ. 1869> 52; der des Antef (IV.) publiciri von ToMLiNsoN, Tr. R. Soc. Literat. III, 1859. Stele Antef (V.) Vs: Maiuette, Mon. div. 49; J. de Roug^, Inscr. 160 ff.; BmcH, TrSBA. IV. Eine andere in Abydos: Mariette, Abydos III, Nr. 544. Nach einer von DE Rouo£, RA. VI, 1850, 563 ff. besprochenen Stele lebte er etwa vier Generationen vor Usertesen I. Einer der ersten Antefe mit

Elfte Dynastie. 115

dem Vornamen Dedbau ohne königlichen Titel scheint auf einer Stele bei BmcH, ÄZ. 1874, 66 vorzukommen. lieber die 11. Dynastie im tUgeme'men vgl. de Rouct, RA. VI, 1850, 557; de Saulcy, Salle des aocötres 17 ff.; Lieblein, Rech, sur la chronol. 52 ü» In diese Zeit gehört auch ein ÄZ. 1874, 113; 1876, 110 [§. 89], Mariette, Not. des moo. de Boulaq 77. 191 erwähnter König Ameni oder Amenu [vgl. in- dessen §. 96 Anm.].

§. 96. Die folgenden Herrscher von denen übrigens keiner lange auf dem Throne gesessen zu haben scheint nehmen endlich wieder den vollen Titel der alten Pharaonen an; in ihren Vornamen und Titeln bezeichnen sich vier von ihnen als >Erfreuer€, >Herr«, >Einiger«, »Beieber der beiden Landec, ein bezeichnender Hinweis darauf, dass ihnen die Unterwerfung wenn nicht des ganzen so doch eines grossen Theils von Aegypten gelungen war. Antef VII. *a IL kennen wir nur durch seinen gleichfalls im Louvre bewahrten Sar- kophag; Antef VIII. (Nubcheperra"^) wird auch in der Liste von Karnak genannt und Inschriftbruchstücke erwähnen seine Kämpfe gegen die Neger und die Bewohner von Sätet (dem Kataraktenlande). Von Antef IX. 'a III. Grabe sind gleich- falls üeberreste erhalten, vor allem ein Pyramidion aus Kalk- stein. Aus Mentuhotep IV. (Ra^^nebtaui) 2. Jahre erwähnen Inschriflen in den Steinbrüchen von Hammamät die Arbeiten iur die Beschaffung seines Sarkophages und wie man dabei einen neuen Brunnen in der Felsen wüste gegraben habe (Lepsiüs, D. II, 149 c h). Mentuhotep V. (Nebchrura^) , der vorletzte König der Reihe, muss kein unbedeutender Herrscher gewesen sein, da fast alle Listen ihn nennen, ja in manchen Listen aus dem Neuen Reich er allein von allen Herrschern vor der Hyksoszeit genannt wird (Lepsius, Königsbuch Taf. 20 bis 22). Von dem letzten Könige dieses Hauses, ff anchkara'', erzählt eine Inschrift in Hammamät aus seinem 8. Jahre, wie er von Koptos aus eine Expedition unter Führung Hanu's durch die Wüste ans rothe Meer entsandte, um von den »Fürsten des rothen Landes«, d. h. des ostaegyptischen Wüstengebirges (§. 70), die von ihnen erhandelten Specereien

116 Erstes Buch» vierter Abschnitt

des Landes Punt (Arabien) in Empfang zu nehmen. Auf dem Zuge legte er in der Wüste mehrere Brunnen an, ein Beweis, dass man eine dauernde Handelsverbindung herzu- stellen beabsichtigte; vgl. §. 98.

Die von mir gegebene Ordnung der. vier ersten Fürsten dieses Paragraphen ist ziemlich willkürlich. Sarkophag des Ra'sechem her hertniii Antef VIT. 'a.: BmcH, ÄZ. 1869, 52. Nubcheperra' Antef Vffl.: Pap. Abbott. Mariette, Mon. div. 50 ; Birch, RA. XVI, 267 f. Ra'sechem aput ma'a Antef, IX. 'a: Sharpe, Egypt. inscr. I, 47 b. Pap. Abbott BiRCH 1. c. 268. Ra* nebtaui Mentuhotep V.: Lepsius, Denkm. ü, 149 c— h. BuRTON, Exe. hierogl. 5. Nebchrura' Mentuhotep VL: Lepsius, Denkm. II, 149 b. Auswahl 9 = Prisse, Mon. 7. Königsbach Taf. 20—22. Sein Grab wird im Pap. Abott genannt. S'anchkara* (nach Maspero gleich Ameni, §. 95 Anm.): Lepsius, Denkm. II, 150 a. Chabas, Voyage d'un Egyptien 56 ff. Maspero, Rev. historiqae IX, 8 f. Im Hafenort hat l^^anu ein Schiff gebaut; doch erfahren wir nichts Ge- naueres über dessen Fahrt. Ausserdem gehören in diese Epoche eine Anzahl Grabstelen von Privatpersonen nach Ausweis der in ihnen vo^ kommenden Eigennamen.

Zwölfte Dynastie.

§. 97. Die Zeit der 11. Dynastie ist eine Epoche des Aufstrebens und Eämpfens, in der von der Ausführung grosser Monumente nicht die Rede sein konnte. Die 12. Dynastie dagegen ist im ruhigen und gesicherten Besitze der Macht, und wenn auch von den Bauten ihrer Könige wenig mehr erhalten ist, so begegnen uns doch ihre Namen auf zahhreichen Inschriften aus allen Theilen Aegyptens, und von vielen der- selben haben sich noch gigantische Porträtstatuen erhalten. Die grossen ihrer Epoche angehörigen Gräber von Benihassan und Berse enthalten ausführliche Biographien hoher Beamter dieser Zeit, auch einzelne Literaturwerke sind auf uns ge- kommen. Dennoch ist es auch hier unmöglich, eine wirklich zusammenhängende Geschichtsdarstellung zu gewinnen, eine sichere Verbindung der isolirt dastehenden Thatsachen herzu- stellen, die Ursachen des Glanzes wie des Verfalls im einzelnen zu erkennen.

AmenemhaU I. 117

\^e AmenemhaH I., der Begründer des neuen Fürsten-

gescblechtes, auf den Thron gekommen ist, warum der Turiner

Papyrus wie Manetho mit ilim einen Haupteinschnitt machen,

mssen wir nicht ; dass er ein in jeder Beziehung bedeutender

Henrscher gewesen ist, der das Reich neu und fest organisirte,

die unzofiriedenen Elemente niederhielt, lehren die Thatsachen

and die Tradition. Einzelne Inschriften zeigen uns, wie der König

und seine Nachfolger persönlich in die Verwaltung eingreifen,

er selbst setzt den Qauherm ein allerdings vererbt sich

diese Würde wohl fast ausnahmslos vom Vater auf den Sohn

und setzt Ihm seine Grenzsteine. Auch die Weisheit des

Königs wird gerühmt: eine in ziemlich dunkler Sprache ab-

gefasste Schrift enthält die »Unterweisungen des AmenemhaH I.

für seinen Sohne. In seinem 21. Jahre nahm der König

seinen Sohn Usertesen I. zum Mitregenten an, ein Brauch,

der von den meisten Herrschern dieser Dynastie nachgeahmt

worden ist.

Die Stellung der 12, Dynastie ist zuerst von Lepsius bestimmt: Abb. Berl. Ak. 1852. Unter den grossen Grftbern sind vor allen wichtig das des Nomarchen des 16. oberaegyptischen Nomos Hah (Anti- Doites) Ameni und seines Enkels Chnumhotep in Benihassan: Lepsius, Denkm. ü, 121 fif.; Bruosgb, Gesch. 128. 139; Maspero, Recueil de tra- mz reL ^ la philol. ^ypt. I, 160 CT.; Birch, RP. Xu; daneben das des D^utihotep, Nomarchen des 15. Nomos Un (Hermopolites) in Beräe: Lkpsiüs, Denkm. II, 134; Maspero, Tr. Soc. Bibi. Arch. VII, 7. Femer v^. die Grabschrift des Nomarchen Mentunessu von Theben (Louvre C. I) : Maspero, Ck>ngr6s intern, des Orient. 1873, II, 48. Denkmäler aus Abydos: Xariette, Abydos m, Nr. 558—765. Dass Amenemha*t I. nicht ohne Kampf auf den Thron gekommen ist, scheint ziemlich sicher; in welchem Zusammenhang damit aber die Festung Tettaui [Akanthos sfldlich von Memphis] steht, die wiederholt mit ihm zusammen genannt wird (Tur. KöQigspapyms fr. 64» de Rouoig, Inscr. pl. 8, vgl. 14), ist nichts weniger ^ klar. Die Unterweisungen sind uns handschriftlich mehrfach er- halten. Uebersetznngs versuche von Dümichen, ÄZ. 1874, 80; Maspero, RP. H 9.

§. 98. Der Reorganisation im Innern entspricht eine bedeutende Machtentwickelung nach aussen. Natürlich wurden die Minen der Sinaihalbinsel wieder besetzt und ausgebeutet ;

118 Erstes Buch, vierter Abschnitt.

zahlreiche Inschriften reden von der Thätigkeit der Bergleute der 12. Dynastie im Mafkatlande. Bei den Häuptlingen des asiatischen Nachbarlandes sland, wie die Memoiren des Saneha uns lehren, der Name der Pharaonen in hohem Ansehen. Der- selbe war ein vornehmer Aegypter, der vor Amenemhaf 1 1. zu dem Scheich von Tenu [wahrscheinlich auf der Sinaihalbinsel] floh, und nach langem Aufenthalt an dessen Hofe in hohem Alter die Erlaubniss zur ehrenvollen Rückkehr nach Aegypten erhielt. Unzweifelhaft herrschte ein reger und wohlgeordneter Handelsverkehr mit den Kleinstaaten Syriens, der vielleicht direct bis nach Babylon .hinüber reichte. Von demselben legt auch das berühmte Wandgemälde im Grabe des Chnumhotep Zeugniss ab, welches darstellt, wie im 6. Jahre des Usertesen L 37 'Amu (d. h. Kana^anaeer) mit reichen Geschenken, vor allem mit kostbarer Augensalbe, in den antaeopolitischen Gau einwandern und Chnumhotep's Schutz aufsuchen. In noch viel höherem Maasse sind die asiatischen Fremden jedenfalls in Unteraegypten eingewandert. Ebenso blieb der Zug des Hanu nach dem rothen Meer nicht ohne Folgen. Wiederholt wurden militärische Expeditionen nach Punt hinübergeschicktt Handelsreisen und Entdeckungsfahrten schlössen sich an. Ein Märchen aus dieser Zeit (§. 102) erzählt uns von den Irrfahrten eines Kaufmanns, der weit in den Süden nach der Insel des Schlangenkönigs verschlagen wird.

Ueber die Exped. dieser Zeit nach Punt s. Erman, ÄZ. 1882, 203 ff. Memoiren des Saneha im Berliner Pap. Nr. 1, zuerst 1863 von Chabas und GooDWiN gleichzeitig analysirt, übersetzt von Goodwin, RP. VI. und grossen- theils von Maspero in seiner Geschichte und in M^l. d^arcb. ^g. et assyr. III. Einwanderung der 37 ^Amu : Ghampolliok, Mon. 362 f. ; Lepsics, Denkm. II, 133.

§. 99. Die wichtigste Errungenschaft der 12. Dynastie ist die Unterwerfung des oberen Nilthals. Die Negerstämme Nubiens, vor allem die Uaua, neben ihnen aber jetzt auch die Bewohner des Landes Kas, d. h. die Kuschiten östlich vom Nil (§. 43), die hier zum ersten Male erscheinen, werden seit dem Ende der Regierung AmenemhaH I. wieder und wieder mit Krieg überzogen, ihre Dörfer niedergebrannt, ihre

Unterwerfung Nubiens. 119

Hannen erschlagen und zahlreiche Beute an Vieh, Sklaven UDd Grold heimgeführt. Von üsertesen I. Kriegen berichtet die Grabschrift des Ameni, dass er im Lande Eas kämpfte and letzterer die dabei gewonnenen Goldschätze zurück- brachte; ein Denkstein, welcher die Siege des Königs über die Negerstämme feiert, findet sich am 2. Katarakt. Unter seinen Nachfolgern AmenemhaH H. und üsertesen II. ist das nubische Land militärisch besetzt, die Häuptlinge der Stämme müssen ihre Leute zur Goldwäsche hergeben und jedenfalls auch sonst Tribut entrichten. Üsertesen III. vollendete dann die Unterwerfung des Landes; zwei grosse Grenzsäulen bei Semne am 2. Katarakt aus dem 8. und 16. Jahre des Königs verkündeten den Negern, dass hier die Grenze des Reiches sei, die zu überschreiten nur zu Handelszwecken gestattet werde. Auf der Höhe wurden zu beiden Seiten des Flusses Festungen angelegt, deren Ruinen noch jetzt erhalten sind (Semne und Kumme). Bis in späte Zeiten ist Üsertesen III. als Eroberer der nubischen Lande hier göttlich verehrt worden, Dhutmes IIL hat ihm in Semne einen Tempel erbauen lassen. Weitere Städte und Festungsanlagen sicherten den Besitz des Landes, einzelne Streifzüge sind auch in der Folgezeit noch ge- machtworden, sovonAraenemha*tIII.(LEPsiüs, Denkm.II, 138 g).

Das inschriftliche Material findet sich fast durchweg bei Lepsius, Denkm. IL; femer Rosellini, Mon. stör. pl. 25, 4; Birch, ÄZ. 1874, 112. Amenemha't I. gegen die Uaua: Brugsch, Gesch. 117, ÄZ. 1882, 30. - Ueber Semne und Kumme : Lepsius, Ber. Berl. Ak. 1844, 374. 399. üeber die nubischen Goldwerke: Chabas, Inscr. des mines d'or 1862. Die Festung Semne heisstSechem-Cha'kaura' (d. h. »Feste des Üsertesen IIL«), liSPsiüs, Denkm. II, 151 c.

§. 100. Mehr noch als die kriegerische Thätigkeit der Könige treten uns ihre Bauten entgegen. Zu dem grossen Amonstempel von Theben hat AmenemhaH I. den Grund gelegt, den Sonnentempel von Heliopolis üsertesen I. errichtet ^ einer seiner Obelisken ist noch erhalten , an dem Osiris- heiligthum von Abydos, am Hathortempel von Dendera, im Faijöm, in Herakleopolis (Hatchenensu), in Tanis und an

120 Erstes Buch, vierter Abschnitt

anderen Orten begegnen wir ihrer und ihrer Nachfolger Bai thätigkeit, ebenso legen die Steinbrüche von Turra und Hau mamät Zeugniss für dieselbe ab. Kein Herrscher hat ab auf diesem Gebiete Bedeutenderes geleistet als Amenemha^ U der Sohn des dritten Usertesen. Er ist der König, welcher de Moerissee im Faijüm angelegt hat, das grosse Wasserbassii welches zur Regelung der Niluberschwemmung dienen sollt und in demselben zwei Grabpyramiden, in seiner Nähe de berühmten Tempelbau errichtete, welchen die Griechen Lab] rinth nennen. Die Fürsorge des Königs (der bis in sd 44. Jahr regiert hat) für die Regulirung der Ueberschwen mung geht auch daraus hervor, dass er jährlich an de Felsen wänden von Semne und Kumme die höchste von d< Ueberschwemmung erreichte Stelle verzeichnen Hess, eine Eii richtung, die auch unter seinen nächsten Nachfolgern be behalten ist.

Baugeschichte von Kamak und Abydos s. in Mariette^s gros» Werken Ober beide Orte, von Dendera in Dümichen's Baugeschicht Bauten in Tanis : J. de RouGig, Inscr. 72. 75 ; E. de Rouge, RAn. IX, 128 fi Mariette ib. III. V. Denkmäler aus Abydos : Mariette, Abydos II, 21—2 Bauurkunde von Heliopolis auf einer Lederbandschrift : Stern, AZ. 187 85, berichtigt von dems. RP. XII. Im übrigen s. Lepsius, Denkm. II. D Ueberreste des alten Moerissees sind von Linant (m^m. sur le lac Moei 1842), die dürftigen Trümmer des Labyrinths von Lepsius (Briefe 74 i entdeckt, Beschreibung des Faijüm im Pap. Bulaq Nr. 1 und Nr. Beschreibung des Labyrinths in einem von Brugsgh, DicU g4ogr. 391 ai sonst besprochenen Papyrus. Der griechische Name Moeris ist wah scheinlich aus dem aegyptischen Wort mer »See« hervorgegang< das dann von den Griechen zum Namen des Königs, der den See 0 legte, gemacht wurde. Ueber den Moerissee: Herodot II, 101. 148 (wo die Erbauung des Labyrinths f&lschlich der sog. Dodekarchie zui schrieben wird), Diodor I, 51 f. u. a. Strabo XVII, 1, 37. Nilhöb bei Semne und Kumme (aus denen sich ergibt, dass damals dort < Ueberschwemmung mehr als 8 Meter höher stieg als gegenwftrtii Lepsius, Ber. Beri. Ak. 1844, 374 ff., die Inschriften: Denkm. II, 139. Das Interesse des Königs für das Faijüm geht auch daraus hervor, dass seine Tochter nach dem dortigen Localgotte, dem krokodilsköpfigen Sebfi benannte; auch unter den folgenden Dynastien steht der Sebakcult hohem Ansehen.

Bauten der zwölften Dynastie. 121

§. 101. Nach AmenemhaU III. erlischt plötzlich der Glanz der zwölften Dynastie. Nur ganz wenige Monumente sind ODs aus den kurzen Regierungen des AmenemhaH IV. (9 Jahre) and der Königin Sebaknefrura^ (nach Manetho der Schwester des vorigen, reg. fast 4 Jahre) erhalten. Mit der letzteren endet die Dynastie, nachdem ihre Fürsten ungefähr 195 Jahre den Thron Aegyptens inne gehabt.

Dass Amenemha't IV« wenigstens einige Zeit mit seinem Vater zosammen regiert hat, lehren Inschriften bei Lepsiüs, Aaswahl 10 (Prisse, Mon. 9) und auf einer ^athor8tatue in Berlin (Nr. 65). Die 12. Dy- nastie erscheint überall als geschlossene Einheit, so auch auf der Tafel von Kamak. In der Tafel von Saqqara werden ihr noch die beiden letzten (in ihr allein genannten) Könige der 11. Dynastie zugerechnet und die ganze Reihe in umgekehrter Ordnung aufgeführt. Manetho hat Amenemha't I. eine Zwischenstellung zwischen Dynastie 11 und 12 ge- geben und im einzelnen roehreres verwirrt; so werden Us. II. und III, za einem gigantischen König Sesostris verschmolzen, der Asien und Thrakien erobert, Am. lU. dagegen in zwei Könige zerlegt. Die Chro- nologie ist für die ersten Könige durch die Doppeldaten der Inschriften völlig gesichert. Für üs. IL gibt der Turiner Papyrus 19 Jahre, die Mo- numente reichen nur bis zu seinem 11. Jahre. Für Us. III. ist das höchste Datum sein 26. Jahr, und viel länger kann er nach der im Papyrus erhaltenen Gesammtsumme der Dynastie nicht regiert haben. Die letzten Hegieningen sind durch die Mon. und den Turiner Papyrus bekannt, nur wie lange A. lU. und A. IV. zusammen regierten , wissen wir nicht. ^ Die Stahlen Manetho's sind meist zu niedrig, der Turiner Papyrus hat die richtigen Regierungszahlen gegeben, aber sie falsch summirt, da er die gemeinsamen Regierungen von Vater undSohn nicht beachtet hat, also z.B. die 10 Jahre, Welche A. I. und Us. I. zusammen regierten, doppelt an- rechnet. (Uebersicht s. nächste Seite.)

Literatur und Kunst.

§. 102. Unter die zwöfte Dynastie fallt die Blüthezeit der altaegyptischen Literatur. Manche Trümmer derselben sind auf uns gekommen, mehrfach hat man auch weit später entstandene Werke dieser Zeit zugeschrieben. Die Memoiren der Saneha eines der schönsten Werke der aegyptischen

122

Erstes Buch, vierter Abschnitt.

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Literatur. 123

Literatur und die Unterweisungen AmenemhaH I. sind schon erwähnt, ebenso die biographischen Texte der Zeit. Daneben Märchen und Erzählungen; die Märchen- und Fabelliteratur lat in Aegypten zu allen Zeiten in Blüthe gestanden. Hier- her gehört das Märchen vom Schlangenkönig (§. 98) und die nur fragmentarisch erhaltene Geschichte eines Bauern, welcher bei König Nebkara^ (3. Dyn.) Gerechtigkeit sucht. Religiöse Texte, die in dieser Zeit entstanden oder redigirt sind, be- sitzen wir in Masse; auch das Lied, welches der Harfner bei der Bestattung und wohl auch beim Festgelage singt von der Vergänglichkeit des Lebens und der ewigen Herr- schaft des Todes, dem selbst die Götter erlegen sind, in dem er zu frohem Lebensgenuss auffordert , so lange es Zeit ist, gehört dieser Zeit an, eine Version lässt es »dem Hause König Antefs« entstammen. Am charakteristischsten ist aber ein in späterer Zeit vielfach abgeschriebenes Werk, der Preis der Gelehrsamkeit, in der Form eines Briefes des Duaufsechruta an seinen am Hofe des Königs studirenden Sohn Pepi. Hier ^vird das Schicksal aller Stände in schwarzen Farben ge- schildert, die Noth und die Abhängigkeit ihrer Lage dargestellt, und dagegen die Vorzuge und Ehren des Schreibers d. h. des Gelehrten gepriesen (s. §. 104). Däss auch die wissenschaft- liche Literatur sich in dieser Epoche weiter entwickelt hat, ist unzweifelhaft ; aber direct ist nichts von derselben auf uns gekommen.

Petersburger Papyrus: Gol&?ischeff , Ahh. des Berl. orient. Con- ?resses III, 100 ff. Ueber die Berliner Papyri s. Ghabas, Les pap. hi^rat. <Je Berlin 1866. Goodwin, RP. VI, 131. Das Lied »aus dem Hause Antefs» (Pap. Harris 500) und das entsprechende »Lied des Harfnersc aas dem Grabe des Neferhotep in Abd ei-Qurna (Dumichen, Hist. Inschr. n, 40): GooDWiN, Trans. Sor. Bibl. Arch. III, RP. IV. Stern, AZ. 1873, 58; 1875, 174; RP. VL Maspero, Journ. as. VII, 15, 1880, S. 388-410. - Aegyptische Fabeln liegen uns nur in demotiscber Form vor, und stimmen zum Theil mit den griechischen Fabeln fast wörtlich flberein: Lauth, Ber. Mönch. Ak. 1868, II, Brücsch, ÄZ, 1878, 47. Unzweifelhaft sind «dieselben aber weit älter; satirische Papyri mit Darstellungen aus dem Thierleben oder vielmehr Illustrationen zu Thiermärchen und Fabeln ^ besitzen wir aus den Zeiten des Neuen Reichs: Lepsiüs. Auswahl 22.

X24 Erstes Buch, vierter Abschnitt.

Der Preis der Gelehrsamkeit, in mehreren Handschriften erhalten: GooDwiN, Cambridge Essays 1858, 272. Maspero, Genre ^pistolaire p. 48 (in Bibl. de l'^c. des hautes Stades XII). Birch, HP. VIII. In demselben ist nicht von einer Hochschule in Chenu . (Silsilis) , sondern vom Aufenthalt »am Hofe« die Rede, s. Brugsgh, Gesch. Aeg. 547.

§. 103. Auch die Kunst dieser Epoche trägt einen ge- wissermaassen classischen Charakter. So freie und lebens- wahre Werke wie in der memphitischen Zeit können allerdings nicht mehr geschaffen werden, wohl aber befördert die un- umschränkte Herrschaft des Kanons eine sorgfaltige Durch- bildung des Details und eine saubere, niemals ins Rohe ver- sinkende Arbeit auch bei den einfachsten Producten des Kunsthandwerks. Im Detail hat diese Epoche VortrefiTliches geleistet. Nie sind die Hieroglyphen schöner gezeichnet resp. eingeschnitten worden ^ und die zahlreichen Bilder aus dem taglichen Leben an den Grabwänden von Benihassan stehen zwar in der Gesammtcomposition, aber nicht in den Einzel- heiten der Zeichnung den Darstellungen der Pyramidengräber nach. Der Porträtstatue ist der Kanon am nachtheiligsten; trotz aller Trefflichkeit der Musculatur, trotz der feinen Arbeit der Köpfe u. s. w. wird ein Eindruck, wie ihn die ältesten memphitischen Werke hervorrufen, nicht wieder erzielt. Da- gegen in der Architektur ist, wenn wir nach dem uns vor- liegenden Material urtheilen dürfen, ein bedeutender Fort- schritt wahrnehmbar. In dem Felsengrab entwickelt sich eine eigenartige Architektur, deren Grundelement die aus dem Stützpfeiler entwickelte, den Architrav tragende sog. proto- dorische Felsensäule bildet, die uns in den Gräbern von Benihassan in den verschiedensten Formen (8-, 12-, 16kantig) entgegentritt und dann auch auf den Freibau (Tempelbau) übertragen wird. Denn man beginnt jetzt auch den ewigen Göttern ewige Wohnungen zu gründen. Naturgemäss hält sich indessen der steinerne Tempelbau vorwiegend in den Formen des älteren Holzbaues; denn der Tempel ist das Wohnhaus der Götter. Vorzugsweise verwendet man daher in ihm die heiteren, dem letzteren entstammenden Säulenformen mit

Kunst. Charakter der Epoche. 125

Papyrus- oder Palmenkapitäl als Träger, und später haben diese Pflanzensäulen die protodorisehen vollständig verdrängt.

Die Literatur s. im allgemeinen §. 72. Die Statuen der 12. Dynastie TOT allem bei de Rouoi, Album photograpbique, Nr. 109 ff. Auch die 13. Dynastie steht hier zum Theil noch auf der Höhe der 12. Die Darstellungen der Gräber von Benihassan sind vor allem von Champollion aasgebeutet: Monuments Nr. 350 ff. Als Zeugnisse der Tempelarchitektur dieser Zeit sind uns nur der Kern des Tempels von Kamak und dürftige üeberreste des Tempels am Moerissee erhalten. Eine dieser Epoche eigen- IhGmliche, später verschwindende Säulenform ist die Säule mit Lotos- koospenkapitäl. lieber die Entwicklung der aegyptischen Architektur 8. vor allem Lepsius, lieber einige aegyptische Kunstformen und ihre EntWickelung: Abb. Berl. Ak. 1871; vgl. auch Semper, Der Stil, I, 418 ff. Von den Künstlern dieser Zeit sind uns mehrere durch ihre Grab- stelen bekannt, so Mertisen aus der 11. Dynastie: Lepsius, Ausw. 9 und Prisse, Hon. 7; Brugsch, Gesch. Aeg. 170» und der Baumeister Hentu- hotep: Brugsch, Gesch. 132 ff.

§. 104. Im allgemeinen bezeichnet die Herrschaft der 12. Dynastie den Höhepunkt der Entwickelung Aegyptens, wie denn auch die Sprache dieser Zeit den Späteren immer als classisch gegolten hat und man sie wenigstens in den religiösen Texten und den Inschriften der Tempel möglichst zu bewahren bemüht ist. Es ist eine Epoche, in der alle Grundanschauungen längst feststehen, aber dem geistigen Leben noch freier Spiekaiun und vielseitige Entfaltung gewährt ist. Trotz der Eroberungen im Süden trägt sie einen wesentlich friedlichen Charakter; Handel und Gewerbe blühen, der Acker- bau gedeiht. Trotz zahlreicher einzelner Denkmäler ist es aber doch wenigstens bis jetzt noch unmöglich, ein klares Bild der socialen Verhältnisse dieser Epoche zu gewinnen. Der alte Erbadel mit den Gaufürsten an der Spitze ist noch im Be- sitze seiner grossen Ländereien und zahlloser Knechte; in zahlreichen Grabinschriften rühmen sich die Grossen keinen Armen bedrückt, das Recht nicht gebeugt, in Hungersnoth und Elend geholfen zu haben. Während so die Masse der Landbevölkerung, die Vorfahren der heutigen Fellachen, durch- aus in Leibeigenschaft lebt, muss in den Städten sich ein freier Kaufmanns- und wahrscheinlich auch Handwerkerstand

126 Erstes Buch» fünfter Abschnitt,

entwickelt haben; der Brief der Duaufsechruta hat die freie Wahl des Berufes zur Voraussetzung. Immer mächtiger wird die Stellung der Priesterschaft an Besitz und Einfluss. In den Tempelschulen wird die Jugend herangebildet, nur hier ist die Würde und Weisheit eines Schreibers zu erlangen. Die Erlernung der Schrift ist einerseits die Vorbedingung für jede höhere Stellung im Staatsdienst und in der Priesterschaftf andererseits eine mühselige, jahrelanges Studium in Anspruch nehmende Aufgabe. Alle Wissenschaft trägt vollends einen religiösen Charakter. Auch der Bildhauer und der Baumeister übt ja nur die Kunst, deren geheim mniss volle, für alle Ewig- keit feststehende Regeln der Gott Dhuti den Mensehen ge- offenbart hat. Nur der Schreiber, d. h. der priesterliche Gelehrte, nimmt daher am geistigen Leben Theil, er ragt weit empor über die Masse des Volks, das von seinen Geheimnissen nichts versteht und nichts zu wissen braucht. Alle Kunst, Wissenschaft und Literatur ist nur für diesen herrschenden Stand berechnet ; die Masse lebt von ihm in voller Abhängig- keit und hat an der geistigen Entwickelung Aegyptens keinen Theil.

Für den wachsenden Einfluss der religiösen Anschauungen ist es charakteristisch, dass die Zahl der religiösen Eigennamen immer mehr zunimmt und z. B. bei den Königen die in älterer Zeit fast ausschliess* lieh gebräuchlichen Namen ohne religiösen Sinn fast völlig verschwinden.

y. Verfall des thebanischen Reichs.

und Fremdherrscliaft.

Dreizehnte Dynastie.

§. 105. Das neue Geschlecht, welches mit Sebakhotep I. den Thron bestieg, scheint, wie aus zahlreichen Namens- berührungen hervorgeht z. B. haben zwei Herrscher des- selben den Vornamen des Amenemhä't I. angenommen und

Die dreizehnte Dynastie. 127

die bei ihm gewöhnliche Ableitung der Eigennamen von dem Gottesnamen Sebak knüpft an den Namen der letzten Königin Sebaknofnmc an mit der vorigen Dynastie verschwägert ge- wesen zu sein. Sebakhotep I. begegnet uns in den Monumenten nur ein einziges Mal, in einer Nilhöhenmessung in Kumme aus seinem 1. Jahre (Lepsius, Denkm. II, 151 a), ausser ihm von seinen Nachfolgern nur noch der sechste mit dem merk- würdig componirten Namen Ameni-Antef-AmenemhaH, von dem zwei Altartafeln für den thebanischen Amon erhalten sind (Mariette, Kamak pl. 9. 10; J. de Roug^, Inscr. 7). Offenbar ist keine dieser Regierungen von langer Dauer ge- wesen, Usurpationen, vielleicht auch Empörungen der Nomarchen werden, wie zu Ende der 6. Dynastie, das Reich erschüttert haben.

Die Grundlage der hier und im Folgenden gegebenen Darstellung bilden ausschliesslich die sehr zahlreichen und sicher geordneten Frag- mente des Turiner Papyrus und die wenigen erhaltenen Monumente. Manetho ist zu dürftig erhalten und seine Angaben sind zu problematisch, um verwerthet werden zu können. Nur so viel ist sicher, dass den hier (§• 105—107) aufzuführenden Königen bei ihm die dreizehnte Dynastie Ton 60 Thebanerui reg. 453 Jahre, und die vierzehnte von 76 Xoiten, reg. 184 (var. 484) Jahre entsprechen. Die Königslisten von Abydos und Saqqara überspringen die Zeit vom Ende der 12. bis zum Anfang der 18. Dynastie vollständig, die Tafel von Kamak gibt zwar etwa 80 hierher gehörige Namen, doch wie gewöhnlich fast durchweg ohne Beachtung der chronologischen Ordnung.

§. 106. Mit dem 11. oder 12. Nachfolger des Sebakhotep I., Ransenib, macht der Turiner Papyrus einen Einschnitt. Von dem folgenden Geschlecht von etwa 15 Herrschern sind uns die meisten aus einzelnen Denkmälern bekannt, und wir er- kennen, dass dieselben noch das gesammte Reich Usertesen III. vonTanis bisSemne, ja noch weiter nach Nubien hinein beherrscht haben, wenn es auch in demselben oft stürmisch zugegangen sein mag. Freilich darf man die Vorstellungen von ihrer Macht und dem Glänze ihrer Herrschaft nicht, wie neuer- dings wohl geschehen ist, zu hoch schrauben; was sie uns hinterlassen haben, sind kurze Inschriften und allerdings zum

128 Elrstes Buch, fünfter Abschnitt.

Theil meisterhaft gearbeitete Statuen, die sich auch bei einer kurzen Regierung und beschränkten Mitteln sehr wohl her- stellen Hessen. Der Umstand, dass der sechste König den Namen Mermasa'u, d. h. »Generale führt, also offenbar ein Usurpator war wir besitzen von ihm zwei in Tanis gefundene Colossal- statuen der zehnte, Neferhotep, Sohn eines Privatmanns war, der vielleicht durch Heirath auf den Thron gekommen ist, dass wir femer. den Namen dieser Herrscher in Verbindung mit TjBmpelbauten nur ganz vereinzelt (in Eamak und Abydos) begegnen, dass endlich die fünf Regierungen, deren Dauer wir kennen, nur sehr kurz sind : das alles wirft ein deutliches Licht auf die damaligen Zustände Aegyptens. Als die mäch- tigsten Herrscher erscheinen der eben genannte Neferhotep (reg. 11 Jahre), der mit seiner Familie auf Inschriften in der Gegend des ersten Kataraktes (Assuan Konosso Sehäl) und im Tempel von Karnak, ferner in einer grossen, sehr interessanten Inschrift aus Abydos erscheint, und von dem das Museum von Bologna eine Statue besitzt, sowie sein zweiter Sohn Sebakhotep V. (Gha'neferra'); der ältere Sehathor war nach einer Regierung von wenigen Monaten gestorben. Von Sebakhotep V. hat sich eine colossale Granitstatue in Tanis, eine andere tief im nubischen Lande auf der Insel Argo weit oberhalb des zweiten Kataraktes gefunden, zwei andere bewahrt das Louvre. Auch in Karnak wird er mehrfach genannt. Die drei letzten Herrscher dieses Hauses sind ohne grössere Bedeutung.

Die Dynastieeinschnitte werden in diesem Theile des Turiner Papyrus nicht mehr durch Rubra, sondern nur durch die Wiederholung der Worte »er regiertet (amef m sutenit) bezeichnet. Sechs Herrscher unserer Dynastie erscheinen auch auf der Tafel von Karnak (Nr. 35—38. 40. ^^ bei Lepsiüs, Auswahl) in richtiger Folge; vgl. Brügsch, Gesch. 188- " Monumente : Nilhöhen-Angaben aus den Jahren 2. 3. 4 des Sebaklbiotep I^* (mit Erwähnung eines dem Begründer der Dynastie gleichnamig^ Generals Ransenib) Lepsius, Denkm, II, 151b. cd; er ist wohl auch der König, dessen Grab in einem Wiener Papyrus bei Brugsch, ÄZ. 1876f 3 erwähnt wird. Statuen des Mermasa*u : J. de Rouge, Inscr. 76 u. a. ; ''ff^' §. 112 Anm. Aus der Regierung des Ra'sechem sua^taui Sebakhotep IVh | des Vorgängers des Neferhotep, besitzt das Louvre eine von zweien seiner j Töchter errichtete Stele (Prisse, Mon. 8); ein Skarabaeus: Maristte, j

Dreizehnte Dynastie. 129

Mon. div. 48 j, Abydos III, Nr. 1383. Die ihm von Brugsch, Gesch. 182

zugeschriebene Statue in Tanis scheint die Sebak^otep V. zu sein. Als

verstorben wird er erwähnt Lepstos, Denkm. III, 13 b. Neferhotep : Lepsius,

Denkm. II, 151 e— h, Mariette, Kamak pl. 8o; Abydos n, 28—30. 40 g.

Statue in Bologna: Rosellhii, Mon. stör. (Text) II, pl. 13, Nr. 152;

Lepsius, Denkm. in, 291. Einen Neferhotep II. erwähnt Pierret, Catal.

de la salle historique du Louyre, p. 106. Zu Sehathor vgl. Mariette,

Abydos III, Nr. 1394. Gha'neferra* Sebakhotep V.: Lepsiüs, Denkm. II,

151 i = 120 h. i. J. DE RoDOÄ, Inscr. 76 (RAn. V, 298). Statuen im

Louvre, angebl. aus Bubastis, bei Rosellini, Mon. stör. Text^ III, Taf. I,

N. 7. 8. Femer Mariette, Kamak 8 k. n. p. Mon. div. 48 u. (Skarabaeus).

Altartafel des Cha^anchra' Sebakl^otep VI. in Leiden: Aeg. Monum.

te Lieiden I, pl. 37. Cha'hotepra* Sebakhotep VII: Lepsius, Königsbuch

Nr. 211. Ein Skarabaeus bei Mariette, Mon. div. 48 p. Statue eines

Gba'cheperra* Sebakhotep (VIII.) in Tanis: Mariettl, RAn. V, 299.

Eömgsliste nach dem tnriner Papyrus.

(M. = Monumente, K. mit folg. Nummer = Liste von Karnak.)

L Ra* GhuUui Sebakhotep L M.K. 51 2(?)J.3M.24T.

2. Sechemkara*.

3. Ra* Amenemha't.

4. Shotepabra' [IL ; der erste König mit diesem Vor- .

namen ist Amenemha*t I.].

5. Aufna.

6. STanchabra* Ameni Antef Amenemha*t M.K. 34.

7. Smenkara'.

8. Shotepabra* (lU.). 9 ka[ra'].

[10. Hier fehlt wahrsch. ein Name.]

11. Ne^emabra*.

12. Ra* Sebakhotep II.

Dynastieeinschnitt.

13. Ransenib.

14. Autu . . ra*.

15. Sefef . . . ra*.

16. Ra'sechem chutaui Sebakhotep IIL M.K. 35.

17. User . . . ra*.

18. Smenchkara* MermaSa'u M. iv. ... ka .

20. . . . user . .

21. Ra'sechem sua^ui Sebakhotep IV. M.K. 36 . . 3 J. 2 M. x T. Meyor, Qetchicbte des Alterthnms. L 9

130 Erstes Buch, fflnfter Abschnitt.

22. Cba*se§e§ra* Neferhotep M.K. 37 IIJ. x M. :

23. Sehathor 0 J. x M. ^

24. Gha*neferra* Sebakhotep V. M.K. 38.

[25. Cha"anchra* Sebakhotep VI. M.K. 40 gehört wahr- scheinlich hierher ans Ende der 6. Seite des Papyrus.]

26. Cha'hotepra' Sebakhotep VIL M. K. 41 . . . . 4 J. 8 M. 2$

27. Uahabra* A'ab 10 J. 8 M. IJ

Femer ist entweder nach Nr. 25 einzuschieben oder noch spät« Zeit angehörig der oben erwähnte Gha'cheperra* Sebakhotep Vlll. Gesammtdauer dieser Regierungen lässt sich, wie man sieht, auch ni durch Durchschnittsrechnung irgendwie bestimmen.

§. 107. Welt weniger noch als von den bisher erwähn wissen wir von den folgenden Herrschern, deren Nam wahrscheinlich etwa 100, in mehrere Dynastien getheilt Turiner Papyrus fast volle vier Spalten gefüllt haben. "^ uns Jahreszahlen erhalten sind im ganzen sind etwa mehr oder weniger vollständig erkennbar weisen sie durchv ganz kurze Regierungen auf, von wenigen Monaten, von ein oder zwei Jahren und einigen Monaten, weit seltener von d oder vier Jahren; eine grössere Regierungszahl kommt un den erhaltenen nur ein einziges Mal vor, bei dem ers Herrscher des neuen Geschlechtes, Mertieferra* Ai, der 13 Jal 8 Monate, 18 Tage regierte. Dem entspricht es, dass i sehr wenige dieser Könige monumental bekannt sind, i zwar meist durch unbedeutende Denkmäler; ganz verein: erscheinen ihre Namen in den Steinbrüchen von Hammän oder in Karnak und Abydos, oder haben sich Statuen erhalt deren Arbeit weit schlechter ist als die der unmittelbar v hergehenden Epoche. Doch stammen aus ihrer, sowie aus > unmittelbar vorhergehenden Zeit ausser einer Reihe kleine Gräber und Grabstelen namentlich in Abydos auch zahlrei* Felsengräber in Elkab (Eileithyia) und wahrscheinlich die gros Felsengräber von Siut (Lykopolis), welche uns die dortij Oberpriester des Anubis und Vorsteher des Nomos im V besitze des Wohlstandes und der Macht zeigen. Sie sind diese Zeit von ähnlicher Bedeutung wie die Gräber von Be

Dreizehnte Dynastie. 131

hassan fär die 12. Dynastie, nur leider viel schlechter erhalten und yiel ärmer an historischen Angaben.

Liste der Könige dieser Zeit, soweit der Papyrus einiger- maassen erhalten ist, bei Brugsch, Gesch. 178 f. Die beiden letzten Columnen des Papyrus sind unrettbar zerstört. Gräber von Siut : Mariette, MoD. div. 64—69. Der lediglich auf den Todtencult bezdgliche grosse Text aas dem Grabe Nr. 1 übersetzt von Maspero, Tr. Soc. Bibl. Arch. VII , 6 ff. Erman, ÄZ. 1882, 159 ff. Von den Gräbern von Elkab gehörten z. B. die von Lepsius, Denkm. III, 13 publicirten hierher. Todtenstelen aus dieser Zeit 8ind ziemlich zahlreich erhalten, namentlich in Abydos : Mariette, Abydos m, Nr. 766—1046. Auch die grosse Grabschrift der Nomarchen von Herakleopolis magna (Hatchenensu) Qotep bei Mariette, Mon. div. 21 ge- hört dieser Zeit an, femer die interessante von Pierret im Rec. des travauz 1, 107 veröffentlichte Inschrift. Denkmäler von Königen oder mit Königsnamen: Die drei ersten Könige, Ai (s. im Text), Merhetepra* Ana (2 J. 2 M. 9 T.) und Sua^enra* (3 J. 2 M.) finden sich nach Lauth, Manetho 239 auf einem Denkmal des Louvre. König Ai auch bei Lepsius, Königsbuch 218 und auf zwei Skarabaeen bei Mariette, Mon. div. 48 o. q. - Inschrift aus J. 7 eines Sebakemsauf in Qammämät : Lepsius, Denkm. n, 151 k.l. Statue in Abydos: Mariette, Abydos II, 26, vgl. III, Nr. 347. Die Beraubung des Grabes eines anderen Sebakemsauf wird im Pap. Abbott (§. 95) und Amhurst (Ghabas, M^langes III, 2) erwähnt, und das British Museum besitzt einen Skarabaeos von ihm mit Todten texten : BiRCH, RA. XVI, 269. Wahrscheinlich ist sein Grab das von Mariette, RAn. n, 28 erwähnte. Stele seiner auch im Pap. Abbot erwähnten Gemahlin Nabcha's im Louvre C. 13. Ein dritter bei Lieblein, Dict. des noms 351. Gegenstände aus dem Grabe eines von ihnen in Leiden: Leemans, Lettre k M. Salvolini 1838, p. 121. Inschrift eines Mencha'ra' *Anab aus Abydos : J. de Roug^ Inscr. 15 = Mariette, Abydos U, 27. Inschriften des Amenisenib, betreffend Restaurationen am Tempel von Abydos aus der Regierung eines Königs Ma*anenra* Terenra* im Louvre: Lepsius, Auswahl; Prisse, Mon. 9; Sharpe, Egypt. Inscr. II, 23. 24; de Horrack in Chabas, Mölanges, 3 s^r., II, 203 ff.; vgl. Maspero in M^i. d'arch. ^gypt. 1, 140. Bauten eines Königs Merikara* werden im Grab 4 in Siut erwähnt : Mariette, Mon. div. 69 (= Lepsius, Denkm. II, 150g); vielleicht ist er iden- tisch mit dem im Tur. Pap. genannten König Merkara* und dem in Karnak (Mariette, Karnak pl. 8 1) und auf der Tafel von Karnak Nr. 45 vor- kommenden Merkaura* Sebakhotep (IX.). Andere Könige dieser Zeit: Lepsius, Denkm. II, 150 f. Königsbuch Nr. 217. 219. Mariette, Karnak pl. 8 m. r; mon. div. pl. 48 b. n. v. (vgl. §. 213 Anm.). Die in Nimrud gefundene Elfenbeinplatte, auf der zwei aegyptische Figuren und zwischen ihnen eine Gartouche mit dem Namen AbnU'ra'(?) dargestellt sind

132 Erstes Buch, ffinfter Abschnitt.

(Layard, Mon. of Nin. 1. ser. pl. 89, 11; vgl. Birch, Tr. Soc Lit. 2. ser., III), gehört nicht einem der in dieser Zeit herrschenden Könige Uben-ra' an, sondern ist ein pseudoaegyptisches Machwerk; vgl. §. 201 Anm.

Die Fremdherrschaft

§. 108. Die angeführten Thatsachen lassen deutlich er- kennen, dass in dieser Epoche in Äegypten ähnliche Zustände herrschten wie im römischen Reich im dritten Jahrhundert n. Chr. Die meisten der kurzlebigen Herrscher waren offenbar Usur- patoren, die rasch von anderen wieder gestürzt wurden ; viel- fach werden mehrere Prätendenten neben einander gestanden haben. In der That scheinen denn auch, wie zuerst wieder reicheres Licht auf die aegyptische Geschichte fallt, eine ganze Reihe offenbar localer Dynasten neben dem Oberkonig von Theben zu stehen (§. 213). Daneben beginnen fremde Völker in Aegypten einzudringen. Wenn Neferhotep und Sebakhotep V. noch ganz Aegypten von Nubien bis Tanls beherrschten, so geht unter ihren Nachfolgern das Delta verloren. Es ist eine nicht unwahrscheinliche Vermuthung Stern's, dass unter Ma- netho's 14. Dynastie von 76 Königen aus Xois (im westl Delta) libysche Fremdherrscher zu verstehen seien, welche das westliche Delta occupirten. Vor allem aber ist ein asiatischer Stamm in dieser Zeit eingedrungen und hat die Macht der Pharaonen von Theben aufs äusserste bedrängt, die Mentu (§. 75) oder, wie man jetzt sagt, Mentiu von Sätet, d. h. dem (asiatischen) »Barbarenlande«, wie sie die Zeitgenossen, die «Hirten« (7:ot|tdvs<;) oder Hyksos, wie sie Manetho nannte.

lieber die Grunde für meine chronologische Ordnung s. §. 112. Die Xoiten Libyer nach Stern, ÄZ. 1883, 24. Manetho*s Geschichte der Hyksos ist erhalten bei Jos. c. Ap. I, 14. Mentiu Sätet heissen die Fremden in der Inschrift des A'ahmes (vgl. §. 214), sonst werden sie häufig auch Aad »die Pest« genannt. Txoü>c bedeutet wahrscheinlich »Fürsten der §asu« d. h. der Beduinen der Sinaihalbinsel. In der That scheint Mentu der ältere, §asu der im Neuen Reich aufkommende und später abgesehen von den stereotypen Formeln der Siegesinschriften allein gebräuchliche aegyp* tische Name derselben gewesen zu sein. Im allgemeinen s. Grabas, Les pasteurs en Egypte, Amsterdam 1868; Ebers, Aeg. B. Mos. I, 198 ff.

Die Hyksos. 133

§. 109. Wes Stammes die Hyksos waren, ist nicht be- kannt. Die Andeutungen der Ueberlieferung weisen darauf hin, dass wir es hier mit einem Einbruch von Beduinen- stämmen zu thun haben y mit einer der so häufigen Ueber- schwemmungen der Culturlande durch die Nomaden der Wüste. Wenn dagegen die Denkmäler, auf denen wir den Namen ihrer Könige begegnen, die Portraits derselben darstellen, so waren sie entschieden nicht semitischen Ursprunges, denn diese breitknochigen Gesichter mit aufgeworfenen Lippen und geraden Nasen sind das gerade Gegentheil der von den Aegyptern so charakteristisch gezeichneten Portraits der semiti- schen Stamme. Ebenso stark weichen die Gesichtszüge von dem aegyptischen Typus ab. Falls also nicht, was indessen nicht unmöglich ist, hier fremde Monumente ganz unbekannter Zeit und Herkunft von den Hyksos lediglich usurpirt sind, so müssen dieselben einer unbekannten, möglicherweise inner- asiatischen Nationalität angehört haben. Eine Vermuthung s.§. 137. Sicher ist jedenfalls, dass im Gefolge der Hyksos massen- haft semitische und zwar kana'anaeische , nicht arabische Elemente in Aegypten eingedrungen sind. Die aegyptische Sprache ist seitdem mit kana'anaeischen Worten durchsetzt, die specifisch kana'anaeischen Gottheiten Ba'al Astarte [in der femininen Form, s. §. 174] 'Anat Resep u. a. werden seit- dem im östlichen Delta, ja in ganz Aegypten vielfach verehrt, zahlreich begegnen uns überall in den nächsten Jahrhunderten kana'anaeische Personennamen.

Die Portraits der Hyksossphinxe und Statuen sind völlig verschieden z. B. Ton dem eines Sasuhäuptlings aus der Zeit Ramses UL (bei Brugsch, ^«ogr. Inschr. II, Taf. 3); übrigens herrscht nach Mariette bei den An- wohnern des Menzälesees noch jetzt derselbe Typus vor. Manetho's Angabe (bei Jos. 1. c.) xivkz 31 Xi'^oo'ziv ahxob^ "Apaßa? etvat [nach den Auszügen bei Afncanus und Eusebius nannte er sie dagegen Phoeniker] bat natürlich keinen grösseren Werth. Ich mache darauf aufmerksam, da» die Götter Ba'al *A§toret u. s. w. den Arabern völlig unbekannt 8>Dd, und dass es sehr wohl möglich ist, dass in dieser Zeit und noch ''^eit später die Beduinen der Sinaihalbinsel Kana'anaeer, nicht Araber "^^^ (3. §. 176 Anm.). Ueber die semitischen Götter in Aegypten s.

134 Erstes Buch, fOnfler Abschnitt.

m. Aufsatz ZDM6. XXXI, 724. Dass Qbrigens jedenfalls schon wa frflher im östlichen Delta zahlreiche Semiten ansässig waren, ist $$.43.^ bemerkt.

\

§. 110. Genauere Nachrichten über den Einfall der Hjkaoi haben wir nicht. Sicher ist, dass sie sich in Unteraegypten dauernd festsetzten und hier einen Staat gründeten^ der naifr licli völlig nach aegyptischem Muster geordnet war. Dw Iluuplsitze waren die grosse, von ihnen angelegte oder erwei- terte Grenzfestung Hatrfar (A5api<;) d. i. entweder Pelusina oder ein wenig südlich davon gelegener Ort, und Tanis, ät mächtige, durch zahlreiche Bauten der 12. Dynastie geschmöcUa Hauptstadt des östlichen Delta , die eigentliche Residenz der Hyksoskönige. Dass auch Memphis und selbst das Fayön dauernd in ihren Händen war, scheint sicher ; dagegen werde» sie Oberaegypten höchstens vorübergehend erobert haben. Hier herrschten eben während dieser Epoche die §. 107 erwähnte« Könige und ihre Nachfolger, vielleicht zum Theil als tributire Vasallenfürston, weshalb sie gelegentlich auch nur den Titel heq d. h. »Fürstc erhalten. König Memeptah, der Sohn des grosses Ramses, spricht von dieser Zeit als der »Epoche der Könige von Unteraegj'pten, da dieses Land Qem in ihrer [GewaK] war und dor Erbfeind (aad, die ,Pest') es behauptete, vs Zeit da die Könige von Oberaegypten [machtlos warenjc.

l>io Lage von Auaris ist noch nicht sicher gestellt; die frQber id- genommone Identität desselhen mit Tanis (acg. So an Ty>f oder I*" wcvhnlicher Saru) ist jetxt aufgegeben. Die Stelle aus dem Mernephtah- text (7X S\>, hei DCmicjikn, Hist. Inschr. I, 4; Marietti:, Ktroak pl. W) hat liierst vv. Roiok erkUrt. Wiepema^x, Gesch. Aeg. 21 "f"^ die (»ranitslatue des Louvre A IS. welche den Namen Amenhotep Ul trügt und Siege üWr nuhische Volkerschaften berichtet, dem HTksosk<ioif Apepi xuschr^iben. Aber wenn er auch erwiesen hat, dass Amenhotep Ul *ie le^iiglich usurpirl hat, so ist sein Argument dafür, dass sie defl A|>epi angt^hl^re. jtusserst schwach : eher wird sie von einem Könige de l J IHnastie »lammen, wie die Statue A 29 mit dem Namen Ramses l a^oxerU. RAn. IV. 045^ f.) und so manche andere.

§ Ul. bass die Hyksos bei der Eroberung Äe^ryptec arvr j.vhau<t haben. iM sehr wohl möglich: die Beliauptungc

Herrschaft der Hyksos. 135

Hanetho's aber, dass sie systematisch Tempel und Denkmäler zerstört hätten u. s. w., wird durch die Thatsachen widerlegt. Als Hauptgott verehren sie, wie es Ausländern zukommt, den Satech oder Set (§. 55), mit dem Beinamen »der goldene«, worunter wahrscheinlich der Sonnenba*a] zu verstehen ist. Ihm haben sie in Tanis einen grossen Tempel gebaut und sein Gült hat im östlichen Delta bis in späte Zeiten fort- bestanden; auch als »Herr von Auaris« wird er in dieser Zeit bezeichnet. Daneben aber werden die aegyptischen Götter beibehalten ; die Könige nennen sich »Söhne des Ra'« und binnen ihren Thronnamen meist mit Ra' sogut wie die aegyptischen Herrscher. Ueberhaupt wird naturgemäss die aegyptische Cultur von den Fremden völlig adoptirt. Der Umstand, dass ein uns erhaltenes mathematisches Handbuch unter der Herrschaft eines Hyksoskönigs »nach alten Vor- lagen« geschrieben ist, und dass wir eine Schreiberpalette besitzen, welche derselbe König dem Schreiber Atu geschenkt liat, lehrt, dass das Schriflthum auch unter ihrer Herrschaft gedieh. Die Monumente, welche wir ihnen zuzuschreiben haben, vor allem in Tanis gefundene Sphinxe mit Königs- köpfen, eine Gruppe von zwei Männern vor einem Altar mit Fischen, das Bruchstück einer Statue aus Mit-Fares im Faijüm, weichen zwar im Gesichtstypus und ebenso in der Tracht völlig von den aegyptischen ab (vgl. §. 109); aber die Arbeit ist durchaus die der aegyptischen Künstler und meist sehr sorgfaltig ausgeführt.

Die Angabe des Pap. Sallier I., König Apepi habe Sutech zu seinem Ootte gemacht und keinem anderen der Götter des Landes gedient. ist Uebertreibung des Volksmärchens. Der math. Papyrus Rhind (edirt und übersetzt von Eisenlohr 1876 ; dazu Rodet, Journ. As. VII, 18, 184 fit'., 390 ff.) ist im 83. Jahre eines König Ra"aus geschrieben, der mit dem Hanptnamen Apepi, der ihn als Hyksoskönig charakterisirt , auf der wwfthnten, neuerdings vom Berl. Mus. erworbenen Holzpalette erscheint, 'i«^en Kenntniss ich Herrn Dr. Stern verdanke. Monumente der Hyksos : Mariette und de Roüg6, RAn. III, 97 ff., 248. 337, V, 297 ff.; Deveria, lt. IV, 249 ff. Die Mon. von Tanis u. a. photographirt bei de Roüoe, Album photogr. Nr. 116—124. Die Statue von Mit-Fares 1. c. und

136 Erstes Buch, fünfter Abschnitt.

Mariette, Mon. div. 39. Femer der grosse Hyksossphinx des Louvre A 23 mit völlig zerstörtem Namen; ein Kopf in der Villa Ludovisi, pa- blicirt von Lekormant, Bull, della commissioue archeol. commun. di Roma V, 1877, Taf. IX. Den in Bagdad gefundenen Löwen (jetzt im Brit. Mus.) mit der Legende »der gute Gott Ra*-Set(?)nub[ti]€ auf der Brust (RAn. IV, 257) halte ich fQr eins der in Westasien entstandenen pseado- aegyptischen Monumente (§§. 107 Anm. und 201 Anm.).

§. 112. Die Dauer der Hyksosherrschaft ist uns unbe- kannt, ebenso die Zahl ihrer Könige. Manetho lässt zwei Hyksosdynastien (Dyn. 15. 16) über ganz Aegypten regieren, welche nach Josephus zusammen 511 Jahre geherrscht hätten, während der Auszug des Africanus der ersten 284 Jahre [ein offenbares Versehen für 260, was Josephus' Zahlen ergeben], der zweiten 518 [Barb. 318] Jahre gibt. Darauf hätten gleich- zeitig 43 Hirten und 43 thebanische Könige 151 [Barb. 221] Jahre lang geherrscht ; es sei dies die Zeit des Befreiungskampfes, der mit der Vertreibung der Hyksos geendet habe. Diese Zahlen sind unmöglich richtig ; aber es gibt keinen Weg, auch nur approximativ die historische Wahrheit zu finden. Nur so viel lässt sich sagen, dass die Monumente eine Lücke von grösserem Umfange und nun gar von 500 und mehr Jahren zwischen dem Ende der 13. [resp. 14.] Dynastie und den Anfangen des Neuen Reichs unmöglich zulassen. Die Stammbäume der Nomarchen und Adligen von Elkab (Eileilhyia^ §. 107) aus dem Anfang des Neuen Reiches weisen schon, nach wenigen Generationen Namen auf, die unzweifelhaft Zeit- genossen der 13./14. Dynastie angehören ^). Die Monumente- der ersten Herrscher des Neuen Reiches in Theben zeigen di engste Verwandtschaft mit den älteren thebanischen und auf- fallender Weise gerade mit denen der 11. Dynastie, lieber- haupt klafft zwischen der Zeit der Amenemha't und Sebakhotep und dem Neuen Reiche weder im Geistesleben noch in der Kunst eine unvermittelte Lücke, die der zwischen dem alten

^) Die Sitte, die Kinder nach den regierenden Herrschern zu be- nennen, herrschte in Aegypten mehr noch als anderswo und gewährt häufig einen sicheren chronologischen Anhaltspunkt.

Chronologie der Hyksoszeit.

137

memphitischen Reich und der 12. Dynastie vergleichbar wäre. Offenbar haben wir die manethonischen Zahlen sehr bedeutend zu reduciren, die Hyksosherrschaft als den §. 107 besprochenen kurzlebigen Herrschern im wesentlichen gleichzeitig zu be- trachten und an diese unmittelbar die ersten Herrscher des Neuen Reiches anzuknüpfen, welche den Befreiungskampf unleraahmen. Wenn wir auf die ersten Könige der 13. Dy- nastie (§. 105 f.) da Zahlenansätze sich einmal nicht ver- meiden lassen etwa 150 Jahre rechnen, so würden vom Ende der 12. Dynastie bis auf die Vertreibung der Hyksos unter A'ahmes höchstens etwa 400 Jahre zu rechnen sein. Im übrigen wissen wir nur noch, dass ein Hyksoskönig Nubti 400 Jahre vor Ramses II. geherrscht hat.

Aus Manetho sind die Namen der ersten sechs Hyksoskönige bei

Jos. und Afric. erhalten : Satrrj^ oder SdXatK;, Bvdiv, ^Anax^dv, ^A^piucpK;,

•todv (und var.), ''ApxX7j(; oder 'Aoo-fj^*. üeber die maneth. Daten vgl.

^RjiAX, ÄZ. 1880, 125. Auf den Denkmälern sind ihre Namen meist

Völlig zerstört; bekannt sind nur: 1) König Sel*apehti Nubti, nach dessen

iQQ. Jahre eine Stele in Tanis unter Ramses II. datirt ist. Publicirt

^on Mabiette, RAn. XL 169 ff., besprochen von dems., de Rouge, RAn. IX,

Cbabas, ÄZ. 1865, 29 fT. Dass Nubti ein Hyksoskönig war, scheint nach

Einern von Set hergeleiteten Namen und Titel unzweifelhaft. Nach

WiEDEMA5iv, ÄZ. 1879, 140 findet sich ein ähnlicher Name auch auf Bige

^i Philae ; ob der in Abydos gefundene Skarabaeus bei Mariette, Abydus

^^« 40 r wirklich ihm zugehört , erscheint mir sehr fraglich ; dagegen ist

derselbe Name vielleicht auch in dem auf eine ältere zu Teil Moqdam

^i Tanis gefundene Königsstatue gekritzelten Namen zu erkennen

Oübiette, RAn. III, 886, IV, 259, mon. div. 63 c; Erman, ÄZ. 1877, 37).

tieidcr wissen wir nicht, in welche Zeit der Hyksosherrschaft König

^ubli gehört Ganz unhaltbar sind die Constructionen von Wiedemann,

ÄZ. 1879, 140 ff. (dagegen Piehl, Rec. de travaux II, 121) und Krall,

^mpos. des maneth. Geschichtswerks 104 f. [Dass die dem Bokchoris bei

Manetho zugesetzte Notiz »990 J.« sich nicht auf eine Aera, sondern auf die

Ansetzung des Exodus unter diesen König durch Lysimachus bezieht, hat

J-»ACTH, Aeg. Ghronol. 212 zuerst erkannt ; vgl. Gelzer, Africanus I, 204 f.]

^cb mache noch darauf aufmerksam, dass auf der Stele Ramses den

^'ubli weder als seinen Ahnherrn bezeichnet, noch irgendwie verherrlicht.

^lEL, Sonnen- und Siriusjahr der Ramessiden, bezieht die Aera auf die

Abbuche Einführung eines festen Jahres [im J. 1766 v. Chr.] ; sie kann

j^och auch irgend welche andere Veranlassung haben. 2) König

138 Erstes Buch, fünfter Abschnitt,

Ra"aus Apepi (I.) s. §.111. 3) Ra^aqenen Apepi (II.), der seinen Namen auf die Schultern der beiden Golosse des Menna^*u in Tanis (§. 106) gekratzt hat: Mariette und de Rouge, RAn. III, 102, V, 298. 308; J. DE RoüGifi, Inscr. 76; Mariette in M61. d'arch. ifegypt. et assyr. I, 66. 4) Der König Apepi (IIL) des Pap. Sa liier I. Dem Namen Apepi ent- spricht bei Manetho ^A^w^ic; die Annahme, dass SdXaxt^ und BvcBv monumental nachweisbar seien, war ein Irrthum, s. Erman, ÄZ. 1877, 37. Ob der Turiner Papyrus in seinem erhaltenen Theil noch die Hyksos aufgezählt hat, ist fraglich; man ergänzt indessen in Fr. 112, das dann an den letzten Schluss des Pap. gehören würde, zwei mit A beginnende Namen gewöhnlich zu A[pepi]. Ueber die BerQhrungen zwischen der 13. und 17./18. Dynastie, namentlich in den Eigennamen s. LiEB^^uf, ci^ron. 4g. 126 fif.

Culturentwickelung. Abschluss des Aegypterthums.

§. 113. In der hinter uns liegenden Epoche der politi- schen Zersetzung und Fremdherrschaft ist die Ausbildung des Aegypterthums zum Abschluss gekommen. Auf allen Gebieten, des Lebens werden die Resultate der Jahrhunderte oder Jahr- tausende langen Erfahrungen zusammengestellt zu emem festen. Schema, das fortan als maassgebend und bindend gilt uad natürlich als göttlichen Ursprungs speciell als OfifenbanuiB des Dhuti (Hermes Trismegistos) betrachtet wird. D^n folgenden Generationen ist höchstens noch eine weitere Aus- spinnung des Details überlassen. Natürlich ist vor allem As^^ religiöse Leben diesem Ritual völlig unterworfen; auf religiösemrÄi Gebiete hat sich das Schema ja auch in erster Linie entwickelt und das Streben, in den Zeiten der Noth die Götter dur»l genaueste Befolgung ihrer Satzungen wieder günstig zu stimme^^i wird wesentlich mit zu seiner Ausbildung beigetragen habe:^^' Alles ist fortan auf diesem Gebiete stereotyp; jeder Hymnus, jec^^ Tempelinschrift wird nach einem bestimmtem Schema verfa^^ und bis ins unendliche begegnen wir immer wieder denselb^^ Formeln und Anrufungen. Das Geremoniell des Gultus i-^' natürlich bis ins kleinste Detail vorgeschrieben; zahlreict^^ Ritualbücher der einzelnen Tempel sind uns erhalten. I>>^ Todtentexte werden definitiv redigirt, die Masse der einzeln^^

Abschluss der aegyptischen Gultur.

139

auf die Identität der Todten mit Osiris und den anderen Götlem bezüglichen Capitel zu einem grossen »Buch vom Hervortreten bei Tagec zusammengefasst, an dem die Folge- zeit wenig mehr geändert hat.

Von den 42 heil. Büchern des Hermes, welche die gesaromte Weis- heit der Aegypter zusammenfassten, berichtet Giern. AI. Strom VI, 4 ; im öbrigen Tgl. Jamblichos, De myst. 8, 4; spätere erzählen von 20,000 oder B6|500 Büchern des Hermes, ib. 8, 1. lieber die erhaltenen RitaalbQcber s. v. Lemm, Das Ritualbuch des Ammondienstes 1882. Dass die Hymnen der Tempelinschriften keine für den augenblicklichen Bedarf Terfassten Neuschöpfungen sind, sondern durchweg festen Vorlagen mit geringen Umänderungen entnommen, ist mehrfach bemerkt worden. Mehrere derartige Vorlagen besitzen wir noch, so den berühmten Amonshymnus von Bulaq (§. 115 Anm.). Hierher gehört auch das Ritualbuch der Einbälsamining : Maspero, Mem. sur quelques papyrus du Louvre 1875 (io DoL et extraits XXV, 1).

§. 114. Aber auch auf allen anderen Gebieten herrscht fortan die gleiche Anschauung. So regelte ein kanonisches Buch bis ins kleinste, wie der König sein Leben zu gestalten, Was er in jeder Stunde zu thun und zu lassen habe, und Wenn er sich auch oft davon emancipirt haben mag, so be- gegnet eF uns doch in allen officiellen Darstellungen immer in demselben steifen festgeordneten Ceremoniell« Ebenso gelten die Satzungen der Rechtsbücher als heilige, von den Göttern bestimmte Ordnung (Pap. Lee). Die v^rissenschaftlichen Er- gebnisse werden in gleicher Weise behandelt, das Streben, die gewonnenen Resultate festzuhalten, und der Respect vor der Weisheit der Ahnen führen zur völligen Erstarrung. So be- handeln die heiligen Schriften die Lehre von der Welt, von der Geographie Aegyptens, von der Sonne und den Sternen. Sechs Bücher umfassen die Gesammtheit des medicinischen Dissens, und die Aerzte sind verpflichtet, ihre Patienten nach den Vorschriften derselben zu behandeln. »Wenn sie aber von den geschriebenen Vorschriften abweichen,« berichtet Diodor I, 82, »können sie auf den Tod verklagt werden. Denn der Gesetzgeber nahm an, dass nur sehr selten Jemand mehr Einsicht haben werde ^Is die lange Zeit hindurch befolgte und von den kundigsten

140 Erstes Buch, ffinllcr Atwrtmitt

Männern zusammengestellte Ordnong.c Eines diestf Biieber, du über die HeQmitte), ist ans in einer in doi Jalnen 1533— SO im 9. Jahre eines unbekannten Königs Gcrh(?)-?-rrf, wahr- scheinlich eines Hyksoskönigs, geschrieb«ien Handsdiriftt dm Papyrus Ebers, erhalten. Dasselbe ist ein Sammdwetk, du neben sehr alten auch einzelne Stucke enthalt, wdche sdioi die Sprache des Neu»i Reichs zagen : es kann also nicht tU Trüber zusammengestellt sein als das Datum, wekbes dk Handschrift trägt Wir finden in demselben eine Masse oft sorgfältiger Beobachtungen und «ne eingdiende Kenntniss dff Anatomie, daneben aber gelegentlich andi recht wunderfick Recepte und Zauberformeln, die natürlich bei den Gorai durchweg eine grosse Rolle spielten.

IVr KXrj^-.r::'.': =Tir:xns:. =>*:> al das zvate der Formelbächer ki] Cc*c:«r.$: Au$r:^^ ianas bei Diod. I. 70 fT. UeberliaQpt geht DioM IHrstel^ucf des le^rptbchea Lebecs und ihrer Lehren hn wesentlicki :ci:rvc: auf diese Schrftec iar3fk. «ohei natürficfa lOrewUndiiM^ ucd r.azQ<fiUxh fco»« rehertre^bGo^en ni Gonstcn der Acfrpter. nicM ai;ssipKch\>5iSiKi sied. [Vas Matenal Iher das aefTpCische Gerichlf1t^ Ähryc v'ich den Y:nrb*::er. tcc Bt? .■^, Cruea-^. Dtteri^ u. a,) ist irf Grur.i de^r eri^ait^ii-n rr,v<s85;i::«i x^sasi^-fc^-st-lSt cnd besprochen wi r -xiiv A/. l>:^i. 71. US. le^er i:- kil-cdar^-te Xotii de* Pap. Eb«« 5. $. 4CV rVi ii5 Wr-i 1-5 i-- urteraffTTr-t^k« SUdten Acn (Heliopofi^ ur.d :Ni:* berrorpv*='f = »t^i *-- **-r*i d^r K^«jf ein Hjksotfkdnif «i w.y' v'?:. urwr dfc: -Vc =11:1^:=. Fat, f-sctriebec isc v^\. 111). Ueb«

$. lITv Ar.f rv>>*Cvt:ri G-ebiV.e werfen früher ent- \>vit.:t" LSvr. v^:: rXl^^ i^:hi>HShr*. Jedtr Gott ist n* >v.t".v. Ar wr^,: >r::$ch, r.ur r^j:^ Ferra des grossen Em« l rri;x:,r~:;:r, .Vr ::rr.vr r.*«e-hr xv^ w^:;fer ab Sonnengott K^ p:.i :h: w :v:. ^^St rji:r. v>r. .ir-ie-i«! Cuhurstatten bald ^i>;^r. K-.,: v--:r. \Ar.>r. xs v>?r. hft::r<5;ich5cfa5ten führt. Vv^r Ä V V >: o< r,\::.: :h .Vr :Scur^b? Amoo. »der Köoif ^itr i: v,,N.^ .V- r.Tr-M- <> : -r Mur.rT«, vkr als der Alleinip, a\ »i vv.:.<:.r '. ^>rri:v^" \^ -•: ire?- ei^»so m Memphis '^! ^^ l >^-^' \a:\v. vr -^ c-^r ie< Himroeb und *r Kvv., :V-;r r^- ,..^ w.^^f,.^^ 7^:-.^ iirtec«! besonders der

Die hennetischen Bücher. Abschluss der Religion. 141

Niigott u. s. w. Hand in Hand damit geht die symbohsche Ümdeotung und Auslegung der Attribute, die Hineinlegung eines geheimen Sinnes in jede Gultushandlung. Die Osiris- iehre gelangt zu voller Herrschaft und detaillirter Ausbildung. Osiris gilt jetzt naturlich durchaus als ein alter König, als £egränder der Gultur und alles Segens, der nach seinem Tode im Westreich herrscht. Ueberall in Aegypten zeigt man die Heliquien seiner Herrschaft, vor allem seinen Leichnam, weiss von den Rachekriegen des Horus gegen seine Feinde zu be- richten, und die Aufgabe der Priesterschaft ist auch hier wieder die Ausgleichung der verschiedenen Traditionen, was u. a. dadurch geschieht, dass man erzahlt, Osiris Leichnam sei zerstückelt worden, jeder seiner Haupttempel bewahre eines seiner Glieder als Reliquie. Es entwickelt sich eine voll- ständige Osirisgeographie , jeder Nomos, jeder wichtigere Ort erhält neben dem profanen einen heiligen auf die Osirissage bezüglichen Namen.

Hierher gehören die zahlreichen pantheistiscben, aber durchweg von crass materiellen Anschauungen durchsetzten Hymnen, z. 6. der berühmte Amonshyronus von Bulaq (übersetzt von Stern, ÄZ. 1873; Gr£baut, Hymne ä Amon-Ra 1874 [Bibl. de V6c, des hautes 4tudes XXI] ; GooDww, Tr. Soc. Bibl. Arcb. II, RP. II), die Nilbymnen (Goodwin, Cambridge Essays; Maspero, Genre ^pistolaire; Stern, ÄZ. 1873, RP. X) und zahreicbe andere. Femer die in den Königsgräbern mehrfach auf- gezeichneten »Lobpreisungen des Ra*c (Naville, La litanie du soleil 1875) u. ä. Die heilige, auf dem Osinsmythus beruhende Geographie liegt den Nomenlisten (§. 46) und sonstigen geographischen Texten durch- vreg zu Grunde. Hier ist das Detail bis in die ptolemaeische Zeit immer heiter durchgearbeitet und specialisirt worden.

§. 116. Auch im Todtendienst schreitet die Ausmalung des Details rüstig fort: es gibt ja kein Gebiet, wo »der im Absurden lustwandelnde Verstand« sich so völlig frei ergehen könnte wie hier. Die Laufbahn nach dem Tode, die Pforten der Unterwelt, die Geister, welche sie bewachen, die Dämonen, Welche dem Todten nachstellen, die Zauberformeln gegen die- ^Iben, die Mittel, um ganz sicher wieder in den Besitz des Herzens, der Bewegung, der Sprache zu gelangen, um »Gestalten anzu-

142 Erstes Budi, fünfter Abschnitt.

nehmen, welche man will«, wieder auf Erden einberzuwandeln,! im Gefilde der Seligen ein mülieloses Leben zu führen mit4 zahllosen Knechten und reichen Gütern all das wird ins breiteste ausgeführt, namentlich in der Namenerfindung sind die Aegypter unerschöpflich. Neben die Zauberformeln treten als äusserst wirksam die Ämulele, die früher nur eine unbe- deutende Rolle spielten, während jetzt ihre Zahl bis ins unendliche wächst. So beginnt man jetzt dem Todten Puppen ins Grab zu legen, die auf den Gefilden der Unterwelt für ihn arbeiten sollen, u. ä. Natürlich sind aile diese Dinge äusserst geheimnissvoll und dürfen Niemandem milgelheilt werden, der nicht eingeweiht ist. Inneren Werth hat untw all dem neu Hinzugekommenen nur eine Vorstellung, von dem im Westreich vor den 42 Beisitzern des Osirls zu bestehendei Todtengerichf , bei dem der Verstorbene erklärt, keine i 42 Hauptsünden begangen zu haben wir wissen, dass moralischen Anschauungen der Aegypter hoch entwickelt wareO Indessen auch dieser schöne Gedanke ist völlig durchsetzt vom Zauberwesen; jeder der Richter hat z. B, einen möglichst absurden Namen und eine dem entsprechende Gestalt, die Todte kennen muss, und schliesslich ist das Recitiren det Formel auch hier die Flauptsache,

Neben dem Todtenbuch behandeln auch andere Werke diese Vor- stellun^n, x. B. das Buch >von der Unterwelt« (ami (luat; (thers. ' PiERnET, Irscr. ired. du Louvre 1, 103 ff.; Lefeburk, BP. X. XI!), >das Buch vom Durchwandern der Ewigkeit* (ed. v. Berkmakn) u. s. Die Usebli's (Arbeiterflguren in Mumien geslall) beginnen in Abydos der 13. Dynastie: Hahiette, Ahjdos III, S. 45. Ueber die griechischea Anfiaben über ein wirkliches Todlengericht auf Erden s. Buch VI.

§. 117. Die nothwendlge Folge dieser Entwickelung dass fortan der Aberglaube alte Anschauungen beherrsch^ aller Sinn für eine natürliche Auffassung der Verhältnis) schwindet, ein ängslllches Ausspähen nach Vorzeichen, Ver- meiden ominöser Handlungen u. ä. das ganze Leben beherrscht- Die Wissenschaft von dem was man in jeder Stunde thui darf oder uoterlaBsen muBs, ob ein Tag heilbringend iat oj»

Magie. Charakter des Neuen Reiches. 143

verderblich, welche Formel bei jedem Unternehmen zum Segen fuhrt u. ä. mehr, wird eine der wichtigsten. Und neben die offidelle Magie tritt natürlich eine geheime, zu bösen Zwecken betriebene, die zwar mit den strengsten Strafen be- droht ist, aber doch Adepten in Masse findet. Hier und hier allein war es möglich, noch Neues zu leisten, d. h. die alten Absurditäten noch zu überbieten. So ist den späteren Zeiten des Neuen Heichs die Entdeckung vorbehalten geblieben, dass die für Zauberzwecke und ein glückliches Leben nach dem Tode wirksamsten Namen der unbekannten Götter und Dä- monen in absolut sinnlosen Zusammenstellungen von Buch- staben beständen.

Hierher gehört eine Reihe halb oder ganz magischer Handschriften tos der 20. und 21. D3rnastie; so der Kalender des Pap. Sallier IV., der bei jedem Tage angibt, ob er Segen oder UnglQck bringe u. s. w. (Ghabas, Le calendrier des jours fastes et n^fastes 1868); der Papyrus magique Harris (ed. Chabas 1860i neue Uebersetzung in s. M^langes m, 2) u. ä. Sinnlose Bucbstabenverbindungen finden sich schon im Londoner med. Papyrus (ZDMG. XXXI, 452) und dann in allen magischen Texten, sowie in den späten cp, 163—165 des Todtenbuchs, die man mit der Bezeichnung »pantheistisch« beehrt bat. Dies Treiben hat sich bis in die christliche Zeit als »geheime Wissenschaft der Aegypterc fort- gesetzt, natürlich gelegentlich mit allerlei fremden Elementen durchsetzt. Vgl.PARTHET, Zwei Zauberpapyri des Berliner Museums, Abb. Berl. Ak. 1865.

§. 118. Auf politischem Gebiete liegt fortan der Schwer- punkt noch weit mehr als früher in den Händen der Priester. Sie, die Inhaber der altererbten heiligen Weisheit, leiten und regeln das Leben des Königs wie der Unterthanen, zu ihrem ond der Götter Nutzen wird der Staat vollständig ausgebeutet. Der Hauptruhm der Könige des Neuen Reichs ist, gewaltige Tempelbauten aufgeführt, den Göttern reiche Gaben zugewendet zu haben. So gelingt es den Priestern zuletzt, sich auöh äusser- lich in den Vollbesitz der Macht zu setzen, die Krone selbst zu usurpiren.

So besitzt das Aegypten des Neuen Reichs zwar eine hoch- ^twickelte und durchgebildete materielle Cultur, steht aber <loch in seinem geistigen Leben weit unter dem alten. Aegypten

144 Erstes Buch, fOnflter Abschnitt

ist nicht das einzige Land, in dem das Hervortreten bäerer Ideen, tieferer religiöser Entwickelung zuletzt doch zum Rück- schritt, zur vollständigen Erstarrung gefuhrt hat; aber es isl typisch für diese Erscheinung. Ein einziges Bfal ist der Vo^ such gemacht worden, zu reformiren, die alles beherrschende religiöse Grundidee rein hinzustellen soweit das eineB Aegypter möglich war durch König Chuenaten; naä kurzem Scheinerfolg ist er gescheitert.

Trotzdem erreicht Aegypten noch einmal eine f^)Oche da hellsten Glanzes. Ein neuer fremdartiger Geist ist über dtf Volk und seine Herrscher gekommen : die Lust am Kri^ wi am Erobern ist im Kampfe gegen die Hyksos erwacht b* dessen auf die Dauer hat derselbe in Aegypten keinen Pbb; es ist charakteristisch, dass gerade die grössten Kriegsfärsta^ Dhutmes III. und Ramses II., in beredten Worten über dt Kleinmuth und die Unzuveriässigkeit ihrer Truppen UafO. Sie sind genöthigt, fremde Völker anzuwerben, mit aaswi^ tigen Söldnern ihre Kriege zu führen, und bereiten so schlief lieh der Fremdherrschaft den Weg. Im Innern aber en/SM die urwüchsige Kraft, auf der das Leben einer Nation beroMi mehr und mehr unter der Last der Tradition; die Rdigioi mit allem was daran hängt tritt an die Stelle des NatkHtfl' grefühls. Kurze Zeit, nachdem die Priester ihren Bau tflU- endet haben, indem sie sich selbst die Krone der Pbaraooes aufs Haupt setzen, geht die Selbständigkeit der Nation Be alle Zukunft verloren.

Zweites Buch.

Altbabylonisclie Geschichte.

Quellenkunde zur babylonisch -assyrischen

Geschichte.

Die Keilschrift

§. 119. Bekanntlich haben die Monumente der Perser- könige die Grundlage der Entzifferung der Keilinschriften ge- bildet. Dieselben sind in drei Sprachen abgefasst. Voran steht der in einer sehr einfachen Silbenschrift geschriebene per- sische Text, dessen Sprache, seit Grotefend 1802 durch eine geniale Gombination den Weg gezeigt hatte, durch Burnouf und Lassen (1836) und ihre Nachfolger völlig erforscht worden ist Dann folgen zwei in weit complicirterer Schrift ge- schriebene üebersetzungen, die susische oder elamitische [falsch- lich auch skythisch oder medisch genannt] und die babylonisch- -assyrische. In der Sprache der letzteren, der sog. dritten Keilschriftgattung, sind auch die zahllosen Inschriften abge- hst, welche seit 1842 auf Palastwänden, Backsteintafeln und Zylindern aus den Ruinen Ninive's und seiner Nachbarstädte, sowie aus den Schutthaufen, welche die altbabylonischen Städte bedecken, an den Tag gefördert sind. Die Entzifferung derselben ist seit 1849 den parallel laufenden, sich vielfach ^fganzenden Forschungen von F. de Saulgy, Sir Henry Raw- '''^j?ON, HiNCKs, Opfert u. a. gelungen. Während die ersten

Hey er. Geschichte des Alterthums. I. 10

X46 Zweites Buch. Babylonisch-assyrische Quellenkunde.

Entzifferer vielfach sehr kühne Combinationen wagen und zu oft willkürlichen Hypothesen greifen mussten, um ihr Ziel zu erreichen, haben die besonnenen kritischen Arbeiten des letzten Jahrzehnts das Erreichte noch einmal gesichtet und eine so feste Grundlage der Forschung geschaffen, dass in dieser Beziehung die Assyriologie hinter der Aegyptologie nirgends zurücksteht. Nur hat, da sie weit jünger ist als letzlere, das ausserordentlich umfangreiche Material noch nicht in dem Maasse wie in Aegypten nach allen Seiten hin durch- gearbeitet werden können. Es kommt hinzu, dass während in Aegypten die Durchforschung des Landes einigermaassen vollendet ist, dieselbe in Assyrien noch lange nicht durch— geführt ist und in Babylonien kaum begonnen hat. Gerade gegenwärtig bringt jedes Jahr eine Fülle von neuem und ofl ausserordentlich wichtigem Material.

Die Angriffe» welche vielfach, namentlich von A. v. Gutscbmid (Neue Beiträge zur Geschichte des alten Orients 1876) gegen die Zuve^ lässigkeit der Entzifferung gerichtet sind, haben zwar in vielen Einzel- heiten ihre Berechtigung» da namenüich unter den älteren Assyriologen manche oft recht flüchtig gearbeitet und ganz unbegründete Annahmen als neue Entdeckungen ausgegeben haben. Indessen den Kern der Sache treffen sie nirgends, und ein Text wie z. B. die grosse Inschrift Tiglatpileser*s I. lässt sich, von einigen wenigen Stellen abgesehen, ebenso sicher übersetzen wie etwa eine griechische Inschrift. Vgl. ScHRAOER'sRephk *- Keil Inschriften und Geschichtsforschung 1878. Speciell kommt hier noch der grosse Vorzug der assyrischen Keilschrift gegenüber alleti. anderen orientalischen Schriftarten in Betracht, dass die Vocale regel' massig geschrieben werden und daher ein Zweifel über die grammatisch^ Form, wie er bei den aegyptischen oder gar bei den westsemi tische ^ Inschriften häufig vorkommt, hier nur selten möglich ist.

§. 120. Die Keilschrift ist von den ältesten Bewohner'^ Babyloniens, den Sumeriern und Akkadiern, erfunden word^"^ und ist ursprünglich eine Hieroglyphenschrift. Da aber d^^ gewöhnliche Schreibmaterial aus Thon tafeln bestand, in Ä^^^ man die Zeichen mit dem Grififel eingrub, so erhielten du^ selben eine eckige Gestalt und wurden bald in eine Cor*^' bination von Strichen aufgelöst, aus denen durch fo^"^" schreitende Vereinfachung die gewöhnliche aus den Zeich ^'^

Die Keilschrift. U7

( J zusammengesetzte Keilschrift hervorgegangen ist. tem der Schrift ist der aegyptischen in den meisten [ analog. Nur fehlt ihr das Element des Buchstabens ihre einfachsten Elemente sind Zeichen für die Vocale die aus Vocal -f- Consonant zusammengesetzten Silben, iplicirtere Silben verwerthete man entweder besondere

oder man schrieb für pat: pa-at, für pi: pi-i u. s. w.

und Verba wurden ursprünglich meist ideographisch ben. Determinative (die meist vor dem Wort, nicht, wie optischen, hinter demselben stehen) fehlen nicht, eben-

die phonetische Ergänzung, nur werden diese Elemente Ceilschrift seltener verwandt als im Aegyptischen. So

let der Stern $j^, abgekürzt ^^f, zunächst den Himmel 1 daher auch das Silbenzeichen an ; daneben aber auch »rt dingira »Gott«, in weichem Falle gewöhnlich das

)Che Complement ra hinzutritt: ►»^f ^^Tf. Zugleich

^1 regelmässig als Determinativ vor Gottesnamen.

le Reihe von Völkern hat sich dieses Schriftsystem let und es dabei mehr oder weniger umgestaltet. So t die in Babylonien eingewanderten Semiten (Chaldaeer) Assyrer (s. §. 143); weiter die Elamiten (Susier), end- ! Armenier. Die persische Keilschrift ist durch tief- e Reductionen aus der babylonischen entwickelt.

)er den hieroglyphischen Ursprung der Keilschrift s. Houghton, n, 454; Haupt, akkad. und sumer. Keilscbrifitexte 157 ff. msch-akkadische Sprache, deren Existenz zuerst Opfert deut- nnt hat, hat man erst in neuester Zeit wissenschaftlich zu be- begonnen. Die Aussicht, zu einem gründlichen Verständniss i vorzudringen, verdanken wir vor allem den Arbeiten von ?T, Delitzsch und Haupt. Der Versuch von Hal^vy, die Existenz merisch-akkadischen Sprache zu bestreiten und die in ihr ab- Inschriften fdr assyrische Geheimschrift zu erklären, führt zu iderlichsten Consequenzen und kann nur als völlig verfehlt be- werden; vgl. Schrader, ZDMG. XXIX.

148 Zweites Buch. Babylonisch-assyrische Quellenkunde.

Quellen und neuere Werke.

§. 121. Unter den auf uns gekommenen keilinschrill- llchen Denkmälern findet sich weit mehr historisches Material als in Aegypten. Zunächst officielle oder halbofScielle Ur- kunden: Inschriften aus den Tempeln und Palästen, welche die Bauten und die Kriegsthaten der Könige aufzählen; Stif- tungsurkunden von Tempeln, welche in deren Fundamenten vergraben wurden; Documente aus den Archiven, welche Berichte und Eingaben an die Könige, Briefe u. ä. ent- halten; ferner zahllose privatrechtliche Urkunden über Kauf- verträge, Darlehen u. s. w. Daneben ist aber die eigent- lich historische Literatur weit mehr entwickelt, als dies in Aegypten der Fall gewesen zu sein scheint. Im allgemeinen trug jeder König dafür Sorge, dass bei seinen Lebzeiten ein ausführlicher officieller Bericht über seine Thaten verfasst wurde; in einzelnen Fällen, wie bei Nabünähid (Nabonedos), ist derselbe auch erst nach seinem Tode abgefasst oder ergänzt worden. Meist sind diese Reichsannalen auf Cylindern oder Prismen aus Thon aufgezeichnet, häufig liegen sie uns in mehreren Exemplaren vor. Daneben gab es zahlreiche historische Werke. Wir besitzen die Bruchstücke einer Darstellung der Beziehungen zwischen Assyrien und Babylonien, die sog. »synchronistische Tafel«, und Fragmente einer kurzen Geschichte babylonischer Könige. Durchweg sehen wir, dass die Könige, wenn sie z. B. einen alten verfallenen Tempel restauriren oder ein von Feinden geraubtes Götterbild wiedergewinnen, über die Geschichte derselben genau orientirt sind und ganz bestimmte chronologische Angaben darüber geben können, ganz anders als in Aegypten. An der Existenz detaillirter Werke über die Geschichte As- syriens und Babyloniens können wir daher nicht im Zweifel sein.

Wie für die (gesummte babylonisch - assyrische Literatur hat auch i'Qr die Geschichte die Bibliothek, welche der letzte grosse Assyrerköuig«».^ Assurbanipal , in seinem Palaste zu Ninive anlegen Hess, die grösste Be deutung. Zahlreiche alle Urkunden, Cylinder, Briefe wurden für dieselb«^^ neu abgeschrieben und zusammengestellt und haben sich bis auf unsere Tage erhalten. Die Fragmente der synchronistischen Tafel sind grOssten-

Monumentale Quellen. 149

IheiLs II R. 65, I. in H. 4, 3 publicirt ; Ueberseizung von Sayce, TrSBA. II, 120 ff. (nur mit Vorsicht zu benutzen!) Ein neues Fragment bei Smith, Assyr. discov. 250; die Kenntniss einiger weiterer verdanke ich Fkiedr. Deutzsch. Bruchstücke einer babyl. Chronik: Smith, TrSBA. III, 361. Dazu die KOnigslisten, welche Pinches, Proc. SBA. 7. Dec. 1880 and 11. Jan. 1881 publicirt hat. Die letztere, von der frOher nur das fälschlich fQr ein chronologisches gehaltene Bruchstück II R. 65, 2 bekannt war. gibt kein chronologisches V«rzeichniss, sondern stellt die Namen ledig- lich nach etymologischen Gesichtspunkten zusammen. Im übrigen ist zu be- achten, dass zwar Assurbanipal die Zeit des Kudumanchundi (2280 v. Chr.) genau bestimmt, aber Nabünähid die Epoche des §agaraktiaä (um 1460) offenbar nicht genau anzugeben weiss (I R. 69). Dagegen kann er die des Naramsin, des Sohnes des Sargon, ziemlich genau bestimmen: §. 133.

§. 122. Da Ninive und seine Nachbarstädte von Feindes- hand zerstört und nur vorübergehend wieder besiedelt worden sind, haben sich unter dem Schutt die Urkunden und Wand- inschriften, sowie die Literatur werke der Bibliotheken in grossen Massen erhalten. Wir besitzen so, wenigstens für die Blüthezeit Assyriens, ein äusserst reichhaltiges Material, das uns eine Wieder- herstellung seiner Geschichte in allen Hauptzügen ermöglicht. In Babylonien dagegen hat sich, weil die Städte langsam verfielen ond viel Material zerstört oder verschleppt wurde, weit weniger erhalten, und da die zahlreichen Trümmerhügel des Landes bis jetzt erst höchstens ganz oberflächlich durchforscht sind, ist hier unser Material fast durchweg nur sehr dürftig. Ueberall klafifen die grössten Lücken, die wichtigsten Fragen lassen sich oft lacht beantworten, von irgendwelcher Vollständigkeit kann noch nirgends die Rede sein. Im Alterthum war die Sachlage gerade umgekehrt. Mit der Zerstörung Ninive's Wurden auch die Dokumente seiner Herrscher begraben, die Erinnerung an die Assyrer verblasste zu verschwommenen Vorstellungen von ihrer ehemaligen Macht und Herrlichkeit, ihre Herrscher wurden zu rein sagenhaften Gestalten. Was nns bei den griechischen Schriftstellern anders verhält es sich natürlich mit den gleichzeitigen Angaben der Hebraeer ^r assyrische Geschichte erzählt wird, ist historisch völlig ^erlhlos. In Babylon dagegen wurde die Continuität nicht unterbrochen ; die einheimische Sprache wurde bis weit in die

150 Zweites Buch. Babylonisch-assyrische Quellenkunde.

hellenistische Zeit hinein gesprochen, die alten Documente blieben zugänglich, die Priesterschulen bestanden nach wie vor. Was die Griechen (z. B. Herodot und Ktesias) auf Grund eigener Forschung über Babylon berichten, steht auf gleicher Linie mit dem, was sie über Aegypten erzählen (§. 31), d. h. ihre historischen Angaben sind nur für die spätere Zeit von einiger Bedeutung und durchweg mit griechischen Anschauungen und Erzählungen durchsetzt, während ihre Schilderungen der be- stehenden Zustände einen hohen Werth haben.

Von den griechischen Berichten Jiber Assyrien und Babylonien (Ninos, SemiramiS; Sardanapal u. s. w.) gilt durchaus das §. 31 Qber die griechische Darstellung der aegyptischen Geschichte Bemerkte.

§. 123. Um so wichtiger und zuverlässiger war dagegen, so weit wir urtheilen können, die Darstellung, welche um 290 V. Chr. der babylonische Priester Berossos in seinen BaßoXwviaxd (3 Bücher) gab. Wie er die babylonische Ge- heimlehre, die Astrologie, den Griechen zugänglich gemacht hat, suchte er sie auch mit der uralten Geschichte seiner Heimath bekannt zu machen, und liess es hier so wenig wie Manetho an Polemik gegen die landläufigen griechischen An- sichten fehlen. Nicht nur seine astrologischen Werke, son- dern auch seine Geschichte sind viel gelesen, weit mehr als Manetho. Apollodor hat sie benutzt, Alexander Polyhistor excerpirt, Athenaeus und Josephus geben Auszüge aus ihr. Schliesslich hat in der Kaiserzeit Ahydenos für seine assyrische Geschichte das von Berossos gegebene Material überarbeitet. Aus diesen abgeleiteten Quellen haben die Kirchenväter, nament- lich Eusebius in seiner Chronik, zahlreiche Bruchstücke be- wahrt. Leider beziehen sich dieselben fast ausschliesslich auf die Sagengeschichte der Urzeit und auf die Epoche der näheren Berührung zwischen den Hebraeern und Babylon von Sanherib abwärts. Von Berossos' Darstellung der grossen dazwischen liegenden Epoche ist nur eine ganz kurze Skizze erhalten, welche die von der Fluth bis auf die Chaldaeerkönige Phul und Sanherib regierenden Herrscher in sechs Dynastien ein- thoiit und ihre Zahl und Regierungsdauer angibt. Leider werden

Berossos. 151

anders als bei Manetho in unseren Auszügen gar keine Namen

genannt, so dass die Einordnung der uns monumental bekannten

Könige in diese Dynastien nur sehr theilweise möglich ist. Ueber-

dies ist bei der 3. Dynastie die Zahl ihrer Jahre ausgefallen, so

dass wir die Zeit der beiden ersten nur annähernd bestimmen

können. Man nimmt gewöhnlich an, dass die 6. Djrnastie

mit dem Beginn der Aera Nabonassar's 747 v. Chr. (§. 126)

abschliesse, und diese Annahme ist, wenn auch durch nichts

bewiesen, doch nicht unmöglich. Vielleicht aber hat Berossos als

Endpunkt der 6. Dynastie die Eroberung ßabyloniens durch den

Assyrerkönig Tiglatpileser (Phul) betrachtet, die ins Jahr 731

fallt; dann sind alle Daten um 16 Jahre herabzurücken. So

erhalten wir folgendes Schema:

1. Dyn. 86 Könige nach der Fluth 33,091 (oder 34,080) J.

2. 8 Meder 224 (var. 190) J.

3. ^ 11 Könige . . .

4. ^ 49Chaldaeer458J. = 1976-1519oderl960— 1503.

5. ^ 9 Araber 245 J. = 1518— 1274 ^ 1502-1258.

6. 45 Könige 526 J. = 1273— 748 » 1257-732.

Ob diese Angaben, abgesehen von der natürlich rein mythischen Zahl für die 1. Dynastie, durchweg historisch zu- verlässig sind, lässt sich bis jetzt nicht entscheiden. Im all- gemeinen kann nach dem früher Bemerkten nicht bezweifelt werden, dass zur Zeit des Berossos die Herstellung einer auch chronologisch correcten Geschichte Babyloniens bis ins dritte Jahrtausend v. Chr. hinauf vollkommen möglich war. Dass dagegen für die älteren Zeiten d. h. die 1. Dynastie und gar für die Zeit vor der Fluth ein auf theologischen Com- Wnationen beruhendes .chronologisches Schema zu Grunde ge- 1^ wurde, ist selbstverständlich.

Die Fragmente des Berossos s. bei Müller, Fr. hist. gr. II. Die öynaslienliste bei Eusebius, Ghron. I, 23 f. Schoene. Die Angaben des ^nkellos p. 147. 169. 172 ed. Bonn, beruhen offenbar auf arger Entstellung ^^^ Berossos; seine Liste von 7 chaldaeischen und 6 arabischen Königen '^ historisch nicht verwerthbar. Die zahlreichen an Berossos geknüpften ^nibinationen , z. B. die lange Zeit herrschende Gleichsetzung der

152 Zweites Buch. Babylonisch-assyrische Quellenkunde.

6. Dynastie von 526 Jahren mit Herodot's 520 Jahre dauernder Assyrer- herrschaft (I, 95), brauchen jetzt nicht mehr aufgeführt lu werden, da sie jeder Grundlage entbehren. Zu Berossbs' Urgeschichte vgl. LiaroRMAifT, Essai d*un commentaire sur les fragments cosmogoniques de B4rose 1871-

§. 124. Die Möglichkeit einer Erforschung der Geschichte Ass^iens und Babyloniens begann mit den Ausgrabungen Botta's (seit 1842) und vor allem Layard's (seit 1845) in den assyrischen Städten, mit Sir Henry Rawlinson's Publi- cation der grossen Trilinguis von Behistan (1846), mit den gleichzeitigen Forschungen von Loftüs, Taylor, Fresnel und Opfert in Babylonien. Seitdem ist zahlreiches neues Material hinzugekommen und in den vom British Museum heraus- gegebenen Sammelwerken wenigstens zum grossen Theil pu- blicirt. Die historischen Texte sind meist wiederholt und je nach dem Stande der Forschung in mehr oder weniger genügender Weise behandelt. Ausreichende Bearbeitungen des gesammten Materials fehlen dagegen noch fast völlig» M. V. Niebuhr's für seine Zeit treffliche Verarbeitung der hebraeischen und griechischen Nachrichten unter Berücksich- tigung der Resultate der Denkmälerforschung (Assur und Babel 1857) ist gegenwärtig veraltet, in G. Rawlinson's Five great Monarchies of the Ancient Eastern World (3 Bde. 1862» 2. Aufl. 1871) ist vor allem die Zusammenstellung des archaeo- logischen und antiquarischen Materials sehr dankenswerth. Dagegen sind Menant's zusammenfassende Uebersetzungen aller historischen Inschriften (Annales des rois d'Assyrie 1874» Babylone et la Chald^ 1875) äusserst flüchtig gearbeitet und dürfen ohne Vergleichung der Originaltexte überhaupt nicht benutzt werden. Weit werthvoller sind die zahlreichen Ar- beiten von G. SMmi und E. Schrader ; letzterem gebührt das Verdienst, die Assyriologie m Deutschland eingeführt zu haben. Von epochemachender Bedeutung ist schliesslich die Bearbei- tung eines grossen Theils der keilinschriftlichen Greographie durch Friedr. Delitzsch (in: Wo lag das Paradies? 1881), die Brugsch's geographischen Arbeiten auf aegyptologischem Gebiete ebenbürtig zur Seite steht.

Nettere Werke. Babylonische Zeitrechnung. X53

BoTTA et FLAnDTN, Monument de Ninive, 5 Bde. 1849. Place, Ninive

et TAssyrie, 3 Bde, 1867. Latard, Ninive and its Remains, 2 vols 1849.

NiniTe and Babylon 1853. Loftus, Travels and Researches in Ghaldaea

and Sosiana 1857. Opfert, Exp^ition en M^sopotamie, 2 Bde. 1859 ff.

Opfert, histoire des empires de Ghald^e et d' Assyrie 1865. 6. Smith, Assyrian

Discoveries 1875. Inschriflenvirerke : Latard, Inscr. in the Gun. Ghar. 1851.

Rawurson, The Gun. Inscr. of Western Asia (mit BeihOlfe von Norris, Smith,

PncHEs), bis jetzt 5 Bde., citirt I R. V R. Schrader, die as8yr.*bab. Keil-

iBschriflen, in ZDM6. XXYI. Die Keilinschriften und das alte Testament

(KAT.) 1872; 2. Aufl. 1883. Keiünschrillen und Geschichtsforschung (KGF.)

1878. Eine kurze, aber sorgfältige Zusammenstellung gibt Mürdter,

Gescb. Babyloniens und Assyriens, mit Beigaben von Delitzsch 1882. Hummel,

Abriss der hab.-assyr. und Israelit. Gesch. in Tabellenform 1880. 6. Smith,

History of Babylonia, ed. by Sayce (1876?) ist ziemlich werthlos.

Chronologie.

§. 125. Das babylonische Jahr bestand aus reinen Mond- monaten, deren Länge (29 oder 30 Tage) wie bei den Griechen und Mohammedanern durch Beobachtung des Mondlaufes selbst bestimmt wurde. Zur Ausgleichung rnit dem Sonnenlauf fügte man am Schluss in älterer Zeit wie es scheint auch nach dem 1. oder 6. Monat einen Schaltmonat ein. Dies Jahr ist mit seinen Monatsnamen zur Zeit des Exils von den Juden adoptirt worden (Wellhaüsen, Gesch. Israels I, S. 112. 338) und bei ihnen bis auf den heutigen Tag im Gebrauch. Der Jahresanfang (1. Nisan) fallt in die Zeit der Frühjahrstag- und Nachtgleiche. Eine Aera kannten die Babylonier nicht; man datirte nach den Jahren der Könige oder vielmehr man bezeichnete das Jahr nach irgend einem wichtigen Ereigniss, das in demselben stattgefunden hatte. Auch Datirungen wie »am 30. Adar im Jahr 6 nach der Eroberung von Nisin (durch König Rimsin)€ kommen vor. Später zählte man in Babylonien und ebenso in Assyrien einfach die Jahre der Könige, und zwar vom Tage ihrer Thronbesteigung an. Der Rest des Kalenderjahres, in dessen Verlauf der Vorgänger gestorben war, also der erste Theil des ersten Jahres, wird dabei sehr oft als »der Anfang der Regierung« des betreffenden Königs bezeichnet.

154 Zweites Buch. Babylonisch-assyrische Quellenkunde.

Im allgemeinen s. G. Smith, The Assyrian Eponym Canon (1876?). Die gangbare Ansicht, die Könige hätten ihr erstes Jahr vom Neu- jahrstage jedes ersten vollen Kalenderjahres an gerechnet, den Rest des vorhergehenden Jahres aber als »Anfang der Regierung« besonders be- zeichnet und mithin ihre Regierungsjahre postdatirt, wird von Opfert, Revised Ghronology of the latest Babylonian Kings in TrSBA. VI, 260 ff. auf Grund der Daten der sog. Egibitafeln (publ. von Bosgawe», TrSBA. VI, 1 ff., dazu Pinghes, ib. 484) vollständig widerlegt. Allerdings fQhrt Smith, Epon. Gan. p. 158 eine Tafel aus Gyrus' Regierung an, nach der dessen drittes Jahr vom Nisan (dem ersten Monat des Kalenderjahres) bis zum Adar (dem zwölften Monat) gelaufen wäre. Es wird nichts übrig bleiben als hier ein Versehen (von Smith?) anzunehmen.

§. 126. Für die chronographische Rechnung wird zu dem- selben Auskunftsmittel gegrififen wie in Aegypten. Man rechnet das Kalenderjahr, in dem ein König zur Regierung kommt, als sein erstes, und setzt mithin seinen Tod in das erste Jahr seines Nachfolgers. Regierungen, die kein Kalenderjahr füllen, werden überhaupt nicht gerechnet. In dieser Weise ist eins der aller- wichtigsten chronologischen Denkmäler des Alterthums ge- ordnet, der Kanon des Ptolemaeos. Es ist dies eine mit Nabonassar (747 v. Chr.) beginnende Liste der einheimischea und persischen Könige Babyloniens, an die sich nach Alexander die Herrscher Aegyptens anschliessen ; dieselbe ist dem astro- nomischen Werke des Ptolemaeos beigegeben, um die in demselben angeführten, auf babylonischer und später auf alexandrinischer Beobachtung beruhenden Finsternisse für die Rechnung verwerthen zu können, Sie trägt so die Garantie der Zuverlässigkeit in sich selbst, und ist überdies durclx alle neueren Monumente bestätigt. Jedoch ist bei Benutzung derselben zu beachten, dass alle Daten auf das aegyptiscb.^ Wandel jähr (und die aegyptischen Monate) reducirt sin3.- Das erste Jahr Nabonassar's beginnt daher am 1. Thotl^ = 26. Februar 747 v. Chr.

§. 127. In Assyrien kommt noch eine zweite, weit wohnlichere Bezeichnungsweise der Jahre hinzu. Seit uk Zeit (nachweisbar schon im vierzehnten Jahrhundert) ist Brauch, jedes Jahr nach einem hohen Beamten zu benennen:::^^

Assyrische Zeitrechnung. 155

Als solches heisst das Jahr limu »Eponymenjahr«. Natürlich führte man fortlaufende Listen dieser Eponymen, von denen uns mehrere in Bruchstücken erhalten sind. Aus denselben lasst sich die Liste für die Jahre 893—666 v. Chr. vollständig und in Bruchstücken noch weiter hinab herstellen. Sehr häufig datiren die Könige , fast regelmässig die Privatpersonen nach diesen Eponymen. Einige Exemplare der Liste enthalten ausserdem Angaben über Regierungswechsel und zum Theil auch über wichtige innere und äussere Ereignisse der ein- zelnen Jahre. Dadurch, dass eine Sonnenfinstemiss (vom 15. Juni 763 v. Chr.) in derselben erwähnt wird, lässt sie sich astronomisch fixiren; die aus ihr gewonnenen Daten stimmen mit den Angaben des ptolemaeischen Kanons genau überein. Die Chronologie der assyrischen Geschichte dieser Epoche steht daher vollständig fest.

Die Eponymenlisie ist zuerst von Sir Henry Rawlinson entdeckt, publicirt II R. 52. 68. 69, III R. 1. Delitzsch , Assyrische Lesestücke, 2. Aufl., S. 78 fr. Von der umfangreichen Literatur Qber dieselbe ist von Bedeutung: Lepsius, Abh. Berl. Ak. 1869, I; Sghrader, KAT. 292 it. (2. Aufl. 460 fr.), K6F. 299 ff. ; Smith, Ass. epon. Canon 1876. Die An- uahmen von Opfert, Haigh u. a«, dass im Kanon eine Lücke zu sta- toiren sei, bedürfen jetzt keiner Widerlegung mehr.

I Geschichte Babyloniens bis auf die Herrschai

der Eossaeer.

Das Land und seine ältesten Bewohner.

§. 128. Nachdem der Euphrat mit zahllosen Windungen und starkem Gefalle das syrisch -mesopotamische Steppenland durchzogen, in welchem er nur dem allernächsten Ufergebiet Fruchtbarkeit zu geben vermag, nähert er sich dem Tigris bis auf wenige Meilen und durchströmt mit ihm zusammen ein völlig ebenes Tiefland, das von zahlreichen Flussannen und Canälen durchschnitten und im Sommer durch die Ueber- schwemmungen des Euphrat grossentheils unter Wasser gesetzt wird. Die Gebiete freilich, welche von der Bewässerung nicht erreicht werden, namentlich zahlreiche Districte zu beiden Seiten des unteren Tigris und ebenso alles Land westlich vom Euphrat, tragen sofort Wüstencharakter, da ein Regen hier ebenso selten ist wie in Aegypten. Um so fruchtbarer aber ist oder war wenigstens im Alterthum und Mittelalter alles der Bewässerung erreichbare Land. Das Mündungsgebiet der Ströme trug einen völlig marschigen Charakter mit zahlreichen Sümpfen und Seen. In alter Zeit mündeten beide Ströme etwa unter 3V n. Br. in einen langen schmalen Meerbusen, der indessen jetzt längst durch ihre Ablagerungen ausgefüllt ist. Im Westen grenzt die arabische Wüste unmittelbar an den Euphrat, reqp. dessen westlichsten Arm, den Pallakopas; östlich vom Tigris steigt die Landschaft allmählich an zu dem wilden GrenZ' gebirge des iranischen Hochlandes, das terrassenförmig toxß

I

Die Babylonier und ihre Nachbarn. 157

Tigfris hin abfallt und zahlreiche Flüsse zu dem letzteren ent- sendet, die in früheren Zeiten zum Theil direct ins Meer strömten. Gegenwärtig ist der grösste Theil des hier umschrie- benen Gebiets nur eine zum Theil sumpfige, wenig bebaute, von TVanderstämmen durchzogene Einöde ; durch sorgfaltige Regu- lining der Bewässerung, durch Instandhaltung der Dämme und Canäle war es im Alterthum und dann wieder zur Zeit der Chalifen eine der gesegnetsten Landschaften der Welt.

§. 129. Die älteste Bevölkerung dieser Landschaften bildeten mehrere naheverwandte Volksstämme, die mit keiner der übrigen Nationen Vorderasiens in verwandtschaftlichen Beziehungen stehen und im Lauf der historischen Entwicke- lung, zum Theil schon in verhältnissmässig früher Zeit, Sprache und Nationalität verloren haben und in die umwoh- nenden Stämme aufgegangen sind. Im Lande Makan, dem Mündungsgebiet der beiden Hauptströme, sassen die Sumerier (Sumer, Hauptstadt ür am Euphrat), im nördlicheren Theile des Zweistromlandes (Land Melucha) von Uruk (■]n>5 'Op^ÖT), jetzt Warka) aufwärts bis zu den Grenzen der mesopotamischen Steppe die Akkadier, so benannt nach ihrer Hauptstadt Akkad (Ägade) nördlich von Babylon. Oestlich vom Tigris, bis weit in die unwegsamen Districte des Zagrosgebirges hinein, hausten die wilden kriegerischen Stämme der Eossaeer (Koaaaioi^ ass. Kassu). Dieselben sind dem Wohnsitz, der Lebensart und dem Charakter nach die Vorgänger der heutigen, bekanntlich zum iranischen Sprachstamme gehörigen Kurden. An sie schloss sich im Lande Elam, oder wie es in der einheimi- schen Sprache hiess, Ansan, dem Gebiete der Flüsse Choaspes und Eulaeos, der von den Griechen Eissier genannte Stamm, init der Hauptstadt Sudan, griechisch Susa.

Die vielfach, namentlich von Lenorhant aufgestellte Ansicht, dass ^ Samerier und Akkadier turanischen (skythischen u. ä.) Ursprungs *ö«i, wird von Haupt (sumer. Familienges. und Abh. Berl. Orient. Ck)ngr. II) ^tschieden bestritten. Für die geschichtliche Darstellung ist sie ohne weitere Bedeutung, da ja doch von den supponirten Urzust&nden zu den ^testen historisch gegebenen Verbältnissen jede BrOcke fehlt. Die Unter- ^biede des sumerischen und des akkadischen Dialektes sind zuerst von

158

Zweites Bucb, I

r Abschnill.

Haupt. Nachr. GöU. Gea. d. W.. 3. Nov. 1880 erkannt; Ober die IheilunK der beiden Dialekte unter die beiden Stamme vgl, Dta Paradies 138, 19B f. Weiteres bei Haupt, Aktad. und äumer. KeilscfariFU tente Hetl 4 (anders neuerdings Hoioiel, die Semiten II). üeber die geo- graphischen Verhältnisse s. SctrSADER, KGF. 533. Delitzsch 1. c, Die gewöhnliche Annahme, dass Siimer mit dem bibl. ^ySIl* identisch sei, scheint mir keineswegs sicher, lieber die Kas§i =^ Koaaaiot vgl. Delitzscb, Par. 31. 124. In Gabylonien finden sicli dieselben trotz DEUTZäCH, Par. 1 als einheimischer Stamm niemals, sondern ausschliesslich als fremde Eroberer, s. §. 140 f. Ihre Sprache scheint nach den Eigennamen der elamitischen verwandt. lieber Elam s. Deijtis':h, Par, 320 IT. Der Nama Kisaier, den Herodol den Susiern gibt, scheint mit dem der Kossseer im wesentlichen identisch zu sein. Persisch heisst das Land Uvadscht- (= ChUzislän). Den Susiern gehOrt unzweiTelhafl die Sprache det' zweiten Keilachriflgattung an, die man vielfach, so neuerdings Satbi; (TrSBA. m, 3Ü6), Lenoruant (Die Magie. S. 304) und vor allem.; Oppeht (l.e peuple et la langue des MMes 1879), den Medeni hat t weisen wollen ; s. dagegen die Ireffenden Aiisfübrungen von Dariu^tetkh, Rev. Grit. 21. Juni 1880. Die susischen Inschriften sind noch nicht ent- ziffert, aber dass sie in einer Sprache abgefasst sind, die mit der dtKr zweiten Keilschriflgattung fast identisch ist, lehren die Zusammenslellungea Oppert's, Congrös intern, des Orient. 1873. 1, 179 fT.

§. 130. Während die Kossaeer immer ein wilder Bergstamm blieben und auch die Bewohner der Ebene Eiams, obwohl in Test geordneten staatlichen Verhältnissen lebend, in der Cullur durchaus von ihren westlichen Nachbarn abhängig sind, ist Sumer und Akkad, d. h. Babylonien die Heimath einer ur- alten und völlig selbständig entwickeilen Cultur, die zwar ai) innerem Werth und abgeschlossener Durchbildung der de* unteren NiUlials nachsteht, aber an geschichtlicher Wirkung dieselbe vielleicht noch überragt. Durch Anlage von Canäl^ und Deichen regelte man die Wassermassen der Ueberschwem- mung und verlheilte sie über das ganze Land. So entstand zugleich ein festerer Zusammenscbluss der einzelnen Gaue, der Anfang geordneten staatlichen Lebens, Den Mitteipunlit der einzelnen Districie bildeten die Heiligthiimer der grossen Götter, aus denen, so scheint es, ähnlich wie in Aegypten, die Städte Babyloniens überall erst erwachsen sind. In Ur fjetzt Muqaijar) war der Mondgott Sin, in Erida (jetet

i-

Anfänge der Gultnr. Die ältesten Städte. 159

Bahrein) Ea, der uralte Meergott, in Larsam (jetzt Senkere) der Sonnengott Babbar der Herr der Stadt. Letzteren ver- ehrte man gleicherweise in Sippar (jetzt Abu Habba), wäli- rend in dem benachbarten Agade (Akkad) die Göttin Anunit Stadtgöttin war. Südlich davon lag die dem Marduk heilige >Gottespforte« Kadingira, semitisch Babil (Babylon), die spätere Hauptstadt des Landes. Als besonders heilig scheint man die Stadt Uruk ('Op^öt], IHK, jetzt Warka), das Heiligthum der Göttin Nanä (Istar), betrachtet zu haben. Vielfach ist, so scheint es, das weltliche Königthum aus dem Priesterthum dieser Tempel erwachsen, überall finden wir die Könige in engster Beziehung zu den Stadtgöttem, denen sie ihre Tempel abauen oder wiederherstellen, und bis in die spätesten Zeiten stehen im Titel der babylonischen Könige die Priesterwürden obenan.

Ueber die Städte und Stadtgottheiten s. im allgemeinen Delitzsch, Paradies. Ueber Warka und Senkere: Loftus, Travels and Researches in Chaldaea and Susiana 1857. Ueber Muqaijar und Abu Sahrein : Taror in Joum. R. As. Soc. XV. Ueber das von Rassah aufgedeckte Abu F[abba = Sippar: Delitzsch bei Mürdter, Gesch. Hab. 273 ff.

Semitische Invasion. Die Clialdaeer.

§. 131. Wie in der Gegenwart die Kurden und Beduinen, in der hellenistischen Zeit die elymaeischen Gebirgsstämme und die Araber das babylonische Gulturland bedrängen und sich in demselben festzusetzen suchen, so ist auch in den ältesten geschichtlich erkennbaren Zeiten Babylonien von Ost und West immer aufs neue von fremden Angreifern heim- gesucht worden. Im Osten lag es den Plünderungs- und Kiiegszägen der Eossaeer und Elamiten ofifen, von Westen drängten die semitischen Wüstenbewohner gegen dasselbe und suchten das Gulturland für sich zu gewinnen. In drei Schichten folgen die semitischen Angriffe auf einander und haben zu drei semitischen Ablagerungen geführt. Zuerst setzt sich der semitische Stamm, welcher uns un vermischt in Assyrien ent- ^ntritt und in Babylonien mit dem Namen Ghaldaeer (Kaldu,

160 Zweites Buch, erster Abschnitt

XaXSaioi, urspr. Easdu D^^HS^D) bezeichnet zu werden schdiit, im Lande fest und absorbirt die alteinheimische NationatitiL Ihnen folgen die Aramaeer, von denen im neunten Jahriiundol bereits zahlreiche Stämme als Nomaden in SüdbabylonleD uh sässig sind (Delitzsch, Par. 237 ff.). Seit der Perserzeit haben« die Ghaldaeer allmählich völlig verdrängt. Von da an dringen daai die Araber gegen Babylonien vor, gründen hier in hellenistiscte ; Zeit eine Reihe einzelner Staaten (zunächst Charakene) vd nehmen die aramaeische Bevölkerung allmählich m sich Gegenwärtig vollzieht sich derselbe Process zum vierten Hal;(M Beduinen würden längst zu Herren des Landes geworden sdir wenn dasselbe nicht einem «grossen Militärstaate angehMi^ der sie bisher noch immer, wenn auch nur sehr nothdürfii( im Zaum gehalten hat.

Dass der Name Kaldu XaXBaloi die semitische Bevölkerung Bi^ loniens bezeichnet im Gegensatz zu Sumer und Akkad, ist nur wall^ scheinlich, steht indessen keineswegs fest; der Name kommt ztient ii den assyr. Inschriften des neunten Jahrhunderts vor und bezeichnet hitf durchweg die Bewohner des Landes südlich von Babylon. Da« al ihnen die gelegentlich auch XaX^aloi genannten Ghalyber am Pootoi (g. 245) nichts zu thun haben , bedarf keiner weiteren Ausführung; ^ ScHRADER, ZDM. XXVII. Im allgemeinen vgl. ober Heiniath und Vor dringen der Semiten §. 170 ff.

§. 132. Die Zeiten, in denen die ursprängliche Bevöto* rung noch im Alleinbesitz Babyloniens war, sind für uns vöBi| vorschollen. Beim Beginn unserer historischen Kunde, d. t etwa um ;iOOO v. Chr., haben sich die Semiten bereits übenl im Lando festgesetzt. Die Ansiedelung scheint ebenso, wie spW die der Aramaeer und Araber, meist auf friedlichem We^ vor sich gegangen zu sein. Offenbar hat man , um sich der leindliehen Ueberfalle zu erwehren, einen Theil des Acker- roi WtMilelandes den Eindringlingen überlassen, angesehene G^ sehleelilrr derselben wurden in den Verband der Städte trf' Kenonunen. Andererseits eigneten sich die Elinwanderer & wtMl üJH^rlejrene ("ultur der alleren Bevölkerung vollständig to- Zimäehsl siheiul die semitische Bevölkerung sich in Nord- iMihvlonieu festgest^tzt zu haben die meisten in die semitiscb^

Die Semiten iu Babylonien. 161

Sprache eingedrungenen Lehnwörter haben akkadische Form dann dringt sie auch in Sumer ein. Beim Beginn unserer tustorischen Kunde finden wir, soweit sich nach den Namen ortheilen lässt, überall eine buntgemischte Bevölkerung, in das semitische Element allmählich das Uebergewicht ge- winnt. Die ältesten historischen Könige bedienen sich in ihren Urkunden vorwiegend noch der alteinheimischen Sprache, in- dessen verwerthet daneben z. B. schon Dungi (§. 134) auch die semitische, und allmählich sehen wir semitische Ge- schlechter in immer grösserem umfange zur Herrschaft ge- langen, bis schliesslich die ältere Nationalität vollständig ver- schwindet.

Um sich die Völkerverhältnisse des alten Babyloniens klar zu machen und die uns hier entgegentretenden Schwierigkeiten richtig zu beurtheilen, stelle man sich vor, dass wir, um eine Ethnographie der gegen- wärtigen Verhältnisse des Landes zu entwerfen, auf ein dem aus der ^ten Zeit erhaltenen analoges Material angewiesen wären.

Aelteste Staaten.

§. 133. Es ist schon erwähnt worden, dass in den ältesten historischen Zeiten Babylonien in zahlreiche einzelne Staaten zerfiel, deren Centren die Städte mit ihren Tempeln bildeten. An die Tempelbauten knüpfen sich für uns und knüpften sich schon für die Babylonier die ältesten historischen Nachrichten an. Auf den Ziegeln finden sich die Namen der Herrscher als Stempel, an den Ecken des viereckigen Fundamentes wurden sehr häufig Cylinder vergraben, welche über den Ursprung des Baues urkundliche Auskunft gaben, auch sonst finden sich auf Backsteinen gelegentlich kurze Inschriften.

An den ersten Anfang der babylonischen Geschichte ge- hört Sargon, König der Stadt Agade, d. i. Akkad. Nabünähid setzt in einer ganz neuerdings gefundenen Inschrift die Zeit von Sargon's Sohn Naramsin 3200 Jahre vor seine eigene Regierung, also um 3750 v. Chr. Dabei muss gegenwärtig

V«yer, Geschichte dee Alter thtuns. L 11

X62 Zweites Buch, erster Abschnitt.

noch völlig dahingestellt bleiben, ob wir es hier mit ei auf authentischen Nachrichten beruhenden üeberlieferung o einem nur durch spätere Geschieh tsconstruction gefundei Datum zu thun haben. Sargons Name derselbe ist der seines Sohnes semitisch Sarrukinu bezeichnet ihn den »echten König«, In einem in später Abschrift erhaltei Texte, dem Anfang einer Annaleninschrifl, erzählt er, seil Vater kenne er nicht, seine Mutter habe ihn in einem K von Schilfrohr im Euphrat ausgesetzt, Akki der Wassertra habe ihn herausgezogen und als Gärtner erzogen, durch < Schutz der grossen Göttin Istar sei er König geword Denkbar ist es ja, dass ein Usurpator in der Weise sich legitimiren suchte; indessen offenbar ist für die Späte Sargon eine halbmythische Gestalt. Auf ihn wird fer das grosse, aus 72 Tafeln bestehende Hauptwerk über Asi logie zurückgeführt (§. 148), ebenso besitzen wir die Bru stücke einer Tafel, welche himmlische Vorzeichen aus sei und seines Sohnes Regierung zusammenstellt. Nach den bei fügten Deutungen hätte er Elam und »das Westland« bekrw die Rebellen in Babylonien niedergeworfen, und das Meer imtergehenden Sonne, d. h. das mittelländische Meer befahl also ein mächtiges Reich aufgerichtet. Wie viel davon h\i risch sein mag, wissen wir nicht ; jedenfalls aber ist Sarge Sohn Naramsin eine völlig geschichtliche Persönlichkeit, ] bunähid fand seine Gylinder in den Fundamenten des Sonn tempels von Sippar (§. 130), der Nachbarstadt von Akk und in denen des Tempels der Anunit (Eulbar) in Aga Die französische Expedition fand bei Babylon eine seitd im Tigris versunkene Alabastervase mit einer Insch Naramsin's in ganz archaischen, noch halb hieroglyphiscl Charakteren, die ihn »König der vier Weltgegendenc ne und mit der (unbekannten) Stadt Apirak und dem Lai Makan (Südbabylonien) in Verbindung bringt. Dem entspri es, dass er nach der vorhin erwähnten Vorzeichentafel König Risramän von Apirak und den König von Makan siegt haben soll.

Sargon. Das Reich von Ur. ;i(33

Nabünähid's Cylinder mit dem Datum ist von Pinches, Pjoc. SBA. 7. Not. 1882 roitgetheilt. Den Tempel in Agade erwähnt er I R. 69, 2, 29. Früher setzte man Sargon in die Zeiten nach der elaroitischen Eroberung und Yor Ghammurabi (zw. 1900 und 1600 v. Chr.). Jugendgeschichte Sargon's III R. 4, 7 (mit weiteren Bruchstücken bei Smith, TrSBA. I, 46) ; dazu Deutzsch, Parad. 208. Tafel der Vorzeichen IV R. 84. Alabaster- ▼ase Naramsins I R. 3, 7.. »Palast Sargon's« TrSBA. III, 874. 376. Eine »Sargonsburg« II R. 50 b. 64, vgl. Delitzsch, Parad. 208.

§. 134. Die Stadtkönige, die wir sonst dieser ältesten Epoche es ist die Zeit der 86 Könige nach der Fluth, die Berossos an den Anfang der historischen Zeit setzt zuweisen können, stehen meistens völlig isolirt da. In den Fundamenten des Tempels von Eridu finden sich die Namen zweier Patesi d. i. »Fürsten« (assyr. isakku); in Zirlaba haben die Patesi En-anna und Gudea der Nanä (Istar) und dem Ninep Tempel gebaut. Von Gudea haben sich auch in Uruk und Babylon Ziegel ge- funden ; ob sich indessen seine Macht so weit erstreckte, wissen wir nicht. Dagegen sind seme Bauten in Zirlaba neuerdings durch DE Sarzec aufgedeckt worden; in dem grossen Tempel fanden sich unter anderen acht verstümmelte Statuen von Diorit, die seinen Namen tragen, femer Fragmente von Basreliefs mit Inschriften, die Kämpfe und religiöse Ceremonien darstellen und nach dem Eunststil einer noch älteren Zeit anzugehören scheinen. In Uruk hat der König Singasit der Name zeigt, dass er einem semitischen Geschlecht angehörte den der Göttin Nanä geweihten »Himmelstempel c Eanna und einen Palast gebaut. Aehnlich mögen noch manche der vereinzelt auf Backsteinen vorkommenden Königsnamen dieser Zeit an- gehören. Ein grösseres Reich scheint zuerst von Ur im Lande Sumer ausgegangen zu sein. Seine Herrscher unterwarfen sich sei es das ganze, sei es den sudlichen Theil von Akkad, vor allem die Städte Uruk, Larsam, Nippur, und bezeichnen sich daher als »König von Ur, König von Sumer und Akkad €. Dieser Titel wird dann von allen späteren Königen Babyloniens übernommen. Auch den schon bei Naramsin vorkonmienden Titel »Herr der vier Weltgegenden« haben dieselben meistens geführt. Es gehört hierher vor allem

1(34 Zweites Buch, erster Abschnitt.

ür-ea ^), der den grossen Tempel des Sin in Ur, einen Sonnen- tempel in Larsam, einen Tempel der Belit in Nippur errichtet und auch an dem schon erwähnten Tempel der Nanä in Uruk gebaut hat. Eine Statue von ihm ist in Zirlaba ge- funden. Somit war ihm jedenfalls ganz Südbabylonien bis in die Nähe von Babylon hinauf unterthan. Sein Sohn und Nachfolger Dungi ist gleichfalls durch Bauten in Ur sowie in Teil Id bei Warka bekannt. Die Zeit der beiden Könige können wir auf ungefähr 2400 v. Chr. ansetzen.

Das inschriflliche Material s. I R. 1 5; IV R. 35. Mehrere der bei Smith, Early Bab. History in TrSBA. L Obersetzten Texte sind noch unedirt Ein grosser Theil der Inschriften findet sich auch bei Lenorma2it, Ghoix des textes cun^iformes I. II. Ob die hier genannten Herrscher sämmtlich in diese oder zum Theil in die Zeit nach der elamitischen Herrschaft fallen, ist bis jetzt nicht zu entscheiden. Ueber Gudea: BosGAWEN, TrSBA. VI, 275 ff. Bronze- und Marmorbild des Königs im Louvre: Smith, Hist. of Bab. 92. 93. Ausgrabungen de Sarzeg*s in Tello- Zirlaba: Heuzet, RAn. XLII, 257. XLIV, 271 fT; Febrot, Rev. des deox mondes LIII, 525 ff. ; Menant, Uaz. des beaux arts, Dec. 1880 [vgl. auch Opfert, Berl. Orient. Congr. I, 235 ff.]. Zwei Siegel Ur-ea's bei Ker Porter, Travels D, pl. 79 (= Rawlinson, Five monarch. I, 94, I R. 1, 10) und Wiedemak?? und Fischer, Baylon. Talismane, Nr. 11. Nach der Inschrift Nabunähid*s I R. 69, 2, 4—9 scheint die Gründung des Sonnentempels von Larsam^ in dessen Fundamenten sich der Name Ur-ea's tindet, 700 Jahre vor Chammurabi (um 1650 v. Chr.) stattgefunden zu haben.

Elamitische Eroberung.

§. 135. Um das Jahr 2300 v. Chr. wird Babylonien von den Königen Elam's unterworfen. Der Assyrerkönig' Assurbanipal erzählt in seinem Bericht über die Eroberung Susa's (um 645 v. Chr.), dass vor 1635 Jahren, also ca. 2280 V. Chr., Kudurnanchundi, König von Elam, die Tempel des Landes Akkad geplündert und dabei das Bildnis^ der Göttin Nanä aus ihrem Tempel Eanna (in Uruk, §. 134)

*) So, oder semit. Arad-ea ist, wie mir Fr. Delitzsch mittheil *-^ dieser viel umstrittene Name nach den neuesten Funden Rassam's wah^" scheinlich zu lesen.

Die elamitische Eroberung. 165

entfuhrt habe. Aus derartigen Eriegszugen ist ein grosses elamitisches Reich entstanden, das auch die Oberherrschaft über Babylonien besass. Wenn Berossos erzählte, dass die Meder Babylonien eroberten und hier die 2. Dynastie von 8 medi- schen Königen gründeten (reg. 224, var. 190 Jahre), so meinte er damit zweifelsohne diese elamitischen Herrscher. Zu ihnen gehört seinem Namen nach unzweifelhaft Eudurmabuk, Sohn des Simtisitarchak : derselbe wird auf Backsteinen , die sich in Ur gefunden haben, mit dem Westland (mät Martu), d. i. wenigstens nach späterem Sprachgebrauch Syrien, und dem Lande Emutbal, einem District an der elamitisch-babyloni- schen Grenze (Del. Par. 230), (als Eroberer oder Herrscher?) in Verbindung gesetzt, scheint mithin über ein gewaltiges Reich geherrscht zu haben. In Babylonien führt unter ihm sein Sohn Zikarsin(?) die Herrschaft als »König von Larsam [wo er offenbar residirte], König von Sumer und Akkad«. Dass die Fremd- herrscher durchaus babylonische Cultur annahmen , die Götter des Landes verehrten und an ihren Tempeln bauten, ist sehr begreiflich imd wird durch diese Inschriften bezeugt.

Kudunianchundi : III R. 38, 1 u. 2; V R. 6, 107 flf. Kudurmabuk and sein Sohn: I R. 2 Nr. 3; 5, Nr. 16; IV R. 35, 6; der Titel adda (SwTH, TrSBA. l, 42) m&t Martu resp. Emutbal ist noch nicht erklärt. Nach Alexander Polyh. bei Synk. p, 147 wäre der erste Mederkönig Zoroaster gewesen.

§. 136. Von einem anderen Könige dieser Dynastie ist ons durch einen merkwürdigen Zufall Kunde erhalten. In einem der spätesten Stücke des Pentateuch's wird berichtet, dass König Kedorla'omer (richtiger Kudurla'amar zu lesen) von Öam nebst den Unterkönigen von Sin'ar (Sumer? §. 129), Blasar (Larsam?) und Goim (?) nach Westen gezogen sei, Palaestina unterworfen und 12 Jahre lang beherrscht habe. Einen Aufstand habe er bewältigt, sei dann aber durch Abraham besiegt worden. Die Details der Erzählung sind vollständig unhistorisch; nicht nur sind Abraham und der Oberpriester Melkisedeq, der ihm den Segen ertheilt, keine bislorischen Persönlichkeiten, auch die Staaten, welche Kedor-

166 Zweites Buch, erster Abschnitt,

la'omer in Palaestina bekriegt haben soll, Sodom, Gomom, Seboim u, s. \v. , und die Völkerschaften der Rephailen. Zuzilen, Emlten (s. §. 179) haben niemals existirt. Aber dff Name Kudurlaganiar ist echt elamitisch wir kennen in Susa einen Gott Lagamaru (V R. 6, 33) und die Herr- schaft der Elamiten in Syrien wird durch die erwähnte b- schrifl Kudarmabuk's bezeugt. Es scheint also, dass der Jafc, welcher die Erzählung Gen. 14 in den Pentaleuch einfügte, skll in Babylon genauere Kenntnisse über die älteste Geschichtete Landes verschafft hatte und, durch irgend ein uns unbekannto Motiv veranlasst, den Abraham in die Geschichte Kudartl- gamar's etnflocht. Im übrigen hat er dann die Erzäbhul nach den jüdischen Anschauungen über die Urzeit am

Zur Kritik von Gen. 14 vgl. Njjlueke, Untere, nir Krilik da AT Das Capitel gehOrl keinem der Gesell ich tswerke sn , aus AtDtn l Hexateucli zusammen {gearbeitet ist, sondern steht isolirt da und ist u Spraebn und Anschauungen keinenralls vor dem Exii enlstandeD. - Wenn der Name des Sohnes Kudurmabuk's anstatt Zikarsin viel wie mehrfach vermuthel. Eri-akii in lesen ist, so wSre er, der »ich ■! von Lursam« nennt, un/weilelbart identisch mit dem Gen. 14 geiM lühü ^bo "IV"!« (vgl. öbciBens §. 138 Anm.).

g, 137. Die Verbindung Babyloniens mit dem West«^ welche dtirch die Kriegszüge der Elamiten herbeigefülirl worfi der übrigens vielleicht schon eine Eroberung Syriens iluHi Sargon vorangeht setzt sich anch in den folgenden Jahr- hunderten fort. Durch dieselbe erklärt sich der mächtige GinQuss, den Babylonicn auf Syrien geübt hat, nicht nur in der äusseren Gestaltung des Lebens, in Kunst und Gewerbe, sondern auch in der Religion, ja in der ganzen Denk- orf Anschauungsweise. Wir erkennen eine vielhundertjälirige Ml|i Berührung, deren Wirkungen uns überall bereits entgegentreten, als um 150(J v. Chr. von Ägypten aus ein helleres Licht l die syrischen Verhältnisse fällt. Im übrigen mag hier noA eine Vemiuthung wenigstens geäussert werden. Die Kiieg* Züge der Elamiten scheinen chronologisch mit der Hyk>o» Invasion in Aeiiypten ziemlich srenau zusammen tu ttVtttt

Die Elamiten. Eroberung Syriens. 167

Wir haben gesehen, dass im Gefolge des Hyksos zwar zahl-» reiche Syrer in Aegypten eindringen, dass sie selbst aber nach dem Gesichtstypus ihrer Denkmäler keine Semiten gewesen sein können (§. 109). Die Combination liegt mithin nahe, dass wir es hier mit den elamitischen Eroberern zu thun haben, die ihre Kriegszüge bis nach Aegypten ausdehnten und sich daselbst ein eigenes Reich gründeten. Eine Entschei- dung dieser Frage wird sich allerdings mit unserem bisherigen Material schwerlich erzielen lassen.

Von dem Sturz der Elamiten scheint die babylonische Natio- nalsage von den Thaten des grossen Helden Izdubar*) einen Nachklang bewahrt zu haben. In derselben wu:d erzählt, wie fremde Eroberer die heilige Stadt Uruk gewannen und das Land ^rg bedrückten, bis Izdubar nach mancherlei Fährlichkeiten hinter dem Schutze des Sonnengottes und der Stadtgöttin Istar iliren Herrscher Chumbaba erschlug und die Krone gewann, t>er Name Chumbaba ist zweifellos elamitisch; wir kennen mehrere mit dem Gottesnamen Chumba zuzammengesetzte musische Namen aus späterer Zeit.

Ueber Izdubar und Chumbaba s. Smith, Chald. Genesis S. 158—167. 179—186. Die Fragmente sind zu dürftig, um mehr als die allgemeinsten umrisse erkennen zu kOnnen. Dass die Sage einen historiscben Kern ^nlhielt, ist sehr wahrscheinlich ; doch möchte ich darum noch nicht ^«n Izdubar zu einem geschichtlichen König Babyloniens machen.

Einheimische Könige.

§. 138. Auf die medische Dynastie liess Berossos zu- nächst 11 Könige folgen, deren Heimath und Regierungsdauer bei Eusebius nicht angegeben sind, dann 49 chaldaeische, niithin einheimische, Herrscher mit 458 Jahren, deren Zeit Wahrscheinlich auf 1976—1519 v. Chr. anzusetzen ist. Nur ^nz vereinzelt sind Nachrichten aus dieser Epoche auf uns

*) So wird der Name geschrieben. Die Aussprache war jedenfalls 8^ni anders, ist aber zur Zeit noch unbekannt. Warum die Assyriologen ^^^ beharrlich Nimrod nennen, weiss ich nicht.

168 Zweites Buch, erster Abschnitt.

gekommen. Meist scheinen wieder mehrere kleinere Staaten im Norden und Süden neben einander bestanden zu haben. Die Fragmente einer Chronik, die wahrscheinlich von dieser Zeit handeln, lassen auf Bürgerkriege und Usurpationen schliesseo. Nach einander werden [ob aber als Herrscher über ganzBt- bylonien?] genannt: »drei Könige aus der Dynastie vom Meerlande« (dem Mündungsland des Euphrat) mit zusammea 23 Jahren, »drei Söhne Bazi's«, die nach einander 20 Jahn^ 3 Monate herrschen, ein Herrscher aus Elam, der 6 Jahtt regiert. Wie hier die Elamiten Babylonien bekri^[en wi erobern, müssen auch von Westen her Angriffe stattgefunte haben. Wenn König Agukakrime (§. 141) eine Statue dei. Marduk, des Stadtgottes von Babylon, »aus dem fernen Lande Ghana« d. i. Nordsyrien (Del. Par. 104) zurückholen Hess, so muss sie in dieser Zeit fortgeschleppt sein. Im übrigen läset sich von den Königen dieser Zeit, die in Ur und anderen Städten des Südens geherrscht haben, wenngleich sie sidi meist »Könige von Sumer und Akkad« nennen, doch mit Bestimmtheit behaupten, dass der nördliche Theil Akkadi^ das Land Kardun ias d. i. Babylon und seine Nachbarstädte, nicht unter ihrer Botmässigkeit stand. Meist pflegen diese Herrscher sich als »Herren«, »Könige«, »Hirten«, »Schirmer« einer ganzen Reihe von Städten zu bezeichnen, unter denen Ur niemals fehlt. Die erste Stelle nimmt meist Nippor ein, das mithin damals wahrscheinlich Residenz war, dann folgen Eridu und Uruk und bei einigen auch Larsam und Nisin (Lage unbekannt) und zum Schluss der allgemeine Titel »König der vier Weltgegenden« oder »König von Sumer und Akkad«. Hieher gehören Nur-ramän und Sin-idinnam, die Herrscher von Larsam, Gamil(?)sin, Sur(?)sin, . . . ninep, Libit-anunit, Ismi-dagan, neben dem sein Sohn Gungunum ab König von Ur erscheint ; im einzelnen lässt sich ihre Reihen- folge nicht feststellen. Die Ziegelinschriften aller dieser Könige erwähnen ihre Bauten an den Tempeln der einzelnen Städte und gelegentlich auch die Anlage von Canälen u. ä. Den Beschluss der Reihe bildet Rim-sin, von dem wir erfahmi,

GhaiDiDurabi von Babylon. 169

dass er Nisin eroberte. Danach hat er mindestens noch 28 Jahre geherrscht (IV R, 36, 12); schliesslich erlag er dem Angriffe des Chammurabi von Babylon.

Die Brachstacke der Chronik sind von Smith, TrSBA. III. 371 ff.

pablicirt ; unmöglich ist es Qbrigens nicht, dass diese Könige der späteren

Epoche nach 1000 v. Chr. angehören. Da Rimsin sicher der Vor-

günger Chammurabi*s war und Libit-anunit und I§mi-dagan fast die

gleichen, die Obrigen hier genannten Herrscher sehr ähnliche Titel

föhren, so dürften sie wohl alle dieser Epoche angehören. Wie neuer-

th'ngs Smith, Lenormant (Langue primit. de Chald^ p. 374) u. a. den

Himsin (eventuell Rimaku zu lesen) fQr identisch mit dem Sohne Kudur-

J&abuk*s (§. 136) haben halten können, begreife ich nicht. In diese

Epoche gehören wohl auch Ubi . . ra, König von Nisin IV R. 35, 7;

femer Rim-a-gam ?-um , König von Babylon IV R. 35, 8. Ohne allen

^rond hält man I§mi-dagan, der uns nebst seinem Sohne durch Ziegel

a.i]s Ur bekannt ist, för identisch mit den um 1780 v. Chr. regierenden,

"^QD Tiglatpileser I. genannten iiakku von Assur gleichen Namens (§. 182).

Aus Rimsin's Regierung besitzen wir zahlreiche Contracttafeln , die

>^ach Ereignissen aus derselben datirt sind (IV R, 36, 4—20). Einzelne

^nd auch aus froheren Regierangen erhalten. Vgl. Smith, TrSBA. I, 90.

^^■«ider sind nur die Schlusszeüen derselben publicirt, obwohl die Texte

j^enfalls über die Culturverhältnisse der Zeit und durch ihre Namen

a.«ch über die Ethnographie Babyloniens manchen Aufschluss geben

'^^ürden. Dass die meisten der zahlreichen in der Königsliste Proc.

^BA. 11. Jan. 1881 ohne chronologische Ordnung aufgeführten Königs-

^amen dieser Epoche angehören, scheint sicher zu sein.

§. 139. Während dieser Epoche regierte in Babylon und dessen Nachbarstädten eine eigene Dynastie. Eine Thontafel ^hlt aus dieser Zeit »elf Könige der Dynastie von Babel« nebst ihren Regierungszahlen auf, die zusammen 304 Jahre betragen. Nach der Länge der Regierungen und dem Umstände zu ur- theilen, dass durchweg der Sohn dem Vater folgt, scheinen ^s Zeiten einer ruhigen Entwickelung gewesen zu sein. Der dritte dieser Herrscher, Zabu, wird I R. 69, 3, 29 als Tempel- Erbauer in Sippar genannt; sein Sohn Abil-sin erscheint auch i*i dem Fragment ffl R. 38, 64 b. Ihm folgt Sin-muballit, diesem Chammurabi, dessen 55jährige Regierung (etwa 1700 ^is 1650 V. Qir.) einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte Chaldaea's bildet. Er besiegte König Rim-sin

170 Zweites Buch, erster Abschnitt.

(IV R. 36, 21) und einigte dadurch ganz Babylonien unter seiner Herrschaft. In seinen Inschriften preist er Anu und Bei »die ihm die Herrschaft über Sumer und Akkad gabenc, und nennt sich »König von Babel, König der vier Welt- gegenden«. Von seiner Zeit an ist Babylon die Hauptstadt Chaldaeas. Zahlreiche .Contracttafeln, die aus seiner Regie- rung erhalten sind, zeigen ihn dem Dienst der Götter speciell der Göttin Tas(?)mitu, der Gemahlin Nabu's eifrig ergel)en und erwähnen seine vielen Bauten. In einer längeren Inschrift rühmt er, dass er einen grossen Canal zum Segen des Volkes gegraben und an demselben eine starke Burg angelegt habe. Auch aus der Regierung seines Sohnes Samsuiluna (35 Jahre) besitzen wir zahlreiche Tafeln, die nach seinen Canalan lagen und Bauten datirt sind. Auf ihn folgen noch vier weitere Könige, die demsell)en Geschlechte angehören.

Die Königsliste ist publicirt von Pinches, Proc. SBA. 7. Dec. 1480. Auf der Rückseite zählt die Tafel >11 Könige der Dynastie von äe8-ku(?)c auf, ohne Jahreszahlen; nur zweimal folgt hier der Sohn dem Vater. Vielleicht sind es Dynasten, die gleichzeitig mit den Königen der Vorderseite in SQdbabylonien herrschten. üeber Chammurabi s. Mj^axt, Les inscr. de Hammurabi 1863; Manuel de la langue assyrienne 306; Rec. des trav. II, 7jß, vgl. auch Smith, TrSBA I. 56 ff., Del. Par. 191. Die Con- tracttafeln s. IV R. 36; bilingue Inschrift aus Bagdad: Abhaüd, Rec des travaux I, 181. Die gangbare Annahme, Chammurabi gehöre der kossaeischen Dynastie an (daher auch die schwerlich berechtigte Aus- sprache Ghammuragas) entbehrt jeder Begründung und wird durch unsere Königsliste definitiv beseitigt.

Herrschaft der Kossaeer.

§. 140. Auf die einheimischen Herrscher folgten nach Berossos 9 Araber mit 245 Jahren, die wahrscheinlich in die Jahre 1518—1274 (ev. 1502—1258) zu setzen sind. Wenn wir nun in dieser Epoche in Babylon eine Reihe von Königen flnden, welche dem Volksstamme der Kassu d. i. Kossaeer angehören, so kann es kaum zweifelhaft sein, dass Berossos diesen Namen

Die Koflsaeer in Babylonien, 171

irrlhumlich durch "'Apaßec übersetzt hat. Wie früher die Elamiten, so fielen jetzt die nordöstlichen Nachbarn der Chal- daeer in Babylonien ein und eroberten mindestens den nörd- lichen Theil des Landes mit der Hauptstadt Babel. Wie immer in ähnlichen Fällen bilden die fremden Eroberer die Eriegerkaste, welche Könige ein- und absetzt R. 65 a, 10) und jedenfalls das Land möglichst ausbeutet; dass daneben die Könige die alteinheimische Titulatur annehmen, die babylonischen Götter eifrig verehren, und sich ganz als legitime Nachfolger der ein- heimischen Herrscher geberden, kann nicht auffallen.

Dass Agukakrime und Karaindaä (IV R. 88, 3) Kossaeer waren, ergibt sich aus ihrer Titulatur; für Karachardas und seine Nachfol^^er folgt das gleiche aus II R. 65. Daraus sehen wir zugleich, dass die zahl- reichen Namen auf -a§, die hier und nur hier vorkommen, kossaeisch sind. Auf euier Erinnerung an diese kossaeische Herrschaft und An- siedelung in Babylonien mag es beruhen, wenn Gen. 10« 8 Nirorod, der Repräsentant Babyloniens, ein Sohn des Küs (t£^l3) genannt, also der sonst das Land Küs sQdlich von Aegypten bezeichnende Name auf Babylonien übertragen wird. Ebenso vielleicht Gen. 2, 13.

§. 141. Der erste uns bekannte König dieser Dynastie ist Agukakrime, der sich in einer grossen Inschrift »König der Kossaeer (Kassi) und Akkadier, König des weiten Landes Babel, Besiedler des weiten Landes Asnunnak, König von Padan und Alman und der mächtigen Guti« nennt. Letztere sind ein grosser zwischen Zab und Diäla (Gyndes) ansässiger Volksstamm, die nördlichen Nachbarn der Kossaeer; die drei anderen Namen sind unbekannt. Wir sehen, dass der König seine Macht nach Norden weit ausgedehnt hat, dagegen Süd- babylonien nicht besitzt. Das Gleiche gilt von seinen Nach- folgern, die in einem späteren assyrischen Geschichtswerk (fl R. 65) sämmtlich Könige von Kardunias, d. i. der Land- ^haft, deren Mittelpunkt Babylon bildet, genannt werden. Offenbar bestanden im südlichen Chaldaea in dieser Zeit Selbständige Staaten, und es ist denkbar, dass manche der früher genannten Herrscher dieser Gebiete erst dieser Epoche angehören. Agukakrime rühmt sich in seiner Inschrift, wie ^r den nach dem fernen Lande Ghana fortgeschleppten Gott

172 Zweites Buch, zweiter Abschnitt.

Marduk (§. 138) nach Babylon zurückgeholt und ihm sowie den anderen Göttern reiche Gaben dargebracht habe. In ähnlicher Weise hat König Sagaraktias, der unzweifelhaft der- selben Dynastie angehört, die alten von Zabu (§. 139) er- bauten Tempel des Sonnengottes und der Anunit in Sippara wiederhergestellt und verschönert, lieber die späteren kos- saeischen Herrscher, von etwa 1450 v. Chr. an, besitzen wir genauere Angaben in der sog. »synchronistischen Geschichte Assyriens und Babyloniensc (§. 121); wir werden sie spät^ im Zusammenhang mit dem Emporkommen Assyriens zu be- sprechen haben.

Inschrift Agukakrime*s (in späterer Abschrift) V R. 33, sowie theil- weise II R. 38, 2, übers, von Smith, Assyr. disc. 226 und Boscawck, TrSBA. IV, 132 ff. Vgl. dazu Deutzsch, Par. 205. 233. Der König nennt vier seiner Ahnen, doch ohne sie als Könige zu bezeichnen. Die Bauinschrift des §agaraktia§ besitzen wir in der Abschrift Nabunähid*s I R. 69, 3, 19 ff.

n. Die Cultur Altbabyloniens.

Nationalität.

§. 142. In den mindestens etwa achthundert Jahren, welche von den Zeiten Ur-ea*s bis auf die kossaeische E> oberung verflossen sind, ist die Semitisirung Babyloniens voll- ständig zum Abschluss gekommen. Während die Königslisten zahlreiche der älteren Epoche angehörige sumerische und ak- kadische Namen aufweisen, herrschen bei den Königen d^ späteren Zeit die semitischen Namen durchaus vor. Die In- schriften der Könige werden jetzt durchweg in semitischer Sprache abgefasst, das ältere Idiom höchstens noch in stereo- typen Formeln verwerthet. Auch die Privatpersonen tragen jetzt durchweg semitische Namen. Dem entspricht es, dass in der Literatur fortan die semitische Sprache in die be- greiflicherweise zahlreiche Wörter aus dem älteren Idiom ein'

i

Nationalitftt. Schrift. 173

gedrangen sind -— allein die herrschende ist, während die älteren Werke in dieselbe übersetzt werden. Es ist nun die Aufgabe der Forschung, die verschiedenen Elemente zu son- dern, ein Bild der sumerisch-akkadischen Cultur zu entwerfen, wie sie vor der semitischen Einwanderung bestand, und zu zeigen, wie sie durch diese beeinflusst und umgestaltet worden ist. Indessen dies Ziel ist gegenwärtig noch nicht zu erreichen ; eine Reihe von Einzeluntersuchungen und vor allem eine grandliche Erforschung der vorsemitischen Sprache sind die unerlässlichen Vorbedingungen. Nur in allgemeinen Umrissen vermögen wir bis jetzt festzustellen, was semitisch, was nicht semilisch ist; im übrigen müssen wir uns begnügen, ein Bild der babylonischen Cultur zu skizziren, wie sie sich etwa ziu:

Zeit Chammurabi's gestaltet hatte.

*

Im allgemeinen s. die nur mit Vorsicht zu benutzenden Arbeiten Lbormant's, vor allem die Magie und Wabrsagekunst der Ghaldaeer, Verb, deutsche Ausgabe 1878. Ferner Schrader, Semitismus und Baby- lonismus, im Jahrb. fQr prot. Theol. I. Fflr einzelne Fragen vor allem fliuPT, Die sumerischen Familiengesetze 1879.

§. 143. Im allgemeinen lässt sich schon jetzt auf das deutlichste erkennen, dass alle grundlegenden Elemente der babylonischen Cultur der älteren Bevölkerung angehören, die Semiten dieselben lediglich adoptirt und hier und da auch nach ihren Anschauungen erweitert und umgestaltet haben. So ist zunächst die Schrift, wie schon erwähnt, sumerisch- akkadischen Ursprungs. Sie ist dann auf die semitische Sprache übertragen worden, obwohl sie für dieselbe wenig geeignet war und ihren Lautbestand nur sehr unvollkommen ^edergab. Man begnügte sich indessen nicht mit einer Berübernahme der phonetischen Bestandtheile ; auch die Ideogramme erhielten jetzt neben ihrem sumerischen einen semitischen Sinnwerth, aus dem sich vielfach neue Silben- Berthe entwickelten. Daneben wurden häufige Wörter und Wortgruppen oft ohne weiteres in die semitische Schrift hin- fibergenommen, man sprach dann aber nicht mehr die Silben- reichen aus, sondern setzte an ihre Stelle das semitische

f

Zweites Buch, zweiter Abachnilt.

Aequivalent, schrieb also z. B. patesi (§. 134) und las oder schrieb dugga (gul) und las tabu u. s, w. Sogar matische Formen wurden gelegentlich aufgenommen; so schri( man wohl inak >er machte«, las aber ep\k. So entstand (^ äusserst compHcirtes Schriftsystem, das nicht ohne das gnst liebste Studium erlernt und angewandt werden konnte.

Uerade in der SKeBten Zeit werden in äen Bemltischeu die sumerischen Ideogramme und als Ideogramme gebrauchte Wi in solchem UniTange verwerthet, das9 es bei den kurien Btcki Inschriften oft schwer zu entscheiden ist, in welcher der beid»ji Sj sie Rbgefasst sind. Ueber die Entwickelung dea assyriscfacD srstems aus dem arkadischen s. Haui-t, Akk. u. sum. Teile 181

g. 144. Die spätere babylonische Religion ruht bl Hauptstücken durchaus auf den Anschauungen der 1 kerung. Wie überall, steht auch hier die Verehrong Dämonen, welche in der Natur wirken, dem Menschen üiJ oder Segen bringen, im Mittelpunkt der Religion. Man i sie durch Gebete und Opfer gnädig zu stimmen, durch 2 in seine Gewalt zu bringen oder mit Hülfe anderer, günili Geister ihrer TiJcke entgegen zu wirken. Zahllos siod I Schaaren, äusserst unbestimmt ihr Wirkungskreis, »ieÄ sind sie namenlos. Einzelne werden zu grösseren Gnip( zusammengefasst , so die Igigi, Geister des Himmels, und Anunnaki, die ursprünglich Wasserdämonen zu sein sehe doch auch als .Gölter der Erde« (IV R. 45. 81) oder i Himmels* (Delitzh:h bei Lotz, Tigiatp, S. 8U) werden. Theils denkt man sich diese Dämonen als meiu ähnliche Wesen , theils in Gestalt von Löwen oder anc wilden Thieren, vor allem aber als mischgestaltige Ung« Drachen, Einhörner, Greife u. ä. Alle diese phantastis Wesen, die später durch die Kunst auch zu den abendlAl sehen Völkern gekommen sind, entstammen den religiösen J Behauungen der Babylonier.

Die Dämonen und Götter der 'Babylonier. 175

Eine eingehendere Darstellung der babylonischen Religion lässt sich noch nicht geben, da es an zuverlässigen Vorarbeiten noch fast ganz fehlt. Lenormant, La magie chez les Chald^ens 1874 und La divination chez les Gh. 1875 (in deutscher Uebersetzung : Die Magie und Wahrsage- IxmsX der Chaldaeer 1878) ist nur mit Vorsicht zu verwerthen, ebenso alles Detail in G. Smith, Die chald. Genesis (deutsche Uebers.) 1876. Nur die Beigaben von Fr. Delitzsch zu letzterem Werke sind zuverlässig und beschränken sich auf das sicher zu Ermittelnde.

§. 145. Neben den Dämonen stehen die grossen Götter, welche in den Machtgebieten des Himmels und der Erde walten und über die Geister herrschen. Da ist der Himmels- gott Anu, der Vater und König der Götter; der »Herrscher der Tiefe« Ea, der im Wasser seinen Wohnsitz hat, alle Weisheit ergründet und mit unerforschlichem Rathschluss die Geschicke lenkt; der in semitischer Sprache Ramän (auch Barqu) genannte Gott, der die Atmosphäre beherrscht, Regen und Gewitter sendet und im Sturmwind einherfahrt. Dann die Gottheiten des Kampfes und Todes ; des Kriegs und Streites, Nergal, >der Herr der Grabesstadt«, »der Zerstörer«, und Ninip *), der Kämpfer und mächtige Jäger, beide als ge- flügelte Löwen oder Stiere mit Menschenkopf gedacht und gebildet. Ferner »der Herr«, En oder Mulu, semitisch Bei, der als oberster Herrscher und Vater der Götter vielfach ver- ehrt wird. Daneben stehen die Gottheiten der Himmelskörper, Sin (Aku, Nannar), der Mondgott, der sich seit der ältesten Zeit des höchsten Ansehens erfreut und als der erhabenste und mächtigste der Götter in Hymnen vielfach gepriesen wird, und der Sonnengott Samas (sum. Babbar). Jeder dieser Götter hatte, wie schon erwähnt (§. 130), seine besondere Cultusstätte, an der er als der Höchste verehrt wurde, und mannigfach verschieden waren in den einzelnen Städten Babyloniens die Anschauungen über die Verwandtschaft und das Machtverhältniss der Götter unter einander. In einzelnen Fällen treten rein locale Gottheiten an die Spitze des Pan-

^) Die Aassprache ist unsicher. Nicht unmöglich ist die Lesung Adar.

176 Zweites Buch, zweiter Abschnitt.

theons, so in Babel der Stadtgott Marduk, der hier späte direct dem Bei gleichgesetzt wird.

Der Name Sin, der auch bei den Qimjaren und bei den Syrer von Gharrän den Mondgott bezeichnet, scheint akkadischen Ursprungs z sein, obwohl er, so viel ich weiss, in akk.-sum. Texten bisher nicht mi Sicherheit nachzuweisen ist.

§. 146. Unter den Göttinnen Babyloniens tritt vor allen eine hervor, die früh mit Nana (Navala, Maccab. 11 , 1, 13) der Hauptgöttin von Uruk, identificirte Istar, »die Herrin« Sie ist die Gottheit aller Lebens- und Zeugungskraft de Natur und wird mit rauschenden Freudenfesten gefeiert. WL sich ihr zu Ehren die Jungfrauen preis geben (vgl. Herod. 1, 199" so erzählt die Sage zahlreiche Geschichten von ihren Liek Schäften, namentlich von ihrer Neigung zu dem schönen Jün ling Düzi (hebr. Tammüz TIDD» Ezech. 8, 14). Indessen wie d^ Leben der Natur im Winter erstirbt, die Blume verblüht, das Saa kom in die Erde gesenkt wird, so erliegt Düzi der Tücke seia< Feinde, allgemein betrauert. Nach einer anderen Sage zieht lata aus, um ihrer Herrschaft auch das Gebiet der finsteren Königw des Todtenreichs, der Allat, zu unterwerfen, wird aber von den Dienern der feindlichen Göttin in Bande geschlagen und ver- liert hier alle Attribute ihrer Macht. Alles Leben, alle Pro- duction erlischt auf Erden, allgemeines Verderben droht ein- zutreten, so dass schliesslich die grossen Götter sich erbarmen und die Allat zwingen, ihre Gegnerin frei zu geben. Nach dem allgemeinen Schicksal der Mythen verwandeln sich auch diese primitiven Erklärungsversuche des Naturlebens allmählich in Erzählungen von einmaligen, uranfanglichen Begebenheiten, während sie in den Festen, die nun zur Erinnerung an die* selben gefeiert werden, dauernde Nachwirkungen hinterlasse^

Die in diesem Paragraplien berührten, fQr die gesammte Religioi*^ geschickte Vorderasiens äusserst wichtigen Probleme bedürfen einer w»^ genaueren Präcisirung, die indessen bei dem gegenwärtigen Stande ^^ Wissenscliaft noch nicht erreichbar scheint Für den Namen V^ (== Astarte, Atar-gatis, bei den Himjaren ^Athtar) hat Fr. Delit«^ (in Smith chald. Gen. 278) sumerischen Ursprung behauptet, und s^

litar. Die Bekämpfung der Dämonen. 177

Gründe haben, abgesehen allerdings von der höchst problematischen Etymologie, viel Bestechendes. Dagegen erklärt Haupt (ZDM. XXXIV, 758 ond sonst) den Namen für semitisch. Soviel steht fest, dass er in somerisch-akkadischen Texten bis jetzt nirgends vorkommt, und dass in

denselben der Name der StadtgOttin von Uruk (geschrieben >^-Y ^TYm)

Nanä, nicht Istar zu lesen ist; dagegen wird sie schoi) in der Izduhar- sa^ ßtar genannt. Es wäre also möglich, dass lätar der Name der semitischen Göttin war, die man mit der alteinheimischen Nanä iden- üficirte. Dass Bellt (= Ba'alat, vgl. §. 174; bei Herodot MoXitta) ursprünglich nur ein Beiname der I§tar ist und dieselbe als »Herrinc und zugleich als Gemalin BePs bezeichnet, scheint mir ziemlich sicher. Dass sie später häufig von Btar geschieden (§. 149) und ebenso Nanä neben beiden als besondere Göttin genannt wird, beweist nichts dagegen, da ja hier der Differenzirungsprocess fortwährend weiter wirkt; be- tnchten doch die Assyrer die lätar von Ninive und die litar von Arbela als zwei verschiedene Göttinnen. Die späteren griechischen und orien- talischen Angaben über die (mit der Artemis, d. h. der ephesischen Natorgöttin identificirte) Nanä s. bei G. Hoffmakn, Auszuge aus syrischen Akten persischer Märtyrer (Abb. Kde. des Morgenl. VII 130. ff.). Noch weniger wissen wir über das Wesen der sehr häufig genannten Göttin Ananitum (Sladtgöttin von Akkad). Die Göttin Anat (§. 149) hat nur in der Kosmogonie, nicht im Gultus, Bedeutung, vgl. ZDM. XXXI, 717. Die Sage von der Höllenfahrt der I§tar s. bei Smith, Chald. Gen. 203; ScHRAOER, Höllenfahrt der Istar 1874 u. a. Der Text IV R. 31.

§. 147. Im allgemeinen sind die grossen Gottheiten die Begründer und Schirmer der bestehenden Weltordnung. Sie bekämpfen die feindlichen Dämonen, welche dieselbe zerstören wollen, und ihre Anrufung gewährt dem Menschen Schutz gegen die Unholde. Zahlreiche Sagen behandeln diese Kämpfe im einzelnen, namentlich die Bewältigung des Ungeheuers Tiamat durch Marduk; oft genug sind Scenen aus denselben auf altbabylonischen Cylindem und Gemmen abgebildet. Be- sonders Marduk ist der Gott, der Schutz gegen die Dämonen verleiht; sein Bild findet sich daher unendlich oft auf Amu- letten. Indessen sind die babylonischen Götter sowenig wie irgendwelche Naturgötter lediglich gute Mächte oder gar moralische Wesen. Wie Ninip und Nergal ihre Freude an Blut und Verderben haben, so erfahren wir, dass man in

Vey«r, OMchlchte des Alterihnms. I. 12

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178 Zweites Buch, zweiter Abschnitt.

Sippara dem Adarmeiek (Ninip?) und 'Anamelek (Anu?) Kinderopfer brachte (Reg. II, 17, 31). Wenn den Menschen Unheil trifft, wenn ein Gott ihm zürnt, so sucht er zu er- forschen, wodurch er ihn beleidigt hat ; er bekennt sich schuldig und mit Sünde bedeckt, sucht durch Gebet und Opfer die Rache zu beseitigen. Aber oft genug zürnen die Götter aus Laune; die grosse Fluth, welche die Menschheit zu vertilgen drohte (§. 150), ist von ihnen lediglich herbeigeführt, weil es so ihr Belieben war, weil speciell der Gott Bei zürnte. Die von modernen Forschern in die altbabylonischen Ueber- lieferungen hineingelegten philosophisch-christlichen Anschau- ungen von der Sündhaftigkeit der Menschen gegenüber der idealen Reinheit der Götter sind den Babyloniern völlig fremd und werden durch die religiösen Hymnen, in denen der Mensch sich den Göttern gegenüber schuldig bekennt und um Vergebung bittet, in keiner Weise bewiesen.

Die Tendenz der sog. > Busspsalmen <, zu denen sich ganz analoge Gebete vielfach z. B. im Veda finden, ist immer die rein praktische, den thatsächlich aus irgend welchen unbekannten Gründen vorhandenen Zorn der Gottheit zu besänftigen oder ihm vorzubeugen. Wer z. B. hei dem Gebet IV R. 10 [in stark abweichenden Uebersetzungen bei Lerob- MANT, Magie 63; Smith, Bab. Literat. 44; daraus Schrader, Höllenf. der Istar 92] von »Sflndenbewusstsein« redet, spielt mit den Worten. Ich bemerke noch, dass sich irgend welche Spur einer der hebraeischen SQndenfallerzählung parallelen babylonischen Ueberlieferung (vgl. Delitzsch zu Smith, Genesis 301 ff.) bisher nicht gefunden hat; auch in jener tritt aber das moralische Element ursprünglich ganz in den Hintergrund und ist erst durch spätere theologisch-philosophische Speculation hineingelegt.

§. 148. Die Eigenart der babylonischen Religion beruht darauf, dass man sich die Weltmächte vor allem in den Sternen wirkend dachte. Schon die Schrift zeigt uns diese Verknüpfung, indem das Wort Gott mit dem Zeichen des Sternes geschrieben wird. Auch machte man früh die Ent- deckung, dass ausser Sonne und Mond noch fünf Gestirne ihren Stand wechseln und daher als die eigentlichen Schicksals- sterne gelten konnten. Auf der Entdeckung der SiebenzaU der Planeten beruht die in Babylonien seit uralter Zeit

Die Astrologie. 179

angenommene Heiligkeit dieser Zahl; die sich von hier aus über die ganze Welt verbreitet hat. Den einzelnen Planeten wies man einige der Hauptgötter als Schirmherren zu: dem Jupiter den Marduk (Bei), der Venus dielstar ; die finsteren und kriegerischen Gottheiten Ninip und Nergal erhielten den Saturn und Mars, Mercur ist der Stern des Nabu, des Gottes der Weisheit und Weis- sagung, des Schirmherrn der Wissenschaft, der speciell in Bor- sippa die Statte seiner Verehrung hatte. Um die Einflüsse zu bestimmen, welche der Lauf der Planeten, Finsternisse und sonstige Himraelserscheinungen auf das menschliche Schicksal üben, stellte man sorgfaltige Beobachtungen an und zeichnete deren Ergebnisse auf. So entstand in den altbabylonischen Tem- peln, deren terrassenförmig aufsteigende Thürme zugleich als Ob- servatorien dienten, die Wissenschaft der Astrolc^ie. In ähnlicher Weise wurden alle Prodigien aufgezeichnet und die Vorzeichen- kunde bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Neben die auch in Babylonien vorkommende Weissagimg durch Inspiration, die unter dem Schirme Nabü's steht, tritt eine durchgebildete Wissenschaft von der Erforschung der Zukunft. Bei jedem Unternehmen befragt der König seine Astrologen über die Constellation, über jedes himmlische Ereigniss und dessen Folgen lässt er sich berichten. Eine Zusammenstellung der- artiger Vorzeichen, angeblich aus den Zeiten Sargon's und Naramsin's, ist schon erwähnt (§. 133), ebenso, dass das grosse, aus 72 Tafeln bestehende Hauptwerk über Astrologie, von dem wir zahlreiche Bruchstücke besitzen, unter Sargon verfasst sein soll. Dass im einzelnen die Schulen vielfach auseinander gingen, ist selbstverständlich; so erfahren wir, dass das Nati vi tätstellen von einigen eifrig betrieben, von anderen verworfen wurde.

Ueber die chaldaeische Astrologie s. vor allem die Fragmente des

1 Beroesos, Diod. II, 29 flf., Plin. VI, 123, Strabo XVI, 1, 6 u. a. Ferner

LraoRMANT, Magie. Versuch einer Uebersetzung des astrologischen Werks

^wie von Vorzeichensammlungen: Sayce, TrSBA. III, 145. Dass die

früher weitverbreitete Methode, welche bei der Erklärung der Götter von

Illyrer planetaren Bedeutung ausging, grundfalsch ist nirgends mehr ^^ bei der Istar -— bedarf keiner Ausführung.

180 Zweites Buch, zweiter Abschnitt.

g. 149. Die Beobachtung und Aufzeichnung der Stern- bahnen und Prodigien, die Erforschung des göttlichen Willens, die Pflege des Rituals liegt in den Händen der Priester Schaft der einzelnen Städte, an deren Spitze, wie früher be- merkt, die Könige selbst stehen. Sie bestimmen und ordnen auch das Verhältniss der Götter zu einander und reguliren die Mythen und Traditionen. Wenn auch in den Hymnen der Localgott namentlich der Mondgott Sin, der Herr fon Ur als der mächtigste, der einzige gepriesen wird, von dem alle anderen Götter abhängig sind (vgl. dazu §. 8), » wird doch im allgemeinen ein festgeordnetes System von ] zwölf Göttern die Heiligkeit der Zwölfzahl beruht auf den zwölf Monaten anerkannt, an dessen Spitze Anu Bei und Ea stehen. Jeder Gott erhält eine Gemahlin; mehrere der- selben, wie z. B. Anat (semit. Feminin von Anu), die man im System zur Erdgöttin machte, sind lediglich aus der Speculation hervorgegangen und nie verehrt worden. Audi die Geister- und Dämonen weit wird systemati«irt; besonders treten die »sieben bösen Geistert als Hauptfeinde aller gött- lichen Ordnung hervor. Allerlei Spielereien mit Zahlen a i knüpfen daran an ; mit der höchsten Einheit des sumerischen Zahlensystems, 00, bezeichnet man den Anu, Bei mit 50 U.5.W. IVi manchen Göttern, wie Sin (30) und Istar (15) ist die« I^^zeiolmung in spatertT Zeit sogar die gewöhnliche Schreil>* weis^> des Namens geworden. Genauere Bestimmungen über das Verhältniss der einzelnen Götter zu einander werden auf- gt^tolU, z. B. von den ursprunglich identisclien Göttinnen Istar und IVlit (Fem. von Bei §. lo2> wird jene für den Morgen-, dio>o ftir den Abendstem, oder letztere für weiblich, erstiTe für m;\niükl\ erklärt (III R. :>:>. 2. 30 ff,) Combinationeo, dv woviis: urspiüiiijlii h sind, noch für die religiösen Anschau* U!uvn di^ Volkes ir^Mul welche Ektieutung haben.

§. Kh^. AiKh ütx^r rr?prung und Elntwickehing d* \Vi\t >tt*:e- viio l>ioster ihrv Theorien aut Im Uranfang» A*< nx\>iT H:n\nh^I nvvh Erxlo war, da exislirte das ürwesen M.::v..v.;: V^jir.ut , dx^ Gtlvw^n des Alb« die, wie es scheint.

Gfiitersysieme und Kosmogonie. X81

als die alles umscbliessende Wasserniasse gedacht wird. Der Reihe nach entstehen die Götter, nach mehreren kosmogoni- sehen Mittelgliedern die grosse Trias Anu^ Bei und Ea, welche den Dingen ihre Gestalt geben und die Welt ordnen. Daneben werden alle möglichen Fabelwesen erzeugt; auch die Kämpfe mit den Geistern, die Grossthaten Marduk's u. s. w. gehören dieser ältesten Epoche an. Dann entbrennt der Zorn der Götter, vor allem BeFs, gegen die Menschheit; es wird beschlossen, sie durch eine grosse Fluth zu vertilgen. Nur dem Chasisadra (Sioood-poc) offent)art Ea das drohende Unheil und lässt ihn in einem grossen Schiffe mit den Seinen und allem Gethier sich retten. So wird die Existenz der Menschheit erhalten, die Götter be- schliessen in Zukunft durch wilde Thiere, durch Hunger und Pest die Menschen zu strafen, aber eine grosse Fluth nicht wieder zu senden. Durch mancherlei Sagen und Traditionen wird dann die Zeit nach der Fluth allmählich in die historische Epoche hinübei^eleitet. Dass es dabei an systematischer Chro- nologie und an Zahlenspielereien nicht fehlt, bedarf keiner Bemerkung.

Von der Kosmogonie und Urgeschichte der Babylonier besitzen wir zahlreiche, aber sehr verstQmmelte Brpchstücke, tbeilweise publicirt von Delitzsch, Assyr. LesestOcke. Dazu ders. in Smith, Chald. Genesis 293 ff. ; Smith's üebersetzungen sind meist sehr gewagt. Das Frl. a stimmt M völlig zu der babylon. Kosmogonie des Eudemos bei Damascius de pr. princ. 125 ed. Kopp. Andere Traditionen befolgte Berossos. Vgl. Lerorma5t, Essai d'un commentaire. Die Version von Kutha bei Smith, eh. Gen. 95. lieber die vielbehandelte Söndfluthfrage s. neuerdings Haupt, der keilmschr. Sintfluthbericht 1881 und dens. bei Schrader, KAT. « 55 ff.

