| GESCHICHTLICHE. DARSTELLUNG UNSERER KENNTNISSE UND MEINUNGEN N VON DEN P; KORALLENBAUTEN. INAUGURAL-DISSERTATION ZUR ” ERLANGUNG DER DOCTORWÜRDE DER HOHEN PHILOSOPHISCHEN FACULTÄT DER UNIVERSITÄT LEIPZIG VORGELEGT VON LEOPOLD BÖTTGER AUS MORITZBURG. Das EEE” ERST 7.7 NERBK OR LEIPZIG. 1890. T1; | WET | e Er (ESCHINTLIOHE. DARSTELLUNG ® en KENNTNISSE UND MEINUNGEN KORALLENBAUTEN 9 Be INAUGURAL-DISSERTATION ERLANGUNG DER DOCTORWÜRDE HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAGCULTÄT UNIVERSITÄT/ LEIPZIG VORGELEGT are! LEOPOLD, BÖTTGER (AUS MORITZBURG. LEIPZIG. 1890. a et e, We a ae: 5 Geschichtliche Darstellung unserer Kenntnisse und Meinungen von den Korallenbauten. Von Leopold Böttger. Einen Gegenstand der Natur einer historischen Unter- suchung unterwerfen, heisst den Beziehungen nachgehen, die sich zwischen ihm und dem Menschen im Laufe der Zeiten entwickelt haben. Infolge der doppelten Art unseres — Erkennens tritt der Mensch an einen Gegenstand in zwei- a facher Weise heran, indem er ihn sowohl mit seinem äussern als auch mit seinem innern Sinne betrachtet. Jener giebt ihm Aufschluss über das Sein, dieser über das Werden des betrachteten Objeets, der erstere verschafft ihm seine Kenntnisse, der letztere seine Meinung über den Gegen- stand. Diese beiden Anschauungsformen der Naturgegen- stände, die man die positive und die genetische nennen kann, laufen aber nicht unverbunden nebeneinander her, sondern die eine beeinflusst stetig die andere. Mit wachsen- der Verfeinerung der äussern Erfahrung verändert sich der Zustand der innern und dieser wirkt wieder auf die Be- trachtungsweise des äussern Sinnes ein. Die Entwicklung, welehe der Zustand der menschlichen Erfahrung oder mit andern Worten der unseres Selbstbewusstseins durchläuft, lässt drei Hauptabschnitte erkennen. Der ursprüngliche Zu- stand des menschlichen Bewusstseins ist der, in welchem der Mensch sein ganzes Thun von seinem Willen allein & abhängig fühlt und die ihn umgebenden Naturgegenstände mit einem dem seinen gleichen oder ähnlichen Geiste be- 1 2 Leopold Böttger: seelt denkt. Diese Art der Naturauffassung ist die ani- mistische genannt worden. So lange sie herrschend blieb, konnte die Kenntniss von den Naturgegenständen nur eine ganz oberflächliche sein, denn die nähere Betrachtung der Objecte musste aus Furcht vor dem in ihnen wohnenden rächenden Geiste verzögert werden. Hatte die reifende Erfahrung aber endlich das Unbegründete der animistischen Naturbe- trachtung dargethan, so konnte man der Natur unbefangener gegenübertreten und die Kenntniss der Objecte musste rasch gefördert werden. Die Naturauflassung wird infolge dessen jetzt zur theologischen, bei der man sich an Stelle der vielen Einheiten der animistischen Auffassung eine ein- zige denkt, die den einzelnen Naturgegenständen als Schöpfer gegenübertritt. Da sich auch in dieser Periode die gene- tische Form der Anschauung von vornherein in einem festen Geleise bewegt, so konnte sich auch das bis jetzt erreichte Maass unserer positiven Erfahrungen nur langsam ändern; denn der einzige Antrieb für den Menschen, seine Kennt- nisse zu vermehren, bildet allein noch ihre praktische Be- deutung. Nur ganz allmählich geht daher die dritte. Art der Naturauffassung aus ihr hervor, die causale Natur- betrachtung, welche für jeden Gegenstand eine sich bei allen Objecten nach denselben Gesetzen vollziehende Ent- wicklung postulirt, die uns seine Eigenschaften und Merk- male begreifen lehrt. In dieser Periode beginnt die wissen- schaftliche Beschäftigung mit den Gegenständen. Da die verschiedenen Arten der Naturauffassung zu gleichen Zeiten bei verschiedenen Völkern herrschend sein können, ja bei einem und demselben Volke gleichzeitig durch verschiedene Individuen vertreten werden, so werden für verschiedene Objecte die Zeitanfänge jener Perioden auseinanderfallen. In der Geschichte der Kenntnisse und Meinungen von den Korallenbauten beginnt die erste Periode mit dem Bekanntwerden des Menschen mit diesen Bauten, die zweite Periode muss ihren Anfang mit dem intensiven Betrieb der Schifffahrt genommen haben, die dritte wird durch die Beobachtungen eingeleitet, welche Reinhold Forster auf seiner Reise um die Welt in den Jahren 1772 — 1775 machte. Pe re 2 EL Er —s -_ ; x ar ir . BE N A u re 3 Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 3 I. Die animistische Auffassung der Korallenbauten. Suchen wir nach Zeugnissen für die animistische Auf- | fassung der Korallenbauten, so können wir solche, da die Korallenriffe erst später als eine selbständige Riffgruppe erkannt wurden, nur als Analogien zur Auffassung von Riffen überhaupt finden. Es ist nun eine bekannte That: sache, dass uns die Riffe in den Mythen der Kulturvölker, welche bis jetzt die einzige Quelle zu sein scheinen, aus der man für den vorliegenden Fall schöpfen kann, als See- ungethüme entgegentreten, die, sobald die Ebbe die Riff- fläche trocken legt, ihr gewaltiges Haupt aus dem Meere zu erheben scheinen, und wenn die Flut die Wellen an ihre Ufer treibt, so dass das Wasser hoch emporspritzt und ge- fährliche Wirbel erzeugt, ihren gähnenden Rachen aufsperren ' und alles zu verschlingen drohen. Eine solche Vorstellung \ Ba 2 f v > y. ... Pe» % E 7 den r musste sich bei Betrachtung eines Korallenriffs um so nach- drücklicher und überzeugender aufdrängen, als das Wasser um seine Ränder in fast nie ruhender Thätigkeit ist und seine Nähe für ein Schiff wegen seiner vielzackigen, aus 'widerstandsfähigem Fels bestehenden Köpfe sehr gefähr- lich werden kann. Wo die Riffe in den Sagen der Natur- oder Kulturvölker mit weiteren Aitributen lebender Wesen als die eben an- geführten ausgeschmückt sind, wie das z.B. beim Lurelei- felsen der Fall ist, scheint es sicher, dass wir nicht Er- zeugnisse ursprünglicher, allgemeiner Anschauungen, sondern die dichterische Phantasie Einzelner vor uns haben; hat doch die dichterische Thätigkeit so vielfach an der Aus- staltung einfacher Naturerscheinungen mitgewirkt. II. Geschichte unserer Kenntnisse von den Korallenbauten bis zum Jahre 1778. War endlich bei zunehmender Vertrautheit mit der Schifffahrt der Irrthum in der Auffassung der Riffe berich- tigt, war die anorganische Natur der Riffe erkannt, so musste man darauf bedacht sein, sich weitere Kenntnisse hei 4 . Leopold Böttger: von ihnen zu verschaffen, um sie eines Teils ihrer Gefähr- lichkeit zu entkleiden; man suchte daher ihre Ortslage und Ausdehnung festzustellen. Hie und da wurden jeden- falls auch Untersuchungen über die Tiefe des umgeben- den Wassers angestellt. In vielen Fällen, insbesondere bei den Riffen des hohen Meeres, blieb es allein bei einer Ortsbestimmung, die bei der Unzuverlässigkeit der Instru- mente und Methoden früherer Zeiten auch noch auf sehr schwankendem Grunde ruhte. Sehr viele dieser Beob- achtungen, die, wenn sie mit wissenschaftlicher Genauigkeit. ausgeführt worden wären, ein höchst schätzbares Material abgegeben hätten, sind vollständig unbrauchbar. An vielen Punkten, an denen ältere Karten Riffe aufweisen, oder an denen früher Seeleute Riffe beobachtet zu haben glaubten, hat man später keine Spur eines solchen gefunden, und in Gegenden des Meeres, die nach den Angaben verschiedener Seefahrer mit einer grösseren Anzahl von Riffen durchsetzt sein mussten, entdeckte eine eingehende Untersuchung nur eine geringe Zahl von Untiefen und Bänken.!) Auch die Ungenauigkeit der Einzelformen in den älteren Seekarten hat diese Anhäufung von Riffen und Inseln mit herbei- geführt. Ein weiterer Grund für das so oft erfolglose Suchen unserer Vermessungsschiffe ist in Luftspiegelungen gleich der fata morgana zu suchen, welche Riffe an Orten erscheinen lassen, wo in Wirklichkeit keine sind. Auch Täuschungen anderer Art sind mit im Spiel. So schreibt Corvettencapitän Plüddemann auf einer Fahrt in der Süd- see: „Am 28. bei Sonnenuntergang trat wiederum die Er- scheinung eines ausgedehnten Riffes mit gelblichgrünem Wasser und deutlich zu unterscheidenden mehrfachen Bran- dungslinien auf. Sämmtliche Officiere waren überzeugt, dass es wirklich ein Riff sei. Erst nachdem einige in Topp ge- sangen waren, erkannten sie die Augentäuschung. Solchen Erscheinungen sind vielleicht die mehrfach wiederkehrenden 1) Anmerkung. So lotete das englische Vermessungsschiff Egeria im Jahre 1889 vergeblich nach acht auf den Seekarten des grossen Oceans eingetragenen Untiefen. (Annalen der Hydrographie. 1889. S. 480.) | . | : Ein Kauffarteischiff unter Segel wird, sobald es eine solche Erscheinung bei dem dann stets schwach wehenden Winde bemerkt, machen, dass es aus der unheimlichen Nähe kommt und dem Spuk nicht zu Leibe gehen. Solchen Meldungen ist nur dann Glauben zu schenken, wenn ge- nügend Wind vorhanden war, um keine Stillenstreifen auf- kommen zu lassen.') -Da in früheren Jahrhunderten ausschliesslich Segel- schiffe in Gebrauch waren, so wird während dieser Zeit eine Controlle der Erscheinungen viel seltener vorgekommen sein als jetzt. Daher werden auch selten andere Beob- achtungen als die der Ortslage des Riffes gemacht. Wo es ‚dennoch geschieht, ist es die grosse Nähe des Riffes an der Küste und seine Lage in einem vielbesuchten Meeres- theil oder ein unfreiwilliger Aufenthalt auf dem Fels, welcher zu einer eingehenden Untersuchung veranlasste. Von diesen Untersuchungen blieben aber sicherlich viele unveröffent- licht, da man seinen Mitbewerbern im Handel nicht die Wege zu seinen Erfolgen zeigen wollte. So kommt es, dass wir trotz der zahlreichen und grossen Seefahrten, welche im 15. und 16. Jahrhundert unternommen wurden, nicht viel über unsern Gegenstand vernehmen. Es ist das eine um so auffälligere Thatsache, als das rothe Meer, welches schon im Alterthum einen wichtigen Handelsweg bildete und lebhaften Seeverkehr erzeugte, reichlich mit Korallenbauten ausgestattet ist. Aber weder scheint eine eingehende Beschreibung noch eine genaue Karte dieser Bauten aus dem Alterthum oder dem Mittelalter zu existiren. _ Wenn Plinius schreibt: „Rubrum (seil. mare) enim et totus Orientis oceanus refertus est sylvis,“2) so erfahren wir nur, dass die Riffe eine vielzackige, zerrissene Oberfläche auf- weisen. Erst aus dem Jahre 1540 haben wir eine gute Beschreibung des Fahrwassers, der Inseln und Riffe des rothen Meeres von Dom Juan de Castro, welchereine portu- 1) Annalen der Hydrographie. B. 14. $. 474, 2) Plinius, hist. nat. LXXXII ce. 2. 6 Leopold Böttger: giesische Flotte durch dieses Meer begleitete. Da mir nur ein Auszug!) seines Werkes zur Verfügung stand und dieser vielfach so mit Notizen des Herausgebers durchsetzt ist, dass man nicht unterscheiden kann, was von ihm und welche Beobachtungen von Dom Juan de Castro herstammen, so habe ich nicht viel mehr daraus entnehmen können, als dass de Castro die Haupteigenthümlichkeit der Riffe in jenem Meerestheil, einen schiffbaren Kanal mit dem Land einzuschliessen, erkannte. Die Anwesenheit von Korallen auf den Riffen fasste er jedoch wohl nur als eine Begleit- erscheinung, aber nicht als causa efficiens auf. Dasselbe gilt von Pyrard, welcher sich von 1601 — 1611 auf den Malediven aufhielt und der der erste zu sein scheint, welcher uns näher mit Koralleninseln und Riffinseln des offenen Meeres bekannt macht.2)?) Er schreibt über das Vorkommen von Korallen: „Man begegnet hier auch einer Menge von Zweigen einer grossen Koralle, die aber rau und porös ist,“ *) (nämlich im Gegensatz zur Edelkoralle). In seinem 1) Histoire generale des voyages. Tome I. Paris 1744. S.199. 2) Histoire generale des voyages. Tome VIII. Paris 1750. S. 242. 3) Dass schon vor Pyrard Beschreibungen von Atollen nach Europa gekommen sind, scheint mir aus der Beschreibung der Insel Utopia gefolgert werden zu können, die 'Thomas Morus in seiner Schrift „De optima statu rei publicae de que nova insula Utopia, Löwen“, 1516 giebt. Die Insel Utopia hat nach Morus die Gestalt eines Mondviertels, dessen Hörner ungefähr 1100 Schritte weit ent- “ fernt sind. „Dies ungeheure Bassin,“ heisst es weiter (Utopia von Thomas Morus, Deutsch von Hermann Kothe, Universalbibliothek von Reclam, No. 513 u. 514, $8. 55) „wird vom Meere ausgefüllt; die dasselbe amphitheatralisch begrenzenden Länder brechen hier die Wuth der Winde, besänftigen die empörte Woge und geben dieser grossen Wassermasse den Anschein eines ruhigen Sees. Dieser aus- gehöhlte Theil der Insel gleicht einem einzigen, äusserst geräumigen und von allen Seiten zugänglichen Hafen. Die Einfahrt in den Meer- busen ist wegen der Sandbänke auf der einen und der Klippe auf der andern Seite gefährlich. In der Mitte erhebt sich ein Felsen, der in bedeutender Ferne gesehen wird und deshalb durchaus unschäd- lich ist. Andere unter dem Wasser verborgene Felsen legen den Schiffen unvermeidliche Schlingen. Nur die Eingeborenen kennen die fahrbaren Stellen. — Traditionen zufolge, die übrigens in der geo- graphischen Gestalt des Landes vollkommen Bestätigung erhalten, war dasselbe nicht immer eine Insel.“ ' 4) a. a. 0. . _ @eschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 7 Berichte zeigt er, dass er alle characteristischen Merkmale der Riffe des offenen Meeres richtig erfasst hat. Er be- Be: richtet: „Sie (die Malediven) sind in 13 Provinzen getheilt, _ welehe man Atolle (Atollon im französischen Original) nennt, welche Theilung das Werk der Natur ist, denn jedes Atoll ist vom andern getrennt und enthält selbst eine Anzahl Inseln. Es ist ein wunderbarer Anblick, jedes Atoll von einer Steinbank umgeben zu sehen. Sie sind beinahe rund oder von ovaler Figur und sind von einander durch mehr oder weniger breite Kanäle getrennt. Das Wasser innerhalb jedes Atolls ist bis zu 20 Brassen (48,72 m) tief. Die Oeffnungen durch das Riff sind nicht sehr gross und jede ist von zwei Inseln begleitet.') Das Wasser läuft in ihnen sehr schnell.“ Das Wasser in der Lagune schildert er richtig als klar, so dass man den sandigen und steinigen Grund sieht. Doch befinden sich in ihm eine grosse Menge Untiefen, welche der Schifffahrt hinderlich sind und sie sehr gefährlich machen. Die Tiefe der Kanäle soll nach ihm so gering sein, dass man während der Ebbe von einer Insel zur andern, ja von einem Atoll zum andern gehen kann und „die Einwohner“, fügt Pyrard hinzu, „würden keine Schiffe nöthig haben, um sich zu bee wenn sie nicht menschenfressende Fische und die Snikaeit scharfen schneidenden Felsen fürchteten.“ Die Angabe über die geringe Tiefe der die einzelnen Inseln eines Atolls schei- denden Kanäle widerspricht für die meisten den heutigen Zuständen. Noch viel weniger ist die gleiche Angabe für die Kanäle zwischen den einzelnen Atollen mit unserer - Kenntniss von den Tiefenverhältnissen im Maledivenarchipel in Einklang zu bringen, da sie Tiefen bis zu mehreren Hunderten von Metern aufweisen. Entspräche Pyrards An- gabe wirklich den damaligen Zuständen, so müsste eine ganz beträchtliche Niveauveränderung stattgefunden haben, 1) Die letzte Bemerkung ist in dieser allgemeinen Fassung ent- schieden nicht richtig, obgleich die erwähnte Erscheinung eine weit verbreitete und sicherlich mit der Entstehung der Riffinseln in Zu- sammenhang zu bringen ist. Vergleiche hierzu Hoffmann, „Wahr- nehmungen an einigen Korallenriffen der Südsee.“ Verh. d. Berl. Ges. f. Erdk. B. IX. 1882, S. 229, 8 Leopold Böttger: was aber nicht gut anzunehmen ist, da dann die Inseln kaum noch über Wasser stehen könnten, denn es würde ein Wachsthum der Korallenthiere voraussetzen, welches jedes bis jetzt Beobachtete weit überträfe.. Aber selbst die Möglichkeit eines solchen raschen Wachsthums zugegeben, so würde doch die Inselbildung nicht mit ihm haben Schritt halten können. Noch an einer anderen Stelle macht Pyrard eine mit den Thatsachen in Widerspruch stehende Angabe, indem er bemerkt, dass jedes Atoll vier nach den Richtungen des Windes angeordnete Oeffnungen habe. Zutreffend dagegen sind seine Bemerkungen über die Veränderlichkeit der Inseln. „Ein grosser Theil dessen, was mit dem Namen Insel belegt wird, sind nur kleine Sandflecken, welche die Strömungen und Hochfluthen jeder- zeit benagen und davontragen. Sie stehen zur Fluthzeit theilweise unter Wasser und sind unbewohnt.“ ?) Diese Mittheilungen über die Beweglichkeit der Ko- rallenriffe sind um so interessanter, als man dieser Er- scheinung erst in neuerer Zeit wieder Aufmerksamkeit geschenkt hat, sie gleichsam wieder neu entdeckte und ihren Einfluss auf unsere Anschauungen über die Bildung der Korallenriffe und -inseln erkannte. Pyrard ist übrigens nicht der erste, der uns davon Nachricht bringt. In einer indischen Handschrift, deren Entstehung vor das Jahr 1500 gesetzt wird, befindet sich eine Stelle von dem alten Geo- graphen Biruni,?) welche denselben Vorgang von den Inseln der Laccadiven und der ganzen südlich davon ge- legenen Reihe beschreibt. „Les unes viennent de naitre; elles apparaissent sous la forme de monceaux de sable, qui grosissent, s’etendent et s’agglomerent en terres solides, tandisque d’autres s’ebranlent, se decomposent et se fondent peu & peu dans la mer. Quand les habitants s’apercoivent de l’insecurite du sol, qui les porte, ils se retirent dans quelque ile en voie de croissance, ils y transportent leurs eocotiers, leur palmier, leurs grains et leurs ustentiles et y etablissent leurs demeures. 1). 4.8.0; 2) Journal asiatique, Ser. 4. Bd. 4 8. 265. Unsicherheit in der Schätzung der Zahl der Inseln ent- standen sein soll, aber wenn schon der Bericht des Biruni recht sagenhaft klingt und sicherlich keine eigenen Beob- An r ke = achtungen ihm zu Grunde liegen, so wird man in Rück- sieht auf die über die Veränderlichkeit der Inseln an zahl- reichen anderen Atollen gemachten Wahrnehmungen immer- hin annehmen dürfen, dass er nicht allein ein Erzeugniss der Phantasie ist, sondern auf Thatsachen ruht.?) So waren bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts die beiden "Hauptformen, in welchen Korallenriffe auftreten, beschrieben und auch die ihnen characteristischen Merkmale den Be- ‘obachtern aufgefallen und hervorgehoben, nämlich das beiden gemeinsame Merkmal besonderer Gefährlichkeit für die Schifffahrt wegen der spitzzackigen, aus hartem wider- ‚standsfähigem Gestein gebildeten Ränder, sowie die lineare "Anordnung der einen und die fast ringförmige der andern _Riffe; aber doch war es noch nicht klar zum Bewusstsein gekommen, dass man in diesen Riffen selbständige Rif- formen vor sich hatte, welche einen ihnen eigenthümlichen Weg der Entwickelung zurückgelegt hatten. Am ersten musste diese Erkenntniss an den Atollen gewonnen werden, deren ringförmige Gestalt bei allen, die sie sehen, gerechtes Erstaunen hervorruft. Auch Pyrard erschienen die Atolle, _ wie schon oben bemerkt, als ein höchst wunderbares Werk der Natur und bei ihm finden wir auch den ersten Ver- such, wenn auch nicht die characteristische Gestalt, aber 1) Elisee Reclus. Vol. 8. S. 615. 2) Woods Angaben, welche ich hier folgen lasse, sprechen aller- dings für die Ansicht von Reclus. „They (die Eingeborenen der Laccadiven) denied,“ schreibt Wood, „to have been ever remarked ‘any change in the general features of any single islet or even heard of their being at any period in a less forward stage of formation that appear at present, nor could I discover any tradition among which would lend even a colouring to this supposition (Journal of Geogr. 'Soe. London 1836). Birunis Bericht bezieht sich jedoch nicht allein auf die Laccadiven, sondern auf die ganze Atollreihe südlich von Indien. 10 Leopold Böttger: doch die Entstehung der Maledivenatolle im Allgemeinen zu erklären. „Es sind viele Anzeigen vorhanden,“ so schreibt er, „dass alle diese Inseln auf einer grossen Steinbank stehen, so dass man denken möchte, dass es eine einzige Insel war, welche die Gewalt der Fluthen zer- schnitten hat.“!) So bedeutungslos dieser Erklärungsversuch auch :-er- scheint, so müssen wir uns doch vergegenwärtigen, dass er, so lange die Betheiligung der Korallen am Aufbau dieser- Riffe noch nicht richtig erkannt war, von vorn herein ein unzulänglicher sein musste. Auch hat sich derselbe Ge- danke, selbst in unserm Jahrhundert, als man schon eine ziemlich gute Kenntniss von der Natur der Korallenriffe hatte, wieder geltend zu machen versucht.) Die früheste Bemerkung über das Auftreten der Ko- rallen als Felsmassen findet sich bei Linschoten®) in dem Jahre 1638. Ehrenberg*) theilt uns mit, dass Linschoten die Bassas de India zum grössten Theil aus „pierre de corail“ zusammengesetzt hält und auch Korallenfels von der Küste von Madagaskar erwähnt. Ehrenberg bemerkt hierzu, dass aus der einfachen Form, in welcher diese Mittheilung geschieht, fast hervorgehe, dass schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts der Name Korallenfelsen für Klippen des Südmeeres bei den Schiffern in gewöhnlichem Gebrauch gewesen ist, obschon er selbst keinen weiteren Beleg dafür zu geben vermöge. Der Umstand, dass Pyrard, wie oben gezeigt, über die Anwesenheit von Korallen nur ganz obenhin eine Bemerkung macht, ohne von Korallen- fels zu reden, scheint dieser Annahme nicht günstig zu sein. In die Gelehrtenwelt ist der Ausdruck Korallenfels sicherlich erst viel später gedrungen, denn la Croix kennt ihn in seiner Geographia universalis aus dem Jahre 1677 noch nicht. Im andern Falle würden sich wohl auch aus 1) Histoire generale des voyages. T. VIIL S. 242. 2) Wilkes in Narrative of the U. St. Exploring Expedition. B. 4. S. 268. 3) Histoire de la vavigation de Linschot. 1638. 4) Abhandl. der Acad. d. Wissensch. z. Berlin 1832. Theil I. Gedruckt 1834. S. 394. ER ER RE Zur Nu P?’® Er Fo < RN r n | > % ' Beiehthiche Darstellung etc. von den Korallenbauten. it: Age eh 17. Jahrhundert noch andere Zeugnisse beibringen dr lassen, aber die nächste Bemerkung zu diesem Gegenstand BRsst sich, soviel bis jetzt bekannt, erst im Jahre 1702. Allerdings tritt die Erkenntniss von der selbstthätigen Bildung von Fels von Seiten der Korallenthiere dann auch viel be- stimmter und klarer auf. Strachan sagt nämlich: „Es wachsen zwischen den Korallenthieren immer neue auf, bis dass es an Dicke einem Felsen gleicht.“ !) Das späte Erkennen der felsbildenden Thätigkeit der Korallenthiere, insbesondere das so späte Eindringen dieser Erkenntniss in die wissenschaftlich gebildeten Kreise er- erklärt sich leicht daraus, dass man bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts die Korallenthiere für pflanzliche Gebilde hielt. Man kannte damals noch kein Beispiel dafür, dass sich Pflanzen am Aufbau der Erdoberfläche betheiligen und von den Korallen konnte man dies um so weniger annehmen, als die weitverbreitete und schon von den Alten vertretene Anschauung herrschte, dass die Koralle erst ausserhalb des Wassers ihre steinharte Beschaffenheit an- nimmt, eine Anschauung, deren Grundlosigkeit darzuthun, Ehrenberg?) noch im Jahre 1832 für nothwendig hielt. Was für einen Eindruck der Anblick der die Riffe bildenden Korallen auf den Beschauer damals machte, das geht recht deutlich aus den schon oft angeführten?) Worten hervor, die Thomas Shaw, welcher im Jahre 1821 die Halbinsel Sinai besuchte, dem Riffbilde widmet. Er bemerkt,‘) „das, was der Botanik an den Küsten Arabiens an den Klassen der Landpflanzen mangelt, ist reichlich durch Seepflanzen ersetzt, indem es vielleicht keinen Ort der Erde weiter giebt, der so reichliche Mengen davon enthält, als der Hafen von Tor,“ und er beschreibt dann die Korallen als Bäume, Sträucher und Seepilze mit Wurzeln und Blättern. Erst nachdem Peysonnel im Jahre 1727 und nach ihm mit mehr Eat ” ö bi er ba ws 1) Strachan, in Philosophical Transactions. Vol. 23. 1702. S. 1248. S. auch Ehrenberg a. a. 0. 2) Abh. d. Akad. a. a. O. 3) a. a. 0. S. 381, auch Ritter, Erdkunde B. 16. S. 466. 4) Shaw, Voyage, 'Traduction frangaise. T. II. p. 85. 12 Leopold Böttger: Erfolg Jussieu (1741), Guettard'!) (1742) und Donati (1753) 2) festgestellt hatten, dass die Korallen dem Thierreiche zu- zuweisen sind,?) waren alle Hindernisse beseitigt, welche die Vertreter der selbstthätigen Felsbildung der Korallen fanden. Rasch gewannen dann auch ihre Ansichten von der Riffbildung Boden, wie aus den Berichten von Peter Forskal,*) welcher im Jahre 1742 mit Niebuhr das rothe Meer als Zoologe und Botaniker besuchte, hervorgeht. War der Gedanke von der Felsbildung der Korallen einmal in seiner ganzen Tragweite erfasst, so musste man die Riffe mit ganz andern Augen ansehen, und ihre Be- trachtung musste eine grosse Anzahl Fragen hervorlocken, die vorher unmöglich gewesen waren, besonders Fragen über die Wachsthumsverhältnisse der Thiere, über die Art ihrer Vermehrung, über das Wachsthunı der Riffe selbst, über ihre Mächtigkeit und ihre Verbreitung. Einige dieser Fragen sucht denn auch Forskal zu beantworten. So schreibt er über die Grösse der Korallenstöcke: „Usque ad decem Orgyas vidi haec saxa surgentia‘‘.5) An einer andern Stelle heisst es: „Montes coralliferi ab urbe Tor usque ad Ghonfadam ripas muniunt sub marinas densissime, post hane urbem versus meridiem rariores evadunt (an desinant plane, nescio), ita ut nautae quandumvis timidi et inexperfti jam securis navigent velis nocturno quoque tempore. Suensia littora neseiunt corallia“. In diesen Worten schil- dert er, wie schon Ehrenberg hervorhebt,®) die allgemeine Verbreitung und die Erscheinung der Korallenriffe im rothen Meere in völlig zutreffender Weise. 1) Die ersten Andeutungen der Thiernatur der Korallen (Polypen) fallen übrigens in eine weit frühere Zeit. Vergl. Rondelet: Universal aquat. historiae pars altera. 1555. S. 133. Conr. Gesner, (Historia animalium. Lib. IV. 1558. S. 438, 818, 1066.) Imperato, Historia naturale de ferrante imperato napolitano. 1590. S. 117. 2) Leuckart, „Die Zoophyten,“ im Archiv für Naturgeschichte 1875. 3) Donati, Della storia naturale mari dell. Adriatico. Venez. 1753. 4) Peter Forskal. Descriptio animalium, 1775. S. 132. 5) a.a. 0. p. XXIZX. 6) Abh. der Academie der Wissensch. zu Berlin 1832. Gedruckt 1834. T. I. S. 402. - sole Ein tieferes Verständniss der Gestaltsverhältnisse der Riffe hätte auch nur auf Grund der biologischen Eigen- thümlichkeiten der Korallenthiere gewonnen werden können, IT mit Zuhilfenahme geologischer und maritimer er ' welche fast alle gänzlich ausserhalb der Forschungsrichtung dieser Zeit lagen. Daher bringen uns auch die grossen Weltumsegelungen der damaligen Zeit, die von Byron, _ WallisundBougainville wenig mehr von den vielen Riffen des indischen und grossen Oceans als Allgemeines über ihre Erseheinung und Verbreitung. Freilich ein so ein- seitiges Interesse wie in dem vorhergegangenen Zeitalter bringt man den Riffen nieht mehr entgegen, musste doch die Ringform der Atolle jetzt um Vieles mehr an Be- wunderuug gewinnen, insbesondere da es nicht mehr Aben- S% teurer waren, wie so vielfach im 16. und 17. Jahrhundert, die an der Spitze der Entdeckungsexpeditionen standen, sondern hochgebildete Männer. So offen die Augen aber auch den Erscheinungen auf dem Riffe folgten, so konnten = ‚sie doch nicht das finden, was nur ein längerer Aufenthalt auf Ihnen zu erschliessen vermag. Die Flüchtigkeit, mit welcher alles an ihnen vorüberzog, die grosse Mannigfaltigkeit der = ‚Eindrücke, welche eine Erforschungsreise durch weite Strecken der Erdoberfläche mit sich bringt, alles das war mehr einer Stoffsammlung, als Verarbeitung günstig und musste die Blicke mehr auf das Allgemeine, als auf das E Specielle lenken. Wir vernehmen daher jetzt nur, dass das, was Pyrard von den Malediven berichtet, die Charactere einer weit- verbreiteten Inselgattung Bad die ihre Vertreter fast in allen heissen Gegenden findet, ferner dass eines ihrer Hauptmerkmale in ihrer Niedrigkeit und geringen Aus- dehnung besteht, dass fast alle Riffe beinahe senkrecht wie | eine Mauer aus einer unergründlichen Tiefe aufsteigen, bei Fluth in geringer Tiefe unter dem Kegel des Wassers 14 Leopold Böttger: liegen, bei Ebbe aber eine breite, trockene Fläche dar- stellen. Nirgends jedoch begegnet man in dieser Zeit einem Versuch, die Form der Riffe zu erklären. Der erste nach Pyrard, der uns mit einem solchen bekaunt macht, ist Reinhold Forster, !) der wissenschaftliche Begleiter Cooks auf seiner zweiten Reise um die Welt in den Jahren 1772—1775. Forster ist auch der erste, welcher die Korallen- bauten systematisch untersucht und einer wissenschaftlichen Betrachtung unterwirft. 2) Damit führt uns Forster in die dritte Periode der Ge- schichte unserer Kenntnisse von den Korallenbauten ein. III. Geschichte unserer Kenntnisse von den Korallenbauten vom Jahre 1778 bis zum Jahre 1837. Im Jahe 1778 erschienen Forsters Observations made duringavoyage round the world, worin der berühmte Reisende seine Ansichten über die Korallenbauten niedergelegt hat. Forster spricht zum ersten Male klar und deutlich aus, dass die Korallenbauten auf die heisse Zone beschränkt sind und fasst jene Grenzen als die ihrer Lebensbedingungen auf.) Was er über die äussere Erscheinung der Korallen- inseln mittheilt, enthält nichts Neues, um so bemerkens- werther aber sind seine Bemerkungen über die Entstehung der Riffe und Riffinseln. „Das Riff,“ schreibt er,‘) „wird von den Lithophytenwürmern bis auf eine geringe Distanz von der Oberfläche des Meeres auferbaut. Die Wellen des Meeres spülen nach und nach allerhand Muscheln, Tang, 1) Johann Reinhold Forsters „Observations made during a voyage round the world“ erschienen als der dritte Band zu Cooks zweiter Reise, Von seinem Sohne Georg Forster wurde das Werk deutsch herausgegeben unter dem Titel: ‚Johann Reinhold Forsters Bemerkungen auf seiner Reise um die Welt. 1783. 2) Forsters Beobachtungen an Korallenriffen sind zusammen- gestellt und richtig gewürdigt von Rittauin Joh. Rittau: Joh. Forsters Bemerkungen auf seiner Reise um die Welt. Programm des Gym- nasiums zu Hanau 1881. 3) Rittau, a. a. 0. 8. 6. 4) Joh. R. Forsters Bemerkungen auf seiner Reise um die Welt. Herausgegeben von G. Forster. 8. 127. = NEN Eur, IF _ _Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 15 ER Eeallonstficke, Sand und dergleichen auf diese neu erbaute Br: "Mauer, welche, durch alle diese Zusätze erhöht, zuletzt E aus dem Wasser hervorsteigt. Noch fährt die See fort, neue feste Theilchen aufzuwerfen und führt, wenn es nicht ein Vogel thut, die Samen der StrandEränter dahin. Das Waehsthum, die Fortpflanzung, das Absterben dieser orga- nischen Körper giebt endlich einen Vorrath von Pflanzen- erde, und nun fehlt es nur noch an einem glücklichen Zufall, der eine Kokosnuss herschwemmt, welche bekannt- lieh ihre vegetirende Kraft sehr lange behält und in jeder ‘ Art des Bodens Wurzel schlägt. Auf diese Art können wir uns die allmähliche Entwieklung der schönsten Palmen- - wälder auf allen niedrigen Eilanden denken.“ Alle neueren Beobachtungen haben diese Darstellung nur ergänzen können. Die Form der Atolle, die Forster zirkelförmig nennt, erklärt er in folgenden Worten.) „Die Würmer, welche ' das Riff erbauen, scheinen den Trieb zu haben, ihre Be- hausung vor der Macht des Windes und des ungestümen Meeres zu sichern. Daher legen sie ihre Korallenfelsen in heisse Erdstriche, wo der Wind mehrentheils immer aus derselben Gegend weht, dergestalt an, dass sie gleichsam - eine kreisförmige Mauer bilden und einen See vom übrigen Meere absondern, wo keine häufige Bewegung stattfindet und der polypenartige Wurm eine ruhige Wohnung erhält.“ Dabei war Forster der Ansicht, dass die Korallen vom Boden des Meeres aus bauten. Dies zusammen mit dem den Korallen in den oben angeführten Worten beigelegten Streben nach einem vertikalen Wachsthum erklärte ihm den steilen Absturz der Riffe; denn dann werden die Inseln „gleichsam auf einem Stile stehen“.2) Forster ist auch der erste, welcher die Hebung eines Landes nach der Höhe der Korallen-Inseln und -Riffe bestimmt.) Alle Beobachtungen Forsters haben sich als zutreffend erwiesen, aber was der geistreiche Mann über die Atoll- bildung sagt, hat man nicht anerkennen können. „Es ist 1) Forster a. a. 0. S. 128. 