§. 151. Ueber das Verhältniss des menschlichen Geistes 7ur Gottheit und den Zustand nach dem Tode scheinen die Vorstellungen der Babylonier wenig ausgebildet gewesen zu sein. . Nirgends finden wir Andeutungen von Ideen , wie sie in Äegypten zur Herrschaft gelangten, oder von der iranischen Anschauung, dass der Mensch im Kampfe der guten und l^sen Machte Stellung nehmen müsse. Als wünschenswerth scheint es gegolten zu haben, an einer besonders heiligen Stätte, speciell in der Nähe der grossen Heiligthümer Sud-

Ig2 Zweites Buch, zweiter Abschnitt.

babyloniens, bestattet zu werden. Die zahllosen ThonsS welche sich in den Trümmerhaufen vor allem von üruk Ur finden, sind offenbar aus allen Gegenden Babylon hierher gebracht, wie gegenwärtig in derselben Landsc die Perser ihre Leichen nach Kerbela und Meshid Ali brir lassen. Im übrigen führen die Todten »im Lande ohne Ri kehr« unter Herrschaft der Allat (§. 146) eine wesen Schattenexistenz, und nirgends finden sich Spuren e Todtencultus oder einer Erhebung des Menschen zu Göttern. Denn dass eine rein mythische Gestalt wie Gl: sadra am Schluss seiner Laufbahn in die Ferne entr wird und ein götterähnliches Leben führt, kommt hierfür r in Betracht.

Ueber die Gräber Süd babyloniens s. Loftus und Taylor in 8. 130 angef. Werken, Wenn einzelne Andeutungen auf eine Vorslel von Belohnungen und Strafen auch nach dem Tode zu deuten sehe so verträgt sich das mit dem im Texte Gesagten ganz wohl.

§. 152. Im allgemeinen ist die bisher kurz skiz: Religion sumerisch -akkadischen Ursprungs. Ausser ein Götternamen haben die einwandernden Semiten wenig hii gefügt. Ihre Götter Bei und Bellt (»Herr« und »Herr setzten sie dem En und der Nanä-Istar gleich, wenn a letztere häufig wieder von Bellt gesondert wird (vgl. §. L Namen wie Raman, Nannar u. a. gehören ihnen an. gegen in der später herrschenden Auffassung der Relii erkennen wir specifisch semitische Züge. So wird I vor allem bei den Assyrern zur Kriegsgöttin, und ü haupt werden die Götter in erster Linie als mit dem V auf das engste verbundene Stammgötter gedacht, die Ihren Sieg und Heil verleihen. Durch die ganze Religion späteren Zeit geht ein nüchterner, rein praktischer Zug, er den Semiten eigen ist. Es ist für die Geistesrichl beider Völker charakteristisch, dass die Bauten Babyloni wo der Einfluss der älteren Bevölkerung bis in die späl Zeit nachwirkte, fast ausschliesslich Tempel, die Assyr grösstentheils Paläste sind. Die kosmogonischen Speculatic

Umgestaltung der Religion durch die Semiten. Ig3

wurden lediglich aus dem Nichisemitischen übersetzt, aber nicht weiter entwickelt, die Vorstellungen vom Leben nach dem Tode blieben unausgebildet. Ebenso sind alle mythologischen Elemente der semitischen Anschauung völlig fremd und treten daher auch in den historischen Inschriften der späteren Zeit ganz zurück. Dagegen werden Astrologie und Magie als für das praktische Leben höchst wichtige Disciplinen mit Eifer weiter betrieben. In der Ausspinnung von Zauberformeln und magischem Un- sinn stehen die Babylonier den Aegyptern nicht nach; im öbrigen aber ist ihre Religion immer auf einer primitiven Stufe stehen geblieben, geschweige denn zum Träger und Mittel- punkt des gesammten geistigen Lebens des Volkes geworden, vrie in Aegypten, in Iran, in Israel, oder wie die Philosophie bei den Hellenen. Es ist das zu gleicher Zeit ein Vorzug und ein Nachtheil. Der Babylonier und mehr noch der Assyrer steht dem Leben freier, unbefangener, naiver gegenüber, als ein Volk, bei dem ein theologisches System alle Anschauungen bestimmt ; aber dafür ist ihm auch die gefahrvolle Strasse ver- schlossen, welche* ebensowohl zur völligen Erstarrung und Fesselung wie zur höchsten Freiheit und zum idealen Ziel des geistigen Lebens führen kann,

Ueber die religiösen Anschauungen der Semiten im allgemeinen Isann erst in Buch I(( gehandelt werden* Im Qbrigen ist es vielleicht ^on Bedeutung, »dass wir [bis jetzt?] zwar eine grosse Anzahl magischer 1*6x16 in akkadischer Sprache besitzen, aber keine einzige sumerische Zaüberformelc (Haupt, Keilinschr. Sintfluthbericht 23). Dass die kos- d^ogonischen Erzählungen aus dem Sumerischen übersetzt sind, hat ^iTzscH (in Haüpt's Familiengesetzen S. 69; Paradies S. 155) erwiesen.

Literatur.

Im allgemeinen vgl. Smith, Chald. Gen. 10 CT.; Satce, Babylonian Literature (1878?).

§. 153. Als die Semiten sich in Babylonien festsetzten, ^aren die älteren Bewohner bereits im Besitze einer umfäng- lichen Literatur. Die Aufzeichnung religiöser Hymnen, heiliger

\Q4t Zweites Buch, zweiter Abschnitt

Formeln, astrologischer und teratologischer Beobachtungen den Ausgangspunkt derselben gebildet haben. Daneben die Schrift zu staatlichen Zwecken verwerthet, zu Insch auf Statuen der Könige, zu Urkunden u. ä. Ob es in < Epoche schon eigentlich historische Aufzeichnungen gab, stark bezweifelt werden. Dagegen waren die staatlichen hältnisse wohl geordnet, und dem entspricht es, das allem die Grundsätze des Rechtslebens schriftlich aufgezei waren. Ein Bruchstück dieser Gesetze, das sich auf Familienrecht bezieht und z. B. dem Vater, den sein verläugnet, das Recht gibt, denselben zum Knecht zu \m oder zu verkaufen, ist uns erhalten. Wie die Religion wi auch die staatlichen Institutionen einfach von den Se übernommen, die ältesten Gesetzbücher übersetzt und s auf unsere Zeit bewahrt.

Uebersetzung der Gesetze bei Haupt, Sumer. Familiengesetz< und Göll. Nachr. 1880.

§. 154. Die für die neuen Eindringlinge bestehende '. wendigkeit, die alte Sprache des Landes zu erlernen, ai zu übersetzen, und auch nachdem sie ausgestorben war, Zauberformeln zu verwerthen, führte frühzeitig zu sp liehen Studien und Aufzeichnungen, die durch die Eigenl lichkeit des Schriftsystems, das so zahlreiche Zeichenv( düngen der alten Sprache aufgenommen hatte, d( erforderlich wurden. So legte man Sammlungen der S( zeichen an, in denen dieselben nach ihrem Laut- und werth, nach ihrer akkadischen und semitischen Bede erklärt wurden (die sog. Syllabare); Wörterbücher, in die Wörter beider Sprachen, meist nach dem Sinn wert ordnet, neben einander aufgeführt wurden; daneben gra tische Paradigmata u. ä. Im Anschluss daran stellte geographische, mythologische, astronomische Listen auf, v die Namen und Beinamen der Götter, Orte, Pflanzen und 1 in einer oder in beiden Sprachen erklärten. Das Materia dem die alten Uebersetzer sich für ihre Arbeit vorbereiteten

Literatur. X85

grossen Theils auch uns noch vor, ebenso manche Präpara- tion, ausserdem gelegenlhch auch Schülerarbeiten. Freilich stammen diese Tafeln fast alle aus Assurbanipals Bibliothek (§. 121); indessen wenn manche auch erst damals verfasst sein mögen, so bezeichnen sich die meisten selbst als Ab- schriften altbabylonischer Sammlungen, und einzelne derartige Tafeln, deren Zahl sich voraussichtlich in Zukunft bedeutend vennehren wird, sind in Babylonien selbst gefunden worden.

§. 155. Von einer poetischen Literatur ist uns falls, man Lieder und Erzählungen überhaupt aufzeichnete ab- gesehen von den religiösen Hymnen und Legenden nichts erhalten. Dagegen knüpft an die letzteren die Bearbeitung und Aufzeichnung weiterer Sagen an. Hierher gehört vor allem die epische Behandlung der Izdubarsage (§. 137), die etwa um 1500 v. Chr. verfasst sein mag. Das Werk besteht aus 12 Büchern (d. i. Backsteintafeln), und nicht unwahr- scheinlich ist die Vermuthung, dass diese Eintheilung mit einer Beziehung des Inhalts auf die zwölf Monate oder vielmehr auf die Zeichen des Thierkreises in Verbindung steht. Dass der Kern der Sage mythisch und Izdubar ein Lichtgott ist, kann nicht bezweifelt werden ; doch ist dieselbe wie so viele andere Mythen örtlich und zeitlich localisirt, und wie es scheint mit dem Freiheitskampf gegen die Elamlten in Verbindung gebracht ^vorden. Wie sich daneben eine historische Literatur ent- wickelte, ist bereits früher skizzirt worden (§. 121).

Die Frage, ob die Izdubarsage von Anfang an in semitischer Sprache Verfasst oder lediglich fibersetzt ist, ist noch nicht entschieden, s. Delitzsch, f*ar. 156. Die mehrfach geäusserte Behauptung, dass sie das Prototyp der iniechischen Heraklessage sei und zahlreiche ZOge mit dieser gemeinsam ^^f scheint mir unbegründet zu sein. Einzelne Berührungen finden ^ich allerdings, wie solche bei allen Völkern in Sagen, die analoge Gegen- ^de behandeln, unvermeidlich sind. Nur die Kunsttypen, z. B. die l^rstellung des Kampfes Izdubar's mit dem Löwen, haben den Griechen ^'s Vorbilder gedient.

§. 156. Von Wissenschaften haben sich Astronomie und Mathematik in Folge ihrer Verknüpfung mit den religiösen

186 Zweites Buch, zweiter Abschnitt.

Anschauungen der Babylonier frühzeitig entwickelt. In der That sind hier die Chaldaeer die Lehrmeister des gesammten Abendlandes gewesen. In Folge des den sumerisch-akkadischen Zahlwörtern zu Grunde liegenden Sexagesiraalsystems, in dem 60 dieselbe Rolle spielt wie bei uns 100, theilte man die Laufbahn der Sonne, und davon übertragen jeden Kreis, i 6 X 60 Grade, die Stunde die Zahl der Stunden ist von de Monatszahl auf den Tag übertragen in 60 Minuten u. s. w^ Ebenso ist die siebentägige Woche babylonischen Ursprungs sie entspricht den Mondvierteln. Frühzeitig wird dann aucl schon die Anschauung aufgekommen sein, dass jede Stund< unter dem Schirme eines Planetengottes, jeder Tag unte dem des Schutzgottes seiner ersten Stunde stehe; darauf

ruhen die gegen den Anfang des Kaiserreichs im römischer ^^z Reiche in Gebrauch kommenden und seitdem bis auf der-=sn heutigen Tag geläufigen Namen der Wochentage, üeber astronomischen Beobachtungen, welche später die Grundlaf der alexandrinischen Forschung wurden, ist schon gesprocht von der Entwickelung der Arithmetik geben uns zwei i n Larsam gefundene Tafeln mit Listen der Quadrat- und Kubil zahlen, sowie einer Darstellung des Systems der Längenmaassi einige Vorstellung. Die übrigen Wissenschaften treteiji dj gegen in Babylonien ganz zurück ; namentlich die in Aegypl schon in der ältesten Zeit so hoch entwickelte Medicin befai sich hier noch zu Herodot's Zeiten (I, 197) im Stadiu^E=^ rohester Empirie.

(Jeher die siebentägige Woche s. Schbader, Theol. Stud. und 1874, I, 344 fr. [und jetzt auch Lotz, Quaest. de hist. Sabbati 188^^=31- Die Angabe Herodot's H, 82, die Aegjrpter hätten herausgefunden, ji^: ^^

iY^öp^^ioet xal 5xa>c TeXeorrjasi xal 6x0 toc tt? sotat hat mit den Pianet nichts zu thun, sondern bezieht sich theils auf die Zuweisung der Modi an bestimmte Monatsgötter, theils auf die Combination der einzeh Tage mit bestimmten mythologischen Ereignissen (Pap. Sallier IV, §. 117). Ueber die Tafeln von Larsam (Senkere, mangelhaft pu ^^* IV R. 40) genügt es auf Lepsius, Die babyl.-ass. Längenmaasse na '^^ der Tafel von Senkereh, Abb. Berl. Ak. 1877, zu verweisen.

Wissenschaften. Die Schreiber. Ig7

§. 157. Wie in Aegypten war auch in Babylonien die Erlernung der Schreibkunst eine äusserst schwierige, Jahre langes Studium erfordernde Aufgabe; im allgemeinen wurden die schriftlichen Documente durch Schreiber von Beruf auf- gesetzt. Die Pflege der Gelehrsamkeit aber lag ausschliesslich in den Händen des Standes, der durch seinen Beruf darauf angewiesen war und seine Kenntnisse von Generation zu Gene- ration forterbte, der Priesterschaft. In den Haupttempeln, so- ^e in den königlichen Palästen, wo die jungen Verwaltungs- hearaten für ihren Beruf vorgebildet wurden, befinden sich daher <iie grossen Bibliotheken , welche den gesammten Schatz des Dissens und die Hülfsmittel zur Erlernung von Schriftthum vind Sprache enthalten. Die einzelnen Werke bestehen aus einer Keihe auf beiden Seiten beschriebener Backsteintafehi , deren jede ihre Nummer trägt; bezeichnet werden sie nach den Anfangs- '^vorten. Anderes Schreibmaterial als Tafeln, Gylinder, Prismen tind Steinplatten hat man in Babylonien und Assyrien nicht gekannt. Durchweg dienen diese Bibliotheken, welche zugleich das Archiv enthalten, staatlichen und religiösen Zwecken. Es beruht auf einer völligen Verkennung der alten Verhält- iiisse, wenn neuerdings die Ansicht ausgesprochen ist, dass sie der Masse der Bevölkerung zugänglich gewesen seien oder ^ese irgend etwas mit ihnen hätte anfangen können. Eine Literatur und Wissenschaft, die über die Kreise der Gelehrten, d. h. der Priester und Staatsbeamten, hinausgereicht hätte, ^ibt es hier so wenig wie in Aegypten.

Dass die babylonische Priesterschaft einen geschlossenen Stand bildete, liegt in der Natur der Dinge und wird durch die Angaben der Alten ^ber die XaXSatot vielfach bestätigt (z. B. Strabo XVI, 1, 8; Diod. II, 29). ßarcE (Babyl. Lit. p. 9 und sonst) denkt sich die Bibliotheken auf ^»•ünd einer falschen Uebersetzung (TrSBA. III, 154) etwa wie das ^^ading Room des British Museum eingerichtet und in ähnlichem Sinne *^^t man oft die Unterschriften der Tafeln AssurbanipaKs übersetzt. Die- ^Iben besagen aber, dass »der König sie in seinem Palaste aufstellte, ^amit er sie anschauen und lesen kOnnec (Güyard, Joum. As. VII, 13, ^. 453).

188 Zweites Buch, zweiler AbechniU.

KansL

§. 158. Eine Darstellung der altbabylonischra Kunst gehört zu den allerschwierigsten Aufgaben. Während die Erde, wie gelegentliche Funde lehren, ein reiches Mtteiil in sich birgt, ist bisher nur sehr wenig ans Tageslicht gefordert, von dem Entdeckten nur ein geringer Bruchtheil der ForschiD| zuganglich gemacht worden, und von einer wissenschafUidieii Verarbeitung ist noch fast nirgends die Rede. Daher ist bis jetzt weder eine Entwickelungsgeschichte der Kunst, noch ein sicheres Urtheil über die Höhe ihrer Leistungen^ noch ein genauerer Einblick in ihre Technik möglich. Wir müssen uns begnügen, einige wenige Gesichtspunkte hervorzuheben.

Zunächst ist die Frage nach den Anfangen der babykmi- schen Kunst noch nirgends spruchreif. Zwar das lässt sich nul Bestimmtheit behaupten, dass ihre Entwickelung durchaus Eigenthum der Urbevölkerung ist, während allen semitischen Stämmen der künstlerische Sinn völlig fehlt, und ihr Einfluss höchstens In der derb materiellen und sinnlichen Richtunf erkennbar ist, die in der babylonischen Kunst vielfach » schroff hervortritt. Dagegen die weitere Frage, ob die Ent- wickelung der Kunst völlig selbständig gewesen oder von aussen beeinflusst ist, entzieht sich noch der definitiven Be- antwortung. Ein Einfluss Aegyptens ist hier häufig ver- mutlict und ebenso oft bestritten worden. Rein äusserlidi tM'lrachlcl umss derselbe als in hohem Grade wahrsdiein- Vu'U b('Z(;ichnet werden, namentlich auf dem Gebiete der llastik und Ornamentik. Wir wissen, dass lange vor der Eiilsl<«|iung der ältesten Monumente Babyloniens die aegyp- li«<'lir Sculptur auf dem Flöhepunkte ihrer Entwickeinng *<lan(i; wir wissen, dass mindestens seit der Elainitenieit /.wischen Mabylonien und den syrischen Landen enge Be- /.ii'hun^^tMi Ixstanden, und wie rege seit den ältesten historisch tMkrnnbarpn Z(Mlon der (indirecte) Handelsverkehr zwischen Aivyphii ihm) habylonien war, werden wir im nächsten Bach y.u vfifnlp.ii halMMi. Dass dabo! auch technische Errungen-

Beziehungen zur aegyyptischen Kunst. Ig9

Schäften ausgetauscht wurden, dass die Kunstwerke Aegyptens den Nachbarländern als Vorbilder dienten, ist von vorn lerein wahrscheinlich, und seit etwa 1500 v. Chr. lässt sich der Einfluss Aegyptens namentlich in der religiösen Symbolik Sanz Vorderasiens überall, auch in der assyrischen Kunst, €leutlich nachweisen. Wenn nun z. B. der in Diorit ge- meisselte Kopf Gudea's (RAn. XLII, pl. 20, s. §. 134) €lurchaus an aegyptische Muster erinnert vor allem ist er Töllig bartlos, während sonst die babylonischen Statuen, auch die Bronzefigur Gudea's im Louvre (bei Smith, Hist. of labyl. 72), durchweg einen langen Bart tragen wenn die Schriftcolumnen auf seinem Sitzbild (RAn. 1. c.) nach aegyp- tischer Art zwar den Falten des Gewandes entsprechend, aber im vollsten Widerspruch zu der Richtung der Keilschriftzeichen Tertical geordnet sind, so scheint es mir unzweifelhaft, dass Wer aegyptischer Einfluss vorliegt. Damit verträgt es sich vollkommen, dass der babylonische Kunststil ein anderer ist als der aegyptische, dass die Gesammtauffassung und die Details der Behandlung in beiden vielfach von einander abweichen. Wenn gegenwärtig ein intelligenter Negerstamm nach euro- paeischen Vorbildern und mit von den Europaeern gelernten Kenntnissen Statuen verfertigte, so könnte der Charakter der- selben ein von dem europaeischen Muster völlig abweichender, rein afrikanischer sein ; die Aufgabe der Forschung aber wäre ^us Einzelheiten, aus nebensächlichen Details die Abhängig- keit vom Vorbilde nachzuweisen.

Literatur im allgemeinen: Semper. Der Stil I, 328 ff. Opfert, CrundzQge der ass. Kunst (Vortrag). G. Rawlinson, Five Monarchies ^ol. I (LonofiIrjer, Mu»4e Napolton HI, 1 u. 2 ist mir nicht zugänglich). ^suzET, Les terres cuites de Babylone RAn. XXXIX, 1 ; ders. Les fouilles <^e Chald^e RAn. XLII, 267.

§. 159. Die Bauten Babyloniens sind, da dem Lande Steinbrüche gänzlich fehlen, durchweg aus Holz oder Ziegeln aufgeführt. Erhalten sind uns nur die Fundamente der alten "fempelbauten, durch deren Backsteine wir die Namen der ^testen Könige kennen gelernt haben. Dieselben sind höchst

190 Zweites Burh, zweiler Absclinitl.

einfache, massiv aufgeführte Bauten von viereckiger GcälaÄ das Innere besteht gewöhnlich aus getrockneten und dutd einen Erdpechüberguss fest verbundenen Backsteinen, aussen mit einer Sdiiciit gebrannter Ziegel bekleidet si: die Ecken (nicht wie bei den ägyptischen Pyramiden Kanten) sind durchweg genau orienlirt. Die Tempel besl^ aus [drei bis achtj terrassenförmig über einander aufsteigeiii Stockwerken; das bekannteste Beispiel derselben ist der! Thurm des Bei in Babylon (Herod. I. 181), Diese ElagB tempel heissen Ziqurral; im höchsten Stockwerk befand i das eigentliche Heiliglhum. Die Ornamentik der Aua wände des Fundaments ist meist äi^serst einfach. Wie weit entwickelte Baustil von Ninive, Susa und Persepolis sdH dieser ältesten Epoche Chaldaea's angehört, lässt sich bis jetzt nicht ermitteln. Die Holzsäule mit ihren Umgestl tungen dürfte schon bekannt gewesen sein ; Haltmulen ßndi sich mehrfach als Aussendecoration , ebenso schräge Stütze In den Ziegelgräbern, die namentlich in Uruk zahlreich linden wir die Anfange des Bogenbaus; man schiebt Backsteinschicht etwas üt>er ihre Unterlage hinaus, bis beiden Wände so nahe zusammengerückt sind , dass Schlussstein darauf gelegt werden kann. Daneben werden Leichen sehr häufig in Urnen oder unter Schüsseln von Tbl beigesetzt.

Das Material s. bei Loftus, Tatlor und I^tAAi> (Hin. aud fk von den Aufn ahmen der LucTCä'acfaen Ausgrabungen durch Buiti (LotTts. Travels p, 180) ist leider fast nichts publicirl. L'eber den tempel in Babylon s. Rich, Hemoir on the Ruins or Habjrlon 181 second meni. 1819: Oppckt, ExpM. en H^op. I u. a. An ddiMl bnOpft sich hetannllich die hebraeische Legende vom Thunnbu ' der Sprachverwirrung, die durch Vermittelimg der Sibylle auch in babjrlonitcbe Geschichte des Alexander Polyhistor uDd Abjdcoitt kODimen isl (Euseb. I, 23- 33); Uerossos wusste ofTenbar niebta dal Ebeniowenig kumml sie in der keilschrifUichen Literatur vor.

g. 160. Die bis jetzt bekaimten Ueberreste altbabylol scher Sculplur sind schon erwähnt. Als für die babytonisc

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Architektur. Sculptur. 19X

Kunst im Gegensatz zur aegyptischen charakteristisch tritt schon in ihnen ein Streben nach Gedrungenheit und Fülle der Formen hervor, das später zur vöUigen Unnatur ausartet. Während bei den aegyptischen Königsstatuen die Hände auf den Knieen ruhen, sind sie bei den Statuen von Tello (und ebenso später auf assyrischen Denkmälern) vor der Brust in einander gelegt, um die Ehrfurcht anzudeuten, mit der der König der Gottheit naht. Der aegyptische König ist selbst ein in sich ruhender Gott, der babylonische lediglich der oberste Priester und Diener des Gottes. Im übrigen können wir, namentlich über die Reliefsculptur (Malerei), lediglich nach den Cy lindern und den späteren assyrischen Monumenten xirtheilen. Im allgemeinen herrscht auch hier völlig der Grundsatz <3er aegyptischen Wanddarstellungen, dass sie eine fortschrei- tende Begebenheit erzählen, nicht ein Äugenblicksbild natur- t:reu darstellen sollen. Charakteristisch für die babylonische Kunst im Gegensatz zur aegyptischen ist ein Haften am -Aeusserlichen , ein Hang zum Ueber- und Unnatürlichen, der namentlich in den zahllosen mischgestaltigen Wesen (vgl. §. 144) cieutlich zum Ausdruck kommt. Der Gegenstand wird nicht iimerlich erfasst und durchdrungen, sondern der Gedanke in Susserlicher Weise zur Darstellung gebracht. So stellt man die Rauptgottheiten auf Löwen oder andere Thiere, um dadurch Uire Macht zu veranschaulichen. Den mächtigen Dämonen und ebenso den dienenden Geistern heftet man Flügel an, um ikre Schnelligkeit darzustellen. Sie fliegen oder schweben aber niemals, wie etwa die geflügelte Sonnenscheibe der Aegypter, die Flügel sind nur ein äusserlich angehängtes Symbol. Ein anderer häufiger babylonischer Typus ist der durch künstliche ^erschlingungen von Zweigen und linearen Ornamenten ge- t)ildete sog. »Lebensbaum«, der meistens von verehrenden Menschen und Dämonen umgeben ist und eine bis jetzt noch ^bekannte religiöse Bedeutung gehabt haben muss.

Eine altbabyl. Alabasterstatue ist publ. von Lenormant RAn. XVIII, ^1. Ueber die Flügel wesen vgl. Langbehn, Flügelgestalten der ältesten ^echischen Kunst 1881. In Aegypten trägt ausser der Sonnenscheibe

192 Zweites Buch, zweiter Abschnitt.

nur die Himmelsgöttin Nut und die aus einem Geier entwickelte Mol von Theben FlQgel, die sie verwerthen, um den Menschen schfltieiida umschliessen. Auch Mischgestalten sind in Aegypten selten; wesentfiek kommen nur der Sphinx, der Widdersphinx und das Fabelthier, wddM den Gott Set darstellt, in Betracht Denn die mit ThierkOpfen gebildeta Gottheiten tragen doch einen wesentlich anderen Charakter. la übrigen bemerke ich noch, dass die Flögel der Misch wesen in doi Einzelheiten der Ausführung, der Ordnung der Federn u, ft. nach tc|j^ tischem Muster gebildet zu sein scheinen.

§. 161. Sehr zahlreich sind aus allen Epochen die Bei- spiele babylonischer Thonarbeit. Die Ausführung ist sehr v«^ schieden; neben sehr roh gearbeiteten finden sich äusserst lebenswahre Figuren. Von besonderer Bedeutung ist der Typus der Göttin der Zeugung (Istar-Nanä), welche nadi, aber mit reichem Schmuck behangen, mit langen LodeOv schwellenden Brüsten und stark ausgebildeten Geschlechtsthälen dargestellt wird. Mit den Händen greift sie an die Brüste^ um die Milch auszuspritzen; in anderen Fällen säugt se auch ein Kind. Meist zeigen diese Figuren einen äussert charakteristischen Gynismus der Auffassung, einen geraeiiK sinnlichen Ausdruck, in dem wir wohl einen Einfluss der Semiten erkennen können. Ein Vergleich mit ähnlichen refi- giösen Bilderwerken der Aegypter, etwa den ithyphallen Gott- heiten oder auch dem Besä (§. 218), zeigt auf das schlagendste, wie sehr die letzteren den Babyloniem an wahrem Kunst* gefühl überlegen waren. Der Typus hat sich sehr weil ver* breitet; in zahllosen Exemplaren findet er sich in Susa, aber ebenso in Syrien und überall, wohin die Phoniker gedrungö* sind (§. 200). Neben den Thonarbeiten steht als wie e$ scheint selbständige und von Babylonien aus verbreitete Er- findung die Kunst des Gravirens in hartem Stein. Zahllos sind die Gemmen und vor allem die Gylinder von jeder Art Material, welche mit religiösen oder profanen DarslellungeDf hantig auch mit Inschriften bedeckt sind, und meist als Siogt^l (vgl. Herod. I, 195), daneben auch als Amulette dienten. Schon von König Ur-ea haben sich Siegefcylinder orhulton.

^ Thonarbeiten. Gemmen und Gylinder. 193

lieber die Terracotten 8. vor allem Heuzet, RAn. XXXIX, 1 ff. looRMAirr, Artemis Nanaea, Gaz. arch^ol. II, 10. Umfassende Publi- otioDen der zahlreichen in Europa zerstreuten Gylinder und Gemmen teUen. Einzelne bei G. Rawlinson, Five mon.; Smith, Ghald. Gen.; LiTARo, Mon. of Nin. Zahlreiche Gylinder sind im Atlas zu Lajard, Gülte de Mitbra [mir unzugänglich] abgebildet. Femer Soldi, Les cyl. Babyl., RAn. XXX Vni, 115 ff. 145 ff.; M£nant, Les cylindres orientaux de la Haje (mir unzugänglich) ; Fischer und Wiedemann, Babyl. Talismane aus dem Museum zu Graz 1882.

Veyer, Oeschichte des Alterthums. I. 13

Drittes Buch.

Die Semiten. Geschichte Vorderasiens im Zeitalter der aegyptischen Eroberungen.

Quellenkunde zur Geschichte Syriens. Ueber- sicht der hebraeischen Literatur.

§. 162. Für unsere Kenntnlss der Geschichte der syrischen Länder sind wir fast ausschliesslich auf fremde Nachrichten an- gewiesen, auf die Angaben der Aegypter, Assyrer, Griechen und Römer. Von der alten aramaeischen Literatur hat sich nichts, von der phoenikischen nur ganz weniges in griechischer Ueber- setzung oder Bearbeitung erhalten (Philo von Byblos §. 206, die Bruchstücke der tyrischen Annalen des Menander und Dios §. 286). Nur von der hebraeischen Literatur sind bedeutende Ueberreste auf uns gekommen. Obwohl dieselben durchweg erst der späteren Zeit angehören, auch auf die ältere Ge- schichte Syriens nur wenig Licht werfen, empfiehlt es sich doch aus praktischen Gründen, sie schon hier zu behandeln.

Die historischen Werke der Hebraeer sind keine einheitlichen Arbeiten, sondern das Product vielfacher systematischer und ten- denziöser Ueberarbeitung und Ineinanderarbeitung der ursprüng- lichen Quellen. Während die ältesten Aufzeichnungen, wo sie sich aus dem uns vorliegenden Material herausschälen lassen, vielfach völlig authentisches, zum Theil fast urkundliches Material geben, wird durch die späteren Zusätze der Sachverhalt mehr

Die hebraeische Literatur. 195

und mehr entstellt und schliesslich völlig und bewusst gefälscht. Es ist daher, ehe man irgend eine Angabe dieser Werke verwerthen darf, eine eindringende kritische Untersuchung durchaus erforderlich.

Im allgemeinen: de Wette, Einleitung in das A.T., 8. Aufl. von £. ScHBADER. Bleek, Einleitung in das A.T., 4. Aufl. von J. Wellhadsen. AfiR. KuENEN, Historisch-kritisch Onderzoek naar het ontstaan en de ver- zameling van de boeken des Ouden Verbonds, Leiden 1861 IT., 3 Bde. Ders., De Godsdienst van Israel, Haarlem 1869 f., 2 Bde. Vatke, Bi- blische Theologie I, Rel. des A.T. 1835. K. H. Graf, Die geschichtl. Böcher des A.T. , Meissen 1866. E. Reüss, La Bible, trad. nouvelle etc. (das A.T. in 6 Theilen) Paris 1877 ff, Ders., Gesch. der heil. Schriften Allen Testaments 1881. Nöldeke, Die altt. Literatur in einer Reihe von Aufsätzen 1868. Wellhaüsen, Geschichte Israels, Bd. I 1878 (Kritik der Quellen), üebersicht bei Stade, Geschichte Israels 47 fif.

§. 163. Die Ueberarbeitung, und in späterer Zeit auch schon die ursprüngliche Conception der historischen Schriften ist, wie überall im Orient, so speciell bei den Hebraeem be- herrscht von den Ideen eines religiös-politischen Systems. Die religiöse Bewegung, welche in der späteren Zeit den eigent- lichen Inhalt der Geschichte des Volkes bildet, hat zweimal zu einer systematischen Bearbeitung, gewissermaassen einer Codification der leitenden Ideen geführt, und beidemale ist das aufgestellte Gesetzbuch von Staatswegen publicirt worden und hat bindende Gültigkeit erhalten. Zuerst im Königreich Juda, wo im Jahre 621 v. Chr. das »Buch der Lehre« (Sepher hattöra) oder »des Bundes« (S. habbrit) aufgefunden und vom Könige Josia feierlich als Staatsgesetz anerkannt wurde. Es ist dies das sog. Deuteronomium, der Kern des gleich- namigen Buches (Deut. 12 26), das später mit einer doppelten Vorrede und entsprechendem Nachwort versehen worden ist. Als dann Jerusalem zerstört und der letzte Rest der alt- hebraeischen Nation vernichtet worden war, gaben die From- luen die Hoffnung nicht auf, dass wenigstens ihre in diesem Gesetzbuch formulirte Religion und ihr Cultus nicht auf ßwig vernichtet sein, sondern durch göttliche Fügung wieder- hergestellt werden werde. Man begann daher namentlich

196 Drittes Buch. Syrische Quellenkunde.

die Formen und Riten des Gultus aufzuzeichnen, um sie ( Vergessenheit zu entreissen; zugleich wurden die religiös Grundsätze weiter ausgeführt, und so ein Idealbild der i: zu gründenden religiösen »Gemeinde« ('öda) entworfen : erst hat dies Ezechiel (um 580) gethan. Bekanntlich wurde Hoffnung durch die Perser zum Theil verwirklicht (538 v. Chi man konnte die Gonstituirung der neuen Gemeinde beginne indessen verging in Folge mannigfacher Zerwürfnisse u Hindernisse fast ein Jahrhundert, bis dieselbe zum Abschh kam. In erster Linie waren es die Priester, die religiösen u bei der gänzlichen Ohnmacht der von den Persern beherrschi Nation zugleich die politischen Häupter des Volks, welche di< Gonstituirung in die Hand nahmen und die Grundsätze ( Gultus wesentlich in ihrem Interesse formulirten. Nach mann fachen Vorarbeiten kam so das Gesetzbuch des zweiten Te pels zum Abschluss; im Jahre 444 v. Ghr. oder ein< der nächstfolgenden Jahre wurde das neue »Buch ( Lehre« von Ezra und Nehemia publicirt und von der ganz Gemeinde durch feierliche Verpflichtung anerkannt. Es u fasst im wesentlichen Exod. 25 31. 35—40, Levit. 1 1 Num. 1—10. 15—19 und Stücke in 26—36. Im Unterschi von dem ersten Gesetzbuch vom Jahr 621 (Deuteronomiur welches den nationalen Staat voraussetzt imd für diesen n giöse und moralische Vorschriften gibt, organisirt das zwe Gesetz vom Jahre 444 eine Priesterherrschaft (die sog. Th< kratie) und wird daher am besten als Priestercodex bezeichn Es enthält im wesentlichen Gultusgesetzgebung ; die religiös Vorschriften, welche im ersten Gesetz gegeben werden, se das zweite einfach voraus. Gemeinsam ist beiden Gesei büchem die Einkleidung: sie treten auf als Oflfenbaru Jahwe's, welche dieser am Sinai beim Beginn des geschiel liehen Lebens des Volkes seinem Propheten Mose gegeb habe, und bezeichnen sich daher auch als Lehre oder Gesei buch des Mose.

Dass das Deuteronomium das im Jahre 621 gefundene Gesetz i (Reg. II, 22 f.), hat zuerst de Wette, Beiträge zur Einleitung in i

Die Gesetzbücher der Israeliten. 197

A.T., 2 Bde, 1806 f. ausgefQhrt. Die Abfassung des Priestercodex legte man früher in uralte Zeit; dass er nachexilischen Ursprungs sei, haben zuerst Vatke (1. c.) und George (Die älteren jüdischen Feste) 1835 ge^ zeigt, dann auf Grund der von Reuss gegebenen Anregung Graf (Ge- schieht!. Bücher). Zur Anerkennung in weiteren Kreisen ist die That- saehe Tor allem durch Küenen und Wellhausen gebracht. Die Frage, ob gerade Ezra der Redactor des Pentateuchs oder der Verfasser des Priester- codez sei, ist für uns irrelevant; auch die, ob das 444 publicirte Gesetz- buch lediglich der Priestercodex (Reuss) oder der ganze Pentateuch in seiner gegenwärtigen Gestalt (Graf, Wellhausen) gewesen sei, kann hier über- S^uiigen werden. Dass der Priestercodex keine vollständige Einheit ist, "Wurde oben bemerkt Publication durch Ezra: Neh. 8 ff. Weitere r^iteratur: Reuss, La Bible, P. III Tbistoire Sainte et la Loi. Merx in Tuch's Genesis 2. Aufl. Katser, Der gegen w. Stand der Pentateuchfrage, Ja^hrb. prot. Theo!. 1881. Giesebrecht, Der Sprachgebrauch des hexa- teochischen Elohisten in Z. altt. Wissensch. I, 177 ff. Vgl. auch Fi. Smend, Der Prophet Ezechiel 1880. Analyse der Gesetzessammlungen : '^^ellhausbn, Jahrb. f. Deuteche Theol. XXÜl, 1877, 407 ff. Vgl. auch CU^LENso, The Pentateuch, 6 Bde., 1862 ff.

§. 164. Auf Grund beider Gesetzbücher ist nun die Ge- schichte der Hebraeer überarbeitet resp. neu dargestellt worden. Ich gebe hier eine kurze Uebersicht dieser Bearbeitungen und der älteren Quellen. Der Einfachheit wegen behandeln wir Zunächst

I. Die priesterlichen Geschichtswerke.

1) Die Gesetze des Priestercodex sind aufs engste mit einer knappen Geschichtserzahlung verbunden. Dieselbe beginnt mit ^er Erschaffung der Welt durch Jahwe (Gen. 1), berichtet dann ^ber die Nachkommen des ersten Menschen (Gen. 5), die Fluth, ^16 Nachkommen Noah's (Kern von Gen. 10) und geht dann CCen. 11, 10 ff.) auf den Ursprung des Volkes Israel über. In aller Kürze wird die Geschichte der Patriarchen, des Aufenthalts in Aegypten, des Auszuges erzählt. Hier wird die Gesetzgebung eingelegt, dann folgt der Zug nach Kana'an, ^ie Occupation des Landes ; den Abschluss bildet die schema- "tische Vertheilung desselben unter die einzelnen Stämme. Die ^^gefohrten Erzählungen haben durchweg gesetzliche Tendenz, Collen Bestimmungen des Priestercodex erläutern und ein-

198 Drittes Buch. Syrische Quellenkunde.

schärfen. Charakteristisch für die Darstellung sind die tro aller Knappheit hervortretende übermässige Breite, die schemi tische Anlage, eine Vorliebe für ungeheuerliche Zahlen ur Namenlisten , für Luxus und Prunk, genaue Datirungen, d Schein urkundlicher Genauigkeit. Schon daraus leuchtet el dass wir uns hier in der spätesten Epoche der Geschieht Schreibung befinden, wo die alte Sage völlig zu aktenmässig Geschichte geworden ist. InhaltHch ist die Erzählung durcl weg völlig von der des deuteronomistischen Werks abhängi Alle Abweichungen von diesem sind bewusst; so wenn die B< schneidung auf Abraham zurückgeführt wird statt auf Moi oder Josua, wenn die Einheit des Cultus durch die Fictic der Stiftshütte in die mosaische Zeit verlegt, oder in deu lichem Hinweis auf die Zeiten des Exils Eana'an als e? armes Land geschildert wird. Für die historische Forschui ist mithin diese Erzählung völlig werthlos.

Erhalten ist dies mit dem Priestercodex verbundene GS schichtswerk nicht selbständig; es ist vielmehr mit den er sprechenden Partien des deuteronomistischen Geschieh 1 Werks (§. 166) zu einem Ganzen verarbeitet, das die 5 Buch des Pentateuchs und das Buch Josua (zus. Hexateuch) ihrer gegenwärtigen Gestalt umfasst. Der Redactor benu^ die Geschichtserzählung des Priestercodex gewissermaassen * Fachwerk, in das er die viel ausführlicheren Erzählungen d anderen Werks einfügt. Gestrichen hat er wenig n dass er z. B. den Tod eines Mannes nicht zweimal erzähl konnte überarbeitet noch weniger, sondern meist schal^ er ganz mechanisch die verschiedenen Berichte in einanc ein. Daher ist es fast durchweg möglich, dieselben bis s das kleinste Detail aus einander zu lösen.

Die Gescbicbtserzählung des Priestercodex wurde früher auch (älterer) Elohist, Grundschrift, annalistischer Bearbeiter, von Wellhact als Vierbundesbuch (Q) bezeichnet. Sonderung der Quellen: Nöld^ Die sog. Grundschrift des Pentateuchs, in s. Untersuchungen zur Kritik * A.T. 1869. ScHRADER in de Wette's Einleitung. Dillmann, Comm. Genesis (1875), zu Exod. und Levit. (1880). Kayser, Das vorexil. B«. der Urgeschichte Israels 1874. Wellhausen, Compos. des Hexateuchs^

Die priesterlicheü Geschiehtswerke. 199

Jahrb. f. Deutsche Theol. XXL XXII. Von den älteren Arbeiten seit Astruc (1753) und Ilgen (1797) [vor allem Hüpfeld, Quellen der Genesis 1853.

§. 165. 2) Der Priestercodex schliesst mit der Unter- werfung Kana'ans und der Einrichtung des idealen theokra- fechen Staates durch Josua. Die spätere Geschichte des Volkes bis auf die Constituirung der neuen Gemeinde im Jahre 444 ist in gleichem Sinne etwa im dritten Jahrhundert V. Chr. von dem Verfasser der Chronik (mit den Buchern Ezra Und Nehemia) bearbeitet. Für die ältere Zeit ist dies Werk völlig ohne Werth; es wird einfach die Erzählung der uns noch oi-haltenen Königsbücher nach den vom Priestercodex auf- erest eilten Gesetzen umgearbeitet, »ins Legitime umgedichtet«, vind dabei ergeht sich der Verfasser auf das willkürlichste ix\ frommen Phantasien und Fälschungen. Nur für die nach- ^xilische Zeit kann die Chronik als Quelle verwerthet werden. In neueren Werken sind ihre Angaben unbegreiflicher Weise noch vielfach verwerthet worden, sogar von Duncker; wir "vverden sie nirgends berücksichtigen.

Die Werthlosigkeit der Chronik hat zuerst de Wette, Beiträge zur Ein- leitung in das A.T. I, 1806 erwiesen, dann Graf, Geschichtl. BQcher, und in Elänzender Weise Wellhaüsen, Geschichte I, 177 ff. (Movers, Krit. Unters. Über die Chronik 1834 hat sie vergebens zu vertheidigen gesucht). Nur ^n den Angaben Ober die Geschlechter des Stammes Juda (I, 2—4) ^nden sich einzelne brauchbare Angaben über die Altere Zeit, da hier ^ein die historische Continuität nicht unterbrochen wurde; s. Well- haüsen, De gentibus et fam. Judaeis, Gott. 1870; Geschichte I, 225.

§. 166. n. Das deuteronomistische Geschichtswerk ^mfasst den Hexateuch nach Abzug der dem Priestercodex an- eehörigen Bestandtheile (§. 164) und die Bücher Jud. 2, [6—9] 10-16, 31 ; Sam. I, 1— ü, 20; Reg. I. IL Es ist ein im wesent- lichen einheitliches Ganzes, eine Ueberarbeitung der gesammten Geschichte Israels bis zum Exil nebst der Vorgeschichte von der ^eltschöpfung an, die im Exil nach 560 v. Chr. in Angriff ge- kommen und erst nach dem Exil zum Abschluss gekommen ist. ti das Werk ist auch das Gesetzbuch von 621 aufgenom- men, und dies ist maassgebend für die Beurtheilung der

200 Drittes Buch. Syfische Quellenkande.

Geschichte. So wird z. B. der Cult des Reiches Israel dorcb- weg verworfen, die Empörung gegen Rehabeam als Abfidl vom wahren Gotte dargestellt, und die ganze Geschichts- erzählung, vor allem die der »Richterzeit«, nach &n€m festen religiösen Schema nicht nur beurtheilt, sondern theflweise ^ erst gestaltet. So lange das Volk Jahwe gehorcht, ist es glücklich; dann fallt es ab und wird in die Knechtschaft ge- geben, bis es sich bekehrt und Jahwe ihm einen Retter sendet. Die Quellen sind die älteren, theils vollständig, tbeik im Auszuge aufgenommenen und überarbeiteten Werke (§. 167), deren Wortlaut der Verfasser in der Regel beibehält. Seine eigenen Bemerkungen gibt er meist in Zusätzen, die doidi ihre Sprache sofort erkennbar sind. NamaitUch in Reden (z. B. Josua 23) setzt er seine Ansicht auseinander and überall legt er Propheten ein, welche die Fdgen vorhasagen und den Leser auf den richtigen Standpunkt stellen. Im übrigen drängt sich der Bearbeiter begreiflicher Weise nur in den n^Iigionsgeschichtlich wichtigen Punktoi stark berror, während er sonst sehr ungleichmässig gearbeitet hat; im wenigsten hat er (mit Ausnahme der Geschichte Samuels selbst) in den Büchern Samuelis eingegrifiTen. Dagegen ist die zn- sammenhängende Darstellung d^ Köoigszeit falls sie nidit auf einem kurz vor ihm in gleichem Geiste gesdiriebenen Werke tü$st ~ erst von ihm geschaflen, and ebenso hat er erst die ^mindfali^he Auffassung, dass vor der Königszeit das Volk eine politische, von > Richtern c briierrschte Einheit ge- wesen :?if4, rC^lli^ aus^petMidet und dieser Epoche ihre grosse Au$^)ehnui\g p?^^Hi-

Kert)er stammt vtc dem Verfasser auch das chrono- Kvi^^^ht' System. [V%s^:i^ beruht auf dem Gedanken, das xlie i«<n$ch:ch:e Israel tv«: der Gesetz^elxiDg bis zum Ende \W Ki:^ durch i^^c 5;&>:>a>oiD^'be£i Tempelbau, der für iho *U$ wvh:;^e Erv^^ro:^ der Gesriikhte ist. in zwei gleich Uivjx V^\vl>c^r, r.v. !• G^r^aöcoec zu 40 Jahren zerfegt >!ver^K\ aV\> :xr^— ji *>>':• Jjihn? sifisse. DeoMitsprecbeiKl tvAt ec xunu i>t^ KkI*::^ ::Di £<^c^ zzä. Regienuigszahieo

Das deuteronomistiscbe Geschichtswerk. 201

versehen, die theils von ihm erfunden, theils, wo solche schon vorlagen, entstellt sind, s. §. 325.

Die gegenwärtige BQchereintbeiliing ist willkürlich. In das deut« Werk sind Jod. I, 1—2, 5, Jud. 17 f. und Sam. II, 21—24 aus filteren Werken, femer die auf später Erfindung (Wellhausen, Einleitung 199 ff.) beruhende Geschichte Jud. 19—21 hineingerathen, welche den Zusammen- bang unterbrechen« Auch sonst sind begreiflicher Weise noch mehrere fiände an dem Werke thätig gewesen ; so beruhen die 5 »kleinen Richter«, Jod. 10, 1—5. 12, 8—15 auf einem ersten, der 6. Samgar 3, 81 auf einem xweiten Nachtrag (Wellhaüsen, Einleitung 185; Stade, Z. altt. Wissensch. I, 389) und auch sonst werden manche Retouchirungen vor- gekommen sein. Ueberbaupt ist es fraglich, ob wie im Texte um der KOne willen angenommen ist die Bearbeitung als eine durchaas ein- beitliche betrachtet werden kann ; wahrscheinlich hat sie mehrere Stufen «durchgemacht und sind viele Hände an dem Werk thätig gewesen. Zorn Charakter der Bearbeitung: Hollenberg, Deuteron. Bestandth. des B. Josaa in Stud. Krit. 1874, 462 ff. Ueber die Chronologie (Reg. I. 6, 1): KöLDEKE, Chronologie der Richterzeit, in seinen Untersuchungen zur Kritik <Ies A.T. ; Wellhausen, Einleitung 184. 264 f., Geschichte I, 239 ff. 286 f.

§. 167. ni. Die Hauptaufgabe der Kritik ist, aus dem deuteronomistischen Geschichtswerk die älteren Quellen Woszuschälen und diese auf ihre reine, ursprungliche Gestalt zurückzuführen. Indem ich für alles Detail auf die spätere Dar- stellung verweise, gebe ich hier einen Ueberblick der Schriften :

1) Die ältesten Aufzeichnungen, die wir besitzen, sind Ueder, unter denen das Siegeslied der Debora, Jud. 5, obenan steht. Dazu kommen seit der Zeit der Bildung des König- thums historische Aufzeichnungen, die uns nur in Bruchstücken erhatten sind ; zuerst die Geschichten von Gideon und Abimelek, dann die von Saul und David. In den Reichen Israel und Inda wurden annalistische Aufzeichnungen geführt, aus denen der Kern unserer Königsbücher einen knappen Ausug bildet (§. 321). Daneben stehen populäre Erzählungen , Legenden, Sagen; später kommen auch tendenziöse üeberarbeitungen der älteren Geschichte hinzu.

Aus diesem Material ist die Erzählung der Bücher Jud., Sam., Reg. zusammengesetzt.

2) Ausser den grossen Gesetzbüchern der späteren Zeit

202 Drittes Buch. Syrische Quellenkunde.

besitzen wir ein weit älteres und kürzeres, das » Bundesbuch c (Exod. 20, 23—23, 30. 24, 3—8), dessen Abfassungszeit noch nicht sicher festgestellt ist (§. 327).

3) Die älteste Bearbeitung der Sagengeschichte des Volks ist um 850 v. Chr. von einem judaeischen Schriftsteller unter- nommen, den man, da er die Gottheit immer Jahwe nennt, als den Jahwisten bezeichnet. Sein Werk reichte wahrscheinlidi bis auf die Königszeit ; er gibt die älteste, noch ziemlich naive Darstellung der Sage (§. 331 ; erstes Stück Gen. 2, 4—3, 24). .

4J Etwa ein Jahrhundert später hat ein vom Jahwisten ! abhängiger Schriftsteller aus Ephraim denselben StoflF noch- ! mals behandelt. Wir bezeichnen ihn, weil er die Gottheil meist Elohim nennt, als Elohisten [früher der »jüngere Elohistc im Gegensatz zu dem angeblich »älteren Elohisten«, d. i. dem Verfasser des Priestercodex (§.164 Anm.) genannt]. Seine Darstellung ist durchweg von priesterlichen und religiösen Gesichtspunkten beherrscht ; ausserdem herrscht bei ihm das Streben, die Lücken der Ueberlieferung auszufüllen, einen voll- ständigen Zusammenhang zu schaffen (§. 356 ; erstes grösseres Stück: Gen. 20—22).

5) Beide Werke, das jahwistische wie das elohistische, ; sind mehrfach mit Zusätzen aller Art versehen (s. z. B. §. 177), einzelnes ist nach den sich weiter entwickelnden religiösen Anschauungen umgeändert oder erweitert. Wah^ scheinlich schon vor der Abfassung des deuteronomistischäi Geschichtswerks sind dann beide Werke in einander verarbeitet» meist indem in ziemlich mechanischer Weise die einzelnen Abschnitte des Elohisten an den entsprechenden Stellen des Jahwisten eingelegt, oder wo zwei Erzählungen völlig parallel liefen, die einzelnen Sätze einfach neben einander gestellt wurden. Nur an einzelnen Stellen hat der Ueberarbeiter, den man nicht unpassend als Jehovisten bezeichnet, stärker ein- gegriffen, so in der Gesetzgebungsgeschichte. In dieser Ge* stalt manche weiteren Retouchen und Nachträge sind offenbar noch hinzugekommen sind dann die Werke iti die deuteronomistische Geschichte aufgenommen.

i

Aeltere Quellen. Die übrige Literatur. 203

FOr die Scheidung der Quellen s. vor allem Wellhausen, Ck)mpos. des Hexateuchs (Jahrb. DeuUcb. Theol. XXI. XXII) und Einleitung 181 bis 267. Im einzelnen ist hier noch viel zu tbun. Ein gewissenhaft und methodisch unternommener Versuch, die Werke des Jahwisten und Elohisten, soweit es möglich ist, aus dem Ck)nglomerat des Hexateuchs herauszuschälen (hebraeisch und in deutscher Uebersetzung), würde auf geschichtlichem wie auf literarischem und sprachlichem Gebiete zu sehr lohnenden Resultaten führen (trotz Nöldeke, Unters. S. 5 Anm. 1).

§. 168. Die Bucher des Gesetzes mit ihrer historischen Einkleidung haben durch die officiellen Acte von 621 und 444 kanonische Gültigkeit erhalten. Später ist eine ähnliche Au- torität auch auf die übrigen Geschichtsbucher, auf die in nachexilischer Zeit systematisch redigirten (Stade in Z. altt. Wissensch. I, 171) Ueberreste der prophetischen Literatur, schliesslich auch auf eine Reihe zum Theil unter dem Namen David's oder Salomo's auftretender »heiliger Schriften«, die fest sämmtlich nachexilischen Ursprungs sind, ausgedehnt. Es ist begreiflich , dass man an dem Text der heiligen Bücher noch vielfach Aenderungen vornahm, derselbe hier und da lelouchirt, erweitert, Widersprüche ausgeglichen, anstössige Bemerkungen geändert v\rurden; auch zufallige Aenderungen blieben nicht aus. Erst im zweiten Jahrhundert n. Chr. ist die Redaction des Textes zum Abschluss gekommen; seitdem ist derselbe mit peinlicher Sorgfalt in der Form bewahrt worden, in welcher er uns heute noch vorliegt. Es ist des- halb von grosser Wichtigkeit, dass uns in der im dritten und zweiten Jahrhundert v. Chr. in Aegypten aus dem Bedürfhiss der griechisch redenden Juden hervorgegangenen Uebersetzung der sog. Septuaginta ein vielfach von dem Hebraeischen ab- weichender Text vorliegt, der sehr häufig die ältere und reinere (Jestalt der Schriften gibt, wenngleich auch hier Ent- stellungen und Ueberarbeitungen vorkommen, von denen der hebraeische Text freigeblieben ist. Die hebraeische und die griechische Version controlliren sich gegenseitig.

Von den Hagiographen können abgesehen von den Klageliedern 586 V. Chr. nur Theile der Proverhien auf vorexilischen Ursprung Spruch erheben, lieber diese fehlt indessen noch jede eingehende

204 Drittes Buch. Syrische Quellenkunde.

UntersuchuDg, weahalh ich sie im Folgenden nicht verwerLhet hak vgl. vor allem Beues, 1a Bible VI« parUe. Uetier die Abfassungas der Psalmen s. Giesebhecht, Z, alU, Wissensch, I, 276 ff. Ceber i Geschichte des Kanons und die UeberseUungen a. vor allem die rouati hafte Darlegung Wellhausen'm (Einleitung 547—643; leider hiklt er ( tendeniiOse Legende, dass die Anregung zur griechisrhen Uebersetim von den Ptolemaeem ausgegangen sei, für historisch); dazu Nöuialll ZDHG. XXXII, 58*! ff. Ab». Geioer, Urschrift und üeberseliungen der Bibel 1857. Die Henutzong der LXX ist sehr schwierig, da der T«t vielfach viberarbeilet und mit dem spateren hebraeischen Teit i klang gehracht ist. Die Benutzung von Tit«:HE!ii>o(iF'i5 Ausgabe nicht; es musa der von Holmes und PAnsoüs Bde.. Oiford 1798 B. fol) gegebene Apparat herangezogen werden. Vgl. Lacabde, Genesis gne» Ders.: Anm. zur griecb. Uebera. der Proverbien 1863. WELLHiDSE-s, Tert der B. Samuelis 1872 u. a. Die übrigen Versionen (vor allem die T«' gume). ferner der samaritanische Fentateucb, sind von geringerer, i Theil lediglich secundfirer Bedeutung.

§. 169. So lange die Schriften des Alten Testanienti als inspirirt betrachtet wurden und eine Anwendung histori- scher und literarischer Kritik auf dieselben unzulässig sctüen, konnte eine wirklich wissenschaftliche Behandlung der israeli- tischen Geschichte nicht unternommen werden ; die Werke di Richtung stehen der Archäologie des Josephus (94 n. Cbt^ einer schönfärbenden Verarbeitung der biblischen Berichte ohM wissenschaftlichen Werth, völlig gleich. Wenig mehr reaieO Werth als die von orthodoxen Anschauungen beherrschten Dar Stellungen haben die Mehrzahl der auf einen Compromiss hiD strebenden, von mehr oder weniger rationalistischem Standpunk aus unternommenen, denen die nölhige kritische Schulung faS durchgehends mangelt. Für die Geschichte der Theologie ist nac Herder vor allem H, Ewald von grosser Bedeutung, da erd Nothwendigkeit historischer Entwickelung und Beurtheilung tf kannte und für den poetischen Ausdruck tiefes VersländnisshatU Seine Propheten (3 Bde.) und Dichter (3 Bde.) des Alten Bunds sind unschätzbare Werke; indessen seine historischen Arbeita (Geschichte des Volkes Israel, 8 Bde.) sind meist von ebena problematischem Werthe wie seine sprachwissenscbaft]lchBl Schriften, Zu wirklichem Verständniss der israelitischen G*

Neuere Werke. 205

lichte konnte man erst gelangen, nachdem der späte rsprung des Priestergesetzes festgestellt war. Hier hat zu- st KuENEN eine Geschichte der religiösen Entwickelung s Volkes entworfen (Godsdienst van Israel, 2 Bde., 1869). asgehend von den Untersuchungen Vatke's (Bibl. Theol. I, eligion des A.T. 1835) hat dann im Jahre 1878 Well- LUSEN den ersten Theil einer Geschichte Israels veröffentlicht, ^ sicher neben eingehender Kritik der Quellen zugleich eine itische Geschichte des Cultus enthält. Auf gleicher Grund- je beruht Stade's Geschichte des Volkes Israel (erscheint it 1881 in der Oncken'schen Sammlung).

Die Geschichte der übrigen Völker Syriens ist bisher sehr machlässigt. Eine Verarbeitung der Resultate der Aegyp- logie und Assyriologie hat V. Schmidt versucht (Syriens Idtid, 2 Bde., 1872 ff.) Die Geschichte der Phoeniker hat kanntlich Movers in einem umfangreichen Werke behandelt He Phoenizier I. II, 1 3. 1841 56 ff.), das eine zwar smlich reichhaltige, aber wenig gesichtete Materialsammlung ithält und völlig unkritisch gearbeitet ist. Movers' Werk irf daher durchweg nur mit der grössten Vorsicht benutzt 'erden; am wenigsten brauchbar sind die vielverwertheten abschnitte über die Religion und die Golonien der Phoeniker.

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I, Die semitischen Stämme.

Syrien und Arabien. Charaicter und Religion der Semiten. \

§. 170. Aegypten und Babylon sind die beiden Centren der vorderasiatischen Cultur und damit die Ausgangspunkte aller occidentalischen Cultur überhaupt. Die weiten zwischen beiden liegenden Gebiete haben vor allem die Aufgabe, zwischen ihnen zu vermitteln und eine Verbindung herzustellen, aus den isolirten und local bestimmten Culturen eine allgemeine zu entwickeln und dieselbe über die Welt zu verbreiten. Es sind daher Handel und Verkehr, auf denen im wesentlichen die Bedeutung Syriens und Arabiens beruht.

Andererseits sind die Lebensbedingungen dieses grossen Zwischengebietes durch die Natur ungewöhnlich scharf vor- gezeichnet. Im Norden schneiden die Gebirgsketten des Tauros (und Amanos) es scharf ab von dem kleinasiatisch-armeni- schen Hochlande. An der Mittelmeerküste erhebt sich ein vielfach zerklüftetes, meist fruchtbares Hochland mit schmalem, nur im Süden zu einer wirklichen Ebene sich erweiternden Ufersaum, in dessen Mitte sich die Gebirgsmassen des Libanon und des Antilibanon und Hermon erheben. Daran schliesst sich nach Nordosten die weite von Aleppo bis an den Tigris reichende Ebene, die der Euphrat und seine Nebenflüsse be- wässern. Ueberall aber findet das Culturland seine Grenze in der unfruchtbaren Wüste. Das dichtbewaldete Plateau östlich vom Jordan und die reiche Ebene von Damaskus sind noch blühende Landschaften; aber weiter nach Osten tritt

Syrien und Arabien. 207

vollständiger Wasser- und damit Vegelationsmangel ein, und allmählich verwandelt sich der "dörre- Erdboden in eine weite Sand wüste. Dieselbe erstreckt aich von Aleppo bis an den Rand des centralarabiscben Hochlandes, vom Äntilibanon bis an den Tigris. Denn aucW der Euphrat mit seinen Neben- flüssen vermag nicht auf die Dauer' ein fruchtbares Gebiet zu schaffen; von seiner Wendung nach Osten bis nach Baby- lonien fliesst er durch Steppen und Wüsten, und sein starkes Gefalle sowie die zahllosen Windungen seines Laufs machen ihn überdies fast völlig unschififbar. Erst östlich vom Tigris be- ginnt von neuem ein von zahlreichen Flüssen durchströmtes, bis an den Rand der terrassenförmig aufsteigenden Zagros- kette sich erstreckendes Gulturland.

§. 171. Der Gegensatz von Wüste und Gulturland ist tmwandelbar. Ein historisches Leben ist in der Wüste nicht möglich ; die einfachsten Formen des socialen Lebens, Familie und Stamm, bleiben hier immer die herrschenden. Die Stämme >^andern und kriegen, bald dieser, bald jener gewinnt die Oberherrschaft. Neue Stämme schliessen sich zusammen, alte zarsetzen sich oder gehen in die benachbarten auf, so dass ihr Name spurlos verschwindet. Auch wo Ackerbau und sesshaftes Leben in grösserem Umfange möglich sind, wie im Nedschd und ^ der südwestlichen Küste, ist doch ein Hinausgehen über die primitiven Lebensformen, die Bildung eines festgeordneten Staates und einer einheimischen Gultur höchstens vorübergehend möglich. Dagegen erscheinen die Wüstenstämme in der Ge- schichte als Völkerbeweger, als Ursache plötzlicher und ge- 'waltiger Katastrophen im Leben der Gulturvölker. Wie die Mongolen und die Türken der centralasiatischen Steppe drängen 5iuch die Araber fortwährend an gegen die vorliegenden Cul- turländer, und wie die gegenwärtige Bevölkerung derselben aus einer arabischen Invasion hervorgegangen ist, so scheint CS auch kaum zweifelhaft, dass wir die alte Bevölkerung der- selben als eine »Ablagerung« der Wüstenstämme zu betrachten haben. Dass in Babylonien die semitische Einwanderung erst in historische Zeit fallt, haben wir bereits gesehen, und

208 Drittes Buch, erster Abschnitt.

ebenso findet sich auch in Syrien vielleicht eine vorsemi Bevölkerung in den Cheta.

Es ist hier nicht der Ort, auf die specifischen Verbältnisi Araber, den Gegensatz der Beduinen und der ansässigen, Hand< Ackerbau treibenden Bevölkerung des Nedschd, des Hedscbäz und J u. 8. w. einzugehen. Arabien kann in diesem Bande nur soweit 1 sicbtigt werden, als es für die ethnographischen und Handelsverbi der Nachbarländer in Betracht kommt. Dass Arabien die Heima Semiten ist, hat zuerst A. Sprenger mit Entschiedenheit ausgespr Leben und Lehre des Mohammad I, 241 ff. und : Die Alte Geogr. Ar. als Grundlage der Entwickelungsgesch. des Semitismus 1875. Sor ScHRADER, ZDMG. XXVIL Anderer Ansicht sind A. v. Kremer, Semit * entlehnungen aus dem Pflanzen- und Thierreich 1875, und Hommel, '. der Säugethiere bei den SQdsemiten 1879, welche die Semiten von G asien, wo sie mit den Indogermanen zusammen gehaust haben solle gewandert sein lassen. Die seltsame Ansicht, Armenien oder g Kaukasusländer seien die Urheimath der Semiten, die leider ai Hehn's schönes Buch : Gulturpflanzen und Hausthiere in ihrem Ueb aus Asien nach Griechenland und Italien, Eingang gefunden hal behrt jedes Schattens von Begründung. Die weiteren Fragen, wol Semiten nach Arabien gekommen seien u. s. w. , d. h. mit a Worten die Frage nach dem Ursitz und der Verbreitung des Her gescblechtSy sind für den Historiker völlig irrelevant. Die lungen der Genesis kann bei dieser Frage nur heranziehen, wer v Entstehung derartiger Traditionen im allgemeinen und speciell v hebraeischen Literaturgeschichte nichts weiss.

§. 172. Die durch historische Analogie uns aufgedi Annahme, dass Arabien die Heimath der von den Ne mit dem Namen der Semiten bezeichneten Völkergrupj wird bestätigt durch die charakteristischen Eigenthümlich der semitischen Stämme. Es ist bekannt, dass dieselbe sprachlich so auch geistig einander viel näher stehen un bestimmter ausgeprägte Charakterzüge haben, als die G irgend einer anderen grossen Völkergruppe. Grosse Nücl heit des Denkens, scharfe Beobachtung des Einzelnen berechnender, stets auf das Praktische gerichteter Verj der die Gebilde der Phantasie ^) durchaus beherrscht

*) Wer von der Phantasie der Semiten redet, legt diesem einen Begriff unter, den es sonst nie hat. Natürlich kennt au

Charakter der Semiten. 209

jedem freieren Fluge des Geistes in ungemessene Regionen abhold ist, das sind Züge, die den Araber und den Phoeniker, den Hebraeer und den Assyrer kennzeichnen. Sie erklären sich völlig aus dem fortwährenden Kampfe mit den Gefahren der Wüste. Auch auf staatlichem Gebiete erkennt man überall den Wüsteusohn. Die Geschlossenheit und Heiligkeit der Familie, die Herrschaft einer patriarchalischen Geschlechts- aristokratie kehrt überall wieder, und nirgends haben es die Semiten zu complicirteren , höher entwickeilen staatlichen Bildungen gebracht.

Von dem Vielen, was Ober die Semiten im allgemeinen geschrieben ist, sind einzig die trefflichen, wenn auch, wie jede Charakteristik, z. Th. einseitigen Skizzen von Renan, Histoire g^n^rale et Systeme compar^ des langes semitiques und Sprenger, Leben Mohammad^s I. von Werth. lieber die Cultur der »Ursemiten« Hesse sich durch besonnene sprach- liche Forschungen ziemlich viel feststellen. Eine wichtige hierher gehörige Frage behandelt Hommel, Die Namen der Säugethiere bei den sQdsemiti- leben Völkern. 1879. Sprachlich zerfallen die Semiten in zwei Haupt- gruppen: die Nordsemiten, das sind die Assyrer, und die Aramaeer und Kana'anaeer, und die SQdsemiten d. i. Araber und Aethiopen.

§. 173. Vor allem aber auf religiösem Gebiet treten uns die charkteristischen Züge der Semiten sehr scharf entgegen.

Semit phantastische Gebilde, Gespenster der Wüste und Gespenster der Theologie. Aber er operirt mit ihnen in der nüchternsten, rein ver- >tindesgemässen Weise. Auch die Poesie ist überall berechnet, die Gleichnisse zeigen Witz und Scharfsinn, aber nicht das, was wir unter poetischer Gestaltungskraft verstehen. Wie man bei den altarabiscben l^oeten and gar dem Qorän von »Jovis* Schosskinde der Phantasiec reden kann, ist mir unverständlich; auch von vielen der at. Dichtungen gilt dasselbe. Ganz ähnlich steht es um die vielfach für die Semiten als charakteristisch im Gegensatz gegen die Indogermanen in Anspruch ge- nommene Religiosität. Dieselbe entsetzliche Nüchternheit, welche den Qorän beherrscht und durch die er gewirkt hat, liegt auch den Menschenopfern der Kana'anaer, den religiösen Phrasen der Assyrer und schliesslich auch dem Jahwismus zu Grunde. Der Indogermane ist nicht im Stande, dieselbe auch nur vorübergehend zu ertragen; daher haben die Perser aas dem Islam den Ipüfismus entwickelt. In der echtarabischen Reaclion der Wahhähiten gegen denselben tritt uns dann wieder der semitische Geist in voller Schärfe entgegen.

Meyer, Geschichte des Alterthums. I. 14

210 Drittes Buch, erster Abschnitt.

Ihre religiösen Anschauungen sind durchweg wenig complicirtr Die in der Natur wirkenden Kräfte gehen aus von Geislern, Dämonen, die nach Laune und Willkür handeln und dem Menschen je nach Umständen freundlich oder feindlich gesinnt sind, von ihm durch Opfer und Gebete gewonnen werden müssen. Dieselben haben ihren Wohnsitz vor allem in Bäumen und Steinen, daneben aber auch auf Anhöhen, Berggipfeln u. a. An diese, namentlich an die heiligen Steine, knüpft daher überall der Cultus an. Bald haben diese Dämonen einen eigenen Namen, bald betrachtet man sie als Manifestationen anderer Gottheiten, in der Regel nennt man sie einfach >dcn Herrn« oder »die Herrin des betreffenden Ortes [nordsem. ba'al, ba'alat; südsem., bes. himjarisch dhü, dhät]. Daneben stehen die Dä- monen, welche Familie und Haus beschützen, und in erster Linie der Schirmherr des Stammes, welcher mit demselben lebt, ihm Sieg und Macht verleiht und als ihm speciell zugehörig in scharfem Gegensatz steht sowohl zu allen anderen weit verehrten Gott- heiten, als auch zu allen fremden Stämmen. Daneben werden auch die Himmelserscbeinungen, der Sonnen- und der Mondgolt, sowie der Himmelsherr (Ba'al samaim = himj. Dhü samawl) Verehrt. Im Hintergrunde aller dieser Mächte steht ähnlich dem Häuptling an der Spitze des Stammes der höchste Gott, II. Er ist allerdings die höchste Weltenmacht, aber eben dess- halb steht er dem Menschen fern, ist demselben unnahbar: das Schicksal ist unwandelbar und ewig. Daher wird H zwar anerkannt, aber wenig verehrt, und verflüchtigt sich viel- fach völlig (vgl. §. 8). So erklärt es sich auch, dass das Wort Gott durch eine sprachliche Weiterbildung von II, iläh, und bei den Assyrern [und schliesslich auch den Hebraeern] durch il selbst bezeichnet wird.

Das von der ursprQngHchen semitischen Religion gegebene Bild berabt vor allem auf einer Vergleichung der Ueberreste der kana^anaeischen und hebraeischen Religion mit dem, was die himjarischen, nord arabischen und palmyrenischen Inschriften lehren. Die frQher gangbaren Constn«:- tionen, in denen namentlich der »Sabaeismus« d. h. der den Semiten ursprünglich ganz fremde Sternencult eine Hauptrolle spielt, brauchen hier wohl nicht mehr berücksichtigt zu werden. üeber II s. Nöldb*

Religion der Semiten. 211

Ber. Berl. Ak. 1880, 760 ff. Dass die Grundform il ist, scheint mir gegen NöLOEKE festzuhalten zu sein. Iläh und ilät halte ich trotz allem, was dagegen bemerkt ist, doch fQr Bildungen mit Erweiterung der biliteralen Wurzel, wie chamät, fem. von cham, und abahat, ummahät u. ä. , plur. von ab, nmm. Allah »der Gott« entspricht daher nicht nur inhaltlich, sondern auch etymologisch dem alten, bei den Hidschäzenern verloren gegangenen II.

§. 174. Neben II steht als seine Gemahlin Hat. Bei den Nordsemiten hat sich das oberste Götterpaar verdoppelt ; neben n und Ilät treten »der Herr« und »die Herrin« Ba'al und Ba'alat, welche die beiden alteren Gottheiten mehr und mehr zurückdrängen. Ba*al ist der Herr der Schöpfung, vor allem der Lichtgott, der in der Sonnenkugel sich manifestirt; Ba^alat, die Göttin des Naturlebens, des Werdens und Vergehens, der freudigen Lust und des wilden Schmerzes. Bei den meisten semitischen Stämmen führt sie den Eigennamen ^Athtär [aram. 'Atar, kan. 'Astor und fem. 'Astoret, assyr. Istar], griechisch Astarte, der indessen vielleicht nicht semitischen, sondern sumerisch -akkadischen Ursprungs ist (§. 146 Anm.).

Ilät ist eine Hauptgöttin der Qimjaren, und mit dem Artikel 'A)viX<£x, Her. Ill, 8, sonst durchweg contrahirt AUath (O^i)» der

Nordaraber. Jetzt ist sie auch auf einer phoen. Inschrift aus Sulci ge- funden: Dillmann, Ber. Eerl. Ale. 1881, 429. In den (griechischen) In- schriften des von Arabern bewohnten syrischen Grenzgebiets wird sie durchweg der 'A^yY| gleichgesetzt (so in Palmyra), ist also Kriegs- göUin. Ob die babylonische Allat, die Göttin der Unterwelt (§. 146), mit ihr etwas zu thun hat und also semitischen Ursprungs ist, ist noch nicht festgestellt. Bei den Qimjaren bezeichnet 'Atthar eine männliche Gottheit. Sonst findet sich Astarte in Arabien nicht. Uebrigens ist die Femininform ('AStoret) eine specifisch kana'anaeische Bildung; im Assyri- schen findet sie sich fast nur im Plural und hat dann appellativische Bedeutung (»Göttinnen«). Ba'al und Ba'alat finden sich als Götternamen i>ei keinem arabischen Stamme, dagegen bei allen Nordsemiten.

§. 175. Das Verhältniss der einzelnen Menschen diesen Gottheiten gegenüber wird nun streng verstandesgemäss und rechnend aufgefasst ; ein ethisches oder mystisches Verhältniss zur Gottheit liegt dem Semiten völlig fern. Er ist der Knecht Cabd) des Gottes, vor dem er sich ihm im Staube krümmt.

212 Drittes Buch, erster Abschnitt.

Während er die untergeordneten und localen Dämonen be- einflussen kann, fühlt er sich von den grossen NaturmächteD schlechthin abhängig und bat ihnen unbedingt zu gehorchen. Jede Forderung, die von ihnen ausgeht, wird rücksichtslos erfüllt; und wenn hier einmal finstere Anschauungen von dem Wesen der Gottheit die Herrschaft gewonnen haben, entwickelt sich selbst bei hochgebildeten Völkern ein brutaler religiöser Fana- tismus und ein blutdürstiger Cult, wie er sonst in ähnlichen Verhältnissen nur noch bei den Mexicanern sich findet. An- dererseits ist es dieses (lefühl der unbedingten Unterordnung^ auf dem der vielbesprochene monotheistische Zug der semitischen Religionen beruht. Entweder sind es die grossen Gottheiten Ba*al U (Allah), oder wie in Palmyra ider, dessen Name gepriesei: wird in Ewigkeit, der Gute und Barmherziget, welche di^ übrigen in den Hintergrund drängen; oder der specifisctn Stammgott wird, wie bei den Hebraeern und ihren Nachbar stammen, so sehr zum »Herrn« seines Volkes, dass ander« Gottheiten neben ihm nicht zu bestehen vermögen. Immei aber ist es das Princip der Exclusivität, nicht Speculation odei mystischer Pantheismus, auf dem die Entwickelung dieser Anschauungen beruht.

Ehe man dem hier Bemerkten die israelitischen Anschauungen entgegenhält^ hitte ich §§. 809 fT. 826 ff. zu berücksichtigen.

Die Volksstämme Syriens.

§. 176. Im allgemeinen reicht in historischer Zeit das Gebiet der Araber so weit wie die Wüste. Dagegen zerfallen die semitischen Stämme, welche das syrische Gulturland be- setzt haben ich verstehe unter Syrien nach dem Vorgange der Alten das ganze Gebiet von Gaza bis an die assyrische Grenze, nicht speciell das Land der Aramaeer in zwei Gruppen. Im Gebirgsland des Südens, zu beiden Seiten des Jordan, in dem Thai zwischen Libanon und Antilibanon (Goelesyrien) >bis nach Hamätc, und an der Küste noch weiter nach Norden sitzen die Stämme der Kana'anaeer (in Palae*

Kana^anaeer und Aramaeer. 213

stina auch Amoriter genannt); im Osten und Norden, in Da- maskos, am unteren Orontes, in der grossen syrisch-mesopotami- schen Ebene bis nach Babylonien hin (§. 131) die Aramaeer [auf die in christlicher Zeit der Name Syrer überi ragen wird]. Beide Volksstämme sind in Sprache und Religion auf das engste mit einander verwandt und auch im geschichtlichen Leben immer in nächster Berührung mit einander geblieben. Sie zerfallen in zahlreiche Einzelstämme, unter denen in älterer Zeit am bedeutendsten der der Chetiter (aeg. Cheta, ass. Chatti, hebr. pn) hervortritt. Derselbe hat seinen Sitz in Coelesyrien im oberen Orontesthal und ist von hier aus zeit- wdlig zu grosser Macht gelangt. Die Hebraeer rechnen ihn zu den Kana'anaeem, und für die spätere Zeit ist das jeden- falls richtig. Indessen die zahlreichen chetitischen Eigennamen, welche uns die aegyptischen Inschriften bewahrt haben, tragen ein wenig semitisches Gepräge ; auffallend ist namentlich, dass viele Namen auf s ausgehen. Nun ist freilich nirgends leichter Täuschung möglich als hier ich erinnere nur an die früheren Erklärungen der gut semitischen babylonischen und assyrischen Eigennamen indessen möglich ist es immerhin, dass wir in den Cheta eine ältere Bevölkerungsschicht zu erkennen haben, die allmählich semitisirt worden ist, wie die Urbevöl- kerung Babyloniens.

Ob die Stämme, welche das südöstliche Grenzgebiet Syriens gegen «Jie WOste bewohnen die Stämme Edom, Ismael, Qain und weiter Arnaleq und Midian [letztere in der Sinaihalbinsel], ev. auch die ^entiu und §asu der Aegypter Araber oder Kana^anaeer gewesen sind, lässt sich nicht sicher entscheiden. Jedenfalls sind die Araber hier in historischer Zeit, seit dem Anfang des Perserreichs, viel weiter vorgedrungen als vorher. Der Name lupia ist aus 'Aaaopia verstGm- melt und von den Griechen dem Lande gegeben, das, als sie es genauer kennen lernten, unter assyrischer Herrschaft stand; s. Nölüeke, 'Aoaöptoi;, Söpioc, ^opo^ in Hermes V (vgl. §. 249). Die gangbare Behauptung, Kaiia'an bedeute Niederland, Aram Hochland, ist sprachlich und sachlich gleich falsch. |JJ3D findet sich ausser im A.T. auf Münzen von Laodikea am Meer, femer in der Form Xva bei Steph. Byz, s. v., Hekat. fr. 254 MCller [ist wohl der Abderite], Philo BybI. 2, 27. Die Nordafrikaner nennen sich Chanani : Augustin. expos. ep. ad Rom. 13. Bei den Aegyptern

214 Drilles Buch, erster Abschnitt.

ist pa Kart^ma »das Kana^an« NameSüdpalaeslina's, vgl.Z. al liest. Wissenscb. III, 308. Der Name Ainoriler '»"HDt^ bezeichnet bei den nordisraelilischen Schriftstellern und ebenso in den aegyplischen Inschriften dasselbe wie Kana- 'anaeer; ?. Z. alttest. Wiss. I, 122 ff. III, 306; §. 179. Der Name Aramaeer scheint in Horaer'snEps|xßot vorzuliegen, Od. 8, 84, vgl, StraboXVI, 4, 27; 1,2, 34 ff.; XIII, 4, 6; ob auch ''Aptji.ot II. B, 783? üeber die in Mesopotamien und Babylonien ansässigen Aramaeerstämme s. Delitzsch, Paradies 237. 257; dass die Assyrer den Namen Aramaeer nur von Stämmen östlich vom Eiiphrat gebrauchen, beweist nicht, dass westlich von demselben keine sassen; Damaskus 7. B. ist jedenfalls seit den ältesten Zeiten aramaeiscb. Chetilische Eigennamen in den aegyptischen Inschriften: Chabas, Voy. d'un Egyptien 329. Weiteres über die Cheta: §. 237. 255. 287. Völlig falsch und historisch werthlos ist es, wenn der Priestercodex die Chetilcr zu Urbewohnern SQdpalaestina's, speciell Hebrons macht. In Palaestina sind sie niemals ansässig gewesen. Die jahwistische Völkertafel Gen. 10, 15 (um 650 v. Chr.) kennt nur zwei Söhne Kana^ans: Sidon [d. i. Phoenikien] und Chet. Alle anderen Namen sind Interpolation. - Trotz der entgegenstehenden Ansichten der meisten Assyriologen mass leb daran festhalten, dass die Kan. und Aram. sich nicht nur geschichtlich, sondern auch sprachlich weit näher stehen als irgend einem anderen semitischen Stamm.

§. 177. Die hebraeischen Berichte, aus denen vielfach die verkehrtesten Folgerungen gezogen sind, gewähren uns gar keine Kunde über die Völkerverhältnisse Syriens. Als etwa im siebenten Jahrhundert die babylonische Fluthsage in das jahwistische Geschichtswerk eingelegt wurde, gab man dem Noah drei Söhne, Sem, Japhet und Kana'an, die Stamm- väter der Hebräer *) , Philister (?) und der unterworfenen Be^ völkerung (Gen. 9, 18—27). Später wurden dann diese zu Stammvätern der gesammten Menschheit gemacht, von Sem alle den Hebraeern nahestehenden, von Japhet die nördlichen Völker abgeleitet, und dem Kana'an Cham als Vater vorge- schoben, von dem ausser den Kana'anaeern die Aegypter u. s. w.

*) »Söhne Sem's« d. i. »Menschen mit Namen« scheint die Hebraeer als ein Adelsgescblecht im Gegensatz zu den unterworfenen Kana^anaeem zu bezeichnen (Redslob, Alttest. Namen). Dass unter Japhet die Philister zu verstehen seien, ist eine vielleicht richtige Vermuthung Wellhaüsbi** Jahrb. f. D. Theol. XXF, 403.

Die hebraeischen Nachrichten. 215

stammen (Gen. 10). So kam es, dass die engverwandten Hebraeer und Kana'afiaeer völlig auseinander gerissen wurden.

Die Bestandtheile, aus denen Gen. 10 zusammengesetzt ist, hat zuerst Wellhaüsen, Jahrb. f. D. Theol. XXI, 395 ff. richtig erkannt. Die jahwisiische Völkertafel (im wesentlichen v. 8—19. 21. 25—30) ist als Schilderung der um 650/600 bestehenden Völkerverhältnisse von bedeu- tendem Werth, aber vielfach überarbeitet und zum Theil aus Ezechiel interpolirt, vgl. Stade, Giessener Ludwigsprogr. 1880 über Javan. Noch späteren Ursprungs und lediglich eine Namenliste von problematischem Werlhe ist die Völkertafel des Priestercodex (im wesentlichen v. 1 7. 20. 22. 23. 31. 32). Die ursprüngliche Version des Jahwisten I&sst die ein- zelnen Berufsarten von den Söhnen des siebenten Urmenschen , Laroech» abstammen (Gen. 4, 20 ff.) und knüpft hieran unmittelbar die Zerstreuung der Völker in Folge des bab. Thurmbaus (Gen. 11, 1—9).

§. 178. Auch die Sagen über die Wanderungen der Patriarchen haben keinen »völkergeschichtlichen Gehalt«. Der Eponymus der Hebraeer, d. h. wahrscheinlich der »jenseits [des Jordan] wohnenden« ist 'Eber, der den Ahnherrn des Volks, Abraham u. s. w., selbstverständlich voransteht. Mit letzteren aber waren von der Volkssage der natürlich der spätere genealogische Zusammenhang noch völlig fremd ist längst die den Hebraeern nächstverwandten Völker verbunden: Abraham und Lot, Isaak und Ismael, Jakob und Edom. Da- her verschob sich der Begriff Ebers; er wird Gen. 10^) zum Stammvater aller »Semiten«. Seinen Namen bezog man auf <ias transeuphratensische Land, hier in Charrän, einer Haupt- station der grossen Handelsroute von Babylon nach Syrien, suchte man die Heimath der Ahnherrn Israels, sie werden zu wandernden Aramaeern (Deut. 26, 5). Andererseits setzt die Sage den Ursprung des Menschengeschlechts nach Baby- lonien (Sine'ar); von hier aus findet Gen. 11 die Zerstreuung <äer Völker statt und auch bei den Angaben über die Lage des Paradieses scheint dem Verfasser Babylonien vorgeschwebt zu

*) Hier ist er ursprQnglich Sohn Sem's v. 21; ArpakSad [das mit Anrapachitis schwerlich etwas zu thun hat; Delitzsch, Par. 124. 255] ^nd §elach v. 24 sind interpolirt aus 11, 10 ff.

216 Drittes Blieb, erster AbflchnitL

haben. Bei der Abhängigkeit der hebraeischen (und überhaupt syrischen) Sage und Culiur von Babylon sind derartige An- schauungen begreiflich genug , ja vielleicht ist die game al. Urgeschichte direct aus Babylon entlehnt; al)cr historische Dinge sind darin nicht zu suchen.

Auf ähnliche Anschauungen wird es zurückgehen, wenn die Phoeniker behaupteten, vom erythraeischen Meer, d. h. ans Babylonien, eingewandert zu sein (Herod. I, 1; VII, 89; Plin. IV, 120; Dion. per. 905). Die Späteren haben dann, durch Namensanklänge verführt, auf den Inseln Tylos und Arados im pers. Mb. ihre Heimath wiedergefunden (Strabo I, 2, 34 ; XVI, 3, 4. 4, 27) und geben auch eine Geschichte des Zuges (Justin XVIII, 3), welche neuere Forscher wunderbarer Weise in der Regel für historisch gehalten haben.

Der Prieslcrcodex geht noch einen Schritt weiter und lässt den Abraham aus der »chaldaeischen Stadt Ur« (□'»HB^D IDH) komrow, vgl. Wkllhausen, Gesch. I, 325; ist dabei an das bab. Exil gedacht? - Bekanntlich ist aber die Herkunft der Phoeniker, seitdem Movers (Z. (. PhiloH. u. kath. Theol. 1844, Heft 2) die Angaben der Allen verworfen hat, sehr viel UeberflQssiges geschrieben worden. Die Frage ist d«h hier, wie in allen ahnlichen Fällen, nicht ob die Tradition gut beglau- bigt ist und historisch denkbare Thatsachen enthält, sondern ob der Bi'lteiie Ausnahmefall vorliegt, dass sie historische Erinnerungen enlbiU; und lelxleres ist entschieden zu verneinen. Völlig grundlos ist endlich die lt»idor auch von Lki»sius, Nuhische Gramm, vertretene Gleichsettung von I'oeni <l>otvixE<; nnt dem aeg. Punt = JJ^Q Gen. 10, 6 u. a., dem Nameo drr Kflsleiilandschaften des arabischen Meerbusens (§§. 70. 185 Anm.l Die AuHirhten der xNVueren s. bei Meltzer, Gesch. d. Karlh. I, 418 f. Zu Justin XVIII, :i vgl. übrigens v. Gütschmid, Jahrb. f. class. Phil. 1G80. 29S.

8. 171). Die vorhebraeische Bevölkerung Palaestinas nonnon dio nordisraelitischen Schriftsteller (Elohist, Aiuos) dunhwiv ntSN Auioriler (§. 176), der Jahwist in der Regel ^2>jD Kuna'iumiHT. Daneben finden sich rein locale Namen: die Hewohiior von Jobus heissen Jebusiter, die von Gibe'on und SicIuMu Chiwwiter u. ä. Die deuteronomislischen Schrift- steller haben dann alle diese Namen zusammengestellt und 8o eino Liste von sieU^n Völkern (Deut. 7, 1) gewonnen, die angeblich iu4>on einander in Palaestina gewohnt haben sollen.

Die hebraeischen Angaben. 217

Noch späteren Ursprungs sind die Erzählungen von Riesen- Völkern, die ursprünglich das Land bewohnt haben sollen, und aus denen neuere Schriftsteller »halbwilde, zur semitischen Rasse nicht gehörige Völkerschaften«, die vor den Kana'anaeern und Phoenikem das Land bewohnten, gemacht haben. In Wirk- lichkeit gibt uns das A.T. über die Zustände des Landes vor oder zur Zeit der hebraeischen Invasion gar keine Nach- richten; vgl. §. 289.

Ueber die sieben Völker s. m. Aufsatz: Kritik der Berichte über die Eroberung Palaestina's, in Z. altt. Wiss.1, 122 fT. und die Nachträge ib.III, 306.

Riesen (naiH H'^b"' oder pJ^H H'^b'') kennt die ältere Ueberlieferung

ftei den Philistern zur Zeit David^s (Goliath u. s. w., Sam. II, 21, 15 ff.) und

in Hebron zur Zeit der Invasion (Nun). 13, 22; Jud. 1, 10. 20; s. Z. altt.

^Viss. I, 139). Spätere machen dann die Völker der Rephaiten (Gen. 15, 20;

Jos. 17, 15) und 'Anaqiten (Jos. 13, 21; Jerem. 47, 5 LXX) daraus.

^r in Deut. 2. 3 eingelegte Gororoentar erzählt dann, dass in Moab

^nd ^Ammon ursprflnglich ein Volk sass, »gross und zahlreich und lang wie

^ie'Anaqsöhne (Enaksöhne)« dort Zamzumiter, hier Emiter genannt; ebenso

^aren die Qoriter und *Auwiter Vorgänger der Edomiter und Philister,

"^^iiwe rottete sich dieselben aus und gab den späteren Bewohnern das

'^nd. Es ist sehr natürlich, dass man, da Moab, ^Ammon und Edom

^^ch der Genealogie nicht älter waren als Israel und die Philister für

Eingewandert galten (§. 266), zu wissen wünschte, wer vor ihnen im Lande

^^ohnte; und da boten sich die Riesen ganz von selbst. Dass diese

^<ilker dann Gen. 14 (§. 136) neben den Königen von Sodom und .

^omorrha leibhaftig erscheinen, ist nur in der Ordnung.

§. 180. Um SO werthvoller sind die^ Angaben, welche ^ir den Aegyptern verdanken. Sie gewähren uns ein klares -öild der Völkerverhältnisse Syriens im 15. Jahrhundert. Die Aegypler bezeichnen ihre östlichen Nachbarn im allgemeinen *^»it dem Namen ^Amu d. i. oy Volk. Speciell unterschieden ^ie zunächst die Nomaden der Sinaihalbinsel, die Mentiu ^er wie sie im Neuen Reich gewöhnlich genannt werden, Sasu (§. 108); ein Theil ihres Gebietes wird wiederholt als das l^nd Adem ü^^ d. h. Edom bezeichnet (so schon in der Geschichte Saneha's §. 98). Alles Land nördlich von den- ^Iben bis an und über den Euphrat heisst Sahi [oder Zahl V]. Dasselbe zerfällt in vier Theile:

218 Drittes Buch, erster Abschnitt.

1) Rutenu d. i. im wesentlichen unser Palaestina. Der Name ist indessen begreiflicher Weise von den Aegyptern auch auf ganz Syrien ausgedehnt worden; dann unterscheiden sie Rutenu hert »Oberr.« d. h. das Hochland von Palae- stina und Coelesyrien, und R. chert »Niederr.« [im Decret von Canopus R. abt »Ostr.c] d. h. das Niederland am Euphrat, Nordsyrien. Palaestina, namentlich der Norden desselben, wird unter der 19. und 20. Dynastie häufig auch als >das Land Amur« d. i. 1D{<, das Amoriterland bezeichnet (z. ß. Lepsiüs, Denkm. III, 187 e, 1).

2) »Das grosse Land der Cheta« (Lepsiüs, Denkm. III, 30, 7) d. h. Chetiter in Coelesyrien, mit der Hauptstadt Qades am Oronles. In den Zeiten Seti I. und Ramses IL, wo man es überhaupt mit den geographischen Ausdrücken nicht mehr genau nimmt, werden die Cheta häufig auch zu Rutenu gerechnet.

3) Naharina (spr. Naharain) = hebraeisch D^irU DIN »Stromland« d. h. das Land zu beiden Seiten des Euphrat [aber nicht Mesopotamien!]. Hieran schliessen sich die zahl- reichen kleineren Districte Nordsyriens, Tachis, U'an u. a. Sie werden zusammengefasst unter dem Namen »Niederrutenu«(s.o.).

4) Kaftu, das Küstenland der phoenikischen Handels- städte, das von Dhutmes III. in seiner Siegesstele (Mar. Karn. 11, 16) begreiflich genug mit Cypern (Asebi) zum Westlande gerechnet wird. Seine Bewohner hiessen Fenchu, ein Name, der sich semitisch nicht nachweisen lässt, aber unzweifelhaft das Prototyp des griechischen 4>otvtxec ist.

Allgemein werden die Kana'anaeer unter dem Namen Charu zusammengefasst. Ueber das weiter nördlich gelegene Land Qedi s. §. 231.

Im allgemeinen vgl. Ebers, ZDM. XXX, 394. Von Oberrulenu besitzen wir ein Verzeichniss von 119 Orten in 3 Göpien. an das sich eine weitere Liste von über 200 anderen syrischen Orten anknüpft- Mariette, Karnak pl. 17—21 [dazu Golenischeff, ÄZ. 1882, Taf. 5. 6], behandelt von de Roüo^, RAn. IV; Mariette, Les listes g^gr. ^^ pylönes de Karnak 1875, mit Atlas, und anderen, am besten ^on

Die aegyptischen Angaben. 219

Maspero, ÄZ. 1879, 54; 1881, 120 ff. Die Mehrzahl der Namen sind

trotz zahlloser unmethodischer Corabinationen nicht ideiitißcirt.

Niederr. ist gewiss nicht, wie Ebers annahm, Phoenicien, sondern das Gebiet, wo Amenemheb vor allem gekämpft hat, das ist aber Naharain. Letzteres ist wie hehr. D''*in3 Locativ, nicht Dual. Zu beachten ist, dass Ramses IL das Gebiet von Tunip (§. 220) zu Naharain rechnet: Brugsch, Rec. 54, 2, 4. 7. »Das Land Gharu reicht von Saru (Tanis?) bis Aupa« pap. Anast. III, 1, 10 bei Chabas, Voyage 97. Der District Aupa ist nicht genauer bekannt, muss aber im Norden von Palaestina gelegen haben. Ich bemerke noch, das Sätet das »Barbarenland« im allgemeinen bezeichnet, ebenso Asien wie Nubien, und dass der ursprünglich von den Bewohnern der Sinaihalbinsel ge- brauchte Name Mentiu [nicht Menau!] auf alle Ausländer übertragen wird. Zahlreiche syrische Orte, z. Th. mit ganz kurzen Beschrei- bungen, werden im Pap. Anastasi I (unter Ramses II.) genannt, übers. roll Commentar von Chabas, Voyage d*un Egyptien en Syrie etc. 1866; dagegen Brdosch, Critique und Gesch. Aeg. 554 ff. Die eigentliche Ten- denz des sehr dunkel geschriebenen, an Semitismen Oberreichen Briefes ist noch ziemlich unklar.

Anfänge der Assyrer.

§. 181. Oestlich von den syrischen Stammen, in den Landschaften am Tigris von den armenisch -kurdischen Ge- birgen bis an den unteren Zab, der die Grenze gegen Ba- Bylonien bildet, hat sich ein Zweig desjenigen serailischen Stammes niedergelassen, der auch in Babylonien einge- sprungen ist. Während derselbe sich hier mit der alten Be- völkerung mischte, tritt er uns in den nördlicheren Landen, dem späteren Assyrien, rein entgegen. Bis in welche Zeit ihre Ansiedelung in diesem Gebiete hinaufreicht, wissen wir nicht. König Sargon (722 705 v. Chr.) spricht in seiner Cylinderinschrift von 350 Königen, die vor ihm auf dem Throne Assur's gesessen hätten, wobei jedenfalls, wie immer in solchen Fällen, die Herrscher der mythischen Urzeit mit- gerechnet sind. Sicherer ist, dass wie in Babylonien, so auch hier die Gultusstätten der Ausgangspunkt städtischen Lebens und staatlicher Bildungen gewesen sind. So östlich vom Tigris, in der Ebene zwischen dem grossen und kleinen Zab,

220 Dritte» Buch, erster Abschnitt.

die »Viergötlerstadtc Arbail (gr. Arbela), in der vor allem dm.< Istar verehrt wird, und westlich vora Tigris, da wo jetzt d^ Trümmerhugel von Qal'at Öergha liegt, die Stadt des Gott^^ Assür. Derselbe ist in der babylonischen Mythologie lediglich ei»ic kosmogonische Gestalt; er geht mit Kisar der grossen Trias Ann Bei Ea (§. 150) unmittelbar voran. Hier aber wird er nach semitischer Weise zum eigentlichen Nationalgott, nach dem Land und Volk sich nennen, der den zwölf Göttern (§. 149) voran- geht wie der alte II, der sein Volk zu Kampf und Sieg fuhrt.

Der Name des Gottes und der Stadt As§ür wird sumerisch (idpo- graphisch) auch Ausar geschrieben, so I R. 6, 1. Delitzsch, Parad. 252 ff. leitet den Gottesnamen vom Landesnamen ab, was mir wenig wahr- scheinlich ist.

§. 182. Die Stadt Assur (Assür) ist der Ausgangspunkt des Staates und Volkes der Assyrer. Als urälteste Herrscher nennt hier König Ramänniräri III. (811—782) den Belkapkapu und Sulili (I R. 35, 3); ähnlich bezeichnet sich Sanherib als »Nachkommen des Belbäni, des Sohnes des Adasi, des alten Er- oberers« (Smith, ÄZ. 1869, 93). Genaueres erfahren wir zuerst über äamsiramän (L), den Sohn des Ismidagan, der 641 Jahre vor Tiglalpileser I , also um 1760 v. Chr. dem Anu und Ramän einen Tempel baute. Von einem Tempel, den ein anderer König' dieses Namens dem Assur errichtete, sind uns noch Backstein^ erhalten; ebenso hat er in der Stadt Ninua am linken Tigris- ufer, die wir nach der falschen masoretischen Vocalisatioa Ninive zu nennen pflegen, ein Heiligthum der Istar gegrimdet- Er führt ebenso wie seine nächsten Nachfolger, von denen Iriamtuk (?) auf Backsteinen vorkommt (I R. 6, 2), nocli den alten uns aus Babylonien bekannten Titel isakku (sum* patesi, s. §. 134); mindestens seit dem Anfang des 15. Jahr- hunderts tritt an seine Stelle der Königstitel. Mit Babylonien besteht, wie schon aus diesen Andeutungen hervorgeht, fort- während der innigste Zusammenhang; die gesammte Cultur^ die Religion, das Staatsleben der Assyrer ist einfach von dort herübergenommen ich erwähne noch, dass auch in Assyrier* die priesterliche Stellung des Königs (§. 130) durchweg betoat

Anfänge der As?yrer. Altei' der ^yriscluMi (luli u'. -221

\pv'\vd. Genaueres über diese Beziehungen und das allmähliche Emporwachsen der assyrischen Macht wird uns indessen erst l3ekannt, seit um 1450 v. Chr. die Angaben der synchroni- schen Tafel (§. 141) beginnen.

Zu ßmidagan vgl. §. 138 Anm. §ain§iramän : I R. 6, 1. [Nach- li^lich macht Dr. Hilprecht mich darauf aufmerksam, dass der hier genannte König deutlich »Sohn des Belkapkapu« genannt wird]. Annalen Tiglatpil. I col. 7, 60 ff. Smith, Assyr. Discov. S. 248. 249.

n. Handel und Cnltur der syrischen Länder.

Der Landhandel Syriens und Arabiens.

§. 183. Bis in welche Zeit die Entwickelung einer höheren Cultur in Syrien hinaufreicht, vermögen wir nicht mehr zu erkennen. Die Angabe des Jahwisten, »Hebron ist sieben Jahre vor So*an (Tanis) in Aegypten gebaute (Num. 13, 22), steht für uns völlig ohne Beziehung da. Die einzige in dieser Frage überhaupt verwerthbare Notiz, die Angabe, dass die tyrischen Melqartpriester die Gründung von Stadt und Tempel um 2750 V. Chr. ansetzten (Herod. II, 44), beweist aller- <l'ngs, dass die historischen Erinnerungen von Tyros weit hinter denen von Aegypten und Babylon zurückstanden; in- <Je8sen haben wir kein Recht, diese Folgerung auf ganz Syrien auszudehnen. Die aegyptischen Monumente zeigen Syrien um 1500 V. Chr. im Besitze einer hochentwickelten Cultur, und uichts hindert, ein Gleiches bereits für die Zeiten des Alten Reiches anzunehmen. Jedenfalls waren schon in dieser Zeit ^Jie syrischen Stämme die Vermittler zwischen Aegypten und Babylon (vgl. §. 158), und wenn der Papyrus Ebers (1550 v. Chr.) ein Augenrecept erwähnt, das von einem *Anm aus Kepni, i i. wahrscheinlich Byblos (Gebäl) verfasst sei, so zeigt dies, ^s auch ein reger geistiger Austausch zwischen Syrien und Aegypten in der Hyksoszeit bestand. Dass andererseits die '^bylonischen Angaben schon Sargon nach Syrien vordringen

222 Drittes Buch, zweiter Abschnitt.

lassen, und die elamitischen Herrscher ihre Macht jedenf^lli mindestens über Syrien ausgedehnt haben, ist früher berichte (§. 137); den tiefgreifenden Einfluss dieser Verbindung au die Culturverhältnisse werden wir später zu verfolgen haben

§. 184. Wie schon bemerkt, beruht die Cultur und die weltgeschichtliche Bedeutung der syrischen Länder vor allen auf dem Handel. Ein directer Handelsverkehr zwischen zwei entfernten Gebieten entwickelt sich immer erst spät und hal während der ganzen älteren Zeit z. B. zwischen Aegypten und Babylon schwerlich bestanden. Die ältere Form des Verkehrs ist überall der Zwischenhandel, bei dem die Waare von Hand zu Hand geht und dadurch im Preise ungeheuer steigt. Die Gentren, in denen die Waaren ausgetauscht werden, sind die grossen syrischen Städte. Die Haupthandelsroute führt von Aegypten durch das Hochland von Palaestina oder längs der Küste ins Orontesthal und von da an den Euphral. Die Städte Qades im Lande der Cheta, auf einer Insel im Orontes gelegen (südlich von Emesa), Hamät, Chaleb (Aleppo), Karkamis bezeichnen ihren Gang. Bei der letzteren Stadt, die höchst wahrscheinlich in den neuerdings bei Djeräbis (d. i. Europos) nördlich von Mabbüg (Hierapolis Bambyke) entdeckten Ruinen zu suchen ist, erreicht die Strasse den Euphrat und geht von hier durch die nordmesopotamische Ebene über Charrän und Nisibis (Nesib), daneben wohl auch am Chaboras entlang und dann durch die Steppenlandschaft von Sangara an den Tigris. Zum directen Verkehr mit Ba- bylon mag auch die langwierige und beschwerliche Euphrat- route (vgl. Herod. I, 194) benutzt sein; dagegen scheint der directe Handelsweg durch die Wüste von den Kaufleuten selbst erst in hellenistischer Zeit in grösserem Umfang benutzt worden zu sein.

Die ganghare Ansicht, welche die Handelsroute viel weiter sQdlicb an den Euphrat oder gar durch die WQste gehen lässt, ist falsch. Sie beruht vor allem auf der früheren ganz willkürlichen Identificirung voo Karkami§ und Kirkesion und auf der Annahme, dass Palmyra eine alte Stadt sei. Letzteres ist aber vor der Seleukidenzeit nicht nachweisbtr

Der Handel Syriens ond Arabiens. 223

(Chron. If, 8, 4, wo Tadmor d. i, Palmyra für Tamar in der Wüste Juda Heg. I, 9, 18 gefälscht ist) und erst durch die politischen Verhältnisse der Römerzeit zu Bedeutung gelangt als neutraler Handelsplatz zwischen dem römischen und parthischen Reich. Auch Thapsakos kommt zuerst in der Perserzeit (Reg. I, 5, 4 nDÖP) ^o^. Die Lage der Chetiter- stadt Qade§ (auch Sam. II, 24, 6, LXX) ist zuerst von Brugsch, Geogr. Inschr. H, 21 f. nachgewiesen worden. Ueber Karkamis vgl. Maspero, De Carc. oppidi situ 1872. Die Ruinen von Djeräbts hat G. Smith 187G entdeckt, s. Delitzsch, Parad. 265 IT.

§. 185. In der Wüste vermitteln die Wanderstämme den Handel, stellen die Transportmittel, escortiren die Karawanen, und leben daneben vom unzertrennlichen Begleiter des Han- dels, dem Raube. So ziehen zur Zeit des israelitischen König- thums israa^elitische und midianitische Karawanen vom Ost- jordanlande nach Aegypten (Gen. 37, 27 Jahw. 37, 28 Eloh.), und ebenso zweifelsohne andere durch die grosse syrische Wüste (hebr. Chawila) nach Babel. Wenn es Gen. 2, 11 heisst, im Lande Chawila sei gutes Gold und Bedolach und der Schohamstein, so sind dies keineswegs einheimische Pro- duete des Landes, sondern sie wurden den Hebraeern durch die Stämme der syrischen Wüste von Osten und Süden zu- geführt. Seit den ältesten Zeiten spielt namentlich Südarabien in der Handelsgeschichte eine hochbedeutende Rolle. In Jemen, dem Lande der Sabaeer und Himjaren, fand sich im Alterthum Gold in reichen Massen, ebenso weiter nördlich in der Küsten- landschaft Tihäma. Vor allem aber ist es der Weihrauch, den Jemen und die gegenüberliegende, durch Kähne leicht zu erreichende afrikanische Küste producu*en, und zwar allein produciren, der dem Gebiet am Südende des arabischen Golfes eine eminente commercielle Bedeutung verleiht. Seit uralten Zeiten sind die Specereien Südarabiens exportirt worden nach Aegypten jedenfalls schon in der Pyramidenzeit und die Entlegenheit des schwer zugänglichen Landes trug nur noch mehr dazu bei, die Vorstellungen von dem Reichthum desselben, des »Götterlandes« Punt der Aegypter (§. 70), ins nnendliche zu steigern. Im allgemeinen wurde dieser Handel ^on Stamm zu Stamm betrieben, die Küstenschiffahrt auf

224 Drittes Buch, zweiter Abschnitt.

kleinen Kähnen lag ganz in den Händen der Eingeboni.c Wir haben gesehen, wie dann unter König S'anchkara^ d Handelsstrasse von Aegypten ans rothe Meer [wieder?] eröflFhi wurde (§. 96, vgl. §. 98) und werden die weitere Entwick^ lung directer Beziehungen zwischen dem Pharaonenlande um Punt später zu verfolgen haben. In Syrien ist wie später sc wahrscheinlich schon in den ältesten Zeiten Damaskus der Hauptstapelplatz des arabischen Handels und Ausgangspunkt der Karawanenstrassen.

Chawila ist nach Gen. 25, 18 (s. Wellhaoscn, Jahrb. f. Deot^b. Theol. XXI , 410) , Sam. 1 , 15. 7 [vgl. indessen Wellhaüsen , Text der B. Sam. 97] die syrisch -nordarabische Wüste; Gen. 10, 29 (Jabw.)i 10, 7 (Priestercod.) und 2, 11 ff. (Jahw.) ist natürlich dieselbe LocaliUt gemeint; vgl. Delitzsch, Parad. 58 f. Ueber den Goldreich thum des südwestlichen Arabiens im Alterthuro genügt es auf Sprenger, Alte Geogr. Arabiens 51 ff. und Soetbeer, Das Goldland Ophir, in Vierteljahrsscbr. für Volkswirthschafl, Politik und Culturgesch. LXVIII 1880 zu verweisen. Dass Ophir in Südarabien zu suchen ist, scheint mir unzweifelhaft Gegenwftrtig scheint das Gold hier erschöpft zu sein. Neuerdings will BüRTON (The Goldmines of Midian 1878 und The Land of Midim revisited, 2 voll. 1879) in dem von ihm [mit Unrecht] Midian genannten nordwestlichen Arabien ausser Kupfer auch Gold und Silber nachgewiesen haben ; in grösseren Massen ist es indessen hier schwerlich je vorgekommen* Als Tribute von Punt nennen die Annalen Dhutmes III. (§. 2l9) Weihranch, Gold und Sklaven. Dass IJaHäepsu (§. 218) von dort aocb seltene Pflanzen und Thiere holen Hess, die zum Theil nur an der afri kanischen Rüste, nicht in Südarabien beimisch sind, wie die Giraffe, i^^ sehr begreiflich , da ein Verkehr zwischen beiden Küsten jedenfalls P allen Zeiten bestand. Ueber die Völkerverhältnisse Jemen*s s. Mord^ MANN ZDM. XXXI, 61 ff. D. H. Müller, Die Burgen und Schlösser Sa<3 arabiens II, in Ber. Wiener Ak. 1880, Bd. 97.

§. 186. Weit schwieriger ist es, über den Verkehr Ba byloniens mit Südarabien zu sicheren Resultaten zu gelanget Die zahlreichen Denkmäler Jemen's, von denen die älteste mindestens etwa ins fünfte Jahrhundert und vielleicht noc höher hinaufreichen, zeigen einen Kunststil, der in eni schiedener Abhängigkeit von dem babylonischen steht; unt€ den Gottheiten der Sabaeer werden der Möndgott Sin uu der Gott ^Atthar eine Umbildung von Istar eifH

Sfldarabiseher und indischer Handel. 225

v^erehrt, die beide wie es scheint ursprünglich dem sumerl- SM^ben Pantheon entstammen. Beides deutet auf alte Ver- bindungen mit Babylon. In den keilsdiriftlichen Denkmälern ^ibt es meines Wissens bis jetzt keine Belege für diesen Verkehr. Derselbe kann nur auf dem Landwege, durch Karawanen vermittelt, stattgefunden haben. Denn es steht völlig fest, dass von Babylon aus niemals Seehandel betrieben worden ist, sowohl durch ausdrückliche Angaben der Inschriften (s. Delitzsch, Parad. S. 76. 99), als auch durch den Umstand, dass Alexander von Babylon aus Expeditionen zur Erfor- schung der arabischen Küste aussandte, was völlig überflüssig war, wenn babylonische Kauffahrer hier Handel trieben. Im ganzen Bereiche des indischen Oceans beginnt ein umfassender directer Handel erst in hellenistischer Zeit sich zu entwickeln und ist zu voUer Entfaltung erst in der Römerzeit gelangt. §. 187. Endlich ist die Frage über die Berührungen mit dem fernen Osten zu erwähnen. Dass Babylon ein Markt- platz für die Waaren nicht nur des Westens und Südens gewesen ist, sondern auch nach Iran Landhandel trieb, ist unzweifelhaft. Die Cultur Westirans steht wie die Susiana' s ganz unter babylonischem Einfluss, und wenn in den Tribut- listen Dhutmes' III. unter den Gaben der Könige von Assyrien und Sangara neben anderen Sorten von Lapis lazuli (chesbed) zweimal auch »guter Blaustein von Babel (aeg. Beber)« auf- geführt wird, so ist derselbe nicht in Babylonien heimisch, sondern importirt, wahrscheinlich aus Baktrien. Ferner kennen schon die noch im Siebenstromland ansässigen Inder der vedi- schen Zeit die babylonische Mine (ind. manä) als Gewichts- einheit für das Gold, und auch die babylonische Eintheilung <les Mondlaufs in Nachtstationen ist früh zu ihnen gedrungen. Indessen mehr als durch Zwischenhandel, und zwar auf dem Landweg, vermittelte Beziehungen sind daraus nicht zu folgern. Dagegen scheinen die Sabaeer schon in sehr alter Zeit in directem oder indirectem Seeverkehr mit den indischen Kästenlanden gestanden zu haben ; wie in der römischen Zeit tagten sie sich mit ihren leichten Kähnen weit hinaus auf

Veyer, 0«sohlchte des Alterthaxns. I. 15

226 Drilles Buch, zweiter Abschnill.

das Meer. Unter den Producten, die Salomo aus Ophir holen lässt, findet sich der aus Indien stammende Pfau, und der Name der von Ha'tsepsu aus Punt und von Salomo aus Ophir geholten Paviane, aegyptisch gafu, hebraeisch qof (5]lp), so- wie das griechische xt^icoc scheint dem indischen kapi »Affec zu entstammen.

Ueber manä und die Mondstationen s. Zimmer, Altindiscbes Leben S. 55. 354 fr. Zimmer ball mit vielen Anderen auch die indische Fluth- sage für eine Entlehnung aus Babylonien (S. 101), was mindestens nicht bewiesen ist. Ueber die indischen Thiemamen s. Hommel, SSuge- Ihiere bei den SOdsemiten passim. Auch das Wort D^>3n Pfauen soll dekhanisch sein. Sehr auffallend ist, dass die Aethiopen den Ele- phanten nagö, die Inder näga nennen. Ich bemerke noch, dass die ziemlich rohen, in aegyptischen Gräbern gefundenen Porcellangefässe mit chinesischer Aufschrift (Wilkinson, Manners and Customs lU, 106 ff.; ebenso in Ninive, Latard, Nin. and Bab. 279) nach einer freundlichen Mittheilung des Herrn Prof. v. d. Gabelentz, soweit sich nach der Publi- cation urlheilen lässt, nicht aus vorchristlicher Zeit stammen können. Ueber den Handel der Araber mit Indien in späterer Zeit s. vor allem den peripl. mar. Erythr. Die gafi kommen nach Erman schon im A.R. als Schoosthiere vor.

§. 188. In den grossen Handelsplätzen Vorderasiens, wo die Waaren der verschiedensten Stämme gegen einander um- gesetzt werden, entwickeln sich die allgemeinen Grundlagen des Handelsverkehrs. Während in primitiven Verhältnissen meist der gesuchteste und allgemeinste Handelsartikel, das Vieh, den Werthmesser bildet, tritt hier das Bedürfniss nach einem bequemeren, homogeneren und Preisschwankungen mög- lichst wenig unterworfenen Maassstabe hervor. Als solches bieten sich die Edelgesteine, speciell Smaragd und Lapis lazuli, die beide namentlich bei den Aegyptern in hohem Ansehea standen, vor allem aber die beiden Edelmetalle. Diese haben den Vorzug, dass sie selten genug sind, um einen beträcht- lichen Werth zu repräsentiren, dass sie leicht in jede beliebige Form gebracht und bequem nachgewogen werden können, ursprünglich ist, so scheint es, das Silber das seltenere und theurere Metall gewesen; daher geht es in den stereotypen Auf- zählungen der Aegypter wie Später der assyrischen Könige regel-

Die Edelmetalle. Maass und Gewicht. 227

massig dem Golde voran. Gold wurde seil uralter Zeit in grossen Massen in Sudarabien und in den Goldbergwerken Nubiens, da- neben an zahlreichen Stellen an der Erdoberfläche oder als Waschgold in Flüssen gefunden, während Silber sich in Asien und Aegypten nur wenig, und zwar meist mit Gold vermischt als Elektrum (aeg. asem) findet. Die Möglichkeit, dass es in Vorderasien in älterer Zeit Silberminen gab, die später er- schöpft waren und bis jetzt nicht wiedergefunden sind, ist allerdings nicht ausgeschlossen. Jedenfalls muss schon früh der Preis des Silbers bedeutend gesunken sein; lange Zeit hindurch gilt für die Rechnung die Annahme^ dass das Gold zehnmal so theuer sei als das Silber, und später ist letzteres noch weiter gefallen. Zu der Entwerthung des Silbers hat jedenfalls die Erschliessung der spanischen Bergwerke durch die Phoeniker beigetragen, aber schwerlich hat sie allein den gewaltigen Umschwung hervorgerufen.. So lange die geologi- schen Verhältnisse Vorderasiens noch so wenig erforscht sind wie gegenwärtig, wird die Frage, woher die Hauptmasse des im alten Orient cursirenden Silbers stammte, nicht beant- wortet werden können.

Im allgemeinen s. Böckh, Metrolog. Untersuchungen 1838; Brandis, Bas Münz-, Maass- und Gewichtssystem in Vorderasien bis auf Alexander, 1866; MoMMSEN, Gesch. des rOm. Mönzwesens, Einleitung; Lepsius, Die Metalle in den aeg. Inschriften, Abh. Berl. Ak. 1871 ; Ghabas, Etudes sur l^antiquit^ historique 1873 und jetzt Hultsch, Griech. und röm. Metrologie 2. Anfl. 1883, vor allem S. 374 ff. 398 ff. Eines selbständigen Urtheils ^ber die einschlägigen, ungemein verwickelten Fragen rouss ich mich enthalten. Ferner Movers, Phoenizier U, 3 (Handel und Schiffahrt) Q&d die Zusammenstellungen von Meltzer, Gesch. der Karthager Gap. I. "^ Dass die Aegypter das Silber erst später kennen lernten, geht auch daraus hervor, dass sie fQr dasselbe keinen eigenen Namen haben, son- deni es »Weissgold« [nub] hes nennen. Gegen die Annahme, dass zu Anfang des Neuen Reichs das Silber das werthvollere Metall war, hat Kbkrs, ZDM. XXXI, 464 sehr beachtenswerthe Einwände erhoben. ^16 Behauptung Reg. I, 10, 21 ist maasslose Uebertreibung.

§. 189. In derselben Weise vollzieht sich eine Aus- gleichung der Maasse zwischen den Cultur Völkern. Die aegyp- üsche königliche Elle von 0,525 m, welche schon den Bauten

228 Drittes Buch, zweiter AbschDitt

der Pyramidenzeit zu Grunde liegt neben ihr ist eine kleinere Elle von 0,450 m im Gebrauch ist identisch mit der babylonischen und wohl unzweifelhaft von Aegypten aus auf das gesammte vorderasiatische Handelsgebiet übairagoi. Die Unterabtheilungen sind begreiflicher Weise bei den ein- zelnen Völkern verschieden, in Aegypten zerfallt sie in 28 Finger, in Babylonien in 6 Palmen mit 24 Fingern; daneben besteht hier wie gewöhnlich eine Sexagesimaleintheilung. Auf dem Gebiete der Hohlmaasse und Gewichte ist eine derartige Be- ziehung bis jetzt wenigstens nicht erkennbar. Trotzdem moss dieselbe wenigstens für die Hohlmaasse vorhanden gewesen sein, da dasselbe Wort »hin« im Aegyptischen, Hebraeischen und Phoenikischen die Maasseinheit bezeichnet, wenngleich der Inhalt derselben bei den verschiedenen Völkern verschieden war. Bei den Gewichten herrscht in ganz Vorderasien ein von Babylonien ausgehendes System, das mit dem aegypti- schen keine Berührungen hat. Ein Talent zu 60 Minen bildet überall die Grundlage wir haben gesehen , dass die Mine als Goldgewicht sich auch in Indien findet während die weitere Eintheilung (in 50 oder 60 seqcl = oratrjp) und die Normirung des Gewichts theils local, theils nach der Waare schwankt. Namentlich für die Edelmetalle entwickeln sich neue auf dem Werthverhältniss des Silbers und Goldes lu einander beruhende Gewichtsscalen.

Ueber die aegypUsche Elle s. vor allem Lkpsiüs, Abb. Bert. Ak. 186&. Ueber die babyloniscben Maasse Opfert, L'^talon des m^ures assjrienne« Journ. as. VI. 20, 157 ff.; VII, 4. 417 ff.; Lepsius, Die bab.-assyr. Ung»- maasse nach der Tafel von Senkereb, Abb. Berl. Ak. 1877 ; vgl. ÄZ. 1877- 49 ff. ; Silzungsber. Berl. Ak. 1882. Nov. Dass die kleine aegypüscb« Elle von 450 mm aucb bei den Hebraeem in der Königszeit io Gebraucb war, lehrt jetzt die Siloahinschrift, s. die Berechnungen von Ccotc» und GuTHE, ZDM. XXXVI, 744. Ueber die aegyptischen Gewichte oikI Hohlmaasse Ciiabas. HAn. III. 12 ff.; ÄZ. 1869, 57 ff.: Eiseslohr, ÄZ.

1875, 40 ff. Im übrigen s. vor allem das grosse Werk Ton Brisp«^

(§. 188).

Seebandel der Phoeniker. 229

Seehandel der Phoeniker.

§. 190. Neben dem Landhandel entwickelt sich an den Küsten des Mittelmeeres frühzeitig ein bedeutender Seeverkehr, der ausschhesslich von den Kana'anaeern betrieben wird. Sein ältestes Centrum ist unzweifelhaft die »Fischerstadt« Sidon; nach ihr bezeichnen alle seefahrenden Kana'anaeer sich selbst als Sidonier, und werden so auch von den Hebraeern durch- weg und häufig genug von den Griechen genannt (vgl. §. 283). Bei den Aegyptem heisst dagegen, wie schon bemerkt, das Land Kaft, die Bewohner Fenchu, woraus die griechische Be- zeichnung Phoeniker (lat. Poeni) entstanden ist. Neben Sidon stehen weiter nördlich Berut (Berytos) und Gebäl (Byblos, aeg. wahrsch. Kepuna); nach Süden folgen Sarepta und Sör (Tyros »der Fels«) auf einer Felseninsel »die Stadt im Meere, der das Wasser in Kähnen zugeführt wird, reicher an Fischen als an Sand« (Pap. Anast. I). Dass das dem Melqart geweihte Hauptheiligthum der Inselstadt um 2750 v. Chr. gegründet sein soll, ist früher schon erwähnt (§. 183). Weiter Akzib, 'Akko, endlich in der palaestinensischen Küstenebene (Öarön) feppe, Askalon (Aäqalon) und Gaza an der Grenze der Wüste, die Aegypten von Syrien trennt, alles Orte, die seit Dhutmes III. häufig in den aegyptischen Inschriften genannt werden. Schon früh haben sich die Phoeniker weiter nach Norden ausgebreitet Qnd die Küsten des Aramaeerlandes bis zum issischen Golf hin besetzt. Auf einer Felseninsel gründeten, wie erzählt wird, sidonische Flüchtlinge die Stadt Arados (nn{<, ass. Arwad, aeg. Artut), die früh zu bedeutender Blüthe gelangte Qnd schon von Dhutmes III. bekriegt wird. Benachbart liegen Maralhos und Simyra (aeg. Samar), weiter nördlich folgt Gabala, schliesslich Rhossos und Myriandos am issischen Meerbusen.

Im allgemeinen vgl. Strabo und vor allem Skylax peripl., ferner ^'e in die Völkerlafel eingeschobenen Verse Gen. 10, 17 f.; die assyr. Angaben bei Delitzsch, Paradies 281 ff. Sidonier als Volksname

230 Drittes Buch, zweiter Abschnitt.

Gen. 10, 15 ; Jud. 18, 7. 28 ; Deut. 3, 9; Reg. I, 5, 20, am charakteristischsten Reg. I, 16, 31 (auch 17, 9?); ferner auf tyrischen Münzen. Auch bei Homer ist Xioov.ot Volksname neben Ooivtitec; ferner Ovid. fast. III, 108; Trist. IV, 3, 1 u. a. Vgl. Movers, Phoen. U, 1, 91 ff. Was Movers fQr das Alter von Byhlos (und Berytos) vorgebracht hat, ist ebenso hin- fällig wie seine Unterscheidung eines sidonischen und eines giblitischen Stammes der Phoeniker. Byblos ist das Gentrum des religiösen Lebens und der religiösen Literatur; überdies war Philo selbst ein Byblier; dass daher bei ihm Byblos als Metropole des Landes erscheint (2, 17), ist ganz natürlich. Die Bevölkerung von Gaza Asqalon u. s. w. ist zur Zeit der Aegypterkriege nach Ausweis ihres Gesichtstypus sicher kana*anaeiscb, s. Brugsch, Geogr. Inschr. II, 74; Chabas, Antiq. bist. 285. Ueber die Phi- lister s. §. 266. Eusebius' Angabe, Arados sei 761 v. Chr. (?) gegründet, wird durch die aegyptischen Angaben widerlegt. Für Myriandos [nicht Myriandros!] s. Herodot IV, 38, Xen. Anab. I, 4, 6. Skylax 102 u. a.

§. 191. Im 15. Jahrhundert v. Chr. sind die Seefahrten der Phoeniker bereits hoch entwickelt ; wie viele Jahrhunderte vorher sie begonnen haben mögen, entzieht sich völlig unserer Kenntniss. Doch mag hier nochmals auf die Berichte über Sargon's Fahrt auf dem mittelländischen Meer (§. 133) hin- gewiesen werden. Das erste Ziel war Cypern, dessen Kupfer- reichthum besonders zur Ansiedelung reizte; auch Silber und Eisen findet sich auf der Insel. Cypern, auf dem wir von einer älteren Bevölkerung keine Spur finden, wurde ganz von den Phoenikern besiedelt ; an der Südküste erstanden die Städte Kition, Amathus, Paphos u. a., in der fruchtbaren Ebene des Binnenlandes Golgoi, Idalion, Tamassos. Unter Dhutmes III. wird der König von Cypern (aeg. Asebi) wieder- holt erwähnt; es scheint mithin, dass damals die Insel einen einzigen Staat bildete. Von Cypern aus oder längs der Küste gelangte man nach Kleinasien. Wie weit die Phoeniker hier die Küste besiedelt oder Factoreien angelegt haben, wissen wir nicht; über die semitischen Namen in Kilikien s. §. 246. Ihre nächste Hauptstation war Rhodos, das sie ganz besetzten; als Mittelpunkt ihrer Ansiedelung erscheint hier die Stadt Jalysos, in deren Gräbern sich denn auch zahlreiche phoenikische Kunstgegenstände, und darunter ein Skarabaeus Amenhotep's III. gefunden haben. Das rhodischo Gebirge

Die Phoeniker auf Gypern und Rhodos. 231

Atabyrios (= llDn)» auf dem die Phoeniker den Ba'al {Zeus) verehrten, hat seinen semitischen Namen bis in späte 2ieiten bewahrt.

Dass Asebi (die Aussprache ist nicht völlig sicher) Gypern bedeutet, lehrt das Dekr. v. Eanopos. Dass die von Movers für historisch ge- haltene Angabe des Eusebius, Melos, Tbasos, Kailiste (d. i. Thera) und Paphos seien 1427 (ao. Abr. 590) gegründet, nicht mehr Werth hat als die ao. Abr. 562. 588. 593 etc. aufgeführten und lediglich der griechi- schen Sagengeschichte entstammt, braucht kaum bemerkt zu werden. Phoeniker auf Rhodos (= G^ilT Gen. 10, 4; Ez. 27, 15 [Stade über Javan]), speciell in Jalysos : Athen. YIII, 860 aus Ergias ; Diod. V, 58 u. a. ~ Die hochinteressanten Funde von Jalysos im Brit. Mus. sind leider noch unpublicirt. Sie sind älter als die in der grossen Nekropole von Kameiros gefundenen Gegenstände; auch hier aber haben sich phoe- nikische Gegenstände gefunden (Salzmann, La necropole de Gameiros pl. 1 ff. ; vgl. LöscHKE, Mitth. arch. Instit. Athen VI, 1 ff.).

§. 192. Rhodos ist die Eingangsstation des aegaeischen Meeres, und alle Küsten und Inseln desselben haben die Phoeniker besucht. Es ist indessen ausserordentlich schwierig, hier ihren Bahnen im einzelnen zu folgen. Gewinnung der Rohproducte der neuentdeckten Länder, Absatz der eigenen Waaren, daneben vor allem der Sklavenhandel, waren die Triebfedern zu immer weiterem Vordringen. An gesicherten wnd zum Verkehr mit den Einheimischen geeigneten Hafen- <)rten, am liebsten auf kleinen Inseln, Hessen sie sich nieder und gründeten ihre Factoreien (vgl. Thuk. VI, 2), zu denen durchweg auch Heiligthümer der Hauptgötter gehörten. Speciell scheint man als Schirmherr der Seefahrt und der Colonien den Sonnengott Melqart (»den Stadtkönige, gr. Herakles) ver- ehrt zu haben (Diod. XX, 14). Nur selten, wo der reiche ßoden oder die Producte des Landes besonders verlockend waren, wie in Gypern, Rhodos, Nordafrika, Südspanien, hat hat man ein grosses Gebiet besetzt und eigentliche Colonien gegründet. So wurde ein Kampf mit den Eingebornen mög- lichst vermieden, die rein mercantilen Interessen nicht durch die Sorge für Haus und Hof oder politische Herrschaft in den neu entdeckten Ländern getrübt. Im allgemeinen mochten

232 Drittes Buch, zweiter Abschnitt.

sich die Eingebornen diese Exploitirung durch die fremden Seefahrer ruhig gefallen lassen; nur wo wie in Griechenland eine hochbegabte Nation ansässig war, begann sie allmählich von ihnen zu lernen, selbst Schiffe zu bauen, Seeraub und Handel zu treiben , die fremden Ansiedelungen zu occupiren. Einer derartigen Concurrenz sich zu erwehren, besassen die Phoeniker keine Mittel; langsam aber stAtig und wie es scheint meist ohne grösseren Kampf wurden sie aus den griechischen Meeren verdrängt, die an den einzelnen Stationen Ansässigen verjagt oder hellenisirt. Daher erklärt es sich, dass wir von den phoenikischen Ansiedelungen in Griechenland nur so dfirf- tige Kunde haben, ihre Spuren nur sehr schwer aufweisen können. Im allgemeinen fasst die griechische Tradition die Ansiedelungen der Phoeniker zusammen in dem Märchen vom Tyrier Kadmos (Qadml »der Ostmann«), der auszieht, die Europa ('Ereb »das Westland«) zu suchen.

Neben den nur mit grosser Vorsicht zu benutzenden AusfOhrungen von MovERSy Phoen. II, 2 s. vor allem Olshausen, Phoen. Ortsnamen ausserhalb des sem. Sprachgebiets, im Rhein. Mus. VIII, und Umgestaltung einiger sem. Ortsnamen bei den Griechen, in Ber. Berl. Ak. 1879, 555» Im allgemeinen scheint den etymologischen Combinationen gegenüber grosse Zurückhaltung geboten; wo spätere Funde eine Conirolle ermög- licht haben, z. B. bei den assyr. Namen, ist dieselbe sehr zu Ungunsten der älteren Deulungsversuche ausgefallen. Namen wie Seriphos, Syros, Salamis, Astyra, Abydos können sehr wohl semitisch sein, aber zu beweisen ist es nicht. Weit problematischer sind indessen noch die mythologischen Combinationen, die in der Regel jeder soliden Begrün- dung ermangeln. Minos für phoenikisch zu halten, liegt kein Gnmd vor; Samothrake, die ödeste, völlig hafenlose Insel des aegaeiscbeo Meeres ist gewiss nie von den Phoenikern besetzt gewesen, sondern eine altthrakische Culturstätte. Herakles ist zunächst ein echt hellenischer und von den Griechen eifrig verehrter Gott, den dieselben allerdings dem phoenikischen Melqart gleichsetzten. In welchen Fällen aber ein Heraklescult aus einem ursprünglichen Melqartcult hervorgegangen ist, ist fast nie erkennbar. Ebenso ist Aphrodite (und vor allem A. Urania) eine griechische Göttin, wenngleich manche ihrer HeiligthQmer ur- sprünglich Cultusstätten der Astarte waren u. s. w. Menschenopfer finden sich ferner im altgriechischen Cult ebensogut wie bei den Phoenikern. Es ist nie zu vergessen, dass wir von phoenikischer

Die Phoeniker im aegaeischen Meer. 233

Religion recht wenig, von phoenikiscber Mythologie eigentlich gar nichts wissen. Im allgemeinen ist in der grie- chischen Sage Agenor, der Bruder des Belos und Vater der Europa [und des Phoenix und Kilix], der Repräsentant der Phoeniker,

§. 193. Sicher bezeugt sind uns phoenikische Ansiede- lungen auf Kythera, der Hafenstation für den Peloponnes, auf Melos, Thera, Oliaros (Steph. Byz.), ferner auf dem goldreichen Thasos gegenüber der thrakischen Küste. Für Kreta beweist der Flussname Jardanos, d. i. pl> Jarden »der Fluss« im Gebiete von Gortyna (Od. y 292; derselbe findet sich auch in Elis II. H, 135) eine phoenikische Ansiedelung in der fruchtbaren Ebene im Süden der Insel, am Fusse des Ida. Hierher lässt denn auch die Sage den Zeus die sidonische Königstochter Europa entführen. Vielleicht bezeichnet der Volksname Kydoner, den Homer den Bewohnern dieses Theiles von Kreta gibt und deren Namen auch die Stadt Kydonia ini Nordwesten der Insel bewahrt, die phoenikischen An- siedler. Auch der Sage von dem menschen fressenden Mino- tauros liegt vielleicht eine Erinnerung an den Menschenopfer fordernden und in Stiergestalt dargestellten Ba'al oder El zu Grande. Eine zufallige Notiz (bei Steph. Byz.) nennt ferner Pronektos am Golf von Nikomedien eine phoenikische Grün- dung, und es ist kaum zu bezweifeln^ dass die phoenikischen Händler schon in alter Zeit auch die Küsten des schwarzen Meeres aufsuchten, und z. B. von den Stämmen der ponti- schen Gebirge Kupfer und Eisen sowie Sklaven erhandelten (vgl. Ezech. 27, 13). Allerdings lassen sich an den Küsten des Pontos Spuren der Phoeniker nirgends mit Sicherheit nachweisen und die Annahme, dass Abydos, Astyra, Adra- öiytion in Troas von ihnen gegründet seien (Olshausen), ist mindestens nicht beweisbar; Adramytion ist nach der piechischen Ueberlieferung eine Gründung aus der Zeit der Mermnaden. Dass sie dagegen hier Handel trieben, lehren <iie Ausgrabungen Schliemann's in Hissarlik; namentlich alle Gegenstände des Goldschatzes sind unzweifelhaft phoenikische Arbeit (vgl §. 204).

234 Drittes Buch, zweiter Abschnitt.

Die älteste griechische Geschichtsforschung (d. h. die auf der hesiodeischen Poesie fussenden Logographen, s. Bd. D) macht ferner den Volksstamm der Kadmeer, welcher vor den Boeotern in Theben ansässig war, zu Phoenikern und Ge- nossen des die Europa suchenden Eadnios ; auch die in Theben unter dem Namen Onka verehrte Athene soll eine phoenikische Göttin sein. Die ältere Sage, in der die Fürsten der Kadmeer und ihr Untergang eine grosse Rolle spielen, weiss nichts davon, dass sie stammfremd sind; sie lässt sogar den grie- chischen Gott Dionysos aus ihrem Geschlechte hervorgehen. War also Theben wirklich eine phoenikische Gründung, man hat sich zur Bestätigung auf die Siebenzahl seiner Stadt- thore berufen, da die Heiligkeit der Sieben auf den babyloni- schen Planetencult zurückgeht so haben sich die Ein- wanderer jedenfalls bald den Einheimischen assimilirt. Im übrigen kann man mit der Annahme von grösseren An- siedelungen auf dem griechischen Festlande nicht vorsichtig genug sein.

Ueber die phoen. Golonien s. vor allem Herodot I, 105; H, 44; IV, 147 ; V, 57 ; VI, 47. Seine Chronologie beruht auf den hesiodeischen Genealogien und ist historisch werthlos. Ueber Onka oder Onga s. ZDM. XXXI, 722. Ueber das siebenthorige Theben Brandis im Hermes II, der, um die Planetengötter als Schirmherren der Thore nachzuweisen, ziemlich willkürliche Umdeutungen vornehmen muss. ~ Gegen Wachsmuth's Ver- such (Stadt Athen im Alterlhum I) , in Athen (Melite) eine phoen. An- siedelung nachzuweisen, s. die schlagenden Ausführungen von v. Wilaxo- WITZ, Kydathen 146 ff. Die scharfsinnigen Combinationen von KieperTi die geogr. Stellung der nördl. Länder in der phoen. -hehr. Erdkunde, Ber. Berl. Ak. 1859, 191 fl., beruhen auf einer falschen Ansicht über Alter und Werth von Gen. 10.

§. 194. Dass die Phoeniker das aegaeische Meer bereits im 15. Jahrhundert befahren haben, lehren die aegypti- schen Inschriften. Wiederholt spricht Dhutmes IIL davoDi dass ihm »die Fürsten von Rutenu, jedes verborgene Land und alle Länder der Fenchuc unterthan seien (Mar. Karn. 18), die »Fürsten von Kaft und den Inseln im Grossen Meer« zahlen ihm Tribut (Wilkinson, Manners and

Alter der phoenikischen Golonien.

235

Customs I, pl. 4); Ämon sagt zum König; er habe ihm Eaft, Asebi (Cypern), die Inseln im Grossen Meer und die Inseln der Tenau *) unterworfen. In letzteren wird man kaum um- hin können, die aegyptische^ durch die Phoeniker übermittelte Form von Aavaoi zu erkennen, die dann in genauerer Tran- scription unter RanAses III. als Danauna wiedergegeben wird (§. 264). -Weit schwerer ist zu bestimmen, ob die Phoe- niker damals schon weiter nach Westen gefahren sind. Wenn das seit Seti I. von den Aegyptern oft erwähnte See- volk der Sardana wirklich, wie man vermuthet hat, auf Sar- dinien seine Heimath hat (§. 234), muss diese Insel schon im 14. Jahrhundert von den Phoenikern colonisirt worden sein. Ebenso mögen Sicilien, Nordafrika, Spanien schon in dieser Zeit entdeckt und eifrig besucht worden sein. Es wird sich aber empfehlen, die Darstellung dieser Fahrten nach Westen auf einen späteren Abschnitt zu verschieben.

Politische Verhältnisse Syriens.

§. 195. Ueber die politischen Verhältnisse Syriens haben ^ir leider fast gar keine Kunde. Im allgemeinen bildete, so scheint es, jede Stadt ein eigenes Gemeinwesen ; nur die Cheta bilden ein geschlossenes Ganzes. Daher redet Dhutmes HI. immer Von »dem Könige des grossen Chetalandes«. Sonst scheint nur noch Naharain »das Stromland« im Norden einen einheit- lichen Staat gebildet zu haben (Lepsius, Ausw. 12. ZI. 37 + 61, vgl. ZI. 17 f.). Dagegen im Rutenugebiet hat jede Stadt ihren eigenen Herrscher, und ebenso stehen die phoeni- fcchen Städte auch die Ansiedelungen auf Cypern unter

') Mariettc, Kam. pl. 11. Da die Tenau in späterer Zeit öfter

^Ofkommen , muss C ) ^ aaaaaa J®^ [^/^ a-u Tenau gelesen oder

Jr für einen Schreibfehler gehalten werden. Vielleicht ist aber <iicbt Tenau, sondern Tentiu zu sprechen.

236 Drittes Buch, zweiter Abschnitt.

eigenen Königen (Strabo XVI, 2, 14). Dass im übrigen die Gemeinden durchweg aristokratisch gegliedert waren und Ge- schlecht und Familie die maassgebenden Elemente bildeten bis in die spätesten Zeiten, bedarf keiner weiteren Ausführung. In den aegyptischen Denkmälern begegnet uns der syrische Adel wiederholt unter dem Namen marina (u. var.) d. i. aramaeisch NiHD »unsere Herren«. Noch gleichförmiger sind natürlich zu allen Zeiten die Verhältnisse der Wüstenstämme. Von dem Treiben an dem Hofe des Scheichs von Tenu (auf der Sinaihalbinsel ?) gibt uns bereits die Geschichte des Saneha aus der 12. Dynastie ein höchst anschauliches Bild (§. 98). In welcher Weise aber diese syrischen Kleinstaaten von den grösseren Verhältnissen berührt wurden, in welchen Be- ziehungen sie z. B. zu dem Hyksosreich standen, das entzieht sich völlig unserer Kenntniss. Nur soviel wissen wir, dass damals die Beziehungen zu Aegypten äusserst rege warait und zahlreiche Kana^anaeer [und Aramaeer?] sich in dem- selben ansiedelten (§. 109).

Cultur. Schrift. Industrie.

§. 196. Die alte Cultur Syriens lässt sich gegenwärtig nur in den allgemeinsten Umrissen zeichnen ; überall sind es nur dürftige Trümmer, die uns vorliegen. Die Aufdeckung der Ruinen von Djeräbls (§. 184) gibt Aussicht, dass wir bald wenigstens ein etwas umfangreicheres Material besitzen werden^ das vielleicht durch eine gründliche Erforschung Mesopotamiens noch bedeutend vermehrt werden kann. Im phoenikischeo Mutterlande sind aus vorhellenistischer Zeit nur äusserst ge- ringe Ueberreste erhalten; mehr bieten die Golonien, in erster Linie Cypern. Dazu kommt die freilich gleichfalls sehr dürf- tige und unzuverlässige üeberlieferung des Alterthums. Bei dieser Sachlage ist es gegenwärtig noch unmöglich, hier eine chronologische Entwickelung zu geben und z. B. in der Kunst die einzelnen Epochen scharf zu sondern. Dagegen tritt das ] Gesammtergebniss auch jetzt schon sehr deutlich vor Augen, i

Cultur Syriens. Die Schrift. 237

Dasselbe besteht vor allem darin, dass durch das Zusammen- strömen der aegyptischen und babylonischen Cultur- elemente in Syrien sich eine vorderasiatische Ge- sammtcultur entwickelt hat, die jedenfalls bereits im 15. Jahrhundert in ihren Grundzügen fertig dasteht, und dann in erster Linie auf dem Seewege durch die Phoeniker, daneben auch zu Lande über Eleinasien, zu den europaeischen Völkern und speciell nach Griechenland, getragen worden ist.

§. 197. Dass die unentbehrliche Grundlage höherer Cultur, [ die Schrift, den Syrern nicht fehlte, wissen wir; am Hofe des Gbetakönigs zeigen uns z. B. die aegyptischen Darstellungen den königlichen Schreiber als hohen Beamten. Man bediente sich einer eigenartigen Hieroglyphenschrift, die wir, weil die ersten Monumente derselben in Hamät gefunden wurden, hamathenisch zu nennen pflegen; neuerdings sind zahlreiche Inschriften in derselben in Djeräbis und sonst ans Licht ge- bmmen. Ob sie mit der aegyptischen oder der babyloni- schen Schrift in näherem Zusammenhang steht oder die Ver- Diittelung zwischen beiden bildet, wissen wir bis jetzt nicht. ^ In späterer Zeit tritt neben diese eine neue Schriftart, Welche aus der Fülle der phonetischen und ideographischen Zeichen 22 herausgreift, deren jedes ausschliesslich einen be- stimmten Gonsonanten bezeichnet. Wir wissen bereits, dass dasselbe Princip auch der aegyptischen Schrift zu Grunde Ii%t (§. 28); der Fortschritt über dieselbe hinaus besteht darin, dass alle ideographischen und Silbenzeichen beseitigt Werden. Dass man nur die Gonsonanten, nicht die Vocale bezeichnete, beruht auf der Eigenart der semitischen Sprachen. Die gewaltige Vereinfachung der Schreibkunst, welche diese Aafistellung einer rein phonetischen Schrift enthält, hat der- selben fast die ganze Culturwelt erobert ; die meisten der gegen- wärtig in der ganzen Welt gebräuchlichen Alphabete sind direct oder indirect aus ihr abgeleitet. Dass sie in Syrien erfunden ist, scheint zweifellos; aber wo und von wem, ist unbekannt. Zeitlich dürfte übrigens die Erfindung nicht allzuhoch; viel- leicht nicht über das Ende des zweiten Jahrtausends v. Chr.

238 Drittes Buch, zweiter Abschnitt.

hinaufzurücken sein. Dass die fischen Stämme seit Alten eine Literatur besassen, vor allem eine religiöse, ist nicht zt bezweifeln. Bei den Phoenikern sollen die heiligen Tradi tionen auf Tafeln, die man in den Tempeln aufstellte, ver- zeichnet worden sein, und von dem Vorhandensein alter Jahr- bücher erkennen wir in unserer Ueberlieferung noch deutliche Spuren. Doch ist alle weitere Kunde davon völlig verschollen.

Die ersten hamathenischen Inschriften sind von Burton and Drau, Unexplored Syria 1872 publicirt. Alle bis jetzt bekannten sind zu- sammengestellt von Rtlands in TrSBA. VII, 3, 1882. Unter den Ver- suchen eine Entzifferung vorzubereiten , sind vor allem die von Satce (Tr. Soc. Bibl. Arcb. IV u. VII) zu nennen. Die sog. phoenikische Buch- stabenschrift dürfte ibre Zeichen wobl der hamathenischen entnommen haben; doch zeigen manche Zeichen auch auffallende Berührungen mit der aegyptischen Schrift (de Rouge, Sur l^origine ^gypt. de Taiph. ph^n. 1859. Lknormant, Propagation de Talpb. phön. Ebers, Aeg. BM. 146 ff. HaUvt, Melanges 168 ff. u. a.) ; der Versuch von Deecke, ZDM. XXXI, 102 ff., sie aus dem Assyrischen abzuleiten, scheint misslungen. Betreffs des Ortes der Erfindung ist zu beachten, dass das Alphabet die Laute 'ain und ghain, ha und cha zusammenwirft, während sie von den Hebraeern und Philistern in der Aussprache immer geschieden wurden [ebenso in Nordsyrien, vgl. z. B. die aegypt. und assyr. Schreibung von tlamät und Chaleb; letzteres ist offenbar erst im späteren Syrisch zu Ijaleb ge- worden]. Für ihr Alter ist vor allem von Bedeutung, dass die Griechen auf Cypem sich einer [dem Hamathenischen entlehnten?] complicirten Silbenschrift bedienten, was kaum denkbar erscheint, wenn damals schon die Phoeniker ihr Alphabet verwerlheten. Ferner kommt, allerdings als durchaus nicht beweisend, in Betracht, dass der Urtypus, auf den die drei ältesten Schriftarten dieses Alphabets, das altgriechische, das altart- maeische und das sidonische zurückgehen, dem Alphabete der Meia'- inschrift (um 850) sehr nahe steht.

§. 198. Dass bei einem Handels volke die Industrie hoch entwickelt sein muss, bedarf kaum der Erwähnung. Die Er- rungenschaften der benachbarten Culturvölker haben sich die syrischen Stämme im weitesten Umfange angeeignet, und da- neben steht vermuthlich manche einheimische Erfindung. Von den reichen buntgewirkten Gewändern, die man in Syriöi webte, geben die aegyptischen Denkmäler seit den Zeiten der 12. Djrnash'e (Einwanderung der'Amu §. 98) zahlreiche Proben;

Schrift. Industrie. 23^>

und bekannt ist, dass die Phoeniker als Purpurfischer und Färber berühmt waren. Ebenso üben sie die Glasindustrie, die sie von den Aegyptern gelernt haben (§. 71) und die babylonische Kunst des Steinschneidens. Neben diesen Ar- beiten stehen dann sämmtliche Gegenstände des Hausraths, die in den Tributlisten der Aegypter häufig als werthvolle Beutestücke aufgezählt und abgebildet werden, von den sil- bernen und goldenen Ringen, den Schmuckgegenständen in Edelmetall, in Elfenbein und aus edlen Steinen, bis zu den feingeformten und zierlich bemalten Schalen und Krügen von Erz und Thon. Besonders berühmt , doch auch hier völlig Ton Aegypten abhängig, sind sie als Metallarbeiter. Es ist l)ezeichnend , dass die meisten, wenn nicht alle in Kalach (Nimrud) gefundenen ehernen Schalen und Krüge nicht ein- keimisch-assjrrische Arbeit, sondern aus Syrien importirt sind : sie zeigen durchweg die für die syrisch-phoenikischen Arbeiten charakteristische Mischung des aegyptischen und babylonischen Stils. Schliesslich muss noch erwähnt werden, dass die Phoe- niker in der Schiffahrt und Schiffsbaukunst bekanntlich die Ldirmeister aller Mittelmeervölker geworden sind.

üeber die Metallschalen aus Nimrud (Latard, Mon. of Niniveh B ser., pl. 57—68) vgl. Latard, Niniveh and Babylon p. 182 ff. Von ttegyptischen Darstellungen kommen vor allem das Grab des Rechmara^ unter Dhutmes III. (Hoskins, Travels in Etbiopia zu S. 330, und danach ^iLKiNSON, Manners and Gustoms I, pl. 4) und das des Qui unter Tiit*ancbameu (Lepsius, Denkm. DI, 115 ff.) in Betracht. Femer Gham- iHnxioir, Mon. pl. 167, 5. 168 u. a.

Kunst.

§. 199. Die Verbindung aegyptischer und babylonischer Elemente auf syrischem Gebiet tritt uns nirgends deutlicher entgegen als in der Kunst, und hier ist es ungemein charak- tflistisch für den semitischen Geist, dass man überall bei einer einfachen Nebeneinanderstellung oder Mischung stehen blieb, ^on einer wirklichen Durchdringung oder einem eigenen Kunst- •13 aber eigentlich nirgends die Rede sein kann. Wie die

240 Drittes Buch, zweiter Äbschiiitt

gesammte Cultur der Ässyrer völlig von Babykm abhäogig ist, so herrscht hier auch der rein babylonische EunstsüL Von Assyrien aus ist derselbe zunächst nach Nordsyrien, speciell zu den Ghetitern gedrungen , und ei^cheint hier nur wenig modificirt. Soweit wir nach den in Djerftbis und Dan- asien gefundenen Monumenten der Gheta urtheilen können, ist ihre Technik roher als die der Babylonier und Assyrer. Die menschlichen Figuren sind noch gedrungener als die Sti- tuen Gudea's (§. 160), gr^ss^^e Sorgfalt in der Ausfuhnrnf tritt nirgends hervor. Umgekehrt dominirt in Phoenikien der aegyptische Einfluss. Von der einheimischen Architektur wissai wir fast gar nichts, als dass ihre Tempel über dem EiDgiof die Figur der geflügelten Sonnenscheibe trugen, wie die aegyp- tischen, dass daneben die Uraeusschlange eine bedeutende Rolle spielte, dass man die Leichen nicht nur in FelsenkuD- mern beisetzte, sondern gelegentlich auch Steinpyramidai ühr denselben errichtete. Die uns erhaltenen Sarkophage sai völlig nach aegyptischem Muster gearbeitet, der Deckd i* wie in Aegypten eine Nachbildung der mumisirten Leid*. Wenn wir in Mykenae den Brauch finden, dem Todten eine (loldmaske auf das Gesicht zu legen , so wird das auch anf aogyptischon Einfluss zurückgehen, obwohl die erhaltene« Maskon vielleicht nicht phoenikische, sondern einheimisd* Arbeit sind. Von Tempelresten aus vorgriechischer Zeit sind nur drei Zellen bei Marathos einigermaassen erhalten: Ä ziMgon einen völlig aegyptisirenden Stil. Von der Plastik sind *tio auf Gypern gefundenen Statuen fast die einzigen, aber äusserst lehrreiche Ueberreste. Sie sind theils rein nach luvYptisohoin, theils nach assyrischem Muster gearbeitet; die | Mintlusso von Ost und West kreuzen sich auch hier und füluvn golo^vntlich zu einer Vermischung. Eine Statue <Jol|fi M^i X i^ ^,ijj^,j^ ^«^.^ j^ ^.jj.^ aegyptischer Tradrt,

"Imm- mit assyrischem Gesicht und Bart (Cessola, Cypern. »Uiors. von SrKiiN, Taf. 21, 2\

tJn.k.nÄi^r .J^r T.hela in Djertbls: TrSBA. VII. Hett 3; Fd*« '''«»•- Koinir. hr, Hir^djik a«, Euphrml ib. VU. 25a Die kleinanili**«

1

loDst MischuBg des aegyptiscben und babylonischen Einflusses. 241

Monumente §. 255. Denselben Stil zeigen die Figuren auf einem Arcbitrav in Umm el-'Awdmld zu den Seiten einer geflflgelten Sonnenscheibe (Renan, IGsion pl. 52). Phoenikische Kunst: R£nan, Mission en Ph^nicie 1864 ff. [wodurch Gerhard, Kunst der Phoeniker 1846, in s. Ges. Abb. II und Dtrstellungen wie die in 0. MOller^s Handbuch der Archäologie völlig antiqoirt sind]. Ueber die Ornamentik der karthagischen Sielen : Beroer, Gaz. archtol. II. III. Bronzestatue aus Marathos: Renan, RAn. XXXVD, 321. Die Darstellungen östlich von Tyros im Wädi el-'Aäür und bei Qana (Ebers und Guthe, Palaestina II, 80 ff.) scheinen noch nicht publicirt zu sein. Zu den phoen. Gräbern vgl. Landberg bei Ebers und OvTHE, Palaestina II, 62. Hinzukommen 1) die aegyptischen Dar- stellungen (s. namentlich §. 198 Anm.); 2) die Darstellungen der Siegel, Gemmen und Münzen (s. namentlich de Lutnes, Numism. de la Pb^nicie et des satrapies; de VocOi, M61. d'arch. Orient., auch M. A. Levt, Siegel und Gemmen) ; 3) die Funde von Cypern, Rhodos , Mykenae, Qissarlik u. a.

§. 200. Das kunstbistorisch Wichtigste ist indessen, dass die Typen und die Symbolik der aegyptischen und der baby- lonischen Kunst mit einander verschmolzen werden. Die Greife (hebr. Krüb [Cherub] = griech. yp^^*) und sonstigen Mischgestalten Babyloniens dringen nach Syrien ein wie es scheint specißsch phoenikischer, dann auch nach Lykien gekommener Typus derselben ist die Chimaera [in Golgi: Ceskola-Stern , Cypern, Taf. 33, 3] auf Cheruben thront wie die babylonischen Götter und Könige auch der hebraeische Sfammgott Jahwe. Daneben steht der aegyptische Sphinx, der gewöhnlich, wir wissen nicht aus welchem Grunde, einen Frauenkopf, später auch weibliche Brüste erhält und mit Flügeln ausgestattet wird; in dieser Form ist sie in späterer Zeit auch nach Assyrien gedrungen. Ueberhaupt findet die babylonische Manier, den Gottheiten und Dämonen Flügel anzusetzen, weite Verbreitung: auf einem mir zugänglich ge- wordenen Relief von Djeräbis ist eine dem bekannten baby- lonischen Typus (§. 161) nachgebildete Göttin der Zeugung mit zwei Flügeln dargestellt. Wie weit die letztere Gestalt, oft in der rohesten Weise gearbeitet, sich verbreitet hat, ist bekannt; sie findet sich in zahllosen Exemplaren auf Cypern, aber auch in Hissarlik (aus Blei, Schliemann, Ilios S. 380)

Meyer, Oeechtohte des AlterthtimB. I. 16

242 Drittes Buch, zweiter Abschnitt.

und in Mykenae *). Daneben steht eine andere Göttin, welche lächelnd in eine vor der Mitte des Körpers gehaltene Lotos- blume schaut gewöhnlich nennt man sie die sidonische Ästarte. Auch die babylonische Sitte, die Gottheiten auf Thiere zu stellen, ist in Syrien [und weiter in Eleinasien adoptirt: es ist charakteristisch, dass die Stadtgöttin de Chetastadt Qades auf einem Löwen steht, aber sonst ganz i aegyplischer Weise wie Isis oder Hathor gebildet wird, mi%: dem Sonnendiscus zwischen den Hörnern (ZDM. XXXI, 729).

Zu den Gheruben vgl. Deutzsch, Paradies 150 ff. Ueber den

Sphinxtypus vgl. MilchhÖfer, Mitth. arch. Inst. Athen IV, 45 ff. Weibl.

Sphinxe finden sich schon in ÜjQk (Perrot, Explorat. de la Galatie etc. pl. 65. 67).

§. 201. Während sich im übrigen aegyptischer und baby- lonischer Einfluss die Wage halten, herrscht auf dem (Jebiete der Religion und vor allem der religiösen Symbolik jener durchaus vor und ist auch nach Assyrien und Babylon gedrungen. In den wenigsten Fällen verstand man die Bedeutnng der aegyp- tischen Symbole, denen man als Amuleten und heilbringenden Zeichen den grössten Werth beilegte. Fast durchweg werden sie daher umgestaltet; häufig legt man auch eine neue Be- deutung hinein oder entwickelt aus ihnen neue religiöse An- schauungen. So findet sich die Hieroglyphe des Lebens j

auf phoenikischen , hebraeischen , syrischen, kleinasiatiscbeQ, nordafrikanischen Monumenten in den verschiedenartigsten

Umgestaltungen bis zum karthagischen A. Das aegyptiscbe

Zeichen des Mondes ^O^, eine Vereinigung von Halb- und Vollmond, kehrt in demselben Gebiet überall wieder, aber ge- wöhnlich wird der letztere in die Sonnenscheibe \^ oder einen Stern ^Ä^ umgewandelt. Der Skarabaeus, die üraeus-

*) In der ScHUEMANN^schen Sammlung im Berl. GewerbemaseoD- Aus der oben angeführten troischen Bleifigur macht Schuemask ein^ >Pan mit BockshOrnernt !

Verbreitung der aei^ptiscben Symbole in Vorderasien. 243

Schlange (die sich auf kleinasiatischen Denkmälern auch an der Stirn der ChetafOrsten findet), der Horussperber, der Lotus, ferner Scenen des religiösen Lebens wie die Fahrt über den Himmel ^Verden in der phoenikisch-syrischen Kunst auf Gemmen, Reliefs, Vasen (z. B. auch auf den Bronzen von Kalach §. 198) zahllose Male nachgebildet; dazwischen finden sich Greife und andere Wesen der babylonischen Kunst. Die aegyptische Auffassung des zeugenden Sonnengottes als eines Stieres ist von den Kana^anaeern adoptirt : in der sidonischen Sage entführt Zeus d. i. Ba^al die Europa in Gestalt eines Stieres (vgl. den Mino- lauros §. 193), und bekanntlich haben die Hebraeer ihren Stammgott Jahwe vielfach als Stier dargestellt. Die aegypti- sirende Form der Stadtgöttin Qades ist schon erwähnt ; -wie sie erhalten Ba*alat [speciell in Byblos] und Astarte (daher ^As- toret Qarnaim, die gehörnte Astarte) die Kuhhörner mit dem Sonnendiscus (§. 56) als Kopfschmuck. Was derselbe aber be- deute, wusste man nicht; so ist es gekommen, dass man die Hörner in eine Mondsichel umwandelte und Astarte sehr gegen ihre ursprungliche Bedeutung auch die Function einer Mond- göttin erhielt. Kein Symbol aber ist häufiger verwendet und stärker verändert worden als die geflügelte Sonnenscheibe. Das Detail der Zeichnung, namentlich die beiden üraeusschlangen am Discus, verstand maa nicht und hat sie auf das mannigfal- tigste umgestaltet (vgl. z. B. die Sculpturen von Boghazkiöi und Üjük). Gelegentlich setzt man dann wohl die sieben Planeten in die Sonnenscheibe oder auch einen menschlichen Körper. Bei den Assyrern erhält derselbe Pfeil und Bogen und wird zum Bilde des obersten aller Götter, des Stadt- und Kriegsgottes Assür (§. 181). Von hier haben ihn die Perser entlehnt und die bekannte Darstellung ihres höchsten und einzigen Lichtgottes Ahuramazda daraus gemacht.

Von den hierher gehörigen Gegenständen völlig zu trennen sin<l ^ie zahlreichen, zweifellos von Phoenikem gefertigten pseudoaegyptischen Arbeiten, die dem Gebiete des Kunsthandels angehören und ebenso zu l>eurtheilen sind wie die gegenwärtig cursirenden pseudochinesischen Gegenstände. Offenbar waren aegyptische Artikel sehr gesucht. Hierher gehören z. B. die berühmte Schale von Palestrina, sämmtliche Gegenstände

244 Drittes Buch, iweiter Abschnitt

des Schatzes von Kurion (Gesxola, Cypern Taf. 78), die ElfenbeiDplatte des angeblichen Aubnura' aus Nimrad (§. 107 Anm.: Latabo, Mcb. of Nin. I, 89, 11; vgl. 88, 6) und wahrscheinlich der angebliche Hyksoi- löwe aus Bagdad (§. 111 Anm.).

§. 202. Am einheitlichsten gestaltet sich der »asiatischec Mischstil in der Ornamentik des Hausraths, in der DecoratioD der Wohnungen. Unter den verwendeten Elementen tielen vor allem die rein linearen Gebilde: Mäanderlinie , Haken- kreuz, regelmässige Gurven verschiedener Art, und die Blomeih ornamente: Lotus, Knospen, Kränze, Bouquets, Pflanxen- geschlinge, hervor; zwischen beiden steht die Rosette, die man für babylonischen Ursprungs hält, in der Mitte. Hier finden sich die gleichen Muster der Fussböden und Plafonds in Aegypten und Assyrien, daneben zweifellos durch phoe- nikischen Einfluss vermittelt in Orchomenos, und schwer dürfte zu entscheiden sein, wo die Composition ihre Ursprung' liehe Heimath hat. Wenn sich sonst in Aegypten wenig Bd- fluss des asiatischen Stils zeigt, wenn z. B. Greife, geflügelte Sphinxe u. ü. nur ganz vereinzelt als Ornament vorkonanDeo, wo wir es zweifelsohne mit Nachahmungen asiatischer Vif- bilder zu thun haben (z. B. Rosellini, Mon, civ. 90,6. 121, 27), so beruht dies nicht auf Unkenntniss, sondern aof dorn ausgebildeten Kunstgefühl, das die Reinheit des Stil« zn wahren bestrebt ist, ein Gefühl, das den Semiten, auch den AssyriTn, völlig abgeht. Nur Flügelwesen die aber immer ihn» Klügt'l wirklich gebrauchen finden wir seit etwa dem 1J<. Jahrhundort immer häufiger, z. B. geflügelte Skarabaeeo und l'raoussrhlangen. Die alte Anschauung, dass die Him- inoNgötlin Nut mit ihren Flügeln den Todten, d. h. ihren Sohn Osiris, schirmend umschliessf, wird jetzt sehr oft auf den Todlonstolen zur Darstellung gebracht und diese Scene auch auf Isis und Neplühys übertragen (yg\. § 160).

lVok»M>atHonilionen in Ae^plen: Rosellixi, Mon. cit. pl. 70-75- iM'Mu luv. Klotlt» oiner uej:, Konigin. lelile Tafel ; in Assyrien: Latarp. Mob. »'» Nn«. U. pl. ,>?: in Orchomenos: Schliemas:«, Orchom. Taf. l. Z ^ vM^Uvn Motive tin.len moIi ;, B. in Mvkenae: Schlieiiax5. Myk. p. 91 f. -f'* ••» Ninixe: l.v.vivi.. Mon. U. :>5 u. a

Ornamentik. Der geometrische Stil. 245

§. 203. Zur Verzierung von Vasen, Schmuckgegenständen, Gemmen verwendet man vor allem Thierfiguren, namentlich den Löwen allein oder im Kampf mit Stier und Hirsch, da- neben Vögel, Fische u. ä. Sehr beliebt ist auch der Stein- bock, dessen Kopf und Hörner häufig auch als Henkel und Deckel der Kruge verwandt werden. Im übrigen wird die Vasenornamentik durch eine vorwiegend durch Linien und lineare Ornamente (Mäander, Zickzacklinie etc.) dargestellte Kntheilung beherrscht, welche die einzelnen Theile des 6e- ßlsses sondert und ihre Bedeutung klarlegt. Am Fuss öffnet sich gewöhnlich eine Knospe nach allen Seiten; der Bauch Mrird vom Hals durch einen breiten Gürtel getrennt u. s. w. Die dem Thierleben oder anderen Gebieten entnommenen Darstellungen füllen dann die Fächer dieser »geometrischen c Gonstructionen aus. Dass der »geometrische StiU asiatischen d. h. syrischen Ursprungs ist, kann füglich nicht bezweifelt werden. Er findet sich auf Vasen in Ninive, auf Gypern und Rhodos, in Mykenae, und bildet den Ausgangspunkt der späteren griechischen Vasentechnik. Vor allem aber erscheint er auf den Vasen, welche unter Dhutmes III. und Tufanchamen als Tribut von Rutenu d. h. Südsyrien, Kaft d. h. Phoe- nikien, und den Inseln des Meeres nach Aegypten gebracht werden, und von denen manche genau die später in Griechen- land herrschenden Formen zeigen. Auch in Aegypten ist er im Neuen Reich vielfach verwendet worden ; alle Gegenstände^ auf denen er vorkommt, geben sich auf den ersten Blick als Nachahmungen eines fremden Stils und nicht der einheimi- schen Kunst entsprungen zu erkennen.

Der pboenikische Ursprung des geometrischen Stils ist zuerst von Helbig, Obs. sopra la provenienza della decor. geometr. in Annali del Inst 47, 1875 , 221 ff. behauptet. Beispiele aus Ninive s. daselbst. In Aegypten als Tribut auf den §. 198 Anm. aufgeführten Denkmälern^ ferner bei Rosellini, Mou. civ. pl. 53 fT. (leider ohne genauere Angaben ober die Herkunft).

§. 204. Wohin die Phoeniker gekommen sind, haben . 516 auch die Erzeugnisse ihrer Kunst und Industrie getragen ;

246 Drittes Buch, zweiter Abschnitt.

daneben sind dieselben auf dem Landwege, namentlich dur die Cheta (§. 258), nach Kleinasien gedrungen. Darin n allem liegt die Bedeutung dieser vorderasiatischen Eun Denn wenn auch die meisten Golonien, geschweige denn c einheimischen Stämme am Westmeer, über ihre VorbiM nicht hinausgingen und in der Hegel ihnen nicht einn gleichkamen, so haben die Phoeniker an den Küsten d aegaeischen Meeres gelehrige Schüler gefunden. Die gr chische Kunst hat sich aus der phoenikisch- vorderasiatisch heraus entwickelt. Auf Cypem und Rhodos, auf den gr chischen Inseln, in den Goldsachen und einigen anderen G genständen von Hissarlik, in Mykenae und Spada, in Orch menos u. a. finden wir überall die Documente dieser Kun Im wesentlichen sind alle in diesem Gebiete gefundenen Meta arbeiten zweifellos phoenikisch, ebenso ein grosser Theil d Vasen, und ihr Einfluss zeigt sich überall in den einhein sehen Werken. Erst seit etwa 800 v. Chr. tritt dann neb< denselben der directe, zweifellos auf dem Landweg über Klei asien vermittelte Einfluss der babylonisch -assyrischen Kons

Dass der gesammte Goldschmuck von Qissarlik phoenikisch i zeigen zwar kaum die ungenügenden Abbildungen in Schliemjinn^s U'u wohl aber auf das deuUichste die sehr zierlich gearbeiteten Originale selb:

Religion der syrischen Stämme.

§. 205. Auf religiösem Gebiete finden wir die altsemii sehen Anschauungen überall weiter entwickelt. Jeder Oi jeder Stamm, jeder Berggipfel (z. B. der Libanon, C. J. sec I, p. 22 flf.) hat seinen Baal, den »Herrn« des Orts. Vie fach hat er einen bestimmten Namen, so in Tyros Melqa »der Stadtkönig« ; von den Nomadenstämmen an der Gren Palaestinas nennen ihn die Moabiter Kamos, die 'Ammonit Milkom, die Hebraeer Jahwe. Neben dem Ba^al steht c Göttin, die Ba^alat des Ortes z. B. die »Herrin von Gel (Byblos)« die meist den Namen ^Astor(et) (aram. ^Atl 'A^dpT)) 'AoTdpTT) trägt, und wohl auch durch einen ZusJ

Die Götter der Syrer und Phoeniker. 247

wie »die 'Aslor des Kamosc oder »die ^Attär des [in Nord- syrien verehrten Gottes] 'Ate«, griech. 'AtdpTaTtc und cor- rumpirt Aepxsxo) als Gemahlin des betreffenden Localgottes bezeichnet wird. Diese weibliche Göttin ist zugleich die Stadtgöttin, die Schirmherrin des Mauerrings, und trägt als solche die Mauerkrone auf dem Haupt. Auch zur Schicksals- göttin (Gad Töx>]) wird sie vielfach, und häufig finden wir die Tyche einer Stadt neben ihr als selbständige Göttin ver- ehrt; wir wissen bereits, welch mächtige Rolle das Schicksal in den Anschauungen der Semiten spielt. Hinzu kommen zahlreiche andere meist locale Gottheiten, der Gewittergott Rasep (Ausspr. unsicher), die Kriegsgöttin 'Anat, der Heilgott Esmün, die der Artemis gleichgesetzte Göttin Tnt niP» der wie es scheint vor allem in Damaskus verehrte [Sonnengott?] Hadad u. s. w. Die Gottheit manifestirt sich vor allem in heiligen Steinen und Bäumen, es ist daher allgemeiner Brauch, neben dem Altar der häufig selbst aus einem heiligen Felsblocke be- steht — eine Steinsäule (Masseba; daher auch Nisibis D>Vi» ot^Xr^, Steph. Byz. s. v.) und einen natürlichen oder künst- lichen Baum, der bei den Kana'^anaeern den Namen As^ra tührt, aufzurichten. Auch in charakteristisch geformten Oert- lichkeiten manifestirt sich die Gottheit; so kennen wir die Stätte Pnu'el »Antlitz El'sc jenseits des Jordans (Gen. 32, 29 flf,), und den gleichen Namen, griechisch IIpöowTcov ^eoö, führt unter anderen ein Vorgebirge an der phoenikischen Küste. Eine wie es scheint den Aramaeern eigenthümliche Vorstel- lung ist die von der Heiligkeit der Fische, in denen ihnen <lie geheimen Naturmächte sich zu offenbaren schienen.

Eine genügende Behandlung der phoenikischen und syrischen Re- ligion — Selden, De diis Syris 1628, bot für seine Zeit Vorzügliches fehlt noch völlig. Movers ist hier ganz unbrauchbar. Von grossem Werth sind vor allem de Vogö^'s Untersuchungen in M^langes d'arch6ol. <^enl. 1868. Ferner Baudissin, Studien zur sem. Religionsgeschichte I. II; ^* B. MoRDTMANN, Mythologische Miscellen in ZDM. XXXI. XXXII. Ueber «inieine Fragen s. m. Aufsatz ZDM. XXXI, 716 ff. Ferner Renan*s Com- nientar zum Corpus inscr. sem. ; für die syrischen Culte s. vor allem die «ch ergänzenden Inschriflensammlungen von Waddington in Lebas, Voyage

248 DriUea Buch, zweiter Abschnitt.

arch^ul., Expl. des inscr. V partim: Syrie, und de Vooff, iDscriptioi sämitiquea, 2 Bde. Die alttest. Angaben dürfen ohne jedesmaligs tische Untersuchung i\her die betrefTende Stelle nicht verwerthet werdt Dass Asera der Name des heiligen Baumes, nicht der Göttin is völlig fest. Zu der von Schboedeb. ZDM. XXXV, 424 veröffentlich) Inschrift von Kition vgl. Stade. Z. allt. Wias. I, 344: Rexan i. aem. Nr. 13. - Die Zeugnisse für den Steincult an allen Orten Sjril sind ausserordentlich zahlreich. Hier erwähne ich nur die BattuXm, rui Meteorsteine, denen man Wnnderkrafl zuschrieb: Philo 2, 19; Plin. 37. l Damascius vita Isidori p. 1048. 1061 ap. Pliot. ii. a. Der Name ist idenlii mit dem bebraeischen Bet-el, >de:n Hause El's', wo ein heiliger Stein Stelle anzeigt, an der eine Leiter Himmel und Erde verbindet (Gen. vgl. Wellhausen. Jahrb. Deutsch. Theol. XXI, 420). Masseben aus Mi finden sich, worauf Guthe mich aufmerksam macht, bei Sfuiici:. Z. Palai Verein II, Taf. 1. 2.

§. 206. Neben und über diesem Pantheon stehen grossen Gottheilen El (und Hat), Astaile, »der Brfaif d.' der Herr der Welt, der Ba'al des Himmels u. ä., ferner i Sonnengott, der Mondgott u, a. Es ist natürlich, dass mit fo schreitender Cultur sich die Stellung dieser Gottheiten prS sirte, ihr Machtgebiet abgegrenzt wurde, dass an den einzeln Orten die Prieslersrhafl theologische Systeme bildete, die fach sehr von einander abweichen mochten. Auch eine thologie enlwickelle sich, wenngleich dieselbe, der nüchters Naturanlage der Semilen enlsprechend, nie so umfangreich gebildet worden ist, wie bei den Aegjptern und den raeisl indogermanischen Stämmen. Wir finden Erzählungen von Fahrten und Thaten des Sonnengottes, specieil des (tyrisd Stadtgottes) Melqart, griechisch 'HpaxXfjC, der daher auch Schirmherr der Seefahrten und Colonien im Westen ist (Di XX, 14 u. a.), von den Kämpfen der Gölter um die H( scliaft, von der Entstehung und Enlwickelung der Welt den Anfangen in der Cultur, vor allem aber Traditionen ii den Ursprung heiliger Gebräuche und nicht mehr verstand* Anschauungen. Das Detail entzielit sich hier freilich überall unserer Kenntniss, da uns neben zerstreuten grie sehen Angaben nur Auszüge aus späteren phoenikisch-griel sehen Machwerken zu Gebote stehen, vor allem die von I^

Theologie und Ritual. 249

von Byblos um 100 n. Chr. auf den Namen eines vor- homerischen Phoenikers Sanchünjathön verfasste phoenikische Geschichte, die mit aegyptischen , griechischen und vielleicht auch hebraeischen Elementen durchsetzt ist und die Tendenz verfolgt, den phoenikischen Ursprung der griechischen Religion und Gultur zu erweisen und nebenbei die gesammte religiöse Ueberlieferung in platt euhemerislischer Weise zu erklären.

Ueber Philo's Sanchünjathön s. Ewald , Abh. GOtt. Ges. V, 1855 ; Renan, M6m. de I'ac. des inscr. XXIII, 2, 1858; Baudissin, Studien I. Phoenikische Originalwerke wird Philo bei seiner Gompilation verwerthet baben; charakteristisch fQr den späten Ursprung derselben ist aber onter anderem, dass er die aramaeischen Formen Zcu^anqp.^ und B«tX(3a{jLY^v braucht. Neben Philo stehen die von Damascius , de prim. princ. c. 129 Kopp bewahrten kosmogonischen Fragmente nach sidon. Ueberlieferung aus Eudemos und Mochos [Qber den Posidonios bei Strabo XVI, 2, 24 zu vergleichen ist]. Unter den griechischen Schriften ist iun wichtigsten die jedenfalls echte, in Nachahmung Herodot's verfasste Schrift Lucian's de dea syra.