2) Forster a. a. O. 8. 125. 3) Rittau a. a. O. S. 33. 16 Leopold Böttger: eine unhaltbare Meinung,“ sagt Du Bois Reymond,!) „weil erfahrungsmässig diese Thiere nicht in grossen Tiefen leben, weil es naturwidrig wäre, dass eine grosse Anzahl verschiedener Gattungen, wie sie in den Korallenbauten vorkommen, zu gemeinsamen Zwecke sich verbinden, weil gerade in der Lagune die Korallenthiere nicht gedeihen, endlich weil bei dieser Erklärung die Beschränkung der Atolle auf gewisse Regionen unbegreiflich bliebe.“ Der letzte Einwurf ist in so fern nicht ganz gerechtfertigt als Forster die Koralleninseln als „unter Wasser liegende Ge- birgsketten, deren Gipfel hervorragen,“?) auffasste, ihre Lage demnach für ursprünglich, aber nicht von den Lebens- bedingungen der Thiere abhängig hielt. Auf den Wider- spruch, in dem sich Forster hierzu mit seiner Ansicht, dass die -Korallenthiere vom Grunde des Meeres aufbauen, be- findet, machen schon Quoy und Gaimard aufmerksam.) ‘ Was wir von Forster über die Korallenbauten erfahren, sind im Wesentlichen die Hauptzüge ihrer äusseren Er- scheinung und ihrer Bildung, ist das, was sich einem klaren, mit wissenschaftlichem Geiste forschenden Auge bei einer Reise, wie sie Forster unternahm und bei den ge- ringen Hilfsmitteln, die ihm zu Gebote standen, aufdrängen musste. Das weite Feld der Hydrographie, das Wissen- schaftsgebiet, aus dem wir heutzutage soviel zur Beurtheilung unseres Gegenstandes schöpfen, war damals so gut wie gar nicht angebaut. So hatte Forster zum Beispiel noch ganz unvollkommene Kenntnisse der Tiefseetemperaturen. Aus wenigen höchst unzulänglichen Versuchen schloss er, dass in den Tropen zwar die Temperatur des Wassers in der Tiefe kühler sei, als an der Oberfläche, in den höhern Breiten aber theils wärmere Schichten mit kälteren wech- selten, theils die Wasserwärme constant bliebe.) Der nächste nach Forster, der unsere Kenntnisse über die Koralleninseln und ihre Bildung bereichert, ist 1) Sitzungsberichte der künigl. Acad. d. Wiss. zu Berlin. 1889. S. 688. 2) Forster a. a. 0. S. 21. 3) Annales des sciences naturelles. T. VI. 1825. S. 286. 4) Forster a. a. 0. 8. 32. z Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 17 mes Cook,!) der grosse Seefahrer. Von ihm erfahren - dass in der Gelehrtenwelt der damaligen Zeit die An- sichten über die Herkunft der Koralleninseln sehr ausein- _ andergingen. In der Beschreibung seiner dritten Reise, welche aus seinen Tagebüchern zusammengestellt ist und im Jahre 1785 erschien, schreibt er: ‚Die Gelehrten, welche die Bildung der verschiedenen Weltgegenden zu erklären suchen, sind über den Ursprung der niedrigen Inseln nicht einig. Die einen meinen, dass sie einst vereinigt gewesen seien und ein höher gelegenes Land ausgemacht haben, 2 welches in Folge von Erdrevolutionen theilweise vom Meere m verschlungen worden sei und dessen höhere Theile, welche sieh noch aus dem Wasser erheben, ebenfalls eines Tages verschwinden würden. Andere Gelehrte sind der Meinung, dass sie durch Erderschütterungen hervorgebracht worden _ und Wirkungen von innern Convulsionen des Erdballs seien. Eine dritte Ansicht, welche mir die wahrscheinlichste ist, E sieht in ihnen Untiefen oder Korallenbänke (des bas fonds ou des bancs de corail), welche allmählich wachsen.‘ ?) Cook hält dann den beiden ersten Hypothesen entgegen, dass die niedrigen Inseln nur eine dünne Schicht Acker- - krume aufweisen, was ein Beweis ihres geringen Alters sei und woraus gefolgert werden müsse, dass sie nicht die Reste einer grösseren Insel sein könnten. Beide Annahmen ver- langten auch grosse Landflächen und zwar aus primitiven Gesteinen, während die Inseln doch alle sehr klein wären und aus Sedimentgesteinen beständen. Wenn Cook die niedrigen Inseln für Korallenbänke hält, die nur durch ein allmähliches Wachsthum die Oberfläche des Wassers erreichen, so schliesst er sich Forster an, so- weit er sie aber aus Untiefen — des bas fonds, worunter er wahrscheinlich Sandbänke meint, die durch Anschwemmung - dem Meere entsteigen — entstehen lässt, vertritt er eine selbständige Ansieht.3) Ueber die Bildung der Insel auf dem Riff spricht sich Cook nirgends näher aus. Jedenfalls re a Ent a A N ern RN VS Eu m ; Be 1) Cook, Troisieme voyage de Cook. Traduits de l’anglais. 1785. Bd. I. S. 277. Das englische Original erschien 1784. Er 2) Cook a. a. 0. = 3) Eine ähnliche Meinung hatte schon Dalrymple im Jahre 1769 ausgesprochen, welcher sich die Korallen auf dem Grunde des Meeres 2 18 Leopold Böttger: hielt er es für eine selbstverständliche Sache, dass sie An- häufungen der von der Gewalt der Wellen losgebrochenen Rifftrimmer waren. Dies darf man aus seinen Bemerkungen über das Wachsthum der Inseln schliessen, über das er sich ziemlich eingehend verbreitet. Ein Beweis dafür, dass ein Breitenwachsthum der Inseln stattfindet, ist ihm die Anwesenheit grosser aufrechtstehender - Blöcke von Korallenfels jenseits des Fluthbereiches in der Mitte der Insel, welche dasselbe durchlöcherte Aussehen haben, wie die Felsen, die jetzt den Aussenrand des Riffes zusammensetzen. Es müssen die Wogen früher diese Blöcke bespült haben, folgert Cook. Ein zweiter Beweis ist ihm die allmähliche Stufenfolge in der Entfaltung der Inselvegetation, denn dieselben Pflanzen, die in der Mitte der Insel in voller Entfaltung standen, sah er — besonders deutlich ausgeprägt war diese Erscheinung auf der Insel Palmerston, nordwestlich von der Herveygruppe!) — mit Annäherung an den Inselrand in immer jugendlicherem Zustand und zuletzt nur als Keime. Das Wachsthum der Insel denkt sich Cook in der Weise, dass der bei Sturm aufgeworfene Sand einen Wall errichtet, welcher von den gewöhnlichen Fluthen nicht erreicht wird. Die auf ihn geworfenen Pflanzenkeime schlagen in ihm Wurzel und be- festigen und erhöhen dadurch den Boden soweit, dass er selbst von den nachfolgenden Sturmfluthen nicht mehr getroffen wird, diese vielmehr einen neuen Wall vor ihm aufwerfen, die Insel also wiederum erweitern. Unterstützt wird dieser Vorgang durch das Wachsthum des Riffes, wodurch fortwährend ein neuer Untergrund für den Aufbau der Insel geschaffen wird. „Es scheint mir,‘‘ schreibt Cook, „dass das Riff und die Korallenbank sich von Tag zu Tag ausdehnen. In dem Masse, als sich die Breite und Höhe des Riffes vermehren, ziehen sich die Wellen zurück und bilden lässt, von dem sie durch Strömungen und Stürme losgerissen und auf Untiefen aufgehäuft werden. (Dalrymple, historical collection voyage pacif. Vol. I. S. 22.) 1) Hier machte auch Anderson, der Schiffsarzt auf Cooks dritter Reise, ähnliche Beobachtungen (Troisieme voyage de Cook. Paris 1785. E: Tome I. S.-279, Anmerkung.) m x Gesebichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 19 lassen einen trocknen Felsen hinter sich, der bereit ist, Stücke zerbrochener Felsen zu empfangen. !) In consequenter Verfolgung der angeführten Gedanken bringt Cook auch die niedrigen Inseln ohne Lagune mit den übrigen Koralleninseln in Zusammenhang. „Man kann nieht zweifeln“, schreibt er, „dass das ganze Riff mit der Zeit eine einzige Insel wird. Dies wird geschehen infolge des Wachsthums schon gebildeter und der Bildung neuer Inseln auf dem Korallenboden, welchem man in der Lagune begegnet.“ 2)3) 4 Es muss zugegeben werden, dass Cooks Ansichten über das Wachsthum der Kerallenriife richtig sind, aber die Gründe, mit denen er sie stützt, können nicht unbedingt anerkannt werden. Das Vorhandensein von Steinen auf - der Insel, welche die Spuren der Thätigkeit des Wassers tragen, kann aus verschiedenen Ursachen abgeleitet werden; denn einmal können sie, und dies nehmen beute die meisten an, Bruchstücke vom Rande des Riffes sein, welche Sturm- Authen oder Erdbebenwellen bis auf die Insel getragen haben, - und dann können sie auch Bruchstücke des Inselsteins selbst ‚sein und ihr löcherichtes Aussehen vom Süsswasser erhalten haben. Der zweite Grurd, welcher aus der stufenweisen Entwicklung der Vegetation vom Inselrand: bis zur Grenze des Baumwuchses (gradation, qui commence & quelques pouces de la marque de la mar&e haute, et qui va jusqu’ au bord des arbres?) genommen ist, ist ebenfalls nicht ein- wandfrei; denn nach unsern bisherigen Erfahrungen geht das Wachsthum einer Insel so unmerklich langsam vor sich, dass man wohl annehmen darf, die auf einem landfest gewordenen Inseltheil wachsenden Pflanzen werden sich längst voll entfaltet haben, ehe ein beträchtliches Stück neuen Landes entstanden ist. Die Unterschiede in der Ent- faltung der Pflanzen können also nicht, wenigstens nicht un- 1):.C0ok.a. 2. .0.-8..280. 2) Cook a. a. 0. S. 280. e: 3) Durch die neuesten Untersuchungen Guppys am Keeling- atoll ist diese Meinung bestätigt worden. (Guppy in Scot, Geogr. Mag. The Keelingatoll. 1889. Bd. VI.) 4) Cook a. a. 0. S. 278. 9% ir 20 Leopold Böttger: mittelbar, auf zeitliche Differenzen zurückgeführt werden, wie Cook das will, welcher meint, dass „ces plantes ont germ& a differentes &poques“.!) Der Grund dieser Erscheinung wird wohl auf die geringere Produktionskraft der neu gebildeten Inseltheile zurückzuführen sein. Cook beobachtete auch, dass die Besamung der Insel auf der Seite unter dem Winde, der Westseite, rascher vor sich geht als auf der entgegengesetzten und schreibt dies den von Westen kommenden Sturmwinden zu. Chamisso, der später dieselben Wahrnehmungen machte, erklärt dies daraus, dass die Pflanzen hier mehr Schutz und andere ihrem Gedeihen günstige Umstände treffen. ?) ; Das Problem der geographischen Verbreitung der Koralleninseln beschäftigte Cook ebenfalls. So schreibt er in dem Bericht seiner zweiten mit Forster unternommenen Reise: „Es würde eines Philosophen würdig sein, zu unter- suchen, warum die Inseln im Winde der Gesellschaftsinseln so zahlreich sind und einen so grossen Archipel bilden (nämlich die Paumotugruppe), während sie jenseits dieser Gruppe von bergigen Inseln so zerstreut sind,*3) damit eine Frage aufwerfend, die heute noch der Lösung harrt. Suchen wir die Stellung Cooks in der Geschichte der Koralleninseln zu würdigen, so müssen wir ihm vor Allem das Verdienst zuerkennen, das: Wachsthum der Inseln richtig beschrieben zu haben und müssen seine Mittheilungen als eine werthvolle Ergänzung der Forsterschen Be- merkungen schätzen. Cook konnte das Gebiet des All- gemeinen verlassen und uns mit Einzelheiten bekannt 1) Cook a. a. ©. 8. 279. 2) Chamisso schreibt: „Wir bemerken, dass Sämereien, die mit der Fluth über dem Riff getrieben werden, auf der innern Seite einer Insel unter dem Winde anlangen, mehr Schutz, bessere Erde und zu deren Aufkommen günstigere Umstände antreffen als die, welche die Brandung auf das Aeussere der Insel auswirft. (Kotzebue, Ent- deckungsreise in die Südsee. Bd. III. S. 112). Auch die allmähliche Abnahme der Vegetation nach dem Inselrand zu beobachtete er und er zog auch den gleichen Schluss daraus wie Cook. „Der gegen den Rand der Insel zu niedrigere Wald scheint deren fortschreitende Er- weiterung anzudeuten.* (Kotzebue a. a. O0. S. 100). 3) Cook. Zweite Reise. Paris 1778. Bd. III. S. 244. E-. Geschiehtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 21 2 machen, da er Gelegenheit hatte, seine Wahrnehmungen 2 Mn derhoit prüfen zu können und alles anfangs etwa nur $ flüchtig Erfasste zu vertiefen. Es ist bezeichnend, dass wir erst in seinem Bericht über die dritte Reise Ausführ- licheres über unsern Gegenstand vernehmen. Bei einer Vergleichung und Abwägung der Verdienste beider Männer darf jedoch niemals aus dem Auge gelassen werden, dass sie beide in regem Gedankenaustausch die Reise ausgeführt haben, und daher das, was sie geben, das Resultat gemeinsamer Gedankenarbeit darstellt. Die in den folgenden Jahren unternommenen Reisen von La P&rouse, Vancouver und andern bringen keine Erweiterung unserer Kenntnisse von den Korallenbauten ' mitsich. Von Labillardie&re erhalten wir eine anschauliche Sehilderung der Gefährlichkeit der Korallenriffe für die in ihrer Nähe segelnden Schiffe. Er schreibt: „Le danger qu’ils (les reeifs) presentent est d’autant plus A craindre, quils forment des rochers escarpes couverts par les flots et qui ne peuvent &tre apercgus, qu’ä une petite distance; si le calme survient et que le vaisseau y soit porte par les courants, sa perte est presque inevitable; on chercherait - en vain ä se sauver en jetant l’ancre parcequ’elle sn’attein- droit pas le fond, m@me tout pres de ces murs de corail eleves perpendiculairement du fond des eaux. Les polypiers dont l’aceroissement continuel obstrue de plus en plus, le bassin des mers, sont bien eapables d’effroyer les navigateurs et beaucoup de bas fonds, qui offrent encore aujourdhui passage, ne tarderont point & former des &cueils extr&me- ment dangereux.“ !) Im Jahre 1806 erscheint die Beschreibung einer in den Jahren 1792— 1793 unternommenen Reise nach Cochinchina, worin John Barrow einige bemerkenswerthe Aeusserungen über die Koralleninseln macht. Barrow steht im Allgemeinen auf dem Standpunkt Forsters. Auch er glaubt, dass die Korallen sich am Grunde des Meeres ansiedeln, obgleich er seine Verwunderung darüber nicht zurückhalten kann, 1) Relation du voyage ä la recherche de la Perouse par Labil- ardiere. An XIII de la republique frangaise. 22 Leopold Böttger: dass sie zu leben vermögen, „wo Licht und Wärme, die doch zum thierischen Leben so wesentlich nothwendig sind, gar nicht oder doch nur spärlich hinkommen und nur schwach empfunden werden.“ !) Wie Forster meint auch Barrow, dass die ruhige See dem Wachsthum der Korallen dienlicher ist als das stürmisch bewegte Wasser. Er begründet seine Ansicht mit dem Hinweis auf den angeblichen Mangel grosser korallischer Felsenriffe und -inseln in der westindischen See. „Die häufigen Orkane des atlantischen Ozeans oder die vielfach reissenden Strömungen unterbrechen dort allzuhäufig die Arbeit der Thiere.“?) Ueber die Art und Weise, wie die Korallen die Riffe erzeugen und die Inseln aufbauen, spricht er sich folgender- massen aus: „Aus der weichen und lederartigen Beschaffen- heit der röhrenförmigen Oberfläche solcher Korallengebäude scheint zu erhellen, dass, wenn die alten Thiere sterben und ihre kalkartigen Zellen erhärten, die nachfolgenden Generationen ihre Arbeiten am Ende und auf den Seiten weiter fortsetzen und zwar jedes von ihnen nach der be- sondern Form, die ihm die Natur gleichsam dazu vor- geschrieben hat,“?) und an einer andern Stelle: „Da die Zweige der Korallen und Korallinen so sehr zerbrechlich sind, so können allerdings die Materialien derselben durch irgend eine Operation zusamnmıengekittet worden sein und zur Entstehung der formlosen Fundamente der Korallen- inseln beigetragen haben. Allein die grossen Massen dieser Felsen sind grösstentheils Madreporen, Celliporen und Tubi- poren.“) Aus diesen Worten geht hervor, dass man damals den kleinen, zerbrechlichen Korallinen und den schwächeren Arten der Korallen einen wesentlichen Antheil am Aufbau der Riffe zuschrieb. Dies macht uns die oben angeführten Meinungen von Dalrymple und Cook, welche die Riffe 1) Barrow, Reise nach Cochinchina. Bibliothek der Reise- beschreibungen von Sprengel. Bd. 38. 1808. 8. 213. 2) Barrow a. a. 0. S. 216. ; 3) Barrow a. a. O0. S. 214. 