§. 207. Vor allem aber verliert mit fortschreitender Gultur auch der Cultus die alte Einfachheit und Schlichtheit. Ein festes Ritual bildet sich aus^ das sich auf altererbte Traditionen gründet. Und hier herrscht nun durchaus die finstere Auffassung vor und ihre Gonsequenzen werden un- erbittlich gezogen. Die grossen Götter, auch die Schirm- herren des Stammes oder der Stadt, sind launisch und im gemeinen dem Menschen feindlich gesinnt es mag sein, dass dabei z. B. beim Ba^al die mythologische Auf- fessung desselben als Sonnengott mitwirkte sie verlangen blutige Opfer, um beschwichtigt zu werden. Damit das Unheil Von denen abgewandt werde ^ auf die sie zürnen, muss ein anderer Mensch als stellvertretendes Sühnopfer ihnen dar- gebracht werden, ja sie verlangen das Opfer des erstge- 'H)raen, des liebsten Sohnes. Ist das ganze Gemeinwesen ^om Zorne der Gottheit betroffen, so haben der Fürst oder der gesammte Adel für dasselbe ihre Kinder hinzugeben. Bei ^D Kana^anaeem scheint diese Anschauung überall zur Herr- schaft gelangt zu sein, während sie sich auf aramaeischem

250 Driüea Bucli, ;

Gebiet nicht naclnveisen lässt. Vor allem ist es El ^riecL. Kpövo!), dem das Opfer gebracht wird ; doch neben ilim, wie das Alte Testament zeigt, auch jeder anderen der herr- schenden Gottheilen des Stammes. In diesen Zusammect- hang gehört auch die bei den Kana'anaeern weit verbreitete, übrigens aus Aegypten entlelmle (g. 59 Anm.) Sitte der Be« schneidung, die als ein der zürnenden Gottheit dargebrachtes blutiges Opfer zu betrachten ist, durch das der Mensch sich loslöst (vgl. die Erzählung des Jahwisten von ihrem Ursprung Exod. 4, 24—26).

AusaüT den Angaben des A.T. s. v. allem Diodor XX, 14: Justin. XVIU, 6, lli SuiJas s. v. EapEivio^ lii.u.a Philo fr. 2, 24. 3-5, ITO- nach El selbst taetsl das Opfer seines eingebornen Sobnes ToUiogen hlL Beschneiiiung bei den Kana'anaeern: Herod. II, 104 u. a.

§. 208. In ähnlicher Weise artet der Cullus der gross«) Göttinnen (Ba'alat, Astarte und bei den Araniaeern Atargalis) aus. Wie sie zugleich Gotllieiten der Zeugung und des Er- sterbens, des Frühjahrs und des Winters der Natur sind, so verlangt ihr Cult neben einander die ausschweifendste Festfrwid«- und den wildesten Sehmerz. Astarte ist die Göttin der Liebs und Zeugung; als solcher ist ihr die Taube heilig, eine (Klti von den Griechen übernommene Anschauung; ihr zu EbRft müssen die Jungfrauen sich preisgeben, eine Sitte, die in Babylonien allgemein herrscht (Herod. I, 199; vgl. §. 14Ö).' Aber von ihren Verehrern fordert sie auch die EntmanDunf und blutige Kasleiung. An den einzelnen Orten bilden sidi Ms'then, »heilige Sagen« (s. §. 67), welche den Ursprung dieser Bräuche erklären, gewissermaassen den Leitfaden für die Fest- feier bilden und natürlich nur den »Wissenden« mitgetbeilt werden. So erzählte man in Byblos von der Göttin diesff »Mysterieiistadl« (dma setau) redet schon Pap. Anastasi 1 - wie die Ba'alat der Stadt (Astarie, griech. Aphrodite) tko echönen Jüngling Adonis »den Herrn« (einen Sonnengolt^) geliebt habe, dieser akier von den neidischen Götlern auf if Jagd dui-ch einen Eber getödtet sei. Natürlich lebt dwGoU zum Schtuss wieder auf, denn der Vorgang wicderliolt sidi

Menschenopfer, Prostitution, Entmannung. Fremde Einflüsse. 251

\dL jedes Jahr. Zur Erinnerung an ihn hält man die Trauer- feste am Flusse Adonis (Nähr Ibrahim) ab, der sich vom Blute des Gottes roth färbt. Diese Sage, die vielleicht aus Babylonien zu den Westsemiten gekommen ist wenigstens der später [zuerst Ez. 8, 14] dem Adonis gegebene Name Tamraüz ist babylonisch (§. 146) —• hat sich bekanntlich von Byblos aus vor allem über Cypern weit verbreitet. Aehnlich erzählte man in Nordsyrien, wie der Geliebte der Göttin, in der »belügen Städte Bambyke (Mabbüg) Kombabos, anderswo, wie es scheint, 'Ate genannt [daher Atargatis, §. 205] sich selbst entmannt habe und zum Andenken daran die Verschneidung von seinen Anhängern geübt werde u. s. w. Widerlicher noch als all diese Cultusformen selbst ist die entsetzliche, aber echt semitische starre Consequenz, mit der sie durchgeführt werden.

Ueber die Monumente des Gultus von Byblos genügt es hier, auf Hoiii's Mission de Ph^nicie zu verweisen. Bekanntlich prostituiren sich der Göttin zu Ehren nicht nur die Frauen, sondern auch Männer

CD^iyip, auch D^dVd» vgl. jetzt auch C. J. sem. Nr. 86). Ein letzter Ausläufer der hier anknüpfenden Speculationen ist die auf Cypern ge- ehrte Vorstellung, dass Astarte ein mann weibliches Wesen sei, die man sehr mit Unrecht för uralt erklärt hat; s. ZDM. XXXI, 730 ff. Was Kaksell, 6az. arch. V, 62 ff. gegen mich anführt, dass der Venusstem im babylonischen System gelegentlich auch männlich gefasst wird, be- weist nichts gegen meine Behauptungen; vgl. §. 149. Vgl. auch Du.l- ^^, lieber Ba*al mit weiblichem Artikel, Ber. Berl. Ak. 1881, 601. ^ass Astarte ursprünglich weder Mondgöttin (s. §. 201) noch der Venus- stem ist, ward schon erwähnt. Prostitution auf Cypern im Dienste der Aphrodite Herod. I, 199; Justin. XVIII, 5, 4.

§. 209. Wie auf allen anderen Gebieten macht sich ^uch aufx religiösem fremder Einfluss stark geltend. Auch hier ist im Süden der aegyptische, im Norden der ba- l^ylonische Einfluss vorwiegend. So finden wir in Charrän ^en babylonischen Mondgott Sin (vgl. Schrader, KGF. 536, KAT. 2. Aufl., 149), in Edessa den Nebo. Auch der in Palaestina ^ Gestalt eines Fisches mit menschlichem Kopf und Armen verehrte Gott Dagon (§. 266) scheint aus Babylon zu stammen. Dass der Name Astarte und die an sie anknüpfenden Sagen

252

Drittea Buch, zweiter Abschnitt.

vielleicht reinbabyloniachen Ursprungs sind, ist früher schon erwähnt. Im einzelnen ist der Boden noch sehr schwan- kend, aber überall sehen wir auch hier, dass lange vor Be- ginn sicherer historischer Kunde die lebendigsten geschieht- liehen Beziehungen zwischen den Völkern Vorderasiens auf politischem wie auf geistigem Gebiete bestanden haben. Wenn die im neunten Jahrhundert aufgezeichnete hebraeische Sage von den Anfängen des Menschengeschlechts (g, 330) in der" That aus Babylon stammen sollte, so tritt nur ein neuer Beleg zu zahlreichen anderen. Seit der Zeit der assyrischen. Eroberungen ist dann auch auf religiösem Gebiete der Einfluss Babyloniena noch stärker geworden. Erst damals beginnt, wia es scheint, der babylonische Sterndienst in den Anschauungen der syrischen Stämme Eingang zu finden, so dass z, B. Astart^ gelegentlich auch zur Göttin des Venussterns gemacht wini oder von dem »ganzen Himmelsheer« die Bede ist (vgl. §, 359V Die Aneignung der Fluthsage durch die Hebraeer reicht nicfi^ über diese Zeit hinauf {§. 177), und noch später sind be ihnen und ebenso vermuthlich im übrigen Syrien die baby- lonischen Monatsnamen an die Stelle der einheimischen getreten Wie stark der aegyptische Einfluss namentlich durch diu Vermittelung der Kunst gewesen ist, wurde schon ausgeführl Bei den Phoenikem greift er noch weiter ; verschiedene a.egypl tische Götter, namentlich Osiris und Dhutl, sowie wahrscheintic' Horus, sind von ihnen adoplirt worden. In Byblos verschmilzt cli Astarte-Adonissage in späterer Zeit völlig mit der von Isis un. Osiris (vgl. Plul. de Is, 15 mit Luc. dea Syra 7, Apollod. 1'3 1, 3, 7 u, a.). Auch die Theologie, wie sie uns wenigster vorhat, ist stark von Aegypten abhängig (namentlich Phii fr. 2, 1), und sie gilt wenigstens in Byblos als Offenbaron des Schriftgottes Taaut d. i. Dhuti. Auch hier sind jedec falls manche Anschauungen erst in Folge der tiefgreifende Berührungen mit Aegypfen seit der 18, Dynastie adoptirl manches mag in noch späterer Zeit herübergenomnien sein, doch fehlt auch hier das Material, um die Perioden der Ent- Wickelung zu sondern.

AUgemeiiier Ueberblick« Umgestaitimg des Kriegswesens. 253

nL Die aegyptischen Eroberungen.

Allgemeiner Ueberblick. Umgestaltung des Kriegswesens.

§. 210. Während wir in den älteren Zeiten wohl hie und da einen Einblick in die allgemeinen Beziehungen der Völker gewinnen es sei hier an das Andrängen syrischer Stämme gegen Aegypten nach der 6. Dynastie und an die Kriegszüge der Elamiten und Chaldaeer nach Syrien erinnert aber alles Detail sich unserer Kenntniss völlig entzieht, beginnt die Möglichkeit, die Geschichte der Nationen Vorder- asiens und Nordafrikas zusammenfassend darzustellen, mit der Vertreibung der Hyksos aus Aegypten und den daran sich anschliessenden Eroberungszügen der Pharaonen nach Syrien. Freilich können wir auch hier meist nur allgemeine Umrisse zeichnen, auf viele wichtige Fragen fehlt uns die Antwort, und mehr als einmal klaffen in unserem Material gewaltige Lücken, so dass wir wieder auf unsicheres Tasten und ein- faches Nebeneinanderstellen der fragmentarischen Ueberliefe- rung angewiesen sind. Indessen ist der Gewinn, den eine zusammenfassende Betrachtung gewährt, doch ein so grosser, dass es geboten scheint, das Wagniss zu unternehmen.

§. 211. Von besonderer Bedeutung ist die Umgestaltung des Kriegswesens im ganzen Gebiete der aegyptisch- vorder- asiatischen Culturwelt. Dieselbe beruht auf der Einfuhrung des Pferdes. Die Heimalh des Pferdes ist wahrscheinlich die toranische Steppe, von hier aus ist es zunächst zu den Iraniern, dann in die Euphratlandschaften gekommen; ^^ Assyrischen schreibt man seinen Namen ideographisch *Esel des Ostens«. Die Aegypter kennen es erst seit der Hyksoszeit. Ueberall dient es nur zum Kriege, nicht als Lasllhier, und nie wird geritten, sondern von zweirädrigen Schiachtwagen herab gekämpft. Dieselben sind sehr sorgfaltig gearbeitet und reich verziert; die Kunst des Wagenbaues

254 Drilles Buch, drilter Abscbnill.

scheint besonders in Syrien in Blüthe gestanden zu batH-n, da Dhulmes III. unter der Beule and den Abgaben besonder» häufig mit Gold und Silber beschlagene Wagen aufzählt. Den Namen des Wagens {merkabat) haben die Aegypler aus Syrien entlehnt, während die Assyrer eine wenig abweichende Form (narkabtu) gebrauchen. Es ist bekannt, dass dieselbe Kam|^ weise wohl zunächst auf dem Landwege über Kleinasien auch nach Griechenland gedrungen ist. Die homerische Zeil kennt das Pferd nur als an den Wagen gespanntes Streit- ross, nicht als Reilthier.

Ueher die Hertunfl des Pferdes s. Hebn, Culturpflanien und thiere, 2. Aufl.. S. 20 ff. Einföhrung des Pferdes in Aegyplen: En^ Aee. BH. 221. Houhel, Säugethiere 420 [anders Chaba?, Ant. hislw. 481 1 und DCMtcHEN in Brehu's Ttiierlelien IQ, 4]; vg\. euch die Bemerkvif ZDH. XXXI. 72«; unlen. Dass vvreinzell das Pferd auch lum RntM benutil wird (Chabas 1. c, ebenso IL 0, 679 u. a.) und als ArbeiUtbiw vorkommt, ist kein Beweis gegen den als alltiemeine Regel vollkc grilligen SatE des Teiles. Auch der aegyptiscfae Name des Lasimfww ageral, ist semitisch P^JJJ (Erman).

§. 212. Durch die neue Waffengattung wird nicht der Charakter der Schlachten völlig verändert, sondern ganze Krieg erhält weit mehr Beweglichkeit und grösaere Dimensionen. Es kommt hinzu, dass die neue Kam{>fi kostspielig ist und grosse Uebung erfordert. Beides begänstjft die Enlwiekelung eines geschlossenen Kriegerstandes und mehrt die Ueberlegenheit der grösseren Staaten über ibi kleinen, wenig bemittelten Gemeinwesen. Die Wirkungfli dieser Umgestaltung treten zunächst in der weiteren Entwlcif lung Aegypiens auf das deutlichste hervor. Nachdem e langen ist. die Hyksos niederzuwerfen, wird die friedfertigst! aller Nationen zum erabcrnden Volk. Es ist ein freradT. und wie schon früher (§. 118) hervorgehoben, der Masse Volkes immer fremd gebliebener Geist über das Land on"! seine Herrscher gekommen; die grossen Götter von Theh«u Anion und Mentu, ebenso der Gott des Auslandes Sut«rf^- Ba'al werden zu Kriegsgättem. Schon der letzlere Ümsti»* zeigt, wie stark der fremde Einfluss gewesen sein muss. D»'

Einrohrung des Pferdes. 255

Gleiche lehren andere Anzeichen ; so wird die Kerntruppe der aegyptischen Mannschaft wenigstens unter Ramses II. mit dem semitischen Namen na*aruna (D'^^yj) »iuvenesc bezeichnet, und wir werden sehen, wie sich das aegyptische Heer mehr und mehr in ein unter fremden Völkern geworbenes Söldner- heer umwandelt.

Vertreibung der Hyksos.

§. 213. Gegen das Ende der Hyksoszeit finden wir in Theben eine Reihe von Herrschern, die wir als directe oder indirecte Erben der letzten Könige der 13. Dynastie zu be- trachten haben; sie entsprechen den mit den letzten Hyksos gleichzeitigen thebanischen Königen der 17. Dynastie Manetho's. Monumente haben sie wenig hinterlassen ; ihre bescheidenen Grabbauten errichteten sie an derselben Stelle und in dem- selben Stil wie die Pharaonen der 11. Dynastie, die ja auch eine ganz ähnliche Stellung eingenommen haben. Drei dieser Könige führen den gleichen Namen Ta^a mit dem Vornamen Ra^sqenen. Von einem derselben berichtet eine im Volkstone

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gehaltene Erzählung, deren Eingang der Pap. Sallier I. bewahrt, wie er mit dem Könige Apepi, der den Sutech als einzigen Gott verehrte, in Streit gerieth. Sie bezeichnet den Ra^sqenen durchweg nur als »Fürsten der Südstadtc (d. h. Thebens). Jedenfalls sind es diese Herrscher gewesen, die den Freiheits- krieg begonnen und die Hyksos in langjährigen Kämpfen all- mählich zurückgedrängt haben. Auf Ta'a III. mit dem Bei- namen qen »der Tapferec Ta'a II. heisst ^a »der Grosse« folgt Kames, der Gemahl der A^ahhotep, deren mit ausser- ordentlich reichem und kunstvollem Goldschmuck ausgestattetes Grab Mariette aufgedeckt hat. Ihr Sohn A'ahmes ist der Vollender der Befreiung Aegyptens.

Neben diesen Herrschern finden wir eine ganze Reihe in den Königsring eingeschlossener Namen, die gelegentlich ^uch den Königstitel tragen, meist aber als »königliche Prinzen« l^ezeichnet werden, so A'ahmes, Sohn des Paar, Binpu u. a.

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256 Drittes Bucli, dritter Abschnitt.

Sehr wahrscheinlich ist die Vermulhung, dass wir in ihnen Gaufürslen zu sehen haben, die sich in den Zeiten der Zer- splitterung unabhängig gemacht hatten und jetzt der D&tiCH □alen Dynastie von Theben sich anschlössen. Zinn Lohiw dafür wäre ihnen dann ein Theil der königlichen Würde be- lasse u worden.

Gräber mehrerer dieser Fürsten werden im Pap. Abbott erwihlrt {%. 95 Anm.). Das Grab eines unbekannten KOnigs A'ahmes und d«r Ä'ahbotep hat Hahirte in Drah abu-lnegga gefunden; RAn. II, 29. Uh Sftrge und Leichen den Ta'a IJl. und zahlreicher meiner Nacbfolger wuntn später nach D£r el-Bahari verschleppt, wo sie 1881 entdeckt vninlFD: Uakpkro, La tronvaille de Deir el Bahari. Ahelfneai; in Rev. dei ipt- stions hislor., April 1882, Pap. SaDier 1. ist merst anüljrdrl toa DE Roirct, Bnti'iscu (ZDH. IX), tiooDWiii. Genauere Uebersetiungeu <W Chabas, Pasteurs en Egyplei Bbcgsch, Gesch. Aeg. 232 u. ■.. vor alltni Maspero, Eludes «g. 1, 2 (Joum. as. 1880). Wenn auch MAsrnto'i tf gän zun gs versuch er behandelt die Erzählung weaenllich als Hlrrba mehrfachen Zweifeln unterliegt, so hat er doch jedenfalls Recht, ibt einen streng historischen Gharaltter abzusprechen. Sie gibt die Tdk» tradition über den Hylcsoakrieg , wie sie sich unter der 19. Djnuliei«- bildet hatte , und repr&aentlrt eine weit altere Stufe der Ueberliefen^ als Manelho. Die ikSniglichen Primen« erscheinen vor allem in dn beiden Königslisten von D^r el-MedInc. Lepsids, Deitkm. III, 2 (die tlM auch: Auswahl 11), ferner auf einem Turiner Sarkophagd^ckel : Lcnm Auswahl 11. Ihre Stellung bat Bihch. RA. XVI, 272 wohl rkhÜT erkannt, aber im einzelnen ist hier noch alles unklar, i, B. wamin dn A'ü^mes sc Paar, der im Pap. Abholt König genannt wird und Dtfk unter Amenhuiep I. lebte) HAniirrTE, Mon. div. 89; Rohei.lint, Hod. AT. 29, 8), einmal weibliche Attribute gegeben werden, Verelnielt« Sc«»- meiite: Die Harpok ratesst n tue MARiirrTE. Mon div. 4S h mit dem tTin» Sua^nra' (Vi. Dyn.1 g. lOT) A'ahmes Binpu und NKferkara'. TaoK ih. pl. 51. 52. Königin A'abhulep wird von den Spateren als Slum- mutter des folgenden Königsgeschlechls vielfach hochgeehrt; etvM A'ulinies nefertari. die Gemahlin A'ahmes' I.

g. 214. Ucber den Ausgang des Berreiungskrieges ** fahren wir Genaueres durch die Grabschrift des in Eilettbrii (Elkab) beslatleten SchifFshauptmanns A'ahmes, dessen V»lff Baba unter Ttfa HI. als Officier gedient liiilte, und der seW als ScliilTsofflcier unter König A'ahmes seine miiitäriscbe Ld'' bahn begann. Nach derselben waren die Hyksos zu Anfang ^

Vertreibung der Hyksos. 257

Regierung des A'ahmes bereits auf die Feste Hatu^ar (Auaris) beschränkt. Um dieselbe entspann sich ein langer Kampf, sie wurde zu Lande und zu Wasser (d. h. auf einem Nil- arme) belagert und schliesslich genommen. Der König setzte den abziehenden Asiaten noch weiter nach ; in seinem fünften (?) Jahre belagerte und eroberte er den Ort Sarhan im äus- sersten Süden Palaestina's (wahrsch. |nni&% Jos. 19, 6). Da- mit war die Fremdherrschaft vernichtet, Aegypten neu ge- einigt und zugleich jenseits desselben fester Fuss gefasst zu Abwehr und Angriff. Doch kann es keinem Zweifel unter- liegen, dass ein grosser Theil der fremden Bevölkerung in den im Delta occupirten Wohnsitzen ansässig blieb und von den nationalen Herrschern nicht weiter bedrückt ward. Kana- 'anaeische Namen und Culte darunter der des Sutech von Tanis und Auaris begegnen uns fortan überall im öst- lichen Delta, zahlreiche kana'anaeische Wörter dringen in die aegyptische Sprache ein. Dagegen wurden die Spuren der Fremdherrschaft überall vernichtet, ihre Monumente zerstört oder wenigstens die Königsnamen auf ihnen getilgt ; nur ganz wenige sind der Vernichtung entgangen.

Inschrift des A'ahmes: Lepsius, D. III, 12, zuerst von de Rouge und BauGscB analysirt, fibers. : Ghabas, Pasteurs 19; Brugsch, Gesch. 230 u. a. Hinza kommen die Inschriften des Fürsten A'ahmes Pennucheb, Lepsius, Aosirahl 14 a. b und Denkm. III, 43 a. h. Die Belagerung von §arhan ist identisch mit dem Lepsius, Denkm. III, 43 a (unten) erwähnten Feld- ^ gegen das Land Sahi d. i. Syrien. Auch Manetho (Jos. c. Ap. 1* U) berichtet von langen Kämpfen um Auaris; schliesslich sei den Hirten (240,000 Mann !) freier Abzug gewährt, sie hätten dann aus Furcht ^'or den Assyrern (!) Jerusalem gegründet (!). Im übrigen setzte er (nach ^osephus) die Veijagung der Hyksos unter Thutmosis, den Sohn des Misphragmuthosis [so bei Euseb., im Text des Jos. verschrieben 'AXturpp.], Womit nur Dhutmes III. gemeint sein kann, während der sonst un- ^nnte Ptolemaeos von Mendes (Müller, fr. IV, 485) richtig "AjAwotc (A'ahmes) nannte. Die folgende bei Josephus (c. Ap. I, 15. 26), Africanus QQ<i Eusebius im wesentlichen übereinstimmend erhaltene Liste der Ko&ige der 18. und 19. Dynastie ist unheilbar verwirrt ; soviel ist ganz '^i dass in derselben Seti I. und Ramses II. und ebenso wenigstens ^h Josephus auch Dhutmes III. und sein Vorgänger mit dem räthsel- Veyer, 0«tdiiohte Am AlterthumB. L 17

258 Drittes Buch, dritter Abschnitt.

haften Namen zweimal erscheinen. Man hat die verschiedensten Bes rungsvorschl&ge gemacht, ein sicheres Resultat wird sich ans uose Ueberlieferung nie gewinnen lassen. Wahrscheinlich stammt die V wirrung schon von Manetho selbst her.

Die achtzehnte Dynastie.

A. WiEDEMANN, Geschichtc der 18. Dyn. bis zum Tode Tutmes n in ZDMG. XXXI. XXXII.

§. 215. Nach der Verjagung der Hyksos war die nächs Aufgabe der Pharaonen, die Machtstellung der alten thebar sehen Herrscher im Süden wiederzugewinnen. Kaum ai Asien zurückgekehrt, begann denn auch Aahmes den Kth gegen Nubien und errang in mehreren Feldzügen d zweite war durch einen Einfall der »Barbären des Südeni in Oberaegypten veranlasst bedeutende Erfolge. Sein Sol Amenhotep I. setzte den Krieg weiter fort und bekämpf gleichzeitig den [wahrscheinlich] libyschen Stamm der Am Kahak, um die Westmark des Reichs zu schützen. Der nächs König Dhutmes I. hat die Unterwerfung Nubiens bis mi destens über den drillen Katarakt hinauf vollendet. Eii grosse Siegesinschrifl aus seinem zweiten Jahre, gegenüb der Insel Tombos, verkündet wie der König, vor dem a Völker des Südens und Nordens sich beugen, die Neger ui Kuschilen geschlagen und eine Grenzwache eingesetzt bat Seit dieser Zeit ist im wesentlichen nur noch von Streifzüp gegen die entlegenen Völker oder einzelnen Empörungen d »elenden Landes Kust oder der Neger von Uaua die Rec Das eroberte Land wurde dem aegyptischen Reiche förmlr einverleibt und von aegyptischen Civil- und Militärbeamt verwaltet. An ihrer Spitze steht ein Gouverneur, der 4 Titel »Prinz des Südlandesc oder »Prinz von Kusc führt ui gelegentlich dem königlichen Hause entstammt.

Das Material s. bei Wiedemann. Gegen die Annahme, A'ahn« Gemahlin A'ahmesnefertari, die häufig mit schwarzer Hautfarbe dargeste wird, sei eine Negerin gewesen und der König habe mit aethiopisch Hilfe die Hyksos vertrieben, 8. Brücsch, Gesch. 259. Fünf höl»n

Reorganisation des Reichs. Wiederanterwerfung Nubiens. 259

Siegestafeln Amenhotep's I. : Roselliui, Mon. stör. Text III, 1, Taf. 2. Ueber die Stele von Tombos s. Piehl, Petites ^tudes ^yptologiques 1881. Nehi von Dhutmes I. zum »Prinzen der Sädlande« eingesetzt: Lepsius, Denkm. III, 47 c. Mehrfach scheinen zwei Prinzen von Ku§ neben ein- ander gestanden zu haben. Die Amu Kahak sind wahrscheinlich mit dem später mehrfach zu erwähnenden libyschen Stamm Qahaq identisch.

§. 216. Neben der Wiederherstellung der äusseren Macht geht die Restauration im Innern einher, von der wir indessen nur betreffs der Bauten einiges erfahren. Im 22. Jahre des A'ahmes wurden die Steinbrüche des Mokattamgebirges bei Memphis neu geöffnet, »um dem Ptah von Memphis und dem Amon von Theben Tempel zu erbauenc. Der Transport der Lasten wird durch Fenchu d. i. Phoeniker besorgt, in denen wir offenbar Gefangene und Frohnarbeiter aus der Hyksoszeit zu erkennen haben. Vor allem wird Theben vergrössert und verschönert, der grosse Amonstempel von Karnak erweitert. Hier hat namentlich Dhutmes I. gebaut; derselbe rühmt sich in seiner schon erwähnten Siegesstele, dass er »das Gebiet von Theben erweiterec und die Wüstenbewohner, die Mentu und * Amu Asiens, die Libyer und alle Nordstämme ihm in Theben Frohndienste leisten.

Wiedereröffnung der Steinbrüche: Lepsius, Denkm. lU, 3.

§. 217. Etwa 30 Jahre mochten seit der Vertreibung der Hyksos verflossen sein, Nubien war bezwungen, als Dhutmes I. auszog, »sein Herz zu baden unter den Völkern« von Syrien. Rasch wurde das Rutenuland durchzogen und Naharain erreicht, wo der König »ein grosses Gemetzel an- richtete« und östlich vom »Wasser von Naharain«, dem Euphrat, eine Siegestafel aufstellte (Ann. Dh. EI.). Zahl- reiche Beute an Gefangenen, Rossen und Wagen wurde ge- wonnen, indessen von dauernden Eroberungen und Tribut- zahluDgen ist nicht die Rede. Die Expedition scheint lediglich ein Streifzug gewesen zu sein. Weder Dhutmes I. , noch sein ältester Sohn Dhutmes II., von dem ein Slreifzug gegen dieSasu der Sinaihalbinsel erwähnt wird, haben lange regiert. Letzterem folgte seine (ältere?) Schwester und Gemahlin

260 Drittes Buch, dritter Abschnitt.

HaHsepsu, die schon von ihrem Vater zur Theilnahme an der Regierung herangezogen war (Lepsiüs, Auswahl 11). Dieselbe tritt uns als energische und rücksichtslose Herrscherin ent- gegen — in der Regel lässt sie sich mit einem Barte dar- steilen, manchmal auch von sich wie von einem Manne reden; sie verfolgt das Andenken ihres Bruders, währenc sie ihrem Vater die höchsten Ehren bezeigt Auch ihrex jüngeren Bruder Dhutmes UL hat sie anfangs völlig zurück« gedrängt und auch später nur formell als Mitregenten an- erkannt. Kriege führte sie nicht, dagegen hat zie zahlreiche und vortreffliche Bauten hinterlassen, die meist ihr oberster Architekt Senmuit ausgeführt hat. Vor allem berühmt sind die zwei grossen in ihrem 16. Jahre nach nur siebenmonal- licher Arbeit zu Ehren des Amon und ihres Vaters in Karnak errichteten Obelisken, daneben der grossartige, schon unto" Dhutmes II. begonnene, terrassenförmige Todtentempel von Der el-bahari in der thebanischen Weststadt.

FQr die Kriege sind fast die einzige Quelle die Inschriften der beiden A*ahines in Elkab (§. 214), vor allem die des A. pen-nucbeb. Aus dieser ergibt sich auch die Chronologie; A. zog bereits unter Kfinig A*ahmes gegen Sahi zu Felde, war also in dessen 5. Jahre etwa 20h\ßi alt. Er leistete Kriegsdienste bis unter Dhutmes IL, lebte aber noch unter FJatäepsu, von der er die Würde eines »Erziehers der Prinzessio Nofrura'c erhielt, und bis in die Alleinregierung Dhutmes' lil., d. h. min- destens 22 Jahre über D. II. Tod hinaus. Völlig analog ist die Bio* graphie des Nehi (Lepsius, Denkm. III, 47 c, vgl. 46c. 47 a. 56. 59b), der unter A'ahmes seine militärische Laufbahn begann und noch unter Dhutmes III. »Vorsteher der Sudiandec war (unter Dhutmes IL hat in* dessen [vorübergehend?] Son diese Würde bekleidet: Lepsius, Denkm« III, 58. 59 a). Danach werden wir auf die Zeit von A'ahmes' Regierungs- antritt bis zum Tode Dhutmes' IL höchstens etwa 45—50 Jahre «n rechnen haben. Leider sind uns in den Inschriften nur sehr wenig* Regierungszahlen erhalten, von A'ahmes ist die höchste das 22. J***' (Lepsius, Denkm. III, 3), von Dhutmes I. das 9. (Mariette, Karnak 82 f.) Im übrigen sind die Successions Verhältnisse hier noch keineswegs völlig klar. Mehrfach scheinen gemeinsame Regierungen stattgefunden ß* haben, die Königinnen A*ahmesnefertari und Setamon erscheinen wied«*"' holt als Milregentinnen. Vgl. Lepsius, Denkm. III, 7 a— e; 17 b. c. 27, 1-^' 28, 3. Dhutmes III. führt unter Ha t^epsu den Namen Mencheperkar»«

Königin Qa'täepsu. Fahrt nach Arabien. 261

später nennt er sich Mencheperra*. Gegen Brugsch' Uebersetzung der Inschrift Mariette, Kamak 16, 47 f. s. Maspero, ÄZ. 1882. 133. Ge- meinsame Datirungen sind häufig, z. B. Lepsius, Denkm. III, 28, 2; Aus- wahl 11. Sehr auffallend ist dagegen, dass die Inschrift im Tempel TonSemne, Lepsius, Denkm. III, 55 aus dem 2. Jahre Dh. III. datirt ist. - Eine sehr hohe Stellung nimmt unter Ha'tSepsu ihre junge Tochter Nofnira' ein: Lepsius, Denkm. III, 20c. 25. 43a; Sharpe, Eg. inscr. I, 107 a, die aber früh gestorben zu sein scheint. Der Oberbauroeister Senmut: Lepsius, Denkm. Ilf, 25. 26.

§. 218. Den Hauptruhm der Königin bildet eine See- expedition, die sie in ihrem 9. Jahre nach Punt ausschickte, um die Specereien des Weihrauchlandes direct, anstatt wie bisher durch Zwischenhandel, nach Aegypten zu bringen. Eine Flotte von fünf Schiffen fuhr über das rothe Meer nach Sud- arablen. Der Fürst des Landes, Parihu, nahm dieselbe wohl auf und leistete der mächtigen Königin seine Huldigung. Alle Wunderproducte des Landes, vor allem die Weihrauchpflanzen, Pardel, Aflfen, daneben auch aus Afrika herübergebrachte Thiere, wie die Giraffe (s. darüber §. 185), wurden nach Aegypten gebracht; die zahlreichen, trefflich ausgeführten Sculpturen des Tempels von Dör el-bahari geben uns ein deut- liches Bild von dem Verlaufe der Expedition. Das Souveräni- tälsverhaltniss über Südarabien blieb zunächst bestehen; die Annalen Dhutmes' III. wie die Darstellungen in den Gräbern seiner Grossen erwähnen wiederholt die Tribute des Landes Punt, namentlich Weihrauch und Bäume und daneben grosse Massen Goldes. Freilich lässt sich nicht beurtheilen, ob dabei nicht die Erträgnisse des Handels und eventuell Geschenke der ara- bischen Häuptlinge von dem ruhmredigen König fälschlich als regelmässiger Tribut dargestellt worden sind. Noch weniger Sicheres können wir über die Art und Dauer der Handels- l^ehungen sagen, die durch Hrftsepsu zwischen Aegypten und Punt angeknüpft wurden. Zunächst mag ein reger Ver- mehr stattgefunden haben: ein Beweis dafür ist, dass der arabische Gott Besä, eine schauerliche Missbildung in Gestalt ^nes Zwergs und den Einheimischen wahrscheinlich ein ge- waltiger und finsterer Dämon, in Aegypten eingeführt wurde und

262 Drittes Buch, dritter Abschnitt.

seitdem vielfach dargestellt wird. Indessen wird die bizarre Gestalt vor allem in humoristischer Weise zu Ornamenten, namentlich auf Toilettengegenständen, verwendet; daneben dient er zur Abwendung des bösen Blicks. Ob ein reger directer Verkehr mit Südarabien auch später noch bestand, lässt sich nicht entscheiden; in den Zeiten des Verfalls ist er jedenfalls unterbrochen worden.

Die Darstellungen der Expedition sind publicirt von DOiochek Flotte einer aeg. Königin und Histor. Inschr. II, woraus Maristte, Deir el-bahari grösstentheils copirt ist. Eingehend besprochen von Hasperc Navigat. des Eg. sur les cötes de la mer ^rythr^e, in Rev. histor. IX, 1 £ Dass der Gott Besä wirklich arabischen Ursprungs ist, hat Ermaz Z. fQr Numismatik 1882, 296 fT. durch MQnzen erwiesen. Derselbe is auch von der syrischen Kunst adoptirt und aus ihm ist u. a. der Gorg^ typus abgeleitet.

§. 219. Wie Ha'tsepsu's Regierung geendet, \vissei wir nicht; jedenfalls hat Dhutmes III. das Andenken seine Schwester überall zu vertilgen gesucht, ihren Namen durci den seinen ersetzt. Er selbst beschloss den Wegen seines ruhmreichen Vaters zu folgen, unter der Führung des Amon von Theben die Eroberungen wieder aufzunehmen. Am 25. Pharmuthi des 22. Jahres seiner officiellen Regierung d. i. jedenfalls kurze Zeit nach dem Tode seiner Schwester zog er mit seinem Heere von Saru (Tanis) über Öarhan (§. 2U) nach Gaza [aeg. Gasatu], dessen Fürst seine Herrschaft an- erkannte. Der drohenden Gefahr zu begegnen, hatten sich die Fürsten der Städte und Stämme des oberen Ruthenu- landes, d. h. Palaestina*s und Goelesyriens bis nach Hamat hinauf, unter Führung des Königs von Qades ob die Chela- hauptstadt oder das spätere Qades im Gebiete des Stammes Naphtali gemeint ist, lässt sich nicht entscheiden: doch ist letzteres wohl wahrscheinlicher vereinigt und bei der Festung Megiddo (aeg. Makta) östlich vom Karmel Stellung genommen. Dhutmes III. erfocht hier am 21. Pachons ^) einen grossen

0 Im 23. Jahre des Königs, denn die Jahreszählung beginnt n**^ dem Tage der Thronbesteigung am 4. Pachons. Lepsius, Denkm. ^

Dhutmes HI. in Syrien. 263

lieg, der die Gapitulation von Megiddo zur Folge hatte. Alle Ersten von Rutenu erkannten die Oberhoheit Aegyptens m und zahlten Tribut; sogar der König des fernen Assur Kiliickte dem aegyptischen Herrscher in diesem und dem fol- ;enden Jahre Geschenke, namentlich einige Blöcke von Lapis iazali (chesbed), die dann in den aegyptischen Listen als rributzahlung figuriren. Zahlreiche Gaben fielen dem sieg- bringenden thebanischen Gotte zu, darunter auch die drei Orte Jentfam (0^713'*)» Anaugas und Herenkaru, deren Lage yöllig unbekannt ist.

Haaptquelle sind die fragmentarisch erhaltenen »Annalen« des Dh. IIL auf den Wänden des Tempels von Kamak , in drei Hauptbruchstücken : 1)Lepsius, Denkm. III, 31b; 2) ib. 32; 3) Lepsius, Auswahl 12 und Mariette, Karnak 13 (zusammengehörig), fortgesetzt Lepsius, Denkm. Ili, 31 a. Dazu noch Brugsch, Rec. II, 56^ 5 u. 6. Analyse von Birch, Tr. Soc. Lit. 2 ser. 11, de Rouo6, RAn. II, Wiedemann, ZDM. XXXII. Die einzige benutzbare aber vor allem betreffs der Transcriptionen nur mit Vorsicht zu verwerthende Uebersetzung ist die von Brugsch, t^b. 294--326, daneben jetzt fCr den ersten Theil die von Maspero, Rec. ie travaux II. Anaugas lag jedenfalls nördlich von Palaestina, da es mr Zeit Ramses II. den Gheta verbündet war (Gedicht des Pentaur).

§. 220. An den ersten Feldzug reihen sich mindestens 14 weitere Expeditionen, auf denen theils Aufstände bez\vungen, theils die Macht Aegyptens bis an und über den Euphrat iiusgedehnt wird. Auf dem fünften Feldzug (Jahr 29) wird der König von Tunep [wahrsch. nördlich von Chaleb-Aleppo, s. SIÖLDEKE, ÄZ. 1876, 10] besiegt und gefangen, auf dem sechsten iie Hauptstadt der Cheta Qades erobert; seitdem erscheint ier »König des grossen Chetalandes« wiederholt unter den rributzahlem. Auf dem achten (Jahr 33) wird der König von ^aharain besiegt, Dhutmes fährt den Euphrat abwärts, um ieine Städte zu erobern, und dann wieder hinauf bis zur 5ladt Ni, auf deren Gebiet er 120 Elephanten jagt denn

32 ist mit Wiedemann für die Jahreszahl 40 : 23 zu lesen [Bruosch i^ ftlschlich 32] ; die hier aufgezählten Tiibute sind die in Folge des %e8 gelieferten, im Unterschied von der vorher (ZI. 25 ff.) aufgezählten

264 Drittes Buch, dritter Abschnitt.

Elephanten gab es damals in Syrien in grossen Massen. Schon auf einem früheren Feldzuge war die Stadt Karkamis erobert worden, jetzt sendet auch der König von Sangar (= Sangara in Mesopotamien) reiche Geschenke von Lapis lazuli. Wirklich unterworfen ist er natürlich nicht, er erscheint unter den Tributzahlern später ebensowenig wie der König von Ässur« Ueberhaupt bildeten Euphrat und Amanus im wesentlichen di^ Grenze der aegyptischen Macht, deren Ausdehnung man gfe wohnlich bedeutend überschätzt hat. Die grosssprecherische^sn Listen der unterworfenen Orte und Völker, unter denen z. auch Charka d. i. Kilikien (iVn) erscheint [Maspero, Ä 1879, 55] ebenso ist Menüs vielleicht Mallos (Ebers) sind natürlich nur mit äusserster Vorsicht zu benutzen.

Dagegen ist das Küstengebiet, das Phoenikerland Kaft, völlig von Aegypten abhängig. Von Simyra (aeg. Samar, hebr. 1D^) und vor allem Aradus (aeg. Artut) wird die gewaltsame Bezwingung erwähnt, die meisten anderen der friedliebenden Handelsstädte werden sich freiwillig unterworfen haben. So wurden die Aegypter Herren der See, und wenn sie auch an grössere Seeexpeditionen schwerlich je gedacht haben , hielten doch die phoenikischen Colonisten es f ür ge- rathen, die Oberhoheit des mächtigen Reiches anzuerkennen, schon um sich den Handelsverkehr mit dem Mutterlande und mit Aegypten selbst zu sichern. Der König von Gypern (Asebi) hat an Dhutmes III. wiederholt Abgaben gesandt, im Grabe Rechmara**s (§. 198) werden neben den Tributzahlungen von Punt, von den Südlanden und von Rutenu auch die »der Fürsten von Kaft und den Inseln im grossen Meerec darge- stellt (vgl. §. 194).

Neben die Annalen tritt hier die Grabinschrift Amenemheb*s, ent- deckt von Ebers, ÄZ. 1873, später von Chabas, M61. ^g. III, 2 und EbebSi ZDM. XXX. XXXI eingehend behandelt. Eine Reibe wichtiger geo- graphischer Namen sind noch nicht identificirt ; so das Land Tacbsi (Ameneroheb 19, auch Lepsius, Denkm. III, 66 a, 17); das in den Tribut- listen öfter genannte Land Remenen, das auch unter Seti I. genaDot wird (RosELLmi, M. stör. 46) und im nördlichen Palaestina zu suebeo ist; das Land Arrech, dessen König im Jahre 38 Tribut zahlt, darunter

Herrschaft der Aegypter Aber Syrien« 265

Gedem; ebenso der vielumstrittene Ort Sen^ar (Amenemheb ZI. 11). Die Stadt Ni liegt nach Lepsius, Ausw. 12, ZI. 20 am oberen Euphrat und bat mit Ninive nichts zu thun (vgl. Maspero, ÄZ. 1879« 58). Ebenso- wenig kann Sangar = Sine'ar sein. Elephanten werden auch von Tig- latpileser I. im Gebiet von Gharrän gejagt (Ann. VI, 70 ff., I. R. 28, 1, 7, >.LoTZ, Inschr. Tiglatp. S. 166 ff.) und im Grabe des Rechmara' als Tribut der Rutenu abgebildet.

§. 221. So waren die syrischen Lande der Herrschaft der Aegypter unterworfen; indessen weit schwieriger war es, dieselbe auf die Dauer zu sichern. Das vielgespaltene Land nach Art des einheitlichen und schmalen oberen Nilthals als Provinz zu organisiren, war unmöglich. An einzelnen Orten ^heinen militärische Besatzungen (menau) gelegen zu haben ; im übrigen begnügte man sich damit, die einheimischen Herrscher zur Tributzahlung anzuhalten und womöglich per- sönlich an Aegypten zu fesseln. Wir sehen gelegentlich die Tochter eines Rutenufürsten in den Harem des Pharao wandern ; einmal werden vier Prinzen als Geiseln nach Aegyp- ten geführt, um hier am Hofe zu leben bis der Tod ihres Vaters sie in die Heimath zurückruft. Das Hauptziel war naturlich, die unterworfenen Lande möglichst für Aegypten auszubeuten; grosse Tributsendungen, Silber, Gold und edle Steine, Naturproducte wie Getreide, Oel, Wein, Bauholz, femer Wagen, Rüstungen, Geräthe, Sklaven und Rosse wurden jedes Jahr nach Aegypten geliefert. Daneben musste bei Kriegszügen auf jeder Station von den Einheimischen für den Unterhalt und die Bedürfnisse des Heeres gesorgt werden. Es liegt auf der Hand, dass eine so wenig organisirte und dabei so drückende Herrschaft auf die Dauer nicht bestehen konnte, mochte zunächst auch eine Empörung nach der anderen niedergeworfen werden.

§. 222. Auf seinen späteren Feldzügen hat Dhutmes III. fortwährend Aufstände zu bekämpfen. Der Reihe nach em- pören sich der König von Naharain, die Städte Anaugas, Qades, Tunep u. a.; gelegentlich muss auch gegen die Öasu ^eder ein Streifzug unternommen werden. Aehnliche Auf- stände werden auch im Süden, im Lande Kuä und üaua Vorgekommen sein, wenn wir auch Genaueres darüber nicht

266 Drittes Buch, dritter Abschnitt.

erfahren. Vielleicht hat Dhutmes III. auch hier Eroberungen gemacht, da die Stadt Napata, die Hauptstadt der Euscbitoi, unter Amenhotep II. in aegyptischem Besitz ist (Lepsius, Denkm. III, 65 a, 18); dieselbe liegt aber weit oberhalb der mulh- maasslich von Dhutmes I. gesetzten Grenze (§. 215). Wir besitzen denn auch grosse, mehrere hundert Namen um- fassende Verzeichnisse von Völkerschaften und Orten des Südens, welche der König sich rühmt, bezwungen zu haben, deren Gefangene er nach Theben schleppte, um den Amons- tempel zu bauen gemeinsam mit den Gefangenen des Nordens; indessen wie viel dabei Uebertreibung ist, muss dahin gestellt bleiben, und noch weniger ist eine Identificirung der Namen möglich. Jedenfalls scheint es durchaus unzulässig, dieselben (mit Mariette) auf Grund einiger Namensanklänge in Abes- synien zu suchen und anzunehmen, dass die Acgjrpter ihre Herrschaft bis tief in das unzugängliche Hochland von Habes hinein ausgedehnt hätten. In den Listen dieser Südvölker erscheint auch Punt und das »Götterlandc ; wir haben indessen gesehen, dass hier wohl keinesfalls von Kriegen, sondern nur von einer Fortdauer der durch Ha^tsepsu begründeten Ab- hängigkeit die Rede ist.

§. 223. Dass der Wohlstand Aegyptens durch diese Erfolge bedeutend wuchs, liegt auf der Hand und geht aus allen Monumenten der Zeit, namentlich soweit sie einen Ein- blick in das Privatleben gewähren, hervor. Der Löwenantheil des Gewinnes fiel, wie das bei den herrschenden Anschau- ungen nicht anders sein konnte, den Göttern zu, in erster Linie dem thebanischen Amon. In seinem Auftrage und ihm ro Ehren hatte Dhutmes seine Kriege geführt, zum Dank errichtete er ihm die gewaltigen Bauten von Karnak, an deren Wänden er von seinen Siegen erzählt, und weihte ihm grosse Theile der Beute. Aber auch die anderen Götter wurden -nicht ver- nachlässigt, fast alle Städte Aegyptens haben Tempelbaulen von ihm aufzuweisen. Von besonderer Bedeutung sind die Tempel, welche er in den nubischen Festungen Semne und Kumme den Localgöttem des Landes, unter ihnen vor allem

1

Das Reich Dhatmes* III. und seiner Nachfolger. 267

dem vergötterten König Usertesen III. errichtete (§. 99) Bauten, die übrigens schon unter seinen Vorgängern begonnen sind. Es ist begreiflich, dass man das Andenken des ruhm- reichen Herrschers immer bewahrte und ihn göttlich verehrte. Zahllos sind namentlich die Amulete in Skarabaeusform, die seinen Namen tragen, und die jedenfalls nur zum ge- ringeren Theil aus seiner Regierungszeit stammen.

Im Tempel von Semne findet sich auffal lender Weise ein Datum aos dem zweiten Jahre Dh. III. (Lepsius, Denkm. III, 55^, s. §. 217), ^\so aus einer Zeit, in der sonst immer nur Qa*tsepsu's Name genannt "Wird. Fflr die griechische üeberlieferung und das, was von Manetho ^Thalten ist, ist es sehr charakteristisch, dass wir bei ihnen nicht die l^ringste Andeutung der grossen Thaten des Königs finden.

§. 224. Als Dhutmes III. gegen Ende seines 54. Jahres starb, hinterliess er seinem Nachfolger Amenhotep II. ein ge- waltiges Reich, das »von dem Negerlande Karl bis nach Naharainc reichte. Dass der Thronwechsel zu Aufständen Veranlassung gab, ist begreiflich. Indessen der neue König schritt energisch ein; von sieben gefangenen syrischen Fürsten Wurden sechs in Theben, einer zur Warnung der Süd Völker im fernen Napata an der Stadtmauer aufgehängt. Auch unter seinem Sohn Dhutmes IV., der ihm nach kurzer Regierungs- zeit folgte und gleichfalls nicht lange geherrscht hat, blieb der Umfang des Reiches bestehen ; die Inschriften erwähnen

IQ allgemeinen Ausdrücken seine Eriegszüge und die Grösse seiner Macht. Auf Bauwerken begegnen uns die Namen beider Könige mehrfach; interessant ist auch, dass Dhutmes IV. zu Anfang seiner Regierung den vom Sande völlig verschütteten Riesensphinx von Gize freilegen Hess und zur Erinnerung ^ran eine Gedenktafel zwischen seinen Klauen anbrachte.

Todtenbuch Dh. lU. von seinem Sohne besorgt : Maspero, ÄZ. 1882, 132. Amenhotep IT.: Inschr. des Amenemheb; Lepsius, Denkm. III, ^; Maspero. ÄZ. 1879, 56 f. Dhutmes IV: Lepsids, Denkm. III, ^. 69; Brit. Mus. Nr. 902 [= ÄZ. 1876, 99]; Brügsch, ÄZ. 1876, 89 ff. ^ Das höchste auf Denkmälern vorkommende Regierungsjahr des A. II. 'St sein drittes, des Dh. IV. sein siebentes. Vgl. auch Lepsius, Denkm. ^. 78a.b., die Grabschrift eines Beamten, der unter Dh. III. geboren

268 Drittes Boeb, dritter Absehnitt

war und den Königen A. H., Dh. IV^ A. HI. gedient hat Ebenso dienl der in Qurna begrabene Qarembeb unter IL» Db. IV., A. UL (Bruosch, Rec. 66, 1; J. de Rouge, Inscr. 249).

§. 225. Auch die nächste Regierung, die des Aidäd- hotep III. [Sohn des Dh. IV.] ist im wesentlichen friedlich gewesen, wenngleich zwei Felseninschriflen bei Assuan von dem ersten Feldzug des Königs [in seinem fünften Regienmgs- jähr] gegen die elenden Feinde von Kus reden (Lepsitf» Denkm. HI, 81) und Prunkinschriften seine Waflfenthalen preisen und Listen der besiegten Völker geben. Interessanter ist, dass der König Satama von Naharain dem Pharao seine Tochter nebst 817 Damen ihres Harems übersandte. Die Hauptthätigkeit der mindestens bis ins 36. Jahr reichenden Regierung des Königs ist der Pflege des Cultus zugewandt; nach Ramses II. ist Amenhotep III. der gewaltigste Bauherr Aegyptens. Eine Inschrift von Kamak zählt die umfangreichen Gaben auf, welche der König dem Tempel aus den Tributen der unterworfenen Völker zuwandte (Mariette, Kamak 34 f.): auch einen neuen Pylon und einen zweiten kleineren Tempel hat er ihm in Kamak gebaut. Ferner errichtete er dem Amon den Tempel von Luqsor und ein Heiligthum in der thebani- schon Woststadt, neben dem Tempel des Dhutmes III. in Medinet Habu. Vor dem letzteren erhoben sich die beiden gewaltigen Colossalstatuen des Königs, welche die Griechen als Momnonsstatuen bezeichnen. Der Baumeister derselkn ist Amenhotep, Sohn des Hapu, der »Vorsteher aller Bauten des Königs«, ein gelehrter, in der Weisheit des Dhuti wohl bewanderter Mann, der dem Amondienste in gleichem Maasse orgeben war wie der Pharao. Er hat ihm in der thebani- sehen Weststadt einen eigenen Tempel (in Der el-medioe) erbaut, dessen Ordnung vom Könige bestätigt wurde. - Daneben baute der König den Tempel der Mut in Äsern (süillicli von Kamak) und Hess an zahlreichen anderen Heili? luunern Aegyptens arbeiten. Hoch oben in Nubien, in Soleb, hHt er tMuen Tempel errichtet, der desshalb interessant ist, wtMl hier die Absurditäten, zu denen die religiösen Ideen der

Amenhotep III. 269

AegTpter führten, in ihrer Grossesten Gestalt erscheinen; er ist neben dem Amon »dem auf Erden lebenden Bildnisse des Königs geweiht; und derselbe erscheint hier wieder und wieder in Anbetung vor sich selbst in sofern ganz correct, als ja der König in noch ganz anderem Grade als die übrigen Menschen eine Incamation der höchsten Gottheit ist. In dem kleinen Tempel von Sedeinga in Nubien lässt der König da- neben seine innig geliebte Gemahlin Tii verehren.

Lkpsius, Denkm. III, 70—90; Rosellini, Mon. stör. 41—44. üeber <üe Pariser SUtue A. 18 s. §. HO Anro. M^fivov nal Tid>u>voio, ?) 'Ap.svcud' ßaoiXrö AlYoicxte C. I. gr. 4731, vgl. 4727. 4805. Ueber Amenhotep den Sohn des Bapu s. Brügsch. ÄZ. 1875, 123. 1876, 96 ; Erman, ÄZ. 1877, 147. I^n Späteren gilt derselbe als ein weiser Mann, der mystische Schriften [in dem §. 117 gekennzeichneten Charakter] verfasst habe. Als solcher erscheint er auch in den Traditionen Manethos (bei Jos. c. Ap. I, 26). ^^sonders interessant sind die Skarabaeen, auf welchen der König seine Macht und seine Jagden preist und den Stammbaum seiner Gemahlin iiennt: Rosellini, Mon. stör. 44; BmcH, R. P. XII; Brugsch, ÄZ. 1880, 81. Ferner die Belobung der aegyptischen Steuerzahler durch den König im Grabe des Gha'mha*t, Lepsiüs, Denkm. III, 76. 77, vgl. BRUcscnH, Gesch. 416.

Reformationsversuch Chuenatens. Durchfuhrung des solaren

Monotheismus.

§. 226. Die alles Maass überschreitende Pflege der Re- ligion, welche unter den letzten Königen geübt wurde, konnte Dicht ohne verhängnissvolle Folgen bleiben. Die reichen Mittel <äes Staates wurden an Tempelbauten und religiöse Stiftungen verschwendet, die Zahl der Priester und Tempeldiener wuchs ins unendliche, die Priesterschaft beherrschte den Sinn des fönigs vollkommen und gewann eine Machtstellung, welche ^ie Staatsgewalt zu vernichten drohte. Auf der anderen Seite Dausste, wer sich noch etwas dachte bei den Worten der Geheimlehre, sich sagen, dass dieselbe in der herrschenden ^orm des Cultus nur einen höchst ungenügenden Ausdruck f^tid, dass der Amon von Theben zwar seine Titulaturen ^^m solaren Monotheismus entlehnte, aber nichts weniger als

270 Drittes Buch, dritter Abschnitt.

der Eine und Alleinige war, sondern als ein Grott neben lahl- losen anderen stand, dass sein Gultus überwuchert und die in ihn gelegten höheren Wahrheiten erstickt waren durch zahllose crasse, den früheren Entwickelungsstufen angefaöri^ oder neugebildete Anschauungen, Gebräuche und Formeln. Es entstand das Streben nach einem reineren Ausdruck der religiösen Grundwahrheit, nach einem wirklichen Monotheis- mus, der nur den Sonnengott kannte und Ernst machte mit dem, was die thebanische Priesterschafl , und ähnlich die der übrigen religiösen Centren, nur halb spielend lehite. Andere Einflüsse mochten hinzukommen, so jedenfaUs der Unwille der localen Priesterschaflen über die Bevorzugung des Emporkömmlings Amon. Die späte sonst völlig entstellte Ueberlieferung bei Manetho enthält vielleicht einen historisrb richtigen Kern, wenn sie einen heliopolitanischen Priester [Osarsiph] als Führer der monotheistischen Bewegung nennt. Heliopolis (Anu) war ja das alte Centrum derselben, der Sitz des verhältnissmässig reinsten Sonnencultes (Tum-Ra*). Diese verschiedenen Strömungen zu verfolgen, die leitenden Männer kennen zu lernen , ist uns völlig versagt; ihre Wirkungen dagegen liegen klar vor Augen. Man forderte und wagte den Versuch einer rein monotheistischen Reformation.

Was ober die Stellung der Priesterschaft gesagt ist, ergibt sich nicht nur aus der Analogie oder vielmehr dem für aUe gleichartigen Ent- wiokehuigen ab^^olut gültigen historischen Gesetze: die Vorgänge zu En«i« der 20. Dynastie und die Stellung der aethiopischen Priesterschaft zejp» deulliob. worauf die aegyptischen Priester hinsteuerten und der Natur i\vv l)inge nach bewusst oder unbewusst hinstreben mussten. Mit ileii iranubaren Beurlheilungen der Reformation Chuenaten*s zu rechten. ImI überlliNsiif: dass or ein Eunuch gewesen, dass die Ehe seines Vater? mit der Tii für illegitim gegolten habe, dass semitische Einflüsse mit* gewiikt hatten u. A., ist völlig unbegründet. Auffallend ist nur, da$s umdrrne Historiker sich l>erufen fühlen. fQr die thebanische Amo«»^ rrlitfioM \polo^*ctik 7u tHMbon. Dass was Man^'lbo bei Josephus c. Af. I. *.VJ al> jivx'VjKijisNa xa: Xsfcufva ntp: tw»v 'loviotioiv erzählt, sich auf J* Her\iiiualion t'.luienatens l>e/ieht und nur von ihm oder Tor ihm - vOllii; wdlkuilich auf Moses und den Exodus bezo^n ist, hätte nieder Kannt werden Mdlen. hu übrigen kann 3ie[r]nephtah griechisch nie ««J

Religiöse Reformation Chuenaten's. 271

'AfjLsvoxpi^ [= Amenhotep] werden; derselbe erscheint vielmehr bei Ma- netbo als ['A])jLsvs<p^c-

§. 227. Der neue König Amenhotep IV., Sohn des A. Ill.y gab sich gleich bei der Thronbesteigung als Anhänger der reformalorischen Ideen zu erkennen, indem er in seinem Thronnamen »schön ist die Eine Gestalt des Ra^« die Ein- heit des Sonnengottes betonte und unter seine Titel den eines Oberpriesters des Rrf Harmachis aufnahm. Bald ging er weiter und bekannte sich offen zu dem alleinigen Cultus des Sonnengottes, der jetzt den officiellen Namen »der lebendige Ra^ Harmachis ^), der prangt am Horizonte, in seinem Namen Glanz in der Sonnenscheibe« erhält, gewöhnlich aber einfach Aten »die Sonnenscheibe« genannt wird. Mit voller Absicht vermied man die galten Götternamen und wählte das un- zweideutige Äppellativum , um den solaren Monotheismus im Gegensatz zu dem bisherigen Cultus scharf hervortreten zu lassen. Seinen eigenen Namen wandelte der König in Ghuenaten »Abglanz der Sonnenscheibe«, alle seine Töchter Söhne hatte er nicht erhielten ähnliche Namen, und rücksichtslos wurden die alten Götter verfolgt. Nur die reinen Sonnen- götter Tum, Rrf, Horus erkannte man als identisch mit dem neuen Gotte an, soweit sie nicht eine locale Färbung hatten. Sonst wurden alle Götterbilder und Namen zerstört und in allen Inschriften der aegyptischen Tempel, soweit sie sich enreichen Hessen, sorgfältig ausgemeisselt. Der Haupthass traf natürlich den thebanischen Amon; sogar in den Namen seiner Vorgänger auf dem Thron Hess Ghuenaten das Wort Amon überaU zerstören. Durch ganz Aegypten und Nubien begegnen wir dieser Verstümmelung, ein Beweis, dass die Reformation Wenigstens vorübergehend überall durchgeführt ist. Dass es dabei an blutigen Kämpfen und Verfolgungen nicht fehlte, Kt höchst wahrscheinlich; genaueres wissen wir begreiflicher Weise nicht. Jedenfalls wandte der König der alten Haupl-

*) Später hat man dies sogar, um jedes Missverständniss zu ver- 'neiden, durch »Ra* (die Sonne) Herrscher der beiden Horizonte« ersetzt (Lepsiüs, Denkm. HI, 97. 100 e unter Ghuenaten, 99 a unter S'anecht).

272 Drittes Buch, dritter Abschnitt

Stadt den Rücken und gründete sich in Mittelaegypten, in Teil el-Ämarna südlich von Beni Hassan, eine neue Residenz Chutaten, in deren Mitte der Grund zu einem herrlichen Sonnentempel gelegt wurde. Im übrigen ist es natürlich, dass der neue Cultus durchaus den specifisch aegyptischen Charakter trägt. Die Sonnenscheibe wird abgebildet, wie sie ihre Strahlen als Hände den Verehrern entgegenstreckt, die Formeln der Hymnen sind den alten Sonnenhymnen entlehnt und im wesentlichen durchaus stereotyp, in sklavischer Weise beugen sich König und Volk vor dem Einen allmächtigen Gotte.

Monumente: Lepsiüs, Denkm. III, 91—111. Prisse, Mon. ^. 10-Ii Mariette, Mon. div. 26 u. 27 e. 34 c. Brügsch, Rec. 57. Ueber die Persönlichkeit des Königs haben wir kein Urtheil; sein Gesicht tr3ft deutlich die Züge des Fanatikers. Die Sculpturen und Inschriften zeigen, dass er seiner Familie sehr ergeben war, namentlich seiner Gemahlin Nofret-ti und seiner Mutter Tii, die er feierlich in die neue Reside« einführte, woraus aber in keiner Weise folgt, dass sie die Seele der Reformbewegung gewesen wäre. Charakteristisch sind auch die in Gii- bern der neuen Residenz dargestellten Scenen, in denen König und Königin sich auf dem Balcon der jubelnden Menge zeigen und Blumenkr&nie unter sie auswerfen: Lepsiüs, Denkra. III, 103 ff.

§. 228. Mindestens zwölf Jahre hat Chuenaten regiert; ob er eines natürlichen Todes gestorben ist, oder ob er einer Revolution oder einem Mörder erlag, wissen wir nicht. Jeden- falls war bei seinem Tode sein Werk erst halb vollendet, die neue Stadt noch mitten im Bau, und überall gährte es im Laude. Dass der König keinen männlichen Nachfolger hinler liess, mussle die Anarchie noch vermehren, und so sehen wir (leiiu (»ine Foljre kurzer Regierungen eintreten, von denen keine zu allp:emeiner Anerkennung gelangt zu sein oder sich län^fer behauptet zu haben scheint. Der nächste Nachfolper war S'anechl, der Gemahl von Chuenalens ältester Tochter Meralen , ein eifriger Anhänger der neuen Lehre, der nur «anz kurze Zeit re^Merl haben kann. Er scheint durch den »l*iit'sfrr M Ai* gestürzt worden zu sein. AI war der Bruder

') •^SnitlirluT VattT« (tef neter) ist der Titel des untersten Priesttr- ^tlH•lt•^ .liMi Ai wAbnMui seiiuT ganzen Uufbahn, auch als König, beibehielt

Scheitern der Reformation. 273

Ämme Chuenatens, an dessen Hofe rasch zu hohen Ehren em- ^tiegen, schliesslich Oberstallmeister des Königs geworden, war damals ein eifriger Verehrer des Einen; jetzt, nach- 1 er sich der Krone bemächtigt hatte , kehrte er zur alten iglon zurück. Er verlegte die Residenz wieder nach Theben l zeigt sich hier als eifrigen Diener des Ämon und der igen alten Götter. Dennoch gelang es dem ehrgeizigen iporkömmling nicht, die Leidenschaften zu versöhnen. Als nach kurzer Regierungszeit starb oder gestürzt wurde , folgte man seinen Namen auf allen Denkmälern, die er iterlassen; sogar sein Grab in dem grossen thebanischen dtenthal blieb nicht verschont.

S'anecbt: Lepsius, Denkm. UI, 99. Ai: ib. 105. 106. 113. lU. ssg, Mon. 17. Marjette, Abydos HI, Nr. 1469 (Vase mit seinem nen). Das böcbste erhaltene Datum ist sein viertes Jabr.

§. 229. Auch der nächste König, Tut'anchamon, »das ende Bild Amons«, erlitt ein ähnliches Schicksal, obwohl . wie schon sein Name sagt, gleichfalls den thebanischen tt anerkannte und seine Gemahlin 'Anches en pa aten (»sie t von der Sonnenscheibe«), die dritte Tochter Chuenaten's, en Namen in 'Anches en amon umwandeln musste. Es d dann wahrscheinlich noch einige weitere ephemere Re- rungen gefolgt, so ein König Sera' (Sohn der Sonne) Teta. i schliessliche Beruhigung des Landes führte erst Haremheb bei, der auf den Ruf des thebanischen Amon auf den ron erhoben wurde es ist eine nicht unwahrscheinliche rmuthung von Brugsch, dass seine Gemahlin Mutnesem eine iwester der Gemahlin Ghuenaten's war. Haremheb stellte irall im Lande die alten Culte wieder her, erneuerte die mmen Stiftungen, zerstörte gründlich die Denkmale Chuena- i's, vor allem seine »Sonnenstadt« und führte dem thebani- len Amon neue Bauten auf. Die Ketzerei wurde völlig sgerottet, wobei es an blutigen Verfolgungen gewiss nicht ^te. So blieb die Legitimität des neuen Pharao auch nach inem Tode unbestritten, sein Name in hohen Ehren; für ^ geistige Leben Aegyptens aber war es verhängnissvoll,

^«7 er, Geflchlchte des Alterthnms. L 18

274 Drittes Buch, dritter Abschoitt

dass die Reformation so völlig unterdrückt und damit jed Fortentwickelung unmöglich geworden war.

Die Reihenfolge der illegitimen Herrscher ist nicht völlig sich« die Gesammtdauer der von Amenhotep's III. Tode bis zum Antritt Qarevi heb*8 verflossenen Zeit kann höchstens etwa 80 Jahre betragen. Zu b. achten ist, dass unter Ai Paur, unter Seti I. und Ramses II. sein Sob Amenemapet als Prinz von Ku§ erscheint (Lepsius, Denkm. III, 114e 141 h— k) ; ebenso kommt Qui , der unter Tut'anchamen diese Würde bekleidet, noch unter Ramses n. vor (Mariette, Mon. div. 71, 23, vg/. Lepsius, Denkm. m, 175b). Tut'anchamen: Lepsius, Denkm. III, 115 ff. Prisse, Ifon. 11. Mariette, Abydos III. Nr. 1109. Ders., Le Serap^m de Memphis (ed. Maspero, I, 125). Sera* Teta (Memeptati): Naville, ÄZ. 1878, 69. Mariette, Serap^um I, 131. Nach Wiedemann, Gesch. Aeg. 45 gehört in diese Zeit auch ein König von Unteraegypten Ra'entui(?). IJaremheb: Lepsius, Denkm. III, 119 ff. Bruosch, Rec. 87. 57,3. DOmichen, Hist. Inschr. II, 40 e. Statue in Turin mit Angaben Ober seine Thronbesteigung: Birch, TrSBA. III, 486; RP. X. Brugsgh, Gesch. 440. Vgl. auch Bruosch, Gesch. 438. Ein Edict Qaremheb's über die Re- organisation Aegyptens erwähnt Maspero, ÄZ. 1882, 134. Eine Procesi- Schrift auf einer Kalksteinscherbe (Inscr. in the hieratic and demotie Gharacter from the Coli, of the Brit. Mus. pl. 14, Nr. 5624) erw&bnt sein siebentes Jahr; dagegen scheint das auf derselben vorkommende Jahr 21 sich trotz Brugsgh, Gesch. 448 nicht auf ihn,, sondern auf die Regierung des im folgenden genannten Amenhotep (III?; der Name ist vom ROnigsring eingeschlossen!) zu beziehen. Die Vermuthung von Birch (vgl. ÄZ. 1877, 149) > ^aremheb sei später abgesetzt worden und als Privatmann gestorben, erscheint kaum haltbar. In den Königslisteo der folgenden Zeit steht er immer in enger Verbindung mit Ramses I. und Seti I. Es ist daher auch sehr fraglich, ob die gewöhnliche Ao" Ordnung, welche mit ihm die 18. Dynastie schliesst, irgendwie begründet ist. Dass Manetho hier einen Einschnitt machte, ist keineswegs sicher (vgl. §. 214 und 233 Anm.); im Qbrigen sind, wie die folgende Zusammen- stellung lehrt, die Angaben Manetbos nirgends weniger correct als hier.

XJebersicht der achtzehnten Dynastie.

Denkmäler. Manetho.

* 17. Dyn. 43 Hirten und 43 The-

Ra'sqenen Ta'a I. baner 151 (var. 221) J-

Ra*sqenen Ta'a II. *a.

Ra'sqenen Ta'a III. qen. Kames

Uebersicht der achtzehnten Dynastie.

275

höchst ca. 50 J.

Denkmäler.

1. A'ahmes

2. Amenhotep I.

3. Dhutmes I. 1

4. Dhutmes IL ^

5. Ba*t8epsu

6. Dhutmes m.

7. Amenhotep II. \

8. Dhutmes IV. )

9. Amenhotep IIF.

0. Amenhotep IV. = Chuenaten

1. S^anecht

2. Ai

3. Tut'anchamen

4. Sera'-Tete

5. Qaremheb Zusammen von A'ahmes

•is zum Antritt Ramses' I. ca. 200 J.

54 J.

ca. 20 J. mindest. 36 J.

ca. 80 J.

ca. 10 J.

i

Man et ho [nach Unger].

18. Dyn. Thebaner.

1. "Ap-cooic 67 J.

2. Xeßpcoc 13 J.

( 3. 'AjUvcoiptc I. 20 J.

4. 'Ajuvotc s. Schwester 22 J.

5. Miode<ppi( 13 J.

6. Mio(ppaYftou- ^cuoi^ 26 J

7. To6^a>otc 9 1.

8. 'AjUvcD<ptc II. 31 J.

9. 'Üpoc 37 J.

10. 'Ax»pp^c r. 12 J.

11. Ta^a»(; 9 J.

12. Xsßp-fi« 12 J.

13. 'Ax»pp^(; II. 12 J. U. "App-aX; 5 J.

288J. [In den Auszögen variiren die Einzelposten mehrfach, die Sum- men werden ganz verschieden angegeben.]

y. Das Reich der Cheta und die neunzehnte

Dynastie.

Aufrichtung des Chetareichs.

§. 230. Ueber die inneren Kämpfe und Wirren ist die Macht- tellung Aegyplens zum Theil verloren gegangen. Zwar Kus ind die Nqperlande blieben mit Aegypten vereinigt, unter allen Königen finden w^ir einen oder gelegentlich auch neben einander wei »Prinzen von Kus«. Dagegen scheint die Herrschaft

276 Drittes Buch, vierter Abschnitt.

über Punt verloren zu sein, wenngleich wir unter Haremh( [die Zuweisung ist indessen nicht sicher] eine Gesandtscbs von Grossen von Punt mit Geschenken nach Aegypten kor men sehen (Mariette, Mon. div. 88 = Brugsch, Rec. 57, 3 Unter den folgenden Königen bis auf Ramses m. wird Puj kaum je genannt; namentlich ist unter Ramses IL niemal (auch nicht Lepsiüs, Denkm. III, 163) von einer Herrschal über Punt die Rede. Ebenso haben die asiatischen Land die aegyptische Herrschaft abgeschüttelt. Es will wenig be sagen, wenn unter Chuenaten von den »Tributen von Chan und Kas, vom Osten und Westen« die Rede ist (Lepsiüs Denkm. III, 100 b), wenn Ai sich »Besieger der (asiatischen Barbaren« nennt. Ja selbst wenn unter Tut'anchamen >du Fürsten von Rutenu« reiche Gaben nach Aegypten schicken den König anflehen, ihnen Lebensathem zu gewähren, um versichern, zu seiner Zeit gebe es keine Rebellen, die gan» Welt lebe im Frieden (ib. 115. 116), so wird darin weni| mehr als die prunkhafle Ausschmückung einer von syrischei Grossen geschickten Gesandtschaft zu politischen oder Handels zwecken zu erkennen sein. Die folgenden Ereignisse lehrö deutlich, dass Dhutmes' III. Eroberungen sämmtlich verlorei waren, und sehr denkbar ist, dass schon unter Amenhotep Ifl die Macht Aegyptens zu erlahmen begann. Wahrscheinlicl steht es mit der Losreissung Asiens in Zusammenhang, das wir unter den folgenden Herrschern die alte Grenzbefestigunj am Isthmus von Sues (§. 89) völlig in Stand finden. Ei« Kanal und ein Grenz wall sperren den Weg, der Hauptüber gang ist durch eine starke Festung »das Ghetem [FortJ voi Saru« vertheidigt. Dass der Kanal auch Handelszwecken ge- dient habe , ist nicht zu erweisen , und wir haben über daf Leben in den unteraegyptischen Städten viel zu wenig Material um darüber urtheilen zu können.

Abbildung der Grenzbefestigung unter Seti I.: Rosellixi, Moo stor. 50. 51. Lepsiüs, Denkm. III, 128. Ueber dieselbe und das Greni- gebiet im allgemeinen s. Brugsch, Geogr. Inschr. I, 360; Dict. gW 590 ff. 639 ff. 890 ff. Ebers, AeBM. 78 ff.; Durch Gosen zum Sina

Das Reich der Gbeta.

277

484. 521 ff. Die Alten schreibeD die Anlage der Befestigung und des Kanals dem Sesostris zu (Diod. I, 57; Strabo I, 2, 31. XVII, 1, 25 u. a.).

§. 231. In den 40 50 Jahren, die vom Tode Amen- hotep's III. bis zu dem Haremheb's verflossen sind, hat in Syrien das Volk der Gheta die herrschende Stelle gewonnen. Von den Kämpfen, in denen es ihren Königen allmählich ge- lang, die Rutenuländer zur Anerkennung ihrer Oberhoheit zu zwingen, ist keine Kunde auf uns gekommen; wie es scheint, waren dieselben halbvollendet, als Seti I. nach Syrien zog. Gleichzeitig haben sie ihre Macht auch nach Norden ausgedehnt; durch ganz Kleinasien bis nach Smyrna hin be- gegnen wir Monumenten, die zweifelsohne von ihren Heer- zügen Zeugniss ablegen. Wenn man nun auch geneigt sein wird, dieselben im allgemeinen der Epoche nach dem grossen Kriege mit Ramses 11. zuzuweisen, so ergibt sich doch aus den aegyptischen Angaben, dass sie schon vorher begonnen haben. In der poetischen Darstellung dieses Krieges, dem sog. Gedicht des Pentaur, heisst es, der Chetakönig habe »alle Völker von den Grenzen des Meeres an« um sich ver- sammelt, und alle Geldmittel seines Landes erschöpft, um ihnen Sold zu zahlen. Nach dem historischen Bericht, Lepsius, Denkm. HI, 187 d, 19, kommen die Truppen des Chetakönigs »aus allen Gegenden im Gebiete des Chetalandes, des Landes Naharain und des ganzen Qedi«. Unter Qedi sind unzweifel- haft die Gegenden nördlich von Syrien, also das südöstliche Kleinasien zu verstehen; man könnte bei diesem Namen an 4e Landschaft KtjtIc in Westkilikien (Ptolem. V, 8, 3), even- tuell auch an Kataonien nördlich vom kilikischen Tauros denken. Auch in der späteren Zeit Ramses' II. erscheint der »Fürst von Qedi« in Abhängigkeit von dem »Grossfürsten der Cheta« (Pap. Anast. II, 2 = IV, 6).

Das Land Qedi und seine Bewohner Qedu werden gelegentlich auch schon vor Ramses U. erwähnt, so Amonshymnus Dh. III. ZI. 9; Lepsius, ^nkin. m, 81 b, 33 »Gharu (Syrer) und Qedu«. Eine andere Form ««sselben scheint Qednu (z. B. Mariette, Karnak 48, 11) oder Qedna (ib. 88 f.) zu sein.

278 Drittes Buch, vierter Abschnitt.

§. 232. Der erwähnte poetische Kriegsbericht nennt ein Reihe von Ländern und Fürsten, die den Gheta verbünde oder unterthan sind, so den Fürsten von Arados, den vo Chaleb, den von Karkamis ; auch die Landschaft Änaugas is uns bekannt (§• 219). Die Gebiete der Fürsten von Mas(a) unc Buka (Leka) kehren wahrscheinlich in den Keilschriften als Mas, d. i. ein District der syrisch - arabischen Wüste (Deutzsch, Paradies 242, Gen. 10, 30 6<ltfD)i und Laki, Name der Steppen- landschaft westlich vom Euphrat und südlich von Karkamis (vgl. ScHRADER, ÄZ. 1879, 47) wieder. Die übrigen Namen: Dardeni (schwerlich die Dardaner am Gyndes, Her. I, 189), Pidas(a), Aruna (oder Meruna?), Qasuaden, Akeret, Musanat lassen sich nicht identificiren ; an die westkleinasiatisoben Stämme, die man zur Erklärung herangezogen hat (DardaneTi Pedasos, Ilion u. a.) ist gewiss nicht zu denken. Irgend- welchen genaueren Anhaltspunkt ergeben die aegyptischec Texte nicht.

In der grossen Schlacht bei Qades im fünften Jahr« Ramses' II. stehen diese halbabhängigen Hülfsvölker meist wi« es scheint unter dem Befehl ihrer Stammesfürsten; danebei finden wir zahlreiche »Oberste der Hülfstruppen«, die nacl uns völlig unbekannten Districten (Aqsu oder Aqebsu, Annas Tanis u. a.) benannt sind. Der Kern des einheimischen Fus& Volkes, welches 17,000 Mann beträgt, führt den Namen Tuhi und steht unter zwei Generälen. Daneben finden wir al hohen, offenbar doch militärischen Titel mehrfach das Wor Käsen (etwa PVp?» es begegnet uns indessen auch ii aegyptischen Texten) verwendet. Sonst wissen wir nich viel von der Organisation des Staates. Die Hauptstadt schein Qades am Orontes gewesen zu sein: von Königen kennci wir Sapalel (bbsE^)» seinen Sohn Marsir (lltflD) und dessei Sohn Matener (ninD)t der zur Zeit Ramses' II. ermorde wird. Diesem folgt sein Bruder Chetasir (nirnn)f dem wi später noch begegnen werden.

Zahlreiche Orte des Chetareiches nennt auch der Vertrag 10^ Ramses II., wo der Hauptgott (Sutecb d. i. Ba*al) eines jeden von iboe

Seti I. in Syrien. 279

als Zeuge angerufen wird. Leider lässt sich kaum ein einziger von ihnen identificiren. Zu den Leka vgl. §. 260. Der Name Sapalel findet sich auch bei den Assyrem in Form Sapalulmi (TII R. 7, 42 u. a., König von Patin §. 336).

Die Kriege der Aegypter gegen die Clieta.

§. 233. König Haremheb hat den neuerstandenen Staat nicht bekämpft ; ein gleiches gilt von der kurzen Regierung seines Nachfolgers Ramses (Ra'messu) I. Der später zwischen Ramses II. and dem Chetareich geschlossene Vertrag berichtet ausdrück- Kch, dass zur Zeit der chetistischen. Grosskönige Sapalel und Marsh: ein Freundschaflsvertrag mit Aegypten bestand. In- dessen Ramses' I. Sohn Seti I. beschloss, die verlorene Herr- schaft über Asien wiederzugewinnen. Gleich in seinem ersten Jahre zog er aus gegen die Sasu und unterwarf sie »vom Ghetem von Saru (§. 230) bis zum Lande Kana'anc. Dann zog er weiter gegen das »obere Rutenulandc. Die Festung Jenu'am (§. 219) wurde erobert, ebenso die Bergfeste »Qades im Lande Amur« d- h. die Amoriterstadt [später im Gebiet von Naphtali, mit [ der Chetahauptstadt nicht zu verwechseln]; die Fürsten des Landes Remenen (§. 220 Anm.) unterwarfen sich und lieferten dem Könige Bauholz für eine Nilbarke, zahlreiche Grosse von Rutenu wurden gefangen. Jetzt greift der Chetakönig ein. Auch ihn rühmt sich Seti besiegt zu haben, indessen hat er ^if keinen Fall bedeutende Erfolge errungen. Besässen wir die Monumente des damaligen Chetakönigs Mautener, so ^den wir wahrscheinlich von mindestens ebensovielen Siegen ober die Aegypter lesen. Jedenfalls hat Seti ausser dem SasuJand in dem er mehrere Brunnen und Forts anlegen liess höchstens Südpalaestina auf die Dauer behauptet. Ke Listen der unterworfenen Völker und Städte, welche er ^d ebenso Ramses II. und die späteren Könige geben, sind Wslorisch fast werthlos. Veraltete und ganz unbestimmte Namen (wie Mentiu Sätet, alle Nordvölker u. ä.) stehen neben den damals allein gangbaren, vielfach sind einfach die Listen

i

280 Drittes Buch, vierter Abschnitt.

Dhutmes' III. excerpirt, von irgend welcher Ordnung oder Zuverlässigkeit kann keine Rede sein.

Ramses I.: Lepsius, Denkm. in, 128. Rosellini, Hon. stör. 45a« Die gewöhnliche Annahme, dass mit ihm ein neues Geschlecht di^ 19. Dynastie den Thron bestiegen habe, ist nicht beweisbar uQf] höchst unwahrscheinlich, da in den zahlreichen Königslisten aus der Zeit Ramses* IL, auf denen seinen nächsten Vorgängern die Todtenopfer dargebracht werden, ^aremheb regelmässig neben Ramses I., die früheren legitimen Könige der 18. Dynastie dagegen nur sehr selten erscheinen. Seti I.: RosELLiNj, Mon. stör. 46—62. Lepsius, Denkm. HI, 125 iL Brdqsge, Reo. I, 45—51 (vgl. Brugsch, Reiseberichte aus Aeg. 146 ff.). Zusammen- stellung und Uebersetzung der Texte von Lüshington, Tr. Soc. BibJ. Arch. VI, 509. üeber die Brunnen im §asu1ande: Brugsch, Diel, göogr. 591 ff. Chabas, Voyage*284 ff. Im Vertrag R. II. mit den Gfaeta ist ZI. 14 liautener in Marsir zu corrigiren; davon, dass Sapalel und Ramses I. Zeitgenossen gewesen oder Krieg mit einander gefQhrt hätten, steht kein Wort darin. Das Land pa Kana*an = |JJ33n (S- 1^6 Anm.) wird auch im grossen Pap. Harris 9, 1 genannt, 9. 263.

§. 234. In seinen späteren Jahren wurde Seti I. auf einen anderen Kriegsschauplatz gerufen. Die Libyer (aeg. Tehenu) griffen, so scheint es, die Westmark des Reiches an. Diese kampfgeübten Stämme, welche seit langer Zeit sich die äusseren Elemente aegyptischer Givilisation angeeignet hatten, zeigen sich fortan als gefährliche Feinde des Nillandes. Jetzt gelang es dem Könige, sie in wiederholten Kämpfen zu besiegen und zu unterwerfen. In Verbindung mit ihnen scheinen schon jetzt mehrere für uns räthselhafte Volks- stämme zu stehen, vor allem die Sardana. Dieselben begegnen uns seit Ramses II. wiederholt und in grosser Anzahl als Söldner im aegyptischen Heere; ein Text (Gedicht von der Chetaschlacht) sagt, sie seien ursprünglich Gefangene des Königs gewesen. In den Abbildungen sind sie an ihrer eigen- thümlichen Bewaffnung (runder Schild, langes spitzes Schwert, Helm mit einer Kugelspitze), sowie an ihrem Gesichtslypus, namentlich dem kurzgeschnittenen Vollbart, sofort zu erkennen. Spätere Inschriften bezeichnen sie vielfach als ein »Volk der See« ; ihre Heimath muss also auf einer der Inseln oder Halb- inseln des Mittelmeeres zu suchen sein, und um des Namens-

Seti I. gegen die Libyer. Die Sardana. 281

ankkngs willen hat man sie vielfach mit den Sarden identiflcirt. Dass die Phoeniker in dieser Zeit schon nach Sardinien fuhren^ ist höchst wahrscheinlich ; indessen wenig glaublich, dass die un^ civilisirten Sarden die weite Seefahrt unternahmen, um Aegyp- ien anzugreifen oder in aegyptische Dienste zu treten. Eher könnten sie im Dienste phoenikischer Kauffahrer (als Söldner?) nach Aegypten gekommen sein. Neben den Sardana finden wir Söldner aus den libyschen Stämmen der Masauasa (viell. Md^oec, Her. IV, 191) und Qahaq (vgl §. 215). Es wird wohl an- zunehmen sein, dass wir es hier mit Mannschaften zu thun haben, die in Folge der libyschen Kriege Seti's in aegyptische Dienste getreten sind. Schliesslich ist hier noch das grosse Corps der Masaiu (z. B. Lepsius, Denkm. III, 175 b) zu nennen, das auch aus fremden Söldnern , vielleicht ursprünglich von dem schon in der 6. Dynastie genannten Negerstamme Masa (Brügsch, ÄZ. 1882, 34), bestanden zu haben scheint. In der späteren Volkssprache wird dieser Name ganz allgemein zur Be- zeichnung des Militärs verwerthet. Daneben werden auch Neger als Söldner erwähnt. Wir erkennen deutlich, wie allmählich ^in stehendes Söldnerheer neben die einheimische Miliz (die na'aruna §. 212) tritt, die unter Dhutmes III. noch den ^leinigen Bestandtheil des Heeres gebildet zu haben scheint.

Ueber die §ardana s. Brugsch, Geogr. Inscbr. H, 84 ff. ; Ebers, AeBM. 132 ff.; Chabas, Ant hist. 297 ff, u. a. Unter Ramses II. auch de Roug£ ^^^' 70, 14. Abbildung des §ardanacorps neben den einheimischen "^nippen Ramses' IL: Rosellwi, Mon. stör. 101. 106. Weiteres §. 260 ff. "* Üeber die Söldner unter Ramses II. s. vor allem Ghabas, Voyage 52 ff.

§. 235. Seti I. scheint nicht allzulange (etwa 10 Jahre) ^ert zu haben. Dun folgte sein jugendlicher Sohn Ramses IL, ^r in Prunkinschriflen mit arger Uebertreibung sich rühmt, schon im Ei sei er als König anerkannt gewesen und als ^nd habe ihm sein Vater die Regierung übertragen. Richtig ^t daran nur, dass er bereits in früher Jugend feierlich als Thronfolger proclamirt und vielleicht von Seti zu Ende Seiner Regierung zum Mitregenten erhoben wurde; als Kron- prinz begleitete er seinen Vater im Kriege gegen die Libyer.

282 Drittes Buch, vierter Abschnitt.

Ramses II. nahm gleich in seinem zweiten Jahre die tischen Feldzüge wieder auf. Wie es scheint, wurde die Schaft über Palaestina, das Land Amur (Lepsius, Denkr 187 e), wieder gewonnen oder sicher gestellt. Nördlicl Berytos, am Himdsflusse (Nähr el-Kelb, im Älterthum I errichtete der König eine Siegestafel, neben die zwei später eine zweite gesetzt wurde (Lepsius, Denkm. III, vgl. Herod. n, 106). Seinen zweiten Feldzug im fünften führte der König direct gegen die Cheta. Der Cheta hatte alle verbündeten oder von ihm abhängigen Sti aufgeboten und ein gewaltiges Heer in der Nähe von i versammelt. Beinahe wäre es ihm gelungen, die Avant der Aegypter, bei der sich Ramses befand, in einem H halt zu vernichten. Die Masse des Heeres, die in Eile beigerufen wurde, erreichte das Schlachtfeld nicht mehr i zeitig; nur der persönliche Muth des Königs, der sich r allein gegen Tausende gefochten. zu haben, als alles ihn Hess, verschaffte den Aegyptern den Sieg. Die Feinde wi in den Orontes (aeg. Arunta) geworfen, wobei sie sct Verluste erlitten ; der Fürst von Chaleb wäre beinahe ertru Ramses II. rühmt sich wieder und wieder dieses Sieges hat den Kampf in Luksor, in Karnak, in dem von ihn seinen Todtendienst in der thebanischen Weststadt gebi Ramesseum, und in Nubien im Tempel von Abusimbel stellen und poetisch verherrlichen lassen. Indessen es zwar persönlich eine tapfere That, aber kein grosser mil scher Erfolg. Von einer Eroberung von Qades erfahren nichts; und wenn Ramses behauptet, »der Chetakönig seine Hände gewandt, um ihn anzubetenc, so bezieht das auf vorübergehende Unterhandlungen oder einem Wa stillstand, denn wir sehen, dass der Krieg ununterbro

9sricbt aber seine Jugend: Mariette, Abydos I, d^c du temple d'Abydos 1867. Chronologisch ^erung Seti^s I. und Ramses' II. nicht die Rede Ithre vom Tode Seti's an. Auf den ersten Fe

Ramses* II. Ghetakrieg. 283

des KöDigs spielt der Lobhymnus auf ihn aus seinem zweiten Jahre, IjepsiDS, Denkm. DI, 175 g an, wo es mit arger Uebertreibung heisst »Sangar und Gheta vereint beugen sich vor dir«. Neben dem poeti- schen Bericht enthalten die Tempelinschriften mehrfach einen prosaischen, -^eit kürzeren, aber natürlich wahrheitsgetreueren; beide zusammen s. l>«i Brugsch, Gesch. Aeg. 498—513. Die poetische, auch im Pap. Sallier IIl. "Vorliegende Version hat E. de Rouo£ wiederholt behandelt, zuletzt und ^Kn vollständigsten in der trefiTlichen Uebersetzung Rec. des travaux I, 1 flf., 1870.

§. 236. Von dem Fortgang des Krieges haben wir nur

hr unvollständige Nachrichten. Nur einmal noch finden wir

tn König weit nach Norden vorgedrungen: im Gebiet von

l^^inep im Lande Naharain kämpft er persörilich gegen die

CHeta (Brügsch, Rec. 54, 2). Wie er so weit nach Norden

l^^aDgt ist, wissen wir nicht; in seinem achten Jahre sehen

^srir ihn lauter Städte in Palaestina einnehmen, von deren

N"amen Merom, Karpu im Gebiet von Bait 'Anat, Dapur im

t-ande Amur völlig erhalten sind (Lepsiüs, Denkm. III, 156).

Ein anderes Mal erstürmt er, von zahlreichen seiner kampf-

^eübten Söhne begleitet, die starke Festung äa(?)pul (ib. 166),

^<>hliesslich bezwingt er das rei^ellische Asqalon (aeg. Asqaruna

\^p2^J<i ib. 145c). Man erkennt sehr deutlich, wie die

•Ä^egypter mehr und mehr zurückgedrängt werden und schliess-

Öch völlig erlahmen; unzweifelhaft wird der Chetakönig sich

^hlreicher Siege haben rühmen können. Wenn daneben

f^amses in seinen Tempelinschriften lange Listen besiegter

'Völker und Städte gibt, in denen, um es Dhutmes III. gleich-

^Uthun, Assur und Sangar, Menüs und Karak (Kihkien §. 220)

^icht fehlen dürfen, mit denen der König schwerlich auch

'^Ur in nähere Berührung gekommen ist, so ist das lediglich

Hiahmredigkeit. Aus der völlig ungeordneten, altes und neues

^durcheinanderwerfenden Beschaffenheit der Listen ist überdies

^Uf den ersten Blick zu erkennen, dass sie keine historischen

*-^ocumente sind.

§. 237. Wann und auf welche Bedingungen hin Friede &^schlossen istj wissen wir nicht, und ebensowenig ist genauer ^tierliefert , welchen Theil Syriens die Aegypter behaupteten.

2g4 Drittes Buch, vierter Abschnitt.

Jedenfalls ist Palaestina ira wesentlichen aegyplisdi gebliebu Wenigstens besitzen wir Bruchstücke eines Tagebuctis aus der Zeit Merneptah's, des Nachfolgers Ramses' IL, in denen ütw alle, welche die aegyptisch-syrische Grenze passiren. Buch geführt wird. Aus denselben geht hervor, dass Gaza damab aegyptisch war; ferner werden hier eine >Burg König Mer- neptah's [derartige .Königliche Plätze' werden immer lutlk dem jedesmal regierenden König benannt] am Wege (V) nadi Sartum(?)< und eine Feste desselben »im District Ärm(aii)t genannt, die nur in Palaestina gesucht werden können, Wib- scheinlich ist bei dem letzteren mit Chabas eine Verschreiliur* für Amur, das Amorilerland, anzunehmen. Tyros da^rpn steht nach demselben Document unter einem einheiaiidKB König (Ba'almer . . .). Ebenso stehen die Sfisunomadeo o Abhängigkeit von Aegyplen. Ein sehr interessanter BerkW eines Beamten aus dem achten Jahre Merneptah's niekM. dass derselbe einer Schaar Sasu aus Edom (Aduma) itel Durchzug durch die Grenzfesle Chetem von Tuku gewährt habe, um ihre Heerden im Gebiete der Seen von Piton weiden zu können. Es scheint mithin, und dafür spricht aw4 der zur Zeit Ramses' III. vorliegende Besitzsland, dass nu» sich dahin einigte, dass den Aegyplern Südsyrien überlasset wurde, die Cheta dagegen im Norden völlig freie Hand üe* hielten.

Uelier das «Tagebuch eines Grenibeamlen« (Pap. Aiiast. 111, n"* p. 6. 5): Cbabas. Recb. pour servir ä l'hisloiK «Je Is 19. Aja. p. U £; Brugsc». Gesch. 579 f., DicL gfogr, 638: Ebkah, ÄZ. 1879. 29. EUta« der kaa<i (Pap. Anasl. VT, 4): Chahas I. c 107; Bnur.-cn, Djcl. |ta(r, 639 ff. Leider gibt uns Pap. AriBslasi 1 (Vojage d'un Eg,) tiitr pt keinen Anhalt. Die Siegesberichle Hamses' II. in Karnak, LuqwT. itm Ramesseum. Bet-WalU, Abusimbel u. a. s. Lepsic^, Denkm. lll 144-lffl Rosell™,, Mon. »tor. 04-115. - Nebenbei sei hier erwibnt, da» av* der Ansicht der Neueren Ramses 11. der im Pap, Atiast, I. ein fUt Mal SeseUu genannt wird der Sesoälri» oder Sesoosis der Grieeki sein soll, während Manelho denselben mit Usertesen IIl. id«iÜ*oA Letileres ist insorern gani richtig, als HeroJot 11. 110. Diod. I.» dem SesoMrjs die L'nterwerfung Aetbiopiena «uschreiben. Onmtar h^f die Griechen den Sesoriris lum Repräsentanten aller >egn>ti(chtB Gf«»

Friede und Böndniss zwischen Aegypten und dem Chetareicb. 285

t ■■

CJiaten gemacht ; im Qbrigen ist die Frage ffir die aegyptiscbe Geschichte ohne grossere Bedeutung. Vgl. Ukoer, Cbron. des Man. 122. Was die Cliebanischen Priester dem Germanicus von Ramses' II. Kriegen zu erz&hlen ^^inissten, berichtet Tac. Ann. IL 60.

§. 238. Auf Grund eines derartigen Abkommens war n dauerhaftes Friedensverhältniss zwischen beiden Staaten öglich, das bald in ein enges Böndniss überging. Im U. Jahre Ramses' 11. schlug König Chetasir dem Pharao i nen von diesem angenommenen Vertrag auf ewige Zeiten , in dem beide Staaten sich ihre Integrität garantirten, Schutzbündniss gegen jeden äusseren Feind schlössen und sic2h gegenseitig verpflichteten, alle Verbannten, die bei ihnen ^xaflucht suchen würden, zu überwachen, alle Flüchtlinge und Ä^'iiswanderer auszuliefern. Der Vertrag hat lange Jahre be- ^t^nden; 13 Jahre später besuchte Chetasir den Herrscher A^cgyptens und führte ihm seine Tochter als Gemahlin zu Cl-«EPsiüs, Denkm. III, 196). Es begab sich, was, wie der Gott I^lah zu Ramses sagt, »seit den Zeiten des Ra* bis auf dich unerhört wäre, dass Cheta und Aegypten Eines Herzens ^aren (Lepsius, Denkm. III, 193, 26 fif.). Wie rege und Mannigfach bei einem derartigen Verhältniss die Culturbe- ^iehungen zwischen Aegypten und Syrien sich gestalten müss- en, liegt auf der Hand. Der gewaltige Einfluss, den Aegypten ^ach Osten hin ausgeübt hat, ist bereits früher zusammen- ^ngend geschildert; und wenn wir z. B. finden, dass Züge ^ines aegyptischen Märchens, welches unter Ramses' Nach- folger aufgezeichnet ist, von dem Volksstamme der Hebraeer angenommen und auf seinen Stammheros Joseph übertragen sind, so ist das nur ein Zug mehr zu zahlreichen uns bereits bekannten. Aber auch in Aegypten sehen wir den Cult der syrischen Gottheiten sich immer weiter verbreiten daneben ^rd namentlich Set-Sutech, der mächtige Schirmherr des Auslandes, der den Feinden Sieg verlieh, eifrig verehrt, syrische Namen treten uns immer häufiger entgegen, und vor ^fem die Sprache wird durch das kantfanaeische in der auf- faflendsten Weise beeinflusst. In manchem Schriftstücke werden

286 Drilles Buch, vierter Absclini«.

semitische Wörter fast in dem Umfange gebraucht, in welchem französische Wörter in die deutsche Literatur des vorigen

Jahrhunderts eingedrungen sind.

Verlrag mit den Chela: LErsrus, Deiikm. ITl, 146. Brugscb, Rec. ITeberselil zuerst von BitiioscH (lieoer. Inschr. II), dann Goodwim, de Boog& Chabas, Voyage 332; Biiüc.'icH, Gesch. 518 U. a, Uaber die Beziehungen zwischen dem Märclicn von den iwei BrQdem CPap- d'Orlnney) und Jer Josephsgeschichle genügt es, auf Esrns, AeBM. 311 ff.

Slaat und Cuitvr der Ramessidenzeit.

§. 239, Nach dem Vertrag mit Ghetasir hat Ramses II. noch 46 Jahre in vollem Frieden über Aegypten geheirscht. Es gilt diese Epoche, die Zeit Seti's I, und Ramses' 11., für die Blüthezeit des neuae^ptischen Reichs, und mit Recht. Die kriegerischen Erfolge ihrer ersten Hälfte, die friedlichen, wohl- geordneten Verhältnisse der Folgezeit ermöglichten der Re- gierung eine allseitige Entfaltung der Mitlei des Landes und sicherten den Unterlhanen einen behagliehen Lebensgenuss, wie die Aegypter ihn von Alters her liebten. Wir besitzen denn auch aus keiner Zeit Aegyptens so zahlreiche Monu- mente — Tempel, Gräber, Weih- und Siegesinschriften u, s. \v. und literarische Ueberrestc wie aus dieser. Nirgends tritt aber auch der typische Charakter, welcher dem neuen Aegypten anhaftet, schärfer hervor als hier; überall heirsfJit die Schablone, von Individualität kann kaum irgendwo die Rede sein. Vergeblich suchen wir in all den zahllosen Teinpelinschriften, den auf Felswänden oder Papyrus ver- zeichneten Hymnen auf den König, den Anrufungen der (jfttter einen neuen Gedanken, eine originale Wendung: häufig fehl' jeder greifbare Inhalt. Alles ist Copie und nach fester Vorlage gearbeitet; wie sehr darunter auch der historische Gehalt äer Berichte gelitten hat, ist mehrfach hervorgehoben. In dw That stehen dieselben an Werth hinter denen aa"; d^r Zeil Dhutmes' III. weit zurück.

Dass Ramses II. 67 Jalire regierle. saut Ramaea IV. in eirw' '"' Schrift in Abjrdos; Piebbkt, BÄn. XIX. 273; Maristte. Ahydos 11, 3*.3S'

Das Reich Ramses* II. 287

§. 240. Die Verwaltung des Landes unterscheidet sich im Neuen Reiche nicht wesenUich von der früheren. Der König tritt uns überall entgegen umgeben von der ganzen Fülle göttlichen Glanzes; seine Räthe werden in den officiellen Texten nur zusammenberufen, um seine übermenschliche Weis- heit zu bewundern oder wegen ihrer mangelnden Einsicht gescholten zu werden. Je weiter wir in der Geschichte Aegyp- tens vorwärts kommen, desto mehr nimmt der Schwulst und die Absurdität in der Verherrlichung des Königs zu; unter Ramses II. gewinnt man oft den Eindruck, als ob er selbst sich für ein übermenschliches, mit den Göttern in directem Verkehr stehendes Wesen gehalten habe vgl. z. B. die Gold- minenstele und Lepsiüs, Denkm. HI, 193 (Brügsch, Gesch. 538). Wie Amenhotep HI. finden wir auch ihn in den nubischen Tempeln in Verehrung vor seiner eigenen Person, die zwischen Amen und Mut oder Chnum und *Anuqat dasitzt. Es mag dabei indessen die Absicht mitgewirkt haben, den regierenden König wie früher üsertesen III. zum Landgott der unter- worfenen Kuschiten zu erheben.

Die Residenz Ramses' II. war gewöhnlich in dem von ihm neu angelegten und mit zahlreichen Denkmälern ge- schmückten Tanis, das jetzt den Namen »Ramsesstadt« (wahrsch. = DDDJJ*! des Priestercodex) erhielt ; die Schreiber der Zeit werden nicht müde, die Herrlichkeiten der Stadt, die zugleich als Seehafen ein wichtiger Handelsplatz war (Brugsch, Dict. g^ogr. 421), zu preisen. Bei den vielfachen Beziehungen mit Syrien ist es begreiflich, dass der Schwer- punkt des Reiches hierher verlegt wurde und auch sonst an der Ostgrenze Aegyptens mehrere neue Anlagen erstanden (Teil el-Jahüdije, el Maschüta). Im übrigen wurden die Grenz- hefestigungen des eigentlichen Aegypten gegen die Wüsten- stämme immer im Stande gehalten und scharf bewacht (vgl. BauGscH, 1. c. 1238; §. 237). Die eigentliche Hauptstadt des Landes blieb dagegen nach wie vor Theben; neben ihm be- hauptete Memphis seine altererbten Ehren als älteste Residenz ^nd Wohnsitz des Göttervaters Ptah.

288 Drittes Bucli, vierler Abachniir.

Die vielumslriUene Frage nach der Lage des Libüschen Htmtn scheint von BEitrnscH lu Gunsten von Tanis entschieden zu sein i d*aeM war vielleicht auch el-Haschüta nach dem KOnig benannt. S. Bmxea, Dict. geo^r. 415. 1238. Chagas, H^I. eg. 11. 108 (T. Lcpsius, Ber. Bctl. At. 1866. Maspeho, RAn. XXXIV. 319 ff. Ebebs, Diiroh Gown m Sinai 512. Ueber Teil el-Jahüdlje 9. Lewis, TrSBA. VII. 177. BtuMO, DicL g^OfcT. laia.

§. 241. Die unterworfenen Stämme wurden in voll« Äbliiingigkeit gehalten. Wenn in den Tempelinschriften nml Sculpturen einige Male von der Besiegung der Kuschileo, Neger und Libyer durch Ramses II, die Rede ist. kann siah das nur auf die Bezwingung vereinzeller Autstände beziehen Die Goldminen Nubiens bei Kuban und ebenso die Ob«- aegyptens bei Redesie, Edfu gegenüber, wurden eifrig be- arbeitet; wir erfahren, dass Seti I. wie Ramses II. hier in den wüsten Einöden Brunnen anlegen liessen. Die Verw^ tung der nubischen Lande lag nach wie vor in den Händrt eines »Prinzen von Kus», Ebenso wurden die Bewohner dtf libyschen Oasen und des ostaegyptischen Wüstenlandes 'An hier sind nach Brugsch' überzeugenden Ausführungen diebis die Zeiten Ramses' lU. häufig genannten 'Apuriu zu sucheo^ die man vielfach, doch ohne Grund, mit den Hebraeern ido»- lificirt hat in Abhängigkeit gehalten, die letzteren vietfack y.a Frohndiensten für den Städtebau und die Steinbrüche h( angezogen. Von dem Wohlstand des Landes im aUgemein legen mehr noch als die Bauten die zahlreichen Privatraonil' monte Zeugniss ab, und bis zu einem gewissen Grade « die rhetorischen Schilderungen der Schreiber. Dass diesellM wie schon vor Jahrhunderten Duaufsechruta (g. 102), tun Ä Vorzüge des Gelelirtenlebens in ein möglich helles Licht setzen, sich vielfach in Schilderungen des Elendes eines joJai anderen Berufes ergehen, beweist in keiner Weise, das d> Masse der Bevölkerung ungebührlich bedrückt worden ' Wenn auch dem Hofe und vor allem der Priesterscliaft d* Löwenantheil zufiel, und die Kriege zunächst durch SleiMt und Zwangsconscription vielfach die Bevölkerung drddPM

k

Wohlstand des Landes. Bauten.

289

noochten, musste doch aus den abhängigen Provinzen auch <3€m gemeinen Manne ein bedeutender Vortheil zufiiiessen. JL^der erhalten wb aber die Handelsbeziehungen Aegyptens dieser Zeit, so hochentwickelt und eintraglich sie auch ge- sein müssen, fast gar keine Auskunft. Auch der Zu- ind und die Vertheilung des Grundbesitzes im Neuen Reidi noch wenig klar.

Ueber die 'Aparin s. ßRüoscHf Dict. g^r. 113 ff. Chabas, Rech. (Mi^iir senrir k l*hist. de la XIX dyn. 99. 142 ff. o. a. Ueber die Idminen: Ghabas, les inser. des mines d'or, 1862. Birch, RP. VIII. der nubiscben Goldminen auch bei Lepsius, Auswahl 22. Lauth, T. Münch. Ak. 1870. U, 337; 1871, II, 190.

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§. 242. Am selbständigsten und bedeutendsten sind

Ate Leistungen dieser Epoche auf dem Gebiete der Architektur.

^ro allgemeinen ist zu bemerken, dass die aus dem Felsenbau

entwickelte protodorische Säule, welche noch unter Dhutmes III.

[j^ B. DE RouG]^ et Banville^ Album Nr. 61) und Amen-

\]w>tep III. verwendet wurde, jetzt ganz in Wegfall kommt.

l^agegen entwickeln sich die Pflanzensäulen zu immer grösserer

Mannigfaltigkeit Daneben kommt der Brauch auf, Pilaster;

^ mit dem Kldniss des Königs oder einer Gottheit geschmückt

änd, namentlich an den Fa^aden als Träger zu verwerthen,

^r allem in den Felsentempeln. Die gigantische von Ramses I.

^worfene, Ton Seti I. und Ramses II. ausgeführte Säulen-

Me des Amontempels von Karnak ist eine der bewunderns-

^^hesten Leistungen der Aegypter. Ihr zur Seite steht der

Osiristempel von Abydos mit seinen vortrefflich gearbeiteten

Aeliefs, den Seti I. aufführen Hess ; freilich starb er, ehe der-

^Ibe fertig war, und die von Ramses II. zu seiner Vollendung

bhzagefugten Theile sind äusserst nachlässig gearbeitet. Da-

'^ben stdien die Meisterwerke des Felsenbaues, das Grab

%i's L im Eönigsthal der thebanischen Todtenstadt, und der

^oti Ramses II. in den Fels gegrabene Tempel von Abusimbel

'^ Noblen. Femer zahllose andere Bauwerke: die für den

-^Qdtendienst Seti's I. und Ramses' II. bestimmten Gebäude in

vhetaen (letaleres das sog. Ramesseum mit seiner Priesterschule,

Ueyer, Qetchichte das Alterthnmi. I. 19

290 Drittes Buch, vierler AlischnitL

welches Diodor Grab des Osymandyas nennt), Bauten in Luq» in Memphis, Heliopolis und Tanis. Im unteren Nubien | Ramses II. ausser dem grossen Tempel von Abusimbel nl weniger als fünf andere Felsentempei erbaut, in denen nel den Landesgottheiten Amon, Ptah, der König selbst und sn Gemahlin verehrt werden. Es ist begreiflich, dass durch 4 artige Werke die reichen Mittel des Landes schliesslich erschfl wurden, dass man flüchtig und ohne sorgfältige Durcharb tung des Details arbeiten musste und im Verlaufe der | gierung Ramses' II. ein entschiedener Verfall der Architehj eingetreten ist. Auch von der Sculptur sind uns zahlreR treffliche Proben erhalten, vor allem das in Turin bewahrte PI Irftt Ramses IL Die bewunderimgswürdig sorgfaltige Arbeit i Reliefs im Tempel Seti's I. zu Abydos wurde schon erwäh| ebenso kann der Composition des grossen Kriegsbildes, vvel«^ die Ereignisse des Ghetakriegs im fünften Jahre Ramses'j zusammenfasst die Musterung des Heeres, das LagerleW das Anrücken der Feinde, und die Schlacht von Qades ^ gewisse Grossartigkeit nicht abgesprochen werden. Der König 1| das Gemälde dreimal, im Ramesseum, in Liiqsor und in A^ sirabel, in farbigem Relief ausführen lassen. Daneben steS dann zahlreiche Proben aller Gattungen des Kunsthandwerks | zu den einfachsten, oft sehr roh gearbeiteten Grabstelen hiiil g. 243, Von der Literatur der Zeit ist uns Einiges % halten. Zunächst das Gedicht, welches Ramses II, üt)er sei^ Kampf mit den Cheta verfassen und mehrfach auf i Tempelwände eingraben liess, ein Werk, dem es trotz seil officiellen Charakters doch nicht an Leben und poetisci Schwung fehlt. Dann mehrere Erzählungen, so das unter H neplah geschriebene berühmte Märchen von den zwei Brö (s. §. 238). Vor allem aber die zahlreichen Schreiberbriefe. I torische Uebungen, Schilderungen der Macht des Königs U seiner Werke, Preis der Gelehrsamkeit, Hymnen, morali^ Ermahnungen, daneben ziemlich inhaltlose Musterbriefe, offenbar als Vorlagen für wirkliche Briefe und Berichte dien sollten. Neben diesen Sammlungen sind uns auch i

Literatur und Religion. 29t

Briefe 9 Berichte, Actenstücke u. ä. in ziemlicher Anzahl er- halten, die uns über das Leben und Treiben der Aegypter des 13. Jahrhunderts vielfache Aufschlüsse gewähren.

Werfen wir schliesslich noch einen Blick auf das religiöse Leben, so erkennen wir deutlich, dass wir in einer Epoche stehen, in der die haeretischen Bestrebungen völlig unterdrückt sind und die Orthodoxie die unbedingte Herrschaft behauptet. Die religiöse Literatur der Zeit ist früher bereits genügend charakterisirt worden. Die Formeln der siegreichen Geheim- lehre begegnen uns auf Schritt und Tritt. Wie sehr die Priestermacht anwächst, zeigen die zahlreichen Tempelbauten. Alle natürlichen Verhältnisse werden von der Religion über- wuchert und erstickt. Krieg führt man im Auftrage und Namen Amons, um seine Unterthanen zu vermehren, ihm reiche Beute zuzuführen ; von den Thaten der Könige erzählen die Inschriften verhältnissmässig wenig, wohl aber ausführlich die Gespräche, welche sie mit den Göttern führen, und wie diese »alle Lande unter ihre Füsse werfen c. Der älteste Sohn Ramses' IL, Cha*mus, wird Oberpriester des Ptah in Memphis und sorgt eifrig für den Cult des heiligen Apisstieres: er hat den Grund zu den berühmten Apisgrüften, dem Serapeum Von Memphis, gelegt. Den Späteren gilt er für einen grossen Weisen und Zauberer. Dass die Beamten neben ihren staat- ßchen Würden in der Regel auch ein oder mehrere Priester- thfimer bekleiden, ist uns schon als altes Herkommen bekannt; dass die höhere Bildung und vor allem die Erziehung in Schriftthum und Gelehrsamkeit ausschliesslich in den Händen der Priester liegen, ist selbstverständlich. Die entnervende Wirkung dieser Verhältnisse tritt uns im Verlauf der aegyp- tischen Geschichte überall entgegen. Wie das geistige Leben erstarrt, schwindet auch die physische Kraft. Seitdem alles, was die Nationalität ausmacht, in äusseres Formelwerk um- gesetzt ist, verliert die Nation selbst die Lebensfähigkeit, die Kraft ihre Existenz selbstthätig zu behaupten.

Die Briefliteratur dieser Zeit unter den uns durchweg nur durch ^^llige UmstAnde erhaltenen Ueberresten gehören die meisten der Zeit

292 Drittes Buch, fünfter Abschnitt

der n&ohaten Nachfolger Ramses' II. an ist vor allem toq Cbaias, M^langes und Maspbro, Du genre öpistolaire (BibL de Töcole des btota ätudes XII, 1873) behandelt Dass das Gedicht Ober den Ghetikmf nicht von dem Schreiber Pentaur verfasst ist behauptet Erjux, Neoicf. Gramm. 7 wohl mit Recht Die mehrfach geftusserte Ansicht der tob den Königen der 19. Dynastie eifrig [vor allem in Tank] gepflegte Csl des Set-Sntech sei ketierisch gewesen, ist ganz unbegründet; ancfa der doch gewiss orthodoxe Amonspriester tirihor hat an der Verehniog da Set keinen Anstoss genommen (Lepsius, Üenkm. 246 b). Erst nach dir Aethiopenzeit ist dieselbe unterdrückt worden.

V. Die Eleinasiaten und die cheütischen

ErobenmgeiL

Die VolksstSmme des kleinatiatitch - armenischen HocMandii.

§. 244. Die grossen Gebirgsmassen , welche Syrien udI Mesopotamien nach Norden begrenzen und von den Älteo unter dem Namen Tauros zusammengefasst werden, biidefi die Grenze der semitischen Welt. Sie sind der Südrand dff mächtigen klein asiatischen Plateaulandschaft^ die, im Norda und Süden von parallelen Küstengebirgen eingeschlossen, nach Westen zu in zahlreichen fruchtbaren Thälern sich öffnet undnä mannigfach gegliederten Landzungen ins aegaeische Meer hioeiih ragt. Das Gentrum des Plateau's bildet eine vöUig kahle und weni| culturfahige Hochebene von 2000—3000 Fuss Höhe über de« Meeresspiegel (Kappadokien und Lykaonien); daran schlieait sich nach Osten eine wilde, rauhe Gebirgslandschaft, der & fruchtbaren Ebenen des Araxes und Kyros vorliegen. Wedff national noch politisch hat dies Gebiet jemals eine Einheit gebildet, und seine Rolle in der Geschichte ist wesentficb receptiv. Wie die Phoeniker zur See, so bilden die kleto- asiatischen Stamme auf dem Landwege die Vennittelung xwf- sehen der asiatischen und der hellenischen Welt.

Charakter Kleinamens. Die kaukasischen Stämme. 293

Die Ethnographie des alten Kleinasien liegt noch sehr im Argen vuii hat wenig gesicherte Resultate aufzuweisen. Die Untersuchungen ^^<m MovERs (Phoenizier) und Lassen (ZDM. X) entbehren völlig einer kritisch gesicherten Grundlage. Die Sucht überall Semiten zu finden hat c^ie klare Erkenntniss sehr getrübt. Sehr dankenswerth ist die kurze usammenstellung von Kiepert in seinem Lehrbuch der alten Geogr. ^gl Ber. Berl. Ak. 1861, I, 114 ff.), wenngleich ich ihm fast nir- mds beistimmen kann, lieber die Sprachen s. vor allem de Lagarde, «s. Abhandlungen S. 254 ff.: eranische Sprachen ausserhalb Erans. on grosser Wichtigkeit für die Abgrenzung der Volksstämme ist eine usammenstellung der in den einzelnen Districten herrschenden, uns in- .hrifllich bekannten Eigennamen. Ganz unzulässig ist es dagegen, den ^xnstand, dass unter den Persem im Ostlichen Kleinasien die officielle irache aramaeisch war, für die Ethnographie zu verwerthen. Aus- lirlicher werde ich die einschlägigen Fragen demnächst in dem Art. '^ teinasien in der Encycl. von Ersch und Grüber behandeln.

§. 245. Am Nordrande Armeniens und Kleinasiens sitzen mig cultivirte Stämme^ die mit den heutigen Kaukasusvöl- Mn nahe verwandt zu sein scheinen. Am Südabhang des Kaukasus finden wir in der Ebene des Kyros die Iberer (die heutigen Georgier) und Albaner, am Phasis die Kolcher (viell. ^Äsyr. Kaski, pers. Karkä). An sie schliessen sich die wilden Stamme der pontiscfaen Küstengebirge, die in der römischen Zeit unter dem Namen Tzanen, später Lazen, zusammen- Se&isst werden. Bei den Griechen sind unter ihnen die Cha- lyber (auch Chaldaeer gienannt, armen. Chalti) am bekann- ^^ten, da sie es verstanden, aus dem an der Oberfläche des Gebirgs zu Tage liegenden Eisenerz Eisen und Stahl (x&\^^) zu bereiten; auch Silber haben sie gewonnen (daher II. B, 856J. Peraer die Makronen, Drilen, Taocher u. a. und vor allem die Moscher, die in griechischer Zeit nur in den östlichen Ge- birgen hausen, während bei den Assyrern unter ihrem Namen (Muskäja, später Muska, hebr. IIC^D) die sämmtlichen Gebirgs- ^tamme des nordöstlichen Kleinasien zusammengefasst zu Verden scheinen. An sie schliessen sich nach Südwesten die Tibarener (ass. Tabalai, hebr. ^DlP). In älterer Zeit haben ^ich dieselben weit nach Süden bis an den Tauros ausge- <lehnt, wo z. B. im Jahre 838 v. Chr. 24 Könige von Tabal

294 Drittes Buch, fönfter Abschoiti

erwähnt werden (§. 337); in der griechischen Zeit sind sie auf die Küstenlandschaft am Thermodon beschränkt, nur ein versprengter Rest hat sich im Tauros behauptet (Gic. ad fam. XV, 4). Das Gentralplateau nehmen in dieser Zeit die Eappa- doker ein (§. 249). Im allgemeinen vgl. noch §. 265.

Zusammenstellung der assyrischen Angaben bei Schrader, K6F. 155(11 Vgl. auch meine Gesch. des Kgr. Pontos S. 9 ff. lieber die Ghalyber vor allem Ham^ton, Travels in Asia Minor.

§. 246. In gleicher Weise sind die grossen Gebirge des südlichen Kleinasiens, die Tauroslandschaflen, von einer grossen Anzahl vermuthlich unter einander verwandter, von Krieg und Raub lebender Stämme bewohnt, deren ethnographische Stellung zu bestimmen unsere Mittel nicht ausreichen. In der wilden und seenreichen, von zahlreichen Flüssen durch- schnittenen Gebirgslandschaft im Gentrum des kleinasiatischen Tauros sitzen die Pisider, Isaurer und Lykaonen; an sie schliessen sich im Südwesten, in der 3000 Fuss hohen von Schneegebirgen rings umschlossenen Hochebene Milyas, die Solymer, im Südosten in dem vom Kalykadnos durchzogenen Gebirgsland die Killker (ass. Chilakku, z. B. II R. 53, 8 b, daneben auch Ghiluka, auf Münzen "ibn). Das Küstengebiet ist dagegen durchweg von anderen Völkern besetzt. Rings an den Abhängen des Gebirges von Milyas wohnt der hoch- cultivirte Stamm der Tramilen (Lykier), der jedenfalls indo- germanischen Ursprungs ist (weiteres §. 252); die den pisidi- sehen Gebirgen vorliegende Küstenebene ist sehr früh von Griechen, den Paraphylern, besiedelt worden (§. 279); und die Bevölkerung der weiten und fruchtbaren Ebenen, welche der Saros und Pyramos durchfliessen (das Land Qui der As- Syrer, das ebene Kilikien der Griechen), war ebenso wie die Höhen des Amanos jedenfalls nicht von Kilikem, und wah^ scheinlich nach dem Ausweis zahh-eicher Ortsnamen von Semiten bewohnt. Wie es scheint; gehörte diese Land- schaft von Anfang an zum Gebiet der Chetiter.

Die Gebiete der Kiliker, Pisider und Solymer lassen sich nut Hälfe der Eigennamen ziemlich genau abgrenzen; von den TramÜeo

Solymer, Pisider, Kiliker. Armenien. 295

(Lykiem) sind die letzteren völlig zu sondern. Die Chilakku kennen die Assyrer nar im rauhen Kilikien, und nur hier finden sich in den In- schriften die ihnen eigenthümlichen Namen. Semitische Namen im ebenen

Kil.: der Fluss Saros = Kotpavo? d. i. "IJCf (Steph. Byz. s. v. "ASava); Adana THJ^ *Aden »Wohnsitz«, Mallos H /JJD »Höhe«, Tarsos T*in u. a.; ferner an der Koste des rauhen K.: Soli y?Q »Fels«, Nagidos ^JiS Negd, vielleicht phoenikische Kolonien (§. 191). Ueber den kilikischen ^nnengott Sandon (auch im Namen des' von Assurbanipal erwähnten Königs Sanda-§ar(?)mi von Kilikien) s. m. Aufsatz ZDM. XXXI, 736 ff. Ueber das Land Qui s. Schrader, KGF. 256 ff. Im wesentlichen scheint bei den Aegyptern Qedi dieselbe Gegend zu bezeichnen: S* 281.

§. 247. Noch weniger ist es gegenwärtig möglieh, über die Nationalität und ältere Geschichte der Bewohner des grossen von uns unter dem Namen Armenien zusammen- gefassten Gebirgslandes zu völlig klaren Resultaten zu kommen. Bei den Assyrem wird der gesammte Ländercomplex östlich vom Euphrat und nördlich vom Tigris bis über den Wansee hinaus unter dem Namen »die Na'iriländerc [gewöhnlich im Plural] zusammengefasst ; derselbe hat nqr geographische Be- deutung. Der südliche Theil derselben, das Gebirgsland süd- Bch vom Wansee von den Tigrisquellen bis zum Zab, heisst ^ Tiglatpileser I. Kurchi, später Kirchi (resp. Kurti, Kirti, ^. §. 248 Anm.). Daneben erscheinen eine grosse Anzahl fein localer Namen, die zu ethnographischer Bestimmung wenig Anhalt bieten. Im allgemeinen dürfte das Folgende ^k einigermaassen gesichert gelten können:

1) In den Berglandschaften vom Wansee bis zum Araxes und in der Ebene dieses Flusses selbst siedelt ursprünglich ein Voksstamm, den die Assyrer Urartu, Herodot 'AXapöStot (Hl, 94; VII, 79) nennen. Daher führt das Land (und sein Hauptberg Masis) bei den Hebraeern den Namen lonnN» Ararat, bei den Armeniern Airarat. Die Alarodier zerfallen in mehrere Stämme resp. Staaten, von denen der am Oslufer des Wansees gelegene mit der Hauptstadt Tuäpä i^mnia, Ptol. V, 13, 19 u. a.), dem heutigen Wan, seit dem lieunten Jahrhundert zu grösserer Bedeutung gelangt ist. Die Könige von Wan haben uns zahlreiche mit assyrischer Keil-

296 Drittes Buch, fünfter Abschnitt.

Schrift geschriebene Inschriften in der einheimischen Spradn hinterlassen, deren Entzifferung ganz neuerdings Satge fai wesentlichen gelungen zu sein scheint. Nach seinen Er- gebnissen ist die Sprache derselben weder indogermaniscl noch semitisch, wohl aber vielleicht mit dem Georgischen d. h. der Sprache der nördlich an die Alarodier grenzend» Iberer, verwandt. Weiter lässt sich noch wenig feststellen Unter den Gottheiten des Landes tritt vor allem der höcbsti Gott Chaldi mit zahlreichen localen Formen hervor daneben die Götter der Sonne, des Mondes, der Luft, und eine weibliche Gottheit Sar (?), die der I§tar-Nanä gleichgesetzt wird

Ueber Kirchi vgl. Schrader, K6F. 146. Ueber die armenischen In« Schriften und die Greschichte des Reichs von Wan s. Latard, Niniveh and Babylon 390 ff. Lenormart, Lettres assyriologiques 1, 117 ff^ mid vor allein Sayce, JRAs. See. n. S. XIV (1882), wo die sonstige Literatur niscunmengestellt ist. Dass der von den Assyrern oft erwähnte Stamm der Mannai = >^ Jerem. 51, 27 (neben üHnjO, Mtvod? Nie. Dam. fr. 76 Müller nidi in Wan, sondern in den medisch-armenischen Grenzgebirgen zu sacbei ist, hat Satge erwiesen. Das Reich von Wan wird in den einheimischei Inschriften Biaina, von den Assyrern dagegen wiederholt Urarta nannt. Im übrigen vgl. §. 342. Hierher gehören dann auch die 1>< Herodot und sonst genannten Saspeiren u. a. Herodot's Matiene (III, ^ V, 52 u. sonst) ist das Bergland zwischen Assyrien und Medien sQdlicr von den Alarodiem, zu dem die Länder Girzan, Kirruri und theilweis auch Kirchi der Assyrer gehörten.

§. 248. 2) Der Name Armenien kommt erst in de Perserzeit auf. Er haftet zunächst ausschliesslich an de^ Landschaften westlich von Urartu, dem Quellgebiet des Tigri und Euphrat und dem Landstrich westlich vom oberen Ett phrat bis zu den Halysquellen , d. i. Kleinarnienien (Herod I, 72. 194; III, 93; V, 52). In den assyrischen Berichtet finden wir hier zahlreiche einzelne Namen, wie Enzite ('AvCt- njvrj, Suchmi, Dajäni, aber keine zusammenfassende Bezeich- nung. Die Armenier, welche sich selbst Haiq nennen, sind zweifellos ein indogermanisches, in gleicher Weise den Iraniern und den Kleinasiaten verwandtes Volk ; nach einer schon b^' Herodot VII, 73 vorliegenden Tradition wären sie aus PhiT'

Alarodier und Annenier. 297

gien eingewandert. In der Thal sind wir gegenwärtig noch in keiner Weise im Stande, über ihre ältere Geschichte etwas auszusagen; es ist möglich, dass sie schon seit uralter Zeit im Lande sassen, ebenso möglich aber auch, dass sie erst nach dem Falle der Assyrerherrschaft von Ost oder West eingewandert sind und die ältere Bevölkerung verdrängt haben. Ihr Name wird dann auch auf das Land Urartu übertragen; die Satrapie, in der nach Herodot die Alarodier wohnen, heisst bei Xenophon (Anab. III, 5, 17. IV, 3,4 vgl. 4, 4) Ostarmenien. Ebenso wird in den Achaemenideninschriften das Land, welches persisch Armina (susisch Harminijap) heisst, babylonisch Ura§tu [Nebenform von Urartu] genannt. Politisch ist indessen das Alarodiergebiet erst in heUenistischer Zeit, nach 189 v. Chr., durch König Artaxias von Armenien mit den westlicheren Gebieten^ den Stammsitzen der Armenier, zu einem grossarmenischen Reiche vereinigt worden (Strabo XI, 14, 5), und seitdem verschwindet die Nationalität der Alarodier vollkommen. Die eigentlichen Armenier sind in Re- ligion und Cultur unter der Herrschaft der Perser und der folgenden aus persischen Greschlechtern stammenden Häuser völlig iranisirt, so dass sich über die älteren Verhältnisse der- selben nichts aussagen lässt.

Zu beachten ist, dass auch in den unmittelbar an Assyrien gren- landen Gebirgsiftndem seit der Perserzeit ein indogermanischer Stamm ADsftssig ist, die Karduchen, die Vorfahren der heutigen Kurden; hat Also etwa zur Mederzeit eine systematische Ansiedelung indogermanischer Stimme in diesen Gebieten stattgefunden? Andererseits darf auch die Ceberlieferung der Alten von einer Einwanderung von Westen nicht un- bedingt von der Hand gewiesen werden. Uebrigens kann der assyrische ^isne Korchi oder Kirchi ebensogut Kur|i (Kirti 19*13) gelesen werden ; sollte vielleicht doch der Name der Kurden darin zu erkennen sein? Es ist hier eben noch alles unsicher. Dass die Heimath der indo- germanischen Armenier das westliche Armenien ist, scheint mir nach den deutlichen Angaben Herodot*s und der späteren Entwickelungs- geschichte des Landes völlig zweifellos. Ganz werthlos fQr die ältere Landesgeschichte ist die angeblich einem syrischen Schriftsteller Mar Apas Katina entlehnte Urgeschichte Armeniens bei Moses von Ghorene (auch bei Mf^LER, Fragmenta V in Uebers. von Lanolois), der im vierten

298 Drittes Buch, fünfter Abschnitt.

Jahrhundert n. Chr. zuerst die Geschichte seiner Heimath schrieb. Dieselbe (aus der Kiepert, Ber. Berl. Ak. 1869, 216 ff. in geistreicher, aber unhaltbarer Weise den Gang der ältesten Volksgeschichte reconstruiren wollte) ist aus Brocken hebraeischer, griechischer und persischer Cre- lehrsamkeit, Combi nationen von Eigennamen und freien Phantasien zusammengesetzt und enthält höchstens ganz dQrflige TrQmmw einer wirklich volksthümlichen Ueberlieferung.

§. 249. Aehnliche Schwierigkeiten entstehen bei dem westliehen Grenzlande Armeniens, dem vom Halys durch- strömten Hochplateau. In assyrischer Zeit finden wir hier, wie schon erwähnt, den Stamm der Tabal, griechisch Tiba- rener (§. 245); in späterer Zeit dagegen ist der Haupttheil des Landes von zwei eng verwandten Stämmen bewohnt, den Kappadokern im Norden bis zum Halys und den Kataonem zwischen Halys und Tauros. Wie es scheint, sind sie indo- germanischen Stammes; ob sie aber mit der alten tibareni- schen Bevölkerung identisch oder eingewandert sind, wissen wir nicht. Der Name Kappadoker (Katpatuka) kommt zuerst in der Perserzeit vor; die Griechen nennen sie Sjrrer oder weisse Syrer, eine Bezeichnung, die der assyrischen Herrschaft über das Land ihren Ursprung zu verdanken scheint und bis in späte Zeit speciell an dem Gebiete von Sinope in Paphla- gonien haften geblieben ist. Höhere Cultur haben die Kappa- doker nie entwickelt; unter ihren Gottheiten tritt besonders die im kappadokischen Komana am Iris und im kataonischen am Saros mit orgiastischen Culten gefeierte Natur- und Kriegs- göttin Ma (die Mutter ?) hervor, der zu Ehren sich die Priester bei ihren Umzügen zerfleischen und die Mädchen preisgeben. Denselben Namen trägt auch die grosse Göttin der West- kleinasiaten, und aller Wahrscheinlichkeit nach stehen die Kappadoker mit diesen in naher Verwandtschaft.

Im allgemeinen s. meine Gesch. des Kgr. Pontos und Art. Kappadokien in Ersch' und Gruber's Encycl. Femer Nöldeke, 'Aaaopto^, Soptoc, S6poc im Hermes Bd. V. Politisch (nicht national) gehört Kataonien nach der Assyrerzeit zu Kilikien, s. Buch VI.

Die WestkleiDasiaten. 299

Die Westkleinasiaten.

§. 250. Alles Land westlich vom Halys und nördlich von den solymisch-pisidlschen Gebirgen ist von nahverwandten Völkerschaften indogermanischer Abstammung bewohnt, die wir unter dem Namen der Westkleinasiaten zusammenfassen können. In der grossen Gruppe der indogermanischen Völker- familie, welche ganz Europa und in Asien das iranische Hoch- land und Nordindien bewohnt, stehen sie den Stämmen der Balkanhalbinsel, den Griechen und vor allem den thrakischen Stammen zunächst. Schon alte Schriftsteller wie Herodot und i der Lyder Xanthos berichteten, natürlich nicht nach historischer Tradition, sondern auf Grund einer Combination, die Phryger, der Hauptstamm der Westkleinasiaten, seien aus Thrakien ein- gewandert. Andererseits werden von den Phrygern wieder die Armenier abgeleitet (§. 248). Die armenische Sprache steht den iranischen ziemlich nahe, und wir erkennen, dass hier wie überall in ähnlichen Fällen der geographischen Ver- theilung auch die sprachliche und ethnographische Stellung der einzelnen Völker entspricht. Indessen da wir absolut nicht wissen, wo die älteste Heimath der Indogermanen zu suchen ist, so können wir auch nicht entscheiden, ob hier eine Wanderung, ein Eindringen der Indogermanen zwischen die älteren in die Gebirge zurückgedrängten Einwohner von Osten oder von Westen aus stattgefunden hat. Wir wissen ja nicht einmal , ob die Kappadoker und Armenier seit ur- alter Zeit oder vielleicht erst im sechsten Jahrhundert in ihre späteren Wohnsitze gelangt sind.

Meine Gründe, die Westkleinasiaten zu einer Einheit zusammenzu- ^D, sind kurz die folgenden : 1) Nach karischer Angabe (Herod. I, 171) sind Rarer, Lyder und Myser nahe verwandt. 2} Nach Xanthos (Strabo Xll, 2| 3 aus Menekrates von Elea) steht die mysische Sprache in der Mitte ^wischen der lydischen und der phrygischen; vgl. Herod. VII, 74: die ^yser sind £tcoixoi der Lyder. 8) Bei allen hierhergehörigen Stämmen finden wir dieselben Personennamen nur die Karer stehen hier mehr ^ sich und nahe verwandte Ortsnamen. 4) Die Religion aller die^r Stämme ist im wesentlichen dieselbe. 5) Die lydische wie die phrygische

900 Drittes Buch, fünfter Abschnitt

Sage nennt Manes als den ersten Menschen und Herrscher des Landes. Ver- wandt sind yielleicht der indische ll&na und der germanische Ifannus, aber schwerlich der kretische Minos. Dass die Westkleinasiaten Indogermanen sind, ergibt sich aus den in Glossen und Inschriften erhaltenen Ueber- resten ihrer Sprachen, s. de Lagarde, (}es. Abb. und fOr das Phry- gische [und Thrakische] Fick, Spracheinheit der Indogermanen Europas S. 408 ff. Dass das Armenische und Pbrygische verwandt seien, sagt auch Eudoxos (bei Eusthat. ad Dien. Perieg. 694 = Steph. Byz. s. v. 'AppLsvia); dass das Karische, resp. Pbrygische viele griechische [d. h. wahrscheinlich gemeinsam indogermanische] Wörter enthalte, Philippos y. Suangela bei Strabo XIV, 2, 28 und Plato Gratyl. 410. ~ Phryger aus Thrakien: Herod. VI, 45. VII, 73. VUI, 138. Xanthos bei Strabo XII, 8, 3. XIV, 5, 29 aus Menekrates und ApoUodor. Weiteres in Art. EHeinasien bei Ersch und Gruber.

§. 251. Das Gentrum Eleinasiens von den Küsten der Propontis bis nach Pisidien bewohnt der grosse in viele ünter- abtheilungen zerfallende Stamm der Phryger^ dem auch die kleinen Völkerschaften der Mariandyner und Paphlagonen am schwarzen Meer, sowie die Troer am Nordabhang des Ida und im Skamanderthal sich zunächst anschliessen. Ein ein* heimischer Name der Phryger scheint Askanier zu sein; da- nach heisst ein See bei Kelaenae und der See von Nikaea der askanische, die Landschaft um den letzteren Askanien, der Heros Askanios erscheint in einheimischen und griechischen Sagen als Fürst der Phryger. Aller Wahrscheinlichkeit be- zeichnet dem entsprechend das hebraeische T3DKrj< Asknaz (Jerem. 51, 27, Gen. 10, 3) die Phryger. Dieselben sind ein Ackerbau und Viehzucht treibendes, friedfertiges und gut- müthiges Bauernvolk, dessen Charakter sich in zahlreichen zu den Griechen übergegangenen oder von ihnen umgebildeten Sagen (von Midas und Silen, von Herakles und dem ruchlosen Schnitter Lityerses, von Midas' Reichthum und Eselsohren) deutlich wiederspiegelt. Bezeichnend ist auch, dass Gordias, der Gründer von Gordiaeion, den die Götter zum ersten Herr- scher des Landes ersehen hatten und vom Pfluge auf den Thron beriefen, ein Bauer war. Indessen das Reich im San- gariosgebiet, dessen Begründung ihm zugeschrieben wird, ge- hört erst einer späteren Epoche an.

Pbry^r; Myser, Lyder, Karer; Tramilen. 301

Ueber die 15 kurzen aitphrygiechen Inschriften, deren Deutung nur sehr theilweise möglich ist, s. Mordtmann, Ber. Münch. Akad. 1862, I [rgl. Fr. Müller, Orient und Occident II, 574]. Gosche, Verh. der Meissener Philologenvers. 1863. Ueber die Glossen ausser de Lagarde und Figk: HüBscmiAiiir in Kühnes Ztachr XXIII, 48. Ueber manches HieriiergebOrige s. auch meine Geschichte von Troas 1876. Ueber die Fluthsage von Kelaenae s. NOldeke, Unters, zur Kritik des A.T. 154»

§. 252. In den Gebirgen des nordwestlichen Phrygien, dem Ärganthonios und Olympos, sitzt mitten unter der acker- bauenden Bevölkerung ein räuberischer und kriegerischer Stamm, die Myser. Dieselben sind auch ins Rhyndakosthal and in die Landschaft Tenthranien (am Kaikos) am aegaei- schen Meer vorgedrungen. An sie schliessen sich nach Süden die Lyder (bei den älteren Griechen Maeoner genannt) , die in die Stämme der eigentlichen Lyder (in Sardes), Torrheber (in Torrhebos, wahrsch. am oberen Kayster), Asier (am un- teren Eayster) und der viel weiter südöstlich in Kabalien (Haupt- stadt Kibyra) ansässigen Lasonier zerfallen. Sie sind neben den Tramilen der thatkräftigste und gebildetste aller kleinasiati- schen Stänune, der einzige, der politisch zu hervorragender Bedeutung gelangt ist. Auf sie folgen nach Süden die Karer im Maeanderthal, an den vielgegliederten Küsten und ^ den Inseln des aegaeischen Meeres. Ein Zweig der- selben oder ein Name der Kästenbevölkerung scheinen die Leleger zu sein, denen wir in historischer Zeit noch als Be- wohnern von Antandros und Gargara an der Südkäste von Troas begegnen. Nach einheimischer Ueberlieferung (Herod. 171) waren die Karer den Lydern und Mysern nahe ver- wandt; nach den bei ihnen herrschenden Eigennamen scheinen sie mehr isolirt dazustehen, und auch ihr Charakter ist anders- artig. Im Inneren finden wir Bauemgemeinden unter adligen Herren, wie auch sonst in Kleinasien; die Küstenbevölkerung dagegen geht früh auf Schiffahrt und Piraterie aus, wovon sidi bei den Lydern keine Spur findet, und früh haben die Karer als tapfere Krieger hohen Ruhm gewonnen und sind vielfach als Söldner in fremde Dienste getreten. Zu <leQ Westkleinasiaten sind unzweifelhaft auch die ältesten Be-

302 Drittes Buch, fönfter Abschnitt.

wohner von Rhodos und Kreta ('EteöxpTjtsc , Od. t, 177) zu rechnen. Dagegen scheint es nicht, dass die Tramilen in näherem Verhältniss zu ihnen stehen. Es ist schon erwähnt, dass dieser Stamm, dessen Sprache jedenfalls indogermaniflch ^st, den schmalen Eästensaum von Milyas besetzt (§• 246) und die Solymer in langwierigen Kämpfen (vgl. fl. Z, 184. 204) ins Innere zurückgedrängt hat. Die Griechen nennen ihr Land als Heimath des Sonnengottes Lykien »das Lichtlandc, sie selbst Lykier. Woher sie stammen, wann sie die Kästen be- setzt haben, ob sie auf dem Land- oder Seewege hierher gekommen sind, wissen wir nicht. Von ihrer hochentwickelten Cultur wird später ausführlicher zu. reden sein.

Weniger noch als bei den vorhergehenden Paragraphen kann bei diesem eine ausfQhrlichere Begrflndung hier gegeben werden. Manchfs wird im Verlauf dieses Bandes, die fOr die ältere griechische Geschiebte wichtigen Fragen in Band II zur Sprache kommen. Ueber die Karer vgl. Art. Karien in Ersch* und Gruber^s Enc. Ueber die lykiscbeo Inschriften: M. Schmidt, Lycian inscr. (nach Schönborn^s Gopien) 1868; Neue lyk. Studien 1869; Kvm's Ztschr. XXV, 1881, 441 ff., und mehrere jenenser Programme; ferner die vielfach sehr gewagten Untersucbongen von Savelsberg, Beitr. z. Entz. der lyk. Inschr. I. 11, 1874. 1876 (vgl Hübschmann in Kuhn's Ztschr. XXIII, 48).

§. 253. Im allgemeinen charakterisirt die Weslklein- asiaten eine gewisse Weichlichkeit und Hinneigung zur Senti- mentalität, die in der hohen Ausbildung, welche die Musik bei ihnen, namentlich den Phrygem und Lydem, erhält, und in zahlreichen Sagen und Cultusformen hervortritt. Auch in der Religion tritt uns dieser Charakter entgegen. Im Mitld- punkt derselben steht eine grosse Göttin des Naturlebens »die Göttermutter« Ma (vgl. §. 249) oder Ammas (auf Kreta Rhea), die auf allen Berggipfeln ihren Sitz hat und nach ihnen zahlreiche Beinamen (Dindymene, Sipylene, Kybele, Idaea etc.) führt. Sie lenkt das geheimnissvolle Schaffen der Natur; zugleich ist sie die Erzeugerin und Schirmerin aller Cultur. In geheimnissvollen Steinen hat sie ihren Wohnsitz (so in Pessinus), die Thiere des Waldes liegen ihr zu Füssen, auf Löwen fahrt sie einher, aus tausend Brüsten (Artemis

Religion der Westkleinasiaten. Die Göttermutter und Sabazios. 303

von Epbesos) spendet sie Leben überall. In ihrem Dienst er- finden die Daktylen des Ida die Bearbeitung der Metalle, Hyagnis Olympos Marsyas die Musik. Sie schirmt die Städte und lenkt die Geschicke; als Göttin des Verhängnisses und der ewigen Vergeltung heisst sie in Kyzikos Adrastea (Ne- mesis). Mit wildem Jubel, mit Tanz und rauschender Musik feiern die Schaaren der Korybanten und Sahen in Berg und Wald das Erwachen des Frühlingslebens, die Geburt des grossen Naturgottes Sabazios (bei den Griechen der kretische Zeus oder Dionysos), der den Regen spendet (Hyes) und alle Frachtbarkeit gewährt. Ebenso wild ist der Schmerz beim Er- sterben der Natur, wenn Sabazios dem Schlafe oder dem Tode anheimfallt, oder wie die Paphlagonen glauben, von feind- lichen Mächten gebunden wird (Plut. de Is. 69), um im nächsten Frühjahr au& neue zu erwachen. Denn, so erzählt die Geheimlehre, in Gestalt einer Schlange [des Blitzes?] oder eines Stieres hat der Gott seiner eigenen Mutter beigewohnt, um sich von neuem zu zeugen. Zahlreiche Mythen, die uns meist nur in griechischer Umgestaltung vorliegen, knüpfen hier an, so der kretische, dass die feindlichen Mächte, ja der eigene Vater dem neugebomen Sohne nach dem Leben trachtete, und desshalb die Schaaren der Kureten die mythischen VorWider der langhaarigen waffentragenden Jugend, die all- jährlich das Frühlingsfest feiert mit Waffengetöse das Schreien des Kindes übertönten, damit der Vater es nicht höre. Ferner gehören hierher mehrere Einzelgestalten: der schöne Jüng- ling Hylas, der bei Kios verschwunden ist und von den Mysern jedes Jahr mit Wehklagen gesucht wird, ebenso Bor- mos bei den Mariandynern , und wahrscheinlich Ganymedes bei den Troern. Wie dann der Cult der Göttermutter eine fremde Beimischung und Umgestaltung erhielt, werden wir q)äter sehen (§. 257).

. Die Göttermutter ist von den Griechen adoptirt als Rbea, ausser- dem aber sehr häufig in Aphrodite oder Artemis (die ephesische Natur- löttin) umgewandelt. An letztere knüpft der Amazonenmythus an, der ichon bei Homer Ql F 189, Z 186, vgl. B 813) in Kleinasien locaXisirt

304 DritUB Bucli, fünfter Abschnitt

ist Zahlreiche SlSdte (Ephesos, Smyroa. Sinope u. &.) sollen Gründunfa der Amazonen sein, die ersten Entdecker der Nordküsle glaubten ibr« Wobnsiti bei den Tibarenem in der Ebene Themisbjra am TtiermoJei> 111 finden; spSler wurden sie dann weiter zu den Skythen und Sirtnitct' jenseits des Kaukasus hinausgeschoben. Was der Kern und iie BprOngliche BedeulunB der Sage ist, ist bis jetzt nicht emiiltell, ehe wenig weeshalb sie an den belrefTenden Stalten localjsirl wurde, die spätere Gestaltung der Frage sind die Züge der Kimmerier von Eio- flusa geweser.

g. 254, Unter den übrigen Göllern Kleinasiens tritt Hinimelsgott (gr. Zeus) besonders liervor. Sein phrj-gischa Name ist Bagaios (Heaych. s. v., pers, baga, slav. bog, Gott\ an seinen einzelnen Cultusstätlen trägt er verscliiedeoe namen. Daneben wird er als Herr (vipayvoz. ßayAt-ijf od« als Donnerer (ßfiovtüv) verehrt. In Idrias oder Ctirysaoris, des sarralen Mittelpunkt einer alten karischen Gaugenoesensctnft, tieisst er der Zeus der Tageshelle (i:avTj|tlpi&;). In Myiasa ü Karien finden wir einen Gott des Himmelsoceans (Zt^vW»* oeiSftiv) und einen Zeus als Kriegsgolt (Zai; Stf>dao?). der 4 Streitaxt trägt; daneben einen Nationalgott, >den Zeuse, Neben ihm wird überall ein Mondgott (Men) i mit zahlreichen Beinamen wie Mvjv T-jpavvo;. Mt,v Tii| M'i]y Kipo') ; auch in Kappadokien Ist Mt^v 4>n^>äxo9 c der höchsten Götter des Landes. An der Westküste D asiens finden wir den CuH eines Sonnengottes (gr. der die Zukunft enthüllt {daher die Orakel von BraacHA [Didynioi], Klaros, Grynion u. a.). In seinem Dienste l begeisterte Frauen, die Sibyllen, die von ihm JnspKirt j ekstatischem Zustand die Zukunft durchschauen (daher 1 griechische Kassandrasage). An den lydischen Sonni (gr. Herakles) scheinen Mythen angeknüpft zu haben, vt denen sich die grieclüsche Erzählung von Herakles und Ow phale entwickelt hat. Als eine in ganz Kteinasien (at in Kappadokien, Lykien u. a.) verbreitete Sitte ist hier s lieh noch die Beisetzung der Todten in Felsgräbern m erwäi Daneben war an der Westküste, namentlich in Troas und Lyc die Aufschüttung grosser, kegelförmiger Grabhügel gpbr&udilid

Ndwn Herod. l, 171, V. 119, Pauaan. VIU, 10 u. a. eind SU-abo und tor allem die zahlreichen einheiniisclien Inschriften die Hauptquelle. lieber die Mondgötler ». Wapqinhtoi! in Lebas Voyage archfiol,, expl, de» iDMt, Itl. Nr. 66EI; auch fQr die übrigen Gottheiten kommt Waddimgton'o luigezeichneler Commentar in erster Linie in Betracht. -— Der Name de« Indischen Herakles war nicht, wie oft behauptet worden ist, Sandoo; dieser sehCrt ausschliesslich nach Kilihien (S. 246) s. ZDH. XXXt, 736 ff.

Die Eroberungen der Cheta.

g. 2.^0, Die Landschaften Kleinasiens sind, wie schon ^^riaher erwähnl, von den Chetakönigen wiederholt bekriegt und w^rscheinlich auf längere Zeit unterworfen worden. Ueberall ■n Kleinasien haben sie Denkmäler ihrer Heerzüge hinter- lassen, die im Stil genau mit den Monumenten von Djeräbts öhereinstimmen und zum Theil auch Ueberreste hamatheni- scher Inschriften tragen. Während ihr Ursprung bisher räthsel- liaft war, kann seit der Entdeckung von Djeräbis kein Zweifel niehr über ihn herrschen. Zu den charakteristischen Eigenthüm- 'ithkeiten derselt)en gehört die Kleidung, eine hohe spitze Motze und Schnabelschuhe; gewöhnlich sind die Figiiren itn Profil, mit weit gespreizten Beinen, gezeichnet. Sonst vgl, \- 199 ff. Die hierhergehörigen Denkmäler sind: ein Relief rtiil Inschriften an einer Felswand bei Ibriz am Nordabhang da kilitiscben Tauros (bei Kybrista) , auf dem ein Fürst (?) in reicher assyrischer Tracht den vor ihm stehenden, Trauben Und Aehren tragenden Gott anbetet. Dann Sculpluren an <ler Wand eines alten Baues in Iflatün am Karalitissee in Iianrien und die Figur eines Kriegers in Ikonion. Von hier Ws drangen die Heere der Cheta ins eigentliche Phrygien "nd an die Küsfe des aegaeischen Meeres vor. An einer f«fewand unterhalb der alten Feste Giaurkalesi in Phrygien (sädw. von Ankyra) sind zwei schreitende chetitische Krieger sbgebildet, die eine Umbildung der aegyptischen Uraeus- schlange vom an der Mütze tragen. Ganz ähnlich sind die beiden berühmten Reliefs von Nymphaeon am Sipylos, die •*on Herodot II, 10(3 erwähnt, und bei denen Ueberreste

30Ö

Drittes Buch, rOnfler AbschnilU

hamalhenischer Schrift erhalten sind. Ebenso findet sich an Sipylos bei Magnesia ein rohes Felsbild (vielleicht eine Göttio darstellend, wohl fälschlich für die Niobe H. SJ, Iil4, Pausan; I, 29. VIII, 2 gehalten) mit Zeichen derselben Schrift, Am wicb* tigsten und umrangreichsten aber sind die Ruinen und Sculp* turen, die sich östlich vom Halys auf kappadokischem Gebiet, bd den Orten Üjük und Bo^hazkioi finden. Bei jenem li^en dii Ruinen eines grossen Palastes, dessen Eingang zwei Sphüu«) bewachen; an den Wänden finden sich zahlreiche Sculpluraij Götter und Menschen, Löwen, Stiere und mischgestaltige Wesea darunter (wie in Bogliazkiöi) ein doppelköpfiger Adler. Bei Boghazkiöi liegen die Ruinen einer alten Burg (Pteria? Hö".

I, 76), und die wohlgeglätteten Wände einer Felsschlucbti zeigen eine lange Procession vermuthlich religiösen Charakter^: Als wichtigstes Symbol treten uns auf allen diesen Denkmäleni die Umgestaltungen der geflügelten Sonnenscheibe entgegea (§■ 201).

Zusammeiielellung der Monumente (zu deoen wahrscheinlich Md) der archaische Lflwe vod Kalaba bei Ank)'ra zu rechnen isl: PcskoTi Eiplor. de la Galatie pl. 32) bei S*vce, TrSBA, VU, 248 IT. Ibrii: KiwßT bei Ritter, Erdkunde XVin. 1024. vgl. XIX, 260. Davis. TrSBA. IV, 33«- Iflatun r Hahilton. Travels 11, 3.50. Ikonion : Tesier, Descr. de l'Aa. min-

II, 103 Ijedentalls vOllig ungenögende Publicalion]. Reliefs von Nym- phaeon: Pebrüt, RAn. XIII, Ledas, Voy. arch, , itinöralre pl. 59. 9* MAüN, Areh. Ztg. XXXIII, 50. Weber, Le Sipylos et ses mon. (IMO)- Die sog. Niobe vom Sipylos (richtiger das Pausan. III, 22, 4 erwlhnW Monumenl): vas Lenkep, Asia Minor n, 305. Webe« I. c. Dennis. Proti SBA. 11. Jan. 1881. Giaurkaleai. UjQt. Boghazkiöi: FtruRoT, Explw.

§. 25i3, Diese Monumente lassen die Ausdehnung äS chetitischen Eroberungen deutlich erkennen. Es wu'd dnmÄ zusammen [längen, dass von jetzt an nicht mehr das OronU* thal, sondern Karkamiä den Mittelpunkt des Chetavolks bild* und offenbar die Residenz seiner Könige geworden isl. In übrigen aber ist von diesen Kämpfen nur ganz unbcstiDunl* Kunde auf uns gekommen. In der Odyssee (X 519) heisst einmal, Neoptolemos habe Eurypylos des Telephos Sohn, di Fürsten der K^T=to;,getodlet, während er von den Späteren inmv

Die Kriegslage der CheU. 307

Fürst von Teuthranien genannt wird ; offenbar hat sich hier eine Spur des Namens der Cheta erhalten. Ebenso dürfen wir wohl in der griechischen Sage vom Aethiopen Memnon, dem Sohne der MorgenrÖlhe, der grosse Kriegszüge unternahm und dem Priamos zu Hülfe eilte, einen Nachklang ihrer Kriegszüge er- kennen. Herodot ü, lOö erwähnt, dass die Reliefs von Nym- phaeon, die er dem Sesostris vindicirt, von anderen für Bilder des Memnon erklärt würden. Sonst aber ist die dunkle von den Griechen bewahrte Kunde von diesen Eroberungen auf die Aegypter {Heerzöge des Sesostris nach Kleinasien und Thrakien) und vor allem auf die Assyrer übertragen; Memnon wird daneben auch in Susa localisirt. Wenn ferner die lydische Tradition das Königsgeschlecht der Herakliden an Ninos den Sohn des Bei anknöpft (Her, I, 7), so sind hier wohl die sagen- hatten Repräsentanten der Assyrer an die Stelle der Cheta getreten ; die Assyrer sind mit den Lydern erst im siebenten Jahrhundert in directe Berührung getreten. Ebenso ist in iwei allerdings jedenfalls überarbeiteten Fragmenten des Lyders Xaothos (fr. 11. 23) von Feldzügen des fydischen Heros Mopsos (Moios?) und des Askalos, eines Bruders des Tantalos, nach Syrien (speciell Askalon) die Rede, worin eine Erinnerung in die Kriege der Lyder und Chetiter (vgl. auch §. 26b) bewahrt sein mag.

Karkamiä Hauptsilz der Cheta nach den assyrisclieu Nachrichten: ' Deutisch, Par. 265 ff. Auch in den spfilgriec bischen Erzählungen von

n reldzOgen der Amazonen, Skjthen, Eimmerier mag einiges Hi^rber- L (thCritse beivahrt sein. Ob auch die II. Z. 397. 415 als Bewohner von ■Biebe südlich von Ida vorkommenden Kiliker (vgl. Plin. V. 123 Cilices

ndacadeni) hierher gehören, muss dahin gestellt bleiben.

2-")7, Die Einwirkungen der syrischen Eroberung auf Ifleinasien sind äusserst nachhaltig gewesen. Es ist längst wkannt worden (de Laoabde, Ges. Abh. S. 270), dass die indischen Königsnamen Sadyattes und Alyatles, ebenso My- 4les semitische Bildungen sind; jetzt dürfen wir vielleicht die ^'ermuthung wagen, dass das lydische Königsgeschlecht der r Uerakliden chetitischen Ursprungs war. Ferner können wir

308 Drittes Buch, fQnfler Abschnitt,

jetzt den kleinasiatischen Gotl Altes (Ättis) direct mil dem syrischen 'Ate (§§. 205. 208) identificiren und ihm freniilea Ursprung zuschreibeo. In der Thal zeigt die kleinasiatiscber« Religion sehr nahe, früher nicht mit Sicherheit erklärbare Be- rührungen mit der der Semiten. Der Brauch, dass die Mädchen sich (zu Ehren der Göttermulter) preisgeben, herrscht in Lydi allgemein (Herod. I, 94'); ebenso sind der Göttin von Ko— mana zahlreiche weibliche und männliche Hierodulen getreiht. Wir ivissen , dass diese religiöse Institution bei den West- semiten wie in ßabylonien heimisch ist und vielleicht hier ihren Ursprung hat. Ebenso ist in ganz Kleinasien, nr allem aber in Phrygien die Caslration zu Ehren der GotlbeÜ in derselben Weise wie in Syrien {§. 2ü8) weil verbreitet, unil zwar knüpft dieselbe an den Attiscult an. In der Tbat iüsri sich die Attissage aus dem Kreise der Mythen von der GöUu- mutter völlig ausscheiden; die Identificirung des Attis mitSi- bazios, Zeus oder dem Mondgott, ebenso die der Verschnit tenen (Kybeben, Metragyrten, in römischer Zeit Galli) den Korybanten (Rureten) und Sahen gehört erst dem ^ teren Synkretismus an, Man erzählte sich, wie die GöUo* mutter einen schönen Knaben, den Attis, gelieht habe, liies« aber durch den Neid der Götter oder ein widriges Schidml Mannheit und Leben verlor. Zur Erinnerung daran, uui do Schmerz der grossen Göttin zu theilen, entmannen sich jährlich bei dem grossen Trauerfest grosse Schaaren der GBO- bigen, und ziehen dann als verzückte Gaukler und Bettltf durch das Land, um von Almosen zu leben. Noch deulüdMl tritt der Einfluss der syrischen Culte, vor allem der Adoni* Tammüzsage (§. 208), in dem in Lydien geläufigen MyÜrt hervor, Atlis sei auf Veranstaltung des Zeus durch e Eber getödtet (Hermesianax bei Pausan. VD, 17, 9),

') Dieselbe Sitte herrscht im armenischen Anaitiscultos: S XI, 14, 16; indessen gebOrt dieser nicht der Alteren Epoche, au erst der Perserzeit an. Doch ist es sehr mOgtich, dua die id PrcMtitutlon schon weit TrOber in Armenien heimiKh war und i spftterer Zeil an den AnaitiKull geknOpft norden iiL

Einflösse Syrieos auf die Religion und Kuaal Kiemasiens.

Sage, die uns in historisirender Umbildung in der Erzählung Herodot's (I, 34} von Adrastos und Atys, dem Sohne des Kroesos, enlgegentritt,

Darstellung der Indischen Attissage auf einer Felswand zu hlam- laätnly bei Maeonia {röm. Zeit): Lebas. Itinöraire pl. 55 (incorrect HuuLTo:i. Travels 11, 140). Vgl. auch Lüf:i*s. De dea Syra 1.^. FOr die römische Zeit ist vor allem die Attissage von Pessinui maass- ^ebend geworden, da bekanntlich der Cultus der GOUermutter von hier iNä im Jahre 204 v. Chr. officiell in Rom eingeführt wurde. Auch 'inz«ine semitische Namen in Kleinasien mOgen auf chetitischen Einfluss wQck^ehen ; ao der in der lydischen Sage vorkommende Name Jardanos (V»ler der Omphale), der doch wohl das hehraeische |^^^ Fluas ist; ■iw Name des »Oslbergesi Kadmos im Osten von Karlen, der indessen I Uch phoenikischen Seefahrern entstammen konnte; vgl, den Berg und "•Feste Phoenix gegenflber von Rhodos (Strabo XtV, 2, 4).

§. 258. Nicht minder wichtig ist der Einfluss Syriens iT dem Gebiete der Kunst. Wenn Münzbilder den Stadtgott Ba'al) von Tarsos häufig mit Weintraube und Aehre in der ind darstellen, so springt die Berührung mit dem Relief I Ibriz in die Augen. Uet)erall in Kleinasien finden wir e Schirmgöltin der Stadt nach phoenikischer und syrischer Feise mit der Mauerkrone abgebildet (§, 205). Auch die Btlermutter erhält denselben Hauptschmuck; und wenn sie (Löwen daherl^hrt oder auf einem Löwenihrone sitzt, so kennen wir auch hierin eine Umwandlung der auf Löwen Uienden Gottheiten Babyloniens und Syriens. Die Orna- Bitik des phrygischen Midasgrabes, ein mäanderartiges Tep- muster, ist dem vorderasiatischen Kunststil geläufig (§. 202). Sonst besitzen wir von der Kunst Kleinasiens nur sehr wenige ßenkmäler. Nur in Lykien hat sich in späterer Zeit eine ein- heimische, hochentwickelte Kunst gebildet, und hier begegnen Uns denn überall die Typen des vorderasiatischen Mischstils, i^phinxe, Greife, die Chimära und andere Misch- und Flügel- '^'esen, der Kampf mit dem Löwen, der Löwe, der den Stier ztrreisst (auch auf kilikischen Münzen) u. a. Wie bei den •^Ma herrscht auch in Kleinasien im Gegensatz zur phoe- niliischen Kunst der babylonisch-assyrische Einfluss vor, und

810 Drittes Buch, fOnfler AbBchnitL

daher kommt es, dass als seit etwa 800 v. Chr. Kle asien auf die (priechische Eunstentwickelung einen imn wachsenden EinQuss gewann, dies zugleich die Ausbiidu einer stark assyrisireadeh Richtung bezeichnete. Aber diese ist nicht direct von Assyrien ausgegangen, sondern durch Syrer rermittelt worden.

Vgl. auch Perbot, L'art de l'Asie Hioeure RAn. XXV; une bro de l'Atle Hineure RAn. XIX.

Viertes Buch.

Vom Ende des zwölften bis zur Mitte des

nennten Jahrhunderts.

Untergang des Ghetareichs und Verfall

Aegyptens.

^^^ction der Hellenen gegen die Phpeniker Angriffe der See-

vBlIcer auf Syrien iiridAegypten.

§. 259. Seit dem 15> Jahrhundert haben die Fahrten

^^r Phoeniker an Ausdehiuäig immer mehr zugenommen;

^k werden später die Erschliessutig des Westmeeres, da es

''^ deren allmähliches Fortschreiten an feststehenden Daten

^at völlig fehlt, un zusammenfassenden Ueberblick zu betrachten

i'^n. Inzwischen erstanden ihnen im Osten des Mittelmeeres

Ke&hrliche Rivalen. Jede Golonisation , die nicht zu völliger

^nterdrfickung der Ureinwohner führt, birgt für die Ansiedler

^ine immer wachsende Gefahr. Die einheimische Bevölkerung

eignet sich die überlegenen Gulturmittel derselben an, ihr

Wohlstand reizt die Habgier. Nun waren die phoenikischen

Ansiedelungen, wie wir gesehen haben, in der Regel nicht

^iel mehr als geschätzte Factoreien, die wenig energischen

Widerstand leisten konnten; um so weniger waren sie im

^nde sich zu behaupten, als ein so hochbegabtes Volk wie

^ie Hellenen von ihnen die Schiffahrt zu lernen und in

Handel und Seeraub ihnen Concurrenz zu machen begann.

312

Viertes Buch, erster Abschnill,

So sehen wir, dass seit etwa dem 13. Jahrhundert Phoeniker allmählich von den Küsten des aegaeischen M( verdrängt werden. Zu grösseren Kämpfen ist es in der Rej schwerlich gekommen; sie waren einfach unfähig, dem Ai dringen der Griechen Widerstand zu leisten. Die Niedl lassungen auf dem Fesllaude gehen verloren, die Inseln werd von den Hellenen besetzt, diese bauen selbst Boote nili dem Muster der phoeniftischen und unternehmen wettbin Rad und Handelszüge; sie können versuchen, die Heimath der ihn zugeführten Kostbarkeiten selbst aufzusuchen und hier reiii Beute zu gewinnen. Aehnlich mag auch an den Südküsb Kleinasiens, bei den Lykiern und Kilikern, eine Entwickeln der Schiffahrt begonnen haben. Hand in Hand mit diei Bewegung geht die Reaction der Kleinasiaten gegen die Chel herrschaft, der Versuch sich der fremden Herren zu entledig und dieselben in ihrer eigenen Heimath heimzusuchen.

§. 260, Gelegentliche aber hochwichtige Einblicke in dia Bewegungen gewähren uns die aegypiischen Nachrichten. J Ramses II. nach 67jähriger Regierung gestorben war (n 1230 V. Chr.), folgte ihm von seinen zahlreichen Söhnen alle anderen waren vorher gestorben der vierzehnte, M< neptah. Im fünften Jahre desselben erscheinen plötzlich frem Volksstämme, >die Turusa, äardana, Sakarusa, Aqaiwasa » den Ländern des Meeres*, femer die Ruka (Leka %. 232) I Osten Aegyptens; sie dringen in das östliche Delta ein, schlag ihr Lager bei Pe-Bairis (Bybios) südlich von Bubastis auf ill bedrohen Heliopolis und Memphis. Diese günslige Gelegenti benulzen die Libyer (Rebu, in Cyrenaica). Durch das Gebi der Tehenu (Marmarica) dringt ihr König Maraju, Sohn i Did, nach Aegypten und zieht die Fremden an sich her« Endlich kommt Merneptah mit seinen Rüstungen zu End t)ei einem Orte Pe-Arseps (?, nach Bbugsch griech. Prosopis)| winnt er einen grossen Sieg, durch den das feindliche Heer vi nichtet, die Gefahr von Aegypten abgewandt wird. Als Sieg« trophäen liess Merneplali wie später Ramses III. den Gefallen« nicht nur nach aegyptischer Art die Hände, sondern den Vi

Die Seevölker und die Libyer gegen Aegypteo. 313

besehnittenen unter den Fremdvölkern und den Libyern auch die Phalli abschneiden.

Im efaizehien lassen sich die Fremdvölker nicht identifi- dren. Die Aqaiwaäa sind nach den aegyptischen Angaben beschnitten, also gewiss nicht Achaeer^ wie man wohl gemeint hat; dagegen darf man in den Turu§a, die auch Ramses III. aasdräcklich als ein Seevolk bezeichnet, wohl die in der alt- griechischen Ueberlieferung erscheinenden tyrsenischen See- räuber — aber nicht die Etrusker! wieder erkennen. Die Sardana kennen wir schon seit Seti I. ; ihre Heimath ist eben so wenig sicher zu ermitteln wie die der Sakarusa. Zweierlei da- gegen steht völlig fest : die Angreifer kommen von den Inseln und Küsten im Norden des Mittelmeers, speciell wohl vom aegaeischen Meere, und das nächste Ziel ihres Angriffs waren die syrischen Küsten, erst von hier haben sie sich nach Aegypten gewandt. Mit anderen Worten: die Fahrten der Phoeniker haben den Fremden ihre Bahnen gewiesen, der Reichthum von Tyros und Sidön ist es vermuthlich, der sie zunächst angelockt hat. Wir werden sehen, dass sich der Angriff bald in grösserem Umfange wiederholt hat.

Im allgemeinen s. E. de Rouo£, M^m. sur les attaques dirig^s contre l'Egypte par les peuples de la Mediterran4e, RAn. XVI, 35 ff. Cbabas, ^tudes sur TaDtiq. histor., 2 ^d. S. 186—816. Ders., Recb. pour servir ^ Thist de la XIX dyn. 1872. Siegesbericht Memeptah*8: DOmichen, Bist. Inschr. I, 1 ff. Mariette, Kamak 52 ff. Uebersetzungen von Ghabas 1- c und Brugsgh, Gescb. 567, der mehrere Fehler des ersteren berichtigt (vgJ. AZ. 1876 1 128 ff.), aber den Eingang der ersten Zeilen mehrfach ganz falsch ergänzt hat. Brugsch verwerthet einen Einfall Herodot*s (U» 104), um die Heimath der Seevölker am Kaukasus zu suchen. Im vollsten Widerspruch zu den Angaben der Aegypter steht auch die geo- graphisch unmögliche Ansicht, dass dieselben libysche Stämme seien.

Wirren in Aegypten. Ramses III.

§. 261. Bald nach dem Siege scheint Merneptah ge- storben zu sein. Innere Unruhen und Thronstreitigkeiten erfüllen die Folgezeit. Von Merneptah's Sohn Seti II. besitzen wir kaum irgendwelche Denkmäler eine Felsenstele in

314 Viertes Buch, erster Absclinitl.

Äbusimbel lässt ihn die nubischen Feinde niederschmettm und einzelne Reste seiner Bauten finden sich in Tbeben. Dann folgen zwei Könige, Amenmesseä und Memeptah Ü. Siptali, die in der Folge als iUegitira gelten, deren Name ad den Denkmälern getilgt wird ; ja Siptah's Felsengrab in Thebai ist von seinem Naciifolger Setnecht occupirt worden. KönJj Ramses III, belehrt uns, dass die Anarchie lange Jahre hb- durch herrschte, dass jeder den anderen bekriegte, d^tss dif Stadtfürsten (Nomarchen) sich unabhängig machten, bis whlies- lich ein Fremder aus Syrien Namens Arsu eine Zeit lan? iii( Herrschaft über Aegypten gewann. Wie es scheint bat*n wir es hier nicht mit einer eigentlichen Fremdherrschafi, etn einer Eroberung Aegyplens durch syrische Stämme zu Ihun. denn wir finden auch später noch Theile Syriens in den Händen der Aegypter, ohne dass von einer neuen Erobeniof die Rede wäre, Arsu \vird also wohl im Gefolge einer d* streitenden Parteien durch Intrigue oder Gewalt sich äs Herrschaft bemächtigt haben, Endlich gelang es dem Kßnip Setnecht, vielleicht einem Sohne Seti's II., wieder geordnete Verhältnisse herbeizuführen, alle Unruhen energisch zu anit> drücken, den Dienst der Götter, der vielfach gestört worden war, wiederherzustellen.

Zur Literatur vgl. §. 2i)0 An in. Die wenigen Hanumente Zeit a. bei Lep^ius 111, 20)— 20li. Madiette. Hon. div. Tl, 44: t kommt die ungemein wichtige Erzählung Ramses' tll. im kixmv^d tUirii p&pfnii (ed. Bibch) pl. 75 ff. Der Name Arau ist wahrscheinlich C'IK der neupunischen Inschriften, FQr genauere ZeitbesliminungeD ffWl jeder Anhalt. Wie aus jeder Epoche der WiederBufrichtuDg berituo «ir auch aus der Zeit Setneeht's nur sehr wenige Denkmäler. Vt Ramsea m. bat man sich geivöbnl, die 20. manelbonische Drnutk >«- ginnen zu lassen. Hanetho's Lislen sind gerade Tür die BlOtheieil Neuen Reichs so arg verwirrt, dass wir Aber die Richtigkeit dieser An- nahme nicht urtheilen kOnnen. Dass in denselben, wenigstens i Form, in welcher sie uns bei Josephus ArHcanus und Eusebius ToiUiftn« mehrere Regierungen doppelt, ja dreifach aufgeführt werden wai Umv- mit Unrecht bestreitet lehrt die gegenüberstehende Tabelle.

g. 202. Selnechfs Sohn Ramses III. (um 1180 v. Qu.} konnte die Restauration vollenden. Wir besitzen noch

Thronstreiügkeiten in AegypUn. Setnecht,

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31 ti Viertes Buch, erster Abschnitt,

Bruchstücke eines Edicts, in dem er befiehlt, »die Tempd aller Städte des Südiandea von allem zu reinijfen, die Götter verabscheuen«. »Wahrheit zu schaffen (d, den richtigen Cultus wiederherzustellen) und die Löge n vernichten« (de Rouge, Inscr. 258). Dann galt es, das Ar- sehen des Reichs nach aussen zu erneuem. Die unter dm Namen Temhu zusammengefassten libyschen GrenzslämiM namentlich die Rebu (Libyer) und Masauasa (§. 23-1), h«l während der Anarchie den Westen des Delta von Kant^ bis Memphis besetzt. In zwei Kriegen, im fünften und elften Jahre des Königs, wurden sie besiegt, zahlreiche & namentlich an Gefangenen heimgebracht und die Grenze Reichs nach Westen gesichert. Unter den Truppen Aegypter finden wir auch hier wieder als wichtigste Gattn die fremden Söldner, die Sardana und Qahaq (§. 234). in nationalen Rüstungen. ^ Im Süden scheint die aegyptiael Herrschaft nicht erschüttert gewesen zu sein; nach wie ' erscheinen Kusch und die Neger in den Listen der unt worfenen Völker. Ramses III. konnte sogar den lai unterbrochenen (§. 230) Verkehr mit dem »Götterland« Punt wiederherstellen. Er liess auf dem rothen Meere Schil bauen, die in Frieden hinüberfuhren und mit grossen Mass) von Weihrauch, sowie mit Gesandtschaften der einheimiri Fürsten wieder zurückkehrten. Als Ausgangspunkt der Handel roule nach Arabien erscheint wie in alter Zeit Koptos, von woi WüHlenstrasse durch das Wädi Hammümät nach Qoseir führt Krieg des Jahres &: Rostium. Hon. stör. 139—141 i= ßCna» Bist. Insclir. IT, 46, ßE Rom^, Inscr. 139-147 [bis ZI. 50): datJahrwl! DCkicbsk, Hist. Inschr. [. 13- 15. 18-27, he Rovai, Inscr. 1 l(i- 117. 121-11 Terner der uraprOn gliche Text des Fealcalenders Ton Hedtnet Haba k GHceifE, FouiJles k Thebes pl. •). üeide zusammen: p. pap. Bai pt. 76. 11 fr. Fahrt nach Punl ib. pl. 77. Daher die vielhcbe Erwtl nung von Punt (und den zugehörigen Veikernanjen) in den VClke^ril u. k.. t. B. DDkichek. Hist. Inschr. I. 11. 15 Wie man im HritIs 76, 5 r. die Erwähnung einer Kasteneinlheilung hat fiodra ist mir uDverstandlich. Die beiden Stelen aus den Jahren \l uw RoscLLun, H. Btor. 123, Lsrsius, Denkm. 111, 20 fii»l«u sich JcUl sUndig bei DCbichem. Hist, Inachr. 1, 13. 17, de Boro», Inser. I8I-1*

Ramsea III, Invasion der Nordvölker.

317

Kämpfe geeen die Neger: LiEPSiiiä, Denkm. III, 219c. Wi> die in der VölkerlisU hei DOmicben, Hiit. Inachr, I, II. 12 Hufgerahrlen Namen zu suchen sind [gewiss nicht mit Briikk:fi in Cypern und Kleinaaien], wissen «vir nicht.