4) Barrow a. a. ©. S. 215. _ Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 23 urch Aufschüttung von zerbrochenen Korallenstücken ent- ehen lassen, verständlicher, denn diese fein verzweigten Korallen können leicht zertrümmert und fortgeführt werden. Barrow macht jedoch-scehon darauf aufmerksam, dass sich die Hauptmasse der Koralleninseln aus den grossen Arten der Korallen zusammensetzt und beschränkt die Wirksam- - keit der übrigen auf den Aufbau der Inselfundamente. Da er diesen Fundamenten die grössern Massen der Korallen- felsen gegenüberstellt, so müssen wir annehmen, dass er dem ganzen Bau nur eine geringe Mächtigkeit beilegte. = Um Gewissheit darüber zu erlangen, ob die niedrigen Inseln, wie man das allgemein annahm, durchaus aus - Korallenfels aufgebaut und nicht etwa nur an ihren Rändern aus dieser Gesteinsart bestehen, stellte er — es sind das die ersten Versuche dieser Art auf Koralleninseln — auf der Mitte von Nordeiland, einer kleinen Insel in der Nähe der Sundastrasse, 90 Seemeilen von Batavia, Bohrungen _ an, welche ergaben, dass das Gestein in 3 Fuss Tiefe aus Biere Blöcken von Madreporen bestand. - Ein ähnliches Bild wie Forster und Barrow entwirft ch Flinders von denRiffen und ihrer Entstehung. Flinders hatte im Jahre 1801 die Riffe Australiens aufgenommen, sein Werk darüber erschien aber erst im Jahre 1814.) Durch ihn erfährt vor allen die Kartographie der Korallen- riffe reiche Förderung. Er befuhr besonders das grosse Kanalriff an der Ostseite Australiens, das er mit dem ‘Kanal vergleicht, welcher von der Ballanet Florida und - der ihr vorgelagerten Riff- und Inselkette gebildet wird. Seine Untersuchungen machen uns zunächst mit der Aus- dehnung dieses Riffes und der beträchtlichen Tiefe des von ihm eingeschlossenen Wassers, das eine ruhige Fahr- strasse selbst für die grössten Schiffe abgiebt, bekannt. Er macht dabei auf das Wechselverhältniss aufmerksam, _ das bier zwischen Wassertiefe und Breite des Kanals und des Riffes besteht. In demselben Maasse, in welchem Kanal- und Riffbreite ab- und zunehmen, vermindert sich und wächst die Wassertiefe, eine Erscheinung, die sich 1) Flinders, Reise nach Australien. Bertuch, neue Bibliothek der wichtigsten Reisebeschreibungen. Bd. VI. 24 Leopold Böttger: später als typisch für diese Riffgattung erwiesen hat. Seine Erfahrungen über die Tiefenverhältnisse an den Riffen fasst er in folgende Worte zusammen: „Je mehr unter dem Winde, je niedriger das Wasser, scheint bei den Korallen- riffen ein Gesetz zu sein.“!) Damit tritt er in einen Gegen- satz zu der von Semper vertretenen Ansicht, dass die auf der Leeseite entstehenden, das Riff tangirenden Ströme die - Korallen zu einem senkrechten Wachsthum zwingen und hier dadurch einen Steilabsturz erzeugen. | Da Flinders Gelegenheit hatte, in der Torresstrasse, wo die Riffbildung mit besonderer Schnelligkeit vor sich zu gehen scheint, die Inseln in den verschiedenen Zuständen ihrer Entwicklung zu betrachten, so ist es erklärlich, dass er zum Nachdenken über ihre Entstehung angeregt wurde und wir von ihm Bemerkenswerthes darüber erfahren. Auch er ist gleich seinen Vorgängern der Ansicht, dass die Korallen vom Boden des Meeres aus ihre Bauten auf- führen. Gleich Barrow scheint auch ihm die Art und Weise der Fortpflanzung der Korallenthiere und die daraus resultirende Bildung von Stöcken und Kolonien. nicht hin- reichend bekannt gewesen zu sein, denn er schreibt es „einigen klebrigen Ueberbleibseln in ihnen oder einer be- sondern Eigenschaft des Salzwassers“?) zu, dass die Thiere nach dem Tode aneinanderhängen bleiben. Richtig erkennt er, dass die Korallen nicht mit ihrer Masse allein das Riff erbauen, sondern dass Sand und zerbrochene Schalen verschiedener Meeresbewohner die Lücken ausfüllen. „Nach- folgende Thierchen,“ fährt er dann fort, „errichten ihre Wohnung auf den entstandenen Bänken und sterben in der Bemühung, dieses Denkmal ihrer wundervollen Arbeiten zu erweitern, vorzüglich aber zu erhöhen. Die Sorge, in den früheren Zeiten senkrecht zu bauen, beweist einen erstaunenswerthen Instinkt in diesen kleinen Geschöpfen. Ist ihre Korallenmauer, die mehrentheils in Gegenden liegt, wo beständige Winde wehen, bis zum Meeresspiegel auf- geführt, so gewinnen sie einen Schutz, unter dem sie ihre 1) a. a. ©. S. 250. 2) a. a. 0. 8. 361. er R Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 25 $; nen Kolonien sicher aussenden können, und dieser instinktmässigen Vorsicht scheint es ER ER zu sein, dass die dem Winde ausgesetzte Seite des Riffes, das der © offenen See freisteht, gewöhnlich , wenn er Be, Eweilen aus einer Tiefe von 200 und mehr Faden EN steigt. Es scheint zur Existenz dieser kleinen Thierchen erforderlich, dass sie immer mit Wasser bedeckt sind, denn sie arbeiten nicht jenseits des niedrigen Wasserstandes. Aber der Korallensand und andere zerstörte Ueberreste setzen sich an dem Felsen fest und bilden eine solide und so hohe Masse mit ihm, als die gewöhnlichen Fluthen reichen. Ist diese Höhe überstiegen, so verlieren die künftig an- schwemmenden Ueberreste, weil sie nicht mehr bedeckt werden, ibre anhängende Eigenschaft und bilden, indem sie in einem lockern Zustande verbleiben, auf dem Gipfel des Riffes das, was man gewöhnlich den en nennt.“ 1) Hierauf folgt eine Beschreibung der Besiedlung der Insel mit Pflanzen in ähnlichen Worten wie bei Forster. An einer andern Stelle?) erfahren wir von Flinders auch noch einige Einzelheiten über das Bild eines fertigen Riffes. Endlich beobachtete Flinders auch gehobene Korallen- riffe, so bei Poiset Dover (142% 37‘ 45“ ö. L.. und 32° 52° 51” s. B.) einen 25 geographische Meilen langen Zug von 500 Fuss hohen Korallenklippen, deren Lage er „durch allmähliche Senkung des Meeresbodens oder plötzliche Zuckung der Natur“?) erklärt. Bei Bald Head (135° 40‘ 30“ ö. L. und 35° 6° 15” s. B.) fand er ähnliche Riffe, „wo die Korallenzweige durch den Sand hindurchgewachsen waren, ganz so wie auf den Korallenbänken an dem Meeresspiegel.‘“*) Diese Erscheinung hatte an demselben Orte schon Vancouver beobachtet und nur, um sich von der Wahrheit der Angabe Vancouvers zu überzeugen, be- suchte er diesen Ort. Der hier empfangene Eindruck war 2/8. 8:,0..8;, 3261; 2). a. a. O0. S. 346. 3) a. a. 0. S. 216. 4) a. 2. 0. $S. 194. £? 26 Leopold Böttger: es, derihn, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, veranlasste, die Bildung des Inselfundamentes nicht aus einer An- | schwemmung von Korallenbruchstücken zu erklären, sondere anzunehmen, dass die Korallen an dem Ort bleiben, an PErt N 2 welchem sie wachsen und im Riffstein ihrer de pa £ Lage enthalten sind. Wie aus den oben angeführten Worten hervorgeht, er- klärte Flinders die Ringform der Atolle gleich Forster als eine von den Thieren zu ihrer Sicherung vor dem Wellen- schlag aufgeführte Schutzmauer. Diese uns jetzt so naiv klingende Ansicht ist als ein Ausfluss der damals herr- schenden deutschen Aufklärungsphilosophie zu betrachten, welche die Naturerscheinungen alle vom teleologischen Standpunkte aus betrachtete und erklärte. Sie musste um so annehmbarer erscheinen als sie gleichzeitig eine Antwort auf die Frage giebt, welchen Antheil daslebende Wesen und seine Daseinsbedingungenan dem Zustandekommen der Inseln und ihrer merkwürdigen Form haben, denn es musste jeder herausfühlen, dass hier Wind und Wellen nicht allein massgebend sein können. Ueber die Lebens- bedingungen der Korallenthiere wusste man aber zu jener Zeit noch so gut wie gar nichts. Gab es ja selbst noch solche, welche daran zweifelten, dass die Korallen den Fels, den sie bewohnen, aus sich selbst erzeugt haben. So schreibt Maltebrun in seinem Precis de la geographie ‚universelle aus dem Jahre 1813: „Haben die Polypen oder Zoophyten sich die steinichten Körper, welche sie bewohnen, selbst geschaffen oder finden sie diese Wohnungen von der Hand der Natur bereitet vor? Dies ist gewiss eine der interessantesten Fragen für die physische Geographie, aber bislang sind die Beobachtungen zu oberflächlich und zu neu, als dass man die Frage vollständig entscheiden könnte.‘‘!) Aus den mangelhaften Kenntnissen der biologischen Verhältnisse der Korallenthiere ist es wohl auch zu erklären, dass Niemand den Versuch macht, einen anderen Weg zu S. 232, ” 1) Maltebrun, Precis de la geographie universelle. Bd. Iy.@ Geschichtliche Darstellung etc. von den Korallenbauten. 27 änden, der uns zu einer befriedigenderen Erklärung führen könnte. Daher scheint es auch ziemlich lange gedauert zu haben, ehe man sich von der Forster’schen teleologischen Betrachtung der Atollform freimachte, denn im Jahre 1832 schreibt Barrow !): „Wir wissen nur wenig über die physische _ Organisation und die Mittel, deren sie (die Korallenthiere) sich zur Ausführung ihrer gigantischen Bauten bedienen und haben ihre ungeheure Thätigkeit mit dem Ausdruck Instinkt bezeichnet; mit Hunter würden wir vorziehen, ihn ‚den Sporn der Nothwendigkeit zu nennen.“ Damit ist allerdings alles Teleologische aus der Erklärung entfernt, gleichzeitig aber auch auf jede Erklärung Verzicht geleistet, _ denn der Begriff „Sporn der Nothwendigkeit“ sagt nur, dass wir auch diese Naturerscheinung unter das Kausal- gesetz zu stellen haben. Wenn die Forster’sche Ansicht von der Entstehung der Riffe und Inseln sonach noch bis tief ins dritte Jahrzehnt unseres Jahrhunderts hie und da Anhänger gehabt haben mag, so findet sich unter den Autoren nach Flinders keiner mehr, der die Forster’sche Meinung zu einem andern DeeeES als dem der Widerlegung erwähnt. Der nächste, der Nachrichten über unsern Gegenstand bringt, ist Peron?), welcher in den Jahren 1800— 1804 die Baudinsche Expedition als Naturforscher nach Australien begleitete. Ihm verdanken wir hauptsächlich eine Bestim- mung der Grenzen der geographischen Verbreitung der Riffbauten, welche er im 34° nördlicher und südlicher Breite findet,?) womit er sich mit unsern Erfahrungen, welche die Korallen ins Gebiet zwischen den 32° nördlicher und südlicher Breite verweist, ziemlich im Einklang findet. Auch ihm ist es das friedliche und heisse Meer, das den Thieren die Bedingungen ihres Daseins bietet. Eingehend beschäftigte. sich Peron nur mit den ge- hobenen Riffen, deren weite Verbreitung er feststellt, aber „seine Phantasie“, sagt Ehrenberg, „gab den Korallenthieren 1) Ausland. 1832. No. 16 u. 18. 2) Peron, Reise nach Australien. Bertuchs neue Reise- beschreibungen. B. 16. 1816. S. 295. 3) a. a. 0. S. 288. ID 3 Leopold Böttger: einen so grossen Einfluss auf die Bildung der Erdoberfläche, dass er 245 Inseln und Erdstriche nambaft macht, welche ganz oder theilweise das Produkt der Korallenthiere seien, und welche diese Thiere mit ihrer scheinbaren Schwäche mitten aus dem Grunde des Meeres zu weitläuftigen Gebirgen aufgebaut hätten. Besonders die Insel Timor war es, welche er sammt ihren Bergen für einen blossen Bau der Korallen- thiere hielt, gegen den die grössten Baue der Menschen nur kümmerliche, vergängliche Versuche wären. Peron glaubte damals, vulkanische Hebungen müssten immer mit Zertrümmerung und wildem Durcheinanderwerfen der Theile der Oberfläche verbunden sein, und da er dies in keiner der von ihm besuchten Koralleninseln fand, so hielt er die Meinung fest, dass die Meere einst über den Bergen ge- standen haben müssten und überlässt die Erklärung der Möglichkeit andern, sich begnügend, die Thatsachen dafür zusammengestellt zu haben.‘“!) So berechtigt diese Worte Ehrenbergs seiner Zeit waren, so hat doch die Folgezeit erwiesen, dass er sich nicht in so hohem Maasse von der Wahrheit entfernte als der berühmte Zoolog zu glauben schien. Nur eine geringe Zahl der 245 von ibm nambhaft gemachten Inseln ist gänz- lich frei von Korallengestein, wie wir jetzt wissen, und in der That vermögen die Korallenthiere ganze Gebirge aufzurichten. Alles in Allem genommen, entfernt sich Peron in seiner Auffassung von unserer heutigen nicht viel mehr als Ehrenberg. Einen sehr beträchtlichen Zuwachs erhalten unsere Kenntnisse von dem Bau der Korallenriffe und -inseln durch die Untersuchungen, welche Chamisso als Begleiter der Kotzebue’schen Entdeckungsreise in den Jahren 1814—1818 anstelle. Chamisso hatte Gelegenheit, längere Zeit auf einem Atoll der Radackgruppe zu verweilen, und dies be- nutzte er zu eingehenden Studien über unsern Gegenstand. Daher bringt uns sein Bericht eine grosse Zahl von Details, die wir bis jetzt immer zu vermissen hatten. Das Haupt- verdienst Chamissos aber erblickte man noch bis vor Kurzem 1) Abhandl. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin 1832, gedruckt 1834. S. 397. A « ‚ i Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 29 E EEE RER ER ER ENGE PER eh Te An, U SH re En ae ER NE, = darin, eine befriedigende Erklärung der Entstehung der Atollform segeben zu haben. Vor zwei Jahren wies Du F _ Bois-Reymond nach, dass jene Erklärung nicht von Chamisso sondern von Eschscholtz, der die Kotzebue’sche Expedition als Arzt begleitete, herstammt. ') Trotzdem die Krone seiner Verdienste damit eines leuchtenden Steines verlustig gegangen ist, wird Chamisso doch immer einen hervorragenden Platz in der Geschichte unseres Gegenstandes einnehmen, denn er erweiterte unsere Kenntnisse der Korallenbauten nach so vielen Seiten und in so umfassender Weise wie keiner zuvor, und das Be- wusstsein, seinen Blick von etwaigen vorgefassten Meinungen ungetrübt und immer nur auf das Thatsächliche gerichtet zu wissen, lässt uns seine Mittheilungen nur um so schätzens- werther erscheinen. Im Folgenden gebe ich die von Chamisso gemachten Beobachtungen systematisch geordnet wieder. Chamisso theilt die Korallenbauten des Meeres ein in 1) Korallenriffe, 2) Inselgruppen und 3) Inseln,2) d. h. in heutiger Terminologie in 1) Küstenriffe, 2) Atolle, 3) ver- schüttete oder gehobene Atolle. Diese Eintheilung ist neuer- dings von Guppy?) wieder benutzt worden. Mit der ersten Art von Riffen beschäftigt sich Chamisso wenig, doch be- obachtete er die noch heute als zutreffend erkannte That- sache, dass die Küstenriffe nicht so steil zum Meere abstürzen wie die Riffe der Atolle.*) Die Atolle beschreibt er unter dem Namen der Kreik: oder Ringinseln. Er macht jedoch darauf aufmerksam, dass man sich durch diese Bezeiehnung nicht zu der falschen Vorstellung verleiten lassen darf, dass diese Inseln zirkel- 1) Die interessante Begründung dieser Thatsache findet sich in Du Bois-Reymond: „Adelbert von Chamisso als Naturforscher, Rede u.8.w. Erschienen als Separatausgabe (Leipzig, Veit & Comp.) und „Sitzungsberichte der preuss. Ak, d. W. 1888 S. 675“ und „Deutsche Rundschau 1888 Bd. LVI S. 329.“ 2) Kotzebue, Reise in die Südsee. B. III. S. 31 u. 32. 1821. 3) Guppy: A criticism of the Theorie of Subsideuce. Secot. Geogr. Mag. Vol. IV. S. 121. Karte. 4) a.a. 0.8. 31. 30 Leopold Böttger: 4 rund seien, wie die vulkanischen Krater der Erde.) Diese Vorstellung hatte sich wahrscheinlich durch er der 4 die Riffe zirkelrund nennt, eingebürgert. i Chamisso beschreibt dann die Atolle als Tarabaree > die sich steil aus der unermesslichen Tiefe des Ozeans erheben, deren Oberfläche jedoch unter dem Wasser liegt. Nur ein Damm im Umkreis des Riffes erreicht bei niederem Wasserstand den Spiegel des Meeres. ?) Ex Wie Flinders beobachtete auch Chamisso, dass au 5 Riff auf der Seite, welches dem Winde zugekehrt ist, etwas erhöht ist, sowie dass auf dieser Seite die meisten und grössten Inseln sind, dass diese aber auch häufig an den ausspringenden Winkeln des Riffes angetroffen werden. Auf der Seite unter dem Winde findet er das Riff dagegen oft stellenweise unterbrochen, manchmal so, dass selbst grössere Schiffe eine Dürchluhrt wagen können. Innerhalb dieser Lücken zeigen sich Felsbänke, die wie Bruchstücke & der eingerissenen Mauer oder en, derselben sind.?) Aehnliche Bänke sind im Innern der Lagune zu finden, deren Grund aus Korallensand und Korallen besteht und bis 32 Faden (60 m)!) Tiefe hat. Die ausgedehntesten Lagunen schienen die tiefsten zu sein.°)®) Die Oberfläche des Dammes ist durch das Ausrollen der Brandungswellen geglättet; aufgeworfene Blöcke liegen auf ihm zerstreut, und ebensolche Blöcke liegen auf der Seite nach der Lagune. Der Absturz nach dieser Seite ist geneigt, oft auch steil. ”) u Aber nieht nur morphologisch sondern auch Geopunshnen 3 untersuchte Chamisso das Riff und die Insel. 