Untergang des Chetareicha. Die Philiater.

g, 2ö3. Einen weit wichtigeren Kampf hatte Ranises 111. in seinem achten Jahre zu bestehen. Die Seevölker Sardana und Turusa, die äakarusa, ferner die hier zuerst genannten Sak- kari, Pursta, Danauna und die als Seevolk bezeichneten Uasas sind in Nordsyrien eingefallen. Es ist nicht ein blosser Kriegs- zuo, sondern eine Völkerwanderung; mit Weib und Kind und aller Habe ziehen sie auf ihren Ochsenkarren einher, um Beute und eine neue Heimath zu gewinnen. Eine Flotte von offenen Kähnen (Pentekonteren) begleitet die Expedition. Alle Völker Syriens, die Cheta und Qedi (§. 231), Karkamis, Arados, Aresa (?) erliegen ihnen, sie dringen vor bis zum Lande Amur (Palaestina) , das sie arg verwüsten. Da tritt ihnen das aegyptische Heer unter Ramses III. entg^en; m Lande und zur See werden sie in erbittertem Kampfe ge- schlagen, die Gefahr einer feindlichen Invasion von Aegypten ab^wandt. Wenn auch der Haupttheil der syrischen Be- sitzungen wo nicht früher so doch jetzt verloren sein wird ea will nicht viel besagen, dass der König unter seinen Gefangenen einen Häuptling der Cheta und einen von Amur »orfübrt so haben die Aegypter doch wenigstens den Süden Palaestina's, die Landschaft Kana'an (§. 233) behauptet. Bamses III. hat hier dem thebanischen Amon einen Tempel ge- laut, dem wie er sagt »die Völker von Rutenu ihre Tribute dar- tegen« (Pap. Harris 9, 1 3). Auch die Sasu des Landes Se'ir (Gebiet von Edom) wurden durcii einen Streifzug heim- gesiuiht und die Mafek- (lapis lazuli) Bergwerke der Sioai- talbhisei wieder bearbeitet (ib. 7(j, 9. 78, 6).

Der Krieg gegen die nordieolien Barbaren wird in den grossen Wuiilgemaiden von Medlnel Hahu, Rosellikc, Mon. stör. 124-138 dar- EMdlt. Duu die sorgfQltigen Portrats der Gerangenen ib. 143^144 ^^^B^^ Denkm. 209. Sil. Im aegyptischen Heer sind auch die.,

318

Viertes Buch, erster Abschnitt.

SardanasOIdner wiederholt abgebildet. Text: Greene, Fouilles ä Tbebe« p!. 1—3 (Ch»bas, Ant. hisl. 245 ff.) und der Schluss des Textes Tom J. 5 (§. 262) Zi. 51—75. Gr. pap. Harris pl. 76. Daneben zahllose En wahnungen in den Siegeshyinnen (J. de Rouot, Inscr. 109 ff. und DO- U1CITEN, H. Inechr. I). Leider ist der sachliche Inhalt der Texte sehr dririUg und von religiösen Phrasen und Verherrlichungen des Königs fast erstickt.

§. 2G4. Sowenig wir die aufgezählten Völkerschaflen i einzelnen identificiren können, dass sie wie die unter Mernepta^ einbreclienden Barbaren aus Kleinasien und Grieclienland stammen, Ist zweifellos. Wenn die griechische Tradition, wta sie jedenfalls schon Hesiod fisirte (fr, 48 Kinkel), den Danao^ den Eponyinen der altgriechischen Bevölkerung des Peloponnes» zum Bruder des Aegyptos macht und aus Aegypten einwan- dern lässt, so mag darin woh! eine abgeblasste Erinnerung vorliegen an die Oberlioheit, welche Aegypten im 15, Jahr- hundert über die griechischen Inseln ausgeübt hat (§§, 194. 22U), und an die Kri^szüge, welche die Danaer im 12. Jahrhundert nach Syrien und Aegypten unternahmen. Die Gleichsetzuo; der Danauna mit den Tena Dhutmes' III. (§. 194) und den Danaern gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit. Dass Fahrien und Raubzüge nach Aegypten den Anschauungen der homeri- schen Zeit geläufig waren, lehren die Erzälilungen der Odysseei dass trotzdem den Griechen jede genauere Kenntniss des Landes abging, verirrt sich damit sehr wohl. Denn ä» Raubzüge Einzelner trafen nur das Küstengebiet des DdtSi und die grösseren Invasionen sind unglücklich verlaufen.

Die Ableitung des Danaos aus Aegypten ist uralt und enthSIt jeti«'' falU sagenhafte Elemente ; bei den Logographen (Hekataeos, Herodot u. gilt sie als völlig feststehende Thatsache. Dagegen dass die Aulo* chlhonen Ketirops und Lelex aus Aegypten gekommen seien, ist eini späte, nicht einmal den Tragikern bekannte Conslruction. Die aiAf fach (t. B. von Ungeü, Chrorol. des Man. 218) geäusserte Verniuthund dass die libyschen zwischen dem Nil und Kyrene ansässigen StSmU' Xapiavüi, llpDibl'iTii, ZufpiTai Nachkommen der äardana, Pursta, ^aUuii seien, ist unhaltbar, da dieselben niemals nach Libyen gekomuiei^ sondern im Osten des Delta besiegt sind.

§. 265. Ramses III. selbst deutet an, dass der erste Sto« des Heerzuges, der sich an der Grenze Aegyptens verlief, dw

Invasion der Nordvölker, fall des Chetareich;

Chelareich gelrolfen hat. Es kann nicht zweifelhaft sein, dasser die Vernichtung dieses Reiches herbeigeführt hat. Als um 1 120 Tiglatpileser I. von Assyrien seine Angriffe gegen Syrien richtet, eiislirt dasselbe nicht mehr; die Cheta(ass.ChatU)vonKarkami3 bilden einen der kleineren Staaten Nordsyriens. Dagegen erfahren wir, dass 50 Jahre vor ihm, um 1175 v, Chr., die fünf Könige der Muskäja sich das Land Kummuth (gr. Kommagene), d. b. das Gebiet zu beiden Seilen des Eupbrat südlich vom Tauros, unterworfen und den Ässyrern die Landschaften Alzi and Purukuz(?)zi , die südlich vom oberen Tigris im Westen des Masiosgebirges zu suchen sind, entrissen hatten (Prisma Tiglatp. I, col. 2, &2 ff.). Die Muskäja sind höchst wahi'schein- lich die Moscher l§. 245 vgl. 273 Anm.), d. h. die Gebii'gs- ^öiker des östlichen Kleinasiens, und das Datum stimmt so jinau wie möglich zu der durch Approximativrechnung für ilarases IIL gefundenen Zeilbestimmung. Das Detail der Völker- :-".'wegung vermögen wir natürlich nicht zu reconstruiren. Wenn auch bei dem Angriff auf Aegypten griechische See- lahrer und vermulhlich kleinasiatische, zu Lande gekommene Stämme gemeinsam operiren, so wird doch die Invasion zu Anfang kaum eine einheitliche gewesen sein. Im übrigen ge- hören in diesen Zusammenhang jedenfalls auch die früher er- mähnten Traditionen von Zügen der Lyder nach Syrien (§. 256).

[ch darf hier wohl erwähnen, da»g die oben gegebene Combination iei aegfptischen und assyrischen Nachrichten durchaus nicht etwa meine 'iironologj sehen Ansätze bestimmt bat, sondern diese längst festgestellt »wtn, als ich die wie mir acheint völlig evidente Coincidenz bemerkte. - Ueber das Land Kummuch s. Schbadefi, KGF. 181 ff.

§. 266. Vielleicht lässt sich noch eine andere Wirkung ie? Einfalls der Nordvölker nachweisen. In der breiten Küsten- Ifiie des südlichen Palaestina (Sapela) sitzt in späterer Zeit ''T Stamm der Philister. Nach den Traditionen der Hebraeer •I derselbe nicht autochlhon, sondern aus Kaptor eingewan- 'J'"rt : vor ihnen soll der Stamm der 'Auwiten im Lande -esessen haben. Wo Kaptor (nach Jerem. 47, 4 eine Insel) jyiäsen wir nicht ; jec

320 Viertes Buch, erster Abschnitt, i

Land des fernen Westens. Es liegt nun sehr nahe, Namen D\"l^''?3 <Jein der Pursta (Pulsta), die bei Aegyptern als ein Hauptstamm unter den Angreifern erscheini . gleichzusetzen und anzunehmen, dass dieselben die Küstq ebene dauernd occupirten. Dass die alle Bevölkerung vi Gaza und Askalon zweifellos semitisch war, i^ schon 4 wähnt (§, 190|. und ebenso haben sich die Philister, wie at ihren Eigennamen hervorgeht, später semitisirt. Indessen zeigt sie doch manche Besonderheiten; so ist die in Palaesti| weit verbreitete Beschneidung Ihnen fremd (Sani. I, 18, 25 fl und ihre Gottheiten sind nicht die kana'anaeischen. sonda zum Theil aramaelsche, was auf nähere Beziehungen zu Nor Syrien hinweist. Der Stadtgott von Gaza führt den ap maeischen Namen Marna i»unser Herr«, Askalon Ist ai Haupte ultusstätte der Atargatis (Derketo), der hier wie Bambyke die Fische heilig sind; ja die Göttin selbst wi tisclxleibig gebildet {vgl. g§. 205, 208). Daneben wird Gaza und Asdod (Jud. 16, 23. Sam. I, 5) der wohl ai Babylon stammende fischleibige Gotl Dagon und in 'AqqaW ein Ba'alzebüb »Herr der Fliegen (?)« verehrt. Die Phiüstl sind ein kriegerisches Volk. Ihr Gebiet zerfällt in die fül Fürstenthumer Gaza , Asqalon (Askalon) , Asdod (AzotM Gat und 'Aqqaron (Ekron). An der Spitze eines jeden stel ein Fürst (pc). nach aussen hin handeln sie durchweg gi meinsam. Die genauere Organisation des Bundes ist ui leider nicht bekannt.

Ueher die Philister s. vor allem Stahk. Gaza und die pliilist. KQi 1852 (vielfach veraltet). Phil, aus Kaplor: Arnos 9, 7. Jerem. 47, Deut. 1, 23; danach ist Gen. 10. 14 lu corrigiren. Ebehs, AeBM. 130 (ebenso Br^sch) hall Kaplor für die DeltakQste und Qbereelit dut »Groaa-Katt [= PhoenikienJ«. Monumental belegt ist diese Gl eicbsettl nicht; dass die Völterlafel (Priest ercodejt) Kaptor lum Sohne Hi;ral macht, beweist nicht viel. Mamas als Zi'i? KpvjToYt^jf erklärt bei SUq By«. s. V. ri;«; derselbe ist allerdings, worauf Githe mich ^atmeika macht, vor der hellenistischen Zeit nicht nachweisbar. Dagon flndet 4 auch bei Phün Bybl. 2, U und in den Ortsnamen jUT pO w (oder vielmehr Philistaes, l R. 38. 65) Jo=. 15. 41 und in Ascher, Jqs.

Die Philister. Spätere Zeit Ramses* III. 321

27» ^hört also wohl der kana'anaeischen Bevölkerung an. Die von Her. 105 als Aphrodite Urania bezeichnete Göttin von Askalon ist xweifellos die Atargatis. Der Gült der Fischgottheiten an der philistaei- sehen Koste hat lu der griechischen Sage von Ferseus und Andromeda, die speciell in Joppe localisirt wird (Skylax peripl. 104. Plin. V, 69» wo «olitur illic fabulosa [Der]ceto zu lesen ist, Strabo XVI, 2, 28 u. a.), und der ktesianischen Erzählung von Derketo und Semirarais (Diod. II, 4, vgl. dazu Xanthos fr. 11) Veranlassung gegeben.

Die späteren Ramessiden. Aufrichtung der Priesterherrschaft

in Aegypten.

§. 267. Die späteren Jahre der Regierung Ramses' III. sind friedlich verlaufen. Der König selbst preist die Segnungen des Friedens, den er dem Lande gewährte, wie die Truppen rohen konnten, im ganzen Lande Sicherheit herrschte, Handel und Wandel gedieh, wie er überall Baumpflanzungen an- legen liess, auf dass jeder im Schatten sitzen könne. Als Kehrseite dazu sind uns allerdings die Processacten über eine grosse Verschwörung gegen das Leben des Königs erhalten, die indessen noch rechtzeitig entdeckt und bestraft wurde. Gebaut hat Ramses IlL viel, vor allem den grossen Amons- tempel von Medinet Habu in der thebanischen Weststadt, zugleich das einzige Beispiel dieser Art in Aegypten die Gemächer des Königs enthielt; die Wanddarstellungen z^gen Ramses in. beim Brettspiel mit den Frauen des Harems. Hinter denselben befinden sich die Schatzkam- mern, welche die dem Amon geweihten Schätze an Gold, Silber, edlen Steinen, Kupfer u. s. w. enthielten, und von d^D gewaltigem Betrage die Inschriften an den Wänden Kunde geben. Es wird indessen anzunehmen sein, dass diese ^ Gaben nicht in das Eigenthum des Gottes resp. Tempels über- r (ingen, sondern den unter dem Schirm der Gottheit stehenden l Staatsschatz darstellten wie ähnlich die Athener ihren ' Staatsschatz der Göttin weihten. Im übrigen lehren alle I^enkmäler deutlich, dass wir uns trotz der noch einmal er- ^^mgenen äusseren Erfolge in einer Epoche völligen Absterbens J^eflnden. Vergebens suchen wir nach irgend einer originalen,

Xeyer, Oesohlohte des Altertbums. L 21

322 Viertes Buch, erster Abschnitt.

charakteristischen Lebensäusserung : überall begegnen wir aus- schliesslich stereotypen Formeln. Die Darstellung des Kampfes gegen die Nordvölker ist eine Nachahmung des Gemäldes von der Chetaschlacht Ramses' II. (§. 242). Die Hymnen Ramses' n., die ja selbst schon zum guten Theil Copiei] waren, werden in Masse auf Ramses m. übertragen, der reale Inhalt wird völlig erstickt. Mit äusserster Mühe schält mar einige wenige Thatsachen aus den langathmigen Berichten über die Siege des Königs heraus; alles Irdische tritt vöQig zurück gegen die Götter und den bombastischen Prunk des Herrschers. Eine grössere Gedankenarmuth und einen uner- träglicheren Schwulst als in den Texten Ramses' III. dürfte man in der ganzen Welt vergeblich suchen. Dem entspricht es, dass die Götter mit Schenkungen aller Art überreich- lich bedacht werden, neben dem thebanischen Amon in erster Linie die Gottheiten von Heliopolis und Memphis. Offen- bar ist die Anschauung vollkommen herrschend gewordeiir dass die Pflege des Gultus nicht nur die erste, sondern fast die einzige Aufgabe des Staates sei.

Im allgemeinen s. den gr. Pap. Harris. Die Processacten des Pap. judiciaire von Turin, der Pap. Lee und Rollin sind zuletzt von Brugsch Gesch. Aeg. 609 fr. und Erman, ÄZ. 1879, 76 ff. bebandelt. Schatzhaus des Königs: Dümichen, Hist. Inschr. I, 30—34. Aus der Erinnerung an den Reichthum des Königs ist das Märchen vom Schatz des Rhampsinit bei Herodot, das übrigens auch von Trophonios und Agamedes erz&hl^ wurde (Pausan. IX, 37, 5), hervorgegangen. Für die Art, wie Ramses III- den zweiten Ramses copirte, ist es charakteristisch, dass er, worauf Erma5 mich aufmerksam macht (s. jetzt ÄZ, 1883, 60), seinen Söhnen dieselben Na- men gab und sie dieselben Würden bekleiden Hess wie die Söhne Ramses* 0.; vgl. Lepsiüs, Denkm. III, 2Ua mit III, 168. Sonst vgl. z.B. die Parallel- texte R. 11. u. III. in Abu Simbel und Medinet Habu bei Naville, TrSBA. Vll, 119 fif. lieber die Inschriften der Zeit Ramses' III. und seiner Nach- folger ist noch zu bemerken, dass die Vulgärsprache, die seit Jahrhun- derten von der altaegyptischen bedeutend abwich, jetzt auch in die offi- ciellen Texte einzudringen beginnt.

§. 268. Im 32. Jahre seiner Regierung übertrug Ramses lU. die Regierung seinem ältesten Sohne Ramses IV. Ihm sind noch drei seiner Brüder, als Ramses VI., VII., VIII. auf dem

Die späteren Ramessiden. 323

Throne gefolgt; dazwischen hat ein Usurpator, Ramses V., dessen Grab sich dann Ramses VI. zueignete, geherrscht. Weder von diesen noch von den folgenden Königen vom neunten bis zum zwölften Ramses ist uns viel bekannt. In den Steinbrüchen von Hammamät, in vereinzelten Bauten, namentlich am Tempel des Mondgottes Ghunsu in Karnak, gelegentlich auch auf Aktenstücken und Briefen, begegnen uns ihre Namen ; ihre wichtigsten Denkmäler sind die grossen Gräber, die sie in den Felsschluchten westlich von Theben anlegen Hessen, und in denen uns immer wieder dieselben monotonen und ermüdenden Formeln, daneben auch sehr flüchtig gearbeitete astronomische Darstellungen begegnen. Be- sonderer Verehrung erfreute sich unter diesen Königen der thebanische Mondgott Ghunsu ^ der Sohn des Ämon und der Mut, an dessen Tempel sie mit Eifer gebaut haben; eine spätere Legende, die auf einer Steintafel in seinem Tempel aufgezeichnet ist, weiss ausführlich zu berichten, wie er in dieser Zeit einer Prinzessin fern im inneren Asien einen bösen Geist ausgetrieben habe. Wir dürfen die Zeit dieser Herrscher auf rund 100 Jahre (1160—1060 v. Chr.) an- setzen. Von der Geschichte derselben wissen wir gar nichts; nur das lässt sich mit Sicherheit behaupten, dass zwar die Herrschaft über das obere Nilthal noch bis in die folgende Epoche hinein behauptet wurde, aber der letzte Rest der asiati- schen Besitzungen verloren ging. Dagegen hat einer der Herrscher dieser Zeit dem mächtigen Assyrerkönig Tiglat- pileser I. (um 1110 v. Chr., §. 274) Geschenke übersandt.

Denkmäler dieser Zeit: Lepsius, Denkm. III, 219—242. Mariette, Mon. div. 72, 48. Ders., Serapöum de Memphis (ed. Maspero) I, 146 fif. Pierret, RAd. XIX, 273 ff. Inscr. in the hierat. and demot. Character pl. 1—3. Brügsch, Rec. U, 59. Mehrere Papyri, namentlich in Turin (ed. Plette u. Rossi). lieber die Reihenfolge der Könige s. neben Lepsiup, Königsbuch, vor allem E. de Rouge, £tude sur une stMe 6gyp- tienne JAs. V, 8. 10. 11 12 (1856 ff.), bes. V, 12 8. 229 (f. Dass Ramses III. im 32. Jahre abdankte, sagt er selbst ; das 42. Jahr, welches WiEDEMANN, Hierat. Texte pl. 9, 3 von ihm anführt, gehört, wie Erman mir bemerkt, R. II. an. In Ramses' IX. 16. Jahre ist der Pap. Abbott

324

Viertes Buch, erster Alnchuttl.

(g. 95; zuletzt behan<lelt von Erxa». ÄZ. 1879, 81] geschrieUiL Ramses XII, (Tulgo XIU.) wird das 27. Jahr erwähnt (Mirutti, Abj*» II, 63). Nach Manelho regiert die 30. Dynastie von 12 IheliuiKbA KSnigen 135 Jahre [var, allerdings 178 Jahre], eine Zahl, die tennBlh- lieh ganz oder nahezu richtig ist. Der genChnlich aia Hanaa XB Uligesetzte, trotz der langen ihm zugeschriebenen Regierung nur die Bentreätsleie bekannte KOnig ist aus der Heibe der g«seh)chiIicliM Herrscher zu streichen, da der Inhalt dieser Iriscbrifl (E. r>i R<'C.l L t, Bhudsch, Gesch. Aeg. 637) einen völlig unhistoriscben , legendenkiRM Charakter trägt (vgl. auch Wiedeuann , Gesch. Aeg. 65) und j lediglich von den Ch uns up riestern zur Verherrlichung ihres Golle« ist; dass sie frQhestens in der Perserzeit ungeFerUgt sein ka jetzt Erhan, AZ. 1883, 54 durch sprachliche Ordnile prurieMO. RerH wahrscheinlich ist die mir von EnH&N milcetbeille [auch voa Ur aufgestellte] Vermulhung von Floigl, Sem. Alterlhumsk. 50, da« In^hrift sich ei^entlicb auT Kamses II. beziehen sollte, von <itma men der des angeblichen Ramses XII. kaum abweicht.

§. 209. Während die Kraft des Königthunis immer erlahrale, wuchs der Einfluss der Priestersehaft mit je Generation. Vor allem gewannen die Oberpriesler des tl banischen Amon, des reichsten und mächtigsten Gottes, immf grössere Macht. Die Oberpriester Roi und Ämenerma', wie Ramsesnecht finden wir bereits neben den Königen io Tempel von Karnak genannt. Der Solin und Nachrol^ d letzleren, Amenhotep, wird dann von Ramses [X. feierlÜ zum Verwalter aller Bauten und Einkünfte des Tempels nannt und rühmt sich, denselben restaurirt und erweitat auch mit Inschriften »auf den grossen Nameti des Kön^ versehen zu haben während bisher durchweg die Könifi selbst die Bauten anordnen und durch ihre Baumeistt-r a* führen lassen. Noch mächtiger ist die Stelltjng, die unW Ramses XU. der Oberpriester Hrihor einnimmt. Er •der Leiter aller Bauten Sr. Maj., der Erste in Ober- i Unteraegyptenc. Dann wird er Prinz von Kus, schließlich Ge neral, Feldmarschall (ha'uti) und >Vor3teher (^hritep) der b Lande, grosser Verlrauter im ganzen Lande«. Als Ramses' 1 R^ierung zu Ende ging, Ihat Hrihor den letzten Schritt; I schob die legitimen Thronertwn bei Seite -

Die thebanischen Priester. Usurpation Qrihors. 325

prinzen finden sich noch in weit späterer Zeit (§. 318) und setzte sich selbst die Doppelkrone aufs Haupt (s. die Darstellung seiner Krönung durch Horus und Set bei Lepsius, Denkm. III, 246 b), ohne darum die Oberpriesterwürde nieder- zulegen. Die völlige Unterwerfung des Staates unter die Priesterschaft war erreicht. Die Folgen sind nicht ausge- blieben. Gleichzeitig erhob sich in Tanis ein neues Herrscher- geschlecht fremdländischen Ursprungs, und bald darauf sehen wir die Herrschaft über Aegypten an die libyschen Söldner übergehen.

Denkmftler der Amonspriester : Lepsius, Denkm. III, 237 a— e. Mariette, Karnak 40. DOmichen, Hist. Inschr. 11, 42. -- Die bierbergehörigen Inschriften Qribor's finden sich Brugsch, Rec. I, 21 = Lepsius, Denkm. IU,248b; Brugsch, Rec. II, 58, 5. 59, 1: Lepsius, Denkm. III, 222 f. 247 cd. 248a. c f. Lepsius hat neuerdings zwiscben Ramses XII. und Brihor die vier ersten Könige der tanitiscben Dynastie einschieben wollen (die 21. man. Dyn., in ÄZ. 1882, 107 und 157). Die angefahrten Stellen zeigen indessen ebenso wie der von Naville, ÄZ. 1882, 157 mitgetheille Text ~, dass diese Annahme unmöglich ist. Auch ist ja Qrihor sicher kein Mitglied der tanitiscben Königsfamilie.

IL Das erste Assyrerreich.

Babylonien und Assyrien bis auf Tiglatpileser I.

§. 270. Von den grossen Kämpfen um den Besitz Sy- Wens sind, soweit wir sehen können, die Landschaften östlich Vom Euphrat nur vorübergehend berührt worden. Aller- dings nach den Erfolgen Dhutmes' III. haben die Fürsten von Sangara und Assur dem Pharao wiederholt Geschenke geschickt (§. 219 f.); aber eine dauernde Unterwerfung war das nicht, und wenn beide Namen von den späteren Königen in den Listen der besiegten Völkerschaften vielfach aufgeführt werden, so haben sie lediglich die Siegesberichte Dhutmes' III.

326 Viertes Buch, zweiler Abschnitt.

copirt. Vielmehr geht die Entwickelung der Tigrislandschaflen ihren eigenen Gang; allmählich gelangen die Könige von Assm* zu immer grösserer Macht. Ihr Gebiet, die Landschaß Assyrien (in spaterer Zeit in aramaeischer Aussprache Aturia) wird im Westen von der mesopotamischen Steppe, im Norden und Osten von den kurdischen Gebirgen begrenzt; im Sudea bildet der kleine Zab die Grenze gegen Babylonien. In den^ letzteren oder wenigstens im nördlichen Theil desselben, \rx der Landschaft Eardunias, gebot seit dem Ende des 16. Jahr hunderts die kossaeische Dynastie (§. 140 f.). Die Bruchstücke einer Chronik, welche die Beziehungen Assyriens zu Babylonien s behandelt, lassen erkennen, wie das erstere diesem gegenüber allmählich zu immer grösserer Macht gelangt. Im allgemeiner betrachteten sich die Einwohner beider Staaten durchweg als eng zusammengehörig, wie denn ja auch Religion und Sitte, Staatsleben und Literatur der Assyrer aus Babylonien stammten; dennoch scheint ein Versuch, beide Reiche dauernd zu ver- einigen, niemals gemacht zu sein.

Die »synchronistische Tafel« ist II H. 65, 1, III B. 14, 3 theilweise veröffentlicht : die weiteren Fragmente (vor allem Smith, Assyr. discov. 250) sind meist unpublicirt. Ungenögende Uebersetzungen von Sayce, TrSBA. II, 120 und bei Menant. Die Kenntniss der weiteren Fragmente und die richtigere Auffassung mehrerer Stellen verdanke ich Herrn Professor Friedr. Delitzsch. Dass die Tafel vom rein assyrischen Standpunkt aus verfassl ist, liegt auf der Hand. Der untere Zab als Grenze beider Reiche: Delitzsch, Parad. 203.

§. 271. Die Fragmente der Chronik beginnen mit der Regierung des babylonischen Königs Karaindas, der wahr- scheinlich als unmittelbarer Nachfolger des Öagaraktias (§. 141) zu betrachten ist (um 1450 v. Chr.). Er und sein Sohn Burnaburias standen in freundschaftlichem Bundesverhältniss zu den Assyrerkönigen Assurbelnisesu, Pusurassur und Assur- uballit; der letztere vermählte seine Tochter mit Burnaburias. Als dann gegen Karachardas, den Spross dieser Ehe, die kossaeischen Krieger unter Führung eines gewissen Nazibugas sich empörten! und ihn erschlugen, zog Assuruballit zur Rache

Emporkommen der Assyrer. 327

herbei, besiegte die Rebellen und setzte des Burnaburias jüngeren Sohn, Kurigalzu, auf den Thron (ca. 1380 v. Chr.). Derselbe ist bekannt als Erbauer einer grossen, am nördlich- sten der vom Euphrat zum Tigris fliessenden Canäle gelegenen Festung Dür- Kurigalzu (jetzt Akarküf). Ueber seinen Sohn trnd Enkel Melisichu und Mardukbaliddin I. (ca. 1350—1300) erfahren wir nichts Genaueres.

Backsteine des Karaindal der sich »König von Babel, von §umer ^nd Alikad, der KaSäu und von Kardunia§< nennt und des Burnaburia§ IV R. 88, 3. I R. 4, 13, des Kurigalzu I R. 4, 14. Smitu, Ass. Diso. 236. Dur-Kurigalzu Delitzsch Par. 207. Inschrift Mardukhaliddin's IV R. 41. - Vgl. noch I R. 69, 1, 55 ff. 2, 32.

§. 272. Inzwischen wuchs die Macht der Assyrer. Schon Assuruballit besiegte »das weite Land Öubari« im Westen Assyriens (Delitzsch, Par. 234), d. i. vermuthlich das von Aramaeern bewohnte mesopotamische Culturland. Aller Wahr- scheinlichkeit nach ist dasselbe, namentlich das Ghaborasthal mit der Stadt Charrän, um diese Zeit unterworfen worden: hinter Tiglatpileser I. ist es assyrisch der König jagt hier Elephanten (Ann. 6, 70, vgl. §. 220) ohne dass von seiner Bezwingung die Rede wäre. Von Assuruballit's Sohne Bel- niräri wird gerühmt, dass er die Truppen der Kossaeer, von hinein Enkel Pudiel, dass er die Gebirgsstämme im Südosten Assyriens (Quti und Suti) besiegt habe. Der nächste König, Ramänniräri I. (um 1325 v. Chr.), verkündet gleichfalls seine Siege über alle diese Stämme; ebenso Salmanassar I. (§al- '^anuussir nDNiD^tS^)- Von letzterem wird weiter berichtet, ^ass er im Westen des Masiosgebirges assyrische Co- 'onisten ansiedelte (I R. 19, 102). Bedeutender noch waren <iie Erfolge des Tugultininep I. (um 1280—1250 v. Chr.). Er jhat den babylonischen König Nazimurudas aufs Haupt geschlagen und der Herrschaft der Kossaeer über Kardunias ein Ende gemacht (1273 oder wahrscheinlicher 1257 v. Chr.). Zunächst bestieg er selbst den babylonischen Thron ; der König Ramanniräri UI. nennt ihn »König von Assur, von Sumer und Akkadc (I R. 35, 3, 19), und sein Siegel wurde bis auf San-

328 Viertes Buch, zweiter Abschnitt.

herib in Babel bewahrt (III, R. 4, 2). Dann scheint er eine neue, einheimische Dynastie eingesetzt zu haben. Sein Sohn Belkudurriusur f&llt (um 1225) im Kampfe gegen rinen babylonischen König, dessen Nachfolger Nineppalekur schlfigt einen Angriff auf die Hauptstadt Assur selbst zurück. Grossere Erfolge errang erst wieder Aääurdftn I. (ca. 1200 1175), det dem babylonischen König Zamamasumiddin mehrere Grenz- städte, darunter Zaban sudlich vom unteren Zab, entriss und reiche Beute gewann. Von seinem Nachfolger Mutakkihiuski» erfahren wir fast nichts. Im allgemeinen aber erkennt man^ dass die Macht der Assyrer nach mehreren kräftigen Regie* Hingen wieder erlahmte; wahrscheinlich hat der Stoss, deir in dieser Zeit das Chetareich vernichtete, auch Assyrien nicht:, unberührt gelassen. Es ist bereits in anderem Zusammen-- hange erwähnt worden, dass um 1175 v. Chr. die bisher den Assyrern Tribut zahlenden Landschaften Alzi und Puni— kuz(?)zi von den Moschern erobert wurden (§. 265). Baby- lonien dagegen nahm um dieselbe Zeit einen neuen Auf- schwung. Eine neuerdings gefundene Urkunde aus der Zeit d^s Königs Nabukudurriusur [Nebukadnezar] I. (um 1150—1120) erwähnt seine Feldzuge gegen den im östlichen Babylonien ansässigen Stamm der Lullabier, gegen das »Westland« (Acharrit hier doch unmöglich Syrien), gegen die Kossaer, und vor allei« gegen Elam, dessen König am Fluss Eulaeos geschlagen wird» Auch den Assyrerkönig Assurrisisi bekämpfte er zunächst erfolgi'eich , ward aber in einem zweiten Feldzug völlig ge- schlagen. Sonst fehlt uns über die inneren Verhältnisse Ba- byloniens nach dem Sturze der kossaeischen Dynastie, sowi^ über die Zustände in Südbabylonien , das wahrscheinlich io dieser ganzen Epoche in eine Reihe kleiner Staaten zerfiel (vgl. §. 339), jede Kunde. Dass die kossaeischen Krieger noch weit später den Hauptbestandtheil der Truppen bildeten, lehrt I R. 23, 17.

Hauptquelle ist ausser der synchr. Geschichte die grosse Inscbn'ft Ramänniräri*s L, IV R. 44, und die Genealogie Tiglatpiieser^s I. (col. VH» 42 ff.). Backsteininschriften: IR. 6, 3 4. Bronzeschwert des Ramän-

Assyrien und Babyloaien im zwölften Jahrhundert. 329

niräri I. TrSBA. IV, 347. Die bei Smith, Assyr. Disc. 246 ff. erwftbnten Inschriften darunter Annalen AS$un1§i§i*s sind noch fast sftmmtlich uDpoblicirt ! Die Kenntniss der Inschrift Nebukadnezar*s I. verdanke ich Herrn Dr. H. Hilpreght, der sie demnächst publiciren wird. Ueber die Bauten der assyrischen Könige dieser Zeit s. §. 277. Daraus, das» dis Siegel Tuguitininep*8 in Babel bewahrt wurde, folgt in keiner Weise^ dasi er von den Babyloniem besiegt worden ist Die Chronologie steht in den GrundzQgen völlig fest. Tiglatpileser I. regierte 418 Jahre vor San- herib's Eroberung Babylons, 692/1 v. Chr. (lil R. 14. 50), also um 1110 T. Chr., Aföurdän 60 Jahre vor ersterem (Cyl. desselben YII, 69), also um 1180, Tugultininep I. 600 Jahre vor Sanherib ([II R. 4, 2), also um 1300. Dazu stimmt, dass nach Berossos das Ende der arabischen, d. i. koBsaeischen ($, 140) Dynastie 1273 oder wahrscheinlicher 1257 v. Chr. ^It ($. 123, vgl. §. 365); den hier gegebenen Daten liegt der letztere Ansatz zu Grunde. Wenn seine Angabe, dass diese Dynastie aus 9 Kö- nigen bestand, richtig ist, so erhalten wir folgende Königsliste:

Babylonien. Assyrien.

Sulili, Adasi, Belhftni (§. 182).

Belkapkapu, Samiiramftn L um 1760 Uroidagan, §am&iramftn II. ▼•Chr. Iriamtuk.

1^. Die kossaeische Dynastie beginnt *

1. Agukakrime *

2. Sagaraktiai * 1^. 3. Karaindal AS^urbelnidüu.

4. Bumaboriad Pu^uraBur.

^^ 5. Karachardai Aäsuruballit.

[NazibttgaS, Usurpator.]

6. Kurigalza Belniräri.

Pudiel.

7. Meli&icha Ramänniräri I. 130a 8. Mardukbaliddin I. Salmanassar I.

9. Nazimurudai Tugultininep 1.

1257. Ende der koss. Dynastie. Tugultininep König von Babylon.

Ramän >) Belkudurriu^ur.

Nineppalekur.

1200. Zamamakiroiddin Ai&urd&n I.

Mutakkilnusku. 11^. Nebokadnezar I A§§urr!§i§i.

0 Vielleicht der I R. 5, 22 und Opfert, Inscr. de Dour-Sarkayan 28 ^nannte König Ramänbaliddin.

330 Viertes Buch, zweiter^ Abschnitt

Babylonien. Assyrien.

V. Chr.

1125. Marduknadinacbe Tiglatpileser I.

1100. Mardukäapikzirroati Allurbelkala.

1Q75. Ramänbaliddin äamäiramän III. [Kudurribel, Sagasaltiburiaö] « « *

* * * Aiäurrab . . .

[Ramäniumnä^ir] [ASsurnarara und Nabud&n

[BeUumnä^ir.]

Tiglatpileser I. und seine Nachfolger.

§. 273. Assurisisi's Sohn Tiglatpileser (Tugultipalesarra) J. ist der erste der grossen assyrischen Eroberer. Gleich nacA der Thronbesteigung zog er gegen die Moscher (Muskaja), ULwn die von diesen eroberten Landschaften wieder zu gewinnen. Die Moscher wurden geschlagen, das Quellgebiet am Tigris und die am Euphrat südlich von den Tigrisquellen gelegene Landschaft Eummuch 265) unterworfen, ebenso die Ge- birgsstämme der nördlich vom Tigris bis zum oberen Zab sich erstreckenden Landschaft Kurchi oder Kurti (§. 247). Auf dem nächsten Feldzug wurde dasselbe Gebiet von Osten her durchzogen; der König ging über den unteren Zab und wandte sich dann nordwärts ins Gebirge. Das ganze Gebirgs- land wurde dem assyrischen Reich einverleibt, und Tiglat- pileser konnte die Eroberung der bisher von den assyrischen Herrschern nie berührten westarmenischen und pontischen Lande unternehmen. Ueber 16 Gebirge zog er an den oberen Euphrat, überschritt denselben, und besiegte in einer grossen Schlacht 25 Könige, die ihm mit ihren Truppen und Streitwagen ver- eint entgegentraten. Bis an die Ufer des schwarzen Meeres wurden die Feinde verfolgt, alle Fürsten schwuren Treue und verpflichteten sich zur Tributzahlung. Auf dem Rückzuge wurde dann noch die Stadt Milidia im Lande Chanigalbat (?)i d. i. Melitene am Euphrat, zur Unterwerfung und Tribut- zahlung gezwungen.

Hauptquelle fQr die Geschiebte des Königs ist die grosse, die Er- eignisse der ersten fünf Jahre umfassende Cylinderinschrifl I R, 9—16. D«*"

Eroberungen Tiglatpileser's I. 331

nehrere kleinere Inschriften, sowie der wahrscheinlich unter ÄSäurnäfirpal rerfasste Bericht des zerbrochenen Obelisken I R. 28 col. I.; dass der inonyme König, von dem hier berichtet wird, Tigl. L ist, ist nach dem [nhalt nicht zu bezweifeln. Alle Inschriften sind gründlich behandelt in 3em trefflichen Werk von Lotz, die Inschriften Tiglatpi]e8er*s I. 1880. Ob die neben den Muikaja ü, 100 genannten Ka§(?)kaja die Kolcber sind (§. 246), ist nicht zu entscheiden; die Mulki sind in Kummuch noch zur Zeit AsSurnäsirpars (I R. 18, 74) und später ansässig. Dass das »obere Meer« oder »Meer des Landes Nairic (III R. 4, 6, vgl. §. 247), bis zu dem Tigl. vordringt, der Pontos ist, lehrt der Zusammenhang auf das deutlichste; wie Schrader, Die Namen der Meere in den ass. inschr. [Abh. Berl. Ak. 1877), darunter den Wansee verstehen kann, begreife ich nicht.

§. 274. Der nächste (vierte) Feldzug des Königs richtet sich gegen die Aramaeer der nordmesopotamischen Steppe; er drang bis über den Euphrat vor und eroberte mehrere Ortschaften in der Nähe von Karkamis. Dann folgte eine Expedition nach Osten gegen den sonst unbekannten Volks- stamm der Qumanier. In späteren Jahren hat Tiglatpileser noch Feldzuge nach Westen unternommen. Eine Inschrift an der Quelle des Subnat, des ersten östlichen Neben- flusses des Tigris (III R. 4, 6), belehrt uns, dass er dreimal iDs Land Na'iri (Armenien) gezogen sei und alles Land >vom grossen Meere des Westlandes bis zum Meere von Na'iri« unterworfen habe. Speciell erfahren wir, dass er in Schiffen von Arados auf dem mittelländischen Meere gefahren ist, dass er er war ein leidenschaftlicher Jäger im Libanon ge- jagt hat, und dass der König von Aegypten ihm als Geschenk seltene Meerfische übersandte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine der ganz verstümmelten Inschriften, welche die Assyrerkönige unmittelbar neben den Siegestafeln Ramses' IL am Hundsfluss nördlich von Berytos (§. 235) errichtet haben, von ihm herrührt. Auch gegen Marduknädlnache von Babel hat er Krieg geführt, zunächst allerdings mit schlechtem Er- folg; wenigstens erfahren wir, dass der babylonische König im Jahre 1110 v. Chr. Götterbilder aus einer assyrischen Stadt fortführte (III R. 14, 48). Indessen auf einem zweiten ''eldzug trug Tiglatpileser in einer Schlacht am unteren Zab

382 Viertes Buch, zweiter Abschnitt.

einen entscheidenden Sieg davon und eroberte alle Haupt- städte der Nordhälfte von Äkkad: Dür-Kurigalzu, die Doppel* Stadt Sippar, Babel, Opis. Auch das Steppenland am West- ufer des Euphrat (Land Suchi) erkannte seine Oberhoheit an.

Die synchron. Tafel erwähnt nur den siegreichen Feldsug Tigl.*^ gegen Babel, bezeichnet ihn aber ausdrücklich als den zweiten. Eic^ weiteres Zeugniss für die Siege Mardukn&dinache^s s. Delitzscb, Pan^« dies 214. Ueber die Tafeln am Hundsfluss s. Bosgawen, TrSBA, VI^ 831 ff.; dass eine derselben von ABurrliiSi herrührt, wie B. Yermuth»%. ist höchst unwahrscheinlich.

§. 275. So hatte Tiglatpileser ein grosses Reich auf- gerichtet, welches das ganze Gebiet des Euphrat und Tigris bis nach Babylonien hin, sowie die Gebirgslandschaften West- armeniens und des östlichen Eleinasiens bis zum Pontos um- fasste und dessen Oberhoheit auch Nordsyrien anerkannte. Von der Organisation desselben wissen wir nur, dass die näher gelegenen Gebiete, so das Chaborasthal, das östliche Kummach und Kirchi direct dem Staate einverleibt und von assyrischen Statthaltern verwaltet wurden, während die entfernteren Land- schaften ihre einheimischen Herrscher behielten und lediglich zur Tributzahlung verpflichtet waren. Dauernden Bestand hat das Reich nicht gehabt. Von Tiglatpileser's Sohn Assurbel- kala erfahren wir, dass er mit dem Babylonierkönig Mar- duksapikzirmäti in tiefstem Frieden lebte. Als nach dessen Sturze Ramänbaliddin , der Sohn des Esagilsaduni auf den Thron erhoben wurde, vermählte er sich mit der Tochter des- selben und führte sie mit vielen Geschenken nach Assyrien heim. Offenbar hat also Babylonien jetzt seine volle Selb- ständigkeit wieder gewonnen ; auf welchem Wege, das unterl&sst die assyrische Chronik zu berichten. Auf As§urbelkala folgte sein Bruder ÖamSiraman III. (III R. 3, 9), von dem wir gar nichts weiteres wissen , und dann tritt eine grosse Lücke in der Königsreihe ein. Nur von einem König Aäsurrab . . . wird erwähnt, dass unter ihm die von Tiglatpileser eroberten Gebiete zu beiden Seiten des Euphrat, nämlich die Landschaft Pitru ("mna) am Sagur bei Karkamis und die Stadt Mutkinu

Die Nachfolger Tiglatpileser*s 1. 333

»stlich vom Euphrat, an den Aramaeerkönig verloren gingen m R. 8, 36 ff.). Letzterer ist jedenfalls der König des ^andes Bit-Adini, dessen Haupttheil östlich vom Euphrat Hauptstadt Til-barsip d. i. wahrsch. Biredjik gegenüber dem Zeugma der Griechen] gelegen ist.

In die völlig dunkle Epoche von ca. 1070—980 v. Chr. sind jeden- falls auch die (geroeinsamregierenden?) Könige A^äurnarara und Nabudän Ton Assyrien zu setzen, an die ein Brief der Ramänäumnä^ir von Babel ni R. 4, 5 (in späterer Abschrift) theilweise erhalten ist; ferner der III R. 88, 2 mehrfach genannte König Beliumnäfir von Babylon und der ton PiNCHES, Proc. SBA. 7. Nov. 1882 erwähnte §aga§altiburia§ S. des Kodurribel, der um 1050 den Tempel von Sippar restaurirte.

§. 276. Wie wir zu Anfang des neunten Jahrhunderts wieder genauere Kunde über Assyrien erhalten, gehorcht den Königen ausser einem Theil des Gebirgslandes östlich und südöstlich von Ninive nur noch das Gebiet am oberen Tigris (um Amida), das Land Kummuch und ein grosser Theil des mesopotamischen Gulturlandes. Das Gebiet am Euphrat, Earkamis gegenüber, ist unabhängig und zerfflllt in mehrere Fürstenthümer (Bet-Adini [§. 275], Nila, Bet-Bachiani und weiter nördlich Til-abnai), deren genauere Abgrenzung bis jetzt unmöglich ist. Das Land am Belichos scheint assyrisch geblieben zu sein; es ist sehr auffallend, dass in keinem der späteren Feldzüge die Stadt Charrän erwähnt wird. Weiter östlich, in Nisibis und dem benachbarten Guzan (ni;i. Reg. II, 19, 12, vgl. Deutzscsh, Parad. 184), in den fruchtbaren Thä- lem des Chaboras imd seiner Nebenflüsse, aber ebenso z. B. in der Stadt Süru »im Lande Bit-Chalup^< am Euphrat (Sura östl. von Thapsakos) gebieten assyrische Statthalter, nicht ohne dass in den Zeiten des Verfalls sei es einer von ihnen, sei es die Bevölkerung versucht sich unabhängig zu machen. Von besonderer Bedeutung ist für uns die Herrschaft assyrischer Statthalter im unteren Chaborasthal. Das ganze Gebiet dieses Flusses ist ebenso wie weiter östlich die Landschaft von Sangara voll von Schutthügeln, welche Ort- schaften ads alter und späterer Zeit bedecken. Am umfang-

334 Viertes Buch, zweiter Abschnitt

reichsten darunter sind die Ruinen bei dem beutigen Orte Arban am Gbaboras. Hier finden sieb die Trümmer eines alten, im assyrischen Stile gebauten Palastes, vier geflügelte Stiere mit Menscbenkopf, ein Löwe mit offenem Rachen, das Reliefbild eines Kriegers u. a. Die Stiere tragen die Inschrift »Palast des Mu§es(?)ninep<. Die Möglichkeit einer genaueren Zeit- bestimmung fehlt uns leider bis jetzt vollkommen; dass sich in Arban wie in Ealach Skarabaeen des Dhutmes m. und Amenhotep m. gefunden haben, gewährt keinen ge- nügenden Anhalt. Als König Assurnäsirpal von Assyrien im Jahre 884 v. Chr. den Chaboras hinabzieht, bringen ihm §almänchaman(?)iläni von Sadikanna und Ilramän von Suna reichen Tribut (I R. 19, 78). Zweifellos ist einer dieser beiden Orte das heutige Arban, ihre Gebieter sind halb unabhängige assyrische Statthalter, wie jener Mu§e§ninep. Denn dass wir es hier nicht mit einem einheimischen Staate zu thun haben, lehren Namen, Schrift und Kunststil in gleicher Weise: die Bevölkerung des Chaborasthales war zweifellos aramaeiscb wie die von Charrän und Nisibis.

Ueber die Orte am Belichos (ass. Balichi) s. Salmanassar's II. 6. Feldzug. Ueber die von den Neuem meist völlig unberücksichtigt gelassenen Denkmäler von Arban s. Layard, Niniveh and Babylon 284 ff> Meist legt sich MuSeäninep den Titel sangu (Fürst, Priester?) bei, den auch die assyrischen Könige mit Vorliebe führen.

Innere Verhältnisse und Cultur Assyriens.

§. 277. Was wir über die inneren Verhältnisse Assyriens in dieser Epoche wissen, beschränkt sich auf einige ganz dürftige Nachrichten. Die Residenz der Könige ist noch immer Assur am linken Tigrisufer; daneben kommt jetzt Ninua (Ninive, Ruinen von Kujundschick) am rechten Euphratufer empor, m dem schon Öamsiramän I. (§. 182) einen Tempel der Istar gebaut hat, der von Asurubaliit und dann wieder von Salmanassar I. restaurirt und erweitert worden ist. Istar ist die Hauptgöttin von Ninive und entwickelt sich als solche allmählich zu einer neuen Gottheit, die von der Istar von

Ruinen von Arban. Staat und Cultur der Assyrer. 335

Arbela unterschieden und neben ihr angerufen wird. Sal- manassar I. hat in Ninive auch einen Palast gebaut; ausser- dem bezeichnen ihn spätere Inschriften als Gründer der weiter südlich, etwas oberhalb der Mändung des grossen Zab in den Tigris gelegenen Stadt Kalach (Ruinen von Nimrud) und ihres grossen Etagentempels ^ der den Namen »Berg der Länder d. i. Weltberg führt. Nach babylonischer Vorstellung thronen nämlich die Götter auf einem hohen Berge, als dessen •Nachbildung die Tempel zu betrachten sind, die auch in Ba- bylonien mehrfach ähnliche Namen führen. Auch sonst werden Bauten der Könige häufig erwähnt; namentlich hat Tiglat- pileser I. mehrere verfallene Tempel in Assur wieder herstellen lassen. Von der Verwaltung wissen wir gar nichts, als dass die höchsten Beamten des Reichs, der Oberfeldherr, der Palast- hauptmann, die Statthalter der Provinzen u. a., der Reihe nach ein bestimmtes Jahramt (limu) verwalteten, nach dem bei den Assyrern gewöhnlich datirt wird (§. 127).

Das Material vor allem bei Smith, Ass. Disc. 246 ff. Salmanassar I. Erbauer von Kalach: I R. 26, 132. 35, 3, 21 f. üeber den Welten- berg (sumer. Charsagkurkura, ass. §admätäti) s. Delitzsch, Parad. 117 ff.

§. 278. Die Assyrer sind ein vorwiegend kriegerisches Volk und schon in den Berichten Tiglatpileser*s I. tritt nicht nur die Freude an Kampf und Sieg, sondern auch die Hin- neigung zu schonungsloser Vernichtung der Gegner hervor, die später in die brutalste Grausamkeit ausgeartet ist. Wieder und wieder rühmt sich der König, die feindlichen Orte ver- brannt, zerstört, vernichtet, die Haufen der Erschlagenen über die Gebirge zerstreut oder in die Flüsse gestürzt zu haben. Dagegen fehlt den Assyrern die geistige Productivität ; nach irgend einer originalen Leistung suchen wir vergebens. In Religion und Literatur sind sie durchaus von Babylonien ab- hängig ; das einzige Selbständige sind die grossen historischen Denkmäler. Und hier bewegt sich schon die grosse Inschrift Tiglatpileser's I. in lauter stereotypen Phrasen, die sich von einem König auf den anderen forterben und den Leser auf das äusserste ermüden. Auch die aegyptischen Inschriften

336 Viertes Buch, dritter Abschnitt.

der späteren Zeit tragen ja äusserlich den gleichen Charakter; aber in ihnen sind es religiöse Ideen und übertriebene poetische Wendungen, welche den realen Kern allmählich völlig ersticken, während bei den Assyrern ein trockener aber ezacter annali- stischer Bericht mit einigem rein äusserlichen Aufputz ?erziert wird. Von der Kunst dieser Epoche sind die Monumente von Arban fast die einzigen Ueberreste: auch sie zeigen völlige Abhängigkeit von Babylon. Charakteristisch ist nur die Manierirtheit in der Behandlung, z. B. die sorgfältige Frisör des Haares, das bei Menschen und Thieren in kleine, völlig gleichmässige Bäschel zusammengeflochten ist. In Arban ist indessen diese Stilisirung noch nicht in so kleinlicher und uimatürlicher Weise durchgeführt, wie auf den späteren assyrischen Monumenten.

III. Die Blüthezeit Phoenikiens.

«

ZurUckdrängung der Phoeniker durch die Hellenen.

§. 279. Die Reaction der Hellenen gegen die Phoeniker, deren erste Wirkungen zur Zeit Merneplah's und Ramses' H wir früher kennen gelernt haben, führt zu einer vollständigen Verdrängung derselben aus dem aegaeischen Meere. Von den Inseln gehen die Hellenen nach der Westküste Klein- asiens hinüber, die sie seit etwa 1100 v. Chr. (die Zeilbe- stimmung ist ganz unsicher) ihrer ganzen Ausdehnung nach besetzen. An einzelnen Punkten, wie auf Rhodos, scheinen sich die Phoeniker noch länger behauptet zu haben, doch konnten sie sich der allmählichen Hellenisirung nicht ent- ziehen, und bald folgten ihnen die Griechen in ihr eigenes Gebiet. Schwerlich später als im elften Jahrhundert, vielleicht aber schon bedeutend früher, drangen griechische Ansiedler nach Cypern und gründeten zunächst Salamis in der frucht- baren Ebene im Osten der Insel. Allmählich haben sie dann

{

Phoeniker und Hellenen. 337

len Pboenikern die meisten Städte entrissen und daneben neue angele^^, wie Marion undEurion; nur in Eition, Ämathus, Lapethos und im Binnenlande haben sich die Phoeniker bis auf die hellenistische Zeit selbständig behauptet. Nicht spater als die Ansiedelung auf Cypern ist die Besetzung der reichen, dem pisidischen Hochlande vorliegenden Küstenebene durch griechische Stämme, die unter dem Namen der Pamphyler ZQsammengefasst werden. Nirgends sind die Phoeniker im Stande, diesem Vordrängen energischen Widerstand entgegen- msetzen; vor der Massencolonisation müssen ihre Factoreien öberall weichen. So ist es gekommen, dass die homerische Zeit die Phoeniker im aegaeischen Meer nur noch als ver- sdilagene, vor keiner List zurückscheuende Eauffahrer kennt, Bvelche die Waaren des Ostens auf den griechischen Märkten ibsetzen.

Die griechische Tradition knflpft die Ansiedelungen in Gypem und Pamphylien unmittelbar an den troisehen Krieg, setzt sie also, wahr- scheinlich mit Recht, vor die ionische Wanderung. Ihr hohes Alter wird bestätigt durch die starke Abweichung des cyprischen und des pamphyli- sehen Dialectes von den übrigen griechischen, und noch schlagender dadurch, dass die cyprischen Griechen nicht das gemeingriechische Al- phabet verwerthen, sondern sich eine eigene, wie Satce nachweist, dem Bamathenischen entlehnte Silbenschrift gebildet haben. Weiteres s. Bd. II.

Die Fahrten der Phoeniker nach Westen.

§. 280. Während so im Osten der phoenikische Handel Zurückging, nahm er in derselben Zeit, vielleicht zum Theil gerade weil er genöthigt war sich neue Absatzorte zu suciien, im Westen des mittelländischen Meeres immer grösseren Auf- schwung. Die politischen Verhältnisse Syriens, in Folge deren das Land seit den Zeiten Ramses' III. im wesentlichen sich selbst überlassen blieb, konnten denselben nur begünstigen. Dass im übrigen die erste Entdeckung und Besiedelung der westlichen Länder, namentlich Sardiniens und Spaniens, viel- leicht schon in eine weit frühere Zeit hinaufragt, wurde schon erwähnt (§. 194). Die Art der phoenikischen Ansiedelungen

Veyer, Geschichte des Alterthtuns. I. 22

338

Viertes Buch, dritter Abschnitt

ist im allgemeinen im Westen dieselbe wie im Ostpn. Ab allen geeigneten Punkten, namentlich an geschülzten Buchten- und mit Vorliebe auf kleinen nahe am Festlande gelegenen Inseln, die g^en einen plötzlichen Ueberfall durch die Ein- gebornen Schutz gewähren, legen sie ihre Factoreii ihre Waaren zu vertreiben und die Rohproduete des Landes zu gewinnen. In einzelnen günstigen Fallen erwachsen die- selben zu grösseren Städten; im allgemeinen aber liegt wir wissen, die Gewinnung von Grund und Boden, die Grün- dung eines neuen Colon iaistaates nicht in der Art der Phoe- niker (§. 192). Wie Sicilien von ihnen »rings umsiedelt« war, schildert Thukydides {VI, 2) ; im einzelnen ihre Ansiede- lungen aus den Eigennamen nachzuweisen ist misslich. Mtt Sicherheit gehen Soloeis und Panormos (auf Münzen ]*>i*) Norden, Motye (XlDO) im Westen, Heraklea Minoa, phoe-j nikisch Rös Melqart »Vorgebirge des Melqart< (daher Müxapo, Her. Pont. 29} im Süden auf sie zurück. Ebenso sind iUalli und Gaulos seit alten Zeilen völlig phoenikisch. Auch auf Sardinien sind einzelne gut gelegene Hafenplätze wie Karalis und Sulci, ebenso Tharros, woh! zweifellos altphoenikiscbf Ansiedelungen ; in grösserem Umfang ist indessen die Insel wahrscheinlich erst durch die karthagische Herrschaft in den Bereich der phoenikischen Civilisation gezogen worden, ^ie gerade hier sehr zahlreiche Ueberreste hinterlassen hat. Auf Korsika finden wir keine Spuren der Phoeniker: auch i" Italien sind Ansiedelungen derselben nicht nachweisbar Hafenort Punicum bei Caere wird der Ejxtche der B genossenschaft der Etrusker und Karthager angefai ebensowenig in Ligurien und an der Westküste Sps es scheint waren dieselben für den phoenikischen nicht lockend genug.

Im allgemeinen vgl. Meltzep, Gesch. der Karihsper I Annahme, dass Massaüa urapriinglich phoeniki?che Colonie sei (ScbbWi I Phoen. Sprache 241). wird weder durch den jedenf&lls nicht semilixl"'' Namen noch durch die phoenikische Opfertafel bewiesen. Hier ■lieht mehr als eine kurze Skiiie dieser VerhSIlnisse gegeben wc die von anderen Gesichtspunkten aas in der Geschichte des ^

Die Phoeniker im Weatmeer, Taräls. 339

zu behandeln tind. Fiir Sicilien; Hol.«, Gesch. Siciliens im Alt, I, 79 IT. [mit vielfach sehr prohlematiBchen , meist aus Hovebs entlehnten Cotn- binationen]. Sardinien ist bekanntlich sehr reich an phoeni kl sehen In- schriften und Kunst gegenständen [zahlreiche neue wird demnächst Ebehs in den Ann, dell' Inst. arch. »eröfTent liehen] ; doch ist es nicht nölbig, dieselben fQr Biter als die karthagische Herrschaft zu halten.

g. 281. Das Hauptziel der phocnikisclien Fahrten, zu dem die Ansiedelungen in Sicilien und Sardinien, Malta und Gaulos die unentbehrlichen Stationen bildeten, war das süd- liche Spanien, das Land Tarifs oder, wie die Griechen es nennen , Tartessos. Hier im fernsten Westen glaubten die Seefahrer das Ziel zu erkennen, das der Sonnengott Melqart (Herakles), auf dessen Bahnen sie wandeilen (§. 206), bei seiner Heerfahrt erreicht hatte ; die Felsen, welche die schmale Europa und Afrika trennende Meerenge einschliessen , waren die Grenzsäulen, die er sich gesetzt, jenseits derselben lag der unendliche Ocean, in dem er zur Ruhe gegangen. Doch auch hier fand der Unternehmungsgeist keine Rast; die reichen Schätze des südlichen Spaniens, vor allem seine grossen Silber- puben, luden zu regem Verkehr ein. Und jenseits der Säulen fidbete sich die grosse fruchtbare Ebene, welche der Tar- SDsSuss, der Guadalquivir, durchströmt. Eine vorliegende »sei mit trefflichem Hafen bot genijgenden Schutz gegen nndliche Angriffe. So gründete man hier die »Feste* Gaddir |lDf Münzen Tl^N oder mrin) <^- '■ Gadcs mit einem grossen wiligthum des Melqart; die neue Ansiedelung wurde bald Centrura der Colonien in Tarsis , der Ausgangspunkt r»eiterer Fahrten nach Norden und Süden, welche unter an- derem die Producte Westeuropas, vor allem den Zinn Bri- tanniens, sei es auf directem Wege, sei es durch Zwischen- handel dem Osten übermittelten. Daneben stehen zahlreiche andere Gründungen; dreihundert tyrische Colonien, heisst es, hätten westlich von den Säulen an der afrikanischen Küste ^legen, unter ihnen vor allem Lisos, das älter sei als Gades. Ebenso ist die ganze Südküste Spaniens, das von den Ma- pAtieuen bewohnte Vorland der Sierra Nevada, voll phoenikischer-j

340 Viertes Buch, dritter Abschnitt

Städte^ wie Carteja, Malaca, Sexi, Abdera; erst etwa in der Gegend des späteren Neukarthago lag »die Grenze der Tar- tessier«. Alles genauere entzieht sich bei dem äusserst dürf- tigen Material völlig unserer Kenntniss, namentlich fehlen zu- verlässige chronologische Bestimmungen, Denn wie weit eine vereinzelte Notiz, Gades sei wenige Jahre vor Utica um die Zeit der dorischen Wanderung, also kurz vor 1100 v. Chr., gegründet worden, historisch ist, vermögen wir nicht zu be- urtheilen. Nur das lässt sich mit Sicherheit sagen, dass im zehnten Jahrhundert die Fahrten nach Tarsis seit lange im Gang sind imd aller Wahrscheinlichkeit nach die Erschliessong der spanischen Bergwerke und die dadurch herbeigeführte Entwerthung des Silbers (§. 188) bereits einer weit früheren Zeit angehört.

Hauptquelle fOr die Kenntniss der spanischen Colonien sind die ora maritima des Avienus (Ober dieselbe s. Müllenhoff, Deutsche Alter- thumskunde I und jetzt Unger im Philologus, 4. Supplementband, 189) und die Fragmente des Hekataeos. Ferner Strabo in, 2, 11 ff. 4, 5. Pol. lU, 24, 4 u. a. Ueber LLxos und die Colonien an der Westküste Afrikas: Strabo XVII, 3, 2. 3. 8. Plin. XIX, 63. Gröndungsdatum von Gades: Velleius I, 2, 4.

§. 282. Neben dem Lande zu beiden Seiten der Säulen : des Herakles ist der Sicilien gegenüberliegende Theil Nord- afrikas von den Phoenikern in grösserem Umfang colonisirt worden. Den Späteren gilt hier Utica, das die Tyrier wenige Jahre nach Gades, im Jahre 1100 v. Chr., angelegt haben sollen, als die älteste Stadt; jedenfalls ist es bis auf das Em- porkommen Karthagos die wichtigste und hat neben diesem am längsten eine unabhängige Stellung behauptet. Neben ihm stehen die beiden Hippo ({<3{<) und Hadrumetum, dann Leptis zwischen den beiden Syrten als Hauptcentren der Ansiedelung. Zahlreiche andere der nordafrikanischen Orte mögen gleichfalls in diese Zeit hinaufreichen, nachweisen lässt es sich fast nirgends (vgl. §. 286). Auch Karthago (Qart chadast »Neustadt«), das berufen war, später die ganze Macht der Westphoeniker zusammenzufassen und aus tiefem

Die Phoeifiker in Spanien und Nordafrika. 341

Verfall zu neuem Glanz zu erheben, mag schon in diese Zeit hinaufragen. Zwar hat Timaeos seine Gründung durch die lyrische Königstochter Dido-Elissa mit aller Bestimmtheit ins Jahr 814/3 v. Chr. gesetzt, indessen die ausführliche Er- zählung von der Gründung, die er gibt, ist rein mythisch und der Hauptsache nach nicht einmal einheimischen, son- dern griechischen Ursprungs; den im neunten Jahrhundert, als die Phoeniker längst in Nordafrika ansässig waren, be- stehenden Verhältnissen trägt sie nirgends Rechnung. Es kommt hinzu, dass Philistos berichtete, Karthago sei 50 Jahre (?) vor dem troischen Kriege von den Tyriern Zoros, dem Eponymos von Tyros, und Karchedon gegründet worden. Bei dieser Sachlage werden wir uns bescheiden müssen, auf eine sichere Angabe über den Ursprung der Stadt zu verzichten. Zu grösserer Bedeutung ist sie jedenfalls erst gelangt, als im siebenten Jahrhundert die Verbindung mit dem Mutterlande erlahmte und es galt, mit allen Kräften den immer weiter um sich greifenden Hellenen entgegen zu treten.

Ueber alles Detail s. Meltzer, Gesch. der Karthager I, dem ich in allem wesentlichen beistimme. Seine Kritik der Gründungsgeschichte und Chronologie des Timaeos hat v. GuTscHsim, Jahrb. f. cl. Philol. 1880, 289 ff. bestritten, ohne mich von der Zuverlässigkeit der letzteren überzeugen zu können. Der Umstand, dass die ganze ausfQhrliche Grun- dungsgeschichte sich als rein secundäres Machwerk erweist, und dass es über die zwei auf die Gründung folgenden Jahrhunderte an jeder Nach- richt fehlt, macht das Datum auf alle Fälle sehr verdächtig. Hätten wir Menander*s Annalen vollständiger, so Hesse sich vielleicht ein sichereres ürtheil gewinnen. Im übrigen ist die von Stade, Giessener Progr. 1880 über Jawan 8 wieder aufgenommene Vermuthung von Schulthess, dass

Elisa (ntt^'**?^) Ezech. 27, 7 , Gen. 10, 4 Name Karthago's oder um- fassender des nordafr. Küstenlandes sei, sehr wahrscheinlich. Dann ist die Gründerin Elissa lediglich aus dem Namen der Stadt gebildet. Gründungsdatum von ütica: [Aristot.] mir. ausc. 146, Plin. XVI, 216 [von Sil. Ital. III, 17 auf Gades übertragen], Vellei. I, 2, 4. Die schlimmen Erfahrungen, die so zahlreich mit ähnlichen Daten gemacht sind^ nöthigen auch hier zum Misstrauen. Wenn Leptis bei Sallust Jug. 78 sidonisch, bei Plin. V, 76 tyrisch heisst, so sind das schwerlich verschiedene Nach- richten, sondern Sidonii war in Sallust's Quelle als allgemeiner Name der Phoeniker gebraucht, wie so häufig.

342

Vierles Buch, drtUer AhschniU.

Das Mutterland. Vormacht von Tyros.

§. 283. Der Mittelpunkt der phoenikischen Städte iik dieser ganzen Epoche ist Tyros; Sidon, die alle Metropole defl Volkes, ist durch dasselbe völlig in den Hintergrund gedrängt; Alle Colonien im Westen gellen als lyrisch, Gades und Utica^ Leptis und Karthago; einzelne Notizen lassen erkennen, dass sie auch die Oberhoheit der Mutterstadt anerkennen musslea Nach einer Inschrift war Karthago (Qart chadast) auf Cypern dem Könige Hiram von Tyros unlerthan; das Gleiche gilt von Kilion (§. 357), ob auch von den übrigen Stadien der Insel, wissen wir nicht. Weiter finden wir in Mem- phis ein »Tyrierquartier« (Herod. II, 112); auch hier also geht Tyros den übrigen Phoenikerstädten voran. Eine Schil- derung allerdings aus bedeutend späterer Zeit (58Ö v. ÖN-) gibt uns ein anschauliches Bild von dem Handel der Sladt Die Metalle von Tarsis, der Purpur >der Inseln Elisa's«, d. L wahrscheinlich Nordafrikas, Kupfer und Sklaven aus den pon* tischen Küstenlanden, Rosse und Wagen aus Westarmenifll (Togarma) finden sich auf dem Markle von Tyros zusammen. Das syrische Hinlerland verhandelt hierher seine Naturpro- ducte, Getreide und Oel, und vor allem die Erzeugnisse seiner Industrie, die Karawanen der Wüstenslämme bringen Vieh, Südarabien Weihrauch und Specereien , Gold und Edelsteine. Natürlich parlieipirten auch andere Städte an diesem Haiideli seit alten Zeiten ist z, B. Gaza das Hauptziel der arabisclien Karawanen , aber Jahrhunderle lang war Tyros der Haupt- verraittler zwischen Osten und Westen , der Umsatzort für die Waaren der ganzen Mittelmeerwelt. Wir werden sehen, wie im zehnten Jahrhundert auch der Versuch gemacht wird mit Südarabien eine directe Handelsverbindung auf dem See- wege herzustellen.

FQr .lie Schilderung des Handels ist Ezeeh. 27 zu Grunde P^ Der Text des Cipilels ist mehrFach corrupt; vgl. Suekd'e CommeDtu n' vor allem mehrere Bemerkungen in Stade's Programm über Jawan. DW Homer »wnr Sidon aber niemals Tyros erwähnt, isl nicht etwa ein Be- weis, dass damals! Sidon Im allgemeinen bedeutender gewesen ifl »••

Blachtstellung von Tyros. 343

dieses oder specieil mit Griechenland regeren Handel trieb, sondern ist daraas zu erklären, dass alle Phoeniker sich Sidonier nennen (§. 190); auch König Qiram [I?] von Tyros heisst in einer Inschrift officiell »König der Sidonier« (C. J. sem. 5). Da die Inschrift auf Cypem gefunden ist, wird das in ihr genannte Karthago das durch die Assyrer bekannte (Deutzsch, Par. 293), auch C. J. sem. 86 b, 6 genannte cyprische sein.

§. 284. Auch im Mutterlande nimmt Tyros die leitende Stelle ein. Im achten Jahrhundert waren, wie wir später sehen werden (§. 357), Sidon, Akko, Palaetyros und mehrere andere Städte Unterthanen des Königs von Tyros, während im neunten Sidon noch selbständig ist Und wenn Ezechiel (c 27) sagt, die Bewohner von Sidon und Arados^ hätten in Tyros als Ruderknechte gedient, die Greise und Weisen von Byblos seine Schiffe ausgebessert, die Aradier hätten zusammen mit Söldnern aus allen Völkern der Erde und der eigenen Mannschaft von Tyros die Streitmacht der Stadt ge- bildet, so scheint das auch auf ein Abhängigkeitsverhältniss hinzuweisen. Vermuthlich bildeten wie später so schon in früher Zeit die phoenikischen Städte einen Bund, an dessen Spitze Tyros stand. Um gemeinsame Angelegenheiten zu berathen, versammelten sich wenigstens in der Perserzeit die Könige, von dem Rath der Edlen begleitet, in der »Dreistadtc Tri- polis (der phoenikische Name ist unbekannt), die von Arados, Tyros imd Sidon gemeinsam gegründet war und in drei durch Mauern von einander getrennte Quartiere zerfiel. Weiteres wissen wir nicht ; doch vielleicht gehört in diesen Zusammen- hang die Thatsache, dass um das Jahr 1197 v. Chr. die Aera von Tyros begann^ sowie die halb sagenhafte Erzählung Justin's (XVm, 3,5), Sidon sei die älteste Stadt der Phoe- niker gewesen; nachdem aber die Sidonier vom König von Askalon besiegt worden, seien sie zu Schiff gestiegen und hätten ein Jahr vor der Zerstörung Troja's Tyros gegründet. Dass Tyros bedeutend älter war, wussten die Alten ganz gut und wird durch die Angaben der Aegypter über jeden Zweifel erhoben; denkbar aber wäre, dass diese Erzählung einen Nachklang der Bewegungen enthält, welche durch den Ein-

344 Viertes Buch, dritter Abschnitt.

bruch der Kleinasiaten und die Ansiedelung der Philister her- beigeführt wurden, dass die Aera an die Begründung der Vorherrschaft von Tyros in Phoenikien anknüpft. Damit ver- trägt sich natürlich, dass die grösseren Phoenikerstadte, Sidoti, Byblos, Arados u. a., nach den Angaben der Assyrerkönige ihre eigenen Herrscher haben. Namentlich Arados scheint nach denselben wenigstens im neunten Jahrhundert v^lig selb- ständig dazustehen.

Ueber Tripolis und den phoen. Bund s. Diodor XVI, 41, Skylax, Strabo u. a. Aera von Tyros : nach Jos. ant. VIII, 3, 1 (daher Euseh. a, Abr. 745} wurde der sal. Tempel im 11. Jahre Qiram's, 240 Jahre nach der GrOnduof: von Tyros gebaut. Nach Menander bei Jos. c. Ap, I, 19 verflossen von yi- ram*s TlAronbesteigung bis zur Gründung Karthago's 155 Jahre, 8 Monate, mithin fiel diese ins 385. Jahr der Stadt. War die Gründung hier mit Timaeos ins Jahr 814/3 v. Chr. gesetzt , so beginnt die tyrische Aera 1198/7 V. Chr. Dabei muss freilich dahin gestellt bleiben, ob die An- gaben Menander's grössere Zuverlässigkeit in Anspruch nehmen können als die anderer orientalischer Annalen oder z. B. des Josephus. Im all- gemeinen ist allerdings zu vermuthen, dass es in Tyros eher eine xo- verlässige Zeitrechnung gegeben haben wird, als in Samaria und Jeru- salem. — Sehr mit Unrecht ist Palaetyros, d. h. die der Stadt gegenüber auf dem Festlande gelegene Ortschaft, in die Discussion über das Alter von Tyros hineingezogen worden.

§. 285. Ueber die inneren Verhältnisse fehlt uns fast jede Nachricht. In den Colonialstädten finden wir spater meist aristokratische Verfassungen ; an der Spitze stehen zwei gewählte Oberbeamte, die Recht sprechen und die inneren Verhältnisse leiten; sie führen den Titel sofet (suffeta) »Richter«. Auch im Mutterlande wird es an Versuchen der Adelsge- schlechter, das Königthum zu stürzen und sich der Staatsgewalt zu bemächtigen, nicht gefehlt haben. Den Hebraeern ist, wie die Bearbeitung des Richterbuchs lehrt (vgl. §. 295 Anm.), die Anschauung, dass Richter eine königliche Stellung einnehmen können, nicht fremd, und von Tyros wissen wir, dass eine derartige Umwälzung wenigstens im sechsten Jahrhundert vor- übergehend eingetreten ist. Neben dem Adel scheinen die vermuthlich erblichen Priesterthümer grossen Einfluss besessen zu haben. Damit endet aber unsere Kenntniss ; auch auf die

Greschichte von Tyros« 345

hochinteressante Frage z. B., in welchem Verhältniss die Hasse der Gewerbetreibenden, Kleinhändler und Matrosen zu der Aristokratie der Adligen und grossen Kaufherren gestanden hat, können wir nicht mehr antworten, als dass in Tyros allerdings in der Perserzeit eine socialpolitische Revolution stattgefunden zu haben scheint. Denn auf etwas derartiges weist die Sage hin, die Sklaven der Tyrier hätten ihre Herren sammtlich erschlagen und sich der Stadt bemächtigt, nur einer sei gerettet und dann zum König gemacht worden ; zur Strafe für diesen Frevel habe dann Alexander die gesammte Bevölkerung der Stadt ans Kreuz schlagen lassen.

Zu den Oberbeamten der Golonien vgl. Euting, ZDM. XXIX, 589. DauDviri in Gades: Avien. ora mar. 283. Die Sage yon den Sklaven: Jusün XVm, 3.

§. 286. Ein Zufall hat uns von der Geschichte von Tyros einige Bruchstücke erhalten. Danach regierte von 969—936 V. Chr. Hiram I. (Elpöttoc, ass. Chirummu, HI R. 9, 51), der Sohn Abiba'al's, der glänzendste der tyrischen Herrscher, der die Stadt durch Hafenbauten und Dämme er- weiterte und die Tempel des Melqart und der Astarte neu aufbaute. Die Colonie Utica, welche die Tributzahlung wei- gerte, wurde zur Unterwerfung gezwungen. Mit dem um diese Zeit zu bedeutender Macht gelangten israelitischen Staat stand er in gutem Einvernehmen; für die Unterstützung, die er dem Salomo bei dem Bau seines Palastes und Tempels in Jerusalem gewährte, trat ihm dieser 20 Grenzdörfer ab (Reg. I, 9, 10 flf.). Auch hat er gemeinsam mit ihm ein grosses •Handelsschiff, einen »Tarsisfahrerc, im Hafen Aila am rothen Meer bauen lassen, um nach Art der aegyptischen Pharaonen die Producte Südarabiens (des Landes Ophir) auf directem Wege zu gewinnen. Auf die Dauer hatte freilich diese Han- delsverbindung keinen Bestand, da bald darauf die Edomiter, die Bewohner des Wüstenlandes südlich von Palaestina, die israelitische Herrschaft abschüttelten. Aber immer von neuem versuchen dann die judaeischen Könige den wichtigen Hafen- punkt wieder zu gewinnen (vgl. weiter §. 355). Von Hiram*s

346 Viertes Bach, vierter Abschnitt.

Nachfolgern wissen wir fast gar nichts. Sein Enkel Abdas* tartos (928 920) wurde von den Söhnen seiner Amme «r mordet, die sich der Herrschaft bemächtigten. Auch in de Folgezeit kehren noch Thronwirren wieder. Von König Itc ba*al flMßaXoc, 885 854), dem Schwiegervater des Ach^ von Israel, wird berichtet, dass er in Phoenikien die Stadt Botrj (nördlich von Byblos) und in Lybien Auza gründete. Letz teres ist wahrscheinlich die weit im Inneren Numidiens, m der Nähe des heutigen Aumale, in metallreicher Gegend ge- legene Stadt Auzea der Römer, und gewährt dann eineo Einblick in die grosse Ausdehnung des phoenikischen Macht- bereichs in Nordafrika. Im siebenten Jahre seines Urenkels Pygmalion (820—774) soll dann seine Schwester Karthago gegründet haben (§. 282). Damit verlöschen unsere Nach- richten zunächst gänzlich.

Aus den lyrischen Annalen des Ephesiers Menander hat Josephoi folgende für die israelitische Geschichte wichtige Bruchstücke erhalten: 1) Ant. VIII, 5, 8 = c. Ap. I, 18 (auch Euseb. I, 117 ed. Schoene; zur Textkritik vgl. v. Gutschmid daselbst und Jahrb. f. cl. Phil. 1880, 294); dazu gehört die Angabe über die Aera Ant. VIII, 3, 1. und parallel läuft das ebendas. aus Dios bewahrte Fragment 2) Ant. VIII, 13, 2. 3) Ant. IX, 14, 2. 4) c. Ap. I, 21. Für die von mir gegebenen chrono- logischen Ansätze vgl. §. 284 ; in der Emendation der fehlerhaften Zahlen bei Josephus scbtiesse ich mich Movers, Phoen. II, 1, 139 an. In- schrift einer Opferschale mit Qirams Namen (zuerst von Ganneau erkannt) s. §. 283. Fahrt nach Ophir: Reg. I, 9, 26 ff.; 10, 22 ist jedenfalls ungenau. >3{< heisst nicht, wie die modernen Interpreten wollen, Flotte,

T.

sondern Schiff, s. Jes. 33, 21, Reg. I, 22, 49. Die tyrische Königsliste s. §. 324.

IV. Die Hebraeer in Palaestina.

Verhältnisse Syriens.

§. 287. Nachdem das Chetareich zerfallen und Aegypten in Syrien machtlos geworden war, blieben die syrischen lAnd- schaften, abgesehen von dem vorübergehenden Eingreifen Tig-

Die syrischen Staaten im zehnten Jahrhundert. 347

itpileser's I., im wesentlichen sich selbst überlassen. Wie in len früheren Zeiten zerfallen sie auch jetzt wieder in eine Reihe deinerer Staaten, die sich oft genug aus politischen Gründen ond namentlich aus Handelsrivalität bekämpft haben werden, ohne dass einer von ihnen eine entscheidende Vormacht erlangte. Im neunten Jahrhundert gewinnen wir durch die assyrischen Angaben einen genaueren Einblick in diese Verhältnisse. Im Norden, gegenüber den westmesopotamischen Staaten {§. 276), besteht noch das Reich der Cheta von Karkamis, deren Macht indessen sehr beschränkt ist. Nach Westen, in den Abhängen des Amanos, schliessen daran eine ganze Reihe kleinerer Staaten (s. §. 336); nach Süden, im Thale des unteren Orontes und seines Nebenflusses Apr! (jetzt 'Krin) folgt das Reich Patin mit der Hauptstadt Kunulua (var. ßnalia), zu dem auch die Stadt Chazaz (jetzt 'Azäz) gehört Weiter östlich scheint Chaleb (ass. Ghalman, aeg. Chirbu, Aleppo) selbständig gewesen zu sein. Das mittlere und obere Orontesthal, sowie ein Theil der Meeresküste (IE R. 9, 3), gehört dem Könige von Hamat (non» ass. Chamat und Amat, aeg. Hemtu). In Coelesyrien gewinnt im zehnten Jahrhundert das Reich von Süba (tQl^, Sooßa, ass. Subit) grossere Bedeutung; sein König Hadad'ezer bedrängt Hamat und scheint Damaskos besessen zu haben. Zur Zeit Salomos tritt dann das neugegründete Reich von Damaskos an seme Stelle (§. 307). Ueber die Nationalitätsverhältnisse sind ^ir nicht völlig im Klaren. Die Stadt Qades wird allerdings öoch in Davids Zeit als chetitische Stadt erwähnt (Sam. II, 24, LXX), hat aber offenbar alle Bedeutung verloren ist sie vielleicht in einem der vielen Kriege zerstört worden? Die Assyrer aber kennen die Cheta nur in Karkamis; doch mag ^uch das Reich Patin ihrer Nationalität angehört haben. Da- gegen wird Süba ausdrücklich als aramaeischer Staat bezeichnet. Jedenfalls haben sich die Cheta gänzlich aramaeisirt; in späterer Zeit ist ihre Sprache und Nationalität völlig verschwunden.

Ueber Paün s. Schrader, KGF. 214 ff.; Delitzsch, Farad. 274. Die Constructionen des letzteren S. 276 ff. über einen angeblichen Unterschied

348 Viertes Buch, vierter Abschnitt.

von Qamat und Amat scheinen mir völlig unhaltbar zu sein. Ueber $uba s. Sam. II, 8. 10, §. 300. »Alle Könige der Chetiter und die Könige von Aramc Reg. I, 10, 29, vgl. II, 7, 6.

Occupation Kana'ans durch die Stämme der Hebraeer.

§. 288. Zu allen Zeiten haben die vorwiegend von Vidi- zucht lebenden Bewohner des Wästengebiets Raubzüge gegen das syrische Culturland unternommen und sich hier festzu- setzen versucht. Wir haben gesehen wie schon die erste Ansiedelung der Semiten in Syrien wahrscheinlich in ähn- licher Weise zu beurtheilen ist. Jetzt sind es die kana'anaei- schen Stämme des südlichen Wüstenlandes, Edoni, 'Amaleq, Midian, Isma'el, und die schon zu halbsesshaftem Leben über- gegangenen transjordanischen Stämme Moab und 'Ammon, welche wieder und wieder Palaestina durch ihre Ein&lle heimsuchen. Einem dieser Stämme, den »Söhnen Israels«, oder wie sie von den Nachbarn genannt werden, den He- braeern, ist es gelungen, im Lande westlich vom Jordan festen Fuss zu fassen. Nach der Sage wären sie ursprünglich in Aegypten, im Lande Gosen an der Grenze der Wüste, an- sässig gewesen und hätten den Königen Frohndienste ge- leistet; dann seien sie ausgewandert und durch ein Wunder dem ihnen nachsetzenden Pharao entgangen. Dass semitische Stämme in Ostaegypten nomadisirten und die Gefangenen aus den syrischen Kriegen zu Frohndiensten verwerthet wurden, j wissen wir (§. 237. 240 f.); aber der Versuch, den Namen der Hebraeer in aegyptischen Denkmälern nachzuweisen, scheint misslungen. Welche historischen Elemente die Sage etwa enthalten mag, vermögen wir hier so wenig wie in den meisten ähnlichen Fällen zu erkennen. Jedenfalls sind die Hebraeer weder in der Sprache noch in Anschauungen und Sitten stärktf von den Aegyptern beeinflusst als die übrigen Stämme Syriens. Sicherer scheint, dass die Hebraeer lange Zeit auf der Sinai- halbinsel nomadisirt haben : wie den Griechen der Olymp, ^ gilt ihnen noch in später Zeit der Sinai oder Horeb und da? Wüstengebirge Se*ir im Süden Palaestinas als der Wohnsitz

Die Hebraeer nach Palaestina. 349

ihres Stammgottes Jahwe. Denkbar ist übrigens auch, dass der Sinai ledi^ich als der höchste dem Volke bekannte Berg zum Götterberg wurde.

Zu den WQstenstämmen vgl. Nöldl*ke, Ueber die Aroalekiter, in Orient und Occident II, 1864, 614 ff. Aus dem A.T. haben die Moham- medaner diese Namen kennen gelernt; was sie von ihnen erzählen, sind massige Erfindungen ohne allen Werth. Zu beachten ist, dass die noma- dische und halbnomadische Bevölkerung im Alterthum wie gegenwärtig häufig wechselt: alte Stämme lösen sich auf, ziehen weg oder werden vernichtet, neue treten an ihre Stelle; gelegentlich er^virbt ein Stamm Torübergehend eine ausgedehnte Herrschaft. Daher treffen wir nach einigen Jahrhunderten durchweg, neue Namen, während die alten meist spurlos verschwinden. Die in alter und neuer Zeit viel verhandelte Frage nach Pharao und Datum des Exodus ist mQssig und hat nur für die Geschichte der jüdisch -christlichen Historiographie Bedeutung. - Manetho brachte den Exodus mit der Reformation Chuenaten's in Verbindung (§. 226 Anm.). Was die Griechen erzählen, beruht auf einer Verbindung der aegyptischen Traditionen Ober die Fremdherrschaft mit jüdischen Nachrichten; der Cultus des zweiten Tempels wird dabei in die mosaische Zeit versetzt, die Tendenz ist durchaus judenfeindiich : die Juden sind ein verworfenes, von Aussätzigen abstammendes Volk. Jahwe wohnt auf dem Sinai: Lied der Debora Jud. 5, 4 f . = Deut. 33, 2. Reg. I, 19. Exod. 3, 33 (E.).

§. 289. Jedenfalls ist die letzte Heimath der Hebraeer das waldreiche Hochland Gilead (richtiger GaFad) östlich vom Jordan; auch ihr Name, ü'^nDV die »Jenseitigen«, scheint sie als die östlich vom Jordan Wohnenden zu bezeichnen. Wann und wie sie von hier nach Westen vorgedrungen sind, dar- über haben sich bei ihnen weder historische Traditionen noch Sagen erhalten: lediglich die Thatsache, dass sie nicht von Anfang an in ilirer späteren Heimath ansässig waren, blieb den Nachkommen immer gegenwärtig. Wir werden annehmen dürfen, dass die Invasion in die Zeit der Wirren nach dem Falle des Chetareichs und der Verdrängung der Aegypter aus Syrien, d. h. rund um 1150 v. Chr. anzusetzen ist; von Con- flicten mit den Aegyptern in Kana'an findet sich in der hebrae- ischen Tradition keine Spur. Es ist mit Recht bemerkt worden, dass die Occupation des Westlandes kein einheitlicher Act

350 Viertes Buch, vierter Abschnitt.

gewesen sein kann, sondern sich ähnlich vollzogen hat wtl! etwa die Ansiedelung der Semiten in Babylonien (§. 132), Die einzelnen Stämme der Hebraeer handelten zunächst jeder für sich, erst allmählich sind sie in den neuen Wohnsilzen zu einem einheitlichen Volke verschmolzen. An Macht imd militärischer Bildung waren die Kana'anaeer den Eindrinj- Ungen ursprünglich weit überlegen ; sie besassen staiie Festungen und »eiserne Kriegswagen« (Jud. 1, 10). Aba um sich der fortwährenden Raubzüge zu erwehren, mochleo sie wohl geneigt sein, den Eindringlingen Land zur Bebauung, namentlich im Gebirg, abzutreten. Allmählich gelang es dann den einzelnen Stämmen wenigstens die Gebirgslandschaflai und das Jordanthal grösstentheils zu erobern: die Küsleo- ebenen, die Städte der Philister und das Gebiet der mäcb tigen phoenikischen Handelsstädte sind dagegen niemals untef worfen , letztere schwerlich je auch nur angegriffen wordflB In manchen Fällen wurden die Kana'anaeer ausgerottet od! geknechtet, in anderen verschmolzen sie mit den Hebraedl so wie es scheint in Sichern, wo der altkana'anaeisdj Adel, die »Söhne Cliamor's*, neben den Israeliten seine Siel lung behauptete. Vielleicht ist hier durch einen Vertrag ai Einigung der allen Bevölkerung mit den Eroberern erad worden; wenigstens finden wir als Hauptgolt der Stadt da Ba'al Brit, d. i. »den Bundesherrn«. Es verging lange Z«l bis auch nur das Gebirgsland von den »vierzig Tauseni streitbaren Mannen, auf die das Deboralied Israel schätzt, vöÄ occupirt wurde. Eine grosse Anzahl wichtiger Städte itl Theil sind sie uns schon aus den Zeiten Dhutmes' Ilt. W kannt konnte nicht erobert werden, so .lebus, Gibe'ol Gazer im Süden des Gebirges Ephraim, Megiddo, Ta'n^ Bet-Se'an u. a. im Norden. Den Söhnen Juda's, dem i Süden sich festsetzenden hebraeischen Stamm, gelang nur ( Eroberung des Gebirges und die theilweise Verdrängung i Amaleqiter aus der Landschaft Negeb; hier verschmolzen äei zahlreichen ursprünglich nicht zu den »Söhnen Jakob's* | rechneten Stämmen, wie B^leb (in Hebron), Qaln, Qenl

die später ofTenbar den Hauptbestandthüil des Stammes bilden. Der Stamm Dan konnte lange keine festen Wohnsitze ge- winnen, bis ihm schliesslich die Eroberung der von Phoeni- kem bewohnten Stadt Lais (später Dan) am Fusse des Hermon in der Nähe der Jordanquellen gelang. Bei einem ähnlichen Unternehmen gegen Sichern scheinen die Stämme Lewi und Sime'on ihren Untergang gefunden zu haben; ihre letzten Reste sind in die übrigen Stämme aufgegangen.

Uebtf die Quellen und ihren Werth verweise ich auf meinen Auf- bau; Kritik der Berichte Qber i^ie Eroberung Palaestina's, Z, allL Wies. I. IIT (l. nebst Stade's Nachwort. Der Jabwisl gab nur eine ganz knappe Darstellung der Eroberung', die im weBentlichen lediglich eine Schilderung der VerhSIlnisse zu Anfang der Kflnigs/eit ist: ihm gehören die werth- vollen Nötigen in Jud. I. Einielne SlamraBayen und Namenserkläriingen lommen liiniu. Eine zusammenhängende Geschichte hat erst der Elohi^t ^schaffen, durchaus nach religiösen Geiiclilsp unkten. Er flibtt als HeerfQbrer Josua ein, d. i. einen ephraimiti scheu Stammnamen, der dem lahwisten ebenso unbekannt ist wie die Priester Abaron und El'azar. Ilaneben sind BruchslQcke alter Lieder fälschlich auf die Eroberungs- geschichte bezogen (Num. 21. Jos. 10, 13) u. 3. In Wirklichkeit sind in den BOcbem Fiumeri Deut. Josua historische Angaben gar nicht, reine Sagen nur »ehr wenig lu linden. Dass die Eroberung vom Ostjordan- laade aus, nicht etwa vom Süden her stattfand , Ist das einzige, nas als Kern der Tradition bestehen bleibt und um so sicherer historisch Ist. weil es mit dem Verlauf der Sageng esc h i ch (e , die die Israeliten aus Aegj-pten kommen lässt, eigentlich im Widerspruch sieht. Der Stamm Juda ist erst durch David's Königlbum consolldlrt, und fast kQnnle es Mheinen, als ob ihm Oberhaupt hebraeisclie Elemente ganz rehlten und er mil Unrecht za den Söhnen Jakoh't gerechnet wilrde. In der Richleneil iäi von ihm nicht die Rede, das Dehoralied erwähnt ihn nicht; die Jusserat werllivollen Angaben in Jud, I sind um 850 niedergeschrieben und t>eweisen nalörlich nur für die Aulfassung dieser Zeil. Im übrigen vgl. Wellhaitseh. De gentibus et fam. Judaeis, Gßtl. 1870. Tempelsage von Dnn : Jud. IT. 18 : die Ängal>en des B. Josua über die ursprQnglicbe An- nedelung Dan's an der Grenze der Philister (bei ßara und EsLaol, vgl. Jud. 16, 2- 13. 2) sind wohl willkabrliche Conslructioni Jud. 1 erwähnt Dan Hiebt [v. 34—36 »ind Interpolation}, Jud. 18, 1 >der Stamm Dan suchte sich einen Wohnsitz, denn bis dahin war ihm kein Besitz zugefallen unter den Stämmen Israetsi. schliesst die Annahme früherer Ansiedelung eigent- lich aus. Ein Versuch sich im Phiiislergebiete festzusetzen (Simson), kann allerdings unternommen sein. Die Beziehung von Jud. 5. 17 ist unitlsr:

352 Viertes Buch, vierter Abschnitt

die geschichtlichen BQcher kennen Dan nur in Lail. Ueber Simeon und Lewi geben der Segen Jakob's, Gen. 49, 5 (L und der jahwistiscbe Tbeil der Dtnageschichte , Gen. 84 Andeutungen, die eine völlige Aufklärung nicht zulassen; der elohistische Bericht in Gen. 34 (vgl. 48, 22) ist spätere Entstellung. Nach Jud. 1 verbindet sich Sime'on mit Juda und erobert ^Arad [dies ist Jud. 1, 17 für Spat aus v. 16 einzusetzen, s. Z. aitL W. I, 182] oder Qorma im Negeb ; sonst finden sich Ober ihn keine weiterecK Nachrichten, der Segen Moses, Deut. 38, übergeht ihn. Ueber Lewi». §. 312. Im allgemeinen vgl. Graf, Der Stamm Simeon, Progr. Meiasen 1866. Dass die Angaben (über die Landtheilung im B. Josua willkührMe Gonstructionen [z. B. wird Jerusalem gegen Jos. 15, 68. Jud. 1, 21 und alle anderen authentischen Nachrichten zu Benjamin, anstatt zu Juda gerechnet], die Berichte in der Chronik werthlose Fälschungen (Well- hausen, Gesch. Isr. I, 220 ff.) sind, sei hier nochmals hervorgehoben.

§, 290. Oestlich vom Jordan behauptete sich der Stamm Gad in der Gebirgslandschaft Gilead, dem älteren Wohnsitz der hebraeischen Stamme, mit den alten Heiligthumern Ha- chanaim, Pnu-el, Masseba*), während weiter südlich der Stamm R'uben durch Kämpfe mit Moab aufgerieben virard; im Norden, in den Landschaften Basan und Gesür hielt sieb die aramaeische Bevölkerung. Westlich vom Jordan wird im Norden das gebirgige Hinterland der Phoenikerstädte Tynis, Akzib, Akko südlich vom Leontes von den Stämmen Ascher, Naphtali, [Dan], Zobulon besetzt, doch mit Ausnahme der wichtigeren Städte wie Bet-'Anat und Bet-Semes. Bei weitem der grösste und mächtigste Stamm aber ist Joseph, dessen zahlreichen Geschlechtern und Unterstämmen das ganze Ge- birgsland Ephraim (von Jerusalem bis zum Karmel) angehört, allerdings mit Ausschluss der wichtigsten §. 289 aufgezählten Städte. Mit den nördlichen Städten scheinen, namentlich um den Besitz der fruchtbaren, vom Qison durchflossenen Ebene Jezra'el, zahlreiche Kämpfe geführt worden zu sein; von einem derselben hat sich durch das Lied der Debora die Kunde erhalten. Auch östlich vom Jordan sassen josephische Stämme, Ja'ir und Makir, wie der Name »die Zeltdörfer Ja'ir'sc (dV

0 Auch Rama, Jos. 13, 26. In Gen. 31, 49 ist der Name weg<n seines anstössigen Sinnes (Opferstein) in Mi^pa geändert.

Die einzelnen Stämme. Vormacht Joseph*s. 353

1^K\ Num. 32, 41 ; vgl. Jud. 10, 3 flf.) beweist, ursprünglich ils Nomaden.

Für Rüben sind die Aussprüche im Segen Jakob*s und Mose's Oen. 49, 8, Deut. 88, 6) charakteristisch. Ephraim ist Local-, nicht ^taromname, wird auch durchweg als Name des Gebirgslandes gebraucht. Za Joseph gehören nicht nur Ephraim und Manasse, sondern offenbar auch Isaschar (Issakar) und der Stamm der Jemini (Benjamin , s. Sam. n, 19, 21), die daher Jud. 1 übergangen werden. Letzteren gehört die Um- gebang Jericho's mit der Cultusstätte Gilgal, ferner das Gebirge bei Gib'a ; die spätere Pragmatik hat hier mehr als sonst die historischen VerhAltnisse verdreht und ihm z. B. Jerusalem und Bet-el zugewiesen. Im übrigen vgl. die treffliche Karte von Stade in seiner Gesch. d. V. Isr. Jud. 12, Iff. ist eine sinnlose Copie von Jud. 8, 1—8 [Wellhausen in Bleek*s Ein- leitung 195]; sonst könnte man daraus auf Kämpfe zwischen Ephraim und den Gileaditen schliessen.

§. 291. An den Stamm Joseph knüpft die Bildung der bebraeischen Nation an ; an die mächtigen Bewohner des Ge- birges Ephraim haben sich die übrigen Stämme allmählich an- geschlossen. Offenbar hat hier der eigentlich nationale Name des Volks, Israel d.i. »Streiter EFsc, oder was dasselbe sagt, »Söhne Israels €, seinen Ursprung genommen. Der Heros Jakob, auf den man die einzelnen Stämme zurückführte, hat seinen Wohnsitz in Sichem und Bet-el, ausserdem gilt er als Gründer der gileaditischen Heiligthümer. Die Altäre Jahwe's in Bet-el [bei der Eiche Bokim, Jud. 2, 1 a. 5 b, vgl. Gen. 35; 8], Tempel, den man ihm in Silo erbaute, werden als natio- nale Heiligthümer betrachtet. Als die Kana'anaeer in den Städten des Qisonthales sich zu neuer Macht erhoben und die benach- barten bebraeischen Stämme, wie es scheint namentlich durch Raubzüge, bedrückten, da vereinigten sich Isaschar, Ephraim, Benjamin, Makir, Zebuion; Naphtali zu gemeinsamem Kampf, und die Stämme, welche fern blieben, Ascher und Dan, Rüben und Gilead [d. i. Gad] werden wegen ihrer Feigheit ^ verspottet. Unter Jahwe's des Kriegsgottes Schutz wurde bei Ta^nak am Qison gegen die vereinigten Könige Kana^ans (^nd. 5, 19) ein glänzender Sieg erfochten; der Oberkönig Sisera ward auf der Flucht erschlagen. Das Lied, welches

Meyer, Oeschlchte des Alterthums. I. 23

35i

Viertes Buch, vierter AbscbnitL.

den Sieg feiert der älteste uns erhaltene und liegreiflicha^ weise nur zum Tlieü verständliche Ueberrest der hebraeiscbeq Literatur ist ein grossartiges Denkmal des erwachenden israelitischen Nationalgerübls. Um so bezeichnender ist t dass Juda in ihm gar nicht erwähnt wird,

Israel Ist Stammname wie Isma'el, JerHchm'el u. a. Dass >Ui Jakob, Lea, Rahe) u. a. uriprünglich Stamm na inen seien, wie Stm Lea und Habe], Z. altt. Wiss. I, 112 IT. annimmt, scheint mir zweirelhan, Für den Kampf gegen Sisera darr nur das fiUechlli der I>ebora xugescbriebene Lied Jud, 5 als Quelle benutzt nerden die GeschicIilsercAbtung in Jud. 4 ist lediglicb aus demselben berai» gesponnen und voll von VergrOherungen und Hia^veral&ndnissen, >■ Wellhausen in Bleek's Einleitung 187 fl",

§, 292, In Folge der Eroberung haben die Hebraetf sich auch die hohe Gultur der älteren Bewohner Kana' wenigstens Iheilweise angeeignet. Vor allem die Schrift; dies Umstände verdanken wir es, dass aus Zeilen, in denen d». Volk sich erst bildete, uns wenigstens einige Nachrichten a- halten sind. Ferner manche Anschauung und Kunstferjigfeeit; z, B. lernte man mit Metall überzogene, reichverzierte Bild« der Gottheit verfertigen. Freihch es den Kana'anaeem der Industrie und Kunst gleichzuthun baten die Hebraeer gelernt, und ebenso empörte sich der gesunde Sinn des Wüsten- Volkes immer gegen manche Auswüchse der Gultur, wi complicirten Riten der Zauberei und Todtenbeschwörung nwi das in den Städten weit verbreitete Laster der Päderastie. Dergleichen war ihnen zu allen Zeiten »ein Gräuel vor Jahwe Auch politisch blieben die einfachen Verhältnisse der älteren Lebensweise im wesentlichen bestehen. Zwar war maü W sesshaftem Leben übergegangen und baute Getreide, Wein und Oel; aber das Band, welches die Nomadenstäinme JU* sammenbäll, war durch die Weise der Occupation, wo an Geschlecht hier, ein anderes dort sich niedergelassen und W" nächst für sich selbst zu sorgen hatte, eher gelockert als feW gezogen. Wir finden in den einzelnen Ortschaften Rieht« und Heerführer, die den Herrscherstab tragen (Jud. 5, U)i die waffenfähige Mannschaft des Stammes tritt in Zeiten dtf

Innere Verhältnisse. 355

^o\h zum Kampf zusammen und unzweifelhaft berathen die ääupter der Geschlechter gemeinschaftlich über wichtige Än- jelegenheiten. Aber daneben zieht auch das einzelne Ge- »Uecht unter seinem Haupte zur Abwehr oder auf Raub lus nicht ohne dass im Falle des Sieges die Stammes- jenossen die Klage erheben, warum nicht auch sie zur Ge- rinnung der Beute mit aufgerufen seien (Jud. 8, 1 3). Dem ntspricht es, dass z. B. das Recht der Blutrache in vollem Jmfange gilt (Jud. 8, 18 flf.), dass der National- und Schlachten- ott Jahwe nicht nur an den Hauptcultusstätten des Landes der unter alten Eichen, bei alten Steinen geehrt wird, son- em reiche Leute auch wohl ein eigenes Heiligthum mit rötterbild und Priester für sich und ihr Geschlecht gründen Fud. 8, 26 f. 17, 5 ff.). Wenn es Stammesoberhäupter gab - äamgar und Ja'el, Jud. 5, 6, scheinen in Ephraim eine erartige Stellung eingenommen zu haben so war ihre lacht jedenfalls auf ein Minimum zusammengeschrumpft. So «greift es sich, dass selbst weit schwächere Feinde den Söhnen sraels äusserst gefahrlich werden konnten, und dass bei der fasse der Bevölkerung der Wunsch nach einer festeren staat- ichen Ordnung, nach Aufrichtung eines Königthums immer tärker hervortrat.

ledrSngniss durch die Nachbarstämme. Anfänge des KOnigthums«

§. 293. Was den Hebraeern im wesentlichen gelungen ^ar, suchten die benachbarten Wüstenstämme begreiflicher- weise nachzuahmen, und nun ihrerseits jenen das Culturland u entreissen. Einzelne Nachrichten von derartigen Vorgängen laben sich uns erhalten. Dass 'Ammon und Gilead sich fort- während bekämpften, ist begreiflich genug; ein Reflex davon 5t in der Jephtahlegende erhalten. Eine benjaminitische Sage rzahlt, dass König 'Eglon von Moab den seinem Gebiete egenüberwohnenden Stamm Benjamin unterworfen habe, bis 'hüd (der Eponymus eines benj. Clans) ihn ermordete und er Stamm die Unabhängigkeit wiedergewann. Wichtiger war

356 Viertes Buch, vierler Abschnitt

das Eindringen der südlichen Wüstenstämme. Im Deborallede wird gelegentlich erwähnt, dass ein Nomade vom Stamm Qain mitten in Israel seine Zelte hatte; derartigen friedlichec Ansiedelungen gingen Raubzüge zur Seite. So war Juda fort- währenden Raubzügen der 'Ämaleqiter ausgesetzt (Tgl. Sani. I, 14, 48. 15, 33), und ein allerdings durchaus secundiiec Bericht erzählt, dass Midian Israel schwer bedrückt und ge- zwungen habe, in Höhlen und Bergschluchten seine Zuflucht zu nehmen [vgl. übrigens Sam. I, 13, 6], dass die Plfin- derungszüge jedes Jahr ziu* Zeit der Ernte wiederholt seien, dass »Midian und 'Amaleq und alle Söhne des Ostensc in Schwärmen ohne Zahl eingefallen seien. Das ist jedenfalls übertrieben ; aber richtig wird sein , dass die Midianiter ihre Raubzüge nach Gilead und Ephraim ausdehnten und von Jahr zu Jahr wiederholten.

Die Jephtahgeschichte dient lediglich zur ätiologischen Erklänmg des Festritus, Jud. 11, 40, s. Wellhausen, Einleitung 195. Ueber die

Ehuderzählung s. Stade, Z. alt. Wiss. I, 343 ^Dl p^Dj? pTD □*1p "»JD ^ur Jud. 6, 3. 33. 7, 12; sonst ist in beiden Versionen der Giü'ongeschichte immer nur von Midian die Rede, Jud. 6, 5 ist Gopie von 7, 12. Nebenbei bemerkt ist Jud. 5 , 14 für p^D^JD ^^^ ^^ pOy^ zu lesen, und 12, 15 dürfte corrupt sein. 'Amaleqiter im eigent- lichen Palaestina hat es nicht gegeben (gegen Nöldeke, Or. und Ocf. II, 624).

§. 294. Die Befreiung von diesem Drucke gelang Gid'on oder Jerubba'al, dem Haupte des angesehenen manassitiscbeo Geschlechts Abi'ezer. Um die Erschlagung seiner Brüder durch zwei midianitische Fürsten, offenbar auf einem Raub- zug, zu rächen, setzte er diesen mit 300 Mann, der waffen- fähigen Mannschaft seines Geschlechtes, über den Jordan nach nahm sie gefangen , und kehrte mit reicher Beute er er- richtete daraus dem Jahwe ein goldenes Standbild in seiner Heimath 'Ophra zurück. Die gileadilischen Städte Sukkot und Pnu'el, die ihm ihre Hülfe verweigert hatten, wurden hart gezüchtigt. In Folge des Sieges wurde er von den josephischen Stämmen als König, d. h. als oberster Richter

Königthum 6ideon*s und Abimelek*s. 357

und Heerführer, anerkannt. Von seinen Söhnen folgte ihm Abimelek [d. i. »mein Vater ist Könige], den die Verwandten seiner Mutter, ein sichemitisches Adelsgeschlecht, unterstützten ; seine sämmtlichen Brüder, angeblich 70, liess er ermorden. Bald kam es indessen zu Streitigkeiten zwischen dem König und dem auf seine altkana'anaeische Abstammung stolzen Adel von Sichem (§. 289). Derselbe woUte von der alten Gewohnheit des Wegelagems und Rauhens, welche das neue Königthum nicht dulden konnte, nicht ablassen ; »sie legten ^) Hinterhalte auf den Berggipfeln und beraubten jeden, der auf der Strasse vorüberzogt. Von dem königlichen Commandanten Zebul in Sichem unterstützt, kam Abimelek den Aufständischen zuvor. Ein Theil derselben wurde vor Sichem überwältigt; >die Herren der Feste Sichem t kamen in den Flammen der Tempelburg (?) des Ba'al-Brit um. Als dann Abimelek auch die Festung Tebes eroberte, fand er bei der Erstürmung durch einen Steinwurf seinen Tod. Hier bricht unser Bericht ab ; jedenfalls hat das Königthum den Fall Abimelek's nicht über- lebt. In welchem zeitlichen Verhältniss diese Episode zu den spateren Ereignissen steht, entzieht sich völlig unserer Kenntniss.

Zur Kritik vgl. neben Studer^s Comroentar Wellhausen in Bleek's £inl. 190 ff.; weiteres hoffe ich demnächst auszuführen. Einen zwar vielfach gekürzten und yerstümmelten, aber unzweifelhaft auf gleichzeitige Nachrichten zurückgehenden Bericht haben wir Jud. 8, 4—27 a. 9, 1— 5 a. 6. 23 a. 25-41. 46-54; 8, 10 b. 22. 23. 27 b-35 sind Interpolationen Verschiedenen Datums. Dass Gideon die Königswürde nicht ablehnte, teigt der Zusammenhang deutlich genug; für seine frühere Stellung s. V. 18. In der Abimelekgeschichte ist die Erzählung von Jotam 9, 5 b. 7-21 deutlich eine unhistorische Einlage, aber sehr alt. An sie schliessen ▼•23 b. 24. 42—45. 55-57, worin Jotam's Fluch erfüllt wird. Die Er- Gablung von der Zerstörung Sichems (42—45) ist sinnlos und steht im Widerspruch mit Reg. I, 12. Ueber Gideon haben wir noch einen zweiten völlig legendenhaften, aber doch ziemlich alten Bericht 6, 11—24. k 33.34. 7, 8 c— 8, 8, der von zahlreichen Interpolationen verschiedenen Datums Oberwuchert ist. Vgl. noch Jes. 10, 26. Sam. II, 11, 21.

0 Jud. 9, 25 ist ^7 (9sie legten ihm Hinterhalte«) sinnlos und ^ureh die Einschiebung von v. 28 b. 24 veranlasst.

358 Viertes Buch, vierter Abschnitt.

Auf eine Reihe von Einzelfragen (z. B. Ober Ga'al 9, 26 ff. und die »FesU Sichern«) erlaubt die arge Verstömmelung des Berichts keine Antwort

Herrschaft der Philister. Die Kriege Saul's und David's.

§. 295. Die wenigen bisher besprochenen Nachrichter über die älteste Geschichte der Hebraeer stehen durchweg ab- gerissen und völlig isolirt da und beziehen sich überdies fast aus- schliesslich auf die josephischen Stämme; der 2^it nach faller sie jedenfalls ins 11. Jahrhundert v. Chr. Eine zusammen- hängende Kunde beginnt erst mit der Unterwerfung Israels dorcl: die Philister. Wie es scheint, sind die Kämpfe gegen diese, deren Änlass wohl ein Versuch der Hebraeer war, die Küst^- ebene . (Saron westl. vom 6b. Ephraim und äephela wesll. vom Gb. Juda) zu occupiren, viele Jahre lang geführt worden; einen Reflex derselben bieten die etwa im neunten Jahrhun- dert aufgezeichneten Simsonsagen [vgl. Jud. 14, 4]. Schliesslich gelang den Philistern ein entscheidender Schlag. Bei Eben- ha'ezer wurde der israelitische Heerbann völlig geschlagen, die »Lade Jahwe'sc, ein altes Symbol des Kriegsgottes, wie es scheint ein Kasten, in dem zwei heilige Steine bewahrt wurden, das man aus dem Tempel von Silo herbeigeholt hatte, fiel in die Hände der Feinde, ja wahrscheinlich ist damals der Tempel von Silo selbst zerstört worden (Jerem. 7, 14. 26, 6, vgl Jud. 18, 31). Wenigstens der südliche Theil Ephraims gerieth ganz in Abhängigkeit von den Philistern, zu Gib'a in Ben- jamin residirte ein philistaeischer Statthalter (Sam I, 10, 5. 13, 3). Eine allerdings später eingeschobene Notiz berichtet sogar, die Philister hätten den Hebraeern den Gebrauch von Waffen und die Ausübung des Schmiedehandwerks untersagt wie König Porsena den Römern.

Das »Buch der Richterc war ursprünglich eine lose Zusammen- stellung von Erzählungen über die Zeit vor den Königen ; vgl. StapEi Z. altt. Wiss. I, 339. Schon in älteren Bearbeitungen ist die Folge der- selben als eine zeitliche aufgefasst ^ dann weiter die Wirksamkeit der Helden auf ganz Israel ausgedehnt. Der deuter. Bearbeiter bat dann ein festes chronologisches Schema aufgestellt, dessen Beschaffenb^it

Philisterherrschaft. Erhebung Saufs. 359

1I5LDEKE, Untersuchungen zur Kritik des A.T. dargelegt hat, ferner ^Eli und Samuel zu »Richteni« gemacht. Auch Kusan Riä'atain von Naha- rain *) und ^Otniel, Jud. B, 7 11, sind von ihm eingefügt. Ausserhalb des Schemas stehen die noch später eingesetzten sechs kleinen Richter S, 31 [aus 5, 6 entnommen], 16, 1 5. 12, 8—15, die aus personificirten Geschlechtsnamen hervorgegangen sind. Der Name »Richter« Q^DSIS^ ^ suffetae findet sich noch an den späten Stellen Sam. 11, 11, 7. Reg. n, 23, 22. Ruth 1, 1. Er ist wohl von dem phoen. Titel hergenommen (vgl, Arnos 2, 3) und soll etwa »Halbkönige« bedeuten (Joseph, ap^ovre; ^ PaotXel^). Die Anschauung von der langen Dauer der »Richterzeit« beraht erst auf dem deuteron. Schema und ist den älteren Erzählungen ^OUig fremd. In der Simsongeschichte dehnt Steinthal, Z. f. Völker- psychologie II die mythischen Elemente viel zu weit aus. Die meisten der Enählungen sind volksthflmliche Anekdoten ; die Erinnerung an die Phi- liatemoth gibt den historischen Hintergrund. Vgl. Wellhausen, Einlei- tung 106. Dass Jud. 20. 21 ungeschichtlich ist, hat Wellhausen, Gesch. Isr. I, 245 erwiesen. Noch weit mehr als im Richterbuche hat die Fälschung im Anfang des B. Sam. gewuchert ; SamueFs Sieg über die Phi- lister Sam. I, 7 ist theologische Erfindung. Dagegen ist die Geschichte ^crLade c. 4 6 sehr alt, aber natürlich von der Tradition iegendarisch «ungestaltet. ^ Ueber Sam. I, 13, 19—22 s. Wellhausen, Text B. Sam. 85.

§. 296. Die Herrschaft der Philister muss geraume Zeit

(etwa zwei Generationen) gedauert haben. Da gab (etwa um

1000 V. Chr.) ein edler Benjaminit, Saul, der Sohn des Qis, das

Signal zum Aufstand. Den ersten Schlag, so scheint es, fährte

f Sein Sohn Jonatan aus ; er erschlug den philistaeischen Statt-

t halter zu Gib'a. Als dann die Philister heranrückten, trat

I ihnen Saul mit 600 Mann entgegen und erfocht bei Gib'a

[ Und Mikmas einen Sieg, der die Freiheit von Benjamin und

[ Ephraim sicherte. Saul wurde zum König erhoben und ver-

t stand es, während er mit den Philistern den Kampf ununter-

; brochen fortsetzen musste, nach Norden und Süden seine

Macht auszudehnen. Als die Stadt Jabes in Gilead von dem

^Ammoniterkönig Naha§ hart bedrängt wurde, eilte er ihr zu

Hälfe; der Entsatz gelang und die Macht des Königs wurde

') Woher dieser Name genommen ist, wissen wir nicht; 'Olniel ^mmt ans Jud. 1. Historisches enthält die lediglich aus Phrasen be- *^hende Erzfthlung nicht.

360 Viertes Buch, vierter Abächni»,

auch jenseits des Jordan anerkannt. Wie weit sie sich nii Norden erstreckte, wissen wir nicht; im Süden standen & Stämme Juda (um Betlehem), Qain (vgl. Saia, I, Kaleb, Jerachm'el (vgl. Sam I, 27, 10) unter seiner Hemthjn. Er erfocht hier einen gefeierten Sieg über die 'Amaleqilfl; ihr König Agag wurde gefangen und an der alten benjamint- tischen Cultusslätte Gilgal dem Jahwe als Opfer dargebraciit.

FQr die Dauer der Phiüslerherractiafl pbl, falls der Stimmiffl Sam. I, 14, 8 authenlisch isl. einen Anhalt, dass hei Eben-Iia'ei der Sohn des Priealera 'Eli fiel, zu Saul's Zeil des lettleren Urenkel Pri« war. Die Gesctiichte Saul's ist so arg entstellt und IQctenhiift. ^ wir auf die Gewinnung eines sicheren historischen Zusainnicnljui werden verzichten mQssen, Namenlliph durch die Einflerhlung S»m« isl hier alles umgeworfen. In der alten lef[endenarligen Eraftlilunc, S«iR 9. 1-10. Iti. ist Samuel ein -Seher« in Rama. der in Sniil dm B* seines Volks erkennt. Dass es einen Seher dieses Kameos gegeb«« H von dem sich vielleicht Saul Orakel ertheilen )ics£, denkbar auch, dass er es war, der die Opferung Agag'!< volliof, San. 15, 32 f., aber alles weilsre isl völlig nnbislorisch. Die JugendgewbU Samuers, c. 1—3, ist eine liemlich harmlose Legende, die uebenbwti den Stun des Priestergeschlechts 'Eli erklaren soll; alles uidef» iilt nusste Umgestaltung. Zunächst galt es tu erklfiren. warum Saul'i Hivf stQrzt wurde, und Da vid's^ Usurpation als moriiliach und religiös pmf fertigt hinzustellen; später hatte man den Idealen des Deutenmomid und der eiiliscben Zeit Itechnung zu tragen: Samuel wurde tum r" massigen theokrati sehen Herrscher gemacht, das Knnigthnro QJwrbii als Abfall von Jahne bchnndelt. Für djp Oesehichle Saul's «nd « schliesslich zu verwerthen: 1) c. 14, wo abgesehen foa einielaeii U polationen der ursprüngliche Text rein erhalten ist. Es wird * Kampf gegen die Philister ausfilhrllch erz&hlt und dann (v. 47— 5t)< Ueberbtick der Thaten und des Hofhalls Saul's gegeben. Offenbv der Bericht im wesentlichen historisch . obwohl v, 47 Thaten Dui auf Saul übertragen werden. 2) Dazu gehören 13, 2—6. 18b— IS.' Doch stimmen die Zahlen v. 2. 5 nicht zu cp. 14. 3) ep. II. dar Kii gegen 'Ämmon, enlbait jedenfalls einen historischen Kern, ist «bar ll überarbeilel und in die Version c. 8. 10, 17—26. 12 i 4) Ein gleiches gilt von dem Kampf mit Amaleq, c. 15, d*n B c, 14 in V. 48 kurz erwähnt, vgl. §. 361. Ueber Agag vgl. Nom. Ä Nach der uns vorliegenden Ordnung wfire Saul's erste Tlial, dl* * die Königswilrde verschaBl, der Entsatz von Jabei: dann «»t folfl * Philislerkrieg. Doch ist die Ueberarbeilung zu elarit , als das« *ir *

Saul und Isba'al. 361

innerlich unwahrscheinliche Folge für sicher zu halten hStten. Eine zu- sammenhängende Geschichte SauKs lässt sich eben nicht gewinnen.

§. 297. Nach langen unentschiedenen Kämpfen rüsteten die Fürsten der Philister zu einem grossen Angriflf gegen das neuerstandene Reich. Derselbe richtete sich diesmal nicht gegen Benjamin, sondern nach Norden, gegen das eigentliche Centrum des Volks; bestand etwa die Absicht, sich mit den noch unabhängigen kana'anaeischen Städten zu verbinden (vgl. Bet-äean Sam. I, 31, 10)? In der Ebene Jezra'el am Fusse des Berges Gilboa* kam es zur Schlacht, in der das israelitische Heer völlig geschlagen ward und Saul und Jonatan ihren Tod fanden. Die Leiche des Königs ward von den dankbaren Bewohnern von Jabes den Händen der Philister entrissen, aber sein Reich schien vernichtet. Dasselbe ge- rettet zu haben, ist das Verdienst seines Feldhauptmanns Abiner. In Machanaim in Gile'ad sammelte er die Kräfte des Königthums um Saul's Sohn Isba'al. Ob die Philister des Kampfes müde waren oder geschlagen wurden, wissen wir nicht; genug, dem Abiner gelang es, Isba'als Königthum über das ganze eigentliche Israel, d. h. Gile'ad, Joseph und die Nordstämme, wieder herzustellen.

Der Bericht über Saul's Untergang, Sam. I, 28, 1. 2. c. 29. 31 scheint im wesentlichen authentisch; ein völlig gleichzeitiges Zeugniss haben wir in dem natürlich nicht von David verfassten Liede Sam. II, 1, 19-27. Sam. II, 1, 1 18. 2, 4b— 7 sind secundär, noch später ist Sam. I, 28, 3—25. Ueber Abiner und ISba'al (später in Isjo, Sam. I, U, 49 oder IsboSet geändert) haben wir nur die dürftige Notiz Sam. II, 2, 8. 9. 10 b. 12.

§. 298. Inzwischen hatte der Stamm Juda sich wieder von Israel losgerissen und unter philistaeischer Oberherr- schaft ein eigenes Reich gegründet. David, der Sohn des Uai, ein Judaeer aus Betlehem, hatte als Krieger zu Gib'a am Hofe Saul's gelebt und bei ihm in hohen Ehren gestanden; ja er war mit seiner jüngeren Tochter Mikal vermählt worden. Dann zerfiel er mit dem Könige und flüchtete nach Juda. Mit einer Schaar von 400 Mann, die sich um ihn versammelt

362 Viertes Buch, vierler AbschnitL

hatten , durchzog er als Räuber und Wegelagerer die Gkih- gebiele der Wüste und setzte daneben die alle Erbfehde gepn die 'amaleqitischen Beduinenhorden mit Erfolg fort. Sehiiesf- lich war er auf philistaeisches Gebiet übergetreten und ton dem Fürsten Akis von Gat mit der Stadt Siqlag (an Grenze von Juda) belehnt worden, wofür er sieb zur Heeresfolgt verpflichtete. Nach Saul's Fall zog er nach Hebron (Hauptofl des Stammes Kaleb) und wurde von Juda und den südlichen Stämmen als König anerkannt. Natürlich blieb er nach vor ein Vasall der Philister.

Die Erzählungen von David'f« Verb&ltniag lu Saul siud vielfub M- denziöa Qberarbeitet und erweitert; die ältesten Bericbte Bnden set Sam. I, 16, 15b~23. 18, 0-30. Ferner der Kern von 19-21. e. S; doch wie weit diese Erzählungen rein historisch sind , wird sehmr n entscheiden sein. Das Lied Sam. ], 18, 7. 29, 5 'Saul bal TumaM geschlagen , David Zehntausende* wird ursprünglich die ThateD tf EOnige Saul und David vergleichen sollen. Die Erlegung GoUüh'i Sam. I, 17 ist erst spat von Elchanan, der unter David den Goliath i* Gat erschlug (Sam. II, 21, 19), auf David und die Zeit Saul's übertripa. - Heber David's Baubiflge u. s. w. liegt Saro. I. 22, 1-5. 23. 1-11 25, lb-44. 27, 1-6 a. 26, 1.2. 29. 30 ein iweifelsobne im wesentiiditi wahrheitsgetreuer, sehr ausrohrlicher Bericht vor. Die Übrigen Entt- lungen sind Zusätze verschiedenen Datums und Ursprungs. Davi^ wirf König: Sam. K, 2, l-4a. Die Zeitangaben Sam. I. 27.7- II, 2, 10». U sind interpolirt (wie Sam. 1, 13, 2: «Saul war ... Jahre alt als etSfiwf wurde und . . . Jahre regierte er aber Israel«, wo die Zahlen gar nitW eingeseift sind, s. WatHiusKN, Text des B. Sam, 79; ferner Sam. US. 4—5) und sicher unhistoriach. Ueber die Chronologie s. %. 325. VFtm wir die Theilung des Reichs etwa um 925 v, Chr. anseilen, wirf SalOBM der Zeilgenosse Hiram's von Tyros, um 955-925, David um »8ft-W und Saul's Erhebung schwerlich vor 1000 v. Chr. fallen.

§. '29P. Naturgemäss suchte Abiner auch die abtrännigM Judaeer der Herrschaft Isba'al's zu unterwerfen; indesieo leistete ihm David's Feldherr Joab erfolgreichen Widerstani Als dann Äbiner mit Isba'al zerfiel er trat zu David über, wurde aber von Joab ermordet brach des letzteren MaeU zusammen; kurz darauf ward er von zweien seiner Haupt" leute erschlagen. Da ül)ertrugen die Aeltesten Israel's da" David die Königswürde und stellten so das Reich S«iil*s

Die Kriege David's. 3(J3

wesentlichen wieder her. Natürlich hatte dies sofort neue Angriffe der Philister zur Folge; aber sie wurden von David wiederholt geschlagen, Lange Jahre dauerte der Kampf, aus dem uns eine Reihe einzelner Heldenthaten berichtet werden; das Ergebniss war, dass die Philister auf die Köstenebene beschränkt wurden und alle weiteren Versuche, das Hinter- land zu unterwerfen, aufgaben. Sie zogen es vor mit dem- selben nach Art der Sidonier in friedlichem Handelsverkehr 211 leben: die Unabhängigkeit der Hebraeer war dauernd ge- äichert.

Quelle: Sam. II. 3, 12-5, 3 [mit einzelnen ZusStzen ; zur Kritit s. WeLLHAUSES, Einleitung], woran 5, 17—25. 8, I unmittelbar anaclilieagen. Femer die Notizen Sam. El, 19, 10. 21. 15-22. 23, 8-33, Zu beachten i>t, wie doM Interesse durchweg nur an dem Persönlichen und Ausser- (ewShnlichen haftet. Von der Geschichte Israels werden nur in kurxeii Strichen die Hauptresullate hingestellt: eine zusammenhängende, die Zeitfolge beobachtende Entwickelung wird nirgends gegeben.

§. 300. Nach allen Seiten hin trat jetzt das Königthum mächtig auf. Die Erbfeinde des Volks im Sädeti und Osten wurden der Reihe nach besiegt, ihren Raubzügen für alle Zeiten ein Ende gemacht. Der eigentliche Held aller dieser Kriege war Joab, David's Heerfahrer; der König selbst nahm nicht mehr persönlich am Kampfe Thcil (vgl. Sam. II, 18, 3. 21, 17). Dass dabei gegen die Besiegten mit der grössten Grausamkeit verfahren und die Gefangenen oft unter Marlern aller Art niedergemetzelt wurden, entspricht ganz dem Cha- rakter der semitischen Stämme. 'Amaleq scheint durch David vernichtet worden zu sein; der Stamm kommt seitdem in der 'beschichte nicht mehr vor. Die Edomiter, die Bewohner des Gebirges Se'ir, wurden völlig unterworfen und in dem eroberten Lande Statthalter eingesetzt; das israelitische Reich erstreckte *^fh an die Hafenorle 'Esiongeber und Ailat am rothen Meer, ßn ähnliches Schicksal traf Moab; wenigstens bis an den ^on ist dcisselbe unterworfen worden. Grössere Dimen- ^onen nahm der Krieg gegen 'Aramon an; Hadad'ezer, der mächtigen aramaeischen Reichs von Suba (8. 287

364 Viertes Buch, vierter Abschnitt.

und die Fürsten von Ma'aka und Istob (sudlich Ton Damei^. kos) kamen den 'Ammonitern zu Hülfe. Indessen in zw^ Schlachten wurde der gefahrliche Angriff abgeschlagen nnc reiche Beute gewonnen. Im Jahre darauf eroberte Joab RabbsL die Hauptstadt 'Ammon's; die Bewohner wurden in grau- samster Weise umgebracht. Eine dauernde Unterwerfuii e 'Ammon's ist aber keinenfalls eingetreten. Nach Norde-'H erstreckte sich das Reich bis an die Höhen des Libanon ua^ Hermon ; die Städte Dan, Abel, Ijon in der Schlucht zwisch&JQ Libanon und Hermon (pD^n PypD) sind die nördlichstex3 Besitzungen Israels.

Einen Ueberblick über David's Eroberungen gibt Sam. IT, 8; äie Kämpfe gegen ^Ammon und die Aramaeer werden II, 10—12 ausfDkr- licber erzählt. Daneben sind die Anspielungen auf David in Bil^ani*s Segen, Num. 24, 17—20 zu berücksichtigen. Für die Besiegung £doni*s ausserdem Reg. I, 9, 26. 11, 18 f. Zur Kritik der oft sehr corrupten Textüberlieferung ist Wellhausen, Text d. B. Samuelis, überall zu ver- gleichen. Die Zahlen sind durchweg unzuverlässig. Sam. 11, 8 beisst Hadaü'ezer Sohn des Rahob, II, 10, 6 werden $uba und Bet-Rahob fälschlich als zwei gesonderte Landschaften hingestellt; letzteres ist nur die bei den Semiten sehr gewöhnliche Bezeichnung eines Staates oacb dem Begründer der Dynastie. Der Name Hadad^ezer scheint in c. 10 überall erst nachgetragen zu sein. Nach Sam. H, 8, 5. 6 a hätte David auch Damaskos unterworfen und hier Statthalter eingesetzt. Das ist jedoch völlig undenkbar; nirgends ist sonst davon die Rede, auch nicht c. 10 ff. und Reg. I, 11, wo dieser, falls er historisch wäre, weilaas bedeutendste Erfolg David's hätte erwähnt werden müssen. Auch Sam. I, 14, 47, wo David's Thaten sämmtlich dem Saul zugeschrieben werden, ist von Damaskos nicht die Rede. Ueberdies ist die Landschaft Cedur südwestlich von Damaskus am llermon ein selbständiges Königreich, Sam. II, 3, 3. 13, 37. Die Verse sind offenbar interpolirt; überhaupt stehen wir auch in David's Zeit nirgends auf völlig sicherem Boden. Die nördlichsten Besitzungen Israels sind Reg. I, 15, 20 deutlich an- gegeben, vgl. Sam. II, 20. Daher die gewöhnliche Bezeichnung der Aus- dehnung Israelis ^von Dan bis Beeräeba*«. In grosssprecherischer Weise wird auch gesagt, es erstrecke sich ^bis zum Wege nach Qamat« (Arnos 6, 14; darnach Reg. II, 14, 25 und an zahlreichen anderen Stellen). Das eigentliche Coelesyrien hat nie zum Reiche gehört, trotz Sam. Ö' 24, 6 LXX. Auch ob Ba'al Gad am Hermon Jos. 11, 17 je israelitisch war, kann sehr bezweifelt werden. Dass die Angaben Reg. I, ^

Machtstellung des Königtbums. 3(J5

iz späte, erst in der Perserzeit geschriebene Uebertreibungen sind, larf keiner weiteren AusfQhrung; ähnliche fromme Phantasien finden ii in späten Stellen des Pentateachs mehrfach.

Das Reich David's und Salomo's.

§. 301. Die erste Aufgabe des israelitischen Königthums, j Befreiung des Volks und die Sicherung seiner Grenzen, war glänzender Weise erfüllt. Mächtig und geachtet, ohne eben- rtige Gegner, stand der neue Staat da. Mit den Cultur- laten des Nordens, mit dem seemächtigen Tyros, das lieber irch freundliche Beziehungen den Handel mit dem Hinter- Dde sichern als die Bildung eines ihm wenig gefahrlichen aates hindern wollte, mit dem Könige To'u von Hamat, dem e Besiegung Hadad'ezer's sehr gelegen kam, waren David id sein Nachfolger Salomo eng befreundet; eine Tochter ?s Königs Talmi von Gesur war in David's Harem. Eine Veite und schwierigere Aufgabe war es, den Staat nach nen zu consolidiren, dem Königthum eine dauernde Grund- ge zu schaffen , die widerstrebenden Elemente zu einigen ier zu vernichten, das erwachte Nationalgefühl zu beleben nd zu erhalten. Auch hier hat David, der im Gegensatz 'gen Saul und sein Haus emporgekommen war und seinen taat hatte zertrümmern helfen, als er König geworden war, IS von Saul begonnene Werk wieder aufgenommen und enigstens theilweise zu Ende geführt. Sein treuester Gehülfe ar auch hier Joab. Obwohl er von wildem Ehrgeiz erfüllt iemanden neben sich dulden konnte, war er seinem Herrn it voller Selbstverläugnung ergeben, und nie hat er, der ilde Krieger, das Wohl des Ganzen, des israelitischen Staates isser Augen verloren, während David wenigstens in der 'äteren Zeit seiner langen Regierung offenbar die alte Kralt •rior und die Willkür und rücksichtslose Selbstsucht eines espoten nie verläugnet hat.

Bündniss mit Tyrus: Sam. II, 5, 11. Reg. I, 5, 14; mit ßamat m. II, 8, 9. Zur Beurtheilung der inneren Verhältnisse und der Cha- rtere des David und Joab bieten Sam. II, 9—20, Reg. I, 1 im allge-

366 Viertes Buch, vierler Abschnitt.

meinen vGUig zuterlSsaiges Halerial. Dazu kommen zerstreute und t Theil versleUte Notizen in Sam. 11, 2-8; Sam. H. 21. 1-15. c. 24 s späteren Ursprungs, in späterer Zeil wird David, wohl in AnkDapfung daran, dass er, wie es einem Helden lieml, auch die Cither zu schlagen verstand (Sani. I, 16, 18 ff.. Arnos 6, 5), ta einem ■lieblichen Singer« und gar zum Muster eines frommen Königs gemacht. In nach exilisch er ZeiL gilt er als Organisator des Gottesdienstes, wie er seit 'Ezra im zweilei^ Tempel geübt wurde; daher werden ihm die Psalmen zugeschrieben.

§. 302. Die kana'anaeischen Städte, welche sich bisher innerhalb des hebraeischen Gebietes selbständig behauptet halten, sind dem Königthum sämmtüch erlegen. Schon Saial hatte Gib'on an der Grenze seines Heimathstammes unter- worfen und hart behandelt; David eroberte Jebus, Sainrao mit Hülfe des aegypiischen Königs Gazer an der Philisler- ftrenze (Reg. I, 9, 16). Auch die Städte im Norden, Bet- Ö'an, Ta'nak, Megiddo, Bet-'Anat u. a., sogar der Küstenort Do'r wurden unterworfen und zu Tributzahlungen gezwungen. Allmählich scheinen auch hier die Reste der alten Bevölke- rung in die neue aufgegangen zu sein. Eine Reihe von Fes- tungen, die namenthch Salomo angelegt hat (R^. I, 9), dienten zur Sicherung des Landes; die Stadt der Jebusiten, Jerusalenii erhob David zur Hauptstadt, Auf dem Hügel Sion nahm er seinen Wohnsitz: auch das alte ephraimitische Jahwesytobol, die »Lade Jahwe'ss {g. 2i)5). brachte er hierher. Salomo Im' dann hier einen Palast gebaut, mit dem ein Tempel, in dem die Lade untergebracht wurde, unmittelbar verbunden war.

Neben Sam. II, 5, Ö-IO, Reg. 1. 9, 15 ff. vor allem Jud. I. 2T-3S- Gib'on: Sam, 21; ein spaterer KeDel davon ist Jos. 9, Die sehr inl'^ esERnte Geschichte der Lade, Sam. El, 6 f., ist namentlich in c. T 'i'l' fach interpolirl. D&s Gleiche gilt von der Beschreiiiung von Saloma'' Palast und Tempel Reg. 1, 0—9. Ueher die Inpograpischen Fragen v jetzt Gdthe, Ausgrabungen bei Jerusalem 1883 (auch Z.D. Pal. Ver, V) hf. 8, 241 ff., 270 IT. Ueher Salomo's Bauten vgl, Stade, Z. altt. W. IH. iM'-

§, 303. Von dem System der Verwaltung wissen wif nur sehr wenig. Im allgemeinen scheint hier wie überall in ähnlichen Fällen ursprünglich der Grundsatz gegolten zu haben, dass die freien Israeliten je nach dem Bedürfniss des Augen-

^V Vernallung. Kana'anaeer und Israelilen, 367

^Ll)]icks zum Kriegsdienst aufgeboten wurden, die unterworfenen ^Stämme (Kana'anaeer, Moab, Edom) Tribut zahlten und Frobn- dienste leisteten. Noch aus späteren Zeilen erfahren wir, dass in Israel nur die Besitzenden heerpfliclitig waren (Reg. 11, 15, 20, vgl g. 367); ohne Zweifel halten sie die Kosten ihrer Ausrüs- tung selbst zu tragen. Indessen auf die Dauer liess sich dieser Grundsatz nicht halten; wenn nicht David, so hat doch Salomo die Israeliten durch Steuern und namentlich Frohn- dienste hart gedrückt. Zum Holzschlagen und Steinbreehen im Libanon z. B, soll er jährlich 30,000 Mann ausgehoben haben (Reg. I, 5, 27). Auch die Volkszählung, welche David Tomehmen liess, wird wohl eine fiskalische Maassregel ge- wesen sein; es ist sehr begreiflich,. dass sie dem Volke wenig behagte und als überflössige Neugier des Königs erschien. Neben dem Volkslieer hielt der König eine Leibwache von 600 Söldnern, die grösslentheils oder ausschliesslich aus L Fremden, namentlich Philistern, bestanden.

Die Daten in Reg. I, 5—10 sind sehr vorsichlig aufzunehmen; weil r nrerlBssiger ist c. II. Ferner Jud. 1 die bei Erwähnung der nicht er- oberten kan. OrLe stets wieüerkehrendi? Bemerkung (v. 29 fehlt sie wohl , V, 32 dagegen mit Recht): lund als Israel slark. ward, machte Kan, tribulpflielitiü«. Die Angütie Heg. 1, 9, 22 ist nicht correct; ,27. 11, 28. 12. 4. 14. Der Bericht über Davids Volksiählunp, Q. II, 24, ist spSteren Ursprungs; die Zahlen sind leider auf das Srgstc - Ausländische Söldner: Do'eg bei Saul Sam. I, 22. 18. i Sam. II, 11, Uli Sam. U, 15. 19 [s. Wkllhausen, Text B. S,], und ' mhrscheinllch 'Obed-edom II, (i, 10. Die Leihwäcbler des Königs, in «harfem GegensaU zum »Heere Israeia« Sam. 11, 20, 23. heissen »Kreti dPleti>, wofar Reg. II, 11 (vgl. Sam. II, 20, 23) >Kari und Laufer« Sesagl wird. Kreti ist nach Saoi. 1, 30, H, Zeplianja 2, 5, Ezech. 25, 16 "atoe eines Stammes der Phllialer; über Pleti wissen wir nichts, Karl »»hrscheinlich Si'hreibfehler für Kteli. Die obersten Beamten Davids : 1. II. 8. 16 IT. 20, 23 fr. : Salomo's ; Reg. 1, 4.

§. 304. Die Lebensweise der Bevölkerung hat sich nicht

(Wesentlich geändert: der Landbau blieb die Hauptbeschäfti-

' SUng. Als Salomo seine Bauten in Jerusalem (§. 302) unler-

"ahm, konnte er sie nur mit Hülfe lyrischer Werkmeister,

368 Viertes Buch, vierter Abschnitt.

Hiram für die ihm gewährte Unterstützung zwanzig Gf&Ur dörfer (die Landschaft Kabul) ab (§. 286). Ebenso konnte der Ver- such, eine grössere Handelspolitik einzuleiten, die Anknüpfung directer Verbindungen mit Ophir, nur in Gemeinschaft mit Tyros unternommen werden. Ein Handelsvolk sind die Israe- liten nie gewesen, sondern erst die nachexilischen Juden ge- worden. Für die inneren Verhaltnisse blieben die tVate^ häuser«, d. h. die Geschlechter und Familien, immer das j maassgebende Element. Die lAeltesten«^ die >Fürsten€ und » Edlen stehen an der Spitze der Gemeinden (z. B. Reg. I, 21, 8, Jerem. 26, 16 f., Exod. 22, 27); sie versammeln sich in Sichem, um David das Königthum über Israel zu fibe^ tragen. Dagegen wird die Geschlossenheit der alten Stämme durchbrochen. Die administrative Eintheilung des Reiches in zwölf Districte (Reg. I, 4) durchschneidet die Stammgrenzen mehrfach, königliche Oberbeamte stehen an ihrer Spitze. Zwi- schenheirathen und die Ansiedelung in Städten, überhaupt die geordneten Zustände des geeinten Reichs haben die alten Unterschiede zum grossen Theil verwischt: die nördlichen Stämme consolidiren sich um Joseph (Ephraim), die südlichen, nur halbhebraeischen um Juda. In der Folgezeit ist von den kleineren Stämmen kaum mehr die Rede, und sehr früh ist das von der Wirklichkeit abweichende Schema von zwölf Söhnen IsraeFs und den von ihnen stammenden zwölf Stäm- men — mehrere dieser Namen sind niemals Stamm-, son- dern nur Ortsnamen gewesen allgemein acceptirt worden.

Ueber die Ophirfahrt s. §. 286. Die Geschichte von der Königia von Saba ist jedenfalls spät und schwerlich irgendwie historisch [s. in- dessen §. 403]. Das älteste Zeugniss für die Tradition von den zwölf Stämmen ist der etwa um 900 verfasste »Segen Jakobs« Gen. 49.

§. 305. Die wichtigste Aufgabe des Königthums für die inneren Verhältnisse ist die Rechtspflege. Aus ganz Israel kommen die Rechlsuchenden nach Jerusalem an die Pforte des Palastes, in den einzelnen Ortschaften sprechen die Richter das Urtheil als Vertreter und im Namen des Königs (vgl. Exod. 18 [E.l). Das Criminalrecht freilich bleibt völlig un-

stamm, Familie, Recht. 369

entwickelt. Die Pflicht der Blutrache ist Sache der Familie und besteht im vollsten Umfang (Sam. II, 14, 6 flf., vgl. 3, 27). Erst sehr allmählich kommt der Grundsatz auf, dass dem un- freiwilligen Mörder eine Zufluchtsstätte gewährt wird, an der ihn der Blutracher nicht angreifen darf (Exod. 21, 13). Ebenso besteht natürlich innerhalb der Familie die väterliche Gewalt noch in voller Strenge; nach dem ältesten Rechts- buch kann der Vater z. B. seine Tochter als Magd verkaufen (Exod. 21, 7), und erst das Deuteronomium verordnet, dass wenn er seinen widerspänstigen Sohn tödten will, dies in Gegenwart der Aeltesten seines Orts geschehen soll (21, 18). -

Rechtspflege des Königs Sam. 11, 8, 15. 15, 1 ft Eine Aufzeich- QQDg der wichtigsten Rechtssatzungen oder vielmehr der erstrebten idealen Rechtsordnung etwa aus dem neunten Jahrhundert enthält das Bundes- bach Exod. 21—28.

Bürgerkriege und Auflösung des Reichs.

§. 306. Trotz seiner grossen Verdienste ist dem König- thum eine dauernde Einigung der Nation und eine Behaup- tung seiner Machtstellung nicht gelungen. David war ein llsurpator, und wenn er auch alle Nachkommen SauPs bis Äuf einen lahmen Sohn Jonatan's umbringen Hess, so blieben cioch namentlich bei den Benjaminiten die Sympathien für äen heldenmüthigen Befreier und sein Haus immer rege. C)avid's Krieg gegen Isba'al hatte die kaum vollzogene Eini- Sung zwischen Israel und Juda wieder aufgehoben, und Da- ^'s Erhebung zum Könige musste den nördlichen Stämmen ^Is Fremdherrschaft erscheinen (Sam. II, 19. 20). Dass der König ^n der Grenze Juda's seine Residenz baute, war vielleicht ein politischer Fehler ; die Vortheile des Königthums kamen dadurch ^ erster Linie seinen Stammgenossen zu gute, während doch 3ie Kraft des Volkes in Joseph lag. So kam es, dass man Ma wohl in der Theorie und Genealogie zu Israel rechnete 3nd als Sohn Jakob's anerkannte, aber in Wirklichkeit luch im gewöhnlichen Sprachgebrauch die Kluft in voller

Mejer, Oeschlohte des Alterthums. I. 24

370 Viertes Buch, vierter Abschnitt.

Schärfe bestehen blieb. Den Ausschlag gaben die persönlichen Verhältnisse. David's Kraft erlahmte im Alter; und wenn ihm vorgeworfen wird, er habe die Rechtspflege schlecht ge- handhabt (Sam. II, 15), so ist das bei einem Herrscher, der einen seiner Hauptleute heimtückisch ermorden liess, um dessen Weib in seinen Harem nehmen zu können (Sam. II, 11), sehr begreiflich. So kam es denn schon in den letzten Jahren seiner langen Regierung zu offenen Kämpfen. Als der Thron- folger Absalom sich gegen seinen Vater empörte, fiel ihm alles ZU; David musste über den Jordan flüchten. Als dann seine Kerntruppen bei Mahanaim siegten und Absalom im Kampfe gefallen war, erhoben sich die Nordstämme unter Führung des Benjaminiten ^ehd gegen die judaeische Herrschaft. Joab drängte den §eba' in den fernsten Norden; als er in Abel Bet-Ma^ka, wohin er sich geworfen hatte, belagert wurde, erschlugen ihn die Einwohner, David's Herrschaft wurde wieder hergestellt.

Ausrottung von SauKs Nachkommen: Sam. II, 16, 5 ff.; c. 21 in späterer religiöser Motivirung.

§. 307. Durch eine Haremsintrigue folgte dem David nicht der berechtigte Erbe Adonia, sondern Salomo, der Sohn seiner Licblingsfrau Bat-seba\ Adonia und seine Anhänger wurden umgebracht; auch den Joab, welcher sich für ihn erklärt hatte, retteten seine Verdienste nicht. Dem Tode des alten Königs und seines gewaltigen Kriegsmannes folgte bald der Verfall der äusseren Macht des Staates. Hadad, ein Nachkomme des alten Königsgeschlechts von Edom, der am aegyptischen Hof aufgewachsen und wie Salomo mit einer Tochter des Pharao vermählt war, kehrte in sein Heimalh- land zurück und befreite es von der FremdherrschafL ta Norden wurde die Dynastie von Soba durch Rezon gestunli der Damaskos zur Residenz erhob. Das neue Reich ¥njrde bald ein gefahrlicher Gegner IsraePs. Dass Salomo etwas ge- than, um die Machtstellung David's zu behaupten, erfahren wir nicht ; dagegen gewann er die Gunst des aegyptischen

Bürgerkriege. Sabino. Zerfall des Reichs. 371

Königs, der für ihn Gazer eroberte (§. 302) und seiner mit Salomo vermählten Tochter als Mitgift überliess. Zu Moab und Ammon bestanden friedliche Beziehungen ; die Mutter des Thronfolgers war eine Ammoniterin. Dass Salomo dem Eamos und dem Molek, den Nationalgöttern der beiden Stämme, vor Jerusalem Altäre erbaute, ist ein Beweis für den regen Ver- kehr, der mit den früheren Todfeinden eingetreten war.

Reg. I, 1. 2 sind im wesentlichen historisch; nur 2, 1—9 ist Inter- polation. In c 11 ist der Bericht über Hadad v. 14—22. 25 nach LXX zu emendiren ; Rezon's Erhebung in Damaskos, v. 28 f., ist deutlich eine Glosse f die in LXX in v. 15 eingeschoben wird, übrigens wohl der Hauptsache nach historisch. Eine chronologische Ordnung ist nicht zu gewinnen; wie lange Salomo regierte, ist vGllig unbekannt. 11, 41 43 gehören dem Schlussredactor. Jedenfalls f&Ut der Abfall Edom's nicht gleich an den Anfang von Salomo*s Regierung, da sonst seine Ophirfahrt unmöglich gewesen wäre.

§. 308. Salomo war ein Fürst vom gewöhnlichen orien- talischen Durchschnittsschlage. Niemand verdient den Glorien- schein, mit dem die Nachwelt ihn umgeben hat, weniger als er. Sein Hauptinteresse wandte er seinen Bauten zu, vor allem dem Königspalaste mit dem Reichstempel in Jerusalem, in dem er die Schätze und Kostbarkeiten, die David und er gewonnen hatten, niederlegte (vgl. §§. 302. 304). Das Volk wurde durch Steuern und namentlich Frohndienste hart bedrückt. Es ist begreiflich, dass sich Joseph wieder em- pörte, unter Führung des königlichen Frohnvogtes Jerob^am; doch ward der Aufstand niedergeworfen und Jerotf am musste nach Aegypten fliehen. Als aber der König gestorben war und ihm sein Sohn Rehab^am in Jerusalem ohne Widerspruch folgte, versammelten sich die Israeliten zur Königswahl in Sichem und erklärten, sie würden ihn nur dann anerkennen, wenn er den Druck, den Salomo geübt, aufheben wollte. Rehatfam weigerte sich das Versprechen zu geben, die Volks- versammlung zu Sichem sagte sich von ihm los und erhub Jerob^am, der sofort aus Aegypten herbeigeeilt war, zum Könige (um 925 v. Chr.). Rehab^am behauptete sich in Je-

372 Viertes Buch, vierter Abschnitt.

rusalem, der Stamm Juda war aufs neue und für alle Z kunft von der israelitischen Nation abgerissen. Die beid Könige betrachteten sich gegenseitig als Usurpatoren, lani Jahre hindurch lagen beide Reiche mit einander im Erie

Die Erzählungen von Salomo^s Weisheit und Schriften, Reg. I, 5. 10, stehen in späten Abschnitten und sind wahrscheinlich reine Pba tasien. Jerob'am*s Empörung: Reg. I, 11, 26—28. 40; die Hauptsael ist weggelassen und durch Achija's Prophezeiung ersetzt. Dass Bei jamin zum R. Juda gehört habe (12, 21 gegen v. 20 und c. 11), i natilrlich falsch und beruht lediglich auf dem späteren Schema, nae dem Jerusalem zu Renjamin gehört haben soll. 12, 21—24 ist eii späte, auch mit 14, 30 in Widerspruch stehende Einlage.

Religion.

§. 309. Die Religion der Israeliten war ursprünglich ihren Inhalte nach von der ihrer Nachbarn nicht verschieden; die An- schauungen und Ausdrücke z. B., die wir in der Inschrift de Königs Mesa^ von Moab (um 850 v. Chr.) finden, kehren ge- nau so bei den Hebraeern wieder. Der einzige Unterschiec ist, dass der »Herr« (Ba'al) IsraeVs Jahwe (Hosea 2, 18) der von Moab Kamos heisst (vgl. §. 205). Jahwe ist Nationalgolt, der Schirmherr des Königthums, der Schlachten- gott, der als »Herr der [himmlischen] Heerschaaren« (Liec der Debora v. 20) sein Volk zum Siege führt, oder wenn er aus bestimmten Gründen oder aus Laune ihm zürnt, e: dem Verderben überantwortet. In vollster Strenge herrschten auch hier die §. 175. 207 entwickelten semitischen Anschau- ungen. Jahwe wacht eifersüchtig über seiner Macht, kein Mensch darf ihm zu nahe treten (Gen. 3. 11), sein Anblick bringt den Tod; er fordert von den Israeliten das Blutopfer der Beschiieidung (§. 207), und manche Sage erzählt, wie schrecklich er, nicht nur wo er beleidigt ist, sondern audi ohne Grund auf sein Volk zürnen kann (z. B. Sam. II, 24) In schweren Kämpfen weihen die Israeliten den Feind un( sein Besitzthum dem Jahwe wie die Moabiten dem KamoJ und alles, was nach dem Siege ihnen in die Hände fällt -

Religion. Jahwe. 373

[enschen wie Vieh wird rücksichtslos niedergemacht. Da- neben ist er auch der Spender aller Gaben der Natur, der Peldfrucht, des Viehstandes; zum Dank bringt man ihm die Erstlinge der Ernte, die Erstgeburt der Rinder und Schafe uls Opfer. Das Frühjahrsfest, »der Anhieb der Sichel in die (Deut. 16, 9), das Erntefest sieben Wochen später und Fest der Weinlese sind die drei Hauptfeste Jahwe's. Da- neben gelten die Neumonde als Festtage und an jedem sie- bten Tag gönnt man sich, dem Vieh und den Knechten Ruhe. Formen des Cultus sind dieselben wie bei allen syrischen Stammen (§. 205), nur natürlich ursprünglich einfacher als in den cultivirten kana'anaeischen Städten. Wo die Gottheit «ich manifestirt, »auf jedem hohen Hügel [Jahwe ist ein »Berggott', Reg. I, 20, 23 flF.] und unter jedem grünen Baum« ^eg. I, 14, 23), ebenso bei alten Steinen, oder wo das Be- dSrfniss nach einer Cultusstätte vorhanden ist, errichtet man ihm einen Altar aus Erde oder von unbehauenen Steinen (Ezod. 20, 24 ff.), neben dem sich der heilige Baum (Asera) Und meist auch eine Steinsäule (Masseba) befindet. Ein Wichen grösseren Wohlstandes und besonderer Frömmigkeit War es schon, wenn ein Familienhaupt (§. 292, vgl. Jud. 17) ^''<>d«r wie in Jerusalem der König ihm ein besonderes Gottes- haus (D^^7^{ n'^D» Jud. 17, 5) erbaut und einen Priester 50 seiner Pflege anstellt. Zu demselben gehört dann auch •in Bildniss des Gottes (Ephod), der in Menschen-, oder auch Wie in Dan und Bet-el in Stiergestalt (§. 201) dargestellt wird. Iq Jerusalem scheint die Lade (§. 295) die Stelle desselben zu ^♦ertreten. Die grossen Heiligthümer von Silo, Bet-el, Sichem in Ephraim, von Dan, von Pnuel und Masseba in Gilead, ^<to Jerusalem, Hebron, Beerseba' in Juda, zu denen die iVommen eifrig pilgern, sind zum Theil schon erwähnt; mei- ^ens sind sie offenbar altkana^anaeische, von den Israeliten übernommene und auf Jahwe übertragene Cultusstätten. Man betrachtete sie als gegründet von den Ahnherren des Volks, die ^öan sich begreiflicher Weise im Widerspruch mit der historischen ^nnerung an die Einwanderung im Lande selbst wohnend

374 Viertes Buch, vierter Abschnitt

dachte. Sehr verschiedene Elemente sind hier zusammenge- flossen und allmählich von der Priesterschaft zu einem System verarbeitet; so ist Abraham, der Begründer des Cultus von Hebron, wahrscheinlich ursprünglich ein von dem hier an- sässigen, nicht israelitischen Stamme Ealeb verehrter Gott oder Heros. Natürlich hat Jahwe überall an und in den, Cultusstätten seinen Wohnsitz, ertheilt Orakel, erscheint dei^ Frommen im Traum oder sonst; daneben aber denkt msrr ihn sich auf dem Sinai thronend (§. 288) , und dann ist e-« sein »Abgesandter«, der Mal'ak Jahwe, der sich seinem Volke in dem Lande, das er ihm gegeben hat, manifestirt.

Die Etymologie von HlH^ ist so dunkel wie die der meisten 6otte$- namen; vereinzelt findet er sich auch in Qamat (Schrader, KAT.' 23). Die Ausfahrungen von Delitzsch, Par. 158 ff. scheinen mir ganz od- haltbar. Für die Auffassung Jabwe*s vgl. auch Sam. I, 14, 24—45. Ueber die Feste s. Wellhaüsen, Gesch. Israers I, 85 ff. Zu den Patriarchen- sagen vgl. Stade in Z. altt. W. I, 347.

§. 310. Neben Jahwe stehen dann die übrigen Gott- heiten des kana'anaeischen Pantheons. Vor allem »der Ba'al« 6yDn» §. 206), der höchste Herr der Welt, der in Jerusalm einen eigenen Tempel hat (Reg. II, 11, 18). Daneben stehen die localen Brfalim, wie der »Bundesherr« in Sichem (§. 289). Auch Jahwe gehört zu ihnen als der Ba^al Israelis: in Eigen- namen wie Jerubbtfal, Meriba'al, Isba^^al scheint er durch den Namen Ba^al bezeichnet zu werden. Ferner Astarte, die z. B. bei Jerusalem einen von Salomo erbauten Altar hatte und sonst neben Jahwe in derselben Weise gestanden haben wird wie in Moab neben Kamos die'Astor-Kamos (§. 205). Auch dem Kamos und dem 'ammonitischen Gotte Milkom hat Salomo auf dem Oelberg bei Jerusalem Altäre erbaut, wie es heisst zunächst für seine aus diesen Völkern stammenden Gemah- linnen, aber ebenso sehr wohl für die Kaufleute und Händler, die aus beiden Stämmen nach Jersalem kamen (§. 307). Da- neben verehrte man in Jerusalem den Sonnen- und den Mond- gott. Ucberhaupt scheint der salomonische Tempel nicht nur dem Jahwe, sondern auch allen sich ihm unterordnenden Göttern

Die Qbrigen Götter.

375

heilig gewesen zu sein : die Sonnenrosse ziehen hierher in Proces- sion (Reg. II, 22, 11, vgl. Ezech. 8, 16), im Hofe klagen die Weiber um Tammüz (Ezech. 8, 14, vgl. Jerem. 7, 30); auch eine eherne Sehlange, die gegen Krankheiten schützte, wurde hier verehrt (Reg. II, 18, 4, Num. 21, 9). Im übrigen sind hier wohl auch die Hausgötter (D'^SIP) zu erwähnen (Sam. I, 19, Gen. 31 u. a.). Selbst den schlimmsten Seiten des kana'anaeischen Cultus he- gten wir vielfach, wenngleich es fraglich erscheinen kann, wie weit sie als legitim betrachtet wurden. Die Prostitution zu Ehren der Gottheit ist weit verbreitet; allerdings soll sie in Jerusalem •^chon von König Asa um 900 v. Chr. abgeschafft worden sein (Reg. II, 15, 12), doch tritt sie uns hier bis auf Josia (622) immer wieder entgegen. Die Sitte des Kindesopfers scheint dagegen erst in der letzten Periode der israelitischen Geschichte eingedrungen zu sein (§. 364), obwohl eine ziemlich alte Sage, die ein Trauerfest, dessen Ursprung dunkel geworden war, erklären soll, berichtet, wie der gileaditische Held Jeptah in Folge eines Gelübdes dem Jahwe seine Tochter als Opfer dargebracht habe. Eine andere Sage erzählt dagegen, dass Jahwe von Abraham, dem Stammvater des Volkes, das Opfer seines ein- zigen Sohnes zwar gefordert, dann aber dasselbe durch das Opfer eines Bockes abgelöst habe.

Nirgends bewegen wir uns fiuf so unsicherem Boden wie hier. Soviel aach sonst von älteren Anschauungen stehen geblieben ist, die ursprüng- liche Legitimität des Polytheismus durfte nie zugegeben werden ; überdies ^d schon unsere sämmtlichen Urquellen vom monotheistischen oder rich- %er monolatrischen Standpunkt aus geschrieben (vgl. Z. altt. Wiss. 1, 145. 341). Trotzdem reden Reg. II, 23, 4—14. 24 deutlich genug. Bezeichnend ^auch, dass diejenigen altkana'anaeischen Orte, welche nach Göttern be- gannt sind, wie die Sonnenstädte Bet-§eme§ und Tamnat-Gheres, ferner Bet- Anat, 'Anatot, 'Altarot-Qarnaim, Bet-Dagon u. a. ihre Namen immer be> ^ten haben; femer sind die Stammnamen Gad und wahrscheinlich Ascher Göttemamen, wie Edom u. z. B. As§ur. Dass Salomo seinen ausländischen Frauen zu Liebe einzelne Altäre erbaut hat, ist sehr mög- lich; aber absurd, dass er und das ganze Volk durch sie zum Polytheis- aas verführt seien, vgl. Vatke, Bibl. Theol. I, 358 fT. Die gewöhnliche Anschauung unserer Quellen ist, dass Israel den Polytheismus und ebenso die später verworfenen Bestandtheile des Jahwedienstes (Masseben, Aieren,

376 Viertes Buch, vierter Abschnitt.

und schliesslich die Vielheit der Cultusstätten) von den Nachbarn 9im den unterworfenen Kana'anaeem angenommen habe, z. B. Exod. 84, 121« Deut. 12, 2 f. Natilrlich, denn diese verehrten ja dasselbe wie die Hebraeer, und wenn letztere nach dem Dogma ursprünflich notheisten waren, mussten sie die anderen Götter eben von übernommen haben. Dabei soll in keiner Weise geUUignet werden, die letzteren ihren Einfluss vielfach geltend gemacht haben, dafs i. Tammüz und »das ganze Himmelsbeer« erst später von den adoptirt sein mögen ; aber für die Hauptsache beweist das gar nidiU.

§. 311. Indessen treten alle diese Gottheiten gegen Stammesgott immer mehr zurück, eine Erscheinung, die bei allen semitischen Völkern wahrnehmen (§. 175). Je Erfolge Israel errang, desto mehr mussten gegen den G der sein specifisches Eigenthum war, der es zum Siege fi die übrigen Gottheiten, welche auch die Nachbarn und Fei verehrten, verblassen, desto energischer konnte er auf oberste Stelle im Pantheon Anspruch erheben. Die n geren Gottheiten ordnen sich ihm ohne weiteres unter, ist es schon sehr früh Gebrauch geworden, Jahwe mit Plural Elohim »die Götter «zu bezeichnen, ihn gewisserroa »das Pantheon« zu benennen. Jahwe ist »die Götter Israel'?« die volksthümliche Anschauung denkt ihn sich noch in terer Zeit umgeben von einer Reihe untergeordneter, ihn ganz zurücktretender Wesen, den »Söhnen der Gott (Gen. 6, 1—3, vgl. 3, 22). Auch mit El, dem obersten in der Regel wenig persönlich ausgebildeten Gotte der miten (§. 173), ist er schon sehr früh völlig verschmolz» die alten Heiligthümer, welche EVs Namen tragen, wie Bei Pnuel, gelten als Culturstätten Jahwe's, beide Namen wei völlig synonym verwerthct. Dagegen »der Ba'aU war ßf eine derartige Verschmelzung zu speciell charakterisirt, er halte seine eigene Cultusstätte und war als Hauptgott bei all« Nachbarvölkern, speciell bei den Phoenikern, anerkannt. So bildete sich zwischen ihm und Jahwe ein Gegensatz, «■ Kampf um die höchste Stelle heraus, der für die weitere Ent- Wickelung höchst bedeutend geworden ist.

§. 312. Mit der Consolidirung des Volks gelangten auch

Anfänge des Monotheismus. Die Priester. 377

di^ Priester zu grösserer Bedeutung. Zwar stand es einem Jeden frei, seine Opfer selbst darzubringen, sich einen Altar ixjt bauen ; aber die Kunst der Orakelbefragung und des Loos- Werfens vor Jahwe, die Pflege des Heiligthums, auch das all- nia.hlich sich entwickelnde Ritual erforderten specielle Eenntniss der »Satzungen Jahwe'sc. Seit der Aufrichtung des König- Ihums treten die Privatheiligthümer zurück; Jerusalem, Bet-el (A^mos 7, 13), Dan u. a. sind Staatsheiligthümer, die der König ausstattet, an denen er die Priester anstellt. Der Haus- cult beschränkt sich auf das gewöhnliche Schlachtopfer denn jede Schlachtung ist ein Opfer, bei dem das Blut als Sitz des Lebens der Gottheit zurückgegeben wird (vgl. Deut, 12, 20 flf., Sam. I, 14, 32 flf.); an den Tempeln überliess man die Schlachtung des dargebrachten Thiers den Priestern, die dafür eine feste Gebühr erhielten. Der Zutritt zum Priester- thum stand Jedermann frei, wie denn David seine Söhne zu Priestern machte (Sam. U, 8, 18). Indessen es liegt in der Natur der Sache, dass in der Regel das Amt sich vom Vater auf den Sohn forterbt und sich ein Priesterstand entwickelt. Als Begründer desselben, als Urheber seiner Satzungen und Bräuche gilt Mose >der Mann Jahwe*s«, der vor Alters die Gottheit am Sinai von Angesicht zu Angesicht geschaut und aus ihrem Munde die Weisungen empfangen hat. Von ihm leiteten sich z. B. die Priester von Dan ab (Jud. 18, 30). Er gilt als Angehöriger des verschollenen Stammes Lewi, und so mag es gekommen sein , dass man in späterer Zeit alle Priester als Lewiten bezeichnete. Nachweisbar ist dieser Name zuerst zu Anfang des achten Jahrhunderts ; doch auch damals war der Priesterstand noch in keiner Weise eine abgeschlos- sene Kaste. Der Lewit, heisst es in einem Liede dieser Zeit, ist ein Mann, »der von seinen Eltern sagt: ich habe sie nicht gesehen, der seinen Bruder nicht kennt und um seinen Sohn sich nicht kümmert; sondern Deine (Jahwe's) Worte be- wahren und Dein Gesetz hüten sie, sie lehren Jakob Deine Rechte und Israel Deine Satzungen, sie bringen Weihrauch in Deine Nase und Brandopfer auf Deinen Altar« (Deut. 33,

378 Viertes Buch, vierter Abschnitt.

9 f.). Der Beruf der Priester ist hieF deutlich bezeichnet; sie sind nach allen Seiten hin die Interpreten seines Willens, die geistigen Leiter des Volks, die ihm sagen, was es thun und lassen soll, die es über Recht und Unrecht belehren und ebenso z. B. die Traditionen und heiligen Geschichten pflegen und ausbilden.

lieber Deut. 83 s. Graf, Der Segen Mose's, 1857. Auch die aus derselben Zeit stammende Samuellegende (Sam. I, 1) weiss nichts von einer Abgeschlossenheit des Priesterstandes. Im allgemeinen vgl. Graf, Zur Gesch. des Stammes Levi, in Merx' Archiv für wiss. Erf. des A.T. l

§. 313. Neben der Priesterschafl stehen die irregulären Diener der Gottheit, die Ekstatiker und Verzückten, die Hei ligen und die Orakelverkünder. Dass es neben der rt^el massigen Befragung Jahwe's durch Looswerfen und Orakel Spruch auch noch andere Mittel gibt, den Willen der Gottheit zu erkunden, namentlich die directe Inspiration der »Seher«^ ihnen entsprechen die Kähin's der Araber ist eine bei allen Völkern sich findende Anschauung. Von ihnen ursprüng- lich verschieden sind die sog. Propheten, die >Verkünderc (nabi*) des W^ortes Jahwe's, die Vorgänger der modernen Der- wische, die, wenn »die Hand Jahwe's über sie kommt«, sich durch Tänze, Musik, ekstatische üebungen in Exaltation und Verzückung setzen und in der Regel durch Zeichen und symbolische Handlungen den Willen der Gottheit verkünden. Vielfach leben sie in ganzen Schaaren zusammen, überall trägt ihr Gebahren einen widersinnigen Charakter, und der Ver- rückte gilt ja immer der Volksanschauung als heilig. Auch bei ihnen finden wir die Anfange der Bildung eines Standes, Prophetenschulen und Erblichkeit in der Familie (Arnos 7, 14); doch thut natürlich der innere Drang immer die Hauptsache. Die Institution ist übrigens keineswegs dem Jahwecultus eigen- thümlich, z. B. begegnen uns auch Propheten des Brfal (Reg. I, 18), und ihrem Ursprünge nach mag dieselbe eher kana- 'anaeisch als israelitisch sein. Von den späteren schriflstel- lernden Propheten sind diese älteren übrigens scharf zu son- dern. — Daneben stehen dann die Geweihten (»Abgeson-

Seher und Propheten. Moral. 379

derlenc, narir), die sich ganz dem Dienste der Gottheit wid- men, ihr Haar wild wachsen lassen u. ä. Daran schliessen sicli die verschiedenen Arten geheimen und illegitimen Ver- kehrs mit den übernatürlichen Mächten, Zauberei, Todienbe- schwörung u. ä., die officiell immer verpönt waren und viel- fach streng unterdrückt wurden, so angeblich schon von Saul (Sam. I, 28).

Ueber das Wesen der Propheten s. vor allem Reg. I, 22, ferner die Geschiebten von Saul und den Propheten Sam. I, 10, 5 fif. 19, 20 ff., von Elia und Elisa Reg. I, 18, 46. II, 2. 3, 15 u. a. Ueber den Unterschied von Sehern und Propheten Sam. I, 9, 9 s. Kuenen, De Profeten U, 322. Wei.lhaüsen, Einleitung 211, Gesch. Isr. I, 281. Ueber das Naziraeat Vgl. Arnos 2, 11 f., Jud. 13 (Num. 6).

§. 314. Alle religiösen Anschauungen der Israeliten be- ziehen sich in echt semitischer Weise auf die unmittelbar Vorliegenden praktischen Fragen, auf das irdische Leben, das Wohlergehen des Volkes und des Einzelnen; transcendentale Speculationen liegen ihnen völlig fern. Zwei Elemente sind es, die das ganze Leben beherrschen: die grosse Gesammt- heit der Nation und der engere Kreis der Familie, das »Vaterhaus€. Eine von ihnen losgelöste Individualität kennt der Hebraeer nicht. Daher fehlt ihnen der ünsterblich- keitsglaube vollkommen; der Einzelne lebt weiter in seinen Nachkommen, ohne Kinder zu sein ist der grösste Fluch. Auch alle moralischen Anschauungen werden von diesen Ideen beherrscht; die Sünden der Väter sucht Jahwe heim ^n Kindern und Kindeskindern, für die Vergehen der Könige bösst das ganze Volk, wer' ein Jahwe wohlgefälliges Leben führt, dem lohnt er es bis in die fernsten Geschlechter. Die Gebote Jahwe's beziehen sich in erster Linie auf die Inne- haltung seiner Feste, die Darbringung der Erstlingsopfer, die richtige Form des Cultus. Aber natürlich bestraft er auch die Verletzung von Recht und Gesetz und beschirmt die staat- liche Ordnung,

380 Viertes Buch, fünfter Abschnitt.

V. Aegypten unter der Herrschaft der Söldner.

Die tanitischen Könige und die Oberpriester von Theben.

§. 315. Seit dem Tode Ramses* III. hatte Aegypten auf- gehört, auf die Entwickelung Syriens Einfluss zu üben. Ein* Zeit immer grösserer Erschlaffung und Erstarrung war übö Aegypten gekommen, die schliesslich zur Erhebung des th^ banischen Oberpriesters Hrihor auf den Königsthron führte Wie lange er über ganz Aegypten geboten hat, wissen \rij nicht; dagegen sehen wir, dass sein Sohn Pfanchi und sein Enkel Pinosem I. die Königsherrschaft nicht behauptet haben, sondern lediglich als Oberpriester ihrem Vater gefolgt sind und als solche allerdings in Theben und dessen Umgebung unumschränkt geboten. Ein anderes Herrscherhaus, fremd- ländischen (libyschen?) Ursprungs, hat sich in dieser Zeit in Tanis erhoben. An seiner Spitze steht ein König Seamon (Sementu?, bei Manetho SitevÖTJ?), dessen Name uns in den Fundamenten eines Tempels in Tanis und auf einem Obe- lisken von Heliopolis begegnet. Auch über Theben hat er geherrscht; im 16. Jahre seiner Regierung Hess er die Mumien Ramses' I., Seli' I. und Ramses' II. revidiren und in ein anderes Grab bringen. Offenbar also hat er das Königthum der thebanischen Oberpriester gestürzt und dieselben zur Anerkennung seiner Oberhoheit gezwungen. Daher führt Pi- nosem I. neben der Oberpriesterwürde gelegentlich auch den Titel »Stadtvogt (von Theben) und Obergeneral des Süd- und Nordlandes« (Lepsius, D. III, 351 d— f.); offenbar nimmt er neben den tanitischen Königen eine ähnliche Stellung ein wie Hrihor neben Ramses XII. Einen Schritt weiter ging, so scheint es, Seamon's Sohn Pisebcha'nu (^'ooodvvTj^): er besei- tigte das Geschlecht der thebanischen Priester ^) und übertrug

^) Möglicherweise verschwägerten sich auch beide.

Die thebanischen Amonspriester und die Taniten«

381

das Oberpriesterthum einem seiner Söhne, der wie der Enkel des Hrihor den Namen Pinosem (II.) führte oder annahm. Auf Pisebcha*nu I. scheinen erst einige kurze Regierungen, unter ihnen die auch in Theben anerkannte des Ämenemapt (^ Ajtevcop^tc) gefolgt zu sein ; dann bestieg Pinosem selbst den Thron. Als »Oberpriester des Amon von Theben und Ober- generäle« setzte er nach einander seine Söhne Masaherta und Mencheperra' und dann des letzteren Sohn Pinosem (III.) ein ; auf dem Königsthron in Tanis scheint ihm Har-Pisebcha'nu IL gefolgt zu sein.

Denkmäler: Lepsius, D. III, 248—251. 253 d. Bruosch, Rec. I, 22. Mariette, Abydos II, 86—38, Karaak 41. Maspero, ÄZ. 1882, 134. Maspero und Emil Brügsgh, La trouvaille de Deir el Bahari (mir unzugänglich ; vgl. AntLiNEAU, Revue des Quest. bist. April 1882, Maspero, Verb. Beri. Orient. Gongr. m). Lepsius, Die 21. maneth. Dynastie, in ÄZ. 1882, 103. 151. Ferner Naville, ÄZ. 1878, 29, Wiedemann, ÄZ. 1882, 86; vor allem der treffliebe Aufsatz von Naville, Inscr. bist, de Pinodjem III, 1883, dem ich nur in der Gleichsetzung ^rihor^s mit Seamon (Sementu ?) von Tanis nicht beistimmen kann. Auch warum der auf den Mumienbinden des Hamses I. u. s. w. genannte Seamon der Priesterkönig ^rihor sein soll, wie allgemein angenommen wird, sehe ich nicht ein. Bei der von mir ge- gebenen Anordnung fallen die von Lepsius, Ä2f. 1882, 155 ff. gegen die Stellung Qrihor*s an der Spitze der Priesterkönige erhobenen Bedenken Weg: Qrihor lässt in seinem 6. Jahre die Leichen Seti's I. und Ramses' II. i*evidiren, der Oberpriester Pinofem I. in seinem 6. Jahre die des Hamses II. in das Grab Seti's bringen, Seamon in seinem 16. Jahre sie "ieder von hier entfernen. Dass Pinosem IL der Sohn des Piseb- cha^nu I. [der Qbrigens auch selbst einmal König und Oberpriester des ^on genannt wird, offenbar kurz nachdem er Theben besetzt und ehe ^ seinen Sohn zum Priester erhoben hatte: Wiedemann, ÄZ. 1882, 88] Oberpriester unter der Oberhoheit des Ämenemapt war, lehren die Leder- ^tücke bei Wiedemann, ÄZ. 1882, 86. Ebenso besteigt Mencheperra^ ^HuoscH, Rec. I, 22 den Sitz seines Vaters, des Königs Pinosem, als ^berpriester und General; d. h. während sein Vater in Tanis regiert, |<>lgt er ihm (oder vielmehr genauer seinem älteren Bruder Masaherta) ^*^ der Priesterwürde. Dass die Taniten fremden Ursprungs waren, zeigt ^Qr, wie es scheint, unaegyptische Name Pisebcha'nu; Masaherta findet ^^ch auch als Name eines Sohnes Srihor's.