1) Adelbert von Chamissos Werke. B. II. $. 393, abgedruckt © aus Choris, voyage pittoresque. : : 2) 2.2.0. 8.42, z 3) Demnach schien sich Chamisso die Riffkanäle als Wirkungen : von Sturmfluthen zu denken, 2 4) a. a. 0. S. 202. 5) Dasselbe ist neuerdings winderä von Murray behauptet worden. 6) a. 2. 0.8.33. 7) a.20.8. 201. @eschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 31 _ Er war der Meinung, dass der ganze Tafelberg aus sin- und derselben Gebirgsart, und zwar Kalkstein bestehe !) und dass die Lithophyten nirgends an ihrem ursprünglichen R Standorte, an der Stelle, wo sie lebten und fortwüchsen, "sich befänden,?) dass = Gestein vielmehr immer nur i _ Haufwerke von Korallentrümmern darstelle. Er wendet ‘sich vor allen gegen Flinders, welcher behauptet hatte, dass die Korallenskelette am Orte ihres Entstehens nach Ausfüllung ihrer Lücken mit Sand in Riffstein übergingen, während die oberen Zweige fortwüchsen. Der Riffstein ist ‚nach Chamisso vielmehr ein horizontal gesChichtetes Gestein. Nach den jetzigen Erfahrungen bleiben die Korallen in ihrer natürlichen Lage. Dann bildet sich der Riffstein wie - ihn Chamisso. fand. Die Inseln selbst, welche sich nach ihm immer zuerst auf der Lagunenseite bilden, bestehen aus mehreren mantelförmig übereinandergelagerten Schichten Riffstein, die mit Sandschichten wechseln. °) Gleich Forster meinte auch Chamisso, dass die Korallen- _ polypen vom Grunde des Meeres aus ihren Bau errichteten, obgleich er sich der hier ganz anders gestalteten Daseins- bedingungen der Thiere bewusst war, wie das klar und deutlich aus der folgenden Stelle hervorgeht: „so müssen wir doch glauben, dass in den Meerestheilen, wo die enormen Massen dieser Lithophyten sich erheben, selbst im kalten ' und lichtlosen Meeresgrund, Thiere fortwährend geschäftig sind, durch den Prozess ihres Lebens den Stoff zu deren nicht zu bezweifelndem, fortwährendem Wachsthum und Bau zu erzeugen.‘“*) Er motivirt seinen Standpunkt durch folgende Worte: „Anzunehmen, dass die kalkerzeugenden Polypen bloss an den Wänden der schon bestehenden Riffe und deren innerer Lagune leben, würde das erste Entstehen dieser Riffe nicht erklären, deren senkrechte Höhe man nicht unter 100 Faden annehmen kann.“5) In seiner IVO BAT 2) 2.2.0.8. 45. - 3) Kotzebue,. Reise in die Südsee. B. III. S. 107. 4) a. a. 0.8. 32, 5)a.a. 0.8.32. Anmerkung. 32 Leopold Böttger: Meinung wurde Chamisso hauptsächlich dadurch bestärkt, dass Ross in 1000 Faden (1800 m) Tiefe unter 73° 39° nördlicher Breite lebende Korallen fand.!) Doch war er sich der Subjeetivität seiner Ansicht wohl bewusst, denn er fügt hinzu: „Die Nähe des Gesichtspunktes vergrössert freilich die Gegenstände, und es mag geneigt sein, wer mitten unter diesen Inseln ihre Bildung betrachtet, dieser Bildung in der Geschichte der Erde ein grösseres Moment beizumessen, als der Wirklichkeit entspricht.“ ?) Wie wir die Ansicht, dass die Korallen im kalten Meeresgrunde leben, als irrthümlich zurückweisen, so auch die andere Meinung Chamissos, dass das bewegte Wasser für das Gedeihen der Korallen ein Hinderniss ist. Chamisso bemerkt nämlich: „Die enormen Massen aus einem Wuchs, die man hie und da auf den Inseln oder auf den Riffen antrifft, haben sich wohl in der ruhigen Tiefe des Ozeans erzeugt. Oben unter wechselnden Einflüssen können nur Bildungen von geringer Grösse entstehen.‘ ?) Von besonderem Interesse sind seine Beobachtungen über den Einfluss des Sandes auf das Wachsthum der Korallenthiere: „Die Arten, die sich sonst kugelförmig ge- stalten, bilden an Orten, wo Sand zugeführt wird, Flächen mit erhöhten Rändern, indem der Rand den obern Theil ertödtet und sie nur im Umkreis leben und fortwachsen.“ Die gleiche Beobachtung machte später Semper*) auf den Palauinseln und benutzte sie, eine neue Theorie der Atoll- bildung aufzustellen. In richtiger Erkenntniss der Verschiedenartigkeit der Lebensbedingungen der verschiedenen Arten von Korallen- polypen, hütet sich Chamisso übrigens vor einer Verall- gemeinerung obiger Beobachtung von der vernichtenden Wirkung des Sandes. So schreibt er über die Vertheilung der Korallen auf dem Riff: „Les polypiers vivants crojssent selon leur genre ou leur espece ou dans le sable mouvant 1)9.8..0.8:33: 2) Kotzebue a. a. O0. S. 101. 3) Chamissos Werke. B. II. S. 393. 4) Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie. B. 13. S. 566. 1863. ö F Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 38 bien attach& au rocher.!) Ueber die Vertheilung der "Arten macht er auch sonst noch Beobachtungen und zwar t er der erste, der uns darüber Nachrichten giebt, und ‚as er darüber mittheilt, hat sich später immer als zu- ‚treffend erwiesen. Zunächst der Brandung fand er immer Astraeen?) von kuchenförmiger Gestalt. ?) Der Damm besteht aus Madreporen®) und überall, wo die Wellen mit Häufigkeit aufschlagen, lassen sich Nulli- poren5) nieder und geben dem Riff seine rothe Farbe. Ueber der Linie des niedrigsten Wasserstandes lebt - Caryophyllia.®) Auch über die geographische Verbreitung der Korallen- riffe macht Chamisso bemerkenswerthe Beobachtungen. Er macht auf die Aehnlichkeit in der Verbreitung des hohen und niedrigen Landes im indischen und grossen Ozean, das in beiden Meeren sich von West nach Ost verliert, > aufmerksam, ferner auf die Erscheinung, dass solche Erapnen von Koralleninseln, welche in 4 oder 5 Grad Entfernung von hohen vulkanischen Ländern liegen, die Erdstösse ver- spüren, welche diese bewegen,°) endlich auf die reihen- förmige Anordnung der Koralleninseln.°?) Daher kann es uns nicht Wunder nehmen, wenn ihm die Koralleninseln Bergrücken des Meeresbodens andeuten. Endlich erhalten wir von Chamisso noch eingehende Nachrichten über die Flora und Fauna der Koralleninseln. !0) = 1) Chamissos Werke. B. II. S. 39. | 2) a. a. 0. S. 202. 3) Dasselbe beobachtete Walther am Meerbusen von Suez; die kuchenförmige Gestalt ist ihm eine Anpassungsform, denn so ‚leisten die Thiere der Bewegung des Wassers den geringsten Widerstand und bieten ihm gleichzeitig die grösstmögliche Oberfläche dar. (Walther, die Korallenriffe der Sinaihalbinsel. Ab. d. math.- phya. Krk. -G.d. W. B. 14.) 4) a. a. 0. 8. 39. 5) a. a. 0. S. 201. 567 87:3::0%.8.:202; 7) a.a. 0.8. 44. 15).8..3.0. 8.393: 2597 3.8:-0.'8. 48: 10) Kotzebue, Reise in die Südsee. B. III. S. 108— 114. 2 3 er, 34 Leopold Böttger: In dem Kotzebue’schen Reisewerk hat auch Escehseholtz seine Ansichten über die Koralleninseln niedergelegt.!) Bei den eingehenden Studien, welehe Chamisso über unsern Gegenstand gemacht hat, können wir nicht viel Neues von ihm erwarten und in der That bringt Eschscholtz fast nichts anderes als was Chamisso schon gesagt hat oder wenigstens im widerspruchslosen Zusammenhange damit steht. Was seiner Darstellung aber dennoch Werth verleiht, ist, dass er uns ein einheitliches Bild giebt, die verschiedenen Be- obachtungen mit einander verknüpft und sie verallgemeinert. Daher begnügt er sich nicht, wie das Chamisso thut, die Atolle als Krönungen submariner Berge hinzustellen, sondern geht einen Schritt weiter und führt die Gestalt der Umriss- linie dieser Inselgruppen auf die des unterliegender Berg- gipfels zurück;?) während Chamisso einfach bemerkt, dass die Windseite der Atolle die inselreichere ist, macht Esch- scholtz noch darauf aufmerksam, dass die Atolle im indischen und stillen Ozean, da, wo die Monsune herrschen, gleich- mässig mit Inseln besetzt sind und dass die Atolle, welche mit ihrer Längsaxe rechtwinklig zur Richtung des Windes stehen, diesem also ihre längere Seite zur Zerstörung dar- bieten, reicher an fruchtbaren Inseln sind als andere;?°) während Chamisso nur angiebt, dass auf Tabual, in der Gruppe Aur, morastiger Grund ist,) entwickelt Eschscholtz, wie die Inseln mit zunehmendem Umfang allmählich die Lagune vom Meer trennen und diese endlich ganz aus- gefüllt wird, um zuletzt nur noch eine Wasserpfütze dar- zustellen.?) Chamisso theilt in schlichter Weise seine Beobachtungen über die verderbenbringende Wirkung des bewegten Sandes auf die Korallenthiere mit, Eschscholtz benutzt diese Thatsache in Verbindung mit der Annahme, dass die grössern Korallenarten sich in der Brandung am besten entwickeln — diese Annahme war von Chamisso _ auch theilweise vorbereitet, da er bemerkt, dass die Asträen, 1)23.02.20. 18. HILL STE 2) a.a. 0. S. 188. aaa 0 BE, 4) 2.2.0. 8.108 5,73. 8.10,78:189: en nn a Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 35 also die Arten, welche die grössten Blöcke liefern, vor- zugsweise am Rande des Riffes angetroffen werden — um - eine Erklärung für die Entstehung der Lagunen zu geben. _ Die darauf bezüglichen Worte heissen: „Die grossen Korallen- arten, welche einige Faden in der Dicke messende Blöcke 5 bilden, scheinen die am Aussenrand des Riffes stärkere Brandung zu lieben. Dies und das Hinderniss, das ihrem - Fortleben in der Mitte des weiten Riffes durch aufgeworfene von den Thieren verlassene Muscheln und Schneckenschalen und Korallenbruchstücke in den Weg gelegt werden, sind _ wohl die Ursachen, weshalb der Aussenrand eines Riffes sich zuerst der Oberfläche nähert.‘ Diese Erklärung der Lagunenbildung, welche heute noch als zutreffend anerkannt wird, ist das Hauptverdienst von Eschscholtz in der Frage nach der Bildung der Korallen- inseln. Chamissos Verdienste lassen sich am besten in die Worte fasssen, welche Ehrenberg der Arbeit seines Kollegen an der Akademie der Wissenschaft widmet, die, wenngleich sie auf einer falschen Voraussetzung fussen,!) duch ihre volle Giltigkeit behalten haben: „Er hat ein Bild zusammen- gefasst, welches zwar nicht der Aehnlichkeit mit dem von Forster und Flinders entbehrt, aber viel Eigenthümliches in kräftiger, natürlicher Darstellung und alles nach eigner Erfahrung ohne geborgten Schmuck enthält.“2) An Esch- - scholtz aber schätzen wir den speculativen Sinn, der die von Chamisso im hingebenden Studium gewonnenen Details kühn zu einem Gesammtbilde verwebt und wollen uns freuen, dass das Geschick zwei Männer auf der Kotze- bue’schen Forschungsreise zusammenführte, die sich in einer für die Wissenschaft so fruchtbringenden Weise ergänzten. Während Chamisso mit der Verarbeitung seiner von der Weltumseglung mitgebrachten Schätze beschäftigt war, waren schon wieder zwei Naturforscher auf dem Meere k 1) Auch Ehrenberg war in dem Irrthum befangen, dass die Artikel S. 187 und 189 im dritten Bande des Kotzebue’schen Reise- werkes von Chamisso herrührten. 2) Ehrenberg, Die Korallenriffe des rothen Meeres. Abh. d. A. d. W. z. Berlin. 1832, gedruckt 1834. 1. Th. 8. 39. 3* 36 Leopold Böttger: thätig, um Studien über die Bildung des Korallengesteins anzustellen. Quop und Gaimard waren es, welche die Freyeinet’sche Expedition in den Jahren 1818—1820 be- gleiteten. Sie beschäftigten sich hauptsächlich mit der Erforschung der Lebensbedingungen der Korallenthiere und suchten zu beweisen, dass die Korallen ihre Wohnungen auf einer ihrer Natur nach bereits bekannten Grundlage erbauen und nur Schichten von wenig Faden Dicke bilden, sich aber nieht aus unermesslichen Tiefen erheben. > Die Beweise dafür sehen sie im Folgenden: 1) Die Korallen sind von ihnen nie in grösserer Tiefe als 25—30 Fuss lebend gefunden worden. ?) 2) Die bunte Farbe der Thiere beweist, dass die Korallen zu ihrem Leben Licht bedürfen. °) 3) Es wäre einzig und ohne Beispiel in der Thierwelt, wenn diese Arten unter den verschiedenen Drucken und unter allen Temperaturen gleichmässig gedeihen sollten. 4) Die Korallen bedürfen (meinen sie) einer beständig hohen Wärme, welche sie in der Tiefe nieht haben. *) 5) Die Korallen vermögen nur in friedlichen Meeren zu gedeihen, in abgeschlossenen Baien, welche von den regelmässigen Passaten der Tropen und von Sturmfluthen nur unmerklich berührt werden. In bewegten Wassern bilden sie nur zerstreute Massen, die von Arten gebildet werden, welche weniger von der Unruhe des Wassers zu leiden scheinen als ihre übrigen Genossen.) Neben diesen den biologischen Verhältnissen der Korallenthiere entnommenen Gründen, finden sie auch in der Morphologie der Riffe Stützpunkte für ihre Behauptungen. So finden sie einen Hauptbeweis darin, dass es keine einiger- massen grosse Insel gäbe, welche vollständig aus Korallen- 1) Memoire sur l’accroissement des Polypes lithopbytes par Quoy et Gaimard. Annales des sciences naturelles. T. 6. 1825. S. 273. Derselbe Aufsatz auch in Freycinet: Voyage autour du monde en les annees 1817—1820. Zoologie. Paris 1824. 2) a.a. 0. S. 284. 3). 2.2. 0..8..277. 2-9. 9.:0..S. 276: 5). a. a. 0. S. 276. _ Geschichtliche Darstellung etc. von den Korallenbauten. 37 gestein besteht, und dass die gehobenen Riffe niemals eine grosse Dicke besitzen. !) Dies behaupten sie aber nicht, wie man meinen könnte auf Grund zahlreicher, angestellter Messungen, sondern sie - verallgemeinern hier nur in ganz derselben unzulässigen ’ von ihnen hart getadelten Weise wie Peron, gerade die _ entgegengesetzte Beobachtung wie dieser. Beide Parteien gehen bei ihren Untersuchungen von den Riffen Timors aus; während Peron glaubte annehmen zu dürfen, dass die . ganze Insel aus Korallenkalk bestehe, fanden Guoy und Gaimard nur schwache Lagen dieses Gesteins. Neben der Insel Timor lieferten ihnen Ile de France, Neu-Guinea, die Marianen und die Sandwichinseln Stoff und Unterlagen zu ihren Behauptungen. In allen den genannten Inseln und Inselgruppen treten die Riffe aber nur als Küstenriffe auf. Sie suchten daher nach Gründen, welche die Verall- gemeinerung ihrer Beobachtungen, ihre Uebertragung auf die Atolle, stützen sollten. Die geringe Dicke des Korallen- gesteins auf den Atollen nun wollen sie daraus erschliessen, dass die niedrigen Inseln der Südsee von Menschen bewohnt sind, also Wasser aus Quellen haben müssen, die aber bei einem solehen porösen Gestein wie der Korallenkalk nicht entstehen könnten.?2) Wir wissen jedoch jetzt, dass das Süsswasser auf allen Koralleninseln überall da zu finden ist, wo man einige Fuss tief in den Korallenboden eingräbt, trotzdem man das Korallengestein nicht verlässt, da es sich dort infolge seines geringern spezifischen Gewichtes auf dem durch die Seitenwände des Riffes eingedrungenen - Salzwasser schwimmend erhält. Auch, meinen sie, folgre die geringe Mächtigkeit der Korallenfelsen auf den Atollen daraus, dass die Korallenthiere 1) Das gleiche hat vor einigen Jahren Rein?) wieder behauptet zur Widerlegnng Darwins; aber seitdem v. Richthofen und besonders Mojsisovics nachgewiesen haben, dass die Dolomiten der Alpen Korallenriffe sind, sind alle darauf gegründeten Schlüsse gegenstands- los geworden. 2) a. a. 0. S. 289. 3) Verhandlungen des ersten deutschen Geographentags. 1882, S. 39, ee 33 Leopold Böttger: bei den dort häufigen und heftigen Stürmen nicht gut gedeihen könnten. Ebendasselbe würde auch durch die Thatsache - bewiesen, dass die Korallenmauern alle durch Oeffnungen unterbrochen sind, in welchen man meist tiefes Wasser fände. Da aber die Zoophyten die Neigung besässen un- unterbrochene Massen zu errichten, so könnten keine solche Oeffnungen vorhanden sein, wenn die senkrechte Riffmauer gänzlich aus Korallengestein bestände.!) In ihrer Ansicht von der geringen Mächtigkeit der Korallenfelsen wurden sie auch durch die Wahrnehmung bestärkt, dass die Verbreitung derselben mit der Richtung der Berge und Hügel des festen Landes übereinstimmt, und dass man dort die grössten Korallenmassive findet, wo das Meer am seichtesten ist und die Küsten nur eine geringe Neigung besitzen. Damit haben sich die beiden Forscher das schätzenswerthe Verdienst erworben, zuerst auf den geognostischen Zusammenhang der Riffe und der nahen Küste aufmerksam gemacht zu haben. Es ist nur eine Folge der von ihnen vertretenen An- schauungen, wenn sie die Steilheit so vieler Riffe als ursprünglich erklären. Sie fühlten sich dazu berechtigt durch ihre Beobachtungen auf einigen Inseln der Marianen, an denen sie ganz gleiche steile Abstürze aber aus andern Gesteinen bemerkten, sowie durch die Untersuchungen von Pallas, welcher dieselbe Erscheinung in den Gebirgen Tauriens nachwies. 