§.316. Die Herrschaft der Taniten scheint ungefähr 120 Jahre wtwa 1060—943 v. Chr.) gedauert zu haben. Dass unter

382 Viertes Buch, fünfter Abschnitt

derselben, wenigstens in dem factisch von den Amonspriefiaj beherrschten Theile des Landes, nicht die beste Ordniq herrschte, lehren mehrere Urkunden, In denen von Cota schlagungen des Tempelguts des Anion durch Verwalter od Schreiber, von Leichenberaubungen u. ä. die Rede ist. kx dass es wieder und wieder nöthig war, die Mumien der frühen | Könige in der tliebanischen Weststadt zu revidiren und si ihren prächtigen Gräbern in verborgene Klüfte zu tran^ | tiren, zeugt von der Schwäche der Regierung. Im übrip werden die grossen Staatsprocesse auf eine sehr einfache W(i entschieden: die Frage, ob schuldig oder nichtschuldig, «i der Statue des Amon vorgelegt und diese gibt durch e Orakel die Entscheidung. Man sieht, wie vollkommen dieU der Goltesherrschatt in die Wirklichkeit umgesetzt ist; zweiU ohne ist um diese Zeit in Theben auch die später in I thiopien praktisch durchgeführte Theorie ausgebildet ' dass der König nicht nur bei all seinem Thun und I das Orakel des Gottes einzuholen hat, sondern auch | von ihm ernannt wird und abgesetzt werden kann.

Die hierhergehörigen, von Bhudsch, Gesch. 645—659 »HO 1 ralsch verstandenen Derikmfiler sind van Nitvti.i.E, Inscr. hiet. de Pinod}«' eini^ehend behandelt. Ich gebe auf der ntich^ten Seite die LiMtl Könige und Priester, soweit sie sieb zur Zeit herstellen lissL Dar J tritt §eäonq"8 I. ßllt nach Uncsb's Rechnung 930, da er den An&Df 4 25. Dfn. auf 715 anseilt. Das richtige Datum Mr den letzteren aber 728 lu sein (S. 353] ; danach üele geionq I. ins Jahr 94^.

Die libyschen SSIdner und die zweiundzwanzigste OynitUt.

I:»:p?iiis, Die 22. aej;. Kflnigsdynaslie. in Ahh. Bert. At. I85(i. Die 22. manelh. Dyn„ ÄZ. 1883. 15 ff.

§. 317. Der Titel eines Olwrgenerals , den die thebul sehen Priester führen, scheint dieselben als CommandaBU der einheimischen, aus den aegypiischen Bauern aufgpbolm Sireilkräfte zu bezeichnen. Den Kern der Streitmacht biW dagegen die seil Seti I. in immer grösserem Umfang n wendeten Söldner. Zum Theil sind dieselben seit JahriWi

Die tanitische Dynastie.

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384

Viertes Buch, fünfter AbschnitL

derten im Lande ansässig, daneben recrutiren sie sich immer neue Zuzüge aus Libyen. Es bildet sich anf diese Weise ein den Mameluken völlig gleichartiger, abgeschkssaxr Stand fremdländischen Ursprungs, der die eigentliche Est- Scheidung über die Schicksale des Landes in Händen \ai, und in dem das Kriegshandwerk vom Vater auf den Sota sich forterbt. Zusammengefasst wurden diese Söldner untff dem Namen Ma, der aus dem des libyschen Stammes Hasauasi durch Abkürzung hervorgegangen ist. Schon daraus, eboso aus den Eigennamen der Krieger, sehen wir, dass die Libff unter ihnen durchaus überwogen ; wenn auch die wiederhottcD Angriffe der Libyer auf Aegypten glücklich zurückgewieseB waren, in Wirklichkeit waren sie jetzt Herren des Landes. Auffallend ist es, dass das in älterer Zeit so oft erwähnte Corps der Sardana jetzt nie m^hr genannt wird; es ii'ird i der Masse der übrigen Söldner aufgegangen sein. Dagegd der Name der Masaiu (§. 234) hat sich erhalten; noch in Koptischen ist matoei der allgemeine Name der Soldaten. Das dieselben vielfach Gelegenheit hatten, Reichthfimer und Graol* besitz zu gewinnen, und die Könige ihnen Exemtion von ckr Grundsteuer gewährten, ist begreiflich genug. An ihrer Spil« stehen die »Fürsten der Ma« ; das Obercommando führt dff »Grossfürst (ur'a) der Ma^«. Doch mögen auch mehrere solche Generalissimi neben einander gestanden haben.

Aus diesen libyschen Truppen ist die spätere Kaste der jt«/;.»« (Herod. II, 164 (f., Diod. I, 73) hervorgegangen. Dass Ma Abkürxunf von Masauasa ist, lehren die Titel Lepsius, Königsbuch t>00. t)04 ((<* den Apisstelen bei Mariette, Serap^um pl. 24 ff.). Daneben findet i^

der Titel iK I I ^ W oder lH Ö ^ W bei Panresnes (Lepsiüs. Kgb. TJö. V. Beh<;manx, Hierogl. Inschr. 4). Die bei Lepsus, Königsbuch tJI»'

und ()04a aufgeführte Schreibung J5^ U ^ I scheint aus jy^ilfc* verlesen zu sein. Dass die Auffassung des ur'a n Ma durch BrccsJ in seiner Geschichte (er übersetzt es abwechselnd durch ^G^os5kflnlg der Assyrerc und durch »Satrapc) unhaltbar ist, ist jelit allgemeiu »* erkannt. Vgl. noch den mes n Masauaäa Takelot ÄZ. 1883. 69 Anir.

Pie libysehen Söldner. §e&>nq I. 385

§. 318. Etwa zu Hrihor's Zeiten war ein Libyer Baiuwa nach Aegypten gekommen. Sein Geschlecht gelangte zu hohem ansehen, sein fünfter Nachkomme, Namret, wurde etwa unter König Pinosem »Grossfurst der Ma und Generalissimusc, und nach seinem Tode folgte ihm sein Sohn Sesonq (hebr. p^)Z% £ai>aaxi{i., ass. Susinqu) als Gommandant der Streitmacht. Eine Inschrift aus Abydos zeigt, in wie hohen Ehren derselbe stand, wie der König für das Grab seines Vaters Sorge trägt, für ihn das Amonsorakel in Theben befragt und zum Gotte für den Sieg des Generals betet. Es ist begreiflich, dass SeSonq schliesslich selbst die Hand nach der Krone ausstreckte (943 [?] v. Chr.). Auf friedlichem oder gewalt- samem Wege wurde er der Nachfolger des letzten Taniten, Har-Pisebcha^nu IL, mit dessen Tochter Ra^ma'ka er zur Sicherung seiner Dynastie seinen Sohn Osorkon vermählte. Nach dem unter den Taniten herrschenden Brauch wurde ein anderer seiner Söhne, Aupuat, Oberpriester des Amon und »Obergeneral aller Streitkräfte c ; er erscheint in den thebani- schen Inschriften durchweg als Begleiter seines Vaters. Auch unter den folgenden Herrschern bleibt es Sitte, dass einer der Königssöhne mit der höchsten geistlichen Würde in Theben

I bekleidet wird ; ebenso wird später das Priesterthum des Ptah in Memphis an einen Zweig der Königsfamilie verliehen, und auch die übrigen Prinzen erhalten meist Priesterthümer und daneben eine hohe militärische Stellung. Im übrigen scheint ^nq auch die Nachkommen der Ramessiden wieder hervor- K^zogen zu haben, wir finden unter ihm einen »Ramessiden- Prinzen in hoher militärischer Stellung.

Stammbaum der 22. (von Manetho als bubastisch bezeichneten)

Dynastie: Mariette, S^rap^um pl. 81; Lepsius, 22. Dyn. Der Ahnherr

^iowa vrird hier hier als Libyer (Tehenu) bezeichnet; die Annahme,

1*^ die Namen Namret, Osorkon COaop)^a>v), Takelot assyrisch seien,

ist ganz unbegründet. Den libyschen Ursprung der Dynastie hat zuerst

^*nui erkannt, ÄZ. 1883, 20. Verschwägerung mit der 21. Dyn. : Lepsius,

Auswahl 15. Inschrift der Ramessiden prinzen: Brugsch, ÄZ. 1875, 163

^== Mabikti:, Mon. div. 63 a und jetzt Sterw, ÄZ. 1883, 19. Hierher

^^bOrt es auch, das ein Greneralissimus der B(a, PanreSnes [vor oder

Meyer, OMohiohta dM Alterthnms. I. 25

I

38t3 Viertes Buch, fOnRer AbschniU.

nach Sesonq I.?], seine Tochter einem Ramessidenprinien ««noUiltc: V. Berohank, Hierogl. Inschr. 4. Die Inschrirt Mahiette, Abjdo« IL S filier Namret und ^äonq ist von BHunscH, Gescb. 651 tt. fua Um veraUnden ; s, N'aville, Inscr. bist, de Pinodjem S. 13.

§.319. Dass die Pharaonen der 21. Dynastie nicht im Stan waren, sich in die asiatischen Verhältnisse zu mischen, Idi die Geschichte der Hebraeer. Erst zur Zeit Salomo's sdn wir, dass der damalige König, vermuthlich Har Pisebchrfnu 1] mit dem israelitischen Staate Beziehungen anknüpft , für Si Jomo Gazer erobert und dies seiner Tochter zur llitgtft h stimmt, daneben aber auch politischen Flüchtlingen wie Jen beam und Hadad von Gdom Zuflucht gewährt, um sich d Möglichkeit einer Intervention oJTen zu halten (§. 307 f.). D Losreissung Juda's von Israel und der langjährige defseSH folgende Bürgerkrieg bot dann die Gelegenheit, die Heerfahttt nach Syrien noch einmal zu erneuern. Im 5. Jahre des K) nigs Rehabeam von Juda zog Öesonq nach Syrien. Die dar tigen Ueberreste der hebraeischen Königsannalen berichtt nur, dass er die Schätze des Tempels und Palastes von J«i salem, namentlich die goldenen Schilde, welche Salomo do aufgehängt hatte, mit sich wegführte; die lange Liste der« oberlen Ortschaften, welche auf einer Wand des Tempds f Karnak verzeichnet ist, zeigt, dass in gleicher Weise die v sehen Ortschaften erobert und ausgeplündert wurden. Krälliftf Widersland hat der Pharao schwerlich ii^endwo gcfundn seine Siegesinschrifl enthält nach dem Geschmacke der Ze anstatt eines Kriegsberichts nur religiöse Phrasen. Mehr i ein Raubzug um leichte Beute zu gewinnen, Ist die Sxpeä lion nicht gewesen, politische Folgen hat sie nicht gebaU namentlich ist es ganz verkehrt zu glauben, sie sei im Inls esse Jerobeani's gegen den jüdischen König worden,

äe^nq's Siegesinschrirt : Lepsidb, D. III, 2S2. Rosoxtia. Hoo. 148 (vgl, Mabpero, ÄZ. 1880, 44 ff.). Reg. 1. 14. 95 ff. wird oor dit oberung Jeniaalems bfrichlel, weil, wie der Inhalt deutlich Mut, < die Geschichte des Tempels fQr den Epitomftlor Interesse tutu.

§esonq I. in Palaestina. Die späteren Bubastiden. 387

§. 320. Der Aufschwung der aegyptischen Macht, welchen die Thronbesteigung der neuen Dynastie herbeigeführt hatte, war von kurzer Dauer. Sesonq's I. Nachfolger, Osorkon I., Takelot I., Osorkon II., Öesonq IL, Takelot ü. treten uns nur ganz vereinzelt auf den Denkmälern entgegen. In Theben haben sie an einer von §e§onq I. begonnenen Vor- halle des Ämonstempels in Earnak weiter gebaut, daneben begegnen uns ihre Spuren in Bubastis, dem Stammorte der Dynastie (AZ. 1883, 22), in Memphis und sonst. Allmählich ist der Staat unter ihnen völlig zerfallen; die Obergeneräle der Ma, vielleicht zum Theil Seitenlinien des Hauses ange- hörig, gründen sich eigene Fürstenthümer und schütteln die Oberhoheit der Bubastiden ab. Sesonq III., der Nachfolger Takelot's II., ist der letzte, dessen Namen wir in Theben be- gegnen; eine lange, sehr verstümmelte Inschrift aus seinem 29. Jahre (LEPsros, D. III, 258 a) handelt von Geschenken, die er dem Amon darbrachte. Dann ging, so scheint es, der Süden des Landes an die Aethiopen verloren (§. 351). Sesonq III. hat im ganzen 52 Jahre regiert, dann folgen ihm sein Sohn Pimai (reg. mindestens 2 Jahre) und sein Enkel Sesonq IV. (reg. min- destens 37 Jahre, bis etwa 735 v. Chr.). Wir wissen von diesen Königen nur dadurch, dass sie in mehreren zu Ehren der unter ihrer Herrschaft verstorbenen Apisstiere verfassten Inschriflen erwähnt werden. Danach muss ihre Oberhoheit in Memphis noch wenigstens zeitweilig anerkannt worden sein. Doch scheint ihr eigentlicher Machtbereich sich auf den Gau von Busiris beschränkt zu haben; König Pi'anchi von Aethiopien erwähnt in seiner grossen Inschrift einen Grossfürsten der Ma Sesonq von Busiris und seinen Nachfolger Pima, die vermuthlich mit SeSonq III. und Pimai identisch sind. Zur Zeit dieses Er- d>erers, etwa im Jahre 775 v. Chr., finden wir neben ihnen einen König Namret von Hermopolis, einen »Herr- scherc (haq) Pefdubast von Herakleopolis magna, der den Eönigsring trägt, einen König Aupuat der Deltastädte Tentremu und Ta*an, einen König Osorkon [III.] von Bubastis. Letzterer gehört aller Wahrscheinlichkeit nach der 23. Dynastie Manetho's

388 Viertes Buch, fQnfter Abschnitt.

an, die aus Tanis stammen und im Jahre 823 v. Chr. [nach A canus] den Thron bestiegen haben soll. Als ihren Begrün nennt Manetho Petubastis (Pedsebast), ihm folgt Osorcb d. i. vermuthlich der eben erwähnte Osorkon EU. Offen hat Manetho die letzten Herrscher der 22. Dynastie ni mehr als legitim betrachtet, und daher zwar aufgeffihrt, a für die Chronologie nicht mit verrechnet. Neben die »Eönigenc stehen dann zahlreiche, meist als Fürsten ( oder Grossfürsten der Ma, in anderen Fällen als Erbber (rpa^) oder Nomarchen (hat) bezeichnete selbständige Herrsc in den einzelnen Gauen des Delta, in Athribis, Ment Sebennytos, Sais u. a.; der Stadtherr von Letopolis fi statt dessen den Titel eines Oberpriesters. Meist sind d Gewalthaber offenbar aus den Söldnerführern hervorgeganf und vermuthlich hat der Besitzstand und das Machtverh niss fortwährend geschwankt. Dass die einzelnen Staa eine lockere politische Conf5deration bildeten, ist sehr wa scheinlich; vermuthlich wurden die Nachkommen des al Herrscherhauses als oberste Lehensherren anerkannt, wähn diejenigen Machthaber, welche den Eönigstitel usurpirten, mit zugleich den Anspruch auf völlige Selbständigkeit erhob

. Denkmäler : Lepsius, D. III, 255 ff. de Rouoj^, Inscr. 71 f. Mariette, I div. 77 a. b. Ein König Takelot : V. Schmidt , Textes hierogl. de Coi hague, 17. Ueber Familien dieser Zeit : Devi^ria, RAn. VIII, 7. Liebl RAn. XVIII, 272. Für die Chronol. und die späteren Herrscher der 22. l sind die Apisstelen des Serapeums unsere Hauptquelle (Mariette, S4rape pl. 25 bis 33). Bei Manetho tritt uns hier, und ähnlich bei mehreren späteren Daten (z. B. für Taharqa §. 353) die eigenthumliche Erschein entgegen, dass das aus ihm sich ergebende Datum fQr den Anfang Dynastie jedenfalls nahezu oder ganz richtig ist, während die Ein posten und die Gesammtsumme viel zu niedrig sind. Es muss 1 jedenfalls ein Ausgleich zwischen den verschiedenen neben einan regierenden Dynastien durch eine fOr uns nicht erkennbare Reduct der Zahlen stattgefunden haben ; vgl. die Uebersicht. Die beiden ers Herrscher der 23. Dyn. glaubt man in den Königen Pedsibast (auf ein hölzernen ThflrflQgel des Louvre) und Osorkon III. (Leehans, Aeg. M te Leyden II, 97 Nr. 830) wiederzuerkennen, s. Lepsius, Königsbi Nr. 612. 613.

Auflösung des aegyptischen Staats. 389

üebersicht der zweiundzwanzigsten Dynastie. Monumente. Manetho.

SeSonq I. mindestens 21 J. I}63u>yxi(' 21 J.

Osorkon I. * 'Ooopö-wv 15 J.

Takelot L \

Osorkon II. ., 23 J. [ ÄX>^t «cpetc 25 [em. 29] J.

äeionq IL * ^

Takelot IL 14 J. Tax^w^-tc 13 J.

SeSonq III. reg. 52 J. i

Pimai [mindestens 2 J.] / SXXoi tpclc 42 J.

§edonqlV. 37 J. ^

Summe v, 5 Reg. mind. 147 J. 6p.o5 frrj px'.

Die Gesanmitdauer der neun Regierungen ist demnach mindestens etwa auf 200 Jahre (wahrsch. 943—735 v. Chr.) anzusetzen. Vielleicht hat aher seit 823 v. Chr., dem manethonischen Datum der 23. Dyn., diese in der That in Tanis [und Buhastis] zu regieren begonnen. Da der Zug Pi*anchi's jedenfalls um 775 v. Chr. ßllt, ergibt sich, dass die Herrscher der 22. und 23. Dyu. bei demselben irgendwie vorkommen mflssen; die mehrfach aufgestellten im Texte vorgetragenen Identificationen haben hohe Wahrscheinlichkeit. Ob der König Pefdubast von Herakleopolis mit dem auf einem Sarkophag aus Theben erwähnten König gleichen Namens, einem Schwiegersohn des unbekannten Königs Amenrud oder Rodamon (Lepsius, Denkm. III. 248a) identisch ist, ist nicht zu ent- scheiden. Der letztere findet sich auch auf einem Krystallgefftss des Louvre (Pierret, Catal. de la salle bist. p. 109; Mariette, Karnak p. 66), and hat jedenfalls mit dem Aethiopen Urdamani, dem Sohne Taharqa's nichts zu thun. Die Qbrigen Angaben beruhen auf der Pfanchistele. Der Chron. II, 14, 8 genannte König Zerach von Kusch ist Erfindung des Chronisten (s. Welühausen , Gesch. Isr. I, 216) und hat mit Osorkon TOD Aegypten nichts zu thun. Sonst vgl. noch §. 392.

VL Israel unter der Herrschaft des Hauses 'Omri.

Politische Gescliiclite der Hebraeer und ihrer Nachbarstaaten.

§. 321. An den Zerfall des Reiches David's und die Auspländerung der beiden neuenistandenen Staaten durch §e§onq knüpft ein langwieriger, zwei Menschenalter dauernder

390 Viertes Buch, sechster AbschnitL

Bürgerkrieg (ca. 925—875 v, Chr.). Ueber seinen Veriial erfahren wir gar nichts, wie denn überhaupt unsere Nach- richten über diese Epoche der hebraeischen Geschichte ausser- ordentlich dürftig sind. Zu einem Resultat hat er nicht |e- führt, wohl aller die Politik der beiden Staaten in erster Unie bestimmt. Im allgemeinen hatten die Könige von Jerusalem um ihre Existenz zu kämpfen, während das Nordreich weil kräftiger war und die Machtstellung der davidischen Z«t auf- recht zu halten wenigstens versuchen konnte. Damit hängt es wohl zusammen, dass die Phihsterkriege noch einma neuerl wurden. Als Nadab von Israel, Jerobeara's Sohn, igefet die Philister zu Felde zog und die Grenzstadt Gabbaloa be- lagerte, wurde er von Ba'sa aus dem Stamme Isaschar e»w schlagen. Der neue König nahm den Krieg gegen Juda wo auf Rehabeam zunächst sein älterer Sohn Äbijam, dann, dessen Bruder Asa gefolgt war energisch auf; dicht vor Jerusalem legte er die Festung Rama an, um die Stadt zu blockiren. Da schickte As;) die letzten Kostbarkeiten Ton Jerusalem an den König Benhadad I. von Damaskos, seine Hülfe zu erkaufen. So wurde Ba'sa gezwungen, Krieg gegen Juda aufzugeben; Asa konnte Rama zerstöim und ein paar benjamini tische Grenzorle Iwsetzen und bv- festigen. Zwischen Israel und Damaskos aber entbrannte es erbitterter Krieg, der mit kurzen Unlerbrechungen bis lum Untergang beider Staaten gedauert hat. Zunächst war er tär Damaskos durchaus erfolgreich; Benhadad entriss den Isr»- üten die Gebirgslandschaften westlich vom oberen JordiB mit den Städten 'IJjon, Dan, Abel und >das ganze 1.31x1 Naphtali«,

Die Quellen fQr diese Zeit (Hessen äusserst kärglich. Zu Qnoi* liegen die >TaKebQcher< der Könige von Israel und die der KAat|< *t* Juda; wie diese h a1 ba die i eilen (§. 19) Werke etwa beschaffen irarcnin' wie weil sie vun einer wirklichen tiescbichlsschreibung enirentt tnfXi lehrt deutlich die tnscbrifl de^ He^'. Aus diesen Tagebilchem Ul ^ AuBxutf gemacht, der aber Fast eusscb Hess lieh die KOnigsrolgv aa<i <J>' Geschiebte des Tempels von Jerusalem (vgl. J. 319 Anm.) bMflckiidiMP uiid im Qbrigen alle K'lnige nach den vom UeuleroDOtnium ■urs*«u'l''*

BQrgerkrieg zwischen Israel und Jada. 'Omri. 391

Gesichtspunkten beurtheilt. Diese Epitome bildet den Grundstock unserer KönigsbQcher. Seit Achab sind in dieselbe eine Reibe ausfährlicherer Er- zählungen eingelegt, theils ziemlich gleichzeitige Berichte, theils Legenden und Bearbeitungen älterer Traditionen (s. u.). FCir die ältere Zeit aber finden sich nur ganz späte und für die Geschichte völlig werthlose Er- findungen, wie I, 12, 21—24 [dazu II, 23, 15—20]. c. 13. 14. Auf die Discussion Qber den Namen Benhaüad (aram. wahrscheinlich ßarhadad) brauche ich hier nicht einzugehen; das Material s. bei Schrader, KGF. 871 flf., KAT. * 200 «F., sowie §. 336 f.

§. 322. Auch das Haus Ba'sa's hat sich auf dem Throne

nicht behauptet. Als sein Sohn Ela den Philisterkrieg erneuerte

und das Eriegsvolk Gabbaton aufs neue belagerte, wurde er

in seiner Residenz Tirsa von dem Reiterobersten Zimri er-

schlagen. Aber dieser wurde nirgends anerkannt; ein Theil der

Bevölkerung erhob Tibni, das vor Gabaton liegende Heer den

Feldhauptmann 'Omri zum Könige. Der letztere zog gegen Tirsa ;

Zimri konnte sich nicht halten und suchte in den Flammen des

Palastes den Tod. Zwischen den beiden anderen Prätendenten

dauerte der Kampf noch längere Zeit, bis Tibni starb und

'Omri die Alleinherrschaft gewann (um 890 v. Chr.). Es

. ist denkbar, dass bei diesen Kämpfen ausser persönlichem

Ehrgeiz auch die Rivalität der Stämme noch eine Rolle

spielte ; aber unsere Ueberlieferung gestattet uns darin keinen

Einblick.

'Omri verlegte die Residenz von Tirsa nach der von ihm neu gegründeten Stadt Samaria (Somrön). Gegen Da- maskos dauerte der Krieg fort mit demselben Misserfolge wie früher; ein grosser Theil von Gile'ad mit der wichtigen Festung Rama wurde verloren, ausserdem erwarb der König von Damaskos das Recht, in Samaria einen Bazar anzul^en (Reg. I, 20, 34). Dagegen errang 'Omri gegen Moab wich- tige Erfolge. Ghesbon, die Hauptstadt des Königs Sichon, Wurde erobert, die Grenze des Reichs bis in die Nähe des Arnon vorgeschoben, fast wie zu David's Zeit. Der zu Daibon (nördlich vom Arnon) residirende König hatte eine schwere Abgabe an Vieh und Wolle zu entrichten (Reg. II, 3, 4). Die Bedeutung 'Omri's für Israel spricht sich auch darin aus, dass

392 Viertes Buch, sechster Abschnitt

die Assyrer auch unter den folgenden Dynastien sein Räch »das Haus ^Omric nennen.

Dass ^Omri Moab bedrückt hat, sagt Meäa' ZI. 5. 7; dass das IM über den Kampf gegen Slchon Num. 21, 27—80 hierher gehurt, habe ich Z. altt. Wiss. I, 181 f. gezeigt. Das Lied und Me$a*s Angaben erginiea sich gegenseitig: Cheibon, Nebo, Mödeba, Ba'al-MeV>n, Jalui?, ^Atarftl wurden erobert, die Grenze lief unmittelbar nördlich von Qiijatain nn«l Daibon. Slchon wird wohl der Vorgänger von Mefia**8 Vater Kamosga^ gewesen sein.

§. 323. Noch erfolgreicher war 'Omri's Sohn Achab (Ach'ab). Mit Tyros schloss er ein enges Freundschafts- bündniss »einen Bruderbünde nennt es Arnos 1, 9 und vermählte sich mit Izebel, der Tochter des tyrischen Königs Ituba^al (§. 286). Der Krieg mit Juda ging endlich zu Ende; Asa's Sohn Josaphat (Jehosapat) schloss mit Israel Friede und Freundschaft und vermählte seinen Sohn Joram (Jehoräm) mit Achab's Tochter Atalja (^Ataljahu). In der Folgezeit erscheint der jüdische König als getreuer Bundesgenosse und fast als Vasall IsraeVs. Dadurch wurde ihm ermöglicht, die Kraft des Staates nach Süden zu werfen und Edom bis ans rothe Meer wieder zu erobern. Auch Salomo*s Ophirfahrten versuchte er wieder aufzunehmen; aber das dafür gebaute Schiff*) scheiterte im Hafen von^Esiongeber. Wichtiger noch waren die Erfolge, die Achab gegen Damaskos errang. König Ben* hadad IL, oder wie er nach den assyrischen Inschriften wahr- scheinlich hiess, Hadadfezer, war mit grosser Heeresmacht gegen Samaria herangerückt, aber die Belagerung wurde ab- geschlagen, und als er im nächsten Jahre von neuem angriff» schlug Achab ihn bei Apheq in der Ebene Jezra'el(?) aufs Haupt; der König selbst wurde gefangen. Statt ihn, wie die Fanatiker forderten, dem Jahwe zu schlachten, nahm Achab ihn freundlich auf; gegen Rückgabe aller unter Brfsa und

^) LXX wissen auch hier nur von einem Schiff (§. 286 Anm); und dass nViN im M.T. Reg. I, 22, 49 Correctur ist, lehren die folgenden Sin- gulare -|bn und mDir:.

Achab. Krieg gegen Damaskos. 393

'Omri entrissenen Ortschaften und Ueberlassung eines Bazars in Damaskos entliess er ihn in sein Reich (856 oder 855 v. Chr.). Politische Grunde gaben dazu die Veranlassung. Schon im Jaiire 876 war Assyrerkönig Aisurnasirpal in Nordsyrien einge- &ilen, seit 859 hatte sein Sohn Salmanassar ü. die systematische Unterwerfung Syriens begonnen und alle nordsyrischen Staaten bis an die Grenze des Reichs von Hamat zahlten ihm Tribut. Im Jahre 854 unternahm er einen neuen Feldzug nach Syrien ; um ihre Unabhängigkeit zu sichern^ war es dringend geboten, dass die einzelnen Staaten sich einigten. So kam eine Allianz zu Stande^ deren Mittelpunkt Benhadad, Achab und der Kö- nig Irchulina von Hamat bildeten; jener stellte 1200 Wagen, 1200 Reiter, 20,000 Mann, Achab 2000 Wagen und 10,000 Mann, Irchulina 700 Wagen, 700 Reiter, 10,000 Mann ins Feld. Bei Karkar kam es zur Schlacht; und wenn auch der Assyrer- könig den Sieg für sich in Anspruch nahm, jedenfalls war er nicht im Stande, zu weiterem Angriflf vorzugehen (s. §. 336).

lieber die hier und im Folgenden erzählten Kriege besitzen wir in Heg. I, 20. 22. II, 8. 6, 24—7, 20. 8, 28 f. 9. 10 einen Auszug aus einer offenbar bald nach den Ereignissen geschriebenen Erzählung, die den halbhistorischen Charakter trägt, welchen die Begebenheiten im Munde ^es Volkes sehr bald annehmen ; vgl. Wellhausen, Einleitung 249 ff. Die Details sind nur mit Vorsicht zu benutzen; 32 »Königec, welche nach ^eg. I, 20, 1 dem Benhadad folgen, hat es, wie die assyrischen Inschriften lehren, in Syrien nie gegeben. Auch der »Könige von Edom II, 3 steht ii im Widerspruch mit I, 22, 48. Ueber den I, 20 eingelegten Propheten ^ s. Wellhauser 1. c. Ueber den assyrischen Namen Benhadad*s II. ge- nögt es hier auf Schrader, KGF. 371 ff. 538. KAT. ^ 200 zu verweisen. Die Identität des Ramän-idri (oder Dadda-idri) geschriebenen Königs mit Benhadad II. ist völlig zweifellos. Der Assyrerkrieg wird in den Königs- hüehem nicht erwähnt; es ist aber klar, dass die Allianz zwischen Israel Qnd Damaskos und ihr gemeinsames Auftreten bei Karkar 854 v. Chr. •^ die Folge des Sieges von Apheq ist. Der Friede zwischen Israel und ^askos dauerte nach Reg. I, 22, 1 f. zwei Jahre (ins dritte fällt der ^iederausbruch des Kriegs), mithin in die Jahre 855/4 oder 854/3, und Achab's Tod im neuen Kriege entweder 853 oder 852.

•/ §. 324. Kaum war die Gefahr vorüber, so brach der Krieg

/ ^wischen Israel und Damaskos von neuem aus. Benhadad wollte

■-

Rama in Gilead nicht herausgeben. Im dritten Jahre n«h der Schlacht von Apheq zog Ächab mit seinem Bundesgeoffiwn Josaphat gegen die Stadt, fand aber im Kampfe vor dersdbfn seinen Tod; Raraa büeb ira Besitze der Syrer (853,'2 v.Chr.). Nach dem Tode Achab's wagte es König Mesa' von Moab die Tributzahlung an Israel einzustellen und den Kampf am die Grenzdistricte wieder zu beginnen. Er hatte gaten Erfolg: Medeba, Nebo, Jalias, sowie das von dem .Stamme Gad »sett Ewig- keit« bewohnte 'Atarot wurden zurückgewonnen, die Bewohwr meist >dem Kamos zur Augenweide«, oder wie die 7"iW Ein- wohner von Ncbo, »weil sie der 'Astor-Kamos geweiht wareni, niedergemacht (§. 309). Auch nach Süden, gegen Chaiin- nain , kämpfte Mesa' erfolgreich. In den eroberten Ort«a wurden meist moabilische Colonisten angesiedelt, auch Reihe neuer befestigter Ortschaften angelegt. Auch i war Meäa' ein umsichtiger Herrscher; utierall im Lande er Cisternen anlegen, über den schwer zu passirenden Amoo« der Moab in zwei Theile theilt, führte er eine Strasse, Di» Inschrift eines grossen in seiner Residenzstadt Daitxin ant gerichteten Altarsteins (bama) verkündet uns die Thaten da Königs. Erst Joram (Jel(oräm) , Achab's jüngerer Sohn der ältere Achazjahu war nach kurzer Regierung gestorben nahm die Wiederunterwerfung des Rebellen energisch in An- griff. Mit dem durch die Streitkräfte des Vasallenstaat« Edom verstärkten König von .Tuda zusammen zog er tob Süden her, durch die Wüste südlich vom todten Meer, jegwi Moab. Die Feinde wurden geschlagen, das Land weit unJ breit verwüslet, Mesa' in der Feste Qir südlich vom Anion eingeschlossen. Als die Noth aufs höchste gestiegen ««r, brachte er seinen ältesten Sohn auf der Stadtmauer den Göt- tern zum Opfer Dasselbe hatte Erfolg ; die Israeliten mnisU abziehen aus welchen Gründen wissen wir nicht , Motk behauptete seine Unabhängigkeit {um 848/7 v. Chr.). AvA Edom fiel nach Josaphat's Tode von seinem Sohne Joram ik und konnte trotz harter Kämpfe nicht wieder UDlerworfA werden.

J

Meia' von Moab. Sturz des Hauses ^Omri. 395

Die Inschrift Meäa's ist 1868 von Ganneau gefunden worden; seine {rosse Publication ist mir unzugänglich. Aus der Literatur Ober die- selbe ist hervorzuheben: Ganneau, RAn. XXI ^ 184 f. 357 ff. Nöldeke, Dielnschr. des K. Mesa 1870. Schlottmann, Die Siegessäule Mes*as 1870. und ZDM. XXIV, 243 ff. 433 ff. Dass die in derselben erzählten Ereignisse vor den Feldzug Jorams anzusetzen sind, ist allgemein anerkannt. Dann ist aber entweder der jüdische König, der diesen unterstützte, nicht Josaphat, sondern sein Sohn Joram (eine Vertauschung der Namen in der nicht mehr rein historischen (§. 823) Erzählung Reg. II , 3 ist sehr denkbar), oder der letztere hat höchstens zwei Jahre regiert, nicht acht (Reg. n, 8, 17).

§. 325. Inzwischen hatte Benhadad^ nachdem er zwei neue Angriflfe Salmanassar's (850 und 849) abgewehrt hatte, den Angriff auf Israel erneuert vielleicht hat die Kunde davon den Abzug aus Moab veranlasst. Joram wurde in Samarla belagert und aufs äusserste bedrängt, als die Syrer auf die Kunde von einem feindlichen Einfall plötzlich die Belagerung aufgaben. Vermuthlich war es die Nachricht von dem im Jahre 846 zum vierten Mal wiederholten Angriff Salmanas- sar's auf Syrien und speciell auf Damaskos (§. 337), welche Benhadad zu schleuniger Umkehr nöthigte. Bald darauf wurde derselbe durch seinen Feldhauptmann Chazael ermordet. Gegen ihn zog Joram, wieder von dem jüdischen Könige Achazjah, dem Sohne des inzwischen gestorbenen Joram, begleitet. Bei der Belagerung von Rama wurde der erstere verwundet, die Könige begaben sich zur Heilung nach Jezra'el. Diese Ge- legenheit benutzte der israelitische Feldhauptmann Jehu, um sich von den Truppen zum König ausrufen zu lassen. Eilends begab er sich dann nach Jezra'el, machte die ahnungslosen Könige nieder und rottete das ganze Haus Achab*s aus, ebenso ^Ues, was ihm von den Verwandten des jüdischen Königs in die Hände fiel (um 843 v. Chr.). Das »Blutbad von Jezra'el«, das lange im Andenken des Volkes haften blieb noch ein Jahrhundert später spricht Hosea (1, 4) mit Abscheu davon ^ar nicht nur eine politische Revolution, sondern zugleich das Ergebniss einer religiösen Reformbewegung, deren Betrachtung ^ir uns jetzt zuzuwenden haben.

396 Viertes Buch, seehster Abtchnitt,

Ueber die Quelle vgl. §. 828. ~ Chronologie. Die scheizibars genauen Daten der Königsbücher beruhen durchweg (bis auf die let Zeiten des Reiches Juda) auf Spielereien mit der Zahl 40, der Dauer « Generation nach hebraeischer Anschauung ; überdies liegt das Schemi Grunde, dass von der Erbauung des salomonischen Tempels bis : Ende des Exils zwölf Generationen = 480 Jahren verflossen seien (§. 1 Sie stimmen weder mit den assyrischen Angaben, noch mit der tyrisc Chronologie (Achah regiert traditionell 918—897, sein Schwiegerv; Ituba^al nach Menander 885—854). Der Synchronismus zwischen bei Reichen ist noch später eingelegt und rein künstlich; in Wirklich! bestehen zwischen den für Israel und Juda gegebenen Zahlen ziem! beträchtliche Differenzen (vgl. auch §. 356). S. Wellhausen, Zeitre nung des B. der Könige, Z. Deutsche Theo!. XX, 607 ff. Kret, . Zeitr. des B. der Könige, Z. Wissenscb. Theol. 1877, 404 tL Wi hausen, Einleitung 264, Geschichte I, 285. Stade, Geschichte 88. ^ gleichung der assyrischen und hebraeischen Nachrichten: Schrad KAT. ', 468 ff. [Reconstructions versuche von Düncker, Gesch. d. Alt, Wi HAUSEN, 1. c, Kahphausen, Z. sltt. Wiss. III, 193 ff.]. Somit ist nur ei Approximativrechnung möglich. Für dieselbe dienen als Ausgangsponk dass nach den assyrischen Angaben Achab noch 854 (§. 328), Jehu seh 842 [§. 337 ; trad. 884 bis 856] regierte. Weitere Anhaltspunkte gelM die tyrische Königsliste (§. 286); das manethonische Datum für I §onq I. (943 [?] v. Chr., §. 316); endlich die Thatsache, dass Acli höchstens die vierte, sein Zeitgenosse Josaphat die dritte Generation ( Salomo*s Tod repräsentirt. Ferner dauert nach Me§a' ZI. 8 die Freu herrschafl Ober Moab ('Omri und Achab) 40 Jahre , die Regierung seil Vaters 30 Jahre (Zi. 2). Natürlich sind das runde Zahlen; man sie wie wenig auf eine genaue Zeitrechung Gewicht gelegt wurde. Ueber Könige von Damaskos s. Reg. I, 15, 18 ; ob Ghezion der Sohn Rezon*s w wissen wir nicht. Ueber die Wertblosigkeit der Angaben des Nie. Da bei Jos. Ant. VII, 5, 2 s. Freudenthal, Hellenistische Studien. Schbadi KGF. 379 ff. Auf diesem Material beruht die nebenstehende Königslis

Anfänge des israelitischen Monotheismus.

§. 326. Wir haben früher gesehen, wie gegen Jah« den Nationalgott, alle übrigen Götter völlig zurücktreti und er im Cult und in der Anschauung des Volks durcha die erste Stelle einnimmt (§. 311). Hieraus entwickelt sich^ Forderung der Alleinverehrung Jahwe's. »Du sollst dich v^ keinem anderen Gotte beugen; denn Jahwe*s Name ist di Eifersüchtige, ein eifersüchtiger Gott ist er« (Exod. 34, 1^

Chronologie und KAnigsUate.

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898 Viertes Buch, sechster Abschnitt.

Die übrigen Götter sind durchaus reale Mächte; deren Existenz zunächst in keiner Weise bestritten wird; aber Jahwe will die Ehre nicht mit ihnen theilen, er ist mit Israel aufs engste verbunden und verlangt von ihm, dass es ihn allein als seinen Herrn, der ihm Existenz und Sieg verleiht, anerkenne. In Aegypten und Indien entwickelt sich der Monotheismus aus pantheistischen Speculationen und aus dem Bedürfhiss, die Machtsphären der einzelnen Gottheiten auszugleichen, sie zu verschmelzen, und ist daher ein theologisches Mysterium; in Hellas ist er das Ergebniss philosophischen Denkens ; aber in Israel und ähnlich später in Arabien beruht er auf dem Princip der Exclusivität. Daher tritt er hier zunächst rein negativ auf; die Götter verschmelzen weder zu einer aD- umfassenden höchsten Einheit, noch verschwinden sie als Phan- tasiegebilde vor einer philosophischen Idee, sondern ihnen allen wird ihr Recht auf Verehrung (und in einem späteren Stadium ihre Existenz) bestritten bis auf Einen. Der Begriff der Persönlichkeit wird daher hier nicht aufgehoben, sondern weit schroffer herausgebildet, und darauf beruht es, dass hier die monotheistischen Ideen in die Volksreligion eindringen und sie vollkommen umgestalten konnten, während sie überall sonst immer theologische oder philosophische Speculationen geblieben sind.

Die gangbare Auffassung, dass der israelitische Monotheismus - dem man dann die christlich-theologischen, zum grossen Theil auf grie- chischen Ideen beruhenden Anschauungen unterschiebt etwas Einzig' artiges und religiös besonders Hochstehendes sei , ist irrig. Seine Be- deutung besteht darin, dass er Volksreligion werden konnte.

§. 327. Daneben geht das Streben einher, den Cultus der Gottheit rein zu erhalten; durchweg werden ja Neuerungen auf religiösem Gebiete von den Anhängern des Alten als Ver- fälschungen angesehen. Dem Jahwe ein Gussbild von Gold und Silber zu machen hatte man von den Kanrfanaeern gelernt. Wenn man dasselbe am Altar aufrichtete, so konnte es scheinen , man bringe nicht dem Jahwe , sondern einem an- deren Wesen, einem Menschengebilde, die Opfer dar, oder na&i^

AlleinverehruDg Jabwe^s. 399

zwinge ihn in eine Gestalt, die nicht er selbst sich zum Wohnsitz gewählt. Das Bild erscheint ja primitiven Völkern immer als etwas Magisches, GebeimnissvoUes, das seine eigene Existenz hat; nur schwer begreift man es als blosses Abbild. So ent- stand die Forderung : »Gussgötter, Götter von Silber und Gold sollst du dir nicht machenc (Exod. 20, 23. 34, 2). Natür- lich trifft aber das Gebot nicht die heiligen Steine, Masseben u. ä. , in denen sich Jahwe selbst manifestirt hat. Andere gingen noch weiter; eine von Jehonadab, dem Sohne Rekab's, begründete religiöse Genossenschaft verwarf alle Elemente der Cultur, Ackerbau, Weingenuss, das Wohnen in Häusern, und kehrte zum Wüstenleben zurück (Reg, II, 10, 15. Jerem. 35). Ihren nächtsen Ausdruck erhalten diese Ideen in der Vor- stellung, dass Jahwe bestimmte Forderungen aufgestellt hat, auf die hin er Israel zu seinem Volke gemacht hat ; dieselben hat er dem Mose am Sinai offenbart und verlangt ihre Be- folgung. Die ersten Aufzeichnungen dieser Gebote, sowohl der rein religiösen Satzungen, wie der Satzungen des Rechts und der Moral, gehören dieser Epoche an. Allmählich ver- schiebt sich so das Verhältniss zwischen Jahwe und Israel; wenn ursprünglich beide unzertrennlich mit einander gegeben sind, steht jetzt der Gott über dem Volke, das er sich erwählt hat ; das Verhältniss wird ein gesetzliches, das auf einer Ver- pflichtung des Volks, einem »Bundec (brit) beruht.

Die ältesten Aufzeicbnungen der Gebote sind das »Goetbe'sche Zwei- tafelgesetz«, Exod. 34, und das »JBundesbuch«, Exod. 20, 23—23, 30 [mit biterpolationen] , vgl. 24, 3—8, in dem alle Bestimmungen des ersteren wiederkehren. Entweder das Bundesbuch (Wellhausen), oder, was mir wahrscheinlicher ist, Exod. 34 (Dillmann, Stade) bat der Jabwist in sein Werk aufgenommen. [Neuerdings hat Jülicher, Jabrb. prot, Tbeol. 1882. 79 ff. 272 CT. bestritten, dass das Bundesbuch jemals gesondert existirt babe].

§. 328. Die Spitze der monotheistischen Bewegung richtet ach gegen »den Ba'alc als den Hauptrivalen Jahwe's (§. 311), ähnlich wie Chuenaten keinen der aegyptischen Götter ener- gischer verfolgte als Amon (§. 227); die hervorragendsten Vertreter der Bewegung sind die Jahwepropheten. Dass dagegen

Viertes Buch, sechster Ahschnitt.

die Könige nicht geneigt waren, ihren Forderungen nachzog geben, ist begreiflich genug. Zwar war Achab, wie scho die Namen seiner drei Kinder beweisen, ein eifriger Verehn Jahwe's, aeine Propheten standen bei ihm in grossem Aa-. sehen, wenn er auch natürlich seine Politik nicht in allei und jedem nach iliren Orakeln einrichtete, und gelegentlich g^en Eiferer und ihm unl>equeme Heilige energisch aufgetreleg sein mag. Aber daneben verehrte er den Ba'al heisst, speciell durch seine tyriscbe Gemahlin veranlasst, und baute ihm in Samaria einen Altar. Zwar liess Joram die Masseba desselben entfernen (Reg. II, 3, 2), aber den Eiferern genügte das nicht. Andere Gründe der Unzufriedenheit mocli- ten hinzu kommen so halle Achab an Nabot von Jezra'el und seiner Familie einen Justizmord begangen, um sich seines Gutes zu bemächtigen, wofür ihm der Prophet Elia von Tisbe die SIrafe Jahwe's angekündigt halte die misslicbe poli- tische Lage konnte als Folge des Zürnens Jahwe's betrachtet werden; genug, es scheint eine starke Strömung zu Gunsten der Reform vorhanden gewesen zu sein. Von dem Propheten Elisa erhielt Jehu die erste Anregung zur Empörung, nnd nach seiner Thronbesteigung erfüllte er, von Jehonadab unter- stützt, die Forderung der Fanatiker. Unter dem Vorwande eines Festes wurden alle Priester und Propheten des Ba'al ra- sa mm engelockt und niedergemacht, der Tempel und dieMasseben desselben zerstört. »So vertilgte Jehu den Ba'al aus Israel'-

Die Angaben Ober Achab's Ba'aicult Reg. I, 17, 31—33«. H. 3. 4 vgl. 10, 26 f. siiiil mchl klar. Die Erzählungen von Elia Reg. I, 1? bis 20 und die Angohe, Achab habe den Jahwecultus verfulgl und •H' seine Propheten bis auf einen umgebracht, sind völlig iinhistoriseh erst in der fulgenden Epocbe entstanden (§. 361). Die Geschichte •"» Nabot liegt Rep. II, 9, 2-5 f. in allerer, I, 21 in späterer Fassung vor. - von Reg. I, 15, 12. 16. 7. 22, 47 historisch ist, lässlsich nicht eiitächeiddl-

§. 820. Kurze Zeit darauf wurde in Juda das gl»«** Ziel erreicht. Nach Achazjah's Ermordung hatte seine Mutier Ataija sich der Regierung bemächtigt und ihre Enkel sfimn** lieh aus dem Wege geräumt. Nur der jüngste, Joas, wui*

Sturz des Ba*al in Israel und Juda. 401

gerettet und von dem Jahwepriester Jehojada* aufgezogen. Nach sechs Jahren (um 837 v. Chr.) stürzte derselbe die Atalja und setzte Joas auf den Thron. Dann ahmte er das Beispiel IsraeFs nach; in feierlicher Versammlung verpflichtete er den König und das Volk, den Geboten Jahwe's zu gehorchen, »zum Volke Jahwe's zu werdenc Der Tempel des Ba'al wurde zerstört, sein Priester Mattän erschlagen. Von einem Auftreten gegen den Bilderdienst oder gegen die untergeordneten Gottheiten ist aber weder in Israel noch in Juda die Rede ; die Altäre der letzteren (§. 310) blieben bis zum Jahre 622 in Jerusalem bestehen. Deut- sch erkennt man, dass es sich zunächst nur um den Primat Jahwe's handelte, der durchgeführte Monotheismus dagegen wohl als Forderung Einzelner auftrat, aber den Anschauungen der Masse noch völlig fremd war.

Zu Reg. II, 11 vgl. Wellhausen, Einleitung 258.

Literatur.

§. 830. In die behandelten Zeiten fallt die weitere Aus- bildung der Erzählungen von den Ahnherren des Volks, den Gründern seiner Heiligthümer (§. 309), und die allmähliche mundliche oder schriftliche —- Ausgleichung der verschie- denen Traditionen zu den feststehenden uns vorliegenden Formen. Derselben Zeit gehören auch die Erzählungen von den Anfängen des Menschengeschlechts an, wie Jahwe Mann nnd Weib gebildet und in einen herrlichen Garten im fernen Osten gesetzt, aber ihnen verboten habe von der Baumfrucht zu ejsen, welche Erkenntniss von gut und böse, d. h. von nützlich und schädlich, und damit alle höhere Intelligenz gewährte, wie sie, von der Schlange verführt, ungehorsam waren und desshalb verjagt wurden, damit sie nicht auch von dem Lebensbaum ässen und den Göttern gleich würden, wie sie nun

*Qi Schweisse des Angesichts den Acker selbst pflügen müssen ^d Schmerz und Tod leiden, wie dann die Göttersöhne (§. 311) ^on den Töchtern der Menschen die Riesen zeugten, wie die

Meyer, Gesclilchte des Alter thums. L 20

402 Viertes Buch, sechster Abschnitt

Menschen sich vermehrten und in der Ebene Sinear einen grossen Thurm bauten , der bis in den Himmel ragen sollte es liegt dabei eine dunkle Kunde von dem Beltempd in Babel zu Grunde (§. 159) und Jahwe ihre Sprache ver- wirrte und die Völker zerstreute. Von der poetischen Literatur dieser Zeit sind uns einige Bruchstucke erhalten , vor allem der Jakob in den Mund gelegte Segenspruch für die zwölf Stämme (Gen. 49), daneben Bruchstücke aus der judaeischen Liedersammlung »Buch des Gerechtenc (darunter das Klage- lied um SauFs Tod §. 297), imd aus der israelitischen »Buch der Kriege Jahwe'sc (darunter das Siegeslied über Sichön §. 322). Durchweg zeigen dieselben frohe Kampfeslust, gelegent- lich auch muthigen Trotz gegen die Nachbarvölker, dane])eu eine zufriedene Stimmung, die des Schutzes und der Macht Jahwe's gewiss ist und selbst durch die vorübergehende Notb einzelner Landestheile nicht getrübt wird (Gen. 49, 18. 19. 23).

Ueher die älteste Form der Urgeschichten s. Wellhausen, Jahrb. Deutsch. Theol. XXI, 898 ff. Friedr. Deutzsch, Parad. 93 hat ve^ muthet, dass die Paradieseserzählung aus Babylonien stamme und exilischen Ursprungs sei; dem letzteren widersprechen aber die Sprache wie die religiöse Anschauung auf das entschiedenste; vgl. die treflendeD Ausführungen von Dillmann, Ber. Bert. Ak. 1882, 427 ff. Dass sie durch babylonische Sagen, die sich ja seit Alters nach Syrien verbreitet haben, beeinflusst sein mag, soll nicht geläugnet werden, ist aber bisher nicht zu erweisen. Bei der Schilderung der Localität des Paradieses htt der Jahwist wohl jedenfalls an Babylonien gedacht, hat aber von dem- selben natürlich nur unklare Anschauungen. Anders verhält es sich mit der erst weit später eingelegten SQndfluthgeschichte (§. 177). Zum »Buch des Gerechten« vgl. Wellhausen, Einleitung 236. Dass der Segen Jakob's in die erste Epoche der Syrerkriege fällt, wo beide Staaten sieh das Gleichgewicht hielten, scheinen v. 19. 23 zu lehren. Vielleicht ge- hören derselben Zeit auch die Bileam in den Mund gelegten Segens- spröche Num. 23. 24 an.

§. 331. Um das Jahr 840 etwa ist das Werk des sog. Jahwisten geschrieben, das älteste hebraeischeGeschichtswerk— denn die weit älteren Erzählungen von Gideon und Abimelek, von Saul und David sind vorwiegend Hofgeschichten von wesentlich

Sagen und Diebtungen. Der JahwisU 403

anderem Charakter. Der Verfasser war zweifelsohne ein Judaeer, und steht völlig auf dem Boden der §. 326 f. entwickelten An- schauungen. Er erzählt die Sagen von den Anfangen des Menschengeschlechts imd der Urgeschichte IsraePs in echt volksthümlicher Weise. Er hat seine Freude an Kampf und Sieg, der Nationalhass gegen Moab und * Ammon spiegelt sich in seiner Darstellung in grellen Farben wieder (Gen. 29, 30; vgl. die Bileamerzählung). Was ihn besonders auszeichnet, ist die Reinheit der Wiedergabe der Ueberlieferung, die schlichte und anmuthige Darstellung, die Natürlichkeit der Motive, die gegen den religiösen Pragmatismus der Späteren sehr vor- theilhaft absticht. Abgesehen davon, dass die Gründung der wichtigsten Cultusstätten (Pnuel, Sichern, Bet-el, He- bron, Beerseba* u. a.) mit Liebe und Ausführlichkeit er- zählt wird, spielt die Religion nur an einer Stelle eine her- vorragende Rolle, da wo Mose das Volk zum Sinai führt und ihm Jahwe seine Gebote mitteilt. Hier hat der Ver- fasser die Gesetze des »Bundes« eingelegt (§. 327) und da- durch seinen religiösen Standpunkt formulirt. Nachdem so die Nationalität IsraeFs begründet ist denn diese besteht ja darin, dass Jahwe sein Gott ist zieht es zur Eroberung Kanrfans. Hier fehlte es, wie wir früher gesehen haben, an irgendwelcher Ueberlieferung fast völlig; der Erzähler be- gnügt sich damit, aus den späteren Zuständen die Entwicke- lung in kurzen Zügen zu reconstruiren. Die Eroberung Ka- na'ans, die nicht mit einem Schlage, sondern langsam vor sich ging und erst durch das Königthum vollendet ward, das die Nation einte und »Israel stark machte«, ist ihm die höchste Gabe Jahwe's und zu gleicher Zeit die Garantie für den Glauben, dass der Gott sein Volk nicht im Stiche lässt. Ob das Werk von ihm noch weiter in die historischen Zeiten hinabgeführt wurde, ist bisher nicht ermittelt.

Die Zeit der Jahwisten ergibt sich (abgesehen von den Daten, welche die Religionsgeschichte an die Hand gibt) aus den Angaben ober Edoro (Gen. 27) und dem friedlichen Verkehr zwischen Isaak und den Philistern (Gen. 26), welcher zeigt, dass die Epoche der Philisterkriege

404

Viertes Buch, sectuter Abschnitt

zu seiner Zeit langst vorüber war, u. a. Zur Cbarakteristilc TgL Weu- HAUSEN, Gesch. I, 374, ferner Z. altt. Wiss. I, 141 IT. Es tat dringend geboten , den Spuren des Jahnisten und des Elohisten in den sfAlemt BOchem genauer nnchzugehen; vgl. Exod. 17, 14 (Deut. 25, 17) und Snm. I, 15, 2; Jos. 6, 26 und Reg. I, 16, 34; die Bennlning il« "lU'^n 13D Sam. n, 1, 18, R^. I, 8, 18 LXX.

Fünftes Buch.

Die Zeiten der assyrischen Grossmacht

. Die Begründung des grossen Assyrerreichs.

Ueberblick,

§. 332. Das elfte und xehnfe Jahrhundert gestattete der ocalen Gestaltung der Länder Vörderasiens volle Freiheit. W'ährend das altersschwache Pharaonenreich seinem ünter- ?ang entgegenging, bildete sich im. südlichen Syrien eine neue N^ation, die ein reges und eigenartiges geistiges Leben ent- Prickelte. Die phoenikischen Kauffahrer verbreiteten die Er- rungenschaften der Civilisation Syriens an alle Küsten des Witlelmeeres, und schon traten die Anwohner des aegaeischen Meeres in den Kreis der Culturvölker ein, wetteiferten mit Jen Phoenikem in Handel und Schiffahrt, besetzten eine Küste ^ach der andern, und gelangten dadurch zur Entwickelung 'ines reichen politischen und geistigen Lebens. Es ist das •^erhängniss Vorderasiens gewesen, dass die Culturentwlcke- ung Syriens nicht zu einer umfassenden, kräftigen politischen Jestaltung geführt, ja dieselbe eher gehindert hat. Die phoe- ikischen Seestädte hatten kein Interesse, das commerciell von inen abhängige Hinterland auch politisch sich zu unterwerfen, ie Handelsstädte Syriens verfochten ihre Autonomie gegen e Nachbarn, aber auf umfassende Eroberung ging keine aus,

406 Fünftes Buch, erster Abschnitt

auch Dainaskos nicht, trotz der Versuche seiner Fürsten, einen Theil des israelitischen Gebiets zu gewinnen. Die he- braeische Nation war in sich zerrissen und erwehrte sich mit Muhe der Angriffe ihrer Nachbarn. Seit den Zeiten des Cheta- reichs hat sich eine sjrrische Grossmacht nie wieder gebildet So ist es gekommen, dass als jetzt am Tigris ein erobernder Militärstaat unter energischen ^ vor keinem Kampf zurück- scheuenden Fürsten entstand, ihm nachhaltiger Widerstand nirgends geleistet werden konnte. Die Erfolge Assyriens be- ruhen auf seiner militärischen Organisation. So wenig wir im einzelnen über dieselbe wissen, daran kann kein Zweifel herrschen, dass das ganze Volk Krieg und Eroberung als seinen eigentlichen Lebensberuf betrachtete, und je mehr Er- folge errungen wurden, desto mehr mussten alle anderen Seiten des Lebens dagegen zurücktreten. Ihm gegenüber standen die syrischen Kleinstaaten, in denen vermuthlich \vie in Israel (§. 303) jeder Besitzende zugleich die Pflicht hatte, im Falle der Noth die Waffen zu tragen und das Land zu vertheidigen, aber im täglichen Leben anderen Beschäftigungen nachging, dem Ackerbau oder dem Handel und der Industrie. Die einzige grössere Militärmacht war Aegypten: hier aber bestand die Kriegerkaste aus fremdländischen Söldnern, die das Land nach Möglichkeit ausbeuteten, aber militärisch offenbar nicht mehr getaugt haben als ihresgleichen meistens in ähnlichen Fällen. So war das Ergebniss von vorn herein entschieden : die zwei Jahrhunderte der assyrischen Kriegszüge haben den politischen und nationalen Untergang der Stamme Syriens herbeigeführt. Der Fortgang der Entwickelung führt dann weiter zur Vernichtung der Nationalität in ganz Vorderasien.

Die Eroberungen Assurnäsirpars und Salmanassar's II.

§. 333. Wir haben früher gesehen, wie das von Tig- latpileser I. beherrschte Reich bald nach seinem Tode verfiel, wie wenig später eine vollständige, mehr als ein Jahrhundert umfassende Lücke in unserer Kunde über Assyrien eintritt

Assyrien im zehnten Jahrhundert. 407

Erst um 950 v. Chr. beginnen die zunächst sehr dürftigen Nachrichten aufs neue. Damals regierte Assurdän ü., der als Erbauer eines Canals erwähnt wird (I R. 38, 2, 20). Sein Nachfolger Ramänniräri IL (f 890 v. Chr.) , von dem Bauten am iTigristhorc erwähnt werden (ib.), besiegte den König Saniasmudammiq von Babylon in einer Schlacht am Berge Jalman und führte den Krieg gegen seinen Nachfolger Nabu- sumiskun weiter. Im Frieden, der durch ein Ehebündniss^^ge- sichert vsrurde, ward die Grenze bei der Stadt Tilbari südlich vom unteren Zab festgesetzt. Der nächste König Tugulti- ninep 11. (890—884 v. Chr.) hat in den nordwestlichen Ge- birgen gekämpft und an der Quelle des Subnat, des ersten Nebenflusses des Tigris, neben der Statue Tiglatpileser's sein Bild errichtet (Inschr. Assurn. I, 119). Die Gebirgsländer weiter nach Osten bis zum Wansee, der Haupttheil des Landes Kirchi (§. 247), sind dagegen trotz wiederholter Angriffe noch im wesentlichen unabhängig geblieben. Sonst richteten sich die Kämpfe dieser Herrscher namentlich gegen die trotz zahlreicher Feldzüge nie völlig bezwungenen Stämme des Gebirges Kaäjar (Masius) südlich vom Tigris und gegen die Aramaeer Meso- potamiens. Wenn unter Assurnäsirpal Nisibis, Guzan und das Thal des Chaboras, wie es scheint auch Charrän den Assyrern gehorchen (§. 276), so sind sie entweder seit dem zwölften Jahrhundert immer in Abhängigkeit geblieben oder von den Königen dieser Zeit unterworfen. Im Osten sind die Gebirgs- slamme von Chutuskia (Chubuäkia) und Kirruri (am oberen Zab Und bis zum Urmiasee) tributär, und südlich vom unteren Zab finden wir unter Assurnäsirpal einen assyrischen Statthalter von Dagara im Lande Zamua. Auch die Scheichs der Land- schaften Laki (§. 232) und Suchi jenseits des Euphrat, deren befestigte Burgen meist am Ufer des Stromes oder wie Anat luf einer Insel in demselben liegen, zahlen gelegentlich Tribut vgl. Assurnas. I, 93 flf., III, 47).

Der dunklen Zeit gehört auch König A§§urnädinache an, der das lausoleum des Irbaramän, wahrscheinlich seines Vorgängers, baute (I R. !8» 2, 4 ff.); ebenso vermuthlich der König, von dessen FeldzQgen, na-

408 FQnftes Buch, erster Abschnitt.

mentlicti gegen das Land Arimi d. h. die Aramaeerstämme MesopoU- miens, aber auch gegen Babylonien u. a. III R. 1 die Rede ist Viel- leicht handelt von diesen Kämpfen auch Reg. II, 19, 12, wo Sanherib sagt: »Meine Väter haben Gozan (ass. Guzan, §. 276), Gharran, He^eph (ass. Rasappa) und die Bne-'Eden in Til-a§ur (ass. Bit-Adini §. 275) zerstört (d. h. erobert)«. Letzteres ist von Salmanassar IL definitiv unter- worfen, die vorher genannten Gebiete, .die sämmtlich in Mesopotamien zu suchen sind und in der sog. Verwaltungsliste (§. 340) als assyrische Provinzen erscheinen (s. §. 344), sind mithin wahrscheinlich unter seinen Vorgängern erobert. Die Kenntniss des von Ramänniräri IL handelnden Fragments der synchr. Tafel verdanke ich Fr. Delitzsch. - Unter Ramänniräri II. beginnen die Ueberreste des Eponymenkanons (§. 127).

§. 334. Tugultininep's II. Sohn Asäurnäsirpal (884 bis 860 V. Chr.) nahm sofort nach seiner Thronbesteigung neue umfassende Eroberungen in Angriff. Zunächst zog er in die östlichen Gebirge, bekriegte die Länder Nummi und Kirchi, und nahm den Tribut von Chutuskia, Kirruri und Girzan (am Urmiasee) entgegen; über Kirruri und Kirchi wurden Statt- halter gesetzt. Dann galt es einen Aufstand von Sura am Euphrat (§. 276) niederzuwerfen, der auf das grausamste be- straft wurde. Die Stämme jenseits des Euphrat, darunter der Fürst Elibus von Suchi, zahlten Tribut. Im Jahre 883 wurden die assyrischen Colonisten im Westen des Masios (Kasjar §. 272), die sich empört hatten, in den nächsten Jahren (882 bis 881) das rebellische Land Zamua In den Gebirgen sudlich vom kleinen Zab bis über den Turnat (Dialas) bezwungen und hier ein Statthalter eingesetzt. Die kleinen Fürsten der Nachbarschaft mussten überall Tribut zahlen, den Babyloniern wurde die von ihrem König Sibir (Zeit ganz unbekannt) den Assyrern entrissene und zerstörte Stadt Atlila wieder abge- nommen. Im Jahre 880 folgen neue Streifzüge ins Masios- gebirge, das übrigens erst im Jahre 867 völlig unterworfen wird, und gegen Kirchi jenseits des Tigris; überall werden die Feinde, die Widerstand wagen, in Massen niedergemetzelt, die Gefangenen zum grossen Tlieil dem Könige und seinen Kriegern zur Augenweide auf die grausamste Art abgeschlachtet.

A^urnäsirpal's Kriege. 409

die Städte und Dörfer niedergebrannt, kein Alter und Ge- schlecht geschont. Im Jahre 879 zieht der König den Chaboras und dann den Euphrat hinab, wo alle Städte Tribut zahlen und der Fürst Öadudu von Suchi, dem Nabubaliddin von Babel Hülfstruppen gesendet hat, geschlagen wird. Ein Auf- standsversuch wurde im nächsten Jahre niedergeworfen, wo- bei der König den Euphrat überschritt. Dann wurden 877 ?. Chr. die Staaten zwischen Belichos und Euphrat 276), namentlich König Achuni von Bet-Adin, soweit sie nicht schon vorher die assyrische Oberherrschaft anerkannt hatten, zur Geiselstellung und Tributzahlung gezwungen.

Unsere Quelle bilden die Annalen Aiäurnäsirpal's (I R. 17—26); eine brauchbare Bearbeitung mit historisch-geographischem Commentar fehlt noch. Vor M^nant's flüchtigen und fast nie richtigen »üebersetzungen« dieser und der späteren Inschriften sei nochmals gewarnt. Die son- stigen Inschriften Aäiurn.'s (Layard, Inscr. 1 11. III R. 6. Budoe, TrSBA. VlI, 59 u. a.) sind historisch ohne grössere Bedeutung.

§. 335. So war alles Land zwischen Euphrat und Tigris bis an die Grenze von Kardunias, und ebenso die Gebirgs- lande im Osten und Norden des Tigris bis an die Seen von Wan und Urmia unterworfen, und Assurnäsirpal konnte sich an grössere Unternehmungen wagen. Im Jahre 876 v. Chr. zog er, nachdem er unterwegs den Tribut der Vasallenstaaten entgegen genommen, in der Nähe von Karkamis über den Euphrat. Nirgends stiess er auf energischen Widerstand; der Chetakönig zahlte reichen Tribut, ebenso Lubarna von Patin. In einer dem letzteren gehörigen Stadt wurden assyrische Colo- nisten angesiedelt. »Alle Könige dieser Länder kamen zu mir, umfassten meine Füsse, ich nahm ihre Geiseln in Empfang«; auch die Fürsten der phoenikischen Städte sandten Tribut. Bis an den Libanon ist der König vorgedrungen, jede Wider- setzlichkeit wurde auf das grausamste bestraft. Dann zog er ins Amanosgebirge , um dort Balken für seine Tempelbauten hauen zu lassen. Eine dauernde Unterwerfung hat dieser Peldzug noch nicht herbeigeführt.

§. 336. Nach diesen Erfolgen scheint sich Assurnäsirpal

410 FQnftes Buch, erster Abschnitt.

zur Ruhe gesetzt und seine Tbätigkeit namentlich den grossen, später zu besprechenden Bauten zugewendet zu haben. Nur aus dem Jahre 867 berichtet er noch von einem Feldzug gegen das südliche Eirchi, das Easjargebirge u. s. w. Sein Sohn Salmanassar II. (860 824) dagegen begann sofort die Kriegs- züge aufs neue. Nach einem Feldzuge nach Osten (860) nahm er die systematische Unterwerfung der westlichen Lande in Angriff. Zunächst wurde das Gebiet des Achuni von Bet-Adin zu beiden Seiten des Euphrat in mehreren Feld- zügen (859 856) völlig unterworfen, dem Reiche einverleibt und mit assyrischen Colonisten besiedelt, die Stadt Tilbarsip am Euphrat in eine assyrische Residenzstadt mit dem Namen Kar -Salmanassar umgewandelt. Schliesslich gelang es, den über den Euphrat ins Gebirge geflohenen Fürsten selbst ge- fangen zu nehmen. Daran schliessen sich Feldzüge westlich vom Euphrat. Im Jahre 859 wurde eine Coalition nordsyrischer Fürsten, der Herrscher von Karkamis, Patin, Sama'al u. a., denen sich auch die Könige von Qui (§. 246) und Kilikien (Chiluka) anschlössen, zweimal besiegt, und zunächst das Amanosgebiet , dann das Land am unteren Orontes (Land Patin) unterworfen. Im nächsten Jahre wurden die jährlichen Tribute aller nordsyrischen Staaten definitiv geregelt. Im Jahre 854 v. Chr. zog Salmanassar weiter nach Süden. Chaleb (ass. Chalman) unterwarf sich; im Gebiet von Hamat aber trat ihm die grosse Coalition entgegen, an deren Spitze Hadad'ezer oder Benhadad II. von Damaskos, Irchulina von Hamat und Achab von Israel standen (§. 323). Die Con- tingente kleinerer Staaten, der Fürsten Matinba'al von Ara- dos, Ba'sa von Ammon u. a. hatten sich angeschlossen. Offenbar erkannten die syrischen Staaten die grosse Gefahr, die ihre Existenz bedrohte, in ihrer vollen Bedeutung; wir haben gesehen, wie wahrscheinlich um den Assyrern ent- j^egentreten zu können, Achab von Israel mit Damas- kos Frieden schloss. Nur die phoenikischen Städte hielten sich meist fern; dagegen schickte der Araberfürst Gindibtf 1000 Kameelreiter und sogar der aegyptische König entsandte

Salroanassar II. in Syrien. 411

3O0 Mann. Bei Qarqar in der Nähe des Orontes kam es ir Schlacht. Salmanassar rühmt sich eines volkommenen ieges; doch weitere Erfolge hat er nicht errmigen, seine Lacht blieb auf Nordsvrien beschränkt.

Die syrischen Staaten, welche den Assyrern dauernd Tribut zahlen, ind : Karkamis (König Sangara), Patin (Könige : Lubarna I. unter A^ur- läfirpal, Sapalulmi 859, Girparunda 854, Lubarna II. erm. 882, Surri 882, )äsipal), Sam*alu am Fuss des Aroanos (III R. 7, col. 2, 24, König Chänu), die am Amanos zu suchenden Reiche Bit-Agösi (König Arami, vgl ScHRADER, K6F. 207), Lallida (König Lalli), Gamgum, endlich Kum- mach (König Kundaäpi) d. i. offenbar der westlich vom Euphrat ge- legene Theii dieser Landschaft, griech. Kommagene. Die in der Coali- tion von 854 erscheinenden Staaten Qua (= Qui?), Irqanata, Usanata, Siiana (König Adoniba^ai) sind bis jetzt nicht zu identificiren. Ueber die meisten Orte vgl. Delitzsch, Paradies. Quellen : 1) Obeliskinschrift Sftimanassar^s , umfasst die FeldzQge vom Jahre 1—81, publ. Layard, Inscr. 87—98 und Mon. of Niniveh I, 58—56; 2) Inschrift von Kurch niR. 7. 8, ausführlicher Bericht ober Jahr 1—6; 3) Inschriften zweier Sliercolosse, Layard, Inscr. 46. 47; 12—16 + HI R. 5, 6, umfassen die Jahre 6 15 und Jahr 18; 4) Inschriften der Bronzethore von Balawat, PracHEs, TrSBA. VII, 88 fif., Jahr 1—9. Vgl. auch Schrader, KGF. 319 Ws 325. 356-395 und sonst, KAT. « 193-203.

§. 337. In den Jahren 850, 849, 846 wiederholte Sal- manassar seine Angriffe auf Mittelsyrien, das letzte Mal mit 120,000 Mann, doch ohne grösseren Erfolg. Den nordsyri- schen Fürsten halfen ihre Tributzahlungen wenig; wieder und wieder wurden die Ortschaften im Gebiete von Karkamis und am Amanos ausgeplündert und in Brand gesteckt, die Ein- wohner niedergemetzelt; nur der Fürst von Patin scheint, offenbar weil er der entfernteste und desshalb wichtigste der Vasallen war, besser behandelt worden zu sein. Erst der ünfle Feldzug 842 brachte grösseren Erfolg ; inzwischen waren lurch die Revolutionen in Damaskos und Samaria die alten )ynastien gestürzt, Chazael und Jehu auf den Thron ge- liegen. In einer Schlacht am Fusse des Libanon wurde Ihazael besiegt und in seiner Hauptstadt eingeschlossen. Die Iroberung von Damaskos gelang nicht; Salmanassar ver- iistete den Haurän und zog dann an die Meeresküste, wo

412 Fünftes Buch» erster Abschnitt

ihm Tyros und Sidon und ebenso Jehu von Israel ihren Tribut darbrachten; die Tributzahlung des letzteren (Silber, Gold, Blei, Gefasse u. a.) ist auf dem schwarzen Obelisken Salmanassar's abgebildet (vgl. §. 350). Im Jahre 839 wurde der Zug noch einmal ohne weitergehende Erfolge wieder- holt, Tyros, Sidon und Byblos zahlten Tribut; und als im Jahre 832 die Bewohner von Patin ihren Fürsten erschlugen, nahm der assyrische Feldherr Dän-Assur blutige Rache für den Tod des getreuen Vasallen. Erweitert hat aber Salma^ nassar seine Macht auf diesem Gebiete nur noch nach Norden. In den Jahren 838 und 837 wurden 24 Könige von Tabal (In Kap- padokien, §. 245) sowie der Fürst von Milid (Melitene, vgl. §. 273) zur Tributzahlung gezwungen, 835 und 834 der König Kati von Qui, d. 1. .Ostkilikien westlich vom Amanos (§. 246) besiegt und noch weiter nach Westen die Stadt Tar(?)-zi, d. i. höchst wahrscheinlich Tarsos, erobert und seinem Bruder Kirri übergeben.

Zum Feldzug gegen Qui vgl. Schrader, KGF. 239.

§. 338. Nicht minder grosse Erfolge errang Salmanassar II. im Osten und Norden seines Reichs. Seit das zunächst am Tigris gelc^^ene Gebirgsland überall unterworfen war, kamen hier die Assyrer mit dem mächtigen Volke der Alarodier (Urartu, §. 247), deren Gebiet sich zu beiden Seiten des Wan- sees von den Euphratquellen bis zum Lande Girzan (auch Guzan) am Urmiasce erstreckte, in directe Berührung. Schon 860 griff Salm an assar, nachdem er Chubusqia und dessen Nach- bargebiete arg heimgesucht hatte, ihren König Arami von Osten an ; 857 fiel er von Westen her, nachdem er den Arsanias über- schritten, in sein Gebiet ein. Im Jahre 845 drang er bis an die Euphratquellen vor, 833 wiederholte sein Oberfeldherr Dun-Assur denselben Zug. Im allgemeinen scheint es, dass Arami und im Jahre 833 sein Nachfolger Siduri (Sarduri? §. 342) sich tapfer vertheidigten; wir werden wenig spater ein mächtiges ostarmenisches Reich kennen lernen. Weit er- folgreicher waren jedenfalls die Züge gegen die südöstlich von

Salmanassar's II. Feldzüge nach Norden und Osten. 413

Jrartu ansässigen Gebirgsstämme am »Meer des Landes Wiric, d. i. dem ürmiasee (Schrader, Abb. Berl. Ak. 1877, L89) und die südlich und östlich von demselben zu suchenden Landschaften Manna, Parsua, Amada (Medien) u. a., ebenso gegen das Land Namri südöstlich vom Zab. In den Jahren 844. 836. 830. 829 zog theils der König selbst, theils sein Oberfeldherr gegen diese Landschaften. Die berühmten Dar- stellungen des schwarzen Obelisken Salraanassar's zeigen, wie König Süa von Girzana und das Land Musri (d. i. das öst- liche Gebirgsland) ihm ausser Gold, Silber, Bronzegefassen und Pferden auch eine Reihe merkwürdiger Thiere, doppel- höckrige Kameele, Affen, ein Rhinoceros, einen Elephanten, einen Jackochsen als Tribut zusenden.

Ob die aus dem Lande Musri geschickten Thiere, die jetzt zum Tbeil nur in Indien und dessen Nachbarschaft vorkommen, damals noch Weiter nach Westen verbreitet waren vgl. die Elephanten in Meso- potamien §. 220 oder auf dem Handelswege in die westlichen Grenz- lande Irans gekommen sind, wissen wir nicht. - Zu Manna vgl. §. 247 Anm: Die Parsua sind weder die Perser noch die Parther, sondern ein Gebirgsstamm etwa im westlichen Medien, s. Schrader, KGF. 169 ff.

§. 339. Zwischen die grossen Feldzüge fallen einige kleinere Kämpfe im Kasjärgebirge (855), gegen den Fürsten ^on Tilabnai (853), gegen die Stadt Istarat und das Land Jäli (847) lauter südlich von den Tigrisquellen gelegene Gebiete , weiter westlich vom Euphrat gegen das unbekannte Land Paqarachubuni (848), endlich gegen Kirchi (831). Dass das von Assurnäsirpal unterworfene Wüstenland Suchi jenseits des Euphrat in Abhängigkeit blieb, lehrt der schwarze Obelisk, öuf dem Mardukbalusur von Suchi dem Könige Silber und Gold, Elephantenzähne, Gewänder, ferner Hirsche und Löwen als Tribut bringt. Nach Babylonien ist Salmanassar in ien Jahren 852 und 851 gezogen. Gegen Marduksumizkur, len Sohn Nabubaliddin's (§. 334), hatte sich sein Bruder iardukbelusate empört. Salmanassar kam dem rechtmässigen Cönig zu Hülfe, besiegte in zwei Feldzügen die Rebellen und irachte dann in den heiligen Städten Babel, Borsippa und

414 FQnftes Buch, erster Abschnitt.

Kuta den grossen Göttern, die dort thronen, und die ja auch für die Assyrer die höchsten waren, reiche Opfer dar. Dann zog er weiter nach Süden in das eigentliche Ghaldaeerland (§. 131), besiegte den Fürsten Adin von Bit-Daküri und nahm den Tribut des Musallim-Marduk und des Jakin, des Herrschers des »Meerlandesc, das nach ihm später gewöhnlich Bit-Jakin genannt wird, in Empfang. Wir sehen, die Einheit des Reiches von Sumer und Akkad bestand damals nicht mehr; südlich von Kardunias, dem Gebiete von Babylon, hatte sich eine Reihe kleinerer Staaten gebildet. Vielleicht ist überhaupt seit der kossaeischen Eroberung der Süden immer von Kar- dunias getrennt geblieben (vgl. §. 141. 272).

Utarät und Jäli (resp. Mätijäti) liegen nach Asäurn. II, 88 ff. in der Nähe von Kummuch (gegen Sghrader, KGF. 275). -- üeber die Staaten in SQdbabylonien vgl. Delitzsch, Par. 202 f. Inschrift Nabubaliddin's aus Sippar: Delitzsch bei Mürdter, Geschichte 274.

Die Nachfolger Salmanassar's II. Das armenische Reieh.

§. 340. In den letzten Jahren Salraanassar's empörte sich sein Sohn Assurdaninpal gegen ihn. Ein grosser Theil des Reichs fiel ihm zu, darunter Assur, Arbela und das von Assurnäsirpal gegründete Imgurbel (§. 345), ferner Amid und Tilabnai am oberen Tigris, Zaban am Zab u. a. Doch sein Bruder äamsiramän IV. warf den Aufstand nieder und folgte seinem Vater auf dem Thron (824?). Die ersten Feldzüge des neuen Herrschers richteten sich wieder gegen die Na'iri- lande, die Gebirge im Norden und Osten des Tigris; sein Feldherr Musaqqil-Assur drang bis zum »Meer des Sonnen- untergangs«, d. h. doch wohl bis zum schwarzen Meere vor. Dann wandte sich der König gegen Babylonien ; eine Reihe von Grenzorten wurden erobert, der König Mardukbalatsuikbi, der von den Herrschern von Chaldaea, Elam, Namri und den Aramaeerstämmen Ostbabyloniens (§. 131) unterstützt wurde, ward geschlagen. In den Jahren 813 und 812 wurde dieser Feldzug wiederholt; andere Kriege des Königs, die in kurzen

§amiiramän IV. und Ramänniräri III. 415

Notizen erwähnt werden, lassen sich nicht genauer localisiren. Von einem Eingreifen in die syrischen Verhältnisse ist bei ihm nie die Rede.

Hauptquelle ist die Obeliskinschrift I R. 29—31. §am§iramän war 823 Eponymus, hat also mindestens ein, vielleicht aber auch zwei Jahre vorher den Thron bestiegen; ebenso sind die Regierungszahlen der vier folgenden Herrscher vielleicht um ein Jahr hinaufzurQcken. Mit dem Jahre 817 beginnen die Fragmente der sog, »Verwaltungsliste«, d. h. eine Eponymenliste mit Angabe der Aemter der Eponymen und kurzen Notizen über die wichtigsten Begebenheiten : 11 R. 52. Delitzsch, Assyr. Lesestücke 2. Aufl., 92; zusammengestellt bei Schrader, KAT. ^, 480 ff.

§. 341. Bedeutender treten uns die Erfolge Ramän- niräri's III. (811 782) entgegen. Im Norden und Osten wurden alle bisher unterworfenen Stämme, darunter auch die Meder (Madai), Parsua u. a. in Abhängigkeit gehalten; Feldzüge gegen Manna, Chubuskia, Namri, Aa werden häufig erwähnt. »Bis an die Küsten des grossen Meeres des Sonnenaufgangsc, d. i. des kaspischen Meeres ^), sagt der König, habe sich in dieser Richtung sein Reich erstreckt. Nach Süden wird unter dem Jahre 803 ein Zug »an die Meeresküstec [d. i. Babylonien, nicht Syrien] erwälmt. Wie zu Salmanassar's Zeit zahlen »alle Könige des Landes Kaldi« Tribut; in den Hauptstädten Babyloniens bringt der König Opfer dar, führt reiche Beute davon und berichtigt die Grenze. Daneben werden mehrere Züge gegen den in Babylonien an- sässigen Aramaeerstamm Itu'a erwähnt, die sich unter den folgenden Regierungen wiederholen. »Westlich vom Euphrat,« sagt Ramänniräri, » unter w^arf ich das Land Chatti, das ganze Land Acharri (das Westland, Phoenikien), Tyros, Sidon, das Reich Israel (Bit-Chumri) , Edom und Philistaea bis an die Küste des Westmeeres und legte ihnen Abgaben und Tribut aufc. Speciell berichtet er von einem Zuge gegen

^) ScHRADER^s Annahme, es sei darunter der persische Meerbusen zu verstehen (Abb. Berl. Ak. 1877, 178 ff.), wird durch den Zusammen- hang widerlegt, üeberdies war Ramänniräri nicht Herrscher über Ba- bylonien.

416 Fünftes Buch, erster Abschnitt.

Mari' von Damaskos. Derselbe wurde in seiner Hauptstadt belagert und zur Capitulation gezwungen; 2300 Talente Silber, 20 Talente Gold, 3000 Talente Bronze, 5000 Talente Eisen, dazu zahlreiche sonstige Beute führte der Assyrerkönig mit sich fort. Chronologisch lassen sich diese Ereignisse nicht genau fixiren. Die chronologische Listet erwähnt unter den Jahren 806, 805, 797 Feldzüge gegen die in Nordsyrien ge- legenen Orte Arpad, Chazaz, Mansuäte (II R. 53, 39 b. 57 b. 59 d) ; an einen derselben wird sich der Krieg gegen Damaskos angeschlossen haben, der dann die Tributzahlung der pboe- nikischen Städte und der südlichen Staaten (Israel, Edom, Philistaea) zur Folge hatte.

Von der zusammenfassenden, nicht chronologischen Darstellung l H. 35, 1 ist leider nur der Anfang erhalten. Mit R.'s Feldzug gegen Babylonien schliesst die synchron. Tafel ah. Weitere Inschriften: 1 1^- 35, 2. 3 (in denen auch die Gemahlin des Königs Sammuramat erwftbnt wird, deren Name gr. Semiramis entspricht). Dazu die Daten der >Ver- waltungsliste«. Dass das oft erwähnte Land Aa (wie zu sprechen?) in den östlichen Bergen lag , lehrt der Bericht Qher das neunte Jahr Tig- latpileser's II. Einige andere FeldzQge, wie der gegen die Stadt Dtri (796/5, in Syrien?), lassen sich geographisch nicht bestimmen.

§. 342. Auch der nächste König, Salmanassar III. (782 bis 772), ist nach Syrien gezogen und hat 773 Damaskos, 772 das Land Chatarik ("["mn Zach. 9, 1, Delitzsch, Parad. 279) in der Libanongegend bekämpft. Gegen das letztere zieht auch sein Nachfolger Assurdän III. (772—754) in den Jahren 767 und 755, gegen Arpad im Jahre 754. In einen dieser Züge wird wahrscheinlich die Bewältigung von Hamat fallen, auf die Amos 6, 2 anspielt ^). Gegen Babylonien (das Gebiet des Ara- maeerstammes Itu'a und die Stadt Gannanat) werden 777. 771. 769. 767 Kämpfe erwähnt, bei denen vermuthlich auch die Stadt Kalne erobert wurde (Amos 1. c). Vor allem aber versuchte Salinanassar III. das Land Urartu, die Alarodier, zu bezwingen;

M Die Anzweifelung dieses Verses durch Schraper und Bickku, KAT. ^ 444 f. scheint mir unbegründet. Jes. 10, 9 redet dagegen von der definitiven Besiegung von IJamat durch Sargon im Jahre 720.

l)as cUniL'iil-clii' llricli \ui, Wan. \\ ,

nicht weniger als sechs Mal (781—778. 776. 774) ist er wäh- rend seiner kurzen Regierung gegen dieselben zu Felde gezogen. Indessen hat er hier keine oder doch keine dauernden Er- folge errungen. Aller Wahrscheinlichkeit fallt vielmehr ge- rade in diese Zeit die Aufrichtung eines grossen armenischen Reichs mit der Stadt Wan (Thuspä = OwoTcia) als Mittel- punkt. Sein Begründer ist Sar(?)duri, der Sohn Luüpri's, der mit dem von Salmanassar II. 833 bekämpften Könige Siduri (§. 338) identisch sein dürfte. In zwei in assyrischer Sprache abgefassten Inschriften nennt er sich »König des Landes Na'iric. Seine Nachfolger (Ispüinis, Minuas, Argistis I., Sar(?)- duris II.) verwenden dann die assyrische Schrift zur Schrei- bung der einheimischen Sprache. In derselben nennen sie ihr Reich Biaina, bei den Assyrern heisst es durchweg ürarlu. Ziemlich zahlreich sind uns die Inschriften dieser Herrscher erhalten, die ganz im assyrischen Stile abgefasst sind. Sie berichten von den Bauten der Könige namentlich . in Wan selbst, dessen Citadelle Argistis anlegte, von Opfern und Geschenken an Chaldi und die zahlreichen übrigen Gott- heiten des armenischen Pantheons, von Feldzügen und Erobe- ningen. Auf zwei Passhöhen südwestlich vom Urmiasee er- richtete Minuas noch als Mitregent seines Vaters Ispüinis Denksäulen, welche von seinen Siegen berichten (Sayce, Journ. R.As. Soc. XIV, 663), und auch andere Inschriften erzählen ^on seinen Erfolgen gegen das Land Manna und dessen Nach- Wgebiete. Vermuthlich fallen diese Kämpfe in die letzte Zeit Ramänniräri's III. und bilden die Ergänzung zu dessen Feldzügen in die östlichen Gebirge. Auch gegen das Land AIzi (§. 265, Satce p. 556), gegen den König der Stadt Militha (Melitene) und gegen die Cheta hat Minuas gekämpft; neben an- deren verkündet eine Inschrift an einer Felswand am Arsanias, unterhalb einer alten Burg (bei Palu), seine Erfolge in dieser Richtung. Nach Norden drang er bis an und über den Araxes vor; eine seiner Inschriften findet sich am rechten Ufer des Flusses gegenüber von Armavir, zwei andere, die sein Sohn Argistis L verfasst hat, nördlich von Eriwan. Letz-

Mejer, Oesohlchte des Alterthnms. I. 27

418 Fünftes Buch, erster Abschnitt.

terer scheint der mächtigste Herrscher von Urartu gewesen zu sein. Eine lange Inschrift an dem Fek der Feste von Wan erzählt von seinen Erfolgen namentlich gegen das Land Manna, das er ganz unterworfen zu haben scheint, aber auch im Westen gegen Melitene, das Land Chati (Cheta) u. a. Wieder- holt werden dabei Siege über die Assyrer erwähnt, die offenbar gegen Salraanassar ilL und Assurdän III. oder deren Generale erfochten sind. Auch Argistis* Sohn Sarduri II. hat auf beiden Gebieten noch weitere Erfolge errungen ; wie aus seinen Inschriften hervorgeht und die späteren Ereignisse (§. 366) bestätigen, waren Melitene, Kummuch, Gamgum (§. 336) und andere Fürstenthümer am Amanos Vasallenstaaten des Reiches Urartu, welches das ganze armenische Hochland von den Quellen des Euphrat und Araxes bis über den ürmiasee hin- aus umfasste. Wie Sarduris 11. dann den Assyrern erlag, wird später zu berichten sein.

Die Literatur s. §. 247. Im allgemeinen habe ich mich völlig an Satck angeschlossen. Die Lesung des ideographisch An-Ri-dur (d. i. assyr. Istar-dur, vgl. Smith, Assurbanipal 115, 22. 24) geschriebenen Namens de^ ersten Königs als Sarduri scheint durch die Inschrift Sayce 53, 2 gesichert. Dann ist der Name jedenfalls identisch mit Sardaurri (u. var.) bei Tiglal- pileser 11., und aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Siduri Salnia- nassars II. Auf der Gleichsetzung des letzteren mit dem ersten in den armenischen Inschriften genannten Sarduri beruht die Chronologie von Sayce, die zu allem, was wir über die Geschichte Urartu's aus den as- syrischen Inschriften wissen, sehr gut passt.

§. .S43. Die Regierung Assurdän's Ili. scheint einen weil friedlicheren Charakter getragen zu haben als die vorangehenden: wiederholt bemerkt die kurze Chronik dieser Zeit, der König sei »im Lande« geblieben, habe also keinen Feldzug unter- nommen. Die Erfolge des Argistis sind hierbei jedenfalls von bedeutendem Einfluss gewesen. Auch im Inneren brachen in den Jahren 7(33 758 Unruhen aus, zunächst in der Stadt Assur, dann in Arrapcha, einer in der Nähe des oberen Zab östlich von Ninive belegenen Stadt (daher die Landschaft 'Apf>a:raytu<;, Delitzsch, Par. 124), schliesslich in Guzan in Mesopotamien. Nach ihrer Bewältigung zog Assurdän, wie

Kriege gegen Armenien. Sturz der Dynastie.

419

schon erwähnt, noch zweimal nach Syrien (755 und 754); doch wird es nicht möglich gewesen sein, bei der wachsenden Aus- dehnung der armenischen Macht auch nach dieser Richtung hin die Oberhoheit über die kleinen Staaten Syriens zu be- haupten. Noch weit thatenloser war die folgende Regierung, die des Assurnirari (754 746). Nur in den Jahren 749 und 748 ist er zu Felde gezogen, gegen das Gebirgsland Namri im Sudosten; sonst weilte er »im Lande«. Im letzten Jahre seiner Regierung (746) verzeichnet die Chronik einen Auf- stand in Kalach; das Ergebniss desselben ist unzweifelhaft gewesen, dass im Frühjahr des nächsten Jahres (745) ein Usurpator, der sich nach dem ersten der grossen assyrischen Eroberer Tugultipalesarra * (^Di^bsnbjn Tiglatpileser IL) be- nannte, den Thron bestieg. Länger als ein Jahrtausend hatte die gestürzte Dynastie, die sich bis auf Ismidagan und Sam- siraman I. und den uralten Bekapkapu (§. 182) zurückführte, in ununterbrochener Folge den Thron behauptet.

Die Identität Tiglatpileser's 11. (Reg. 11, 15. 29. 16, 10) mit dem fteg. U, 15, 19 genannten König Phiil (7l3) von Assjrrien hat nament- lich ScHRADFR, KGF. 422 Cf., KAT. 2 227 ff. schlagend nachgewiesen. Auch in den Excerpten des Alexander Polyhistor aus Berossos (Euseb. ^d. ScHoENE I, 25) heisst er Phulus, im ptolem. Kanon als König von Babylon (731—727) riÄpo?. Es ist sehr möglich, dass dieser Name (ass. Pulu) der ursprQngliche Name des Usurpators war, denkbar aber ^uch, dass wir es mit einer schon bei den Zeitgenossen gangbaren Ver- stümmelung des Namens zu thun haben.

(

Assyrien.

[Irbaramänl / .^.^^

[ASsumädinache] j

A^äurdän II. ca. 9.S0 Ramänniräri II. —890 Tugultininep II. 890—884 Assumäsirpal 884 - 860 Salmanassar II. 860-824

Eönigsliste.

Babylon. [Sibir, §. 334].

Samasmudammiq. Nabu§umiskun. Nabubaliddin. Marduksumizkiir.

420 Fünftes Buch, erster Abschnitt

Assyrien. Babylon.

äamäiramän IV. 824-811 Mardukbalatsuikt:^

Ramännirari III. 811-782 * * *

Salmanassar III. 782-772 *

Aöiurdän III. 772-754 Aäsurniräri 754—745

Ob die von Smith, TrSBA. I, 75, Mi^nant, Babyl. 130 f. in diese Zeit gesetzten Könige von Babylon Irba-Marduk und sein Sohn Marduk- baliddin (I R. 5, 17) wirklich hierher gehören, ist sehr fraglich. Im übrigen entsprechen diese und die nächst vorhergehenden Könige von Babylon (seit 1257, §. 272) der 6. Dynastie des Berossos von 45 Königen mit 526 Jahren.

Staat und Cultur der Assyrer.

§, 344. Das durch Assurnäsirpal und Salraanassar 11 aufgerichtete Reich mag unter den folgenden Regierungen manche Einbusse erlitten haben. Ein grosser Theil der ar- menischen Lande ging jedenfalls an das Reich von Wan ver- loren, und die Tributzahlungen der Vasallen westlich vom Euphrat werden vermuthlich mit dem Aufhören der Erobe- rungszüge eingestellt worden sein. Aber der Kern des Reichs, das Gebiet vom Euphrat bis an den Urmiasee, blieb unterworfen, und noch weiter nach Osten bis ans kaspische Meer erkannten die Stammfürsten die Oberhoheit der Assyrer an. Das nicht lediglich tributäre, sondern »zum Lande Assur gefügte« G^ biet wurde von Statthaltern verwaltet, die wir zum Theil aus der Eponymenliste kennen lernen. Im eigentlichen Assyrien finden wir die Statthalter von Ninive, Kalach, Arbela, Kakzi^ (zwischen den beiden Zab: Assurn. II, 38. 51, jetzt Samamak I R. 7 h, Layard, Nin. and Bab. 223); ferner die der östlich von der Hauptstadt gelegenen Orte Sibaniba und Rimusi ; im Osten die von Kirruri (§. 334) und Arrapcha (§. 343); im Westen die von Amid und Tuschan am Tigris, von Nisibis, Guzan und Rasappa (Reseph) in Mesopotamien, von den eben da- selbst zu suchenden Orten Til(?)le, Isana, Par(?)nun (s. H I^* 53 a, 37. 39. 40), von Mazamua, das in der Nähe des Eupbra«

Verwaltung. Bauten. 421

g-elegen haben muss (U R. 53, 4 b). Dazu kommen mehrere Städte, deren Lage sich bis jetzt nicht bestimmen lässt.

Zu Guzan und Rasappa vgl. §. :333 Anm.; ob letzteres mit TT,3acfa enseits des Euphrat auf der Strasse nach Palmyra identisch ist (Dk- jT-z.s('M, Parad. 297), erscheint mir sehr fraglich.

§. :^45. Während bis zum Anfang des neunten Jahr- [iLinderts die Residenz der Könige in Assur gewesen zu sein scheint, verlegte Assurnäsirpal dieselbe nach Kalach (Mimrud), der Gründung Salmanassar's I. Wie er sagt, war dieselbe verfallen; er Hess sie durch Gefangene aus seinen Foldzügen neu aufbauen und errichtete sich südlich von dem grossen Terrassentempel, der jetzt in Pyramidenform über die ^chutlhügel, der die Paläste bedeckt, emporragt, einen präch- tigen Palast (den sog. Nordwestpalast). Ausserdem gründete er nordöstlich von Kalach die Stadt Imgurbel (jetzt Hügel von Balawat), die mit Palästen und Tempeln geschmückt war. Salmanassar ü. hat sich in Kalach einen neuen Palast angelegt (Centralpalast) und die Bauten in Imgurbel erweitert ; von ihm stammen die berühmten Bronzethore von Balawat, auf denen die Reliefs, von einem kurzen Texte begleitet, seine Thaten in aller Ausführlichkeit darstellen. Ferner werden seine Bauten am Tempel des Mondgottes Sin in Charrän erwähnt (Proc. SBA. 7. Nov. 1882). Auch Samsiramän IV. und Ramännirari III. haben Paläste und Tempelbauten auf- geführt, ebenso werden Bauten und Restaurationen an den Tempeln und Königsburgen von Assur und Ninive, ferner Kanalbauten der Könige u. a. erwähnt.

Im allgemeinen s. Latard's Werke über s. Ausgrabungen und G. Rawun«on, Five Mon. II, 91 flf. üeber das von Rassam aufgedeckte Balawat: TrSBA. VII, 87 ff. Die grosse Publication der Darstellungen ^«r Bronzethore ist mir nicht zugänglich.

§, 346. Trotz des Eifers, mit dem die Assyrer gebaut J^aben, haben sie doch hier eben so wenig wie auf anderen Gebieten etwas Neues geschaffen. Die totale Abhängigkeit ^'On Babylonien tritt am deutlichsten darin hervor, dass man

422 Fünftes Buch, erster Abschnitt.

immer beim Ziegelbau blieb, obwohl in Assyrien Steine leicht zu beschaffen waren. Der Grund der Paläste war ein mas- siver Unterbau von Ziegeln oder Schutt, nur aussen von be- hauenen Steinen eingeschlossen. Es fehlte daher den Bauten an einer soliden Grundlage, und ausserordentlich oft ist in den* Inschriften von Ihrem raschen Verfall die Rede. Die Wände sind aus Ziegeln aufgeführt, die mit Älabasterplatten bekleidet wurden, auf denen sich die Sculpturen befinden. An den Portalen vertreten ihre Stelle grosse zu Löwen, geflügelten Stieren mit Menschenkopf u. ä. verarbeitete Kalksteinblöcke. Der Fussboden besteht sehr häufig aus den an der Sonne getrockneten Ziegeln, gelegentlich auch aus Steinplatten, auf denen uns die Muster des vorderasiatischen Stils (§. 202) entgegentreten. Weder einen fortgeschrittenen Bogenbau Ziegelbogen von geringerer Span- nung werden allerdings für Canäle, Abzugsrinnen u. ä. ver- werthet, wie denn die Anfange des Bogenbaus sich schon in Altbabylonien finden (§. 1 50) noch eine Stein- oder Ziegel- säule kennen die Assyrer. Daher stammt das Missverhältniss zwischen der Länge und Breite der grossen Säle ; sie mussten durch Balken, die auf beiden Wänden auflagen, überdeckt werden. Die Gewinnung langer starker Balken war daher ein Hauptaugenmerk der Könige, wiederholt erzählt z. B. Sal- manassar IL, dass er in den Anianos gezogen sei, um dort Cedern und Gypressen für seine Bauten schlagen zu lassen. Die Frage, wie die Paläste ihr Licht erhielten und ob sie ein zweites Stockwerk hatten, ist noch nicht entschieden.

Ueber die einschlägigen Fragen s. die Untersuchungen von BottAi Layard, Place, Fergüsson (dessen auf Einführung der persischen Säulen beruhende Reconstructionen ganz unbegründet zu sein scheinen) und die klare Uebersicht bei G. Rawlinson, Five Mon. I, 277 fT.

§. 347. Daneben findet sich in kleineren Bauten ^ Tempeln, Pavillons u. ä. ein leichterer Stil, der aus dem Holzbau hervorgegangen zu sein scheint und vermuthlich meist in Holz ausgeführt war. Wir kennen ihn nur aus Abbil- dungen in den Sculpturen. Hier finden sich hohe, in einem Falle oben mit Steinböcken (vgl. §. 203) gekrönte Pfeilen

Architektur und Sculptur. 423

welche die Deckbalken tragen, daneben runde, zum Theil iemlich schlanke, aber niemals cannelirte Säulen, die nicht nmittelbar auf dem Boden, sondern auf einer bald runden, •ald gewundenen Unterlage ruhen. In einem Falle, wo dieser »til als Decoration einer Facjade verwendet ist, werden sie on Löwen getragen. Das Capital ist durch Voluten geziert; uf ihnen ruht das Kissen, welches den Deckbalken trägt s. G. Rawlinson 1. c. 309 ff.). Dieser Baustil ist von Assyrien lach Eleinasien gedrungen und hier den Griechen bekannt geworden: aus ihm hat sich der ionische Stil entwickelt. )ie Privathäuser scheinen äusserst einfach gewesen zu sein; dne Abbildung zeigt sehr primitive Wohnungen, die mit hohen, offenbar von Ziegeln gebauten Kuppeln überwölbt sind und fon oben Licht erhalten (Layard, Mon. of Nin. 11, 17;. )ass daneben auch die altbabylonischen Terrassentempel nach Assyrien übertragen sind, ist schon erwähnt (§. 277).

§. 348. Die assyrische Sculptur unterscheidet sich von 1er aegyptischen dadurch, dass sie eine grössere Beweglichkeit erstrebt, complicirtere Situationen, Wendungen des Körpers u. ä. um Ausdruck bringt, dass aber das Detail lange nicht so auber und künstlerisch gearbeitet ist wie im Nilthal. Die ^egypter bringen die Formen und Bewegungen des Körpers tuch unter der Hülle der Gewandung deutlich zum Ausdruck, lie Assyrer nicht ; die Behandlung der Muskulatur, der Haare st bei ihnen äusserst übertrieben und ganz schablonenmässig. dagegen ist die Gesammtcomposition in Assyrien häufig, z. B. fi den zahlreichen Darstellungen der Löwenjagden, der aegyp- ischen entschieden überlegen und trägt einen weit lebendi- »eren Charakter. Was von Statuen u. ä. auf uns gekommen st z. B. eine Statue des Assurnäsirpal, Statuen des Nebo ^Us der Zeit Ramänniräri's 111. u. a. ist sehr mangelhaft md unkünstlerisch gearbeitet; dagegen war die Relieftechnik ioch entwickelt, und hier können wir während der folgenden 2poche weitere Fortschritte deutlich wahrnehmen. Wie äusser- ich und roh aber die Assyrer die Kunst auffassten, spricht ich deutlich darin aus, dass sie quer über die Statuen wie

424 Fünftes Buch, erster Abschnitt.

über die Leiber der grossen geflügelten Stier- und Löwen- colosse an den Portalen der Paläste ihre Inschriften ange- bracht haben.

§. 349. Von assyrischer Literatur wissen wir sehr wenig. Dass die Verwaltung des Reichs und was damit zusammen- hängt, die Thätigkeit der Schreiber in hohem Maasse in An- spruch nahm, liegt auf der Hand. Im Zusammenhang damit steht die Abfassung geographischer Listen, in denen die Ort- schaften, Gebirge u. a. der Nachbarländer aufgezählt werden. Von geschichtlichen Zusammenstellungen wird z. B. die »syn- chronistische Tafel«, da siemitRamännirärilll. abschliesst, unter seiner Regierung verfasst sein, u. a. m. In der Hauptsache aber scheint man über die Reproduction der babylonischen Literatur nicht hinausgekommen zu sein. Die historischen Inschriften tragen durchweg den schon früher charakterisirten stereotypen Charakter, eine höchst ermüdende Verbindung von Trocken- heit und Schwulst, daneben die für die Assyrer charakte- ristische Freude an barbarischer Grausamkeit. Dieselbe tritt uns auch an den Sculpluren der Paläste oft genug entgegen in den Darstellungen der Strafen, welche über die Häupter der Feinde und Rebellen verhängt werden. Die Assyrer haben zwar auch Elemente der babylonischen Gultur weiter ent- wickelt und verbreitet, obwohl dieselbe der Hauptsache nach ja schon weit früher nach Westen verbreitet war; auf Handel und Verkehr hat ihre Herrschaft, nachdem sie einmal be- gründet war, belebend gewirkt. Aber in erster Linie besteht doch ihre geschichtliche Bedeutung, ähnlich wie die der Mon- golen Dschingizkhans, die ja nach manchen Seiten auch Cultui- träger gewesen sind, darin, dass sie alles was ihnen ent- gegentritt zerstören, ein Volk nach dem andern vernichten und so den Grund zu der grossen Nivellirung aller Natio- nalitäten in Vorderasien, zu der Möglichkeit eines Weltreichs gelegt haben.

Das Reich von Napata. 425

!• Aegypten und Syrien bis auf die Eroberungen

Tiglatpileser's IL

IS Reich von Napata und die Eroberung Aegyptens durch die

Aethiopen.

Lexormant, M^ra. sur i'epoque 6lhiopienne, RAn. XXII.

§. 850. In derselben Zeit, in welcher sich am oberen 'igris ein grosses eroberndes Reich bildete, das nach allen »eiten um sich zu greifen begann, ging die Macht der Pha- aonen im Nilthal vollends zu Grunde. Das Reich Dhutmes' III. 7ar in eine Reihe kleiner selbständiger Fürstenthümer zerfallen md wurde von Dynasten beherrscht, die aus den Söldnerführern lervorgegangen waren. Dagegen erstand jetzt im oberen Nil- haie, in dem zuerst seit Usertesen III., dann auf fünf Jahr- lunderte durch Dhutmes I. mit Aegypten verbundenen Lande losch (griech. Aethiopien, jetzt Nubien) ein mächtiges Reich. Wne Hauptstadt war Napata (hebr. S\i) am Gebel Barkai, »dem leiligen Berge*, an dessen Fuss bereits Amenhotep III. ein rosses Heiligthum des thebanischen Amon gegründet hatte, ^urch die lange Verbindung mit Aegypten war die aegyptische Kultur in Aethiopien völlig eingebürgert. Aegyptisch war die fficielle Sprache, man schrieb in Hieroglyphen, die Titulatur ^ Königs ist der der Pharaonen nachgebildet. Vor allem 3er ist die aegyptische und zwar speciell die thebanische nionsreligion in Kusch zur vollen Herrschaft gelangt. Im amen Amons ziehen die Könige zum Kampf, von seinen Weisungen und Orakeln sind sie völlig abhängig, sorgfaltig -H)bachten sie die Satzungen über äussere Reinheit und die •ligiösen Speiseverbote. Was in Aegypten Theorie geblieben ar, ist in Aethiopien praktisch durchgeführt: eine lange In- hrift schildert uns, wie der Gott selbst unmittelbar durch ■in Orakel den König wählt, und bestätigt so auf das schla- -ndste die Angaben der Griechen (Diod. III, 5). Dem entspricht

42(5 Fünftes Buch, zweiter Abschnitt.

es, dass die Priester dem Könige im Namen des Gottes gebieten können, sich selbst zu tödten, ein Unfug, dem erst Ergamenes im dritten Jahrhundert v. Chr. ein Ende gemacht hat. Bei diesen Zustanden begreift es sich vollkommen, dass die aegyptischen Priester den Griechen Aethiopien als das gelobte Land schil- derten (vgl. §. 42 Anm. ; Herod. III 20 ff. 1 14 u. a.). Im übrigen legen diese Zustände die Vermuthung nahe, dass die Ent- stehung des Reichs von Napata mit der Usurpation der Amonspriester von Theben zur Zeit der 21. Dynastie zusam- menhängt, eine Anahme, die dadurch bestätigt wird, dass mehrere seiner Könige den in Hrihor's Familie vorkommenden Namen PFanchi führen. In der That ist von einer Herrschafl der Pharaonen über Kusch seit dieser Zeit nicht mehr die Rede ; vielleicht mögen also Verwandte der Amonspriester etwa um 1000 V. Chr. den aethiopischen Staat gegründet haben.

Die Inschrift Ober die Erbebung eines (später als illegitim ver- folgten) Herrschers auf den Thron: Mariette, Mon. div. 9, Obers, von Maspero, RAn. XXV, 800.

§. 351. Als die Macht der 22. Dynastie erlahmte, konnten die Fürsten von Napata ihre Herrschaft auch auf Oberaegypten ausdehnen. Vermuthlich zu Ende der Regierung Sesonq's III., etwa um 800 v. Chr., wird Theben in ihre Hand gefallen sein ; in der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts steht das Nilthal bis in die Nähe von Hermopolis unter der Herrschaft des Aethiopenkönigs Pi'anchi. Zu seiner Zeit gelang es in Unteraegypten dem Fürsten Tefnacht von Sais, den westlichen Tlieil des Delta seiner Herrschaft zu unterwerfen, Memphis zu gewinnen und die zahlreichen Fürsten, Könige und kleinen Herren des mittleren und östlichen Delta, »alle Fürsten Unter- aegyptens, welche die Feder (das Abzeichen der Kriegerkaste der Ma) tragenc, zur Anerkennung seiner Oberhoheit zu bringen. Den Königstitel nahm er nicht an, vermuthlich weil er das Rangverhältniss , welches unter den Söldnerfursten herrschte (§. 320), möglichst wenig verletzen wollte. Von Memphis aus zog er nach Süden, unterwarf Krokodilopolis, Oxyrrhynchos u. a. , belagerte Herakleopolis, die Königsstadt

Die Aethiopen in Ae^ypteu. Pfanchi und Tefnacht. 427

ts Pefdubast, und zwang den König Namret von Hermopolis IT Unterwerfung. Da schritt Pfanchi ein, von den Gegnern }fnacht's vielfach zu Hülfe gerufen. Sein Heer besiegte eine indliche Flotte auf dem Nil, schlug Tafnecht bei Hera- eopolis zurück, belagerte Namret in Hermopolis und nahm ne Reihe kleinerer Orte ein. Dann erschien der König selbst jf dem Kriegsschauplatz; er zwang Namret zur Capitulation und ihm von ihm reiche Geschenke entgegen. Nach dem Fall von ermopolis unterwarfen sich alle kleineren Orte, nur Memphis usste mit Sturm genommen werden, nachdem ein Versuch ßfnacht's, es zu entsetzen, gescheitert war. Dann rückte fanchi ins Delta vor; sämmtliche kleinere Fürsten beeilten :h, vor ihm zu erscheinen, ihm zu huldigen und reiche aben darzubringen *). So war Tefnacht nicht stark genug, n seine Stellung länger zu behaupten; aber auch PFanchi ochte Bedenken tragen, im Westen des Delta einen gefahr- ihen Krieg zu führen. Er begnügte sich daher damit, dass afnecht, nachdem ihm Sicherheit gewährt war, in Gegenwart 3n Abgesandten des Aethiopenkönigs den Treueeid schwor nd ihm Geschenke schickte.

Unsere Quelle ist die grosse Inschrift Pianchi's in Napata : Mariette, on. div. 1 6, zuerst analysirt von de Rouge, RAn. Vlll, 94 ff., über- :lzt von Lauth, Abb. Munch. Ak. 1869 und vor allem Brugsch, Gesch. 32 und DE RoüG^, Ghrestom. ^gypt. IV (1876). Es gibt mehrere äthiopische Könige Namens Pf anchi ; unserer ist wahrscheinlich der auf ner Muraienbinde des Brit. Mus. (Greene, Fouilles h Thdbes 8 c) und EPsiüs, D. V, 14 b vorkommende mit dem Vornamen Sneferra'.

§. »352. Der Kriegszug des Pi'anchi, der in sein 21. Jahr illt (um 775 v. Chr.), scheint eine dauernde Unterwerfung egyptens nicht zur Folge gehabt zu haben. Falls, wie früher ?. 320) angenommen wurde, der ihm huldigende König Osorkon on Bubastis der zweite Herrscher der 23. Dynastie ist, so ind die Aethiopen sogar aus Oberaegypten verdrängt worden.

0 Die unter ihnen aufgeführten Fürsten (nicht Könige) von Busiris ^nq fZl. 18) und später Pimai (ZI. 116) sind vielleicht die Könige ^nq III. und Pimai der 22. Dyn. (§. 320).

428 FQnfles Buch, zweiter Abschnitt

Denn der dritte Herrscher dieses Hauses, Psemut (Vaftpj?), begegnet uns in zwei kleinen Inschriften des Tempels von Karnak (Lepsius, D. III, 259 a. b). Ihm lässt Manetho einen in den Denkmälern nicht nachweisbaren König Zet folgen. Dann folgt die 24. Dynastie, die bei ihm nur aus dem Saiten Bokchoris besteht (wahrsch. 734 729 v. Chr.). Derselbe (aeg. Bokenranf) ist nach den hier jedenfalls glaubwürdigen griechischen Berichten ein Sohn des Tnefachthos, d. h. des Tef nacht, des Gegners des Pi'anchi. In der Tradition wird er als ein weiser Fürst und grosser Gesetzgeber gepriesen; aus den Denkmälern wissen wir nur, dass in seinem (j. Jahre ein Apis in derselben Grabkammer wie der unter SesonqlV. gestorbene beigesetzt wurde (Mariette, S^rapeum pl. 34); danach ist er in Memphis vermuthlich unmittelbar auf den letzten Titularkönig der 22. Dynastie gefolgt, dürfte aber vor- her bereits längere Zeit in Sais geherrscht haben.

Die griech. Angaben über Bockchoris und seinen Vater Tvt^o/^oc oder TixvaxTK; finden sich Plut. de Is. 8, Diod. I, 45. 65, Athen, X, 418f. Nach Eusebius regierte Bokchoris 44 Jahre, nach Africanus 6 Jalire: vielleicht gibt dieser die Zeit an, welche er Qber Memphis herrschte, jener die Gesammtdauer seiner Regierung. Vgl. die Königsliste §. 892.

§. 353. In Aelhiopien war auf Pfanchi (ob nach einer oder mehreren Zvvischenregierungen wissen wir nicht) Kasla

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gefolgt, der mit Sepenapt, einer Tochter des Königs Osorkon, vermuthlich Osorkon's III. von Bubastis, vermählt war. Sein Sohn Sabaka (Xaßaxwv, NID» ass. Sab'i) wiederholte den Zug nach Aegyplen, besiegle Bokchoris nach Manetho soll er ihn haben lebendig verbrennen lassen und zwang d'^ lonalen Dynasten zur Anerkennung seiner Herrschaft (72^ v. Chr.). Er selbst nahm den Titel eines Königs von Ae- l^ypten an, als eigentliche Herrscher des Landes aber setzte er seine Schwester Amenerdas und ihren Gemahl Pi'anchi (ll'^'l

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ein. Sabaka und seine Schwester begegnen uns mehrfach in den Tempeln Thebens, ebenso in Hammamat u. a.; von *r Königin hat sich eine vortreffliche Alabasterstatue in Karnak gefunden. Die griechische üeberlieferung rühmt, dass clor

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Aeiliiopenkönig ein ausserordentlich mildes Regiment über Aegypten geführt habe : Hinrichtungen seien nie vorgekommen, die Verbrecher seien zu Kanal- und Dammbauien lerwerthet worden (Herod. II, 137 = Diod. I, 65, vgl. auch c. 61). Eine festgegründete einheitliche Herrschaft haben indessen die Aethiopen über Aegypten niemals ausgeübt; die localen Dy- nasten blieben wie zu Pfanchi's Zeit im Besitz ihrer Herrschaft, unter ihnen aller Wahrscheinlichkeit nach auch Nachkommen des Tefnacht und Bokchoris in Sais, die Ahnherrn der 26. Dy- nastie (§. 390). In den Jahren 725 (Reg. II, 17, 4) und 720 (Sargon Ann.) heisst zwar Sabako König von Aegypten^ aber im Jahre 715 redet Sargon von dem Tribut des »Pharao, Königs von Aegypten«, im Jahre 711 nennt er denselben neben dem König von Melucha (d. i. Kusch, §. 375; Smith, Ass. Disc. 291), zu Sanherib's Zeiten im Jahre 701 erscheinen die »Könige von Aegypten« neben den »Truppen des Königs von Melucha« (§. 384). Zahlreiche Kämpfe um den Besitz des unteren Nilthals werden die Regierung Sabako's und seiner Nachfolger ausgefüllt haben (vgl. Diod. I, 44); sie machten es ihnen unmöglich, so energisch wie sie gewünscht und ge- sollt hätten in die Verhältnisse Asiens einzugreifen.

Denkmäler: Lepsius, D. V, 1. Mariette, Karnak 45, Mon. div. 48 s. »E RocG^, Inscr. 126. Prisse, Mon. 27. Lieblein, Denkm. von St. Peters- f J>urg Nr. 6. Inschrift eines Beamten der Amenerdas : Ebers, ZDM. XXVII. Greene, Fouilles ä Thebes 10. 11. Opferstein im Berl. Mus. 7497; Sphinx ihrer Tochter §epenapt Berl. Mus. 7972. Statue derselben: Greene, Fouilles k Thebes 8 a. Der König Ra'mencheper Pi'anchi (Prisse, ^on. 4, 1, Mariette, Karnak 45 b, de Rodge, Not. des mon. du Louvre 91) scheint von dem Gemahl der Amenerdas verschieden zu sein ; noch zwei weitere Pfanchi in Dongola und Napata: Lepsius, D. V, 14, 1. Greene, Fouilles k Thebes 8 b. Sabako : Lepsius, D. V, 1. 2. Rosellini, M. stör. J51 = Ghampollion, Mon. 337 (Luksor). Mariette, Mon. div. 29 d (Memphis). Sharpe, Eg. Inscr. I, 36—38 (Memphis). Auf die aegyptischen Verbältnisse in dieser Epoche bezieht sich auch Jesaias 18. 19, vgl. Stade, De Isaiae vatic. aethiop. 1873. Fflr die Chronologie ist hier Manetho zu Grunde gelegt, dessen Angaben im wesentlichen correct zu sein scheinen. Den Ausgangspunkt bildet der sicher feststehende Regie- rungsantritt Psammetich's im Jahr 663 ; seine drei Vorgänger aus Dyn. 26

430 FQnftes Buch, zweiter Abschnitt.

regieren von (j84 an. Dann erhalten wir für die Aethiopen (25. Dyn.) die Ansätze: Sahako 12 J. 0 = 728-717: Sabataka 12 (var. U) J. = 710— 705; Taharqa 20 (var. 18) J. = 704—685. Dazu stimmen die hebraeischen und assyrischen Angaben vollkommen, s. §. 372. 382. Xur hat Taharqa viel länger, während der ganzen von Manetho den drei ersten Königen der 26. Dynastie zugeschriebenen Zeit, regiert. Dement* sprechend erscheint er auf einer Apisstele (Mariettk, S^rapeum pl. 36) als unmittelbarer Vorgänger des Psammetich; völlig unerklärlich aber bleibt, dass dieselbe seine Regierung auf 26 Jahre, das wäre 689 t>is r>»J4 V. Chr. zu bestimmen scheint. Weiteres s. §. 392.

Damaskus. Israel. Phoenikien.

§. 354. In den politischen Verhältnissen Syriens hat sich in der hinter uns liegenden Epoche nicht viel geändert. Die Kriegszüge der Assyrer waren im wesentlichen nur Plün- derungszüge, die zwar viele Noth und Zerstörung brachten, aber doch weiter kein dauerndes Resultat herbeiführten, als dass die kleinen syrischen Höfe einige Jahre lang ihren Tribut nach Assur schickten. Zu grösserer Macht gelangte nament- lich das Reich Daniaskos unter der neuen von Ghazael be- gründeten Dynastie. Der Sturz des Hauses 'Omri hatte dem israelitischen Reich wenig Segen gebracht. Vergeblich zahlte König Jehu im Jahre 842 dem Assyrerkönig reichen Tribut (§. '^'^7), offenbar um an ihm einen Rückhalt zu gewinnen. Die Belagerung von Damaskus im Jahre 842 wurde von Ghazael abgeschlagen, der letzte Angriff Salmanassar's im Jahre 839 ging gleichfalls ohne Erfolg vorüber, und jetzt konnte Ghazael sich mit ganzer Macht auf die Hebraeor werfen. »Zu Jehu*s Zeit fing Jahwe an von Israel abzu- schneiden«, lautet der summarische Bericht der Königsbilcher: ganz Gilead, das Land jenseits des Jordan, ging verloren. Auch westlich von demselben hat Ghazael Kriege geführt: er eroberte und zerstörte die Stadt Gat (vgl. Arnos 6, 2) seitdem verschwindet dieselbe aus der Reihe der philistaeisclien

0 So Eusebius, nach Africanus nur 8; aber LEi'sirs, Denkm. V. If (hlanunamAt) finfl»»t sich sein 12. Jahr.

Das Haus Jehu. Die Syrerkriege. 431

irstenthümer. Dann wandte er sich gegen Jerusalem ; durch ngabe der letzten Schätze des Tempels musste König Joas, r Enkel der 'Atalja (§. 329), seinen Abzug erkaufen. Auch hu's Nachfolger Joachaz und Joas wurden von Chazael und jnhadad III. immer aufs neue bedrängt; von der grossen reitmacht, die Achab ins Feld stellen konnte (§. 323), »Hess r König von Aram dem Joachaz nur 50 Reiter, 10 Wagen id 10,000 Mann« (Reg. II, 13, 7).

Die Assyrer wie Arnos 1, 6, Zephanja 2, 1 kennen nur vier Försten- umer der Philister: Askalon (zu dem Betdagon, Joppe u. a. gehören R. 38. 65 f.), *Aqqaron (Ekron, ass. Amgarunna), Asdod und Gaza.

§. 355. Wie arg die Syrer im Lande hausten, lehren e Anklagen des Amos (1, 3). Natürlich beuteten auch die eineren Nachbarstämme die Nothlage Israels aus; die Am- oniter verfuhren in Gilead mit der gleichen Grausamkeit, mit 5r einst David gegen sie gekriegt hatte (Amos 1, 13), Moab .'wann das noch zu Mesa's Zeit israelitische Chesbon zurück es. 15, 4. 16, 8, vgl. Reg. II, 13, 20). Auch König Amasja )n Juda, der Sohn des von zweien seiner Hofleute erschlagenen ÄS, unternahm einen Angriff gegen Joas von Israel, wurde 3er völlig geschlagen und gefangen. Jerusalem selbst ward jsgeplündert , eine Bresche in seine Mauer gelegt. Sonst ng das Streben der Herrscher von Jerusalem immer von guem darauf, sich Edom zu unterwerfen und damit in den esitz der grossen vom inneren und südlichen Arabien nach Gaza ihrenden Karawanenstrasse, sowie eines Hafens am rothen !eer zu gelangen. Amasja eroberte Sela* (Petra), die Hauptstadt 3n Edom, sein Sohn 'Azarja ('Uzzia), der nach der Ermordung iines Vaters von dem Volke auf den Thron erhoben wurde im 775), baute Ailat, den Hafenort am rothen Meere, und iedelte in demselben eine jüdische Colonie an (Reg. I, 14, 22. 6, 6). Zweifellos ist von hier aus Seehandel betrieben worden; •b sich derselbe aber über die nächsten Küstenorte und etwa lie aegyptischen Häfen am rothen Meer hinaus bis nach Süd- irabien erstreckte, davon haben wir keine Kunde (vgl. §. 403).

432 Fünftes Buch, zweiter Abschnitt

Völlig mit Juda vereinigt ist übrigens Edom schwerlich. Ramän- niräri III. erwähnt das Land Edom (I B. 35. 1. 12; §. 341), und im Jahre 732 finden wir hier einen König Qau^malaka (II B. 67, 61)

§. 356. Die Feldzuge Ramänniräri's III. (806. 805. 797), die Besiegung des Königs Mari*, die Eroberung von Damaskus (§. 341), ebenso die mehrfachen Züge Salmanassar's III. nach Syrien scheinen die Macht der Damascener geschwächt zu haben; sie gaben dem Reiche Israel die Möglichkeit, sich ihrer Angriffe zu erwehren. Nach einer Legende soll schon Joas dreimal über Benhadad III. gesiegt haben (Reg. II, 13, 14-19. 23—25). Der eigentliche Befreier aber ist sein Sohn Jerobeam II. (um 780—746), der »die Grenze Israels wieder herstellte von der Strasse nach HamAt bis zum Wüstenmeer (dem todlen Meer)« *). Leider fehlen uns alle genaueren Angaben über die Thaten des Königs. Trotz seiner Erfolge hat aber die Dynastie Jehu's den Thron nicht behauptet. Ob innere Unzufriedenheit oder lediglich der Ehrgeiz Einzelner, der ja auch in Juda wiederholt zum Aus- bruch kam, die Wiederholung der Usurpationen herbeiföhrle, wissen wir nicht; dass das Andenken an die Blutlhat, durch welche Jehu auf den Thron gekommen war, noch im Volke lebte, lehrt der Prophet Hosea, der um ihretwillen soineni Hause die Rache Jahwe*s verkündet (1, 4). Jerobeam's Sohn Zakarja wurde nach kurzer Regierung von Öallüm ermordet (um 745), gegen diesen erhob sich von Tirsa aus Menachem. Er besiegte und tödtete den Öallüm; der Ort Tipsach, der sich nicht fügen wollte, wurde erobert und grausam bestraft. Unmittelbar darauf begannen die Kriegszüge der Assyrer von neuem und brachten in raschen Schlägen wie den meisten anderen syrischen Staaten so auch Israel den Untergang.

In dem aus einer vor 722 geschriebenen Quelle (v. 26 f.) stam- menden Bericht über Jerobeam II. Re?. II, 14, 23—29 ist leider v- 26

') Diese in jener Zeit geläufige Wendung (Arnos 6, 14) soll <ii> Ausdehnung Israels nach Norden in ihrem weitesten Umfang, wie sif zur Zeit David's bestand, bezeichnen.

Jerobeam IL Die phoenikiscben Städte. 488

unheilbar zerstört. Die chronologischen Angaben des Königsbuchs weichen von den assyrischen Daten (§. 869) auf das stärkste ab, ausser- dem differiren die Listen von Israel und Juda för die Zeit von der Thronbesteigung des Jehu und des *Atalja 843/2 bis zur Eroberung Sa- raarias 722 (im 6. Jabre des Hiskia nach Reg. IL 18. 10) uro nicht we- niger als 21 Jahre (148 Jahre 7 Monate för Israel, 165 Jahre fQr Juda; in Wirklichkeit sind es nur 121 Jahre). Daher sind nur approximative Ansätze möglich. Hiskia's Thronbesteigung ÜkUt nach der sehr wahr- scheinlichen Vermuthung von Wellhausen, Jahrb. Deutsche Theol. XX, 630, nicht 727, sondern 714 v. Chr. Denn die Angabe, dass Sanherib's Angriff aaf Jerusalem im Jahre 701 v. Chr. in sein 14. Jahr fiel (Beg. 11, 18, 13), hat weit mehr Anspruch auf Glaubwürdigkeit, als die ihr widersprechende, Samaria sei in seinem 6. Jahr erobert worden (ib. 10 u. a.). (Königs- liste s. S. 434.)

§. 357. unter den phoenikiscben Städten nimmt nach wie vor Tyros die erste Stelle ein. Es ist sogar die Ober- hoheit, die dasselbe alier Wahrscheinlichkeit nach seit Alters über seine Nachbarn ausübte, jetzt in eine directe Herr- schaft umgewandelt. Assurnäsirpal, Salmanassar II., Ramän- niräri III. erwähnen wiederholt Tyros, Sidon, Byblos und andere Phoenikerstädte neben einander; aber Tiglatpileser II. und Sargon kennen nur drei phoenikische Staaten: Arados, Byblos und Tyros. Das Gebiet zwischen Arados und Byblos mit den Städten Simyra, *Arqa u. a. gehört zum Reiche Ha- mät (III R. 9, 46), ebenso vermuthlich die Küste nördlich von Arados. In Tyros herrscht unter Tiglatpileser II. ein König Hiram IL, später (um 730) Metinna (s. §. 370). Dann folgt Elulaeos, von dem der tyrische Geschichtsschreiber Menander berichtet, dass er das abgefallene Kition wieder unterworfen habe. Dem entspricht genau, dass die Assyrer unter den selbständigen Fürstenthümem auf Cypern Kition niemals er- wähnen (vgl. §. 402). Als dann Elulaeos von den Assyrern angegriffen wurde, heisst es weiter, seien Sidon, Akko, Palae- ^yros und viele andere Städte von ihm abgefallen: mithin Füssen sie ihm vorher unterthänig gewesen sein. Genau das gleiche lehren die Angaben Sanherib*s. Hier heisst Lüli (== 'EXooXatoc) König von Sidon; ihm gehorchen Gross- und Kleinsidon, Bet-sitte, Sarepta, Machalliba, Usü, Akzib und

Meyer, Qeschichte des Alterthums. I. 28

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Ausbildung des Jahwismus. ^ 435

Akko, die sämnitlich erobert werden; er selbst flieht von Tyros nach Cypern. Sonst wird Tyros hier nicht genannt, da es nicht erobert wurde, und eben desshalb nennt Sanherib wohl auch den Elulaeos König von Sidon, nicht von Tyros, während seine Vorgänger nur von Königen von Tyros reden, Könige von Sidon aber nicht erwähnen. Im übrigen decken sich die assyrischen und tyrischen Angaben vollkommen.

Josephus fX, 14, 2 bezieht M'enander's Bericht über den Angriff der Assyrer gegen Tyros auf Salmanassar IV: im Text wird indessen der Name des Assyrerkönigs gar nicht genannt. In Wirklichkeit ist, wie Smith, Hist. of Sennacherib p. 69 erkannt hat, der Angreifende Sanherib. dessen Bericht (I R. 38, 34 ff. u. sonst) den Menander's auf das schönste ergänzt; vgl. §. .383-

Israelitische Culturentwickelung. Ausbildung der jahwistisch-

prophetischen Anschauungen.

§. 358. In der hinter uns liegenden Epoche der äusseren und inneren Drangsal, der Syrernoth und der Anarchie, ist der Keim gelegt zu der weltgeschichtlichen Rolle des israeliti- schen Volkes. Wieder und wieder erlag es den Angriffen der Damaskener, die Meute der kleinen Nachbarstämme fiel über das Land her, im Hintergrunde drohte die Vernichtung bringende Macht der Assyrer. Die Kriege wurden von beiden Seiten mit der erbittertsten Grausamkeit geführt (vgl. nament- lich Amos 1, 2). Naturereignisse erhöhten noch den Nothstand, Erdbeben (Amos 1, 1), Misswachs und Dürre, dazu eine J^rosse Pest ^) (s. vor allem Amos 4, 7 ff.). Wo war da der •lahwe der Heerschaaren , der sonst sein Volk zum Siege ge- führt, vor dem so oft die Macht der feindlichen Götter zu 'Schanden geworden? Es war ja undenkbar, dass er we- niger mächtig sei als die Götter der Nachbarn, dass er Seinem Volke den Sieg nicht verschaffen könne. Er wollte nicht; aber warum zürnte er so unablässig auf «ein Volk?

') Eine Fest wird in der assyrischen Verwaltungsliste in dieser Zeit »Twähnt in den Jahren 80.*^». 705. 759.

43() , Fünftes Buch, zweiter Äbsclinai.

Die Siege Jerobeam's II. haben die Entwiekeluiig dieser lie- danken wenig aufgehallen, nur vereinzelt, wie im »Sega Mose's* (Deut. '.Hi, g. Al'^), begegne! uns noch die alle freudift Stimmung. Die Wunden der letzten Jabrzebnte waren z um rasch zu heilen, die neuen Ideen schon zu mächtig em^ und vor allem, es fehlte die Sicherheit, das Vertrauen lof einen dauernden Bestand gedeihlicher Verhältnisse nach inmi und aussen. War Gat, die Philislerstadt, waien grosse Stäitte wie Kalne und Hamät dem Untergange verfallen, wer iitoctilt sich da verbürgen für die Existenz Samaria's und JenisaleinV (Arnos (i, 2)V Nur wenn man diese Verhältnisse immer il Auge behält , wird die weitere Entwickelung verständlirk Der Nolhschrei des geängstelen, in seiner Existenz bedrc^la Volks hallt wieder in der ganzen Literatur, vor allem aber i der grossartigen Einseitigkeit der prophetischen AuffassiBf E^ spiegell sich in derselben zugleich das unerinesstidi^ uns Modernen kaum fassbare Elend ab, welches die Krief dieser Zeit über Vorderasien brachten : die Inschriften in Sculpturen von Ninive sind die nothwendige Ergänzung i Arnos und Jesaia.

§, :15fl. Bei der Masse des Volks rief die Nothlagp «o weit intensivere Religionsübung hervor. Man pilgerte eifrf zu den heiligen Statten, nach Bet-el und Gilgal, nach B«'(f seba' in Juda; man beging die Feste mit m^lichster Pra(4 brachte Brand- und Sühnopfer in Menge, errichtetf dem Jiti«« prächtige Bilder von Silber und Gold; Fast- und Biis^Ufi wurden von Slaatswegen ausgeschrieben (vgl. Reg. I, 31, ! Das Ansehen der Priester und Propheten wuchs dadonh t^ deutend; sie waren ja die Vermittler bei Jahwe, welche il» wieder gnädig stimmen konnten. Eine Reihe zum Thdl r«W abenteuerlicher Erzählungen berichtet von der Macht des Pi* pheten Elisa, der noch im Tode Wunder Ihut itnd die Kämf^ g^en die Syrer für sein Volk glücklich wendet (Rt*g. D. •* 7. 13, H 2.1); wie er hat auch der Prophet Jona dufl St ülier Damaskus verkündet (Reg. li, H, 2.5). In diese 1^ erst Rillt die Bildung des geschlossenen Prieslerslandef »*'

Wirkungen der Nothlage. Die religiösen Strömungen. 437

Söhne Lewi's« (§. 312). Wie derselbe in der Gegenwart mächtig und angesehen neben den weltliclien Beamten stand, führte man ihn jetzt auch in die heilige Sage ein; neben Mose, den Führer des Volks, den Propheten und Gesetzgeber, tritt sein Bruder Aharon, der erste Priester.

Für den Eifer, mit dem der Cultus betrieben wurde, fflr das An- heben der Priester und Propheten legt jede Seite der prophetischen Liiteratur Zeugniss ab. Vgl. Wellhausen, Geschichte I, 58 ff. 137 ff. Auch die Geschichten Reg. II, 2 6. 8, 1—6 gehören in diesen Zusam- menhang. — Der Name Aharon ist vielleicht wie Redslob (AUt. Namen der isr. Bevölkerung) vermuthet aus lia*aron »die Ladec umgebildet.

§. 860. Wahrend die Strömung der Masse den materiellen Ansprüchen der Geistlichkeit entgegenkam, hielt sie sich von den Forderungen der Fortgeschrittenen, welche Reform des Gottesdienstes, Beseitigung des Bilderdienstes u. ä. verlangten, völlig fern. Wie hätte man jetzt daran denken können am alten Cultus zu ändern, die altgeheiligten Bilder Jahwe's zu beseitigen? Indessen entwickelten sich die reformatorischen Ideen welter, und je weniger die materielle Frömmigkeit der Masse zu Resultaten führte, desto mehr suchte man die Lösung des grossen Problems, den Grund für den Zorn Jahwe's, auf rein geistigem Gebiete. Jahwe zürnte, weil man ihn nicht auf die rechte Weise verehrte, weil man seine Ge- bote nicht erkannte noch befolgte. Jahwe ist der allmäch- tige Gott, dessen Wille die Welt und die Schicksale der Völker beherrscht. Er ist gerecht und wahr, vergilt Gutes mit Gutem, sucht aber das Böse an den Missethätern schrecklich heim. Das Volk Israel hat er sich zu seinem eigenen erwählt, es väter- lich geleitet, aus kleinen Anfangen zu einem grossen Volke gemacht, aus der Knechtschaft in Aegypten und der Noth der Wüste befreit, ihm seinen Willen geoffenbart, ihm Kana'an 2um Eigenthum gegeben. Aber er ist ein eifersüchtiger Gott ; 'hn allein soll sein Volk verehren. Statt dessen ist dies über- ^üthig geworden, hat seine Gebote verachtet und sich dem tHenst der »Götter der Fremde« ergeben, der »Nichtgötter«, Welche die Nachbarvölker und die besiegten Amoriter ver-

438

Füntles Bucli. zweiter A lisch nitt.

ehrten; sie halien ihm Menschenbilder und SUerfiguren') tur Seite gesetzt. Zur Strafe VE?rstösst auch Jahwe sein Volk. Er sucht es heim durch Feinde, durch Hungersnoth und Pest. i^Draussen verehrt es das Schwert, in den Gemächern ilii- Angst* ; gewaltige Siege erfechten die Feinde, obwohl gerinir an Zaiil. Aber ganz vernichten will Jahwe sein Volk niuhl, denn was wissen die Fremden von Jaliwe? Sie sind ja aucJi Feinde seines Namens, sie würden sich selbst die Thaten üU- schreiben, die doch nur Jahwe durch sie als seine Werkzeuge vollbracht hal. Daher isl Aussicht auf Rettung vorhandeu, wenn das Volk umkehrt, seine Sünden bereut und zu der reinen Gottesverehrung zurückkehrt , die es in den Zeilen seines Glücks geübt hat. Denn das ist ja selbstverständlich, dass die Vergangenheit ohne weiteres nncli der neuen Auf- fassung umgestaltet wird: sie war eine Zeit des Glücks, folglich herrschten in ihr auch die richtigen Grundsfdze,

Man sieht, wie in dieser Auffassung die uns zuerst in dem grossartigen Liede Deut. '■M entgegentritt der Be- griff Jahwe's sich verschiebt und vertieft. Der Nationalgoll wird zugleich zum Herrn der ganzen Welt, die »anderai Gölter« werden zu »Göttern der Fremde« und zugleich m leeren Phantomen, die neben Jaliwe nicht bestehen; die Golt" heil, sowohl ihrem Begriffe nach wie in ihrem VerhältnisJ zur Nation, wird aus einer physischen, naturwüchsigen ta einer ethischen (vgl. §. ;(27). Dementsprechend werden die moralischen Forderungen der Religion erst jetzt eigentlidi ausgebildet und klar forniulirt : der uns geläulige DekHkff Exod. 20 isl ein Erzeugnias dieser Epoche. Immer aber und hier ist die semitische Anschauungsweise nie überwunden, ja eigentlich nie angetastet worden bleibt der Einzige, dff allein wahre Gott zugleich der Nationalgolt. Er bleibt mit seinem Volke zusammengewachsen wie dies mit ihm. D&*

'( D'IU* Deul, S2. 17 isl das ass. sMu, eine Bezeicbnimi "f« StiergoUhdleii (Delii2sch, Parivd. 153). Oflenbar hal der Verras« ** Liedes das Fremdwort abfichtlich ^ewAhll. um den Stierhildern n* Bet-el und Dan Fremden fraprung zuiu seh reiben.

Vertiefung iler [-eligiösen ADschauunpen.

48!»

ive sein Volk wohl züchtigen aber nie völlig Verstössen n, ist die unerscliülterliche, auch in allen folgenden Wand- ten nicht aufgegebene Uelserzeugung. Und auf der nn- in Seite steht ihm das Volk als Einlieit gegenüber, die eren Generationen büssen für die Sünden der früheren, Menge für die Schuld der Könige wie denn auch die Fassung ausgesprochen wird, dass die Notli eine Strafe sei den Ba'alscutt Achab's oder die Verbrechen Jehu's. Wie Institution der Blutrache noch zu Recht bestand, ist die ■m Grunde übende Idee aus der Auflassung des Verhalt- es zur Gottheit nie geschwunden.

Oie Zeil des Liedes Deut. 32 ergibt sich besondera aus v. 3U. Dass «cht eigenllich ein geschichtstheore tisch es Programm sein sollte,

der Elohist selbst Deut. ^1, Iti— 22, und lisst es daher von Udhc Jem Wege der Inspiration verrasst sein.

§. ;^ijl. Die Vertreter der neuen idealistischen Anschau- en konnten die Geschichte lediglich nach religiösen Ge- Ispimkten beurtheilen und darstellen und sahen auf die sn politischen Verhältnisse und die praktischen Motive der hthatier geringschätzig herab. Es liegt aber auf der Hand, sehr diese Auffassung den berufsmässigen Vertretern der Re- n, den Priestern und Propheten zu Gute kommen musste; 1 sie bewahrten und verkündeten ja den Willen Jahwe's. So ite sich wenigstens die Idee dessen, was man eine Theo- ie zu nennen sich gewöhnt hat, d. h. einer Pi'ieaterheiT- il bilden, man konnte versuchen, dieselbe mittelst histo- ler Reconstruction in der Vergangenheit durchzuführen.

diesem Standpunkt stellt die neue Bearbeitung der israe- hen Geschichte, welche um 75n v. Chr. ein jedenfalls

Priesterslande angehöriger Ephraimit, der sog. Elohist, rnommen hat. Sein Material schöpft er im wesentlichen

dem Jahwisten, hat aber manche Traditionen seiner mth (Abraham in Beerseba', Josua u. a.) hinzugefügt, die hlungen seines Vorgängers überat'beitel und recht häufig rhlechtert. Die Lücken der Ueberlieferung werden aus- fl, i. B, durch missverstandene Lieder (Num. 21, 21 IT.,

440 Fünftes Buch, zweiter Abschnitt

Jos. 10, 13)^ gelegentlich auch durch willkürliche ConstruC'- tionen; auch liebt der Schriftsteller, seine Gelehrsamkeit zi zeigen ; in der Josephsgescbichte z. B. bringt er wiederhol aegyptische Worte an (Gen. 41). In der Auffassung unter scheidet er sich auf das tiefste von seinan Vorganger; die Stelle naiver Erzählung tritt ein theologisches Schema - Die Ahnen Israels waren Götzendiener; da offenbarte sicti Jahwe dem Abraham und versprach ihm Kana'an. Abrahaa"^ ist nicht sowohl der Ahnherr des Volks als der Begründear der Jahwereligion und heisst ein Prophet. Nicht Mose erhält die Unterweisungen Jahwe*s im persönlichen Verkehr mit ihm» sondern dem ganzen Volke verkündet Jahwe vom Sinai herab seine Gebote. Neben Mose steht Aharon, dem sein Sohn El'azar als Oberpriester folgt; die Opfer werden nicht wie im Bundesbuche (§. 327) von Knaben aus dem Volke darge- bracht, sondern Jahwe sondert den Stamm Lewi ab, um vor ihm zu stehen zu seiner Bedienung. Am deutlichsten tritt die Tendenz des Verfassers in der Eroberungsgeschichte her- j vor, die fast ganz von ihm geschaffen ist. Das Volk unter i Josua's Leitung handelt einmüthig und geschlossen, die Arno- riter werden grösslentheils ausgerottet, das Land durch das Loos unter die einzelnen Stämme getheilt u. s. w. Neben dem eigentlichen Führer steht auch hier der Oberpriester. Gött- liche Inspiration, nicht menschliche Gesichtspunkte bestimmen überall die Handlungen. Die Stellung des Volkes zu Jahwe wird genau nach der Anschauung des im vorigen Paragraphen erwähnten, vom Elohisten aufgenommenen Liedes behandelt. Schon unmittelbar nach der Gesetzgebung fallt das Volk von Jahwe ab und lässt sich von Aharon das goldene Kalb machen eine Anspielung darauf, dass man in dem . grossen Heilig- thum von Bet-el Jahwe in Thiergestalt verehrte. Nach der Eroberung fragt Josua das Volk, ob es fortan dem Jahwe allein dienen wolle, der ihm bisher zum Siege verholfen, oder den Göttern seiner mesopotamischen Ahnen, oder den »Göl- tern der Fremde«, der Amoriter. Obwohl vor Jahwe*s Eife^ sucht von Josua gewarnt, verpflichtet sich das Volk feierlich

Der Elohist. Verwandte Geschichtswerke. 441

cum Jahwecult. Die Fortsetzung ist dann, dass das Volk sein Versprechen nicht hält, dass es sich von den unter- Bvorfenen Amoritern zum Cult des Ba'al und der Astarte ver- fuhren lässt. So wird der Uebergang gewonnen zur Noth 3er Folgezeit und den befreienden Thaten der »Richter«, und zugleich die Möglichkeit, die völlig isolirt dastehenden Tradi- tionen von diesen an einen bestimmten Faden zu reihen.

An Geist steht der Verfasser weit hinter seinem Vor- sänger zurück. Einzelne Partien sind gut gelungen, aber im allgemeinen ist seine Darstellung breit und platt, die Erfin- dung häufig trivial, mitunter sogar abgeschmackt. Höherer Schwung geht ihm völlig ab, man sieht, die Arbeit ist aus dem praktischen Bedürfniss hervorgegangen, ein bestimmtes System durchzuführen, die alten Traditionen nach dem neuen Schema zu überarbeiten und daher durch und durch tendenziös im guten wie im schlimmen Sinne. Religionsgeschichtlich ist sie daher von der allergrössten Bedeutung.

In denselben Kreis gehören auch einige andere, literarisch höher stehende Schriften, welche die Vergangenheit von den gleichen Gesichtspunkten aus behandeln. Vor allem die gross- artige, in ihrer Auffassung sich nahe mit Amos berührende Ge- schichte von Samuel und Saul (Sam. I, 15 u. 28) ; ferner die im populären Tone gehaltene, ins Groteske übertreibende Geschichte von Elia's Kampf gegen Achab's Ba'alscult (nur fragmentarisch erhalten in Reg. I, 17 19), der, wie früher bemerkt, fast jeder historische Inhalt abgeht. Für ihre Auffassung ist na- mentlich charakteristisch, dass hier (19, 15 f.) Elia wie in der parallelen Erzählung Reg. II, 8, 7 0". Elisa den Landesfeind Chazael von Damaskos zum Rächer Jahwe's an Israel bestellt. Auch manche der Legenden über 'Eli und Samuel u. ä. dürften hierher gehören.

Zur Charakteristik des Elohisten vgl. Wellhadsek, Geschichte I, 871 ff. Femer Z, altt. Wiss. I, 143 ff. 340 ff. - Im öbrigen ist darauf aufmerksam zu machen, dass, je weiter sich die Anschauungen entwickeln und vertiefen, desto weniger aus der logisrhen oder psychologischen Folge der Ideen ein sicherer Schluss auf zeitliche Folge gemacht werden

442 FDnR« Buebi tweiter Absohnitt.

kann, Der ältere Schriftsteller kann sehr wohl einen rurlgesehritleiienn Standpunkt einnehmen als der jängere. Dazu kommt noch, dass ja)«4e literarische Strömung nothwendig eine Gegenströmung hervorruft, dass vit geistigem Gebiete mehr noch als nnderswo das Gesetz der Wechselwirkung herrscbt. Hiervon vermOgen wir bei der israelitischen noch weniger al^ bei anderen alten Literaturen la erkennen, da ja die erhaltenen R«sl« derselben durchaus einseitig sind.

§. '602. Eine nocli grössere Vertiefung erhall das religiös - polilische Problem durch 'Arnos, einen Hirten aus dem Dorfe Teqoa' in Juda (um 7öU). In der späteren Zeil Jerobeam's 11. ging er nacti Bet-el , um dort den Willen Jahwe's zu verkünden, wurde aber aul' Betreiben des Priesters Amasja aus dein Reiche verwiesen. Atuos stellt zum ersten Male die rein ethischen Gesichtspunkte durchaus in den Vor- dergrund. Nicht Götzendienst und Bildei-cult allein ist es nach ihm, was den Zorn Jahwe's hervorruft obwohl na- türlich dies schon schlimm genug ist sondern ein vollstän- diges Verkennen seines Wesens, Dass man Unrecht öbl statt Recht, dass der Reiche den Armen drückt, der Gläubi(ter den Schuldner als Knecht verkauft, dass das Recht gebeugt wird, darum zürnl Jahwe und sucht sein Volk heim. Er ist ein heiliger und gerechter Gotl. die Befolgung seiner Sitlen- gebote ist seine Hauptforderung. Dass man in selbstzufrie- dener Scheinheiligkeit ihm Opfer bringt und zu ihui wall- fahrtot und dadurch ihn gnädig zu stimmen sucht, erbittert ihn nur noch mehr. »Ich hasse Eure Feste und Eure Opfer mag ich nicht ansehen ! Habt ihr mir geopfert und Gat>en gespendet in der Wüsle die vierzig Jahre lang, Volk Israel?* Darum sendet Jahwe Verderben über Israel und wird noch weil mehr senden bis das tiefste Elend gekommen ist, von dem dies auf seine Mauern und seinen Gott trotzende Volk, noch nichts ahnt, bis der Rest sich bekehrt und Gnade (indet und Jahwe den allen Glanz seines Volkes wieder aufrkihlen kann, Dass mit diesen Gedanken ein hocherregtes National- gefühl und erbitleiter Hass gegen die Dränger seines Volkes eng verbunden ist, bedarf keiner Ausführung, Arnos eröffnef

Arnos. Die neue Prophetie. 448

seine Schrift mit der Androhung des Strafgerichts, das Jahwe über die Feinde Israels verhängen wird, die gegenwärtig die Werkzeuge seines Zornes sind.

Sehr mit Recht sagt Amos von sich, er sei >kein Pro- phet, noch ein Prophetensohnc. Mit den nebi'im, wie wir ^ie früher geschildert haben, haben er und seine Nachfolger Sehr wenig zu thun, wenn auch der Name auf sie übertragen ^Verden ist. Amos gibt keine Orakel über zukünftige Er- eignisse, er verkündet in getragener Sprache seine innerste tJeberzeugung, deren Wahrheit ihm so sehr Gewissheit ist, dass er sie im Namen, im Auftrage Jahwe's ausspricht, dass ihm wie seinen Nachfolgern zufällige Ereignisse zu Zeichen und Grleichnissen werden, in denen Jahwe seinen Willen offenbart. t)anjit hängt zusammen, dass er seine Reden niederschreibt Und veröffentlicht: die Schriften der Propheten sind gewisser- ixiaassen religiös-politische Broschüren. Natürlich beurtheilen dieselben aber die Verhältnisse durchweg vom einseitig-idealis- tischen Standpunkte aus; es wäre z. B. verkehrt aus Amos Und Hosea zu schliessen, dass die socialen Verhältnisse in Israel schlimmer gewesen seien als anderswo. Dass die Pro- pheten mit solcher Leidenschaft die finstere Seite hervorkehren, erklärt sich nur aus der entsetzlichen politischen Nothlage der Nation; aus dieser aber auch vollkommen.

Vgl. 6. Baur, der Prophet Amos erklärt. Giessen 1847. Ewald, l^ropheten I. G. Hoffmajw, Z. altt. Wiss. III, 87 ff. Dass Amos arm gewesen sei, folgt aus 7. 14 keineswegs.

§. 363. Wie Amos alle idealen Elemente der bisherigen Entwickelung zusammenfasst und zum Abschluss bringt, so ist ^r auch die Grundlage aller folgenden geworden, die im wesent- lichen nur seine Ideen ausgeführt haben. Auf ihn folgt zunächst der nordisraelitische Hosea*, dessen Thätigkeit in die '^*2ten Jahre Jerobeam's II. und die dann folgende Zeit der '^'^archie und der blutigen Thronwechsel fallt; dann der Ju- ^aeer Jesaja. Hosea führt Amos* Ideen weiter aus: >Liebe ^'1' ich, nicht Opfer; Gotteserkenntniss, nicht ßrandopfer.« ^^ eifert gegen die Priester, welche Jahwe's Gebote vergessen

444 Fünftes Buch, zweiter Abschnitt.

haben und das Volk zu unterrichten unterlassen, gegen die Könige, welche die Schuld nur vermehren. Literarisch ist besonders wichtig, dass Hosea zuerst in Folge persönlicher Verhältnisse das Verhältniss zwischen Jahwe und dem Volk als Ehe, den Abfall als Unzucht fasst, ein seitdem bis zum Ueberdruss wiederholtes Gleichniss.

Sehr charakteristisch ist nun, dass trotz der rein ethi- schen Auffassung der Propheten ihnen eine Umsetzung des nationalen Verhältnisses zu Jahwe in das der einzelnen Indi- viduen zu ihm ganz fern liegt. Bei anderen Völkern hat eine ähnliche Entwickelung zu der Anschauung geführt, dass die äusseren irdischen Dinge völlig gleichgültig seien, dass auf das ethische Verhalten des Einzelnen alles ankomme; man hat den ethischen Charakter der Gottheit durch den Gedanken einer ausgleichenden Gerechtigkeit nach dem Tode zu halten gesucht. Derartige Gedanken setzen eben den ünsterblich- keitsglauben voraus, der in Israel völlig fehlt. Immer ist ihnen das irdische Leben das einzige, das Individuum nur ein Glied der Nation, das materielle Wohlergehen des Volkes das letzte Ziel, das Jahwe ihm gewähren wird, wenn es zur rechten Einsicht gekommen ist und seine Sunden abgebösst hat.

Ueber Hosea: Ewald, Proph. I. Wellhausen, Einleil. 400 ff. Gesch. T, 141. 433. Aus dem Gesagten erklärt sich auch, warum die Frage nber die Ursache von Glöck und Unglück des Einzelnen, die bei Heu Indogermanen überall im Vordergrund der Betrachtung steht, so gan^ zurücktritt. Dem Glauben des Volkes genügten ursprOnj?lich die will- kührlichen Launen Jahwe's als Erklärungsgrund (vgl, z. B. Sam. 11, 24, 1) Als dann der Glaube an Jahwe's Gerechtigkeit allgemein wurde, folgerte man . dass jedes T^nglnck die Folge einer Verschuldung sei (vgl. auch Exod. 20). Erst nach dem Exil hat man sich eingehender mit dieser Frage beschäftigt: das Buch Hiob gibt die grossartige, aber echt semi- tische Lösung, die auch der Islam aufgestellt hat, dass Jahwe allmächtig und unerforschlich sei und es dem Menschen gar nicht zukomme, Tiber diese Fragen zu grübeln.

§ :^t.)4. Natürlich gibt die bisher geschilderte Entwickelung nur die eine Seite des geistigen Lebens. Es ist selbstverständlich, dass andere, oft sehr mächtige Strömungen daneben lierliefen,

Hosea. Stimmung der Masse. 445

von denen wir indessen höchstens durch indirecte Zeugnisse etwas wissen. Gewiss ist mancher edle Geist zur Verzweif- lung, zum reinen Indifferentismus gekommen, während andere sich von Jahwe abwendeten und nun in der That bei den >Göttern der Fremde«, der mächtigen Gegner, Heil und Ret- tung suchten wie die Aegypter des Neuen Reichs die mächtigen Götter ihrer syrischen Feinde ins Pantheon auf- nahmen (§. 238). Wir begegnen seit der zweiten Hälfte des achten Jahrhunderts einer immer mächtiger werdenden poly- theistischen Strömung, wie denn der Cultus »des ganzen Him- melsheeres«, namentlich dös babylonischen Steriigottes Kewän (Salurn) und des »Königs Sakkut« (Amos 5, 24; vgl. Schrader in Stud. und Krit. 1874, 324 flf.) erst in dieser Zeit aufgekom- men sein wird. Zweifellos ist überhaupt in dieser Epoche der Einfluss der assyrisch - babylonischen Cultur auf Syrien noch weiter angewachsen; auch die babylonische Sündfluth- sage ist um diese Zeit in das Werk des Jahwisten eingelegt (§. 177). Die Masse des Volkes aber suchte nach wie vor ihre Rettung in immer peinlicherer Handhabung des äusseren Cultus. So wird das ursprünglich nur auf das Vieh (und die Feldfrüchte) bezügliche Gebot Jahwe's »alle Erstgeburt ist meine auch auf die erstgeborenen Knaben ausgedehnt, die durch ein Opfer gelöst werden müssen (Exod. 34, 20 = 22, 28, vgl. 13, 13). König Achäz von Juda (um 730) griff in seiner Noth zu dem- ^ü>en Mittel, mit dem Mesa* von Moab sich gerettet und das ^'e Phoeniker übten; er brachte seinen Sohn (dem Jahwe) ^'s Opfer dar (Reg. II, 16, 3). Im siebenten Jahrhundert ^^de es dann allmählich allgemeiner Brauch, Söhne und *^cljter dem Jahwe oder dem Ba'al als Brandopfer darzu- ^rjiigen, >Dinge, die ich nicht befohlen, die mir nie in den '^^Tx gekommen«, wie Jahwe bei Jeremia (7, 31 = 19. ">. •"' 35) sagt.

Ueber das Opfer der Erstgeburt vgl. Wellhausen, Gesch. I. 91. Falls ^ ^iter Zeit in Israel Menschenopfer vorgekommen sind (§. 310), haben ^^ Hiit dem jetzt aufkommenden Brauche jedenfalls nichts zu thun. Dass ^^ auf der Brandstätte (nSP) i"^ Thale Benhinnom (Gehenna) bei

44t) Fünftes Buch« dritter Abschnitt.

Jerusalem dargebrachten Kinderopfer dem Jahwe galten, sagt Jerenoia deutlich, ebenso Ezech. 20, 25 f. 81. Dass das Opfer dem (ammoniti- sehen) Gotte Molek (Milkom) dargebracht sei (Reg. II, 23, 9; Jer. 32. 35), ist demnach falsch; nach den Stellen bei Jeremias hat man vermutlilich

bei diesem Opfer den Jahwe speciell als *I?D *^« »König« oder als 7^3 »Herrc bezeichnet.

IIL Die Eroberung Syriens und Babyloniens

durch die Assyrer.

Tiglatpileser II.

§. 3(55. Die Thronbesteigung Tiglatpileser's IL bezeichnet einen neuen Wendepunkt in der Geschichte Vorderasiens. . Seine erste Aufgabe war, die vielfach, namentlich durch die Ala- rodier, geschwächte Machtstellung seiner Vorgänger wiedenu- gewinnen; doch ging Tiglatpileser darüber weit hinaus.. Wenn bisher die assyrischen Könige sich im wesentlichen mit der Unter- werfung Mesopotamiens und der Na'iriländer begnügt hatten und in den entlegeneren Gebieten, namentlich in Babylonlen und Syrien, sich auf Tributerliebung und Ausplünderung be- schränkten, so nahm der neue Herrscher die systematische Aufrichtung eines grossen Weltreichs in Angriff. Gleich im ersten Jahre seiner Regierung, im Tisri 745, zog er gegen Babylonien. Hier bestand wie zur Zeit Salmanassar's IL eine ganze Reihe kleinerer Staaten. In Babylon selbst herrschte seit 747 v. Chr. ein König Nabonassar (Nabünäsir), mit dem, wie es scheint aus rein zufalligen Gründen, die Königsliste des ptolemaeischen Canons (§. 12ß) beginnt; ihm folgte im Jahre 733 ein König Nadios (Nahid). An das Gebiet von Babel (Kardunias) schlössen sich dann die Fürstenthümer des eigentlichen Chaldaeerlandes bis nach Bit -Jakin am Meere hinunter (§. 339), und daneben die Gebiete der zahlreichen Aramaeerstämme, Itu'a, Puqudu u. s, w. üeber dreissig derselben zählt Tiglatpileser auf »an den Ufern des Tigris, Euphrat, Siirap"

Tiglatpileser II. gegen Babfl<

(ein Canal SüdbabyloniensV} und Uknü (Ghoaspes) bis zum unteren Meer«. Diese Gebiete traf der erste Angriff des Königs. Dur Kurigalzu und Sippar im Norden von Babylon, ferner Nippur wurden unterworfen, alle Arainaeerstämine mussten sich fügen. Nabüusabsi, Fürst von Bft-Siläni, wurde am Ttiore seiner Hauptstadt Sarrabänu gepfählt, ein grosser Theil seiner Bewohner fortgeschleppt, das ganze eroberte Gebiet dem Reiche einverleibt. Tiglatpileser konnte den Titel »König von Sumer und Akkad« annehmen (Lavauu, Inscr, 17). Wie es scheint. erkannte auch der König von Babel, das in den fragmentari- schen Berichten über diese Feldzüge nie erwähnt wird, die assyrische Oberhoheit freiwillig an. Während der nächsten Jahre vollendeten dann die Generale des Königs die Unter- werfung des gewonnenen Gebiets und führten aus den unbot- mässigen Stämmen zahlreiche Einwohner fort, die in den inzwi- schen eroberten syrischen Landschaften angesiedelt wurden (738 1. Uie InscbriftKri Tigiatpileser's elnä iin^ in Folge der Zerstörung seines Palastes [$. 370) sSmtnllich nur fragmeiitarlach erhallen, Sie verfallen In lU'^ammenrassende, nichl chronologisch, sondern oach den Ländern ge- ordnete Darstellungen (11 R, Ö7 mit dem von Si:hb«w;b pubhcirlen üuplicat, verfasst 743; Lsvabo, Inscr. 17 f., iferrasst 729) und Annalen, nelche die DarBtellungen der Kellers htgleiten und die Begebenheiten in chronologischer Folge kurz erzählen, Letilere (111 R. 9. 10 und vor allem bei Layard, von niehreren isl der Text noch nichl publicirl!) 5ind bei vielen Jahren vfillig verloren. S, Schhaiikb, Zur Krilili dfr Inschr. Tiglatp., Abb. Berl. Ak. 1879 und KAT. ' 242 IT.; Uebersetxung von Smlth, Asajr. Disc. 253 If.. vgl. Schbaoeii, KGF. passira. Nabo- nassar und Nadioa finden sich auf Denkmälern nicht und waren jeden- ralls ganz unbedeutende FQraten. Bei nochmaliger Ueberlegung scheint w mir fast zweirellos, dass Berosgos seine Dynastie von 45 KOnigen (bei Eugeb. I, 25) nicht mll Nabonaesar's, sondern mit Tiglatpüeaer's Thron- besteigung 731 enden liess; danach ist g. 123 zu berichtigen. [Anders i. GuTscHMib in Schoene's Eusebiua I, 240J. Die Angabe bei Sjnkelto'^ p. 390. Nabonassar habe <)ie ■ayi^tii: seiner Vor^nger vernichten lassen,

ii:uif «.-' «ütoä -fi naT«pia(j.7j0li; ■(ivTjti! tAv XhaSoIiuv ^anlXiiav. scheint

mir lediglich errunden, um für den Anfang der astrou. Aera eine plau- sible Erklärung xu geben.

§. 'MV). Die nächsten Feldzüge (744,;j) bexwecklen die Wiederherstellung der stark geschwächten assyrischen Macht im

44^ Fünftes Buch, dritter Abschnitt.

Osten und Norden. Zunächst wurden die zabimchen St^iiiuM und Fürst enthunier des Zagrosgebirges unterworfen und i haller über sie gesetzt; auch »alle Fürsten der Meder I zum Berge Bibni« im fernen Osten fügten sich der assyriscba Maciit. Daran sch]o=!? sich unmittelbar ein Kri^ gegen i menien ; die Fürsten von Urartii hallen ja einen Theil i Gebietes sich unterworfen (§. ■>i2). König Sardiiri (L wijrt besiegt und in seiner StadI Turuspa (ob mit Thuspö = identisch?) belagert vor derselben errichtete Tiglatpik«a sein Bildniss , weite Gebiete Armeniens verwüstet, im nächsten Jahre (74::t) die Vasallen von Melitene, Kummof^ Gamgum u. a. sich mit Sarduri vereinigten, wurden sie i geschlagen, ihr Lager erobert und geplündert. Das eigenlbdM Ürarlu freilich wurde nicht erobert, aber der Haupttheil d Na'iriländer, vor allem das ganze Land Kirchn (§. ^47,1 W wieder gewonnen. Weitere Feldzüge, im Jahre das Land Aa (§. :141), d. h. das Zagrosgebirge und ütäg^ und im Jahre 7^'j gegen Urartu, dienten zur Befestigung i assyrischen Herrschaft.

g. 367. Der Sieg über Sarduri im Jahre 74^ hatte die «ÖM Folge, dass die Kleinstaaten Am Ämanos die anoenischc s der assyrischen Oberhoheit verlauschen mussten. Im f Jahre begann die Eroberung des übrigen Syriens. K Pisiri vom Karkamis seheint sich, wie seine Vorgfinger. i weiteres unterworfen zu haben. Um so energischeren Wider- stand leistete die StadI Arpad (nördlich von Ghateb); nl nach dreijährigem Kampfe wurde sie bezwungen (74u), I Fragment der Annalen erzählt, wie der König Tulammu » Kinalia (früher Kunulua genannt, Hauptstadt des Landes PaM besiegt, die Stadt erobert und ausgeplündert inid dem assf- Tischen Reiche einverleibt wurde (Latabo -I.j, III K. i', Auch 731' und 738 blieb der König in Syrien. Vom Hm Hamät wurden ly Distriele an der Meeresküste, dJe g rebellisch gezeigt hatten, darunter ein Theil des LibanoncebMi die phoenikischen Städte Simyra, Arqa u. a., ferner ( (§. 342J abgeschnitten und zu Assyrien geschlagen. Tm i

Tiglatpileser g^gen Anuenien und Syrien. 449

Einwohnern wurden viele nach den armenischen Provinzen verschleppt, Aramaeer aus Babylonien an ihrer Stelle ange- »iedell. So war das Orontesthal zum grössten Theil dem Reiche unmittelbar eingefugt. Alle Fürsten der uns von froher her bekannten Staaten Syriens zahlten Tribut, unter ihnen Hiram II. von Tyros, Sibittiba'al von Byblos, 'Eniel von Hamät, Reson von Damaskus und die Araberfürstin Zabibd, ebenso die Fürsten der Tabal und Kaskaeer (§. 273 Anm.) Qnd anderer Gebiete nördlich vom Tauros. Auch der vor wenig Jahren durch Bürgerkrieg auf den Thron gekommene Me- nachem von Israel erscheint im Jahre 738 in der Liste der Tributzahler. »Um sein Königthum zu sichemc, vor allem wohl, um an dem Assyrerkönig einen festen Rückhalt zu haben gegen seine Gegner im Lande, berichtet das Eönigs- buch (U, 15, 19), zahlte er dem Phül (d. i. TiglatpUeser) 1000 Talente Silbers. Zu ihrer Beitreibung legte er auf alle kriegspflichtigen Leute, d. h. auf alle Besitzenden die Be- sitzlosen waren demnach in Israel wie in allen ursprünglichen Staatsordnungen auch vom Heerdienst ausgeschlossen eine Kopfsteuer von 50 Scheqeln. Es muss demnach damals in Israel deren 60,000 gegeben haben.

In dem Bericht über den Feldzug von 738 wird auch 'Azarja von Jnda erwähnt, in welchem Zusammenhang, lassen die verstümmelten ^nd hier auch im Ausdruck undeutlichen Berichte IH R. 9, 2. 3 nicht ^cher erkennen (vgl. Sghrader, KGF. 395 ff.) Der Name Patin kommt l^i Tp. nicht vor; das Reich von Kinalia heisst bei ihm Unqi.

/^nn ^IDJ Reg. n, 15. 20 ist von den Uebersetzungen und Gommen- ^toren seltsam missverstanden. Beziehen sich Hos. 11, 5. 14, 4 auf ^^ BOndniss Menachem*s mit Assur?

§. 368. Die fünfjährige Invasion der Assyrer musste ^llen syrischen Staaten die Augen darüber öffnen, dass es sich um ihre Existenz handelte. Zwar mochte die Masse der Bevölkerung in Hamät und Damaskus, in Samaria und Jeru- •^em auf ihre Stammgötter bauen und des festen Glaubens J^ben, wenn auch die Nachbarn der Reihe nach erlegen waren, ^erde doch ihr Gott sich mächtiger erweisen als alle Feinde

Meyer, Oeschlehte des Alterthums. I. 29

450 Fünftes Buch, dritta^j(i(lMcbnitt

(vgl. Reg. II, 18, 29 flf.), und die Politiker mochten erkennen^ dass der Nachbarstaat am Nil interveniren mässe und un- möglich ganz Syrien ohne Schwertstreich an Assyrien fallen lassen könne (vgl. Jes. 7, 18). Indessen wenn im Jahre 854 der Pharao Truppen nach Syrien zur Abwehr der Ass3rrer geschickt hatte, so herrschte jetzt in Aegypten vollständige Anarchie, die drohende Invasion der Euschiten machte jedes ernstliche Eingreifen in die syrischen Dinge unmöglich. Die Einsichtigen konnten nur mit den trübsten Erwartungen in die Zukunft blicken. Wie sie in Israel dachten, zeigen die Schriften der Propheten, und nicht viel anders mag man im übrigen Syrien die Lage aufgefasst haben abgesehen natürlich von der eigenartigen Durchsetzung der politischen Ideen mit den An- schauungen des Jahwismus, die das Ergebniss der zuletzt durchlaufenen Entwickelung war. Schon Amos und Hosea hatten dem Volke die ärgste Heimsuchung, die Verwüstung seines Landes, die Zerstörung seiner Städte verkündet, aber doch die Hofifnung auf schliessliche Erbarmung Jahwe's (Hos. 2, 25. 11, 9 ff.) nicht aufgegeben, eine Vernichtung des Volks für unmöglich gehalten. Schwärzer sah Jesaja, der im Todes- jahre des 'Azarja (738/7) zuerst in Jerusalem als Prophet auf- trat. Er weiss, dass er nur Unheil zu verkünden haben wird (Jes. 6, 9 fif.). Das ganze Volk ist der Vernichtung geweiht, Samaria wird zu Grunde gehen, Juda aufs ärgste heimgesucht werden, bis »der Rest umkehrt« und Jahwe aus ihm sich ein neues Volk zeugen, den Glanz der Zeit Davids wieder herstellen kann. Gerne ergeht sich der Prophet in diesem Zukunftsbild; aber die Gegenwart ist um so düsterer, die Voraussetzung, unter der allein Jahwe helfen kann, erfüllt sich nicht, das Volk will nicht zur Einsicht gelangen, in sich gehen und umkehren. Historisch liegen die Dinge natürlich gerade umgekehrt: eben weil Jesaia die politische Lage deut- lich durchschaut und für die Zukunft nur Schlimmes ver- künden kann, steht ihm die Voraussetzung zweifellos fest» dass das Volk von Grund aus verderbt ist und Jahwe's Zorn anhalten wird.

\

Jesaia. jberung von Damaskus. 451

§. 369. Eine Coalition wie die vom Jahre 854 hätte

illeicht Syrien noch einmal aus der Land der Assyrer zu

.ten vermocht; indessen dazu kam es nicht. Vielmehr

stehen, kaum dass Tiglatpileser sich nach Osten gewandt

tte (737—735), die alten Kämpfe von neuem aus. In Israel

ir Menachem gestorben, sein Sohn Pekachja wurde von

nem Wagenlenker Peqach, dem Sohne Remalja's, ermordet.

t ihm verband sich Resön von Damaskos zum Angriff auf

da, wo inzwischen auf 'Azarja sein Sohn Jotam gefolgt war.

rselbe starb während des Kampfes (Reg. II, 15, 37), sein

hn Achaz (ass. Jauchazi II R. 67, 61 d. i. Joachaz) wurde

Jerusalem belagert, der Hafenort Ailat den Juden entrissen

335) und an Edom zurückgegeben. Indessen es war klar,

SS durch derartige Kriege nur den Assyrem vorgearbeitet

irde (Jes. 7 f.) ; sei es aus eigenem Antriebe, sei es auf das

ilfegesucli des Achaz (Reg. II, 16, 7) zog Tiglatpileser im

ire 734 aufs neue nach Syrien. Die Eponymenliste lässt

zunächst in Philistaea, dann 733 und 732 gegen Da-

skus kämpfen. Jedenfalls wurde die Stadt in letzterem

"e nach längeren Kämpfen, von denen wir in den Ueber-

m der Annalen nur sehr fragmentarische Kunde haben,

ert und ausgeplündert, die angesehensten ihrer Bewohner

Qir (etwa in Armenien?) fortgeschleppt, ihr Gebiet dem

ischen Reiche einverleibt. Achaz von Juda kam selbst

Damaskos, um dem Könige zu huldigen und Tribut zu

\.

ir hebr. Chronologie vgl. §. 356. Wenn Jotam statt 16 nur etwa regierte, begreift es sich , dass wir von Jesaia's Thätigkeit unter egierung nichts erfahren.

370. An den Fall von Damaskus schlössen sich zahl- ndere Erfolge. Dem israelitischen Reich wurde Gilead ganze Norden des Gebiets westlich vom Jordan (*Ijon, -Ma'aka, Qades, das ganze Land Naphtali u. a.) ab- und zu Assyrien geschlagen, seine angesehensten Be- »rtgeföhrt. Pekach selbst wurde, sei es vom Assyrer-

452 Fönfled Buch, dritter Abschnitt.

könig, sei es von seinen Unterihanen erschlagen'), Hosei' (ass. Ausi') zum Herrscher über den Rest des Reiches ein- gesetzt. König Channun (Hanno) von Gaza masste nach Aeg3rpten fliehen, seine Stadt wurde eingenommen, die Aniw^ königin Samsie wurde besiegt und musste grosse Heerden von Karaeelen und Rindern geben, alle früher unterworfeDen Staaten, ferner Arados, 'Ammon, Monb, Edom» Askak)nu.a. zahlten Tribut. Weiter südlich wurde der Araberstamm Idi- ba'il (bXDlX Gen. 25, 13, s. Delitzsch, Parad. 301) lur Bewachung der Grenze gegen Aegypten angesiedelt Auch die entfernteren Araberstämme zogen es vor mit der neuen Grossmacht auf gutem Fusse zu stehen, um in ihren Handels- beziehungen zu den syrischen Landern nicht gestört zu werden: eine ganze Reihe von ihnen, sogar Saba (§. 403), schickten Gold und Sillx^r, Kameele und andere Gaben an den Asspr- könig. Nur das mächtige Tyros scheint die Wahrung semer Unabhängigkeit versucht zu haben, wenn auch König Hiraiu IL im Jahre 738 Tribut zahlte. Wir erfahren, dass Tiglatpileser (offenbar gegen Ende seiner Regierung) seinen »Obersten« (rabsak) ge?i»n den König Metinna schickte und einen hohen Tribut, darunter ir>0 Talente Gold, von ihm erpresste. Drf- seU)e hat auoh den unbotmässigen Könijr Uassurmi von Tabal dureh einen anderen |^C4hulli) ersetzt.

Zu iJen sich erjrilnzondi^n Inschriften III f^ 10. 2. Lwarp »U), IIB. 07. 5o flf. v«:l. S. HU VIER. KGF. -201.

§. :>7l. Von Syrien zog Tiglatpileser im Jahre T-U 7uni •/.weiten Mal ireiren Babvlonien und unterwarf die Kleinstaaten C'haMaea*s der Reihe nach. Zunächst wurde Bit Sa'alli bf- /.wunden, seine Städte erolvert, seine Einwohner fortgesihleppJ- Kner^iseheren Widerstand leistete Tkinzir von Bit-Aniukkän:: ^ein liebiet wurde verwüstet, alvr seine Hauptstadt Sapi;* konnte r^.ieht eroiert werden. Wie es scheint, wurde ein Ver

in !^. W. *J -^ >' wahr<ohe:r.'.\'h :n ^»rsteivm Sinne lu er^M*"' n.irli K-iT. II. r^. .»'.» tTsch' :^ :hii H.*>^a. B^:des ii-esse sich ^ni f-*

Zweiter babylonischer Feldzug. Salmanassar IV. 453

trag abgeschlossen, durch den Ukinzir seine Herrschaft be- hielt und auch in Babylon als assyrischer Vasall eingesetzt wurde; der ptolemaeische Canon verzeichnet für die Jahre 731 727 eine gemeinsame Regierung des Chinziros und Porös, <i. i. des Ukinzir und Tiglatpileser (§. 343). Letzterer fügt seitdem dem Titel >König von Assyrien, König von Sunier lind Akkad« noch den weiteren >König von Babel« hinzu. Jedenfalls wurde im wesentlichen ganz Babylonien den Assyrern "tributär ; auch Mardukbaliddin, der Fürst des »Seelandes« Bit- Jäkin an der Euphratmündung (§. 339), kam nach Sapija, ^m seinen Tribut zu überbringen und dem König zu huldigen.

Von 726—722 nennt der ptol. Kanon einen König llulaios; ver- xnutblich hat also Salmanassar IV. bald nach seiner Thronbesteigung cjen Ukinzir abgesetzt.

Salmanassar IV.

§. 372. Im Jahre 727 starb Tiglatpileser. Er hinterliess seinem Sohne Salmanassar IV. ein gewaltiges Reich, das alle semitischen Culturländer und dazu die Ränder des klein- asiatisch-armenischen und des nordiranischen (medischen) Hochlandes umfasste. Der neue Herrscher scheint während seiner kurzen Regierung, aus der uns Inschriften nicht erhalten sind, ausschliesslich in Syrien gekämpft zu haben. Die politi- schen Verhältnisse hatten sich hier inzwischen geändert; im Jahre 728 hatte der Aethiope Sabako Aegypten bezwungen (§. 353) und konnte daran denken, der wachsenden Macht Assyriens entgegenzutreten. Der von Tiglatpileser aus Gaza verjagte Hanno kehrte in seine Heimath zurück, und wir erfahren, dass König Hosea von Israel, der dem Salmanassar, als er zuerst in Syrien erschien, den Jahrestribut gezahlt hatte, jetzt mit Sabako Verhandlungen anknüpfte und den Tribut weigerte (Reg. ü, 17). Sofort wandte sich Salmanassar f:egen ihn. Der König fiel in seine Hand (725/4), aber seine Haupt- stadt leistete energischen Widerstand. Ofifenbar hoffte man auf Entsatz durch Sabako; doch blieb derselbe aus, vermuthlich

454 Fanftea Buch, dritter Abschnitt.

weil Unruhen in Aegypten ihm ein Eingreifen in Syrien n* möglich machten. Nach dreijähriger Belagemng ist Sanmii gefallen {Ende 722), Aber schon vorher war Salmana^ar gestorben oder vom Throne gestossen worden. Der ne» Herrscher stammte nicht aus Tiglatpüeser's Geschlecht, « erwähnt den Namen seines Vaters nie; wolil aber neniil er die uralten Könige Assyriens seine Ahnen , und Name Sargon, den er sich beilegte, bezeichnet ihn wie da alten König von Agade (§. 133) als den »legitimen HerrsdKfL Es ist daher sehr wohl möglich, dass er ein Nachkomme iu alten , von Tiglatpileser gestürzten Königsgesehlechles wa und den Sohn des Usurpators vom Throne gestossen hat.

Der von Josephus IX, 14 dem Salmanassar zugeschrieben« Iriq gegen Tyros ist in Wirklichkeit von Sanherih geführt worfien, «. S- 357. Jtt

Sargon's FeldzUge.

§ 373. Der Thronwechsel vollzog sich nicht ohne sllrti Erschütterungen, Mardukbaliddin von Bit Jakin bemächtifit sich ganz Babyloniens und verjagte den assyrischen VasiU» könig (721); Chumbanigas, König von EInm, unterstülitc üa und bedrohte die assyrische Grenze; im Norden bereitete Kdnif Ursä von Urartu, der Nachfolger des Sarduri II,, eine i Erhebung vor. Indessen Sargon erwies sich allen Schwii keiton gewachsen. Zunächst führte er die Belagerung ria's zu Ende, das noch 722 fiel. Ueber 27,UUU Einwohi wurden forlgescbleppt, das ganze Land zur assyrischen Pn^ vinz gemacht. Dann zog er nach Osten, warf Chumbanii zurück und errang, wie er wenigstens behauptet, auch gq Mardukbaliddin Vortheile, ohne indessen die Herrschaft Jil Baliylonien wiedergewinnen zu können (721), Inzwischen » in dem Vasallenstaat Hamäl eine Empörun;; ausgebroebÄ Ein gewisser Ilubi'd ') hatte sich, vermuthlich von ÄegJpW aus unterstützt, des Thrones bemäcliligt und die Städte Ari»4

') T;2":t<. var. jaubiM ly^in^-

Fall Samaria*s. Sargon in Syrien. 455

Damaskos, Samaria, Simyra, also den Haupttheil des un- mittelbar assyrischen Gebietes in Syrien, zur Empörung ver- leitet Mit der gesammten Heeresmacht seines Reichs zog Sargon gegen ihn (720), belagerte ihn in Qarqar (§. 336), eroberte und zerstörte die Stadt und Hess dem Usurpator die Haut abziehen. Jetzt endlich war es dem Sabako möglich, mit Heeresmacht in Sjnrien zu erscheinen. Er vereinigte sich mit Hanno von Gaza, bei Raphia (Rapichi) an der Sädgrenze Pliilistaea's kam es zur Schlacht, und wenn auch Sargon's Bericht übertrieben sein mag, dass die Ässyrer siegten, ist unzweifelhaft Hanno selbst wurde gefangen, sein Gebiet verwüstet. Offenbar gestatteten die inneren Verhältnisse seines Reichs dem aethiopischen Herrscher jetzt so wenig wie später den Kampf weiter fortzusetzen. Aber auch Sargon konnte nicht daran denken, seinen Sieg weiter zu verfolgen und zum Angriff auf Aegypten überzugehen; nachdem der Westen be- hauptet war, galt es die Nordgrenze seines Reichs zu schir- öien oder vielmehr wiederzugewinnen.

Die Inschriften Sargon's, welche meist aus seinem Palast in Chor- sabad stammen (ed. bei Botta, Mon. de Ninive III. IV, und zum Theil ton Opfert) zerfallen in zwei Hauptclassen : 1) Die Annalen, eine chrono- logische Darstellung der Ereignisse vom Jahre 1—15, übersetzt von Opfert, Inscr. de Dour-Sarkayan 1870, S. 29 fif. und RP. VIL 2) Die übrigen, vorwiegend nach geographischen Gesichtspunkten geordneten, Diehr oder weniger ausführlichen Inschriften, unter denen die sog. Fasten (Offert et M^NAirr, Lcs Fastes de Sargon 1863 und Grande inscr. de Khorsabad, Joum. as. 1863), die Gylinderinschrift I R. 36 (Lton, Cyl. hischr. Sargon's II, 1882) und die Stele von Gypern (im Berl. Mus., III ^> 11, ScHRADER, Abb. Berl. Ak. 1881) die wichtigsten sind. Sämmt- liehen Inschriften Hegt im wesentlichen derselbe Urtext zu Grunde, aber 'Q verschiedener Anordnung und Ausführlichkeit. Sie behandeln die

f Ereignisse bis zur Vollendung von Dür-§arrukln im 15. Jahre des Königs.

^ ^^9 älterer Zeit (715?) stammt nur die Inschrift Latard 33 f. aus ^imrud. Die zahlreichen kleineren Inschriften Sargon's sind meistens ^'eichfalls von Opfert, Inscr. de Dour-Sarkayan behandelt. Vgl. auch ^HRADER, KAT. * 394 ff. Von Juda ist bei Sargon [ausser Smith, Ass. Disc. 291, 32] auffallender Weise nie die Rede; nur Lay. 33, 8 ^ennt er sich mit Bezug auf den Feldzug von 720 »ünterjocher des lindes Juda«.

456 FOnftes Buch, dritter Abschnitt

§. 374. Das Reich Urartu war durch Tiglatpileser's Siege zwar schwer geschädigt, aber keineswegs vemichtet, und mit allen Kräften arbeitete jetzt König Ursä an der Wiedergewin- nung der alten Machtstellung. Mit den Nachbarn in Ost und West knüpfte er Verbmdungen an. Zunächst brach bei den Mannaeem ein Aufstand aus (719), eine Reihe von Ortschaften fielen von ihrem König Iranzu zu Ursä oder zu Mitatti von Zikirtu ab. Sargon warf sie nieder, verpflanzte die Bewohner nach Syrien und bezwang während der nächsten Jahre eine Reihe kleinerer, sonst unbekannter, al)er jedenfalls im Norden zu suchender Laj:idschaften, wie Pappa, Lallukna, den König Kiakku von Sinuchta letztere Stadt scheint westlich von Armenien gesucht werden zu müssen. Inzwischen hatte Ursä eine grosse Coalition zu Stande gebracht (716). Der Mannaeer- könig Iranzu war gestorben, sein Sohn Aza wurde von semen Unterthanen erschlagen, Bagdatti von Mildis, die Fürsten von Kar'alla und Zikirtu schlössen sich an, weiter eine grosse An- zahl medischer Fürsten, unter ihnen Dajaukku, der Dejokes der Griechen. Weiter im Süden empörte sich die Stadt Char- char und fand Unterstützung bei dem Könige Dalta von Ellip (in Südmedien, KGF. 174 flf.). Im Westen benutzte der Moscherkönig Mitä die Gelegenheit, sich nach Kilikien hin, gegen Qui, auszudehnen, und Amris (var. Ambaris) von Tabal schüttelte, mit ihm und Ursä verbündet, das assyrische Joch ab. Indessen der Reihe nach wurde Sargon Herr aller Gegner. Bagdatti von Mildis wurde besiegt und hingerichtet, in Manna Aza's Bruder Ullusun eingesetzt, und als derselbe sich den Geg- nern anschloss, durch einen raschen Feldzug seine Hauptstadt Izirtu erobert, er selbst aufs neue zur Huldigung gezwungen. Kar^alla und eine ganze Reihe anderer Districte wurden unter- worfen, die Bewohner fortgeschleppt. Charchar wurde erobert und erhielt den Namen Kar-äarrukin ; 28 medische Fürsten kamen hierher, dem Grosskönig zu huldigen. Im nächsten Jahre (715) wurde zunächst Dajaukku gefangen und mit den Angesehen- sten seines Reichs nach Hamat verpflanzt, dann ein medischer Ort nach dem, andern bewältigt, starke Befestigungen in der

Sari^n und Ursä von Armenien. 457

Nähe Yon Ear-Sarrukin angelegt, ein grosser Theil des Landes zu Assyrien geschlagen. Dalta von Ellip musste Tribut zahlen und war fortan wie der Mannaeer Ullusun ein getreuer Vasall der Assyrer. Im Jahre 714 wurde dann Ursä selbst völlig geschlagen, sein Bundesgenosse Urzana von Muzasir (südlich von Wan) musste fliehen, die Stadt Muzasir wurde erobert, ihre Tempel zerstört. Der erbeutete Siegelcylinder Urzana's ist noch heute erhalten. Ursä erkannte, dass das Werk seines Lebens, die Bezwingung der Assyrer und die Wiederherstellung der Macht von Urartu, vereitelt sei; in Verzweiflung gab er sich selbst den Tod. Ihm folgte Argistis II. Eine Unter- werfung des eigentlichen Urartulandes hat Sargon so wenig wie Tiglatpileser versucht. Medien dagegen war zum grössten Theil besiegt; ausser dem direct' unterthänigen Gebiet (na- mentlich Ear-äarrukin) und den Vasallenkönigen von Manna and Ellip zahlten im Jahre 713 sechsundvierzig medische Häuptlinge Tribut.

§. 375. So lange der Krieg im Osten dauerte, hatte Sargon zur Vertheidigung des Nordwestens wenig thun können, ja er hatte die Eroberungen des Moscherkönigs Mitä in Qui, sowie die Unterwerfung des rauhen Kilikien (Chilakku) durch Ambris von Tabal officiell anerkannt. Jetzt (713) wandte er sich gegen letzteren, führte ihn und die Seinen nach Assyrien und machte sein Land (oder wenigstens einen Theil desselben, denn noch unter Assurbanipal finden wir einen König von Tabal) zur Provinz. Dann kam die Reihe an die nordsyri- schen Staaten. Schon 717 hatte Sargon den Chetakönig Pisiris, der sich mit Mitä eingelassen hatte, gefangen gesetzt, Earkamis genommen und dem alten längst der Ohnmacht verfallenen Chetareich definitiv ein Ende gemacht. Jetzt traf der Reihe nach die Staaten Milid (Melitene) mit der benach- barten Landschaft Chammanu [Chammanene] (712), Gam- gum (711), Kummuch (708), dessen König Mutallu bei Argistis II. von Armenien Hülfe gesucht hatte, dasselbe Schicksal; Mitä der Moscher wurde durch den Präfecten von Qui besiegt und zur Huldigung gezwungen (709). So war das südwestliche

FOnfles Buch, dritter Abscbnitt

Kleinasien und ganz Syrien mit Ausnahme Juda's und da Küstenstädte *) unmittelbare assyrische Provinz. Schon in Jahre 715 waren ferner eine Ansahl von Araberstämmeo, unter denen die auch von Tiglatpileser erwähnten Chajip» und die Tamud (viell. die Thamüd Sa^üSizcti der spälem Zeil) erscheinen, besiegt und in Samaria angesiedelt wonkn, die Araberkönigin Samsie (§. 370) zahlte Tribut, ebotso »Pharao, König von Aegypten« (§, 353). Im Jahre 7U wurde der Versuch, mit aegyplischer und kuschitischer Hülfe ach der Assyrer zu erwehren, noch einmal erneuert. Aznri ma Asdod knöpfte mit den NachbarfQisten es werden Jtidi,. Moab, Edom genannt Unterhandlungen an und weigfrie' den Tribut. Sargon setzte seinen Bruder an seine Stelle, i gegen diesen erhob sich die nationale Partei unter Jaman ia Vertrauen auf die Hülfe Aegyptens. Auch diesmal dasselbe getäuscht; als die assyrischen Heere heranrücklfs. vermochte Jaman nicht Stand zu hallen, Asdod selbst wunk erobert und mit von Osten hergeführten Stämmen bcsiedeft, Allerdings finden wir hier wie in Gaza in der Folgezeit v einheimische Herrscher; dem Assyrerreich einverleibt wuröa also die beiden Städle nicht. Von Jaman iieisst es, er si Aegypien hinaus in ein mit üebertragung eines babyloniscbei Landschaftsnamens (§. 129) Melucha genanntes Land gefiobe aber der König desselben hat>e ihn an Sargon ausgeliefett Dem ganzen Zusammenhange nach ist es wohl kaum zwöiy* hilft, dass darunter das Reich von Kus zu verstehe! König, der nur mit Mühe und nicht ohne Unterbrechung die H Schaft über Aegypten behauptete, es vorzog, dem ilrofaeoid Angriff der Assyrer durch Unterwürfigkeit zuvor zu ktKBDXfl. Nach den iissyrischen Angaben log Sargon selbst, nich dw i^ muthlich richlifteren (g. 394) Angabe Jes. 20 der Turtan ^e);eii Asdod. Sonsl ergänzen sieb die Berichle. von d«ueu öer uf norh immer {!!) unpublicirten , bei Shith, Aaa. Disc. 289 (T. Cylinder der nusrilrllcliste ist. In demselben wird der Feldtug nUschBck 9., flnslall ins 11, JiihrSargon's gesetzt. Im Qbrigen betii-lit sieb uf

'f Auch von diesen waren Simyra, Anja u. a. assyrisch.

Sargon's Eroberungen in Kleinasien, Syrien und Babylonien. 459

Erfolge Sargon*s (und seiner Vorgänger) in Syrien Jes. 10, 5 ff. üeber die Uebertragung von Magan und Melucha auf Aegypten und Kus s. ScHRADER, KGF. 228 ff. Eine ähnliche Spielerei ist es, wenn das Land UraHu seit Sargon gelegentlich mit dem Ideogramm für Akkad geschrieben Mnrd. Die Texte Sargon's scheinen zwischen dem Fifa §ar Musuri {Pharao, Kg. v. Aeg.) und dem Könige von Melucha zu scheiden, vgl §. 353. 384.

§. 376. Jetzt endlich war für Sargon die Möglichkeit g'ekommen, die lange erstrebte Wiedereroberung Babyloniens in ÄngriiF zu nehmen. Im einzelnen ist der Gang des Krieges nicht klar; wir sehen, dass Sutruknachundi von Elam, der Nachfolger des Chumbanigas (§. 373), zurückgeworfen, die Aramaeerstänime gründlich besiegt werden. Mardukbaliddin, der zwölf Jahre lang (721 710) die Herrschaft über ganz Babylonien behauptet hatte, räumt seine Hauptstadt und wird in einer Feldschlacht völlig geschlagen. Der Stammsitz seines Geschlechts, Dür-Jakin, wird erobert und dem Erdboden gleich gemacht, er selbst muss sich zur Huldigung bequemen. Im Jahre 709 war Sargon Herr von Babylonien; von hier an rechnet er seine. Jahre als »König von Babylon c. Der König der Insel Dllmun im persischen Meerbusen (Delitzsch, Par. 178. 229) huldigte und schickte Geschenke. Von Elam wur- mten nach Sargon's Angaben mehrere Grenzorte abgerissen und zu Assyrien geschlagen allerdings berichtet Sanherib genau <Jas Gegentheil, nämlich dass die Elamiten seinem Vater naehrere Grenzorte entrissen hätten (Prisma 4, 46) und ^Is im Jahre 707 ein Thronstreit zwischen den beiden Söhnen <^es Dalta von Ellip ausbrach und der eine die Hülfe des Königs von Elam anrief, warfen die Generale Sargon's ihn zurück und setzten seinen Bruder Ispabära auf den Thron.

Die chronologischen Daten der Annalen Sargon^s, assyrischer datirter Thontafeln (III R. 2, vgl. KAT. * 491) und des ptolemaeischen Kanons stim- men hier auf das genaueste u berein und verbürgen gegenseitig ihre ab- ^lute Zuverlässigkeit. Auch dass Mardukbaliddin zwölf Jahre in Babylon "^erte, lehren Sargon's Inschriften, der ptol. Kanon und datirte Thon- ^''eln (Opfert, Inscr. de Doursarkayan 27 f.) gleichmässig; vgl. §. 385- ^^f die Verhältnisse Babyloniens in dieser Zeit bezieht sich IV R. 53, 1.

460 FQnftes Buch, vierter Abschnitt.

IV. Assyrien auf der Höhe seiner Macht

Das Reich Sargon's.

§. 377. In fünfzehnjährigen Kämpfen hatte Sargon das Reich Tiglatpileser's wiedergewonnen und im Westen und Osten, nach Kleinasien und Medien, beträchtlich erweitert. Er war nicht nur ein tüchtiger Feldherr, der in hartem Ringen und mit unablässiger Ausdauer die Feinde bewältigte, sondern auch ein hochbegabter Staatsmann, der mit klarem Blick die Grenzen des Erreichbaren erkannte, seine Mittel geschickt ver- werthete und den günstigen Moment abzuwarten und zu be- nutzen verstand, und vor allem ein gewaltiger Organisator. Wie schon sein Vorgänger, so war in noch höherem Grade er selbst darauf bedacht, sein Reich fest zusammen zu fügen. Man begnügte sich nicht mehr, wie es die Aegypter in Syrien, wie es die älteren Assyrerkönige gethan hatten, mit Tribut- erhebungen und Garnisonen. Deutlich tritt in den Kriegen Tiglatpileser's und Sargon's die Tendenz hervor, das Vasallen- verhältniss in directe Uriterthänigkeit zu verwandeln. Einer der Kleinstaaten nach dem anderen wird zur Provinz gemacht; nur ganz vereinzelt begegnen uns noch Vasallenstaaten. So ist der »König von Na'iri« im Besitz der Stadt und Landschaft Chubuskia am oberen Zab belassen worden und zahlt unter Sargon regelmässig Tribut. Sonst aber behalten nur die Grenz- gebiete ihre einheimischen, zu regelmässiger Tributzahlung ver- pflichteten Herrscher, so im Osten die Könige von Ellip und Manna, die Fürsten Südbabyloniens, im Westen die der drei Phoenike^ Städte Arados, ßyblos und Tyros, die der vier Philisterstädte Asdod, Askalon, 'Aqqaron und Gaza (vgl. §. 357), ferner die Fürsten von Juda, 'Ammon, Moab und Edom, schliesslich der Herrscher der Stadt Samsimuruna, deren Lage uns ganz unbe- kannt ist. Ueber die eroberten Gebiete werden wie über die alten Provinzen Statthalter gesetzt ; es begegnen uns jetzt neben den

Organisation des Assyrerreichs. Die Provinzen. 461

naher (§. 344) erwähnten die Statthalter von Parsua, Lullumi, Iharchar (§. 374), Kur(?)ban u. a. im Osten, von Qui, Kum- luch, Earkamis, Sam'aUa, Arpad, Simyra, Mansuate, Damas- os, Samaria u. a. im Westen. Nur Babylonien nimmt eine jidere Stellung ein. Zwar finden wir auch hier Statthalter, .ber im wesentlichen wird es doch als ein selbständiges, ge- «rissermaassen durch Personalunion mit Assyrien vereinigtes leich betrachtet. Offenbar war Sargon stolz darauf, die leimath der assyrischen Götter, den Ausgangspunkt der Cultur einer Heimath selbst zu besitzen. Daher nennt er sich Sar- gon II. mit Rucksicht auf den alten König von Agade, lässt eine Jahre als König von Babylon besonders zählen, und ;eine Inschriften in altbabylonischer Schrift eingraben. Er Twähnt die besondere Fürsorge, welche er für Babel, Sippar, ^ippur und andere Städte getroffen, dass er ihren Bewoh- lem gestattet, im Frieden ihren Beschäftigungen nachzu- gehen, ihre Götter hochgeehrt habe. Ebenso rühmt er sich in lUen Inschriften, die verfallenen Ordnungen der Städte Assur und Charrän wiederhergestellt zu haben worauf sich das bezieht, ist nicht völlig klar. Sonst wissen wir wenig über die innere Verwaltung.

Es ist eine sehr wichtige und in den Hauptpunkten völlig durch- Rihrbare Aufgabe, eine Karte des assyrischen Reichs mit Bezeichnung «immtlicher Provinzen herzustellen. Die zwölf syrischen Vasallen- staaten werden von Assarhaddon und Assurbanipal in gleichlautenden lösten aufgezählt (vgl. Schrader, Abh. Berl. Ak. 1879, 31 ff.)» lassen ^ch aber auch unter Sanherib sämratlich nachweisen. Ueber Sargon als König von Babylon vgl. Schrader, Die Sargonstele des Berl. Mus. S. 7 ff. in Abh. Berl. Ak. 1881. Ueber Cypern s. §. 402.

§. 378. Die Art, wie der Gehorsam der eroberten Ge- l>iete gesichert wurde, war zwar sehr brutal, aber nicht we- niger wirkungsvoll. Waren die Gegner in blutigem Kampfe l^esiegt, ihre Städte ausgeplündi^rt und zerstört, die Führer ^er Feinde niedergemacht oder, was namentlich, wenn sie Mch empört hatten, die Regel war, unter Martern hinge- ichtet, so wurde der Adel der Bevölkerung, die besitzende

und ßebüdele Cliisse fortgeführt untl in möglichst entfern« Gegenden angesiedelt, fremde Bewohner an ihre Stelle geoli Die Beispiele aus Tiglatpileser's Regierung sind schon il fuhrt; ebenso verpflanzte Saigon die Israeliten nacb Cba (unijek.), Guzan am Chaboras (§, 276) und den SläJten diens (Reg. II, 17, G) und siedelte in Samaria Babylonier Babel, Küta und Sippar, Syrer aus Hamät, Bewohner 'Awwa(?), femer im Jahre 715 (§. 375) mehrere Arabersläai an. In Masse wurde die unterworfene Bevölkerung Amienit und Mediens nach Syrien geschleppt, speciell nach Dami und Hanuit, wälirend in Karkamis Ässyrer angesiedelt wu Die Bewohner von Kummuch wurden in die elamiti; Grenzgebiete verpflanzt. Grosse Schaaren der UntfTlfaal wurden auch nach Assyrien selbst gebraclit und in den Ban sljidlen des Landes angesiedelt.

lieber die Ansiedelungen in ^nmnria s. ScHnjDtn, KAT. ' 2TS B-

§. 379. Die Wirkung dieser Maassregeln war gewal sie haben die Vernichtung der alten Nationalitäten in i ganzen dauernd von den Assyrern beherrschten Gebiet hcrt geführt. Namentlich in Syrien ist seit Tigiatpileser and S gon das so mannigfache und individuell geslallcte poiltis Leben für immer vorbei. Von ihrer Zeit an bis auf ) beuligen Tag wissen diese Lande es nicht anders, ab d sie fremden Herren zu gehorchen haben. Allerdings wi so keine Einöde geschaffen, oft genug rühmt sich nameoll Sargon, die von ihm selbst zerstörten Städte wiederhergesl zu haben. Aber alle Besitz Verhältnisse wurden von Grt aus umgestaltet, und indem der beste Theil der Nation « geführt wurde, war dieser selbst die Axt an die WurwJ legt. Aus der Mischung der Resle der allen Bewohner den neu zugeführten Elementen ging ein Gongloinerat hfl ohne selbständiges nationalci Leben, ohne eine ruhmreif Vergangenheit, gewohnt den Fremden zu gehorcben. Q rakteristisch ist die Erzählung des bebraeisdien Königsbi wie die neuen Ansiedler in Samaria jeder seinem alten

%k

Verpflanzung der Einwohner. Bauten. 463

gott dienen, daneben aber auch den Jahwe als den Landes- herrn verehren zu müssen glauben, auf dass er ihnen nicht schade. Der Zusammenhang mit dem heimathlichen Boden, auf dem das Nationalgefühl beruht, war zerrissen, aus den niederen und daher politisch indifferenten, überdies vermuth- lich durch Landanweisungen jetzt plötzlich zu Besitz gelangten und daher an die Herrscher gefesselten Elementen der alten Bevölkerung und den stammfremden Golonisten konnte eine Nation mit selbständigen politischen Bestrebungen und unab- hängigem Sinn nicht erwachsen.

Die politische Bedeutung des Assyrerreichs ist bisher seltsamer Weise völlig verkannt worden. Die traditionelle aber grundfalsche Vor- stellung von uralten orientalischen Weltreichen wirkt dabei noch immer nach. In Wirklichkeit ist das erste »Weltreich«, das persische, nur in Folge der assyrischen Eroberungen möglich geworden.

§. 380. Wie so viele der älteren Assyrerkönige haben auch Tiglatpileser und Sargon sich eigene Paläste erbaut. Indessen wenn sonst die Assjrrerkönlge sich von den aegyptischen Pha- raonen sehr zu ihrem Vortheile durch die grosse Pietät unter- schieden, die sie den Werken ihrer Vorfahren gegenüber an den Tag legten, und oft genug, den fast in keiner Inschrift fehlenden Schlussworten Folge leistend, verfallene Bauten re- novirten und die Namen der alten Herrscher wieder zu Ehren brachten , dem Usurpator Tiglatpileser glaubten die Späteren keine Rücksicht schuldig zu sein, und so hat Assarhaddon den von ihm in Kalach erbauten Palast niedergerissen und die Alabasterplatten mit den Inschriften und Reliefs des Königs für seinen eigenen Palast zu verwerthen begonnen. Weit umfassender waren Sargon's Bauten. Zwei Meilen nordöstlich von Ninive, am Fusse des Gebirges Musri gründete er die »Sargonsburg« Dür Öarrukin (jetzt Khorsabad), eine starke Festung, an deren Westseite sich hart an der Ringmauer auf einer Terrasse der grosse Palast des Königs erhob. Im Jahre 706 V. Chr. waren die Bauten vollendet, unter grossen Feier- lichkeiten wurde die Einweihung der neuen, vierten Residenz vollzogen.

464 Fünftes Buch, vierter Abschnitt

Ueber die Ruinen von Khorsabad haben wir durch die Ausgra- bungen und Werke von Botta und Place genaue Kunde.

Sanherib und Assarhaddon.

§. 381. Im Monat Ab (Juli) des Jahres 705 fand Sar- gon, wie es nach einem Fragmente des Kanons scheint, durch Mörderhand den Tod; ihm folgte sein Sohn Sanherib (Sin- ach^-irbä, DinJD» Sevaxijptßoc, Herod. SavoxAptßoc). Der Tod des grossen Organisators, der mit kraftvoller Hand das Reich zusammengezwungen hatte, gab das Signal zu neuen Empörungen und Angriffen. Wieder erhob sich Mardukbaliddin vermuthlich jetzt nicht mehr der alte Gegner Tiglatpileser's und Sargon's, sondern ein Sohn desselben wie früher von dem König von Elam unterstützt. Nach den Fragmenten des Berossos wurde der Bruder des Sanherib, den dieser zum Statthalter in Babylon eingesetzt zu haben scheint, durch einen gewissen Akises, dieser nach dreissig Tagen durch Ma^ dukbaliddin gestürzt; der ptolemaeische Kanon verzeichnet nach Sargon's Tode in Babel eine köni^lose Zeit von zwei Jahren (704 3). Sanherib berichtet nur, dass sein erster Feld- zug, der nur ins Jahr 703 gesetzt werden kann was ihn verhindert hat, der Rebellion früher entgegenzutreten, wissen wir nicht gegen Mardukbaliddin gerichtet war, der in Babel selbst residirte und das ganze Land besetzt hatte. Nördlich von Babylon wurde er sammt seinen elamitischen Hülfstruppen geschlagen, Babylon und alle Städte Chaldaea*s genommen, und ein gewisser Belibus (Ptol. BijXtßo^, Berossos Elibus) zum »König von Sumer und Akkad« eingesetzt. Nur die von Ca- nälen und Sümpfen durchzogenen Landschaften Südbaby- loniens behaupteten noch ihre Unabhängigkeit. Aufs neue vMirden dann die Aramaeerstämme, neben denen diesmal auch arabische Beduinen (Urbi, Delitzsch, Par. 305) erscheinen, mit Krieg überzogen und nicht weniger als 208,000 Menschen aus ihren Wohnsitzen nach Assyrien fortgeschleppt. Im näch- sten Jahre (702) unternahm Sanherib einen Zug nach Osten.

Sanlierib's erster baby Ionischer Feldiug.

465

Die Eoäsaeer wurden in ihren Gebirgen heimgesucht und zum Theif in das Gebiet des Statthalters von Arrapcha (Arra- pachilis §. 343) verpflanzt. Dann wurde Ispabära von Ellip '§. 376) besiegt, ein Theil seines Gebiets zur Provinz von Charchar {§. 374) geschlagen, eine »Sanheribsburg* in dem- selben angelegt und Bewohner aus anderen Gebieten daselbst ingesiedelt. Sogar die Fürsten des östlichen Mediens, die Sar- jon's Herrschaft nie anerkannt hatten, brachten dem Könige hren Tribut dar.

Die assyrischen Quellen wie bei Sanherib's Vorgängern theila Innalen, theils lusammenrassende, nicht cbronciloBisch geordnele Dar- itellnitgen sind von Smith, Hislory o( Sennacherib 1878 QberBichtlich inssmmengestelll. Ferner vgl. Stbradeh, KÄT. ' passim. Cylinder C (aus lem Jabre 69T) ist von Shith, Ass. Disc. 296 IT. übersetzt, das Taylor- >risiiia (Jahr 691) von Hoehbino, Prisma des Sanherib 1878, die Bavian- n*chrift von Pognon in Bihl. de l'^ole des bautes filudes XXXIX. XLIL >ie Texte sind nicht nach Jahren , sondern nach Feldxügen geordnet. Joch 16sat sieb die Chronologie mit HQJfe des ptoletoa eischen Kanons md der Auszüge des Alexander Polyhistor aus Berofisns (hei Euseb, ed. tCHOENE I, 27) fast durchweg feststellen. Daraus ergibt sich, dass der nabylonische Feldzug ins Jahr 703 zu setzen ist; der gegen Ellip tSllt P02, da er in dem in diesem Jahre gescbnebenen BeUinocyiinder (Laijlbd, iiiBcr. 63 r.) nocb erzahlt wird. Im (ihrigen s. ScHRAurti, Zur Kritik der ;hronot. Angaben des Alex. Pol. und Abydenus, in Bot. Sachs. Ges. 1880. der die ursprOngiicbe Identität ihrer Daten mit denen des Ebdooi sfhiirtsinnig erwiesen hat.

§. 382. Inzwischen hatte sich die Lage im Westen ge- ändert. Auf König Sabako von Kusch und Aegypten war im Jahre 716 (?) sein Sohn [nach Manetho] Sabalaka gefolgt, ''Oll dem sich nur vereinzelte Monumente in Karnak und Memphis erhalten haben. Um das Jnhr 704 aber folgte ihm ^'1 junger, kräftiger Fürst, Taharqa (geschrieben Taharuqa, ^ss, Tarqu, hebr. npn~1P. gr. Tedputuv, TapixTj;, Tapxo; u. a.). 'r scheint nicht dem Königsgeschlechte angehört, sondern '"^Tch Vermählung mit der Gemahlin Sabako's auf den Thron ^'angt zu sein und im Namen von dessen Sohn Taniit(?)amon, ^Ssjrr, Urdamani) die Regierung ergriffen zu haben : in Karnak len beide zusammen dem Osiris-Ptah einen Tempel gebaut

, OoKhlolile da» Alterthunu. L ;10

466 Fünftes Buch, vierler Abschnitt. ^U

und werden hier neben einander in ganz gleicher Weise als K5-^ nige bezeichnet. Taharqa war 20 Jahre alt, als er die Doppel- krone gewann. Die zahlreichen Fürsten der aegyptischen Städte erkannten seine Oberhoheit an, er konnte daran denken, Sa- bako's Litervenlion in Syrien zu erneuern. Eine Reihe syri- scher Fürsten war bereit, sich dem Befreier vom assyrischai Joche anzuschliessen , vor allem Elulaeos von Tyros Hiskia (Chizqijahu) von Juda, der im Jahre 714 dem Achoi gefolgt war, ferner Sidqä von Askalon, Gegen König PadI von 'Aqqaron, der den Assyrern treu blieb, erhoben sich seine Magnaten und lieferten ihn an Hiskia aus. Man mochte bofTea, Sanherib werde längere Zeit in Babylonien festgehalten werden; wir erfahren, dass Mardukbaliddin mit Hiskia Verhandlungen angeknüpft hatte (Reg. II, 20, 12), also offenbar eine grosse Coalition gegen Assyrien geplant war.

äabatakfl : Lepsiüs, D. V, 3. 4. Harievte, Mon. div. 29 c, e CHeinphi!> Rossellini, Mon. Slor. 151, 5 (Luksor). Ueber Taharqa vgl. E. de Rucoi, in Mfil. d'archfiol. ^. et assyr. 1, H. 83 und Bibch, TrSBA. VN, 193 ff. - Von Tahiirqa's Thron hesteig;ung handelt die leider gani fragmenturisclw Inschrirt xon Tanis, ve Roiide, tnscr. 73 (. Seine geoealogiscbe Stellunf geht aus den Angaben Assurbanliiars V K. 2. 22 hervor, wo Urdamani ll einem Exemplar der Annalen >Sohn des &bakü« [trotz der abweichenJoi Schreibung jedenfalls mit Saigon 's Sab'i = Sabako identisch], in eine deren >Sobn der Gemahlin desTarqut [falsch Smitii, Ass. Disc. 318] genannl wird. Taharqa undTanQtamon: Mabiette, Mon. div. 79 87, Die^uer Haiuh erkannle, auch von Duscker vertretene Identität des letiteren Bit dem Urdamani Assurhanipal's iel zweifellos, vgl. §. 393: mit RudaBiM (S. 320 Anm.) hat letxlerer nichts tu Ibun. Sonstige DeDkmaterTaharqi'i:> Upsius, Denkm. V, 5-13, Bosellfm, Mon. Slor. 150. PmsSE. Mon. Sl bis 34. Hariette, Karnak 42-45 [die Liste von besiegten VOlker Nordens und des SQdens auf einer Slatue des Königs Ib. 45 a is einer gleichfalls nicht originalen des Ramses II. ib. 38 f. ivOrtlich il>- geschrieben]. Nach Megaslhenes war Taharqa von Aethiopien e'i"f der grösslen Eroberer: Slrabo I, 3. 21. XV, 1, 6. In welche Z«l Reg. tl, 20, 12 gebort, ist nicht genau zu ermitteln.

g, 383. Indessen auch dieses Mal kamen die Assjrpr ihren Gegnern zuvor. Ehe ihre Rüstungen voUendel waren. erschien Anfang 701 Sanherib in Syrien und wandte sich

P^ Taharqa. Sanberib gegen Tyros und Juda. 407

zunächst gegen Elulaeos. Sidon, Sarepta, Akko und die übrigen ihm unterthänigGn Städte unterwarfen sich, er selbst floh nach Cypern. Aber Tyros leistete Widerstand. Ein Versuch mit Hülfe einer aus den phoenikischen Städten aufgebotenen Flolte die Inselstadt zu bezwingen, wurde abgeschlagen, die Assyrer mussten sich begnügen, fünf Jahre lang das gegenüberliegende Festland besetzt zu hallen. Dann wird wohl ein Compromiss zu Stande gekommen sein, durch den die Stadt einen Theil ihres Gebiets zurückerhielt , aber die assyrische Oberhoheit anerkannte. Sidon dagegen erhielt jetzt wieder einen eigenen König (zunächst Tuba'al [Ituba'al?], dann Abdimilküt §. 389). Der Bericht Sanherib's und der des Menander von Tyros (Jos. IX, 14. 2) ergänzen sich gegenseitig; vgl. £ 3ST. Oass Sanherih den ver- geblichen Angriff auf Tyros Diclit erwähnt, ist sehr begreinicb ; aber eben- sowenig kann er eine Tributzablung der Stadt oder etwas Shuliches berichten.

g. 384. Von Phoenikien zog Sanherib, nachdem er unter- wegs die Huldigung der treu gebliebenen Vasallen entg^en- genommen hatte, nach Piiilistaea. Sidqä von Äskalon wurde gefangen, seine Städte bezwungen, ein neuer König ein- gesetzt. Dann, so berichtet der Grosskönig weiter, sei er gegen "Aqqaron gezogen, als das Heer des Königs von Kusch (assyr. Melucha) und der Fürsten Aegyptens zur Hülfe herbei- kam. Bei Altaqü (npn?N) habe er dasselbe geschlagen, Altaqü und Tamnä (riiOn) erobert, 'Aqqaron trezwungen und die Urheber der Rebellion bestraft, den in Jerusalem ge- fangenen König Padi auf seinen Thron zurückgeführt. Dem Hiskia aber, der sich nicht unterwerfen wollte, habe er alle kleineren Städte seines Gebiets entrissen, dieselben unter die Phi- listerförsten verlheilt, 200,150 Menschen we^eführt, ihn selbst in Jerusalem belagert. Erobert hat er die Stadt freilich nicht; wohl aber erzählt er, dass Hiskia ihm reicheGaben, darunter 30 Talente Gold und 800 Talente Silber, nach Assyrien nachgeschickt und durch Gesandte gehuldigt habe. Etwas abweichend lautet der hebraeische Bericht. Eine kürzere Version meldet einfach, als Sanherib Juda angrilT, habe Hiskia zu ihm nach Lakis geschickt L schuldig bekannt, der Assyrerkönig habe ihm eine

4G8

FüLifles Buch,

r AbacliniU.

Contribution von 30 Talenten Gold und 300 Talenten Silber auf- erlegt. Ausführlicher lautet die zweile Version : Sanherib erobert alle festen Städte Juda's; von Lakis ans schickt er dann seinen Oberfeldlu'rrn (lurtän) mit einem starken Heer gegen Jerusalem, um dessen Capitulalion zu fordern. Im Vertrauen auf den Pharao und auf Jahwe verharrt Hiskia im Widerstand, Inzwischen räclt das Heer des Taharqa, des Königs von Kusch, heran. Sanherib zieht ihm entgegen und fordert nochmals die Uebergabe Jeru- salems. Auf das Wort Jahwe's, welches ihm der Prophet Jesai» verkündet, vertrauend, weigert Hiskia sich nochmals. In rfer Nacht aber schlägt der Mal'ak-Jahwe das assyrische Hw, so dass 185,000 Mann sterben und Sanherib nach NiniTt zurüukkehren niuss. Aehnliches berichteten die Äegypter dem Herodot (IT, 141): nach dem Aelhiopen Sabako habe ein frommer PlahpHester, Sethos, über Aegypten geherrscht, dcf sich mit dem Kriegei-stande verfeindete. Als nun Sanacharib,, »König der Araber und Assyrer«, gegen Aegypten heranrücklf, weigerte sich derselbe zu kämpfen und Sethos gerieth in grosse Noth, Aber die Götter sandten Feldmäuse gegen das bei Pelusium lagernde feindliche Heer, welche die Bogen und all« Lederzeug desselben zernagten, so dass es am folgenden Tage von den aufgebotenen aegyptischen Handwerkern und Krämern leicht geschlagen werden konnte.

Zu völliger Klarheil über den Hergang werden wir nifr gelangen, zumal so lange die Lage der genannten Ortschafteft, nicht sicher ermittelt ist. Soviel steht fest, wenn auch San-' hcrib die Bedeutung des Sieges bei Altac|ü übertrieben habeO mag, eine Niederlage durch die Aegypter hat er nicht erlitten. Denn dann hätte Taharqa seinen Sieg verfolgt, während er in Wirklichkeit 30 Jahre lang nicht wieder in Syrien intervenirt hali und die Aegypter würden von einem Siege und nicht von einem Wunder berichten. Vielmehr muss es in der Thal ein Nalui^ ereigniss, vermutlilich eine Seuche gewesen sein, die Saßberib gezwungen hat, von einem Angriff auf Acgyptpn abzustehen und die Belagerung Jerusalems aufzugehen. Auf eine aegyp" tische Hülfsscndung aber war keine Hoffnung mehr; so niadile

Sanherib und Taharqa. Schlacht bei Allaqü. 469

Hiskia seinen Frieden mit dem Grosskönig und sandte ihm die schwere, für den kleinen Staat kaum erschwingbare Con« tribution in seine Hauptstadt nach. Trotz des halberzvvun- genen Rückzuges war die Herrschaft über Syrien gesichert; während der nächsten Decennien hat keiner der Kleinstaaten es gewagt, an Abfall von Assyrien zu denken.

In der viel behandelten Frage Ober die Reconstruction von Sanherih's Feldzug und die Beurtheiiung von Reg. II, 18, 13—19, 57 (v;^l. u. a. ScHRADER, KAT., DuKCXER, Kleinert, Stuü. Und Krit. 1877, 167 fT., Nowack ib« 1881, 800) scheint mir Wellhausen, Einleitung 254 ff. im wesentlichen das Richtige getroffen zu haben. Dass Reg. II, 18, 14—16 den Zusani- menhang unterbrechen und eine dem folgenden parallele Version sind, tcheint mir evident; daher fehlen die Verse auch in der Parallelstelle Jes. 87. Die Belagerung von Lakl§ wird in einem Relief erwähnt, welches den König darstellt, wie er auf seinem Throne sitzend die Beute aas der Sladt in Empfang nimmt ; in den historischen Berichten ist von ihr nicht die Rede. Die 300 hebraeischen Talente Silber sind viel- leicht genau gleich 800 assyrischen: Branois, MQnzsystem 98.

§. 385. Im nächsten Jahre (700) wurde die Unlervver- fung Babyloniens vollendet, der Chaldaeerfürst Suzub besiegt, Uardukbaliddin mit seinen Anhängern gezwungen, über See nach der Stadt Nagitu in Elam zu fliehen, in Babylon an Stelle des nicht mehr erwähnten Belibus der älteste Sohn Sanherib's, ASSumadinsum (bei Ptolem. 'AicapavdStooc, reg. 699—694 ^) xum König eingesetzt. Im Jahre 695 (?) rüstete dann San- herib eine Expedition aus zur Bezwingung der an die ela- mitische Küste geflüchteten Chaldaeer. Von syrischen Werk- leulen Hess er auf dem Tigris eine Flotte bauen und bemannte «e mit phoenikischen und griechischen Matrosen. Von Opis ^s wurde sie über Land in den babylonischen Canal Arachtu Sebrachtf durch denselben und den Euphrat fuhr der König ins

1) Bei AI. Polyhistor (Euseb. I, 27, ZI. 9~15) sind diese Ereignisse

^Qch noch zu erkennen, doch, wohl durch Schuld des Excerptors, etwas

^^rwidcht. Sanherib soll nach ihm den Elibus besiegt und gefangen

^Hd seinen Sohn Asordanius als König eingesetzt haben. In letzterem

*^eint ASSurnadin§um mit Assarhaddon zu einer Person verschmolzen zu

^in; daher werden die Begebenheiten von 699 bis 693 übersprungen.

470

Fünfleä Buch, vierler AhschniU.

Meer, An der Mündung des Flusses Eulaeos wurden die Feinde geschlagen, ihre Städte erobert und zerstört, die Bewohner fort- geführt. Inzwischen halte Öuzub mit elamitischer Hülfe sich Babylons bemächtigt, wurde aber geschl^cn und gefangen. Eine Invasion Elum's schloss sich daran, die erfolgreich begann (vgl. V R. 4, 123 ff.), aber beim Eintritt des Winters aufgegeben werden musste; vcrmuthlich werden die Assyrer nicht ohne schwere Verluste ihren Bückzug bewerkstelligt haben. Die Folge davon war, dass Öuzub, der nach Elara geflüchtet war - er aus der Gefangenschaft entkommen ist, wissen wir nicht nach Cbaidaea zurückkehrte und von den Eabyloniern ab Befreier mit offenen Armen aufgenommen wurde. Rasch ve^ breitete sich die Insurrection durch das ganze Land. Zur Ausrüstung eines grossen Heeres stellte man die Tempelschälze Babels dem Könige Ummanminanu von Etam, der vor kunem seinem Bruder Kudurnachundu gefolgt war, zur Verfügung, und derselbe gewährte die kräftigste Unterstützung, Die Fürsten Südchaldaea's und die Aramaeerstämme, etienso die Land- schaften Ellip, Parsuas (sie. §. 338) u, a. schlössen sich an Chalulg am Tigris, nördlich von Babel, kam es zu einer ge- waltigen Schlacht. Sanherib siegte vollständig; der feindlirbe Oberfeldherr fiel, die grosse Armee der Gegner wurde völlif zersprengt. Zunächst verfolgte der König die Feinde nadl, Elam, dann zog er gegen Babylon und eroberte die Sls* nach kurzer Belagerung. Er war entschlossen , den imnWf' sich wiederholenden Emjxirungen durch ein furchtbares Slr«^ gerichl ein für alle Mal ein Ende zu machen. Die Stadt wurde ausgeplündert, in Brand gesteckt und von Grund aW zerstört, ihre Mauern und Tempel eingerissen, die Ziegel iJ» grossen Terassenthurmes des Bei in den Canal Ärachtu (Fall** kopas) geworfen. Canäle wurden durch die Stadt gezogen, i ewige Zeiten sollte sie vom Erdboden verschwinden (692 v. Cbr.). Ueber das Land wurde zunächst ein Vicekönig (MiTrj(Ji[j,df.Ba«!i{ (392— 689) gesetzt. Die Jahre 688— G81 bezeichnet der Kanon als »königslose Zeil« ; vermulhlich wurde wälirend derselben das Land durch Stallhalter Sanherib's verwaltet und von dW'

Dritter babylonischer Feldzug. Zerstörung Babylons. 471

Einsetzung eines neuen Königs Abstand genommen. In Süd- babylonien finden wir eine Reihe assyrischer Präfecten, so von ür (III R. 15, 2, 3, Smith, Assurban. 184), daneben stehen die chaldaeischen Fürstenthümer und die Aramaeerstämme zum Theil unter den Nachkommen ihrer alten Herrscher.

Die Chronologie steht ziemlich fest. Dass As§urnadinsum im Jahre 700 eingesetzt wurde, lehrt ein Fragment des Eponymenkanons bei Smith, Hist. of Senacherib 13. Dieser Feldzug ist der letzte, von dem auf dem 697 geschriebenen Cylinder G berichtet wird; mithin fallen die Feldzüge Yom fünften (dem nach N. W. §. 886) ab später als dies Jahr. Babylon war nach Assarhaddon*s Angabe I R. 49, 2, 12 elf Jahre zerstört, als dieser es im ersten Jahre seiner Regierung 680 wieder aufbaute; mithin fällt seine Zerstörung wahrscheinlich 692/1. Doch ist zu beachten, dass das 691 geschriebene Taylorprisma (und ebenso die übrigen Texte mit Ausnahme der Bavianinschrift) sie nicht erwähnt, sondern mit der Schlacht bei Chalulö schliesst. Der im ptolemaeischen Kanon für das Jahr 693 verzeichnete Regebelos scheint dem §uzub zu entsprechen. Der Name Sanherib*s scheint im Kanon fast absichtlich übergangen zu sein; dass er während der königsiosen Zeit über Babylon herrschte, lehren die folgenden Ereignisse und Berossos. Zu §uzub's Rebellion ▼gl. die Berichte Assarhaddons I R. 49 und bei Smith, Ass. Disc. 314 f. Im übrigen ergibt sich die Concordanz unserer Quellen aus der Liste «of der nächsten Seite.

§. 386. Die sonstigen KriegsthatenSanherib's sind ohne grös- sere Bedeutung. Wir erfahren, dass er noch einmal nach Syrien gezogen ist und gegen die Araberfürsten Chazail (§. 389) und das Land Edom gekämpft hat (Smith, Senach. 137. 1 R. 45, 2, 55). Um das Jahr 696 zog er nach Nordwesten gegen die Stämme des Nipurgebirges fvgl. KGF. 181) und den König Manijae von UkkUf das in der Nachbarschaft Armeniens gelegen haben tnuss. Daran schliessen zwei Inschriften (Smith p. 86) die kurze Notiz, er habe auch die Kiliker in ihren dichten Wäl- dern besiegt und die schon von Sargon eroberte Stadt Til- garimmi (riD^Jln PO Ezech. 27, 14. 38, 6. Gen. 10, 3) im Grebiet von Tabal zerstört. Von einem zweiten kiliki- schen Feldzug des Königs berichtete Berossos: Jonier seien ^n der Küste Kilikiens gelandet, Sanherib habe sie in schwe- rem Kampfe besiegt und zum Andenken daran sein mit einer

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schrifL versehenes Bild errichtet, ferner die Stadt Tarsos [und ichiale?] ^gründet. Das Relief existirte bei AnchJale noch Älexander's Zeil; Kallisthenes bezeichnete es als das Bild s Sardanapallos, Sohns des Anakyndaraxes, der Tarsos und ichiale an einem Tage gerundet habe ^). Tarsos ist eine weit ere Stadt (§. 337); dass aber Sanherib sie erobert und neu fgebaut hat, ist sehr glaublich. Ueber die Beziehungen zu n Griechen vgl. §. 406.

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Berossoa' Angaben nach Alei, Po!, bei Euseb. I, 27, nach Abyden in lemplmii Atheoiensiuin nohl Aochiale steckt.

§. 387. Im 25. Jahr seiner Regierung (681 v. Chr.) arde Sanherib von zweien seiner Söline, Nergalsarusur und larmalik, beim Opfer erschlagen. Nergalsarusur bemäcb- te sich der Herrschaft, doch g^en ihn erhob sich Ässar- ddon (Assurachiddin prilDW. um den Mord seines Vaters

rächen. Er rückte gegen Ninive vor, im Lande Chani- Ibat stiess er auf das Heer seiner Brüder. Wie es scheint, . tn es nicht zum Kampf; die assyrischen Truppen traten in läse zu Assarhaddon über und erkannten ihn als ihren ■htmässigen König an. Seine Brüder fanden bei dem Kö- ^e von Armenien (Urarju) Aufnahme. Wenn das Land lanigalbat mit dem von Tiglatpileser I. erwähnten identisch , dessen Hauptstadt Melitene am Euphrat war (§, 273),

muss Assarhaddon von Westen aus gegen Ninive gezogen in, Vermulhlich hat er also im Jahre 681 im Auftrag seines »ters in Kleinasien gekämpfl.

Die Angaben über Sanherib's Ermordung Reg. II, 19, 37, Alex. •Ijhialor bei Euaeb. I. 27, Abydenus ib. 1, 35 (mit v. Gutschmid's nendalion), bei dem AsEsrhaddon Axerdis belssl, ergänzen sich gegen- tigi vgl. auch SuiiUD£n, Ber. Sachs. Gesch. 1880^ 6 t. Von Aasarr

') Wie es seine Art war, gab Kalhatbenes (bei Suidas s. v. lapJi naUs;) auch eine angebliche UeberseUung der Inschrift. Kr die t » Epigramm des Choerilos venverthete. Dieselbe (Jcftit xot itivs xal Öjjifii ^n Aristobu] in naiCe gemildert} u, s. tv.) teI von den Spftleren la ■e HkIb citirt worden.

47-4 Füiiflea Buch, vierler Abschn

badrlon's Beriebt Qber den Krieg gegen seine Brüder tll R. 15 isl nur der Schluss erhallen, übersetzt von Delitzsch bei MCnoTEn, Geschiehle 20T. §. 388. Assarhaddon ist die edelste und sympathischste Gestall unter den assyrischen Königen. Dass sein Vater Babylon zerstört halte, erschien ihm Irotz der schweren Verschuldung der Stadt als ein Frevel, den er wieder gut zu machen sieb beeilte. Gleich im ersten Jahre seiner Regierung liess er den Wiederaufbau der Stadt und ihrer Heiligthümer in Angriff nehmen und betrieb das Werit mit grossem Eifer. Durch den Zorn Marduk's, so sagt er, habe die Stadt elf Jahre lang wüst gelegen zur Strafe für die Frevel Suzub's und die Auä- lieferung der Tempelschätze an Elam; dann habe der Golt ihn aus der Zahl seiner Brüder ausgewählt, um das Unheil wieder gut zu machen und seinen Wohnsitz wiederherzustellen. Im Süden des Landes wurde die Ordnung leicht aufrecht erhalten. Nabuzirnapistiustesir {'i'), der Sohn Mardukbaliddin's und Beherrscher des Meerlandes, der versucht halte, sich un- abhängig zu machen, wurde von den Statthaltern der be- nachbarten Provinzen nach Elam verjagt, seinem Bruder Nähidmarduk die Herrschaft über sein Stammland übertragen, In der Folge wurde der rebellische Fürst des Chaldaeerstaates Bit-Dakkuri besiegt, ebenso der Scheich des Aramaeerstaramea Gambulu, der in den Sümpfen an der elaraitischen Gren« ansässig war, zum Gehorsam zurückgebracht,

Wiederlierstellung Babylons; 1 B. 49, theilw. übersetit von Delitimi hei MOaiiTER,. Gesch. 209 f. ; Smtth, Ass. Disc, 314 f. Ueber die Kfiep- ifige und Bauten des KSnigs bis zum Jahre 673 berichten die beiden im wesentlichen öbereinstimmenden, nicht chronologisch geordneten Cylind« I B. 45—47, ni R, 15 f. Hinzu kommen die Fragmente des Beunleo und zehnten Feldiuges, pub). von Boscawen, TrSBA. IV, 84 ff. und besw: hei BupoE, 115 fT. Kleinere Inachriflen: I B. 48. LAY*Hn. Inscr. 19 u.»- Ungenügende Bearbeitung von BundE, Ristory ot Esarhaddon, 1880,

g. 389. Wenn schon unter Sanherib wiederholt längere Friedensepochen vorkommen und keineswegs wie unter seinen Vorgängern ein Feidzug den anderen ablöst, so ist die Be" gierung seines Sohnes in noch weit höherem Grade eine fried- liehe. Die ersten neun Feldzüge Assarhaddon's, welche et«"

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in die Jahre 681—672 v. Chr. fallen mögen einige von ihnen sind schon erwähnt bezwecken lediglich die Bewäl- Ugung von Rebellionen und die Sicherung der Grenzen, Im Osten erfahren wir von Kämpfen gegen die Mannaeer und die Qutü, einen Gebirgsstamm nördlich von Eiam, sowie gegen die Stadt Til-assur im Lande Par{-')naki, deren Lage nicht genauer be- stimmbar ist (vgl. Delitzcu, Par. 2Ü4). Ein anderer Feldzug war gegen die östlichen, von den älteren Königen nie be- tretenen Theile Mediens gerichtet, namentlich gegen das Land Patus'arra am Fuss des Gebirges Bikni; mehrere Fürsten der entlegensten Theile des Landes unterwarfen sich und ver- pflichteten sich zu jährlicher Tribut?.ahlung. Auf dem neunten Feldzug (frühestens 672 v. Chr.) wurde ein Aufstand in der Nähe der an der armenischen Grenze gelegenen Stadt Kuliimir Smith, Ass. Disc, 272, 26, Assurban. p, 98) bezwungen. Westen war ein Aufstand des Königs 'Abdimilküt von SidoR (§. 383), mit dem sich Sandu'arri, Fürst der Städle Kundi und Sizü (in KilikienV), verbünde! hatte, zu bewältigen. Beide wurden gefangen und hingerichtet, Sidon erobert und zerstört, eine neue, mit von Osten herbeigeführten Bewoh- nern bevölkerte >Assarhaddonsstadt« an seiner Stelle erbaut und einem assyrischen Statthalter unterstellt. Die Oberhoheit über Edom und den Araberscheich Chazail (§. 386), dem die Qedreer (ass. Qidri, llp, Piin, V, Gö), der Hauptstanim der syrisch-arabischen Wüste, gehorchten (§. 457), wurde befestigt. Des letzteren Sohn Ja'ilä halte einen Tribut von 10 Minen Gold, 1000 kostbaren Steinen und zahlreichen Kameelen zu liefern. Daran schloss sich ein Kriegszug gegen das Wüstenland Bäzu; acht Beduinenscheichs wurden erschlagen, ein Vasall über das eroberte Gebiet gesetzt. In Kleinasien hat Assarhaddon wie sein Vater gegen die Kiliker gekämpfl und ihr Gebiet verwüstet (vgl. §. 453).

Die Assyrer in Aegypten. Abzug der Aethiopen.

g. 390. Erst gegen Ende seiner Regierung, nach 672 Chr., hat Assarhaddgn einen gr.öss_erenFeIdzu^nternommen,

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476 FQnFles Buch, vierter AbscbnitE.

Aufs neue war in Syrien im Vertrauen auf die ael Hülfe ein Aufstand ausgebrochen : König Ba'al von Tjtw hatte den Gehorsam verweigert. Assarhaddon beschlosi, te immer erneuerten Gefahr ein Ende zu bereiten. Tyros «vde aufs neue blockirt, aber das Hauplheer zog direct gegen A»- gypten. Der Fürst der Wüstenaraber stellte Kameele, Ar beschwerliche Marsch von Haphia gegen Pelusium wmit glücklich zurückgelegt. Ob Taharqa im Stande war, Wider- stand zu leisten, wissen wir nicht; jedenfalls wurde Mon- phis erobert (TrSBA. VII, 347) und das assyrische Bttr drang bis nach Theben vor (Mariette, Karnak 44, 45 SX Taharqa mussle sich nach Aethloj^n zurückziehen, die zahl- reichen Theilfürsten Aegyptens unterwarfen sich und wurden als tributpflichtige Vasallen in ihrem Besitze bestätigt. Nicht weniger als zwanzig von ihnen, die im Delta und in äta Städten Oberaegyptens bis nach Theben hinauf geboten werden uns aufgezählt. Der mächtigste von ihnen ist Nccbo (aeg. Nekau, ass. Nikü, hebr. HDi. Her. Nrxtlj;, Man. Nix**)> der Herr von Sais und Memphis (nach Manetho 67 1 664 v. Chr), dessen Vorfahren Stephinates und NecKepsos schon in Sais f^ boten und wahrscheinlich die directen Nachfolger des Tefntdil und Bokchoris gewesen sind (§. 353). Auf Befehl des Assynr- königs mussle Necho den Namen von Sais in KarbninaUll, »Garten des Herrn der Länder* umwandeln ; ebenso ttiüA sein Sohn Psammellch den assyrischen Namen Nabusezib'anni (Shith, Assurb. 45 f.). Seit dieser Zeit nennt sich Asstf- haddon »König der Könige von Musur ([Unterjaegyplen), Patn» (Oberaegypten) und Kus«.

Mnnellio's Datum Für Necbo's Begierungsan tritt stimmt ftnta n der Angabe, dass Assarbaddon ihn [ofTenbar als Nachfolger seines Valm] eingesetzt habe. PlQnderung Thebens und Beaiegung tod Eui: Vthm 3, 8—10. Die Eroberung Aegyptena ernrahnl auch Abjdenus bd la- scbius 1. 35, -25. Zu den Titeln Aasarhaddon's Tgl. KGF. iU t. Im altgemeinen ». Oppert, M*m. sur les npporta de l'Efjfl» et de TAssyrie 1869 [mir uiiiugän glich] ABsurbsnipal'« Berichl Bi« den apgyptischeii Feldiug Ist auch von Haipt. ÄZ. 1883, fll * überselil.

ft übersetz

AssnrLaddun in Aegypten

477

►§. 3{)1. Am 12. Ijjar (April) 668 v. Chr. legte Assar- Hon die Regierung nieder. Ueber die babylonischen Pro- nzen setzte er seinen illegitimen Snhn Samassumtikin {Ptol. xDoSofi-/tvO(;, Beross. Sammuges) als Vicekönig, die Krone des iäyrisclien Reichs erbte Assurbänipal (^SjDN Ezra 4, 10). Der hronwechsel ermulhigte Taharqa, die Wiedergewinnung Ac- htens zu versuchen. Mentuemha't (ass. Mantimeanchf), der □uverneur von Theben, begrüsste ihn als Befreier. Auch Meni- »is wurde gewonnen und in Theben konnte man Restauratlons- ■beiten in Angriff nehmen (Mabiette, Karnak pl. 42 44). doch war der Erfolg nicht von Dauer; ein von Assurbänipal ilsandtes Heer schlug die aelhiopischen Truppen, Taharqa uaste nach Theben Hieben, vermochte sich indessen auch er nicht zu halten (um 667 v. Chr.). Freilich versuchten tzt mehrere aetryplische Fürsten, Necho, Paqrur von Pisept, irludari von Tanis (?, ass. SFnu), die Fremdherrschati zu ürzen und Taharqa wieder zurückzuführen ; aber die assyrischen enerale kamen ihnen zuvor, Necho und Sarludari wurden ^fangen, die rebellischen Städte arg heimgesucht. Assur- änipal hoffte in Necho eine feste Stütze seiner Herrschaft äwinnen zu können; vermuthlich auf die Kunde von nelhio- Rüslungen entliess er ihn reich beschenkt aus der tngenschaft und setzte ihn wieder in sein Pürstenthum ein. '

fFQr die Cieschictite Assurlianipals findet sich das mei

I, Hislory of Aäsurb. 1871 zufamraengeslelll; dniu Aas. Diac. 817 ff. , zusammenfassen den Eriülilungen der CylinJer (111 Tl. 17 27, . V R. 1 10), die nach FeldiQgen ohne chronolop Ische Datlrung ' Inet sind, kommen die mehrfach abweichenden imd luverlnssigeren »Tchte Aber einiehie Feldzöge, ferner AklenstQute u, ä. {1!1 R. 28 f. —38. IV R. 52-54.) Vgl. weiter §. 457. - Nach einer Tafel hei "TH, Epon. Can, p. 164 hätte Assarhaddon schon bfi seinem aegypti- tan Feldzuge den AssurbanipHl zum Mitregenten ernannt. Kg. 392. Im Jahre Ö64/3 starb Taharqa; ihm folgte sein ' POD betagter Stiefsohn Taniitamon (Urdamani, §. 382). Ein " f«um, der ihm die Doppelkrone verhiess, so berichtnt er in ■»er Inschrift, veranlasste ihn gleich zu Anfang seiner Re- tng, sein Heer von Napata gegen Aepypten zu führen.

478

FQnrtes Buch, vierler Abschnill.

In Theben fand er keinen Widerstand, vor Memphis wurden die feindlichen Truppen geschlagen und die Stadt genommen. WahrscIieinlicU hat bei diesen Kämpfen auch Necho, der mächtigste der assyrischen Vasallen, seinen Tod gefunden; Herodot berichtet, er sei von dem AethiopenkÖnig gefödlet worden (II, 152), und nach Manetho starb er G63 v. Chr. Dagegen misslang der Versuch, auch die Deltastädte zu er- obern; aber ein Theil der Vasallen, unter ihnen Paqrur von Pisept, begab sich nach Memphis an den Hof. Die In- schrift Taniitamon's berichtet nur von der langen theologi- schen Auseinandersetzung, die der König vor ihnen gelialleD habe, und wie sie dann wohl bewirthet jeder wieder in seine Stadt gezogen seien. Das weitere wird verschmegen; Assurbanipal's Ännalen lehren, dass der schwache, von theo- logischen Phantasien vollkommen beherrschte Fürst vor dem assyrischen Heere das Land ohne Schwertsireich räumte und in seine Heimath zurück kehrte. Damit halte die Aelhiopen- herrschaft für alle Zeiten ihr Ende erreicht (um 662 v. Chr.): Theben fiel aufs neue In die Hände der Assyrcr und reich* Beute wurde nach Ninive fortgeführt. Die Erinnerung an den Abzug der Aethiopen hat sich bis auf späte Zeiten be- wahrt; dem Herodot erzählten die Priester, Sabako, der Re- präsentant der Aelhiopenherrschaft, habe nach fünfzigjähriger Regierung in Folge eines Traumes Aegypten freiwillig geräumt (Her. II, 139 = Diod. I, 65). Dass in Folge dessen das Land in die Hände der Assyrer fiel, haben sie ihm freilich verschwie([en.

Assurbanipars Angaben und die sog. Trauioatele von NaptM. Mabiette, Mon. div. 7 f., ergänzen sich gegenseitig. In letalerer heiwn die Feinde ZI. 17 meeu beden wie Hariette, Karnak 44, 48. In Eu^ bius' Auszug aus Manetbo erscbeint Taniitamen = Urdamani als 'A)t- )jipij<; Ai^to'^, drt nach Taharqa xu Anrang der 06. Dynastie [ricbtq^

wohl parallel mit ibrj zwölf Jahr« gierung Taharqa'a verkürzt ist, ui unlerxu bringen, ist g. 353 bemerkt, nicht erwfihnl, gehOrt auch in di

regiert. Das9 bei Manetho die ü^ die ersten Herrscher von Dyn. ^ Die Assyrerherrschaft wird bei Ih» Konigsliste nicht hinein, tn ^^

gegen Qbersteh enden Ueberaicbl sind die nicht zu den manetboDiMken Dynastien geiiörenden Pursten nicht mit aufgeführt.

Tanütamon und Aasurbanipal.

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480 Fanftes Buch, vierter Abschnitt.

Assyrien unter Assurbanipal.

§. 393. Nahezu ein Jahrzehnt scheint die assyrische Herrschaft über Aegypten bestanden zu haben. Während dieser Zeit ist sie auch auf anderen Gebieten nirgends erschüttert worden. Der König Ba'al von Tyros, den Assarhaddon nidit wieder unterworfen zu haben scheint (§. 390), wurde ge- zwungen , sich in die assyrische Vasallenschaft aufs neue za fügen, Jakinlü von Arados wurde abgesetzt und die Herrschaft seinem Sohne Aziba'al übergeben. Die Könige Mugallu von Tabal und Sandasar(?)mi von Kilikien, welche zu Assarhad- don's Zeit unbotniässig gewesen zu sein scheinen Assar- haddon hat einmal in Kilikien Krieg geführt (§. 389) sandten ihre Töchter mit reichen Gaben in den Harem des Grosskönigs. An der östlichen Grenze erfahren wir von Kämpfen gegen die [sonst unbekannte] Landschaft Karbil, deren Bewohner nach Aegypten verpflanzt wurden, und vor allem gegen den Mannaeerfürsten Achs^ri. Sein Gebiet wurde verwüstet, mehrere früher von den Mannaeern eroberte Grenz- orte zurückgewonnen; der König selbst wurde von Rebellen erschlagen, sein Sohn Uälli unterwarf sich und zahlte Tribut Im Anschluss daran wurden auch mehrere medische Stamm- fürsten, darunter die Söhne des Gagi von Sachi, sowie rebel- lische Grenzgebiete zum Gehorsam zurückgebracht.

§. 394. So steht Assurbanipal an Macht und Ansehen seinen Vorgängern mindestens gleich ; aber der Charakter der Regierung hat sich völlig geändert. Waren die früheren As- syrerkönige in erster Linie leidenschaftliche Kriegsfürsten und gewaltige Eroberer, so ist Assurbanipal ein durchaus fried- licher Herrscher. Während seine Heere Aegypten erobern und die Mannaeer bezwingen, sitzt er ruhig in seinem Palast zQ Ninive und freut sich der Vermehrung seines Harems, höch- stens nach gewonnenem Siege erscheint er auf dem Kriegs- schauplatz; dagegen lässt er in den offiziellen Berichten sich selbst die Thaten seiner Generale zuschreiben. Seine Interessen

Charakter Assurbanipars. Bauten. 481

en durchaus auf literarischem Gebiete. Von Jugend auf er eingeweiht in die Wissenschaft des Nebo und der ;mit, in alle Geheimnisse der Schreibkunst; unermüdlich jte er für die Sammlung einer grossen Bibliothek, für die ammenstellung und Uebertragung der altbabylonischen jraturwerke, für die Erhaltung alter Urkunden. Ihm ver- iken wir es, dass uns von der babylonisch -assyrischen eratur so bedeutende Ueberreste erhalten sind. Im übrigen rächtet er sich als den auserwählten Liebling der Götter,

ihm durch Träume und Orakel ihren Willen verkünden ] seine Handlungen bestimmen; mehr noch als seinen rgängern ist ihm jeder Gegner oder Rebell ein Feind der tter, führt er seine Kriege im Namen des Assur und der IT. Dem entspricht es, dass er gegen die Feinde mit lonungsloser Grausamkeit verfahrt. Auch die früheren dge haben ihre Freude an barbarischen Executionen; er bei Assurbanipal treffen wir das eigenthümliche Raffine- int, welches verweichlichte Despoten charakterisirt. So liess

in späteren Jahren einmal vier gefangene Könige an nen Wagen spannen und sich von ihnen in den Tempel hen. Das alles sind Symptome des Verfalles der Königs- i^alt, dessen Folgen nicht lange ausblieben. Die Gestalt s Sardanapal, welche die griechische Sage aus Assurbanipal [nacht hat, ist allerdings einseitig und übertrieben; aber ch weniger entspricht er einem Assumasirpal und Salma- ssar II., einem Tiglatpileser und Sargon, mit denen die eueren ihn auf eine Linie gestellt haben.

In den älteren Berichten über die Kriege gegen Aegypten werden selben von den assyrischen Generalen geführt, nach den Cylindern tte der König selbst an der Spitze gestanden; eine gleiche Differenz det sich bei dem Krieg gegen die Mannaeer (Smith, Assurb. p. 99). hnliches scheint übrigens schon unter Sargon vorzukommen : §. 375 Anm.

§. 395. Als Bauherren stehen die letzten Assyrerkönige 'en Vorgängern nicht nach ; sie konnten die grossen Schaaren r Gefangenen und die aus ihrer Heimath fortgeführten ämme für ihre Bauten verwenden. Meist residiren die

Meyer, Gencblobto des Alterthnms. I. 31

482 Fünftes Buch, vierter Abschnitt.

Könige jetzt in Ninive; daher kommt es, dass diese Stadt den Späteren, speciell den Griechen , als m*alte und einzige Hauptstadt Assyriens gilt. Hier hat Sanherib gleich zu An- fang seiner Regierung den alten verfallenen Palast der älteren Könige vollkommen umgebaut und das grösste assyrische Bau- werk geschaffen. Dieser sog. Südwestpalast, der den Namen Bit-riduti führt, ist später von Assurbanipal restaurirt wor- den, der hier seine Bibliothek bewahrte und daneben noch einen zweiten Bau, den sog. Nordpalast^ aufführte. Auch Sanherib hat sich in dem von Nordninive (Kujundschik) durch den Bach Ghusur (jetzt Chöser) getrennten südlichen Sladt- theil (Nebi - Junus) , wo zuerst Ramannirari III. gebaut hat, einen zweiten Palast errichtet. Derselbe ist von Assarhaddon erweitert worden und gegenwärtig noch wenig erforscht. Zu seiner eigentlichen Residenz aber hatte dieser Herrscher Ka- lach ausersehen, wo er den grossen, niemals vollendeten Süd- westpalast anlegen liess, für den die Platten vom Centralpalasl Tiglatpileser's II. verwendet wurden (§. 380). Andere kleinere Bauten^ wie die von Assarhaddon für seinen Sohn Assurbanipal angelegte Residenz in Tarbis (Serif-chän), Tempel u. ä. brauchen hier nicht aufgezählt zu werden. Wichtiger sind die mächtigen Befestigungen Ninive's, welche Sanherib an- gelegt und Assurbanipal restaurirt hat Eine gewaltige, nahezu zwei Meilen lange Mauer umschloss das lang hingestreckte Rechl- eck von Ninive (bei Xenophon M^offtXa, jetzt Kujundschik und Nebi-Junus). Die Dicke der Mauer betrug 50 Fuss. Die Grund- lage bis zur Höhe von 50 Fuss bildeten behauene Sandstein- blöcke; darauf erhob sich eine nach Xenophon's Angaben noch weitere 100 Fuss hohe Mauer von Ziegelsteinen. Die Westseite der Stadt war durch den Tigris, der Osten durch eine Reihe vorliegender Wälle und Gräben gedeckt. Zahl- reiche von Sanherib angelegte Ganäle sorgten für die Be- wässerung der Hauptstadt und ihrer Umgebung. Auch Ka- lach (Xen. Adptaaa) und Dür-Sarrukin waren stark befestigt während die alte Landeshauptstadt Assur jetzt ganz in den Hintergrund getreten zu sein scheint.

Ninive. Das Reich Elam. 483

Zwischen Ninive und Kalach lag nach Gen. 10, 12 noch der Ort Resen (Selamlje ?). Schilderung des Treibens in Ninive: Nahum 2. 3. Sonst kommt ausser den Ruinen und den Berichten der Assyrer nur noch die Beschreibung der TrGmmerstädte bei Xenophon Ai)ab. III, 4, 7 12 in Betracht; die Angaben des Ktesias und der späteren Griechen sind ebenso werthlos wie die des Buches Jona.

V. Vorderasien zur Zeit des assyrischen Reichs.

Die Nachbarstaaten Assyriens: Elam, Armenien, Kleinasien.

§. 396. Wie weit sich das assyrische Reich nach Osten erstreckt hat, lässt sich nicht bestimmen; auffallend ist namentlich, aber doch wohl nur zufallig, dass das kaspische Meer bei den späteren Königen nie erwähnt wird. Im allge- meinen wird Medien bis in die Nähe der grossen mittelirani- schen Wüste den Geboten der Assyrer gehorcht haben. Nach Säden zu grenzt an die Vasallenstaaten und die babylonischen Provinzen das mächtige, oft bekämpfte, aber bisher nie be- zwungene Reich von Elam (griech. Elymaea), oder wie es in der einheimischen Sprache genannt zu werden scheint, Anzan (bab. Ansan, §. 129). Es sind die Nachkommen der alten Könige, die zu Ende des dritten Jahrtausends Babylonien unterwarfen (§. 135 flf.), welche hier gebieten. Mehrere von ihnen, darunter Kudurnachundu, der Sohn des Sutruk- nachundu (§. 376. 385), sowie mehrere sonst nicht bekannte Herrscher haben uns Ziegelinschriften hinterlassen ^ in denen von ihren Tempel- und Palastbauten in Susa die Rede ist. Von einer wirklichen Entzifferung derselben kann übrigens noch nirgends die Rede sein. Auch wissen wir nicht, ob die Fürsten, welche an den Felswänden der noch sehr wenig erforschten Hochebene von Mälämir (am oberen Karün) In- schriften hinterlassen haben, mit den Herrschern von Susa identisch sind oder vielleicht über ein gesondertes Reich ge-

484 Fünftes Buch, fünfter Abschnitt.

boten. Auch sonst bergen Susiana und das elymaeische Go birgsland noch manche unerforschte Tumuli und Felsmonu- mente, die Ueberreste aus der Epoche der nationalen Selb- ständigkeit sein dürften. Die Fürsten von Susa haben das unbestreitbare Verdienst, die von Assyrien drohende Gefahr klar erkannt und ihr wieder und wieder, wenn auch häu% offenbar mit unzureichenden Mitteln, entgegengetreten zu sein; aber schliesslich haben sie in diesem Kampf ihren Untergan? gefunden.

Susische Inschriften: Lenormant, Ghoix de textes cunöiformes 11; von Mäldmir: Layard, Inscr. 31 f. 36 f. Entzifferungsversucbe von Opfert in Congr^s intern, des Orient, ä Paris II, 179. RP. VII; Satce^ TrSBA. in, 465. Dass Anzan in den Inschriften Landesname ist, bat Sayce richtig erkannt. Auf dem Gylinder Naboned's Proc, SBA. 7. Nov. 1882, ZI. 27 heisst Kyros König von Anzan, während die Babylonier sein Reich sonst An§an nennen; vgl. weiter Rawlinson, Joum. As. Soc NS. XII, 75 fif., 83; Demtzsch, Par. 321. Ueher die Alterthümer Susiana's s. vor allem de Bode, Travels in Luristan and Arabistan, 1845.

§. 397. Eine ähnliche Stellung wie Elam im Südosten nahm im Norden das Reich von Urartu ein. Wir haben gesehen, wie dasselbe durch Tiglatpileser II. und Sargon aus seiner Grossmachtsstellung gedrängt wurde. Indessen ver- nichtet war es damit keineswegs, und ins innere Armenien sind die assyrischen Heere seit Assurnasirpal und Salma- nassar IL nie wieder eingedrungen. Offenbar war man still- schweigend oder durch einen Vertrag zu einer Abgrenzung der beiderseitigen Machtgebiete gelangt, und officiell bestand ein freundliches Verhältniss zwischen beiden Staaten, da? z. B. unter Assurbanipal in Gesandtschaften der Könige Fu?ä (um 655, Smith, Assurb. 147) und Sarduri III. (um 640) nach Ninive ihren Ausdruck fand. Doch hinderte das natürlich nicht dass, wie einzelne uns erhaltene Depeschen von Statthaltern der Grenzgebiete lehren, die Assyrer alle Vorgänge in Armenien mit Misstrauen verfolgten, oder dass der König von Urartu die Mörder Sanherib's bei sich aufnahm und auch sonst jeden- falls bei allen politischen Vorgängen an der Nordgrenze, z. B. dem Kampfe des Fürsten von Ukku gegen Sanherib

Das Reich Urartu. Phrygien. 485

ne Hand im Spiele hatte. Denkmäler besitzen wir nur ch von dem eben erwähnten Jlusä, dem Sohne des Erimenas d Enkel des Argistis II. (§. 374), der in Managerd südlich n Wan einen Tempel gebaut hat (Sayce, Joum. R. As. <5. XIV, 653 flf.).

Von den armenischen Verhältnissen handelt der Bericht des Statt- Iters Pachirbel von Amida an Sanherib: Smith, Ass. Disc. 809, und r fast völlig unverständliche des Sanherib (an Assarhaddon?)IV R. 54, Q PiNCHEs, TrSBA. VI, 213 zu übersetzen versucht hat [derselbe liest 3 Ideogramm fQr Urartu fälschlich Akkad].

§. 398. Weniger klar sind die Verhältnisse westlich vom iphrat. Im Süden grenzt [das rauhe] Kilikien, weiter nörd- h die Fürstenthümer der Tabal und Moscher an die as- rischen Provinzen. Die Herrscher dieser Gebiete sind, wie ir wissen, wiederholt besiegt worden, namentlich von Sar- ►n, sie zahlen gelegentlich Tribut nach Ninive, doch ohne ISS ein festes Abhängigkeitsverhältniss bestanden hätte. Von ner Ausdehnung der assyrischen Macht bis ans schwarze eer, wie sie unter Tiglatpileser I. bestanden hatte, ist nie ie Rede, was um so auffallender ist, da die Griechen die üsten des Pontos am Thermodon und Halys und speciell ie Gegend von Sinope Assyria nennen und sogar die spätere evölkerung der Halys- und Irislandschaft, die Kappadoker, lit dem Namen Assyrer oder abgekürzt Syrer (in späterer rit weisse Syrer) bezeichnen. Welche Verhältnisse hierzu den nlass gegeben haben, ist zur Zeit noch völlig unklar.

üeber die Assyrer und Syrer am Pontos a, Nöldeke in Hermes V.

§. 399. Von den Staaten des westlichen Kleinasiens, die it dem assyrischen Reiche nicht in Verbindung standen, so enig sie sich auch seinem Einfluss werden haben entziehen ^nnen, hat uns nur die Sage eine dunkle Kunde bewahrt, ^r allem berichtet dieselbe von einem phrygischen Reich in r kahlen aber fruchtbaren Hochebene, die das Quellgebiet s Sangarios bildet. Als seine ältesten Herrscher gelten r Bauer Gordias (§. 251) und sein Sohn Midas, der Er-

486 FQnftes Buch, fünfter Abschnitt.

bauer des Tempels der Göttermutter in Pessinus (Diod. III, 59), der Begründer ihrer Mysterien« Ihm zu Ehren ist, wie die Inschrift lehrt, (von einem späteren Herrscher an der Fels- wand Jazylykaja in der Nähe der Sangariosquellen (bei Eumbet) ein mit einem mäanderartigen Teppichmuster geschmücktes Monument hergestellt, an dem unten der Eingang zu einar Grabkammer angebracht ist. Letztere selbst ist nie ausge- gehauen worden, das Ganze also zweifellos ein Eenotaph für den Begründer der Dynastie. In der Nähe befinden sieb andere ähnlich decorirte und zum Theil gleichfalls mit In- schriften versehene Felsgräber, vermuthlich meist Königsgraber. Das südliche Phrygien mit den sagenberühmten Städten Ke- laenae und Ikonion hat schwerlich zu diesem friedlichen Staate gehört, ebenso wenig die Landschaften an der Propontis (Askanien).

Das Grab des Midas ist von Leake (Journal of a Tour in Äsia Minor) entdeckt und auch bei Texjer, Descr. de TAs. Min. pl. 56 [recÜ* ficirt von Perrot, Explorat. de la Bithynie p. 112] publicirt, ebenso die anderen Gräber. Vgl. auch Ritter, Erdkunde XVIII, Ö35 fif.

§. 400. An der Westküste hat sich nur in Lydien ein grösserer Staat gebildet. Vielleicht bestand ursprünglich am Fusse des Sipylos ein eigenes Reich, von dem sich in der [nachhomerischen] Sage von der Herrschaft der Tantaliden eine Spur erhalten haben mag. Ihm dürften mehrere alle Grabbauten, vor allem das »Tantalosgrab« (vgl. §. 409), an- gehören. Zu grösserer Bedeutung gelangte das Reich von Sardes. Seine Herrscher führten ihr Geschlecht auf den Sonnengott (Herakles) zurück; wie es scheint, war es semiti- schen (chetitischen) Ursprungs (§. 256 f.). Zahlreiche Sagen und Märchen von den Fürsten dieser Dynastie sind uns er- halten; historische Thatsachen lassen sich nicht ge\vinDen. Grössere Macht hat es nie besessen, z. B. nie den Versuch gemacht, die blühenden griechischen Städte an der Küste sich zu unterwerfen. Weiter südlich scheinen in Karien die länd- lichen Gaugenossenschaften, die zum Theil unter eigenen Dynasten stehen, politisch noch selbständig gewesen zu seinr

Lydien. Handels Verhältnisse. 4g 7

ährend sich in Lykien ein reiches Städteleben völlig nach r Art und vielleicht unter dem Einfluss des griechischen itwickelte.

Zur Kritik der 1yd. Gesch. s. §. 412. Die Dynastie der Atyaden, ^Iche Herodot den Herakliden vorangehen lässt, ist rein mythisch und steht aus einem Stammbaum, der die Eponymen der einzelnen lydischen Imme an den Urmenschen Manes (§. 250) und seinen Sohn Atys an- lOpfl.

Handel und Verkehr. Das Sabaeerreich.

§. 401. Schon früher haben wir die Bahnen und For- en kennen gelernt, in denen Handel und Verkehr in Vorder- lien seit uralter Zeit sich bewegten. Die Aufrichtung des •ossen, festorganisirten Assyrerreichs konnte dem Gedeihen js Landhandels nur förderlich sein. In Ninive treffen sich e Kaufleute aller Nationen; »mehr sind ihre Händler, denn e Sterne des Himmels« sagt Nahum (3, 16). Die erste :elle aber unter den Handelstreibenden nehmen wie vor Iters die Aramaeer ein. Damaskos, Hamät, Earkamis, iiarrän treten uns überall als die grossen Handelscentren itgegen, und in den Hauptstädten Assyriens wie in Babylon eflfen wir zahlreiche Kaufleute aramaeischen Ursprungs. Es t bezeichnend, dass in Ninive nicht nur nach »königlichem ewicht«, sondern das Silber daneben auch nach »Minen von arkamis« verrechnet wird. So ist das Aramaeische das L nicht nur in dem weiten Culturland von Damaskos bis am Chaboras, sondern auch von zahlreichen Nomadenstäm- len Mesopotamiens und Babyloniens gesprochen wurde AZU gekommen, die allgemeine Verkehrssprache in Vorder- sien zu werden, die z. B. den assyrischen wie den jüdischen Staatsmännern geläufig ist (Reg. 11, 18, 26). Es kommt hinzu, ass dasselbe mit einem rein phonetischen Alphabet ge- chrieben wurde und daher die Schrift leicht zu lernen und n handhaben war. Ganz allmählich beginnt daher das Ara- maeische in der ganzen semitischen Culturwelt die einheimi- chen Sprachen zu verdrängen; neben die von den Assyrer-

188 FQnftes Buch, fQnaer Abschnitt

königen so gewaltsam betriebene Nivellirung der Völker tritt die langsame Assimilation auf friedlichem Wege.

lieber die zahlreichen aus Assyrien und Babylonieu stammenden Urkunden über private Kauf-, Leih- und Geldgeschäfte s. vor allem Opfert et M^nant, Documents juridiques de TAss. 1877. Die Interpretation ist oft sehr schwierig; vgl. über die babylonischen sog. Egibitafeln die ganz verschiedene Auffassung von Boscaw£n und Piaiches einerseits (TrSBA. VI, 1. 484), Opfert andererseits (Journ. as. Vn, 15, 543j. Zum Inhalt vgl. Kohler, Rechtshistor. und rechtsvergleichende Forschungen, in Z. f. vgl. Rechtsw. III. Zu der Sprache der aramaeischen loscbriften auf denselben vgl. Nöldeke, ZDM. XXXIII, 321. - Die Mine von Kar- kamis ist nach Head's Vermuthung Academy XVI, 376 die leichte baby- lonische Silbermine von 561 Gramm, die Kroesos* MQnzordnung zu Grunde liegt; anders Lenormant, monnaie dans Tantiquite I, 112, Hültsch, Metrol. * 418. Nebenbei bemerke ich, dass das Assyrische in der spä- teren Zeit keine aussterbende Sprache war (Nöldeke), wohl aber stark abgeschliften , etwa wie das Neuaegyptische oder das vulgäre Arabisch. So hat man unter Tiglatpileser I. die Gasusendungen noch gesprochen oder doch wenigstens correct geschrieben; schon unter Assurnasirpal aber sind sie völlig abgefallen, und die Schreiber hängen daher von jetzt an jedem Substantiv ad libitum irgend eine Endung an.

§. 402. Dass handelspolitische Interessen bei den Kri^- zügen der Assyrer namentlich in Syrien und gegen die phoe- nikischen Städte eine bedeutende Rolle spielten, liegt auf der Hand. Wie zur Zeit des aegyptischen Reichs Gypem seinen Tribut an Dhutmes III, sandte, haben schon unier Sargon die Fürsten der cyprischen Städte die Oberhoheit As- syriens anerkannt, um sich den Handelsverkehr mit dem Festland zu sichern. Im Jahre 709 erschienen die Abge- sandten von sieben cyprischen Fürsten mit reichen Geschenken in Babylon vor Sargon, und dieser schickte sein [jetzt in Berlin befindliches] mit Siegesinschriften versehenes Steinbild hinüber, um es in Kition aufrichten zu lassen; wie es scheintt war um diese Zeit Kition von Tyros abgefallen (§. 3o7j. Wenn dann Sanherib berichtet, dass er seine Euphratflolte (§. 385) mit tyrischen, sidonischen und griechischen [ionischen] Matrosen bemannt habe, so sind mit den letzteren wohl Cyprier gemeint. Unter Assarhaddon und Assurbanipal werden

Gypern. Das Sabaeerreich. 4g9

regelmässig zehn tributäre Herrscher von Cypem aufgeführt, von denen sich der König Etewandros (ass. Itüandar) von Paphos in der Inschrift eines goldenen Armbandes von Kurion wiedergefunden hat. Kition wird in den Listen nie erwähnt, da es jetzt wieder den Tyriern gehorchte.

Vgl. ScHRADER, KGF. 242 ff. Abb. Berl. Ak. 1879, 31 ff.

§. 403. Auch den zahlreichen Feldzügen gegen die arabi- schen Grenzstämme, namentlich gegen die wohlhabenden Qed- reer, liegt in erster Linie das Streben zu Grunde, die Karawanen- strassen durch die syrische Wüste und nach Südarabien zu sichern, vielleicht auch darüber erfahren wir leider gar nichts auf denselben Zölle zu erheben. Von der Bedeutung dieses Handels legen die Schriften der Propheten zahlreiche Zeug- nisse ab. In Südarabien hatte sich um diese Zeit ein grösseres Reich gebildet, dessen Anfänge vielleicht in weit frühere Zeit hinaufreichen mögen es ist denkbar, dass in der That schon zur Zeit Hiram's und Salomo's das sabaeische Reich

m

bestand und die sagenhafte Figur der den letzteren besuchenden Königin von Saba einen historischen Kern enthält. Die Re- sidenz der Herrscher, die sich selbst »Fürsten von Saba*« nennen, ist Mariab im inneren Jemen. Schon die Lage der- selben beweist, dass nicht maritime Interessen für das Reich maassgebend gewesen sind, und von einer Schiffahrt nach Jemen ist denn auch in dieser Zeit nie die Rede. Wohl aber wurden die Producte des Landes, Weihrauch und Gold, auf dem Landwege nach den Handelsstädten Syriens und den Häfen des Miltelmeeres (in erster Linie Gaza, Plin. XII, 64), und ebenso zweifellos von den Hafenorten des rothen Meeres nach Aegypten exportirt. Das Interesse der sabaeischen Für- sten musste desshalb darauf gerichtet sein, mit den Nachbarn

*

in friedlichen Beziehungen zu leben und jede politische Gom- bination auszubeuten. In diesem Zusammenhange ist es sehr bezeichnend, dass nach der Unterwerfung Syriens im Jahre 732 unter anderen arabischen Stämmen auch die Sabaeer eine Gesandtschaft an Tiglatpileser schicken (§. 370) und ebenso

490 Fünftes Buch, fünfter Abschnitt.

Sargon im Jahre 715 nach Besiegung mehrerer Araberstämm^ (§. 375) neben den Gaben des Pharao und der Araberfürstir] Samsie auch die Geschenke des Jatha'-amar (ass. Ita'amarsi} von Saba an Weihrauch und Kameelen entgegennimmt. Für« sten dieses Namens finden sich gerade in den ältesten hin}- jarischen Inschriften wiederholt, und wenn sich auch nicb! erweisen lässt, dass einer von diesen mit dem von Sargon genannten identisch ist, so ist es doch im höchsten Grade wahrscheinlich, dass sie derselben Dynastie angehören und also etwa ins sechste und fünfte Jahrhundert zu setzen sind. Die grossen Bauten von Mariab, die Befestigungsmauern der Stadt, der grosse Damm, welcher die Wasser der Landschaft sammelte und ihre Vertheilung regulirte, mögen in der As- Syrerzeit begonnen sein. Im übrigen legt auch die Herüber- nahme babylonischer Gottheiten durch die Sabaeer und ihre Ab- hängigkeit vom babylonischen Kunststil (§. 186) ein gewichtige? Zeugniss ab für den regen Verkehr, in dem sie mit dem assyrischen Reiche gestanden haben.

Im allgemeinen s. D. H. Müller, Die Burgen und Schlösser Söd- arabiens II, in Ber. Wien. Ak. Phil. Hisl. Cl. 97, 1880, bes. S. 988 un<l dazu denselben in Mordtmann und Müller, Sabaeische Denkmäler, Denk- schrift. Wien. Ak. XXXIII, 108. Es ist mir unverständlich, me ange- sehene Forscher noch immer an der Annahme doppelter Sabaeer festhalten können. Die Angaben in §. 186 hätten etwas präciser gefasst werden müssen.

Die Seeherrschaft. Phoeniker und Hellenen.

§. 404. In der Seeherrschaft vollzieht sich allmählich der Niedergang der phoenikischen Macht. Die wiederholten Angriffe der Assyrer, namentlich die langen Belagerungen von Tyros (701—697. 671?— 662?) sind darauf zweifellos von Einfluss gewesen. Denn wenn auch die Städter auf ihrem Felsenriff der assyrischen Landtruppen spotteten und zur See unantastbar waren, so erforderte die Vertheidigung doch die volle Kraft der Bewohner, die Wahrung der Interessen im fernen Westen wurde unmöglich. Wie alle Colonien, werden auch die phoenikischen im Laufe ihrer Entwickelung die Herr-

Phoeniker und Hellenen. 491

: des Mutterlandes abzuschütteln gesucht haben; die ager haben zwar das Pietätsverhältniss zu Tyros na- ich auf religiösem Gebiete niemals verletzt, aber von einer lerrschaft des letzteren ist später keine Rede mehr, 1 auf Cypern wurde ja nur Kition noch mit Mühe be- et. Ob innere Wirren, wie wir sie in der Folgezeit in ; finden, hinzu kamen, wissen wir nicht. Vor allem war der directe Zusammenhang des Bereichs der See- t durchbrochen : die Hellenen waren dazwischen getreten ^9). In der Technik, im Schiffsbau sind die Phoeniker Iben noch auf Jahrhunderte hinaus überlegen (Her. VII, 96), wie es scheint, fehlt der Unternehmungsgeist und wohl die materielle Kraft. Die Phoeniker erscheinen als ein rbendes, im Besitz erschlafftes Volk und sind nicht mehr ;ande, die Concurrenz der kühn aufstrebenden, sich all- entfaltenden Hellenen zu ertragen. \, 405. Von allen griechischen Gemeinden sind zuerst nsiedelungen an der kleinasiatischen Westküste zu hoher e gelangt. Hier war die städtische Organisation, zu der im Mutterlande meist erst spät gelangt ist, von Anfang 3geben. Wenn man auch überall eine grössere Land- in Besitz genommen hatte, um die mit den Eingeborenen h harter Strauss geführt werden musste, wenn man auch zunächst nach Kräften zurückgedrängt und wo es g zu Knechten gemacht hatte, allmählich traten doch die *bauer und Grundbesitzer gegen die Gewerbetreibenden Kaufherren völlig in den Hintergrund. Im engsten Zu- lenhang damit steht die Beseitigung des Königthums i eine Aristokratie und das Auftreten von sich auf den bekämpfenden Factionen. Mit den kleinen einheimischen en, welche die Thatsache der griechischen Ansiedelung mehr rückgängig machen konnten, bahnten sich freund- Beziehungen an. Die Lyder trieben Landhandel in grossem >tabe (Her. I, 94 zp^wtotos %al xa:r7jXot sy^vovto, vgl.I, 155), ihr gesammter Seeverkehr lag in den Händen der Grie- das Gleiche gilt von den Küsten Teuthraniens. Da-

492 Fünftes Buch, fünfter Abschnitt.

gegen hatten sich die Griechen in Karien nur an einzelnen Punkten, in Lykien, wo die Tramilen selbst nur eine Eusten- bevölkerung bildeten, gar nicht ansiedehi können. Hier wett- eiferten die einheimischen Gemeinden selbst mit den Griechen; die karischen Kästenorte Earyanda, Bargylia, Eaunos a a. trieben eifrig Schiffahrt und Seeraub, in Lykien hatte sich das Städtewesen ganz nach Art des griechischen entwickelt Nirgends aber finden wir eine ausgesprochene Rivalität oder gar einen Rassenhass zwischen Hellenen und Nichthellenen, sondern trotz mancher Gegensätze den regsten friedlichen Ver- kehr und eine tiefgreifende gegenseitige Beeinflussung. Die Lyder, Karer und Phryger entlehnen ihre Schrift von den Griechen, und schon im achten Jahrhundert sendet ein König Midas Weihgeschenke nach Delphi (Her. I, 14). Die Griechen dagegen nehmen zahlreiche Sitten und Bräuche, vor allem auf religiösem Gebiet, von den Asiaten herüber und sind ihre Schüler in Industrie und Eunst.

§. 406. Auch im Mutterlande standen manche Staaten, wie Argos , Eorinth und die euboeischen Städte den klein- asiatischen Griechen nicht nach. Für sie alle ist das achte und siebente Jahrhundert eine Zeit hohen materiellen Auf- schwungs. In erster Linie aber sind es überall die Jonier Kleinasiens, welche als Ansiedler und weit mehr noch ak Händler und Seefahrer mit den Asiaten in Berührung kom- men : daher pflegen die letzteren alle Hellenen mit dem Namen Jonier (Jawan) zu bezeichnen. Fremde Eüsten werden auf- gesucht und besiedelt, neue Gebiete erschlossen ; die politischen Zwistigkeiten fördern diese Entwickelung nur, da wiederholt besiegte Parteien die Mutterstadt verlassen, um sich in der Ferne eine neue Heimath zu suchen. Wie die Ghalkidier die thrakischen, so besetzen die Lesbier die troischen Eüsten; die Jonier, allen voran die Milesier, dringen in die Propontis und den Pontos vor, spätestens um die Mitte des achten Jahrhun- derts scheint Sinope gegründet worden zu sein. Der Einbruch der Eimmerier hemmte die Entwickelung nur vorübergehend, bald ersteht hier eine Ansiedelung nach der andern, von

Die griechischen Colonien. 493

men manche, wie Sinope und Kyzikos, zu blühendem Wohi- ande gelangen und mit der Mutterstadt in der Gründung von 3lonien wetteifern, Aehnlich sucht man im Süden den Macht- jreich auszudehnen, Cypem war seit lange vorwiegend ^llenisch, Pamphylien von griechischen Colonisten besetzt, e freilich den Zusammenhang mit dem Mutterlande fast frieren hatten. Jetzt versucht man auch Kilikien zu besetzen : nter Sanherib landete hier eine Schaar Griechen, welche idessen von den Assyrern zurückgeschlagen wurde (§. 386). idessen in der Folgezeit finden wir hier zahlreiche griechische .nsiedelungen : Kelenderis, Nagidos, Holmi, Soli werden als jlche bezeichnet, letzteres als Gründung der Rhodier [und .rgiver oder Achaeer]. Zum Theil haben die Griechen gewiss ur Factoreien in den weit älteren Ortschaften angelegt ; aber anz Kilikien geräth unter den Einfluss hellenischer Cultur, ie hier in der Perserzeit schon völlig die Oberhand gewonnen at. Ebenso ist Side an der pamphylischen Küste eine ky- Jaeische Colonie; Aspendos wird argivisch, Phaseiis (Her. t, 178) dorisch genannt.

Ueber die Ansiedelungen an der kleinasiatischen Södkuste s. Skylax, fcrabo, Pomp. Mela; nicht hierher gehören die späteren Gombinationen, eiche z. B. Tarsos argivischen und Selge spartanischen Ursprung geben. - Hierher gehört auch die Notiz des Berossos, dass Assarhaddon zuerst iechische Söldner, darunter den Pythagoras (!), angeworben habe : Alex. Ol. und Abyd. bei Eusebius I, 29, 13. 35, 22. Ueber Jawan s. Stade's i*ogramin, Giessen 1880» der indessen die Verallgemeinerung des Na- ens in zu späte Zeit setzt. Für alles andere muss hier auf Bd. II -rwiesen werden.

§. 407. Gleichzeitig dringen die Hellenen ins Westmeer ör. Etwa zu Ende des neunten Jahrhunderts mögen sie allen entdeckt haben, allen voran gründen hier die Chalki- ier von Euboea Kyme im Opikerlande, dann 734 Naxos auf icilien. Ihnen folgen die Korinther auf dem Fuss, besetzen orkyra, gründen 733 Syrakus, und bald ist ganz Unteritalien OH Griechen besiedelt, Sicilien grossen theils eine hellenische ^sel. Nirgends vermögen die Phoeniker Widerstand zu leisten :

494 Fönftes Buch, fanfler Abschnitt.

»als die Hellenen in Masse ins Westmeer kamen, verliessen die Phoeniker die Mehrzahl ihrer Ansiedelungen auf Sicilien und zogen sich nach Motye, Soloeis und Panormos im Westen zurückc (Thuk. VI, 2). Im siebenten Jahrhundert drangen samische (Her. IV, 152) und vor allem phokaeische Kaufleute noch weiter vor, knüpften mit Tartessos einen regen Verkehr an und landeten auf Sardinien und an der ligurischen Küste. Es ist hier nicht unsere Aufgabe, diese Entwickelung im ein- zelnen zu verfolgen. Es war dem Hellenenthum nicht be- schieden, das ganze Gebiet, welches es im siebenten Jahr- hundert umspannt hat; zu behaupten: auch unter den gün- stigsten Umständen hätten die Kräfte des Mutterlandes dazu bei weitem nicht ausgereicht. Aber mit der Seemacht Phoe- nikiens war es vorbei und der unmittelbare Connex des Ostens mit dem Westen blieb zerrissen. Als im sechsten Jahrhundert die Phoeniker im Westmeer sich wieder auf- rafften und den Hellenen mit Erfolg entgegentraten, stand nicht Tyros oder Sidon, sondern das inzwischen völlig selb- ständig gewordene Karthago an der Spitze der Erhebung.

Kunst.

§. 408. Auch in der Kunst tritt der rege internationale Verkehr deutlich hervor. Seit Assarhaddon begegnet uns die syrische (weibliche, §. 200) Sphinx in den Palästen von Ninive. In der Reliefsculptur tritt uns ein entschiedener Fortschritt gegen früher entgegen. Man wagt sich an grössere Compositionen; anstatt dass früher alle Figuren auf einer Linie standen, um- fasst jetzt die Zeichnung mehrere Gründe; selbstverständlich aber fehlt wie in Aegypten jede Perspective. Der Hinter- grund wird belebt, das Detail, namentlich der Pflanzen und Thiere, sorgfaltiger ausgeführt; uns begegnen Thierscenen. die sich mit denen des Alten Reichs an Naturwahrheit und feiner Beobachtung messen können. Die höchste Stufe ihrer Entwickelung erreicht die assyrische Kunst unter Assurbanipal. Es ist wohl kaum zweifelhaft, dass hier die Einwirkung Ae-

Kunst 495

gyptens von der grössten Bedeutung gewesen Ist, dass die assyrischen Künstler versucht haben, die aegyptischen Dar- stellungen nachzuahmen. Dabei halten sie sich aber, wie das nicht anders sein konnte, durchaus innerhalb der Grenzen des assyrischen Stils; die Zeichnung ist rein assjrrisch, die Manierirtheit in der Behandlung bleibt dieselbe wie früher, in der Kühnheit der Conception sind die Assyrer den Aegyptern häufig überlegen.

Im allgemeinen vgl. G. Rawlinson, Five Mon. I, 347 ff.

§. 409. Dass der assyrische Einfluss auf die phoenikische Kunst seit dem achten Jahrhundert bedeutend gewachsen ist, ist früher schon hervorgehoben. Uns tritt diese Erscheinung vor allem auf Gypern entgegen, wo jetzt neben dem aegypti- sirenden ein assyrisirender Stil sich entwickelt. In Kleinasien ist die babylonische Kunst schon seit den Zeiten der Gheta die herrschende gewesen; ohne Zweifel aber hat sich jetzt von Assyrien aus auch hier ein neuer Strom babylonischer Einwirkung geltend gemacht. Wenn in der griechischen Kunst seit dem achten Jahrhundert der assyrisirende Stil nach jeder Richtung hin maassgebend wird und die älteren Formen ganz verdrängt, so kann derselbe nur durch Klein- asien vermittelt sein. Auf demselben Wege ist ihnen die Form der assyrischen Holzsäule (§. 347) bekannt geworden, aus der der ionische Stil hervorgegangen ist : die Mittelformen finden sich in Lykien. Wie weit dagegen der Baustil der lydischen Gräber etwa von Babylonien abhängig sein oder auf eigener Entwickelung beruhen mag, lässt sich nicht ent- scheiden. Die Mauern der Grabkammem sind von mehr oder weniger regelrecht behauenen Steinen aufgeführt und entweder mit einer Platte oder mit einem Bogengewölbe überdeckt; auch sog. falsche Bogen finden sich. Derselbe Baustil findet sich in den Ueberresten alter Festungsmauern und Thore in der Nähe von Smyma, und ebenso bekannt- lich in den ältesten griechischen Bauten, in Mykenae und Orchomenos, wodurch sein hohes Alter erwiesen wird. Die

496 FQnftes Buch, fanfter Abschnitt.

lydischen Gräber bestehen aus einer niedrigen Grabkammer, zu der ein langer schmaler durch einen Steinblock yerschlos- sener Gang führt. Im Tantalosgrab (§. 400) ist dieselbe überwölbt, in den Königsgräbern (§. 489) mit einer Platte überdeckt; auf der man die Leichen verbrannt zu haben scheint. Ueber der Grabkammer wird ein kegelförmiger Ta- mulus errichtet, der entweder, wie bei den lydischen Königs- gräbern, aus einer mehr oder minder festen Erdaufschüttung, oder, wie beim Tantalosgrab, aus einem gewaltigen Steinkegel besteht. Oben wird derselbe durch ein rundes oder cylindri- sches, nach oben spitz verlaufendes Ornament abgeschlossen.

Weiteres s. Bd. II. Ueber die Grfiber und Ruinen bei Smyma % Texier, Descr. de TAsie Mineure II. Hamilton, Travels I, 46. HiRscHmn. Altsmyrna, in Abb. Berl. Ak. 1872. Weber, Le Sipylos et ses monu- ments, 1880. Ueber die lydischen Königsgräber nach Spiegelthal's Unter- suchungen: Olfers, Abb. Berl. Ak. 1858. Femer Choisy, Note sar les tombeaux lydiens, RAn. XXXII. Jn der aufgesetzten Spitze haben neuere Forscher einen Phallus (als Symbol der Auferstehung) sehen wollen!

Sechstes Buch.

ie iranischen Stamme, die Restanrationszeit und die Begründung des Perserreichs.

Quellenkunde zum sechsten Buch.

Denkmäler. Schriftsteller. Chronologie.

§, 410. Von den tiefeinschneidenden Bewegungen, welche it der Mitte des sechsten Jahrhunderts die politischen und im Theil auch die nationalen Verhältnisse Vorderasiens um- staltet haben, ist nur eine dürftige Kunde auf uns gekommen. le assyrischen Denkmäler, denen wir für die vorhergehende poche so viel verdanken, brechen um das Jahr 640 plötzlich K An ihre Stelle sind nun zwar die babylonischen Ur- inden getreten, indessen nur ganz weniges ist bis jetzt von nen zu Tage gefördert, das meiste liegt noch unter der •de vergraben. Aegypten bietet an historischen Denkmälern st gar nichts mehr, und auch die hebraeischen Nachrichten id hier sehr dürftig. Die historischen Inschriften der Perser idlich beginnen erst mit dem ersten Darius. So bleiben uns Isser den Fragmenten des Berossos, Manetho und Menander ir noch die Nachrichten der Griechen, von denen für uns er fast allein Herodot in Betracht kommt.

Zusammenstellung der persischen Keilinschriflen nebst Uebersetzung d zahlreichen Abbildungen von Kossowicz, Inscr. palaeopersicae 1872. Meyer, Qeachicbte des Alterthnms. I. 32

498 Quellenkunde zum sechsten Buch.

Ferner Spiegel, Die altpers. Keil Inschriften, 2. Aufl. 1881. Sehr wichtig fQr die Erklärung sind die susische (§. 129) und namentlich die habyloniscbe Uebersetzung. Ueber erstere s. [Westeroaard, Z. Kde. des Morgenl. VI, HoLTZMANN, ZDM. V] NoRRis, J. R. As. Soc. XIV, Oppkrt, Le peuple et ia langue des M^des 1879, letztere sind neuerdings von Bezold, Die (bab.) Achaemenideninschriften 1882, erschöpfend publicirt.

§.411. Als Herodot um die Mitte des fünften Jahrhun- derts sein Material sammelte, hat er zwar noch manche authen- tische Nachricht erhalten , die sich in seinem Werke zerstreut findet, z. B. Nachrichten über Necho, den Vater Psammetich's n, 152 (§. 392), über die Umschiflfung Afrikas IV, 42, über Stainin- bäum und Stellung der Vorfahren des Kyros I, 111. VE, 11, die Liste der sieben Perser III, 70 [ebenso die Satrapienliste III, 90 ff. und die Heerführerliste VII, 61 ff]. Den gleichen Charakter tragen die vielen am Schlüsse der einzelnen Re- gierungen nachgetragenen Notizen , z. B. in der lydischen Ge- schichte (namentlich I, 92), oder über Psammetich und Necho II, 157 ff.), ferner die Angaben über das Bündniss zwischen Kroesos, Amasis und Naboned gegen Kyros I, 77 u. ä. Den Hauptstock 'seiner Erzählungen bilden indessen ausführliche Geschichten sagenhaften Charakters, die theils dem Volks- munde entnommen sind, theils sehr deutlich den Einfluss griechischer Speculation und Combination zeigen (z. B. lü, 80 ff., vgl. VI, 43), sehr häufig aber mit den kurzen Notizen in scharfem Widerspruch stehen. Hierher gehören z. B. die Er- zählung von der Dodekarchie, die ganze Kyrosgeschichte mit der sagenhaften Geschichte der medischen Könige als Ein- leitung, die Geschichte von Zopyros, von Darios' Skythen- feldzug u. ä. In der Kambysesgeschichte sind persische und aegyptische Erzählungen in einander verarbeitet. Für die lydische Geschichte sind lydische Traditionen fast gar nicht benutzt (c. 87. 93 und vielleicht c. 71. 84 und der Kern der Adrastosgeschichte) , sondern Traditionen der einzelnen gri^ chischen Städte, eine Reihe von »novellenartigen« griechischen Erzählungen und Anekdoten (Kandaules und Gyges ; Alyatles' milesischer Krieg; Solon und Kroesos; Thaies, Bias) und vor

Herodoti Ktesias, Xantbos. 499

allem die tendenziöse delphische Legende, die das Orakel rechtfertigen und verherrlichen soll (I, 13. 46 ff. 90 f.), zu einem grossen und einheitlichen Ganzen verarbeitet, das vollkommen den Charakter einer griechischen Schicksals- tragödie trägt.

Zu den historischen Notizen gehört vielleicht auch die ganz auf- fallende Angabe I, 184 Ober die Königin Semiramis von Babylon, die fünf Generationen vor Nitokris = 766 v. Chr. regierte. In dieser Zeit gab es ja wirklich eine assyrische Königin Sammuramat (§. 341 Anm.). Jedenfalls hat die Semiramis des Ktesias mit der herodoteischen nichts zu thun.

§. 412. Die persische Geschichte, welche der Leibarzt Artaxerxes' II., Ktesias von Knidos, um 390 v. Chr. verfasste, ist nur für das fünfte Jahrhundert von grösserem historischen Werth. Ktesias weicht durchweg von Herodot ab, aber überall wo er sich controlliren lässt, auch von der historischen Wahrheit, so in der Geschichte des assyrischen und medischen Reichs, des Kambyses, in der Liste der sieben Perser u. s. w. Er zeigt, wie rasch und wie stark die Tradition sich in einem halben Jahrhundert verschlechtert hat. Es ist daher nicht gerathen, ihm da, wo wir ihn zufallig nicht controlliren können, grösseres Vertrauen zu schenken als sonst. Weit besser war die etwa gleichzeitig mit Herodot, unter Arta- xerxes I. (Eratosthenes bei Strabo I, 3, 4), unternommene Bearbeitung der iydischen Geschichte durch den Lyder Xanthos. Er citirt einheimische Königslisten (Nie. Dam. fr. 49 p. 381 Müller), seine Erzählungen tragen aber namentlich für die ältere Zeit einen sagenhaften Charakter und zeigen mehrfach griechischen Einfluss. Etwa um 120 v. Chr. wurde sein Werk von Dionysios 6 Sxotoßpaxiwv von Mytilene im Ge- schmack der späteren Zeit überarbeitet; in dieser Gestalt hat es Nikolaos von Damaskos benutzt, aus dem uns für die lydische Geschichte zahlreiche Fragmente erhalten sind.

Fälschung des Xanthos: Artemo hei Athen. XII, 515. Welcher, Kl. Schriften I. Müller, Ft. hist, gr. I. In neuerer Zeit ist die That- sache mehrfach mit Unrecht bestritten worden. Aecht sind zweifellos

500 Quellenkunde zum sechsten Buch.

die Fragmente bei Strabo (aus Eratosthenes und Menekrates), vielleicht auch bei Dion. Hai. I, 28. Ephoros* Behauptung (bei Athen. 1. c), Xanthos sei von Herodot benutzt worden, ist falsch, trotz Hachtiu55, De ratione inter Xanthi Lyd. et Herod. 1869 und Rirchhoff, Entstehung des herod. Geschichtsw. S. 30. Auf die übrigen Schriftsteller, DeinoDt Ephoros u. s. w. einzugehen, ist hier OberflQssig. Wie jedes Paradoxon von Zeit zu Zeit wieder aufgefrischt wird, scheint es neuerdings wieder Mode zu werden, den philosophischen Roman Xenophon's über das Leben des Kyros als trefifliche Quelle zu betrachten. Dass daneben auch die Bücher Daniel und Tobit wieder zu Ehren kommen , ist nur in der Ordnung. Zum weiteren Ausbau dieser Geschichtsreconstructionen »od Mar Apas Katina (§. 248) und Aesch. Pers. 765 ff. mit den Königen Maraphis und Artaphrenes bestens zu empfehlen. Im übrigen bemerke ich nur, dass Xenophon Herodot durchweg berücksichtigt, aber ihn so umgestaltet, wie er es für seinen Zweck braucht. Nur ein paar den zo seiner Zeit bestehenden Verhältnissen entnommene Angaben haben historischen Werth. Sonst vgl. A. Bauer, Die Kyrossage und Verwandtes, in Ber. Wien, Akad., phil.-hist. Gl. C, 1882.

§, 413. Die schwächste Seite der griechischen Uebe^ lieferung ist die Chronologie. Nur die Zahlen der aegyptischen und der persischen Könige sind fast durchweg richtig über- liefert; doch hat man falschlich das erste Jahr des Kyros als König von Persien (558 v. Chr.) mit dem Sturz des Meder- reichs identificirt, der in Wirklichkeit ins Jahr 550 fiel. Wei- teres s. §. 461 u. a. Hier ist nur die lydische Chronologie noch zu besprechen. Der sichere Ausgangspunkt für dieselbe ist der Fall von Sardes, der nach den einstimmigen Angaben der alexandrinischen Chronographen (Apollodor bei Diog. L. I, -^8: Sosikrates ib. I, 95; Eusebius a. Abr. 1470 = Ol. 58, 3; Exe. Barb. p. 44 b) in den Herbst Ol. 58, 3 = 546 v. Chr. fällt. Nach Herodot folgen auf die mythische Dynastie der Atyaden (§. 400) 22 Herakliden mit 505 Jahren = 1221—716 v. Chr., dann 5 Mermnaden mit 170 Jahren 14 Tagen = Herbst 716—546. Die kirchlichen Chronographen (Africanus und Eusebius) geben eine ursprünglich Ol. 1 mit Ardys I beginnende Liste, nach der Gyges 698—663 regiert. Eine dritte, vielleicht auf Xanthos zurückgehende Rechnung setzt Gyges in Ol. 18 (beg. 708) und Alyattes 605 v. Chr. [nach Herodot 617.

Chronologie der lydischen Geschichte. 501

ich Euseb. 609]. Alle drei Rechnungen sind geschichtlich Isch, da nach Ausweis der assyrischen Inschriften Gyges denfalls nach 660, und wahrscheinlich erst um 648 gefallen t (§. 455). Eine richtige Chronologie der älteren Lyderkönige sst sich daher nicht herstellen.

DuNCKER setzt den Fall von Sardes schon 549, da im Jahre 546 der empel von Delphi schon abgebrannt war (Pausan. X, 5, 13), mithin er. I, 90 frQher fallen mösse: Sage und Legende kümmern sich aber m Synchronismen nicht. Zur Erklärung der Chronologie Herodot's gL ScHOENE, Hermes IX, 496: die 5 Mermnaden regieren 170 Jahre, . h. 5 YBveal + 3 Jahre, wie Her. I, 91 angegeben wird. Aber woher rammen die drei überschüssigen Jahre? Auch sind die 505 Jahre der [erakliden nicht nach Geschlechtern berechnet. Die Listen bei Afri- anus (Exe. Barb.) und Eusebius stammen nicht aus Xanthos, da sie OQ Nikolaos Dam. durchweg abweichen. Gelzer, Rhein. Mus. XXX, 41 hielt fälschlich die nur durch Schreibfehler von den übrigen ab- ireicbende Liste im ersten Buch des Eusebius für eine selbständige iiste; s. RoHDE, Rh. Mus. XXXIII, 196; Gelzer, Africanus I. 219 ff. - Gyges Ol. 18 nach Euphorion bei Giern. Alex. Strom. I, 117 [Plin. ^XXV, 55 gibt Ol. 18 und daneben das berodoteische Datum 716 v. Chr.] ; ibenso setzte Xanthos (ib. I, 132) die Gründung von Tbasos [d. h. das Zeitalter des Gyges und Archilochos: Rohde, Rhein. Mus. XXXIII, 194] Q Ol. 18 [nach späterer Reduction]. Alyattes 605 nach der mit Sicherheit ergänzten Angabe der parischen Chronik: dieselbe setzt, ver- nathlich willkührlich, Kroesos' Gesandtschaft nach Delphi in 556.

Die religiüse Literatur der iranier. Das Avesta.

§. 414. Bekanntlich sind die heiligen Schriften der Parsen, 'er letzten in Indien und zum geringen Theil in Persien selbst tbrig gebliebenen Bekenner der Religion, welche zu den •^iten des Darius und der Sassaniden in fran herrschte, Urch den unermüdlichen Forschungseifer Anquetil Duperron's üerst den Europaeern zugänglich geworden. Eine wissen- i^hafÜiche Erforschung der Sprache und Literatur derselben ^t jedoch erst mit Eugene Burnouf begonnen, der zugleich ^ Sanskrit ein ungemein wichtiges Hülfsmittel zur Erforschung ör heiligen, missbräuchlich Zend genannten Sprache dieser chriften erkannte. Bald darauf wurde durch die Entzifferung

502 Quellenkunde zum sechsten Buch.

der Ächaemenideninschriften (§. 119) nicht nur eine zweite altiranische, dem .Zend engverwandte Sprache erschlossen, sondern auch das Material für die Geschichte der parsischen ReUgion bedeutend vermehrt. Indessen zu einem definitiven Abschluss ist die Erforschung des Zend noch nicht gelangt. Das uns erhaltene Material ist wenig umfangreich und be- handelt durchweg religiöse Gegenstände, bewegt sich also auf einem Gebiet, das an sich schwer fassbar ist und zu völliger Erschliessung eine genaue Kenntniss nicht nur der leitenden Ideen, sondern oft an sich ganz geringfügiger Anschauungen und Bräuche voraussetzt. Wer erwägt, wie vieles bei unend- lich umfangreicherem Material noch auf aegyptischem, ja auch auf indischem Gebiet ganz unsicher ist und mit welclien Schwierigkeiten die wissenschaftliche Erforschung des A.T. zu kämpfen hat, wird sich nicht wundem, wenn die Interpreten und Uebersetzer der parsischen Religionsbücher oft auf das stärkste von einander abweichen. Es kommt hinzu, dass man über die Frage, wie weit bei der Erklärung die Tradition, d. h. in erster Linie die späteren Uebersetzungen (§. 416), wie weit die Heranziehung des vedischen Dialects maassgebend sein darf, noch nicht zu irgend welcher Einigung gelangt ist und daher auch ein principieller Gegensatz in der Erklärung vorliegt

A. DuPERRON, Zend-Avesta, ouvrage de Zoroastre etc. 1771 (deutsch von Kleüker 1776). Burkouf, Commentaire sur le Yaqna I, 1833—35. Die drei Uebersetzungen von Spiegel, Avesta, die heil. Schriften der Parsen, 3 Bde., 1852—63, de Harlez, Avesta, livre sacre des seetateurs de Zoroastre, 3 Bde., 1875-77, 2. Aufl. 1881, Darmesteter, The Zend-AvesU I Vendidäd, II Sliözah?, Jasts and Nyäyis (in Sacred Books of the EastiV. XXIII. 1880. 83), ferner Justi, Handbuch der Zendsprache 1864 ver- treten «lie traditionelle, Haug (die Gäthäs des Zarathustra 1858. 60 in Abb. für die Kunde des Morgenlandes I. II, ferner viele Uebersetzungen in s. Essays on the sacred Language, Writings and Religion of tb^ Parsi«, 2 ed, ed. West 1878), Roth, Hubschmann, Gkldner, Bartholomjik u. a. in einer Reihe einzelner Arbeiten die sog. sprachvergleichende Me- thode. Ich muss bekennen, dass ich den Streit um die Methode nicht recht verstehe ; eine wissenschaftliche Erforschung des A.T., die zu einigermaassen sicheren Resultaten gelangen will, könnte ebenso wenig der in LXX elf« vorliegenden Tradition, wie der Hülfe der verwandten Sprachen entbehren.

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Das Avesta. Traditionen Ober sein Alter. 503

§. 415. Die parsische (zoroastrische oder mazdajasnische, d. h. den [Ahura-] Mazda verehrende) Religion war unter den Sassaniden die officielle, vollkommen als Kirche organisirte Religion des persischen Reichs. Ihre Lehren und Gebote, das Ceremoniell ihres Cultus, femer Gebete und Hymnen, waren in einem grossen Sammelwerke . enthalten , das den Namen Avesta führt und als heilige Offenbarung der Gottheit an Zarathustra, den Verkünder der Religion, auftritt. Nach der Tradition ist das Avesta unter Ardasir I. (226 bis 241 n. Chr.) eingeführt, unter Säpür II. (309—379), einem der eifrigsten Vorkämpfer der Religion gegen innere und äussere Feinde, abschliessend redigirt worden ; nach einer An- gabe hätte schon der Arsakide Vologeses (I. ? ca. 51 77 n. Chr.) die Sammlung des Avesta begonnen. Die Parsen wissen des weiteren von einem anderen, ursprünglichen Avesta, der unter dem Sagenkönig Vistäspa aufgezeichneten Offenbarung Ahura- mazdas, zt erzählen, den Alexander verbrannt habe; nach seinem Tode hätten die Priester aus dem Gedächtniss die Fragmente gesammelt. Dass weder durch Alexander, noch in der hellenistischen und der Arsakidenzeit die parsische Re- ligion verfolgt und ihre Schriften vernichtet wurden, dass sie im Gegentheil sich weiter verbreitete, steht völlig fest. Das Uravesta ist ganz offenbar rein mythisch, und diese Tradition hat nur insofern Werth, als sie eigentlich den späten Ur- sprung des sassanidischen Avesta direct eingesteht. Dieses letztere ist uns übrigens nicht mehr vollständig erhalten; in Folge der mohammedanischen Eroberung ist ein grosser Theil desselben verloren gegangen. Was auf uns gekommen ist, besteht im wesentlichen aus einem religiösen Gesetzbuch, dem einige Abschnitte mythologischen Inhalts beigefügt sind (Ven- <lMäd), einer Sammlung von Opferformeln und Hymnen für <Jen täglichen Gottesdienst (Vispered und Jasna), und einer Reihe von Hymnen zu Ehren der wichtigsten Gottheiten (die 'aSts).

Eine Zusammenstellung der traditionellen Angaben s. namentlich ^i Dariiesteter, Zendav. I p. XXXI ff., vgl. Journ. as. VII, 17, 478 ff.

504 Quellenkunde zum sechsten Buch.

§. 416. Es hat nun lange vor der Sassanidenzeit in Iran eine religiöse Literatur gegeben: Hermippos der Kalli- macheer erzählte von einem Werke des 2^roaster, das zwei Millionen Verse umfasste (fr. 79 Müller), beim Opfer recitirten die Magier mythische Gesänge (^eoYovtTjv Her. I, 132), und zwar wenigstens zur Zeit des Pausanias (V, 26, 6) aus einem Buch. Gehört nun das religiöse Gesetz- und Gebetbucli der Sassanidenzeit zu diesen älteren Schriften ? Ist es ein Brucb- stäck der altpersischen oder richtiger alturanischen Literatur? Gewöhnlich pflegt man diese Frage zu bejahen, das Avesta sogar in uralte Zeit (ca. 1100—600 v. Chr.) zu versetzen. Man beruft sich zum Beweise vor allem auf die Sprache. Das Avesta ist nicht in der unter den Sassaniden und schon unter den späteren Arsakiden gesprochenen und in officiellen Documenten verwendeten Sprache, dem Mittelpersischen oder Pehlewi, verfasst, ebensowenig aber auch im Altpersischen, der Sprache der Achaemenidenzeit. Das Avestische ist vielmehr ein eigener iranischer Dialect, der zwar mehrfach jüngere For- men aufzuweisen scheint als das Altpersische, aber selbständig neben ihm steht wie das Französische neben dem Italienischen. Daraus ergibt sieh, dass das eigentliche Persien nicht die Heimath dieser Religion ist, dass dieselbe aus einem anderen Theile Irans, aller Wahrscheinlichkeit nach aus Ostiran (§. 439), eingeführt ist und die Sprache dieser Landschaft als die heilige galt. Daher sind schon unter den Sassaniden die heiligen Texte in die Landessprache, das Pehlewi, übersetzt worden, wie man in der jüdischen Gemeinde schon in vor- christlicher Zeit der Vorlesung der heiligen Texte eine Ueber- setzung ins Aramaeische (die Targume) nachfolgen Hess. Es liegt aber auf der Hand, dass aus diesem Umstände für das Alter des uns erhaltenen Avesta gar nichts folgt; wie die Juden, können auch die Parsen kanonische Texte in der heiligen Sprache geschrieben haben lange nach ihrem Aus- sterben und fern von ihrer Heimath. Dass dies der Fall ge- wesen ist, lehren die Texte selbst, die in mehreren Fällen zeigen, dass für ihre Verfasser die Gesetze der Sprache nicht

Aeussere Kriterien fflr das Alter des Avesta. 505

nehr lebendig waren, da sie die altüberlieferten Formen in ^anz falscher Bedeutung anwenden. Auch der Umstand, dass lie im Avesta vorkommenden geographischen Namen meist weit üngere Formen zeigen als die entsprechenden altpersischen der griechischen (z. B. pers. Margu, MapYtdvrj, zend Moni, )ers. Bäkhtri, Bdxtpa, zend Bäkhdhi u. a., s. Spiegel, Vergl. iramm. S. 7 und sonst), spricht für den späteren Ursprung mserer Texte.

Wie weit sich die sprachliche Gorruption erstreckt, und in welchem Jmfange sich danach etwa ältere und jüngere Stücke scheiden lassen, st mir unbekannt. Die Tbatsache, dass die Zendschrift aus der 'ehlewischrift der späteren Sassanidenzeit entstanden ist, habe ich als lach keiner Seite beweisend nicht weiter berührt.

§. 417. Eine Entscheidung über die Frage nach dem &lter des Avesta können wir nur gewinnen aus der persischen Seligionsgeschichte und aus dem Inhalte des Buches selbst. (Vir wissen, dass die Mazdareligion sich aus der alten ari- >chen Religion herausgebildet hat und können als den Schau- 3latz ihrer Entwickelung mit höchster Wahrscheinlichkeit Ost- iran betrachten. Die ersten authentischen Zeugnisse für sie sind die Inschriften des Darius und seiner Nachfolger, die sich als eifrige Mazdajasnier bekennen^ und die Angaben der Briechen, in erster Linie Herodot's (I, 131 140). Letztere sind um so werthvoUer, well Herodot weder die persische Sprache kannte, noch von dem inneren Zusammenhang des Systems eine Ahnung hatte, also nur die Aeusserungen der Religion im täglichen Leben sorgfaltig und klar schildert. Darius und Herodot stimmen unter einander vollkommen, aber mit dem Avesta durchaus nicht überein. Nach dem Avesta ist es die ärgste Todsünde, einen Leichnam zu be- graben: die Perser begraben ihre Todten, ja sie vergraben sogar Lebende. Das Avesta fordert, dass die Leichen den Geiern zum Frass überlassen werden: in alter Zeit ist dieser Brauch auf einige ostiranische Stämme und die Magier be- schränkt (§. 444), und nie ist vor der Sassanidenzeit davon die Rede, dass jeder Gläubige sich ihm fügen müsse (vgl.

506 Quellenkunde zum sechsten Buch.

Ägath. II, 23). Im Avesta spielt der Gült des Mithra, der Anähita, des Haoma und anderer Götter eine Hauptrolle, während bei Darius alle Götter gegen Ahurämazda ganz zu- rücktreten, die Verehrung der der Volksreligion angehörigen Gottheiten Mithra und Anähita erst durch Artaxerxes II. ein- geführt wird und in der Folgezeit dann ganz in den Vorder- grund tritt (§. 451). Der Cult der »persischen Göttert ver- breitet sich über ganz Vorderasien (vgl. namentlich Strabo XI, 8, 4. 14, 16. XV, 3, 14 flf.), die Arsakiden wie die indo- skythischen Könige sind Mazdajasnier, .aber nirgends treffen wir die Form der Religion, welche das Avesta vorschreibt. Erst unter den Sassaniden wird dasselbe zum Gesetz erhoben, werden seine Gebote mit peinlicher Genauigkeit befolgt. Die Folgerung ist unabweisbar, dass es ans Ende, nicht an den Anfang der Religionsentwickelung gehört. Es wird in der spa- teren Arsakidenzeit, und zwar vermuthlich zunächst in dem be- kanntlich unter eigenen Königen stehenden Persis, über dessen Geschichte in dieser Zeit wir leider gar nichts wissen, ent- standen, unter den Sassaniden zum Abschluss gebracht sein wie die Tradition selbst andeutet (§. 415).

Im allgemeinen vgl. ausser Spiegel, Eran. Altertbumskunde III dens., Ueber das Vaterland und Zeitalter des Awestä ZDM. XXXV, 629 ff. und namentlich Darmesteter's Einleitung zu seiner Avestaüberseizung. Die letzte , mir unabweislich scheinende Consequenz haben beide nicht ge- zogen. — Ueber die Religion der indoskythischen Könige s. G. Hoff- mann, Auszüge aus syr. Acten pers. Märtyrer (Abb. Kde, des Morgenl. VIl) 144 ff. Von Wichtigkeit ist auch, dass der Kalender des Avesta [über denselben v. GuTscHMro, Ber. sächs. Ges. 1862. Bezzenberger, Gott. Nachr. 1878, 251. Roth, ZDM. XXXIV, 698. Spiegel, ZDM. XXXV, 642], der den Achacmeniden noch unbekannt ist, später in Persien wie in Kappa- dokien [vgl. de Lagarde, Ges. Abb. 258 ff.] eingeführt ist. Wie maii hat bezweifeln können, dass Darius im vollsten Umfange des Wortes ein Anhänger der mazdajasnischen Lehre war in der Form wie sie zu seiner Zeit existirte, ist mir unverständlich.

§. 418. Zu demselben Ergebniss führen die inneren Kriterien, die sich aus dem Avesta selbst entnehmen lassen. Eine Stelle, an der gegen die ]VIanichaeer polemisirt wird

Innere Kriterien. Sassanidigcber Ursprung des Avesta. 507

^end. 4, 130 fif.y s. Darmesteter , Zendav. I, xl), kann inter- 3]irt sein, ebenso die Erwähnung des in der Sassanidenzeit nd nur in dieser vorkommenden Hohenpriesters (Zarathustra) m Ragae Jasna 19 , 50. Wenn aber auf letzteren auch end. 1, 60 angespielt wird, so ist damit die sassanidische bfassungszeit des ganzen ersten Fargard des Vendidäd "wiesen. Vor allem aber setzt das Ävesta das Bestehen ner festorganisirten Kirche voraus. Dieselbe ist vom Staate lerkannt und unterstützt und so mächtig entwickelt, dass DU der Staatsgewalt, kaum irgendwie die Rede ist (vgl lieh Vend. 18, 25). Die Gebote sind peinlich genau, ihre riete Befolgung wird überall erwartet, schwere Strafen an eib und Leben werden dem üebertreter a'hgedroht. Ja enn Geldner's Erklärung von pesötanu und tanuperetha Studien zum Avesta I, 10) richtig ist, kann diese Kirche >gar excommuniciren. Unter den Ächaemeniden und Arsa- den haben derartige Zustände, wie sie hier keineswegs ge- rdert, sondern als bestehend vorausgesetzt werden, eht existirt; und sollte es wirklich jemand für möglich halten, ISS lange vor Kyros bei den uncultivirten Stämmen des stens eine derartig organisirte Kirche existirte, die nachher cht nur spurlos verschwunden ist, sondern von der sich eht einmal irgendwo eine versteckte Kunde erhalten hat? agegen unter den Sassaniden bestehen alle Voraussetzungen irklich, die das Avesta erkennen lässt. Mithin gehört es irera Zeitalter an. In vollkommener üebereinstimmung da- it steht der Geist des Buches, der in Vendidäd, Jasna und ists genau der gleiche ist. Eine peinlich genaue Durchbil- mg des Rituals, eine hochentwickelte religiöse Casuistik, eine jhleppende und nüchterne, alles höheren Schwunges völlig itkleidete Darstellungsweise, die ermüdendste Langweiligkeit i den immer und immer sich wiederholenden stereotypen hrasen charakterisirt sie alle [über die Gäthäs u. s. w. §. 419]. Nirgends, ausser in einigen offenbar älterer Zeit atstammenden Sätzen, pulsirt frisches Leben, nirgends indi- idueller Ausdruck oder warme und unmittelbare Empfindung,

508 Quellenkunde zum sechsten Buch.

nirgends irgendwelche Begeisterung für die hohen Lehren der Religion, Eigenschaften, die wir nach dem Charakter, den die Inschriften des Darios tragen, für die Religionsbücher seiner Zeit nothwendig voraussetzen müssen. Am augenfälligsten tritt dieser Charakter in der überall gleichmässigen Behand- lung der Sagengeschichte hervor. Wir wissen, dass die Iranier eine hochentwickelte, mit tiefer Empfindung aufgefasste Sagen- geschichte gehabt haben. Aber im AvQsta suchen wir ver- geblich nach Spuren lebensfrischer Behandlung oder poetischer ÄufTassung und Darstellung: die alten Helden sind ganz ab- geblasst und lediglich dazu da, um die Lehren der zarathu- strischen Religion zu exemplificiren. Mit völliger Sicherheit lässt die Art; wie die Sagengeschichte z. B. in Jasna 9. 26, 15 ff., Jast 5. 9. 13 und sonst behandelt ist, darauf schliessen, dass zur Zeit, wo diese Gebete geschrieben wurden, die Entwickelung der Sagengeschichte nicht nur längst zum Abschluss gekommen, sondern dieselbe auch schon literarisch behandelt war. Dass ein Buch dieses Charakters dem höchsten Alterthum angehöre, würde man sich schwer ent- schliessen zu glauben, wenn die zwingendsten Beweise dafür vorlägen. Wir haben gesehen, dass genau das Gegentheil der Fall ist.

»J'admets difficilement, pour ma part, que TAvesta, tel que nous Tavons, ait 6t6 le code d'un grand empire [der Achaemeniden]. C'est le code d'une secte religieuse tr^s bornöe; c'est un Talmud, un livre de casuistique et d'^troite observance. J'ai peine k croire, que ce grand empire perse, qui, du moins en religion, professe une certaine largeur d'id^es, ait eu une loi aussi stricte. II me semble que, si les Perses avaient eu un livre sacr^ de ce genre, les Grecs en eussent parU. U th^ologie m§me de TAvesta . . . roe paratt bien plutöt contemporaine de Mands et du gnosticisme que susceptible d'gtre rapportäe ä une kaute antiquit6.< E. Renan im Journ. as. VII, 16, 29.

§. 419. Wenn nun unser Avesta im grossen und ganzen sassanidischen ürprungs ist, so schliesst das nicht aus, dass es weit ältere Stücke enthält. Zu diesen scheinen namentlich die Gäthä's (Lieder) zu gehören, metrische, in einem anderen.

Aeltere Bestandtheile des Avesta. 509

älteren Dialect abgefasste Abschnitte des Jasna, die auch in ihren Ideen von dem übrigen Avesta bedeutend abweichen und den Anschauungen, wie sie sich aus Darius' Inschriften ergeben, nahe zu stehen scheinen. Ihre üebersetzung ist jedoch noch so wenig gesichert, dass eine Benutzung derselben für die Religionsgeschichte bis jetzt fast unmöglich scheint. Ebenso haben zweifellos manche Gebete und Sprüche aus alter Zeit, sei es in der ursprünglichen, sei es in überarbeiteter Form in das Avesta Aufnahme gefunden. Es wird die Auf- gabe der Kritik sein, mittelst sprachlicher und sachlicher For- schimg diese Stücke möglichst herauszuschälen. Einstweilen müssen wir uns mit allgemeineren Gombinationen begnügen. Bei dem Versuche, die ältere Form der Religon zu ermitteln, stehen uns zwei Hülfsmittel zu Gebote: die Angaben des Darius und der Griechen (§. 417), und die Vergleichung der indischen Religion. Die zahlreichen Uebereinstimmungen zwi- schen dieser und der Mazdareligion ermöglichen uns nicht nur, im allgemeinen zu erkennen, welche Anschauungen und Mythen ursprünglich sind und welchen Gang die Entwickelung des Mazdaismus genommen haben muss, es lassen sich durch Zusammenstellung des beiden Gemeinsamen auch die Grund- züge der vor der Trennung der Inder und Iranier bei den Ariern herrschenden Religion ermitteln.

Dass der Gäthädialect älter ist als die Sprache des übrigen Avesta, ist wohl nur von de Harlez (Manuel de la langue de TAvesta) bestritten. ^ Wie weit es mir gelungen ist, In der Scheidung des Alten und Spä- teren das Richtige zu treffen, mOssen andere beurtheilen. Die Frage, ob wir das Recht haben, eine Anschauung der alten Zeit zu vindiciren, ^abe ich mir überall vorgelegt. Um sich die Schwierigkeiten klar zu dachen, welche sich uns hier entgegenstellen, denke man sich, uns ^ären von der heiligen Literatur der Juden nur ein Theil des Priester- ^odex, die Psalmen, und vielleicht einige Bruchstucke von Propheten, ^n denen keine oder wenigstens keine erkennbaren Anspielungpn auf die ^«itereignisse vorkommen, erhalten.

§. 420. Unter den Bearbeitungen der Geschichte und Alterthumer von Iran sind in erster Linie Spiegel's Schriften,

510 Quellenkunde lum seehsteD Bucb.

namentlich seine >Eraniscbe ') Älterthumskunde« (3 Bde., 1870 78) zu nennen. Die aus dem Aresta sich einbanden Culturrerh&ltnisse hat neuerdings W. Geiger (Ostimniscbe Cultur im Alterthum, 1882) in anschaulicher Weise zusammen- gestellt, doch ohne auf die unabweisliche Vorfrage, in wie weit das ATesta als Zeuge einer alten Zeit und einer einheit- lichen Gultur betrachtet werden darf, irgendwie einzugehen. Die Aufhellung der Zusammenhänge mit Indien und der ari- schen Periode verdanken wir in erster Linie einer Reihe von Aufsätzen von R. Roth (ZDM. II. IV. VI und sonst), daneben den Forschungen der vergleichenden Mytholt^en und India- nisten, wie A. Kuhn, Weber, M, MUller u. s. w. Für die genauere Erkenntniss der Entwickelung^eschichte der irani- schen Religion und der allmählichen Umbildung der ansehen Anschauungen sind J. Darnesteter's Untersuchungen, nament- lich sein Ormuzd et Ahriman 1877 (Bibl. de l'Äc des hautes 4tudes 29), von grosser Bedeutung.

Ferner: Windischiiann, Zoroastrische Studien I86S. Hauo's Esit) (§■ 414). Ivsti, Geschichte Peraiens 1878 (in der OncKEn'echen Sammlung). , ~ Für die Cultur des vedischen Zeitalters: Ludwig, Die Hantreliteratur <md das alte Indien (in s. Ueberaetzung des Rigveda Bd. 111) 1878. Ziiam, Allindisches Leben 1879. Das grosse Werk von BfatckiesE Qber die vediacbt Religion bedaure icb nicht haben benutzen zu kOitnen.

'} Warum man anstatt der jetzt allein üblichen Form Iran durchaus die vor einem Jahrtausend gebräuchliche £rAn anwenden soll, nei» ich nicht. Wenn man eine arcbaische und fremd klingende Form g^ brauchen will, sollte man wenigstens Ariana, arianisch sagen.

I. Di6 Stämme der Arier.

Das iranische Hocliland. Die nichtarischen Stämme Westirans.

§. 421. Die rauhen Gebirgsketten des Zagros, welche sich im Osten der Tigrisebene erheben, bilden den Westrand eines gewaltigen Hochlandes, dessen Ausdehnung von den Bergen östlich von Ninive bis zu den Höhen, welche das Industhal begrenzen, etwa 300 Meilen beträgt. Im Süden bildet der persische Meerbusen seine Grenze, im Nordwesten geht es in das armenisch-kleinasiatische Hochland über. Die Gebirge Armeniens setzen sich hier fort und erheben sich im Süden des kaspischen Meeres zu gewaltiger Höhe. Weiter östlich wird das iranische Hochland durch im wesentlichen parallel verlaufende Gebirgszüge begrenzt, die in dem unweg- samen Paropanisos (Hindukus) ihren Mittelpunkt haben. An letzteren schliessen sich nach Osten die Randgebirge des mon- golischen Hochlandes ; nach Norden aber fallt Iran ab zu der unbegrenzten, den Norden Asiens wie Europas bildenden Tief- ebene, die fast durchweg einen Steppencharakter trägt und an der Grenze Irans, im Gebiete des kaspischen und des Aralsees, zum grössten Theil eine völlige Wüste bildet. Zahl- reiche Ströme fliessen yqm Hochlande hinab, die indessen theils von der Wüste aufge^ogen^ werden, wie der Arios, der Margos, der Polytimetos (JZerefsäA), theils wie der Oxos und Jaxartes zwar das Meer efjreiöhen, aber in ihrem unteren Laufe, dem Euprat vergleichbar, doch höchstens dem un- mittelbar angrenzenden Lande Fruchtbarkeit verleihen.

512 Sechstes Buch, erster Abschnitt.

Die Mitte Irans bildet eine grosse, fast völlig unbewohn- bare Salzwüste, die sich im Südosten bis unmittelbar an das Meer erstreckt. Sie scheidet Iran in einen westlichen Theil die Gebirgslandschaft Persis, die Ebene des südlichen, das Alpenland des nördlichen Mediens und einen nordöstlichen Theil, dessen Centrum der Paropanisos bildet (die Land- schaften Chorasän, Afghanistan und Baktrien). Nur durch einen schmalen Streifen culturfahigen Landes am Südrande des kaspischen Meeres, in den Thälem am Eiburs (vor allem das Thal des Gurgän, die Landschaft Hyrkanien) sind die beiden sonst völlig von einander gesonderten Gebiete ver- bunden.

§. 422. Was für ethnographische Verhältnisse in West- iran ursprünglich herrschten, lässt sich bis jetzt nur theilweise ermitteln. Wir wissen, dass am Südrand Stämme wohnten, die den Sumeriern verwandt waren, in Susiana die Elymaeen in den nördlicheren Gebirgen die Kossaeer (§. 129). Wie weit sich diese Nationalitäten ursprünglich nach Osten aus- dehnton, ob die nördlichen Gebirgslande, wie Namri, Chu- buskia, Parsua, Ellip demselben oder einem ganz anderen Volksstamme angehörten, entzieht sich unserer Kenntniss. Das Gleiche gilt von den Mannaeern südlich vom Urmiasee und von den zahlreichen Stämmen und Fürstenthümern des Nord- westens, die von den Assyrern unter dem Namen der Meder (Madai, bei Salmanassar U. Amadai, vgl. Sghrader, KGF. 173) zusammengefasst werden. Denn so sicher die Meder der Griechen, welche Assyrien zu Fall brachten und deren Haupt- sitz der ebene Theil des Landes um Egbatana und Ragae war, Iranier und die nächsten Verwandten der Perser gewesen sind, so wenig lässt sich das Gleiche von den Medern der Assyrer und namentlich von den Stämmen der rauhen nordwestlichen Gebirge erweisen. Noch die späteren Schriftsteller kennen hier zahlreiche nicht zu den eigentlichen Medern gehörige Völkerschaften, die Kadusier, Gelen, Amarder, Tapurer u. a. Neben ihnen wird ein Vo]k der Anariaken genannt, deren Name die »Nichtarier (-iranier)« bedeutet. Offenbar sind

Nichtarische Stämme in Iran. 513

dieselben nur durch Missverständniss in die Völkerliste ge- kommen; Anariaken ist ein Gesammtname, der die vorher einzeln aufgezahlten Völkerschaften zusammenfasst und als stammfremd den Iraniern und speciell den Medern gegen- überstellt.

Stämme Mediens: Strabo XI, 7, 1. 8, 8 [aus Eratosthenes]. 13, 3. Plin. VI, 46. Ptol. VI, 2, 5. Bei Strabo XI, 13, 4 werden die Kadusier geradezu den Arianem entgegengesetzt. Der einzige iranisch aussehende Name, der uns in diesen Gegenden in den Keilinschriften begegnet, ist der des Bagdatti von Mildii (716, §• 374); doch mahnt zur Vorsicht, dass auch die Fflrsten Kundaäpi und Kustaipi von Kum rauch (§. 386) rein iranisch scheinende Namen tragen (Lenormant).

Die Arier.

§. 423. Das nordöstliche Iran mit den nach beiden Seiten vorliegenden Gebieten, dem Thal des Kophen (Kabul) und der Ebene des Indus und seiner Nebenflüsse im Süden, den weiten Wüsten und Steppen im Norden, ist der älteste Wohnsitz der Arier. In historischer Zeit treten uns dieselben nicht als einheitliches Volk entgegen. Die Arier Indiens haben sich von ihren Stammesbrüdern nördlich und westlich vom Paropanisos gesondert und eine eigene Entwickelung einge- schlagen, und unter den Iraniern besteht ein scharfer Gegen- satz zwischen den sesshaften Stämmen Ostirans und den Reitervölkem und den räuberischen Nomaden der turanischen Steppe. Indessen in Sprache und Sitte, in Anschauungen und Religion stehen sich alle arischen Stämme so nahe, dass wir uns eine Zeit reconstruiren können, in der die einzelnen Stämme noch im wesentlichen ein grosses Ganzes bildeten, sich gegenseitig fortwährend beeinflussten und als Glieder eines grossen Volkes betrachtet werden konnten. Sogar der Name dieses Volkes ist uns erhalten : die alten Inder wie die Ostiranier und Meder (Her. VII, 62) bezeichnen sich als Arier, Darius nennt sich »einen Arier arischen Sprosses« (NR. 2). Auch den Skoloten scheint nach Ausweis der Eigennamen (Aria-

Xeyer, Getchlcbte äen Alterthnms. I. 33

514 Sechstes Buch, erster Abschnitt

peithes, Ariantas) diese Bezeichnung nicht fremd gewesai zu sein. Der Name scheint das Volk als die »Edlenc im Gegen- satz zu den Stammfremden zu bezeichnen. Die Arier sind ein Glied des indogermanischen Volksstammes, der fast ganz Europa und den grössten Theil Kleinasiens und Armeniens bevölkert hat. Von wo, wie und wann die Arier in ihre Wohnsitze gekommen sind, darüber gestattet höchstens der Umstand eine Vermuthung, dass noch in historischer Zeit ein Theil der Iranier (die Saken und Skythen) aus nomadischen Wanderstämmen besteht, ein anderer sesshaft ist. Da wir nun wohl einen Uebergang von unsteter zu sesshafter Lebens- weise uns vorstellen und geschichtlich nachweisen können, nicht aber in gleichem Umfang das umgekehrte, so wird anzunehmen sein, dass die sesshaften Arier aus der turanisch-sädrussischen Steppe in ihre späteren Wohnsitze gelangt und hier zu einer höher entwickelten Gultur übergegangen sind, dass sich also ihre Ansiedelung ähnlich vollzogen hat, wie jetzt die türkischer Stämme in denselben Gebieten oder wie die der Semiten in Syrien und im Tigrisland. Dem entspricht es, dass wir beim Beginn unserer historischen Kunde die Arier im vollen Yot- rücken nach Südosten wie nach Südwesten begriffen finden. Ob sie in Iran und im Industhal eine ältere Bevölkerung an- getroffen und sei es absorbirt, sei es verdrängt oder ge- knechtet haben wie später im östlichen und südlichen Indien, darüber fehlt uns jede Kunde.

Die landläufige Ansicht, welche die Heimath der Arier oder gar der Indogermanen ins Hochland Pamir oder dessen Nachbarschaft verlegt, entbehrt aller Begründung und ist an sich höchst unwÄh^ scheinlich.

§. 424. Wie weit sieh die Wohnsitze der nomadischen Arier erstreckten, ist schwer zu bestimmen. Wir wissen, dass die Perser alle Wanderstämme des Nordens unter dem Namen Saka (Idxat), die Griechen unter dem der Skythen zusammah fassten. Im einzelnen unterscheidet Darius in seinen In- schriften die amyrgischen Saken (Sakä haumavarkä = "Aftufr

Die nomadischen Arier. Skoloten und Saken. 515

Iftot IdTcai Her. VII, 64) und die spitzmützigen ^) Saken. Es sind die Bewohner der grossen kirgisisch-turkmenischen Steppe, welche sich vom kaspischen Meer bis jenseits des Jaxartes erstreckt. Soweit wir aus den Eigennamen und sonstigen Andeutungen sehen können, sind die Saken arischen Stammes und den Iraniern nahe verwandt. Ihr Gebiet umschliesst die beiden frachtbaren Oasen von Merw und von Ghärezm, in denen seit alten Zeiten nachweislich seit der Achaeme- nidenzeit, doch vermuthlich schon weit früher eine sess- hafte von Ackerbau lebende Bevölkerung sich findet, die Margianer (pers. Margu, Zend Moru) und die Chorasmier (pers. Hvärazmi, Zend Chärizem), die überall zu den Ira- niern im engeren Sinne gerechnet werden. Jenseits des Ja- xartes streifen nach den Angaben der Griechen die Massa- geten, die gleichfalls zu den Ariern zu gehören scheinen. Im Avesta begegnen uns diese Namen nicht. Die Gegner der sesshaflen Arier heissen hier meist Türa oder Dänu; aus ersterem ist der Landesname Türän hervorgegangen. Einmal ist auch von den »dahischen Gauen« die Rede (Jast 13, 144). Der Name Däha bezeichnet (wie däna) ganz im allgemeinen den »Feind« und findet sich in derselben Bedeutung (als däsa) bei den Indern; in den griechischen Nachrichten be- gegnet uns Adai Dahae sehr häufig als vollkommenes Synonym von Sdcxat. Daneben werden im Avesta auch »nichtarische Gaue« erwähnt (Jast 18, 2. 19, 68), doch ohne irgend- welche genauere Bezeichnung der Gegend (vgl. Vend. I, 71). Neben den östlichen Saken nennt Darius »Saken jenseits des Meeres«. Es sind die von den Griechen als Skythen im engeren Sinne bezeichneten Skoloten, die seit etwa dem achten Jahrhundert sich in Südrussland an der Nordküste des Pontos festgesetzt und die Kimmerier von hier verdrängt haben. In früherer Zeit müssen sie mithin weiter östlich nomadisirt haben. Sie sind zweifellos den Iraniern auf das

') Diese von Opfert aufgestellte Uebersetzung von tigrakhauda scheint mir kaum zweifelhaft; vgl. Her. VII, 64.

516 Sechstes Buch, erster Abschnitt.

engste verwandt, ja können geradezu als ein Zweig derselben bezeichnet werden. Das Gleiche gilt von ihren östlichen Nach- barn, den Sauromaten (Sarmaten) zwischen Don und Wolga. Dadurch wird es nur um so wahrscheinlicher, dass die Nach- barn der letzteren, die asiatischen Saken, gleichfalls Iranier waren. Welcher Nationalität die von ihnen verdrängten Eimraeri6r(assyr. Gimirrai, hebr. IDJ) angehörten, lässt sich begreiflicher Weise nicht sicher feststellen; doch ist zu beachten, dass der von den Assyrern bewahrte Name eines ihrer Könige, Teuspä, durchaus iranisches Gepräge hat, und dass die Babylonier auch alle Saken als Kimmerier bezeichnet zu haben scheinen, was allerdings eine Stammverwandtschaft noch nicht beweisen würde. Danach scheint das im Alterthum von iranischen Stämmen bewohnte Gebiet dem jetzt von den Slawen besetzten an Ausdehnung nicht nachgestanden zu haben.

Her« VII, 64 ol ^äp Uipaai icdivta^ toug XxoO-a^ InaXBov Sebuzc. Dem entspricht der Sprachgebrauch der DariusinschrifteD. Der in der fünften Tafel der Inschrift nachträglich berichtete Feldzug gegen die Saken ist jedenfalls der Skythenfeldzug. Im babylonischen Text wird das persische Sakä durch Nammiri oder Gimiri wiedergegeben ; trotz Delftzsch, Par. 246 und Bezold, Achaemenideninschr. zu Beh. 17. NR. 86 halte ich Gimiri für richtig; wenn nara dasteht, wird es Schreibfehler sein*). Na- tionalität: Dass die skolotischen Skythen Iranier sind, haben Zeuss, Die Deutschen und ihre Nachbarstämme 275 fif. und MCLLE!fHOFF, Rtt- kunft und Sprache der pont. Skythen und Sarmaten, Ber. Berl. Ak. 186d. 549 ff. erwiesen. Daraus wird das Gleiche für die asiatischen Saken von vorn herein wahrscheinlich. Die wenigen erhaltenen Namen sind zum Theil deutlich iranisch : der Massagete Sicap^aniTr)^, S. der Tomyris Her. I, 211 , der Fürst der transjaxartischen Skythen Saxpdofrjc Arr. IV, 4, 8, der Sakenführer Maüaxfjc Arr. III, 8, 3. Zu den Namen der sog. indoskythischen (sakischen) Könige vgl. G. Hoffmann, Syr. Akten pers. Märtyrer 139 ff. (Abh. Kde. des Morgen). VII). Femer der Stammnaine *AoKaataxai Strabo XI, 8, 8. Pol. X, 48; vgl. die Arimaspen = a^ jamäspa »folgsame Rosse habende, Müllenhoff 1. c. 555. Freilich mögeß

*) Auch dem, was Delitzsch, Par. 181 über die Bedeutung von när marralum in den Dariusinschriften bemerkt, kann ich nicht bei- stimmen; es ist nicht zu vergessen, dass der babylonische Text üeber- setzung aus dem persischen ist.

Nomadische und sesshafte Arier. 517

manche dieser Namen entlehnt sein. Vielleicht sind auch die 'Avdtota SpiQ im Nordosten des asiatischen Skythiens (Ptol. VI, 14, 8. 13) und die 'Afxdxai zwischen Jaxartes und Oxos hierherzuziehen. Zu den Daheru vgl. auch die A^ot in der Liste der nomadischen Stämme der Perser Her. I, 125. Zu den Kimmeriern vgl. noch §. 452.

§. 425. Der Gegensatz der sesshaften und der räube- rischen nomadischen Bevölkerung am Nordrande hrans ist heute derselbe wie vor Jahrtausenden; nur war er im Alter- thum noch weniger ein Gegensatz der Ras^ als gegenwärtig. Er beruht auf den von der Natur vorgezeichneten Verhältnissen, auf der Lebensweise der Bewohner. Im Avesta finden sich zahlreiche Anspielungen auf denselben, und der uralte Mythus der arischen Völker von dem Kampfe der lichten, freundlichen Mächte gegen die bösen Dämonen hat sich bei den Iraniern im Verlaufe des Entwickelungsprocesses , dem alle Mythen unterliegen, in die Sage von erbitterten Kriegen zwischen Iran und Turan zu Anfang der Geschichte verwandelt. Manche Sitten und Bräuche der arischen Stämme lassen sich durch eine Vergleichung der vedischen Litteratur mit den Ueber- resten der avestischen noch ermitteln; die äussere Gestaltung des Lebens aber ist natürlich für uns verschollen. Dass die einzelnen Stämme sich fortwährend befehdeten, ist selbstver- ständlich. An ihrer Spitze scheinen Könige gestanden zu haben ; auch ein natürlich nicht festgeschlossener Adels- stand, dessen Hauptbeschäftigung der Krieg ist, hat sicher schon in der ältesten Zeit existirt. Die Masse der Bevöl- kerung aber bestand aus Bauern, die von Viehzucht und Ackerbau lebten. Dem entspricht es, dass den Ariern das Rind durchweg als das werthvoUste und heiligste Besitzthum erscheint. Zwar ist das Ross weit theurer und Mythus wie Dichtung sind in Indien wie in Iran voll seines Preises; aber es ist nur der Besitz des Reichen, des Kriegers, der auf dem Streitwagen ins Feld zieht. Daher finden sich auch unter den iranischen und indischen Eigennamen so zahlreiche Zu- sammensetzungen mit aspa, a^va d. i. Ross. Auf dem Rinde <iagegen beruht die Cultur^ ja das gesammte Leben ; mit ihm

518 Sechstes Buch, erster Abschnitt.

wird das Feld bestellt, es gewährt Fleisch und Milch, es ist von den Göttern den Menschen zum Gefährten gegeben (vgl. Jasna 29, Roth, ZDM. XXV, 5 flf.)- Es ist bekannt, wie sehr das Avesta die Pflege des Rindes empfiehlt, in wie über- triebener Weise die späteren Inder die Kuh heilig halten, wie Iranier und Inder dem Urin des Rindes reinigende und heili- gende Kraft beilegen.

§. 426. Im allgemeinen wird die Geistesrichtung arischen Völker durch die grosse Bew^lichkeit und Lebendig- keit ihrer Phantasie charakterisirt. Zum Theil ist dieselbe schon aus ältester Zeit ererbt: es gibt kaum einen indoger- manischen Stamm, bei dem nicht der Sinn für das Dichten und Singen lebendig hervortritt, der nicht Mythus und Sage reich und originell entwickelt hat. Damit hängt der Trieb zusammen, die religiösen Gedanken tiefer und ernster und zugleich umfassender aufzufassen, als dies bei den meisten anderen Völkern geschehen ist. Im einzelnen sind hier die Kelten und Germanen, die Italiker und Griechen, die Perser und Inder sehr verschiedene Wege gegangen. Während die Theologie und Staatskirche der Kelten und Perser, die prak- tisch-nüchterne Auffassung der Italiker vielfach an die Ae- gypter und die Semiten erinnern, haben die Inder eine philo- sophische Denkweise entwickelt, welche, obwohl sie sich in religiösen Formen bewegt, die höchsten Probleme des Lebens und Denkens tief und bestimmt zu erfassen vermag, und die Hellenen den Bruch mit der Vergangenheit voll und bewusst vollzogen, den Gegensatz zwischen mythischer und philosophischer Denkweise für alle Zeiten zum klaren Aus- druck gebracht. Aber auch die Iranier beurtheilen wir ein- seitig, wenn wir sie nach den leben- und kraftlosen, völlig schablonenhaften Formeln des Avesta bemessen. Das ge- waltige Epos und mehr noch die völlige Umgestaltung und grossartige Vertiefung der Anschauungen des Islam, welche von ihnen ausgegangen ist, zeigen, dass ein ganz anderes Leben in ihnen sass, als das Avesta vermuthen lässt. Das Avesta ist nur der letzte verknöcherte Ausdruck von Ideen,

deren ursprüngliche lebendige Form sich aus ihm selbst, namentlich wenn man mit Hülfe der indischen Literatur auf ihre ersten Anfänge zurückgeht, noch entwickeln lässt.

§. 427. Bei den Ariern bewegen sich Mythus und Poesie in phantastischeren Formen als bei den übrigen Indogermanen; das Streben nach Ungeheuerlichkeiten, nach maasslosen Ueber- treibungen beherrscht Inder und Iranier durchaus. Am cha- rakteristischsten für die alten Arier ist ihre Verherrlichung des berauschenden Labetrunks. Aus den Fasern einer auf den hohen Bergen wachsenden Schlingpflanze (Sarcostemma?), des Söma (iran. Hauma), verstand man es, ein wohlschmecken- des Getränk zu bereiten, das, in Fässern bewahrt, bei Fest- gelagen und Opfermahlzeiten in reichem Maasse genossen wurde. Der Trunk heisst Soma oder auch, mit einem in die indogermanische Zeit zurückreichenden Namen^ Madhu (Meth) »das süsse«. Zahkeiche Lieder des Veda schildern die Be- geisterung und Freude des Rausches, und auch im Avesta klingt sie noch nach (Yasna 9. 10 u. a.). Wenn der Soma die Glieder durchdringt und den Geist erleuchtet, dann ge- winnt der Mensch hohen Muth und überirdische Kraft und Einsicht, dann erschaut er klar das Wesen der Dinge. Es ist ein göttliches Wesen in ihn eingedrungen, das ihm Stärke und Schirm verleiht. Auch den Göttern ist er die liebste Opfergabe; er stärkt sie zum Kampf, durch ihn haben sie die unüberwindliche Kraft gewonnen, mit der sie ihre Gegner niederschmettern. So wird Soma einer der mäch- tigsten und wirksamsten Götter der Arier, wohlthätig den Freunden, furchtbar den Feinden, der Spender von Gesund- heit und Nachkommenschaft, von Lebensfreude und Unsterb- lichkeit und zugleich von Einsicht und Wissenschaft.

WniBiscHMAKN , Somacultus der Arier, in Abb. Bayr. Ak. Phil. Gl. IV, 2, 1846. Kuhn, Herabkunft des Feuers und des Göttertrankes 1859. Roth, Ueber den Soma, ZDM. XXXV, 680 ff.

520 Sechstes Buch, erster Abschnitt

Religion der arischen Stämme.

§. 428. Wie den Sumeriern, den Aegyptern, den Chi- nesen ist auch den Ariern die Welt voll von feindlichen Mächten, von Dämonen, die den Menschen schrecken und verfolgen, ihm Unglück und Elend, Krankheit und Tod senden, den Mächten der Finsterniss, der Darre, des Misswuchses u. s. w. Auch in den Feinden des Volks und den räuberischen Schaaren der Wüste wirken sie; daher bezeichnen däsa (däha) und dänu (§. 424) bei Indern und Lraniern in gleicher Weise die irdischen Feinde wie die bösen Dämonen. Böse Menschen können sich mit ihnen verbinden, durch Zauber Macht ge- winnen und die Guten schädigen, Ihnen gegenüber stehen die segenbringenden, hilfreichen Mächte, deren Gaben Möi- schen und Vieh Leben und Gedeihen gewähren, die Spender des Lichtes, des Wassers, der Fruchtbarkeit, die Mächte, welche Pflanzen und Thiere wachsen lassen, welche im Kampfe den Sieg gegen die Feinde gewähren. Unter ihnoi ist kein Wesen dem Menschen näher und heiliger als das Feuer, speciell das Herdfeuer. Die Heiligkeit desselben (Hestia, Vesta) erkennen alle Indogermanen an, es spielt ja auch im Zelte der Nomaden fast die gleiche Rolle wie in der Hütte des Ackerbauers. So wird berichtet, dass die skolotischen Skythen die Tahiti, die Göttin des Herdfeuers (eottYj), als höchste Gottheit verehrten (Herod. IV, 59, vgl. 68). Den Ariern ist das Feuer (Iran, ätar, ind. agni = ignis) das reinste Element, das immer lebendige, das die Finsterniss und damit die Dämonen vertreibt. Wenn den beiden Hölzern, durch deren Reibung man das Feuer bereitet, die Flamme ent- springt; dann wird nach vedischer und gewiss schon nach arischer Anschauung der Gott neu geboren und tritt un- mittelbar in den Dienst der Menschen. Wenn die Opfer- flamme auflodert, so ruft sie die Götter zum Mahle herbei: das Feuer verbindet und vermittelt zwischen der irdischen und der überirdischen Welt.

Dämonen und Lichtgt^tter. Das Feuer. 521

§. 429. Die grossen Götter der Arier sind, wie bei den Aegyptern, Gottheiten des Lichts. Ihre Verehrung reicht bis in die indogermanische Zeit hinauf: daiva »der Lichte« war schon damals eine gewöhnliche Bezeichnung der Götter. Als »Spender« von Reichthum und Segen heissen sie daneben bhaga (§. 254). Unter ihnen oben an steht der Gott des Lichthimmels (ind. Djäus = Zeus, Jupiter; ind. Varuna = Uranos) als der Allumfassende, Licht- und Lebenspen- dende, als Vater und Erhalter aller Wesen. Die Sonne ist sein Auge, er durchdringt und erschaut alles. Von ihm stammt der Regen, die Fruchtbarkeit, das Wachsen und Ge- deihen der Erde und aller Wohlstand. Seine Gemahlin ist nach altindogermanischer, bei den Ariern schon verblassender Anschauung die »Mutter Erde«, mit der er sich in Regen und Gewitter vermählt (vgl. die kleinasiatischen Sagen von der Göttermutter §. 253). Nach arischer Anschauung ist er der höchste der Götter, der »Herr« (asura, iran. ahura), und umgeben von einem Kreis gleichartiger Lichtwesen (den indi- schen äditja's). Besonders nahe steht ihm unter den übrigen Lichtgottheiten Mitra, der »freundliche (?)«, der Gott des Tageslichts, der mit dem Himmelsgott völlig zu einer Dyas (ind. Mitra - Varuna , iran. Mithra-Ahura) verschmilzt. Dass man neben diesen Gottheiten die Sonne (arisch sürja), und den Mond (mäs der »Messer«, d. i. der Zeittheiler) verehrte, bedarf kaum der Erwähnung.

Im allgemeinen s. namenUich Darhesteter, Ormazd et Ahriman. Femer Hillebrandt, Varuna und Mitra, 1877. Die Gleichung Uranos =: Varuna = zend Varna (»das viereckigec, in dem Thraitauna den Azhi Dahäka tödtet), scheint mir durch Ludwig, Rigveda III, 314 ff nicht erschüttert; vgl. Darhesteter 1. 69 u. sonst.

§. 430. Indessen wie die Menschen haben auch die Lichtgötter fortwährend gegen feindliche Mächte zu kämpfen ; sie werden zeitweilig von den Dämonen der Finsterniss aufs äusserste bedrängt. Zwar der regelmässige Wechsel von Tag und Nacht und die Schicksale des Sonnengottes, welche den Aegyptern im Mittelpunkte aller religiösen Entwickelung stehen,

522 Sechstes Buch, erster Abschnitt

spielen bei den Ariern keine Rolle, ausser dass man die sieg- reiche Macht und den glänzenden Lauf des »goldenem Schosse entsprossenen« Sonnengottes preist. Aber wenn langdauemde Dürre herrscht, dann sind es feindliche Dämonen, welche die regenspendenden Kühe (die Wolken) geraubt und in unbe- kannte Ferne entführt haben; wenn dunkle Wolken den Himmel bedecken, dann hat der »verhüllende« Dämon (Vrtra) die Lichtjungfrauen oder den glänzenden Schatz geraubt und hält sie in seiner Wolkenburg gefangen. Die ganze Natur bereitet sich vor auf den gewaltigen Kampf; der Götterhund spürt den Aufenthalt der geraubten Kühe aus, der Licbtgolt (bei den Indern vor allem Indra, aber auch Trita, bei den Iraniern Verthraghna »der Vrtratödter« und Thraitauna [Feri- dün]) greift den finsteren Dämon an, der sich als gewaltige Schlange (ahi) ihm entgegenstellt. Mit dem Blitzstrahl schmettert er ihn nieder, und lustig strömen die befreiten Wasser über den Leib des Erschlagenen herab. Freilich für alle Zeit ist der Feind nicht getödtet; immer wieder erwacht er zu neuem Leben, stellt sich den guten Gottheiten aufs neue entgegen, aber nur um immer wieder zu erliegen. So konnte, als die mythische Auffassung des Gewitters sich in eine Sage von einem einmaligen, urallen Vorgang umzusetzen begann (§. 57), auch die Anschauung entstehen, dass der Feind nicht erschlagen, sondern besiegt und bis ans Ende der Tage gefesselt sei. Ihrem Kern nach sind alle diese Vorstellungen uralt und allen Indo- germanen gemeinsam ; aber nur bei den Ariern sind sie so sehr in den Mittelpunkt der Religion getreten, dass alle weitere Entwickelung von ihnen ausgeht.

§. 431. Wie am Himmel, so ist auf Erden der Gegen- satz, der Kampf der guten und bösen Mächte ein immer- währender; indem die Lichtgötter ihre Feinde besiegen, för- dern sie das Gedeihen ihrer Verehrer. Der Blitzstrahl »der Spross der Wasser« (apäm napät ind. und zend), der Sohn des Himmelsgottes, ist derselbe Gott wie das Feuer, welches die Dämonen vertreibt und den Verkehr zwischen Menschen und Göttern vermittelt. Für die Arier charakteristisch ist nun, dass das

Die Kämpfe der Götter und die Kraft des Opfers. 523

Verhältniss zwischen Mensch und Gottheit als ein gegenseitiges aufgefasst wird: nicht nur der Mensch bedarf des Gottes, sondern in gleicher Weise dieser des Menschen. Durch die Opfer- speise und den Somatrunk erhält der Gott erst die Kraft; die Feinde niederzuschmettern ; durch das Lobgebet, den Hymnus, wächst die Macht der Gottheit. Andererseits kann, wie bei an- deren Völkern, Opfer und Gebet die Götter zwingen, dem Men- schen zu willen zu sein, die richtige Formel ist im Stande die Macht der Feinde zu brechen, ihre Wirkungen zu vernichten. So ist der Mensch selbst unmittelbar in den Kampf der über- irdischen Mächte hineingestellt und gezwungen und berufen in ihm mitzuwirken, eine Anschauung, die den Aegyptern, bei denen der wissende Mensch mit der Gottheit identisch ist, ebenso fern liegt wie den Semiten, bei denen die Gottheit die Verehrung als schuldigen Tribut entgegennimmt. Es ist be- kannt, wie die weitere Entwickelung dieser Anschauungen in Indien dazu geführt hat, die Macht des Gebets (Brahman) als das Eine pantheistische Urwesen an die Spitze der Götter zu stellen und die Bussübung als die einzige wirklich reale Kraft zu betrachten, welche die ganze Welt schafft und erhält. Aber auch die iranische Religionsentwickelung ist von diesen Anschauungen ausgegangen und beherrscht.

§. 432. Es liegt auf der Hand, dass Gedanken wie die hier vorliegenden nicht allgemein sein und der im Volke herr- schenden Anschauung unmittelbar entsprungen sein können. Sie sind vielmehr das Product der Speculation, mit anderen Worten, sie sind aus den Kreisen der Priesterschaft hervor- gegangen. Dieser kommen sie denn auch sehr wesentlich zu Gute. Um das Opfer wirksam zu machen, muss man das Ritual kennen; um den Zorn der Götter zu vermeiden, sie sich durch Anrufungen und Gebete dienstbar zu machen, die Dämonen zii bezwingen, muss man die richtigen Formeln (mantra, Spruch) kennen. Es kann kein Zweifel sein, dass schon die arische Zeit einen hochentwickelten Priesterstand kannte, dass man die Opfer wenn nicht ausschliesslich so doch vorwiegend durch Priester vollziehen Hess, und wohlhabende Leute sich

524 Sechstes Buch, erster Abschnitt

eigene Priester hielten und sie gut bezahlten. Der älteste, Indem und Iraniern gemeinsame Name der Priester ist atharvan, der >Feuerzünder« (7r6pat*o<; Strabo XV, 3, 15). Dass sie zu- gleich die Träger der gesammten geistigen Cultur sind, Lieder- dichter, Aerzte und Kalendermacher, bedarf kaum der Be- merkung. Die Ausbildung einer abgeschlossenen Priesterkaste, welche die erste Stelle im Staate beansprucht und sich ge- winnt, gehört erst der weiteren gesonderten Entwickelung Indiens und Irans an.