2) 3) So vielfach auch die Ansichten der beiden Naturforscher noch irrthümlich sind, so wenig stichhaltig insbesondere die meisten der von ihnen vorgebrachten Gründe sind, so be- 1) 2. a! 0.8. 279. 2) a. a. 0. S. 285 u. 286. 3) Pallas bemerkt (physikal.-topograph. Gemälde von Taurien, Leipzig, 1806 S. 1): „Ihre (der Halbinsel Taurien) mehr als 1200 Fuss hohen Berge sind längs der ganzen südlichen Küste, an welcher das Meer sehr tief ist, fast senkrecht abgeschnitten, fallen gegen Norden stufenweise und zuletzt unmerklich ab... . Man ersieht, dass die Bemerkung von dem fast senkrechten Absturz nicht wörtlich zu nehmen ist, sondern nur den Eindruck veranschaulichen soll, den man erhält, wenn man die Südseite des Gebirges mit der allmählich in die Ebene sich verlierenden Nordseite vergleicht. B - Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 39 zeichnen sie doch einen bemerkenswerthen Fortschritt für _ unsere Auffassung der Korallenriffe, da die Grundidee, dass die lebenden Korallen auf eine geringe Tiefenzone beschränkt sind, von jedem der nachfolgenden Forscher eine Bestätigung 2 erfahren hat. $ Es muss verwunderlich erscheinen, dass diese folgen- schwere Thatsache von der geringen verticalen Verbreitung der lebenden Korallen nicht schon vorher, auch nicht durch die eingehenden Studien Chamissos, aufgedeckt worden ist. ‚Der Grund dafür liegt in der Natur der verschiedenen - Untersuchungsgebiete. Alle Forscher, welche sich bis dahin mit den Korallenriffen beschäftigt hatten, haben ihre Unter- suchungen an Riffen des tiefen Wassers angestellt, haupt- sächlich an Atollen, wo der rasche Absturz zum Meere und die infolgedessen so schwer und hoch gehende Brandung Beobachtungen über das Wachsthum der Thiere sehr er- schwert, ja fast unmöglich macht. Quoy und Gaimard machten aber die Küstenriffe zu ihrem Beobachtungsobject, besonders in Buchten, wie in der Bucht von Koupang, wo kein bewegtes Wasser sie in ihrer Arbeit hinderte. Daher trat ihnen auch die Vorstellung von dem steilen und tiefen Absturz des Riffes, welche bei ihren Vorgängern den Gedankenkreis beherrschte und sich immer wieder aufdrängen musste, nicht sehr hinderlich entgegen, daher sind alle ihre auf die Atolle bezüglichen Bemerkungen so wenig mit den Thatsachen im Einklang, daher vertreten sie so scharf die Meinung, dass die friedlichen und stillen Meerestheile die Regionen des Korallenwachsthums - sind. Noch ist auf eine Bemerkung der beiden Naturforscher aufmerksam zu machen, in welcher sie auf einen bei der Bildung von Koralleninseln thätigen Faktor hinweisen, der erst in neuerer Zeit richtig gewürdigt worden ist, nämlich auf die Fähigkeit der Strömungen, Kanäle im Korallen- gestein zu erzeugen. Die hierauf bezügliche Stelle heisst: „Dans les localites ol les mardes se font ressentir, leurs courans seuls peuvent quelquefois ereuser des canaux irre- guliers entre les Madrepores, sans qu’ils soient jamais en- 40 Leopold Böttger: combres de leurs especes, par la double cause r&unie du mouvement et de la froidure des eaux.‘') Lange Zeit hindurch ist Quoy und Gaimard en Ver- dienst zugeschrieben worden, die ersten gewesen zu sein, welche die Ringform der Atolle und die Anwesenheit einer Lagune daraus erklärten, dass jenen ein Krater als Unter- lage diene. Trotzdem schon Friedrich Hofmann in der nach seinem Tode herausgegebenen „Physikalischen Geo- graphie“ aus dem Jahre 1335 behauptet hat, dass Steffens diese Hypothese viel früher geäussert habe, 2) hat sich dieser Irrthum erhalten, bis Du Bois-Reymond wieder Steffens in seine Rechte einsetzte.?) Steffens hat seine Ansicht über die Natur der Atolle in seiner Anthropologie im Jahre 1822 ausgesprochen.) Er begründet seine Ansicht mit der Ein- förmigkeit der Bildung der Koralleninseln und mit der Anwesenheit so vieler Vulkane in ihrer Nähe. Die Zahl dieser Vulkane schätzte er auf 28 und er glaubte, dass spätere Forschungen sie verdoppeln würde. Dann fährt er fort: „Die Korallenbauten enthalten öfters Lagunen, die man wohl als eingesunkene Kratere betrachten darf, ohne hier in der Mitte der ausgedehntesten Vulkanität dem Vor- wurf eines willkürlichen Phantasiespieles ausgesetzt zu sein. Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass die ursprüng- lich kahlen, im Meer isolirt stehenden Basaltberge die Grundlage für den Korallenbau der Polypen gebildet haben und man muss annehmen, dass einige dieser Berge, selbst bis zur ungewöhnlichen Höhe wie Mowna Roa auf den Sandwichsinseln hervorragten, während andere vulkanische Berge bis unter die Oberfläche des Meeres einsinken, in der Mitte durch die in sich hineingesunkenen Kratere an- sehnliche Vertiefungen bildend. Eine Art Solfataren, die unter dem Meere erlöschen. Wie die Korallen ihren stets wechselnden Bau an die über das Meer hervorragenden Basaltberge anschlossen, so auch an die Ränder der aus der Tiefe hervorragenden Basaltberge, welche die Ober- 1) 2.2.70.:8: 278, 2) Du Bois- Esch Chamisso als Nabsihkieehen S. 60. 3) a. a. 0. 8. 32 und S. 60. 4) a. 2.0. 1 60. . Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 41 _ fläche des Meeres nicht erreiehten. Die eingestürzten Kratere in der Mitte dieser Berge bilden die Lagunen, die daher = durchgängig Meerwasser enthalten. So entstanden die so- genannten niedrigen Inseln. Es ist unmöglich, die Bildung R der hohen und niedrigen Inseln im Südmeere mit einander zu vergleichen, ohne unwillkürlich zum Schluss gedrängt _ zu werden, dass das unter dem Meer liegende, durch Korallen uns versteckte Grundgebirge dem hervorragenden der hohen Inseln ähnlich sein muss. Das folgt aus dem e gemeinschaftlichen Vorkommen beider in vielen Insel- _ gruppen.“!) Quoy und Gaimard scheint aber der Aufsatz _ Steffens nicht bekannt gewesen zu sein, vielmehr ist anzu- ; nehmen, dass sie selbständig zu dem gleichen Resultate E zelangt sind, trotzdem sie ebensowenig wie ihr Vorgänger _ je ein Atoll gesehen hatten. Sie sind zwar bei einigen der Karolineninseln vorübergefahren, aber ohne hier anzu- halten;2) auch drücken sie ihr Erstaunen darüber aus, in Kotzebues Atlas mehrere Inseln in einem Ring gruppirt zu sehen und bemerken dazu in einer Fussnote: „Cette dispo- sition ne serait — elle point due & des crateres sous marins, sur les bords desquels les lithophytes auront travaille?“ Während hier dieser Gedanke nur nebenhin geäussert ist, erfährt er bald eine bessere Würdigung, indem ihn Lesson undGarnot, die Naturforscher der Duperry’schen Expedition auf der „La Coquille“, aufgreifen und zu begründen suchen. Ihre Reise um die Welt fand im Jahre 1820 statt, die Bearbeitung erschien 1828.3)4) Sie sind der Meinung, dass die Koralleninseln alle vulkanischen Grund haben, aber nicht Glieder eines untergegangenen Kontinents sind.;) Die Korallen haben erst in geringer Entfernung vom Wasser- 1) Henrik Steffens, Anthropologie. B. I. S. 320, 2) Annales des scienses naturelles. B. VI. 1825. S. 289. 3) Voyage autour du monde de la Coquille. Zoolog. Theil. 1. I. E2:8..315. 4) Also nicht Barrow ist der nächste nach Quoy und Gaimard, der Bemerkungen zu dieser Frage macht, wie Du Bois-Reymond meint. (Du Bois-Reymond, Chamisso als Naturforscher, Separataus- gabe. S. 60.) 5) a.2. 0.8.10. 42 Leopold Böttger: spiegel angefangen zu bauen, denn die Zigzaglinien und Unterbrechungen im Riffe sind nur so zu erklären, dass die Thiere in gewissen Tiefen Anhaltepunkte nöthig haben, welche fähig sind, ihre Verbreitung zu unterstützen. Dies wird dadurch bewiesen, dass sich die Korallenbänke niemals weit ausdehnen und immer von den Inseln abhängig sind. Brachte die Eruption einen Vulkan nicht bis an die Ober- fläche, so setzten sich die Zoophyten an seinen Rändern fest und führten sie mit ihren steinichten Leibern bis an den Wasserspiegel. Der Krater bildet dann die Lagune und die durch die Erosion ausgehöhlten Kraterränder die Kanäle, welehe Einlass in den innern See gewähren. Die Tiefe im Zentrum der Lagune würde dann um so beträcht- licher sein, je heftiger die Auswürfe des Vulkans waren.!) Auf Grund dieser Anschauung über die Entstehung der Koralleninseln, theilen sie diese ein in 1) Küstenriffe (les recits simples), 2) alleinstehende Atolle (motous a lagons) und 5) Koralleninseln, welche Gruppen bilden wie die Karoliner- und Palauinseln. Letztere stehen nach ihnen auf einem gemeinsamen, weiten und seichten Plateau. 2) Lesson und Garnot machen somit den ersten Versuch, die Entstehung der Inseln als Eintheilungsprinzip zu be- nutzen. Sie sind auch die ersten, welche auf die Beziehungen zwischen den Strömungen der Küstenflüsse und der Lage der Oeffnungen in Küstenriffen, welche immer vor den Flussmündungen liegen, aufmerksam machen. Im Jahre 1830 macht John Barrow°) in einem der Londoner geographischen Gesellschaft mitgetheilten Reise- bericht des Lieutenants Kendal über die Neu-Shetlands- inseln einige Bemerkungen zu unserm Gegenstand, da sich in dieser Inselgruppe eine der Insel St. Paul ähnlich ge- staltete Insel mit einer Lagune in der Mitte vorfand. Hier- bei bemerkt Barrow, dass er schon vor vielen Jahren zu der Ansicht gekommen sei, dass die Koralleninseln der Südsee auf ähnlichen submarinen Inseln ruhen müssen. Im Jahre 1832 vertritt er diese Ansicht auch in einem 1)72:2,*0.78..318, 2) a. a.-0. 8. 10. 3) Journal of geogr. Society. Londön 1830. S. 62. PR IE eh Br az De ne u ea in TERN 2 ie 0 Ar Re Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 43 ® Artikel im „Ausland“, '). und stützt sich dabei vornehmlich auf das häufige Vorkommen von Bimsstein auf den Korallen- inseln. Wichtige Stützen brachte Kapitän Beechey?) für die Kraterhypothese von einer Seereise heim. Er war auf dem Sehiff „Blossom“ ausgesandt worden, die Schiffbarkeit der Nordwestpassage zu untersuchen. Da das Schiff für eine lange Reise bestimmt war, so war es besonders gut aus- gerüstet für langwierige, wissenschaftliche Beobachtungen und Experimente. So hatte Beechey auch alle erforder- liche Mittel um Tiefseelothungen vorzunehmen und eine grosse Anzahl von Inseln auszumessen und aufzunebmen. Von ihm erfahren wir daher Näheres über die Proportionen der verschiedenen Rifftheile in Maass und Zahl. ‚Die Inseln sind nach ihm selten mehr als 2 Fuss (0,6 m) über die Meeresoberfläche erhoben.°) Die Breite der Inseln beträgt im Durchschnitt 300—400 yards (100-—-120 m), vor der Insel befindet sich eine 30—50 yards (10—20 m) breite, zur Zeit der höchsten Fluth 2—3 Fuss (?/;, —1 m) unter Wasser stehende Bank. ‚‚Alsdann versenken sich die Wände der Insel jäh, wie es scheint, vermöge der Auf- einanderfolge von geneigten Bänken, die durch zahlreiche an den Kapitälen zusammengewachsene Säulen gebildet werden, in deren Zwischenräumen das Senkblei mehrere Faden tiefer fällt.“**) Beechey bestätigt die Angabe Flinders, dass das Riff auf der Windseite die Oberfläche des Wassers eher erreicht als auf der Seeseite. Er sagt hierüber:>) Es findet bei ihnen (den Koralleninseln) durch- sehends die Regel statt, dass die dem Meere zugekehrte Seite höher und vollkommener als die andere, ja häufig 1) Ausland. No. 16. 1832. 8. 60. 2) Narrative of a voyage to the Pacific and Beering’s Strait ete. London. 1831. S. 192 und im Auszug im Journal of Royal. Geog. Soe. London. 1831. B. IL. S. 216. 3) Beechey, Reise nach dem stillen Ozean und der Beerings- strasse in den Jahren 1825—28. Neue Bibliothek der Reisebeschreib. von Bertuch. Bd. 59 u. 61. 1832. Bd. I. S. 299. 4) a. a. 0. S. 300. 5) a.a. 0. S. 300. 44 Leopold Böttger: auch gut mit Waldung bestanden ist, während die andere zum Theil oder ganz unter Wasser steht. „Bestätigt sich dieser Umstand bei andern Koralleninseln, so ist er höchst charakteristisch, aber aus der fortwährenden Einwirkung des Passatwindes nicht hinreichend zu erklären. Sobald das Riff einmal die Oberfläche erreicht hat, lässt sich die Wirkung des Passatwindes leicht nachweisen, allein es scheint nicht möglich, dass derselbe seinen Einfluss so tief unter dem Wasser erstreckt als manches Riff liegt.‘“!) Weiter bemerkt er: „An den Spitzen und Ecken versenken sich diese Inseln weniger schroff und wie es mir scheint regel- mässig in die See als an den Seiten.?2) An diesen Stellen (wo die beiden Seiten der Insel zusammenstossen) sowie überhaupt in den schmalen Theilen der Lagune, sind die Korallentbierchen in grosser Anzahl vorhanden, obwohl sie sich im Allgemeinen in sämmtlichen Lagunen in ziemlich gleicher Zahl vorfinden.“3) Die Tiefe der Lagune, die er gleich seinen Vorgängern bis 20—38 Faden (35—70 m) angiebt, ist nach ihm im Allgemeinen abhängig von dem Alter des Riffes, so dass die seichtesten die ältesten sind, eine Ansicht, die wir heute als vollständig unhaltbar be- zeichnen müssen. Beechey beobachtete, wie die Korallenbauten in der Lagune in Form von abgestutzten Kegeln emporsteigen. Daraus schliesst er, dass sich auch das Riff aus solchen Formen entwickelt hat, indem mehrere solche Hügel, welche neben einander standen, verschmelzen mussten, wenn die Korallen an der Oberfläche des Wassers in ihrem Weiter- wachsen gehemmt, gezwungen wurden, sich seitwärts aus- zubreiten. ®) Beechey macht auf die weite Verbreitung der Erschein- ung, dass die Lücken im Riffe der hohen Inseln, in der Richtung der von den Bergen herabkommenden Flüsse liegen, aufmerksam. Er fand diese Thatsache durchgehends bestätigt. Zu ihrer Erklärung bemerkt er, „dass die Litho- 1) 2. 2.:0, 8. 301. 2) Diese Bemerkung ist später oft bestätigt worden. 3) a. 2. 0. S. 301. 4) a. a. 0. S. 302. FR Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 45 phyten sich vor dem Süsswasser scheuen, ist, da dieses nicht ihr natürliches Element bildet, sehr erklärlich, und wahrscheinlich enthält dasselbe auch keine Materialien, mit denen sie bauen könnten.“') Die Ansicht, dass diese Lücken einfach die Fortsetzungen der Thäler unter dem Wasser seien, scheint ihm mit Rücksicht auf ihre im Verhältniss zu den Thälern ausserordentliche Schmalheit = nicht zutreffend. Auch fand er, dass die Tiefe der Kanväle | bis zu einer Grenze hinabsteigt (bis 25 Fuss = 8 m), welche man wohl auch als die ungefähre Grenze annehmen könnte, 3 ER zu welcher der Einfluss des süssen Wassers reicht. Beechey meint, sich das Verdienst zuschreiben zu müssen, zuerst erkannt zu haben, dass ein Atoll nicht eine Insel- - gruppe, sondern eine einzige Insel bildet, da er bei näherer Untersuchung fand, dass die Riffmauer unter dem Wasser fortgeht.2) Diese Thatsache ist aber schon vor ihm von - Chamisso dargethan worden.) E In der Frage über das Fundament der Koralleninseln ist Beechey der Ansicht, dass sie auf Bergen, die höchstens - 400— 500 Fuss (149—170 m) hoch mit Wasser bedeckt sind, gegründet werden. Dass die Unterlage Vulkane sind, ist ihm wegen der Grösse vieler Atolle, die die Grösse der auf der Erde bekannten Kratere beträchtlich übersteigt, nicht sehr wahrscheinlich. *) Wenngleich sonach Beechey selbst sich nicht als un- bedingten Anhänger der Kraterhypothese hinstellen konnte, so betrachtet man doch ziemlich allgemein die Ergebnisse seiner Untersuchungen als Stützen derselben. Insbesondere war es die Thatsache, dass er in mehreren Atollen, so in der Gambiergruppe, noch vereinzelte Trümmer vulkanischen 1) a. a. 0. 8. 307. 2) a. a. 0. S. 306. 3) Ainsworth stellt Chamisso gerade als Verfechter der gegen- theiligen ‚Ansicht hin, wahrscheinlich veranlasst durch die von Chamisso gebrauchte Bezeichnung Inselgruppe für Atoll. (Jour. of Rog. Geogr. Soc.-London 1831.) $. 131. Chamisso erklärt aber ausdrücklich: Le reeif presente au temps du reflux limage d’une large chaussee, qui unit entre elles les iles, qu’il supporte, Chamisso, Werke. B. II. S. 393. 4) a. a. 0. S. 305. 46 Leopold Böttger: Gesteins hervorragen sah, welche für die Kraterhypothese für besonders günstig gehalten wurde. In diesem Sinne spricht sich schon Ainsworth aus, welcher im Journal of Royal Geogr. Society of London 1831 einen Bericht über die wissenschaftlichen Resultate der Expedition des Blossoms giebt. Von ihm erhalten wir hierbei gleichzeitig einen Erklärungsversuch der von Beechey so allgemein ange- troffenen Erscheinung, dass die Korallenriffe auf der Seite unter dem Winde niedriger sind als auf der entgegengesetzten. Er wendet sich gegen die Ansicht Flinders, dies aus dem Instinkte der Thiere erklären zu wollen, leitet diese Er- scheinung vielmehr aus dem Einfluss der Strömungen auf die Wachsthumsrichtung der Korallen ab. An der Wind- seite, meint er, arbeite diese der horizontalen Ausbreitung der Thiere entgegen und zwinge diese dadurch ihre Wachs- thumsenergie auf ein verticales Wachsthum zu verwenden; so entständen hier die Steilabstürze, die aber nicht so seien, als ob die Insel auf einem Stil stände, wie Forster meint, während auf der entgegengesetzten Seite, wo sich die Thiere gleichmässig nach beiden Richtungen hin verbreiten können, das Riff erst später die Oberfläche erreicht. Wir sehen hier ganz dieselbe Idee entwickelt, weiche Semper!) später, wie es scheint, vollständig unabhängig von seinem Vor- gänger zur Erklärung der Tiefenverhältnisse am Riff be- nutzte. ?) 1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. 1863. Bd. 13. 8.569, 2) Im englischen Original heisst die hierauf bezügliche Stelle: „For if the lateral movements of the polypi, ortheir natural tendeney d B, . ! Pr « ö j f to horizontal constructiou, happens to be impeded in any one direction, _ they will gain vertically what they lose horizontally; and the resistance being equal on the same side, the true horizontal extent will be everywhere the same and a wall will be formed: while in an opposite direction, the same circumstances not being in existance, the con- structions of the polypi will extend horizontally as well as vertically, and consequently will not rise with the same degree of rapidity as those which are erected to the windward, and hence would result an appearance as if this windward bulwark had really been erected by the instinetive foresight of the animaleulae (Journ. of R. Geogr. Soc. London. 1831. S. 217). Ainsworth und Semper haben beide den Gedanken gemeinsam, dass die Ströme richtend auf das Wachs- thum der Korallen einwirken, gehen “aber insofern aus einander, ee Se 2 _Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. #7 Ainsworth wendet sich dann namentlich gegen Quoy und Gaimard. Er hält es für gänzlich unzulässig anzu- nehmen, dass eine nur einigermassen grosse und beständig bewohnte Insel niemals aus Korallengestein bestehen könnte, dass die Korallen überhaupt nur wenige Fuss dieke Schichten zu bilden im Stande wären. Den Widerspruch, welcher durch die augenscheinlich grosse Mächtigkeit der Korallen- felsen einerseits und der geringen Tiefe, in welcher allein die grossen Korallenarten zu leben vermögen andererseits, hervorgerufen wird, sucht er in ähnlicher Weise zu lösen, wie es heutzutage geschieht, nämlich mit Zuhilfenahme gesonderter Lebens- und Tiefenzonen für verschiedene Art- gruppen. „Why may not the branched madrepores, which live at considerable depth,!) have formed the platform for their reception, just as we see the marine algae distributed in different zones or depth of the sea.“ 2). Die von Beechey als Regel hingestellte Erscheinung, dass die Windseite stets viel höher ist als die entgegen- gesetzte, führt Lyell’) dazu, die Veränderung des Meeres- niveaus zur Erklärung herbeizuziehen. Für einen Unter- schied von so grossem Betrage in der Höhe der beiden Riffseiten wie bei der Mateldainsel in der Gambiergruppe, wo die eine Seite eine bewaldete Insel darstellt, während die andere 20—50 Fuss unter Wasser ist, scheint ihm die von Beechey gegebene Erklärung ungenügend. Daher nimmt er an, dass eine mehrmalige Senkung infolge von Erdbeben eingetreten sei, denn dann wird, wenn die Senkung immer nur wenige Fuss beträgt, der vorherige Zustand durch Nachwachsen der Korallen geschaffen und von Neuem kann die Windseite sich erhöhen, während die andere relativ als der erstere den das Riff vertical treffenden Strom eine senkrechte Mauer erzeugen lässt, während bei Semper der tangirende Strom diese Wirkung besitzt, der vertical auftreffende aber die entgegengesetzte, daher fällt nach ihm das Riff auch nicht auf der Windseite, sondern auf der Seeseite steil ab. 1) Kapitän Beechey sah lebende Korallen in 180 Fuss Tiefe auf Ducie Island. 2) a. 2.0. S. 218. 3) Principles .of Geology. First edition. 1832. Vol. II. 8. 29. 48 Leopold Böttger: zurückbleibt. Eine Wiederholung dieses Vorganges kann - Ungleichheiten von noch viel grösserem Umfang hervor- bringen. Zur Annahme einer beträchtlichen Senkuug des Meeresbodens im stillen Ozean war Lyell auch gekommen, um die Inselarmuth und die Kleinheit der Inseln in diesem Meere zu erklären, da er meinte, bei unveränderlichem Wasserspiegel hätten die Thätigkeit der Korallen und die ausfliessenden Lavaströme mehr festes Land schaffen müssen als wir jetzt antreffen.‘) Im Uebrigen stand Lyell auf dem Boden der Vulkantheorie und zwar aus folgenden Gründen: Erstens, weil es in der Korallenregion viele Vulkane giebt, zweitens, weil sich in der Lagune vieler Atolle (der jetzigen Wallriffe) häufig Felsen von poröser Lava finden,2) drittens sich auch in Vulkaninseln Einbrüche finden und viertens, weil, wie er später hinzufügte, durch die Untersuchungen von Ehrenberg bewiesen wurde, dass die Korallenbildungen des rothen Meeres niemals atollförmig sind, obgleich dort die- selben Arten vorkommen wie in der Südsee,?) es also nicht _ der eigne Instinkt der Thiere sein kann, der sie zur Bildung der Ringform veranlasst. Die Ansicht, dass die Atolle eine vulkanische Grund- lage haben, welche ihnen ihre morphologischen Eigenthüm- lichkeiten verleiht, hatte sich demnach ziemlich rasch Bahn gebrochen und hervorragende Gelehrte für sich gewonnen. Wohl nur wenige verhielten sich immer noch ablehnend gegen die von Quoy und Gaimard ausgesprochene Meinung von der geringen Mächtigkeit der Korallenkalklager (so z. B._ Professor Reichardt,!) der die Riffe der Sundainseln kennen gelernt hatte), und bis zu einem gewissen Grade hatte sich ja auch Beechey dagegen ausgesprochen. Doch auch diese Stimmen verstummten bald, als Ehrenberg im Jahre 1834 in den Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften die Resultate seiner Studien in einem 1) Lyell a. a. O. Vol. I. S. 296. 2) Darüber hatte Beechey Mittheilungen gemacht. 3) Jetzt wissen wir, dass diese Uebereinstimmung nicht so gross ist, wie man früher glaubte. ih eh a & „ : > “ 4) Dietionnaire des sciences naturelles. Article Zoophyte. 4 1830. S. 9. _ Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 49 E Aufsatze „Ueber den Bau und die Bildung der Korallen- bauten im rotben Meere“ veröffentlichte.!) Ehrenberg?) hatte mit Hemprich 13 Monate am rothen Meere verlebt, 9 in den Jahren 1823 und 24 und ebensoviel im Jahre 1825, hatte einen grossen Theil dieser Zeit zu Schiffe verbracht und nicht weniger als 45 Inseln und Riffe einer genauen Be- trachtung und einem eingehenden Studium unterworfen. Zum ersten Male hatte sich ein Forscher so lange Zeit auf einem verhältnissmässig so kleinen Gebiete dem Studium der Korallenthiere und -riffe gewidmet. Das Resultat war daher auch eine Fülle von Beobachtungsmaterial, wie es uns vorher noch Niemand geboten hatte, eine Menge von Thatsachen, die manche schwebende Frage in das rechte Licht stellen sollten. Als Einleitung zur Darstellung der Ergebnisse seiner Forschungen am rothen Meere giebt Ehrenberg eine histo- rische Uebersicht über unsere Kenntnisse von der Natur und Bildung der Korallenriffe, auf deren Inhalt oben oft hingewiesen wurde. Sie ist die erste historische Behandlung unseres Gegenstandes und ist bis auf den heutigen Tag auch die einzige geblieben. Aus ihr haben alle, welche Daten zu diesem Kapitel gebracht haben, geschöptt. Ehrenberg schliesst diesen Abschnitt seiner Untersuchungen, welcher bis zu Quoy und Gaimard führt, mit den Worten: „Eine specielle Vergleichung dieser verschiedenen Nachrichten verdienstvoller Seefahrer und Naturforscher giebt mehrere leicht zu erkennende Gegensätze, welche ich hier nicht weiter hervorhebe ... . .“®) Gegensätze in den Nachrichten über einen Gegenstand können aber nur entspringen aus den Verschiedenheiten der beobachtenden Subjekte oder den der beobachteten Objekte. Die Verschiedenheiten der Beobachter gehen aus den Verschiedenheiten ihrer Erfahrungen hervor, sowie aus der dem einzelnen eigenthümlichen Methode, welche er bei 1) Im Vortrag hatte Ehrenberg diesen Gegenstand schon im ‚Jahre 1832 behandelt, 2) Siehe hierzu auch Ritter, Erdkunde. B.16. S. 468 u, folgende. 3) Abh. d, Ak. d. W. zu Berlin aus dem Jahre 1832, gedruckt 1834. S. 402. 4 50 Leopold Böttger: seinen Beobachtungen befolgt. Dies erzeugt hier den Gegen- satz aus der Beobachtung aus praktischen und aus wissen- schaftliehen Gesichtspunkten, die einen beobachten als Seefahrer, die andern als Naturforscher. Zu den ersteren gehören Cook, Labillardiere, Flinders, Beechey, zu der zweiten Gruppe haben wir Forster, Peron, Chamisso, Escehscholtz, Quoy, Gaimard und Ainsworth zu zählen. Die Seefahrer bringen vereinzelte Beobachtungen und zwar zumeist solche, welche aus den in ihrem Beruf begründeten Arbeiten, hauptsächlich den Vermessungsarbeiten, hervor- gehen, oder solche, welche einem Zufall entspringen. Sie betrachten das Aeussere des Riffs, und wo sie sich mit der Entstehung der Riffe beschäftigen, bringen sie gewöhnlich keine neuen Gesichtspunkte, sondern schliessen sich der Meinung eines andern an. Die Naturforscher suchen die Nachrichten der Seefahrer durch Beobachtungen, welche von der kausalen Betrachtungsweise gefordert werden, zu ergänzen und suchen alle unsere Kenntnisse über den Gegenstand zu einem Gesamtbilde zu verweben. Sie liefern uns daher die Prinzipien bei den Erklärungsversuchen, sie allein klassifiziren die verschiedenen Riffgebilde, verall- gemeinern die gefundenen Resultate und wenden sie zur Erklärung anderer Naturerscheinungen an. In Wirklichkeit sind die Gegensätze nicht so scharf, wie sie hier gezeichnet wurden, weil unter den Seefahrern, die hier in Betracht kommen, Männer von wissenschaftlichem Interesse sich befanden, und zweitens, weil die Gegensätze naturgemäss erst bei einer grössern Mannigfaltigkeit des schon gegebenen Beobachtungsmaterials hervortreten können. Daher sehen wir auch Cook sich mit den Erklärungen der Entstehung der Riffe beschäftigen, sehen das lebhafte Interesse, das Flinders ihnen entgegenbringt und vernehmen die zutreffenden Bemerkungen Beecheys. In späterer Zeit entwickelt nur noch einmal ein Seemann!) seine Ansichten über die Bildung der Riffinseln; aber der mächtig an- geschwollene Stoff erdrückt ihn bereits. 1) Wilkes. Narrative of the U. St#Expl. Exp. B.4. S. 268. EN ERRICHTEN REN I VE N SR 0 ei x F Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. ai Die Gegensätze, welche aus dem beobachteten Objekt entspringen, gehen in unserm Fall aus der Doppelstellung, die dasselbe den beiden grossen Naturreichen gegenüber einnimmt, hervor, die erzeugenden Faktoren sind Glieder des organischen Reiches, das Produkt ist unorganischer Natur. Die einen wenden daher ihre Aufmerksamkeit der Erforschung der biologischen Bedingungen der Korallenthiere zu und beurtheilen von ihnen aus die Eigenschaften des Riffes, was besonders scharf bei Quoy und Gaimard bervor- tritt; andern sind die Riffe vorzüglich Gebilde, welche die Oberflächengestaltung der Erde beeinflussen; sie betrachten dieselben vom geologischen und geographischen Standpunkte. Diese Richtung wird am extremsten von Peron vertreten. Ihm verdanken wir daher die eingehendsten aber natur- gemäss wieder beschränkt bleibenden Untersuchungen über die Verbreitung der Riffe. Die Gegensätze entwickeln sich vielfach erst, oder fanden hier wenigstens neue Nahrung, aus den Verschiedenheiten der einzelnen Riffformen. Schon oben wurde betont, dass Quoy und Gaimard ihre Ansichten auf Studien gründeten, welche sie an Küsterriffen gemacht hatten, für Peron wurden die von ihm an den gehobenen Riffen Timors gemachten Wahrnehmungen massgebend. Welchen Einfluss das Studium der Atolle haben musste, ist schon oben ausgeführt worden. Der weitere Theil der Ehrenberg’schen Abhandlung enthält dann seine Beobachtungen über die Verbreitung, - Gestaltung und Form der Riffe des rothen Meeres, über ihre Beziehungen zu den geognostischen Verhältnissen des Gebiets, über den Antheil, den Korallenthiere am Aufbau der Riffe nehmen und über ihr geschichtliches Wachsthum. Zuletzt giebt er eine Zusammenstellung seiner „Erfahrungen über die Verhältnisse der Korallentliiere als Felsmassen‘“. Der Abschnitt, welcher über die Gestalt und Form der Riffe des rothen Meeres handelt,'!) giebt uns zum ersten Male eine eingehende Beschreibung der Kiüstenriffe, deren Studium bis jetzt von den verschiedenen Autoren gänzlich vernachlässigt worden war. Quoy und Gaimard hatten 1) a. a. 0. S, 409— 411. » 4* 52 Leopold Böttger: zwar an ihnen Untersuchungen angestellt, sie unterlassen es aber, uns eine Schilderung dieser Art von Riffen zu geben. Daher füllt Ehrenberg eine grosse Lücke in unsern Kenntnissen von den Riffbauten aus. Das Ergebniss seiner Beobachtungen ist folgendes: Die charakteristische Form 3 der Korallenriffe des rothen Meeres ist eine langgestreckte, bandartige; ihre Richtung ist stets parallel mit der Küste, selbst wenn sie sich von ihr weiter als gewöhnlich ent- fernen. Niemals aber sind die Riffe hufeisen- oder ring- förmig.') Nirgends sind die Riffe auf der dem Winde zugekehrten Seite erhöht, vielmehr konnte man mehreremal ein schiefes Ablaufen nach dieser Seite beobachten. Sie stimmen aber mit den Riffen der Weltmeere darin über- ein, dass sie meist steil zum offenen Meer abstürzen und manchmal über 100 Faden Tiefe an ihrem Rande zeigen. Nach der Landseite hin nimmt die Tiefe immer allmählich ab. Die Oberfläche aller Riffe läuft parallel mit dem Meeres- spiegel, bei Fluth ist sie !/;,—2 Faden unter dem Wasser, bei Ebbe ragen hie und da einige Punkte soweit hervor, dass sie von den anprallenden Wogen gerade noch über- schwemmt werden. An keiner Stelle jedoch ist es zur Inselbildung gekommen. Der Rand des Riffes ist stets unregelmässig ausgebuchtet,?) aber seinem Gesammteindrucke nach geradlinig. Ueber die Verbreitung der Riffe im rothen Meere stellt Ehrenberg fest, dass die Riffe dort, wo das Meer sehr seicht ist, der Küste dicht anliegen und eine mit dem Fest- lande unmittelbar zusammenhängende Felseinfassung bilden, an andern Stellen dagegen etwas weiter vom Land entfernt sind, so dass ein Bootskanal entsteht. Dieser ersten Riff- reihe liegt häufig eine zweite hin und wieder unterbrochene vor, welche zur Bildung eines bis 2 Faden (3,6 m) tiefen Fahrwassers Anlass giebt. Zuweilen treten mehrere parallele Reihen von Riffen vor die Küste. Im tiefen Meer fehlen 1) Walther bildet einige ringförmige Riffe aus dem Meerbusen von Suez ab. (Walther, die Korallenriffe der Sinaihalbinsel.) 2) Für die Atolle ist dasselbe erst viel später festgestellt worden. Wegen der grossen Schwierigkeiten bei der Untersuchung ihres Randes £ musste man so lange darüber im Unktaren bleiben. Dun a en 4 U El ld al nee a Edi nn a naar ni Br a 1 An NR rn ee a Le ; j er as 3 Das Be Tee ph lie KT. b . er a a # u 17% ns . 