üeber die Priesterschaft der vedischen Zeit s. namentlich Ludwig, Rigvftda m.

§. 433. Von Anfang an ist die Religion der Indoger- manen im Gegensatz z. B. zu der der Semiten charakterisirt durch ihr individuelles Gepräge. Bei den Ariern ist dies noch weiter entwickelt. Die Gottheit ist nicht ein unnahbarer ge- bietender »Herr«, sondern ein Wesen von Fleisch und Blut, mit Leidenschaften und den einzelnen Gott von allen übrigen charakteristisch unterscheidenden Eigenschaften. Und der Mensch steht ihr gegenüber zwar auch als Glied des Stammes oder der Familie, aber daneben als Einzelwesen, das seine besonderen Beziehungen zu der Gottheit hat und ihr fördernd oder schädigend entgegentritt. Eine ethische Auffassung des Verhältnisses liegt auch hier ursprunglich ganz fern ; die Licht- götter sind zwar Spender des Segens, sie bekämpfen die Bösen und den Trug (druh), aber daneben sind sie launisch und eigenwillig, und oft genug zürnen sie dem Verehrer ohne Grund. Die Vorstellung einer moralischen Gottheit im mo- dernen Sinne haben die Inder niemals, sondern nur die Iranier ausgebildet. Die Forderung »guter Gedanken, Worte und Werke«, welche Veda und Avesta an den Frommen stellen, bezieht sich zunächst nur auf das Ceremoniell des Cultus, nicht auf das moralische Verhalten (s. Darmesteter, Orm. et Ahr. 7 ff.). Aber im Verhältniss der Götter zu den Menschen wie über den Göttern selbst waltet eine feste Ordnung (rta, zend asa), ein Gesetz, das sich in der Gleichmässigkeit der

Stellung der Menschen zur Gottheit. Bestattung. 525

Naturerscheinungen wie der sittlichen Welt, im Kreislauf der Jahreszeiten, in der Bahn der Himmelskörper, aber ebenso in der Wirkung der Opfer und Formeln ausspricht.

§. 434. Mit dem Tode geht nach arischer Anschauung der Mensch in das ferne unbekannte Reich ein, in dem Jama, der Sohn des Vivasvat, der erste Mensch (der pers. Jima, Dschem§id), gebietet. Der »vieräugige« Hund des Todtengottes (vgl. den Kerberos) geht unter den Menschen um und packt den, dem zu sterben bestimmt ist. Doch erscheinen die Todtengenien nicht eigentlich als finstere Unholde, etwa wie in Aegypten; die Hunde des Jama geleiten den Todten zugleich auf seinem weiteren Weg (Rigv. X, 14, 11), das Todtenreich trägt einen heiteren, friedlichen Charakter. Daneben aber sind die Ahnen, welche mit den Göttern im Verkehr standen, die heiligen Satzungen offenbart erhielten, ihren Nachkommen Wohlstand und Macht hinterliessen, auch mächtige Wesen, die auf Seiten des guten Gottes kämpfen und auch nach dem Tode den Ihrigen beistehen. So beten die Inder zu den »Vätern«, die Iranier zu den Fravasi's (Ferver) der Verstorbenen. Zu ihrem Unterhalt werden den Todten von ihren Nachkommen Opfer- spenden dargebracht, wie in Aegypten. Die Art der Be- stattung ist sehr verschieden. Im vedischen Indien und in Arachosien (Vend. I, 48) w4rd die Leiche zur Erde bestattet; in Persien wird sie vorher mit Wachs balsamirt (Her. I, 140). Daneben scheint auch die Verbrennung der Todten, die später in Indien die Regel geworden ist, schon in die indogermanische Zeit hinaufzureichen; dass sie auch in Iran weit verbreitet war, lehrt der Name dakhma, den bei den Parsen der Ort fuhrt, an dem die Leichen ausgesetzt werden, der aber ursprunglich die » Verbrennungsstätte c bedeutet. Bei den Stämmen des nordöstlichen Irans dagegen ist es Brauch, die Leichen an öden Stätten auszusetzen und den Hunden und Vögeln zum Frass zu überlassen.

526 Sechstes Buch, zweiter Abschnitt

n. Die Iranier und die zarathustrische Religion.

Die iranischen Stämme.

§. 435. Unter welchen Umständen und in welcher Zeit sich das Vordringen der arischen Stämme nach Süden und Westen und die Trennung in Inder und Iranier vollzogen hat, ist uns völlig unbekannt. Beide Volksmassen behielten den alten Namen Arier (Ind. ärja, iran. arja, vgl. §. 423) bei; bei dem westlichen Theil ist aber allmählich die abgeleitete Form Arjana (jetzt Iran) an seine Stelle getreten. Das Vor- rücken der arischen Inder lässt sich noch einigermaassen ve^ folgen. In der ältesten Epoche ihrer Geschichte, der Zeit, in welcher die Hauptmasse der vedischen Hymnen entstanden ist, siedeln sie in dem »Siebenstromland«, d. h. in dem Thale des Indus (Sindhu), des Kabul, und der fünf Ströme des Pendschäb; von hier aus sind sie dann allmählich in das Gangesthal, nach Guzerät, und ins nördliche Dekhan vorge- drungen. Die weitere Geschichte der Arier Indiens zu ver- folgen, liegt jenseits unserer Aufgabe.

§. 436. Westlich von den Indern, in der Landschaft Arachosien (pers. Harahvati), wohnen die Paktyer (Herod., jetzt Pachtun und Pastun), die Vorfahren der heutigen Af- ghanen, die sprachlich eine Sonderstellung unter den Ariern einnehmen, von den Alten aber durchweg zu den Iraniern gerechnet werden. An sie schliessen sich am unteren Lauf des Etymandros und am HAmunsep die Sarangen oder Drangen (pers. Zaranka, eigentlich das »Seevolk« vom Zend zrajanh, pers. daraja See), weiter nördlich am Herlrüd die Arier (pers. Haraiva, jetzt Ilerat). Westlich von den letzteren, in den westlichen Theilen Ghorasan's, sitzt der halbnomadische Stamm der Parther (Hap^oaiot, pers. Parthava), weiter west- lich, in den fruchtbaren Thälern am Südstrand des kaspischen Meeres die Hyrkanier (pers. Varkäna). Weiter im Osten, am Nordabhang des Paropanisus und bis an und über den Oxu?,

Die Inder und Iranier. 527

wohnen die Baktrer (pers. Bäkhtri), nördlich von ihnen die Sogden (pers. Sugda). Die Oasen der Marger und Chorasmier sind früher schon erwähnt (§. 424). Wie das hier umschrie- bene Gebiet (Ostiran) geographisch eine Einheit bildet, so mag auch Leben und Geschichte der einzelnen Stämme eng verbunden gewesen sein. Auch bei den Griechen wird das östliche Iran als das eigentliche Ariana von den Medern und Persern geschieden (vgl. indessen Strabo XV, 2, 8). Doch fehlt uns in die inneren Verhältnisse und die historische Ent- wickelung dieser Stämme jeder Einblick.

Die viel behandelte sog. VOlkertafel des Vendidad (erster Fargard) gibt weder eine Geschichte der Ausbreitung der Arier, noch eine ein- heitliche geographische oder ethnographische Schilderung, sondern ist eine Zusammenstellung von Landschafts-, Fluss- und Städtenan;en , die in der Sagengeschichte eine Hauptrolle spielten oder sonst irgendwie wichtig erschienen. Zum Theil sind sie rein mythisch: Nr. 1. Aijanam Vaidschö, 14. Vama [urspr. der Himmel, §. 429] , 16. Der Fluss Ranghä (ved. rasa). Die übrigen Namen sind: 2. Sughdha (Sogdiana). 3. Moru (Margiane). 4. Bäkhdhi (Baktra). 5. Nisäja (Ntoaia Ptol. VI, 10, 4. 17, 3, Strabo XI, 7, 2. 8, 3). 6. Haraiva (Aria). 7. Vaikerta und 8. Urvä sind unbekannt. 9. Khnenta in Vehrkäna (Hyrkanien). 10. Harachatt (Arachosien). 11. Haitumant (Fluss Etymandros). 12. Raghä (Ragae). 13. T§akhra unbek. 15. Hapta hindavö (Indien). Eine Ordnung ist nicht erkennbar, Ragae ist offenbar wegen seiner Bedeutung in der Sassaniden- zeit (§. 418) hineingekommen.

§. 437. Die grosse Wüste südlich und südwestlich von diesen Gebieten ist von nomadischen Stämmen iranischer Ab- kunft besetzt, unter denen an der Küste des persischen Meeres die Gadrosier, im Innern des Hochlandes die Sagartier (Asa- gartija) 'und Sattagyden (Thatagus) besonders hervortreten. An sie schliessen sich in Westiran im Norden die Meder (§. 422), im Süden die Perser. Beide zerfallen in zahlreiche Stämme (y^vt) Her. I, 101. 125), die sich wie überall wo eine Stammeseintheilung vorkommt, nach ihren Wohnsitzen sondern. So sind unter den Persern die Pasargaden die Be- wohner der Landschaft Pasargadae, die Germanier (sonst Karmanier) die Bewohner des östlichen Theiles von Persis.

528 Sechstes Buch, zweiter Abschnitt

Ausser den Ackerbau treibenden kennt Herodöt vier noma- dische persische Stämme, unter ihnen die schon erwähnten Sagartier (vgl. VII, 85), die Darius zu den Unterthanen rechnet Dass die Arier Medien und Persien später besetzt haben als den Osten bans, ist höchst wahrscheinlich; doch lässt sich auch hier nichts positives ermitteln (vgl. §. 466).

Bei Herodot III, 91 CT. VII, iyß ff. finden sich noch zahleiche andere dem Gentrum Irans angehörige Stämme, wie die Thamanaeer (auch m, 117), Parikanier (in Gadrosien?), Myken (Maka der pers. Inschriften?), Utier (Landschaft Jutija in Persien Beh. III, 5?), die sich nicht localisiren lassen. Dass die »beutelustigen prthupar^avas« (Böhtlingk und Roth: die breite Hippen Tragenden, ebenso Grassmann) Higveda VII, 83, 1 die Parther und Perser sind (Ludwig, Higveda III, 196), ist recht wahrschein- lich, gibt aber zu Zeitbestimmungen über eine etwaige Wanderung keinen Anhalt, lieber die Parsua der Assyrer s. §. 838. lieber die Magier als mecfischen Stamm s. §. 449.

§. 438. Ueber die politischen und Culturverhältnisse Irans fehlt uns bis auf die Perserzeit fast jede Kunde. Von einer näheren Berührung mit dem Westen, etwa von einer Einwirkung desselben auf die Entwickelung der Religion, findet sich keine Spur. Ueber die Handelsbeziehungen s. §. 187. Dass die Kunst des Schreibens in Ostiran vor der Achae- menidenzeit bekannt gewesen sei, ist höchst unwahrschein- lich; ebenso wenig verstand man es, den Göttern einen Tempel zu bauen oder ihre Gestalt zu bilden. Die Be- richte der Zeitgenossen Alexanders zeigen, dass noch damals der Culturzustand Ostirans ein sehr niedriger war und weit unter dem Indiens stand. Die höhere materielle Cultur Me- diens und Persiens ist aus Babylon und Assyrien entlehnt und reicht schwerlich in frühe Zeiten hinauf. Auf staatlichem Gebiete finden wir, ähnlich den Verhältnissen der Inder und der Germanen, überall eine aristokratische Gliederung, wie sie bei Ackerbau treibenden Völkern in primitiven Culturverhältnissen das natürliche ist. Mit ihr wird es zusammenhängen, dass die Ehe unter Verwandten, ja unter Geschwistern, ganz gewöhnlich war und als etwas Verdienstliches empfohlen wird. Die wohlhabenden Grundbesitzer sind wie im Veda

Slaalliche und Gulturverhältnisse Irans. 529

zugleich die naturgemässen Vertheidiger des Landes und ent- scheiden über alle staatlichen Fragen. Die Masse der Bauern ist von ihnen abhängig, die Gewerbtreibenden und Händler treten ganz zurück. Diese Verhältnisse haben sich bis zur mohammedanischen Eroberung kaum geändert und treten auch im Avesta hervor. Dasselbe kennt z. B. eine Stufenfolge von vier Herren : den Herrn des Hauses (nmäna), des Gaues (vis), des Geschlechtes (zantu), schliesslich den der Provinz (dahju) ^). Die einzelnen Völkerschaften mögen wenigstens in der Regel ein Ganzes gebildet haben; ob sich je sei es vorübergehend, sei es auf längere Zeit grössere Staaten gebildet haben, dar- über fehlt uns jede Kunde. Zwar erzählt die iranische Sage von einem grossen Reich, das in Ostiran bestanden, dessen Herrscher gegen die Turanier Jahrhunderte lang gekämpft und gewaltige Siege erfochten hätten. Als Mittelpunkt dieses Reichs erscheint Baktrien, unter seinem Könige Vi§täspa (Hystaspes) soll Zoroaster die Lehren des Ahuramazda ver- kündet haben. Indes.sen diese Könige sind rein mythische Figuren, die Kämpfe gegen die Turanier sind aus den Mythen von dem Kampf der Lichtgötter gegen die Dämonen ent- standen und historisch ist an ihnen weiter nichts, als dass Ostiran die Heimath der iranischen Sage und Mythologie ist, dass auch die Ormuzdreligion sich von hier aus verbreitet hat. Historische Erinnerungen mögen ja einzelnen Zögen der Heldensage zu Grunde liegen, wie denn die Umwandlung der Götter und Dämonen in Tränier und Turanier für die Lebens- verhältnisse Ostirans bezeichnend ist (§. 425). Aber um Ge- naueres zu erkennen, fehlen uns alle Mittel, und die Aus- malung der Verhältnisse ist ohne Zweifel ganz unhistorisch.

Ueber die Stamraes?erhältnisse vgl. Spiegel, Ueber die eran. Stamm- Terfassung, Abb. Bair. Ak. VII, 3, 673. Was Ktesias von einem alten baktrischen, Ton Ninos eroberten Reicbe erzäblte (Diod. II, 5 ff.; sein König Zoroaster Justin I, 1. Job. Antiocb. fr. 3 MOller), ist lediglich GonstrucÜon auf Grund der Angaben der persiscben (iranischen) Sage.

0 Ueber ihnen steht als fünfter der ZaratbuStra, d. i. der Ober- priester. Die Stelle (Jasna 19, 50) ist sicher sassanidisch (§. 418).

Meyer, Qeechichte des Alterthums. I. 34

530 Sechstes Buch, zweiter Abschnitt.

lieber König Vi§läspa vgl. Spiegel, üistor. Ztschr. 44, 1 ff. Seine Gleich- setzung mit Hystaspes, dem Vater ües Darius bei Ammian XXIII, 6, 82 (vgl. Agath. n, 24) bat ebenso wenig Werth, wie dass Alexander Polyh. den Zoroasler zum ersten Könige der medischen (elamitischen) Dynastie machte (§. 135).

Die Ahuramazdareligion.

§. 439. Während uns die umfangreichen üeberreste der altindischen Literatur ermöglichen, wenigstens die Hauptphasen der Entwickelung, welche von der altarischen Religion zur Brahmalehre geführt hat, deutlich zu erkennen, ist uns in Iran das Gleiche versagt. Es müssen zahlreiche Stufen über- schritten, zahlreiche Kämpfe durchgemacht sein, bis aus der arischen Religion die Mazdareligion wurde, wie sie Darius verkündet. Aber wie, wann, wo diese Entwickelung sich abgespielt hat, wissen wir nicht. Nur dass das östliche Iran, speciell Baktrien und seine Nachbarschaft, der Hauptschau- platz derselben war, icann als sicher betrachtet werden. Denn hier ist die iranische Sage localisirt, hier wird die Mazdalehrc von Zoroaster verkündet, hier hat die Göttin Anähita ihre Heimalh (§. 450). Der Gegensatz der sesshaften und der nomadischen Bevölkerung tritt in der Religion überall hervor, manche der von ihr vorgeschriebenen Bräuche, wie die Aus- setzung.der Leichen, sind nur im nordöstlichen Iran heimisch. Von hier aus muss sich mithin die Religion nach dem übrigen Iran verbreitet haben. Wie weit aber die anderen Land- schaften bei der Entwickelung betheiligt gewesen sind, wie weit locale Unterschiede hervorgetreten sein mögen, darin ist uns jeder Einblick versagt.

Darmesteter (Zendavesta I. p. XLVII IT., Etudes irau. I, 10 fl*.) und Spif.cel, ZDM. XXXV, 629 IT., ebenso de Harlez betrachten Medien als Heimath der avestischen Religion, weil die Magier hier heimisch sind [der ursprüngliche, in den heiligen Schriften allein gebrauchte Name der Priester ist aber nicht Magier, sondern äthravan; im Qbrigen Tgl. §. 449] und weil die parsische Tradition Raghae oder Atropatene bU Heimath Zoroaster's bezeichnet. Letzteres beruht indessen ledigHch auf den Institutionen der Sassanidenzeit. Die Anspielungen des Avesta auf

Die iranische Religion. Die Priester. 531

derartige Anschauungen sind nur weitere Beweise fOr seinen späten Ur- sprung, ebenso z. B. die Localisirung des Azhi Daliäka in Bawri (Jast 5, 29), wenn dies Babel ist. Eine sicher in Ostiran geschriebene Stelle ist wohl Jalt 10, 14. Nach der gewöhnlichen Anschauung wurde die Mazda- religion auf einer durch den Propheten Zoroaster herbeigeführten reli- giösen Revolution beruhen, durch welche die alten arischen Gölter in die Hölle gestossen und die reine Lehre verkündet worden wäre. Dass diese Ansicht falsch ist, hat Darmesteter, Orm. et Ahr. 261 ff., vgl. Zendav. I, LXXVI ff. überzeugend nachgewiesen und die ContinuitSt der Ent- Wickelung hervorgehoben. Allerdings ist dieselbe nicht anders zu ver- stehen, als man auch von einer Continuität der Entwickelung von der alt- hebraeischen Religion bis zum Gesetze reden kann ; religiöse Bewegungen und Reformen müssen, ebenso wie in Indien oder bei den Hebraeern, zahlreich stattgefunden haben , vgl. § 448 und über Zoroaster §. 446. Die Ansicht von Haug, dass Zoroaster's Auftreten namentlich durch die Einführung des Somacults herbeigeführt sei und seinerseits wieder die Trennung der Inder von den Iraniern herbeigeführt habe (Die Gälhä's II, Essays 286 ff.), wird jetzt wohl keine Vertreter mehr finden.

§. 440. Die Entwickelung der iranischen Religion hat sich wie die der indischen in den Kreisen der Priester voll- zogen und ist diesen in erster Linie zu gute gekommen. Bei beiden hat sich der Priesterstand vollkommen abgeschlossen und ist zu einer erblichen Kaste geworden, in die kein Fremder Aufnahme finden kann; bei beiden nimmt er für sich die erste Stelle in Anspruch, wenn auch die iranischen Äthravans niemals soweit gegangen sind wie die Brahmanen, die sich zu einer übermenschlichen Rasse gemacht haben. In Indien wie in Iran monopolisiren die Priester den Cultus vollkommen : sie allein können die Opfer volkiehen (Her. I, 132). Weiter aber ist die Entwickelung in Iran nicht gegangen: staatliche Macht haben die Priester nie in Anspruch genommen oder nehmen können. Erst unter den Sassaniden finden wir eine selbständig organisirte, vom Staate anerkannte und geschätzte Kirche, deren uns nur fragmentarisch erhaltenes Gesetz- buch eben das Avesta ist.

§. 441. Während in Indien die Religionsent Wickelung durchaus speculativ ist, ist sie in Iran auf das praktische Leben gerichtet. Dort steht die transcendente Kraft des Opfers,

532 Sechstes Buch, zweiter Abschnitt.

der Gebete, der Bussübung, hier der im Leben sich belhäti- gonde Gegensatz der lichten heilbringenden und der finsteren verderblichen Mächte im Mittelpunkt der Anschauungen. In Iran hat der arische Himmelsgott (Zsö^, von Herodot I, 131 selbst als »der ganze Umkreis des Himmels« erklärt), der »Herr« (Ahura), der in Indien aus seiner Herrscherstellung verdrängt wurde, dieselbe behauptet und erweitert. Als Licht- gott ist er der Gott der Wahrheit und Reinheit; er ist der Schöpfer und Erhalter der Welt, »der grösste der Götter, der diese tOrde, jenen Himmel, den Menschen gemacht hat, der dem Menschen Gnade (pers. sijäti, ass. dunqu) gewährtet (Darius und Xerxes); er ist der »Weise« (Mazda) der Schöpfer tier Wcltordnung (asa, §. 433), der »heilige (?) Geist« (spenta manju), von dem alle Segnungen der Schöpfung herrühren. Er ist der Inbegriff aller Macht, Einsicht und Majestät. Neben ihm stehen, wie neben Varuna die Aditja's (§. 429), eine Reihe von Genien, welche die einzelnen Seiten der- selben verkörpern und mit Ahuramazda zusammen die Siebenzahl der Amesa spenta (»Unsterbliche Heilige«) aus- machen. Zum Theil sind dieselben alte, schon in die arische Zeit hinaufreichende Abstractionen, wie Asa, das Weltgeselz, das in den Zcndlextcn (namontüch in den GathiVs) oft als identisch mit Ahuramazda, oft als gesondertes Wesen an- gerufen wird; Harvatat und Amertalat, die »Gesundheit« und »Unsterblichkeit«, die in Wasser und Pflanzen wirken; Ar- mati (wahrsch. ved. Aramati, Göttin der Andacht) »die Fröm- migkeit«, die auch als Erdgöttin und Gemahlin des Almra erscheint. Daneben stehen neugeschaffene Formen, Khsathra varja, der Genius der Ilerrschermacht, und Vohumano »der gute Sinn« ('ö[i.avö<;), der erste unter den sechs. Daran schliessen sich dann die übrigen Gottheiten des Lichtes und der guten Schöpfung (§. 447).

Im allgemeinen s. Darmesteter, Ormuzd et Aliriman. Ders., Haur- valät el Amerelä}. (hibl. de Tee. des hautes ötudes XXIII, 1875).

§. 442. Den guten Göttern gegenüber stehen die bösen Machte, die Dämonen der Finsterniss, des Todes, der L'n-

Die guten und die bösen Mächte. Ahuramazda. 533

fruchtbarkeit , des Truges, die stets bekämpften und unter- liegenden, aber nie besiegten. Sie werden von den Iraniern gewöhnlich unter dem Namen daivas (diw) zu?ammengefasst. Ursprünglich bezeichnet derselbe die Lichtgötter (§. 429); aber diese Bedeutung verlor sich in Iran, der Name wurde all- mählich auf die feindlichen Naturmächte übertragen. Ganz ebenso ist in Indien in spätvedischer Zeit der Name Asura eine Bezeichnung der bösen Dämonen geworden. Die Zahl der feindlichen Wesen ist unendlich; sie manifestiren sich in allem üebel, in bösem Gethier, in Leichen und Krankheiten, wie umgekehrt andere Wesen, z. B. der Hund, speciell den guten Göttern heilig sind. An ihrer Spitze steht der böse Geist Angramanju (Ahriman). Ob diese Gestalt (zuerst nachweisbar in den Gäthäs Jasna 45, 2 und bei Theopomp fr. 71 ; in den Inschriften der Achaemeniden wird er begreiflicherweise nie ge- nannt) uralt ist oder erst der fortschreitenden Systematisirung ihren Ursprung verdankt, wissen wir nicht. Die mythologischen Zuge, welche ihn charakterlsiren, entstammen dem alten ari- schen Götterfeind, dem Gewitterdämon, der bösen Schlange. Im übrigen ist er in jeder Beziehung das Gegenbild des Ahura- mazda. Er thront im fernen Norden, in der Finsterniss, er ist unwissend, kraftlos und ohnmächtig trotz seiner immer wiederholten Angriffe auf die gute Schöpfung, er ist die Un- reinheit und die Lüge. Umgeben ist er von einer Schaar böser Dämonen, die von der späteren Theologie genau dem Schema der guten Geister entsprechend classificirt werden.

§. 443. Seine Formen entlehnt der Gegensatz und der

Kampf der beiden Mächte den alten arischen Anschauungen

vom Gewitiermythus. In vielen Zügen haben sich dieselben

Doch klar erhalten: Ahuramazda ist von festem und schönem

Körper, denn er ist das Himmelsgewölbe, die Sonne ist sein

Auge, die (Himmels-)wasser sind seine Gemahlinnen, das

Feuer (der »Spross der Wasser« §. 431) ist sein Sohn. Das

Peuer ist zugleich die Hauptwaffe gegen die Dämonen, das

Symbol der Reinheit, des Gedeihens, des Lebens. Die Aus-

»tialungen des Kampfes der beiden Mächte sind voll von

534 Sechstes Buch, zweiter Abschnitt.

Zügen des Gewiltermythus. Aber der Hauptsache nach sind dies für die spätere Anschauung nur Formen, welche zum Theil völlig unverstanden lediglich durch die geheiligte Tra- dition erhalten blieben. Der alte Gegensatz hat sich auf ein geistiges, vor allem auf das ethische Gebiet verschoben. Abura- mazda und Angramanju sind Wahrheit und Lüge, Ordnung und Zerstörung, Lebenskraft und Todesschlaflfheit. Ahura- inazda ist in erster Linie ein Gott der Cultur; er hat das Uind bestimmt, dem Menschen zu dienen (vgl. Jasna 29, Roth, ZDM. XXV, 5 ff.) und segnet den, der es gerecht be- handelt, er freut sich am Ackerbau, an der Urbarmachung brach daliegenden Landes. Die Verehrer Ahuramazda's sind die sesshaften Ackerbauer und Viehzüchter, seine Gegner, die Geschöpfe und Diener der Daivas, sind die Nomaden, welche die Dörfer überfallen, das Vieh stehlen, Menschen rauben und durch die weite Wüste in das Elend der Sklaverei schleppen. Alles Leben kommt von Ahuramazda; er gebietet den Men- schen sich zu mehren, denn dadurch wird ja sein Reich erweitert. »Die Perser ehren den am höchsten, der am meisten Kinder hat, sie feiern ihren Geburlstag als den höch- sten Festtag« berichtet Herodot (I, 136. 133). Ahuramazda schirmt die Könige, er verleiht ihnen Herrschaft und Majestät; er verniciitct die Feinde seiner Verehrer, denn sie sind ja Diener und Werkzeuge der Dämonen.

Der Gegensatz zwisclien Mazda- und Daiva Verehrern scheint mir auch in den Gathäs weder ein Gegensatz der Nationalität, noch der Re- ligion zu sein, sondern er bezieht sich wesentlich auf das V^erhalten des Einzelnen; ganz ähnliches findet sich auch im Veda. Eine Hauptrolle spielt dabei aber der sociale Gegensatz der sesshaften und der nomadi- schen, räuberischen Bevölkerung. Vgl. auch das Glaubensbekenntniss Jasna 12 (13), namentlich in der von Spikgel, de Harlez, Haug (Essays 173) stark abweichenden Uebcrsetzung von Geldker, Studien I, 132, deren Richtigkeit ich natürlich nicht beurtheilen kann. Im Uebrigen s. nament- lich Geiger, Ostiranische Cultur.

§. 444. In dem Kampfe der beiden Prineipien hat der einzelne Mensch Stellung z.u nehmen. Auch hier ist zu- nächst die altarische Anschauung beibehalten und forlgebildet;

Stellung des Menschen im Kampfe der Mächte. 535

das.-s Opferspenden und Gebete die Kraft der Gottheit mehren. Die Formel ist nächst der Flamme das wichtigste Kampfmittel gegen die Dämonen; nach einer ihrem Kern nach jedenfalls in alte Zeiten hinaufreichenden Tradition hat Ahuramazda zu Anfang den Angramanju besiegt, indem er die heiligste aller Gebetsformeln das uns völlig unverständliche Ahu- navarja recitirte. Beide Mächte streben danach, ihr Reich zu erweitern, und indem der Mensch die Gebote des einen oder des anderen befolgt, Gutes oder Böses d. h. ur- sprünglich formell Richtiges oder Unrichtiges (§. 433) begeht, vergrössert er ihre Macht und stärkt sie zum Kampf. Durch Sprechen der Gebete, durch Ausübung der heiligen Handlungen vernichtet der Mensch zahllose Dämonen, wie er ebenso durch Begehen verbotener Handlungen das Reich der bösen Geister vermehrt. Vor allem wird von den Frommen die äussere Reinheit verlangt. Die Macht Ahriman's zeigt sich namentlich in Krankheit und Tod. Die Berührung mit einer Leiche befleckt daher und erfordert sorgfaltige Reinigung, und »wer von Aussatz befallen ist, wird von allem Verkehr abgesperrt, denn man meint, er habe gegen die Sonne ge- sündigt. Fremde, die aussätzig sind, werden aus dem Lande verjagt, und aus gleichem Grunde auch die weissen Tauben« (Her. I, 138). In diesen Dingen gingen die Priester weiter als die übrigen Gläubigen. Sie tödteten z. B. nach Kräften ahrimanisches Gethier wie Würmer und Schlangen, um so dem Reiche des Bösen Abbruch zu thun. Die barbarische Sitte der ostiranischen Stämme, die Leichen Geiern und Hunden zum Frass zu überlassen (Chrysippos bei Cic. Tusc.

I, 108, Justin 41, 3 von den Hyrkanern und Parthern) in Baktrien überliess man sogar Schwerkranke und Greise noch lebend den Todtenhunden (Onesikritos bei Strabo XI,

II, 3), ein Brauch, der unter den Sassaniden allgemein ge- worden ist (Agathias II, 23) ist von ihnen beibehalten, und wird damit motivirt, dass die Heiligkeit der Erde oder des Feuers nicht durch die unreine Leiche befleckt werden dürfe. In sassanidischer Zeit sind diese Bräuche bindende

536 Sechstes Buch, zweiter Abschnitt.

Vorschriften für alle Gläubigen geworden. Im übrigen wird die peinliche, casuistische Ausbildung des Reinheitsriiuals, wie sie im Vendidad vorliegt, erst einer späteren Zeit angehören.

Ueber die Formen der Todtenbestattung in Iran s. §. 434. Ueber die Bräuche der Magier: Her. I, 140 (vgl. Plut. de Is. 46). Wenn Herodot weiter berichteti es werde erzäl It u>c o5 icp6tepov d^ictsrai ftySpö^ Ilepoli» 6 vixD( icplv £v bn* opyiO-oc ^ xüv6( iXxood^voi^ so verwechselt er die aur altariscben Anschauungen beruhende Sitte, dass ein »vieräugiger« Hund den Leichnam anblicken muss, um den Dämon aus ihm zu vertreiben» mit dem Brauch der Magier.

§. 445. Indessen bei dieser äusserlichen Auffassung blieben die Iranier keineswegs stehen. Wie Ahuramazda ein Gott der Cultur ist, so ist jeder, der das Feld bestellt, das Vieh pflegt, den Haumatrank bereitet (§. 427), Kinder zeugt und den Krankheiten wehrt, ein Mehrer seines Reiches. Das erste und höchste Gebot des Gottes aber ist, die Wahrheit zu üben und die Lüge zu meiden (Beh. IV, 14, Her. I, 136. 138). Die Lüge (pers. drauga, Zend drudsch) ist das eigentliche Lebenseleraent der Dämonen und geradezu ein Eigenname für sie geworden. Wenn so die ethische Auffassung der Religion durchaus im Vordergrund steht, so wendet sie sich zugleich in noch ganz anderer Weise als die arische an das einzelne Individuum. Wohl verehrt das ganze Volk den Ahuramazda und seinen Götterkreis, aber lediglich von dem Verhalten des einzelnen hängt es ab, ob er wirklich ein Mazdajasnier (Mazdaverehrer) oder ein Daivajasna, ein Diener der bösen Mächte ist. Durch jede Handlung mehrt er das Reich des einen oder des anderen und gewinnt, wenn er der guten Sache dient, die Segnungen, welche die Götter verleihen: Wohlstand, namentlich an Vieh, Nachkommenschaft, Kraft, Sieg gegen die Feinde, Unsterblichkeit und ein glückliches Leben im Jenseits. Denn auch hier sind die arischen Vorstellungen weiter ausgebildet. Nach dem Tode erwartet den Menschen das Gericht an der Brücke Tsinvat; je nach seinem Verhalten bestimmt sich sein Schicksal. Die Bösen fallen den Lügen- gcistern anheim, die Guten erhalten Unsterblichkeit und die

Culturelemente der Mazdareligion. 537

Freuden des Paradieses; auch einen Mittelzustand für die- jenigen, bei denen gute und böse Werke sich das Gleichgewicht halten, kennen schon die Gäthäs (Bartholomae, ZDM. XXXV, 157, Roth ib. XXXVII, 223). Auch die alte Vorstellung von der segenbringenden Macht der »Väter« hat sich weiter entwickelt. Nach iranischer Lehre hat sich in jedem Menschen ein gei- stiges Wesen, ein Genius (Fravasi, Fravardin, Ferver), ge- wisserniassen ein geistiges Abbild des irdischen Menschen^ incorporirt, das lange vor ihm existirte und mit dem Tode ihn wieder verlässt. Die Fravasi's der Guten gehen ein in das Reich des Ahuramazda, um die Bösen zu bekämpfen, ja sie sind eine Hauptstütze seiner Macht. Sie senden den Nach- kommen Wohlfahrt und Gedeihen, und es ist die Pflicht des Frommen, alle Fravasis, besonders aber die der alten Heroen^ mit Opfer und Gebet zu ehren.

Zu den religiös-moralischen Anschauungen der Gäthäs vgl. HObs^.h- MANN, Das 30. Cap. des Jasna p. 8 ff.

§. 446. Ob man schon in alter Zeit sich bemüht hat, den Ursprung der beiden sich bekämpfenden Mächte kosmo- logisch oder speculativ zu lösen, die Thatsache der nicht zu vernichtenden Macht des Bösen mit dem Glauben an den guten Gott, der die Welt gebildet hat und erhält, zu ver- einigen, wissen wir nicht. Nach der Anschauung der Gäthäs (30, 3 flf.) scheint durch den Zusammenstoss der beiden Machte die Welt entstanden zu sein. Seitdem besteht der immerwährende Kampf; am Schluss der Weltentwickelung wird das gute Princip den Sieg davontragen, die Vergeltung und eine vollkommene Weltordnung (vgl. Theopomp bei Plut. de Is. 47) eintreten. Dass aber Ahuramazda den Sieg behält, dass sein Gesetz den Menschen gilt und diese den bösen Mächten nicht unterliegen können, ist das Werk der Offen- barung. Ahuramazda hat seinen Willen und vor allem die heiligen Formeln und Riten, welche die Dämonen bezwingen, dem Zarathustra, dem Sohne des Porusaspa, offenbart, dieser hat sie den Menschen verkündet. Mit Recht hat Darmesteter hervorgehoben, dass die Sage von demselben rein mythisch

538 Sechstes Buch, zweiter Abschnitt.

ist. Seine Gestalt trägt alle Zuge eines (Jewittergottes, der mit seiner Stimme die Dämonen zurückschreckt und gewaltige Felsblöcke auf sie schleudert. Auf der anderen Seite ist die alte arische Vorstellung von der Macht des Ritus und des Gebetes auch hier weiter ausgebildet. Das »heilige WcMrtt (manthra spenta), das »Gesetze (dainä), welches Ähuramazda dem Zoroaster offenbart und dieser dem Menschen verkündet beide werden begreiflicher Weise auch als göttliche Wesen personificirt ist das Mittel, durch das die Dämonen besiegt werden und dem Ahura der Sieg gewonnen wird. Für die Menschen aber ist Zoroaster vor allem der Lehrer, durch den die Ordnung, welche Ähuramazda geschaffen hat, in die Welt eingeführt wird (vgl. z. B. Jasna 29), der Gesetzgeber, durch den die Mazdaverehrung begründet wird.

Die Bezeichnung der parsischen Religion als Dualismus ist schief; ungefähr mit demselben Rechte kann man das Christenthum so nennen. Höchstens die spätere parsische Philosophie und Mythologie ist (theil- weise) dualistisch^ aber nicht die Religion. Dass die Griechen den Zoroaster durchweg als historische Persönlichkeit betrachten und in uralte Zeit 5000 Jahre vor dem troischen Krieg nach Hermippos versetzen, hat gar keinen geschichtlichen Werlh.

§. 447. Die »übrigen Götter, welche es gibt« (Beh. IV, 12. 13) treten gegen Ähuramazda vollkommen zurück. Der Gläubige verehrt Sonne und Mond, Erde und Luft (ävsjjioi); Wasser und Feuer (Her. I, 131) als segensreiche Schöpfungen des guten Gottes und sorgt für ihre Reinhaltung. Er preist die Macht des Hauma, des Lichlgotles Mithra (s. §. 450) und mancher anderer Gottheiten. Sie alle haben in der Well- ordnung und Entwickelung ihre bestimmte Stelle, manche Mythen werden von ihrer Macht und ihren Thaten erzählt. Aber alle sind dem grossen Schöpfer vollständig untergeordnet und haben für den Glauben nur Bedeutung als Manifestationen und Formen der guten Macht, wie die Amesa spenta; nur ganz nebenbei deuten Darius und Xerxes an, dass sie über- haupt neben Ähuramazda existiren. Die alten physischen Mythen und Charakterzüge der Götter des mazdajasnischen Systems erhalten sich zwar noch in einer Reihe von An-

Zaratbuitra. Die übrigen Götter. 539

schauungen und Erzählungen (§. 443), aber im allgemeinen sind sie verblasst. Aus dem arischen »Vrlralödter« ist ein Genius des Sieges Verthraghna geworden. Jama, der erste Mensch und König der Todten ist als Jima der älteste Herr- scher, der Begründer der Cultur, unter dem paradiesische Zustände herrschten, der jetzt im unzugänglichen Vara die Samen der lebenden Wesen verwahrt, damit sie bei der be- vorstehenden Weltkatastrophe gerettet werden können. Die Geister des Gewitterkampfes sind Herrscher und Heroen der Urzeit wie Azhi Dahäka (die Gewitterschlange), der als Tyrann die Welt beherrscht, bis er von Thraitauna (§. 430) und Kawi dem Schmied gestürzt und gefesselt wird. Dann folgen die grossen Heldenkönige Kava Us und Kava Husrava mit ihren Genossen und ihr Gegner, der »Turanier Frangrasjan-t. Wie die Gesänge und Erzählungen der alten Iranier von diesen Helden beschaffen waren, wissen wir nicht; jedenfalls aber haben wir sie uns dem Firdusi ähnlicher zu denken als dem Avesta. Am Abschluss der Heroenzeit steht natur- gemäss die Offenbarung des Gesetzes durch Zarathustra unter König Vistäspa, mit der die jetzt bestehende Ordnung der Dinge, das jetzige Menschengeschlecht beginnt. Wie alt die genaue Ordnung der Sagengeschichte ist, wissen \vir nicht; das Avesta setzt sie als bekannt voraus.

Die Sterne scheinen erst spät, durch babylonischen Einfluss, eine Bolle im parsischen Göttersystem erhalten zu haben. Dass die Sagen- geschichte bereits in sehr alter Zeit im wesentlichen zum Abschluss ge- kommen ist, geht daraus hervor, dass bekanntlich die Achaemeniden- und Arsakidenzeit in der späteren persischen Tradition gar keine Rolle spielt, sondern die historischen Erinnerungen aus der Sassanidenzeit so gut wie unvermittelt an die Sagenzeit angeschlossen werden. Natürlich sind die alten Heroen, obwohl sie vor Zoroaster leben, doch Mazdajasnier und Vorkämpfer der guten Sache. Ebenso sind die Patriarchen Israels fromme Jahweverehrer lange vor der Gesetzgebung Mose's.

Die Verbreitung der Religion und die Gottheiten des Voll(8glauben8.

§. 448. Solcher Gestalt ungefähr mag die Lehre vom »rechten Pfade« (Grabinschrift des Darius, vgl. z. B. Jasna 59)

540 Sechstes Buch, zweiter Abschnitt

gewesen sein, in der Darius aufgezogen wurde, zu der er als König in seinen Inschriften sich bekennt. Dass dieselbe nicht das Werk eines Einzelnen oder einer Generation gewesen sein kann, ist klar. Ebenso wenig aber ist sie das Ergebniss einer unbewusst sich vollziehenden Entwickelung; die Wirkung ge- staltender und bestimmender Persönlichkeiten liegt hier ebenso deutlich vor wie in der prophetischen Religion oder in der Brahmalehre. Wer die Männer gewesen sind, die aus dem alten arischen Götterglauben die reine Mazdareligion heraus entwickelt haben, wissen wir nicht. Unmöglich ist es keines- wegs, dass einer von ihnen Zarathustra, der Sohn des Porusaspa gewesen ist ; aber als historische Persönlichkeiten sind sie für uns verschollen. Vielleicht sind Ueberreste der Lieder, in denen sie ihre Lehren verkündeten und entwickelten, uns noch in dem ältesten und heih'gsten Bestandtheile des Avesta» den GäthäS; erhalten.

§. 449. Die Mazdareligion trägt keinen ausgesprochen nationalen Charakter in dem Sinne wie die jahwistische oder auch die brahnianische. Zwar ist Ahuramazda, wie es in der susischen Ueberselzung der Dariusinschriften heisst, »der Gott der Arier« und verleiht den Seinen den Sieg, aber er ist keineswegs ein specifisch nationaler Gott : ihm gegenüber steht nicht, wie bei den Semiten, der Stamm oder das Volk, son- dern der einzelne Mensch. Nichts hindert daher, dass auch nichtarische Männer, Geschlechter, Völkerschaften sich zur wahren Lehre bekehren. Schon in den Gathäs finden wir einen Turanier Frjäna, der mit seiner Sippe dieselbe ange- nommen hat 1), und Jast 13, 113. 123. 143 werden die Fra- vasi's von Frommen aus den turanischen, dahischen, sarimi- schen und sänischen Gauen (die letzteren sind unbekannt) gepriesen. Vor allem aber ist die zarathustrische Lehre bei allen iranischen Völkern verbreitet. Die Träger und Apostel

*) Jasna 46, 12 nach Gkiger, Oslir. Cult. p. 194. Ganz anders uinl zwar alle auf das stärkste von einander abweichend übersetzen SriEUfu Hauo, Justi s. V. tura, de Harlez die Stelle.

Verbreitunij; der Religion. Die Magier. 541

derselben sind natürlich die Priester. In Medien finden wir einen eigenen Priesterstand, der den übrigen Stämmen als letzter beigeordnet ist (Her. I, 101), ähnlich wie bei den He- braeem der Priesterstand in den Stamm Lewi umgewandelt wurde. Sie führen hier den Namen Magier (pers. magu), dessen Herkunft und Bedeutung unbekannt ist. Denselben Namen trägt die Priesterschaft auch in Persien, und es ist möglich, obwohl nicht zu erweisen, dass die Religion und die Priesterschaft von Medien aus nach Persien gekommen ist. In der Achaemenidenzeit verbreitet sich die Religion, in der Umgestaltung, die sie damals erfahren hat und die wir kurz als Mithrareligion bezeichnen können, über die Grenzen Irans hinaus, zunächst nach Armenien und Kappadokien. In der hellenistischen Zeit, namentlich aber in der Kaiserzeit gewinnt sie dann, vielfach verändert und mit fremden Elementen ge- mischt, Anhänger im ganzen Bereich des römischen Reichs. Es ist bekannt, wie die Mithrareligion sehr ernstlich in den Wettkampf um die erledigte Stelle der Olympier hat eintreten können.

Die Annahme Darmesteter*s , dass die Magier ursprünglich ein medischer Stamm seien, ist durch nichts begründet; sie stehen neben den localen Stämmen wie die Kinder Lewi neben Juda und Ephraim. Dass Cyrus die Magier zuerst eingesetzt habe (Xen. Cyrop. VIII, 1, 23), ist Erfindung Xenophon's. Ueber die jiaYo^ovia s. §. 511.

§. 450. Es liegt auf der Hand, dass die Mazdareligion keine Volksreligion ist. Ihr höchster Gott ist wesentlich eine Abstraction, seine Gebote sind ethischer Natur, und so sehr diese Anschauungen auch den gebildeteren und edleren Gei- stern zusagen mochten, die Masse bedurfte concreterer, realerer Verehrungswesen und Cultusformen. Die im System in den Hintergrund gedrängten altarischen Gottheiten werden für sie immer die wichtigsten, am meisten verehrten geblieben sein, wie z. B. der Haumacult vermulhlich immer eine grosse Rolle gespielt haben wird. Am bedeutendsten tritt Mithra hervor, der alte Genosse des Ahuramazda (§. 429). Für die reine Lehre ist er der Lichtgott, und als solcher vor allen anderen

542 Sechstes Buch, zweiter Abschnitt

ein Gott der Reinheit und Wahrheit; der Masse ist er völlig zum Sonnengott geworden und ist der eigentlich thätige^ alles durchdringende, siegreiche Weltenherrscher, gegen den Ahura- inazda völlig in den Hintergrund tritt. Neben ihm wird vor allem die Göttin Ardvisüra oder Anähita ('Avattt^; die Be- deutung der Namen ist unsicher) eifrig verehrt. Sie ist die Göttin der Quellen und der Fruchtbarkeit; speciell aber ist sie ein wasserreicher majestätischer Strom, mit tausend Armen und Canalen, so gross wie alle irdischen Gewässer zusammen, »der gewaltig dahin strömt vom Berge Hukarja zum See Vorukasa«. Danach kann es in der That kaum zweifelhaft sein, dass Anaitis zunächst die Göttin des Oxusstromes ist. Natürlich spielen zugleich mythische Anschauungen hinein; der See Vorukasa ist der Himmelsocean, der Urquell und die Heimath aller Gewässer; das hindert aber nicht, dass reale Verhältnisse zu Grunde liegen. Je mehr sich freilich Anaitis aus ihrer Heimath entfernt, desto mehr verliert sie ihren ursprünglichen Charakter; die Westiranier wussten vom Oxus nichts, ihnen ist sie die Göttin des Reichthums, der Frucht- barkeit, der Zeugung. Wir werden später sehen, wie sie unter dem Einfluss babylonischer Gülte und Anschauungen völli}! umgebildet worden ist.

Anaitis Göttin des Oxiis: Gli.dner in Klun's Ztschr. XXV, 378. Geiger, Ostir. Gultur 45 fl. Her. I, 131 hat die Namen Milhra und Anähila verwechselt; der Sache nach [aber nicht dem Namen iiacli] hat er Recht mit der Behauptung, dass der [spätere] AnaitiscuU baby- lonischen Ursprungs ist. Sonst vgl. Berossos fr. 16, dessen Angal'*' durch die Inschriften Artaxerxes' II. vollkommen bestätigt ist. Wisdisch* MANN, Die persische Anahita oder Anaitis, Abh. hair. Ale. VIII. Ders.. Mithra, in Abh. für die Kunde des Morgenlandes I.

§. 451. Zur Zeit des ersten Darius steht die znra- thustrische Lehre noch hoch über der Volksreligion. Aber auf die Dauer vermag sie sich ihrem Einfluss nicht zu enl- ziehon. Durch Artaxerxes II. wird der Gült des Mithra und der Anaitis officiell eingeführt, und es vollzieht sich eine starke Deteriorirung der Mazdareligion. In Persien wie in

Die Gottheiten des Volksglaubens. 543

Osliran (in den Reichen der indoskylhischen Könige), in Ar- menien wie in der parsischen Diaspora in der griechischen und römischen Welt ist der höchste abstracte Gott und der reine, ethische Kern der Religion durch die Götter zweiten Ranges und das magische Mysterien- und Formelwesen voll- kommen verdrängt. Als man dann, venmuthlich in der spä- teren Arsakidenzeit, in der Epoche der Reaction gegen den Hellenismus, die alte Religion zu restauriren versuchte, da gelang es nicht mehr, diese Auswüchse auszuscheiden. Mithra, Anähita, Hauma u. s. w. blieben mächtige, für den Menschen äusserst wichtige Gottheiten, deren Macht es Ahuramazda wie die alten Heroen verdanken, dass sie Ahriman Widerstand leisten, und ihre Heldenthaten vollbringen können. Aber sie werden wenigstens, den Anschauungen der alten Lehre folgend, zu Geschöpfen des Ahuramazda gemacht und so die Einheit des Systems gerettet. Auf diesem Standpunkt steht das Avesta. Die geistigen Strömungen der Folgezeit, der Einfluss der Philosophie und des Christenthums, vor allem aber die strenge, vom Staate erzwungene Durchfuhrung des peinlich genauen Rituals, welches das Avesta vorschreibt, haben dann bewirkt, dass die Götter des Volksglaubens allmählich verblassten und dass der Parsismus schliesslich dem Kern nach ein Mono- theismus im polytheistischen Gewände geworden ist.

III. Die Invasionen der Nordvölker und die letzten Zeiten der assyrischen Herrschaft.

Die Kimmerler in Kleinasien.

Gelzer, Das Zeitalter des Gyges, in Rhein. Mus. XXX. XXXV.

§. 452. Mächtiger wie je zuvor stand um 660 v. Chr. das Assyrerreich da. In Babel gebot ein Bruder des Königs, in Aegypten war die Schaar der kleinen Fürsten tributpflichtig;

544 Sechstes Buch, dritter Abschnitt.

Syrien, Mesopotamien , die östlichen Gebirgslande, dazu die Grenzgebiete Armeniens und Kleinasiens waren dem Reich unmittelbar einverleibt. Eine gefahrliche Erhebung schien nirgends zu befürchten. Wenige Decennien später war der stolze Bau vom Erdboden verschwunden. Zu seinem Sturze haben zwar auch die besiegten Nationen wenigstens zum Theil beigetragen^ aber der erste Anlass wie die entscheidenden Schläge sind von aussen durch grosse Völkerbewegungen her- beigeführt worden. Die Wirkungen derselben treten uns überall deutlich entgegen; ihr Gang im einzelnen ist fast völlig in Dunkel gehüllt.

Der Anstoss zu der ersten grossen Wanderung ging von den Nordküsten des schwarzen Meeres aus. Es ist früher schon erwähnt worden (§. 424), dass etwa im Laufe des achten Jahrhunderts die skolotischen Skythen, einer der irani- schen Nomadenstämme, angeblich selbst von den Massageten gedrängt, die Wolga und den Don überschritten und die Kim- merier aus ihren Wohnsitzen verdrängt haben. Wie es scheint, hat sich ein Rest der alten Bevölkerung in den Taurern auf der Krim (dieser Name ist selbst aus dem der Kimmerier entstanden) erhalten; aber die grosse Masse verliess mit Weib und Kind die Heimath. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind sie über die Donau nach Thrakien gezogen. Der thrakische Stamm der Treren schloss sich ihnen an, auch Edonen er- scheinen in Verbindung mit ihnen ; der Uebergang der Thyner und Bithyner über den Bosporos, ihre Ansiedelung im allen Bebrykerland [bis zum Sangarius] wird mit ihren Zügen in Verbindung gebracht.

Im allgemeinen s. Abel, Makedonien vor König Philipp S. 80, (l^r zuerst die Einwanderung der Kimmerier aus Thrakien hehauptet bat: ferner m. Gesch. v. Troas 73; Gelzer, Rhein. Mus. XXX, 250 u. a. - Schon Herodot's Angaben sind durch Comhinationen getrübt, vor allem durch die pragmatische Verbindung des Kimmeriereinfalls mit dem d" Skythen (vgl. dazu Duncker's Kritik, Geschichte d. A. II). Tradition (4uvo<; TAX4jv(üv te xal ßapgdtptuv Xt-foiLsvo^ ^0^0^) ist nur, dass die Kim- merier von den Skythen (Skoloten) aus ihren Wohnsitzen verdrängt wurden: IV, 11. Dagegen ist es, wie c. 12 lehrt, lediglich Combinalion

Die Kinimerier in Kleinasien. 545

Herodot's, 1) dass die Kimmerier am Osirande des schwarzen Meeres entlang nach Kleinasien fliehen [auch I, 103]; 2) dass die Skythen die Kimmerier verfolgen, und den Weg verfehlend nach Medien gerathen; 3) dass diese pontischen Skythen identisch sind mit denen, die das obere Asien beherrschten ; 4) dass Darius* Skythenzug fQr diesen Einfall Rache zu nehmen beabsichtigte [vgl. IV, 1], Alle diese Annahmen sind falsch und zu streichen. Die Angabe, dass die Kimmerier von Osten nach Klein- asien gekommen seien, widerspricht allem, was wir sonst Qber sie wissen. Schon bei Herodot wird die Amazonensage mit den Skythen in Verbin- dung gebracht (IV, 110); die Späteren haben dann die ZOge der Skythen, Kimmerier und Amazonen vollends verschmolzen, s. Justin II, 3 f., Diod. n, 44 ff. III, 54 f. u. a. Daher Euseb. a. Abr. 939 = 1078 v. Chr. 'Ajia- C^vtc ^ 'Aoiqt hrfjXd'ov &iui Ki}i{up£oic [auch bei Orosius I, 21, s. Gelzer, Rhein. Mus. XXX, 260]. Dagegen war für die alexandrinischen Chrono- ^^phen>der Einfall der Kimmerier ein Epochenjahr (Scymn. peripl. 770. 951 Arrian. Bith. fr. 37), und zi^r, da Istros nach Skymnos zur Zeit der Kimmerier, nach Eusebius Ol. 31, 1 gegründet wurde, wahrscheinlich die von Rohde, Rhein. Mus. XXXIII, 200 ermittelte Epoche Ol. 30, 4. 657 v. Chr., d. i. nach der Rechnung des Chronographen das 7. Jahr des Ardys. Beruht dies aber auf Ueberlieferung oder auf Rückrechnung ? ~ Die Treren Thraker: Thuk. II, 96. Strabo I, 3, 18. Steph. Byz. Wanderung der Bithyner: Arrian fr. 37; anders Euseb. a. Abr. 1045.

§. 453. Etwa gegen 700 v. Chr. sind die Kimmerier zusammen mit den tbrakischen Stammen, die sich ihnen an- schlössen, in Kleinasien eingebrochen und haben das Land weit und breit verwüstet und ausgeplündert. Es war eine Völkerwanderung wie die der Nordstamme, welche im zwölften Jahrhundert Syrien durchzogen, wie die der Galater^ die im dritten Jahrhundert bis nach Kleinasien vordrangen und hier ganz ähnlich hausten wie die Kimmerier. Zweifellos sind die einbrechenden Stämme von Weib und Kind begleitet gewesen und haben alle ihre Habe mit sich geführt. Ueber den Ver- lauf der Invasion besitzen wir nur vereinzelte, chronologisch meist nicht bestimmbare Notizen. Aristoteles berichtete, dass die Lielegerstadt Antandros (§. 252) am Südabhang des Ida von Edonem und 100 Jahre lang von Kimmeriern besetzt gewesen sei; ähnlich sollen in Abydos vor der Coloni- sirung durch Milet Thraker gewohnt haben. Auch weiter nach Osten sind sie gedrungen: Sinope wird als Hauptsitz

Meyer, Oeschlchte dee Alterthoms. I. 35

546 Sechstes Buch, dritter Abschnitt.

der Kimmerier bezeichnet; sie sollen hier den Führer der milesischen Ansiedelung Äbrondas (?) erschlagen haben. Als sie in Phrygien einbrachen, so wird berichtet, gab sich der letzte König Midas, der Sohn des Gordias, den Tod*, indem er Stierblut trank ; seitdem verschwindet das phrygische Reich aus der Geschichte. Von hier aus werden sie dann zuerst mit den Assyrern in Berührung gekommen sein. König Assar- haddon berichtet vor seinem kilikischen Feldzug (§. 389) von einem feindlichen Zusammentreffen in der unbekannten Land- schaft Chubu§na mit »dem Teuspä von Gimir, einem Sab(?)- manda (§. 463), dessen Wohnsitz fern istc. Dieser Kampf, dessen Schauplatz nur in Kappadokien gesucht werden kann^ muss etwa um 675 v. Chr. angesetzt werden.

Antandros: Aristoteles bei Steph. Byz. s. v. = Plin. V, 128; Abydos: Slrabo XIII, 1, 22; Sinope, Herod. IV, 12, [Scymn.] peripl. 941. Midas' Tod : Strabo I, 3. 21 ; nach Africanus bei Leo Gramm, in Gramer, Anecd. Par. II , 264 um 676 v. Chr. , nach Eusebius etwa 20 Jahre früher [die Daten schwanken]. Assarhaddon*s Angabe: I R. 45, 2, 6 ff. Sonst vgl. noch Steph. Byz. s. v. Soaaao^. Arrian. Bith fr. 48.

§. 454. Wie gegen Phrygien richteten sich die Zuge der Kimmerier auch gegen Lydien. Hier war um dieselbe Zeil der letzte Heraklide, Kandaules oder Sadyattes, einer Palast- revolution zum Opfer gefallen; sein Mörder Gyges, der Sohn des Daskylos, aus dem angesehenen, schon seit Generationen ' mit den Herakliden zerfallenen Geschlechte der Mermnaden, hatte sich des Thrones bemächtigt und war von den Lydern anerkannt worden, nachdem sich das delphische Orakel, dem man die Entscheidung überliess, zu seinen Gunsten ausge- sprochen hatte. Der neue Herrscher scheint ein tüchtiger Krieger gewesen zu sein. Nach einer Notiz war ihm ganx Troas unterthänig (Strabo XIIl, I, 22); mithin muss er auch die teuthranische Küste besessen haben. Dass die karischen Gaue, wenn nicht seinen Vorgängern, so doch ihm gehorchten^ scheint zweifellos. Auch die griechischen Küstenstädte hat er angegriffen und Kolophon erobert. Um sich der Kimmerier zu erwehren, huldigte er dem Assyrerkönige Assurbanipal.

Kimroerier und Lyder. Gyges. 547

Dieser berichtet, dass Gyges (assyr. Gugu) in Folge dessen einen grossen Sieg über die Kimmerier erfochten und zwei ihrer Häuptlinge gefangen nach Ninive geschickt habe (nach 662 V. Chr.).

Ueber den Sturz der Herakliden liegen uns zwei griechische Märchen vor: die Geschichte von Kandaules und seiner Frau, Her. 1, 8 fT. [von dem Schriftsteller als Einleitung zur Kroesosgescbichte verarbeitet: xp"^'^ fap KavZaohQ fsvio^ai xaxu>c]t und die vom Ringe des Gyges, Plato rep. II, 859. X, 612 [vgl. den Midasring Plin. XXXIII, 8]. Daneben steht der Bericht des Nikolaos aus Xanthos, der dem Kern liach historisch sein kann. Nach Nik. heissen die letzten Herakliden Myrsos und Sadyattes, nach Her. Myrsos und Kandaules , nach den Chronographen Meles und Kandaules. Plut. qu. gr. 45 ist historisch werthlos. Der Bericht AssurbanipaPs bei Smith, Hist. of Assurb. 64 ff. V R. 2, 95 fT. Die Geschichte von dem Krieg des Gyges gegen Magnesia Nie. fr. 62 ist schwerlich historisch.

§. 455. Die dem Assyrerkönige geleistete Huldigung war nicht mehr als ein augenblicklicher Nothbehelf. Sobald sich Gyges gegen die Kimmerier sicher fühlle, begann er vielmehr Maassregeln gegen die assyrische Uebermacht, die leicht auch den bisher nicht bekriegten Gebieten Kleinasiens gefahrlich werden konnte, zu ergreifen. Er verband sich zu dem Zwecke mit Psammetich von Sais, der sich gegen Assyrien empört hatte (§. 467), und schickte ihm griechische und karische Söldner zur Unterstützung. Assurbanipal , durch seine ela- mitischen Kriege vollauf in Anspruch genommen, konnte nicht gegen ihn einschreiten. Aber bald darauf erschienen die Kimmerier aufs neue in Lydien: Gyges selbst fiel im Kampf, das ganze Land wurde von den wilden Horden über- schwemmt, Sardes mit Ausnahme seiner festen Burg erobert. Dann griffen sie die griechischen Küstenstädte an. In Ephesos feuerte der Dichter Kallinos zum Widerstände an, und es ge- lang, den Angriff des Kimmerierfürsten Lygdamis abzuschlagen, während der ausserhalb der Stadt gelegene Artemistempel allerdings verbrannt wurde. Dagegen wurde die blühende Stadt Magnesia am Maeander von den Treren erobert und zerstört. Indessen auf eine dauernde Behauptung des aus-

548 Sechstes Buch, dritter Abschnitt

geplünderten Gebietes verstanden sich die wilden Schaaren so wenig, wie auf eine regelrechte Belagerung der festen Städte und Burgen, Ardys, der Sohn des Gyges, behauptete schliesslich das Reich seines Vaters, und wenn uns berichtet wird, dass er die Griechen angegriffen hat, so rouss er vor- her die Kimmerier zurückgeworfen und sich den Rücken ge- deckt haben. Assurbanipal erzählt, dass er die Sünden seines Vaters bereut und ihm durch eine Gesandtschaft aufs neue gehuldigt habe (nach 646 v. Chr.); indessen mehr als die Wiederherstellung guter Beziehungen zu Assyrien ist darin gewiss nicht zu sehen,

Dass der Name Pisamilku [var. Tu§amilku] König von Aegypten (V K. 2, 114) für Psammetich verschrieben ist, scheint mir zweifelloSb Der Name Ardys findet sich in den assyrischen Berichten nicht (V R. 2, 120). Der Tod des Gyges und die Huldigung seines Sohnes wird auf dem frühestens 646 verfassten Cylinder B (§. 457) noch nicht berichtet, mithin muss die letztere später als dies Jahr fallen. Ausser der Ternpel- tradition von Ephesos (Kall imachos in Dian. 251. Hesych. s. v. AoY^aiuc) waren die Gedichte des Kallinos und Archilochos, welche die Angriffe auf Sardes und Ephesos erwähnten, für die Alten die Hauptquelle. Aus einer angeblichen Differenz zwischen beiden Archiiochos erwähnte die Katastrophe von Magnesia^ während Kallinos dies [offenbar in einem älteren Gedicht] noch als blühende Stadt kannte, die gegen Ephesos erfolgreich Krieg führte folgerte Kallisthenes, dass zwei Kimmerierzöge und dementsprechend zwei Eroberungen von Sardes anzunehmen seieo, die ältere zur Zeit des Kallinos, die jüngere zur Zeit des Kallimacbos (oTzb Tp-rjpÄv xal Aüxtu>v [?]). Herodot I, 6. 15 dagegen kennt nur die Eroberung unter Ardys. Das Material s. bei Strabo XIII, 4. 8. XIV, 1. 40 = Clem. AI. Strom. I, 131 [entstellt bei Athen. XII, 525 c], ferner Strabo I, 3, 21. - Das Gemälde des Bularchos Plin. VII, 126. XXXV, 55, welches den Fall Magnesia's darstellt und von Kandaules gekauft wird, ist natürlich Fabel. Später sind die Thaten der Kimmerier auf die Amazonen übertragen, z. B. Euseb. ao. Abr. 873. 'Aji.aC6v8? iv 'Eff3<p Upov ftvcirpT|Oav, vgl. Diod. HI, 55, 10, Etym. mg. s. v. T^eooc u.a. [§. 452J; daher auch Nie. Dam. 62 AoSAv iptoteta iv IsKo^a/ta Rpö? 'AiiaCovact an der auch die Magneten betheiligt sind.

Assurbanipal gegen Elam. 549

Assurbanipars spätere Zeit. Kriege mit Elam.

§. 456. Dass die Kimmerier, wie sie den Westen Klein- asiens bedrängten, so auch im Osten den Bestand der assyri- schen Suprematie ernstlich gef&hrdeten, dass die Fürsten der Tabal und Moscher ihnen erlagen wie die von Phrygien und Ly- dien, ist höchst wahrscheinlich. Indessen Assurbanipal berichtet davon ebenso wenig wie von den Details der Erhebung Psam- metich's und der schliesslichen Befreiung von ganz Aegypten. Es ist während dieser Zeit durch Kämpfe im Osten vollkommen in Anspruch genommen. Wieder einmal hatte der König von Elam, Urtaki, in Babylonien Unruhen angestiftet und nament- lich die Grambulaeer (§. 388) zum Aufstand verlockt; auch die Nachkommen Mardukbaliddin's erhoben sich von neuem. Ein elamitischer General fiel in Babylonien ein, wurde aber von den Assyrern zurückgeschlagen. Bald darauf starb Ur- taki (um 657), und sein Bruder Teumman bemächtigte sich des Thrones. -Sein Versuch, das ganze Königsgeschlecht auszu- rotten, misslang, über sechzig elamitische Prinzen, an ihrer Spitze Urtaki's Söhne Umman'igas und Tammarit, flohen nach Assyrien, wo sie mit offenen Armen aufgenommen wurden. Statt die von Teumman geforderte Auslieferung derselben zu bewilligen, schickte Assurbanipal ein starkes Heer gegen den Usurpator. Am Eulaeos kam es zur Schlacht, Teumman wurde völlig geschlagen und mit seinem ältesten Sohn ge- gefangen. Wie Assurbanipal behauptet, schlug ihm sein Neffe Tammarit selbst das Haupt ab, das in Ninive ausgestellt wurde. Umman'igas wurde in Susa zum König eingesetzt, Tammarit erhielt das Fürstenthum Chidalu. Auf dem Rück- marsch wurden die Gambulaeer niedergeworfen, ihre Haupt- stadt Öapt-bel zerstört, die übrigen Rebellen in Babylonien gezüchtigt und die Führer des Aufstandes einen Enkel Mardukbaliddin's lieferte UmmanMgas aus in den Haupt- städten des Reichs unter Martern hingerichtet (um 655). Zahl- reiche Darstellungen der Kämpfe und Executionen bedecken die Wände des Palastes Assurbanipal's.

550 Sechstes Buch, dritter Abschnitt.

§. 457. Wenn auch Umman'igaä es nicht verschmäht hatte, sich durch assyrische Hülfe auf den Thron seines Vaters zurückführen zu lassen, so war er doch keineswegs geneigt, Elam in die Reihe der assyrischen Vasallenstaaten einzufügen. Vor allem aber scheint in der Bevölkerung ein starkes ünabhängigkeitsgefühl gelebt zu haben, welches den König zwang, die Politik seiner Vorgänger wieder aufzunehmen. So liess er sich mit dem Vicekönig von Babylon, Assurbani- pal's Stiefbruder Samassumukin (§. 391), in Unterhandlungen ein. Der letztere empörte sich gegen Assyrien (651/0), ganz Babylonien »Akkad, Chaldaea, die Aramaecr, das Seelandc fielen dem Aufstand^ zu. Auch assyrische Statthalter, wie der Präfect von Ur, schlössen sich an; im Seelande trat Mardukbaliddin's Enkel Nabubelzikre an die Spitze der Be- wegung. Der König von Elam erhielt Subsidien und ent- sandte dafür ein Heer, wie zur Zeit Suzub's. Die Qutaeer im Zagrosgebirge ergriffen die Waffen, und auch der Qedreer- scheich Jauta' (var. Uaite' und bei Assarhaddon Ja'lu)> der Sohn Chazairs (§. 389), schüttelte die assyrische Herrschaft ab, schickte Hülfstriippen nach Babylon und begann die Kaufleute Syriens auszuplündern. Dass man auch mit Psammetich und den Lydern in Verbindung trat, ist wohl zweifellos. Der Bestand der assyrischen Herrschaft schien ernstlich in Frage gestellt.

In (Jen Cylindern A und V R., die frühestens um 640, vielleicht erst weit später abgefasst sind , sind die in die Zeit des babylonischen Auf- standes fallenden Kämpfe gegen die Araber mit der weit späteren Ex- pedition gegen Abijate' und Natnu [die col. 8, 58 = V R. 8, 65 be- t'innlj zusammengefasst, während Cylinder R nur die ersleren erzählt. Hinzu kommt der Rericht von III R. 35, 0. 36, 1. Aus der Vergleichung der verschiedenen Versionen ergibt sich, dass Jauta' Fürst der qedreiscben Araber war. Smith, Assnib. 155 (V R. 3, 103) wird berichtet, die Könige von Quti, dem Westlande (Martu) und Melucha hätten sich dem Auf- stande angeschlossen. Es ist mir sehr zweifelhaft, öh unter letzterem hier Kusch zu verstehen und damit, wie gewöhnlich angenommen wrd, die Erhebung Psammetich's gemeint ist. Auch von einem Aufstan«! Syriens in dieser Zeit wissen wir nichts. Chronologie: Die letzten Bruchstücke des Eponymenkanons sind von Smith mit hoher Wahrschein- lichkeit so geordnet, dass Belcharransadua, unter dem die ProclamatioD

Die Empörung äamasäamukin's. 551

an die Bewohner der Seekusle (Smith, Assurb. 189) abgefasst ist, ins Jahr 648» das letzte des Saosduchin nach dem Kanon des Plolemaeus, fällt. Da nach Smith, Assurb. 181 f. Samassumukin schon zwei Jahre früher, unter A§§urdürusur, bekämpft wird, niuss der Ausbruch des Auf- Standes spätestens Anfang 650 fallen. Andererseits kann ßelsunu, unter dem Cylinder B verfasst ist (III R. 34), dann nicht vor 646 angesetzt werden. Mithin können die auf diesem Cylinder nicht berichteten Kriege (gegen Elam und Arabien) frühestens erst 646 begonnen haben.

§. 458. Die Bewältigung der Gefahr verdankten die Assyrer mehr noch als ihrer Tapferkeit glucklichen äusseren Umständen. Als Umman'igaä seine Truppen nach Chaldaea schickte, wurde er von deinem Bruder Tammarit umgebracht, der als Haupt der assyrerfeindlichen Partei aufgetreten zu sein scheint und seinen Antheil an dem Tode Teumman's officiell ableugnete. Auch er behauptete die Herrschaft nicht lange, ein gewisser Indabiga§ stürzte ihn und zwang ihn bei Assur- banipal Zuflucht zu suchen. Durch diese Wirren war die Kraft Elams lahm gelegt ; Indabigas war geneigt mit Assyrien Frieden zu halten. So war es möglich, in dreijährigem Kampfe Babylonien zu bewältigen. Eine Stadt nach der an- deren wurde wiedergewonnen, Nabubelzikre musste nach Elarn fliehen, Babylon wurde belagert und durch Hunger zur Ueber- gabe gezwungen. Samaääumukin fand in den Flammen der Stadt seinen Tod, schwere Strafgerichte wurden über seine Anhänger verhängt (648). Ein neuer Herrscher wurde nicht eingesetzt: nach den Königslisten herrschte von 647 626 Assurbanipal selbst (Beross. Sardanapallus, Ptol. KivY)Xdt8avo^) über Babel. In der Stadt selbst geboten fortan königliche Stalt- halter. — Während dessen hatten die in Syrien stationirten Truppen den Jauta' besiegt und der König von Moab bewältigte einen anderen Qedreerscheich Ammuladin. Auch der Fürst der fernen Nabataeer südöstlich von Palaestina (Nabaiti, hebr. n'^DJ), bei dem Jauta' Zuflucht gesucht hatte, huldigte den Assyrern.

Eine Tafel aus dem 20. Jahre AssurbanipaKs als König von Babel (= 628 V. Chr.)' Smith, Assurb. 324. Was unter datirlen Tafeln aus der Regierung des Kandalanu (sie) zu verstehen ist, die Pinches, Proc. SBA. 7. Nov. 1882 erwähnt, weiss ich nicht.

552 Sechstes Buch, dritter Abschnitt.

§. 459. Nach der Niederwerfung des Aufstandes forderte Assurbanipal von Elam die Rückgabe der in Südbabylonien ge- fangenen Assyrer, die Nabubelzikre mit sich fortgeführt hatte» und die Auslieferung des letzteren. Darüber scheinen längte Verhandlungen geführt zu sein, in deren Verlauf Indabigas gestürzt und Umman'aldas auf den Thron erhoben wurde. Neben ihm erscheinen andere Prätendenten, wie Umbagüa und Pa'e. So konnte Assurbanipal leicht in Elam eindringen. Die Grenzstadt Bit-imbi wurde erobert und Tammarit nach Sosa zurückgeführt (um 645). Doch als dieser Miene machte, sich gegen die Assyrer zu wenden, wurde ^r gestürzt und gefangen abgeführt. Umman'aldas gewann sein Reich zurück, aber zum dritten Mal zog Assurbanipal gegen Elam und diesmal mit vollem Erfolg. Alle Hauptstädte des Landes wurden er- obert und vor allem Susa ausgeplündert. Unter der reichen Beute befanden sich auch die Gelder, welche Sammassumukin den Königen Elams für ihre Hülfe gezahlt hatte, und die vielen Beutestücke, welche die früheren Herrscher aus Baby- lonien fortgeführt hatten, darunter das uralte von Kuduman- chundi aus üruk geraubte Bild der Nanä (§. 135). Der Prätendent Pa'e wurde gefangen, Umman'aldas unterwarf sich vollkommen und lieferte sogar die Leiche des Nabubelzikri» der sich, als er sich verloren sah, selbst den Tod gegeben hatte, zu weiterer Verstümmelung an Assurbanipal aus. Wir erfahren noch, dass später die Elymaeer sich wieder einmal gegen ihren König empörten und auch Umman'alda§ nach Assyrien flüchten musste (frühestens etwa 640). Einen neuen Feldzug aber gegen Elam hat Assurbanipal nicht mehr unter- nommen (vgl. §. 466).

§. 460. So bestand das assyrische Reich um das Jahr 640 noch im wesentlichen in dem Umfange und der Machtstellung, wie es Sargon begründet hatte. Dass mit Armenien noch immer freundliche Beziehungen bestanden, ist schon erwähnt (§. 397). Die Herrschaft über Syrien war ungeschmälert, wenn auch Psanimetich versucht haben mag, hier einzugreifen. Die neunundzwanzigjährige Belagerung von Asdod durch den letz-

AssurbanipaPs spätere Kriege gegen Elam. 553

teren, von der dem Herodot erzählt wurde (ü, 157), weist auf derartige Kämpfe bin, und mag schon um diese Zeit be- gonnen haben. Aber ein Aufstand der Phoenikerstädte Akko und üsü (Delitzsch, Par. 285) wurde niedergeworfen (um 640), und in Samaria und anderen Städten Syriens siedelte Assur- banipal nach der Bewältigung Elams (frühestens 644) die aus Uruk, Babel, Susa und anderen Orten fortgeführten Einwohner an (Ezra 4, 9 f.). Als der über die Qedreer gesetzte Scheich Abijate' sich mit Natnu von Nabataea und dem geflüchteten Jauta* in Verbindung setzte und die Raubzüge gegen Syrien erneuerte, wurden ihre Beduinenschaaren durch einen raschen Feldzug zu Paaren getrieben, ihre Heerden erbeutet, Kameele ohne Zahl nach Assyrien gebracht, die Führer des Aufstandes, soweit sie gefangen waren, hingerichtet. Nur von einer Wiederunterwerfung der Nabataeer wird uns nichts berichtet.

Zu dem arabischen Feldzug vgl. Delitzsch, Parad. 297 ff. Auf diese Kämpfe bezieht sich das Orakel Jes. 21, 13 ff.

Die Skyiheninvaslon und das Vordringen der tränier.

§. 461. Wenn wir den Sagen trauen dürfen, welche zur Zeit des persischen Reichs den griechischen Forschern erzahlt wurden, ist der entscheidende Schlag gegen die as- syrische Herrschaft von den Medern geführt worden. Wirk- lich historische Berichte über ihre Erhebung besitzen wir nir- gends; wohl aber schimmern in der Erzählung, die Herodot gegeben hat, die realen Grundlagen überall noch durchs wäh- rend Etesias' Angaben mit allem, was wir sicher wissen, im schroffsten Widerspruch stehen.

Nachdem die Assyrer 520 Jahre lang über das obere Asien geherrscht hatten, so erzählt Herodot, fielen zuerst von allen Völkern die Meder von ihnen ab und erfochten sich die Freiheit. Sie lebten aber in Dörfern {TiM^ai, d. i, Gaue) zer- streut, ohne staatliche Ordnung, und Raub und Zügellosigkeit nahmen überhand, bis die Zustände ganz unerträglich wurden. Da entschlossen sie sich, einen König über sich zu setzen.

554 Sechstes Buch, dritter Abschnitt

der ihnen Recht spräche und über die Ordnung im Lande wachte, und sie wählten sich einen gerechten Mann, Dejokes, den Sohn des Phraortes. Dieser baute sich eine Residenz in Agbatana, sorgte für strenge Befolgung der Gesetze und Be- strafung der Missethäter, und umgab sich mit dem Ceremoniell, das seitdem der Person eines Königs zusteht. Sein Sohn Phraortes aber begann ein Volk nach dem andern zu unter- werfen, zuerst und vor allem die Perser, bis er schliesslich im Kampfe gegen die Ässyrer mit seinem Heere den Unter- gang fand.

Nach Herodol regierlen die Mederkönige, wenn wir den Fall des Astyages [gegen seine Ansicht, vgl. §. 413] in 550 setzen:

Dejokes 53 J. = 699-647 v. Chr. Phraortes 22 J. = 646-625 Kyaxares 40 J. = 624—585 Astyages 35 J, = 584—550 [Anfang des Kyros in Medien 549.]

Die letzten Zahlen mögen historisch sein. Woher Herodot's Chronologie des Assyrerreichs [die übrigens immerhin correcter ist als die der Spä- teren] stammt, braucht hier ebenso wenig untersucht zu werden, wie die Frage, wie I, 130 »die Moder herrschien über Asien oberhalb des Halys 128 Jahre irapej y^ oaov ol Ix-jO-at 'r;p'Xov< aufzufassen ist.

§. 462. Dass diese Sage einheimisch ist, lehrt am deut- lichsten die echt orientalische Auffassung des Königs als des höchsten oder eigentlich des einzigen Richters. Aber auch die Verhältnisse, welche sie abspiegelt, lassen sich selbst mit unserem dürftigen Material noch einigernmassen erkennen. Wir wissen, dass die Meder in zahlreiche Stämme ge- spalten waren, dass vielleicht sogar iranische und nichtarische Völkerschaften neben einander im Lande sassen. Dass diese sich fortwährend befehdeten, dass z. B. die 46 Häuptlinge, welche dem Sargon 713 Tribut zahlten (§. 374), oft genug unter einander im Kampfe gelegen haben werden, ist selbst- verständlich. Die Heere der Assyrer sind zuerst unter Salma- nassar II., und mit bedeutenderem Erfolg unter Ramannirari III. in Medien eingedrungen. Tiglatpileser IL und namentlich Sar-

Aiil'iini^'<3 des iiiedi-tclieii lieiclis. ')')')

gon haben dann die assyrische Oberhoheit über ganz Medien »bis zum Berge Bikni« aufgerichtet, der letztere den Westen des Landes zur Provinz gemacht; Sanherib und Assarhad- don sprechen von noch weiterer Ausdehnung ihrer Macht (§§. 381. 389). Indessen dem Reiche fest eingefügt war nur der kleinere Theil des Landes, und manche Misserfolge mögen den Siegen der Assyrer zur Seite gegangen sein. Sargon erzählt, dass er im Jahre 715 den Dajaukku gefangen abge- führt, das nach ihm Bit-Dajaukku genannte Gebiet unterworfen habe (§. 374); die Sage nennt Dejokes als den ersten König von Medien. Danach scheint es, dass das Geschlecht des von Sargon gefangenen Fürsten an der Spitze des Kampfes gegen die Assyrer stand, dass seine Nachkommen es gewesen sind, welche im Befreiungskriege die Nation einten und die kleinen Fürsten zur Anerkennung ihres Königthums zwangen. Assur- banipal redet von Erfolgen in Medien nur im Anschluss an den Mannaeerkrieg (um 658, §. 393); es kann sein, dass schon zur Zeit der elymaeischen Kriege die Befreiung Mediens be- gonnen hatte. Die Schwächung der grösseren Staaten, wie EUip und Manna, durch die Assyrer konnte die Erfolge der nationalen Dynastie nur fördern, indem ihr keine kräftigen Rivalen entgegentreten konnten. Phraortes (pers. Fravartis) wird der erste historische König Mediens sein ; sehr glaublich ist, dass schon ein grosser Theil Irans seine Oberhoheit an- erkannte, und nicht zu bezweifeln, dass er bei einem Angriff auf die Assyrer seinen Tod fand (624?).

§. 463, Indessen die Meder sind es nicht allein gewesen, welche das Assyrerreich gestürzt haben. Herodot hat uns die Kunde von einem Einfalle skythischer Stämme in Vorder- asien bewahrt, der in seiner Art und seinen Wirkungen den Zögen der Hunnen und Mongolen analog gewesen sein muss. Als ihren Führer nennt er Madyas, den Sohn des Protothyas ; 28 Jahre lang hätten sie über Asien geherrscht, von Land zu Land seien sie gezogen, alles hätten sie verwüstet und miss- handelt, ausser dem jährlichen Tribut noch Beute davon ge- schleppt, so viel sie erraffen konnten. Nach Herodot's Mei-

556 SechBtes Buch, dritter AbschnilL

nung sind diese Skythen Skoloten, welche die Kimmerier verfolgten und dabei den rechten Weg verfehlten: sie seioa östlich vom Kaukasus entlang gezogen und so zunächst nach Medien gekommen. Indessen dies ist lediglich eine völlig un- haltbare Combination Herodot's (§. 452); seine Angaben weisen selbst darauf hin, dass wir in ihnen sakische Skythen zu sehen haben, die von Osten her über Iran in die westlichen Culturländer eingefallen sind. Vielleicht ist hierfür auch von Be- deutung, dass die Tempel sage von Zela (in Kappadokien) den Ursprung des mit dem persischen Anaitiscultus, der hier in spä- terer Zeit einen Hauptsitz hatte, überall verbundenen Sakaeen- festes auf einen Sieg zurückführte, den persische Feldherren bei Zela über die auf ihren Raubzügen bis hierher vorgedrungenen Saken erfochten hätten (Strabo XI, 8, 4). Vermuthlich haben sich den Skythen Theile der Kimmerier angeschlossen : daher nennen die Babylonier die Saken Gimirai (§. 424). Jemehr das lydische Reich erstarkte und ihren Raubzügen kräftig entgegentrat, desto mehr mussten sie nach Osten gedrängt werden. Es wird berichtet, dass ihr Führer Lygdamis in Kilikien seinen Untergang gefunden habe (Strabo I, 3, 21). Auf Bruchstücken assyrischer Thontafeln, die vielleicht diesei* Zeit angehören, ist von einer Bedrängung der Assyrer durch die Kimmerier, Meder, Mannaeer, und »Kastarit mit seinen Truppen« die Rede, ohne dass indessen der Zusammenhang der Situation deutlich erkennbar ist. Noch auffallender ist es, dass Nabonedus den Astyages einen König der Sab(?)manda nennt (Proc. SBA. 7. Nov. 1882). Die Meder führen hier also denselben Namen, mit dem Assarhaddon den Kimmerier Teuspä bezeichnet (§. 453), Daraus ergibt sich jedenfalls ein naher Zusammenhang zwischen den Einfallen der Kimmerier und Saken und der Erhebung der Meder, die auch in den Sagen bei Herodot (namentlich I, 73, wonach eine skythischc Schaar im Dienste des Kyaxares steht) noch zu erkennen ist Alles einzelne bleibt völlig dunkel, aber deutlich tritt hervor, dass wir es hier mit einer gewaltigen Völkerbewegung zu thun haben, deren Schlussresultat die Gründung des medischen

Die Skytheninvasion. 557

Reichs und damit, was noch wichtiger ist, die Einführung der Iranier in die Geschichte und ihr Sieg über die alten Gulturvölker des Westens gewesen ist.

Die Alten (Strabo I, 3, 21, Justin. II, 3—5, wo der Skyiheneinfall unter Sesoosis dem späteren nachgebildet und die Geschichte des letz- teren ausgefallen ist) wissen von dem Skytheneinfall nur aus Herod. I, 103 ff. IV, 1. Auch Eusebius a. Abr. 1384 (633 v. Chr.) Scylhae usque ad Palaestinam penetraverunt (vgl. Synk. p. 405) hat wohl keinen selb- ständigen Werth. Die erwähnten assyrischen Thon tafeln sind bisher nur theilweise in Transcription von Sayce, Bab. Lit. 79 [vgl. Boscawen, TrSBA. VI. 21 f. Schrader, KGF. 519 f.] publicirt und ihre chrono- logische Ansetzung ist ebenso wenig sicher wie ihre Uebersetzung. In welchem Zusammenhang auf ihnen einmal König Assarhaddon genannt wird, ist ganz unklar. Herodot datirt die 28 Jahre der Skythenberr- Schaft offenbar fälschlich von ihrem Siege über Kyaxares. Letzterer muss viel später fallen als ihr Einbruch in Vorderasien.

§. 464. Herodot berichtet, die Skythen seien auch nach Syrien gezogen und hätten den Tempel der Aphrodite in Äs- kalon geplündert; einen Einbruch in Aegypten habe Psam- metich durch Geschenke und Bitten abgewandt (I, 105). Auch die hebraeische Literatur hat Andeutungen der Invasion be- wahrt. Unter der Regierung des Königs Josia und jedenfalls vor der Reform von 621 verkündete der Prophet Sephanja ein grosses Strafgericht Jahwe's, das über Juda, die Philister, Moab und *Ammon, aber auch über Kusch und Ässur herein- bricht und Ninive's Zerstörung herbeiführen wird. Um dieselbe Zeit, im Jahre 626 v. Chr., redet Jeremia (c. 3 6, vgl. 1, 14) von dem »Uebel und schweren Verderben«, das Jahwe vom Norden über Juda herbeiführt. Wie ein Löwe aus dem Dickicht, so bricht die völkervernichtende Masse aus weiter Ferne vom äussersten Norden hervor, um alles zu morden und zu verwüsten, ein Volk von Reitern und Bogenschützen, dessen Sprache Niemand versteht. Als Ezechiel im Jahre 585 eine Schilderung der grossen Weltkatastrophe entwarf, welche die Aufrichtung des Jahwereichs herbeiführen sollte, ver- kündete er, dass >Gog, der Oberfürst von Me§ek und TubaU, d. h. der Moscher und Tibarener,* mit seinen Reilerschaaren

558 Sechstes Buch, dritter Abschnitt.

von Norden hereinbrechen, alles ausplündern und dann von Jahwe vernichtet werden würde (c. 38. 39). Offenbar ist dies Zukunftsbild nach dem Vorbilde der grossen Skythen- invasion entworfen; wir dürfen daher schliessen, dass auch die Stämme des östlichen Kleinasiens an derselben betheiligt waren. Dem entspricht es, dass er bei einer Schilderung der in der Unterwelt versammelten Kriegsvölker auch Mesek und Tubal nennt, die »ein Schrecken waren im Lande der Leben- den« (32, 26 f.).

Dass der Name Gog dem des Gyges entlehnt ist, ist mir kaum Zweifel* liaft: genaue historische Kenntnisse sind von Ezechiel nicht zu verlangen. 39,6 [daher Gen. 10, Z] nennt er sein Land Magog mit neu gebildetem Namen. Dagegen ist 38, 2 JlJDH TIN interpolirt, s. 38, 3. 39, 1.

§. 465. Wie Syrien von den Skythen befreit worden ist, wissen wir nicht. Im allgemeinen wird die Invasion ähnlich verlaufen sein wie alle gleichartigen, wie auch der Einbruch der Nordvölker in Syrien im zwölften Jahrhundert. Herodot erzählt, Kyaxares, der Sohn des Phraortes, sei aus- gezogen, den Tod seines Vaters zu rächen, und habe die Assyrer besiegt und Ninive belagert; da seien die Skythen gegen ihn herangezo;^en und hätten die Meder geschlagen. Wie sich dieser Vorgang in die sonstige Geschichte der Zeit einreiht, ist nicht zu bestimmen, lieber den Untergang der Skythen gab es eine Sage, Kyaxares und die Meder hätten dieselben zu einem Gastmahle geladen und im Rausche niedergemetzelt (Her. I, 106), eine Sage, die unwillkürlich an das Nibelungen- lied erinnert. Jedenfalls sind die Ergebnisse der Invasion in erster Linie den Medern zu Gute gekommen. Nicht nur war das Assyrerreich auf das stärkste geschädigt wenngleich es scheint, dass die festgewurzelte Herrschaft der Assyrer über Syrien auch diese Krisis im wesentlichen überdauert hat (§. 475) , am ganzen Nordrande desselben haben sich die einschneidendsten Veränderungen vollzogen. Wie wir wieder einen Einblick in die Verhältnisse dieser Gebiete erhalten, ist das mächtige Reich Urartu verschwunden, die Moscher und Tibarener sind an die Küsten des Pontos zurückgedrängt.

Skythen und Meder. Die Perser in Elam. 559

An ihrer Stelle tritt uns jetzt zuerst der Name der Kappa- doker entgegen (§§. 245. 249). Die Älarodier sind zwar noch nicht verschwunden, aber neben ihnen treffen wir am oberen Euphrat und bis zu den Tigrisquellen die Armenier (§. 248). Ob das Auftreten dieser indogermanischen Völker in diesen Gebieten mit der grossen Wanderung irgendwie zusammen- hängt, wissen wir nicht; so viel aber ist klar, dass durch dieselbe die alteq Grenzen völlig verwischt und die alten Na- men verdrängt sind. Zu Anfang des sechsten Jahrhunderts sind ganz Armenien und Eappadokien bis zum Halys den Medern unterworfen, und im Süden haben sich die Kiliker mächtig ausgedehnt. Ihren Herrschern, die den Titel (?) Syennesis führen, gehorcht nicht nur das Land Qui, das seit- dem als »ebenes Kilikien« bezeichnete Gebiet^ sondern auch die Hochebene vom Tauros bis an und über den Halys, die Landschaften Kataonien und Melitene.

Ausdehnung Kilikiens: Her. I, 72« V, 52; daher die Landschaft KiXixia am Argaeos. Vielleicht bat sich eine Spur des Sakenein bruchs in Armenien in dem Namen der Landschaft Sakasene (Strabo XI, 8, 4, richtiger Sisakan, s. Lagarde, Ges. Abb. 155) im nordöstlichen Armenien erhalten.

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§. 466. Es erscheint nicht undenkbar, dass mit der grossen Völkerwanderung die Festsetzung der Iranier im west- lichen Iran überhaupt erst zum Abschluss gekommen ist; doch wissen wir darül)er nichts. Dagegen lässt sich nach- weisen, dass im Anschluss an dieselbe auch die Perser weiter nach Westen vorgedrungen sind. Das Reich von Elam war, wie die fortwährenden Thronwechsel lehren, schon während der Ässyrerkriege in sich zerfallen, und dass es nach dem ent- scheidenden Siege AssurbanipaFs nicht zu neuer Kräftigung ge- langt ist, lehrt die Verjagung des Umman'aldas (§. 459). Nun wird nicht nur Eyros von Nabonedos König von Anzan (Susiana) genannt, auch er selbst nennt seine drei Vorfahren (Teispes, Kyros I. und Kambyses I.) auf einem babylonischen Cylinder Könige von Ansan (vgl. §. 396). Dass das Königsgeschlecht der Achaemeniden persischen Ursprungs war und dem Stamm der Pasargaden (Her. I, 125) angehörte, steht völlig fest; der

560 Sechstes Buch, dritter Abschnitt.

Titel erklärt sich nur, wenn dieselben bereits Susiana unter- worfen hatten und daher von den Babyloniem ihr Reich nach diesem Lande benannt wurde. So begreift es sich auch, dass die Perserkönige ihre Inschriften in persischer und susischer (elymaeischer) Sprache verfassen und dass Susa durchweg als die eigentliche Residenz der Perserkönige erscheint, vrährend Persepolis die alte und als solche immer hochgeehrte Hauptstadt des Volkes war. Susa war der Mittelpunkt eines alten Gul- turstaates, und, wie AssurbanipaPs Bericht über seine Erobe- rung erkennen lässt, reich an Bauten und Schätzen ; dass die Perserkönige den Aufenthalt in demselben dem in ihrer un- cultivirten Heimath vorzogen, ist begreiflich genug, üebe^ haupt wird Persien erst durch die Eroberung Elams zu fester staatlicher Organisation gelangt sein. Teispes (pers. Täaispis) ist entweder der Begründer der Dynastie oder der erste Herrscher, von dem sich eine historische Erinnerung bewahrt hat; ihm wird in den Stammbäumen (Beh. I, 2, Her. VII, 11) Ächaemenes (pers. Hakhämanii), der Eponymos des Ge- schlechts, unmittelbar vorangesetzt. Gegen Ende des siebenten Jahrhunderts wird mithin die Eroberung Susiana's durch die Perser begonnen haben. Wir besitzen für dieselbe noch directe Zeugnisse. Im Jahre 596 v. Chr. verkündet Jeremia das Hereinbrechen völliger Vernichtung über Elam (49, 34 flf.), während er im Jahre 604 noch einen König von Elam er- wähnt (25 , 25) ; im Jahre 584 redet Ezechiel von Elam als von einem untergegangenen Volke, dessen Erschlagene wie die von Assur und von Mesek und Tubal in der Unterwelt weilen (32, 24 ff.). Es ist klar, dass beide Stellen sich nicht, wie man wohl gemeint hat, auf die Siege AssurbanipaPs, die ja weit früher fallen und überdies das Bestehen des elamitischen Reiches nicht antasteten, sondern nur auf eine Vernichtung der Nation beziehen können, die nur durch die Perser herbeigeführt sein kann und vermuthlich im Jahre 596 vollendet wurde.

Wenn Darius sagt, acht seiner Vorgänger seien in zwei Linien Könige gewesen, er selbst sei der neunte, so hat er den Ächaemenes nicht ab König betrachtet.

Psammetich's Erhebung. 561

IV. Die Restauration in Aegypten nnd Juda und der Untergang Assyriens.

Aegypten unter Psammetich und seinen Nachfolgern.

§. 467. Als Ässurbanipal die aegyptischen Eleinfursten wieder unterwarf, hat er keinen in höherem Maasse begünstigt als Necho I. von Sals. Derselbe war dann im Kampfe gegen Ta- nüt-amon umgekommen (§. 392), sein Sohn Psammetich (aeg. Psamtik, vermuthlich derselbe, den die Assyrer Nabusezib*anni nennen: §. 390) halte bei den Assyrem Schutz gefunden und war durch sie in seine Herrschaft zurückgeführt worden (663; Her. II, 152). Sobald die Verhältnisse es gestatteten, schüttelte er, wie früher sein Vater, das assyrische Joch ab. Zugleich nahm er das schon von Tefnacht, seinem Vorgänger und muthmaass- lichcn Ahnhern, begonnene Werk wieder auf, dieTheilfürsten zu unterdrücken und Aegypten zu einigen. König Gyges von Lydien sandte ihm Hülfstruppen (§. 455): es sind die karischen und ioni- schen Schaaren, welche nach Herodot's Bericht eines Tages in Aegypten landeten und von Psammetich zum Kampfe gegen seine Rivalen angeworben wurden. Bald werden den ersten Söldnern weitere gefolgt sein; sie bildeten den Kern der Streit- macht des Königs. Wie die Kämpfe im einzelnen verlaufen sind, wissen wir nicht, namentlich von den Kämpfen mit den Assyrem haben wir gar keine Kunde; um das Jahr 645 etwa war das Ziel erreicht, Aegypten befreit und geeinigt. Zur Sicherstellung seiner Herrschaft vermählte der König sich mit -äepenapet, der Tochter der Königin Amenerdas (§. 353). Die Hauptgegner des neuen Herrschers waren zweifellos die als Kriegerkaste organisirten Söldner, die Ma ([xd^tii^oi) , die auch unter aethiopischer und assyrischer Oberhoheit das Land aus- gebeutet hatten. Herodot berichtet, 240,000 Krieger, »die zur Linken (aeg. semhi ^Ao^&x) ^^^ Königs standen«, seien unter Psammetich nach Aethiopien ausgewandert, weil sie drei Jahre lang in ihren Garnisonen nicht abgelöst wurden; der ihnen

Meyer, Geschichte des Alterthnms. L 36

562 Sechstes Buch, vierter Abschnitt

nacheilende König habe sie zur Umkehr nicht bewegen können (II, 30). So gewiss die Erzählung im einzelnen, namentlich die ungeheure Zahl, sagenhaft ist, so klar fügt sich die Thatsaebe selbst in die Geschichte der Zeit ein, dass ein bedeutender Theil der Kriegerkaste, der sich den neuen Verhältnissen nicht fugen wollte, das Land räumte und von dem König von Napata auf- genommen und im oberen Nilthal angesiedelt wurde.

Das Material bei Wiedemann, Gesch. Aeg. von Psammetich L bis auf Alexander, 1880. Die Zustände bei Psammeiich^s Erhebung schil« dert die Tradition bei Herodot, welche die assyrische Eroberung über- geht, in der Erzählung von der Dodekarchie. Diodor I, 66—68 ist [indirect] durchweg ausschliesslich von Herodot abhängig, dessen Angaben nach den Anschauungen der späteren Zeit überarbeitet sind.

§. 468. Es ist schon erwähnt worden, dass Psammetich> um sich gegen erneute Invasionen der Assyrer zu schützen, auch nach Asien hinübergriff. Wie A^ahmes nach der Ver- treibung der Hyksos Sarhana in Palaestina besetzte (§. 214), so soll Psammetich 29 Jahre lang gegen Asdod zu Felde gezogen sein, bis er die Stadt eroberte (§. 460). Nach Süden scheint sich seine Macht nicht über den ersten Kata- rakt hinaus erstreckt zu haben. Erst sein Enkel Psamme- tich II. (Her. Wa^^u;, 594—589) ist gegen Äethiopien zu Felde gezogen (Her. II, 161). Seiner Zeit werden wahrschein- licli die Inschriften angehören, welche griechische, karische und phoenikische Söldner in ihren Muttersprachen an den Kolossen des Tempels von Abusimbel eingekratzt haben. Auf die Dauer scheint, indessen das südliche Nubien nicht behauptet zu sein. Die drei starken Grenzfestungen von Elephantine im Süden, Daphne im Osten und Marea im Westen (Her. II, 30) bezeichneten im wesentlichen auch die Grenzen der acgyptischen Macht.

In Folge der Eroberung von Asdod redet Jerem. 25, 20 (604 v. Chr.) vom »Rest von A§dodc. Inschriften von Abusimbel : Lepsius, D. VI., 98 f. Höhl, Inscr. gr. antiquiss. Nr. 482. Blass, Hermes XHI, 381. Zu den phoenikischen Inschriften Hal^vy, Mel. d'^pigr. et d'archeol. s4mit 89 ff> Wiedemanm's Constructionen Rhein. Mus. XXXV, 364 ff. sind nicht haltbar, vgl. §. 497 und Krall, Wiener Studien 1882, 164.

Stellung der neuen Dynastie. 563

§. 469. Der neue Staat, durch den so nach etwa zwei- hundertjähriger Anarchie noch einmal das Reich der Pha- raonen wiederhergestellt wurde, war nur sehr theilweise ein nationaler. Die Dynastie selbst war, wie die Namen lehren, nicht aegyptischen Ursprungs, sondern aller Wahrscheinlich- keit nach libysch. Die Mannschaften, welche die Fürsten von Sais hatten aufbieten können, sind zweifelsohne grössten- theils Libyer gewesen; und die eigentliche Entscheidung ver- dankten sie Söldnern, die über das Meer herbeigekommen waren. Auch in der Folgezeit blieben die Jonier und Karer, welche in den > Lagern c zwischen Bubastis und Pelusion an der am meisten gefährdeten Ostgrenze des Landes angesiedelt wurden (Her. II, 154), die Hauptstütze des Thrones; unter Apries war ihre Zahl auf 30,000 Mann gewachsen (Her. II, 163). So haben die Könige von Anfang an eine viel freiere, schon sehr der der Ptolemaeer gleichende Stellung, die sie weil über ihre Vorgänger erhebt. Offenbar mit voller Absicht behallen sie Sais als Residenz, wenn gleich Memphis als älteste Landeshauptstadt hoch geehrt und gelegentlich auch in dem verfallenen Theben gebaut wird. Mit vollem Bewusstsein verfolgen sie eine umfassende Handelspolitik. Psammetich's Sohn Necho II. (609 595) beginnt den Bau eines Kanals vom Nil zum rothen Meer (Her. II, 158), er schickt eine phoe- nikische Flotte aus, um Afrika zu umschiffen, die im dritten Jahre nach ihrer Abfahrt von Suez ins Mittelmeer zurück- kehrte (Her. IV, 42). Auf dem arabischen wie auf dem Mittelmeere wird eine Kriegsflotte von Trieren gehallen (Her. II, 159). Mit den Griechen, die in früheren Zeiten nur als Seeräuber oder durch den Sturm verschlagen nach Aegypten kamen, jetzt aber bereits alle Küsten des Mittelmeeres in den Bereich ihres Handels zu ziehen suchen (§. 406 f.), werden rege Beziehungen angeknüpft; aus dem Verkehr mit ihnen entsteht die zahlreiche Kaste der Dolmetscher. Necho II. schickt Weihgeschenke nach Branchidae, zu seinem Sohne Psammetich IL kommt eine Gesandtschaft aus Elis (Her. II, 159 f.), die aegyptischen Gottheiten (Epaphos, Isis) beginnen

5(34 Sechstes Buch, vierter Abschnitt.

den Griechen bekannt zu werden. Allerdings während mit den in Cultur und Sitten den Aegyptern weit näher stehenden Asiaten seit Jahrtausenden ein reger Verkehr und gegenseitige Beeinflussung herrschte, bleiben die ganz anders gearteten und dabei unendlich regen und unternehmungslustigen Hel- lenen den Aegyptern fremdartig und verdächtig. Man be- gegnet ihnen mit Misstrauen und legt ihnen Beschränkungen auf. Erst Amasis hat ihnen in Naukratis unterhalb von Sais einen Ort angewiesen, wo sie Grund und Boden erwerben und sich selbständig als Gemeinde organisiren konnten, während es dem griechischen Kauffahrer verboten blieb, in einen der anderen Nilarme einzulaufen (Her. II, 178 f.).

Es bedarf wohl kaum der Bemerkung, dass die auf Her. II, 154

beruhende Anschauung, Aegypten sei erst durch Psarometich den

Fremden geöffnet worden, grundfalsch ist; nur fQr die Griechen hat sie ihre Richtigkeit.

§. 470. Nach innen trägt die Zeit der 26. Dynastie in jeder Richtung das Gepräge der Restauration. Man ist am Ende einer gewaltigen Krise angelangt und sucht nun die Zustände so wieder herzustellen, wie sie den herrschenden Anschauungen der Zeit gemäss vor Alters gewesen waren, d. h. das abstracte Ideal durchzuführen. Daher schüessen sich die Aegypter mehr noch als früher gegen alles Fremde ab, beachten mit peinlicher Genauigkeit die Reinheilsgeselze; der Gott des Auslandes und der feindlichen Mächte, der bis- her eifrig verehrte Set, wird aus dem Pantheon ausgestossen, sein Name und Bildniss überall ausgemerzt; auch die früher von den syrischen Nachbarn angenommenen Gottheiten, wie Astarte und 'Anat, verschwinden fast völlig. In der Religion greift man zu den ältesten Mustern zurück : die Todtenfornieln der Pyramidengräber leben wieder auf, der Cult der uralten Könige von Memphis, des Snefru, Chufu, Sahura wird wieder eifrig betrieben. Die Kunst dieser Zeit ist durchaus archai- sirend und erlebt noch einmal eine Periode der Nachblüthe, die sich durch Zierlichkeit und Sauberkeit der Formen aus-

Die Restauration in Aegypten. 565

zeichnet, aber natürlich aller Originalilät entbehrt. Sogar in der Schrift bemüht man sich, so weit es möglich ist, die ältesten Muster nachzualimen. Natürlich gelangt man auf diese Weise nicht zu der wenigstens relativen Schlichtheit und Natürlichkeit der ältesten Zeit zurück; das Erbe der Jahr- tausende langen Entwickelung, das unendliche Zauber- und Formelwesen mit seiner langweiligen Systematik und seinen abgestorbenen Phrasen wird sorgfaltig gehegt und immer weiter gebildet. Wenn nach griechischen Berichten die Ae- gypter glaubten, die Seele des Menschen wandere nach dem Tode in ein anderes Wesen, und wenn sie alle Thiere des Landes, des Meeres und der Luft durchwandert habe, kehre sie nach 3000 Jahren in einen menschlichen Körper zurück (Her. II, 123), so mag diese Lehre, die sich in den uns er- haltenen Schriften nirgends findet, in dieser Epoche aus den Anschauungen von den Zustanden nach dem Tode und der Wesenseinheit alles Lebens herausgebildet sein. Das Aegypten, welches die Griechen kennen lernten, war eine wohl conservirle und gepflegte Mumie aus uralter Zeit, und vermochte ihnen wohl durch seine Seltsamkeit und sein Alter zu imponiren und gelegentlich in Einzelheiten Anregung zu geben, war aber nicht mehr im Stande, selbst zu neuem Leben zu erwachen.

Wenn Diodor I, 92 von einem wirklichen Todtengericht auf Erden spricht (Herodot II, 85 f. weiss davon nichts), so mag dasseihe wenig- stens in der Theorie in dieser späteren Zeit gefordert sein, falls nicht die Angabe ein einfaches Missverständniss des Gerichts vor Osiris und seinen 42 Beisitzern in der Unterwelt (§. 116) ist.

§. 471. Auf socialem Gebiete scheint, wenn wir den An- gaben der Griechen glauben dürfen, die Sonderung der Stände vollkommen durchgeführt zu sein. Die Priesterschaft hat sich kastenartig abgeschlossen und vererbt ihre Würde ; neben ihr steht der vollkommen geschlossene Kriegerstand, der aus den Nachkommen der Ma besteht und in die Kalasirier und Her- motybier zerfallt (Her. 11, 165 ff.). Priester wie Krieger sind steuerfrei und im Besitz eines grossen Theiles des Ackerlandes, das sie gegen eine feste Summe an die Bauern verpachten

566 Sechstes Bach, vierter Abschnitt.

(Diod. I, 74); der übrige Theil des Bodens ist königliche Do- mäne (vgl. §. 50). Tief unter den beiden privilegirten Ständen steht die Masse des Volks, die Äckerbauer und (Sewerbtrei- benden, die Eaufleute, endlich die Hirtenstämme des Delta (Gen. 46, 34, vgl. 43, 32), die vermuthlich semitischer Ab- stammung sind, und die vom Fischfang lebenden Bewohner der Sümpfe des Delta (Her. II, 92, vgl. 37, Inschr. des Pfanchi 151), die beide im übrigen Aegypten als unrein an- gesehen werden. In der Theorie mag auch hier der Grundsatz aufgestellt worden sein, dass jeder Stand eine geschlossene Kaste bilden solle; dass er praktisch nicht durchgeführt war, lehrt schon die Angabe Herodot's II, 47, dass die Schweinehirten als ganz unrein nur unter sich heiratheten. Mithin waren den anderen Ständen Zwischenheirathen gestattet

Die Zahlen der Krieger Her. IT, 165 f. (160*000 + 250,000) mOssen arg übertrieben sein.

Das Gesetzbuch von Juda.

§. 472. Seit der Belagerung Jerusalems durch Sanherib im Jahre 701 war das Reich Juda definitiv in die Reihe der assyrischen Vasallenstaaten eingetreten. Etwa 70 Jahre lang schickten seine Könige alljährlich ihren Tribut nach Ninive, ohne dass ein Versuch der Auflehnung gemacht wurde. Es war eine Zeit äusseren Friedens, die dem materiellen Wohl- stände des Landes nur förderlich sein konnte; trugen doch die Assyrerkönige , wie Assarhaddon's und Assurbanipal's Araberkriege beweisen, energisch Sorge für die Aufrechterhal- tung der Ordnung und die Sicherheit der Handelsstrassen. Indessen es fehlte doch dem Staate eine feste, in sich selbst ruhende Grundlage ; jeder Umschwung der politischen Verhält- nisse, ja die Laune des Grossfürsten, konnte ihm den Untergang bringen. Wenn daher auch das Verderben, welches Jesaia ver- kündet hatte, nicht in seinem ganzen Umfang hereingebrochen war, ist es doch vollkommen begreiflich, dass die früher ent- wickelten Gegensätze in voller Schärfe bestehen blieben und

Juda unter Hiskia und Manasse. 567

auch die weitere Entwickelung beherrschten. König Hiskia (714 686?) war ein eifriger Anhänger der jahwistisch-pro- phetischen Partei, wie er denn im Vertrauen auf das Wort des Jesaia den Assyrern getrotzt halte und wider alles Er- warten der Vernichtung entgangen war. Auch Reformen im Gultus werden von ihm berichtet; namentlich habe er die im Tempel als Krankheiten heilend verehrte eherne Schlange Nechustan beseitigt (Reg. II, 18, 4). Sein junger Sohn Ma- nasse (ntt*3D; in den assyr. Vasallenlisten Minasi, reg. 685(?) bis 641) dagegen ergab sich ganz der reformfeindlichen Rich- tung, wie sie §. 364 charakterisirt ist. Er diente »dem Ba'al und dem ganzen Himmelsheer«, erbaute fremden Göttern Altäre im Jahwetempel und opferte seinen Sohn im Feuer wie früher Achaz. Auch viel unschuldiges Blut soll er ver- gossen haben. Aehnliches wird von seinem Sohne Amon (640 639) berichtet, der schon nach zweijähriger Regierung von seinen Knechten erschlagen wurde. »Da erschlug das Volk alle Verschwörer und erhob seinen achtjährigen Sohn Josia (Josijahu) zum König.« Seine Regierung (638—608) ist für alle weitere Entwickelung entscheidend geworden.

Unter Hiskia ist der grosse unterirdische Kanal angelegt worden, welcher das Wasser der Marienquelle (Gihon) in die Stadt [zum Siloah- teich] führt. Die leider nicht datirte Inschrift im Inneren des Tunnels, welche die Vollendung des Werkes feiert, ist im Jahre 1880 gefunden worden. S. vor allem Guthe, die Siloahinschrift, ZDM. XXXVI, 746 ff. und Ausgrahungen hei Jerusalem 283 ff. Die Angabe, dass Hiskia auch die Höhen abgeschafft habe (Reg. II. 18, 4. 22. 21, 8), ist wahrschein- lich unhistoriach. Chronologie. Durch die Doppeldaten namentlich bei Jeremia steht die Chronologie der letzten Könige völlig fest. Nach Jerem. 25, 1 ist 4 Jojaqim [Schlacht bei Karkamii Jerem. 46, 2] = 1 Nebukadnezar = 604 v. Chr. Bis dahin waren von 13 Josia 23 Jahre verflossen (Jer. 25, 3), mithin ist 13 Josia = 626, 1 Josia = 638. Daraus ergibt sich, dass die dreimonatlichen Regierungen des Joachaz und Jojakin [leUtere nach Reg. II, 24, 12 = 8 Nebuk. = 597] für die Chronologie nicht mit zu verrechnen, sondern dem letzten Jahre ihrer Vor- gänger zuzuweisen sind. Für die Vorgänger Josia's sind die überlieferten Zahlen: Hiskia 29 Jahre, Manasse 55 Jahre, Amon 2 Jahre. Wenn Hiskia im Jahre 714 den Thron bestieg (§. 356 Anm.), so sind irgendwo, wahrscheinlich bei Manasse, 10 Jahre abzuziehen.

568 Sechstes Buch, vierter Abschnitt

§. 473. Die innere Entwickelimg des Jahwismus in dieser Epoche ist ganz von den Gedanken beherrscht, welche in den Zeiten der Syrernoth sich ausgebildet haben und von Arnos und Hosea bestimmt fixirt sind« Ihr bedeutendster Repräsentant ist Jesaja, der ihnen während seiner langjährigen Wirksamkeit (738 bis mindestens 700) immer von neuem Ausdruck verliehen hat. Die Allmacht Jahwe's, seine Herrschaft über alle Völker steht ihm ebenso fest wie die Nothwendigkeit der ärgsten Heim- suchung für das scheinheilige und verstockte Volk. Auch Juda wird den schlimmsten Züchtigungen nicht entgehen. Aber ganz zu Grunde gehen kann es nicht. Denn in Israel hat Jahwe seinen Wohnsitz genommen, er thront auf Sion, Jerusalem und sein Tempel werden der Vernichtung entrinnen. Aus David's Hause wird ein Erretter erstehen, der seinem Volk das Heil bringt. Dann am Ende der Tage werden alle Völker sich um Sion schaaren, um von hier die Lehre zu empfangen und Jahwe als ihren Herrn zu ehren, auch Israel wird sich bekehrt haben und Friede herrschen in der ganzen Welt. Die Erfahrungen des Jahres 701 trugen wesentlich dazu bei, diesen Glauben zu stärken. Wenn auch Micha, Jesaja's jüngerer Zeitgenosse, Jerusalems Verödung und die Zerstörung seines Tempels dem auf seinen Gott trotzenden Volke verkündete (Micha 3, 12, Jerem. 26, 18), für die Masse des Volkes wie für die Mehrzahl der folgenden Propheten (vgl. Jerem. 7 f.) steht es fest, dass Juda erhalten bleiben und Jerusalem und sein Tempel alle Gefahren überdauern wird. Durch den Verlauf der Skytheninvasion (§. 464) schien diese Anschauung neu be- stätigt zu werden; auch diese Heimsuchung überstand das Reich David's. So knüpft denn Sephanja unmittelbar an die Schilderung des Strafgerichts die Verheissung des glück- lichen Zustandes, wo alle Völker Eine Sprache sprechen und Jahwe dienen, und im Reste Israelis kein Unrecht mehr ge- übt wird. Nur Jeremia, der damals (626) zuerst auftrat, sah finsterer; seine Strafrede wenigstens in der Form, in welcher er sie in späterer Zeit aufgezeichnet hat (c. 1 6) weiss nur von Unheil und Verderben auch für die Haupt-

EntwickeluDg der Religion seit Jesaja. 569

Stadt. Denn wie Arnos und Hosea findet auch er wieder im ganzen Volke nur Abfall und freches Vertrauen auf die äus- seren Formen des Cultus.

§. 474. Die Propheten eiferten gegen den Cultus, wie er äberall im Lande getrieben ward, zunächst well er ein äusseres Werk war und Jahwe Reinheit der Gesinnung, nicht Opfer und Wallfahrten verlangte, dann aber auch, weil er äberall mit Formen durchsetzt war, die Jahwe's Wesen nicht entsprachen. Dass man die Masseben und Aseren oder die grünen Bäume heilig hielt, dass man gar die Gottheit im Bilde darstellte, überhaupt dass man den heiligen, dem sterb- lichen Auge nicht zu schauenden Gott in Werken der Hände verehrte, war ihnen ein Greuel und heidnischer amoritischer Götzendienst, und wird nach dem Beispiel des Hosea als Un- zucht bezeichnet (vgl. Jerem. 3, 6 ff.). Jeremia unterscheidet nicht zwischen den Formen des Cultus in Jerusalem und in den Landstädten, er verwirft die Bundeslade sogut wie jedes andere Symbol (3, 16); aber die Masse der Stadtbevölkerung fasste die Sache anders auf. Ihr ist der officielle Cultus im Tempel von Jerusalem der wahre, wälnrend man auf dem Lande die Gottheit in falschen heidnischen Formen verehrte. Vor allem ist eine echt semitische Anschauung maassgebend. Wenn Jahwe im Tempel von Sion seinen Wohnsitz gewählt hatte und um seinetwillen die Stadt schirmte, so ist es klar, dass er hier allein verehrt werden darf. Der Jahwe von Betsemes oder 'Anatot ist in der That ein anderer als der von Jerusalem, dieser allein ist der wahre Gott (vgl. Jerem. 11, 12 ff.). Diese engherzige Vorstellung steht für unsere An- schauung in eigenthümlichem Contrast zu der Weite der pro- phetischen Ideen, welche alle Völker unter dem Reiche Jahwe's umfassen wollen. Und doch entfliesst beides derselben Wurzel ; denn nie war Jahwe anders gedacht als der streng concrete, allerpersönlichste Gott Israels, der auch für Jesaja und Jeremia zwar allgegenwärtig ist, aber doch speciell in Sion thront. Das Princip der Exclusivität, welches allen semitischen Monotheismus beherrscht, tritt uns hier in seiner schroffsten Form entgegen.

570 Sechstes Buch, vierter Abschnitt.

Zugleich aber ist hier ein Punkt, wo sich die ideal^i mit sehr praktischen Bestrebungen berühren. Es liegt auf d^ Ebnd und wird durch die weitere Entwicklung in das hellste Licht gesteOt, wie sehr eine Bewegung, welche alle anderen* Gultusstätten zu Gunsten der einen auf Sion zu confisciren strebte, den materiellen Interessen der jerusalemer Prlesterschafl zu Gute kam. Wenn früher die Priester und Propheten vielfach in scharfem Gegensatz standen (§§. 359. 363), so war hier ein Punkt gefunden, von dem aus die jerusalemer Priesterschaft für die Reform gewonnen werden konnte. So eirklärt es sich, dass der Versuch, die Ideen der Propheten zu realisiren, bd einer Anschauung einsetzte, die ihren Vorstellungen zwar nicht widersprach, aber kaum jemals von ihnen berührt worden war (Micha 1, 5, vgl. Jer. 11, 13).

§. 475. Das Ende der Skytheninvasion schien zugleich einen grossen Wendepunkt in der Entwickelung zu bezeichnen. Man athmete auf nach der gewaltigen Katastrophe. Sephanja lässt die Verwirklichung des Ideals sich unmittelbar an die- selbe anschliessen. Leider erfahren wir gar nichts über die weiteren Schicksale Syriens; aber gerade daraus wird zu fol- gern sein^ dass der Haupttheil des Landes (auch das Gebiet von Samaria), in dem alles nationale Leben erstickt war, einfach unter die assyrische Herrschaft zurückfiel Dem ent- spricht es, dass im Jahre 604 in Syrien selbständige Staaten ausser den uns aus der Assyrerzeit bekannten Vasallen reichen nicht existirten (Jerem. 25, 18 flf.). Indessen die assyrisclie Macht war durch die Angriffe von Norden so geschwächt, ihr völliger Zusammenbruch so bald zu erwarten, dass die selbständig gebliebenen Staaten von ihr wohl nichts mehr zu befürchten hatten. Man stand somit in der That vor der Auf- gabe, Leben und Anschauungen neu zu gestalten. Wie in Aegypten, wie wenig später in Babylonien schliesst sich auch in Juda an die Befreiung von der assyrischen Herrschaft ganz naturgemäss eine umfassende Restauration. Man will einen Zustand herstellen wie ihn Jahwe von Anfang an gefordert hat, dessen Nichtdurchführung eben den Zorn der Gottheit und das

Einfahrung des Gesetzbuchs in Juda. 571

Verderben herbeigeführt hat. In Wirklichkeit ist aber diese wie überhaupt jede Restauration nicht eine Wiederherstellung der alten Verhältnisse, sondern ein Versuch, das Ideal zu verwirk- lichen, den freien Fluss des Lebens in feste, für alle Zeiten maass- gebende Formen zu zwängen. Die Priesterschaft von Jerusalem war für die Reform gewonnen^ der junge König Josia von ihr abhängig; so schritt man rasch zum Werk. Im Früh- jahr des Jahres 621 v. Chr. fand der Oberpriester Chilqija »das Buch der Lehrec (sepher hattöra) im Tempel Jahwe's. Die Prophetin Chulda trat für dasselbe ein, und in feierlicher Versammlung im Tempel verlas Josia vor allem Volk »alle Worte des Bundes- (d. h. des Gesetz-) Buches, das im Tempel Jahwe's gefunden wäre und schloss auf dasselbe »den Bund vor Jahwec (vgl. §. 329). Sofort schritt man dazu den gesammten Gultus nach den Bestimmungen des neuen Gesetzes umzu- gestalten.

Daraus, dass ein Orakel des Jerem. 49. 23 27 den Städten Qamät, Arpad und Damaskus Unheil (von den Chaldaeern) verkündet, kann höchstens auf ganz vorQ hergehen de Versuche, die Unabhängigkeit zu ge- winnen, geschlossen werden. Hiskia's Reich reicht »von Geha* bis Be'er- seba'« (Reg. II, 23, 8); w«nn die Asche der Geräthe des Götzencultus nach Bet-el gebracht wird (ib. 23, 4), so bedeutet dies, dass sie Ober die Grenze geschafifl wird. II, 23, 15—20 ist Interpolation wie I, 13. Zur Literatur vgl. §. 163.

§. 476. Das Gesetzbuch tritt auf in der Form einer Rede, die Mose vor der Eroberung Kana'ans an das Volk hält. Die Vorschriften, welche die Gegenwart treffen sollen, erscheinen daher in historischer Einkleidung. Die Verehrung anderer Götter, die bildliche Darstellung der Gottheit, alles äussere Beiwerk, wie Aseren und Masseben, sind fremden, heidnischen Ursprungs, von den Amoritern entlehnt (§. 360), ebenso aber auch die Verehrung Jahwe's an allen Cullus- slätten, mit Ausnahme derjenigen, »welche Jahwe sich er- wählen wird, seinen Namen daselbst wohnen zu lassen«, d. h. Jerusalems. An der Spitze steht daher das Gebot, alle Cullus- stätten der ürbe wohner zu zerstören, alle Opfer und Zehnten

572 Sechstes Buch, vierter Abschnitt.

nach der von Jahwe erwählten Statte zu bringen. Daher wird es noth wendig, zwischen Opfer und der gewöhnlichen Schlachtung streng zu sondern, während früher jede Schlach- tung zugleich ein Opfer war (§. 312). Jeder Versuch, zur Abgötterei zu verfahren, wird mit den strengsten Strafe belegt. Als das auserwählte Volk Jahwe's soll Israel ein heiliges Volk sein und sich durch sein religiöses und sittliches Gepräge von allen anderen unterscheiden. Es beginnt damit zugleicli die bewusste Abschliessung des Volks. Wie es sich mit den Amoritern nicht vermischen, sondern dieselben aus- rotten soU , so sollen Ammoniter und Moabiter nie in die »Versammlung Jahwe'sc kommen, während den Nachkommen von Edomitern und Aegyptem im dritten Geschlechte die Auf- nahme gestattet wird. Man sieht, wie die Umwandelung des Volks in eine Kirche beginnt. Aeusserlich zeigt sich die Hei- ligkeit des Volks in der Befolgung der Reinheitsgebote, der Speisegesetze u. s. w. , innerlich in der der sittlichen Vor- schriften Jahwe*s. Hier bietet sich dann die Veranlassung, die Grundlehren und Forderungen der Propheten in einer Reihe von Geboten zu formuliren, wobei viele Bestimmungen wörtlich oder mit geringen Modificationen aus dem allen Bundesbuche (§. 327) herübergenommen werden. An der Spitze des Volks aber als Bewahrer und authentischer Inter- pret des Gesetzes Jahwe's steht der Priesterstand der Lewiten. Er wird vom Staate emancipirt (vgl. Deut. 17, 18); die Ge- bühren, welche ihm zustehen, werden genau vorgeschrieben (18, 3 flf.), den Lewiten zu ehren und zu beschenken wird wiederholt ermahnt; an Ehren soll er dem Richter mindestens gleichstehen (17, 9. 19, 17). Daneben werden auch noch die Propheten genannt, welche Jahwe zur Verkündigung seines Wortes erwecken wird (18, 15 fif.), indessen praktisch treten dieselben gegen die Lewiten sehr in den Hintergrund. Es ist das sehr bezeichnend für die materiellen Verhältnisse, durch die allein die Reform möglich wurde.

§. 477. Dass man den Versuch machen konnte, ein der- artiges Gesetz durchzuführen, erklärt sich aus der Kleinheit

Durchführung des Gesetzes. 573

des Staates, in dem die Hauptstadt das übrige Land weit überragte. Auch ist es nur soweit durchgeführt worden, als es die Interessen der maassgebenden Kreise nicht verletzte. Der Cultus der »fremdenc Götter wurde zwar beseitigt, ebenso alles verpönte Beiwerk des Cultus, Zauberer und Prostituirte, die Brandstätte in Benhinnom (§. 364) u. s. w. Auch alle Gultusstätten mit Ausnahme des Tempels zerstörte Josia und »setzte die Priester an denselben in den Ruhestand«. Das Gesetz schrieb vor, dass die letzteren an dem Cultus in Je- rusalem Theil haben sollten (DeuL 18, ß); indessen das Hess die jerusalemer Priesterschaft nicht zu, um ihren Gewinn bei der Reform nicht mit anderen theilen zu müssen (Reg. II, 23, 9). Ebenso wurde erst unter Sedeqia der Versuch ge- macht, die schon im Bundesbuche aufgestellte Forderung durchzuführen, alle Sklaven hebraeischer Nationalität nach sechsjähriger Dienstzeit freizulassen; derselbe misslang voll- kommen (Jer. 34, 8 flf.). Zur vollen Durchführung ist das Gesetz erst durch das Exil gekommen; nach der Rückkehr aus demselben bildete es die Grundlage, auf der man die Ge- meinde zu restauriren versuchte.

Der Gegensatz zwischen der jerusalemer Priesterschaft und der der Landstädte hat später dazu geführt, dass jene (die Söhne Sadoq's oder Aharon's) das Priesteramt für sich allein in Anspruch nehmen, die übrigen Lewiten zu Tempeldienern degradirt werden : Ezech. 44. Wie weit nach Josia's Tod die Culte in den Landstädten, der Götzendienst u. s. w. wieder aufgelebt sind, ist schwer zu bestimmen, da Jeremia und Ezechiel, wenn sie von diesen Dingen reden, weit mehr die Sünden der Vergangenheit, namentlich Manasse's (vgl. Jerem. IL 15, 4. 19 u. a.), als die Gegenwart im Auge zu haben scheinen.

§. 478. Dem Act vom Jahre 621 stehen an Bedeutung wenig andere Begebenheiten der Weltgeschichte gleich: auf ihm beruht das Judenthum und damit auch das Christenthum wie der Islam. Wie jede Idee, die in die Wirklichkeit umge- setzt wird, ein zweischneidiges Schwert ist, so auch das neue Gesetz. Allerdings ist durch dasselbe ein Theil der Errungen- schaften der religiösen Entwickelung Israels für alle Zeiten sicher gestellt worden ; aber eben dadurch ist auch die leben-

574 Sechstes Buch, vierter Abschnitt.

dige Kraft, welche bisher in derselben wirkte, lahm gelegt. Die Propheten forderten Reinheit der Gesinnung und wahre sittliche Empfindung; das Gesetz erzeugt mit Notbwendigkeit Scheinheiligkeit und Haften an der äusseren Form. Wenn in manchen der vom Deuteronomium hervorgerufenen Schriften, namentlich in der schönen Einleitung zu demselben (c, 5 11), reine und tiefe Empfindung herrscht, und dem entsprechend hier die Sittengebote des Dekalogs in den Vordergrund gestellt werden, so stehen doch Ezechiel und der Priestercodex mit ihrem geisttödtenden Formalismus nicht minder auf dem Boden desselben. Noch verhängnissvoller aber ist die Umsetzung der Nation in eine Kirche, die Verwandelung des natürlichen Gegensatzes gegen alle anderen Völker in einen religiösen. »Nicht um deiner Gerechtigkeit und der Geradheit deines Herzens willen, sondern wegen des Frevels dieser Volkere gibt dir Jahwe Kana'an (Deut. 9, 5). Die Folgerung daraus ist dann doch, dass alle Völker gegen Israel minderwerthig und verworfen erscheinen, dass es zur religiösen Pflicht wird, sie zu bekämpfen und zu unterdrücken. Je machtloser die Gegen- wart war, desto breiteren Spielraum konnte man diesen An- schauungen in der Vergangenheit gewähren. In wahrhaft widerlicher und dabei gemeinsinnlicher Weise (vgl. Jos. 10, 24) schwelgen die, wohl vorwiegend der Zeit des Exils ange- hörenden, deuteronomistischen Bearbeiter der Sagengeschichte in der Ausrottung der Ureinwohner und den Grossthaten des alten Israel, als könnten sie darin einen Ersatz finden für die Noth der Gegenwart. Die Erbschaft der Religionskriege und Ketzerverfolgungen, welche dem Christenthum wie dem Islam aus dem Judenthum überkommen ist, ist ebenso gut dem Deuteronomium entsprossen, wie die schönsten Stellen des Neuen Testaments.

§. 479. Für die Masse des Volks ergab sich aus der Durchführung des Gesetzes zunächst ein gesteigertes Vertrauen auf die Hülfe Jahwe's und die gesicherte Zukunft des Staats. In der Politik wie in der Literatur tritt uns dieselbe überall entgegen. Nahum verkündet das Ende der Drangsal und den

Charakter und Wirkungen des Gesetzes. Jeremia. 575

Untergang Ninive's, Habakuk preist wenig später in be- geisterten Worten die Macht Jahwe's, der seinem Volke gegen die Chaldaeer zu Hälfe kommt. In dem gleichen Geiste verkündet noch 593 Chananjah den nahenden Fall Babels (Jer. 28, vgl. Jer. 14, 13 fif.). Das Vertrauen auf den Tempel und seinen Gott, auf das Gesetzbuch, das man jetzt besitzt (Jer. 7. 8, 8), beherrscht die Stimmung durchaus und ruft immer von neuem den Versuch . hervor, nach achtzigjähriger Dienstbarkeit wieder eine nationale, auf Selbständigkeit hin- zielende Politik einzuschlagen. Indessen die Zeiten, wo eine solche noch möglich war, waren längst vorbei. Ein gehor- samer Vasallenstaat hätte bestehen können, ein nach Selb- ständigkeit ringendes Eönigthum musste zu Grunde gehen. Es ist genau dieselbe Situation, in der sich die griechischen Kleinstaaten dem makedonischen und dann dem römischen Reiche gegenüber befanden. Klar erkannt hat die Lage einzig der Prophet Jeremia, aber vergeblich sucht er den stolzen Grossmachtsträumen entgegenzuwirken. Auch bei ihm ist die Grundauffassung die gleiche wie bei Jesaia (§. 368); nur noch hoffnungsloser. Das Volk ist rettungslos verderbt, sein Trotzen auf Jahwe und das Gesetz ist der ärgste Frevel an der Gottheit; daher muss Jerusalem zerstört werden und das Reich David's untergehen. ' Gerne würde er seinem Beruf entsagen, aber Jahwe ist mächtiger als er, er muss gehorchen. So verflucht er denn den Tag, an dem er geboren ist, da er weiss, dass sein ganzes Leben ihm keine Freude bringen wird, dass er nur berufen ist, Unheil zu verkünden. Die Geschichte hat ihm Recht gegeben. Auch der letzte Rest des Volkes krael ist vernichtet worden; nur die religiöse Gemeinde der Juden hat den Untergang überlebt«

Der Fall Assyriens. Necho In Syrien.

§. 480. Nach den Daten des Berossos und des ptole- maeischen Kanons hat König Assurbanipal bis zum Jahre 626 über Babylon geboten. Ob er in diesem Jahre gestorben ist,

576 Sechstes Buch, vierter Abschnitt.

wissen wir nicht; jedenfalls beginnt mit demselben eine neue, nationale Dynastie in Babylonien. »Als Sarakos, der Nach- folger des Sardanapal, König von Assyrien geworden war,€ so berichtet Abydenus, der einzige uns hier erhaltene Schrift- steller, »erfuhr er, dass ein Heer zahlreich wie Heuschrecken vom Meere aus [wo?] eingefallen sei. Da schickte er den Busalossor als Feldherrn nach Babylon. Dieser aber empörte sich gegen ihn.« Busalossor ist zweifellos der Nabopalassar (Nabubalusur) der übrigen Schriftsteller, mit dem Babylon aufs neue selbständig wird. Sarakos aber wird in Assurbani- paPs Sohn Assuredil(?)iläni zu suchen sein, der uns nur durch einige Backsteine aus Ealach, die von seinen Bauten am Tempel Ezida herrühren, bekannt ist. Noch ein anderer König . . . zik]iriskun, von dessen Cylindern sich Bruchstücke ohne historischen Inhalt in Ninive gefunden haben, scheint dieser Epoche anzugehören. Irgend etwas genaueres über die Schick- sale dieser Herrscher und die Ausdehnung ihres Machtbereichs lässt sich nicht aussagen.

Asäuredililäni : I R. 8, 3. III R. 16, 2. »A broken record« von ihm erwähnt Smith, Ass. Disc. 384. .. . zik]iriskun : Schrader, Ber. Sachs. Ges. 1880, 33 ff. (I R. 8, 6).

§. 481. Um das Jahr 608 verband sich Nabopalassar mit dem Könige Kyaxares (pers. Hvakhsalra) von Medien (§. 465) zum entscheidenden Sehlage gegen Assur; die Allianz wurde durch ein Ehebündniss zwischen Nabopalassar's Sohn Nebukadnezar und Amyitis, der Tochter des Mederkönigs, befestigt. Ofifenbar war damals die Skytheninvasion vorüber, man konnte daran denken, den alten Erbfeind zu vernichten und die Beute zu theilen. Wie der Kampf verlaufen ist, wissen wir nicht; unsere Auszüge aus Berossos berichten nur, als der Feind heranrückte, habe König Sarakos in den Flammen seines Palastes den Tod gesucht. Bekanntlich be- richtet auch die griechische Sage von Sardanapal ein der- artiges Ende des assyrischen Reichs. Es war eine Katastrophe gewaltigster Art. Nicht nur ein Reich ging zu Grunde, das

Die Zerstörung Ninive's. 577

noch vor kurzem Vorderasien beherrscht hatte; das ganze Volk, welches Jahrhunderte lang der Schrecken und die Geisel der Völker gewesen war, wurde vernichtet. Alle vier Re- sidenzen, Ninive, Dür-Sarrukin, Kalach und Assur, gingen in Flammen auf und wurden dem Erdboden gleich gemacht, um nie wieder bewohnt zu werden (606? v. Chr.). Als 200 Jahre später Xenophon über diese Stätte zog, sah er noch die gewaltigen Reste der Riesenmauem, die Schutthaufen, welche die Städte bedeckten, den gewaltigen Terrassentempel von Kalach. Aber die Nation, welche die Städte gebaut und be- wohnt hatte, war verschollen; als die Perser den Medern die Herrschaft entrissen, so erzählte man ihm, hätten diese Städte nicht erobert werden können, bis die Götter selbst sie den Persern in die Hände gaben. Auch als Alexander im Jahre 331 den letzten entscheidenden Sieg über das Perser- reich erfocht, gab es Niemanden, der ihm sagen konnte, dass er auf den Trümmern von Ninos gekämpft habe. Gründlicher ist nie ein Volk vernichtet worden, als die Assyrer; die Zer- störung Earthago's, die man zunächst vergleichen könnte, traf nur eine Stadt, nicht eine ganze Nation. Es spricht sich in dieser Vergeltung klar und furchtbar der ungeheure Hass aus, der bei den Völkern Asiens gegen die verderbenbringenden Assyrer angesammelt war.

Der Bericht des Berossos lässt sich aus Synk. p. 896, Alex. Pol. bei Enseb. I p. 29, 16—19 (vgl. 27, 35), Abydenus ib. 38, 1 ff. noch im wesentlichen reconstruiren. Auffallender Weise, aber entschieden mit Unrecht, wird der medische König bei ihm durchweg Astyages genannt. Dass Herodot I, 106 die Zerstörung Ninives dem Kyaxares allein zu- schreibt, ist begreiflich genug. Der wahre Sachverhalt schimmert auch hei Ktesias noch durch (Arbakes und Belesys). Das Datum lässt sich nicht genau bestimmen. Im Jahre 608 bestand das Reich Assur noch (Reg. II, 28, 29); andererseits muss es vor Nabopalassar's Tod erobert sein. Eusebius' Daten (ao. Abr. 1397 = 620 und 1408 = 609) sind daher falsch.

§. 482. Die Sieger theilten sich das assyrische Reich im wesentlichen in der Weise, dass den Medern alles Land östlich mid nördlich vom Tigris (s. indessen §. 484), den

Meyer, Oeechlchte dei Alterthnma. L 37

578 Sechstes Buch, vierter Abschnitt

Babyloniern Mesopotamien und Syrien, also der Hauptthei) der semitischen Culturländer, zufiel. Aber den letzteren war inzwischen ein Milbewerber erstanden. König Necho 11. von Aegypten (609—595), der Sohn Psammeticfa's L, suchte die Gelegenheit zu benutzen, um Syrien seinem Reiche wiederzu- erwerben. Im Jahre 608 »zog er nach dem Euphrat gegen den König von Assur« (Reg. II, 23, 29). Die früheren assyrischen Provinzen würden ihm wahrscheinlich ohne Schwertstreich zugefallen sein ; aber König Josia von Juda war nicht gewillt^ sich aufs neue einer fremden Oberherrschaft zu fügen. An derselben Stelle, wo nahezu ein Jahrtausend früher Dhutmes III. die vereinigten Syrerfürsten besiegt hatte, bei Megiddo (Herod. M^ySoXov) trat er dem Pharao entgegen. Aber sein Heer wurde geschlagen, er selbst fiel im Kampfe. Necho zog weiter nach Norden; von seinem Lager zu Ribla bei Hamät aus setzte er Josia's Sohn Joachaz ab, machte seinen [älteren] Bruder Jojaqim zum König und legte dem Reiche eine schwere Contribution auf. Das übrige Syrien scheint sich ohne Kampf unterworfen zu haben; die Stadt Gaza, welche Widerstand leistete, wurde erobert. Jojaqim war ein getreuer Vasall des Pharao. Als die Propheten Jeremia und Uria Jerusalem den von den Ghaldaeern drohenden Untergang weissagten, entrann jener mit genauer Noth dem Tode, dieser flüchtete nach Ae- gypten, wurde aber von Necho ausgeliefert und hingerichtet (Jerem. 26, vgl. 7. 36).

Die Angaben Reg. II, 23 f.. Jerem. 25. 46. 47, Herod. U. 159. -Berossos bei Euseb. I, 43. 45 ergänzen sich vortrefiflich. Was Alex. Polyh. bei Euseb. praep. ev. IX, 39 berichtet, ist dagegen werthlos. Charakte- ristisch ist, dass Herodot hier wie bei Apries nur von den Siegen der Aegj'pter zu berichten weiss. Ueber die Chronologie s. §. 472. Wie Josia nach Megiddo kam, wissen wir nicht. Vielleicht wollte er Necho in den Röcken fallen ; denn dass dieser zu Schiff nach Syrien gekommen sei, wie man gewöhnlich annimmt, ist mir sehr unwahrscheinlich. Mit Joachaz scheint Valium Jerem. 22, 11 identisch zu sein.

§. 483. Indessen der Erfolg war nicht von Dauer. Als Ninive gefallen war, sandte Nabopalassar, der schon erkrankt

Necho in Syrien. Schlacht bei Karkami§. 579

war und bald darauf starb, seinen Sohn Nebukadnezar gegen den Pharao. Im Jahre 604 kam es bei Karkamis am Euphrat zur Schlacht, in der die Aegypter vollkommen geschlagen wurden. Ganz Syrien war verloren. Jeremia erwartete ein furchtbares Strafgericht, das Jahwe durch die Chaldaeer vollziehen und dem alle Völker erliegen würden (c. T^); indessen dazu kam es nicht. Syrien ging ohne weiteres in den Besitz des Siegers über. Auch die Kleinstaaten unterwarfen sich. »Drei Jahre lang (600 598?) zahlte Jojaqim dem Nebukadnezar Tribut. Der König von Aegypten aber zog nicht wieder aus seinem Lande; denn der König von Babel hatte ihm vom Grenzbach Aegyptens (Wädi el-'Aris) bis zum Euphrat alles abgenommen, was er besessen hatte« (Reg. II, 24, 1. 7).

Reg. II, 24, 2—4 sind Interpolation.

V. Die Zeiten des neubabylonischen Reichs.

Das medische und das lydische Reich.

§. 484. Unter den neuen Staaten, welche an die Stelle des assyrischen Reichs getreten waren , war Medien zweifel- los das mächtigste, sowohl seinem Umfange als auch, wie es scheint; seiner militärischen Organisation nach. Seine Macht erstreckte sich weit nach Osten. Wenn zur Zeit des Darios der Sagartier Tsitrantakhma, als er seine Landsleute zum Abfall von Persien aufforderte, sich für einen Nach- kommen des Eyaxares ausgab, so können wir daraus folgern, dass die Sagartier den Medern unterthan waren, während daraus, dass zu derselben Zeit Fräda sich zum König von Margiane zu machen suchte, vielleicht zu schliessen ist, dass diese Landschaft zur Mederzeit noch unter eigenen Königen stand. Dass, wie die Griechen berichten, auch der ganze Osten Irans mit Baktrien den Medern unterthan war,

580 Sechstes Bucii, fOnfler Abschnitt

ist zwar nicht zu erweisen, aber sehr wahrscheinlich. Sicher steht es fest, dass die Könige von Persien, die jetzt auch Herren von Susiana waren, ihre Oberhoheit anerkannten. Im Westen waren, wie schon erwähnt, ganz Armenien und Kap- padokien medische Provinzen, ebenso das eigentliche AssyrieD. Auch das Masiosgebiet muss ihnen unterthan gewesen sein, da wir aus einer Inschrift Naboned's erfahren, dass sie Charrän bedrängten und vielleicht rechtmässig besassen. Auch der westlich vom Tigris gelegene Theil des eigentlichen As- syriens wird medisch gewesen sein (§. 502 Anm.). Die übrigen Staaten, vor allem Babylonien, standen daher von Anfang an in einer Defensivstellung gegen Medien. Für die nächste Zeit freilich liessen es die verwandtschaftlichen Bande, welche beide Dynastien vereinigten, und mehr noch wohl die Tüchtigkeit des neuen Königs von Babylon zu keinem feindlichen Zusammen- stoss kommen; aber die Gefahr, welche dem babylonischen Reiche von Norden her drohte, lag vor aller Augen.

In den etwa um 560 geschriebenen Orakeln Jes. 13. 21, 1—10 wird die Eroberung Babylons durch die Meder erwartet. Wenn neben letzleren 21, 2 Elam genannt wird, so kann damit nur der persische Staat (§. 466) gemeint sein.

§. 485. Unter allen Staaten des alten Orients, die ge- schichtlich eine bedeutende Rolle gespielt haben, ist uns das medische Reich am wenigsten bekannt. Die kurze Zeit seines Bestehens, das völlige Fehlen von Denkmälern, vor allem aber der Umstand, dass es mit keinem der Culturvölker , denen wir unsere Nachrichten verdanken , in directe Berührung ge- kommen ist, tragen daran die Schuld. Selbst die Indivi- dualität des Volkes ist für uns verschollen. Da die Griechen einstimmig und bestimmt überliefern, dass der Staat, die Re- ligion und die Gultur der Perser den Medern entlehnt seien, so werden wir annehmen dürfen, dass Kyaxares ebenso gut ein Diener des Ahuramazda war wie Kyros und Darius, und dass die Adoption und Umgestaltung der assyrisch-babylonischen Cultur, welche uns später im persischen Reiche entgegentritt, sich schon in Medien vollzogen hat. Bestimmte Zeugnisse im Einzelnen

Das Mederreich. Kyaxares und Alyalies. 581

fehlen uns aber völlig. Sonst wird nur noch berichtet, dass Kya- xares zuerst seinen Truppen eine feste militärische Organisation gegeben und die Sonderung der Waffengattungen (Lanzen- kämpfer, Bogenschützen und Reiterei) durchgeführt habe (Her. I, 103). Die Hauptstadt des Reichs war Egbatana ('AYßatava, pers. Hagmatäna, aram. NnDflNi jetzt Hamadan) am nörd- lichen Abhang des Gebirges Orontes (Elvvend). Die Stadt selbst war unbefestigt, aber die von einem siebenfachen Mauerring umschlossene Burg um so uneinnehmbarer. In oder neben derselben lag der grosse Königspalast, den vermulhlich Kya- xares erbaut hat; seine spätere Gestalt wird er indessen erst durch die Achaemeniden erhalten haben.

Herodot*8 Schilderung von Egbatana I, 98 stimmt nur theil weise lu der jedenfalls völlig zuverlässigen bei Polyb. X, 27. Dass Herodot nicht sell>st dagewesen ist, ist anerkannt (s. Mätzat, Hermes VI, 492), ebenso dass H. Rawlinson's Unterscheidung eines doppelten Egbatana unhaltbar ist«

§. 486. Beim Vordringen nach Westen stiess Kyaxares mit dem lydischen Reich zusammen. Seitdem dasselbe unter Ardys mit genauer Noth der Vernichtung durch die Kimmerier entgangen war (um 650), war es, vermuthlich vor allem im Kampfe gegen diese, zu einem mächtigen Reiche erwachsen. Die griechische Tradition, der wir unsere Nachrichten über Lydien fast ausschliesslich verdanken, hat uns von den lang- wierigen und erbitterten Kämpfen, die hier geführt sein und die Regierungen des Ardys und seines Sohnes Sadyattes im wesent- lichen ausgefüllt haben müssen, keine Kunde erhalten. Erst von des letzteren Sohn Alyatles (nach Herod. 617 560) heisst es, er habe die Kimmerier aus Asien verjagt (Her. I, 10). Damit hatte er zugleich das ganze innere Kleinasien gewonnen, wo wie das phrygische Reich so auch was sonst an staatlichen Bildungen existirte, den Kimmeriern erlegen sein wird. Da- durch wurden Meder und Lyder Grenznachbarn. Im Jahre 590 kam es zwischen beiden Staaten zum Krieg. Lange schwankte derselbe unentschieden; als man sich am 28. Mai 585 eine neue Schlacht lieferte, trat eine totale Sonnenfinsterniss ein

582 ^ Sechstes Buch, fOnfter Abschnitt.

dieselbe soll von Thaies vorher verkündet worden sein , die dem Kampfe ein Ende machte. Da legten sich Syennesis von Kilikien (§. 465) und Nebukadnezar von Babylon ins Mittel; es war für sie eine Lebensfrage, dass Lydien erhalten blieb und der weiteren Ausdehnung des medischen Reichs Schranken gesetzt wurden. Sie vermittelten einen Frieden, durch den der Halys als Grenze beider Reiche festgesetzt wurde. Zu- gleich versuchte man, ebenso wie zwischen Babylon und Medien, denselben durch Verschwägerung der Dynastien sich«" zu stellen: Alyattes' Tochter Aryenis vermählte sich mit Kyaxares* Sohn Astyages (Her. I, 74). Bald darauf ist Kya- xares gestorben (584, nach Herdot's Daten); Astyages (bab. Istuwegu, Ktes. 'Aoro^Yac) folgte ihm in der Herrschaft.

Die Sonne)ifinsterniss des Thaies fallt nach allen alten Angaben in Ol. 48, 4 = 585/84 v. Chr. (Plin. II. 53, Hieron. ao. Abr, 1432; ferner die Angaben Ober die äxfi-rj des Thaies Diog. Laert. I, 22. 38, s. Diels, Rhein. Mus. XXXI, 15; bei Eusebius ist das Datum verschoben, femer r&lschlicb der Krieg [ao. 1441] von der Finsterniss getrennt). Nach Zech, Astron. Unters, über die wichtigsten Finsternisse (Preisschr. der Jablonowskischen Ges. 1853, S. 57 ist das Datum 584 [d. i. 585 v. Chr.] Mai 28 das einrig zuverlässige. Das wäre aber richtiger Ol. 48, 3. -- Da nach der ge- wöhnlichen Chronologie damals schon Astyages regierte, ist bei Eusebius und Cic. de div. I, 112 Astyages für Kyaxares eingesetzt; die bericbtigte Chronologie (§. 461) bestätigt die Angabe Herodot's.

§. 487. Wie in Medien Kyaxares, so ist in Lydien Alyattes der bedeutendste Herrscher; sehr mit Unrecht stellt ihn die griechische Ueberlieferung, die ganz von dem Eindrucii der Katastrophe des lydischen Reichs beherrscht ist, gegen seinen Sohn in den Hintergrund. Wie ihm Phrygien ge- horchte, so hat er auch Bilhynien unterworfen und gegen die Karer gekämpft; mit Ausnahme der lykischen Städte wurde das ganze vordere Kleinasien den Lydern unterthänig. Das Hauptziel der lydischen Könige aber war, in den Besitz der griechischen Küstenstädte zu kommen (vgl. §. 454 f.). Unter diesen war Milet bei weitem die mächtigste; gegen dasselbe und seinen Tyrannen Thrasybulos haben Sadyattes und Alyattes elf Jahre lang (623—613 nach Her.) Krieg geführt,

Das lydische Reich und die Hellenen. 5g3

le es zu bezwingen. Schliesslich wurde ein enges Bündniss ischen beiden geschlossen. Die kleineren Städte scheinen istens ohne grösseren Kampf sich gefugt zu haben. Die Klazo- nier schlugen den Alyattes zurück; dagegen eroberte er lyrna (und Kolophon?), sein Sohn Kroesos (560—546) hesos. Damit waren alle Griechen der Westküste mit Äus- ime Milet's den Lydern tributpflichtig. Die vorliegenden ein gleichfalls anzugreifen, konnten die Könige bei dem izlichen Mangel einer* Flotte nicht wagen. Auch die iechenstädte im Norden Kleinasiens, wie Lampsakos (Her. 37), Kyzikos, Sinope mit seinen Colonien, sind sicher nicht 1 Lydern unterthan gewesen. Im Mariandynergebiet grün- en um 558 die Megarenser und Boeoter Heraklea, um den sitz von Sigeon am Eingang des Hellespont kämpften seit va 610 und noch zur Zeit des Pisistratos die Athener und I Mitylenaeer, ohne dass wir von einer Einmischung der der erfahren.

Ausser Herodot s. Nie. Dam, fr. 63 ff. MCller. Wie die Unter- rfung des übrigen Kleinasiens, schreibt Herodot auch die der meisten schischen Städte, über die nichts genaueres bekannt war, fälschlich Q Kroesos zu. Bei Xanthos ist offenbar Alyattes' Bedeutung weit rer hervorgetreten. Zwei alberne Strategeme bei Polyaen VII, 2; ler VI, 50 = Aelian v. bist. III, 26. Bithynien: Steph. Byz. s. v. .üttTTa. Kroesos gegen Sidene in Troas ; Strabo XIII, 1, 11.42. Steph. c. s. V. S:5-fiV7| aus Xanthos.

§. 488. Trotz dieser Kämpfe war die Dynastie der rmnaden nichts weniger als griechenfeindlich; sie gewährte 1 eroberten Städten die günstigsten Bedingungen. Ihre »erherrschaft scheint sich im wesentlichen auf die Erhebung Q Abgaben [und Zöllen?] beschränkt zu haben; ob sie in f communalen Verhältnisse eingriffen, wissen wir nicht. )er es war eine Lebensfrage für ihr Reich, im sicheren sitz der ihrem Gebiete unmittelbar vorliegenden Hafenorte sein. In demselben Sinne wurde die von den Griechen ;ht besetzte Küste zwischen den nördlichsten aeolischen idten und dem Ida, die thebische Ebene, von den Lydern

584 Sechstes Buch, fünfter Abschnitt.

in umfassendem Maasse colonisirt, die alte mysische Bevöl- kerung verdrängt. Die Lyder gründeten hier die Uühende Stadt Adramytion, die nach einem Stiefbruder oder Sohne des Alyattes benannt sein soll; in derselben residirte unter letz- terem der Kronprinz Kroesos als Statthalter. Auch Daskylion an der Propontis östlich von der Mündung des Rhyndakos, in der Perserzeit die angesehenste Stadt des nördlichen Pbry- gjens, scheint nach dem Namen eine Gründung der Mer- mnaden zu sein. Im übrigen war in dieser Epoche der grie- chische Einfluss in Lydien nur in stetem Steigen b^rifteo; wie tief er gewirkt hat, geht auch daraus hervor, dass ein Jahr- hundert nach dem Fall des Reichs der Lyder Xanthos die Ge- schichte seiner Heimath in griechischer Sprache geschrieben hat. Mit Miltiades, dem Herrscher des thrakischen Chersones, stand Kroesos in freundschaftlichen Beziehungen (Her. VI, 37). Das attische Adelsgeschlecht der Alkmaeoniden leitete seinen Reich- thum von seinen Handelsbeziehungen zum Hofe von Sardes her (Her. VI, 125). Die Beziehungen zu Delphi, denen die Dy- nastie ihre Herrschaft verdankte, und zu den übrigen griechischen Orakeln wurden von Alyattes und Kroesos eifrig gepflegt; in Milet baute Alyattes der Athene zwei Tempel (Her. I, 22), einen grossen Theil des ephesischen Heiligthuras hat Kroesos bauen lassen (Her. I, 92). Die angesehensten Männer von Hellas, Staatsmänner wie Solon von Athen und Bias von Priene, besuchten auf ihren Reisen den Hof von Sardes.

Adramytion und die Colonisation der thebischen Ebene: Skylax peripl. 97. Xen. Anab. VII, 8, 7. Strabo XIll, 1, 61. 65. Sleph. Byi. 'A^papLüxeiov. Nie. Dam. 63. 65. Möller, Die Sage von den sieben Weisen und ihrem Verkehr mit Kroesos war schon zu Herodot's Zeit vollkommen ausgebildet (I, 27. 29. 75) ; die Solongeschichte ist eine Episode derselben. Im übrigen ist dieselbe chronologisch ebenso un- möglich, wie die meisten anderen derartigen Erzählungen, z. B. die von Aikmaeon VI, 125. Solon, Thaies, Pittakos waren weit älter als Kroesos.

§. 489. Die einzigen grösseren Denkmäler, welche uns das lydische Reich hinterlassen hat, sind die Gräber seiner Könige auf dem Plateau zwischen dem gygaeischen See und

Erfindung der Mfinzprägung. 585

dem Hermos gegenüber von Sardes; das grösste von ihnen ist das des Alyattes (Her. I, 93. Strabo XllI, 4, 7. Hip- ponax fr. 15 mit Schneidewin's Emendationen ; vgl. §. 409). Von der commerziellen Bedeutung des Reichs aber legt eine ungemein wichtige Erfindung Zeugniss ab, die auf dasselbe zurückgeht: die Münzprägung. Es ist früher ausgeführt, wie die Edelmetalle in Vorderasien seit uralten Zeiten der ge- wöhnliche Werthmesser waren und auch in einem festen Werth- verhältniss zu einander standen, auf dem die verschiedenen Ge- wichtsfüsse, nach denen man Gold und Silber wog, beruhten (§. 188 f.). Für den gewöhnlichen Verkehr brachte man sie in bequeme Formen, wie Barren und Ringe; indessen so lange der Käufer in jedem Falle Gewicht und Feingehalt nachprüfen musste, falls er sie nicht auf Treue und Glauben annahm, blieben sie lediglich Waare. Die Münze ist dadurch entstanden, dass der Staat für die von ihm ausgegebenen Stücke die Garantie übernimmt, indem er sein Wappen auf dieselben setzt imd sich verpflichtet, sie ohne weitere Prüfung als voll- gültig anzunehmen. Es liegt im Wesen der Münze, dass dieselbe nur von einem Gemeinwesen oder vom Herrscher geprägt werden kann, und dass die vom Staate geprägten Münzen innerhalb seines Gebiets nothwendig Zwangscours haben. Die Beschränkung des Münzrechts auf souveräne Staaten gehört dagegen erst einer weit späteren Epoche an; in älterer Zeit haben auch abhängige Gemeinden Geld geprägt.

Der entscheidende Schritt ist nach dem Zeugniss Hero- dot's (I, 94), das durch die neueren Forschungen lediglich bestätigt wird, in Lydien geschehen. Wenn der Name Fo- TdJac (PoUux m, 87. VII, 98) wirklich eine Goldmünze be- zeichnet — die Angabe kann auch lediglich auf Her. I, 14 beruhen so könnte Gyges als der Erfinder angesehen werden; jedenfalls haben die Mermnaden seit der Mitte des siebenten Jahrhunderts Geld geprägt. Von Lydien aus hat sich die Er- findung rasch zu den griechischen Küstenstädten und nach Europa verbreitet; überall prägte man nach dem einheimi-

586 Sechstes Buch, fünfter Abschnitt.

sehen Gewichtsfuss. Die ältesten lydischen Mänzen sind von Elektron (§. 187), dem aus dem Paktolos gewonnenen Wasch- gold, das eine Beimischung von etwa 30 ^/o Silber enthält, nach phoenikischem Gewichtsfuss geprägt (zu 14,52 gr.). Demselben System folgen eine Reihe griechischer Städte, wie Kyzikos, Lampsakos, Chios, Elazomenae, Eyme, Milet. Die weiteste Verbreitung hatte, entsprechend der grossen Bedeu- tung, welche Phokaea als Handelsstadt seit dem Ende des siebenten Jahrhunderts besass, der schwere phokaeische Goldstater, der nach babylonischem Goldgewicht (V«o Mine = 16,57 gr.) geprägt ist. Kroesos hat dann eine Münzreform eingeführt, nach der nur reines Gold und zwar halb so schwer wie der phokaeische Stater (Kpoioetoc otarijp zu 8,17 gr.), und daneben ein Silberstück (zu 10,89 gr.), welches an Werth ein Zehntel des Goldstückes repräsentirt, geprägt wurden. Da- neben sind reine Goldstücke zu 10,89 gr. geprägt worden, die an Werth den älteren Elektronstücken von 14,52 gr. gleich standen. Doch blieb die Verwirrung, welche durch die verschiedenen concurrirenden Systeme hervorgerufen war, be- stehen, bis Darius eine umfassende Neuordnung für das per- sische Reich durchführte.

Die Literatur im allgemeinen s. §. 188. Ferner ober die lydischen Münzen Borell, Num. Chron. II, 84. Brandis, Münzwesen. Lenorma.vt, Monnaies royales de la Lydie 1876. Head, Coinage of Lydia and Persia 1877, in Numismata Orientalia I. Im aligemeinen Pollux IX, 83. Ohne zwingende Grunde bezweifelt Brandis, Münzwesen 200, Herodol's Angabe und meint, die Münzprägung sei von den Griechen, speciell in Phokaea erfunden worden. Die Angabe, Pheidon von Argos habe die Geldprägung in Griechen- land eingeführt (Pollux 1. c, Marmor parium , Strabo VIII, 8, 83 u. a.) beruht auf einer falschen, auf Ephoros zurückgehenden Verallgemeinerung von Her. VI, 127. Das Wappen der lydischen Münzen ist das Vorder- Iheil eines Löwen und eines Stieres. Beischriften sind in älterer Zeit selten. Auf der Rückseite zeigen die älteren Münzen noch kein Bild, sondern die viereckige Oberfläche des Prägstockes (Quadratum in- ousum). Einige sehr alte Elektronmünzen zeigen auch auf dem Avers noch kein Bild , sondern nur eine rauhe Oberfläche (Typus fasciatus), s. Brandis p. 106, Lenormant Nr. 1 (T., Head p. 12. Dass dieselben den ersten Mermnaden angehören, ist natürlich nicht zi erweisen.

Das neobabylonische Reich. 5g7

Das Reich Nebukadnezar's II.

§. 490. Die Aufgaben, welche die neuen Herrscher von Babylon zu lösen hatten, waren vielfach und mühevoll. Als Nabopalassar das assyrische Joch abschüttelte, war ein grosser Theil des Landes völlig verödet. Die Hauptstadt lag seit der Zerstörung durch Sanherib, deren Wirkungen durch Assarhaddon's Wiederherstellung nur theilweise aus- geglichen waren, seit der neuen Eroberung unter Assurbanipal im Kriege gegen seinen rebellischen Bruder grossen Theils in Trümmern. Die übrigen Städte des Landes hatten oft kaum weniger gelitten. Dem von den Naturkräften bewirkten Ver- fall vollends hatte Niemand gewehrt. Die Canäle und Deiche waren überall verfallen, die Pflanzungen und Parks von den Assyrern vielfach systematisch verwüstet. Die Tempel und Pa- läste waren überall eingestürzt, die Städte nirgends in verthei- digungsfahigem Zustande, am wenigsten die Hauptstadt selbst. Die Wirkungen nun gar, welche die ein volles Jahrhundert hin- durch (745—648) mit solcher Erbitterung und so unheilvollem Ausgang gegen Assyrien geführten Kriege auf die Nationalität und den Bevölkerungsstand Babyloniens geübt haben müssen, lassen sich wohl ahnen, aber nicht irgendwie präcisiren. Die Blüthe des altbabylonischen Volkes muss in denselben nahezu vernichtet sein. Schon Nabopalassar hat mit der Restaurationsarbeit begonnen; wie wir aus den Inschriften seines Sohnes erfahren, geht die Anlage der gewaltigen Be- festigungswerke Babylons auf ihn zurück, ebenso die eines neuen Königspalastes. Der eigentliche Reorganisator aber ist Nebukadnezar II. (Nabukudurriusur, NaßooxoSpöoopoc u. var., n^N*nDl!33 ^^^ verschrieben nVN31DD3)- Ihm standen die Hülfsmittel eines gewaltigen Reiches zur Wiederherstellung seiner Heimath zur Verfügung, und er war ein Fürst, dem an Thatkraft und Umsicht, abgesehen vielleicht von Sargon, dem grossen Organisator des Assyrerreichs, keiner' unter den Herrschern des Orients vor Kyros gleichgestellt werden kann.

588 Sechstes Buch, fflnfler Abschnitt.

Dass er mit vollem Bewusstsein seine Aufgabe ergriff, lehrt der charakteristische Umstand, dass er in allen bis jetzt ge- fundenen Inschriften nur seine Bauten und sonstigen Werke, seine Frömmigkeit und Gerechtigkeit preist, von seinen Käm- pfen aber durchaus schweigt. Die Länder und Völker »vom oberen bis zum unteren Meerec waren ihm seit dem Siege über Necho unterthan; die Niederwerfung vereinzelter Auf- stände schien ihm mit vollem Recht unwesentlich neben den grossen Werken, zu denen ihn die Götter berufen hattep.

Von der inneren Tbätigkeit Nebukadnezar's lässt sich aus den meist trefflich zu einander stimmenden Anfi^aben seiner Inschriften (L R 8, 4. 51—66, V R. 84), des Berossos (bei Joseph us Ant. X. 11, 1. c. Ap. I, 19, Euseb. chron. 1, 46 ff. u. a., und mehrfach entstellt bei Abydenus, Euseb. chron. I, 37 f.) und des Herodot einigermaassen ein Bild gewinnen. Sonst vgl. auch Diod. II, 7 ff. nach Ktesias und Klitarch. Bei Herodot werden Nebukadnezar^s Werke merkwürdigerweise der Nitokris, der Gemahlin des Labynetos, zugeschrieben (I, 185—188); inhaltlich sind seine An- gaben aber sehr brauchbar. Die vielfach noch dunklen Inschriften und die anschliessenden topographischen Fragen sind namentlich von Oppebt, Exped. en M^sop. eingehend behandelt. Im übrigen s. Dcngker II, 535 ff. und Delitzsch, Parad. Cameo mit dem Kopf Nebukadnezar's : Schrader, Ber. Beri. Ak. 1879, 293. 785.

§. 491. Die wichtigste Aufgabe war, das Land, namenUIch für den mit Sicherheit zu erwartenden Krieg mit Medien, wieder in vertheidigungsfahigen Zustand zu setzen. Zu dem Zwecke wurde Babylon mit einer doppelten gewaltigen Mauer um- geben. Die äussere Mauer, welche den Namen Imgur-bel führt, scheint einen Umfang von 8 Meilen gehabt zu haben. Nach Herodot (I, 178) war sie 200 Ellen hoch und 50 Ellen breit, und enthielt 100 Thore; vor ihr zog sich ein tiefer, wasserreicher Graben hin. Wie alle babylonischen Bauten war auch diese Mauer aus gebrannten Ziegeln errichtet und durch Asphalt gefestigt. Wie es scheint, war bei weitem nicht die ganze von der Mauer umschlossene Fläche bebaut, ob- wohl Berossos sagt, Nebukadnezar habe der alten, von ihm wiederhergestellten inneren Stadt eine zweite äussere hinzu- gefügt. Im wesentlichen aber entsprach die erste Mauer dem

Nebukadnezar's IL Bauten. 5^9

äusseren, von Forts gebildeten Festungsgürtel unserer Festungen. Die innere Stadt wurde von einer nicht viel schwächeren Mauer, die Nimittibel heisst, umschlossen. Auch längs des Flusses, der die Stadt in der Mitte durchschneidet, war eine starke Mauer errichtet, das Ufer durch Quaianlagen ein- gedämmt. Die beiden Theile der Stadt wurden durch eine auf steinernen Pfeilern ruhende Brücke verbunden, deren Gebälk bei Nacht weggenommen wurde. Nach Herodot hatte, um die Brücke zu bauen, der Fluss abgeleitet werden müssen. War so die Hauptstadt in eine wie es schien uneinnehmbare Festung verwandelt, so wurde als erste Vertheidigungslinie gegen einen Angriff von Norden eine Mauer von 100 Fuss Höhe und 20 Fuss Breite, die sog. medische Mauer, oberhalb des nördlichsten vom Euphrat zum Tigris führenden Canals von dem einen Strome zum anderen gezogen (Xen. Anab. I, 7, 15. II, 4, 12). Im übrigen dienten die beiden Ströme selbst und die zahlreichen Canäle zugleich der Landesver- theidigung; auch an kleineren Festungen wird es nicht gefehlt haben.

Nach Berossos wSre jede der beiden Stadtmauern dreifach gewesen ; die Inschriften und Herodot erwähnen davon nichts.

§. 492. Unter den Werken des Friedens war die Wieder- herstellung des verfallenen Bewässerungssystems und die Regu- lirung der Ueberschwemmung das wichtigste, von ihr hing der Wohlstand des ganzen Landes ab. Auch hier hat Nebukadnezar durchgreifend gewirkt. Das ganze Bett des Euphrat wurde regulirt und mit Deichen eingefasst. Bei Sippara wurde ein grosses Bassin nach Art des Moerissees zur Aufnahme und Vertheilung des Ueberschwemmungswassers angelegt, dessen Umfang über zehn Meilen betrug. Den alten, völlig ver- fallenen Canal Libil-Chegal östlich von Babylon wiederher- gestellt zu haben, rühmt sich der König selbst (I R. 52, 4); den grossen, für Getreideschiffe fahrbaren Königscanal Na- harmalka (bei Abyd. verschrieben 'ApjiaxdXrjc) führt Berossos auf ihn zurück. Ebenso werden die drei anderen gleichfalls

590 Sechstes Buch, fünfter Abschnitt.

oberhalb von Babylon vom Euphrat zum Tigris führenden Canäle auf ihn zurückgehen. Auch das Ufer des persischen Meerbusens wurde durch Dämme gegen Sturmfluthen geschützt. Daneben gehen die Restaurationsarbeiten in den Städten her. Ueberall in Babylonien hat Nebukadnezar gebaut, vor allem natürlich in den Tempeln; von seinen Werken in Ur, Uruk, Larsam, Borsippa, Sippara, Nippur reden theils die grossen Inschriften , theils einzelne an den Orten selbst gefundene Backsteine. Vor allem aber ist das spätere Babylon fast ganz eine Schöpfung des grossen Königs. Der Mauern und der grossen Brücke wurde schon gedacht. In 15 Tagen, wie er selbst sagt und Berossos bestätigt, errichtete er sich neben dem Palaste seines Vaters einen prächtigen Palast. In dem grossen zugehörigen Park Hess er, wie Berossos angibt, seiner medischen Gemahlin zu Liebe die berühmten, von späteren Griechen der Semiramis zugeschriebenen hängenden Gärten anlegen. Am meisten rühmt sich der König seiner Tempelbauten. Denn er war ein frommer Verehrer der Götter, vor allem des Marduk, des gewaltigen Herrn von Babel, und seines Sohnes Nabu, des Stadtgottes des benachbarten, viel- leicht von der Aussen mauer Babylons mit umschlossenen Bor- sippa, der auf seiner ewigen Tafel die Geschicke der Menschen verzeichnet. Ihre Tempel, Esagila in Babel und Ezida in Borsippa, wiederhergestellt zu haben, rühmt er sich durchweg an erster Stelle. Daneben hat er namentlich den grossen terrassenförmigen Belstempcl, den »Tempel der sieben Sphären des Himmels und der Erde«, der bisher nur bis zum dritten Stockwerk aufgeführt war, vollendet.

Ueber das Bassin von Sippara ergänzen sich Herodot und Abydenus. Bei letzlerem dürften in der Angabe Aber den Umfang für 40 Parasangen 14 einzusetzen sein, die Herodofs 420 Stadien genau entsprechen wHrden. Allerdings gibt auch Diod. II, 9, 1 die Länge jeder Seite auf 300 Sta- dien (= 10 Parasangen) an.

§. 493. So wirkte Nebukadnezar für seine Heimath. Von seiner Verwaltung der Provinzen wissen wir wenig; im all- gemeinen wird sie der assyrischen nachgebildet gewesen sein.

Handel und Verkehr zur Zeit NebukadnezarV. 591

Die Masse der ünterthanen war die Fremdherrschaft schon ein Jahrhundert lang gewohnt und hatte nur den Herrn ge- wechselt; nationale Empörungen waren hier nicht zu erwarten. Dagegen mussten Handel und Verkehr in der langen, durch die aegyptischen Kriege kaum gestörten Friedensperiode neu aufleben, die Folgen der Skytheninvasion wieder ausgeglichen werden. Die Wüstenaraber, besonders die Qedreer, verstand Nebukadnezar im Zaum zu halten wie Assarhaddon und Assurbanipal (Jerem. 49, 28 flf.). Abydenus berichtet, dass er zum Schutze gegen die Araber die Stadt Teredon an der Euphratmündung angelegt habe. Dieselbe diente jedenfalls auch Handelszwecken, namentlich für den Karawanen- und Seeverkehr mit der ostarabischen Küste. Sein Ausgangspunkt war vor allem Gerrha, eine am Bahreinbusen wenige Meilen von der Küste gelegene Stadt, die von flüchtigen Chaldaeern gegründet sein soll und namentlich Weihrauch nach Babylonien exportirte. Schon die Lage der Stadt zeigt, dass sie zunächst Landhandel trieb; doch berichtete Alexander*s Zeitgenosse Aristobul, dass die Gerrhaeer ihre Waaren auch auf Flössen nach Babylonien brächten. Ferner gehört dieser Epoche wahr- scheinlich die Entwickelung eines Euphrathandels an. In frü- heren Zeiten war derselbe in grösseren Dimensionen schon um der politischen Verhältnisse unmöglich. In der Perserzeit, aber bringen die Armenier ihre Waaren auf Lederkähnen nach Babylon, nehmen dann, wie es auch jetzt noch gewöhnlich ist, ihre Boote auseinander und kehren zu Lande zurück; Thapsakos, der südlichste Ort auf dem rechten Ufer an dei* Grenze der Wüste, wird eine blühende Stadt, wo die Kauf- leute den Euphrat passiren oder sich nach Babylon ein- schiffen. Offenbar haben sich diese Verhältnisse unter dem neubabylonischen Reich angebahnt. Es wird damit zusammen- hängen; dass Herodot berichtet, Nitokris (d. i. Nebukadnezar) habe dem früher geraden Lauf des Euphrat zahlreiche Krüm- mungen gegeben; offenbar versuchte man, dadurch die Ge- walt des Stromes, die das Aufwärtsfahren fast ganz oder ganz unmöglich machte, zu massigen. Dass die Beziehungen

592 Sechstes Buch, fQnfter Abschnitt.

Babylons sich bis nach Griechenland erstreckten, lehrt der Umstand, dass ein adliger Mitylenaeer, Antimenidas, des Al- kaeos Bruder, in Nebukadnezar*s Heere diente und einen ge- waltigen Recken erschlug (Strabo XIII, 2, 3). Dass die Han- delsbeziehungen nach Osten in ähnlicher Weise entwickelt waren, müssen wir annehmen, wenn auch die Zeugnisse fehlen. Nur ein grösserer Seehandel auf dem persischen Meer- busen hat sich auch in dieser Zeit noch nicht entwickelt. Sonst aber hat die Vereinigung Sjrriens und Babyloniens zu einem Reiche dem Welthandel auf Jahrtausende die Bahnen gewiesen ; von Nebukadnezar bis auf die Mongoleninvasion ist die Hauptstadt Babyloniens ganz oder nahezu die grösste Handelsstadt der Welt.

Gerrha und der arabische Handel: Strabo XVI, 3, 8. Arrian. Ind. 32* 7. Polyb. XIII, 9. Thapsakos und der Euphrathandel : Xen. Anab. 1, 4, 11. Reg. I. 5, 4. Arrian. VII, 19, 3. Her. I, 185. 194 u. a. Arislobur? Angabe bei Strabo I. c, die Gerrhaeer brächten ihre Waaren Ober Ba- bylonien zu Schiff nach Thapsakos hinauf, steht mit Her. I, 194 &va töv tcoxap.ov o&x old xi ioti tcXietv o&Sevl tp6ic(}> 6tc6 zajtoz to5 icoTa(i/>u in Widerspruch. Im allgemeinen vgl. Ritter, Erdkunde X, 6 (T. 1017.

Nebukadnezar und Aegypten. Der Fall Jerusalems.

§. 494. Die äussere Politik Nebukadnezar's wird, ab- gesehen von der Rücksicht auf Medien, durchaus beherrscht von dem Gegensatz gegen Aegypten. Die Pharaonen konnten den Verlust der reichen und für den Handel Aegyptens so wichtigen syrischen Provinzen nicht verschmerzen und ver- suchten wieder und wieder, sie dem babylonischen Reich zu entreissen, zunächst indem sie wie die Aethiopen zur As- syrer/.eit die Vasallen zu neuen Empörungen verlockten. Im Jahre 597 verweigerte König Jojaqim von Juda den Tribut. Aber die aegyptische Hülfe, auf die er baute, kam nicht, da- gegen wohl ein chaldaeisches Heer. Jerusalem wurde belagert, des inzwischen verstorbenen Jojaqim Sohn Jojakin oder Jekonjah musste capituliren und wurde mit den Schätzen des Palastes und des Tempels und dem ganzen Adel der Bevölkerung nach Baby-

NebukadnezAr gegen Aegypten und Juda. 593

lonien fortgeführt. »Ganz Jerusalem, alle Fürsten (vgl. Jerem. 29, 2), alle Krieger, 10,000 an der Zahl, alle Zimmerleute und Schlosser wurden fortgeführt, nur das niedere Landvolk blieb zurück. Zum Herrscher über das also seiner Wehr- kraft und seiner besten Männer beraubte Volk wurde Joja- qim's Bruder Matlanjah eingesetzt, der den Namen Sidqijah (Zedekia, 596 586) annahm. In die sociale Umwälzung, die dadurch herbeigeführt wurde, geben die Schriften des zurück- gebliebenen Jeremia und vor allem die des mit fortgeführten Priesters Ezechiel einen Einblick. Die Weggeführten hatten ihren Grundbesitz bei der plötzlichen Entwerthung aller Güter um ein geringes losschlagen müssen und sahen daher mit doppelter Erbitterung auf den plötzlich zum Herrn gewordenen Pöbel herab. Sie betrachteten sich als das eigentliche Israel, Jojakin als den allein legitimen König (daher auch Reg. II, 25, 27 ff.); sie erwarteten bestimmt, dass Jahwe sie bald in ihre Heimath zurückführen werde (vgl. Jerem. 29). Um so mehr konnte Nebukadnezar annehmen, dass die jetzt zum Be- sitz gelangte Bevölkerung ihm treu ergeben sein werde. Er hatte sich verrechnet; das Vertrauen auf Jahwe, auf den auch diesmal wieder dem Verderben entgangenen Tempel erwies sich stärker als alle vernünftige Ueberlegung (vgl. Jerem. 27. 28).

§. 495. Im Jahre 594 starb Necho. Sein Sohn Psam- metich II. (594—589, Herod. VÄjijitc, Man. Vdjijioo^tc) hat, so- weit wir wissen, nur in Aethiopien gekämpft (§. 468). Kaum hatte dagegen der nächste Herrscher, Apries (ühabra*, 'Airpltjc, Man. OBa^ptC, ynsn)» im Jahre 588 den Thron bestiegen, als er die syrischen Kriege wieder aufnahm. »Er zog gegen Sidon zu Felde und lieferte den Tyriern eine Seeschlachtc berichtet Herodol (n, 161). Aus den hebraeischen Angaben sehen wir, dass Juda abermals den Kampf eröffnete. Der König Sidqija, der nur mit halbem Herzen in den Krieg gegangen zu sein scheint, wurde von dem blinden Vertrauen seiner Grossen und der Masse der Bevölkerung mit fortgerissen; vergebens

Meyer, Oesohichte dei Alterthomi. I. 33

594 Sechstes Buch, fönfler AbscbnitU

erhoben die wenigen Einsichtigen, wie Jeremia, ihre warnende Stimme. So wiederholte sich denn das alte Schauspiel. Im Januar 587 erschien Nebukadnezar's Heer vor Jerusalem und begann die Belagerung. Zwar musste dieselbe unterbrochen werden, als die Aegypter heranrückten. Doch wie es scheint, wagten dieselben keinen Kampf; ohne Schwertstreich gab Apries den Chaldaeem Syrien Preis (Jerem. 37). Jerusalem wehrte sich aufs äusserste; nur dem ihm persönlich ge- neigten König verdankte es Jeremia, der noch immer zur Capitulation ermahnte, dass er nicht der Wuth der Patrioten zum Opfer fiel. Endlich im Juli 586 wurde eine Bresche in die Mauer gebrochen. Der König \vurde auf der Flucht ge- fangen und nach Ribla (§. 482) vor den Richterstuhl Nebu- kadnezar's gefuhrt. Von Schonung konnte nicht mehr die Rede sein; aber wenn man Nebukadnezar's Urtheil mit den Thaten der Assyrer oder auch der Römer vergleicht, kann man es nur als ein mildes bezeichnen. Sidqija wurde ge- blendet, seine Söhne und die Angesehensten des Volks, einige 70 Männer, hingerichtet, die Stadt, die Mauern und vor allem der Tempel von Grund aus zerstört. Von der Bevölkerung wurde aufs neue ein grosser Theil nach Chaldaea fortgeführt; nur die Ueberläufer und die Aermsten, »die gar nichts be- sassenc, wurden im Lande gelassen und die Weingärten und Aecker unter sie vertheilt. Die alte Nation war vernichtet; dass sie als religiöse Sekte die Katastrophe überlebte, ver- dankte sie dem Halt, welchen sie an ihren Hoffnungen und an ihrem Gesetzbuch besass. Unter den Zurückgeblie- benen war auch Jeremia, dem die Chaldaeer besondere Gunst zuwandten. Das Gericht Jahwe's, dessen Kommen er mit klarem Blick und mit tiefstem Schmerz erkannt hatte, hatte sich vor seinen Augen furchtbar erfüllt. Sein Schicksal war noch nicht vollendet. Als Gedaljah, den Nebukadnezar zum Statthalter über das Land eingesetzt hatte, von Ismael, einem Nachkommen des alten Königsgeschlechts, im Auftrage des 'Ammoniterkönigs erschlagen wurde, wanderten die Zu- rückgebliebenen aus Furcht vor der Rache der Chaldaeer nach

Zerstörung Jerusalems. Belagerung von Tyros. 595

Aegypten aus und zwangen den greisen Propheten, sich ihnen anzuschliessen.

Die weitere religiöse Entwickelung des Judentbums muss dem nächsten Bande vorbehalten bleiben.

Eönigsliste.

Hizkia

trad.

29 J. / ^ ._„ . re T 8. §. 472 Anm. 00 J.

714 -686?

Manasse

»

685?-641

Amon

2 J.

640 -639

Josia

31 J.

638 -608

Joachaz

- 3 M.

608

Jojaqim

11 J.

607 -597

Jojakin

- 3 M.

597

Sidqija

11 J.

596 -586

§. 496. Der Erhebung gegen die Chaldaeer hatte auch Tyros sich angeschlossen, ob gezwungen durch den Seesieg des Apries, von dem Herodot erzählt, oder ob aus anderen Er- wägungen, wissen wir nicht Jedenfalls war König Itoba^al IL entschlossen, sich der Fremdherrschaft nicht wieder zu fugen. So rückte das chaldaeische Heer nach dem Falle von Jeru- salem sofort gegen Tyros. Dreizehn Jahre lang, d. i. 585 573, so berichten die lyrischen Annalen, sei die Stadt von Ne- bukadnezar belagert worden. Es wird gegangen sein wie zur Zeit Sanherib's (§. 383). Die Stadt wurde vom Lande abgesperrt, aber die Felseninsel war uneinnehmbar, und das unentbehrliche Wasser gewannen die Tyrier aus Cisternen. So muss schliesslich ein Compromiss zu Stande gekommen sein, durch das die Stadt sich der babylonischen Oberhoheit fügte der König Itoba^al wurde abgesetzt oder starb in demselben Jahr , aber ihre staatliche Selbständigkeit behielt. In den folgenden Zeiten innerer Wirren unter anderem traten sieben Jahre lang (562—556) Suflfeten (Stxaotat, §. 285) an die Stelle der Könige wurden die Könige wiederholt aus Babel geholt, wo sie vermuthllch als Geiseln bewahrt waren.

596 Sechstes Buch, fOnfter Abschnitt.

Josephus c. Ap. 21 (Euseb. chron. I, 51) gibt die tyrische KOnigsIiste dieser Zeit, offenbar aus Menander (allerdings wird ant. X, 11, 1 Philo- stratos citirt). Da er angibt, dass das 14. Jahr 0iram*s IIL dem ersten des Kyros (offenbar als König von Babel 538; Umoer's Versuch, das Datum auf den Sturz des medischen Reichs zu beziehen, Abb. Bair. Ak. Phil. C1. XVI, 8, 248 ff. scheint mir ganz unhaltbar) gleich sei, kann der Anfang der dreizehnjährigen Belagerung nicht, wie er meint, ins 7. Jahr Nebukadnozar's 598, sondern nur in sein 20., 585, fallen. Dann stimmen die tyrischen Daten genau zu Ezechiel, der c. 26 im Jahre 586 das Herannahen der Belagerung, c. 29, 17 im Jahre 570 ihr Scheitern und den drohenden Krieg gegen Aegypten bespricht.

Tyrische Eönigsliste.

Unter Itoba*al II. Belagerung 13 J.

585-

-573

Ba'al 10 J.

572-

-563

Richter, zus. 7 J. 3 M.,

562-

-556

u>v ^exa^ö ißa9iX.8oa6 BaXdtopo^ ivtaotov iva.

Merba*al 4 J.

555-

-552

Biram III. 20 J.,

551-

-532

sein 14. J. = 1 Kyros = 538.

§. 497. Seit langem schon hatte man erwartet, dass Nebukadnezar an Aegypten Rache nehmen, den Einfallen der Pharaonen durch einen Angriffskrieg ein definitives Ende be- reiten werde. Namentlich die hebraeischen Propheten, beseelt von der Auffassung, dass die Chaldaeer das Werkzeug Jahwe's seien, mit dem er alle Völker heimsuche, und zugleich von dem Streben nach Rache an dem unzuverlässigen Bundes- genossen, der Juda ins Verderben gestürzt hatte, hatten wieder und wieder den Untergang Aegyptens verkündet. In der That zog Nebukadnezar im Jahre 568 gegen Aegypten, wo inzwischen Amasis den Apries gestürzt halte (569, §. 500). Ein Fragment seiner Annalen berichtet kurz von Kämpfen und Beute, ohne dass sich Genaueres erkennen liesse. Wenn eine Inschrift eines hohen Beamten des Apries, der zugleich Statthalter der nubischen Grenzlande war, in sehr allgemeinen Ausdrücken von einer Heimsuchung Aegyptens durch die

Nebukaduezar gegen Aegypten. 597

Asiaten spricht, so muss sich das auf dasselbe Ereigniss be- ziehen, und der Krieg hat entweder schon unter Apries be- gonnen, oder man erkannte zur Zeit desselben den Apries noch officiell als König neben Amasis an. Im übrigen war Nebukaduezar ein viel weiserer Staatsmann, als Jeremia und Ezechiel erwartet hatten, und am wenigsten jagte er dem Ruhm eines Eroberers nach. Die Unterwerfung Aegyptens hat er in keiner Weise versucht. Das Ziel dagegen, welches er allein erstrebte, den Invasionen der Aegypter energisch ein Ende zu machen, hat er vollkommen erreicht.

Fragment der Annalen [der Rest ist noch nicht publicirt!]: Pinches, TrSBA. Vü, 210. Wiedemann, ÄZ. 1878, 87. Schrader, ÄZ. 1879, 45. Inschrift des Neshor (aus dem Wiedemann einen »General [!] Qor« gemacht hat!): Clarac, Mus4e des sculpt. II, 246 ff. Pierret, RP. VI, 73. Wiede- mann, ÄZ. 1878, 2, Rhein. Mus. XXXV, 364. Von der »Eroherung Aegyptens« redeten auch Berossos (der bezeichnend genug die Pharaonen zu rebellischen Satrapen macht) und Megasthenes fr. 20. 22 Müller.

Nebukadnezar's Nachfolger. Amasis.

§. 498. In seinen Inschriften bittet Nebukadnezar den Gott Nabu um langes Leben und zahlreiche Nachkommen- schaft, um Besiegung seiner Feinde und Befestigung seines Reichs. Die Götter haben ihm einen ebenbürtigen Nachfolger versagt. Seitdem durch Eroberung begründete Reiche an die Stelle nationaler Staaten getreten sind, beruht ihr Schicksal weit mehr als früher auf der Persönlichkeit des Herrschers und der zufalligen Gestaltung der äusseren politischen Lage. So ist das mächtige babylonische Reich, das so fest begründet schien, kaum zwanzig Jahre nach dem Tode seines Organi- sators zu Grunde gegangen. Als Nebukadnezar im Jahre 561 starb, folgte ihm sein Sohn Amilmarduk (Beross. 'AjitXjia- pooSoxoc, Reg. II, 25 "TTID V'^IN). »Da derselbe ungerecht und schwelgerisch regierte, sagt Berossos, wurde er schon nach zwei Jahren von seinem Schwager Nergalsarusur (NrjptYXtoapo^) umgebracht. Derselbe, welcher sich in Inschriften »Sohn des

598 Sechstes Buch, fünfter Abschnitt.

Belsumiskun, Königs von Babelc nennt, hat an den Quai- mauern und Tempeln der Hauptstadt gebaut (559 556). Gegen seinen Sohn Läbasimarduk (Aaßaooodpaxoc n. var.), »der durchweg eine bösartige Natur an den Tag legtet, ver- schworen sich die Hofleute und erhoben den Nabunähid (NaßovvtSog, Ptol. Naßov48toc, Her. AaßovTjtoc), der dem Kö- nigsgeschlechte nicht angehörte, auf den Thron.

Nergaläarusur: I R. 8, 5. 67. Ferner die Gontracttafeln bei Bos- CAWEN, TrSBA. VI, 1 ff. Pinches, Proc. SBA. 7. Nov. 1882. Chrono- logie. Die Zahlen bei Berossos (bei Jos., Abyd. und AI. Pol.) und im ptol. Kanon stimmen genau und werden durch die neugefundenen Gon- tracttafeln lediglich bestätigt. Nur rechnen letztere nach Regierungs- jahren (§. 125), die Schriftsteller dagegen ebenso wie es scheint auch die Annalen des Nabonedus nach Chronograph Ischen, mit dem 1. Nisan beginnenden, der Kanon nach aegyptischen Jahren. Die neun Monate des Läbasimarduk kommen natürlich cbronographisch nicht in Be- tracht und fehlen daher auch im Kanon wie bei Alex. Pol. (Euseb. I, 29). Im übrigen scheint Kyros, der nach allen Quellen Qber Babylon 9 Jahre (538—530, stirbt 529) regierte, sein erstes Jahr mit dem Neujahrstage (1. Nisan, April) nach der Eroberung Babylons begonnen zu haben; daher die von mir §. 125 angezweifelte Angabe bei Smith, Epon. can. 158. Dann fällt die Eroberung Babylons am 3. Marcheswan (Oct/Nov.) ins siebzehnte Jahr Naboned's = 589 v. Chr. Dazu stimmt die direcle Angabe des Berossos bei Euseb. I, 49, 41. Unoer's Aufstellungen (Kyaxares und Astyages, in Abh. ßair. Ak. XVI, 3) vermag ich auch hier nirgends beizustimmen.

Eönigsliste.

Nabopalassar 21 J. [so auch Berossos bei Euseb. 1.45; 625-605

Alex. Pol. ib. 27 gibt fälschlich 20 J.]

Nebukadnezar IL 43 J. 604-562

Amilmarduk 2 J. 561-560

Nergalsarusur 4 J. 559—556

Läbasimarduk 9 M. 556

Nabonedos 17 J. 555-539

Kyros 9 J. 538-530

[historisch Ende 539-529]

§. 499. Auch Nabonedos hat während seiner im wesent- lichen friedlichen Regierung die Fragmente seiner An-

Nebukadnezar's Nachfolger. Nabonedos. 599

nalen erwähnen nur zu Anfang seiner Regierung kleine Kämpfe das Restaurationswerk fortgesetzt. In Babylon hat er, wie Berossos erwähnt und die Ziegel bestätigen, an den Quai- mauern gebaut Seine Hauptthätigkeit aber war den übrigen Städten des Landes und namentlich ihren Tempeln zugewandt. In Larsam, in Ur, in Sippar, ja auch am Mondtempel von Charrän, das erst durch den Sturz der Meder wieder in seinen Besitz kam (§. 484. 502), hat er gebaut. Unermüdlich suchte er namentlich nach den in den Fundamenten der Tempel ver- grabenen Cylindern ihrer ersten Erbauer; diesem Umstände verdanken wir zahlreiche wichtige historische Nachrichten. In einer eigenthümlichen Umgestaltung tritt uns diese Thätig- keit des Königs in einer Inschrift entgegen, welche die baby- lonischen Priester für Kyros verfasst haben, und in der derselbe seine Thronbesteigung verkündet. Nabonedos, so heisst es, habe sich von Marduk, dem Herrn von Babel, abgewendet, und den Göttern der übrigen Städte ausschliesslich seine Ver- ehrung zugewandt. Ganz besonders wird ihm zum Vorwurf gemacht, dass er im Kriege mit Kyros die Götterbilder aus einer Reihe babylonischer Städte nach Babel bringen Hess (vgl, Ann. rev. I, 8 flf.). Darüber ergrimmt, habe Marduk sich einen ergebenen Diener gesucht und dem Kyros die Herrschaft über Babel übergeben. So deutlich die Tendenz dieser Dar- stellung auf der Hand liegt, so charakteristisch ist es, dass gerade diese Motivirung für den Sieg der Perser gewählt wird. Sie zeigt, wie nahe die Anschauungen, von denen der israe- litische Monotheismus ausgegangen ist, auch anderen semiti- schen Völkern gelegen haben.

Inschriflen Naboned's: I R. 68. 69. Proc. SBA. 7. Nov. 1882. An- nalen: Pinches, TrSBA. VII, 139. Bekanntlich wird I R. 68, 2, 24 neben dem König sein ältester Sohn Beläarufur genannt. Ueber die Auffassung des Kyroscylinders (V R. 35) vgl. Krall. Z. österr. Gymn. 1882, 208 ff.

§. 500. Es erübrigt noch, einen Blick auf Aegypten zu werfen, Apries war zu Ende seiner Regierung von den Li- byern zu Hülfe gerufen worden, welche sich der Griechen, die

600 Sechstes Buch, fünfter Abschnitt.

im Jahre 630 Kyrene gegründet hatten und jetzt immer massenweiser die Küsten besetzten, nicht mehr erwehren konnten (Her. IV, 159). Seine Truppen wurden indessen von den Kyrenaeern vollständig geschlagen. In dem Glauben, der König habe sie absichtlich ins Verderben geschickt, empörte sich das Heer und erhob Amasis (aeg. Ä'ahmes II.) zum Könige. Ein grosser Theil der Aegypter fiel den Rebellen zu ; nur die griechischen Söldner blieben treu. Bei Momemphis kam es zur Schlacht^ in der Amasis den Sieg und die Krone gewann (569 V. Chr.). Eine Zeitlang wurde Apries neben ihm offi- ciell als König anerkannt ; dann wurde er auf das Andringen der Aegypter erdrosselt. Obwohl Amasis die Herrschaft im Kampfe mit den griechischen Söldnern gewonnen hatte, war er womöglich in noch höherem Grade ein hellenenfreundlicher Fürst als sein Vorgänger. Er legte die in den iLagern< bei Bubastis angesiedelten Söldner als Besatzung nach Memphis; er gestattete den griechischen Kaufleuten die Ansiedelung in Naukratis (§. 469). Mit dem seegebietenden Polykrates von Samos, ebenso mit Kyrene stand er in Freundschaft, eine seiner Gemahlinnen, Laodike, stammte aus Kyrene eine andere war eine Tochter Psammetich's II. Mehrfache Weih- geschenke in griechischen Tempeln werden von ihm erwähnt, auch zum Wiederaufbau des im Jahre 548/47 niedergebrannten Tempels von Delphi hat er beigesteuert. In der äusseren Politik scheint er friedliebend gewesen zu sein ; nur die cyp- rischen Städte machte er sich tributpflichtig (Her, I, 182).

Gemeinsame Regierung des Apries und Amasis: WußoEMANN, Gesch. Aeg. 120. §. 497. Chronologie. Die Zahlen von Psarometich I. bis Apries stehen durch Apisstelen und Todtenstelen völlig fest, s. Wiede- MANN p. 117 f. Höchstens kann man zweifeln, ob Necho vor dem Ende seines 16. Jahres gestorben ist oder dem Psammetich IL nur fünf Jahre anzurechnen sind. Dem Amasis geben Herodot und Africanus überein- stimmend 44 Jahre. Sonst finden sich bei den Schriftstellern, namentlich bei Eusebius, mehrfache Fehler. Dass die Eroberung Aegyplens ins fünfte Jahr des Kambyses (Manetho) Ol. 63, 3 = 526/25 (Diod. I, 68), d. h. Frühjahr 525 fällt, steht völlig fest.

Aegypten unter Amasis. ßOl

Eönigsliste.

M. = Manelho bei Africanus.

H. Herodot.

Psammetich I. 64 J. (M. u. H. 54)

663-

-610

Necho II. 15 J. (M. 6, H. 16)

609-

-595

Psammeüch IF. 6 J. (M. u. H. 6)

594-

-589

Apries 19 J. (M. 19, H. 25)

588-

-570

Amasis 44 J. (M. u. H. 44)

569-

-526

Psammetich III. 6 Mte.

525

Kambyses 4 J. (incl. 7 Mle. des Magiers) 525—522

Ghronographiscb kommt Psammeticb's III. Regierung nicht in Be- tracht und wird daher auch von Euseb. I, 147 wie im Kanon nicht mit aufgeführt. Im Uebrigen hat Kambyses in Aegypten seine Jahre ?on seiner Thronbesteigung in Persien, nicht von der Eroberung Ae-^ gyptens an gerechnet

VI. Die Begründung des Ferserreichs.

Kyros.

§. 501. Es war nicht die Schuld der jüdischen Propheten, wenn die Katastrophe des babylonischen Reichs, welche ihre an den Euphrat fortgeschleppten Landsleute sehnlichst herbei- wünschten, nicht, wie sie prophezeiten, von Medien aus herein- gebrochen ist. Im Jahre 558 folgte dem Könige Kambyses I. von Persien und Susiana sein Sohn Kyros II, (pers. Kuru(s), hebr. IS^ID)« Derselbe warf die medische Oberhoheit ab und griflf den König Ästyages an. Von dem Verlauf des Kampfes besitzen wir keine zuverlässige Kunde. Nur soviel erfahren wir aus den In- schriften Naboned's, dass im Jahre 550 Ästyages dem Kyros in die Hände fiel, dass derselbe sich Egbatana's bemächtigte und die Königsschätze in sein Land fortführte. Wenn die nur frag- mentarisch erhaltene und vielfach ideographisch geschriebene Inschrift richtig gedeutet ist, so hätten die eigenen Truppen sich gegen Ästyages empört und ihn an Kyros ausgeliefert.

602 Sechstes Buch, sechsler Abschnitt

Ein Nachklang dieser Begebenheiten hat sich auch in der Sage bei Herodot in der Erzählung vom Verrathe des Har- pagos noch erhalten. Den gefangenen König behandelt Kyros mit Milde, nach Ktesias hätte er ihm in Hyrkanien (Bapxdvtoi) seinen Wohnsitz angewiesen. Mit dem Falle der Haupt- stadt scheint auch der grösste Theil des medischen Reichs in Kyros* Hände gefallen zu sein. Ktesias berichtet, die Baktrer hätten auf die Nachricht, »dass Astyages der Vater des Kyros geworden seic, ihren Widerstand aufgegeben, die Saken seien besiegt worden. Doch ist Ktesias' Erzählung über Kyros durchweg so späten Ursprungs und so unzuver- lässig, dass auch auf diese Nachrichten kein grösseres Ge- wicht gelegt werden darf; nach Herodot I, 153 fallt die Unter- werfung der Baktrer und Saken erst in die Folgezeit. Fest steht dagegen durch die folgenden Ereignisse , dass im Jahre 547 sich Kyros' Reich bis an den Halys erstreckte.

Zu Naboned's Annalen vgl. Schrader bei Bauer, Kyrossage, Ber. Wien. Ak. phil. Gl. C, 499. Die Uebersetzung vieler Steilen ist mir hier wie in der Geschichte des Krieges gegen Babylon sehr zweifelhaft Darf aus den Daten Proc. SBA. 7. Nov. 1882 gefolgert werden, dass Kyros' Angriff auf Medien 553/52 begann? Warum Kyros von Naboned vor der Besiegung der Meder König von An§an, im Jahre 547 König von Parsu genannt wird, wissen wir nicht. Ueber die Kyrossage s. Bauer 1. c, der auch die Abhängigkeit des Ktesias von Herodot und seine völlige ünzuverlässigkeit klar dargelegt hat.

§. 502. Der Sturz des medischen Reichs war zunächst wenigstens dem babylonischen Könige nicht unangenehm ge- wesen. Er benutzte die Gelegenheit, um Gharrän wieder zu besetzen (§. 499), und stellt die Erhebung des Kyros daher als ein Werk des Mondgottes Sin dar. Indessen der rasche Erfolg des Kyros, die Aufrichtung eines grossen Reichs, das, da ihm auch Persien und Susiana direct einverleibt waren, an Macht das medische weit überragte, mussten ihn be- denklich machen. Kyros war ein energischer, thatenlustiger Fürst, die Perser aber ein frisches Naturvolk, das von Acker- bau und Jagd lebte und den verweichlichenden Einfluss der

Fall des Mederreichs. Coalilion gegen Kyiros. 603

Cultur noch nicht erfahren hatte, das aus der Ähuramazda- religion, der reinen Lehre, die es bekannte, mit der Aufforde- rung, auf alle anderen Völker herabzusehen und das Reich des guten Gottes zu erweitern, zugleich die Garantie des Erfolges im Kampfe gegen die Feinde entnahm. Wenn Kyaxares und Astyages Frieden gehalten hatten, so war von Kyros das Gleiche nicht zu erwarten. Die gleichen Beweggründe be- einflussten den lydischen König, der überdies des Astyages Schwager war und sich mit der Hoffnung trug, im Kampfe gegen Kyros das von seinen Vätern so ruhmreich begründete Reich nach Osten hin zu erweitern. Kroesos war entschlossen, den Kampf zu beginnen. Die griechischen Orakel, welche er befragte, Delphi, Branchidae, das Amphiaraosorakel u. a. (Her. I, 49. 53. 92) verhiessen ihm Sieg. So kam im Jahre 547 eine Allianz gegen Kyros zwischen Kroesos und Naboned zu Stande. Auch Amasis trat derselben bei; es konnte für Aegypten nur vortheilhaft sein, wenn die asiatischen Reiche sich unter einander bekriegten und womöglich der Status quo erhalten blieb. Schliesslich sagte auch Sparta, der mächtigste und tapferste der griechischen Staaten, mit dem Kroesos schon früher Verbindungen angeknüpft hatte, den Lydem die Sen- dung eines Hülfscorps zu (Her. I, 77. 69 f.). Im Frühjahr 546 eröffnete Kroesos den Krieg, überschritt den Halys, verwüstete Kappadokien und eroberte die starke Festung Pteria (Bo- ghazkjöi).

In Naboned's Annalen heisst es, dass im Jahre 9 (547) Kyros den Tigris unterhalb Arbela^s überschritten (?) und den König eines Landes, dessen Namen nicht erhalten ist, besiegt habe. Dies kann sich nur auf Kampfe in den medischen Provinzen westlich vom Euphrat (§. 484) beziehen.

§. 503. An sich betrachtet, hätten die Mittel des grossen Bundes vollauf genügt, um Kyros niederzuhalten. Aber es war unmöglich, dieselben zu concentriren oder gemeinsam zu operiren. Kyros wandte sich direct gegen seinen Hauptgegner, und ehe auch nur die ersten Contingente der Bundesgenossen eingetroffen waren, war das lydische Reich vernichtet. Bei

604 Sechstes Buch, sechster Abschnitt

Pteria wurde das Heer des Kroesos, welches seine Zeit mit den nutzlosen Kämpfen in Kappadokien verschwendet hatte» zurückgeworfen. Kroesos zog sich nach Sardes zuräck und erwartete, den Gegner nach seiner Weise der Kriegführung beurtheilend , eine Erneuerung des Kampfes nicht vor dem nächsten Frühjahr. Indessen Kyros Hess alles andere bei Seite liegen und zog direct gegen die feindliche Hauptstadt. Schon nach vierzehntägiger Belagerung wurde die Burg von Sardes erstiegen, die Stadt erobert (Herbst 546 v. Chr.). Wie es nach der von Herodot erzählten Sage scheint, hatte Kroesos, da alles verloren war, sich den Göttern zum Opfer bringen wollen und den Flammentod gesucht, wie der letzte Assyrerkönig oder wie Hamilkar nach der Schlacht an der Himera (Her. VII, 167). Jedenfalls fiel er lebend in die Hände des Siegers und wurde von ihm mit derselben Milde behandelt wie Astyages. Die Angabe des Ktesias, dass Kyros ihm die Stadt Barene bei Egbatana übergeben habe, ist wahrschein- lich richtig. Nach dem Falle von Sardes wurde das übrige Kleinasien leicht unterworfen. Einen Aufstand der Lyder, den der von Kyros mit der Wegführung der Schätze beauf- tragte Paktyes erregte, warf der Feldherr Mazares nieder, die lonier und Karer und schliesslich auch die Lykier wurden von Harpagos der Reihe nach unterworfen. Der König von Ki- likien erkannte freiwillig die persische Herrschaft an und be- hielt in Folge dessen sein Reich als erbliche Provinz; das gleiche wird von den Fürsten der Paphlagoner berichtet (Xen. Cyrop. VIII, 6, 8). Das weite lydische Reich wurde von Kyros in zwei Sprengel getheilt, deren Statthalter in Sardes und in Daskylion ihren Sitz hatten.

Ueber den Fall des lydischen Reichs besitzen wir zwei von einander unabhängige Berichte: Herodot und Ktesias. Ephoros(fr. 100 und bei Diodor) fugte dem Herodot einige Zusätze aus griechischer Tradition ein (Verrath des Eurybates); Xenophon gestaltet Herodot nach moralischen Gesichtspunkten um. Justin I, 7 ist ans Xenophon, Ktesias, Herodot zusammengesetzt, Polyaen VII, 6 gibt etwas umgestaltete Anekdoten aus Ktesias und Herodot. Die ausfuhrliche Geschichte bei Nie. Dam. ist lediglich eine Ausspinnung und Rationalisirung der Angaben Herodot's;

Kyros erobert Lydien und Babylonien. 605

die Einfügung der Sibylle und der Xo^ca Zcopodcotpoo verrätb die anti- quarische Gelehrsamkeit der hellenistischen Zeit [vgl. Phanias' Erzäh- lung von Theraistokles' letzten Schicksalen bei Plut. Tbem. 28]. Nach Xenophon hätte Kroesos aegyptische Hulfsvölker grhabt (Cyrop. VII, 1, 45, vgl. Hell, m, 1 , 7 , gegen Herod. I, 77, 81) ; dagegen s. Bauer 1. c. 852. Herodot und Ktesias stimmen nur in dem einen Punkte Qberein, dass Kroesos durch ein Wunder gerettet und von Kyros gut bebandelt sei, sonst sind ihre Berichte ganz verschieden. In der Sage von der Ver- brennung des Kroesos, die Dukcker richtig gedeutet zu haben scheint, stammt die Anrufung des Apollo c. 91 aus lydischer Quelle. Zu Paktyes vgl. Charon fr. 1 bei Plut. mal. Her. Sonst s. über die Kämpfe und Beziehungen zu den Griechen Bd. II.

§. 504. Nach dem Untergang des lydischen Reichs war der Fall Babylons nur noch eine Frage der Zelt. Von Opera- tionen, die von Elam aus im Jahre 546, offenbar zur Deckung des lydischen Feldzugs, gegen Babylonien unternommen wur- den, scheint bei Naboned die Rede zu sein. Wann der Ent- scheidungskampf begann, wissen .wir nicht; zu Anfang des Jahres 538, aus dem uns wieder ein Bruchstück der Annalen erhalten ist, war derselbe schon in vollem Gange. Wir er- fahren von einer Schlacht im Tammuz (Juni/Juli), nach der Sippar ohne Kampf genommen wurde und Naboned fliehen musste. Der persische Präfect Gobryas (bab. Gubaru, pers. Gaubaruva) rückte gegen Babylon vor und nahm die Stadt ohne Kampf. Die Angaben des Kyroscylinders und des Berossos stimmen damit vollkommen überein. Naboned, so berichtet Berossos weiter, flüchtete nach Borsippa, ergab sich aber, ehe die Belagerung begann. Kyros wies ihm Karmanien zum Wohnsitz an, das er noch bis in die Zeit des Darius ver- waltete. In Babylon selbst hielt Kyros am 3. Marcheswan (Oct./Nov.) seinen Einzug. >Er beruhigte die Herzen der Einwohner und befreite sie von ihren Sorgen c (Kyroscyl. V R. 35, 26). In die äussere Mauer der Stadt Hess er eine Bresche legen; die Verwaltung übertrug er dem Gobryas, daneben scheint er seinen ältesten Sohn Kambyses als Vice- könig in Babylonien eingesetzt zu haben. Die von Naboned nach Babel gebrachten Götter wurden in ihre Heimath zu-

606 Sechstes Buch, sechster Abschnitt.

rückgeschickt; Marduk, »der ihn ohne Kampf und Schlacht seinen Einzug halten Hess in Babylonc (Kyroscyl. 17), hoch geehrt. Die weiten Provinzen des Reichs bis nach Aegypten hin, ebenso die Vasallenstaaten (vgl. Her. HI, 19), ßelen dem neuen Herrscher ohne Schwertstreich zu (Kyroscyl. 29). Den in Babylonien gefangen gehaltenen Juden, die ihn mit En- thusiasmus als Befreier begrüssten, gewährte er die Rückkehr in die Heimath und den Wiederaufbau Jerusalems und seines Tempels. Er konnte mit Sicherheit erwarten, dass ihnen die Unabhängigkeitsgelüste für alle Zeiten vergangen seien, dass sie seinem Reiche dankbar ergeben sein würden.

Herodot's Erzählung vom Kriege gegen Babylon, die Xenophon [bei dem Gobryas VII, 4y 24 ff. vielleicht auf Tradition beruht] benutzt hat, ist völlig sagenhaft und beruht lediglich auf dem Versuch, zu erklären, wie die Einnahme der festen Stadt mOglich war; zur Ableitung des Euphrat vgl. die des Halys I, 75. Gobryas könnte auch in dem Gobaris praefectus Plin. VI, 120, der Canalhauten unternommen hat, stecken. Kambyses wird in Naboned*s Annalen erwähnt, und im Kyros- cylinder (übersetzt von Sir Henry Rawlinson, J. R. As. Soc. XIl) lässt Kyros fQr sich und seinen Sohn beten ; daher die nach Jahren des Kam- byses und des »KOnigs der Länder« Kyros datierte Thontafel. Das viel- besprochene elfte Jahr des Kambyses (das Material bei Pinches, TrSBA. VI, 484; ScHRADER, Ber. Berl Ak. Febr. 1879. ÄZ. 1879, 39. 1880, 99) scheint Unger, Abb. Bair. Ak. XVI, 3, 288 richtig so zu erklären, dass in den Wirren während der babylonischen Aufstände gelegentlich auch nach Jahren des verstorbenen Königs datirt wurde (§. 514).

§. 505. Von den weiteren Thaten des Kyros haben wir nur dunkle Kunde. Wie das untere Asien hat er auch ganz Iran bis an und vielleicht über die Grenze der indischen Stämme seinem Reiche einverleibt; aber eine Kunde von diesen Kämpfen ist uns nicht bewahrt. Die Zeitgenossen Alexander's erfuhren, dass er wie dieser und wie angeblich Königin Semiramis das wüste Gadrosien durchzogen habe; nur sieben Mann seines Heeres hätten die Strapazen überstanden. An der Südgrenze Drangianas wohnt der Stamm der Ariaspen; diese hätten Kyros in seiner Noth freundlich aufgenommen und mit Lebensmitteln versorgt. Desshalb habe er ihnen

Kyros* Kriege im Osten und sein Tod. 607

Äbgabenfreiheit gewährt und sie mit dem Namen »Wohl- thäter« (s&spY^Tat) belegt; Am oberen Jaxartes in Sogdiana, an der fernsten Grenze des Reichs, wird eine Stadt Kyreschata auf ihn zurückgeführt. Seinen letzten Krieg hat er gegen die Nomadenstämme an der Nordgrenze Irans geführt. Herodot nennt die Massageten, Ktesias die Derbiker (nach ihm in der Nähe der Inder sesshaft), Berossos, der zuverlässigste Zeuge (bei Euseb. I, 30, 33), die Daher, d. h. ganz allgemein die turanischen Stämme (§. 424), als seine Gegner. Im Kampfe gegen sie hat er seinen Tod gefunden; wenn Ktesias' Bericht zuverlässig ist, ist er an einer Wunde nach dem Ende des Krieges gestorben (529). Seine Leiche wurde in Pasargadae, dem Stammsitz seines Geschlechts, in dem Grabe, welches er sich hatte herrichten lassen, beigesetzt. Noch jetzt steht die ein- fache Grabkammer, welche sich auf einem massiven, terrassen- förmig ansteigenden Unterbau von Quadern erhebt, im wesent- lichen wohlerhalten. Sie ist umgeben von Säulen und Pfei- lern, die einem anderen Bau oder einem Säulengange angehört haben. Ein Pfeiler trägt das Bild eines bärtigen Mannes in langem ,6 ewahde. Auf dem Haupt trägt derselbe einen Schmuck, welcher der aegyptischen Atefkrone nachgebildet ist ; von seinen Schultern gehen vier Flügel aus; darüber steht in den drei Sprachen der Keilschrift die einfache Inschrift >ich bin König Kyros der Achaemenidec Er ist der Ferwer, das verklärte Bild des Eroberers von Asien.

Xenophon*s Angaben über Kyros' Tod sind werlhlos. Das Grabmal von Murgfiäb s. jetzt bei Stolze, Persepolis U, 127 fT. Seine Identität mit dem von Aristobul untersuchten und genau beschriebenen Grabe des Kyros in Pasargadae [Strabo XV, 3, 7, Arr. VI, 29, 4; die Inschrift, welche Aristobul mittheilt, ist natürlich griechische Erfindung] hätte nie bezweifelt werden sollen. Kyros regiert nach Herodot I, 214 [über Persien] 29 Jahre = 558—530, womit sich Ktesias* 30 Jahre zur Noth vereinigen Hessen (558—529), wenn nicht seine Daten für Kambyses und Darius seine völlige Unzuverlässig!; ei t zeigten.

§. 506. Obwohl wir auch jetzt noch über die Thaten des Kyros nur sehr wenige authentische Nachrichten besitzen, ist

QQQ Sechstes Buch, sechster Abschnitt

seine Persönlichkeit zu allen Zeiten gleicbmässig aufgefasst worden und wird das Urtheil auch durch weitere Funde nicht geändert werden. Der Adel seines Wesens leuchtet uns in gleicher Weise entgegen aus den Berichten der Perser, die er zur Weltherrschaft fährte, der Juden, die er befreite, und der Hellenen, die er unterwarf. Er hat ähnlich wie Caesar den geheimnissvollen Zauber besessen, dem alles sich fugen muss. In dem Edelmut h, mit dem er seine Gegner behan- delte, und der im schärfsten Gegensatz steht zu dem Verfahren der Semiten und der Römer, tritt auch uns noch der Adel seines Charakters entgegen. Den ebenbürtigen Gegner, wenn er besiegt war, zu achten und zu schonen ist allen seinen Nachfolgern Grundsatz geblieben etwas ganz anderes ist natürlich Darius* Verfahren gegen Usurpatoren, die sich eine Stellung anmaassten, die ihnen nicht zukam. Vor allem aber ist Kyros klar und zielbewusst in allem seinem. Thun als Feldherr und als Staatsmann. In wenig Jahren, mit raschen entscheidenden Schlägen hat er drei gewaltige Reiche für immer vernichtet. Seinen Persern gegenüber war und blieb er der Volkskönig, der in üebereinstimmung mit den Edlen des Landes nach gemeinsamer Berathung handelt, und wie ^Omar die Araber, so hat er die Perser in wenig mehr als einem Jahrzehnt aus einem wenig civilisirten Kriegervolk zu Herrschern der Welt gemacht. Es ist zweifellos, dass dabei die religiöse Idee belebend und begeisternd mitgewirkt hat Aber dadurch unterscheiden sich die alten Perser von den Semiten wie von den späteren Parsen, dass sie keine reli- giösen Fanatiker waren. Die Kriege, durch welche das Reich der Iranier begründet wurde, waren nicht zugleich Religions- kriege wie die der Araber und der Sassaniden. Wenn Kyros zvi^eifellos wie Darius ein frommer Mazdajasnier war, so schonte er doch durchweg die religiösen Gefühle seiner Unterthanen. In Babel trat er officiell als Verehrer des Marduk und des Nabu auf, die Juden konnten ihn als Diener Jahwe's be- trachten. Ueberhaupt achtete er überall die einheimischen Institutionen; für die Babylonier war er durchaus der Nach-

Cbarakler und Reich des Kyros. (309

folger ihrer alten Könige, wie früher Sargon rechnete er seine Jahre hier erst von der Uebernahme der babylonischen Königs- krone. Dass die Meder als die nächsten Stammverwandten der Perser sich besonderer Begünstigung zu erfreuen hatten und neben den Persern den Kern der Truppen bildeten, lehren die Inschriften des Darius, der daher durchweg von »Perslen, Medien und den übrigen Provinzen« redet. Auch hat schon Kyros die Meder Mazares und Harpagos an die Spitze eines Heeres gestellt. Die Organisation, die er seinem Reiche gegeben hat, im einzelnen zu verfolgen, ist uns leider versagt. Das Wenige, was sich darüber ermitteln lässt, muss daher der Darstellung der von Darius durchgeführten Reichs- ordnung vorbehalten bleiben; nur dass alle Unterthanen zur Heeresfolge verpflichtet waren (Her. II, 1. III, 1), ist hier schon zu erwähnen.

Kambyses.

§. 507. Nach Kyros' Tod übernahm sein ältester Sohn Kambyses (pers. Kambudschija), den er von seiner Gemahlin Kassandane, der Tochter des Pharnaspes aus achaemenidi- schem Geschlecht (Her. III, 3), gezeugt hatte, die Regierung. Wie zu erwarten war, wandte der neue König seine Waffen gegen Aegypten, den einzigen der grossen Staaten der vorder- asiatischen Culturwelt, welcher den Persern noch nicht ge- horchte. Die Spedition wurde sorgfältig vorbereitet. Dirf. Phoeniker stellten eine Flotte, die cyprischen Fürsten, ebenso Polykrates von Samos traten zu Kambyses über (Her. III, 19. 44). Die Araber der Sinaihalbinsel unterstützten wie zur Zeit Assarhaddon's (§. 390) den Zug, indem sie für Kameele und Wasser sorgten. Die Führung übernahm der aus Ae- gypten flüchtig gewordene Söldnerführer Phanes von Hali- karnass. So trat Kambyses Anfang 525 die Expedition an. Um dieselbe Zeit war Amasis gestorben, sein Sohn Psam- metich III. (Her. ^*a|jL|jL7jvttO(;) zur Regierung gelangt. Das per- sische Heer erreichte ohne Unfall die Grenze Aegyptens. Bei

Meyer, Oeschichte des Alterthnmg. I. 39

610 Sechstes Buch, sechster Abschnitt.

Pelusium kam es zur Schlacht, in der die Aegypter und ihre Söldnertruppen geschlagen wurden. Kambyses rückte gegen Memphis vor und nahm die Stadt nach längerer Belagerung. Damit war das Schicksal des Landes entschieden (Sommer 525). Auch die Libyer und die Griechen Kyrenaika's unterwarfen sich der persischen Oberhoheit. Psammetich IIL selbst fiel in die Hände der Perser. Nach Herodot wurde er, als er eine neue Erhebung plante, hingerichtet, nach Etesias, der ihm den Namen Amyrtaeos gibt, mit 6000 Aegyptern in Susa intemirt.

Ueber die Quellen s. m. Artikel Kambyses bei Ersch und Gruber. Herodot folgt im wesentlichen der aegyptiscben Tradition, die im übrigen mit griechischen Elementen stark durchsetzt ist (vgl. c. 32). Nach ihr ist Kambyses Sohn des Kyros und der Nitetis, der Tochter des Apries, dessen Sturz er somit an Amasis* Geschlecht rächt. Sein Verhängniss ist die Tödtung des Apis; zur Strafe wird er mit Wahnsinn geschlagen, wQthet gegen alle und stirbt an einer Wunde, die er sich an derselben Stelle beigebracht hat, wo er den Apis traf. Die persische Tradition liegt [in verschlechterter Fassung] vor allem bei Ktesias vor; einzelne Erzählungen bei Herodot, namentlich III, 34. 61—66 scheinen ihr auch anzugehören. Hier ist der Wendepunkt der Brudermord, durch den sieb Kambyses den Fluch seines Vaters zuzieht (vgl. Xen. Cyrop. Vin, 7, 6). Aus einer dritten Quelle (Deinon ?) stammt einzelnes bei Justin I, 9, namentlich die Namen. Authentische Nachrichten bietet die Behislan- inschrift. Ob an der Nitetisgeschiebte in ihrer persischen Fassung (Her. III, 1) irgend etwas historisch ist, wissen wir nicht. Für den ge- ringen Werth des Ktesias ist es bezeichnend, dass er Kambyses und seinen Bruder zu Söhnen des Kyros 'und der Amytis, der Tochter des Aslyages, macht.

§. 508. Wie Kyros in Babylon, trat Kambyses in Ae- gypten durchaus als Nachfolger der Pharaonen auf. Dass unter der Beute auch zahlreiche Götterbilder aus Aegypten fortgeführt wurden, ist sehr begreiflich (Dekr. von Kanopos); aber Kambyses nahm die volle Titulatur der Pharaonen an, besuchte die Tempel, brachte der Neit von Sais seine Huldi- gung dar und Hess ihren Tempel reinigen. Dass er dabei die aegyptische Religion, die dem Perser fremdartig und un- würdig erscheinen musste, verspottet habe, ist keineswegs unwahrscheinlich; auch die Tödtung des heiligen Apisstieres,

Kambyses in Aegypten. 611

sei CS im Zom, sei es um seine Göttlichkeit zu prüfen, scheint historisch zu sein. Das Bild, welches die Tradition von dem Charakter des Königs, seiner wilden Weinlaune und seinem jähzornigen aufbrausenden Temperament entwirft, wird wohl übertrieben, aber dem Kerne nach nicht verzeichnet sein, so wenig sich auch die einzelnen Erzählungen controlliren lassen.

lieber Kambyses* Stellung in Aegypten gibt die Inschrift des Usa- horsntent [?] Auskunft : Museo Pio Glementino VII ed. Visconti ; Le Paoe- Remouf RP. X; Brugsch, Gesch. 748. Alles sonstige Material s. bei

WiEDEMANN.

§. 509. Nach der Besiegung Aegyptens musste Kambyses, ähnlich den Zeitgenossen Alexander's, glauben, den Rest der Erde leicht bezwingen zu können. Indessen eine Expedition, die er gegen Karthago plante, scheiterte an der Weigerung der Phoeniker, gegen ihre Landsleute zu Felde zu ziehen. Dagegen sandte er Truppen in die libysche Wüste, welche die grosse Oase unterwarfen, aber bei dem Versuch, durch die Sandwüste gegen das Ammonium vorzudringen, ihren Untergang gefunden haben sollen. Der König selbst zog gegen Aethiopien. So erfolglos, wie die Aegypter behaupteten, ist seine Expedition keinesfalls verlaufen, wenn auch das Heer auf dem Marsch durch die wüsten Landschaften am oberen Nil schwere Verluste erlitten haben mag. Aber die »Aethiopen sudlich von Aegyptenc zahlen unter Darius Tribut und leisten Heeresfolge, und derselbe zählt die Kuschiten (Kusijä) zu seinen Unterthanen. Wenn die Tradition erzählt, Kambyses habe Meroe erobert und nach seiner Schwester benannt, so mag darin ein Nachklang der Thatsache enthalten sein, dass seit der Perserzeit die Residenz des Aethiopenreichs nach Meroe am obereii Nil verlegt ist, während Napata verfiel. Vielleicht ist das letztere sogar von Kambyses zerstört worden.

Kambyses und Meroe: Diod. I, 33. Strabo XVII, 1, 5. Jos. Ant. II, 10, 2. Sonst s. Herod. III, 97. VII, 69; Kajißoooo xajiwtov Strabo XVIf, 1, 54. Plin. VI, 181. Ptol. IV, 7, 16.

§. 510. Bis zum Anfang des Jahres 522 blieb Kambyses in Aegypten. Dann wurde er durch die Nachricht von einer

612 Sechstes Buch, sechster Abschnitt.

Empörung in die Heimath zurückgerufen. Ehe er nach Ae- gypten zog, hatte er seinen jüngeren Bruder Bardija (Smerdis, Ktes. Tanyoxarkes), dem nach Ktesias Kyros die Verwaltung der oberen Provinzen (Baktrien, Chorasmien, Parlhien und Karmanien) übertragen hatte, heimlich umbringen lassen. Ein Magier Gaumata (Justin Cometes), der dem Ermordeten ähn- lich sah, gab sich jetzt für denselben aus und forderte zum Abfall von Kambyses auf. »Alles Volk fiel ihm zu, Persien, Medien und die übrigen Provinzen«; nach Herodot hätte er allen Unterthanen Steuerfreiheit auf drei Jahre gewährt. Am 9. Garmapada (vermuthlich = Ab, Juli) ergriff er die Herr- schaft. Kambyses brach auf, um sein Reich wieder zu ge- winnen. Aber als er nach der syrischen Stadt Egbatana (vermuthlich Hamät) gekommen war, fand er durch eine Wunde, die er sich selbst beigebracht hatte, seinen Tod (Sommer 522). Nach den Berichten der Schriftsteller war es kein Selbstmord, sondern eine zufallige Verwundung; die Worte der Behistaninschrift »er fand durch eigene Hand den Tod« zwingen nicht, diese Angabe zu verwerfen. Vor seinem Tode, so erzählt Herodot, bekannte er die Ermordung seines Bruders und forderte die anwesenden Magnaten auf, den Be- trüger zu entlarven und die Herrschaft den Achaemeniden zu bewahren.

Kambyses regierte nach Her. III, 66: 7 Jahre 5 Monate, d. h. bis zum 5. Monat seines 7. Jahres. Ghronographisch wird ihm dasselbe aber für voll angerechnet, da man die Regierung des Magiers nicht officiell anerkannte, wie zum Ueberfluss Herodot III, 67 selbst sagt: der Magier regierte |i.rjva; iizzä xob^ iKiXoiKOO(; KajxßüOTu ^^ "^^ ixim eis« r/j': ;:Xt,- pwsEiuc. Daher geben ihm der ptol. Kanon und Berossos (Euseb, I, 29, 34) 8 Jahre und übergehen den Magier ganz. Natürlich ist aber daraus nicht mit Herodot zu folgern, dass Gaumata im 8. Monat seiner Regie- rung gestürzt wurde.

D a r i u s.

§. 511. Mit dem Tode des Kambyses schien die Herr- schaft den Achaemeniden verloren, der Thron des Usurpators

Die Usurpation des Gaumäta. Darius wird König. 613

fest begründet zu sein. >Nieraand,< sagt Darius, »unter den Persern und unter den Medern, selbst Niemand aus unserer Familie, wagte es sich gegen ihn zu erheben;« denen, die um die Ermordung des Bardija wussten , schloss die Furcht den Mund. Die Sage erzählt freilich, dass einer der Mörder (Prexaspes bei Herodot, Ixabates bei Ktesias) offen vor allem Kriegsvolk sich zu seiner That bekannt habe und dann sei es sich selbst getödtet habe, sei es hingerichtet worden sei; ob daran etwas historisch ist, wissen wir nicht. Auch der nächste Erbe des Thrones nach dem kinderlosen Tode des Kambyses, Hystaspes (Vistäspa), ein Urenkel des Königs Teispes (§. 466), der Parthien als Satrap verwaltete, scheint nicht gewagt zu haben, sein Erbe in Anspruch zu nehmen. Kühneren Sinnes war sein Sohn Darius (Därajavau(s), IJfim). Mit sechs edlen Persern verbündet, drang er am 10. Bäga- jädi 521 leider wissen wir nicht, welchem unserer Monate dies Datum entspricht in die Burg Sikajauvati in Medien ein, in der der Usurpator sich aufhielt, und erschlug ihn sammt seinen Anhängern. Kraft des Erbrechts war damit, da sein Vater zurückgetreten war, auch die Krone sein. Der Tag der Tödtung des Magiers ([laYo^ovta) wurde von den Persern noch lange festlich gefeiert; nur durch ein Missverständniss hat Herodot daraus eine Erschlagung der Magier gemacht und den Schein hervorgerufen, als habe es sich um eine Er- hebung des persischen Volkes gegen den Priesterstand ge- handelt.

Dass fQr diese und die folgenden Ereignisse ausschliesslich die An- gaben des Darius zu verwerthen sind, bedarf kaum der Erwähnung. Herodot*s Liste der »sieben Perser« ist im wesentlichen correct, be Ktesias sind die SObne an die Stelle der Väter getreten. Worin die Ge- waltthaten des Gaumäta, speciell die gegen die Tempel, von demen Darius I, 14 redet, bestanden haben, wissen wir nicht.

§. 512. Der zweimalige gewaltsame Thronwechsel brachte dem Reiche die ärgste Erschütterung. Es gährte in allen Provinzen. Zunächst empörte sich Elam unter Atrina, dann Babylonien unter Nidintubel, der sich für Nebukadnezar IIL,

614 Sechstes Buch; sechster Ahschnitt.

einen Sohn des Naboned, ausgab. Atrina wurde durch ein persisches Heer rasch besiegt, gegen Babylon zog Darius selbst Die Vorbereitungen zum Kampf mochten mehrere Monate in Anspruch nehmen; am 26. Atrijädija (December 521) kam es dann am Tigris zur Schlacht, bald darauf am Eupbrat zu einer zweiten. Beide Male siegte Darius. Nebukadnezar flüchtete nach Babel, aber die Stadt leistete ebenso wenig Widerstand wie zur Zeit des Kyros. Etwa Ende Februar 520 war der Aufstand bewältigt. Nebukadnezar III. wurde wie Atrina hin- gerichtet. Inzwischen verbreitete sich der Aufruhr durch das ganze Reich. Zwar ein neuer Aufstand in Elam wurde von der Bevölkerung selbst leicht bewältigt; aber in Medien hatte sich ein gewisser Phraortes für Khsathrita, einen Nachkommen des Kyaxares, ausgegeben und ganz Medien für sich gewonnen. Auch die Parther unfl Hyrkanier schlössen sich ihm an, Hystaspes, des Königs Vater, war mit denen, die ihm treu blieben, nicht im Stande, die Empörung zu unterdrücken (Beh. II, 16). Auch die Armenier erhoben sich, bis nach Assyrien hin (II, 2. 10) schloss sich das Land ihnen an. Die Sattagyden und Saken machten sich unabhängig, bei den Sagartiern trat Tsitrantakhma als Nachkomme des Kyaxares auf, in der Oase Margiane machte sich Fräda zum König. Verhängnissvoller noch war, dass in Perslen ein neuer falscher Bardija, Vahjazdäta mit Namen, auftrat. Alles Volk fiel ihm zu, er wurde König von Persien und konnte Truppen nach Arachosien schicken, um diese Provinz dem Darius zu entreissen.

Von dem Aufstand der Meder unter Darius weiss Herodot I, 130. Sonst kennt er nur die Empörung Babylons, über die sein Bericht ganz siigenhaft ist. Ktesias ist hier ganz werlhlos. Die Chronologie der Behistaninschrift ist vielfach, namentlich von Opfert (zuletzt in Le peuple el la Jangue des M^des), behandelt, dessen Ansätzen ich nicht beistimmen kann. Weit richtiger sind Duncker's Ansätze, nur dass er sich durch Herodot zur Annahme einer langen Belagerung Babylons hat verführen lassen, von der die Behistaninschrift nichts weiss. Dass die Aufstände während des Kriegs gegen Nebukadnezar III. ausbrachen, sagt Darius II, 2; im folgenden werden sie dann einzeln aufgezählt. Daraus ergibt sich, dass die Absendung des Hydarnes (II, 6), DädarSi (II, 7) und Vomises

Die Aufstände gegen Darius. (515

(H» 10) in die Zeit des babylonischen Aufstandes, d. b. Ende 521, f&Ilt; im FrQhjahr 520 zieht dann Darius selbst nach Medien (II, 12) und schickt gleichzeitig ([II, 6) ein Heer gegen Persien. Dann folgt weiter, dass die Besiegung des medischen und des persischen Aufstandes 520, die zweite Besiegung Babylons 519 anzusetzen ist. Dazu stimmt, dass wir datirte Tafeln aus dem Antritts- oder ersten Jahr Nebukadnezar's III. vom Elul bis Kislew, d. i. September bis December 521, aus dem ersten Jahr des Darius vom 14. Adar (Pebr./März 520) besitzen.

§. 513. Für die schwere Krisis, welche über das Reich des Kyros hereingebrochen war, ist es charakteristisch, dass sie sich, abgesehen von Babylon, fast ausschliesslich auf die herr- schenden Stämme, die Iranier, beschränkt. In Kleinasien machte allerdings der Satrap von Sardes, Oroetes, der um dieselbe Zeit den Polykrates von Samos zu sich gelockt und hingerichtet hatte, Miene, sich unabhängig zu machen und räumte den Statt- halter von Daskylion, Mitrobates, aus dem Wege (Her. III. 126). Aber von den ünterthanen in Kleinasicn und Syrien dachte Niemand daran, die Unabhängigkeit wiederzugewinnen. Da- gegen in Iran und ebenso in dem stammverwandten Arme- nien regte sich überall der Trieb nach Selbständigkeit, nach Wiederherstellung der alten Verhältnisse. Nur Baktrien unter dem Satrapen Dädarsi und Arachosien unter Viväna blieben treu. Die Krisis war um so gefahrlicher, da der herrschende Stamm selbst durch das Auftreten des zweiten falschen Bardija gespalten war. Darius hatte auf seiner Seite nichts als das Legitimitätsprinzip und sein, wie er selbst angibt, kleines aus Persern und Medern bestehendes Heer, mit dem er nach Ba- bylonien gezogen war (II, 6). Indessen er zeigte sich der Situation gewachsen. Während er selbst in Babylonien blieb, um den Krieg gegen Nebukadnezar zu Ende zu führen, ent- sandte er Ende 521 drei Heeresabtheilungen nach Norden gegen Medien und Armenien. Hydarnes (pers. Vidarna) schlug die Meder im Januar (6. Anämaka) 520 zurück, der Armenier Dädarsi drang, offenbar von Osten her, in Armenien ein und siegte am 6. und 18. Thuravähara (Mai) und nochmals am 9. Thäigartsi (October?). Eine dritte Abtheilung unter Vo- mises (Vaumisa) rückte von Süden aus den Tigris hinauf

aiQ Sechstes Buch, sechster Abschnitt«

gegen Armenien vor und schlug die Aufständischen zunächst in Assyrien (15. Anämaka, Januar 520), dann in Armenien selbst (30. Thuravähara, Mai) zurück.

§. 514. Im Frühjahr 520 hatte Darius die Unterwerfung Ba- byloniens vollendet und vermuthlich inzwischen seine Truppen nach Kräften verstärkt. Er konnte zum Entscheidungskampf aus- rücken. Nach Persien sandte er den Artavardlja namentlich mit medischen Truppen, er selbst zog mit seinen Persern gegen die Meder. Am 2G. Adukani (Hochsommer 520) wurde der Prätendent Fhraortes geschlagen , und bald darauf in Ragae gefangen, in Ekbatana hingerichtet. Das gleiche Schicksal erlitt der falsche Bardija, der in zwei Schlachten, am 12. Thuravähara (Mai 520) und am 6. Garmapada (Hochsommer) besiegt und gefangen wurde. Jetzt waren die übrigen Aufstände leicht bewältigt. Von Ragae aus schickte Darius seinem Vater Hülfstruppen gegen die Parther; der Sagartier Tsitrantakhma wurde von Takhmaspäda gefangen und in Arbela hingerichtet, Margiana von dem baktrischen Satrapen wiederunterworfen, die vom falschen Bardija nach Arachosien geschickten Truppen mehr- fach besiegt und vernichtet, hizwischen war in Babylonien noch einmal ein Prätendent, der Armenier Aracha, als Kebu- kadnezar III. aufgetreten und hatte alles Volk gewonnen. In- dessen auch dieser Aufstand wurde, vermuthlich im Jahre 519, von VindafrA niedergeworfen, Babylon zum zweiten Male er- obert und der falsche Nebukadnezar hingerichtet. Um die- selbe Zeit etwa wurde der Satrap Oroeles auf Befehl des Königs durch Bagaeos aus dem Wege geräumt. Das ganze Reich war wieder unterworfen.

In die Zeit des zweiten babylonischen Aufstandes gebort wahr- scheinlich die Urkunde aus dem 11. Jahr des Kanibyses = 519 v. Chr.

(§. 504).

§. 515. Seit dem Ende des Jahres 519 ist die Welt- herrschaft der Perser von allen Völkern vom Nil bis zum Jaxartcs, vom Hellcspont bis zum Indus definitiv anerkannt und nicht wieder bestritten worden; denn dass die Susianer sich in der Folgezeit noch einmal, zum dritten Male, empörten

Bewältigung der Aufstände. 617

und von Gobryas besiegt werden musslen (Beb. V), hat keine grössere historische Bedeutung. Im Centrum seines Reichs^ da wo die Hauptslrasse von Babylonien nach Egbalana durch das Zagrosgebirge führt, am oberen Laufe des Choaspes, liess Darius hoch über der Strasse die Felswand des Berges Ba- gistäna (Behistan) glätten und eine gewaltige Inschrift in per- sischer, susischer und babylonischer Sprache anbringen, welche allen Unterthanen und der fernsten Zukunft verkünden sollte, wie er die Herrschaft gewonnen und das Reich wieder unter* worfen habe. Darüber ist er selbst dargestellt, wie er dem Gaumäta den Fuss auf den Leib setzt; die gefangenen Usur- patoren stehen gefesselt vor ihm. Oben schwebt Ahuramazda, in dessen Namen er ausgezogen ist, der ihm den Sieg ver- liehen hat; sein Bild ist dem des assyrischen Nationalgottes nachgebildet (§. 201). Darius war der würdige Nachfolger des grossen Reichsgründers. Wenn dieser in kürzester Zeil das Perserreich schuf, so hat Darius es in der schwersten Krise neu gewonnen. Seine Persönlichkeit tritt uns am klar- sten in der schlichten, rein sachlichen Erzählung entgegen^ in der er von seinen Thaten Kunde gibt, in einer Sprache,, der man es anmerkt, dass sie erst im BegriflFe ist, eine Literatursprache zu werden, dass sie vielfach mit dem Aus- druck zu ringen hat, in der edlen und einfachen Art, wie er seiner Genossen bei der Erhebung gegen den Magier gedenkt. Mit dem Siege war indessen seine Aufgabe nicht erfüllt; und in erster Linie ist er der grosse Organisator, der das Werk des Kyros auch hier aufgenommen und vollendet hat. Hier seinem Wirken zu folgen, ist zunächst nicht mehr unsere Auf- gabe. Darius steht an der Wende zweier Zeitalter; wie er die Ent Wickelung des alten Orients abschliesst, gibt er der Folgezeit ihre Gestaltung. Am Abend seines Lebens bezeichnet die Schlacht bei Marathon den Beginn einer neuen Epoche in der Entwickelungsgeschichte der Mittelmeerwelt.

Zum BaYbxavov opoc» dessen Sculpturen und Inschriften die Spä- teren auf Semiramis zurückfahren, s. Diod. U, 13 (aus Klitarch). XVII, 110. Sleph. Byz. s. v. Isid. Char. 5 (verschrieben B(i«xava).

61g Sechstes Buch, sechster Abschnitt

S c h I U 8 8.

§. 516. Mit der Aufrichtung des Perserreichs schliesst die erste grosse Epoche der Geschichte des Orients ab. Die zweite läuft von hier bis zum Islam und zur Begrundimg des arabischen Reichs. Wenn die frühere Geschichtsauffassung von der Ansicht -beherrscht war, der Orient sei von Ewigkeit her die Heimath grosser Weltreiche, seine Geschichte bestehe nur in der monotonen und wenig interessanten Folge von Gründung, Verfall und Untergang erobernder Staaten, so ist es uns, so lückenhaft auch unsere Kenntnisse durchweg sind, doch überall möglich gewesen, zu den Zeiten selbständigen nationalen Lebens vorzudringen, die Eigenart der Völker, den Verlauf ihrer Entwickelungsgeschichte in bestimmten und un- zweideutigen Zügen zu erfassen und zu erkennen, wie das Entstehen und vor allem das Bestehen eines erobernden Welt- reichs überhaupt möglich geworden ist. Dasselbe ist nicht, wie die Fabeln von Sesostris und Semiramis wähnen, der Anfang, sondern das letzte Ende der Entwickelung, genau so wie am Abschluss der Geschichte der alten abendländischen Welt das römische Weltreich steht. So verschieden im einzelnen die Gestaltung und die Geschichte der beiden Staaten, des persischen und des römischen, ist, darin stimmen beide überein, dass sie auf den Trümmern eines abgestorbenen nationalen Lebens sich erheben, dass in ihnen die verschie- densten Culturen zu einer Einheit zusammenströmen, dass die Nationalität des herrschenden Volkes wohl noch eine Rolle, aber keineswegs die allein maassgebende Rolle spielt. Zum Theil sind die Nationen des Orients in sich selbst zu Grunde ge- gangen ; einen solchen Verwitterungsprocess konnten wir nament- lich in Aegypten verfolgen. Die Entscheidung aber ist durch die Assyrer herbeigeführt worden. Seitdem greift der Denationali- sirungsprocess immer weiter um sich; die grossen Wanderungen tragen zu seiner Förderung wesentlich bei. Die Erbschaft der Assyrer ist dann den Persern zugefallen; sie haben das ganze Gebiet der iranischen Stämme in den Bereich der vorderasiati-

Schluss.

619

sehen Culturwelt eingeführt. Seit den Siegen des Darius ist, von Aegypten abgesehen, von nationalen Erhebungen nur noch ganz vereinzelt die Rede; all die zahlreichen Kämpfe der Perserzeit sind Ergebnisse einer rein persönlichen Politik, die niemals den Appell an das Volksthum erhoben hat.

Für das Leben der Völker aber ist das Ergebniss, dass wenn früher Nationalität, Politik und Religion eng und un- trennbar verbunden waren, sie jetzt völlig auseinander fallen und ihre eigenen Wege gehen. Das Staatsleben löst sich los vom Volksthum, die Politik verfolgt rein individuelle Ziele. Ein nationales Eigenleben herrscht fast nur noch in unzugänglichen Wüsten und Gebirgsthälern , wo es zusammenfallt mit Un- cultur. Nur die Iranier, wie sie die Sieger waren in dem Kampf um die Weltherrschaft, haben auch ihre Eigenart wenigstens zum Theil bewahrt. Aber die Culturverhältnisse und die Lebensanschauungen sind die gleichen im ganzen Vorderasien. Die Religion endlich geht ihren Gang ganz für sich. Der Ausdruck und der Träger des Volksthums in dem Sinne, wie sie es früher gewesen, ist sie nicht mehr; aber sie ist an dessen Stelle getreten. Sie vermag es denn auch allein noch, die Massen in Bewegung zu bringen, treibend und belebend zu wirken. Daher liegt die weitere Entwickelungs- geschichte des Orients, soweit sie spontaner Natur ist, fast ausschliesslich auf religiösem Gebiete.

Index.

Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen; A. Anmerkung. Fl. Flnsa. G. Gottheit. E. König. L. Land. St. Stadt. Y. Volk.

A.

Aa, L., 341 A. Sßij.

Aad, Name der Hyksos, 108 A.

A'ah, aeg. Mondgott, 58.

A'ahhotep 213.

A'atmes I., K., 40. 41. 213. 214. 215. 217 A. 229 A. 408.

A'ahmes II. 500 s. Amaais.

A'ahmes, Sohn des Paar, 213.

A'ahmcH, Sohn des Binpu, 213.

A'ahmes Pennucheb 214 A. 217 A.

A'ahmes, Schiffshauptmann, 214. In- schrift des 108 A. 214. A.^

A'alimes nefertari, Gemahlin A'ah- mes' L, 213 A. 215 A.

Ab. aeg. K., 88. 90 A.

Abdastartos, K. von Tyros, 280. 325 A.

Abdera, St. in Spanien, 281.

^Abdimilküt, K. von Sidon, 383. 389.

'Abdu 57, s. Abydos.

Abel, Abel Bet-Maka, hebr. Stadt, 300. 300. 321.

Abessynien 43. 222.

Abibaal, K. von Tyros, 280.

Abi'ezer, hel>r. Geschlecht, 294.

Abijam, K. von .Inda, 321. 325 A.

Abijate', Scheich der Qedreer, 457 A. 400.

Abil-sin, K. von Babylon, 139.

Abimelek, hebr. K., 107. 294. 331.

Abiner (Abner) 297. 299.

Abnu-ra, ae^f. K., 107 A.

Abraham 130. 104. 178. 309. 310. 301.

Abrondas 453.

Absalom 306.

Abu Roäs, Pyramiden von 49.

Abusimbel, Tempel von 235. 242.

261. 468. Abusir 64. Abydenos 123. Abydos, Stadt in Troas, 193. 45.^;

in Aegypten 37. 48. 59. 60. 62 A.

69. 78. 82. 85 A. 86. 94. 97 A.

100. 100. 107. 116. 242. 318.

Königstafel von 37. 79. 88 A.

90. 105. 192 A. Achab, K. von Israel, 286. .321 A.

323. 324. 325. 328. 336. 354. 300.

301. Achaeer 260. Achaemenes 400. Achaemeniden 400. 485. 505. 507.

510. 511. -zeit 416. 417 A.

418. 424. 438. 447 A. 449. In- schriften der 248. 414. Acharri, L., 272. 341. Achaz, K. von Juda, 357 A. 3(U.

309. 382. 472. Achazjahu, K.» von Israel, 324; K.

von Jiida 325. 325 A. 329. Achija 308 A.

Achseri, K. der Mannaeer. 393. Achthoes, aeg. K., 89. Achuni, K. von Bet-Adin, :]Si. 3^30. Adana, St.. 240 A. Adarmalik. Sohn Sanherib's, 387. Adamielek, bab. G., 147. Adasi, as8. K., 182. 272 A.

Index.

621

Adem (Edom) 180, s. Aduma.

'Aden, St., 246 A.

Adin, bab. K., 339.

Äditja, ind. G., 429. 441.

Adonia .307.

Adoniba'al, syr. Fürst, 336 A.

Adonis, Gott, 208. 257. Adonis, FL,

208. Adramytion, St., 193. 488. Adrastea, G.,.253. Adrastos 257. Aduma (Edom) 237. Aegaeisches Meer 252. 255. 259.

279. Anwohner des 332.

von den Phoenikem befahren

194. Aegypten, Aegypter passim. Aegyptos 264. Aeolische Städte 488. Aethiopen, Aethiopien 12. 43. 172 A.

320. 350. 351. 352. 353. 390. 467.

468. 495. 509. Afghanen 436. Africanus, Julius, 30. Afrika's ümschiffong 411. 469. Agade, St., 129. 133. 377, vgl. Akkad. Agag, K. der *Amaleqiter, 296. Agbatana 461, s. Egbatana. Agenor 192 A. Agukakrime, bab. K., 138. 140 A.

141. 272 A. Aharon 289. 359. 361. 477 A. Ahi, aeg. G., 55. Ahriman 442 ff. 451. Ahtes, aeg. K., 79 A. Ahura 441. 446. Ahuramazda 201. 415. 447. 441 ff.

485. 502. 515. Ai, aeg. K., 107 A. Ai, Priester, spater König, 228.

229 A. 230. AtYaicxot; 42 A. Al^oicse; 43. Aila, Ailat, St., 286. 300. 355.

369. Airarat 247, s. Alarodier. Akauhor, aeg. K., 79 A. Akeret, L., 232. Akls, K. von Gat, 298. Akises, K. von Babyton, 381. Akkad = Agade, Akkadier 129 ff.

146 A. 271. 272. 274. 339. 365.

371. 375 A. 377. 381, 457. Akki, der Fährmann, 133.

'Akko, St., 190. 284. 290. 357. 383. 460.

Aku. bab. Mondgott, 145.

Akzib, St., 190. 290. 357.

Alarodier 247. 248. 338. 342. 365. 465, vgl. ürar»u.

Albaner 246.

Aleppo 170. 184, s. Chaleb.

Alexander 186. 285. 386. 415. 481. 493. 505. 509.

Alexander Polyhistor 123

Alexandriner, Jahr der 34.

Alkaeos 493.

Alkmaeon 488 A.

Alkmaeoniden 488.

Allah 173 A.

AUat, bab. Göttin, 146. 151. arab. Göttin, 174 A., vgl. Hat.

Alman, L., 141.

Alphabet, aegyptisches 28. alt- aramaeisches 197 A. altgrie- chisches 197 A. gemeingrie- chisches 279 A. sidonisches 197.

Altaqü, St., 384.

Alyattes, K. von Lydien, 257. 413. 486. 487. 488. 489.

Alzi, L., 265. 272. 342.

Amada, L., 338, vgl. Medien.

'Amaleq, *Amaleqiter 176 A. 288. 289. 293. 296 A. 298. 300.

Amanos, Gb., 170. 287. 335. 336 A. 337. 342. 346. 367. Grenze der aegyptischen Macht, 220. 246.

Amarder, V., 242.

Amasis, K. von Aeg., 411. 469. 497. 500, 502. 507.

'Ama^a, K. von Juda, 355. 357 A.

Priester 362. Amat 287 A., s. ^amät. Amathus 191. 279.

Amazonen 253 A. 256 A. 452 A.

455 A. amchu 62. Amenemapt, Prinz von Ku§, 229 A.

K. von Aeg., 315. Amenemha*t I. 41. 90. 97 ff. 105.

n. 99. 101 A. m. 99. 100. 101 A. IV. 101.

Amenemheb, Grabschrift des

180 A.* 220 A. Amenerdas, ae^. K., 353. 467. Amenerma', Priester, 269. Amenhotep^ Baumeister, Sohn des

yapu, 225.

622

Index.

Amenhotep I. 229 A. II. 222.

224. 229 A. lU. 110 A. 191.

225. 229 A. 240. 242. 276. 350.

IV. 227 ff. Amenhotep, Oberpriester, 269. Ameni*, aeg. K., 89. 95 A. 99. Ameni, Nomarch, 97.

Ameni- Antef-Anienemha*t, aeg. K.,

105. Amenisenib 107 A. Amenmesses, aeg. E., 261. Amenren-f, Gott. 994 A. Amennid, aeg. K.', 320 A. 382 A.,

vgl. Rudamon. Amensefas 94 A. AmertJatät, iran. G., 441. AmeFa spenta, iran. G., 441. 447. Amid, Amida, St., 276. 340. 344. 397A. Amilmarduk, bab. K., 498. Ammas, G., 253. 'Ammon, 'Animoniter 205. 288. 293.

296 A. 300. 307. 331. 336. 355.

476. 495. Ammonium 509.

Ammuladin, Qedreerscheich, 458. Amon, K. von Juda, 472. Amon, Gott, 58. 69. 94. 105. 115.

194. 216. 219. 223. 226 ff. 240.

242. 263. 267. 268. 269. 315. 316.

318. 320. 328. 350. wird zum

Kriegsgott 212. -Ra' 92. 94.

Amonyhymnus von Bulaq 113 A.

Amonstempel von Eamak 216.

225. 242. von Luqsor 225.

von Medinet Habu 267. von SolOb 225.

Amoriter, Land Amur, 176. 179.

180. 233. 235 ff. 263. 360. 361.

474. 476. 'Arnos, Prophet, 179. 355. 358. 361.

362. 368. 473. Amphiaraosorakel 502. Amris, K. von Tabal, 374. 375. 'Amu = Syrer 87. 89. 98. 180. 183.

198. 216. Amu-Kahak, libyscher Stamm, 215. Amyitis 481. Amyrgische Saken 424. Amyrtaeos 507. Aniytis 507 A. \\n, L., 43. 241. An, aog. K.. 78. Ana, aeg. K., 107 A. 'Anab, aeg. K. 107 A.

Anähita, Anaitis, G., 417. 439. 450.

451. 463. Anakyndaraxes 386, 'Anamelek, bab. G., 147. 'Anaqiten 179 A. Anariaken, V., 422. 'Anat, syr. G., 109. 205. 470. Anai, bab. G., 146 A. 149. Anat, St., 333. 'Anatot, St., 310 A. 474. Anaugas, St., 219. 221. 'Anches en Amon 229. 'Anches en pa aten 229. Anchiale, St., 386. Andromeda 266 A. AngramaivJu 442 ff., s. Ahriman. Ankyra 256. Annas, L., 232.

Ansan, L., 129. 396 A. 466. 501 A. Antaeopolitischer Gau 98. Antandros, St., 252. 453. Antef I. 90. II. 90. HI. 90.

IV. 95 V. 'a I. 95. VI. 95. —VII. 'an. 96. Vni.96.

JX. 'a ni. 96. AntefsHaus, Lied aus 83 A. 102 A. Antilibanon 170. 176. Antimenidas 493.

'Ann, aeg. K., 90 A.

Anu (Heliopolis) 69. 93. 114 A. 226.

Ann, bab. G., 139. 145. 147. 149.

150. 181 f. Anubis 62. 63. 82. 83. Oberpriester

des 107. Anunit. bab. G., 130. 133. 141. 146 A. Anunnaki, bab. G., 144. 'Anuqat, aeg. G., 69. 240. Anzan, L., 396. 466, s. An«an. Apa anchu, Aegypter, 82 A. Apappus, aeg. K., 88. Apachnan, Hyksosk., 112 A. 'Apep, Schlange, 55. Apepi, Hyksosk.. 30. 1 lOA. 1 1 2 A. 213. Apet, aeg. G., 60. Apheq, Schlacht bei 323. 324. Aphrodite 192 A. 208. 253. 464. Apirak. bab. St., 133. Apis 60. 243. 320. :^2. 507 A. 508. Apisgrüfte 243. Apollinopolis 55. Apollo 503 A. Apri, FL, 287. Apries, aeg. K., 469. 495. 496. 497.

500. 507 A.

Index.

623

^Apuriu, V., 241.

Aqaiwaia, V., 260.

'Aqqaron (Ekron), St., 266. 354 A.

377. 382. 384. Aqsu od. Aqebsu, L., 232. Arabien, Araber 70. 96. 109. 170 ff.

176. 262. 355. 375. 378. 389. 390.

403. 457 ff. 472. 493. 506. 507.

in Babylonien 131 f. 140. 381. Aracha (Nebukadnezar II.) 514. Arachosien, L., 433. 512. 513. 514. Arachtu, Canal, 385. 'Arad. St., 289 A. Aradus 178. 190. 220. 232. 263. 274.

284. 336. 357. 370. 377. 393. Aramaeer 131. 132. 172 A. 176. 178.

190. 205. 207. 272. 274. 275. 287.

:340. 365. 367. 376. 381. 385. 388.

401. 457. Arami, syr. K., 336 A. 338. Ararat 247, s. ürartu, Alarodier. Araxes, FL, 244. 247. 342. Arbail 181, 8. Arbela. Arban, Reich und Monumente von

276. 278 Arbela 181*. 277. 340. 344. 514. Archilochos 455 A. Archles, Hyksosk., 112 A. Ardastr I., Sassanide, 415. Ardvisüra 450, s. Anaitis. Ardys-L, 1yd. K., 413. II. 455. 486. Aresa, L., 263. Argistis I., E. von Armenien, 342.

343. II. 374. 375. 397. Argo, Insel, 106. Argos 406. 489 A. 'Aptdxat 424 A. Ariaspen 505. Arier 417. 423—437. 449. Arier, V., 436. Arimaspen 424 A. Arimi (Aramaeerstämme Mesopota- miens) 333. ''Apt^jLot 176 A. Aristobul 493. 505 A. Arjana, L., 435. 436. Arjanam Vaidschö, L., 436 A. Annati, G., 441. Armavir, St., 342. Armenien, Armenier, 120. 247. 248. 250. 274. 340 ff. 366. 367. 374. 375. 386. 387. 397. 423. 449. 451. 452. 400. 465. 484. 493. 512 ff. Amon, Fl., 300. 322. 324.

Arpad, St., 341. 342. 367. 373. 377.

475 A. 'Arqa, St., 357. 367. Arrapcha, L., 343. 344. 381. Arrech, L., 220 A. Arsanias, Fl., 338. 342. Arsakiden 415 ff. 447 A. 451. Arsu, aeg. Usurpator, 261. Artaphrenes 412 A. Artavardija, pers. Feldherr, 514. Artaxerxes I. 412. II. 412. 417.

450 A. 451. Artaxias 248.

Artemis von Ephesus 253. 455. Aruna, V., 232. Aryenis 486. Asa, K. von Juda, 310. 321. 323.

325 A. A?a, iran. G., 441. Asar 57, s. Osiris. Ascher 290. 291. 310 A. Aldöd 266. 354 A. 375. 377. 460.

468. Asebi (Cypem) 180. 191 A. 194.

220. As^ra, Aseren 205. 309. 310 A. 474.

476. Aieru, Tempel der Mut in 225. Askalos 256. Askanios, Askanier 251. Asnunnak, L., 141. 'AaTCaGidxat 424 A. Aspendos, St., 406. Asqalon 236. 266. 284. 354 A. 370.

377. 382. 384. 464. Assa, aeg. K., 78. 81. Assarhaddon 377 A. 380. 381. 385 A.

387 ff. 393. 395. 402. 406 A. 408.

453. 462. 463. 472. 490. 493. 507. Asseth, Hyksosk., 12 A. As^ur, Gott, 181. 182. 201. 310 A.

394. Stadt 182. 277. 340. 343.

345. 354. 377. 395. 481. Assurbä-nipal 135. 154. 157. 375.

377 A. 382 A. 390 A. 391 ff. 397.

402. 408. 454 ff. 466. 467. 472.

480. 490. 493. BibUothek des

121 A. 394. A^urbelkala, ass. K., 272 A. 275. AS§urbehiiseiu, K., 271. 272 A. Aäsurdän I., K., 272. II. 333.

343 A. m. 342. 343. Ai^urdürusur, K., 457 A. A§§uredü(?)imni, K., 480.

«24

Index.

As&urnädinache, K., 338 A. 343 A. Asiumadin&um, K., 385. Assuraarara, K., 272 A. 275 A. AssurnäJ^irpal, K., 273 A. 276. 323.

333 ff. 339. 340. :M3 A. 344. 345.

348. 357. 394. 397. 401 A. Assurniräri, K., 343. Assurrab . . ., K., 272 A. 275. A§^urri?i?i, K., 272. 273. 274 A. A§&uruballit, K., 271. 272. 277. Assyrer, Assyrien passim. 'Aptarot-Qarnaim, St., 310 A. Astarte 146 A. 174. 192 A. 200.

201. 205 ff. 286. 310. 361. 470. Astartos, K. von Tyros, 325 A. Astharymos, K. von Tyros, 325 A. *Astor, 0,, 205. 'AHor-Kamos 205.

310. 324. *Astoret 174 A., s. Astarte. Astrologie, bab. Werk über 133.

148 A. 152. 156. Astyages 463. 481 A. 486. 501. 502.

503. Astyra, St., 192 A.^ 193. Asura, ind. G., 442. Atabyrios, Berg, 191. *Atalja, jüd. Königin, 323. 325 A.

329. 354. 357 A. Atargatis, G., 205. 207. 208. 266. "Aiaröt, Ort, 322 A. 324. 'Ate, syr. G., 205. 208. 257. Atefkrone 505.

Athravan, ätharvan 432. 439 A. 440. Athen 193 A. 488. Athene 174 A. 193. 488. Athotis. aeg. K.. 48 A. 74. Athribis, St., 320. 'Athtär, himjar. G.. 174. 186. Ati, aeg. K., 86. 90 A. Atlila, St., 334. Atrina, Klymaeer, 512. Atropatcne 439 A. Attes, kleinasiatischer Gott, 257. Atu, Schreiber 111. Aturia, L.. 270.

Atyaden, 1yd. Dynastie, 400 A. 413. Atys 257. 400 A. Auaris, St., 110 A. 214. Aubnura, Elfenbeinplatte des

201 A. Aufna, aeg. K., 106 A. Augert 62.

Aupuat, aeg. Prinz, 318. 320. Au?ar (Assur) 181 A.

Auszug der Israeliten aus Aegypten

164. 228. Autu . . ra', aeg. K., 106 A. 'Auwiten, V., 179 A. 266. Auza, Auzea 286. Avesta 415 ff. 424 ff. 433. 439 A,

440, 447. 448. 451. 'Awwa, St., 378. Axerdis, Assyrer, 387 A. Aza, Mannaeerk. 374. *Azaija, K..von Juda, 355. 357. 367 A.

368 f. 369. Azhi Dahftka 439 A. 447. *Aziba'al, K. von Arados, 393. Azuri, K. von Asdod 375.

B.

Ba (aeg. Seele) 61. 82. 83 A. 85. Ba'al, Gott, 111. 174. 175. 191. 193.

205. 206. 207. 258. 310. 311. 313.

328. 329. 361. 472. Ba'al Brit

289. 294. Ba'alzebüb 262. Ba'al

Gat, St., 300 A. Baal Me'on.

St. 322 A. Ba*ai! K. von Tyros, 390. 393. Ba'alat, G., 174. 201. 205. 207, Baal'azor, K. von Tyros, 325 A. Baalbazer, K. von Tyros, 325 A. Ba' almer . . ., K. von Tyros, 237. Baba, Aegypter, 214. Babbar, bab. Sonnengott, 130. Uö. Babel, Babylon, Babylonier passini. Bagaioa, G., 254. ein Perser .514. Bagdatti, K. vonMildi^, 374. 422 A. Bagistana 515, s. Behistan. Bairest, G., 58 A. Bait 'Anat, St., 236. Bot'.TüX'.a 205 A. Baktrien, Baktrer 436. 4:38. 4^9.

444. 484. 501. 513 f. Balawat, Ruinen von 345. Bambyke, St., 208. 266. Banuteru, aeg. K., 61 A. Bardija (Smerdis) 510. 511. 512. 513. Barene, Ort, 503. Bargylia, St., 405. Barqu, G., 145. Ba'fa, K. von Israel, 321. 322. 323.

325 A. 336. Ba^an, L.. 290. Bast. G., 58. 60. Bat-seba' 307.

Index.

625

Bawri, L., 439 A.

Bazi, bab. K., 138.

Bäzu, L., 389.

Bebryker 452.

Bedja, V., 43 A.

BeerSeba', St., 300 A. 309. 331. 359.

475 A. Behistaninschrift 507 A. 510. 512 A. Bei, Gott, 139. 145. 147. 149. 150.

152. 177 A. 181. 330. 385. Thurm

des in Babylon 159. 177 A.

330. 492. Belbä-ni, ass. K., 182. 272 A. Belcharran§adua 457 A. Belibus, bab. K., 381. 385. Belichos, Fl., 276. 334. Bellt, G., 134. 146 A. 152. Belkapkapu, assyr. K., 182. 272 A. Belkudurriusur, assyr. K., 272. Belniräri, assyr. K., 272. Belos, Vater des Ninos, 256. BeUarusur von Babel 499 A. Belsumiskun 498.

Belsnmnasir, bab. K., 272 A. 275 A. Belsunu 457 A. Benhadad I., K. von Damaskos, 321.

325 A. n. 323. 324. 325. 336.

in. 354. 356. 357 A. Benhinnom 364 A. 477; Benihassan, Gräber von 46 A.

71. 73. 97. 104. Beiyamin, Stamm, 290 A. 291. 293.

295. 296. 306. 308 A. Bentreststele 268 A. Berossos 19. 123. Ber§e, Gräber von 97. Berat, Beiytos, St., 190. 235. 274 Besä, G., 161. 218. Beschneidung in Aegypten 59 A.

bei den Israeliten 309. bei den Eana'anaeem 207. den Philistern fremd 266.

BetrAdini, L., 275. 276. 333 A. 334.

336. Bet-'Anat, St., 290. 302. 310 A. Bet-Bachiani, L., 276. Bet-Dagon, St., 310 A. Bet-el, St., 205 A. 290 A. 291. 309.

311. 312. 331.359. 361. 362. 475 A. Betlehem 298. Bet-Rahob, L., 300 A. Bet-Se'an, St., 289. 302. Bet-äemeS, St., 290. 310 A. 474. Bet^itte, St.,. 357.

Meyer, Geschichte des Alterthums. L

bhaga 254. 429.

Biaina, L., 247 A. 342.

Bias von Priene 488.

Bikni, Berg, 366. 389. 462.

Bileam 300 A. 330 A. 331.

Birecyik, St., 199.

Bit-Agüsi, L., 336 A.

Bit-Amukkani, L., 371.

Bit-Chalup6, L., 276.

Bit-Dajukku 462.

Bit-Daküri, L., 339. 388.

Bithyner, Bithynien 452. 487.

Bit-Jak!n, L., 339. 365. 371. 373.

Bit-Imbi, St., 459.

Bit-riduti, ass. Palast, 395.

Bit Sa*aUi, L., 371.

Bit §iläni, L., 365.

Bne-'Eden 333 A., s. Bet-Adini.

Bnon, Hyksosk., 112 A.

Boeoter 193. 487.

BoghazkiOi (Pteria), Ruinen von

255. 502. Bokchoris, aeg. K., 352. 353. 390. Bokenchonsu, Priester, 68 A. Bormos, G., 253.

Borsippa, St., 148. 339. 492. 504. Botrys, St., 286. Brahmalehre 439. 449. Branchidae 255. 469. 502. Britannien 281. Bragsch 32. Bubastis, St., 58. 260. 320. 352. 353.

469. 500. Buch des Gerechten 330. Buch der Kriege Jahwe's 330. Buiuwa, Libyer, 318. Bundesbuch der Israeliten 167. 305 A.

327 A. 331, 476. 477. Bunsen 32.

BurnaburiaS, bab. K., 271. 272 A. Busalossor 489. Busiris, St., 57. 60. 320. Busspsalmen der Babylonier 147 A. Buto, St., 47. Byblos, St., 183. 190. 201. 208. 209.

260. 284. 337. 357. 367. 377.

c.

Caere, St., 280. Carteja, St., 281.

Chaboras, Fl., 184. 272. 275 f. 333. 378. 401.

40

626

Index.

Chadrak, St., 842. 367.

Cha'fra*, aeg. K., 64 A. 72. 76. 77.

78. 79 A. Chalach, Ort, 378. Chaldaeer 131. 385 cet. Chaldi, armen. G., 247. 342. Chaleb (Aleppo) 184. 232. 235. 287.

336. Chalkidier 406. 407. Chaluie, Schlacht bei 385. Chalyber 131 A. 245. Cham 177.

Chamha*t, Grab des 225. Chammanu, L., 375. Chammurabi, bab. E., 138. 139. Chamor, kan. Geschlecht, 289. Champollion 32. Cha'mus, Sohn Ramses' IL, 243. Ghana = Nordsyrien 138. 141, Chanai^ja, Prophet, 479. Chanigalbat, L., 273. 387. Ghannun 370, s. Hanno. Charchar, St, 374. 377. 381. Chärezm, L., 424. Charka (Eilüden) 220. Charr&D, 6t, 145 A. 178. 184. 209.

220. 272. 276. 333. 345. 377. 401.

484. 498. 502. Charu, V., 180. 230. Chasisadra 150. Chatarik 342, s. Chadrak. Chati, Chatti U\. 344, s. Cheta. Chauranain, Ort, 324. Chawila, L., 185. Chazael, K. von Damaskus, 325.

337. 354. 357 A. 361. Chazail, Araberscheich, 386. 389.

457. Chazaz, St, 287. 341. Chendu, aeg. K., 90 A. Chenoboskion, St., 86. Chentamenti, G., 82. Cheops 76, s. Chutu. Chcpera, G., 56. Cherheb, aeg. Priester, 62. 74. Cherub 200. Che^bon, St., 322. 355. Cheta, Chetiter 171. 176. 180. 184.

195. 199. 204. 219 A. 230 ff. 246.

255 tf. 259. 263. 265. 287. 335.

342. 375. 409. Chetaschlacht, Gedicht von der

234. Chetasir, K., 232. 238. 239.

Chetem von $aru, aeg. Grenzfeste,

230. 233. von Tuku 287. Chezjon, E. von Damaskos, 325 A. Chidalu, L., 456. Chilq\ja, Priester, 475. Chimaera 200. Chinziros, bab. E., 371. Chios 489. Chiwwiter 179. Chmunu, St, 69. Chnubis, Chnom, G. , 58. 69. 94.

115. 240. Chnumhotep 97 A. 98. Choaspes, Fl., 129. 515. Chorasmier 424. 436. Chorsabad 373 A. 380. Coelesyrien 176. 180. 287. 300. Chribaq-f, G., 60. Chronik, die alte 30. der

Hebraeer 165. Chronographen,alexandriniache,413.

452 A. Chruti, aeg. E., 89. 90 A. Chrysaoris, G., 254. Chu 61 A. 82. 84. Chubuhia, L., 453. ChubuSqia, L., 388. 341. 377. 422. Chuenaten, aeg. E., 40. 118. 226 A.

227 ff. 338. Sonnenstadt des -

229. Chufn, aeg. E., 49. 60 A. 74. 76.

79 A. 95 A. 470. Chulda, Prophetin, 475. Chumba, G., 137. Chumbaba 137.

Chumbaniga^, elam. E., 373. 376. Chunsu, G., 58. 69. 268. Chusur, FL, 395. Chutaten, St., 227. Chutuskia, L., 3.33. 334. Cypem 180. 191. 192. 195. 196.

199 A. 200. 203. 204. 208. 220.

279. 283. 357. 383. 402. 404. 406.

409. 500. 507.

D.

DädarH 512 A. 513.

Dagara, St, 333.

Dagon, G., 209. 266.

Däha, Daher, V., 424. 449. 505.

Dah§ur, Pyramiden von 49. 64.

Daibon, St, 322. 324.

Index.

627

daiva 429. daivas 442 fF.

Daivajasna 445.

Dajäni, L., 248.

Dajaukku = Dejokes 874. 462.

Daktylen, idaeische, 253.

Dalta, K. von EUip, 374. 376.

Damasciiis 206 A.

Damaskos 170. 176. 185. 205. 287.

300 A. 307. 321 ff. 332. 336. 337.

341. 342. 134. 356. 359. 361.

367 ff. 377. 378. 401. 475 A. Dan, Stamm - 289. 291. Stadt

300. 309. 312. 321. Dän-A§sur 337. 338. Danaer (Aavaoi), Danauna 194. 263 f. Danaos 264. Daniel, Buch 412 A. däna 424. 428. Daphne, St., 468. Dapur, St., 236. Dardeni, V., 232. Darius I. 410. 414. 417. 423. 424.

437. 438 A. 451. 452 A. 466 A.

484. 485. 489. 504. 505 A. 506.

511 ff. Inschriften des 418.

419. 424 A. däia 428, vgl. 424. Daskylion, St., 488. 503. 513. Das^los 454. David 167. 168. 179 A. 289 A. 296 A.

297 A. 298 ff. 312. 321. 331. 355.

368. Dbu (Edfu), St., 55. Debora, Lied der 167. 288 A.

289. 290. 291 A. 293. 309. Ded, aeg. Cultuswesen, 60. Dedkara', aeg. K., 78. 79. 90 A. Deinon 412 A. Dejokes 374. 461. 462. Dekalog 327. 360. 478. Delphi 405. 411. 454. 488. 500. 502. Dendera, Tempel von 76. 86. 89 A.

100. Derbiker, V., 505. D§r el-bahari, Todtentempel von

217. 218. Derketo, G., 205. 266 A. Deuteronomium 163. 305. 475 ff. deuteronomistische Schriftsteller

166. 478. Dhuti (Thot), G., 55. 58. 60. 66 A.

'67. 69. 82. 94. 104. 113. 115.

209. 225. Dhutihotep 97 A.

Dhutmes I. 215 ff. 229 A. 350. Dhutmes II. 217. 229 A. Dhutmes III. 40. 41. 99. 118. 180.

185 A. 187. 190. 191. 194. 195.

198 A. 203. 211. 214 A. 217 ff.

229 A. 230. 233. 234. 236. 239.

242. 264. 270. 276. 289. 350. 402.

482. Annalen des - 34A. 219 A. Dhutmes IV. 224. 229 A. Diäla, Fl. 141, Did, Libyer, 260. Dido-Elissa 282. Dilmun, Insel, 376. Dina 289 A. Dindjrmene 253. Diodor's aegypt. Geschichte 31.

467 A. 470 A. Dionysios von Mytilene 412. Dionysos 193. 253. Dios, Annalist, 162. Diri, St., 341 A. Dtjäus, indog. Gott, 429. Djerabts, Ruinen von 184. 196.

197. 199. 200. 255. Dodekarchie in Aegypten 411.467 A. Do'eg 303 A.

Dolmetscher in Aegypten 31. 469. Do'r, St., 302. Drah abu-lnegga, Gräber von

95. 213 A. Drangen, Drangiana, 436. 505. Drüen, V., 245. Duaufsechruta, Brief des an seinen

Sohn Pepi 102. 104. 241. Dümichen 32. Dungi, bab. K., 132. 134. DürJakin, St, 376. Dür-Kurigalzu, St., 271. 274. 365. Dür-§arrukin, St., 373 A. 380. 395.

481. Düzi, G., 146, s. Tammuz.

E.

Ea, bab. G., 130. 144. 150. 181.

Eanna-Tempel 135.

Ebenha'ezer, Ort, 295. 296 A.

*Eber 178.

Ebers, Papyrus 32. 40. 74. 114.

Edessa 209.

Edelmetalle als Werthmesser 188.

Edelsteine als Werthmesser 188.

Edfu 55. 241.

628

Index.

Edom, Edomiter 176 A. 178. 179 A.

180. 237. 263. 286. 288. 300. 307.

310 A. 323. 324. 331 A. 341. 355.

369. 370. 375. 377. 386. 389. 476. Edonen, V., 452. 453. Egbatana 422. 485. 501. 503. 510.

514. 515. Egibitafeln 125 A. 401 A. 'Eglon, König von Moab, 293. Ehud, Richter, 293. Eileithyia (Elkab), St., 47. 58. 107.

112. 214. Einbalsamirong, Ritualbuch der

113 A. El, G., 193. 206. 207. 311. Ela, K. von Israel, 322, 325 A. Elam, Elamiten 120. 129. ff. 133.

135 ff. 138. 183. 272. 340. 373.

376. 378. 381. 385. 388. 389. 396.

455 ff. 466. 484 A. 504. 512.515. El'azar, Priester, 289. 361. Elchanan 298 A. Elektrum 188. 489. Elephanten in Syrien 220. Elephantine, St., 78. 87. 88 A. 468.

Kalenderfragment von 39. Eli, 295 A. 296 A. 361. Elia, Prophet, 328. 361. Elibus, Fürst von Suchi. Elibus

8. Belibu^ 334. Elia 469.

Elisa, Prophet, 328. 359. 361. Elisa (Karthago) 282 A. 283. Elissa 282.

Elkab, St., .58. 86. 107. 112. 214. Ellasar, St., 136.

Elle, aegyptische, 189. baby- lonische 189. Ellip, L., 374. 376. 377. 381. 385.

422. 462. Klohim 811. Elohist 43 A. 1Ü4A. 167. 179. 289 A.

331 A. 360 A. 361. Elulaeos, K. von Tyros, 357. 382. 383. Elymaeer 422. 459, s. Elam. Emesa, St., 184. Emiten, V., 136. 179 A. Emutbal, L., 135. En, G., 145. 152. En-anna. bab. K., 134. *Eniel, K. von Hamät. 367. Entmannung bei den Phrygem 257.

bei den Syrern 208. Enzite, L., 248.

Epagomenen 34.

Epheeus 253 A. 455. 487. 488.

Ephod 309.

Ephoroe 31. 412 A. 489 A. 503 A.

Ephraim, Gebirgsland and Stamm

289. 290 A. 291. 293. 295 f. Eponymen, assyrische, 127. 457 A. 'Ereb 192. ''Epjjißot 176 A. Ergamenes, aethiop. K., 350. Eri-aku, bab. K., 136 A. Eridu, St., 130. 134. 138. Erimenas, armen. K., 397. Esagila, Tempel, 492. Esagiläaduni, Babylonier, 275. 'Esiongeber, St., 300. 323. E§mün, G., 205.

Etewandros, K. von Paphos, 402. Etrusker 260. 280. Etymandros, Fl., 436. Euboea 406. 407. Eudemos, phoenik. Schriftst 206 A. Eulaeos, Fl., 129. 272. 385. 456. Euphrat 128. 170 u. s. w. handel

493. Europa 192. 193. Europos, St, 184. Eurypylos 256. Ezechiel 163. 177 A. 364 A. 464.

466. 477 A. 478. 494. 496 A. 497. Ezida, Tempel, 480. 492. Ezra 163. 301 A. Buch - 165.

Fabeln in Aegypten 102. Faijüm 47. 60. 100. 110 f. Falascha, V., 43 A. Fellachen 46. 104. Felsengräber in Aegypten 91. Fenchu (Phoeniker) 89 A. 180. 190.

194. 216. Fcrwer 505, s. Fravasi. Firdusi 447. Fische, Heiligkeit der bei den

Aramaeem 205. Pischgottheiten

der Phüister 266 A. Flutsage bei den Hebra^em 177.

364. indische, 187 A. Frada von Margiane 484. 512. Frangrasjan, der Turanier, 447. Fravasi (Ferwer) 434. 445. 449. Frjäna, Turanier 449.

Index.

G29

G.

Gabala, St., 190.

Gabbaton, St., 321. 322.

Gad, Stamm, 290. 291. 310 A. 324.

Gaddii-, Gades 281. 283.

Gadrosien, L., 437. 505.

G4gi, Meder, 393.

Galla, V., 43 A.

GaUi 257.

Gambulu, V., 388. 456.

Gamgum, L., 336 A. 342. 366. 375.

Gamil(?)sin, bab. K., 138.

Gamianat, St., 342.

Ganymedes 253.

Gargara, St., 252.

Gat, Philisterstadt, 266. 298. 354 A.

358. Gäthä's des Avesta 419. 443 A. 445.

446. 448. 449. Gaulos, Insel, 280. 281. Gaum&ta 510. 511. 515. Gaza, St., 176. 190. 219. 237. 266.

283. 354 A. 355. 370. 372. 373.

375. 377. 403. 482. . Gazer, St., 289. 302. 307. 319. Geba', St., 475 A. Geb&l 190. 205, s. Byblos. Gedaljah 495. Gelen, V., 422.

geometrischer Stil 203. eorgier 245. 247. Gerh(?H?-ra', aeg. K., 40. 114. Germanier, V., 437. Gerrha, *St., 493. Gösör, L., 290. 300 A. 301. Giaurkalesi, Sculptnren von 255. GiVa, St. in Beiyamin, 290 A. 295.

296. 298 Gibe'on, St., 179. 289. 302. Gide'on 167. 293 A. 294. 331. Gilboa', Berg, 297. Güead 289. 290. 291. 293. 297. 322.

354. 370. Gilgal, St.,' 290 A. 296. 359. Gimir, Gimirai s. Kimmerier. Gindibu*, Araberfürst, 336. Giraffe 218.

Girparunda, E. von Patin, 336 A. Girzan, L., 247 A. 334. 338. Gize 64. 77. Sphinx von 49. . 224.

Gobryas 504. 515. Götterland (aeg.) 222. 262.

Göttermutter der Eleinasiaten 253.

399. Gog 464. Goun, V., 136. Gold 188. Goldminen Nubiens 70.

241. Golgi* St., 191. 199. 200. Goliath 179 A. 298 A. Gomorra 136. 179 A. Gordiaeion, St«, 251. Gordias 251. 399. 453. Gorgo-typus 218 A. Gortyna, St, 193. Gosen, L., 288. ^egorianisches Jahr 22. Greife 200. 201. Griechen 196. 246. 250. 259 f. 263 ff.

279. 385. 398. 400. 402. 404 ff.

421. 424. 426. 436. 446 A. 455.

461. 468. 469. 487 ff. 493. 500.

506. 507. Grynion, St., 254. Gua, L., 336 A. Gudea, bab. K., 134. 158. 199. Gungunum, bab. K., 138. Güti, V.. 141. Guzan, L., 277. 333. 338. 343. 344.

378. TüY^aac 489. gygaeischer See 489. Gyges, K. von Lydien, 413. 454.

455. 467. 489. Gyndes, Fl., 141.

H.

Habakuk 479.

Hadad, G., 205. 307. 318.

Hadad'ezer, E. von Damaskus, 287.

300. 301. 323. 336. Hadrumetum, St., 282. Haiq, Name der Armenier, 248. Haitumant, Fl., 436 A. Halikamass 507. Halys 248. 249. 250. 255. 398. 461.

465. 486. 501. 502. 504 A. IJamät, St., 176. 184. 197. 219. 287.

300 A. 301. 309 A. 323. 336. 342.

356. 357. 358. 367. 368. 373. 374.

378. 401. 482. hamathenische

Schrift 197. 255. Hamiten 42. IJammämly, Sculpturen von 257 A.

630

Index.

Qammamät, Wadi, 70. 86. 95. 96.

100. 107. 262. 268. 353. H&münsee 436.

Hanno, K. von Gaza, 370. 372. 373. llanu, Aegypter, 96. 98. ^api 60, 8. Apis. Ba'pi (Nu) 58. Hapta hindavo, L., 436 A. Qapu, Aegypter, 225. Harachäü, £., 436 A. Haraiva, L., 436 A. Bar Behedti, G., 55. 56 A. Qardedef, aeg. Prinz, 83. Qaremheb, aeg. E., 224 A. 229. 230.

231. 233. 261 A. Harmachis 56 A. Harpagos 501. 503. 506. garpechrod, G., 55. Har-Pisebcha'nuIL, aeg.K., 315. 319. Harpokrates 55. 56 A. Bar-Set, G., 52. Bar-8upd, G., 56 A. ^arur, G., 56 A. Harvatät, G., 441. Batchenensu (Herakleopolis) 100. Bathor, G., 55. 56. 60. 86. 94. 100. 200. Bat-Pepi, St., 86. ^la'täepsu, aeg. Königin, 185 A. 187.

217. 218. 219. 222. Batuar (Auaris), St., 110. 214. Hauma, Trank und Gott, 417. 427.

445. 447. 450. 451. Hauran, L., 837. T5ebenu, St., 86. Hebracer, passim. Hebron 176. 179 A. 183. 289. 298.

309. 331. Hedschäz 171 A. Hekatacos von Abdera 31. von

Milet 31. Heliopolis 55. 69. 93. 100, 226. 242.

260. 267. 315. Henka, Baumeister, 75. henuka 63. Hephaestos 58. heq, Titel, 110. Heqt, G., 60. Heraklea 487. Heraklea Minoa 280. Herakleopolis 89. 107 A. 320. 351. Herakleopolitische Dynastien 90. 94.

100. Herakles 155 A. 192 A. 206. 251.

254. 281. 400.

Herakliden, lydisches Königsge-

schlecht 256. 257. 413 A. 454. Qerenkaru, St., 219. Herirüd, FL, 436. Qermon, Gebirge. 170. 289. 300. Hermopolis 69. 320. 351. Hermos, FL, 489. Hermotybier 471. Herodot 31. 122. 411. BerSef, G., 94. BeruSa*, V., 87. 89 A. Besit, G., 60.

Hexateuch 136 A. 164. 167 A. Hierapolis Bambyke, St, 184. hieratische Schr^ 28. Hieroglyphenschrifl 28. 103. 120.

197. Sinyaren 145 A. 173 A. 174 A

185. 403. Hieb, Buch 363 A. Hippo, St., 282. Hiram I., K. von Tyros, 283. 286.

298 A. 304. 325 A. - IL 357.

367. 370. 403. HI. 496 A. Hiskia, E. von Juda, 356 A. 382.

384. 472. 475. Bissarlik, Ruinen von 193. 199A

200. 204. Holmi, St., 406. Horeb, Berg, 288. Horiter, V., 179 A. Horma, St.. 289 A. Horus 47. 48. 52. 55. .56 A. 67. 69.

82. 90. 115. 201. 209. 227. Horus-Ra* 92. 94. Hosea, Prophet, 325. 356. 362. 363.

368. 473. 474.

Hosea', K. von Israel, 357 A. 370.

372. Hotep, Aegypter, 107 A. Hrihor, aeg. K., 243 A. 269. 315.

3i8. 350. yui, Aegypter, 198 A. 229 A. Hukarja, Berg, 450. Hundsfluss 235. 274. HundskopfafiFe 60. Buni, aeg. E., 49. Husapti, aeg. K., 49 A. 74. 83. Hyagnis 253. Hydames 512 A. 513. Hyes, G., 253. » Hyksos 30. 108-112. 137. 195. 210.

213 ff. Hylas 253.

Index.

631

Hyrkanier 436. 501. 512. Hygtaapes 438 A. 511. 512.

J.

JabeS, St., 296. 297.

Jael 292.

Jahas, St., 322 A. 324.

Jahwe 163. 164. 166. 167. 179 A.

200. 201. 205. 288. 291. 292. 294.

296. 309 ff. 326 ff. 356. 358 ff.

379. 384. 464. 473 ff. 483. 494.

495. 497. 506. Jahwe*8 Lade 295. 302. 309. Jahwist 167. 179. 183. 207. 289 A.

327 A. 330 A. 331. 361. 364. Ja'ilü, Araber, 389. Ja'ir, Stamm, 290. Jakin, bab. K., 339. Jakinlü, K. von Arados, 393. Jakob 178. 289. 291. 306. Segen

des 290 A. 304 A. 330. Jahnan, Berg, 333. Jalysos, St., 191. Jama, G., 434. 447. Jaman von Asdod 375. Japhet 177.

Jardanos, FL, 193; Lyder 257 A. Jasna 415. 418. 419. Jafits, 415. 418.

Jatha'-amar, K. von Saba, 403. Jäti, L., 339.

Jauta, Araber, 457. 458. 460. Jawan 406 A. Jaxartes 420. 424. 505. 515. Jazylykaia, Sculpturen von 399. Iberer, V., 245. 247. Ibis 60.

tbriz, Sculpturen von 255. 258. Ida, Gb., 193. 251. 253. 256 A. 453.

488. Idalion, St., 191. ldiba*il. Araberstamm, 270. Idrias, St., 254. Jebus, St. (Jerusalem), 179. 289.

302. Jehojada' 329. Jehonadab 327. 328. Jehovist 167. Jebu, isr. K., 325. 328. 337. 354.

356. 357 A. 360. Jemen 70. 171 A. 185. 186. 403. Jenuam, Ort, 219. 233.

Jephtbah 293. 310.

Jerachm'el, Stamm, 296.

Jeremia 364 A. 464. 466. 472 A.

473. 474. 475. 477 A. 479. 482.

483. 494. 495. 497. Jericho 290 A. Jerob'am I. 308. 319. 325 A. U.

356. 457 A. 358. 363. 363. Jerubba'al 294. 310, s. Gideon. Jerusalem 163. 354. 355. 358. 364 A.

368. 369. 384. 473. 474. 475. 476.

477. 479. 482. 494. 495. 496. 504. Jesaja 358. 363. 368. 384. 472. 473.

474. Jezra'el, Ebene, 290. 297. 323. 325.

328. Iflatün, Sculpturen von 255. Isigi, G., 144. 'l]jon, St., 300. 321. Jima 447, s. Jama. Ikonion, St., 255. 399. n, G., 8. 183. 174. 175. 181. iläh 173.

Hat, G., 173 A. 174. 206. Ilramän, E. von §una, 276. nubi'd, K. von öamät, 373. Ilulaios, bab. K., 371 A. 386 A. ImgurbM, St (Balawat), 340. 345.

Mauer von Babylon 491. Imhotep, G., 69. 83 A. aeg. K.

86. 90 A. Indabigai, E. von Elam, 458. 459. Inder, Indien 12. 23. 187 A. 326.

419. 423 ff. 505. Indogermanen 11. 23. 248. 250.

363 A. 426 ff. 433. 465. Indoskythische Könige 417. 424 A. Indus 420. 423. 435. 515. Inseln im grossen Meer 194. 220.

•~- der ^Penau 194 Joab 299, 300. 301. 306. 307. Joachaz, E. von Israel, 354. 356 A.

K. von Juda 472 A. 482. 495 A. JoaS, K. von Juda 329. 354 f. K.

von Israel 354 ff. Joiakin, K. von Juda 472 A. = Je-

Ko^ja 494. Jojaqim. K. von Juda 472 A. 482.

483. 494. Jona 359. Buch des 395 A. Jonatan 296. 297. 306. lonier 279. 386. 406. 467. 469. 503. ionischer Stü 347. 409. Joppe 190.

632

Iudex.

Joram, K. von Juda, 323 f. K.

von Israel 324 f. 328. Jordan 170. 176. 205. 288. 290. 294.

296. 306. 321. 354. 370. Josaphat, K. von Juda, 323. 324.

325 A. Joseph, Stamm, 238. 290. 291. 294.

297. 304. 306. 308. Josephus 30. 123. 169.

Jbsia, E. von Juda, 163. 310. 464.

472. 475. 477. 482. Josua 164. 165. 289 A. 361. Buch -

164. Jotam, Sohn Gideon's, 294 A. K.

von Juda 356 A. 369. Iranier 23. 211. 248. 418. 463. 466.

506. 516. Iranzu, Mannaeerk., 374. Irba-Marduk, bab. K., 343 A. Irbaramän, ass. E., 333 A. 348 A. Irchulina, K. von Uamat, 323. 336. Iriamtuk, ass. K., 182. 272 A. Iris, Fl., 249. 398. Irqanata, St., 336 A. Isaak 178. 331 A. ISai 298.

iSakku 138 A. 182. Isana, St., 344. Isaschar, Stamm, 290 A. 291. Isaurer 246.

ISba'al, isr. K., 297. 299. 306, 310. ISbi . , ra, bab. K., 138 A. Isis 56. 57. 60. 67. 69. 71. 82. 94.

200. 202. 209. Islam 863 A. 426. 478. 516. Ismael, V., 17GA. 178. 185. 288. 495. Ismi-dagan, bab. K., 138. ass.

K. 182. 272 A. Ispabära, K. von Ellip, 376. 381. Ispuinis, armen. K., 342. Israel passim.

IStar, G., 130. 133. 137. 146. 148. 149. 152. IGl. 181. 182. 186. 277. 394. Istarat, St., 339. Islob. L.. 300. IstaroH, St., 452 A. Italien 280. 407. Itti, Philister, 303 A. Itu'a, Stamm, .341. U2. 365. Itubaal I. vonTyros, 286. 323. 325 A.

II. 496. Juda, Stamm, 165 A. 289. 291. 293. 295 u. s. w.

Justin 284. 507 A. Izdubar 137. 155. Izebel 323.

E.

Ka 61. 63. 72. 82. 85. Eabalien, L., 252. Kadingira (Babel) 180. Eadmos, Kadmeer 192. 193. Berg

Kadmos 257 A. Kadusier 422. Kaenra', aeg. E., 90 A. Eafb (Phoenikien) 180. 190. 194.

203. 220. kähin 313. Eaikos, Fl., 252. Eakaa, aeg. E. 79 A. Eakzi, St., 344. Ealaba, Löwe von 255 A. Ealach, St., 198. 276. 277. 343. 344.

345. 380. 395. 480. 481. Ealasirier, Eriegerkaste, 471. Ealdi, Ealdu 131 A. 341, s. Chal-

daeer. Ealeb, Stamm, 289. 296. 309. Ealenderfragment von Elephantine

40. Eallinos 455. Eallistfe (Thera) 191 A. Eallisthenes 386. 455 A. Ealne, St., 342. 358. Ealykadnos. FL, 246. Eambyses 411. 412. 500 A. 501. 504.

505 A. 507. 508. 509. 510. 511. Eameiros. Nekropole von 191 A. Eames, aeg. E., 213. 229 A. Eamos, G.. 205. 307. 309. 310. 324. Eamosgad, E. von Moab, 322 A.

325 A. Eana'an, Eanaanaeer 109. 164 f.

172 A. 176 fF. 190. 195. 201. 205.

207. 214. 233. 238. 253. 288 ff. Eandalanu 458 A. Eandaules, 1yd. E., 454. Eanopos 262. Dekret von :34.

68 A. 191 A. Eappadoker, Eappadokien 245. 249.

250. 254. 398. 417 A. 449. 453.

465. 484. 502. 503. Eaptor, L., 266. Earachardas, bab. E., 140 A. 271.

272 A.

Index.

633

KaraindaS, bab. K., 140 A. 271. 272 A.

Earak (Kilikien) 236.

Karalis, St, 280.

Kar'alla, L., 374.

Earbilmatäti (Sais) 390.

Karbit, L., 393.

Karchedon 282, s. Karthago.

Karduchen, V., 248 A.

KarduniaÄ, L., 138. 141. 270. 271 A.

272.335.339. Karer 250 A. 252. 400. 405. 454.

455. 467 ff. 485. 487. 503. Kari und Läufer 503 A. Kari, Negerland, 224. KarkamiS, St., 184. 220. 232. 256.

263. 265 A. 275. 287. 335. 336.

337. 367. 375. 377. 378. 401. 483. Karkar, Schlacht bei 323. Karmanien 504. Karmel, Berg, 219. 290. Kamak 37. 90. 96. 100 A. 107. 235.

353. 382. Karpu, St., 236. Kar-Salmanassar, St., 336. Kar-Sarrukin, St., 374. Karthago, Karthager 282. 283. 286.

404. 407. 481. 509. Karyanda, St., 405. Kai 43. 99. 230, s. Kusch. Käsen, Titel, 232, s. S. XX. Ka&jar, Gb., 333. 334. 336. 339. KaSkaeer, KaÄkaja, V., 245. 273 A.

367. Kaspisches Meer 344. 396. 420. 424. Kassandane 507. Kassandrasage 254. KaSsi, V., s. Kossaeer. Ka^, aethiop. K., 353. Kagtarit 463.

Kastenwesen in Aegypten 53. 471. Kataonien, L., 231. 249. 465. Kati 337.

Kaukasus 245. 253 A. 463. Kaunos, St., 405. Kava Husrava 447. Kava üs 447. Kawi 447. Kayster, Fl., 252. Kedorla*omer, K,, 136. Keilschrift 119 f. 143. Kekrops 264 A. Kelaenae, St., 251. 399. Kelenderis, St, 400. KSwä.n (Saturn) 364.

K-fiTscot, V., 256.

Ky)tc^, Landsdiaft, 231.

Khnenta, L., 436 A.

E^rsabad, Ruinen von 380 A*

Kh^thra va^'a, G., 441.

Khäatiirita, Meder, 512.

Kiakku, K., 374.

Kibyra, St, 252.

Küiker, Küikien 191. 220. 246. 256 A.

259. 336. 374. 375. 386. 389. 393.

398. 406. 453. 46a. 465. 503. Küix 192 A. Kimmerier 253 A. 256 A. 406. 424.

452. 453. 454. 455. 456. 463. 486. Kinalia, St, 367. Kios 253. Kirchi, Kirchu, L., 246. 247. 275.

333. 334. 336. 339. 366. Kirkesion, St, 184. Kirri, K., 337.

Kirruri, L., 247. 333. 334. 344. KiSar, G., 181. Kissier 129. Kition 191.' 205 A. 279. 283. 357.

402. 404. Klaros 254. EQazomenae 487. 489. Kleinarmenien 248. Kleinasien 191. 196. 199. 204. 231.

244 u. s. w. Kneph, G., 58. Knidos 412.

Kochome, Pyramiden von 49 A. Königsbücher von Israel und Juda

19. 165. Kolcher, Kolchis 245. 273 A. Kolophon 454.

Komana 249. Göttin von 257. Kombabos 208. Konosso, Insel, 95. Kophen, Fl., 423. Koptos. St, 58. 70. 96. 262. Korintb 406. 407. Korkyra 407. Korsika 280. Korybanten 253. 257. Kossaeer 43 A. 129. 130. 131. 140.

141. 270 ff. 339. 381. 422. Kreta 193. 252. 253. Kreti und Pleti 303 A. Krim 452. Kroesos 257. 401 A. 411. 454 A.

487. 488. 489, 502. 503. Krokodil, in Aegyjlten verehrt 60. 93.

634

Index.

Xrokodilopolis 351.

Etesia« 395. 411 A. 412.

Kuban 241.

Eadormabuk, bab. K., 135, 136.

Eudumanchundi, bab. E. 121 A.

135. 459. E. von Elam, 385.

396. Eudumbel, bab. E., 272 A. 275 A, Eullimir, Si, 389. Eummuch, L., 265. 273. 275. 276.

336 A. 342. 366. 375. 377. 378.

422 A. Eumne, Fest ng, 99. 100. 223. Eunda^i, E. von Eummuch, 336 A.

422 A. Eundi, St., 389. Eunülua, St, 287. 367. Eur(?)ban, St., 377. Eurchi, L., 246. 273, 8. Eirchi. Eurden 129. 248 A. Eureten 253. 257. Eurigalzu, bab. E., 271. 272 A. Eurion 279. 402. Schatz von

201 A. Eurti 246, s. Eurchi. Eü8, Eufichiten 42. 43. 99. 140 A.

215. 222. 225. 230. 240. 241. 262.

320 A. 350. 368. 375. 382. 384.

390. 457 A. 464. 509. Prinzen

von - 215. 229 A. 230. 241. 268. Eu§an RiS'atain 295 A. Ku§taspi, K. von Eummuch, 422 A. Küta. St., 339. 378. Eyaxares 463 A. 465. 481. 483. 485.

486. 487. 502. 512. Eybeben 257. Kybele 253. Kybrista, St., 255. Ey doner, V. auf Ereta 193. Eyme 406. 407. 489. Eyrene, Kyrenaika 43. 500. 507. Kyreschata, St., 505. Eyros I. von Persien 466. II., der

Eroberer, 244. 245. 396 A. 411.

413. 418. 460. 490, 596 A. 498 A.

499. 501 tf. Eythera 193. Kyzikos 253. 406. 487. 489.

L.

Läbasimarduk, bab. E., 498. Labynetos 490 A.

Labyrinth 100.

Lagamani, G., 136.

Laä, St., 289.

Laki, V., 232. 333.

Lakiä, St, 384.

Lalli, E. von Lallida 836 A.

Lallulma, L., 374.

Lamech 177.

Lampsakos 487. 489.

Laodike, Gemahlin des Amasis,

500. Lapethos, St, 279. Larsam, St, 180. 134. 135. 138.

156. 492. 499. Lasonier, V., 252. XiEzen, y., 245. Längenmasse 156. 189. Lea 291 A.

Lebensbaum, babylonischer, 160. Lebu 43, s. Libyer. Leka, V., 232. 260. Leleger 252. Lelex 264 A. Lepsius 32. Leptis, St, 282. 283. Lesbier 406. Letopolis, St, 320. Leukos Limen, St., 70. Lewi, Lewiten 289. 312. 359. 361.

449. 476. Libanon 170. 176. 274. 300. 303.

335. 337. 342. 367. Libü-Chegal, Canal, 492. Libitranunit, bab. K., 138. Libyen, Libyer 42. 43. 70. 217.

234. 241. 260. 262. 264 A. 269.

280. 317 ff. 469. 507. 509. Ligurien 280. 407. Lityerses 251. Jiixos 281. Lot 178. Lotus 200. 201. Lubama I., E. von Patin, 335. 336 A

II. 336 A. Lüli von Tyros 357, s. Elulaeos. LuUabier, V., 272.) LuUumi, St, 877. Luqsor 225. 235. 242. Lutipri, Armenier, 342. Lyder, Lydien 250 A. 252 ff. 256.

265. 400. 405. 409. 411 ff. 454 ff.

467. 486 ff. 502 ff. Lygdamis, Eimmerier, 455. 463. Lykaonen, V., 246.

Index.

635

Lykien, Lykier 200. 246. 252. 400.

405. 409. 487. 503. Lykopolis, St, 107.

Ma, kleinas. Göttin, 249. 253. Ma, aeg. Eriegerkaste, 317. 318.

320, 351. 467. 471. maVchni 82 A. 94 A. Ma'aka, St, 300. Maat, G., 66. Mabbüg, St, 184. 208. Machalliba, St, 357. Machanaim, St, 290. 297. 306. Madhu (Meth) 247. Madyas, Skythe 463. Maeander 252. 455. Maeonia, St, 257 A. Mafek(Mafkat)-Bergwerke der Sinai-

halbinsel 70. 98. 263. Magan, L., 375 A., s. Hakan. Magier 416. 417. 439 A. 444 A.

449. 510. 511. 515. Magnesia, St, 255. 454 A. 455. Magog 464 A.

Makan, L., 129. 133, s. Magan. Makir, Stamm, 290. 291. Makronen, V., 245. Malaca, St, 281. Mar ak Jahwe 309. 384. Mälämir, Hochebene von 396. MaUos, St, 246 A. Malta 280. 281. Managerd, St, 397. Manaase, Stamm, 290 A. 472. 477 A. Manes 250 A. 400 A. Manetho 19. 30. 38. 392. 410. Manichaeer 418. Man\jae, K. von ükkn, 386. Manna, L., Mannaeer, V., 247 A. 338.

341. 342. 374. 377. 389. 393. 394.

422. 462. 463. Mannus 250 A. Mansuäte. St, 341. 377. Mann 250 A.

Maraju, E. der Tehenu, 260. Mar Apas Katina 248 A. 412 A. Maraphis 412 A. Marathos, St, 190. 199. Marduk, G., ISO. 138. 141. 145.

147. 148. 150. 388. 492, 499. 504.

506.

Mardokbalatsaikbi, bab. K., 840.

343 A. Mardokbaliddin, bab.K., 271. 272 A.

343 A. 371. 373. 376. 381. 382.

385. 388. 456. 457. Mardukbalusnr, bab. K., 339. Mardokbelusate, bab. K., 339. Marduknädinache, bab. K., 272 A.

274. Mardukäapikzirmati, bab. E., 272 A.

275. MardukSumizkur, bab.E. 339. 343 A, Marea, St, 468. Marger, V., 436.

Margiane, L., 424. 484. 512. 514. Margos, Fl., 421. Mari\ E. von Damaskos, 341. 356.

357 A. Mariab, St, 403. Mariandyner, V., 251. 253. 487. Marienquelle in Jemsalem 472 A. marina 195. Marion, St, 279. Marmarica, L., 260. Mama, G., 266. Marsir, Chetak., 232. 233. Marsyas 253.

Martu, 457 A„ s. Westland. Ma§, L., 232. Mas, L., 232.

Masaherta, aeg. Priester, 315. Ma«aiu, V., 234. 317. MaSauada, V., 43. 234. 317. Masiosgebirge 272. 334. 484. Massageten 424. 452. 505. Massalia 280 A. Ma<«f^eba 205. 290. 309. 310 A. 327.

3*28. 474. 476. Mastaba's 61. 73. 91. 94 A. Mastienen, V., 281. Matiene, L., 247 A. Matinba*al, E. von Arados, 336. Mattän, jüd. Priester, 329. Mattai\jaii 494. Mauren, V., 42. Mautener, Chetak .232. 233. Mazamua, St., 344. Mazares, Perser, 503. 506. Mazda, Mazdajasnier 417 ff., s.

Ahuramazda. MMeba, St, 322. 324. Medien, Meder 341. 866. 374. 377.

378. 381. 389. 393. 396. 421 ff.,

436 ff. u. s. w.

636

Index.

Medinet Habu 225. 263 A. 267.

Festkalender von 40. 262. Megara 487.

Me^ddo, St, 219, 289. 302. 482. Meidüm, Pyramide von 64. 75. Meles, Lyderk., 454 A. MeliSichu, bab. K., 271. 272 A. MeUtene, L. u. St., 273. 337. 342.

366. 375. 387. 465. Melki«edeq 136. Melosi Insel, 191 A. 193. Melqart, G., 183. 190. 192. 205. 206.

281 286 Melucha, L., 129. 353. 375. 457 A. Memnon der Aethiope 256. Memnonstatuen 225. Memphis 29. 41. 44. 48. 49. 58. 60.

61. 63. 69. 75—85. 86. 91. 110.

115. 216. 240. 242. 243. 260. 262.

267. 283. 318. 320. 351. 352. 382.

390. 391. 392. 469. 470. 500. 507. Men, Mondgott, 254. Mena, acg. K., 41. 48. 49 A. 64 A.

74. 79. 88. Menachem, isr. K.. 356. 357 A. 367.

368. 369. Menander, tyrischer Schriftst, 162.

284 A. 286 A. Mena't Chufu. St„ 70. ^ Menclieperkara*, aeg. K., 217 A. Mencheperra', aeg. K.. 315. Mencheperu, aeg. K. . 88 A. 90 A. Mende«. St.. 56. 58. 60. 320. Menkara, aeg. K., 88 A. 90 A. Menkauhor, K., 78. 79 A. 80. Menkaura, K., 76. 77. 78. 79 A. 83. Menophres 34. Menschenopfer in Israel 364. bei

den Kana'anaeem 207. Mentu. Mentiu, V., 75. 108. 176 A.

180. 216. 233. Mentu, G., 212. Mentuemha't, Aegypter, 391. Mentiihotep 1., aeg. K., 90. II.

bis VI. 95. 96. Mentuhotep, Bamneister. 103 A. Mentunessu, Nomarch, 97 A. Memis, St., 220. 236. Meraten 228.

Meminaden 193. 413. 454. 488. 489. Merenhor, aeg. K., 90 A. Merenra' 1. 82 A. 83 fF. 87. 90.

II. 90 A. Meriba'al 310.

Merikara*, aeg. K.» 107 A. Merira' 86, s. Pepi. Meritatefes 76 A. Merkara', aeg. K., 107 A. Merma$a*a, aeg. K., 106. 112 A. Memeptah I., aeg. E., 89 A. 110.

237. 243. 260. 261. 279. - IL

261. 264. Meroe, Reich von 43. 509. . Merom, St., 236. Mertisen 103 A. Merw, Oase von 424. MeSa*, E. von Moab, 309. 324. 35&

364. Inschrift des 197 A 321 A. 322 A. 325 A.

MeSek, V., 464. 466, s. Moscher. Mesopotamien 270. 272. 276. 344.

365. 401. 452. 482. Metenos, K. von Tyros, 325 A. Metinna, K. von Tyros, 357. 370. Metragyrten 257.

Micha, Prophet, 473.

Midas 251. 399. 405. 453. 454 A.

Midasgrab 258. Midian. V., 176 A. 185. 288. 293. Mikal, Tochter Saul's, 298. MikniaS, Schlacht bei 296. Mildil, L., 374. 422 A. Milet 406, 453. 487. 488. 489. Milid, Müidia, 273. 337. 341. 375

s. Melitene. Militha 342. Milkom, G., 205. 310. Miltiades 488. Milyas. L., 246. 252. Min, G., 58. 92. 94. Mine, Gewicht, 189. Minos 192 A. Minotauros 193 A. Minuas, armen. K., 342. Minyas, L., 247. Misphragmuthosis 214 A. Mi?r, Misraim 42 A. 266 A. Mita, Moscherk., 374. 375. Mitatti, K., 374. Mit-Fares, Statue von 111. Mithra, iran. G.. 417. 447. 449 ff. Mitra, arischer G., 429. Mitrobates 513. Mitylene 412. 487. 493. Moab 179 A. 288. 290. 293. 300.

307. 309. 310. 322. 324. 325. ^m.

355. 364. 370. 375. 377. 458. 4<>4.

Moabiter 205. 476.

Index.

637

Mochos, phoen. Schriftst., 206 A.

Moerissee 100, 103 A. 492.

Mokattamgebirge 216.

Molek, G., 307. 364 A.

Momemphis, St., 500.

Mopsos 256.

Moni (Merw) 436 A.

Moscher, V., 245. 265. 272. 273. 374.

375. 398. 456. 464. 465. Moses von Chorene 248 A. Moses 163. 164. 327. 331. 359. 361.

Segen des 290 A. 312. 358. Motye, St., 280. 407. Münzprägung 489. Mngallu, E. Ton Tabal, 393. Muln, bab. G., 145. Murgh&b, Fl., 505 A. MuSaUim-Mardnk, bab.K., 339. Musanat, L., 232. Musaqqil-AsSur, Assyrer, 340. MQ§^?)ninep, Fürst von Arban,

276. Mus^a, MuSki, V., 265. 273, s.

Moscher. Mu?r 42 A.

Masri, L., 338; Gebirge 380. Mut, G., 69. 160 A. 225. 240.

268. Mutakkünusku, ass. K., 272. MntaUu, K. von Kummuch, 375. Mutkinn, Si, 275. Mutnesem 229. Mut-urt, G., 56. Muza<«ir, St., 374. Mykenae 199. 200. 202. A. 203.

204. 409. Mjkerinos, aeg. K., 77. 82 A. 83 A. Mylasa, St., 254. Myriandos, St., 190. Myrsos, 1yd. K., 454 A. Myser 250 A. 252. 253. 488.

N.

na'anma 212. Nabataeer 458. 460. Nabonassar, bab. E., 123. 126. 365. mbonedog, bab. E., 121. 133. 141 A.

396 A. 411. 463. 466. 484. 499.

512. Annalen des 498 A. 499.

501. 502 A. 504. l^abopalässar, bab. E., 480. 481.

483. 490.

Nabot 328.

JJabu, G., 139. 148. 492. 498. 506.

NabubaUddin, bab. E., 334. 339.

343 A. Nabubelzikre, Babylonier, 457 fF. Nabudän, ass. E., 272 A. 275 A. Nabukudurriu«ur I. 272, s. Nebu-

kadnezar. Nabünähid, s. Nabonedos. Nabuäezib'anni, Sohn Necho*s, 390.

467. Nabu§umi§kun, bab. E., 333. 343 A. NabüuSabäi, bab. E., 365. NabuzimapütiuStesir, bab. E., 388. Nadab, isr. E., 321. 325 A. Nadios, bab. E., 365. Nagidos, St., 246 A. 406. Nagitu, St., 385. Naharain (Nahanna), L., 180. 195.

217. 220. 221. 224. 225. 231. 236.

295 A. Naharmalka, Canal, 492. Naha§, E. von 'Ammon, 296. Nähidmarduk, bab. E., 388. Nahum, Prophet 401. 479. Na'iriländer 247. 274. 338. 340. 342.

365. 366. 367. Nammiri, V., 424 A. Namret, Libyer, 318. 320. 351. Namri, L., 338. 340. 341. 343. 422. Nanä, G., 130. 134. 135. 146. 152.

459. Nannar, G., 145. 152. Napata, St., 43. 222. 224. 350. 351.

353 A. 392. 467. 509. Naphtali, Stamm, 233. 290. 291.

321. Naramsin, bab. E., 121 A. 133. 134.

148. Natnu, Araber, 457 A. 460. Naukratis, St., 469. 500. Nazos 407.

NazibugaS, bab. E., 271. 272 A. NazimurudaS, bab. E., 272. Nebchrura', aeg. E., 96. Nebi, aeg. E., 90 A. Nebka, aeg. E., 64 A. Nebkara', aeg. E. 61 A., 102. Nebo. G., 209. 322 A. 324. 348. 394.

8. Nabu. Nebukadnezar I. 272 A. IT. 481.

483. 486-498. III. 512. 513.

514. Neche'b, G., 47. 58.

638

Index.

Nechepsos 390.

Necho I. 390. 391. 392. 411. 467.

II. 469. 482. 490. 495. 500 A. NechuStan, G., 472.

Nedschd 171.

Neferarkara* I. 78. 79 A. II. 90 A.

Wefercha'ra* 79 A.

Neferhotep, aeg. K., 102 A. 106.

108. Neferka, aeg. E., 90 A. Neferkara' I. 61 A. U. 87. 88.

90. UI. 88. 90 A. IV. 90 A.

V. 90A, VI. 90A. —VII. 90 A. VIII. 90 A.

Neferkauhor, aeg. K., 90 A.

Neferkaura*, aeg. K., 90 A.

Neferra, aeg. K., 79 A.

Nefert 75.

Nefrus, aeg. K., 88. 90 A.

Negeb, L., 289.

Negerstämme 42. 43. 70 A. 86. 87.

96. 99. 215. 230. 234. 241. 262. Nehemia 163. 165. Nehesiu, V., 43. Nelii, Aegypter, 217 A. Neit, G., 58. 60.

Neitaqert, aeg. Königin, 88. 90 A. Nemesis, G., 253. Neoptolemos 256. Nephthys, G., 57. 82. 202. Nergal, G., 145. 147. 148. Nergalsarusur, Sohn Sanherib's 387;

bab. K. 498. Nesemabra', aeg. K., 106 A. Ne8l;ior. Inschrift den 497 A. Neukarthago 281. Ni, St., 220.

Nidintubel, Babylonier, 512. Niederrutenu, L., 180. Nikaea, St., 251. Nikolaos von Damaskus 412. 413 A.

503 A. Nil 42. 100. 368. 469. 509. 515.

Nilgott 115. Nilpferd 60. Nü-

schlamni als Baumaterial 73. Nüa, L., 276. Nimittibel, Mauer, 491. Nimrod 140 A.

Nimrud, Ruinen von 198. 201 A. Ninep, G., (Ninip) 134. 145. 147.

148. Nineppalekur, ass. K., 272. Ninive 121. 122. 159. 203. 276. 343.

344. 345. 358. 380 u. s. w.

Ninos 256. 438 A. 481. Ninua 182. 277, s. Ninive. Nippur, St., 134. 138. 365. 377. 442 ;

Gebirge 386. Nisdja, L., 436 A. Nisibis, St., 184. 205. 276. 333. 344. Nisin, St, 138. Nitetis 507 A.

Nitokris 88. 411 A. 490 A. 493. Noah 164. 177. Nofret-ti 227 A. Nofrura* 217 A. Nubcha's 107 A. Nubier, Nubien 42 f. 70. 86 f. 99.

180 A. 215. 217. 225. 227. 235.

240 f. 261. 468. 497. Nubti, Hyksosk., 112 f. Nummi, L., 334. Nur-raman, bab. K., 138. Nut, G., 58. 60. niiter*a 82. nuter nuti 60. Nuu, G., 56. 69. Nymphaeon, Relief von 255.

0.

Oasen, libysche, 43. 241. 509. *Obed-edom 303 A. Obelisken, aegyptische, 55. Obelisk Salmanassar's II. 337. 338.

339. 350. Oberrutenu, L., 180. Oelberg 310. Oliaros, Insel, 193. Olympos, Erfinder der Musik. 253. Olympos, Geb., 252. 288. Ombos, St., 60. Omphale 254.

'Omri. isr. K., 322. 323. 325 A. 354. Onka, G., 193. Ophir, L., 185 A. 187. 304. 307 A.

323. 'Ophra, St., 294. Opis, St., 274. 385. Orchomenos, St., 202. 204. 409. Orion 84. Oroetes 513. 514. Orontes, Fl., 176. 180. 184. 232. 235.

256. 287. 336. 367; Geb. 485. Osarsiph 226. Osiris 56. 57. 60. 69. 82. 84. 92 ff.

105. 115. 202. 209. 242. 38*2.

470 A.

Index.

639

Osorkon L, aeg. K., 316 A. 318.

320. 352. II. 320. lU.

320. 353. 'Otniel 295 A.

Oxos, Fl., 420. 424 A. 436. 450. Oxyrrhynchos, St., 351.

P.

Pachirbel 397 A.

Pacht, G., 58.

Padan, L., 141.

Padi, K. von 'Aqqaron, 382. 384.

Pa'e, K. von Elam, 459.

Paktolos, Fl., 489.

Paktyer, V., 436.

Paktyes 503.

Palaetyros, St., 284. 357.

Palaestrina, Schale von 201 A.

Palmenkapitäl 103.

Palmyra 174 A. 175. 184 A. 344 A.

Pamphyler 246. 279. 406.

Panopolis, St., 58.

Panormus 280. 407.

PanreSnes 318 A.

Paphlagonen 249. 251. 253. 503.

Paphos, St., 191. 402.

Pappa, L., 374.

Papyraskapitäl 103.

Paqarachubuni, L., 339.

Paqrur, aeg. Fürst, 391. 392.

Panhu, Fürst von Südarabien, 218.

Parikanier, V., 437 A.

Par(?)naki, L., 389.

Pat(?)nun, St., 344.

Paropanisos, Geb., 420. 423. 436.

Parsua, L., 338. 341. 377. 385. 422.

437 A. 501 A. Parther 436. 511. 512. 514. Pasargadae, St., 435. 505. Pasargaden, Stamm, 437. 466. Tca'cacxoi 58 A. patesi, bab. T.tel, 134. 182. Patin, L., 287. 335. 336. 337. 367 A. Patus'arra, L., 389. Pe-ArÄeps, St., 260. Pe-Asar, St., 57. Pe-Bairis, St., 260. Pefdubast, aeg. K., 320. 351. Pehlewi 416.

Pekach, isr. K., 357 A. 369. 370. Pekaclya, isr. K., 357 A. 369. Pelusium 110. 384. 390. 469. 507.

Pentaur, Gedicht des 219 A. 231.

243 A. Pepi, aeg. K., 41. 69 A. 82 A. 83.

86. 87. 90. 94 A. Pepisenib 90 A. Persepolis 159. 466. Perser 30. 163. 248. 284. 406. 424

U. 8. W.

Perseus 266 A.

Pessinus, St., 253. 257 A. 399.

Pfau 187.

Pferd, Einführung des 210.

Pflanzensäulen 242.

PhaUus 409 A.

Phanes 507.

Phamaspes 507.

Phaseiis, St., 406.

Pha^is, Fl., 245.

Pheidon, K. von Argos, 489 A.

Phelles, K. von Tyros, 325 A.

Philistaea, Philister 177. 179 A. 266.

284. 289. 295. 298. 299. 341. 369,

373. 384. 464. Philo von Byblos 162. 190 A. 206. Phiops 88, 8. Pepi. Phoeniker 162. 190 ff. u. s. w. Phoenix 192 A. 257 A. Phokaea 407. 489. Phraortes, Vater des Dejokes, 4»J1.

Sohn des Dejokes, 462. 465, 512. 514.

Phryger, Phrygien 248. 250. 251.

252. 253. 255. 339. 405. 453 ff.

486 ff. Phül 123. 343 A. 367, s. Tiglat-

pileser 11. Pianchi, K. von Aethiopien, 315,

320. 350-353. Pidas, L., 232. Pimai, aeg. K., 320. Pinehas 296 A. Pinosem I., aeg. K., 315. II. 315,

III. 315. 318. Pisamilku 455 A. Pisebcha'nu, I., aeg. K., 315. II.

318. 319. Pisept, St.. 391. 392. Pisider 246. 251.

Pisiri, K. von KarkamiS, 367. 375, Pisistratos 487. Pitom, St., 237. Pitru, L., 275. Pittakos 488 A. Pnu'el 205. 290. 309. 311. 331.

640

Index.

Poeni 178 A. Polykrates 600. 507. 513. Polytünetos, Fl., 420. Porös, bab. K, 343 A. 371. Poruäaspa 446. 448. Priene 488. PronektoB, St., 193. Propheten 473. 474. 476. 478. 497. 501. Schriften der 167. 362. 368. Prostitution auf Cypem 208 A.

bei den Israeliten 310. in Lydien 257. bei den Syrern und Babyloniem 208.

npoaoiicov Ö^oö, Vorgebirge, 205.

?rotodoriäche Säule 73. 103. 242. ^rotothya«, Skythe, 463. Proverbien der Israeliten 168 A. Psalmen der Israeliten 168 A. Psammetich I. 31. 353. 390. 411. 455. 456. 457. 459. 464. 467. 468. 482. II. 468. 469. 495. 500.

m. 500 A. 507. Psemut, aeg. K., 352.

Ptah, G., 58. 60. 69. 94. 115. 238.

240. 242. 243. 318. Ptah-Sokar 92. Ptahhotep 46 A. 80. 81, PtahSepses, aeg.K., 46 A. 77. 81. 86. Pteria, St., 502. 503. Ptolemaeischer Kanon 126. 365. 371.

376 A. .381. 385 A. 480. 498.

510 A. Pudiel, ass. K.. 272. Punicum. St., 280. Punt, L.. 70. 96. 98. 178 A. 185.

187. 218. 220. 222. 230. 262. Puqüdu, V., 365. Piirsta, V.. 263. 264 A. 266. Purukuz(?)zi, L.. 272. Pu^urassur, ass. K., 271. 272 A. Pygmalion, K. von Tyros, 286.

325 A. Pyramiden 64. 91. Pyramos, Fl., 246. Pythagoras 456 A.

Q.

Qades, St.. 180. 184. 200. 201. 219.

220. 221. 232. 235. 287. Qades im Land Amur 233. Qahaq. V., 215 A. 234. 262. Qain, SUnim, 176 A. 289. 293. 296.

QaTat Sergha (AäSur) 181. Qana, Sculpturen von 199 A. Qaqemna, Aegypten, 81. Qarqar, Schlacht bei 836. 373. Qairaaden, L., 232. Qauämalaka, K. von £dom, 355 A. Qeb, G., 47. 56. 57. 82. 84. Qedi, L., 231. 246 A. 263. Qedreer, V., 389. 403. 457. 458.

460. 493. Qemt (Aegypten) 42. 110. Qenaz, Stanun, 289. Qir, L., 324. 369. Qiijatain, St, 322 A. yiä, Vater Saul*8, 296. QiSon, IX 290. 291. Qoseir, Hafen, 70. 262. Qui, L., 246 A. 336. 337. 374. 375.

377. 465. Qumanier, V., 274. Quma 224 A. Quti, Qutü, V., 272. 389. 457.

R.

Ra*, G., 47. 52. 55. 60. 66. 69. 74.

82. 84. 92. 115. 227. 238. Ra'-Horus 92.

Ra* Amenemha't. aeg. K.. 106 A. Rabba, St., 300. RÄ'dedef. aeg. K.. 64 A. 76 A. 77.

79 A. Raentui. aeg. K., 229 A. Ragae, Raghä, St., 418. 422. 436 A

439. 514. Ra Harmachis 55. 56 A. 69. 227. Rahel 291 A. Rahob. L., 300 A. Ra'hotep 72. 75. Rama, öt. , 296 A. Festung in

Gilead 321. 322. 324. 325. Rama'ka, aeg. Fürstin, 316 A. 318. Raman. G., 145. 152. 182. Ramänbaliddin, bab. K.. 272 A 1.

275. Ramän-idri, K.vonDamaskos, 323 A. Ramä.nnirä,ri I., ass. K., 272. IL

333. 343 A. III. 182. 341.

:342. 34;^ A. :345. 348. 349. 355 A.

356. 357. 395. 462. Ramänsunmäsir, bab. K. , 272 A.

275 A. Ramesseum 235. 242.

Index.

641

Ramses I. 41. 229 A. 233. 261 A. 315. IL 41. 112. 118. 180. 212. 214 A. 219 A. 225. 229 A. 230—242. 260. 261 A. 267. 274. 315. III. 190 A. 194. 230. 237. 241. 260—268. 279. 280. 315.

IV.— XII. 95 A. 268. 269. 315.

Ramsesnecht 269. Ramsesstadt. 240. * Rangha 436 A. Rannut, G., 58. RaiLsenib, aeg. K. 106. Raphia, St., 373. 390. Rasappa, St., 344. Ra Sebakhotep II. 106 A. RaSep, G., 205. Rasqenen 213, s. Taa. Rasunnu 357 A., s. Resön. Rebii. V., 43. 260. 262* h. Libyer. Rechmara', Grab des 198. 220. Rüdeste, Tempel von 241. Regebelos, bab. K., 385 A. Rehab'am, isr. K., 166. 308. 319.

325 A. R«ma\ja 369.

Rekabiten, Schule der 327. Remenen, L., 220. 233. Rephaiten 136. 179 A. Resen, St., 395 A. Reseph, St., 333 A. 344. Resön, K. von Damaskos, 307. 325 A.

357 A. 367. 369. Rhampsinit 267 A. Rbea 253. Rhodos 191. 192. 199 A. 203. 204.

252. 257 A. 279. 406. Rhossos, St., 190. Ribia, St., 482. 495. Richter 476. Buch der 295 A.

der Name, 295 A. 361. Riesenvölker Palaestinas 179. Rim-a-gam?-um, bab. K., 138 A. Rim-sin, bab. K., 138. 139. Rimusi, St., 344.

Risramän, bab. K., 133.

Rohanu, Steinbrüche von 70.

Roi 269.

Rosellini 32.

RöS Melqart, Vorgeb., 280.

Roug^, E. de, 32.

rpa' 46. 89. 90.

R'uben, Stamm, 290. 291.

Rudamon, aeg. K., 320 A. 382 A.

Meyer, Gescliiclite des Alterthums. L

Rufn, St., 71.

Ruka, V., 232. 260.

Rusä, K. von Armenien, 397.

Rutenu, L., 180. 194. 195. 203.

217. 219. 220. 230. 233. 263. Ryndakos, Fl., 252. 488.

s.

Saba, Sabaeer 185. 186. 187. 304.

370. 403. Sabaeißmus 173 A. §abaka 353, s. Sabako. Sabako, aeg. K., 47 A. 372. 373.

382. 384. 392. Öabataka, aeg, K. 353 A. :i82. Sabazios, G., 253. 257. Sahen 253.

Sab(?)manda, V., 453. Sabu, Aegypter, 86. Sachi, L., 393. Sadikanna, St., 276. Sadoq 477 A.

Sadudu, Fürst von Suchi, 3:H. Sadyattes, 1yd. K., 257. 454. 486.

487. .^agaraktial , bab. K., 121 A. 141.

271. 272 A. Sagartier 437. 483. 484. 512. 514. äagaSaltiburias, bab. K., 272 A. 275 A . Sagur, Fl., 275. Sahi, L., 180. 214 A. 217 A. Sahura*, aeg. K., 64 A. 78. 79 A.

470. Säi, Insel 95. Sais, St, 43. 58. 114 A. 320. :i51.

352. 353. 390. 455. 467. 469. 508. Saites, Hyksosk., 112 A. Saka, Saken, V., 424. 463. 465 A.

501. 512. SakariiSa, V., 260. 263. Sakasene, L., 465 A. Sakkari, V., 263. 264 A. Sakküt, G., 364.

Salamis, St. auf Cypeni, 192 A. 279. Salatis, Hyksosk., 112 A. äaDüm, isr. K., 356. 357 A. 482 A. Salmanassar 1., ass. K., 272. 277.

345. IL 323. 325. 333 A. 336.

337-341. 343 A. 344. 346. 354.

:)57. 365. 394. 397. 462. TU.

:342. :M3 A. 356. IV. 357 A.

371 A. 372. S. XX.

41

1

642

Index.

§almänchaman(?)ilani, K., 276. Saloino 168. 286. 287. 298 A. 301.

302. 307. 308. 310. 319. 403. Sama'al, L., 336. 337. Samaria 322 f. 328. 337. 356 A.

858. 368. 372. 373. 375. 377. 378. ^ 379. 460. 475. Sama§, G., 145. Samaämudammiq , bab. K. , 333.

343 A. §amma§6umuk!n, bab. K., 391. 457.

458. 459. §amgar, i«r. Fürst, 292. Sammuramat, asR. Königin, 341 A.

411 A. Saraos 407. 500. 507. 513. 8amothrake 192 A. Samsie , anib. Königin , 370. 375.

403. .^amsimuruna, St., 377. ftamäiramän I., ass. K., 182. 272 A.

277. - II. 182. 272 A. - III.

272 A. 275. IV. 340. :m A.

;^5.

Samsuiluna, bab. K., 139. Samuel 166. 295 A. 296 A. 312 A.

361. S'anchkara*, aeg. K., 96. 185. Sanchüiyathön 206. Sandaiar(?)mi, kilik. K. 393. Sandon , kilikischer Sonnengott,

246 A. 254. Sandu'arri, K., 389. S*anecht, aeg. K., 228. 229 A. Saneha, Memoiren des 98. 102.

180. 195. Sangara. St., 184. 187. 220. 236.

270. 276. Sangjirios, Fl., 251. 399. Sanheril) 123. 182. 272. 333 A. 356 A.

357. 372 A. 376. 377 A. 381—387.

389. 395. 397. 402. 406. 462. 472.

490. 496. Saniscbe Gaue 449. SaoHduchin457 A., s. Samassumukin. Sapalel. Cbetak. , 232. 233. vgl.

S. XVI A. 3. Sapalulmi. K. von Patin, 232 A.

336 A. Sapi-bel, St.. 456. Öapija. St.. 371. Sapela. Ebene, 266. .^a(?)piil, Festung, 236. Säpür II., Sassanide, 415.

Saqqara, Gräber von 37. 40. 64.

77. 78. 80. 86. Sar(?), Göttin der Alarodier, 247. SarakoB, ass. K.. 480. 481. Sarangen, Y., 436. Sarbüt el-Chädem 70. 75. Sardana, V., 194. 234. 260. 262.

263. 264. 317. Sardaiiapallos 386. 394. 480. 481. Sardea 252. 400. 413. 455. 488. 489.

503. 513. Sardinien, Sarden 194. 234. 280.

281. 407. Sarduri I., armen. K., 342. II.

342. 366. 373. III. 397. Sarepta, St, 190. ^57. 383. Sargen (I.) von Agade 121 A. 13.3.

137. 148. 183. 191. 377. Sargon (II.), ass. K., 181. 353. 357.

372— :J81. 386. 394. 397. 398.

402. 403. 460. 462. 490. 506. Sarhan, St., 214. 219. 46H. sarimische Gaue 449. §arludari von Tanis 391. Sarmaten 253 A. Sarön. Ebene, 190. 295. Saros, Fl., 246. 249. Sarrabänu, St., 365. äarrukinu 133, s. Sargon. Sartum. St.. 237. Saru, St., 110 A. 219. 230. 233. Säsipal, K. von Patin, 336 A. Saspeiren. V., 247 A. Sassaniden 414. 415. 416. 417. 418.

419. 436 A. 439 A. 440. 444. 447 A. 506. .^asu, V., 89 A. 108 A. 176 A. 180.

217. 233. 237. Satfima, K. von Nahaniin, 225. Sätet. G., 69. Sätet (Sati), L., 89 A. 96. 108,

180 A. Sattagydon, V., 437. 512. Saul 167. 296. 297. 306. 313 A. :m

331. 361. Sauromaten, V., 424. Scarabaeen 56. 106 A. 107 A.

Amenhotep'alll. 191. 201. 202. 223. 225. 276. Dhutmes' 111. 276.

Scheich el-Beled 72.

Schlangen in Aegy|>ten 60. 9'X

in Israel 310. l>ei den Ariern 430. 442.

Index.

643

cönig, Märchen vom

5g. K., 315. eUt, 306. 60. 92. 100 A. uf. aeg. K., 107 A. ) l.-IX. 105—108. ira*, aeg. Königin. 101.

:, St, 320.

., 136.

a'kaura*, St., 99.

*'» Aegyjiter, 78. aeg.

A.

58. 69. Tempel von 225. aeg. K., 106. bengb. 288. 300. :^5. 406 A. 60.

266 A. 411 A. 492. 505.

J8tung, 99. 100. 217 A.

48. :. K.. 49 A. 64 A. 74. irchitekt, 217. , 220. A.

{188. Königin, 353. 467. Projibet. 464. 473. 475. bene, 295.

aeg. K.. 77. 78. 79 A. ', aeg. K.. 79 A. von Memphis 243.

aeg. K., 229.

nnol. 192 A. , a«'g. K., 106.

aeg. K.. 79 A.

K., 79 A. ime Kamses' IL, 237 A. lt., 139 A.

aeg. K.. 316 A. 318.319. 1. 11. 320. III. . IV. 320. 352. )eri)riester, 316 A. ^. 237 A. 463 A. Ol A. 230 A. 237 A. 256.

'. 52. 55. 57. 59. 67. 94. 3 A. 212 ff. 232 A. 23«. 470.

Setamon, aeg. Fürstin, 217 A.

Sethos 884.

Seti I. 37. 41. 180. 194. 214 A.

220 A. 229 A. 230. 231. 23:^ ff.

289. 241. 242. 260. 261 A. 315.

317. II. 261. Setnecht, aeg. K., 261. Sexi, St., 281. Shotepabra' IL, aeg. K. , 106 A.

III. 106 A. Sibaniba, St., 344. Sibir, bab. K., 334. MS A. Sibittibaal, K. von Byblos, 367. Sibyllen 254. Sichern, St.. 179. 289. 291. 294.

304. 308. 309. 310. 331. Sichon, K. von Moab. 322. 325 A.

'SSO. Sicilien 194. 280. 281. 407. Side, St.. 406. Sidene, St., 487 A. Sidon 190. 260. 282 ff. 337. 341.

357. 383. :^9. 402. 407. 495. Sidqä, K. von Asqalon, 382. 384. Sidqyah, jüd. K., 494. 495. Sidnri, armen. K., 338. 342. Sigeon, St, 487. Sikajauvati. Burg, 511. Süen 251.

Silo, St., 291. 295. 309. Siloah-Inschrift 189 A. Silsilis, St.. 71. Sime'on. Stamm, 289. Sinwon 289. 295. Simtisitarchak, bab. K., V^b. Simyra, St., 190. 220. 357. 367.

373. 377. Sin. Mondgott, 130. 134. 145. 149.

186. 209. 345. 502. Sinai 163. 288. 309. 312. 327. 331.

361. Sinaihalbinsel 98. 1«0. 217. 288.

507. Sine'ar 136. 178. 330. Singasit, bab. K., l'M. Sin-idinnam. bab. K., 138. Sin-muballit, bab. K.. 139. Sinopc, St.*. 249. 253 A. 398. 406. ^ 453. 487. Sinuchta, L., 374. Sion 302. 473. 474. Sippar, St., 130. 133. 139. 141. 147.

274. 275 A. 339 A. 365. 377.

378. 492. 499. 504.

644

Index.

Siptah, aeg. K., 261.

Sipvlos 253. 255. 400.

Siqlaq, St.. 298.

Sirius 84.

Sisakan, L., 465 A.

Sisera, kan. K., 291.

Siut, Felsengräber von 107.

Sizana, St., 886 A.

Sizö, St.. 889.

Skamander. FL, 251.

Skoloten, V., 428. 424. 428. 452.

468. Skythen 258 A. 256 A. 424. 452 A.

468 ff. 473. 475. 481. 498. Smyma 281. 258 A. 409. 487. Sneferkara', aeg. K., 90 A. Snefru, aeg. K., 41. 49. 64 A. 71.

75. 79. 81. 84. 470. So an, St.. 110 A. 188, s. Tanis. Soba, St., 857, s. Süba. Sodom 186, 179 A. Sogden, Sogdiana 486. 505. Sokar, G., 58. 92. Solöb, Tempel von 225. Soli, St., 246 A. 406. Soloeis. St., 280. 407. Solon 4H8.

Solymer, V., 246. 252. Soma, Pflanze u. Trank, 427. 481.

489 A. Somali 4*) A.

Sonnensohcnbe, geflügelt^'. 201. 25.1. Sor 190, s. Tyros. Soris = Snefru 49 A. Sothi«. Stern. M. SothislMic.h 80. Spada, Funde von 204. Spanien 188. 194. 280. 281. Sparta 502. Sjihinx 160 A. 200. von (Üzc

49. 5.^. Staan, Hyksosk., 112 A. Steinbock als Verzicnmg 208. Steincult in Syrien 205 A. Stephin atcs, aeg. K., 890. Stcmdienst , babylonischer , 209.

parniHcher, 447 A. .Su. C;., 55. 58 A. 74. 84. Süa, K. von (tirzana, lV,\^. Sua«enra', aeg. K., 107 A. SiUa, St.. 287. 800. 807. Subari, V.. 272. Subnat, Fl., 274. 388. Suchi. L., 274. 8.38. 334. 389. Suchmi, L., 248.

Südarabien 185. 186. 188. 218. 283.

286. 355. 403. Südsemiten 172 A. Sündflathgeschichte :i30 A. Suez, Isthmus von 89. 469. Suffeten 285. 496. Sughdha, L., 436 A. Sulci, St., 174 A. 280. Sulüi, ass. K., 182. 272 A. Sumer, Sumerier 120. 129. 130. 134.

135. 136. 138. 139. 271 A. 272.

339. 365. 371. 381. 422. 428. Suna, St., 276. Süra, St, 276. 384. Surapu, Fl., 865. Surri. K. von Patin. 336 A. Sur(?)8in, bab. K., 138. Susa 129. 135. 136. 159. 256. .39(i.

456. 459. 460. 466. 507. Susiana 129 A. 161. 187. 396. 422.

466. 484. 501. 502. 506. 515. vgl.

Elymaeer. Sutech, G., s. Set. Suti, V., 272. Sutruknaehundi, K. von Elam. .376.

396. Suzub, bab. K., 385. 388. 457. Syene, St.. 71. Syennesis von Kilikien 465. sjTichronistische Geschieht« Assy- riens und Babyloniens 141. 270 A.

274. 849. Syrakus 407. Syrer, Syrien pasKini. Syros. Insel. 192 A. Syrt.(m 282.

T.

Taa J.-in., aeg. K., 218. 2U.

229 A. Taan, St., 820. Tabal, V.. 245. 249. :W7. 367. 87U.

874. 875. :^6. 898. 898. 456. Tal)iti, (}., 428.

Tabrinmion, K. von l)ania^ko.s. 825 A. tachis, Tachsi. L.. 180. 220. rafnut, G.. 58 A. Paharqa. aeg. K.. 820 A. IV)'; A.

882. 884. 390. 891. 892, Takelot I.. aeg. K.. 818 A. 820.

II. 820. Takhmaspäda 514.

Talmi, K. von OeiQr. 301.

Tamaaoa. St. 191.

Tammarit. E. \od El&m. 456. 458.

459. T&nunfli, G., 146. 308. 257. 310.

Tamnk. SL, »84.

Tanred, V.. 375.

Ta'nak, St., 289. 291. 302.

Tanen. G., 58.

Tunis. St., 29. 86. 100. 106. 110.

111. 183. 219. 240. 242. 269. 315.

316. 318. 3.W. 382 A. Tanis. L.. 232. Tantalos 256. 400. 409. THnat4?)aiTion . aeg. R., 382. 392.

467. Taocher, V., 245. Tapnrer. V., 422. Tarbi«. St., 395. Tareii'. L., 281. 283. 286. 407. TareoH 246 A. 258. 337. 386. 406 A. Tartessufl. f. Taräl*. Taimit, ß.. 139. 391. Tanrer, V., 452. TauroB, Geb.. 170. 231. 244, 24.').

249. 255. 367. 465. Telw«. Festung, 294. Teftiacht, aeg. K.. 361. 3-5.3. 390.

467. Tefcut. G.. 84.

Tehenu. V., 43. 2*3. 260. .'^18 A. TeÜTWs, pem. K., 466. 511. Teil MoqJani 112 A. Teil el Amama 227. Tel! eI-.rahü(liJB 240 A. Teil I<1 134. Tello 160. Telephos 256. Temchu. V.. 43. 262. Tena. V., 264. Tentremu, St.. 320. Tentyra. St. 55. Tenii, Scheich von 98. 195. Teredon, St, 493. Terenra', Aöp. K.. 107 A. Temi. a^R. K.. DO A. Teta. aeg. K.. 64 A. 74. 86 90. Tettaai. Festung. 97 A. TeHmtnun. K. von Klam, 456. 458. fenhi«. Kimmerier. 424. 453. 463. Teiithranien 252. 2.W. 405. 454. Thalex 486. 488 A. Thamanaeer. V., 437 A.

ThapgakoB. St.. 184 A. 493.

Tharros, St., 280.

Thaaofl 191 A. 193.

Theben 58. 60. 69. 91. 94. 97 213. 224. 240. 261. 315. 316. 3i 351. 353. 390. 391. 392. 469.

Theben in Boeotien 193.

lli«biseheKI>enGinTeut)iranien4f

Tbi.-mistfra 253 A.

ThhTii.. Insel. 193.

Thennodon. Fl., 24.5. 253 A. 39>

Thinie. St.. 48. 49.

Thot .58, 8. Dhoti.

Thraitauna 447.

■nimkien ■i.'.O. 4.S2. 453. 488.

■l'lirasjbulos von Milet 487.

ThiiB

1 342.

Thyner, V., 452.

Ti. Grab Jes 46 A. 80.

Tiamat, Drache 147.

Tibarener 245. 249. 253 A. 464.

465. Tibni, isr. K., 322. Tiglatpileser I. 123. 138 A. 182.

220 A. 247. 265. 268. 272—278,

287. :i:i3 :i8T 398. 401 A. 403,

n. ;5+3. 3.57. 3fi.5-372. 374.

375. 377. 378. 379. 380. 394. 397.

462. TigiTR passiin. Tili&ma 85. 'I'ii, Gemahlin de« Amenhotep III.,

22.''.. 227 Til-abnai. St„ 276. 339, ;140. Til-asur, St. 333 A. 389. Tilbari. St. 333. Tilbiireip. St. 336, Tilgarinimi, St, .386. Til(?)ie. St, 344. Tipsach. St.. 356. Tir«a. St. 322. 356. Tnt phoen. G.. 205. TomboB. St, 215. Tomyria 424 A. Torrheber. V.. 252. ToaorthroB. aeg. K.. 74. To'ii K von Pamät ;»1. TnimileiL. V 246, 2-52. 40.5. TriTfn. V 4.'.2. 455. Tripolis, phoen. St, 284. Tro«Ä. Troer, 251. 252. 254. 406.

454. 487 A. Tsakhr». L.. 436 A. Tiinvat, Brücke. 445.

()4*>

Tmli'x.

TSitrantakhma 483. 512. 514. Tiibaal, K. von Sidon, 388. Tubal, V., 404, 4öÖ, 8. Tabal. TuguHininep I., ass. K., 272. II.

3;^. 334. 343 A. Tum. G., 55. 58. 69. 84. 92. 93.

226. 227. Tunep, St.,' 180 A. 220. 221. 236. Tunrei, Tafel aus dem Grabe des

37. Türa. V., 424. Töran, Turanier, 210. 423. 424.

425. 438. 447. 449. 505. Turra. Steinbrüche von 100. TuruSa, V., 260. 263. TuniSpa, St., 366. tuöchan, St., 344. Tu6pä, St., 247. U2. Tutammu, K. von Kinalia, 367. Tut'anchamon, aeg. K., 198 A. 203.

229. 230. TyloH, Insel, 178. lyos 183. 190, 205. 237. 260. 281 ff.

290. 301. 323. 337. Ml. 357. 367.

370. 372 A. 377. 382. 383. 390.

394. 402. 404. 407. 496. tyrseniscbe Seeräuber 260. Tzanen, V., 245.

u.

Ualli, Mannaeerk., 393. Ifan, L., 180. Uasa§, V.. 263. Uassumii, K. von Tabal, 370. üaua, V., 43. 70. 99. 215. 222. Ilbcn-ra', aeg. K., 107 A. Üjük. Ruinen von 200 A. 255. Ukinzir, bab. K., 371. ükku, L., ;^6. 397. Uknfi, Fl., .365. ÜlluHun, Mannaeerk., 374. ünibagüa, Klyniaeor, 459. IJninian'alfbas, K. vonKlani, 459. 46(>. Uninian'igas, K. von P]laiii . 456. ^ 457. 458.

I'niiiianniinanu, K. von Elani, 385. IJmni el-'AwamUl. Sculptnren von

199 A. Un, Nomos. 97 A. üna, Aegypk'n. 46 A. 50 A. 63. 6S.

70 A. 8t) A. 87. Unas, aeg. K., 78. 79. 86. 90.

Unnut, G., 55.

Unqi, L., 367 A.

Ur, St., 129. 130. 134. 135. 138. U9.

151. 178 A. 457. 492. 499. Uraeu88chlange55. 199. :.01. 202.255. ürarlu. L., 247. 248. 338. 342. 366.

373. 374. 397. 465. Urasfu, L., 248.

Urdamani, aeg. K., 320 A. 382 A. Ur-ea, bab. K., 142. 161. Uria 303 A. 482.

ürmiasee 3;^. 338. 342. 344. 422. ürsä. armen. K., 373. 374. ürtaki. Elymaeer. 456. Uruk, St., 129. 130. 134. 137. 138.

146. 151. 459. 460. 492. Urvä, L., 436 A. ürzana, K., 374. Usaaugen 55.

Usahorsutent, Inschrift des 508 A. Usanata, St., 3:36 A. üsercheres, aeg. K., 78. Userenra, aeg. K., 78. 79 A. Userkaf, aeg, K., 78. User . . . ra^ aeg. K., 106 A. Usertesen I., aeg. K. . 97. 98. 99.

100. 101 A. II. 64 A. 99.

101 A. III. 99. 100. 101 A.

106. 223. 237 A. 240. 350. IJsit. G., 47.

üskaf, aeg. K., 61 A. 78. 79 A. üakara', aeg. K., H6, 90 A. Usu, St., 357. 460. Utier, V., 437 A. Utika, St., 281. 282. 283. 28«;. üvadHcha, L., 129 A.

V.

VahjazdäUi 512.

Vaikerta, L.. 436 A.

Vara 447.

Vama, L.. 436 A.

Varuna, (t., 441.

Veda 425. 427. 433. 435. 443 A.

Vehrkana. L., 436 A.

Vendidad 418. 436 A, 4^44.

Venusst^'ni 208 A. Astarte 200.

Verthraghna, G., 447.

Viudafni 514.

Vistaspa 415. 4:38. 447.

Viviina 5i:3.

Vivasvat 434.

Index.

647

imano, G., 441.

geses 415.

:ertafel, jabwisÜBche , 43 A.

iifc» .''-4ifrie8tercodex 177 A.

Mtai^iMO. 447.

II Mai^yte TiL 75. 78. 79. 86. 3 HanmiiaBH- ■• Hammämilt. i el 'A§ör 199 A. . Wansee, 247. 333. 335. 338.

2. 344.

ka, St., 134.

dand, babylonisches, 133. 272.

7 A.

X.

thos, derLyder, 250. 256.412.

3.

)phon's Cyropaedie 412 A.

. St., 108.

z.

FL, 141. 181. 247. 270. 272.

3. 274. 277. 333. 334. 338. :U0. 3. 377.

Zäban, St., 272. 340. ZÄbibö, Araberfürstin, 367. Zabu, bab. K., 139. Zagrosgebirge 129. 170. 366. 420.

457. 515. Zahi, L., 180. Zakaija, isr. K., 356. ZamamaSumiddin, bab. K., 272. Zamua, L., 333. 334. Zamzumiter, V., 179 A. Zarathuätra 1.35. 415 f. 438. 439.

446. 448. Zawijet el-Meitin 86. Zebul, Commandant von Sichern,

294. Zebuion, Stamm, 290. 291. Zela, St., 463. Zend 414. 416 A. Zerach, K., 320 A. Zet, aeg. K., 352. Zeus 193. 253. 254. 257. Zikarsin, bab. K., 135. 136 A. . . . zikjiriskun, ass. K., 480 A. Zikirtu, L., 374. Zimri, isr. K., 322. Zinn 281. Zirlaba, St., 134. Zopyros 411. Zoroaster, s. Zarathukra. Zoros, Gründer Karthago's, 282. Zuziten, V., 136.

-♦♦♦-

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Kizi'-hei'n, I)f'v.u->r irf.v,or<l'ii. Anfk'rrr.-^'.'if.^ f».'lilt «if? dem Fticlig<"l»rhi t< n an Gelegenheit, in lebendige Beziehung zu seinem Volke zu treten, lür das er doch schafft und strebt, dem er die durch emsige Arbeit gewonnene Ueberzcugung mitteilen will.

Eine Ton wissenschaftlichem Geiste getragene nnd doch popn- 18re Zeitschrift wird dazu beitragen, die notwendige Vermittlung swisclien beiden Teilen herzustellen, sie wird der Oberflächlichkeit und Leicifattertigkeit entgegentreten, welche sich hllufig unter dem Schlag- worte der FopulariULt breit macht, und wird auch einer allzuweitgehenden Einseitigkeit und. Abgeschlossenheit der Berufshistoriker steuern.

Die neue Zeitschrift wird sich vor Allem angelegen sein lassen, den historischen Essaj zu pflegen, welcher fQr Inhalt und Form der Aus- einandersetzung gleichmüssig Sorge tnlgt, sie wird ausserdem eine Sniiimlnug kürzerer Mitteilungen über die neueste Litteratur, über Entdeckungen, Funde, Kinrichtung und Wirksamkeit wissenschaftlicher Korporationen entlialten und durch ein, das letzte Heft jedes Jahrganges begleitendes, Personen- nnd Sachregister die Orientierung Über das behandelte Material erleichtem.

Eine gi'osse Zahl bewährter Schriftsteller hat dem Unternehmen thutfgc Mitwirkung zugesagt, aus allen deutschen Landen werden uns von Meistern und Jüngern der Geschichtschreibung Beiträge zugehen, die sich bei der gröbsten Verschiedenheit der Ansichten und Auffassungen doch in dem einen Ziele begegnen, ohne Yoreingcnommenheit dnroh politische oder religiöse Farteist«llung der Verbreitung der Wahr- heit XU dienen und der Nation, frei von SelbstgefBUigikeit , doch mit Jener Begeisterung, ohne welche alles geistige Lehen erstarrt, Bilder der Vergangenheit zu enti^erfen, in welchen die Menschen und ihre Handlungen so erscheinen, wie sie wlriclich gewesen sind* Der Freude und Genugthuung über die nationale "* 'iedergeburt unseres Volkes im neuen Kaiserreiche der Hohenzolleni wird die Zeitschrift offen Ausdruck geben, wo es gestattet erscheint, die Politik jedoch wird sie nur insofcrne in den Kreis ihrer Besprechung ziehen, als sie historisch geworden ist.

Wir haben den Preis der Zeitsdirift so niedrig wie irgend zulässig gestellt, um das Abonnement jedem zu ermöglichen, der an dem Unter- nehmen Gefallen findet; wir hoficn demselben die Sympathien aller dauernd erhalten zu können, welclie die Zeitschrift kennen zu lernen siph'^ die Mühe nehmen wollen. h

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STUTTGART, Januar 1S84.

J. (j. Cotta'sche Buchhandliiag. y

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^STÜTT(JART. Druck von (iebrüder Krön er.

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^ 1 ^