7 Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten, 53 die Riffe. Damit wies Ehrenberg einen geognostischen Einfluss auf die Verbreitung der Riffe nach, der eine weitere Bestätigung dureh die Wahrnehmung erhielt, dass die Riffe dort sehr zahlreich waren, wo augenscheinlich infolge vul- kanischer Thätigkeit Hebungen und Ausfüllungen des Meeres- bodens stattgefunden hatten, sowie dass die Riffe selbst überall, wo eine Untersuchung angestellt wurde, auf vul- kanischem Gestein oder, wie in den meisten Fällen, auf einem porösen Kalkstein ruhte, welcher zugleich fast alle ‘ Inseln des rothen Meeres zusammensetzt. Auch die Er- scheinung, dass die Inseln des Meeres die gleichen Tiefen- verhältnisse wie die Riffe aufweisen, nach aussen zu steil abstürzen, nach dem Lande zu aber infolge von Sand- _ anhäufungen sanft dem Boden des Meeres zuneigen, dort - keine hier aber reichliche Korallenbekleidung tragen, spricht dafür. Zum gleichen Schlusse drängt auch die Betrachtung der Vertheilung der Korallenthiere auf dem Riffe und die Untersuchung der biologischen Bedingungen der Thiere. Ueberall stellte der Korallenkalk nur einen dünnen bis höchstens 1'/, Klafter starken Ueberzug über das Grund- gestein der Insel dar. Ein Aufeinanderwachsen wurde nur bis zu drei Generationen bemerkt; nur selten fanden sich & zerstörte Korallenfragmente, auf denen andere Fragmente eines später entwickelten und wieder abgestorbenen Stammes standen, dessen Verzweigungen eine dritte lebende Generation einer andern Gattung trug. Niemals war die Masse höher, als dass nicht ein einziger Stamm derselben Gattung die gleiche Höhe hätte erreichen können. Niemals fanden sich Korallenstöcke, die vollständig von Sand verschüttet ge- wesen wären, so dass die todten Theile durch den Sand unverletzt umhüllt worden wären, wie das Flinders bei den gehobenen Riffen Australiens der Fall zu sein schien. Auch konnten lebende Korallen aus keiner grössern Tiefe als 6 Faden gezogen werden und ‚in der Lebensthätigkeit ‚der Korallentbiere schien ihm etwas kräftig Abstossendes gegen parasitische Formen ihrer eignen Klasse zu liegen“. Zwar fand er oft andere Thiere an den Korallenstöcken, 54 Leopold Böttger: namentliceb Balanen, doch niemals andere Arten von Korallenthieren. Von den übrigen Beobachtungen, die Ehrenberg über die Daseinsbedingungen der Korallenthiere machte, sind noch hervorzuheben, dass diese Thiere niemals an steilen Wänden vorkommen, dass der bewegte Sand sie abtödtet, ihre Verbreitung daher von der des festen Bodens abhängig _ ist, dass die Brandung ihrem Wachsthum förderlich ist, Beobachtungen, die zwar meist schon vor ihm von andern gemacht worden waren, die aber erst durch ihn eine sichere, unumstössliche Unterlage erhalten haben. Den allgemeinen Eindruck seiner Untersuchungen fasst Ehrenberg dahin zusammen, dass ihm die „Korallen nicht als Schöpfer neuer Inseln, sondern vielmehr nur als Erhalter derselben“ erscheinen. ; Wenn Ehrenberg auch weit entfernt war, die Resultate seiner Studien an den Riffen des rothen Meeres ohne Weiteres auf alle Korallengebiete auszudehnen, so war es doch selbst- verständlich, dass er sich in seiner Ansicht über die Ent- stehung der Atolle den Vertretern der Vulkantheorie anschloss. Die Ansicht Forsters, dass sich die Korallenthiere feste Wände gegen die tobende Brandung bauen, konnte er als Zoologe am wenigsten anerkennen. Schon die eigenthüm- liche Struktur der Tbiere, bei denen. der weiche Körper nach aussen liegt, war ihm ein sicherer Beweis für die _ Unhaltbarkeit der Forster’schen Theorie. Endlich ist noch zu bemerken, dass Ehrenberg die grosse Mächtigkeit fossiler Korallenrlager aus der Anhäufung angeschwemmter Korallen- bruchstücke erklärte, da er das Aufeinanderwachsen von Korallenstöcken für unvereinbar mit seinen physiologischen Erfahrungen über die Thiere hielt. Fassen wir die Resultate der Ehrenberg’schen Forsch- ungen zusammen, so ergiebt sich, dass der eifrige und scharfblickende Zoologe zwar kein neues fundamentales Prinzip für die Beurtheilung der Bildung von Korallenriffen aufzustellen vermochte, dass er aber fast alle schwebenden Fragen zu einem vorläufigen Abschluss brachte. Was vor- ber oft nur vermuthet oder nur mit dürftigen, wenig stich- haltigen Gründen belegt wurde, machte er zur Gewissheit Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten, 55 oder widerlegte er endgiltig und wo keines von beiden möglich war, sammelte er ein Beobachtungsmaterial, das die strittige Frage in ein helleres Licht setzte und sie der Lösung näher brachte. Nicht lange nachdem Ehrenberg uns mit dem Bau der Korallenriffe im. rothen Meere bekannt gemacht hatte, erhielten wir eine genaue Beschreibung eines gehobenen Atolls, der Bermudas im atlantischen Ozean. In einer scharfsinnigen Untersuchung weist der englische Geologe Nelson!) nach, dass sich sämmtliche über dem Wasser gelegenen Rifftheile, welche hier bis 260 Fuss (79 m) an- ‚steigen, durch die Thätigkeit der Winde entstanden sind, demnach nicht, was man bis dahin annahm, eine Niveau- veränderung beweisen. Ein langjähriger Aufenthalt auf den Riffinseln der Bermudas liess ihn noch manche andere werthvolle Be- obachtung machen, von denen die auffälligste, weil mit den von mehreren seiner Vorgänger gemachten Wahr- nehmungen in Widerspruch stehende die ist, dass „sich die jungen Korallen (germs), wie meine eignen Beobachtungen mich zu behaupten fähig machen, unbekümmert um die Unterlage, welche sie finden, sich daran festsetzen“.2) Bis dahin galt es infolge der Angaben Ehrenbergs als eine sichergestellte Sache, dass nur ein fester Felsboden den Korallenthieren eine Ansiedlung gestattet, dass Sand aber immer tödtlich wirkt, und heute ist man noch derselben Meinung. Schon oben ist darauf hingewiesen worden, dass Chamisso, der uns zuerst Mittheilungen über diese Frage macht, vorsichtig genug war, seine Beobachtungen nicht zu verallgemeinern, da er jedenfalls auch direkte Beweise für das Gegentheil hatte. Wenigstens spricht er sich in der darauf bezüglichen Stelle so bestimmt aus, dass man es bei seiner Zurückhaltung gegenüber halbbewiesenen An- sichten annehmen muss. Ueber die Anlage neuer Kolonien hatte vor Nelson noch keiner, selbst nieht Ehrenberg, direkte Beobachtungen gemacht. Die Ansicht, dass nur ein felsiger 1) Nelson. On the Geology. of the Bermudas, Trans. Geolog. Soc. London. 2d Series. Vol, IV. 1837. 8.108. 2) a. a. 0. S. 122. [3 56 Leopold Böttger: Untergrund die Bedingungen zur Niederlassung der Korallen- larven biete, gründet sich allein auf die Wahrnehmungen an bereits bestehenden Kolonien. Auch späterhin, bis auf den heutigen Tag, hat Niemand wieder darüber Mittheilungen gemacht!), und doch wäre es sehr wünschenswerth, über diesen Vorgang Näheres zu erfahren, da manche Frage davon beeinflusst wird. Auch über die Entstehung der Atollform trägt uns Nelson eine Ansicht?) vor. Er denkt sich die Bildung dieser Inseln in folgender Weise: In der Zone zwischen dem 32.— 34." südlicher und nördlicher Breite, wo die riff- bauenden Thiere in grossen Mengen vorkommen, werden die von einer Meeresströmung mitgetragenen, anorganischen Theile abgestorbener Thiere an einem innerhalb des Bereichs der Wasserbewegung etwa befindlichen Felsen allmählich erhöhen. Ist der Felsen mit seiner Oberfläche bis in die Tiefe, in welcher Korallen gedeihen können, heraufgebracht worden, so setzen sich die in der Strömung flottirenden Keime der Korallenpolypen an ihn an und zwar im All- gemeinen in grösserer Menge an den Abhängen der Kuppe als auf dem Plateau, über die sie von dem strömenden Wasser zum grössten Theil hinweggetragen werden. Da die meisten Kiffkorallen ein verticales Wachsthum haben, so wird der äussere Rand des Felsgipfels bald das innere Plateau an Höhe überragen, und es wird ein Bild ent- stehen, das dem eines Atolls vollkommen gleicht, ein Wall von Riffkorallen umschliesst einen innern See. Die Bermudas stehen in einem Ausläufer des Golfstromes, dessen Sink- stoffe auf einem Felsen einen Kegel aufschütteten, welcher den Korallenthieren zur Basis diente, um ibre Bauten auf- zuführen. Als die atmosphärischen Einflüsse den Thieren ein Weiterbauen versagten, hob sie der Wind über den Spiegel des Wassers und half den Thieren neue Gründe bilden, so dass die Inseln in einem beständigen Wachsthum sind. Bei einer Fortsetzung dieses Prozesses, meint Nelson, 1) Neuerdings hat Sluiter im biologischen Zentralblatt vom 15. Febr. 1890 höchst bemerkenswerthe Beobachtungen über diesen Gegenstand veröffentlicht. 2),a. 2.0.8. 122, rer m, 5 A — E> ne Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 97 ‚können noch viel grössere Distrikte landfest gemacht werden als dies bei den Bermudas der Fall gewesen ist. Diese Hypothese über die Entstehung der Atolle nähert sich sehr der in unserer Zeit von Rein, Murray, Guppy und Agassiz vertretenen, in welcher gleichfalls die Beschüttung bereits bestehender Untiefen zu Hülfe genommen wird, um einen genügenden Riffgrund zu schaffen. Die Idee Nelsons, die Ringform der Atolle aus der Annahme zu erklären, dass der Rand eines unterseeischen Plateaus die meisten Thierkeime empfängt, ist von keinem seiner Nachfolger wieder aufgenommen worden, vielmehr haben sich alle für die von Eschscholtz ausgesprochene Erklärung des Ring- walls entschieden. Die Gründe, die gegen Nelsons Annahme sprechen, sind folgende: Aus einer Aufschüttung fein ver- theilten Materials resultirt immer ein Kegel. Da die Spitze zuerst die Zone der riffbauenden Korallen erreicht, muss auch sie zuerst besiedelt werden; die Anhäufung der auf ihr absterbenden Thierleiber lässt sie in rascherem Tempo wachsen als die übrigen Theile des Riffes; daher muss sie auch zuerst die Oberfläche des Wassers erreichen: es kann also keine Lagune unmittelbar entstehen. Zweitens wird die an den Rändern nagende Brandung den sich ansiedeln- den Thieren viel grössere Hindernisse entgegensetzen als das langsam strömende Wasser auf dem Plateau. Nelsons Hypothese von der Entstehung der Atolle gerieth rasch in Vergessenheit als Darwin im Jahre 1839 in seiner „Reise eines Naturforschers um die Welt“ und 1842 ausführlicher in „Tbe Structure and Distribution of Coral Reefs“ seine geistvollen Ansichten über diesen Gegenstand veröffentlichte. Hiermit haben wir aber die Grenzen der historischen Gegenwart erreicht. Für die jenseits dieser Grenzen liegen- den Vorgänge genügt eine tabellarische Uebersicht, die ich an eine Rekapitulation des im Vorhergehenden behandelten Stoffes anschliesse. 58 Leopold Böttger: Tabellarische Uebersicht der Geschichte unserer Kenntnisse und Meinungen der Korallenbauten. I.Die animistische Auffassung derKorallenriffe. II.GeschichteunsererKenntnissevondenKorallen- E bauten bis zum Jahre 1778. Man betrachtet die j Korallenriffe vom praktischen Standpunkte | aus. Im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt. Plinius hält die Riffe für Wälder. 1540. Dom Juan de Castro beschreibt die Rifte des rothen Meeres. 1616. Pyrard beschreibt die Maledivenatolle. 1638 tritt bei Linschoten der Begriff „Korallenfels* zum ersten Mal auf. 1702 äussert sich Strachan über die felsbildende Thätig- keit der Korallen. 1721 bereist Thomas Shaw das rothe Meer. 1769 Dalrymple erklärt die Riffe für Produkte der An- schwemmung von Korallenbruchstücken. 1775 Peter Forskal beschreibt die allgemeine Erschein- ung und Verbreitung der Riffe im rothen Meere. Die um die Mitte des 18. Jahrhunderts unternommenen Weltumseglungen stellen die weite Verbreitung der Riffe fest. IH. Geschichte der Korallenriffe vom Jahre 1778 bis zur Gegenwart: Periode der wissenschaft- lichen Betrachtung der Korallenriffe. A. Periode der teleologischen Auffassung der Riffe. 1778— 1822. 1783. Forster erklärt die Ringform der Atolle als Produkt der Triebhandlungen der Korallenthiere. 1785. Cook macht Beobachtungen über das Wachsthum der Riffe und Riffinseln. 1506. Barrow stellt die ersten Versuche an, die Mächtig- keit des Korallenlagers auf einer niedrigen Insel zu messen. 1814. Flinders beschreibt das grosse australische Wallriff. Geschichtliche Darstellung ete. von den Korallenbauten. 59 1816. P&ron bestimmt die Grenzen der geographischen Verbreitung der Korallenriffe. 1821. Chamisso untersucht die geologischen Verhältnisse am Radakatoll und macht Beobachtungen über die 4 Lebensbedingungen der Korallen, über Flora und Er. Fauna der Riffinseln. | 1821. Eschseholtz erklärt die Entstehung der Lagune. B. Geschichte der Korallenriffe unter der Herrschaft der Vulkantheorie. 1822. Steffens erklärt die Atolle für Krönungen sub- _ mariner Vulkane. 1825. Quoy und Gaimard erkennen, dass die Korallen- thiere nur in geringer Tiefe zu leben vermögen. 1828. Lesson und Garnot sprechen sich für die Vulkan- theorie aus. 1831. Barrow spricht sich für die Vulkantheorie aus. 1332. Lyell zieht Veränderungen im Meeresniveau herzu, um die Tiefenverhältnisse an den Atollen zu er- klären. Ainsworth verwendet die Strömungen des Meeres, um die Tiefenverhältnisse am Riff zu erklären. 1832. Beechey vermisst 30 Koralleninseln auf und giebt ; nähere Mittbeilungen über die Morphologie der Riffe. 1334. Ehrenberg beschreibt die Küsten- und Barierriffe des rothen Meeres. 1837. Nelson stellt eine neue Erklärung der Lagunen- bildung auf. C. Aeusserungen zu der Entstehung der Korallen- riffe aus der Gegenwart. 1339. Darwin erklärt die Atolle mit Hülfe säkularer Senkungen. | 1856. Le Conte betont den Einfluss der Meeresströmungen 3 bei Bildung von Riffinseln. | 1863. Semper:-erklärt die Wallriffe und Atolle mit Hülfe R von Strömungen während einer Periode der Hebung. $ 1870. Rein erklärt die Atolle für Krönungen submariner R Berge, welche durch Aufschüttung organischer Reste . 60 Leopold Böttger: bis zur Zone des Wachsthums der Korallen ge- S stiegen sind. 1370. Agassiz beschreibt die landschaffende Thätigkeit . der Korallen an der Halbinsel Florida. 1879. Murray erklärt die Lagune mit Zuhülfenahme der auflösenden Kraft des Meerwassers gegenüber dem kohlensauren Kalk. Anhang. Zusammenstellung der Literatur, welche die 8. Entstehung der Korallenriffe behandelt, vom Jahre 1842 an.') Ch. Darwin: The Strueture and Distribution of Coral Reefs. 1842. Zweite Auflage 1874. Dritte Auflage, herausgegeben von Bonney mit eirem Anhang vom Herausgeber 1889. R. v. Lendenfeld: Darwins Korallenriffe. Referat über den Anhang zur dritten Auflage von Darwins Schrift. (No. 1 in diesem Verzeichniss.) Biolog. Central- blatt. B. 9. 1889. S. 564. Al. v. Humboldt: Ansichten der Natur. Taschen- ausgabe. Stuttgart 1871. S. 217. J. Dana: On Coral reefs and islands. New- York 1853, - London. 1872 und 1883. J. Dana: Report on Geology. U. S. Expl. Exped. S. 756. 1849. Le Conte: On the agency of the Golf-Stream in the formation of the peninsula and the Keys of Florida. 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Nach vierjährigem Besuch der Dorfschule zu Eisenberg 2 und einjährigem Besuch der Stadtschule zu Oschatz wurde ich privatim zum Besuch einer höheren Schule vorbereitet. - Be Ostern 1874 trat ich in die Annevrealschule zu Dresden ein, die ich Ostern 1879 verliess, «um sie mit der Real- Br schule erster Ordnung in Wurzen zu vertauschen. Hier bestand ich Ostern 1881 die Reifeprüfung, worauf ich die - Universität Leipzig bezog, um Naturwissenschaften zu _ studieren. Ich besuchte dort die Vorlesungen der Herren Professoren Leuckart, Schenk, Zirkel, Wiedemann, Kolbe, ' Haukel, v. der Mühll, Klein, Matius, Wundt und Carus und arbeitete in den Laboratorien der Herren Professoren Leukart, Schenk, Zirkel und Drechsel. Im Sommer- Semester 1885 legte ich das Examen pro fac. doc. ab, von welcher Zeit ich beständig als Lehrer thätig gewesen bin. Während der Semester 1886/37 und 1889 war ich als Hörer der Universität Leipzig Mitglied des geograph. Seminars des Herrn Professors Ratzel. | ; Allen meinen hochverehrten Lehrern, namentlich aber =: Herrn Prof. Dr. F. Ratzel, der durch seine ermunternde 2 Autheilnahme und durch seine Unterstützung mit Literatur meine Arbeit fördern half, sowie Herrn Buchhändler _ E. Debes in Leipzig, der a in freundlichster Weise die Durchsicht seiner reichhaltigen Kartensammlung gestattete, sage ich an dieser Stelle nochmals meinen lebhaftesten Er Dank. 2 wu SMITHSONLAN ı INSTITU ul m | min 61 Ken